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TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN
ZUR GESCHICHTE DER
ALTCHRISTLICHEN LITERATUR
HERAUSGEGEBEN
VON"
OSCAR von GEBHARDT und ADOLF HARMGK
ELFTER BAND
7^m,
LEIPZIG
J. C. HINßlCHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1894
Digitized by the Internet Archive
in 2011 with funding from
University of Toronto
http://www.archive.org/details/texteunduntersuc11akad
INHALT DES ELFTEN BANDES.
Heft I: Das Kerygina Petri kritisch untersucht von Ernst von Dobschütz.
YII, 162 S. 1893.
Heft 2: Acta SS. Nerei et Achillei. Text und Untersuchung von Privat-
docent Lic. Dr. Hans Achelis. IV, 70 S. 1893.
Heft 3: Das lndulgenz-Edict des römischen Bischofs Kailist. Kritisch unter-
sucht und reconstruiert von Lic. Ernst Rolffs. VIII, 139 S. 1893.
Heft 4: Textkritische Studien zum Neuen Testament. Von Privatdocent
Wilhelm Bousset. VIII, 144 S. 1S94.
DAS
KERYGMA PETRI
KRITISCH UNTERSUCHT
ERNST VON DOBSCHÜTZ
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1893
Verlag der J. C. HINRICHS'scken Buchhandlung in Leipzig.
Texte nnd Untersuchungen zur Geschichte der
Altchristlichen Literatur
herausgegeben von Oscar Ton (rebhardt und Adolf Harnack.
I— III. IV 1/2. V— VIII. IX 1/2. X 1. XI 12. M. 221 —
I, 1/2. Die Überlieferung der griechischen Apologeten des zweiten Jahrhunderts in
der alten Kirche und im Mittelalter, von Adolf Harnack. VIII, 300 S. 1882.
M. 9 —
I, 3. Die Altercatio Simonis Iudaei et Theophili Christiani nebst Untersuchungen
über die antijüdische Polemik in der alten Kirche, von Adolf Harnack.
Die Acta Archelai und das Diatessaron Tatians, von Adolf Harnack.
Zur handschriftlichen Überlieferung der griechischen Apologeten. I. Der
Arethascodex, Paris. Gr. 451, von Oscar v. Gebhardt. III, 196 S. 1883. M. 6 —
I, 4. Die Evangelien des Matthäus und des Marcus aus dem Codex purpureus
Rossanensis, herausgegeben von Oscar v. Gebhardt.
Der angebliche Evangeliencommentar des Theophilus von Antiochien, von
Adolf Harnack. LIV, 176 S. 1883. M. 7.50
II, 1/2. Lehre der zwölf Apostel, nebst Untersuchungen zur ältesten Geschichte
der Kirchenverfassung und des Kirchenrechts von Adolf Harnack. Nebst
einem Anhang: Ein übersehenes Fragment der Jtöazn in alter lateinischer
Übersetzung. Mitgetheilt von Oscar v. Gebhardt. 70 u. 294 S. 1884. M. 10 —
(II, 1/2. einzeln nur in anastatischem Druck (1893) käuflich.)
II, 3. Die Offenbarung Johannis, eine jüdische Apokalypse in christlicher Be-
arbeitung, von Eberh. Vischer. Mit Nachwort von Adolf Harnack. 137 S. 1886.
M. 5 —
II, 4 Des heil. Eustathius, Erzbisehofs von Antiochien, Beurtheilung des Origenes
betr. die Auffassung der Wahrsagerin 1. Könige [Sam J 28 und die dies-
bezügliche Homilie des Origenes, aus der Münchener Hds. 331 ergänzt
und verbessert, mit kritischen und exegetischen Anmerkungen von Alb.
Jahn. XXVH, 75 S. 1886. (Einzelpreis M. 4.50) ; M. 3.50
II, 5. Die Quellen der sogenannten apostolischen Kirchenordnung, nebst einer
Untersuchung über den Ursprung des Lectorats und der anderen niederen
Weihen, von Adolf Harnack. 106 S. 1886. M. 4 —
III, 1/2. Leontius v. Byzanz und die gleichnamigen Schriftsteller der griechischen
Kirche von Friedr. Loofs. 1. Buch: Das Leben und die polem. Werke des
Leontius v. Byzanz. VIII, 317 S. 1887. M. 10 —
III, 3/4. Aphrahat's des persischen Weisen Homilien, aus dem Syrischen übersetzt
und erläutert von Georg Bert.
Die Akten des Karpus, des Papylus und der Agathonike. Eine Urkunde aus
der Zeit Marc Aureis, von Adolf Harnack. LH, 466 S. 1888. M. 16 —
IV. Die griechischen Apologeten.
1. Tatiani oratio ad Graecos. Recens. Ed. Schwartz. X, 105 S. 1888. M. 2.40
2. Athenagorae libellus pro Christianis. Oratio de resurrectione cadaverum.
Recens. Ed. Schwartz. XXX, 143 S. 1891. M. 3.60
3. Die Apologie des Aristides von Lic. Edgar Hennecke. Erscheint demnächst.
4. Theophili libri tres ad Autolycum II, III. Recens. Ed. Schwartz. ] j Vorbe-
5. Iustini martyris apologia et dialogus cum Tryphone Iudaeo. } __.•*.„„_
Recens. 0. de Gebhardt et A. Harnack. j reilunS-
Diese Ausgaben der Griechischen Apologeten sind nur mit kurzem
sprachlichen Commentar und Registern versehen und sollen zum Gebrauch
bei Vorlesungen oder in Seminaren dienen , weshalb auch deren Preise
möglichst niedrig gestellt wurden.
Fortsetzung auf Seite III des Umschlags.
DA 8
KERYGMA PETRI
KRITISCH UNTERSUCHT
ERNST von DOBSCHÜTZ
-Hm
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BÜCHHANDLUNG
1893
SEP 3 0 1957
A eXCÜfHCAMGN erfA\j/AMeN
Petrus.
(Acta Petri b. Isid. Peius.)
DEB HOCHWÜRDIGEX
THEOLOGISCHEN FAKULTÄT IN BERLIN
ALS EIN BESCHEIDENES ZEICHEN
EHRFURCHTSVOLLER DANKBARKEIT
GEWIDMET.
V o r w o r t.
Die vorliegende Arbeit ward begonnen, als die pseudopetri-
nische Literatur noch ein ziemlich braches Feld war. Gelegent-
lich nur war mir das Interessante, was die hier behandelten
Fragmente bieten, aufgefallen, und von meinem Lehrer, Herrn
Prof. Harnack , ermuntert , ging ich daran , sie gründlicher zu
untersuchen. Während der Arbeit wuchs mein Interesse daran.
Ob aber auch andere gleiches dafür empfinden würden, musste
mir sehr zweifelhaft sein. Doch kaum war meine Arbeit fertig,
da erschien schon die Untersuchung von Prof. Zahn in seiner
Kanonsgeschichte, und zugleich wurde durch den glücklichen
Fund von Akhmim die ganze pseudopetrinische Literatur Gegen-
stand allgemeinsten Interesses. Freilich war es gut, dass ich diese
neuen Hilfsmittel noch vor Fertigstellung des Druckes benutzen
konnte, aber die Arbeit ward so nicht grade erleichtert und es
sind auch einige Unebenheiten dadurch entstanden. Die ganze
Fülle der neusten Literatur habe ich nicht benutzt. Ich stütze
mich wesentlich auf Harnacks Untersuchungen und rnuss bekennen,
dass mir dessen Resultate, soweit ich sie übernommen habe, auch
durch Zahns Gegenbeweise nicht erschüttert worden sind, so wert-
voll manches von Zahn Beigebrachte ist. An mir wäre es nun
vielleicht gewesen, die Forderung Harnacks zu erfüllen, die fünf
alten Schriften, die den Namen des Petrus tragen, einer zusammen-
hängenden Untersuchung zu unterziehen. Ich habe diese Auf-
ßQ
,T 3
VI Vorwort.
gäbe von mir abweisen müssen, weil ich sie bei dem vorliegen-
den Material für unausführbar halte. Ich habe mich auf die
Fragmente des Kerygrna Petri beschränkt. Diese waren zwar
schon des öfteren zusammengestellt; aber mir schien es noch an
der gründlichen kritischen Sonderimg zu fehlen, und sie ver-
dienten es auch, eingehender beleuchtet zu werden. Ich hoffe,
man wird wenigstens einiges Neue in der Erklärung finden. Be-
sonders wichtig und wertvoll ist das im Excurs zum erstenmal
untersuchte Fragment zur Chronologie des Lebens Jesu, bei dessen
Bearbeitung mich die Herren Proff. Harnack und Mommsen durch
ihre gütige Unterstützung zu grossem Danke verpflichtet haben.
Die Nachträge sind etwas sehr umfangreich geworden; ich bitte
das damit entschuldigen zu wollen, dass sich mir noch während
des Druckes, der sich etwas lang hinzog, wertvolles Material an-
häufte. Trotz des geringen Umfanges der Schrift glaubte ich
doch durch die beigefügten Register den Gebrauch derselben er-
leichtern zu sollen. Das Verzeichnis der Bibelstellen bezieht
sich auf solche, welche, zur Erklärung herbeigezogen, selbst
irgend welche Erklärung dabei finden.
Für alle Anregung und Förderung von Seiten meiner Lehrer,
für das Wohlwollen, welches mir die hiesige hoch würdige Fa-
kultät sonderlich beim Abschlüsse meiner Universitätsstudien er-
wiesen hat, glaubte ich meinen Dank in der Widmung nieder-
legen zu sollen, umsomehr als nur ihre Anerkennung mir den
Mut gab, mit dieser Arbeit an die Öffentlichkeit zu treten.
Berlin, Juni 1893.
Ernst von Dobschütz.
Inhalt.
Seite
§ 1. Einleitung: Von den Pseudopetrinischen Schriften und dem
Kerygma Petri insbesondere 1
§ 2. Die Bedeutung des Titels 15
§ 3. Herstellung des Textes (und Übersetzung) . 18
§ 4. Erklärung der Fragmente 27
§ 5. Resultate: Zeit, Ort und Charakter der Schrift 64
Zweifelhafte Fragmente 80
§ 6. Die Doctrina Petri des Origenes 82
?; 7. Die 6i6aoxcc?.lcc tistqov bei den späteren griechischen Vätern 105
§ 8. Paulusworte 123
§ 9. Die Praedicatio Pauli 127
§ 10. Die Praedicatio (?) Petri et Pauli 131
Excurs: Ein Beitrag zur Chronologie des Lebens Jesu 130
Register 151
Nachträge und Verbesserungen 160
§ 1.
Einleitung.
Von den Pseudopetrinischen Schriften und
dem Kerygma Petri insbesondere.
Bei der einzigartigen Stellung, welche Petrus — nach dem
Urteil der nachapostolischen und altkatholischen Christenheit —
im Kreise der Apostel einnahm, erwartet man einen grossen
Teil der apostolisch-kanonischen Lehrschriften auf seine Autorität
zurückgeführt zu finden. Der Kanon der Grosskirche bietet
jedoch nur zwei kleine Briefe unter dem Namen des Petrus.
Wie der Herr selbst nichts Schriftliches hinterliess, so lag auch
die Bedeutung seiner Apostel in der mündlichen Verkündigung
des Heiles, nicht in Schriftstellerei, und zumal Petrus war ein
Mann der That, nicht der Feder. In gewisser Weise scheint die
Kirche dies in richtigem Bewusstsein behalten und gewürdigt
zu haben. — Allerdings sind diese beiden Briefe nur ein kleiner
Ausschnitt aus einer grossen Literatur, welche sich, wie nicht
anders zu erwarten war, bald an den Namen des Petrus an-
geschlossen hatte und dadurch zeitweilig hohe Bedeutung, ja
kanonisches Ansehen erlangte, bis die Kirche sie allmählich
ausschied, ein Prozess, der für die übrigbleibenden Schriftchen
wohl ein günstiges Urteil zu erwecken geeignet wäre, wenn man
dabei als die leitenden Gesichtspunkte historisch-kritische voraus-
setzen dürfte und nicht vielmehr an dogmatische denken müsste,
bei einer Zeit, welche historisch-philologische Studien (z. B. der
Theodote und Artemoniten) als Symptome der Haeresie be-
trachtete.
Eusebius erwähnt in seiner Kirchen geschichte (III, 3, 2)
Texte u. Untersuchungen XI. 1. 1
2 v. Dobschütz, Das Kerygina Petri.
nach den beiden Petrusbriefen1) folgende pseudopetrinische
Schriften:
zo ... zcöv ejcLXSxXr)(ievcov avzov jiQccc-acov
xal zo xaz avzov covofiaöfztvov svayytXiov
zö zs lsyötusvov avzov xrjovytua
xal zr\v xaZovpevr/v äüi07\dXvkpiv.
Von allen diesen behauptet er zu wissen, dass sie nicht
unter den als katholisch anerkannten Schriften überliefert seien,
da weder ein Kirchenschriftsteller der Vorzeit noch einer seiner
Gegenwart je Zeugnisse aus ihnen entlehnt habe2).
Hieronymus (de vir. ill. 1) fügt dieser Liste noch als
fünftes Stück das „iudicium Petri" bei und verwirft alle als
„apocrypha".
Ebenso bezeichnet Nicephorus Callisti (f c. 1356) in seiner
Kirchengeschichte (II, 46 cf. Credner, Geschichte des Kanons
p. 256) sie alle als vöda xal xaQtyyoajiza. Er selbst verrät
aber in nichts eigene Kenntnis der Schriften, indem sich viel-
mehr seine aus den vier petrinischen Schriften, den Paulusakten,
dem Hirten des Hermas, dem Barnabasbrief und den Apostel-
lehren bestehende Liste als freie in Ausdruck und Stellung leicht
variierende Reproduktion von Eus. H.E. III, 3, 2 und 25, 4
erweist.
Wenn Eusebius nicht von dem dogmatischen Standpunkte seiner
Zeit aus ovyyo?/6&ai {/aQzvoiaiG in praegnantem Sinne verstand
— was allerdings durch die unmittelbar folgende Bemerkung,
er wolle im Verlauf seiner Geschichtserzählung den Gebrauch
{XQtjG&ai) der Antilegomenen bei den Kirchenschriftstellern an-
merken, sehr wahrscheinlich wird, zumal er selbst dabei auch
zwei unserer Schriften erwähnt (VI, 12, 2; 14, 1) — so müsste
1) Von diesen gilt ihm aber auch nur einer als echt (fzöv?]v (xlav
yvrjaiuv syvtuv smozoh'jV), der andere (fSQOfikvrj avzov ötvztQU (was
freilich die Echtheit nicht unbedingt ausschliesst), als unkanonisch (ovx
ivöidd-ijseov), aber nützlich zu lesen (yor/aifxov).
2) Eus. H. E. III, 3, 2: oiö' oXwa iv xa&ohxaio i'afiev nagaSfSofxeva,
ort {itfxt ().(>yaicov fxyzt zojv xa& i][iüo zia lxxXt]OiaazLxba ovyyfjcupevo
zala t's avzwv avvtyQ^aazo /uayzvolaio. Katholisch ist hier natürlich
soviel als „zum Kanon der Grosskirche gehörig". Bei der LA. xcc&o?jxolo
■wäre an die nachher als ixxlrjataazixol ovyyQCupeio bezeichneten Männer
zu denken.
§ 1. Einleitung. 3
man ihm einen kaum begreiflichen Irrtum oder eine unerhörte
Verdrehung des Thatbestandes schuld geben. Denn die Geschichte
der einzelnen Schriften zeigt, dass dieselben — in verschiedener
Weise — zu Zeiten nicht nur von einzelnen Kirchenlehrern, son-
dern von ganzen Kirchen als autoritativ anerkannt worden sind.
Am günstigsten steht die Petrus-Apokalypse; waren
doch überhaupt Apokalypsen wohl die frühesten schriftlichen
Autoritäten der alten Kirche neben dem Alten Testament, bei
denen es auch auf die Person des Verfassers nicht so sehr an-
kam. Für Rom ist sie bezeugt im Kanon Muratorianus, der sie
neben der Apok. Joh. anerkennt, allerdings mit dem Zusatz:
quam quidam ex nostris legi in ecclesia nolunt. In dem Catal.
Ciarom. hat sie ihre Stelle am Schluss gefunden, nach den cath.
Briefen, dem Barn.-Br., der Apok. Job., den Act. Ap., dem Pastor
und den meist sehr geschätzten Paulusakten, ohne dass in dieser
Reihe irgendwo ein Einschnitt angezeigt wäre. Clem. AI. hat
sie nach Eus. H.E. VI, 14, 1 in den Hypotyposen kommentiert,
Method. Tyr. nennt vermutlich ebendiese Schrift ein ß-EOJtvev-
oxov jQafif/a (Symp. II, 6 nach Hilgfd. Nov. Test. extr. can.
rec. IV p. 71). Macarius Magnes erhärtet ihren Wert durch den
Nachweis der Übereinstimmung mit den prophetischen und evan-
gelischen Schriften (Hilgfd. ibd.), und noch Sozomenos (H.E.
VII, 19) erzählt, dass sie in Palästina jährlich einmal vorgelesen
werde. Er selbst weiss es freilich schon nicht mehr anders, als
dass sie von den Alten schlechthin für ein vo&ov erklärt sei.
Das stimmt dann zu den Urteilen des Eusebius und Hieronymus
und dem Verzeichnis der 60 Bücher, wo sie an zweiter Stelle
unter den NTlichen Apokryphen steht (Westcott, hist. of the
canon p. 559; Zahn, Gesch. des Kanons II, 1 p. 292). Sie hat
das Schicksal ihrer Gattung geteilt, das zeitweilig auch die
Johannesapokalypse getroffen hat, von einer des Enthusiasmus
entleerten, sich immer mehr hinter ein System greifbarer Auto-
ritäten und Garantieen zurückziehenden Kirche als ein Werk
des Geistes der Unordnung ausgestossen zu werden l).
1) Um so wunderbarer ist es, dass das Grab eines Mönches aus ver-
hältnismässig später Zeit uns dies längst verloren geglaubte altchristliche
Kleinod wiedergeschenkt hat, — ein starker Ansporn, weiter zu spüren
und die Hoffnung hochzuhalten, dass wir noch viel mehr bekommen werden.
Dem kann man sich freilich, nun da wir Fragmente dieser vielgenannten
1*
4 v. Dobsckütz, Das Kerygma Petri.
Das Petrus-Evangelium erhält sich ungefähr eben so
lange, doch nur in entlegenen Teilen der Grosskirche und wird
anderwärts frühzeitig als haeretisch beanstandet. Justin hat, wie
jetzt feststeht, dasselbe unter den äxofiwqfiovEVficcTa rcöv ajto-
oxölcov benutzt (Dial. 106). Es liegt teilweise den Zusätzen zu
Grunde, welche der noch nicht kanonisierte Text der andern
vier Evangelien im 2. Jahrhundert im Abendland erhalten hat
(cod. D, bobb., sangerm., al.). Und wie es der in Syrien oder Cilicien
lebende Verfasser der sog. apostolischen Didascalia (Grundschrift
von Const. Ap. I — Vi) benutzt, so fand es Serapion (c. 190) bei
cilicischen Gemeinden in Gebrauch (Eus. H.E. VI, 12); aber wie
schon er den doketischen Charakter desselben beanstandete, so
verhielt sich auch Orig. (in Matth. X, 17) ablehnend dagegen,
und sowohl von Eusebius, der es — im Unterschied von der
zu den vö&a gestellten Apok. — unter die haeretischen Pseud-
epigraphen setzt (III, 25), als von Hieron. und dem decr. Gelas.
wird es unter die Apocryphen verwiesen. Dabei war das eigen-
tümliche, dass die Grosskirche selbst ein Petrus-Evangelium zu
besitzen wünschte und dies auch vorgab, indem sie das Marcus-
Evang. auf petrinische Autorität zurückführte. Durch ein Miss-
verständnis auf Grund dieser Combination ist vielleicht die
Behauptung des Irenaeus (adv. Haer. III, 11, 7) entstanden, die
Doketen hätten das Marcus-Evang. benutzt; wir hätten dafür
dann das Petr.-Evang. einzusetzen.
Die Petrus-Acten, deren man wohl mehrere (ebionitische,
gnostische, katholische) zu unterscheiden hat, waren sehr ver-
breitet, hatten jedoch wohl kaum in der Kirche je kanonisches
Ansehen, während die uns leider ganz verlorenen Paulus- Acten
dieses genossen (Catal. Ciarom. — Eus. H.E. III, 3, 5; 25, 4).
Die mannigfachen, weit zerstreuten Legendenzüge über Petrus
(z. B. Clem. AI. Strom. III, 6, 52; VII, 11, 63; — Petri Massigkeit:
Greg. Naz. or. XIV, 4 [p. 259] und carm. [MPG 37, 720]; Rec.
Clem. VII, 6.) werden allerdings meist ohne Quellenangabe ein-
Schrift kennen, nicht verschliessen, dass jene Väter, mögen ihre Gründe
gewesen sein welche sie wollen, recht daran gethan haben, solche Produkte
des urchristlichen Geistes aus dem Kanon auszuschliessen. — Näher auf diese
Fragmente und die des gleich zu besprechenden Petrus-Evang. einzugehen,
ist hier nicht am Platz ; es sei verwiesen auf die gründlichen Erörterungen.
Harnacks in Text, und Unters. IX, 2. Leipzig, 1893. 2. Aufl. I
§ 1. Einleitung. 5
geführt, gehen aber doch wohl grösstenteils auf eine der ver-
schiedenen Bearbeitungen der Acta zurück. Nur Isid. Peius.
citiert einmal (lib. II, ep. 99 ad Aphrod.h xcc&ojö jtezQoo o xoqv-
<paioö xov yoQov ev xalö tavxov jtqcc^oi oagcoG 6?]?.oh Acta
werden übrigens sowohl die jisq'ioöoi jttxQöv des Clemens als
die des Leucius genannt.
Das Judicium Petri wird zuerst von Hieronymus (1. c.)
genannt; sonst findet es sich nur noch bei Rufin (exp. symb.
apost. c. 38) in jener dunkeln Stelle: in novo testamento libellus
qui dicitur Pastoris sive Hermatis qui appellatur duo viae vel
iudicium secundum Petrum. Zunächst rnuss hier mit Nolte für
Hermatis oder Hermetis (2 cocld. bei Baluze) Hermae et is
gelesen und so unsere Schrift vom Hirten des Hermas streng
unterschieden werden. Gewöhnlich folgert man nun aus der Be-
zeichnung duo viae, hier sei die sonst ötöayi] xmv öodöexcc ajio-
oxolmv genannte Schrift gemeint, und stützt diese Behauptung
durch den Hinweis auf den 39. Festbrief des Athanasius, den
Rufin hier ausgeschrieben haben soll. Jedoch weicht Rufin auch
in der Reihenfolge von jenem ab, und es ist nicht ausgeschlossen,
dass er absichtlich die ihm aus Eusebius' Kirchengeschichte
allerdings bekannte Didache ausliess (wie im A.T. das Buch
Esther) und ein anderes Buch anfügte (wie dort die Bücher der
Maccabaeer). — Grabe hat vermutet, der Titel „iudicium" sei
entstanden durch ein Versehen des Rufin, der xgfta, das Siegel
für xr/gvyf/a, als xQifia gelesen habe. Da jedoch Hieronymus
schon vor Rufin das iudicium erwähnt — u. zw. neben der
praedicatio — , andrerseits Rufin durch die Zusammenstellung
mit duo viae und den abweichenden Titel1) eigene Kenntnis der
Schrift bethätigt, so müsste man schon beiden Autoren unab-
hängig von einander denselben Fehler zutrauen, wenn man jener
scharfsinnigen, von vielen gutgeheissenen Conjektur des gelehrten
Mannes beistimmen wollte. Auffallend bleibt immerhin das gänz-
liche Schweigen des Eusebius, wenn man unsere Schrift nicht
unter den öiöayal x&v ajtooxö?.cov mit einbegriffen denken will,
wogegen immer spricht, dass sich der Titel „iudicium Petri" aus
1) Die gewöhnliche LA. ist allerdings auch hier Petri, aber Cod.
Sangerm. bietet secundum Petrum und für die Ursprünglichkeit dieser
auch an und für sich wahrscheinlichen LA. tritt auch cod. Reg. mit
secundum Petri ein fcf. Zahn, Gesch. d. Kan. II, 1 p. 243).
6 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
keiner der uns bekannten Recensionen befriedigend erklären lässt.
Es liegt somit, da nur Hieron. und Rufin des „iudicium Petri"
Erwähnung thun, nahe, anzunehmen, dass dies lateinisch abge-
fasst war; ja man möchte versucht sein, die Grabesche Hypothese
dahin umzubilden, dass jenes Versehen schon auf einen alten
lateinischen Übersetzer des xrjQvyf/a jiixqov zurückgehe. Doch
fehlt zunächst von der Existenz einer solchen lateinischen Be-
arbeitung jede weitere Spur J). Wir werden uns daher hier
bescheiden müssen, etwas sicheres über diese rätselhafte Schrift
auszusagen.
So bleibt uns von den petrinischen Pseudepigraphen des
Eusebius noch das xrjQvyfia jtezQov, dessen Untersuchung diese
Arbeit gewidmet sein soll. —
In der Neuzeit ist dieser Schrift m. W. zum erstenmal bei
Dodwell, dissertationes in Irenaeum (Oxon. 1689, p. 440 sqq.)
Aufmerksamkeit geschenkt worden, doch nur mit Berücksich-
tigung der Stelle bei Origenes in Joh. tom. XIV (s. u. Fragm.
III und IV), dagegen unter Hinzuziehung der Pseudoclementinen,
besonders des Briefes des Petrus an den Jakobus. Hierdurch hat
es Dodwell, der die Fragmente bei Clemens Alex, nicht kannte,
oder doch nicht berücksichtigte, veranlasst, dass ihm folgend
alle Späteren den Verfasser unserer Schrift von vornherein als
Judenchristen ansahen, auch nachdem Grabe in seinem Spici-
legiurn Patrum (1700) I p. 55 sqq. zum erstenmal die Fragmente
ziemlich vollständig zusammengestellt hatte. Aus den kurzen
Erwähnungen und Besprechungen der Schrift bei Du Pin,
Fabricius, Mill (Prolegg. zum N.T. 1707, p. 16), Ceillier, Cave,
Lardner, von Coelln (Art. Clementinen in Ersch und Grubers
Encycl.), Mayerhoff (Petrinische Schriften, 1835), Reuss (Gesch.
der h. Schriften N.T.s), Schriemann (Clementinen) sind besonders
hervorzuheben: Kleuker, Apokryphen des N.T.s (1798) p. 267sqq.,
der zum erstenmal den heidenchristlichen Standpunkt des Ver-
fassers erkennt, freilich — seiner Zeit gemäss — nicht ohne auch
Tendenz darin zu finden; — Credner, der in seinen Beiträgen
1) Eine solche liegt auch kaum bei Ambr. in Hexaem. V, 6. (I p. 85)
vor, wie Zahn, Gesch. des Kan. II, 2, 2 p. 829 A. anzunehmen geneigt ist.
Denn iudicium Petri kann hier nur das von Petrus bei der Erwählung
des Stephanus (Act. 6, 5 sq.) bewiesene richtige Urteil über seine Person
bezeichnen.
§ 1. Einleitung. 7
zur Einleitung in die Biblischen Schriften (1832) I p. 348 sqq.
(cf. Gesch. des Kanons, herausg. von Volkmar [1860] p. 73. 387)
eine Textrecension giebt; — Schwegler, in dessen nachaposto-
lischem Zeitalter (1836) II p. 30 man eine Zusammenstellung
der älteren Ansichten findet; — und vor allem Bleek, der in
seinem Aufsatz „über die Entstehung und Zusammensetzung der
uns in 8 Büchern erhaltenen Sammlung Sibyllinischer Orakel"
im 1. Bande der von Schleiermacher, De Wette und Lücke
herausgegebenen Theologischen Zeitschrift (1819) p. 144 die „sog.
Predigt des Petrus" mit feinem Blick zuerst richtig charakteri-
siert als „eine apokryphische Schrift, die nach den erhaltenen
Fragmenten einen tiefdenkenden alexandrinischen Heiden-
christen muss zum Verfasser gehabt haben und deren Verlust
gar sehr zu bedauern ist". Lange Zeit hindurch ist dies treff-
liche, sachliche Urteil unbeachtet geblieben vor den grossen
Constructionen der Tendenzkritik, in denen auch unser Kerygma
Petri — bei verschiedenen an sehr verschiedenen Stellen — seinen
Platz fand, bis Hilgenfeld sich das Verdienst erwarb, neben vielen
anderen altchristlicheu Urkunden in seinem JNovuru Testamentum
extra canonem receptum (fasc. IV [ed. II, 1884] p. 51 — 65) auch
unsere Fragmente aufs neue zu sammeln, zu ordnen, mit treff-
lichen Adnotationes auszustatten und dabei die Scheidung zwi-
schen unserer Schrift und den ähnlich betitelten judenchristlichen
energisch zu vollziehen. Die Fragmente bieten aber soviel In-
teressantes, dass es sich auch hiernach noch lohnen dürfte, die-
selben einer erneuten Prüfung zu unterziehen, um ihnen womöglich
noch etwas bestimmter ihren Platz innerhalb der altchristlichen
Literatur anzuweisen, wozu im folgenden ein Versuch gemacht
werden soll J).
1) Speziell die kanonsgeschichtliche Stellung unserer Schrift ist neuer-
dings von Zahn (Gesch. des Kanons I p. 199 sq.) behandelt. Ein ihm
wesentlich folgender Aufsatz über das N.T. des Clem. AI. von Dr. Eickhoff
im Schleswiger Schulprogramm von 1890 bereichert uns nur mit dem
Fündlein eines ., Privatkanon" des Clem. AI. im Unterschied von dem offi-
ziellen alexandrinischen Kirchenkanon. Über die neueste Behandlung des
K.P. von Robinson in den Texts and Studies I, 1 s. u. p. 80. — Erst
nach Vollendung dieser Arbeit kam mir die eingehende Besprechung des
K.P. und der dazu gerechneten Fragmente bei Zahn, Gesch. d. Kan. U, 2, 2,
bes. Beil. X, 4 u. 7 zur Hand, welche teilweise die hier vorgetragenen
g v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Wie bei den anderen Pseudopetrinen trifft auch bei dem
K.P. Eusebius' Behauptung, kein Kirchenschriftsteller habe Zeug-
nisse aus ihm benutzt, durchaus rieht zu. Denn Clemens Alex,
allein nennt es 7mal mit vollem Titel und benutzt es 8 weitere Male.
Die Einführungsformel lautet 3mal: ev xm oiäxQOv xrjQvyfiaxL
(Strom. I, 29, 182; VI, 6, 48; [VI, 5, 42]); sonst coö jttxQoa kv
xijgvyfiaxi (ecl. proph. 58), wobei das auffällige Fehlen des
Artikels sich wohl am ehesten als genaue Wiedergabe des ste-
reotypen Titels xijQvytia erklären lässt; — oder o jttxgoo Iv x<p
x?]Qvy(jaxi . . . Xtysi (cprjöl — jtqooüjtsv: Strom. VI, 5, 39; 15,
128; II, 15, 68). Andere Formeln sind: cprjölv 6 jtsxQod (VI, 5,
43); — jrtxQoo i-Jiig)£Q£i (VI, 5, 39; 15, 128), — jiQooejcifptQei
(5, 41), — ijcoiöSL (ibd.), — öiaoarprjoei ijncptgcov (5, 40) und
einmal (?) sigr/xai (6, 48). So wenig wie jene erste die Autor-
schaft des Petrus behauptet, so gut können die folgenden von
einer in dem Kerygma aufgezeichneten Rede des Petrus ver-
standen werden (cf. Strom. VI, 6, 48: o xvqloö Iv xm üiexqov
xrjQvyiiaxi yypi', — 8, 63: o jctxgoö ev xalö jr gageüi . . . <pr)Gi).
Sie lassen höchstens den Schluss zu, dass Clemens an der
Geschichtlichkeit des Erzählten nicht gezweifelt habe. Einmal
aber braucht er die Formel 6 nexQoö ygdcpei (Strom. VI, 7, 58)
und zeigt damit, dass er in der That die Schrift für ein Werk
des Apostels hielt und sie darum als echte Quelle für die aposto-
lische Geschichte und Lehre benutzte. Ja wenn wir damit seinen
Gebrauch z. B. des ersten Petrusbriefes vergleichen, den er nur
2mal mit der Formel 6 xtxgoo ev x\i £Jctöxo2.7j citiert und noch
13mal sicher benutzt1), so werden wir kaum einen merklichen
Resultate bestätigt, deren Abweichungen ich jedoch nur anmerkungsweise
berücksichtigen konnte.
1) Strom. 111, 18, 110; IV, 20, 131. — An den anderen Stellen braucht
er die Kinführungsformeln: ö [xaxÜQioo TtkXQoa ovx oxvtl Xty£iv (Frgrn.
b. Nie. Call. [Zahn. Suppl. Clem. p. 36]); — 6 9-avfiuoioG nixQOO (pijoiv
(Strom. III. 11, 75); — 6 TttxQOO (ptjoiv (Paed. I, 6,44; III, 11, 74; 12, 85;
Strom. I V, 7, 17; Exe. e Theod. 12); — o Tiixpoo Uyet (Strom. IV, 7, 48); —
Petrus inquit (adumbr. [Zahn p. 79]); — tfnjal (sei. ö tcLxqoö: Paed. III.
11, 74); — (pyol (sei. b Ticaöccywybo? : Paed. III, 11, 66); — xeexte xbv
dnbaxoXov (cxc. e Theod. 12); — xo siQij/xivov uyicoa (Paed. III, 11, 53). —
Dazu kommen noch Stellen, wo Clem. AI. teils mit q>r\ai (Subj. unbestimmt:
Paed. HI, 12, 91; Strom. II, 15, 64), teils mit xaxu xbv clnooxoXov (Strom.
IV, 26, 166), teils mit ?/ yQU(pi) (Strom. 111, 6, 49) oder ohne Formel (Prot. 59;
§ 1. Einleitung. 9
Unterschied in der Wertschätzung finden. Ebensowenig im Ver-
gleiche mit der lukanischen Apostelgeschichte, die Clemens llmal
citiert und noch "mal benutzt '). Allerdings erwähnt Eusebius
(H.E. VI, 14, 1) das K.P. nicht unter den von Clemens in den
Hypotyposen commentierten Schriften. Doch seine Ausdrucks-
weise an dieser Stelle ist möglichst ungenau; er empfindet dies
selbst, indem er einen — doch an sich sehr bestimmten — Be-
griff: jtäoa ?} £vöiafr?/X06 yQ<x<p?) commentiert, aber auch dies
hinwiederum mit ganz unbestimmten, das einzelne nur beispiels-
weise anführenden AVorten 2). Man sieht hier recht deutlich, wie
schwer es einem Manne wie Eusebius wurde, yon dem Stand-
punkte seiner Zeit aus den früherer Generationen richtig zu
erfassen und wiederzugeben. Wir dürfen daher hier keinesfalls
eine vollständige Liste erwarten und würden es ganz erklärlich
finden, wenn sich unter der Ungenauigkeit eine gewisse Absicht
verbärge, Schriften, die mit der Zeit ihre Stellung verloren
hatten oder ganz verschollen waren, mit Schweigen zu übergehen,
während andrerseits zugleich früher nicht kanonische Schriften
darunter mit einbegriffen werden konnten — wie denn rao Xouiao
Tca&olixäö ijiLOxolao ohne Zweifel für Eusebius' Zeit den Jakobus-
brief einsehliesst, dessen Nichtenthaltensein in den Hypotyposen
aber mit vollem Recht aus der ausdrücklichen Xamhaitmachung
des Judasbriefes gefolgert und durch den Bestand der Ad-
Paed. II, 10, 110; Strom. T. 27. 173; II, 15, 65; IV, 17, 10S; 18, 113; quis
div. salv. 38) Worte anführt, die nicht mit Sicherheit auf den 1. Petr.-Br.
zurückgeführt werden können (1. Petr. 1, 24; 2, 9 sq. 22. 24; 4, S; 5, 5).
1) Warum wir grade diese Schrift zum Vergleiche heranziehen, wird
weiter unten erhellen. — Sie heisst ■Koä&iG Strom. I, 23, 153 sq. ; VI, S, 63;
— ^oäcsia xä>v änoox6"/.ü)v: Paed. II, 1, 16; Strom. 1, 11, 50; IS, S9;
19, 91; V, 11, 76; VI, 18. 165. — Dieser Titel, unter dem die Schrift über-
haupt im Kanon auftritt, besagt in keiner Weise ihre Einzigartigkeit als
Apostelgeschichte. — Einmal sagt Clem. AI. auch: o /.ovhüg h> rata tiqc'c-
cf(7< zur ÜtiootÖIov cfaoftrtjuovehi (Strom. V, 12, s3). Ohne Nennung
der Schrift sagt er: ol dwötxa t/.tyov . . . ol ccnöoro/.ot eifaoav (Paed. II,
7, 56) und <pr\ol (sei. b -/qigxog, Strom. 1, 19, 92). Auf die Apostelgesch.
bezieht er sich auch Strom. II, 13, 56; III, 6,49; VI, 12, 101; 15, 124 und
vielleicht VI, 6, 49.
2) Eus. H.E. VI, 14, 1: cv 6h xulg vnozvTtoiaeai, gweXovza thi-iv.
xuarjo x"tG ivöia&yxov ypacptjo (batst fitj/iivao 7i£7ioirjxai 6it]y?]o£iG, [ttjöb
xao dvxu.eyou.ivaG naQekd-ütv, trjv 'lovöa X&ya> xal zäo Xoataa xa&oXixaa
IniGxol.uG, xrjv xe Baovüßa xal xt,v 111-xqov Xsyo/itvrjv änoxdXvipiv.
|Q v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
umbrationes und das Zeugnis Cassiodors (inst. div. lect. c. 8) gestützt
wird (cf. Weiss, Einleitung § 9, 5 no. 4).
Clemens ist aber nicht der erste, der das K.P. benutzt. —
Er bringt Strom. II, 15, 67 sq. mehrere Erklärungen der drei
Parallelglieder in Ps. 1, 1 bei: 1) aus Barn. X, 10 mit dem Ab-
schluss: xavxa ytev 6 BagväßaG; 2) daran anschliessend mit der
Formel: ax?'/xoa d eycoys Gog)Ov xä xoiavxa dvdgoG ... 3) ein-
geleitet durch: exegoG de xvgicoxegov eleyev . . . Am Schlüsse
dieser Erklärung, deren letzten Teil Clemens auch Paed. III, 11, 78
mit oide äjieixöxwG . . . jrgootijioi xio av anführt, findet sich
v. 2a desselben Psalm es mit dem Zusatz: o jtexgoo sv xm xr\-
gvy^iaxi vöfiov xal loyov xov xvgiov jigoGtijcev. Darauf greift
Clemens mit der Formel: öoxel de xal allcoG xqicöv ajioöoyj/v
afiagxiaö xgoxcov öiöaöxeiv o voyLodixrio auf v. 1 zurück. Es
scheint daher angezeigt, schon dem exegoO die Benutzung des
K.P. zuzusprechen. Wer dieser sei, ist leider wohl kaum mehr
auszumachen; jedenfalls weist das Praeteritum in eine frühere
Zeit: er wird also der Zahl der von Clem. AI. öfter erwähnten
jcgeGßvx egoi angehören, zu denen sicher auch Pantaenus zu
zählen ist.
Auf dieselbe Zeit führt uns eine Notiz bei Clemens' Schüler
Origenes (in evang. Joh. tom. XIII, 17), der den Gebrauch des
K.P. durch Heracleon bezeugt. Dieser war nach Clem. AI.
Strom. IV, 9, 73 o xrjo ovalevxlvov Oyolijö öoxiftcoxaxoG und
zwar gehörte er nach Hipp, refut. VI, 35 mit Ptolemaeus zur
italischen Schule Valentins. Orig. (tom. in evang. Joh. U, 8)
nennt ihn xov ovalevxlvov leyb[ievov eivcci yvolgifiov ?]oa-
xXtcova. Zwar bezeichnet yvc6oituoG nicht nur den vertrauten
Freund, sondern auch den direkten Schüler; dennoch wird man
auf Grund hiervon gegen Epiph. Haer. XXXVI, 2 Heracleon für
einen jüngeren Zeitgenossen des Valentin halten und seine
Schriften c. 150 — 160 ansetzen dürfen; was vorzüglich auch
durch Hipp, refut. VI, 29: ovalevxlvoG xo'tvvv xal r/gaxZewv
xal jixoleyaToG xal üiaoa rj xovxmv Gyoh) und die hiernach zu
verstehende, in der lateinischen Übersetzung nicht mehr ganz
deutliche älteste Erwähnung bei Iren. adv. haer. II, 4, 1: ipsius
[Valentini] Ptolemaei et Heracleonis et relicpuis omnibus (?) qui
eadem opinantur, gestützt wird.
Origenes selbst lehnt es ab, weiter auf das K. P. einzugehen;
§ 1. Einleitung. 11
er erklärt, es müsse erst festgestellt werden, ob das Buch echt,
gefälscht oder durch Vermischung echter Bestandteile mit haere-
tischen Zusätzen entstanden sei 1). Er jedenfalls hält es nicht
1) Dies scheint die Meinung seiner verschieden gedeuteten Worte:
tSexä'Qovtua xal ttsqI xov ßißXlov nöxeQÖv noxs yvrjGiöv iaxiv ri vöQ-ov
>} uixxöv zu sein. Ob man darin gradezu 3 Klassen der Kanonicität er-
blicken darf, mag dahingestellt bleiben. Unrichtig ist es jedenfalls, yvr\-
oioo und vöd-oa statt auf die Herkunft auf den Inhalt zu beziehen. Dass
dies durch die bestimmte Ablehnung der Abfassung durch den Apostel an
der gleich zu besprechenden Stelle de princ. prooem. § 8 gefordert sei,
ist nicht gesagt, selbst wenn an beiden Stellen die gleiche Schrift gemeint
ist. Denn die Beurteilung ist beidemal überhaupt eine ganz verschiedene;
sodann schliesst Origenes an letzterer Stelle überhaupt die Abfassung
durch einen Träger des Gottesgeistes aus, also auch ein yv^aiov des In-
haltes. — yvt'jOioo und vö&oa werden — wenigstens bei Eusebius — von
den Schriften bezüglich ihrer Herkunft, nicht bezüglich des Inhaltes ge-
braucht (vergl. auch Stephanus Thesaurus s. v. vo9-sio/j.ai) und haben die
Beziehung auf die Kanonicität, wo diese ihnen überhaupt beigelegt werden
kann, eben nur vermöge jener Bedeutung. So ist yvt'jOioa synonym zu
btuo).oyoij.i£voo (z. B. III, 3, 4 [Dindorf p. 84 Z. 32 sq.], wo xal tiuqcc
näoiv bixoXoyovfiivij nur nach Eusebius' Principien den Traditionsbeweis
für das zuvor behauptete yvlfiioo geben soll: echt und als solches auch
bei allen anerkannt). Dass sich aber o/xoXoyovfxtvoo zunächst auf die
Echtheit bezieht — und nicht direkt auf die Kanonicität — , zeigt der
Gebrauch vom Clemensbriefe Eus. H.E. 111,16 (Dind. 104, 22) ; 38,1 (132,7)
und besonders von der Apokalypse III, 25 (116, ö. 19), deren Doppelstellung
in der ersten und zweiten Klasse des Kanons eben durch das Urteil über
den Verfasser bedingt ist; — ferner die Zusammenstellung von ävcifMpi-
Xsxxoo wfxo/.oyrjxcu III, 24, 17 (115, 22) vergl. mit ovös . . . . iv üvafx-
(piXexxoto IH, 3, 5 (85, 7 sq.); — desgl. die Äusserung über den Hirten III,
3, 6 (85, 13), den Eusebius nicht zu den bfioXoyovfJeva rechnen kann, um
deren willen, von welchen er uvxiXiXexxai, was sich nur auf die Abfassung
durch den apostolischen Hermas beziehen kann; — vor allem aber die
Gleichung: ähföTjO = anXaoxoo = dvojfJLoXoyrmtvoa III, 25, 6 (116, 25). —
Ebenso ist vöQ-oo synonym zu ävxiXeyö/iiEvoo, und beide beziehen sich auf
die Echtheit, was III, 3, 5 (85, 5): wo fi?j TiavXov oiaav dvxiXeyeo&ai
unwidersprechlich beweist, wodurch auch dem oben angeführten äva(z<pi-
Xezxoo seine Bedeutung gesichert wird. Ebenso deutlich ergiebt sich der
Unterschied zwischen zvöiü&rjxoo und avxiXfy6[A.tvoo III, 25, 6 (116, 26 sq.),
wo die zweite Klasse bestimmt wird als nicht zum Kanon gehörig, ja
sogar dem Widerspruch (sei. gegen die Echtheit) unterliegend, aber doch
weithin bekannt. Immerhin besteht zwischen vö&oo und dvnXeyöfxevoo
ein — stellenweise bis zur Gegensätzlichkeit gesteigerter (III, 31, 6) — Unter-
schied, ebenso wie zwischen yvi'jOioo und bfioXoyovfxevoa: jene bezeichnen
\2 v. Dobschütz, Das Kerygrna Petri.
für echt, ja er versteht dies so, dass dadurch auch die historische
Glaubwürdigkeit iu Abrede gestellt wird (cptQSiv avrov coO üti-
tqov öiöä<-avTOG). Man könnte sogar die persönliche Bekannt-
schaft des Origenes mit dem K.P. in Zweifel ziehen (Mayerhoff).
Diese Erscheinung ist bei dem Schüler des Clem. AI. allerdings
sehr auffallend, hat aber ihre Parallelen, z. B. an der Beurteilung
des Dialogs zwischen Jason und Papiscus bei Clem. AI. und Orig.
(Harnack, T. u. U. I, 1, 124). Zu dieser Veränderung mag viel
beigetragen haben der grosse Nutzen, den insbesondere die
Gnostiker aus dieser Schrift und ähnlichen zogen, wie sich denn
um jene Zeit überhaupt der Kanon auch zu Alexandrien fester
abgrenzte. Besonders beachtenswert ist es, wie Origenes in Ver-
bindung mit dem K.P. auch die kanonische Apost.-Gesch. citiert.
welche ihm sichtlich auch unbecuieni ist, weil sie die aus dem
K.P. geschöpfte Ansicht Heracleons zu bestätigen scheint, ein
die Echtheit resp. Unechtheit ihrer Thatsächlichkeit nach, diese nach Seiten
der Anerkennung derselben in der Tradition. Von hier aus wird sich auch
die Frage, ob Euseb.H. E.III, 25 drei oder vier Klassen zu unterscheiden seien,
dahin beantworten lassen, dass die vö&a allerdings zu den dvvi?.eyö/ueva
gehören — sonst wäre das aal § 4 (Dind. 116 Z. 13 ) und der Abschluss
§ 5 nicht zu verstehen; dass aber die unvermittelt eingeführte neue Be-
zeichnung doch insofern einen Abschnitt markiert, als Eusebius selbst über
die folgenden ungünstiger urteilte, resp. deren Unechtheit für ausgemacht
hielt, während er die früheren (lauter katholische Briefe, welche ihm nach
VI, 14, 1 bereits als ganzes zusammengehören) nur wegen des Wider-
spruches in der Tradition vom Kanon der Homologumenen, dem die beiden
anderen epistolae catholicae unwidersprechlich angehören , aussondert.
Dagegen spricht nicht das scheinbar ungünstige Urteil über die Acta Pauli
und Hermas (III. 3, 5 und 6), da Eusebius hier nur referiert, ohne seine
eigne Meinung kund zu thun, während diese c. 25 so sehr über die Tra-
dition überwiegt, dass er den 3, 5 gemeldeten Widerspruch gegen den
Hebr.-Br. ganz vergessen zu haben scheint, ebenso wie andrerseits den als
ävcofzo/.oyTjixtvT] 71o.qv. nüoiv III, 38, 1 (132, 7) bezeichneten 1. Clem.-Br. —
Dass vo&oa in diesem Sinne — von der Herkunft — jedenfalls schon bei
den Alten verstanden worden ist, zeigt die Wiedergabe desselben z. B. bei
Hier.de vir. ill. 1: secunda Petri . . . eius negatur; — 2: ab alio quodam
sub nomine eius edita asseritur; dazu vergl. das falsata des Didymus.
Auch schon bei Clem. AI. findet sich vöd-oo mit xpevdwvvvoo synonym
gebraucht (opp. yvrjOioo quis div. salv. 19) und Amphil. führt durch sein
Bild von den Münzen mit der falschen Aufschrift auf das gleiche. — Ganz
gesichert endlich wäre die Deutung der Worte bei Origenes in unserem
Sinne, grade wenn man de princ. praef. S als authentische Erklärung
dazu fassen könnte.
§ 1. Einleitung. 13
Dilemma, aus welchem er sich durch einen pathetischen Recurs
auf ein Herrenwort herauswindet.
In der Vorrede zu seinem grossen Werke jcegl aQ%oöv (praef. S)
erwähnt Origenes ein „libellus qui Petri doctrina inscribitur".
Gewöhnlich erklärt man dies für identisch mit unserem K.P.
In der That entspricht die Beurteilung desselben fast ganz der
Heracleon gegenüber abgegebenen: es ist kein liber ecclesiasticus
(d. h. kanonisch), auch nicht von Petrus oder einem anderen
Träger des Gottesgeistes geschrieben. Immerhin aber ist Origenes
geneigt, den Gebrauch der Schrift zuzugeben, eine etwas mildere
Form des Urteils als in jenem ersten Falle. Doctrina könnte
eine freie Übersetzung Rufins für xiJQvyfia sein, wozu es sich
wie der Gattungsbegriff zur Species verhält (s. u. § 2). Jedoch
hat Rufin sowohl an anderen Stellen dieser Schrift, als auch z. B.
in den Recogn. Clem. den Terminus ..praedicatio" für y./'jQvyfia.
Daher wird der Titel wohl schon bei Orig. 6iou.Gxa.Ua üttxQöv
gelautet haben und es liegt nahe, da sich im Griechischen der
Wechsel des Titels nicht recht erklären lässt, diese Schrift mit
der bei späteren Griechen wie Greg. Naz. (resp. Elias Cret. iu
seinem Commentar zu Gregors Reden) und Leontius Byz. er-
wähnten öidaoxaÄia jrtzQov zusammenzufassen und dem x?]Qvylua
Jiixgov gegenüberzustellen. Für die Identificierung beider spricht
allerdings das Schweigen des Eusebius über eine weitere ihm aus
Origenes bekannte pseudopetrinische Schrift. Aber dies argu-
mentum e silentio darf umsoweniger geltend gemacht werden,
als man dagegen auf den Plural xcuv ajioörölcov cd Xsyofisvat
öiöayal (Eus. -H. E. III, 25, 4) verweisen kann, worunter vielleicht
ein mehrere Apostellehren umfassendes Sammelwerk verstanden
sein könnte (cf. Zahn, Forschungen III, 2S4 sq.). Auf alle Fälle
werden wir — die Möglichkeit der Identität der doctrina mit
dem K.P. offen lassend — bei der Unsicherheit der Entscheidung
gut thun, die Fragmente beider säuberlich zu scheiden.
Noch viel weniger erwiesen ist die Identität unseres K.P. mit
einer in der pseudocypriani sehen Schrift de rebaptismate — welche
vielfach dem Ursinus Afer beigelegt wird x) — erwähnten prae-
1) Nach Zahn, Gesch. d. Kan. II, 2, 2 p. SSI A. 2 ein africanischer
Bischof Ursinus zur Zeit des Cyprian u. zw. aus der Zahl der Gegner; —
auffallend nur. dass sich ein solcher, der doch nicht ohne Bedeutung hätte
sein können, unter den zahlreichen Personalien bei Cyprian nirgends findet!
14 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
dicatio Pauli, was allerdings Rigaltius gleich in Petri umänderte,
doch wie es scheint ohne jede Beglaubigung. Man beruft sich
für diese Conibination gewöhnlich auf Clem. AI. Strom. VI, 5,
42 sq., wo es heisst, dass die Gleichartigkeit der göttlichen Er-
ziehung der Heiden mit der Israels zeigen werde jcqoo rm JitTQOV
y.f/ovyf/aTL 6 ujiöoxoXoo Xtycov jiavZoo. Man hat sich an diesen
Worten viel herumgequält; es wird gestritten, ob xrjQvyna jistqov
hier die von Clem. AI. oft genannte Schrift oder die mündliche
Verkündigung des Apostels bezeichne, ob ,,jcqoöu mit „in", „bei"
oder „ausser" zu übersetzen sei und ob endlich die folgenden
Worte dem Clem. AI. angehören oder paulinisch sein wollen.
Das nächstliegende ist jedenfalls anzunehmen, dass Clem. AI. nach
einer Gedankenreihe, auf die ihn ein dem K.P. entnommenes
Wort (VI, 5, 41) geführt hat, hierfür auch ein Zeugnis eines
anderen Apostels beibringen will und deshalb aus einer uns ver-
lorenen Schrift ein Dictum des Paulus anführt. Sonst müsste
man schon, unter Berufung auf die seltsame Stellung des jtavXoo
hinter Xiyet dies für eine spätere u. zw. unrichtige Glosse zu
6 ajtoözoZoo erklären und hierunter den im K.P. redenden Apostel,
nämlich Petrus, verstehen, eine Gewaltsamkeit, zu welcher kein
Grund vorliegt. Wenn man jiqoO mit praeter „neben" übersetzt,
so liegt darin richtig die Trennung beider Schriften ausgesprochen
und nur durch Künstelei kann man darin einen Hinweis auf
zwei Teile derselben Schrift finden. Man ist allerdings darin
bestärkt worden durch jene Schrift de rebaptismate , deren Ver-
fasser bei Erwähnung der praedicatio Pauli erzählt, dass diese
Schrift Petrus und Paulus sich erst zu Rom habe kennen lernen
lassen. Wenn man nun aber hieraus und aus einer Notiz bei
Lact. div. inst. IV, 21 über die praedicatio Petri et Pauli zu Rom
gefolgert hat, unsere Schrift habe in drei Teilen erst die Predigt
des Petrus, dann die des Paulus, endlich die Begegnung und
gemeinsame Predigt zu Rom geschildert — was natürlich ein
hervorragendes Glied in jenen Constructionen der altchristlichen
Literaturgeschichte zu bilden geeignet war und sich z. B. bei
Credner direkt als Begutachtung der paulinischen Lehre durch
Petrus darstellte — , so ist dies wohl eine geistreiche Conibi-
nation, entbehrt aber jeder wissenschaftlichen Begründung. Die
praedicatio Pauli scheint vielmehr nach Pseudocyprian, wenn
auch auf die Beurteilung dieses einzigen Zeugen wegen ihrer
§ 2. Die Bedeutung des Titels. 15
feindseligen Tendenz nicht viel zu geben und z. B. die Behauptung
der Abfassung im haeretischen Interesse als polemische anzu-
zweifeln ist, eine selbständige, viel von Haeretikern — wir wissen
leider nicht genau welchen — benutzte spätere Schrift gewesen
zu sein, die mit dem K.P. des Clem. AI. nichts zu thun hat. —
Ob das bei Clem. AI. aufbehaltene Pauluswort ihr oder einer
anderen Schrift angehörte, niuss dahingestellt bleiben. — Die
von Lactantius bewahrten Worte einer „praedicatioPetri et Pauli (?)"
werden aber, einer scharfsinnigen Vermutung Grabes zufolge,
wahrscheinlich einer Apokalypse zuzuweisen sein.
Endlich kann es wohl als nunmehr allgemein anerkannte
Thatsache hingestellt werden, dass unser K.P. mit den in den
Pseudoclementinen erwähnten x?jQvytuara jitrQov nicht mehr
als den Namen gemein hat. Wenn jene Schrift, als deren Aus-
zug sich die Homilien geben, überhaupt je existiert bat, so war
es ein judenchristliches Machwerk, über das wir gar keine Kennt-
nis mehr haben. Denn die jcsqioöol und jcgägsig sind spätere
Recensionen. Selbst das dürfte noch zuviel behauptet sein, dass
unser K.P. eine heidenchristliche Parallele zu jener Schrift sein
wolle, wie denn ein Vergleich der Anfügung der jieQio6ot(jcQä§eio)
an die xtjQvyfiara der Judenchristen mit der Erweiterung der
lukanischen jtga^io durch das xi/Qvy^a jctzgov als tq'lxoo loyoo
in sich haltlos ist (Hilgenfeld 1. c. p. 55). Ebenso wenig begründet
ist aber auch die neuerdings von Zahn Gesch. d. Kan. II, 2. 2.
p. 822 behauptete umgekehrte polemische Rückbeziehung der
judenchristlichen xr^vyiiaxa auf unser K.P.
§ 2.
Die Bedeutung des Titels.
Durch die im vorigen gewonnenen Erkenntnisse und die
Ablehnung der Notizen des Pseudocyprian und Lactantius sind
wir genötigt, den grössten Teil des Materials, auf Grund
dessen man gewöhnlich Charakter und Anlage unserer Schrift
bestimmt hat, bei Seite zu lassen. Die wenigen Stellen bei
Clem. AI. und eine Notiz bei Origenes über Heracleon sind,
wie wir sahen, die einzig sicheren Bezeugungen derselben, und
16 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
diese geben uns zunächst nur als sicher den Titel xrjgvyfia
jitrQov an die Hand. Wenn wir versuchen, uns hiernach eine
Vorstellung von der Schrift zu bilden, so haben wir zunächst
nach der Bedeutung von yr/gvyfia zu fragen.
y.r/Qvooo) und xJ}(nyy(ia, in der Antike vom Heroldsruf ge-
braucht, bezeichnet bei den LXX (= Xlp) lauten Ruf (Prov. 9, 3),
obrigkeitliche Botschaft (Jon. 3, 5; 2. Chron. 30, 5), prophetische
Rede (Jon. 3, 2). Ina Neuen Test, wird es gebraucht von der
Predigt des Täufers (absolut: Matth. 3, 1; ßdjtriOfia [itxavoiao:
Mc. 1, 4; Lk. 3, 3), von der des Herrn selbst (Matth. 11, 1;
Marc. 1, 38 sq.; 1. Petr. 3, 19; cf. Barn. 5, 8; Clem. Hom. XI, 33)
und demnächst von den Aposteln (Marc. 3, 14; 16,20; Rom. 10, 15;
1. Cor. 9, 27). Meist steht es hier absolut, sonst mit dem Objekt
svayytXiov, seltener inhaltlich bestimmt ßaoiZtiav &sov, [ittavoiav,
XQigtÖv. Paulus, der xijQvyfia oft ohne nähere Bestimmung ge-
braucht (1. Cor. 1, 21; 15, 14; cf. 2. Tim. 4, 17; Tit. 1, 3), unter-
scheidet dies von seinem Xöyoo (1. Cor. 2, 4). Damit ist y.i'jQvyfia
deutlich als die grandlegende, das Heil anbietende Predigt der
Mission bestimmt im Unterschied von der vertieften Belehrung
der bekehrten und geförderten Christen. Dieser Gebrauch bleibt
auch in der nachapostolischen Literatur neben der Beziehung
auf die prophetische Verkündigung (Clem. Rom. I, 17, 1; Barn.
6, 13; Just. Di. 36. 39. 76; cf. jtqox?/qv6öco Ap. I, 31 u. ö.; Iren.
I, 10, 3 u. a. St.), — auf die Busspredigt (Clem. Rom. I, 7, 6 sq.;
0, 4; Clem. Hom. XI, 35); — auf lauten Ruf im allgemeinen
(Clem. Rom. I, 1, 2) — als wichtigster und häufigster bestehen
(Clem. Rom. I, 42, 4; cf. 5, 6; Barn. 8, 3; Herrn. Sim.VIII, 3, 2;
IX, 15, 4; 16, 4 sq.; 17, 1; 25, 2; meist absolut (Act. Joh. Proch.,
ed. Zahn p. 3) oder mit ygiörov z. B. noch bei Eus. Caes. bei
Äthan, ep. de decr. Syn. Nie. [Hahn Bibl. der Syrnb. p. 188]).
In den Clem. Hom. ist der Begriff schon etwas umgeändert,
sofern der Ton meist auf dem Lehrinhalt liegt (ep. Petri ad
Jac. 2; Hom. XVII, 19; XI, 35) und vielfach der Plural ge-
braucht wird (ep. Petri ad. Jac. 1 sqq. u. ö). In der altkatho-
lischen Periode ist dann diese Umbildung, welche mit der Um-
setzung des Apostelbegriffs in den von Lehrern der Wahrheit
und christlichen Gnosis Hand in Hand geht, vollendet (Tat.
or. 42; Iren. I, 9, 2; 10, 2; HI, 3, 3; vergl. seine Schrift do ejcl-
6eis,tv xov äjcooTohy.ov y.?jQvyfxaroo b. Eus. H.E. V, 26, 1. —
§ 2. Die Bedeutung des Titels. 17
Hipp, bei Eus. H.E.V, 28, 3; Tert. adv. Prax. 2 u.s.w.1). Später
entwickelt sich der Sprachgebrauch weiter dahin, dass x/jQvyfia,
inhaltlich bestimmt und besonders im Plural gebraucht, einzelne
Lehrsätze bezeichnet. Dabei erhält sich aber eine Reminiscenz
an die alte Bedeutung „ Missionspredigt", insofern xrjgvyfia nach
Basil. M. de spir. s. 27, 66 im Unterschied von dem als Geheimlehre
behandelten, nur im Mysterium ausgesprochenen d6ytua die öffent-
liche Glaubenslehre oder einen Satz derselben bezeichnet (in
diesem Sinne synonym zu jiiötiO: Greg. Naz. or. XXVIII, 5 1,
p. 499). Der beiden übergeordnete Begriff ist nach Eulog. Alex.
(bei Photius bibl. 230 p. S33) öidayfiaza. Dieser Schriftsteller
bestimmt auch xfjgvyfiara näher als das, was sio Xoyov evroÄcöv
xal ftsiov (ptßov ovvrrjQriöLv ävacptQSTCU (Ethik). Dazu tritt
dann nach Rufin (exp. symb. ap. 25) als Hauptmoment die Ver-
kündigung der evangelischen Geschichte. — Für die eigentliche
Missionspredigt bewahrte die spätere Zeit den im 2s. T. und bei
den älteren Vätern neben x?]qvoosiv herlaufenden Ausdruck
tvayyeXiueo&ai (Barn. S, 3; 14, 9; Clem. Rom. I, 42, 1. 3: Polyk.
ad Phil. 6, 3. — cf. evayyeXiortjo Eus. H.E. V, 10, 2). — Diese
ganze Entwicklung ist in sich so klar und weist so deutlich auf
die Alttestamentlichen Anknüpfungen hin, dass es völlig über-
flüssig erscheint mit Dodwell (Diss. in Iren. VI, § 10 p. 339 sq.)
zur Erklärung des christlichen Terminus x?jqvoöeiv auf die
Terminologie des Mysterienkultus zurückzugehen, wenn diese
auch bei dem liturgischen Gebrauche von xrjQvoGtiv von Ein-
fluss gewesen sein mag.
Gemäss dieser kurz skizzierten Entwicklungslinie werden
wir bei einer Schrift, deren Ursprung der äusseren Bezeugung
nach spätestens in die zweite Generation vor Clem. AI. zu setzen
ist, den Titel xt/Qvyfia nicht anders als von der Darstellung der
1) Eus. H.E. IV. 8, 2 gehört TtuQÜdooio toi- uTiooxoliy.ov xijgvy-
[xuxoo wohl dem Eusebius und nicht dem Hegesipp an, der nach altem
Sprachgebrauch weit richtiger von OQ&ba ?.6yoa spricht (IV, 22, 2) und
X7]Qiaaco von Vorschriften gebraucht (ibd. 3). Clem. AI. Strom. I, 1, 4
kennt neben dem mündlichen auch ein schriftliches z/jQvy/na, worunter
er seine eigne Arbeit zu verstehen scheint. Wenn er ebendaselbst von
der xrjQV/aiztj e-iiozrjjUT] eine dyye?uxt] unterscheidet, so muss dies die
ausserordentliche {tiojo) durch Engel vermittelte Verkündigung bedeuten
(cf. quis div. salv. 3).
Texte u. Untersuchungen XI, 1. 9
lg v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Missionspredigt verstehen können. Ob diese nun aber nur in
Form einer Rede, oder mit historischer Umrahmung geschehen
sei,, lässt sich dem Titel nicht entnehmen, ist vielmehr erst nach
Untersuchung der Fragmente zu erörtern 1).
§ 3.
Herstellung des Textes.
Da, wie gesagt, bisher uns jedes Einteilungsprincip fehlt,
erscheint es am zweckmässigsten, die Fragmente nach der Reihen-
folge bei Clemens Alex, zu ordnen, indem jedoch gleichartiges
zusammenzustellen erlaubt sein wird.
I.
a) Strom. 1,29, 182: (sv de xcö jctxoov xrjgvyf/axi tvgoio av)
vöfiov xal Xöyov xbv xvqiov jcQooayoQsvöfisvov.)
b) Strom. II, 15, 68: 6 JttxQoö (tv xm xr/Qvy/zaxi) vbfiov
xal löyov xbv xvqiov (jcQooüJiev^)
c) Ecl. proph. 58: voftoo xal XbyoO (avxoü o öooxt/Q Xeyexai,
wo) üttXQOG (ev xr/Qvyfiaxi.)
Die gemeinsamen Stichworte sind vofioo und löyo6\ c) weicht
sonst ab, da Clem. hier nur an vöfioo Interesse hat. a) und b)
dagegen stimmen weit mehr überein, was um so bedeutsamer
wäre, wenn b) einem Gewährsmanne des Clem. angehörte (s.o. § 1).
Das gemeinsame jiQoöayoQtvtiv weist über die schriftstellerische
Autorschaft hinaus auf eine Rede, und zwar nicht nur die schrift-
liche Conception einer solchen, sondern den historischen Bericht
davon, da sonst das Praeteritum unerklärt bliebe. Es kann eine
Anrede des Petrus an den Herrn mit den Worten vöfioo und
Xoyoo gemeint sein. Der Text ist hier somit nicht mehr genau
zu bestimmen.
II.
a) Strom. VI, 5, 39: (jüxqoo sv xw xtjQvynaxL Itytr yivü-
oxhxt ovv Öxl siö #£Oö loxiv, o6 CLQ%t)v Jiävxcov IjtohjGtv xal
1) Die Möglichkeit, bei clem Titel xrjQvyfia an eine geschichtliche
Darstellung der Missionswirksamkeit zu denken, belegt Aphraates Hom. XX
p. 320: „die Predigt der 12 Apostel bezeugt: Act 11,26", während derselbe
Hom. XII, 6 p. 192 mit: „die Geschichte der 12 Apostel berichtet uns
hierüber" sich wohl auf Act. 19, 3 bezieht.
§ 3. Herstellung des Textes. 19
xtXovo sgovolav iyjcov — (xal •) o dooaxoo oo xd jtdvxa oga,
dycoQrjzoö oo xd jcävxa %coqsi, avsüiiösr\o ov xa Jtdvxa sm-
ötexat xal 6c ov soxiv, dxaxdX?]jtxoo, dsvaoo , dcp&agxoG,
ajioiTjxoö oo xd jzdvxa sjzoitjösv Xöyop övvdfismG avxov (xijo
yicoOTLxrjö ygacpijo xovxsoxi xov vlov.)
b) Strom. VI, 7, 58: sio (ydg xo~ ovxi) eoxlv 6 &soo oo dgyijv
xcöv ajtdvxwv ejcoirjosv (tur]vv(ov xov jtgmxöyovov vlov o Jtsxgoo
ygdysi ovvelo dxgißwo xo ' sv dgyj] snoupsv 6 &s6o xov
ovgavov xal xtjv ytjv.)
ö.divvaoa B.\gfä.,dävvaroa Potter. — 6sq. Grabe conj. zrt yva>arixTi ygacpfj.
ygdqsi in b), welches auf die Vorstellung hinweist, dass Petrus
auch Autor der schriftlichen Conception sei, verträgt sich mit
Xiysi in a), welches auf eine dem Petrus in den Mund gelegte
Rede führt. Das Fehlen einer Anrede und die Partikel ovv
zeigen, dass dies Stück nicht den Anfang derselben gebildet
haben kann. Durch a) wird es klar, dass b) mit £jrot?/G£i'schliesst:
die Beziehung der dgyj} auf den Sohn ist wohl erst von Clem.
AI. hier hineingelesen worden. Da b) von Clem. ziemlich frei
citiert ist, so ist der LA. elo d-söo soxiv vor sio soxiv 6 &soo
der Vorzug zu geben, — alles natürlich unter der Voraussetzung,
dass beide Stellen identisch sind; b) könnte ja ebensogut auch
ein zweites Fragment sein, da ein solcher Hauptsatz in einer
Schrift sehr wohl zweimal vorkommen kann. — Mit Recht hat
Hilgenfeld das xal in a) als Überleitung zu einem zweiten Citat
gefasst und aus dem Text des K.P. ausgeschieden. Ob beide
sich an einander anschlössen, oder ob xal eine Auslassung mar-
kiert, muss dahingestellt bleiben. Wohl sicher sind dem Citat
abzusprechen die beiden Zusätze in a), obwohl einige dasselbe
bis yga<prjo ausdehnen. Sehr ansprechend ist Grabes Conjektur
für den Text des Clem. AI. xr\ yvcooxixij ygacpjj zu lesen im
Sinne von „d. h. nach gnostischem Schriftverstand", cf. Barn. 6, 9.
III.
a) Clem. AI. Strom. VI, 5, 39 sq.: (sixa sjcicpsgsr} xovxov xov
&sov osßsod-s, (ii) xaxd xovo sXXrjvao .... oxi dyvo'ia (psgofisvoi
xal firj sjtioxdiisvoi xov &sov (coö tj/islö xaxd xr\v yvmoiv x))v
xsXsiav), a)v sömxsv avxolo tsovolav sio ygroiv, {logcpwOavxsG
2*
20 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
£,vXa xal XS&ovG, yaXxov xal o'iötjqov, ygvGov xal agyvgov, —
xrjG vXrjG avxcöv xal ygrjGEmG — xd öovXa xr/G vjidgBscoG
dvaGx?jGavx£G , Oeßovzai xal d öiömxEV avxoZG eIg ßgcoGiv o
&eöo, jiBXELva xov a£QoG xal trjG &alccGGf]G xa vrjxxd xal xr\G
yrjG xa kgjiExd xal xa &r]gia Gvv xxtjvsGi XExgajiööotG xov
dygov, yaXäG xs xal /ivG, alXovgovG xs xal xvvaG xal jci&t'jxovo
xal xa idia ßgcokuaxa ßgmxolG &vfiaxa ftvovGiv xal vexgcc vs-
xgoiG jtgooptgovxeG coö DeolG ayagiGxovGi xcö &£(5 öiä xovxmv
dgvovfisvoi avxöv dvai.
b) Orig. in Ev. Jon. tom. XIII, 17: (cptgsiv avxov (Heracleon)
a?ö jcixgov diöa^avxoG) fit] öelv xa& EXXrjvaG jtgoGxvvElv xc
xrjG vXt]G jigdyfiaxa dxoÖEyofiEvovG xal XaxgsvovxaG gvXoiG
xal XifroiG.
4. wv . . igovoiav verbesserte Potter: rjv . . igovoiao die andern Edit.
6. ztjO v).rja: x)\v vkrjv conj. Potter; rrja ßovXrja conj. Hilgfd.
6. rrja vTtÜQ§£(i)0: Potter conj. zfi bnäg^si oder xal xrfi vtcÜq&wg.
11. ßQcaxola verbesserte Potter: ßQorola die andern Edit.
Orig. (b) schöpft aus abgeleiteter Quelle mit merklichem Wider-
willen gegen die Schrift; daher ist auf seine nicht nur stark
gekürzte, sondern vielfach sehr abweichende Wiedergabe kein
Gewicht zu legen. Clem. (a) hat nur anfangs durch zwischen-
gestreute Exegese das Citat verwirrt; wir haben diese ganz weg-
gelassen: die kleinen Abänderungen in den Wiederholungen des
ersten Satzes sind ganz unbedeutend und nur durch den Zu-
sammenhang der Exegese bedingt. Im Hauptstück ist nur coG —
xsltiav als Zusatz des Clem. auszuscheiden, da diese Bemerkung
in der Petrusrede hier ganz zur Unzeit käme. Clem. hat allerdings
dadurch einigen Schaden angerichtet, dass der folgende Satz, um
ihn enger daran anzuschliessen, Veränderungen erlitten hat.
Potter scheint aber die richtigen Emendationen gefunden zu
haben. Es ist zu construieren: otßovxai xavxa cor . . i^ovGiav
töooxe, ftogcpmGavxEG . . ., dvaGxrjGavxEG . . .; durch die Um-
stellung der Glieder, wie sie sich im Texte findet, ist die zeitlich
richtige Reihenfolge derselben erzielt: das Götterbild fertigen,
es aufstellen und anbeten. — Die grösste Schwierigkeit liegt in
den Worten xiJG vXt]G avxcöv xal ygt'jGEooG. Wegen der auf-
fallenden Zusammenstellung hat man ßovXtJG lesen wollen, jedoch
mit Unrecht, da vXt] grade das einzige durch b) sicher gestützte
§ 3. Herstellung des Textes. 21
Stichwort ist. Wenn nicht Verderbnis der ganzen Stelle anzu-
nehmen ist, scheinen die Worte als Gen. attrib. zu dem Ganzen
der vorhergenannten Dinge bezogen werden zu müssen in dem
Sinne von: was alles ihres Stoffes (d. h. gleichen Stoffes mit
ihnen) und ihres Gebrauches (d. h. ihnen zum Gebrauche ge-
geben) ist, — oder man müsste öovXa mit zwei Genitiven con-
struiert sein lassen, deren einer dem Dat. obj., der andere der
Zweckbestimmung entspräche: a dovZevsc vXi] xal ygi)o£L sie
vjiag§iv. Die Potterschen Conjekturen helfen nicht weiter; sehr
gut dagegen ist der scharf zugespitzte Gegensatz, der durch die
Conjektur ßgcoxoiö für ßgoxolö erzielt wird.
IV.
a) Clem. AI. Strom. VI, 5, 41: (sjtoiosi jialiv codi noiö") (i?]6s
Tiara lovda'iovG oeßeo&s' xal yag exelvoi, (lovoi oiöfievoi xov
dsov yivcoöxsiv, ovx IjtioxavxaL Xaxgtvovxso ayytXoio xal
agyayyiXoiO, firjvl xal osX?}v7], xal aar p) OeXrjvr] (pavyj, oaßßaxov
ovx ayovoiv xo Xeyofisvov Jigcöxov ovde veoftyjviav ayovoiv
ovxe aCv[ia ovxe eogxi)v ovxe {ueyaXtjv ?)tuegav.
b) Orig. 1. c: fitjxe xaxä iovöalovo oeßeiv xo &elov, ejieijieg
xal avxol, tu6voi olotuevoi ejcloxao&ai &eov, ayvoovoiv avxov
Xaxgevovxeo dyyeXoiO xal ftfjvl xal oeX?]v?j.
Wie III an II, so schliesst sich wohl dies Fragment unmittel-
bar an III an. Von b) gilt das zu III bemerkte auch hier.
Clemens hat das Citat in klarem Text erhalten. Nur bei ovxe
schwanken die LA. der Editoren zwischen' ovrs und ovde, was
dem Sinne nach wenig ausmacht.
V.
Strom. VI, 5, 41: (eixa rov xoXo<pojva rov C,?/xoi\uevov jiqog-
ejtupigef) moxe xa\ vfieio oolcoo xal öixaicoo fiavdävovxeo a
xagadiöofiev vfilv , g)vXcc06eo&e , xaivo3o rov xheov öiä rov ygi-
oxov Geßoftevoc evgofiev yag ev xalö ygacpalo xa&mö c xvgioo
Xeyei' löov diciTi&fjiKii vftlv xaiviiv öia&rjxyv ovx <-»& di8&£ftriv
xolö Ttuxqüoiv vfiätv tv ÖQei xa>QXtß- veav vfüv öie&exo, xa yag
eXXi]voov xal iovöaiow JiaXaia, vfietO 6h ol xaivcöo avxov xglxcp
yevei oeßöfievoi ygioxiavol.
Sylburg conj. r\yüiv und ij/xsTg.
Potter, Credner u. a. schliessen das Citat mit ycogf'jß; in den
22 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
folgenden Worten expliciere Clemens seine Vorlage. Wenn man
aber v/iiv und vfielö liest, das zu ändern gar kein Grund vor-
liegt, so fügen sich die Worte am besten in eine Rede des Petrus.
VI.
Strom. VI, 5, 43: (öiä xovxo cprjoiv o jiexqoo elgrjxevai xov
xvqlov xolö ajtoöxoXoiO') eäv fiev ovv xiq {hsZrjöy xov löoa?)Z
[lExavorjOad öia xov 6v6tuaxoö fiov Jtiöxeveiv huil xov &ebv,
a<ps&r)öovx<XL avxcp cd afiagxlai. fiexa [de?] öcodexa ex?] egek&exe
eio xov xöofiov, fi?j xio elzi?y ovx r]xovoay.ev.
fieravorjGaa emend Sylb. Grabe: /j.£Tavofjoai edit. — Credn. add. xal;
Hilgfd. conj. maxevwv.
Die Editoren haben zur Vermeidung der beiden Infinitive,
deren Aneinanderreihung in dieser Weise ungriechisch ist, ver-
schiedenes conjiciert. Die oben recipierte Sylburgsche Emendation
erscheint als die beste (cf. Acta Phil, in Hell. 14 [Tisch, act.
apocr. p. llJO] jcioxevoeiö fiexavotjOao). — Hilgfd. liest ohne Be-
gründung sie xov &eov. — ftexä ömöexa ex?] wurde meist sinnlos
zum vorigen gezogen (so auch noch bei Resch, Agrapha T. u. U.
V, 4, 426); den richtigen Zusammenhang hat schon Cave erkannt.
Der zweite Satz schliesst sich freilich mit einem auffallenden
Asyndeton an den ersten an. Wenn zwischen beiden nicht
etwas ausgefallen, resp. von Clemens absichtlich fortgelassen ist,
scheint [iev im ersten Satz notwendig ein de im zweiten zu
fordern und es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieses vor Öoj-
öexa durch ein Versehen ausfiel.
VII.
Strom. VI, 6, 48: (avxixa ev xä> jtexoov xrjgvyfiaxi o xvqloo
(p?]6i jiqoö xovö {/a&?]xäö fiexa xr]v dvaöxaöiv) e^eXe^dfi?]v
vfiäo dcööexa (ia&?]xdö xglvaö ä^iovO efiov — ovo o xvqloö
?)del?]oev — xal djioöxolovö xlöxovö ?]y?]od(ievo6 elvai, üiefijicov
ejtl xov xoöfiov evayyeXioaoO-ai xovo xaxd x?)v olxov(iev?]v
ävftocüjcovö yivcooxeiv, oxi eiö freoö eöxiv öiä xr]0 (xov xqlöxov)
jtioxeojo lfi?]6 ö?]Xovvxaö xd y.ellovxa, oüimo ol axovöavxeö
xal Jtioxevöavxeo öw&coöiv, ol de fi?) jtioxevoavxeö axovöavxeö
§ 3. Herstellung des Textes. 23
fiaQrvQ?jö(aotv ovx s%ovteö cuioXojiav dxslv ovx y)xovöa(i£v.
(ri ovv . . . .)
1 sq.: b xvqioö fiexa t?jv dvdozaaiv nooo (rj/.täa) zova fxa&Tjvda i(fr\
Hilgfd.
7. i[/.7]6: tfj.(pav<j)G conj. Potter; k$TjO conj. Hilgfd.
8. xal itiaxsvaavxea fehlt b. Hilgfd. wohl nur aus Versehen.
9. [x.UQTVQ?i&ä>oiv conj. Hilgfd.
Wahrscheinlich sind die einleitenden Worte des Clem. AI.
teilweise dem K.P. entnommen, aber wir können noch nicht
näher bestimmen, ob sie einer Rede des Petrus (so Hilgenfeld)
oder der historischen Umrahmung einer solchen angehören
oder auch nur die aus dem Zusammenhange der Schrift ersicht-
liche Situation wiedergeben. — Sicher gehört dem K.P. der als
Herrenwort eingeführte Satz issktsaiiqv — g//oüan; hier schliessen
Potter, Credner, Resch (1. c. p. 393) u. a. bereits das Citat. Bei
den sachlichen Berührungen der folgenden Sätze mit Fragm.
II und VI liegt es aber nahe, auch diese noch dem K.P. zuzu-
sprechen, zumal xi ovv als passendster Ansatz des Clem. AI. zur
Erklärung des Citates erscheint. Da sich nun ovo o xvqioö u.s.w.
nicht recht in die Herrenrede fügen will, andrerseits das folgende
als solche charakterisiert wird, nicht so sehr durch die sachliche
Übereinstimmung mit dem Herrenworte in Fragm. VI, als viel-
mehr dadurch, dass die Pointe des mit o xvqioö (prjöi einge-
leiteten Citates sich erst in den letzten Sätzen findet, so muss
man einiges aus der Herrenrede aussondern. Gewöhnlich wird
ovo o xvqioö ri&£Zr)08v xal oljiootoXovö , jiiötovö t]y?]OcctUEVoo,
üvai als Zusatz des Clemens gefasst, der dadurch den Begriff
öoaSsxa [ictfrrjzäo habe erläutern und so zugleich in den Missions-
befehl überführen wollen. Ebensogut kann man aber auch xal
ajtoöxoXovö jcioxovö ?]y?]Oalu£i'oo üvai als Parallelglied zu XQivad
aZJLOvö efiov in die Herrenrede hineinziehen und nur ovo o xv-
qioö ?]&tfo]öev ausscheiden. Als Einschub des Clem. AI. wird
sich dies allerdings nicht erklären lassen; im Munde des Petrus
aber Hesse es sich allenfalls als bescheidene Einschränkung des
ja auch ihm geltenden Lobes über die Jünger begreifen. — Dass
die letzten Sätze der Herrenrede angehören, wird vollends klar
dadurch, dass sich die in den Worten diä rijg rov yQiöxov
xiöxswö kfirjö enthaltene Schwierigkeit hebt, wenn man nur
24 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
xov xqlOtov als eine in den Text gedrungene Glosse zu dem
ursprünglichen 6ia x?/G jclözecoG £(i?jö der Herrenrede (cf.
Fragm. VI und Herren worte wie Act. 26, 18: Jtioxsi xtq slo i(i£',
Apok. Petri 3: sjtl xovo jcioxovO fiov) fasst. Weder Potters
noch Hilgenfelds Conjekturen befriedigen; auch die Conjektur
{/agxvQij&öjGi für fiagxvg?'jöa)Oi erscheint als völlig überflüssig.
VIII.
Strom. VI, 6, 48: (jcäoaio ö' aveofrev xato ipv%aiö ägrjxai
xalö loyixa~io') 00a ev ayvo'ta xio vfio3v IjtolrjGsv [irj sldcoö
6a<pco6 xov &s6v, eav ejiiyvovö (itxavotjöq, xccvxa avxm acps-
d-fjGExai xa afjaoxtjftaxa.
Ist diese Stelle auch nicht ausdrücklich als Citat aus dem
K.P. angeführt, so legt doch der Zusammenhang es nahe, sie
darauf zurückzuführen, und der Inhalt bestätigt die Zugehörig-
keit zum K.P. Die Stellen Act. 3, 17. 19 und 17, 30, auf welche
sie Potter zurückführt, sind zwar verwandt, aber nicht die Grund-
lage für dies ausdrückliche Citat. Bemerkenswert ist die Ein-
führung durch slgijxai, während unmittelbar darauf durch (prjöi
als Gottesspruch charakterisiert Deut. 30, 15. 19 folgt. Die Be-
ziehung auf das Kerygma im Hades ist wohl von Clem. AI. an
das Citat herangetragen.
IX.
Strom. VI, 15, 148: (ÖQ-sv xal o nixgoG sv reo xrjgvy/iaxi
7i£Qi xmv aüiooxblcov liycov (prjölv) rjfiElö 6h ävaxxvt-avxsö
xäö ßißXovG aö sixofiEV xcöv Jigocprjxäiv, a [iev öiä jiagaßoXmv ,
a de öi alviyftaxmv , a öh av&svxixäJG xal avxotegsl xov %gi-
gxov ir/oovv ovofia^övxwv , evgofisv xal xr\v jiagovGiav avxov
xal xov -fravaxov xal xov Gxavgov xal xaG loiüiaG xoXaGsiG
jtaöao öoaö hnoirfiav avxw ol iovöaloi, xal x?)v eyegGiv xal
xi\v slo ovgavovG aväkr/ipiv jcgo xov hgoGoXvua xgi&ijvai,
xaß-mG lyiygajtxo xavxa xavxa, a eöei avxov xa&üv xal (lex
avxov ix söxai. xavxa ovv ijiiyvovxsG IjiLGxevGa^v xqj &eq)
öia. xojv yeyoafifavmv da avxov.
XQi&f/vcu: xTio&rjvcu ms. editt. ; hj<p&fjvac s. aXw&rjvai conj. Potter,
xu&uiQtQ-TtVui conj. Hervet. — iyiyQunxo' xavxa Creclner.
Der bisher recipierte Text Jtgö xov ItgoGoXvfia xxiG&ijvat
bietet unüberwindliche Schwierigkeiten, da die Deutung auf das
§ 3. Herstellung des Testes. 25
neue oder himmlische Jerusalem ohne jeden Anhalt im Texte
ist. Die früheren Conjekturen sind zu willkürlich; doch weisen
sie auf das rechte hin, indem sie zum Gegenstand der Weissagung
ein Widerfahrnis Jerusalems machen, das auf Jesu Tod folgt,
wie dies schon durch [ist' avvov a eovai gefordert wird. Unsere
Emendation kommt in der Sache damit überein, hat aber den
Vorzug sich graphisch leichter erklären zu lassen und zugleich
das Faktum der Zerstörung Jerusalems mit den Lebensthat-
sachen Christi in innere Verbindung zu setzen. Für die Bedeu-
tung von xqIvsg&cu vergl. Jes. 66, 16 und bes. Clem. Rom. I, 11, 1.
Der Anachronismus einer solchen Aussage im Munde des Petrus
hat in der Literatur jener Zeit nichts befremdliches. — Potter u. a.
fassen xa&mö iytyQajtro als Einführung eines Citates und Grabe
hat dabei mit Recht auf l.Petr. 1, 11 hingewiesen. Aber so wenig
wahrscheinlich es an sich ist, dass der erste Petrusbrief hier als
YQacpr] citiert sei, so wenig weist eytygaxro etwa auf ein ver-
lorenes ATliches Apokryphon. In Citationsformeln pflegen keine
Praeterita zu stehen (cf. Clem. Rom. I, 42, 5: kx yag örj jcollcöv
'/qovcov syiyQajito xeql Lni6x6jia>v xal öiaxövcov, ovtojO
yäg jiov Xtyei t/ ygacp?'] [Jes. 60, 17]). Das Plusquamperf. ist
dagegen sehr wohl begreiflich in der Rede des Petrus, wenn
man das folgende als Subjekt dazu fasst. Dabei ist eine An-
lehnung an 1. Petr. 1, 11 nicht ausgeschlossen.
X.
Strom. VI, 15, 128: (xal fisr' oliya exicptgei näXiv, &sia jiqo-
vola rao jiQo^rjzdao yeysvijo&ai Jiccgiörao coös') iyvcoxa^sr
yag ort o &eog avxa jigoaera^ev ovtcog, xal ovöhv arep
ygacpijö Xsyofisv.
Nach Clem. AI. reihte sich dies Citat nach wenigen Zwischen-
sätzen an das vorige an. Es ist in sich klar und der Text
genügt, ohne dass man mit Sylburg oVrcoö in ovxwo zu korri-
gieren brauchte.
Dies ist alles, was wir mit Sicherheit dem Text des K.P.
zuweisen können. Zur Verdeutlichung unserer Auffassung des-
selben folge zunächst eine Übersetzung, ehe wir zu einer sach-
lichen Besprechung der Einzelheiten und damit zur genaueren
Besprechung des Charakters und der Zeit der Schrift fortschreiten.
26 v. Dobscliütz, Das Kerygina Petri.
I. Petrus redete den Herren mit „Gesetz" und „Wort" an.
IL Erkennet also, dass ein Gott existiert, der den Anfang
von allem gemacht hat, und so auch des Endes mächtig ist . . .
der Unsichtbare, der alles sieht, der Unfassliche, der alles fasst,
der Bedürfnislose, dessen alles bedarf und durch dessen Ver-
anstaltung alles da ist, der Unbegreifliche, Ewige, Unvergäng-
liche, Ungeschaffene, der alles geschaffen hat durch sein All-
niachts - Wort.
III. Diesen Gott verehrt, nicht nach der Heiden Weise; denn
von Unwissenheit verführt und ohne Gott zu verstehen, verehren
sie das, worüber er ihnen zum Gebrauche Gewalt verlieh, indem
sie Holz und Stein, Erz und Eisen, Gold und Silber, was doch
alles Stoff ist wie sie und zu ihrem Gebrauche dient, Gestalt
geben und, was zu ihrer Lebensexistenz dienen sollte, (als Götzen)
aufstellen; und, was Gott ihnen zur Speise gegeben, Vögel der
Luft und des Meeres Fische und des Landes Kriechtiere und
das Wild samt den Vierfüsslern des Feldes, Katzen und Mäuse,
Kater und Hunde und Affen, kurz ihre eigenen Esswaaren,
Essbaren opfern sie's als Opfer und, indem sie Totes Toten als
Göttern darbringen, entziehen sie Gotte den Dank und leugnen
damit, dass er existiert.
IV. Verehrt ihn auch nicht nach der Juden Weise; denn
auch jene, welche allein Gott zu kennen meinen, verstehen ihn
nicht, indem sie Engeln und Erzengeln, dem Monate und Monde
dienen; und (nämlich) wenn der Mond nicht scheint, feiern sie
den sogenannten ersten Sabbath nicht, noch feiern sie Neumond
noch Passah, noch das (Laubhütten-) fest, noch den grossen
(Versöhnungs-)tag.
V. So bewahrt denn auch ihr, indem ihr's heilig und gerecht
lernt, was wir euch überliefern, indem ihr auf neue Weise Gott
durch Christum verehret. Denn wir finden in den Schriften, wie
der Herr sagt: „Siehe ich gebe euch einen neuen Bund, nicht
wie ich ihn euern Vätern auf dem Berge Horeb gegeben habe."
Einen neuen hat er euch gegeben, denn die der Heiden und
Juden sind veraltet. Ihr aber seid Christen und verehrt ihn als
solche auf neue Weise, als ein drittes Geschlecht.
VI. Der Herr sprach zu den Aposteln: „Wenn nun einer
aus Israel Busse thun und durch meinen Namen zum Glauben
an Gott kommen will, so sollen ihm die Sünden erlassen werden. —
§ 4. Erklärung der Fragmente. 27
Nach zwölf Jahren (aber) gehet aus in die Welt, damit nicht
jemand spreche: »Wir haben's nicht gehört."
VII. (Der Herr sprach nach der Auferstehung zu den Jün-
gern:) „Ich habe euch zwölf Jünger auserwählt, da ich euch für
meiner würdig hielt — welche der Herr wollte — und glaubte,
ihr wäret treue Apostel, indem ich euch aussende über die Welt
hin, das Evangelium den Menschen der ganzen bewohnten Erde
zu predigen, damit sie erkennen, dass ein Gott ist, indem ihr
durch den Glauben an mich das Zukünftige offenbart, damit die,
welche es hören und Glauben fassen, gerettet werden, die aber,
welche nicht glauben, in ihrem Hören Zeugnis ablegen, ohne
die Entschuldigung zu haben, sagen zu können: „Wir haben's
nicht gehört."
VIII. Was immer einer von euch in Unwissenheit gethan
hat, da er Gott nicht genau kannte, so werden ihm, wenn er ihn
erkennt und Busse thut, alle Sünden erlassen werden.
IX. Wir aber schlugen die Bücher auf, die wir besassen,
von den Propheten, welche teils in Gleichnissen, teils in Rätseln,
teils deutlich und wörtlich Jesum Christum nennen, und fanden
sowohl seine Ankunft als seinen Tod und sein Kreuz und alle
die übrigen Martern, die ihm die Juden anthaten, und seine
Auferweckung und Aufnahme in den Himmel vor Vollziehung
des Gerichtes über Jerusalem, wie alles das, was er leiden
musste und was nach ihm sein werde, aufgeschrieben war. Da
wir nun dieses erkannten, wurden wir gläubig zu Gott durch
das auf ihn hin geschriebene.
X. Denn wir erkannten, dass Gott dies wirklich angeordnet
hatte, und nichts sagen wir ohne Schrift(zeugnis).
§4.
Erklärung der Fragmente.
Nunmehr wird es am Platze sein, die einzelnen Fragmente
einer eingehenden Prüfung zu unterwerfen, indem wir sie teils
aus sich heraus, teils aus analogen Stücken anderer Schriften
der altchristlichen Literatur zu verstehen suchen.
ad I. Wenn wir in diesen Fragmenten den Herrn als Zoyoö
bezeichnet finden, so fragt es sich, in welchem Sinne dies zu
28 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
verstehen ist. In dem philosophischen Systeme eines Griechen,
wie z. B. Piatos, wird man nicht zweifeln, diesen Begriff meta-
physisch zu fassen. Ebenso steht es bei dem alexandrinischen
Juden Philo1), bei welchem sich die griechische Philosophie ver-
mählt mit Betrachtungen, welche sich ansatzweise schon in der
ATlichen Chokma finden und von hier auch in die rabbinische
Schrifttheologie übergegangen sind. Wenn aber die ältesten
Christen ihren Herren so bezeichneten, so liegt der Gedanke an
metaphysische Spekulation fern. Jedenfalls sucht man ihn ver-
geblich bei dem Verfasser des 4. Evangeliums, dem der Logos-
begriff, woher auch immer er ihn geschöpft haben mag, nur
dazu dienen sollte, die in der geschichtlichen Person Jesu
gegebene volle Gottesoffenbarung zu bezeichnen. Dieser Unter-
schied lässt sich am deutlichsten durch die beiden deutschen
Worte „Vernunft" und „Wort" kennzeichnen, die beide in dem
griechischen Xöyoö beschlossen liegen. Im letzteren Sinn ist
dasselbe von Christo gebraucht bei Johannes (Ev. 1, 1. 14; I. Ep.
1, 1; cf. Apok. 19, 13) und ebenso noch bei Ignatius (ad Magn.
VIII, 2; cf. ad Eph. 3: jkxtqog yvc6[irj). Die Gnostiker dagegen
greifen ganz auf den metaphysischen Begriff zurück und kom-
men hierdurch bis zu einer Trennung von Logos und Christus,
oder doch wenigstens dem geschichtlichen Jesus. Ahnlich ist es
bei den Apologeten,, wenn schon die Hellenisierung hier nicht
so akut ist. Sie halten die Identität des Logos mit Christus fest,
aber dessen geschichtliche Person ist auch für sie von geringer
— um nicht zu sagen, keiner — Bedeutung. In dieser philo-
sophisch-kosmologischen Ausprägung spielt der Begriff auch bei
Clem. AI. eine grosse Bolle. Es ist daher wohl begreiflich, dass
dieser das angeblich petrinische Zeugnis hierfür dreimal erwähnt.
Dennoch scheint der Gebrauch des Begriffes in unseren Frag-
menten mehr dem johanneischen als dem apologetischen nahe
zu kommen. Wenigstens ist in Fragment II, wo allerdings eine
kosmologische Beziehung vorliegt, wenn man von den Ein-
tragungen des Clem. AI. absieht, Xoyoö sichtlich unpersönlich
gebraucht. — Die Verbindung von Xoyoo und vöfioo hat auch
ihre Analogie schon bei Plato, der das Wesen der slfiaQfisvrj als
Xoyov ci'CÖLOv xal vopov aidiov bezeichnet (cf. Diels Doxogr. graec.
1) Grossmann, Quaestioues Philoneae II.
§ 4. Erklärung der Fragmente. 29
p. 323) und bei Philo, der den XoyoG &£Gtu6o votuoo &e~ioG, vofioG
aCÖLoo &eov rov alcoviov, vöftoö ov cp&ccQTÖo nennt 1). Für die
christliche Ausdrucksweise mag jedoch vor allem Jes. 2, 3, worauf
Clem. Alex. (ecl. proph. 58, cf. Protr. I, 2) selbst führt, von Be-
deutung geworden sein. Hier ist besonders zu vergleichen Herrn.
Sim. VIII, 3, 2: 6 de vöfioG ovtog vloo rfrsov Igxl xt/qvx&eIg
hg rä jtägara xr\G yrJG. Da wir den Text des K.P. nicht genau
kennen, lässt sich über ein Abhängigkeitsverhältnis hier kaum
etwas aussagen: bei Hermas kommt der Satz etwas gezwungen,
doch ist das nach seiner Art nicht ungewöhnlich. Es scheint
überhaupt sehr zweifelhaft, ob man bei einer so allgemeinen
Berührung ein schriftstellerisches Abhängigkeitsverhältnis an-
nehmen darf, zumal sich die Bezeichnung v6[ioG für Christus
auch sonst öfter findet: besonders in den gnostisierenden Joh.-
Acten des Leucius: 6 rcov al&eoicov vofioG (p. 247, 6 ed. Zahn)
und 6 xfi ßvfriG&eiGri iv apofiia [tyv/j]] avx\ vöfiov lavrov dei^aG,
wobei die doppelte — kosmologische und religiös-ethische —
Fassung von vöfioG deutlich ist, deren erstere sich auf der Linie
Plato-Philo bewegt, während die letztere mit unserem Fragin.,
Hermas (1. c), den Stellen bei den Apologeten (cf. Just. Di. 11 no 6.
14; 43) und bei Clem. AI. selbst (Strom. VII, 3, 16) zusammen-
stimmt. Die Verbindung von löyoG und vöpoo, aber ohne die
specielle Beziehung auf die Person Christi findet sich öfter, z. B.
Athenag. Suppl. 31; de resurr. 24; cf. Clem. AI. Protr. X, 95. 108;
Paed. II, 1, 6.
ad IL „Voraussetzung des in der Heidenkirche sich bildenden
Dogmas ist ein nur in dürftigen Grundzügen feststehendes, sonst
aber höchst bildsames Kerygma von dem einen Gott und von
Christus" 2). Bei' jenem herrscht der Gedanke der Weltschöpfung,
bei diesem meist der des Endgerichtes vor3). Schon frühzeitig
bildet sich dann auch eine fast stereotype Formel negativer
Attribute für Gott aus, die sich zum Teil schon bei Philo und der
1) Grossmann 1. c. p. 57. Auch Gott heisst bei Philo vöfxoa leg.
all. III. 73).
2) Harnack D.G.2 I, 67. — cf. Ign. ad Magn. VIII, 2; Altere. Sim. et
Theoph. I, 6; — Clem. Hom. II. 12 cf. XVI, 2, 12; — Tert. Apol. 18; —
Acta mart. Just. c. 2 (Otto II, 270): ijyoi/xsQ-a eva xovzov iS ccQ'/rjo -noirjTrjv
xal ÖTjfuovpyov rfja neco^a y.xiatoja.
3) cf. II Clem. I, 1 und dazu Harnack, Patr. Apost. Opera I, 2 p. 140.
30 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
jüdischen Sibylle finden1). Hermas beginnt die Gebote: jcqcoxov
jilöTsvöov oxi slo söxiv o dsoö, 6 xa nävxa xxloaö xal xaxaq-
xiöaö xal xoLTjoaö elö xö eivai xa nävxa xal xävxa ycoQcöv,
[tövoö de axcoQTjxoO cor2). Unserem Fragment gleichen beson-
ders die Formeln der Apologeten Aristides 3), Tatian (or. 4) und
Athenagoras (suppl. 10). Bei diesem tritt auch der Gedanke der
Vermittlung des Logos bei der Schöpfung, wie er, auf Ps. 33, 6
1) Für Philo cf. Grossmann 1. c. T, p. 14 sqq.: ävsmdsrja; neQiexovxoo,
ov %£Qieyojxhov. — Wohl aus vorchristl. Zeit stammt das bei Theoph. ad
Autol. II, 36 aufbewahrte Prooemium vv. 7 sqq.:
sia 9edo oo fxövoa ccq%£i vntQfzeye&Tjo dyevtjxoo
navToy.QÜt(t)Q doQaxoa boüv fiövoa avxba anavxa.
Später, jedoch wohl auch jüdischen Ursprungs sind die Verse (VIII, 375 sqq.):
UQ%rjv xal xskoa oLSa, ba ovquvov exxioa xal yjjv,
fxovvoa yao 9-eoo el/xi xal ovx sgxi &ebo akkoa,
und 390:
ov %QyC,o) 9-voItjo, ov onovöfjo vfxsxeQtjtpiv.
2) Herrn. Mand. I, 1 ; cf. Acta Petri et Pauli 58 (Lipsius p. 204) ; Acta
Carpi etc. 16 (T. u. U. III, 4, 445); Altere. Sim. c. Theoph. I, 4; Theoph.
ad Aut. 1, 3; Iren. adv. Haer. II, 1, 2; Arnob. et Serap. confl. 543; Aug.
altere, c. Pasc. Arian., ep. 238, 3 [MPL 33, 1039]; — ähnlich, doch etwas
anders gewendet: Melito de aninia et corp. frg. XIII (Otto IX, 419); wieder
anders Tert. Apol. 17.
3) Arist. Apol. c. 1 (ed. Harris p. 35): Now I say, tfaat God is not
begotten, not made. a constant nature, without beginning and without
end; immortale complete and incomprehensible. And in saying that He is
complete, I mean this, that there is no deficiency in Hirn, and He Stands
in need of nought, but everything stands in need of Hirn. And in saying,
that He is without beginning, I mean this, that everything which has a
beginning, has also an end, and that, which has an end is dissoluble.
Dieser letzte Gedanke, verbunden mit dem ersten unseres Fragm., ist des-
halb hochinteressant, weil derselbe zeigt, wie auch diese metaphysischen
Spekulationen letztlich teleologisch orientiert waren. Nur bei einem Wesen
von schlechthiniger Aseität und Erhabenheit über alle sinnlichen Schran-
ken konnte man gewiss sein, dass es auch seiner selbst und der Welt so
mächtig sein werde, um dieselbe dem Ziele, wonach man sich sehnte, zu-
führen zu können. Während nun aber der moderne reflectierende Philosoph
zu jenen Sätzen als zu postulierenden Voraussetzungen zurückschreitet,
ging das Denken der Antike von ihnen als dem unumstösslich gewissen
aus, wodurch leicht die teleologische Wertung der Voraussetzungen ver-
dunkelt wird. — Die Schlussfolgerung von dem Anfang auf das Ende war
der alten Philosophie geläufig, z. B. Cicero, Cato major de sen. 21, 78. —
Philo, quis rer. div. haer. c. 24. — Eustathius c. Arian. bei Leontius IsqÜ
A, 8 (Lequien, Joh. Dam. II, 314). — Mart. Barth. 4 (Tisch, p. 248).
§ 4. Erklärung der Fragmente. 31
ruhend, besonders im Prolog des Joh.-Evang. Gestalt gewonnen
hat, deutlich hervor in der späteren durch die griech. Philosophie
und besonders Philo bestimmten Form, während — wie wir
sahen — im K.P. diese auch nach diesem Fragment noch unaus-
gebildet erscheint, sofern XSyoö hier unpersönlich zu fassen ist.
Zu Xoyoo övväfiscoG avrov kann man Hebr. 1, 3 vergleichen !);
ganz anders sind schon die Tatianschen Formeln, obwohl sie
vielleicht auf Grund unseres Fragmentes gebildet sein könnten 2).
Dass die Speculation des Clem. Alex, über zrjv agy^v unserem
Fragment ferngelegen hat, ist schon oben besprochen worden.
Die grosse Mannigfaltigkeit in allen diesen ähnlich klingenden
Formeln spricht dafür, dass sie wohl meist, ohne von einander
abhängig zu sein, ihre gemeinsame Quelle in der durch ein Zu-
sammenfliessen des christlichen Monotheismus mit griechischer
und jüdischer Natur- und Religionsphilosophie eigentümlich
gestalteten Ausprägung des Gottesbewusstseins der damaligen
Christenheit haben.
ad III. Dass die Christen der alten Zeit den heidnischen
Götzendienst als lächerliche Verirrung beurteilt haben (im An-
schluss zu ATliche Ausführungen wie Jes. 40, 19 sq.; 44, 12 sqq.;
Sap. 13, 11 sqq.; 15, 7 sqq.), bezeugt uns Celsus (bei Orig. c. Cels.
111, 19): xal tyfjoiys tjfiäö rcöv tuev alyvjtrlcov xarayeXäv xairoi
jtoXXä xal ov yavXa jcagsyövrcov alvlyfiara svrj&stö 6' tivat
(irjösv osiuv6r£Qoi> rgccycov xal xvvcov rcöv üzcxq alyvjirioiö
1) Wenn man hier und in unserem Fragm. den Genitiv nach hebrä-
ischer Weise als Umschreibung des Adjectivs fassen darf, so käme noch
besonders Sap. Sal. 18, 15 in Betracht: 6 navxodvvafxöo aov Xoyoo* eine
Stelle, die überhaupt für die Entwicklung der Logosidee im Alexandrinisinus
von grossem Interesse ist, weil hier dasselbe vom Logos ausgesagt wird,
was Ex. 11, 4; 12, 12 u. ö. nach Grundtext wie LXX von Jahve selbst
praediciert ist.
2) Unserer Stelle am nächsten steht Tat. or.16,14 löyu» &eov öviäftewo,
vom Exorcismus gebraucht, wobei man schwanken kann, ob darunter das
vom Exorcisten ausgesprochene Wort, oder speciell Christus, der dabei
genannt wird, zu verstehen sei. Ist jenes an sich wahrscheinlicher, so führen
auf dieses die Formeln in c. 5, wo Tatian seine Logoslehre breit entwickelt:
6 Xöyoo TiQoe?.9-u)v Ix zija xov tiuzqoö övvÜ/liscdo . . . ovv uvzai diu ).o-
yixrjo övvdfxtojo xal avzoo b Xöyoo, bo r)v iv avzüi, ovvtozrjas . . . Stoo
riv iv o.Qxf], zr\v 6h uq/jiv "hoyov övvafiiv 7taQeiXTj<pcc(xev — cf. Altere. Jas.
et Papisc, nach Hier Quaest. hebr. in Genes, p. 3, und dazu Harnack,
T. u. U. 1, 3, 130—134.
g2 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
doäyovraG kv ralG jisqI rov IrjGov 6ir]y?]G£Giv. Hiermit spielt
Celsus sicherlich auf eine oder mehrere christliche Schriften an,
in denen er den ägyptischen Tierdienst — aus apologetischen
Gründen — etwas verächtlich erwähnt gefunden hatte. Aus der
uns bekannten älteren Literatur kommen hierbei ausser unserem
Fragment vornehmlich nur die betreffenden Stellen in der
Aristides-Apol. c. 12 und der doch wohl ziemlich alten Haupt-
quelle der Ps.- Clementinen in Betracht 1). Bei jener differieren
die beiden Recensionen stark:
Syr.: Now because the Egyp- Griech.: alyvnrioi 6h aßeXrs-
tians are more ignorant than qcotsqoi xal ä<poovtGr£Qoi rov-
the rest of the peoples, these rcav bvreG yslgov jiävrcov rcöv
and the like gods did not suffice h&vwv ejtXav?]&7]Gav . . . oirivsG
them, but they also put the name iirfi ev rovroiG aoxsGfrtvrsG rj
of God on the beasts, which rolG XoucoiG GeßäouaGi rcöv
are merely soulless, for some e&vcövxalraaXoyaCoöajtaQsto-
men among them worship the r/yayov &eovö eivcu, riveG yäo
sheep, and others the calf; and avrcöv eGsßaGd-rjGav jcgoßarov,
some of them the pig and others rivho 6h rgayov, trsooi 6h
the shadfish; and some of them fiooyov xal rov yolgov , dXXoi
the crocodile and the hawk and 6h rov xoqaxa xal rov Uoaxa
the cormorant and the kite xal rov yvjca xal rov aerov
and the vulture and the eagle xal aXXoL rov xqox66uXov,
and the crow; some of them rtvho 6h rov diXovQov xal rov
worship the cat and others the xvva xal rov Xvxov xal rov
1) Die Stellen in den Sibyllinen (Prooem. II, 21 sqq.; Lib. III, 29 sqq.),
seien sie nun jüdischen oder christlichen Ursprungs, hätte Celsus gewiss
nicht zu den Schriften tcsqI rov lr\aov gerechnet. Iust. (Ap. I, 24; a?J.a>v
d'/j.ayov xal dtvdoa osßofxävcov xal Ttoxafiova xal ixxa xal aiXovQOVG xal
xQOxoöd/.ovo xal xüv dXöywv Z,wcov xd noXXa) nennt die Ägypter nicht
speciell. Athenagoras (Suppl. 1: ol de Alyvnxioi xal alXovQOvo xal xqoxo-
öei'/.ova xal o<peia xal daniöaa xal xvvaa d-sovo voßiu,ovai, cf. 14),
Theoph. (ad Aut. I, 10: xl /not Xoinov xaxaXiyeiv xb nXrj&oo dtv atßovxai
Quxdv Alyvnxioi £Q7iex<jJv xs xal xzrjvwv xal &)]qI<ov xal nsztivcSv xal evvöoüjv
vrjxxoJv, zu 6e xal noöövinxoa xal ))yovo aloxvvrjO;) und Clem. AI. (Protr.
II, 39 sq., der den Spiess dahin umkehrt, dass er den Tierkult einerseits
weniger anstössig findet als den Dienst unzüchtiger Götter, andrerseits aber
den — wie er behauptet — sich über die Ägypter belustigenden Griechen
selbst Tierkult nachweist) haben wohl Celsus bei seiner Polemik noch
nicht vorgelegen.
§ 4. Erklärung der Fragmeute.
33
fish Shibbuta; some of them the jri&tjxop xal top öqccxovto. xal
dog and some of them the ser- xt)p dojclöa xal aXXoi ro xgo-
pent and some the asp and others fivop xal rö gxoqoÖop xal axav-
the lion and others garlic and &aö xal xa Xouid xriöfiara.
onions and thorns and others
the leopard and the like.
Die clementinischen Recogn. (V, 20) und Homil. (X, 16) stimmen
dagegen hier fast wörtlich überein:
denique veteres Aegyptiorum, avrixa yovp xmv alyvxruop
qui de coelesti cursu et astrorum vficöv ol agy^yärat ol xsqI fis-
natura rationem sibi visi sunt rscoQoXoyLaöavyovvTSOxalrdöv
reperisse,obsidentesensuseorum o.gtqojv rao tpvGsiG ötaxQipsip
daemone omnibus nihilominus ljcayyeXX6tuspot vjio xaxtJG
contumeliis nomen incommuni- airotG tPÖoyi\uovG//ö vjtovoiaG
cabile subjecerunt. Nani alii jraG)j avro (sei. roövoiia) äzifdct
eorum bovem, qui Apis dicitur, ogop ro xaz avrovG vjceßaXop.
colendum tradidere, alii hircum, ol tuev yäg avxmv Jtaotdooav
alii cattas, nonnulli ibim, quidam ßovv top Xsy6[i£POP '4jcip g£-
serpentem, piscem quoque et ßsip, ol ös zoayop, ol de aiXov-
caepasetcloacas, crepitus ventris, qop ol de cxptp, aXXa.
pro numinibus habendos esse xal lyfrvp xal XQO[i[iva xal
docuerunt et alia innumerabilia yaöTQ&v jcvsv flava xal oyezovG
quae pudet etiam nominare 1). xal aX 'ymv £,a>a>p fieXr] xal
aXXoio fivoioiG jtäpv äloxQolö
axoxt'j^aGip.
Beide Schriften haben mit unserem Fragmente vieles gemein-
sam, und doch stellen sich alle drei als so wesentlich unterschieden
dar, dass wir kaum eine direkte Verwandtschaft zu behaupten
wagen, zumal wenn wir noch die auf S. 32 Anm. zusammengestellten
Aufzählungen bedenken, welche sich noch leicht, auch aus Pro-
fanschriftstellern (z. B. Juvenal sat. XV, 1), vermehren Hessen.
Es ist hier ähnlich wie bei Fragm. II: ein gewisser Vorstellungs-
kreis ist Allgemeingut der Zeit und, je nachdem der einzelne
Schriftsteller das Kaleidoskop schüttelt, gestaltet sich das Bild
etwas anders. Unser Fragment, soviel kann man vielleicht sagen,
1) Bezüglich des unsichern Schlusses dürfte der griech. Text den Vorzug
verdienen; besonders cü.oyu l,ü>cc ist stehende Bezeichnung für den Tierkult.
ol öh l'ßiv dürfte im griech. Text nur per homoeoteleuton ausgefallen sein.
Texte u. Untersuchungen XI, 1. 3
34 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
macht den andern gegenüber den Eindruck des schlichten, mehr
in grossen Zügen vorzeichnenden, ohne dass man es darum zur
Grundlage für die andern machen könnte. Während jene den
Tierdienst speciell den Aegyptern verweisen (cf. Celsus). nennt
unser Fragment den allgemeinen Begriff tZkr/vsö, der hier wohl
religiöse Färbung hat (= Heiden). Man kann hierin vielleicht
eine Hindeutung auf aegyptischen Ursprung unserer Schrift, die
G. Salrnon (Dict. of christ. biogr. von Smith und Wace, IV, 329 sq.)
etwas kühn schon in der Erwähnung von alXovgoi erblickt, finden:
während der aegyptische Christ den ihm vor Augen liegenden
Tierdienst allen Heiden zuerkannte, specialisierte der gebildete
athenische Philosoph Aristides den heidnischen Cultus in die
drei Arten: chaldäisch, griechisch, aegyptisch. Celsus hatte wohl
vor allem eben die Arist. Apol. im Auge, in der allein sich die
von ihm genannten xgä/oi xal xvv&o finden; wenn in dieser
über Götterbilder, worauf Celsus auch anspielt (Orig. c.Cels. III, 42:
naQaßäZlcov xao avd Qcojrivao xov hfiov oaQxao '/qvoüJ xal
agyvgcp xcu lid-cp öxi avxai exeivmv <p&aQx6r£Qai), nicht so
detailliert gehandelt wird wie in unserem Fragment, so beweist
das nicht die Benutzung des K.P. durch Celsus. Jedenfalls bietet
unser Fragment nichts, worauf sich die Worte des Celsus (Orig.
1. c. III, 22) beziehen könnten: Iv xrö xa& rjficöv Xöyco öiooxov-
qovö xal TjQaxXta xal aoxXrjjitov xal öiovvoov ovojjcc&i . . .
xal (frjoiv ovx ävtyeo&ai. (Av ?](ta6 xovxovo vofti&iv frtovo, öri
av$QomoL ijoav , während dieselben zur Arist. Apol. sehr gut
passen. Denn auch vtxga vsxqoiG in unserem Fragment lässt
sich kaum als dritte Cultusart (Totenverehrung) hierherziehen
(Potter z. St.); es ist vielmehr zusammenfassende Bezeichnung
für den ganzen heidnischen Götzendienst (cf. Did. 6, 3; Act.
Carpi etc. 12). — Zum ganzen Fragment ist zu vergleichen
Tat. or. c. 4 und 9 sq., sowie Just. Ap. I besonders c. 9 und 24,
doch ohne dass hier eine direkte Benutzung unseres K.P. ange-
nommen werden müsste; dies ist auch kaum der Fall bei der
epist. ad Diogn. c. 2, wo zwar die gleichen Stoffe aufgezählt
werden, doch in anderer Reihenfolge und anstatt des Goldes
(das erst § 7 unvermittelt auftritt) öorQaxov; auch die anderen
Anklänge im einzelnen besagen nichts: elö xtjv XQTjOiv rp.lv
(2, 2, cf. 4, 2) — ov (pfraQTt/G vlrfi xavxa xävxa; . . . Ix xr/o
avxfjö vlrjO (2, 3) — elö xt)v {iOQ<pi)v xovxayv exxvjcojfttjvai
§ 4. Erklärung der Fragmente. 35
(2, 3) — dazu itrj xaxct xd avxd lovöaioio (3, 1; cf. K.P.frg. IV) —
olofievoi (3, 4 sq. ; cf. K.P.frg. IV). — Zu (/?} ijtioxdfitroi xov
&s6v vergl. Anton, ep. ad comm. Asiae: d-Q?joxeiav öh xi]v yiegi
xov &eov ovx hjiioxctöd-E. — Die Ausführung unseres Fragmentes
erinnert sehr an Rom. 1, 21 sqq. (vergl. bes. auch die Betonung
der Undankbarkeit); nur besteht der wesentliche Unterschied,
dass Paulus das yvöi'xso, unser Verfasser die ayvoia der Heiden
betont, — beides an sich berechtigte Anschauungsformen, doch
jene ungleich tiefer vom religiösen Princip aus urteilend und
daher auch die ayvoia als Schuld erfassend, diese bei dem
empirischen Thatbestand stehen bleibend und ihn in gewisser
Weise entschuldigend. Dies ist, nach aussen geübt, gewiss be-
rechtigt, ja von der christlichen Liebe gefordert (Luk. 23, 34),
aber in der Missionspraxis geübt, kommt es doch einer Ab-
schwächung der sittlichen Empfindung sehr nahe.
ad IV. Die Gleichstellung der Juden und Heiden hinsichtlich
des Verhältnisses zu Gott und seiner Offenbarung begegnet uns
schon sehr früh in der altchristlichen Literatur. In gewisser
Weise hat schon Paulus solche Gedankengänge angeregt. — obwohl
er doch immer den historischen Vorzug Israels bezüglich der
Erwählung betont (Rom. 9—11; Eph. 1, 3—14; 2, 11 sqq.), —
indem er das Christentum als ein schlechthin neues für beide
Teile, die gleicherweise im argen liegen und darum gleiches
Heilsbedürfnis haben, zu begreifen sucht (besonders Rom. 1 — 3;
Eph. 2, 14 sqq.). Darüber hinaus geht schon das Johannesevan-
gelium, in welchem die Juden als solche (ol lovöaloi) die Christus-
feinde sind, deren Anspruch auf Abrahamssohnschaft abgewiesen
und in den Vorwurf der Teufelskindschaft umgesetzt wird (c. 8,
39- 47), während die tXXrjvsö als für das Heil empfänglich und
darnach suchend erscheinen (12, 20 sqq.: vergl. auch c. 4 die
Samaritaner) l). Der Apokalyptiker nennt die Juden daher (2, 9;
3, 9): ol ktyovxeo lovöalovö slvai tavxovo xat ovx äoiv aD.ct
Ovvaycoyri xov Oaxavä (cf. Ps. Ign. ad Trall. X: iptvÖoiovdcüoi,
Ap. Const. II, 60 (üidasc): ol f/dxrjv Xsyoiavot iovöaioi). Der
1) Wie bei Johannes, so sind auch im Petrus-Evang. „die Juden" eine
dem Verfasser wie seinen Lesern abgeschlossen gegenüberstehende Grösse
und noch deutlicher als dort wird alle Schuld auf sie gewälzt, so sehr,
dass Pilatus an Jesu Verurteilung unschuldig, dagegen Herodes als der
Richter erscheint.
3*
36 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Verfasser des Barnabasbrief'es nennt sie verächtlich sxaivot und
behauptet, dass sie den Gottesbund schon im Moment des
Empfanges verloren hätten (4, 8; 14; cf. 16 o/söor ydg coO ra
efrvr/ acpitQcooav avxov kv xcö vawi), während der Verfasser der
Didache sogar ohne weiteres das vjcoxQixai der Herrensprüche
(Mt. 6, 5. 16) auf das ganze Judenvolk bezieht (c. 8, 1. 2). Im
sog. 2. Clem.-Brief heissen sie: „die sich einbilden Gott zu haben"
(ol öoxovvxeo v/uv xov &eov 2, 3) 1). In der Apok. Pauli (Tischendorf
p. 66 sq.) sind sie ol dosßslo xul jiaoäcßQovzo' lovöcüoi und ol
yoioxoxxSvoi , ähnlich bei Orig. hom. in Lev. X und überhaupt
in der späteren Literatur, z. B. Ps.-Ign. ad Heronem 2; ad Trall.Xl;
Act. Pilati: lovöcüoi jiaodvofioi (Tisch, act. apocr. p. 304, 306, 314).
Neben vielen Gnostikern, welche eine derartige Stellung zum
Judentum einnehmen, ist hier noch besonders Marcion zu nennen,
der, auf Grund jener paulmischen Gedanken das Christentum als
das einzigartig neue erfassend, den Judengott, von dem das
Gesetz kommt, als das böse Princip behandelt; ähnlich heisst es
in den leucianischen Joh. Acten (Zahn p. 220): ol avotuoi xai
vjto dvöfiov o<pecoO vofiofrexovfievoi lovöcüoi. Der Diognetbrief
nennt die jüdische Religion r?]v xmv lovöaicov öuoiöaifioviav
(c. 1) und sagt von ihrem Gottesdienst (c. 3): ofioioxoojccoö xi)v
d-Qt]Oxuav JTQOödyovoiv (sei. als die Heiden), indem er ihnen
den Unsinn der Opfer als einer Gabe an den bedürfnislosen Gott,
die törichte Ängstlichkeit in bezug auf die Speisen, den Aber-
glauben betreffs der Sabbathheiligung, die Prahlerei mit der
Beschneidung und ihre Verstellung beim Fasten und der Keu-
mondsfeier vorhält. Auch Aristides in seiner Apol. c. 14 sagt:
jiao6tuoioi sloi zoio td-vzGiv, xdv lyyi^eiv jccoo xr\ dXrjfrsla öo-
xcöoiv, indem er ihnen besonders ihren wiederholten Abfall zum
Heidentum, die Verwerfung und Tötung der Propheten und zuletzt
Christi selber zum Vorwurf macht. Hiervon weicht freilich die
syrische ßecension wiederum stark ab, indem sie den Juden
zwar die wahre Erkenntnis des Monotheismus zuspricht, aber
sagt: „Ihr Dienst gilt Engeln und nicht Gott, indem sie Sabbathe
1) Bei Hennas fehlt eigentümlicher Weise jede Beziehung auf das
Juden volk. Er hat die Trias: ölzaioi, t&vt], änooräxui (Vis. I, 4, 2) oder
öixaioi, e&vj], afiaQZtoXoi (Sim. IV, 3 sq.). Durch Sim. VIII, 6,4; IX, 19, 1
wird es aber verboten, bei v.tiogxÜxui im Sinne des Bam.-Br. an die Juden
zu denken.
§ 4. Erklärung der Fragmente. 37
und Neumonde und das Passah und das grosse Fasten und Fasten
und Beschneidung und Speisereinheit beobachten". Es ist nicht
unsere Sache, das schwierige Problem des Verhältnisses der drei
Recensionen der Arist. Apol. zu erörtern. Im Hinblick auf die
nahen Berührungen der syr. Rec. mit unserem K.P. könnte man
an dieser Stelle fast versucht sein zu glauben, dass die ausge-
führtere Darstellung derselben aus letzterem in die Apologie
hineininterpoliert sei. Jedoch liegt ein starker Beweis für die
Ursprünglichkeit des Syrers grade für diese Stelle darin vor,
dass Celsus in seiner Schrift, als deren wahrscheinlichste Quelle
wir bereits die Arist. Apol. erkannten, deutlich die Voraussetzung
bezeugt, dass die Juden Engelcult haben ]). Ist demnach hier
die griechische Recension nur eine matte Abschwächung zu den
landläufigen Vorwürfen, und dagegen die syrische ursprünglich,
so tritt aufs neue an uns die Frage nach der Verwandtschaft der
Arist. Apol. mit dem K.P. heran. Die Berührungen sind auf-
fallend2), aber daneben finden sich auch beträchtliche Abwei-
chungen. Schon generell gesteht das K.P. den Juden doch nur
die gleiche allgemeine unbewusste Beziehung zu dem einen Gott
zu, welche den Heiden eignet. Bezüglich des Cultus speciell aber
differieren die Urteile darin, dass Aristides diesen an sich als
1) Orig. c. Cels. I, 26: ?.tyojv avrova Geßeiv dyye/.ovG xal yoi]teia
nooGxeiG&ai fjG b fxcü'vaija ccvroTa ysyovsv icyyqvr^o. Origenes fragt mit
Recht dabei, wo Celsus in den mosaischen Schriften gefunden habe, dass
der Gesetzgeber befohlen habe Engel anzubeten. Davon, dass Celsus
Grund für seine Aussage in christlichen Schriften finden konnte, schweigt
Origenes. Hat er keine solchen (und somit auch nicht das K.P.) gekannt
oder hat er sie verläugnet?
2) Herr Prof. Zahn machte mich mündlich darauf aufmerksam , dass
auch der Syrer ein Wort für Passah biete, welches genau dem l'iQv^a
unseres Fragm. entspreche. Gesch. d. Kan. II, 2, 2 p. 823 hat derselbe
demnach die Stelle folgendermassen ins Griechische zurückübersetzt:
xrjQovwiG oc'ßßata xal vovfi7]iiao xal atyfta xal ijfxtQav /j.syä/.rlv xal
vtjGzsiav xal nsQiroßtjv xal xad-agöztjra ßgcoßdrcDv icf. dazu die Anni.).
So ansprechend aber auch die Conjektur rjfxsQuv (stell) für vrjGtsiav (sa'u)
ist, so ist die damit erzielte Annäherung an das K.P. doch nicht berechtigt,
so lange man mit dem gegebenen Text auskommt. Dies ist aber der Fall,
da vrjGTsla eine gebräuchliche Bezeichnung für den grossen Versöhnungs-
tag (also dem Sinn nach = rjfitQa [.leyü/.yf) ist (cf. Schürer, Gesch. des jüd.
Volkes I, 239 A. 22) und der Zusatz ߣyü).r] eben dazu dient, den be-
stimmten Begriff von dem allgemeinen zu unterscheiden.
38 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Engeldienst rügt, das K.P. dagegen den Engelcult neben einen
Gestirndienst stellt und mit diesem — nicht etwa den im Gesetz
vorgeschriebenen Zeitencultus selbst — sondern nur die Art der
Ausübung, resp. Nichtausübung desselben in Verbindung bringt.
Diese eigentümlich feine Nüancierung der Beurteilung des jüdi-
schen Ceremonials fordert zu ihrem Verständnis, dass wir etwas
weiter zurückgreifen. ■ —
Die alte Kirche hatte ja hierin eins der schwierigsten Pro-
bleme zu lösen. Stand sie, wie wir sahen, dem Judentum mit
grösster Feindschaft gegenüber, sodass sie auch im Cultus nichts
mit ihm gemein haben wollte, so erkannte sie doch andrerseits
das heilige Buch Israels, aus dem dieses seine Cultusformen
geschöpft zu haben behauptete, unbedingt auch für sich als
bindende göttliche Autorität an — wie wir dies grade bei unserem
Verfasser zu Fragm. IX sehen werden. Dieser Widerspruch er-
forderte irgendwelche theoretische Lösung. Dieselbe ist ver-
schieden versucht worden. Teils knüpfte man an Herrenwoite
wie Mc. 7, 13 (cf. 8): dxvQovvxeo xov Xöyov rov &sov xr[ üiaqa-
ööou zwv avdQWjiov an und schied so zwischen dem gött-
lichen und darum giltigen Gesetz und der falschen Weiter- und
Umbildung desselben im Pharisäismus, welche man verwarf.
Doch die Christenheit, welche uranfänglich noch in Israel ge-
standen und sich an dessen Cultus beteiligt hatte, wofür man
sich auf Herrensprüche wie Mt. 5, 17 (wozu freilich v. 18 sq.
wohl nur eine aus judaistischem Interesse hervorgegangene ver-
schärfende Deutung ist) berufen konnte, gab, als sie sich durch
die Aufnahme der Heiden von dem Verbände des Judentums
losmachte, auch solche Teile des Ceremonials auf, welche unzwei-
felhaft dem Gesetze als solchem angehörten. So kam man mit
jener Deutung nicht aus. Wollte man aber doch das Gesetz als
ganzes festhalten, so war dies nur möglich durch eine — ja
schon von den hellenistischen Juden selbst vorgezeichnete —
spiritualistische Umdeutung desselben, sei es dass man dabei
die im jüdischen Cultus bestehende realistische Anwendung als
berechtigten Typus gelten Hess (Hebr.-Br.), sei es dass man eben
hierin die Gottwidrigkeit und Verschuldung des Israel nach dem
Fleische erkennen zu müssen glaubte (Barn.-Br.).
Hatte aber jene erste Auffassung noch im Bereiche des Juden-
tums festgehalten, so barg diese die Gefahr in sich, dass je mehr
§ 4. Erklärung der Fragmente. 39
sich ein christlicher Cultus iu festen Formen ausbildete, was auf
die Dauer unvermeidlich war, umsomehr auch das principiell
überwundene Gesetz trotz oder gerade aus der Höhe seiner spiri-
tualistischen Deutung einen gewaltig realistischen Einfluss auf
die Gestaltung des christlichen Gottesdienstes und im Zusammen-
hang damit der christlichen Gemeinde- und Kirch enverfassung
erlangte, erst noch schüchtern in der Form der Analogie heran-
gezogen (cf. I. Gern. c. 43), dann immer mehr als göttliche For-
derung an die Christenheit geltend gemacht, bis zur völligen
Übernahme des Priester- und Opferbegriffs, wobei es nur noch
Willkür heissen kann, wenn einzelnes fortgelassen oder weg-
spiritualisiert wurde. — So darf es denn nicht Wunder nehmen
dass Paulus, der grosse Heidenapostel, der zuerst principiell und
mit voller Klarheit die Scheidung zwischen der neuen und der
alten Religion vollzog, sich mit keiner dieser beiden Erklärungen
begnügte, sondern eine viel radikalere Stellung zum v6j.ioo als
solchem einnahm. Zwar hat er auch jene beiden Gedanken-
reihen: xaxa xi]v jmxqccÖooiv xöjv avDgcojicov ist ihm die
judaistische Lehre (Col. 2, 8), wobei beachtenswert ist, dass er
v. 16 neben ßgcöoio auch jcöoio nennt, was so aus dem A.T.
schwer zu belegen ist. Andrerseits bezeichnet er den gesetz-
lichen Cultus als oxia xcöv fi£/.Xövx<ov (Col. 2, 17 ganz analog
der Anschauung des Hebr.-Br.). Über beides aber führt eine dritte
Vorstellungsreihe hinaus. Wenn er Rom. 5, 20 sagt: v6tuoO de
jiaQeiorild-sv, so gewinnt dies erst konkrete Gestalt dadurch,
dass er Gal. 3, 19, sich eine verbreitete jüdische Meinung, die
schon bei den LXX Deut. 33, 2 und Ps. 67, IS angebahnt ist,
aneignend und dieselbe zu Ungunsten des Gesetzes umbiegend
(was ihm nach auch Act. 7, 53 und Hebr. 2, 2 geschehen ist), das
Gesetz statt auf Gott, auf untergeordnete engelische Mächte
zurückführt. Hiermit geht parallel die Wertung des Gesetzes,
wonach das jcagaxrjQElod-at rjftSQaö xal (ifjvao xal xaiQOvO xal
tviavxovö ein dovXsveiv xolo oxorytloio xov xööfiov ist (Gal.
4, 9; cf. v. 3; Col. 2, 8; 20 und dazu Ritschi, Rechtf. und Vers.3 II,
249 — 255, sowie die Comm. z. d. St.). Sind unter diesen „Welt-
elementen", wie es der Zusammenhang fordert, geistige Wesen
verstanden, welche in irgendwelcher Verbindung mit -den Sternen
gedacht sind, so liegt es nahe, diese mit den Gesetzesengeln zu
kombinieren. Und in der That, wenn auch Gal. 4. 9 die oxoiyßa
4Q v. Dobschütz, Das Kerygrna Petri.
nicht so sehr als die Urheber des Gesetzes wie als diejenigen in
Betracht kommen, auf welche die Ausübung desselben hinzielt
(so schon richtig Theodoret zu Col. 2, 8: axo yag rßiov xal
osX?]v7]0 rjfitQai xcä vvxxsg), so macht es doch das Bild von den
lüilxQOXOi (Gal.4,2sq.) wahrscheinlich, dass Paulus hier die Oxor/sTa
auch als Urheber des Gesetzes betrachtet hat. Fraglich jedoch
erscheint es, ob die gleiche Identification auch Col. 2, 18 ange-
wendet werden darf, wie schon Theodoret ad. 1. thut: ol xm
vöjjco Gvi'i/yoQoivztö xal xovö ayyilovo ötßeiv avzolo siöTj-
yovvxo, öia xovxcov XtyovxtG ötööö&ai xbv vo[iov. Denn hier
tritt der Engeldienst sichtlich als ein neues, weiteres Moment
neben die Gesetzesbeobachtung, ohne dass etwas nötigte zwischen
beiden eine derartige Brücke zu schlagen. Vielmehr deutet sich
in dem Ausdruck xajitivoyQOOvv?/ die andere Begründung des
Engelcultus an, dass man Gott selbst über menschliche Anbetung
und Verehrung erhaben dachte. So hat also Paulus einerseits
den jüdischen Gesetzescultus, weil von untergeordneten Elementar-
mächten vorgeschrieben, auch als diesen geltend und darum jedes
religiösen Wertes bar erklärt, andrerseits daneben noch einen
speciellen Engelcultus bei Juden resp. Judaisten gekannt. —
Diese etwas weit ausholende Erörterung war nötig um das
charakteristische in der Beurteilung des jüdischen Cultus bei
Arist. und in unserem K.P. recht zu würdigen. Beide ruhen, wie
wir nun sehen, auf paulinischer Grundlage1). Aber während
Aristides sich die paulinisehe Auffassung in ihrer ganzen Schroff-
heit angeeignet hat, wonach die Gesetzesbeobachtung an sich
Engeldienst ist, bewegt sich das K.P. in einer anderen Richtung,
indem es den Engeldienst von der Gesetzesbeobachtung trennt.
Wie der Verfasser nun freilich sich jenen begründet dachte,
darüber erhalten wir keinen Aufschluss. Doch genügt es, die
grosse Bedeutung, welche der Engelglaube für die damaligen
Juden gehabt haben muss, als Erklärung herbeizuziehen. Nur
vermutungsweise sei ausserdem darauf hingewiesen, dass die
1) Freilich, nicht so wie Zahn (Gesch. d. Kan. II, 2, 2 p. 823) will —
unter Voraussetzung der Hofmannschen Erklärung von Col. 2, 18 (&Q7]0-
xela tojv dyysXmv Gen. subj.) — dass beide das gleiche Missverständnis
dieser Stelle teilten, was dann freilich nicht wohl zufällig sein könnte
und daher der beste Beweis für die Abhängigkeit des Aristides vom
K.P. wäre.
§ 4. Erklärung der Fragmente. 41
symbolische Abbildung der Cherubim im Allerheiligsteii der Stifts-
hütte (Ex. 25, 18 sqq.) und des Tempels (1. Kön. 6, 23 sqq. u. ö.)
bei dem sonst bildlosen Cultus solche Vorstellungen in einem
Heiden zu erwecken geeignet war. Nach dem K.P. und Arist.
ist dieser Vorwurf der Eugelverehrung übrigens m. W. den Juden
nicht mehr g-eruacht worden. Schon Justin hat ihn nicht mehr
und mit vollem Grunde, wenn anders Ap. I, 6 Ausdruck christ-
licher Engelverehrung ist *); cf. Athen, suppl. X, 24. Auch Hermas
hat schon eine ganz ausgebildete christliche Angelologie, so dass
das K.P. hierin ursprünglicher erscheint, während es auf einer
Stufe steht mit Apok. 19, 10; 22, 8 sq., wo deutlich und wohl
in bewusstem Gegensatz zu jüdischen Apokalypsen die christliche
Verwerfung der jtgoöxvvrjOiö vor Engeln ausgesprochen ist2). —
Was aber den Vorwurf des Gestirndienstes anlangt, den unser
Verfasser den Juden macht, so ist derselbe nicht so zu verstehen,
als würde durch die Gesetzesbeobachtung an sich etwa den
geistigen Mächten, welche mit den Sternen verbunden gedacht
wurden, Verehrung zu teil, weil von ihnen das Gesetz stamme
(so die paulinische Auffassung). Vielmehr erblickt unser Ver-
fasser nur in einer von dem Gesetz gar nicht verlangten
abergläubischen Rücksichtnahme auf die Gestirne (vornehmlich
den Mond) bei Erfüllung des gesetzlich vorgeschriebenen Zeiten-
cultus3) eine verwerfliche Verehrung eben dieser Wesen. Wir
haben also hier eine auf dem Grunde der paulinischen An-
schauung sich aufbauende, aber davon zu jener ersten durch
Mc. 7, 13 bestimmten Linie zurücklenkende Theorie vor uns,
welche uns zeigt, wie schwer es war, die grossen paulinischen
Gedanken, welche in religiöser Urkraft entworfen, aber freilich
nicht zu einem in sich widerspruchsfreien Systeme ausgebaut
1) Diese eigentümliche, viel gequälte Stelle mit ihrer Tetras göttlicher
Wesen erklärt sich unter Vergleichung von 1. Tim. 5, 21, cf. Luc. 9, 2(3
einer- und Matth. 28, 19 andrerseits vielleicht am leichtesten als eine
späte Verschmelzung zweier trinitarischer Formeln, welche ihrem Inhalte
nach ursprünglich ziemlich identisch gewesen sein mögen, sofern nvsvfxa —
nvsvfMüxa (Apok.; Hebr. 1, 14) und uyyel.oi auf einer Linie stehen — vergl.
auch Ps.-Ign. ad Heronem 7; ad Trall. 5.
2) Beide Stellen gehören z. B. auch nach Vischer zu den christlichen
Interpolationen.
3) Es ist hierbei sehr zu beachten, dass nur von den Zeiten, aber gar
nicht von Fasten, Beschneidung und Speiseordnung die Rede ist (anders Arist.)
42 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
waren, festzuhalten. Das konnte in seiner Weise nur Marcion,
indem er denselben die (von Paulus jedoch entschieden behaup-
tete) religiöse Autorität des A.T.s opferte, nicht nur bezüglich
des Gesetzes, sondern auch hinsichtlich der Verheissung. Beides
war ja untrennbar. Die Kirche hätte sonst wohl auch gerne
jenes preisgegeben, aber diese konnte und wollte sie nicht missen;
denn darauf beruhte ja ihr ganzer Weissagungsbeweis (vergl. zu
Fragm. IX). So musste sie jenes mit in Kauf nehmen und sie
hat dann bald aus der Not eine Tugend zu machen gewusst.
Dies alles sollte dazu dienen, den Unterschied in der Auf-
fassung des K. P. und der Arist. Apol. ins rechte Licht zu stellen.
Ist derselbe nun auch als ein beträchtlicher erkannt, so würde
dies nicht hindern, dass bezüglich der Form doch eine Ver-
wandtschaft bestünde. Jedoch lässt sich dies wieder nicht aus
der einzelnen Stelle erweisen.
Wie die ganze Auffassung unseres Fragmentes, so ist m. W.
auch speciell seine Darstellung der Beziehung der Festfeiern auf
das Mondlicht in der christlichen Literatur einzigartig ') und hat
auch in der jüdischen Tradition keinen rechten Anhalt. Dass
allerdings der Mond bei der Festsetzung der Feiertage eine
grosse Rolle spielte, da ja die ganze Jahreseinteilung auf Mond-
monaten ruhte, ist klar und wird bestätigt durch Sir. 43, 6 sqq. 2).
Gewöhnlich fasst man freilich kav [ir} osh]vrj <pavfi auf: sie
feiern immer nicht zu der Zeit, wo der Mond (regelmässig) nicht
scheint. Diese Deutung passt auch zu rov/ij/via, sofern es fin-
den Griechen, der darunter die Conjunctur des Mondes mit der
Sonne verstand, bemerkenswert war, dass die Juden erst das
Sichtbarwerden des Mondes als voi\urjvla rechneten. Es dürfte
aber der ganzen Stelle mehr entsprechen, zu übersetzen: wenn
vorkommenden Falls der Mond (wegen besonderer Witterungs-
1) Epist. ad Diogn. c. 4 wird umgekehrt das Widersinnige in der
Herabziehung der göttlichen Stern- und Zeitordnung in die niedere Sphäre
menschlicher Gefühlstriebe wie Freude und Lust gesehen.
2) Das Buch der Jubilaeen (c. 6) zeigt, dass auch unter den Juden
die Nachteile dieser Kalenderrechnung lebhaft empfunden wurden und
daher manche auf Einführung des vollen Sonnenjahres von 3G4 Tagen
drangen, was zumeist cultisch begründet wird: die Sabbathe, Neumonde,
Feste und Jubeljahre sollen nicht von ihrem rechtmässigen Platze fort-
gerückt werden.
§ 4. Erklärung der Fragmente. 43
Verhältnisse) nicht sichtbar wird (während dies der Zeit nach
zu erwarten wäre). Dass nun um dieses gewiss öfter eintretenden
Ereignisses willen die Feste ausgesetzt oder verschoben worden
wären, ist allerdings weder überliefert, noch auch nach der
ganzen Gesetzgebung denkbar; aber einmal wissen wir von dem
an erster Stelle genannten Oaßßarov xqcözov überhaupt nichts
Genaues (s. u.), und sodann berichtet die Mischna von einer
Sitte, welche immerhin zu diesen Angaben geführt haben könnte i).
Bevor nämlich Hillel IL (z. Zeit Constantins des Grossen) den
jetzigen jüdischen Kalender ausarbeitete, wurden die Monate stets
empirisch bestimmt, indem das am 30. eines jeden Monats (oder
wenigstens der den Festen vorangehenden Monate) zu Jerusalem
(später Jabne) versammelte Synedrium oder eine Commission des-
selben diesen Tag für den Neumond erklärte (das üJliptt aussprach),
wenn zwei zuverlässige Zeugen die Mondsichel gesehen hatten,
während sonst erst der folgende Tag gefeiert wurde. Diese durch
Feuerzeichen und Eilboten im ganzen Lande verkündete Be-
stimmung übte dann auch ihren Einfluss auf die Feier der
anderen Feste, so dass unser Verfasser in gewissem Sinne Recht
hätte, auch diese von dem (paivsLV des Mondes abhängig sein
zu lassen. Die ausserpalästinensischen Juden feierten allerdings,
da sie die Neumondsbestimmung nicht immer rechtzeitig genug
erfahren konnten, die wichtigeren Feste zur Vorsorge in der
Regel an zwei aufeinander folgenden Tagen 2). Also würde unsere
Stelle, wenn wir sie richtig erklärt haben, bei unserem Verfasser
Kenntnis palästinensischer Zustände voraussetzen, welche bei
1) Mischna tract. Rosch haschana; Maimonides, Kiddusch hachodesch;
cf. Ideler, Handbuch der Chronol. I, 152; R.E.2 IV, 545 sq.; VI, 493 sq.;
Schürer, Gesch. des jüd. Volkes I, 626 sq.
2) Zahn hat in der Erklärung des Petr.-Evang. (Zeitschrift für kirchl.
Theologie 1893, S. 16) gegen Hamacks Auffassung von v. 58, wonach der-
selbe eine neue Erzählung einleitet und diese auf den 8. Tag des Festes
verlegt, eingewandt, r\v de könne nur rückweisende Kraft haben, schliesse
also das vorige ab und zeige, dass der Verfasser unter ätpfia irrigerweise
ein zweitägiges Fest verstanden habe. Schwierigkeiten stehen gegen
Schwierigkeiten und die Entscheidung ist schwer. Sollte aber Zahn Recht
haben, so dürfte man sich mit der Constatierung des Irrtums des Verfassers
über das Passahfest doch nicht genügen lassen, sondern müsste nach einer
Erklärung für denselben suchen und eine solche scheint vielleicht in der
oben genannten Sitte der Diasporajuden gefunden werden zu können.
44 v. Dobschütz, Das Kerygraa Petri.
einem Alexandriner auch durchaus denkbar ist. Es ist aber auch
wohl möglich, dass das von ihm berichtete eine aller thatsäch-
lichen Begründung entbehrende Angabe ist, wie deren ja zu
jener Zeit über jüdische Riten viele in Umlauf waren. —
Die Erklärung von oaßßarov xo Xsyotusvov jiqcöxov ist ver-
zweifelt schwierig und erhält von Luk. 6, 1: oaßßarov ötvrtQÖ-
xqooxov so wenig Licht, dass sie vielmehr dazu dienen müsste,
diese Stelle, deren Erklärung sich die neueren Exegeten meist
entziehen, indem sie die Frage auf die Textkritik1) abschieben,
zu deuten. Dies erreicht am besten Credner, nach welchem
üiqwtov den Sabbath als einen ins Mondlicht fallenden bezeichnet,
welche man besonders heilig gehalten habe, darnach öevrtgo-
jiqotov den nicht ins Mondlicht fallenden, minder heiligen, was
zu Luk. 6, 1 sehr gut passt. Dieser Erklärung stehen aber ge-
wichtige Bedenken gegenüber, besonders dies, dass der articulierte
Singular auf einen bestimmten Tag hinweist. Hier bietet sich
das rabbinische bTttH rQTE (cf. oaßßarov (isjälov Mari Polyc. 8, 1)
für den Sabbath vor Passah dar, wenn man jcgcöroO = bl"tt zu
setzen wagt2). Nun bietet freilich die Reihenfolge Schwierig-
keiten, da doch der als hochheilig gefeierte Sabbath vor Passah vor
aCvfia zu gehören scheint; doch könnte man sagen, dass der Ver-
fasser (oder ein Abschreiber, wenn nicht gar Clem. AI.) durch
die gewöhnliche Reihenfolge: Sabbathe, Neumonde, Feste (I. Macc.
10, 34; [Col. 2, 16] u. ö.; dagegen Just. Di. 8, 8: Sabbath, Feste,
Neumonde) zu dieser Stellung veranlasst wurde. Hiernach könnte
Luk. 6, 1 der Sabbath nach der Passahoctave gemeint sein (cf.
Eustathius, vita Eutych. 95: dEvreoojiQolr?] xvQUXxfi = Sonntag
nach Ostern), wobei nur die bei Lukas sonst seltene genaue Zeit-
bestimmung auffällig ist. Ganz befriedigt auch diese Erklärung
1) Das Wort ist im ganzen gut bezeugt. Es fehlt bei sBL it.6 cop.
aeth. etc. Tisch, hält es fest; WH dagegen betrachten es als zum occid.
Texte gehörig und neigen auch zu der jetzt meist acceptierten Meyerschen
Erklärung, das Unwort als aus Zusammenziehung einer doppelten Glosse
entstanden zu denken, wobei man sich aber mit Unrecht auf KT Min.:
öevc&QCü 71Q(Öto) beruft, da dies wohl nur aus jenem verderbt ist.
2) Die Beziehung auf den V"n;n rato einer Jahrwoche (Wieseler) ist
etwas künstlich. Die Bezeichnung JT'OK'ia rat- für den Sabbath nach Laub-
hütten, an welchem der Cyklus der Paraschenvorlesung aufs neue begann,
wäre vielleicht durch aüßßaxov tiqiütov wiedergegeben, ist aber erst für
spätere Zeit nachweisbar.
§ 4. Erklärung der Fragmente. 45
nicht; es ist nicht unwahrscheinlich, class es hiermit wie mit der
Angabe über den Mondschein überhaupt seine besondere Be-
wandtnis hat, welche sich unserer Kontrole entzieht. — toQTt'j
entspricht wohl dem hebr. unn, welches das Laubhüttenfest
bezeichnet1). Andere fassen es als SPIS?, worunter man nach
Joseph. Ant. III, 10, 6 zu seiner Zeit die Pentekoste verstand;
es ist jedoch wahrscheinlicher, dass unser Verfasser diese, welche
z. B. in den geschichtlichen Büchern des A.T.s nur 2. Chron. 8, 13
und bei Ezechiel gar nicht erwähnt ist, ausgelassen habe, als
das so wichtige Laubhüttenfest2). Allerdings ergiebt sich nun
keine chronologische Reihe, wenn wir dann f/sydZrj Tjfiega =
Sil Ü72"!*1 auf den grossen Versöhnungstag beziehen; aber die
Andersartigkeit dieses Festes erklärt die Stellung vollkommen.
Die Herbeiziehung von Jes. 1, 13 Kipr snp, LXX: r/ftagav fis-
yäXrjv hat insofern keinen Wert, als dort zunächst nichts auf
einen bestimmten Festtag deutet; man scheint jedoch nach Just.
Ap. I, 37: fisydXijv ?jhuigav vqoxüao zu jener Zeit die Stelle
vom grossen Versöhnungstage verstanden zu haben, was unserer
Deutung zur Bestätigung dient3).
ad V. Nachdem Fragment III und IV den heidnischen wie
den jüdischen Cultus als verkehrt, obwohl doch im Grunde dem-
selben einen Gott geltend, dargestellt haben, weist Fragment V
auf den allein richtigen im Christentum gegebenen Gottesdienst
hin. Dass es sich an Fragm. IV unmittelbar angeschlossen habe,
folgt aus der Einführung bei Clem. AI. nicht; vielmehr lässt xai
nach coGve einen Zwischengedanken vermissen, den wir leider
nicht mehr kennen. — ■ Die Termini tuav&aveiv und jiagadidövai
von der christlichen Lehre sind durchaus paulinisch (1. Cor. 14,
31. 35; Rom. 16, 17; — Rom. 6, 17; 1. Cor. 11, 2); hier sind
sie in direkte Beziehung zu otßso&ai xbv d-sov gesetzt. Dies
erscheint nach unseren Fragmenten als ein Centralbegriff des K.P.
1) 1. Kön. 8, 2. 65; Ez. 45, 25; 2. Chron. 7, 8; 5, 3; — Jes. 30, 29 steht
es auch für Passah, dies ist aber hier durch u'C,viiu unzweideutig bezeichnet.
2) „Das Herbstfest ist das Fest y.uz tJo//, r, weil es ursprünglich die
einzige Panegyris war", Sniend zu Ezech. 45, 25.
3) Was unter tj ?jtua<ja xvqlov i] fisydkij, Protev. Jak. c. 1 und 2
(Tischendorf p. 2 sq., 4 sq.j zu verstehen sei, ist nicht ganz deutlich; es
scheint darunter der Sabbath gemeint zu sein, jedenfalls nicht der Ver-
söhnungstas.
46 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Dabei fällt eine Umsetzung desselben gegenüber dem früheren
Sprachgebrauch auf: oißsiv und oäßtG&at — bei den Classikern
seit Homer ziemlich unterschiedslos gebraucht, verwandt mit
G£tuv6o und severus, wohl auch mit osvod [und vielleicht gleicher
Wurzel mit (poßoö, indem ö und <p auf ein verlorenes f hin-
weisen (cf. lat. se, griech. t, otps, g?«)?] — bezeichnet eine Be-
stimmtheit des Gefühls, welche durch die Beziehung des Menschen
auf Gott, resp. die Götter, und göttliche Dinge hervorgerufen
wird, ist demnach der treffendste Terminus für die innere Reli-
giosität und tritt als solcher in Parallele zu cpoßstG&cu (Plato,
legg. 7 p. 798 B) wie zu rifiäv (Plato, legg. 5 p. 729 C; Porph.
vita Plot. LXIII, 5). In abgeleiteter Weise wird es dann auch
von der Scheu vor einem zu vollbringenden Thun synonym zu
aldetofrai gebraucht (z. B. Moschus 4, 10). In jenem ursprüng-
lichen Sinne gebrauchen es die LXX zur Wiedergabe des hebr.
X1% wofür meist <poßeZ6&ai steht. Im N.T. findet es sich über-
haupt nur Mt. 15, 9; Mc. 7, 7 in der Wiedergabe der Stelle
Jes. 29, 13 und in der A.G. des Lukas, u. zw. hier zumeist oeßö-
fievoi (abs. oder mit xbv -Osov) wie cpoßovfievoi von den sich
zur Synagoge haltenden, den einen wahren Gott Israels ver-
ehrenden Heiden (Proselyten: 13, 43 oeßofisroi jtQOOrjXvroi, cf.
13, 50; 16, 14; 17, 4. 17; 18, 7). Die ursprüngliche Bedeutung
des Wortes weist noch am deutlichsten das Compositum &so-
üsßrjC (Joh. 9, 31) und davon &eootߣia (1. Tim. 2, 10) auf, wäh-
rend die — im N.T. besonders den Pastoralbriefen (daneben nur
noch Act. und 2. Petr.) eigenen — Composita svösßtjO, evösßeia,
evosßeiv sowie deren weit häufigere Contraria aotßt)o, aötßHa
und aoeßüv mehr eine sittliche Tugend (resp. Untugend) mit
deren Auswirkung bezeichnen. Freilich war jene innere Religio-
sität für den Griechen nicht denkbar ohne ihre Ausübung in
cultischen Formen. Daraus erklärt sich die Umdeutung des
Begriffs Gtßsod-ai auf die cultische Form der Gottesverehrimg,
die sonst durch ZatQevsLV oder ftoriöxtvELV bezeichnet wird ').
So ist otßeGfrai in unseren Fragmenten gefasst, was allerdings
vorbereitet ist durch einen Gebrauch des Wortes wie er Act. 18,13
1) Der ursprüngliche Unterschied zwischen oeßeiv und ÜQTjozeia ist
noch deutlich ep. ad Diogn. 3, 2 zu erkennen, während hier &soaeßscv die
allgemeine Bezeichnung der Religion ist.
§ 4. Erklärung der Fragmente. 47
vorliegt, wie denn Act. 17, 23 auch svotßeiv einen cultischen
Anstrich gewinnt. Paulus gebraucht dafür dem ursprünglichen
Sprachgebrauch angemessener G£ßa£okucu Rom. 1, 25, cf. Gtßaöfia
Act. 17, 23; 2. Thess. 2, 4. Der Gebrauch unseres K.P. wird in
der späteren Kirchensprache ganz allgemein, indem oe'ßeo&ai
vornehmlich als Synonymon zu jtQoöxvvüv erscheint (Mart. Polyc.
17, 2; Just. Ap. I, 6; Act. Just. 4; Greg. Naz. Or. 39: MPG 36.
341; Hesych. s. v.). Wenn nun dieser Begriff in solcher Fassung
als ein Centralbegriff unserer Fragmente erscheint, so müssen
wir sagen, dass damit allerdings der religiöse Charakter des
Christentums völlig gewahrt ist im Unterschied von der teils
rationalisierenden teils moralisierenden Betrachtungsweise der
Apologeten. Dennoch springt der Unterschied in die Augen von
der Auffassung des Christentums bei Paulus und Johannes, wie
sie sich ausspricht in den Begriffscomplexen jiioxlo — öry.caoovv?]
(ag)£OiO uiiagriojv) — Mitteilung des Geistes — vlodeoia einer-
seits, yväJOLö und C,corj andrerseits. Bezeichnen diese das Christen-
tum seinem innersten religiösen Wesen nach, so haben wir es
hier mit dem die Religion „darstellenden Handeln" zu thun.
Von diesem ist bei Paulus wenig die Rede (Xargsla Rom. 12, 1;
laTQtvuv Phil. 3, 3; — oft im Hebr.-Br.), ebenso bei Johannes
(jigooxvrsiv bes. c. 4; — sehr viel in der Apok.). Dagegen
kommt dem Gedanken unseres K.P. sehr nahe die Betonung
der &Q?i<jy.£ia Jak. 1, 26 sq., auch was die inhaltliche Bestim-
mung dieses „Gottesdienstes" betrifft. Zwar über die Art. wie
das 0£ß£G&ai stattfinden soll, giebt unser Fragment nicht viel
Aufschluss. Es bietet nur die Bestimmung: öia rov '/qiotov.
Dass Christus Vermittler, sei es initiatorisch, sei es beständig,
aller christlichen Gottesverehrung ist, ist ein echt christlicher
Gedanke, der jedoch später mehr und mehr zurücktrat, je mehr
man sich gewöhnte, den Herren selbst ausschliesslich als Objekt
der Verehrung anzusehen !). Wir werden uns nun aber wohl
1) cf. Harnack DG I. 153 sq. Die alte Auffassung spricht sich noch
deutlich aus Const. Ap. (= Didasc.) II, 28: otdh yaQ xol navxoy.QU.xoQi
&uö tcqoos/.&üv sgxiv suv fiTj diä -/qioxov. cf. Eus. H. E. VIT, 17 : \y.exeloai
diu -/Qiaxov xbv inl nüvxwv 9t6v; — Mart. Polyc. bei Eus. H.E.IV, 15, 35,
wo Christi Stellung als aQ/iSQtvo erklärend hinzutritt. — NTliche Belege
finden sich Rom 5, 2. 11; — Rom. 1, 8; 7, 25; 16, 27; Col. 3, 17; —
Hebr. 7, 25; 13, 15 21; — 1. Petr. 2, 5; 4, 11 ; — dazu 1. Clem. 61, 3;
48 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
kaum über den Sinn des Verfassers täuschen, wenn wir die
Formel öia xov ygiöxov umschreiben durch xäö Ivxolao xov
XQiozov (xaö öiä xSv djcoovoXcov) cpvXaGOovxso xal oolcoo xal
öixalcoö ^cövxeö1): der christliche Gottesdienst unterscheidet sich
eben von dem der vir] geltenden und mit den Mitteln derselben
vollzogenen heidnischen, wie von dem abergläubisch untergeord-
neten Wesen dargebrachten jüdischen als der höhere geistige
dadurch, dass er sittlicher Art ist, weswegen der Autor ad Diogn.
(6, 4) sagen kann: aöoaxoö avxcöv r\ &eo6tßeia {tivu. Hat unser
Verfasser, was wahrscheinlich ist, die Art des christlichen Gottes-
dienstes näher ausgeführt, so ist dies gewiss in der Weise von
Did. 1 — 6 und Barn. 18 — 21 geschehen, womit auch die herrliche
Darstellung des christlichen Lebens bei Aristides (Apol. c. 15)
nahe verwandt ist; an die Didache erinnert auch die Einführung
als jcctQüdooiG xcöv äjcoöxolcov. —
Wichtig ist in diesem Fragment ferner die bestimmte Weise,
in der die absolute Neuheit des Christentums, die gleich massige
Abrogation der beiden alten Culte zu gunsten dieses neuen dritten
betont ist. Das Schriftcitat (Jer. 31, 31 sq.) giebt unser Verfasser
mit grosser Freiheit, zeigt sich dabei aber als einen sehr schrift-
kundigen Mann: er giebt nur das, worauf es ankommt, und
setzt den Gottesspruch, der eine Verheissung enthielt, in eine
praesentische Ankündigung um, woraus man wohl folgern darf,
dass er unter xvqiog Christum denkt. Die Ersetzung von oixoo
hgovoalrju und oixoö iovöa durch v[ilv ergab sich von selbst,
da die Stelle gegen Israel gewendet werden sollte. Auffallend
ist nur die an die Stelle der Ausführung von Aegypten getretene
64. — öia xov ovö/uazoo xov vlov xal xov nvsvpuxoo xov äyiov auch bei
Just. Ap. I, 65, ähnlich Apost. Const. VI, 14, wo die Formel ausgebildet
ist zu öiä li/oov -/qioxov xov xvolov i]iJ.ujv iv tü> navayla) nvsvfxaxi; —
recht deutlich ist die Fortbildung Cypr. ep. XI, 5: primo ipsum Dominum
rogare, tunc deinde per ipsum Deo patri satisfacere debemus.
1) ooioo und ölxcuoo finden sich so schon bei Plato vielfach ver-
bunden, der auch (Gorg. p. 507 B) den Unterschied dahin bestimmt, dass
jenes die religiöse, dieses die ethische Normalität bezeichnet. Die LXX
brauchen diese Synonyma mehrfach zur Wiedergabe verschiedener hebr.
Wörter (Dt. 9, 5; Ps. 144 [145], 17). Die Zusammenstellung findet sich
dann in den Apokr. (z. B. Sap. 9, 3) und im N.T. Luk. 1, 75; Eph. 4, 24;
1. Thess. 2, 10; Tit. 1, 8 und ist besonders den Apologeten geläufig, cf. z. B.
Theoph. ad Aut. I, 7; II, 16. — II. Clem. 5, 6.
§ 4. Erklärung der Fragmente. 49
Näherbestiinmung iv OQti ycogriß, da der Verfasser die Stelle ja
auch gegen die Heiden wendet. Sie lässt sich nur als unwillkür-
liche Reininiscenz des frei citierenden Schriftstellers erklären, der
sich entsann, dass eine Zeit- oder Ortsangabe hierher gehöre,
aber nicht die der Stelle eigene, sondern eine aus 1. Kön. 8, 9
(cf. 2. Chr. 5, 10) stammende fand. Die Bezeichnung des ATlichen
Gesetzes als o ev yojgrjß na^-aido vdfioo (cf. ajto oqovo oivä
Gal. 4, 24) findet sich sonst noch bei Justin. Di. 11, hier vielleicht
unserem K.P. entnommen. Die gleiche Stelle wird im engsten
Anschluss an die LXX auch Hebr. 8, 8 sq. citiert; man hat
hieraus die Benutzung des Hebr.-Briefes in unserem Fragment
wahrscheinlich machen wollen; aber abgesehen davon, dass dies
mit dem Hebr.-Br. in Aeyei für cpjjai (LXX; dagegen cod. FA
auch Xtyei) übereinstimmt, verhält es sich ebenso frei gegen die
LXX wie gegen den Hebr.-Br., und zeigt in jenem Zusatz eigene
Kenntnis des A.T.s auf das deutlichste. Dass beide am Schluss
das Stichwort xaivt'j1) hervorheben, ist ganz natürlich und be-
weist keine Abhängigkeit. Die Ausfährung des K.P. ist in vieler
Hinsicht schlichter; freilich, die Übertragung der Bundesidee
auf die Heiden und die Benennung der Christen als drittes
Geschlecht weist auf spätere Zeit. — Die Neuheit des Christen-
tums ist besonders im Joh.-Ev. (c. 4 ) durchgeführt; zu vergleichen
sind ferner Barn. 5, 7; 7, 5; 2, 6; 15, 7; 16. 8; — ep. ad Diogn.
c. 1: xcuvov rovzo ytvoo; — Ign. ad Eph. 20 cf. 19; ad Magn.
9, 1. — Apol. Arist, rec, syr. c. 16; — Acta Pauli et Theclae
c. 14; — Act. Pil. 16, 7 (Tisch, p. 284); Just, Ap. I, 61, 1 u. ö.
Auch von den Heiden wird, freilich in anderem Sinne, die Neu-
heit anerkannt; Sueton. Nero 16: superstitio nova et malefica
(cf. Act. Joh. Proch. ed. Zahn p. 45 Z. 5), während Celsus einer-
seits zwar die xccivözrjö des (id&qfia in Abrede stellt (1,4; 2,5;
4, 14), andrerseits jedoch auf das „nicht weit her" verächtlich
hinweist (1, 26). — Die Gegenüberstellung der Christen einer-.
1) Das K.P. hat dafür an zweiter Stelle väoo, beide als Gegensatz
rtaXaiöo. Jener Wechsel hat nichts zu bedeuten. Wollte man die her-
kömmliche Unterscheidung (vloo zeitlich, xaivoo sachlich) hier anwenden,
so ergäbe sich ein ganz schiefer Gedanke. Wie wenig man aber über-
haupt jenen Unterschied pressen darf, zeigt Eph. 4, 23 sq.: dvccreovo&cci . . .
xal ivövoaoQ-ai xbv xaivbv av&otoTior verglichen mit Col. 3,10: ivävaa/isvoi
xbv viov [ävS-ocoTiov] xbv dvaxaivovfisvov.
Texte u. Untersuchungen XI, l. 4
50 v. Dobsckütz, Das Kerygma Petii.
der Juden und Heiden andrerseits ist ein seit dem paulinischen
Röm.-Br. in allen Variationen durchgeführtes Thema. Was dabei
Allegorie leisten kann, zeigt z. B. Hippolyts Auslegung der
Susannageschichte (Lagarde p. 147). Zu xq'ixov ytvoö vergl. Arist.
Apol. 2 (rec. graec.) 1). Tert. Scorp. X; ad nat. 1, 8 als heidnische
Bezeichnung der Christen; Ps.-Cypr. de pasch, comp. 17 (Hartel III,
265; 7), vielleicht auch Test. XII patr. Levi 8. Der Name xQiöxiavoi
ist, wo immer er auch entstanden sein mag, uralt in der Heiden-
kirche (Act, 11, 26: 26, 28; 1. Petr. 4, 16; Apol. Arist.; Ign. ;
Tac Ann. 15, 44; Just, Di. 64; das Schreiben der Juden an
Domitian in den Act. Joh. c. 3 (Tisch, p. 266 sqq.): B,ivov ovofia
~/Qi<jziavöv (cf. ibd. §tvov ocal xcuvov ed-voo). Es ist dies nur
zu betonen gegenüber der Behauptung einer judenchristlichen
Herkunft des K.P.
ad VI. Hat das vorige Fragment uns die völlige Gleich-
stellung der Juden und Heiden bezüglich des Christentums- ge-
zeigt, so giebt dieses nun willkommenen Aufschluss darüber, wie
man sich damit die doch nicht wegzuläugnende Thatsache der
historischen Praerogative Israels vermittelte. — Vergl. dazu be-
sonders Act. 13, 46, wo die nach dem Verfasser die gesamte
paulinische Missionswirksamkeit begleitende Norm am deut-
lichsten ausgesprochen ist. — Es ist ein Stück Herrenrede, ge-
richtet an die Jünger (s. auch zu Fragm. VII). Für Israel soll
zunächst die Möglichkeit der Sündenvergebung offen gehalten
werden. Als Bedingung dafür wird der Glaube an Gott gefordert,
der ein Act freien Willens {dsXrjoij) ist. Schon diese Auffassung
des Glaubens als Bedingung bezeichnet den Unterschied von der
paulinischen Pistologie. Nicht die vertrauensvolle Hingabe an
Gott und seine Gnadenzusage, welche die Gewissheit der Sünden-
vergebung schon in sich trägt, ist es, was unser Verfasser unter
TtlöTLö versteht. Diese höchste Auffassung der Jiiöxiö als fiducia
scheint in der alten Kirche Privateigentum des grossen Heiden-
apostels geblieben zu sein. Mit allen andern NTlichen Schrift-
stellern, insonderheit auch Johannes, teilt unser Verfasser den
Begriff der ji'lGxlO, wonach dieselbe die zustimmende Anerkennung
1) Wenn die syr. Rec, welche eine Vierteilung der Menschheit ein-
führt, ursprünglich ist, so würde dies nur das Abhängigkeitsverhältnis des
Aristides vorn K.P. um einen Grad fraglicher machen.
§ 4. Erklärung der Fragmente. 51
(asseusus) des auf theoretischem Wege erkannten (notitia) be-
zeichnet. Daher findet sich neben jciörevsiv slo xov dsöv (in
unserem Fragin.) jcioxsvhv top frsm, auf die Autorität Gottes
hin etwas für wahr halten (Fragin. IX), und das ebendort damit
verbundene küiiyvövxm erscheint durchaus als der übergeordnete
Begriff. Auf die yvcöoio Gottes (Fragin. II) und der göttlichen
Heilsveranstaltung (Pragm. X) kommt es an; dazu verhält sich
die jtiüTiG wie ein untergeordnetes, selbstverständliches Moment.
Nur darin könnte man vielleicht eine Nachwirkung paulinischer
Gedanken erblicken, dass dies Moment grade an den Stellen, wo
es sich um Sündenvergebung handelt, etwas schärfer hervortritt. —
Über die Beziehung zu der Fassung des Begriffs in 1. Cor. 13, 2
(Mt. 17, 20) s. zu Fragm. VII. — Auch die Formel jtiörsveiv ela
&s6v dcd ygiörov oder 6i dv6tuazo6 ygiörov ist unpaulinisch ;
sie findet sich im N.T. nur 1. Petr. 1. 21. — Am stärksten ist der
Unterschied von der paulmischen Lehre markiert durch die Ein-
fügung des Begriffes der (lerdvoia, der — wie bei Johannes
ganz — bei Paulus im religiösen Sinne fehlt, indem er an den
wenigen Stellen, wo er sich bei ihm überhaupt findet (Rom. 2, 4;
2. Cor. 7, 9 sq.; 12, 21: [2. Tim. 2, 25]), den ursprünglichen rein
moralischen Sinn hat, wie es denn auch ganz gegen die pauli-
nische Psychologie Verstössen würde, einer Umänderung des vovo
unmittelbar religiöse Bedeutung beizulegen. Der Gebrauch des
Begriffs in unserem Fragm. schliesst sich an den in den ATlichen
Apokryphen üblichen an, wo [izxävoia im sittlich religiösen
Sinne eine centrale und habituelle Abkehr von der bisherigen
Lebensweise bezeichnet (cf. Cremer, bibl. theol. Wörterbuch s. v.).
Dies hängt zusammen mit dem in dieser Literatur herrschenden
Moralismus. Denn wenn auch alle sittlichen Acte in engstem
Zusammenhang mit der Religiosität stehen u. zw. zumeist so,
dass sie in derselben begründet sind, so berechtigt dies doch
nicht, sie zu konstitutiven Momenten der Religion zu machen,
wie dies hier geschieht. Doch ist diese Auffassung auch in einen
Teil unserer NTlichen Schriften übergegangen, besonders in die
lukanischen. Bei dem Täufer freilich ist fierdvoia die treffendste
Charakteristik seiner noch nicht das religiöse Heilsgut bringenden,
sondern nur die sittliche Vorbereitung dafür schaffenden Wirk-
samkeit; und Jesu an diese anknüpfende, sogleich aber positiv
darüber hinausführende Anfangspredigt ist trefflich zusammen-
4*
52 v. Dobschütz, Das Kerygina Petri.
gefasst Mc. 1, 15: fitravoelze xal moxtvtxt. Dagegen ist im
weiteren die Formulierung gewiss vielfach auf Rechnung der
Evangelisten zu setzen, cf. Luk. 5, 32 c. Mt. 9, 13; Mc. 2, 17; —
Luk. 24, 47; - Act. 2, 35; 3, 19; — 17, 30; 26, 20 im Munde
des Paulus! — ganz in religiösem Sinne zu nehmen ist fiexccvoia
Act. 5, 31 und 11, 18, wo dieselbe als Gottesgabe erscheint
(cf. I. Clem. 7, 4) und 20, 21, wo // eio freov fiexävoia xai xioxio
eio xbv xvqiov i](iä>v irjoovv yQioxöv ganz gleichgesetzt werden;
anders Hebr. 6, 1, wo man fiexävoia äjcö vexQcöv egycov als
sittliche Voraussetzung der jiioxio eio &eov fassen kann, wie
denn der sittliche Begriff 12, 17 klar zu Tage liegt, während 6, 6
jene eigentümliche Übergangsstufe zwischen sittlicher und reli-
giöser Wertung bezeichnet, auf welcher die später so viel dis-
cutierte Frage nach der Wiederholungsmöglichkeit der Busse
(cf. schon Hermas) erst zu einer so schwierigen wurde. Auch
in der Apok. Joh. hat das Wort diese zwiefache Bedeutung:
ethisch ist es in den sicher christlichen Sendschreiben (2, 5. 16.
21 sq. ; 3, 3. 19), dagegen bezeichnet es religiös den als Abwen-
dung vom Götzendienst (kultisch) und der Unsittlichkeit des
Heidentums (ethisch) beschriebenen Religionswechsel (zum Chri-
stentum oder Judentum (?) hin: 9, 20 sq.; 16, 9. 11). In unserem
Fragm. müssen wir nun auch diese religiös-sittliche Bedeutung
constatieren, wonach [lexavoelv den Übergang von einer Religion
zur anderen bezeichnet u. zw. mit der näheren Bestimmtheit,
dass sich der Umschwung wesentlich auf intellectuellem Gebiete
vollzieht (s. zu Fragm. VIII), ein echt griechischer Gedanke, den
aber Paulus, in richtigerer Würdigung des empirischen Ver-
hältnisses, durch seine Lehre von der occqs in ihrem Widerstreit
mit dem vovö bereits überwunden hatte.
Der Übergang zur Heiden weit wird durch einen ausdrück-
lichen Befehl des Herren motiviert, der die anscheinend singulare
Notiz enthält, nach zwölf Jahren sollten die Jünger, Israel ver-
lassend, in die Heidenwelt ausziehen. Die Aussendungsbefehle der
kanonischen Evangelien wissen hiervon nichts, auch die Erzäh-
lung der lukanischen A.G. lässt sich kaum damit vereinigen. In
der ausserkanonischen Tradition aber giebt es mehrere Zeugnisse
für diese Vorstellung *) : so bei Apollonius, dem Antimontanisten
1) Resch, Agrapha. T. u. U. V, 4, 426 sq.
£ 4. Erklärung der Fragmente. 53
(Eus. H.E. V, IS, 14): coo ex jcagadiotcoo xov ocoti/qcc cpi]OL
JlQ00T£Ta%6VCU XOlO CCVTOV CLjlOOxÖloiO £Jtl dcöÖSXCl STSOl fit)
ycoQiO&F/i'ca T/jo i£Qovoah']tu. Hier klingt Act. 1, 4 au, vermischt
mit der Tradition der zwölf Jahre. Da Eusebius sagt coo ex jtaga-
öooecoo, so ist gewiss, dass er selbst das K.P. als Quelle nicht
kannte ; er würde sonst nicht, wie in ähnlichen Fällen, versäumt
haben, die Quelle, wenn sie auch nicht genannt war, von sich
aus anzugeben. Auch die Benutzung des K.P. durch Apollonius
ist höchst fraglich; der von Eusebius gebotene Text (besonders
die Form hgovoaXT/u) spricht sogar dagegen. — Ein anderes
unabhängiges Zeugnis bieten die Acta Petri cum Simone c. 5
(ed. Lipsius p. 49) : adimpletis XII annis, quod (Zahn liest quot)
illi (Petro) praeceperat, Dominus Christus ostendit illi visionem
talem (sei. nach Rom zu eilen). Die ersten Worte können nur
als Anspielung auf einen (nach Zahn in dem verlorenen Anfangs-
teil berichteten?) bestimmten Befehl des Herren, zwölf Jahre in
Jerusalem zu bleiben, verstanden werden. Ist dieser als allein an
Petrus gerichtet gedacht, so möchte das ursprünglicher sein als
die Vorstellung des K.P. Auch in der späteren Chronologie des
Lebens Petri lässt diese Tradition sich nachweisen; wenn man
seinen Tod auf das Jahr 67 ansetzte, so rechnete man 25 Jahre
römischen Bistums und 12 Jahre Aufenthalt in Jerusalem nach
Christi Himmelfahrt (an. 30. cf. Hier, de vir. ill. 1). Auf ähnlichem
Umwege ergiebt sich dieselbe Chronologie für alle Apostel aus
folgenden Daten: nach den Act. Job. Proch. (Zahn p. 3 sq.) zogen
die Jünger auf Veranlassung des Petrus, der sich dabei auf einen
Herrenbefehl berief, aus Jerusalem kurze Zeit nach Marias Tode
aus. Dieser aber wird in das 11. Jahr nach dem Tode Christi
gesetzt (Hippol. Theb. bei Basnage, thes. mon. III, 1, 27, 29, 35);
also wieder 12 Jahre Aufenthalt der Jünger. — Eine andere
Gestalt hat die Tradition in gnostischen Kreisen angenommen.
Nach der Pistis Sophia verweilte Jesus nach der Auferstehung
11 Jahre bei den Jüngern; das 12. Jahr eben schildert jene
Schrift. Das gleiche wird gemeint sein im Papyrus Bruce *), wo
von den Jüngern gerühmt wird, dass sie Jesu 12 Jahre gefolgt
1) Diese Notiz verdanke ich einer freundlichen Mitteilung des H.
Dr. C. Schmidt; vergl. jetzt: Gnostische Schriften in koptischer Sprache aus
dem Codex Brucianus herausgegeben u.s.w. von Dr. phil. C.Schmidt. Leipzig,
1892. Texte u. Unters. VIII, 1. 2. IL Buch Jeu P 57 (S. 196) und dazu S. 439 sq.
54 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
seien und alle Gebote gehalten hätten. Hier ist die gewiss
ursprünglichere Fassung der Tradition, wie sie im K.P. vorliegt,
kombiniert mit der gnostischen Vorstellung eines längeren Ver-
weilens Jesu auf Erden nach der Auferstehung (18 Monate:
Valentin [Iren. I, 3, 2] und die Ophiten [Iren. I, 30, 14]; 545 Tage
Asc. Jes. 9, 11 [Dillm. p. 43]), welches man brauchte, um Raum
für die Geheimlehre zu gewinnen 1). Repraesentiert nun auch
unser K.P. eine sehr alte Gestalt der Tradition, so ist dies doch
kein Beweis dafür, dass die ganze Tradition von ihm abhängt.
Wie unsicher dieselbe aber überhaupt ist, zeigt deutlich die
Parallele in dem pseudoclementinischen Schriftenkreise, wo eine
7jährige Wartezeit vorausgesetzt wird2).
ad VII. Dies Fragment handelt gleichfalls von den Aposteln
und zwar zunächst von ihrer Erwählung , auf die der Herr zu-
rückblickt, und dann von ihrer Aussendung.
Die ixXoyr/ der 12 Jünger ist eine historisch feststehende
Thatsache und es ist Hyperkritik, dieselbe läugnen zu wollen3).
Sie wird von den Synoptikern als historischer Vorgang erzählt
(Mc. 3, 16 sqq.; Lk. 6, 13 sqq.; Mt. 10, 2 sq.) und bei Johannes
wird öfter darauf zurückgeblickt (6, 70; 13, 18; 15, 16. 19); vergl.
auch Evang. Ebion. bei Epiph. Haer. XXX (Hügfd. Nov. Test,
extr. can. IV, 33). Auch in unserem Fragm. ist lediglich die
historische Erwählung der Zwölfe gemeint. Der Aorist erklärt
sich aus der Situation (nach der Auferstehung) und weist nicht
auf eine vorzeitliche Erwählung, wie sie allerdings bei Ephr. Syr.
(evang. conc. exp. ed. Mos. p. 50) cf. Mt. 25, 34; Eph. 1, 4 und
1) Über ein auch in diese Reihe gehörendes Fragment s. den Excurs.
2) Rec. I, 43; IX, 29. Diese Tradition hängt vielleicht mit einer
symbolischen Deutung der je 7jährigen Dienstzeit Jakobs um seine beiden
Frauen zusammen (Just. Di. 134), wenn nicht einfach die Wochenidee
wirksam war, während bei der 12- Jahrtradition neben der Jahres- resp.
Monatsidee sicherlich auch die Beziehung auf die 12 Stämme Israels
mitspielt (Bam. 8, 3; Ev. Ebion.). Über die Bedeutung der Zahlen 12 und 7
in den verschiedenen Religionen vergl. Dupuis, origine de tous les cultes
1, 38 sq.
3) Seufert, Ursprung und Bedeutung des Apostolates in der christl.
Kirche 18^7. — Mit obigem soll freilich nicht gesagt sein, dass wir auch
alle 12 Namen sicher kennen. Dagegen sprechen schon die Differenzen in
den kanon. Evang., mehr noch das frühzeitige Aufkommen so abweichender
Kataloge wie der der apost. Kirchenordnurig (T. u. U. II p. 225).
fj 4. Erklärung der Fragnieute. 55
bei manchen Gnostikern behauptet wird 1). Ein eigentümliches
Zeugnis für die Macht der Tradition von den Zwölfen ist es, dass
diese Zahl hier auch nach der Auferstehung bleibt; wie der Verf.
sich dieselbe gedacht hat, ist nicht mehr festzustellen; möglich
wäre es, dass er die Ersetzung des Judas durch einen anderen
voraussetzte; auch ist zu bedenken, dass die Worte der Herren-
rede angehören und mit „euch als 12 Jünger" übersetzt, kein
Urteil über den faktischen Bestand der 12-Zahl enthalten. Man
könnte sogar meinen, dass die etwas unsichere Textüberlieferung
durch Auslassung eines Herrenwortes über den Ausfall des einen
(Joh. 6, 70) und vielleicht sogar die Anordnung einer Ergänzung
entstanden sei. Aber diese künstliche Hilfskonstruktion ist un-
nötig, da sich die 12-Zahl ohne Reflexion auf Judas auch ander-
wärts findet. — Indem das Fragm. sehr entschieden die Würdig-
keit der Jünger betont, tritt es in die Reihe der Zeugnisse.
welche — in scharfem Gegensatz zu der wohl älteren, auf Mc. 2, 17
(cf. Luk. 5, 8) ruhenden, am schroffsten Barn. 5, 9 ausgesprochenen
Vorstellung — die Herrenjünger in jeder Weise verherrlichen.
Auch hier ist jedoch unser Fragment relativ alt; es bezieht sich
nur auf die sittliche Beschaffenheit und weiss noch nichts von
den wunderhaften Übertreibungen der späteren2). Eigenartig ist
allerdings, dass die Würdigkeit als Grund der Erwählung voraus-
gesetzt ist, während gewöhnlich nur auf die Zeit der eigentlichen
Jüngerschaft reflectiert wird. Verwandt sind Stellen wie das
Fragment des Hebr.-Ev. bei Eus. Theoph. syr. ed. Lee p. 234 3)
und Clem. Recogn. 1, 51, nur dass hier die specielle Beziehung
auf die Zwölfe fehlt. — Zu a§,ioö £[iov cf. Mt. 10, 37 sqq. —
Wichtig ist die Scheidung und Xebeneinanderstellung der Termini
ftad-rjral und djioozoXoi, jener das Verhältnis zum Herren, dieser
das Berufsverhältnis zur Welt bezeichnend. Auch dies spricht
für ein relativ hohes Alter, da später (infolge der paulinischen
Ausdrucksweise?) eben die 12 iiaü-7/rai als die ajcooxoXot bezeichnet
1) Resch, Agrapha. T. u. U. V, 4 p. 299 sq.
2) Z.B. Recogn. Clem. 8, 5, wo es von Petrus heisst: homo dei est,
plenus totius scientiae, quem ne graeca quidem latet eruditio, quia spiritu
dei repletus est, quem nihil latet. — Mart. Barth. 2 (Tisch, act. apocr. 245 .
3) Resch, Agrapha p. 393; Handmann, Hebr.-Ev. T. u. D. V, 3 p. 96 sqq.
Act. mart. Just. 2 (Otto II p. 270] würde auch hierher gehören, wenn dort
nicht statt fiLÖüoy.a/.oo xu/.wv i-iu&rjxiöv zu lesen wäre jxa^rjßäxojv.
56 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
werden (so schon Lukas, cf. Evang. Ebion.). — Die Bezeichnung
jtiGxÖG für Anitsträger ist ganz allgemein (1. Cor. 4, 2; besonders
oft von Nuin. 12, 7 herübergenomrnen : Hebr. 3, 2; Clem. Rom. 1, 43
cf. 42, 3; Just. Di. 46 u. ö. — jiigtov ?}ytlG&cu mit Beziehung
auf die öiaxovia 1. Tim. 1, 12; von den (iad-tjxcu speciell jttGxol
XoyiG&tvxeG vjc avxov: ep. ad Diogn. app. c. 11, 2). — Dass hier
die Apostel gleich über die Welt hin ausgesendet werden, wider-
spricht dem vorigen Fragment nicht, da auch dort Weltmission
in Aussicht genommen wird; dabei ist zu beachten, dass dort
slo xov xooftov, hier sjcI xov xÖGfiov steht: jenes scheint den
Gegensatz zu Israel in sich zu schliessen, von welchem hierin
nichts liegt. Dies macht es wahrscheinlich, dass Fragm. VII
dem vorigen vorangegangen ist. — olxovfievfj ist ein sowohl bei
den LXX als im N.T. gebräuchlicher Ausdruck. Die ungriechische
Construktion svayyeXl^eo&ai xiva rindet sich bei Paulus, Lukas
und 1. Petr. 1, 12. — Als Inhalt der Predigt wird ungefähr das-
jenige angegeben, was wir in Fragm. II aus Petri Munde
hörten: die Erkenntnis des einen Gottes, öiä xrjG jiigtsooo t{i?/G
kann man zu yivcoGxeiv ziehen (cf. Fragm. VI: öia xov ovo-
fiaxöo [iov tiiOxevuv lütt xov d-eov), oder — und das ist der
Stellung entsprechender— zu dr/Xovvxao: Der Glaube an Christum
ist Quelle und Mittel für die Erkenntnis der Zukunft, d. h. des
Gerichtes und der darauf folgenden Herrlichkeit des Gottesreiches.
Unter üi'iGxlg ist hier natürlich jene charismatische Kraft des
zuversichtlichen Fürwahrhaltens der göttlichen Verheissung ge-
meint, welcher es ein leichtes ist, Bäume zu entwurzeln (Luk. 17,6),
Berge zu versetzen (Matth. 17, 20) und die darum auch den
Schleier von den göttlichen Mysterien wegzuziehen im stände ist
(1. Cor. 13, 2, wo Paulus in einer Reihe jiQoq>?]xeia, [ivGxrjQia,
yvcoGiG, üt'iGxiG nennt). Diese Mysterien der Zukunft des Reiches
Christi waren ja ein Hauptgegenstand der Beschäftigung für die
alte Christenheit, in dem Masse, dass Joh. 16, 13 dvayyeXtl xä
EQXOfisva als die spezifische Function des Geistes erscheint.
Jedoch ist es nicht ursprünglich, wenn das ganze Kerygma in
der Weise, wie es in unserem Fragm. geschieht, auf Eschatologie
reduciert wird. Nicht die Predigt vom Kreuz und der darin
offenbaren göttlichen Gnade, sondern die Schrecken des Gerichtes
und die Freuden der künftigen Herrlichkeit — das verstand man
damals unter xä idliovxa — sind es, wodurch die Welt zum
?; 4. Erklärung der Fragmente. 57
Glauben an Christum bewogen und damit allerdings auch gerettet
werden soll. Die Verbindung der ji'loxlo mit dem sichtlich
eschatologisch gefassten, dem auf das göttliche Gericht hinwei-
senden ftaQTVQtjOcoOL gegenüberstehenden ocöCso&ai ist so der
paulinischen Denkweise auch durchaus fremd, welche zwar die
endliche Errettung auch stark betont, besonders als Gegenstand
der sIji'ig (Rom. S, 24), aber in und mit der jiloxio ein gegen-
wärtiges Heilsgut zu besitzen sich bewusst ist (Rom. 5, 1). Im
Ausdruck erinnert jedoch auch hier manches an Paulus: ovx
ajtoXoyiav v/jllv cf. Rom. 1, 20; 2, 1; zu dem Gedanken der
Unentschuldbarkeit vergl. Joh. 15, 22 sqq. Bemerkenswert ist,
wie in unserem Fragrn. (cf auch Fragrn. VI) das Streben darauf
hinausgeht, die eigne Verantwortlichkeit des Menschen zu betonen.
Dies geschieht in sehr ähnlicher Weise act. Thoni. 2S: ovx tyet xio
löyov axoXoylao titXXoiv jra(f avxov XQiveö&aL, coö //?} axovöaö'
oi yäg xrjgvxsö avxov uo xa xtooaga xliiiaxa xtjo olxov/ievqö
xrjQvooovoiv. tutxayi'cöxE ovv xdi jcioxsvoaxe .... Hier sind
die Anklänge so gehäuft, dass man vielleicht nicht mit Unrecht
Abhängigkeit von dem K.P. annehmen dürfte. An den Schluss
unseres Fragm. erinnert auch Theoph. ad Aut. I, 14: ojiojo ij
tf/fiäoxvQa näoiv, üiqog xo tu?} dsibiv xivuo oxi ovx rjxovOafiev
ovös syvmpsv, nur freilich mit dem bedeutungsvollen, die spätere
Entwicklung bekundenden Gedankenunterschied, dass damit nicht
auf die apostolische Predigt reflectiert wird, sondern auf die
universelle Heils Vorbereitung durch den — göttlich gewollten und
vorgesehenen ■ — Diebstahl der Philosophen an den ATlichen
Propheten.
ad VIII. Zwar wird Fragm. IV auch von den Juden gesagt,
dass sie oiofisvoi xov &söv yivcooxtiv ovx hmGxavxcu, aber es
ist doch bedeutend wahrscheinlicher, dass diese Verheissung der
Sündenvergebung hier an Heiden gerichtet sein soll. Als Be-
dingung für die Sündenvergebung ist die fizzccvoia bezeichnet
(s. zu Fragm. VI), hier näher bestimmt als der Umschwung von
der ayvoia zu der IjilyvmGio Gottes. Wenn allerdings auch
yivcooxeiv in der ältesten christlichen Literatur einen ethisch ge-
färbten Sinn hat, so bleibt diese Erklärung der (tsxavoia doch
sehr eigenartig und weist eine bereits veränderte christliche
Denkweise auf (cf. Herrn. Mand. IV, 2, 2: (texavoia ovvsoio koxiv
fisyaXi]), welche sich mit der spätjüdischen nahe berührt (cf.Test XII
58 v- Dobschütz, Das Kerygina Petri.
patr. Gad 5). Aus der Verbindung der ijtiyvoJOiö Gottes mit der
(isravwa kann für jene nur gefolgert werden, dass darunter die
Erkenntnis des fordernden Willens Gottes gemeint ist. Nehmen
wir hinzu, was wir aus Fragm. II über die yvmöiG Gottes erkannten,
so finden wir, dass dieselbe unserem Verfasser teils eine speku-
lative, teils eine gesetzliche ist. Was wir als das wesentliche
der christlichen Gotteserkenntnis zu schätzen gewohnt sind, die
Erkenntnis der Gnade Gottes, fehlt hier. Das hängt aber innig
zusammen mit der mangelhaften Wertung der Sünde. Alle vor
der Taufe begangenen Sünden werden als Unwissenheitssünden
beurteilt. So denkt mit unserem Verfasser fast die ganze alte Chri-
stenheit; cf. Act. 17, 30; 1. Petr. 1, 14; 1. Tim. 1, 13; Apol.
Arist. 17 (rec. Syr.); act. Joh. Leuc. (Zahn p. 241 sq.); act. Thom.
38. 55 sq.; altere. Simonis et Theoph. VIII, 36; Herrn. Mand. IV,
1,5; Sim. V, 7, 3 sqq.; Tert, de pud. 10; Clem. AI. Protr. X, 100.
Auf das gleiche kommt es hinaus, wenn Ign. (ad Eph. 19) den
Anbruch der christlichen Zeit als ayvoia xa&ijotfrr] charakterisiert;
wenn die Taufe als (poirioiwö gilt, der der avayx?/ und der
ayvoia entnimmt (Just. Ap. I, 61); und wenn noch Tert. (Ap. 39)
die Christen beschreibt: qui de uno utero ignorantiae eiusdem ad
unam lucem expaverint veritatis (cf. de bapt. 1).
ad IX und X. Diese Fragmente geben einen interessanten
Beitrag zur Geschichte des Weissagungsbeweises in der Heiden-
kirche, welche bekanntlich das ihr vom Judentum her überkom-
mene A.T. sich bald so sehr als ihre Autorität aneignete (so schon
Paulus Rom. 4, 23 sqq.; 1. Cor. 10, 6 sqq.), dass sie es jenem
abzusprechen wagte (ßarn.-Br.), weswegen es grundfalsch war,
wenn man auf Grund unserer beiden Fragmente den judenchrist-
lichen Charakter des K.P. beweisen zu können meinte1). Dass
die Fragmente als Teile einer Rede an Heidenchristen zu denken
sind, zeigt schon das feindliche oi lovöaloi. Zunächst ist zwar
nur von den Aposteln die Rede, welche ihren Glauben durch die
heiligen Schriften erlangt haben sollen; aber dies wird, wie
Fragm. X besagt, nur betont, weil das gleiche auch weiterhin
bei der Mission unter den Heiden gelten soll. Man kann zwar
noch ein Bewusstsein davon spüren, dass diese doch noch keine
eigene Schriftkenntnis haben können; aber es wird ihnen zugemutet,
1) Z.B. Credner, Gesch. des Kanon p. 28.
§ 4. Erklärung der Fragmente. 59
den Aposteln die Schriftgemässheit ihrer Predigt aufs Wort zu
glauben, und eben in dieser, welche ja freilich bei der Juden-
mission von eminenter Bedeutung gewesen war (cf. z. B. Act.
3. 22 sqq.; 17,11), erblickt unser Verfasser auch das wirksamste
Motiv zur Bekehrung der Heiden. Es scheint dies in unserer
Schrift einfach noch in Form eines religiösen Postulates vorge-
tragen worden zu sein. Die theoretische Subconstruktion dazu
haben erst die Apologeten geleistet, indem sie mit erstaunlicher
Gelehrsamkeit und grossem Fleisse in chronologischen Deduktionen
den Beweis für das hohe Alter und die Priorität ihrer ATlichen
Gewährsmänner vor den gefeiertsten Autoritäten der klassischen
AVeit zu erbringen sich bemühten. — Übrigens ist die Schrift-
erkenntnis in unserem Fragin. nicht so sehr Grund, als nur Mittel
des Glaubens. In der Übereinstimmung von Weissagung und
evangelischer Geschichte wird eine Bestätigung (ovzcoo) für die
göttliche Anordnung beider gesehen. So darf man auch den
Aorist smöTivOctfisv nicht dahin pressen, als sei damit gesagt,
dass die Jünger überhaupt erst nach der Auferstehung oder
Himmelfahrt durch Schriftstudium zum Glauben gekommen seien.
Dies besagt ja auch nicht die ganz ähnliche Bemerkung Joh. 2, 22
(cf. 14, 29), wo nur zur Schrift noch das Herrenwort hinzutritt:
denn nach der Darstellung des Johannes (2, 11; 6, 68 sq. ; 16, 30)
kann es sich für die Jünger nur um den Eintritt einer Glaubens-
mehrung oder -Stärkung handeln. So wird es auch in unserem
Fragment gemeint sein l). — Quellen des Weissagungsbeweises
sind die ßißXoi rcöv JiQOcpqrcöv, d. h. das ganze alte Testament
(Clem. R. I, 43, 1; II, 14, 2; 2. Petr. 3, 2; Can. Mur. 77 sq.:
Just. Ap. I, 67; bes. 36). Der Titel nQOtyrfiai scheint auf die
ATlichen beschränkt zu sein; in der eschatologischen Stelle
(Fragm. VII) fehlt er wenigstens. — Sehr interessant ist die
Unterscheidung einer dreifachen Art der Weissagung: parabolisch,
aenigmatisch, deutlich oder wörtlich. Dies weist auf eine schon
ziemlich ausgebildete exegetische Methode, wie sie sich wohl
zuerst in Alexandrien, dem Sitze der philonischen Allegorese.
auch in christlichen Kreisen ausgebildet haben wird. Dorthin
1) Anders freilich steht es Theoph. ad Aut. I, 14, welche Stelle sich
♦wie ein Beispiel zu der Regel unseres Fragmentes ausnimmt. Theoph.
selbst war ungläubig, aber nun glaubt er ntid-uQ'/jHv 9ecö, nachdem er sich
in die göttlichen Schriften der heiligen Propheten vertieft hat.
ßQ v. Dobschütz, Das Kerygrna Petri.
weist auch der Kanon der orientalischen Schule Valentins be-
züglich der Herrensprüche (Clem. AI. exe. e Theod. 66): o öcqx?)q
xovo ajtoörolovö eöiöaoxev, xd [iev jcgmxa xvjcixäö xal fivCxi-
xeoö, xd de vöxega jtagaßoXixcöö xcä yviyfievwö, xd de tq'ltcc
öcupcoö xal yvfivaJö xard fiovao Hier ist die Herrenlehre also
als dreistufig gedacht; jzagaßohxcoö xal ijviyfievaxj bilden zu-
sammen die zweite Stufe; damit sind aber beide nicht als iden-
tisch gesetzt: jenes bezieht sich mehr auf Bilder, dies auf dunkle
Anspielungen, in denen einen tieferen Sinn zu finden man damals
für grosse und wertvolle Erkenntnis hielt (z.B. ev dgyjj Gen. 1,1).—
Bei Clem. AI. cpuis div. salv. 5 und 20 sind sie allerdings fast
gleichbedeutend. Just. (Di. 90, 4) sagt: oöa eljiov . . . ol jego-
cpfjzat . . . Jiagaßolaio xal xvjioiö djiexdZvipav; Iren. (adv.
haer. II, 22, 1): in parabolis et allegoriis prophetae . . . plurima
dixerunt. Zu avxoXe^ei cf. Just. Ap. I, 33. Ganz andersartig ist
die spätere Unterscheidung einer Weissagung <5iä xvjigjv und
einer öid grjfidxmv (Chrys. syn. scr. s. MPG 56 p. 316). — Die
Formel: xov ygioxov Irfiovv ovofid^eiv kann verschieden auf-
gefasst werden. Das nächstliegende ist xov ygiöxöv als Objekt
(= Messias) und dazu itjöovv als Praedicatsnomen zu fassen,
wie es z. B. in der u. St. sehr nahestehenden Stelle Act. 19, 28
sich verhält (cf. Asc. Jes. 9, 5; 10, 7 l); Orig. c. Cels. IV, 52;
Just. Ap 1, 46). Jedoch wenn auch der Mosaische Josua und dann
der Hohepriester bei Sacharja den Jesusnamen tragen, worauf
avxole^el sich beziehen könnte (cf. Just. Di. 115), so ist doch
n ygtoxoo damals kaum noch so als Bezeichnung des Messias
gebräuchlich und Fragm. V zeigt deutlich, dass es bereits Eigen-
name ist. So müssen wir xov ygiöxov Irfiovv als die schon aus-
gebildete solenne Namensform betrachten 2). Dieser Jesus Christus
ist in den heiligen Schriften genannt, d. h. auf ihn beziehen sich
alle jene verschiedenartigen Weissagungen. Als Inhalt derselben
sind nun alle die Stücke aus dem Leben Jesu namhaft gemacht,
1) Dominus Christus, qui vocanclus est in mundo Iesus. — Die von
Dillmann gegen die Echtheit dieser Sätze angeführten Stellen VIII, 25;
IX, 13. 26 genügen nicht, jene als additamenta spuria zu erweisen.
2) Clem. Rom. I u. JT, Barn., Did. haben lr\aova yQiaröa besonders
in der Formel b xvgioa rjficüv fyoovo %qiot6o, so auch Arist. Apol. neben*
yniozöo, während der Syrer vielleicht b]oova 6 -/Qiaxoo oder 6 xQLOxbrt
ITjGOVO las.
§ 4. Erklärung der Fragmeute. 61
die später in die Glaubensregel aufgenommen wurden. Sie finden
sich so namentlich bei Justin (Ap. I, 21. 31. 46 l), bei welchem
der Weissagungsbeweis überhaupt am charakteristischsten aus-
gebildet ist (vergi. auch sein Bekenntnis in den act. mark Just.
Otto II p. 270); — im Can. Mur. (v. 20 sqq.: nativitas. passio.
resurrectio, conservatio cum discipulis. geminus adventus); in der
Asc. Jes. (III, 13 sqq. [Dillmann p. 13~ I, wo sich unter der sehr
viel weiter ausgedehnten Aufzählung wichtiger Lebensmomente
Jesu auch ..cruciatus quoque quibus filii Israelis eum excruciaturi
essent" findet; zu der Verbindung des Leidens und Kreuzestodes
Christi speziell mit den Juden als Urhebern vergl. die von Zahn
in der Zeitschr. für kirchliche Theologie 1S93 S. 167 Anna. 1
und 16S Anm. 3 gesammelten Stellen und dazu noch Arist. ApoL 2:
he was pierced by the Jews2); acta Joh. (syr. ed. Wright): the
Jews crucified him: Apok. Petri syr. (ms. Sachau 187) nach Bratke.
die arabisch-aethiopische Petrus-Apokalypse in Hilgenfelds Zeit-
schrift 1S93 Heft 4 S 471 sq.: „Jesus der Messias, der Sohn des
lebendigen Gottes, ist gekommen and es haben ihn gekreuzigt
die bösen Juden in Jerusalem" ; Antilogia (noch unediert. citiert
bei Harris, Arist. Apol. p. 56 : xogevöoficu üiqoö zovo ifiovo
1 Hier fehlt koatal ao/.cloeia ganz, doch cf. Ap. I, 3S no. 5; nagovaia
I, 52. sonst nieist yeyswrja9at; ävaXtjtp&rjvat Di. 32, sonst meist c.veo/eo&ai.
Dass unser Fragment nur von der mzQOVOia, nicht von der yswijdiO,
welche sonst im AYeissagungsbeweis, wie in der Glaubensregel eine so
grosse Rolle spielt, redet, ist gewiss ein Zeichen hohen Alters. Ahnlich
Ignatius ad Philad. 9, 2 tzuqovglu, nä&OG, dväazccoio . doch anderwärt-
auch yewrjoia ad Magn. 11) und xozexÖG ad Eph. 19 . — Ganz anders
stellt sich später dies Moment, z.B. in der Syn. scr. s. des Chrysostomus
(1. c), wo es ausdrücklich heisst: ov neol xTtG TzccQOvolao uöror. dXXa y.v.\
rrfot cov eue/./.e na^ayevoftevoa ngdcixeiv y.cd ntol xov xöxov xal ti^qI
xfjG yevvrjGtvjG xal tisqI xov gxuvqov u. s. w. — cf. Act. Joh. Proch. ed.
Zahn p. S7 . wobei dreierlei zu beachten ist. die Voranstellung von xa neoi
xol viov xov #fof- neben der mit bßoiwG angeschlossenen Aufzählung
der einzelnen Momente (ähnlich wie in unserem Fragm. , die auch hier
sich findende Abweichung im Ausdruck von den Symbolen, und die That-
sache, dass hier der "Weissagungsbeweis nur bei einer Judenbekehrung aus-
drücklich vorgetragen wird, — wennschon Joh. auch sonst seine diduay.u-
).iu bei den heiligen Schriften anhebt, ohne dass dies weiter ausgeführt
wird, ein Zeichen, dass der Weissagungsbeweis schon etwas von seiner Be-
deutung verloren hatte.
2 A2 add: and was nailed on the cross by the Jews; beim Griechen
fehlt beides.
ß2 v- Dobschütz, Das Kerygrna Petri.
iovöaiovo xal Jtoirjöa) avxovö Iva ot ozavQoJoojoi (im Munde
des Teufels); ep. Pilati in acta Petri et Pauli 42; Apok. Pauli
(Tisch, p. 66); Mart. Barth. 6 (Tisch, act. apocr. p. 252); vielleicht
gehört hierher auch ein Fragment Melitos bei Anast. Sin. Viae
dux c. 12 p. 97: o &so6 jctjiov&ev vüio öe^iäö iöQa?]?Jxiöoo. —
Dass in unserem Frag in, noch keine Formel vorliegt, zeigt
eben jenes xoXäouo, welches für den Weissagungsbeweis charak-
teristisch, für eine regula fidei ohne Belang war. Im Vergleich
zu dem ältesten römischen Symbol (Harnack und Gebhardt, Patr.
apost. opp. I, 2, p. 115) ist ausser dem Fehlen der Geburt von
der Jungfrau noch beachtenswert, dass hier ftavaxoö ausdrück-
lich genannt, dagegen ixdcpt] ausgelassen ist. Wie dies 1. Cor. 15,4
ohne den Zusatz xccxä xdo ygaqxxö steht und Act. 13, 29 erst
dem coö sxsXeöav jtccvxa xu jceql avxov yt'/Qafiiitva als etwas
darüber hinausgehendes folgt, so fehlt es bei Ignatius und Justin
ganz. Es scheint, dass man für diesen Zug keinen rechten
Weissagungsbeweis zu führen wusste. Im Unterschied von dem
römischen Symbol bietet unser Fragment ferner die älteren Termini
eysQOiö und dvdhjjpto und lässt, das ist sehr auffallend, jede
Beziehung auf die Wiederkunft und das Gericht aus. An dessen
Stelle tritt jene — neben dem Ausdruck ol lovöaloi den juden-
feindlichen Standpunkt des Verfassers charakterisierende Hin-
weisung auf das Gericht über Jerusalem. So wichtig also auch
die eschatologischen Gedanken waren (Fragm. VII), so scheinen
sie doch unserem Verfasser schon in eine fernere Perspektive
entrückt zu sein. Die ursprünglich als unmittelbar bevorstehend
gedachte Parusie war nicht erfolgt, und dies hatte die Hoffnung
sehr abgekühlt (cf. 2. Petr. 3, 8 sqq.). Hatte man aber Herren-
worte wie Mc. 9, 1 = Mt. 16, 28 = Lk. 9, 27, cf. Joh. 21, 22 und
wollte diesen doch gerecht werden, so musste man eben, in die
Geschichte zurückblickend, wenigstens Vorläufer der Parusie zu
gewinnen suchen. Da war denn kein Ereignis geeigneter als
Praeludium des Weltgerichtes zu gelten, als jene entsetzliche
Katastrophe über Jerusalem, die ja auch für die Christenheit
Epoche gemacht hatte. Was Wunder, wenn unser Verfasser auch
diese, die so mit der Heilsgeschichte aufs innigste verknüpft war, in
den Weissagungsbeweis hineinzog? Der Meister dieses Beweises,
Justin, ist ihm hierin gefolgt und hat, was hier nur angedeutet
war, sorgsam ausgeführt (Ap. I, 47; Di. 40, 6). Das Petrus- Evang
§ 4. Erklärung der Fragmente. 63
aber lässt gar die Juden selbst schon bei Jesu Tode die Er-
wägung anstellen, dass das nun unfraglich nahende Ende Jeru-
salems als Gericht über ihre Sünden zu betrachten sei (v. 25:
oval xalo ccfiaoriacö r/tuo5v ?]yyioei> ?/ xqioig xcu xo rtXoa Ieqov-
oaXrjfi, ein Ausdruck, der unsere Conjektur p. 31 vollkommen
bestätigt). Aus diesem Evang. stammen wohl die ähnlichen
Zusätze zu Luk. 23, 48, die sich im Syr. Cur., im Cod. Sängerin.
(g1) und bei Tatian (nach Ephr. Comm. z. Diatessaron p. 296
[Mösinger] venerunt, ait, iudicia dirutionis Hierosolymorum) finden.
Auch noch Eusebius bewegt sich gern in diesen geschichts-
philosophischen Erwägungen (H.E. II, 6, 8; III, 5, 3), während
Hegesipp einen Zusammenhang zwischen dem Ende Jerusalems
und dem Tode des Jakobus hergestellt hat, indem er den Bericht
darüber in charakteristischer Kürze schliesst mit den Worten
xai zv&vo Oveojiaoiavdo jioZiooxei avxovo (b. Eus. H.E. II, 23, 18)
die gleichen Betrachtungen bei Josephus (Arch. Jud. XX, 9, 1
b. Eus. H.E. II, 23, 20 und die Stellen über ihn bei Origenes)
unterliegen jedoch stark dem Verdachte, von christlicher Hand
interpoliert zu sein (vergl. Schürer, Gesch. d.jüd.Volkes 1, 486 sqq.). —
Eine — wie es scheint — ausserchristliche Parallele zu der in
unserem Fragm. vorliegenden Beurteilung der Zerstörung Jerusalems
bietet aber in der That jener hochinteressante Brief des Mara
bär Serapion an seinen Sohn (Cureton, spicil. syr. p. 73), ge-
wöhnlich in das 8. Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts gesetzt,
richtiger aber wohl der Zeit des Partherkrieges unter Lucius
Verus (162 — 165) zuzuweisen, wozu schon der erste Herausgeber
am meisten neigte, dessen Identificierung des Adressaten mit dem
antiochenischen Bischof Serapion, dem Nachfolger des Maximinus,
(c. 190 cf. Hier, de vir. ill. 12) jedoch sehr zweifelhaft ist. Die
Stelle lautet nach Cureton's englischer Übersetzung: „Was für
Vorteil erlangten die Athener durch die Ermordung des Socrates,
wofür sie Vergeltung empfingen in Gestalt von Hungersnot und
Seuche? Oder das Volk von Samos durch die Verbrennung des
Pythagoras, da ja [dafür] in einer Stunde ihr Land gänzlich mit
Sand bedeckt ward? Oder die Juden durch den Tod ihres
weisen Königs, da ja von eben dieser Zeit an ihr Königtum
von ihnen genommen ward? Denn mit Gerechtigkeit schaffte
Gott Vergeltung der Weisheit dieser drei. Denn die Athener
starben Hungers und die Saniier wurden rettungslos von der See
04 v. Dobschütz, Das Kerygina Petri.
überwältigt und die Juden, verstört und vertrieben von ihrem
eigenen Königreich, siud zerstreut durch alle Länder. Socrates
ist nicht gestorben um Piatos willen, auch uicht Pythagoras um
der Junostatue willen, noch der weise König um der Gesetze
willen, die er verkündete." Der letzte Satz ist nicht recht klar,
will aber wohl nur die Grösse der Schuld hervorheben und diese
ganz den betreifenden Völkern aufbürden, indem er mit höchster
Ironie als die einzig denkbare Schuld der Männer grade dasjenige
nennt, was als ihr grösstes Verdienst anzusehen ist: wollte man
Socrates — meint er — Schuld beimessen, für die er mit Recht
den Tod erlitt, so könnte man sie nur darin suchen, dass er
einen Schüler wie Plato hatte; und das wird doch niemand
behaupten wollen, dass Socrates um Piatos willen gestorben
sei — u. s. f. — Noch klarer freilich wird der Satz, wenn man
„ist nicht gestorben" als negativen Ausdruck des Fortlebens fasst
und die mit „wegen" angereihten Glieder ergänzt zu „weil er
in . . . fortlebt" (Prof. Harnack), freilich eine starke Breviloquenz !
Entscheiden Hesse sich die Frage nur, wenn wir die Anspielung
auf die Junostatue verstehen könnten. Wurde mit einer solchen
des Pythagoras Tod in Zusammenhang gebracht oder ist dieselbe
gar als eine auf Junos Befehl dem Pythagoras gesetzte zu denken?
Wir weissen nichts davon. — Die eigentümliche Bezeichnung
Christi als „der weise König" findet sich sonst m. W. nicht
(cf. Pror. 20, 26) und ist wohl als Combination der beiden ge-
läufigen Bezeichnungen Christi mit GOfpia (Prov. 8. — Just. Di.
61no.3; 62no.l3; 100no.l5; 126, l)undmit/9atf«A£i5ö(Ps. 23, 7sq ;
Just. Ap. I, 51; Di. 29, 86 no. 12 u. ö.) zu erklären.
§ 5.
Resultate.
Zeit, Ort und Charakter der Schrift.
Nach dieser Besprechung des einzelnen erübrigt es noch,
die Resultate der Untersuchung zusammenzufassen, um den Cha-
rakter und die Zeit der Schrift einigermassen zu bestimmen.
Die Schrift selbst bietet wenig sichere Anhaltspunkte für
eine zeitliche Fixierung. Abgesehen von der äusseren Bezeugung,
§ 5. Resultate. 65
welche uns vor die Mitte des zweiten Jahrhunderts weist, ergiebt
sich aus der Schrift mir der terminus a quo, nämlich die
Zerstörung Jerusalems. Innerhalb dieser Grenzen lässt sich
nur eine relative Zeitbestimmung aus dem Gedankengehalt ge-
winnen.
Die Auffassung des Christentums ist eine relativ ursprüngliche.
Die Abweichungen von der urchristlichen resp. paulinischen Dar-
stellungsweise können zumeist als Gemeingut der heidenchrist-
lichen Kirche schon für die unmittelbar nachapostolische Zeit
betrachtet werden. Einiges weist speciell auf die alexandrinische
Ausbildung der christlichen Denkart, was damit übereinstimmt,
dass die Geschichte der Schrift und einige Selbstaussagen den-
selben alexandrinischen Ursprung erkennen lassen. Ein naiver
Gnosticismus durchzieht die Schrift, ohne dass der Verfasser sich
gedrungen fühlte, gegen hervorgetretene Irrlehren zu protestieren.
Sowreit wir aus den späi'lichen Fragmenten ersehen können, ist
die Theologie desselben ihren Grundzügen nach folgende:
Grunddogma ist die Einheit Gottes des Schöpfers, der wesent-
lich als der Absolute gedacht ist. Kund geworden ist dies durch
den auf Erden erschienenen Logos, Jesus Christus, den Herren.
Dadurch ist ein von Heiden und Juden sich gleichmässig unter-
scheidendes Geschlecht der Christen entstanden, welches in der
Erfüllung der von Christo gegebenen, durch die Apostel über-
mittelten Sittengebote dem vou ihm erkannten Gott den einzig
wahren Gottesdienst leistet und sich so der endlichen Errettung
getröstet, da Gott auf Grund ihrer freiwilligen Umkehr die früher
begangenen Sünden als in Unwissenheit geschehen vergiebt ]).
Das Christentum ist eine via öiafr?]*?/, was nichts wesentlich
anderes bedeutet als xairoo voiioö; höchster vo{uoo dabei ist —
das ist in seiner Weise ein erhebender urchristlicher Gedanke — die
Person des Herren selbst. Als Heilsgut erscheint zunächst die
yvcoöio; der gewöhnliche Correlatbegriff hierzu Ca») aionioo
fehlt in den Fragmenten ganz. Dafür ündet sich einmal — doch
1) Auf Sünden, die im Christenstande begangen würden, wird nicht
reflektiert. Es ist ein Moralismus . der bei aller Gewissenhaftigkeit sitt-
lichen Strebens die Tiefe des sittlichen Ernstes eines Paulus nicht von
weitem erreicht und ebensowenig der principiellen Leugnung der Sünde
im Christen, wie sie die johanneische Theologie bei stärkster Anerkennung
des empirischen Vorhandenseins festhält, an die Seite gestellt werden darf.
Texte u. Untersuchungen XI, 1. 5
66 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
ohne Beziehung auf die Gnosis — der eschatologische, sonst aber
unbestimmt gelassene Begriff ocoCso&ai.
Eine abgeschlossene Sammlung prophetischer Schriften (d. h.
das alte Testament) ist — neben dem Herren wort — höchste
Autorität und dient durch die darin enthaltene Weissagung auf
Christum unter Voraussetzung einer praestabilierten Harmonie
als Beweis für dessen Messianität. Die hierbei angewendete
Methode der Exegese weist auf eine spätere Zeit; im Barn.-Brief
z. B. wird eine solche in dieser Fixierung noch vermisst.
Mit diesem theologischen Gedankenkreise steht nun unsere
Schrift der ganzen apologetischen Literaturgattung überaus nahe.
Dabei aber lässt sich beobachten, dass die Berührungen immer
mehr abnehmen, je später die Schriften sind, die wir zum Ver-
gleiche heranziehen *). Bei Athenagoras und Theophilus war fast
nichts von greifbarer Verwandtschaft zu finden. Bei Justin und
Tatian dagegen waren die Anklänge recht stark, ja man könnte
bei ihnen die Kenntnis unserer Schrift annehmen. Andrerseits
macht sich deutlich die jene von unserem K.P. trennende und
dasselbe einer viel früheren Zeit zuweisende Umbildung des christ-
lichen Denkens ins philosophische hinein geltend. Und so erscheint
denn das K.P. auch gegenüber der ältesten uns erhaltenen Apo-
logie, welche Aristides dem Antoninus Pius wohl bald zu Anfang
seiner Regierung einreichte, so vielfältig auch grade hier die
Beziehungen zwischen beiden Schriften sind, als ursprünglicher
und naiver. Hieraus ergiebt sich für Zeit und Charakter des
K.P. die wichtige Erkenntnis, dass dasselbe den Übergang
von der altchristlichen zur apologetischen Literatur
bezeichnet.
Dieser Satz erhält seine Bestätigung auch von der negativen
Seite. Wenn wir nämlich unsere Fragmente mit den ignatianischen
Briefen vergleichen, so finden wir fast gar keine Berührungen;
das gleiche gilt ungefähr von dem (ersten) Clem.-Brief. Diese
Schriften bezeichnen eben eine ganz andere, neben der apologe-
tischen herlaufende und von der apostolischen Literatur gleich
zu der altkatholisch-episcopalen Schriftstellerei eines Irenaeus u. a.
1 Hiergegen sprechen auch nicht die unzweifelhaft vorhandenen —
wenn auch nicht zur Annahme einer Benutzung nötigenden — Berührungen
zwischen dem K.P. und der epist. ad Diogn., da diese Schrift aller Wahr-
scheinlichkeit nach früher anzusetzen ist, als zu geschehen pflegt.
§ 5. Resultate. 67
hinüberfahrende Linie. — Was aber die anderen Schriften jener
Übergangsperiode anlangt, so sind mit der Clemenspredigt (dein
sog. IL Clem.-Br.) und in noch stärkerem Masse mit dem Hirten
des Hermas, der in seiner apokalyptischen Form und seinem
volksmässig unentwickelten Lehrgehalt schwer einer solchen
dogmengeschichtlichen Linie einzugliedern ist, mannigfache An-
klänge, doch meist allgemeiner Natur, wahrzunehmen. In einigen
Punkten dürfte das K.P. älter sein als der Hirt. Dagegen ist
es allem Anschein nach später als der gleichfalls alexandrinische
Barnabasbrief, der freilich wohl in sehr frühe Zeit (unter
Vespasian?) anzusetzen ist.
Hiernach ergiebt sich als relative Zeitbestimmung — denn
mehr vermögen solche Vergleiche nicht zu leisten — ungefähr
die mittlere Zeit zwischen 80 und 140 p. Chr. n., also rund das
erste Viertel des zweiten Jahrhunderts ]).
] Zahns Ansatz in die Jahre 90—100 weicht hiervon ja nicht viel
ab, ist aber doch wohl etwas zu früh. Eine Nötigung hierzu liegt für uns
nicht vor, da wir die Benutzung durch Ignatius nicht anerkennen können
3. u. S. 83 , die durch Hermas aber auch zugegeben, uns dies bei unserem
von dem Zahnschen abweichenden Ansätze (130 — 140j doch nicht so weit
hinabführen würde. Andrerseits spricht gegen einen so frühen Ansatz der
Umstand, dass manche Vorstellungen in unseren Fragmenten eine längere
Entwicklungszeit vorauszusetzen scheinen. Dahin gehören auch die jo-
hanneischen Gedanken, welche in denselben zu konstatieren sind. Denn
wenn diese auch nicht dem Evang. entnommen sein sollten, sondern einer
johanneischen Theologie, welche es vor und neben dem Evangelium gegeben
haben muss, ja aus der dieses erst herausgewachsen ist, so weist doch ihre
eigenartige Verschmelzung mit paulinischem Gedankengut auf spätere
Zeit. — Wenn aber Zahn annimmt, das K. P. sei auf Grund von 2. Petr. 1, 15
bald nach dem Tode des Apostels entstanden, so ist einmal nicht aus-
gemacht, dass jene Stelle als Hinweis auf ein später zu veröffentlichendes
Werk verstanden werden muss oder auch nur damals verstanden worden
ist, andrerseits können wir nicht zugeben, dass das K.P. seinem Titel nach
Anspruch auf petrinische Herkunft macht, wenn dies auch bald so ver-
standen wurde. Dazu kommt, dass die Priorität des 2. Petr.-Briefes min-
destens starken Zweifeln unterliegt, so dass man das Verhältnis auch
umkehren und 2. Petr. 1, 15 eine Anspielung auf das K.P. finden könnte,
wobei unser zweiter Gegengrund in Wegfall käme. Doch ist dies auch
nicht eben wahrscheinlich. Endlich aber würde grade solche Pseudepi-
graphie, welche an derartige Notizen anknüpft, um scheinbare Mängel zu
ersetzen, immer eine gewisse Entfernung von der historischen Persönlich-
keit des angeblichen Verfassers voraussetzen, wenn anders sie als harmlos
5*
68 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Dazu stimmt endlich die Benutzung der neutestamentlichen
Schriften, von denen nichts citiert wird oder auch nur als
autoritätsmässig bestimmend durchscheint. Doch lassen sich Ge-
dankenreihen der paulmischen Briefe ziemlich sicher nachweisen,
verbunden mit einem eigentümlichen Einschlag aus den im vierten
Evangelium fixierten Vorstellungen, ohne dass eine direkte Be-
nutzung des letzteren ersichtlich wäre. Während die Kenntnis
des 1. Petr.-Briefes wahrscheinlich gemacht werden kann — das
ist für die Frage nach dem Zusammenhang der Pseudopetrinen
überhaupt bedeutsam — , ist die Benutzung des Hebr. -Brief es
höchst zweifelhaft.
Das K.P. bot auch evangelische Stoffe. Die sich hier
findenden Abweichungen von der kanonischen Tradition nötigen
nicht auf ein Apokryphon zurückzugehen1); Benutzung des
begriffen werden sollte. Wenigstens stempelt beispielsweise die Pastoral-
briefe in. E. keine Hypothese so sehr zu Fälschungen, als die, nach welcher
Timotheus und Titus selbst dieselben auf Grund paulinischer Billets ver-
fasst haben sollen.
1) Der neue Fund legt es allerdings nahe, daran zu denken, dass im
Kerygma Petri das Evangelium Petri benutzt sein möchte, um so mehr,
wenn sich ein Zusammenhang aller 5 petrinischen Schriften, wie ihn
HarnackT. u. U. IX, 22 p. 87 sq. andeutungsweise herzustellen sucht, erweisen
Hesse. Jedoch was er dort an Übereinstimmungen genannt hat, ist auch alles,
was man bei genauer Prüfung des K.P. und des Evang. Petr. aufführen
kann. Dass Petrus im Evang. (59 cf. 2(3 ; 60), in der Apok. (5) wie im Ke-
rygma (IX; X cf YII) von sich in der ersten Person Pluralis (die anderen
Jünger rniteinschliessend) redet, ist in pseudopetrinischen Schriften wohl
nur natürlich. Dass auch nach der Auferstehung von den „Zwölfen" die
Rede ist (v. 50), ist in der altchristlichen Literatur weit verbreitet (s. z.
Fragm. VII, S. 55). Was das Verhältnis zum Marcus-Schluss betrifft , so
spräche dies, falls sich Harnacks Behauptung hinsichtlich des Evang. Petr.
und die von uns vorgetragene Hypothese bezüglich des K.P. beiderseits
bestätigen sollten, grade gegen eine Combination beider Schriften; denn
das K.P. wäre eben nicht nötig gewesen, wenn im Petr.-Evang. der Marcus-
Schluss noch erhalten war. Auffallend mag ja die Übereinstimmung in
dem Ausdruck Ioqüi]). für lovöaloi erscheinen. Doch findet sich dieser im
Petr.-Evang. nur an zwei Stellen vv. 7 und 11, während sonst 6 mal lovöaloi
steht. Allerdings entspricht dem loQarjX an zweiter Stelle in den kano-
nischen Evangelien lovöaliov (Marc. 15, 26; Matth. 27, 37; Luk. 23, 38;
Joh. 19, 19); aber wie hier Marc. 15, 32; Matth. 27, 42 unmittelbar ßccaikeva
ianat'j). folgt (vergl. auch Joh. 1, 50), so ist vollends im Petr.-Evang. die
Conformation nach dem schon vorausgehenden v. 7 auch für v. 11 sehr
§ 5. Resultate. 69
Hebraeerevangeliums ist unwahrscheinlich. Dagegen lassen andere
Stellen mit ziemlicher Bestimmtheit auf die Benutzung unseres
Marcusevangeliums schliessen ]). Wir sehen ab von Einzelheiten,
wie dass (pvZaooeöfrai in activer Bedeutung sich nur Mc. 10, 20
findet (Mt, und Lk. haben das Activ); dass nur Marcus aCvf/cc
ohne weiteres für das Passahfest setzt (14, 1), was weder bei den
LXX noch bei Mt. und Lk., wohl aber bei Philo vorkommt2);
dass Christi Predigt eine öiÖayj) y.aivi] genannt wird (1, 27); —
auch die Form UQoööXvna kann man hierherziehen, sofern sie
wenigstens gegen das Hebr.-Evang. spricht 3). Wichtiger ist schon
der Nachdruck, mit welchem die Formel elö &e6o auch im
Marc.-Evang. geltend gemacht wird (2, 7; 10, 18; 12, 29, immer
im Unterschied von Mt. und Lk.) 4). Auch dass die Aufzählung
der Bauptmomente des Lebens Jesu mit jiagovoia und nicht mit
naheliegend. Endlich kann der gemeinsame Aegyptiscke Ursprung nichts
beweisen. So kommen wir zu dem Resultat, dass sich nach dem vorlie-
liegenden Material die Frage nach dem Zusammenhang von K.P. und
E >~ang. Petri nicht entscheiden lässt.
1) Dieses scheint überhaupt in der ältesten Zeit mehr benutzt worden
zu sein, als man bisher, besonders auf Matth. und Lukas achtend, annahm.
Von dem grössten Interesse aber ist es, zu sehen, dass grade die pseudo-
petrinische Literatur von demselben ausgiebigen Gebrauch gemacht hat.
Für das Petr.-Evang. wenigstens scheint mir dieser erwiesen (vergl. Harnack
in seiner Ausgabe desselben T. u. U. IX, T- p. 2. 32 f. 79. — Was p. 79
Anm. dagegen gesagt ist, ist eine allzuvorsichtige Restriction).
2) Bei den LXX steht stets r\ hoQxrj xtöv dt,vfX(ov. Ex. 23. 15; 34,17;
Lev. 23, G; Dt. 16, 16; 2. Chron. 8, 13; 30, 13. 21; Esr. 0, 22. Im N.T. steht
tOQzrj x&v üZpyaav (Luk. 22, 1) oder ij/uzqcu x(öv uC,v(jlo)v (Act. 12. 3; 20, 6),
auch // ijf.i£Qu xüv d'QvfXüJV (Luk. 22, 7) und xTj tiqüjt/j rj/xf^a xöjv äZ,v/Lia)v
(Marc. 14, 12) cf. xs?.evxcüa 7]tu£Qa x<öv ul,v(.iwv Ev. Petr. 58, wonach dann
Matth. 26. 17: t;T ngcotg tcüc atpvuov, cf. tiqo [tiüo xcür u^v/ucüp, xfjo
eooxtJG avxüiv Ev. Petr. 5 zu verstehen ist, ohne mit dem Sprachgebrauch
unseres Fragmentes zusammenzugehören.
3) Mc. hat nur diese Form, Mt. unter 12 Malen nur 23, 37 IsQOvocü.ijfx,
Lk. letztere Form 27mal, die andere 5mal; Act. jene 40rnal, diese 6mal
sicher. Paulus schwankt. Joh. hat nur \sQooö).vua\ dagegen haben Hebr.
und Apok., ferner Ev. Hebr. und Ev. Petr. (v. 20; 25; 31) nur hpovoalr/fx.
4) Ein eigentümlicher Zufall ist es, wenn nicht etwa die Beobachtung
dieses Zuges des Evangeliums dazu geführt hat, dass der Sage nach Marcus
bei seinem Eintritt in Alexandria durch den Ausruf „unus Deus". den
er von dem Schuster (späteren Bischof) Anianus hört, die erste Anknüpfung
für seine Missionspredigt findet (Acta SS. ad 25. Apr., Martyrium p. 350 sq.).
7Q v. Dobschütz, Das Kerygnia Petri.
yhvvr/OiO beginnt, ist ein starker Hinweis auf das Marc.-Evang.,
welches im Unterschied von Mt. und Lk., die mit der Geburt
anfangen, seinen Bericht mit dem ersten öffentlichen Auftreten
Jesu anhebt, — gewiss die ältere Form der evangelischen Tra-
dition. Evident wird die Sache erst, indem das Marc.-Evang. uns
eine noch unerklärte Schwierigkeit löst. Wir hatten Fragm. VII
mit dem Zusatz ovo o y.vQioo ifötfo/öev nichts Rechtes anzu-
fangen gewusst. Unter den synoptischen Parallelberichten über
die Jünger-Wahl beschreibt nun Marc. 3, 13 sqq. dieselbe so, dass
der Herr aus der grossen Schar seiner Jünger herbeigerufen
habe ovo rj&sZsv avroo . . . v.ai IjioirjOsv doiösxa. Was ist
wahrscheinlicher, als dass dieser markierte Zusatz in unser K.P.
übergegangen ist, wobei er freilich durch die Veränderung des
Zusammenhanges seine Bedeutung verloren hat? Hiergegen ist
nicht geltend zu machen, dass sowohl exltyeo&at als der Begriff
cbroGro/oö an dieser Stelle bei Marcus fehlen; denn beide kennt
Marcus (13, 20; 6, 30), und von dem letzteren ist es sehr wahr-
scheinlich, dass er sehr zeitig auch an unserer Stelle in das
Marc.-Evang. gekommen ist, wenn der Zusatz ovo xal djroOro-
Äovo roröuaoev nicht sogar ursprünglich ist (WH nach i<BC*J).
Im übrigen verhält sich unsere Stelle zu Marcus ganz gleich wie
die Inkanische Bearbeitung. Beide fügen dem Marcustext die
Termini einer späteren Zeit hinzu, nur dass freilich das K.P.
seinerseits wieder noch spätere Züge hat als Lukas. Eine Be-
nutzung des Luk.-Evang. neben dem Marc.-Evang. ist nicht ganz
ausgeschlossen, aber kaum anzunehmen, wie denn auch keine
ersichtlichen Beziehungen zwischen dem K.P. und der lukanischen
Apostelgeschichte bestehen 1).
1) Man könnte darauf verweisen, dass sich in der lukanischen A.G.
dieselben alten Formeln für Auferstehung und Himmelfahrt finden (3, 15;
5, 30; — 1, 2. 11. 22); aber doch nur neben anderen. Man könnte ferner
zu Fragm. VII: Act. 3, 17 und 17, 30 vergleichen; — zu xovo zarte
ztjv ofeovfievTjv dv9-Qojjiova (Fragm. VIII): Act. 24, 5; — zu Fragm. VI:
Act. 5, 31 und zum Begriff der fiexavoia überhaupt Act. 2, 38 und 11, 18;
endlich zu Fragm. V: Act. 3, 25. Aber alle diese Stellen sind einmal
viel zu allgemein, um etwas beweisen zu können; andrerseits belehrt
eine genaue Vergleichung bei fast jeder über deutlich erkennbare Unter-
schiede. Das hat jedenfalls die luk. A.G. vor dem K.P. voraus, dass sie
die Beziehungen des Evangeliums zu Israel viel deutlicher berücksich-
tigt; doch lässt sich daraus nichts für die zeitliche Priorität schliessen. —
§ 5. Resultate. 71
Halten wir nun dieses Verhältnis des K.P. zum Marc- Evans.
im Auge und prüfen dabei die Tradition über Marcus und sein
Evangelium! Darin ist diese von Anfang an einstimmig, dass
dasselbe in unmittelbarem Verhältnis zu den petrinischen Lehr-
vorträgen (ötöaoxaXiai) steht (Papias als Tradition des Pres-
byters [Johannes oder Aristion] bei Eus. H.E. III, 39; Tert. c.
Marc. IV, 5: Hier, de vir. ill. l)1); und während darunter allge-
mein das römische xr'jnvyua Petri verstanden wird, schwankt man
nur, ob die Aufzeichnung nach Petri Tod (Iren. adv. haer. III, I |
oder vor demselben geschehen sei, wobei man Petrus anfangs rein
passiv denkt (Clem. AI. Hyp. VI bei Eus. H.E. VI, 14 cf II, 15 als
jiaQc'cöooio xä)V ävexa&ev jiQtößvrtQcov, cf. adumbr. in I. Petr. .
sehr bald aber von einer ausdrückliehen Anerkennung des Evan-
geliums durch ihn zu erzählen weiss, welche auf einer ausdrück-
lichen Offenbarung des heiligen Geistes ruhen sollte, also wohl
noch vor Abfassung der Schrift zu denken ist (Eus. H.E. II, 15;
Hier. cat. 8). So spricht denn Epiphanius (Haer. 51, 6) gradezu
von einem Auftrag des Petrus an Marcus, das Evangelium abzu-
fassen, womit übereinstimmt, dass Origenes schon es aus Tradition
Diese Erörterung war besonders nötig wegen einer Hypothese Bertholdts
(bist, krit, Einleitung in sämtliche kanonische und apokryphische Schriften
des A. und N. Test. [Erlangen, 1813] III p. 1331 sq.; wiederholt von Kuinoel,
Conim. in lihros N.T. historicos [Lips., 1827J IV p. XVII sq.), dass für den
ersten Teil der luk. A.G. Quelle gewesen sei eine ursprünglich aramäisch
(syrochaldäisch) geschriebene Schrift unter dem Titel ss-;- "nass oder
"yi sr:-:s = xfavy/ia TCixoov, auf deren stark verunstaltete spätere Über-
arbeitung mau die Stellen bei Eus. und Hier, deutete. Volkmar, der ]'ene
Hypothese wieder aufgenommen und dahin umgeändert hat, dass das K.P.
(die erste Apostelgeschichte überhaupt, die des Apostels Petrus) eine feind-
selige Ergänzung des Evangeliums im schroff judaistisch-antipaulinischen
Sinne war (Religion Jesu [Leipzig, 1S57] p. 279 und 2S2 sqq.), lässt wohl-
weislich jede Beziehung auf unsere Fragmente fort.
1) In diese Reihe gehört nach herkömmlicher Deutung (vgl. Weiss,
Einleitung p. 45 no. 5) auch die Stelle Just. Di. 106. Doch sowohl die L.A.
iv xolo tX7to(ivi](tov£Vnaoiv avcov als die Beziehung dieses avxov ist min-
destens sehr zweifelhaft und es muss schon nach der ganzen oben gege-
benen Entwicklung der Tradition sehr fraglich erscheinen, ob eine solche
Benennung des Marcus-Evang. zu jener Zeit denkbar ist. — Durch die
Auffindung eines Teiles des Petrus-Evangeliums, welcher die auffallendsten
Parallelen zu den evangelischen Berichten Justins enthält, ist diese Frage
nunmehr gelöst, s. Harnack, Texte u. Unters. IX, 22 p. 37 sqq.
72 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
wissen will, class Marcus unter Anleitung des Petrus geschrieben
habe (in Matth. exeg. I, 1; Eus. H.E. VI, 25), woraus später ein
Dictat des Petrus ward (Hier, ad Hedib. (ep. CXX) c. 11; [Äthan.]
Syn. scr. s. c. 76 (opp. IV p. 155); Niceph. Call. H.E. II, 43).
Mit dieser römischen Tradition wird bald eine zweite verbunden,
welche den Marcus zum Apostel Aegyptens und ersten Bischof
von Alexandrien macht (Eus. Chron. ad ann. VIII imp. Ner.;
Ps. Hipp, de LXX apost. ; Hier, ad Pammachium et Marcell. ep.
XCVI1, 4; Johannis über dorm. Mariae [Tisch., Apoc. apocr. p. 99]).
Dabei verbindet schon Eusebius das in Aegypten gepredigte
Evangelium (den alten formalen Begriff missdeutend) mit dem
zu Rom verfassten schriftlichen Evangelium (H.E. II, 16; cf. Hier,
catal. 8; Äthan. Syn. 1. c). Während aber meist die Reise nach
Alexandrien nach den römischen Aufenthalt gesetzt und auf
einen Auftrag des Petrus zurückgeführt wird (Epiph. Haer. 51, 6),
lässt Niceph. (H.E. II, 43, cf. 15) — wohl aus Missverständnis der
Stelle bei Epiph., der von der ccQyj) rov evayysXlov bei Marcus
sagt, sie beginne mit dem 1 5. Jahre des Tiberius — den Marcus
schon unter Tiberius nach Aegypten kommen, wie denn auch in
den acta Barnabae auctore Marco (Tisch., acta apocr. p. 73) ohne
Bezugnahme auf den römischen Aufenthalt des Marcus seine
Übersiedelung nach Aegypten als gleich auf die Wirksamkeit
mit Barnabas in Cypern folgend gedacht ist. — Der römische
Ursprung des Marc-Evang., der auch aus inneren Gründen wahr-
scheinlich gemacht werden kann, ist dann in zahlreichen Unter-
schriften der Codices des Evangeliums bezeugt, während andere
(wohl in Anlehnung an Eusebius) von der Verkündigung des-
selben in Alexandrien und Umgegend reden und eine dritte
Kategorie endlich seine Abfassung nach Aegypten verlegt (wobei
die Armenier sogar die Abfassung in aegyptischer Sprache be-
haupten). Die letztere Tradition findet sich dann ausdrücklich
bezeugt bei Chrysostomus hom. I in Matth. (opp. VII p. 7). Um
beide Traditionen zu vereinigen, hat R. Simon (Kritische Schriften
über das Neue Test., übers, von Cramer [1776] I, 171) vorge-
schlagen, zwei Ausgaben des Evangeliums, eine römische und
eine alexandrinische, anzunehmen, und Lardner (Works, ed. Kippis
Lond. 1838. V p. 328 [? cf. Güder in RE2 IX, 299]) und Michaelis
(Einleitung II, 917) sind ihm gefolgt (vergl. dagegen schon
Eichhorn, Einleitung I, 550), während Wahl (Magazin für alte
§ 5. Resultate. 73
Literatur, 3.Liefg. Halle 1790) unter Voraussetzung der Unechtheit
der römischen Tradition dem Evangelium alexandrinischen Ur-
sprung, koptische Sprache und ein nahes Verhältnis zum Aegypter-
Evang., das eine Bearbeitung desselben sein soll, vindiciert. —
Diese Hypothesen sind nun gewiss willkürlich; aber etwas
mag doch an der alexandrinischen Tradition, welche in der Be-
rufung des alexandrinischen Gnostikers Basilides auf Glaukias,
den Hermeneuten des Petrus (Clem. AI. Strom. VII, 17, 106), ein
altes, gut bezeugtes Seitenstück hat, wahr sein, wenn es auch
nur das wäre, dass das Marc.-Evang. sich als erstes schriftliches
Evangelium zu Alexandrien eingebürgert hätte. Nun ist das
Marc.-Evang. nach den besten Zeugen scheinbar ohne rechten
Abschluss. Sei es, dass der Verfasser nicht weiter berichten
wollte, sei es, dass er an der Fortsetzung verhindert wurde, oder
dass der echte Schluss etwa bald verloren ging: jedenfalls
empfand man frühzeitig das Bedürfnis, den vermissten Schluss
zu ergänzen, wie noch die zwei uns erhaltenen Versuche zeigen,
welche beide von dem im Auftrage des Herren durch die Apostel
vollzogenen Kerygma handeln, wobei der kürzere (s.u. S. 77 sq.)
von ol xsql ütixQov spricht. Dabei ging der Zug jener Zeit,
welche immer mehr die Wirksamkeit der Apostel als unmittel-
bare Fortsetzung des Werkes des Herren selbst, mit gleicher
heilsgeschichtlicher Bedeutung — daher gleicherweise in den
Weissagungsbeweis und das Kerygma aufgenommen — zu be-
trachten sich gewöhnte, ganz dahin, die Geschichte ihres Wirkens
dem Evangelium als ösvzzgoö Xoyoo zur Seite zu stellen, wie es
schon Lukas that, und wie es besonders gnostische Schriften
zeigen. Sollte es nun zuviel behauptet sein, dass in den ersten
Decennien des zweiten Jahrhunderts ein Christ zu Alexan-
drien das Bedürfnis nach Ergänzung des Marc.-Evang. gefühlt
und, vielleicht schon der Tradition über Marcus als Hermeneuten
des Petrus folgend, als ösvtsqoo XoyoO zum Marc.-Evang.
ein „Kerygma Petri" geschrieben habe? Dass er dabei die
Ausführung des Missionsbefehls des Herren, wie es scheint, ganz
an die Person des Petrus 1) geknüpft hat, ist sehr bemerkens-
wert, doch zu jener Zeit wohl erklärlich. War doch vielleicht
1) Allerdings ist zu beachten, dass Petrus meist, sich und die anderen
Apostel zusammenfassend (Fragm. V ; IX ; X), von sich im Plural redet.
74 v. Dobschütz, Das Kerygraa Petri.
Petrus der einzige der Zwölfe, der in die westliche Heidenwelt
gekommen war ]), und von hier aus setzte sich seine Beurteilung
frühzeitig in die des Heideumissionar.s xar ls°7/iv um~)- — Oh
der Verfasser dabei sein Werk unter den Namen des Marcus ge-
stellt habe, können wir nicht sagen. Sehr bald ward jedenfalls
der Autorname, wenn ein solcher dabei stand, verdrängt durch
die bei Clem. AI. deutlich zu tage tretende Auffassung, als besage
1) cf Clem. ep. ad Jak. 1: o xTta övoetoo xb Gxoxeivöregov xov xöo-
(mov /xiqoo wo nüvxtov iaavtöxeQoa (fcuzloai ze/.evo&eiG; ganz ähnlich er-
örtert — vielleicht im Anschluss hieran (?) — Eusebius die Suche H.E. 11,
14, 6: xov xuQxtQov xal fieyav xwv utiogxÖj.cuv, xov aQexrjo evsxa xcüv
XoiTtöiv andvtwv nooijyogov, rctxQOv inl xr]v qojjuijv . . . ■/stQaytoyH, oo . . .
x>)y itoXwifjiTjxov f'iJTTOoiuv xov voi)iov (pioxbo tc chaxo/.cüv xoio y.axu övoiv
ty.o/u'li-v, ifwo uvxb xal 'f.öyov vjv/wv oiox>)qiov, xb arjQvyfj.cc x^a töiv
oxquvvjv ßaoiXelao evayyeXit,6fievoo. — Einen anderen Weg, die Bedeu-
tung des Petrus zu erklären, schlägt im Anschluss an Weizsäcker (ap. Zeit-
alter p. 11 sqq.) Harnack (D.G.2 I, 137) ein: Petrus wurde im Kerygma der
Gemeinden als erster Zeuge der Auferstehung genannt.
l' Dies kann uns, die wir gewohnt sind als den Heidenapostel speciell
Paulus zu betrachten, auffallend erscheinen, und man ist dabei vielfach
geneigt in solchen Fällen auf „judenchristlich" zu erkennen. Aber dieser
Begriif, der überhaupt viel Verwirrung angerichtet hat, ist auch hier gar
nicht am Platze. Es ist vielmehr ein clem sich auf heidenchristlichem
Boden zur altkatholischen Kirche entwickelnden Christentum gemeinsames
Gut, dass man — auf Grund der geschichtlichen Erinnerung an die „Zwölf",
welche des Herren nächste Umgebung und ständiges Gefolge bildeten, —
sich eine Fiction von einem 12-Apostel-Collegium bildete, welches — immer
gemeinsam funktionierend — zugleich Missionar, Lehrer, Leiter und Gesetz-
geber der Kirche war. Hierbei liess sich natürlich die Person des Apostels
Paulus nicht unterbringen, und meistens reflektierte man auch gar nicht
auf ihn — erst spät und vereinzelt findet sich der Gedanke, er sei zur Er-
gänzung der Zwölf berufen: Carm. adv. Marc. III, 232; (Epiph. Haer.XX, 4 ?);
>onst steht er als 6 änöoxol.oo, worin sich wiederum eine richtige Erinne-
rung an die ursprüngliche Bedeutung dieses dem Paulus vor den Zwölfen
zukommenden Titels erhalten hat, neben den andern — ; so kommt es,
dass was geschichtlich nur von Paulus gilt, in der Tradition von diesem
losgelöst und auf die Zwölf- Apostel übertragen wird. Diese aber hatten in
Petrus schon zu Lebzeiten des Herren ihren Sprecher und Führer. Dazu
kommt dann noch, dass — wohl in richtiger historischer Erinnerung —
von alters her Petrus und Paulus zusammen genannt werden als die Mis-
sionare des Westens (I. Clem. R. 5; üion. Cor. bei Eus. H.E. II, 25 u. a.).
Eine Combination dieser beiden Linien, durch welche notwendig Paulus
ganz abgestossen werden musste, mag jene nach allen Richtungen hin
einzige Stellung des Petrus begründet haben.
§ 5. Resultate. 75
der Titel peti-inische Abfassung der Schrift. Aber auch diese
hohe Autorität nutzte der Schrift nichts, ja schadete ihr vielleicht
(vergl. Harnacks Ausführungen zur Geschichte des Pastor Hermae,
Patr. Apost. opp. III p. LVII). — Als specifisch alexandrinische
Apostelgeschichte mit ausgeprägt alexandrinischer religionsphilo-
sophischer Denkweise erlangte sie kaum weitere Verbreitung *)
und ähnlich, wie es der Apok. Petri erging, die noch bei Clem.
AI. in höchstem Ansehen, allmählich wohl durch den 2.Petr.-Brief
verdrängt wurde, so niusste unser K.P., dem schon bei Clem. AI.
die lukanische Apostel-Geschichte zur seite stand, unter dem über-
wiegenden Einfiuss des römischen Kanons, der sich schon zur
Zeit des Origenes auch in Alexandrien durchsetzte, dieser Rivaliu
weichen, und verschwand bald ganz aus der Literatur, schon
von Origenes kaum gekannt, sicherlich verworfen, so dass auch
kaum zu hoffen ist, dass es gelingen werde die Schrift noch
einmal ganz aufzufinden, es müsste uns denn dies Glück durch
eine uralte Übersetzung zu teil werden2).
Eine Vermutung aber legt sich hier noch nahe, wenn wir
uns der anderen beiden Versuche, dem Marc.-Evang. einen Schluss
zu geben, erinnern. Sollte nicht vielleicht einer derselben dazu
gedient haben, den erst durch die Abstossung des öevregoG Xoyoö
wieder fühlbar gewordenen Mangel zu ergänzen und demgemäss
auch in einer inneren Beziehung zu dem K.P. stehen? Die Be-
jahung dieser Frage bezüglich des recipierten längeren Schlusses,
liegt um so näher, seit die grossen englischen Textkritiker in
ihrer meisterhaften Erörterung der ganzen kritischen Frage des
Marcus-Schlusses3) überzeugend nachgewiesen haben, dass wir es
1) Heracleou, der Schüler Valentins und Genosse des sich schon durch
seinen Namen als Aegypter ausweisenden Ptolemaeus hatte gewiss Bezie-
hungen nach Aegypten, und wenn wir eine Benutzung des K.P. durch
Justin und Tatian annehmen müssen, so lässt sich deren Bekanntschaft
mit der Schrift hei ihren grossen Reisen im Orient leicht verstehen, wenn
nicht eben Heracleon die Vermittlung herstellte.
2) Eine syrisch erhaltene „Predigt des Simon Kepha in Rom"
Cureton ancient syriac documents, p. 35—41), auch arabisch und aethiopisch
erhalten (cf. Zotenberg, catal. des mscr. ethiop. p. 53. 56) ist nach Lipsius
(Apokr. Apostgesch. II, 206 sq., 323; ders. in Smith, Dict. of ehr. biogr. I, 20)
eine durch Eus. H.E. beeinflusste, also sehr späte Bearbeitung der gnosti-
schen Tigä&iG TittQov.
3) Westcott and Hort, the new testament, II Appendix p. 28—51.
7ß v. Dobschütz, Das Kerygrna Petri.
bei diesem nicht mit einer ad hoc gefertigten Ergänzung, sondern
mit einem Fragment aus dem Eingange einer Erzählung zu thun
haben, die mit der Auferstehung anhob, wobei jedoch unserem
Fragment bereits eine längere Erzählung vorausgegangen war.
Die Zeit der Erzählung bestimmen sie als die der allgemeinen
Annahme der kanonischen Evangelien vorausgehende, — womit
in gewisser Weise Resch zusammentrifft, der in der Zeitschrift
für kirchl. Wissenschaft und kirchl. Leben 1889, I p. 25 sqq. nach-
zuweisen sucht, dass der Marcus-Schluss auf vorkanonischer Quelle
ruhe, welche schon Paulus benutzt haben soll. — So verlockend
es hier nun auch wäre, die Combination mit unserem K.P. zu
vollziehen l), so geht dies doch aus folgenden Gründen nicht
wohl an: 1) Der Marc.-Schluss wahrt bei den Erscheinungen des
Auferstandenen die richtige 11-Zahl der Jünger, während das K.P.
(Fragm. VII, cf. p. 55) durch die Macht der 12-Jünger-Tradition
verleitet, die 12-Zahl auch hier beibehält. 2) Der Marc.-Schluss
1) Dies hat in der That Zahn in seiner neuesten Untersuchung über
die Marc-Schlüsse (Gesch. d. Kan. II, 2, 2 p. 910-938) gethan. Nach ihm
stellt sich die Sache so dar, dass Mc. 16, 9 — 13 allerdings nur eine Com-
pilation aus Luk. und Joh. sind, dagegen vv. 14 — 20 aus einer alten Quelle
stammen. Dieser gehört auch der bei Hier. dial. c. Pelag. II, 15 erhaltene
Zusatz zu v. 14 an, welcher entweder ursprünglich auch dem Marc.-Schluss
angehörte, oder aus dessen eigener Quelle hineininterpoliert wurde. Auf
dieser Quelle ruht dann wahrscheinlich auch Act. Pil. c. 14 (vergl hierüber
Tischendorf, de evang. apocr. origine et usu [1S51] p. 133 sq.), wo der —
in sehr verschiedener Form: Mambre, Mamilch u. a. überlieferte — Name
des Berges nach Tert. Ap. 21 auch ursprünglich sein soll. — Wäre nun
wirklich diese Quelle das K.P., so hätten wir ja ein höchst wertvolles
Zeugnis aus recht früher Zeit, das zugleich viel wichtigen Stoff bietet,
doch sind die oben dagegen aufgeführten Gründe m. E. zu stark. — Auch
darin scheint Zahn keinen glücklichen Schritt über Westcott-Hort hinaus
gethan zu haben, dass er, um doch für einen Teil des als unecht verwor-
fenen Schlusses die kanonische Grundlage zu retten, denselben zerlegt und
sich für die erste Hälfte mit der Berufung auf Luk. und Joh. begnügt.
Die Stärke des Beweises der Engländer für die Herkunft von vv. 9 — 20 aus
einer schriftlichen Quelle liegt in den ersten Sätzen, in deren Unzuläng-
lichkeit und Unbegreiflichkeit als Fortsetzung von vv. 1 — 8. In der That,
es müsste ein sehr ungeschickter Compilator gewesen sein, der trotz eigener
Einschaltungen keinen besseren Übergang von v. 8 zu vv. 14 — 20 herzu-
stellen im stände war. Daher niuss jeder Versuch, die Geschichte dieses
Fragmentes zu erforschen, von der Würdigung der vv. 9 — 20 als eines
Ganzen ausgehen.
§ 5. Resultate. 77
legt bei dem Kerygina den grössten Wert auf die begleitenden
und bestätigenden Wunder und Zeichen, während unser K.P. nach
Fragm. IX und X die Beglaubigimg der Predigt allein in ihrer
Schriftgemässheit zu erblicken scheint. 3) Auch die Formel des
Marc-Schlusses: 6 jriorzvoao y.ai ßajirio&uo Gcodi/Osrcu, o Ö£
aTHöTTjOaG y.Qi&?JG8Tai entspricht nicht der parallelen Formel des
K.P. in Fragm. VII, wo nur von dxovsiv, jugtsvsiv (dazu /jera-
voüv Fragm. VI und VIII), nicht aber vom ßdjcriGfxa die Rede
ist l). In allen diesen Beziehungen kommt dem Marc.-Schluss ein
viel näheres Verhältnis zur lukanischen A.G. und auch dem K.P.
gegenüber eine grössere Ursprünglichkeit zu, indem sich grade
durch diese Vergleichung wieder der — sozusagen — alexandrinisch-
gnostische Charakter des K.P. zeigt. Anders stellt sich die Sache
bezüglich des kürzeren Schlusses, über dessen Geschichte freilich
trotz Westcott-Hort's und Zahns Untersuchungen immer noch
grosses Dunkel liegt2). Jedenfalls aber haben wir es hier mit
1) Der im N.T. seltene, iu unseren Fragm. fehlende Ausdruck aiuozetv
findet sich 2rual im Marc.-Schluss, v. 11 und v. 16 (ein neuer Beweis der
Einheit) und ausser Rom. 3, 3; 2. Tim. 2, 13; 1. Petr. 2, 7 besonders bei Lukas.
2 Derselbe liegt in zwei Gestalten vor: die bei Tisch, und WH. ab-
gedruckte findet sich bei L (Saec. VIII). 274 (Saec. X) in mg., Syr. Heracl.
in mg. (hier nach Zahn vielleicht aus den drei im J. 616 aus dem Antonius-
kloster zu Alexandra bezogenen Handschriften stammend cf. WH, II Introd.
§ 119. 215); — die andere bieten cod. T (Saec. VIII vel IX cf. Gregory
Proleg. zu Tisch. N.T. ed. VIII, 2 p. 445) und damit nahe verwandt 579
(Saec. XIII), k (Saec. V), memph. (Hunt. 17 in mg.) und aeth. Die letztere
scheint nach der äusseren Bezeugung den Vorzug zu verdienen. Innere
Gründe freilich machen dies zweifelhaft, da die erste die schwierigere ist.
<I>' bietet den Übergang dar. sofern hier die 2 Verba unvermittelt neben
einander stehen. Ist nun t<füvi] hier eingedrungen, oder ist ein xal darnach
ausgefallen? Letzteres scheint doch das wahrscheinlichere, da leicht das
folgende xal als Bindeglied für die beiden Verba gefasst werden konnte. —
Ein deutliches Bild von dem Verhältnis der Zeugen zu gewinnen ist dop-
pelt schwer, weil man soviel mit Marginalien zu rechnen hat und von hier
die Schlüsse auf die Archetypen stets sehr unsicher sind. Verfehlt scheint
mir z. B. in dieser Hinsicht Zahns Ausführung über MS. Hunt. 17, dessen
Archetyp — um den immerhin auffallenden AViderspruch zwischen v. 8b
ovSevl ovösv ehtov und App. navza . . ittfyyftXav zu beseitigen, was z.B.
in k durch Auslassung des ganzen v. 8 geschieht — den Appendix zwischen
v. 8a und 8b gehabt haben soll, — wahrlich keine Verbesserung des Ge-
dankengangs! In der That besagt auch m. E. die Cbergangsformel: These
again are reckoned (added) to theni: and after these things . . . were afraid.
78 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
einem ad hoc gefertigten Abschluss zu thun, der den sich empfind-
lich fühlbar machenden Mangel des Evangeliums ersetzen sollte.
Dabei weist die handschriftliche Bezeugung (eine patristische fehlt
leider ganz) auf verhältnismässig sehr hohes Alter, während der
rhetorische Stil der Sätze selbst nicht rät, allzuweit hinaufzugehen.
Die eigentümliche Diction derselben, die von der neutestament-
lichen ziemlich absticht1), findet auch im K.P. keinen Anhalt.
Dennoch wäre es nicht ohne weiteres abzuweisen, dass jenes
Bedürfnis nach einem Schlüsse sich eben damals herausgestellt
habe, als man das K.P. von dem Marc.-Evang. abstiess, wobei
ja eine innere Beziehung nicht notwendig statthaben musste,
wenn man nur den alexandrinischeri Ursprung u. zw. ungefähr
zur Zeit des Origenes nachweisen könnte! Wahrscheinlich ist er
allerdings (cf. Zahn: spätestens im Anfang des 4. Jahrhunderts in
welche sich am Rande nach dem Appendix findet, das grade Gegenteil
und hat den gleichen Wert wie die Formel eaxiv de xal xaixa (pc-QÖ/nevu
tuexa xo' tcpoßovvxu yaQ in L und '¥ heim Übergang zu vv. 9 — 20. — Das
höchst seltsame coptische Fragment auf dem letzten Blatt des cod. Askew.
der Pistis Sophia stellt ein wunderbares Gemisch dar. Bringt die erste
Wortgruppe eine ganz eigentümliche Darstellung der apostolischen Missions-
wirksamkeit, welche mit ihrem grossartigen Schematismus ebensoweit von
der geschichtlichen Wirklichkeit absteht, als zugleich eine Zeit voraussetzt,
wo sich die Speziallegenden noch nicht ausgebildet hatten — obwohl sich
vielleicht in diesen Nachwirkungen dieser Auffassung nachweisen Hessen — ,
so scheint der zweite Teil ganz auf Mc. 16, 20 zu ruhen, weswegen man
das ganze als Paraphrase dieses Verses betrachten zu müssen geglaubt hat.
Die letzten Worte aber erinnern auffallend an den kürzeren Appendix und
was dazwischen steht, klingt mit jener Nebeneinanderstellung von Israel
und der Welt (es scheint, als sei der Genitiv nur aus Versehen zum 2. Wort
gestellt worden) und mit der Phrase tlo fiaQxipiov nüoiv xola küveoiv an
Fragm. VI und VII unseres K.P. an (doch vergl. besonders auch Mt. 24, 14;
zu tvuyyü.iov x7ta ßuoiXtlao Mt. 4, 23; 9, 35). Leider ist aber das Frag-
ment, das Westcott und Hort wohl nicht mit Unrecht als Teil einer apo-
kryphen Apostelgeschichte betrachten (Zahn: Homilie oder Apologie) zu
gering, um irgend welche Folgerungen für jene mutmasslich zu Grunde
liegenden Schriften daraus zu ziehen.
1) iSayyä/J.eiv findet sich im N.T. nur 1. Petr. 2, 9; alwvioo owxijyicc
Hebr. 5, 9; — iqanoaxü./.eiv nur bei Paulus und Lukas; — avvxöfxma nur
Act, 24,4; — dvoio, auch bei Profanschriftstellern seltener, fehlt im N.T.
und auch bei den LXX und den Apokryphen, welche wie Mt. und Luk.
das üblichere Wort im Plural: and c.vaxo'/.üv xal (t'tuo) dvGfiüv gebrauchen;
dagegen findet sich övaia I. Clem. 5, 6 sq. und Ign. ad Rom. 2, 2. Wichtiger
aber ist der ganze Tenor : the last phrase is slightly rhetorical (WH., App. p. 44).
§ 5. Resultate. 79
Aegypten), aber sicheres lässt sich nicht behaupten und so kann
auch die nicht eben sehr häufige Formel 01 jisq) jtirQOv, welche
ja vielleicht eine Anspielung auf das yJjgvyua jrtrgov enthält,
nichts beweisen, da sie zuletzt auch aus Luk. 24, 9 — 12 abgezogen
sein könnte (WH).
Dürfen wir nun auf der Hypothese, dass das Kerygma Petri
ursprünglich zum ötvTtQoö XoyoO des Marc.-Evang. bestimmt war,
weitere Schlüsse bauen, so liesse sich zur Reconstruction desselben
noch folgendes bemerken: An das icpoßovvro yäg, womit unser
Marc.-Evang. schliesst, reihte sich wohl zunächst, wennschon
nicht unmittelbar, Fragm. VII an. Dabei zeigt sich, dass die
Einleitung bei Clem. AI. wahrscheinlich nicht dem Text, sondern
der Situation entnommen ist. welche am Anfange der Schrift
geschildert gewesen sein muss. An den allgemeinen Aussendungs-
befehl mag sich dann eine Weisung angeschlossen haben, zu-
nächst in Jerusalem oder Palaestina zu bleiben (vielleicht mit
ähnlichen Worten wie bei Apollonius: fiij ycogi^tod-ai djio Ieqo-
oolvficov), deren Schluss in Fragm. VI erhalten ist. Diese Herren-
rede, bei einer Erscheinung des Auferstandenen, welche das
Evangelium abgeschlossen haben würde, ist hier Einleitung des
zweiten Teils geworden, ähnlich wie bei Lukas der resummie-
rende Schluss des Evangeliums ausgeführt als Einleitung zur A.G.
wiederkehrt. Was darauf gefolgt ist, vermögen wir nicht zu
sagen. Die anderen Fragmente geben sich alle als Stücke aus
petrinischen Reden. Dass aber das Ganze eine zusammenhängende
Rede gewesen sei, lässt sich nicht behaupten, und so ist auch
ein Versuch der Gruppierung vergebens, abgesehen von den
Stücken, deren Zusammenhang Clem. AI. selbst angiebt: Fragm.
II — V, wobei II wegen oiv nicht die Rede eingeleitet haben kann
und V auch kaum unmittelbar auf IV folgte; IX — X. auch hier
mit fehlendem Zwischenglied. — Alle weiteren Behauptungen
wären ohne Begründung, da wir den Charakter der Schrift doch
nicht genau genug kennen. Wenn man sich freilich streng an
die Fragmente hält, welche meist Redeteile enthalten, so ist man
versucht den Charakter des Ganzen als den einer apologetischen
Rede zu bestimmen. Allein dieser Schluss ist ebenso unberechtigt,
wie wenn man die lukanische A.G. nach der Stephanusrede, welche
80 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
bedeutend umfangreicher ist als unsere nur c. 65 Stichen (den
Stichos zu 36 Buchstaben gerechnet) unifassenden Fragmente, als
eine grosse Rede bestimmen wollte. Über den Umfang der Schrift
lasst sich leider, da jede Stichenangabe fehlt, garnichts sagen.
Ist aber unsere Hypothese richtig, so müsste der Charakter der
Schrift ein historisch-referierender gewesen sein. Dies schliesst na-
türlich eine apologetische Tendenz so wenig aus, als bei anderen
urchristlichen Geschichtserzählungen, z. B. eben der lukanischen
A. G., ein rein historisches Interesse angenommen werden darf.
Die apologetische Tendenz tritt hier nur eben noch nicht frei
und in selbständiger Form heraus, sondern birgt sich im Ge-
wände geschichtlicher Darstellung.
Zweifelhafte Fragmente.
Der Wunsch, die überaus wenigen Fragmente unseres Ke-
rvgma Petri etwas zu vermehren, hat die Gelehrten veranlasst,
manches unter dieselben aufzunehmen, was wir als unsicher bei-
seite lassen mussten. Wir lassen diese Stücke nunmehr folgen,
indem wir bei ihrer Besprechung stets die Möglichkeit im Auge
behalten, dass sie dennoch dem K.P. zuzuweisen seien.
Wir sehen dabei ab von dem grossartigen Versuch einer
Reconstruction des K.P., den Robinson neuerdings gemacht hat. ')
Seine Voraussetzungen, dass das K.P. als gemeinsame Quelle der
Arist. Apol., dem dh]0?]o Xoyoö des Celsus, dem Brief an Diognet
und den Sibyllinen zu gründe liege und aus diesen wiederher-
zustellen sei, haben sich uns bei der Untersuchung der in den echten
Fragmenten enthaltenen Parallelen als unhaltbar erwiesen, sofern
die Berührungen einmal zu allgemeiner Art, andrerseits ungenau
sind. Bezüglich des Celsus traten wir Harris' Ansicht bei, dass
seine Quelle die Arist. Apol. selbst sei. So können wir die von
Robinson dem K.P. zuerkannten Stücke:
1 i Bezeichnung Gottes als jcavroy.QärcoQ (und aytvvijtoo);
2) Gott schuf „Himmel und Erde und alles was darinnen ist";
1 Texts and Studies I, 1. 1891: Harris, the Apology of Aristides;
Appendix von Robinson p. 86 — 99.
Zweifelhafte Fragmente. 81
3) u. zw. dies „dem Menschen zu gut" und „ihm untergeben";
4) Torheit der Heiden, Gott zu bewachen;
5) Gott braucht keine Opfer;
6) Gott giebt, recht von ihm zu reden;
7) Beziehung auf Beschneidung und Essen bei den Juden;
8) Die Christen halten die Welt aufrecht;
9) Gottes Gebote sind in ihren Herzen;
10) Begründete Verwerfung der Anbetung von Feuer, Wasser
und anderen Elementen;
11) Gottähnlichkeit besteht in Wohlthätigkeit i), —
welche alle, abgesehen von Nr. 7 (s. zu Fragin. IV) wohl in das
K.P. passen würden, nur als unbegründet ansehen ; — desgleichen die
Fortsetzung des Fragm. VII über xl ovv hinaus mit den Worten
xi ovv; ovyl xal Iv ädy ?) avxrj ytyovtv oixovofiia\ — und die
Herbeiziehung von Strom. VI, 15, 127: oxav xio xov vlöv xov
&eov xov xd jrävxa ji£jcoi?jx6xoo oäoxcc dv£ih](pöxa xal Iv
p')TQa Jtaodtvov xvo(fOQ?/0tvxa (xaß-6 yeytvqxcu xö alofrfjxöv
avrov Gaoxiov) dxoXovfrcoo de xado yiyore xovxo jtEjtov&öxa
xal avEOxaiitvov, 6 fisv Xtyti, ot öh dxovovöiv'1). — Man könnte
auf Grund dieser Theorie noch viel weiter gehen, und dem K.P.
z. B. eine Recension der beiden Wege, die sehr wohl hinein-
passen würde (s. zu Fragm. V), zusprechen, was eventuell auf die
Rufinstelle neues Licht würfe. Doch das alles sind unsichere
Vermutungen.
Wir haben es hier mit den Fragmenten der ..doctrina Petri'-
bei Origenes und der ,.didaöxalia jitxoov" bei späteren Griechen
zu thun, welche meist zu dem Keiwgma Petri hinzugezogen
werden. Erst in zweiter Linie kommen daneben auch die dem
Paulus zugeschriebenen Fragmente in betracht. deren Nicht-
1) Robinson erklärt sieb sehr entschieden gegen die Identifizierung
der Didascalia Petri mit dem K.P. Wenn er sich aber dafür besonders
darauf beruft, dass die bestrittenen Fragmente keine Bestätigung durch
die Arist. Apol. finden, so fällt dieser Beweis allerdings hin. wenn er selbst
für das K.P. aus der Arist. Apol. c. 14 rec. syr.) und der ep. ad Diogn.
c. 10 ein Stück (nämlich Nr. 11) konstruiert, welches sich in jener Didas-
calia Petri (Fragm. XV, s. u. p. 110) findet
2) Diese Stelle, welche besonders durch die Formeln des Aristides
über die Geburt von einer israelitischen Jungfrau gestüt/.t wird, gehört
schon deshalb wohl nicht dem K.i'. an. weil dieses nach Fragm. IX nicht
von der übernatürlichen yevtnjoiO, sondern von der TtaQOvaia Christi spricht.
Texte u. Untersuchungen XI, 1. G
g2 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Zugehörigkeit zum Kerygma Petri wohl als erwiesen angesehen
Averden darf (s. o. § 1, p. 13 — 15).
§ 6.
Die doctrina Petri des Origenes.
XL
Orig. de princ. praef. 8: Si vero quis velit nobis proferre ex
Mo libello qui Petri doctrina appellatur, tibi Salvator videtur ad
discipulos dicere:
non sura daemoniuni incorporeum.
ov/c d(i\ öaijiöviov äooJluaTOi>.
„Ich bin kein körperloses Geistwesen".
Diese evangelische Überlieferung, welche wohl mit Luk. 24,
36 — 39 parallel ist, finden wir wieder bei Ign. ad Smyrn. 3 und —
nach dem Zeugnis des Hier, (in Jes. lib. XVIII prol.; de vir. ill. 16) —
im Hebr.-Evang. Es fragt sich nun, ob unter diesen drei Zeugen
ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Nach Hier, de vir. ill. 16
soll allerdings Ignatius sein testimonium de evangelio, quod
nuper a nie translatum est (d. i. das Hebr.-Evang.), haben. Bei
Ignatius findet sich davon nichts, es ist unsicher, ob er eitleren
will. Dazu kommt, dass Eusebius (HE. III, 36, 11), der das
Hebr.-Evang. kannte, zu der Ignatius-Stelle bekennt: ovx olö
ojtöfrsv Qtjtolo ovyy.tygtjTai, was bei ihm nicht nur ein momen-
tanes Verlassensein vom Gedächtnis bedeutet. Ferner führt Origenes
den terminus technicus öaifiönov aocouaxov aus der doctrina
Petri ausdrücklich mit der Bemerkung an, dass er sich in keiner
anderen normativen christlichen Schrift finde, was bei seiner
Kenntnis und Beurteilung des Hebr.-Evang. entschieden mit der
Angabe des Hier, streitet. Wenn dieser aber doch in etwas Recht
haben soll, so muss man annehmen, dass die Stelle in die ihm
bekannte Recension des Hebr.-Evangeliums (er hatte eine Copie
aus Beroea) eingedrungen war (Lightfoot zu Ign. ad Smyrn. 3);
ja man kann aus der Stelle, wo Hieronymus unabhängig von
Ignatius auf die Stelle zu sprechen kommt (in Jes. lib. XVIII prol.),
schliessen, dass das Hebr.-Evang. des Hieronymus den Ausdruck
daipöviov aocouaxov nicht im Munde des Herren, sondern an der
Stelle des jcvtvjia in Luk. 24, 37 enthielt (Zahn, Ignatius p. ßOOsqq)*
§ ü. Die doctrina Petri des Origenes. g3
So ist die Abhängigkeit der doctrina Petri vom Hebr.-Evang.
hier auszuschliessen. Ob das umgekehrte Verhältnis statt hat,
d. h. ob jene anzunehmende Interpolation in dem Hebr.-Evang.
aus der doctrina Petri geschöpft war, ist in keiner Weise fest-
zustellen, ja gradezu unwahrscheinlich.
Was Ignatius betrifft, so hat man aus der eigentümlichen
Einführung der Erzählung durch xat özs statt 6te yan folgern
wollen, dass er nicht aus der mündlichen evangelischen Tradition,
sondern aus einer schriftlichen Quelle schöpfe (Zahn, 1. c; Patr.
apost. opp. II, 85). Diese könnte die doctrina Petri sein, deren
Abfassungszeit dann allerdings spätestens etliche Jahre vor 13S
angesetzt werden rnüsste1); doch ist nicht nur dieses, sondern
überhaupt die Annahme einer schriftlichen Quelle für Ignatius
nicht genügend sichergestellt und zu seiner Zeit liegt der Ge-
danke an mündliche Tradition viel näher. — Das umgekehrte
Verhältnis anzunehmen; liegt vollends kein Grund vor. So bleiben
diese beiden selbständigen Quellen, welche aus der mündlichen
Überlieferung geschöpft haben werden. — Vielleicht ist daiiiöviov
docofiarov auch nur Übersetzungsvariante zu jcvevfia odgxa ovx
lyov, ITÖS 1b p« rr.-\ (Resch, Agrapha T. u. U. V, 4, 411 sqq.).
Dagegen spricht freilich, dass öaiitoviov bei den LXX nie für
im steht; doch setzt cod. D Luk. 10, 20 öaifioviov für jtvsvfia
ein und erweist so die Synonymität der beiden Wörter. Der
Terminus dömiiaxoo ist bei Gnostikern und Apologeten geläufig
i Act. Joh. Leuc. [Zahn p. 219]; Papyrus Bruce p. 106 Ocöfta doo'j-
liarov, p 111 3tvsv/iara c:oc6tuara [opp.: xvevfiaza roijQct p. 110];
p. 113 -); Ign. ad Smyrn. 2 [wohl schon durch das folgende Citat
beeinflusst; cf. Ps.-Ign. ad Trall. 9; ad Polyc. 3]; Clein. AI. exe.
e Theod. 11. 14; Tat. or. 25: Just, Ap. I. 63; II, 7; Di. 1. 2: Eus.
de mart. Pal. 11, 12: aoctQxoo xal docofiazoo). — Die Stelle könnte
im K.P. gestanden haben, avo sie alsdann wohl noch vor Fragm.
VII zu stellen wäre als Darstellung der ersten Begegnung des
1) So nach der von Harnack (die Zeit des Ignatius und die Chronol.
der antioch. Bischöfe, 1878) gegebenen Zeitbestimmung, wobei sich an unserem
Ansatz des K.P. nichts ändert. Hält man freilich das traditionelle Jahr
für Ignatius fest, so musa man über 115 hinaufgehen, — daher Zahns Da-
tierung des K.P. auf 90—100.
2) Freundliche Mitteilung des Herren Dr. Schmidt. Vergl. jetzt Texte
und Unters. Vin, 1. 2. S. 305. 308. 307. 309.
6*
g4 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Auferstandenen mit den Jüngern. An unseren Ausführungen über
das K.P. würde sich nichts wesentliches ändern müssen, ausser
dass dadurch die direkte Bekanntschaft des Origenes mit der
Schrift erwiesen wäre.
Anhangsweise möge hier ein seiner Quelle nach nicht näher
bestimmtes, auch bei Origenes aufbehaltenes Fragment folgen,
auf welches Harnack in seinem Artikel über die Apostellehre
(RE2 XVII, 671) hingewiesen hat1), und welches nunmehr auch
Zahn (Geschichte des Kanons I, 363 no. 2) hierherzuziehen ge-
neigt ist — vergl. noch Resch, Agrapha, p. 435.
XII.
Orig. hom. X in Lev. (Delarue II, 246): Sed est et alia adhuc
religiosa (sei. jejunandi ratio), cuius laus quorundam (sie!) aposto-
loriim literis praedicatur j invenimus enim in quodam libello ab
apostolis dictum: beatus est, qui etiam jejunat pro eo, ut alat
pauperem. Huius jejuniv/m valde aeeeptwm est apud deum et
revera digne satis ; imitatur enim illum, qui anirnam suam posuit
pro fratribus suis.
„Selig ist, wer auch mit dem Zwecke fastet, den Armen zu
ernähren."
Dies eigenaz'tige kleine Fragment ist von Origenes mit so
unbestimmten Worten eingeführt, dass es schwer seheint, es einer
bestimmten Schrift zuzuweisen. Früher konnte man wohl an die
Apostellehre denken, aber die Auffindung der Didache durch
Bryennius (veröffentlicht 18S3) hat gezeigt, dass diese nichts dem
Fragmente ähnliches bietet. Dass man es unter die vielleicht dem
Kerygma Petri zugehörigen Stücke stellen kann, ist zunächst
veranlasst durch den Ausdruck „praedicatur" in den Einfüh-
rungsworten bei Origenes. Eine Bestätigung dieser Combination
scheint es zu sein, dass Origenes von „quidam apostoli11 spricht,
während — wie wir sahen (s. o. p. 73 no. 1) — im Kerygma Petri
meist Petrus von sich — vielleicht im Namen seiner Mitapostel —
im Plural spricht. Endlich würde es auch zu der von Origenes
an anderer Stelle (in Ev. Joh. tom. XIII, 17, cf. p. 11 no. 1)
abgegebenen Beurteilung des K.P. passen, wenn er hier mit dem
1 Einem gütigen Hinweis darauf von Seiten des Herren Prof. Harnack
verdanke ich auch die Anregung, dasselbe hier aufzunehmen.
§ 0. Die cloctrina Petri des Origenes. S5
Titel so eigenartig zurückhält und ihn zweimal so umständlich
mit quidam umschreibt. Diese Übereinstimmung erhellt noch
deutlicher, wenn man de princ. praef. S (cf. p. 13 und Fragm. XI)
herbeizieht, wo die doctrina Petri zwar als autoritativ abgelehnt,
aber doch ihre Benutzung zugestanden wird. — eine Beurteilung
der doctrina, welche in der Mitte stehen würde zwischen der
sehr schroffen Äusserung in der Polemik gegen Heracleon, bei
welcher Origenes von dem K.P. gar nichts wissen will, und dem
eigenen Gebrauche der nur nicht mit ihrem echten Titel genannten
Schrift an unserer Stelle. Dass Origenes zu einer so verschieden-
artigen Beurteilung ein und derselben Schrift fähig war, zeigt
sich am Hirten des Hermas, den er einmal als ygaip/j (in Matth.
comm. tom. XIV, Del. III, 644), ein andermal als quidam Hber
citiert (in Ezech. 1, 1 sq. hom. 1, Del. III, 358), während er meist
dazu bemerkt, dass er nicht allgemein angenommen sei.
So wahrscheinlich nach alle dem die Zugehörigkeit unseres
Fragmentes zum K.P. ist, so kann die Frage doch erst entschieden
werden, wenn wir die übrige Literatur auf die Verbreitung des
darin enthaltenen , jedenfalls höchst originellen Gedankens hin
untersucht haben werden.
Zunächst begegnet uns da der soeben genannte Hirt des
Hermas, welcher in der berühmten Sim. V unter den Anweisungen
zu einem geistlichen Fasten auch folgendes Stück bringt (3, 7:
Patr. apost. opp. III, 146 sqq.): h> Ixdvij xfj 'i^tga i) vi/GxsveiG
fiijdsv yevö7] et (itj agxov xal vÖcoq' xal Ix vmv sösOfidrcov
oov wv sfteXXeö rgatyeiv ov^rjcpioaG xi\v jioooxrjxa rrjo 6a-
xavrjö Ixdvrfi r/Jö t]tut'gaG r/G 'ifieXXso jzoiüv, öcoGstG avxo
yj'lQa 7] ogrpavcö rj vöTSQOVfisvm xal ovxod xajrsivopgov/jGeiG
h'* ix xi]G rajnLi'orpQOGvvrjG oov 6 dXr^mO £tujih'jO)j xf/v tav-
xov tpvyjjv xal ev^tjxai vjceg oov jcgoo xbv xigiov. (8) lav ovv
ovxoj xsXtGyG xi)v vi]Gxdav oio Goi ai'sxeiZäfir/v, ioxai ?/ Svoia
oov öexxr] jtagd xm frecö xal tyygacpoo soxat ?j vrfixda avxtj,
xal ?/ Xtixovgyla ovxcog ioya^oiitry] xaX)) xal IXagä loxt xal
evjtgÖGÖtxxoG xcö xvglco. (9l xavxa ovxoi xrjg?']G£iG ov iure.
xäJv xtxvoov oov xal oXov xov otxov oov xi'igi'iGaG Je avrd
iiaxagioG tO]j' xal ooot av axovoavxeo avxd xrjgrjGoDOi f/a-
xö.giot hoovxai, xal ooa av alxt'iGoivxai ziagä xov xvgioc
?j]ipovxai. Dass hier mit dem Hauptgedanken unseres Frag-
mentes ein enger Zusammenhang besteht, leuchtet ein. Man
>5() v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
könnte versucht sein, zu glauben, Origenes habe den Hermas
benutzt; aber abgesehen davon, dass Origenes ein libellus qui
Pastoris dicitur . . ., quem Hermas conscripsit (de princ. I, 3, 3;
Del. 1,61) nicht wohl als „libellus quorundam apostolorum" ein-
geführt haben würde, ist auch die knappe Fassung des Maka-
rismus bei Origenes weit ursprünglicher als die breite Ausführung
bei Hermas. Man wird daher gut thun, das Verhältnis umzu-
kehren und anzunehmen, dass die von Origenes citierte Schrift
auch bei Hermas benutzt ist.
Aber ist überhaupt ein schriftstellerisches Abhängigkeits-
verhältnis vorhanden? Dagegen scheint entschieden zu sprechen,
was Aristides in seiner Apologie (c. 15 rec. syr.) schreibt: „Wenn
einer unter ihnen arm oder bedürftig ist, und sie haben nicht
Überfluss am notwendigen, so fasten sie zwei oder drei Tage,
um der Notdurft mit der ihnen nötigen Nahrung aufhelfen zu
können." Denn hier ist derselbe Gedanke, der mit Jes. 58, 7:
öiditovjtTt jtzivcövTi xov aQxov Oov (cf. Barn. 3, 3) wohl ver-
wandt, aber doch eigenartig und neu ist, vom Apologeten als
allgemein geltende Sitte geschildert. Ist es da zu verwundern,
dass er in verschiedenen von einander unabhängigen Schriften
erwähnt wird? Doch — Sitten haben ihren Ursprung, und oft
grade in autoritativen Worten; zudem kann man aus einer solchen
apologetischen Darstellung keineswegs immer auf wirkliche All-
gemeinheit schliessen. Denn in vielen Fällen geben diese Schil-
derungen sicherlich nur allgemein anerkannte autoritative Gebote
als erfüllte, obwohl zumeist nur von einem Streben nach Er-
füllung hätte geredet werden können, wie denn Aristides (Apol.
c. 15) ehrlich genug sagt: zovö ty&QovG evsQysrtlv öTiovöä^ovOi
und die ganze Schilderung schliesst: Das ist, o König, die Vor-
schrift des Gesetzes der Christen und das ist ihr Wandel
(c. 16 init.). Dass es so ist, zeigt sich daran, dass Aristides seine
Darstellung christlichen Lebens im engsten Anschlüsse an ATliche
Gebote wie Jes. 58, 6 sq., an Herrenworte wie die der Bergpredigt
und besonders an die Lehren der Didache giebt. Wir werden
daher kaum irren, wenn wir seine Angabe über das christliche
Fasten eben von dem bei Origenes erhaltenen Makarismus her-
leiten; und weiterhin wird es wahrscheinlich, dass auch die
anderen Sätze des Aristides, besonders sowTeit sie sich nicht
anderweitig belegen lassen, sich teilweise in dieser oder jener
§ 6. Die doctrina Petri des Origenes. 87
Form in der gleichen Schrift fanden, d. h. dass diese eine Re-
cension der „Beiden Wege" oder etwas derartiges war oder ent-
hielt, — eine Annahme, auf die wir auch bezüglich des Kerygma
Petri schon oben (p. 48 u. 81) geführt wurden.
Von hier aus lässt sich also gegen die Benutzung des Maka-
rismus bei Hermas nichts einwenden. Dagegen wird das schrift-
stellerische Abhängigkeitsverhältnis desselben durchaus bestätigt
durch die unserer Stelle vorangehenden Worte: ovvxsXtOaö ra
ysyQafifiava. Diese fasst man entweder als sprichwörtliche Redens-
art für das dem einzelnen unabhängig von seiner Willkür ge-
setzte Mass der Pflicht J) — ein nicht genügend zu erweisender
Sprachgebrauch — ; oder man bezieht dieselben auf die biblischen.
d. h. ATlichen Gebote im allgemeinen im Sinne von al tvroXcä
rov freov 2), wobei jedoch die Berufung auf I. Clem. 13, 1 ebenso
wie die auf IL Clem. 19, 1 hinfällig ist, — jene, weil ro ysyQaa-
[livov nichts anderes ist als Citationsformel (cf. 3, 1), indem Clem.
Rom. es liebt, eine solche durch Xsysi nochmals aufzunehmen
(cf. 42, 5); diese, weil hier rolo y&yQa^f/tvoiö entweder auf die
verlesene, also geschriebene Predigt des Homileten, oder auf den
verlesenen Textabschnitt zurückgeht. Die nächstliegende Erklä-
rung unserer Stelle ist, xa ysyQafifitra auf die unmittelbar vor-
hergegangenen Gebote des Hirten zu beziehen. Wenn nun auch
freilich oft von Aufschreiben der Gebote die Rede ist, so ist es
doch ein starkes Versehen, wenn Hermas hier den Engel so aus
der Rolle fallen lässt, dass er sich auf seine eigenen, eben ge-
sprochenen Worte als auf geschriebene bezieht. 3) Dasselbe wird
1) Zahn, Hirt des Herrnas p. 176 sq. no. 6 im Anschluss an Hofnianns
Erklärung von 1. Cor. 4, 6.
2) Harnack zu Sim. V, 3, 3; Patr. apost. opp. III, 147.
3) Auch Sim. IX, 33, 1 nimmt obiger Stelle nicht ihre Eigenheit, ob-
wohl auch hier das supra scripta sich auf die vorangehende Rede des
Hirten mitbeziehen muss (ostendi et locutus sum); dieser Abschluss trägt
aber überhaupt etwas Gewaltsames an sich und erklärt sich als Rückweis
auf Sim. IX, 1,1. — Auch sonst finden sich in der Apokalyptik ähnliche
Stellen, z. B. Assumptio Mosis c. 10 (Fritzsche p. 721): custodi verba haec
et hunc librum, wobei letzteres, da nichts im vorhergehenden genannt ist.
worauf es sich sonst beziehen könnte, von den verba, die, soeben gesprochen,
dem Schriftsteller nun doch schon geschrieben vorliegen, zu verstehen sein
wird, cf. c. 11 (p. 723): et cum audisset Jesus verba Moysi tarn (?) scripta
in sua scriptum omnia [quam (?)] quae praedixerat. — Auch Apok. Joh. 10, 1
gg v. Dobschütz, Das Kerygrna Petri.
jedoch völlig begreiflich, wenn man annimmt, dass Hermas selbst
an dieser Stelle von einer schriftlichen Quelle abhängig war.
Dabei ist ein doppeltes möglich: das Part, Aor. öWTsXtöaö kann
in gewöhnlicher Weise als Praeteritum aufgelöst werden, — dann
inuss sich rä ysyQCciJutva auf das vorausgehende beziehen und
dies der benutzten Schrift angehört haben; — oder man fasst
nur die initiatorische Bedeutung des Aor. ins Auge und nimmt
ihn als Explication des vorausgehenden ovrm de xott'josio, wobei
ysyQafifteva sich auf den Makarismus selbst beziehen könnte.
Ersteres ist schon wegen des Plurals wahrscheinlicher, und dass
es wohl möglich ist, lehrt eine Vergleichung der Hermasstelle
mit der Homilie des Origenes, wobei zu beachten ist, dass der
in dieser vorliegende Makarismus selbst durch sein „etiam"
darauf hinweist, dass ihm in der Quelle andere Sätze über das
Fasten vorausgegangen sein müssen.
Herrn. Sim. V, 3, 6: ovtojo ovv Orig. in Lev. hom. X: Vis tibi
rf. vZägeiö ti)v vrjotelav ravrr/v, adhuc ostendam quäle te oportet
j$v (isXXsiö rriQBiv' jtqcötov jejunare jejunium? jejuna ab
jtavrcov rpvZagat djid üiavxoö omni peccato, nullum cibum
Qrjfiaroö jcorr/Qov xal jtäötjO sumas rnalitiae, nullas capias
ejtid-vfiiaö jiovrjQäo xal xa&a- epulas voluptatis, nullo vino
Qioöv oov tTjv xagölav äjtö luxuriae concalescas; jejuna a
jtävToivxwv fiaraiooiiCLTcov rov nialis actibus, abstine a malis
almvoö tovtov. iav ravza cpv- sermonibus, contine te a cogita-
lässt sich tjjts).).ov ypüffsiv doch, nur aus der Vorstellung heraus befrie-
digend erklären, dass der Seher für gewöhnlich alles, was er hört und
sieht, beständig mit seiner schriftlichen Aufzeichnung begleitet. Dass dies
nur hier in der Form des Verbotes zum Vorschein kommt, ist leicht be-
greiflich, da der Ausnahmefall dazu dienen soll, das grossartig geheimnis-
volle der Sieben-Donner-Stimme recht eindringlich zu machen. Von hier
aus werden aber auch die anderen Stellen, wo ypdxpov vorkommt (1,11.19;
2, 1. s. 12. 1--; :;, 1. 7. 14; 14, 13; 19, 9; 21, 5), von simultanem Schreiben
zu verstehen sein. — Der ewige Streit der Ausleger, wie sich Vision und
schriftliche Conception zu einander verhalten, wird eben wohl nur in der
Anerkennung zur Ruhe kommen können, dass beide in eins fallen, d. h.
dann freilich, dass jene nur schriftstellerische Form ist, wie denn jene
Vorstellung gleichzeitigen Schauens und Schreibens in Wirklichkeit nicht
zu vollziehen ist; — womit jedoch nicht geläugnet werden soll, dass in
jener enthusiastischen Zeit in der That ekstatische Visionen vorkamen und
solche auch diesen Schriften zugrunde liegen.
§ 6. Die doctrina Petri des Origenes. S9
Zä^yjö, lorat ooi avtrj ?] vi]- tionibus pessirnis, noli contin-
otda xsZdct .... gere panes furtivos perversae
doctrinae, non concupiscas falla-
ces philosophiae cibos, qui te a
veritate seducant. Tale jejuniurn
Deo placet ....
und sodann nach den oben ausgehobenen Stellen:
eav ovv ovreo rsZtO)]G xi]v huius jejunium valde accep-
v?jOTslav cöa c>oi evsxsikdfiTjv, tum est apud deuni et revera
eörai q&voict oov ösxt?) naget digne satis; iniitatur enini illum,
reo d-eeö xetl tyygctcpoo eorai qui animam suam posuit pro
t] vr\6xüa avrt] xcä >/ Zeirovg- fratribus suis.
yia ovxeoG egyaZofssv?] xaXrj xal
l Zaget iörc xal svjtgooöex-
roo reo xvgicp.
Hier sind mannigfache Übereinstimmungen nicht zu ver-
kennen !). In den ersten Sätzen schmückt Origenes weiter aus,
auch führt er das Bild strenger durch. Umgekehrt gefällt sich
im Schlusssatz Hermas in einer etwas breiteren Ausführung. So
muss wahrscheinlich — ■ der Ausdruck im Einzelnen ist schwer
zu bestimmen — das Citat bis satis ausgedehnt werden. Der
darauffolgende Satz mit seiner Anspielung auf Joh. 15, 13 (cf.
1. Joh. 3, 16) dürfte dagegen Zuthat des Origenes sein, der hier-
durch die Gottwohlgefälligkeit erklären will, ebenso wie Hermas
den Segen solchen Fastens durch den Hinweis auf die Umsetzung
des Fastens in Sättigung und dieser in Gebet begreiflich zu
machen sucht. Diesen Gedanken 2) entwickelt er noch ausführ-
licher Sim. IL während er urngekehrt Vis. III, 9, 6 die Reichen
warnt, durch Kargheit bei den Armen Hunger und durch diesen
1) Sehr beachtenswert ist es auch, dass der etwas unmotivierte Aus-
druck bei Herinas: tv ixeivjj xy rjfiSQa y vrjareieio dadurch mehr Licht
empfängt, dass bei Origenes zwischen die oben ausgehobenen Stellen einige
Bemerkungen über die von ihm als erziehlich gebilligten regelmässigen
Fastenzeiten (quadragesimae dies, quarta et sexta septimanae dies) zwischen-
eingeschoben sind.
2) Angedeutet ist der Gedanke schon von Paulus II. Cor. 9. 12; er
findet sich dann öfter, z. B. Ap. Const. (= Didasc.) IV, 3 und in der latei-
nischen Übersetzung von Sir. 29, 12 bei Cypr. de opere et eleem. 5; cf.
testim. 3, 1: conclude eleemosynam in corde pauperis (iv xola zccftHOio auv
et haec pro te exorabit (iSt?.8ircü oe) ab omni malo.
9f) v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
das Emporsteigen der OTSvay/iol zum Herren hervorzurufen.
Diese Stellen sind übrigens für Hermas' Schriftstellern charak-
teristisch, und da dies nicht nur für unser Fragment, sondern
überhaupt für die Beziehung des Hirten zum Kerygma Petri von
Bedeutung ist. so wird es gestattet sein, einen Augenblick hierbei
zu verweilen.
Der Mann, der nur einmal in seinem ganzen Buche citiert
(Vis. II, 3, 4: Eldat et Modat), hat, wie eine abermalige genaue
Untersuchung wahrscheinlich ergeben würde, viel mehr schrift-
liches Material benutzt, als man denken sollte. Das ist nicht
so gemeint, als könnte man von ,, Abschreibern" und „künst-
licher Nachahmung" sprechen. Bei einem Manne aus dem Volke,
der — wie er selbst sagt (Vis. II, 1, 4) — im schnellen Lesen nicht
beschlagen war, dem auch das Schreiben ein so wichtiges, weil
schwieriges Geschäft war, dass er in seiner naiven Art wieder-
holt viel Aufhebens von dieser seiner Thätigkeit macht; der
überhaupt so volkstümlich, drastisch, naiv erzählt, ist die Vor-
stellung einer gelehrten literarischen Thätigkeit. die für jene Zeit
garnicht so allgemein angewendet werden darf, ganz unpassend,
während andrerseits der Faktor des Gedächtnisses nicht hoch
genug anzuschlagen ist 1). Woher hatte er nun aber die Kenntnis
so zahlreicher Schriften? Abgesehen davon, dass er doch selbst
auch lesen konnte, dürften wir gewiss nicht irren — wir wissen
ja leider von dem inneren Leben der Gemeinden jener Zeit so
wenig! — wenn wir annehmen, dass damals ein viel grösserer
Kreis christlicher Schriften als der, welcher nachher zum Kanon
erhoben wurde, wenn auch nicht bei den Sonntagsgottesdiensten,
so doch in den wochentäglichen Versammlungen der Gemeinde
und daneben vielleicht auch in konventikelartigen Zusammen-
künften einzelner Gemeindeglieder zur Vorlesung gelangte2).
1) Vergl. Zahn's treffliche Ausführungen: Hirt des Hermas p. 391 — 395.
2) Solche Konventikel sind wohl die schon von Paulus vielfach er-
wähnten Hau^gemeinden. Gemeindeversammlungen an allen Wochentagen
mit dem speciellen Zweck der Schriftlesung und des Gebetes sind noch für
spätere Zeit in Rom bezeugt durch die Can. Hipp XXI, 217 [AchelisT. u. IT.
VI, 4, 122J : congregentur quotidie in ecclesia presbyteri et [v7io]6iäaovoi et
uvayvwarai ornnisque populus tempore gallicinii, vacentque orationi,
psalmis et lectioni scripturarum cum orationibus. XXVI, 226 (p. 125): si
est in ecclesia conventus propter verbum Dei, singuli quique cum festina-
§ 6. Die doctrina Petii des Origenes. 91
Herinas behielt diese treulich im Gedächtnis und bei seiner eigenen
schriftstellerischen Thätigkeit flössen ihm Ausdrücke, ja oft ganze
Gedankenreihen derselben in die Feder und verbanden sich hier
mit Worten anderer Schriften (z. B. des Jak.-Briefes nach Zahn
1. c. 396—409 und vielfach der Didache) und vor allem mit ge-
wissen stereotypen Phrasen und Gedanken, die ihm selbst eigen
sind, so enge, dass der Sprachcharakter des Ganzen als ein ein-
heitlicher erscheint, und es schwer sein wird, die einzelnen Be-
nutzungen alle wieder herauszuschälen. — Dies zeigt am besten
eine Analyse der uns beschäftigenden Stelle des Hirten Sim. \ . 3:
Wie unermüdlich wiederholt Hermas die auch hier den Eingang
bildende Erklärung seiner Unfähigkeit zum Verständnis der
Parabeln mit der bald scheltenden, bald begütigenden Antwort
des Engels! wie oft bringt er die Versicherung des Hirten, er
werde mit ihm sein! v. 6 dagegen schliesst er sich, wie wir sahen,
wahrscheinlich an die Schrift an, welche den Makarismus ent-
hielt. Dieser selbst ist bei ihm fast unkenntlich gemacht. Für
..jejunat pro eo ut alat pauperem" bringt er eine in einem ge-
wissen kaufmännischen Tone gehaltene genaue Anweisung, und
anstatt ütsvrjö setzt er seine Lieblingsausdrücke yj'jQa ij oQ<pavcö
)] vOTeQOVßtvcp ein1). Der Gedanke, dass Menschen oder ihre
einzelnen Thaten bei Gott angeschrieben werden, ist ihm geläufig
tione properent .... inprimis si aliquis literas novit ; tanto plus lucrabitur,
si audit quod non noverat. Nach den letzten Worten muss auch in dieser
späteren Zeit noch die Zahl der vorzulesenden Schriften eine so beträcht-
liche gewesen sein, dtiss man mit den kanonischen kaum auskommen
dürfte. Auch Hermas selbst erhält ja Vis. II, 4, 3 Befehl, eine ihm von der
Kirche übergebene Schrift (d. h. wohl sein eignes Buch oder einen Teil
desselben) fxexa xajv noeojiziocov xcüv ■jiQÖiGxay.kviav xijo ezx/.rjoiao zu
lesen, also doch wohl in einer Gemeindeversammlung oder einem Gemeinde-
ratsconvent. Auf Privatconventikel ist wohl auch die avvaymy^ avÖQtiiv
ötxaUov (Mand. XI, 9. 13. 14) zu deuten.
1) cf. Mand. VIII, 10: yjiQuio vn^QitHv, ogtpavovG xal vgt£qov[aevovg
iiti<fxs7tT£0&at; Sim. I, 8: yjjQao xal OQq>avovo tTCioxinrto&s xal /<>/ Ttaga-
ß?.hxexe avtova. Wie hier iTiioyJrcxeo&e an Jak. 1. 27 erinnert, so der
Schluss an Arist. Apol. c. IG: yjjQccv ovy vnsQOQtiiaiv, oQfpavbv ov Xvnovaiv.
Auch anderes in Mand. VIII, 10 erinnert an dies Capitel bei Arist., resp.
an die — vielleicht im K.P. zu suchende — Quelle hierfür. — vgxsqov-
ixevoa scheint dagegen speciell dem Hermas eigen zu sein, der es gern
einfügt, cf. Vis. IH, 9, 2. 4. 6; Mand. VIII, 10; Sim. IX. 27, 2; besonders
Mand. II, 4: tiüoiv ioxt govfievoiG didov an/.oJo cf. Did. 1, 5 (Jak. 1,5? .
Q2 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
(Vis. I, 3, 2; Mand.VIII, 6; Sim.V, 3, 2; IX, 24, 4). Sehr häufig ist
die Hinzunahme zunächst der Familie des Hermas (Vis. I, 3, 1;
II, 2, 3 sq.; 3, 1 ; Mand. XII, 3, 6; Sim. VII, 6); dann die abschliessende
"Verallgemeinerung mit öooi a.v oder jiuG oö av (cf. Mand. XII, 3, 1;
Sim. VII, 7 u. a. St.). Die Verwendung des Part. Aor. von axovsiv
in ähnlicher Weise wie hier ist bei Hermas gleichfalls sehr üblich,
ein Zug, der sehr an Fragm. VII des K.P. erinnert1). Endlich
gehört auch der Schlusssatz zu diesen Phrasen des Hermas (cf.
Sim. VI, 3, 6). Dazwischen kommen nun immer Stücke jenes ver-
wischten Makarismus. Makarismen finden sich auch öfter bei
Hermas, so unserem ähnlich Sim. VI, 1 ; Mand.VIII, 9; in knapperer
Form Vis. II, 2, 7; 3, 3; Sim. II, 10. Besonders die beiden letzt-
genannten sind ganz den Makarismen der Bergpredigt nachge-
bildet. Dass dies in damaliger Zeit nicht ungewöhnlich war,
zeigen die vielen Makarismen in den Acta Pauli et Theclae (zu-
sammengestellt bei Resch, Agrapha, T. u. U. V, 4, 433 sqq.). Ob
jene von Hermas stammen, oder aus älteren Schriften entlehnt
sind, wird sich schwerlich feststellen lassen. — Durch diese Ein-
sicht in die schriftstellerische Arbeit des Hermas treten nun
auch die Stellen, bei welchen wir bisher wohl Berührungen,
nicht aber Abhängigkeit von dem K.P. konstatieren konnten, in
ein neues Licht. So werden wir jetzt Mand. I, 1, wenn wir den
Satz: o zä jtccvza xziöaO xal djtaQziöaö als Phrase des Hermas
(cf. Sim. V, 5, 2) kennen lernen und jtoirjöao ex zov fi>) ovzoö
siö zo slvai za jiävza ganz ähnlich Vis. I, 1, 6 wiederfinden, in
dem übrigbleibenden slö ioziv 6 &e6ö . . . jiävza %cqqc5v, (lovoo
de a/cÖQtjzoö cov weit eher eine Reminiscenz an Fragm. II des
K.P. erkennen, während wir nunmehr auch geneigter sein werden,
Sim. VIII, 3, 2 auf Fragm. I zurückzuführen.
Wie diese Beobachtungen von der Voraussetzung getragen
1 Doch ist dieser Sprachgebrauch in der altchristlichen Literatur
überhaupt sehr verbreitet. Man kann darin, wenn man an das paulinische
nioTLG t| äxofjo denkt, einen Hinweis darauf erkennen, welchen Wert die
alte Christenheit auf das verbum praedicaturn legte. Ja bei Hermas scheint
es oft, als ob er mit dem axovsiv eine fast magische Wirkung verbunden
denke, — eine Vorstellung, die zwar der Form nach grundfalsch ist, dennoch
aber auf der richtigen christlichen Empfindung beruht, dass eben die
Predigt und dementsprechend das Hören die Vehikel für die immer in
gewissem Grade enthusiastische Wirkung des Geistes Gottes sind.
§ 6. Die doctrina Petri des Origenes. 93
sind, dass unser Fragment zum K.P. gehört, so stützen sie auch
wiederum diese Behauptung und machen es eben damit immer
wahrscheinlicher, dass doctrina und x/jgvyfta doch identisch
sind. Bedenkt man. dass Origenes an unserer Stelle die Schrift
ohne Titelangabe nur durch das Verbum praedicatur charak-
terisiert, während er in Joh. Ev. toin. XIII, 17, wo er den Titel
y.tjovyua richtig bringt, das Verbum 6i6a6X£LV braucht, so wird
man sich zuletzt nicht wundern dürfen, wenn er an eiuer anderen
Stelle (de princ. praef. 8) auch einmal den Titel doctrina giebt.
Liegen doch beide — wie wir sahen — nicht so weit auseinander
( besonders für die spätere Zeit), und spricht doch z. B. auch
Hermas, der (Sim. IX, 25, 2) x?]gv06£iv und öiödoxeiv säuberlich
scheidet, Sim. IX, 15, 4 von dxöoxoXoi uud 6i6a6xa/.oi xov
xrjQvytiaroo.
Doch ehe wir uns definitiv entscheiden, müssen wir noch
einmal anhalten. Mit den genannten drei Stellen ist nämlich
die Zahl derer, wo sich der im Makarismus wohl gruudleglich
ausgesprochene Gedanke, wenn auch in mannigfacher Variation,
findet, noch nicht erschöpft. Harnack zu Herrn. Sim. V, 3. 7
(Patr. Ap. opp. III p. 149) hat schon auf Test. XII Patriarch..
Joseph. 3 und Const. App. V, 1 hingewiesen. Dazu kommen
noch die beiden parallelen Stellen Ap. Const. V, 20 und Ps.-Ign.
ad Phil. 13. Wie hängen diese Stellen mit dem Makarismus
zusammen? und lässt sich aus ihnen vielleicht ein Hinweis auf
die denselben enthaltende Quelle gewinnen?
Die erste Stelle ist Test. XII. patr., Joseph, c. 3 (ed. Sinker
p. 188): eya) ovv kfivrjöxoiiijv Xöyovo jratsQcov [jcaxQoo] fiov
[laxwß] xal rio£QyötutvoG elo xo rauieiov. jiQO0£vy6f{7]v xi-Qiro
xal ev/jOT£vo)' Ir xoio ijixa. exeoiv exeivoiG, xal £rpaivou7]v reo
aiyvjzxiop coa ev XQvrpfj diäyoiv • oxi oi öid [rov] &söv vrfixeviovxtö
xov jcqogcÖjiov x))v yj'cniv [jrQ06]Zatul:Jco'0v6iv. Idv 6h «jrfd;"
(c. ORP: C ajraölö)] [?]) ftoi [6 xvqloo ftov R: om. COP] oivov,
ovx tjtivov xal xqi?/U£Qi£cov [om. 0] sZa/ißavov fiov xt)v 6iaixav
(R: xQotpijv) xal l6i6ovv avxrjv jt8Vi]Gi xal ao&evovoi. xal ojq-
fl-Qi£ov jtqoO xvoiov xxl. So wie sie lauten, besagen diese Sätze.
dass Joseph die sieben Jahre (welche, ist nicht gesagt) gefastet
habe — ohne sein üppiges Aussehen zu verlieren — und auch
den ihm von seinem Herren abgebundenen (d. h. aus dem Schlauche
nach bestimmtem Mass zugeteilten"?] Wein nicht getrunken
94 v. Dobschütz, Das Kerygtna Petri.
habe, vielmehr seine Portion immer drei Tage lang angesammelt (?)
und dann den Armen und Kranken gegeben habe. Dies unter-
scheidet sich freilich von dem Gedanken des Makarismus darin,
dass die Zuwendung an die Armen nicht eigentlich als Zweck
des Fastens erscheint, sondern nur das Mittel ist, die Speisen, die
er ohne Wissen seines Herren sich versagt, bei Seite zu schaffen.
Dennoch liegt die Reflexion hierauf überhaupt und speciell diese
Art nicht so nahe (cf. Dan. \, 8 — 16, wonach die Erzählung z. t.
gebildet sein mag), dass man nicht doch einen Zusammenhang
mit dem Gedanken des Makarismus annehmen möchte. — Für
unseren Zweck ist allerdings hiermit solange nichts gewonnen,
als man nicht ein sicheres Urteil über die ganze Schrift, der die
Stelle entnommen ist, hat. Doch dürfen wir wohl die Ansicht,
dass in den Testamenta XII patriarcharum eine christlich über-
arbeitete jüdische Schrift vorliegt, als die neuerdings sich bahn-
brechende zur Grundlage unserer Untersuchung machen r). Ge-
1) Diese schon von Grabe ausgesprochene Ansicht wurde lange Zeit
gänzlich ignoriert und man stritt sich um Juden- und heidenchristlich
(besonders Nitzsch, Ritschi, Kayser, Vorstmann, Sinkev). Nachdem aber
Harnack wieder jene These aufgenommen, hat Schnapp (die Test, der
12 Patr. Halle 1884) die Quellenscheidung durchzuführen unternommen
und mit Modificationen hat dem Schürer (Gesch. des jüd. Volkes. II,
662 — G'J) zugestimmt. Schnapp hat in seiner verdienstvollen Arbeit grosse
Zurückhaltung bewährt; er scheidet meist nur zusammenhängende Stücke
aus und lässt die Identität der Interpolatoren (nur zwei Klassen unter-
scheidet er bestimmt, jüdische und christliche) auf sich beruhen. So gewiss
dies an sich methodisch unanfechtbar ist, so scheint man doch hier noch
etwas weiter gehen zu müssen. Wir haben nachgrade aus den ersten
vier Jahrhunderten eine solche Zahl derartig interpolierter Schriften, dass
man sich dem Eindruck nicht entziehen kann, dass es dazumal eine eigene
Literatengattung gab, die sich mit solchen Arbeiten befasste und dazu
eine eigene — u. zw. eine in ihrer Weise sehr hohe — Technik ausge-
bildet hatte. Das klassische Beispiel dafür sind wohl die Apostolischen
Constitutionen und Pseudoignatianischen Briefe, welche — wie Harnack,
Texte und Unters. II, 1 p. 241— 68 nachgewiesen hat — einer Feder ent-
stammen, für uns um so wichtiger, weil wir hier das seltene Glück haben
zugleich die Vorlagen, welche der Fälscher bearbeitete, zu besitzen und
daran sein Verfahren kontrollieren zu können. Wollte nun jemand, der
sein Auge an dem Studium dieser Fabricate geschärft hat, damit einmal
an die Untersuchung der Test. XII Patr. herantreten , so scheint es — da
die literarischen Bedingungen im 1. und 2. Jahrhundert wesentlich die
gleichen waren wie im 4. — unzweifelhaft, dass ihm auch hier eine noch
§ 6. Die doctrina Petri des Origenes. 95
hörte nun freilich unsere Stelle hier zu dem jüdischen Grund-
stock, so wäre dadurch dem Makarismus oder doch der denselben
enthaltenden von Origenes citierten apostolischen Schrift die
Originalität entzogen und alle weitere Untersuchung erschiene als
unfruchtbar. Aber wie es an sich unwahrscheinlich ist, dass der
Gedanke der jüdischen Grundschrift angehört, so lässt sich auch
mit einiger Sicherheit zeigen, dass er erst später eingebracht ist.
Schon Sinker und Schnapp haben erwiesen, dass im Test. Jos.,
wie es uns jetzt vorliegt, zwei ganz verschiedene, einander aus-
schliessende Teile aneinandergereiht sind; der Markstein liegt in
c. 10. Im Gegensatz zu Schnapp müssen wir nun den zweiten
feinere Scheidung möglich sein werde, als Schnapp zu geben gewagt hat.
Denn dass man hier nicht nur mit Ausscheidung runder Stücke aus-
kommt, — wie anderwärts, z. B. in der Asc. Jes , wo che vortreffliche
Uuellenscheidung Dillmans durch von Gebhardts Fund so glänzend bestä-
tigt worden ist, — giebt Schnapp wiederholt selbst zu. Freilich würde
man einen solchen Versuch wohl ,, subjektiv" schelten. Aber abgesehen
davon, dass ausser dem genannten Beispiel auch Krawutzky's Recon-
struktion der Didache, welche alsbald in Bryennius' Entdeckung den
schlagenden Beweis ihrer Richtigkeit fand, Möglichkeit wie Berechtigung
solchen Verfahrens gezeigt hat, so ist einmal nichts „subjektiv", was auf
wirklicher Einsicht in die innere Struktur einer Schrift beruht — die
naturgemäss bei solcher Arbeit mitunterlaufenden Fehler können ja dann
von anderen verbessert werden, es giebt hier eben keine mathematische
Gewissheit und aller wissenschaftliche Fortschritt beruht auf sich gegen-
seitig corrigierenden Fehlern! — andrerseits scheint es, dass grade hier
auch ein wichtiges Hilfsmittel für äussere Kritik in der armenischen Über-
setzung erhalten ist, falls sich zeigen lässt, dass diese auf einer früheren,
nicht interpolierten Recension ruht. So erscheint es nach den wenigen
von Sinker (Test. XII patr. App. [1S79] 26 sq.) veröffentlichten Fragmenten,
worin nicht nur die berühmte Paulusstelle, sondern auch alle anderen
christlichen Sätze fehlen (anders freilich als nach Schnapps Ausscheidung).
Demgegenüber dürfte Sinkers Urteil: ,,there occurs also occasionally not
a trifling amount af abridgment." (p. 24) doch wohl umzukehren sein.
Auch die Reihenfolge der Testamente weicht ab und scheint bei dem Arm.
ursprünglicher, da seine auffallende Ordnung mit den bei einigen ange-
merkten Todesjahren übereinstimmt, während der Grieche die übliche An-
ordnung nach den Patriarchennamen hat. — Mit Hilfe dieser Übersetzung
und einer neuen Textesconstruction muss unter Berücksichtigung nicht nur
des Zusammenhanges, sondern der soi'gfältig zu erforschenden Gedanken-
welt und des Sprachgebrauches der verschiedenen Quellen eine ins einzelne
gehende Quellenscheidung möglich sein.
96 v. Dobschütz, Das Kerygrna Petri.
für ursprünglich halten ]). Damit fällt aber die Echtheit unserer
Stelle, welche dem ersten angehört, von selbst hin. Dieser ganze
erste Teil erscheint als christlich schon durch die leitende Idee
jcsql gg><pqoovv?jG, was an manchen Stellen durch ayvela erklärt
wird (cf. Rub. 4 £(pvZa!-sv tavrov ajco jiäorjo yvrcuxoG und dazu
u. Anm. 1), ein dem Judentum völlig fremdes Ideal (cf. Rub. 4:
tooG 6 xvqiog öc6)j vtulp Gv^vynv; Lev. 9: laße . . Gsavxm yvvalxa
tri vioo <bv; Aphr. Hom. XVIII: Unterweisung vom jungfräu-
lichen Leben und von der Heiligkeit gegen die Juden; —
vergl. auch die äusserst feine Charakterisierung des Juden Raphael
nach dieser Seite hin in Kingsley's Hypatia c. 17). Dass aber
der jüdische Verfasser der Grundschrift den Gedanken, auf den
es uns hier ankommt, in der That nicht kennt, ergiebt sich
deutlich Test. Sebul. 7, wo Mitteilsamkeit dem Dürftigen gegen-
über gefordert wird; für den Fall aber, dass man selbst augen-
blicklich nichts zu geben habe, nur Sympathie sv GnläyyvoiG
verlangt wird. Wie viel energischer ist doch hier der christliche
1) Einen ausführlichen Beweis hierfür wird man an dieser Stelle
weniger erwarten als bei Schnapp, wo man den für das Gegenteil gänzlich
vermisst. Arm. überschreibt das ganze Testament: concerning envy, tisqI
(f&övov. Mag dies auch nicht echt, sondern aus c. 1 entnommen sein, so
zeigt es doch, dass Arm. den ersten Teil mit dem auf diesem allein be-
ruhenden Titel tibqI oaxpQoovvrjO nicht gekannt hat, während es sich wohl
mit dem zweiten Teile verträgt. Dieser lässt sich vollkommen als Fort-
setzung des in c. 1 begonnenen Gedankens begreifen, sei es, dass er sich
an c. 1 fin. anschloss oder — wahrscheinlicher, da die Aufzählung c. 1
nicht durchaus auf Joseph passt, — an ovx £7t/.avtj&?]v sv zfi d?.>]&eia xvqiov
(Sinker 187, 1) sich anreihte, wonach das oi ädslyoi ßov des Anfangs des
zweiten Teils (c. 10) stehen geblieben ist, indem der Redaktor daran erst
eine rhetorische Aufzählung und sodann nach seiner Weise eine geschicht-
liche Exemplification knüpfte (c. 2 — 9), die sich in ihrer von rhetorischen
Fragen und Nutzanwendungen durchzogenen Art beträchtlich von den
anderen historischen Abschnitten der Testamente unterscheidet. Auch die
Kürze der daran angeknüpften moralischen Ermahnung in c. 10 sticht von
der sonstigen Art ab, während c. 17 und 18 dem zweiten Teile einen regel-
rechten Abschluss geben.
Das einzige, was man für die Echtheit des ersten Teiles anführen
könnte, dass die demselben eigene Anschauung auch Rub. 4 sich findet, wo
auch die ihm eigentümliche Bezeichnung des Weibes als rj alyvnxia (2. Teil
ij fie/icpla) vorkommt, schlägt in einen Beweis gegen dieselbe um, da sich
die geschichtliche Bemerkung über Joseph Rub. 4 (Sinker 132, 13—18)
deutlich als exemplificierender Einschub des Redaktors erweist.
§ 6. Die doctrina Petri des Origenes. 97
Gedanke, der eine Sympathie der That, ein Hungerleiden zur
Sättigung des Nächsten verlangt! Viel weiter führt uns freilich
diese Erkenntnis, dass der Gedanke in Jos. c. 3 betreffs des Fastens
dem christlichen Interpolator angehört , auch nicht. Denn wir
wissen weder über dessen Zeit l) noch über seine Quellen etwas
sicheres. Dass sich Iren. Fragm. XVII (Stieren I p. 836) auf sein
Werk und überhaupt auf die Testamenta XII patriarcharum zurück-
bezieht, ist mindestens sehr zweifelhaft; ebensogut könnte diese
Stelle den Anlass zu den Interpolationen gegeben haben, und
Origenes, der die Testamenta XII patriarcharum zum erstenmal
nennt (in Jos. hom. XV, 6, de la Rue II, 435), citiert eine sicher-
lich jüdische Stelle daraus. Was aber die Quellen anlangt, so
weist die Christologie des Interpolators, falls man bei den mannig-
fach zerstreuten, durch die Einarbeitung in die jüdische Vorlage
oft auf einen ganz schiefen Gedanken führenden Aussagen über-
haupt von einer solchen reden kann, eher auf die ignatianische
als auf die apologetische Linie; ebendahin gehört auch die Hoch-
schätzung der Ehelosigkeit. Die einzigen Stellen, wo Gedanken
des K.P. gestreift werden, sind Lev. 16: avÖQa ävaxcuvoxoiovvza
röfiov jtQOGayoQevöszs cf. Fragm. I und V; 6i avxov
sotai xa. ayia vficöv eQrjfta cf. Fragm. IX. Nur Lev. 18 findet
sich eine Beziehung auf die yvcööio xvqiov; sonst fehlen alle
charakteristischen Anschauungen des K.P., besonders auch die
Betonung des Monotheismus. Da nun aber an der fraglichen
Stelle Jos. c. 3 das in dem Zusammenhang nicht recht motivierte
tqi?](1£qi£cov auf eine Vorstellung führt, wie die des Aristides:
„Sie fasten zwei oder drei Tage", so ist es sehr wahrscheinlich,
dass überhaupt der Makarismus und somit die von Origenes ge-
nannte Schrift nicht unmittelbar vorgelegen haben, also für das
Verhältnis derselben zu unserem K.P. keinerlei Folgerungen aus
diesen Beobachtungen zu ziehen sind.
Die drei anderen oben genannten Stellen gehören dem Kreise
der Apost. Const. an. Auch hier ist die Untersuchung durch das
1) Auch die Zeit der Grundschrift ist unsicher; die auf Jerusalems
Zerstörung hinweisenden Stellen sind wohl alle christlichen Ursprungs.
Die (sicher der Grundschrift angehörige) Bezeichnung des mittelländischen
Meeres als i] &u).aoou lufxvtao (RP: dßvelaa) weist vielleicht auf die
nach Jerusalems Zerstörung beginnende Blüthezeit Jamnias, des Sitzes der
Gesetzesgelehrsamkeit, hin.
Texte u. Untersuchungen XI, l. 7
98 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Vorhandensein der verschiedenen Recensionen erschwert. Ps.-Ign.
ad PhiL 7: xsxQa6a xal jcaQaGxsvrjv vtjgxevexe jitvrjOLV tjit-
yoQr/yovvxsg xr)v jieQtGOelav kann ganz ausser Betracht bleiben;
denn es ist nur Parallele zu Ap. Const. V, 20: fiexa 6h xrjv
Ißöoiiaöa xrfi vqozdaG xccGav xi.xQO.6a xal jtaQaoxevf/v jcqoG-
xaöOOfisv vfilv v?jOx£V£iv xal xfjv uibQiGGuav vfimv x?/G vrjGxdaG
jiivrfiiv ijiiyoQriyi.lv, von hier durch den identischen Interpolator
in die spätere Fälschung übernommen, sei es als sein eigenes,
sei es als aus der Grundschrift der Didascalia entlehntes Gut.
Freilich findet sich der ganze Abschnitt an der letztgenannten
Stelle in der syrischen Didascalia nicht (de Lagarde in Bunsens
Anal. Antenic. II p. 321 vergl. mit 189). Man müsste also, da
hier in der That etwas über das in der ganzen Kirche übliche
Fasten am Mittwoch und Freitag vermisst wird, annehmen, dass
der Syrer an dieser Stelle einen Mangel habe und uns in den
griechischen Constitutionen das ursprüngliche, wennschon stark
überarbeitet, erhalten sei. Da aber in den übrigen Fastenbestim-
mungen dieses Buches ein ganz anderer Gedanke bezüglich des
Zweckes massgebend ist, nämlich Trauer und Fürbitte für das
ungläubige Israel (c. 12—14: oxav vrjGxsvsxs jtQoöEvysod-s jceqI
xcqv ajtoXXvfitvojv; c. 15: 6iä xovo a6sX(povG jtoieixs avxo;
c. 16 fin; c. 19: ösr/Q-ivxiö vjcIq xijo xov Zaov äjccoZelao . . .
6£?/&rjX£ xov &eov l7CL0xQa<p?jvaL xov löQarjl . . .), andererseits
die Vorschrift xexQa6a xal jcaQaoxsvrjv zu fasten dem Interpolator,
der ja auch das siebente Buch bearbeitete, aus der Didache
bekannt sein musste, so ist es doch fast wahrscheinlicher, dass
er diese Bestimmung hinzugefügt hat, um eine ihm auffallende
Lücke in der Fastenordnung seiner Vorlage damit auszufüllen.
Woher hat er dann aber den Gedanken, die jtSQLGOda des Fastens
den Armen zukommen zu lassen? Die Didache bietet davon
nichts und auch im siebenten Buch hat er ihn nicht eingebracht!
Etwas ähnliches findet sich aber in unserem fünften Buche
c. 1, u. zw. hier auf Grund der Didascalia. Es ist da von der
Pflicht der Hilfeleistung gegenüber den Märtyrern die Rede;
dabei heisst es (de Lagarde 1. c. 301 cf. 157): äxavxsö oi TtiGxol
6ia xov tjtioxojcov vficüv sx zoiv vjtaQyovxwv vftcöv 6iaxovrj-
Gaxs xdiG fiaQxvQovGiv. d 6h ovx lyu xiG, vr/GxtvGaG xo xr\G
tjtitQaG, xovxo ixxa^axo) xolo a6sX(fjolG. d 6e xiG sv jceQiovoia
vjcagxsi xaxcc avaloyiav xrjö 6vvä(i£coG avxov 6iaxovdxai avxolG
§ 6. Die doctrina Petri des Origenes. 99
7] ajtavza xov ßlov avzov äxodörco Qvöaod-ac avrovo ex rov
ösöficorrjQiov. Hier hat also der Gedanke des Makarisuius die
ganz eigentümliche Wendung auf die Märtyrer bekommen, welche
Gott noch in ganz anderer Weise vertreten als sonst die Armen;
denn ayysXoo rov xvq'lov ?} freöo sjilyeioö XoyiCtG&m v/ziv (sei.
[mxqtvö äyioo). In noch grelleres Licht tritt dies bei dem
Redaktor in den Ap. Const., der ausdrücklich auf die Armen
reflektiert, ihnen aber die als ayioi schlechthin bezeichneten Mär-
tyrer weit voranstellt und ebenso die diesen geleistete Unter-
stützung der Gabe an den Dürftigen. Bei aller die Wandelung
christlicher Anschauung bezeugenden Modifikation aber geht
der Gedanke doch gewiss auf den Makarismus bei Origenes
zurück. Er ist aber so anders gewendet als der bei Ps.-Ign. und
Ap. Const. V, 20, dass der Interpolator dort ihn nicht wohl
hierher haben kann. Bezüglich dieses späten c. 350 — 60 in Syrien
oder Palästina schreibenden Fälschers wäre nun freilich die Be-
kanntschaft mit den Homilien des Origenes selbst in Rechnung
zu ziehen. Ja man wird darin bestärkt durch die Beobachtung,
dass die eigentümliche Verbindung, in welche der Redaktor den
Gedanken des Makarismus mit der Fastenordnung der beiden
Wochentage gebracht und ihn dadurch in seiner sittlichen Be-
deutung schon gewaltig abgeschwächt hat, aus eben jener Honiilie
erklärt werden kann, in welcher kurz vor unserer Stelle die Sätze
stehen: habemus enim quadragesimae dies jejuniis consecratos,
habemus quartam et sextam septimanae dies, quibus solemniter
jejunamus. Hierdurch könnte der Redaktor auf seine Combination
geführt sein. Aber ist nicht die Verbindung bei Origenes selbst
schon durch eine Vorlage bestimmt? Wir glaubten bei einem
Vergleiche mit Hermas eine solche schon in den vorausgehenden
Sätzen finden zu müssen (p. 88 sq.). Nun hat aber auch Hermas
an der Stelle Sim. V, 3 den an sich nichts bedeutenden Aus-
druck: hv exe'ivi] xr\ t](i£Qa >} v?]6teveiö, und dabei muss man
sich erinnern, dass die ganze Similitudo von einem dies stationis
ausging (c. 1, 1 sq.), worunter man in der abendländischen Kirche
nach Tertullian (de jejunio adv. psych. 2: stationes quae et ipsae
suos quidem dies habeant quartae feriae et sextae; cf. c. 10) eben
den vierten und sechsten Wochentag verstand. Wenn wir dazu
noch Didasc. Ap. V, 1 lesen: vrfixEVöa.6 to t?]6 >]tUEQa6 (wozu
Const. Ap. V, 1 den Zusatz xal fiEQioao macht), so wird es wahr-
-jqq v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
scheinlich, dass schon die genieinsame Quelle aller dieser Stellen
etwas über bestimmte Fasttage enthielt. Was aber war diese Quelle ?
Leider können wir auch hier nicht auf festem Fundamente
aufbauen. Das Verhältnis der Ap. Const. zur Didascalia ist
gründlich untersucht, nicht so aber die Quellen dieser selbst.
Man hat die Didache dafür ausgegeben, aber diese genügt auf
keinen Fall: es müsste also mindestens eine Schrift verwandten
Inhaltes gewesen sein. Wenn wir uns nun wieder des Aus-
druckes bei Origenes entsinnen : quorundam apostolorum literae ;
in quodam libello ab apostolis dictum, so scheint das nunmehr
fast auf einen Titel wie öiöayjj, diöaöxaXia, öiara^iO xcöv düio-
otoXcov und eine jener kirchenrechtlichen Schriften hinzuweisen,
welche im zweiten und dritten Jahrhundert ziemlich zahlreich
und mehr oder weniger untereinander verwandt, aufgekommen
sein müssen. In der That hat diese Combination sehr vieles für
sich und nichts durchschlagendes ist dagegen anzuführen. Es
müsste somit die oben ausgesprochene Vermutung der Zugehörig-
keit des Fragmentes zum Kerygma Petri fallen gelassen und
dafür eine neue — ganz unbekannte — kirchenrechtliche Quellen-
schrift eingeschoben werden. Vielleicht giebt noch einmal der
syrische Octateuch, aus dem bisher nur weniges bekannt ist (de
Lagarde 1. c. 38 sq.), die Lösung an die Hand!
Doch eins ist nicht zu übersehen! Die sechs ersten Bücher
der Apost. Const. gehören zwar in gewisser Weise zusammen,
sofern sie die Didascalia zur gemeinsamen Quelle haben. Diese
selbst aber umfasst so verschiedene Materien und bringt diese
teilweise so lose aneinandergereiht vor, dass für ihre verschie-
denen Bücher resp. Unterabteilungen wohl verschiedene Quellen
anzunehmen sein dürften. Ruht das erste Buch wesentlich auf
der Bergpredigt und den sog. Haustafeln, so scheinen für das
zweite Buch ausser den Pastoralbriefen besonders die echten
Ignatiusbriefe den Stoff geliefert zu haben *). In dem für uns
in betracht kommenden 5. Buche, das übrigens in c. 10 einen
1) Hier scheint in c. 7—11 eine Quelle vorzuliegen, welche eine zweite
e nach der Taufe noch nicht kennt: 6 6h a/uaQxi'joao fiexa xo ßdnxiGfxu
ovxoa ela yttvvuv r/ör/ xaxaxexQixai; die Gemeinde soll hei der Excom-
munication eines Gliedes für sich selbst erkennen oxi ufxaQXwv c\n6?J.vxui.
Der Redaktor freilich weiss nachher viel von der ufjjLvoi.a und der Not-
wendigkeit fxexavoovvxaa *""';l'"nifl" -" »«"
§ 6. Die doctrina Petri des Origenes. 101
mit ötct xovxo nur schlecht verdeckten Riss aufweist, finden sich
nun aber auch einige nicht unwesentliche Berührungen mit dem
Kerygma Petri: c. 15 (p. 316) wird, nachdem von den Heiden
gesagt ist: ovöejioxe lyvcov xbv d-sov xal xolo ädcöXoio sX.axosvov
(cf. K.P. Fragm. III) fortgefahren: oxs de ?]Xdsv o xvqcoo fjficöv
elo xhv xööfiov xal iölöagsv vfiao, exiöxevöaxe vfxslo ol xioxev-
oavxeo sio avxov 6xi ei 6 d-eoo eoxiv xcu jtäXiv jtioxsvovoiv
ol a§ioi ay_QL jcXrjgcoß-ij 6 ccgid-fibo xcov OcoCofizvcov. Diese in
der Didascalia sonst nicht vorkommende Betonung des Mono-
theismus erinnert in der ganzen Art, wie sie hier vorgetragen
wird, sehr an Fragm. II und VII und an das letztere klingt auch
dieses ol agioi hier an. Dazu kommt c. 7: Jtsgl (isv yag xrjo
ix jiccQ&svov ysväosojo avxov xcu xrjo jtagovoiao xcu xov siä&ovo
ediöay&rjfisv öiä xcov ygacpcöv avxov xcov ayicov coO ol JiQocpijxai
jcavxa jtgorjyyEiXav xal jiQOElxav jisql xr\0 JtaQovoiao avxov
xal xavxa jtdvxa sjcXrjQco&r] xal ißsßaico&r] ev xalo xaQÖiaio
j'lficöv. Hier ist es besonders die Stellung von yevsoiO vor
Tiagovoia, die auffällt und zu der Vermutung führt, dass die
Ausführung sich auf einer Quelle aufbaut, in welcher yeveöio
nicht genannt war, das aber der spätere Redaktor unter keinen
Umständen missen konnte und daher an die Spitze stellte, ein
Hinweis auf K.P. Fragm. IX. Beweisen können diese Stellen
freilich nichts. Wir werden daher nicht darüber hinauskommen,
die Frage, ob unser Fragment einer anderen kirchlichen Ver-
ordnungsschrift oder unserem K.P. angehört, offen zu lassen.
Da aber doch auch vieles für das letztere spricht, besonders was
sich uns aus Aristides und Hermas ergab, während bezüglich der
letztgenannten Stellen wenigstens auch die Möglichkeit einer
direkten oder vermittelten Kenntnis der K.P. behauptet werden
musste, so werden wir die Aufgabe haben, die sich eventuell
daraus ergebenden Folgerungen für die Geschichte des K.P. dar-
zulegen.
Über den Orient ist nicht viel zu sagen. Dass Aristides das
K.P. kannte, war ohnedies wahrscheinlich und wird hier nur be-
stätigt. Von den Test. XII patr. wissen wir, wie schon bemerkt,
fast nichts. Sollte wirklich Irenaeus schon die christliche Über-
arbeitung kennen, so müsste diese allerdings ziemlich alt sein
und würde ein neues Zeugnis für das hohe Alter unserer Schrift
bieten, doch ohne dass wir unseren Ansatz zu verändern brauchten.
102 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Durch die Didascalia ist nicht sowohl die zeitliche als die räum-
liche Verbreitung unserer Schrift bestimmt. Sie müsste nämlich
ungefähr zur Zeit des Origenes auch ausserhalb Alexanclriens,
in Kleinasien bekannt gewesen sein. Freilich erklärte sich dann
ihr plötzliches Verschwinden noch viel weniger, und man würde
gut thun, zwischen ihr und der Didascalia ein Zwischenglied
einzuschieben. Dies ist auf alle Fälle nötig für Pseudoignatius;
denn wie sollte nach Eusebius in Syrien oder Palästina die
Kenntnis dieser Schrift denkbar sein?
Anders im Abendland! Fanden wir bisher das K.P. nur durch
Vermittlung des AegyptersHeracleon und vielleicht auch selbständig
durch Justin und Tatian in Rom bekannt, so müssten wir jetzt
in weit früherer Zeit (c. 135) eine Vertrautheit einfacher römi-
scher Christen mit der Schrift konstatieren. In der Behauptung
alexandrinischen Ursprunges brauchte das freilich nicht irre zu
machen: dieser ist zu deutlich angezeigt. Vielmehr, hatte Ale-
xandrien von Rom aus — soviel werden wir der Tradition glauben
dürfen — das Marcus-Evangelium bekommen, so gab es dafür
das K.P. zurück. So könnte es denn auch unsere Hypothese
eines Zusammenhanges des K.P. mit dem Marc.-Evang. stützen,
wenn wir sehen, wie dieser grade auch die Verbreitung des K.P.
bis Rom bewirkt hat. Dass dieser Zusammenhang in Rom auch
bestanden hat, das beweist uns wiederum der Hirt des Hermas,
bei dem sich, wenn überhaupt Spuren eines Synoptikers, so die
des Marc.-Evang. vorfinden (Zahn, Hirt des Hermas p. 453 — 464
und Harnack, Patr. apost. opp. III proleg. p. LXXIV). Über die
weitere Geschichte des K.P. im Occident fehlen bis jetzt alle
Nachrichten *). Von einer kanonischen Geltung desselben kann
1) Bei Tertullian findet sich allerdings eine Stelle, welche hierher zu
gehören scheint: de jejunio adv. psych, c. 13: bene autem, quod et epi-
scopi universae plebi mandare jejunia adsolent, non dico de industria stipiurn
conferendarurn , ut vestrae capturae est, sed interdum et ex aliqua sollici-
tudinis ecclesiasticae causa. Diese durch ihren spöttischen Ton nicht eben
sehr durchsichtige Stelle scheint doch besagen zu wollen, dass bei den
Antimon tanisten von seiten der Bischöfe zuweilen Fasten für die ganze
Gemeinde angeordnet wurden, nicht nur zu dem Zwecke Gemeindeabgaben
zusammenzubringen, sondern auch um besonderer kirchlicher Beunruhigungen
(wohl durch Verfolgung) willen. Das erstere erscheint dabei als das ge-
wöhnliche. Aus Tert. Apol. c. 39 wissen wir, dass modicam unusquisque
stipem menstrua die, vel cum velit, et si modo velit, et si modo possit,
§ 6. Die doctrina Petri des Origenes. 103
nicht die Rede sein, denn zur Zeit des Herraas ist der Begriff
eines Neutestamentlichen Kanons noch nicht vorhanden, und das
erste Document über den römischen Kanon, das sog. Fragrnen-
tum Muratorianum, lässt uns über die petrinische Literatur fast
ganz im Stich. Mag man auf den abrupten Anfang oder die
schwierigen Verse 71 sqq. oder den Charakter des ganzen hin-
weisen, der einigen als lose Aneinanderreihung mehrerer Frag-
mente erscheint, immer wird man die Erwähnung z. B. des ersten
Petrus-Briefes vermissen. Ob etwa im Zusammenhange mit diesem
auch unser K.P. genannt war, muss dahin stehen, oder sollte
man vielleicht in dem noch nicht recht erklärten ersten Satz-
fragment: quibus tarnen interfuit, et ita posuit, — was, auf das
Marc.-Evang. bezogen, eine wenn auch mit der sinnigen Aus-
legung von Marc. 14, 51 sq. (s. Olshausen, Weiss u. a. z. St.) zu
kombinierende — so doch in der Tradition bis auf Epiph. Haer.
51, 6 singulare Anschauung von Marcus ergäbe, daher schon
mehrfach auf Petrus teils als Urheber des Marc.-Evang. (Laurent),
teils als Verfasser des 1. Briefes (Weiss, Einl. p. 81 no. 2 unter
Berufung auf l.Petr. 5, 1; 1, 3. 18 sq.; 2, 21 — 24) bezogen worden
ist — eine Hinweisung auf den öevregoo Xöyoö des Marc.-Evang.,
apponit. Nach de jej. 13 scheint es aber öfter vorgekommen zu sein, dass
Bischöfe — vielleicht in armen Gemeinden, welchen durch besondere Um-
stände, reisende Brüder, viele Kranke und Arbeitsunfähige, Loskauf von
Gefangenen, besondere Opfer auferlegt waren — um die nötigen Geld- und
Lebensmittel zusammenzubringen, die Gemeinde aufforderten, zu fasten
und das so ersparte zu dem betreffenden Zwecke zu verwenden. Die
"Worte „ut vestrae capturae est" sind wohl nur eine jener bei Tert. so
häufigen höhnischen Glossen und wollen hier den verhassten Bischöfen der
Psychiker insinuieren, sie machten aus dem Fasten ihrer Gemeinde eine
Erwerbsquelle (captura ist immer der aus niederem, unsittlichem Geschäfte
erlangte Gewinn), was nur darauf führt, dass auch hier, wie gewöhnlich,
der Bischof die Gemeindespenden empfing — natürlich zur Verteilung an
die Armen u. s. w. Die Stelle ist ein wichtiger Beleg dafür, dass, was der
Makarismus aussagt, was Hermas und die Ap. Const. fordern, in Wirk-
lichkeit u. zw. gemeindeweise ausgeführt wurde. Für die Geschichte des
K.P. aber kann sie darum nicht in Betracht kommen, weil es viel näher
liegt, den Anlass zu der Sitte im Hirten des Hermas zu suchen, der
nach Tert. selbst (de orat. 16; de pudic. 10. 20) noch zu seiner Zeit in
vielen Gemeinden Nordafricas, früher wohl überall, mit der lateinischen
Bibel zusammenhing, obwohl Tert. als Montanist ihn pastor moechorum
schilt.
104 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
d. h. das von dem Petrusscliüler Marcus aufgezeichnete x^Qvy/ia
7C8TQOV erblicken dürfen? —
Noch viel unsicherer als das eben besprochene Fragment ist
dasjenige, welches wir nunmehr folgen lassen, weil es auch unter
des Petrus Namen geht und eventuell die im vorigen angerührte
Frage nach der Geschichte des K.P. im Abendland aufhellen
würde. Zahn (Gesch. des NTlichen Kanons I, 308 no. 2) hat
darauf aufmerksam gemacht.
XIII.
Optat. de schism. Donat. I, 5 (ed. Dupin p. 5; MPL. XI, 895):
cum in epistola Petri apostoli legerimus : nolite per opinionem *)
iudicare fratres vestros.
„Richtet eure Brüder nicht nach (blossem) Gerücht."
Dieser Satz findet sich in keinem der beiden kanonischen
Petrus-Briefe, überhaupt in keiner kanonischen Schrift, da man
die Verweisung auf Jak. 4, 11 bei aller Ähnlichkeit doch nicht
für genügend wird halten können. Viel näher liegt da schon
Joh. 7, 24; aber kann per opinionem Übersetzung von xax btpiv
sein? Am nächsten berührt sich der Gedanke mit Jes. 11, 3,
aber hier ist er von dem Messias ausgesagt und nicht impera-
tivisch gewendet. Mag nun auch Optatus grosses in falschen
Citaten leisten, so muss doch dies Citat, da es in keiner bekannten
Schrift untergebracht werden kann, einer verlorenen zugewiesen
werden. Natürlich kann dies nicht mit Bestimmtheit geschehen;
aber vorschlagsweise möchten wir daran erinnern, dass es in das
Kerygma Petri2) recht wohl hinein passte, zumal wenn dieses
eine Recension der „beiden Wege" enthielt; denn in diesen
spielt das „rechte Gericht" und „nicht Person ansehen" eine
grosse Rolle (Did. 4, 3; Barn. 9, 11; Const. Ap. VII, 10; Ap.
K.O. 13; Apol. Arist. 15 3).
1) ms. Sangall.: pro opinione.
2) Das epistola Petri würde auch hierbei als eine Verwechslung dem
Optatus zur Last fallen. Denn, dass das K.P. etwa gar — nach Analogie
von Act. 15, 23 sqq. — einen Brief des Petrus enthalten haben sollte, ist
eine zu gewagte Vermutung.
3) Ein paralleler Gedanke findet sich auch bei Tat. or. 32: ovöh zoia
TiQooiövxuo rjfüv uTto oyjifxuxoo XQivotusv, nur dass hier von aussen-
§ i. Die 6t6uaxa).La nexQOv bei den späteren griechischen Vätern. 105
Wenn man dies Fragment zum K.P. hinzunehmen will, so
ist dann auch mit Bestimmtheit eine Geschichte desselben für
das Abendland zu postulieren und zwar vielleicht, oder sogar
wahrscheinlich, in einer lateinischen Übersetzung, wobei dann
das, was wir oben (p. 6) über den Ursprung des Titels Judicium
Petri ausführten, eine unerwartete Beleuchtung empfangen würde.
§ 7.
Die didaoy.alia tibtqov
bei den späteren griechischen Vätern.
Aus der Periode des Clem. AI. und Origenes, auf die wir
durch die Überlief erung der Fragmente (von dem unsicheren
Fragm. XIII abgesehen) bisher beschränkt waren, werden wir
durch die nun folgenden in eine weit spätere Zeit versetzt.
Dieselben sind geschöpft teils aus Gregor von Nazianz' Schriften
(f 390), teils aus der bisher unter dem Titel „Sacra Parallela"
unter den Werken des Johannes von Damascus bekannten Schrift,
in welcher neuerdings Loofs in vorzüglicher Untersuchung ') ein
dreiteiliges Werk des Leontius von Byzanz (f um 543) mit dem
Gesamttitel lsqcc oder hcXoyal erkannt hat. Dass die Quelle beider
die gleiche ist, zeigt die Identität des zweiten Fragmentes.
Gregor citiert an beiden Stellen einfach: jittgoo kiyu. Dazu
bemerkt in dem einen Fall sein Commentator Elias von Creta:
ro 6 tS,fjö sv ri] öiöaoxalia jcstqov xstrai. Zur anderen Stelle
haben wir einen Commentator von Nicetas, der sagt: sön 6s
V lQÜGi(i £y- r?lG oxzaßißXov ro5v ajiooxohxcov öiarasscov (al.
öiöayfiätcov). Diese Bemerkung, weit entfernt uns über die Quelle
Gregors aufzuklären, verwickelt uns nur in um so grössere
Schwierigkeiten. In den Apost. Const., an welche der Ausdruck
des Nicetas doch zunächst denken lässt, findet sich das betreffende
Fragment nicht. Man könnte nun wieder an den schon mehrfach
im Verlauf dieser Untersuchung als Lückenbüsser herangezogenen
stehenden, in unserem Fragm. von äde/.yoi, d. h. Gemeindegliedern, die
Rede ist.
1) Loofs, Leontius von Byzanz (in Texte und Unters. III, 1 u. 2, 1887) ;
ders., über die urspr. Form der Sacra Parallela (Osterprogr. der Univ. Halle-
Wittenberg, 1892).
106 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
syrisch en Octateuch appellieren, oder man könnte, da die Ein-
teilung in acht Bücher hiernach öfter gebraucht worden zu sein
scheint, noch einen anderen Octateuch postulieren, der unter
Voraussetzung der LA. öiöayfiazcov bei Nicetas als eine Samm-
lung verschiedener apostolischer Didascalien zu bestimmen wäre,
wobei auch der eigentümliche Plural in der Bezeichnung der
Didache bei Eusebius (H.E. III, 25) !) in Anspruch genommen
und endlich das zuerst von Cotelerius (patr. apost. opp. 1, 197)
aus einem Cod. Reg. num. 1789 herausgegebene Fragment: xsql
rtjö hjtupavsiaG rov xvqiov ex xgjv ajtoürohxwv didcc/ftarmv2)
herbeigezogen werden könnte (Zahn, Forschungen III, 284 sqq.).
Der Sache nach käme dann dieser Titel (wobei die andere LA.
des Nicetas als auf Verwechslung mit dem bekannteren Consti-
tutionen-Octateuch beruhend zu erklären wäre) mit dem Titel bei
Elias Cret. überein, nur dass dieser den Specialtitel eines Buches,
jener den Namen des Gesamtwerkes nannten. — Mehr Wahr-
scheinlichkeit aber hat die Annahme, dass der späte Commen-
tator ohne genaue Kenntnis der Quelle Gregors seine Angabe
einfach aus der Erwägung heraus machte, dass ein apostolisches
Wort, wenn nicht im Kanon nachweisbar, nur in den Constitu-
tionen gesucht werden könne. Demnach muss diese Angabe des
Nicetas ganz ausser betracht bleiben.
Die grösste Schwierigkeit macht aber Leontius, weil bei ihm in
den verschiedenen Handschriften sich die stärksten Variationen des
Titels finden 3). V und R bieten je zwei, H und K je ein Fragment.
1) Der Plural öida%ai findet sich ausserdem in dem sog. Verzeichnis
der 60 Bücher und bei Niceph. Call. H.E. II, 46; dagegen haben Äthan,
ep. fest. 39, Stich. Niceph., Zonaras, Blastares den Singular. Von Lateinern
nennt der Verf. von de aleatoribus die Schrift doctrinae, Rufin in der
Übersetzung des Eusebius (!) doctrina.
2) cf. Grabe Spicil. I, 54; Hilgenfeld, N.T. extr. can. IV, 81.
3) Leider war es mir nicht möglich, über mehr als 4 von den 10 be-
kannten Handschriften des Werkes nähere Kunde zu erlangen. Es sind
dies 1) Vat. graec. 1236 chart. Saec. XV (V) abgedruckt bei Lequien, Joh.
Damasc. opp. II (1712); 2) Vat. graec. 1553 Saec. XII— XIII (K) abgedruckt
bei Mai, script. vet. nova coli. I und VII (1825. 1833); 3) Cod. Rupef., jetzt
Phillipps 1450 membr. Saec. XII (R), woraus Lequien 1. c. nach Mitteilungen
Harduins sehr ungenügende Fragmente bekannt gemacht hatte. Da sich
die Handschrift jetzt auf der Kgl. Bibliothek zu Berlin befindet, war es
mir möglich, dieselbe am 18. Juli 1891 selbst einzusehen; 4) Cod. Hieros.
§ 7. Die öiöaoxaXiu nexQov bei den späteren griechischen Vätern. 107
Bei V lautet der Titel einmal: Ix t//ö diöaöxaXiaö üttxgov, das
andere mal nur xov jttxgov. — R dagegen hat an jener Stelle ex
rtjO l) xov dyiov jisxqov, an der zweiten dagegen ex xr\o xov ayiov
jttxgov öidaoxaXiao. — H hat nun aber dort ex xov öiöaoxaXov
üiixQov und K hat hier die bedeutsame Variante: Ix xijo xov ayiov
jttxoov aXssccvÖQ£iaö öiöaöxaXiaö. Ist dieser Codex hiermit im
Rechte, dann hätten freilich die Fragmente mit dem Kerygma Petri
so wenig wie mit der doctrina Petri des Origenes das mindeste ge-
mein; sie würden der Literatur des vierten Jahrhunderts zugehören!
Man kann sich nun dieses Zeugen sehr leicht entledigen, indem
man darauf hinweist, dass nicht viel vorher in der nämlichen
Handschrift (Mai p. 85) ein Fragment mit der Überschrift: xov
ayiov jizxqov hniOxönov aXe^avögeiaö xal fiägxvQoö ix xov p)
jiQovJiaQXSiv xrjv ipv/fiv xov 6a>[iaxo6 voraufgeht, aus dem das
äXegavöoeiaö sehr wohl in unser Fragm. eingedrungen sein
könnte. Aber abgesehen davon, dass dann noch eine genauere
Conformation zu erwarten wäre, ist die Sache darum nicht so
einfach zu nehmen, weil die LA. von K unterstützt wird durch
diejenige in H, welche, wenn man sie nicht auch als einen sinn-
losen Schreibfehler beiseite schieben will, jedenfalls auf einen
anderen Petrus als den Apostel führt. Nun wird aber Petrus
von Alexandrien — darunter kann nur der in der Verfolgung
des Maximinus 311 als Märtyrer gestorbene erste alexandrinische
Bischof dieses Namens gemeint sein, von dem ein Xoyoö jisqi
fisxavoiaö in 14 canones und Fragmente dogmatischen Inhaltes
erhalten sind, eine öiöaöxaXia freilich nirgends bezeugt ist —
von Eusebius (H.E. VIII, 13, 7) avxrjo aXegavdgeiaö sjtiöxojcoo,
&Eiov xl XQWa didttöxaXwv x/jö Iv yoioxcö ftsoöeßeiao ge-
nannt; Philippus von Sida führt ihn in seiner berühmten Liste
der alexandrinischen Katecheten (bei Dodwell, Dissert. in Iren.
Oxon. 1689 p. 48) mit auf und in dem Martyrium von Anast.
S. Sepulchr. 15 Saec. XI (H), dessen Kenntnis ich den freundlichen Mit-
teilungen des Herrn Dr. Achelis verdanke. — Die angewendeten Siegel sind
die von Loofs eingeführten.
1) Dieses vt/o ist wie meist in den mit roter Tinte geschriebenen
Titeln dieser Handschrift abgekürzt und über ix gestellt. Daher erklärt
sich wohl die Auslassung desselben bei Cotelerius, der in einer Note zu
Apost. Const. III, 13 (ed. Cler. 169S I, 285) den Text des Fragmentes zuerst
griechisch herausgab unter dem Titel: ix xov ayiov neroov.
K)8 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
Bibl. (bei MPG 18, 460) heisst er doctor dulcissimus. Es wird
sich zunächst fragen, ob die Art der Citation bei Greg. Naz.
nicht auch auf einen anderen Petrus als den Apostel führt. Wo
dieser bei ihm erwähnt ist, ist ihm entweder ein Attributuni
ornans gegeben wie 6 rifiKozatoG x&v ftafry/Tcöv (ed.Maur. I, 372),
fta&r/rcov ccxqoö (11,791), rö zijö sxxXijoiaa apiGfia (1, 235) u. a.,
oder er erscheint in Begleitung anderer Apostel oder doch sonst
durch den Zusammenhang irgendwie näher bestimmt. Ausser
ihm kommt noch Petrus II. von Alexandrien, der Nachfolger des
Athanasius, bei Greg. Naz. vor und zwar wird dieser charakte-
risiert als 6 veoö jcetQoo (I, 620), avrdo 6 ßgaßeixi rcöv uioi-
fitvcov (II, 719), während er II, 727 durch die ganze Situation
der Schilderung bestimmt ist. Endlich findet sich jtttQqy allein
in der Überschrift der epist. 242 (11, 196). Sonst sind unsere
beiden Stellen die einzigen, wo jtixQoö absolut und ohne jede
Näherbestimmung im Zusammenhange vorkommt. Dies macht
es möglich, an einen anderen als den Apostel zu denken, aber
doch auch grade wieder unwahrscheinlich, da eben ein solcher
näher hätte bezeichnet werden müssen. Das Praeclicat d-av^a-
oicorara besagt nichts, da es ebensowohl von kanonischen als
von kirchlichen Schriften gebraucht werden kann. Aus jiov
freilich ist zu schliessen, dass Gregor frei citiert, und dabei wäre
es möglich, dass ihm selbst momentan die Bedeutung des „Petrus"
unklar gewesen wäre. Elias Cret. denkt wohl, wie Nicetas be-
stimmt, an den Apostel; wenn die Schrift nur den Titel öiöcc-
oxaXia JtizQov führte, war dies auch in späterer Zeit kaum anders
möglich. — So gewinnen wir denn von hier aus keinen sicheren
Anhaltspunkt, ebensowenig aus der Vergleichung der spärlichen
und z. T. angezweifelten Fragmente des Petr. Alex., welche sich
bei Gallandi Bd. IV, dann bei Routh, Rel. sacr. IV und bei MPG
Bd. 18 zusammengestellt finden (cf. Gass in RE2 11, 543 sqq. und
WBright in Smith Dict. IV, 334). Sowohl die Canones als die
dogmatischen Fragmente bewegen sich in ganz anderen Gebieten,
so dass dieser Mangel an Übereinstimmung nicht befremden kann.
So müssen wir uns von dieser einleitenden Erörterung zur
Betrachtung der Fragmente selbst wenden, ohne eine feste
Stellung bezüglich der Autorfrage gewonnen zu haben, — mit
der Hoffnung, in ihnen selbst neue Gesichtspimkte zur Lösung
des Problems zu finden.
§ 7. Die diöaoxa/.ia tisxqov bei den späteren griechischen Vätern. 109
XIV.
a) Greg. Xaz. ep. 20 ad Caes. fratrem (II, 19): xdftvovöa yaQ
tyvyj) syyvo tozi &tov (<p?]Oi jiov &ai\uaGicozaza Xtycov 6 jttzgoo).
b) id. or. 17, c. 5 (I, 321): xatuvovöa rpv%?} syyvo iözi freov.
Dazu Elias Cret. (MPG 36, 395): (zo d5 tt-tjö iv ry ÖLÖaoxcü.ia
rtizQov xtlzaf) xa/ivovöa (yag tprpi) ipvyj) (rovriön xaxojca-
frovüc'c ze xal zolö xtQiozazixolG Gcfiyyof/t'v?/) tyylCtt iiäX-
Xov d-tm.
„Eine bedrückte Seele ist Gott nahe."
Dies ist ein schönes, kerniges Dictum, dem sich das Wort
des an solchen Sprüchen überhaupt reichen Ignatius vergleichen
lässt (ad Smyrn. 4, 2): eyyxG (.layalriao iyyvG freov, kueza§v ß-rj-
gicov (isragv d-eov. Ahnlich ist der von Didyni. (in Ps. 88, 8)
und Origenes (Hom. in Jes. 20, 3) als Herrenspruch aus schrift-
licher Quelle angeführte Satz: 6 tyyvo [tov tyyvö zov jzvqÖg,
o de (MXXQav uji efiov fiaxodv ajco zrjG ßaöü.elaö r). Der Aus-
druck xccfivovöa ipv%i} erinnert an Herrn. Mand. VIII, 10; xa-
fivovzao tyv/ji, doch kann daraus nicht im geringsten ein Ab-
hängigkeitsverhältnis gefolgert werden. Der Spruch würde in das
K.P. wohl passen, seine Stelle aber wäre ihm kaum anzuweisen,
da jeder Zusammenhang fehlt. — Andrerseits gewinnt derselbe
einen sehr passenden Hintergrund, wenn man sich denselben —
ähnlich wie bei Ignatius — im Munde des die schwerste Verfol-
gungszeit leidend miterlebenden alexandrinischen Bischofs denkt 2).
1) Vergl. Resch. Agrapha, T. u. U. V, 4 p. 98, 142, auch 439.
2j Zahn sucht (Gesch. d. Kan. II, 2, 2 p. 830 A. 1) den Spruch aus
einer Situation im Leben des Petrus zu erklären und wird durch den Zu-
sammenhang in or. 17 auf Mt. 14, 30 geführt: xo rov tcszqov Tiäoyovaiv
imxa/.eaafxivov xtjv oüjttjoiccv iv xcy /ut/j.tiv xaxaöveo&ai xal ixä/.'/.öv xi
xgooycDQovot &£uj öicc xb d?.yetv xal rov eveoyexrjv olxeiovvxai diu
rfjG &).i\p£a>a, ineidt] xäfxvovoa xx).., xal xb xQVfeElv tmoxotyti ttqog tov
dovvui dvvä/iiEvov. Da nun Greg. Naz. auch an der anderen Stelle nach
dem Citat fortfährt: xal Ttavxl 6ia<pvy6vxi xivövvov n/.eicvv olxeitoaco
Tieol xbv TieoiGOJoavza, so glaubt er diesen Satz zu dem Citat hinzuneh-
men zu müssen. Doch der einzige Anklang des Wortes olxeiova&ai, der
in dem Sprachgebrauch Gregors begründet ist, berechtigt hierzu nicht;
ebensogut könnte man den kurzen Satz, der an der anderen Stelle folgt,
hinzuziehen. In Wirklichkeit beweist einer gegen den anderen und Elias
Cret. spricht gegen beide, da er nur bis Ö-foJ erklärt. Damit fällt aber
auch die Beziehung auf Mt. 14, 30, wozu auch der Ausdruck xd/ivsiv nicht
recht passt.
HO v. Dobscbütz, Das Kerygrna Petri.
XV.1)
a) Leontius, Isqcc (Lequien II, 475: litt, s, titl. 8 [V]; R fol.
167: litt, b, titl. 44; H fol. 284, a, 1): (ex x/jo didaoxaXLcto jctxQov)
jiXovoioö ixelvoo loxtv 6 xoX- Reich ist der, welcher sich vieler
lovö eXecov xcu, 6 xaxa &eov erbarmt und in Nachahmung
filtu?/OLP ejtiöidovo 8$ cor e%u. Gottes giebt von dem, was er
&eoG yag jtavxa näöiv eöcoxev hat. Denn Gott hat alles allen
ex xcov avxov xxiGyctxcov. övve- gegeben aus den von ihm ge-
T£ örj jiXovöloi, öxi öiaxovüv schaffenen (Gütern). So merket
otpeiXexs Xaßovxso jtXeiova cov denn ihr Reichen, dass ihr
avxol /q/j^ste. yä&sxs öxi hxs- Dienstleistungen thun müsst,
qoio Xsijcei xä vy.lv jczqhjösv- da ihr mehr empfangen habt,
ovtcc aioyvv&7]xs xaxeyovxea als ihr selbst bedürfet. Lernet,
xä aX.XoxQia. {iifir'Gaöd-E ioo- dass anderen mangelt, was ihr
tijtü &tov xcu ovöuo taxai übrig habt; schämt euch, frein-
xtvrjö. des Gut zu behalten. Ahmt
Gottes Billigkeit nach, und nie-
mand wird mehr arm sein.
b) Greg. Naz. or. 14 (al. 16; ed. Maur. I, 274): (iva (irj dxov-
co[ihv ütixQov XJyovxoo') al6yvv&?]xe ol xaxtyovxso xa aX.XöxQia
xcu {iitu/jGao&£ loöxrjxa freov xcu ovöeiö loxai jctvrjö.
2) Über die Überschrift s. o. p. 107.
3) VH: n?.ovawa äaxiv iy.elvoo. 5) VH: imöovG.
6) Ttdvxu nuGLV c. H (MPG, Hilgenfd.); navxünaoiv: Y (Lequien);
Ttavxa I Tiäoiv: R. 13) RH oni. rä.
Dies Fragment entbält eine Predigt an die Reichen, welche
sich durch ihre eindringliche, knappe Art in ähnlicher Weise
auszeichnet wie das vorige Fragment. Um den Inhalt desselben
richtig zu würdigen und womöglich auch eine Zeitbestimmung
daraus zu gewinnen, müssen wir uns in kurzen Zügen die Ent-
wicklung vergegenwärtigen, welche die Beurteilung des irdischen
Gutes in den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche ge-
nommen hat.
Bei Jesus Christus, dem Herren, finden wir — nach über-
einstimmenden Zeugnissen — die Stellung, dass er zwar die
grosse Gefahr, die der Reichtum dem Menschen bringt, indem
er ihn in irdische Sorgen verwickelt und von himmlischen abzieht,
1) Vergl. dazu auch Rescb, 1. c. p. 131.
§ 7. Die öiduoxu'/.ia tcstqov bei den späteren griechischen Vätern. \\\
durchschauend, darauf dringt, nicht sowohl irdische als himm-
lische Schätze zu sammeln (Mt. 6, 19 sqq.), und dass er insofern
grössere Empfänglichkeit bei den Armen voraussetzt (Mt. 11, 5;
cf. 19, 23 sqq.), dass er aber dabei doch nur die Gesinnung im
Auge hat J). In dieser Bahn gehen auch die apostolischen Aus-
sagen weiter. Bei Paulus ergiebt es sich schon als eine Conse-
quenz seines Principes 1. Cor. 7, 20 (cf. Rom. 14, 14), dass er
das irdische Gut als solches nicht verwerfen und von dem Be-
kehrten nicht etwa ein Abthun desselben fordern kann; ja
1. Cor. 13, 3 stellt er ausdrücklich den Unwert einer solchen
Entäusserung an sich fest. Dabei fordert er freilich eine völlige
innerliche Loslösung vom Besitze (1. Cor. 7, 31), indem er wieder-
holt den geringen Wert alles irdischen Gutes den jireviiarixä
gegenüber betont 2). Die gleiche Anschauung bieten die Pastoral-
Briefe (besonders 1. Tim. 6, 17 sqq.) und der Hebraeer- Brief.
Auch Johannes, der im Evang. gar nicht auf diese Frage kommt
(so wenig wie 1. u. 2. Petr. und Judas, ein Zeichen, dass sie für
viele Gemeinden ohne Bedeutung war), zeigt doch — abgesehen
davon, dass er das Wunder zu Cana erzählt, welches allem Enkra-
tismus ins Gesicht schlägt — in den Briefen die gleiche Auf-
fassung: er verwirft I, 1, 16 die aiaCovla toi- ßlov, d. h. das
Grossthun mit dem Vermögen und fordert nur thätige Hilfe
1) Wenn Mt. 5, 3 zw 7tv£v\uazi im Munde des Herren nicht ursprüng-
lich sein sollte, so ist doch damit die richtige Exegese seines Gedankens
gegeben (cf. 11, 25). Wie es Christo nur auf die Gesinnung ankommt,
zeigt Mc. 12, 41 sqq. — Mt. 19, 21 ist als seelsorgerliche Massregel in einem
einzelnen Falle zu betrachten , ähnlich Mc. 6, 8 sqq. , was an die Apostel
speciell gerichtet ist. Auch aus Mt. 13, 44. 46 ist nicht die Forderung des
Verzichtes auf irdischen Besitz abzuleiten. Ja Mt. 26, 10 sqq.; Mc. 14, 6 sq. ;
Joh. 12, 7 sq. billigt der Herr — gegen seiner Jünger Ansicht — sogar eine
Art religiös motivierter Verschwendung.
2) Rom. 15, 27; 1. Cor. 9, 11; 2. Cor. 6, 10; Philem. 19. Besonders
wichtig ist die Collektenangelegenheit, bei welcher sich zeigt, dass Paulus den
Besitz der Gemeinden resp. ihrer einzelnen Glieder, vollkommen anerkennt;
er verwahrt sich dagegen, dass die Collekte den Corinthern ihr Vermögen
entziehen solle (2. Cor. 8, 13 sqq.) und will nur freie Liebesthätigkeit , die
er allerdings durch mannigfache Motive anzustacheln sucht (1. Cor. 16,lsqq. .
Geiz und Wucher verwirft er natürlich (Col. 3, 6; Eph. 5, 3. 5; cf. 1. Tim.
3, 4. 9), ebenso wie er das lieblose Verhalten der Reichen bei den Agapen
tadelt (l.Cor. 11, 21). Immer aber setzt er Privatbesitz als zurechtbestehend
voraus (2. Thess. 3, 12; Eph. 4, 28; Gal. 6, 6).
112 v* Dobschütz, Das Kerygma Petri.
gegenüber den Armen (I, 3, 17) und reisenden Brüdern (III, 5 sqq.).
Ebensowenig ist in der Apok. ein Wesensunterscliied zwischen
Armen und Reichen an sich gemacht, wenn sie zusammen als
Ausdruck der Gesamtheit der Tieranbeter erscheinen (13, 16),
während es allerdings 2, 9 scheint, als sei gegenüber dem geist-
lich zu verstehenden jilovoioo (cf. 3, 17) die jzxmxüa neben
ihXiipiO Moment besonderen göttlichen Wohlgefallens. — Diese
letztere Anschauung — über deren Gründe und Herkunft aus
missverstandenen Herrenworten unter Einwirkung dualistischer
Zeitan schauungen hier nicht gehandelt werden kann — findet
sich dann in der That bei Jacobus, welcher die Reichen als
solche — innerhalb wie ausserhalb der Gemeinde — als schlechte
behandelt (1, 10; 2, 1 — 7; 5, 1 — G); und besonders bei Lukas,
der sowohl im Evang. ganz eigentümliche Züge dieser Art ein-
getragen hat1), als noch vielmehr in der Apostelgeschichte ein
— von der Darstellung seiner Quellen noch deutlich zu schei-
dendes — Bild der Urgemeinde nach seinem Ideal gezeichnet
hat. 2) Diese Tendenz ist dann in der ersten Hälfte des zweiten
Jahrhunderts die herrschende: xa xoöfiixa xavxa coö aXXoxgia
t)yeZ6d-ai ist eine der Hauptforderungen des sog. II. Clem.-Briefes
(c. 5, 6); ist ja doch das Verlassen der jraQoixia xov xoOfzov
(cf. I. Clem. inscr.) der wesentliche Wille Gottes an den Christen;
daher die syxQccxeut seine Haupttugend (4, 3); die aöixoi sind
die jtZovxovvxeö, die Knechte Gottes sind in Dürftigkeit (20, 1).
Ebenso steht es bei Hermas. In seiner ersten Similitudo macht
1) So schon in der Kindkeitsgeschichte die Züge der Ärmlichkeit, die
bei Mt. ganz fehlen, (2, 7); die Verschärfung des Gebotes an die Jünger
(9, 3; cf. 10, 4; 22, 35); die Verstärkung der Seligpreisung der Armen (rd>
nvevfiari fehlt) durch ein Wehe über die Reichen schlechthin (G, 20. 24;
cf. 16, 19 — 31), wo keine sittlichen Züge eingetragen werden dürfen. 12, 16 sqq. ;
1, 53. — 4, 18; 7, 22 = Mt. 11, 5 — 14, 12 sq. — f/a/xcovä zrja ccöixicto (16,
9. 11 1 — dann besonders die Verallgemeinerung der Vorschrift 18, 22 =
Mt. 19, 21 in Luk. 12, 33, cf. 14, 33, womit dann gradezu communistische
Gedanken zusammenhängen 3, 11; 19, 8 sq. ; dazu in 8, 3 eine positive
Illustration aus Jesu eigenem Leben in seinem Jüngerkreis. — 12, 14 sq.
dagegen hält sich auf der sonstigen Linie der Polemik gegen Ungenüg-
samkeit.
2) cf. 2, 44 sq.; 4, 32. 34 sq.; — dagegen 4, 36 sq.; 5, 1—11; 6, 1 und
für die antiochenische Gemeinde 11, 29; — dazu 19, 19 die Verbrennung
der Bücher mit der wohlgefällig berichteten Angabe des hohen Wertes;
8, 18 sqq. die Zurückweisung Simons und seines Geldes.
§ 7. Die öiöciGxahla tiszqov bei den späteren griechischen Vätern. H3
er es au dem Bilde eines Fremdlings klar, der in fremdem Lande
keinen Besitz erwerben darf, weil er immer gewärtig sein muss,
von dem Herren des Landes (mag liier an den römischen Kaiser
oder besser an den Teufel gedacht sein) ausgewiesen zu werden,
weil er dessen Gesetzen nicht gehorchen kann und will. Alle
irdischen Güter sind aXXoxQia (3), und ccXXotqicov «Jixtö&cu und
sjci&vfisZP ist verboten (11 — wohl Anspielung auf das 10. Gebot);
darum ist die ejxQavEia eine der wichtigsten Tugenden (Mand. VIII, 3),
die jtoXvreXsia xov jtXovxov eine der schlimmsten Sünden
(ibid. XII, 2, l).1) Die Reichen können zwar jiioxol sein, aber
dies besagt für Hermas nicht mehr als für uns der Christenname,
der auch Namenschristen umfasst; seine Formel ist jctöxol —
jtXovxfioavrto de (Sim.VIII, 9, 1; Mand. X. 1, 4). Solche Reiche
vergleicht er Disteln und Dornen (Sim. IX, 20, 1). Ja die Reichen,
die yavQuövztO iv reo jtXovxco avxcöv (Vis. I, 1, 8; III, 9, 6),
sind schlimmer noch als die ^ujitcpvfj^utvoi jigay^axtkuG xoXXalü,
weil sie mit den Heiden liebäugelnd (Sim. VIII, 9, 1), sich von
der christlichen Bruderschaft absondern, um durch die Bettelei
nicht behelligt zu werden (IX, 20, 1). Zwar giebt es für sie noch
eine kurze Bussfrist; aber es ist schwer für sie umzukehren, und
— wie Hermas an sich selbst erfahren hat — nur wenn der Herr
ihnen ihren Reichtum beschneidet, ist wirklich Rettung denkbar
(Vis. III, 6, 5 sq.). — Aber so bestimmt diese Sätze lauten, so
hat doch ebenderselbe Hermas einen Ansatz dazu gemacht, eine
ganz andersartige Beurteilung des Reichtums zu gewinnen. Zwar,
der Reiche ist unfruchtbar an sich: davon geht Sim. II: „von
der Ulme und dem Weinstock * aus; aber er hat in seinem
Reichtum ein Mittel, durch Unterstützung des Armen dessen für-
bittende Kraft für sich zu gewinnen. Es kommt also für ihu
nur darauf an, diese Bedeutung des irdischen Gutes zu erkennen:
(MXXCCQIOI Ot E%OVT£Ö XCU GVVLtVXtG OXl JtCCQU XOV XVQIOV JcXoVxl-
L,ovxca (Sim. II, 10); eIö xovxo yä(> ejcXovtlöev vfiäö o öeoji6x?]0,
Iva xavxao xao öiaxoviao teXeötjte avxco (Sim. 1, 9). 2) — Mit
1) So erscheinen auch ol ti/.ovtovvtio xal reo tt?.ovtco avxaiv nsnoi-
ÜOTto in der Petrus- Apok. (§ 30) mitten unter Sündern allerschlimmster
Art und furchtbar bestraft.
2) Diesen Gedanken parallel laufend, aber von weit untergeordnetem
ethischen Werte sind die Betrachtungen, die Hermas Vis. III, 9, 2—6 pro-
duciert: Überfluss an Speisen schadet dem Körper ebenso wie Mangel
Texte u. Untersuchungen XI, 1. 8
114 v. Dobschütz, Das Kerygrna Petri.
diesen Gedanken hat Hermas durchgeschlagen; das zeigt die bald
darauf erfolgende Ausscheidung alles erklärten Enkratismus aus
der Kirche, wobei allerdings der Gegensatz des in jener Ge-
dankenreihe zum Durchbruch kommenden monarchischen Gottes-
begriffes gegen den mit dem Enkratismus notwendig verbundenen
Dualismus wesentlich mitgewirkt haben mag (Tatian). Das Haupt-
motiv war aber doch wohl die immer stärker sich vordrängende
Verweltlichung des Christentums. — Das zeigt sich am deut-
lichsten bei der ein halbes Jahrhundert später in Clemens' Alex.
Schrift xio 6 ow^ofisvoo jiXovoioO unternommenen Erneuerung
des Versuches, systematisch eine andere Stellung zum irdischen
Gute zu gewinnen. Clem. AI. erklärt hier das irdische Gut aus-
drücklich als ein döiacpogov (c. 15). Zwar nennt er es — das mag
eine Nachwirkung der anderen Auffassung sein — ein aXlotQLOv,
aber in ganz anderem Sinne, nämlich als ein nicht das eigenste
Ich des Menschen angehendes, seine sittliche Person nicht be-
rührendes — opp. ro jtvEvfia als xo lÖiov c. 19, cf. 37. Darum
tadelt er es ausdrücklich, dasselbe wegzuwerfen (c. 12; 27) *),
indem er es ablehnt, dass der Arme an sich Gotte wohlgefälliger
sei als der Reiche (c. 12), und darauf hinweist, dass der Reiche
oft von Gott in seine Lage hineingeboren sei (c. 26). Vielmehr
sucht er den Reichtum nicht nur als sehr nützlich (c. 14: yjQ'l'
tuara XQrjöifia . . . xcu elo xgrjöiv rolo av&QcöjtoiG vxo xov
frsov jcaQEOxsvaö flava) , sondern sogar in gewisser Weise als
notwendig zur Erfüllung der Herrengebote (c. 13) zu erweisen.
Abgesehen von dieser letzten rhetorisch überschwänglichen Wen-
dung und manchen Einzelheiten seiner Ausführung steht Clemens
hiermit materiell ganz auf dem schon von dem Herren selbst
eingenommenen Standpunkt, die Beurteilung nicht nach sach-
lichen, dinglichen, sondern nach den ethischen Massstäben der
inneren persönlichen Beteiligung zu vollziehen (cf. Matth. 15, 11
daran; darum ist ein Ausgleich nötig, auch im Interesse der Reichen, —
ein so trivialer Gedanke, dass Hermas selbst sich gedrungen fühlt, einen
Ausblick auf das jüngste Gericht beizufügen.
1) Sehr hübsch ist diese Anschauung zum Ausdruck gebracht in der
von Zahn, Act. Job. p. 285 den leucianischen Joh.-Acten zugewiesenen
Legende von den zwei ihr ganzes Vermögen in Gestalt zweier Edelsteine
zertrümmernden Schülern des Philosophen Kraton, denen der Apostel ener-
gisch entgegentritt.
§ i. Die öiöuoxcO.ia. nizQOv bei den späteren griechischen Vätern. ^5
= Mc. 7, 15), der freilich bald von der Christenheit teilweise
aufgegeben worden war. Formell aber unterscheidet sich die
Position des Clemens von jener originalen so sehr, wie der naive
Ausdruck ursprünglich religiöser Anschauung von einer mit
polemischen und politischen Rücksichten gebildeten Theorie.
Vor allem jener anderen strengen, wenn auch nicht ursprünglich
altchristlichen Betrachtungsweise gegenüber zeigt sich die starke
Verweltlichung des Gedankens darin, dass aus der ganzen Aus-
führung des Clemens sich als leitender Zweckgedanke der
Wunsch ergiebt, den Reichen den Beitritt zur christlichen Ge-
meinde zu erleichtern, indem er ihnen zunächst zeigt, dass sie
als solche nicht an ihrem Heile zu verzweifeln brauchen (3 —26),
und sodann, wie sie es nun anfangen müssen, um dasselbe zu
erreichen (27 — 41). Dabei stösst uns vor allem die gewaltsame
Unideutung der Herrenworte ab (c. 11: Mc. 10. 21 = ra ööy^iaxa
xeqI yo/jfiäzcov eB,OQiOai zfjo ipvyj/ö), wobei er sogar den Jüngern
eine Ahnung dieses bildlichen Verständnisses insinuiert (c. 20),
und dann am Schluss die Ausführungen über die bei Menschen
zu suchende Hilfe (c. 41), was freilich nur eine Fortbildung der
Gedanken des Hermas ist.
Dies sind die wichtigsten Momente der in Frage stehenden
Entwicklung. Lässt sich daraufhin nun unser Fragment ge-
schichtlich einreihen? — Eine Theorie über den Reichtum im
Sinne des Clemens enthält dasselbe freilich nicht. Aber mehrere
Züge in der Anschauung desselben führen darauf, es später als
Hermas anzusetzen. Zunächst kommt da in Betracht der Begriff
alloxQiov, welcher hier im Unterschiede von der älteren Be-
trachtungsweise (Lk. 16, 12; Act. 7, 6; Hebr. 11, 9; IL Clem. 5, 6.
Herrn. Sim. I, 3; 11) und von der philosophischen des Clem. AI.
das dem Bruder gehörige Gut bezeichnet, was Act. 4, 32 durch
verneintes 16100 ausgedrückt ist (cf. 1. Cor. 11, 21; Did. 4, 8;
Barn. 19, 8; cf. 1. Clem. 2, 6). Damit hängt zusammen, dass
in laßövrso das irdische Gut als Gottesgabe erscheint. Endlich
setzt der erste Satz fast den Gedanken des Clem. AI. voraus,
dass zu geistlichem Reichtum auch ein gewisses Mass von
irdischen Gütern gehört. Wer nichts hat, kann nicht eXsav
td. h. thätiges Erbarmen üben) und darum auch nicht uilovoioo
(im geistlichen Verstände) sein. Auch im Vergleich mit anderen
Schriften ergiebt sich diese Posteriorität. Die Mahnung, Gott
Hg v. Dobschütz, Das Kerygina Petri.
nachzuahmen, findet sich in gleicher Hinsicht Eph. 5, 1; be-
merkenswert aber ist der Unterschied in der Begründung: hier
die Liebe Gottes in Christo, die specifisch religiöse Betrachtungs-
weise, in unserem Fragment die natürliche der Vernunft zu-
gängliche Erweisung der göttlichen looxt/G, eine starke Ab-
schwächung der intensiv christlichen Anschauung, die sich viel
deutlicher noch im Brief an Diognet (c. 10) erhalten hat, welcher
sich überhaupt durch ursprüngliche religiöse Wärme und wunder-
bar tiefe Erfassung sowohl der johannei^chen als auch der
paulinischen Gedanken auszeichnet 1). Auch wenn wir die ersten
beiden Sätze unseres Fragmentes vergleichen mit dem Gedanken
Herrn. Mand. II, 4, der ebenso Did. 1, 5 und daraus verkürzt
Ap. Const. VII, 1 wiederkehrt: jtäoi yäg freist diöoö&ai 6 Jtaxi/Q
ix xcov löicov öcoQt/fidtcov {ya.QKJna.xcov Did.), so machen jene
mehr den Eindruck einer Paraphrase. Der Eindruck wird ver-
stärkt, wenn wir hinzunehmen, dass in unserem Fragment dabei
von Überfluss die Rede ist, während sich sonst durch die ganze
ältere Literatur, besonders in Verbindung mit dem vorigen Ge-
danken, der Satz hindurchzieht: ix. xcov xöjtcov oov cov o Üeoo
ölöooiv oot (Herrn. Mand. II, 4), cf. ovxcoo xontcovxao Act. 20, 35;
Eph. 4, 28 oder Ig oixslcov Jtövow Ap. Const. VII, 1; cf. Ap.
K.O. 12 (ix xov Iöqcötoo oov xal ex xov jiovov xcov yeiqcov oov
cf. Ap. Const. [— Didasc] V, 1 u. ö.) oder edv ey?]0 öid xcov
Xsiqojp oov (Did. 4, 6; Barn. 19, 10; Ap. K.O. 13; Aphr. Hom.
XIX p. 315) zu geben. Durch alle diese mannigfachen Varia-
tionen geht derselbe an die Zustände der altchristlichen Gemein-
den erinnernde Ton, während unser Fragment auf die Zeiten der
Einbürgerung des Christentums in der Welt hinweist. — Aus der
Übereinstimmung aller dieser Beobachtungen, die jede für sich
allerdings nichts beweisen würden, scheint es sich mit einer ge-
wissen Wahrscheinlichkeit zu ergeben, dass dies Fragment später
ist als zum wenigsten der Hirte des Hermas, ja vielleicht von
diesem teilweise abhängig 2). Ist dies aber richtig, so kann aller-
1) Umgekehrt ist die Vorstellung des dnofxi/xHa&ai &töv bei Clern. AI.,
quis div. salv. 32, wo es von dem empfangenden ausgesagt ist mit Rück-
beziehung auf Mt. 25, 34 sqq. — Ohne diese specielle Beziehung findet sich
uiurjzctl &£Ov auch Ign. ad Eph. 1, 1; ad Trall. 1.
2) Die Kenntnis und Benutzung des Hirten des Hermas ist c. 300 in
Alexandrien bei einem dortigen Katecheten selbstverständlich, cf. Äthan.
§ 7. Die didaaaa/.lcc tcsxqov bei den späteren griechischen Vätern. \Y1
dings die Didascalia Petri, welcher es angehört, kaum noch mit
dem Kerygma Petri, welches deutlich seine Priorität zu Hermas
erkennen Hess, identificiert werden. Da die Theorie des Clem.
AI. nicht als Voraussetzung des Fragmentes zu erweisen ist, so
bliebe immer noch die Möglichkeit, an eine vororigenianische
Schrift unter dem Namen des Apostels Petrus zu denken, deren
Charakter im Unterschied von dem Kerygma Petri (d. h. der
Darstellung der Missionspredigt) nach dem Inhalt des Fragmentes
in Übereinstimmung mit dem Titel öiöaO'/M).La als derjenige inner-
gemeindlicher Belehrung bestimmt werden könnte, — im Unter-
schied von den späteren Didascalien freilich mehr moralischen
als kirchenrechtlichen Inhaltes. Wenn man aber die Stelle des
Origenes, wo er von doctrina Petri spricht, wie oben wahrschein-
lich gemacht worden ist, auf das Kerygma Petri zu beziehen
hat, so nötigt nichts, bei dem zweiten Jahrhundert stehen zu
bleiben. Was man dafür anführen könnte, der Gebrauch des
Wortes diaxov&Zv in dem ursprünglichen Sinne von jeder christ-
lichen Liebesthätigkeit (woraus sich erst später der amtliche Be-
griff entwickelt), verschlägt nichts, da dieser Gebrauch sich noch
über Hermas hinaus bis in späte Zeit erhält *). Eine Theorie
nach Art des Clem. AI. aber ist in einem solchen kurzen, sicht-
lich einer praktisch abgezweckten Rede angehörenden Fragmente
nicht zu erwarten. Dazu kommt endlich, dass wir in den wenigen
erhaltenen Fragmenten des Petrus Alex., an den nun nur noch
gedacht werden kann, in dem 12. Canon seiner epist. canonica
(MPG 18, 500) eine ähnliche Wertung des Reichtums und ana-
loge sittliche Anschauungen finden: Das irdische Gut ist ein
geeignetes Mittel sich von heidnischen Belästigungen loszukaufen.
Man wählt von zwei Übeln das kleinere, wenn man, statt es auf
ep. 39, wo der Pastor zu den nicht kanonischer), aber für den katechetischen
Unterricht ausgezeichneten Büchern gezählt wird. — Auf den Gebrauch
des Hermas von ßwtrjfti (Sim. II, 7; 10) wird auch das gvvets zurück-
gehen, ohne dass man auf den andersartigen Gebrauch in Ps. 40 (41), 2
zurückzugreifen brauchte.
1) Absolut wie hier findet sich öiaxovüv noch 1. Petr. 4, 11; in gleicher
Bedeutung mit Dat. Obj. Kom. 15, 25; Heb. 6, 10. Ebenso steht öiuxovia
meist von freiwilliger Wohlthätigkeit (1. Cor. 16, 15; Ap. 2, 19), besonders
von der Collecte für die jerusalemische Gemeinde Act. 11, 29; Rom. 15,31;
2. Cor. 8, 4; 9, 1. 12 sq. . — Aus späterer Zeit Herrn. Mand. II, 6; Sim. I, 9;
II. 7; — Act. Joh. Proch. 150, 6.
118 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
die Möglichkeit der Verläugnung ankommen zu lassen, den Ver-
lust des Geldes auf sich nimmt und durch dessen freiwillige
Hingabe ein Bekenntnis seines Gottesdienstes ablegt. — Nach
alledem scheint die von Leontius cod. K (cf. H) dargereichte Zu-
weisung der Fragmente an Petr. Alex, auch mit inneren Gründen
bestätigt zu sein, wenn auch zugegeben werden muss, dass dies
Urteil sich wesentlich auf subjektive Beobachtungen stützt, aus
denen sich eine Evidenz nicht erzielen lässt.
XVI.
Leontius lega (Lequien II, 336: litt, a, titl. 12 [V]; R fol. 236:
litt, x, titl. 27; K: litt, a, titl. 11 [Mai VII p. 961)]): (ex xrjo
xov aylov ütixgov [aXto,avÖQ£iaö] öiöaGxaXlaO')
xäXaö eyco- ovös s/iv/jo&qv, öxi Ich Unglückseliger! ich bedach-
o frsdö vovv oqö. xal ipv/jjö te nicht einmal, dass Gott die
iüiixrjQü (pmvrjv. övveyvcov eio Gesinnung anschaut und auf die
afiaQxiav üiqoo sf/avxov Xeycov • Stimme der Seele achtet. Ich
eXer/fimv eöxlv 6 &eoö xal ave§e- willigte in die Sünde, indem ich
xal fiov, xal firj jtXr/yelo jcaga- zu mir sprach: Gott ist ja barm-
XQijfia ovx tJtavoätu?ji>, aXXä herzig und wird sich meiner an-
fiaXXov xaxe<pQovi)Oa Ovyyvco- nehmen. Und da ich nicht als-
firjo xal eöajtav?]oa &eov fia- bald geschlagen ward, so hörte
XQO&t\ulav. ich nicht auf, sondern verach-
tete mehr und mehr die Verzei-
hung und missbrauchte Gottes
Langmut.
2) über die Überschrift s. o. p. 107.
6 sq.) K: frtirrjQsZ st. oqü und st. tmxrjQH: dxovsi, wohl Correktur,
weil letzteres zu <pojvr) zu gehören schien.
6) avviyvmv — l.tycov c. RK: V (Lequien, Hilgfd.) oweQycüv b sx&qoo
Ttooo a(xaQxiav tiquo i/iavrdv ?.eysi.
9) (Jiov c. VRK: Hilgenfeld conjiciert in Verbindung mit der vorigen
LA. richtig oov, aber grade dass Y auch fxov hat, ist der stärkste Beweis
für die Ursprünglichkeit der von uns bevorzugten LA. von RK.
10) ovx c. RK (MPG, Hilgfd): ov Lequien (nach V oder Druckfehler? ).
Wenn man bei diesem Fragment an den Apostel Petrus
denkt, so ergiebt sich von selbst die Verleugnungsgeschichte
1) Hieraus entnommen findet sich das Fragrn. auch unter den Werken
des Petr. Alex, bei Routh, Rel. sacr.2 IV, 82 und bei MPG 18 p. 522.
§ 7. Die öiöaoxa)Ja itzxqov bei den späteren griechischen Vätern. H9
als der natürliche geschichtliche Hintergrund desselben '). Eine
derartige Selbstanklage im Munde des Apostelfürsten hat auch
an sich nichts befremdliches zu einer Zeit, wo man die so hoch
gefeierten Patriarchen grossenteils ihre Testamente mit dem Be-
kenntnis einer der schwersten Sünden anheben liess, um daran
"Warnung und Vermahnung zu knüpfen. Ein solcher didaktischer
Zweck ist auch wohl in unserem Fragmente vorhanden; sieht
man sich dasselbe aber einmal näher an, so findet man, dass es
zu der vorausgesetzten Situation eigentlich gar nicht passt. Schon
xaXaö ist bei einem Rückblick auf die Verleugnung befremdlich,
zumal es das törichte seines Handelns ist, was der Redende im
folgenden beklagt. Und was soll die Bezugnahme auf Gottes
herzenkündigende Allwissenheit bei der Verleugnung Petri, die
doch gewisslich eine Sünde offenbarster That war? Endlich wäre
eine derartige psychologische Reflexion, wie sie hier der Redende
anstellt, so wenig sie zu den evangelischen Berichten jener Ge-
schichte passt, so ungeschickt als möglich, da dadurch die halb
unbewusste Schwachheitssünde, welche erst beim Hahnenschrei
dem Jünger in ihrer ganzen furchtbaren Grösse aufgeht, als mit
bewusster Überlegung geschehen dargestellt und dadurch unge-
heuer verschärft worden wäre. So ist auch bei diesem Fragment
kein Grund an den Apostel Petrus zu denken und , wenn wir
bei dem vorigen es für wahrscheinlich befunden haben, dass es
Petrus von Alexandrien angehörte, so werden wir auch hier
keinen Anstand nehmen, es diesem zuzueignen. Freilich fehlt uns
dann jede geschichtliche Beziehung, aber wir verlieren damit nichts,
als was wir selbst erst an das Fragment herangetragen haben.
Auch Vermutungen sind kaum fruchtbar, da wir von Petrus
Alex, selbst zu wenig wissen und auch gar nicht ahnen können,
ob er dies von sich ausgesagt, oder einem anderen in den Mund
gelegt hat. — Zu gründe liegt dem Fragment wohl die Stelle
Sirach 5, 4 sqq. : (irj slxyö' ^y.agxov, xal xi tuoi syevsxo; 6 jag
xvgioo söxi [iaxQÖfrvfioG. jisgl s^i/.aGfiov kuf) acpoßoG yivov jcgoo-
&sZvcu afiagxiav h(p atuagxiaiO, xal (i?) etjrijG' 6 oixxtgfioo avxov
jtolvö' xb jcl/j&oö xo3v afiaoxicöv tuov £c,i?.dosxai. tleoo yag xal
1) Bei dieser Auffassung will Zahn (Gesch. des Kan. II, 2, 2 p. 830 A. 1)
auch den Namen der Magd, welche Petrus zur Verleugnung veranlasste,
Ballila (Caesarius Dial. III, 178 bei Gallandi VI, 134) dem K.P. zusprechen
120 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
ogyrj JictQ ccvTcö (c. AI. Epkr.: Vat. avxov) xal Im afiaQxm-
'/.ovo xaxaxavou o &i\udo avxov. Von dieser ATlichen Stelle
unterscheidet es sich aber einmal dadurch, dass alle Gedanken
in die Rede des betreffenden hineingenommen sind, — wenn wir
annehmen dürfen, dass der Sprechende mit sich selbst exempli-
fiziert, eine sehr wirkungsvolle Art der Ermahnung; — zum
andern aber dadurch, dass der Ausblick auf die ogy?) wegbleibt,
und als der Gipfel der Sünde der Missbrauch der göttlichen
Langmut erscheint, durch welche die Menschen sich zur Busse
leiten lassen sollten (Rom. 2. 4) — gewiss ein echt christlicher
Gedanke. Vergl. dazu Herrn. Sim. IX, 32, 5: clementiam eius
calcare nolite; ähnlich spricht Tert. de pudic. 10 von „de pa-
tientia ludere". Man kann auch Ps. Sal. III, 4 zum Vergleiche
heranziehen: ovx oliyoiorjott, ölxaioo Jtai6sv6tuero0 vjco xvqiov;
ausführlich wird die jtaiöeia des Gerechten Ps. Sal. XIII behan-
delt und in feiner Weise von der xaxaoxgocprj xcöv afianxwkcöv
unterschieden. — Auffallend ist die Construktion von övyyivco-
oxblv mit sio. Vielleicht darf man dabei auch nicht so, wie wir
in unserer Übersetzung gethan, das Moment des Willens betonen,
sondern nach Gvyyvcövat tavxco (was hier durch jiqoö efiavxov
bei Xsycov ersetzt wäre) ovyyivcooxEiv von dem sich bewusst
sein (sio in Hinsicht auf etwas) fassen und übersetzen: „ich ge-
stand die Sündhaftigkeit meines Thuns ein, eben damit dass ich
zu mir sprach". Dies hätte den Vorteil, dass man dann övyyvcofif]
im folgenden in derselben Bedeutung fassen könnte: „ich ver-
achtete meine bessere Einsicht". Doch lässt sich der Sprach-
gebrauch nicht belegen. Noch seltsamer wird die Auffassung,
wenn man die LA. des Vat. bevorzugt, wo von einer synergisti-
schen Thätigkeit des Teufels (dieser muss unter dem ty&oÖG ver-
standen werden cf. Lk. 10, 19; Mt. 13, 39) die Rede ist; doch
auch diese Vorstellung ist alt, sie findet sich z. B. Test. XII
patr. , Dan c 1: xo yäg jcvsvfia xov £?'jZov xal xiffi alatpvüao
s/.eye (iof xalye ov vloo avxov. xal tv xo5v jcvtvfiäzwv xov
js/.iag ovvfjnyei fioi Xtycov laße xo £,i(poo xovxo xal Iv
c.vxcö aveXs xov icoörjq) xal ayajtijoei os 6 jrax/'/g oov axo-
fravovxoo avxov. Hier zeigt sich noch deutlich die Herkunft
derselben aus Gen. 3. Wie dieselbe an unserer Stelle eingedrun-
gen ist, ist schwer zu erklären, und aus diesem Grunde könnte
man glauben sie vorziehen zu müssen, wenn nicht das gewichtige
§ i. Die öiöaGy.u'/.ia nixQOv bei den späteren griechischen Vätern. 121
Zeugnis zweier älterer Handschriften und das fiov im Vat. selber
die andere LA. unanfechtbar machten. Wahrscheinlich stammt
jene von einem Schreiber, dem diese Vorstellung geläufig war,
während er mit dem schwierigen Gwiypmv do nichts anzufangen
wusste.
So hat diese Erörterung der Fragmente die aus der Tradition
nicht mit absoluter Sicherheit zu erweisende Annahme, dass die-
selben einer Schrift des alexandrinischen Bischofs Petrus (f 311)
angehörten, durch innere Wahrscheinlichkeit ziemlich zur Evidenz
erhoben. Von dieser Schrift können wir freilich weiter nichts
aussagen, als dass sie den Titel öiöaoxakla führte *), moralischen
Inhaltes war und im 4. Jahrhundert Gregor von Nazianz, im 6.
dem vielbelesenen Leontius bekannt war, und später noch dem
Commentator Gregors, Elias von Creta 2). Es wäre sehr interessant
noch weitere Spuren von derselben aufzufinden3).
Vielleicht ist eine solche in dem folgenden Fragment zu suchen.
1) Man könnte eben um dieses Titels willen an der von uns vorge-
schlagenen Coinbination Anstoss nehmen und es für ein zu seltsames Spiel
des Zufalles erklären, wenn es in Alexandrien neben einer öiöaaxaXltt
x£tqov dnoorö/.ov, die jedenfalls noch um 230 mit Achtung gelesen
wurde, seit c. 300 eine öidaGxaUa tcsxqov imaxonov gegeben hätte, die
sich ebenfalls hohen Ansehens erfreute. Aber von einem Nebeneinander
ist gar nicht die Rede, da eben die eine nur bis c. 230 nachweisbar ist,
die andere nicht vor c. 300 verfasst sein kann. Diese 70 Jahre bilden aber
grade die Zeit, wo mit einer energischen Abgrenzung des Kanons ein
grosser Teil des alten Schrifttums beiseite gelegt und damit der Vergessen-
heit und dem Verderben preisgegeben wurde, so dass sich hier wie zu
keiner anderen Zeit das Verschwinden des Alten und Auftauchen von Neuem
leicht erklärt.
2) Elias Cret. nahm teil an dem 2. Conc. von Nicaea 7S7; — wegen
der Berufungen auf Basilius tXüyiotoo und Gregorius (1. Hälfte des 10. Jahrh.)
wird jedoch die Echtheit des ihm zugeschriebenen Commentars bezweifelt
und derselbe in das 11. Jahrh. gesetzt, cf. Edm. Venables in Smith Dict. II. 88.
3) Angemerkt sei nur, dass wenn man die Zugehörigkeit der Frag-
mente der Didascalia zum K.P. festhalten will, sich dadurch an der Ge-
schichte desselben im Orient, wie sie oben dargelegt ist, nichts ändern
würde. Die Cappadocier waren bekanntlich fleissige Benutzer des Origenes,
und ebenso gehört Leontius zu den Origenisten Palaestinas, gegen welche
sich Justinians Edikt vom J. 543 richtete. Es würde sich alsdann nur
ergeben, dass Origenes einen viel ergiebigeren Gebrauch von dem K.P.
gemacht hätte, als man nach seinen Auslassungen darüber für wahrschein-
lich halten sollte.
122 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
XVII.1)
Oecum. cornin. ad Jacob. V, 16 (opp. II, 478): (xal yivezai
sv ijfilv rö rov fiaxaQlov jttrQov) sio oixoöoficöv xal slö
y.a&aiQcov ovötv ojg)tX/jö£V ?] xojcovö.
„Wenn einer aufbaut und einer niederreisst, so schafft das
nichts als Mühen."
Dieser Spruch, dessen Zugehörigkeit zu einer bekannten
Schrift in keiner Weise angedeutet ist, findet sich Jes. Sir. 31, 28:
HO olxoöojj-cjv xal Eiö xa&aiQcov xi cog)sZi]Oev (AI.: Vat. ccxpt-
h]öav) üiltiov r\ xojcovö; und zwar in einer Reihe ganz gleich-
artiger Sentenzen, sodass seine Ursprünglichkeit an dieser Stelle
verbürgt ist. Dass er aber von Oecunienius als Petruswort citiert
wird, kann auf verschiedene Weise erklärt werden. Einmal kann
es einfache Verwechslung sein, wie solche bei späteren Schrift-
stellern vielfach vorkommt, hier noch unterstützt durch den Be-
griff der olxoöofit] im 1. Petr.-Br. Sodann könnte man daran
denken, dass die alttestamentlichen Apokryphen vielfach unter
und nach den deutero-kanonischen Schriften des N.T.s standen
(Iren, nach Eus. H.E. V, 8; cf. V, 26; dem. Alex, nach Eus. H.E.
VI, 13, 6 und noch Äthan, ep. fest. 39). Waren hier — wie z. B.
bei dem Archetypus der jüngeren Barnabashandschriften — einige
Blätter ausgefallen, so konnte es kommen, dass sich Jesus Sirach
titellos an die Petrusschriften anschloss und versehentlich auch
unter diesem Namen citiert wurde. Doch mit diesen beiden Fällen
darf nur gerechnet werden, wenn alle anderen Erklärungen ver-
sagen. Bei der hohen Wertschätzung der alttestamentlichen
Chokmaliteratur in der alten Kirche sowohl der nachapostolischen
wie der altkatholischen Zeit — welche sich in den häufigen Cita-
ten aus derselben bekundet und begründet ist in einer gewissen
Geistesverwandtschaft der alten Christenheit mit jener trotz der
Fülle edeler Religiosität und Lebensweisheit doch nicht über eine
gewisse Utilitätsmoral hinauskommenden Richtung des gesetz-
lichen Judentums der griechischen Zeit — ist es ganz natürlich,
dass auch ganze Sätze einfach von dort übernommen wurden.
So mag auch unser Fragment in einer christlichen Schrift unter
1) cf. Resch, Agrapha p. 440. Mit welcher Begründung hier ela b
oixoöofiäiv und ho b xu&atQwv gelesen wird, ist nicht gesagt.
§ 8. Paulusworte. 123
dem Namen des Petrus gestanden haben. Wir können dabei an
das Kerygma resp. die Doctrina des Origenes denken 1). Da aber
deren Kenntnis, wenn nicht durch Origenes vermittelt, in so
später Zeit nicht mehr sehr wahrscheinlich ist, ebensowenig wie
die vieler anderer Pseudopetrinen und Pseudepigraphen der
älteren Zeit überhaupt, so liegt es nahe, auch hier an die Dida-
scalia des Petrus von Alexandrien zu denken, welche, wie wir
sahen, grade in späterer Zeit mehrfach benutzt worden zu sein
scheint. Hierfür lassen sich denn auch mehrere Gründe geltend
machen. Auch die anderen drei Fragmente waren teilweise nur
mit rov jctTQov citiert (XIV, a; XV, b; XVI cod. V); dabei lässt
(laxccQioO grade an einen Märtyrer denken, während man für den
Apostel nach der Sitte jener Zeit einen volltönenderen Titel er-
warten sollte. In Kürze und Praecision ist der Satz dem in
Fragm. XIV ähnlich, und die Benutzung der Schrift Jesus Sirachs
war schon in Fragm. XVI ersichtlich. Nach alledem kann man
wohl die Zusammengehörigkeit dieses Fragmentes mit den vorigen
drei als sehr wahrscheinlich behaupten.
§ 8.
Paulusworte.
Clem. Alex, citiert in Verbindung mit dem Kerygma Petri
zwei Paulusworte, welche aber, wie wir sahen (s. o. p. 14 sq.)
dem Kerygma Petri selbst nicht angehört haben. Weil sie jedoch
unter dessen Fragmente aufgenommen zu werden pflegen, wollen
auch wir sie der Vollständigkeit halber hier kurz besprechen.
1) Unter Voraussetzung dieser Annahme hat Zahn (Gesch. des Kan. II,
2, 2 p. 827 A. 1) durch eine geistvolle Conibination mit Gal. 2, 18 auch
für diesen Spruch eine geschichtliche Situation zu gewinnen gesucht und
behauptet, das K.P. habe auch Reminiscenzen des Petrus an die Antiochia-
scene enthalten. Aber auch abgesehen von der Unsicherheit der Voraus-
setzung, ist diese Combination unwahrscheinlich; die der ganzen nach-
apostolischen Auffassung vom Apostolat, wie sie Luk. und unser K.P.
vertreten, so widersprechende Episode wird von der ältesten Christenheit
völlig ignoriert, bis der gnostische Kampf oder richtiger Marcions anti-
judaistische Polemik auch die Grosskirche nötigte, apologetisch dazu Stellung
zu nehmen (Tert. adv. Marc. IV, 3; V, 3; — Iren. adv. haer. III, 12, 15; —
Cypr. ep. LXXT, 3, überall mit polemischen Spitzen gegen verschiedene
Seiten, sonst aber lieber übergangen).
[24 v- Dobschütz, Das Kerygina Petri.
XVIII.
Clein. AI. Strom. VI. 5. 42 sq.: (öfjXcoöei jtqoo reo jctxoov
xijQvyfiari o ajiöoxoXoo Xtyoiv jcavXoO')
läßtxt xal xäo tXXrjvixcco ßi- Nehmet auch die griechischen
ßXovö' IjriyvcoTS oißvXXav ooo Bücher zur Hand: erkennt, wie
örjXol tva &eov xal xa (isXXov- die Sibylle einen Gott und, was
xa tosofrai' xal xov voxaontjv künftig sein wird, offenbart; und
Xaßövxeo äväyvoixe xal svqtj- nehmt den Hystaspes vor und
oexs xoX/.rö xtjAaiytOxegov xal lest, und ihr werdet finden, dass
oag:toxiQoi> yeyQa^fitvov xov hier noch mit weit schärferem
vlov xov deov xal xaihmo jea- Fernblick und weit deutlicher
gavat-tv rroit}ooroi reo yoiöxcö vom Sohne Gottes geschrieben
rtoV.ol ßaoü.uo inoovvxto av- steht; und wie viele Könige ge-
rov xal xovo cfooovvxao xo gen den Messias Aufruhr machen
ovo pLa avxov xal xoio jiioxoio werden, aus Hass gegen ihn und
avxov xal xt)v vrroitovi/v xal die, welche seinen Namen tragen,
x/)v Jiaoovoiav aixov. und seine Gläubigen; und von
seiner Leidensgeduld und seiner
Zukunft.
Dies Fragment enthält eine interessante Ausdehnung der
Quellen des Weissagungsbeweises über den ATlichen Schriften-
kreis hinaus, dessen Erwähnung im vorigen durch xal voraus-
gesetzt ist, auf die vermeintlich heidnischen Prophezeiungen der
Sibylle und des Hystaspes. Die Erwähnung der Sibylle gehört
zu den ältesten christlichen (cf. Herrn. Vis. II, 4, 1; Just. Ap. I,
20, 44: Athen, suppl. 30; Theoph. ad Autol. H, 36), womit aber
nicht gesagt ist, dass unserem Verfasser schon ein christliches
Werk vorlag. Vielmehr scheint die Inhaltsangabe: „Monotheis-
mus und Zukünftiges" in ihrer Unbestimmtheit auf ein jüdisches
Machwerk hinzuweisen, deren wir ja einige unter dem Namen
der Sibylle kennen. Die Christen nahmen diese anfangs in gutem
Glauben auf, und fanden genug darin, was sie ihren Zwecken
dienstbar machen konnten. Erst später, als man, die Art der
Weissagung immer mehr verkennend, alle Einzelheiten der christ-
lichen Geschichte und Theologie handgreiflich darin nachweisen
zu müssen glaubte, schritt man dazu fort, selbst zu corrigieren
und zu producieren, und nahm dann diese eigenen Fabricate mit
einer uns jetzt unverständlichen Nai'vetät als überkommen hin.
§ 8. Paulusworte. 125
Schwieriger ist die Frage nach dem Ursprung bezüglich des
Hystaspes, einem dem Vater des Darius, Schüler Zoroasters und
der Brahmauen l) untergeschobenen Buche , welches nur noch
Just. Ap. I, 20; 44 und Lact. inst. div. VII, 15; 18 erwähnt ist.
Aus der letztgenannten Stelle scheint hervorzugehen, dass das
Buch nicht christlichen Ursprunges war 2). Damit streitet aber
unser Fragment, welches behauptet, dass Hystaspes weit leuch-
tender und deutlicher (sei. nicht als das Alte Testament, wohl
aber als die jüdische Sibylle) von dem Sohne Gottes u. s. w. ge-
handelt habe. Das führt auf den Unterschied zwischen einer
jüdischen Sibylle und dem christlichen Hystaspes. Mau wird
auch den Notizen unseres Fragmentes nicht gerecht, wenn man
darin nur jüdische Messiaserwartungen findet. Um dies mit der
Stelle bei Lactantius auszugleichen, werden wir daher annehmen
müssen, dass eine jüdische Schrift, wie in so vielen Fällen, christ-
liche Interpolationen erhielt. Dies wird auch wahrscheinlich
durch die Angabe des Inhaltes der Weissagung, wenn man dabei
voraussetzen darf, dass das Referat sich genau an den Ausdruck
in der Schrift hält. Als Inhalt wird nämlich ausser der Be-
schreibung des Gottessohnes genauer bezeichnet, dass viele Könige
dem Messias mit Waffengewalt Widerstand leisten werden. Das
ist nicht der christliche Ausdruck für das Leiden Christi und
seiner Gläubigen, sondern entspricht der jüdischen Vorstellung
eines weltlichen Messiasreiches, das die widerstrebenden Mächte
sich unterwerfen sollte. Auch die Bezeichnung der Anhänger
des Messias als oi cpooovvreö xo 6vo[ia avrov dürfte jüdisch
sein, obwohl sie sehr bald in den christlichen Sprachschatz hin-
übergenommen wurde. Dagegen ist wohl christlich das, wenn
auch in jüdischen Schriften vorkommende, so doch hier an sich
überflüssige und nur als speeifisch christliche Bezeichnung zu
erklärende rovG Jtiorovo avrov, wovon nur zweifelhaft ist, ob
es neben jenem zu f/idovvrso oder für sich zu ytjQay.y.ivov ge-
hört (im Sinne von diseipuli eius Asc. Jes. 3). Noch deutlicher
erweist sich die Hand des christlichen Uberarbeiters in vjio-
ftovtjv und jiaQOvoLav avrov. Je nachdem man roco jiiorovo
1) Amniianus Marcellinus XXIII, 6 (saec. IV) und Agathias VI, 2-4 (c. 504).
2) Schürer, Gesch. des jüd. Volkes II p. 808 sq., wo man auch das
ganze Material trefflich zusammengestellt findet.
12(3 v. Dobschütz, Das Kerygma Petii.
catov verschieden bezieht, wird man vjcofiov/j vom Leiden Christi
oder von dem seiner Gläubigen verstehen; jcagovoia ist jeden-
falls der zweite Advent Christi. Dies stimmt zu der ersten Aus-
sage nur, sofern eben der christliche Redaktor die jtaQära^io
auf das Leiden Christi umdeutete, was jedoch kaum ursprüng-
lich ist. — Das ganze Fragment mit seiner Berufung auf heid-
nische Prophetie gehört wohl keiner sehr frühen Zeit an: es
mag etwa gleichzeitig mit Justin sein. Es giebt sich, wie wir
sahen, äusserlich nicht als Teil des K.P.; auch innerlich stimmt
es nicht wohl zu demselben. Zwar sind die Propheten, von
deren Büchern Fragm. IX handelt und die Fragm. X schlechtweg
als Y(>a(p?] bezeichnet, nicht genannt; aber es scheint unzweifel-
haft, dass damit nur die jüdischen heiligen Schriften gemeint
sein können, die von Anfang an in der christlichen Gemeinde
als göttliche recipiert waren. Dies sind oi JiQO<pr/rcu; damit ist
heidnische Prophetie, wenigstens in der Gleichstellung, wie sie
unser Fragment bietet, ausgeschlossen; denn, wenn auch das K.P.
Judentum und Heidentum dem Christentum gegenüber ziemlich
auf eine Stufe stellt, so gilt das, wie wir sahen, eben doch nur
von dem damaligen in Menschensatzungen wandelnden, aber-
gläubigen Judentum, nicht von der göttlichen Offenbarung in
demselben. Was für einer Schrift unser Fragment angehört, ist
schwer zu sagen, da Clem. Alex, keinen Titel angiebt; es mögen
die berühmten jiga^Eiö jtavXov gewesen sein (Zahn, Gesch. des
Kan. II, 2, 2 p. 879), vielleicht aber auch ein xt/gvyfia jtaiXov.
XIX.
Clem. AI. Strom. VI, 5, 43: {slra kvl Xoyop jtvvfrävsrai tffiwv)
oXoo de 6 x6otuoO xal rä sv Die ganze Welt und was dar-
re? xoöficp, rivoö; ovxl rov innen ist, wessen ist es? ist es
freov; nicht Gottes?
Dieses unmittelbar auf das vorige folgende Citat gehört wohl
derselben Schrift an. In einfacher und klarer Weise ist hier
die monotheistische Auffassung der absoluten Weltbeherrschung
Gottes ausgesprochen. Gnostischer Einfluss ist nicht zu spüren;
es hält sich ganz in der Bahn der allgemeinen christlichen Denk-
weise. Sonst ist dem Fragmentchen nicht viel zu entnehmen,
man müsste denn darin eine polemische Spitze gegen die jüdische
§ 9. Praedicatio Pauli. 127
Trennung reiner und unreiner Tiere u. s. w. finden wollen (cf.
1. Cor. 10, 26). Mit Sicherheit lässt sich aber auch dieses nicht
behaupten, da der Zusammenhang ganz fehlt.
§9.
Praedicatio Pauli.
XX.
Pseudo-Cyprian, de rebaptismate c. 17 (Hartel, III, 90): Est
autem adulterini huius , immo internecini buptismafis , si qui
alius auctor, tum etiam quidam ab eisdem ipsis haereticis propter
hunc eundem errorem conßctus Über, qui inscribitur Paulli prae-
dicatio, in quo libro contra omnes scripturas et de peccato proprio
confitentem iure nies Christum, qui solus omnino nihil deliquit,
et ad accipienduui Joannis baptisma paene invitum a matre sua
Maria esse compulsum, item cum baptizaretur, ignein super aquam
esse visum quod in evangelio nullo est scriptum, et post tanta
tempora Petrurn et Pauluni post conlationem evangelü in Hieru-
salem et mutuam cogitationem et alter cationem et verum agenda-
rum dispositionem postremo in Urbe quasi tunc primum invicem
sibi esse cognitos et quaedam alia huiuscemodi absurde ac tur-
pdtev conficta, quae omnia in illum librum invenies congesta.
4) Rigaltius conj. Petri. 11) Rigaltius om. cogitationem et.
„Christus legt ein Bekenntnis seiner Sünden ab";
„er wird von seiner Mutter fast widerwillig zur Übernahme
der Johannistaufe angetrieben";
„bei seiner Taufe zeigt sich Feuer über dem Wasser";
„Petrus und Paulus lernten sich zu Rom kennen";
„und anderes mehr".
In diesem Fragment liegt wirklich ein Citat aus einer Praedi-
catio Pauli vor 1), welche der Verfasser des Tractates de rebaptis-
1) Zahn (Gesch. d. Kan. II, 2, 2 p. 881) hält diese für identisch mit
den Ttpdceio Ttuv/.ov, unter welchen Titel er überhaupt sehr viele ver-
schiedene Überlieferungen zusammenfasst, gedeckt durch die hohe Stichen-
zahl (3560) im Catal. Clar. Die Vereinigung ist aber doch sehr zweifelhaft
und das Urteil Ps.Cypr.'s über die Praed. Pauli schliesst den Gedanken
an die berühmten Paulusacten fast aus.
-[28 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
mate bei den Sektierern, gegen welche er kämpft, in Gebrauch
fand. Dass dieselbe auch von ihnen verfasst sei, ist wohl eine
übereifrige Behauptung des Polemikers. Was für eine Sekte es
war, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, da die als Kenn-
zeichen angegebene Feuertaufe, d. h. eine wohl durch mecha-
nische Künste bewirkte Feuererscheinung bei jeder Taufe auf
Grund der sinnlich verstandenen Stelle Matth. 3, 11 (cf. Luk.
3, 16) nirgends bezeugt ist *). Ein Analogon dazu ist die Feuer-
zeichnung der Ohren bei einigen Gnostikern, von der schon
Heracleon (Clem. AI. exe. e proph. 25) spricht, und die Hippolyt
speciell den Carpocratianern vorwirft (Refut. VII, 32), wobei er
auch von xtyvai fjayixal spricht (cf. Epiph. Haer. 27, 3 und 7);
von magischen Künsten des Anaxilaus ist sonst besonders bei
den Marcosiern die Rede (Iren. I, 13, 1 sq.), aber I, 21, wo Iren,
ausführlich deren mannigfache Taufriten beschreibt, schweigt er
von solcher Feuertaufe. Sollte vielleicht an die Anthropiani bei
Cypr. ep. 73, c. 4 gedacht werden können?
Hinsichtlich des Inhaltes der Schrift sind zweierlei Stoffe
zu unterscheiden, evangelische und apostolische Geschichte, jene
wohl in Paulusreden gehörig, diese als historische Einkleidung
anzusehen. Beide stehen, wie der Verfasser von de rebaptismate
bemerkt, im Gegensatz zur kanonischen Überlieferung2), lassen
sich aber alle aus der ausserkanonischen Tradition in gewisser
Weise belegen.
Zu der evangelischen Taufgeschichte ist das Hebr.-Evang.
heranzuziehen, worin es nach Hieronymus adv. Pelag. III, 2 hiess:
1) Auch die Feuertaufe in dem gnostiseken Ritual der Pistis Sophia
und der Bücher Jeu ist etwas anderes, als die hier gemeinte. Wir können
uns allerdings von beiden keine rechte Vorstellung machen. Handelt es
sich aber bei der von Pseudocyprian bekämpften Sekte um eine Feuer-
erscheinung bei der Wassertaufe, so ist die Feuertaufe nach den koptischen
Schriften ein von der Wassertaufe getrennter, auf diese folgender Act, bei
welchem allerdings auch zunächst eine magische Feuererscheinung („ein
Zeichen in dem Feuer dieses duftenden Räucherwerkes") von Bedeutung ist.
das Hauptmoment aber die Besiegelung auf der Stirn ist. Vergl. Codex
Brucianus P. 64 sq. (Texte und Unters. VIII, 1. 2 S. 202 und dazu S. 505 sqq.
2) Der Verfasser hat mehrfach den Inhalt dieser kanonischen Über-
lieferung zwischen die das Kerygma Pauli beschreibenden Sätze eingeschoben
und so grosse Verwirrung bezüglich des Inhaltes desselben angerichtet. Das
verschiedenartige ist oben durch die Schrift kenntlich gemacht.
§ 9. Praedicatio Pauli. 129
„Ecce mater domini et fratres eius dicebant ei: Ioannes baptista
baptizat in remissionem peccatorum; eamus et baptizemur ab eo.
Dixit autem eis: quid peccavi, ut vadam et baptizer ab eo? nisi
forte hoc ipsum quod dixi ignorantia est." Es ist wobl anzu-
nehmen, dass der Verfasser der Praedicatio Pauli dies Evange-
liuni benutzt hat. Dabei fasste er das letzte Wort Jesu, welches
ursprünglich gewiss nur seine Demut hervorheben sollte, als
Sündenbekenntnis, während die anfängliche Ablehnung der Auf-
forderung der Verwandten (cf. Joh. 7, 1 sqq.) als ein „paene
invitus compulsus est" sich darstellte — wenn nicht etwa der
Verfasser sich ganz an das Hebr.-Evang. anschloss und jene Ver-
schärfungen als böswillige Missdeutungen seinem Bestreiter zur
Last fallen.
Die Feuererscheinung bei der Taufe ferner ist nach Epiph.
Haer. XXX, 13 berichtet in dem Evangelium der gnostischen
Ebioniten, welches von dem Hebr.-Evang. zu unterscheiden und
wahrscheinlich mit dem Evangelium secundum duodecim (apo-
stolos) *) zu kombinieren ist. Da Hieronymus (1. c.) von seinem
Hebr.-Evang. sagt, es heisse secundum apostolos, so liegt es nahe,
auch die erste Erzählung über die Taufe dem Ebioniten-Evange-
lium zuzuweisen. Jedoch abgesehen davon, dass Hieronymus dies
sonst nicht zu kennen scheint, lässt der Text des Ebion.-Evang.
bei Epiph. (1. c): rov Xaov ßanxiGdtvxoG, t)2.&£ xccl Irjoovo xal
ißaxTio&rj vjto rov icoavvov kaum Raum für eine derartige
Erzählung, welche zu berichten Epiphanius auch schwerlich
1) So nach Hier. adv. Pel. III, 2; — Orig. hom. I in Luk. stellt es
mit gnostisierenden Evangelien zusammen und ihm folgend Ambros. coinm.
in Luk. prooem.; — Hier. comm. super Matth. prooem.; — Philippus Sidetes,
Fragm. e Cod. Barocc. cf. T. u. U. V, 2, 169; — Theophylakt in Evang. Luk.
prooem. — Der Titel schwankt sehr; es lassen sich 3 Hauptfonnen unter-
scheiden: evayytXiov xaxa. xoio Sa>6exa (xwv öojöexa) Philippus und Theoph.
— evangelium juxta duodecim apostolos (duodecim apostolorum) Rufin in
der Übers, des Origenes; Ambros. und Hier. comm. in Matth. — endlich
evangelium apostolorum Hier. adv. Pel. HI, 2. — Da, wie man wohl an-
nehmen darf, die beiden Griechen auf das Original des Origenes zurück-
gehen, so wird die erste Fassung evayyiliov xaxa. xova öa>öexa die ursprüng-
liche sein. Die Lateiner setzten dann apostolos hinzu und Hier, endlich
liess duodecim einmal ganz ausfallen, — eine Entwicklung, welche ebenso
wichtig für die Geschichte des Apostelbegriffs als beachtenswert für den
Titel der Didache ist, bei welchem man nunmehr nicht öcüöexa, sondern
eher cctiogxo/.cdv als späteren Zusatz beanstanden wird.
Texte u. Untersuchungen XI, l. 9
130 v> Dobschütz, Das Kerygma Petri.
unterlassen haben würde. Der Irrtum des Hieronyrnus kann
daher nur den Titel secundum apostolos betreffen. Da es aber
unwahrscheinlich ist, dass der Verfasser der Praedicatio Pauli
immittelbar hintereinander aus zwei verschiedenen Hebraeer-
Evangelien geschöpft haben sollte, so wird man annehmen dürfen,
dass sich die Feuererscheinung bei Jesu Taufe auch in dem
eigentlichen Hebr.-Evang. fand, umsomehr als das gnostische
Ebion.-Evang. wohl auf jenem ruht.
Die Feuererscheinung bei der Taufe Jesu ist mehrfach be-
zeugt, in zwei verschiedenen Variationen1): Nach dem Ebion.-
Evang. stellt sie sich dar als eine himmlische Lichterscheinung
nach dem Aufsteigen Jesu aus dem Wasser, welche die Gegen-
wart Gottes versinnbildet (cf. Juvencus, hist. evang. I, 391: sur-
genti manifesta Dei praesentia claret; — die syrische Tradition
bei Severus Alex, de ritibus bapt. p. 24: quo tempore adscenclit
ab aquis, sol inclinavit radios suos. — Petrus Comestor, hist.
evang. c. 134). Im Unterschiede hiervon hat Justin eine Tra-
dition, dass bei dem Herabsteigen Jesu ins Wasser im Wasser
ein Licht aufgeleuchtet sei, was nur die göttliche Herrlichkeit
Jesu selbst darstellen kann (Dial. 88: xal jivq ävyty&rj Iv rrö
logöavy; — zum Ausdruck vergl. 8 no 2; 61 no 10; ep. Clem. ad
Jac. 7; Iren. I, 7, 1; Lk. 12, 49) -). Hierzu sind zu vergleichen:
cod. Sangerm. (g1): lumen magnum fulgebat de aqua, und cod.
Vercell. (a): lumen ingens circumfulsit de aqua (circum leitet
hier schon zu der anderen Vorstellung über: jcsQitZcciiips rov
zojiov cpcoo [ii'ya Evang.-Ebion.). Mit diesen Handschriften der
alten lateinischen Übersetzung bestimmt unser Fragment die Zeit
allgemein: cum Iesus baptizaretur. Daher ist die Frage, welchem
Traditionszweig es angehört, nicht genau zu entscheiden. Der
Ausdruck super aquam esse visum (cf. Ephr. Syr. ev. conc. exp.
p. 43: lumine super aquas exorto) führt aber auf die erst-
1) Vergl. hierzu Resch, Agrapha, Texte und Unters. V, 4, 357 sqq.;
465 sq. ; — Usener, relig.-geschichtl. Untersuchungen I: das Weihnachtsfest
(Bonn 1889) p. 59 sqq.
2) Parallel hierzu ist die Erzählung des Protevang. Jak. c. 19 (Tischen-
dorf p. 3Usq.), wonach unmittelbar vor der Geburt Jesu in der Höhle ein
grosses Licht aufgeleuchtet sei. Auch hierbei zeigt sich die Fortentwicklung
der christlichen Verkündigung, welche Bedeutung und Züge, die ursprünglich
der Taufgeschichte eigneten, auf die Geburtsgeschichte zurücktrug.
§ 10. Praedicatio (?) Petri et Pauli. 131
genannte Auffassung, so dass sich die Abhängigkeit vom Hebr.-
Evang. durchaus bestätigt. Eine dritte zwischen den beiden ge-
nannten stehende Darstellung geben Ephr. Syr. (Hyinn. XIV. 4S
und I, 18) und die Taufliturgie des Severus p. 88, welche die
Lichterscheinung ebenso deutlich nach dem Aufsteigen setzen als
sie dieselbe eng mit der Person Jesu verknüpfen.
Die weitere Angabe betrifft die Wirksamkeit des Apostels
Paulus, der darnach erst zu Rom mit Petrus in Berührung ge-
kommen sein soll. Das streitet allerdings mit der in der luk.
A.Gr. fixierten, meist verbreiteten und durch die paulinischen Briefe
als allein geschichtlich bestätigten Tradition eines mehrmaligen
Zusammentreffens des Paulus mit Petrus zu Jerusalem und An-
tiochien. Jedoch könnte grade der Galaterbrief Anlass zu der
abweichenden Tradition gegeben haben, sofern Petrus hier nur
2, 7 sq., wo von ihm als einem entfernten gesprochen wird.
Petrus; sonst, wo von einem Verkehr zwischen Paulus und ihm
die Rede ist, immer Kephas genannt wird, unter welchem Xamen
man ja frühzeitig im Unterschied von Petrus teils einen anderen
der Zwölf-Jünger (Apost. Kirchenordnung), teils einen der 70 Jünger
verstand. Übrigens fragt es sich, ob die Praedicatio Pauli die
Begegnung zwischen Petrus und Paulus zu Rom wirklich als
erstes Ersehen darstellte, oder nur in der Weise der Acta Petri
et Pauli c. 24 sq. (Lipsius p. 1S9. cf. Martyr. Petri et Pauli c. 3
p. 121 sq.), wo von früheren Begegnungen nichts gesagt ist. diese
aber auch nicht ausgeschlossen sind.
§ 10.
Praedicatio (?) Petri et Pauli.
XXI.
Lact, instit. div. IV, 21. Futura aperuit Ulis omnia quae
Petrus et Paulus Romae praedicaverunt et ea praedicatio in
memariam scripta permansit, in qua cum multa alia mira, tum
etiam hoc futurum esse dixerunt ut post breve tempus immitte-
ret deus regem, qui expugnaret Iudaeos et civitates eorum solo
adaequaret, ipsos autem fame sitique confectos obsideret; tum
fore ut corporibus suorum vescerentur et consumerent se invicem;
9*
[32 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
postremo ut capti veuirent in manus hostium et in conspectu suo
vexari acerbissime conjuges suas cerner ent, violari ac prostitui
virgines, diripi pueros, allidi parvulos, omnia denique igni ferro-
qne vastari, captivos in perpetunni terris suis exterininari eo quod
exultaverint super amantissimum et probatissimum Dei filium.
„Ausser vielem anderen wunderbaren predigten Petrus und
Paulus zu Rom: Gott werde nach kurzer Zeit einen König senden,
welcher die Juden mit Vernichtungskrieg überziehen, ihre Städte
dem Erdboden gleichmachen, und sie selbst belagern würde,
indem er sie durch Hunger und Durst aufriebe. Dann würden
sie sich von den Leibern der ihrigen nähren und sich unter
einander aufzehren; endlich würden sie gefangen in der Feinde
Hände kommen und sehen müssen, wie vor ihren Augen ihre
Weiber auf das bitterste misshandelt, ihre Jungfrauen verletzt
und geschändet, die Knaben zerfleischt, die Säuglinge (an Felsen)
zerschellt würden; endlich würde alles mit Feuer und Schwert
verwüstet, und sie als Gefangene auf ewig aus ihrem Lande ver-
bannt werden, darum dass sie (höhnisch) frohlockt hätten über
den (geschmähten) geliebtesten Sohn Gottes, an welchem er
Wohlgefallen hat,"
Das Stück steht bei Lactantius im Zusammenhang mit dem
Bericht über die Himmelfahrtsgeschichte und die auf Befehl des
Herren durch die Jünger vollzogene praedicatio evangelii, welche
begleitet war von bestätigenden Wundern, u. a. der prophetischen
Ankündigung der Zukunft. Fasst man es als Teil einer Prae-
dicatio Petri et Pauli, so wird vorausgesetzt, dass Lactantius mit
dem Worte praedicatio den Titel der Schrift nennen wolle. Dies
ist jedoch nicht nur unsicher, sondern unwahrscheinlich, da der
Ausdruck durch das vorausgehende praedicaverunt an die Hand
gegeben war l). Der Inhalt des Fragmentes ist nicht kerygrna-
tisch, sondern apokalyptisch; denn, wenn auch nach Fragm. VII
örjlovv rä /Jt/J.ovra zum Kerygma gehört, so bezieht sich dies
doch auf allgemeine eschatologische Dinge, nicht auf historische
1) Auch Zahn Gesch. d. Kan. II, 2, 2 p. 884) giebt zu, dass Lact,
keinen Titel nenne, lässt sich aber durch den Ausdruck praedicatio an
Ps.-Cypr. erinnern und weist daher auch unser Stück den tiqÜ&io naiXov
zu, was hier so wenig begründet ist wie dort. Die einander stützenden
und ergänzenden Beweise für die Zahnsche Construktion der Acta Pauli
sind ebensoviel Gegenbeweise, sobald einer hinfällig wird.
§ 10. Praedicatio (?) Petri et Pauli. 133
Thatsachen, die ein einzelnes Volk betreffen: das ist eben das
charakteristische der Apokalypsen. Wenn nun auch unser histo-
risches K.P. nach Analogie der lukanischen A.G. (20, 29 sq.) apoka-
lyptische Stellen enthalten haben könnte, und wenn auch der
Judenhass dieses Fragmentes, der ohne ein Zeichen der Teil-
nahme in ATlicher Härte das gerechte Gericht Gottes über das
verworfene Volk der Christusmörder ausmalt, der Stellung des
K.P. zu dem Judenvolke ungefähr entspräche, so ist doch die
Zugehörigkeit des Fragmentes zu dem K.P., welches die Zer-
störung Jerusalems voraussetzt (Fragm. IX), dadurch ausge-
schlossen, dass dasselbe, wenn es sich auch als vaticinium post
eventum erweist, doch die historische Situation der Prophetie
richtig wahrt („post breve tempus"). In was für eine Schrift
dasselbe gehört, ist nicht auszumachen. Die uns erhaltenen
Fragmente einer Apok. Petri sind nicht so sehr historischen als
eschatologischen Inhaltes. Wir haben auch Kunde von ver-
schiedenen Apokalypsen unter dem Namen des Paulus "(Epiph.
Haer. XXXVIII, 2; Aug. tract. 98 in Joh. u. a.), wie denn die alte
Christenheit sehr reich an Apokalypsen gewesen sein muss.
Die sich vielfach an ATliche Stellen1) anlehnende Darstellung
folgt der Geschichte des jüdischen Krieges, wie wir dieselbe aus
Josephus kennen. Nur in dem Satz: „in perpetuum terris suis
exterminari" könnte man eine Anspielung auf das Verbot Hadrians
(an. 135) sehen. Dann würde die Schrift nach diesem Termin
anzusetzen sein.
Die Schlussworte sind wohl eine Wiedergabe der griechi-
schen Formel o vloö o ayajttjroö (oder yyajttjfiivoo) 2) Iv <p
qvöoxqösv cf. Mt. 3, 17; 17, 5. So nahe es liegt, amantissiuium
dem folgenden probatissimum zu conformieren, so haben wir
1) Jer. 19, 9; — Jes. 13, 16; Ps. 136, 9. — Auch die Stelle Baruch
2, 3, woselbst Dt. 28, 53 aufgenommen ist, bezieht sich wohl auf den Krieg
des Jahres 70. — Sehr auffallende Übereinstimmungen finden sich auch
mit der Assumptio Mosis (-4 a. Cbr. ?) und noch mehr mit den christlichen
Zusätzen zur Esra-Apokalypse (XV, 52 sqq. Fritzsche 64S sq.) , wobei aber
die Abhängigkeit auch auf Seiten der letzteren sein könnte.
2) Dies ist jedenfalls die nächstliegende Rückübersetzung, wennschon
sich Descensus Christi ad iuferos (Tischendorf, Evang. apocr. p. 394) aman-
tissimus Dei filius als Wiedergabe von o /aovoyePTja vloo xov &sov (ibd.
326) findet. 9
134 v- Dobsckütz, Das Kerygma Petri.
doch jene spätlateinische Form für amandissimuni beibehalten zu
müssen geglaubt, weil diese dem griechischen Adj. verbale ent-
spricht, mit welchem gemeinsam es in die Bedeutung des Part,
perf. pass. hinüberspielt, während das folgende Part. perf. pass.
das griechische Verb, finit. im Aorist wiedergiebt. Die gleiche
Nebeneinanderstellung findet sich Phil. 4, 1 (Clar. Amiat. Fuld.
cf. Rönsch, Itala und Vulg. p. 456): fratres mei dilectissimi et
desiderantissimi. Diese lateinische Wiedergabe könnte die Ansicht
derjenigen Exegeten zu bestätigen scheinen, welche in dem Artikel
vor ayccjiijToö eine superlativische Verstärkung des Begriffs er-
blicken (cf. Gen. 22, 2. 16 nach der Vetus Latina bei Ambr.
de Abr. I, 34; Aug. de unit. eccl. IX, 344), aber der Superlativ
findet sich im lateinischen auch, wo im griechischen der Artikel
fehlt (Am. 5, 11 vulg.; Phil. 4, 1 Clar. Amiat. Fuld. — andere
Beispiele bei Rönsch, 1. c. 415 s. v. carissimus und dilectissimus).
Hiermit sind auch die zweifelhaften Fragmente erschöpft.
Die Untersuchung derselben hat im wesentlichen bestätigt, was
wir in § 1 aus der Tradition erschliessen zu können glaubten.
Unentschieden haben wir nur die Frage bezüglich der in § 6
zusammengestellten Fragmente lassen müssen, und auch hier mit
dem Unterschied, dass die Zugehörigkeit von Fragm. XI zum
K.P. als höchst wahrscheinlich, die von Fragm. XII als möglich
und die von Fragm. XIII als sehr zweifelhaft bezeichnet werden
musste. Die 4 Fragmente des § 7 gehören aller Wahrschein-
lichkeit nach dem Bischof Petrus von Alexandrien an, und was
in §§ 8 — 10 folgt, erweist sich auch durch innere Gründe als
dem K.P. fremd. Freilich vermögen wir über die Quellen dieser
Fragmente fast nichts zu sagen. Das ist schmerzlich; aber das
Eingeständnis der Unzulänglichkeit unseres Wissens ist zuweilen
wichtiger als unbegründete Vermutungen. Wie weit man in der
Identification solcher nur fragmentarisch erhaltenen Quellen gehen
will, hängt zumeist ab von dem Urteil, welches man sich über
die literarische Productivität einer Zeit gebildet hat. Es mag
sein, dass diese bezüglich der ersten christlichen Jahrhunderte
oft überschätzt wird; aber man darf sie wohl auch nicht zu
gering anschlagen. Die seltsamen Traditionsfragmente, welche
sich zahlreich in späten Zeiten, die, ohne eigne Productivität,
von dem Erbe der Vergangenheit lebten, %iden, oft wider alles
§ 10. Praedicatio (?) Petri et Pauli. 135
Vermuten1), zeugen von einer reichen, im Meer der Vergessenheit
untergegangenen literarischen Welt. — Im Interesse der Sicher-
heit der Resultate wird man daher stets gut thun, bei Fragmenten,
welche nicht durch einen bestimmten Titel oder durch evidente
Zusammenstimmung des Inhaltes als zusammengehörig gekenn-
zeichnet sind, sein Urteil in suspenso zu lassen — wennschon
mit dem Wunsche, dass die Zukunft durch reichliche Vermehrung
des Materials nicht nur neuen Stoff für weitere Hypothesen,
sondern auch gewisse Grundlagen für sichere Erkenntnisse ge-
währen möge!
1) Als ein Beispiel aus vielen seien die drei apokryphen Namen erwähnt,
welche sich in zwei Minuskeln (Rom. Vat. Reg. Gr. 179 [Ac40 P46] Saec. XI
und Yen. Marc. 11 [Ac 96 P 109] Saec. XIII vel XIV) als Zusatz zu 2 Tim. 4, 19
finden.
Excurs.
Ein Beitrag zur Chronologie des Lebens Jesu.
Bei der Zusammenstellung der auf eine Zwölfjahrtradition
für das Leben Christi resp. seiner Jünger bezüglichen Angaben
musste oben (S. 53 sq.) ein Fragment übergangen werden, weil
dasselbe wegen der Fülle des Interessanten und Schwierigen,
was es bietet, eine gesonderte Behandlung verlangt und verdient.
Dasselbe entstammt einer alten Handschrift des Klosters Bobbio,
dessen fleissigen Mönchen wir die Erhaltung so vieler wichtiger
Quellen für die älteste Kirchengeschichte verdanken. Jetzt ist
die Ambrosiana in Mailand so glücklich, die literarischen
Schätze aus der Stiftung Columbans in sich zu bergen. Die
betreffende Handschrift, welche in das 9. Jahrh. datiert wird,
trägt dort die Signatur: H. 150. Inf. (früher 70. Lit. S) und
enthält eine Sammlung chronologischer, zumeist auf die Oster-
berechnung zielender Schriften und Fragmente 1). Der durch
seine zahlreichen Publicationen so hochverdiente Muratori hat
uns auch mit dem Inhalte dieser Handschrift bekannt gemacht in
seinen Anecdota sacra Bd. III p. 109—212 (Patavii 1713), wovon
sich ein Abdruck auch in Migne Patrologia Latina Tom. 129
p. 1274 — 1372 findet. Doch ist es sehr wahrscheinlich, dass unser
kleines Fragment hier völlig verborgen geblieben wäre — welcher
Theologe wollte und könnte auch nur alle jene Foliobände
durchwälzen! — wenn nicht der enorme Sammelfleiss eines Routh
1) Beschrieben ist die Handschrift von Reifferscheid, S.B. der Wiener
Akademie 1871 p. 555 und von Bi\ Krusch, Studien zur christl. mittelalter-
lichen Chronologie, Leipzig 1880 p. 206—209, der daraus den 84jährigen
Ostercyclus ediert hat. Beide übergehen unser kleines Fragment mit
Schweigen. Neuerdings hat Herr Professor Mommsen daraus Victorius
Aquitanus herausgegeben.
Excurs. 137
dasselbe aufgegriffen und in seinen Reliquiae sacrae (2. Ausg. II
p. 178) wieder bekannt gemacht hätte. Von hier aus ist es nun
wohl hin und wieder beachtet worden (z. B. Rösch, zum Geburts-
jahr Jesu, Jahrb. für deutsche Theol. XI, 1S66 p. 1 — 48, bes. 9 sq.),
aber noch nie in seiner grossen Bedeutung erkannt. Auf diese
wurde erst Herr Professor Harnack aufmerksam und hatte die
Güte mich mit der Untersuchung zu betrauen, freilich eine Auf-
gabe, die einen geschulten Chronologen erforderte, und die ich
nur aufnehmen kann im Vertrauen auf die von den Herren
Professoren Mommsen und Harnack mir gütigst gewährte Hilfe.
Das Fragment, welches fol. 137b steht '), lautet :
In commentariis uictorini inter plurima Itec etiam scripta
reperimus inuenimus in membranis alexandi (sie!) epi qui fuit in
hyerusale (sie!) <mod transcripsit manu sua de exemplaribus aposto-
lorum itsi VIII kl ianr natus est dns nrt ihs jToö sulpitio et cauie-
rino consulis et baptizatus est VI II id iaiir ualeriano et asiatico
cons. passus est X. kl apl nerone III et ualerio • mesala cohss
resurrexit . VIII kl apl coiisss (!) supra scriptis ascendit in celos
Unon maias post dies XL. conss supra scriptis. iohannis baptista
nascitur VIII kl. iul et circumeiditur hl. iul ad mariam uero |]
fol. 138a locutus est angelos (sie!) VIII k apl sexto iam con-
ceptionis mense": elisabeth habere dicens ex quo supputatur
eodem die dum fuisse coneeptum quo et resurrexit. Amen.
1) Über die Verbindung, in welcher das Fragment mit dem Voraus-
gebenden und Nacbfolgenden steht, kann man aus dem Abdruck bei
Muratori kein sicheres Urteil gewinnen. Es scheint, als sei diese Stelle
der Handschrift vom Schreiber zur Ablagerung von allerlei Miscellen be-
nutzt worden. Voraus geht die bei Kruschl. c. 236—40 abgedruckte Oster-
tafel des S4j ährigen Cyclus mit einem Appendix [nulluni sane perrnaneat
— dummodo oinnes unanimes ipsum diem paschae in unum convenientes
celebremus], welcher sich im sog. Prologus Coloniensis iKrusch p. 35) als
c. 1-4 findet. Von diesem Stück ist unser Fragment scharf abgetrennt durch
die rote Unterschrift: exjriicit traetatus de ratione paschae hoc e de duo-
deeimo k apl " Auf das Fragment folgt in roter Schrift eine Aufzählung
der Wochentage: dies dvminica, dies seeunda u. s. w„ dann der Brief Isidors
Domino et filio sisehuto ■ csidorus. — Der obige Text ist genau nach der
Handschrift mit allen Fehlern wiedergegeben auf Grund einer mir durch
meinen Freund Herren cand. rev. min. Förster freundlichst besorgten Colla-
tion und zweier anderer Abschriften von den Herren Prof. Dr. Nie. Müller
und Dr. Hülsen, die ich der Güte des Herren Professors Mommsen ver-
danke. — Die schräg gedruckten Buchstaben sind im Original rot.
138 v- Dobschütz, Das Kerygrna Petri.
Die z. T. falsch geschriebenen Consulangaben sind schon von
Muratori richtig gestellt worden.
1) Geburtsjahr : Q. Sulpitio Carnerino et C. Poppaeo
Sabino Coss. = 9 p. Chr. n.
2) Taufjahr : Valerio Asiatico IL et M. Juno Silano
Coss. = 46 p. Chr. n.
3) Todesjahr : Nerone III. et M. Valerio Messala Coss.
= 58 p. Chr. n.
Drei eigenartige und scheinbar singulare Ansätze für das
Leben Jesu!
Doch so einzigartig, wie sie scheinen, sind diese Angaben
nicht. Wir besitzen noch zwei Zeugnisse, welche auf das Gleiche
hinauskommen, nur dass durch Abstossung einzelner Glieder das
bedeutsame und auffallende verringert ist.
Auf die erste Stelle machte mich Herr Professor Mommsen
gütigst aufmerksam. Sie findet sich in der Chronographie des
Syncellus (ed. Dindorf p. 597) und lautet:
Jesus Christus wurde geboren lv BrjfrlEEji jioIel xrjö Iov-
öaiaG Tiara xo (iy Ixoö xr\6 Avyovoxov Pcofiaicov xaioaooö
ßaoüdaö lv vjtatsla JEovljiixiov xal Magivov (sie!) xal
ratov nonJirfiov coO sv dxQißtOi xal jtalaiolö avxi-
ygäffOLO fp&QExai. xavxa ovx dcpy havrwv OvvxExdxafiEV, all
ex xcöv jiaoadöoEOJV xov (laxaoiov djtoOrölov xal aQ%iEjuöx6jtov
^PcofitjO 'ijcjiolvx ov xal lEQoiiänxcooö, Avviavov xs xov
oOLoyxdxov (iova%ox xal Magifiov xov ayiojxdxov fio-
va%ov xal <piloG<>(fov , itdoxvQoö xal of/oloyt/xoi xal f/syalov
öiöaOxdlov xfjö txxlijolaG.
Hier ist zunächst zu beachten, dass die Angabe: coö ev uxql-
ßtöi xal JialaiolO dvxiyodc/joiö (ptQExaL in gewisser Beziehung
steht zu den Eingangsworten unseres Fragmentes, welches sich
auf Traditionsinstanzen hohen Alters und Wertes beruft. Es
will geschöpft sein aus Commentaren (?) Victorins; hierunter
kann nur Victorin von Pettau (f c. 304) verstanden sein, von
welchem mehrere Schriften, darunter Commentare zum Evang.
Matth. und zur Apokalypse, bezeugt sind. Als ein hervorragendes
Glied in der Kette der Tradition ist er schon dadurch gekenn-
zeichnet, dass von ihm berichtet wird, er sei des Griechischen
besser noch als des Lateinischen mächtig gewesen *). Victorin
1) Hier, de vir. 111. 74: non aeque latine ut graece noverat.
Excurs. 139
selbst soll seine Angaben aus Büchern des Bischofs Alexander
von Jerusalem — u. zw., wie behauptet wird, aus Pergamenten,
welche dieser mit eigener Hand beschrieben habe — genommen
haben. Alexander wird aber in der That als Begründer der Biblio-
thek von Jerusalem genannt (Eus. H.E. VI, 20). Als seine Quelle
hinwiederum sind angegeben exemplaria apostolorum, d. h.
Originalaufzeichnungen der Apostel, welche man für alle wich-
tigeren Data der Tradition vorhanden und um so länger erhalten
glaubte, als man selber sich mehr und mehr von jener Zeit ent-
fernte. Letztlich hat diese Angabe den gleichen Wert Avie die
Zurückführung mancher Traditionen bei den Rabbinen auf Moses
oder die grosse Synagoge: es soll dadurch das höchstmögliche
Alter angedeutet werden. Hat nun auch bei allen diesen Instanzen
die Sage gewiss etwas mitgearbeitet (z. B. manibus suis; exem-
plaria apostolorum), so haben dieselben doch, wie gezeigt, einzeln
und kombiniert, die grösste Wahrscheinlichkeit für sich.
Bei Syncellus sind an Stelle derselben freilich andere ge-
nannt (s. darüber unten); die axgißtiö xal jcaXaiol ävtr/gacpoc
jedoch, welche schon in der Quelle des Syncellus erwähnt gewesen
sein müssen, erinnern sehr an die exemplaria apostolorum.
Dazu kommt die Übereinstimmung in den Consulnamen,
wobei auch die LA. des Syncellus: Sovljtudov xal Maglvov,
welche Goar und Dindorf ohne handschriftliche Grundlage in
das richtigere SovXjtixiov Kaf/eglvov xal ratov FFojiJiaiov um-
setzen, mit der LA. unseres Fragmentes : Sulpitio et Camerino in
offenbarem Zusammenhange steht '). Von grossem Werte ist es,
dass Syncellus auch den Namen des zweiten Consuls nennt. In
unserem Fragmente ist dieser bei dem ersten und zweiten Datum
deswegen ausgefallen, weil der Doppelname des ersten in späterer
Zeit, als man in den Fasten nur einfache Namen zu führen ge-
wohnt war, als zwei Namen aufgefasst wurde. Dass aber auch
die Quelle unseres Fragmentes je zwei Consuln mit vollem Namen
bot, zeigt sich noch an dem dritten Datum desselben. Allerdings
1) Wahrscheinlich war schon in der gemeinsamen Vorlage das richtige
KAMAPINOY oder KAMMAPIXOY (oder KAMEPIXOY) durch Ditto-
graphie der beiden ersten Buchstaben verderbt, woraus sich ebensogut die
Auflösung in KAI KAMAPINOY nebst Abstossung der folgenden Namen,
als das durch irrige Verbesserung der Dittographie entstandene KAI
MAPINOY erklärt.
140 v< Dobschütz. Das Kerygnia Petri.
ist bei Syncellus der Name des zweiten Consuls nicht ganz richtig;
die Verwechslung des C. Poppaeus Sabinus mit Cn. Pompeius findet
sich aber öfter, z. B. auch als Variante Plin. hist. nat. VII, 48.
Wenn sich ferner bei Syncellus, der im übrigen die damals
allgemein recipierte Ansetzung des Lebens Jesu auf 33 Jahre hat,
p. 607 für das Todesjahr Christi die Bestimmung Iv vjcazeia
NeqcovoO zo zqizov xal BaX&oiov MsvöaXa findet, so
ergiebt sich hier wieder deutlich die Übereinstimmung mit unserem
Fragment; ja noch mehr: nur hier und bei Syncellus findet sich
der zweite Consul mit diesem übrigens richtigen Doppelnamen
bezeichnet, welchen Tacitus Anrj. XIII, 34 belegt, während Idatius
und alle anderen Messala Corvino oder nur Messala haben —
ein Zeichen vorzüglicher alter Überlieferung. Dass Syncellus
dieses Datum bei seiner Chronologie des Lebens Jesu aufgenom-
men hat, zeigt nur, dass ihm selbst die chronologischen Werte
der Consulate nicht mehr klar waren 1). — Das Taufjahr findet
sich bei Syncellus nicht.
Die zweite Stelle findet sich bei Epiphanius Haer. LI, gegen
dieAloger c. 29: evo/jxaiitv yäg xal IficpsQOfisvov jtov zolo Xöyoio
zovzolo ytygafiiitvov, özt ex zov &£ov XoyoO rov 6-eov lytvvi'i'Jtj
jcsqI to zeooaQaxoozov srotf Avyovözov, ojcsq XsXrjfre zov ygd-
ipavza // z/jo 6iä rov ßijza tprjpov ajiaXttrp&dGrjG xal rov fiv
fiovov Jiaoafiefitvr/xozoG , tu exobjös f.iöva tzi]. reo yäg ztGGa-
QaxoöTcö öevztoco ezei Avyovözov iyevv/'j&r/. gxxGxei öh özi
jiqo ösxaövo xaXavdtöv lovXimv r) iovvicov — ovx lym Xtyeiv
— Iv vjtaztia SovXtclx'lov xal Kafi^aQivov Btzztop IloftJir/'iavfö
ijiazoio. zovzo Öl ioxöjirjoa, ozi oi eijiovztö zr/v rjtutQav ziJG
ovXXri^toio xal ojG tvt/yyeXiGazo 6 raßgirjX zi)v jiaod-tvov
iljtav zr\v vjiövoiav zä>v ztväiv Xsyovzmv Iv jiaoaöoGu , wo
1) Die Erklärung, dass Syncellus eine Consulliste gebraucht habe,
worin — nach Art des Cassiodor — alle Namen um mehrere Jahre verschoben
waren, sodass die Angaben für ihn andere als die von uns nach den gewöhn-
lichen Fasten angenommenen Werte hätten und mit den traditionellen Jahren
übereinstimmten, wird durch den Nachweis, dass diese Angaben mit einer
Berechnung zusammenhängen, deren Motive bei unserem Fragment noch
deutlich erkennbar sind (s. u. i, hinfällig. Der Selbstwiderspruch des Syncellus,
in welchen er sich durch Aufnahme dieser Data in seine abweichende
Chronologie des Lebens Jesu setzt, wird um so erklärlicher, wenn er, wie
er selbst behauptet, seine Angaben ohne Prüfung ihres chronologischen
Wertes einfach aus seiner Quelle übernommen hat.
Exeurs. 14 j
oxt 6ia tjcra (iTjvmv iyei'vt]^?/. evgijxafiev yäg djco xovxov tov
STOOXÖOCOV [?] tCOG tVÖ£XCCX?jG Tüßi "/.(XL JIQO OXXCO UÖcüV 'ictWOVCt-
QicoVf 6t£ ahjfrcöö xa 9-soqpavia sysvsTO xal syevvTj&Tj, Itixcc
(irjvmv ynoiov xaxä xov oshjnaxov Sgofiov Jtana ^fitgao rä;-
oagao. mors ovv d tvooio Iv xaQaöijfisicoöEöl xov ysyoaftfisva,
fi>) ötpaXXov jteqI xijp sidt/Oiv xco ydo bvxt t ysvvrjGiö tov
Xqlgxov t) ßeßaia Tvßl evÖExazy koxL xivlo dt <paor dexa
(ifjvaö £V£XViiovr}{h) Jtagd i)uhoa.G iö' xal oioao oxxco coo tlvat
tvvia (lijvao xal rj/iEQaß ötxaji£VX£ xal (öoao TtGGaoao ').
Diese ganze Stelle ist eine der schwierigsten und textkritisch
verderbtesten. Durch Zuziehung des Cod. Ven. Marc. 125 hat
Dindorf den Text der älteren Ausgaben schon etwas verbessert;
so wird der erste Satz erst durch hymvr\Q-r\ abgerundet. Die
Hauptschwierigkeiten aber sind geblieben: die beiden Consul-
namen in verschiedenem Casus mit ev xsTtaxüa vorher und xma-
xoio nachher können nur als Confusion zweier verschiedener
Angaben betrachtet werden; — völlig entstellt und nirgends
1) Der Text ist gegeben im -wesentlichen nach der Ausgabe Dindorfs
(II p. 494; vergl. dazu die Varianten III p. 734) unter Vergleichung der
Ausgaben des Oporinus (Basil. 1544, p. 196), Petavius (Paris. 1622, I
p. 450 sq.) und (Dehler iBerol. 1860, II, 98 sqq.). Die wichtigste Handschrift
cod. Ven. Marc. 125, auf welcher Dindorfs Ausgabe hauptsächlich ruht, hatte
Herr Professor Schwartz die Güte für mich abermals nachzusehen, wobei sich
zwar ziemlich viele kleine Ungenauigkeiten in der von Dindorf benutzten
Collation, leider aber keine LA. ergaben, welche der entsetzlichen Verderbtheit
des Textes aufzuhelfen geeignet wären. Bemerkenswerte Varianten sind:
1. svQTjxafxsv c. V :: Dind. jjvQ^xafisv, B. Opor., Pet., Oehl. evQlaxo/Ltev.
2. ix — eyervr'j&>j c. V (Dind.) :: B (Opor.) Sri 6 tov &eov dyewijzoa
?.6yoo ex tov 9-eov; — Oehl.: b tov &eov iyswq&r] "t.öyoG ix r. #.
5. enolrjoe c. V (Dind.) :: al. tnoitjoav.
8. aovXmxlov xal xafifiaQivov nach V (aaovXitixlov xal xau.iiuQivov,
nicht xa/ifiagiov, wie Dindorf angiebt) :: B (Opor., Pet., Oehl.)
oovknixiov xa/x/iaQivov, Dind. govXtcixIov xaiirjQlvov.
8. ßeTTeio c. V :: B ßrjTTSoj. Oehl. coni. noTtnaiov avöv eövGaTO.
13. TtQonöawv c. V (Dind.) :: B (Opor., Pet.) tiqotiÖgcjvog; Pet. adnotat:
suspectus hie mihi locus videtur. Oehl. will mit Cornar. tcqo
tcigojvog lesen und übersetzt: ab eo tempore (quo illi coneeptum
esse J. Chr. statuuntj eius anni qui Pisonis (quo eum natum esse
constat) praecedit usque ad XI Tybi etc.
17. tj yevvijoia tov -/qigtov ?j ßeßaia edd. :: V rj ßeßaia yevvTjGia tov
yy (Dind. sagt fälschlich: om ?/ ßeßaia).
18. <puGi c. V :: edd. (puGiv coG.
142 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
nachweisbar ist der Narne des zweiten Consuls, resp. der beiden
als Consulpaar gedachten Vettius und Pornpeianus; der letztere
ist wohl wie bei Syncellus aus Poppaeus entstellt. Bei den ersten
Namen ist zu beachten, dass cod. Ven Marc. 125 oaovXjnxiov
xal xafi/tccQivov bietet; dies xal scheint der gemeinsamen Quelle
bereits augehört zu haben (vergl. Syncellus). Eigentlich hat man
es hier mit zwei Consulpaaren zu thun, die jedoch auf eines zu
reducieren sind. Denn dass bei dem zweiten an Suffecti zu denken
wäre, ist dadurch ausgeschlossen, dass in Pornpeianus der Name
des zweiten Consuls vom ersten Paare steckt; allerdings gab es
grade im J. 9 p. Chr. n. Suffecti, diese aber hiessen nach den
capitolinischen Fasten: M. Papius Mutilus, Q. Poppaeus Secundus.
Ferner fehlt dem mit päüxei eingeleiteten Satze das Praedicat;
wie er lautet, scheint tysvv/j&r/ aus dem vorigen ergänzt werden
zu müssen; dies collidiert aber zu stark mit dem Sinne, als dass
es annehmbar wäre. Vielleicht hat Petavius Recht, der aus dem
folgenden övlltjtyiG ein ovv£fo'/<p&'r} ergänzt. Ebensowenig ist
bisher das rätselhafte jtqoxÖocov (V) oder jiqojioöcqvoö (B) auf-
geklärt. Wenn einige dafür „ante Pisonem" setzen, so ist das
nur eine kühne Conjektur, welche zum Zusammenhange gar
nicht passt; und Petavius' Vorschlag: am) rcöv jiqo öexaövo
xaXavömv lovlicov djco rtjö xov tjcicpl xö' zu lesen, ist auch
recht willkürlich. Sollte nicht in dem unerklärlichen jcqojioöcov
ein Latinismus, eine Form von proponere, propositio stecken, was
auf das eben angegebene Datum zurückzubeziehen wäre? Eine
Bezeichnung des Datums muss auf alle Fälle darin gesucht werden;
um so auffallender ist die masculine (oder neutrische) Form, zu
der vielleicht xaigov ergänzt werden muss. Oder ist es aus
jtqoöcojiov verschrieben? Aber mag sich der Text auch verhalten
wie er will, der Sinn der Stelle ist doch wohl der, dass Epi-
phanius irgendwo, ob bei den Alogern, von denen dieses ganze
Capitel handelt, oder bei den Valentinianern, welche er unmittel-
bar zuvor widerlegt, oder sonstwo bei Katholikern, wie es nach
dem letzten Teil seiner Ausführung scheint, gefunden hat, dass
Christus im 40. Jahre des Augustus am 21. Mai *) des Jahres 9
1) Nur dieses Datum passt zu der Angabe betreffs der 7 Monate; es
sind grade 8 Wochen später als der übliche Termin (25. März), von wo aus
der 25. Dec. nach der üblichen Annahme von 9 Monaten berechnet wurde.
Excurs. 143
unserer Zeitrechnung empfangen sei, und dass er sich diesen Ansatz
des Tages der Verkündigung durch eine Tradition zu erklären
sucht, nach welcher die Empfängniszeit bei Jesus auf nur 7 Monate
veranschlagt wurde. Dies kommt für uns nicht in Betracht, da die
Tao-esdaten unseres Fragmentes anderer Art sind. Das Jahr 9
selbst lässt Epiphanius unerklärt, oder vielleicht verschleiert er
auch die in seinem Ansatz gegebenen Fingerzeige. Auf Grund der
Angabe, dass Jesus im 40. Jahr des Augustus geboren sei, kommt
nämlich Herr Professor Mommsen zu der Vermutung: „Ich habe
daran gedacht, dass eine Confusion der vulgären Zählung der
Augustusjahre und der aegyptischen dabei mitspielen kann; das
Jahr 9 n. Chr. ist nach aegyptischer Zählung Augustus 3S39.1*
Doch er selbst verwirft diese Erklärung: „Weder kommt das
genau aus, noch ist es glaublich, dass man das bloss aus dem
Tiberiusjahr und der Lebensdauer berechnete Geburtsjahr in dieser
seltsamen Weise umgewandelt haben soll."
So bleibt von dem Zeugnis des Epiphanius nur die Consul-
angabe für das Geburtsjahr als wertvoll für die Beurteilung
unseres Fragmentes und negativ vielleicht dies, dass Epiphanius
noch eine andere Tagesangabe damit vereinigt, woraus erhellt, dass
diese nicht ursprünglich mit der Tradition zusammengehörte.
Wie ist nun aber diese Tradition selbst zu erklären? Man
kann sich zwiefach dazu stellen. Der Historiker wird zunächst
nach der Bedeutung der Consulnamen fragen. Dieselben sind zwar
anscheinend sehr entstellt, aber, wie mir Herr Prof. Mommsen
versichert, ist dies in den Handschriften späterer Zeit so allge-
mein, dass man darauf kein Gewicht legen darf; dagegen ist zu
beachten, dass überall noch die Doppelnamen der Consuln er-
scheinen, welche sich in den Fasti sehr bald abgeschliffen haben,
und dass der zweite Consul des Jahres 58 richtig, aber gegen
die sonstigen Listen den Namen Valerius Messala führt. Diese
Argumente sind so stark, dass Herr Prof. Mommsen daraufhin
Epiph., der den 6. Jan. als Geburtstag ansah, mag dadurch ins Schwanken
über Juni und Juli gekommen sein; vielleicht hat aber bei dem Juli noch
etwas anderes mitgewirkt, eine Erinnerung an das (in unserem Fragment
auch angegebene) Datum der Geburt Johannis, was Epiphanius im Gedächtnis
verwechselte. Es wäre dies wichtig, sofern es zeigte, dass in der Quelle
des Epiphanius noch mehr Data enthalten waren, als er wiederzugeben
für gut fand. Auch Sync. p. 590 gedenkt der Empfängnis Johannis.
144 v- Dobschütz. Das Kerygma Petri.
urteilen zu müssen glaubt, dass wir es in dem Fragment mit
einer allerdings von späterer Hand mit den späteren Tagesdaten
durchsetzten, bezüglich der Jahresdaten aber in die älteste Zeit
hinaufgehenden Chronologie des Lebens Jesu zu thun haben,
welche noch von Lukas und der durch diesen begründeten christ-
lichen Chronologie gänzlich unabhängig ist, wobei zuzugeben
sei, dass die lukanische grössere Wahrscheinlichkeit für sich habe.
In der That lassen sich aus dem zweiten Jahrhundert mehrere
Beispiele solcher Traditionen beibringen, welche scheinbar unsere
kanonische Überlieferung ausschliessen und sie auch auf den
Wert von Hypothesen reducieren, so z. B. der Apostelkatalog
der Apostolischen Kirchen-Ordnung. Jedoch bleibt es noch zu
untersuchen, ob nicht grade diese in viel grösserem Masse als
die kanonische Tradition auf dogmatischen Erwägungen und
exegetischen Spitzfindigkeiten ruhen, wie sie gegen Ende des
zweiten Jahrhunderts auch in der Grosskirche als traditions-
bildend erscheinen (z. B. Canon Mural), sicherlich aber schon
viel früher in einzelnen Kreisen, besonders den gnostischen,
wirksam waren. Diesen Weg der Erklärung wird auch unserem
Fragment gegenüber der Theologe betreten müssen, und ver-
suchen zu zeigen, wie solche historische Angaben aus speculativen
Gedanken entstanden sind.
Hier kann man nun freilich wieder sehr verschiedene Bahnen
einschlagen. Es sind die drei Factoren vorhanden: die Geburt
im Jahre 9, die Taufe im Jahre 46, der Tod im Jahre 58. Es
kommt darauf an, in welches Verhältnis man dieselben setzt.
Beruht jedes Datum auf einer selbständigen Berechnung oder
hängen sie unter einander zusammen?
Die Zahl 46 des Taufjahres verführt dazu, an Joh. 2, 20 zu
denken, aus welcher Stelle bekanntlich etliche zur Zeit Augustins
ein Lebensalter Jesu Christi von 46 Jahren folgerten (Aug. de
doctr. ehr. II, 28). In der That ist es bei Johannes das Jahr des
Amtsantrittes resp. der Taufe, worauf diese Bezeichnung fällt.
Aber das Zusammentreffen ist doch nur scheinbar, denn nach
dem oben ausgeführten ist es kaum denkbar, dass diese Datierung
erst auf Grund unserer dionysianischen Aera erdacht sein sollte.
Auch daran ist kaum zu denken, dass das Jahr 46 vermöge der
gleich zu besprechenden 50-Jahr-Tradition von dem in alter Zeit
vielfach angenommenen Geburtsjahr 4 — 2 vor unserer Zeitrechnung
Excurs. 145
aus berechnet worden sei; denn es tritt ja als Tauf- und nicht als
Todesjahr auf. Fällt so für dieses mittlere Datum irgendwelche
Wahrscheinlichkeit einer selbständigen Berechnung fort, während
eine solche für das Todesjahr 58 überhaupt nicht ersichtlich ist,
so leuchtet um so mehr ein, dass die Relationen zwischen den
drei Daten (9 — 58 beinah = 50, 46 — 58 = 12 Jahre) nicht zu-
fällige sind. Es ist daher von vornherein anzunehmen, dass von
dem Geburtsjahr aus das Todesjahr berechnet und von hier durch
Rückzählung das Taufjahr gewonnen wurde.
Zunächst handelt es sich also um das Jahr 9 nach unserer
Zeitrechnung als Geburtsjahr des Herren. Dies findet sich bei
allen unseren drei Zeugen, ja noch mehr. „Wo Syncellus den
Hippolyt citiert, ist er von Annianus [c. 412] abhängig" (Geizer,
Julius Africanus II, 1, 188) und dieser wiederum benutzt nach
Unger (Chronol. des Manetho. Berlin 1867 S. 38) den Panodorus
(395 — 408), doch nur in der Profangeschichte. Während nun
Panodorus die Weltaera auf das Jahr 5492 vor unserer Zeit-
rechnung bestimmte, ging Annianus von dem gleichen Punkte
aus, setzte aber die Geburt Jesu 5501, also 9 Jahre später. Ideler
(Handbuch der Chronol. II, 453), dem Wieseler (RE2 I, 196) folgt,
glaubt diesen Ansatz daraus erklären zu können, dass Annianus
auf den alexandriuischen Ostercyclus Rücksicht nahm. Sollte
Christus an der Luna XIV. das Passahlamm gegessen, an der
Lima XV. gestorben und am Tage der Incarnation (25. März)
auferstanden sein, so musste dies das J. 42 u. Z. sein, auf welches
alle diese Merkmale passen. Da Annianus aber das Leben Christi
auf 33 Jahre berechnete, so kam er rückwärts auf das Jahr 9.
Diese ganze Idelersche Argumentation ist nun durch den Nach-
weis, dass Epiphanius schon dies Jahr kennt, und dass das Jahr 9
grade in Verbindung mit einem anderen Todesjahr als 33 u. Z.
vorkommt, hinfällig geworden. Wir müssen annehmen, dass
Annianus schon von einer Tradition abhängig ist. Über diese
erhalten wir vielleicht Aufschluss, wenn wir die Geschichte der
Annianischen Aera weiter verfolgen. Dieselbe ist benutzt von den
byzantinischen Chronographen Maximus, Syncellus, Theophanes,
ja sie muss lange Zeit im Orient die gebräuchlichste gewesen
sein, wie sie denn noch heute von den Aethiopischen Christen
benutzt wird. Ein Beispiel ihres Gebrauches im Occident hat
Ideler nachgewiesen in der Fortsetzung des Breviarium Eutropii
Texte u. Untersuchungen XI, l. \(j
146 v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
(Historia miscella bei Muratori, Script, rer. Ital. I), wo der Re-
gierungsantritt des Kaisers Heraclius auf 602 (statt 610) angesetzt
wird. Für uns sind jedoch am wichtigsten die beiden (auch von
Ideler nachgewiesenen) Stellen in der vita Euthymii (Cotelerius,
eccl. gr. inonum. [Paris, 1681] II p. 293) und vita Sabae per Cyrill.
Scythopol. (1. c. III p. 353 sq.), welche in einer auf Abhängigkeit
(untereinander oder von gemeinsamer Quelle) führenden auffälligen
Weise fast wörtlich übereinstimmend die Annianische Chronologie
auf IjtJiöXvxoö ts o JiaXaioö xcu yvcoQipoG rcöv djcoOtöXcov xcu
tjiicpävioo o rtjö xvjcqicdv ccqzisqevo xcu t'jQco 6 <piZ6öo<poG xcu
ofiokoyr/Tijö zurückführen. Was hier den Epiphanius anlangt,
so sahen wir bereits, dass die beiden Biographen in gewisser
Weise Recht haben, sofern Epiphanius eine solche Chronologie
erwähnt; aber er macht sie doch keineswegs zu der seinigen.
Auf Hippolyt bezieht sich auch Syncellus (a. a. 0.) neben Annianus
und Maximus. Es scheint daher fast, als habe sich Annianus
selbst auf diesen schon berufen. Thatsächlich aber hatte, soviel
wir wissen, Hippolyt eine ganz andere Chronologie. Es muss
daher entweder angenommen werden, dass — ähnlich wie es bei
Epiphanius geschah — eine von Hippolyt erwähnte Chronologie
auf ihn selbst zurückgeführt wurde, in welchem Falle dieselbe
also noch älter als Hippolyt sein müsste; oder aber man muss
in Hippolyt nur den Meister der Chronologie sehen, auf dessen
Ansehen sich jedes chronologische Machwerk zurückzuführen
suchte. Dann bliebe noch als Urheber dieser Chronologie jener
Philosoph und Bekenner Hero übrig, der uns aber ebenso rätsel-
haft ist, wie die auf ihn zurückgeführte Zeitbestimmung1). Es
1) Cotelerius, Monuin. eccl. graec. II p. G40 glaubt den hier angeführten
Philosophen Hero mit jenem Maximus Cynicus aus Alexandrien identificieren
zu können, der, nachdem er angeblich um des Glaubens willen verbannt
worden war, zu Gregor. Naz. nach Byzanz kam und sich so bei ihm einzu-
schmeicheln wusste, dass Gregor in seiner Gegenwart eine Lobrede auf ihn
hielt, die noch jetzt unter dem Titel ela rjQäiva xov (fiXöootpov erhalten
und als or. 25 (al. 23) in den Ausgaben der Wei-ke Gregors zu finden ist.
Nachher zeigte er sich jedoch als einen falschen Freund, indem er in hinter-
listigster Weise Gregors Absetzung herbeiführte, um selbst dessen Stuhl
einzunehmen (abgesetzt 381). Sicher geht jene Lobrede auf Maximus;
streitig aber ist, ob dieser auch den Namen Hero führte (so z. B. Tillemont
Art. L1X p. 443. 712) oder ob ein anderer Name an Stelle des ursprüng-
lichen gesetzt wurde, entweder von Gregor selbst (Billius) oder von
Excurs. 1 47
muss also sein Bewenden dabei haben, dass dieselbe, dem Epi-
phanius schon bekannt, möglicherweise schon von Hippolyt
erwähnt, in ziemlich alte Zeit zurückverfolgt werden kann. Wie
man aber auf dieselbe gekommen ist, wird sich kaum noch nach-
weisen lassen. Denn es ist doch wohl zu kühn, anzunehmen,
dass Lukas selbst den Anlass dazu gegeben habe. Ist es näm-
lich richtig, dass Herodes schon i. J. 4 ante Chr. n. starb, der
Census unter Quirinus aber nicht vor 6 post Chr. n. vorgenommen
sein kann, so ist damit eine ungelöste Antinomie in die Chrono-
logie des Lebens Jesu von Lukas selbst eingetragen, der aller-
dings seinerseits wohl das letztere Datum nach dem ersten zu
verschob; es konnte aber wohl jemand, der mit den römischen
Fasten vertraut war, von dem richtigen Termin des letzten Datums
ausgehen und so ungefähr auf das Jahr 9 kommen. Doch ist
diese Combination nicht eben sehr wahrscheinlich.
Betrachten wir nun das Jahr 9 als gegeben, so kommen wir,
Abschreibern (Hier, de vir. ill. 117). Letztere beiden Möglichkeiten verdienen
vor der Annahme der Doppelnamigkeit des Maximus entschieden den Vorzug.
Es wäre unerklärlich, dass nirgends von dem andern Namen des Mannes
die Rede ist, und vor allem, dass Hieronymus, der mit Gregor von Constan-
tinopel her bekannt war, davon ganz schweigt und eine andere Erklärung
giebt. Dafür, dass Gregor selbst den Namen des Mannes, den er inzwischen
anders zu beurteilen gelernt hatte, verändert habe, Hesse sich als klassi-
sches Analogen aus der neueren Literatur Klopstocks Ode: „Heinrich der
Vogler" namhaft machen, die ursprünglich Friedrich dem Grossen galt.
Auch hier aber wird das anderslautende Zeugnis des Hieronymus schwer-
wiegender sein, als dass man es bei Seite lassen könnte. Der so an die
Stelle des Maximus getretene Hero philosophus mag eine historische Person
sein. Weiter wissen wir aber nichts von ihm; denn alles, was wir von ihm
bei Gregor lesen, gehört dem Kleide des Maximus an, in welches jener nur
hineingeschlüpft ist. Smith und Wace, Dict. of Christ, biogr. 111 p. 5 zählen
noch 8 Männer des Namens auf, von denen jedoch nur wenige in Betracht
kommen könnten, wollte man versuchen, diejenige Persönlichkeit, an welche
bei der Namensänderung gedacht war, zu erraten. Am hervorragendsten
ist noch der Schüler des Ignatius, dritter Bischof Antiochiens, der durch
die Pseudoignatianen zu Ehren gekommen ist. „Philosoph und Bekenner"
passte auch vielleicht auf die von Eusebius (H.E. VI, 4 und 41) erwähnten
beiden Alexandriner, deren ersterer Schüler des Origenes war; doch dürften
diese zu den /.tÜQTvyi-o zählen. — Ist so die ganze Persönlichkeit des
Hero philosophus in mystisches Dunkel gehüllt, so kann auch der Berufung
auf ihn als Chronologen kein Wert beigelegt werden. Das braucht aber
betreffs der anderen Autoritäten nicht misstrauisch zu machen.
LO
148 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
wie wir sahen, zu dem Todesjahr 58 durch einfache Addition von
beinahe 50 Jahren. Dass diese Combination richtig ist, dafür
bürgt uns Irenaeus, welcher (adv. haer. II, 22) unter Berufung
auf die Tradition der Presbyter, dass Jesus aetateni seniorem
erreicht habe, und unter Bezugnahme auf Job. 8, 57 für Jesus
eine Lebensdauer von 50 Jahren behauptet. Bei dieser Combi-
nation sind die Motive der Entstehung noch deutlich nachzuweisen.
Es war zunächst ein speculatives: Jesus, die Anakephalaiose der
Menschheit, musste auch das Menschenleben in allen seinen zeit-
lichen Stadien durchgemacht haben. So ist es Irenaeus überliefert.
Dazu kam dann die Stelle Joh. 8, 57, welcher man gerecht werden
wollte, wie noch später Chrysostomus aus ebenderselben unter
Voraussetzung einer anderen Lesart auf ein Lebensalter von
40 Jahren für Christus schloss (Opp. VIII p. 371). Irenaeus erst
scheint beide Motive zusammengefasst und damit das Resultat
zur Gewissheit erhoben zu haben. Auf ihn geht also dies Moment
zurück, das aber merkwürdigerweise ausser in unserem Fragment
keinen Anklang gefunden zu haben scheint l).
Die dritte Combination endlich, um derentwillen das Fragment
hier eigentlich behandelt wird, ist die, dass das öffentliche
Wirken Jesu auf 12 Jahre geschätzt wurde, wodurch man von
58 aus rückwärts 46 als Taufjahr gewann. Genau lässt sich dies
durch kein Analogon belegen, aber die oben (S. 52 sqq.) ge-
gebene Entwicklung hat gezeigt, wie von einem Herren wort an
Petrus, das dann auf alle Apostel ausgedehnt wurde, ausgehend,
die 12- Jahr-Tradition sich Bahn brach und mehr und mehr in
das Leben des Herren ( zunächst des Auferstandenen) hineingezogen
wurde. Dies geschah zwar zuerst und zumeist in gnostischen
Kreisen. Wie nahe es aber der Kirche lag, diese Fortbildung
der Tradition zu übernehmen, zeigt die Erörterung des Irenaeus
an der eben angeführten Stelle (II. 22). Er polemisiert gegen
die gnostische Behauptung, Jesus habe nur ein Jahr öffentlich
gelehrt und sei im 12. Monat gestorben. Dies stammt aus einer
Spekulation über das angenehme Jahr des Herren mit seinen
12 Monaten. Wenn nun auch die Katholiker mit Irenaeus die
1 Erst neuerdings hat E. von Bunsen in Hidden wisdom of Christ
[Lond. 1865] II p. 401 sqq. dies wieder aufgenommen.
Excurs. 149
buchstäbliche Fassung verwarfen, so war ihnen doch eine alle-
gorische Urndeutung nicht zuwider und da sie, jernehr der Ge-
danke der Geheimtradition auch bei ihnen sich geltend machte,
eine längere Lehrzeit Jesu durchaus brauchen konnten, so lag
nichts näher als aus den 12 Monaten Jahre zu machen.
Aus diesen drei Momenten scheint sich unser Fragment
einigermassen erklären zu lassen. Die Combination derselben,
welche sich sonst nirgends findet, macht dasselbe zu einem so
eigentümlichen. Wann kann diese nun vollzogen sein? Der
Widerspruch mit aller anderen christlichen Chronologie, der darin
vorliegt, scheint ja in allerälteste Zeit zu weisen, als noch nichts
traditionell fixiert war; andrerseits sahen wir, dass der 2. Punkt
Irenaeus vorauszusetzen scheint. Bedenkt man dazu, dass Irenaeus
nur die runde Zahl 50 nennt, so ist es wohl denkbar, dass ur-
sprünglich nur das Jahr 9, das — wie gezeigt — vielleicht schon
vor Hippolyt bestimmt war, und dazu die Periodenzahlen 50
und 12 zusammengestellt waren und erst später, als man sich
den Widerspruch nicht klar machte, die bestimmten Consulangaben
eingesetzt wurden. Doch sahen wir, dass eben diese Consul-
angaben ein ziemlich hohes Alter verlangen. Dies aber führt
endlich dazu, an der Hand der Tradition, auf welche das Fragment
selbst sich beruft, bis in die Nähe des Irenaeus zurückzugehen:
Alexander von Jerusalem, der Stifter der Bibliothek.
Es ist kein Grund vorhanden zu bestreiten, dass der Grundstock
des Fragmentes auf diesen zurückgeht, der selbst wieder aus
Tradition geschöpft haben mag (exemplaria apostolorum). Welchen
Anteil Hero daran hat, vermögen wir nicht zu bestimmen,
ebensowenig, welche Geschichte dasselbe durchgemacht hat. Die
verschiedenen Zeugnisse lassen auf eine ziemliche Verbreitung
schliessen: Hippolyt ['?], Epiphanius, Annianus, Maximus,
Syncellus, [Theophanes, Cyrillus Scythopolitanus (als autor der
vita Sabae), autor vitae Euthymii; bei den 3 letztgenannten sowie
dem Verfasser der historia miscella ist es ungewiss, ob sie die
ganze Berechnung oder nur die darauf ruhende Annianische Aera
kannten], ferner im Abendlande Victorin von Pettau und
endlich der Mönch des Klosters Bobbio, der das Fragment
seiner Handschrift einreihte. Jedenfalls müssen wir ihm hierfür
sehr dankbar sein; denn es ist von dem grössten Interesse für
J50 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
uns, nicht nur an sich, sondern vornehmlich indem es aufs neue
zeigt, wie frei sich die Tradition früher entwickelt hat, wie die-
selbe dabei durchaus von speculativen und exegetischen Motiven
geleitet war, wie aber doch im Laufe der Zeit diese willkür-
lichen Traditionsgebilde mehr und mehr beiseite geschoben worden
sind, um den ältesten und besten Platz zu machen.
Übersicht über die Fragmente.
I. Clem. AI. Strom. I, 29, 182. § 3: S. 18. § 4: S. 27.
II, 15, 68.
ecl. proph. 58.
II. Clem. AI. Strom. VI, 5, 39. „ S. 18. „ S. 29.
VI, 7, 58.
III. Clem. AI. Strom. VI, 5, 39 sq. „ S. 19. „ S. 31.
Orig. in Bv. Joh. tom. XIII, 17.
IV. Clem. AI. Strom. VI, 5, 41. ,. S. 21. „ S. 35.
Orig. in Ev. Joh. tom. XIII, 17.
V. Clem. AI. Strom VI, 5, 41.
VI. Clem. AI. Strom. VI, 5, 43.
VII. Clem. AI. Strom. VI, ü, 48.
VIII. Clem. AI. Strom. VI, 6, 48.
IX. Clem. AI. Strom. VI, 15, 128.
X. Clem. AI. Strom. VI, 15, 128.
Zweifelhafte Fragmente:
XI. Orig. de princ. praef. 8. § 6:
XII. Orig. hom. X in Lev. „
XIII. Optat. de schism. Donat. I, 5. ,,
XIV. Greg. Naz. ep. 20 ad Caes. fratrem. § 7:
— — orat. 17 c. 5.
XV. Leontius iepcc (Sacra Parallela). „ S. HO.
Greg. Naz. or. 14.
XVI. Leontius Uqcc (Sacra Parallela). ., S. 118.
XVII. Oecum. comm. ad Jak. V, 16. „ S. 122.
XVIII. Clem. AI. Strom. VI, 5, 42. § 8: S. 124.
XIX. Clem. AI. Strom. VI, 5, 42. „ S. 126
XX. Ps.-Cypr. de rebapt. c. 17. § 9: S. 127.
XXL Lact. inst. div. IV, 21. § 10: S. 131.
s.
21. „
S. 45.
s.
22. .,
S. 50.
s.
22. ,,
S. 5L
s.
24. „
S. 57.
s.
s.
24. \
25./"
S. 58.
s.
82.
s.
84.
s.
L04.
s.
109.
Wortregister.
[ ] bezeichnet nicht zum K.P. gehöriges; ( ) deutet Rückübersetzung aus
dem lateinischen an.
ayyekoa Fragm. IV.
avxoXe&l F
agm. IX.
ayvoiu
III. VIII.
c'«f9aQioa
IT.
uyQÖa ,
III.
d(pir)fj.L
VI. VIII.
ayo) ,
IV (bis).
ay^aQinxiui
Hi-
(äöthföo ,
XIII.)
d%u>Qrjxoo
ll.
dsvaoa ,
II.
[ßaatXsva
XVIIL]
ut,v(ia ,
IV.
ßißXoa
IX. [XVIIL]
tlrjQ ,
III.
ßQÖjßd
HL
aiXovQoa ,
III.
ßQÜJOtO
III.
ai'viy/ia ,
IX.
ßQwxoa
III.
\ulaxvvofiai ,
XV.]
yaXij
„ HL
dxaxäXijnxoa ,
II.
ysvoa
v.
dxovü) ,
VI. VII (ter).
yv
III.
[dXXöxQioo
XV.]
ynejaxw
II. IV. VII. X
dfxciQZ)i/ua ,
VIII.
yvojOLO
III.
aficcQTia ,
VI [XVI. |
[yvwoxixoa
„ IL]
\ävuyiva>GX'j) ,
XVIII]
yQucpn
„ [IL] V.
dvdXrjif.ua ,
IX.
yQÜ<fuj
IX (bis). X.
dvanxvaaw ,
IX.
[XVIIL]
dvemöerja
II.
{öaifxöviov
„ XI.)
[dvtyw ,
XVI.]
{öanavdto
XVI.]
UVÜQWllOO ,
VII.
östo
IX.
dvioxrjfjLi ,
III.
dr]X6u>
VII. [XVIIL]
u^ioa ,
VII.
dta&rixt]
v.
dÖQUXOO ,
IL
[diaxovscu
XV.]
a7tolrjxoo ,
II.
dtaxid-rjf/i
v.
dnoXoylu ,
VII.
Ö'lÖOJjJLl
III. [XV.]
anöaxoXoa
VII.
dixalwa
v.
liQyvQoa ,
III.
(do£a = opinio
XIII.)
upveofiat ,
III.
öovXov
„ III.
aQxn
II.
ÖVVttfXLO
IL
(In/ryytXoa ,
IV.
düjösxa
VI. VII.
(doiöfjiaxoa ,
XI.)
\iyyva
XIV.]
UX£Q ,
x.
eye goto
ix.
av&tvxixdia ,
IX.
sia &eöa
„ IL VII. [XVIIL]
Wortregister.
153
fXflVOO
Fragm. IV. [XIV.]
[XOTIOG
Fragm. XVIL]
exXsyu)
VII.
xöofxoo
VI. VII. [XIX.]
\e?~£su)
XV.]
XQIVUJ
VII. IX. XIII.
[iXei'jficav
„ XVI.]
XX 1]V1]
III.
eXhjvea
IV. V.
[xxlof/.a
XV.]
[hXXrjvixöo
XVIII.]
xvQioa
I. V. VII.
igeQxo/xtu
VI.
xvwv
111.
i^ovoia
II. III.
[Xafxßävio
XV. XVIIL]
hoQxi'j
IV.
XaxQevu)
IV.
iniyivwaxvj
„ VIII. IX. [X VIII.]
Xtyöfxevoo
IV.
entöeo/jitti
IL
Xeyw
V. VI. VII. X.
\i-7iidi6u)[Ai.
XV.]
[Xeitko
„ XV.]
snioxa/uai
III. IV.
Xld-oa
„ III.
[eTHTTjQSCO
XVI.]
Xoyoo
I. IL
FQTieröp
III.
Xninöa
IX.
[exeooa
XV.]
Ha&i]Xi)o
., > VII.
exoa
„ vi.
(/urcxaQioa
XII.)
£vayyeXiZ,(o
VII.
[ßttXQO&VfltU
XVI.]
eiplöxco
„ V. IX. [XVIIL]
[uäXXov
XVI.]
t"/Ü>
„ II.VII. IX. [XV.]
uav&dvo)
„ V. [XV.]
qyelo&ai
VII.
(ACCQXVQSU)
VII.
tjftSQa fxeyäh]
IV.
fxsyao
IV.
9-üXaooa
III.
fisXXovxa
VII. [XVIIL]
9-üvatoo
„ ix.
fxtxavoea)
VI. VIII.
&eXa>
VI. VII.
m»
IV.
&eöo
II-X. [XIV—
[(/.i/j.£0(xai
„ XV.]
XVI. XVIII sq.]
[fiifiqOiO
XV.]
&801
„ III.
[^iifxvrjGXO)
XVI.]
&TjQia
III.
[fiiasco
XVIIL]
&i)(ia
III.
fXOVOO
IV.
&V0)
III.
/bl0Q<p6(O
III.
lälOG
III.
(XVO
III.
IÖOV
v.
VeXQOO
III.
iSQOo6?.rfta
IX.
vsoixrjviu
IV.
ITjOOVO
ix.
vrjxxoa
HL
[looxrja
XV.]
(vtjOtevo)
XII.)
tOQarjX
v.
VOflOO
„ I.
iovöaloi
IV. V. IX.
[vova
„ XVI.]
xa&aiQEU)
V. [VIII.]
i^vXov
III.
[xad-cüo
XVIL]
oiöa
VIII.
xcuvoo
„ v.
[olxodofzeo)
XVIL]
xaivdta
v.
olxovßevt]
VII.
[xÜfJLVto
XIV.]
ol'o/xai
IV.
[xaxatpQovbU)
„ XVI.]
\oXoG
XIX.]
[xarexw
XV.]
ovo /J.a
VI. [XVIIL].
xoXaoio
.. IX.
ovo/xd^o)
„ ix.
154
v. Dobschütz, Das Kerygma Petri.
6vXÜ)G
Fragm. X.
ofßo/nat
Fragm. IIL IV. V
OTt(I)G
VII.
(jt).rjvf]
IV.
OQtXVJ
II. [XVI
1
[alßvUu
XVIIL]
OQOG
v.
GlÖlJQOG
HL
OGt(i)G
v.
oxavQÖa
IX.
OVQCCVOO
.. IX.
[ovyyivojoxco
XVI.]
[6<p£Ü.ea>
XV.]
\ovyyvo)/bU]
XVI.]
nuXatöa
v.
\ovvimii
XV.]
naQußoXi)
IX.
owC,i»
VII.
nuQudid(i)fxi
., v.
[xäXtto
XVI.]
{nuQÜxa^io
XVIII.]
[xeleioo
., III.]
[naQayjiijfta
„ XVI.)
xD.oa
IL
riuQOvaiu
IX. [XVIIL]
xtxQanodoo
III.
näo/w
IX.
[xTjlavyrjO
XVIIL]
naxi]Q
v.
(XQi(fO)
XIII.)
[navofiai
XVI.]
xqixov y&.voo
v.
nifinu)
„ VII.
[v'ioa
IL XVIIL
nevt/a
., (XII.) [XV.]
vkrj
IIL
[nzQiootiuj
XV.]
vnaQqio
III.
ntxtivd
III.
[imofjtovtj
XVIIL]
Tllr}?]XOG
in.
[vaxdontjG
XVIIL]
niorevoj
VI. VII.
IX.
(paivo)
IV.
nioxia
VII.
(plQOfjlCU
IIL
niGxöo
VII. [XVIIL]
\<pO()(o)
XVIIL]
\nktlov
XV.]
[<fior)'i
XVI.]
\n).i)aa(i)
XVI.]
yaXxöa
III.
[nXovaioa
„ XV.]
[XQfc™
XV.]
7l0lt(O
IL VIII.
IX.
yQTjGlG
IIL
-
[XVIIL]
'/QlGXiaVOl
V.
\no).vo
XV. XVIII ]
XQIGXOO
[VII.] IX.
n^O(pr'jTTjO
IX (bis).
[XVIIL]
7lQOGXCCOG(l>
„ x.
■/(ivoöa
HL
7lQ0O(fbQ(t>
III.
XWQto)
IL
71Q(ÖX0G
IV.
ywQt'jß
v.
aüßßaxov
IV.
[xpvxn
XIV. XVI
[otKftaxeQov
XVIIL]
üjoxe
IV.
aa<f(jJo
„ VIII.
[(ocpsXtü)
XVIL]
Bibelstellen.
Deut, 33, 2 S. 39. Act. 17, 30 S. 24.
Psalm 67, 18 S. 39. 19. 28 S. 60.
Jes. 1, 13 S. 45. Rom. 1, 21 sqq. S. 35.
2, 3 S. 29. 5, 1 S. 57.
11. 3 S. 104. 5, 20 S. 39.
58, 6 sq. S. 86. 1. Cor. 10, 26 S. 127.
Jer. 31, 31 sq. S. 48 sq. 13,2 S. 51; 56.
Sir. 5, 4 sqq. S. 119 sq. 15,4 S. 62.
29, 12 S. 89 A. 2. 2. Cor. 9, 12 S. 89 A. 2.
31, 28 S 122. Gal. 2, 7 sq. S. 131.
43. 6 sqq. S. 42 2, 18 S. 123 A. 1.
Sap. Sal 18, 15 S. 31 A. 1. 3, 19 S. 39.
Matth. :>, 17 sqq. S. 3S. 4. 3. 9 S. 39 sq.
14, 30 S. 109 A. 2. Eph 5, 1 S. 116.
28, 19 S. 41 A. 1. Col. 2, 8. 20 S. 39 sq.
Marc 3, 13 sqq. S. 70. 2, 17 sq. S. 39 sq.
7, 8. 13 S. 38. 41. 1. Tim. 5, 21 S. 41 A. 1.
9, 1 S. 62. Hebr. 1, 3. S. 31.
16. 9 sqq. S. 73. 75 sqq. 2, 2 S. 39.
Luk. 6. 1 S. 44. 6, 1 S. 52.
9, 26 S. 41 A. 1. 6, 6 S. 52.
24, 36—39 S. 82 sq. 8, 8 sq. S. 49.
Job. 2, 20 S. 144. 12, 17 S. 52.
2, 22 S. 59. Jak. 1, 26 sq. S. 47.
7, 24 S. 104. 4, 11 S. 104.
8, 57 S. 148. 1. Petr. 1, 11 S. 25.
16, 13 S. 56. 1, 12 S. 56.
Act. 1, 4 S. 53. 1, 21. S. 51.
3, 17. 19 S. 24. 2. Petr. 1. 15 S. 67 A. 1.
7, 53 S. 39. Apok. 2, 9 S. 112.
13, 29 S. 62. 10, 4 S. 87 A. 3.
13, 46 S. 50. 19, 10; 22, 8 sq. S. 41.
Namen- nnd Sachregister.
Acta Joh. Leuc.
S. 29; 36; 58; 83; 114 A. 1.
Acta Joh. Proch.
S. 49; 53; 61 A. 1.
Acta Thoinae
S. 57 sq.
Absolutes Wesen Gottes
S. 29 sq.; 65; 126.
Aegyptischer Ursprung des K.P.
S. 34; 44; 65; 73; 102.
Alexander von Jerusalem
S. 139; 149.
Annianus
S. 138; 145 sq.
Apokryphen des A.T.s
S. 51; 122.
Apologeten
S. 28 sqq.; 48 A. 1; 59; 66.
Apollonius
S. 52 sq.; 79.
Apostelbegriff
S. 16; 55; 74 A. 2; 123 A. 1.
Apostolische Constitutionen
S. 93; 94 A. 1; 97 sqq.; 105; 116.
Aristides
S. 30; 32; 34; 36 sqq.; 40 sqq.;
48sq.; 50A.1;66; 80sq.;86.
Ascensio Jesaiae
S. 60 A. 1.
Assumptio Mosis
S. 87 A. 3.
Athanasius, 39. Festbrief
S. 5.
Athenagoras
S. 29; 30 sq.; 32 A. 1; 41; 66.
Barnabas-Brief
S. 36; 38; 48 sq.; 55; 66 sq.
„Beide Wege"
S. 48; 81; 87; 104.
Celsus
S. 31 sq.; 34; 37; 49; 80.
Ceremonialgesetz
S. 38.
Christus als vofioa
S. 28 sq.; 65.
„ als Mittler der Gottesverehrung
S. 47 A. 1.
Chronologie des Lebens Jesu
S. 136-50.
Clemens Alexandrinus
S. 8 sq.; 14; 17 A. 1; 32 A. 1; 60.
Clem. AI. quis div. salv.
S. 114 sq.; 116 A. 1.
Clem. Rom. ep. I
S. 25; 39; 66.
„ „ II
S. 36; 67; 112.
Codex Brucianus
S. 53; 83; 128 A. 1.
Credner
S. 2; 6 sq.; 14; 44; 58.
Didache
S. 5; 36; 48; 91; 106; 116.
Didascalia apost.
S. 4; 97—102.
Diognet-Brief
S. 34; 36;42A. 1;46A. l;48sq.;
66 A. 1; 80; 116.
Söyfxa
S. 17.
Dodwell
S. 6; 17.
Namen- und Sachregister.
157
Ebioniten-Evangeliuru
S. 54; 129 sq.
Einheit Gottes
S. 29 sq.; 65; 101; 124.
Elias Cretensis
S. 105 sq.; 109; 121 A. 2.
Engelcultus hei den Juden
S. 36 sqq.
Epiphanius
S. 10; 71 sq.; 128sq.; 140sqq.; 146.
Eschatologie
S. 56 sq.; 62 sq.; 133.
Eusebius
S. lsq.; 4; 5; 9; 12 A. [111,25];
13; ITA. 1; 63; 72; 82.
Evang. secundum duodecim [apostolos]
S. 129 A. 1.
Exegetische Methode
S. 59 sq.; 66.
Fasten
S. 84 sqq.
Fasttage
S. 99 sq.
Festberechnung bei den Juden
S. 42 sq.
Feuererscheinung bei Jesu Taufe
S. 129 sq.
Feuertaufe der Gnostiker
S. 128.
Geburt Jesu
S. 61 A. 1; 69 sq.; Sl A. 2.
Geburtsjahr Jesu
S. 138. 143. 145 sqq.
Genieindefasten in der africanischenKirche
S. 102 A. 1.
Gestirndienst bei den Juden
S. 41.
yvt'joioa und vö&oo
S. 11 A. 1.
yvüoio
S. 51; 58; 65; 77.
Gottesdienst, christlicher sittlich
S. 47 sq.
Götzendienst
S. 31 sq.
Grabe
S. 5; 6; 15.
Gregorius Nazianzenus
S. 13; 17; 105 sqq.; 121; 146 A.l.
Hebraeer-Brief
S. 38 sq.; 49; 68; 111.
„ -Evangelium
S. 55; 69; 82 sq.; 128 sq.
Hegesipp
S. 17 A. 1 ; 63.
Heidnischer Cultus
S. 31 sqq.
Heidnische Prophetie
S. 124 sqq.
Heracleon
S. 10; 75 A. 1; 102; 128.
Hermas
S. 5; 29; 36 A. 1; 52; 57; 67;
75; 85; 87—92; 99; 102; 109;
112 sq.; 116.
Hero philosophus
S. 146 A. 1 ; 149.
Hieronymus
S. 2; 5 sq.
Hippolyt
S. 10; 50; 128; 145 sq.
Hystaspes
S. 124 sqq.
Ignatius
S. 61 A. 1; 66; 82 sq.; 109.
Johannes-Evangelium
S. 28; 31; 35; 47; 49; 51; 68; 111.
Josephus
S. 63; 133.
Irenaeus
S. 4; 10; 60; 66; 97; 148 sq.
lsidor Peius.
S. 5.
Judenfeindliche Stimmung der alten Chri-
stenheit
S. 35 sq.; 61 sq.
Judicium Petri
S. 2; 5 sq.; 105.
158
v. Dobschütz, Das Kerygwa Petri.
Justin
Klassen der Kanonicität
Lactantius
Lateinische Übersetzung des K.P.
Legenden über Petrus
Leontius von Byzanz
Literatur zum K. P.
?.6yoo
Lukas, Apostel-Geschichte
„ Evangelium
„ Chronologie
Mara bar Serapion, Brief
Marcion
M arcus-E vangeliu m
Marcus-Schlüsse
Märtyrer
fitzävoiu
Muratorischer Kanon
Neuheit des Christentums
Neumondsberechnung bei den Juden
Nicephorus Callisti
VOftOO
Origenes
Paulus
Paulus-Acten
Petrus Alexandrinus
Petrus-Acten
„ -Apokalypse
„ -Briefe
„ -Evangelium
Petrus der Heidenapostel
Petri Verleugnung
Philo
niozio
Pistis Sophia
Presbyter bei Clem. AI.
Prophetische Schriften
Psalmen Salomons
Pseudo-CleuH'iitineii
Pseudo-Cyprian de rebaptismate
S. 4; 32 A. 1; 34; 41 (Apol. I, 6);
45; 49; GO; 61 sq.; 00; 71
A. 1; 75 A. 1; 102; 130.
S. 11. A. 1.
S. 14; 131 sq.
S. G; 105.
S. 4; 119 A. 1.
S. 13; 105 sq.; 110; 118; 121 A. 3.
S. G sq
S. 27 sq.; 30 sq.
S. 9 A. 1; 12; 52; 70 A. 1; 75;
79 sq.; 112 A 2; 131; 133.
S. 70; 112 A. 1.
S. 144; 147.
S. 03 sq.
S. 36; 42; 123 A. 1.
S. 4; 69 sqq.; 102.
S. 68 A. 1; 73; 75 sqq.
S. 98 sq.
S. 51 sq.; 57.
S. 3; 61; 103 sq.; 144.
S. 48.
S. 42 sq.
S. 2. 72.
S. 28 sq.; 39; 65.
S. 10 sqq.; 37 A. 1; 82; 84 sq.;
88 sq.; 99; 121 A.3; 129 A.l.
S. 35; 39 sq ; 47; 50 sqq.; 05 A.l;
68;74A.2;lll;123sqq.;131.
S. 4; 120; 127 A.l; 132 A. 1.
S. 107 sq.; 117 sq.; 119; 121; L23.
S. 4 sq.; 53.
S. 3; 24; Gl; 68; 75; 113 A.l; 133.
S. Lsq.; 8 A. 1 ; 68; 122.
S. 4; 35 A. 1; 43 A. 2; 02 sq.;
68 A. 1; 71 A. 1.
S. 74.
S. HS sq.
S. 28 sqq.
8. 17; 50 sq.; 50.
S. 53; 128 A. 1.
S. in.
S. 59; 66; 126.
S. 120.
S. 15; 32sq.; 54.
S. 13 sqq.; 127 sqq.
Namen- und Sachregister. 159
Quirinius, Census
S.
147.
Reichtum, Beurteilung i
in der alten Kirche
S.
110 sqq.
Rufin
S.
5 sq.; 13; 17; 81.
O&ßeod-at
s.
45 sq.
Sibylle
s.
30A.1; 32A.1; 80;
124.
Sündenbewusstsein
s.
58; 65.
Sündenvergebung
s.
57.
Syncellus
s.
138 sqq.; 145.
Tatian
s.
30 sq.; 34; 6G; 75 A
104 A. 3; 114.
. 1; 102;
Taufe Jesu
s.
128 sqq.; 138; 144 sq.
Taufsymbol, römisches
s.
62.
Teleologische Orientierung
s.
30 A. 3.
Tertullian de jej. adv.
psych.
s.
102 A. 1.
Testamenta XII patriarcharum
s.
50; 93—97; 120.
Theologie des K.P.
s.
65 sq.
Theophylus
s.
32 A. 1; 57; 59 A. 1;
66.
Todesjahr Jesu
s.
138; 145.
Totenverehrung
s.
34.
Unwissenheitssünden
s.
35; 58.
Ursinus Afer
s.
13.
Victorin von Pettau
s.
138; 149.
Weissagungsbeweis
s.
42; 58 sq.; 124 sq.
Zeitencultus
s.
41.
Zerstörung Jerusalems
s.
25; 62 sqq.; 65; 133.
Zwölf- Jahr-Tradition
s.
52 sqq. ; 136 ; 148 sq.
Zwölf-Jünger
s.
54 sq.; 74 A. 2.
Nachträge und Verbesserungen.
S. 11 Anm. 1 Z. 17 sq.: st. xul tkxqu tcüoiv b/xo/.oyovixtvj] lies: xul
71UQCC ZOLO 71Ü.7ML TCQSOßvXtQOlG 0)fZOXoyt]fxh?].
S. 17 Anru. 1 füge hinzu: Iren. adv. baer. III, 3, 4 hat xtjQvaaeir
(von Polycarp gesagt) nur die abgeschwächte Bedeutung: „öffentlich be-
haupten".
S. 24 Fragm. IX lies: Strom. VI, 15, 138 st. 148.
S. 43 zu Anm. 2: Was Zahn behauptet und wir oben zu erklären
suchten, dass nämlich das jüdische Passah von Christen für ein zweitägiges
Fest gehalten worden sei, scheint sich als thatsächlich zu bestätigen durch
die LA. des Codex Basil. A.N. IV, 5 [Ac 4 P 4]. welcher Act. 20, 6 bietet:
/xtxu xua ovo i](xtQaa x<5v ut,v/xojv. Die Handschrift ist zwar sehr jung
(Saec. XIV — XVI), aber doch sehr beachtenswert. Auf ihre Bedeutung für
die fälschlich dem Euthalius beigelegten sog. vnoQ-ioeiG aus der Synopsis
scripturae sacrae des Pseudo-Athanasius habe ich schon im „Centralblatt
für Bibliothekswesen" X. Jahrg., 2. Heft, Febr. 1893 S. 70 hingewiesen.
Neuerdings habe ich Act. 20 und die beiden Thess.-Brr. daraus verglichen
und dabei beobachtet, dass die für so späte Zeit unglaublich freie Art,
mit welcher der Text behandelt ist, sehr an Codex Dact und E act
erinnert. Einige Beispiele zum Belege: eigenartige Umstellungen sind
I. Thess. 1, 10: unb xüfi ao/o/Ltbvrja OQyija — 2, 19: tcuqovoiu uvxov —
3, 6: uy vfiiöv nqba ijfxüa — 3, 9: uvxunodovvai xä üei» — 4, 8:
xb nvevfia xb uyior avxov — II. Thess. 2, 6: iv zaJ xuiocö suvxov; — Zusätze
finden sich 1. Thess. 2, 17: xul ov xuqöiu — 4, 15: nuQOvaluv xov
Quvüxov — 5, 8: TjfitQuo viol ovxsa u. a. m. Speciell Act. 20 ist
folgendes bemerkenswert: Ausser dem oben angeführten v. ü sind ohne
weitere Bezeugung (nach Tisch, ed. crit. VIII. maior) v. 10: <poßHO&e st.
ttoijrßtio&s — 14: awsßaksv >){iäo st. r\yüiv, eine ganz ungriechischc
Wendung (cf. e: convenisset nos) — v. 15: sta xijv oüfiov — v. 16:
sla xtjv tcfeoov — v. 19: SovXsveiv — v. 24: xvqiov itjoov '/qigxov
— v. 35: üo&eveoxtQOJV st. uod-evovvxcDV. — Im Vergleich zu Cod.
Cantabr. und Oxon. : v. 3: m. pr. uyeoSui cf. E (st. uvüyso&ai [m. sec.]) —
v. 8: oi r\ntv Gvvrj&poiGfitvoi (st. ovvrjy/xtvoi; E lässt das Wort ganz
aus!) — v. 5 u. 13: 7iQOG£?.&6vxeo cf. u. a. E — v. 1: sta /nuxeöovluv
(om. xrjv) cf. u. a. E — v. 21: eia S-söv (om. xbv) cf. u. a. E - v. 26 u.
31 ist wohl von erster Hand ifxajv zugesetzt; cf. dort E, hier DE — v. 30:
i'.vxäiv st. havxwv cf. u. a. DE — v. 15: rj] tQ/ßfitvrj cf. D min. — v. 24
nu()b).aßov cf. D min. — Endlich zu v. 35: {ivijfxovfveiv xs xbv ).öyov
Nachträge und Verbesserungen. 161
cf. LP al. — Nach alledem scheint es mir höchstwahrscheinlich, dass cod.
Ac 4 einen, wenn auch mit der Zeit verwilderten, so doch noch sehr
wertvollen occidentalischen Text darstellt, und somit die obige LA. alle
Beachtung verdient. — Um sie aber zur sicheren Stütze der Zahnschen
Behauptung zu erheben, müsste sie doch nicht so vereinzelt stehen, —
und dürfte endlich nicht Marc. 14, 1 zu lesen sein: t\v de rö rcccoya xal
tu u^vua (xexu ovo ?jf/.6Qaa; denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass nur
die Erinnerung hieran den Einschub Act. 20. 6 veranlasst hat (vergl. auch :
fj.txu 6h xao ovo fjtutQtiG Joh. 4, 43).
S. 77 Anm. 2 Z. 4 v. u.: statt: durch Auslassung des ganzen v. S lies:
durch Auslassung der Worte xal oiSevl ovöev ttiov in v. 8 (vergl. das
Facsimile in Wordsworth, Sanday and White, old-latin biblical texts [Oxf.
1886] II).
S. 87 Anm. 3 zu Assumptio Mosis c. 11 bemerke: Das in der Hand-
schrift fehlende quam hat Fritzsche mit Merx zugefügt. Prof. v. Gebhardt
schlägt vor, es vor omnia zu setzen. Volkmar will tarn [dicta quam]
scripta lesen und Hilgenfeld übersetzt einfach ovtid. Sollte tarn nicht ein-
fach für tarn verschrieben sein und der Zusatz bedeuten, dass die damals
gesprochenen Worte nunmehr (d. h. zur Zeit des Schriftstellers) aufge-
zeichnet vorliegen? — eine Deutung, bei welcher allerdings die Stelle für
den Zweck unserer obigen Beweisführung verloren ginge.
S. 89 Anm. 2 füge hinzu: Aphraates Hom. XIX (von der Unterstützung
des Armen) T. u. U. III. 4, 317: Von dem Dürftigen empfängt auch der
Almosenspender etwas .... wenn er empfängt, preist der Arme den
Herren beider.
Zu S. 64: Cureton erklärt wie Prof. Harnack: the „wise king"-, who,
although put to death, still lived in the „wise laws which he pro-
mulgated" (p. XIII) und fasst die Statue der Juno als die auf Befehl des
Delphischen Orakels dem Pythagoras von den Römern gesetzte auf (p. 101).
Besser ist folgende Erklärung, welche ich der Güte des Herren Geh. Rat
Prof. Zeller verdanke. „Die statua .Tunonis des Syrers scheint aus der
Angabe zu stammen, die sich nach Porphyr v. Pyth. 3 bei Duris (um
280 v. Chr.) fand, dass Pythagoras' Sohn Arimnestos in den Heretempel ein
ehernes Weihgeschenk gestiftet habe; nur dass dies auf Pyth. selbst über-
tragen und aus dem aiä&rjfia (einer Tafel mit Figui-en oder dergleichen)
ein Bild der Göttin gemacht wurde. Wenn in der Stiftung eines solchen
hier ein besonderes Verdienst des Pyth. gefunden wird, bestätigt dies
allerdings den nichtchristlichen Ursprung der Vorlage des Syrers. Dass
Pyth. mit seinen Schülern im Feuer umgekommen sei, sagen einige spätere
Schriftsteller seit Plutarch [Sto. rep. 37, :!. S. 1051. Athenag. Suppl. c. 31.
Hippol. Refut. I, 2 g. E. Arnob. adv. gent, I, 40. Schob in Plat. S. 420 Bk.
und eine Angabe b. Tzetz. Chil. XI, 80 ff. vergl. Zeller, Phil. d. Griechen* 1, 1
S. 332 Anm. 1]; für die Verlegung dieses Vorfalls von Kroton nach Samos
[seine Heimat und ohne Zweifel auch sein Geburtsoi-t, Zeller a. a. O. 296]
ist nur die Flüchtigkeit des Verfassers verantwortlich zu machen." Dass
Texte u. Untersuchungen XI, l. \\
162 v- Dobschütz, Das Kerygma Petri.
wir es mit einer überarbeiteten Schrift zu thun haben, zeigt die eigen-
tümliche Mischung einer allgemein-philosophischen, stoisch gefärbten Moral,
welche das gleichmütige Ertragen des von der Zeit Gebrachten als höchste
Lebensweisheit hinstellt — so würde ein Christ schwerlich geschrieben
haben — mit Anklängen an die ATliche Weisheitslehre, aber auch an NTliche
Worte. Die Kenntnis einer so singulären Notiz, wie die des nicht eben
sehr bekannten Duris lässt auf einen vollkommen griechisch durchgebildeten
Mann schliessen, wenn auch Syrien als seine Heimat anzusehen ist. Bei
der Annahme, dass also eine heidnisch-griechische Schrift um ihrer erbau-
lichen Gedanken willen von einem christlichen Syrer in der freien Weise,
wie wir sie bei diesen Übersetzern gewohnt sind, übersetzt, resp. über-
arbeitet wurde, erklärt sich auch das Unklare des der konkreten Züge
durchaus nicht entbehrenden geschichtlichen Hintergrundes.
S. 105 Z. 13 v. u. lies st. Commentator: Commentar.
Zu S. 110 sqq. : Erst nachträglich bin ich auf die Abhandlung Hallers :
„Das Eigentum im Glauben und Leben der nachapostolischen Kirche" in
den Studien und Kritiken von 1S91 Heft 3 S. 478—563 aufmerksam geworden.
Dort hat die hier nur kurz zu skizzierende Frage eine gründliche Erörterung-
erfahren. Aber die Bedeutung der zweiten Gedankenreihe bei Hermas, worin
er sich als Vorläufer des Clem. AI. giebt, ist m. E. nicht genug gewürdigt.
Wertvoll war mir der Hinweis darauf, wie Barnabas Fasten und Wohl-
thätigkeit verknüpft (S. 515). Es ist charakteristisch für die Eigenart des
Barn., dass er das jüdische Fasten für ganz verkehrt hält und durch Wohl-
thätigkeit ersetzt, während die Bedeutung unseres Fragm. XII darin liegt,
dass das Fasten selbst zur Wohlthätigkeit gemacht wird. — Der Anschauung
des Clem. AI. über den Reichtum entspricht auch Aphraates Hom. VII, 10:
..Der Reiche, der zur Armut gekommen ist, soll nicht sprechen, alle Reichen
sollen mir gleich sein; denn wenn seine Bitte erhört würde, wer sollte
dann seinen Mangel ersetzen?"
S. 13S Z. 5 lies st. Juno: Junio.
Druck von August Pries in Leipzig.
Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig.
Texte nnd Untersuchungen zur Geschichte der
Altchristlichen Literatur
herausgegeben von Oscar Ton Grebliardt und Adolf Harnack.
Band I— IV auf Seite II des Umschlags.
V, l. Der pseudocyprianische Tractat de aleatoribus, die älteste lateinische christ-
liche Schrift, ein Werk des römischen Bischofs Victor I. (saec. IL), von
Adolf Harnack. V, 135 S. 1888. M. 4.50
V, 2. Die Abfassungszeit der Schriften Tertullians von Ernst Noeldechen.
Neue Fragmente des Papias, Hegesippus u. Pierius in bisher unbekannten
Excerpten aus der Kirchengeschichte des Philippus Sidetes von C. de Boor.
184 S. 1888. M. 6 —
V, 3. Das Hebräerevangelium, ein Beitrag zur Geschichte und Kritik des hebräischen
Matthäus von Rud. Handmann. III. 142 S. 1888. M. 4.50
V, 4. Agrapha. Aussercanonische Evangelienfragmente, gesammelt u. untersucht
von Alfred Resch. — Anhang: Das Evangelienfragment von Fajjum von
Adolf Harnack. XII, 520 S. 1889. M. 17 —
VI, 1. Die Textüberlieferung der Bücher des Origenes gegen Celsus in den Hand-
schriften dieses Werkes und der Philokalia. Prolegomena zu einer
kritischen Ausgabe von Paul Kötschau. VII, 157 S. u. 1 Tafel. 1889. M. 5.50
VI, 2. Der Paulinismus des Irenaeus. Eine kirchen- und dogmengeschichtliche Unter-
suchung über das Verhältnis des Irenaeus zu der Paulinischen Briefsammlung
und Theologie von Jons. Werner. V, 218 S. 1889. M. 7 —
VI, 3. Die gnostischen Quellen Hippolyts in seiner Hauptschrift gegen die Häretiker
von Hans Staehelin.
Sieben neue Bruchstücke der Syllogismen des Apelles. — Die Gwynn'schen
Cajus- und Hippolytus-Fragmente. Zwei Abhandlungen von Adolf Harnack.
III, 133 S. 1890. M. 4.50
VI, 4. Die ältesten Quellen des orientalischen Kirchenrechts. 1. Buch:
Die Canones Hippolyti von Hans Achelis. VIII, 295 S. 1891. M. 9.50
VII, 1. Die Johannes-Apokalypse. Textkritische Untersuchungen u. Textherstellung
von Bernh. Weiss. VI, 225 S. 1891. M. 7 —
VII, 2. UeberdasgnostiseheBuchPistis-Sophia. — Brodu. Wasser: die eucharistischen
Elemente bei Justin. 2 Untersuchgn von Adolf Harnack. IV, 144 S. 1890. M. 4.50
VH, 3/4. Apollinarios von Laodicea. Sein Leben u. seine Schriften. Nebst e. An-
hang: Apollinarii Laodiceni quae supersunt dogmatica. Von Jobs. Dräseke.
XIV, 494 S. 1892. M. 16 —
VIII, 1/2. Gnostische Schriften in koptischer Sprache aus dem Codex Brucianus heraus-
gegeben, übersetzt u. bearbeitet von Carl Schmidt. XII, 692 S. 1893. M. 22 —
VIII, 3. Die katholischen Briefe. Textkritische Untersuchungen und Textherstellung
von Bernh. Weiss. VI, 230 S. 1892. M. 7.50
VIII, 4. Die griechische Übersetzung des Apologeticus Tertullians. — Medicinisches
aus der ältesten Kirchengeschichte. — Zwei Abhandlungen von Adolf
Harnack. IH, 152 S. 1892. M. 5 —
IX, l. Untersuchungen über die Edessenisehe Chronik. Mit dem syrischen Text
und einer Übersetzung herausgegeben von Ludwig Hallier. VI, 170 S.
Die Apologie des Aristides. Aus dem Syrischen übersetzt und mit Beiträgen
zur Textvergleichung und Anmerkungen herausgegeben von Richard Raabe.
IV, 97 S. 1892. M. 8.50
IX, 2. Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus von Adolf
Harnack. Zweite verbesserte und erweiterte Auflage. VIII u. 98 S. M. 2 —
IX, 3/4. Die Apostelgeschichte. Textkritische Untersuchungen und Textherstellung
von Bernh. Weiss. Befindet sich im Druck.
X. Aussercanonische Paralleltexte zu den Evangelien gesammelt u. untersucht
von Alfred Resch.
1. Textkritische u quellenkritische Grundlegungen. VII, 160 S. 1893. M. 5 —
XI, 1. Das Kerygma Petri. Kritisch untersucht von Ernst von Dobschütz. VI u. 162 S.
M. 5 —
XI, 2. Acta SS. Nerei et Achillei. Text u. Untersuchung von Hans Achelis. 70 S.
1893. M. 3 —
XI. 3. Das Bussedict des römischen Bischofs Kaliist von Rolffs.
Befindet sich im Druck.
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN
ZUR GESCHICHTE DER
ALTCHRISTLICHEN LITERATUR
HERAUSGEGEBEN VON
OSCAE von &EBHAEDT und ADOLF HAMACK
XI. BAND HEFT 1
DAS
KERYGMA PETRI
KRITISCH I'STERSÜCHT
VON
ERNST von DOBSCHÜTZ
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1893
ACTA
SS. NEREI ET ACHILLEI
TEXT OD OTEBSUCHOG
VON
Lic. Dr. HANS ACHELIS
PPaVATDOCEXTEX DER THEOLOGIE ZU GÖTTTNGEN
&§w
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BÜCHHANDLUNG
1S93
Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig.
Texte und Untersuchungen zur Geschichte der
Altchristlichen Literatur
herausgegeben von Oscar Ton Crebhardt und Adolf Harnack.
I-m. IV 1/2. V— VIII. IX 1/2. X 1. XI 2. M. 216 —
I, 1/2. Die Überlieferung der griechischen Apologeten des zweiten Jahrhunderts in
der alten Kirche und im Mittelalter, von Adolf Harnack. VIII, 300 S. 1882.
H. 9 —
I, 3. Die Altercatio Simonis Iudaei et Theophili Christiani nebst Untersuchungen
über die antijüdische Polemik in der alten Kirche, von Adolf Harnack.
Die Acta Archelai und das Diatessaron Tatians, von Adolf Harnack.
Zur handschriftlichen; Überlieferung der griechischen Apologeten. I. Der
Arethascodex, Paris. Gr. 451, von Oscar v. Gebhardt. III, 196 S. 1883. M. 6 —
I, 4. Die Evangelien des Matthäus und des Marcus aus dem Codex purpureus
Rossanensis, herausgegeben von Oscar v. Gebhardt.
Der angebliche Evangeliencommentar des Theophilus von Antiochien, von
Adolf Harnack. LIV, 176 S. 1883. M. 7.50
II, 1/2. Lehre der zwölf Apostel, nebst Untersuchungen zur ältesten Geschichte
der Kirchenverfassung und des Kirchenrechts von Adolf Harnack. Nebst
einem Anhang: Ein übersehenes Fragment der Jrfaxn in alter lateinischer
Übersetzung. Mitgetheilt von Oscar v. Gebhardt. 70 u. 294 S. 1884. M. 10 —
(II, 1/2. einzeln nur in anastatischem Druck (1893) käuflich.)
II, 3. Die Offenbarung Johannis , eine jüdische Apokalypse in christlicher Be-
arbeitung, von Eberh. Vischer. Mit Nachwort von Adolf Harnack. 137 S. 1886.
M. 5 —
II, 4. Des heil. Eustathius, Erzbischofs von Antiochien, Beurtheilung des Origenes
betr. die Auffassung der Wahrsagerin 1. Könige [Sam ] 28 und die dies-
bezügliche Homilie des Origenes, aus der Münchener Hds. 331 ergänzt
und verbessert, mit kritischen und exegetischen Anmerkungen von Alb.
Jahn. XXTII, 75 S. 1886. (Einzelpreis M. 4.50) ; M. 3.50
II, fr. Die Quellen der sogenannten apostolischen Kirchenordnung, nebst einer
Untersuchung über den Ursprung des Lectorats und der anderen niederen
Weihen, von Adolf Harnack. * 106 S. 1886. M. 4 —
III, 1/2. Leontius v. Byzanz und die gleichnamigen Schriftsteller der griechischen
Kirche von Friedr. Loofs. 1. Buch: Das Leben und die polem. Werke des
Leontius v. Byzanz. VIII, 317 S. 1887. M. 10 —
III, 3,4. Aphrahat's des persischen Weisen Homilien, aus dem Syrischen übersetzt
und erläutert von Georg Bert.
Die Akten des Karpus, des Papylus und der Agathonike. Eine Urkunde aus
der Zeit Marc Aureis, von Adolf Harnack. LH, 466 S. 1888. M. 16 —
IV. Die griechischen Apologeten.
1. Tatiani oratio ad Graecos. Recens. Ed. Schwartz. X, 105 S. 1888. M. 2.40
2. Athenagorae libellus pro Christianis. Oratio de resurrectione cadaverum.
Recens. Ed. Schwartz. XXX, 143 S. 1891. M. 3.60
3. Die Apologie des Aristides von Lic. Edgar Hennecke. Erscheint demnächst.
4. Theophili libri tres ad Autolycum II, III. Recens. Ed. Schwartz. | jnVorbe-
5. Iustini martyris apologia et dialogus cum Tryphone Iudaeo. / -Ii*n_„
Recens. 0. de Gebhardt et A. Harnack. J lellull&-
Diese Ausgaben der Griechischen Apologeten sind nur mit kurzem
sprachlichen Commentar und Registern versehen und sollen zum Gebrauch
bei Vorlesungen oder in Seminaren dienen, weshalb auch deren Preise
möglichst niedrig gestellt wurden.
Fortsetzung auf Seite III des Umschlags.
ACTA
SS, NEREI ET ACHILLEI
TEXT UND r>~TER$ITHUX<T
Vi »N
Lic. Dr. HANS ACHELIS
FRIVATDOi ENTEN DER THEOLOGIE ZC GÖTTINGEN.
¥&
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1S93.
Die Nereus-Achilleus-Akten erzählen das Leiden der Flavia
Domitüla und ihrer Kämmerer Nereus und Aehilleus. Sie wür-
den schon deswegen eine Untersuchung auf ihre Quellen und
ihren historischen Wert hin rechtfertigen.
Sie enthalten ferner eine Reihe topographischer Notizen über
Römische Cöineterien, und berichten von der Verehrung mancher
Römischer und mittelitalischer Heiligen , zählen somit zu den
Quellen der Katakomben- und Martyrologienforschung. Auch
wenn die historische Untersuchung mit negativem Resultate ab-
schliessen müsste, würde dieser Umstand den Akten ihren Wert
sichern.
Dass sie endlich für die apokryphe Petrus-Paulus-Literatur
durch ihre daher entnommenen Stoffe von Bedeutung sind, hat
noch jüngst R. A. Lipsius in seinem grossen Werke gezeigt.
Der lateinische Text der Akten ist längst bekannt und
mehrfach gedruckt; den griechischen Originaltext in Vatikanischen
Handschriften wiedergefunden zu haben, ist das Verdienst Al-
brecht Wirth's. Seine Ausgabe kann ich ihm nicht zum Ver-
dienste anrechnen. Wenn ich bemerke, dass er einige 20 Wörter
seiner Handschriften nicht zum Abdruck bringt, dass seine An-
gaben über die Lesarten derselben in ausserordentlich vielen
Fällen falsch und irreführend sind, dass seine Quellenuntersuchung
jedes Haltes entbehrt, dürfte eine neue Ausgabe und LTntersuchung
berechtigt erscheinen.
Göttingen, im Mai 1S93.
Hans Achelis.
V = cod. Vatic. 866.
C = cod. Vatic. 12S6 (Caraffae).
W = Acta SS. Nerei et Achillei graece edidit Albrecht Wirth.
Lipsiae 1S90.
lat. = AA SS Maj. III 6 ff.
Die Paragraphenzählung ist die der Bollandisten.
Die Anmerkimgen nehmen öfter stillschweigend auf falsche
Angaben Wirth's Bezug.
Mrtvi Maut) iß' .
MAPTYPION TOY ATIOY NIIPEOY
KAI AXIAAEOY.
Evl6yi]oov. |
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nav eiöog d-avdxov vtceq Xqioxov eavxoig enedidovv v.ai xd
xrjg viv.rjg S7ti(pEQ6f.uvoi xoonaia f.iex £vcpQOGvvrtg Ttgbg xov eav-
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doeoai -frew Xdßo}(xev vnoyQa(.i}.ibv Jof.i£xil?Mv xrjr £iy£V£Gtdxt]v
-nagdävov, xr\v dvexptdv Jo/.i£xiavov xov ßaoiliwg. Avxr\ dx£v ovo
£vvovxovg vovßiv.ovlaolovg, Niqoaa vaiAyrt.Xia dvof.iaCo{ievovg,
ov07i£Q 6 (.lav.dqiog TLlxQog 6 In'w/.onog vai dnööio'kog ßanxi-
oag xqi Xqigtü) noooi\yay£v. Ovxoi ös d-£aod/.i£voi xi\v vvgiav 20
avxiov fn£xd ndor\g S7iitu£l£iag voof.iov/nevr}v vai cooai'CofievrjV
Tzogcpioq x£ xal XQv<Jovcp£Giv svdvf.iaoiv liyovoiv irgog avxr\v
,Et xooavxyi onovdfi v.ai zmiuteia xrtv ipvy^v v.ax£vöof.i£ig
bot] xb oioi-ia, %va xov vlbv xov vndxov ^4vQt]liavbr, av&otonov
^vr^Tov, avöga kr(iprp i]övvov xov vlbv xov d d-avdxov ßaoilitog 25
2 VCW stets Nsqeov — 4 V EvXöyrjOOv, fehlt W — 20 V zu, fehlt
W — 21 W ßsP unäariq — 23 V xux^y.öafirjq — 24 Y ÄvQeU.iavoi- , W
AvQeXiavov; lat. Aurelianum, vgl. 895 u. s. w. — 25 V &v7]tov.
Texte u. Untersuchungen XI, 2. 1
9 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
vvfj.q)iov XTTJoao&ai, bozig d&avaoiav ooi yagitoiievog ovöercoze w p- 18
zeXog zji ev\ngeneiq xai zfj yagf.ioovrrj e/iiziÜrjOiv.1 Vf. 292
l47to/.Qi&£loa de /loiteziXXa einev ,TIoia övvazat eivai
y.geizzcov ayanrfiig zov e%eiv dvdga xai zexvo7ioifjoai, öi wv
5 fi vozegaia yXv/.vziqg dvvrj&eiri Tzgooßrjrai, aioze zrp> zov yevovg
d^iav yai zrjv zov ovo/nazog Ltvtyiiqv iii] e§aXeicp&fjvai; Mezd
de zovzo örcolöv ioziv oxoXibv zz\v TQv<pi]v zavziqv xazaXelipai
y.ai zf-j ^öiztjzt zavzijg zrjg Liortg (jMtj) ev dnoXavoei yeveod-ai,
aXX, üjgtieq 0 f.ri] yevvrfteig ev zovzoj zoj ßiio tiiqde zovzo &ea-
10 odtievog zä zegizvd zavza fii) no&rjoai'. 3. Tlgög zavza Nr^gerg
dnoY.gi&eig enzev ,2v zr(v iiev rfivzrfca tnag oziytirjg dsiooelg,
71600t de y.ivdvvoz dt oXov zov ygovov snaxoXovd-ovaiv , ov
y.azavoelg. Tlgwzov luv ydg zrtg bXo/.Xrjgiag zijg iiezd oov yev-
vr^eiorjg anwXeoag zb bvoua zijg nagd-evov ywrj Y.Xzi&eioa y.al
15 ovv.ezi nag&evog, y.al 1) iii] oidenoze y.azade£aiievi] zr\v eXev-
Üegiav oov rzagd zivog Y.vQLsvd-rjvat, Liiqde vre avzwv ziov yo-
vecov oov t-evov av&gionov xvgievovza zov oiouazog oov noieig,
oozig yaÜ-dneg evzeXei &ega/iaividi 001 ygcoitevog y.eXevei tiiqd*
bXtog Zivi oe ovvzvyydveiv , ov yvcogiiitp, ov 7zXr\oiov, ovyi yo-
20 vevoiv, ov zolg uezd oov dvaze&Qauiiemig, ov zoig ovoiv 00t
tttizrideioig' ei de zovzo vnorczevoei , ev&etog /.tayai, ovyocpav-
ziai /.ai udoziyeg. Aombv y.ivdvvevei Xoyog, /ivdvvevei bgaoig,
y.ivdvvevei ay.orj, "/.ai et zi ff av ev ay.ay.icc diangdBf], novijgaig
ivzoipiaig zovzo vnoßdXXezai1. ]Anoy.gi&eioa JoiieziXXa einev
25 ,Oiöa zrjv inqzega zoiavza nenov-d-viav. ZtjXozv\/imv ydg, avzijV Vf. 29 .1
6 nazYiQ iiov erzi nXeiozovg ygovovg vßgeotv avii]v e^e&Xißev
(ir[Zoi ye aga yayCo zoiovzo (xeXXco vnotüveiv;1
IJgog zavza lAyiXXeig einev ,ndvzeg av$ga)7TOi ngiv 1]
ngbg ya/iiov zaTg {.iviqozev-d-eioaig avzolg owacpd-i\vaij zavei-
30 vöcpgovag yai ngaozüzoig eivat vnoy.givovzai eavzovg, (xerd
de zr)v ziov yducov e/.7iXi]gwoiv zd xr^g inoygioetog ava/.a\Xv- w p. 1
Wavzeg, onoioi av vndgyoioiv cpavegwg eavzoig enLÖeiyvvovow.
3 V divcivrai — 4 V xqüxzov — 7 V tQvcprjv, W tQOtpijv — V xutet-
s.vxpui — 8 W Ttjq TjövztjTog — lat. et vitae ipsins suavitate non "perfrui,
W utj) — 9 W xovxov — 14 V änö/.soaq, W dnoleaaaa — V x).rj-
&sioa, W xlrjfhjog — 18 V oov, W 001 — 19 V ovyxvy%üveiv — V
01/ oi, W ov xoiq — 21 V fici%£ — 25 V havxtfv. W avxrjv — 26 V
vßQSOlV.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 3
Kai edv /iiiv nöovoi V7tdo%ovoiv, zag naidio/.ag dyanwGtv y.al
zavzaig 7iyoog)&ei0ovzai, e/.elvat de rag xvQiag avziöv ej-oväe-
vüjoat, dvx oidevbg avzdg e'yovoiv y.al edv doyitiaoovGtv zavzag
fTziuurfiai, ev&etag e/.elvoi /.ist ooy^g y.al dhaZoviag zavzag
du/.dr/.woiv, y.al zovzo ov liovov Xoyotg, a)J.a y.al {.tdozit-L n\e- J
ovaloiGi, y.al y noXXd/.ig nag evaeßovg Lirtzgbg vßgiGir/.bv
Koyov (.töXig vnevey/.ai dvvrftelaa yoov&oig y.al Xay.zlaig zvnzo-
l.ievr\ y.al jit-r) ßovloftEvrj vnoyegti. 4. Egzw de ozt, ovze nogvog
imagyei ovze irjXozvnsi, aXXa uuiJ.ov ilagbg y.al y.o?.ay.ivaV
i'd(otuev ovv, ei doy.el, nolat Gv/.iq>OQal zfj yvvaiY.1 enay.n).ov- 10
■frovoiv. — vXXrft&evzog ydg zov ßgecpovg ev zft y.oilia vv/.za
Aal yf-iegav zb ßdgog /.texd ßiag ßaozaLeL' e£ ov ßdgovg ylvezai
aG^evrjg, ioyy.io(.ievr^ ayooog, fio?ug zolg noolv avzolg ßadlteiv
loyvovoa' ßgioiidzajv de zwv r]dewv drjdiav vno(.iivoioa, ßgw-
uaoi de zolg ßXaßegolg /.idk'Aov y.exgrpaL, b&ev no?J.dy.ig ov(.i- 15
ßalvei ij zrj negiooela zox aifiazog zd evdbg ey.cpt.oyovoüai r}
293 a 2 r-fi ayav ei.iq?oqrioei ocpodgo zdzwg dkyelv rj xrt vnegßaXXovöQ
$rßözr\ZL ovGcpiyyea&ai, r} zoj ndyei zov Xinovg oxevovG&ai' ei;
wv dcpog/Liwv sv zolg evdo&ev xrtg yaozgbg f.ivozyoloig zov dr-
y-Qionov ovXlrjCp&evzog alzlac yivovzai, y.al Gvfißaivet zb zi/.zo- 20
/tievov ßgecpog rj ndgezov r] y.vgzbg y.exvcpwg ngoek&elv. TeXog
de sv avzft xft yevvrjoei no'k'kdy.ig zrjg ev-9-elag ngoodov naga-
zganev ov fiovov zolg zwv yvvaiv.wv oqp&ahuolg zd xgvnzd zwv
$r]keiwv (pavegovvzai, d/./.d y.al dvdgdoiv dyvwozoig did zeyyx(v
lazQiy.yv dnoyviiivovvzai, ha iie?>ridbv zd ßgecpog evdov y.bxpwoiv 25
y.al ovzwg avzb ngoaydywoiv, bneg zr\v Idlav {.irpega ngb zov
yevvrftx^ai ocpayidtei, ev o) xal avzb rroo zov zftg yevrrjaewg
agBaoS-ai dnoocpdzzezai. r'Oze de y.al exzbg ßiag yevvnföij, ovf.i-
ßaivei rj ozoaßbv tj ßcoßbv j' nXr.oeg zoavudzav i] (.tezu dai-
(.tovog avzb yerviqd-i-vaL , b&ev dvdyy.rj uälJ.ov ngozeoov Xoinbv 30
tniZrßrpai et-oQv.iGirjV rJTreo zooqov1. 5. Idnoyoi&elg de N^oevg
3 V dvS- — '). 6 V 7ileovuC,oioi — 7 V in^vsyy.ai, W vmeqevkyxai —
K V Öxl von erster Hand am Rande — 9 V l/MQÜiq — 10 V ei'öo/xtr. W
l'dm/iev — 12 V Tj/nepa, W rj/tttiav — V ov ßdoog — 13 V oyxoßtvrjv —
V avxoiq, W uvzfjq — 16 V ivioq, erster Hand am Rande: 'rf; W ivrog
— 18 V Xelnov, W Utiovq — 21 V ndgaixov, W nuQÜ'/.vxov — 22. 23
W naQuz(jci7T£iGT]Q — 24 V (hjXlarv, W ^rjXscuv — 28 V uQ^xai, W ugqu-
o&ai — 29 V 7i).r)Q£iq, W ji?j'jqij — 31 V sl'neQ.
1*
4 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
eitcev | ,'£2 rcöoov /.layaola ioxlv iq dyia nao&EVBia, fjrig ix na- w p. 20
ocov xiov avayxidv zovxiov dXXoxgia vndgyEi, nodt]xy] de ioxiv
&£<7) y.al dyyiXoig ineoaoxog, 7Jv7t£Q 6 y.xr\Gd[.i£vog o/.wiog xov
tieov xvyydvEi, 6 de xijv xov &eov 6/.ioioxrjxa /nrj l'ycov evexev
5 xovxov avxx\v ovx eyei, dioxi xijv bXoyXxiQiav dnwXEGEv y.al xi]v
diacp&ogdv evqsv. Tr^v (,iev ovv d(.iaoxiav dvvaxai yvvij did
/tiexavoiag dnaXEixpai, xx\v de oXoxXiqQiav xrjg nagdsveiag avxrjg
dvayaivioai advvaxov. Oval nöot] (.aooict ya&£Oxr\y£v xu) aXXo-
xqioj dsXr^iaxi eavxtjv d^eXeiv | y.a&vnoxdg'ai, oval ooov oyödou V f. 2 3
10 /.idzaiov xvyxdvei xov f.ir\ y.axavoijoai, bxi dvva(xevx\ xig fiexa
%aoäg yal alveostog ayyeXtov y.al av&qtonwv xijv xrjg nao&eveiag
dvxdf.ienpiv dvxiXaßuv y.al ox£qjdvio dö^rjg y.axay.oo[iiofrrjvai
/.texd y.kavd-jiiov xat (.texavoiag ovyxwgrjoiv vneg xrjg (iidvoeiog
avxrjg eniQrjxeiv Tldoa xo'ivvv dyuoovvrj did xivog dvdyxrjg
15 i] -d-eXrj/j-axog arcoßXrjd-eloa dvvaxai did (.texavoiag sig xd oixela
/Liszoa yal eig xijv lölav do^av enavaydf.iipai, (tovrj de rj naq-
Üevela dnoßXrjd-eloa eig xijv löiav xdt-iv enavaoxQerpai ov dv-
vaxai. Tijv (.tevxoi a^iaQxiav avxrjg did fxexavoiag dnoßdXXtod-ai
dvvaxai, avxijv de xijv oXoxXrjQiav xrjg naqd-eveiag, xad-cbg tiqo-
20 eiQfjyarxev, vnoGxqexpai advvaxov xal qj&doai sig xd xrjg dyiio-
ovvrjg avxrjg (.lexoa' ndvxa xoiyaqovv xd dnoßaXX6f.ieva dvvavxai
dvay.aivio&rjvat, /novrj rj TtaoSevüa d.Ttag~ a7toXeo9-elaa dvaxai-
vio&rjvai ov divaxai' sl ydo x.al xijv ovyycoQrjoiv did f.iexavoiag
dnoXa/LißdvEi, ov (.livxoi ys dvvaxai xal sig xovxo qj&doai, iva
25 naqSevog yevrjxai, y.a-d-dneq eyxio&rj, ev 6'ocp dneßaXev xijv 6X0-
xXiqQiav, iv fj €y€vvrj-d"rj. 6. IJdw ovv qpiXrj yvr^oia xcp -9-£w yal
naxol df.ia zqj vuo xal xcp dyicp nvsv/iiaxi ^ nag&EVEia yad-t-
oxrjxsv. Kaita7iEQ ydo ßaoiXlaoiqg tcqogiotcov naowv ywai/Mv
xcöv sv EvyEVEia xal dt-ico/iiaoiv V7iao%ovoiöv ngoxi^iaxai, ovxcog
30 r\ nagd-EVEia naotov xiov doeziov v7T£QX£ixai, ioöxe dsvxsgov xo-
tcov (.lEtd xovg /.idoxvoag xax£%uv avtrjv, woxs f.i£xa£v xwv Xoi-
niov doExiov nQ(öxiqv avxriv vTtdoyEiv. JovXevovgiv ydo \ avxfj v f.
rcäaai al dgsxai, xal logtteq ßaoiXloor] -/.ovßiy.ovXaQiai, otTfog
1. 2 VW nävzoiv — 10 V xov, W xb — VW Svväftsvög zig, lat.
ij ntic poterai — 12 V ävvdfisiipiv zwischen r und a Rasur eines Buchstaben
- W xaraxoofi'rj&Tjvcu — 13 V fj.nöaeo)q, fxidvascjq Gebhardt, D. Litztg.
1891, 1305 — 14 Nach sm^Tsiv lat. necesse habebit — 18 V ftsxavlaq —
26 yvrjoia V v erster Hand über der Zeile — 33 V xovßixovlaQia, lat. cubi-
culariae suae, W xovßixovXaQicu.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 5
w 1». 21 avzf | vizaxovovoiv. TLagenszai avzf nlazig, iqjanXovzai avzfj
iXnig, ao '71 duez ai aizrjv dyäniq xal näoai 6/uov al zw ßaoiXel
tcTjv ovgavwv 7TaoiGzäj.ievaL, v7iof.iovr v.agxegla ovozaoig xoofiov
v.azaygovijGig aygvnvla iXer]/.ioovvri Inodoyi] avögeia yviooig dXrj-
■Lreia. Jläocti zolwv al dgezal al ovojnaod-elGai olxeiovvzai 5
avzfj -/.ai ovv avzalg o/noGxrjVog zwv dyyeXwv v.a&tozazai, zrjg
zov nagadeiGov zgvcpfg iv dnoXavoei yivof-ievri v.al zfg evwde-
Gzäzrtg ixelv^g 6ocpgrtGewg xogevvviievrj' zryv zi}g aliovlov Ltoijg
LitJoiv iv avzfj xaieyovGa zov Xoltzov ovv. iv ozvyvozrjzi, dXXä
Ttavzoze iv dyaXXidoei xal xaQ{( "h ipt'X7] ioziv zov alwviov 10
nXovzov ä/i€Qiftvtog xev.zr^ievrf . 7. 3Enl zovzoig aTiov.gid-elg
]A%iXXevg elnev ,Tauza aneg 6 ddeXcpog {.tov v.a^vne^ivrjaev
iv. noXXwv oXiya zvyxävovoiv. "Qoneg yag ix noza/nov iieylozov
aevatog geovzog ev Bsoziov vdazog iav Xdßoig, oijiielov f.iev zov
nXrj&ovg zijg a(.uzgiag avzov v.azeyoig, avzov de zov vöazog zb 15
/.iszgov a7Taoi&i.irtGai ov övvaoac ovzwg ovze zftg d'töiov tioifi
ixeivrtg zrjg (.isXXovoijg zryv yagav (xal) änöXavotv Xöyog (Q/itrj-
vevoai ig~agv.au El öoxel de, f.irjde zovzo nagsX&io/uev zw Xöyw,
ozi xal iv zovzip zw v.6of.up 7] nag'reveia ovv. anoXXei zrtv iXsv-
Üegiav avzffi. Ov yäg tpoßelzai dvögiv.rp> avöddeiav, ov% vno- 20
zezav.zai dvögl diaqpdsigovzi avzrjv, zw gvnovvzi zr)v xad-agäv,
zip anoGifgayit.ovzi zrv ioq)gayiG(.ievrjv, zw ügavovzi zrp> Gipav,
f. 294 a 1 zip aiy(.iaXcoziLovzL zitv iXev&egav \ xal evyevlöa, zvyv naget zov
&£Ov yeva/LUVtjv, xal avzip xal zölg dyyeXo ig avzov ovGav yvqolav.
Ovzog de öia zr^g avzov doeXyeiag noul avzitv dovXrp, xal 25
f.ieza zavza nävza e'vöov zwv zov ol'xov avzoi xoiyiov v.aSäneg
iv lölcc ipvXaxfj v.aziyei xexXeto/neviqv, 7Tgooxvvr\&z(vai avzryv
naga zivog ov Gvyywgel, ■9,ea-9,rivai avzrjv vnb zwv yovewv
xwXvei, zrtv zgorpevovaav avzrjv naiölaxr^v xal zovg yelzovag
2 V avzfj, W avzrjv — 3 Nach nuQiordfxsvai W: (dgezal), was aber
auch im lat. fehlt — 6 V ofiöaxivoo. — TW TQo<pfj<; — 8 W nach xr)v:
(6s) — 14 VW devväwg — 14 V sv §sotiv, W s'va ^saxtjv — 17 W (xal)
— 19 V dnöXXr], W dnoXXvsi — 20 V ovx — 21 V xw Qvnovv; lat. qui
coinqirinat mundam, W xm qitcovvxi — 23 V alxßcO.(oxi'C,ovxi — 24 W
ysvofisvrjv — xal avx<5 bis avxov fehlt W — 25 V savxrjv — 29 xgoepsv-
ovaav V steht das zweite 0, das Ende des vorhergehenden v, und der
Anfang des folgenden v auf Rasur. Da über sv neben dem sp. acutus ein
durchstrichener sp. gravis steht, stand schwerlich ursprünglich xQO(psv-
aaaav (W).
6 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
■/.aburcto lyßgovg drto nagayXrJGEwg y.al ovvxvyiag cltzovJ.eui,
ovSe vr\n'iovg avxtj Gvvxvyxdvsiv iXsv^Eguog vnocpeoet, vcpogw-
/iievog iva /.ir) dia xovxcov ol xavxr\g yovsig ETCiyvwGovxaL aoixEg
STrufieQSi vßQEig %f> eavxov yvvaiy.i. Toiavxa xoiyagovv j elglv w p. 22
5 xov TTQwrjV ev xfj nag&Evo) xpEvÖEig y.oXay.Eiag löyrjY.ÖTög. M^
ovv ipEvdrj xavxa xvyyävovGLV ansg el'grjy.a; Ovyl (.läXXov y.al
txXe'uo y.ayd luv vjisfxvr^oa eX&loev sy.xsXeoat i] avdgixr] V7i£grj-
(paveLct; **A$v(.ieI öi yccl 6 xov #eov ayysXog etil xovxoig o xft
nctod-EvEict ETtioxaxaiv, bxi xavxr\v acp Eavxijg anoßaXXEG&ai
10 TKXQhywQrpEv, /nsd*1 r]g iy£vvrjd-r] xal id-rjXaGEv xov (.irjxgojov
/uaKöv, /lie&' r\g lyiXaGEv y.ai E/.XavGEv, oxi xr\v dyiav xavzyv
oXoyX^glav, rjvnEg naget xov y.xiGxov ysvauivrjv sdtt-axo, iy.
xov olxeiov avxrjg xioglov änoßXrjd-rjvaL n£iioLr\y.£v y.al xr)v
xavxr\g iySgEvovoav diaq?dogdv ev xqj xdnq) avxrjg EnLßrjvaL
15 ovvEyß)gx\GEv. El; ov ydg yEvvrj&E'iGa xov Lr)v rjg^axo, ey.e~ige r\
oXo/.Xrigia avxrjg Ölelieivev 1) ös xavxr\g svavila diaqi&oga it
Lir[d£7ioxE avxij TcgooEyyioaoa e/.eIoe avx avxrjg EiGrjx^. Oifxai
da xal xoiavxd xiva xov | Enioxaxovvxa xfj nag&Evsicc ayysXov v f. 294
y.al vßgioxiy.wg E~kiyyovxa regog xrjv dnoßaXXof.iEvr]v xrjv nag-
20 d-EVELav Xiystv. 8. ,Ein£, avSoionE, xi ge r] nag&svEia r)dixr]GEv
rj Eßlaif.)£v, iva xavx^v ano Gov arcoßäXrjg y.al Eig xov xouov
avxrjg xr\v xavxrjg a'x&gav ävzEiGciBrjg; aOxk ex yaoxgog xrjg orjg
f.irjxgdg ngorj?^d-£g, (XExd gov EyEvvrj&r^ /liexcc gov E&y\XaGEv, (.isxä
gov nävxoxE r\v y.al ix, xijg ovvovoiag gov ovöeuoxe an£0xr\,
25 /llexcc gov axlavosv y.lavSfibv v^inoxrpög gov, (.iexo. gov £xi$r\-
vr]d-t] y.al dv£xgdq?ri, voGovvxog xov ow/itaxög gov Gvv£v6or\G£v gol
y.al ev xalg oxEroyiogiaig xrjg dod-EVEiag gov GvvEGxsvoxwgrftr]
Goi, (.lExd gov vnvcoGEv, f.i£xct gov iygr^/ogrjGSV, dviGxay.£vr\g gov
GvvavEGxt] gol, £vdi6vG/.of.i£vrjg gov GWEÖvd-rj gol, y.oG/iiovfXEvrig
30 gov GvvE/.oG/uio&rj 001, (^Exa gov n£gi£7idx£L, (.LExa oov sx.a9£- .
Usxo, (.lExd oov ETiELvaoEv, [uxcc gov ExgiqjiqoEv, f.i£xa gov yga/ii-
3 V aittQ — 4 V vßQiq, aber lat. quas exercet in muliere injurias,
W vßQSiq — 7 "VW (vgl Judex graecus') tjd-tjGev — 12 V y8va/xtvT]q, W
yevofxävrj — 14 V tavrrjg, W ravry; vgl- z- 16. 22 — 15 V ixa — ixtioe W:
hie magis placet ixtlvr] — 22 V iyyaorQoq, lat. de utero, W ix yaatQÖq —
26 V voaovoxoq — 28 uviaxafiivrjq, V hinter zweitem a Rasur von 2 Buch-
staben, wohl fis — 29 V GvvaveotT] 001, W avvsoxrjaiv — V ivdeövGxofxt-
vrjq, W (vgl. , Index graecus') ivövGxofxevyq — 30 W avvexoGfxrj&rj.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 7
iiaxa {.ieiidd-x]Y.ev, iiexd oov ygajtt/naxixrjv enaidevirr^ iiexä oov
v.ax r^rftii] , uexd oov 8{5an%iG&r\, f.iexd oov xov ßanxio/iiaxog
ducpiavedv{rr{, iiexd oov owuaxog Y.al aiiiaxog xov Xgioxov
/nexiXaßev, fiexd oov elg xoig nveifiaxiYOvg yd/novg xov Xgioxov
/.cd xr{g e/.Y.Xrjoiag eXr^Xvd-ev, ev&a 6 fraXa^og ex xi(.iicov uag- 5
W p. 23 yagixcov vr/.oöof.ixixai did xrtg xiov | Xoyioawv Y.atragöxrpog,
box ig Y.atf fjftegav e.7ii/.ooi.ieixai xal av%dvei. 3Ex xovxcov de
xiov yd/iicov v.aS-' e/.doxrjv r/iiegav dneigov 7xXr[i)-og naidiov
yevvaxai' naxr^g ydg xiov yevrcouevcov vndgxei Xgioxbg Y.al
(.ii\xrjQ i) ixTuXrjaia, b de Ü-dXaiiog ovxog ovdenoxe ovoxeXXexai, 10
f. 2\>i b 1 looneo ovde 1) fn^xrjg Y.al vvf.iqjiq exY.Xr^oia evdidwot' | ev de xit
xov Xgioiov oviurXoY.fi avtdvei /näXXov r[ nagd-eveia x\neg
cpvyadevexat, Y.al ev tut toy.io xrjg e/.Y.lrtoiag nXeordtei vt 0X0-
xAijo/a t]7reg o/iiixgvvexai. Tavxrjg xd x60f.ua diacpogcov f.iac-
yagixwv rroXvxeXiov avyalg aTzaoxgdnxovoiv, ex de xov oxo/.iaxog 15
avxrjg xd xov vöf.iov Tcgoeg%exai (.isXiggvxa gyj/iiaxa Y.al alcoviov
Ctortg xalg nag&evoig enayyeXfiaxa. £2 (.laxagia xal dyia nag-
d-eveia, ij f-iexgi xov vvv uexa^v df.iagxwXiov avd-gconcov ev yjt
indgyovoa, oiovg Y.al vvv enaivovg 001 ngoodysiv aBiov xft
fieXXovot] /neza£v dyyeXcov \.texerceixa ev ovgavdlg evqHqiielod-ai, 20
nöoov xLf.acoxega dndoiqg nagegxof.ievr]g ßaoiXeiag xvyxdvetg,
nooov ev xoouuoxega ndorig diavyeiag Xiircov noXvxaXiov, eyovoa
{.lexd oov vea.viOY.ov cogaioxaxov Xgioxbv xov v'iöv xov ndvxcov
ßaoiXecog xal d-eov diddr\ua 7tegixei(.ievov xfi xavöctv7i~L ^a~
oxgdrcxcov XaiirrgoxrjxL vneg naoav ercovgdviov dvva/mv, xal o 25
Xa/Lingbg de Y.al negiq)avr]g ovxog xjXioq dovXog xal oixexiqg xrjg
rcagd-eveiag xvyxdver el ovv xoi olxexov xoiavxrj cogaioxrjg xvy-
xdvsi, r[ xov deOTtöxov bnoia Xoitzov Y.ad-eoxiqYev; avxr] f.iexd
oov ndvxoxe eoxio, ij dyia rcagSavaia, f.iexd xiov dyliov oe nav-
rtov enavanavovoa ev xfj alwvia nagaY^oei Y.al nvevi.iaxiY.iog 30
ovv ool 7iagaf.ievovoa dyyiXwv ovvevq?gavd-eir\ /.al ovvayaXXia-
od-eixi 001. Nvv ovv eniXe^ai oneg ßoiXei, rj xov aitavaxov
vv^icfiov fiexd xrtg alcoviov xaQd? xj äv&gionov üvrjxov, ovxivoq
10 ixxkrjoia V zweites x über der Zeile — Nach GvoxzXXsxai. lat.
quin pater Christus sponsus esse non cessat — 12 V flheo, W ?J7t£0 —
14 V einsQ, W TJneo — 16 V litliovTa — 30 V naoaxXi^aei, W (vgl.
, Index graecus') TKxoaxxrjoei — 31 V dyyskmv, lat. inter angelos . ^r
cyytXuj.
g Achelis, Acta Nerei et Achillei.
f[ yaga diacpfreioezat1. 9. Tavxa y.ai "reget nXeloza zovzoig
o\f.ioia Nrjgeov y.ai '^4yiXXeov diet;e?>&övztov, Jo(.uzikla r] aoefco- v f. 29
xdxrj Tiao&ivog cxTzo/.Qi&eloa einev ,El'fre ix. TtaXai r] xov ireov
inlyvcooig avxr^ nqög f.ie iXr\Xv\rev, iva f.n\ze bvof.ia vv(.iq?i]g ngoo-
5 elaßov, x,ai el Tjdvvri/iirjv avev y.a/.iäzov zov vtecpaiatov zovzov
iuikaßeo&ai, y.ai v.a&cog ßanzio&eioa zr]v ztuv eldcöltov | la- w p. 2
zQi'iav v.axe)u7zov, ovzcog oly.odo^irjd-eToa v.ai xrtv oaov.r/.r)v ißöe-
Av£d/.ir}v ovvovotav, 7z?>r)v of.ia)g iv o> zb ozö/iia v/.uov 6 &ebg
dirjvoi^&v zov y£QÖrjaa( xr]v \pvyx]v /nov, elg avzöv tcigxevw
10 bxi yviagioai v/.uv eyei '/.cd xrtv avxov ßovkrjv, 07Viog dvvYi&tu
dt tfxiüv otceq diä zov no&ov avzov i7iid-v/.tov/-i£v iynXr^oiöoat1'.
Töze Jl Nrjoevg xai ^yilXevg inoQev&rßav ngbg zov ayiov Kh't~ ^^ffc
(.tevxa xai einov avzco' ,Ei xai naoa 1) do£a oov iv xt~> '/.vgico
r^Lwv Irjoov Xgioxcp vndgyei iozijoiy/iuvr] y.ai ovx. it; äv&oco-
15 nivov, aXl iv. dsiov d^iiöfxazog iy/.avyäaai, nkr)v ofACog yivio-
oy.ofxev KXr^ievza zov vnazov ddeXcpbv zov naxgög oov yevöf-ievov,
zovzov de jj döelqfTj IJXavxiXXa naidia r)(.iag vndgyovxag
wvroazo. "Oxs ovv naoa xov /naxagiov Tlexgov zov dnooxbXov
zov xrjg ttorjg Xoyov y.axrjyr^eloa nioxevaaoa ißanxlod-rj, y.ai
20 r)f.iäg ovv avzfj a/tia zrjg d-vyazgdg avzr)g z/o/neziXXag zw dylcp
ßanziof-iati xa^iegcooev. 'Ev avzuj de zw ygovio xai 6 fiaxd-
Qiog üexgog o dnooxoXog xqi zov (.laonoiov azecpdvq) v.oo/ui-
o&eig ngbg Xgioxbv enogevS^i], woavxwg |[ y.ai TLXavxiXXa zb c p. 8
yijlvov oto[.ia xaxaXinovoa xtov evdev fiiezeozrj. Jof.iexiXXa de
25 ri &vyazr]Q avxrjg ^4vgt]Xiavbv zov iXXovoxgiov e/.ivrjö\zevoazo' v f. 295
uy.ovoaaa de löyov naoa rrtg r^itezegag (.iezQi6zr\zog, ovtcbq y,ai
rijueig ix. zov oz6f.iazog zov dnoozolov fie/nad^rjy.a/.iev, ozi nag-
&evog, ei dia zov zov d-eov tzo&ov iv r?j nao&evtiq dta/iievei,
avzbv zov Xqlgzov y.azat;iovzai vv/nqjiov y.zr'fiao&ai, iietf ov eig
30 aiojvag ev %aoü y.ai d6£rj ovvevcpQavürfiexai , ini&vuel vvv
1 V n/.voxa. — 3 V el'9-oiQ, lat. Utinam, W sl'd-e — 5 W TjSvvdfitjv
— 6 V inüctßeoöcu — 7 VW xarsksmov — V cbxoöofxrj^oa — 10 V
Tj/xlv, lat. vobis, W v/uiv — 14. 15 C uv&Qwnlvcüv , lat. humana (digni-
tate) — 15 C iyxavxdoai — 17 V ffl.ovt?]J.?.cc — C natösiä, lat. nos
in famulos coinparavit — 20 C Jo/nnü.Xag, so immer — 22. 23 V xoa-
fiiad-sTq, CW y.oopri&tiq — 23 V ID.ovrt).Xa — 25 VCW AvQtlutvbv —
27 CW ix xov, V ex — 28 VC öiafxsvovaa, W: immo öia/tsvsc, longo enim
verborum cireuitu involutus scriptor in anacoluthum ineidit.
Achelis, Acta Nerei et Acliillei. 9
zr{v zr^g nagif-eveiag nag vfiwv ev%r\v öeSaa&ai y.ai öia z^g
yeigbg vluov tfj tov ivövfiaTog nEuißolfi xad-ieQto&ijvai,*.
IJgdg ocg 6 /xay.agiog IÜ.r^nfi anoy.gi&Etg einev ,Kaiobg
koinbv tnioiri, yad-iog ogw, iv (>j y.ai rt iiir} y.ai ^ iy.Eiviqg
TsXaliooig öiu ritg tmod-ioetog zavzr^g iv zw ßgaßsio) tov /nag- 5
Vi'i ™giov JtEQanü&rj. 'Ensiör, öi ngÖGzay^ia tov y.v\giov | fjfiaiv
Mt io2S 'Irjoov XgiGiov vnagysi tov (.tri (poßslG&at r^iüg unb tcov
uTroy.TtvvövTcov to ocoiia, tov &V7jtov av>onov y.aTaleixpofxEv
Act sls y.ai ro) agx^yo) Trtg Lioi\g näotj onovöft ay.olov&riGai aycoviao-
ue&cc'. Tote Toivvv 6 ceytog ÄAtj/urjcj ngbg Jo(.ietiI)mv sX&wv 10
iv T(p Trjg nagöevelag zäy(.iaTi y.ctiriiocoOEv avzrjv. 10. Oia ds
/.ai TiEgi ti]v JoliezDJ.uv ivEÖEi^aTo Avgrjuavbg 6 TavT-qv
uvrlGTEioa/.t£vog, pay.gbv av eirj zov anavTa y.aTa tu^lv ygayeiv,
eni de tu twv ngayiictTiov teKt[ (.ieteX^u>(xev. ^Hit^outo toivvv
Jo(.ietluvov tov ßaoilea, iva iav tov ftvoai nagaiTrLor{Tui, zft 15
z7(g IIovTiavrjg vz\oov vnoY.£?o$ai avTiv i^ogla, l'ocog dwq&fi
diu Trjg ToiavzTjg i^ogiag tijv rrjg ayiag nagd-evov ipvyj)v ex
I f. 295 a 2 TOV ngOY.EljAEVOV av\TtJQ GY.OnOV LlETUGTgitpai. TüVTOV OVV
c p. io ysyovoTog y.ai iv ti] ig'ogta Trjg TlovTtavrg | viqoov yevouEv^g
c folgt afaf^ || %^a JSrigeov y.ai l4yt?JJov, Evgov i/.slGE ovo cpag/.ia/.ovg 20
iv ig~ogia. vnugyovTag (.ta&ipug yevofievovg ~i/iitovog tov f.iäyov,
ujv 6 iiiv Eig iy.akelzo Woigiog, o öi ezegog ITgloy.og, ociziveg
xolg (.luyiy.olg or^tsioig avzcZv zoig zrp> vr^oov nagoiy.ovvzag
cc7ionlavü)VT£g inolrtoav lliuova tov iiäyov uvtl tov viov tov
&£Ov osßao&rjvai te y.ai /iiOT£v&rtvai, xai ÜETgov öi tov unö- 25
GTohov iy&gov avTiov anEY.akovv. L^vd-iOTa^ieviov öi avTiov
NriQEOv y.al ]Ayi?JJov {.liyiOTOv nXrjöog Xaov vnrgysv ey.eIoe ol
iy.öiy.ovvreg avzoig. Einov öi ngbg Tovg oyXovg Nrjgsvg y.ai
IdyiXXEig' ,rivtüOY.£T£ Mdgy.sXlov tov viov Magy.ov tov Trjg
n6?.£wg(Pwlur]g iTccigyov,1 Ol öi einov ,Kai Tig ioTiv o tovtov 30
2 ivdvfiazog V zwischen v und 6 Rasur eines Buchst. — xa&iSQio-
&rjvai V zwischen s und q Rasur von 2 Buchst. — 3 C eine — 4 Nach
e/urj lat. et vestra — 8 VCW unoxtevövziov — 12 VC iveöel^azo — VC
AvQshavbq, W AvQtkliavöq — 13 C to — 14 C xazEX&w/xev — 15 C do-
(iiziavov — 15 C to, vgl. Z. 7. 13 — 15 zr/v statt t# VC — 16 CW nach
vTioztio&ca: noiijGy — C tgoplav, W nach e^opt«: (xal) — 17 VC
rfjq — 18 W avxq — 22 V <Pqovqioq, lat. Furhis, W: emendanduni puto
<Povqioq — V oaoivsq — 26 VW avzov urt. — Zweites aiztüv fehlt W.
IQ Achelis, Acta Nerei et Achillei.
fit] yivtoov.u)v( ; IJgbg ovg a7io/.giSivzeg elnov ,Tovzov zrv fiag-
zvgiav arco dlxeods negi ~ifuovog v.ai IJezgov;' Ol de emov
,c0 xoiovxqt noooiönii) fii] nioievwv fieyag dcfgiov xvyyavei1.
Nrjoavg y.ai IdyjXXeig ngbg avxoig einov ,E7tioyexe ovv Xombv
5 fiiy.gov xrtg oojxrjglag ifiwv rpgovxi'Covxeg vai ev. xi\g xovxiov di-
daytjg eavxovg nagendgaxe, tcog ygdfifiaxa ngbg avxbv dnn-
oxeiXtofisv y.ai dvxiygdipt] r^filv xd xe negi xov \ fiavaglov flexgor W p. 2
xov wiooiöXov, tuoccvxiog de xd negi ~ifuovog xov fiayov. Tijg
de enioxoXrtg fjfiaiv yevofievrtg eniXe^aods sva i§ vfitov xov
10 0 weiXovxa avxrjv nqbg avxbv dnoxofiioai, evtomov de nav\ziov v f. 29.
vfuov ävayvcood-rjvca avztjv tcoo xov dnoozaXx\vai evXoyov ygi-
voftev , iva y.dxsTvog ävziyoäcptov fiiqdev nagaXeiifiei dia xwv
ygaftfidxcov eS,t]yovfievog.1 ^Ageozbv de xovio xolg naoiv xaze-
q?dvtj v.ai dfia xolg xtov ayltov ygdfifiaoiv idiov avSgionov ane-
15 oxaltjvaoiv. 11. Tb de xr]g enioxoXrjg txpog 7iegielyev ovziog'
,Nr]Q€vg y.al AyiXXevg 601X01 ^Irjoov Xgioxov zip adekcpifi
r^uiov y.ai ovfifia&rjzfj oioziqgia alcoviog. 3Ev xfj egyaoia xrjg
Ilovxiavrjg vi]Oov e£ogto&evzeg dia xb bvofia xov xvgiov t)fiwv
^lijöov Xgiozov yaguv fieyloiiqv zovzo Tjyovfied-a, aXXd xi\v
20 xotavxrjv r^uov ^agäv oiaivovoiv Oovgiog v.ai JlgioKog 01 ftaÜrj-
xai —ifiiovog xov fiayov, oiciveg dia zä fiayr/.d avxoiv eniztjdev-
ftaia ev&dde e!-a)giod-f]Gav. Aeyovoiv ydg ozi 2if.uov avaiziog
V7ir\gyev y.ai fiazrjv avzbv Tlezgog b dnöozoXoq e^ovdeviooer,
odsv y.ai ndvxag oyedbv zovg ev&äde nagor/.ovvzag eneioav
25 ovxiog negi 2i/.iu>vog qogovelv. cHfie7g de naoiv diaf.iagxvgof.uvoi
ov diaXetnoftev xov fix\xi avzolg mozeveiv, ngbg de tzloxiooiv
xtov nag rjftcov Xeyofievwv eni xb zrigvfiezegag fieyaXocpvtag, xifitcö-
xaxe, yaxecpvyafiev irgöoiorcov, boztg di oiysiiov vftaiv ygafiftazior
dwt'ßfl avzoig neloat, bnoiay) zov 2tfitoi>og yeyovev twij. Maöij-
30 i\g ydg zovzov yevöfievog ndoag avxov xdg ngd^eig dieyvwg, bd-tv
övotoTioifiEv xov GTieiöai xd negi zovzov ygdipai vfiag, oniog
dvvij&cooiv 01 in avztZv nXavcofievoi zijg andzrjg avitov Xv-
1 W yiyvu>ax(i)v — 5 V rjficöv, W vfiüv. — 9 V iniXs^aa&ai , lat.
eligite, W: reponendum videtur imkt§ao9e — 11 V tvkoyov, W (vgl.
p. 40) evXoyot — 12 V ävilygacpov — V naQaXvxpu — 17 V oqiü
aliovioq, lat. salutem aetemam, W TtaitQi (sie) aulwvioq intereiderit
tota linea necesse est — 20 V oeialvovoiv — VW <PgovQtoq, lat. Fu-
rhis — 24 V Ttävxa — 28 W xaz£<pvyofisv, doch vgl. p. 40 — 31 V Svgoj-
novfxev, W: övaeunov xovfxtv propono öij inccirovfxev.
Achelis. Acta Nerei et Achillei. 11
295 b 2 TQ(x)&i]vai. 'H xdoig rov v.vqiov iqfitöv 'lijaov Xqigxov s'ono \
fisrd oot'.
dsg~äfiivog ös xd nagcc xiov dylcov yQaf.tf.iara dvxtyQaqjsi
c p. i ovtchq' 12. ,Mdo/.s?J~.og öovXog ^Irfiov Xqigxov xolg dyioig
Gjj0]Ft ^4l°Xoyt]xaTg Nrjoioj v.ai idxikleq). |[ l4vayvoig rä trag? vfiajv | 5
w p. 27 oxaXsvxa ftoi yodufiaxa xaQag inX^QW^r^1 , yvoig öi avrwv
eÖQalovg y.ai dftsrav.ivijrovg vfidg ipvxjj v.ai ocofiari sv rjj slg
XQiorbv nioisi vndoyovrag v.ai avÖQSiiog vnso rrtg aXvjdslag
dyiovLLouevovg. TTsQi ös ob ysyQagjrtv.ars evs/.sv Siftcovog rov
fidyov %va eniorsi/.co vfj.lv, bnoia 1] rovrov ysyovsv La)rt, sv. 10
fisQOig rivd rtuv avrov nsnQayfievcov öii]yovfiai, ira öi öXiyiov
rtov nsQL avrov Xeyofisviov rb näv v.ardöx\).ov ysvrjrai. ^Eyio
roivvv rovrov fta&)]rrtg vnrjgxov, dsiooiov ös avrov Xiav novrtobv,
naiöov.rovov rs v.ai rpaofiav.öv , v.Xinr^v v.ai y6r<ra, v.arsXinor
avrov v.ai nooosv.oXXrfi^v ro> v.voioj fiov Tleroo) rvj fiav.aQiio- 15
raroj anoorohij. 3Ev reo otv —iuiora fidyov rbv dnooroXor
anov.aXeh' v.ai nQog fiioog avrov rbv Xabv rdv cPwfiaiwv öis-
ysiQSiv, sv fiia sv a ronco b —ificov r([> Tltroio öisudxsro, vlbg
jc 7l2 ff. fiovoysvtjg XhQCiS rivbg vsv.Qog sni v.Xivrg eg~£/.ouuero, rj ös
rovrov fitjrr^ fisrd nXsiorov b%Xov dv.oXovirovoa d-otp'coösig v.ai 20
bövvTqodg (ptovug nQoGscpSQSv. cO ds TIsrQog slnsv rzQog rbv
).abv rbv nsniarsvv.öra rot —ificovi' ,]Toooeyyioax£ xrj v.Xivrg v.ai
rbv syv.ofii-öasvov vs/.obv v.azaydysxe, v.ai st rig avrov dvaoxrj-
oei, rovrov ^ niorig dXr^^g vnaQXSiv dayslXsi nioxsvd^ijvai'.
Tovxo ös rov Xaov nsnoirf/.örog slnsv nobg avrovg o —ifitov 25
jEdv aQriiog rovrov dvaorrjaco, dnov.revvsrs rbv Tlsroov1; *Ano-
296a 1 v.Qi\d-6vzsg ös dnavrsg sinov ,Zcovra avrov v.aiofitv1. Tors b
-ificov rolg öaiftovag snivalsodusvog zfj fiayr/.fj avrov Ti%V7t
TjQ^aro noisiodai oaXeveo&ai rov rsirvecorog rb owua, onsQ ot
oyXoi Üsaadfievoi ijo£avro v.QaLsiv snaivovg rv> Uifitovi jtqog- 30
dyovrsg, rt[) ös Tlsrov) änwXsiav v.arayjr^iLÖfisvoi. Tors
TLsruog fisrd ßlag noirfiag avrovg oiyyßai slnsv nQog rbv
Xaov ,JEdv Lr, XaXx\adrio, nsQinarr^odrto, fisraXdßt] rQoqjrjg v.ai
11 V avrov, W aitü — 14 V xazi).vnov , W xaxi'/.emov — 17 VW
xov (statt x(öv) — 17. 18 V öteyeiQstv — 18 iv fiiä, lai subito — 22 lat.
,Accedite ad feretrunr, W: xijv y.kivtjv — 26 V aTtoxxevexe, W dnoxxe-
veTxf — 29 V noiüoSui, lat. coepit agere ut moveretur corpus. W TioitZv
xal &atia — 30 V ijogavio das v über der Zeile.
12 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
anooxgarprixio elg xbv oi/.ov avxov ' el dexovxo /ni] noix\or^ yrwoxbv
vlüv eozio bxi nXavaoöe vnb xov Stfiütvog*. Ilgbg de xavxa
anev.giÜt] nag o Xabg /tuet (ftovfj Xeyiov ,Eäv fix] noiiqor] zovxo,
xr^v ygi'oiv, 7]v v.axd oov e&exo, avxbg %va nd&oi'. 0 de —tf.aoi'
5 ngoonoiTjod/nevog eavxov d-vLiio&evxa | cpvyelv rjßovXqOri, ot de Wp. 2
byXoi xovxov y.gaxr\oavxeg eSovfrevovvxeg y.ai breidiuovxeg nagt-
(fvXaxxov avxov. Toxe 6 IJexgog e/.xelvag xäg yelgag elg xov
ovgavbv einev ,Kvgte 'Irjoov Xgioxe 6 evxeiXdf.ievog 7cjf.üv
xolg 001g j.ia&rjxaig nogev&ijvai elg xov -/.oouov ccnavxa y.ai Mc ifi,
10 ■/.Tjovg'ai xb evayyeXiov ndorj xfj y.xioei y.ai ev xo) ovöfxaxl oov Mt io8
dccifiovta aneXaoai, doöevelg Üeganevoat yai vexgovg eyeigai,
avxbg avdoxrtoov xbv nalöa xoixov, iva nag 6 byXog ovxog yvo>,
bxt ob ei &ebg (.lövog y.ai ov/. eoxiv exegog tcXt^v oov, 6 ovv xw
aXQavxq) oov naxgi y.ai xto navayioj nveviiaxi tcov y.ai ßaoi-
15 Xevwv etg xobg aliovag xtov aicoviov. a.(irp>1. Idvaoxag de b natg
ngooe/.vv^oev x(jj nixo^ Xeyiov' ,Eidov \ xbv xvgiov *Ir]Oovv v f. 29
Xgtoxbv xeXevovxa xolg dyyeXoig y.ai Xeyovxa' „Kaxä xr)v
aiXTßiv xov cplXov (iov Ilexgov änodod-tfxw 6 ogqpavbg /.ai ftovo- Lc 715
yevi)g xq yjtga xrj /.irjxgi avxov.1, Toxe nag 6 Xabg lilcc opcorrj
20 exgat-av Xeyovxeg' ,Eig 3-ebg ev ovgavij} y.ai eni yrjg, ov tlexgog
Y.rjQvooEL.' 'O de ^Ificov [lexauogqxüoag eavxov eig xecpaXijv
■/.wog riQg~axo yevyeiv 01 ovv byXoi ygarrjOavxeg avxov iqßovXr^-
örjoav eig nvg i/.ißdXai, b de Tlexgog eXvxgcooaxo avxov
ix /neoov xov byXov Xeyiov ,cO diddoxaXog rjiwv y.al xaiTrr
25 ytjxrjg Xgiotbg b dXrjtiivbg d-ebg erofiod-ex^oev fif-tlv, iva xolgLc,6t7
dnodidovoiv fj/ilv xayd dya&d dnodiaooi-iev.' 13. Mexa de^Pe^
xb Xvxgiod-ijvai vnb Tlexgov xbv ^if.icova iqX&ev ngog fte vopi- 1 Th 5
oag (.li] yivtooy.eiv [ie xl yeyovev. Tldvv dyguoxaiov xvva, ov
/.texcc ßiag ev dXvoei oidriga dede/.ievov y.axelyev, xovxov ev xfj
30 eioödiij xov ol'y.ov (.iov dei}i\vai nenoirf/.ev elncov ^'Idiofxev
dgxicog, eav b Tlexgog dvirid-fj ev&dde eloeXüelv'. Mexa ovv
itiav wgav £X$wv b Ilexgog xb or^tielov xov oxavgov noiiqoag
5 W eßovtfSt] — 7 V 0 über der Zeile — 10 VW xx^jou — 12 V
dvüozrjoov, lat. excita, W (vgl. ,Index graecus') ävÜQxrjOov — 21. 22 xe-
<paXr/v xvvöq, lat. capnt caninum — 22. 23 Nach ■tjßovXrj^aav V avxov,
durch darübergesetzte Punkte getilgt; W avxov — 23 W iftßaXsiv, doch
vgl. p. 40 — 26 V dnoöoowfisv, W dnodwaajfzsv — 28 W ytyvwaxeiv —
W nach ytyovtv: xal).
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 13
t'lvosv xbv xvva /.al Xsysi avxijj' ]'Ans'L&£ y.ai eins xo> Sif.i(ovim
*Anöaxa kv. xfjg vrcovQyiag ziov öai/.i6viov y.ai xov nXaväv xbv
Aao'j', öi ov Xgioxbg xb l'öiov aif.ia s^sxeevj Tocavxa ovv
&av(.idoia syo) &eaoäf.isvog ögof.iaicog ngbg xbv üsxgov rjX&ov
y.ai xolg yovaotv avxov ngooy.v)uvöov {.isvog slg xbv or/.öv (xov 5
avxbv vnsös^d(.ii]v , xbv ös —iuiova /.isxa axifilag aneßako^riv.
.' p. 29 cO öi xvtov stixoxs [ Tcgciog ysvd(.ievog rcdoiv TXooosoaLvsv, fiovov
296 bi ös xbv SifAtova | •/.axeöiio'/.sv y.azaßaktov ös avxbv y.ai (.islXtov
avxbv onagdoosiv, ÖQOfxaiog dnsl&iov 6 TJsxgog s'/.gaLsv Xsyiov'
,'Ev xuj ovo/tiaxi, xov xvgiov (xov ^Itjoov Xgiozov suixqstcio ooi 10
xov firj 7roii]Oai ö^yfict sv xivi /.isgsi xov ocü(.iaxog avxov1. O
ös xvtov ovösvbg avxov (usXovg axpaod-at ^övvrfty], /novov ös xd
ifudxia xolg ötjy/uaoiv y.axsyoxpsv, tüoxs xb dnav f-isgog xov oc6/na-
xog avxov yv(.ivto&i]vai. Iläg ös 6 '6%log (y.ai) (.idlioxa oi nalöeg
afia xov v.vvbg bniodsv avxov v.aisöuov.ov, siog ov /.isxa oövq- 15
(.twv y.ad-dusg Xvxov e'Bw x^g nolsiog y.ai xtöv xsiyscov avxbv
sg~sßaXov. 14. Mij vnoqosgiov ös xi]v aloyvvtjv xovxov xov öoa-
/.laxog l-iiyQi svbg yoovov dcpavrig ysyovtv , voxsgov ös svqs&ti
/.isxa Negcovog xov y.aioagog y.ai övrjyrtoaxo avxuj dnavxa xd
ysvdfxsva. Ilovyobg ös 6 Nsgiov xvyydviov novrtgbv qtilov xfj 20
savxov qjilia avviCsv^sv.
JMsxd ös xavxa lögod^ij 6 y.vgiog xuj dnooxohio IJsxgu) sv
ooduaxt ?Jyiov ,Xsgcov y.ai 2lfi(ov nXrtgsig öai/iöviov vudgyov-
xeg y.axd oov /.islszwoiv. Mr] ovv yoßtj-9-fig avxovg' sycb ydg
slf.il fisxd oov y.a\ öiooio ooi xi]v ovvagoiv xov öovkov (.iov 25
Ilavlov xov dnooxoXov, ooxig sv xfj avgiov r^usga slg xr^v 'Piu-
(.iyjv sloeltvoszai. Msxd ös /.i^vag L d/na avxw nölsf.iov (.texte
xov Sificovog sSszs, (.iszd ös xb viy.r[oav i/uäg avxbv y.ai slg xbv
aörjv yaxsviyy.ai btiov ngög f.is sXsvoso&s oi ovo vr/.iqzal xftg
7rldvTqg.' Tfj ydq £<gi\g ^(.isocc 6 Ilavlog xr\v c Pcofiiqv y.axs^aßsv. 30
1 V Xsyei, W shtsv — 3 V dt' d>v, lat. j>ro quo, W öi öv — 4 V #«r-
fidaia, lat. mirabilia, W d-aifiara — 6 W [lex' — 7 W ysvoftsvog — V
TiQOGtyaiQsv, lat. orn/nibus blandus effeetus, W p. 29 ngoae/aipsv, p. 40
7iQOOtaaivev — 8 VW xaTaXwßwv, lat. quem cum misisset subtus sc, xaxa-
ßalwv oder xäxa) ßaXwv Gebhardt aaO. — W [6h] — 9 W hinter öqo-
/xcüoq: (de) — 10 V o?], Wcf; r\ statt oi auch 1830, 1530 statt avxoi eben-
falls aiTr], aber mit dein Punkte über r\ — 14 W (xccl) — 17 W fehlt
xov — 20 W ysvoftsvcc — 23 V 7tXi]QStg, la,t.pleni, W (vgl. Judex graecus')
?SjQSig — 30 Nach 7i\ävr\q, lat. Quod et factum est.
14 Achelis. Acta Nerei et Achillei.
Quo de xgönit) avxovg e&edouvxo y.al ncZg fiexu C' tii]\vag ovX- x lim
Xoyov eoyov jj.exd xov ~/(.ia)vog, negixxbv rjyrjod/irjv xov ygdxpai
diu xb nagövxag v/tiäg xoig vf.iexe.qoig 6<p&aXLioig ndvxa ired-
oao&ai' y.al 6 uyiog ydg yLivog xfj lEXXrp>idi yXcooorj unuv xb
5 toc iiagxvgiov ctvxcov vcpog ovyyguipdpevog xalg xrtg uvaxoXrtg
exxkijffiaig e^ene/nyliev.
15. || Ilegl de TlexgüjvlXXug x^g -9-vyaxgbg Ilexgov xov [xu- C nach
v.uguoidzov unoozoXov egwxrtodvziov vfiwy bnola xccvxiqg eg~o- ' **
öog | yeyovev, ngoirvf.aog di oXiyov egw. 'YLtslg enlaxaoize bxi w p. 30
10 xo> ireXr^azi Tlexgov xov dnooxoXov fj IJexgwviXXa -/.XivTJgrig
yeyovev (xif-ivr^ixai de eyio oxi xcci viuov 7cug6vxtov xal exegiov
nXeioxiov uvxov f.iai)-r>ziüv 6 Tizog elnev xio dnooxbXa)' ,Tldvxü)v
uo&evovvziov nagu Gov tatfieviov diu xl xr^v üexgioviXXuv na- '
guXvxr/.rjv xelo&ui na\\guywg elg1; cO de unooxoXog elnev f'Oxi c p. 2
15 ovxiog avxij ovfxtpegei. c'Iva de fii) voiilarjg ddvvaxelv fie xi\v
vyieiav ctvxfj dwgeioirai Xeyei avxfy ,,TIezgaiviXXu dvdoxa, dia- Lc 439
y.övrfiov r}f.ilv.il lH de naguygrjua dveoiri ^7^9 yMt dirjy.ovei
y.axu xov xov anooxöXov Xoyov. Trjg ovv vnovgyiag nXrjOio-
freiGrtg ey.eXevoev uvxrjv ndXiv elg xi]v yXivr^v avxijg vnoozgexpai,
20 eig i\v ev xip (pößctj xov &eov bXö/.Xrjgog die'/iieivev /.teygi xov
xijg Lo)rtg avxf^g xeXovg' ov /lwvov de avxrt oio&ijvai /.ax^iwirij,
uXXu y.al exegoig nXeiozoig aixia owxrjglag yeyovev diu xiuv
evytov atxfjg nXeiozoig e/. nu&cov nor/.LXiov luoaf.ievi], ytiuv
de xo> xuXXei coguioTccxr^g avvrg vnugyovorig OXdy.yog 6 y.outig |
25 ngbg avxiv fiezu azguziioziov nuguyeyovev ßovX6{xevog avxrtv V f. 297 i
ngbg ydßöv y.oivioviav eniondoaodui. CH de IlexgoJviXXa ngbg
uvxbv einev || ,Tivog evey.ev ngbg y.6grp> uonlov /.texu oxgaxov c p. 3
IvönXov naguyeyovag; El ovv ov(.ißiöv f.ie Xrtipeo&ai ßovXei,
noirtoov eX&elv ngbg /.ie [xexu xgixr^v fj/ueguv evyevidag yvval/.ug
30 /.cd nugd-evovg oeiivdg, bniog ovv alxuig e'X&io elg xbv oitöv
oov1. TaJv ovv xguöv r^iegiov xrtv ngodeo/itiav xovxov ydgiv rjcr]-
ouxo tj uyiu nag&evog, ivu vqaxeict xal ngooevyuig xbv &ebv
1 V avzoiq ifrtäoavzo, lat. se viderunt — V fir'/vag, lat. menses, W
(vgl. p. 8 f.) rjixtQaq — 4 V am Rande otj/i = ot]/nei(ozeov — 7 de fehlt
C — V stets riezQOii?.?Mg, C stets TltzQovrj'/J.uq — 13 V iw/xtvot — 16 V
vylav, von erster Hand am Rande si, zwischen 1 und a einzuschieben; C
vysiav — W (Xeyst aizTr — 18 C teizovQyiaq, lat. ministerio — 20
VW eiq t'tv, C ewq oi-, lat. At ubi — VCW b).ox).^Q(oq — 22 VC o<o-
xrjQiuq — 24 V y.difxt^q — 27 VC uonXov, W uvotcXov.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 15
eni nkeiov s§iks(6inj%ai, oncog avzrtv uf.aof.iov naga?.dßrp eyovoa
fistf eavzfjg zitv dyiav nagd-evov Wykty.ovZav z"x\v ev zijj q>oßo)
zov -9-eov ovv&r^doaoav avzf. Tfj ovv zgizrt rjfieocc eX&wv
ngbg avzrjv 6 äyiog NLy.ou^drjg 6 ngeoßvzegog zrjV legovgyiav
zcov dsltav zov Xgiozov ftvozi]ouov it-ezeXeoev. fH de leget nag- 5
üivog, z\vi/.a zb zov Xqiozov dwgov edeh~azo , eni zi]g xlivtjg
Cf.ieavzrtv dvaxkivaoa zo nvevfia iw J| y.vgioj anedozo. Tovzov de
ovfißeßrj/.özog al ovvel&ovoai evyevldeg y.ai nag&evoi did zbv
r*°lf? (&Xdy.v.ov *ty zaiTrtg y.rjdeiav dnezeXeoav, || | 16. (0 ovv OXd/.y.og
p. 3i uezaßakwv zijv yvolfirjv einev ngbgzitv Oi]).L/.ovXav ,Ev ev. zcov 10
ovo eniXe^ai- i] oifißioq fiov yevov rjf Üvoov zo~ig Üeolg.1, Tlgög
ov 1) dyia <l>)]\iy.ovXa dnoy.giÜeioa einev ,0vze ovußiög oov
eoofiai, xö> yäg Xgiozoj fiov y.a&iegcofiai' ovze zolg eidtokoLg
oov &vco, xgiozLavr^ ydg vndg%iol. Toze 6 OXdy./.og nagedwxev
civtyjv z(p ßiy.agui) y.ai enoiiqGev avziv ev o/.ozeivozdzcp ano- 15
»7 a2 y.leio&r^vai oiyyjfiazL y.ai fie%gi C qftegcov aoizov dictfiei\vai.
u4\ de ziöv qwXaxtov ovCvyoi eXeyov avziy ,Jid zi ÜeXeig xer-
y.(ög dno&avelv ; fiäXXov neio&rni rtfiiv y.ai Xdße avöga nXovoiov
y.ai evyevfj, vewzegor, wgaioiazov, zt~ zov y.oftrnog ag~ia xoofiov-
fievov, dvvdoiiqv xou (piXov zov ßaoiXecog vndgxovza1' Tavva de 20
i] &}]?ux.ovla nag' avztuv dy.ovoaoa ovdefxiav ano/.gtoiv avzalg
iöiöov ei f.u) zovzo fiövov ,Xgioziaviq eiftt, zi[) Xgiozo) evvfi-
(pevd^r^v, y.ai naget- avzov ezegq> ov ovvacp&riOOfiaL.1 Hlezä de
zag l' rffiegag e/.ßlr^eJaa ex zrjg cpgovgäg dni]ve%^ ngbg zag
nagSevovg zftg Beozrjg, y.d/.el de ndXiv enzd rifiegag dnezeXtoev 25
dvev zgoqirjg fj.rtö3 blcog dvaoxo/uevrt ex zcov ^eigiov avzCov fteza-
Äaßeiv zgoepffi. 31ezd de zavza dvagziq&eloa ev zw uvzvyi
ey.galev ).eyovoa' l^Agziiog i^g^durjV d-edoaG&ai zbv noürnöv
fiov Xgiovov, ev ip 6 no&og fiov eozr^giyfievog vndgyei.1 'EXeyov
ovv ngbg avzrtv dnavzeg ol nageoziozeg y.ai avzoi oi ozge- 30
ßXovvzeg avztfv 3L4gvrtoat zov eivai ygioziavi) y.ai aye&^at].1
OrJ.r/.ovXa de ev.oaC.ev leyovoa' ?Eyto nvy. dgvovfiac zbv noii\-
2 VC 4>iXiy.ov).av, lat. Felicula — 4 VC avr'tv. lat. ad ><n,(. W atTOtc
— VCW stets Nixödtifxoq, lat. stets Nicomedes vgl. unten Abschnitt III —
7 VC uvaxUvuou, W dvaxXLvaq — 8 Nach evysvtöeQ: yvvaly.se; einzuschieben?
Vgl. 1429 — 12 V ovv statt ov — 13 V oldoV/.oiq — 17 lat. uxores eustodum,
W <fv).axü>v avtyVyot — V uvzt'j. lat. ei, W Avxij — 25 \W Baorag — 27 ev
T}7 uvxvyi lat. im eculeo — 28 tx.gaZ>ev, t, auf Rasur V.
16 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
Gavxd fis, ooxig di ifis oifog /.ai yolrjv ercoTio&rj, dxdv&aig Mat. I
SGXsopavaj&i] y.al oxavoco ngooiqliu&r].' ^Eni xavxjj ovv xft bfio-
loyia. naQ&dojxev xo) y.vq(u) xb uvsvfia, y.axsvsySslGa de anb
xov §v?.ov soolapr] slg vnovofiov. 17. '0 ovv ayiog Nixofuqdrjg
5 o nosGßvxsoog di ano/.alv\pEtog fxrjvv&elg, nov xb Gojfia avxrjg
V7ir}Q%£v, Kctd-QaiwQ sv vvyxI naoaysvbfisvog dvsiXaxo avxb y.ai
ßaXtov sv yltoGooy.öfiq) d/itjyaysv ev xtp xellicp aixov \ sßaofMp v f. 29
fiiXiq) ansypvxi anb xov aoxeog 'Piofiiqg ev xfj odqj xfj snovo-
fiatofisvrj l^QÖsalzivrj, ymxsI avxijv s&aipsv, sv a> xönq) xaq~ \\ p.
10 nocpOQOvoiv al TCQOGsvyal fisyoi xrjg orjfzsQOv.
TIsQifjl^av ovv eig xa coxa OXä~/.y.ov xovxo nsnoirf^svai
Nixo^irjör^ xov TcqsoßvxsQov, boxig y.azsGy.evaOEv avxbv x^arij-
&ijvai xai ngbg xb &voai xolg eldu'iloig y.axE7isiysGd,ai. cO ös
ayiog 7robg xovg '/.axiyovxug avxbv eleyev *Ey<o ov ■d-vto et fit)
15 fiovqt zw naviodwäuo) &s<7j xa> ßaoiXsvovxi sv xolg ovgavolg,
ovyl ös xolg dipvyoig Xi&oig, ovgtieq sv xolg vaolg v.a$äneQ sv
(pvXay.fi syysyXsiGfisvovg naqacpvXdxxEXE.'- Tavxa ovv avxov v.ai
szsoa nXsloxa Xsyovxog, xalg fioXvßöivaig ocpalgaig svxovcog
ösgofisvog fisx> siorjviqg nqbg y.vqiov sk~edrj[.ir}oev' xb ös oaifia
20 avxov sv xm TlßsQi noxafuj) Qicprivai ngooszat-EV. Kltqoiy.bg
ös xig xov avxov nQEößvxsQov ovöfiaxi ^lovoxog dvsXofiEvog xb
otd/na avxov y.al sv ylcoGooybfuo ßaXwv durjyayev xal xaxs&sxo
sv T(p 7tr]7zaQUi) avxov 7iXtjgiov xiov xslysiav 'Paj/urjg sv xfj böcji
xfj S7iovof.iaCof.isvr] NovfiEvxdvy, sv <[) xÖ7iip o'i x(p &eu> tiqogev-
25 yofisvoi STiLXvyyävovGLV anEQ alxoivxai xfj nosoßsia xov fido-
xvgog, boxig öia xb bvofia xov "/.vqiov r^aov 'IrjGov Xqigxov sv
xo> fiagxvQio) sxsksioj&rj xov twvxog v.al ßaoilsvovxog afia xCj
ayQavxoj avxov nuxoi y.ai xüt navayioj nvsvfiaxi vvv y,ai slg
xovg auovag xwv alioviov. afirjv.
30 Avxiyoafpov sniGxoXr^g nqog WläqysXXov xov vlbv Mccqy.ov
xov STtdoyov 'Pcourjg.
4 VW NixöÖTjfiog, lat. Xicomedes — 7 VW kvöexazo), lat. septimo,
vgl. Martyrologium Hieronyraianura im cod. Bernensis 289 (AA SS October
XIII p. XVI): Romae via Ardiadina miliario VII Feliculi — 9 V 'Aqösu-
zIvt], W 'AqÖ£u xivi — 11 V <PXäxxov zweites x später hinzugefügt — 12
V Nix6öt]fxov, lat. Nicomedem — zbv fehlt W — 17 V 7iaQa(pv?.ätisz8
drittes z auf Rasur — 18 V GipeQouq, W oipvQaig — 24 VW Novfxevzävrc
— 24 01 fehlt W.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 17
laaohi59 j_g^ .Evxvyiog (EvivyriQ), Biy.xcogllvog y.al Mägcov dovXoi
pj» b 2 y[<naov Xgiozov Magy.eW.cr) xw ayannpitj i]faov ev y.vgi«) yaigeiv.
TtZv ygafiftäxcov oov y.axalaßövxiov ngbg xovg dyiovg fidgxvgag
Xrtoea Y.al L4yiX?.ea, Xomov Tiagel&ovocu r^iegai vny\gyov ?,',
arp ov xov fiagxvgiov f^uotrrfiav. CH ydg Olavla Jofiezü.Xa 5
rt l'/.'/.oiGzgia, fiäXlov de ygioziuvr/.cozdzr] nag3 avxcuv diday&eToa
pp. 5 nioieveiv j[ elg xov y.vgiov rifuov I'qaovv Xgiaibv y.ai xr^v nag-
w p. 33 9-evelav afiefimov diag?vkdxxeiv y^tgrjliavbv tov \ xavxx\g bgfia-
azbv dnenefixpazo fii} ßovXoftevxi avzm ovvacpdfjvai, baxig
inoirfiev avzr\v vneg xov ovöfiuzoq tov Xgiozov iv zavzt] xjt 10
vtfocu igogiafrtjvai. lO de avzbg ^4igrjXiavbg y.azaXaßojv za
evzavSa r(g£azo ziuv dyiiav Xrjgeov y.ai Idyilleov zr^v \pvxx\v
vnooyeoei dcogtov vnovod-eveiv voftiLcov di avzwv zi)v yvwfirtv
xijg nag&evov fiezaxivelv. Ol de ayioi xcc dcuga avxov dniaoä-
fievoi y.ai fiä).Xov xi\g zlofieTiXlag tx\v ipvyriv iv zfj ngbg &ebv 15
niozei Gn]Qil~avT£g ßaodvovg nag* avxov ßagvxdxag vnofieivavxeg
iv Tagga/.ivrj dnrjveyd-rjoav yal nagedofr^oav Mef.if.iio) 'Poirpo)
xtp vndxtp, bang iv t/~ avxij yfj avxovg avagxrpag y.ai (p).oyl
c v-SvTtoY.aiiov y.axeneiyev avxovg 9voai xolg eldcoloig. || Ol de ayioi
ngbg avxov el.eyov ,IIaga xov fta/.aglov Ilexgov xov dnoöxo- 20
/.ov ßanxiod-evxag y.al xxjv elg Xgioxöv nloxiv nag avxov di-
dayd-evxag ddvvaxov ioziv i]fiäg eldojlotg imftvoai.' Tavxa
atzwv Xeyovxcov iy.ekevoev 6 vnaxog xag y.eq?a?udg avxwv dno-
. 298ai zur]d-r{vai. Tcx de xovxwv ocofiaza did vvy.zbg \ xleipag Sne/.iw-
00g (AvöniY.iog), 6 y.al fiad^rjzrtg avxwv yevöfievog, oly.exrtg de 25
zifg dylag nag&erov JofiexlXXag, ßaXcov iv Tzloiagi'qj dniqyayev
ev cPc6fni] y.al iv Ttgoaoxeup xrjg zlofiexilXag iv xft dfifitodei
y.gvnxij ToiTovg y.aTe&axptv iv tTj odqj Tft dvofiaLofievi] Ldtgdea-
TiVTft, arteyovxog anb xiov xeiyeiov cPojfir\g ortiiEiov evbg qfiiüeiag,
eyyioxa xov fivr^taxog, iv oj exeS^ Tlexgcorllla rt zov dnoazö- 30
1 VC stets Evziyioq, lat. stets Eutyclies — V Br/.vwQivoq — 5 V
<P).aviu hinter 1 Rasur eines Buchstabens, C <P?.aßia, W <P/.aovia — 8 V
AvqsXXiccvÖv, CW AvQsfaavov — 11 V AvQt/Juavöq, CW AvQtXiavöq —
16 VCAV ßuQvtäxovq — 17 VCW MsfAicp — 18. 19 dvaQti'jGaq bis vnoxcümv
VC, W stösst es aus — 18 y.al (p V auf Rasur — 19 avxovq fehlt W —
20. 21 xov ünoozoXov fehlt W — 21 V ßanxia&ivtsq — 21. 22. V ötöccy-
9-ivreq — 24. 25 VC Snexiüjaoq, lat. Auspicius — 27 Zweites iv fehlt C
— 28. 29 VC AQÖmxivri, W 'AqSsu Zivi
Texte u. Untersuchungen XI, 2. 2
18 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
Xov Tlezgov d^LydztjQ. Tavza ftfielg naga —ne/.iwoov (/Lvgtzl-
v.iov) dirjyovfievov fiefia-d-i'y/.afi&v xov xa || owftaxa xwv ayiwvCv.i
ovoxeiXavzog. j| (H ovv vfiexega dydnrj onovdaiwg xa negi rjfiwv c Ms^
fuegtfivriOf] /.ai xoiovxov xivci ngog rßtag ozeikj] xov ovvafievov
5 v.ai fj/Liäg negi xrtg orjg vyieiag v.ai oe negi r^iiuv ev evq>goovvrt
noirpai.1 19. Je^dfievog ovv xa yodj.if.iaxa xavxa 6 JMdgv.eXkog
idiov avxov ddeXqjbv Jldgv.ov xovvofia dnioxeikev iv xjj avxfj
vtjOoj, | boxig nenoir(v.ev fiexd xwv Xgioxov xovxwv bfioXoyrpwv w v. 34
eviavoialov xgorov, iv vozegw de ngog xov Mdgv.ek'kov enava-
10 Xvoag xavxa avxw dnrjyyeilev ,Mexd xb fiagxvgr^oat xovg fia-
v.ugiwxäxovg Nr\gea v.ai Ayjkkea rjywviCexo Avgzfkiavög, bntag
xrtv xxkg Jof.iexikl.ag qp&doei ovveoiv. Toxe eggefrr] avxu) naga
xivog xb vnegßdhkovoav eoyr^/.evai dydnrtv q JofiexiVka fiexd
Etxvyjov (Evxv%ovg), Biv.xwgivov v.ai Mdgwvog, rtoneg eiyev
15 iitxd xwv idlwv avxrg evvovywv Nygeov v.ai Ayjkleov, xwv av-
xrtv dida^dvzwv neniGzevvevat xw XgioxCo, Qg ovv r^vovoev
xavxa b Avgrjkiavbg dgofialwg ngog xov dgyovxa Negova na-
guylvexai /.ai xovxoig lavxco fjx^oaxo, wg edv xov di;Gai anag- Vf. 29*
vrtoovxai, vnb xrtv löiav avxov e§ovoiav enovxai **.okaotix\o6-
20 fteroi, vofiiCwv di avxiov xrtv yvwftqv xrtg nagSevov fiexaoxgexpai.
Kai iv xa dvdgelwg diangdzzeo&ai zovg dyiovg, ov fir{v de xai
xwv ßaodvwv xov Avgrfkiavov fir^ deikavdgr'ioavxag , -/.axrjyayev
avxovg ev. xftg vrfiov /.ai v.a&dneg idlovg dovlovg ev xoiig eav-
xov ngoaozeiotg /.ai? %va an dXXrjXwv öieywgiGevy Eviv%iov
25 (Evzvyjt) fiev dnb ei; v.ai dev.dxov fiiXlov xov aoxeog odqp Nov-
fievxdvT], Bc/.xwg~ivov de dnb e^rp.oGxov fiüdov 6dä> ~akagla
/.ai Mdgwva dnb exaxooxov xgia/.oGxov fiikiov ev xtj ccvxfj odq)
—akagla, e/.e'kevoev xe avxovg xitv yf{v oxanxeiv öi okr^g xrtg
Tjftegag, xij eonega de Brjgbv agxov eo&leiv. l4'kly 6 navzo-
30 dvvaiiog &ebg dedw/.ev avxolg ydgiv iv xolg zrjg i-evixelag xönoic,
1 V Snsiaöaov, C Stisxiojoov, lat. Auspicio — 4 V xslXrj, W arskn
— 5 V vysiaq, aber 14i 6 ist das ursprüngliche vylav in vyielav korrigiert
— 7 V xovvo/jlu — 8 V lat. wie oben, W yQiaxiavwv statt Xqigzov, fehlt
b(xo7.oyt]X(»v — 9 V iviv.vGia.iov — 11 V AvQeXXiavoq, W AvQeXiuvoq —
12 W GvvaivsGtv — 13. 14 lat. cwn Eutychete — 14 V tjgtisq — 17 V AvqeX-
Xiavoq, W Aioehavög — 17 VW Negova — 21 V 6e — 22 V AvgsXXia-
voi, W AvQe'/.iavov — 24 lat. Eutychen — 25. 26 VW Novfxtvvävq —
29. 30 W nävxa öwafievoq — 30 V aizfjq — V iv zolq zfjg gsvixslaq
xÖTtoiq, vor xöitoiq ein durchstrichenes yügiv, lat. in locis peregriwis, W
zijg tiGefitlaq iv xönoiq u'/J.ozQioig .
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 19
wate top f.iiv Eviiyiov (EvtvyiL) tov tov tönov öiotxrjtriv vidi'
tynvta vnb nvev(.iaTog äy.ad-dgvov ivoyXov(.ievov läod-cu , Bi-
yxwgivov di tov tov xonov oi/.orouov Tgiet^ nagdXvTov bvta
■/.cd ix trjg xXivqg [irt driotdfieiov diä ngooevy^g avtov inoir^-
Wp.35fffc uyiij, wöavtwg de xctl j 6 Muowv vooov vdeglag xdf.ivovta 5
tov /.ovgdxoga trtg nohewg ^euteitmedrig') llitgwoaTo.
20. TIo/./.ol ovv Üeaaäf.uvoL td &ai[idoia tulta iniatevoav
ta Xgiotw y.ai yeyovötwv ngeoßvtegwv tov neuiatevxota Xabv
inXrftvvav, Tote 6 navtote ßao/.aivwv r^uwv tr^v dXvnov Cwtjv
diaßoXog inXr^gwoev &i[iov tov vovv tov AvgiqXiavov /.ai i^ane- 10
ateiXev rovg ocpelXovtag avtovg diaqpogoig ßaadvoig dno/teivai,
b&ev ovveßri tov /.liv Evtvyiov {Evti-yi,) iv f.ieort tft bdcp tooov-
298b i tov tvq>^rjvaL i/.eXevoev, uiygig oi to 7ivei\ua \ dnedoto' ovtivog
tb aw^ia e/Xexpev 6 Xabg rav ygtOTiavwv /.ai fieTa [.leydXrjg
Ti/Lifjg iv /.ivr^ielw &ef.ievoi i7iegdvwd-£v iv «i) tov Xqiotov 15
bvö[iaTi e/.'/.Xrßiav or/odofi^aav. Tov de Bl/.twqivov ev ai>Tw
tu) Tontp tw enovo/.iaLo/iuvip KoTiXiag, evd-a tu oCbfueva xai
d-eacpwdrj vdaTa ßgvovoiv, iv avtolg irti xeqpaXriv diu tgtwv
wgwv xQaTrjd^ilvai i/eXeioev y.ai ndXiv dvay.gef.ivdi1, wote sni
toelg r}/.ieoag vnoj-ieivaL avtov ti)v ßdaavov TavTr\v vnig tov 20
ovö/LtaTog tov Xqiotov, /.ai ovTwg ngbg xvgiov /.teTeoTTj. 3E/.e-
Xevoev di o udvgijXiuvbg to ow/na avTOv aTacfov /.lelvai' '/.ai iv
tu) (.ilav rtlaegav y.e~io&aL to owua uvtov aTacpov iv totiw eno-
voua^of.ievw KoTiXiag 6 rw^ ygiOTiarwv Xabg tov totcov tov
enovof.iaL.o{.tevov ^(.iiTegvov iX^ovteg Xa&galwg e/.Xeipav tb 25
Ti(.uov avTOv Xelxpavov y.ai ev rw Idlw avTwv totvci) ujiiqyayov
/.a/elae avTo {.UTa {.teydXr^g Tturjg t?; boia Taqjfj nagedw/.av.
'QoavTwg oi /.ai tov Mdg wva unooT&iXag tov cpiXov aiToi
ovbjiiaTi Tovg/.iov i/.eXevoev Xl&w ßagiTUT^) naTay&rjvai. Ov
1 lat. Eutychcs — 1. 2 Y wie oben, lat. conductoris loci filiam a dia-
bolo liberavit, W xov toticcq'/ov vlöv xuy.öjq l'yovru {xal) vnö — 5 V
vösgiaq — 6 VW xbv xovquxoqu xT,g Ttö/.twq, lat. procuratorem civitatis
Septempcdae — 8 lat. et facti presbyteri — 9 V in'/.r^rjvav — V 10 Alpe /.-
z.iavov, W AvQshavov — 10. 11 V i^unöaxeiXtv — 12 W ovvsßrj (otkoq) —
12 lat. Eutychen — 16 V oixoSö/iOjaav — 17 V Koxrj?üaq, W KoxiXiuq —
19 V wqüjv, W oqwv — 19 V avaxQtfAvuv, W dvuy.Qf/xvävai — 20 V xr\v
ßaoccvcov xavxrjv, W xrjv ßaoärwv xcdrrtv Ti/n(OQiav) — 22 V Aigs/Mavög,
W AvQsXiavöq — 24 V Koxü.uq, W Koxüiaq — W Xabq (dnb) — W
fehlt zweites xov — 28 lat. misso .... Turgio.
2*
2(J Achelis, Acta Nerei et Achillei.
/liijv aXXa v.al ezeqov ßaovzeoov )ü&ov, ov eßöof.n'lv.ovTa avögeg
/.lezcc ßlag iv.ovcpiCov, elg zbv ojfuov ccvtov erzid-evzeg, avzbg stzl ovo
(liXia ojötceq i).aq>od dyvga ißäazaLev v.al iv avzoj tiJj totzo)
eß-ETO, sv o) ev^ao&ai elco&ei. Kai tovtov ysyovorog nag 6
5 zfJQ ycooag Xabg &avf.iaLovz£g iniozEvaav toj Xqigzcu, [vod tov]
v.al eßa7iZLG$rtGav. Il£QLffid-£v ovv xolvvv elg zag dv.odg tov
jLvor^iavov tovto nenoirjv.evai IMägiova v.al 7zaQi.dcov.ev avxbv
Tut £7zizQ6uq) av\zov. Toze naoaXaßcov avzbv 6 inixgoTZog tov Vf. 298b
jLvgr^iavov nagayor^ia dnev.zeivev aiTov. \ Kai ovzcog 6 labg W p. 36
10 iv.v.okdipavTeg tov ?.l9ov, bvneg iv Tolg lölotg cof.ioig z\v im-
cf£(i6f.ievog, iv avTto zb tI(.ilov uvtov une&evTO ocdf.ia v.al vneg-
dvto iv toj tov Xqiotov 6v6f.iaTL iv.vj.rfiiav avzco v.a9i£Qtoo~av,
iv fj nageyovzaL yaoio/naTa la/ncxTcov /ueyQi zr^g ori/negov r^ieoag.1
21. c^g ovv || ^qzv ndvzag Tovg ay'iovg tov Xqiotov iv, Trjg c°^-9|
15 oifxßov'/Jag Trjg zJof.ieTiXlag, 6 ^4vQr{liavbg elnev ngbg ~ ovl-
niv.iov v.al —eoßi'liavbv tovg la/iinQozdzovg ll.hovGZQiovg' ,Fi-
vcoov.co vfiäg eoyrf/.evat evyevidag boiuaoTag v,a\ Trjg Jo\.iezi)Xag
ovvßr^.aocioag, Myco dz) tijv EvcpQOOVviqv xal Oeodtogav, zorg
oocfcoTaTag naQd-evovg. c'0/ncog nagaivco v/iiag, ote (xeTaoTeiXco
20 iv. rr]g vipov elg tvrv Ka/urtavtav tz\v z/ojuezikXav, avzai ngbg
avTT\v y^dgiv tov imovJ.xpao&at, due?,evoovzai, bncog tov XoyiG-
(.ibv avTrjg ngbg tI]v s[irp> yvcö^v fieTaneloovaiv. e'Oze de fueze-
ozdhri iv. %T\g Hovziavr^g vijoov iv Taggav.lvrj, i]).&ov ngbg av-
tt^v Evcpgoo~vvrt te v.al Qeodwga v.al i^g^avzo Tegneodai iv toj
25 dfia' v.al iv to? ovvagiozäv iv.elvag ?) <Jo/.i£Ti?^lcc Talg vz\oxelaig
v.al Talg Tzgooevyalg ioyölaZev. Kai ?.eyov\oiv avzfjiv.elvai' ]idgTi c p. n
.ort r^ielg iad-iouev v.al dvöodöLv ovveLevyd-rjiiev , ov dvvd[.ie&a
2 (xeza ßlug lat. //./• ml troehleam — 5 V vq? a>v, W rw Xqioxoj . . ,v<p
wv xr).., lat. credidit Christo et baptizatus est — 7 V AvqeX/.luvov , V\T
AvgsXiavov — 9 V AvqsXkiccvov, W AvQekiavov — 12 W fehlt ixx?.rjalav
— V amü, W airo — 13 V iv ?j, W ev&cc, lat. in qua — 14 C tjqb
— 15 V AvQeXXtavdq, CW AvQe/.iavög — C eins 6t — 17 V ioyvzevai
- V r?jq Jofiezl?.?.j]Q, C ztjq Aofxirl/J.ag, W zy AofA£ZL/.Xu — 18 V ovv-
ttv'/.uGaGaq — 19 VW ooqxoTcczovc, C ao(p(oxüraq — 21 V änekevoovzai,
CW ine/.svaovzai — 22 V (xezantlaovaiv, CW fxezaneiocjoiv — VW
ös, C ovv — 23 V iv TeQQUxrjvrj , C elq Tfpocodvrjv — 24 W fehlt ze —
C 7]Q§azo — 24. 25 W zionto&ai' iv w u.(xa xal zw y.zX., lat. invicem
habnerunt gavdiwn magnum. Interea ad eonmvium dum venissent pran-
dentibus Ulis etc. — 27 uvöqÜgi C.
/
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 21
oeßeiv zbv &aövl ; Ilgbg zavza JoiieziXXa dnoKQLd-eToa einev
'Ev og(ij r/eze evyeveozdzovg avdoag, edv d-eX^oovoiv vfiag ex.
xov nöitov avxcdv xiveg dyevelg diayiogioai, önwg avxol vfiag
St. 299 ai Xdßwoiv | ov/.tßiovg, i]deiog y.axadeyeo&e1 ; Ai de dnexgl&roav
,3Jr) yevoixo fi/näg xi xoiovxov vno{.teivail. Jo/.iexlXXa einev 5
,'Qoavzcog x.dyib eycov piyav vxd d-av/.iaoxbv vv/iicpiov ovdaiaog
Mti9s,1 öiv^oof-ua hegiij dvdgl ovvacfd-r]vai. Avxbg ydg enr^yyeiXaxo
zeug did zö ovoita avxov yvXaxxovoaig xr]v nagd-eveiav aiie[.inxog
Mt n, elvat vificplog vxd dtogxxiaod-ai avxalg Uory zr)v auSviov, oozig
w p. 37 vwplovg dveßXexpev \ , Xengovg exdß-agev , vexgoig dvrjyeigev. 10
Tavxa zd orjiela inolrjoev, iva ndoiv deib] neu ndvxeg eig
C p. 12 avzbv nioxevocooiv.' 22. Aeyei avxj] || Oeodowa' ,'AdeXcpov eyio
vecoxegov, ov aixr) e'yvcog, bvo/iia 'Hgiodr^v aXXd ngb evbg zov-
zov ygovov ni^gcooig xeov öcp&aXjiiwv avxoj enr]X&ev. Tovxov ev
zep xov &eov oov 6v6j.iazi edv ytoxlorjg, niGxeioo/iiev xolg naga 15
oov elgrxisvoig.' Kai y Eixpgoovvrj einev ,-v /.iev zbv adeXcpov
oov xvcpXbv ev lPcö/in] vxaeXineg, eytu de evxav&a eyco d-vyaxgiov
zrjg &Qaxpct}.ievrjg tue, rtxig ev aggioozla eßtoßtofhi' ax.or)v ftsv
nXx\geoxdxy\v eyei, eftovr) de vxd Xöyog dneoxrtoav an avxTtg.'
Kai. zavxa elnovoa exeXevoev avxi)v dy9rjvai. Toze zlof.texiXXa 20
vnoaxgcooaoa eavxr]v eig ngooevyi)v enl Ivxcvdg togag nagexaXec
zbv &ebv fiexd dax.gvwv vneg avzrjg' dvaoiüoa de et-ezeivev zag
X^gag avxrjg eig zbv ovgavbv vxd einev ,Kvgie Irfiov Xgioze
Mt 28=0 b elnwv „(istf vfitov eltul ndoag zag r\f.iegag ecog zrjg övvzeXeiag
c p. 13 zov altovog", de'tSov dXrj&rj indgyeiv zrtv vneg \\ oov [lagzigiar 25
ftov.1 Kai (.tezd zb elnelv zavza zb on]f.ie~iov zov ozavgov icotr-
Vf. 299 a 2 oa\oa en avzl] elixev ,'Ev ovn/itazi zov vxgiov t]f.uZv Jrjoov
Xgiozov e'Xdj] enl oe i) evegyeia zwv yelXeiöv oov v.al avoiB]]
Lc iM zb oibfia oov 6 dvotg~ag zb ozoi.ia Zayagiov zov ngocprtzov y.v-
giog.' 'Eni zavzij tij cpiovjj zrjg dyiag Jo(.ieziXXag dvev.gag'av 30
r] xogri Xeyovow ,A?.rt^r)g vrzdgyei b öeog oov, Jo/^uzlXXa, vxd
1 C ÜQoq ravzag — 2 CW Q-e'/.rjG(OGiv — 3 C ivyevtiq, lai üjnobiles
— 11 Ttäoiv bis y.ui fehlt C — 12 C thotsvgoxji — 13 VC avxri — 13 W
nach ovofxct: xovtov — 13. 11 V xovxov von erster Hand am Rande, hinter
tvbq einzufügen, C nach -/qovov, bei W fehlt es; lat. ante istum annuni
— 17 V xaxsXataq, CW xuxü.uieq — IS ev uqq. iß. fehlt C, lat. in aegri-
1 inline tn uta facta est — 21 C avxtjv, lat. se — 22 vnhp avzrjg fehlt C —
22 C egreive — 28 V ävv$aq, C dvoi&t, W clvoiSn — 29. 30 C fehlt xv-
pioq — 30 C ivexQtcSev.
22 Achelis, Acta Nerei et Acbillei.
/nay.dgtoi ol TxioxsvovxEg did gov xoj XgiGxol zijj vujj zox irsov
xov Uovxog1. Tore vneoxgtüoav eccvxäg d(.i(p6xsgai sig zovg
nodag avzijg ~/.al niozeioaoai zw Xgiozqj y.a&i6Qw$rloav. ^4%&eig
de y.al 6 ddsXcpbg zftg Osoötogag nrtgbg tov öid ngooEiy^g xrtg
5 Jof.iExiXXag aveßlexptv. (Oftorpvywg ovv avdgeg neu yvvaiy.Eg
ol ovveXd-ovzeg ix zr\g noXetog löbvzsg zu Savfiaoia zctvzcc
intozEvoav zqj Xgiozü y.al ißanxio^^aav, b^io^ifxadbv dovXoi c p. u
y.al iXsvdEgoi, v.cti yiyovEv 6 oi/.og, iv ip Kaxsfisvov, y.a-9-dnEg
iy.y.Xrfiia.
10 23. 'Qg ovv nagayiyovsv 6 ^4vgi]liavbg /.isxd zcov bgfiaoxcbv |
Evgjgoovvrjg ze y.al Oeodcogag syovxeg fietf eavxiov bgyava xgia, w p. 38
ixiXevaev cijoaval iv /.tia r^iega xguov nagSivwv yd/novg eazeXeiv.
c£lg ovv elöov zec &av/.idaia xavxa —ovXnr/.iog ze y.al SsgßiXiavog,
afxa y.al d/.ovoavxEg zd grftivxa ze y.al ysyovöxa, inloxevoccv. Ovg
13 6 ^4cQ7qliavbg naga/.aXeiv ijot-azo, bnoyg zovg ydf.iovg sv zio dfia
l/.xeXioioOLv. Ol de dno/.gi&evzeg ziaov avxur ,4ög dot-av zoj
■9-eco, ovzivog xi]v 6vvaf.iiv iv zcß cpiozio&evzi zvq>Xqj bgoJ(.iev xal
zr\v aXaXov tydsyyofisvqv &eojgovu£v'. lO de ^ivQtjXiavdg (ii)
ngoooyiov zolg nag avziov Xsyo/nevoig s/JXsvgev zttv Jo(.iexiXXav
20 än:oy.X£io9rjvai iv xqj y.oiztovi avzov, omog dj.ie\oi(.iviog avxtjv Vf. 299b
ßtdorj[\cai. Kai f.iszd zov öeinvov ngoßXij&ivxwv züv bgydvtov c p. 15
rjot-azo AvgrJ.iavbg Lisza^v ziov ogyoifievcov zsgnofxevog doysi-
o&ai y.azd zb e&og xä)v yd/ncoi'. TIdvxcov ovv azovqodvziov avzbg
djzavoztog zooovzov logy^oazo inl ovo vvxirn]f.i£ga , fiixQ1? ov
25 dzovrjOag ig'envevoev. Kai zovzo löbvzeg ndvzsg inioxevoav xq~i
XgiGzqp. 24. cO öi ddsX(pbg zov avzov ^4vgy\Xiavov zovvo/.ia
ytov^ovotog rzrfiazo zov ßaoiXia Tga'i'avbv, bnojg navzag zov
tivöidöai owtoörjorj, zovg öi avziXiyovzag öiacpogoig avzovg
ßaodvoig aig av ßovXrjd-^ dnoyzEivrj. "O&ev yiyovsv bncog zov
30 —ovX7iiy.tov y.al ^egßiXiavbv zij} iudgxqi zi]g noXsiog ovb/xazt
Idviavqt nagadwarj. cO öi l'nagxog f.ta$d;v y^giGZLavovg ysyo-
3 VC wie oben, lat. credentes mysteriis Christ i conseeratae sunt, W
imaxevoKv xü> Xq. (xal) xa&. — 10. 15. 18 V AvQt/.huvöq, CW AvQsfaa-
vöq — 11 W EvcpQoavvaq — 12 CW lassen TjßSQa weg, lat. uno die —
15 W iv xw . . . a/xu — 19 V(?) C(?) W ngoo'ywv — C ixeksvae —
21 V zov deinvov, C xov öünvov — 22 Nach TjQgaxo Wo — V Avqe).-
l.iavoq, CW Ai(>e?uav6q — 25 C igenvsvoe — 26 V Avos?.Xiavov, CW
AvqsXiuvov — 27 V stets Aovl,ovqioq — 27. 28 CW nävxaq TiQoq xb &.
— 29 VC oiq, W alq — 31 VC Avtuvw.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 23
vavai Y.ai uit &ekrfiavTag -3-voai zoig sldaj?.oig zovg avzcüv
c p. ig av%ivag vrzoxXlvai nagavzd \\ !-tcpei (zai) xdg XEcpahdg avziöv
dnozi-irft^vai BxiXevosv. c£2vzivojv zd xiuia otottaxa olygioziavoi
iv zoig idioig avzüv ngoaozeloig {.lEzd /nsya?^ zt/ni^g dni&evzo
iv xij 6 dop zjt irzr/wgia 6vof.iato(.iivrl ytazlvrj dnexovzog drzb 5
zov dözeog 'PcufMjg (.iDua ovo, iv co xotzoj Y.agnocpogovvzai
at dvvdfieig zov fiagxvglov avzcdv iiiygt T1]? or^isgov fjiiigag.
25. Kai f.iEza xavxa i/Togev&7] 6 ylovg~ovoiog nobg zag rzag-
w p. 39 Sevovg zov Xgiozov iv vfj zwv Tagga/.ivrtoiojv noXei, \ cfiziveg
iir} ßovh&etoai zo~ig eldcoloig Svaidaai, dq?s?^.6luevog ndvza xd 10
vndgyovza alzaXg iv avxop zco Y.otztovi, bnov i\uvovoai zov y.v-
V f. 299 b 2 qiov öujyov, ivani/XeiGav y.ai ov\zojg 7TVQ ßlri&i]vca ngooezat-ev.
*Ev alXy de r^iiga ilfrtov b (.lay.dgiog Kaiadgiog 6 öidy.ovog
svqev zd zcov dyiiov aioftaxa dß?*aßij iv /mqdsvi cpXoyiod-ivza'
c p. 17 in bxpiv xslfisvai xal || ngoaev/o^evai ovzwg ngbg xvgiov clrze- 15
ör^irjoav. c£}vzivtov zu. ziuia Xeixpava 6 ayiog Kaiaagiog iv
?mqvccyu xaivrj oiivgvloag v/zb yfjv Y.aze&ezo iv Xgiozop Irpov
zw Y.vgiu) y/utuv, fy näoct <5o|a, zi/nrj, y.gdzog, LiEyalcoovvn] ze Y.ai
uEyakoTzge/TEia ovv zco dvdgyco Ttazgi Y.ai zco aytoj xal Cwo-
noico nvevuazi, vvv Y.ai dei Y.ai eig zovg auovag xiov auovcov. 20
d(A7Jv.
Die lateinische Übersetzung.
AASSMaj. PrologUS
III 6 f. '
Xisi studia catholicorani securitatis suae somno quiescerent,
nulla posset ratione impietas haereseos limites invadere pietatis, ad 25
evigilandum nos stiniulis suis exulcerans. Et tarnen segni quadani
evigilantia ac fastidiosa cura strenuis et sollicitis obviantes, negli-
gimus agnos, quos pro certo de ovili amittimus, luporum morsi-
1 VC ecturwv, W avzwv — 2 V vnox/üvai, C vnoxXZvai ngood^aq,
W vnoxklvaq — V nv.Quvxa, CW TtuQavxlxa — 5 V iiii%ü)Qia<z, C mi-
ywQiwq — TW Aaxiva — C U7te/6vz<i)v — 6 VC tfjg statt zov — C
(xi).I(üv övwv — 7 C av^rjusQOv — 9 VC zfj — 9 VC TsQQaxiviaicov -—
VC r/luveg — 12 C ovzoj — 14 C svqs — 15 CW tu en öipiv — VC
xtifxevai, W xttfxevu — CW ovxco — 17 VC xaivw — V aix^Qvrjaaq CW
a[MiQvrjaaq.
24 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
bus devorandos. Unde juxta eoruni sollicitudinem, qui ante nos
fuerunt orthodoxorum, provinciae nostrae martyria aliquanta
colligens de graeco transtuli in latinum; dans exemplum hoc
diversarum provinciarum studiosis, ut sicut nos in nostra, ita
5 illi in suis provinciis transferant consummata martyria; ut populi
excolentes et venerantes eos, quos pro nomine domini nostri Jesu
Christi passos agnoscunt, sciant quo studio belli, victoriarum triura-
phos portantes, ad regem ovantes et laetantes pervenire meruerunt.
Das folgende Primum itaque etc. ist dem Griechischen ITobg
oi/.odo(.ri]v da 115 v.zk parallel.
I.
Die vorliegende Ausgabe beruht, wie die AWirth's, we-
sentlich auf dem Vaticanus 866, wo die Akten des Nereus und
Achilleus sich fol. 292a — 299b finden. Die Handschrift, perg.,
in folio, stammt nach Wirth p. 14 aus dem Ende des elften,
vielleicht richtiger dem zwölften Jahrhundert. Eine Beschrei-
bung dieser viel umfassenden, oft benutzten, aber noch keines-
wegs ausgeschöpften *■) Handschrift würde zu weit führen. Über
einige Eigentümlichkeiten des Schreibers sei folgendes bemerkt.
Jotacismen sind sehr bäufig. Die Fälle, wo r\ statt /, i statt rj,
r\ oder t statt ei, v statt i gesetzt ist, wo cu und e, o und w
gegenseitig verwechselt werden, sind schwer zu zählen; ich habe
sie stets stillschweigend korrigiert, die Lesart der Handschrift
angeführt nur in den Fällen, wo die Wortform durch den
Schreibfehler zweifelhaft wird. Ebenso bin ich bei dem seltener
begegnenden Versehen v statt ot verfahren. Die übrigen Ver-
wechslungen der Vokale habe ich namhaft gemacht, weil sie
nur einzeln begegnen; so v statt ei 27 10J2, « statt i 6o0 195,
ei statt £ 329, i statt oi 41S und ot statt i 922> v statt r\ 810
2017.18 und 7] statt v 105 199, io statt ot 87 und oi statt to 191C,
ov statt o 1512, oi statt si 1513, ^ statt oi 1310 1830, o statt s 19, 0.
Ov und co wird nicht verwechselt; ich halte mich daher z.B. nicht
für berechtigt 212 und 2112 an Stelle des ind. fut. den conj. aor. zu
setzen (vgl 33). Der Schreiber ist sich übrigens seiner vielen Ver-
1) VgL Wirth p. 14.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 25
wechslungen bewusst. In vielen Fällen bat er seinen Fehler dadurch
korrigiert, dass er über den falschen Vokal einen Punkt setzte; wo
er i und/; verwechselte, auch wohl einen Doppelpunkt. Dass es der
erste Schreiber ist, der korrigierte, ist — abgesehen davon, dass
diese Punkte mit gleicher Dinte geschrieben sind, — auch daraus
deutlich, dass er seine selteneren Fehler verhältnismässig häufiger
bemerkt als seine gewöhnlichen; und es ist charakteristisch, dass
er auch nicht selten seinen Correkturpunkt an falscher Stelle an-
bringt. Im Übrigen schrieb er sorgfältig und hatte — soweit
ein Urteil möglich ist — einen guten Text vor sich; Versehen
sind nicht häufig, sie erklären und verbessern sich meist leicht.
Bei dieser Sachlage glaubte ich manche Eigentümlichkeiten be-
wahren zu müssen, da sie mir nicht zufällig scheinen. Die mehrfach
angewandte Form iy£vdtur]v 524 612 137. 20 stützt die verein-
zelten xctTScpvyccfisv 102S, s^ßä/Mi 1223; auch r[ßovh]$t] 125 ist
wohl beabsichtigt (vgl. 12,2), der aorist 8Y.o<Jf.tlo9rtv statt i/.oGf.mjd'riv
ist, da er 4,2 630 822 begegnet, auch schwerlich korrupt. Diese
und andere Beobachtungen führten mich dazu, dem Texte der
Handschrift gegenüber möglichst konservativ zu verfahren, auf
die Gefahr hin, dass vielleicht eine neue Handschrift an der Aus-
gabe Vieles zu ändern hat; zur Zeit, wo wir lediglich auf Vat.
866 angewiesen sind, scheint mir kein anderes Verfahren berech-
tigt. Der Verfasser schrieb, wie wir sehen werden, unter Ver-
hältnissen, für die uns bis jetzt die Parallelen mangeln; auch des-
wegen scheint es mir geboten, seinen Text, abgesehen von seinen
stets wiederkehrenden orthographischen Regellosigkeiten, hinzu-
nehmen, wie er ist, und die Lust, ihn durchzukorrigieren , zu
unterdrücken. Eine Ausnahme habe ich nur bei der Orthogra-
phie der Namen eintreten lassen. Zwar schreibe ich JofxsxikXa
mit Vat, weil es mir durch Jofietiavög gerechtfertigt erscheint,
aber Negevg, Avq eXXictvng (seltener Avgsliavog), Il£TQOvi/.?*a,
wie stets geschrieben wird, ändere ich in Nr^evg, AvqrtXiav6g,
IJ6tqiüviX?m} letzteres nach Analogie von IJeTgcor^-iovog und
ITsTQCüviog1). Es handelt sich hier um bekannte Namen, die
eine feste Schreibung besitzen; und ich glaubte zu diesen Correc-
1) Dass unser Autor Petronilla für eine leibliche Tochter des Petrus
hält, und ihren Namen sich demgemäss von ütXQoq herleitet, kann daran
m. E. nichts ändern. Er erfand den Namen ja nicht.
26 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
turen berechtigt zu sein, weil überhaupt die Namen im Vat. am
schlechtesten erhalten sind. *)
Die zweite Handschrift der Akten ist der Vatic. 1286 (frühere
Nummer 61), chart., klein 8° (=C); vom Cardinal Antonio Caraffa,
dem Nepoten Pauls IV (1555 — 59) wurde er der Vatikanischen
Bibliothek geschenkt. Schon durch sein Alter (saec. XV nach
Wirth, vielleicht erst saec. XVI) steht er an Wert hinter dem
Vat. 866 zurück; er enthält als einzigen Inhalt nur etwa den drit-
ten Teil der Akten.
Er beginnt mit der Eingangsformel des Marcellusbriefes :
llccov.s'k'kog öovlog '/. X. xolg ayloig 6f.to?.oy7jTaJg NrjQEqt xai
^AyüJ.iti) 114 f. lässt aber dann die ganze Erzählung von dem
Rencontre des Petrus mit Simon Magus fort, also eben den Teil
des Briefes, welcher der Bitte des Nereus und Achilleus 1029ff
entsprach. C giebt diesen Brief nicht, sondern beginnt mit der
Petronillageschichte 147 — 159. Hier werden Felicula und Nico-
medes erwähnt, um an die Erwähnung nachher das Martyrium
auch dieser Beiden knüpfen zu können; C giebt dem wieder nicht
Folge: er lässt auch diesen Teil des Briefes aus. Der Brief des
Eutyches und Genossen wird fast vollständig gegeben 17t — 183.
Wir erfahren also von dem vor 30 Tagen geschehenen Tod und
Begräbnis des Nereus und Achilleus; der Briefschluss aber mit
der Bitte an Marcellus, einen Vertrauten nach der Insel Pontia
zu schicken, wird wieder fortgelassen, sodass der Leser von C auch
das Folgende noch von Eutyches und Genossen berichtet meint.
Hier wird aber an den Anfang der Erzählung zurückgegriffen.
Nereus und Achilleus gehen zum Bischof Clemens, und bitten
ihn, Domitilla die Jungfrauenweihe zu erteilen, was dann ge-
schieht. Aurelian veranlasst daraufhin Domitian. Domitilla mit
Genossen nach Pontia zu verbannen 812 — 920. Sehr geschickt
wird der unvollendete Satz an 2014 angeknüpft, wo eben der
Verfasser der Akten selbst nach seinen vielen Einschüben den
1) Mehrere Namen sind, wie es scheint, geradezu geändert worden. Der
Grieche schreibt durchweg Evrvyjog, NixöÖTjfxog, ^Tteziwoog, der Lateiner
Eutyches, Nicomedes, Auspicius. Und in einem Falle, bei Nicomedes, hat
der Lateiner nachweislich Recht (vgl. Abschnitt III). Die archäologische
Untersuchung macht es ferner fraglich, ob nicht SovfollxiOQ, wie Grieche
und Lateiner schreiben, in Simplicins zu bessern ist.
Achelis, Acta Nerei et Aehillei. 27
ersten Faden wieder aufnimmt, und nun die letzten Ereignisse
der Akten bis zum Schluss erzählt.
Es kann hiernach nicht zweifelhaft sein, dass wir in V und
nicht in C die ursprüngliche Gestalt der Akten haben; das be-
weist auch der Lateiner. C ist ein Auszug, der aus dem reichen
Inhalt der Akten nur den Teil, der Petronilla, Nereus-Achilleus,
Domitilla umfasst, auszieht; er hat seine Parallelen in einigen
lateinischen Handschriften.1)
Wirth ist anderer Ansicht: er führt auch C als selbständigen
und zum Teil besseren Zeugen für den Text auf, und nach
seinem Apparat wird man sich nicht anders entscheiden können.
Nach meiner Collation glaube ich den Nachweis führen zu können,
dass C aus V hergestellt ist.
C hat von vornherein etwas Bestechendes. Er ist prächtig
ausgestattet, elegant und klar geschrieben; sein Schreiber hat
sich Mühe gegeben, alle die kleinen Fehler seiner Vorlage zu
verbessern. Er bemerkt es fast in jedem Falle, wenn V e und ai,
rt und <, co und o verwechselt, wenn er statt f l : i oder rh v für
/, rt oder 01 geschrieben hat. Er hat Consequenz in der Schreib-
weise hergestellt, was besonders bei den Namen zu bemerken
ist: ^4vg£?uav6g, ^Jojuiziavog, Jonix'O.Xa. (-cxg), yiovBovgiog, Tle-
xgovr^J.a, TIlaixDJ.a, TeQoa/.lvr:. Aber dass diese Schreibung
in allen Fällen besser ist als die von Y, wird Niemand behaup-
ten. C's Auslassungen erklären sich öfter aus seiner Auszugs-
arbeit, so 812 tote, 14; de, 2014 cog ovv , ebendaher stammt das
de 2015. Ein Schreibfehler wie ey/.av/.dcTai statt lyv.avyäoai 8l5
steht vereinzelt. Seine abweichenden Lesarten lassen sich aber
doch alle entweder als selbstverständliche, oder als unnötige bzw
falsche Correcturen von Y auffassen.
Zu den ersteren rechne ich die Einsetzung des zov in i/. . . .
ozojuazog tov anoorolov 827, die Correctur von navxcov aod-£-
vovvrcov nccQct aov icoiievco in Icousvcov 1413, von ßanvioSivTsg
und ötdayßevTsg bei folgendem yjuag in ßanziod-ivrag und öi-
dax&ivT<xg 17.M f, von rag oocpcoxäxovg nact&&vovg in oocpcozdzag
2019; endlich von vtaxivq in Aaxivrt 235.
Eine andre Anzahl von Correcturen sind Willkürlichkeiten,
meist der Art, dass man kaum versucht ist, sie vorzuziehen. So
1) Vgl. unten S. 31 Mombritius und die des Bosio von Nicomedes.
28 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
stattet xd xO.j] {usxsX&cofisv: s.x. x.xaxsX&miusv9[i, statt vjiovq-
yiag : XstzovQyiaq 141S, statt avxai jcgoq avxtjv . . . ansksvöov-
xcu : a. n. a. sjtsXsioovxcu 2021 , statt de : ovv 2022, statt jiyoq
xavxa : x. xavxaq 21ls statt dvs'xQctssv : svsxga^sv 2130, statt
jrapavra : Jtagavxixa 232 , statt orjfisQov : av&?]tusQov 23-, auch
in dem Satze 23t :jff Eatodgioq . . . eijper t« . . . Ocofiaxa dßXaßrj
sv fir/öevi cpXoyiG&s'vxa sjü 'otpiv xsitusvat xai JtQoosvyof/svai (sc.
Domitilla und Genossinnen) ovxcoq JtQoq xvqiov düis&i'mrfiav ist
es keine Verbesserung, wenn C statt der Interpunktion vor Iji
oipiv ein dl einschiebt. Offenbar ist C im Nachteil, wenn er 814
statt ovx ig av&Qcojclvov, dXX* sx &siov dt-ico^axoq : dv&Qco-
jilvcov schreibt, oder statt jtaiöia f/fiäq covtfoaxo : Jtaiösuc 817
oder statt A. vjrodxgcoöaöa sccvxqv slq ütQOOsvy/jv : avxrjv 2121,
was sofort den zweiten Fehler, die Auslassung von vjcsq avx?jq
21-22 nach sich zieht.
Aber noch häufiger sind kleine, feine Änderungen der Vor-
lage, die der Reflexion entsprungen sind. Sie tragen zuweilen
Züge in den Text ein, die dem Verfasser der Akten nicht zuzu-
trauen sind. Man wird zunächst geneigt sein, C xoöfirj&eiq 822
für besser zu halten als xoöfJiö&siqY; aber vgl. 4, 2 630. Ebenso
2022 fisxajcslocooiv C statt [isxajisioovoiv nach ojtcoq, und 212
frsXrjöcoGLv C statt &sX?]6ovöiv V nach sdv\ aber sdv mit fol-
gendem ind. fut. steht auch 33. V schreibt 1419ff sxsXsvösv
avxrjv jtäXiv slq xr/v xXlvrjv avxfjq vxoOxgsipai, eiq ?}v sv xco cpoßco
xov &EOV oXöxXrjQoq 6is\usivsv pLsyoi xov xfjq ^corjq avxijq xsXovq.
Wenn C slq r\v in scoqov verwandelt, so will er den Zusammen-
hang prägnanter gestalten; dass er dies aber nicht im Sinne des
Autors thut, zeigt das folgende ov fiovov ös avxr/ Om&rftai xaxfj-
Sioi&rj, dXXd xai xxX. Das sv vor jtQoaGxslco 1727 lässt C aus-
fallen wegen des vorhergehenden sv 'Poif/?] und des folgenden
sv xfi dfiftcöösi xQVJtxtj; ^sxsöxdXi] sv Tsgoaxlv?] wird in tiq
TsQQaxivr/v 2023 verwandelt. Die Änderung von r/Q^avxo tsq-
jtsod-at 2024 in rjQ$axo würde Beifall verdienen, wenn nicht der
Lateiner incicem habuerunt (jaudium rnagnum zeigte, dass es doch
eben eine Änderung des ursprünglichen Wortlautes ist; die Cor-
rectur dysvslq in svysvslq 2l3 scheint überlegt; dem Urheber
erschien es unpassend, Aurelian — selbst im Vergleich mit Chri-
stus — als dysvtjq zu bezeichnen; aber der Lateiner schreibt
((jaobiles. 'Ev aQQwOxia sßcoßco&?] ist in der That bei dem
Aclielis, Acta Nerei et Achillei. 29
folgenden axoijv fisv jch/Qeorärrjv hyei, (pmvi) de xal löyog äjte-
6z?]öav cm avTTJg ein Pleonasmus 21, bf; als solcher ist er auch
von C empfunden, wenn er die Worte auslässt, aber der Lateiner
übersetzt es in aegritadine muta facta est. Der Verfasser der
Akten liebt es, den Infinitiv mit rov an das Hauptverbum zu
hängen, 913 ändert C [iaxoov av slij rov . . . ygäyaiv in ro,
915 rov &vöai 7iaoairi}öi]rai in ro, 2227ff rov ftvöiaöai ovvco-
fhj<J% in jigög ro. In dem Satze 2129 6 avoi^ag ro orofia Za-
yaglov rov JiQO(frjrov xvgiog scheint xvgiog nachzuhinken, C
lässt es fort; wenn er bei av fiicc pfleget 22i2 das letzte Wort
fallen lässt, so will er vielleicht den Gegensatz zu dem folgenden
roicöv schärfen.
Ich habe hier, wie ich hoffe, das gesammte Material hin-
gestellt, das zu Gunsten von C aufgeführt werden könnte, und
ich glaube, dass keine Variante auf eine von V abweichende
Vorlage bezogen werden muss. Dem steht aber ein nicht gering-
fügiges Material gegenüber, das C von den Fehlern und Zufällig-
keiten V's abhängig zeigt. Wo so viele Schreibfehler zu kor-
rigieren sind, wie bei V vorliegen, bleiben natürlich eine An-
zahl stehen, welche die Vorlage verraten; in der That hat auch
C seine sämtlichen Jotacismen mit V gemeinsam. Ich notiere
9,; jisoecod-fj, 914 tfriüaro, 152 <Pifaxovkav, 1729 ?][tvö£oyg,
234ff TCQoaorloig (1727 ist dasselbe richtig korrigiert), 239 Teg-
gaxiviGiojv. 1410 xXiv?]g?]g giebt V xZ?]vr/glg, C korrigiert xli-
v?jQig, behält also den zweiten Jotacismus und die falsche Be-
tonung; man weiss, wie leicht der zweite Fehler in demselben
Worte unkorrigiert bleibt. Dem stehen, soweit ich sehe, nur
zwei Fälle gegenüber, wo C Schreibfehler bietet, die er bei V
nicht fand, 1722 siööXoig, 23JS /.teyakoovvtj. Auf der letzten
Seite von V übersieht C noch drei Genusfehler (sonst, soviel ich
bemerke, keinen), er schreibt mit V 2229 ßaoävoig oig, 236 ajto
rr\g aoreog Pcofirjg, 2317 av Xagvaxi xaivco. Vollends verräte-
risch sind eine Anzahl verunglückter Correcturen. 9X 4 ff giebt
V (abgesehen von Jotacismen) yrtjoaro . . . iva . . . r?)v rijg
novriavfjg vrjöov vjtoxalG&ai avrijv asogia, wo r?}v offenbar
für rfj verschrieben ist. C bemerkt den Fehler, korrigiert aber
an der falschen Stelle a§ogiav statt l^ogia, und fügt ausserdem,
da ihm die Construction hart erscheint, hinter vjioxeTO&ai ein
ütoirjOi] ein; beides nicht zum Vorteil des Textes. 14t6 schrieb
30 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
V zuerst vylav, fügte aber selbst am Rande bei w, C missversteht
oder übersieht die Correctur, und schreibt vysiav. Bei jcqo tvoq
XQOVOV 2113 schreibt V am Rande xovxov, das er nach kvoq ein-
zufügen auffordert; C nimmt es in den Text auf, aber hinter
Xqovov. 222 1 hat V ftexd xov öeljivov, der Sprachgebrauch
fi£ta cum genit.=post ist nachweisbar; xov düjcvov aber ist bei
einem guten Kenner des Griechischen, wie es der Schreiber von
C war, nur als zu gründliche Correctur seiner Vorlage zu er-
klären. 2128 V dvoi^aq, verführt durch das bald folgende o avoi-
£ac; C korrigiert ävoigcu, während schon wegen des parallelen
sZ&rj vielmehr droit-?] zu lesen ist. Der Satz 23, ff (o ejtaQXoq)
xovq avxmv avx&'aq vitoxlivai xagavxd £i<pei rdq xscpaXdq
avxmv djiox[iri&?)vai IxiXsvötv V macht eine Correctur notwen-
dig; nach ^icpEL scheint xai ausgefallen zu sein; wenn aber C nach
vüioxllvai ein jigoöd^aq einschiebt, so ist das eine nicht eben
gelungene Änderung von V. Bei dxt&svxo Iv xjj oöcö xfj zjii-
XcoQiaq orofHx^ofJEV?] Aaxivi] 234f ist entweder xrjq emxcogiaq
oder XTJ ejtixcoQict zu lesen; auf xrj hjiixoDQimq C aber kann man
nur von dem Fehler V's aus kommen. Wenn V fortfährt: djct-
Xovxoq düio . . . Pcofirjq fiiXia ovo, so darf man bei dem Grie-
chisch dieser Akten die Auslassung des Subjekts wohl nicht be-
anstanden (vgl. 1729); dxey.övxcov [iiZicov övcöv zeigt, dass C
Anstoss nahm, aber nicht glücklich in der Correctur war.
Ich glaube alle Varianten von Wichtigkeit aufgeführt zu
haben. Auch wenn ich diese oder jene übersehen haben sollte,
scheint mir der Beweis schwer anfechtbar, dass der Schreiber
von C auf Grund von V seine Verbesserungen' herstellte. Die
sekundäre Textgestalt, die C bietet, kann also weiteres Interesse
nicht beanspruchen. Die elegante Ausstattung lässt vermuten,
dass dieser Auszug zu erbaulichem Zwecke, für eine hochgestellte
Persönlichkeit (vielleicht erst den Cardinal Caraffa selbst?) her-
gestellt wurde. V befand sich damals schon in der Vaticana,
das zeigt wohl seine Nummer. Im Vatikan wird auch der Aus-
zug geschrieben sein für eine Persönlichkeit, die sich gerade für
die Römischen Helden der Akten, Petronilla, Domitilla, Nereus
und Achilleus interessierte.
Um so wichtiger ist die Frage nach dem Wert der latei-
nischen Übersetzung. Dass sie wirklich eine Übersetzung des
Griechen ist, daran kann kein Zweifel sein. Der Lateiner sagt
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 31
ausdrücklich in seinem Prolog, den er an die Stelle des ursprüng-
lichen setzt: de graeco transtidi in latinum. *) Während wir den
griechischen Text auf Grund nur einer Handschrift herstellen
können, sind solche des Lateiners überaus häutig. Die Bollan-
tisten legen ihrer Ausgabe (Maj. III p. 6ff) zwölf zu Grunde,
und nennen ausserdem noch eine Reihe von Bibliotheken, in
denen sich Handschriften des lateinischen Textes finden.
Den grösstenTeil der Acta gab schon Mombritius2) heraus,
aber nicht zusammenhängend, sondern in Stücke zerschnitten, je
bei den Heiligen, die er in seinem Werke etwa in alphabetischer
Folge aufführt.
Bd I fol23Sb— 239a § 21—25 der Bollandistenausgabe, Passio
sanctarum virginum martyrum Domitillae Euphrosijnae et Theo-
dorae, et sanctorum Sulpilii et Serviliani martyrum.
Bd I f 239a — 240b § 1 — 11 Relatio exilü sanctae Domi-
tillae virginis praedicati a Nereo et Achilleo martyribus in Pon-
tiana insida, ubi dicta virgo exularit.
Bd H f 150 b — 160 a § 18—20 Incipit Passio S Nerei et
Achillei Eutychis Victorini et Moronis Mar[tyrum],
Bd II f 201 ab § 15 — 17 J/arcellus ad Nereum et Achillenm
De depositione sanctae Petronülae virginis et de passione sanc-
tae Feliculae virginis et martyris. Et de passione sancti Nicome-
dis presbyteri et martyris.
§ 12 — 14 fehlen also noch in dieser Ausgabe.
Der Text des Surius, De probatis sanctorum historiis Bd III
173— 179 3) ist so verschieden, dass man hie und da glauben
könnte, es liege eine andre Übersetzung vor. Nach bekannter
Manier hat auch hier der Herausgeber den ihm vorliegenden
Text korrigiert; dictio plerumque in gratiam lectoris nonnihil ex-
polita est per F. Laurent. Surium sagt er selbst in der Vor-
rede zu unsern Akten.
Mit Recht sind die Bollandisten hierüber aufgebracht, und
stellen dem gegenüber ihren Grundsatz quam nos damus stylo
genuino (a a O), Ihre Ausgabe habe ich zu Grunde gelegt.
1) Wer mehr Beweise wünscht, findet sie bei Wirth p. 15. 10.
2) Das Exemplar der Berliner Kgl. Bibliothek, welches ich benutze,
trägt auf dem neuen Einband beider Bände die Jahreszahl 1-497.
3) Ich benutze die erste Ausgabe Coloniae Agrippinae 1570 — 75.
32 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
Der Übersetzer schrieb, wie er in seiner Vorrede sagt, zu
erbaulichem Zwecke. Er wünscht seinem Werke eine möglichst
weite Verbreitung in seiner Provinz, und hofft, auf diese Weise
dem drohenden Einfluss der Häretiker begegnen zu können. So
kommt es, dass er sich nicht Wort für Wort an seine Vorlage
hält, sondern einen möglichst lesbaren Text zu gestalten sucht.
Es kommt ihm nicht darauf an, Ausdrücke nach Gutdünken zu
ändern, ganze Sätze, die ihm zu breit scheinen, fortzulassen, und
andrerseits, wo ihm der Text zu farblos scheint, frische Lichter
aufzusetzen. 119 6 fcaxccQiog IlexQog o tTÜGxoüiog xal cbroöro-
Xog fügt er et sanctissimus hinzu, o tJtiöxojiog xal bleibt un-
übersetzt, zu apostolus wird Dei gesetzt. 121 p.sxa Jiäorjc, sjci-
psXsiag xoopovfttvr/v giebt er durch gemmis ornari. 125 xov
vlov xov a&avaxov ßaoilicog übersetzt er filium Dei, immor-
talem regem, 22 xiXog . . . ijtixifrrjGiv durch finem permitteret
et terminum evenire. 53 ff empfindet er, dass die dort aufgezählte
Tugendreihe nicht vollständig ist, er fügt misen'cordia, dann pro-
hitas, tolerantia hinzu, und die Weiterführung des Griechen
jcäoai xoivvv al dgexal al 6vo[ia6&£l6ai ergänzt er durch seinen
Zusatz et quae non sunt enumeratae. Von der Freude des zu-
künftigen Lebens sagt der Grieche 5)Cff ovxs . . . Xoyog Igfitpsv-
öcu i!-aQX£l, der Lateiner versichert ausserdem nulla cogitatio
mvenire, nulla disputatio comprehendere. Ebendort fügt er einen
längeren Excurs über die Freuden des Paradieses hinzu, wo das
ewige Leben ,mit der Nase aufgesogen wird'. Ahnliche Aus-
malungen des im Griechen Gesagten 7n nach evöiöcooi und 21G
ojöavxcog xxl. Ausgelassen ist dagegen z. B. der Satz 102 ( f
o&sv — (pQovtlv, die Charakterisierung des Teufels 199 o jcavxoxt —
C^cofjv, 206_s jcEQifj/Ld-ev — avxov. Bei der Exorcisation der
Domitilla 21,7_3(l vermisste der Lateiner die Prägnanz; er schreibt
/// nomine domini mei J C loquere; auch die ersten Worte des
geheilten Mädchens sind stark geändert. Es ist leicht, noch mehr
Beispiele für das Verfahren des Übersetzers anzuführen; zur
Charakterisierung mag dies genügen. Es genügt um zu beweisen,
dass die Benutzung des Lateiners bei der Herstellung des Textes
nur mit grösster Vorsicht geschehen darf. Im Apparate habe
ich nur da den Lateiner angeführt, wo er imstande ist, den
schwankenden Text zu stützen oder auf Fehler desselben auf-
merksam zu machen; alle die ungezählten Fälle, wo er sich seiner
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 33
Vorlage gegenüber frei benimmt, lasse ich ungenannt. Ein
Urteil über den Wert des griechischen Textes ist vom La-
teiner aus schwer möglich; es fehlen nicht die Fälle, wo der
Grieche durch ihn zu korrigieren ist, wenn auch einige neue
Fragen entstehen, die ungelöst zu lassen sind. 124 ist mit dem
Lateiner Aurelianum, nicht AvQt/foavov zu lesen; 922 1020 ist Fu-
/v'/'.v, nicht <f>QovQioq das ursprüngliche; das coemeterium Feliculae
befand sich, wie cod. Bernensis 289 des Martyrölogium Hierony-
miannm beweist, septimo, nicht tvöexätcp fiiXicp der Ardeatina 167;
der 154 164 1612 genannte Märtyrer der via Nomentana heisst,
wie unten die archäologische Untersuchung darthun wird, Nico-
medes, nicht J\'ixööt]luoc, 196 ist der Name der Stadt des Maro,
Septempeda — wahrscheinlich richtig — erhalten. Aber wie
heisst der Sklave der Domitilla, der Nereus und Achill eus be-
gräbt, Auspieius oder J£jTtxic5üo<z 1724 18t , und wie heisst der
Märtyrer beiNomentum, Eutyches oder EvTv%ioq 17, 1814.24 191>12?
Auch hier ist die Verschiedenheit der Namen durchgehend.
IL
Die Akten des Nereus und Achilleus haben einen viel rei-
cheren Inhalt, als der Titel verspricht. Nicht nur das Marty-
rium der Titelhelden, sondern nach diesem das des Eutyches,
Victorinus und Maro, des Sulpicius und Servilianus, der Domi-
tilla, Euphrosyne und Theodora wird hier berichtet; eingeschoben
wird in diese Erzählungen, die sich auf die Zeit vom fünfzehnten
Jahre Domitians bis in die erste Zeit Trajans erstrecken, ein
Bericht über Kämpfe des Petrus mit Simon Magus, den Tod der
Petronilla, das Martyrium der Felicula und des Nicomedes aus
Neronischer Zeit. Die Art, wie der Verfasser diesen bunten Stoff
gruppiert, scheint mir charakteristisch zu sein. Ein vorläufiges
Urteil über den Wert der Akten und die Beschaffenheit ihrer
Quellen glaube ich am ersten zu ermöglichen durch eine kurze
Recapitnlation des Inhalts.
Die Akten beginnen mit der Erzählung von der christlichen
Jungfrau Domitilla. Sie ist eine Nichte des Kaisers Domitian 117
und andrerseits des Consuls Flavius Clemens 816ff, und ist zu-
sammen mit ihrer Mutter Plautilla noch von Petrus selbst ge-
tauft worden. Da die Erzählung an die Vorgänge des Jahres 95
Texte u. Untersuchungen XI, 8. o
34 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
(nach Eusebius) anknüpft, ist Doruitilla mindestens gegen dreissig
Jahre alt gedacht, wenn der Autor überhaupt eine derartige
Rechnung anstellte. Sie hat zwei christliche Kammerdiener,
Eunuchen, Nereus und Achilleus, die von ihrer Mutter als Knaben
gekauft, und wie ihre Herrin durch Petrus Christen geworden
waren. Jetzt sieht Domitilla ihrer Ehe mit Aurelian, dem Sohne
des Consuls, entgegen. Aber in langen Zwiegesprächen gelingt es
den Kämmerern, ihre Herrin durch krasse Schilderung der Be-
schwerden des Ehestandes und Verherrlichung der Jungfräulich-
keit zu bewegen, dass sie ihren Bräutigam verlässt, und den
Wunsch ausspricht, sich als Jungfrau weihen zu lassen. Denn
— so wird ihr gesagt — die Jungfräulichkeit macht gottähnlich,
sie ist allen Tugenden überlegen, die ihr von selbst nachfolgen,
sie gewährt den Platz neben den Märtyrern, und befähigt dazu,
Christus selbst als Bräutigam zu umfassen. Nereus und Achilleus
gehen zum Bischof Clemens1), einem Vetter der Domitilla, und
tragen ihm den Wunsch ihrer Herrin vor. Clemens sieht zwar
seinen und der Domitilla Tod voraus, reicht ihr aber den Schleier.
Der so um seine Braut betrogene Aurelian bittet den Kaiser,
Domitilla mit ihren Eunuchen als Christen nach der Insel Pontia
zu verbannen. Dort treffen sie auf zwei andere Verbannte, Furius
und Priscus, Schüler des Simon Magus, denen es gelungen war,
die ganze Insel von Christus und Petrus abwendig zu machen.
Xereus und Achilleus nehmen sofort den Kampf auf, und sie
erlangen von der Bevölkerung der Insel die Zusage, dass man
dem Urteil des Marcellus, des Sohnes des Stadtpräfekten Marcus,
über Simon Magus beipflichten werde. Sie schreiben demnach
einen Brief an Marcellus, in dem sie ihn um sein Votum er-
suchen.
Die Antwort des Marcellus schliesst sich sofort an. Er sei
vor Andern fähig, über Simon Magus zu berichten; er selbst
sei ja dessen Schüler gewesen; da er ihn aber bald als ganz
verdorbenen Menschen, Knabenschänder, Giftmischer, Dieb und
Zauberer erkannt habe, sei er zu Petrus übergegangen. Er
wolle einige Züge aus Simons Leben mitteilen. Er erzählt dann
1) Clemens wird übrigens nur in der lateinischen Übersetzung aus-
drücklieb als Bischof bezeichnet. Da er aber die Weihe der Domitilla
vornimmt 910f, ist deutlich, dass auch der Grieche den ,Biscbof' Clemens
meint.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 35
eine Episode aus dem Römischen Streit des Petrus mit Simon,
die Geschichte von der Auferweckimg des Jünglings. Simon
habe mit Hülfe der Dämonen zu bewirken vermocht, dass der
Leichnam sich regte, aber Petrus erst habe ihn dann wirklich
lebendig gemacht. Das anfangs durch Simons Kunststück dü-
pirte Volk habe nun Petrus zugejauchzt, und Simon, der sich
sofort in einen Hundskopf verwandelte, gemäss der vorherigen
Abmachung verbrennen wollen; aber Petrus habe ihn befreit.
Simon habe gleich darauf noch einen Versuch gemacht, Petrus
zu schädigen. Er habe einen ausserordentlich wilden Hund an
seine — des Marcellus — Hausthüre gebunden. Petrus habe
den Hund mit dem Kreuzeszeichen zahm gemacht; er selbst sei
darauf Petrus zu Füssen gefallen, und habe ihn in sein Haus
geführt. Der Hund, sonst gegen Jedermann zahm, sei Simon
nachgesprungen, um ihn zu zerreissen. Mit Mühe habe ihm
Petrus zum zweiten Mal das Leben gerettet, und dem Hund be-
fohlen, Simon nicht zu verletzen. Aber die Kleider wenigstens
habe der Hund ihm vom Leibe gerissen, und nackt sei Simon
wie ein Wolf aus der Stadt geflohen, verfolgt von dem Volke,
besonders der Jugend. Ein ganzes Jahr lang habe er sich aus
Scham verborgen gehalten, dann aber in Kaiser Nero einen wür-
digen Freund gefunden, der auch auf seine Pläne gegen Petrus
einging. Im Traume sei dies dem Petrus vom Herrn mitgeteilt
worden: er solle sich vor den Plänen der Beiden nicht fürchten,
morgen werde auch Paulus ihm zu Hülfe kommen. Nach sieben
Monaten würden sie Beide noch einen Kampf mit Simon haben,
ihn besiegen, dann aber selbst das Leben lassen. Über die
Einzelheiten des Wiedersehens zwischen Petrus und Paulus und
deren Kampf mit Simon könne er — Marcellus — schweigen.
Nereus und Achilleus hätten das mit eigenen Augen gesehen,
und ausserdem habe dies Linus in griechischer Sprache für die
Kirchen des Ostens beschrieben.
Aber auf ihre Frage nach dem Tode der Petrustochter Pe-
tronilla wolle er kurz Auskunft geben. (Thatsächlich hatten
Nereus und Achilleus garnicht danach gefragt; die Erzählung
darüber hängt auch in keiner Weise mit dem Zweck ihrer An-
frage zusammen.) Sie sei bekanntlich nach dem Willen des
Petrus paralytisch gewesen; und Nereus und Achilleus wären
ja zugegen gewesen, wie Petrus sie einst, durch Titus veranlagt.
3*
36 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
auf kurze Zeit gesund gemacht, aber dann wieder ins Bett ge-
schickt hätte. Da sie ausserordentlich schön gewesen, habe sie
eines Tages der Comes Flaccus mit militärischer Begleitung auf-
gesucht und zur Ehe begehrt. Petronilla habe ihn auf das Un-
passende seiner Begleitung aufmerksam gemacht; in drei Tagen
solle er ihr edle Frauen und züchtige Jungfrauen schicken; mit
diesen werde sie dann in sein Haus ziehen. In Wahrheit habe
sie aber ihren Tod an diesem dritten Tage vorausgesehen, und
sich mit ihrer Milchschwester Felicula darauf vorbereitet. Am
dritten Tage habe ihr der Presbyter Nicomedes die Mysterien
gereicht, dann sei sie verschieden. Die von Flaccus zu so ganz
anderm Zwecke geschickten Frauen haben sie begraben.
Flaccus habe sofort der Felicula einen Heiratsantrag ge-
macht. Da sie ihn ausschlug, sei sie durch den Vicarius sieben
Tage ohne Nahrung in finsterem Gefängnis eingesperrt worden,
dann noch weitere sieben Tage bei den Vestalinnen. Endlich
habe man sie auf die Folter gehängt, und nach standhaftem
Martyrium ihren Leichnam in die Cloake geworfen. Der schon
bei Petronillas Tode erwähnte Nicomedes erfährt im Traume,
wo sich die Leiche befindet, nachts holt er sie, legt sie in einen
Sarkophag und setzt sie bei. Er wählt dazu einen von Rom
7 m.p. entfernten Ort, denn dort befindet sich seine Siedelei.
Aber damit ist sein eigenes Schicksal besiegelt. Flaccus hört
von seiner That und lässt ihn festnehmen. Auch er soll opfern,
weigert sich, wird getötet und in den Tiber geworfen. Ein ihm
zugeteilter Kleriker, nomine et oj)ere Jushis, zieht den Toten heraus,
legt ihn in einen Sarkophag, und setzt ihn in seinem Gärtchen
nahe den Mauern Roms an der via Nomentana bei.
Diese drei, Petronilla, Felicula und Nicomedes sind also
nach den Angaben des Autors Persönlichkeiten der apostolischen
Zeit (der Zeitpunkt ihres Todes wird freilich nicht bezeichnet)1);
1) Da Nereus und Achilleus bis zum Jahre 95 doch wohl in Rom
lebend gedacht sind, könnte man daraus, dass ihnen hier unbekannte Dinge
erzählt werden, schliessen. dass dies eben Ereignisse jüngster Zeit sind.
Ein solcher Schluss setzt aber mehr Überlegung bei dem Autor der Akten
voraus, als er besitzt. So bleibt es denn das Nächstliegende, den Tod der
Petrustochter und ihrer Genossen, der zugleich mit Ereignissen aus dem
Leben des Petrus von Marcellus berichtet wird, auch nahe an die Zeit des
Petrus heranzurücken.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 37
der Bericht von ihnen bildet in unsrer Erzählung aus dem letzten
Lustruin des ersten Jahrhunderts einen Einschub, der von Mar-
cellus an Nereus und Achilleus nach Pontia geschrieben wird.
Der Brief sollte da nach der Absicht des Nereus und Achilleus
praktische Dienste thun, um das von Furius und Priscus ver-
führte Volk wieder zu Christus zurückzubringen. Aber das hat
der Autor am Schluss des Briefes längst vergessen: Eutyches,
Victorinus und Maro, die wie die meisten Personen unsrer Akten
ex machina auftreten, berichten in einem Briefe an Marcellus
von dem Tode des Nereus und Achilleus. Schon dreissig Tage
vor Ankunft des Marcellusbriefes hätte Aurelian die Beiden
nach Terracina bringen lassen, nachdem ein Versuch, sie durch
Geschenke zur Begünstigung seiner Pläne bei Domitilla zu ver-
leiten, misslungen war. Dort seien sie nach langen Qualen durch
den Consul Memmius Rufus mit dem Schwerte hingerichtet
worden. Ein Sklave der Domitilla, Speciosus, habe den Trans-
port ihrer Leichen nach der sandigen Krypta, 1 V2 m.p. von Rom
an der via Ardeatina, wo Domitilla ihr Landgut habe, besorgt.
Ebendort, wird nebenbei erwähnt, sei der Gedächtnisbau der
Petronilla, was wir vorher noch nicht erfahren hatten.
Nun kommen Eutyches,- Victorinus und Maro selbst an die
Reihe. Damit ein Gewährsmann ihr Martyrium berichten könne,
hatten sie am Schluss ihres Berichtes Marcellus bitten müssen,
Jemanden zu ihnen zu schicken. Er fertigt sofort seinen Bruder
Marcus ab, der ein Jahr lang mit den Heiligen verlebt, und nach
seiner Rückkehr Folgendes berichtet.
Aurelian habe seine Bemühungen um Domitilla fortgesetzt.
Da wurde ihm gesagt, dass diese sich von Eutyches, Victorinus
und Maro noch mehr beeinflussen lasse, als früher von Nereus
und Achilleus. Auch hier noch bleibt es unklar, welche Stellung
diese drei Männer einnehmen, was sie nach Pontia und in Be-
ziehung zu Domitilla gebracht hat. Aurelian erwirkt sich bei
Kaiser Nerva (der Verfasser weiss also, dass Domitian im Jahre
nach der Verbannung der Domitilla starb), die drei Männer als
seine Sklaven zu behandeln, falls sie das Opfer verweigerten.
Das geschieht; und Eutyches wird au die via Nomentana 16 m.p.
von Rom transportiert, Victorinus ins Sabin ergebirge an die
aquae Cutiliae, Maro nach Septempeda in Picenum. An diesen,
auch von einander weit entfernten Orten hat nämlich Aurelian
38 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
Landgüter. Sie müssen dort hart arbeiten, wissen sich aber bald
beliebt zu machen; Eutyches heilt den Sohn des Verwalters von
einem Dämon, Victorinus den Ökonomen von einer Lähmung,
Maro den Curator der Stadt Septempeda von der Wassersucht.
Viel Volks wird gläubig. Aber Aurelian befiehlt sie zu töten.
Eutyches wird mitten auf der Strasse totgeschlagen, Victorinus
drei Stunden lang mit dem Kopfe nach unten über die übel-
riechenden Schwefelquellen der aquae Cutiliae gehalten, dann
noch drei Tage lang aufgehängt. Maro soll mit einem gewaltigen
Felsblock erdrückt werden; aber den mächtigen Stein, den
70 Männer mit Mühe heben konnten, trägt er wie leichte Spreu
zwei Meilen vor die Stadt, an den Ort, wo er zu beten pflegte;
Turcius, der Freund des Aurelian, schlägt ihn nieder. Kaum
haben die Drei ihr Martyrium bestanden, so erscheint an ihren
Leichen das bis dahin latente Volk der Christen, um sie zu be-
erdigen und auf ihren Gräbern Kirchen zu bauen: dem Eutyches
also 16 m.p. der via Komentana mitten auf der Strasse; Victo-
rinus wird von Cutiliae nach dem nahen Amiternum gebracht;
Maro's Grab wird in dem von ihm getragenen Felsen, zwei
Meilen von Septempeda, ausgehöhlt und darauf die Kirche ge-
setzt, ,in der Heilungs wunder geschehen bis an den heutigen
Tag'.
Soweit der Bericht des Marcus an seinen Bruder Marcellus,
bei dem sich der Leser vergebens fragt, wie er es bewerkstelligt
habe, an diesen drei weit entfernten Orten das Martyrium der
Drei als stummer Zeuge zu erleben.
Nun wird nach den drei grossen Einschüben, die uns in
den Briefen des Marcellus, des Eutyches und Genossen, und in
dem Bericht des Marcus von Petrus und Simon, Petronilla, Feli-
cula und Nicomedes, von Nereus und Achilleus, von Eutyches,
Victorinus und Maro Kunde geben, der erste Faden wieder auf-
genommen. Aurelian macht den letzten Versuch, Domitilla
sich geneigt zu machen. Er beredet die herrlichen Edelleute
Sulpicius und Servilianus, ihre Bräute Euphrosyne und Theo-
dora nach Terracina zu schicken; dort sollten diese mit Domi-
tilla, ihrer Milchschwester, zusammentreffen, und sie zur Heirat
ermuntern. Domitilla verlässt also Pontia und trifft mit ihren
Gespielinnen am Strande von Terracina zusammen; aber während
diese essen, fastet und betet sie. Als die Beiden beginnen, ihrem
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 39
Auftrage gemäss zu reden, verweist Domitilla auf ihren wahren
Bräutigam, Christus, dem sie treu bleiben müsse. Da sie die
Wunder desselben erwähnt, erklären sich Euphrosyne und Theo-
dora bereit, ihr zu glauben und zu folgen, wenn sie Wunder
aufzuzeigen vermöchte. Domitilla heilt nun dort in Terracina
das stumme Töchterchen der Amme der Euphrosyne, und ebenso
den blinden Bruder der Theodora, Herodes 224 ff, von dem eben
vorher 21, - hervorgehoben war, dass er sich in dem Gl m.p. ent-
fernten Rom befinde. Euphrosyne und Theodora sind überzeugt
und erhalten sofort (von wem?) die Taufe bezw. den Schleier
(xad-itQio&riGav). Auch viel Volk aus Terracina glaubt und wird
getauft, ,und das Haus, in dem sie verweilten, wurde wie eine
Kirche'.
Aurelian hat einen andern Ausgang erwartet. Er erscheint
mit Sulpicius und Servilian in Terracina. Sie haben drei Orgelu
mitgebracht, und wollen zusammen Hochzeit halten. Aber Sul-
picius und Servilian lassen sich durch die eben geschehenen
Wunder bekehren, und Aurelian allein giebt sich der Freude
des Tanzes hin. Er tanzt drei Tage und Nächte, bis er tot hin-
fällt. Wieder glaubt alles Volk.
Sein Bruder Luxurius führt die Geschichte zu Ende. Er
holt sich die Einwilligung Trajans, Sulpicius und Servilian werden
dem Präfekten der Stadt Anianus übergeben und hingerichtet.
Ihre Körper werden am zweiten Meilenstein der via Latina be-
stattet, ,wo die Kräfte ihres Martyriums Fracht bringen bis an
den heutigen Tag'. Domitilla war schon von Aurelian mit
Euphrosyne und Theodora in sein Schlafgemach in Terracina
eingeschlossen worden; Luxurius lässt sie dort mit dem Hause
verbrennen. Der Diakon Cäsarius findet am folgenden Tage
ihre Leichen unversehrt, und begräbt sie in einem neuen Sarko-
phage in Terracina.
III.
Mag auch die Combination dieser verschiedenen Martyrien
eine künstliche sein, und mag die Fabel dieser Acta von Un-
wahrscheinlich keiten und Unmöglichkeiten strotzen, mindestens
die Namen seiner dreizehn Märtyrer (Petronilla eingerechnet) hat
unser Autor nicht erfunden. Sie sind wohl ohne Ausnahme der
40 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
Römischen bezw. mittelitalisclien Tradition entnommen, und bei
den meisten sind wir noch imstande, anderweitige deutliche
Spuren, wo nicht ihres Lebens, so doch ihrer Verehrung nach-
zuweisen. Neben den geringen für uns verwertbaren historischen
Notizen steht hier ein bedeutendes archäologisches Material zur
Verfügung, das wir kurz durchmustern.1)
Zu Ehren der Petronilla wurde nach 390 unter Siricius
(384 — 398) die bedeutende dreischiffige Basilika in der nach
Domitilla oder Nereus und Achilleus benannten Katakombe er-
baut, in welcher Gregor der Grosse seine 28. Homilie über den
Hauptmann von Kapernaum Joh. 4 hielt.2) Durch ein Erdbeben
(vielleicht das von 897) zerstört, wurde sie 1854 und 1873 aus-
gegraben — eins der denkwürdigsten Monumente, welches wir
der modernen Katakombenforschung verdanken.
Aus der Basilika führt ein Gang in ein dicht hinter der
Apsis gelegenes cubiculum aus dem vierten Jahrhundert. Auf
einem zur Hälfte zerstörten Arkosolgemälde, das noch dem Ende
des vierten oder dem Anfange des fünften Jahrhunderts angehört,
sehen wir die hier bestattete Matrone als Orans in Dalmatica
und Schleier dargestellt. Sie ist durch die Inschrift
VENERAN
DA DEP
VII-IDVS-IA
NVARI
AS
bezeichnet. Ihr zur Linken sind Reste von Blumen zu erkennen.
Zur Rechten steht die jugendliche Petronilla, die Rechte zu der
Verstorbenen erhoben, die Linke auf eine geöffnete capsa mit
Buchrollen gesenkt, über der noch ein geöffnetes Diptychon oder
codex angebracht ist. Zu beiden Seiten des unverschleierten
Hauptes steht ihr Name
1' Ich führe hier die Märtyrer in der Reihenfolge auf, in der ihre
Passionen in den Akten sich folgen.
2) So wohl mit Recht de Rossi, Bullettino 1874 p. 14; der älteren An-
sicht zufolge wurde sie in der Kirche des Nereus und Achilleus bei den
Caracallathermen gehalten; vgl. z. B. Lipsius Apokryphe Apostelgeschichten
II 1 S. 1U7.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 41
PETR 0
NEL LA
MAßT l)
Man pflegt diese Scerie, die iu den Katakomben nicht ohne Pa-
rallelen ist, als Einführung der Verstorbenen durch Petronilla
ins Paradies zu deuten.
Das wichtigste monumentale Zeugnis für Petronilla aber ist
ihr Sarkophag, der zwar nicht mehr vorhanden, aber immerhin
genügend bekannt ist. Er hatte bis zur fränkischen Zeit in der
Basilika gestanden; sein Platz dort lässt sich nicht mehr mit
Sicherheit nachweisen. Nach dem Zeugnis des über pontiticalis
hatte Stephan II (752 — 757) die Absicht, ihn nach dem Vatican
zu transportieren, und unterzog zu diesem Zwecke das alte kaiser-
liche Mausoleum im Vatikan einem Umbau.2) Sein Bruder und
Nachfolger Paul I (757 — 767) führte den Plan aus. Im Jahre
1474 wurde der Sarkophag gelegentlich einer Restauration unter
dem Altar der Petronilla wiedergefunden, aber der Neubau der
Peterskirche ward ihm zum Verderben. Anfangs des 16. Jahr-
hunderts fiel das Mausoleum, der Sarkophag stand zuerst in der
Sakristei, dann in einer Kapelle del crocifisso, aber nach 1574
scheint er untergegangen zu sein. Nur die Reliquien wurden
1606 in dem Petronillaaltar der neuen Kirche geborgen. Pietro
Sabino hat indessen in seinem handschriftlichen Nachlass die
Nachricht bewahrt, dass der Sarkophag die Inschrift
AVRELIAE PETRONILLAE FILIAE DVL
CISSIMAE ||
trug, und de Rossi hat diesen Nachlass in der Marciana wieder-
gefunden. 3)
Also Aurelia Petronilla ist der Name unsrer Heiligen,
und de Rossi macht mit Recht darauf aufrnei'ksam, dass das Cog-
nomen Petro, wovon Petronilla abzuleiten ist, in der Familie der
Flavier vorkommt.4) So ist es immerhin möglich, dass Petro-
1) Nach de Rossi, Bullettino 1875 p. 35 f begegnet es nicht selten, dass
der Titel martyr verehrten Personen aus Irrtum beigelegt wird. — Vgl.
Bull. 1875 und Tafel I. II, auch Kraus Realen cyklopädie II p. 607.
2) Vgl. de Rossi, Bullettino 1S78 p. 139 ff.
3) Vgl. Bullettino 1865 p. 46 f.
4) Bullettino 1865 p. 22. 46. Der Stammvater der Flavierfamilie, der
Grossvater Vespasians, hiess T. Flavius Petro.
42 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
nilla eine Verwandte des flavischen Kaiserhauses war, dessen
christliche Mitglieder in der an die Basilika grenzenden Region
der Katakombe bestattet sind, obwohl zu betonen ist, dass wir
gar keinen Anhaltspunkt besitzen l), wann Petronilla lebte, und
demnach ihre Verwandtschaft mit den Flaviern eine, allerdings
ansprechende, Vermutung bleibt.
Wenn aber unsre Akten, den Petrus-Paulus- Akten folgend,
Petronilla zu einer leiblichen Tochter des Petrus machen, so
liegt hier eine volkstümliche Combination der ähnlichen Namen
vor, zu der möglicher Weise die Sarkophaginschrift Anlass
gegeben hat, in der jedenfalls ein historischer Zug vergebens
gesucht wird.
Das 167' ff. erwähnte Cömeterium der Felicula 7 m.p. der
via Ardeatina ist bis jetzt nicht konstatiert worden; auch E.
Stevenson, der beste Kenner der suburbikarischen Katakomben,
hat vergebens danach gesucht 2J.
Für den , Presbyter' Nicomedes aber besitzen wir monu-
mentale Zeugnisse, durch die wir wenigstens imstande sind,
zwischen den beiden durch Griechen und Lateiner dargebotenen
Namensformen Nix6d?]tuog und Nicomedes zu entscheiden. Die
Katakombe, in der ihn sein Kleriker Justus in seinem Gärtchen
an den Mauern Roms bei der via Nomentana 16->3 ff. begrub,
und die damit verbundene Kirche, ,in der die zu Gott Betenden
durch die Intervention des Märtyrers erlangen was sie bitten*
16J4 ff., ist .auch sonst bekannt. Bonifacius V. (619 — 625) und
Hadrian I. (772 — 795) Hessen sie restaurieren3), die Itinerarien
des siebenten Jahrhunderts erwähnen sie als zur Rechten der
via Nomentana gelegen4), ein codex Vallicellanus der Akten des
Nicomedes (Auszug aus unsern Akten ) berichtet schon von ihrem
Verfall."') Das Coemeterium ist vielleicht von Bosio am 14 Dezember
1) Aber das Christentum der Petronilla steht durch das angeführte
archäologische Material fester als V. Schultze, Ztschr. f. KG 1879 S. 17.'!
angiebt.
2) Kraus, Kealencyklopädie II 117.
3) Liber pontificalis ed. Duchesne I 321 und 511. Die Weihung durch
Bonifaz V. fand am 1 Juni statt, wie die Martyrologien seit dem Hiero-
nymianum parvum und das Sacramentarium Gregorianum (Liturgia Ro-
mana vetus ed. L. A. Muratori 174S II col. 95) noch berichten.
4 de Rossi, Roma sotterranea I 178 ff.
5) Bosio, Roma sotterranea 1632 \>. 114 f.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 43
1(301 dicht vor der Porta Pia in der Villa Patrizi wiedergefunden
worden; über neuere Ausgrabungen an dieser Stelle berichtet
de Rossi, Bullettino 1S65 p. 49 — 54.
Ausserdem hat aber eine alte Kirche in Rom den Namen
des Nicomedes geführt. Die Beschlüsse des ersten Römischen
Conzils unter Symmachus von 499 unterschreiben
Sepicianus (resp. Sebastianus) presbyter tituli Nicomedis
und Genesms presbyter tituli Nicomedis x)
und in dem Evangelienambo von S. Lorenzo fuori ist unter andern
eine Grabplatte verwandt
hie p OSITVS EST ■ VICTOR ■ PRAESP ^ TITVLI
NICOME dis
XII • KAL • DECEMB ■
Sie soll noch dem fünften Jahrhundert angehören. 2) Über
Lage und Geschichte der Kirche ist sonst m. W. nichts bekannt.
Mombritius unterscheidet in der Inhaltsangabe seines Buches
zwei Heilige dieses Namens:
Nicomedes murtyr fo CLX
Nicomedes alter presbyter et martyr require in saneta Petronzla
Diese erste Passio — m. W. sonst nirgends gedruckt — ist
aber ein spätestes Machwerk, auf Grund des § 17 der lateinischen
Übersetzung unserer Akten angefertigt, wie die wörtliche Über-
einstimmung des Schlusses beweist.
Das Gedächtnis des Nereus und Achilleus hat sich eben-
falls in der Katakombe am Tor Marancia erhalten, wo die christ-
lichen Flavier und Petronilla bestattet waren. Die einzige histo-
rische Urkunde über sie ist das Elogium des Damasus, das aus
dem codex Palatinus schon seit Gruter bekannt, von de Rossi
noch in einer Anzahl anderer Handschriften gefunden wurde.3)
Die Ausgrabungen des Jahres 1873 förderten auch bedeutende
Reste des Originals ans Licht4):
1) Mansi VIII 230.
2) de Rossi, Bullettino 1865 p 50.
3) Inscriptiones II 1 p. 31. 67. 101, vgl. p. 312.
4 Die Fragmente der rechten Hälfte bei de Rossi, Bullettino 1874
p. 20 (Kraus, Roma sotterranea2 p. 84); das Fragment links bei M. Armellini,
Le cbiese di Roma 1887 p. 734. — leb habe es versäumt, mir eine Abschrift
des Originals zu nehmen.
44 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
Militiae nomen dederant saevum Q. gerebant
Officium pariter spectantes juss ATY rannt
Praeceptis pndsante metu -senw'REPAR ati
Mira fides verum subito ^os^eREFVRORE m
5 Gonversi fugiunt ducis impia castr ARELINQVVNT
PRO iciunt clypjeos f aleras tel AQ • CRVENTA
CONFEss* gaudent Christi portar ETRIVMFOS
CREDITe^er Darnasum possü quid GLORIA CFRISTI
Die Inschrift ist in den bekannten Pkilocalianischen Typen
geschrieben; doch veranlassen kleine Differenzen der Schreibart
de Rossi1) zu der Vermutung, dass das von Dainasus herrührende
Gedicht erst unter Siricius eingehauen wurde, was mit der Grün-
dungszeit der Basilika der Petronilla, in der es sich befindet,
übereinstimmt.
Damasus wusste demnach, dass Nereus und Achilleus Sol-
daten, und zwar Prätorianer waren, dass sie ihres christlichen
Glaubens wegen sich zur Desertion genötigt sahen, und demzu-
folge Märtyrer oder Confessoren wurden. Mehr ist aus diesem
Elogium nicht zu entnehmen, und auch bei diesen Ergebnissen
ist es geraten, sich des charakteristischen
Haec audita refert Damasus, probat omnia Christus
der Damasusinschrift auf Hippolytus zu erinnern. Vor allem über
den Zeitpunkt ihres Martyriums bleiben wir im Unklaren; dabei
kann auch weder eine Combination mit unseren Akten2), noch
mit Rom. 1615, wo Paulus Nereus und seine Schwester grüssen
lässt, nützen.
Von geringem historischen Werte sind die beiden Säulen-
fragmente, welche dem Ciborium der Basilika angehörten, wie
gross auch ihre Bedeutung für die christliche Plastik und Archi-
tektur sein mag. Das grössere Stück zeigt auf erhöhtem
Grunde das Martyrium des Achilleus, wie die darüberstehende
Inschrift
ACILLEVS
beweist. Der mit Tunika, Pallium (?) und Schuhen bekleidete Mär-
tyrer läuft nach links, die Arme nach dem Verfolger ausgestreckt.
1) Bullettino 1874 p. 20.
2) So de Rossi, Bullettino 1874 p. 24 f.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 45
Dieser, mit gegürteter Tunika, Mantel und Kopfbedeckung '.-
bekleidet, folgt ihrn, in hocherhobener Linken (sie) ein Schwert
schwingend. Beide überragt ein im Hintergrunde stehendes
Kreuz, dessen Spitze mit einem grossen Kranze gekrönt ist.
Auf der entsprechenden Säule war ganz symmetrisch das
Martyrium des Xereus dargestellt, wie das erhaltene Fussstück
erkennen lässt. *)
Dass Nereus und Achilleus Prätorianer waren, hat der Ver-
fertiger dieser Reliefs nicht beachtet. Aber darin stimmt die
bildliche Darstellung mit den Akten überein. dass beide Mär-
tyrer durchs Schwert sterben 1723f. Auch berichten ja die
Akten ausdrücklich, dass beide .auf dem Gute der Domitilla in
der sandigen Krypta an der via Ardeatina' begraben wurden:
wenn aber die nähere Bestimmung I730f ,in der Xähe (eyyiora)
des Gedächtnisbaues (fivrjfia . in dem Petronilla, die Tochter des
Apostels Petrus, beigesetzt ist' sich, wie wahrscheinlich, auf die
Basilika bezieht, so kanu hiermit kaum bewiesen werden, dass
das Grab des Xereus und Achilleus sich zu des Verfassers Zeiten
unter dem Altar derselben befand.
Auch die Kirche SS. Xereo ed Achilleo bei den Caracalla-
thermen ist sehr alt. Aber sie führte in ältester Zeit den Namen
Fasciolae, angeblich nach der Binde, die Petrus um sein durch
die Fesseln geschundenes Bein gebunden hatte, und bei seiner
Flucht aus dem Gefängnis an dieser Stelle verlor. 2) Als solche
begegnet sie auf der von de Rossi. Inscr. I n. 262 mitgeteilten
Grabschrift eines Lectors aus dem Jahre 377, und noch auf den
Unterschriften der Römischen Synode von 499. 3) Unter dem
1 Abbildung Bullettino 1S75 Tf. IV, das grössere Fragment auch
Fleury, La messe II p. 7, Kraus, Roma sotterrauea2 p. SO, Realencyklopädie
II o77. — Joh. Ficker. Lateran p. 49 f macht mit Recht auf die grosse Ähn-
lichkeit der Darstellung des Paulus-Martyriums auf der Sarkophagwand im
Lateran n. 106 (Photographie Parker 2903) aufmerksam. Trotzdem kann
ich mich nur schwer überzeugen, dass diese so roh gearbeiteten Ciborium-
säulen der Petronillabasilika noch dem Ende des vierten Jahrhunderts an-
gehören sollen, der Zeit, aus der viele unserer besten Sarkophage stammen.
— Demselben Ciborium gehörte wohl der Arckitravre>t mit den Buchstaben
LKVS an, was de Rossi zu Nereus et _lc/>//LEVS martyres ergänzt
(Bullettino 1879 p. 159).
2 Vgl. u. A. Lipsius. Quellen der Römischen Petrussage p. 140.
3) Mansi VIII 236 f.
]r, Achelis, Acta Nerei et Achillei.
Namen Nerei et Achillei findet man sie zuerst auf den Unter-
schriften der Römischen Synode von 595. *)
Die Bollandisten erwähnen noch andere, kürzere Akten des
Nereus und Achilleus, die sich handschriftlich im Archiv von
S. Maria Maggiore in Rom und der Vallicellana (Abschrift der
vorigen) befinden sollen. In der Kirche zu Terracina, wo Domi-
tilla, Euphrosyne und Theodora, und Cäsarius verehrt wTerden,
pflegte man diese zu verlesen. Die Bollandisten drucken sie
nicht ab, weil sie sicherlich nicht alt seien, sondern ganz auf
unsern Akten beruhten. Sie bilden demnach eine Parallele zu
den Nicomedesakten des Mombritius und dem Codex C der
griechischen Version.
Märtyrer des Namens Eutyches oder Eutychius sind sehr
viele bekannt, aber m. W. keiner, der am 16. Meilenstein der
via Nomentana als der angeblichen Örtlichkeit seines Martyriums
in einer alleinstehenden Kapelle verehrt wird.
Victor in us galt schon im fünften Jahrhundert als der
Heilige von Amiternum, wo ihn die Akten 1925ff begraben
sein lassen; und sein Andenken ist bis auf unsre Zeit dort nicht
untergegangen. Der Ort 5 m.p. von Aquila, der auf den Trüm-
mern des alten Amiternum liegt, heisst San Vittorino. Auch ein
altes Monument seiner Verehrung hat sich noch hier erhalten:
ein flach ausgehöhlter Sarkophag, der vielleicht bestimmt war,
die Reliquien des Victorinus zu bewahren. Ein sonst unbe-
kannter Bischof Quodvultdeus (wohl von Amiternum) hat ihn
auf eigene Kosten anfertigen lassen, wie die Inschrift CIL IX 4320
besagt:
IVBENTE DEO CRISTO NOSTRO
SANCTO MARTVRI VICTORINO
QVODVVLDEVS EPIS DE SVO FECIT
Marangoni -) bemerkt die Ähnlichkeit der Lettern mit denen
der Damasianischen Inschriften; nach de Rossi's Urteil (CIL)
gehört sie dem vierten oder fünften Jahrhundert an. Unsere
Akten haben also in diesem Sarkophag ein mindestens gleich-
altriges Zeugnis der Verehrung des Victorinus in Amiternum.
1) }laii>i IX 1228; vgl. Duchenne in den Melanges cl'archeologie et
(Vhistoire YII (1887) p. 225 f.
2) Acta S. Victorim 1740 p. 26.
Achelis, Acta Nerei et Acliillei. 47
Die Inschrift, welche zu Marangoni's Zeit (a. a. 0. p. 31) im
Paviment der Kirche lag CIL IX 4319:
QVIESCIT • BICTORINVS PRB
wird sich kaum auf den Heiligen beziehen, und aus den beiden
Marmorschranken des sechsten oder siebenten Jahrhunderts (nach
Marangoni), die dieser p. 24 in Kupferstich mitteilt, ist für unsern
Zweck nichts zu entnehmen. Wenn der Abbildung überhaupt
zu trauen ist, so wird hier ein Märtyrer in bischöflichem Ornate
dargestellt und sein Tod durchs Schwert bewirkt; beides wider-
spricht der alten Überlieferung über den Märtyrer Victorinus.
Auch Maro's Gedächtnis hat sich am 130. miliarius der
via Salaria in Picenum erhalten, wohin er durch unsre Akten
versetzt wird. Zwar in Septempeda selbst, wo er seine letzten
Wunder vollbringt, hat er dem späteren Bischof Severinus
weichen müssen, der auch der jetzigen Stadt den Namen gab:
San Severino delle Marche. Aber dankenswert sind die Nach-
weise Marangoni's (a.a.O. p. 46ff». der vielleicht nicht zuviel be-
hauptet, dass Maro in ganz Picenum als „Apostel" der Provinz
gilt und verehrt wird. Er gilt als Patron von Urbisaglia, in
Tolentino bewahrt man sein Bild, in Collina ist ihm ein Altar
errichtet, wo seine Reliquien verehrt werden, ebenso in Monte
Leone; an allen diesen Orten begeht man den 15 April
als das Fest des Maro. In der 1153 geweihten Cappuziner-
kirche San Michele in Rieti zeigt man seine Reliquien und den
grossen Stein. Marangoni bemüht sich vor Allem, die Berechtigung
der Ansprüche von Civita nova auf den Heiligen nachzuweisen,
und zu zeigen, dass jene alte Kirche, die sich etwa 2 m.p. vor
der Stadt, nahe dem Meere am Flusse Chienti befindet, die von
dem Aktenschreiber erwähnte sei; sie enthalte auch die echten
Reliquien. Und es ist gewiss beachtenswert, dass im Mittelalter
der Hafen von Civita nova den Namen Castrum Moronis führte.
Aber Marangoni thut den Akten Gewalt an; sie reden von einer
Kirche zwei Meilen von Septempeda, das überdies der ange-
gebenen Entfernung 130 m.p. von Rom näher kommt als Civita
nova.
Irgend eine historische Überlieferung, die unabhängig von
dem in unsern Akten Gesagten wäre, hat sich nirgends erhalten.
Überall in Picenum aber wird auf den Besitz des Heiligen und
48 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
seiner Reliquien reflektiert; hier und da auch der gewaltige Stein-
block, ,den 70 Männer mit Mühe hoben', vorgezeigt.
Das Coerneteriuni des Sulpicius und Servilianus, in wel-
chem diese ,auf ihren eigenen Landgütern am zweiten milliarius
der via Latina' beigesetzt wurden 234 ff, ist auch sonst bekannt.
Nach dem über pontificalis !) hing es wohl mit einer Reihe an-
derer Grabstätten zusammen, der des Gordian und Epimachus,
des Quartus und Quintus, der Sophia und des Tertullinus. Auch
die Nachricht, dass die Stätte viel besucht wurde, ,wo die
Wunderkraft ihres Martyriums Frucht trägt bis zum heutigen
Tage' 23Gf, wird hierdurch bestätigt; das Papstbuch redet aus-
drücklich von einer , Basilika' an diesem Orte. Ob das Coeme-
terium wiedergefunden wurde, muss zweifelhaft bleiben. Schon-
Bosio (p. 299) grub in der Gegend und glaubte es identifizieren
zu können; noch siegesgewisser trat Boldetti auf. 2)
Wichtiger als dies ist für uns die Inschrift, die Bosio
(p. 299) in einem Garten bei der Kirche S. Angelo in Borgo
vecchio sah:
SIMPLICIVS c/ MARTYR
SERVILIANVS ^ MARTYR
Die Inschrift ist seitdem m. W. verschollen. Über ihre Her-
kunft ist nie etwas bekannt geworden; nur das ist mit Sicher-
heit zu sagen, dass, falls sie aus der Katakombe stammen sollte,
sie wegen des zweimaligen MARTYR nicht wohl die ursprüng-
liche Grabinschrift der Beiden gewesen sein kann.
Wieder taucht hier die Frage nach dem Namen der Per-
sonen auf. Die Akten nennen den ersten stets 2ovAjtixioc (Sul-
pitius), im liber pontificalis und auf dieser apokryphen Inschrift
steht Simplicius. Da die Namen der Akten auch sonst verderbt
sind (s. oben S. 26 Anm. 1), könnte man versucht sein, auch hier
zu korrigieren. Zu einer sicheren Entscheidung aber scheint mir
das archäologische Material nicht auszureichen, da Grieche und
Lateiner ihm gemeinsam gegenüberstehen.
1) Simili modo et basilicam saneti Gordiani atqtte Epimaehi, scu
cymiteriu/m ejusdem ecelesiae, Simplicii et Serviliani, atque Quarti et
Quinti martyribus, et beatae Sophiae, una cum cimiterio saneti Tertullini
foris porta Latina noviter renovavit. Hadrian I. Duchesne p. 509.
2) Osservazioni sopra i ciniiteri 1720 p. 561 f.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 49
Bei weitem am besten sind wir über Dom itilla1) unterrichtet.
Aus Eusebius' Kirchengeschichte III 184. 5 wissen wir, dass im
15. Jahre Domitians Flavia Domitilla, die Schwestertochter des
Consuls Flavius Clemens, ihres christlichen Glaubens wegen nach
der Insel Pontia verbannt wurde. Selbst heidnische Schriftsteller
könnten nicht umhin, das zu berichten. In seinem Chronicon
(Schöne II 160) erzählt Eusebius (wohl nur) dasselbe, doch macht
er hier einen seiner Gewährsmänner namhaft: Brettius (oder
Bruttills), von dessen Schrift wir aber sonst nichts besitzen.
Eine mehrfach widersprechende Nachricht giebt Cassius Dio
LXVII 14 (und Sueton. Domitian. 15). Im Jahre 95 habe Domi-
tian seinen Verwandten, den Consul Flavius Clemens unter die
Anklage der d&sÖT/jg gestellt und hinrichten lassen; derselbe
habe nänilich wie manche Andere damals Hinneigung zu jüdischen
Sitten gezeigt; seine Gemahlin, Flavia Domitilla, sei nach
Pandateria verbannt worden.
Wir haben also zwei Zweige der Überlieferung über Flavia
Domitilla zu unterscheiden, einen christlichen, den Eusebius re-
präsentiert, und einen heidnischen, den Cassius Dio bietet. Man
hat in neuerer Zeit meist angenommen, dass in Bezug auf Domi-
tilla auf einer Seite ein Fehler vorliegt: Domitilla sei entweder
die Gattin, oder die Nichte des Consuls Flavius Clemens gewesen,
sie sei entweder nach Pontia oder nach Pandateria, der Nachbar-
insel, verbannt worden. Man hat darauf hingewiesen, dass
Cassius Dio leicht an Stelle der grösseren Insel Pontia (jetzt
Ponza) die kleinere Pandateria (jetzt Ventotene) setzen konnte,
da beide öfter Anverwandten des Kaiserhauses zum Exil werden
mussten2/, andrerseits sei es möglicherweise schon tendenziös,
wenn Eusebius aus der Gattin und Mutter zweier Söhne eine
Jungfrau mache.3; Man spricht danach geradezu von einer histo-
rischen und einer legendarischen Flavia Domitilla. Aber die
,historische' Domitilla wird auch erst auf eklektischem Wege
gefunden; sie ist nach Dio die Gattin des Consuls und Mutter
1) Die Schrift von Lais, Sul valore storico degli atti di Domitilla,
kenne ich nicht.
2) Lightfoot, The apostolic fathers I S. Clement of Rome Bd. 1 1890
p. 50.
3) Hasenclever, Christliche Proselyten der höheren Stände im ersten
Jahrhundert in Jb. f. prot. Theol. Bd. 8 1882 S. 234 ff.
Texte u. Untersuchungen XI, 2. 4
50 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
seiner einst für den Thron bestimmten Söhne gewesen, andrer-
seits nach Euseb nach Pontia verbannt worden, was wegen
Hieronyrnus Vita S. Paulae (ep. 108) l) nicht gut zu umgehen ist.
Man hat ein weites Feld zu Vermutungen, wo es sich um
zwei sich widersprechende, aber keineswegs sichere Zeugen handelt.
Denn den (nach Eusebs Annahme) heidnischen Schriftsteller
Brettius kennen wir eben nur aus dessen Referat, und Dio an
diesem Teile nur aus dem Auszuge des Johannes Xiphilinos aus
dem elften Jahrhundert. Natürlich ist es möglich, dass lediglich
ein Irrthum, vielleicht auch Tendenz, auf der einen Seite die
Divergenz der Überlieferung verursacht hat. Aber ist es wahr-
scheinlich zu machen? Warum soll man einen doppelten Fehler
annehmen bei einer Überlieferung, die sich keinesAvegs aus-
schliesst? Cassius Dio (a, a. 0.) sagt ausdrücklich, dass ausser
dem Consul Clemens und seiner Gemahlin noch viele Andere
wegen Hinneigung zu jüdischen Sitten verurteilt wurden, teils
getötet, teils ihres Vermögens beraubt wurden.2) Euseb und
andrerseits Dio und Sueton berichten über dieselben Ereignisse
der Regierung Domitians aus verschiedenen Gesichtspunkten:
die Geschichtsschreiber der Kaiserzeit von dem Schicksal des
Consuls und seiner Gattin, der Kirchenhistoriker von einer un-
berühniten Nichte desselben, die aber Christin war, da er von dem
Christentum des Consuls und seiner Gemahlin wohl nichts Sicheres
wusste. Warum soll Flavius Clemens nicht eine Nichte Domi-
tilla gehabt haben, die nach Pontia verbannt wurde, während
seine Gattin nach Pandateria ging? Diese Auffassung, dass es
sich um zwei Persönlichkeiten, die Fla via Domitilla hiessen,
handelte, ist die traditionell Römische.3) Gefehlt hat man auch
auf dieser Seite durch die Bestimmtheit der Behauptung. Nach
dem Bestände des Materials kann man nur sagen, dass aus dem
Jahre 95 das Christentum und Martyrium einer Verwandten des
Kaisers, Flavia Domitilla, feststeht, dass die Combination der
Quellen es nahe legt, zwischen zwei Märtyrinnen desselben
1) Migne PL 22 c. 882.
2) Vgl. auch Tacitus, Agricola 45 Non vidit Agricola . ..tot nobilissi-
marum feminarwm exilia et fitgas.
3) Vgl. z. B. de Rossi , Bullettino 1875 p. 69—77 und Tillemont II 1
(1695) p. 224— 235, dessen Darstellung, obwohl sie in vielen Einzelheiten
korrigiert ist, ich noch immer für die beste halte.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 51
Namens, der Gattin und der Nichte des Consuls Flavius Clemens,
zu unterscheiden, dass wenigstens die Gründe, um beide zu iden-
tifizieren, nicht ausreichen, xluf diese Domitilla oder eine dieser
Domitillen geht nun wahrscheinlich in irgend einer Weise die
Gründung der mehrfach erwähnten Domitillakatakoinbe zurück,
worauf vor allem die in der Nähe gefundene Inschrift CIL VI
K1246 (vgl. auch 948 und 8942) hinweist. Bei den Ausgrabungen
Bosio's und de Rossi's hat sich indes kein Zeugnis von ihrem
Begräbnis an dieser Stätte gefunden. Auch nicht ein Zeichen
ihrer Verehrung ist aus dem christlichen Altertum vorhanden;
die grosse Basilika in der Katakombe baute man zu Ehren der
Petronilla bezw. auch des Nereus und Achilleus; viele Jahr-
hunderte hindurch scheint die Römische Gemeinde das Gedächtnis
an diese Märtyrin (oder gar Märtyrinnen) aus dem Flavierhause
vergessen zu haben.
IV.
Eine besondere Berücksichtigung verdienen die Marty-
rologien. Mehr als irgend eine andere Urkunde sind sie im-
stande, uns über die Verehrung der Märtyrer zu unterrichten,
und für Rom und Mittelitalien fliessen hier die Quellen besonders
reichlich. Die älteste derselben ist die Deposüio martyrwm des
.Chronographen vom Jahre 354' *), ein Verzeichnis der in Rom
um diese Zeit gefeierten Märtyrerfeste, das daher von Mommsen
Feriale ecrlesiae Romanae überschrieben wird. Dies Verzeichnis
umfasst nicht nur Römer, auch die berühmteren Suburbicaner
(aus Ostia, Porto, Albano) werden genannt, selbst zwei afri-
kanische Tage (Perpetua -Felicitas, Cyprian) begangen. Da ist
es in hohem Grade beachtenswert, dass von den dreizehn Mär-
tyrern (mit Petronilla) unsrer Akten auch nicht ein einziger ge-
nannt wird. Eine allgemeinere kirchliche Feier wurde also um
die Mitte des vierten Jahrhunderts Keinem von ihnen in Rom
zu teil.
Hundert Jahre weiter führt das Martyrologium Hie ro-
ll ymianum; doch ist die Benutzung desselben zur Zeit nur bei
1) Neueste Ausgabe in den Monumenta Germaniae historica, Auelores
a/ntiquissimi toin. IX Berlin 1892 p. 71 von Mommsen.
4*
52 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
grösster Vorsicht gestattet. Denn wir entbehren hier noch den
Rückhalt, den eine gute Ausgabe dem Forscher giebt, und bei
der Fülle von Schwierigkeiten, welche der Text der Handschriften
dem Nichteinge weihten bietet, ist eine Kritik und Sichtung im
einzelnen Falle kaum möglich, solange sie nicht von berufener
Seite im Ganzen unternommen ist. Seit längerer Zeit ist Aus-
gabe und Quellenuntersuchung von Duchesne und de Rossi an-
gekündigt; zur Zeit ist nichts Anderes möglich, als den Text,
wie ihn Fiorentini1) bietet, mit dem der als besten bezeichneten
Handschrift, des Bernensis 289 saec. VIII oder IX2), zusammen-
zustellen.
Das um die Mitte des fünften Jahrhunderts, vielleicht unter
Xystus III (432 — 440) verfasste pseudonyme Martyrologium ist
aus drei Kalendern zusammengearbeitet, einem Römischen, einem
Karthagischen und einem syrischen. Da wir den Karthager in
einer Gestalt des fünften bis sechsten Jahrhunderts seit Mabillon
und den Syrer seit Wright in einer Handschrift aus dem Jahre
412 besitzen^, so ist auch eine Rekonstruktion des dort ver-
arbeiteten Römischen Kalenders möglich, eine der Arbeiten, die
de Rossi noch einlösen wird. Bis jetzt steht nur fest, dass dieser
Römische Kalender bis auf Bonifatius I (f 422) regelmässig fort-
geführt war.4) Schwierig ist die Untersuchung vor allem des-
wegen, weil auch der Compilator in Italien schrieb, und durch
manche Nachträge über Römische und mittelitalische Märtyrer-
feste den Römischen Festkalender ergänzt hat. Diese beiden
Hände, die des Römischen Kalenderschreibers unter Bonifaz I
und des Compilators unter Xystus III , sind für uns nicht zu
scheiden, solange nicht de Rossi gesprochen hat. Bei dem ge-
ringen Zeitabstand zwischen beiden macht dieser Umstand für
unsre Untersuchung wenig aus; wir dürfen ohnehin fast an keinem
Punkte mit präcisen Daten arbeiten. Hinderlicher ist es, dass
1) Vetustius occidentalis ecclesiae Martyrologium D. Hieronymo . . .
tributum ed. Fr. M. Florentinius Lucae 1668.
2) AA SS October XIII.
3) Der Karthagische Kalender u. A. bei E. Egli, Altchristliche Studien I
1887 S. 108 fi'; der syrische ebendort S. 5 ff.
4) Duchesne, Les sources du martyrologe Hieronymien. Melanges
d'archeologie et d'histoire Bd. V 1885 p. 120—160. — Harnack, Th. Ltrztg.
1888 S. 350—352. — K. J. Neumann, Der Römische Staat und die allgemeine
Kirche 1 1890 S. 274 ff.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 53
nach nach der Compilation unter Xystus III (in der Mitte des
fünften Jahrhunderts) der Kalender fort und fort ergänzt wurde.
Hier können wir nur soweit gehen, wie die Confrontierung der
beiden genannten Texte führt.
Von den Persönlichkeiten unsrer Akten werden hier sieben
(bezw. acht) erwähnt: Maro, Caesarius, Nereus-Achilleus, Petronilla,
Felicula, Victorinus (und Niconiedes).
15 April (XVII kal. Maj.) Fiorentini p. 438 Piccino in Aureo
Monte, Moronis. Messoris. Mositis. Procline. Bernensis p. XI
Picino in Aureo Monte. Moronis. Messoris. Proclinae. Mosaetis.
Übereinstimmend mit unsern Akten wird die Verehrung des
Maro nach Picenum verlegt; anstatt des, auch in den Akten nicht
völlig feststehenden, Septempeda wird als Lokal der, nicht sicher
nachweisbare, Aureus Mons1) genannt. Vor allem aber: Maro
befindet sich hier in ganz andrer Gesellschaft als in den Akten.
Ich will nicht entscheiden, ob die auf Moronis folgenden Worte
Messoris Proclinae Mosaetis sich auf Genossen des Maro, eben-
falls in Aureus Mons verehrt, beziehen, ob Maro also dort allein,
oder mit drei Andern gefeiert wurde. Von Wichtigkeit ist schon
das negative Resultat, dass Maro mit dem Eutyches der via No-
mentana und dem Victorinus von Amiternum hier nichts zu
schaffen hat, geschweige denn mit Domitilla und ihrem Exil
auf der Insel Pontia. Ob er, wie Marangoni wollte, dort als
einer der Apostel der Landschaft galt, sodass vielleicht in den
195ff 20j ff erwähnten Wundern, welche die Bekehrung des
Volkes zur Folge hatten, noch eine richtige Erinnerung steckte,
ist nicht zu entscheiden. Abzuweisen ist es deshalb nicht; die
zweimalige Erwähnung dieser Folge der Wunder, die bei Eutyches
und Victorinus nicht eintritt, könnte dafür sprechen.
21 April (XI kal. Maj.) Fiorentini p. 450 Et in Terracina
Campaniae, Natalis S. Cesarii. Bernensis p. XI Et in Terra-
cina Campanie sancti Cesarii.
Also auch der .Diakon' Caesarius, dem der Aktenschreiber
nur die nebensächliche Rolle, Domitilla und Genossinnen zu be-
erdigen, zuschreibt, lässt sich als in Terracina verehrt nachweisen;
von seinem Diakonat 23l3 weiss freilich der Kalender nichts.
1) Ein Ort Moutoro liegt in der Nähe von Osimo (Auxiinuni) in Pice-
num, ein andrer Montorio bei Teramo.
54 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
12 Mai (IV id. Maj.) Fiorentini p. 525 Romae Natalis Sancto-
rum Nerei. Achillei. Bernensis p. XIII Home in cimiterio Pretex-
tati natale Nerei et Achillei fratrum.
Brüder nennen sich Nereus und Achilleus auch in den
Akten 512; die Damasusinschrift sagt nichts darüber; die Be-
merkung des Bernensis macht es wahrscheinlich, dass wirklich
eine Tradition, die sie für Brüder hielt, bestand.
Ob es eiu Zufall ist, dass an Stelle des coemeterium Domi-
tillae das c. Praetextati gesetzt ist, vermag ich nicht zu sagen.
31 Mai (prid. kal. Jun.) Bernensis p. XV am Schluss der
ganzen Reihe Romae Petronillae virginis. Wenn Fiorentini
p. 561 die Tagesreihe beginnt mit In Aquileja Natalis S. Pe-
tronillae. Natalis Sanctorum Canti. Cantiani etcv so ist aus dem
Vergleich des Bernensis deutlich, dass die Petronillanotiz an
falscher Stelle zwischen Aquileja und seinen Heiligen Cantus,
Cantianus und Genossen eingedrungen ist. Dies augenfällige Ver-
sehen zusammen mit dem Umstand, dass die Notiz im Bernensis
am Schluss des 31 Mai steht, macht die Vermutung de Rossi's1),
dass Petronilla überhaupt erst später dem Kalender eingefügt
sei, wahrscheinlich.
Die volkstümliche Legende, welche Petronilla zur Tochter
des Petrus macht, findet sich hier noch nicht.
13 Juni (id. Jun.) Fiorentini p. 593 Romae Feliculi. Ber-
nensis p. XVI Romae via Ardiadina miliario VII Feliculi.
Da das Martyrologium und die Akten gegenseitig unabhängig
sind, konnten wir hier eine zweifelhafte Lesart des Textes her-
stellen; nicht IvötTcärco, sondern septimo y.ülm der Ardeatina
ist Felicula bestattet 167; wieder hat der Lateiner Recht. Aus
der genauen Übereinstimmung in Angabe der Strasse und sogar
des miliarius geht hervor, dass Kalender und Akten dieselbe
Persönlichkeit im Auge haben, was in Zweifel gezogen werden
könnte, weil diese von einer Jungfrau Felicula, jener anscheinend
von einem Feliculus redet. Ob hier lediglich ein alter Fehler
in der handschriftlichen Überlieferung des Martyrologiums vor-
liegt, kann ich nicht entscheiden.
24 Juli (IX kal. Aug.) Fiorentini p. 678 In Amiternina
Gvmtate miliar io LXXXIII. ab urbe Romana via Salutaria Na-
1) Bullettino 1875 p. 35.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 55
talis Sancti Victorini. Bernensis p. XIX In Amiternina civitate
milites octoginta tres. Ab urbe Romana Via Salaria natale
Victor iai.
Jede der beiden Versionen enthält einen Fehler, der sich
mit Hülfe der andern leicht korrigiert. Der Bernensis deutete
das als ursprünglich anzunehmende mil. LXXXIII falsch als
83 milites, die Handschriften des Fiorentini entstellten den
Namen der Via Salaria. Auch die erste Correctur ist sicher,
das zeigt schon die Construktion des Satzes, und die angegebene
Entfernung von Rom ist richtig; der miliarius LXXXIII ist kurz
hinter Amiternum gefunden worden.1)
Wie schon bei Maro liegt auch hier bei Victorinus eine ur-
sprüngliche Tradition vor, die ihn nur als Märtyrer von Ami-
ternum kennt, von seinem Zusammenhange mit Eutyches, Maro
und Domitilla, seinem Aufenthalt in Pontia nichts weiss.
15 September (XVII kal. Oct.) Fiorentini p. 832 Natalis
Sancti Nicomedi martyris. Die Notiz fehlt im Bernensis, unter
den Handschriften des Fiorentini auch in der Antwerpener und
Corveyer. Da der Charakter und die Geschichte des Martyro-
logiums die spätere Einfügung eines Namens wahrscheinlicher
machen als eine Auslassung, dürfte auch Nicomedes nicht zu
dem ursprünglichen Bestände des Hieronymianum gehört haben.
Dass er Presbyter gewesen, wie die Akten sagen, weiss auch
dieser Zusatz noch nicht.
Die Anzahl der im Martyrologium Hieronymianum von An-
fang an aufgeführten Märtyrer unsrer Akten reduziert sich — nach
unsrer Zusammenstellung, die von vornherein auf ein abschliessen-
des Urteil verzichten muss — auf fünf (bezw. sechs): Maro in
Aureus Mons im Picenischen, Caesarius in Terracina, Nereus-
Achilleus und Felicula (bezw. Feliculus) in Rom, Victorinus in
Amiternum. Zwei Namen, Petronilla und Nicomedes, sind —
wie es scheint — im Laufe der handschriftlichen Überlieferung
in den Kalender eingedrungen; Sulpicius (Simplicius) und Ser-
1) Der alte Fehler ist nicht ohne Folgen geblieben. Schon bald haben
die so entstandenen 83 Soldaten den Victorinus vom 24 Juli verdrängt.
Ado (ed. Rosweyde 1645 p. 281) schreibt nur Et apud Amiteminam eiri-
tatem Militant octoginta triam, und ebenso das Martyrologium Romanum
(ed. Baronius 1589 p. 323) Amiterni in Vestinis passio sanctorum militv/m
octoginta triam.
56 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
vilianus, Domitilla mit Euphrosyne und Theodora und endlich
Eutyclies sind noch, nicht bekannt. Schon deswegen ist das Re-
sultat von Wichtigkeit, weil es uns zeigt, dass unser Autor nicht
auf Grund des Hieronyniianum arbeitete. Ob es ihm bekannt
war oder nicht, wird sich nicht feststellen lassen; immerhin ist
zu sagen, dass er kein Interesse für die verschiedenen Tage, an
denen diese Märtyrer gefeiert wurden, zeigt; auch nicht ein ein-
ziges Datum wird im griechischen Texte der Akten genannt.
Und vor allem ist festzustellen, dass der Verfasser seine Kenntnis
der Katakomben der Domitilla, der Feücula, des Sulpicius (Sim-
plicius) und Servilianus, und des Nicomedes nicht aus dem Mar-
tyrologium schöpfen konnte, und dass er bei Eutyches, Victo-
rinus und Maro einer volkstümlichen Tradition folgt, die er eben-
falls im Martyrologium nicht fand.
Auch für die Bestimmung der Abfassungszeit unsrer Akten
trägt die Untersuchung des Hieronymianum aus. Wenn Keines
der hier aufgeführten Märtyrer um die Mitte des vierten Jahr-
hunderts im Feriale der Römischen Kirche gedacht wurde, ein
Jahrhundert später im Hieronymianum sich erst die Verehrung
eines Teils derselben durchgesetzt hat, zwei weitere in der
nächsten Folgezeit ihren Weg in den Kalender fanden, so wird
es geraten sein, die Abfassung dieser Akten nicht vor der
zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts festzusetzen.
Das Parvum Hieronymianum1), der um das Jahr 700
hergestellte Auszug aus dem Hieronymianum, hat für unsre Unter-
suchung wenig Interesse. Die einschlägigen Notizen sind:
15 April Maronis. Messoris p. 1050
7 Mai S. Domüülae p. 1051
12 Mai Nerei Achillei p. 1051
31 Mai Petronittae virginis p. 1051
15 September S. Nicomedis Martyris p. 1052.
Das Fehlen einiger Nummern hat nichts zu bedeuten, da
das Martyrologium ein Auszug ist; die Erwähnung der Petro-
nilla und des Nicomedes zeigt, dass die Einfügung dieser Namen
im Hieronymianum eine alte ist; und der Name der Domitilla,
der hier zuerst in einem Feriale der Römischen Kirche begegnet,
1) ed. Fiorentini a. a. O. p. 1049 ff.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 57
beweist, dass in der Zeit nach Abfassung unsrer Akten Rom
sich seiner alten Märtyrin zu erinnern begann.
Das Martyrologiuni Bedae1) nennt nur
12 Mai Romae SS. Nerei et Achillei
31 Mai Romae Petronillae Virginis
13 Juni Romae S. Feliculae
15 September Xatale S. Nicomedis Martyris.
Ado und das Martyrologium Romanuin können für
unsere Untersuchung keine Resultate ergeben. Zum 15 April
(Marc-, Eutyches und Victor inus), 20 April (Sulpicius und
Servilianus), 7 Mai (Domitilla), 12 Mai (Kereus und Achilleus),
31 Mai (Petronilla) , 13 Juni (Felicula), 5 September (Romae
in Suburbano . . . nWo/vWepiscopi)2), 15 September (Nicomedes)
geben sie lediglich einen Auszug aus den betreffenden Passus
unsrer Akten, und zwar aus der lateinischen Übersetzung.3)
V.
Als Quellen kannte und benutzte der Verfasser eine umfang-
reiche apokryphe Litteratur; das ganze Personal des ersten Teiles
der Akten ist aus apokryphen Petrus-Paulus-Akten entnommen.
Das ist noch festzustellen; einen bestimmten Text, der dem Ver-
fasser als Quelle vorlag, vermögen wir nicht mehr nachzuweisen.
Marcellus, hier der Sohn des Stadtpräfekten Marcus, ist auch in
den Actus Vercellenses ursprünglich Schüler des Simon Magus,
1) AA SS Martius U p. V ff.
2) Eigentümlich ist die Ortsangabe und die Confundierung des Anii-
terners mit einem gleichnamigen Septempedaner des sechsten Jahrhunderts,
■welche die "Verlegung seines Festes vom 24 Juli auf den 5 September zur
Folge hatte; durch Baronius (Martyrologium) undMarangoni p. 3 ff scheinen
die Ursachen dieser Geschichte von Verwechslungen nicht völlig aufgedeckt
zu sein; aber unsre Untersuchung "wird dadurch nicht berührt.
3) Aus Cassiodor, De Institut tone divinarum literarum 32 (Migne
PL 70 c. 1147) hat man geschlossen, dass es im sechsten Jahrhundert eine
Ausgabe des Martyrologium Hieronymianum mit kurzen Passionen gegeben
hat (vgl. Duchesne a. a. 0.). Wir besitzen eine solche Redaktion des Hiero-
nymianum nicht mehr. Harnack warf (a. a. 0.) die Frage auf, ob Ado
vielleicht Reste dieser Ausgabe erhalten habe. Ohne die Berechtigung
dieser Frage im allgemeinen bestreiten zu ■wollen, muss doch festgehalten
■werden, dass in unserm Falle Ado nur einen Auszug aus dem lateinischen
Texte der Nereus-Achilleus-Akten bietet.
58 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
gellt auch dort zu Petrus über, nachdem jener entlarvt ist.1)
Plautilla, die Veronika des Paulus2), wird hier die Mutter der
Domitilla und Schwester des Consul Clemens. Dass Petronilla,
die paralytische Tochter des Petrus, in apokryphen Akten der
Manichäer eine Rolle spielte, wissen wir von Augustin3); eine
Erzählung darüber ist uns nur in unsern Akten erhalten; doch
ist auch diese schwerlich von unserrn Verfasser frei erfunden,
da sie an die Acta Phüippi anklingt.4) Die derselben vorher-
gehenden Bestandteile des Marcellusbriefes , also der ganze apo-
kryphe Stoff der Akten, lässt sich in ähnlicher Form wenigstens
aufweisen; die Geschichte von der Auferweckung des Jünglings
findet sich in ähnlicher Gestalt bei Pseudo- Hegesippus und in
den Actus VerceUenses, die von dem redenden Hunde hat eben-
falls grosse Ähnlichkeit mit der in den Actus VerceUenses be-
richteten. Auch dass gerade Marcellus dies apokryphe Material
hier beibringt, muss auffallen, da ,der Name des Marcellus häufig
dem lateinischen Texte der passio Petri et Paulo Cum veni'sset
Paulus Romam, convenerunt ad eum omnes Judaei, zuweilen auch
dem als besondere Schrift abgeschriebenen Hegesippustexte voran-
gestellt ist'.5)
Welche Gestalt diese Quellen hatten, ob sie griechisch oder
lateinisch waren, lässt sich kaum ermitteln, da es den Anschein
hat, als ob der Verfasser seine Quellen nicht nur ausgeschrieben,
sondern vielmehr weitergebildet und combiniert hat.6) Furius und
Priscus sind als Schüler Simons sonst nicht bekannt, und der
Zug, dass diese beiden auf der Insel Pontia ihre Petrus feind-
liche Thätigkeit entfalten, stand wohl kaum in einer Quelle
unsers Autors; das erfand er selbst, um so seine Helden mit der
Petrus -Paulus -Literatur in Verbindung setzen zu können, was
dann durch die briefliche Anfrage des Nereus und Achilleus bei
Marcellus geschieht.
Die sich für die weiteren Schicksale des Petrus und Paulus
1) Lipsius, Apokryphe Apostelgeschichten II 1 S. 178 ff.
2) Lipsius a. a. 0. S. 170 ff.
3) Contra Adimantum Manichaei discipulum 17 Migne PL 42 col. 161.
Lipsius a. a. 0. S. 203.
4) Tischendorf, Appendix zu Apoc. apocr. S. 149, Lipsius a. a. 0. S. 204.
5) Lipsius a. a. 0. S. 106 f.
6) Lipsius a. a. 0. S. 206.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 59
interessierenden Leser verweist er ausdrücklich auf griechische
Linusakten an die Kirchen des Ostens. Derselbe Titel ist
noch in den lateinischen Linustexten der passio Petri sowohl wie
der passio Pauli erhalten. l) Aus der sehr allgemeinen Anführung
lässt sich über die Gestalt der dem Autor vorliegenden Linus-
akten nichts entnehmen; es kann recht wohl unser Linustext
sein.2)
Aber mit der Petronillageschichte hören diese Quellen auf.
Von hier an arbeitet der Verfasser weiter mit einer Reihe von
Notizen, die er vor allem aus seiner vorzüglichen Lokalkenntnis
schöpfte. Wie hier, bei dem Feliculamartyrium zuerst, zu Tage
tritt, besass er eine Kenntnis von der Stadt und von Mittelitalien,
wie sie sich nicht etwa bei kurzem Besuche erwerben lässt.
Er kennt eine uns unbekannte Katakombe der Felicula mit
Memoria, ihre Lage an der via Ardeatina, und die Entfernung
von der Stadt. Er kennt das Coemeterium des Niconiedes, weiss
seine Lage zu beschreiben; ihm ist bekannt, dass man dort den
Heiligen verehrte. Er kennt das Coemeterium des Sulpicius (Sim-
plicius) und Servilianus 2 m.p. via Latina, und scheint von der
dort eingebauten Basilika zu wissen. Er weiss endlich, dass die
Katakombe, in der Nereus und Achilleus begraben sind und wo
sich die Basilika der Petronilla befindet, auf dem Landgute der
Domitilla errichtet ist, 1J2 m.p. von der Stadt an der via Ar-
deatina. Wenn er ferner Felicula im atrium Vestae eingesperrt
sein lässt und ihr Leichnam von hier aus in die Cloake geworfen
wird, so scheint dem Verfasser doch bekannt zu sein, dass die
cloaca maxima in nächster Nähe des atrium Vestae das forum
Romanum schneidet.
Er weiss ferner, dass am 16. miliarius der via Nomentana:i)
1) Lipsius a. a. 0. S. 87. 89. 106.
2) Denn nach dem griechischen Originaltext der Akten 144 ff ist es nicht
nötig anzunehmen, dass der Verfasser in seinen Linusakten eine ihn völlig
befriedigende Erzählung von der Ankunft des Paulus in Rom, seinem Zu-
sammentreffen mit Petrus, und ihren sieben Monate später stattfindenden
Kämpfen mit Simon gefunden hätte. Vgl. Lipsius II 1 S. 106 f.
3) XIV m.p. der via Nomentana liegt Nomentum, XVIII m.p. bei der
Einmündung in die via Salaria Eretum, zwischen beiden die aquae Labanae
(bagni di grotta Marozza). — Meinem Freunde Otto Cuntz, der sich seit
längerer Zeit mit handschriftlichen Studien über die Itinerarien beschäftigt,
verdanke ich die genauen Angaben hier und im folgenden.
60 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
eine einsame Kapelle steht, in der man den heiligen Eutyches
verehrt, der dort mitten auf der Strasse seines Glaubens wegen
zu Tode geschlagen war. Ihm ist die (doch sicherlich volks-
tümliche) Legende von dem in Amiternum verehrten Märtyrer
Victorinus bekannt, der einst dadurch zu Tode gebracht wurde,
dass man ihn kopfüber drei Stunden lang in dem Schwefelqualm
der benachbarten Aquae Cutiliae aufhängte; nach weiteren drei-
tägigen Qualen blieb sein Leichnam auf Befehl des Tyrannen auf
offener Strasse liegen, bis ihn die Amiterner sich heimlich an-
eigneten. L^nd die Entfernung, welche er für die Aquae Cutiliae
angiebt: 60 m.p. von der Stadt auf der via Salaria, ist ziemlich
genau; nach dem itvnerßriwm Antonini sind die aquae 41 m.p.
vom hundertsten Meilenstein entfernt, und bei Interocrium (An-
trodoco), das nach dem itinerarium Antonini 6 m.p. (7 m.p. tabula
Peutinger.) hinter Cutiliae liegt, ist der miliar. LXVII gefunden.
Endlich hat er 2 m.p. von Septempeda in Picenum auf einem
mächtigen Felsblock, den seiner Schätzung nach 70 Männer nicht
heben können, eine kleine Kirche stehen sehen, die durch Heilungs-
wunder sich eines Rufes in der Umgegend erfreut. Er erzählt
auch die Sage, die sich an diese Kapelle und den Felsen knüpft.
Den heiligen Maro, den Patron von Picenum, hatte die Obrig-
keit dadurch martern wollen, dass man ihn unter diesen Block
legte. Er aber habe ihn wie leichte Spreu zwei Meilen vor die
Stadt getragen, an den Ort, wo er zu beten pflegte. Dort wurde
er dann getötet, und seine Anhänger höhlten in dem Felsen sein
Grab, und bauten eine Kirche darauf. Allerdings ist die Ent-
fernung Septempedas von Rom, 130 m.p. via Salaria, nicht genau
angegeben. Den nächsten Weg von Rom aus bietet nicht die via
Salaria, sondern die Flaminia, und für diese ist der miliarius CXLI1
erhalten; die Entfernung mag etwa 140 m.p. betragen. Auf der
via Salaria ist der Weg noch weiter, ca. 160 m.p.; bis Asculum
ist die genaue Entfernung, 119 m.p., bekannt, von dort bis
Septempeda sind etwa 40 m.p. zu berechnen. So bleibt es be-
achtenswert, dass der Käme der Stadt nur in der lateinischen
L bersetzung der Akten erhalten ist, und auch im Hieronymianum:
Aureus Mons, nicht Septempeda als Heimat des Maro genannt ist.
Auch bei Domitilla ist die Bekanntschaft mit einer lokalen
L berlieferung wenigstens zu mutmassen. Die historischen Do-
mitillen, bezw. die historische Domitilla, verschwinden für uns
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 61
in Pontia und Pandateria. Ob sie dort gestorben sind, oder nach
dem Tode Domitians nach Rom zurückkehren durften, wissen wir
nicht. Die Akten lassen ihre Domitilla nach Terracina kommen, dort
Wunder verrichten und dadurch das Volk bekehren, dort sterben
und begraben sein. Da Terracina als nächste Stadt den beiden
öden Inseln gegenüberliegt, wäre es möglich, dass sich hier von
Alters her eine Tradition über Domitilla erhalten hätte. Die
Wendung, welche der Verfasser seiner Geschichte giebt, scheint
auf eine Kenntnis davon hinzudeuten, obwohl das Hieronymianum,
das zwar Caesarius, nicht aber Domitilla, als in Terracina verehrt
bezeichnet, diese Beobachtung mindestens nicht stützt.
VI.
Mit allen diesen historischen Daten, Lokaltraditionen und
schriftlichen Quellen verfuhr unser Autor wie ein Romanschreiber.
Die Akten haben ihre direkten Parallelen in modernen katho-
lischen Romanen, als deren besten einen ich Cardinal Wisemau's
Fabiola nenne. Nur schreibt man im 19. Jahrhundert unendlich
viel besser als im sechsten. Unser Autor hat recht wenig Mittel
zur Verfügung, aus seinem reichen Material eine anziehende Er-
zählung zusammenzustellen. Es kehren immer dieselben scha-
blonenhaften Züge wieder, vermittelst deren diese bunte Gesell-
schaft von Märtyrern zu einander in Beziehung gesetzt wird.
Der eigentliche Motor der Erzählung ist die Heiratslust einiger
vornehmen Römer. Sulpicius (Simplicius) und Servilian sind mit
Euphrosyne und Theodora verlobt, Aurelian mit Domitilla, Flaccus
wirbt um Petronilla und Felicula. Dem Verlangen der beiden
letzteren, das an dem Glauben der Jungfrauen Widerstand findet
und dann in glühenden Hass umschlägt, wird das ganze Mär-
tyrerpersonal der Akten geopfert. Die Frauen werden dadurch
an einander gebunden, dass sie Milchschwestern sind; so kann
denn Felicula der Petronilla folgen, Euphrosyne und Theodora
mit Domitilla sterben. Viel ist von Schülerverhältnissen die
Rede. So sind Plautilla, Nereus und Achilleus Schüler des Petrus,
Domitilla des Nereus und Achilleus, ebenderselben Speciosus
(Auspicius), Justus ist der Cleriker des Nicomedes. Nicomedes
und Caesarius gehören dem Clerus an, wovon die ältere Über-
lieferung der Martyrologien nichts weiss. Auch dass Einer den
62 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
Andern begräbt, ist eins von den Mitteln, einen neuen Faden
anzuknüpfen. So kann Xicomedes an Felicula angeschlossen
werden, auf die Weise kann am Schluss auch noch Caesarius
auftreten, und es liegt vielleicht nur an unsrer Unkenntnis der
Legenden des sechsten Jahrhunderts, dass wir Justus und Spe-
ciosus (Auspicius), die den Xicomedes bezw. Xereus und Achil-
leus begraben, nur aus den Akten kennen. Das Begräbnis findet
in der Regel auf einem Landgute statt : ein historischer Zug, der
an den Ursprung der Katakomben erinnert, hier aber eine auf-
fallende Verallgemeinerung erfährt. Felicula wird im xsXXiov
des Xicomedes, dieser selbst in seinem oder des Justus Gärtchen,
Xereus und Achilleus auf dem Prädium der Domitilla, Sulpicius
(Simplicius) und Servilian auf ihren eigenen Landgütern bei-
gesetzt, Eutyches, Victorinus und Maro sterben auf Gütern des
Aurelian. Xur für die Martyrien selbst hatte der Verfasser ein
reicheres Repertoriuui; die Zwölf sterben fast alle unter andern
Martern. Dass seine Angabe in einem Falle, bei Xereus und
Achilleus. mit der Römischen Tradition, wie sie uns das Relief
bewahrt hat, übereinstimmt, kann nicht beweisen, dass dem Ver-
fasser in allen Fällen eine Kunde zur Hand war, wie dies aller-
dings bei Victorinus (und Maro; deutlich ist.
Die Schablone des Aktenschreibers ist leicht zu erkennen.
Er versteht es recht wenig, seinen Helden die Rolle, welche
ihnen die Geschichte oder doch eine ältere Überlieferung gegeben
hatte, zu belassen, und sie zugleich als handelnde Personen in
seine Acta einzuführen. Daher denn diese gehäuften Unwahr-
scheinlichkeiten und Unmöglichkeiten. Aus den Prätorianern
Xereus und Achilleus werden nach byzantinischem Brauch ver-
schnittene Kammerdiener; dieser Zug, sowie alles Andere, was
von ihnen erzählt wird, abgesehen von ihrer Todesart, gehört
unserm Autor, und somit der Dichtung an. Welche Schwierig-
keit zumal ihr Tod in Terracina dem Autor macht, sehen wir
daran, dass ihre Leichen durch Speciosus (Auspicius) bei Xacht
zu Schiff in die Römische Katakombe, wo sie zu Hause sind,
geschafft werden müssen. Ihre Xachfolger im Dienste der Do-
mitilla (das scheint doch die Absicht des Autors zu sein) werden
dann Eutyches, Victorinus und Maro, drei mittelitalische Lokal-
heilige aus Xomentum, Amiternum und dem Picenischen, die
sonst weder mit einander noch mit Domitilla irgend etwas gemein
Achelis, Acta Nerei et Achillei. Q',\
haben. Auch hier bestraft sich die Willkür des Verfassers.
Damit sie aus der Gesellschaft der Dornitilla auf der Insel Pontia
an die Orte ihres Todes kommen, muss Aurelian drei Landgüter
eben an diesen drei Punkten besitzen, sie dorthin zur Strafe je
einzeln verbannen und töten lassen.
Der Stammbaum der Flavier, der hier gegeben wird, beruht
wohl lediglich auf der Eusebius-Xotiz, dass Dornitilla eine Nichte
des Consuls Clemens gewesen sei. Mit diesem wird der ,Bischof l
Clemens nicht identifiziert, sondern zu dessen Neffen gemacht.
Wenn 117 die Bezeichnung Domitillas als äveipia Domitians
wörtlich zu nehmen ist, hat sich unser Verfasser den Consul
Clemens, die Mutter der Dornitilla und den Vater des Bischofs
Clemens als Geschwister Domitians gedacht. Dornitilla erhält
aus den Petrus-Paulus -Akten eine Mutter Plautilla. 1) Dass diese
mit Dornitilla und Nereus und Achilleus durch Petrus Christin
wurde, ist ebenfalls Combination des Verfassers. Es würde auch
schwer zu sagen sein, woher der Verfasser historische Nach-
richten, die uns unbekannt wären, über die Flavier erhalten
haben sollte.2)
Die Verwebung der Märtyrergeschichten mit der Petrus-
Simonsage wird auch erst von unserm Autor eingeführt sein. Er
musste die Verbannungszeit der Dornitilla in Pontia irgendwie
ausfüllen, und thut dies durch die Episode aus den Petrus-
Paulus-Akten und weiterhin durch die Erzählungen von Petro-
nilla, Felicula und Nicomedes.
Es ist nicht mehr möglich, dem Verfasser an allen Punkten
nachzurechnen; das erlaubt unser historisches Material nicht.
V enn eine solche Nebenperson wie Caesarius thatsächlich ein
Märtyrer von Terracina ist, ist es wohl möglich, dass noch dieser
oder jener Name, der eine oder der andere kleine Zug bei ver-
mehrtem Material als historisch zu bezeichnen bleibt. Die
1) Dass Pomponia Graecina, die Gattin des britannischen Feldherrn
Plautius, eine Tochter Plautia gehabt habe, und dass diese die Mutter der
Plautilla gewesen sei, ist eine Doppelvermutung, die nicht geeignet sein
dürfte, die Historizität dieser Plautilla zu stützen.
2) Lightfoot (a. a. 0. p. 17), Mommsen (CIL VI n. 94$; doch vgl.
auch 8942) und de Rossi (Bull. 1865 p. 21, hiernach öfter abgedruckt) ver-
suchten Reconstructionen des Flavierstammbaunies ; doch verwertete nur
der Letztere die Personen der Akten.
64 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
jüngsten und schlechtesten Akten können wertvolle Notizen
bewahrt haben; aber zu heben sind diese Schätze nur vermittelst
anderweitigen guten Materials, nicht durch blosse Behauptung.
Das gilt wohl auch von den Zeitangaben der Martyrien allen.
Dem Verfasser waren als feste Punkte gegeben für Domitilla
das 15. Jahr Dornitians, für Petronilla (wenn sie eine Tochter
des Petrus sein sollte) etwa die Zeit des Nero; so kommt er
dazu, Alles was er erzählt, auf diese Zeitpunkte und die folgen-
den Regierungen Nervas und Trajans zu verlegen.1) Ihn an
einem Punkte zu widerlegen, sind wir nicht imstande, obwohl
es z. B. als mindestens unwahrscheinlich bezeichnet werden rnuss,
dass zu Nervas Zeit in so weit abgelegenen Städten Mittelitaliens
Martyrien vorgekommen sein sollen.
Der Zweck dieses schriftstellerischen Verfahrens ist nicht
schwer zu erkennen; ich meine, er lässt sich auch noch näher be-
stimmen, als mit der allgemeinen Auskunft einer erbaulichen
Tendenz. Unsere Akten führen einen falschen Namen, sie sollten
Acta Domitillae2) heissen; denn ihr zu Ehren sind sie ge-
schrieben. Die von Damasus besungenen Prätorianer Nereus und
Achilleus werden ihre Eunuchen und Kammerdiener; nach deren
Tode werden Eutyches, Victorinus und Maro aus der Nähe von
N Omentum, aus Amiternum und dem Picenischen hergeholt, um
an deren Stelle zu treten; sie Alle sterben in ihrem Dienst. Des
Apostels Petrus Tochter Petronilla, und die in einer suburbi-
karischen Katakombe verehrte Felicula werden ihre Vorläufe-
rinnen als jungfräuliche Märtyrinnen, Sulpicius (Simplicius) und
Servilian aus dem Coemeterium an der via Latina verdanken ihr
Christentum nur ihren Wundern, der in Terracina gefeierte
Caesarius darf sie begraben. Das Alles sind — wenn man will
— Verdrehungen der Geschichte, aber es sind flores sparsi in
tumulum Domitillae. Dem Verfasser fehlte die Schöpfungskraft,
1) Der Nereus und Achilleus verurteilende Consul Mi/xfxioq Poxxpoq
wird der Consul des Jahres 97 L. Verginius Rufus sein (1717); auch den
Präfekten \Aviav6q 2231 hat der Aktenschreiber schwerlich aus der Luft
gegriffen.
2) Im Eingang der Akten 1]5 ff bezeichnet der Autor sein Werk auch
unzweideutig als Domitillaakten: ÜQoq olxoöo(xi]v öe zcöv GTtevöövzcov uq[-
aai 9-bo) laßwfxev vnoyQamibv Jo/usrikkav xt]v svyeveazÜTtjv
nccQ&evov, xr\v dverpitcv dofxeriavov zov ßaoikiwc.
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 65
seine Phantasie so zu befruchten, um aus der magern Notiz des
Eusebius eine fesselnde Erzählung von dem Dulden der Domi-
tilla zu gestalten; darum holte er sich alle die Sterne zweiten
Ranges herbei, um aus diesem Kranze das Leben und die
Tugenden der Domitilla heller hervorstrahlen zu lassen.1) Der
Glanz des aufgewandten Materials soll für den Mangel an
künstlerischer Kraft entschädigen. Da er der Überlieferung des
Euseb folgt und Domitilla eine Nichte des Consuls Clemens
sein lässt, so ist sie natürlich eine geweihte Jungfrau; denn
nach dem Urteil der Zeit ist die Jungfräulichkeit nächst dem
Martyrium die höchste Krone, die der Mensch auf Erden zu er-
langen vermag; da die Geschichte ihr die eine zuerteilt hatte,
konnte die Legende ihr die andere nicht vorenthalten. So wird
denn der erste Teil der Akten durch den Mund der beiden Sol-
daten ein Hymnus auf die Jungfräulichkeit — freilich im Ge-
schmack und nach der Fähigkeit des sechsten Jahrhunderts.
Unser Grieche hatte ein lebendiges Gefühl für das Unrecht, das
die Römische Kirche ihrer ältesten und berühmtesten Zeugin an-
that, da er ihren Namen in den Diptychen nicht fand, und ihr
Gedächtnis nicht gefeiert sah. Er urteilte, dass sie doch min-
destens dasselbe Anrecht darauf habe, wie Nereus und Achilleus,
Felicula und Nicomedes, Maro und Victorinus. die im Kalender
seiner Zeit standen. So schuf er ihr ein Andenken in unsern
Akten. Und obwohl er griechisch schrieb, hat er seinen Zweck
erreicht. Aus diesen Akten ging der Name und die Geschichte
1) Dass Petronilla und Nereus und Achilleus in der Katakombe der
Domitilla begraben lagen und dort verehrt wurden, wird der Akten-
schreiber zum Anlass genommen haben, ihre Martyrien mit dem der Do-
mitilla in seiner Erzählung zusammenzustellen und ihre Lebensschicksale
zu verflechten; diesem Grundstock fügte er dann die andern Personen, wohl
nach Gutdünken, hinzu. Denn es ist öfter zu bemerken, dass unechte Akten
die gemeinsame Verehrung mehrerer Märtyrer an einem Orte benutzen, sie
auch im Leben oder wenigstens in der Todesstunde zusammenzuführen.
Wie andrerseits auch der gemeinsame Platz im Kalender ein Grund war,
mehreren nicht zusammengehörigen Personen eine gemeinsame Geschichte
zu geben, hat Joseph Führer in seiner ausgezeichneten Untersuchung:
Ein Beitrag zur Lösung der Felicitasfrage 1890 unwiderleglich bewiesen.
Ein weiteres Beispiel dafür ist die Passio sancti Si.cti, Law&ntii, Ilippo-
lyti, in der die Märtyrer vom 30 Juli, des 6, 10 und 13 August zusammen-
gefasst werden.
Teste u. Untersuchungen XI, 2. 5
66 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
der Domitilla in die Martyrologien über, und wenn ihrer noch
heute im Missale Romanum am 12 Mai, am Tage desNereus
und Achilleus, gedacht wird, so ist das ihm zu danken.
VII.
Weit schwerer sind Daten für die Abfassungszeit zu ge-
winnen. De Rossi setzt die Akten ins 5. — 6. Jahrhundert; ich
glaube, dass diese Bestimmung richtig ist, und dass man
schwerlich über sie hinauskommen wird. Einen bestimmten
terminus a quo haben wir 1730 in der Erwähnung des [ivrjfia
der Petronilla in der Nereus- Achilleus -Katakombe; denn damit
wird die Basilika gemeint sein, die nach 390 erbaut wurde. Die
martyrologischeUntersuchung schien die Abfassung vor der zweiten
Hälfte des fünften Jahrhunderts nicht zuzulassen. Dazu setzen
die Akten die Christianisierung Mittel -Italiens voraus; auch in
sehr abgelegenen Städten und an der Landstrasse hat man den
Märtyrern Kirchen und Kapellen erbaut, wo man sie verehrt
und ihrer Wunder gewärtig ist. Wenn ich mich eher für das
sechste als für das Ende des fünften Jahrhunderts als Datum
der Akten entscheiden möchte, so geschieht es, weil mir die
auffallende Thatsache, dass diese Akten von dreizehn Römischen
bezw. mittelitalischen Heiligen bei genauer Lokalkenntnis in
griechischer Sprache erzählen, im Zeitalter Justinians und Cas-
siodors verständlicher ist als im Jahrhundert vorher.
Denn daran scheint mir nicht gezweifelt werden zu dürfen,
dass unsere Akten ein griechisches Original sind. Wenigstens
habe ich für den Beweis, dass sie aus dem Lateinischen übersetzt
sind, der von vornherein alle Wahrscheinlichkeit für sich hätte,
kein Material gefunden. Die lateinischen Titel xöiirjg, ßixägiog.
xovQazcof), xovßixovXägiog (xovßixovXctQia), iXXovoTQiog [IXXov-
OTQia) sind in der späteren Gräcität nicht selten, Formen wie
ATrjQtov, -tco, slyiXXtov, -im (sonst m. W. nur -teoc, -et),
Namen wie oöog jiQÖsarlva , Aaxlva , NovfiEvrdva , SaXaQia
weisen zwar aufs Lateinische, aber doch nicht auf Übersetzung
aus dem Lateinischen. So bleibt nichts übrig, als bei dieser
unerklärten Thatsache eines griechischen Originals des sechsten
Jahrhunderts aas Rom stehen zu bleiben. Vielleicht könnte eine
nähere Untersuchung des so wertvollen und umfangreichen codex
Achelis, Acta Nerei et Achillei. 67
Vaticauus 866 hier weiter führen. Es wäre darauf hinzuweisen,
dass diese Handschrift eine Reihe von griechischen Martyrien
Römischer oder in Rom verehrter Märtyrer enthält, des Bischofs
Sylvester I. f. 195 b 1 Evoeßiog 6 IlaiKplXov xzZ, der Agnes
f. 209 b 2 jL^ßgÖGiog öovXog ygiozov xalg hQalg jcagfrzvoig
Y.T'- . des Kerykos und der Julitta f. 234 a 2 Tcö ayajirjxm äöeXtpm
ßvvXsirovQym . . . Zcoolfico xxX, des Johannes und Paulus
f. 321 a 1 Ev xalg i^iqaig Kcovoravxivov xov svosßsGxaxov,
des Laurentius f. 358 a 1 lag [ttyäZag xal vip?]Xo<pvelg, sodass es
scheinen könnte , als ob der Compilator der Handschrift oder
ihres Archetypus für Römische Heilige besonderes Interesse gezeigt
hätte. Aber zunächst wird diese Frage in der Schwebe gelassen
werden müssen. Es wird am nächsten liegen, einen in Rom
ansässigen Griechen für den Verfasser der Akten zu halten;
vielleicht ist dafür auch anzuführen, dass die Stellung des Nereus
und Achilleus als svvovyoi xovßtxovXaQioi der Domitilla einem
byzantinischen Hofamte entspricht.
Schon innerhalb der nächsten Jahrhunderte wurde die
lateinische Übersetzung hergestellt, die den Akten in weiteren
Kreisen Anerkennung schaffte, und daher in so vielen Hand-
schriften erhalten ist. Die Bollandisten geben von einer ihrer
Handschriften an, dass sie ab annis octingentis exaralus sei; ihre
Vorrede ist von 1680 datiert; auf dieselbe Zeit etwa als äussersten
Termin führt die Benutzung durch Ado (s. oben S. 57). Da der
Verfasser der Version an die Stelle des griechischen Prologs
einen eigenen lateinischen gesetzt hat, sind über ihn einige An-
gaben möglich. Er unternimmt sein wissenschaftliches Werk
zu einem praktischen Zwecke. Die katholische Kirche ist von
Häretikern umlagert, und er klagt über die Sorglosigkeit der
Hirten, die so manches Schaf aus ihrem Stalle verloren gehen
lasse. Um diesem Abfall zu begegnen, unternimmt der Verfasser
seine Übersetzung l), um die Berichte von den Helden der Vorzeit
seinen Gemeinden zugänglich zu machen; und er hofft, dass auch
die Gelehrten anderer Provinzen seinem Beispiele folgen werden.
Der Verfasser fühlt sich demnach verpflichtet, den Verlusten,
1) Nach den Worten provinciae nostrae martyria aliquanta colligens
scheint es, als ob der Verfasser noch andere griechische Akten besässe und
übersetzt hätte. Er schriebe sich sonst ein Verdienst zu, das dem ersten
Autor zukommt.
5*
68 Achelis, Acta Nerei et Achillei.
welche der ,Schafstall' der katholischen Kirche durch die Häresie
erleidet, entgegenzuarbeiten; es scheint fast, als oh er sich damit
als Bischof bezeichne. In diesem Falle hätten wir an einen des
Griechischen kundigen Bischof von Terracina zu denken, da er
Martyrien provinciae nostrae, nämlich der Domitilla und Genossen
behandelt. Oder aber, der Verfasser ist ein Kleriker und strenuus
der Römischen Kirche, in diesem Falle aber schwerlich ein Papst.
Denn die etwas bescheiden ausgesprochene Hoffnung, den Ge-
lehrten diver sarum provinciarum ein Beispiel zu geben, passt
schlecht zu dem Selbstgefühl mittelalterlicher Päpste. Schon
aus diesem Grunde ist die Angabe der Handschrift in der biblio-
teca Vittorio- Emmanuele (Wirth p. 14), Gregor der Grosse sei
Verfasser der Übersetzung, abzuweisen; sie erledigt sich ausser-
dem dadurch, dass dieser Öfter seine Unkenntnis des Griechischen
beklagt.1) Da wir das Original erst dem sechsten Jahrhundert
zuweisen, die Übersetzung im neunten Jahrhundert schon aus-
und abgeschrieben wird, werden die die Kirche bedrohenden
Häretiker die Langobarden sein.2) Unter dieser Voraussetzung
würde der Zeitpunkt der Version auf die Zeit vor der Katholi-
sierung der Langobarden (Mitte des siebenten Jahrhunderts) zu
präcisieren sein, sodass die griechischen Akten schon bald einen
Übersetzer gefunden hätten.
1) Nos nee graece novimus ep. 1174 Migne 77 c. 1213, qztamvis grae-
cae linguae nescius, in contentionc tarnen vestra judex reseeli ep. 732 Migne
a. a. 0. col. 889.
2) Unser Übersetzer ist also Vorläufer oder College der von Usener
(Jb. pr. Th. 1887 S. 240) aufgeführten Römischen Übersetzer.
Iudex nomiiiiim.
'Afilregvov 1925
'Aviavoq der Stadtpräfekt 223 j
AQÖeaxivu bööq 1Ü9. 172s
AvQtjharoq I24. 825. 9i2- 178. n. 18n.
17- 22- 19lO- 22- 207. 9. 15. 2'_10. 15. IS-
22- 26
Aiantxioq s. Snexicüooq
W/iU.ivq 13. is- 228. 5i2. 82. l2. 920.
27- 29- 104- 16- Hj- 174. 12- 18h« 15
Beoxa, die Jungfrauen der 1525
BixiwQivoq 17j. I814. 2c- 192- 16
Aofxexiavöq der Kaiser 117. 915
JofiexlMa 116. 23. 24- 82. 20- 24- Oi0.
12- 1?5- 15- 26- 27- 18i2. 13- 2015. i7.
20- 25- 21). 5. 20- 30- 31- 225. 19
Evxv/ioq {Evxv/rjq) 17t. 18, 4. 24- 19x. t2
Ev(pgoavvrj 2018. 24- 2116 22n
Zayaqlaq (Luc. 1) 2129
''HQcöÖTjq Bruder der Theodora 21|3
©todwpa 2018. 24- 2112. 224. u
^Iovaxoq der Cleriker 1621
Kuioä.QLoq der Diakon 2313. ^
Kaimav'ia 202o
Kkrjfirjq der Consul 8I6
Klrifiqq der selige 8i2. 93. 10
KoxDuat 191T. 24
Aaxlva bööq 235
Alvoq 144
AoiSoigioq Bruder des Aurelian 2227.
238
3/ß'o^fA;.o? 923. 114. 1630. 172. 186. 9
MÜQxoq der Stadtpräfekt 929. 1630
MÜQxoq Bruder des Marcellus 187
Müqcdv 17i- 1814. 27. 19,. os- 20t.
Mefi/jiioq "Pol<foq der Consul 171T
NeQOvaq der Kaiser 1817
iYf^cwv der Kaiser 1319. 20. 23
NrjQevq U- is- 2i0. 331. 82. i2. 920. 27-
28- 104- 16- Hä- 1<4- 12- iSn- 15
Nixo/ntjöijq (Nixöörjfioq) der Presbyter
154. 164. 12
Novfisvräva bööq 1624. I825
Ilavloq der Apostel 1326. 30
JJexQoq der Apostel 119. 818. 22. 925.
102. 7. 23- lllö- 18- 21- 26- 31- 32- 1-7 •
1G- 18' 20- 23- 27- 31- 32- 134. 9. 22.
14v 10- 1'20- I81
IltxQwvü.Xa Tochter des Petrus 147.
10- 13- 16- 26- 1730
UXavxüJ.u 8,7. 23
üovxiavt] vijooq 9i6. 19. 10i8. 2023
TlQtoxoq Schüler des Simon Magus
922. 1020
'Povyoq s. Mt/n/.uoq
cP(t)fJ.aioi lliT
^Pcöfitj 930. 1326. 30. 168. 23. 3i- 1727.
23- 21i7. 236
70
Index nominum.
—a).uQia bööq I826. 2s
(SeTtrefxneÖa) 1%
SsQßchccvög 2016. 2213. 30
S/xcov der Magier 92,. 24- 102- s- 21-
22- 25- 29- Hg- 16- 18- 22- 25- 28- 30-
122- 4. 21 • 27- 13]. g. §• 23- 28- 1^2
HovXnbuoq 20,5. 2213. 30
27iezi(öooQ (Avonlxioq) Sklave der
Doniitilla 1724. 18t
TttQQaxlvt] 1717. 2023
TuQQuy.iviyJioi 239
TlßsQiq Tcoxanöq 162o
Ttzoq Genosse des Petrus 1412
TovQXioq Freund des Aurelian lfJ20
TQa'iavoq der Kaiser 2227
<I'/j?.lXOV?.U 152. 10- 12- 21- 32
<PXdxxoq der Comes 1424- 159(2). i4.
16,i
<P?.avta /lo/Liezi?.?.u 175 s. doptiiXku
'PovQioq Schüler des Simon Magus
922. 102n
Nachträge und Berichtigungen.
22g lies zaust- statt xavsi-
35 öiexöixovoiv statt dtexöixcjoiv'?
414 STtl^TJZSL Statt i7tlt,7]Z8LV ?
730 lies alcuvhp statt alojvlu vgl. 716. 33
73i nach TiccQainivovoa: (f^t3) einzufügen
9 Z. 3 v. u. nach VC füge ein: zweites
20n ües io/jjxevai statt tay^xivai
21,; lyovou statt lywv'i
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Durchführung des gross angelegten Planes der Aufgabe selbst voll
entsprechen wird. Die verschiedenen Bestandteile des Textes sind
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ist ebenso ungewöhnlich wie vorzüglich. Die weiteren Hefte werden
rasch folgen.
Die ittttorktt ber ßirdje an ber £öfung bcr f totalen /tage.
Von iWaxiiw noit üatlmiius. I. (Teil: Die feciale ^rage. (VIII u.5\o5)
m. 5—; geb. IH. 6 —
( ,,Vas IDcrF bietet bei roeitem merfr, als ber (Eitel rerfpridjt; benn es
ift in (einer tnelfcittgen i?elcurbtunq bes etnfd?Iagenben (Scbietes imb
feiner forgfältigcn Siicf ficbtnabmc auf bie gefcbid?tlidjc (Jrntroirfelung feiner
Bearbeitung tbatfäcblicb 3a einem t?anbbud? ber fokalen ^raae unb 3tr>ar
3U einem gefebieft unb leidet orientierenben unb febr lebrrcidicugetporben."
Scblcf. §ettuug. ^895. Uo. <$6.
tüeitere rwtreff liebe 23efprecbungen brachten neuerbings:
Cb/riftltcbc EDelt 1895 Ho. 22 von Prof. We\% in (Söttinacn. — £tttera=
nfdjes dentralblatt 1895 Uo. 25 con W. J\. — äbcoiog. £ittcratiir3eitung
1895 Ho. \2 von $v. ZTaumann in Jranffurt.
Der smeite (Schluß) Ceti, bit Aufgabe ber Kirche bebanbelub, foli
<£nbc J805 erfdjetnen.
OMÜCk. Don profeffor Dr. (L f)ilin. 4. Auflage. (2<k<k 5.) Vit 3—; geb. ITT. n —
I. Die Kurtft bes llrbeitens.
IL (Epiftet.
III. IDie es möglid] ift, offne 3T|trignc , fclbft in beftänbigem Kampfe
mit 5d?Iecbten, burd? bie IDelt 311 fommen.
IV. (Sute (Semofntbeiten.
V. Die Kinber ber IDelt ftnb flügcr als bie Kinber bes Sidjts.
VI. Die Kunft, §eit 3U rjaben.
VII. (SiücF.
VIII. IDas bebeutet ber ITTenfdi, mober fornmt er, rootyn gerjt er, mer
rnofmt über ben golbenen Sternen?
Die Flaren, rubigen, edit cr/riftlicr/cn unb ungemein anregenben 2tus=
fübfrungen b/aben bem flehten Bucbe fdjon viele ^reunbe ermorben. Die
regelmäßig notmeubigeu, ftarfen Heubrurfe finb ber erfreulid]fte Bemeis
bafür. (Ein fünfter Druc? bürfte nod? in biefem 3a^re erfdjetnen.
Die dwenannte etl)ifd)e ßetuegting unb bie Sosiaibemofratte
von ij. fiöl)lcr. (48 S.) HI. — 60
In Kürze werden erscheinen:
DaS KerygiTia Petri. Kritische Untersuchung der Fragmente. Von
Lic. E. yon Dofoscliütz. ca. M. 4 —
Üher diese urchristliche Schrift aus dem 2. Jahrhundert gah es bis-
her keine erschöpfende Untersuchung, ebensowenig eine Sonderausgabe.
Die Apologie deS AHstideS von Lic. Edgar Hennecke. ca. M. 2 —
Diese Schrift des altchristlichen Rhetors (Marciauus) Aristides ist in
letzter Zeit in den Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses ge-
rückt worden. Die obige Arbeit besteht in einer neuen Rezension und
vollständigen-Rekonstruktion des griechischen Textes. Sie bildet gleich-
zeitig das dritte Heft der Textausgaben der griechischen Apologeten
in den „Texten und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen
Literatur" von Ose. von Gebhardt und Ad. Harnack herausgegeben.
Eine deutsche Übersetzung nach dem unlängt gefundenen Syrischen
Texte erschien 1892 ebenfalls in unserem Verlage von Richard Raabe.
Geschichte der Klöster des Athos. Meist ungedruckte ur
künden mit historischeu Einleitungen von Studiendirektor Ph. Meyer-
Erichsburg, ca. M. 6 —
Das Bussedict des römischen Bischofs Kaliist. Erster
Wiederherstellungs versuch dieses ältesten Bussedicts eines römischen
Bischofs von Lic. Rolffs. ca. M. 3 —
Druck von August Pries in Leipzig.
Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig.
Texte und Untersuchungen zur Geschichte der
Altchristlichen Literatur
herausgegeben von Oscar Ton GeDliardt und Adolf Harnack.
Band I— IV auf Seite II des Umschlags.
V, l. Der pseudocyprianische Tractat de aleatoribus, die älteste lateinische christ-
liche Schrift, ein Werk des römischen Bischofs Victor I. (saec. II.), von
Adolf Harnack. V, 135 S. 1888. M. 4.50
V, 2. Die Abfassnngszeit der Schriften Tertullians von Ernst Noeldechen.
Neue Fragmente des Papias, Hegesippus u. Pierius in bisher unbekannten
Excerpten aus der Kirchengeschichte des Philippus Sidetes von C. de Boor.
184 S. 1888. M. 6 —
V, 3. Das Hebräerevangelium, ein Beitrag zur Geschichte und Kritik des hebräischen
Matthäus von Rud. Handmann. III. 142 S. 1888. M. 4.50
V, 4. Agrapha. Aussercanonische Evangelienfragmente, gesammelt u. untersucht
von Alfred Resch. — Anhang: Das Evangelienfragment von Fajjum von
Adolf Harnack. XII, 520 S. 1889. M. 17 —
VI, 1. Die Textüberlieferung der Bücher des Origenes gegen Celsus in den Hand-
schriften dieses Werkes und der Philokalia. Prolegomena zu einer
kritischen Ausgabe von Paul Kötschau. VII, 157 S. u. 1 Tafel. 1889. M. 5.5()
VI, 2. Der Paulinismus des Irenaeus. Eine kirchen- und dogmengeschichtliche Unter-
suchung über das Verhältnis des Irenaeus zu der Paulinischen Briefsammlung
und Theologie von Johs. Werner. V, 218 S. 1889. M. 7 —
VI, 3. Die gnostischen Quellen Hippolyts in seiner Hauptschrift gegen die Häretiker
von Hans Staehelin.
Sieben neue Bruchstücke der Syllogismen des Apelles. — Die Gwynn'schen
Caius- und Hippolytus-Fragmente. Zwei Abhandlungen von Adolf Harnack.
III, 133 S. 1890. ' M. 4.50
VI, 4. Die ältesten Quellen des orientalischen Kirchenrechts. 1. Buch:
Die Canones Hippolyti von Hans Achelis. VIII, 295 S. 1891. M. 9.50
VII, 1. Die Johannes-Apokalypse. Textkritische Untersuchungen u. Textherstellung
von Bernh. Weiss. Vi, 225 S. 1891. M. 7 —
VII, 2. Ueber das gnostische Buch Pistis-Sophia. — Brod u. Wasser: die eucharistischen
Elemente bei Justin. 2Untersuchgn von Adolf Harnack. IV, 144S. 1890. M. 4 50
VII, 3/4. Apollinarios von Laodicea. Sein Leben u. seine Schriften. Nebst e. An-
hang: Apollinarii Laodiceni quae supersunt dogmatica. Von Johs. Dräseke.
XIV, 494 S. 1892. M. 16 —
VIII, 1/2. Gnostische Schriften in koptischer Sprache aus dem Codex Brucianus heraus-
gegeben, übersetzt u. bearbeitet von Carl Schmidt. XH, 692 S. 1893. M. 22 —
VIII, 3. Die katholischen Briefe. Textkritische Untersuchungen und Textherstellung
von Bernh. Weiss. VI, 230 S. 1892. M. 7.50
VIII, 4. Die griechische Übersetzung des Apologeticus Tertullians. — Medicinisch.es
aus der ältesten Kirchengeschichte. — Zwei Abhandlungen von Adolf
Harnack. III, 152 S. 1892. M. 5 —
IX, 1. Untersuchungen über die Edessenische Chronik. Mit dem syrischen Text
und einer Übersetzung herausgegeben von Ludwig Hallier. VI, 170 S.
Die Apologie des Aristides. Aus dem Syrischen übersetzt und mit Beiträgen
zur Textvergleichung und Anmerkungen herausgegeben von Richard Raabe.
IV, 97 S. 1892. M. S.50
IX, 2. Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus von Adolf
Harnack. Zweite verbesserte und erweiterte Auflage. VIII u. 98 S. M. 2 —
IX, 3/4. Die Apostelgeschichte. Textkritische Untersuchungen und Textherstellung
von Bernh. Weiss. Befindet sich im Druck.
X. Aussercanoniscke Paralleltexte zu den Evangelien gesammelt u. untersucht
von Alfred Resch.
1. Textkritische u. quellenkritische Grundlegungen. VII, 160 S. 1893. M.5 —
XI, 1. Das Kerygma Petri. Kritisch untersucht von Ernst von Dobschütz.
Erscheint demnächst.
XI, 2. Acta SS. Nerei et Achillei. Text u. Untersuchung von Hans Achelis. 70 S.
1893. M. 3 —
XI, 3. Das Bussedict des römischen Bischofs Kaliist von Rolffs.
Befindet sich im Druck.
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN
ZUR GESCHICHTE DER
ALTCHRISTLICHEN LITERATUR
HERAUSGEGEBEN VON
OSCAR von &EBHARDT und ADOLF HAMACK
XI. BAND. HEFT 2.
ACTA
k* NEEEI ET ACHILLEI
TEXT UND UNTERSUCHUNG
VON
HANS ACHELIS
DR. PHIL.
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1893
DAS
INDULGENZ-EDICT
DES
KOMISCHEN BISCHOFS KALLIST
KRITISCH UNTERSUCHT UND RECONSTRUIERT
VON
Lic. theol. ERNST ROLFFS
MITGLIED DES PREDIGERSEMINARS AUF DER ERICHSBURG
(PROV. HANNOVER)
Öftw
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1893
Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig.
Texte und Untersuchungen zur Geschichte der
Altchristlichen Literatur
herausgegeben von Oscar von Grebhardt und Adolf Harnack.
I— III. IV 1/3. V— IX. X 1. XI 1/3. M. 238.50
I, 1/2. Die Überlieferung der griechischen Apologeten des zweiten Jahrhunderts in
der alten Kirche und im Mittelalter, von Adolf Harnack. VIII, 300 S. 1882.
M. 9 —
I, 3. Die Altercatio Simonis Iudaei et Theophili Christiani nebst Untersuchungen
über die antijüdisehe Polemik in der alten Kirche, von Adolf Harnack.
Die Acta Archelai und das Diatessaron Tatians, von Adolf Harnack.
Zur handschriftlichen Überlieferung der griechischen Apologeten. I. Der
Arethascodex, Paris. Gr. 451, von Oscar v. Gebhardt. III, 196 S. 1883. M. 6 —
I, 4. Die Evangelien des Matthäus und des Marcus aus dem Codex purpureus
Rossanensis, herausgegeben von Oscar v. Gebhardt.
Der angebliche Evangeliencommentar des Theophilus von Antiochien, von
Adolf Harnack. LIV, 176 S. 1883. M. 7.50
II, 1/2. Lehre der zwölf Apostel, nebst Untersuchungen zur ältesten Geschichte
der Kirchenverfassung und des Kirchenrechts von Adolf Harnack. Nebst
einem Anhang: Ein übersehenes Fragment der Jotazi in alter lateinischer
Übersetzimg. Mitgetheilt von Oscar v. Gebhardt. 70 u. 294 S. 1884. M. 10 —
(II, 1/2. einzeln nur in anastatischem Druck (1893) käuflich.)
II, 3. Die Offenbarung Johannis, eine jüdische Apokalypse in christlicher Be-
arbeitung, von Eberh. Vischer. Mit Nachwort von Adolf Harnack. 137 S. 1886.
M. 5 —
II, 4. Des heil. Eustathius, Erzbischofs von Antiochien, Beurtheilung des Origenes
betr. die Auffassung der Wahrsagerin 1. Könige [Sam.] 28 und die dies-
bezügliche Homilie des Origenes, aus der Münchener Hds. 331 ergänzt
und verbessert, mit kritischen und exegetischen Anmerkungen von Alb.
Jahn. XXVII, 75 S. 1886. (Einzelpreis M. 4.50); M. 3.50
U, 5. Die Quellen der sogenannten apostolischen Kirchenordnung, nebst einer
Untersuchung über den Ursprung des Lectorats und der anderen niederen
Weihen, von Adolf Harnack. 106 S. 1886. M. 4 —
III, 1/2. Leontius v. Byzanz und die gleichnamigen Schriftsteller der griechischen
Kirche von Friedr. Loofs. l. Buch: Das Leben und die polem. Werke des
Leontius v. Byzanz. VIII, 317 S. 1887. M. 10 —
III, 3/4. Aphrahat's des persischen Weisen Homilien, aus dem Syrischen übersetzt
und erläutert von Georg Bert.
Die Akten des Karpus, des Papylus und der Agathonike. Eine Urkunde aus
der Zeit Marc Aureis, von Adolf Harnack. LH, 466 S. 1888. M. 16 —
IV, Die griechischen Apologeten.
1. Tatiani oratio ad Graecos. Becens. Ed. Schwartz. X, 105 S. 1888. M. 2.40
2. Athenagorae libellus pro Christianis. Oratio de resurrectione cadaverum.
Recens. Ed. Schwartz. XXX, 143 S. 1891. M. 3.60
3. Die Apologie des Aristides. Recension und Reconstruction des Textes von
Lic. Edgar Hennecke. XX, 64 S. 1893. M. 3 —
Partiepreis M. 2 —
4. Theophili libri tres ad Autolycum. Recens. Ed. Schwartz. | InVorbe-
Iustini martyris apologia et dialogus cum Tryphone Iudaeo. < reitung
Recens. 0. de Gebhardt et A. Harnack. )
Diese Ausgaben der Griechischen Apologeten sind nur mit kurzem
sprachlichen Commentar und Registern versehen und sollen zum Gebrauch
bei Vorlesungen oder in Seminaren dienen, weshalb auch deren Preise
möglichst niedrig gestellt wurden.
Fortsetzung auf Seite III des Umschlags.
5.
DAS
INDULGENZ-EDICT
DES
RÖMISCHEN BISCHOFS KALLIST
KRITISCH UNTERSUCHT UND RECOXSTRUIERT
VON
Lic. THEOL ERNST ROLFFS
}nTiTLIED I'ES PRJEDIGEESEMINABS AUF DEB ERICHSBERG
(PROV. HANNOVER)
Q
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1893
DEM
PREDIGERSEMINAß AUF DER ERICHSBURG
IX
TREUER ANHÄNGLICHKEIT UND HERZLICHER DANKBARKEIT
GEWIDMET
Vorwort.
Die vorliegende Abhandlung, mit welcher der Verf. bei der
theologischen Facultät zu Berlin die Licentiatenwürde erwarb,
ist aus Untersuchungen hervorgegangen, die in erster Linie den
Zweck hatten, den eigenen kritischen Blick und das historische
Urteil soweit zu üben, wie es auch für den in das praktische
Amt eintretenden Theologen unerlässlich ist. Dies dürfte viel-
leicht einigermassen zur Entschuldigung für den Mangel an
technischer Schulung dienen, welcher sich besonders bei der
durch den Stoff geforderten Untersuchung rein philologischer
Fragen bemerkbar machen wird.
Wenn ich mir das Ziel gesteckt habe, das Indulgenz-Edict
Kallists zu reconstruieren, so bin ich mir wohl bewusst, dass
dies ein Versuch ist, der bei dem Stande der Quellen immer
nur unvollkommen gelingen kann. Denn abgesehen davon,
dass auch die Reifferscheidsche Ausgabe der Werke Tertullians
(aufweiche sich bei Citaten aus den darin enthaltenen Schriften
die angegebenen Seitenzahlen beziehen) weit entfernt ist, einen
in allen Beziehungen brauchbaren Text zu bieten, ist auch die
Art, wie Tertullian über die Schrift seines Gegners referiert,
zu ungenau und ungleichmässig, um eine wirklich sichere Her-
stellung des Wortlautes zu ermöglichen. Doch wird man den
Versuch, durch eine Reconstruction sich ein annähernd getreues
Bild dieser für das Verständnis der Entwicklung der ältesten
Bussdisciplin so wichtigen Schrift Kallists zu verschaffen , auf
jeden Fall unternehmen müssen; denn jede Untersuchung über
die älteste Bussdisciplin begeht einen methodischen Fehler,
wenn sie sich nicht die Frage stellt, ob und inwieweit wir den
VI Vorwort.
Inhalt der Epoche machenden Verfügung Kallists ermitteln
können; so lange diese Frage unbeantwortet ist, rechnet man
mit einer Grösse, von der man nicht festgestellt hat, ob sie be-
kannt oder unbekannt ist. Eine sichere Antwort darauf lässt
sich aber nur geben, wenn man einen Reconstructionsversuch
unternimmt, mag derselbe nun ein positives oder negatives Re-
sultat ergeben. Diesen Dienst möchte die vorliegende Abhand-
lung leisten.
In den Untersuchungen über die Bussdisciplin, die ich auf
Grund von de paenitentia anstellen musste, um eine Grundlage
für die Reconstruction zu gewinnen, bin ich sehr gefördert
durch Preuschens Dissertation: Tertullians Schriften de paeni-
tentia und de pudicitia mit Rücksicht auf die Bussdisciplin unter-
sucht, Giessen 1890. Wenn ich auch in manchen Punkten
darüber hinausgegangen bin und daher der Dissensus wohl mehr
hervortritt als die Übereinstimmung, so hat sie mir doch im
wesentlichen den Gang meiner Untersuchung vorgezeichnet.
Schätzenswerte Winke über den sprachlichen Charakter der
reconstruierten Schrift verdanke ich Herrn Professor von Wila-
movitz-Moellendorf in Göttingen. Wenn ich mich auch im all-
gemeinen seiner Ansicht über den Charakter der Schriftstellerei
Tertullians nicht anschliessen kann, vielmehr mit Nöldechen
(Texte u. Unters. V. 2. p. 140 Anm. 3) urteilen muss, „dass die
reinen Kunstformen prosaischer Darstellung dem Autor abgehen",
dass in Tertullian durchgehends der christliche Polemiker über
den römischen Rhetor triumphiert, so haben mich seine An-
deutungen doch vor übereilten Urteilen über die Sprache des
Edictes bewahrt.
Die meiste Anregung und Förderung habe ich aber von
meinem hoch verehrten Lehrer Herrn Professor Harnack er-
fahren, welcher durch die wohlwollende Beurteilung meiner
ersten Versuche wissenschaftlicher Forschung mich zu weiterem
Arbeiten ermutigt, mir durch freundliche Beantwortung meiner
Fragen die Wege gewiesen, die zum Ziel führen konnten, und
mich auf wertvolles Material aufmerksam gemacht hat (so be-
sonders auf Origenes und den Proverbien-Commentar des Hip-
Vorwort. YII
polyt). Ich kann ihm aber hierfür nicht danken, ohne zugleich
mit herzlichem Dank auszusprechen, dass seine Anregungen erst
überhaupt die Lust zu wissenschaftlicher Arbeit in mir geweckt
haben; indem ich durch ihn eine Geschichtsbetrachtung kennen
lernte, die bei aller kritischen Schärfe doch mehr giebt als sie
nimmt, die nicht armer, sondern reicher macht, habe ich das
Misstrauen gegen die Wissenschaftlichkeit einer christlichen und
den Zweifel an der Christlichkeit einer wissenschaftlichen Theo-
logie überwunden, und mit der Freude an der Theologie als
Wissenschaft habe ich die Freudigkeit zum praktischen Dienst
in der Kirche gewonnen, die aus der Überzeugung entspringt,
dass „unser Glaube der Sieg ist, der die Welt überwindet".
Hier, wo mir die Veröffentlichung meiner ersten Arbeit Anlass
giebt, für das Geringere zu danken, kaun ich den Dank für das
Grössere nicht unterdrücken.
Erichsburg, im August 1S93.
Ernst Rolffs.
Inhaltsübersicht.
Seite
Einleitung 1 — 12
I. Inhalt der Schrift de pudicitia 13 — 10
II. Die Verfügung des Kallist 19 — 02
1. Die Verfügung ihrem Inhalt nach 19 — 36
_'. Die durch den Erlass in die Busspraxis eingeführte
Neuerung 36 — 54
3. Die Begründung der von Kallist in Anspruch genom-
menen bischöflichen Absolutionsgewalt 54 — 58
4. Die Stellung der Märtyrer in der Verfügung Kallists 5S — 62
III. Der Beweis für die Vergehbarkeit der Unzuchtsünden . 62 — 98
1. Die einzelnen Argumente 62 — 92
_'. Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Argumenten 93 — 98
IV. Der Zusammenhang der Schrift für die Vergebbark eit der
Unzuchtsünden mit der Verfügung Kallists 99—102
V. Die Reconstruction der Verfügung Kallists 103 — 117
VI. Die Sprache der reconstruierten Schrift 118 — 123
VII, Die Bezeugung der Schrift Kallists 124—135
VIII. Der Charakter der reconstruierten Schrift 135 — 13S
Einleitung.
Tertullians Schrift de pudicitia ist veranlasst durch ein
bischöfliches Edict, in welchem denen, die in Unzuchtsünden
gefallen waren, unter der Bedingung öffentlich zu leistender
Busse Vergebung zugesichert wurde. Diesen von Tert. als
peremptorisches Edict bezeichneten Erlass hat man schon sehr
früh einem römischen Bischof zugeschrieben, weil katholische
Schriftsteller Tert.s Ironie nicht verstehend in der Bezeichnung:
Pontifex Maximus, episcopus episcoporum die offiziellen Titel
des Papstes schon im Anfang des 3. Jh. bezeugt fanden. Das
Edict ist daher auch von ihnen ebenso sehr in seiner Bedeutung
überschätzt, wie es von den älteren protestantischen Geschicht-
schreibern unterschätzt wurde. Da die Schriftstellerei Tert.s
nun zum grössten Teil unter den Episkopat Zephyrins fällt, so
erkannte man auch in ihm den Verfasser des fraglichen Ediktes.
So schon Pamelius1), der dasselbe in das J. 216 setzt; ohne die
Bedeutung des Erlasses irgendwie zu würdigen, betont er im
übrigen nur, dass Tert., obwohl als Montanist ein Ketzer, dem
römischen Bischof die ihm zukommenden ehrenden Titel nicht
versagen könne. Baronius2) beschränkt sich nicht darauf, aus
diesen Titeln die Macht und das Ansehen des römischen Bischofs
festzustellen, obgleich dies auch für ihn das wichtigste ist,
sondern er sucht auch den Zweck des Erlasses verständlich zu
machen, durch welchen Zephyrin nach seiner Ansicht nichts
absolut Neues verfügte, sondern nur die in der gesamten ka-
tholischen Kirche von jeher herrschende Busspraxis gegen die
stets wiederholten Angriffe der Häretiker sicher stellte. Rigal-
1) Jacobi Pamelii argumenta et adnotationes in Tert. Opera. Paris 1G35.
In der „vita Tert." und zu de pud. S. 720.
2) Baronii Annales eccles. ed. Theiner. Tom. II. 1S64. S. 216.
Texte u. Untersuchungen XI, 3. 1
2 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
tius1) erkennt wenigstens die Ironie Tert.s in der Bezeichnung
des Bischofs als Pont. Max., dagegen nimmt er an, dass der-
selbe sich den Titel episcopus episcoporum wirklich beigelegt
habe; wen er für den betreffenden Bischof hält, sagt er m. W.
nicht. Der erste, welcher der Bedeutung des Edictes wirklich
gerecht wird, ist Dionysius Petavius2); er erkennt, dass dasselbe
in der Geschichte der Bussdisciplin Epoche macht: drei Zeit-
räume sind in der Geschichte der kirchlichen Disciplin zu unter-
scheiden; in dem ersten wurde die Disciplin am strengsten
gehandhabt, die im Aposteldecret genannten Sünden des Götzen-
dienstes, der Hurerei, des Mordes fanden überhaupt keine Ver-
gebung; der zweite beginnt mit dem Edict Zephyrins, welches
die strenge Praxis wenigstens hinsichtlich der Unzuchtsünden
mildert und dadurch die unter Cyprian zur Herrschaft kommende
Praxis anbahnt, nach welcher allen Sündern Vergebung gewährt
wird, aber erst nach einer früh begonnenen und bis zum Tode
dauernden Busszeit; in der dritten Periode, welche mit der Be-
freiung der Kirche beginnt, wird auch eine solche nicht mehr
verlangt. Diese Perioden beginnen aber durchaus nicht in allen
Landeskirchen zu gleicher Zeit, vielmehr weichen viele Bischöfe
erst sehr allmählich von der alten Strenge ab; „denn es war
noch nicht durch eine allgemein geltende Verfügung, durch die
alle Kirchen gebunden waren, diese Praxis festgestellt." Bei
dieser Darstellung ist nicht erkannt, dass auch innerhalb der
ersten Periode sich eine Entwicklung der Bussdisciplin vollzogen
hat, sondern diejenige Ausprägung derselben, welche man am
Schluss dieses Zeitraumes vorfindet, wird als constant angesehen,
die Dreizahl der unvergebbaren Sünden auf das Apostelconcil
zurückgeführt; es ist ausserdem nicht berücksichtigt, dass diese
Sünden, wie Hermas zeigt, ausnahmsweise auf göttliche Offen-
barung hin vergeben werden konnten, also die Bedeutung der
unmittelbaren Geisteswirkungen für die älteste Zeit verkannt.
Etwa gleichzeitig mit Petavius entwickelt Albaspinus3) eine An-
1) Tert. Opera ed. Rigaltius Edit. IL Lutetiae 1641. Observat. ad
Tert. S. 121.
2) Petavii aniniadversiones in Epipbanii Panariuni. Corp. Haeresiol.
III. S. CC ff.
3) Gabrielis Albaspini, Aurelianensis episcopi, notae in quosdam Tert.
libros. In dem S. 1. citierten Bde. Pamelii arg. et not. S. 1013.
Einleitung. 3
sieht über das Edict, nach welcher dasselbe auch ein Moment
in der Entwicklung der Bussdisciplin bedeutet; die Anschauung,
welche Tert. in de paenitentia von der Vergebbarkeit der Un-
zuchtsünden entwickele, sei nicht allgemein gewesen; vielmehr
sei Hurerei und Ehebruch von den meisten als schwere, unver-
gebbare Sünde betrachtet; Zephyrin habe den Streit darüber
beendigt, indem er die Wiederaufnahme der Unzüchtigen ver-
fügt, um sie dem erziehenden Einfluss der Kirche zu erhalten.
Das falsche dieser Anschauung, in welcher jedenfalls der eine
Zweck des Erlasses, Erziehung schwerer Sünder durch kirch-
liche Zucht, richtig erkannt ist, hat seinen Grund in einem
Missverständnis von de paen., welches die folgende Abhandlung
zu berichtigen versuchen wird. Morinus1) will die Ansicht des
Petavius nicht im allgemeinen gelten lassen, sondern in der Weise
soll sich die Bussdisciplin nur in einigen kleineren afrikanischen
Kirchen, wo dies durch Cyprian ep. 55 bezeugt ist, und in der
Bätischen Provinz in Spanien, wofür die Beschlüsse der Synode
von Elvira Zeugnis ablegen, entwickelt haben; für Rom und
Karthago glaubt er leicht das Gegenteil beweisen zu können.
Zephyrin habe zur Abwehr der montanistischen Häresie, welche
die Absolutionsgewalt der Bischöfe für Fleischessünden bestritt,
die Praxis einiger afrikanischer und spanischer Bischöfe, welche
die Unzüchtigen aus Gründen der Disciplin, nicht weil sie die
bischöfliche Vollmacht dazu leugneten, nicht wieder aufnahmen,
durch sein Edict corrigiert. In demselben liege der Grund
dafür, dass in den Beschlüssen von Elvira die Sünden der
moechia milder behandelt werden als Mord und Götzendienst.
Den Beweis, dass für Rom und Karthago das Edict keine Be-
deutunggehabt habe2), bleibt er natürlich schuldig; denn hierin
liegt gerade das durchaus fehlerhafte seiner Auffassung der
Verhältnisse. Die Grundzüge für die richtige , geschicht-
liche Betrachtung der Entwicklung der Bussdisciplin, finden
sich eben bei Petavius und seine Anschauung teilt auch der
grosse Gelehrte Jacob Sirmond in seiner ..Historia poenitentiae
1) Commentarius historicus de diseiplina in adrninistratione sacramenti
poenitentiae. 1685. S. 670 ff.
2) Was er Lib. IX c. 20 zu diesem Zweck anführt, kommt auf eine
Misshandlung des Gedankeninhalts von de pud. und auf ein Missverständnis
von de paen. hinaus.
1*
4 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
publicae l)" c. I. Die andern Darstellungen katholischer Historiker
haben alle ihren Grund in der falschen, dogmatischen Vorausset-
zung, dass in Rom zu keiner Zeit eine durch die spätere Entwick-
lung als falsch erwiesene Busspraxis geübt sein könne. Beson-
ders deutlich ist dies bei dem Cardinal Orsi2), welcher behauptet,
das Edict Zephyrins wende sich gegen die von Cyprian ep. 55
erwähnten afrikanischen Bischöfe, welche mit der Verweigerung
der Absolution an Unzüchtige eine unerhörte Neuerung ein-
geführt hätten. Er giebt dem Erlass also nur eine Bedeutung
für Afrika; daher thut er später noch einen weiteren Schritt,
indem er als Verfasser des Edictes einen karthagischen Bischof
annimmt3), da er meint, de pud. 21 nicht auf den römischen
Bischof beziehen zu können. Ihm folgend schreibt Morcelli4)
dasselbe dem karthagischen Bischof Cyrus zu.
Die älteren protestantischen Kirchenhistoriker, die Ver-
fasser der Magdeburger Centurien, Basnage, Gottfried Arnold,
Spanheim, Mosheim erwähnen das Edict gar nicht, wahrschein-
lich weil sie Terts Ironie in der Bezeichnung des römischen
Bischofs als episcopus episcoporum nicht verstanden und daher
die Thatsache, dass derselbe als Primas des Episkopates all-
gemein gültige Verfügungen erlassen habe, mit ihrer Auffassung
der ältesten Kirchengeschichte, wie sie sich auf Grund aller
übrigen Quellen festgeteilt hatte, nicht in Einklang zu bringen
wussten. Zuerst ausdrücklich erwähnt ist das Edict m. W. von
Schröckh 5), der Zephyrin für den Verfasser hält, über die Be-
deutung der Verfügung sich aber nicht weiter auslässt; nur
findet er es bemerkenswert, dass Tert. gegen einen römischen
Bischof so aufzutreten wagt, wie er es in de pud. thut. Der
erste, welcher das Edict bestimmt in einen grösseren geschicht-
lichen Zusammenhang eingliedert, ist Gieseler0); er sieht in
1) Abgedruckt von Barthold Niemeier in seinem Tractatus theologicus
de disciplina ecclesiastica (Helmstedt 1703), wo Sirmonds Ansicht voll-
ständig aufgenommen ist.
2) Dissertatio historica, qua ostenditur catholicam ecclesiam tribus
prioribus saeculis capitalium criminum reis pacem et absolutionem neuti-
quam denegasse. Mailaud 1730. S. 98 ff'.
3) Della historia ecclesiastica 1749. S. 12.
4) Africa christiana 1807. S. 80. 81.
5) Christliche Kirchengeschichte III. 1772. S. 390.
6) Lehrbuch der K. G. 3. Aufl. 1831, 4. Aufl. 1S44. S. 287.
Einleitung. 5
demselben ein bedeutendes Moment in dem Streit über die
montanistischen Unterscheidungslehren, lässt dagegen seine
Bedeutung für die Entwicklung der Bussdisciplin ausser Acht.
Als Verfasser nimmt er mit Orsi einen Bischof von Karthago
an, weil er die Bezeichnung Pontifex Maximus auf eine an-
gemasste, nicht auf eine wirkliche Würde beziehen zu müssen
glaubt; dieser Grund ist natürlich nicht stichhaltig; denn auch
für einen römischen Bischof war eine Primatstellung gegen-
über den anderen Bischöfen in jener Zeit doch eine angemasste
Würde. In dem Streit zwischen der Grosskirche und dem Mon-
tanismus giebt auch Schwegler *) dem Edict eine bedeutsame
Stelle, und zwar betont er mit Recht, dass durch dieses Edict
die katholische Kirche sich in Gegensatz setze gegen die
montanistische Gemeinde der Heiligen; er erkennt damit die
Bedeutung desselben für die Entwicklung des Kirchenbegriffs.
Nicht so klar spricht er sich über den Einfluss desselben auf
die Bussdisciplin aus; auch hier fixiert er richtig den doppelten
Streitpunkt zwischen Kirche und Montanismus, dass nämlich
einerseits die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden, andererseits
die Absolutionsgewalt der Bischöfe controvers war; aber er
hat nicht erkannt, wie die Kirche vor Zephyrin sich den Fleisches-
sünden gegenüber stellte und wie sie das Recht der Vergebung
ausübte. Dass Zephyrin das Edict erlassen hat, hält auch er
für ausgemacht; er setzt es dabei in die ersten Jahre seines
Episkopates und weicht darin nicht bedeutend von Baur2) ab,
der es unentschieden lässt , ob Zephyrin oder sein Vorgänger
Victor der von Tert. gemeinte Pontifex Maximus sei. Baur
geht nun auf die Bedeutung des Edictes sehr ausführlich ein.
Der aus der eschatologischen Stimmung hervorgegangene mon-
tanistische Rigorismus steht im Gegensatz zu der laxeren Sitt-
lichkeit der Grosskirche, welche den Enthusiasmus abgestreift
hat und mit der Welt einen Compromiss schliesst. Es ist nicht
zufällig, dass die Bischöfe die schroffsten Gegner der Mon-
tanisten sind; denn der Episkopat ist selbst ein wichtiges
Moment in dem Process der Verweltlichung der Kirche. Indem
der Montanismus gegen diese reagiert, setzt er sich in Gegen-
1) Der Montanismus und die christliche Kirche 1841. S. 68. 233. 290.
2) Das Christentum und die christliche Kirche in den ersten 3 Jhh.
1853. S. 266 ff.
q Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
satz zu den Bischöfen, deren Interesse es ist, der Kirche eine
sie mit der Welt verknüpfende Verfassung zu geben. Das
Edict des römischen Bischofs bringt dieses Verhältnis unzwei-
deutig zum Ausdruck, indem es sich mit den sittlichen Grund-
sätzen der Montanisten in geraden Widerspruch setzt. „Zwischen
der Transcendenz einer sich nie realisierenden Idee (der Kirche
als Gemeinde der Heiligen) und dem Boden der empirischen
Wirklichkeit, auf welchem sie sich allein zur Realität einer
bestehenden Kirche verwirklichen konute, lag als das erste ver-
mittelnde Moment die in Hinsicht der Vergebung der Todsünden
gemachte Concession. War es unmöglich, dass es gar keine
Sünden gab, so musste es doch wenigstens möglich sein, dass sie
vergeben wurden. Hiermit war zwar die reine Idealität der Kirche
verschwunden aber die Idee der Kirche war praktisch geworden."
Von grosser Bedeutung ist es auch, dass gerade der römische
Bischof die Verweltlichung des Christentums anbahnt; denn in
der römischen Kirche hat sich dieselbe vollendet; hier sehen
wir sie in ihren ersten unschuldigen, durch die Natur der Sache
selbst gerechtfertigten Anfängen. Das Edict des römischen
Bischofs ist „ein Ablassprogramm für Unzuchtsünden, das an der
Spitze der ganzen so berüchtigten Geschichte der römischen
Ablasserteilung steht." Neben dieser dogmenhistorischen Be-
deutung des Edictes steht seine kirchenhistorische; sie ruht in
dem entscheidenden Einfluss, den das Edict auf den Streit
zwischen Montanismus und Grosskirche gehabt haben wird.
Baur hat einerseits die Bedeutung der bischöflichen Verfügung
für die Bussdisciplin, andererseits die Bedeutung dieser letzteren
für die Geschichte der Kirche richtig erkannt; indem durch den
Erlass eine geordnete Busspraxis angebahnt wird, wird damit
zugleich dem Enthusiasmus der Montanisten ein Damm ent-
gegengesetzt und ein grosser Schritt zur Einbürgerung der
Kirche in die Welt gethan. Freilich hat er dabei die Wichtig-
keit des Edictes als solchen überschätzt, indem er dasselbe als
entscheidenden Factor einer Entwicklung auffasst, für welche es
nur als Symptom gelten kann.
Eine andere Auffassung von der Bedeutung des Edictes
für die Bussdisciplin hat Ritschi !) , der hinsichtlich des Ver-
1) Entstehung der altkatholischen Kirche. 2. Aufl. 1857.
Einleitung. 7
fassers sich der herkömmlichen Ansicht anschliesst. Er sieht
nämlich im Hirten des Hermas und in Tert.s katholischer Schrift
de paenitentia (c. 7) die Thatsache bezeugt, dass schwere Sünder
d. h. hier Unzüchtige einmal eine Busse leisten konnten, welche
die Wiederaufnahme in die Kirche zur Folge hatte (S. 370. 71),
und erblickt die Neuerung Zephyrins darin, dass er die Be-
schränkung der Busse für Fleischessünden auf ein einziges Mal
aufgehoben habe (S. 514). Allein dies ist in dem Erlass gar
nicht ausgesprochen und, wie sich zeigen wird, sogar ziemlich
unwahrscheinlich. Bestimmter als Baur legt er dar, welche
Bedeutung das Edict für die Entwicklung der Ansprüche des
Episkopates hat; es bedeutet einen Fortschritt insofern, als
neben der bisher schon anerkannten Lehrauctorität desselben
jetzt die Ausübung der Schlüsselgewalt aus einer umfassenderen
Deutung des Begriffs der apostolischen Succession abgeleitet
wurde (517).
Während Lipsius1) mit Baur die kirchengeschichtliche
Bedeutung des Edictes, dessen Abfassung durch Zephyrin er
etwa in das J. 205 setzt, in der damit vollzogenen definitiven
Ausscheidung der Montanisten aus der Kirche sieht, meint
Hauck2); nach dessen Ansicht Montanisten und Katholiker
schon z. Z. der Schrift adv. Praxeam als gesonderte Gemein-
schaften bestehen, der von Tert. als Edict mitgeteilte Satz sei
aus einem Schreiben Zephyrins entnommen, in welchem er der
karthagischen Gemeinde auf ihre Anfrage, wie man sich den
Unzüchtigen gegenüber stellen sollte, wenn man auf montanistisch
gesinnte Glieder der Gemeinde Rücksicht zu nehmen habe, Ant-
wort erteilt habe, indem er ihr sein im Laufe seines Episko-
pates erprobtes Verfahren gegen die Unzüchtigen darstelle.
Demgemäss hat die Erklärung des römischen Bischofs nicht im
entferntesten die entscheidende Bedeutung; für die Entwicklung
der Bussdisciplin und des Kirchenbegriffs, auch nicht für die
Auseinandersetzung zwischen Kirche und Montanismus, welche
Baur ihr beilegt. Wenn diese Auffassung auch im wesentlichen
nicht haltbar sein dürfte, so regt sie doch zu der Frage an,
ob die Verfügung des römischen Bischofs wirklich als per-
1) Chronologie der römischen Bischöfe 1869. S. 1<5.
2) Tertullians Leben und Schriften 1877. S. 390.
8 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
eraptorisclies Edict ergangen ist und als solches betrachtet sein
will, oder ob diese Bezeichnung nicht auch mit zu der Ironie
Tert.s gehört. Dass es sich um einen wirklichen Erlass handelt,
kann freilich nicht in Zweifel gezogen werden, und wenn
Langen1) glaubt, ein solcher habe überhaupt .nicht vorgelegen,
sondern Tert. bringe nur das von dem römischen Bischof still-
schweigend gegen die Unzüchtigen eingeschlagene mildere Ver-
fahren unter dieser Form zur Darstellung, so dürfte er damit
aus den Grenzen einer besonnenen Kritik der Quellen heraus-
getreten sein.
Bisher ist ein Problem unerwähnt geblieben, welches der
Forschung durch den Bericht Hippolyts in seinem 1850 ent-
deckten Werk, den Philosophumena, gestellt ist. Er erzählt
nämlich von dem römischen Bischof Kailist: Toiavra o yör\g
roXfitjGag övp£öT7jöaro didaöxalslov xara rT/g txxXrjoiag ovrwg
öiöai-ag xal oigcörog rä xqcq rag tjöovag rolg av&Qcojioiq
ovyyroQüv lüttvorjot, Xeyoov jiäoiv vjc* avxov äcplaö&cu a^agriag.
Es fragt sich nun, wie sich das Absolutionsedict Zephyrins zu
dem von Kallist gewährten Ablass verhält. Dieser Frage ist
Döllinger2) zuerst näher getreten. Als Verteidiger Kallists gegen
die Anklagen Hippolyts stellt er die Sachlage so dar, als ob
Kallist mit seinem allgemeinen Ablass nur eine Inconsequenz
Zephyrins beseitigt habe; dieser habe die rigorose Bussdisciplin,
welche bisher in der Kirche bestanden, durch sein Edict in Be-
ziehung auf die Unzuchtsünden gemildert, indem er die Ehe-
brecher nach voraufgegangener Busse wieder aufgenommen; diese
Massregel erwies sich aber als eine Halbheit und die Ausdehnung
der Indulgenz auf alle Sünden durch Kallist sei die notwendige
Folge derselben gewesen. Der Ansicht Döllingers folgt Hage-
mann15) in allen Punkten, auch darin, dass er das Edict an den
Anfang des Episkopates Zephyrins setzt, eine Annahme, welche
notwendig ist, um den Fortschritt, welchen Kallist über seinen
Vorgänger hinaus macht, erklärlich zu finden. Aber diese Dar-
stellung ist doch kaum haltbar; denn 1. ist es sehr auffallend,
dass Hippolyt den Erlass Zephyrins gar nicht erwähnt, für den
1) Die Geschichte der römischen Kirche bis Leo I.
2) Hippolytus und Kallistus 1853. S. 126 ff.
3) Die römische Kirche und ihr Einfluss auf Disciplin und Dogma 1864.
S. 54 ff.
Einleitung. 9
er auch, wie er es sonst thut, seinen Gegner Kaliist, der seines
Vorgängers geistig überlegener Berater war, verantwortlich
machen konnte. 2. widerspricht der Ansicht, dass Kailist für alle
Sünden Vergebung gewährt habe, die Thatsache, dass noch zur
Zeit Cyprians die Wiederaufnahme von Götzendienern streitig ist.
Von ähnlichen Bedenken ausgehend hatte De Rossi *) schon
1S66 den Nachweis zu liefern gesucht, dass Kaliist der Verfasser
des von Tert. bekämpften Edictes sein müsse und dass sich der
Bericht Hippolyts über den von seinem Rivalen gewährten Ab-
lass eben auf dieses Edict beziehe. Dieser Nachweis hatte aber
wenig Beachtung gefunden, bis Harnack2) mit wesentlich den-
selben Argumenten wie De Rossi, welche aber durch eine
bessere chronologische Fixierung der Schriften Tert.s mehr Halt
bekamen, die Ansicht des italienischen Forschers nachdrücklich
vertrat. Unabhängig hiervon hat auch Jungmann3) den unge-
nannten römischen Bischof in de pudicitia mit dem von Hippo-
lyt wegen seiner Laxheit bekämpften Kailist identifiziert unter
Zustimmung Funks 4). Durch Harnack ist die Autorschaft
Kallists fast zur allgemeinen Anerkennung gebracht. Bonwetsch5)
hat seine frühere Ansicht darnach corrigiert, und Nöldechen6)
hat durch eine erneute Untersuchung über die Abfassungszeit
der Schriften Tert.s das von Harnack gefundene Resultat als
richtig erkannt und durch Beibringung vieler Einzelzüge sicher
gestellt, sodass Preuschen") in seiner Abhandlung über die Buss-
disciplin die Frage als entschieden ansehen konnte.
Die Gründe zu dieser Annahme liegen einmal in den oben
erwähnten Bedenken, sodann aber in der Chronologie der Schriften
Tert.s und dem Berichte Hippolyts selbst. Es ist erwiesen, dass die
antikatholischen Schriften Tert.s hinter seine antignostischen zu
setzen sind und de pudicitia jedenfalls an das Ende seiner schrift-
1) Bulletino arch. christ. 1866. S. 26.
2) Zs. für Kirchengeschichte II 1878. S. 582. Herzogs R.E2 VIII. 420
(Lapsi) X 652.
3) Dissertationes selectae in liistoriam ecclesiasticam I 1880. S. 201.
4) Tüb. Theol. Quartalschr. 1884. S. 268 (Zur altchristlichen Bussdisciplin).
5) Die Geschichte des Montanismus 18S1. S. 42.
6) Texte und Unters. V 1889: Die Abfassungszeit der Schriften Tert.s.
S. 132. 150.
7) Tert.s Schriften de paenitentia und de pudicitia mit Rücksicht auf
die Bussdisciplin untersucht. Giessener Dissertation. 1890.
jQ Rolfl's, Das Indulgenz-Edict.
stellerischen Laufbahn gehört, wo die älteren katholischen Ge-
lehrten ihr auch von jeher ihren Platz angewiesen haben; zwischen
dem Edict Zephyrins und der Ablassverkündigung Kallists läge
daher höchstens ein Zwischenraum von fünf Jahren, welcher
den Fortschritt in der Entwicklung nicht genügend erklärt.
Hippolyt berichtet aber ferner gar nicht, dass Kailist allen Sün-
dern Vergebung gewährt, sondern er erzählt nur von seiner
Nachsicht gegen ,.ra jzqoc, zäc fjöoväq* ; dies können aber nur
die Fleischessünden sein. Er berichtet demnach von Kailist
ganz dasselbe, was Tert. dem ungenannten Bischof vorwirft;
dieser wird also mit jenem identisch sein.
Die Frage nach dem Verfasser des Edictes ist nicht gleich-
gültig für die Würdigung der Bedeutung desselben; denn da
das Bild Kallists durch Hippolyts Bericht für uns bestimmte Züge
bekommen hat, so müssen wir bei der Beurteilung des Erlasses
von dieser Persönlichkeit ausgehen und ihn im Zusammenhang
mit seinen übrigen Massnahmen betrachten. Als Bischof einer
von Parteien zerklüfteten Gemeinde war er darauf bedacht, die
kirchliche Einigkeit möglichst zu wahren; wie er durch seine
Glaubensformel die gemässigten Monarchianer mit den gemässig-
ten Anhängern der Logoschristologie in der römischen Gemeinde
zu versöhnen suchte und auch wohl wirklich versöhnt hat1), so
suchte er durch sein Indulgenzedict seine Gemeinde möglichst
auszudehnen und die mit derselben concurrierenden Gemeinden
zu sprengen; auch dies scheint ihm bis zu einem gewissen Grade
gelungen zu sein.2) Ist dies der kirchenpolitische Zweck des
Edictes, so liegt seine kirchengeschichtliche Bedeutung in der
Ausscheidung des Montanismus, dessen Lebenskraft erloschen
war. Diese Ausscheidung war die notwendige Folge der darin
vollzogenen antimontanistischen Umbildung des Kirchenbegriffs,
und diese wird durch zwei Punkte bezeichnet: 1. Aus einer Gemein-
schaft der Heiligen wird die Kirche zu einer Erziehungsanstalt
zum Heil. 2. Die Vorstellung von den freien Wirkungen des Gottes-
geistes wird vertauscht mit der Idee des apostolischen Amtes.
Der neue Kirchenbegriff bildet die Grundlage für eine an feste
Regeln gebundene Bussdisciplin und damit den Ausgangspunkt für
die Entwicklung derselben zu dem katholischen Busssacrament.
1) s. Hamack, Dogmengeschichte I 054 f.
2) ebenda S. 308.
Einleitung. \ \
Über die Form desEdictes sind die verschiedensten Ansichten
zu Tage getreten. Es ist nur Rigaltius [ i, welcher in dem Satz :
Ego et moechiae et fornicationis delicta paenitentia functis di-
mitto, eingeleitet durch die Worte: episcopus episcoporum edicit
das ganzeEdict sieht. Baronius2) vermutet darin ausser diesem Satz
Bestimmungen über die Zulässigkeit der (successiven) Bigamie
und eine Berufung auf das Beispiel Christi und des Paulus. Mor-
celli scheint den von Tert. citierten Satz auf dessen Autorschaft
zurückzuführen; auch Neander glaubt darin nicht die originale
Form des Erlasses sehen zu dürfen. Schwegler (S. 290) meint in
diesem Satz wenigstens nicht das vollständige Edict vor sich zu
haben. Bonwetsch (S. 110) vermisst darin eine Ausführung Kal-
lists, in welcher er sich als Nachfolger der Apostel und Verwalter
der kirchlichen Absolutionsgewalt dargestellt habe. Auch Hauck
(S. 390) erkennt in dem von Tert. überlieferten Satz das einem
längeren Zusammenhange entnommene Stück eines von dem
römischen Bischof an die Karthagische Gemeinde gerichteten
Schreibens. Hagemann (S. 54) kommt zu der Überzeugung,
dass derselbe mit seinem Erlass eine dogmatische Beoründuna-
verbunden habe, die in Tert.s Gegenschrift uns in ihren wesent-
lichsten Stücken erhalten sei; einen Beweis dafür liefert er aber
nicht und verfährt bei der Ermittelung der angeblichen Argu-
niente des Bischofs mit solcher Kritiklosigkeit, dass seine Auf-
stellungen wertlos sind3). Ebenso hat Preuschen es ohne Beweis
1) Opera Tert. 1744. S. 555.
2) a. a. 0. S. 517. 518.
3) S. 55 schreibt er: „Wenn dann sofort das Edict die Bestimmung
enthält: aliqua paenitentia caret venia, nämlich Idololatrie und Mord, so
behauptet der Papst doch andererseits, dass es an sich in seiner Macht
stehe, auch diese Sünden zu vergeben, wovon er aber wegen der Verfolgung
keinen Gebrauch machen wollte." Tert. sagt aber: Sed prius decidam
intercedentem ex diverso responsionem ad eam paenitentiae speciem, quam
cum maxime definimus venia carere. Si enim, inquiunt, aliqua paenitentia
caret venia, iam nee in totuni agenda tibi est etc. etc., also genau das
Gegenteil von dem, was H. herauslesen will. Dasselbe begegnet ihm noch
einmal, wo er schreibt: „Ferner gründet er seine Lehre — — auf
1 Joh. 1 7. s und 2 ! ff — Stellen, welche nach der Überzeugung des
Papstes beweisen, dass wir sündigen, aber auch Verzeihung erhalten können
— und auf Hebr. 6 j. 4_s." Man lese aber, wie Tert. die letztere Stelle
einführt: „Disciplina igitur apostolorum proprie quidem instruit ac de-
terminat principaliter sanetitatis omnis erga templum dei antistitem ad
12 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
als ausgemacht angesehen, dass die in de pud. bekämpften Argu-
mente aus dem Edict selbst entnommen sind, und hat in einem
Excurs eine Reconstruction desselben zu geben versucht; allein
damit, dass er die einzelnen Stellen, in welchen Tert. die Gründe
seiner Gegner citiert oder darüber referiert, einfach in der Reihen-
folge, wie sie in de pud. erscheinen, abdruckt, ohne irgendwie
zu versuchen, die Gedankenverbindung herzustellen, dürfte doch
kaum wirklich der Versuch einer Reconstruction gemacht sein,
und wenn man kein anderes Resultat erreichen könnte, so müsste
man eingestehen, dass es für uns unmöglich sei, ein Bild der
von Tert. widerlegten Schrift zu gewinnen. Trotzdem hält nun
Harnack1) eine Reconstruction derselben für möglich; er hält es
freilich noch nicht für erwiesen, dass diese Schrift ein Teil des
Edictes gewesen sei; auch steht ihm die Verfasserschaft Kallists
für dieselbe noch nicht unbedingt fest; er hält es vielmehr für
möglich, dass sie von einem Anhänger des Bischofs unter seiner
Approbation zur Verteidigung des Erlasses geschrieben sei. Auch
Nöldechen2) nimmt nicht einen motivierten Erlass an, sondern
hält es für wahrscheinlich, „dass neben dem Edict Kampfschriften
ausgingen, die für dasselbe in dessen Verteidigung sich auslegten;"
eine römische Schriftauslegung erkennt auch er an mehreren
Stellen. — Schwebende Fragen giebt es also hauptsächlich noch
wegen der Form des Edictes3); aber auch in Bezug auf den
Inhalt und die Bedeutung ist im einzelnen vieles noch nicht klar
gestellt. Zur Lösung der bei eingehenderer Betrachtung auf-
tauchenden Probleme möchte die folgende Untersuchung einen
Beitrag bieten.
ubique de ecclesia eradicandum omne sacrilegiura pudicitiae sine ulla re-
stitutionis mentione. Yolo tarnen ex redundantia alicuius etiam comitis
apostolorum testimonium superducere, idoneurn confirmandi de proxinio iure
disciplinam magistrorum. Exstat enim et Bamabae titulus ad Hebraeos
folgt Hebr. 6 t. 4_8. Damit dürfte das absprechende Urteil ge-
nügend gerechtfertigt sein.
1) Ztschr. für Tbeol. und Kirche, 1891. Heft II. S. 119 ff.
2) Stud. und Krit. 1888. S. 341.
3) s. z. B. Müller, Grundriss der Kirchengeschichte 1892. Bd. I. S. 117
Anm. : Demnach könnte es scheinen, als ob die persönliche Zuspitzung des
Kallistischen Anspruchs in c. 1 und c. 21 auf Tertullians Rechnung zu
setzen wäre.
I. Inhalt der Schrift de pudicitia.
Der Sittenlosigkeit der Zeit entsprechend, in welcher die
Schadhaftigkeit durch die Unzucht vernichtet zu sein scheint,
hat der Pontifex Maximus, der episcopus episcoporum, ein Edict
erlassen, in welchem er peremptorisch verfügt: „Ich vergebe
die Sünden des Ehebruchs und der Hurerei denen, die Busse
gethan haben." Damit ist der Ruhm der Kirche, die unbefleckte
Braut Christi zu sein, vernichtet, und die Erlaubnis zur Wieder-
holung der Ehe, durch welche man angeblich den Fleisches-
sünden vorbeugen wollte, hat ihren Zweck verfehlt, (c. 1.)
Übrigens sucht man diese Massregel zu verteidigen, indem
man aus der Schrift nachweist, dass Gott als der gütige und
barmherzige auch von den Menschen Barmherzigkeit für die
Sünder fordere; man vergisst dabei nur, dass Gott auch der
heilige und gerechte ist, welcher gewissen Sündern die Ver-
gebung zu verweigern von uns verlangt, indem er uns zwischen
lässlichen und Todsünden zu unterscheiden anweist, (c. 2.)
Bevor festgestellt wird, zu welcher Art die Fleischessünden
gehören, ist einem Einwand der Gegner entgegenzutreten. Sie
sagen: eine Busse ohne Vergebung kann Gott als etwas zweck-
loses nicht von uns fordern; da nun aber alle Sünder von ihm
zur Busse gerufen werden, so müssen auch alle Vergebung
empfangen. Dieser Einwand kann nur von denen erhoben
werden, welche die Gewalt dem Büssenden zu vergeben wider-
rechtlich für sich in Anspruch genommen haben. Wenn die
Gemeinde auch gewissen Sündern nicht verzeihen kann, so ist
doch bei Gott ihre Busse nicht vergeblich, (c. 3.)
Die Sünden der moechia und fornicatio, unter welchen
Worten alle Fleischessünden befasst sind von der bei der Kirche
nicht angemeldeten Ehe bis zur widernatürlichen Unzucht (c. 4 ,
sind nun dadurch als unvergebbar gekennzeichnet, dass sie im
14 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
Gesetz mitten zwischen Götzendienst und Mord eingeklemmt
sind; mit dem Götzendiener und Mörder wird auch der Ehe-
brecher unwiderruflich vom Gesetz verdammt; erhält er aber
Vergebung, so ist es consequent, auch den beiden andern ihre
Schuld zu verzeihen, (c. 5.)
Für eine besondere Behandlung der Unzüchtigen darf man
sich nicht auf alttestamentliche Stellen berufen; denn Gesetz
und Propheten gelten nur bis auf Johannes; in der christlichen
Zeit ist das Gesetz nur in der sittlichen Vertiefung gültig?
welche ihm Christus gegeben hat, der, nicht aus Fleischessamen
gezeugt, auch nicht wie Adam zum lignum incontinentiae,
sondern zum lignum tolerantiae herangetreten ist. (c. 6.)
Den Ausgangspunkt für ihre Argumentation mögen die
Gegner bei den Parabeln des Herrn nehmen, zu deren Inter-
pretation sie immerhin die Abbildungen des guten Hirten auf
den Abendmahlskelchen verwenden mögen. Ihre Auslegung,
wonach das verlorene Schaf eigentlich ein Christ, die Herde
das Volk der Kirche, der gute Hirte Christus sei, wird dadurch
als falsch erwiesen, dass sie das historische Verständnis des
Gleichnisses, — welches gesprochen ist, um das Murren der
Pharisäer über den Verkehr Christi mit den heidnischen Zöllnern
zu strafen, — unmöglich macht. An demselben Irrtum krankt
die Auslegung der Parabel vom verlorenen Groschen, mag auch
die Deutung des Hauses auf die Kirche und des Lichtes auf
das Wort Gottes viel Bestechendes haben. Aber wenn auch
die Gleichnisse nicht, wie es doch die geschichtliche Situation
verlangt, auf die Aufnahme der Heiden in die christliche Ge-
meinde, sondern, wie die Gegner wollen, auf die Wiederauf-
nahme eines gefallenen Christen zu beziehen wären, so wären
doch sicher die Unzüchtigen davon ausgeschlossen, denn sie
sind nicht verirrt oder verloren, sondern tot. Verloren sind
solche, welche sich leichtsinnig in heidnisches Leben einlassen;
bei solchen gilt der Grundsatz: es muss wiedergesucht und
zurückgerufen werden; was wiedergewonnen werden kann, ist
nur verloren, wenn es draussen bleibt. Wenn die Gegner die
Ez. 342 ff über die pflichtvergessenen Hirten ausgesprochene
Drohung auf die Härte der Bischöfe gegen LTnzüchtige beziehen,
so sind sie auch damit im Irrtum; denn auch hier ist von ver-
lorenen, nicht von toten Schafen die Rede. (c. 7.)
I. Inhalt der Schrift de pudicitia. 15
Den Fehler so vieler Gleichniserklärer , sich durch alle-
gorische Ausdeutung der Einzelheiten das Verständnis des Haupt-
punktes zu verschliessen , begehen auch die Gegner bei der
Auslegung der Parabel vom verlorenen Sohn, wenn sie in dem
älteren der beiden Söhne die Juden sehen wollen, weil sie
früher von Gott erwählt, den Christen um die Versöhnung mit
ihm beneiden, und demgemäss in dem jüngeren einen Christen
abgebildet finden. Die Züge des älteren Sohnes passen so
wenig auf den Juden, dass man eher noch die umgekehrte
Deutung versuchen könnte; jede Auslegung führt zu falschen
Resultaten, die nicht von dem eigentlichen Gegenstand der
Parabeln ausgeht, (c. S.)
Wenn man so die Gleichnisse von dem zu Grunde liegenden
Stoff aus interpretiert und einzelne Züge nicht gewaltsam presst,
so muss man alle drei Gleichnisse in Luc. 15 auf die Heiden
deuten; denn die Zöllner, auf welche dieselben nach der In-
tention Christi angewendet werden sollen, waren Heiden und
die mit ihnen zusammengestellten „Sünder" ebenfalls. Aber
die Deutung des Gleichnisses vom verlorenen Sohn auf einen
Christen ist auch wegen der für die christliche Sittenzucht darin
liegenden Gefahr abzulehnen. Denn wenn der jüngere Sohn
ein Christ ist, welcher das vom Vater empfangene Vermögen
d. h. die in der Taufe mitgeteilten Gnadengaben vergeudet in
heidnischem Leben und aus dem Dienst des Fürsten der Welt
zurückkehrend zum Vater Vergebung findet, so können auch
Götzendiener und Abtrünnige das neue Gewand, die Ausrüstung
mit dem heil. Geist, und den Ring, das Zeichen der Rein-
waschung empfangen. Auf die Heiden ist daher das Gleichnis zu
deuten; sie haben den Schatz ihrer natürlichen Gotteserkenntnis
verschwendet, und um ihrer ersten Aufnahme willen werden sie
von den Juden beneidet, welche natürlich nicht zu der Wieder-
aufnahme eines Christen in die Gemeinde scheel sehen, (c. 9.)
Der gegen diese Auslegung erhobene Einwand, dass die
Heiden, welche ihr sittliches Verderben nicht erkannt hätten,
unmöglich zur Busse aufgerufen werden könnten und dass Gott
doch zuerst den Seinen seine Gnade in der Busse anbiete, wird
widerlegt durch die Geschichte des Jonas und die Predigt des
Täufers. Mit solcher Erwägung kommt man zu der Behaup-
tung, dass Gott, der gerechte Richter, lieber die Busse als den
IQ Rolfi's, Das Indulgenz-Edict.
Tod des Sünders will, welcher in seiner Selbstentscheidung
den Tod der Busse vorgezogen hat. Freilich würde sich diese
Anschauung aus dem „Hirten" belegen lassen; aber der ist
aus dem Kanon gestrichen, und gegen ihn stehen die Schriften
des wahren Hirten, welcher sich über die Busse Mt. 3S unzwei-
deutig ausspricht, (c. 10.)
Der Verkehr Jesu mit ehebrecherischen Frauen beweist
nichts für das Recht der Menschen, Unzuchtsünden zu vergeben;
denn 1. ist die Macht des Herrn nicht ein Recht der Gemeinde
und 2 beginnt die christliche Disciplin erst mit der Erkauf ung
des Fleisches d. h. mit dem Leiden Christi, (c. 11.)
Da die Gegner die Gebote des Parakleten als eines dem
Geist der Apostel fremden Geistes verwerfen, so müssen sie
aus den apostolischen Schriften die Yergebbarkeit der Fleisches-
sünden nachweisen: ein aussichtsloses Unternehmen, da man
darthun müsste, dass die Apostel von dem Beschluss des Apostel-
concils, wonach Götzendienst, Ehebruch, Mord in der Gemeinde
nicht geduldet werden soll, später abgewichen seien, (c. 12.)
Dies behaupten die Gegner nun auch, indem sie sagen,
Paulus habe den Blutschänder, welchen er nach 1 Cor. 5 dem
Satan übergeben, nach 2 Cor. 2 wieder in die Kirche aufge-
nommen. Allein 2 Cor. 2 kann gar nicht von dem Blutschän-
der die Rede sein. Es ist ferner ganz falsch, in dem Ausdruck:
..ich übergebe ihn dem Satan zum Verderben des Fleisches"
interitus carnis von der Kirchenbusse zu verstehen und „dem
Satan übergeben" in „aus der Gemeinde ausschliessen" umzu-
deuten. Die Berufung dafür auf 1 Tim. 120 und 2 Cor. 127 ist
ganz nichtig, da die drei Stellen völlig disparat sind. Auch der
Zusatz „dass der Geist bewahrt werde am Tage des Herrn",
beweist nicht, dass unter interitus carnis eine Busse, auf die
Vergebung folgt, zu verstehen sei, denn der Geist ist der heil.
Geist der Gemeinde, (c. 13.)
Der Sünder, welcher von Paulus 2 Cor. 2 Vergebung empfängt,
kann nicht der 1 Cor. 5 bezeichnete Blutschänder sein, sondern
er ist einer von denen, welchen im ersten Brief vorgeworfen
wird, dass sie sich gegen den Apostel aufgebläht haben. Es
wird nicht die über den Blutschänder verhängte damnatio,
sondern die dem inflatus erteilte castigatio aufgehoben, (c. 14.)
I. Inhalt der Schrift de pudicitia. y\
Wenn man die übrigen Gedanken des zweiten Corinther-
briefes herbeizieht, so ergiebt sich auch daraus, dass Paulus den
Incest nicht vergeben haben kann; denn hier wird auf das be-
stimmteste jede Gemeinschaft zwischen Licht und Finsternis,
rein und unrein zurückgewiesen, und nach diesem Grundsatz
muss sowohl die Stelle 2 Cor. 25_11, als auch 2 Cor. 12 2l er-
klärt werden, (c. 15.)
Von dieser im zweiten Corintherbrief unzweideutig ausge-
sprochenen Stellung zu den Fleischessünden weicht der Apostel
in keinem seiner andern Briefe ab. Überall wird die Reinheit
des Christen betont, welche durch keine Unzucht befleckt werden
darf, so besonders im ersten Corintherbrief, wo selbst die Ehe
nur erlaubt wird um der Schwachheit des Fleisches willen, bei
solchen Grundsätzen hat der Ehebruch auf keine Nachsicht zu
rechnen, (c. 16.) Aber auch in allen übrigen Briefen des
Apostels wird die Unzucht aufs schärfste verurteilt, sodass
Paulus dieselbe unmöglich vergeben haben kann. (c. 17.)
Man könnte einwenden, in allen beigebrachten Stellen sei
zwar das Laster der Unzucht verurteilt, aber damit sei dem
Unzüchtigen die Vergebung noch nicht abgeschnitten; allein
dagegen steht Prov. 6:V2, und wenn man behauptet, diese Stelle
beziehe sich auf die Heiden, so lassen sich andere beibringen
wieJes. 52 „ Ps. ltf. 26 4 f. 18 26 50lfiff. 1 Cor. 59 1 Tim. 5,,
Eph. 57. u 2 Thess. 36, gegen die sich dieser Einwand nicht
erheben lässt. Diesen Stellen kann man auch nicht mit der
Behauptung ausweichen, bei der Verdammung des Sünders sei
gemäss der Güte Gottes seine Wiederaufnahme nach erfolgter
Busse vorbehalten; denn 1. werden niemals die Bedingungen ge-
nannt, unter denen jemand verdammt wird, 2. gilt die Barm-
herzigkeit Gottes, welche 'lieber die Busse als den Tod des
Sünders will, nicht den Getauften, sondern den Heiden. Nach
der Taufe giebt es nur noch eine Busse für leichtere Sünden,
die vom Bischof vergeben werden können, für schwere Sünden
kann nur Gott auf wahre Busse hin Vergebung gewähren, (c. 18.)
Aber weshalb soll man Paulus aus sich selbst erklären,
da man ihn doch durch Johannes interpretieren kann! Dieser
scheint freilich den Gegnern Recht zu geben, da er doch offen-
bar dem hurerischen Weibe Apoc. 2 >o eine Frist zur Busse ge-
setzt hat. Dagegen ist zu sagen, dass vielmehr die deutliche
Texte u. Untersuchungen XI, 3. 2
lg Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
Meinung des Paulus die Grundlage für das Verständnis der
weniger klaren Anschauung des Johannes abgeben muss. Bei
genauer Exegese findet man dann, dass es sich nicht um ein
hurerisches, sondern um ein häretisches Weib handelt, welches
natürlich nach geleisteter Busse in die kirchliche Gemeinschaft
aufgenommen werden kann. Wie Johannes über die Unzüch-
tigen urteilt, geht aus Apok. 217.8 22 14 hervor. Das Citat
aus dem Brief des Johannes 1 Joh. 17, welches die Gegner
aus dem Zusammenhang gerissen anführen, sagt für die Ver-
gebung schwerer Sünden nichts aus, sondern hier ist die von
Johannes selbst festgestellte Unterscheidung von Todsünden
und leichten Übertretungen der Schlüssel zum Verständnis
(1 Joh. 516); nur die letzteren sind 1 Joh. 1 7 ff. gemeint, (c. 19.)
Den Zeugnissen der Apostel steht das eines Apostelschülers,
des Barnabas, zur Seite, welcher Hebr. ßl. 4_g die Möglich-
keit der zweiten Busse für Todsünden verneint, weil er Lev. 13 12
14 30 in der richtigen Weise auslegt, (c. 20.)
Aber selbst wenn die Apostel Fleischessünden erlassen, so
würde daraus nichts folgen für das Recht des Bischofs, solche
Sünden zu vergeben. Es ist zu unterscheiden zwischen apo-
stolischer „disciplinau und apostolischer „potestas". Für die
erstere gilt der Grundsatz „non communicandum operibus te-
nebrarurn"; sie allein kann von den Bischöfen ausgeübt werden;
die potestas der Apostel besitzt nur der, welcher wie sie den
heil. Geist hat. Denn nur Gott kann Sünden vergeben, der
Mensch also nur, wenn er Träger einer Offenbarung Gottes
ist. Wenn daher einer Sünden vergeben will, so muss er sich
auch als Prophet ausweisen können. „Aber die Gemeinde hat
die Gewalt, Sünden zu vergeben'1, wendet man ein; freilich, dies
giebt auch der Paraklet zu ; aber er sagt zugleich, dass er dieses
Recht nicht zur Anwendung gebracht wissen will, um nicht
noch mehrere zum Sündigen zu verleiten. Ausserdem muss der
Bischof erst begründen, warum er in diesem Fall als Vertreter
der Gemeinde auftreten kann. Wenn er sich dafür auf Mt. 16 18
beruft, so verdreht er die Meinung des Herrn, welcher das
Recht zu binden und zu lösen auf Petrus persönlich übertragen
hat. Dieses Recht hat Petrus ausgeübt durch Gründung der
ersten Gemeinde, Bestrafung des Ananias, Heilung des Lahmen
und sein Eintreten für die Freiheit der Heiden vom Gesetz,
I. Inhalt der Schrift de pudicitia. 19
nicht aber durch Vergebung von Todsünden. Für die bischöf-
liche Kirche folgt aus diesem Recht des Petrus gar nichts,
sondern seine Gewalt haben nur die, welche wie er als Apostel
oder Propheten Träger des Geistes Gottes sind. Die Kirche
wird daher zwar Sünden vergeben, aber die Kirche, welche
identisch ist mit dem Geiste Gottes, nicht die Kirche als
numerus episcoporum. (c. 21.)
Auch den Märtyrern sprechen die Gegner das Recht zu,
Sünden zu vergeben, aber es geht nicht an, auf sie ein Recht
zu übertragen, welches Gott allein besitzt. Nur Jesus, der
sündlose, konnte durch sein Leiden für die Sünden anderer
genugthun; der Märtyrer kann durch seinen Tod nur die eignen
Sünden sühnen. Wenn man behauptet, Christus sei durch
seinen Geist in den Märtyrern, so mögen sie dies durch Zeichen
beweisen, wie Christus sich auch durch solche als der legitimierte,
der Sünden vergeben konnte. Man giebt übrigens damit, dass
man von den Märtyrern Verzeihung für die Todsünder erbittet,
zu, dass solche Sünden nur durch das Martyrium gesühnt werden
können; das Martyrium ist die zweite Taufe, die Bluttaufe,
durch welche allein alle Makel abgewaschen werden. Will
man einem Todsünder verzeihen, so möge man den, der unter
Folterqualen wider Willen seinen Glauben verleugnet hat, wieder
aufnehmen, nicht den, der leichtfertig in Wollust mit seiner
Keuschheit seinen Christenstand aufgab, ic. 22).
II. Die Verfügung des Kailist.
1. Die Verfügung ihrem Inhalt nach.
Tertullian bezeichnet die von dem römischen Bischof er-
lassene Erklärung als „edictum peremptorium". Edicte sind
öffentlich bekannt gemachte Verfügungen der magistratus
populi romani. ') Zur Zeit der römischen Republik und im
Beginn der Kaiserzeit hatte die grösste Bedeutung das Edict
des Prätors, in welchem derselbe die Grundsätze bekannt machte,
welche er bei Handhabung seiner Jurisdiction zu befolgen be-
1) vergl. Sohrn, Institutionen S. 47.
20 Rolfl's, Das Indulgenz-Edict.
absichtigte. Nachdem aber der Kaiser Hadrian die durch die
fortlaufenden Edicte gebildete und stetig erweiterte juristische
Tradition im „edictum perpetuum" hatte fixieren lassen, war
das Prätorenedict belanglos geworden, und Tert. setzt den Er-
lass Kallists deshalb auch nicht in Analogie zu diesem, sondern
zu dem Edict des Kaisers. Die kaiserlichen Edicte gingen aus
dem Recht der Verfügung hervor, welches den Kaisern gleich
den Magistraten zustand.1) Durch seine Edicte in Privatrechts-
fragen machte der Kaiser die Grundsätze bekannt, nach welchen
er in solchen Fällen seine Gewalt zu handhaben beabsichtigte.
Die Form solcher kaiserlichen Edicte war in den Grundzügen
feststehend; dem Edict wurde der Name des edicierenden
Kaisers mit dem vollen Amtstitel vorangeschickt: Imperator
Caesar [Name und Titulatur] . . . dicit; darauf folgt der Tenor
der Bestimmungen, in welchem der Kaiser immer in der ersten
Person spricht, indem er die in der „lex" gebräuchliche dritte
Person des Imperativs vermeidet.2) An diese Form schliesst
sich nach Tert. der Erlass des römischen Bischofs aufs genaueste
an: Pontifex [scilicet] Maximus, quod est episcopus episcoporum,
edicit: Ego et moechiae et fornicationis delicta paenitentia
functis dimitto. Die Annahme des Rigaltius (s. S. 11), dass die
Verfügung Kallists im Wesentlichen so gelautet habe, kann
heute nicht mehr verteidigt werden, da sich der römische Bischof
in jener Zeit schwerlich das Prädikat „episcopus episcoporum"
beigelegt haben kann; wenigstens bezeichnet es die afrikanisch-
numidische Synode, welche 256 unter Cyprians Vorsitz in der
Ketzertauffrage gegen den römischen Bischof Stephanus Stellung
nahm, als ein bis dahin unerhörtes Vorkommnis, dass ein
Bischof sich eine Stellung über den andern anmasst.3) Es ist
nicht mehr fraglich, dass die Einleitung zu dem Satze „Ego et
etc." von Tert. herrührt und in bitterster Ironie gemeint ist.
Die genaue Annäherung an die Form des kaiserlichen Edictes
ist also nicht auf Rechnung Kallists zu setzen, und es wird dann
zweifelhaft, ob dieser seinen Erlass überhaupt als „edictum14
nach Analogie eines kaiserlichen Edicts promulgiert hat. Viel-
1) Sohm, a. a. 0. S. 74.
2) Kariowa, Römische Rechtsgeschichte I. S. 647, Arno. 2.
3) neque eniin quisquam nostrum episcopum se episcoporum constituit.
Cypr. Op. ed. Hartel I. S. 436.
IL Die Verfügung des Kaliist. 21
mehr liegt es nahe anzunehmen, dass Tert. es war, der dem
Erlass mit der Form auch den Titel eines Edicts beilegte.
Freilich mussten ihm, wenn diese Ironie witzig sein sollte,
durch die Form, welche Kaliist seiner Verfügung gegeben, An-
knüpfungspunkte dafür geboten sein. Ein kaiserliches Edict
hatte keine Adresse, da es sich eben an die Gesamtheit der
Reichsangehörigen richtete; eine bestimmte Adresse fehlte auch
der Kundgebung Kallists; dadurch gerade erhielt sie die öku-
menische Form, die Tert. zu seiner giftigen Parallele reizte.
Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass Kaliist seinem Erlass
ökumenische Bedeutung zu geben beabsichtigte; vielmehr kann
das Fehlen der Adresse auch darin seinen Grund haben, dass
die Adressaten sich von selbst verstanden, d. h. dass Kallist
seine Kundgebung nur für seine Gemeinde bestimmt hatte.
Es ist nun beachtenswert, dass Tert. von einem „edictum
peremptorium" spricht; peremptorisch ist eine Verfügung, durch
welche jede Debatte abgeschnitten und dem Gegner jede mög-
liche Ausflucht entzogen wird, d. h. gegen welche keinerlei
Einsprache erhoben werden kann.1) Da nun jedes kaiserliche
Edict seinem Inhalt nach selbstverständlich peremptorisch war,
so kann Tert. durch das ausdrücklich hervorgehobene „et cpridern
peremptorium" nur etwas über die Form und den Ton der
bischöflichen Verfügung aussagen wollen. Der Ton der kaiser-
lichen Edicte war ein bescheidener, trotzdem sie einen unwider-
sprechlichen Befehl aussprachen; der Kaiser sagt placet, arbitror,
censeo u. dergl.2) Diese höfliche Umschreibung des stricten
Gebotes scheint Kallist verschmäht zu haben. Wenn die Ironie,
welche in der Bezeichnung des bischöflichen Erlasses als edictum
peremptorium liegt, wirklich geistvoll sein soll, so muss der
Tenor desselben demjenigen der kaiserlichen Edicte ähnlich
gewesen sein, dabei muss sich der Erlass aber noch durch
einen mehr kategorischen Ton ausgezeichnet haben. Dann
setzt Tert. die Geltung, welche der Erlass durch seine ein
kaiserliches Edict im Tone überbietende kategorische Form
beansprucht, höhnisch in Widerspruch zu seiner thatsäch-
1) Dig. V, 1, 70: quod inde hoc noaien sumpsit, quod peremeret dis-
ceptationem, hoc est ultra non pateretur adversarium tergiversari (ed.
Mommsen, p. 77).
2) Kariowa, a. a. 0.
22 Rolffs, Das Indulgenz-Eclict.
liehen Bedeutung, die er durch eine rücksichtslose Polemik
auf ein Minimum herabzudrücken sucht.
Aus den Titeln, welche Tert. in den einleitenden Worten
den römischen Bischof sich beilegen lässt, „Pontifex Maximus,
episcopus episcoporum", darf geschlossen werden, dass Kaliist
in seiner Verfügung auf seine Person oder vielmehr auf seine
Stellung einen starken Nachdruck legt; dann werden die Be-
zeichnungen erst wirklich ironisch, wenn dadurch der Wider-
spruch zwischen einer angemassten Würde und der wirklichen,
welche sich nach Tert.s schonungslosen Angriffen als äusserst
gering darstellt, ins Licht gesetzt wird.
Der Satz, in welchem Kaliist seine Verfügung ausgesprochen
hat, ist somit nach der ironischen Behandlung, welche Tert.
ihm widerfahren lässt, durch ein dreifaches gekennzeichnet:
1. Er nähert sich in der Form dem kaiserlichen Edict.
2. Er unterscheidet sich von einem solchen durch den die
höfliche Einkleidung verschmähenden, kategorischen Ton.
3. Es ist in demselben ein starker Nachdruck auf die
Person des römischen Bischofs gelegt.
Diese drei Kennzeichen treffen nun auf den Satz zu: Ego
et moechiae et fornicationis delicta poenitentia funetis dimitto.
Derselbe weicht von der Form eines kaiserlichen Edictes nur
durch die knappere, peremptorische Fassung ab und legt durch
die gesperrte Stellung des „ego", welches durch die Trennung
von dem Prädikat einen starken Ton bekommt, Nachdruck auf
die Person des edicierenden Bischofs. Es ist also anzunehmen,
dass Tert. darin den Wortlaut der bischöflichen Verfügung
mitteilt. Man darf darin nicht etwa nur die kurze Zusammen-
fassung des Hauptinhaltes des Erlasses sehen wollen, die ihre
Form von Tert. bekommen. Denn Tert. musste, damit seine
Leser seine Ironie verstehen konnten, ihnen den Wortlaut der
Erklärung Kallists wenigstens so weit mitteilen als er mit seinen
höhnischen Bemerkungen Bezug darauf nehmen wollte. Auch
den Gegnern gegenüber wäre der Ironie alle Schärfe genommen,
wenn sie die Worte, welche in ihrer pointierten Fassung Tert.
Anlass zu seinem Spott gaben, nicht als die ihrigen anzuer-
kennen brauchten.
Tert. hat also den Hauptsatz der Verfügung Kallists heraus-
gegriffen, der in der That in seiner Form einem kaiserlichen
II. Die Verfügung des Kaliist. 23
Edict ähnelte, und hat denselben mit der entsprechenden Ein-
leitung versehen und ihn so einem kaiserlichen Edicte völlig
conform gestaltet. Dadurch war ihm die erwünschte Gelegenheit
geboten, die Anmassung des römischen Bischofs zu geissein,
welcher es sich herausnahm, wie der Kaiser dem Reich so der
Kirche bindende Vorschriften zu machen.
Kailist hat seinen Erlass demnach nicht als „edictuni" bezeich-
net und ihn auch nicht in einer dem römischen Kaiseredict analogen
Form abgefasst; das Kaiseredict darf also nicht als der Massstab
gebraucht werden, nach welchem man zu urteilen hat, wenn man
über die Form der bischöflichen Verfügung etwas feststellen will.
Der Inhalt derselben lässt sich jetzt einigermassen genau be-
stimmen, nachdem in den Worten: „Ego et moechiae et forni-
cationis delicta paenitentia functis dimitto" der j3atz Kallists er-
kannt ist. Dabei sind zunächst drei Begriffe nach ihrem In-
halt festzulegen: 1. moechiae et fornicationis delicta. 2. paeni-
tentia fungi. 3. dimittere.
Tert. erklärt ausdrücklich, dass er unter moechia et forni-
catio alle Sünden versteht, welche durch Befleckung des Fleisches
begangen werden; die Worte seien gewählt, weil der kirchliche
Sprachgebrauch es so verlange. *) Diese Erklärung ist auffal-
lend, weil er in seinen früheren Schriften diesen Sprachgebrauch
nicht beobachtet. Er gebraucht vielmehr sonst dafür immer
adulterium und stuprum, auch da, wo er durch den griechischen
Text des N. T. auf das Wort moechia, resp. moechari hingewiesen
wird z. B. in der Übersetzung von Mattli 52s2) 5323). ^n der
ersteren Stelle ist fior/svco mit stuprare, in der letzteren mit
adulterari wiedergegeben, und jcogvsla wird hier mit adulterium
übersetzt. Es ist daraus zu schliessen, dass Tert. adulterium
und stuprum ganz als Synonyma ansieht, wie ihm auch tuor/sla
und jioQväa als solche gelten. Das spricht er auch de pud. IV
deutlich aus, indem er erklärt, dass es keinen Unterschied macht,
1) Inprimis quod moechiam et fornicationem nominamus, usus ex-
postulat. Habet et fides quorundam noniinum familiaritatein (de pud. c. 4).
2) Qui viderit, inquit, niulierem ad concupiscendum, iam stupravit eam
in corde suo. De exh. cast. IX.
3) qui dimiserit uxorem suam praeterquam ex causa adulterii,
facit eam adulterari, et qui dimissam a viro duxerit, adulteratur utique.
De monog. IX.
24 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
wenn er für moechia und fornicatio stuprum und adulterium
gebraucht; alle durch diese Ausdrücke bezeichneten Sünden
gelten ihm völlig gleich, und es sind nach montanistischer
Praxis sowohl die bei der Kirche nicht vorher angemeldeten
Ehen, als auch die Laster widernatürlicher Unzucht darunter
befasst. Dass er aber in der vorliegenden Schrift nur moechia
und fornicatio gebrauchen will, hat seinen Grund — , da er sich
jedenfalls durch den neutestamentlichen Sprachgebrauch nicht
dazu hat bestimmen lassen — , in der Ausdrucksweise seines
Gegners, und es ist die Frage, ob dieser die Begriffe in dem-
selben Umfang nimmt wie Tert. Mor/tia bedeutet den Ehebruch
im eigentlichen Sinne des Wortes d. h. den geschlechtlichen
Verkehr eines Mannes mit dem Weibe eines andern resp. den
geschlechtlichen Umgang eines verheirateten Mannes mit einem
andern Weibe. Es ist in dieser Bedeutung synonym mit adul-
terium1). Das lateinische moechia wird demnach dieselbe Bedeu-
tung haben. — Fornicatio tritt in de pud. durchweg2) als Über-
setzung von jcoQVtia auf3); dies bedeutet aber ?y XC0Q^ (^txiag
tzegov yivonivr) riGl rf/g sjtid-vfiiag exjifa'/Qcoöig.4) Das latei-
nische fornicatio hat freilich meist eine engere Bedeutung, näm-
lich die der „scorticonsuetudo", also des Verkehrs mit bezahlten
Dirnen ;"J) allein es handelt sich bei dieser Verschiedenheit in
der Bedeutung beider Ausdrücke doch nur um eine so feine
Nuance, dass kein wirklicher Unterschied vorliegt.
In der Auffassung Tert.s scheint der Begriff der moechia
dem andern übergeordnet zu sein, da er pud. VI schreibt: si
ostendas, de quibus patrociniis exemplorum praeceptorumque
caelestium soli moechiae et in ea fornicationi quoque ianuam
paenitentiae expandas. Allein in dem Satz Kallists drückt das
doppelte et so entschieden eine Coordination beider Begriffe aus,
dass darnach unmöglich ein solches Verhältnis zwischen den-
selben stattfinden kann.
In der Verfügung Kallists stehen also moechia und forni-
catio den griechischen Ausdrücken [loiyjiia und jtoQvsia gleich;
1) Thesaur. Gr. ling. Vol. V. p. 1140.
2) vergl. auch de monog. XI.
3) c. 17. 19. u. a.
4) Greg. Nyss. Epist. can. vol. II p. 118 s. Thes. gr. ling. vol. VI. p. 1494.
' 'orcellini III p. 125 vergl. scortum V p. 386 und meretrix IV p. 105.
IL Die Verfügung des Kaliist. 25
darauf lässt sich die Vermutung gründen, dass der griechische
Sprachgebrauch von Einfluss auf die Ausdrucksweise des Er-
lasses gewesen ist.
Es ist nun die Frage, ob Kaliist mit dem Ausdruck et moechiae
et fornicationis delicta alle Arten von Unzuchtsünden umfassen
will, oder ob damit doch gewisse Grenzen auf diesem Gebiet
gezogen, ob Unterschiede zwischen schweren und leichten Formen
der Unzucht angenommen werden. In der That traut Tert.
selbst seinem Gegner nicht zu, dass er allen Unzüchtigen ohne
Ausnahme Vergebung in seinem Erlass zusichern will. In
cap. 6 ') verlangt er, dass die Praxis, Ehebrecher allein wieder zur
kirchlichen Gemeinschaft zuzulassen, Götzendienern und Mördern
aber Vergebung zu versagen, durch das Zeugnis der Schrift als
berechtigt erwiesen werde; dabei lehnt er aber principiell die
Berufung auf alttestamentliche Stellen ab, weil das alttestament-
liche Gesetz mit Johannes seinem Wortlaute nach abgethan und
nur noch in der ihm durch Christus gegebenen Verschärfung gültig
sei (s. S. 14). Er hält dem Kaliist vor: „Wenn du dich auf
das A. T. stützen willst, so musst du auch Götzendiener auf-
nehmen, weil das abgefallene Volk auch Verzeihung erhalten,
musst den Mörder zur kirchlichen Gemeinschaft wieder zulassen,
weil auch Ahab und David der begangene Mord vergeben wurde;
auch die Blutschande wirst du vergeben um Loths willen und
die durch Blutschande erschwerte Hurerei um Judas willen und
die durch Prostitution geschändete Ehe um Hoseas willen und
nicht nur die successive, sondern auch die simultane Polygamie um
unserer Väter willen." 2) Darnach meint Tert. jedenfalls, dass
Unzucht, wie sie von Loth, Juda, dem Weibe Hoseas berichtet
wTird, sowie auch simultane Polygamie nicht von Kaliist in seinen
Gnadenerlass eingeschlossen sei. Dass diese Sünden wirklich
eine von den übrigen Fleischessünden verschiedene Behandlung
erfahren haben, geht aus den Beschlüssen der Synode von
1) Den Beweis, dass der hier angeredete Gegner Kaliist ist, s. u, III, 1. c
2) Dabis ergo et idololatrae et omni apostatae veniam quia et populuin
ipsum totiens reum istorum totiens invenirnus retro restitutum. Communicabis
et homicidae, quia et Nabothae sanguinem Achab deprecatione delevit, et
David Uriae caedem cum causa eius moechia confessione purgavit. Jam et
incesta donabis propter Loth, et fornicationes cum incesto propter Judam,
et turpes de prostitutione nuptias propter Osee, et non tantum frequentatas,
verum et semel plures propter patres nostros. p. 229, 7 ff.
26 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
Elvira hervor. x) Diese Synode wird gewöhnlich in das Jahr 305
gesetzt; ihre Beschlüsse repräsentieren aber eine Stufe in der
Entwicklung der Sittenzucht, welche die römische und afrikanische
Kirche schon zur Zeit Cyprians übersclrritten haben, da den
Abgefallenen noch die Wiederaufnahme verweigert wird. Morinus
wollte deshalb die Synode vor 205 setzen, da er von der An-
nahme ausging, dass die Entwicklung der Sittenzucht in allen
Kirchenprovinzen gleichmässig vor sich gegangen sei. Diese
Annahme ist aber irrig; die Entwicklung der Kirche zu einem
Rechtsinstitut mit festen Normen auf dem Gebiet der Verfassung,
des Glaubens und der Sittenzucht, welche in Rom am schnellsten
zum Abschluss kam, ist in den übrigen Kirchen rascher oder
langsamer fortgeschritten, je nachdem wie dieselben unter dem
Einfluss der römischen standen. So hielt die Entwicklung in
Karthago bei dem lebhaften Verkehr, welcher zwischen Italien
und Afrika stattfand, mit der in Rom ziemlich gleichen Schritt;
die spanischen Kirchen aber, welche in einer bei weitem nicht
so lebhaften Berührung mit Rom standen, blieben in der Ent-
wicklung zurück, und so kommt es, dass wir um 305 in Spanien
eine Busspraxis finden, welche in Rom und Afrika schon seit
250 überwunden war. Es ist nun zulässig, aus der spanischen
Bussdisciplin von 305 Schlüsse zu ziehen für die römische vor
250, da wir es in Spanien sicher nicht mit einer ganz spon-
tanen Entwicklung zu thun haben, sondern mit einer solchen,
die sich unter römisch-afrikanischem Einfluss, nur langsamer, voll-
zogen hat. Hier finden wir nun, dass Blutschande ausdrücklich
von der Vergebung ausgeschlossen ist2); wenn Tert. daher der
Ansicht ist, dass sein Gegner die Sünden Loths und Judas nicht
vergeben will, so wird er sich dabei auf ein so festes kirchliches
Herkommen stützen, dass es auch für Kallist notwendig die
Grenze seiner Gnade bilden muss. Ebenso hat Tert.s Voraus-
setzung, dass die Gegenpartei nicht für „turpes de prostitutione
nuptiae" Indulgenz gewähren werde, ihre Grundlage in der
kirchlichen Praxis; die Sünde Hoseas besteht darin, dass er
mit einem Weibe in ehelicher Gemeinschaft lebt, die mit seinem
Wissen Hurerei treibt; einem solchen Manne versagt auch die
1) Mansi, Conciliorum nova et ampliss. coli. II p. lff.
2) Can. LXVI: Si quis praevignam suaui duxerit uxoreni, eo quod
sit incestus, placuit, nee in fine dandam esse ei communionem.
II. Die Verfügung des Kailist. 27
Synode die Wiederaufnahme l) und fixiert damit doch höchst
wahrscheinlich eine kirchliche Gewohnheit. Die simultane Poly-
gamie finde ich in den Can. Elib. nicht berührt, wahrscheinlich
weil sie ausserhalb aller Discussion stand; Tert. erwähnt sie,
weil er seinem Gegner dadurch die Berufung auf das A. T.
abschneiden will, welche die Vergebung der Vielweiberei in
Rücksicht auf das Beispiel der Patriarchen als notwendige Con-
sequenz nach sich ziehen müsste. Man wird nicht fehl gehen
in der Annahme, dass die spanische Praxis auch darin mit der
römischen übereinstimmt, dass sie der Päderastie die Vergebung
versagt.2) Fraglich ist allerdings, ob einige andere Be-
stimmungen der Synode ein allgemeines kirchliches Herkommen
fixieren; dahin gehören die Canones über schwere Kuppelei3),
über Ehebruch, zu welchem Abtreibung der Leibesfrucht als
erschwerender Umstand hinzutritt4), über die Frauen, welche
ihre Männer ohne Grund verlassen und sich mit andern ver-
mählt haben.5) Diese Bestimmungen setzen eine Casuistik
voraus, welche z. Z. Kallists noch nicht vorhanden gewesen sein
kann, da sie durch seinen Erlass erst ins Leben gerufen werden
konnte. 6) Also man darf annehmen, dass Kaliist unter moechia
1) Can. LXX. : Si cum conscientia mariti uxor fuerit moechata, placuit
nee in fine dandam esse communionem: si vero eam reliquerit, post decem
annos aeeipiat communionem.
2) Can. LXXI. : Stupratoribus puerorum nee in fine dandam esse
communionem.
3) Can. XII.: Mater vel parens vel quaelibet fidelis, si lenocinium
exercuerit, eo quod alienum vendiderit corpus vel potius suum, placuit, eas
nee in fine aeeipere communionem. Also gewerbsmässige Kuppler und
Dirnen, welche aus der Unzucht ein Gewerbe machen, bleiben auf immer
von der Gemeinde ausgeschlossen.
4) Can. LXIII. : Si qua mulier per adulterium, absente marito, con-
ceperit, idque post facinus oeeiderit, placuit, neque in fine dandam esse
communionem, eo quod geminaverit scelus.
5) Can. VIII.: Item feminae, quae nulla praecedente causa reliquerint
viros suos et se copulaverint alteris, nee in fine aeeipiant communionem.
6) Diese Casuistik ist noch weiter ausgebildet in folgenden Be-
stimmungen, die deshalb hier aber füglich unberücksichtigt bleiben können.
XXXI : Adolescentes qui post fidem lavacri salutaris fuerint moechati, cum
duxerint uxores, acta legitima paenitentia, placuit ad communionem admitti.
— LXXI: Si qua vidua fuerit moechata, et eundem postea habuerit mari-
tum, post quinquenni tempus, acta legitima paenitentia, placuit, eam
28 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
und fornicatio Ehebruch und Hurerei in ihrer einfachen Form
versteht, dass er aber die widernatürliche Unzucht, Blutschande
und Päderastie, sowie Ehebruch und Hurerei, welche unter
erschwerenden Uniständen vorgekommen waren, — Sünden,
die im christlichen Bewusstsein seiner Zeit durch ihre Scheuss-
lichkeit aus der Kategorie der gewöhnlichen Fleischessünden
heraustraten — nicht in den Begriff mit einschliessen will.
Zur Erklärung des Begriffes paenitentia fungi hat man einen
einigermassen sicheren Ausgangspunkt in Tert.s vormontanisti-
scher Schrift de paenitentia, wo es c. 5 (am Anfang) heisst:
Iam quidem nullum ignorantiae praetextum tibi patrocinatur,
quod domino agnito praeceptisque eius admissis denique pae-
nitentia delictorum functus rursus te in delicta restituis.1)
Hiernach lässt sich der Begriff wenigstens für die Zeit der Ab-
fassung von de paen. sicher bestimmen. Es ist dann zu unter-
suchen, ob sich in de pud. die Spuren einer veränderten Be-
deutung finden, und darnach ist die erstere zu berichtigen.
Um den christlichen Begriff der paenitentia zu gewinnen, geht
Tert. aus von dem, was die Heiden unter paenitentia verstehen;
im gewöhnlichen Leben bezeichnet man damit das Unlustgefühl,
welches eintritt, wenn man eine Ansicht, die man gehegt, als
schlecht erkennt und Anstoss daran nimmt.2) Dieses Unlust-
gefühl, welches die Heiden auch über gute Handlungen em-
pfinden, wenn dieselben nicht den erwarteten Erfolg gehabt
haben, empfindet der Christ nur über die Sünde. Die Reue
oder Busse ist die notwendige Vorbedingung für das Christ-
werden, da sie allen Schmutz, mit welchem der frühere Irrtum
und die Unwissenheit das Herz verunreinigt hat, gründlich und
vollständig entfernt und das Herz für den Einzug des heil.
communioni reccmciliari ; si alium duxerit relicto illo, nee in fine dandam
esse communionem : vel si fuerit alle fidelis, quem aeeepit, communionein
non aeeipiat, nisi post decem annos, acta legitiina paenitentia; nisi infir-
mitas coegerit velocius dare communionem.
1) vergl. c. 6: quem emendatiorem nisi timidiorem et ideirco vera
paenitentia funetum?
2) Paenitentiam hoc genus hominum quod et ipsi retro fuimus, caeci,
sine domini lumine, natura tenus norunt passionem animi quandam esse
quae veniat de offensa sententiae peioris. c. 1.
II. Die Verfügung des Kailist. 29
Geistes bereit macht.1) In erster Linie wird unter paenitentia
also eine Gesinnung des Herzens verstanden, welche Gott von
dem Menschen verlangt und der er Leben und Seligkeit zusagt;
sie rettet den Menschen vom Tode und ist daher Leben.2) Diese
Gesinnung wird als etwas dauerndes angesehen; in ihr rnuss
unser Leben verlaufen, wenn wir der Früchte der göttlichen
Gnade dauernd teilhaftig sein wollen.3) In der oben citierten
Stelle, wo von der Busse die Rede ist, durch die der Mensch
zum ersten Mal seinem heidnischen Leben entsagt und in den
Christenstand eintritt, bedeutet paenitentia fungi nichts anderes
als sich diese Gesinnung aneignen, also im Schmerz über die
begangene Sünde sich stetig von ihr abwenden.4) Aber der
Ausdruck kann auch noch mehr besagen, nämlich dann, wenn
es sich nicht um die Busse vor der Taufe, sondern um die
zweite Busse handelt. Da die Bussgesinnung eigentlich das
ganze Leben hindurch dauern soll, so ist im Princip eine zweite
Busse ausgeschlossen, weil der Mensch, der einmal den Willen
Gottes und die Verwerflichkeit der Sünde erkannt hat, nicht
wieder rückfällig werden dürfte.5) Aber er ist den Versuchungen
des Teufels ausgesetzt, welcher über seine Bekehrung wütet,
1) Non tacet Ioannes: Paenitentiaru initote, dicens, iam enini salus
nationibus appropinquabit, dominus scilicet Cui praeministrans paeni-
tentiam destinabat purgandis mentibus praepositam , uti quicquid error
vetus inquinasset, quicquid in corde bominis ignorantia contaminasset , id
paenitentia verrens et rodens et foras abiciens mundam pectoris domum
superventuro spiritui sancto paret, quo se ille cum caelestibus bonis libens
inferat (c. 2).
2) dicens ad populum: paenitere et salvum faciam te; et
iterum: vivo, inquit, dominus, et paenitentiam malo quam mortem. Ergo
paenitentia vita est, cum praeponitur morti. Eam, tu peccator
ita invade, ita amplexare, ut naufragus alicuius tabulae fidem (c. 4).
3) Quod igitur deus tantopere commendat, — summa utique
gravitate et aggredi et custodire debemus, ut in asseveratione divinae
gratiae permanentes in fructu quoque eius et emolumento proinde per-
severare possimus (c. 4). quicquid ergo mediocritas nostra ad paenitentiam
semel capessendam et perpetuo continendam suggerere conata est, omnes
quidem deditos domino spectat (c. 6).
4) paenitentia fungi ist also völlig synonym mit paenitere, paeniten-
tiam suscipere, p. inire (de paen. 2), p. invadere (ibid.). Es ist ganz gleich-
bedeutend mit dem griechischen „tuerai>oeTv".
5) s. cap. 5.
30 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
und kann ihm nicht immer widerstehen. Deshalb hat Gott
eine zweite Busse zugelassen, hat sie gleichsam in den Vor-
raum zmn himmlischen Heiligtum gestellt, damit sie den An-
klopfenden aufthue1). Diese zweite Busse muss nun aber nicht
nur im Gewissen sich kund thun, sondern sie muss sich durch
einen besonderen Act als wahr ausweisen; das geschieht durch
die exomologesis. In derselben bekennt man seine Sünden
dem Herrn, nicht als ob sie ihm unbekannt wären, sondern
durch die confessio empfängt er eine satisfactio; denn in ihr
tritt die Bussgesinnung in Erscheinung, durch welche Gott
besänftigt wird.2)
Es darf nicht übersehen werden, dass auch hiernach durch
die Bussgesinnung die Genugthuung an Gott geleistet wird.
Preuschen hat die Anschauung Tert.s missdeutet, wenn er (S. 10)
schreibt: „Zweck dieses Bussactes ist vor allem die Leistung,
satisfactio. — Hier wird der durch die Sünde verletzten Rechts-
norm durch eine körperliche Leistung genügt, die mit einer
Entziehung der Bequemlichkeit für den Pönitenten verbunden
ist." Ein doppelter Fehler liegt dieser irrtümlichen Auffassung
zu Grunde: 1. es ist der Begriff der satisfactio falsch bestimmt;
2. die entscheidende Stelle c. 9 ist ohne genügende Rücksicht
auf die von Tert. in der ganzen Schrift festgehaltene Bedeutung
des Wortes „paenitentia" erklärt. — Der Ausdruck „satisfactio",
dem Preuschen die Bedeutung einer Sühne für Verletzung der
Rechtsnorm unterschiebt, gehört lediglich in das Obligationen-
recht. Er bezeichnet hier bestimmte Aufhebungsarten einer
1) Itaque observat (seil, diabolus), oppugnat, obsidefc, si qua possit aut
oculos coneupiscentia carnali ferire, aut animuni illecebris saecularibus
irretire, aut fidem terrenae potestatis forrnidine evertere, aut a via certa
perversis traditionibus detorquere; non scandalis, non tentationibus deficit.
Haec igitur veneria eius providens deus, clausa licet ignoscentiae ianua et
intinetionis sera obstrueta, ab quid adbuc permisit patere. Collocavit in
vestibulo paenitentiaro seeundam, quae pulsantibus patefaciat; sed iam se-
tnel, quia iam seeundo (c. 7).
2) Huius igitur paenitentiae seeundae et unius, quanto in arto nego-
tium est, tanto operosior probatio ut non sola conscientia praeferatur, sed
aliquo etiam actu administretur. Is actus — — exomologesis est,
qua delictum domino nostrum confitemur, non quidem ut ignaro, sed qua-
tenus satisfactio confessione disponitur, confessione paenitentia nascitur.
paenitentia deus mitigatur (c. 9).
II. Die Verfügung des Kailist. 31
Obligation und fällt damit unter den allgemeineren Begriff der
„solutio^ l), welcher schlechthin die Aufhebung einer Obligation
bezeichnet, meistens freilich gemäss der am häufigsten vor-
kommenden Aufhebungsart ganz bestimmt die „Zahlung" be-
deutet. Eine satisfactio erfolgt nun 1. durch Hingabe an
Zahlungsstatt, 2. durch Novation, 3. durch Kompensation;
sie ist also die Aufhebung einer Obligation, bei welcher dem
Gläubiger ein materieller Ersatz geleistet wird. So gebraucht
Tert. das Wort auch sonst, wo er sich dieses Bildes aus dem
Rechtsleben bedient.2) Wenn er also hier die paenitentia als
eine an Gott zu leistende satisfactio bezeichnet, so ist sein
Gedanke: der Mensch ist Gott gegenüber verpflichtet, seine
Gebote zu halten; diese Verpflichtung ist nach Analogie von
Matth. 18,24 a^s zu zahlende Schuld vorgestellt; da er sie
nicht zahlen kann, so giebt er Gott seine paenitentia an Zah-
lungsstatt; diese nimmt Gott also als Ersatz für die ihm in
der Erfüllung seiner Gebote zu leistende Pflicht an. Es wider-
spricht dieser Vorstellung nicht geradezu, wenn man die mit
dem Ausdruck exomologesis zusammengefassten Bussübungen
als das Äquivalent ansieht, welches Gott für die ihm durch
1) Satisfactio pro solutione est Dig. XLVI T. III 52, s. Windscheid,
Lehrbuch des Pandektenrechts § 341 ff.
2) Patientia domini in Malcho vulnerata est. Itaque et gladii opera
maledixit in posterum, et sanitatis restitutione ei, quem non ipse vexaverat,
satisfecit. de patient. III. — Cum et ipse ieiunium mandet et animam con-
quassatam proprie utique cibi angustiis sacrificium appellet, quis iam dubi-
tabit omnium erga victum macerationum hanc fuisse rationem, qua rursus
interdicto cibo et observato praecepto primordiale iam delictum expiaretur,
ut homo per eandem materiam causae satis deo faciat, per quam offende-
rat, id est per cibi interdictionem, atque ita salutem aemulo modo redac-
cenderet inedia sicut extinxerat sagina, pro unico inlicito plura licita con-
temnens? de ieiun. III (Reiff. p 277, 25). Hier erfolgt das „satis deo facere"
durch Novation, denn: novatio est prioris debiti in aliam obligationem vel
civilem vel naturalem transfusio atque translatio hoc est cum ex praece-
denti causa ita nova constituatur, ut prior perematur. Dig. XXXXVI cap. 2.
lex. 1. Die von Adam nicht erfüllte Forderung Gottes wird dadurch er-
füllt, dass die Verpflichtung zum Fasten, in welche jene umgewandelt ist.
beobachtet wird. Die Beobachtung des von Gott geforderten Fastens ist
die satisfactio, durch die seine ursprüngliche Forderung an Adam getilgt
wird, s. Windscheid a. a. 0.
32 Rolffs. Das Indulgenz-Edict.
treuen Gehorsam zu zahlende Schuld annimmt.1) Jedenfalls
setzt dies aber eine sehr hohe Anschauung von dein Wert
dieser Bussübungen voraus, und da bei Tert. die confessio als
probatio der Bussgesinnung dieser untergeordnet ist, so darf
man schon von vornherein nicht erwarten, jene Wertschätzung
der Bussübungen bei ihm zu finden. — Es ergiebt sich nun
aber auch aus einer Stelle, die Preuschen übersehen zu haben
scheint, zweifellos, dass Tert. in der Buss gesinnung das
Äquivalent sieht, welches der Mensch Gott anstatt der ver-
fallenen Schuld bieten kann. Er schreibt cap 5: Ita qui per
delictorum paenitentiam instituerat domino satisfacere, diabolo
per aliam paenitentiae paenitentiam satisfaciet. Hier kann
paenitentia nur das Unlustgefühl über die Sünde bedeuten,
wie paenitentia paenitentiae das Unlustgefühl über die Busse
bezeichnet; durch dieses Reuegefühl über die Sünde erkennt
der Mensch eben an, dass er sich bei seiner Übertretung des
göttlichen Gesetzes von einer schlechten, verwerflichen Gesinnung
hat leiten lassen, und giebt damit dem göttlichen Gesetz seine
Ehre zurück; dadurch leistet er an Gott Genugthuung.2) Das
besagen auch die Worte: satisfactio confessione disponitur,
confessione paenitentia nascitur, paenitentia deus mitigatur.
1) Bei Loofs, Leitfaden zum Stud. d. Doginengesch. 2. Aufl. 1890 findet
sich S. 121 die Bemerkung: „Schon Tert. legte den asket. Leistungen,
welche die Exhomologese der stantes und der Gefallenen begleiteten, den
Wert einer reconciliatorischen Compensation für Gott bei und nannte sie
daher Opfer." Dies scheint mir im Widerspruch zu stehen mit dem von
L. S. 91 ausgesprochenen Satz: „Asketische Leistungen, die nicht obliga-
torisch sind (1. Cor. 76 concilium und praeceptum de cor. 4), sind Opfer
(sacrificia), die Gott Wohlgefallen (de resurr. 8), ad demerendam gratiam
dei dienen (deieiun. 7);" denn die Leistungen der Exhomologese sind doch ob-
ligatorisch; jedenfalls darf man constatieren , dass Tert. diese asketischen
Leistungen nie direct sacrificia nennt. Auf sie hat er den Opferbegriff
nicht angewendet.
2) Die von Preuschen für seine Ansicht gedeuteten Stellen fallen
dagegen nicht ins Gewicht, c. 7 : habes cui satisfacias beweist nichts, weil
in dem Zusammenhang gar nicht von exomologesis die Rede ist; auch
c. 9: Intolerandum scilicet pudori domino offenso satisfacere ist nicht ge-
sagt, dass durch die exomologesis die Genugthuung gegeben wird, sondern
die Scham, welche den Menschen an der exomologesis hindert, entzieht
Gott deshalb die Genugthuung, weil sie die Bussgesinnung nicht im Buss-
acte zur Vollendung kommen lässt.
II. Die Verfügung des Kailist. 33
Die beiden letzten Sätze sollen hier den Gedanken des ersten
entwickeln; der letzte erklärt nun, dass Gott durch die Buss-
gesinnung besänftigt wird; denn das allein kann paenitentia be-
deuten, da ausdrücklich zwischen paenitentia und confessio unter-
schieden wird. Freilich sagt Tert.: die Bussgesinnung wird
durch die confessio geboren; das kann aber nur heissen, durch
das Bekennen tritt die Bussgesinuung ins Leben, wird sie wirk-
lich lebendig und wirksam, und wie dies gemeint ist, ergiebt
sich aus dem Satz: das Bekennen ist die Absicht der Genug-
thuung, das Verhehlen des Trotzes1). Also jede Reue ist wirk-
lich aufrichtig und bietet Garantie für dauernde Besserung,
wenn sie zum Bekenntnis drängt; denn wer seine Sünden
öffentlich reumütig bekennt, der sagt ihnen damit ab ; er giebt,
indem er sein Unrecht eingesteht, dem Genugthuung, den er
beleidigt hat. So wird allerdings die Genugthuung realisiert
durch die confessio, indem durch sie die Bussgesinnung, durch
welche Gott Genugthuung empfängt, allein rein zur Vollendung
kommt.
Daher ist die zweite Busse nur vollständig, wenn sich die
Bussgesinnung in dem Acte der exomologesis als echt bewährt.
Wo Tert. also unter paenitentia die zweite Busse versteht, da
denkt er immer verbunden: paenitentia et eius ministerium ex-
omologesis. Die letztere besteht nun darin2), dass der Sünder
sich demütigt und erniedrigt, indem er sich in Sack und Asche
setzt, seine Körperpflege vernachlässigt, seine Gemütsstimmung
durch Betrachtung seines Fehltrittes herabdrückt, nur Wasser
und Brot geniesst, unter Gebet häufig fastet, seufzt, weint, Tag
und Nacht klagt vor Gott und um die Fürbitte der Brüder bittet,
besonders sich vor den Presbytern niederwirft und vor den cari
dei3) kniet.
1) Confessio enim satisfactionis consilium est, dissimulatio con-
tumaciae. c. 8.
2) de paen. 9 vergl. de pud. 5 (Schluss). 13.
3) Preuschen (S. 10) fasst den Begriff zu eng, wenn er Märtyrer
darunter verstellt; gewiss sind diese mit darunter befasst, aber nicht aus-
schliesslich; Pr. selbst erkennt (S. 26 Anm. 4), dass de pud. 13 (pag. 243,
25), wo Tert. den Act der Busse geflissentlich mit grosser Breite schildert,
auf die Vermutung führen könne, dass unter cari dei die Wittwen ver-
standen seien : prosternis in medium ante viduas, ante presbyteros. Viduae
werden, wie Pr. richtig vermutet, hier für die abstinentes überhaupt stehen.
Texte u. Untersuchungen XI, 3. 3
34 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
Wenn man paenitentia functus in dem Erlass Kallists genau
nach dem aus de paen. dafür gewonnenen Begriff deuten dürfte,
so würde Kaliist als Bedingung für seine Vergebung die reue-
volle, bussfertige Gesinnung und ihre Bewährung im Acte der
exomologesis gesetzt haben, so dass die erstere Realgrund für
die Gewährung der Vergebung, die letztere der Erkenntnisgrund
für die Aufrichtigkeit der Bussgesinnung wäre. Aber man hat
Grund anzunehmen, dass sich der Begriff der paenitentia hier
verflacht hat, wenn man vielleicht auch in der Theorie an der
von Tert. vertretenen Anschauung festhielt. Denn da die exomo-
logesis ein sehr unsicheres Erkenntnismittel für die Aufrichtig-
keit der Bussgesinnung war, so drängte die Entwicklung not-
wendig dahin, dass diese in ihrer Bedeutung verkürzt wurde und
die exomologesis, wenn nicht als einzige, so doch als die ent-
scheidende Bedingung, als Realgrund der Vergebung in Geltung
trat. Wie viel höher nun Kallist und seine Gesinnungsgenossen
den Wert des Bussactes schätzen als Tert. in de paen., geht
deutlich aus de pud. 13 hervor. Hier wird von den Katholikern
der Ausdruck des Paulus aus 1 Cor. 5, 5 „interitus carnis" auf
die Basse d. h. auf die exomologesis gedeutet. Tert. sagt, indem
er über diese Auslegung referiert: hie iam carnis interitum in
officium paenitentiae interpretantur, quod videatur ieiuniis et
sordibus et ineuria omni et dedita opera malae traetationis carnem
exterminando satis deo facere, ut ex hoc etc. Freilich dürfte
auch hier Preuschen zu viel behaupten, wenn er S. 28 sagt:
„Die Bedeutung des Bussactes liegt nach der hier zum Ausdruck
gebrachten Anschauung in der Leistung (satisfactio) , der sich
der Sünder unterzieht"1); denn darnach könnte es scheinen, als
ob sich die Ansicht von einer satisfactorischen Bedeutung des
Bussactes schon zu einer festen dogmatischen Theorie aus-
Cari dei sind also die, welche Gott durch Martyrium oder durch ein Ge-
lübde der Enthaltsamkeit lieb sind; sicher sind auch Geistesträger, wie
Propheten, dazu gerechnet, wo sie noch auftraten, da sie ja durch ihre
Gnadengabe als Geliebte Gottes sich auswiesen.
1) Die Stellen aus c. 9, welche Preuschen citirt: tarn non moechi —
sed idololatrae — hac parabola patri satisfacient und recordatur patris, satis-
facto redit, sind nicht ganz glücklich gewählt für seine Behauptung, da hier
nach dem Zusammenhang, in welchem es sich um die Deutung des Gleich-
nisses vom verlorenen Sohn handelt, keine Beziehung auf den Bussact
hineingelegt werden kann, sondern nur eine solche auf die Bussgesinnung.
IL Die Verfügung des Kaliist. 35
geprägt hätte. Dies ist offenbar noch nicht der Fall; vielmehr
beweist das videtur (in der directen Rede der Katholiker), dass
man das satis deo facere nur als Bild gebraucht, um den Wert
der exomologesis einigermassen zu veranschaulichen, ebenso wie
Tert. in de paen., wenn er von der satisfactorischen Bedeutung
der Bussgesinnung spricht, damit nur ein juristisches Schema
zur Veranschaulichung in die theologische Darstellung einführt
und nicht eine fest ausgeprägte dogmatische Theorie darstellt.
Aber es zeigt doch, wie die exomologesis im Wert gestiegen
ist, wenn dasselbe Bild, unter welchem Tert. sich die Bedeutung
der Buss gesinnung vorstellt, von Kallist gebraucht wird, um den
Wert des Bussactes bei Gott anschaulich zu machen. Wenn
also Kallist paenitentia fungi in seinem Erlass als Bedingung für
die Vergebung aufstellt, so macht er diese damit von dem Buss-
act mindestens in gleichem Masse abhängig wie von der Buss-
gesinnung.
Was Kallist mit dimittere ausgedrückt hat, lässt sich un-
schwer durch die Synonyma feststellen, die bei Tert. für dieses
Wort eintreten. Die Termini, welche von communicare ge-
bildet sind, wie communicationem restituere (c. 18), aber auch
solche wie pacem ecclesiasticam reddere (c. 22), ecclesiam reddere
(c. 15), und vornehmlich postliminium ecclesiasticae pacis, was
nach Dig. 49 T. 15 1. 5, 1 als „das Rückkehrrecht d. h. das
Recht des aus der Gefangenschaft zurückkehrenden, in seinen
früheren Besitzstand wie seine früheren Rechte wieder einzu-
treten"1) zu erklären ist, beweisen, dass dimittere die Wieder-
zulassung des Gefallenen zur kirchlichen Gemeinschaft bedeutet.
Kallist will also die in Fleischessünden gefallenen nach ge-
leisteter Busse wieder in die Gemeinde aufnehmen. Ob dies
durch einen feierlichen Act geschah, sodass dimittere sollenne
Bedeutung hätte, lässt sich nicht feststellen.
In dem von Tert. mitgeteilten Satz bestimmt demnach
Kallist: Ich gewähre sowohl denen, welche sich des wirklichen
Ehebruchs, als auch denen, die sich der gewöhnlichen Unzucht
schuldig gemacht haben, unter der Bedingung, dass sie Busse
gethan d. h. Reue empfunden und sich dem Act der exonio-
1) s. Preuschen S. 27.
36 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
logesis unterzogen haben, wieder Anteil an der kirchlichen
Gemeinschaft. l)
2. Die durch den Erlass in die Busspraxis eingeführte
Neuerung.
Die Verfügung Kallists wird von Tert. als unerhörte
Neuerung angegriffen, durch welche die Busspraxis in der ein-
schneidendsten und verderblichsten Weise umgestaltet werde;
der römische Bischof habe aus der festgeschlossenen Kette der
bisher als unvergebbar geltenden Sünden: Götzendienst, Ehe-
bruch, Mord, das mittelste Glied herausgebrochen; wider alles
kirchliche Herkommen habe er die Unzuchtsünden von den
1) In diesem Satz ist keine Bestimmung darüber getroffen, ob die
Busse mehr als ein Mal mit Aussiebt auf Vergebung geleistet werden kann.
Da diese Frage eigentlich erst auf Grund umfassenderer Untersuchungen
entschieden werden kann, nach der Anordnung der Abhandlung aber hier
besprochen werden müsste, so soll unter Voraussetzung der später erst
eingehender zu begründenden Resultate der Erörterung folgendes bemerkt
werden : Nach de paen. ist ganz bestimmt eine Wiederholung der exomo-
logesis ausgeschlossen : Collocavit in vestibulo paenitentiam seeundam, quae
pulsantibus patefaciat; sed iam semel, quia iam seeundo; sed amplius
nunquam, quia proxime frustra (c. VII). Huius igitur paenitentiae seeun-
dae et unius quanto in arto negotium est tanto operosior probatio (c. IX);
es giebt also nach der Taufe nur eine Busse. Darin hat der Erlass Kallists
scheinbar keine Änderung hervorgebracht. Denn 1. Nach Tert. citiert
Kailist das Wort des Hermas: servo enim dei una paenitentiae venia in-
dulgetur (s. S. 79). 2. Nach Can. Elib. VII ist, trotzdem die Vergebung für
Unzuchtsünden gewährt werden kann, die Wiederaufnahme Rückfälliger
bestimmt ausgeschlossen: Si quis forte fidelis post lapsum moechiae post
tempora constituta aeeepta paenitentia, denuo fuerit fornicatus, placuit, nee
in fine habere eum communionem. 3. In cap. 13 sagt Tert. direct sich an
Kaliist wendend: tua ovis ne rursus de grege exiliat (quasi non exinde
iam liceat quod nee semel lieuit) ceteras etiam metu comples cum
maxime indulgens? Darnach scheint wenigstens Tert. in dem Erlass nur
eine einmalige Gewährung der Vergebung für Fleischessünden ausge-
sprochen zu finden. 4. Ferner ruft er cap. 10 Kallist höhnend zu: si qua
te carnis vacillatio de tenore decusserit, deus bonus est; suis non
ethnicis, sinum subicit; seeunda te paenitentia excipiet. Da nun nach de
paen. IX (paenitentiae seeundae et unius) die „zweite Busse" immer das
Merkmal der Unwiederholbarkeit trägt, so müsste er hier ausdrücklich be-
merken, dass nach Kallist ihr dasselbe fehle, also hätte er schreiben
müssen: seeunda et tertia paenitentia od. ähnlich; s. auch Loofs, Dogmen-
gesch. § 29, 2 b S. 178. 2. Aufl. Müller, Kirchengesch. I. S. 120.
II. Die Verfügung des Kallist. 37
Sünden getrennt, mit welchen sie durch die Schriftauctorität,
durch das Gesetz Gottes untrennbar verbunden seien (c. 5).
Wenn dieser Vorwurf eine thatsächliche Grundlage hat, wenn
wirklich der Erlass das ganze bisherige Herkommen umstösst,
so ist es recht unwahrscheinlich, dass Kallist seine gewichtige
Bestimmung in der kurzen kategorischen Form des von Tert,
mitgeteilten Satzes proklamiert und sich nicht mit der bis-
herigen Praxis auseinandergesetzt habe. Um Anhaltspunkte
zu gewinnen, ob der Erlass eine Motivierung gehabt hat und
in welcher Richtung sich diese bewegt haben muss, hat man
zu untersuchen, was die bisher geübte Praxis in der Buss-
disciplin gewesen ist und welche Punkte derselben nun durch
die Verfügung' Kallists eine Veränderung erlitten haben. Dazu
hat die Untersuchung wieder bei de paentientia einzusetzen.
Was hier nach dem kirchlichen Sprachgebrauch unter der
zweiten Busse verstanden wird, ist oben festgestellt: die in der
exomologesis sich bewährende und zur Erscheinung kommende
bussfertige Gesinnung. Dieser Busse ist nach der Anschauung
Tert.s die Vergebung sicher. Es erheben sich nun aber zwei
Fragen: 1. Können alle Sünden durch diese Busse gesühnt werden?
2. Wodurch empfängt der Sünder die Gewissheit der Vergebung?
Principiell hält Tert. an dem Satz fest: der einmal bekehrte
Christ kann nicht wieder in sein früheres heidnisches Sünden-
leben zurückfallen; freilich gestaltet sich die Wirklichkeit an-
ders, da der Christ fortwährend den Angriffen des Teufels aus-
gesetzt ist; durch diese Angriffe kommt es, dass er häufig
wieder in Sünden fällt; solche Angriffe sind: die Verlockung
durch Augenlust zu fleischlichen Begierden, die Gefangennahme
des Geistes durch heidnisch -weltliche Lüste, die Versuchung zur
Verleugnung durch Schrecken vor drohender Gefahr, die Ver-
führung zur Häresie. J) Als Heilmittel für die Sünden, in welche
der Christ durch derartige Angriffe des Teufels gestürzt wird,
also Fleischessünden, Teilnahme an heidnischen Vergnügungen,
Verleugnung in der Verfolgung, Abfall zur Häresie, hat Gott
die zweite Busse eingesetzt. Da hier die schwersten Sünden
genannt sind, so kann man mit Sicherheit behaupten, dass im
Princip alle gleich geachtet sind, dass kein Unterschied, der
sich in verschiedenen Stufen ausdrücken könnte, zwischen be-
1) Itaque observat etc. s. S. 30 Anm. 1.
38 Rolffs, Das Inclulgenz-Eclict.
stimmten Arten stattfindet. Alle Sünden können vergeben
werden, falls der Mensch Busse thut.
Es fragt sich nun, wodurch der Sünder die Gewissheit der
Vergebung empfängt, ob sie für ihn nur ein im Glauben an-
zunehmendes Heilsgut ist oder ob sie ihm durch feierliche
Wiederaufnahme in die Gemeinde verbürgt wird. Das letztere
ist die gängige Anschauung; allein Preuschen betont mit
Recht, dass als Subject der Vergebung in de paen. immer nur
Gott gedacht sei, dass von einem Absolutionsact, durch welchen
die Kirche die Sünder wieder in ihre Gemeinschaft aufnehme,
nirgends geredet werde. Zwei Stellen pflegt man auf einen
solchen zu deuten, einmal den Satz, dass Gott die zweite Busse
in das Vestibulum gestellt habe, damit sie den Anklopfenden
öffne1), sodann die Frage: An melius est damnatum latere quam
palam absolvi?2) Zu dem Bilde ist zu bemerken, dass die Busse
nicht an die ianua ecclesiae, sondern an die ianua ignoscentiae
gestellt ist; ob diese in die Kirche oder in das himmlische
Heiligtum führt, ist gar nicht gesagt, und es hängt eben davon
ab, ob „ignoscentia" als eine That Gottes oder als eine Handlung
der Gemeinde anzusehen ist, welche Gottes Vergebung dem
Büssenden vermittelt. Was man also aus diesem Bilde zu be-
weisen sucht, muss erst bewiesen sein, wenn man das Bild genau
1) Haec igitur veneria eius providens deus, clausa licet ignoscentiae
ianua et intinctionis sera obstructa, aliquid adhuc permisit patere. Collocavit
in vestibulo paenitentiam secundam, quae pulsantibus patefaciat (c. VII).
2) Folgende Sätze mögen den Zusammenhang andeuten, in welchem
dieselbe steht: Plerosque tarnen hoc opus (confessionem seil.), ut publica-
tionem sui — suft'ugere, praesumo, pudoris magis memores quam
salutis; — — Nae tu vereeundia bonus, ad delinquendum expandens
frontem, ad deprecandum vero subducens. — Certe periculum
eius tunc, si forte, onerosum est, cum penes insultatores in risiloquio con-
sistit — — — — ceterum inter fratres atque conservos, ubi communis
spes , quia communis Spiritus de communi domino et patre,
quid tu hos aliud quam te opinaris? Quid consortes casuum tuorum ut
plausores fugis? — In uno et altero ecclesia est, ecclesia vero
Christus. Ergo cum te ad fratrum genua protendis, Christum contreetas.
Christum exoras. — — Christus patrem deprecatur. Facile impetra-
tur semper, quod filius postulat. Grande plane emolumeutum vereeundiae
oecultatio delicti pollicetur. Videlicet si quid humanae notitiae subduxeri-
mus, proinde et deum celabimus? Adeone existimatio hominum et dei
conscientia comparantur? An etc. (c. 10).
II. Die Verfügung des Kallist. 39
erklären will. — Wenn Tert. fragt: Ist es besser verdammt zu
werden und verborgen zu bleiben als seine Schuld öffentlich
zu bekennen und losgesprochen zu werden?, so ist auch damit
nur gesagt, dass die exomologesis die notwendige Bedingung
für die Erlangung der Absolution ist; ob dieselbe von der
Gemeinde oder von Gott erteilt wird, ist nicht damit entschieden.
Preuschen hat somit ganz recht, wenn er behauptet, dass Tert.
über einen Absolutionsact schweigt; wenn er aber meint, daraus
nicht den Schluss ziehen zu dürfen, dass eine Wiederaufnahme
in die Gemeinde überhaupt nicht erfolgt sei, sondern bei einem
non liquet stehen bleiben will1), so beruht das darauf, dass er
c. 8 im Zusammenhang der Schrift falsch gedeutet hat. Er
meint nämlich, Tert. wolle in diesem Abschnitt einer die zweite
Busse gänzlich abweisenden Richtung der karthagischen Ge-
meinde den Beweis liefern, dass Gott auch noch der wieder-
holtem Busse Vergebung gewähre (S. 7). Dies ist nicht richtig;
c. 8 richtet sich nicht an solche, welche mit theoretischen
Gründen die Möglichkeit der zweiten Busse bestreiten, sondern
an den verzweifelnden Sünder, der die verzeihende Gnade
Gottes nicht glauben kann; dass von diesem die Rede ist, er-
giebt sich schon aus dem Schluss von cap. 7: Verum non
statim succidendus ac subruendus est animus desperatione, si
secundae quis paenitentiae debitor fuerit. — ■ — — — Offen-
disti, sed reconciliari adhuc potes. Habes cui satisfacias , et
quidam volentem. Dass hier der Sünder angeredet wird, der zur
Busse ermuntert werden soll, ist fraglos; derselbe ist also auch
gemeint, wenn Tert. c. 8 fortfährt: Id si dubitas, evolve quae
Spiritus ecclesiis dicat. Aber auch im Verlauf des Capitels wird
der verzagende Sünder direct angeredet und ermutigt unter Hin-
weis auf die Stellen der Schrift, wo von der Freude Gottes über die
Bekehrung eines jeden Sünders die Rede ist (wie Luc. 1510): Heus
tu peccator, bono animo sis ! vides ubi de tuo reditu gaudeatur.
Ebenso wird das Gleichnis vom verlorenen Sohn in einer direct
an den Sünder gerichteten Ansprache ausgelegt: Is (deus seil.)
ergo te filium suum, etsi aeeeptum ab eo prodegeris, etsi nudus
redieris, reeipiet, quia redisti, magisque de regressu tuo quam
de alterius sobrietate laetabitur. Tert. will also in diesem Ab-
1) S. 11—14 a. a. 0.
40 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
schnitt den Sünder zur Busse antreiben, indem er aus dem
Worte Gottes selbst beweist, dass Gott dieser Busse Vergebung
gewährt. Dieser Beweis hat nur dann einen verständlichen
Zweck, wenn eine Wiederaufnahme m die Gemeinde dieser
Busse nicht notwendig folgte; sonst müsste Tert. notwendig
sich auf diese Restitution als die Bürgschaft dafür, dass Gott
dem Sünder verzeiht, berufen. Da er dies in einer Aufführung,
welche erwiesenermassen den Zweck verfolgt, den Sünder zur
Busse zu treiben, nicht thut, so beweist dieses Schweigen, dass
eine Restitution nicht der Erfolg der Busse gewesen sein kann,
wenigstens in der Regel nicht. Dies wird bestätigt durch die
oben erwähnte Darlegung in c. 10; hier will er den Sündern,
die aus Scham vor der Gemeinde zaudern, die exomologesis zu
leisten, vorhalten, welch eine Thorheit sie damit begehen; er
weist sie deshalb darauf hin, dass die Gemeinde ihrer De-
mütigung nicht mit Schadenfreude zusieht, sondern an ihrem
Schmerz Anteil nimmt, da ja alle Christen Glieder eines Leibes
sind und in der Gemeinde Christus selbst ist; indem die Ge-
meinde für den Büssenden Fürbitte leistet, tritt Christus selbst
beim Vater für ihn ein, und er erlangt, um was er bittet.
Also obgleich hier die Gemeinde gleich Christus gesetzt wird,
so kann sie doch nur als Fürbitterin auftreten, und nur darin,
dass sie wie Christus in der Liebe Gottes steht, liegt für den
Sünder die Gewähr, dass er von Gott Vergebung empfängt;
dieselbe kann ihm daher nicht durch einen Restitutionsact
verbürgt sein.
Freilich darf man daraus nun nicht den weiteren Schluss
ziehen, dass eine Wiederaufnahme von Sündern in die christ-
liche Gemeinde nun überhaupt nicht möglich gewesen sei; sie
war möglich, aber nur als eine Ausnahme; in der Regel fand
die zweite Busse nicht in einer Reconciliation ihren Abschluss.
Es hatten sich noch keine feste Normen gebildet, nach welchen
dieselbe in allen Fällen verlaufen niusste, sondern die an kein
äusseres Gesetz gebundene Instanz des in der Gemeinde wir-
kenden Gottesgeistes war auf diesem Gebiet von grosser Be-
deutung. *) Solange die Bussgesinnung als das eigentlich vor
1) Hierauf hat inan auch die Worte Tert.s in pud. 1 zu beziehen, aus
•welchen man gewöhnlich zu folgern pflegt, dass Tert. als Montanist die
II. Die Verfügung des Kaliist. 41
Gott Wertvolle galt, konnte die Wiederaufnahme in die Ge-
meinde, wenn darin wirklich eine Bürgschaft für die von Gott
gewährte Vergebung liegen sollte, nur auf eine besondere
Gottesoffenbarung hin erfolgen; denn nur Gott kann über die
Aufrichtigkeit der Bussgesinnung entscheiden. 1) Dass solche
Offenbarungen wirklich zu Zeiten einen weitreichenden Einfluss
ausübten, beweist der Hirt des Hermas, das prophetische Buch.
in welchem eine allgemeine Amnestie verkündigt wird. Die-
selbe erstreckt sich vorwiegend auf Unzuchtsünden, die als
besonders schwer ja immer gegolten haben, und deshalb erhält
die Offenbarung hier wohl die feierliche Einkleidung, die ihr
grösseren Nachdruck geben soll. Leichtere Sünden werden
Wiederaufnahme Gefallener nicht habe dulden wollen, mit der er in de
paen. ganz einverstanden gewesen sei. Er schreibt: erit igitur et hie ad-
versus psychicos titulus adversus meae quoque sententiae retro penes illos
societatem, quo magis hoc mihi in notam levitatis obiectent. Nunquam
societatis repudium delicti praeiudicium. Quasi non facilius sit errare cum
pluribus, quando veritas cum paucis ametur. Hier gesteht er ein. dass sich
eine Wandlung in seinen Anschauungen vollzogen habe; aber es lässt sich
nicht daraus entnehmen, dass er früher dem Bischof das Recht zuge-
standen habe, schwere Sünder wiederaufzunehmen; früher hatte er nichts
dagegen, wenn ein Prophet einem Unzüchtigen nach öffentlicher Busse
Vergebung gewährte; jetzt weiss er, dass ein solcher Prophet ein Pseudo-
prophet ist; denn ein Ausspruch des Parakleten lautet: potest ecclesia do-
nare delictum, sed non faciam, ne et alia delinquant. c. 21 (p. 269, 24 .
Ebenso darf man aus de idol. 24 (viderimus enim si seeundum arcae typurn
et corvus et milvus in ecclesia erit; certe idololatres in arcae typo
non habetur) nicht folgern, dass er nur den Götzendiener dauernd ausge-
schlossen wissen wollte, gegen die Wiederaufnahme von Ehebrechern und
Mördern aber nichts einzuwenden gehabt habe. Denn in dieser Schrift will er
nur das Gewissen der Gemeinde schärfen für die leichteren Formen der
Idololatrie , welche man nicht als solche zu behandeln pflegte (s. de idol.
2. 3); die eigentlichen schweren Sünden stehen ganz ausserhalb der Dis-
cussion.
1) Orig. de oratione c. 28 spricht dies deutlich aus : 6 6h efxnvevo&slg
vtco xov 'Iqaov, ioq ol U7i6oxo).oi, xal dito xwv xuqtküv yivwoxeodai övvä-
/iievoq, ü>q yojQtjGccg xo nvev/ta xo dyiov xal ysvö/icevoc nrev/xaxixog xä>
vnb xov nvzifiuxoq uyeG&ai xqotcov vlov 9eov k(p exaaxov xwv xarce
'/.öyov Tioaxxtwv dcpl^oiv u idv dtpf( 6 &sog xal xoaxsi xu dvtccxd xajv
u/^ccQxtjjuäxwv vTirjoexüiv wonso ol 7iQoq)fjxai iv xä> Xeystv ov xu. l'öicc
d/.?.ä xu xov Selov ßoi/juaxoq xiö &sol ovxo) xul avtoq xy [xovo> i<~ov-
oiav t/ovxi d'fitvai 9tiö. Doch ist dies keine authentische Interpretation
der im Occident herrschenden Anschauungen.
42 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
auf einfache Geistesworte hin, die ein Prophet in der Gemeinde
sprach, Vergebung gefunden haben; vielleicht ist bei solchen
Sündern die Wiederaufnahme ziemlich regelmässig erfolgt;
wenigstens findet sich in 1 Tim. 5-221) ein Anhaltspunkt für
diese Annahme. Der Verfasser der Pastoralbriefe resp. der vor-
liegenden Stelle warnt den Adressaten, den man sich zweifel-
los als einen Apostel oder Propheten, also als einen Geistes-
träger zu deüken hat, jemandem leichtsinnig die Hände aufzu-
legen, damit er sich nicht fremder Sünden teilhaftig mache.
Die Handauflegung ist darnach jedenfalls als das Zeichen der
Sündenvergebung, der Wiederaufnahme in die Gemeinde zu ver-
stehen2); daraus, dass der Briefschreiber vor zu rascher Hand-
auflegung warnt, ist zu schliessen, dass ein Prophet oft in die
Lage kam, Sündenvergebungen auszusprechen. Zu den Geistes-
trägern, welche die Absolution verkündigen konnten, gehörten
nun auch die Märtyrer 3) d. h. solche Christen , welche unter
1) %£iQaq xcr/Jw; firjöevl enixld-ei, fxi]6h xoivcövei ufxugxiuiq tl).koxQiaiQ.
2) An dieser Deutung der fraglichen Stelle glaube ich gegen Weiss
(Handb. üb. d. Briefe Pauli an Tim. u. Tit. 5. Aufl. 1886 S. 217) und von
Soden (Hand-Comm. z. N. T. III S. 244) mit Holtzmann iDie Pastoralbriefe
S. 356) festhalten zu müssen.
3) Preuschen macht hierauf nachdrücklich aufmerksam, und nach den
von ihm citierten Stellen ist die Vorstellung, dass der Bischof auf ihre
Fürbitte die Sünden vergeben habe, nicht haltbar, vergl. Eus. H. E. V, 2:
xöxe 6h tcügl [xhv a7ie?.oyovvxo, y.axr\yÖQOvv 6h ovdtvoq, sXvov fxhv ünavzaq,
idtGfitvov 6h ovSeva xzk. Tert. ad mart. 1: Nee illi (diabolo seil.) tarn
bene sit in suo regno, ut vos committat, sed inveniat munitos et concordia
annatos, quia pax vestra bellum est illi; quam pacem quidam in ecclesia
non habentes a martyribus in carcere exorare consueverunt. Auch dass
der Grund dieser Machtbefugnis in der Ausrüstung mit dem heil. Geist ge-
sehen wurde, lässt sich meines Erachtens nicht bezweifeln, wenn man sieht,
wie oft gerade dies erwähnt ist: Eus. H. E. V, 1: Zcr/ccglaq — t,eo)v ev
7iv£vfiazi (§ 9), i/_(ov 6h zbv TiuQÜy.Xrizov iv eavxoJ (§ 10), vnb 6h tiqo&v-
fiiaq nveißCixoQ uvaQQeovvvfxevoq 6icc xtjv iystei/ievtfv zijq /.laQxiglas tru-
&vfilav (§ 29), exüvovq fihv yaQ enexoifpi'Qtv — xb nvexifia xb na-
xqixÖv (§34). Tert. ad mart. 1: Inprimis ergo, benedicti, nolite contristare
spiritum sanetum, qui vobiscum introiit in carcerem. 3 : Iesus Christus, qui
vos spiritu unxit et ad hoc scamma produxit. Denjenigen, welche sich dem
Martyrium unterzogen, verlieh also der Herr nach der Anschauung jener
Zeit seinen Geist und kraft desselben hatten sie die Binde- und Lösegewalt.
Diese Anschauung geht wohl auf Mt. IO20 zurück, vergl. auch Müller,
Kirchengeschichte I S. 115.
II. Die Verfügung des Kaliist. 43
Verfolgungen und Martern ihren Glauben freudig bekannt
hatten; sie hatten nicht nur das Recht der Fürbitte für die
Sünder, sondern konnten wirklich die Lösegewalt ausüben. Die
Busspraxis jener Zeit war also nicht durch juristische Normen
geregelt, sondern sie empfing ihre Gesetze durch die lebendige
Wirkung des Gottesgeistes in den besonders begnadeten Gliedern
der Gemeinde. Dadurch kam es, dass dieselbe, obgleich im
Princip keine Sünde von der Gemeinde vergeben werden konnte,
doch nicht als hart und drückend empfunden wurde. Anders
musste es werden, als die Prophetie, durch den Montanismus
discreditiert und durch die sich fixierenden apostolischen Normen
der Glaubensregel und der Schriftensammlung eingeengt, nach
und nach erlosch und das Ansehen der Märtyrer bei dem
immer häufiger und leichter werdenden Martyrium stetig sank.
Damit schwand für den Sünder immer mehr die Aussicht, dass
seine Busse ihn wieder in die Gemeinde zurückführen könne;
auch leichtere Sünden hatten einen dauernden Ausschluss zur
Folge, und so kam es, dass zur Zeit, wo Tert. de paen. schrieb,
nur wenige sich entschlossen, sich der Demütigung in der
exomologesis zu unterziehen. Wenn Tert. die Sünder daher
so eindringlich ermahnt, dieselbe nicht zu unterlassen, so ver-
folgt er damit den Zweck, auch die Gefallenen dem erziehen-
den Einfluss der Kirche zu erhalten und sie vor einem völligen
Rückfall in das heidnische Leben zu schützen. Dahin musste
die Busspraxis, wie sie etwa um 200 herrschend war, notwendig
führen und in dieser Notlage scheint sich eine Entwicklung
angebahnt zu haben, deren Resultat sich aus de pudicitia fest-
stellen lässt.
Hier werden die Sünden nach ihrem Gewicht in zwei Classen
geteilt, in remissibilia und irremissibilia, und zwar gründet
Tert. diese Unterscheidung auf 1 Joh. 516. Aber diese Unter-
scheidung ist noch mit grosser Unsicherheit behaftet und kei-
neswegs zu der festen Klarheit einer dogmatischen Theorie
durchgebildet. In cap. 2 führt Tert. aus, dass von den bei-
den Classen die eine der castigatio, die andere der damnatio
unterworfen sei; denn jedes Vergehen müsse entweder durch
Verzeihung oder durch Strafe gesühnt werden; damit Ver-
zeihung erfolgen könne, werde die castigatio über den Sün-
der verhängt, in der damnatio sei die Strafe über ihn ausge-
44 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
sprochen1). Es ist kaum zweifelhaft, dass man unter castigatio hier
den Bussact zu verstehen hat, welchem vielleicht noch eine längere
Probezeit folgte, ehe die Vergebung durch völlige Restitution
als Glied der Gemeinde gewährt werden konnte. Es giebt also
hiernach 1. Sünden, welche nach geleisteter Busse vergeben
werden konnten; 2. Sünden, welche dauernd von der christlichen
Gemeinde ausschlössen. Zu der zweiten Klasse gehören allein
Götzendienst, Ehebruch, Mord2), zu der ersten demnach alle
übrigen Sünden.
Dem gegenüber tritt cap. 19 eine andere Anschauung zu
Tage. Auch hier knüpft die Unterscheidung sich an 1 Joh. 5 16 ;
aber als die Sünden, welche vergeben werden können, werden
die im täglichen Leben vorkommenden Fehltritte genannt:
unbillig zürnen, über Sonnenuntergang im Zorn verharren,
1) Causas paenitentiae delicta condichnus. Haec dividimus in duas
exitus. Alia erunt remissibilia, alia irremissibilia. Secundum quod nemini
dubium est alia castigationem mereri, alia damnationem. Omne delictum
aut venia dispungit aut poena, venia ex castigatione, poena ex damnatione.
Reiff p. 223, 29.
2) Auch in dem Fragment des auf Hippolyt zurückgeführten Proverbien-
kommentars (Migue tom. X S. 621) werden diese drei als die eigentlichen
Todsünden bezeichnet: XQelq O-vyaxegeq rjoav x% a/xapxia dyandfievaL dya-
Tttfoei, tj TiOQreicc, b cpovoq, xal elöw/.o/.axQeia' al xgeiq ovx eveniTt'/.rjoav
aiTj'jv. ov yäg e/ujiljt/.azai. Site xovxmv x<5v TtQÜ&tov vexQovoa t] ä/xagxia
xbv av&Qa)Ttov /j.?]Ö£7iox£ rj/.'/.ouDfxevr], u/.)M nävxoxe enav^ovaa. Hippolyt
folgt hier der kirchlichen Tradition; das ergiebt sich daraus, dass er nicht
zu begründen vermag, weshalb gerade diese drei Sünden und nur sie den
Menschen für immer ins Verderben stürzen. Denn im folgenden sagt er:
üjgtcbq yccQ sv /nev toxi xb aäifia, [At'/.rj de no'/.'t.a eyei, ovxca xal tj ufiaoxla
/ula ovoa, no'/.'/.uq xal noixü.aq eni&vuiaq ev eavxy e%ei, öi wv enißovl.oq
xwv uv&qwthov ylvexai. Durch alle diese Begierden wird der Mensch un-
rettbar ins Verderben verstrickt: ojg xüoxaooq de, del ev ?.vyocödei xal t,ocpoj-
dei xöncp vnäoywv, ov xaxaXa/xßävexai vnb dxxlvoq <pcoxbq, ovxcoq de näq
b ev navxl Ttä&ei oaQxbq xi] a/uapxla öovkewov. Jede Sünde scheidet
den Menschen von der Gemeinde Christi; denn: ov yccQ xqotiov b<piq enl nex-
Qaq c/voTioitjoai ov dvvaxac, ovxwq oide b diüßo/.oq enl oaj/ua Xqioxov aßUQ-
xlav ^6vv^&r] evqsZv. Unter „oajpia Xqigxov" wird man wohl die Kirche ver-
stehen müssen, zumal auch in den folgenden Sätzen von derselben die Rede
ist ; doch ist diese Beziehung wegen des ^dvvr'i&t} nicht ganz sicher. Jeden-
falls ist es nicht eine Folge seines Systems , wenn er sagt , dass die Sünde
den Menschen diu xovxcov x&v Ttpdcewv d h. Ehebruch, Mord und Götzen-
dienst töte, sondern vielmehr eine Concession an die bestehende kirchliche
Praxis.
II. Die Verfügung des Kaliist. 45
jemanden schlagen, leichthin fluchen, unbesonnen schwören,
ein gegebenes Wort nicht halten, aus Schani oder Not lügen,
alles Vergehen, von denen auch der Gerechte nicht frei bleiben
kann, die aber auf die Fürbitte Christi stets Vergebung finden
— natürlich ohne öffentliche Busse. Als delicta, quae veniam
non capiant, werden dagegen aufgezählt: homicidium , idololatria,
fraus, negatio, blasphemia, moechia et fornicatio, si qua alia vio-
latio templi dei. Darnach scheint es eine Classe von Sünden,
die nach vorhergegangener öifentlicher Busse vergeben werden
können, nicht zu geben. Die hier als Todsünden aufgezählten
Delicte nennt Tert. auch adv. Marc. IV. 9 als delicta capitalia
mit einer Modifikation (falsuni testimonium für negatio): idolo-
latria, blasphemia, homicidium, adulterium, stuprum, falsum testi-
monium, fraus. Es sind dieselben Sünden wie Mt. 15 19: <povoi,
fjor/eiai, jcogvslai. xXojtai, ipevöouagrvgiai, ßXaGpt](iiar, nur dass
noch die döooXoXaxgüa hinzukommt; von diesen Sünden sagt
Christus: xavxa tGxiv xu xoivovvxa xbv avd-gcoziov d. h. sie machen
ihn gemein, stellen ihn der Welt gleich und schliessen ihn damit
aus der christlichen Gemeinde aus. Ahnliche Sünden nennt
Paulus 1 Cor. 512: jcogvog, jcXeovexxtjg (s. xXojc/j), döcoXola-
rgqg, Xoiöogog (s. ßXaOg)i]fila), [itd-voog, agjtaB, (s. <p6vog) und
befiehlt reo xoiovxco (ii]6e gvvsgMbiv, also jeden derartigen
Sünder von der Gemeinde auszuschliessen. Es ist möglich,
dass die von Tert. vertretenen Anschauungen betr. der Sünden
auf derartige Stellen zurückgehen. Das Charakteristische dieser
Todsünden ist, dass sie gegen Gott oder gegen seinen Tempel
d. h. gegen die christliche Gemeinde begangen werden; deshalb
können sie nur von Gott selbst vergeben werden1).
Es ist ein ebenso zweckloses wie vergebliches Bemühen, die
beiden verschiedenen Classificationen der Sünden mit einander
in Einklang zu setzen; denn beide sind unter verschiedenen
Gesichtspunkten entworfen. In cap. 2 wird die Praxis, dass
einige Sünden von der Kirche auf Grund geleisteter Busse ver-
geben werden, andere dauernden Ausschluss aus der Gemeinde
nach sich ziehen, durch das johanneische Wort als schriftgemäss
bewiesen. In cap. 19 will Tert. den scheinbaren Widerspruch
1) s. c. 21.: quis enim dimittit delicta, ni solus deus? et utique mor-
talia, quae in ipsum fuerint admissa et in templum eius.
46 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
zwischen 1 Job. 1 § und 3 9 aufheben und greift deshalb die
1 Job. 51Ö angedeutete Unterscheidung der Sünden in Tod-
sünden und vergebbare Sünden auf. Die letztere ist daher für
die Praxis, wenigstens wie sie zu der Zeit des Erscheinens von
Kallists Erlass herrschte, ohne Bedeutung, da sich die Kirchen-
zucht jener Zeit nicht mit den Sünden des täglichen Lebens
befasste.
Nach der Anschauung, die in de pud. als die herrschende
vorausgesetzt wird, gab es 3 Arten von Sünden1):
1. die Fehltritte des täglichen Lebens, welche für die Buss-
praxis indifferent sind;
2. die Vergehen, für welche der Sünder nach öffentlicher
Kirchenbusse Vergebung empfangen kann;
3. die Todsünden, welche dauernd von der Gemeinde aus-
schliessen: Götzendienst, Ehebruch, Mord2).
1) Die von Preuschen gegebene Einteilung: 1. Sünden gegen den
Bruder; 2. leichte Sünden gegen Gott; 3. schwere Sünden gegen Gott,
vermag ich mir nicht anzueignen , da m. E. Tert. c. 2. 21 Sünden gegen
den Bruder von Sünden gegen Gott nur unterscheidet, weil er die richtige
Anwendung des „dimitte et dimittetur tibi" feststellen will; die Sünden
gegen den Bruder bilden sonst keine selbstständige Classe, denn sie sind
zugleich auch Sünden gegen Gott, seien es nun leichtere oder schwerere,
so wird unter den leichteren jem. zürnen und jem. schlagen, unter den
schwereren homicidium und fraus genannt. Unrichtig ist daher Pr.s
Bemerkung, ,,dass die Vergebung der Sünden gegen den Bruder durch
diesen selbst eine vollkommene ist, also nicht mehr einer Bestätigung durch
Gott, resp. durch die Organe der Geistesgemeinde bedarf." (S. 24 Anm. 1.)
2) Wie sich diese Dreizahl festgestellt hat, entzieht sich unserer
Kenntnis; nach den von Preuschen mitgeteilten talmudischen Stellen (s.
a. a. O. S. 34. 35) ist es sehr wahrscheinlich, dass hier der jüdische Gebrauch
von Einfluss auf den christlichen geworden ist, indem sich dadurch schon
seit früher Zeit in diesen drei Vergehen als den schwersten Formen der
Sünden gegen Gott, gegen die Heiligkeit des eignen Leibes, gegen den
Nächsten für das christliche Bewusstsein der ganze widergöttliche Charakter
der Sünde darstellte. Tert., der diese unveränderlich feststehende Dreizahl
als Basis für seine Angriffe gegen Kaliist gebraucht, führt sie auf den
Beschluss des Apostelconcils zurück: novissimi testamenti semper indemu-
tabilis status est, et utique recitatio decreti consiliumque illud cum saeculo
desinet. satis denegavit veniam eorum, quorum custodiam elegit, vindicabit
quae non perinde concessit. hinc est, quod neque idololatriae neque sanguini
pax ab ecclesüs redditur. c. 12 (p. 242, 23). Doch ist das Verhältnis viel-
mehr so, dass dies Decret nachträglich herangezogen wird, um die
II. Die Verfügung des Kaliist. 47
Die zweite Gruppe, deren Umfang zu bestimmen von einiger
Wichtigkeit ist, ist nun weder von der ersten noch von der
dritten Gruppe durch eine scharfe Grenze geschieden. Man darf
zunächst mit ziemlicher Sicherheit diejenigen Sünden in die-
selbe einrechnen, welche Tert. weder zur ersten (c. 19) noch
zur dritten (c. 25) Classe zählt: blasphemia, fraus, falsum testi-
monium; aber alle drei sind nur Steigerungen von Sünden, die
Tert. unter den Fehltritten des täglichen Lebens nennt. Wer
kann die Grenze sicher ziehen, welche das „leichtsinnige Fluchen"
von der Blasphemie, den „Bruch eines auf Vertrauen gegrün-
deten Vertrages" vom Betrug, den „unbesonnenen Schwur" und
die „Notlüge " vom falschen Zeugnis scheidet? Dass somit eine
feste Norm, nach welcher die Sünden der ersten Classe sicher
von denen der zweiten zu unterscheiden wären, nicht aufgestellt
werden kann, leuchtet ein; ebenso ist aber auch die dritte Classe
der zweiten gegenüber nur scheinbar in ihrem Umfang sicher
bestimmt. Nicht nur weil jede Blasphemie sich zur negatio
steigern kann und sich auch hierfür kein absolut sicherer Mass-
stab geben lässt, sondern auch weil die Begriffe idololatria.
moechia et fornicatio, homicidium durchaus schwankend sind.
Wie verschieden die idololatria ihrem Inhalt nach bestimmt
werden konnte und wirklich bestimmt wurde, geht schon aus
einer von Tert.s Erstlingsschriften de idolol. hervor: eine An-
zahl von Sünden, welche Tert. entschieden als Götzendienst
betrachtet wissen will, wird von andern Christen keineswegs
in den Umfang dieses Begriffes eingeschlossen; im Gegenteil
bestehende kirchliche Praxis zu decken. — Übrigens wenn auch früher
mehr Sünden als unvergebbar galten, so scheint doch nur über vier Über-
einstimmung geherrscht zu haben; adv. Marc. IV 9 und de pud. 19 werden
sieben Sünden als Capital- d. h. unvergebbare Sünden genannt, de idol. 1 tritt
zu den 3 bekannten aber nur noch fraus als vierte: Quodsi tarn fraus
quam stuprum atque adulterium mortem afferunt, iam in his aeque idolo-
latria de homicidii reatu non liberatur. Post talia crimina, tarn exitiosa,
tarn devoratoria salutis — . Müller, Kirchengesch. I S. 116 ist
nicht abgeneigt, den Grund für die Einschränkung der unvergebbaren
Sünden in der falschen Auslegung des Aposteldecretes zu suchen, und
nimmt an, dass die Kanonisierung der kurz vorher auftauchenden Apostel-
geschichte diese Bestimmung als Frucht hervorgebracht habe. Aber wie
stimmt dazu, dass Hipp. a. a. 0. (s. S. 44 Anm. 2) von dem Aposteldecret
zur Feststellung der Dreizahl keinen Gebrauch macht?
48 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
werden die Grenzen desselben ziemlich eng gezogen. Die An-
schauungen über die Idololatrie sind nun in der Zeit, welche
de pud. von de idol. trennt, nicht strenger, sondern laxer ge-
worden; selbst Tert., der früher jede Berührung mit heidnischem
Cult als Götzendienst gebrandmarkt hatte und für immer aus der
Gemeinde ausscheiden wollte, hat sich trotz seines Übertritts zum
Montanismus zu Concessionen an die mildere kirchliche Praxis
verstehen müssen. Teilnahme an den heidnischen Vergnügungen
im Circus, Amphitheater, Schauspiel oder am Spiel, weltlichen
Gastmählern, auch die Beteiligung am Götzendienst dadurch,
dass man dazu irgendwie einen Beitrag durch seine Kunst ge-
liefert hat, fasst er nicht als eigentliche Idololatrie auf; sogar
wenn jemand durch ein doppelsinniges Wort zum Verleugner
oder Lästerer geworden ist, will er darin nicht eine die kirch-
liche Gemeinschaft dauernd aufhebende Todsünde sehen1). Viel-
mehr soll bei allen diesen Sündern nach dem Grundsatz ver-
fahren werden: sie müssen aufgesucht und zurückgerufen werden;
was der kirchlichen Gemeinschaft wiedergewonnen werden kann,
ist nur verloren, wenn es draussen bleibt. Also alle diese leich-
teren Formen der Idololatrie werden als vergebbare Sünden
angesehen, auch hier ist mithin die Grenze zwischen leichtem
und schwerem Götzendienst kaum zu ziehen, die dritte Classe
von der zweiten nicht scharf zu scheiden. Da das heidnische
Leben, welches die Christen umgab, sie auf Schritt und Tritt
mit dem Cult der Götter in Berührung brachte, so waren sie
so vielfachen und starken Versuchungen ausgesetzt, dass man
ein Unterliegen unter dieselben nicht als allzu schwere Sünde
ansehen durfte und mithin Grund hatte, den Begriff der unver-
gebbaren Idololatrie nicht zu eng zu fassen. Eher liess sich
schon die Sünde des homicidium fest bestimmen, da sie nicht
in so viel verschiedenen Gestalten auftreten konnte; es war
eigentlich nur zu unterscheiden zwischen qualificiertem Mord
1) Perit igitur et fidelis elapsus in spectaculum quadrigarii furoris et
gladiatorii cruoris et scenicae foeditatis et xysticae vanitatis, [aut si] in
lusus, in convivia saecularis sollemnitatis, in officium, in ministerium alienae
idololatriae aliquas artes adhibuit aut incuriosius in verbum ancipitis ne-
gationis aut blasphemiae impegit. ob tale aliquid extra gregem datus est
vel et ipse forte ira tumore aemulatione, quod denique saepe fit, dedignatione
castigationis abrupit. debet requiri atque revocari; quod potest recuperari
non perit nisi foris perseveravit. c. 7 (p. 232, 21).
II. Die Verfügung des Kaliist. 49
und unvorsätzlicher Tötung; ob beide in der Busspraxis gleich
behandelt sind, kann man nicht mit Sicherheit feststellen, wenig-
stens nicht für die fragliche Zeit und für die römische Kirche.
Die Beschlüsse von Elvira kennen zwar auch verschiedene Ab-
stufungen des homicidium1); aber dieselben stellen uns die Buss-
praxis auf einer Stufe dar, auf welche sie erst durch den Erlass
Kallists trat; sie können also hier nicht als Quelle dienen. Mög-
lich bleibt freilich immerhin , dass man auch schon zur Ab-
fassungszeit von de pud. zwischen verschiedenen Arten des
homicidium zu unterscheiden pflegte, dass also auch dieser Be-
griff schwankend war. Am wenigsten waren vielleicht die Be-
griffe moechia und fornicatio mit solchen Unklarheiten behaftet;
freilich die ohne Bekanntmachung bei der Gemeinde geschlosse-
nen Ehen als Unzucht zu behandeln, war eine montanistische
Rigorosität, die sicher nicht die grosskirchliche Praxis be-
herrschte; aber die christliche Gemeinde, die ihren Ruhm darin
fand, mitten in einer von Unkeuschheit zerfressenen Welt, da-
zustehen als die unbefleckte Braut Christi, wachte eifersüchtig
über diesen Ruhm, und wie Keuschheit als die höchste Tugend
palt, so wurde Unkeuschheit als schwerste Sünde betrachtet;
alles, was daher unter den Titel moechia und fornicatio fiel,
hatte nicht auf Nachsicht bei der Gemeinde zu rechnen, und
dem Unzüchtigen mildernde Umstände zuzugestehen, war man
sicher nicht geneigt. Es ist auch schwer zu sagen, was als
solche hätte gelten können; weder die Stärke der Versuchung
konnte hier als Entschuldigung dienen, noch konnten Un-
zuchtsünden als der unbeabsichtigte Erfolg einer an sich milder
zu beurteilenden Handlung gelten2). Da sich der Begriff von
1) Can. V: Si qua doniina furore zeli a causa verberaverit ancillain,
ita ut in tertium diem animam cum cruciatu effundat, eo quod incertum
sit, voluntate an eam occiderit: si voluntate, post septem annos, si casu,
post quinquennii tenipora acta legitima paenitentia, ad communionem
placuit admitti. Quod si infra tempora constituta fuerit infirmata, acdpiat
communionem (]\lansi II p. 6).
2) Hierfür darf man sich auf Cyprian berufen, der ep. 55 c. 26 (Hartel I
|J44) den Gedanken Tert.s aus de pud. 22 ip. 273, 5 ff), dass der Verleugnende
invitus, der Ehebrecher voluntarius sündige, ausführend schreibt: quando
multo et gravior et peior sit moechi quam libellatici causa, cum hie neces-
sitate ille voluntate peceaverit, hie esistimans sibi satis esse quod non
Texte u. Untersuchungen XI, 3. 4
50 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
moechia und fornicatio auch als jeder geschlechtliche Verkehr,
welcher nicht durch eine factisch bestehende Ehe legitimiert ist,
ziemlich bestimmt definieren lässt, so ist anzunehmen, dass sich
auf diesem Punkt die festesten Normen für die Busspraxis aus-
gebildet haben.
Das Resultat dieser Erörterung lässt sich in folgenden
Sätzen zusammenfassen:
1. Die Sünden der zweiten Classe, welche nach öffentlicher
Busse vergeben werden können, sind solche, welche gegen Gott
begangen sind oder eine violatio templi dei einschliessen, d. h.
welche, indem sie öffentliches Ärgernis erregen, das christliche
Gemeinschaftsleben stören.
2. Es gehören dazu einmal die Fehltritte des täglichen
Lebens, wenn sie sich bis zum öffentlichen Ärgernis steigern,
sodann aber auch die Todsünden der Idololatrie und vielleicht
auch des homicidium, wenn sie in einer besonders leichten
Form auftreten.
3. Es lässt sich keine feste Norm aufstellen, nach welcher
die Sünden der zweiten Classe sowohl von denen der ersten
wie von denen der dritten sicher zu scheiden wären; sondern
ein Urteil darüber kann nur immer für den einzelnen concreten
Fall unter Berücksichtigung aller begleitenden Umstände gefällt
werden.
4. Die Sünden der moechia und fornicatio, zu welchen aber
factisch bestehende, doch bei der Kirche nicht angemeldete
Ehen nicht gerechnet werden, gehören immer in die dritte Classe.
Es ist versucht worden, den Kreis der vergebbaren Sünden
möglichst genau festzulegen, da damit zugleich die Macht-
befugnis des Bischofs bestimmt ist; denn dieser hatte als Ver-
treter der Gemeinde das Recht, die Vergebung für öffentlich
gebüsste Sünden auszusprechen1). Damit übte er eine Function
aus, die zur Abfassungszeit von de paenitentia ausschliesslich
sacrificarit errore deceptus sit, ille matrimonii expugnator alieni vel lupanar
ingressus ad cloacam et caenosam voraginem vulgi sanctificatum corpus et
Dei templum detestabili conluvione violaverit.
1) Quod si dementia dei ignorantibus adhuc et infidelibus competit,
utique et paenitentia ad se clementiam invitat, salva illa paenitentiae specie
post fidern, quae aut levioribus delictis venia m ab episcopo consequi
potent, aut maioribus et irremissibilibus a deo solo c. 18 (p. 261, 23).
II. Die Verfügung des Kallist. 5]
den Geistesträgern d. h. Propheten und Märtyrern zustand.
Diese bischöfliche Machtbefugnis bildet nun die Grundlage,
von der aus Kallist es unternehmen konnte, durch seine Ver-
fügung auf die Busspraxis einzuwirken; ihrem Avesentlichen In-
halt nach ist sie durch die auf Grund der obigen Erörterung
aufgestellten Sätze bestimmt: es bedarf aber noch einer Unter-
suchung über die Art der öffentlichen Busse und über die
Stellung der Märtyrer in der Busspraxis, um ein möglichst
vollkommenes Verständniss der bischöflichen Lösegewalt zu
erreichen.
Nach dem aus de paen. von der Busspraxis gewonnenen
Bilde musste sich die Busse in dem Act der exomologesis voll-
enden; eine Wiederaufnahme der Gefallenen in die Gemeinde
erfolgte in der Regel nicht; trotzdem darf man nicht annehmen,
dass sie nun völlig von der Gemeinde geschieden waren; sie
werden am Gemeindegottesdienst wenigstens soweit teilge-
nommen haben als dies auch Ungetauften gestattet war, viel-
leicht durch ihre Kleidung und ihren Platz als Büsser gekenn-
zeichnet. Nun ist es fraglich, ob die Wiederaufnahme in die
Gemeinde, welche in etwas späterer Zeit der Bischof gewissen
Sündern gewähren konnte, gleich nach dem Act der exomo-
logesis erfolgte, oder ob die spätere Sitte, wonach die Büsser
erst noch eine bestimmte Zeit ausserhalb der Gemeinde bleiben
mussten, in jene Zeit zurückreicht und ob der Bischof das Recht
hatte, die Dauer dieser Probezeit festzusetzen. Das letztere ist
das wahrscheinlichere; denn die ev. Wiederaufnahme durch
Geistesträger erfolgte auch nicht unmittelbar nach der exomo-
logesis, sondern erst wenn dem Propheten eine diesbezügliche
Offenbarung zu teil wurde; die subjective Vorbedingung zum
Empfang einer solchen war aber jedenfalls die Erfahrung des
Propheten von der untadelhaften Führung des Sünders in seiner
Busszeit. Dieses wird auch die Voraussetzung gewesen sein,
unter welcher der Bischof den Sünder wieder aufnahm. Wenn
aber die Festsetzuno- der Probezeit von dem Bischof abhino-,
so musste dadurch die Vorstellung von seiner Machtbefugnis
bei der Gemeinde bedeutend gesteigert werden. — Das Ver-
hältnis, in welchem die schweren Sünder zu der Gemeinde standen,
bestimmt sich auch schon durch die auf Grund von de paen.
dargestellte Praxis. Wie in der früheren Zeit alle Sünder nach
4*
52 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
der exomologesis ausserhalb der Gemeinde blieben und nur als
büssende mit ihr in Zusammenhang standen, so nahmen in der
Zeit, wo de pud. verfasst wurde, nur diejenigen, welche Tot-
schlag, Ehebruch, Götzendienst begangen hatten, diese Stellung
ein. Dies bezeugt Tert. aber auch ausdrücklich sowohl von der
Grosskirche1) als auch von der montanistischen Gemeinde2).
Jene schweren Sünder waren also der erziehlichen Einwirkung
der Kirche nicht völlig entzogen, und' es war der Gemeinde
möglich, aus der Art, wie sie sich in ihrer Büsserstellung hielten,
einen Schluss auf die Aufrichtigkeit ihrer Bussgesinnung zu ziehen.
Es ist oben auf die Thatsache hingewiesen, dass die Mär-
tyrer das Recht der Sündenvergebung in einzelnen Fällen aus-
geübt haben; dass sie dasselbe verloren hätten, als die Abso-
lutionsgewalt für gewisse Fälle an den Bischof überging, ist
nicht anzunehmen; vielmehr da wir Cyprian noch im Kampf
gegen ihre Anmassungen sehen, so müssen wir schliessen, dass
sich die Märtyrer in ihrer Stellung als Absolution spendende
Geistesträger auch bei fortschreitender Entwicklung der Kirche
behauptet haben. Nur werden die Bischöfe mit aller Energie dar-
auf hingewirkt haben, dass die ihnen zustehenden Fälle nicht von
den Märtyrern entschieden wurden, sondern ihre Absoluta ons-
o-ewalt auf die schwereren Sünden beschränkt blieb; dann standen
sie so stark unter dem Druck der öffentlichen Meinung und der
geltenden Sittlichkeitsgrundsätze, dass ein excessiver Gebrauch
ihres Rechtes abgeschnitten war. In dieser Stellung der Mär-
tyrer lag ein starkes Hindernis für die weitere Ausbreitung der
bischöflichen Absolutionsgewalt; denn mochte auch immerhin
dadurch, dass die als un vergebbar geltenden Sünden hin und
wieder von Märtyrern vergeben wurden, das Gefühl für die ab-
solute Unerlässlichkeit dieser Delicte in der Gemeinde abge-
stumpft sein, so konnte der Bischof doch auf den heftigsten
1) Pariter de paenitentiae officio sedent in sacco et cinere inhorrescunt,
eodem fletu ingerniscunt, eisdern precibus ambiunt, eisdem genibus exorant,
eandein invocant ruatrern, Quid agis, rnollissima et burnauissima disci-
plina? Idololatren quidem et bomicidam semel dauinas, nioecbuui
vero de iriedio excipis? c. 5 (p. 227, 22).
2) Adsistit errim pro foribus eius (ecclesiae seil.) et de notae suae
exernplo ceteros admonet et lacrimas fratrum sibi quoque advocat et redit
plus utique negotiata, compassionem scilicet quam communicationeru
c. 3 (p. 225, 6).
II. Die Verfügung des Kailist. 53
Widerstand von Seiten der Märtyrer rechnen, wenn er seine
Gewalt auf das von ihnen beherrschte Gebiet auszudehnen
versuchte.
Sind diese Darlegungen im wesentlichen zutreffend, so er-
geben sich daraus als die geschichtlichen Voraussetzungen,
unter welchen die Möglichkeit der Verfügung Kallists zu be-
greifen ist, folgende Punkte:
1. Der Bischof hat das Recht, gewisse öffentliches Ärger-
nis erregende Sünden, zu welchen auch die leichten Formen
der idololatria und vielleicht des homicidium gehören, nach
öffentlich geleisteter Busse zu vergeben.
2. Er hat im einzelnen Fall zu entscheiden1), welche Sünden
öffentlich gebüsst werden müssen und welchen Vergebung ge-
währt werden darf: vielleicht hat er auch die Dauer der Probe-
zeit für die Büsser festzusetzen. Er kann also eine Gewalt aus-
üben, welche sich nicht durch feste äussere Normen regeln lässt.
3. Die Götzendiener, Ehebrecher und Totschläger bleiben
in demselben Zusammenhang mit der Gemeinde wie diejenigen,
welche um leichterer Sünden willen zeitweilig eine Büsserstellung
einnehmen; sie stehen also unter ihrem erziehlichen Einfluss, und
es ist ihr auch ein Urteil über die Wirkung der Busszeit auf
die Pönitenten möglich.
Die Erörterungen zeigen aber auch die Grenzsteine, welche
Kailist durch seinen Erlass zu verschieben bemüht war; sie lassen
sich durch folgende Sätze bezeichnen:
1. Alle Formen der moechia und fornicatio sind schlecht-
hin von der kirchlichen Vergebung ausgeschlossen.
1) Tert. berichtet zwar Apol. 39, dass die ganze Gemeinde Gericht
über den Sünder hält: Nam et iudicatur magno cum pondere. ut apud
certos de dei conspectu summumque futuri iudicii praeiudicium est, si quis
ita deliquerit, ut a communicatione orationis et conventus et omnis sancti
commercii relegetur; praesident probati quique seniores. Aber dass die
Ausübung der Disciplinargewalt bald ein Vorrecht des Bischofs wurde,
ist bei der Entwicklung des Episkopates im Abendland a priori wahr-
scheinlich und wird auch durch Origenes bezeugt. Comm. in Matth.
tom. XVI c. 8, wo er von den Pflichten der aQ'/ovxe g xT\q exx?.?joiaq spricht:
toxi d° ots ZQtj, zaxä xr\v dnooxo/.izrjv tpa>vijv, xovq a/xaQxävovxaq i-ve&TUOV
tcÜvxojv t/.iy/eiv 'Iva xal ol ?.oinol (fößov tya>oiv toxi 6y oxe dsi -/Qtjoä-
[Asvov xT( egovoiq TiaQaöolvui xiva ,,xo~> aaxavä eiq ble&Qov x?jq oaQxbq
'Iva xu nvsvfia gwST, iv x7, rtftepq xov xvqiov" (s. Lommatzsch Tom. IV S. 26).
.-,4 Rolffs, Das Indulgenz-Edict,
2. Der Bischof als solcher gilt nicht als Geistesträger; er
ist daher in der Busspraxis gebunden an die durch das christ-
liche Herkommen ausgeprägten Normen und nicht berechtigt,
dieselben nach eigenem Ermessen umzugestalten.
3. In dem Bestreben, seine Absolutionsgewalt auf die
eigentlichen Todsünden auszudehnen, musste er notwendig in
Concurrenz mit den Märtyrern treten und deren Rechte verkürzen.
In drei wichtigen Punkten wurde also die kirchliche Buss-
praxis durch Kallists Erlass umgestaltet; derselbe musste daher
lebhaften Widerspruch bei allen conservativ gesinnten Christen
hervorrufen, wenn es dem Bischof nicht gelang, die Anstösse
seiner Verfügung zu beseitigen. Dazu musste er ein Dreifaches
leisten:
1. er musste auf Grund der Schrift nachweisen, dass Un-
zuchtsünden zu den vergebbaren zu rechnen seien;
2. er musste sein Recht, neue Grundsätze für die Sünden-
vergebung aufzustellen, unwidersprechlich beweisen;
3. er musste die zu erwartende Opposition der Märtyrer im
Voraus zu entkräften suchen.
Es ist nun die Frage, ob und in wie weit Kailist diese Auf-
gabe gelöst hat und ob er diese Lösung in unmittelbarem Zu-
sammenhang mit dem Erlass gegeben hat.
3. Die Begründung der von Kaliist in Anspruch
genommenen bischöflichen Ahsolutionsgewalt.
In cap. 21 wendet sich Tert.s Polemik zweifellos an den
auch in cap. 1 bekämpften Gegner, den römischen Bischof.
Denn er wirft ihm vor, dass er, der durch seine Stellung nur
die officia disciplinae besitze, sich widerrechtlich die potestas
eiusmodi peccatorum (d. h. Unzuchtsünden) remittendorum an-
gemasst habe. r) Tert. weist nun in diesem Abschnitt nach,
dass der Bischof die Absolutionsgewalt nicht besitze, indem
1) exhibe igitur et nunc mihi, apostolice, prophetica exempla, ut
agnoscam divinitatem et vindica tibi delictorum eiusmodi remittendorum
potestatem, quod si disciplinae solius officia sortitus es, nee imperio prae-
sidere , sed ministerio, quis aut quantus es indulgere, qui neque prophetam
nee apostolum exhibens cares ea virtute cuius est indulgere? (p. 269, 16).
II. Die Verfügung des Kailist. 55
er darlegt, 1. dass der Bischof nur in der disciplina, nicht in
der potestas Nachfolger der Apostel sei, dass die Sündenver-
gebung aber aus der letzteren hervorgehe; 2. dass der Bischof
| als sacerdos ) nicht der legitime Vertreter der Kirche sei, welche
Sünden vergeben könne, sondern dass diese als die Gemein-
schaft der spiritales durch einen spiritalis homo vertreten werde.
Daraus ist deutlich: 1. Kaliist hat die in Anspruch genommene
Absolutionsgewalt aus der Praxis der Apostel abgeleitet. 2. Er
hat den Satz aufgestellt, dass die Kirche Sünden vergeben könne
und er der Vertreter derselben sei. In welcher Form das
erstere geschehen ist, kann hier noch nicht erörtert werden.
Was den zweiten Punkt angeht, so citiert Tert. als Grundsatz
seines Gegners: Habet potestatem ecclesia delicta donandi d. h.
die Kirche hat das Recht, reuige Sünder wieder in ihre Ge-
meinschaft aufzunehmen. Wahrscheinlich hat Kaliist diesen Ge-
danken auch in den mitgetheilten Worten ausgesprochen, da Tert,
sein Citat durch inquis einführt. Als Vertreter der Kirche in
diesem Punkt hat er sich dann durch Matth. 16 1S zu legiti-
mieren gesucht. Tert. hat uns auch, wie mir scheint, die Form
erhalten, in der dies geschehen ist. Er schreibt1): „Über deine
Ansicht stelle ich jetzt ein Verhör an, woher du dies Recht
der Kirche dir anmasst. Wenn du, weil der Herr dem Petrus
gesagt habe: ,auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen,
1) De tua nunc sententia quaero, unde hoc ius usurpes. Si quia
dixerit Petro dominus: super haue petram aedificabo ecclesiam nieam. tibi
dedi claves regni caelestis, vel: quaeeunque alligaveris vel solveris in terra,
erunt alligata vel soluta in caebis, ideirco praesumis et ad te derivasse
solvendi et alligandi potestatem, id est ad omnem ecclesiam Petri pro-
pinquam, — qualis es, evertens atque commutans manifestam domini inten-
tionem personaliter hoc Petro conferentem? Oehler, dem auch Reifferscheid
und Preuschen folgen, setzt hinter propinquam ein Fragezeichen, sodass zu
übersetzen wäre: „ — woher du dieses Recht dir anmasst. Etwa weil der
Herr zu Petrus spricht — deshalb behauptest du, er habe auf
dich — — '? Wer bist du, dass du ? Dagegen ist aber zu
sagen: 1. Si quia ideirco praesumis ist ein regelrechter Condicional-
satz, welcher nur mit unerträglicher Härte als Fragesatz aufgefasst werden
kann. 2. Der Satz: qualis es etc. wird durch diese Fassung ganz matt und
eindruckslos. Dagegen wird bei der mitgeteilten Interpunktion der Satz
Si — praesumis regelrecht als Condicionalsatz construiert, dessen Nachsatz
dann des grösseren Nachdrucks halber in der entrüsteten Frage folgt :
qualis es etc.
56 Rolfi's, Das Indulgenz-Edict.
dir habe ich die Schlüssel des Himmelreichs gegeben' oder ,alles,
was du binden und lösen wirst auf der TErde, wird gebunden
und gelöst sein im Himmel', — deshalb behauptest, er habe
auch auf dich die Binde- und Lösegewalt übergeleitet, d. h.
doch ,auf jede dem Petrus verwandte Gemeinde', — ja, wer
bist du denn, dass du verdrehst und veränderst die offenbare
Absicht des Herrn, die doch auf die Person des Petrus dies
überträgt?" Schon daraus, dass Tert. schreibt „quia reliquerit",
also die indirecte Rede gebraucht, lässt sich entnehmen, dass
er Worte Kallists referierend mitteilt. Deutlicher wird dies
noch durch die Wendung: „ad te derivasse solvendi et alli-
gandi potestatem id est ad omnem ecclesiam Petri propinquam."
Das id est in der indirecten Rede wäre gar nicht zu verstehen,
wenn Tert. den Satz frei gebildet hätte. Man sieht auch gar
nicht ein, wie er dazu gekommen sein sollte, das te mit id est
etc. zu umschreiben , was nur eine Abschwächung seiner Pole-
mik bedeutet. Er will seinem Gegner die Anmassung vor-
halten, welche darin liegt, dass er aus der von Christus dem
Petrus persönlich gegebenen Zusage eine Machtbefugnis für
sein bischöfliches Amt ableitet; deshalb sagt er: „Weil der
Herr dem Petrus jene Verheissung gegeben hat, deshalb be-
hauptest du, er habe auf dich diese Vollmacht übertragen?"
Er muss aber hinzufügen ..id est ad omnem ecclesiam Petri
propinquam", weil dies durch die Form, wie Kallist Matth. 16 1S
auf sich bezogen hatte, gefordert war. Dieser hatte gesagt:
„In Petrus hat der Herr die Lösegewalt auf jede dem Petrus
verwandte Gemeinde übertragen"; darin lag: also die römische
Gemeinde besitzt sie und damit habe ich sie. So erklärt sich
der Satz Tert.s: „auf dich (denn darauf kommt der Ausdruck
ad omnem ecclesiam Petri propinquam hinaus) soll der Herr
diese Vollmacht übertragen haben?" — Also man darf annehmen,
dass Tert. sich in dem Satze auf Worte Kallists bezieht; diese
könnten dann etwa gelautet haben: quia dixit Petro dominus :
super haue petram aedificabo ecclesiam meam, tibi dedi claves
regni caelestis, vel, quaeeunque alligaveris vel solveris in terra,
erunt alligata vel soluta in caelis, derivavit solvendi et alligandi
potestatem ad omnem ecclesiam Petri propinquam.
Es fragt sich nun, wo Kallist diesen Satz ausgesprochen
hat, ob er ein Teil der Verfügung gewesen oder ob er aus
II. Die Verfügung des Kailist. 57
einer andern unabhängig von derselben erschienenen Schrift
des Bischofs entnommen ist. Ist das letztere der Fall, so rnuss
diese Schrift in knapper, gedrängter Sprache verfasst gewesen
sein. Denn Kaliist spart sich den Beweis dafür, dass er die
an Petrus gerichtete Zusage auf sich beziehen darf; er präsu-
miert einfach: weil Christus die Absolutionsgewalt an Petrus
übertragen, deshalb ist sie im Besitz der von ihm gegründeten
Gemeinden, deren Vertreter selbstverständlich die Bischöfe sind.
In einem ausführlichen theologischen Tractat wäre ein Beweis
dafür, dass der Episkopat die Gemeinde in der Ausübung der
Absolutionsgewalt vertritt, kaum zu umgehen gewesen. Die
kurze Wendung, mit welcher Kaliist hier die Lösegewalt in
Anspruch nimmt, hat am ersten in einem Schriftstück Platz,
welches durch den kategorischen Ton einer obrigkeitlichen
Kundgebung charakterisiert ist. In dem von Tert. als Edict
citierten Satz: „Ego et moechiae dimitto" wird nun
durch die gesperrte Stellung des ego auf die Person des
edicierenden Bischofs ein solcher Nachdruck gelegt, dass sich
derselbe gegenüber den andern in eine Primatstellung zu setzen
scheint, für die er sein Recht erst nachweisen musste. Diese
Begründung sucht Kaliist eben durch Mt. 16 l8 zu geben; er be-
hauptet, dadurch sei die Absolutionsgewalt auf jede durch Petrus
gegründete Gemeinde übergegangen; infolge dessen kann er
als Vertreter der Gemeinde, deren Petrinischer Ursprung über
jeden Zweifel erhaben, ja vielleicht allein noch mit dem Schein
eines historischen Beweises zu decken war, auch gegen den
bisherigen Brauch Unzüchtige von ihren Sünden lösen. Im
Zusammenhang mit dieser Deduction verliert das ego das
anstössige seiner gesperrten Stellung, was es bei völlig isolierter
Stellung des Satzes hat, und andererseits ist es sehr erklärlich,
dass Tert. diesen Satz aus dem Zusammenhang riss und ihn
abrupt an die Spitze stellte, wo er bei jedem Leser ein un-
günstiges Vorurteil erwecken musste für den römischen Bischof
durch den anmasseuden Ton, der dann in voller Schärfe, durch
nichts gemildert, daraus hervorklingt. — Man darf deshalb viel-
leicht vermuten, dass die beiden Sätze in Verbindung gestanden
haben, und man könnte versuchen, dieselbe durch eine leichte
Änderung wiederherzustellen, wenn man schreibt: quia dicens
Petro dominus derivavit solvendi et alligandi pote-
58 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
statem ad orunein ecclesiara Petri propinquaru, ego et moechiae
et fornicationis delicta paenitentia functis diniitto.
Hiernach, wäre anzunehmen, dass auch der früher citierte
Satz : Habet potestatem ecclesia delicta donandi in dem Erlass
gestanden hat, und dann würde er die Grundlage für die an-
dere Argumentation gebildet haben. Kaliist stellt zunächst fest,
dass die Kirche als Ganzes das Recht der Sündenvergebung
besitzt, und weist dann mittelst der folgenden Deduction nach,
dass er als Bischof der römischen Gemeinde in diesem Fall als
Vertreter der Kirche zu fungieren hat.
4. Die Stellung der Märtyrer in der Verfügung Kallists.
Wenn cap. 21 gegen Kaliist gerichtet ist, so muss auch
cap. 22 diesen Gegner im Auge haben. Gleich der erste Satz:
,,At tu iam et in martyras tuos effundis hanc potestatem1' kann
sich nur an ihn wenden, um ihm den weiteren Vorwurf zu
machen, dass er die widerrechtlich angemasste Gewalt nun
auch noch auf die Märtyrer übertrage. Mit dem Ausdruck
„deine Märtyrer" will Tert. die Märtyrer der Grosskirche in
einen verächtlichen Gegensatz zu denen setzen, welche bei den
Montanisten diesen Ehrennamen erhielten; es sind nicht etwa
nur die Märtyrer der römischen Gemeinde darunter zu verstehen ;
denn Kailist, an welchen Tert. wenige Sätze vorher die Frage
richtete: quid nunc et ad ecclesiam etquidem ad tuam, psychice?,
kann in diesem Zusammenhang nur als der Vertreter der Kirche
der Psychiker im Gegensatz zu der montanistischen Gemeinde
der spiritales gelten. Also auf alle Märtyrer seiner Kirche
giesst Kaliist nach dem Ausdruck Tert.s seine Absolutions-
gewalt aus. Preuschen folgert daraus (S. 30 Anm. 2), dass er
ihnen in der Ausübung des Löserechts eine selbständige
Stellung neben dem Bischof angewiesen habe. Aber die bit-
tere Ironie des Satzes verbietet, in demselben eine Nachricht
über das zu suchen, was Kallist wirklich bestimmt hat; Tert.
will daran nur das Widersinnige in dem Verfahren des Bischofs
hervorkehren, der andern ein Gut überträgt, das er selbst gar
nicht besitzt. Es ist nicht anzunehmen, dass Kallist die Absolu-
tionsgewalt, die er mit dem stark betonten ego so energisch
für sich als den Bischof in Anspruch nimmt, mit den Märtyrern
zu teilen gesonnen gewesen sei, zumal da er damit die Möglich-
II. Die Verfügung des Kaliist. 59
keit, die Bussdisciplin einheitlich und nachdrücklich zu hand-
haben, die er durch seinen Erlass schuf, wieder aufgehoben
hätte. Über das, was Kaliist wirklich bezüglich der Märtyrer
bestimmt hat, lassen sich nur Vermutungen aufstellen. Einen
Anhaltspunkt für dieselben dürfte man vielleicht in dem Satze
finden: Cum tarnen moechis et fornicatoribus a martyre expo-
stulas veniam, ipse confiteris eiusmodi crimina nonnisi proprio
martyrio diluenda, qui praesumis alieno (p. 272, 22). Das be-
deutet: damit dass Kailist von den Märtyrern Vergebung für
die schweren Sünden verlangt, giebt er selbst zu, dass nur das
Martyrium solche Delicte sühnen kann. Diese Consequenz kann
ihm Tert. mit Recht nur zuschieben, wenn er die Verzeihung
der Sünden durch einen Märtyrer als notwendige Vorbedingung
für die Vergebung derselben durch den Bischof gefordert hat.
Darnach hätte Kailist bestimmt: Ich vergebe die Sünden der
Hurerei denen, die Busse gethan haben, unter der Bedingung,
dass ein Märtyrer ihnen Verzeihung gewährt. Das Störende
dieser dem Erlass angehängten Clausel wird jeder empfinden;
aber wenn Kaliist eine derartige Bestimmung rücksichtlich der
Märtyrer getroffen hat, so muss dieselbe auch mit seiner Ver-
fügung als eine wesentliche Modifikation derselben einschliessencl
verbunden gewesen sein. Jedenfalls kann man nicht dagegen
einwenden, Kalbst würde durch diese Festsetzung sich in eine
solche Abhängigkeit von den Märtyrern bei Ausübung seiner Ab-
solutionsgewalt gestellt haben, dass diese Bestimmung deshalb
undenkbar sei. Denn für seine Person blieb er trotz derselben
von" den Märtyrern völlig unabhängig, da er selbst Märtyrer
war. *) Das Zugeständnis, durch welches er ihnen scheinbar die
Genugthuung gewährte, das Urteil des Bischofs ausschlaggebend
zu bestimmen, hatte in Wahrheit nicht die geringste praktische
Bedeutung. Kein Sünder wird mehr Vergebung bei einem
Märtyrer gesucht haben, die erst noch der bischöflichen Be-
stätigung bedurfte, wenn Kaliist die Vergebung, die er als Mär-
tyrer erteilte, zugleich als Bischof bestätigen konnte. Er wird
1) Hipp. Phü. IX. 12. Vielleicht darf man eine Anspielung darauf
in den Worten Tert.s sehen: Proinde qui illum (Christum seil.) aemu-
laris donando delicta, si nil ipse deliquisti, plane patere pro me. Si vero
peccator es, quomodo oleum faculae tuae sufficere et tibi et mihi poterit?
p. 272, 6.
ßlj Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
ganz richtig gerechnet haben, wenn er annahm, dass auf diese
Weise die bezüglich der Märtyrer getroffene Bestimmung sehr
bald in Vergessenheit geraten und dann das Recht, Unzucht-
sünden zu vergeben, als ein Attribut des bischöflichen Amtes
aufgefasst werden würde.
Aus der Polemik Tert.s ist zu schliessen, dass man dieses
Absolutionsrecht der Märtyrer durch eine satisfactorische Be-
deutung ihres Leidens zu begründen versucht hat; man scheint
es in Parallele gestellt zu haben zu dem genugthuenden Leiden
Christi.1) Es ist nicht sicher festzustellen, wie man diesen Ge-
danken ausgesprochen hat; bei Tert. kommen drei Wendungen
vor, welche sich inhaltlich sehr nahe stehen, von denen eine
jede aber auf einem andern Bilde ruht: 1. Der Märtyrer
teilt dem Sünder von seinem durch sein Leiden bei Gott er-
worbenen Verdienst mit. 2. Er sühnt durch sein Leiden die
fremde Schuld. 3. In dem Märtyrer ist Christus. Es ist sehr
wahrscheinlich, dass die erste und zweite Wendung in genauem
Zusammenhang gestanden haben, indem die erstere dazu diente,
die Art, wie der Märtyrer fremde Schuld durch sein Leiden
sühnte, näher zu beschreiben. Hat der dritte Gedanke mit den
ersten beiden in Verbindung gestanden, so ist er nur als der
Grund zu denselben zu denken: der Märtyrer tilgt fremde
Schuld, indem er von dem durch sein Leiden erworbenen Ver-
dienst mitteilt; denn in dem Märtyrer ist Christus. Aber jede
Sicherheit fehlt hier.
Dass auch diese Argumentation von Kaliist herrührt resp.
von ihm aufgenommen ist, wird durch den Satz: ipse confiteris
eiusmodi crimina nonnisi proprio martyrio diluenda, qui prae-
sumis alieno ziemlich sicher gestellt. Ob sie mit dem Er-
lass verbunden war, ist eine Frage, auf welche die Antwort
zweifelhaft sein kann; überwiegend wahrscheinlich ist freilich,
dass Tert., der gegen das Löserecht der Märtyrer kämpft, indem
1) Sufficiat inartyri propria delicta purgasse. Ingrati vel superbi est
in alios quoque spargere, quod pro magno fuerit consecutus. Quis alie-
nam mortem sua solvit , nisi solus dei filius? Habeo
etiam nunc quo probein Christum. Si propterea Christus in martyre est,
ut moechos et fornicatores martyr absolvat, occulta cordis edicat, ut ita
delicta concedat, et Christus est. Cum tarnen moechis a
martyre expostulas veniam, ipse confiteris etc. (p. 272, 1. 9. 22.)
II. Die Verfügung des Kailist. ß\
er die Begründung desselben angreift, diese mit jener Bestim-
mung verbunden vorgefunden hat. — Einen sehr schwankenden
Boden betritt man dagegen, wenn man versucht, über den
Wortlaut der Bestimmung etwas zu ermitteln. Da Tert. bemüht
ist, möglichst concret und lebendig zu schreiben, so darf man
vermuten, sehr viele Anspielungen auf den Wortlaut der geg-
nerischen Schrift zu finden, aber nirgends wird derselbe un-
versehrt vorgefunden, sondern nur Splitter, welche in den Text
der Widerlegung Tert.s eingesprengt sind. So darf man vielleicht
in den Sätzen: „Sufficiat martyri propria delicta purgasse. In-
grati vel superbi est in alios quoque spargere quod pro magno
fueritconsecutus" eine gegensätzliche Beziehung nicht nur zu dem
Gedanken, sondern auch zu den Worten Kallists suchen. Dann
führt das „propria delicta purgasse" in der Polemik Tert.s auf
ein „aliorum delicta purgasse" im Munde seines Gegners. Dem
zweiten Satz folgend dürfte man vielleicht vermuten, dass
Kailist etwa die Wendung gebraucht habe: „in alios quoque
spargere, quod passione sua consecutus est1)" sei ein Vorrecht
der Märtyrer, worauf Tert. entgegnet, dies kennzeichne einen
Undankbaren. Aber vielleicht hat Tert. selbst das Wort spar-
gere gewählt, um die Mitteilung des erworbenen Verdienstes an
andere als das Verschleudern eines teuer erkauften Gutes darzu-
stellen: dann mag er hier auch wohl nur seine Widerlegung
in Form eines allgemeinen Urteils einführen ohne Bezugnahme
auf die Worte seines Gegners. — Eine Anspielung auf Worte
Kallists könnte auch vorliegen in dem Satz: „Si propterea
Christus in martyre est, ut moechos et fornicatores martyr ab-
solvat "; der Ausdruck moechos et fornicatores ist hier
wohl von Tert. eingeführt, um die Ironie der Worte zu ver-
stärken; in derselben Absicht dürfte er auch die Verknüpfung
der beiden Sätze durch das finale ut gewählt haben. Diese
Ironie gewinnt aber bedeutend an Schärfe, wenn der Satz mit
1) Die Lehre von dem überschüssigen Verdienst der Heiligen läge
dann hier in ihrem ersten keimhaften Anfange vor; bemerkenswerth ist
dabei, dass den Märtyrern ihr Löserecht nicht mehr auf Grund einer beson-
deren Begabung mit dem heiligen Geiste vindiciert wird. S. 42 Anm. 3.
Auch hier zeigt sich, wie mit der Ausbildung der episkopalen Gewalt eine
Unterdrückung der Geistesgaben verbunden ist; der Bischof nimmt die
Begabung mit dem heil. Geist für sich allein in Anspruch.
62 Rolffs, Das Inclulgenz-Edict.
Worten Kallists gebildet ist; also dieser hätte etwa geschrieben:
Christus in martyre est, itaque peccatores martyr absolvit. Aber
alles bleibt in grösster Unsicherheit, Nur so viel lässt sich
mit Gewissheit behaupten, dass Kaliist den Märtyrern die Ab-
solutionsgewalt zugesprochen hat; höchst wahrscheinlich hat
er dies in seinem Erlass gethan, der ihm ja die Aufgabe stellte,
die Märtyrer über die Verkürzung ihrer Rechte zu beruhigen.
Hat er diese eine Aufgabe höchst wahrscheinlich gelöst, so ist
er der andern sicher gerecht geworden, nämlich das für sich
in Anspruch genommene Mass bischöflicher Absolutionsgewalt
ausreichend zu begründen. Es fragt sich nun, ob in dem Er-
lass auch die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden bewiesen ist.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der
Unzuchtsünden.
1. Die einzelnen Argumente.
Die Ausführungen Tert.s in dem Abschnitt cap. 2 - 20 sind
sämtlich polemisch und richten sich gegen Argumente für die
Vergebbarkeit der Fleischessünden, wie sie von seinen Gegnern
wirklich vorgebracht sein müssen.
I. Zunächst findet sich ein Argument aus der Güte Gottes:
Deus bonus et optimus et misericors et miserator et misericor-
diae plurimus, quam omni sacrificio anteponit, non tanti ducens
peccatoris mortem quam paenitentiam, salutificator omnium
hominum et maxime fidelium. itaque et filios dei misericordes
et pacificos esse oportebit, donantes invicem, sicut et Christus
donavit nobis, non iudicantes, ne iudicemur. domino enim
suo stat quis vel cadit: tu quis es, ut servum iudices alienum?
dimitte et dimittetur tibi (p. 222, 9). Es kann nicht fraglich
sein, dass Tert. hier Worte seiner Gegner citiert. Die ganze
Stelle setzt sich aus Bibelworten zusammen, doch so, dass die-
selben behufs des Zusammenschlusses verändert und durch ein-
geschobene Gedanken verbunden sind. Die Prädicate misericors,
miserator, misericordiae plurimus sind jedenfalls Übersetzung
der Joel 213 vorkommenden Ausdrücke: eJLerJiuov, olxriQficov,
jiolveZsoq. Für das dort noch stehende [(cc/cyö&vfioq darf man
III. Der Beweis für die Vermeidbarkeit der Unzuchtsünden. 63
die Übersetzung nicht in den Worten ..bonus et optimus" suchen;
denn diese Prädicate sagen nicht Langmut, sondern die höchste
Vollkommenheit von Gott aus und sind hier wahrscheinlich
nicht Prädicatsnomina, sondern Attribute (s. u.V). Der Relativsatz
„quam omni sacrificio anteponit" spricht den Gedanken von
Hos. 6fia aus, das Particip non tanti ducens fügt den von
Ez. 33 n hinzu, und die Apposition salutificator etc. ist aus
1 Tim. 410 entnommen. Durch diese Bibelworte ist die Güte
und Barmherzigkeit Gottes bewiesen; mittels des Gedankens
von Luc. 6 36 wird hieraus die Pflicht der Barmherzigkeit für
die Menschen als Kinder Gottes abgeleitet; doch ist hier pacificos
vielleicht nach Matth. 59 zugesetzt; donantes etc. bestimmt die
Übung der Barmherzigkeit nach Eph. 432, wobei aber „dsbq
tv Xocöto/' in „Christus" verwandelt ist; daran wird mit „iudi-
cantes ne iudicernur" Matth. 7, gefügt und dies durch Rom. 14 4
begründet, aber so, dass v. 4b vor v. 4a tritt. Das „dimitte et
dimittetur tibi" ist wieder aus Luc. 637b entnommen.
Da das dieses Citat einführende inquiunt auf eine Mehrzahl
von Gegnern zu deuten scheint, so könnte man meinen, Tert,
habe die von seinen Gegnern in einzelnen Schlagworten vor-
gebrachten Argumente hier in der vorliegenden Form verbunden.
Allein dies ist doch bei der dargelegten kunstvollen Ver-
knüpfung der einzelnen Bibehvorte zu wenig wahrscheinlich;
viel eher entspricht es seiner Art, eine zusammenhängende
Ausführung behufs bequemerer Widerlegung in einzelne Sätze
zu zerreissen, um denselben durch solche Isolierung von vorn-
herein möglichst ihren Halt zu entziehen. Ebenso wenig em-
pfiehlt sich die Annahme, dass Tert. hier eine von verschiedenen
Seiten vorgebrachte, inhaltlich wesentlich gleiche Argumentation
frei reproduciere oder die stereotype Ausprägung einer solchen
wörtlich wiedergebe; im ersteren Falle würde man statt der
directen Rede die referierende Form erwarten und im letzteren
bliebe unverständlich, wie sich für eine so lange Deduction in
der mündlichen Discussion eine stereotype Fassung gebildet
haben sollte. Einzig befriedigend ist die Auskunft, dass Tert.
eine Schrift seiner Gegner hier wörtlich citiert. Der Plural inqui-
unt erklärt sich dann unschwer daraus, dass diese Schrift eine Par-
teischrift ist, deren Verfasser die Zustimmung seiner Genossen
gefunden hat: indem seine Ausführung von einer Mehrheit
64 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
acceptiert und sanctioniert ist, sind seine Worte eben Worte
dieser Mehrheit geworden. Dass die Partei, aus welcher die
Schrift hervorgegangen ist, nur die des Kaliist sein kann, be-
darf keines Beweises; unentschieden bleibt freilich, wer der
Verfasser derselben ist, ob Kailist selbst oder einer seiner An-
hänger, und in welchem Verhältnis dieselbe zu dem bischöf-
lichen Erlass steht.
Was die erste Frage angeht, so ist festzustellen, dass zwei
der Bibelworte, welche bei Tert. zu jener geschlossenen Aus-
führung verbunden erscheinen, jedenfalls von Kailist selbst zur
Verteidigung seines Vorgehens angewendet sind. Aus de pud. 10
geht hervor, dass er das Wort: „Gott will lieber die Busse des
Sünders als seinen Tod" als Grundsatz für sein Verfahren auf-
gestellt haben muss; denn Tert. spitzt seine Polemik hier so
stark auf die Person seines Gegners zu, dass diese Annahme
sich notwendig aufdrängen muss1). Da ihm die Verwendung
jenes Wortes zum persönlichen Vorwurf gemacht wird, so muss
er dasselbe entweder selbst herangezogen oder den Gebrauch,
den andere davon machten, ausdrücklich approbiert haben. Das
erstere ist das näher liegende und daher auch das wahrschein-
lichere. Aus diesem Grunde wird man auch in dem Bericht
Hippolyts Phil. IX, 12 ein von Kallist selbst gebrauchtes Wort
überliefert finden müssen, wenn er erzählt, der Bischof habe seine
Praxis mit dem apostolischen Wort verteidigt: „wer bist du, dass
du einen fremden Knecht richtest?"2) Es ist nun höchst un-
1) Secl hoc volunt psychici, ut deus iusti iudex eius peccatoris paeni-
tentiam malit quam mortem, qui mortem paenitentia maluit. quod si ita
est, peccando promeremur. age tu funanibule pudicitiae et castitatis
perge sane, si potueris. nam si qua te carnis vacillatio de
tenore decusserit, deus bonus est. Suis, non ethnicis, sinum subicit; secunda
te paenitentia excipiet; eris iterum de moecho Christianus, haec tu mihi,
benignissime dei interpres! (p. 239, 31 ff.). Dass die Worte auf Kallist zu
beziehen sind, ist zweifellos, dann dürfte aber das Prädikat „benignissime
dei interpres" in genauem Zusammenhang stehen mit seiner Verwendung des
Satzes: „Gott will lieber Busse" etc., indem er behauptet, dieser Satz gelte
auch von den Unzüchtigen, macht er sich eben zu jenem „nachsichtigsten
Interpreten Gottes".
2) xal nQojzoq zu TtQoq zaq rt6ovuq xolq oiv&Qa>7ioiq ovy/.OQSiv tne-
vor\at ).tywv näoiv vn avzov ucpleo&ui ufiuQZiuq ovzoq
idoyfidziGsv oncoq ei enioxonoq u(jlÜqtoi zi, si xui itQoq Qüvaxov, firj öelv
xuxuxi&eo&ai. inl zovzov i]q%uvzo tnlaxonoi xal TiQeoßvzsQOi xui Sid-
III. Der Beweis für die Vergeb barkeit der Unzuchtsünden. ß5
wahrscheinlich, dass Kaliist diese beiden Worte unabhängig von
einander als Schlagworte gebraucht hat und dass einer seiner
Anhänger die dadurch angegebenen Grundgedanken in jener
Verbindung von Bibelstellen weiter ausgeführt habe. Da jedes
dieser beiden Worte für sich nichts für den Satz beweist, welchen
Kailist beweisen will, da besonders das zweite erst Sinn und
Halt bekommt durch den Zusammenhang, in welchem es bei
Tert. steht, so lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit behaupten,
dass Kallist selbst sie in diesen Zusammenhang gebracht hat,
dass also die Schrift, aus der jener Abschnitt citiert ist, den
römischen Bischof selbst zum Verfasser hat resp. unter seiner
Approbation geschrieben ist und sich mit seiner Auctorität ge-
deckt hat. Genaueres lässt sich hier darüber noch nicht sagen;
ebenso muss die Frage noch unentschieden bleiben, in welchem
Verhältnis diese Schrift zu der Verfügung Kallists steht. Nur
so viel ist sicher: sie soll die von ihm darin getroffene Mass-
nahme rechtfertigen, und sie ist mit derselben zu gleicher Zeit
erschienen, da Tert. beide in derselben Schrift bekämpft.
b. In cap. 3 weist Tert. einen Einwand seiner Gegner
gegen die verschiedene Behandlung der Sünder zurück: da von
jedem Sünder Busse verlangt werde, so müsse auch jeder Ver-
gebung erlangen können. Auch hier behandelt er seine Gegen-
partei als eine Mehrzahl, indem er ihre Worte durch inquiunt
einführt, wie in cap. 1. Der Einwand lautet: Si enim aliqua
y.ovoi ölyafioi xal XQiya/xoi xa&laxaad-aL slq xXi^QOvq' sl 6s xiq sv xXtjqoj
ojv yccfiolt] fisvsiv xbv xoiovxov sv xä> xXtjqü) <bq fj.rj rjfiapzrjxoxa. inl
xovxw <püax(i>v eiQrjo&ai xb vnb xov drtoaxöXov qtj&sv ov xiq si o xqivwv
uXXÖxqiov olxsxrjv; dXXa xal TiaQaßohqv x<5v £,i£ccvla>v ngbq zovxo t(ftj
ktyso&cu xxX. Hiernach scheint das fragliche Citat verwendet zu sein, um
die mehrfache Ehe der Kleriker zu rechtfertigen, aber schon an sich wäre
es hierfür sehr wenig geeignet; vollends zeigt die Zusammenstellung mit
dem Gleichnis vom Unkraut und dem Bilde der Arche für die Kirche,
dass damit nur das Verbleiben der Sünder in der Kirche gerechtfertigt
sein kann. Die Frage, weshalb Hipp, die Argumente so weit von dem zu
begründenden Satze abgerückt hat, findet ihre Beantwortung wohl am
einfachsten darin, dass er alle Massnahmen Kallists als Consequenzen seines
eigentümlichen Kirchenbegriffs aufgefasst hat ; insofern sich dieser Kirchen-
begriff nun an jene biblischen Citate anlehnt, können diese als zur Ver-
teidigung aller Massnahmen des Bischofs dienend dargestellt werden. Doch
ist diese Frage hier ohne Belang; es kommt nur darauf an, dass Kallist
Rom. 144 selbst verwertet hat.
Texte u. Untersuchungen XI, 3. 5
66 Rolffs, Das Inclulgenz-Edict.
paenitentia caret venia, iam nee in totum agenda tibi est; nihil
enim agendum est frustra. porro frustra agetur paenitentia, si
caret venia, omnis autem paenitentia agenda est, ergo omnis
veniani consequatur, ne frustra agatur, quia non erit, si frustra
agatur (p. 224, 21). Den Grundsatz, gegen den sich dieser Einwand
richtet, hat Tert. selbst c. 2 ausgesprochen: alia (seil, paenitentia)
erit quae veniam consequi possit, in delicto scilicet reniissibili,
alia quae consequi nullo modo possit in delicto scilicet inre-
missibili. Der Einwand selbst wird als responsio ex diverso
bezeichnet, deren Widerlegung notwendig ist, da sie den
Gang seiner Beweisführung unterbricht (deeidam intercedentem).
Diese responsio wird also auch erst durch seine Beweisführung
hervorgerufen sein. Wenn es daher auch nicht ganz ausge-
schlossen ist, dass die Gegner der Montanisten den Einwand
in dieser Form gemacht haben, so ist es doch wahrscheinlicher,
dass Tert. denselben von den Voraussetzungen seiner Gegner
aus selbst so formuliert. Ihre Voraussetzung ist nämlich:
venia est fruetus paenitentiae, und sie verstehen unter venia die
Wiederaufnahme in die Gemeinde. Dass die Gegner diesen
Satz ausgesprochen haben, scheint mir nach den mehrfachen
Anspielungen Tert.'s zweifellos1). Dagegen werden sie kaum den
sich daraus ergebenden Einwand in jenem umständlichen Syl-
logismus formuliert haben, dessen absichtliche Breite der Ironie
Tert.'s zuzurechnen sein wird; auch scheinen die Sätze durch den
Stil Tert. als Autor zu verraten.
c. Ein Problem bietet cap. 6; dasselbe wendet sich an
Kaliist persönlich, wie aus den Anfangs worten hervorgeht2),
und Tert. fordert darin den biblischen Beweis dafür, dass das
milde Verfahren Kallists gegen die Fleischessünder ohne Incon-
sequenz auf diese beschränkt bleiben könne und nicht auch auf
1) merito utique ita (so lese ich mit Ursinus gegen itaque bei Gangn.,
Oehler, Reifferscheid) opponunt, quod huius quoque paenitentiae fruetuni,
id est veniani, in sua potestate usurpaverunt (p. 224, 6) ; nee amittit sed
praeparat fruetum (p 225, 10); ebenso c. 10: sed et si venia potius est
paenitentiae fruetus (p. 240, 28) ita cessatio delicti radix est
veniae, ut venia sit paenitentiae fruetus (p. 240, 30).
2) Plane, si ostendas, de quibus patrociniis exemplorum praeceptoruni-
que caelestium soli moechiae et in ea fornicationi quoque ianuam
paenitentiae expandas, ad hanc lineani dimicabit nostra congressio.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. 67
Mörder und Götzendiener ausgedehnt werden müsse. Bevor er
aber in die Erörterung darüber eintritt, steckt er den Kampf-
platz ab, indem er eine Berufung auf alttestanientliche Stellen
principiell abweist1). Es fragt sich: hat Kaliist schon alttesta-
nientriche Stellen benutzt oder will ihm Tert. nur eine mögliche
Ausflucht abschneiden? Da er sagt: praescribam — necesse est,
so setzt er jedenfalls bei seinem Gegner die Neigung voraus,
auf das Alte Testament zu recurrieren. Aber aus den weiteren
Ausführungen geht hervor, dass Kailist zur Rechtfertigung seiner
Praxis concrete Beispiele nicht herbeigezogen hat; denn der
Satz: ceterum si qua vobis exempla in sinu plaudent, non
opponentur huic quam defendimus disciplinae schliesst dies be-
stimmt aus: ausserdem werden im folgenden diejenigen Fälle,
auf welche Kallist sich etwa beziehen könnte, genannt und zwar
in einer Weise, die deutlich zeigt, dass er es nicht gethan hat.
Also einzelne Personen aus dem A.T., deren Geschichte die Ver-
gebbarkeit der Fleischessünden im Unterschied von Götzendienst
und Mord beweisen könnte, wie sie Tert. von ihm verlangt, hat
Kallist nicht aufgeführt; Tert. will ihm diese Möglichkeit nur
für die Zukunft abschneiden. Aber er muss in anderer Weise
auf das A.T. Bezug genommen haben. Denn Tert. schreibt,
nachdem er ausgeführt, dass in Christus alles Fleisch vom
früheren Schmutz endgültig gereinigt sei und mit ihm eine
neue Epoche in der Beurteilung der Fleischessünden und fleisch-
lichen Begierden angebrochen 2): quid itaque illam (carnem) de
pristino excusas? Also Kallist muss die in Christo neugewordene
Menschheit — denn das bedeutet caro in diesem Zusammen-
hang — wegen vorkommender Unzuchtsünden durch Berufung
auf das A.T. entschuldigt haben, und deshalb vermutet Tert.,
dass er auch die von ihm gestellte Forderung mit Hülfe des
A.T. zu befriedigen versuchen werde. Es erscheint mir zweifel-
1) Praescribam tarnen tibi forrnarn necesse est, ne ad vetera manurn
emittas, ne in terga respicias; vetera enim transierunt secundurn Esaiam.
2) at ubi sermo dei descendit in camern ne nuptiis quidem resignatam
et sermo caro factus est ne nuptiis quidem resignanda quae mun-
ditias suas aquis traderet, exinde caro quaecunque in Christo reliquas
sordes pristinas solvit, alia iam res est, nova emergit, iam non ex seminis
limo, non ex concupiscentiae fimo, sed ex aqua pura et spiritu mundo, quid
itaque etc. (p. 230, 2).
68 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
los, dass dies von Kaliist verwendete A.T. liehe Citat, der Ver-
gleich der Kirche mit der Arche Noahs ist, welchen Kaliist zur
Rechtfertigung seines mit dem Erlass aufgestellten Kirch en-
begriffs nach dem Berichte Hippolyts 1) gebraucht hat. Die
Getauften sind nach der Anschauung Tert.s caro nova, eine
neue Menschheit; sie werden „corpus Christi * , „membra Christi",
„teinpluni dei" in der Schrift des N.T. genannt; das N.T.
spricht also in diesen Bildern aus, dass ihnen kein Schmutz
mehr anhaften soll. Kaliist hat sich hierüber hinweggesetzt,
indem er ein Bild aus dem A.T. entlehnt, um sie wegen der
unter ihnen vorkommenden Unreinigkeit zu entschuldigen; des-
halb fragt ihn Tert. unwillig: „quid itaque illam de pristino
excusas?" Dem alttestamentlichen Bild von der Arche ist durch
die N.T.liche Bezeichnung „corpus Christi" die Berechtigung
entzogen; das ist der Sinn des Abschnittes, welcher jeder anderen
Erklärung erhebliche Schwierigkeiten entgegenstellt. Früher
in de idol. hatte Tert. jenes Bild für die Kirche unbedenklich
aeeeptiert2); es mochte ihm daher peinlich sein, eine früher
von ihm vertretene Ansicht direct zu bekämpfen; deshalb
hat er es vermieden, sich in einer speciellen Auseinander-
setzung auf diesen heiklen Punkt einzulassen, und es vorge-
zogen, durch die prinzipielle Erörterung über das Verhältnis
zwischen dem Alten und Neuen Testament dem von Kallist
angewendeten Argument seine Beweiskraft zu nehmen und damit
stillschweigend die Veränderung seines Standpunktes einzu-
gestehen und zu verteidigen.3)
1) Phil. IX 12 (Dunker. S. 460).
2) Viderimus enim si seeundum arcae typum et corvus et milvus et
lupus et canis et serpens in ecclesia erit. Certe idololatres in arcae typo
non habetur. Quod in arca non fuit in ecclesia non sit. de idol. 24.
3) Eine ironische Anspielung auf dieses Bild Kallists kann sich Tert.
doch nicht versagen; er schreibt: c. 7 (p. 231, 20) at tu, opinor, hoc velis, ut
ovem non de grege perditam faceret sed de arca vel armario. Daraus geht
in. E. deutlich hervor, dass Tert. gewusst hat, dass Kallist die Arche als
Bild für die Kirche gebraucht. — Hipp, berichtet auch, dass Kallist das
Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen als Beweis für das Recht seiner
Praxis gebraucht habe: dXXa aal zrtv nuQaßos.ijv zäv'Qi'Qaviojv iiQoqzovxo
t<pr] /Jyeo&cu' u(ftT£ zu "C^iC/nvia ovvaigstv zcjj alzio, zovztaziv tv z% exxXrjouc
zovq afxaQzuvovzaq (Dunker 460). Aber bei Tert. findet sich nicht die
leiseste Anspielung hierauf. Nun musste ja gerade dieses Gleichnis für
III. Der Beweis für die Yergebbarkeit der Unzuchtsünden. 69
d. Der Anfang von c. 7 bezieht sich deutlich auf die
ersten Worte von c. 6 zurück: a parabolis licebit incipias seil,
ostendere de quibus patrociniis — soli moechiae — ianuam
paenitentiae expandas; also auch die hier gegebenen Ausführungen
sind gegen Kallist persönlich gerichtet. Die Parabeln, welche
er zur Begründung: seiner Praxis verwendet hat, sind die vom
verlorenen Schaf und vom verlorenen Groschen. Dass diese
beiden von Kallist zusammengestellt sind, folgt schon daraus,
dass Tert. ihre Deutung in demselben Zusammenhange wider-
legt. Aber auch der Anfang des Cap. beweist, dass Kallist
mindestens zwei Gleichnisse gebraucht hat, da Tert. sagt: a para-
bolis licebit incipias, ubi est ovis perdita a domino requisita
et humeris eius reveeta; da das Gleichnis vom verlorenen Schaf,
welches der Hirt auf den Schultern zur Herde zurückbringt, im
N. T. nur einmal erzählt wird, so kann der Plural nicht auf eine
mehrfache Mitteilung dieses Gleichnisses in den Evangelien
gehen; es werden also die in dem Abschnitt von Tert. behan-
delten Gleichnisse vom verlorenen' Schaf und Groschen gemeint
sein. Dann ist es freilich auffallend, dass Tert. von parabolae
spricht und in dem Relativsatz nur den Inhalt der einen mit-
teilt. Man köunte dafür folgende Erklärung versuchen: Tert.
lag eine Schrift des Kallist vor, in welcher die Gleichnisse als
Beweis für das Recht, Nachsicht gegen schwere Sünder zu üben,
verwendet waren; in dieser fand sich etwa ein Satz wie: hoc
parabolis ostenditur, ubi est ovis perdita a domino requisita et
humeris eius reveeta et ubi drachma perdita est reperta; hiervon
liess Tert. die zweite Hälfte fort, ohne den Plural zu ändern.
Um diese wieder herzustellen, hat man sich an einen Satz des
Cap. zu halten, in welchem eine Auslegung des Gleichnisses an-
gedeutet ist, welche Tert. nicht ersonnen haben wird: perinde
drachmae parabolam, ut ex eadem materia provocatam aeque in
ethuicum interpretamur, etsi in domo amissam, quasi in
ecclesia, etsi ad lucernae lumen repertam, quasi ad dei
verburn. Darnach kann man vermuten, dass die zweite Parabel
ihn sehr unbequem sein, aber damit wäre kaum genügend erklärt, dass
er es völlig mit Stillschweigen übergangen haben sollte. Möglich wäre
dies ja immerhin, möglich ist aber auch, dass Kallist an irgend einem
andern Orte und nicht gerade in der Tert. vorliegenden Schrift sich auf
dieses Gleichnis berufen hat.
70 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
mit folgendem Satz charakterisiert und zugleich ausgelegt ist:
ubi est drachma, in domo amissa, id est in ecclesia, ad lucernae
lumen reperta, id est ad dei verbum. Kallist hätte demnach in
irgend einem Zusammenhang gesagt: „Die Gleichnisse, wo das
verlorene Schaf vom Herrn gesucht und auf seinen Schultern
zurückgebracht und die im Hause d. h. in der Kirche verlorene
Drachme beim Licht der Laterne d. h. beim Worte Gottes wieder-
gefunden ist." Während so das Gleichnis vom verlorenen
Groschen kurz und knapp ausgelegt ist, hat die andere Parabel
eine ausführlichere Auslegung1) erhalten, welche angeknüpft
ist an das auf die Abendmahlskelche gemalte Bild des guten
Hirten, welcher ein Schaf auf seinen Schultern trägt.2) Die
Deutung der Parabel scheint Tert. in den Worten erhalten zu
haben, mit welchen sie Kallist gegeben hat und zwar in dem
Satz: sed ovis proprie Christianus et grex domini ecclesiae po-
pulus et pastor bonus Christus et ideo Christianus in ove in-
telligendus, qui ab ecclesiae grege erraverit. Dies folgt aus
dem Zusammenhang, in welchem er steht. Vorher ist gesagt:
„Soll das Gleichnis vom Herrn mit Beziehung auf Christen ge-
sprochen sein, die es damals noch gar nicht gab? oder was ist
das für ein Verfahren, dass der Herr, als ob er der Antwort
ausweichen wollte, indem er die gegenwärtige Anschauungsweise
ausser Augen lässt, welche er doch zurückweisen musste, sich
1) Dass die von Tert. angefochtene Auslegung des Gleichnisses von
Kallist herrührt, ist zweifellos, da Tert. nur immer gegen den einen Gegner
streitet, der nach dem Zusammenhang dieses mit dem vorigen Cap. Kallist
sein muss; dieser hat auch nach dem Zeugnis des Hippolyt den von ihm
angezogenen Schriftstellen eine zweckentsprechende Auslegung gegeben:
y.ul o'aa tiqoq xovxo Svvaxoq rjv ovväysiv, ovxcjq rj q (itjvevosv.
2) Procedant ipsae picturae calicum vestrorum , si vel in illis perlu-
cebit interpretatio pecudis ülius, utrumne Christiano an ethnico peccatori
de restitutione conliniet. Dazu ist zu vergl. c. 10: scriptura Pastoris
adultera et ipsa et inde patrona sociorum, a qua et alias initiaris, cui
ille, si forte,' patrocinabitur pastor, quem in calice depingis,
prostitutorem et ipsum Christiani sacramenti, , de
quo nihil libentius bibas quam ovem paenitentiae secundae.
Aus dieser Stelle geht auch hervor, dass Hausrath (Kleinere Schriften 1883)
im Unrecht ist, wenn er behauptet, der Hirt, wie Hermas ihn schildere,
sei auf die Trinkgefässe gemalt gewesen ; von dem Hirt des Hermas wird
der auf die Becher gemalte hier ausdrücklich unterschieden und mit jenem
auf gleicher Stufe stehend bezeichnet.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. 71
über eine zukünftige den Kopf zerbricht?1) Aber — das Schaf
ist eigentlich der Christ." Darnach muss man in den auf sed
folgenden Worten eine directe Rede der Gegner sehen, da sonst
aller Nachdruck fehlen würde. Ebenso nötigt die mit ergo
angeschlossene Folgerung: „also nach deiner Ansicht soll der
Herr nichts auf das Murren der Pharisäer geantwortet haben,
sondern nur zu deiner Behauptung-* dazu, im vorhergehenden
Worte des Gegners zu finden, da sonst die Folgerung nichts
schlagendes hat. Aus den beiden Gleichnissen scheint Kailist
in zwei kurzen Sätzen den Grundsatz gefolgert zu haben, welchen
die Kirche zu beobachten hat: debet requiri atque revocari.
quod potest recuperari, non perit nisi foris perseveraverit. Diese
Vermutung lässt sich durch drei Gründe aus dem Zusammen-
hang stützen; der Zusammenhang ist nämlich folgender: Tert.
sagt: „Zugegeben, dass die Gleichnisse auf den Christen, nicht
auf die Heiden, zu beziehen sind, so beweisen sie doch für die
Wiederaufnahme der Ehebrecher nichts; denn diese Sünder
sind nicht verirrte Schafe, sondern sie sind tot. Verloren ist
auch der, welcher irgendwie mit dem Götzendienst in milder
Form in Berührung gekommen und deshalb von der Gemeinde
ausgeschieden ist. Wegen irgend einer derartigen Sünde ist er
von der Herde getrennt oder hat sich auch selbst vielleicht in
Zorn, Aufwallung, Ehrgeiz, was endlich oft geschieht, in Un-
willen über die Zurechtweisung davon losgerissen. Er muss
aufgesucht und zurückgerufen werden. Was zurückgewonnen
werden kann, geht nur verloren, wenn es draussen bleibt! Du
wirst gut das Gleichnis auslegen, indem du einen noch lebenden
Sünder zurückrufst."2) In diesem Zusammenhang erscheinen
die Worte „Er — bleibt"- deshalb als aus der Schrift Kallists
1) aut quäle est, ut dominus quasi cavillator responsionis omissa
specie praesenti, quam repercutere deberet de futura laboret? sed ovis —
— — ergo nihil ad Pharisaeorum mussitationem respondisse vis dominum,
sed ad tuam praesumptionem? p. 231. 4.
2) Ita licet dici perisse, quod salvum est. perit igitur et fidelis elapsus
in spectaculum quadrigarii furoris aut incuriosius in verbum anci-
pitis negationis aut blasphemiae impegit. ob tale quid extra gregem datus
est vel et ipse forte ira tumore aemulatione, quod denique saepe fit, de-
dignatione castigationis abrupit. debet requiri atque revocari. quod potest
recuperari, non perit, nisi foris perseveraverit. bene interpretaberis para-
bolam viventem adhuc revocans peccatorem. p. 232, 20. 233, 1.
72 Rolffs, Das Indulgeriz-Edict.
entnommen, weil 1. statt der einfachen Aufstellung des Grund-
satzes „debet requiri" die bestimmte Beziehung desselben auf
das angeführte Beispiel, also: talis debet requiri etc. erwartet
werden muss;
2. weil der Satz „quod recuperari potest etc." in der von
Tert. eingeschlagenen Gedankenrichtung mindestens überflüssig,
wenn nicht störend ist;
3. weil „bene interpretaberis parabolam" auf Kallist, der im
ganzen Capitel angeredet ist, bezogen werden muss und diese
Worte in unmittelbarem Anschluss an die beiden kurzen Sätze
nur eine scharfe Spitze bekommen, wenn diese von dem Gegner
herrühren.
Tert. sagt also: Wegen Berührung mit dem Götzendienst
ist jemand von der Gemeinde getrennt. Hier gilt dein Grund-
satz: er muss aufgesucht werden etc. Gut legst du das Gleich-
nis aus, wenn du es auf den lebenden Sünder anwendest.
e. Auf die Bischöfe, welche die aus den Gleichnissen ge-
folgerte Pflicht, die verlorenen aufzusuchen und zurückzurufen,
vernachlässigen, hat Kallist das strafende Wort über die Hirten
aus Ez. 34 2 ff bezogen. Dies folgt aus den Worten, mit welchen
Tert. die Stelle einleitet: denique si meministi prophetarum,
cum pastores increpantur, puto Ezechielis est vox. Dass der
hier angeredete Kallist ist, dürfte durch den verhergehenden
Satz sichergestellt sein: quo ore mortuum restitues in gregem
ex parabolae eius auctoritate. quae non mortuum pecus revocat?,
wie es schon durch den ganzen Gedankengang des Capitels
wahrscheinlich ist. Dass Tert. das Citat aber auch in der
Form des Kallist wiedergiebt, wird durch eine Vergleichung
desselben mit dem Text der LXX wahrscheinlich. Es sind aus-
gelassen die Sätze: xal za jtQoßazä fiov ov ßoöxezs, xal zb
xaxeoq ixov ovx sGMjtazojioif/oaze , xal zb iGyrvQov xazsigyd-
oao&s tu6yßq); darnach hätte es bei Kallist folgende Form gehabt:
pastores, ecce lac devoratis et lanis vestimini; quod forte est
occidistis, quod infirmum est non curastis, quod comminutum
est non ligastis, quod expulsum est non convertistis, quod periit
non requisistis. Es zeigt sich, dass durch die Auslassungen die
Stelle sich besser für den Zweck Kallists eignet als in der Form
des Textes der LXX; man kann dieselben daher wohl nur auf seine
Rechnung setzen. Dasselbe gilt von dem Satze: quod expulsum
III. Der Beweis für die Yergebbarkeit der Unzuchtsünden. 73
est non convertistis, dieser giebt die griechischen Worte: xal to
jiXavo}[i£Vov ovk ajcEGTQiipccTE wieder; beachtenswert ist dabei
die Übersetzung von rb jcZavojfiEVOv durch quod expulsuni est,
denn in jikavcoiisvov ist der Begriff des gewaltsamen Yertreibens,
welcher in expulsuni liegt, gar nicht ausgedrückt; es liegt hier
deutlich eine Unibiegung des originalen Sinnes in den Gedanken
der zwangsweisen Ausschliessung aus der Gemeinde vor, die nur
von Kaliist herrühren kann, der sich so durch das Schriftwort
noch besser deckte.
Es ist oben schon als wahrscheinlich bezeichnet, dass Tert.
die Auslegung der Gleichnisse in einer Schrift des Kallist ge-
funden habe; dass ihm eine solche vorlag, folgt auch aus der Über-
lieferung dieses Citates, das ihm in dieser von Kallist zuge-
stutzten Form nicht durch mündliche Colportage zugeführt
sein kann.
f. Aber während der ganze Abschnitt nahe legt, Kallist
selbst für den Verfasser dieser Schrift anzusehen, da ausser an
zwei Stellen (calicum vestrorum 230, 23 illorum interpretatione
233, 27) nur er angeredet ist, tritt im folgenden wieder eine
Mehrzahl von Gegnern auf, unter denen keine bestimmte Einzel-
persönlichkeit irgendwie markant hervortritt, sodass sich wieder
mehr der Eindruck aufdrängt, als ob es sich um eine Partei-
schrift handele, welche Kallist irgendwie approbiert haben mag.
Tert. polemisiert hier gegen eine Auslegung des Gleichnisses
vom verlorenen Sohn, welche in dem älteren Sohn die Juden,
in dem jüngeren die Christen sehen will; diese Auslegung hat
er aber wahrscheinlich in derselben Schrift gefunden, in der
die beiden andern Gleichnisse ausgelegt waren, da er alle drei
in einem Schlusswort zusammenfasst : ceterum si in hoc gestit
diversa pars ovem et drachmam et filii luxuriam Christiano
peccatori configurare, ut moechiam et fornicationem paenitentia
donent etc. (c. 9, p. 23S, 18 ff). Also das Gleichnis vom ver-
lorenen Sohn ist mit den beiden andern zusammen von der
Gegenpartei so gedeutet, als ob darnach der Ehebrecher Wieder-
aufnahme in die Gemeinde finden könnte, und zwar hat Tert. diese
Auslegung schriftlich vor sich gehabt, wie unten zu zeigen ist.
Von der Auslegung dieses Gleichnisses finden wir bei Tert.
noch Bruchstücke. Man hat in dem älteren Sohne den Juden
sehen wollen und dementsprechend die einzelnen Züge gedeutet,
74 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
man stützt sich darauf, dass auch die Juden zuerst im Kind-
schaftsverhältnis zu Gott standen und dass sie den Christen
um die Versöhnung mit Gott beneiden: licet enim filius
audiat et Judaeus et maior, quia prior in adoptione, licet
et Christiano reconciliationem dei patris invideat, quod vel
maxime di versa pars carpit, sed non erit etc.1) Es ist höchst
wahrscheinlich, dass Tert. in den mit licet gebildeten Sätzen
sich direct auf Worte seiner Gegner bezieht, dass diese etwa
geschrieben haben: filius audit maior Judaeus, quia prior in
adoptione et Christiano reconciliationem dei patris invidet.
Ebenso hat Tert. auch die Interpretation des jüngeren
Sohnes seitens seiner Gegner im wesentlichen mit ihren eigenen
Worten überliefert in dem Satze: nam si Christianus est qui
acceptam a deo patre substantiam utique baptismatis, utique
Spiritus sancti et exinde spei aeternae, longe evagatus a patre
prodigit ethnice vivens, si exutus bonis mentis etiam principi
saeculi (cui alii quam diabolo ?) servitium suum tradidit et ab
eo porcis alendis, immundis scilicet spiritibus curandis, praepo-
situs resipuit ad patrem reverti, — iam non moechi et forni-
catores, sed idololatrae et blasphemi et negatores et omne
apostatarum genus hac parabola patri satisfacient 2). Dass dieser
Satz nicht von Tert. frei gebildet ist, sondern in seiner Con-
struction durch einen Satz seiner Gegner stark beeinfiusst, ist
an zwei Merkmalen zu constatieren:
1. Die Structur ist eigentlich so, dass der Hauptsatz iam
non moechi patri satisfacient den Nachsatz zu dem
Bedingungssatz: si Christianus est bildet. Tert. sagt nämlich:
Nach der Auslegung seiner Gegner wird durch dieses Gleichnis
die ganze christliche Sittenzucht zerstört; denn wenn es ein
Christ ist, welcher ein Leben führt, wie sie es schildern, und
umkehrend Vergebung empfängt, so müssen auch alle Lästerer,
Abtrünnigen und Götzendiener Verzeihung erhalten. Construiert
man aber so, so hat der Satz si exutus bonis mentis etc. keinen
Nachsatz, da er unmöglich das erste si wieder aufnehmen kann,
weil er einen diesem Satze sub- und dem Relativsatz qui —
prodigit coordinirten Gedanken ausspricht3). Diese Härte lässt
1 , c. 8 p. 234, 15. 2) c. 9 p. 236, 27.
3) Harnack, Zs. f. Th. u. K., 1891 S. 116. 117, übersetzt: „Wenn der
ein Christ ist, welcher in der Feme umherschweift und
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. 75
sich nur auf eine Weise erklären: Tert. hatte einen Satz seiner
Gegner vor sich, welcher etwa lautete: Christianus est, qui
acceptam a deo patre substantiani prodigit ethnice
vivens; si exutus bonis mentis resipuit ad patrem reverti,
(recipitur). Er hat nun diesen Satz oder richtiger diese beiden
Sätze in einem Condicionalsatz seiner Aussage als Voraussetzung
vorangestellt und dabei den Nachsatz des Satzes si exutus als
für seinen Zweck unwesentlich ausgelassen. Er hat demnach
in dem citierten Satze die Auslegung seiner Gegner in der
Form gegeben, wie er sie in einer Schrift derselben vorfand.
2. Freilich hat er sie nicht völlig intact gelassen; aber die
Veränderungen, welche er vornimmt, bestätigen nur, dass er im
übrigen wörtlich citiert. Er hat den Satz nämlich durch drei
Glossen erweitert: „utique spiritus sancti et exindespeiaeternae."
„cui alii quam diabolo?" „imniundis scilicet spiritibus curandis.
Die ersten Worte weisen sich schon äusserlich als solche aus, da in
denselben der Begriff accepta a deo substantia, welcher schon
durch utique baptismatis glossiert ist, eine weitere glossarische Er-
klärung erhält, sodass der Satz durch das doppelte utique sehr
schwerfällig wird. Ebenso passtdas „cui aliquam diabolo?" schon
seiner Form nach nicht in den Satzbau und scheidet sich dadurch
schon selbst aus. Zweifelhaft könnte man wegen des „immundis
scilicet spiritibus curandis" sein; aber diese Worte legen das
Gleichnis so wenig im Interesse der Gegner aus und passen so
vorzüglich, um die von Tert. im Nachsatz ausgesprochene Be-
hauptung vorzubereiten, dass sie ebenfalls als von ihm ein-
geschobene Glosse anzusehen sind. Tert. will nämlich die von
seinen Gegnern dem Gleichnis gegebene Auslegung so drehen,
dass sie weniger auf Hurer und Ehebrecher, als auf Götzen-
diener und Abtrünnige passt1). Aus diesem Zweck finden alle
heidnisch lebt, wenn er — — sogar dem Fürsten dieser Welt Sklaven-
dieaste leistet und von ihm mit der Fütterung der Säue beauftragt wird
— wenn ein solcher zur Besinnung gekommen und zum Vater zurück-
gekehrt ist, dann werden nicht bereits etc." und zeigt damit, dass auch
er an der Construction Anstoss nimmt und sie durch Einschiebung des
,,wenn ein solcher" erträglich zu machen sucht.
1) Dies scheint Harnack bei seiner Übersetzung übersehen zu haben,
da er schreibt: ,,Dann werden bereits nicht nur die Ehebrecher und Hurer.
sondern die Götzendiener etc.", während Tert. sagt: „Dann werden bereits
nicht die Ehebrecher etc." Zs. f. Th. u. K. 1891 S. 117.
76 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
3 Glossen ihre ausreichende Erklärung; denn nur der Götzen-
diener verschwendet absichtlich die Ausrüstung mit dem heiligen
Geiste und die Hoffnung des ewigen Lebens; nur von ihm lässt
sich im eigentlichen Sinne sagen, dass er in den Dienst des
Teufels tritt, und eine Sorge um die unreinen Geister kann
man nicht dem Ehebrecher, sondern nur dem vorwerfen, welcher
die hinter den heidnischen Göttern verborgenen unreinen Geister
durch Anbetung und Opfer ehrt.
Demnach fand Tert. in einer Schrift seiner Gegner etwa
den Satz: Christianus est, qui acceptam a deo patre substan-
tiam utique baptismatis longe evagatus a patre prodigit ethnice
vivens; si exutus bonis mentis etiam principi saeculi servitium
suum tradidit et ab eo porcis alendis praepositus resipuit ad
patrem reverti — — . Es fragt sich, ob sich auch noch etwas
über den Nachsatz feststellen lässt, welcher dem Bedingungssatz
si exutus etc. gefolgt ist; man darf annehmen, dass derselbe
mehr als ein Wort enthalten hat (nicht nur, wie oben als mög-
lich gesetzt, recipitur), da Tert. ihn sonst nicht weggelassen
haben würde, und es ist wahrscheinlich, dass er die allegorische
Ausdeutung der Parabel fortgesetzt hat. Auf diesen Nachsatz
scheint Tert. anzuspielen in den Worten: recuperabit igitur et
apostata vestem priorein. indumentum Spiritus sancti et anuluni
denuo, signaculum lavacri. Dieser Satz wird durch das igitur,
welches auf die unmittelbar vorhergehenden Sätze keinen Bezug
haben kann, an die Worte idololatrae et blasphemi et nega-
tores et omne apostatarum genus hac parabola patri satisfacient
angeschlossen J). Tert. hält seinen Gegnern mit bitterer Ironie,
indem er ihre eigenen Worte gebraucht, vor: „Also auch der
Abtrünnige wird das Gewand und den Ring zurückerhalten", und
um ihnen vor Augen zu führen, dass diese allegorische Deutung
sofort scheitert, wenn man sie consequent durchführen will,
fährt er mit grimmigem Hohn fort: „Und wiederum wird jenem
Christus geschlachtet werden und er -wird wieder auf dem Polster
liegen, von welchem die unwürdig gekleideten von den Henkers-
1) et omne apostatarum genus hac parabola patri satisfacient et elisa
est verissirne hoc imaginis modo tota substantia sacramenti. quis enini time-
bit prodigere, quod habebit postea recuperare? quis curabit perpetuo con-
servari quod non perpetuo poterit amittere? securitas delicti etiam libido
est eius. recuperabit igitur et apostata vestem priorem etc. p. 237, 3 ff.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. 77
knechten aufgehoben und in die Finsternis geworfen worden" ')•
Dass seine Gegner aber das neue Gewand und den Ring in
der angegebenen Weise gedeutet haben, ist sicher, da er dieser
Auslegung eine andere sie corrigierende entgegensetzt, in
welcher er auch das geschlachtete Kalb zu deuten weiss, indem
er — höchst geschmacklos — das Mahl auf die Eucharistie
bezieht2.) Wenn nun die Gegner sicher den Empfang des ver-
lorenen Sohnes allegorisch auf die Wiederaufnahme des Sünders
in die Gemeinde ausgedeutet haben, und wenn Tert. diese Aus-
legung mitteilt und zwar in Worten, welche von seinen Gegnern
herrühren können und in diesem Falle erst wirklich eine beissende
Ironie einschliessen, so darf man mit ziemlicher Sicherheit
annehmen, dass diese Worte direct aus der Schrift, gegen die
er polemisiert, entnommen sind, und man wird daher den Satz
folgendermassen wiederherstellen dürfen: si exutus bonis mentis
— — resipuit ad patrem reverti, recuperabit (-perat?) vestem
priorem, indumentum Spiritus sancti, et anulum denuo signa-
culum lavacri.
g. Wenn Tert. die Gleichnisse so deuten wollte, dass sie
im Sinne Christi auf die Heiden, welche der Heiland aufnimmt,
bezogen werden sollten, so haben die Gegner sich gegen diesen
Einwand schon gedeckt durch eine dialectische Erörterung,
welche Tert. c. 10 mitteilt in dem Satze: contendunt iam nee
competere ethnicis paenitentiae denunciationem, quorum delicta
obnoxia ei non sint, ignorantiae scilicet imputanda, quam sola
natura ream deo faciat. porro nee remedia sapere quibus peri-
culo ipsa non sapiant, illic autem paenitentiae constare rationem
ubi conscientia et voluntate delinquitur, ubi et culpa sapiat et
gratia, illum lugere illum volutari, qui sciat et quid amiserit et
quid sit recuperaturus, si paenitentiam deo immolarit utique eam
magis filiis offerenti quam extraneis (p. 239, 1). Bei diesem Referat
ist bemerkenswert, dass in dem Relativsatz „quorum delicta
1) et rursus illi maetabitur Christus et recumbet in eo toro, de quo
indigne vestiti a tortoribus solent tolli et abici in tenebras, nedum spoliati.
p. 237, 10.
2) recordatur patris dei, satisfacto redit, vestem pristinam reeipit,
statum scilicet eum, quem Adam transgressus amiserat. anulum quoque
aeeepit tunc primum quo fidei pactionem interrogatus obsignat, atque ita
exinde opimitate dominici corporis vescitur, eucharistia scilicet. p. 238, 2ff.
78 Rolffs, Das Indulgeuz-Edict.
obnoxia ei nou sint" sich ei auf das Subject des übergeordneten
Satzes „ denunciationem paenitentiae" beziehen muss; dadurch
ergiebt sich eine Ungenauigkeit. Es sind nämlich nicht die Über-
tretungen der Heiden „der Ankündigung der Busse nicht
unterworfen", sondern „der Busse nicht unterworfen". Der Re-
lativsatz passt also nicht zu dem übergeordneten Satz; er macht
vielmehr den Eindruck, als ob er sich ursprünglich etwa einem
Satz angeschlossen habe wie: nee ethnicis paenitentia denunciatur.
Tert. hat ihn unverändert in sein Referat aufgenommen, obgleich
er die Construction des Hauptsatzes änderte; er ist also sehr
genau seiner Vorlage gefolgt.
Diese Ausführung rührt nun sicher von Kallist her; denn
die persönliche Polemik Tert.s gegen ihn wird hier so scharf
und bissig1), dass man mit der Annahme einer unter seiner
Approbation erschienenen Parteischrift nicht auskommt. Be-
sonders sind die Worte: „Suis, non ethnicis. sinum subicit, se-
eunda te paenitentia excipiet; eris iterum de moecho Christia-
nus, haec tu mihi benignissime dei interpres" hier entscheidend.
In dem Satze: Suis non ethnicis etc. wird der Gedanke, welchen
die Gegner nach dem Anfang des Cap. geltend gemacht haben,
kurz und scharf, mit übertreibender Ironie ausgesprochen und
dann mit den Worten: haec tu mihi, benignissime dei interpres
dem Kallist persönlich zugeschoben, der in dem Abschnitt vor-
her in einer alle Achtung vor seinem Amt vernachlässigende!!
Form verhöhnt war. Er wird daher auch der Verfasser der
Schrift sein, aus welcher die am Anfang des Cap. mitgeteilte
Ausführung entnommen ist.
h. In dieser Schrift hat Kallist auch eine Stelle aus dem
Pastor Hermae citiert 2), in welcher ausgesprochen war, dass auch
1) age tu funarnbule pudicitiae et castitatis et ornnis circa sexuin
sanetitatis , qui tenuissimum filum diseipliuae eiusmodi veri avia pendente
vestigio ingrederis, carnem spiritu librans, arrimam fide moderans, oculurn
metu temperans. quid itaque in gradu totus es? perge sane si potueris, si
volueris, dum tarn securus et quasi in solido es. nam si qua te carnis
vacillatio, animi avocatio, oculi evagatio de tenore decusserit, deus bonus
est. suis (p. 240, 1.)
2) eris iterum de moeebo Christianus, haec tu mihi ;
sed cederem tibi si scriptura Pastoris quae sola moechos arnat, divino in-
strumento rneruisset ineidi, — — — adultera et ipsa et inde patrona so-
ciorum a qua et alias initiaris (p. 240, 10ff.)
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzucbtsünden. 79
der Christ nach der Taufe durch Busse Vergebung erlangen könne.
Zweifellos handelt es sich hierbei um die Stelle Mand. IV, 1,8:
aZZä ösl jcctQadsy&rjvai rov 7j(iaor?pc6ra xcä (teravoovvra'
fit) ejtl jioZv de rotg yag öov/.oig rov &sov fisrdvoia eonv
(da [). Den Gedanken, welchen dieses Citat begründen soll, fasst
Tert. in die Sätze zusammen: (Deus) suis, non ethnicis, sinum
subicit, secunda paenitentia te excipiet; eris iterum de moecho
Christianus. Der erste Satz, welcher den Inhalt der Ausführung
contendunt — extraneis (s. S. 77) zusammenfasst, wird nun durch
die Worte: rotg yäo öovXoig rov #foö fisrdvoiä soziv tula be-
wiesen"2), welche sich unmittelbar an das letzte Wort: extraneis
angeschlossen haben können. Der zweite Satz: (Deus) secunda
paenitentia te excipiet findet seine Begründung durch die Worte
ösi jiaQaöty&rivai rov i/fiaQTijxora xcu [itravoovvra; dieser
Gedanke ist aber in der von Tert. c. 10 (init.) citierten Aus-
führung seiner Gegner nicht ausgesprochen; er ist aber in
einem anderen Satz enthalten, der, wie S. 66 nachgewiesen,
höchst wahrscheinlich ihre Voraussetzung ausdrückte: venia est
fructus paenitentiae. In der That bemüht sich nun Tert. am
Schluss von c. 10 (S. 240, 20 ff.) diesen Satz zu widerlegen oder
wenigstens richtig zu stellen, indem er gegen den Hirten, der
die Ehebrecher liebt, den wahren Hirten ins Feld führt, dessen
Grundsatz er in dem Wort des Johannes findet: facite dignos
paenitentiae fructus. Demnach darf man vermuten, dass aus dem
Hermascitat der Satz: venia est fructus paenitentiae entweder
abgeleitet oder dass er durch dasselbe begründet ist. Ob die
Worte a qua et alias initiaris darauf zu beziehen sind, dass
1) Patr. apost. edd. Gebhardt, Harnack etc. 111 p. TS, 15.
2) Es ist klar, dass dieser Satz in der Fassung der lateinischen
Übersetzung des Hermas noch viel deutlicher sagt, -was Kailist damit sagen
will : servo enim dei una paenitentiae venia indulgetur ; denn hier fällt der
Nachdruck mehr auf servo dei, während er im Griechischen eigentlich
allein auf tula liegt. Man darf daraus aber nicht schliessen, dass Kaliist
die lateinische Übersetzung benutzt hätte , ebensowohl kann er das Citat
im Griechischen so geändert haben, dass es seinem Zweck besser ent-
sprach, wie er denn überhaupt frei citiert (s. S. 63. 72). Wäre er dem
lateinischen Text gefolgt, so hätte er im ersten Satz: omnis, quae paeni-
tentiam delictorum agit, recipi quidem cum venia debet, ändern müssen,
da derselbe sich in dieser Form auf die untreue Ehefrau bezieht, welche
reuig zu ihrem Gemahl zurückkehrt.
gO Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
Kallist den Hirten noch an andern Stellen derselben Schrift
citiert, oder darauf, dass er ihn in andern Schriften angezogen
habe, lässt sich nicht entscheiden.
i. Während in c. 10 uns scharf und klar die Persönlich-
keit Kallists entgegentritt, erscheinen in c. 11 die Gegner wieder
in ihrer vagen Allgemeinheit. Es erscheint auf den ersten Blick
soo-ar zweifelhaft, ob die Argumentation von den Thaten des
Herrn aus wirklich von ihnen geliefert und nicht eine blosse
Annahme Tert.'s ist. Allein der Anfang des Cap. sieht doch
deutlich auf die Erörterung über die Gleichnisse zurück *) und
deutet an, dass auch die Auseinandersetzung über den Beweis
aus den Thaten des Herrn ihm von den Gegnern aufgenötigt
wird. Der folgende Satz teilt dann mit, was sie von den Thaten
des Herrn für ihr Verfahren geltend gemacht haben: Si vero
et factis aliquid tale pro peccatoribus edidit dominus, ut cum
peccatrici feminae etiam corporis sui contactum permittit lavanti
lacrimis pedes eius et crinibus detergenti et unguento sepul-
turam eius inauguranti, ut cum Samaritanae sexto iam matri-
monio non moechae, sed prostitutae, etiam quod nemini fa-
cile, quis esset ostendit, nihil ex hoc adversariis confertur, et
si iam Christianis veniam delictorum praestitisset. p. 241, 2 ff.
Es ist die Frage, ob Tert. sich hier auch auf Worte seiner
Gegner bezieht; dieses erscheint wahrscheinlich; denn alle Mo-
mente, welche für die Gegner in den Geschichten von Bedeu-
tung sind, sind so kurz und so vollständig hier zusammen-
gefasst, wie man es von Tert. nicht erwarten dürfte; ferner deutet
das et vor factis darauf hin. Es kann nicht zu si gezogen
werden, sodass der Satz concessiven Sinn bekommen würde,
sondern es gehört zu factis: „Wenn aber auch durch seine
Thaten der Herr etwas derartiges für die Sünder verfügt hat
— — — , so folgt daraus nichts für die Gegner'', und es hat
zur Voraussetzung den Gedanken: der Herr hat durch seine
Worte den Sündern Verzeihung verheissen; diesem wird hinzu-
gefügt: auch durch seine Thaten hat er solches festgestellt. In
diesem Sinne kann das „et" aber nur von den Gegnern ge-
braucht sein, und wir werden hier wieder den Fall haben, den
1) Exinde quod ad evangeüum pertinet, parabolarum quidem dis-
cussa iam quaestio est.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. gl
wir schon öfter beobachteten, dass Tert. einen Satz seiner
Gegner durch ein vorgesetztes si als Voraussetzung aufstellt,
aus der er im Nachsatz dann seine Folgerung zieht. Der be-
treffende Satz könnte etwa gelautet haben: Idem (dass der
büssende Sünder Vergebung empfängt) et factis pro peccatoribus
edidit Dominus, ut (z. B.) cum peccatrici etc.
k. Tert. hat die Berufung auf den Verkehr des Herrn
mit Ehebrechern als massgebend für das Verhalten der Kirche
diesen Sündern gegenüber damit abgewiesen, dass er Christus
als den einzigartigen Stifter der Kirche der Nachahmung durch
dieselbe in dieser Hinsicht entrückt, und verlangt, dass Bei-
spiele angeführt werden, wonach die Apostel Sünden vergeben
haben. Er kennt auch hier deutlich die Vermutungen der Gegner.
Denn in der That vermuten sie, dass der Apostel Paulus im
zweiten Brief an die Corinther eben demselben Blutschänder
Verzeihung gewährt habe, von welchem er im ersten erklärt
hatte, er sei dem Satan zu übergeben „zum Verderben des
Fleisches" '). Für die Ausdrücke „satanae dedere" und „inter-
itus carnis" haben die Gegner dabei gleich eine Interpretation
gegeben, welche jeden darin liegenden Anstoss beseitigen soll.
„Sie deuten nämlich das Verderben des Fleisches auf die Pflicht
der Busse, welche unter Fasten und Schmutz und aller Vernach-
lässigung und mit aller für schlechte Behandlung angewandten
Mühe durch Ertöten des Fleisches Gott Genugthuung zu leisten
scheine, um hieraus zu beweisen, dass der Ehebrecher, ja jener
Blutschänder nicht zum Verderben dem Satan vom Apostel
übergeben sei, sondern zur Besserung, als ob er später Ver-
zeihung wegen des Unterganges d. h. wegen der Kasteiung des
Fleisches erlangen sollte, daher auch erlangt habe" 2). Die Berech-
tigung für diese Auslegung entnehmen sie aus 1 Tim 120, wo
1) Novimus plane et hie suspiciones eorum, revera enim suspicantur
apostolum Paulum in seeunda ad Corinthios eideru fornicatori veniam
dedisse, quem in prima dedendum satanae in interitum carnis pro-
nuntiarit. c. 13 p. 243, 1.
2) hie iam carnis interitum in officium paenitentiae interpretantur,
quod videatur ieiuniis et sordibus et ineuria omni et dedita opera malae
traetationis carnem externiinando satis deo facere. ut ex hoc argumententur
fornicatorem immo incestum illum non in perditionem satanae ab apostolo
traditum, sed in eniendationem. quasi postea veniam ob interitum id est
conflietationem carnis consecuturum, igitur et consecutum. p. 244, 22 ff.
Texte n. Untersuchungen XI, 3. 6
§2 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
Paulus die Lästerer Alexander und Hyraenäus dem Satan zur
Besserung übergiebt, und aus 2 Cor. 127, wo er sagt, ihm sei
ein Pfahl ins Fleisch gegeben, des Satans Engel, von dem er
mit Fäusten geschlagen werde *).
Über die Form, in welcher die Gegner diese Argumente
vorgebracht haben, lässt sich noch einiges feststellen. Zunächst
scheint Tert. da, wo er über die Benutzung der Stellen 1 Tim. 120,
2 Cor. 12 - berichtet, die Gegner mit ihren eignen Worten reden
zu lassen, da er die bisher eingehaltene referierende Form plötz-
lich verlässt und in die directe Rede übergeht: plane idem
apostolus — ne se extolleret. Wo er in referierendem Tone
die Auslegung des „interitus carnis" mitteilt, nimmt er jeden-
falls auf die Worte seiner Gegner Bezug; dieselben haben wohl
sicher geschrieben: „officium paenitentiae, quod videtur ieiuniis
et sordibus et incuria omni et dedita opera malae tractationis
carnem exterminando satis deo facere." Hieraus haben sie argu-
mentiert, dass der Ehebrecher dem Satan nicht zum Verderben,
sondern zur Besserung übergeben sei, vielleicht mit den Worten:
fornicator igitur ille non in perditionem satanae ob apostolo tra-
ditus est, sed in emendationem, scilicet postea veniam ob inter-
itum id est confiictationem carnis consecuturus, igitur et con-
secutus. Weniger sicher ist, ob man in dem acc. c. inf nach
revera enim suspicantur ein genaues Referat der Worte der
Gegner sehen darf, da der Satz so kurz ist, dass er keine An-
haltspunkte dafür bietet; freilich spricht nichts dagegen, dass
die Berufung auf das Verfahren des Paulus in die Form ge-
kleidet war: apostolus Paulus in secunda ad Corinthios eidem
fornicatori veniam dedit, cpiem in prima dedendum satanae in
interitum carnis pronuntiavit; und wenn man berücksichtigt, dass
durch den Conjunctiv pronuntiarit die Aussage des Relativ-
satzes ausdrücklich als Behauptung der Gegner hingestellt wird,
so liegt nahe anzunehmen, dass Tert. dieselbe auch mit ihren
Worten wiedergiebt. Zum Belege ihrer Behauptung scheinen
die Gegner die ganze Stelle 2 Cor. 25 — 11 citiert zu haben: si
1) plane idem apostolus Hymenaeum et Alexandrum satanae tradidit
ut emendarentur non blasphemare, sicut Timotheo suo scribit. sed et ipse
datum sibi aitsudem, angelum satanae, a quo colaphizaretur, ne se extolleret.
p 244, 29.
III. Der Beweis für die Yergebbarkeit der Unzuchtsünden. §3
quis autera contristavit, non me contristavit, sed ex parte, ne
vos ouerem omnes. satis est talis increpatio quae a multis fit;
uti e contrario rnagis vos donare et advocare, ne forte abundantiore
tristitia devoretur einsmodi. propter quod oro vos constituatis in
eum dilectionem. in hoc enim et scripsi, uti cognoscam probatio-
nem vestram, quod in omnibus obauditis mihi, si cui autem
donaveritis et ego. nam et ego si quid donavi, donavi in per-
sona Christi, ne fraudemur a satana, quoniam non ignoramus
iniectiones, eius (über den Text dieses Citates s. unten S. 119. 122).
Drei Abweichungen vom neutestamentlichen Text, die sicher
nicht zufällig, sondern absichtlich sind, scheinen zu dieser An-
nahme zu nötigen.
1. satis est talis increpatio, quae a multis fit, ist gesetzt
statt I'/mvov reo roiovTcp >/ IjcLTtida avrtj >/ vjco rcöv utluövcov.
Der griechische Text bedeutet: „jene Zurechtweisung, welche
der Blutschänder von der Mehrzahl erfahren hat, ist für einen
solchen Menschen genug." Es handelt sich dabei um die in
jenem ganz bestimmten Fall von der Mehrzahl der Gemeinde
dem Schuldigen erteilte Rüge; genauer hätte sie bezeichnet
werden müssen als t) vjco tojv jcXeiovcov yEVOfisvr]. Dagegen
ist durch die lateinische Übersetzung ganz allgemein gesagt:
es genügt (d. h. in einem Fall, wie er durch den Zusammen-
hang näher bestimmt ist) eine Zurechtweisung, welche das
charakteristische Merkmal hat, dass sie von der Mehrzahl der
Gemeinde erteilt wird. Damit kann nur die von der Gemeinde
im Bussverfahren erteilte Zurechtweisung gemeint sein.
2. JtaQa.xa2.Eiv ist zuerst durch advocare, dann durch orare
wiedergegeben; es liegt nahe zu vermuten, dass es im ersten
Fall im Sinne von ..herbeirufen" d. h. zurückrufen in die Ge-
meinde verstanden werden soll.
3. oV vfiäg vor sv jiQoGoiJicpXQiOTOv ist nicht übersetzt; da-
durch fällt aller Nachdruck auf diese letzteren Worte, und der
deutliche Zweck der lateinischen Übersetzung ist daher auszu-
sprechen: die vom Apostel erteilte Vergebung ist im Kamen
Christi erteilt. Da nun nach dem vorhergehenden Satz die
Vergebung des Apostels mit der der Gemeinde zusammentrifft,
so ist bewiesen, dass auch die letztere im Namen Christi er-
teilt ist.
84 Rolff's, Das Indulgeuz-Edict.
Diese Änderungen rühren nicht von Tert. her, der wenig-
stens für v. 6 p. 246, 16 die richtige Lesart kennt; er hat sie
also aus der Schrift seiner Gegner, deren Ansichten sie be-
günstigen, herüber genommen. Dass diese gegnerische Schrift
von Kaliist herrührt, setzt Tert.s Polemik ausser Zweifel 1).
Fraglich ist dagegen, ob auch die Deutung des interitus
carnis auf die Kasteiung des Fleisches in diesem Zusammen-
hang gegeben ist. Zwei Momente scheinen dagegen zu sprechen:
1. Tert. sagt, Paulus sollte dem Blutschänder so leichtsinnig ver-
ziehen haben, ,.ut nee hunc saltem habitum legitimum paenitentiae
quem ab ipso didicisse deberes (welchen du von ihm persönlich,
durch seine unmittelbare Belehrung, gelernt haben müsstest) ab eo
exegerit? Darnach scheint Kallist den Worten des Paulus keine
solche Deutung gegeben zu haben, wonach in ihnen Bussleistungen
von dem Sünder gefordert werden, also die Deutung des interitus
carnis scheint nicht von ihm herzurühren. Aber andererseits
ist zu beachten, dass Tert. von dem „habitus legitimus paeni-
tentiae" redet, welcher darin besteht, dass der Büssende in
Sack und Asche, auf den Boden hingestreckt vor die Presbyter
und Wittwen, die Fürbitte der Gemeinde erfleht, und diese
officielle öffentliche Busse hat man auch in dem „interitus
carnis*', der blossen Kasteiung des Fleisches, nicht gefunden.
2. Nachdem Tert. diese Deutung widerlegt hat, fahrt er fort:
et his itaque discussis, quae intercesserant, regredior ad
seeundam Corinthiorum: darnach könnte man vermuten, dass
1 et tu quidem paenitentiam moechi ad exorandarn fraternitatem
in ecclesiam inducens conciliatum et concineratum cum dedecore et hor-
rore compositum prosternis in medium ante viduas, ante presbyteros
— — inque eum hominis exitum quantis potes misericordiae inlicebris
bonus pastor et benedictus papa contionaris et in parabola ovis capras tuas
quaeris. tua ovis ne rursus de grege exiliat (quasi non exinde iam liceat
quod nee semel licuit); ceteras etiam metu comples cum maxime indulgens.
apostolus vero tarn proiecte ignovisset, ut nee hunc saltem habitum legi-
timum paenitentiae, quem ab ipso didicisse deberes, ab eo exegerit?
p. 243, 25 ff. Die Fragezeichen hinter quasi und indulgens bei Oehler und
Reifferscheid sind sinnwidrig. Es wird in den betr. Sätzen das Verfahren
Kallists gegen die Sünder geschildert, wie er es factisch übt und als
zweckmässig anerkennt, und daran schliesst Tert. die verwunderte Frage:
wenn du ein solches Bussverfahren für nötig hältst, dann sollte Paulus
ganz ohne dasselbe die Wiederaufnahme des Sünders verfügt haben?
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. 85
dieselbe in dem Zusammenhang der Ausführungen über den
Blutschänder sich nicht befand, sondern nur zufällig von ihm
hier behandelt sei, indem er, den Faden der gegnerischen Schrift
verlassend, ein von anderer Seite vorgebrachtes Argument
widerlege. Aber ebensowohl möglich ist es, dass in der betr.
Schrift des Kallist die fragliche Auslegung erst auf das Citat
satis est talis increpatio folgte und, weil er sie vor demselben
behandelt, von ihm als haec. quae intercesserant bezeichnet wird.
Also hiernach lässt sich nicht entscheiden, ob die Deutung
des unangenehmen Ausdrucks interitus carnis von Kallist oder
einem seiner Parteigänger herrührt.
1. Ebenso wird sich kaum volle Klarheit darüber gewinnen
lassen, ob die Gegner Tert.s 2 Cor. 12 21 : ne rursus cum venero,
humiliet me deus et lugeam multos eorum, qui ante deliquerunt
et paenitentiam non egerunt super immunditia quam admiserunt,
fornicatione et vilitate" (p. 25 1.27. für sich in Anspruch genommen
haben. Harnack (Zs. f. Th. und K. 1S91. S. 118) spricht sich dafür
aus, auch Preuschen scheint es zu vermuten (a. a. U. S. 49).
Die Frage wird sich darnach entscheiden, wie man die Eingangs-
worte von c. 15 auffasst: Si etiam sequentia illius epistolae ad
intentationem apostoli extendas, nee ipsa comparabuntur ad ob-
literationem incesti, ne et hie suffundatur apostolus posteriorum
incongruentia sensuum (p. 250, 19). Hierbei kommt es darauf an *),
1) Es muss ausserdem bemerkt werden, dass das Citat vom Wortlaute
des N.T. abweicht; es ist ausgelassen tiqoq vfxüq hinter o 9-eöq uov und der
Schluss geändert, für tnl r7t axad-agolq xcd noQvda xal aosXysiq ?}
engeegav steht „super immunditia quam admiserunt fornicatione et vili-
tate''. Somit wird der Begriff „immunditia'' durch die beiden andern
fornicatio und vilitas definiert, diese erscheinen ihm also untergeordnet,
während sie im Urtext ihm coordiniert sind. Ist diese Änderung ten-
denziös aufzufassen? Statt der drei Begriffe sind hier zwei fornicatio und
vilitas unter immunditia zusammengefasst; dadurch bekommt jeder der
beiden ein grösseres Gewicht. Indem quam admiserunt an immunditia
herangerückt wird, wird ausdrücklich betont, dass beides, fornicatio und
vilitas, wirklich vorgekommen ist, während dies in der originalen Fassung
nicht mit so grosser Bestimmtheit geschieht, da sich hier der Relativsatz
nur auf daeXysiq bezieht. Das Citat sagt also in der von Tert. mitgeteilten
Form etwas ausdrücklicher und klarer, was seine Gegner, wenn sie es
gebraucht, damit hätten sagen müssen; aber ob die Änderungen deshalb
auf sie zurückzuführen sind und nicht etwa auf Gedächtnisfehler Tert.'s,
86 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
ob das extendas auf Kailist oder ganz allgemein auf alle
Gegner Tert.s zu beziehen ist, ob demnach Tert. wirklich da-
mit zu rechnen hat, dass der folgende Inhalt des Briefes von
Kailist zur Bestätigung seiner Anschauung vom Verfahren Pauli
gegen den Blutschänder verwertet ist oder ob er nur den Fall
setzt, dass er es thäte. Wahrscheinlicher ist wohl das erstere;
aber da jede persönliche Polemik gegen Kallist hier fehlt, so
kann man keine Sicherheit darüber gewinnen. Nimmt man an,
Tert. wende sich an Kallist, so leitet der Satz folgenden Ge-
dankengang ein: Wenn du, wie du versuchst, auch den folgen-
den Inhalt des Briefes heranziehst, um das unsichere Verfahren
des Apostels gegen den Blutschänder dadurch sicher zu stellen,
so soll auch dieses nicht den Beweis liefern, dass er die Blut-
schande vergessen habe. Er spricht so deutlich im folgenden
das Verdammungsurteil über jegliche Unreinheit aus und ver-
neint so bestimmt jede Gemeinschaft zwischen Licht und Fin-
sternis, Christus und Belial, dass er unmöglich den Blutschänder
Avieder in die christliche Gemeinschaft zurückgerufen haben
kann. Diese bestimmten, klaren Aussagen müssen die Grund-
lage bilden, von welcher aus man sein Verfahren gegen den
Blutschänder feststellen und auch die folgenden Aussprüche
verstehen muss. ..Wenn er nämlich gegen Ende des Briefes
schreibt: ne rursus cum venero etc., so verfügt er damit natür-
lich nicht, dass die, welche er in der Kirche finden wollte, auf-
genommen werden sollten, wenn sie Busse gethan hätten,
sondern dass sie zu betrauern seien und ohne Zweifel auszu-
stossen, sodass sie die Busse verlören" 1). In dieser Ausführung
weist, falls im Anfang des Cap. von einer wirklichen, nicht von
einer bloss angenommenen Berufung auf den folgenden Inhalt
ist nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden, unmöglich ist das letztere
jedenfalls nicht.
1) oro te, qui talia (solche scharfe Verurteilung der Unreinheit) infigit
mentibus nostris, revocaverat aliquem fornicatorem in ecclesiam? an ideo
scribit, ne tibi nunc revocasse videatur? haec sicuti et praeteritis praescri-
bere, ita et sequentibus praeiudicare debebunt. in finem enim epistolae
dicens, ne rursus etc. , non utique recipiendos constituit, si paenitentiam
inissent, quos in ecclesia inventurus erat, sed lugendos et sine dubio
eiciendos, ut paenitentiam perderent. p. 251, 24ff. Mit der Wendung oro
te scheint doch eine bestimmte Persönlichkeit — Kallist — ins Auge gefasst
zu sein.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. g7
des Briefes die Rede ist, das sequentibus (p. 251. 27) auf das
sequentia (p. 250, 19) zurück, und dann ist gesagt, dass Kallist
auch 2 Cor. 12 2i benutzt hat1). Über die Form, in welcher
Kallist das Citat eingeleitet hat, lässt sich aber gar nichts aus-
sagen.
Harnack meint, in c. 18 drei Argumente der Gegner Tert.s
zu finden, welche der von Kallist verfassen oder approbierten
Schrift für die Vergebbarkeit der Fleischessünden entnommen
sein sollen (a. a. 0. S. 118).
1. Wo Unzucht und Ehebruch in der Schrift generell ver-
dammt seien, sei doch der Unzüchtige noch nicht verdammt
und die Vergebung für ihn nicht ausgeschlossen2).
2. Wo Ehebrecher definitiv verdammt seien, seien Heiden
gemeint 3).
3. Wo Christen gemeint seien, sei stets anzunehmen, dass
die Verdammung eine bedingte sei — bis sie vollkommene
Busse gethan haben4).
Allein diese Argumente sind Einwände auf die Wider-
legungen Tert.s, die dieser sich selbst macht; sie sind deutlich
auf die von ihm beigebrachten Beweise für die unbedingte
Verdammung der Unzüchtigen durch die Schrift zugeschnitten
(schon haec, hoc, hie deuten dies an). Hätte Kallist wirklich
gesagt: wo der Ehebruch verdammt wird, ist damit über den
Ehebrecher noch nichts entschieden, so hätte Tert. Eulen nach
1 Dass die Stelle wirklich so ausgelegt sei, als ob darin von der
Wiederaufnahme der Unzüchtigen in die Gemeinschaft geredet werde,
könnte man vielleicht aus dem Satz schliessen: et ceterum non competit
eum de communicatione aliquid hie ostendisse, qui eam supra luci et
tenebris, iustitiae et iniquitati negarat p. 252, 6, da hier eine Auslegung
abgewiesen werden soll, nach welcher Paulus doch „hie aliquid de com-
municatione ostendit".
2) Sed haec, inquit, ad interdictionem pertinebunt omnis impudicitiae
et ad indictionem omnis pudicitiae salvo tarnen loco veniae, quae non
statim denegatur, si delicta damnantur, quando veniae tempus cum damna-
tione coneurrat, quam exeludit. p. 258, 28.
3) hoc (Prov. 632) si de ethnico putaveris dictum, certe de fidelibus iam
audisti per Esaiam (52,n) p. 259, 11.
4) quid, si et hie respondere coneipias, adimi quidem peccatoribus vel
maxime carne pollutis communicationem, sed ad praesens, restituendam
scilicet ex paenitentiae ambitu, seeundum illam clementiam dei, quae
mavult peccatoris paenitentiam quam mortem? p. 260. 22.
§8 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
Athen getragen, wenn er alle Stellen, wie er in c. 16. 17 thut,
sorgfältig sammelte, da er im Voraus wusste, dass sie für den
Gegner, so wie derselbe seinen Standpunkt fixiert hatte, nichts
bewiesen. — Der dritte Einwand wird schon durch die Worte,
mit welchen Tert. ihn einführt: quid, si et hie respondere
coneipias, als fingiert, als möglich gekennzeichnet1). Zudem
sind die Einwände deutlich als verschiedene Absätze in Tert.s
Gegenargumentation markierend erkennbar: 1. Der Ehebruch
ist allgemein verurteilt. 2. Der Ehebrecher wird verdammt und
zwar 3. nicht der Ungläubige, sondern der Christ. 4. Er wird
unbedingt verurteilt. Es handelt sich hier also nicht um wirk-
liche Argumente der Gegner, sondern um fingierte Einwände
Tert.s, durch welche er seine Darlegung geschickt und lebendig
weiterführt.
m. Diese Ausführungen über das Verfahren des Paulus
gegen den Blutschänder bricht Tert. mit den Worten ab: Sed
quonam usque de Paulo, quando etiam Johannes nescio quid
1) Dabei giebt jedoch das „et hie" zu denken; es ist ja möglich,
dass es bedeutet: was, wenn du auch hier einen Einwand findest,
nämlich etc.; aber es kann ebenso gut heissen: was, wenn du auch
hierauf mit deiner schon sonst ausgesprochenen Ansicht antwortest: „es
werde zwar den Sündern, sogar den im höchsten Masse am Fleisch be-
fleckten, die Gemeinschaft entzogen, aber nur für den Augenblick mit
der Absicht, sie infolge der geleisteten Busse wiederherzustellen gemäss
jener Güte Gottes, welche lieber die Busse des Sünders will als seinen
Tod." Dann wäre wohl anzunehmen, dass Kallist mit diesen Worten das
Resultat aus seiner Ausführung über das Verfahren des Paulus gegen den
Blutschänder gezogen habe (besonders wegen des Ausdrucks maxime carne
pollutis). Ich möchte diese letztere Möglichkeit für die wahrscheinlichere
halten und zwar weil Tert. fortfährt: hoc enim fundamentum opinionis
vestrae usquequaque pulsandum est. Wenn er den Satz: Deus mavult
peccatoris paenitentiam quam mortem als das Fundament der Meinung
seiner Gegner bezeichnet, so müssen diese denselben mehrfach ausgesprochen
haben nicht nur im Zusammenhang der S. 62 ff. besprochenen Ausführung.
Deshalb ist Tert. auch schon c. 10 (p. 239 31 ff.) darauf zurückgekommen.
Ich vermute daher, dass seine Gegner diesen Satz einmal im Zusammen-
hang mit dem Gleichnis vom verlorenen Sohn und dann wieder bei der
Erörterung über den Blutschänder ausgesprochen haben, und bei der
letzteren Gelegenheit könnte dies sehr wohl mit den Worten geschehen
sein, in die Tert. hier ihren Einwand kleidet. Doch lässt sich auch hier
keine sichere Entscheidung treffen.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. §9
diversae parti subplaudere videatur? quasi in Apokalypsi manifeste
fornicationi posuerit paenitentiae auxilium (p. 261, 28). Man
darf daraus schliessen, dass seine Gegner auch die Stelle Apoc.
2 o0 ff. citiert haben für ihre Praxis und zwar in Verbindung mit
jener Berufung auf Paulus; denn es sind dieselben Gegner, mit
denen Tert. über 2 Cor. 2 5 ff. streitet. Fraglich ist nur, in welcher
Form sie dies Argument vorgebracht haben. Zunächst scheint,
um die Stellung des Johannes zu der schwebenden Frage zu
fixieren, die Wendung gebraucht zu sein: Johannes in Apoca-
lypsi manifeste fornicationi posuit paenitentiae auxilium. Darauf
ist dann das Citat der betr. Stelle gefolgt, aber wohl nicht in
der Fassung, wie es Tert. wiedergiebt; er schreibt fortfahrend:
ubi ad angelum Thyatirenorum spiritus mandat habere se ad-
versus eum, quod teneret mulierem Jezabel, quae se propheten
dicit et docet, atque seducit servos meos ad fornicandum et
edendum de idolothytis. et largitus sum illi temporis spatium, ut
paenitentiam iniret, nee vult eam inire nomine fornicationis.
ecce dabo eam in lectuni et moechos eius cum ipsa in maxi-
mam pressuram, nisi paenitentiam egerint operum eius. Da er
hier den Indicativ mandat gebraucht, so ist anzunehmen, dass
er in dem Relativsatz nicht die Rede seiner Gegner mitteilen
will, welche er im Conjunctiv berichten würde. Er hat sich
ausserdem im Eingang einen Gedächtnisfehler zu schulden
kommen lassen, indem er schreibt: quod teneret, wie in
Apoc. 214, während der Urtext hat ort äpstc; das erstere be-
deutet: „weil du die Jezabel in der Gemeinde behältst" und passt
daher sehr schlecht zu dem Zweck des Kailist, da mit den
Worten: „ich zürne dir, weil du die Jezabel in der Gemeinde
behältst" das Gegenteil von dem, was Kallist wollte, ausgesagt
wäre. Auch der Übergang von der dritten Person in die erste
(servos meos) ist sehr auffallend und erklärt sich nur aus der
verwickelten Construction Tert.s, während die Gegner, wenn
sie das Citat für ihren Zweck zurechtschnitten, denselben an
geeigneterer Stelle vollziehen konnten. Vermuten möchte man,
dass bei ihnen das Citat etwa folgendermassen gelautet: posuit
paenitentiae auxilium; spiritus enim de muliere Jezabel dicit:
largitus sum etc. Tert. hat dann aus dem Gedächtnis ungenau
den Anfang des Citates und die genauere Einleitung desselben
hinzu gefügt.
90 Rolff, Das Indulgenz-Edict.
Ein Problem bieten die beiden auf das Citat folgenden
Sätze dar: bene antem quod apostolis et fidei et disciplinae
regulis convenit. sive ego enim, inquit, sive illi, sie praedica-
mus. Beginnt Tert. mit diesen Worten seine Widerlegung
oder haben die Gegner ihr Citat damit geschlossen? Der erste
Satz heisst jedenfalls: „gut aber ist, was mit den Aposteln und
den Glaubens- und Sittenregeln stimmt"1). Was würde derselbe
hier im Munde Tert.s besagen? Er hat ausgeführt: Wozu der
Streit über Paulus, da ja auch Johannes den Gegnern recht zu
geben scheint? als ob er in der Apokalypse die Hülfe der Busse für
Hurerei festsetzte, wo der Geist dem Engel der Thyatirener die
Anweisung über Jezabel giebt: ich habe ihr eine Frist zur Busse
gesetzt, darnach will ich sie verderben. Gut aber ist u. s. w.",
fährt er dann fort. Sollte mit diesem Satz die Widerlegung
Tert.s einsetzen, so könnte man darin nur den Grundsatz aus-
gesprochen finden, welcher für den richtigen Schriftgebrauch
zu gelten habe, von den Gegnern aber übertreten sei. Er müsste
dann aber der gegnerischen Argumentation viel schärfer und
energischer entgegengestellt sein als es durch autem geschieht;
denn dieses drückt keinen Gegensatz aus, sondern führt einen Ge-
danken weiter2). — Dagegen wird der Zusammenhang verständ-
lich, wenn man annimmt, dass die Gegner ihr Citat mit jenem
Satz geschlossen haben. Sie hätten dann etwa gesagt: „Paulus
wird von Johannes unterstützt, welcher Apoc. 22o deutlich die
Hülfe der Busse für Hurerei festgesetzt hat. Gut aber ist, was
mit den Aposteln und den Glaubens- und Sittenregeln überein-
stimmt; denn sei ich es, spricht er, seien sie es, so predigen
wir." Tert. fährt dann fort: „Ja, ganz recht, daher ist es für
die ganze Religion von Wichtigkeit, dass man nicht glaubt,
Johannes habe etwas zugestanden, was Paulus abgeschlagen
hat"3); er nimmt also mit ebenso feiner wie scharfer Ironie die
1) bene quod ist hier nicht die sonst mehrfach bei Tert. vorkommende
Redewendung: gut, dass, so de idol. 5, Apol. 7, de iei. 13, de came Chr. 21,
denn wenn man hier so übersetzen wollte, so würde dem Satze das Subject
fehlen, da sich aus dem Zusammenhange ein* solches nicht ergänzen lässt.
2) Tert. hätte vielmehr schreiben müssen: Sed bene est nihil nisi
quod etc.
3) totius itaque sacramenti interest nihil credere ab Iohanne concessum,
quod a Paulo sit denegatum. p. 262, 10.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. 91
Worte seiner Gegner als Grundlage ihrer Widerlegung auf.
Es ist hierbei vorläufig angenommen, dass Tert. den Satz: sive
ego enim inquit sive illi sie praedicamus in dem Sinne seiner
Gegner verstanden habe, wenn er ihn so deutet, als ob sie damit
die notwendige Übereinstimmung zwischen Paulus und Johannes
behaupten wollten; deshalb wurde zunächst vorausgesetzt, dass
als Subject zu ..inquit" Paulus zu denken sei. Aber es springt
in die Augen, dass, in diesem Sinne verstanden, das Citat gar
nicht beweist, was es beweisen soll; es handelt sich für die
Gegner Tert.s nicht um die Übereinstimmung der Apostel unter
einander, sondern ihre These ist: „gut ist das, was mit den
Aposteln und den Glaubens- und Sittenregeln übereinstimmt";
jede neue Bestimmung muss sich also dadurch als christlich
legitimieren, dass sie mit den Aposteln d. h. mit der kanoni-
schen Sammlung apostolischer Schriften und den Glaubens- und
Sittenregeln d. h. den unter dem Titel ajtoOro/.ixij jragäöooig
zusammengefassten Glaubens- und Lebensordnungen stimmt.
Die Träger dieser Überlieferung sind aber die Bischöfe, die
vom heil. Geist geleitet werden; also ruht ihre Auctorität darin,
dass sie auf den heil. Geist als Urheber zurückgeht. In dem
Satze, welcher das Citat: Apok. 2 20 einleitet, ist nun ohne
Zweifel spiritus Subject, es macht daher auch keine Schwierig-
keiten, spiritus als Subject zu inquit zu ergänzen. Dann wäre
ein Wort des Paulus als Ausspruch des heil. Geistes citiert;
dies ist auch in einer um 220 entstandenen Schrift keineswegs
undenkbar1). Wir haben hier demnach dieselbe Vorstellung wie
Act. 152s: £Öo<-sv yag reo xvsv/iari reo aylco xal rjfiiv, firjöhv
jiliov ajtLTifrso&ai xrl. Der Beschluss des Apostelconcils erhält
für die Christen verpflichtende Kraft, weil der heil. Geist und
die Apostel in demselben zusammenstimmen; ebenso hat die
Verfügung Kallists deshalb Gültigkeit, weil ihre Übereinstim-
mung mit den Aposteln und dem heil. Geist erwiesen ist.
n. Ohne Znsammenhang mit dem Citat aus der Apoka-
1) Weiss, Einl. in das N.T. S. 64. Vielleicht bat auch Tert. spiritus
sanetus als Subject zu inquit ergänzt; wenigstens sagt er: hanc aequali-
tatem spiritus saneti qui observaverit, ab ipso deducetur in sensus eius
(p. 262, 11). Dann hätte er erklärt: der hl. Geist sagt: so wie ich predigen
die Apostel ; da also die Predigt der Apostel mit der des heil. Geistes
stimmt, so können die Apostel unter sich nicht differieren.
92 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
lypse benutzen Tert.s Gegner auch ein Wort aus dem 1. Brief
des Johannes: de epistola quoque Iohannis carpunt statim. dic-
tum est: sanguis ±Llii eius emundat nos ab omni delicto (p. 263, 11).
Wo das Wort im Zusammenhang ihrer Argumentation gestan-
den hat, ist schwer zu sagen; wahrscheinlich kam im Satz vorher
deus vor, was aus dem ..filii eius" zu schliessen ist1). Um den
Schutz dieses Wortes seinen Gegnern zu entziehen, geht Tert.
auf den Zusammenhang des Briefes ein und weist nach, dass
es hiernach bedeute: das Blut Jesu Christi bewahrt uns rein
vor aller Sünde, sodass wir keine thun. Fortfahrend führt er
dann mit den Worten: sed subicit, inquis2), 1 Joh. lg. 9 als
Einwand seiner Gegner ein und weist denselben dadurch zu-
rück, dass er delictum habere v. 8 durch deliquisse d. i. v ge-
sündigt haben" als Präteritum interpretiert. Mit eo amplius1)
citiert er dann 1 Joh. 2j. 2 als weitere Einrede, die er aus dem
ferneren Zusammenhang des Briefes widerlegt. Harnack und
Preuschen haben hieraus den Schluss gezogen, dass die Gegner
auch 1 Joh. ls.9, 2]. 2 mit benutzt haben. Ich habe mich trotz
sorgfältigster Prüfung der Stellen nicht davon überzeugen
können. Meiner Ansicht nach liegt die Sache so: Tert. hat bei
seinen Gegnern den Spruch gefunden: Sanguis filii eius emun-
dat nos ab omni delicto; um ihre Deutung desselben zu wider-
legen, beleuchtet er den Zusammenhang und zieht die unmittel-
bar vorhergehenden Worte heran. Damit lenkt er aber den
Blick seiner Gegner auf das unmittelbar folgende, woraus sich
Einwände gegen seine Deutung erheben lassen. Diese lässt
er sie vorbringen. Dass die Worte mit „sed subicit" „eo am-
plius" eingeführt werden, erweckt nicht den Anschein, als ob
1) Da der griechische Text auch xb täua 'ir/oov xov viov uixcv hat,
so könnte möglicherweise das „eius" auf eine mechanische Herübernahme
des Verses zurückzuführen sein; da Kallist aber sonst die Citate für seinen
Zusammenhang passend umformt, so ist dies nicht gerade sehr wahr-
scheinlich.
2) si dicamus nos delictum non habere, seducimus nosmet ipsos et
veritas non est in nobis. Si confitemur delicta nostra, fidelis et iustus est,
ut dimittat ea nobis et emundet nos ab omni iniustitia (p. 264, 2 ff.).
3) eo amplius, filioli, haec scripsi vobis, ne delinquatis, et si delique-
ritis advocatum habemus apud deum patrem Iesum Christum iustum, et
ipse placatio est pro delictis nostris. secundum haec, inquis, et delinquere
nos et veniam habere constabit. (p. 2ü4, 9 ff.)
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. 93
sie von vornherein im Zusammenhang mit dem Citat: Sangais
filii etc. vorgebracht waren. Doch ist es schwer, ein einiger-
massen sicheres Urteil hierüber zu gewinnen.
I. Der Zusammenhang zwischen den einzelnen
Argumenten.
Die Argumente, welche aus der Schrift Tert.s als Eigentum
seiner Gegner ermittelt sind, beweisen unabhängig von einander
für den Satz: .Sünden des Ehebruchs und der Hurerei können
von der Kirche vergeben wrerden'; teils nichts teils sehr wenig.
Die Argumente a von der Güte Gottes), b (der Satz: venia
est fructus paenitentiae, c (die Arche), d, f (vom verlorenen
Groschen, Schaf und Sohn) g (Ez. 342ff.), h idass die Busse
nicht von den Heiden, sondern von den Christen verlangt wird),
beweisen zu viel, da hier nirgends eine Einschränkung der ver-
gebbaren Sünden auf Hurerei und Ehebruch auch nur im ent-
ferntesten angedeutet ist. Die Punkte i (Verkehr des Herrn
mit Ehebrechern), k (Verfahren Pauli gegen den Blutschänder),
m l Citat aus der Apokalypse) besagen aber für die schwebende
Frage zu wenig, weil es sich hier um einzelne Fälle handelt,
welche man zu Verallgemeinern nicht ohne weiteres das Recht
hat. Es lässt sich daher a priori vermuten, dass die Argumente,
welche Tert. einzeln behandelt, von den Gegnern in einen ge-
wissen Zusammenhang mit einander gesetzt sind.
Es lässt sich in der Reihenfolge, in welcher Tert. die ein-
zelnen Gründe seiner Gegner bekämpft, eine logische Anord-
nung derselben nicht verkennen:
1. Aus dem obersten Satz des christlichen Glaubens: Gott
ist die Liebe, wird der oberste Grundsatz christlicher Sittlich-
keit, barmherzige Liebe auch gegen sündigende Brüder zu
üben, abgeleitet.
2. Die Kirche ist die Arche mit reinen und unreinen Tieren;
sie soll also die Sünder nicht ausstossen.
3. Die Bischöfe habeu die Pflicht, die verlorenen zu suchen
gemäss den Gleichnissen vom verlorenen Schaf und Groschen.
4. Bedingung der Wiederaufnahme Gefallener ist Busse,
wie Christus in der Parabel von den beiden Söhnen lehrt: von
den Christen, nicht von den Heiden wird diese Busse verlangt.
94 Rolffs, Das Indulgenz-Edikt.
da nur der, welcher weiss, was seine Pflicht ist, seine Sünden
bereuen kann.
5. Der Herr hat durch seinen Verkehr mit Ehebrechern
diesen ein Anrecht auf die verzeihende Gnade gegeben.
6. Die Apostel haben gegen Unzüchtige Erbarmen walten
lassen: Paulus gegen den Blutschänder in Corinth, Johannes
gegen das unzüchtige Weib Isabel.
Diese Anordnung scheint nicht von Tert., sondern von
seinen Gegnern herzurühren; die Fortschritte in seiner Ausfüh-
rung werden offenbar durch den Gedankengang seiner Gegner
bestimmt. Dies zeigt sich
1. in mehreren Übergängen: a parabolis licebit incipias,
c. 7 (p. 230, 21) Excusso igitur iugo in ethnicum disse-
rendi parabolas et semel dispecta vel recepta necessitate non
aliter interpretandi quam materia propositi est, contendunt
iam nee competere ethnicis paenitentiae denuntiationeni
c. 10 (p. 239, 1) Exin de quod ad evangelium pertinet, para-
bolarum quidem discussa iam quaestio est. si vero et factis —
— — c. 11 (p. 241, 1) Itaque isti, qui alium paracletum in
apostolis et per apostolos reeeperunt, quem nee in prophetis
propriis agnitum iam nee in apostolis possident, age nunc vel
de apostolico instrumento doceant maculas carnis post baptisma
respersae paenitentia dilui posse. c. 12 (p. 241, 18);
2. in einigen Abweichungen von dem Princip, welches der
Anordnung zu Grunde liegen müsste, wenn sie von Tert. her-
rührte :
a. die Stelle Ez. 34 , behandelt Tert. mit den Parabeln
vom verlorenen Schaf und Groschen zusammen c. 71), während
er sie eigentlich in cap. 6 hätte erledigen müssen, wo er seine
Stellung zum A.T. principiell klar stellt; der Grund für diese
Abweichung kann nur darin liegen, dass seine Gegner die
Stelle in diesem Zusammenhang citierten und er sich ihrem
Gedankengang anschloss;
b. die Berufung auf Hermas weist er c. 10 ab2), nachdem
er den Grundsatz widerlegt hat, dass die Ankündigung der
1) denique si rneministi prophetarum, cum pastores increpantur, puto
Ezechielis est vox — p. 233, 7.
2) sed cederem tibi, si scriptura pastoris, quae sola nioechos amat,
divino instrumento meruisset ineidi — — — p. 240, 11.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden. 95
Busse sich nur auf die Christen beziehen könne; eigentlich
musste diese principielle Abweisung des Hirten in c. 20 gegeben
werden '), wo er Barnabas citieren will und deshalb darzuthun
hat, weshalb dieser vor jenem den Vorrang behaupte; der Grund,
weshalb er schon c. 10 sich mit Hermas auseinandersetzt, kann
wiederum nur darin liegen, dass er seine Widerlegung durch
den Gedankengang seiner Gegner bestimmen lässt.
Darnach ist es wahrscheinlich, dass Tert. eine Schrift vor
sich hatte, in welcher die von ihm in den capp. 6—13 abge-
wiesenen Gründe im Zusammenhang vorgebracht waren.
Dies lässt sich noch durch mehrere andere Momente erhärten.
1. Es kann kein Zweifel sein, dass die Parabeln vom ver-
lorenen Schaf und Groschen benutzt sind, um daraus die Pflicht
der Bischöfe, das verlorene zu suchen, abzuleiten, und dass
diese Anwendung durch Hinzufügung von Ez. 34.-, ff. eindring-
licher gemacht ist; es ist ferner sicher, dass diese Gleichnisse
mit der Schlussdrohung aus einer Schrift entlehnt sind, die,
wenn sie nicht auf Kallists Autorschaft zurückgeht, jedenfalls
unter seiner Autorität stand (S. 73). Zu dieser selben Schrift
muss nun auch das Gleichnis vom verlorenen Sohn mit seiner
Auslegung gehört haben; dies ist schon S. 73 wahrscheinlich
gemacht; es lässt sich dies aber auch noch aus der Stelle: — iuque
eum hominis exitum quantispotesmisericordiae inlecebris bonus
pastor et benedictus papa contionaris et in parabola ovis
capras tuas quaeris, schliessen. Wie die Anrede bonus pastor. welche
Tert. hier dem Kailist giebt, ironisch Bezug darauf nimmt, dass
er, indem er sich auf das Gleichnis vom verlorenen Schaf beruft,
als guter Hirte gelten will, so bezieht sich die Anrede benedictus
papa „gesegneter Papa" sicher darauf, dass er auch als guter
Vater den verlorenen Sohn wieder aufnehmen will; er hat sich
also auch auf die Parabel vom verlorenen Sohn berufen.
Übrigens ist es schon an und für sich wahrscheinlich, dass in
einer Schrift, wo die beiden ersten Gleichnisse aus Lc. 15 be-
nutzt waren, auch das dritte nicht fehlte. Auf eben diese
Schrift scheint Tert. aber auch cap. 10 mit. Bezug zu nehmen,
sodass auch die Ausführung darüber, dass von den Heiden
keine Busse verlangt werden könne (S. 77 f.), mit dem Wort
1 vgl. Preuschen, a. a. 0. S. 30 IL
96 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
aus Hernias als Abschluss dazu gehört hätte. Denn dieser
Abschnitt ist mit dem vorigen dadurch verbunden, dass auch
er jedenfalls auf Kallist zurückgeht. Wollte man hier an zwei
verschiedene Schriften denken, so müssten diese beide etwa zu
gleicher Zeit erschienen, beide aus der Partei des Kallist
stammen, die letztere ziemlich sicher, die erstere höchst wahr-
scheinlich ihn selbst zum Verfasser haben1), und Tert. hätte aus
der einen gerade ein Stück aufgenommen, welches sich sehr
gut in den Gedankengang der anderen einfügte, den er eben
abgebrochen: dies würde voraussetzen, dass beide Schriften be-
züglich gewisser Partien auch im Gedankengang überein-
gestimmt hätten. Diese Annahme ist doch recht unwahrschein-
lich und man wird daher sich zu der einfacheren entschliessen
müssen, dass die unter d, e, f, g, h behandelten Argumente
der Gegner Tert.s aus einer von Kallist selbst herrührenden
Schrift entnommen sind, in welcher sie eine zusammenhängende
Ausführung bildeten.
2. Ein weiteres zusammenhängendes Stück einer Schrift
Kallists wird von den unter k, 1, m behandelten gegnerischen
Argumenten gebildet. Es ist S. 83 f. nachgewiesen, dass Kallist
selbst sich auf das Verfahren des Paulus gegen den Blutschänder
zur Verteidigung seiner Praxis berufen haben rnuss; es ist
S. 85 f. wahrscheinlich gemacht, dass er in demselben Zusammen-
hang auch 2 Cor. 12 21 citiert hat. Tert. berichtet nun weiter,
dass die Gegenpartei auch Apoc. 22o vorgebracht habe, und es
ist S. 90 f. versucht, zu beweisen, dass dies Citat durch den
Satz: bene autem quod apostolis et fidei et disciplinae regulis
convenit geschlossen ist. Dieser Satz setzt voraus, dass der
Abschnitt, welchen er beschliesst, eine Berufung auf mehrere
Apostel enthielt. Man darf daher als sicher annehmen, dass
dem Citat aus Johannes ein solches aus Paulus vorangegangen
ist, und damit dürfte bewiesen sein, dass die Verweisung auf
das Verfahren Pauli gegen den Blutschänder2), die Stelle
1) Die Rückbeziehung auf c. 7 (p. 230, 22) in den Worten: cui ille, si
forte, patrocinabitur pastor, quem in calice depingis (wobei Kallist angeredet
ist), stellt es m. E. ausser Zweifel, dass auch derjenige, welcher sich c. 7 auf
..die Malereien unserer Kelche" berufen hat, Kallist ist.
2 Unentschieden bleibt natürlich noch, ob die Deutung des interitus
carnis auch in dieser Schrift stand.
III. Der Beweis für die Vergebbarkeit der "Cnzuchtsünden. 97
2 Cor. 12 2i und das Citat Apoc. 2 2o einen Abschnitt in einer
Schrift des Kallist dargestellt haben.
3. Allein der Satz bene autem etc. führt noch weiter: er
setzt voraus, dass die Ausführung, an deren Ende er steht, auch
die Übereinstimmung des von den Gegnern Tert.s verteidigten
Satzes: Ehebrecher können, wenn sie Busse gethan haben,
wieder in die Gemeinde aufgenommen werden, mit der regula
fidei und der regula disciplinae nachgewiesen hat. Nun ist die
regula disciplinae in der Schrift, welche S. 95. 96 dem Kallist
zugewiesen ist, aus den Gleichnissen von Luc. 15 abstrahiert:
die Pflicht der Bischöfe, das verlorene zu suchen, und die an
den Sünder zu stellende Bedingung der Busse. Es ist also
gewiss, dass die beiden Stücke, von denen sich das eine aus den
unter d, e, f, g, h und das andere aus den unter k, 1, m be-
handelten Argumenten des Kallist zusammensetzt, aus einer und
derselben Schrift entnommen sind.
Mit diesen beiden Abschnitten ist aber diese Schrift noch
nicht vollständig; denn in derselben soll auch die Überein-
stimmung der Busspraxis Kallists mit der regula fidei nachge-
wiesen sein. Dies ist nun geschehen in dem unter a behandelten
Argument: Deus bonus et optimus etc. Es ist nun S. 65 als
höchst wahrscheinlich nachgewiesen, dass die Schrift, aus welcher
Tert. c. 2 init. citiert, von Kallist herrührt. Man wird daher
nicht fehlgehen mit der Annahme, dass auch dieses Stück ein
Teil derselben Schrift Kallists ist, welcher die Argumente d — h
und k — m zugewiesen werden mussten.
4. Dreizehn einzelne Gründe sind es, welche Tert. widerlegt;
nenn davon gehören einer Schrift des Kallist für die Vergeb-
barkeit der Fleischessünden an; es ist daher mehr als wahr-
scheinlich, dass auch die übrigen vier (zu denen übrigens als
fünfter die Deutung des interitus carnis auf die exomologesis
kommt) in dieser Schrift ihren Platz gehabt haben. Nahezu
gewiss ist dies bei dem unter i behandelten, wo aus dem Ver-
kehr des Herrn mit Ehebrechern argumentiert wird; es würde
geradezu eine Lücke entstehen, wenn zwischen dem Beweis aus
den Gleichnissen des Herrn und dem aus dem Verfahren der
Apostel nicht der aus Jesu Thaten den Übergang gebildet
hätte. Sicher ist auch wohl, dass das Bild von der Arche ( s. S. 67f. )
vor dem Beweis aus den Gleichnissen gestanden hat, selbst ein
Texte u. Untersuchungen XI, 3. 7
9g Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
Gleichnis. Es kann auch als überwiegend wahrscheinlich gelten,
dass die Erklärung des interitus carnis in dieser Schrift gestanden
hat, da der auffallende Ausdruck eine Interpretation verlangte,
und eine andere Schrift, aus welcher Tert. die betr. Stelle
entlehnte, neben der des Kallist nicht nachgewiesen werden
kann. Freilich die beiden Argumente b und n lassen sich nicht
ohne weiteres auf Grund der Stellen, die ihnen Tert. anweist,
in den Zusammenhang der Schrift Kallists eingliedern; aber
damit ist noch nicht bewiesen, dass sie nicht zu ihr gehört
haben können; vielmehr muss man jetzt annehmen — falls nicht
nachgewiesen wird, dass sie aus einer andern Schrift stammen —
dass sie zu dieser gehört haben und durch die Art, wie Tert.
seine Widerlegung einrichtete, aus ihren ursprünglichen Stellen
verschoben wurden.
Es bliebe jetzt noch die Thatsache zu erklären, dass Tert.
seinen Gegner bald als eine Einzelpersönlichkeit, bald als eine
Mehrzahl behandelt. Preuschen hat alle Stellen zusammen-
gestellt, wo Tert. seine Gegner allgemein als diversa pars oder
ähnlich bezeichnet, wo er sie im Plural und wo im Singular
reden lässt (a. a. 0. S. 18 ff.). Es ergiebt sich daraus als
zweifellos, dass er auch da den Plural gebraucht, wo er nur
Kallist persönlich im Auge haben kann, so cap. 1, wo er sich
über dessen „Edicf ereifert; er gebraucht hier kein einziges
Mal den Singular, sondern redet von seinen Gegnern immer
wie von einer unbestimmten Mehrheit. Kallist ist für ihn eben
der Vertreter einer grossen Partei, der Psychiker, der keines-
wegs allein für die laxe Sittenzucht verantwortlich ist; er bringt
in seiner Schrift nur die Gedanken zum Ausdruck, welche in
der Grosskirche die weiteste Verbreitung gefunden hatten; die
Gründe, welche er vorbringt, hat er gewiss nicht selbst hervor-
gesucht, sondern er hat vielleicht nur das gesammelt und in
ein System gebracht, womit man von den verschiedensten Seiten
eine mildere Sittenzucht forderte. Daher verschwindet er bei
Tert. oft in seiner Partei, und nur, wenn des Afrikaners Zorn
ganz besonders heftig hervorbricht, wendet er sich gegen die
Person des Kallist.
IV. Der Zusammenhang der Schrift für die Vergebbarkeit etc. 99
IV. Der Zusammenhang der Schrift für die Ver-
gebbarkeit der Unzuchtsünden mit der Verfügung
Kallists.
Es ist durch die bisherige Untersuchung folgendes Resultat
gewonnen: Kailist hat neben der Verfügung, die er erlassen,
in einer Schrift den Beweis für die Vergebbarkeit der Unzucht-
sünden geliefert; dieselbe ist mit dem Erlass gleichzeitig er-
schienen, da Tert. sie mit diesem zusammen bekämpft, und sie
soll das Verfahren Kallists rechtfertigen. Es liegt daher die
Frage nahe: Ist sie nicht vielleicht ein Teil seines Erlasses ge-
wesen, sodass man es hier mit einer motivierten Verfügung,
mit einer vollständigen ,, Ablassbulle " zu thun hätte? Diese
Frage ist aus zwei Gründen entschieden zu bejahen:
1. Es ist S. 55 constatiert, dass die Ausführungen, welche
Tert. c. 21 gegen Kailist richtet, notwendig voraussetzen, das.s
dieser sich auf die Praxis der Apostel berufen hat, um sein
Verfahren gegen die Unzüchtigen zu verteidigen; denn Tert.
sagt ihm: Wenn auch die Apostel derartige Sünden vergeben
haben, so folgt daraus nichts für dich; denn sie haben es kraft
ihrer potestas gethan, du bist ihr Nachfolger aber nur in der
disciplina, nicht in der potestas. Darnach ist klar: Kailist hat
sein Recht, Fleischessünden zu vergeben, aus der Praxis der
Apostel abgeleitet; er muss diese Praxis daher in demselben
Zusammenhang dargelegt haben, in welchem er jenes Recht
für sich in Anspruch nimmt. Es muss also der Abschnitt, in
welchem Kaliist apostolische Würde für sich in Anspruch nimmt,
sich unmittelbar an seine Berufung auf das Verfahren der
Apostel angeschlossen haben. Dieses ist aber in dem letzten Ab-
schnitt der Schrift ..für die Vergebbarkeit der Unzuchtsünden L
dargelegt, der Nachweis, weshalb Kaliist Nachfolger der Apostel,
besonders des Petrus sei, steht in dem ersten Satze des „Edictes" ;
dieser schliesst sich also an den letzten der Schrift „für die
Vergebbarkeit der Unzuchtsünden".
2 Ein weiterer Beweis dafür ist die Anlage von Tert.'s
Gegenschrift. Hat man es mit zwei Schriften zu thun, dem
100 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
„Edict" und der Schrift „für die Vergebbarkeit der Unzucht-
sünden", so ist nicht zu verstehen, weshalb Tert. einen Satz aus
der ersteren an die Spitze seiner Gegenschrift stellt wie c. 1:
Ego et moechiae etc., dann die zweite Schrift widerlegt c. 2—20
und endlich erst c. 21. 22 auf die Ausführungen zu sprechen
kommt, welche den c. 1 citierten Satz unmittelbar begründen, und
das alles, ohne auch nur mit einem Wort anzudeuten, dass er
es mit zwei Schriften zu thnn hat. Alles erklärt sich aber aufs
beste und einfachste, wenn man annimmt, dass Tert. mit dem
Satz, welcher die Pointe der ganzen Kundgebung enthielt, zu-
nächst die sträfliche Erschlaffung der Sittenzucht constatierte und
dann die Gründe widerlegt, welche den Satz stützen sollten, in-
dem er sich genau dem Gedankengange anschliesst, welchen die
Gegner eingeschlagen hatten. Dadurch kam es natürlich, dass
er die Argumente, welche mit dem „Edictsatz" unmittelbar ver-
bunden waren, am Schluss widerlegte.
Demnach hat das „Edict" folgenden Gedankengang gehabt:
Gott ist gut und barmherzig; er will lieber die Busse des
Sünders als seinen Tod; daher müssen auch die Menschen als
seine Kinder barmherzig sein, gern ihre Sünden sich vergeben
und nicht über ihren Bruder richten. (Es muss das Unkraut mit
dem Weizen wachsen d. h. die Sünder müssen in der Kirche
bleiben) *); denn sie ist in der Arche Noahs vorgebildet, welche
reine und unreine Tiere barg. Ja, die Sünder müssen auf-
gesucht werden, wie der Herr durch die Gleichnisse vom ver-
lorenen Groschen und verirrten Schaf, das der Hirt auf den
Schultern zurückbringt, lehrt. Denn in diesem hat man einen
Christen zu sehen, welcher sich von der Kirche getrennt hat;
er muss aufgesucht und zurückgerufen werden; was wieder-
gewonnen werden kann, ist nur verloren, wenn es draussen
bleibt. Wehe den Hirten, welche dies versäumen! (Wie
Gott den reuigen Sünder wieder annimmt, lehrt der Herr in
der Parabel von den beiden Söhnen.) Denn der jüngere der-
1) Das Gleichnis vom Unkraut würde hier einen recht guten Über-
gangsgedanken bilden, doch lässt sich nach dem S. 68 Anm. 3 Bemerkten
durch nichts wahrscheinlich machen, dass es in der Tert. vorliegenden
Schrift berührt ist. Hier ist es ergänzend eingefügt, weil der Gedanke
Kallist jedenfalls nicht fremd war.
IV. Der Zusammenhang der Schrift für die Vergebbarkeit etc. \Q\
selben ist ein Christ, welcher von Gott, seinem Vater, entfernt
sein Vermögen, die Gnadengüter der Taufe, vergeudet. Wenn
ein solcher auch dem Fürsten der Welt seinen Dienst ange-
boten hat und von ihm mit dem Weiden der Säue beauftragt
ist, so wird er doch, wenn er zum Vater zurückkehrt, ein neues
Gewand und einen Ring empfangen. Hiermit verkündigt Gott
nicht den Heiden die Möglichkeit der Busse — denn ihre Sün-
den geschehen in Unwissenheit — , sondern den Christen, welche
wissen, was sie verloren haben und wiedergewinnen, wenn sie
Busse thun. Dem Knechte Gottes ist einmal Gelegenheit zur
Busse gegeben. (Gott will ja lieber die Busse des Sünders als
seinen Tod und) das Blut seines Sohnes macht uns rein von
aller Sünde. Der Sünder aber, der reuig umkehrt, niuss wieder
in die christliche Gemeinde aufgenommen werden; denn die
Vergebung ist die Frucht der Busse Auch durch seine
Thaten hat der Herr den Grundsatz, reuige Sünder nicht von
der Gemeinschaft fernzuhalten, ausgesprochen, wenn er dem
sündigen Weibe die Berührung seines Leibes gestattet und der
samaritanischen Hure sich zu erkennen giebt. Ihm folgend haben
die Apostel gegen Ehebrecher Milde walten lassen; Paulus
nimmt im zweiten Brief an die Korinther denselben Blutschänder,
welchen er im ersten dem Teufel zur Vernichtung des Fleisches
übergeben hatte, wieder auf. Die Vernichtung des Fleisches
bedeutet Ertötung desselben durch die bei der Busse üblichen
Kasteiungen; so hat Paulus auch andere dem Satan übergeben,
damit sie gebessert würden. Also die Sünder, auch wenn sie
sich der scheusslichsten Unzuchtsünden schuldig gemacht haben,
werden nur für bestimmte Zeit aus der Gemeinde ausgeschlossen;
nach geleisteter Busse sollen sie wieder aufgenommen werden;
deshalb verfügt Paulus auch in demselben Brief die Wieder-
aufnahme anderer Unzüchtiger. Auch Johannes befolgt diesen
Grundsatz ; denn Apoc. 220 ff setzt der Geist der Jezabel eine
Frist zur Busse. Gut ist aber, was mit den Aposteln und den
Regeln des Glaubens und der Sitten zucht stimmt.
Wenn es daher feststeht, dass die Apostel solche Sünden
vergeben haben, so hat auch die Kirche das Recht, Sünden zu
vergeben, und weil der Herr mit seinem Wort an Petrus Mt. 161S
auf die dem Petrus verwandte Gemeinde dieses Recht über-
tragen hat, so vergebe ich die Sünden des Ehebruchs und der
102 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
Hurerei denen, die Busse gethan haben, wenn sie von einem
Märtyrer Verzeihung erhalten.
In diesen Gedankenzusammenhang sind auch die Sätze:
venia est fructus paenitentiae und sanguis filii eius emundat nos
ab omni delicto eingefügt. Weshalb sie vermutlich an die Stel-
len gehören, an welche sie gesetzt sind, wird unten erörtert
werden.
V. Die Reconstruction der Verfügung Kallists. 103
V. Die Reconstruction der Verfügung Kallists.
Nachdem im vorigen die Grundlagen für eine Wiederher-
stellung des Kailistischen Erlasses gewonnen sind, soll im fol-
genden der Versuch einer Reconstruction gemacht werden. In
einem Commentar werde ich die notwendigen Ergänzungen
und Umformungen Tertullianischer Sätze zu rechtfertigen ver-
suchen, soweit es noch nicht geschehen ist. Die Stellen, die ich
in ihrem Wortlaut nicht mit Sicherheit herzustellen vermag,
sind durch Schlangenlinien (- - -), diejenigen, durch welche
ein notwendiger Zwischengedanke frei ergänzt wird., durch klei-
neren Druck kenntlich gemacht. Auch bei diesen letzteren
ist möglichst Rücksicht auf den Text Tertullians genommen, da
sich hier sicher noch manche Anklänge an die Ausdrucksweise
Kallists finden, die ein mehr oder minder glücklicher Tastsinn
vielleicht zu entdecken vermag. Übrigens bin ich mir wohl be-
wusst, dass in diesem Reconstructionsversuch auch das ..Sichere"
immer problematisch bleibt und keineswegs über jeden Ein-
wand erhaben ist. Aber wenn man bei einem solchen Recon-
structionsversuch nicht in jeder irgendwie auffallenden Stelle
etwas sucht, so wird man schliesslich in keiner etwas finden.
-[Q4 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
• • • • .;)
Deus bonus et optinms est et misericors et niiserator et miseri-
cordiae plurimus, quam omni sacrificio anteponit, non tanti
ducens peccatoris mortem quam paenitentiam, salutificator om-
5 nium hominum et inaxime fidelium 2). itaque et filios dei mi-
sericordes et pacificos esse oportebit, donantes invicem sicut et
Christus donavit nobis, non iudicantes ne iudicemur. domino
enim suo stat quis vel cadit: tu quis es ut servum iudices alie-
num? dimitte et dimittetur tibi
10 .... [3) Sinite zizania crescere cum tritico id est in ecclesia
peccantes] Nam arca Noachi in similitudinem
ecclesiae facta est4), in qua canes et lupi et corvi omniaque munda
immundaque fuerunt5); sie in ecclesia oportet esse consimiliter 6) . . .
Peccatoreni requirendum esse dominus
15 docet7) parabolis, ubi est ovis perdita a domino requisita
et kumeris eius reveeta8) et9) drachma in domo amissa id est
in ecclesia, ad lucernae lumen reperta id est ad dei verbum10).
— ad illius peeudis interpretationem procedunt ipsae picturae
calicum nostrorum, in quibus perluceteamnoninethnicumcompetere11);
1) Ein einleitender Anfang ist nicht zu ermitteln. Es hat hier wahr-
scheinlich irgend eine Grussformel gestanden.
2) c. 2 p. 222, 9 s. S. 62 ff. Es ist est ergänzt, weil dem Satze sonst
das Prädikat fehlt; vielleicht ist das zweite et aus diesem est entstanden;
möglicherweise ist est aber auch vor dem ähnlichen Wort et ausgefallen,
„bonus et optimus" fasse ich als Attribute; denn nur dadurch, dass der
„gute und höchste" Gott barmherzig ist, wird bewiesen, dass die Barm-
herzigkeit auch ein Attribut seiner Kinder sein muss.
3) Wenn das Gleichnis vom Unkraut in der Schrift Kallists gestanden
hat, so kann es nur hier seinen Platz gehabt haben; da es aber wahr-
scheinlich nicht darin enthalten war, so ist hier eine Lücke anzunehmen.
4) Die Worte Hippolyts, denen ich hier gefolgt bin (nur statt dlku
xal ist nam gesetzt), haben nur den Wert einer freien Ergänzung. Vergl.
Phil. IX. 12 p. 461, 15.
5) Diese Ausführung des Bildes von der Arche scheint traditionell zu
sein; auch Tert. nennt de idol. c. 24 p. 58, 5 corvus, lupus, canis als Tiere
der Arche; doch fügt er noch milvus und serpens hinzu.
6) s. Anm. 3. 4.
7) Der Satz ist frei ergänzt, nicht um die hinter consimiliter anzu-
nehmende Lücke auszufüllen, sondern um die Deutung der Gleichnisse
richtig vorzubereiten.
8) c. 7 p. 230, 21 s. S. 69 f.
V. Die Reconstruction der Verfügung Kallists. 105
Gott, der vollkommene und höchste, ist barmherzig und ein Er-
barmer und an Barmherzigkeit der reichste ' , welche er jedem ' Joei 21S
Opfer vorzieht'2, nicht so hoch den Tod des Sünders achtend 2 Hos. 66a
als seine Busse3, der Seligmacher aller Menschen und am 3 Ez. 33 u
meisten der Gläubigen4. Daher werden auch die Söhne Gottes 4iTim4l0
barmherzig und friedfertig sein müssen5, sich gegenseitig ver- •'"Luc. 63c
zeihend, wie auch Christus uns vergeben hat0, nicht richtend, t;Epu. 4:5,
damit wir nicht gerichtet werden7. Denn seinem eignen Herrn ; Mt 7,
steht oder fällt ein Mensch8: wer bist du, dass du einen frern- BKom.i44b
den Knecht richtest?9 Vergieb, so wird dir vergeben werden10. 10 £°™'6;,^
[Lasset das Unkraut mit dem Weizen wachsen11 11Jlt- 13so
d. h. die Sünder in der Kirche.] .... Denn als ein Abbild der
Kirche ist die Arche Noahs erbaut, in welcher Hunde und Wölfe
und Raben und alle reinen und unreinen Tiere gewesen sind; so
muss es in der Kirche ähnlich sein Dass der Sünder
aufgesucht werden muss, lehrt der Herr in den Gleichnissen, wo
das verlorene Schaf vom Herrn wiedergesucht und auf den Schul-
tern zurückgebracht12 und die im Hause d. h. in der Kirche ver-1JLuc.i54_7
lorene Drachme beim Licht der Laterne d. h. beim Worte Gottes
gefunden ist13. Um jenes Tier richtig zu deuten, braucht man nur
auf die Malereien unserer Kelche zu blicken , an welchen klar wird,
dass es auf einen Heiden nicht oasst; es ist das Schaf nämlich
9) Die Verbindung der Satzglieder durch et darf als ziemlich sicher
betrachtet werden.
10) c. 7 p. 232, 5 s. S. 70. Das quasi der inciirecten Rede Tert.s ist
in id est geändert. Die Änderung stellt höchst wahrscheinlich die Worte
Kallists wieder her. Vergl. Harnack, Zs. für Th. u. K. 1891 S. 116.
11) c. 7 p. 230, 22 s. S. 70. Dass Kailist auf das Bild des Hirten auf
deu Kelchen hingewiesen, scheint aus den Worten: procedant ipsae picturae
calicum vestrorurn, si vel in illis perlucebit interpretatio pecudis illius
utrumne Christiano an ethnico peccatori de restitutione conliniet zu folgen;
auf Grund dieses Satzes ist die Stelle hergestellt. Es ist doch sehr wahr-
scheinlich, dass Tert. einige Ausdrücke und Wendungen von Kaliist her-
genommen hat, wenn es sich auch nicht exact beweisen lässt. Der letzte
Teil des Satzes ist frei ergänzt im Anschluss an die Worte: et tarnen ita
eam vindicare debebis, ut neges in ethnicum competere, quae in Christianuui
existimas convenire. Kailist muss jedenfalls die Deutung des Schafes auf
einen Heiden ausdrücklich abgelehnt haben, sonst könnte Tert. nicht von
13 Luc.
13 a — 10
106 Rolffs, Das Inclulgenz-Edict.
est enim1) ovis proprie Christianus et grex doniini ecclesiae po-
pulus et pastor bonus Christus et ideo Christianus in ove in-
telligendus, qui ab ecclesiae grege erraverit2). debet requiri
atque revocari; quod potest recuperari, non perit, nisi foris
5 perseveraverit 3). propterea increpantur pastores, qui ovem per-
ditani in gregem reficere non curaverunt4): pastores ecce lac
devoratis et lanis vestirnini; quod forte est occidistis, quod in-
firmum est non curastis, quod cornminutum est non ligastis,
quod expulsum est non convertistis, quod periit non requisistis5).
10 Deura peccatores paenitentia functos in gratiam
recipere dominus docet parabola duorum filiorum6). duos enim populos
in duobus filiis collocat, Iudaicum maiorem, Christianum minorem7);
filius audit et Iudaeus: maior, qui prior in adoptione Christiano
reconciliationem dei patris invidet, et Christianus: minor8), qui
15 acceptam a deo patre substantiam utique baptismatis longe
vornherein die Frage so stellen: utrumne Christiano an ethnico peccatori etc.,
sondern müsste diese Alternative ausdrücklich als von ihm gestellt be-
zeichnen; so wie er sich ausdrückt, muss man annehmen, dass sein Gegner
die Deutung des Schafes auf den Heiden schon hinlänglich zurückgewiesen
zu haben glaubt.
1) „est enim" ist nachdrücklich an den Anfang gestellt, da es einen
Gegensatz zu dem, was nicht der Fall ist, einführt. Wenn die Worte
hier gestanden haben, so erklärt sich auch am leichtesten, wie sie weg-
fallen konnten: sed ist bei Tert. an ihre Stelle getreten.
2) c. 7 p. 231, 6 s. S. 71.
3) c. 7 p. 233, 1 s. S. 71.
4) Der Satz ist hergestellt nach p. 233, 12: numquid et de mortuo
exprobrat, quod non et illud in gregein reficere curaverint ? Es liegt nahe,
dass Tert. in diesem Satz sich auf Worte Kallists bezieht; wenn dies der
Fall ist, so ist nämlich die Ironie bedeutend schärfer. Kailist sagt: die
Hirten werden gescholten, weil sie das verlorene Schaf nicht in die Herde
zurückzubringen gesorgt haben; Tert. entgegnet: Sie werden doch nicht
auch wegen des toten gescholten, „weil sie dies nicht in die Herde zurück-
zubringen gesorgt haben" und äfft seine Sprache damit nach. Propterea
ist hinzugesetzt, um den Zusammenhang mit dem vorigen stärker hervor-
treten zu lassen: weil was wieder gewonnen werden kann, nur verloren
ist, wenn es draussen bleibt, so werden die gescholten, welche es draussen
lassen und nicht zurückführen.
5) c. 7 p. 233, 8 s. S. 72. 73.
6) Hinter dem Citat aus Ez. ist eine Lücke anzunehmen; es lassen
sich kaum Vermutungen darüber anstellen, was hier gestanden haben
2 Luc.
1°11 — 32
V. Die Reconstruction der Verfügung Kallists. 1()7
nichts anderes als der Christ und die Herde des Herrn der
Kirche Volk und der gute Hirte Christus und daher ein Christ
in dem Schaf zu sehen, welcher sich von der Herde der Kirche
verirrt hat. Er rnuss aufgesucht und zurückgerufen werden;
was wiedergewonnen werden kann, geht nur verloren, wenn es
draussen geblieben ist. Deswegen werden die Hirten gescholten,
welche das verlorene Schaf nicht in die Herde zurückzubringen
gesorgt haben: Hirten, seht die Milch verschlingt ihr und mit
der Wolle kleidet ihr euch; was stark ist tötet ihr, für das
schwache habt ihr nicht gesorgt; was beschädigt ist, habt ihr
nicht verbunden; was vertrieben ist, habt ihr nicht zur Um-
kehr gebracht; was verloren ist, habt ihr nicht wieder gesucht1. ' Ez. 342 ff.
Dass Gott die
Sünder, wenn sie Busse gethan haben, in den Gnadenstand
wieder aufnimmt, lehrt der Herr durch das Gleichnis von den
beiden Söhnen2. Er stellt nämlich zwei Völker in den beiden
Söhnen dar, das jüdische im älteren, das christliche im jüngeren;
als Sohn wird bezeichnet, sowohl der Jude, als der ältere,
welcher, früher im Kindschafts Verhältnis stehend, den Christen
wegen seiner Versöhnung mit Gott, dem Vater, beneidet, —
als auch der Christ, als der jüngere, der das von Gott, dem
Vater, empfangene Vermögen, natürlich das Gut der Taufe,
kann; der folgende Satz ist frei ergänzt zur Einleitung des Gleichnisses
vom verlorenen Sohn.
7) Der Satz ist zwar wörtlich aus Tert. entlehnt, beansprucht aber
nur den Wert einer freien Ergänzung. Tert. sagt c. 8 p. 234, 9 von seinen
Gegnern: duos enim populos in duobus filiis collocant Iudaicum maiorem;
Christianum minorem; ähnliches hat Kailist jedenfalls geschrieben.
8) c. 8 p. 234, 15 s. S. 74. Der Satz ist reconstruiert nach Tert.s
Worten: licet enim filius audiat et Iudaeus et maior, quia prior in adoptione,
licet et Christiano reconciliationem dei patris invideat. Die Reconstruction
stützt sich auf das doppelte et des ersten Satzes; wie nämlich aus dem
zweiten hervorgeht, braucht Tert. die Formel licet et, um den Sätzen das
concessive Gepräge zu geben. Daraus erklärt sich im ersten Satz das eine
et, nämlich höchst wahrscheinlich das vor maior. Es fragt sich: was
soll dann das erste et? und da darf man vermuten, dass Tert. es aus
dem Text seines Gegners mit herübergenommen hat. Zu der Vermutung
führt die auffallende Stellung der Worte filius und maior; da in den
Worten filius audit ein Theil des Prädicates vor das Subject Iudaeus tritt
und der andere Teil ,maior' hinter demselben steht, so liegt die Annahme
l(j"5 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
evagatus a patre prodigit ethnice vivens. si exutus bonis men-
tis etiam principi saeculi servitium suuni tradidit et ab eo por-
cis alendis praepositus resipuit ad patrern reverti1), recuperat
vestem priorem, indurnentum Spiritus sancti, et anulum dermo
5 signaculura lavacri2). neque enim3) etkuicis paenitentia denun-
tiatur, quorum delicta obnoxia ei non sunt, ignorantiae scilicet
iuiputanda, quam sola natura ream deo facit; porro nee reme-
dia sapiunt quibus pericula ipsa non sapiunt; illic autem pae-
nitentiae constat ratio, ubi conscientia et voluutate delinquitur,
10 ubi et culpa sapit et gratia, ille luget ille volutatur qui seit
et quid amiserit et quid sit recuperaturus, si paenitentiam deo
immolarit utique eain magis tiliis offerenti quam extraneis ;
servis enim dei est una paenitentia4). deus enim mavult peccato-
ris paenitentiam quam mortem et5) sanguis filii eius emundat nos
15 ab omni delicto6), debet igitur reeipi qui peceavit et paeni-
nahe, dass die Worte filius audit noch zu einem andern Subject als
Prädicat gehören, für welches maior keine Geltung hatte; dieses Subject
kann nur Christianus gewesen sein. Die Construction war demnach bei
Kailist: audit filius et Iuclaeus — et Christianus; jedes der beiden Subjecte
erhält dann durch das maior resp. minor seine charakteristische Näher-
bestimmung. Will man diese Construction annehmen, so wird man am
besten den Inhalt der Sätze quia prior in adoptione und licet et Christiano
etc. in einem Relativsatz zusammenfassen und an maior anschliessen. An
sich könnte man auch den Causalsatz quia prior etc. beibehalten; aber da
die nähere Bestimmung von minor durch einen Relativsatz gegeben wird,
so liegt es nahe, dies auch bei maior zu vermuten.
1) c. 9 p. 236, 27 s. S. 74 ff.
2) c. 9 p. 237, 7 s. S. 76 f. Zu indurnentum spiritus saneti vergl. de
praescr. haer. 36, wo Tert. als Katholiker dasselbe Bild gebraucht.
3) c. 10 p. 239, 4 s. S. 77 ff. Der Anschluss mit neque enim ist ge-
wählt, weil die dialectische Beweisführung, dass die Busse nicht von den
Heiden verlangt werden könne, dazu dienen soll, die Deutung des jüngeren
Sohnes auf den Christen zu bestätigen.
4) c. 10 p. 240, 10 ff. s. S. 78 ff. Ich bin dem griechischen Text des
Pastor gefolgt mit der geringen Änderung, dass iarlv fiia vor fxsrävoia
gestellt ist. Die lateinische Übersetzung scheint mir im Zusammenhang
an dieser Stelle etwas zu viel zu sagen; es kommt nur darauf an, zu be-
weisen, dass es für den Knecht Gottes eine Busse giebt, dass der Erfolg
dieser Busse die Wiederaufnahme in die Gemeinde ist, wird erst im fol-
genden ausgeführt.
5) s. S. S8 Anm. 1. Da Tert, c. 10 (p. 239, 31) bei der Widerlegung
des Grundsatzes, dass die Heiden nicht zur Busse verpflichtet sein könnten,
V. Die Reconstruction der Verfügung Kallists. 109
weit vom Vater entfernt umherschweifend vergeudet durch
heidnisches Leben. Wenn er der Güter des Geistes beraubt
selbst in den Dienst des Fürsten dieser Welt getreten ist und
von ihm mit dem Weiden der Schweine beauftragt wieder in
sich gegangen ist, zum Vater zurückzukehren, so gewinnt er
wieder das frühere Gewand, die Ausrüstung mit dem heil. Geist,
und einen Ring von neuem, das Zeichen der Reinwaschung.
Denn nicht den Heiden wird die Busse gepredigt, deren Ver-
gehen ihr nicht unterworfen sind, da sie selbstverständlich der
Unwissenheit zuzurechnen sind, welche das Naturrecht allein
vor Gott anklagt; also sind auch die Heilmittel nicht für die
zu schmecken, welche die Gefahren selbst nicht schmecken; dort
aber ist Grund zur Busse vorhanden, wo mit Gewissen und
Willen gefehlt wird, wo sowohl die Schuld als auch die Gnade
Geschmack hat(?); der trauert, der windet sich, der weiss sowohl
was er verloren hat, als auch was er wieder gewinnen wird,
wenn er Gott Busse opfert, der dieselbe natürlich mehr seinen
Söhnen anbietet als Fremden. Denn für die Knechte Gottes
giebt es eine Busse1. Gott will ia die Busse des Sünders * Past Her-
i mn t»i j ■ oi •• maeMancl
lieber als seinen Tod, und das Blut seines Sohnes reinigt uns iy. i, 8
von aller Sünde2. Daher muss der, welcher gesündigt hat und " L Joh- 1-
ganz unvermittelt schreibt: sed hoc volunt psychici, ut deus iusti iudex
eius peccatoris paenitentiam malit quam mortem, qui mortem paenitentia
maluit, so darf man vermuten, dass Kailist in diesem Zusammenhang auf
dieses ..Fundament seiner Anschauung" zurückgekommen ist. Wenigstens
passt eine Wiederholung dieses Satzes sehr gut an diese Stelle.
6) c. 19 p. 263, 12 s. S. 91 f. Es ist durch nichts zu beweisen, dass
das Citat 1 Joh. 1- hier seine Stelle gehabt haben müsste. Tert. macht,
wie a.a.O. bemerkt, keinerlei Angaben über den Zusammenhang, in
welchem es gestanden hat. Unmöglich kann es auf das Citat Apoc. 22o
gefolgt sein; denn dieses hat, wie die beiden abschliessenden Sätze be-
weisen, am Schlüsse eines Abschnittes gestanden, in dessen Zusammenhang
auch dieses Wort 1 Joh. 17 gehört haben muss. An diesen Platz wird
es nun durch seine Form gewiesen; denn s. filii eius setzt wahrscheinlich
voraus, dass Gott im vorhergehenden Satze Subject gewesen ist (s. S. 92. Anni. 1).
Nun ist hier zwar der vorhergehende Satz ergänzt; aber dies trägt wenig aus;
denn so weit wie wir die Schrift Kallists herstellen können, lässt sich
keine Stelle finden, wo sich ein solcher Satz einfügen Hesse. Freilich bleibt
immer die Möglichkeit offen, dass das fragliche Citat einem Abschnitt der
Schrift Kallists angehört hat, den Tert. bei seiner Polemik im übrigen un-
berücksichtigt gelassen hat. Über den Zshg. s. d. folg. S. Aniu. 1.
HO Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
tentiam delictoruin agit; fructus enim paenitentiae est venia1).
Quod verbis idern2) et factis pro pecca-
toribus edidit dominus ut cum peccatrici feminae etiam corporis
sui contactum permittit lavanti lacrimis pedes eius et crinibus
5 detergenti et unguento sepulturam ipsius inauguranti, ut cum
Samaritanae sexto iam matrimonio non moechae sed prostitutae,
etiam quod nemini facile quis esset ostendit3)
Verum etiam apostolicis scripturis docetur moechiae
et fornicationis delicta paenitentia dilui posse4). Paulus apostolus in
10 secunda ad Corinthios eidem fornicatori veniam dedit quem in
prima dedendum satanae in interitum carnis pronuntiavit 5 1.
scribens: si quis autem contristavit, non me contristavit, sed ex
parte, ne vos onerem omnes. satis est talis increpatio quae a
multis fit; uti e contrario magis vos donare et advocare, ne
15 forte abundantiore tristitia devoretur eiusmodi. propter quod
oro vos, constituatis in eum dilectionem. in hoc enim et scripsi,
uti cognoscam probationem vestram, quod in omnibus obauditis
mihi, si cui autem donaveritis, et ego. nam et ego si quid donavi,
1) s. S. 65 f. Es ist mir ziemlich wahrscheinlich, dass am Ende dieses
Abschnittes die 4 Sätze gestanden haben: servis dei est una paenitentia;
deus mavult paenitentiam peccatoris quam mortem ; debet recipi qui pecca-
vit et paenitentiam delictorum agit; fructus paenitentiae est venia. Frag-
lich ist nur, in welche Beziehungen dieselben zu einander gesetzt
sind. So wie der Text hergestellt ist, ergiebt sich der Zshg. : den
Knechten Gottes steht eine Busse offen auf Grund der Barmherzigkeit
Gottes, welche nicht den Tod des Sünders will, und diese Busse ist nicht
erfolglos; denn das Blut des Sohnes Gottes wäscht alle Sünden ab; daraus
folgt, dass der büssende Sünder wieder aufgenommen werden muss; denn
die Frucht der Busse muss die Verzeihung sein, (weil ja die Busse durch
das Blut Christi von Sünden reinigt). Der Satz: sanguis filii eius etc. fügt
sich also in diesen Zshg. sehr gut ein. Aber damit soll die Möglichkeit
anderer Verbindungen nicht bestritten werden z. B. könnte sich der letzte
Satz als kurze Formulierung des durch die ganze Ausführung gewonnenen
Resultates ohne enim an den vorhergehenden Satz anschliessen.
2) Es ist wohl eine Lücke anzunehmen; wenigstens erwartet man
einen Satz darüber, dass der Herr die Grundsätze, die er in seinen Gleich-
nissen ausgesprochen, nun selbst im Verkehr mit Ehebrechern zur An-
wendung gebracht habe; denn im folgenden Abschnitte ist nur von Un-
zuchtsünden die Rede. Die ergänzten Worte: quod verbis idem sollen das
et vor factis verständlich machen.
3) c. 11 p. 241, 2 s. S. 80. Der einleitende Satz ist nach Tert.s
V. Die Reconstruction der Verfügung Kallists. \\\
Busse thut, wieder aufgenommen werden1; denn die Frucht ipast- Her-
der Busse ist die Verzeihung Ganz 1V x 8
dasselbe wie durch seine Worte hat der Herr auch durch seine
Thaten zu Gunsten der Sünder verfügt z. B. wenn er dem
sündigen Weibe sogar seinen Körper zu berühren gestattet,
welches mit Thränen seine Füsse wäscht und sie mit den
Haaren abtrocknet und durch Salbe seine Beerdigung vorahnend
einweiht2, ebenso wenn er der Samariterin, welche durch ihre 'Luc.
sechste Ehe nicht mehr eine Ehebrecherin ist, sondern als eine
Prostituierte gelten niuss, sogar enthüllt, wer er sei, was er sonst
niemandem leicht that 3 Aber auch 3 Joh. 4
durch die apostolischen Schriften wird dargethan, dass die Un-
zuchtsünden durch Busse abgewaschen werden können. Der
Apostel Paulus hat im zweiten Brief an die Korinther eben
demselben Ehebrecher Vergebung gewährt, welchen er im
ersten dem Satan zur Vernichtung des Fleisches zu übergeben
verfügt hat, indem er schreibt: wenn aber jemand betrübt hat,
so hat er nicht mich betrübt, sondern nur zum Teil, damit ich
euch nicht alle belaste (?); es ist eine solche Zurechtweisung ge-
nug, welche von der Mehrheit erteilt wird, sodass ihr im Gegen-
teil vielmehr vergeben und ihn herbeirufen könnt, damit nicht
vielleicht ein solcher durch übermässige Traurigkeit verschlungen
werde. Deswegen bitte ich euch, beweist Liebe gegen ihn.
Dazu habe ich auch geschrieben, um eure Bewährung zu er-
kennen, dass ihr mir in allen Dingen gehorsam seid. Wenn
ihr aber jemandem vergeben habt, dann auch ich; denn auch
ich (?), wenn ich etwa Vergebung zu gewähren hatte, habe sie
Worten: si vero et factis aliquid tale pro peccatoribus edidit dominus
reconstruiert, welche sich, wie a. a. 0. nachgewiesen, wahrscheinlich ziem-
lich genau an die Schrift Kallists anschliessen. tale aliquid kann er frei-
lich nicht gesagt haben; es wird durch idem ersetzt.
4) Die Worte sind eine freie Ergänzung, durch welche der Gedanken-
fortschritt der Schrift ungefähr angedeutet werden soll; der Satz schliesst
sich an an die Worte: age nunc vel de apostolico instrumento doceant
maculas carnis post baptisma respersae paenitentia dilui posse. Das be-
stimmt Tertullianische Gepräge des Satzes schliesst aus, dass Kallist
mehr als etwa die Wendung , .paenitentia dilui posse'" gebraucht haben
könnte.
5) c. 13 p. 243, 2 s. S. 81 ff.
112 Roltfs, Das Indulgenz-Edict.
donavi in persona Christi, ne frauderanr a satana, quoniam non
ignoramus iniectiones eius 1). intelligendura est igitur in inter-
itu carnis officium paenitentiae2); quod videtur ieiuniis et sor-
dibus et incuria omni et dedita opera malae tractationis carnem
5 exterminando satis deo facere3); fornicator igitur ille 4) non in
perditionem satanae ab apostolo traditus est, sed in emendatio-
nem, utique5) postea veniaui ob interitum id est conflictationem
carnis consecuturum igitur et consecutum. plane idem apostolus
Hymenaeuni et Alexandram satanae tradidit, ut emendarentur
10 non blaspliemare, sicut Timotheo suo scribit; sed et ipse datum
sibi ait sudem angelum satanae, a quo colaphizaretur, ne se
extolleret6). adimitur igitur peccatoribns vel maxime carne
pollntis communicatio, sed ad praesens, restituenda scilicet ex
paenitentiae ambitu secundum illam clementiam dei, quae ma-
20 vult peccatoris paenitentiam quam mortem7;, secundum hanc re-
gularu apostolus in eadem secunda ad Corinthios et alios fornicatores in
communicationeni recipiendos constituit, si paenitentiam inissent,
in finem epistolae dicens8): ne rursus cum venero humiliet me
deus et lugeam multos eorum qui ante deliquerunt et paeni-
1) c. 13 p. 243, 5 s. S. 83 f.
2) Der Satz ist reconstruiert im Anschluss an die Worte: hie iam
camis interitum in officium paenitentiae interpretantur (c. 13 p. 244, 22).
Die Wendung intelligendum est ist gewählt nach Analogie des Ausdrucks:
in ove Christianus est intelligendus.
3) c. 13 p. 244, 24 s. S. 82.
4) Grundlage für diese Ergänzung bildet der Satz: ut ex hoc argu-
mententur fornicatorem immo incestum illum non in perditionem satanae
ab apostolo traditum (p. 244, 25 s. S. 82). immo incestum ist jedenfalls
Zusatz Tert.s, durch welchen er die Argumentation seines Gegners als un-
wahrscheinlich hinstellen will, da es eigentlich doch undenkbar sei, dass
ein Blutschänder wieder aufgenommen werde, est hinter traditus ist zu-
gesetzt; ein entsprechendes esse fehlt bei Tert. Wie dieses Fehlen zu er-
klären, hängt mit der Frage nach der Ursprache der Schrift Kallists zu-
sammen.
5) utique ist hier für quasi gesetzt, weil dieses Wort jedenfalls der
referierenden Form Tert.s zuzuschreiben ist.
6) c. 13 p. 244, 29 s. S. 81.
7) c. 18 p. 260, 22 s. S. 88 Anm. 1. Es ist mir höchst wahrschein-
lich, dass mit diesem Satz das Facit aus der sich an 1 Cor. 25— lt an-
schliessenden exegetischen Beweisführung gezogen ist. Der Grundsatz,
die Sünder auf Zeit von der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen
V. Die Reconstruction der Verfügung Kallists. 113
gewährt im Xaruen Christi, damit wir nicht vom Satan betrogen
werden, denn wir kennen seine Anschläge wohl l. Es ist daher ' 2 Cor-
t • 2 _ (vgl
unter dem Ausdruck „Verderben des Fleisches" der pfiicht- icor. 5)
massige Act der Busse zu verstehen, weil durch Fasten und
Schmutz und alle Vernachlässigung und durch die Unterdrückung
des Fleisches, welche durch schlechte Behandlung geflissentlich
erstrebt wird, Gott Genugthuung zu empfangen scheint. Jeuer
Blutschänder ist also nicht zum Verderben dem Satan vom
Apostel übergeben, sondern zur Besserung, indem er selbstver-
ständlich Verzeihung wegen der Vernichtung d. h. der Kasteiung
des Fleisches erlangen sollte und daher auch erlangt hat. Ganz
unzweideutig hat derselbe Apostel den Hymenaeus und Ale-
xander dem Satan übergeben, damit sie gebessert würden, dass
sie nicht lästern, wie er seinem Timotheus schreibt2. Aber 2iTim. iw
auch er selbst sagt, ihm sei ein Pfahl gegeben, des Satans
Engel, von dem er geschlagen werde, damit er sich nicht über-
hebe3. Es wird also den Sündern, auch den mit den schwersten " 2 Cor. 12,
Fleischessünden befleckten, die Gemeinschaft entzogen, aber
nur für den Augenblick mit der Absicht einer Restitution
nach geleisteter Busse gemäss jener Güte Gottes, welche lieber
die Busse des Sünders will als seinen Tod. Gemäss dieser
Regel hat der Apostel in demselben zweiten Brief an die
Korinther auch in betr. anderer Ehebrecher die Wiederaufnahme
in die Gemeinde verfügt, wenn sie Busse gethan hätten, indem
er gegen Ende des Briefes schreibt: damit nicht wieder, wenn
ich komme, Gott mich demütige und ich über viele von denen
werden, um nach geleisteter Busse wieder in dieselbe einzutreten, ent-
spricht der Güte Gottes, der lieber die Busse als den Tod des Sünders
will. Als Folgerung ist der Satz durch igitur an den vorhergehenden an-
geschlossen.
8) Der erste Teil des Satzes ist völlig frei ergänzt, durch denselben
wird das folgende Citat als Bestätigung dafür hingestellt, dass Paulus sich
auch sonst nach der im vorhergehenden Satze aufgestellten Regel gerichtet
habe. Ob Kallist es so verwendet hat, ist natürlich nicht mit Sicherheit
zu entscheiden. Der Ausdruck in communicationem ist gewählt, weil der
Satz „et ceterum non competit eum de communicatione aliquid hie osten-
disse" (p. 252, 6) die Vermutung nahe legt, dass Kallist hier etwas de com-
municatione gesucht habe. — Der zweite Teil des Satzes hat eine etwas
festere Grundlage in den Worten : in finem enim epistolae dicens „ne
Texte u. Untersuchungen XI, 3. 8
114 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
tentiam non egerunt super immunditia quam admiserunt for-
nicatione et vilitate '). sed et Johannes2) in Apocalypsi manifeste
fornicationi posuit paenitentiae auxiüum; spiritus enim de mu-
liere Iezabel dicit :i) : largitus sum illi temporis spatium, ut pae-
5 nitentiam iniret, nee vult eam inire nomine fornicationis. ecce
dabo eam in lectum et moechos eius cum ipsa in maximam
pressuram, nisi paenitentiam egerint operum eius. bene autem
quod apostolis et fidei et diseiplinae regulis convenit; sive enim
ego, inquit, sive illi sie praedicamus 4j.
10 Si et ipsos beatos apostolos eiusniodi peccata indulsisse constat5)
habet potestatem ecclesia delicta donandi6) et7) quia dominus
Petro dicens; super hanc petram aedificabo ecclesiam meam;
tibi dedi claves regni caelestis vel quaeeunque alligaveris vel
solveris in terra, erunt alligata vel soluta in caelis, derivavit sol-
15 vendi et alligandi potestatem ad omnem ecclesiam Petri pro-
pinquam 8),
ego et moechiae et fornicationis delicta paenitentia funetis
dimitto 9),
rursus etc." non utique reeipiendos constituit, si paenitentiam inissent etc.
Darnach ist die Annahme nicht ungerechtfertigt, dass die Gegner gesagt
haben: apostolus constituit reeipiendos ......... si paenitentiam inissent,
nämlich indem er gegen Ende des Briefes spricht: ne rursus etc.
1) c. 15 p. 251, 28 s. S. 85.
2) Die Ergänzung ist ganz frei; sie empfiehlt sich durch ihre Einfach-
heit und stellt einen genügenden Zusammenhang her.
3) Die hier an dem zu Grunde liegenden Satz Tert.s vorgenommenen
Änderungen sind S. 88. 89 eingehend motiviert.
4) c. 19 p. 202, 1 s. S. 90. 91.
5) c. 21 p. 269, 6. Dem Satz liegen zu Grunde die Worte Tert.s:
itaque si et ipsos beatos apostolos tale aliquid indulsisse constat, cuius
venia a deo, non ab nomine competeret, non ex diseiplina, sed ex potestate
fecissent. Tert. sagt: Die Apostel haben Unzüchtigen keine Vergebung er-
teilt; aber selbst wenn es feststände, wie du behauptest, dass sie es ge-
than, so würde daraus für dich nichts folgen. Darnach darf man vielleicht
aunehmen, dass die Worte si constaret et ipsos apostolos auf einen Satz
Kallists: constat et ipsos beatos apostolos etc. Bezug nehmen. „Der Aus-
druck tale aliquid, cuius venia a deo etc. ist natürlich auf Tert. zurückzu-
führen, da er den Unterschied zwischen Sünden, welche von Menschen, und
solchen, welche von Gott vergeben werden, in die Erörterung eingeführt hat.
6 Es ist hier zu rechtfertigen, weshalb der Satz habet potestatem
ecclesia etc. als Folgerung aus dem vorhergehenden: si constat etc. aufge-
V. Die Reconstruction der Verfügung Kallists. H5
trauere, welche vordem gefehlt und keine Busse gethan haben
für die Unreinheit, der sie sich schuldig gemacht haben: Hurerei
und unzüchtiges Leben1. Aber auch Johannes hat in der Apo- l2Cor-122i
kalypse ganz klar für Unzucht die Hülfe der Busse festgesetzt;
denu der Geist sagt über das Weib Jezabel: ich habe ihr eine
Spanne Zeit gewährt, damit sie Busse thue, und sie will sie nicht
thun für die Hurerei. Siehe, ich will sie aufs Krankenbett
werfen und ihre Ehebrecher mit ihr in die grösste Bedrängnis,
wenn sie nicht Busse thun für ihre Werke2. Gut aber ist, was mit "APoc-22<>f
den Aposteln und den Regeln des Glaubens und der Sittenzucht
übereinstimmt; denn sei ich es, spricht er, oder sie, so predigen wir3. 3 i^or.i5lt
Wenn es feststeht, dass auch die seligen Apostel selbst
solche Sünden vergeben haben, so hat die Kirche die Gewalt,
Übertretungen zu vergeben, und weil der Herr, indem er zu
Petrus spricht: „auf diesem Felsen will ich meine Kirche er-
bauen; dir habe ich die Schlüssel des Himmelreiches gegeben,
ja alles, was du binden oder lösen wirst auf Erden, wird ge-
bunden oder gelöst sein im Himmel"4, die Binde- und Löse- 4 Mt. iö1s
gewalt auf jede dem Petrus verwandte Gemeinde übergeleitet
hat, so
vergebe ich die Sünden des Ehebruchs und der Hurerei
denen, die Busse gethan haben,
fasst ist. Diese Beziehung zwischen beiden scheint sich aus der Wider-
legung Tert.s zu ergeben. Kallist sagt: „es steht fest, dass die Apostel Un-
zuchtsünden vergeben haben." „Gewiss", entgegnet Tert., „wenn sie es ge
than, so haben sie es ex potestate, nicht ex disciplina gethan; gieb du Be-
weise, dass du ihre potestas hast, indem du ihre Wunder thust, so kannst
du auch Sünden vergeben." „Aber", wendet nun Kallist ein, „für mich
habe ich ja gar nicht die Absolutionsgewalt auf Grund der apostolischen
Praxis in Anspruch genommen, sondern weil die Apostel selbständig
(ipsos) wie der Herr (et) Sünden vergeben haben, so vindiciere ich der
Kirche das gleiche Recht; als ihrem Vertreter steht mir dann die Aus-
übung derselben zu." Dies geht aus der Frage Tert.s hervor: de tua nunc
sententia quaero, unde hoc ius ecclesiae usurpes. Darnach hat Kallist nur
das Recht der Kirche usurpiert und muss, da er sich auch auf die Apostel
berufen hat, das Recht der Kirche aus der von ihnen ausgeübten Macht-
befugnis abgeleitet haben, s. S. 55 c. 21 p. 269, 22.
~ ) et führt den Gedanken am ungezwungensten weiter.
8) c. 21 p. 270, 1. Das Nähere s. S. 55 ff.
9) c. 1 p. 22ü, 5 s. S. 19 ff.
116 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
si veniam a martyre acceperint, qui delicta
eorurn purgat spargens in eos quoque, quod passione^ suaTcon-
secutus^est;Jii^inartvre enim est Christus: igitur peccatores mar-
tyr absolvit l).
1) c. 22 p. 271, 12 ff. Wie schon bemerkt, ist die Fassung der Stelle
höchst unsicher; zur Rekonstruktion sind verwendet die Sätze: 1. sufficiat
martyri propria delicta purgasse. 2. ingrati vel superbi est in alios quoque
V. Die Recoustruction der Verfügung Kallists. H7
wenn sie von einem Märtyrer Vergebung
empfangen haben, welcher ihre Sünden abwäscht, indem er
auch sie mit dem besprengt, was er durch sein Leiden erworben
hat; denn in dem Märtyrer ist Christus; daher spricht der
Märt}rrer die Sünder los.
spargere, quod pro magno fuerit consecutus. 3. si propterea Christus in
martyre est, ut inoechos et fornicatores rnartyr absolvat. Das Nähere s.
S. 60 ff.
Hg Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
VI. Die Sprache der reconstruierten Schrift.
Der Versuch den Wortlaut der Schrift Kallists wenigstens
teilweise wiederherzustellen ist von drei Voraussetzungen aus
unternommen :
1. Wo Tert. die Schrift seiner Gegner citiert, giebt er
ihren Wortlaut wieder und nicht etwa ein zusammenfassendes
Referat.
2. Wo er die Gedanken Kallists referiert, schliesst er sich
genau an dessen Sprache an.
3. Wo er kann, sucht er durch ironische Anspielungen auf
Kallists Ausdrucksweise seine Polemik zu verschärfen.
An 11 Stellen wird die Schrift Kallists citiert; dabei sind
3 Formen des Citierens zu unterscheiden: 1. an 4 Stellen
(Reiffersch. p. 220, 5. 222, 9. 244, 29. 269, 22) sind Sätze aus
derselben abgeschrieben. 2. an 4 Stellen (p. 233, 8. 243, 6.
251, 28. 262, 1) sind Schriftcitate, die Kallist gebraucht, mit-
geteilt1). 3. an 3 Stellen (p. 236, 27. 241, 2. 270, 1) sind Sätze
Kallists von Tert. in Condicionalsätze verwandelt, aus denen
er seine Folgerungen zieht. Dass Tert. p. 220, 5 die Worte
Kallists anführt, ist S. 19 ff. bewiesen, dasselbe ist betr. p. 222, 9
S. 62f. wahrscheinlich gemacht.2) p. 244.. 29, wo Tert. plötzlich
aus der referierenden Form in die directe Rede übergeht, wird
dies kaum anders zu erklären sein, als dadurch, dass er das
Referat über die Worte des Gegners mit dessen eignen Wor-
ten fortsetzt. Nur p. 269, 22 braucht der Satz: habet potestatem
ecclesia delicta donandi nicht direct von Kallist übernommen
zu sein. Was nun die 4 Schriftcitate angeht, die Tert. in ex-
tenso aus dem Tractat Kallists mitteilt, so ist zunächst bezüg-
1) Das versprengte Stück p. 263,12: sanguis filii eius ernundat nos ab
omni delicto ist nicht als selbständiges Citat zu rechnen.
2) Man kann dagegen einwenden, dass in den Prädikaten misericors
et miserator et niisericordiae plurimus eine Steigerung liege, die Tert. in
rhetorischem Interesse beabsichtigt habe, dass demnach die Einkleidung
der Gedanken seines Gegners von ihm herrühre. Aber wenn der Satz nach
rhetorischen Gesichtspunkten gebildet wäre, so müsste sich dies auch im
weiteren Fortgang zeigen; hier wird es aber schwer sein, beabsichtigte
rhetorische Kunst nachzuweisen.
VI. Die Sprache der reconstruierten Schrift. H9
lieh der Stellen p. 243, 6. 262, 1 klar, dass sie nicht aus dem neutesta-
mentlichen Text abgeschrieben resp. übersetzt sind; denn dass
Tert. nicht den Satz: satis est talis increpatio quae a multis
fit in seinem Text fand, sondern die richtige Lesart Ixavbv rä
Toiovrcp // sjtirifiia avxij ?j vsto zcöv jtZtiorcov kannte, er-
giebt sich daraus, dass er p. 246, 19 offenbar aus dem Gedächt-
nis richtig citiert: sufficiat eiusmodi homini increpratio ista, quae
a multis. Dass er aber auch das Citat Apoc. 22o ff. nicht auf-
geschlagen hat, wird aus der falschen Einleitung ersichtlich, die
er ihm giebt. Bei dem ersten Citat ist es somit sicher, bei dem
letzteren höchst wahrscheinlich, dass er es aus Kaliist abgeschrie-
ben hat. Ebenso citiert er p. 233, 8 das Wort Ez. 342ff. ent-
weder aus dem Gedächtnis oder nach der Schrift seines Gegners;
denn er leitet es ein mit dem Satz: puto est Ezechielis vox.
Wenn nun das Citat, wie S. 72 f. wahrscheinlich gemacht, mit
Abweichungen vom Text der LXX bei Tert. sich findet, die auf
die Rechnung Kallists zu setzen sein dürften, so will es wenig
sagen, dass dasselbe in den Reimen curastis — ligastis, convertistis
— requisistis und in dem regelmässigen Bau von drei Satzpaaren
Spuren einer rhetorischen Kunst zeigt, die man eher Tert. als
Kallist zutrauen möchte. Da endlich auch das Citat 2 Cor. 12 ,,
(p. 251, 28), wie S. 85 Anm. 1 nachgewiesen, dem Kallist gün-
stige Abweichungen zeigt, so dürfte auch dieses wohl aus seiner
Schrift entnommen sein. Dass Tert. auch in den Condicio-
nalsätzen p. 236, 27. 241, 2. 270, 1 die Worte Kallists ziem-
lich getreu überliefert hat, ist an den betr. Stellen (S. 74 f., SO,
56 f.) aus gewissen Unebenheiten der von ihm gebildeten Sätze
nachgewiesen. Freilich kann man diese Unebenheiten auch durch
Textverderbnisse zu erklären versuchen; aber ein besseres Recht
würden solche Versuche nur dann haben, wenn durch leichte
Emendationen die Schwierigkeiten gründlich gehoben werden
könnten; dazu ist aber m. E. wenig Aussicht.
Nur an 3 Stellen referiert Terjt. in indirecter Rede die Aus-
führungen seines Geguers: p. 239, 3. 243, 2. 244, 24. Von dem
kurzen Satz p. 243, 2: apostolum Paulum in seeunda ad Corin-
thios etc. ist ohne weiteres zuzugeben, dass sich eine genaue
Anlehnung an die Worte Kallists darin nicht nachweisen lässt.
Dagegen scheint das p. 239, 3 — 11 gegebene Referat sich getreu
an den Wortlaut des Originals anzuschliessen, was sowohl aus
120 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
der S. 7S hervorgehobenen Inconcinnität, als auch aus der Länge
desselben zu schliessen ist. Dass Tert. in dem Satz p. 244, 23:
quod videatnr etc. vielfach wenigstens von Kailist abhängig ist,
geht aus der schwerfälligen Construction dieses Satzes, besonders
aus den Worten „ieiuniis et sordibus — satis deo facere", und
quasi postea — consecutum", sowie aus der Fortführung des
Satzes in directer Rede zur Genüge hervor. Jedenfalls ist nicht
rhetorische Kunst an der Bildung desselben beteiligt und Text-
verderbnisse wären höchstens in den Worten dedita opera malae
tractationis carnem exterminando anzunehmen; es wird sich
aber unten zeigen, dass die auffallende Construction sich wahr-
scheinlich auf anderem Wege einfach erklären lässt.
An 7 Stellen habe ich bei Tert. Anspielungen auf die
Ausdrucksweise Kallists gefunden: p. 230, 21. 232, 5. 231, 6. 233, 1.
234, 15. 237, 7. 262, S; an 2 anderen Stellen 230, 22. 260, 22 habe
ich dies nicht mit Bestimmtheit zu behaupten gewagt. Dass
p. 230, 21, 232,5. 234, 15 solche Anspielungen vorliegen, wird
kaum bestritten werden J); es ist durch den Wortlaut unmittelbar
gegeben. Dagegen wäre es möglich, dass man in der scharf poin-
tierten, fast rhvthinischen Satzgliederung p. 231, 6: sed ovis
proprie Christianus etc., sowie in den p. 233, 1 scheinbar ab-
sichtsvoll zusammengestellten Compositis: requiri, revocari.
recuperari die rhetorische Kunst Tert.s finden wollte und des-
halb den ursprünglichen Platz dieser Sätze nicht bei Kailist
suchte. Aber so gewiss der Rhetor Tert. sich auch in de pud.
nicht verleugnet, so entschieden überwiegt doch das Interesse an
der Polemik jede rhetorische Kunst. Man wird auch in de pud.
manchen Satz finden, der ohne Rücksicht auf die Regeln der
Rhetorik gebildet ist, dagegen ist keine Gelegenheit zu scharfer
Polemik unbenutzt gelassen. Gründe, welche von dem rhetorischen
Stil Tert.s hergenommen sind, haben daher nur secundäre Be-
deutung und können nur ins Gewicht fallen, wenn keine pole-
mischen Rücksichten ihnen entgegenstehen. Jene Einwände
werden daher kaum die S. 70 — 72 beigebrachten Gründe für die
Zugehörigkeit der betr. Stellen zu der Schrift Kallists zu er-
schüttern vermögen. Derartige Einwände werden sich nun bei
1) Auch die mehrfachen Anspielungen auf den Satz: venia est fructus
paenitentiae werden wohl anerkannt werden (s. S. 66).
VI. Die Sprache der reconstruierten Schrift. 121
den Stelleu 237. 7. 262, 8 kaum erheben lassen, und wenn die
Gründe, mit welchen S. 76, 90 die Zugehörigkeit derselben zu
der Schrift Kallists bewiesen ist, auch z. T. wohl durch den sub-
jectiven Eindruck bedingt sind, so ruhen sie doch auf der unwider-
leglichen Voraussetzung, dassTert.in de pud. durch scharfe, witzige
Ironie seine Polemik zu steigern mit Erfolg bemüht ist.
Die Voraussetzungen für den Reconstructionsversuch dürften
somit kaum anzufechten sein. Es muss sich nun aber auch die
Probe auf die Richtigkeit desselben machen lassen, d. h. es
muss nachgewiesen werden, dass die reconstruierte Schrift einen
einheitlichen Stil aufweist, welcher von dem Tert.s charakte-
ristische Verschiedenheiten zeigt. Der Wortvorrat ist von dem
Tert.s nicht verschieden. Der Stil zeichnet sich aus durch
gedrungene Kürze, welche durch häufige Verwendung des
Particips erreicht wird '), und durch sehr reichliche Verwen-
dung der Partikel et als „und" 2j, „auch" 3) und besonders als
,.sowohl — als auch" 4) (rt xcu); aber es ist keine Construc-
tion nachweisbar, die nicht auch bei Tert. ähnlich zu finden
wäre. Dies darf uns aber auch nicht in Erstaunen setzen; denn
eine Schrift, die um 220 in Rom von einem Bischof verfasst
wurde, wird nicht lateinisch, sondern griechisch geschrieben
sein. Von dieser Voraussetzung haben wir auszugehen und zu
fragen: finden sich in der reconstruierten Schrift Spuren, welche
auf ein griechisches Original deuten? In zu reichem Masse darf
man dieselben zwar nicht zu finden hoffen; denn da Tert. das
Griechische selbst so beherrschte, dass er Schriften in dieser
Sprache verfasste, und das Lateinische äusserst gewandt hand-
1) S. 104] 9 wird der Gedankengang fortgeführt durch die Parti-
cipien tanti ducens, donantes, iudicantes, 10S,_5 durch evagatus, vivens,
exutus, praepositus. 1102_t wird das Thun der Sünderin durch die Part,
lavanti, detergenti, inauguranti geschildert. 112s findet sich der knappe
Ausdruck, der Blutschänder sei dem Satan übergeben als postea veniam
consecuturum igitur et consecutum. 1087. ]2 werden zwei wichtige Ge-
danken durch die Part, imputanda, offerenti eingeführt. 114 17 ist der Aus-
druck paenitentia functis eine auffallend kurze Wendung für die höchst
wichtige Bedingung.
2) Das dreimalige et S. 106[.2. 112a. 4 das zweimalige 1104.5.
3) S. 1043. c, HOo, 1101G.17. (als Übersetzung von y.ai), 1128. 10.
4) S. 104J. 2, 108„, 10613. u, H4i6, über 10810 s. unten S. 123.
122 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
habte, so kann es nur Flüchtigkeit seiu, wenn er Gbräcismen in
seine Übersetzung aufnahm. Solche Flüchtigkeit dürfen wir ihm
allerdings zutrauen; denn p. 243, 7 schreibt er als Übersetzung
der griechischen Worte: mors rovvavziov (läXXov t\ucg ~/ßQi-
öao&ai xal xagccxaZtöai, fi/jjicog zfj jraQiöüortQcc Xvxy y.aza-
Jto&jj o zowvzog: uti e contrario magis vos donare et advocare,
ne forte abundantiore tristitia devoretur eiusmodi. Wer beachtet,
wie genau hier die lateinischen Worte dem griechischen Text ent-
sprechen, wird schwerlich mit Oehler „ magis" in „nialitis" ändern
oder mit Reifferscheid „velitis" hinzufügen. Dieses NTliche Citat
gehörte nun zu der Schrift Kallists; war diese griechisch, so
hat Tert. selbst jene Übersetzung verbrochen; war sie lateinisch,
so hat er sie ertragen und ohne Anstoss abgeschrieben. Das
letztere ist zwar unwahrscheinlich, denn eine solche Flüchtig-
keit begreift sich leichter im mechanischen Referat als in einem
Original, das einen im Ganzen wohldurchdachten Gedankengang
zeigt; aber darauf ist hier weniger Gewicht zu legen. Es genügt,
dass Tert. diese Flüchtigkeit der Übersetzung ertragen hat; denn
dann darf man auch von ihm andere derartige Versehen er-
warten. Ich sehe solche allerdings einigermassen deutlich nur
an drei Stellen: 1. In dem Ausdruck „deus bonus et optinrns"
ist optimus eine nichtssagende Steigerung von bonus; bezeich-
nend wird derselbe erst, wenn man optimus als Übersetzung
von xoäriörog auffasst; dann ist mit Qeog 6 ayaß-og xal xqcc-
ztözog der christliche Gott bezeichnet als der „gütige" und der
„mächtigste", also mit Prädikaten, die dem jtaxrjQ und navzo-
xqcctcöq des römischen Symbols gleichkommen.
2. Die Worte: dedita opera malae tractationis carnem ex-
terminando sind so nicht zu verstehen; nur so viel ist klar, dass
der Ablativ: dedita opera malae tractationis dem folgenden
carnem exterminando untergeordnet ist; dieser letztere drückt
das Mittel des satis deo facere aus, der erstere das Mittel des
carnem exterminare. Die Verbindung der beiden, die im Latei-
nischen unmöglich ist, ist im Griechischen ohne Anstoss: z<p
ysvofitwjg Oxovö/jg zT/g xaxojta&elag l) z?}v öaQxa tB.OQi^tiv.
1) Es ist auch zu beachten, dass die Wendung dedita opera eigentlich
gar keine Bestimmung durch einen Genitiv verträgt; es ist die mechanische
Übersetzung von yero/j.tvr]q GTtovörjg durch eine Tert. geläufige Phrase.
VII. Die Bezeugung der Schrift Kallists. 123
3. Auch die Worte .,ubi et culpa sapit et gratia" geben im
Lateinischen keinen Sinn; denn sie müssen zu dem Satz ge-
zogen werden: illic autem paenitentiae constat ratio; dann heisst
es aber: „dort ist Grund zur Busse, wo sowohl die Schuld als
auch die Gnade Geschmack hat"; das ist sinnlos. Gesagt soll
werden: „wo die Schuld Geschmack hat, da auch die Gnade".
Die Worte ,,ubi et culpa sapit et gratia" scheinen eine Über-
setzung des griechischen: ov xal curla oCsi xal '/ßQiq zu sein.
Tert. hat das doppelte xal, durch welches im Griechischen „auch"
ausgedrückt wird, durch ein „sowohl — als auch" et — et wieder-
gegeben, also den Satz missverstanden. Er hat hier nicht flüchtig
übersetzt; denn er giebt oust durch das echt lateinische sapit
wieder; aber er hat die Stelle gedankenlos gelesen.
Hiermit ist die griechische Ursprache der reconstruierten
Schrift natürlich nicht evident bewiesen, sondern es sind nur
gewisse Anhaltspunkte für die Annahme eines griechischen
Originals gegeben; diese Annahme wird auch durch die S. 121
Anm. 1 — 4 angeführten sprachlichen Eigentümlichkeiten eher
begünstigt als widerlegt.
VII. Die Bezeugung der Schrift Kallists.
Die Massregel Kallists war eine Halbheit: mit Recht wirft
Tert. ihm Inconsecpienz vor, wenn er die Unzüchtigen wieder-
aufnehmen und die Götzendiener und Mörder dauernd aus-
schliessen wolle. Kaliist hatte einen Kirchenbegriff aufgestellt,
aus dem weitere Concessionen an die Welt in der Kirche sich
notwendig ergeben mussten. Dreissig Jahre später stand die
Wiederaufnahme Abgefallener zur Verhandlung, und es mussten
dabei natürlich dieselben Fragen erörtert werden, welche die
Schrift Kallists angeregt hatte. Cyprian verteidigt ep. LY (Hartel
I 625 ff.) in Consequenz der von Kallist aufgestellten Grund-
sätze die Wiederaufnahme der in der Verfolgung Abgefallenen
in die Gemeinde. Er gebraucht dabei vielfach ganz dieselben
Argumente, wie Kallist. c. 15 beruft er sich auf die Pflicht der
Bischöfe, das verwundete Schaf zu pflegen, mit Anklang an Ez.
34 2 ff., und stellt den Herrn, der das verlorene Schaf treulich
124 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
sucht, als Vorbild hin.1) Er citiert c. 16: estote rnisericordes,
sicut et pater vester misertus est vestri im Einklang mit dem
Gedanken von pud. II (init.). Zu dem Ausdruck c. 17: si fruc-
tus paenitentiae subtrahatur finden sich Analogien in pud. III
(p. 225 10). In c. 18 wird ebenso wie pud. II Rom 14 4 angeführt
desgleichen wird c. 22 die pud. XIX behandelte Stelle Apoc. 220ff.
verwendet, und in demselben Cap. wird Joel 213 wie pud. II
citiert; auch das Gleichnis vom verlorenen Sohn wird cap. 23
verwertet, c. 26 nimmt Cyprian den Gedanken von pud. XXII
auf, wenn er ausführt, dass der Verleugner weniger als der
Ehebrecher zu verdammen sei; freilich beabsichtigt er damit
das Gegenteil von dem, was Tert. mit demselben Gedanken
will; dieser verlangt auf Grund dessen, dass der Abgefallene aus
der Gemeinde ausgeschlossen bleibt, auch die dauernde Aus-
schliessung des Ehebrechers, jener will, dass wie der Ehebrecher
so auch der Abtrünnige wieder aufgenommen werden soll; für die
Pflicht, Ehebrecher wieder aufzunehmen citiert er mit pud. XV
2 Cor. 12-20 ff. c- 28. 29 führen endlich genau den Gedanken
von pud. III aus: ut — ■ dum fructus paenitentiae inter-
cipitur paenitentia ipsa tollatur (p. 647 5 ff.) 2). Cyprian schliesst
sich dabei nie sklavisch an de pud. an, sondern er hat die dort
ausgesprochenen Gedanken in sich aufgenommen und selb-
ständig verarbeitet, er giebt kein Citat in der Form und dem
Zusammenhang wie wir es bei Tert. finden. Die Bibelstellen,
welche de pud. II eng in einander verflochten sind mit wesent-
lichen Umformungen des ursprünglichen Wortlautes, bringt er
einzeln: Luc. 636 in c. 16, Rom 44 in c. 18, Joel 213 in c. 22,
und schliesst sich dabei weit mehr an den biblischen Text an,
indem er die betr. Stellen viel vollständiger ausschreibt; dabei
folgt er auch einer andern Übersetzung als Tert. Dennoch ist
1) et adscribetur nobis in die iudicii nee ovein sauciam curasse et
propter unam sauciam multas integras perdidisse : et cum Dominus relictis
nonaginta novem sanis unam errantem et lassam quaesierit et inventam
umeris suis ipse portaverit, nos non tantum non quaeramus lassos, sed et
venienles arceamus (p. 634).
2) quod si invenimus a paenitentia' agenda neminem debere prohiberi
et deprecantibus atque exorantibus Domini misericordiam seeundum quod
ille misericors et pius est, per sacerdotes eius pacem posse concedi, admit-
tendus est plangentium gemitus et paenitentiae fructus dolentibus non
negandus.
VII. Die Bezeugung der Schrift Kallists. 125
es zweifellos, dass er Tert.s Schrift gekannt und benutzt bat.
Das ergiebt sieb, besonders daraas, wie er c. 26 die Gedanken
von de pud. XXII und c. 28. 29 die von pud. III aufnimmt und
ausspinnt; obgleich er auch hier in der Form von Tert. völlig
unabhängig ist, so zwingt uns doch das Abhängigkeitsverhält-
nis, in welchem er überall zu seinem Lehrer steht, die Grund-
lagen für die betr. Ausführungen in pud. XXII resp. III zu
suchen.
Es ist nun die Frage: Hat Cyprian nur die Schrift Tert.s
vor sich gehabt und aus ihr alles Beweismaterial entlehnt oder
hat er daneben auch Kallists Tractat gekannt und benutzt? Das
letztere kann nur bewiesen werden, wenn entweder gezeigt wird,
dass Cyprian Stücke aus der Schrift Kallists aufweist, die Tert.
uns nicht erhalten hat, oder dass er den Gedankengang derselben
beachtet. Nun weist Cyprian c. 25 (p. 643) darauf hin, dass es
Anmassung sei, das Unkraut vom Weizen sondern zu wollen.1)
Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen ist aber auch von
Kailist verwendet, wie wir durch Hippolyt wissen, Tert. aber
geht in seiner Widerlegung nicht darauf ein, also liegt hier der
Schluss nahe, dass Cyprian es von Kailist entlehnt habe. Allein
dieser Schluss ist keineswegs sicher. Denn einmal handelt es
sich hier um ein einzelnes Schriftwort, das ebenso gut von
Cyprian direct aus dem X. T. entnommen sein kann, wie
er denn überhaupt das ihm von Tert. dargebotene biblische
Beweismaterial selbstständig vermehrt hat. Sodann aber tritt
bei ihm die Parabel vom Unkraut unter dem Weizen zweimal
in Verbindung mit 2 Tim. 290 auf, dem Wort von den goldenen
und irdenen Gefässen, die in demselben Hause zusammen sein
müssen (ep. LTV. c. 3. p. 622 L V. c. 25. p. 643). Dieses Citat
1) Tunc deinde quantus adrogautiae tuuior est, quanta huniilitatis et
lenitatis oblivio, adrogantiae suae quauta iaetatio, ut quis aut audeat aut
facere posse se credat quod nee apostolis concessit Dominus, ut zizania a
frumento putet se posse discernere aut quasi ipsi palam ferre et aream pur-
gare concessuni sit, paleas conetur a tritico sepai-are, cumque apostolus
dicat in domo auteni magna non solum vasa aurea sunt et argentea, sed
et lignea et fietilia , aurea et argentea vasa videatur eligere , lignea vero
et fietilia contemnere abicere damnare', quando non nisi die Domini vasa
lignea divini ardoris incendio concrementur et fietilia ab eo cui data est
ferrea virga frangantur.
126 Rolffs, Das Indulgenz-Eclict.
ist aber von Kailist, so viel wir wissen, nicht verwertet; dagegen
ist das von ihm gebrauchte Bild der Arche für die Kirche bei
Cyprian nicht zu finden. Aus der Verwendung des Gleichnisses
vom Unkraut lässt sich daher für die Abhängigkeit Cyprians
von Kaliist nichts beweisen.1) — Man könnte nun den andern
Weg betreten und zu zeigen versuchen, dass Cyprian sich von
dem Gedankenzusammenhang in Kallists Schrift habe beein-
flussen lassen; aber auch hier ist das Resultat ein völlig ne-
gatives; an keiner Stelle ist der Zusammenhang der Schrift
Kallists auch nur im geringsten beachtet. Daraus folgt aber
mit ziemlicher Sicherheit, dass Cyprian diese nicht gekannt hat;
denn es ist nicht zu erklären, wie er die vorzüglich klare,
systematische Entwicklung Kallists unberücksichtigt lassen konnte,
wenn er sie kannte. Dazu kommen nun noch zwei Argumente
e silentio: 1. Man dürfte erwarten, dass Cyprian sich ausdrück-
lich auf Kaliist berufen hätte, um des Bischofs Cornelius Milde
gegen die Lapsi zu rechtfertigen, zumal da er die Sünde eines
fornicator schwerer beurteilt als die eines libellaticus; aber er
schweigt völlig darüber. 2. In dem Satz, wo er auf den Wider-
spruch eingeht, welchen der Grundsatz, Ehebrecher wieder auf-
zunehmen, bei seinen Vorgängern erfahren hat, fehlt jede An-
deutung, dass dieses Verfahren von Kallist, also von Rom aus,
eingeführt und eingehend biblisch begründet sei.2)
Will man aus diesen Umständen nicht schliessen, dass
Cyprian die Schrift Kallists nicht gekannt habe, so ist man
gezwungen anzunehmen, dass er sie absichtlich ignoriert hat.
Dies wäre nun höchst auffallend; während er den Grundsatz
Kallists als christlich anerkennt, ja ihn als so unumstösslich
ansieht, dass er von ihm aus Novatian ad absurdum zu führen
1) Auch selbst wenn wir wüssten, dass Cyprian das Gleichnis durch
Kallist bekommen habe, so wäre damit noch nicht bewiesen, dass er die
Terfc. vorliegende Schrift Kallists gekannt hat, denn es ist eben nicht wahr-
scheinlich zu machen , dass das Gleichnis dort angewendet ist.
2) Et quidem apud antecessores nostros quidain de episcopis istic in
provincia nostra dandam pacem moechis non putaverunt et in totum paeni-
tentiae locum contra adulteria cluserunt. non tarnen a coepiscoporum
suorum collegio recesserunt aut catholicae ecclesiae unitatem vel duritiae
vel censurae obstinatione ruperunt, ut quia apud alias adulteris pax dabatur,
qui non dabat de ecclesia separaretur (c. 21 p. 63S. 039).
VII. Die Bezeugung der Schrift Kallists. 127
unternimmt (c. 26), soll er die Begründung desselben absichtlich
ignorieren; das ist schwer vorzustellen, und es wäre auch durch
die Annahme, dass darin ein Protest gegen die Anmassungen
Kallists liegen solle, kaum genügend erklärt. Wahrscheinlicher
bleibt es demnach, dass Cyprian Kallists Schrift nicht gekannt
hat. Man kann nicht einmal entscheiden, ob er mit den hi-
storischen Verhältnissen, durch welche die Massregel Kallists
hervorgerufen war, auch nur einigermassen bekannt gewesen
ist, ja ob er gewusst hat, dass der Grundsatz, den Unzüchtigen
Verzeihung zu gewähren, von ihm zuerst ausgesprochen ist.
Es ist auch gar nicht zu ermitteln, wie weit er die Schrift de
pud. historisch richtig verstanden hat, besonders, ob ihm Tert.s
Ironie in c. 1 deutlich geworden ist.
Ziemlich genau scheint dagegen Origenes, der als Zeit-
genosse den Streit zwischen Hippolyt und Kailist offenbar mit
Interesse verfolgt hat, über die Massregeln des letzteren orientiert
zu sein. Er glaubt sogar ihren Zweck hinreichend zu verstehen
und unterzieht sie einer abfälligen Beurteilung. Am deutlich-
sten polemisiert er gegen Kailist de orat. 28 (Lommatzsch XVII
p. 242 f): ovx oid* ojicoq havrolg xivsg tJtixotipavx£g xa. vjieq
xi)v IsQazixrjv at-iav xc'c/a tu>jöe axQißovvTSg xr/v hoaxixfjv
ejtiöxrj(i7jv avyovöiv, cog dwä^ivoi xal ddcololaxodag övy-
ycoostv iioiyeiag xs xal Jtooveiag aydvai cog öiä xtjg sv/J/g
avxwv Jteol xcov xavxa xsxo?.iirjy.6xmv Ivofitvrjg xal xtjg Jindg
d-ävaxov afiaQxlag. Er beurteilt hier sein Vorgehen als ein
Überschreiten der ihm als Bischof zustehenden priesterlichen
Befugnisse, als eine Anmassung, für welche er den Grund in
seiner ungenügenden theologischen Bildung sieht. Er weiss
auch, dass er eine Stellung beansprucht, in welcher er im Princip
alle Sünden vergeben kann; lediglich von den Umständen hängt
es ab, dass er von dieser Absolutionsgewalt nur für Unzucht-
sünden Gebrauch macht. Orig. scheint aber auch die Absicht
zu kennen, welche Kaliist durch die Vergebung von Unzucht-
sünden verfolgt. Es ist wohl kaum zweifelhaft, dass die Stelle
Comm. in Mt. tom. XVII c. 14 (Lonmi. IV p. 117): xal ovx av
Xtyoig xö ..ovvayßtvxow viicüv tv xi\ övvä/iEi xoi xvgiov I/jöov"
aotiöCtiv xoig ?}xol [iixa xov xaxcög ßiovv ovväyovOiv tjxoi
Ovvayoidvoig )) jisxa. xov xaxcög xal dösßcög (pQovslv jisqI
freov rj xov Xqiöxov avzov auf Kaliist zu beziehen ist, welcher
128 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
durch seine Milde gegen Unzüchtige («£T« tov xaxcog ßiovv
und durch seine vermittelnde Glaubensformel [lezä tov xaxaZq
xal aotßalq (pQovelv thqI 9-sov xt).. die Gemeinde sammelte;
denn eben auf diese Glaubensformel hat er kurz vorher ange-
spielt in den Worten (p. 116): ojiolol doiv ol OvyyJovTSq jtatQog
xal vlov tvvoiav xal xTj vjcoozaoec tva öiöovTSg dvai tov
jtatEQa xal tov vlov tjj imvoia (lovy xal xolq ovofiaüi öua-
qovvteq to tv vjioxtiftsvov. Orig. stimmt also darin mit Hippolyt
überein, dass Kailist seine Indulgenz gegen die Ehebrecher im
Interesse der Ausdehnung seiner Gemeinde geübt habe. Langen
(die Gesch. d. rüin. Kirche bis Leo I. S. 242.) bezieht auch die
Äusserung des Orig. über die Anpassungen und den Hochmut der
Bischöfe grosser Städte1) auf Kailist, und Harnack (Dogmen-
gesch.l2.Aufl. S. 374 Anm.) stimmt ihm darin zu. Ist dies richtig —
und es spricht alles dafür — , so sind auch die Worte: jtaidsvm-
tutda ös xal xodg to fifj cxodtyto&ai xo/.axelaq firjös fjdiaxq
xaXüodai vjio tojv dvdQcojicov, Irp o'iq av öogcofisv ei Tivaq
jtsxoi/jxtvat, EitoytTai — — — — — — Iotl Ö ots, yQ)) xmtcc
t>)v ajioOToXix)tv (fojv/)v Tocq a^iaoTavovxaq svcöjciov jiavxcov
slsyysiv, tva xal ol XoixoX tpoßov rymoiv. toxi Ö ots ösi yoi/oa-
fisvov tT\ et-ovoia jiaoaöovval Tiva „ro5 Gaxava sie olsd-gov
Ti]q Oagxoq xtX." (p. 25) wohl nicht ohne Beziehung auf Kailist ge-
schrieben; denn sie gehören derselben Erörterung an. Darnach
lässt es Kailist an der vom Bischof geforderten Strenge fehlen,
um von den Menschen ein „Wohlthäter" genannt zu werden.2)
Trachten nach Menschenruhm ist also das Motiv seines Ver-
fahrens. Kaliist will herrschen und deshalb schmeichelt er den
Menschen; das ist das Bild, welches wir durch Orig. von ihm
bekommen. Diesem Bilde entspricht nun auch die Schilderung
eines Bischofs wie er nicht sein soll, welche Orig. Coram. in
Mt. tom. XI c. 15 (Lomrn. III p. 109) entwirft: ovTcoq ovv xal
1) Cornm. in Mt. tom. XVI c. 8 (Lomui. IV p. 24): xal toxi ys löüv
iv 7io?.?.cüq vofiiqofxivaiq ixx?.t]olaiq xal fxäkioxa xalq xcöv /u£i£,6i>ü>v
7i6?.ea)i>, xovq 7jyov/x£vovq tov Xaov tov &eov /urjöe/xlav lao/.oyiav tm-
rn:'novxaq, sa9-' öxs xal xolq xaklioxoiq rtijv 'Irjoov fta&tjxojv , elvai
nrjoq avxoiq. Nach Vorgang von Döllinger, Hipp. u. Kall. S. 256.
2) Vgl. dazu Hipp. Phil. IX. 12: xal ooa TtQoq xovxo övvaxbq i\v
Gvvdyeiv ovxojq rjQurjvevosv , ov ol dxQoaxal yod-evxsq xolq ööyfiaai
ötajutvovoi.
VII. Die Bezeugimg der Schrift Kallists. 129
?} öoxovoa ayvsia häv öiaXoyiöfiovq eyj] zovg ixl xevodogia 1)
tpikoxEQÖia xcd rj vofti^oftsvtj exxlrjöiaözixrj öiöaöxaXia, edv
lv Xbyca xoXaxslaq avsXsvd-SQia yivrjxai >) xoo(päo£i
jiXsovei-iaq r tyjTovvzoq xivoq xt)v djto ävfrocojtcov ejil
ÖiöaöxaXia öö<iav ovx löxi XsXoyiöfttvrj ajto xcöv xt&tvxcov
djto xov &eov lv t7( sxxXfjöia jzqcöxov djtooxoZcov ösvxigov
XQO(prjXcov xcä xqlxov öiöaöxaXcov. To ö' ofioiov sgsiq xal IjzX
zov OQsyo/ievov 8Jii6xo3iT]G öiä T))vjcaoa avfrnc'jjioig ö6$av
// x>)v ajto dvd-Qojjccov xoXaxeiav i\ xov ajid rcöv jcqoöiov-
xcov reo Xoyca scoQiGfiov öiöovrcov jcQocpäoti tvösßsiaq. Auch
diese Worte müssen daher wohl auf Kaliist bezogen werden,
zunächst freilich wohl nur der letzte Satz, in welchem ihm auch
vorgeworfen wird, dass er das Bischofsamt aus Ruhmsucht und
Eitelkeit erstrebt habe. Aber auch was über die „sogenannte
kirchliche öiöaöxaXia" gesagt wird, passt auf Kaliist, und da ja
auch der Bischof öiöaxxixoq sein soll, so wird Orig. ihn auch
hierbei im Auge haben. Besonders bezeichnend ist der Satz;
lav lv Zoyco xoXaxsiaq avsXsvd-SQia yivtjxai; dieser trifft genau
auf die Massnahmen Kallists zu, denn die Kehrseite seiner Milde
und Nachgiebigkeit gegen die Unzüchtigen ist die Abhängig-
keit, in welche die Gemeinde dadurch von dem sündenvergeben-
den Bischof gerät. Auch die Worte Ojxovvxog xivog xi)v djto
dv&ocojicov tjtl öiöaöxaXia öogav weisen deutlich auf Kailist
hin; denn er hat eben die öiöaöxaXia, die Grundsätze der Sitt-
lichkeit, geändert, um dadurch Ruhm bei den Menschen zu ge-
winnen. Unter den Motiven, die ihn veranlassten, sich um das
Bischofsamt zu bemühen, erscheint hier aber neben Eitelkeit
und Ruhmsucht noch ein drittes: die Geldgier. Orig. wirft ihm
vor, dass er das Bischofsamt um des Gewinnes willen, der ihm
aus den unter dem Scheine der Frömmigkeit gespendeten Gaben
erwachse, begehrt habe. Nun ist bekanntlich die Veruntreuung
anvertrauter Gelder der dunkle Punkt in Kallists Vorleben (Hipp.
Phil. IX. 12); daher passt auch dieser Zug auf ihn; denn nachdem
er sich einmal der Unterschlagung schuldig gemacht, lag es nahe,
ihm auch als Bischof Geldgier als Motiv seines Handelns zu-
zutrauen. Wenn Orig. daher Comm. in Joh. tom. X c. 16 (Lomm.
I p. 31S) fragt: IIoxs ös ovx döiv ot jcQOTificövzsq xov xyg aöi-
xiaq [KuitMoväv xcöv x>)v vXrjv xov xoöftsiöd-ai avxolq jiaozypv-
xcov jZQoßccTcov; und fortfahrend behauptet: ad de jioXXoi sioi
Texte u. Untersuchungen XI, 3. 9
130 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
xal ol xov aöoXov xal axegalov EörrjgijfiEPov ys Jicc6?/g jtiXQOTfj-
xog xal XoX/jg xaxacpgovovvxsg xal xaXauicooov xinöovg tvsxzv
jiQOÖidovrtg xi)v rcöv xqokixooteqcop Xsyofievmv jitQioxsocöv
IjiqiiXuav , so darf man sicher sein, dass er auch Kailist mit zu
denen rechnet, die den ungerechten Mammon, den ihre Schafe
ihnen einbringen, schätzen als Mittel, um sich zu schmücken, und
die um elenden Gewinnes willen die Sorge für die Tauben ver-
nachlässigen.1) Was darunter zu verstehen ist, darf vielleicht aus
einer Stelle im Comm. in Mt. tom. XI c. 9 (Lomm. III p. 91) ge-
schlossen werden, die man nach den andern wohl auch auf Kailist
beziehen niuss: dxig ovv xal vvv xo xtjg exxXtjöiag tycov yXcoOOo-
xo/iov Xeysi fiev cog xal 'lovdag vjisq jcsvtjrcov, xa 6s ßaXXö\asva
ßaöxaCfSi, xt)v fisglöa lavxcö xifreb] [isxa xov xavxa jtgät-avxog
'Iovöa, Dies kann zu der Annahme führen, dass Kaliist sich um
die Organisation der Gemeindearmenpflege bemüht und deshalb
mehr Wert gelegt hat auf die Geldgeschenke reicher Gemeinde-
mitglieder als auf ein sittlich einwandfreies Leben derselben. Hier-
vor scheint Orig. wenige Sätze vorher im Anschluss an Mt. 15 4
zu warnen: Ix xov Xöyov xmv Jtev//xcov Xa^ußavuv xiva. jcqo&v-
fio^g xal votuit,eiv jtOQiöfiov tivai x?)v stsqcov svot'ßsiav. Kallist
hat demnach auch vielleicht jioo&v/jcog d. h. allzu leichtfertig
die frommen Gaben der Reichen angenommen, um sie für die
Armen zu verwenden; um die Reichen in der Gemeinde zu er-
halten, hat er ihnen Concessionen gemacht, durch welche das
Niveau der christlichen Sittlichkeit herabgedrückt wurde; dahin
gehört z. B. die den vornehmen Frauen erteilte Erlaubnis, in
1) Bei der Auslegung der Geschichte von der Ternpelreinigung im
Comm. in Mt. tom. XVI c. 22 deutet er die Taubenverkäufer und Geld-
wechsler etwas anders, aber gleichfalls nicht ohne Beziehung auf die Ver-
hältnisse in der römischen Gemeinde: xal vofilga) ccq/li6^£iv xov ntoi zcüv
tiojXovvxwv rag negiaxsQaq Xoyov xolq naouöiöovGi tag ixxXi]olaq alo%go-
xtQÖeoi xal xvoavvixoiq xal dvsmoxtj/xooi xal dvsvXaßeoiv iniaxönoiq
(Lomm. IV p. 64). In den untüchtigen Bischöfen hier beigelegten Prädi-
katen kann man alle einzelnen Züge wiederfinden, die auf Kallist passen.
Es liegt nahe, dass er unter den Taubenverkäufern die Bischöfe versteht,
welche die römische Gemeinde dem unbrauchbaren Kallist übergaben,
anstatt seinen Freund Hippolyt einzusetzen: ol de xuq TiQwxoxu&aÖQiaq
nsmoTSv/ievoi xov Xaov eniaxoitoi xal TiQEoßvxfQOi xal wonaQtl dnoöiöö-
fisvoi öXuq txxXrioiaq oiq ov %Qr\ xal xa&ioxävxeq oiq ov öel v.Qyovxuq
ovxoi sioiv ol rtojXovvxeq xdq TteoioxeQf'.q (p. 65. 66).
VII. Die Bezeugung der Schrift Kallists. 131
heimlicher Ehe mit Sklaven und Freigelassenen zu leben (Phil.
IX. 12 p. 460). Darnach dürfte die Combination kaum zu gewagt,
sein, dass Kaliist einerseits eine Ermässigung der sittlichen
Forderungen an die einzelnen Gemeindemitglieder hat eintreten
lassen, andererseits aber auf eine lebhafte und möglichst ausge-
dehnte Armenpflege bedacht gewesen ist, beides in der Absicht,
seine Gemeinde auf Kosten der concurrierenden auszudehnen und
die andern dadurch zu unterdrücken. Ob ihm, wie Orig. anzu-
nehmen scheint, die Gemeindewohlthätigkeit nur als Vorwand ge-
dient hat, um sich selbst zu bereichern, ist natürlich nicht zu ent-
scheiden, darf aber kaum als sehr wahrscheinlich gelten; denn nach
allem, was Hippolyt über ihn berichtet, und was wir aus den An-
spielungen des Origenes schliessen können, ging Kallists Streben
dahin zu herrschen, und zwar indem er seine Gemeinde zu der
dominierenden zu erheben bemüht war; wie ihm dazu aber per-
sönlicher Reichtum als Mittel dienen konnte, ist schwer einzusehen.
Orig. weiss also, wie es scheint, von den Massnahmen Kallists
folgendes: 1. Er behauptet die unbeschränkte Absolutionsgewalt
zu besitzen und vergiebt auf Grund derselben die Sünden des
Ehebruchs und der Hurerei (de orat. c. 28).
2. Sein Streben geht dahin, durch Ermässigung der sittlichen
Anforderungen seine Gemeinde auszudehnen (Comra. in Mt. XVII
c. 14).
3. Er kommt dadurch den Wünschen der Menge ent-
gegen, als deren Wohlthäter er durch Lockerung der Disciplin
gelten möchte (Comm. in Mt. XVI c. 8 vergl. XI c. 15).
4. Er sucht die Finanzen der Gemeinde möglichst zu heben,
indem er die wohlhabenden Mitglieder an ihre Frömmigkeit
appellierend zu reichlichem Geben veranlasst, und ist bestrebt,
den Mangel, welcher durch die Herabsetzung der Ansprüche an
die Sittlichkeit des einzelnen entsteht, durch eine möglichst eifrige
Armenpflege zu ersetzen (Comm. in Mt. XI c. 15. 9 in Joh. Xc. 16).
Für den Fortgang der Untersuchung ist es wichtig, hier aus-
drücklich ein doppeltes festzustellen. 1. Origenes ist über das Vor-
gehen Kallists in der Bussdisciplin genau unterrichtet. 2. Er
verurteilt es, weil er auf einem principiell verschiedenen Stand-
punkt steht.1)
1) Dieser verschiedene Standpunkt ist aus den polemischen An-
spielungen mit genügender Deutlichkeit zu erkennen, besonders ist de
9*
132 Rolffs, Das Indulgenz-Eclict.
Wenn Orig. Kallists Grundsätze in der Bussdisciplin ver-
wirft, so kann er natürlich auch die biblische Begründung der-
selben nicht anerkennen; wenn er sie daher kennt, so ist zu
erwarten, dass er bei der Auslegung der fraglichen Stellen sich
bestimmt gegen den Gebrauch wendet, welchen Kaliist davon
macht. Daher hat man allen Grund, in der Auslegung von
Mt. 16 1S eine energische Zurückweisung der von Kaliist auf
Grund dieser Stelle erhobenen Ansprüche zu suchen. Eine
solche ist aber Comm. in Mt. XVI c. 9 — 14 (Loinm. III p.
143 — 157) nicht zu finden. Orig. weist hier einfach nach, dass
die Worte Christi an Petrus für jeden gelten, der wie er zu
dem Bekenntnis zu Christus als dem Sohn des lebendigen Gottes
durch den Geist Gottes erleuchtet wird. Nur die Worte: Itch
dt ol xov tojcov xrjg sxLOxoxfjq Exöixovvzsg yoeJvxai reo
Qr/zcö foq IIsTQog xal rag xXsidag xT^ xnv ovqccvcov ßaöiZstag
ebto tov 2corrJQog cclh}(f()Tiz öiöc.oy.ovol zt xa vjc avxcöv öeÖe-
iitva xovxtuxi y.axaötÖL-/.aO[dva xal iv ovoavolg ösötößai xai
xa vci avxf'jv aqpsöiv EiXrjpoTa y.cä Iv ovoavoiq /.eZvo&cu. Xe-
xxtov, oxi vyimg XtyovOiv, ti tyovoiv toyov, öi o doi/xai txeivco
xrZ ÜETQcp ,.ov ei IIetqoq"1) können zu einer genaueren Prü-
fung veranlassen. Diese wird aber immer das Resultat ergeben,
dass sie sich nicht gegen den Schluss der Schrift Kallists richten.
Denn 1. es ist nicht von Bischöfen die Rede, welche die dem
Petrus erteilte Vollmacht als Vertreter einer mit ihm im Zu-
sammenhang stehenden Gemeinde in Anspruch nehmen, sondern
orat. 2S das Recht des Bischofs, Sünden der Unzucht zu vergeben, scharf
und bestimmt bestritten. Auch sein Kirchenbegriff ist von dem Kallists
verschieden: voi'jouvxec de ewe ey.äoxit xcür üuuqxlöjv, di' ojv iaziv eic adov
yevead-ai, ni).rj eoxlv adov, zaza/.tjvöuifra ort ?/ eyovoa „onV.ov rj (jvxida ?j
xi xwv xoiovxwv xal diu xtjv xaxlav (irjSs ayia ixrtde u[md[ioq xvyyüvovau
• ' ry>) ovxe nixQu eoxlv, b(p ?]v o Xoioxbq olxodo/ueZ, ovxe exxfojoia ovxe
exxXijalaq (J.eooq ijv snl xrjv nlxoar 6 XQioxoq olxodotueZ. eav de xiq nooq
xuvxa övGfOJteiv >,uäq ßovkexai, diu xa. nX^&t] xcüv moxeveiv vofii-
"C,0[xevo)v ezx/.r/ oiuox ixöJv, Xexteov avxcö ov [xövov xö' ..rto'/j.ol y.'/.ii-
xol, o/.iyoi de 'ixXextoi" dl'/.a. xal y.x).. (Comm. in Mt. XII c. 12 Lomm. III
p. 150.) Vielleicht ist diese Ausführung direkt im Gegensatz zu Kaliist
gemeint, worauf die letzten Worte zu deuten scheinen; dann -würde diese
Darlegung noch deutlicher des Orig. gegensätzlichen Standpunkt kenn-
zeichnen. Vergl. übrigens Hom. XXI in Jos. c. 1 (Harnack a. a. O.J.
1) c. 14 s. Lomm. III p. 156.
VII. Die Bezeugung der Schrift Kallists. 133
ganz allgemein von Trägern des bischöflichen Amtes. 2. Orig.
weist hier keinen unberechtigten Anspruch ab, sondern er giebt
die Bedingungen an, unter welchen der Anspruch der Bischöfe
als berechtigt gelten darf. Freilich kommen dieselben darauf
hinaus, dass nicht das Amt, sondern der persönliche Glaube des
Bischofs ihm das Recht des Petrus giebt. Aber eben deshalb
können sich die Worte nur auf Bischöfe beziehen, welche un-
entschieden gelassen haben, worauf sie ihr Recht zur Ausübung
der dem Petrus verliehenen Absolutionsgewalt gründen, nicht
aber auf Kallist, der dieses Recht ganz bestimmt und ausschliess-
lich darauf zurückführt, dass er Vertreter einer dem Petrus
verwandten Gemeinde ist. Wenn Orig. den Schluss der Tert.
vorliegenden Schrift Kallists gekannt hätte, so würde er diesen
Anspruch haben zurückweisen müssen.
Ebenso muss man erwarten, dass Orig. bei der Erklärung
des Gespräches Jesu mit der Samariterin (Comm. in Joh. tom.
III. Lomm. II p. 1 ff.) die Consequenzen abgewiesen hätte, welche
Kallist aus dieser Begegnung Jesu mit dem ehebrecherischen
Weibe zieht; wenn er es nicht thut, obgleich ihm dazu die
Gelegenheit nicht fehlte — z. B. als er sich darüber ausspricht,
wie die Jünger über die Unterhaltung Jesu mit einem Weibe
erstaunt gewesen seien (Lomm. II p. 50) — , so wird dadurch
wahrscheinlich, dass er die Verwertung dieser Stelle durch
Kallist nicht kannte. Besonders auffallend ist, dass er an den
Stellen, wo er auf 1 Cor. 55 resp. 2 Cor. 5 5— u irgendwie ein-
geht, niemals der Auslegung gedenkt, welche diese Verse durch
Kallist gefunden haben. Es kommen hier besonders in Betracht
die Stellen Comm. in Mt. tom. XVI c. 8 (Lomm. IV p. 26) und in
Mt. Commentariorum series 117 (Lomm. V p. 26). In der ersteren
Stelle (s. S. 12S) will Orig. den Bischöfen die Pflicht einschärfen,
zu Zeiten ein ernstes Gericht zu halten, und citiert deshalb
1 Cor. 5 5 ; obgleich nun diese Ermahnung zur Strenge offenbar
gegen die allzu milde Praxis Kallists gerichtet ist, so wird doch
mit keiner Silbe seine Auslegung dieser Stelle berührt, und
doch niusste seine Deutung des schwierigen Ausdrucks „slg
oäs&qov ri/» oaoy.6gii hier geradezu eine Widerlegung fordern.
Dasselbe Schweigen herrscht an der anderen Stelle; hier bezieht
Orig. wie Kallist 2 Cor. 2 - auf 1 Cor. 5 5 und benutzt die
Worte des Paulus über den Blutschänder als Beleg dafür, wie
134 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
der Teufel den Menschen, nachdem er seine Sünde erkannt hat,
dadurch zu verderben sucht, dass er ihn in Verzweiflung stürzt:
Quod praecognoscens apostolus consilium Corinthiis dat, ut con-
firment caritatem in eura, dicens huiusmodi causam: „ut ne, in-
quit, abundantiori tristitia absorbeatur, qui huiusmodi est."
Auch hier lag es für Orig. nahe, die Deutung, welche Kaliist
den Worten „ut confirment caritatem in eum" gegeben hatte,
nämlich auf Wiederaufnahme in die Gemeinde, kurz abzuweisen,
wenn er sie gekannt hätte.
Wir dürfen deshalb wohl mit ziemlicher Sicherheit fest-
stellen: Orig. kennt das Verfahren Kallists in der Bussdisciplin
sehr genau, aber die Schrift zur Rechtfertigung dieses Ver-
fahrens, welche Tert. vorlag, kennt er nicht.
Es bleibt nun noch zu untersuchen, ob Hippolyt diese
Schrift gekannt hat. Dass er mit ihrem Inhalt teilweise bekannt
ist, beweist noch nicht, dass er sie wirklich gelesen hat. Er
teilt doch nur die allgemeinsten Grundsätze ohne Zusammen-
hang daraus mit. Sätze, die er ebenso gut durch Vermittlung
Dritter von Kailist gehört haben kann. Wenn dies zugegeben
wird, so lässt sich durch nichts beweisen, dass Hippolyt sich bei
seinem Bericht auf eine Schrift Kallists gestützt hat, ja es lässt
sich ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit für die Annahme
gewinnen, dass er eine solche nicht gekannt, wenigstens hier
nicht an sie gedacht hat.
1. Es ist schon S. 64 Anm. 2 darauf hingewiesen, dass die
Argumente Kallists für seine Milderungen im Verfahren gegen
die Ehebrecher durch Hippolyts Bericht in eine schiefe Stellung
geraten. Wenn auch in der Reconstruction der von Tert. be-
kämpften Schrift manches dunkel und unsicher bleiben muss,
das eine steht fest, dass sie keine Aussprüche über die Unab-
setzbarkeit der Bischöfe und keine Bestimmungen über die
Wiederverheiratung der Kleriker enthalten hat. Tert. hätte das
erstere sicher nicht verschwiegen, und die Praxis, mehrmals ver-
heiratete Kleriker zu dulden, ist älter als die Verfügung Kallists
über die Unzuchtsünden; denn Tert. bezeugt sie schon in de
monogamia XII. Alle in der reconstruierten Schrift vorgebrachten
Argumente beziehen sich einzig auf die Vergebbarkeit der
Unzuchtsünden resp. auf das Recht des Bischofs, sie zu vergeben.
Ebenso sicher ist aber, dass nach dem Berichte Hippolyts die
VIII. Der Charakter der reconstruierteu Schrift. 135
drei Argumente, die er von Kailist berichtet, in erster Linie für
die Duldung mehrfach verheirateter Kleriker angewendet sein
müssten, wofür sie eigentlich gar nicht passen. Aber auch
wenn man annimmt, dass nach der Meinung Hippolyts diese
biblischen Argumente zur Rechtfertigung aller von Kaliist auf
dem Gebiete der Sittenzucht getroffenen Massnahmen gelten
sollen, so ist damit doch immer vorausgesetzt, dass Hipp, ihren
Zusammenhang- in der reconstruierteu Schrift entweder nicht
gekannt oder ignoriert hat.
2. Dasselbe ergiebt sich aus der Art, wie er sie durch „ccZZä
xäl — \q>7\" an einander reiht; dadurch wird geradezu ein
Zusammenhang unter ihnen in Abrede gestellt; sie treten un-
abhängig neben einander. Wollte Hipp, hierüber den Gedanken-
gang einer ihm vorliegenden Schrift referieren, so müssten wir
eine unglaublich schwerfällige Berichterstattung annehmen, wie
wir sie ihm nach seinem Referat über die Glaubensregel Kallists
nicht zutrauen dürfen.
3. Aus dem Satze: xal oöa jtqoq tovto övvaxoq fjv Gvva-
ysiv, ovxmq tfQfitfvsvGEV, ov oi axQoaral ^ö&ivrti rolg öoyiiaoi
ötccfisvovöi y.xX. ergiebt sich, dass er gar nicht an eine Schrift
denkt, sondern die Vorstellung hat, dass Kaliist seine Absichten
und Beweise den „Hörern" mündlich vorgetragen habe.
Demnach ist dem Schluss schwer auszuweichen, dass Hip-
polyt entweder die Schrift Kallists nicht gekannt hat, oder dass
er sie absichtlich ignoriert. Der Befund der Zeugen ist also
folgender: Cyprian kennt die reconstruierte Schrift nicht oder
er ignoriert sie absichtlich. Origenes ist über das Verfahren
Kallists in der Bussdisciplin genau unterrichtet, kennt aber
seine Rechtfertigungsschrift nicht. Hippolyt kennt dieselbe
nicht oder ignoriert sie absichtlich. Hierdurch ist wichtiges
Material geboten zur Entscheidung der Frage nach dem Charakter
der Schrift Kallists.
VIII. Der Charakter der reconstruierten Schrift.
Es ist S. 21 festgestellt, dass der Erlass Kallists keine
Adresse gehabt haben kann. Daraus ergab sich eine doppelte
Möglichkeit: entweder war die Kundgebung an alle Christen
136 Rolffs, Das Indulgenz-Edict.
gerichtet, sodass jede bestimmte Adresse fehlen musste, oder
sie war lediglich für die römische Gemeinde bestimmt, sodass
eine Adresse fehlen konnte, weil sie selbstverständlich war.
Nach dem Ergebnis der Untersuchung über die Bezeugung der
Schrift Kallists ist die erstere Möglichkeit ausgeschlossen. Denn
hatte Kaliist seinen Erlass als ökumenisches Edict gedacht, so
musste er ihn auch an alle Gemeinden oder wenigstens an alle
hervorragenden Kirchen schicken; dann ist es aber unerklär-
lich, wie Origenes, Hippolyt und Cyprian ihn nicht gekannt
haben sollten, und es ist unmöglich, dass die beiden letzteren,
wenn sie ihn kannten, ihn ignoriert hätten. Denn abgesehen
davon, dass hierfür sich schwerlich ein genügender Grund aus-
findig machen lässt, wäre dieses Ignorieren ganz zwecklos, da
die Kundgebung doch allen bekannt sein musste. ')
Demnach hat man Kallists Schrift als eine lediglich für
die römische Gemeinde bestimmte Kundgebung aufzufassen.
Darauf weist uns auch der Bericht des Hippolyt über die Wirk-
samkeit Kallists. Alle Massregeln dieses Bischofs, von denen er
berichtet, lassen sich als Mittel zu dem einen Zweck begreifen,
seine Gemeinde auf Kosten der concurrierenden auszudehnen
und ihr die massgebende Stellung zu verschaffen. Diesem
Zweck dient die vermittelnde Glaubensregel, die Amnestie für
die von den andern Gemeinden ausgestossenen Sünder, dieDuldung
der Wiederverheiratung der Kleriker, die Nachsicht gegen vor-
nehme Frauen, welche mit ihren Sklaven geheime Ehen eingehen
wollten. Wenn die Bestimmung über die Unabsetzbarkeit der
1) Ich bemerke hier noch, dass es schwer vorzustellen ist, was der
Satz ego — dimitto in einem ökumenischen Erlass bedeuten soll. Dass
Kailist die aus allen christlichen Gemeinden ausgeschlossenen Ehebrecher
wieder zum Eintritt in ihre Gemeinden berechtigen will, ist ein ganz un-
möglicher Gedanke. Dass er sein Beispiel allen andern Bischöfen zur
Nachahmung empfehlen wolle, wird durch die Zurückführung seiner
Absolutionsgewalt auf die Nachfolge Petri ausgeschlossen. Sonach wäre
nur die Annahme übrig, dass er alle Unzüchtigen auffordern wollte, sich
nach geleisteter Busse in die römische Gemeinde aufnehmen zu lassen;
aber Kallist war nach dem, was wir von ihm wissen, viel zu klug, um
die römische Gemeinde dadurch der Verachtung aller Christen preis-
zugeben, dass er sie zum Asyl für alle Hurer und Ehebrecher des Erd-
kreises machte.
VIII. Der Charakter der reconstruierten Schrift. 137
Bischöfe1) und die Wiederholung der Taufe sich nicht ohne
1) Dass Kallist eine Bestimmung über die Unabsetzbarkeit eines
Bischofs getroffen hat, ist nicht wohl zu bezweifeln. Aber fraglich ist,
wie der betr. Satz bei Hipp.: OTiwq ei inlo/.o^oc, uliuqxol xi ei xal nQoq
9-üvaxov ßij ötlv y.uxaxi§eG$ui zu verstehen ist. Dabei handelt es sich
um die Erklärung der Worte: ei zccl tiqoz Q-ävuxov; sind sie im Sinne
Kallists oder Hippolyts gemeint? Es wäre Kallist sehr wohl zuzutrauen,
dass er, wenn che Umstände es erforderten, den character indelebilis des
Bischofs in voller Consequenz behauptet hätte, aber eben auch nur, wenn
die Umstände es erforderten, d. h. wenn er seine resp. die Herrschaft seiner
Gemeinde dadurch fördern konnte. Dass er lediglich einer dogmatischen
Theorie zu Liebe einen Satz aufgestellt hätte, der nicht unmittelbar einem
praktischen Zwecke diente, ist unter keinen Umständen anzunehmen. Der
Satz über die Unabsetzbarkeit der Bischöfe muss also als eine für einen
ganz bestimmten Fall getroffene Entscheidung angesehen werden. Dem-
nach hat Kallist, wenn die Worte el y.ul tiqoq Qdvaxov in seinem Sinne
zu nehmen sind, bezüglich eines Bischofs, welcher des Götzendienstes oder
des Mordes — Unzuchtsünden gelten für ihn ja nicht mehr als Todsünden
im eigentlichen Sinne — beschuldigt war, erklärt, er dürfe nicht abgesetzt
werden. Nun ist es aber schwer zu verstehen, wie ein Bischof in jener
Zeit, wo die Christen Ruhe vor Verfolgungen hatten (s. Nöldechen T. u. U.
V. 2. S. 150), sich der Verleugnung oder des Götzendienstes schuldig gemacht
haben soll; noch schwerer aber ist es zu begreifen, wie ein des Mordes verdäch-
tiger Bischof von den römischen Behörden unbehelligt geblieben sein kann;
seine Verhaftung würde aber den Streit, ob er abzusetzen sei oder nicht, gegen-
standslos gemacht haben. Also ist es wahrscheinlicher, dass die Worte el y.ul
TiQoq 0-ävaxov im Sinne Hippolyts aufzufassen sind, und es handelt sich hier um
die dritte Todsünde, die er kennt, um Unzucht. Er wird demnach hier einen
Fall im Auge haben, wo Kallist in Consequenz seiner Behandlung der Un-
zuchtsünden einen der Hurerei beschuldigten Bischof für unabsetzbar er-
klärte, natürlich um ihn für seine Partei zu gewinnen. Der Satz von der Un-
absetzbarkeit des Bischofs enthält also in erster Linie nicht ein Urteil über
die am bischöflichen Amt haftenden Qualitäten, sondern ein Urteil über
das Gewicht bestimmter Sünden. Hätte Kallist die schlechthinige Unab-
setzbarkeit eines Bischofs behauptet, so wäre nicht zu verstehen, weshalb
Hipp, von einem Kleriker (d. h. Bischof, Presbyter oder Diakon), der sich
zum zweiten oder dritten Mal verheiratet, erzählt: ßheiv xbv xoiovxov
iv xtö ykrjQco <bq fxrj 7}/j.uQxtjy.6x a. Das kann doch nur heissen: die
Wiederverheiratung wird von Kallist nicht als eine Sünde beurteilt,
welche den Verlust kirchlicher Ehrenämter nach sich zieht. Diese Be-
merkung wäre aber höchst überflüssig, wenn im Satze vorher berichtet wäre,
dass ein Bischof überhaupt wegen keiner Sünde abgesetzt werden könne.
Dass Kallist übrigens geringere Ansprüche an die active Heiligkeit eines
Bischofs stellt als Hippolyt, soll bereitwillig zugestanden werden, doch ist
die Differenz nur eine graduelle, keine principielle.
13S Roltfs, Das Indulgenz-Edict.
weiteres diesem Zweck unterzuordnen scheinen, so ist zu er-
wägen, dass gerade in diesen beiden Punkten der Bericht
Hippolyts an Unklarheit leidet. Jedenfalls hat aber die Ver-
fügung über die Wiederaufnahme der Unzüchtigen in hervor-
ragendem Masse das numerische Übergewicht seiner Gemeinde
verstärkt. Das schimmert nicht nur in den Anspielungen des
Origenes durch, sondern wird auch von Hipp, ausdrücklich be-
richtet. l) Demnach hatte Kailist vollständig seinen Zweck er-
reicht, wenn er seinen neuen Grundsatz in seiner eigenen Ge-
meinde, ohne Anstoss zu erregen, durchsetzte; dies scheint er
durch Verbreitung der reconstruierten Schrift versucht zu haben.
Nach den Worten Tert.s de pud. 1: sed hoc in ecclesia legitur
et in ecclesia pronuntiatur, et virgo est. absit, absit a sponsa
Christi tale praeconium! wäre dieselbe in der Gemeinde verlesen;
es ist demnach eine Ansprache des Bischofs, die er behufs
weiterer Verbreitung in der Gemeinde schriftlich fixiert hat;
wir dürfen sie uns vielleicht als eine Art Flugblatt denken.
Es ist also nicht gesagt, dass Kailist seine Neuerung durch
diese eine Kundgebung durchzusetzen gehofft hat, vielmehr ist
anzunehmen, dass er seine Grundsätze wiederholt in Predigten
entwickelt und begründet hat.
Da dieselben nun aber eine Umbildung des Kirchenbegriffs
bedeuteten und die christliche Sittlichkeit auf eine niedrigere
Stufe herabdrückten, so musste ihm viel darauf ankommen, sie
auch in andern Gemeinden anerkannt zu sehen. Deshalb hat
er vielleicht seine Flugschrift der höchst bedeutenden und mit
Rom in engen Beziehungen stehenden Gemeinde zu Karthago zu-
kommen lassen und dadurch Tert. zu der wütenden Polemik
gereizt, in welcher er am Abend seines Lebens die ungebrochene
Kraft seines Feuergeistes und — die Unhaltbarkeit seiner durch
den unaufhaltsamen Fortschritt der Geschichte veralteten An-
schauungen offenbarte.
1) Ov xä> oq(ü aQeonofxevoi 7io)./.ol owslörjöiv nenkrjyöxeq
afxa xe xal vrcb 7io?.?.wv cuQtoecov änoßltj&evxfq, xivhq 6h xal hii xaxa-
yvojoti txfi/.Tjtoi xT]q ixx/.Tjaiaq vtp1 q/xcöv yevöftevoi nQooyojyy'jOavxtq
avxoiq in/.rj&vvuv xo diöuaxa/.HOv avxov (p. 458j ov ol dxooaxal
Tjofhtvxsq xolq ööy/uaai diafttvovoi hymal'^ovxtq kuvxoiq xe xal nol.Xolq
wv xyj ötöaaxa/.slu) ovppiovo i öyj.oi. dib xal n.).rj9vvovxai, yavQuo-
(xevoL inl öy/.oiq diu xaq tjdovuq aq ov Gvveyo>Qr}oe v 6 Xoiaxöq (p. 400).
Berichtigungen und Nachträge.
S. 26.
S. 27.
S. 53.
S. 62.
S. 75.
S. 77.
S. 82.
S. 89.
S. 91.
S. 104.
Z 6 v. o. lies 250 statt 205.
Zu Anm. 1. vergl Past. Herrn. Mand. IV. 1, 4. 5.
Zu Aum. 1. vergl. de pud. 14: ut extra ecclesiaiu detur
erat in praesidentis officio (p. 248. 19—21).
Z. 16. v. u. lies a statt I.
alii statt ali.
pericula statt periculo.
ab apostolo statt ob ap.
Apocalypsi statt Apokalypsi.
Apoc. 220 statt Apok. 22o-
Z. 20. v. o.
Z. 28. v. o.
Z. 19. v. o.
Z. 1. v. o.
Z 21. v. o
Z. 18. ist der Gedankenstrich zu tilgen.
Druck von August Pries in Leipzig.
Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig.
Texte und Untersuchungen zur Geschichte der
Altchristlichen Literatur
herausgegeben von Oscar Ton Gefoliardt und Adolf Harnack.
Band I— IV auf Seite II des Umschlags.
V, 1. Der pseudocyprianische Tractat de aleatoribus, die älteste lateinische christ-
liche Schrift, ein Werk des römischen Bischofs Victor I. (saec. IL), von
Adolf Harnack. V, 135 S. 1888. M. 4.50
V, 2. Die Abfassungszeit der Schriften Tertullians von Ernst Noeldechen.
Neue Fragmente des Papias, Hegesippus u. Pierius in bisher unbekannten
Excerpten aus der Kirchengeschichte des Philippus Sidetes von C. de Boor.
184 S. 1888. M. 6 —
V, 3. Das Hebräerevangelium, ein Beitrag zur Geschichte und Kritik des hebräischen
Matthäus von Rud. Handmann. III. 142 S. 1888. M. 4.50
V, 4. Agrapha. Aussercanonische Evangelienfragmente, gesammelt u. untersucht
von Alfred Resch. — Anhang: Das Evangelienfragment von Fajjum von
Adolf Harnack. XII, 520 S. 1889. M. 17 —
VI, 1. Die Textüberlieferung der Bücher des Origenes gegen Celsus in den Hand-
schriften dieses Werkes und der Philokalia. Prolegomena zu einer
kritischen Ausgabe von Paul Kötschau. VII, 157 S. u. 1 Tafel. 1889. M. 5.50
VI, 2. Der Paulinismus des Irenaeus. Eine kirchen- und dogmengeschichtliche Unter-
suchung über das Verhältnis des Irenaeus zu der Paulinischen Briefsammlung
und Theologie von Johs. Werner. V, 218 S. 1889. M. 7 —
VI, 3. Die gnostischen Quellen Hippolyts in seiner Hauptschrift gegen die Häretiker
von Hans Staehelin.
Sieben neue Bruchstücke der Syllogismen des Apelles. — Die Gwynn'schen
Caius- und Hippolytus-Fragmente. Zwei Abhandlungen von Adolf Harnack.
HI, 133 S. 1890. M. 4.50
VI, 4. Die ältesten Quellen des orientalischen Kirchenrechts. 1. Buch:
Die Canones Hippolyti von Hans Achelis. VHI, 295 S. 1891. M. 9.50
VII, 1. Die Johannes-Apokalypse. Textkritische Untersuchungen u. Textherstellung
von Bernh. Weiss. VI, 225 S. 1891. M. 7 —
VII, 2. Ueber das gnostische Buch Pistis-Sophia.— Brod u. Wasser: die eucharistischen
Elemente bei Justin. 2üntersuchgn von Adolf Harnack. IV, 144 S. 1890. M. 4 50
VII, 3/4. Apollinarios von Laodicea. Sein Leben u. seine Schriften. Nebst e. An-
hang: Apollinarii Laodiceni quae supersunt dogmatica. Von lohs. Dräseke.
XIV, 494 S. 1892. Mi 16 —
VIII, 1/2. Gnostische Schriften in koptischer Sprache aus dem Codex Brucianus heraus-
gegeben, übersetzt u. bearbeitet, von Carl Schmidt. XH, 692 S. 1893. M. 22 —
VHI, 3. Die katholischen Briefe. Textkritische Untersuchungen und Textherstellung
von Bernh. Weiss. VI, 230 S. 1892. M. 7.50
VIU, 4. Die griechische Übersetzung des Apologeticus Tertullians. — Medicinisehes
aus der ältesten Kirchengeschichte. — Zwei Abhandlungen von Adolf
Harnack. IH, 152 S. 1892. _ M. 5 —
IX, l. Untersuchungen über die Edessenische Chronik. Mit dem syrischen Text
und einer Übersetzung herausgegeben von Ludwig Hallier. VI, 170 S.
Die Apologie des Aristides. Aus dem Syrischen übersetzt und mit Beiträgen
zur Textvergleichung und Anmerkungen herausgegeben von Richard Raabe.
IV, 97 S. 1892. M. 8.50
IX, 2. Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus von Adolf
Harnack. Zweite verbesserte u. erweiterte Aufl. VIII u. 98 S. 1893. M. 2 —
IX, 3/4. Die Apostelgeschichte. Textkritische Untersuchungen und Textherstellung
von Bernh. Weiss. 313 S. 1893. M. 10 —
X, Aussercanonische Paralleltexte zu den Evangelien gesammelt u. untersucht
von Alfred Resch.
l. Textkritische u quellenkritische Grundlegungen. VII, 160S. 1893. M.5 —
XI, l. Das Kerygma Petri. Kritisch untersucht von Ernst von Dobschütz. VI u. 162 S.
1893. M. 5 —
XI, 2. Acta SS. Nerei et Aehillei. Text u. Untersuchung von Hans Achelis. 70 S.
1893. &. 3 —
XI, 3. Das Indulgenz-Edict des römischen Bischofs Kaliist kritisch untersucht und
reconstruiert von Ernst Rolffs. VIII, 139 S. 1893. M. 4.50
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN
ZUR GESCHICHTE DER
ALTCHRISTLICHEN LITERATUR
HERAUSGEGEBEN VON
OSCAR von &EBHAEDT und ADOLF HAMACK
XI. BAND HEFT 3
DAS
INDULGEjSTZ-EDICT
DES
KÖMISCHEN BISCHOFS KALLIST
KRITISCH UNTERSUCHT UXD RECONSTRUIERT
TON*
Lic. THEOL. ERNST ROLFFS
MITGLIED DES PEEDIGERSEMIXARS AUF DER ERICHSBtXRG
(PROV. HANNOVER)
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1893
TEXTKRITISCHE STUDIEN
ZUM
NEUEN TESTAMENT
VON
WILHELM BOUSSET
PRIYATDOCEXT IX GÖTTINGEN
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LEIPZIG
J. C. HINRICHS-SCHE BUCHHANDLUNG
1S94
Diesem Hefte liegt Titel und Inhalt zu Bd. XI der T. & U. bei.
Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig.
Texte und Untersuchungen zur Geschichte der
Alfchristlichen Literatur
herausgegeben von Oscar Ton Gerhardt und Adolf Harnack.
I— Öl. IV 1/3. V— IX. X 1. XI XII 1. M. 247 -
I, 1/2. Die Überlieferung der griechischen Apologeten des zweiten Jahrhunderts in
der alten Kirche und im Mittelalter, von Adolf Harnack. VIII, 300 S. 1882.
M. 9 —
I, 3. Die Altercatio Simonis Iudaei et Theophili Christiani nebst Untersuchungen
über die antijüdische Polemik in der alten Kirche, von Adolf Harnack.
Die Acta Archelai und das- Diatessaron Tatians, von Adolf Harnack.
Zur handschriftlichen Überlieferung der griechischen Apologeten. I. Der
Arethascodex, Paris. Gr. 451, von Oscar v. Gebhardt. III, 196 S. 1883. M. 6 —
I, 4. Die Evangelien des Matthäus und des Marcus aus dem Codex purpureus
Rossanensis, herausgegeben von Oscar v. Gebhardt.
Der angebliche Evangeliencommentar des Theophilus von Antiochien, von
Adolf Harnack. LIV, 176 S. 1883. M. 7.50
II, 1/2. Lehre der zwölf Apostel, nebst Untersuchungen zur ältesten Geschichte
der Kirchenverfassung und des Kirchenrechts von Adolf Harnack. Nebst.
einem Anhang: Ein übersehenes Fragment der /l^axn in alter lateinischer
Übersetzung. Mitgetheilt von Oscar v. Gebhardt. 70 u. 294 S. 1884. M. 10 —
(II, 1/2. einzeln nur in anastatischem Druck (1893) käuflich.)
II, 3. Die Offenbarung Johannis, eine jüdische Apokalypse in christlicher Be-
arbeitung, von Eberh. Vischer. Mit Nachwort von Adolf Harnack. 137 S. 1886.
M. 5 —
II, 4. Des heil. Eustathius, Erzbischofs von Antiochien, Beurtheilung des Origenes
betr. die Auffassung der Wahrsagerin 1. Könige [Sam.] 28 und die dies-
bezügliche Homilie des Origenes, aus der Münchener Hds. 331 ergänzt
und verbessert, mit kritischen und exegetischen Anmerkungen von Alb.
Jahn. XXVII, 75 S. 1886. (Einzelpreis M. 4.50) ; M. 3.50
II, 5. Die Quellen der sogenannten apostolischen Kirchenordnung, nebst einer
Untersuchung über den Ursprung des Lectorats und der anderen niederen
Weihen, von Adolf Harnack. 106 S. 1886. M. 4 —
III, 1/2. Leontius v. Byzanz und die gleichnamigen Schriftsteller der griechischen
Kirche von Friedr. Loofs. l. Buch: Das Leben und die polem. Werke des
Leontius v. Byzanz. VIII, 317 S. 1887. M. 10 —
III, 3/4. Aphrahat's des persischen Weisen Homilien, aus dem Syrischen übersetzt
und erläutert von Georg Bert.
Die Akten des Karpus, des Papylus und der Agathonike. Eine Urkunde aus
der Zeit Marc Aureis, von Adolf Harnack. LH, 466 S. 1888. M. 16 —
IV. Die griechischen Apologeten.
1. Tatiani oratio ad Graecos. Recens. Ed. Schwartz. X, 105 S. 1888. M. 2.40
2. Athenagorae libellus pro Christianis. Oratio de resurrectione cadaverum.
Recens. Ed. Schwartz. XXX, 143 S. 1891. M. 3.60
3. Die Apologie des Aristides. Recension und Reconstruction des Textes von
Lic. Edgar Hennecke. XX, 64 S. 1893. M. 3 —
Partiepreis M. 2 —
4. Theophili libri tres ad Autolycum. Recens. Ed. Schwartz. \ jnVorbe-
5. Iustini martyris apologia et dialogus cum Tryphone Iudaeo. } Tenüno-
Recens. 0. de Gebhardt et A. Harnack.
Diese Ausgaben der Griechischen Apologeten sind nur mit kurzem
sprachlichen Commentar und Registern versehen und sollen zum Gebrauch
bei Vorlesungen oder in Seminaren dienen, weshalb auch deren Preise
möglichst niedrig gestellt wurden.
Fortsetzung auf Seite III des Umschlags.
TEXTKRITISCHE STUDIEN
ZUM
NEUEN TESTAMENT
Vi >N
WILHELM BOUSSET
PKIVATDOCEXT IN GOTTIXGEN
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LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1S94
VORREDE.
Die Anordnung der textkritischen Studien verdankt ihre Ent-
stehung einem Zufall. Die erste Studie wurde geschrieben um
meinen Kommentar zur Apokalypse, den ich für das Meyersche
Kommentarwerk zu schreiben unternommen habe, von textkriti-
schem Stoff zu entlasten. Bei dieser Arbeit regte sich mir wieder
die Freude am textkritischen Arbeiten, so dass ich teilweise voll-
endete Untersuchungen, die längere Zeit gelegen hatten, wiederauf-
nahm und zum Abschluss brachte. Ein Ganzes zu geben, war nicht
beabsichtigt; wenn schliesslich der Kundige urteilen würde, dass
doch so etwas wie ein Ganzes herausgekommen ist, so würde
ich mich freuen. Es stehen allerdings die einzelnen Unter-
suchungen in engem Zusammenhang mit einander, aber auf der
andern Seite bin ich mir sehr bewusst, dass wir noch ganz in den
Anfängen der textkritischen Wissenschaft stehen. Wenn ich
diesen und jenen durch meine Studien anregen würde, in der
einen oder andern Richtung weiterzuarbeiten, so würde meine
Mühe belohnt sein. Denn mühevoll ist die textkritische Arbeit
und nur ein Sandkörnchen ist es, was sie als Beisteuer zur Er-
kenntnis der Wahrheit einträgt. Doch ist auch die Textkritik
eine Arbeit, die gethan werden muss.
Göttingen, im Januar 1894.
Wilhelm Bousset.
INHALT.
Seite
I. Zur Textkritik der Apokalypse 1
II. Der Kodex Pamphili 45
III. Die Recension des Hesychius 74
IV. Die Gruppe K77(M) in den Evangelien 111
V. Zur Textkritik der Apostelgeschichte 13G
VERZEICHNIS
UNGEBRÄUCHLICHER ABKÜRZUNGEN.
g = altlateinische Version aus dem Gigas librorum, p = koptische
Version, u = sahidische Version, a = die von Cureton edierte altsyrische
Version, e = Peschita, p = charklensieh-philoxenianische Version, hr. =
evangeliarurn hierosolyrnitanum , Tich. = Tichonius, Pr. = Primasius,
Th. = Theodoret, Ti. = Tischendorf, Octava major, Treg. = Tregelles,
Alf. = Aford, "W-H = Westcott-Hort, § = Hesychrecension, K = Andreas-
klasse in der Apokalypse. Die übrigen Zeichen finden aus Tischendorfs
Apparat oder aus dem Zusammenhang ihre Erklärung.
I. Zur Textkritik der Apokalypse.
In seineu textkritischen Untersuchungen zur Apokalypse l)
unterscheidet B. Weiss einen jüngeren (emendierten) Text und
einen älteren. Jenem gehören wesentlich — wenn auch nicht
mit allen ihren Eigentümlichkeiten — die Majuskeln P und Q 2),
diesem die älteren tfAC, obwohl auch von diesen wenigstens X
Spuren des emendierten Textes zeigt, P und Q haben also zur
Grundlage einen älteren emendierten Text, der sich jedoch bei
Q getreuer als bei P erhalten hat, oder in jenen vollständiger
als in diesen aufgenommen ist.
Nun muss aber gegen diese Ergebnisse sofort der That-
bestand einnehmen, dass nach der Zählung von Weiss P 130,
Q 350 Sonderlesarten hat, während P und Q nur etwa in
50 Fällen gegen sA(C) übereinstimmen. Die gemeinsamen
Varianten behandelt W. auf S. 3 — 7, die jeder Handschr. beson-
dern auf S. 7 — 40! Demgegenüber weist W. zwar darauf hin,
dass in P, Q Emendationen der gleichen Art vorkämen, die nur
auf eine gemeinsame Grundlage führen könnten, aber es Hesse
sich doch erwidern, dass wenn einmal emendiert wurde, auch
verschiedene Emendatoren nach ähulichen Grundsätzen verfahren
konnten3). Wollte man auch annehmen, dass fast alle jene 50
gemeinsamen Lesarten von PQ aus einem beiden zu Grunde liegen-
den emendierten Text stammen, so ist damit noch lange nicht
bewiesen, dass nun auch die grössere Masse der Eigentümlich-
keiten, die P und Q besonders haben, aus jener Quelle stammen.
Doch wird sich auch über jene 50 Varianten das Urteil noch
1) Texte und Untersuchungen VII, 1.
2) mit Tregelles Weiss ist dieses Sigel für cod. Vaticanus 2066 ein-
zuführen, während Tischendorf das missverständliche B gebraucht.
3) W. redet zwar auch von den Emendatoren, aber er nimmt doch
einen bestimmten emendierten Text an.
Texte u. Untersuchungen XI, 4 1
2 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
anders stellen. Zunächst aber führt uns die von W. selbst (42.)
gemachte Beobachtung weiter, dass in P und Q an mehreren
Stellen von einander verschiedeneEmendationen vorliegen,
die also ganz unmöglich auf dieselbe Quelle führen können. Von
diesen Stellen soll die Untersuchung ausgehen. Aber sie darf
sich m. E. nicht auf die beiden Majuskeln beschränken, sondern
muss die Minuskeln, so weit sie erreichbar sind, in ihren
Bereich hineinziehen. Das handschriftliche Material habe ich den
Ausgaben von Tischendorf, Tregelles und Alford, The Greek Te-
stament IV2 4. ed. Cambr. 1884, entlehnt; wo sich Differenzen
und Unklarheiten herausstellten, bin ich auf die Kollationen und
Ausgaben von Birch, Alter, Griesbach, Matthaei, Scholz, Scrivener1)
zurückgegangen. Die grosse Masse der Minuskeln notiere ich
mit Tischendorf durch al. und eine ihre ungefähre Zahl an-
gebende Ziffer. Die Minuskeln, auf Grund deren die erste Aus-
gabe des Andreaskommentars von Fr. Sylburg 2) gearbeitet ist,
und über die wir teilweise nur durch jene Ausgabe unterrichtet
sind, notiere ich wie Ti. mit a b p, den von Ti. verglichenen Cois-
linianus mit c3). — Pr bedeutet die im Kommentar des Prima-
sius erhaltene alte Italaübersetzung nach Hausleiter4), g die alt-
lateinische Übersetzung aus dem Gigas librorum nach Belsheim."')
Für diese und die folgenden Abhandlungen bemerke ich, dass
ich für die Übersetzungen folgende Sigel gebrauche: für den
kuretonschen Syrer o, für die Peschita 0, für die koptische
1) A. Birch, Variae lectiones. Hauniae. 1800. F. C. Alter, Nov. Test.
ad cod. Vindobonensem. T. IL 178(5. Matthaei, Nov. Test. Tomi XII. 1782—
1788. Griesbach, Nov. Test. Vol. IL Halae 1806. Scholz, Nov. Test. Vol. II.
Lips. 1836. Scrivener, Codex Augiensis. Cantabr. et Lond. 1859.
2) Heidelberg 1596, cf. F. Delitzsch, Handschriftliche Funde II, 2. Heft.
29. (Leipzig 1861—62.)
3) Delitzsch, H, 40. — Nach Delitzsch, II, 29. 31. 38. 40 und den be-
treffenden Angaben in Gregorys Prolegomena (s. dort die betreffenden
Minuskeln :cur Apokalypse) ist a Monacensis Graec. 544 = 80 ; b Monacensis
Graecus 23 = 81; c Coislinianus 224 = 121; p Vaticanus Palatinus 346 =
161. (Der letztere nur Vermutung von Delitzsch, andre und teilweise sicht-
lich falsche Angaben bei Alford 274.)
4) Forschungen zur Geschichte des neutestamentlichen Kanons IV.
5) Die Apostelgeschichte und Offenbarung Johannis in einer altlatei-
nischen Übersetzung aus dem Gigas libronmi herausgegeben von J. Bels-
heim. Christiania 1879.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 3
Übersetzung p, für die sahidische Ö1), für die Vulgata bleibe
ich bei vg (cl die Klementinische Ausgabe).
In der folgenden Übersicht ist zunächst die Lesart der älteren
Kodices, dann die Abweichung von P, endlich die von Q an-
gegeben :
1 6 ßaoiltiav lEQStg tfAC al 50.
ßaoiZstg xat isQSig P 1. 28. 36. 79. a b p Tert.
ßctöiXuav xat isq. Xc 9. SO.2) 99. Pr. Vict. g vgcod.
ßaoiluov leQCtTEVfia 13. 14. 23. 27. 55. 92.
ßaOÜ.iLOV 18Q&.Q Q.3)
220 {xrpt yvvaixa) . . r\ Xeyovoa sAC.
Z7jv Xsyovaav Pxc 1. 36. 3S-4) b.
// Xeyei Q al45 a c p.
3l8 tyyiQiGai NAC 7. 16. 18. 28. (36. 45 iva eyyQioat) a.
eyXQiöov P 1. 10. 17. 49. 79. 91. 96. b p.
Lva syyQiOtj Q al'35 c (nur ty/giot] lesen 37. 38. 42).
4 7 zo jiqoöcojiov coq avd-Qomov A 11. 13. 36. Pr. vg.5)
coq avd-Qconoq P 1. 7. 10. 16. 17. 28. 37. 38. 39. 48.
49. 79. 91. 92. 96. a b.
avfrrjco~rov Q al3u c p.
4n Tjöav xat sxTi6&)j6av X al40 vg g p 0. c)
hol do P 1. 7. 10. 13. 17. 34. 35. 37. 39. 47. 49. 79.
87. 91. 96. a b c (p?).
ovx f/oav Q 14. 38. 51.
9U tyovoiv SA 6. 33. 35. 36. 46.7) 91.
xai r/ovoiv P 1. 28. 34. 79? 87. a b c.
(xcu tiyov p Pr. g vg.)
tyovoca Q al35.
913f. <pcovt]v . . . Xtyovra SA.
1) Die Sigel teilweise nach Lagarde.
2) 80 und a (s. o.) die doch -wahrscheinlich identisch, differieren hier,
wahrscheinlich liegen hier falsche Angaben vor.
3) 5io lesen nur sA vg ~ Pr (CP fehlen) ßaoikettcv xcu legetq, alle
übrigen ßaoilziq xai ieQeiq.
4) nach Ti. noch alii.
5) s wq Ofiowv avS-QWTiov; g siniile homini.
6) Pr — rjoav xcu; A — xat exTia9r,0(xv.
7) 46 wie es scheint, nach Birch.
1*
4 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Xsyovöav P 1. 6. 7. 10. 13. 17. 26. 28. 34. 35. 36. 37.
38. 49. 79. 87. 91. 96. ab? c?1)
{(pmvrjq Xeyovörjg tfc p.)
.... ?>eyovxog Q al 30.
12 6 TQt(pov6iv tfC 36. b.
TQeycooiv AP 1. 14. 28. 29. 34. 49. 51. 79. 87. 90. a b c p.
txxoegxnöiv Q al25 (die Angaben sind nach Ti. und Treg.
gemacht, nach denen Alf. zu berichtigen war).
18 6 dixXcooaxe (xa) öutXa NAC 95. vg Tich. g.
duiXcooaxe avxt/ (xa) öutXa P 1. 7. (10.) (17.) 28. 31. 36. 37.
[38.] 47. 49. 87. 91. 96. a b c p p D Pr.2)
öijtXojoaxe xa öutXa cog xai avx)j xai Q al25.
18, 6 Jievfrovvxeg Xeyovxeg NAC al20pAOg.
xai Xeyovxeg P 7. 10. 28. 33. 34. 35. 36. (37.) 47. 48.
49. 79? 87. 91. 95. 96. a c p3) Pr. vg.
(— xai Xeyovxeg" 1. 12. 16. 39. b.)4)
Xeyovotv ( — xai) Q 26.
20 9 ex xov ovoavov A 12. 18. 79. a Pr. Tich.
-f- cvto xov &eov Q al25 c p p "0 Vict. g.
\- ajto xov &eov" .... Sc5) P 7. 95. vg 0 (ex xov &. ajio
x. ovo. 1. 17. 19. b).
Ich füge noch folgende Stellen bei:
17 3 yetuovxa ovofiaxa xAP.
yefiov ovofiaxrov 1. 6. 10. 28. 31. 34. 35. 36. 37. 48. 49. 51.
79. 87. 91. 96. a b c p Hipp.
ye/iov ovotuaxa Nc Q al25.
LS,, ov (ir) evQrjaovöiv XACP 34. 35. 36. 87. 90. c vg o.
or iüi BVQrjGEig 1. 10. 37. 49. 91. (Treg.) 96. b. (evQrjötjg 17.
26. 27.)
ov tu// ei'Q>/g Q al30 a p.
21 ,, cpiaXag xcov ysfioptcov tfAP 12. 79. b.
1) Nach den Angaben Sylburgs hat a, wahrscheinlich auch b, ).eyovaav,
Ti. Alf. haben die Angaben über Andreas ausgelassen.
2) Die Angaben nach den Originalkollationen, Q nach Ti. Alf. gegen
Treg., 38 liest statt avxrj: etwa.
3) Nach den Angaben von Birch, Matthaei, Alter, Scrivener, Tregelles.
4) cf. Ti.
5) s deest.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 5
rag ysfiovöaq 1. 7. 34. 37. 40. 41. 42. 47. 37. 91. a.1)
ys^tovoag Q al 2o c p.
Deutlich und klar geht aus dieser Zusammenstellung das
hervor, was bewiesen werden soll. In allen Stellen — zweifel-
haft ist nur 318 — ist in den an zweiter und dritter Stelle stehen-
den Varianten die an erster Stelle stehende schwerere Lesart kor-
rigiert, tiberall haben wir doppelte Korrekturen, und fast überall
verteilen sich die Hndschrn. so, dass die grosse Mehrzahl der Minus-
keln auf Seiten von Q steht — nur 116. 4U. 1816 ist Q nur von
wenigen Min. begleitet — dass dagegen P ebenfalls eine ganz be-
stimmte Klasse von Minuskeln zur Seite tritt, bald mit geringerer
bald mit grösserer Vollständigkeit. Dieselbe Klasse tritt in den
drei an letzter Stelle aufgeführten Varianten allein auf, während
P hier mit den älteren Kodices geht. Es ist also die Wahr-
scheinlichkeit gross, dass in P und Q zwei Textre'cen-
sionen vorliegen, deren jede erst gesondert untersucht
werden muss, ehe man sie auf ihre gemeinsame Grundlage
hin prüfen kann. Die Klasse Q al. ist nun schon von B. Weiss
in ausreichender Weise untersucht, nur hätte in der Untersuchung
schärfer unterschieden werden müssen zwischen Eigentümlich-
keiten, die Q allein hat und solchen, die er mit der ganzen Klasse
teilt. Auch hat Q al. wohl öfter, als W. das zugiebt, das richtige
bewahrt.
Hier soll die Untersuchung über diejenige Familie
vonHndschr., zu der P gehört, noch einmal in umfassender
Weise unternommen werden. Als mehr oder . minder zu dieser
Klasse gehörend können die Min. 1. 7. 10. 12. 17. 28. (34.) 35.
36. 37. (38.) (41.) (42.) 47. (48.) 49. (51.) 79. 87. 91. (95.) 96. ab
c p bezeichnet werden. D. h. die Begleiter P's sind in den aller-
meisten Fällen Hndschr. mit dem Kommentar des Andreas. Ge-
länge es uns, den Archetypus dieser Hndschrn. herzustellen, so
würden wir den Text erreichen, der dem Bischof Andreas von
Caesarea, der im 5. Jahrh.'2) schrieb, bei Abfassung seines Kom-
1) sc Xiov ytfiovowv; 35. rag v/ovoaq.
2) Über die Zeit des Andreas siehe Rettig, Studien u. Krit. 1837.
Lücke, Versuch einer vollständigen Einleitung S. 525 Amn. 1. — Die Zeit
des Andreas ist daraus zu bestimmen, dass Andreas keine Daten, Personen
(Auktoritäten) nennt, die später als in die zweite Hälfte des 5. Jahrh. fallen
und besonders daraus, dass er fol. 9444 Gog und Magog auf die Hunnen deutet.
6 Bousset. Studien zum Neuen Testament.
mentars vorgelegen. Dieser Text aber wäre ein höchst wichtiges
Dokument zur Textkritik der Offenbarung. Denn dass er etwa
erst von Andreas für seinen Kommentar J) recensiert sei, darauf
führt uns nicht die geringste Spur. Wir werden weiter ver-
muten dürfen, dass wenn ein Bischof von Cäsarea einen Kom-
mentar zu schreiben unternimmt, er nicht irgend eine beliebige
Hndschr. dazu wählte, sondern einen anerkannt guten Text. Der
Archetypus unsrer Klasse ist also nicht irgend eine beliebige
Hndschr. des 5. Jahrhunderts, sondern er tritt durch jene Über-
legung sofort in ein andres Licht, er ist ein Dokument von hohem
geschichtlichen Wert für die Textgeschichte der Offenbarung.
Die Rekonstruktion dieses Archetypus muss wegen der
Massenhaftigkeit des Materials möglich sein. Bei dieser Unter-
suchung ist P natürlich gar nicht für sich allein, sondern nur
als wertvoller Zeuge für jene Klasse, vielleicht gar nicht einmal
als der wertvollste zu betrachten. Untersuchung und Urteil über
P ist völlig zurückzustellen, ehe jene erste Untersuchung nicht
geleistet ist. Ich stelle hier zum Beweis, wie berechtigt diese
Forderung ist, einige Stellen zusammen, aus denen die sekundäre
Bedeutung von P zur Genüge hervorgeht:
214 1) og söiöaöxtv xco Balax AC 7. 11. 95.
2) tv reo Balax 1. 18. 92 2.
3) xov Balax tfc (X deest) omnes a b c.
4) . . ev xco Balaatu xov Balax P p und comm. a c p.
(12: o Balaafi xov Balax.)
Ersichtlich ist Variante 2 ans Var. 1 entstanden durch Ver-
doppelung des ev in tdiÖaoxev. Wahrscheinlich aber ist dann
Var. 4 eine Kombination von Var. 2 4- 3 (welche letztere gram-
matische Korrektur aus 1). Fraglich ist es, ob Andreas schon
diesen verderbten Text (Var. 4) gelesen. In p steht allerdings
im Kommentar dio xal xov Baladfj ifivr^tovevösv g)^Oag og
ediöaöxev tv xco Balaccfi xov Balax' ö/jlol de öia. xovxcov
xov votjxov Balaäfi xov öiaßolov Iv xco aiuthi/xcö xov Balax
1) Dagegen stimmt der Text, der dem Arethaskommentar zu Grunde
gelegen, mit der Familie Q überein. Von letzterem ist wegen der unzu-
verlässigen Angaben über denselben ganz abgesehen. Der Versuch die
Hndschrn. nach ihrer Verwandtschaft zum Andreas- und Arethaskommentar
zu ordnen, liegt schon bei Delitzsch „handschriftliche Funde" vor. Doch
ist er seither noch niemals, soweit ich sehe, konsequent durchgeführt.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 7
diöa^ac xo xazd xcöv 'Ioqcojäitcöv oxävöakov. Diese Deutung
setzt jene Lesart voraus, sie findet sich auch in a (nach Sylburg)
wahrscheinlich auch in c (Ti.), jedoch nicht in b (siehe die la-
teinische Übersetzung des Peltanus). Die geringe Verbreitung
der Lesart macht es wahrscheinlich, dass sie Andreas nicht vor-
gelegen und jene Stelle des Kommentars eine Glosse ist. Jeden-
falls ist P entweder von einem dem Andreaskommentar zu Grunde
liegenden Text oder gar von einer Hndschr. des Andreaskom-
mentars abhängig.
1- ev reo jTagaöeioco sACQ Rel. vg. o Pr. C}Tpr.
sv fieoco rov jiaoadeioov 1. 10. 16. 17. 28. 34. 35. 36. 37. 49.
79. 91. 96. a b cp p. >)
sv fieoco reo jtczQaöeioco Xcc P.
Hier erscheint bei P eine aus beiden Varianten gemischte
Lesart. Denn der Zeugen für Var. 2 sind so viele, dass man
nicht annehmen kann, dass P nur die halbe Verbesserung (Ein-
schiebung des fieoco) und die übrige Familie dann die konse-
quente Veränderung repräsentiere.
215 ofioicog sämmtliche Hndschrn.
o fiioco 1. 92ms rjv fiioco a.
ofioicog o fiioco P 12. 37. b p (?jv fiioco) vgcod.
Wieder hat P eine gemischte und diesmal sinnlose Lesart.
Die ältere Grundlage der von der Hauptmasse der Hndschrn.
abweichenden Eigentümlichkeiten P's ist sicher bei 1. 92m£ a zu
suchen.
Hinter 1S3 schalten P 38 den Vers 18, 7 ein; schon Ti. hat
gesehen, dass P hier durch den Kommentar des Andreas beein-
flusst ist.
194 liest P das sinnlose ejti tcov &qovcov.
Die Lesart ist entstanden aus Verschmelzung von exi xov
&qovov xACQal24 und em tov d-govov der Lesart der meisten
Andreashndschrn.
218 o &avccTog o öevTeoog sämmtliche Hndschr.
(o) ösvTSQog fravaTog 1. 17. 49. a b p.
ftavccTog P.
Auch hier wird sich der Ausfall des öevzeoog in P durch
die Annahme erklären lassen, dass der Abschreiber durch- die
1) cf. g in paradysi.
8 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
verschiedene Stellung des ösvteqoc in Variante 1 und 2 veran-
lasst wurde dasselbe fortzulassen. P ist also eine Hndschr., die
den von uns gesuchten Text nicht rein enthält. Nicht unwahr-
scheinlich ist mir, dass derselbe in P erst in eine ältere Grund-
lage hineinkorrigiert und zwar in ziemlich umfangreichem Mass
hineinkorrigiert ist.
Es soll jetzt zunächst eine Zusammenstellung der Sonder-
lesarten der zu untersuchenden Textklasse gegeben werden, da-
mit desto sicherer eine genaue Bestimmung der zugehörigen
Hndschr. und eine möglichst ins einzelne gehende Klassificierung
erreicht werde. Zunächst folgen die Stellen, an denen P mit
unsrer Klasse zusammensteht.
1 4 a + sanv ') P 1. 12 (36 sigiv) b 10. 37. 49. 91. 96. 28. 7.
16? p 8.33.38.95. Pr. Flor. 2) g.
1 5 ayajccovn} ayccxi/Oavti P 1. 12. 3) 36. b. 10. 37. 91. 96. 28.
79. a 92. 99. p (34. 35. 87. c og r/yajz7/6tv g qui dilexit).
1 9 + sv tr/' ßaoiXsia P 1. 12. (36.)4) b 7. 16. 49. p.
ln XsyovöJjg 4- syco situ xo a).(pa xai xo <o o Jigcoxog xai
o soyaxog xai P 1. 12. 36. 7. 16. 69. 92. 49. a p 38.5)
120 at Ivyviai ai sjtxa + ag siösg P 1. 12. 36. b 10.17.37.49.
91. 96. 28. 79. a p6).
2 3 co eßaötaöag xai vjiofiov/jv tytig P 1. 12? b 7. 16. 10. 17.
49.91.96? 28. 79. a 38. p 7).
2 5 + sx" ji£jtrcox(ag) P 1. 12. b 7. 16. 39. 10. 17. 37. 49. 91.
90. 28. 79. a p 45. 46. vg. g Vict.
2,:} £V xaig rmsgaig -f- sv" aig*) Nc P 1.12. 36. b 7.16.45. 10.
17. 37. 49. 91. 96. 28. 79. a p 34. 87. c g (in quibus).
1) Ich ordne die Hndschr. um Wiederholungen zu vermeiden gleich
gruppenweise. Die Zusammenstellung selbst wird das Recht der Ordnung
ergeben. An letzter Stelle folgen diejenigen Kodices, die nicht eigentlich
zur Textfamilie gehören (sA 47. 79. 99. a haben eine andre Korrektur).
2) Flor. Italafragmente bei Hausleiter.
3) 12: xov aycmrjoavToq.
4) 36 nur + sv. Die Angaben über 12 nach Birch.
5) P 7. 16. lesen syoj cckcpa y.UL xo at UQfüxoq, xai o eoyaxoq xai,
7. 16. 38. 69. 92. lassen das letzte xai fort, 16. 38. lassen das o vor eoyaxoc aus.
6) Dazu 14. 92. 8. 41. 93. p.
7) P 7. (Treg.) 16. dazu 45. 46. 88, haben £ßaaxaoaq-[- f.i£ , 1. 92mrg a
fßanxiGaq, 33. 34. 35 nur eßccoxaoaq, 37 nur vnofj.ovriv tyeiq.
8) Ich nehme an, dass sv xaiq ?j/xeQaic aiq nicht sv xcuq rjfxspcuq
die richtige Leart ist. (s liest rifxsQaiq sv xatq.)
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 9
217 ömöco avzco + <payeiv ano P 1. 12 ') 36. b 7. 16. 10. 17.
37. 49. 91. 96. 28. 79 a p. 2)
4 2 + xai" sv&BCOQ P 1. 36. b 7. 16. 10. 17. 18. 37. 47. 49.
"91.96. 28. 79. a 34.35. 87. c p 38.51.
4U o xvqioc xai &eog] xvqis o&eoqP 36. b 7.16.39. 28. 79. a
47. 38. Pr. vg. g.
513 o+ eöxiv P 1. 36. b 10. 17. 37. 49. 3) 96. 28. 79. a 34. 35.
87. c 41. 47. p Pr. vg.
&a?.a60rjg + a eötiv PQ 4) 1. (36.)5) b 10. 17. 37. 49. 91. 96.
(34). 35. 87. c p g vg. Fulg.
6106) exQai-av] exga&v P 1. 36. b • 28. 79. a p 31. 38. g vg.
6,2 ösXrjv?/ — oXrj P 1. b. 10. 17. 37. 49. 91. 96. a 35. 87. c
" 40. Pr.
613 oo iieycdov avsfiov P 1. 36. b 17. 37. 49. 91. 96. 28. a p
39. 40. 41.
6U eXioöofisvog] si P 1.36.b 28. 7) 79. a (18.27.33.47.
49 2. 51. 95. al).
615 xai + jiag" ü.ev&sQoq Pxc 1. b 10.17.37.49.91.96. 28.
a p 38. p.
1 x tovto] Tavxa?*) 1.36.b 28.79.a 47. p (33. 92. 95. al2).
Pr. g vg. d.
716 diqrjGovGiv — frtP9) 1. 36. b 34. 35. 87. c a 38. 40. p g Fulg.
8 5 ~ ycovai xai ßgovrai P 1. 36. 10. 17. 37. 49. 91. 96. 28.
a10) p IS. 19.
812 <pavrj] yaivi] P11) 1. (36.) b 10. 17. 37. 49. 91. 96. 28. 79.
a p g (dies non luceat).
1) nach Birch e sil.
2) ebenso 5 g; 13. 14 + xov cpaysiv; 34. (Alter) 35. 87. c: -j- qxxysiv,
n 91 : + s /.. g rnanducare.
3) nicht 91 mit Treg. Ti. gegen Alf.
4) Q ist hier so offenbar abhängig von unsrer Hndschrn.-Klasse, dass
ich auch diese Stelle mit: hierher setze.
5) 36 liest y.ai a eaxiv { — xai zu) ev avroig, ebenso g et quae in
illis sunt.
6) Vielleicht gehört hierher noch 6i. <pü>vtj) (pojvrjq P 1. b 18. p Ü. 31.
7) nach Scriv. elkiaaofi.
8) Mit Ti. Treg. gegen Alf.. 3(3 nach Alter e silentio.
9) Mit Ti. gegen Alf., Treg. ?
10) wahrscheinlich auch 79. Ti giebt hier keine genauen Angaben.
11) P (pevjj hat allerdings wahrscheinlich (pcuvt] gelesen, Ti. Alf. geg.
10 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
813 asrov] ayyeXov P 1.36. b 7.16. 17.47. 28.79a p 34.35. Vict.
9l8 -f- £x" xov xcuivov CP 1. b 17. a 6. 31. g vg. C
+ sx" xov fteiov P 1. b 17. 79 a 6. 31. g.
10 , — ?j" iqlc Ptfcl) 1. 36. 35. a p 7. 32. 33. 38. 41. 98. (iqiv
28. 79. SO a 2 b).
10 9 öovvai] öog P 1. 36.2) b 10. 17. 37. 49. 91. 96. 28. 79. a p
33. 34. 38. 40. 51. p.
10t , Aeyovöiv) Uyei P 1. 36. b 7.*) 10. 17. 37. 47. 49. 91. 96. 28.
79. a c p 6. 18. 31. 38. 51. 95 Pr. fu. gp C.
11 9 xo mcofia] xa jtxcotuaxa P 1. 36. b 10. 17. 37. 49. 91. 96.
28. 79. a 34. 35. p 18. 33. 38. 51. 95. C vg. g (Pr. deest).4)
14] — xo"aoviorP 1.36.b 7.5)28 a 37.49.91.96. 32.34.35c p.
14 2 xcu }/ (fcovi) 7]v rjxovoa] xcu (powr/v ijxovoa P 1. b 28. 79.
a p 91. g (et audivi vocem).
15 8 xcov — sjixa" ayysXcov P6) 1. 12. b 10. 17. 18. 49. 91. 96.
28. 79. a p 38. g.
16 ! xac — tJtxa" cfiaXag P 1. b 10.17.37.49.91.96. 28. 79. a
34. 35. '') g fialas Septem.
162 — 17t fehlt P.
18 2 — xcu (pvXaxij jcavxog oqvsov axafraoxov" P 1. 12. 36. b
79. a p 31. 38. 48. Hipp. 8).
Treg., 1. von Ti. nicht angegeben, auch nicht von Treg., nur von Alf., 28. mit
Ti. Scriv. gegen Alf.
1) sc? mit Alf. gegen Ti. Treg. — Zu bemerken ist hier wieder die
Differenz zwischen 80 und a2.
2) mit Ti. (Alter e sil.) gegen Alf.
3) Ti. Treg. gegen Alf.
4) Dazu vergl. lls xo nxwfJLu] zu mwfiaza sP. 1. 36. b 10. 17. 18.
37. 49. 91. 96. p 28. 79. a 34. 35. 87. c 38. g vg. b Vict. Pr. Deutlich tritt
in 118 und 119 wieder gegenüber s die Konsequenz unsrer Klasse hervor.
5) Alf. gegen Ti., der auch wahrscheinlich den Kodex 79 ausgelassen.
6) Alf. giebt nachlässiger Weise nur P 1. an. Ti. hat das Richtige.
7) Dazu vergleiche 113 xcov — mxa" f.v/viwv AC P 1. 12. b 28. a 100. p
38. 45. p T3 Ir. Pr ; 6i tcov — snxa" a<pQayid(ov P? (mit Alf. gegen Ti.) 1. 36. b;
28. 79. 6. 31. 33; 5C — f nxa A 1. 12. b (K?) am. fu. Es scheint also eine
gewisse Absicht in der Auslassung selbstverständlicher Zahlen gerade in
unsrer Klasse vorzuliegen.
8) Nach Ti., während Alf. nur P 1. 48. angiebt, (36. nach Alter mit P.J
7. 14. 31. 92. lassen auch das folgende y.ut fxefJLiarj/xivov aus. Im Kommentar
des Andreas ist übrigens dann von der Wüste als der Wohnung der Geister
und der Q^rjQiu die Rede, von &r/oiu ist im Text bei der Lesart von P al
I. Zur Textkritik der Apokalypse.
11
18
ji£jiTor/.av\
jcejtoxav
38
jzsxcoxav
47.
P c
JCBJtOXtV P 1. b
48. 49.
a.
xbjccoxbv
10. 17.
96.
jitjtorixev 36.
18. 37.
79.
(Dazu noch 31. 32. 39. 50. 90. 93. 97. 98. Hipp, g vg. Tich.
0 (Pr ».
18 3 oo £X tov d-vpov tov oivov P 1. 36. b 10. 17. 37. 47. 49.
91.96. 79. a 35.1) 87. p g p:1)
18 9 xZavoovoir + avxrjv P 1. (36.) (b) 17. 79. a p 35. (18.)
1817 tojcov] tcov jtXoicov*) (P) 12. 36. b (10.) 17. 37. 49. (91.)
96. (79.) p 34. c 4. 6. (31.) 32. (34.) 38. (48.)
1820 sjt'avrrj] ex avTi)vY 1.36.b 79.a 17. 35.87. p 6.51.90.
1919 — tov" xoX£tuov P 1. 36. b 10. 17. 37. 49. 91. 96. 79? a
35. 87. c p 6. 38. 40. 42. 95.4)
1921— 209 fehlt P.
21 t cuiißd-ov] . . sv P5) 47. 31. 35. 87. 98. al:i vg.
jtaorjXd-Ev l.b 7.16. 10.17.37.49.91.96. p 79. a 39.51.
g abiit.
21 2 <^> ajco rov &tov tx tov ovgavov P 1. b 10. 17. 37. 49.
91. 96. 79. a vg?
21 5 c^ alri&ivoi xai jclötol P l.b 10.17.37.49.91.96. 79. a
34. cp 31.32.
22 5 cxa xQsiav ovx tyovoi P l.b 10. 17. 37. 47. 49. 91. 96. 79. a
34. 35. c p 4. 31. 32. 48. p.
22, — Ende fehlt P6).
nichts gesagt, möglich dass eben Andreas doch noch den ausgelassenen
Satz in seinem Text las. Doch sind wiederum die oqviu doch nicht ohne
weiteres den erwähnten d-r^la gleich.
1) 35: sx rov &v[/,ov oivov.
2) A am. fu. toi. — rov oivov.
3) Hipp, a o £7ii t. 7i).oi(ov o ofxi/.oq.
4) Nach Alter, Birch, Matthaei, Scrivener.
5) Wieder geht P zur Hälfte mit der Mehrzahl der Kodices, zur Hälfte
mit unsrer Klasse.
6) Um Wiederholungen zu vermeiden habe ich eine Reihe von Stellen,
12
Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Ich habe das gesaramte Material so ausführlich hierhergesetzt,
weil es in der Textkritik nichts nützt, dass nur behauptet wird,
so richtig die Behauptung auch sein mag. Zugleich aber glaube
ich auf Grund des obigen Materials das Recht gewonnen zu
haben, nunmehr das handschriftliche Material in folgen-
der Weise zu gruppieren. Die Beweise wird jeder in der
obigen Zusammenstellung selbst finden können.
12? 36 b 28.79a.
73? 99?
35. 87. c
34. 41? 68?
10. 17. 37. 49. 91. 96 2)
18? 47?
Die Gruppe 10. 17. 37. etc. scheint mir der zuverlässigste
in denen P mit der betreffenden Klasse zusammengeht, hier nicht mit auf-
geführt, weil sie unten in einem grösseren Zusammenhang besprochen
wei'den.
1) Ich bezeichne von nun an den Archetypus unsrer Klasse mit K.
2) Über die Gruppe 1. 36. b cf. Delitzsch IL 39; über 79. 28. 79a.
Del. 36. 43; über c 35. Del. 40 f; über 41. Del. 44; über die Verwandtschaft
von a 79. Del. 36, über 73. 99. Gregory nach Simcox zur Min. 73. Die
Klasse 10. 17. 37 etc. ergiebt sich schon aus der obigen Zusammenstellung,
ebenso kann es keinem Zweifel unterliegen, dass 87. zu c gehört, wahr-
scheinlich auch 34. Zur Min. 68 cf. Gregory. — Ich bemerke noch zur Be-
urteilung obiger Zusammenstellung, dass die Min. 28 von 175 — 222i fehlt,
die Min. 36 von 192i — 2221, 39 von 1,— 317 und 618-13u.
3) Für die nahe Verwandtschaft von P und 1. 36. sind noch folgende
Stellen charakteristisch: 112 ehahtjosv P 1. 7. 16. 33. 318 ao^ßoavvr] P 7. 36.
43 ouqöloj P 1. 36. b. 11] 8 öiacp&eiQai P 1. 128 ovts P 1. 36. a b. 12)5
zavTTjv P 1. 7. b. 14] — avxov xai zo ovofia P 1. 1913 QSQuvxiopisvov P 36.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 13
Zeuge für K zu sein. P steht den Minuskeln p und 1. am nächsten.
Diese fehlen in der ganzen Zusammenstellung kaum einige Male;
wenn wir 1S2 mit Sicherheit konstatieren dürften, dass Andreas
den von P 1. 36. b p 79. a ausgelassenen Satz noch gelesen hätte,
so würde sich damit die nahe Verwandtschaft dieser Kodices
ergeben und der Beweis erbracht sein, dass selbst ihr gemein-
sames Zeugnis noch nicht bis K zurückreicht. Die Minuskel p
lässt sich nicht weiter klassificieren, am nächsten verwandt er-
scheint sie P und 1. Die Gruppe 35. 87. c (34.) steht am wei-
testen vom Archetypus K ab und hat beinahe schon durch irgend
eine Überarbeitung den Charakter unsrer Familie verloren. Teil-
weise verwandt erweist sich noch die Gruppe 7. 16. 39. (45? 69 "?\
ferner die Minuskeln 33. 38. 51. 95.
Es wird ferner von Nutzen für die weitere Untersuchung
sein, wenn wir hier, wo wir noch auf ganz sicherem Boden
stehen, d. h. ganz gewiss Lesarten unsrer Textklasse vor uns
haben, sofort die Eigenart derselben untersuchen. Es fällt nun
aber vor allem auf, dass die meisten Varianten mit vollkommener
Deutlichkeit auf eine bessernde Absicht schliessen lassen. So
finden wir erklärende Zusätze ltl, 120. Offenbar absichtlich ist
die Umstellung in 23 sßaozaüag xat vjtofiovtjv e/sig , da das
eßaozaöag sich dem Tempus und dem Sinne nach besser un-
mittelbar an 22 anschliesst. lv ist statt des [isza zovzo das in
der Apokalypse immer gebrauchte tueza zccvza gesetzt. 85 ist
cpmvat xat ßgovzai die sonst immer in der Apokalypse wieder-
kehrende Lesart. 8l3 ist ayyeXov Konjektur aus aezov x). 109 öog
statt öovvai Auflösung der harten Konstruktion mit dem Inf.
10, , steht statt des unbeziehbaren /.syovoip ein Xzyu. 119 statt
des schwierigen zo Jtzcofia za jizco^aza. 142 ist die Variante
Tjxovöa yxnvfji' offenbare Erleichterung der schwierigen Lesart.
Das überflüssige ejtza 15s, 16{ ist offenbar mit Absicht fortge-
lassen (s. o. d. Anm.); 183 ist das 7C£jto(co)xav(ev) (jiejcozixsi')
eine Korrektur des jcsjtzcoxav nach 14s; 1817 ist zcov jtXoiojv
eine regebechte Konjektur aus zojtov, 21t der Singular ajtrj/.-
&ev, jzaQqZ&sv Korrektur und noch dazu eine falsche. An son-
stigen grammatischen Nachbesserungen liegen vor: Verände-
1) wahrscheinlich ist mir, dass hier mit Prim. tvog wq aezov zu
lesen ist.
14 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
rimgen des Tempus 15, 610, 812, Wiederholung der Präposition
19, 918 (dazu vergl. die Wiederholung des xaq 615); 2I3 die
Hinzufügung der Präposition tv\ 2]7 die Erleichterung der Kon-
struktion dovvcu c. Gen. durch Einschiebung eines (payeiv ajco;
die Veränderung zx avzrj in eji avzr/v 1820; die Weglassung des
Artikels 1 0t , 19, 9 und doch wohl auch 14, (der Eniendator
mag eben das hier erwähnte Lamm für vorher nicht erwähnt ge-
halten haben); die Ersetzung des Nominativs durch den regulären
Vokativ 4,,; die Einfügung der Kopula 14, 513 bis;1) die Hinzu-
fügung eines xai 42 zur Aufhebung eines Asyndetons (vgl. die
Zusammenstellung S. 3. 9n, 18, 6); die Hinzufügung eines Objekts
(avTr/v) in 189.
Es bleiben nur wenig Stellen, die nicht besprochen sind. 182
liegt keine Absicht, sondern eine Auslassung, die offenbar durch
einen Schreibfehler entstanden ist, vor, ebenso 6, 2 und71f). Die
Umstellung 18:{ tx tov &v[iov tov oivov erklärt sich daraus,
dass in einer früheren Gestalt unsres Textes das oivov noch fehlte
(wie in A am. fu.). Zur Umstellung ajto tov &eov tx tov ovqcc-
vov ist zu bemerken , dass unsre Klasse ebenso 209 (s. o. S. 4)
liest. Die Umstellung 225 %Qtiav ovx tyovoiv erklärt sich, wenn
man als ursprüngliche Lesart die von Q al annimmt: ov ygeia.
Weshalb unsre Klasse 6n ^ [ityalov avtfiov liest und 215 <?o
ufaftivoi xai ntüzoi, vermag ich nicht zu sagen.
Ganz deutlich tritt schon durch genauere Betrachtung dieser
wenigen Varianten der Charakter unsrer Textfamilie heraus. Die
weitaus meisten Varianten derselben sind durch absichtliche Kor-
rekturen entstanden.
Ich ziehe nun auch alle diejenigen Stellen, an denen
P nicht mit der Familie geht, oder diese von dieser
oder jener älteren Majuskel begleitet ist, zur Bespre-
chung heran und ordne das Material nunmehr nach den ver-
schiedenen Arten grammatischer und stilistischer Veränderungen.
Besonders merkwürdig sind hier die folgenden beiden Stellen,
1) Dazu vergl. noch 22 die Einfügung des Bivai in unsrer Klasse Q
Bei. gegen sACP 18. 25. 51. b. 13, 8 xcci o ccQiS-fxog avtov + s axiv CP 1. b.
10. 18. 37. 49. 91. 96. 28. 79. a p am. fu. g. 156 ßovoq oaioq + ei 10. 36. 37.
49. 95. 96. p (38. 47). — 144 ovxoi — naiv" oi axokovd-. sACP 1. b. 28. 38
ist K nicht mit Deutlichkeit zu erkennen. Dagegen hat K mit den älteren
Majusk. 52 die Kopula nicht eingefügt, während hier Q Bei. ändern.
I. Zur Textkritik der Apokalypse.
15
weil sie ganz besonders die Absichtlichkeit zeigen, mit der bei
Konstituierung unsres Textes verfahren ist. 7,, ist durch den
Anfang (isxa zavra eiöov xai löov oyloq noXvq eine heillose
Verwirrung in den Satzbau geraten.
Die Hndschrn. suchen hier in verschiedener Weise zu ändern.
Es lesen
fttra zavra siöov
alle
xac löov
alle übrigen
> A vg. Pr. (C -
idov).
oyloq jioXvq
alle übrigen
oylov Jtolvv A vg
Pr.
SÖTCOXSq
SAP 1.36 b 10.17.18.
37.49.91.96.apalü.
EGrcoraq Q al30 c.
mv C. 38.
jieQLßeßXi](i£Voi
qoirixtq
XcPl.(non36.s. Alter)
b 10. 17. 18.37.49.
91. 96. 28. a p 97.
vg. Pr.
XCAP 1. 36. (Alter) b
7.17.ap87.c3SaP
g vg. Pr.
jcsQißsßXijfisvovq
XACQ al3- c g.
<poinxaq tfQ al40.
Bei diesen Varianten möge man es versuchen, mit welcher
Hndschr. man wolle, immer wird eine Inkongruenz in dem Satze
stehen bleiben, die irgendwo auch ursprünglich gestanden haben
muss. Nur in unsrer Klasse kommt eine reinliche Konstruktion
zu stände, wie sie auf der linken Seite der Zusammenstellung
steht. Das deutet bewusste Emendation an.
Ganz der gleiche Fall liegt 1414 vor. Hier haben wir wieder
ein xai löov xai idov und demgemäss grosse Verwirrung.
Die Varianten und ihre Bezeugung verhalten sich folgender-
massen:
xai i(si)öov
xai löov
xa&TjfiEVoq \
onoioq
alle
alle übrigen >» X.
1.7.16. 10.37.47.49. —ov
91.96. ap. (39. o//o«»c;
30. 87. ov-oq.) —
i<ACPQal40g
, | vg. Pr.
16 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
vico \ C. 36. b 7. 16. 10. 17. viov \ .Q ,20
av&Qcojcovj 37. 47. 49. 91. 96. av&Q.j ^ a '
ap 35.67. c 38. al5
g vg. Pr l).
tycov alle übrigen. e%ovxa X 13. 26. 27.
28. 29. 79. 95. g Pr.
Ausser unsrer Klasse hat nur noch K einen ganz glatten
Satz hergestellt, während alle übrigen Hndschrn. irgendwo eine
Inkongruenz haben.
1) An sonstigen Korrekturen offenbarer gramma-
tischer und stilistischer Härten finden sich folgende.
I 9 w irjoov] itjgov Xoigxov2) 1. b 28. 79. a p. (?)
4 4 Vgovovg + eiöev 10. 37. 49. 91. 96. a (?) 34. vg. g.
813 ovai xovg xaxoixovvxag] .... xoig xaxoixovGiv AP. 1. 36. b.
7. 16. 10. 17. 18. 37. 47. 49. 91. 96 p 28. 79. a 34. vg. g3).
912 sQxerai] .... ovxai KCPQ 1. b (non 36. s. Alter) 18. 37.
47. 49 2. 91. p 28. 79. a 34. 35. 87 c 38. al3 g.
10 2 xai eycov\xai w/ev 1.36.b 7. 10.37.47. 49. 91. 96.p 28.79.a
35. (17. exei) g vg. Pr.
11 , xalayiog ofioiog gaßöco -+- xai siGxrjxti o ayysXog" Zsycov
Q4) 14. 92. (tfcc) (36.) 10. 37. 49. 91. 96. 34. 35. 87. c.
13,5 Teils vor oooi, teils vor cuioxxavfrcoGiv schieben ein iva ein
AP 1. 36. 7. 37. 47. 49. (Matthaei) 91. 96. a 95. al2 vg.
g Pr. 5)
1412 r code" oi t^qowteq 1. b 7. 16. 39. 10. 17. 37. 49. 91. p
28. 79. a al3.
14, 9 siq xi]v fajvov xov fieyav] x?/v y,eyaXijV tf 7. 39.
(16?) 28.79. a (17.) 37. 48. 35.87. c p 33.95. xov fojvov
1) Die Angaben sind nach Birch, Matthaei, Alter, Scrivener, Tregelles
gegeben. P 26. haben viov, 1. hat viog, 28. liest viojv, cf. 113, wo derselbe
Fehler ofioiov viov von ACP und unsrer Klasse verbessert ist.
2) Xqioxov resp. Xqioxoj fügen die meisten Hndschm. (mit Ausnahme
von sCP 38. am fu Orig) ein.
3) cf. 1212, wo nur sACP 28. 79. 95. b ovai rrjv yr\v xai xr\v üaXaooav
lesen. Also allein K liest konsequent ovai mit dem Dativ.
4) Q ist sichtlich von K abhängig, schon weil Q hier nicht von der
Mehrzahl der Minuskeln begleitet ist.
5) Doch ist das iva möglicherweise ursprünglich.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 17
xov inyav 1. b1) 91. 94. 97. 98. Hier haben wir in unsrer
Klasse eine doppelte Korrektur. Den Ursprung derselben
können wir noch jetzt in Min. 49 sehen: 49 liest xi\v X/jvov
und xov fisyav, aber darübergeschrieben ist sowohl xov
hjvov wie xryv fteyak/jv. 49 scheint hier also den Archetypus.
aus dem alle diese Verbesserungen stammen, rein erhalten
zu haben.2)
17 8 xaxoixocvxeg mv ov ytyoa.xxca .... ßZejrovxcov] ßXsjtovxtg
1. 36. 10. 17. 37. 49. 91. 96. a aR g vg. Pr.
19 c rjxovöa coq <pcov/jV ßoovxov ... Xsyovxsg'6):
Xeyovxag 1. b 16. 10. 17. 37. 47. 49. 96. aR
Xeyovxov AP IS. 36. 35. S7. 79. a 6. 38. 95. g vg. Pr.
X-syovocop 55 (Xsyovo?]g p).4)
2127 (o) jtoicov] jiolovv PQ 1. b 10. 17. 37. 49. 91. 96. a p
35 c als.
Bei dieser grossen Anzahl von Korrekturen kann es nun
nicht wundernehmen, dass an mehreren Stellen K mit Q und der
Mehrzahl der Minuskeln gegen die älteren Majuskeln überein-
stimmt, so in den Varianten 214 xov BaXax'0), 312 t] xaxaßaivst6),
10s XaXovoa Xeyoroa,') 17:3 t'/ov. Keineswegs wird man aus
diesen wenigen Berührungen eine gemeinsame Grundlage von K
und der von Q geführten Gruppe behaupten dürfen. s)
1) xov fxsya/.ov liest 36. Die übrigen Angaben sind nach den ersten
Ausgaben kontrolliert.
2) Bei den Korrekturen 1613f. ßatQu^oig — ty.noQtveo&at. wie sie in s
vorliegen, ist K nickt deutlich erkennbar.
3) Q al20, welche in diesem Fall das richtige erhalten haben.
4) K liest 2114 mit Rel. sc xo zer/o; — t/ov gegen APQ 1. b 7. 32. 97.
98. xo zer/og — eycov. Letztere Lesart dürfte doch die ursprüngliche sein.
222 ist ctcoöiöoiv in AK eine schlechte Verbesserung des harten anoöiöovg,
das vorhergehende tiolwv statt noiovv in A IS ist einfach späterer Schreib-
fehler. Ursprünglich also lautete die Stelle ^oiovv — anoöiöovg.
5) Hier hat allerdings P eine Sonderlesart.
6) K ist hier allerdings schwer nachzuweisen. P 1. 12. 28. 37. stehen
auf Seiten der älteren Majuskeln.
7) Hier steht K mit den meisten übrigen Minuskeln gegen sACPQ
3(3. b 7. 14. 01. 92, ebenso 173 f/or statt t/ovxa K mit QRel. gegen sP
(A 7. 30. 32. 94).
8) Andere Beispiele werden noch weiter unten folgen bei Besprechung
der gemeinsamen Grundlage von PKQRel.
Texte u. Untersuchungen XI, 4. 2
18 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
2) Ferner sind zahlreiche Hebraisinen in K beseitigt:
2 - reo vmmvxi örooco — avrco S (10? 17?) 49. 91.96. 46.88(?)
320 — xcu" siasXsvoofiat AP 1. 36. b 7. 16. 18. 37. 28. 79. ap
38. al5. Orig.
7 2 oig söofrfj — avroig 16. 17. 49. 28. 79. a (?)
10 - orav {utXhj oaXjtituv xai ersksod-r]] — xai" 10. 17. 37. 49.
91.96. p gfu. Pr; rsleo&f] Q 1. 36. 7. 28. 79. a 10. 17.C01T-
37. 49. 91. 96. p. — Hier ist wahrscheinlich schon im Arche-
typus unsrer Klasse, wie oben (17. o.) ein doppelter Versuch
zu korrigieren unternommen.
12 6 ojiov tyu — exei C 1. 36. b a 14.38. vg. Pr.(?)
20 8 cov o aoi&fiog — avrcov l.b 10.17.37.49.91. 34.c 79.a p
38. al2.
21 6 reo öiipcovri öcoöco — avrco1) XAP l.b 7.39. 37.47.49.
91. 96. a p 38. al5.
Dazu kommt noch 13s, wo PQ mit allen Minuskeln das avrov
(avxcov) hinter xo ovofia auslassen, gegen xAC 95.
3) Sehr oft ist in K die in der Apokalypse so beliebte con-
structio ad sensüm fortgeschafft:
4 , >/ cfcovtj . . Xsymv] . . . Xsyovöa tfcP 1. 36. b 17. 37. 49.
(Matthaei) 91. 96. p 28. 79. a 38. al3.
11 4 Ivyviai . . sOrcoreg] . . . EOxcoöat tfccP 1. 36. b 7. 28. 79. a
10.17.18.37.47. (Matthaei) 49. (Matthaei) 91.96. p 38.95. al2.
11,- cpcovai . . . Xsyovrsg] Xsyovoai aCP 1.36. b 7. 10. 17. 37.
49. 91. 96. p 28. 79. a 35. 87. c 38. 95. al.
Auch an fast allen übrigen Stellen, an denen von der Mehr-
zahl der Hndschrn. Anomalieen des Apokalyptikers gebessert wer-
den, ist K fast immer dabei (s. die Varianten 48 £Xwvi 56 £XC0V>
513 jtavra Zeyovreg, 93. 4. 5 avroig, 1314 &?]Qico og).
Dagegen lesen 14t aoviov sorcog Q 1. 36. b 28. a 18. 37.
34. 35. c 38. Orig; tfACP 79. eorog, die übrigen sor?pcog;
34 ovotuara . . . oi (statt a) 1. b 17. 37. p 28. 79. a 38.46.88.
Sollte an diesen Stellen namentlich 14, K das ursprüngliche
erhalten haben?
1) 1312 ov e9-ega7iev&Tj ij nP.tjyt/ zov Savazov — avrov P 14. 92. 7,, ov
uoitttirjoai — avzov und 1214 otcov Tozcpezai — exsi ist K nicht mehr deut-
lich zu erkennen, da hier auch die Klasse QRel. ändert,
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 19
Ich habe bis jetzt die Stellen behandelt, in denen Sprach-
gebrauch und eigentümliche Schreibweise des Apokalyptikers
Korrekturen in besondrem Masse herausforderten. Es ist sichtbar
geworden, wie stark in unsrer Textklasse emendiert ist. Es gilt
nunmehr eine umfassende Charakteristik aller Emendationen
unsrer Gruppe zu geben. Ich beginne mit
4a) den orthographischen Eigentümlichkeiten.
Hier ist das Material nur ein geringes, zumal unsre Minus-
keln nicht genau genug notiert sind, um ein sicheres Urteil zu
gestatten.
Die merkwürdige Form &var//Q . . findet sich ln in Q 12. p.
21S in PQ 12. 28. 93. 94. (28. &vyarsQoig). 224 in PQ 7. 12. 28.
94. Ob hier eine Eigentümlichkeit von K vorliegt ist sehr frag-
lich. Die Formen mit st statt i scheint K vorzuziehen. 76 hat
K die Form Negj&aXeiu, 7S APb ßevuxfieiv. ' ) Ebenso jedoch mit
den meisten übrigen <PiXaösXg)Eia ln. 37, Aaoöixsia ln. 314,
<paQ[ia7cua 92l. 1823, eioztjxei 7tl. llt. Auch lesen P, K kon-
stant sidov, nicht iöov.2) 9n hat K statt Aßaööcov AßßaÖmv
(Aßßaaöcov 35. 87. c. aßaööcov 36). 2120 K svvazog statt svazog.
aXXa wird vor Vokalen fast immer apostrophiert: 24 in KACP,
214 KxACP 220 KaCP 34 KPQRel. 10, K mit allen (mit Aus-
nahme einiger Min.) 1712 KPQRel. 206 mit allen ausgenommen
S 2110 haben KPQRel. btc oqoc 1914 KPsA e<p tjcjioig.3)
4) Deklination, Wort- und Verb-Formen.
a) 37 xZsiv] xZstöa 1. 36. b 28. 79. a p 87. 14. Orig.
20, xXsiv] xXsiöa 1. 7. a p al. (28. 36. desuntj?
Dagegen bewahrt K mit P und den älteren Kodices die Form
xXsiöag ll8.
224 ßad-ea] ßad-r,. xP 1. 36. b 28. 79. a.
b) Das Augment:
sövvazo
rjövvaxo
5:j SC Rel. a b c
APQl. 7. (28.) 79. 492. p 14.92.95.
79 X ACQ Rel.
P 1.16.39. 28. 79. a 18. 37. 47. 49 2. p 35
87. c al8.
1) 75 hat K die eigentümliche Schreibweise Povßiß.
2) Umgekehrt bevorzugen sAC die Formen auf ia, s. z. B. die Worte:
nxw/ju, tioqvlu, TtQOcprjtia, QvaxLQa. Dagegen »A 19i9 accTKpeiQog.
3) Die Krasis in zccyco 228 hat K mit den meisten Minuskeln.
2() Bousset, Studien zum Neuen Testament.
söwaro ijövvaro
143 tfAC Rel. PQl. 16. a 18. 37. 47. p 34. c 95. al4.
15g1) AC Rel. sPQl.36. 28.79'?a (10.) 37? 47.
49.91.96. p 35. 87. c 95.
al.
Trotz aller Ungenauigkeiten, die wir liier bei den Angaben über
die Minuskeln voraussetzen können, tritt deutlich hervor, dass K
/jdvvaro las.
3-2 lesen alle t[i£lXov, 104 lesen tfPK und die meisten übrigen
Minuskeln sfisllov.
Die Form ijvscoyfisvi] lesen durchgehend tfP, immer begleitet
von einigen zu K gehörigen Minuskeln. Doch tritt K nicht ganz
deutlich heraus.
c) Die Form xszcofisvog statt jtsrofisvoq haben
47 1. 36. 7. 28. 91. 95. al1.
813 1. 7. 37. al2.
14 , PQ 1. 36. 7. 28. al1.
1917 P 7. 37. al2.
Wenn diese nur in wenigen Hndschrn. erhaltene Form überhaupt
irgendwo zu Hause ist, so gehört sie K an.2)
Von andern Formen vergl. llj eyeiQe statt sysigcu, 2219
atpskoi statt aqhlu, 12r> mit X r/QJtay?/ statt rjQxaod-fj. Von
Verbformen auf a haben PK gewöhnlich ejteoav, sjtsoa (jteoaTt).
Dagegen nicht die seltener vorkommenden ajtt/Z&a -av, E£?)Z&ap
-at8, siyav, töav, tßcüav [sxXaav\ -Ssooavl).
10, svrjyysXiOEv] toaxo 10. 12. 17.37. 49. 91. 96. 28. 79. a al2.
146 svayysXiöat] . . . iGccofrcu X 36. 10. 49. 96. 28. 79. a 33. 34.
35. c. Orig. Im neuen Testament kommt svayysh^eG&ai sonst
immer medial vor. Auch hier liegt also bewusste und konsequente
Emendation vor.
d 32 Liest K (wahrscheinlich) mit X und vielen Minuskeln ozr/Qi-
B,ov für otrjQLOov: 209 exvzlcooav statt sxwcXsvoav.
3,9 tfrZevü Ojlmoov sP 1. 36. b 10. 17. 37. 49. 96. p 28. 79. a
7. 16. 38. al1. (91. Crjtrjoov).
1 Nach den Originalausgaben zusammengestellt.
2) Ich bemerke noch, dass die Gruppe 35. 87. c 6n und 94 (hier mit
PQSfhj statt £(jQt)d-ri liest. Die Form, die auch B in allen Teilen des
neuen Testaments bietet.
I. Zur Testkritik der Apokalypse. . 21
18 2 haben statt daifiovicov: öai[iovmr alle ausser sAQ 95. 16, 4
öaifiovcov 1. 36. b 28. 79. a 10. 17. 18. 37. 49. 91. 96. p 34.35.
38. 16. 920 freilich nur noch 38.
Die Formen yjjvöog %qvgiov lesen
17 4 XP 1. 36. b 28. 79. a 37. 49. 91. AQ Rel. c p.
(Treg.)96. 38. 95. al1.
1812 alle 18. 36.
18te S 1. 36. b 79. a 10. 17. 37. 49. 91 ACPQ Rel.
(Treg.) 96. (Scr.) al2.
lt3 lesen fia^oig Ab 28. 79. a 10. 17. 37. 49. 91. 96. p; tuaOToig
CPQ Rel. [iaodoLQ X 7. 29. 46. 88. 97. 100.
717 Jtr/yrjg £co)]q] C,cooag 1. b 79. a p 38.
16 3 ipvyjj £co?]g] £iooa aPQ 1.36.b 7. 28. a 10. 17. 37. 49. 91.
96. p 38. 7. 16. 39. al 2.
Die Formen
jijliov JiJ/.aQiÖLov ßißAidaytor
10 2 Q Rel. c xAC2P 1. 18. p C 36. b. 7. 10. 17. 37. 47.
49.91.96. 28. 79. aal3.
L08AC6. 14. »P l.b 16.18. 95. p QRel. 36. 7.10.17. 37.47.
49.91.96. 28. 79. aal3.
109 8 11.14. A2CPl.bl3.1S.51.p QRel. do.
1010 1) »Q Rel. c ACPI, b 18. p 36. 10.17.37.49.91.96.
28. 79. a al.
Hier liegt wieder eine doppelte Lesart in K vor, ßißJ.aQidwv
und ßißliöaQLOv (nie ßißXiov), die wahrscheinlich schon in dem
Archetypus unsrer Gruppe gestanden haben wird.
Im höchsten Grade bemerkenswert ist in allen diesen Bei-
spielen die Konsequenz, mit der K die einmal gewählten Wort-
formen beibehält.2)
e) In K wird das Kompositum dem einfachen Verbuni vor-
gezogen.
117 -\-ejc" e&rjXEV* 1.12.b 10.17.37.49.91.96 p 28.79.aal2.
1) Zu bemerken ist vielleicht noch dass 114 CPK wq mit iooti um-
tauschen, während 133 K mit sACP <og beibehält.
2) Dazu ist noch zu bemerken dass 212„ K gc(j<5ioq statt -or liest.
endlich dass den Buchstaben A statt ahfa lesen ls : 1. b 10. 47. 49. p a
38. 90. 99. 100. al. 216: 1. 10.49. ap al. mu.(?) (Die Angaben sind leider
sehr ungenau) 2213: K mit Q und den meisten Minuskeln.
22 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
11,, +S3i" tjrtoav ACF 7.16.39. 10.17.18.37.47.49.91.96. ab al.
2 5 + £*" xtjczcoxa s. o. S. 8.
6 4 + xaza" o^a^ovoi 6. 28. 79. a ?
12101) + xar" sßZq&rj 1. b 10. 17. 49. 91. 96. p al.
5) Gebrauch der Kasus.
10 7 svr/yysZiotv (azo) zoig savzov öovXoig zote uzQo<p?]zcug
(statt des Akkusativs) lesen 1. 18. 28. 79. 97. a p.
19 5 aivsiz£ zco &eco]2) zov d-sov 1. b 7. 39. 10. 17. 37. 47. 49.
91? 96. 28. 79? a p 33. 35. 87. c al.
20 4 jtQootxvv?/Oav zo &?jqiov] zood-rjQioo 1. b a 79? p (10.) (17?)
37. 49. 91. 96. c 7. (16. 39.) al. (38. 95.)3)
zi)v eixova] zri eixovi4) 7. 16. 39. 10. 37. 49. 91. (Treg.) 96. a2
p al. (33. 95.)
5b) Singular und Plural.
s. o. S. 13. das zu 7,. 10n. 118 und 9 gesagte. Dazu:
5 8 xtfraoag 1. 36. b 7. 16. 39. 10. 17. 18. 37. 49. 91. 96. a p
51. al3. vg. Pr.
918 zov txjcoQtvofievov] zcov -ow 36. 28. 79. a p.
13 8 cov ov ysygajtzai zo ovofia] za ovoLuaza tfP 1. 28. 79. a 47.
95. vg. g, ebenso 178 SP l.b 7.10.17.91. 96.p 28. a c al5. g.
14,, sig aiwvag aicovcov] auova -og C(P) (1.) 28. 79. a p (7.)
(14.) 18. 92. ale.
16,2 avazoXrjg] cov A 1. 28. 79. a 10. 17.37.49. 91. 96. 6. 38.5)
Den Plural des Verbums nach einem Neutrum im Plural
ändert K nicht, vergl. z. B. 45 « siöiv 92o ta tiöoria a övvavzai
18,4 za XafiJtQa ajiwlovzo X 7. 16.39." 10. 37. 49. 91. 96. 35.*3)
1) 192 ist zweifelhaft, ob K? mit QRel. (gegen sCP 1. 35. 36. 47. 79.
87. 95. a) -j- öl" t<f&£i()£v liest.
2) Nach den Originalausgaben und Kollationen zusammengestellt, 91
ist bei Tregelles nicht angegeben.
3) Die Zusammenstellung nach den Originalangaben.
4) Gewöhnlich wird bei der Anbetung des Tieres der Akkusativ, bei
der Anbetung Gottes oder des Satans der Dativ gebraucht.
5) Dagegen hat 72 nur A 90. avaxoXtov, obwohl es hier wie dort ava-
zo'/.wv tj/.lov heisst. 2113 lesen avazohjg sAP 1. b 79. a p 3S. al1. (Hier
steht avaxoXr\ neben den andern Himmelsrichtungen.)
6 Nach Alter.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 23
87. al2. (p ajtcoxtro, 1. 79. a ctji?i?.&ev, verbessern also anders als
die übrigen.) 21 4 aitrjXd-ov{av) K mit P(A) gegen SQ Rel. (s. 119.
32. 4S. 9. 5I4. 1113. l8. 154. 2012).1) Ausnahme 183 (s. o. S. 11.)
6) Absichtliche Änderung des Tempus.
6 8 rjxoXovd-si] axolov&si 1. b 28. 79. a 10. 17. 37. 49. 91. 96.
51. al1. Orig.
610 exQasav] txQa^ov P 1. 36. (Alter) b 28. (Scrivener e sil.)
79. a p 38. al1. g vg.2)
11, 8 öiayfreiQovxac] -avxaq C 7. 10.47.49.91.96. 34.35.
87. c 48. g vg. Pr.
17 8 JiaQsörai] jhxqsöxlv Sc 1. 36. b 79. a 47. 16. al3.
18 § xQivag] xqivcov Sc 1. 18. 79. a c 6. 31. 33. 48. al4. ?
19, 3 3) xexhjxcu] xcdetxai 1. 36. b 7.16.39. 10.37.49.91. p 31.
34. c 79. a 6. 14. 48. 51. 92. al1.
Sehr häufig sind die Schwankungen zwischen Präsens und
Futurum in der handschriftlichen Bezeugung. Es lässt sich hier
wenig bestimmtes sagen, zumal da bei einer Reihe von Varianten
K nicht mehr deutlich erkennbar ist4). 5, 0 liest K mit NP ßaoi-
Xsvoovoiv statt ßaöilevovöiv , 7l7 hat K mit tfAPQ die Futura
jtoifiavti odrffijGEi. (Hier haben nur die Minuskeln mit Prim
das richtige erhalten.) Dagegen erhält K das Präsens: 410 ßaX-
lovötv? (xQ), 96 <pevj£i (mit AP), 11,, ayiovßiv (tfACP), 11, 0
tvcpgcuvovxcu (xACP), 18, , xZcuovoi jctv&ovöi, und 37 liest K
konsequent xXuei (allein) cwor/ei (mit ACP) und hat hier
wahrscheinlich mit Pr. das richtige erhalten.
7) Der Gebrauch des Artikels.
Von absichtlicher Auslassung des Artikels war schon oben
die Rede (s. o. S. 14: 10,. 14,. 19, 9). Dazu:
16,4 eig — xov" jioÄ£tuov 1. 36. b p 34. 35. 43. ? (s. u.)
1) 1413 alle: ra SQya cixo).ov&ei. 19i4 t« ozQarsi\uara rjxo?.ov&st.
2) Dagegen 72 das Imperf. nur in AP a p, K hat auch sonst bei diesem
Verbum das Imperf. lSt8f, dagegen 19i7 nur Q 12. 95. 103 (bis.) 182 haben
alle Aorist.
3) 1920 eßkTjS-rjaav] ßXi]&rjGovrai 1. 36. (Alter) b 38. p, ferner lesen
22t2 eotai statt s oxiv K mit Q Rel. gegen sA 21. 38. b.
4) Namentlich bei den Formen ßa?.?.a> — ßa/.to.
24 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
1819 Exovrsg — ta" JtXoia 1. 36. b 17. 18. p 31.34.35.87. 79. a
6. 48. al1.
20 8 siq — rov" jcoZsfiov 1. 10. 172. 49. 31. 32. 35. 79. 38.
Zu bemerken ist, dass den Artikel vor dem nachstehenden
Attribut auslassen 1119 K mit xQ Rel. o vaoq rov &eov sv reo
ovgavw, 156 StQP 1. 48. 79. al. b p (K?) oi tjera ayyeloi syov-
req, 162 7. 28. 29. 37. 79. a (wohl nicht K) rovq avfrocoxovq
syovraq. *)
Es scheint, als wenn auch in folgenden Stellen dem Emen-
dator der Artikel obwohl gänzlich mit Unrecht überflüssig vor-
gekommen.2)
11,, fiera — raq" TQsiq TjfiEQaq X? 1. 36. b 28. 37.49.91.96.
(nicht 35. Alter) c 14. 38.40. (cf. 119.)3)
21 33) — ra" ziXia tr?j 1. 12. a 79. p ? 4)
Hinzugefügt wurde der Artikel:
19 2 ex + Tfjg" zuQoqavxiiq 1.36.b 16.39. 17.47.91. ap 34.35.
I 920 i ev toj1' »eico 1. 36. b 49. 79. a 6. 31. 34. 35. 87. c.
Wie es scheint gerne bei Eigennamen:
215 + rcov" Nixolairow SP 1. b 7.16. 28. a 10.17.37.49.
91. 96. p c 38. 51. 95. al3.
16,2 + rov" Ev<pq<xtijv AC 1. 28.79.a 18.47.p 34. 35. 87. c
14. 51. 95.
22,, TTor" Javeiö 1. 7. al. ? 6)
Auch erscheint der ungewöhnliche Prädikatsartikel öfter bei
K ausgelassen.
6 8 ovofia avrov — o" üavaroq tfC 16. 37. 49. (91.) 96. 95.
8U -- o" arpivfroq X und Sc 1. 36. b 7. 14. a p 32. 33. 34. 38.
1) 56 dagegen lesen 1. b 7. 16. 28. 79. a 37. 91. 41. 42. za nvsvßaza
xov &tov ra aneaza?./neva [anooztD.ofieva) K?
_' Vergl. die Auslassung des zo vor üqviov (o. S. 14).
3) Das Fehlen des Artikels 48 vor reaotQcc, wo K übrigens gar nicht
deutlieh erkennbar ist, scheint reiner Schreibfehler zu sein. — 22I5 lesen
1. b 7. 79. a c p 38. 48. al3. nag + o" noicov, 2218 dagegen 10. 17. 37. 49.
91. 96. b p 79. 51. al4. navzi — reo" axovovu.
4) Der Artikel vor xü.ia szt] fehlt auch 204 in K und sA und 206 in
AK Rel. gegen sQ 14. 18. 38. 47. 92.
5) 1618 liest KRel. + oi" av&Qwnoi eysvovzo gegen sQ 12. 14. 17. 36.
79.92.
6 !: Lesen — rov" davt«) nur AC 38, das vielleicht das ursprüngliche
sein dürfte.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 25
12 9 — o" oaxavaq alle mit Ausnahme von xACP 1. 95. b p.
20 2 oq zoxiv o öiaßoZoq xai o oaxavaq] — o" öiaßoXoq alle
mit Ausnahme von X 14. 38. 79. 97. — o" oaxavaq 1. b 7. 16.
17. 49. p a 79? 35. 14. 48. 51. 95. al. niu.1) Wie es scheint
lässt also hier K konsequent den Artikel fort.
21 8 o sori — o" ftavaxoq P 1. a '?
In der Interpolation 18 (s. unten unter Nr. 12) ist nicht ge-
nau zu erkennen, ob K den Artikel hatte. Dagegen verbessern
45 in a eoxiv xa sjcxa jtvtv(uaxa und 58 ai siOiv at jtQOGsv%ai
andre Gruppen von Kodices.
Wiederholt wird der Artikel:
915 xtjv oogav xai -f- x?]v" rjfisgav 28- 79. 10. 49. 91. 96. 38.
17J3 xai xyjv övvafuv xai xtjv" egovoiav xP 1. 36. b 49. 91.
96. p 79. a 35. 87. al-.
20, 02) xov jtvooq xai + xov" freiov X 7. 16. 39. 79. a 47. 49.
32. 34. 35. 87. c 95. al. (K?)
Ein durchschlagender Beweis für eine planvolle Emendation
lasst sich in diesem Abschnitt natürlich nicht führen. Aber es
scheinen doch hier und da Ansätze zu einer solchen vorhanden
zu sein. Wer wird auch einem Emendator des 4. Jahrhunderts
noch in allen Punkten den Gebrauch des Artikels nachrechnen
können !
8) Pronomina.
Das Reflexivum savxrjv statt avx?/v haben 187 Sc und K, mit
allen gegen «A liest K 8Ö savxovq. mit allen gegen «Q 7. 16.
40. 69. 220 savx?]v.
Ein avxcov fügt K ein 204 ejci xo fiexcojcov -'- avxcov
is.u.X. 12)3) aber nicht (37.) 415. 7n. 9,. 186. Auch zeigt K keine
Neigung das Pronomen mit einem Substantiv zu vertauschen
(1119. 14, 8. 174. 2124).
2)9 ist soycov avxcov (statt sgymv avzrjq) in A 1. 12. 36. b 2S.
79. a 17. 49. p beabsichtigte Veränderung.
9) Präpositionen.
a) ejci. Es soll zunächst die Redewendung xa&r/o&ai. xa&/j-
(jtroq ejci x. -9-qov. untersucht werden. Der Genitiv steht hier
1) Die Angaben nach den Originalausgaben und Kollationen.
2) 208 xov ruty xui -+- xov" Maycoy alle ausser sA 1. TU. a.
3) 16,9 xo vScoq — avxov 1. 12. 36. b.
26
Bousset, Studien zum Neuen Testament.
ohne Variante 410.5,. 7, der Akkusativ 44. 111G. (1610.) 20, , (avxov).
An Varianten finden sich:
xov &qoi>ov
xov
■d-govov
4 2 SAQ al30. c
P 1. 36. b
10.
17. 18. 37. 49. 91. 96. p
28. 79. a al2.
XCO &QOV03
TOI
I &QOVOV
4 9 SA
PQ Rel.
ö,^ AQ al30. c
SP 1. 36. b
10. 17. 18.37.47.49.91.
96. p 28. 79. a al 2.
6, „ tfQ al25. c
ACP i) 1. 36. b
7.
10. 17. 18.47.49.91.96.
p 28. 79. a al.
7I0 aACPal30.cp
KCQ 1. 36. b
7.
17. 18. 37. 47. (nicht 49
Matthaei) 79. a al.
7,5 Q al30.
aAP2) 1. 36. b
7.
17.18.49.' -p 28. a 34.
35. 87. c.
19 4 »ACQ al24. c
1. 36. b
10. 17.18.37.47.49.91.
96. p 79. a.3)
21 5aAPQal30.cp4)
1. b
10. 18. 37. 49. 91. 96. 5)
Es geht aus dieser Zusammenstellung hervor, dass in dem
Archetypus von K konsequent das exi reo d-goveo abgestellt war.
Das Verfahren des Emendators erweist sich hier wieder als ein
durchaus planvolles. Dazu ist noch zu bemerken, dass auch 14, 4,
wo die Hndschr. zwischen xi]q vsq)EXrjq, xr\v -?]V, xy -r\ schwan-
ken, K jedenfalls nicht den Dativ gelesen hat, 182o bessert K
wiederum svpQcuvovxai £üi avxrj in avxrjv (s. o. S. 11). Daher liegt
auch 189 xkavGovrai eji avxrj A l.6) 38. 79. 95. 97. a b schwer-
lich Andreas vor; 18, , ist K nicht mehr zu erkennen. Das harte
£jci xr/g xsiqoq ... r\ sjii xo [/sxcojtov avxcov (13,,;) verwandeln
Q 1. 36. b 10. 17. 37. 49. 91. 96. 28. a p 34. 35. Pr. in xeov
f/exwjccov 7).
1) P mit Ti. Treg. gegen Alf.
2) P mit Ti. Treg. gegen Alf.
3) P STtl TÜ)V &QOV(l)V.
4) Besonders bemerkenswert ist die grosse Übereinstimmung zwischen
P und p wie sie 710 und 215 sichtbar wird.
5) sv zw &QOva) 79. a 35. 87.
6) nicht 36 (Alter).
7) Wahrscheinlich ist auch 21!6 em ovaöiovg in em ozaöiuiv von «PK
geändert.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 27
b) Das Hebraistische sv ward in K oft entfernt:
4 4 JcSQtßsßXrjftsvovg — sv" ifiaxioig AP 28. 79. a ? (g).
5 2 — sv" ycov?} (isyalrj P 1. 36. b 17. 37. 49. 91. 96. 28. 79. a
87. 38 al1. Orig. (g).
8 - i,istuiy/isva — sv" aituaxi 1. 36. b 33. 34. 35. ?
12 5 Jtoiftaivsiv — sv" gaßöco P1) 1. 12. b 28. a p 95. 97.
1917 sxqcc&v — sv" cpcovt] AP 1. 36. b 10. 17. 18. 37. 47. 49. 91.
96? p 28. 79? a 31. c 6. 38. 48. 95. al. g vg.2)
Wenn daber K und P 21, 6 sfisxQijOsv -f sv" reo xaZccfico
liest, 18, 6 XC und K xsyQvocofisvt] + sv, 182 AP und wahrschein-
lich K sxgassv + sv" iGyvQa epcovr], so sind diese Lesarten (auch
2116) für die ursprünglichen zu halten.
Dagegen wurde sv absichtlich hinzugefügt:
213 1/fisgaiQ + sv" aig s. o. S. 8 (auch g).
1810 4- sv" //ia coga 1. a p 38. ?
2123 (fcuvwöiv + sv" avxi) Se 17. 37. 49. 91. 96. a.
o Auslassung des sx.
2 9 xr\v ßlaoq)?]niav — sx" tcov Isyovxcov P 1. 36. b 10. 17.
37. 49. 91. 96. p 28. 79. a 33. 34. al1. g.
13 3 sie — sx Q 1. 36. b a p g.
21 9 sie — sx*) 1. b 79. a 47. p (35.) 4) 87. (Scriv.) 38.
Dagegen wird sx hinzugefügt:
1 - üiqcoxoxoxoc + sx" xeov vsxqcov 1. 12. b 10. 37. 91. 96. p.
17 6 (is&vovGav + sx" A 1. 36. b 7. 39. 10. 17. 37. 47. 49. 91. 96.
28. 79. a p 87. 30. 31. 95. (g vg.)5)
d) Verwechselung von sx und ajio.
610 sxöixsic . . . ajto P 1. 36. b 7. 39. 28. (Scriv.) a 17?6) p 33.
35. 40. g.
717 s^aXsitpco . . . ajto X. 7. (Treg.) 16. 28. 79. a 47. p 14. 92.
95. al.5) (nicht 49. Matthaei) g vg.
21 4 ssaXsiipco . . . ajio alle ausser tfA 32. "i
1) Ti. Alf. gegen Treg.
2) Zusammengestellt nach den Origmalkollationen.
3) ein sx lässt s aus 6]. 7i:i. 1 7j .
4) 35. o tiqüjtqq xo)v (Alter).
5) Zusammengestellt nach den Originalkollationen.
6) nicht 49. Matthaei.
7) 64 Xaßeiv zijv tiyrjvrjV ano zt]q ytjQ 1. 36.
2 s Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Dagegen haben ex für asro:
16, 7 e&X&ev ex XA (1.) 12. 36. b a 18. p 38. 46. 95.
19 5 E&ldev ex1) SP 1. 36. b 10. 17. 18. 37. 47. 49. 91. 96. p
79. a 6. 14. 31. 34. 48. al2.
e) Verwechselung von Eiq und ejci.
16 2 ^b%eev zxt *VP yr/v ) 1. 10.17.37.49.91.96. (p) 28.79.a
eyevero Eiq av&Qcoxovq j 34. 35. (b eiq — Eiq, ebenso g).
16, - e^eev sig xov asga 1. b 10. 17. 37. 49. 91. 96. p 28. 79. a
14. 31. 51. 92. g.
In jedem der drei Fälle setzt der Wechsel der Präposition
eine bestimmte Überlegung voraus. In der ersten Variante passt
in der That ejci besser, in den beiden andern siq.2)
Neigung zur Wiederholung der Präposition zeigten die An-
dreasklassen oben S. 14: 19. 9,s. Dagegen ist 146 das zweite ejii
ausgefallen in 1. 36. b 28. 79. a 34.
10) Gebrauch der Partikeln.
Ein Asyndeton wird gerne in K durch Einschieb ung eines
xai vermieden.
44 + xcu" xvxZo&ev xov &qovov] 8CAP l. 36. b 7.16. 10.17.
18.47.49.91.96. p 28. 79. a 34.35.87. c 6. 38. 48. g vg. Pr.
7, 5 -T- xai" öia tovto Q 28. 79. a (die Variante bei Alf. Treg.
nicht angegeben).
13 ,, + xai" rovq ev xco ovoavoj oxrjvovvxaq'A) XCPQ4) 1. b 28. a
37. 47. p 34. 35. 87. 38. 51. vg. Pr.
18 , + xcu" (XEta xavxa 1. 36. b 7. 10. 17. 37. 49. 91. 96. 79? a
34. 35. 87. c 38. vg. Pr.
1816 s. oben S. 4 (ferner 42 o. S. 9; 9,, o. S. 3).
18,9 -\- xcu" lEyoviEq alle mit Ausnahme von XAC 1. 35. 87.
95. vg.cod-
19 , + xcti" [LExa xavxa 1. (nicht 36. Alter) b 10. 17. 37. 49. 91.
96. p 79. a 14. 38.
1) Auch hier bleibt K wieder konsequent, diesmal übrigens zusammen
mit K. sctp/ofiai wird sonst immer in der Apokalypse mit ex konstruirt.
2) Dazu vergl. 221C fxaQTVQT}Oui em xaig exxlrjoiaiq. Hier ist K nicht
trenau zu erkennen. Doch scheint es so , als wenn die eine Hälfte von K
mit A im mit ev vertauscht, die andre mit dem blossen Dativ.
3) Prim. hat hier mit „qui in caelo habitat" wohl das richtige erhalten.
4) Hier sowohl wie weiter unten 203, vielleicht 715 istQ abhängig von K.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 29
19 s1) jLafvtQov xai xa&aQov2) mit allen gegen SAP 7. 91. 95.
g Vg. cod. pr#
1915 &vtuov - xai" x?]g ooy>/g 1. 36- b 79. a p 95.
20 3 + xai" (tsra xavxa 1. b 1U. 17. 37. 49. 91. 96. p 87. ac
39. 48. 51. al8.
20 5 - xai" oi Xoutoi Q 1. 12. b 16. 10. 17. 37. 49. 91. 96. p
31. 32. 34. c a 38. 48. 95. al2.
20, xai" ovvayaytiv* b 12.17? 79. a 31.32.al1. g vg. Er.
21n -{-xai" o (pcQGTijQ 1. 7. 35. 87. 79? a p vg. cod. pr.
2119 + y.cu" oi 9-sfisXioi X 1. b 7. 10. 17. 37. 49. 91. 96. p 79. a
35 al1. vg.cod. pr
3 9 lesen statt töov] xai 1. 12. b a 49. p.
Ganz verfehlt ist endlich die Einschiebung des xai
6,2 - xai" oxs rjvoi&v 1. 36. 12. 37. 49. 91. 96. 13. 14. 46.
" 92. 95. Pr.
Dagegen wird xai ausgelassen:
9103) xai xsvxga — xai" tv xaig ovoaig avxmv 1. 36. b 7. 2v
79. a 34. 35. 87. c 47. p 38. 92. 95. al5. g. Hier ist das
xai offenbar absichtlich fortgelassen. Der Ernendator zog das
ev xaig ovoaic avxcov zu xevxqü und schob dann vor dem
folgenden sB,ovOia wieder ein xai ein, wie dieses sich in 1.
(nicht 36. Alter) b 79. a 37. 47. p al. vg.cod- (nicht g) findet.
Deutlich tritt hier in den beiden Reihen K hervor.
lls oxov—xai 8C 1.12.36.b 7. 34.35.87. c p 14.92. Orig.4)
ll,s xoiq ayioiz — xai" roic g)oßovtuepoig 1.36. (Alter) b 28.
(Scriv.) 79. a.5)
16 , vjcayexe — xai" txyttxs 1. 12. 36. b? 28. 79. a 7. 39. 37.
49. 91. 96. al6. nach Ti. und den Originalkollationen. Alt.
giebt nur 1. (!) an.
21 8 — xai" eßösXvyiiEVOig6) 1. 12. b 79. a (49. lässt vor sßöt-
1) vergl. noch 1914 Xsvxov -\- xui" zu&uqov s 1. 10. 2(J. 34. 35. 10. 41.
2) Dazu sind in K die Adjective umgestellt.
3) Ob in 5 13 nuvzaiq) — xai" r/xovoa ?.^yovta(g) in K, AP und den
n Minuskeln das ursprüngliche ist. lässt sich schwer sagen.
4) Dazu vergl. 2010 otxov — xai" a 1. b IS. p 91.
5) Hier liegt eine sehr wichtige und den Sinn stark beeinflussende
Änderung, vielleicht auch das ursprüngliche vor.
6) Hier mag ein im folgenden aufgegebener Versuch vorliegen, die
verschiedenen durch xai an einander gereihten Adjektive zu gliedern.
30 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Ivynsvoiq: „xai a[iaQTO)Zoig xai" aus, die Worte sind aber
von der Hand des Schreibers wie es scheint eingefügt.
Matthaei).
22 7 — xai" töov 1. b 10. 17. 37. 49.91.96. 34. (nicht 35. Alter)
c p 38. 40. 48. Pr. (Ein solches asyndetisches töov ist sonst
sehr häufig in der Apokalypse).
22 9 — xai" rmv rr/gowrcov 1. 12. b 10? 17? 37. 47. 49. 91.
96. p 31. 38. al4. Pr. — wohl beabsichtigte und den Sinn
stark beeinflussende Änderung.
Dagegen dürfte das Fehlen des verbindenden ovv 3,6 tfP 1
36. b 28. 79. a 10.17.37.49.91.96. 14.92. g vg. Pr. wohl das
ursprüngliche sein.
Öfter wird ovre und ovds vertauscht, 92o ovx . . . ovöe] ovrs
AP 1. 36. b 17. 33. 34. a 128 ovx . . . ov'ös] ovrt P 1. 36. b a
17. 33. 34. 35. 204 ov . . . ovöe] ovrs, wie es scheint K. Es ist
also in K in diesen drei Fällen konsequent ovrs geschrieben.
53 lesen APK statt dreimaligen ovre ein dreimaliges ovöe. —
Bestimmte Absicht lässt sich hier nicht nachweisen.
11) Gebrauch der Konjunktionen.
B. Weiss behauptet, dass die späteren Hndschr. (PQ) den
Konjunktiv nach iva einführen. Doch liesse sich ebensogut das
umgekehrte beweisen. Die Untersuchung ist hier eben eine be-
sonders schwierige, weil sich in vielen Fällen K nicht mehr ge-
nau bestimmen lässt.
Es lesen allerdings PQ und alle Minuskeln gegen xAC 7. 36.
42. in 92o t>va JiQOOxvvrjöcooiv. Der Indikativ stand hier ur-
sprünglich, da hier das iva beinahe den Sinn von coözs hat.
Ebenso lesen 1312 PQ und alle Min. gegen AC 6. 7. 14. 30. 98. b
xai jcoisi Ti]V yrjv xai rovg tv avrrj xaroixovvraq iva jcqoo-
xvvrjOmOiv {iva vertritt hier schon den Infinitiv, den X auch
wirklich liest). Wahrscheinlich steht auch 39 K — freilich nicht
P — auf Seiten von Q Rel. in der Lesart idov jioitjog> iva
rj^cooiv xai jiQooxvvrjOmöiv.
Aber die unsinnige Verbesserung 83 iva ömor} (PQ al.)
macht K nicht mit. Es lesen iva dcooei sAC 1. b 28. a 34. 35.
87. c 96. 29. 94. 95. (dm lesen 6. 9. 14. 36.)
K ist nicht zu bestimmen 95 edo&i] avzoig iva firj ano-
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 31
xrstvcooiv — aXX iva ßaöavio&r/oovxai. So lesen nämlich
XAP 1. 12. 36. b 38, die übrigen ßaoaviod-cooiv.
Wegen der Parallele zu diesem Satzbau ist gleich hier her-
zusetzen 13,6 xai xoiei ütavxaq . . . iva öooiv. . . iva yu] xiq övva-
raiPQ 1. b 7.16. 37. 28. 79. a p 6.14.31.32.48.92. aP. Da
Övvaxai ein Präsens mit Futurbedeutung ist, so entspricht der
Indikativ hier dem Sprachgebrauch des Apokalyptikers. Es ist
also in K, PQ hier das richtige erhalten.
Ebenso ist 6H xai eqqe&tj avxoiq iva avajtavoovxai P Q1)
1. 36. (Alter) b 7. 28. 79. 8. 13. 98. gegen avaxavöcovxai KAC
Rel. das ursprüngliche. Auch hier hat das iva seine volle Be-
deutung nicht mehr. 94 ist ebenfalls das eqqe&i] avroiq iva [i?]
aöixrjoovoiv durch A 36. bezeugt und 14i3 ist zu lesen vai Xejei
xo jrvEVfia iva avajta?]Oovrai mit sAC Q 1. 36. b 7. 16. 28. 50.
98. (K?)
Bemerkenswert ist noch, dass 13, 5 nach einem EÖod-rj avxco
iva X 14. 92. 36. b 79. c 95. aP. jtoitjasi lesen.
Es ergiebt also hier die Untersuchung kein bestimmtes Re-
sultat. Eine bestimmt durchgeführte planvolle Emendation lässt
sich an diesem Punkt nicht nachweisen, und das ist auch kaum
zu erwarten, da im späteren Sprachgebrauch iva mit dem Indi-
kativ immer gebräuchlicher geworden zu sein scheint.
Dagegen beseitigt K fast überall den Indikativ nach ov fit]
3 3 ov fir/ yvcoöij} yvcoq ACP 1. 36. b 10. 37. 49. 91. (Treg.) 96.
p 28. a 31. 32. 48. 51. aP.
7,4 ovöe fii] öirpr/Govoiv] . . . moiv P b 14. ?
9 G ov pi evq7]Oov6iv] EVQOJOiv AP 12. (b) 17. 49. 34. 35. 87. c
28. 79. a al1. (Evor/Ocoötv 1. 2. 9. 11. 27. 92. 93.)
15 4 xiq ov {.ir] cpoßrj&rj y.ai do^aOEi] öo^ao?] X 1. 36. b 7. 39?
10. 17. 37. 49. 91. 96. 35. c 38. mu. al. ut videtur.2)
Nur 18u verwandelt K das evqtjoovöiv nur in EvgrjOEiq (nur
einige Hndschr. haben das fälsche Evor]ö?]q). Im ganzen folgt
K dem Sprachgebrauch des Apokalyptikers, der überall sonst ov
lir] mit dem Konjunktiv konstruiert.
1) Q Alf. Ti. gegen Treg, A Ti. Treg. gegen Alf, C Alf. Ti. gegen
Tregelles. Weiss führt zum Beweis, dass o und a> in PQ schon leicht ver-
tauscht wurden 315 die Schreibweise (txfskov statt o<pe).ov an. Aber w(pe?.ov
ist kein Schreibfehler, sondern Schreibweise der späteren Minuskeln.
2) Nach den Originalkollationen.
32 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
An der schlechten Verbesserung oxav öcoGcoöiv 49 in xQ 7.
12. 14. 16. 32. 39. 92. b hat K keinen Anteil. >)
GM lesen eoio -■- ov 1. 36. b 28. 79. a 10. 17. 37. 49. 91. 96.
7. 33. 51.
7 :} ayoig nur sACP 1. 12. b Orig. + ov Q Rel. + «*> 18.
28. 79. a.
10 , <x>? evrjyyeXiö.] o. sv. b 10. 37. 49. 91. 96. p 28. 79. a.
2210 0 xaiQog yao] oxi 0 xaigog 1. b 10. 17. 37. 49. 91. 96. p.
12) Ausserordentlich häufig sind Glossen und erklärende
Zusätze in K.
1 9 00a siöeg + axiva tiöiv xai XQV ytvso&ai 1. 12. 7. 16.
45.69. 10.18.37.49.91.96. p 28. 99. a 38.46.50.86.88.90.
1 s xai xo m - aoyj/ xai rsXog X 1. b 34. 35. 87. c 37. 41.
vg. Orig. g -f ?/ aQ'/ji xai xo xsXoc 28. 79. 99. a 36. 49.
(Alter.)
117 xrtv de£iav - yuoa Xcc2) 1. 36. b 10.37.49.91.96. p
28. a 41. 92.
220 syco xaxa oov -j- jcoXv X 12.36. b 17. g (28.79. a -f jtoXXa
1. 33. 41. vg.cod- oXiya.)
5 4 avoiscu -\- xai avayvwvai" xo ßißXiov 1. 36. b 10. 17. 37.
49. 91. 96. p 28. (Scriv. doch nicht 28 2.) a 39. 87. al2.
5 - uXrjtpev — xo ßißXiov 1." 36. 7. 16. 39. vg.cod- (hinter £jr/
toi? d-QOVov 38. c • ' a p vg. cod-). Q fügt nur ein xt/v hinzu,
mag also ursprünglich ein xi)v ßtßXov gelesen haben.
6 9 xag yvyag -\- xow avd-Qcoütcov xP 1. 12. 36. b 10. 17?
37. 49. (Alter) 91. 96. p al1.
813 fieyaXT) + xQig 7. 17. 37. 49. 91. 96. 28. 79. a.
9 j avd-gmjcovg r fiovovg 10. 37. 49. 91. 96. g vg.
915 xo xQixov fiSQog 2S. 79. a 37. g vg. ?
1 1 8 xai xa jixo)[iaxa avxow + saoei 28. 37. 79. a 43. (tfcc +
soxai.) (K?)
1117 xai 0 ?]v -- xai o loyoiiEvog 36. 10.17.37.49.91.96.
28. 79. a 95. vg.
1) Den irregulären Indikativ nach ozuv — sccv haben bald diese bald
jene Kodices 222 sctv (jltj ßttavorioovoiv «A, 49 oxav öojooioir AP 1. 18.
28. 32. 33. 34. 36. 38. 79. ap, cf. 10T. 116. 7. 1315. 144.
2) scc Ti. Alf. s Treg.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 33
14 6 xai siöov + aUov" ayysXov tfccACP 10. 17. 49. 91. 96. 79. a
51. 95. al1. g vg.
1413 Xsymxirjg + fiot 1. 36. l) b 10. 17. 47. 49. 91. 96. p 28.
79. a g vg ? Pr.
15 9 -{-ex zov yaocr/iiaxog avzov (xai)" ex z. agid-fi. 1. 36. 28.
79. a 34. 35. 87. c 17. 47. 39.
16 3 und in den folgenden Versen schieben ein ayysXog ein:
16 3 alle ausser Xc 18.95.
16 4 1. 36. b 10. 49. 91. 96. p 28. 79. a 34. 35. 87. c 38.
168 Sl.36.b 10? 17? 49. 91. 96. p 28.79.a 35. c 6.38.vg.Pr.
16]0 1.36.b 10. 17.37. 49.91. 96. p 23. 2) 79. a 34. 35. 87. c 39. vg?
1612 36.b lC.17.37.49.91.96.p 28.79.a 34.35.87.C 39.vg?g.
1617 Sc1.36.b 10. 17.37.49.91.96. p 28.79.a 34.35.87.C gPr.
' Ebenso wird 87 in 1.36.b 28. 79. a c p 38. 98. g vg. Pr.
ayyeXog eingeschoben, während es an den übrigen Stellen des
Kapitels überall steht.
17 , Xeycov + /not 1. b 28. 79. a p.
18 6 aneöorxev + vfiiv 1.36. b 10. 17. 47. 49. 91. 96. a 4. 31.
48- g (p rjfiiv) g. vg.cod-
20 4 fiEvcoxcov + avxoov 1. b 10. 17. 37. 49. 91.96. a 2. 13.
21 3 Eine ganz verfehlte Glosse ist das d-sog avxcvv, das P 12.
79. a b (K?) hinter y,ex avrcov einschieben.3)
21 5 xai Xsysi -f (wo*4) (s. 1413. 17,.) xP 1. b 10. 18. 37. 47. 49.
91. 96. p 34. 35. c 79. a vg. c°d-
21,0 xi]v jioXlv + ttjv jieyaXrjv xai'0) 1. b 10. 17.37.49.91
96. p 31. 32. 34. 35. c 79. a 38. 48. al6.
22 , jtoxafiov + xa&agov (1.) b 7. 10. 17.49.91.96. p 31.32
34. c 79. a 33- 38. 48. al3.
22 8 rag - ejtxa" xXi/yccg Q b 10. 37. 49. 91. 96. 31. 32. 34. e
a p 33. 48.
2220 -- vai" atu>jv (7.)6) 10? 17? 37? 49.91.96- p 79.a 35.38.
22.2fl Il1°ov + XgiOxe Xc 79. a b**t. p 38. 31. 48. al7. ?
Dazu sind noch zu vergleichen 111. 2o (s- °- S. 8).
1) 36. nach Alter.
2) Scrivener.
3) avxwv &eoq haben auch A vg. Tich.
4) 1919. 2210 steht Xsysi ,«eu.
5) Das xai haben nur 1. b 79. a 31. c.
6) 7. liest xai.
Texte u. Untersuchungen XI, 4.
34 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
13) Auslassungen finden sich weniger.
5 4 — £70" exlaiov XP 1.12. 36. b 28.2 Orig. P1)
13 7 — xai sooft?] vixr/oai avrovq ACP 1. 12. b p 14. 92.
Auch hier ist es zweifelhaft, ob die Worte in K fehlten. Es
liegt hier ein einfaches Schreibversehen vor.
13 7 — xat Xaov 1. 36- b 10. 17. 49. 91. 96. p Pr.
15 7 — ev" tx S 1. 12. b 7. 16. 79. a p 90. al5. (Auch hier
liegt ein einfacher Schreibfehler vor.)
18 , — xai Jtev&og 1. 12. 10. 37. 49. 91. (Treg.) 96. (Scriv.) p.
19, — coq" <pmvr\v 1. 12? b 7.16. 18. 47. (nicht 49.Matthaei)
91. (nicht 96. Scrivener) p g Pr.2).
19 6 — coq" gxnvTjv*) 1. 12. b ap 31.35. 87. (Scrivener) 6-al1. g.
19n — xaXovftsvoq AP 1. 12. b 79. a p 6. 31. 32. 48. al. g
(nicht Pr. s. Hausleiter). Vielleicht jedoch ist xaXovftsvoq
von den übrigen Hndschrn. eingeschoben.
Es sind also nur sehr wenig Auslassungen vorhanden, die
sich auf K zurückführen lassen, und bei diesen hegen meistens
Xachlässigkeitsfehler vor. Nur die mehrfache Auslassung von
coq ist beabsichtigt (vergl. noch die Auslassungen 15, s. 16, [l13.
6,], ferner 182. 612 s. o. S. 9. u. 10. Anm. 7).
14) Wortumstellungen.
Hier lässt sich schwerlich eine bestimmte Absicht nach-
weisen. Ich notiere die Varianten ll8 rov aöov xai rov dararov,
115 &£Äei avrovg(?) 117 JcoXef/pv [ter avrcov(?) 174 yovoovv
jioTtjQiov 1S14 ov (ir) zuot/G. acta 206 o d-avctxoc, O ÖSVTSQOq
1) Kaum liegt K vor in 94 — rov &sov 1. 12. 17? 28. 47. (nach Mat-
thaei) 79. a b am. 9i2 eg/ßzai — sri 1. p 97. (nicht 49. Matthaei) (36. b 37. a
haben ai für eri). II7 — xai unoxxevBi avrovq 1. 12. 36. b 87. al2. (Aus-
lassung per Homoiotel; die Stelle ist wichtig wegen der Übereinstimmung
von 1. 12. 36. b). 1210 rov &sov — rjfjLvjv 1. 28. 79. a p 14. 92. al2.
2) Wahrscheinlich fehlte in K auch das iitya/.rjv hinter (fcovrjv: 1. b
18. al. (nicht 47. Alter) lassen es aus, 10. 17, 37. 49. 91. (Treg.) 96. lesen es
an anderer Stelle.
3) Dazu vergleiche 5U — (oq" <pwvi]v APQ 1. b 28. 79. 17. 49. 14. 16.
g vg. Pr. 66 — ü>q" (fojvrjv K mit den übrigen gegen sACP 6. 12. 17. b g
vg. Dagegen ist 14 3 coq coötjv in AC 1. 36. (Alter e sil.) b 28. 79. a 17. 95.
al. vg. das ursprünghche, vielleicht ist endlich 19j2 das coq, das in A 36. 35.
91. [Treg.) 95. al. erhalten ist, das ursprüngliche; (46 — coq" SaXuooa
1. a p 94. Pr.)
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 35
2(i, , o ovgavoq xat ?j ///f?! 20,, Itvxov tueyav 2013 rovg hv
i'.crf] vsxgovg ib. rocg ev avroig vtxgovg 2213 acr/ji xai rsXog
(o) jegeorog xai o soyarog. Mit X teilt K dieselbe Stellung in
folgenden Varianten: 120 «* ejtra lw/yiai 210 £g i\ucov 0 öia-
ßoXog 16, l) epcov/jg (lEyaÄ/jg 11- 001 sqco 17, - fiiav yvoj^/jv
199 aXrjfrtvoi eiöi rov &sov 203 avrov Xv&-/jvai 213 sorai pur
avrcov 228 o ßXejtcov xai axovcov xavxa 22, ö 8üt avrov o d-eog 2).
15) Wortvertauschungen.
95 das leichtere JtX?]t~// statt jiaiorj lesen 10. 37. 49. (Matthaei)
96. 4L 42. al. (K?) 114 d-sov statt xvgiov 1. 36. b 28. 79. a (K?)
115 hat K das erläuternde ajtoxreivai statt aörx/jöai 14, 5 und
16173) ist absichtlich ovgavov statt vaov gelesen 19, 7 ist xo
öeiüivov xov ftsyaXov statt xo fisya rov einfacher Schreibfehler,
vielleicht auch 223 . 5 sxsc statt sri 4) 226 rcov ayicov jrgo(pt/xcov
für rcov jcvevfiaroDV zcov jtgocptjxcov: eine offenbar den Ausdruck
erleichternde Veränderung.
Im Laufe der Untersuchung haben sich zahlreiche Spuren
gefunden, die darauf hindeuten, dass X mit K in engerer Be-
rührung steht, vielleicht von K abhängig ist. Vergl. die Stellen
unter 1) 1419. 2) 27. 21,. 3) 1115. 4a) 224. 4c) 146. 4d) 32. ,9. 174.
18lti. 163. 102.8. 4e) 1,7. 5b) 13s. 17s. 7) llu. 204. 215. 6S. 8n.
1713. 2010. 9a) 5,3. 715. 9d) 7,7. 16,7. 195. 10) 20s. 21l9. 11) 154.
12) 220. 69. 168. 215. 13) 54. 157. 14) s. dort die Stellen. Endlich
vergl. noch oben S. 10. Anni. 4f 118 die Variante ra jcxwfiaxa.
An folgenden Seilen tritt die Abhängigkeit K's von K deut-
lich hervor: 4n lesen die Mehrzahl der Hndschr. 0 xroiog xai
0 d-eog ijficov, K xvqis o d-eog rjpcov; tf xvgie 0 xvgiog xcu
o deog Tjficov 174 die Mehrzahl xrjg yrjg; A 1. 36. b 10. 17.
1) In dieser Stellung findet sich der Ausdruck sonst immer in der
Apokalypse.
2) Vielleicht auch 19s zozi ztov ayunv. 21 9 zi\v vvfxffrjv zov aovwv
zr\v yvvaixa.
3) I617 lesen zov vaov nA 10. 14. 92. 95. vg. Pr: zov ovquvov 1. 12.
3G. b 28. 79. a 47. g; QRel. dagegen zov vaov rov ovQavov. Sichtlich ist
hier die Familie Q Rel. schon von K abhängig. Man sieht hier deutlich
das relativ hohe Alter der Lesarten von K.
4) K liegt wohl kaum vor in den Änderungen 2u12 tttov für 0-qovov
und 19 20 fieza zovzov statt fxez' avzov.
3*
36 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
18. 37. 47. 49. 91. 96. p 28. 79. a 31. 34. 35. 87. c 38. 95. avzr)g\
ü avxrjq xat xr/q yt/~.
Auch mit A liegen zahlreiche Berührungen vor 1) 8,3. 13, 5?
196? 2) 320. 21fi. 4b) 53. 4d) 113? 102. 10. 4e) lln. 5b) 1612?
6) 37. 7) 16l2. 8) 222. 9a) 61C. 7,5. 9b) 44? 19,T. 9c) 176. 9d) 1617.
10) 9,0? 11) 9«. 12) 146? 21.. 13) 13?. 19,, ?
Jedoch ist es gerade bei den Übereinstimmungen mit A
häufig sehr fraglich (vergl. die Stellen mit Fragezeichen), ob wirk-
lich gemeinsame Fehler vorliegen. Es wäre möglich, dass A
teilweise als Textgrundlage von K anzusehen ist. In 137 (s. o.)
teilt A mit K die durch Nachlässigkeit entstandene grosse Aus-
lassung. Am wichtigsten zur Charakterisierung des obwaltenden
Verhältnisses ist 133. Hier lesen 1. 12. 36. 28. 79. a p mit A
td-avfiaö&i] statt s&avfiaosv, haben dann jedoch die Form passi-
visch aufgefasst und schreiben infolge dessen statt olrj rj y?/:
i-v o/.tj rij yrj.
Eine nähere Untersuchung über das Verhältnis von X und
A zu K bleibt wünschenswert.
Es erübrigt noch das Verhältnis von K und Q, resp. der-
jenigen Klasse, an deren Spitze Q steht, zu besprechen. B. Weiss
nimmt eine dem weitesten Umfange nach gemeinsame Textgrund-
lage von P und Q an. Es hat sich nun erwiesen, dass P auf die
Seite von K gehört und eine von Q Rel. verschiedene Recension
repräsentiert. Es steht nun auch nicht einmal so, dass das Ver-
hältnis der beiden Recensionen unter einander eine so nahe Ver-
wandtschaft zeigte, dass wir eine gemeinsame Grundlage derselben
annehmen müssten. Es wird demgemäss nötig sein, das gesammte
Material, das Weiss zum Beweis für seine Behauptung bringt,
soweit die betreffenden Stellen nicht schon besprochen sind1),
einer Prüfung zu unterziehen.
1310 u. ,4 lesen nur AC und NAC fiayaiQrjg, alle übrigen
nayaiQaq. Aber wer will hier denn sagen, wo die gemeinsame
Emendation liegt? (ia%aiQ7jq kann auch provincielle Eigentüm-
lichkeit von NAC sein.
Die jonische Form xsooeqü steht 46. 5,4 in A (gegen NPQ).
48. 58 NA (geg. PQ), 194 NAC fg. PQ), die Form xiOoj.Qay.ovxa
1) ich verweise zurück auf die Bemerkungen, die ich bereits zu Nr. 1
und 2 gemacht habe. Unter Nr. 2 s. die Stelle 13 18.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 37
7, »C (g. AP), 11, SA (g. P), 135. 14,, 3. aAC (g. P), 21l7 A
[g. P). ') Auch durch das gesanmite neue Testament lässt sich
eine bestimmte Klasse von Hndschrn. aufweisen (dieienige, die sich
um B gruppiert) die regelmässig zsGGeQaxovza schreibt. Aber
weshalb sollen nun die älteren Kodices das richtige haben und
die jüngeren emendiert sein? Es bietet sich mir vielleicht noch
einmal Zeit und Gelegenheit zum Nachweis, dass gerade in der
von B geführten Gruppe eine sehr absichtliche und sehr eigen-
tümliche Orthographie herrscht. Die jonischen Formen zsoosQa —
rsöoeQaxovta können auch Eigentümlichkeiten der betreffenden
Gruppe sein. Es kommt hinzu, dass A allein 44 zeGOtgag statt
zeouaoag schreibt, dass A 1{ an zwei Stellen von dreien zeggcc-
Qsg statt reoGagag schreibt, ebenso 8 914; Jo. 111T Sz/ Act. 2729 X
Diese sich häufig wiederholenden Fehler deuten darauf hin, dass
in dem betr. provinciellen Dialekt die Aussprache des doppelten
a eine schwierige war, aus diesem Grunde schrieb man ja auch
ztoosoa reoosQaxovra, dagegen nicht zegG£Q(üi>.
Die Angabe, dass PQ 6U gemeinsam ajioxztivEG&ai statt
ajtoxTSvveo&ai lesen, ist wahrscheinlich falsch. Xach Alf. Treg.
gegen Ti. lesen Q und einige Minuskeln ajioxztvEGfrai. Übrigens
mag bemerkt werden, dass ajtoxztivco auch ständige Lesart von
B ist, und dass auch S5 1310 ajtoxzsivco liest.
Von den Formen jtezoftsvog -copavog, ?] -g -övvazo ist be-
reits die Rede gewesen. Viel weniger wird man bei so verein-
zelten Formen tvöcofitjöig — tvöo^Gig, ygvGav -rjv, awjzatjGov-
xai -jtavGovxcu irgendwie entscheiden können. Ehe man hier
überhaupt weiter kommen kann, gilt es unsre neutestamentlichen
Hndschrn. zu klassifizieren, die Klassen wenn möglich zu loka-
lisieren. Dann müsste die Untersuchung auf sonstige handschrift-
liche und inschriftliche Zeugnisse derselben Provinz ausgedehnt
werden, und nach allen diesen Vorstudien könnte erst ein Urteil
über orthographische Eigentümlichkeiten gestattet sein.
Über den Indicativ nach iva ist schon oben ausführlich ge-
handelt. Hier lagen Änderungen sehr nahe. Für eine gemein-
same Grundlage können daher die wenigen Übereinstimmungen
92(1. 13, ,. 83 (an letzterer Stelle geht dazu P nur zufällig, d. h.
1) Q setzt überall die Zahlen in Buchstaben.
3§ Bousset, Studien zum Neuen Testament.
gegen K, mit Q Rel.) — nichts beweisen. Umgekehrt haben
PQ 13! 7 (6M) das Richtige erhalten.
Vor allem aber muss darauf geachtet werden, ob nicht das
Zusammentreffen von PQ ein zufälliges ist, ob wirklich in jedem
Fall die Textklassen zusammentreffen.
Schon oben sind die meisten Stellen, die hier in Betracht
kommen, behandelt. Für die Abhängigkeit, in der sich hier und
da namentlich Q K gegenüber befindet, cf. 5,:H (s. o. S. 9) 1) llt.
2) 107. 4>53. 143. 15s. 146. 163. 9) 710. 133. 10) 715? 13ß. 20,.
11) 13i7? 6lt. 12) 57. 228.
Hier folgen noch einige bemerkenswerte Stellen:
1 5 XvGavxi sx tf AC 1. 12. 36. b 28. 79. 99. a p 6. 38.
lovoavxi ajio PQ Rel. c.
Hier befindet sich K aller Wahrscheinlichkeit nach auf Seiten
von XAC und P geht nur zufällig mit Q.
212T xai jroicov BCA 18-41. 68. 92.
xai o jiouov 5? Rel .
xai jtoiovv PQ 1. b 10. 17. 37. 49 91. (Treg.) 96. a 34.
35. c 31. 38. 48. al.
Diesmal geht X mit der Mehrzahl der Minuskeln, Q mit K,
nur in A ist das Ursprüngliche erhalten, X Rel. und K bessern
in verschiedener Weise.1)
In 170 habenPQRel. gegen AK das richtige bewahrt (s.o. unter 9c).
Da wo P und Q mit den Klassen, die sie vertreten, zusammeu
gegen tfAC und wenige Minuskeln stehen, haben sie auch sehr
oft das Ursprüngliche erhalten.
4 4 ist kaum mit tfA f)x>ovov? sixogi xsGGaosc zu lesen, sondern
mit den meisten ftgoroi ....
5 , lesen X Or. Sfurgoofrev xai ojiiG&tv
A 1. 14. D eoco&sv xai 0Jiiö&£V
PQ Rel. £GCi)&£v xai tgcofrsv
LXX Ez. 2,o e/jjtQOG&sv xai xa ojiigw.
PQ haben hier das Richtige, alles übrige ist Korrektur nach LXX.
1) Hier sind noch folgende Minutien zu erwähnen: 21u liest Q mit P
l.b 18. 79. a 35.87. 29.97. xQvazaX[k]it,ovTi 33 Q mit scP und fast allen
Hndschrn. von K ovxoq statt ovrcog. Die einzige gemeinsame Wortumstellung
die W. in PQ gefunden (S. 7) 3!8 zqvgiov nag s^iov erklärt sich auch da-
durch, dass P hier von K abgewichen. K liest mit den älteren Hndschm.
TICCO 8/LlOV /QVOlOV.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 39
9 - ist ouoia zu lesen, X falsch otuotoi. A ofioico^ara.
9,M ist mit allen geg. S?A Jtooj'eiaq statt jtovt]oiaq zu lesen.
13 ist mit PQ Rel. ßlaoyijiiiav zu lesen, die beiden andern
Varianten ßZaGtyijfia und ß?Möq>?/(iiaq sind Konformationen
nach dem voraufgehenden (isyaka. Damit ist auch die Var.
ßlaötprjfuav 13,, gerechtfertigt,
17 | stand ursprünglich kein xai vor dem xsxQVöcoftsviJ, nur so
ergiebt sich der richtige Satzbau. PQ Rel. haben das Ur-
sprüngliche behalten, während in den älteren Kodices das
xai mechanisch* eingeführt wurde.
182] ist mq (ivXov fisyavFQ Rel. echt gegen das unsinnige fiv-
Xivov (A) oder iivXixov (C) (X Xi&ov).
Dazu kommen die von Weiss selbst zugestandenen Fälle
(.l1(1 ofioioiq (st. -aq) 213 Xaoi] Xaoq 43 igsiq] iQiq 8(i avrovq]
tavTOvq. wo PQRel. gegen XA al zu Recht bestehen, endlich
1118 rovq (iiXQOVq xai rovq ftsyaXovq] roiq (iixQoiq xai roiq
fieyaloiq PQRel. gegen NAC.
Dagegen liegen gemeinsame Korrekturen in PQ vor, ausser
den schon erwähnten..
227 övvTQißerai] owrQiß/jGerai. Diese schlechte -Korrektur ist
sehr alt, ihr folgt schon die altlateinische Übersetzung. (Pr.) l)
9 3__5 ist dreimal das avzoiq, weil auf axgiösq sich beziehend,
in avxaiq abgeändert, auch diese Korrektur muss sehr alt
sein, A hat ebenfalls zweimal die Änderung, und die Lesart
avxoiq ist nur sehr schlecht bezeugt.2)
12l8 ist das xai söTafrrjv eine nicht ungeschickte Korrektur statt
£Gra#?/. Auch p geht hier mit PQ Rel.
1 V» xoo(pvQov statt jioQrpvQccq Änderung nach den umstehenden
Adjektiven.3)
18|9 ist irrtümlich zwischen jiev&ovvreq und Xsyovrsq ein xai
eingeschoben (s. dieselbe Variante in K 18t6 oben S. 4).
22 5 ist Xvyvov statt cpcoroq Xvyvov wohl beabsichtigte Ver-
kürzung. 4)
1) Jedoch gehen 1. 36. b 7. 38. a mit sAC.
2) Q weicht zweimal von der Mehrzahl der Minuskeln ab. Vergl.
unter 3 die zahlreichen Fälle, in denen K gerade die constructio ad sen-
surn ändert.
3) Sonderbarerweise liest K(V) 1S16 wieder TiOQifVQav statt 7tOQ<pvQOW.
4) Auch 115 ist 7i£7iVQ(o/btsvoi Korrektur, aber hier haben alle Hndschrn-
40 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Nicht absichtlich sondern durch Nachlässigkeit sind folgende
gemeinsame Varianten entstanden1):
14, 8 rj jrohg rj nsyaXrj — rj ist ein alter Schreibfehler, den
schon die altlateinische Übersetzung teilt.
21 :4 ist ovgavov (statt dgovov) aus dem vorhergehenden Vers
eingedrungen. Auch diese Variante hat schon die lateinische
Übersetzung.
22 6 ist dasFehlen des Artikels vor xvgiog Konformation nach 225.2)
Auch die von Weiss (8) gemachten Beobachtungen, nach
denen Varianten in P und Q direkt auf einen gemeinsamen älteren
Text zurückweisen sollen, der in P und Q nur je zur Hälfte auf-
genommen sei, sind nicht stichhaltig.
4 5 ist a eiOcv K die richtige Lesart und a sonv so wie ai
siGtv Verbesserungen.
22 5 ist die Verkürzung ov ygeia statt ovx eyovöiv yosiav wahr-
scheinlich ursprünglich, wie die verschiedenen Varianten
ovx tyovöiv ygeiav, ygeiav ovx syovoiv. ovy et-ovoiv ygeiav
beweisen.
Am einleuchtendsten ist die Vermutung W.'s, dass 1810 ur-
sprünglich ßvooov xai jioQfpvQctv xoxxivov gelesen sei, und von
dieser Lesart das ßvööov nur in Q, das jtog<pvgav — xai" xox-
xivov in P erhalten geblieben sei. Doch ist diese Beobachtung
eine zu vereinzelte, als dass man darauf weitere Schlüsse auf-
bauen könnte.3)
Die gemeinsame Grundlage von K(P) und QRel. ist zum
mindesten eine sehr schmale. Wo P und Q mit ihren Trabanten
zusammenstehen, haben sie in mehr als der Hälfte der betreffen-
Korrekturen oder Fehler. Die ursprüngliche Lesart lautete nach dem La-
teiner ex xufjuvov TieTtvQWßsvrjc.
1) 22o lesen PQ, aber nur mit wenigen Minuskeln n()0(prjxt]v statt
7l(JO(pt]TlV.
2) Ob mit PQ Rel. 225 <pa>xisi avxovq oder mit sA 35. (pwxiti ?ti avxovq
zu lesen ist, kann nicht sicher entschieden werden.
3) Nach meiner Meinung lässt sich in der verwandten Stelle 18^
eine andre Beobachtung machen. Es lesen 1. 36. b 10. 17. 18. 37. 49. 91.
96. p 79. a statt ßvOGivov: ßvooov, umgekehrt dieselbe Klasse mit PQ
Rel. (gegen aC 7. 35.95. a"c) noQ<pvQOv statt TCoocpvQuq, es ist mög-
lich, dass im Archetypus unsrer Gruppe ein doppelter Versuch zur Kor-
rektur gemacht war, nämlich entweder ßvooov — noQ<pvQaq oder ßvooivov
— noQ<pvQOV zu lesen.
I. Zur Testkritik der Apokalypse. 41
den Fälle auch den ursprünglichen Wortlaut gewahrt. Die ge-
meinsame Grundlage von tfAC ist mindestens ebenso gross als
die von PQ. Jene Grundlage liegt aber so weit zurück, und so
wenig Spuren haben sich von ihr erhalten, dass sie sich jeder
weiteren Nachforschung entzieht. Ihren eigentümlichen Charakter
haben die Familien K und QRel. dadurch erhalten, dass jede
aus einer besondern Textrecension hervorgegangen ist.1)
Lässt sich nun noch auf die Frage, wo und wann etwa jene
Recension entstanden sei, auf der K beruht, irgend eine Antwort
geben, die mehr wert ist als eine blosse Vermutung? Über die
Zeit des Andreas hinüber führt uns schon die Thatsache, dass
ü sich als verwandt mit K erwiesen hat.
1) Für Q hat Weiss dies durch seine Zusammenstellung bewiesen. —
Eine vollständige Besprechung von K würde erfordern, dass ich noch
einen Überblick über alle die Stellen geben müsste, in denen K mit den
älteren Kodices gegen Q übereinstimmt. Das würde dann zugleich eine
Darstellung der Eecension Q Rel. sein. Jedoch würde der Stoff, der hier ge-
bracht werden könnte, sich ungefähr mit dem von Weiss schon behandelten
decken, da in den überwiegend meisten Fällen, in denen sACP gegen Q stehen,
auch K sich auf Seiten von sACP befindet. An einer Reihe von Stellen
lässt sich freilich nicht mehr erkennen, ob K sich auf Seiten von sACP
oder von Q Rel. befindet. Als wichtigste Beispiele nenne ich die Varianten
120 aoxsgwv ovq \(ov) sideq 45 Qqovov + avxov 56 aneoxa/.fteva (01) 57
01 (a) eioiv 64 + y.ut" iva G,; xqi&q>v -ijq 7;; a/Qiq + ov 9n + xai" er
+ dt " xtj EXXijvixrj II13 cuoa {rifX£Qa) 129 y.ai-\-o" aaxavaq 13,4 n?.a-
vrjOTj (n?.ava) 1S24 ai(ia[xa\ 20s xai + xov" Maycoy 21s + y.ui afxaoxw/.oiq.
An vielen Stellen, an denen dagegen K entschieden mit QRel. geht,
ist auch bei ihnen das Ursprüngliche bewahrt. 19 ist das Iijooc -\- Xqigxov
in (K) QRel. auch durch Pr. bestätigt. S9 ist zu lesen xo xqlxov — xcov"
sv xi] &a).uoori. sAP erleichtern die Konstruktion durch Einfügung des
Artikels. 10 1 ist das a?.?.ov vor ayytkov wahrscheinlich mit KQRel. zu
streichen, 7. 16. Pr. haben es an andrer Stelle. 10s ist /.cü.ovaa — ?.£-
yovoct zu lesen, -av. -av ist falsche Korrektur in sACPQ 7. 14. 36. 91. 92.
11 3 lies TCSQißsßlrjixsvoi (statt ovq) mit xcCK Rel. gegen sAPQ 4. 7. 28. 4s.
79. 96. 16 ! 4 wird die Lesart von KQRel. xrjq rtfxsQaq -p- extivijq" xr\q (xs-
ya).qq durch Pr. bestätigt. 1S12 ist ßaoyaoixov mit KQRel. vg. Hipp, zu
lesen (s Min. [xuQyuQtxiüv CP -xaq. A fu. xaiq), wie 1816 [taoyaQixrj mit
sACP, während diesmal KQRel. verändern. I813 ist xai afxtufiov mit scKQ
Rel. Pr. zu streichen , es entstand aus dem vorhergehenden xivvavojfjLOv.
192o ist zrjv xaiofxevrjv zu lesen mit KQRel. g, xrjq -tjq in sAPb ist ein-
facher Schreibfehler. 22 j 4 lies mit KQ Rel. p c l'r. Tert. Cypr. 01 noiovvxsq
xaq svxo?.ccq avxov. Tc'/.vvovxeq — xaq oxo/.cc; scheint dogmatische Kor-
rektur zu sein.
42 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Weiter aber führt uns vielleicht die Beobachtung, dass X
korrigiert ist nach einer Hndschr., die offenbar grosse Ähnlich-
keit mit den Hndschrn. der Klasse K zeigt. Ti. unterscheidet in
den zahlreichen späteren Verbesserungen in S? zwei Hände, die
er durch Xc und tfcc unterscheidet. Zunächst soll tfc untersucht
werden. Ich setze von der Untersuchung alle Stellen ab, in denen
der Emendator Abweichungen, mit denen X allen übrigen Zeugen
gegenüber völlig allein steht, entfernt hat, und zähle zunächst
die Stellen auf, in denen S5C Lesarten zeigt, die K eigentümlich
sind. Es sind folgende1):
16 Sc ßaötXeiav xai tegeig mit einigen zu K gehörigen
Hndschrn., nähert sich der Lesart von K ßaoiXtig xai tepeig 12()
cu exra Xv^viai'2) 2n rjf/eQaig ev ctfc3) 220 tijv Xeyov-
oav 35 ovrogx) 4, Xeyovöa 45 a eioiv 69 eiöov 6,5 xai
-f- jcag" eXevfregog 79 liest Xc mit P konsequent eorco-
rsc — JiegißeßXrjfievoi — (poivixeg 7,0 exi tov &qovov
8,, — o" aipiv&oc 912 egyovTai 914 kommt 8C (p) mit der
Lesart Xeyovötjg K am nächsten 10, — //' igig 102 ßißXiöa-
Qiov lls ojiov — xai 136 H- xai" zovq ev reo ovoavco Oxtj-
vovvxag 16J7 + ayyeXog 178 nageöTiv 187 savrrjv 188 xqi-
vcov 209 + ajio tov &eov" ex tov ovqolvov 219 mit xeov ye-
ftovoojv nähert sich Xc an. K (rag yefiovöag) 2120 apietivOTivog
2123 ev avzTj 222 ev&ev xai ev&ev kommt dem svrev&sv xai
erTev&ev von K am nächsten 2220 Irjöov -\- Xqiots'S
Ferner geht Nc mit K -f A (C) 44 xai xvxXo{rev 45 + ra"
£jtza 4s, ccyiog dreimal"5) 5S cu jcooöevyai*') 106 m^iooev -f ev
112 exßaXe sgmfrev 14, 3 vai Xeyet 197 6a)Ootuev (öcoocoftev) für
dcofiev.
1) Da die Varianten fast alle schon besprochen sind, so zähle ich hier
nur einfach auf.
2) x enza Xvyviai, die übrigen ai Xv%vict.L ai enra.
3) s las ev xaiq.
4) 3|2 verbessert sc die schwierige Lesart von sACPK r\ xaraßaivovoa
in rrjq xarußaivovarjq. Die Korrektur von Q Rel. r\ xaraßaivei scheint er
a]so nicht gekannt zu haben.
5) 4in ßulovoiv AP. — K nicht deutlich zu erkennen; bei der Variante
ßakovoiv — ßaXlovcsiv konnte eben von jedem Abschreiber korrigiert oder
verschrieben werden.
0) Hier geht sc mit APK und Q gegen s Rel.
I. Zur Textkritik der Apokalypse. 43
Zahlreich sind die Stellen, an denen Xc mit KQRel. gegen
die älteren Hndschrn. und wenige Minuskeln stehen. Vergl. die
Verse 113. 116. ll8. 214. 69. 86. 92]. 106 (hat Xc mit CPQRel. gegen
SA 30.31. 32. 38. 40. 49. 98. Pr. das xai ttjv dalaooav xai xa
sv avxrt erhalten) 113. 1112. 1116. 13s. 13)7. 14s. 153. (Diebei-
den Varianten o ßaCiXsvg — xcov t&rcov) 174. 188. 18, :i . (gegen
P aber nicht gegen K.) 19,,. 20^. 21, 4 (auch gegen PQ doch
K auf Seiten von Xc).
Dagegen steht Sc gegen K:
1 8 Nach Alf. hat Xc die Interpolation (t&K) agyj/ xai xeloq zu-
nächst als unecht bezeichnet, dann aber die kritische Be-
merkung wieder fortradiert. Das deutet darauf hin, dass
S5C neben einer Hndschr. aus der Klasse K wohl noch min-
destens eine andre zu Rate gezogen hat. Doch hat er sich
in diesem Fall für K entschieden.
14 g1) X fehlt, QRel. Sc sjtsosv exeoev AK tjrsosv.
1 5 : verbessert Sc den sichtlichen Fehler von xK und liest tr
tx. statt tx.
16 2 X fehlt. Xc mit allen (auch P) gegen K siq xijv yi]v.
16 3 X fehlt, Sc lässt mit ACP 18. 95. das ayyeloq fort.
17 3 X u. die älteren ysfiovxa opofiaxa, XCQ Rel. yttuov ovofiaza.
K ysfiov ovopiaxcov. Hier kann man die Lesart Xc auch
als halbe Korrektur auffassen.
17(i2) X xco aiiiari. XcPQRel. xov aifxaxoc. AK ex xov aifiaro^.
1913 X xexZ/jTO. S5C und alle xtxlrjxai, K xaXsixai.
21|9 streicht Xc das xae wieder, das 5?K eingeführt haben.
2127 X xai o jiouov: xLA 18.41. 68. 92. xai jiolcov, PQK Rel. xai
jtoiovv. Hier kann Xc ebenfalls als halbe Korrektur nach
Q Rel. K aufgefasst werden.
22 3 X fehlt, Kc und alle sxi, K sxsi.
An folgenden Stellen lässt sich K nicht mehr genau er-
kennen:
119 schon wegen der Variante yivsö&ai und yevsö&ai.
16, :if. In den Varianten cog ßaxoayovq (st. oi) X IS. 36. 35. 97.
und sxjioQSveö&ai ü 1. 43. 79. 95. a b, in denen beide
Male Xc verbessert, liegt schwerlich eine Lesart von K vor.
1) Wahrscheinlich steht auch 11 10 in der Variante 7iefiU'ovaiv sc gegen
K ix ACP) (siehe die vorhergehenden Varianten).
2) 10,9 x eitsoev, sc gegen K? Rel. STieoav (nicht ov).
44 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
L9 9 — rov yafxov" tfP 1. 36. b 16. 39. 79. a gegen tfc Rel.
Hier scheint eher K auf Seiten von 5? zu sein.
10 3 + cu" Exta ßgovrai X 1. 7. 18. p 1110 Jisf/Jtovoiv
(für jtsfiipovoiv) SP 28. 79. a 36. b 1% reo ßißZuo (rrj ßißkco)
X 1. Andrcomm liegt wahrscheinlich K nicht vor.1)
Endlich liest Kc (» fehlt) 4:} mit Q Rel. otuoicoq, mit ACPK
OQctoet Of/agayöivco. Das ofioicoq mag bei Xc wohl einfach Schreib-
fehler sein.2)
Der Emendator iCc hat also neben einer zu K gehörigen
Hndschr. noch eine oder mehrere andre benutzt. Aber das
ändert an dem Resultat unsrer Untersuchung nichts: Xc erweist
sich in weitestem Masse als verwandt mit K.
Aber auch Scc verbessert wahrscheinlich nach einer mit K
verwandten Hndschr. Als Beweis mögen folgende Varianten gelten.
117 rrjv öe§iav yeiga 22 Xsyovraq eavrovq ajtoOvoZovq
+ SLvai 27 sv [itooj rca xagaöeioco 11, hat tfcc ebenfalls die
Glosse xai o ayytloq eiörrpeei lls schiebt Ncc sörai, ein Teil
der zu K gehörigen Hndschr. eaoei ein 11, - — xai" oxi lll8
roiq [iiy.QOiq xat zoiq [isyaloiq 14,; -f- allov" ayyeZov 148
aXXoq ayyeXoq ösvtsQoq 16, 0 £6xoziö[ievi] (mit Q 28.29. a p)
(vergl. noch 12s. 19, 3).
Es wird sich nun weiter darum handeln, ob wir aus andern
Quellen noch bestimmen können, nach welchen Auktoritaten der
oder die Emendatoren von X ihre Korrekturen gemacht haben.
Die Frage führt uns hinüber zu der zweiten textkritischen Studie.
1) auch 7n ist bei der grossen Verwirrung der Lesarten überhaupt
nicht zu erkennen wie K im ganzen gelesen hat.
2) An einer ganzen Reihe von Stellen steht sc ziemlich allein, scheint
also seine Korrekturen vielfach nach willkürlichem Belieben gemacht zu
haben. Fast ganz allein steht sc 11 14. 137? mit Hndschrn. die zu K ge-
hören 220 (36. p) 913 p 919P36. 143 7.28. 14, 12. p Pr; mitA: 513
Ac ß 4 A 31 913 A 28. 79. 21 6 A 38; 11 0 98. vg. Pr. 13 16 Hipp. vg.
199 95. 98. vg.cod. 1912 9.13.16.27.39. 20, 32.
IL Der Kodex Pamphili.
Der mit Xc bezeichnete Korrektor des Sinaiticus hat die
ganze Hndschr, sowohl das alte wie das neue Testament, durch-
korrigiert. Nun findet sich im alten Testament am Schlüsse des
Buches Esther eine kritische Bemerkung, die Tischendorf (Ztschr.
für wissensch. Theol. 1864. S. 78) !) auf die von Nc (sowohl Xca
wie Xcb) gemachten Korrekturen bezieht. Sie verdient unser
grösstes Interesse und lautet:
yAvTeßXr}d-7} üiQoq jcaXaicoxarov Xiav avxiyoaqiov ösöioq&co-
iitvov %£iqI xov c.ylov uäoxvQog Ila^cpvXov. stQoq 6h xw
tsXsi xov avxov jcaXaicoxäxov ßtßXiov, ojteg ccgy/)i> iilv tiyi-r
ajco xr\q jiQcoTtjq xojv ßaoiXeuöv, uz de xf/v 'EofrijQ sXrjyEV,
xoiavxrj xiq ev xXäxsi Iöi6%£iqoq vjcoo?]tusicooig xov avrov ficco-
Tl'QOC VJZbXElTO t'/OVöCi OVTCOC'
fi£T£Z?]iug)&}]2) xal diOQ&o!>&?j jiqoc x a st-anXä llmyt-
vovq vjt ccvtov öiojQttcofJt'ra. 'Avrmvlvoq ofioZoyrjTrjq avrißaXsv,
IIätuq)iloQ öicoQ&üjOa to xev%oq iv xrj tpvZaxjj öia x))v
rov &sov jioX)S]v xal yägiv xal jcXarvöfiov.
xal elys/i?] ßaov eIüieIv ;) xovxcoxcö avxr/ndcfrp jianajtXrjüiov
evQSiv ov qÖlölov. — öuq cöi// ( '?) ös xo avxo JiaXauöxaxov ßißXiov
jiQoq xoös to xevyoc siq xd (xivd) xvQia ovöf/axa.
Zu den letzten textkritischen Bemerkungen, dass der Cod. Siu.
mit dem Cod. Pamphili hinsichtlich der Eigennamen nicht über-
eingestimmt habe, ist zu bemerken, dass eben darauf sich A er-
1) veröl, überhaupt dort die Artikel von Hilgenfeld und Tischendorf
S. 74 ff. 202 ff. 211 ff.
2) Also das Exemplar des Pamphilus war direkt von dem Hand-
exemplar des Origenes abgeschrieben und nach diesem verbessert.
3) Hier beginnen wieder die Bemerkungen des Verfassers der Rand-
note, tovto) tw drii'/QÜifio ist also = Codex Pamphilus. im folgenden
xoös xb xsvyog = Codex Sinaiticus.
46 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
besserungen von Xc beziehen. Ferner stimmen die Lesarten von
Xc mit denen der zu diesen Stücken erhaltenen Minuskel 93, von
der man wegen ihrer textkritischen Zeichen annehmen kann,
dass sie aus der hexaplarischen Recension des Origenes stammt,
überein. Auch am Schlüsse von II Esra findet sich jene text-
kritische Bemerkung, nur etwas kürzer. Mit alledem ist bewiesen,
dass Sc jedenfalls beträchtliche Stücke des alten Testaments nach
jener Hndschr. des Pamphilus korrigierte. Die Schlussbemerkung
zeigt uns überdies deutlich, in wie hohem Ansehen diese Hndschr.
des Pamphilus zur Zeit des Korrektors Xc gestanden, und dass
es sich der Mühe verlohnen muss, einmal den Spuren und Nach-
wirkungen , welche die textkritischen Arbeiten des Pamphilus
hinterlassen haben, nachzugehen.
Die Textkritiker des alten Testaments würden allerdings
von Pamphilus sofort auf Origenes zurückkommen , und es wäre
sicher eine lohnende Aufgabe, mit Hülfe der Korrekturen von
Xc diejenigen Minuskeln festzustellen, welche relativ am ge-
treuesten hexaplarische Lesarten aufbewahrt haben. Aber für
die Textkritik des neuen Testaments liegt die Sache anders.
Nach der bestimmten Aussage des Origenes selbst ist von diesem
keine Recension des neuen Testaments unternommen.1) Aber
jedenfalls gab er in seinen Werken eine Menge textkritisch er
Bemerkungen, und es ist anzunehmen, dass seine Schüler das
Werk des Meisters fortgesetzt haben. Für die Thätigkeit des
Pamphilus zumal ist das obige Zeugnis, das uns den Märtyrer
noch in der Haft mit der Kritik des heiligen Textes beschäf-
tigt zeigt, nur eins von vielen. Ein andres Zeugnis bringt der
Kodex Marchalianus. Hier ist ein Exemplar erwähnt an dem
Eusebius und Pamphilus gearbeitet, und das aus dem hexapla-
rischen Werke abgeschrieben, von ihnen nach dem tetraplarischen
korrigiert ist.2) Hieronymus Praefatio in Paralipomena spricht
1) Matthaeus Tom. XV14 Vet. Interpret, in exemplaribus autem N.T.
hoc ipsum posse facere sine periculo non putavi. Wenn Hieronymus öfter
sich auf Exemplare des Adamantius und Pierius bezieht und ihre Lesarten
als authentische benutzt, so deutet das nicht unbedingt auf eine Recension
des Origenes, sondern kann auch so verstanden werden, dass jene Exemplare
im Besitz und Gebrauch der betreffenden nach der Annahme des Hierony-
mus sich befanden (s. z. B. Ti. zu Mtth. 2436).
2 Ztschr. f. wissensch. Theol. 1864 21S.
IL Der Kodex Pamphili. 47
von Handschriften, welche ab Origene elaboratos Eusebius et
Pamphilus vulgaverunt. [) P. sammelte in Caesarea eine Biblio-
thek aus Schriften des Origenes und anderer kirchlicher Schrift-
steller bestehend. Besonders aber hebt Eusebius hervor zt)v
jiegl za &üa ojcovöi/r zov IIa{ug)iXov otcoOtj ziq ytyövEi.2) In
jener Bibliothek wird jedenfalls auch das tetraplarische und
hexaplarische Werk des Origenes gestanden haben. Diese Biblio-
thek wird dann in den Besitz des Eusebius übergegangen sein
(H. E. VI 323 ) und hat wohl den Grundstock der bischöflichen
Bibliothek von Caesarea gebildet. Wenn dann um 332 3) Euse-
bius für die Hauptstadt Konstantinopel 50 Pergarn enthndschm.
der heiligen Schriften anfertigen Hess, so dürfen wir wohl annehmen
dass er bei dieser Herausgabe auch wesentlich die textkritischen
Arbeiten seines Freundes und Mitarbeiters Pamphilus benutzt
hat (vergl. oben die Zeugnisse in betreff des alten Testaments).
Man wird geigen diesen Schluss einwenden, dass unter den
angeführten Stellen sich keine findet, die bestimmt von der text-
kritischen Thätigkeit des Pamphilus auf dem Gebiet des neuen
Testaments redete. — Ein solches Zeugnis findet sich nun in
dem in Fragmenten erhaltenen Kodex H zu den Paulinen. In
der Nachschrift zum Titusbriefe steht dort h/gaipa xcu eged-efiijv
xazcc övrafiiv orer/vgov zoÖ£ zo rev%oc IlavXov rov ajtoözoXov
jtgöq eyyga/iftdv xal £vxazäXrj[ijczov avccyvmoiv zcöv xad-'ijfiäg
äöeZcpcöv, nag cov ajtävzcov xoXfirjq Gvyyvccfirjv aizcö ev%y z?j
VJtSQ IjflCOV Z7]V GVtUJl£QL<pOQCCV XO(UC,6[/£VOq. CCVZ £ ß Xl) &7) 6h tj
ßißloq JCQoq zo hv Katoagia avzlygatpov zfjq ßißXio-
d-i'ixrjq zov ayiov [lan(piXov %£lqI y£ygafi[i£vov avzov.x)
Der Kodex H stammt aus dem 6. Jahrhundert. Damals
gab es also in Caesarea eine Bibliothek des Pamphilus und
in dieser ein von des Märtyrers eigner Hand geschriebenes
Exemplar des neuen Testaments, das in hohem Ansehen stand,
nach dem neugeschriebene Kodices verglichen und korrigiert
wurden.
1) Vallarsi IX, 1405.
2) cf. Eusebius. H. E. VI. 323. Mart. Pal. XI 2. Hieronymus catalogus
3. u. 75. adv. Rufin. I. 9. unde et rnultos Codices praeparabat, ut cum necessitas
poposcisset volentibus largiretur.
3) Eusebius vita Coustautini IV. 36. 37. Holtzmann, Einleitung 4S.
4) Gregory, Prolegomena 430.
48 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Noch eine Nachricht ist hierher zu ziehen. Der Diakon
Euthalius, der in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts
seine Ausgaben der Paulinen, der Apostelgeschichte und katho-
lischen Briefe veranstaltete, sagt am Schluss der Ausgabe der
katholischen Briefe:
avTtßtij&i] de zcov ITgässcov xal Ka&olixmv zo ßißUov
jtqoc za axQißrj avzlygacpa zf/g kv Kaioagia. Bißfoofhijxrjg Evos-
ßiov zov naficpiXov.^)
Von dieser Stelle ist die Notiz in viele Handbücher über-
gegangen (s. z. B. Holtzmann's Einleitung), dass Euthalius nach
einem Exemplar des Pamphilus korrigiert habe. Das steht nun
eben nicht in unsrer Stelle, es ist hier nicht die Rede von einem,
sondern von mehreren Exemplaren, auch nicht um Hndschrn.
des Pamphilus, sondern um solche aus der Bibliothek des Euse-
bius-Pamphili handelt es sich. Aber wir haben doch guten Grund
anzunehmen, dass die Bibliothek des Pamphilus identisch mit
der Bibliothek des Eusebius ist, und beides nur verschiedene
Namen der grossen Bibliothek in Caesarea sind, dass ferner unter
den Bibelhandschriften der Bibliothek des Eusebius sich als wert-
vollster Bestandteil die Arbeiten des Pamphilus, unter ihnen auch
jenes eigenhändige Exemplar desselben, befunden haben.
Zu diesem Schluss führen noch folgende Überlegungen. Eutha-
lius hat in seinen Ausgaben den neutestamentlichen Text nicht
nur stichisch angeordnet, sondern auch jeder derselben Eintei-
lungen in Kapitel beigefügt und die Argumente dieser Kapitel
(ex&toeig xerpalaloav) vorausgeschickt, wie er auch die kirchlichen
Lektionen notiert und angiebt und einen Nachweis der alttesta-
mentlichen Citate beifügt. Hier erregen die ex&eoeig xt<palakov
unser besondres Interesse.
Von der sx&soig zu den paulinischen Briefen sagt Euthalius
nun ausdrücklich in der Vorrede:
.Tgozäc.otu£v zi)v zwv xtqalaicov ex&soiv svl xmv oocpo-
zäzmv zivl xal (pLloxgiözcp naztgoov ?jtucöv 3tS3tovrj(isvi]v.2)
Wer war nun dieser Oo<po)zazog xal cpiXoygiözog jtazrjg?
Gewöhnlich vermutet man, dass es ein um 396 lebender Schrift-
steller gewesen ist, den Euthalius nicht nennt. Am Schlüsse der
1) Zacagni, Collectanea monumentorum veterurn. Romae 1698. 513.
■2) Zacagni a. a. 0. S. 528.
IL Der Kodex Pamphüi. 49
Einleitung zu den Briefen hat nämlich Euthalius einen kurzen
Bericht über das Martyrium Pauli von einem andern Schrift-
steller übernommen.1) Wir erkennen dies nur daraus, dass der
Schreiber, den Euthalius hier reden lässt, im Jahre 396 schrieb,
also nicht Euthalius selbst gewesen sein kann, der in demselben
Zusammenhang seine eigene Zeit auf 45S angiebt. Nun ist es
aber doch nur eine Vermutung, dass jener Gocpcoxazog Jtari/Q und
dieser um 396 lebende Schriftsteller eine und dieselbe Person
gewesen sein sollen.
Ferner sind die Argumente, die im Kodex H Paulin. zu ein-
zelnen Briefen erhalten sind, genau dieselben, wie diese von Eutha-
lius jenem unbekannten Vater zugeschriebenen. Der Kodex H
aber steht in Beziehung zum Kodex Pamphili. Sollte nun etwa
Pamphilus der Goycoxaxog xal (pilöyoiGxog jccct/jq sein?
Eine Bestätigung dieser Vermutung finden wir in derHndschr.
zu den Akten Nr. 15 (Coislin 25 V2) Hier wird die tx&£Gtg xecpa-
Xaioov, die wir als die des Euthalius kennen, als tx&£Gig xt-
(paXaicov t<dv jigä^icov xov IlaftcpiZov bezeichnet.
Nim erheben sich jedoch gegen diese Vermutung schwere
Bedenken. Wie es scheint, widerspricht derselben das Selbst-
zeugnis des Euthalius in der Einleitung seiner Ausgaben zu
Acta und katholischen Briefen.
Bestimmt bezeichnet er sich in der Einleitung zu den katho-
lischen Briefen als Verfasser der txd-EGiq derselben:
eyco dt xot Gxryj/dop xäq xa&oZixäq xafr i£,?]q sjaGxoXag
ävayvcoGOficu, x))v xcöv xecpaZaioiv exfreoiv afia xal frtuö)' uco-
zvqicov fisxgicoq evd-ivös jtoiovf/srog.^)
Auch in der Einleitung zu den Akten scheint er sich die
EX&eotq zuzuschreiben. Er drückt sich zwar sehr unbestimmt
aus. Der Presbyter Athanasius 4), dem sein Werk gewidmet ist,
habe ihn aufgefordert x/jv xs xcöv Jigä^scov ßißlov atua xcu
EadoXixcöv ejtioxoXcöv dvayvcovai xs xaxä jigoocadiav xal
ütcög ävaxecpaZaicoGaG&ai xal öisZelv xovxcov \xa6xr\q rov vovv
ZsjcxofitQcog. Er habe Gxoiyrfibv Gvv&slg zovrcov xo vcfog xaxä
xt)v etuavxov Gvtutuexoiav xoog evörjfiov avayvcoGiv, öiejtsfiipa-
1) cf. Zacagiü 536 Not. 2.
2) Montfaucon, Bibliotheca Coislioiana 1715. p. 78.
3) Zaciigni 477.
4) über diesen Gregory 154. Aiuu.
Texte u. Untersuchungen XI, 4. 4
50 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
(irjv iv ßoayu za. txaoza Goi, xal xax dxokovSiav tx&tfievog
6;.r/oozt)v avaxecpaZaiojöiv.1) Diese letzte Bemerkung hinkt
etwas nach, und in der ganzen Vorrede giebt er eigentlich immer
nur als sein Werk die stichische Einteilung an , auf dieses Werk
ist er stolz und rühmt in übertriebenen Wendungen der Be-
scheidenheit die Neuheit und Kühnheit des Unternehmeiis.
Dann heisst es in der Einleitung zur txd-soic2):
Ix jtaxtQcov //fiele xdi ötöaoxäXwv zbv zqojiov xal top zvjzov
cog)sli]fi8VOi ty/ciQOi\uev f/ezoicug ztjds rcöv xefpalaioov txfrtoei
ai&oitPTsq ov/yi'coft?]» jrQOJiszaiag fjfislg ol reoi yoövwv ze
xal [/afr?j(ic'cz(ov jiag vfimv exdötov zöjv dvayivcooxovzcov tvyjj
zft vjtho rj/imv zi)v ovfijcsQityooav xofii^ofisvoi. Also
zgojiog und zvjtoq hat Euthalius doch von den Vätern und
Lehrern übernommen. Nach der Art seiner Quellen benutzung,
von der wir oben schon eine Probe gehabt, kann ich es nicht
für unmöglich halten, dass Euthalius im folgenden eine tx&söiq
des Pamphilus ausgeschrieben hat.
Von hier aus würde sich noch ein Rätsel lösen; zwischen
diesen eben angeführten Worten und der oben citierten Schluss-
bemerkung von Kod. H liegt eine zweifellose litterarische Be-
ziehung vor (man vergleiche die gesperrten Worte).1'') Nun ist
ja nicht abzuleugnen, dass der Schreiber von H das Werk des
Euthalius gekannt haben kann. Aber wahrscheinlicher ist mir,
dass beide, Euthalius und der Schreiber von H, der soeben nach
dem Kodex Pamphili redigiert hatte, jene übertriebenen Aus-
drücke der Bescheidenheit dem Werke des Pamphilus entnahmen.
Wie dem sein möge, jedenfalls stünde der Vermutung nichts
entgegen, dass für die paulinischen Briefe die tx&töig von Pam-
philus stammt, und sowohl von dem Schreiber des Kodex H,
wie von Euthalius diesem entlehnt ist. Damit aber wäre es noch
wahrscheinlicher gemacht, dass Euthalius unter den Hndschrn.
1) Zacagni 409 f.
_' Zacagni 42s.
3) Dazu vergl. noch die Vorrede des Euthalius zu den Akten ovy-
-/ rwfjLTjv ye Tt).eiaz<ov alzäv ejidfupolv z6?.fx?jq ofiov xal TCQonezeiaq
T>jg ifiTfa uTiavxüq ze elxözcoq xoivjj zu&ixeiavajv .... 6iO(j^oiaBai Se (xot
ii.v.'/.'/.ov aöeXtpixöiq- xaxa ov(i.7ieQi(poQav zovziov za exaaia. Die beiden
stellen in Euthalius verhalten sich zu dem Satze, der in H überliefert ist,
wie eine breitere Ausführung zu einem gegebenen Thema, ib. 405.
II. Der Kodes Pamphili. 51
des Eusebius vor allem auch die textkritischen Arbeiten des Pam-
philus benutzte.1!
Laufen nun die einzelnen Fäden, denen wir nachgegaugeu
sind, in einem Knoten zusammen, und wird es gelingen diesen
zu schürzen? Von X wissen wir, dass er in einigen Büchern des
alten Testaments nach dem Kodex des Pamphilus korrigiert ist,
von H wissen wir es in Betreff' der paulinischen Briefe. Eutha-
lius benutzte wahrscheinlich die Arbeiten des Pamphilus bei der
Herstellung seines Textes.
Und der Unsicherheiten liegen noch mehr vor. Wir wissen
nicht, ob der Emendator Sc durchaus nach dem Kodex Pam-
phili korrigiert hat, und wie weit er die Differenzen zwischen X
und jenem ausgeglichen hat. Einigermassen sicheres Material
zur Untersuchung dürften uns nur die Stellen geben, an denen
tfc korrigiert hat, nicht etwa auch die Stellen, an denen er nicht
korrigiert hat. Etwas anders verhält sich die Sache bei der
Hndschr. H Paul. Hier hat ja der Schreiber selbst nach dem
Kodex Pamphili verglichen, er giebt uns freilich nicht an, avo-
her er denselben abgeschrieben hat. Aber wahrscheinlich doch
nach einer Hndschr, die dem Pamphilus sehr ähnlich war. Denn
wozu hatte er sich die doppelte Mühe machen sollen? In der
That finden sich auch sehr wenig Korrekturen erster Hand, die
auf jene Vergleichung hindeuten. Möglich auch, dass er den
Kodex Pamphili gleich beim Abschreiben neben einem andern
Exemplar, aus dem er abschrieb, verglichen hat. Jedenfalls scheint
dieser alte Kodex für ihn Auktorität gewesen zu sein, und im
grossen und ganzen wird er den Text von H wohl dem Text
des Kodex Pamphili gleichgestaltet haben. Wenn Euthalius
neben andern Hndschrn. den Pamphilus benutzt hat, so wird
sein Text doch nur ein Mischtext sein, aber es ist doch möglich,
dass auch Euthalius mit seinen Lesarten uns wird von Nutzen
sein können.
tfc bringe ich nach Tischendorfs Ausgabe, für H benütze
1) Die Vermutung ist übrigens schon von Tregelles Introduction to
the fcextual criticisin of the N. T. 27 ff. ausgesprochen und wird von Gregory
158 bestritten. Mir scheint die Suche noch nicht klargestellt zu sein. Daher
habe ich das gesamte Material noch einmal hierhergesetzt. Beziehungen
des Euthalius zu den Arbeiten des Pamphilus wird man jedenfalls kaum
abstreiten können.
I
52 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
ich H. Oruont, Notice sur un tres ancien ruanuscrit Grec en on-
ciales des epitres de St. Paul.1) Von Euthalius besitzen wir in
der jüngeren Schrift des Kodex rescriptus Porfirianus Chiovensis
(P) einen Kommentar zu Acta und Paulin. mit fortlaufendem Text,
den Tischendorf in seiner Ausgabe mit Euth.cod- bezeichnet, wäh-
rend die Angabe Euth.ars- aus dem Einleitungswerk des Euthalius
entnommen ist.2)
Es wird nun darauf ankommen, durch eine Untersuchung
der betreffenden Varianten an den Stellen, wo unsre Zeugen vor-
handen sind, ein gewisses Mass von wirklicher Übereinstimmung
aufzuweisen, vor allem aber auch darauf, zu untersuchen, ob wir
nicht von H oder Kc aus eine bestimmte Klasse von Hndschrn.
(Minuskeln) bestimmen können, die uns dann etwa den zusammen-
hängenden Text des Cod. Pamphili bieten könnten.
Zwei Varianten aber möchte ich hier gleich voranstellen, um
zu zeigen, dass die bisherigen Kombinationen und Vermutungen
wenigstens nicht ganz in die Irre geführt haben. Es handelt sich
zunächst um den Anfang von 2. Cor. 12r
Hier lesen:
xctvxaa&ai dei B DCGLP 17.31.37.67.89.108.119.137. al.20
d g 0 p.
xauyao&cu 6rj KM al. pler.
xavyaodui öt xD p 114.
Hingegen:
n xavyaoftai öbl H 39. fvg. 17lect- Euth.
sl xavyao&ai ös 5CC.
Hier stehen in einer sehr charakteristischen Korrektur die drei
Zeugen, auf die es uns ankommt, eng und fast ohne weitere Be-
gleitung zusammen. Schwerlich wird man diese Übereinstimmung
für einen reinen Zufall erklären können.
Gal.5, lesen die späteren Hndschrn. xrj eäev&equx ovv rj Xoiozog
tjfiaq rjXev&SQoaösv , öt?/xbt8. Die älteren BxACP rtj aZtv&sQia
rßiaq, Xqlotoq r)/.tv&. OTt]xexs ovv. — H liest genau mit den
l) Auf den Inhalt dieses auf der Göttinger Bibliothek nicht vorhan-
denen und mir vorher nur dem Namen nach bekannten Werkes machte mich
Herr Prof. Gregory in einem Briefe auf eine an ihn gerichtete Anfrage hin,
freundlichst aufmerksam.
2j vgl. Gregory 417.
II. Der Kodex Pamphili. 53
älteren Hndschrn, nur hat er Xq. rj^aq und an dieser ein-
zigen Stelle des Verses verbessert Xc ! Das kann kein
Zufall sein.
Ich stelle nun die Fälle, in denen H und Sc übereinstimmen,
zusammen.
1. Cor. 10,,, utavta + tuot Hxc C:!KL alle Min. (— 17. 46. 67. ■ ■
118. 179. al.) vff.cod- D p Euth. Orig.int- Chr. Thdrt. inon Clem.
Orig.)*)
2. Cor. 4,, lafiyei] lauycu Hx° CD^GKLP Min. (— 67. ' • ) d f g
r vg. Orig. Chr. Th. Euth. (hon Clem.)
2. Cor. 108 + xai" jcsqigöotsqov SCHDCL Min. (— 39. 45. 120. 272.
0 p mrs- Chr. Th. (non Euth.)
2. Cor. 1018 ~ son öoxifiogKW BG KLMP Min. g Orig. Euth.
2. Cor. 113 a3tXoT7]Toq — xcu xrjq ayvozr/roq Hxc DCKLMP Min.
(— 17. 74. 270.) f vg. D p Clem. Orig. Eus. Chr. Th. Euth.
2. Cor. 112:. sv jtZijyaiq vjtsQßaXXovrmq sv g>vZaxcuq jisqiööo-
rsQcoq SCH D^KLM Min. 0 p p Orig. Chr. Th. (Clem. Euth.
nur sv jij.r/ycuq vjcsgßaZZ.); J{Gg Orig. (in einem freien Citat)
lesen sv JtXr/y. xsqiggozsq. sv <pvlax. vjisQßaZZovzcoq; BD 17.
57. (Alter) d f vg. sv q>vXax. rrsgiGG. sv üiX. vxsQß.
2. Cor. 1121 -f- sv" xojzco Hac KLMP Min. f vg. Chr. Th. Orig.
Euth.
Gal. 14 jisQi] vxeq Htfc B 17. 29. 67." 2) 73. 104. 221. 249. 252.
271. 273. Euth. Chr. Th. (non Orig.)
Gal. 14 <~ zov svsoTfjtoq aicovoq Htfc DGKLP Min. (— 17. 39.)
1) Da jedesmal weitaus die meisten Minuskeln in den folgenden Stellen
auf Seiten von Hsc sich befinden, so sind in Klammern nur die auf der
andern Seite stehenden notiert. Die Minuskeln sind zusammengestellt
nach den Angaben bei Wetstein Nov. Test. Graec. Tom. II Amsteld. 1752.
Scholz Novuni Testamentum Vol. II Lipsiae 1836, den Angaben Tischen-
dorfs und Alfords, endlich nach Scriveners Kollationen im Codex Augiensis
Cambridge 1S59. Die Minuskel 73. wurde verglichen nach Aurivillius Codex
Manuscriptus Graecus e Bibliotheca Academica Upsaliensi, Upsalae 1786.
2) Die Min. sind nicht genau angegeben. Scholz führt als auf der
andern Seite stehend an 23. ■ ■ 31. 37. 44. 48. 67. 72. 74. 89. 106. 113. 177.
179. (nach Ti. al.50), bei Wetstein finde ich noch 1. 4. 18. 20. 22. 26. 30. 32.
38. 41, bei Mill 31? 44 Gon? bei Matthaei 115. 117. 121. 122. 123, Birch
69. 70- 71, Tregelles 47. Reiche 132. 137. 140. 153. (Alter 68), bei Sem . e.
sil. 270. 272. 251. 290.
5 1 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
it. vg. Orig. (einmal, fünfmal auf der andern Seite) 1) Chr. Th.
(non Euth.)
Col 128 Xqiötco ]))6ov s?cH DcKLP Min. (— 17. 18. 23. 44.
104. 178.) f vg. pcp Chr. Th. (non Clemens Euth.)
Col. 2j £o(oj)(mxav} soQaxaöiv Htfc DCKL Min. Chr. Th. (non Euth.)
Col. 22 xavra xXovxov tfc(D> KLP Min. Chr. Th; H. jtavxa
jcXovrog; Bü Clem. jtav xZovxog; AC 17. 67. ' * nav xo Jtlovxoz.
— H kommt hier 5?c am nächsten; die Stelle ist wichtig, weil sie
anzudeuten scheint, dass H aus zwei Lesarten nachlässig kom-
biniert ist, vielleicht hat auch Euth. jcavxa gelesen. (?) (Orig. >>)
Col. 2. ooyiag xai + x?/g Htfc DCKLP Min. C— 17. 47. 71. 115.)
Clem. (1-1) Orig. (3-2) (non Euth.)
Col. 3, xa nili) + v/imv Htfc AC3DGKLP Min. (— 17. 67. •• 71.)
Clem. (1—2) Orig. (3-5) it. vg. p (non Euth.)
1. Tim. ll2 ivövvauovvxi liest X mit Min. (2. 10. 17. 38. 72.),
während XCH Rel. svövpafioyoavxi lesen.
1. Tim l,s oxQaxivorj] oxgaxevrj XCH mit allen gegen xD Clem.
1. Tim. 2:; xovxo -f yaQ Hac DGKLP Min. (— 17. 67.- ■ ) d f g
vg. m 0 p Chr. Th. Euth.
1. Tim. 2^ öiaXoyiöfiov] .... ficov Htfc G 17. 28. 31. 32. 45. 47. 67.2)
71. 73. 74. 75. 80. 121. 131. 219. 238.270. 272. :;) al. g p 0 p Orig.
(4—3) (non Euthal.)
1. Tim. 29 xo6(ikx>] xoöfiimg Htfc DG 17. al.2 Orig. (2—1) non
Euth. Clem.
1. Tim. 6n &sov} xov frtov Hxc Euth. Rel. gegen SA 17.
1. Tim. 613 xaQayytZlco -f ooi Hs*c Euth. Rel. gegen tfG 17. g.
2. Tim. 27 o Xeyco] a Xsyco Htfc GDKL Min. (— 17.) d f vg. p p
Chr. Th. Euth.
Tit. 2:! fi?jöe] (irj Hxc DGKLP Min. (— 73.) it. vg. Clem. Euth.
Tit. 2,- oixovQyovg] oixovQOvg Hsc GDCKLP Min. (— 131.) pmrs-
Clem. Chr. Th. Euth.
Tit. 3J5 vftcov + ccfiyv Htfc DCGKLP Min. (— 17.) f g vg. o p p
Chr. Th. Euth.
Hebr. 1037 xqovlöu yoorui Hac ADCKL Min. Clem. Eus. (Euth?)
1) Dies wird im folgenden einfach durch Orig. 1 — 5 ausgedrückt
werden.
2) nach Alter hat 67. dtaloyio/awv 67. ' ■ duO.oytOfxov, 71. bei Alter
nicht angegeben. 3) 28. 32. 45. nach Mill.
11. Der Kodex Pamphili. 55
Hebr. 12, , jiaoa fisv] Jiaoa öt Hsc Rel. gegen S*P 17.21. dOrig.int-
(Euth?); D 31. 109. nur jiaoa.
Hebr. 1213 xoieits] JcovqoazE Hsc Euth. Rel. geg. sP 17.
Hebr. 1325 vftmv — aprp> Hxc Euth. Rel. gegen 5< 17. ftu1)
Dazu sind noch folgende Fälle in Betracht zu ziehen:
Hebr. 1Ü,,4 jisvovoav + tv ovgavoig H2XC Euth. DCKLP Min.
(— 17.) 0 p Orig. Chr. Th. (non Clem.)
1. Tim. 117 (iovm + Goqxa H'XC Euth. DCKLP Min. (— 17. 37.
179.) p Chr. Th.
Ferner bleibt das Urteil unentschieden:
Gal. 18 Hier lesen nur BH vuiv tvayye/uC; Xc und alle übrigen
svayysXiC,. v;tiv, nur tvayyüu^. tfG g, tvayysX. v/iag. D. Es
bleibt hier immerhin die Möglichkeit, dass Sc das vy.iv nach-
träglich an falscher Stelle eingeschoben hat.
Col. i- lesen -f ev avr?]" ev tv/agiona H B DCKL Min. p Chr.
Th. + ev avtco 8C D 1. d f vg. p mi'g; > tfAC 17. 23. 28. 37.
47. 57.67. 73. 116. HS. Euth. al.2) Auch hier nähert sich S'
wenigstens H. Es dürfte freilich aus dem Folgenden sich er-
geben, dass weder H noch Sc den gesuchten gemeinsamen Ar-
chetypus erhalten hat.
Dagegen stehen H und Xc sich gegenüber3):
2. Cor. 1010 ai ejtioroXai (iev Bs Hr atf/ev £jii6roXaLüc Euth. Rel.
2. Cor. 11, 8 xaxa oagxa H S DG R 17. 71. 73. 131. Chr. xara
Ttjv öagxa Xc (Euth?) Rel.
Col. 2, ov/jßtßaa&tvrsq H BsACDP 6. 10. 17. 23. 27. 57. 07. ••
71. 116. 177. 178. 179. it. vg. C p Clem. ovfißißao&svrojv Kc
Euth. Rel.
1) Bei den Varianten Hebr. 103G oo f/trs %QStav Gal. 53 + oxi
De + a7z"exdsxof*s&a 1. Tim. 39 + Gffxvovq ist von sc jedesmal eine Lesaxt
verbessert, bei der s ganz allein steht.
2) nach Alter e sil. 3. 69. 71.
3) Im folgenden (und im vorhergehenden schon zu Gal. 14. 1. Tim. 2S.
Col. 2-) sind, weil es hier auf noch grössere Genauigkeit ankam, noch die
Ausgaben Mill-Küster 1710. Die grosse Ausgabe von C. F. Mattkaei 1782 — 88.
ferner A. Birch Variae lectiones 179S. J. G. Reiche Codicum MSS. N. T.
nova descr. et collatio Göttingen 1847 herangezogen. Nur wer sich einmal
in solchen Zusammenstellungen versucht hat, kennt die Mühseligkeit einer
solchen Arbeit. Es wäre dringend zu wünschen, dass bei einer neuen Aus-
gabe Tischendorfs die Minuskeln nicht mehr als Ziffern behandelt, sondern
in ganz anderm Masse berücksichtigt werden. Ehe das nicht geschehen,
können wir in der Textkritik nicht weiter kommen.
56 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Col. 2, lesen nur tov Vsov H D^P (23.) 37. 672. 71. 80. 116. (Euth.
nach Ti. vielleicht nur tov Xqlotov) tov &sov /qigtov B;
tov &sov o sotlv Xoiözog D d; tov &sov jiütqoq yniOTOv
SAG Min.3 ü?; tov frsov jtccTQoq xai tov Xqlötov 47. 73.
D p; tov dtov y.at jtaTQoq tov Xqigtov Xc 41. 61. 115. 137.
139. 140. 213; tov &tov xai jmxtqoc xai tov Xq. DcKL Rel.
— Hier kann man allerdings kaum sagen, dass Xc direkt der
Lesart von H gegenübertritt. Er scheint hier nach eignem
Belieben durch Einschiebung eines y.ai X verbessert zu haben,
ohne sich um andre Varianten zu kümmern.
Col. 24 tovto — ös nur H Euth. Bx.
Col. 24 fir/ösic H (f/r/öig) Euth. BxACDP 17. 23. 37. 39. 57. 69.
Td. (Alter e sil.) 71. SO. 116. Clem. tirt xiq Kc Rel.
Col. 220 ei - ovv" ajts&avsTS H Euth. B («a) ACDG KLP 17. 31.
33. 35. 0 46. 47. 67." -73. 80. 108. 115. 117. 118. 252. 273. al. mu.
d f g vg.cod. p Qnr (^ u ajto&artTS ovv): ei + ovv" cvrstiavsTS
Sc Min. Rel. m vg. cle- p Orig.int- Th. — Hier ist Xc in seiner Les-
art doch wohl durch X bestimmt.
1. Th. 4G xvQiog HBs AD 17. (Orig. 1—1) o xvqioq Xc Euth. Rel.
1. Th. 49 sysrt HEuth. X ADCKL Min. c p Orig.cat •; syofisv tfc DG
6. 31. 47.49. (Alter) 67. ■ • 71. (Alter) 87. 115. 271. d g vg. p: si-
yousv B.
1. Tim. 2T aXrjd-siav Xsyco + sv Xqlötoj H Euth. X DCKL 17.
Min. Rel, — sv Xqiotoj Xc ADGP 3. 6. 23. 28. 30. 31- 41. 45.
47. 49. 57. 67 ■ ■ 68. (Alter) 70. 71. 73. 75. 116»120. 137. 143. 177.
178. 179. 219. 272. d f g vg. p ö c p.
1. Tim. 20 oioavTcoq — *cuHxAP 17.71. Clem. Orig. (1 — 1) gegen
Kc Rel (Euth?)
1. Tim. 610 JcoLxtlaiq nur xH nollaiq Xc Rel. (Euth?)
1. Tim. 6,, jzoavjiafrsiav (ictv) H xAGP 71. 131. 137. jioaoT?/Ta
DCKL Min. Rel. Euth. Chr. Th. jroavTr/ra tfc D. 31. 80. 93.
Tit. 24 oro(pQoviCovoL H Euth. SAGP 122.221. GoxpQoviCoDOt
Xc Rel. Orig.cat-
Dazu kommt vielleicht noch 2. Cor. 44. Hier fügen am
1) 33 und 35 nach Mill; in den späteren Ausgaben fehlen diese Kodices.
68 (Alter) liest ane&uvexe ovv.
2) 28. 41. 45 nach Mill, bei Mill auch Gon (?) angegeben, für welches
bei Gregory nur Ew. 59. sich findet.
II. Der Kodex Pamphili. 57
Schluss ein xov dtov J- aooarov" KcLP 10. 23.m&- 29. 31. 32. 37.
38. 39. 47. 48. 49. 72. 74. 80. 106. 113.ms- 131. 177. 251. 270.1) vg.c°d-
p (zov aogarov freov m 71. 80. 106. 177. al.). H hat hier eine
Lücke, doch kann in derselben kaum zov aogarov gestanden
haben (siehe Omont)2) (Euth. nicht angegeben).
Die Zusammenstellung zeigt neben vielfacher Übereinstim-
mung allerdings auch starke Abweichungen von tfc und H. Gün-
stige Fälle zähle ich 31 (unter Hinzurechnung von Hebr. 1034),
dazu noch 4, in denen i? ganz allein steht. 1. Tim. 117 Gal. 18
-Col. 27 sind doch als Abweichungen zu rechnen, deren Zahl
damit auf 17 resp. 19 steigt (cf. 2. Cor. 44 Col. 3n), oder wenn
wir Col. 22. 7. 20 un(i Gal- 18 (s. o. 55. 56.) absetzen, immer noch
13 resp. 15. Die günstigen Fälle stehen zu den ungünstigen
im Verhältnis von 2:1.
Auf der einen Seite beweist dies eine Verwandtschaft von H
und Sc3), andererseits aber ist auch das sicher, dass entweder
H oder Sc oder auch H und Xc nicht rein den Text des Kodex
Pamphili repräsentieren. — Es lassen sich jedoch noch andre
Beobachtungen machen, die ein Stück weiter führen. Zunächst
ist zu erwähnen, dass die Fälle, in denen H und Sc differieren,
fast nur aus I. Thess. Col. I. Timoth. stammen, während I. II.
Cor. Gal. Hebr. Tit. (Col. I. Timoth. etwa zur Hälfte) fast nur
Übereinstimmungen aufweisen. Es ist das jedoch eine Beob-
achtung, für die ich noch keine Erklärung bringen kann.
Aber es lässt sich noch eine andre und wichtigere Beobach-
tung machen. In allen den Fällen, in denen H und Sc auf Seiten
der späteren Majuskeln gegen die älteren stehen, gehen mit diesen
so gut wie gar keine Minuskeln mit Ausnahme etwa der stän-
1) 32. 38. 49 nach Mill.
2 Wenn das Blatt bei Omont 56 zu H gehört, so ist noch folgende
Stelle zu notieren Col. 3n. HsAC. 3. 7. 17. 80. 108. Clera. navra (nach
Mill cod. alii), sc Rel. xa navta. (Euth. nicht angegeben.)
3) Man kann dagegen nicht einwenden, dass die Verwandtschaft von
H und sc nur scheinbar sei und darauf beruhe, dass sc meist nach den
jüngeren Hndschrn. korrigiere, während H, der einen Mischtext habe,
dann jedesmal nur zufällig zusammentreffe. In den folgenden Tabellen
wird sich nämlich zeigen, dass H in den meisten nun noch übrig bleiben-
den Fällen auf der Seite der älteren Majuskeln steht, dass also sc in den
übei*wiegend meisten Fällen nur dann verändert, wenn eben auch H auf
Seiten der jüngeren Kodices steht.
58 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
digen Begleiter der älteren Majuskeln 17 und 67". Ungemein
wichtig ist auch die andre Beobachtung, dass überall, wo Xc und H
zusammengehen, wir dieselbe Variante, in der sie von den älteren
Hndschrn. abweichen, bei Origenes1), soweit Citate von ihm
vorhanden sind, nachweisen können, vergl. die Stellen 2. Cor. 4(;
2. Cor. 1018 2. Cor. 11., (auch Clemens) 2. Cor. 1123. 27 Gal. lt
Col. 23 (auch Clemens) Col. 35 (auch Gem.); 1. Tim. 29 stehen
HtfcDG 17. al. Orig. zusammen. Hebr. 10;34. (Tit. 23. 25 Hebr. los-
geht Clem. mit, während Orig. fehlt.) Fast alle jene Varianten.
die von H + Sc bezeugt sind, reichen bis in die Zeit des
Origenes zurück, Pamphilus aber war der Schüler des
Origenes! An Gegenbeobachtungen Hesse sich nur 1. Cor. 102:5
und Hebr 1231 anführen (an letzterer Stelle ist nur Orig.int- vor-
handen). Die obige Beobachtung über die Minuskeln bedarf noch
einer weiteren Ausführung. Ganz anders stellt sich schon das
Verhältnis derselben in folgenden Stellen:
1. Tim. 2^ werden Htfc (G) begleitet von den Minuskeln 17.
28. 31. 32. 45. 47. 67. 71. 73. 74. 75. SO. 121. 131. 219. 238. 270.
272. und wieder von Origenes. — Hier tritt also der Fall ein,
dass Hxc von den späteren Majuskeln differieren (KL), mit denen
ständig die grössere Mehrzahl der Minuskeln geht. Die Folge
scheint zu sein, dass die Minuskeln sich spalten. Hxc scheinen
als Führer einer Klasse von Minuskeln aufzutreten.
Gal. 14 treten zusammen HxcB Euth; leider finden wir die
Minuskeln (s. o. S. 53) meistens nur auf der entgegengesetzten
Seite angegeben. Auf Seiten von Hs?c stehen sicher 17. 29. 67. " *
73. 104. 221. 249. 252. 271. 273. e sil. nach Matthaei 113. 116. 120.
nach Birch 80. nach Wetstein 39. nach Reiche 134. 139. nach
Alter 57. e sil. 3. 49. 69. 71? Auch 1. Tim. 29 (s. o. S. 54) ist
die Angabe 17. al. leider ungenau.
Reichere Ausbeute hinsichtlich der Minuskeln findet sich
schon in den Stellen, an denen Xc und H differieren. Besonders
wichtig ist hier die Stelle Col. 22, wo in einer ganz charakte-
1) Freilich finden sich oft bei Origenes neben übereinstimmenden Ci-
taten andere r welche die entgegengesetzte Variante vertreten. Die Citate
des Origenes bedürften einer umfassenden Untersuchung, die freilich kaum
eher angestellt werden könnte, als bis eine Ausgabe des Kirchenvaters
vorläge.
IL Der Kodex Pamphili. 59
ristischen Lesart HDbP mit den Min. 23. 37. 67. • • 71. 80. 116.
übereinstimmen. 2. Cor. 11 8 liest H xftxa oagxa (tfDGR)
mit 17. 71. 73. 131. Col. 22 Gvitßißao&EVZsg'.H. BsACD P
6. 10. 17. 23. 27. 57. 67 ■■ 71. 116. 177. 178. 179. Col. 24 //>;-
ösig mit den älteren Hndschrn. und P 17. 23. 37. 39. 57. 69. 70.
71. SO. 116. Clem. Euth. Col. 220 £i — ovv" ajte&avtTE H Euth.
mit allen Majuskeln und 17. 31. 33. 35. 46- 47. 67. ■ ■ 73. SO. 108.
115. 117. 118. 252. 273.
Auf der andern Seite lesen 1. Tim. 27 -f ev Xotörco S*CAD
GP 3. 6. 23. 30. 31. 47. 49. 57. 67. • ' 68. 70. 71. 73. 75. 116. 120.
137. 143. 177. 178. 179. 219. 272. 1. Tb. 49 r/o<izv SCDG 6. 31.47.
49. 67. • • 71. 87. 115. 2. Cor. 4, + aogarov Sc LP 10. 23-ms- 29.
31. 32. 37. 38. 39. 47. 48. 49. 72. 74. 80 106. 113.ms 131. 177. 251.
270. 1. Tim. 27 — sv Xotozco S<= mit ADGP 3. 6. 23. 28. 30.
31. 41. 45. 47. 49. 57. 67. ■ ■ 70. 71. 73. 75. 116. 120. 137. 143. 177.
178. 179. 219. 272.
Immer deutlicher tritt durch diese Zusammenstellung eine
bestimmte Klasse von Minuskeln heraus, die sich an H, Xc an-
schliessen.
Zum Zwecke weiterer und deutlicher Herausstellung dieser
Klasse von Minuskeln wähle ich die Stellen, an denen H nur
noch von wenigen oder gar keinen Majuskeln begleitet ist.
1. Cor. 1020 sccvtov] £tuavrov H 31. 37. 73. 2) (non Clem.)
1. Cor. 1110 cv3 // jvvrj oytilu H 17. 37.
1. Cor. 1115 avrrj ÖEÖorai H CP 37. 46. 68. 73. 74. 80. 109. 270.
273.3) f vg. p; ÖEdorai avr?] xAB 17. al. sat. rnu? Euth. g D p;
öeöorai. DG d KL Min. Chr. Th.
2. Cor. 44 avyaoai] xaravyaoai H CD 73. 137. Orig.4)
2. Cor. IQ^eav— rf H BG 17. 43. •') 52. 67. •• 73. 80. 115. 119. 177.
178. 273. d g o p.
jtSQioooTEQov] jtsQiooov H 17. 23. 39. 57. 115. 119. 252.
1) Beachte noch oben 56, 1. Tim. 6n, wo H mit 71. 131. 137; sc mit
31. 80. 93. zusammensteht; Col. 3n, wo H von 3. 7. 17. SO. 108. (Clem.)
begleitet wird.
2) nach Matth. Chrys. cod. 2.
3) nach Matthaei e sil. 115. 119. 122.
4) Siavyaaai 1. 10. 17. 23. 31. 273. al.
5) nach Mill nicht 45 (so Wetstein, Scholz), sondern 43.
60 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
2. Cor. 10g iva + 6t H 6. 10. 37. 38. 48. 67. 72. 73. 74. 80. 115.
194. 251. 270. f'vcr.
2. Cor. 10, , aU[a] H DL 17. 37. 73. 74. 270. m.
2. Cor. 11, avsr/w&t] arr/eo&ai H; avtytoüs K 17.30.31. 32. 37.
45. 56. 73. 115. 117. 118. 238. Euth. (71. Alter.)
2. Cor. 11,, öijpu] ÖLiprj B 29. 64. 73. 91. 249? Orig; H öeitprj.
Gal. 16 vfiag] qfiag H? 3. 17. 39. 73. 76. p mrs- (Ti. g. Omont.)
Gal. 2|3 rv xrj vjtoxqiöei avzcov H DG P 17. 37. 57. (Alter) 73.
76. 93. 115. 1 16. 221. 271. Euth. (3. 49. 67. Alter e sil.)
Gal. 5, lesen H 73. 80 P1) z?/ tXtv&tgia. Xgiozog r^ag ?]Xtv9-t-
qcooev. oz?]xtzs (H 71. orr/zt) ovv, am meisten nähert sich
diese Lesart der der älteren Kodices (B^ACP), die ebenso nur
//'tag Xgiozog lesen, (über tfc s. o. S. 52)
Col. 12, wv öt] o vvv H 10. 20.mr- 23. 37. 47. 49. 57. 80. 177.
213" 252. Clera ; o vvv 6s Euth.2)
Col. 2, &sjLco yag] 6t H 4. 10. 37. 47. SO. 115. 116. C p mi'g.
Col. 27 zr/ uiiozti H BD 17. 39. 47. 73. 115. 252. d f vg. Euth;
tv zr\ jiLOxti i? Rel, tv tilozei AC 46. 67. ■ • 71. Cyr.
Col. 3, oc toriv 0 Xgiozog H 37. 110.'*
Col. 3V — za" Jtavza H 73.
1. Tim. 1,, avofioig 6e] . . . zt H 17.
1 . Tim. 1,, jiazgo — (ii/zgo — Xcoaig] — loiaig HK 30. 44. 47. ' "
SU. 91. 115. 117. 120. 121. 137. 270. 271. 290. al. Chr. Th. —
Xoaig Dc 37. 47. al.
1. Tim. 1,,, jTQOjzoj xqcozov HL 1. 14. 21. 31. 34. 37. 39. 52. 61.
71. 4) 93. 106. 108. 109. 114. 116. 121. 221. 270. 272. fu. p ü Th.
1. Tim. 2S ooiovg] ooiag H 1. 17. 35. 115. 120. 249. ■ • 252. Orig.
1. Tim. 29 xqvoco] xqvöico H AGP 17. 31. 38. 47. 71. 72. 73. 80.
115. 120. 131. (non Euth. Clem. Orig.)
1. Tim. 3,0 ovzoi] avzoi H 73.
Tit. 2:5 lEQOXQtxti -g" CH2 (? Ti.) 17. 31. 37. 73. 116.1) Clem.
1) Es nähern sich H : 10. 31. 67. ' • 71. (137.) mit der Lesart xri tXev-
d-SQia ?] yo. rjuaq 7j).sv&eri. oxi\y.txt ovv., während die späteren lesen xrj
e/.tv&touc ovv 7] X(j. rjixaq tjXevO; oxtjscexs. — Euth. ist leider nach den
Angaben Ti.'s nicht erkennbar. Doch scheint er im allgemeinen mit H
zu gehen.
2) An dieser Stelle wird es wieder ausserordentlich deutlich, dass Euth.
nach einer H verwandten Hndschr. korrigiert ist.
3) 120. (Matthaei) lässt eoxiv aus.
4 71. von Alter nicht angegeben.
IL Der Kodex Pamphili. 61
Hebr. 10t og] aiq HDL 73. 137. 252. d. Euth. (> A. 2. 7. 17. 47.)
Hebr. 102 — ovx" av ejtavoavro H2 74- 137. 270. 272. f vg.cod
C p. (noo Euth.)2)
Hebr. 12, 5 öia zavtqq] öl avrrjg H AP 17. 23. 31. 47. 67. ■ ■ 80.
137. 238. 252. Clem. Euth.
Als die Hndscbr, die H am verwandtesten ist, erweist sich
durch diese Zusammenstellung die Min. 73, die in diesen H eigen-
tümlichen Lesarten in 15 Fällen von 25 mit H übereinstimmt,
dann folgen 17.:!) 31. 37. 47. 80. 115. 116. 252, in zweiter Linie 10.
23. 39. 67. 71. 74. 120. 121. 137. 270. 271.
Einige engere Berührungen zeigen sich auch mit der Ma-
juskel P. (vergl. 1. Cor. 11,, 1. Tim. 29 Hebr. 1215, ferner Col. 24,
wo H PC2 17. ji<XQaXoyio?]Tai (statt ^r/rai), 1. Tim. 6,2, wo HLP
oiioXoyrjaag (st. m) 1. Tim. 120, wo HAGP vfisvsoq, l.Th. 2,,. wo
HP avrov statt savzov lesen.)
Die Verwandtschaft von H Euth. zeigt sich ganz deutlich
namentlich Col. 126, dann auch 2. Cor. 11, Gal. 2,:i. 5, Col. 27
Hebr. 12, 5.4) Eine Berührung mit Origenes zeigen 2. Cor. 44.
1128 (das Gegenteil 1. Tim 2,,). Leider sind zu den weitaus
meisten Stellen, die in Betracht kommen, Citate des Origenes
nicht vorhanden. Berührungen mit Clemens liegen vor Col. 126
Hebr. 12, 3 (das Gegenteil 1. Cor. 102fl 1. Tim. 29). Schliesslich
sind noch häufige Berührungen mit der Vulgata erwähnenswert
(vergl. l.Cor. 1115 2. Cor. 109 Col. 27 1. Tim. 1,6 Hebr. 102.
Es ist oben darauf hingewiesen, dass an den Stellen, wo H
und Xc gegen die älteren Majuskeln stehen, diese niemals von
1) 116. • • giebt Scholz an, wahrscheinlich durch Matthaei zu diesem
Irrtum veranlasst.
2) ovx" av i-tuvauvxo ist textus receptus, da die Begleiter von H also
e silentio erschlossen werden müssen, so ist hier keinerlei Sicherheit in der
Angabe der Min. zu erreichen.
3) Auch mit 17 ist H eng verwandt, wenn auch 17 in vielen andern
Fällen eine noch engre Verwandtschaft mit den älteren Majuskeln zeigt.
Vergl. oben 59 f. 1. Cor. llUl. 2. Cor. 10s. 1012. 11,. Gal. 16. 213. 1. Tim. 19.
i'it. 23. Hebr. 1215.
4) Zu beachten ist auch die Variante Col. l2s- Hier lassen 1. 2. 3. 32.
47. 67. • • 73. 109. 131. 194. al. Euth. Clem. y.ai öiöuoy.ovreq nuvxa av&ow-
rcov aus. Hier scheint Euth. die uns bekannte Textklasse zu führen. (?) —
Bemerkenswert ist noch, dass 2. Tim. 27 H Euth. Cc die eigentümliche Form
öcoti lesen die älteren lesen Ömon, die jüngeren Hndschr. dcorj).
62 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
vielen Minuskeln begleitet sind. Es ist nun umgekehrt der Be-
weis zu führen, dass da, wo H mit den älteren gegen die jüngeren
Majuskeln steht, die H begleitende Klasse von Minuskeln eben-
falls den älteren Textzeugen zur Seite tritt. Ich stelle die be-
treffenden Stellen zusammen.1)
1. Cor. 1024 ezsqov — sxaozog BtfAC DGHP 17. 67. ■ • 71. 73.
80. it. vg. p o Euth. Clem.2)
1. Cor. 102s tiÖco?>o&VTov] uqo&vtov BxA H b d. f. — ib. -j- zov
yag xvgiov // yr\ xai zo jchjgcofia avxrjq Bü AC DG H3)P
10. 17.28. 46. 71. 73. 80. 93. 109. 177. 178. 179. 252. (nonEuth.)
1. Cor. 11 u ^ ovzs yvvrj ymgig o-vögog ovzt üp?jq xcogig yvvai-
xog BaAC DG HP 31. 37. 39. 46. 57. 68. 73. 177. 178. 179.
273. it. p B Clem. (Euth?)
1. Cor. 11, 4 oo rj (pvotq avzy BtfAC D HP 17. 37. 46. 73. 74?
120. 137. 178. 270. Euth.
1. Cor. 1114 - if ovöt BtfAC DG HP 17. 46. 47. 73. 137. it. vg.
p D p Euth.
2. Cor. 44 (xaz) avyaoai — avzotg BaAC DG H 17. 23 2. 39. 73.
113. 177. 178. 179. it. vg.c°d- Euth. Orig. 1—1.
2. Cor. 108 o xvgioq — q[iivB&GDR 17. 66/: 273.4) Euth. d vg.cod-
69. 73. miiv o xvQiog; 74. 221. o xvgiog r/fimv; 115. 119. fiot
o xvgiog. Diese Min. werden also auch in ihrem Archetypus
das rj[iiv nicht gelesen haben.
2. Cor. 1018 övvtorcov] avviözavcov Bs DG HMP 17. 31. 37.39.
46. 49. 5) 57. 64. 67.- 71. 73. 9b. 109. 137. 139. Orig. Euth.
2. Cor. 113 ~ et-fpearrjoev Evav Ba G HMP 17. 37. 49. 6) 73. '•)
80. 114. 118. g p Euth. Clem. (2—1) Orig.
2. Cor. 113 -- ovtcö" (pd-agy B« DG HP 17. d g r p Euth.
Clem. Eus.
1) Diese Zusammenstellung wird zugleich die oben (S. 57) behauptete
Verwandtschaft von Hsc noch näher beweisen.
'_') Von jetzt an sind auch die sehr schwierig zu benutzenden Kolla-
tionen von Alter, Novum Testamentum Tom. II 1786 herangezogen, für 49.
71. habe ich Alter schon von S. 59 an benutzt, wie ich ihn an schwierigeren
Stellen überhaupt berücksichtige.
3) H3 verändert.
4i Ti. falsch dser.
5 e silentio nach Alter.
6) cf. Alter.
7) cf. Aurivillius.
II. Der Kodex Pamphili. (j;j
2. Cor. 1120 cv siq jcqoöodjiov vfiag Bx DG HP 17. 37. 73. 131.
221. d g r vg. p Euth. Orig.int.
2. Cor. U21 ipd-svrpaptv] yMfisv Bs H 17. 37. 73. SO. Euth.1)
2. Cor. ll28£ja — ov" oraocgBü DG H 17.39.67/- 131.252. Euth.
(H2 korrigiert.)
2. Cor. 113 , rov xvqiov — rjficov" Ljoov — yotorov" Bü G H
17. 31. 37. US. gp Chr.- (non Euth.)
2. Cor. 1132 exa jtoXiv Japaöxrpxnv B» DG HP 17.37.74.270.
it. vg. Euth.
2. Cor. 12, sXsvaofiai yctQ] . . . de |B)S G HP 17. 73. SO. HS.
(213.) g vg. p Euth.
Gal. 2n jtSTQoc] x/]<pag BtfAC HP 10. 17. 31. 46. 67." SO. 115.
137. vg. p c p Euth.
Gal. 2t4 ^6roeo]*>/c/aBxAC H 10. 17.67.- -:!) 137. vg.p Clem. Euth.
ib. ^ xcu ovx lovdaixcoq Cflg BxAC G HP 17. 37. 73. 80. 116.
g am. fix. Orig. Euth.
ib. tl] %cog B8AC DG HP 3.4) 17. 31. 37. 39. 57. 69.') 70. 71.
73. SO. 116. 131. 179. d g vg. D p Orig. Euth.
2,, eiöoreg - 6s BxC DG HL 10. 23. 31. 71. 76. SO. 108.
HO. 111. 116. al. it. vg. (Euth. fehlt.)
2I6 cv) eg tuycov vouov ov öixcacod-jjosTca BxAC DG HP 17.
37. 73. (74.) 116. 118. 131. (270.) it. vg. c p p Euth.
430 xXrjQovofirjo?/] ei Ba D HP 3.6) 17. 30. 31. 37. 47. 66. 69.
70. (Alter) 76. 106. 109. 116. 122. 252. Euth.
4., öio Bx DH 17. 67." 115 d g vg, die übrigen aga, da-
gegen lesen r/fieig ös ACP 23. 57. 73. p Euth.7) Hier
haben sich die Hndschrn. unsrer Klasse auf zwei Varianten
verteilt.
5 , In der Lesart t// slevQ-EQta ÄQiorog t][iag sXsv&eqcoosv oz/r
xext ovv kommen H 37. SO. (10. 31. 67." 71.) den Majuskeln
1) 118. TjG&Evyzevai.
2) rjßojv fehlt auch 1. 7. 15. 20. 21. 29. 30. 31. 36. 41. 43. 44. 46.
48- • 52. 67. •• 68. (Alter) 72. 91. 109. 110. 116. 117. 121. 122. 123. 219.
3) nach Alter der Kodex 67 selbst.
4) e silentio nach Alter.
5) 69. 70. e silentio nach Alter.
6) ef. Alter.
7) 45 liest aou Se; rjf/eiq <te e silentio nach Alter 3. 67(?) 68; 71. lässt
die Partikel ganz aus.
(j4 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
BxACP sehr nahe, s. o. S. 60 (Euth. ist nicht deutlich ange-
geben).
54 ajio — zov" Xqlotov BxC DG HP 31. 76. al. (non Euth.)
Col 2, jcbqi] vjttg. BsAC DbPH 17. 31. 71. 73. 114. HS. al. 0 p
Euth. Cyr.
Col. 34 ij/icov] vftcov SC DG HP 17. 47. 52. 73. 109. 115. 116.
252. d f vg. Chr. Th. Euth. (non Orig.)
Col. 37 tv avroig) ev rovxoig BxAC DHP 17. 26. 47. 71. 73.
131. Euth.
1. Thess. 29 vvxzog — jag. BtfA DG HP 21. 23. 26. 71. 73.
114. 115. 118. 177. 178. 179.252.273. d g m vg. p o D p Euth.1)
1. Th. 212 jiiQuia.T?j6ai\ jitgutaztiv BtfA DG HP 17. 31. 37.
39. 71. 116. 137. 177. 252. 40.lect- Euth.
1. Th. 46 xQoeutofiev] .. euta/itv BsDGH al.2) multi; ib. dufiag-
rvQoiis&a] .. . atue&a alle, auch Orig. gegen DCEK 1.7. 1-1.23. 29.
30.31. 32.36.37. 41. 46. 69. 108. 116. 117. 121. 221.251.273. 290.
1. Tim. 112 — y.ai" yagiv v/co tfA G HP 17. 31. 67. ■ ■ 71. 73.
80. 93. 131. 137. 238. f g vg. p p Chr. Th. (non Euth.)
1. Tim. 113 all + a" tfA DG HLP Euth. alii multi. (Scriv.
omnes, 71. nach Alter.)
1. Tim. 113 zov] zo stA DG HP (jedoch jzqcotov st. üiqotsqov)
17. 21. 47. 67. •• 71. 80. 93. :i) (non Euth )
1. Tim. 116 - Xqlox. Jrjo. AD H 17. 47. 73. 80. 93. 118. 131.
d f vg. ü Cyr. (71. nach Alter.) (non Euth.)
1. Tim. 116 Ttaoav] ajtaoav XA G H 17. 31. 37. 39. 49? 57. 68?
69? 70? 71? 73. 116. 118. 213. ') Cyr. (non Euth.)
1. Tim. 29 — zag" ywaixag xA DG HP 17. 67. • 71. 73. 131.
Clem. Orig. (non Euth.)
1. Tim. 2,2 coöiöaoxeiv ös yvvcuxi Xk DG HP 17.31.37.39.
71. 73. 80. 116. 120. 131. 137. d g m vg. (non Euth.)
1) Mill giebt nur Codices plurinii an, TL al2".
2) TiQoeaiOfxev (Scholz) 23. 44. 48. 57. 72. 74. 106. 108. (109.) 110. (Hl.)
112. 177. 178. 179. 219. (Matthaei) 114. 115. 116. 117. 120. 121. (Alter 67
3? 49V 68? 69. 70? (Wetstein) 1. 3. 7. 19. 21. 27. 52. 55. (Reiche) 132.
140. 153. {afxev 134. 137. 139.) Tregelles 37. Scrivener alle (—30. 221).
3) H2 bessert xo in zov; 07. ■ ■ 71. von Alter nicht angegeben.
4) 57. nach Alter, 49. 68. 69. 70. 71. e silentio nach demselben.
IL Der Kodex Pamphili. 65
1. Tim. 37 ösi 6s — avxov SAG H 17. g.1)
1. Tim. 613 t^coojtoiovvxog] ^cooyovovvxog ADG HP 17. 19. 31.
71. 93. 137. al. Th. (non Euth.)
1. Tim. 619 xrjg aioiviov C,oo?]g] xrjg ovxcog £corjg tfA DG HcaP-
17. 23. 31. (37.) 49? 57. 71 116. 131. 137. 176. 179. d g f vg. D
p p 13 Euth. ai'g- non cod-
2. Tim. 23 ^ Xq. IrjO. sAC DG HP 17. 37. 47. 87. 118. d g
vg. p p (non Euth.)
Tit. 3,3 ajtoUco] cov s?DbH Euth. (H2 verbessert)
Hebr. 313 oo Tic fig Vftcov SAC HMP 3. 17.37.47.^57. (Alter) [68.
Alter e sil.] 73. vg. p o Euth.2)
Hebr. 3,4 cv xov Xqiötov ysyovafiev BxAC D HMP 17. 37.
53. 73. 116. 137. d f vg. Orig. Euth.
Hebr. 412 yvyjjg -re BxAC HLP 3. 17. 47. 67. ■ ■ 73. 80. 108.
137. 163. 252. 271. 273. :i) Orig. Euth.4)
Hebr. 102 xexaß-aQinevovg] xexa&aQiOfievovg tfD HKP 17. 23. 2
37. 39. "68. 71. 113. 116. 117. Euth.
Hebr. 104 cupaioeiv].. sqsiv xH 71. (Alter) 109; a<psZeiv L 73.
106. 108.
Hebr. 106 sv6oxt]Oag] tjv ACDHP 37. 57.73. 120. 221. Euth.
Hebr. 1034 xoig ösöfioig [iov] xoig ösöfiioig ADH 6. 8. 17. 37.m
47. 67. • ' 71. 73. (xoig öeOfttoiq {uov) (Alter) 104. 120. 134. f vg.
D p p Euth. cod- non ars- (non Clem. Orig.)
Hebr. 1034 (sv) savxoig] eavxovg «AH 5. 6. 36. 67. SO. d f vg.
p Clem. Orig. Euth.
Hebr. 1035 <>o fiayahjv (iio&ajcoöooiav tfA DHP 17.37. 71. (Alter)
116. 137. Clem. Orig. Euth.
Hebr. 1038 öixaiog -f- (iov SA H f vg. Clem. (non Euth.) (H2
verbessert).5)
1) Solche Varianten wie 1. Tim. 39 vrj(pa).iovq-eovq (cf. Tit. 22) lasse
ich fort, da hier die Minuskeln nicht genau genug angegeben sind. Auch
hier steht H (nicht Euth.) auf Seiten der älteren Kodices.
2j Da zig f£ vfiwv wie es scheint textus receptus ist, so sind auch
hier die Angaben nicht vollständig zu erbringen, wahrscheinlich gehören
(nach Birch e sil.) 71. 80. 93. auf die Seite von H; nach Matthaei e sil. 115.
116. 117. 120, nach Reiche 132. 134. 137. 139. 140. 153.
3) Mill giebt nur Codices al. an.
4) ovv7ia9r]Gat (st. ovfx) BsACDH in demselben Vers.
5) Ausgelassen in der Zusammenstellung sind alle orthographischen
Texte u. Untersuchungen XI, 4. 5
qq Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Um den nötigen Überblick zu gewinnen, ist es noch erfor-
derlich die Stellen zu sammeln, an denen H mit den späteren
Majuskeln geht.
1. Cor. 1026 ~ rov yao xvqlov A HKLP Euth.Min. (— 1 7.46.74.93.)
1. Cor. 1027 Ei + ös" nc HC DCKL Min. o p Th. gegen Bx
DGP 46. 67. • ■ 109. 137. it. vg. p Euth.
2. Cor. 11, fitxQov -tl H Euth. mit allen gegen Btf DM 17.29.
30. 49. 67. • ' 118. 121. 137. f vg. ib. 11, (rrjc) acpQoOvvrjq] xr\
aygoGvvi] H Euth. mit allen gegen Ba DGP 17. 30. 49. 67. ■ ■
73. 118. 120. 121. 137.270. 273. l)
2. Cor. 12, ov ov^cpegov tu£v] ov 6v/ig)£Q£i fioi H Euth. ( — fioi)
mit allen gegen Btf G 17. 67. • • f vg. p.
Gal. 212 7jXd-£v] ... ov ACHKLP Min. (— 45. 73.) f vg. üpp
Euth. Chr.
Col. U- o £öriv] oq £Oxlv i?C D HKL Min. (— 17. 47. 67. ■ •)
Euth. Chr. Th.
Col. 28 covfiag £örai BC HKLP Min. Clem.2— 1. Orig. Chr. Th.
1. Th. 213 — smi" öia rovro DG HKL Min. it. vg. 0 o Chr.
1. Tim. 29 xai] rt H DCKL Min. f vg. o Clem.Orig. (1—1) Euth.
2. Tim. 2:, ov ovv y.axoxad-TjOov H Euth. DCKL Min. p Chr. Th ;
ovv(y)xaxoxadr/oov «AC DG P 17.31.71.80. p™e- p g (71.
bei Alter nicht angegeben).
Hebr. 10, övvarai HDKL Min. dfvg. p; dvvamai S«ACDbP
1. 3. 8. 9. 1 0. 13. 14. 17. 27. 29. 30. 36. 37. 45. 47. 48. 52. 57. 67. ■ ■
Varianten s. 215 öovXiaq sDHP Hebr. 4,5 ao&eviaiq sDHP Gal. 214 oq&o-
itoöovoi -v" Col. 35 noQviuL sADGHP Col. 3G anei&eiag sAHKLP Gal. 5,
Sovhccg sADGHP.
1) 29. und 49. nach Mill, und zwar liest 29. [iixqov ti zrj urpQoavvrj
49. hixqov ri zrtq ayooovvrjQ, nach Alter freilich [xixqov tl vtj acpQoavvi].
Es lässt sich in den beiden zusammengehörigen Varianten schwer ein Urteil
gewinnen, weil uc/.qov xl (ttjc) cupQOOvvrjq seltsamerweise textus receptus
ist. ßiy.QOv rrj a<pQoavr?] lesen nach Scholz 1. 23. 44. 46. (48.) 57. 72. 73 (!)
(dagegen s. Aurivilliusj (74.) 80. 106. 108. 109. 110. 111. 113. 177. 178. 179.
219. (238.), alle bei Matthaei (— 118. (120.) 121.), bei Wetstein noch 2. 4. 7.
(13. (14.) 18. 19. 20. 21. 24. 51. (56.), Reiche 132. 134. 139. 150. 153, bei
euer alle (— 30. (270.) (273.)), bei Mill wie es scheint alle (— 29. 49.)
doch fragt es sich, ob seine Angaben genau sind, 17 ist jedenfalls bei ihm
vergessen). Es ist möglich, dass in dieser Variante unsre Klasse auf Seiten
der älteren Kodices sich befindet und H abgewichen ist ; nach Alter endlich
wäre für yny.Qov xl xr/q aipQOGvvijq noch 67. ••hinzuzufügen?
II. Der Kodex Panrphili. 67
73. 80. 108. 109. 116. 122. (123.) 178. 221. 251. 270. • • 271.273.
Euth.1) (nach Alter 49. und 67. nicht 67. ■ ■)
Ich bemerke zu diesen beiden Listen, dass hier teilweise die
Entscheidung nicht ganz sicher war. (z. B. Hebr. 104. 6 Gal. 2,2
Col. 127. 2S.)
Dazu kommen noch einige Fälle2), in denen nicht sicher ent-
schieden werden kann.
Gal. 13 xai xvqiov ?jf/cov BDG HKL Min. d g vg. o p; r/tucov
xcu xvqiov SAP 17. 19. 27. 39. 44. 45. 46. 55. 57. 70. 112. 114.
177. 238. 273. (nach Scrivener nicht 37.) fu. p Euth; qftcov fehlt
4. 29. 44. 67. ■ ■ 69. 70. 71. 72. 74. 89. 115. 177. 219. 270.
l.Thess. 2,2 xaXovvxoc, BDG HKLP Min. dg. Euth; xalsüav-
toq XA "23. 31. 39. 51. 57. 73. Chr. Th. f vg. O p p.3)
2. Cor. 45 00 Xqlot. Irja. nur SACD d f r. 2. Cor. 4- öi.a Irj-
6ov -v" XA2C 17. d f r vg. 2. Cor. 10s lesen nur tfLP xavpjao-
liai (st. cofiai). 2. Cor. 113 eig -tov" Xqlgtov nur tfGM Min.4
Hebr. 10t ftvoiaig -\- avrcov nur SP.
In der obigen Zusammenstellung (S. 62 ff.) sind 56 Varianten
besprochen. Unsre Vermutung hat sich bestätigt. Mit Ausnahme
weniger Stellen [vergl. 1. Cor. 102S 2. Cor. 10s. 113 Gal. 54 1. Tim.
37 Hebr. 104. 34 (und Tit. 313 Hebr. 103S, an diesen beiden Stellen
hat jedoch H2 korrigiert)] erscheint H jedesmal von einer Reihe
seiner Trabanten begleitet auf Seiten der älteren Zeugen. Da-
mit ist bewiesen, was bewiesen werden sollte, H ist der Reprä-
sentant einer ziemlich grossen, weitverzweigten Textfamilie.
Stellen wir auch hier noch einmal die zugehörigen Minus-
keln nach dem ungefähr abgeschätzten Grad der Verwandtschaft
zusammen, so erhalten wir, wenn wir von Min. 17 und 67. * ' ab-
sehen, folgende Reihe. An erster Stelle steht wieder 73 (mit 30
Übereinstimmungen), dann folgt 37 (mit 22 Übereinstimmungen),
dann diesmal 31. 37. 39. 47. 71. 80. 93. 115. 116. 118. (131.) (137.)
252, in zweiter Linie 10. 23. 46. 57. 109. 120. 177. 178. 179. Es
sind im ganzen dieselben Minuskeln wie oben S. 61: die nun
1) Auch hier scheint die Klasse (s. die Min. 17. 30. 37. 07. ■ • 73. 80.
116. 221. 271. 273) sich auf Seiten der älteren Kodices zu befinden.
2) Orthographische Varianten sind fortgelassen 2. Cor. 1 lj co(o)(pe?.or.
Hebr. 317 zeooe \a)Q(xxovxa, Hebr. 1034 xqsittovu (y.QttGGOvu).
3) Dazu nach Alter 49. 71. e silentio und 69.
5*
ß8 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
erreichte Bestimmung ist natürlich zuverlässiger als die erste,
weil sie auf ein umfangreicheres Material begründet ist. *) Es soll
nun etwa nicht behauptet werden, dass gerade alle die aufge-
zählten Hndschrn. zu der gesuchten Textfamilie gehörten. Mit
Sicherheit lässt sich das nur von der ersten Hälfte derselben
etwa behaupten. Auch reicht die Genauigkeit, mit der die Va-
rianten der einzelnen Minuskeln notiert sind, durchaus nicht aus,
um über jede einzelne schon jetzt zur Klarheit kommen zu können.
Aber denjenigen Forschern, die ihre Arbeit darauf verwenden
wollen, Minuskeln zu kollationieren, ist hier nun ein bestimmtes
Arbeitsgebiet und Arbeitsziel angewiesen. Genauere Kollationen
fast aller erwähnten Minuskeln wären sehr erwünscht. Ferner
werden sicherlich noch eine Reihe wertvoller Repräsentanten
unsrer Familie unter der Unsumme von Minuskeln verborgen
sein, sie gilt es ausfindig zu machen. Mit dem Material, das in
dieser Arbeit geboten ist, wird man sehr rasch durch Stichproben
sich bei jeder Minuskel überzeugen können, ob sie mit unsrer
Familie verwandt ist oder nicht. Ein paar gute Kollationen
wertvoller Repräsentanten unsrer Textfamilie haben mehr Wert
als Prachtausgaben von Überresten wertloser Majuskeln.
Es lässt sich ferner mit dem obigen Material die grosse Ver-
wandtschaft von Euthalius mit H nachweisen. 1. Cor. 1028 bis
2. Cor. U31 Gal. 43l. 54 1. Tim. 113. 16. 219. 37. 6I3 2. Tim. 232)
Hebr. 104. 38 also in 13 Fällen weicht Euth. von H ab, dagegen
stimmt er in 37 Fällen überein.3) Von jenen 13 Fällen steht
1. Cor. 1028 Gal. 54 1. Tim. 37 und Hebr. 104 H (s. o. S. 62 ff.)
fast ohne begleitende Minuskeln auf der Seite der älteren Kodices.
Hier wird Euthalius den gemeinsamen Archetypus besser bewahrt
haben. 1. Tim. 113 Hebr. 103S korrigiert H2; Gal. 431 hat sich
unsre Textfamilie gespalten.
1) Eine engere Verwandtschaft mit H als in der ersten Zusammen-
stellung zeigen hier vor allem 71, dann auch 93. 131. und 137. Bei letz-
teren beiden Kodices ist wohl allerdings die Ursache darin zu suchen, dass
sie an und für sich und ohne Vermittelung H's oft mit den älteren Majus-
keln gehen.
2) Dabei ist abgesehen von den geringfügigen beiden Varianten in
1. Thess. 416.
3) 1. Cor. llu, Gal. 216 ist Euth. nicht angegeben. 1. Tim. 6[9 geht
Euth«*-, nicht Euthcod- mit H, umgekehrt Hebr. IO34.
II. Der Kodex Parnphili. 69
Auch zeigt sich hier wie schon oben H mit der uns schon
aus der ersten Abhandlung bekannten Majuskel P verwandt.
Diese geht in fast allen aufgeführten Fällen mit H. Ausnahmen
sind 1. Cor. 1028 (s. Euth.) 2. Cor. 44 2. Cor. 10s. (bei H nur
2 Min.) 112S. 1131 (s. Euth.) Gal. 2l4. 16 1. Th. 29 1. Tim. 11G
(s. Euth.) 37. (s. Euth.) 619 Tit. 313 (bei H nur 1 Min.) Hebr. 104.
34-38 (S- Euth.).
Zur Tabelle S. 66 (Abweichung H's von den älteren Hndschrn.)
ist noch folgendes zu bemerken: Hebr. IOj ist H ohne Zweifel
von seiner Textfamilie abgewichen. Zweifelhaft ist das 1. Cor.
1027, wo P Euth. 46. 67. ■ ■ 109. 137, und 2. Tim. 23, wo P 17.
31. 71. 80 auf der Seite der älteren Zeugen stehen, vielleicht auch
noch 2. Cor. 11, an zweiter Stelle (P 17. 73. 118. 121. 137 mit den
älteren). Mit den jüngeren Kodices allein steht H mit seiner
Klasse 1. Tim. 29, mit A(C) und den jüngeren 1. Cor. 102G 2. Cor.
II,.1) 12t Gal. 212, mit 8(C) und den jüngeren Col. 1272), mit BC
und den jüngeren Col. 2V mit DG und den jüngeren 1. Th. 2,,.
Im ganzen weicht H in 11 Fällen von den älteren Zeugen ab,
Euth begleitet ihn in sieben Fällen.3)
Es bleibt noch übrig, über das Verwandtschafts Verhältnis von
H und S zu reden. Es sind in den obigen Zusammenstellungen
(S. 62 ff. 66 ff.) 69 Varianten untersucht.4) Dabei ist abgesehen
von den Fällen, in denen S5 ganz allein steht, also in den meisten
Fällen nur ein Versehen des letzten Schreibers vorliegt. Hier
hat Sc auch meistens korrigiert; wo er es nicht gethan, liegt wohl
nur ein Übersehen vor. In (jenen 69 Varianten stehen X und H
53 mal zusammen 5), in 16 Fällen differieren sie. Zu diesen 16
Varianten wären dann noch einige wenige der 25 Variauten auf
1) Doch ist auch 2. Cor. 11^ nicht sicher, ob H nicht von seiner Gruppe
abgewichen ist.
2) Auch hier ist fraglich, ob H unsere Textgruppe vertritt, oder ob
diese nicht vielmehr auf der andern Seite steht.
3) Zu den Varianten S. G7 ist nunmehr zu konstatieren, dass der
Archetypus unsrer Klasse Gal. 13 y.ai xvqiov tjßojv, 1. Thess. 212 xaleoav-
xoq las (im letzteren Fall hat H geändert).
4) 56 + 13.
5) In den Varianten der Übersicht S. Ö2ff. geht s fast immer (52mal)
mit H. Ausnahmen sind 1. Tim. 116. 6!3 Hebr. 10G. 34, dazu kommt noch
unter den Varianten S. 66 Col. l->7.
70 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
S. 59 hinzuzurechnen, während die meisten derselben, da nur äusserst
schwach bezeugt, als vollwertige Varianten nicht mitzuzählen sind. l)
Das Verwandtschaftsverhältnis von H und K ist also, wenn wir
von den Stellen absehen, avo Xc korrigiert, ein sehr enges (55 :
16 — 20). Damit ist nun zusammenzuhalten, dass tfc an nicht we-
niger als 31 Stellen korrigiert, wo H und X differieren (S. 53).
Dem steht freilich gegenüber, dass an vier Stellen Gral. 1^ Ccl. 1-
(S. 55), Col. 22. 220 (S. 56) Sc bei einer Differenz von H und X
korrigiert, aber nicht nach der von H vertretenen Variante, und
an 15 Stellen Sc bei einer Übereinstimmung von H und X kor-
rigiert. Demnach lässt sich ein enges Verwandtschaftsverhältnis
von H und üc behaupten. Vergleichen wir H mit 5< — tfc (d. h.
mit dem korrigierten Kodex Sinaiticus», so ergeben sich "Über-
einstimmungen (53 — 31) = 84, Differenzen etwas mehr als 30,
es verhalten sich die günstigen zu den ungünstigen Fällen wie
8:3. — Auch lässt sich nun endlich auch über die Differenzen
von H und Nc (S. 55 f.) mit Hinzuziehung der Minuskeln ein end-
gültiges Urteil gewinnen. 1. Tim. ll7 (M. ls 2. Cor. 10, 0 Col. 24
I Var. 1), 1. Thess. 46. ,, ? 1. Tim. 27 ? 29. 610. 6X , Tit. 24 2. Cor. 1,
ist tfc Führer der Gruppe und H abgewichen; 2. Cor. 111S Col. 2,
wahrscheinlich in beiden Varianten, doch ist es in der ersten
fraglich, Col. 24 (Var. 2), 220 und vielleicht 3U ist H im Recht
und Kc abgewichen.2)
Ich stelle die Resultate, die sich im Laufe der Untersuchung
ergeben haben, zusammen:
1) 8C H Euth. erweisen sich in der That als eng verwandt.
Diese Verwandtschaft niuss daraus erklärt werden, dass sie den
Kodex Pamphili als gemeinsame Textgrundlage hatten. Jedoch
zeigen sich auch wieder starke Differenzen. Weder hat Kc aus-
schliesslich nach dem Kodex Pamphili korrigiert, noch hat H
den Text desselben rein erhalten. Ein Zeuge von nur sekundärer
Bedeutung ist Euthalius.
2 Von S*c und H aus lässt sich eine Klasse von Minuskeln
1) Denn es sind natürlich nicht gerade alle Stellen zu zählen, sondern
nur diejenigen, bei denen wir H als Vertreter der Textklasse ansehen
dürfen.
2) Col. 27 dagegen haben weder sc noch H die Lesart unsrer Gruppe
bewahrt, sondern die auf der Seite von sAC stehenden Minuskeln. (S. 55.)
II. Der Kodex Pamphili. 71
nLchweisen, durch die es uns möglich wird, den Archetypus des
Codex Pamphili zu rekonstruieren. Diese Minuskeln sind die
Nummern (17.) (23.) 31. 37. 39. (46.) 47. (67. ■ ■) 71. 73. 80. 93. 115.
116. 118. (131.) (137.) (179.) (252.) l)
4 Keine dieser Minuskeln scheint auch nur annähernd so
gut wie H den gemeinsamen Archetypus erhalten zu haben, aber
bei dem reichen Material das vorliegt, wird es nach genügender
Sichtung, und nachdem ausreichende neue Kollationen gemacht
sind, gelingen, denselben im grossen und ganzen herzustellen.
5) Die weite Verbreitung der Lesarten von SCH setzt ein
gewisses Alter und Ansehen ihrer gemeinsamen Textgrundlage
voraus. Auch diese Thatsache erklärt sich am besten durch jene
Erkenntnis einer von Pamphilus ausgegangenen Recension des
neuen Testaments.
6) Es ist mit alledem in den paulinischen Briefen eine neue
Textgruppe nachgewiesen, die gleichsam in der Mitte zwischen
den älteren Zeugen BsAC und den jüngeren KL mit der Mehr-
zahl der Minuskeln steht, und die wegen dieser ihrer Eigenschaft
eben schwer zu erkennen war.
7) Dieselbe Textgruppe wird sich auch für Act. kath. Br.
unschwer nachweisen lassen, für die Offenbarung ist sie schon
gefunden (s d. erste Abhandlung). Denn es ist wahrscheinlich.
dass auch in der Offenbarung Sc nach dem Kodex Pamphili kor-
rigiert hat.
Ich stelle nun mach Gregory) noch einige Nachrichten über
die für uns so wichtig gewordenen einzelnen Minuskeln zusammen.
31. Londin. Mus. Brit, Harl. 5537. a. 1 0S7. (Act. 25. Ap.7.) Manu
Joannis tov tCovrCovva mon. et presbyt. sv reo dgraxio) xaroi-
y.r}Oavxoq tov xcu ya/.ißoov tov xvqiov MapovrjA tT^ iiagovÖiac.
Angaben finden sich bei Mill und Wetstein: »Van Sittart Hebr.
1. Cor. lj — S10. I. IL Thess. cont." Eine vollständige Kollation
wäre sehr erwünscht.
37. XV. Jh. Der bekannte cod. Leicestrensis 20, in den Evan-
gelien X. 69, bildet dort mit 13. 124. 346 und andern eine be-
sondre Gruppe, die durch eine Recension entstanden zu sein scheint,
und in Kalabrien zu lokalisieren ist. In der Apokal. X. 14
1) Dazu zeigen Berührungen 10. 57. 109. 120. 177. 1^8.
72 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
(eng verwandt mit Q 92); vollständige Angaben bei Tregelles
Nov. Test, und Scrivener Cod. Aug.
39. (Act. 33.) Oxon. coli. Lincoln w. 25. „contul. Mill." (Es
fehlt Rö. 1,_19.)
46. Romae Vat. Reg. Gr. 179. Vl.Jh. (Act. 40.) desunt Tit. 3:5_
Phm. Die aus dem XV. Jh. angehängte Hndschr. der Apok. ist die uns
bekannte N. 12. Prolegomena des Euth. (von Zacagni nach diesem
Kodex herausgegeben.) Kollation bei Zacagni und Mill (Petavius3).
47. Oxon. Bodl. Roe 16. XL Jh. vollständige Angaben bei
Tregelles, „Olim ecclesiae S. Trinitatis sine dubio in monasterio
s. Trin."
67. Vindob. caes. Gr. theol. 302. XL Jh. (Act. 66. Ap. 34.);
über 67." Westcott. Hort. Introduction § 212. ., contul. Alter Birch."
Auch die Minuskel 34 zur Apok. ist uns bekannt. „Olim Arsenii
archiepiscopi Monembasiae (olim Epidauri Limerae hodie Mal-
vasiae.)"
71. Vindobonensis caes. Suppl. Graec. 61. X. Jh. (oder XI)
nach Gregory in Calabrien geschrieben, nach ßirch von derselben
Hand wie Ew. 124. Eine Kollation giebt Mill, auch Birch und
Alter haben die Hndschr. verglichen. Eine Vergleichung der
drei Zeugen zeigt, wie wir auch hier eine genaue Kollation drin-
gend nötig haben. Wichtig ist, dass am Schluss der Hndschr.
die Katechesen des Cyrill von Jerusalem stehen.
73. Upsalae univ. Gr. 1. (Act. 68.) besteht aus 2 Stücken
Saec. XII und XI, für uns kommt fast nur das zweite beginnend
mit 1. Cor. 136 in Betracht. Das erste Stück endigt mit 1. Cor.
1538 (1. Cor. 136 — 1538 sind also doppelt vorhanden). Vortrefflich
kollationiert von Aurivillius.
80. Romae Vatic. Graec. 367. (Act. 73.) „cont, Birch" (Scholz).
93. Neapoli. biblioth. nationalis IL Aa. 7. XII? Jh. (Act. 83-
Ap. 99.) Gregory: „Textuni olim cum codice Pamphili Cae-
sareae conlatum esse profitetur." Evagrius scripsit. Birch
und Scholz haben nur ausgewählte Stellen verglichen. Gregory
redet von einer Kollation in usum Burgonii. Eine vollständige
Kollation dieser Hndschr. wäre ein dringendes Bedürfnis. Von
der Apok. scheinen nur die ersten Kapitel verglichen zu sein.
Soweit die Angaben bei Ti. reichen, zeigt die Hndschr. deutlich
den Text der Andreasklasse.1)
1) Vergl. die Varianten der ersten Kapitel der Apokalypse.
IL Der Kodex Pamphili. 73
115. Moscuae Syn. 334. (Act. 100.) XL Jh. hat die Kapitel-
einteilung und szfrsöig des Euthalius und eine eigentümliche
Ordnung der paulinischen Briefe „textu haud vulgaris indolis".
Kollation bei Matthaei (d), cf. Rom. 270 — 73.
116. Moscuae Syn. 333. XIII. Jh. (Act. 101.) Kollation bei
Matthaei (f), cf. Thess. 1S5. 186.
118. Mose. Syn. 193. (Act, 103) Kollation bei Matthaei (h),
Rom. 269 f.
131. 8.i»e- Petrop. caes. Muralt 101, XII. Jh. (Ev. 330. Ac. 132)
von Muralt verglichen, darnach bei Ti. die Angaben. „Olim Laurae
in Monte Atho."
137. Paris nat. Gr. 58. (Ev. 263. Act, 117.) XIII. od. XIV. Jh.
..textuni habet collatione dignum", von Scholz an ausgewählten
Stellen vergl, von Reiche kollationiert a. a. O. (von Van Sittart
sind 1. Cor. lt — 810, 1. 2. Thess. Hebr. kollationiert.)1)
252. Cantabr. coli. Trin. B. 10- 16. (Ev. 489. Act. 195.) ;.Mauu
Jacobi Monachi in monte Sina exaratus." Eine vollständige
Kollation giebt Scrivener Cod. Aug. Die Hndschr. wird in Ab-
handlung IV unser besonderes Interesse erregen.
1) Es wäre dringend zu wünschen, dass die in Cambridge liegenden
Kollationen von Van Sittart Gregory 653) herausgegeben würden.
III. Die Kecension des Hesychius.
„Alexandria et Aegyptus in LXX suis Hesychium laudant
auctorem, Constantinopolis usque Antiochiam Luciani martyris
exemplaria probat, raediae inter has provinciae Palaestinos
Codices legunt, quos ab Origene elaboratos Eusebius et Pampbi-
lus vulgaverunt, totusque orbis hac inter se trifaria varietate
compugnat."
Diese Nachricht l) ist von Hieronymus in der Einleitung zu
den Paralipomena aufbewahrt. Sie ist von entscheidender Wich-
tigkeit für die Textgeschichte des Alten wie des Neuen Testaments.
In früheren Zeiten 2) der textkritischen Arbeit ist viel mit dieser
Stelle operiert, so dass man Recensionen des Hesych Lucian Ori-
genes zu unterscheiden sich bemühte. Aber diese Bemühungen
haben zu keinen sicheren Resultaten geführt, und so ist man
neuerdings misstrauisch gegen den Wert jener Nachricht ge-
worden und gesteht ihr kaum noch einen Einfluss auf die Re-
konstruktion der Textgeschichte zu.
Seit den Arbeiten Lagardes 3) zur Textkritik des alten Testa-
ments aber ist bewiesen, dass die Methode der älteren textkri-
tischen Arbeiter die richtigere war. Lagarde gelang es auf Grund
jener Nachricht des Hieronymus zu festen Resultaten zu gelangen.
Er konstruierte, indem er von den Citaten der in den von Hiero-
nymus angegebenen Provinzen lebenden Schriftsteller Chrysosto-
mus und Theodoret ausging, die Recension des Lucian. Er hat
1) Vallarsi IX. 1405. vergl. L IL adv. Rufin. C. 27.
2 Vergl. vor allein die trefflichen Arbeiten L. Hugs in seiner Ein-
leitung, Tübingen 1808.
3) Vergl. besonders Lagarde, Ankündigung einer neuen Ausgabe der
griechischen Übersetzung des alten Testaments, Göttingen 18S2, die Ein-
leitung zu Lagarde's Ausgabe der Lucianrecensiou der LXX, endlich Septua-
ginta-Studien, Göttingen 1891.
III. Die Recension des Hesychius. 75
in den kurz vor seinem Tode erschienenen Septuaginta-Studien I
auch den Weg zur Recension des Hesych gewiesen.
Es gilt auch für die neutestamentliche Textkritik seine Ar-
beit weiterzuführen. Ein Blick in den Apparat Ti.'s zeigt, wie
leicht man z. B. in den paulinischen Briefen auf Grund der fort-
laufenden Citate von Chrysostomus und Theodoret die Hndschrn.
der Recension des Lucian bestimmen kann.
Die vorliegende Untersuchung gilt der Recension des Hesych.
Hesych ist wahrscheinlich identisch mit jenem Bischof und
Märtyrer der Diokletianischen Verfolgung in Ägypten, den Eu-
sebius in seiner Kirchengeschichte erwähnt.1) Die Recension
wurde also um das Ende des 3- Jahrhunderts gemacht. Sie um-
fasste vom neuen Testament mindestens auch die Evangelien. Im
Dekret des Gelasius und Hormisdas sind die p]vangelien des
Lucian und Esitius2) (= Hesychius) verworfen. Auch Hierony-
mus' Zeugnis beweist, dass die Arbeiten der beiden Männer sich
auch auf das neue Testament bezogen.
Wie kann nun die Recension des Hesych. gefunden, resp.
die Hndschrn, die sie uns erhalten haben, bestimmt werden? Da
die Recension in Ägypten gebraucht wurde, so könnte man viel-
leicht die koptische und sahidische Übersetzung verwerten. Aber
wir wissen nicht, wann diese Übersetzungen entstanden sind,
nicht einmal, ob vor oder nach der Recension des Hesych. Auch
zeigt die handschriftliche Überlieferung derselben, dass ihr Text
starken Schwankungen unterworfen war. Auch lässt natürlich
die Übersetzung in den meisten geringfügigeren Varianten ein
sicheres Urteil nicht zu. Citate der Kirchenväter der Provinz
würden ebenfalls zum Ziele führen, aber hier sind wir nicht so
günstig gestellt wie bei den Citaten des Chyrs. und Theodoret
1) Hist. Eccl. VIII, 13-; in demselben Kapitel erwähnt er auch den
Märtyrer Lucian VIII, 132, den auch Suidas jj,üqzvq nennt.
2) Migne Tom 59 262 Evaugelia quae ialsavit Lucianus apocrypha,
evangelia quae ialsavit Esitius apocrypha. Vergl. auch Hieronymus in der
Praefatio ad Damasum: Praetermitto eos Codices, quos a Luciano et Hesychio
nuncupatos paucorum hominum adserit perversa contentio; quibus utique
nee in veteri instrumento post LXX interpretes emendare quid lieuit,
nee in novo profuit emendasse, cum multarum gentium unguis scriptum
ante translata doceat falsa esse, quae addita sunt. — (Novum Testanientum
latine recens. Wordsworth et White It. S. 2.) (vgl. de vir. ill. 77.)
76 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
in den paulinischen Briefen. In einigermassen zureichendem
Umfang liegen Citate bei Cyrill vor l), aber auch hier haben wir
keinen fortlaufenden Text. Diese beiden Wege sind also nicht
sicher, Cyrill. p 13 von sekundärer Bedeutung für die Rekon-
struktion des Hesych.
Glücklicherweise bleibt ein dritter Weg, der rasch und sicher
zum Ziele führt. Unter dem Buchstaben T unter den Majuskeln
des neuen Testaments hat Ti. eine Reihe von Fragmenten alter
Hndschrn. zusammengestellt, die alle ihren Ursprung in Ägypten
gehabt haben; zum grössten Teil sind es griechische Hndschrn.
mit sahidischer Übersetzung, zum Teil erkennt man ihre
Verwandtschaft an der charakteristischen Schrift. Teilweise finden
sich die Hndschrn. unter den Kodices Borgiani.2) Mit diesen Frag-
menten hat die Untersuchung zu beginnen, es sind die Hndschrn.
zu bestimmen, die sich ihnen verwandt erweisen.
I Ta Roinae collegii de prop. fide olim Borgianus 1. 5. Jahrh.
Griechisch mit sahidischer Übersetzung, enthält Luc. 2220 — 2320-
Jo. 62S— 667. 76— 831.
1) Ich untersuche zunächst Luc. 2220 — 2320. Von der Unter-
suchung scheide ich aus alle nur sehr schwach bezeugten Va-
rianten, wenn diese nicht gerade von den uns speciell interessie-
renden Hndschrn. vertreten sind, ferner alle Varianten, in denen
der „abendländische" Text D it. ö dem morgenländischen gegen-
übertritt, ferner eine Reihe von Lesarten, in denen X mit D it. o
geht (s. d. Verse 22.24.36.60.66. 5)3), endlich diejenigen
Fälle, in denen die Hndschrn. B,X,L,T allein oder so gut wie allein
stehen. (Es handelt sich bei S5 um 16 Fälle, von denen 14 in
tfc korrigiert sind, bei den übrigen um je nur 5 — 7 Varianten.)
Es bleiben noch 103 Varianten, in denen sich das Verwandt-
1) Doch fand schon Hug, dass die Citate des Athanasius, Marcus, Ma-
carius, Kosmas Indicopleustes und des Cyrill mit der Hndschr.-Klasse BCL
übereinstimmen. Einleitung I. S. 172.
2) Erst nachträglich sehe ich, dass auch Lagarde denselben Weg gehen
wollte. Er will über die Recension des Hesych. berichten, sobald er „inte-
gra veteris Testamenti Xslxi'ava Borgiana" in Händen habe. (Ausgabe der
LXX pag. XV.)
3) Ich nenne der Einfachheit halber die Verse ohne die Kapitelzahl.
III. Die Receusion des Hesychius. 77
Schaftsverhältnis von
T fo.
genderrnassen
stellt.
Es stehen zu
sammen :
B
X
L
BaLT
64.
64.
64.
64.
BaT
7.
7.
7.
BLT
11.
11.
11.
BT
15.
15.
KT
4.
4.
«LT
1.
1.
1.
T
2.
Summa 104. BT 97. xT 76- LT 76.
Das heisst: T geht ausschliesslich mit der Gruppe BtfL gegen
die meisten der übrigen Minuskeln, von denen in vielen Lesarten
zwar einige auf die Seite von BtfLT hinübergehen, aber ohne
annähernd auch nur eine Konsequenz der Übereinstimmung
zu zeigen, wie sie jene Hndschrn. aufweisen.
Von jenen Hndschrn. Bi<L zeigt B wieder die weitaus grösste
Verwandtschaft mit T; auf 103 Varianten kommen nur 7 (!) Ab-
weichungen; ich zähle diese auf. Es lesen:
24. ev avtoig] ev eavtoig AT 69. 346. eig eavxovg X; 41.
jcqoösvxbto] jzQOoev£,ccTO OtTT; 5. avaoeiet] . . ist xTARX; 10.
eiorrjxeiöav] iot^xsigciv sTARXz/ (auch B2); 11. 4- y.ai" o
HQwörjg aLTX 13. 69. pwi- Petl 4 ib. Be ikarog] UiZarog ST Rel.
gegen BAD (sonst liest T immer mit B IleiXazog); 23, s — de
Tö 13. 69.
Bedeutender sind die Abweichungen von S. Es lesen:
22. 0 viog nsv BLTxc psce (o (iev viog AX Rel, fiev o
viogVb f fPiq vg.); 30. söd-itps] eG&TjreBTD; ib. xa&rja&e BTJ;
(xafri]OeG&e SALQGZ7 al. mu. xa&ioeo&e X Rel. xad-etyo&e D);
ib. c*o rag dcodexa cpvXag XQivovxeg BT; 31. — eute de o xv-
Qiog BLT p -j; 35. eucov]..av BLTD; 35. ovdevog] ovfrevog BT
mit allen gegen xLDUz/ Orig. (?); 36. eiuiev de BLT pt:ac Min.4
(eijtev ovv Rel. o de euiev S D e hr.); 42. Jtageveyxe BT Dsr
Min.25 it. vg. Orig; (jiageveyxai tfLR KM/7 aliqui; jtccQeveyxeiv
AX Rel.); Die Verse 43. 44. lassen aus BT AR 13. 69. 124. 346.
f p dz ywoid pm cyr. 59. xgog] ^ BLT Orig. alle gegen xJR
GH Min.i0p*. 53. 00 eoxtv vficov BLTa° DRX KM/7G Min.10;
78 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
55. ev [isöod] (JEOoq BLT 1. 209; 66. JiQEOßvxEQLov] . . . eiov BTV;
71. cv3 ejPhev xQsiav [mxqtvq. BLT; 1. Tlulaxov BTAD!); 2.
£voatu£v BLTX; ib. savrov] avxov BTG; 7. Jigoq + xov" Hqoj-
d?jv BT; 14. + xar" avxov BT mit allen gegen XLAA 1. 28.
209. al; V. 17. lassen fort BLT AK/7 a p^- tJ f u ; 19. ßeßXrj-
{isvoq} ßh/9-£ig BLT.
Es lässt sich schon hier konstatieren, dass wenn BT eine
Gruppe zusammen bilden, X zwar derselben eng verwandt ist,
jedoch noch unter irgend einem andern Einfluss gestanden hat.
Etwas anders verhält sich die Sache mit L. Es lesen:
52. — o" lrfiovq BtfTA; 66. av?jyayov] an . . . . BxT D a
K Min.25 Orig. pm; 3. — eji" nQwrrfiev BaTR; 6. üulaxoq
BkTADR; 8. cosi- ixav zqov. &eXwv löeiv avxov BtfT X 13. 69.
124. c; 13. 6vvxale0a[/evoc BaT DJF; 14. ovöev] ov&tv BaT.
Hierzu sind nun wieder die Stellen herzuzuziehen, in denen
BT gegen XL stand. Freilich hat auch L abweichend von BT
die Verse 43. 44. Doch sind mit dieser Ausnahme die Varianten
viel geringfügiger als die von X, L mithin BT verwandter als tf.
Nunmehr stelle ich einige Stellen zusammen, aus denen die
Verwandtschaft von BxLT mit p Ü sichtbar wird.
31. — ELJlE Ö£ O XVQLOq BLT p 13.
34. //£ ajtaQvrjGrj uÖEvat BtfLT 13. 131. axaQvrjö. eiöevüi (iE
MX i g vg. p p, ajiaovrjö?] [irj EiÖEvai [iE AD Rel.
37. 0XL _ £TL" BaLT DAQXH Min.10 b f p 13 hr.
43—44. Die Verse lassen aus BT AR pdz- T3woid- Cyr. pms- f.
57. cvj ovx oida avxov yvvai BtfLT X p Ü.
61. -+ 6r/{i£oov BtfLT XKM//Min.25 p Z3woi- b ff. 2 p.
62. e£o) — o JcEzgog" BaLT DX KMJ7 Min.50 it. p o o.
63. roi^ Irfiovv] avxov BaLT D it. vg. M/7 157. al. p 13. ib: jt£(u-
xalvipavxEQ avxov mit Weglassung alles übrigen lesen BxLT
KM/Zi ff2p (awoi>] avxov xo ütooöomov 1. 209. al.G fu. 13 ö).
68. — hol r\ ajiolvorjXE" BüLT p (d) Cyr.
6. axovöaq — raÄilaiav" BtfLT p.
8. azovEiv — xoUa" BaLT Dö KM// 1.131. 157. 209. al.10 pl3.
15. avEJiEftipa vfiaq jiooq avxov) avEJiEfiipEV yao avxov jiqoc
rniaq BaLT KM/7 157. al.20 f p 13.
17. Den Vers lassen aus BLT A KZZ pdz- 13 a fu.
1) sie. 3. u. 4. BTAD; G. BsTR AD; 12. BTA; 13. BT; 20. BT.
III. Die Recension des Hesychius. 79
Ich habe diese Untersuchung schon jetzt unternommen, weil
gerade diese Kapitel des Lukas reich sind an Varianten von
grösserem Umfang. Schon jetzt kann auf Grund von obigen
Stellen behauptet werden, dass p 12 mit BxLT verwandt sind.')
2) Die Fragmente Joh. 62s— ev 76 — 83r
Abzusetzen sind wieder alle Lesarten von D it. 0, alle schlecht
bezeugten Varianten, die Sonderlesarten von BTL (es kommen
auf jeden etwa 10 — 17 Varianten2), darunter auch die Stellen, an
denen L mit D it. (auch X) geht: 631.32. 64. 7I8. 22. 26. 32P 35. 41.
809, endlich die Sonderlesarten von X an etwa 50 (!) Stellen und
die Lesarten, in denen i? mit D it. geht: (63G. 3S. 42. 44. 5i« gi-
1)2' 63- 64" M3- is- 22- 20- 27' 29' 32* 35* 39Ms 45* 50" °24. 27« 2gbiss Zu-
sammen 25(!) Varianten).3) Das Verwandtschaftsverhältnis von T
stellt sich in folgender Tabelle dar:
B
X
L
BsL^T
48.
48.
48.
48.
BLT
35.
35.
—
35.
BsT
6.
6.
6.
—
BT
20.
20.
—
—
sLT
ID.
—
10.
10.
s*T
4.
—
4.
—
LT
5.
—
—
5.
T
10.
—
—
—
Summa 138. TB 109. Ts 68. TL 98.
Ich zähle zunächst die Varianten auf, in denen B und T
von einander differieren.
632 öeöcoxsv] söcoxsv BLD 127. al.4 Clem. Eus; 635 utuva-
1) pa erweisen sich freilich auch als verwandt mit dem abendlän-
dischen Text. An einer ganzen Reihe von Stellen (ich zähle 19) geht D
(it. G) mit p 12 allein zusammen. Von grösseren Varianten wäre hier 24. tig
av eirj /LteiL,a)v statt ng avxwv öoxei sivai (tiiL,<ov zu erwähnen.
2) Davon B die niedrigste, L die höchste Zahl.
3) Jedenfalls zeigt also s im Johannesevangelium (viel schwächer im
Lukasevangelium, s. 0. S. 76) starke Verwandtschaft mit D it. Es erhebt
sich die Frage, ob diese Stellen Spuren eines älteren urwüchsigen Textes
sind, die in s erhalten blieben, oder ob sie später erst in diesen einge-
arbeitet sind.
4) 63g. 39 sind mitgezählt, obwohl hier nur L2 mit BsT geht.
gO Bousset, Studien zum Neuen Testament.
ou öiiprjöu] TDH Min.20; — rj — si BsLA^/; — q—7] Rel; 63ß
scogaxars] so . . . TL JEFV K77 al. rnu; 637 xgog -\- s"fie
Ttf(L) KJE al. pauc.1); 644 Jigoq + e"tue nur BJ^MUV Min.5;
G46 tcogaxev] sog bis TL JEGRYMII (K das zweite Mal);
654 xayw] xcusyco TJUel. gegen BtfLCD GUKü al.20 ib.+ sv"
TT) CTzf KMZ7 SYA al.60 b c f in q vg. Cyr. Orig?; 664 oo sioi
xivsg s£, vficov TS f ff'2 vg; 712 ov] ovyi KT al. 12; 713 jtag[g]r}Oia
BLD; 716 — o" Ir/aovg Bit Cyr. 33; 719 dedoMeei/] £<?<»%£2> BDH
/72; 72l + o" ir/öot^ LTD KZ7UJ Cyr. al. plur; 722 — sv"
aaßßaroj B b e ff2; 723 + o" avfrgcojrog B 33 pauci; 725 Isgo-
ooivfisiToov] ixcov 1T£J Rel. gegen BxD; (728 — o" Irjoovg B2T);
730 — £Jr" sßalsv T a c e ff2 q vg; 733 f^rfj; ow + avxoig T
Cyr. cle. "j; 7372) sioxrjxsi] tax. aTB3DGXJ; 739 o] ov tfLTXJ D
GH/TT plur. Cyr. ib. jivevfta ohne weiteren Zusatz tfTK/7 42.
91. p (12) fu. Orig. Cyr. ib. ovöejico) ovjrm Btf D Or. Ath?; 740
+ ort" oütos BD; 741 «JUo* + de T b c f p T2 Orig. 1. 13. 69;
747 — avxoig BK al.5; 814 oo tj fiagxvgia ftov alrjd^rjg soxi B
157. al.3 b 12 Orig; 82ü -f xai" y.ayco T p; 82S o xaxrjg — fiov
«LT X 13. 69. 122. 251. Dit.vg. Cyr; 832 fieivrjze] fisvrjxs TJ
(29 Varianten).
Besonders bemerkenswert sind die Fälle, in denen T von
allen dreien BxL abweicht: 635 (mit D) 6ä4 1 (mit den Späteren);
6542 hat T mit C, den wir noch als Vertreter unsrer Gruppe
kennen lernen werden, die Lesart der Klasse erhalten, 741 ist T
vielleicht allein als Vertreter der Klasse anzusehen, 664. 7t2. 730.
733. 826. 832 ist T nur von wenig Zeugen begleitet, seine Ab-
weichung eine mehr zufällige (10 Fälle).
Mit L gegen Bs geht T 636 u. 646bis in der unbedeuten-
den Variante sogax . . 7,6 (Btf Vertreter der Klasse) 721 (LT
Vertreter der Klasse?) 725. 7393 (Ba Vertreter der Klasse) (5 Fälle).
Mit S gegen BL steht T 632 (BLD fast allein) 713 (BLD)
736 in der schon einmal (s. o. S. 77) vorgekommenen Var. SLöxrj-
xsi; 7392 haben i*T K/7 in einer wichtigeren Var. Hesych er-
halten (4 Fälle).
1) Zu bemerken ist, dass 64o T allein rovro, die Klasse rovto yaQ,
die übrigen zovzo 6s lesen.
2) 736 lesen ovxoq o Xoyoq xz/ Rel. it. vg, o Xoyoq ovroq BLX DE
K/7 Min.io a, o Xoyoq T.
III. Die Recensiou des Hesychius. 81
Mit 8L gegen B steht T 6:J7. 644 (die Varianten e/ie — fie),
719 (B eöeoxev cf. 632), 739 (tfLT = Hesych), in den Varianten
?22- 23- 40- 47- 81 4- 25 stellt B fast ganz allein (722. 40. $u mit
D oder it. aL (10 Fälle).
Um diesem Thatbestand gegenüber einen Eindruck von der
engen Verwandtschaft zwischen B und T uns zu verschaffen,
wird es doch noch notwendig sein, alle Varianten aufzuzählen, in
denen X von BT abweicht.
629 — o" It/oovg BLT A D ILA perm. Orig; 630 — ovv
KL 33. al.4 po (Hesych?); 635 euiev BLT 113. p öDabe,
+ ovv tfD Gr 13. 69. Min.12 q p ü, + de Rel; 638 ex] ajio
BLT A 13.33.69.124.254; ib. nouö\noir\<$eo xLD Ath.ter- (Hesych?)
639 + ev"t7] üA DS K/7 13. 33. 69. sat. mu. abf ff2 q p "J Ath?
Cyr? (vielleicht X Vertreter der Klasse?); 640 + ev"r// XL A D
SU K/7 Min.40 a b c f ff 2 q vg. p tJ (»L vertreten vielleicht l) die
Klasse); 642 ovy] ovyi BT ib. vvv] ovv BCT p kr. Athan.cod-2;
642 — ovxog" BCLTD al.9 a ff2 q püD Cyr; 643 ccjtexoid-y —
ovv BCLT K/7 al.10 ae p 12 0 Cyr; 649 <^> ev ri] sorjpm xo itavvet
BCT D bec; 651 CflOerca] C?]öei XL 33. Orig. D («L = Hesych);
ib. lesen ov eyco öcooco >/ oaoB, fiov egtlv — tjv eym öojöco" vjcsq
rrjq rov xodfiov gcoz/g BCLT 33. 157. D a b c e ff2 vg. 0 t3 Ath.
Cyr. Orig?2); 652 ^> fjfttv ovxog tfC Min.2 Orig; ib xi]v oaoxa
+ avrov BT abcefqvg. öDp hr. p 2 Orig; 655 a?./jd-<»g
...rjq Ws BCLTSC K/7 al.30 p B Clem. Orig.(?) Cyr; 65S ex xov,
eg BCT; 665 xqoq -4- £>£ «C (cf. 637 644); 666 + £*" tow fia&tj-
xcov B T a b e f q; 78 eig xi]v eoQxyv -\- xavxyv BLT Xca- DX
K/715 ab c e ff2 p ü Cyr; 7S ovjtco] ovx tfD KM/7 17/ • 3S9. p ö
a b e ff2 vg. Cyr. (Hesych?); 79 rennet — de X K/7 1. 33- 42. 118.
389.565. al.20 D abc q ff2 vg. Cyr. (Hesych?)3); 79 avroig] avrog
xLX K// 1. 22. 42. 389. al.10 D b vg. p 13 Cyr. (Hesych?); 710
aXXa BT; 712 ^ jreru avrov rjv nolvg BLTX 33. Cyr. b q; 712
aXXoi + e?£ BTX vg. c f ff2 q vg. p B p Cyr; 722 pa> + v"ö£«g BLTX
1) Doch wird dies ungewisa, wenn man vergleicht, dass dieselbe Ver-
hesserung 654. CTJK77 haben.
2) «'s Lesart ist sichtlich Verbesserung der Lesart der Klasse. Hesych
beruht seinerseits auf einem Schreibfehler.
3) Die hier gesetzten Fragezeichen würden sich beantworten lassen.
wenn wir über die Klasse K/7 im Klaren wären.
Texte u. Untersuchungen XI, 4. 6
S2 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
DS/72; 724 xqivets xgivgrs] sxt — azs BLT D 245. 251. Cyr; 727
z(!~/7lraL\ £(>Z£Tca xX z/ FH 28.69; 731 ^ ex xov o/lov de jioX-
Xoi ejiiGxevöav BLTX K/7al. 10 vg. it. Pler- Cyr; 732 yxovoav] +
ovv KM/IU 1. al.22 a f ff2 D, + c?£ xD c e," 13. 69. 124. öD|
xai; ib oa oi agyiegeig xai oi <Pagioaioi vjtrjgsraq BLTXGU
K/7 plur p D c f ff2 vg. 0 Cyr; 734 evgrjoexe -f- ^£ BTX 1. 258.
565. ö 0 p p ':: 736 svqi]östs + ^e BTXG 1. p -j ö o p; 739 »?jM£Jl-
).ov] s . . . . BTX DS/7 Cyr(?); 739 Jiioxevovxeg] jiioxevoavxeg
BLT e; 741 aXXoi] ot de BLTX 1. 33. aL5 a c f ff2 vg. ü Cyr; 742
ou^tl ov/ (B)LT; ib. ~ egyexai o Xqigt. BLT 33. c vg. Cyr. hr;
744 — ejt"eßaX.ev BLT it. vg. (cf. 730 dieselbe Variante in T it.);
746 elaXjfiev ovrcoq avfrgcojiog BLTxc X 3. 33. Orig. Cyr; ib.
— cog ovxog (XaZsi) o av&gcojrog" BLTxc Min.2 p Cyr; 749 aXXa
BLTD 33; 750 o sX&cov Jcgog avxov xgoxegov BLTkc aeu Cyr.
hr. Die übrigen lesen sehr verschieden, (s. Ti.) 7ä [ axovötj Jtgco-
xov xag avxov BLT tfc D 33. al.s a cfE2q cpp'J Orig. Cyr,
die übrigen variieren verschieden. 752 eucov] eutav BTD K 33.
489; ib. oo ex x?/g yaXÜMiag xgopr/xr/g BLTX vg.cod- Orig. Cyr;
8l2 — s"fioi BT Orig; 8U vpeig — ös tfFH K Min.19; 814 xai
jiov] ?j jiov BTX D KU/1 Min/0 f ff2 q vg. p -j p; 816 alrj^g]
aXrftivrj BLTX D 33. Orig; 819 <~ av ijöeixe BLTX 1. 33. c
Orig. Cyr; 823 ^ xovxov xov xooiiov B fab c ef q Orig.
Cyr.txt-; 82s smbv ovv — avxoig BLT 1. a (54 Varianten.)
BT gehen oft in ganz geringfügigen Varianten zusammen
(vergl. 642. 710. 39. 52. 812); 638 und 5, haben sL gegen BT die
Lesart der Klasse bewahrt. 6:;u.40. 79 ist es zweifelhaft, ob Hesych
auf Seiten von BT oder XL steht, in den übrigen (10) Fällen hat
BT wahrscheinlich Hesych erhalten.
Sehr oft und in bedeutenden Varianten gehen BLT gegen X,
der hier noch weniger als im Lukas reinen Hesychtext bewahrt
hat. Mit Ausnahme der Var. 78. «,, bei denen man zweifelhaft
sein kann, ist BLT immer gleich Hesych.
Bei der Konstruktion des Hesych sind also die Lesarten BT
wertvoller als die von XL; B kommt dem Text des Hesych weit-
aus am nächsten.
Xur in einigen Varianten stimmen BxT gegen Lßel. überein:
635 Jigog + £>£BtfT; 645 Jtgog + e"/iE BaT Orig.1); 716
1) Vergl. o. Varianten 637. 44. 65. 8i2.
III. Die Recension des Hesychius. 83
+ ovv «BT Rel. gegen DLX a e ff2 vg. o p ü (?) Cyr. (Hesych?);
749 sjtixaTCtQaroi) sjiccQaroi BaT Cyr? 1. 33. Orig; 759 £(>£v-
vi/öov] eqccvv/jOov BtfT; 752 ey^ytQrai] syuQsrai BsT XD it.
vg. KZLT Min.30 p B Orig.
Eng verwandt mit unserer Klasse ist auch C, der nur Job.
0;i> — 7:) erhalten ist. In 19 Fällen, wo BsLT zusammenstellen,
liest C 16mal mit der Gruppe (zweimal gegen, einmal fehlt er).
Die Gruppe BTC findet sich in 7, BLTC 5, xLTC 1, TC 1
Fällen, unter im ganzen 39 Varianten geht C 30 mal mit T. An
einer Reihe von Stellen bestätigt er die Lesarten von BT als
Hesychlesarten , da wo X oder XL gegenüberstehen. C ist hier
ein um so gewichtigerer Zeuge, als er in andern Varianten wie-
der eine gemeinsame Textgrundlage mit X aufweist.
Von übrigen Hndschrn. haben etwa noch X R Q (wo vor-
handen) (A), vor allem aber die Klasse KM/7 Min, über die noch
eine Untersuchung folgen wird, mit Hesych übereinstimmende
Lesarten. Aber von diesen Hndschrn. gehört keine wirklich
zu unsrer Gruppe. Das Verhältnis von § zu D it. bedarf
einer eignen Untersuchung. Von Minuskeln hat 33 fast durch-
gehend Hesychtext. Die Gruppe 13 — 69 — 12-1 — 346 zeigt sich
verwandt.
Wenn ich übrigens schon jetzt der Kürze wegen die be-
treffende Gruppe von Kodices mit § (Hesych) bezeichne, so will
ich damit nicht behaupten, dass der Beweis für die Existenz von
§ schon vollständig geführt sei. Erst die Untersuchung sänimt-
licher anderen Fragmente des Buchstaben T wird den geführten
Beweis unwiderleglich machen.
H. Tb Petropolitanus Muralti 10. 6- Jahrb. Gregory: litterae
unciales litterarum in fragmentis Borgianis similes. Jo. 125 — 42.
29 — 414. 434 — 50 (viele Lücken sind vorhanden).
Nach den nun bekannten Grundsätzen stelle ich sofort fol-
gende Tabelle auf:
§4 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
B
!*
L
BaLT 29.
29.
29.
29. i)
BLT 13.
13.
13.
B«T 6.
6.
6.
BT 5.
5.
tfLT 4.
4.
4.
LT 10.
10.
8T 5.
5.
T 3."2)
Summa 75
TB
53,
TK44,
TL 56.
Diesmal sind besonders die Stellen interessant, an denen eine
enge Verwandtschaft von L und Tb nachgewiesen werden kann.
Jo. 12U ajrsxQid-?]} . . xgivaro LTbU 33. 67. 248. 249. Orig.
I33 £v + TC0" nvEV[ia.Ti -\- reo" ayico LT (videtur) 33. (ev üzvev-
[iaxL tod ayico X Cyr.)
137 fia-d-rjTCci avrov BS5 b, avrov fia-0-rjrai CLTX 33. — avrov Rel.
24 2 01 fta&rjTca — avrov LT Orig. 3 — 1.
316 sig avrov] ejr' avroo L, eji avrov T (vergl. die ähnliche Va-
riante 315).
450 £jilötev6£v S?B D c vg. Cyr; xai ejtiörsvöev AC Rel; sjti-
orsvosv Ö£ LT.
127 liest Tb mit L und Rel. + o" oniöco fiov sQXOfisvoc gegen
Bx Orig; 130 jisqi statt vjcsq gegen BsC Orig. (2—1); 3]6 rov
vlov 4- avrov gegen BS; 3l8 o + de" ^77 gegen BS ff2 Orig. Terfc.
Mit «L liest Tb : 446 xai rjv) i)v de «LT 33. D b e f ff2 p
Cyr; 49 Zafiaosirig] iriq*is sLTC D.
140 -/y/ö-ai; £idav] ov — ov «LT Rel. geg. BC; 42 + xaliv
aLTC B2 33. DM 69. 124. 346. it. vg. p ö Cyr. (4 Var.)
BLT stehen zusammen: 125 ^Aetcrc; BLT; ib. eOTijxev] ortjxti
BLT 1. Orig. (2— 5U-Öfter) («G(Or.) sottjxsi).
138 OTQayeiq-Yöe BLT Rel. gegen xEF HMVJT/4 aL*° Orig.
140 <d£T£] oipfö^e BLTC 1. 22. 33. 118. 209. ODp Orig.
1) Dazu ist noch 3i2 zu rechnen, wo T mozevszs liest, .£> niozevoere,
Rel. 7iiarevar/T£.
2) Von jenen 3 Varianten sind 2, in denen T mit den späteren
Hndschm. geht, orthographische Varianten: 32 Qaßßi, 3n soQaxafxsv. 128 wird
noch besonders besprochen (vergl. 134 Tb eojQaxu).
III. Die Recension des Hesychius. 85
2, , — t?/v" agyjiv BLT A A 1. 33. 262. Orig. Eus.
212 ol aÖ£/.g:ot — avrov BLT a c e.
215 xo xeofta] xa xsQßtxxa BLTX 33. b q p Orig.
3 3 — o" Itjöovs BLT EFGr KM/7 al.40 Cyr.
328 + hol BLT Rel. geg. aEFH VMr al.60
4.^ Jioico] jiol7]Goi BLTC K/7 al.s D Clem. Orig. (2UÖ— 1). Cyr.
436 Lva xai BLTC U 1. 33. 67. e p p hr. Orig. Cyr.
447 + ajt"rjZ&£v BL Rel. gegen SC 1. 13. 33. 69. 124. abeff2ö.
450 ov] co BLTC XCA. (13 Var.)
Dem gegenüber stehen folgende Varianten:
1) BT stehen zusammen gegen die übrigen Hndschrn. der
Gruppe: 127 ovx eitui syco BTX 13.69. 118. Orig. 4 — 1, syco ovx
tif/i Rel, ovx eifii xLC p al.20 q Clem. Heracl. Orig. (Hesych?);
14, jiQCoxoq] ..ov BTtfc AXM/7 1. 69. 346. al.15 p ?; 315 eig
avxov] ev avxco BT C am. fu. (L sji avxco); 32S siüiov -\- syco
BT (syco uüiov) c e; 49 jilslv] jtslv BCTD xiv xAL (5. Var.)
ST stehen zusammen: 135 sLOxr/xsi] lox . . . NT AFHPXzf 1.
35; ib. -+- o" lowvvr/q mit allen gegen BL;
2j8 Ujtav nur BL 33. Orig.
414 o — eye»" c?cüöm aTDM Min.11 a b f ff2 q vg. p hr.
445 a] ooa nur BCLsc AZ7 Orig. 4—2 *) (5. Var.)
BxT stehen zusammen: 22o coxoöotur/&ij] oix ... BsT 33;
336 — rrp?u C^corjv BxTRel. gegen LEFHM al.^'Cyr; 4, ov] o BtfT
Rel. gegen CLDMS al.30; 442 öcqx/jQ. v.xoöfi. — o XoLOxoq" BsTC
69. 71. a b c ff2 vg. p ö Orig. Heracl; t<-i]ld-£v sxel&ev — xcu
cutrjX&sv BtfT CD 13. 69. a b ef ff2 q p o Orig. Cyr; 446 xccjisq-
vaovfi] xatpagvaovfi BtfTC D 33. it. vg. p Orig. Cyr. (6 Fälle).
Auch diese Gegenprobe bestätigt es, dass Tb am engsten
mit L verwandt ist, gleich hinter L folgt jedoch wieder B.
In einer sehr wichtigen Variante weicht Tb jedoch ganz
von unsrer Gruppe ab. Es lesen:
128 statt Brßavia] Brj&aßaoa TbC2 K2Z//U 1.22.33.69. al.30
Die Variante verdankt ihr Dasein einem Einfall des Orig. und ist
deshalb besonders interessant.
C ist vorhanden Jo. 126— 4l, 3:j3— Ende. Zum Beweis seiner
Verwandtschaft mit der Gruppe genügt die Angabe, dass C in
1) Hier jedoch weichen xT auf die Seite der späteren Hndschrn. ab,
BCL haben die Hesychlesart.
86 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
18 Fällen 16 mal mit BxLT geht, einmal abweicht, während er
einmal nicht mehr zu erkennen ist (vergl. noch oben 137, wo C
in einer Sonderlesart mit LTX geht.
III. Tc Porfirianus Chiovensis 6. Jahrh. Mtth. 1410_21,
22—27? 31—34- 1°2 — 4> 5— S-
Bei der Untersuchung der in Betracht kommenden Varianten
wird sofort deutlich, dass L hier nicht auf der Seite unsrer Gruppe
steht. (Wie mir scheint gilt dies von B namentlich in der ersten
Hälfte des Matthaeus.) Dagegen steht uns hier C zur Verfügung.
Das Verwandtschaftsverhältnis vonTc stellt sich folgendertnassen:
B x C
BaCT
8.
8.
8.
8.
BkT
8.
8.
8.
BT
1.
1.
tfT
3.
3.
aCT
2.
2.
2.
CT
l.M
1.
Summa 23
TB
17,
Ta
21,
TC 11.
Da in dem einzigen Fall, wo BT zusammenstehen (54 tuen'
statt evezeiZazo Xsycov), schon tfa verbessert hat und die Va-
riante, in der CT zusammenstehen, unbedeutend ist (14lf) ?jvXo-
yrjOev statt tvXoyrjOsv), so stimmen tf und Tc diesmal fast ohne
Ausnahme in sämmtlichen Lesarten überein.2) In zweiter Linie
steht wieder B.
Ich setze einige Varianten hierher, um die enge Verwandt-
schaft von tf und Tc deutlich zu machen:
Mtth: 1427 lesen elaZrjOev avtoig tfT 231. p D ö ff1; + o irjOovg"
CL Rel; eZaZr/ösv -j- o ujöovg avtoig Bxa 131. it. vg. 0.
1435 lassen nur XT das sxsivov fort.
15G zov votuov] «TC; zov loyov Bp D a b e ff 2 o\ zi)v svzohjv
L Rel. Cyr.
1) Dazu bemerke noch folgende Stellen: 1426 cvj ntQmaxovvxa sm x?jq
tiuj.o.ooi]q T 33. g. up S kr. Eus. 1434 rj?.Q-av T 155 + // xi]v fitjxsQCc"
Tc 13. 33. 124. 346 al.3» it.pto- Cyr. -f- rt xr/v [ir/XEQa avxov Rel. gegen BsD o.
2) Es scheint so, als wenn im Mttk. £) gerade von s sehr treu be-
wahrt ist.
III. Die Receusion des Hesychius. ST
IV. Td Romap Borgianus II. 7. Jahrh. gräko-sahidisclies
Evangeliarium. Mttli. 1613_20. Mrk. 13_8. 1235-37. Joh. 1923_2T.
2030— 31. )
Ich stelle zunächst die wenigen für Mtth. in Betracht kom-
menden Varianten hier zusammen, weil hier wieder die Stellung
von L eine andre ist.
Mtth. 16,3 rtva —' ps BtiR c vg. p hr. Orig.int-; 16, 4 eixav
BT/7 33; 16n xcu cuioy.Qidsic] ccjcoxQi&eig de BxT D 1. 13. 33.
124. 346. b c ff 2 vg. p Eus; 16, 9 xletg] xZetöag BaLT Orig.
3—1; 1620 fiadTjrag — avxov BsCDT Orig. 2— 3.
An den übrigen Stellen stellt sich das Verhältnis von Td
zur Gruppe folgendermassen dar:
B
K
L
BaLT
12.
12.
12.
12.
BLT
1.
1.
1.
BT
3.
3.
SLT
2.2)
2.
2.
KT
1.
1.
BkT
1.
1.
1.
T
4.
In Summa
24.
TB
17.
Ts
16.
TL 15.
Diesmal geht Td in vier Varianten mit. den späteren Kodices:
Joh. 1924 jrX?jQG>&?] + ?/ Xtyovoa gegen BS 2-19. abec ff'2-j Eus;
20. , jnozevütjTt statt jtiortv)jXE gegen BS; Mrk. l(i eoü-iow
(für tod-cov) gegen BxLz/ 33; ls + tv" vöau gegen Bx H_/
16. 33. 56. 58. 25S. al.4 Orig. — In den Varianten geht freilich
auch L mit den späteren Kodices, ich hätte deshalb die Stellen
auch unter der Rubrik LT bringen können, aber da L sonst
keine Spuren besondrer Verwandtschaft mit Td zeigt, so sehe ich
lieber in diesen Varianten ein Hinübertreten von L und T zur
entgegengesetzten Gruppe. Die überwiegende Verwandtschaft
1) .Mtth. 16l3— 20 und Mrk. 13_8. 12;ii — 37 sind nach Tregelles Nov.
Test. Prolegoniena Pars VII. (Addenda und Corrigenda) gegeben, die Frag-
mente aus Joh. nach Tischendorf.
2) Wenn Joh. 2030 s nach Treg. gegen Ti. xwv fxa&ijrcjv + nvtov
liest Ti. führt s auf beiden Seiten auf .
£§ Bousset, Studien zum Neuen Testament.
von Td mit unsrer Gruppe, vor allem wiederum mit B, ist ohne
weiteres deutlich.
V. Te Cantabrigiensis biblioth. univers. Add. 1S75. 6. Jahrh?
Evangeliarum „bims columnis, quarum una ut videtur the-
baica fuit". Mtth. 313_u-.
Ich notiere einfach die wenigen Varianten:
314 — Icoavvrjg BxT tt.
3I6 y.at ßajrxio&eig] ßajtxio&eig ös B^CT vg. p 2; oj sv&vg ccvsß?/
AxT(D) it. vg. p-^ö.1)
Da die Varianten von Tf mir leider nicht zugänglich sind,
so folgt:
VI.2) Twoi- Olim Woidii hodieOxonii officinae Clarendonianae.
5. Jahrh. Eine griechisch -thebaische Hndschr, mit koptischen
Xummern der Seiten.
Lk. 1215-J332, Jo. 83:i-42.
Diese Hndschr. bietet ein etwas andres Bild. Sie zeigt einen
entschiedenen Mischtext, und muss mit mehreren Hndschrn. ver-
glichen sein, wie aus folgenden Stellen deutlich werden wird.
13-24 lesen OtEvr/g &vqccc BsL D 1. 131. Orig. 1 — 2; öxsvr/g
jtvh/g AX Rel; T : (dia xrjg) &vQ<xg Gxevrjg Jivlrjg. Offenbar
hat T hier eine gemischte Lesart und zwar ist (s. d. Stellung)
wahrscheinlich &vQag, also die Lesart von £) später eingeschoben.
838 lesen BLCxc XK Min.14 f p pm hr. Cyr. rjxovöaxe jraga
xov JiarQog, alle übrigen togaxaxt jtaga xco jcaxgi, tfT £co(o)-
gaxaxs üiaqa xov naxoog. (Die Übereinstimmung von xT
mag zufällig sein.)
1223 ?] yag ipvxV B^L DMXS Min.25 b e p 0 C; rj tpv/j] die
übrigen; Tu oxi >/ ipv/Jj.
Bei der Abwägung des Verwandtschaftsverhältnisses von
Twoi- lässt sich nicht überall mit Sicherheit entscheiden, welche
Gruppe T begleitet. Ich stelle zunächst die Stellen zusammen,
an denen T mit § geht.
1) 1215 rrjg] Jiaorjg; 2) r\ £001? avrov] — avreo; fyvxao-
yovxcov avxcö\ avrov: 4) 12ie ijvtyoorjotv] sv . . . . ; 5) 121S xa
1) Notiert bei Tregelles a. a. 0. cf. S. 87. A. 1.
2) Tf Mellsiae Horneri 9. Jahrh. gräkosahidisches Evangeliarium
Mtth. 42-n- Gregory 439.
III. Die Recension des Hesychius. go,
ysvvrj/iaxa] xov oixov: 6) — fiov1; 7) 1220 atpQOv) ayoayv:
8) — ajt" aixovoiv1); 9) 1222 omjxaxi -f- vtucov; 10) 122H
oDtf] ofds2): 11) 122S £*> — reo" aygco; 12) a(ig>isvvvct
at.i(£i£(a)Csi; 13)122!, ?/ xi]xai xi: 14)1230£.Tt C^T£«]ot;öf^; 15)
123:. ßaX-\- X"avxia\ 16) 123q tvzai' ev xr/ o°£t>T£(>a *av (T xai)
iv xi) xQixfj (fvXay.ii eXd-ij xai svqtjö. ovx: 17) 1240 xai
Vfisiq — ovv3); 18) 1242 xaxaox7]öEi] xaxsoxijOEv: 19) 1243
c>o ovxcoq jtoiovvxa; 20) 1247 savxov] avrov; 21) fiijöe]?];
22) 1249 sie] ejti; 23) 1250 od] oxov: 24) 1253 öiafisgi-
ofrijCEzai] .... ovxai; 25) 1253 ey>] ejti: 26) £jrt #t>7«Tp«]
tüii (xtjv) &vyaxtga; 27) e^r« tu?]xgi} ejti (x?jv) (UJXSqcc l);
28) 1256 cvo rou ovgavov xai zrjq yr/g SCLT XKZ7 al.40 p 0
D it. vg. ö (vielleicht? eine Lesart von <p); 29) 1258 <J£ jtagaöoy]
.... dcoöa; 30) 1259 § £cöc, Rel. £<»g ov, T £<#$ «^ hat also in sei-
nem Archetypus wohl Ecoq gelesen; 31) xo EO'/axov Xejixov]
xov . . . . ; 32) 132 ajioxgi&Etg — o I?]öovg; 33) 133 (iExa-
POfjörjTe] fisxavo?]xs: 34) coöavxwq] otuoia>g; 35) 134
ovtoi] avxoi; 36) — xo vg" avd-ocojcovq; 37) + ev" Isqov-
oaXr/ii; 38) 135 ^exavot/xs] fi£xavo?)Orjxe', 39) 137 -\- a^ov5);
40) 139 c^ siq xo (isXXov ei öe fit/ys; 41) 13n yvvr/ — 7]v;
42) ÖExa — xai" oxrco6); 43) 13, 4 £i> xavxaiq] ev avxai g:);
44) 1319 öevöqov — fiEya; 45) 1320 — xai" jiaXivs\; 46) 1322
jcoQEiav] tav ? 47) 1327 XEycov BT, ^/coRel, >> X püii vg; 48)
oiöa — v(.iaq; 49) 1329 xai -f- ajio" ßogga; 50) vielleicht noch
hierherzuziehen, 1326 aogfö#£] rjöd-E aLT Rel. gegen B EGHU
1) Zu beachten ist, dass 132i EmFmGmHUYm TA al.60 einschieben
xavxa teyotv scptovev o tycov coru axovsiv axovexio.
2) 1224 kLQ De ovxs — ovxs; BRel. ov — ovöe; T ov — ovys. Hier lässt
sich kaum entscheiden, da auch ö sich kaum bestimmen lässt. 122T lesen
— oxi" ovöe BT Rel. gegen sLAXDM al.30 bcef Ö-iqö'pa). Hier scheint
allerdings si auf Seiten von sL zu sein.
3) 2242 lesen o (pQovijioq BT ta Rel; *kj (fQovtuo; sL p A31UXJ1
it. vg. 58 |) Orig.
4) 12.J5 lassen sLD o Ti aus (sL schwerlich = .\>\
5) Vielleicht sxxoyov + ovv (137) LTAX 33. it. vg. p ts die Lesart aYs.
6) Nicht entscheiden lässt sich über die Variante 13i3 avooScjÜ/, —
ura)()9a)9rj.
7) 13] 9 savrov] avrov nur DFX LKU al.15
8) Nicht zu entscheiden ist 132i + ev"£XQvg>ev sT Rel. gegen BLUK77
157 al.65 (wahrscheinlich .v> auf Seite von B).
90 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
YA; 51) Joh. S33 avrco] jiqoc, avxov; 52) 838 sogaxa] eco ;
53) Jtaxoi — fiov; 54) Jiaxoog — vficov; 55) 839 i]xe] eöre;
56) + t"jtoi£irs; 57) 841 swtov — ovv.
Neben 7 Varianten, in denen nicht entschieden werden kann,
rinden wir Twoi- in 57 Fällen auf Seiten von §. — Das Verwandt-
schaftsverhältnis zu den einzelnen Hndschrn. der Gruppe stellt
sich folgendermassen dar:
B
S*
L
BxLT
32.
32.
32.
32.
BLT
8.
8.
8.
BaT
7.
7.
7.
BT
3.
3.
aLT
4.
4.
4.
KT
2.1)
2.
LT
1.2)
1.
Summa
57.
TB
50.
TK 45.
TL 45.
Dem gegenüber stelle ich die Varianten, in denen Twoi- mit
andern Gruppen von Kodices geht.
1) Luc. 122l 3) avxoy] savxco; 2) 1222 <^> v(iiv Zsyco; 3) xtj
ipvy?] -f vficov; 4) 1225 jcrjyvv + sva (auch Lsa); 5) 122S lesen.
£?' «7003 xov yooxov ovxa o?]tueQov BxL.
xov /. £v (reo) «/(>. ovxa Oijtu. A p 13 (e) 262.
xov y. sv xeo ayo. 6r/tu. ovxa JE^YF plurimi.
xov y. orji/sQov sv {xa>) ayoco ovxa T AQU KM/Zal.13 fq am. fu.
xov y. xov aygov örjfi. ovxa DGHX al.15
6) 1229 avxov] xov ß-sov, 7) 12:ll xavxa + jiavxa Ttfa p
AXKM77 DGUr it. vg. 0 p Min.Plur- gegen BsL Rel. al.30 ae
13 ö; 8) 1235 00 a> oGrpvsg vficov TAQ K/7 al.mu- it. vg. Orig.4);
9) 123S + ol öovIol" sxsivoi; 10) 123!) ovx + ai>" acprjxsv;
11) öioQvy&?]vai] dio(>vyr/vai:>), 12) 1242 xat sijcsv] sutsv ös;
13) 12,2 ^ £j> ojxg? £^/°j; 14) 12- 3 xr]v jcsv&soav + avxrjg
1) Var. 56 geht auch B°- mit sT.
2) Dazu vielleicht noch die Variante 137. s. o. S. 89. Anm. 7.
3) 1217 BL allein avxoj statt fßvrw.
4) Nach Tregelles, während Ti. keine Angaben hat.
5) Unentschieden bleibt 1241 -f- avzw sT p ts Rel. gegen BLRX Min.5
D b c e ft'2 i. (wo £>?).
6) 1244 avrov] ainr<w TMPJ\4 157.
III. Die Recension des Hesychius. 91
(auch S?c); 15) 1254 + r?/v" veysX^v, 16) eju] axo; 17) — oxi ;
18) 13t jtiXaxoq (auch L); 19) 132 ravra] roiavra; 20) 134 ötxa
+ y„ai" oxtco1); 21) 135 ojGauTcog] oftoiatQ2); 22) 136 <^ :ff£<jpt'-
Ttvfiei>7) sv trj atujisX. avt; 23) 13, 4 + ort" eg3); 24) 13,-,
de] ow4); 25) 13, 8 ovv] ös: 26) 1322 ugoGolvfia] LEgovaah](ih)\
27) 1325 xvqis + xupte; 28) 1327 — ot" sgyazai TA KM/7ür
p "J Min. plur.G); 29) + ri\q" aöixcag; 30) 1331 sv avt?]} tv
xavri] T D KM/7 63. 116. 157. al.10 b f p 0; 31) raoa] i][iSQa;
32) jrpo^A^ay] oi>; Joh. 8; 33) 838') lesen a — a BxCD X
Min. aliq. p Orig. Cyr; o - o T Rel; o — a K 1. 13. 33. al.1^
b e f vg: a — o XCL; 34) ^ tyco o («); 35) 839 e^jrw] . . ov.
Es treten also jenen 57 Fällen, in denen T mit § gebt, 34
andre gegenüber, in denen T sich andern Gruppen zugesellt.
Besonders aber zeigt T noch Verwandtschaft mit der Gruppe
(A) KMZ7 (siehe die Varianten Nr. 5. 7. 8. 28. 30 in der letzten
Tabelle).8) Die Gruppe KM/7 steht mit T nun auch zusammen
auf der Seite von £>; Lk. 1215bis 47. 49. 50. 56. 134. 5. 14, also in
neun Varianten. Dagegen kommen von den letztgenannten 34
Varianten wieder 3 (Nr. 10. 17. 33) in Abzug, da hier K(M/7)
mit £) gehen. Das Verwandtschaftsverhältnis zwischen T und
KM// kommt also zum Ausdruck durch die Zahlen 40 : 51
(günstige zu ungünstigen Fällen).
Immerhin zeigt sich Twoi- enger $Q verwandt als
irgend einer andern Gruppe. Wahrscheinlich ist der Text
von $g in einen älteren Archetypus, der aus einer andern Gruppe
stammte, von dem Schreiber von TwoL hineingearbeitet.
Wir können nach alledem das Resultat ziehen. Die Gruppe
von Hndschrn. unter dem Buchstaben T, die sich bestimmt in
Ägypten lokalisieren lässt, weist mit unzweifelhafter Deutlichkeit
1) Dagegen liest T 13n mit ,fj öey.a oxxm.
2) 13 3 liest T mit H Ofzoiwg 135 all + « TK77 (L aXX'tj).
3) 1310 — sv" DT 1. 13. 69. 209. 346. it. vg.
4) 13i5 -f- e v" z(o AT (p ü); cc7tcc-ya"ya)v Bs 1.
5) 1322 xaxa + xaq" noleiq XLT 1. 157. 6. i>e-
6) 1328 oxpTjo&e] oipeo&e BDX 69. 124. 346. al.«*; loaax] ioax sL.
D a b e i.
7) 833 0 -f- öt" iiog DT a vg. tt- Cypr.
8) Vergl. oben Anm. 2.
92 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
auf eine zweite Gruppe von Hndschrn, die wir nicht nur in
Fragmenten besitzen, BxLT (von Minuskeln gehört 33 hierher).
Es ist nun kaum anzunehmen, dass die enge Verwandtschaft
dieser ganzen Reihe von Hndschrn, die doch um mehrere Jahr-
hunderte aus einander liegen, ihren Ursprung nur daher haben
sollte, dass sie alle irgend einen beliebigen gemeinsamen Arche-
typus gehabt haben; wir werden vielmehr die Verwandtschaft am
einfachsten durch die Annahme erklären können, dass in allen
diesen Kodices Hndschrn. aus einer Kirchenprovinz vorliegen, in
der es einen fixierten autorisierten Text der heiligen Schriften,
eine Recension gab.
Die Kirchenprovinz, um die es sich hier handelt, kann keine
andre als die ägyptische sein, und da wir nun von Hieronymus
wissen, dass in Ägypten in der That die Recension des Hesych
anerkannt war, so ist der Schluss gesichert, dass wir in Bs(C)LT
die Recension des Hesych — wenigstens für die Evangelien des
neuen Testaments — zu erblicken haben. Mit leichter Mühe
liesse sich überdies noch nachweisen, dass zu dieser Gruppe in
Matthäus noch Kodex Z und im Lukas die Fragmente von £
hinzukommen.
Der wichtigste Zeuge dieser Recension ist unstreitig der
Kodex B, er steht gleichsam im Mittelpunkt der ganzen Gruppe,
und fast alle Linien laufen in ihm zusammen. Wenngleich sich
bei Tb der Kodex L und bei Tc der Kodex N als am engsten ver-
wandt erwiesen haben, so folgte doch auch hier B jenen auf dem
Fuss. Es würde sich leicht erweisen lassen, dass immer gerade
B auch mit X, mit L, mit C da, wo diese Kodices wirklich zur
Gruppe sich gesellen, die engste Verwandtschaft zeigt. Das ist
sehr bedeutsam, es ist daraus der Schluss zu ziehen, dass B am
reinsten die Recension des Hesych erhalten hat, ja es ist sogar zu
vermuten, was nachher noch weiter ausgeführt werden soll, dass
B sogar die Orthographie der Recension erhalten hat.
Hochbedeutsam ist nun, dass sich für B speziell noch eine
Spur findet, die nach Ägypten hindeutet. Die Paulinischen Briefe
stehen zwar in B schon in derselben Reihenfolge, wie in den
meisten älteren Hndschrn. Es hat jedoch in dem corpus pauli-
num eine durchlaufende Kapitelzählung, und aus der Nume-
rierung dieser Kapitel ist zu ersehen, dass in dem Archetypus des
Kodex B der Hebräerbrief vor dem Epheserbrief d. h. zusammen
III. Die Recensiou des Hesychius. 93
mit den grösseren Paulinen stand.1) Die Tkatsache deutet
in die Kirchenprovinz Ägypten und auf die dortige Wertschätzung
des Hebräerbriefs als eines paulinischen Briefes.2) Die Vermu-
tung wird bestätigt durch die Beobachtung, dass in der sahidischen
Übersetzung die Ordnung IL Cor. Hebr. Gal. sich findet:i),
während sich sonst nirgends eine parallele Erscheinung nachwei-
sen lässt. — B weist auch in den übrigen Stücken des neuen Testa-
ments altertümliche Kapiteleinteilungen auf, und zwar im Lukas
übereinstimmend mit Kodex -H-4), in der Apostelgeschichte sogar
eine zweifache Kapiteleinteilung, von denen die eine (36 Kapitel)
wahrscheinlich dein Euthalius bekannt war. die andre (69 Kapitel)')
mit der des Sinaiticus übereinstimmt, in den katholischen Briefen
ebenfalls eine doppelte Einteilung.6) Endlich hat Zahn7) es sehr
wahrscheinlich gemacht, dass der Schreiber von B, wenn er für
den Markusschluss, der bei ihm fehlt, einen offenen Raum Hess,
dabei nicht den längeren, sondern den kürzeren Markusschluss
vor Augen hatte. Dieser Schluss findet sich nun auch in dem
altafrikanischen Italakodex k, ferner hat Zahn es wahrscheinlich
gemacht, dass derselbe in einer alten Hndschr. der memphitischen
Version, dem Archetypus des Kodex Hunt. 17 (7. 1174)s), in dem
dieser Schluss noch am Rande steht, den eigentlichen Abschluss
gebildet habe.9) Er steht ferner im Kodex L. der die beiden
Schlüsse bringt, an erster Stelle. Ganz ähnlich ist der Schluss
des Cod. iFl°), dieser unterscheidet sich von L nur dadurch, dass
er den kürzeren Schluss nicht mit einem: cpeQST£(ai) jtov xai
ravra einleitet wie L, sondern noch als unmittelbaren Schluss
des Evangeliums bringt (nur dass er hinter dem scpoßovrzo jag
1) Gregory 140.
2) Auch Zahn hebt die Beziehungen von B zur ägyptischen Tradition
hervor. Gesch. d. neutestamentlichen Kanons II, 359. A. 4. 361. A. 1.
3) Gregory 140.
4) Gregory 141.
5) Gregory 153.
<i Gregory 156.
7) Geschichte des neutestamentlichen Kanons II, 912.
8) a. a. 0. 921.
9) Dazu kommen Hndschrn. der äthiopischen Übersetzung und pmre-
-. den Apparat bei Ti.)
10) Gregor}' 445.
94 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
A
das kritische Zeichen x hat) und dann den längeren Schluss
mit einem söxlv tccu xavxa (psQOfieva anhängt. Der Schluss von
!F scheint also im Verhältnis zu L der ältere zu sein. Nehmen
wir hinzu, dass X und die sahidische Übersetzung l) überhaupt
keinen Schluss haben, und beachten, dass Afrika und Ägypten
benachbarte Kirchenprovinzen sind, so sind wir auch bei dieser
wichtigsten Differenz innerhalb der Textüberlieferung des neuen
Testaments wieder derselben Gruppe von Zeugen in engem Zu-
sammenhang begegnet.
Der geführte Beweis2) lässt sich noch ergänzen durch den
Nachweis, dass auch die ägyptischen Kirchenväter wesentlich dem
Text unsrer Gruppe bei ihren Citaten folgen. Hier käme in erster
Linie Cyrill in Betracht, jedoch bedürften wir zu einer genaueren
Untersuchung eine zuverlässige Ausgabe seiner Werke. Auf zahl-
reiche Berührungen unsrer Gruppe mit Cyrill ist schon in obiger
Zusammenstellung aufmerksam gemacht. — Übrigens schloss
schon J. E. Grabe für das Buch der Richter im alten Testament
aus den Übereinstimmungen mit den Citaten des Athanasius und
Cyrill: dass im Buch der Richter genuinam LXX interpretum ver-
sionem eam esse, quam ms. codex alexandrinus exhibet, romanam
autem editionem, quod ad dictum librum, ab illa prorsus diversam
atque eandem cum hesychiana esse.3) Diesen Nachweis Grabes
hat dann Lagarde in seinen Septuaginta-Studien (Teil 1) aufge-
nommen und weiter geführt.
Über das Verhältnis von Jp zu p 13 lässt sich, ehe eine kri-
tische Ausgabe der Übersetzungen erfolgt ist, noch nichts genaues
sagen. Deutlich ist schon nach den Angaben bei Ti, dass die
Übersetzungen ebenfalls eine Textgeschichte hinter sich haben.
Deutlich ist ferner, was schon aus den obigen Zusammenstellungen
hervorgeht, dass die Übersetzungen mit § eng verwandt sind.
Aber selbst auf die Hauptfrage, ob p und 12 etwa als die Grund-
lage der Recension <p anzusehen sind, oder ob sie selbst schon
1 1 Zahn a. a. 0. 926.
2) Ich füge demselben noch nachträglich bei, dass diejenige Minuskel,
die in der Apostelgeschichte (cf. Westcott-Hort § 211) am meisten mit den
ältesten Hndschrn. (in Acta BsAC) geht, die Minuskel 61 ist, welche
Tischendorf in Ägypten gefunden hat (Gregory 624).
3) cf. Lagarde a. a. 0. 3 ff.
III. Die Recension des Hesychius. 95
im wesentlichen Vertreter der Recension sind, lässt sich vor der
Hand noch keine sichere Antwort geben. Mir scheint auf der
einen Seite deutlich, dass auch diese Übersetzungen, über deren
Entstehungszeit wir nichts genaues festsetzen können, schon stark
von £) beeinflusst sind, auf der andern Seite aber noch in vielen
Fällen einen urwüchsigen unrecensierten Text zeigen. Nur so
erklären sich mir die zahlreichen Fälle, in denen D it. 0 mit p
und 12 allein übereinstimmen.
Als Beispiele bringe ich die aus Luk. 222o — 2320 (s. o. Ta)
gesammelten Varianten:
V. 24) xig avzcov öoxti Eivai fisi^cov] xig av eit] fisi^cor
D a 0 ü p 12; 41) ajtE0xa6&?j\ ajiEOxa&i] D; ajiEGx?] G, item c d f
1, similiter p 12; 45) rovg {la&tjxag -f avxov it. vg. 0 p 12; 50) sig
xig] sig it. vg. p 12; 53) ^ ev xca ieqod (isd? vfioov D p ü?
64) xQo(fi]TEVGov + ?]tuiv Xqlgxe X "0 Cyr. -f- ijfiiv b c i q I2frasm
p; 06) cv rjfiEQa EyEVExo S? a c (p t2); 3 ajtoxQi&Eig avxco t<pr)\
ccjisxqlO?/ avxio Zsycov D a p "2. — 47) tfyyiGEV xoo Itjo. (pilrjöag
avxov] Eyyioag trfi/j/Oiv xov I?jgovv D it. öped- (lz-; 49) söofispov
yEvofisvov D p; 54) rpcoZov&si -f ccvtcq D it. ö p; 55) Exa&ijxo
-\- xai D b c f i 1 q p. — 23) xai avxoi] avxoi Js D e f "2: 32) xai
öv jcoxe] gv öe D e E : 41 xai avxog) avrog öe D 12 (pi5etr- 4 xai avxog
Öe); 61 xai orgarpeig] oxoacpEig ös D 12; 03) xai 01] 01 Öe D '2 e;
13 — xai" xov Xaov a b e f 12; ev reo av&Qcojcco zovxoo aixiov
aixiov ev avxa) D 12.
Diese Stellen beweisen hinlänglich die Annahme einer ge-
meinsamen Grundlage von D it. p B, die jedoch in den meisten
Fällen von p 12 nicht mehr erhalten ist.
Klar ist, dass sich mit alledem das Urteil über den Kodex
B und seinen Wert zur Rekonstruierung des neutestamentlichen
Textes um ein erhebliches ändern muss. B und tf sind nicht
mehr zwei auf einsamer Höhe stehende Zeugen des neutestament-
lichen Textes, in denen sich der Wortlaut des neuen Testamentes
in fast wunderbarer Weise erhalten hätte. Sie teilen den speci-
fischen Charakter ihres Textes mit einer ganzen Gruppe von
andern Hndschrn. gleichen Charakters, sie vertreten eine bestimmte
lokale Tradition des neutestamentlichen Textes.
Mit alledem ist natürlich ein letztes Wort über Kodex B noch
nicht gesprochen. Es steht ja nicht so, als wenn die recensierten
Texte die schlechteren wären im Vergleich mit den Hndschrn.
96 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
und Zeugen ältesten Datunis, die unberührt von einer Recension
auf uns gekommen sind. Auch schon in der alten Zeit gab es
Textkritiker, die einigermassen wissenschaftlich verfuhren, und
jene Kritiker und Recensenten waren in der Lage, Hndschrn. zu
Rate ziehen zu können, wie wir sie doch bei weitem nicht mehr
erreichen. Es mag sein, dass B auf eine Recension zurückführt,
die sehr umsichtig gemacht ist und auf sehr alte Zeugnisse sich
stützte, während z. B. D den Znstand seines Textes dem Spiele
des Zufalls oder der Willkür und Laune einzelner Abschreiber
verdankt. Aber die ganze Fragestellung ist hiermit eine andre
geworden, und das wird man sich immer wieder klar machen
müssen: B vertritt nur eine Lokaltradition von vielen, mit der
absoluten Bevorzugung B's bei der Herstellung des Textes
muss gebrochen werden.
Es wäre nun die nächste Aufgabe, eine umfassende Beur-
teilung der Art und Eigentümlichkeit der Recension, der Kodex
B unterworfen war, zu geben. Aber diese Arbeit übersteigt
augenblicklich meine Kraft. Eine erschöpfende Darstellung in
der Art, wie ich sie über die Andreasklasse in der Apokalypse
zu geben versucht habe, würde etwa das zehnfache an Raum
einnehmen. Auch liegen mir Sammlungen in dem Umfang,
wie ich mir die Arbeit denke, bis jetzt nur für Matthäus und
Markus vor. Endlich hat es seine ganz eigentümlichen Schwierig-
keiten, einem Textkritiker des vierten Jahrhunderts seine Methode
und seine Prinzipien nachzurechnen. Es dürfte das noch schwie-
riger sein, als etwa Prinzip und Methode in der Revision der
Lutherbibel nachzuweisen. So muss ich mich auf ein paar An-
deutungen beschränken, in welcher Art und Richtung ich mir
die Arbeit denke, und darauf ein paar Proben zu bringen, aus
denen einigermassen klar wird, dass der Text, wie er in unsrer
Gruppe von Hndschrn. vorliegt, bewusster Überlegung und plan-
mässiger Arbeit sein Dasein verdankt.
Der erste Grundsatz bei der Arbeit ist der, dass Kod. B
eine Auktorität allerersten Ranges ist, da wo es gilt festzustellen,
was denn eigentlich in der Hesychrecension gestanden. Natür-
lich wird man von ihm aus sehr oft auch auf die andern Ver-
treter der Gruppe rekurrieren müssen, aber im ganzen und grossen
hat B bis auf Minutien, bis auf die Orthographie den Charakter
der Recension erhalten.
III. Die Recension des Hesychius. 97
Als erste Eigentümlichkeit von § nenne ich die, dass er
fast überall, wo Varianten in dieser Hinsicht vorhanden sind,
den kürzeren Text bietet. Die Varianten von dieser Art bilden
etwa ein Drittel sämtlicher nennenswerter Varianten. Nun ist
man in allen diesen Fällen rasch bei der Hand, den längeren
Text für den korrigierten zu halten. — Und es ist ja richtig,
es scheint so, als wenn die jüngeren Hndschrn. in der That
starke Neigung haben, Pronomina einzuschieben, ein Subjekt zu
dem blossen Verbuni 7,u ergänzen, ein Asyndeton durch Ein-
schiebung von Partikeln aufzuheben. Aber dies Urteil darf nun
auch nicht verallgemeinert werden. Man darf eben nicht ver-
gessen, dass hinter <p nur eine lokale Tradition steht Auch ist
die Möglichkeit wohl nicht allgemein genug anerkannt und be-
achtet, dass Abschreiber und Übersetzer des neuen Testaments
den Text schon aus Bequemlichkeit kürzten, synonyme Ausdrücke
wegliessen etc. Am besten erhält man einen Eindruck davon,
wenn man den alt afrikanischen Italakodex k (Bobbensis) mit
dem griechischen Text vergleicht, k aber ist sehr verwandt mit
der Textgrundlage von £>!
Sehr lehrreich sind hier gerade diejenigen sowohl dem Um-
fang als auch der Konstellation der Hndschrn. nach hochinter-
essanten Varianten, auf die Westcott und Hort ihr ganzes text-
kritisches System aufbauen.
S. 95 — 104 besprechen W-H acht Stellen aus den Evan-
gelien, in denen jedesmal die Überlieferung des Textes in dreifach
gespaltener Form auftritt, so dass jedesmal unser § die erste
Form ( W-H = «), die Gruppe des sogenannten western text die
zweite (/?), die übrigen Kodices die dritte Variation vertreten (d).
W-H suchen nun nachzuweisen, dass 6 jedesmal aus a + ß durch
bewusste Redaktion entstanden ist. Vorausgesetzt, dass dieser
Nachweis gelungen wäre, so wäre damit allerdings doch noch
kein Grund vorhanden zur Behauptung der völligen Wertlosig-
keit von 6. Aber auch der Beweis scheint mir nicht erbracht. —
Vorläufig mache ich noch darauf aufmerksam, dass p an allen
8 Stellen, ü in den drei Fällen, avo er vorhanden ist, mit fr geht.
Ich bespreche zunächst die Stelle Mrk. 949. Es lesen:
a) jcaq yag jivql aZio&rjOezai BxL A 1—118—209. 61. 73. 205.
206. 229. 251. 258. 435. 471. 4S5. 565. l()i)e- k ? pdz- Petl- :;-
Texte u. Untersuchungen XI, 4. 7
9S Bousset, Studien zum Neuen Testament.
ß) jcaoa yao frvoia a/.i a/aofr/jöerai D it. ö2 vg.cod-
ö) Jiaq yao jzvql aZw&r/0£rai y.ai jtaoa &vGia all a/.iG&r/oerai
Rel. C f q vg.
Es ist kaum denkbar, dass hier, wie W-H wollen, die
schwierige Lesart ß von dem Schreiber des Archetypus D it. (ö)
aus Levit. 7t3 eingebracht ist. Wir sollten dann erwarten, dass
wenigstens ß nicht einfach an Stelle von a getreten, sondern
als Glosse hinzugesetzt wäre, wie wir den Thatbestand in ö finden,
so dass dann ö die Priorität vor ß hätte. Aus einem doppelten
Grunde aber konnte hier leicht eine Verkürzung eintreten, erstens
infolge eines Schreibfehlers per Homoiotel. (a/aG&rjGerai ....
aliGfryoerai) und ferner durch willkürliche Korrekturen. Der
schwerfällige und schwerverständliche Satz forderte ja geradezu
zu Korrekturen heraus. Der längere Text von 6 ist der ur-
sprüngliche.
Mrk. 633 lesen:
U) XCU JCQ07)Ad0V CtVZOVQ Btf(LJ 13.) 49.ev- p vg. p.
ß) y.ai 6vv7)?.frov avtov D 28. b, y.ai rß&ov avrov ff. i 565. y.ai
rf/.&ov a.
6) y.ai jtQOi/Z&ov avrovq xai Ovvi]7.$ov jiqoq avrov Rel. f q Dp.
Es ist nicht recht einzusehen, wie ß aus a entstanden sein
könnte, wenn a wirklich, wie W-H wollen, die ursprüngliche
Lesart wäre. Die Gründe, die sie (97 unten) dafür anführen, sind
doch nicht zureichend. War der Ausdruck jrgorjXd-ov avrovq
unverständlich, warum wurde er dann nicht überhaupt fortge-
lassen, anstatt dass er hier durch den nach owtögafiov ly.el un-
geschickten Ausdruck Cvvrjld-ov avtov ergänzt wurde? Nehmen
wir dagegen 6 als das ursprüngliche, so erklärt sich leicht, dass
in a nach dem jtQOtjl&ov avrovq ein Gvvtj/.d^ov avrov
(oder jcooq avrov) ausfiel, und dass ß das schwierige jcqot]X&ov
avrovq fortliess, wie LA 13 es in jiQooql&ov avrovq verwan-
delten. — Ob endlich öwrjld-ov avrov oder jcgoq avrov das
ursprüngliche ist, lässt sich schwer entscheiden.
Mrk. 826:
a) fi?/ös eiq rr/v xco/iijv tiGe/.&tjq BtfL 1. 209. p.
, 1 üJiays tiq rov oixov gov y.ai f/t/dsvi suirjq tia r?/v xcofirjv D (q). l)
vjcays tiq rov oiy.ov gov y.ai eav eiq rtjv y.wturjv 6iGe?.&rjq
1) (0) k (xr/ösvi sinrtq eiq xrtv xa)fi?jv.
III. Die Recension des Hesychius. 99
utjdevi sijcqq (fi?]ÖE ev %r\ xcofiTj) 13 — 69 — 346. 28.61. 565. i
(bfff.2gi- 2vg.!)
6) ßr]ös sig xtjv xcofiTjv EiöEXd-ijg {17/ös uüiqq xivi ev xr\ xcofif]
Rel. c p.
Hier steht die Sachlage denn doch ganz anders als W-H
vermuten. 6 ist keineswegs = a + ß, sondern in /? ist zunächst die
Lesart vstays stq top oixov Oov eine erleichternde Glosse zu
dem schwierigeren ftrjös sig xijv xa>tur/v eiöeZ&tjq, durch die in
der That der Sinn dieser Befehle richtig wiedergegeben wird.
Die Verbesserung zeigt sich am ursprünglichsten im Italakodex a.
Die meisten Vertreter der Klasse ß bringen dann noch eine zweite
Veränderung: xai sav sig xrjv xm/iijv uosl&r/g. Es setzt also ß den
Text von 6 voraus und es stehen ß und 6 zusammen gegen a.
Zu entscheiden ist also zwischen a und 6, und wegen der über-
wiegenden Bezeugung und des unerträglich harten fir/öe ist die
Lesart d vorzuziehen, und anzunehmen dass a durch Nachlässig-
keit entstanden ist, oder absichtlich in ihm das, wie es schien,
nach ii7j de sig xtjv xco/irjv eiöeZfhjq wenig passende firjös Ei7ir\g
xlvl ev xrj xco/it} ausgelassen wurde. Umgekehrt kann man un-
möglich behaupten, dass wegen des in a isoliert stehenden firjös
der folgende Satz in 6 ergänzt wurde. Da lag doch eine Ände-
rung des (tr/öe in y.7] näher. Die umgekehrte Verkürzung wie
in « liegt überdies im Italakodex k vor. Endlich giebt die Les-
art von 6 einen guten Sinn: Nicht sollst Du ins Dorf (unter die
Menschen) gehen, (d. h. von ß richtig erklärt: Du sollst Dich ins
Haus zurückziehen) noch irgend jemand im Dorfe etwas sagen.
(Die zweite Satzhälfte giebt den Grund des ersten Befehls an.)
Mrk. 9:;s ist es allerdings wahrscheinlich, dass der überladene
Satz in ö og ovx axoZov&Ei fjfiiv xai excoXvoccuev avxov, oxt
ovx axoXovß-si t/fiiv aus a: xai exwXvo^iev avxov oxi ovx r\xo-
kovftsi Tftiiv und ß: og ovx axolov&Ei fisd-' r/tucov xai excoXvo-
[Lev avxov entstanden ist. Doch ein sicheres Urteil kann auch
hier nicht abgegeben werden, und Ti. hat z. B. den Text von ö
aufgenommen. Möglich ist auch, dass a und ß den überladenen
Ausdruck gekürzt haben.
1) a: vnays Eig xov or/.ov oov xai (xtj sig zt]v x(oy.i]v eiotl.&rjQ fitjöe
ZIVI S171TJQ.
7*
]_00 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Lk. 910 lesen:
a) sie, jiohv xa>.oviuEV?]v Btftoaiöa BLZ 33. p ü.
„ X03flTjV „ „ D.
ß) big zojcov EQ7}(iov tf 157. (13—69 — 346.) ö.
6) Eig zoüiov sQijfiov jcoZecog xaXov/isvfjg Brjd-Gaiöa Rel. p.
eig zojcov tQrjfiov Biföoaiöa c ff. q vg. 0.
tig tojcov sQtjfiov xaXovfiEvov Brj&6. a e f.
So sind die Varianten anzuordnen und nicht sind die Itala-
kodices zu ß zu ziehen. Sie sind offenbar eine Erleichterung
des scheinbaren Widerspruchs zojiov eqtjuov — xolecog. Dann
sieht man aber auch deutlich, dass ß gar nicht von der Klasse,
durch die ß sonst konstituiert wird, vertreten ist. ß ist eine ganz
willkürliche Korrektur und setzt 6 schon voraus. Hat man aber
dann nur noch die Wahl zwischen a und d, so ist die schwierige
Lesart von 6 vorzuziehen und a als Korrektur zu betrachten.
6 ist dann etwa wiedergegeben durch: an einen wüsten Ort im
Stadtgebiet von Bethsaida. So passt dann auch diese Ortsangabe
zu der von V. 12 desselben Kapitels und wir können Lukas von
der Nachlässigkeit freisprechen, als hätte er die Volksspeisung
in Bethsaida stattfinden lassen.
Lk. 1154:
a) svsÖQSvovxeg (avzov) d-rjübvoai zi ex zov ozofiazog avrov
BtfL p Cyr.
ß) CrjTovvzsg a(ponu/tr ziva Xaßetv avzov iva evqoöiv x.azir
yoQ7/6cu avzov D o .... iva /.az?/yoQ?/Oojoiv avzov it.
d) eveÖqevovzeo avzov C,r/zovvzsg fr/joevöai zi tx zov ozo/iazog
avzov, iva xaz?jyoQ?]Oojoiv avzov Rel. vg. D p.
Die Entscheidung ist schwierig. Eine einfache Kombination
von a und ß liegt doch auch in 6 nicht vor, gerade die charak-
teristische Erleichterung ag)OQf/rjv ziva laßuv ist in ö nicht
aufgenommen, das schwierige EVEÖQEVovztg behalten. In der
ersten Hälfte repräsentieren vielmehr ß und 6 zwei verschiedene
Korrekturen von a, die zufällig in dem Wort Cr/zovvzEg über-
einstimmen. Die zweite Hälfte haben ß und ö in Übereinstim-
mung erhalten, sie ist wahrscheinlich in a per Homoiotel. avzov
— avzov ausgefallen.
Lk. 1218 lesen:
a) zov oizov xai za ayafra (iov (tfa) BLTX 1—118— 131— (209.)
(13—69—124.) 157. (p hr. D.)
III. Die Recension des Hesychius. 101
ß) tu ysprjfiara uov X D it.
toi.; xaojtovg fiov a c d e m.
ö) xa yevvTjfiaxa tuov xai xa aya&a fiov Rel. f vg. D p.
Auch diese Stelle ist einfach abzusetzen. 6 ist gar nicht
= a -j- ß (es müsste sonst lesen xa yevwjfiaxa tuov xai xov Gixov
xai xa ayaira tuov) sondern ß ist Verkürzung von 6, und wahr-
scheinlich haben ß und 6 die Korrektur yevvrjfiaxa gemeinsam,
so dass dann a die richtige Lesart erhalten hat. Unmöglich aber
ist auch nicht, dass a korrigiert hätte.
Lk. 245:$ scheint es mir allerdings wahrscheinlich dass 6
aivovvreq xai zvloyovvxeq xov frsov Kombination aus a tvXo-
yovvxsg xov {reov und ß aivovvxeg xov &eov ist.
Der Hauptbeweis von W-H ist beinahe in sein Gegenteil
umgeschlagen. Es zeigt sich an mehreren Stellen, dass £> die
Vorliebe hat zu verkürzen, oder den verkürzten Text bei Ver-
gleichung mehrerer vorzuziehen, zum mindesten auf Hndschrn.
beruht, in denen stark gekürzt ist. — Es erinnert die Be-
handlung der Gruppe ö bei W-H etwa an die Art, wie man
früher nachwies, dass Markus aus Matthäus und Lukas kombi-
niert sei.
Es ergiebt sich daraus die weitere Regel, dass man sehr vor-
sichtig sein muss Lesarten zu acceptieren, in denen § (etwa
BxL p) allein oder fast allein steht. Ganz anders sind demgegen-
über die Varianten zu beurteilen in denen JQ wenigstens von e k
(dem altafrikanischen Text) oder von D it. 6 begleitet ist. In
jenen ersteren Fällen bietet § eben nur lokale Tradi-
tion, erst wenn k, D it. ö mitgehen, haben wir die Gewähr, dass
das nicht der Fall ist.
Um noch einige Fälle aus dem oben besprochenen Material
heranzuziehen, so lassen Lk. 2268 BsAT p Cyr. (22. 131. 157.
209. 'S) hinter ov fii] ajioxQi&rjxe — (ioi ?/ ajioXvorjxs aus. Es
ist hier höchst misslich auf § allein gestützt die Worte weg-
zulassen. Es lässt sich kein Grund denken weshalb sie einge-
schoben sein sollten. Dagegen konnte von ajcoxoi&rjxe zu ajto-
/.vof]T£ leicht hinübergelesen werden. Lk. 236 ist das höchst
charakteristische und lebendige üiZaxoq ös axovOac + TaXi-
Xaiav nicht mit BxLT p auszulassen. Lk. 1325 konnte das
eine xvois leicht ausfällen. Ein einmaliges xvois ist freilich von
102 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
BxL it. bezeugt. Job.. 3t 3 *) ist das schwierige o odv bv xco ov-
Qavco von BsLT 33. Cyr. Orig.int- pdz- absichtlich fortgelassen,
jedoch mit Recht von Ti. beibehalten. Job.. 443 ist das v.ai ajir/X-
d-tv nach sg?]Z&8v szei&ev wahrscheinlich ausgefallen, obwohl §
hier von D it. unterstützt wird. Job. 746 ist coq ovxoc XaXsi o
ccv&qcojioq hinter ovxojg ccv&qcojioc per Hornoiotel. ausgefallen
in BLTtfc p Cyr. Orig. Besonders bemerkenswert ist noch die
Stelle Joh. 65 1 . Hier ist mit den meisten Kodices zu lesen (xai
o (XQtog de) ov syco öcooeo iq occqc- fiov eoxiv tjv syco öcoom
vjtiQ x?]g xov xoOfiov £co?]q. Dagegen lassen BCLT 33. 157. p t2
D it. o Orig. (2 — 2) Cyr. das ijv eyoD öcooeo aus, und K korrigiert
den dadurch entstandenen Unsinn, indem er schreibt: ov eyoy
ömoco vjieq xrjg xov xoöfiov C,co?]g rj Gaps fiov eötiv. Hier
haben wir ein klares Zeugnis, dass auch £) gestützt von D it. 0
einen offenbaren Fehler erhalten hat, und dass die späteren
Kodices eine selbständige Tradition repräsentieren. Ti. hat an
dieser Stelle wirklich den Wortlaut von X in den Text aufge-
nommen. Die Beispiele Hessen sich noch durch viele andre ver-
mehren, für die gegenwärtige Arbeit mögen sie genügen.2)
Es lässt sich ferner nachweisen, dass Jp eine in den meisten
Fällen konsequente Orthographie befolgte, welche am deutlichsten
aus dem Kodex B erkannt werden kann. Hier kann ich, um die
Abhandlung nicht zu sehr anschwellen zu lassen, nur auf einige
Punkte hinweisen. Ich folge dabei den Zusammenstellungen
Gregorys 71 ff., die jedoch vielfach, weil sie nur auf die von Ti.
aeeeptierten Lesarten zugeschnitten sind, für unsre Zwecke nicht
brauchbar sind und durch sehr mühsame Einzeluntersuchungen
ergänzt werden müssen.
Zu S. 73) övv wird vor einem Konsonanten nicht in o ver-
wandelt oder fortgelassen in ovvCrjxsiv Ovv^rjxrjxrjg ovv-
tyjv ovv^vys (XCADG Phil. 43 , A ist jedoch in den Paulinen
Zeuge für ip) övvorjfiov (ttJ) ovvocofia, dagegen in ovo ver-
1) Auch Joh. 127 ist mir nicht ganz sicher, ob das ccvzoq eoziv . . .
og f(inQOG&sv fiov yeyovev unbedingt Glosse ist. £) ist hier durch b 1 ö
gestützt. (Vergl. 130.)
2) Joh. 118 ist nicht (xovoytvijq &eoq sondern vtoq zu lesen. Auch hier
liegt wieder eine speeifische Lesart von § vor. (BsCL 33. p Clem. Orig; Iren,
hat wahrscheinlich, siehe Ti, vioc gelesen.) &e oq ist eine in der ägyptischen
Kirchenprovinz verbreitete dogmatische Korrektur.
III. Die Recension des Hesychius. 103
wandelt vor mehreren Konsonanten GvGtarixcov GvozQEqiofiEvcov
GvGTQEipavzog ovozQO(frj ovOTQancortjg (Phil. 22- xBKLP
Philem. 2 BKLP) GvoroiyEi ovöTSva^ei1 övozrjf/ccTi&O&cu (ein-
mal). Ausnahmen: ovvotavQcod-tvreg -og Mtth. 2744. Joh. 1932
ovvoyr^uari^so&ai. Rö. 122. (ovox jedoch ALP.)
zu S. 74) fast ausnahmelos wird Gvvjc gelesen, wenn auf x
kein Konsonant folgt. (Ausnahmen Gviuza&etg GvfijioGiov.) Da-
gegen Gi\ujrQ£GßvTSQog BKLP Gv[/Ji/.?]QovG&ai (einmal mit SB ;i,
einmal mit fast allen). (Ausnahme GvvjtviyEiv.)
S. 75) ausnahmelos wird Gvyy gelesen. (1. Cor. 76 Gvvyi'coyiqv
nur BCG.)
fast ausnahmelos Gvvx. (B weicht hier und da ab, siehe die
Worte GvvxalEiv GvvxEXVfiEvrj gvvxqlvco GvvxvjtrovGa.) Aus-
nahmen Gvyxexal.vpitsvov Lk. 122 Gvyxvgiav Lk. 1031.
S. 76) gewöhnlich ist GvvX, dagegen immer GvXXanßavEiv
(Phil. 43 scheint A in der konsequenten Lesart GvXXaußavEiv Ver-
treter von <p gegen BxDG zu sein) und GvXXsysiv.
S. 77) Efiß wird ausnahmelos gelesen. Bei Johannes weicht
B nach D hinüber ab, ebenso immer £tu(p-, ferner evy.
S. 78) evx fast immer, Ausnahmen: EyxaraXtiJtEtv syxaXsiv
und eyxvog, hingegen syx vor mehreren Konsonanten syxlijfia
syxQarua eyxQareveGd-ai zyxQaxi]g. (Ausnahme? evxqivelv) Sehr
interessant ist folgende bei Gregory sich findende Zusammen-
stellung:
EVXttXElV
£/—
EX
Lk. 18! SABDHKQ
B3LUzfZ7
EGHMRSVX/M
2. Cor. 4 , DG
SAB
CDCE KLP
4,6 D
S B G
CD«E KLP
Gal. 69 BD
KAB3
CD* GKLP
Eph. 313 ABD
a B3
CDCEGKLP
2. Th. 313 BD
SA
DcEGKLP
Deutlicher und deutlicher treten
hier
die Klassen in der
Tabelle hervor. Die späteren Kodices lesen konsequent exx.
Dagegen liest § £/x, wenn auch in der Lukasstelle nur durch
L(J/7) vertreten, und wenn auch B, namentlich in den Paulus-
briefen, in denen er überhaupt mehr western text zeigt, in der
1) ovvoxoL'/ßi und ovvon va.t,zi lesen BDG. B weicht hier von .£) ab.
ll)4 Boussefc, Studien zum Neuen Testament.
Mehrzahl der Fälle evx liest. Dagegen liest der älteste unrecen-
sierte Text D konsequent evx.
S. 79) Ein anderes Beispiel einer solchen Zusammenstellung
gebe ich im folgenden:
txyvvvofisvoQ (st. vvofiEvog):
Mtth. 233, BsC DJ1) GU/7
2628 BtfCLZ DJ a n
Mrk. 1424 BsCL DJ A PUIJ
Lk. 1130 s2)CL DJ AEGU/7
2220 BaLT3) J^)AE U/7
63 s BsCL DJ AS U/7 (vjieqex'/vvvo(.(8vov).
Ferner lesen jtaQ?)Ota (statt jiczqq ...) Mrk. 832 B Joh. 74 B 713
BLD (726 alle xoqq) 1024 BD 11, 4 aX 1154 BD 16,5 BD
1629 B 1820 B.
In dieser Art müssten die gesammten orthographischen Va-
rianten zusammengestellt werden. Eine jede solche Zusammen-
stellung ist zur Charakterisierung und Gruppierung der Hndschrn.
höchst lehrreich.
S. 80) über die P'ormen rsoosQaxovra, teöoeqcc ist schon
oben gehandelt.
S. 81) eo&cov (st. sofricov):
Mrk. 1 6 eo&cov
BtfLJ 33.
Lk. 733 do.
BD
34 do.
D
10 7 eo&ovzeg
BD
2230 £6&?]T£
BDT
Mrk. 1240 xazsod-ovreg B
Lk. 2047 do. D (B xatEG&iovoiv.)
Es scheint die Form eg&elv in § die gebräuchliche zu sein.5)
Dieser Schreibweise liegt eine ältere Tradition zu Grunde (D).
Egavvav für eqewciv:
Joh. 539 Bx
752 BsT
RÖ. 807 X
11 A>
2) B >
3) C >
4) D >
5) beachte namentlich Lk. 223o die Übereinstimmung von B und T.
III. Die Receusion des Hesychius. 105
1. Cor. 2I0 BsAC
1. Pefcr. lu Ba
Apok. 22:; AC
1. Petr. 110 BxA (s§7jQawi]6av)
Rö. 1133 BsA (av£§£Qavv7]Ta)
S. 83) Xsyicov (st, tcov) Mtth. 2653 BsLD Mrk. 59 BaCLDJ
5l5 BaLJ (D>) Lk. S:;0 SLD(B Xsysimv), hier liegt der Lesart in D
wieder eine ältere Überlieferung zu Grunde.
Besonders hervorzuheben ist die am reinsten in B hervor-
tretende Vorliebe für ei statt 1:
Unter den Eigennamen (83 — 84) hebe ich hervor, um die
Konsequenz von B gegenüber den übrigen Vertretern von |Q zu
charakterisieren, die Worte: agEOJiay Eitrig yjoovßeiv Xsvsiq
(Mrk.2uBLEM Lk.52T BxCLZAMRr 5,9 BaCLZARX Hebr.79
BC(sD)) Isvstrrjq Xsveinxog, namentlich qleiaq (s.jüe Zu-
sammenstellung Gregory 84) jcsiXarog (s. 0. S. 78 die Überein-
stimmung von B und T) leqeizco (Mtth. 2029 BCLZ: Mrk. 1046 l
B2 (B fehlt) CLF 462 BatCL " Lk. 1030 BL£ Lk. 1835 BDPQ
Lk. 19, BxDQJ Hebr. 1130 X (B fehlt)). Es ist daher nur in-
konsequent, wenn Ti, der sonst überall die «-Formen aufnimmt,
Jftivaöaß gegen BD(z/), e&xiag gegen B, shöaßsr gegen B,
(teilweise 8, vereinzelt DC) agtog-jcayog gegen BHLP schreibt
(Gregory 85 unten), dass er, während er qaßßei überall aufnimmt,
Mrk. 1051 Joh. 20, 6 gaßßovvi schreibt gegen Bzi, BD.
Die Formen auf Etxr/g sind ebenfalls die regelmässigen in
2Q sXafisirai viveveitoll isQoooXvfiEixai iGQa?]X£ixcu auch tgcacs-
^Eitijg. Dagegen ist die Schreibweise jioXsixai oi\ujzoXscxai, die
hier und da in B vorkommt (einmal s), jedenfalls nur dem
Schreiber von B zuzuweisen und nicht der Hesychrecension. —
(Dasselbe ist zu urteilen bei den in B (und andern) nur hier und
da vorkommenden Formen yaXEiXcua (pctQEiGaioi etc.)
Dem steht gegenüber, dass Ga(.taQtxi]g geschrieben wird
Mtth. 10, von aCLG/7 Lk. 9,2 »C^LSAXTJ 1033 aCLD (non
Ä) 17,6 «LAD Joh. 4..,, S'LJD" 440 aLA?D 84S xLX; öa/iagtriq
49 XCLTD 4,, - xLD J. Hier scheint in der That die Gruppe fast
vollständig für die f-Form einzutreten, B mit den übrigen hat
ei. Es ist jedoch zu bemerken dass X an und für sich (nebst C
1) auch D2, D fehlt
l(j(3 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
und L) grosse Neigung zu den f-Fornien zeigt, so dass B mög-
licherweise all eine § erhalten hätte; aber entscheiden lässt sich
hier nicht. Bemerkenswert ist, dass auch D fast konsequent
ittjg liest.
Ferner kommen die Formen auf 1a oder eta in Betracht.
(Gregory 87) sjtiJio&sia Rö. 1523 BACG vergl. siöoXoXaxQsia
jiOQVtia (Abweichung von tf) xcuöagsia (diese Form ist wohl für
die des Hesych zu halten. Mtth. 1613. Mrk. 827 steht B gegen
xCL, während in der Apostelgesch. in den meisten Fällen (8 — 2)
C, zweimal auch A hinzutritt), mit ziemlicher Sicherheit kann
man § erkennen in der Schreibweise öovXeia aQSöxeia (BL) ocp-
&a2iuodovZsia eiZixgiveia d-Qiftxeia sfrEZo&Qtjöxeia xoXaxsia? fia-
ysia? xa[i8iovr) (Gregory 88). Nicht mehr entscheiden lässt sich
bei den Worten oafiagia2) (Gregory 87) oskevxia avaiöia.
Dagegen liest § öavit,£iv daviorrjg uÖcöIkd Xaodixiai
(Greg. 87) aXa^ovia xvßta ftefrodia (tia nur sehr schwach be-
zeugt) jtavöoxLov Lk. 1034 xCLJa(?)
Seltsamerweise liest B mit CPRU_/ Lk. 19 iSQaria, Jac. 510
BP xaxojiafri.a, endlich von 7 Stellen B und andre fünfmal
tQEifria, zweimal sgeifreia (statt sgifrEia).
B hat immer die Form siöov, während $£ hier und da töov
lesen, dagegen ACKLVX77 fast immer töov. (Gregory 89.)
Hierher gehört wohl auch noch die Variante
Löxijxuöav
£lÖT7]X£töai>
Mtth. 1246
SC FGXJ
B D Rel.
13 2
aCLZ EFGXJ
B De KMUri7
Lk. 23, 0
ST ARXzl
BL D Rel.
35
KCL AQJFH
B D Rel.
49
ARQPJH
BsCD Rel.
Joh. 135
ST AXJPFH
BCL Rel. D
18 5
Bx D AGXJ
CL YRel.
16
Ba D AXJ
CL YRel.
IS
Ba AXYJ
CLD Rel.
1925
BxTD AX
L Rel.
20ii
XL AHOX
B D Rel.
1) Dazu TiQeaßvzeQSiov Lk. 22c6 BTV. Act. 223 BH.
2) oa[xuQ£ia Lk. 17n DGHKM77ür^77 Joh. 44 BAFGHKMJZSÜ^77
Joh. 45 do. Joh. 47 BCJ A Rel. (geg. sLDF) Act, in allen Stellen BLP
(hier und da CAH). Auch hier liest B wenigstens fast konsequent aa/tagsia.
III. Die Recension des Hesychius. 107
Bei dieser Variante lässt sich sehr schwer entscheiden. B schwankt
sehr stark, während X mit einer Ausnahme i6vr]x. liest und darin
an drei Stellen von den Fragmenten T unterstützt wird. Dem-
geniäss wird ,<p die Form torrpcEtoav bevorzugt haben. Bemer-
kenswert ist die enge Verwandtschaft zwischen B und D. Man
darf deshalb wohl sagen, dass B hier den unrecensierten Text,
wie er in D vorhanden ist, bewahrt hat.
Gregory 93 f.) Leider ist hier nur eine Übersicht darüber
gegeben wann Ti. aXXa, und wann er aXX liest und zwar ge-
ordnet nach den Vokalen, die auf aXXa folgen. Im allgemeinen
zeigt Hesych. die Neigung aXXa vor Vokalen beizubehalten, mit
fast allen andern Hndschrn. wird dabei schon die Regel befolgt,
dass aXXa vor a nie, vor t immer apostrophiert wird. Vor v
wird mit einer Ausnahme *) nicht apostrophiert. Diese Regel
wird vor allem von Hesych. befolgt, der Joh. 1026 allein das aXXa
vor v bewahrt. Vor 01 pflegt § nicht zu apostrophieren (Mtth. 912.
Mrk. 217. 22. Lk. 531. 3S. Joh. 855). Ausnahmen sind Mtth. 2023.
Joh. 42. — Joh. 7,0 und 21s bewahrt § das aXX3 vor co (da-
gegen aXX3 co Mtth. 2230. 2639). Lk. 2253 hat § aXXa av (an der
einzigen Stelle wo dieser Diphtong vorkommt). Mit je einer
Ausnahme liest £) aXX' o aXX' ov aXX' f] (cf. Joh. 749. Lk. 1142.
Lk. 24,,). Eigentliche Schwankungen zeigt £> bei aXXa vor s sv
iL in folgenden Stellen Mtth. 9lS (wie es scheint mit allen andern
Hndschrn.) Mrk.329.725. 1132. 1324. Lk. 77. Joh. 423. 542. 1244.
Auch hier zeigt § doch immerhin eine gewisse Regelmässig-
keit, die freilich diejenigen der jüngeren Kodices nicht erreicht,
aber doch eben Regelmässigkeit ist, im Verhältnis zu der Will-
kür, wie wir sie etwa bei D finden.2)
Gregory 96) zu den Formen sav av hinter ojcov og oorig
ist zu bemerken, dass hier D überall die Form av hat, und B
sich sehr oft im Gefolge von D befindet. Es ist sehr merk-
würdig, dass gerade D überall die regelmässige Form bewahrt.
Sollte der oder die letzten Schreiber von D hier konsequent kor-
rigiert haben? Das ist bei der Menge von Unformen, die sie
1) siebe Joh. 114.
2) Die übrigen mühsamen Untersuchungen über die Apostrophe (Gre-
gory 94. 95) konnte ich noch nicht führen, werde auch wohl schwerlich
Zeit dazu crewinnen.
108
Bousset, Studien zum Neuen Testament.
gerade uns überliefert haben, kaum anzunehmen. Dann liesse
sich vielleicht schliessen, dass zur Zeit, in der der Archetypus
von D entstand, av und wv noch nicht verwechselt wurden.
Gregory 117) [/ayaiQTjg -?/ lesen Mtth. 2652 BxL 33 AC
Lk. 2124 BJ 2249 BaLTD Act. 122 BxAD* Hebr. ll3, SAD
1137 SD Ap. 13]0 AC 1314 «AC; öjteiQTjg Act. 10t tfACEL
2131alle>P 27, alle Maj; Lk. 64S jtXi]fi[ivQ}]g BxL5 33 Act.
2730 jtQcoQfjg S*A Act. 5, (oajtg)si)Q)j XAEP Act. 52 övvsidviqg
BaAE.
Gregory 119) Eigennamen:
Mcavörjg statt Mcoörjg ist die konstante Lesart von §. Von
den 37 Stellen in den Evangelien lesen Bx einmal zusammen
Moorig Lk. 1631, B weicht ausserdem noch Joh. 92S ab, X da-
gegen an acht Stellen, L eilfmal in Mtth. und Mrk, sonst nur
Lk. 222. Joh. 92§ (mit B) 929. Mit einer Ausnahme Lk. 2427 (mit tf)
liest jedoch schon D stetig Mcovöijg.
xacpaQvaovtu (statt xajisgvaovfi) ist die konsequent gebrauchte
Lesart von § und D it. vg.
Lehrreich ist folgende Zusammenstellung:
XaCccQed- — er
Mtth. 2, , B ?CKM/7Rel. B?xLDS
413 «DEKMUV LSF
21, , BtfCDKtfRel. LFGMNSr
Mrk. 1 9 DKtfRel. BaL_/r
Lk. 126 CEGHMSÜVrJ | BKLK77X
Joh.
2 , aDGH Rel.
2.,, BJDGH Rel.
25, BDGHRel.
416 EGHRel.
146 KM/7EGHRel.
BÄLK/7X
aBJLK/7X
aB;rLKZ7X
LK/7
BaLAX
aß-
ax
A
CPJ
A
AP
KA
ACA
A
A
A
A
A
A
A
aaBZ
33. k
BüS
Trotzdem die einzelnen Hndschrn. hier scheinbar hoffnungs-
los durcheinander wirren, so sondern sich doch allmählich die
Recensionen ab. Die Lesart von § war Na^aotr (konsequent
von L vertreten, nur Mtth. 4,3 und Lk. 4,6 kann man zweifel-
haft sein, ob nicht § Nataoa gelesen, D und die späteren lesen
NaC,aQed-\ KZ7 in Lukas NaCayer, sonst NaCaQsß-.
III. Die Recension des Hesycliius.
109
rspvJjOaoer
yEV-
yEW- sfr
yev-
yEVV?)GCCQ
Mtth.l434 BsTCrOrig.
Orig.
PX Rel. p
LFJ
D it. vg. ö
Mrk. 653 B^LAMFJ
BXK77Rel.
NFHp
Dbcff.2
Lk. 5 , BxCAQRJ Rel.
LF
EHKM(D)
f 0 hr.
Br/d-oaiöav
Bi]6.
Br/d—öa B?jö.
Mtth.ll21 BJXKMRel.
mn
XCDLV Orig.
Mrk. 645 BwSLKMU Rel.
J
Ap(Dit.)
Lk. 10, 3 S Eur
CLR^AXzJK
77 Rel.
BA(D)
Joh. 145 X
BL Rel.
p it.
1221
BaL Rel.
Dit.
Im letzteren Fall scheint allerdings ein Unterschied zwischen
Mtth.-Mrk. und Lk.-Joh. vorzuliegen.
Endlich will ich noch die Variante ev&vq — evd-scog als
besonders charakteristisch erwähnen. Ich zähle im Markusevan-
gelium 31 Fälle, § liest immer evO-vq, die späteren Kodices sv-
d-ecog (B weicht zwTeimal, X niemals ab). C liest in den ersten
beiden Kapiteln mit den späteren, dann fast immer (3 Ausnahmen)
mit §. D lässt svd-vq an neun Stellen fort, geht fünfmal mit
§, sonst mit den späteren, zeigt also den willkürlichen und
schwankenden Charakter des unrecensierten Textes.
Von Verbformen sind diejenigen auf av charakteristisch für
$2>. Ich sammle aus den besprochenen Stellen folgende: Etütav
sgfjXd-arE evQCCfiev ?]?.frav siöav JtQOörjXd-av etc. Um von der
Verbreitung dieser Formen in £t eine Vorstellung zu geben
bringe ich für die Form surav etc.
Zusammenstellung :
in Mtth. und Mrk. folgende
9:J B (9U liest § eZeyov) 1027 EtjiaxE
Mtth. 25 SLjtav Btf
alle 122 ujiav BaC 33 [1224 euiov alle] 1310 e utav BxL 33
[1327 eljcov alle] (132S Ö XEyovGiv) 1512 euhxv K (BD Xsyov-
glv) 1534 X 33 16l4 B77 33 [17l9 euiov alle] 1724 SCBD
215 EiüiaxE alle 25s eukxv BLC 33 26,^ euiolte alle 2625 ££-
jrag alle 2635 ajro:^ 33. 69 2661 K 26,,4 Etxag alle 2666 el-
i\
jiav K 33 [267:i euiov alle] 274 eucccv L 33 27K BL 33 27
L 33. D 2749 B (die übrigen eXsyov) 28l3 euhxte alle Mrk. 85
Eutav Bx _/JV S2s BxCL^/ ( die übrigen ajtEXQi&rjGav) 9]S a:7ra
BaLF 1. 28. 209 104 Eutav BkCD 1037 BLCDz/ 1039 BaL^D
HO Bousset, Studien zum Neuen Testament.
113 sucaxE alle 116 euiav LJAII 127 BtfLCL/D 1216 BxCLzJD
1232 ff^as BAKM/7GSU.T 167 f^«T£ alle 168 sucav D.
Bei den Augmentformen habe ich für § keine besonders
charakteristischen Thatsachen finden können.«
Doch ich breche hier ab, mir genügt es angedeutet zu haben,
in welcher Richtung und nach welcher Methode ich mir die
weitere genauere Untersuchung der Recension des Hesychius
denke.
IV. Die Gruppe Kn(M) in den Evangelien.
Aus den obigen Zusammenstellungen schon geht es deutlich
hervor, dass ausser }Q und den gegenüberstehenden Kodices noch
eine Gruppe von Hndschrn. zum mindesten vorhanden ist, die
sich bestimmt von den andern abhebt. Das ist die Gruppe K/7M.
Sie steht sehr oft auf Seiten von £>, öfter noch geht sie mit der
entgegenstehenden Gruppe zusammen, oft auch steht sie ganz
allein und tritt dann deutlich hervor.
Auf diese Gruppe ist schon Hug1) aufmerksam geworden und
hat versucht die ihr zugehörigen Minuskeln zu bestimmen. Er
sah in ihr sogar die Origenesrecension des neuen Testaments,
eine Vermutung die sich wenigstens teilweise bestätigen dürfte.
Mit umfangreicherem Material gilt es den Versuch von neuem
zu unternehmen. Im folgenden sind ausser Tischendorf und
Tregelles die Ausgaben und Kollationen von Mill Wetstein Birch
Matthaei Griesbach Alter Scholz Scrivener (die genaueren An-
gaben s. o. S. 53. 55) endlich Muralt Nov. Test. Hamburg 1848
benutzt.'2)
Ich stelle zunächst die Stellen zusammen, wo in Lk. 222o —
2320 (Ta) und Lk. 1215— 1332 (Twoid) KZ7 mit £ zusammenstehen.
Ti. giebt ja in den meisten Fällen nur die ungefähre Zahl der
Minuskeln an, die mit § übereinstimmen. Aber schon aus diesen
Zahlen können wir eine wertvolle Beobachtung entnehmen. Die
Zahl der begleitenden Minuskeln, die sonst gewöhnlich eine sehr
geringe ist, schwillt fast jedesmal um ein beträchtliches an, wenn
K/7 auf der Seite von Jp stehen. Es gilt nun die zur Gruppe
1) s. Einleitung I. 190 ff.
2) Für die Minuskeln 122. 433. 435 wurde J. Dermout Collectaneo-
runi Criticoruni Pars prior Lugd. Bat. 1825 verglichen. — Von Scrivener wurde
neben dem Cod. Aug. (s. o. S. 53) A Collation of about twenty Greek
Manuscripts of tbe Holy Gospels Cambridge 1853 benutzt, von Griesbach
vor allem Symbolae Criticae Pars I.
J [2 Bousset. Studien zum Neuen Testament.
gehörigen Minuskeln zu bestimmen. Ich bemerke im voraus,
dass die Minuskeln 33. 1—118—131—209. 13—69—124—340.
157 sehr oft auch ohne K/7 mit § gehen, sie zeigen aber auch,
wie nachher deutlich werden wird, deutliche Verwandtschaft mit
K/7, haben also gemischten Text.
Lk. 12,5 r;ycj Jtaoi/g § D AQRUX KM/7 1. 13. 16. 29. 33.
37. 42. 49. 67. 69. 71. 86. 94. 106. 14. 31. 57. 229." 37.schoL 39.
45. 51. 54. 55. 59.scl101- 60. 61. 76. 324. 46. c i w. (H z. 18. 19.
36. 49.)1)2)
12..9 ovx — av" ayr/xev SaBLPS K/Z 1. 13- 49. 67. 69.71.
122. 220. 54. c d p i w. (H.)
1247 tavrov] avrov S> DX K/Z 1. 10.28.29. 33. 49. 51. 54.
56. 58. 61. 62. 66. 67. 68. 69. 71. 74. 77. (Alter) 89. 90. 91. 100. 8.
31. 57. 220. 34. 35. 37. 39. 40. 41. 44. 45. 46. 47. 48. 52. 53. 54. 58.
59. 85. 99. 346. 435. a c d g h 1 m n o p q r v w. (yz.)3)
1249 sig] ejti £) AXU KM// 1. 13. 27. 33. 36. 38. 42. 54. 57.
60. 64. 67. 69. 71. 77. 86. 91. 108. 16. 24. 31. 42. 45. 57. 237.sclio1
39tschoi. 4„ 44. 4S- 52.-55. 59.scl101- 99. 300. 46. 435. 700. adf
opw. (Hz. 18. 36. 49. 63.) 4)
12.-0 ov] orov § D ARU KMiZOrig. 13. 25. 29. 33. 36. 40.
42.57.63.69.71.77.91. 114.57. 220.48.51.53.55.59.99. 300.
46. acdfgpw. (48.60.63.)
1254 + oxi" ourjnog £ AXU K/Z 12. 16.33.46. 50. 59. 63.
67.68.69.71.86. 119. 22." 24. 220.52.-53.59. 346. fpiw. (63.)
134 ovzoi]avTOL$ AX KU 4.6. 25.33.68.69. 157.251.
54. 300. p w. (48.)
13u sv ravxaLc) ev avxaiz £> AX /7 1.42.69. 131. 57.
251.54. 300. c w.
2232 £xZeixif\ ExXucf} £ DXU M/7 1. 3. 18.45. 47. 48.5) 49.
1) Die am Schluss stehenden und eingeklammerten Zeichen bedeuten
Evangeliarien. Die Buchstabenbezeichnungen Scriveners für EvangeUen-
hndschr. und Evangeliarien (cf. Gregory 274) habe ich der Bequemlichkeit
halber beibehalten.
2) Muralt e silentio 569. 75. (Die Kodices Muralt notiere ich. wo sie
nur e sil. erschlossen werden können, in Anmerkungen.)
3) Mur. e sil. 330. 565. 69. 75
4) Mur. 330. 565. 69. 75.
5) nach Mill. während Wetstein den Kodex nicht angiebt.
IV. Die Gruppe K/7(M) in den Evangelien. 113
50. 55. 57. 64. 65. 70. 76. SO. 83. 86. 89. 90. 116. 21. 25. 57. 218.1)
19. 20. 39. 40. 41. 42. 43. 46. 47. 52. 54. 59. 433. 569. 75. adhl
mnpqrsw. ((x) 19. 21. 24. 47. 48. 49.)
GTTjQl^OV] ÖTljQlOOV £) AQ KM// 1.131. W.'(z TtJQ7]60V.)2)
2236 jtcoXtjOai- ei.] -«round ayooaosi- at] -axco: die
Angaben sind nicht genau zu beschaffen, da die Kodices (weil
die Lesart textus receptus) auf der andern Seite notiert sind.
Es lesen die Formen auf axco So AUQX KM// nach Scrivener e
sil. a c d f p v w, resp. a d e g h (p) w (z jico).iöarco — ayoga-
oaxo, x jtoXrjöarco — ayogaöaxo, y ütcohjOtt — ayooaoaxco), nach
Alter 77. 123. 125. 220. 225. [ptmXr\Gaxm — ayogaosi), nach Matth.
e. sil. 244. 245. xcolvjGazco, kein Kodex ayogaoaxco. Die gegen-
überstehenden Kodices sind, verzeichnet bei Hoskier, a füll account
and collation of the codex Evangelium 604. — e silentio ist zu
schliessen, dass von uns interessierenden Kodices noch hierher
gehören 11. 15. 28. 42. 68. 72. 114. 116. 3) 300.
2253 ~ eotiv vficov £» DRGX KM/7 22. 116. 24. 248. 52.
53. 59. 435. pw. (Hy z. 49. 48. — vpcov.) 4)
2254 ELörjyayov — avxov § ARD KM// Orig. 1. 10. 47.
49. 56. 57. 58. 59. 61. 66. 5) 83. 108.18.24.31.57. 243.46.52.53.
85. aclmnpqw.6)
xov oixov] rr/v" oixiav § KM// Orig. 1.42.49. 118.24.
31. 57. 209. p w.7)
2257 rjQvrjoaro — avrov § S KM// 1. 12. 22. 25. 27. 28.
37. 44. 45. 49. 57. 60. 68. 71. 80. 86. 116- 18. 22. 31. 45. 220. 25.
45.8) 46. 48. 51. 52. a c o p v w. (H x z 12. 17. 18. 48. 49.)
2255 siJtev] e<p>i .s? KM// 13.15.25.42.49.08.69.80. 124.
346. c p w. (x.) 9)
2261 <pcovriO£L + (j)iheqov £ X KM// 5. 6. 13. 29. 42. 49.
1) Dazu nach Alter e sil. 77. 123. 24. 25. 220. 25.
2) Mur. 575.
3) zu 218 cf. Alter I 1201.
4) Mur. 575.
5) nach Mill, Wetstein giebt den Kodex nicht an.
6) Mur. 575.
7) Mur. 330. 565. 69. 75.
8) Mur. 575.
9) Mur. 330. 5G5. 69. 75.
Texte u. Untersuchungen XI, 4. 8
114 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
68. (69.) 71. 72. 80. 86. 122.- (24.) 25. 57. 220. 48. a d f o p w.
(x5.)i)
2262 sgco — o siezQog £) DX KM/7 1. 9. 10. 27. 29.35.42.
46. 47. 2) 49. 50. 56. 58. 59. 61. 62. 66. 71. 77. 83. 86. 108. 16. 18.
22.- 24. 25.-27. 3) 31. 57. 226. 37. S(*01- 41. (46.) 52. 85. acdlm
ri o p q - w. (15.)
22i;, xov Irjoovv] avxov £) D M// 34. 39.42. 130.lat 157.
(124. avxov rov Iijöovv) w.4)
2264 Jt£QixaZvy)avzsQ avxov — ,.£xvjixov avxov xo xqoo-
oyjiov y.ai11 £jc?jqcoxojv — avxov" £) KM/7 w. (jisoixaZvipavxeq
avxov xo jTQOOmjtov sjtrjQOJxmv p 1. 4. 15. 80. 209. (20.) Das
letzte avxov fehlt in 42. 49. p. (18.)
226fi aQ%L8Q£ic, -\- xs § AX KM/7, auch hier sind die Va-
rianten auf der andern Seite angegeben, nach Scrivener gehören
hierher cdflninpw (y x semel), nach Matthaei 241. 45.
46.52, nach Alter 108.23.24. 218.20.25. Eine Zusammen-
stellung der Minuskeln, die auf der andern Seite stehen, findet
sich bei Hoskier a. a. 0. CHI. Danach gehörten auf unsre Seite
etwa noch 15. 29. 37. 42. 53. 63. 68. 91. 229. 300.
232 xo £&vog + rjfiwv § DHR KM/7 4.6. 11. 13. 25. 27.
42. 46. 49. 51.6) 54. 56. 59. 60. 62. 65? 66. 67. 69. 76. 80. 90. 106.
18. 22. • • 24. 25.m 27. 30. 31. 240. 44. (52.) 346. a c d e f i 1 p q
r v w. (L zsem- 13. 15. 47. 48. 49. 54.) 7)
23s axov£iv — itolla § D KM/7 1. 12. 16. 42. 59. 118.
19.31. 57. 209. w. (13. 69. 124. 237. 39. 59. 346. haben nolla
an andrer Stelle.) (7. 9. 10. 12. 13. 17. 48. 49.)s)
23,5 av£jt£i.iip£v yaQ avxov jcQoq rjfiag $ KM// 4.6.
12. 13. 15. 71. 80. 86. 89. 130.lat- 42. 45.ms. 57. 84. 220. a d p w
((L) z (x)). siqoq vfiag lesen 13. 69. 248. (71. nach Mill.)9)
1) Mur. 330. 565. 69. 75.
2) mit Mill gegen Wetstein.
3) Mur. 569. 75.
4) Mar. 330. 565. 69. 75.
5) Mur. 575.
6) 51 liest vfiojv.
7) Mur. 330.
8) Mur. 330.
9) Mar. giebt im Text die Lesart uveneßxpev yaQ avxov tiqoq vfiaq
(sicj und keine Variante.
IV. Die Gruppe K77(M) in den Evangelien. 115
23t 7 Der ganze Vers ist fortgelassen § A KZ7 w. (z semel
274 mit Obelos versehen.)
Ich stelle nun eine Reihe von Stellen zusammen, in denen
KM/7 allein oder fast allein stehen. An diesen Stellen muss
natürlich die Klasse, falls eine vorhanden ist, noch deutlicher
hervortreten.
Lk. 125G c-o xov ovoavov xcu t>/c yt}q XcDLTXK/7 9. 11.
15. 18. 28. 33. (49.) 74. 80. 83. 157. 219. 20. 41. 42. 46. 52. 53. 58.
59. 85. 300. 575. acdflninpq" i w. (H ? z y 48. 49.)
1228 xov Xoqtov orjfisQov sv (reo) ayoco ovxa TAQU
KM/7 " 1. 33. 69. 71. 106. 31. 220. 39. 48. 51. 53. 54. 58. 59. 346.
c p w. (48.) l)
1231 xavxa + jtavxa TxcAXKMZ7 textus reeeptus. Da-
her die Minuskeln auf der andern Seite angegeben.2)
1235 oo cu oo<pveg vncov TPAQK/7 25. 106. 57. 220. 43.
45. 52. (53.) 55. 59. 575. p i v w. (63.)
13o7 ~t~ 0L" soyaxai TAKM77U textus reeeptus. Daher
die Minuskeln auf der andern Seite angegeben.3)
13,, sv avrtj] svxavxi/ TDKMZ7 29.42.49.63.71. 114.
15. 16. 57. 569. o w.
222T ovxi] ovx KM77 1. 209. 20. 39. 344. cdlnw,
22:^ scog + ov XKM/7 4. 5. 9. 17. 42.69.80. 220. o p w.
(x 22.)
2242 3tagEV£yxeiv\....xai xLRKM/7 13.69. 121.24. 248.
346. ew xs BTD 1. 15. 22. 47. 49. 56. 71. 118. 31. 57.
220. c d p. (x 14.)4)
22,, s^tjXd-sxs XKM77 1. 11. 12. 15. 25. 29. 38. 42. 44. 46.
56. 57. 59. 71. 80. 90. 106. 19. 30. 31. 240. 44. 48. 569. d p q
w. (Orig.) (15. 17. H.)
1) Mur. 330. xov xoqtov xov arj/xi^ov ev xca ayQO ovxa.
2) nach Scholz 36." 108. 15. 122. 23. 31. 45. 235. 39. 45. 51. 58. 61.
433. 35, nach Wetstein 2. 7. 38. 44. 45. 59. 65, nach Alter 108. 23. Scri-
vener h v. Griesbach 115. 19, Mur. e sil. 330. (Dagegen 565. 69. 75. xavxa
navxa.)
3) — oi" 28. 49. 72. 125. 35. 45. 95. 250. 300. 433. (MM, Scholz,
Birch, Wetstein, Matthaei) b f (Scrivener) keine von den Hndsehrn. Alters,
Griesbachs, Tregelles. Mur. 330. (Ti. giebt al.2« fere an.)
4) Wetstein hat nur die Variante Ttagtveyxe (ai scheint nicht notiert ;
für s notiert er noch 6. 59. 80. 86. 88. nuQevsyxrj 14. 42.
HQ Bousset, Studien zum Neuen Testament.
226() XaXovvxoq avzov] Xai. zov jcstqov KM/7 15.29.
42. 49. 71. 80. 220. 48. l) 569. cdpw. (x.)
22,;4 — jiQocprjTSvoov KM/7 42. w. (Colb? bei Wetst.)
2270 df] ovv AKM// 1. 29. 42. 49. 69. 71. 86. 124. 209.
569. p w. (L z.)
232 oo zaiöagi (poQov öiöovai ARKM/7 15. 106.57.
300. epw, (z semel.)
Ich lasse noch einige Stellen aus Matthaeus folgen, die ich
mir bei andrer Gelegenheit gesammelt.
Mtth.4,0 öixzva + avrcov KZZ 42.63.72. 114.22.*- 252.
53. 565. w.
531 £QQe9-f] -ös Xa K/7 10. 18. 42. 46. 48. 58. 59. 62. 2) 63.
64; 66. 67. 72. 83. 86. 114. 24. 27. 31. 209. 25. 41. 46. 48. 76. 565.
69. a 1 m n p. (14. 32. z.)
710 ?/ xai BaC 1. 33. 38. 60. 61. 66. 235 51. 435.
7cai sav Rel.
rj xai eav KM/7 13. (17. 21. 24. 25. 72. 90.)3) 116. 19.
22. 31. 95. 240. 42. 43. 44. 45. 47. (48.) 53. 59. 73.scho1- 79.scho1- 569.
a h p q r w.
817 +av" eZaßevKII 42.67. 114. 122.- 242. 47. 76. w.(P.)
9 5 — y<xq TJKM/7 21.42.63.91. 114.18. 209.48-53.
376. 565. f w.
1010 rij~ tqo<p>/c] zov (iic&ov KM// 12.17.42.53.54.
55. 72. 91. 107. 11. 12. 14. 15. 19. 237.scho1- 48.64.99. 330. 565.
p w. (48. z )
1123 v) vipcofrsioa X^V KM/7 textus receptus; esil. beiScriv.
bcdefqrsw; Alter 218. e sil. 77. 124. 219. 220. 225; Gries-
bach 17. 119. e sil. 114. 116; Matthaei alle mit Ausnahme von
241. 46. 50. 53.4) Dermout 122. 433. 435. Muralt 330. 565. 69.
1) falsch Scholz 246. (cf. Matthaei.)
2) mit Mill gegen Wetstein.
3) Wetstein rechnet unter die Variante ?j xai eav auch solche Kodices
die nur rj xai lesen (s. Mill), daher sind seine Angaben nicht sicher.
4) >j wfHä&riQ lesen 6. 10. 13. 18. 24. 25. 27. 28. 72. 75. 108. 27. 51.
61. 62. 67. 209. 36. 61. 77. 338. 46. (Scholz) 3. 9. 32. 34. 35. 36. 40. 44.
48. 55. 62. 64. 66. 67. 71. 78. 83. 84. (Wetstein) af--ghklmnopv
Scrivener) 241. 46. 50. 59. (Matthaei) 115. 18. (Griesbach) 3. 123. 125. 224.
Alter) 169. (Birch) 700. (Hoskier); w vrvcoS-rjg lesen 1. 22. 42.
IV. Die Gruppe KJ7(M) in den Evangelien. 117
134 ra jcexELva -j- xov ovgavov KM/7 3. 4. 7. 13. 15. IS.
42. 50. 57. ») 60. 61. 63. 72. 76. 80. 90. 91. 106. 15. 22. 24. 42.ms- 57.
(nach Birch.) 218. 20. 40. 44. 47. 48. 52.m 53. 99. 330. 46. 565.
dprw. (H y 12. 13. 15. 17. 49.)
1328 övllegcofiev] ovXXt%o(isv LTKM/7 1. 3. 11. 13. 18.
22. 25. 28. 72. 73. 74. 76. 77. 83. 86. 89. 90. 91. 99. 108. 13. 15. 18.
22. 31. 209. 34. 35. 37. 38. 40. 41. 43. 44. 47. 51. 52. 53. 59. 62. :-
99. 301. 46. 569. a b • • d h i k 1 m n q r s w. (H j z 18. 49. 51.)
1332 + xavmv" xmv K/7 4. 5. 6. 10. 15. 18. 28. 34. 35.
36. 37. 39. 40. 41. (nach Mill.) 45. 46. 49. 51. 52. 53. 54. 56. 58. 60.
62. 66. 68. 72. 75. 80. 83. 84. 90. 116. 17. 42.m 57. 82. 209. (18.
20. 25.) 26.m 27. ■ • 34. • ■ 35. 37. 40. 41. 42. 44. 45. (48.) 52. 301. (433.
35.) 565. 75. adlmnopqrs" w. (2. 12. 14. 15. 18. 19. 49. z.)
14, cvd öovvai avxi] K/7 1. 4. 72. 157. 238. 243. 45. 48.
53. 300. e p w.
1532 etjcsv + avroig tfcCK/7 73. 91. 122. " 235. 43. 48.
53. 565. depw. (27. 48.)
Ich setze noch eine Stelle aus Johannes hierher, die deshalb
wichtig ist, weil in der betreffenden Variante eine Korrektur des
Origenes vorliegt:
Joh. 12S Brj&avia] B?]d-aßaQa TC2JUK/7 Orig. 1.13.
22. 33. 42. 66. 69. 77.m 78. 91.m 113." 14. 16. 21. 25."27.m 35.m
42." 45. 47. 51. 80. 219.m 37. 41. 46. 52. 62. 74. 85. 346. 1 " in n
t (q) w. (48.) (Darauf bezügliche Randbemerkungen (conf.
Scholz, Alter, Matthaei) haben 108.2937. 43. 51. 237.39.53.54.59.)
In erster Linie erweist sich die von Scrivener kollationierte
Minuskel w als aufs allerengste verwandt mit KM/7. Dieselbe
geht fast ohne Ausnahmen an allen Stellen mit jenen Hndschrn.
und kann mit ihnen als Führer der Gruppe angesehen werden.
Bei der Untersuchung der Verwandtschaft der übrigen Kodices
müssen zunächst die einzelnen Evangelien auseinandergehalten
werden. Beginnen wir mit den zuletztgenannten Stellen aus Mat-
thaeus, so zeigen sich als verwandt in erster Linie 42. 72. 114.
122. (zusammen mit 122.") 248.253. p = 482.565. (2Pe), in zweiter
Linie 63. 91. 237 243. 247. a = 470. d = 473. 569. (7Pe.) Eine
Verwandtschaft scheint ferner vorhanden mit Min. 116, die leider
1) 57 nach der Angabe von Mill.
118 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
nicht vollständig kollationiert ist, Berührungen mit 131. 157 und
der Klasse 13—69—124—346.
Gehen wir zu den Stellen über, in denen im Lukasevange-
lium KM/7 w alleinstehen, so folgen ihnen von andern Hndschrn.
diesmal in erster Linie 42.71. 220.248. p = 482 *) (auch 114.
116 erweisen sich als eng verwandt, leider sind beide durchaus
nicht vollständig von Griesbach kollationiert). In zweiter Linie
kommen in Betracht 15. 29. 49. 80. 106. 253.473. (=d) 569. Berüh-
rungen zeigen sich mit 1. 131. 157. 13—69—124-346.
Betrachten wir endlich die Varianten, in denen KM/7 mit
>Q gehen, so zeigt ein Blick auf die Liste (S. 112) im Vergleich
mit den übrigen, dass die Kodices 1. 33. 131. 157. 13—69—124 —
346 viel enger mit <p als mit KM77w verwandt sind. Es zeigen
sich hier verwandt in erster Linie 42. 49. 71. 220. 24S. 252. 470.
473. 482 2), in zweiter Linie 15. 29. 68. 86. 116. 118. 122. 251. 253.
254. 259. 300. Die beiden Listen von Minuskeln für Lukas stim-
men im grossen und ganzen überein, und kontrollieren sich gegen-
seitig.
Um die Gruppe, um die es sich hier handelt, noch deut-
licher hervortreten zu lassen, und ausserdem die Probe auf das
von uns erreichte Resultat an einer nicht zu diesem Zwecke und
von andrer Hand zusammengestellten Sammlung von Stellen zu
machen, bediene ich mich der verdienstvollen und wohl umfang-
reichsten Sammlung von Minuskeln, welche Hoskier in seiner
Abhandlung über die Minuskel 604 (= 700) 3) geliefert hat. Jeder
der nach eignen Versuchen die ungemeine Mühe kennen gelernt,
die es macht, aus den verschiedenen Ausgaben die immer wieder
mit andern Sigeln angegebenen Minuskeln zusammenzulesen,
1) Von den für Matthaeus gefundenen Kodices verlässt 72 die Gruppe,
und zeigt sich 253 als weniger eng verwandt, dafür tritt 71 ein. Von
den Hndschrn. Muralts zeigt 565 in den Lukasstellen keine besondre Ver-
wandtschaft.
2) Wenn aus den Angaben von Muralt e silentio ein Schluss gezogen
werden kann, so erscheinen die Hndschrn. 5G5. G9. 75 sehr häufig auf der
Seite von \> KM77.
3) A füll account and collation of the Greek cursive codex Ev. 604
London 1890. Hier hat H. Introduction XXIX— CX VI die bemerkenswer-
teren Lesarten von 604 gesammelt und so vollständig wie möglich die
Begleiter von 604 unter den Minuskeln zusammenzustellen versucht.
VI. Die Gruppe K77(M) iu den Evangelien. 119
wird dem Verfasser Recht geben, wenn er sich zum Schluss (CXV)
ziemlich scharf gegen Hort wendet: How useless and superfluous
to talk of Evan. 604 having a large „western element" or of its
siding in many places with the neutral text .... Do let us rea-
lize, that we are in the infance of this part of the science and
not imagine that we have successfully laid certain im mutable
foundation stones. — Das ist ganz gewiss richtig. Dennoch
hätte Hoskier auf der andern Seite nicht so ratlos vor seinem
Stoff stehen bleiben sollen und versuchen ihn ein wenig zu ordnen.
Was nützt denn dieses fortwährend anschwellende Material,
wenn es uns nicht gelingt es zu überwältigen! Es wäre besser
gewesen, wenn Hoskier seine Arbeitskraft einer glücklicher ge-
wählten Minuskel gewidmet hätte, als dem ganz willkürlich va-
riierenden Kodex 700, der nur das tote und unverwertbare Mate-
rial, das wir schon besitzen, vermehren kann. Will man weiter
kommen, so wende man seine ganze Kraft zunächst den Minus-
keln zu, die sich klassificieren lassen. — Wir wollen mit dem
Schlüssel, den wir gefunden, auch an jene Sammlung herangehen
und sehen, ob sich nicht leicht eine bestimmte Textgruppe ab-
sondern lässt. Ich stelle wieder aus Matthaeus die Stellen
von den bei Hoskier notierten zusammen, in denen die Überein-
stimmung von K77 auf unsre Gruppe führt, und unterstreiche die
Kodices auf die ich das Augenmerk richten möchte:
3, -6£ DELSV^S1 KM/7 2. 3. 4. 9. 14. 15. 28. 34. 36. 38.
39. 40. 44. 45. 49. 53. 60. 64. 72. S4. 87. 106. 14. 22. 23. 42. 82.
219.36.43. 53.69.74.99. 301. 440. 73. 570. 8. 66. 69. 70. (195.)')
532 Ttaq o ajcoXvmv £> J2 KM/7 1. 4. 5. 6. 7. 13^14. 16.
21. 22. 24. 25. 33. 37. 45. 53. 61. 63. 72. 75. 77. 78. 9_L 108. 14. 24.
27. 57. _225. 35. 37. 42. 47. 4S. 74. 76. 99. 300. (473.) 507. 16.
(8. 9. 10. 12. 14. 18. 19. 36. 48. 49. 150. 222. 234. 259.)
1) 513 fehlt bis 1353. — Natürlich geht auch jedesmal die Minuskel 700
in den angefühlten Stellen mit KM/7. Aber eine Verwandtschaft derselben
mit KM77 lässt sich deshalb noch nicht ohne weiteres behaupten. Sonder-
lesarten von KMH teilt 700 im Matthäus nur wenige, von den oben S 116
angeführten (also bis Cap. XV keine einzige. — Zu bemerken ist noch, dass
ich die bei Hoskier nach Serivener angegebenen Minuskelzahlen nicht in
die Tischendorfschen umgesetzt habe. Ich bemerke, dass 473 Scr. = 565 Ti,
47.3 = .3(39. 476 = 330. 507 (w) = 489. 509. (a) 10. (b) 11. (c) 12. (d) 13. (e)
Scr. = 470. 71 72. 73. 74 Ti. 570. (p) = 482.
120 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
104 + o" löxaQicotrjg BsDSJ KM/Z 1. 33. 84. 124. 218.
37. 43. 48. 51. 507. 11. 12. 13. 14. 16. 17. 72. (47. 48. 5Ö~52. 53.
55. 233. 34. 57.)
153G zoig oxloig § KM n 1^ 12. 13. 33. 59. 80. 91. 124.
57; 238.43.46. 511. (18. 19. 49. 150. 259.)
168 — avroig § D SU2 KM/7 _1_ 4. 33. 36. 38. 42. 57.
68. 91. (124.) 57. 209- 20. 37. 38. 43. 45. 48. 473. (507.) 13.
(48- 259.)
16M ccQrmv § S KM/Z _L 5. 13. 15. 25. 28. 33. 36._37. 40.
54. 56? 58? 59. 60. 61. 72. 75. 80. 118. 122. 24. 36. (42.) 48. 57.
82. 83. 84. 220. 25. 35. 37. (38.) 40. 43. 44. 48. 51. 52. 53. 58. 88.
301.46. 507. 8. 9. 12. 13. 70. (48. 222. 259.)
1620 — Irjoovq <p XrJ n 1^6. 8. 14. 35. 3_7. 40. 42. 50. 53.
56. 58. 60. 6L 62. 64. 66. 71. 72. 74. ■• 75? 77. 80. 83. 85. 86. 108.
14. 15. 16. 24. 27. 42. 201. 18. 25. 35. 37. 38. 40. 41. 42. 44. 45.
46. 48. 51. 52. 58. 59. 85. 507. 9. 10. 13. 42. 66. 68. (15. 36.)
174 rjXta utav XCLD J2 K/Z 1.2.6.13. 33. 61. 84. 85. 86_?
124. 25. 225. 29. 38. 45. 48. 301. 46. 507. 11. (50. 53. 54. 259.)
(114. 513 fehlen s.u.)
193 oi BCL AS MZZ 1. 4. 33. 72. 237. 38. 42. 48. 53. 473.
507. (150. 259.)
— avzco1 £> r2 KM/Z _L 6. 25. 36. 37. 42. 60. 63. 72. 77.
115. 16. 24. 31. 235? 42. 48. 53. 99. 473. 507. 9. 12. 13. 16. 70.
(22. 48. 150. 234. • • 57. 59.)
19s (icavarjg £ DN^1 KMZZ 13. 15. 33. 69. 124. 220. 3_7.
43. 47. 48. (52.) 53. 346. 507. 13. 66. 70.
1924 TQVftaXiag CÜ2 KM 4. 42- 46. 52. 54. 72. 77. 80. 114.
24. 57. 87.m 219. 38. (48.) 62. 473? 507. 13. 70. (196.) l)
1929 oixiav K 8. 27. 28? 29.33. 35.37.42. 56. 58. 60. 64. 66.
69. 71. 72. 75. 86. 114. 201. 25. 42. 43. 48. (52.) 473. 507. 10.
12. 42. 68. 70.
2030 vis tfCDEFLN^" II _L 2. 4. 6. 13. 33. 69. 80. 91. 124.
(229.) 38. 40. 43. 346. 440. 73. 75. 507. 43. 71. (6. 44. 47. 150.
195. 96. 222. 34. 57.)
2128 — fiov «CLD_/^ KM/Z _L 6. 13. 22. 25. 33. 37. 42. 67. 71.
73. 106. 14. 24. 225. 45. 48. 346. 473. 507. 13. (6. 17. 18.
19. 24. 48. 49. 195. 96. 259.)
1) n fehlt 1912— 202.
IV. Die Gruppe K77(M) in den Evangelien. 121
2133 -zig Ö DSJ2 KM/7 _L3. 4. 9. 22. 32. 33.34.36. 38. 39.
42. 44. 49. 57. 63. 71. 72. 84. 87. 91. 114. 22. 27. 42. 224. 29. 3_7.
48. 53. 59, 473. 507. 11. 16. 69. 75.
222l 4- reo" xcuaaoi DJ KZ7 27.32. 473. 513.
2223 — ot" Uyovreq £> VSJ M/7 _L2. 3.9. 12. 13.33. 36. 44.
61. 71. 73. 86. 106. 16. 19/22. 57. 82. 87. 209. 20. 25. 37. 38. 43.
47. 51._53 58. 59. 99. 509. 11. 13. 15. 70. 75. (18. 36. 44. 48. 49.
150. 222. 257.)
2224 (loavOTjq BLZ^D KM/7 13. 15. 33. 69. 71. 72. 76. 124.
243. 47. 48. 53. 346. 507. 13- 70. 75. (150.)
2246 cutoxQifrrjvai avxco £> DJ2 K/7 13. 28. 33. 45. 47. 62.
69. 71. 73. 83. 86. 124. 25. 57. 201. 24. 37. 38. 41. 46. 48. 52.
346. 435. 73. 76. 507. 9. 13. 42. 68. (44. 195. 222. 259.)
24, 8 xo inaxLov £> D2 K/7 _L 4. 13. 18. 33. 42. 62. 63. 69.
71. 72. 83. j_14. 18. 24. 25. ■ ■ 67. 201. 9. 26. 40. 41. 44. 46. 48. 52
53. 346. 433. 73 507. 13. 42. 68. (14.JL8. 54. 63. 259.)
2436 — fiov § DJH n _L4. 5.6.13.27.32. 33. 36.J37. 38.40.
42. 69. 71. 72. 114. 57. 218. 37. 38. 45. 51. 58. 59. 346. 435.
73. 507. 13. 70. (20. 234. 59.)
252 — ai § D2 KT/ _L6. 33.42. 46. (71.) 75.84. (102.) *) 57.
209. 38. 40. 44. 53. 507? (11. 13. 14. 17. 70.) (48. 49. 50. etc.)2)
252l — de" § DEür^ KM 27. 33. 40. 51. 53. 61. 63. 68. 75.
86. 1_24. 27. 31. 237. 38. 40. 43. 44. 47. 48. 52. 53 5b. 59. 433.
509. 12. 15. 70. 75. (9. 10. 12. 13. 16. 17. 18. 20. 24. 47. 48. 49.
150. 222. 257. 259.)
2617 —avxoD § J KT/ (1.) 28. 33. 36. 40. 42. 47. 53. 56? 58?
59. 69. 72. (102.) 6. 14. 259. 300. 507. 13. 70.
2652 — oov ü K// 2S. 33 42. 47. 53. 61? 68. 72. 115. 22. ••
248. 59. 508. 11. 13.
' 2653 Xeyecovcov CS K/7 13. 33. 42. 72. 114. 473.
2765 — de BL EFGH KM2 28. 33. 36. 37. 40. 46. 53 54.59.
61. 67. 69. 71. 73. (102.) 6. 8. 13. 15. 24. 57. 220. 35. 37. 38. 40.
44. 45 48. 52. 53. 59. 346. 433. 40. 509. 12. 15. 16. 70. 71. (1.
13. 14. 15. 16. 17. 19. 20. 24. 36. 40. 44. 47. 48. 49. 53. 54. 150.
222. 34. 57. 59.)
1) 114. 116 e sil. nach Griesbach.
2) 513 fehlt, also irrtümlich von Hoskier angegeben.
122 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
289 vjtrjvrrjOBV BmGi: 77 1. 42. 72. 73. 74. • • 114. 18-1) 24.
209. 48. 85. 346. 473. 75. 507. 12. 13. (53.)
Ich stelle noch einige Stellen nach Hoskier aus Markus zu-
sammen, in denen die Gruppe K77 allein steht.
Mrk. 113 — sv xr/ sq^co K/7 1.4. 9. 11. 12. 20. 28. 42. 50. 69.
72. 114.24.31. 209.53. 300. 473. 507.13.
221 fflys J2 K/7 11. 12. 15. 28. 33. 42. 68. 114. 265. 300.
46. 473. 507. 12. 13.
32 toig oaßßaöiv avxov &sqccjisvO(u K 72. [114.]2) (220.)
265. 507. 512.
528 Isyovöa sv savxi) DZ K77 (1. 11. 12. 15. 19. 27. 33.
42. 51. 53. 54. 60. 68. 72. 76. 107. 8. 11. [14.] 19. 22. ■ ■ 42.m 58.m
209. 19. 20. 29. 37. 47. 48. 52.m 53. 59.) 282. 300. (46.) 58. 433.
49. 73. (76. 507. 8. 13. 69. 72.) (2. 13. 18. 19. 49. 195.)
62 yvcovxat DK 4. 8. 114. 22. 220. 45. 47. 48. 51. 53. 82.
435. 507. 12. 13. 69.
635 — avrco" fta&r/xai Xsyovotv + avrco (xA) D (K)77
11. (13.) 15. 42. 53. 67. (69.) (71.) 72. 77. [114.16.] (124.) 57. (220.)
25. (26.) 29. (35.) (37. 38.) 53. (59.) (61. 82.) 346. 473. 507. 9. 12.
13. 69. (222.)
645 ajcolvöst E.TK 9. 11. 13? 28. 61. 69. 89. 107. 8. 19. 24.
27. 237. 38. 40. 41. 44. 45. 46. 48. 52. 59. 475. 507. 9. 12. 42.
43. 68. 70. 71. (150. 259.)
7n + avxov K 11. 27. 53. 54. 68. 80. 220. 29. 473. 507.
S. 12. 69.
821 Xsysi DF K/7 11.20.25.28.35.36.40.45.48.50.51.
53. 54". 62. 74. 80. 83. 86. 89. 90. 108. [14.] 25. 201. 29. 34. 37.
38. 44. 46. 71. 300. 473. 75. 77. 507. 9. 12. 13. 15. 42. 43. 68.
71. (48. 222.)
10l7 +löov rig Jilovöiog" — eiq" A K(M)i7 4. 11. 13.15..25.
28. 42. 50. (61. 63.) 66. 69. 91. 114. 16. 24. 229. 34. •• 35. 53. 99.
300.46. 406.(73.) 507.9.11.12.13.70. (15.)
10, 9 — w ajio6TSQT]6r]g" BJZ K77 1. 17. 28. 59. 64. 69. 72.
114. 18. 22. 209. 29. 45. 53. 58. 405. 40. 507. 13. (9. 10. 15.)
1) nach Griesbach, von H ausgelassen. ,
2) Im folgenden scheint Hoskier die Symb. crit. von Griesbach nicht
benutzt zu haben. Die hinzugefügten Notizen habe ich jedesmal einge-
klammert.
IV. Die Gruppe KZZ(M) in den Evangelien. 123
102S ri^aro ös N^" K/7 10. 11. 18. 25. 28. 42. 51. 56. 58. 60.
61. 62. 66. 71. • • 72. 74. 76. SO. 83. 89. 90. 114. 16. 23. 24. 25. 201.
19. 20. 29. 34. 38. 41. 46. 53. 85. 346. 507. 12. 13. 42. 43. 69. 70.
71. (15. 17.)
1051 o irjoovq Xsysi avtco KZZ 11. 114.116. 220.37.52.
53. 59. 507. 13. 69. (48.)
118 sv z)] odq>1 AN .£ KM/7 11. 15. 28. 42. 49. 63. 66. 68.
69.72.91. 114.16.' 220.58.65.99. 300. 435.40. 507.12. (48.)
sv t-q oöm2 NU KM/7 11. 15. 66? 72. 92. 114. 116. 220.
29. 37. 53. 59. 65. 440. 73. 507. 12. (48.)
11, - ccvtov sstoirjöars AC M/7 1.11.33.72.77.90. 209.
65.99. 300. 473. 507.13.43.70. (18.19.49.150.195.222.259.)
lll9 s^sjcoqsvovto B Azl KM// 11. 27. 28. 42. 50. 63. 68.
72. 10S. 24. 220. 65. 300. 473. 76. 507. 11. 13. 70. (195.)
1326 y.ai öo^g jioUtjg KJ MZZ 3. 4. 6. 9. 11. 12. 13. 14. 15.
28. 36. 37. 38. 39. 40. 42. 44. 47. 50. 51. 53. 54. 60. 61.63.68.69.70.
72. 78. 91. 106. 8. [14. 15.] 24. 27. 31. 42. 57. 218. 19. 20. 38. 45.
53. 59. 62. 99. 346. 507. 9. 11. 12. 13. 70. (2. 13. 15. 17.)
1441 — rag AF KÜW KZZ 1. 11. 69. 72. 114. 16. 31. 42.
220. 29. 35. 38. 53. 435. 73. 76- 507. (18. 198.)
1453 + Kaiacpav A KM/7 4. 11. 13. 27. 42. 54. 61. 69. 72. 76.
91. 106. [14. 16.] 24. 209. 29. 34. •• 38. 48. 52.m 53. 99. 346.
473. 507. 11. 13. 70. (20.)
ib. xcu ol ■yQaiuiuccT£iq xat oi jiosoßvxsQoi A(D) KZZ 11. (72.)
[114.] 220. 53. 300. 473. 507. 12. 70.
15, 3 + Xsyovrsg" ozavocooov A D KMZZ 15. 42. 47. 72. 76.
[114.] 22." 238. 48. 52. •• 53. 473. 507. (7.9.10.12.13.15.
19. 49. 195. 198. 222.)
16,, oaßßaxcov KZ/ 1. 4. 7. 11. 17. 28. 29. 37. 40. 42. 44.47. 63.
65. 67. 68. 74. 80. 89. 90. 108. [14. 18.] 25. 31. 54. 93. 209. 29. 34.
35. 40. 44. 45. 47. 48. 51. 53. 507. 8. 11. 12. 43. 69. 71. (18. 24. 35.
44. 47. 48. 49. 53. 150. 222. 34. 57. (59.))
Für Lukas stelle ich folgende Stellen zusammen: (die unter-
strichenen sind von mir zusammengestellt, die übrigen aus
Hoskier.)
1 2 jiaoeöcoxav KZZ 29. 72. 73. 253. 507. (44. 69 nach Scriv.
von H ausgelassen.) (44. 53.)
2,.- svaeß^g $r KT/ 11. 15. 63. 68. 72. 114. 33. 220. 53. 5-1.
473. 507.12.69. (196.234.)
124 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
25, Tß Q/jfiara ajiavra ravxa AD K/7 72. 114. 253. 300. 473.
507. 11.
42, — 6s DK 28. 91. 239. 99. 300. 413. 40.
4:-iS + o L]Gov? AM/7 11. 42. 54. 64. 68. 114. 30. 220. 248. 53.
300. 415. 40. 473. 76. 507. 9.
5 - sZ&ovtoq K// 124. 400. 73. (48.)
6 4 — slaße xai 2*zf K/7 1. 13. 15. 16. 19. 34. 36. 39.42. 50. 63.
68. 69. 72. 107. 24. 31. 57. 209. 43. 53. 54. 300. 46. 435.
73. 507. 13. 70. (24. 31. 44. 47. 50. 150. 222. 234.)
6 s tsrjQafiiiBvvjv KM/7 40. 42. 53. 63. 68. 72. 114. 239. 53. 59.
99. 473. 507. 70. (48.)
7, , -f rr/c JcoÄscoc K/7 25. 42. 54. 59. 63. 72. 114. 33. 248. 53.
473. 513.
713 ex avrijv aRUXr K/7 13. 33. 42. 44. 61? 63. 69. 72. 116.
17. 235. 48. 51. 54. 346. 473. 507. 9. 13. 15. 70. (18. 20.
44. 47. 48. 196? 259.)
725 s^lfrere KM/7 1. 15. 42. 45. 46. 49. 50.52. 53. 63.71. [114.
16. 17.] 24. 29. 31. 33. 220. 25. 54. 512. 69. (48. 150.)
816 Xvxvtap*) (KD) U (KM/7X) (2.42.63.68.72. [113.16.]
23. 24. 33. 57. 220.) 51. (53.) (300.) 46. (475.) 507. (20.
29. 31. 32. 40. 44. 47. 48. 50. 53. 150." 234.")
845 — xcu öl (isz avrov B/7 42. 63. 70. 72. 220. 53. 300.
507. (70.)
921 + avzoiQ K/7 28.42.63. [116.] 209-53. 507.70.
927 + oi" rivsc A K/7 15. 27. 42. 116. 45. 220. 37. 48. 53.
507. 13. 69. Orig.
9sr, + o Irjoovg KZZ 2.25.40.42.57.60.63.64.68.71. 114.
16. 21. 22." 234.m 39. 42. 48. 53. S2. 300. 507. 8. 9. 12. 13.
43. 69. 70. (44.)
ll,5 + zw" aoyovri £> A KM/Z 13.25. 27.33. 42.45. 63. 69. 71.
86. 106. 13. 14. 24. 42." 57. 253. 300. 46. 507. 8. 12. 70.
(18. 19. 48. 49. 150. 222. 259.)
194^£/;.£KUJ 1.3.11.28.56.61.71.74.90. 108.15.25. 219.
20. 25. 34. 40. 42. 43. 44. 45. 48. 54. 59. 382. 435. 507. 9. 1 2.
43. 66. 69. 70. 71.
Hinzuzuziehen sind die oben zusammengestellten Varianten
aus Luk. XII. XIII. XXII. XXIII.
1) es sollte heissen + xrjv" /.vyviav.
IV. Die Gruppe K/7(M) in den Evangelien. 125
Es folgen einige Stellen aus Johannes.
3ao avrov ra bq'/u AK/7 1.72.74.90.114. 475. 507. S. 9.
70. 71.
4 2 avrog Ljoovg AD K/7 33.80. 123. 218.19.25.54. 473.
75. 507. 70.
637 — b" hb LA K/7 1.3. 44. 74." 70. 123. 218.19.25.54. 473.
75. 507. 70. (47. 196. 234.) 0
654 + bv CTSrVAA KM/7 9. 10. 12. 19. 24. 44. 56. 58. 60. 61.
69. 71. 73. 76. 77. 86. 87. 91. 98. 106. 8. [16. j 19. 22. 23. 24.
31. 42." 218. 19. 20. 25. 35. 44. 45. 48. 49. 53. 54. 58. 59. 62.
85. 99. 433. 35. 40. 74. 507. 9. 12. 17. 70. 72. (4. 47. 49.
196. 222.)
655 — 7aQ FaK 42. 229. 473. 507. 13.
814 v aov BTDÜXJ K 1. 4. 5. 10. 11. 15. 16. 22.33.42. 48. 52.
54. 58. 60. 61. 62. 65. 66. 73. 74. 76. 83. 90. 106. 22." 27. 45.
201. 20. 34. 41. 46. 47. 50. 52. 54. 62. 85. 99. 476. 77 507.
8. 12. 17. 42. 43. 69. 70. 71. (234.")
826 lalco £ DÜXz/ K 1. 10. 13. 15. 33. 42. 51. 53. 68. 69. 70. 73.
80.89.90. 108. [16.] 18. 24. 27. 57. 234.35.45.49.51.54.
85. 473. 507.8.9.17.43.69.70.71. (19.)
10 - — ort BL GUX K/7 1. 12. 25. 33. 36. 40. 53. 57. 63. 68. 71.
86. 90. 91. 108. 16. 42. 245. 48. 53. 59. 99. 507. 9. 70. (24.
31. 150.)
10 8 rjl&ov jtqo Bfiov § AXD K/7 1.3? 13. 18. 33. 56. 58. 61. 69.
71. 73. 76. 83. 86. 122." 23. 25." 27. 45. 57. 70. 201. 18. 39.
41. 46. 47. 48. 49. 51. 52. 53. 54. 59. 62. 99. 346. 440. 507.8.
9. 10. 12. 17.42. 68. 70." (54.55.)
1157 — xcu § AUX^ KM// 1. 4. 5. 7. 11. 13. 22. 25. 42. 51. 56.
58. 61. 69. 74. 76. 89. 90. 91. 95. 97. 116. 18. 57. 220. 34. 47.
48. 49. 53. 54. 346. 440. 507. 8. 9. 43. 70. 71.
1315 ÖBÖcoxa SA KM// 1. 10. 13. 16. 22. 28. 33. 35. 37. 42. 51. 56.
58. 61. 69. 83. 108. [16.] 23. 24. 25. 31. 57. 201. 18. 19. 20.
25. 26. 35. 41. 45. 46. 48. 49. 52. 85. 346. 476. 507. 8. 12.
17. 42. 68. 70. (2. 14. 20. 48. 49. 53. 54. 55. 195. 222. 34.
57. 59.)
1) von hier an geht 004 mit unsrer Gruppe.
12(3 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
16n _ £7C0 £ AA M/7 33. (69.) 72. [116.] 24. 245. 54. 346.
473. 507. 9. 43. 70. (48. 222.)
17L1 + xai ßSUX M/7 36.45.51.69.91. 125. 225.47.54.
(150. 259.)
172ü + Jtavrcov X/7 1. 15. 27. 42. 76. 78. 122. " 247. 54. 99.
473. 76. 507. 70.
1723 yivmöxsi UTA K 89. 225. 47. 48. 59. 346? 435. 507.
8. 10. 12. 15. 43. 66. 75. (6. 50. 234. 57. 59.)
1829 + £ga> £> X/7 1. 13. 27. 33. 42. 53. 69. 78. 124. 27. 220.
49. 54. 473? 507. 9. 15. 70. 75. (63. 196.)
183] ösAU&En 1.27. 29. 33? 42. 220. 473. 507.9.70. (198.)
1834 axsxQLvazo AU6> /7 1. 33. 157. 254. 99. 473. 507. 9. 70.
(15. 63. 190.)
1834 — avzco BL ACUXY M/7 1.33.157. 249.99. 473.
507. 9. 70.
183g + iva aUY K/7 12. 15. 27. 91. 119. 220. 45. 476. 77.
507. (15.") (195.)
1840 — üialiv GU KZZ 1. 10. 13. 18. 23. 33. 35. 36.42. 44. 47.48.
50. 57. 58. 61. 62. 66. 69. 73. 83. 124. 25. 27. 201. 18. 20.
26/ • 40. 41. 44. 46. 52. 53. 85. 99. 346. 473. 77. 507. 9. 17.
42. 43.' • 68. 70. (2. 7. 14. 54. 63. 196. 222.)
1923 + xat 7/q/ovto XQog avzov § VXA II 4. 13. 15. 27. 33.
38. 42. 68. 69. 78. 106. 24. 220. 54. 62. 346. 440. 73. 75.
76. 77. 507. 9. 70. *
Dem gemäss stellt sich das Verwandtschaftsverhältnis der
Minuskeln zu unserer Gruppe folgendermassen.
Durch alle Evangelien hindurch zeigt sich der Kodex
4S9 = 507 = wscr- aufs allerengste verwandt. Ihm folgen:
Für Matthaeus in erster Linie 42. 72. 114 (dessen Verhält-
nis sich noch günstiger stellen würde wenn er vollständig kolla-
tioniert wäre), 124 (doch hat 124 einen ganz merkwürdig ge-
mischten Text), (237.) (238.) 243. 248 253. 474 (= 513. escr-) 482
(= 570 pscr- ) 565, in zweiter Linie 28. 37. 53. 63. (in der ersten
Hälfte des Mtth.) ^lie Angaben aus 91 + 299, wenn sie wirk-
lich aus demselben Kodex stammen (s. Gregory zu Min. 91
S. 487), 71. (Scr. g.) (75? 86?) 106 (nur sehr wenig vollständig
angegeben), 116 (ebenfalls nur ganz unvollständig kollationiert),
IV. Die Gruppe KZT(M) in den Evangelien. 127
122 (namentlich die Korrekturen in der Hndschr.) 225. 245.
259. 470 (== 509 ascr) 473 (= 512 dscr) *)
Im Markus in erster Linie 11. 2S. 42.72.114.220.229.253.
300. 473. 474. 565, in zweiter Linie 15. (53.) 63. 63. 91. 116. 1~22~
(• und ••) (124.) 237. 248. 259. 470. 482.
Im Lukas 42. 63. 72 (mindestens in der ersten Hälfte). 114.
24S. 253. 565 (in der ersten Hälfte des L), in zweiter Linie 15.
29. 68. 71. 116. (133?) 220. (254.) 300. (470.) (473.) 474. 4S2.
Im Johannes 42. 91. (114 ist in vielen in Betracht kommen-
den Stellen nicht notiert)- 220. 248. 253. 254. 470. 482. 565, in
zweiter Linie 15. 27. 73. 76. 90. 122. 218. 259. 473. 4S3~
Von Evangeliarien kämen etwa in Betracht 18.2) 19. 24. 36. 47.
48. 49. 150 (Scr.H) 181 (Scr.P) 183 (=257xscr-) 184 (=259yS(*-)
185 (= 222 zscr). Doch sind fast alle, namentlich die letzten, auch
vielfach mit § verwandt.
Eine Vergieichung der Liste aus Matthaeus und Mrk. erweist,
dass die scheinbare Verwandtschaft von K/7w und 1 — HS— 209.
33. 131. 157 zum grössten Teil durch <Q vermittelt ist. — Eine
besondere Untersuchung erforderte die Klasse 13 — 69 — 124 —
346, von der sich namentlich 124 als speciell berührt von K/7
erweist.
Es bleibt noch ein grosses Feld für Einzeluntersuchungen.
Es wird möglich sein innerhalb unserer Klasse noch wieder
Gruppen zu unterscheiden, wie ich es in der Hndschrngruppe
der Apokalypse versucht habe. Es müssten alle genannten Ko-
dices ausser den von Scrivener und etwa den von Matthaei kolla-
tionierten noch einmal kollationiert wrerden. Es ist zu wünschen,
1) im grossen und ganzen für Matthaeus dieselben Hndschrn. wie oben
S. 117; hier kommen noch einige andre hinzu. Ton denen die oben ange-
geben waren, zeigt sich hier nur 247 nicht enger verwandt, 474 = 513 (eser.)
fehlt in der ersten Hälfte des Matthaeus. Einige Variationen gegenüber
der obigen Zusammenstellung zeigen die Lukashndschrn. Die Verwandt-
schaft von 71 erscheint hier nicht so gross. 72 ist nur in dem ersten
Teil des Lukas vex*wandt, daher in obiger Zusammenstellung nicht vor-
handen. 63 fehlt dort und zeigt, sich hier eng verwandt. 40 erwies sich
dort verwandt und fehlt hier.
2) nach Gregoiy vielleicht che verloren gegangene Min. 106. 181 ist
in Ciscissa in Kappadocien geschrieben im Jahre 9S0.
JOS Bousset, Studien zum Neuen Testament.
dass die Unmenge der noch nicht kollationierten Min., wo Ge-
legenheit sich bietet, daraufhin untersucht würden, ob sie zu
unsrer Gruppe gehören oder nicht. Das kann zunächst leicht
durch Stichproben geschehen, schon nach den oben angeführten
Stellen, die man sich etwa noch für Lukas und Johannes etwas
ergänzen müsste. Es wäre zu wünschen, dass wie Lagarde im
alten Testament seine Lucianrecension herausgab, so auch im
neuen Testament der Versuch, die Archetypen der einzelnen
Gruppen von Hndschrn. herzustellen, gemacht würde, und nach
diesem Archetypus etwa die künftigen Kollationen der zugehö-
rigen Min. unternommen würden.
Ich stelle einige Notizen über die genannten Kodices zusammen.
489 (w) Cant. coli. Trin. B. 10. 16. = Ac. 195 = P. 252. Als
letzterer ist uns der Kodex schon bekannt. Über ihn zu ver-
gleichen: Scrivener Kodex Augiensis XXXVIII. Er wurde 1316
auf dem „heiligen Berg" Sinai geschrieben. Diese Angabe der
Lokalität der Hndschr. ist höchst bedeutsam. Schon Field be-
obachtete die Verwandtschaft mit K. (s. darüber Zusammen-
stellungen bei Scr. XL).
42. ist leider verloren gegangen. Was wir von ihm wissen
ist in Bandbemerkungen zur dritten Stephanus -Ausgabe von
Petrus Pithaeus notiert, und findet sich aufgenommen bei Mill-
Küster. Schon Mill bemerkte die Verwandtschaft mit K.
72. Lond. mus. brit. Harleianus 5647 „Olim monasterii Si-
meonis Thaumaturgi sv reo frav/uaoTco oqei tempore petri Ab-
batis. XI. Jh. Er gehörte dem Presbyter David, Sohn des Metro-
politen Michael von Bosra. Arabische Anmerkungen im Kodex.
Kollation bei Wetstein, vgl. Griesbach, Symb. crit. I. CLXXXI. J)
114. Lond. mus. Brit. Harl. 5540. XI? Jh. Es fehlen
Mtth. 174_1S. 2659— 73. 28ly— Mrk. 112 (von späterer Hand einge-
schoben). 2)
1) Griesbach: „concordat cum ADK 28.29.41."
2) Griesbach (Symb. crit, I. CLXXXXIV) hat Mtth. 8—11 verglichen.
Inisini vero inspexi reliquam Matthaei partern, Marcum, Luc. I — XIX, Jo.
I — IV. Die Hndschr. bedarf dringend einer Kollation. Gr. zählte sie zur
Kla.-se K 42. 63.72 (consensum frequentem cum ACDKL 33, paene perpetuum
autem cum insigni codice 42, atque item cum 63 et 72); vgl. Hug, Einleitung
193 eine lehrreiche Tabelle, durch die Hug die Zusammengehörigkeit von
[A KM 42. 106.) 114. 116. 253 beweisen wollte.
IV. Die Gruppe K77(M in den Evangelien. 129
243. Mose, typogr. synod. 13. XIV. (XIII.) Jh. „Fuit quon-
dani in Monte Atho in monasterio Iberorum." Matthaei Thes-
salon. 246.
24S. Mose. syn. 277. a. 1275. ,,6ia ytigcöv MeZ&ciov uovayov
rov Ix .IsQgoiag OQficofisvov die övvÖQOfirjq xai fiiod-ajtoöooiag
. . . rov . . . hgoiwväyov Kvqov AXvjiiov .... %7]g . . povrjq xov
yscooyioi- xf/g rov fiavQOV Ijicovviioi-iitvrig'' Matthaei Thess. 197.
nach Matth. verwandt mit 71.
253. Olim Moscuensis Nicephori. XI. (X.) Jh. „Olim Xice-
phori Chersonis et Slabinii archiepiscopi." Matthaei 10. Nach
einer Bemerkung von späterer Hand war der Kodex einst im
Kloster des heiligen Michael zu Jerusalem. (Matthaei Thes-
salon. 236.)
473. Lambeth. 117S. XIII. Jh. (Scr. XI.) Scr. d. Es fehlt
Mtth. lj-s,. Die Verwandtschaft mit g und p1) wird von Scri-
vener XXXII hervorgehoben.
474. Lambeth. 1179. XL Jh. Scr. e. (513.) Es fehlen Mtth.
li— 1353. 162S — 1718. 2439— 25,,. 2671— 2714. Mrk.832— 99. Joh.
118_30. 13s, — 2125- Olim in mon. Trinitatis in insula Chalce.
4S2. Lond. raus. Br. Burneii. 20. XIII. Jh.-) Scr. p. 570.
„saepe cum 4S9 consentit". Nach Scr. mit c d e g verwandt.
565. Petr. caes. Muralt. 53. (Scr. 473. Ti.2Pe0 IX. X.)Jh. Eine
spätere Hand in Mtth. 20lS_26. 2145— 229. Lk. 1036_112. 1S25_37.
2024— 36- Joh 17j_12, desunt Joh. 1126_4S. 132_23. Kollation bei
Muralt und Belsheim, das Evangelium des Mrk.3) „Olim rnona-
sterii s. Joh. prope Houmisch-Khan in Ponto, ferebatur manu
Theodorae imperatricis scriptus esse." Sehr bemerkenswert ist
die sieh beim Markusevangelium findende textkritische Bemer-
kung: r/Qctqj] y.at avTsßXrjjh] ex xeov ceqoooävücov jraZaicov
avTiyQCKpmv. 565 ist zwar speciell verwandt mit unsrer Gruppe,
aber er zeigt sichtlich gemischten Text. Ich warne davor den-
selben infolge seiner vielen altertümlichen Lesarten zum Aus-
gangspunkt der Untersuchung zu wählen, wie Hoskier es mit
700 gethan.
1) 71 und 482.
2) Scriv. XLIX an der Jahreszahl ist geändert, (c, rp Z y) „some silly
person has changed the \p into v" 'aus 6793 (= 1285) : 6493 (= 985).
3) Forhandlinger i Videnskabs-Selskabet Christiania 1886.
Texte u. Untersuchungen XI, 4. 9
130 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
11. Paris. Nat. 121. 122. XII. Jh. Einst im Besitz eines ayiov
NixoXdov (NrjXcoAaov) rr/g xoQiavr/g(?) Kollation bei Scholz1),
geht im Markus mit unsrer Gruppe.
63. Dublini coli. Trin. X.(?) Jh. Kollation bei Mill, neuer-
dings von J. Twycrosse kollationiert. (Gregory.) Griesbach
CLXXXXIV macht auf seine Verwandtschaft mit ACDKL nament-
lich 42. 72 aufmerksam. CLXXXXIX zählt er ihn nur im Lukas
zur Gruppe K 15- 42. 72.
220. Vind. caes. Ness. 337. XIV. Jh. „Alter contulit." Im
Luk. und Joh. mit der Gruppe verwandt.
229. Escurial x- IV. 21 geschrieben 1140 „manu Basilii
notarii Argyropoli". (Birch, Escurial 8.) Zeigt im Luk. Verwandt-
schaft.
300. Paris, nat, Gr. 186. XL Jh. Mtth. Mrk. Luk. „Scholz
contulit totum." Ebenfalls abgeschrieben und verglichen nach
den ältesten Kodices auf dem heiligen Berg in Jerusalem. (Ver-
wandt mit der Gruppe im Mrk. und Luk.)
15. Paris. Nat. 64. XII. Jh. Kollation bei Mill (de Louvois.
Par. 8). Was es heisst, wenn Scholz „contulit maximam partein",
ist bekannt; von Griesbach, Symb. crit. CLXXXIX im Lukas zu
unsrer Gruppe gerechnet.
28. Paris. Nat. 379. XI. Jh. desunt Mtth. 717 — 922. 1433—
1610. 2670— 2748. Lk. 2019— 224ü. Joh. 1240—13!. 1524— 1612.
18| 6— 28- 19tl — fin. Kollationen bei Mill und Scholz; auch nach
Griesbach, S. er. I. CLXXXI im Markus (letzte Hälfte) verwandt
mit K 11. 42. 72. 91. Nach W-H. 242 hat 28 in den ersten Kapi-
teln des Mrk. ein starkes „western element", s. auch unter 68.
37. Par. Nat. Coisl. 21. XL? Jh. Kollation bei Wetstein.
Die Perikope über die Ehebrecherin am Ende des Johannes-
evangeliums.2)
53. Ox. Bodl. Seiden, supra 28. XIV. Jh. Kollation bei Mill,
1) Griesbach Symb. er. I. CLXXXXIX hat schon die enge Verwandt-
schaft von 11 mit K 42. 72. 91 (im Markus) erkannt.
2) Doch hat Griesbach S. er. CLXXXXIX wohl Recht, wenn er 37 zur
Klasse CL 1. 33 zählt.
IV. Die Gruppe K/7(M) in den Evangelien. 131
nach Mill verwandt mit 4. „Scriptus manu (Nicolai?) ävayvcoOrov
rov xaßaZZccQ?].1)
68. Ox. coli. Lincolniensis Gr. IL 17. XII. Jh. Von Zakyn-
thos stammend (?) Kollation bei Mill. Griesbach CLXXXXIX
zählt ihn im Lukas zur Klasse K 15. 42. 72 (nee non D 28. 71).
71. Lond. Lambeth. 528. XII. Jh. „Olim archiepiscopi Ephe-
sini." Kollationen bei Mill (Eph.), Wetstein, Scrivener; zeigt
Verwandtschaft im Lukas und Matthäus, nach Scrivener ver-
wandt mit d e g p.
91. Olim Perronianus. X. Jh. „Fuit monasterii S. Taurini
Ebroicensis. Kollation bei Mill; vielleicht identisch mit 299 nach
F. J. A. Hort. (Gregory.) Griesbach CLXXXXIX zählt ihn im Mrk.
zur Klasse K 11. 42. 72. (299 „Scholz contulit totum".)
106. Olim comitis de Winchelsea. X. Jh. Ist leider verloren
gegangen. Hätten wir eine ausreichende Kollation, so könnte
sich vielleicht seine Verwandtschaft mit unsrer Gruppe beweisen
lassen.
115. Lond. mus. Brit. Harl. 5559. X. Jh. Wird näher zu
untersuchen sein. Griesbach CLXXXXVI: Perlegi atque contuli
Mtth. 8 — 18, reliqua cursim perlustravi. Griesb. hält ihn für
verwandt mit CLD 1. 33.
116. Lond. Mus. Brit. Harl. 5567. XII. Jh. Stammt aus
Smyrna, bedarf ebenfalls dringend einer vollständigen Kollation.
„Griesb. cursim contulit." Nach Griesbach CLXXXXIX geht der
Kodex in Mtth. in erster Linie mit CDK(?)L 1. 13. 33. 37. 53. 60.
61. 73, in zweiter Linie mit 42. 46? 50? 72. 90? 106, in den ersten
Kapiteln von Markus mit der ersteren Klasse, in den letzten mit
K 11. 42. 72. 94, in Lukas mit K 15. 27. 42. 63. 68. 72. (D 28. 71.)
122. Lugd. Bat. bibl. publ. Gr. cod. 74. A. XII. Jh. Act.
177. Paul. 219. „Jac. Dermontius contulit", „Manu Basilii mo-
nachi et diaconi scriptus vel saltem rubricatus. * — Namentlich
die Korrekturen von 122 sind beachtenswert.
237. Moscuae Syn. 42. X. Jh. „Ohm Isaaci jiqoJtov hgo-
tuovdyov qui cod. monasterio Philothei in monte Atho dono
dedit." Die Perikope von der Ehebrecherin am Ende des Johannes-
1) Von Griesbach ebendort zur Klasse CL 1. 33 gerechnet.
9*
132 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
evangeliums „xovxo xo svayyiliov ev xolg äxoiߣGX£QOig xcov
avxiyoacpcov ov% evqt]tcciu (vgl. 37). „Matthaeius contulit (d) cf.
Thess. 242."
259. Moscuae Syn. 45. XL Jh. Die Perikope von der Ehe-
brecherin am Schluss des Johannesevangeliums svqi]tcu ev riöiv
ävziyoäcpoig xai xo xoiovxov xecpäXaiov .... Nach Gregory
verwandt mit 250. (Matthaeius contulit (a) Thess. 237.)
Die Zusammenstellung ist nicht vergeblich gewesen. Eine
Reihe der zur Klasse gehörigen Kodices können wir lokalisieren.
Ich stelle nachträglich noch hierher, dass K aus Cypern herüber-
gebracht wurde, 77 lässt sich bis zu seinem Aufenthalt in Smyrna
zurückverfolgen. Wichtiger ist die Nachricht, dass 489 (w) auf
dem Berg Sinai geschrieben wurde. 72 ist wahrscheinlich eben
dort geschrieben. 253 war einst im Kloster des heiligen Michael
in Jerusalem. 300 und 565 sind nach Hndschrn. auf dem heiligen
Berg in Jerusalem verglichen.
Die letztere Nachricht leitet an zu einer weiteren Unter-
suchung.
Dieselbe Notiz findet sich in A am Schlüsse von Lukas und
Johannes: eygap?/ xai avxeßXt]&?] ex xcov (sie) lEQOöoXvfioig
jcaXaicov avxiyoacpcov xcov ev xa> ayico oqei ajiox£i/i£Vcov. *) Be-
merkenswert ist, dass in der A ergänzenden Minuskel 566 xo lov-
Öaixov evayysXiov citiert wird.2) (Gregory zu sl und Min. 566.)
Min. 157 liest am Schluss von Mtth. zyoacpi] xai ccvzeßfajd-?/
sx xcov tv iSQOdo2.vfioic Jtalaicov avxiyqacpcov, xcov ev xco ayico
ogei ajioxeifievcov (ev öxiyoig ßvjiÖ, xecpaXaioig xoiaxooioig Jtev-
xi)xovxa ejtxa\ am Schluss von Mrk. eyqacpri xai avxeßlqfr?/
Ofioioog sx xcov eOjrovöaOf/evcov ev oxiyoig yilioig xevxaxooioig
xevxr/xovxaig, xecpakaioig CAA.3) Nach Scholz findet sich etwa
dieselbe Bemerkung in den Min. 164. 376 (Scholz cursim con-
tulitj, 428 (nach Scholz Abschrift von 300).
1) Gregory 339.
2) Wohl schwerlich hat der Schreiber dieses Kodex das Hebräerevang.
noch gesehen. Aber die Notiz ist ausserordentlich wichtig zur Feststellung
der Herkunft des Kodex.
3) Birch Variae lectiones I. XXXIII. vgl. den Schluss von Lk. Joh.
IV. Die Gruppe KZ7(M) in den Evangelien. 133
Min. 262 ist speciell verwandt mit A und hat nach Gregory-
genau dieselbe Unterschrift wie jener. Wenn Min. 20 und 117
(20 hinter Mrk. (Gregory), 117 hinter Mrk. und Jo. (Griesbach
CC)) die Unterschrift haben: eyQa<f?] xai avxsßh]d-r] o/iOLwq sx
xcov £GJiovöaö[i£Vcov, so scheint diese Notiz durch eine mecha-
nische Nachschrift eines Kodex, der in seinen textkritischen Be-
merkungen 157 (s. o.) ähnlich war, entstanden zu sein.1) Nach
Gregory stimmen in 20 und 300 die Seitenanfänge bis auf die
Silben übereiu , während sie im Text starke Differenzen zeigen,
die ein Korrektor dann auszugleichen bemühte. Das hier vor-
liegende Rätsel kann ich nicht lösen, auch liegt mir ein ge-
nauer Bericht über 300 nicht vor. Aus 300 kann 20 nicht ge-
flossen sein.
Wenn man die Kodices A 157. 565 mit einander vergleicht,
so ist freilich klar, dass jene „alten" Hndschrn. in Jerusalem
nicht von gleicher Art und von gleichem Werte waren. A zeigt
fast durchweg den Text der späteren Majuskel, oder auch einen
singulären Typus 2), nur selten zeigt er sich mit K/7 verwandt
(s. z. B. oben S. S5 Jo. 128). 157 ist jedenfalls § verwandter als
KU. 565 zeigt einen stark gemischten Text. Gemischten Text
können wir überhaupt infolge jener Notiz bei fast allen jenen
Kodices erwarten. Dabei hing der Charakter der einzelnen Ko-
dices ja ganz ab von dem Werturteil, den der Schreiber über
die von ihm verglichenen Antigrapha fällte. So haben z. B. A
262 (mit einem Asteriskos versehen) die Perikope von der Ehe-
brecherin aufgenommen mit der Bemerkung xa oßsXiö^eva ev
tlolv avxr/gacpoig ov xsixcu, ovös AjcoXivaQtov. ev ös xoi± «p-
%caoiq oXa xsLxai' [/vrjf/ovevovoiv xrjg jisqixojz>/~ xavxrjq xai ot
cmooxoXoi, sv aig e^s&svxo ötaxa^eötv. Nach dem Urteil des
Schreibers dieser Bemerkung waren also die die Perikope ent-
haltenden die älteren und wertvolleren Hndschrn. Nach dem
1) Gztyoi zählt 20 freilich 1590, xe<pa?.aia 237; (s. oben) 117. ozr/oi
Mrk. ucpv Joh. ßr. x£<palcua okß. — Die Kodices beweisen also deutlich,
dass nicht alle Hndschrn, welche jene Unterschrift haben, selbst in Jeru-
salem verglichen sind. Das ist ja auch bei vielen der späteren Minuskeln
von vornherein als selbstverständlich anzunehmen.
2) A bedarf einer Untersuchung, verwandt ist 262. Sonst ist es mir
nicht gelungen von A aus eine Hndschrngruppe zu bestimmen.
134 Bousset. Studien zum Neuen. Testament.
Urteil desjenigen, der die Bemerkung in Min. 273 machte, waren die
axQißsöTSQoi avTr/Qctgxu diejenigen in denen die Stelle fehlte. —
Aber Hndschrh. wie 157. 565. 300, auch A, zeigen jedenfalls,
wie wertvolle und interessante Hndschrn. unter den alten Anti-
grapha in Jerusalem waren. Wenn wir irgendwie Hoifnung haben
können, dass uns das textkritische Material, das Origenes zu-
sammengearbeitet , das Pamphilus in Caesarea gesammelt und
vermehrt hat, in irgendwelchem Masse erhalten ist, so müssen
wir in Jerusalem, auf dem Berge Sinai etc. suchen, diese ganze
nähere Umgegend hat unter dem wissenschaftlichen Einfluss von
Caesarea gestanden.
Ich fasse noch einmal das Resultat zusammen:
1) Die Gruppe K/7w(M) hat unter den Minuskeln ein sehr
zahlreiches Gefolge, wenn freilich auch viele Minuskeln nicht
mehr den reinen Text der Gruppe bieten und in den einzelnen
Evangelien in ihrem Charakter schwanken.
2) Was ihre Stellung zu den übrigen Hndschrn. betrifft, ist
zu bemerken, dass K/7w dieselbe Mittelstellung einnehmen zwi-
schen den ältesten Majuskeln und der grossen Gruppe der jün-
geren , wie Htf c Euth. 73 in den Paulinen . und P Andr. in der
Apokalypse.
3) Eine Reihe der wichtigsten Hndschrn. dieser Gruppe
lassen sich lokalisieren und weisen nach Palästina, lassen also
vermuten, dass in ihnen die Einflüsse der Bibliothek von Caesarea
nachwirkten.
4) Ich füge hinzu, dass auch in vielen Fällen eine bestimmte
Orthographie in unsrer Gruppe sich nachweisen lassen wird.
Auf den ersten Blick fällt auf, dass unsre Gruppe die f-Formen
vor den «-Formen berücksichtigt (cf. die Variante löov — etöov i.
5) Die Klasse KZ7 zeigt mannigfache Berührungen mit
Origenes.
Ich überlasse es Kundigen die Schlüsse aus dem zu ziehen
und begnüge mich demgemäss folgende Desiderien aufzustellen :
1) Eine genaue Kollation fast aller wichtigen Minuskeln
unsrer Gruppe.
2) Untersuchung möglichst vieler Minuskeln durch Stich-
proben auf ihre Verwandtschaft mit unsrer Gruppe. Besonders
IV. Die Gruppe K77(M) in den Evangelien. 135
zu berücksichtigen sind die in Jerusalem und auf dem Sinai
sich findenden Minuskeln.
3) Untersuchung der zuletztgenannten Kodices, namentlich
der in ihnen angebrachten Korrekturen und genaue Kollation
derselben.
4) Eine Rückübersetzung des evangelium Hierosolymitanum.
5) Untersuchung der Citate des Cyrill von Jerusalem.
6) Zusammentragung des ganzen Stoffes in kritischen An-
merkungen unter einem Text, den man aus K/7w im wesent-
lichen zu konstruieren hat.
V. Zur Textkritik der Apostelgeschichte.
Anhangsweise mögen hier noch einige Winke gegeben wer-
den, nach denen die Methode einer exakten Klassificierung der
Hndschrn. auch in den bisher noch nicht behandelten Abschnitten
des neuen Testaments (Akta, katholischen Briefen) durchgeführt
werden kann. Den ägyptischen Lokaltext vertreten hier (im
grossen und ganzen, eine genauere Untersuchung wäre natürlich
erwünscht) BtfAC, wie es denn schon lange bemerkt ist, dass AC
in Acta sowohl wie in den Paulinen einem andern Texttypus
folgen, als wenigstens A durchweg, C zu einem grossen Teil in
den Evangelien. Und zwar nähern AC sich durchaus der uns be-
kannten Gruppe BN. Ein Blick in die Varianten Ti's zeigt ferner,
dass als fünfter Zeuge für diese Gruppe die Min. 61 hinzukommt,
die leider nur zu ll— 48. 717 — 1728. 239 — 2831 erhalten ist. Eine
erfreuliche Bestätigung zu unsrer dritten Studie bietet die Notiz
bei Gregory 624, derzufolge Ti. diesen Kodex in Ägypten ge-
funden hat. Die zweite Gruppe in Act. wird durch die späteren
Majuskeln HLP und die grosse Mehrzahl der Minuskeln reprä-
sentiert. Es käme nun darauf an, diejenige Gruppe von Hndschrn.
zu finden, die etwa der von H in den Paulinen geführten ent-
spräche. In den Acta haben wir nun freilich keine solche Hndschr,
die uns sicher auf die rechte Spur brächte. Auch Kc ist hier
selten und geht da wo er vorkommt eben dann naturgemäss
meistens mit der grossen Mehrzahl der Hndschrn. Es wird nichts
andres übrig bleiben als zu untersuchen, ob sich nicht eine
Gruppe von Minuskeln findet, die bald mit den älteren, bald mit
den jüngeren Hndschrn. geht. Glücklicherweise sind in Act. die
Minuskeln von Ti. viel besser als sonst angegeben, so dass hier
die mühsamen Zusammenstellungen unnötig sind. Ich gebe im
folgenden wesentlich nur Material Ti's. Wo es nötig war ist
dasselbe nach Wetstein, Matthaei, Scholz, Scrivener ergänzt.
V. Zur Textkritik der Apostelgeschichte. 137
Ich wähle, wie einst schon Hug zum Zweck des Nachweises
Cap. 24, weil hier die Konstellationen besonders günstig sind.
Sehr klar und deutlich wird in der folgenden Zusaninienstellung,
was bewiesen werden soll, vor Augen liegen.
24, TCOV JlQ£ößvT£QCOV] JlQEößvTEQCOV XLVCOV BsAE 5. 6. 7.
8. 13. 15. 27. 29. 31. 36. 40. 68. 73. 81. 105. 137. 180. c k.
V. 3. xaroQ&cofiazcov} dioQ&cofzaz. BtfAE 13. 15. IS. 36. 61.
68. 73. 137. ISO.
ib. jiavzrf] jtavn 2. 10.corr- 11. 13. 17. 18. 20. 21. 25. 30. 33.
36. 40. 46. 6S. 73. 80." 96. 98. ISO. d f k.
V. 4. axovoai — os (E os axovoai) L 3.15.18.27.31.36.40.
68. 105. ISO. e.
ib. araaiv] oraöeig BtfAE 5. 7. 8. 13. 15. 36. 40. 61. 68. 73.
105. 106.
V. 6 fügen ein: xai xaza zov t/ftsregov vokuov rj&sÄr]Oakusv
XQivai. xarsX&cov öe Zvouxq o yifoaoyog tu£za ütoXXrjq ßiag ex
zcov '/siqcov rjficov ajirjyaye xeIevöciq xovq xari]yoQOvq avzov
SQyso&ai exe 0£ — E al. sat. mu. (nach Ti.)1) D p cle. Leider
finden sich hier die genauen Angaben der Kodices auf der andern
Seite, da die Interpolation im textus receptus steht. Doch finden
sich innerhalb derselben für die Lesart xgivai statt xqlvuv fol-
gende Hndschrn. angegeben: E 13. 15. 16. IS. 19. 25. 27. 29. 31.
36. 37. 42. 46. 57. 66. 68. 69. 73? 76. 98. 99. 105. 106. 133. 180. a b
e k o.
V. 8. Jiag'ov} Jtag ow 8. 15. 27. 29. 31. 66. 106. ISO. b o.
jiagco E 36.
' V. 10. xqlt?]v + öixaiov E 5. 6. 7. 8. 15. 16. 18. 25. 27. 29. 36.
38. 40. 43. 46. 66." 68. 73. 76. 78." "80. 93. 98. 105. 113. 137. 180.
c e h k.
ib. £vd-vtuoT£Qov] Evd-v[iiüQ BtfAE 5. 7. 13. 15. 25. 36. 40. 61.
68. 73. 105. 133. 137. 138. c d.
V. 11. öexaövo] öojöexu BkAE 13. 31.40. 61.65. 68. 73.105.
133. 137. c.
V. 12. EJiL—Gv"oraoiv B«AE 3.13. 40. 63. 66. 73. 95. (vgl.
2. Cor. 112S o. S. 63.)
1) Auf der andern Seite BsA HLP 4. 19/ ■ 26. 33. (falsch 36 s. Ti.)
65. 66.- • 73? 78. 80. 93. 95. 96. 97. 100. 101. 104. 113. 126. 142. (Scholz)
1. 2. 3. 10. 11. 17. 21. 24. 28. 30. 38. 47. 56. (Wetstein) d g h lp (Scrivener.)
138 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
V. 13. övvavrcu + ooi BtfAE 4. 13. 27. 29. 31. 36. 40. 61. 64.
65. 68. 73. 105. 177. degk.
V. 14. xai xoig jtgo<p?/xaig oder xai sv xoig Jioo<pr}x] xai
xoig sv xoig jrooyrjT. BtfE 3. 5. 6. 8. 15. 25. 28. 29. 31. 36. 37.
40. 43. 61. 65. 66.- • 73. 76. 105. 133. 137. ISO. b c e ko (non xc).
V. 15. sosod-ai — vexqoov BaAC 13. 40. 61. 68. k.
V. 16. ös avxog] xai avxog BxACEL 15. 36. 40. 61. 68. 69.
73. 76. 97. 105 137. b d k o.
V. 17. cxa shjfioGvvaq jtoujöcov sig xo s&vog fiov ütagsysvo-
fir/v BxC 13. 31. 36. 40. 61. 68. 73. 105. ISO. («CE 137. c).
V. 18. sv oig] sv aig BxACE 5. 7. 13. 36. 40. 61. 66. 68. 73.
76. 105. 137. 180. b c o.
ib. xivsg -4- 6s rcov CE 13? 14. 15. IS. 25. 29. 31. 36. 40.
66." 68. 73. 78.- 105. 137. 180. (b c o.)
V. 21. sxga^a] sxsxga^a BtfAC 1. 11. 13. 16. 19. 31. 32. 40.
46. 56. 61. 65. 69. 105. 133. 137. 177. a b d o.
ib. oo sv avxoig sotcog BaACE 13. 31. 40. 61. 68. 105. 137.
c k.
V. 22. axovoag ös xavxa o <Pt/Äig avsßal. avz.] avsßaXsxo
6s avxovg o <Pr/Xi^ BtfACE 13. 14. 40. 61. 68. 105. 137. 142. c.
V. 23. öiaxagausvog — rs BkACEP 13. 36. 40. 61. 66/ • 68. 99.
100. 137. b c o.
ib. xov UavXov\ avxov BtfACE 13. 15.36. 40.61. 68. 73. 105.
126. 137. c k.
ib. — r, jiQoosQxso&at BxACE 13. 14. 61. 68. 73. 105.
V. 25. — sosö&ai BaACE 13. 15. 27. 29. 36. 40. 61. 66.- 68.
73. 105. 137. 180.
ib. cvj xov [isXXovxog xgi/iaxog C 15. 31. 36. 40. 73. 180.
ib. — nsxa"Xaßow 13. 32. 40. 42.43. 57. 73. 76. 99. 105. 133.
a b d e k o p.
V. 26. — outoag Xvoi) avxov BtfACE 13. 40.61.68. 73. 81. 105.
V. 27. xs) ös W 5. 7. 11. 13. 14. 27. 28. 29. 32. 38. 40. 42. 45.
68. 61.- 68. 93. 96. 99. 104. 105. 137. bcdegbko.
ib. xciQiTa, yagixag] yagiv i^EL 5. 7. 14. 18. 27. 40. 42. 66/ '
73. 96. 105. 137. c.
Aus dieser Zusammenstellung tritt deutlich (s. besonders die
Stellen V. 3. (Var. 2) 4. (Var. 1) 6.8.9. 18. 25. (Var. 2) 27. (Var.
1. u. 2)) eine Gruppe von Minuskeln hervor, welche die verlangte
Eigenschaft zeigen. Diese Gruppe geht sehr häufig mit den
V. Zur Textkritik der Apostelgeschichte. 139
älteren gegen die jüngeren Hndschrn. Ebenso häufig und noch
häufiger, wenn auch nicht gerade in Cap. 24, steht die Gruppe
auf Seiten der jüngeren Majuskeln, so dass dann Bx(AC 61) und
einige andre allein stehen. Beispiele findet man beim ersten
Blick im kritischen Apparat. Da aber diese Stellen nichts aus-
tragen, die Gruppe um die es sich handelt erkennbar zu machen,
so sind sie nicht mit hier aufgezählt.
Die Minuskeln die zur Klasse gehören sind die Nummern
13. 15. 27. 29. 31. 36. 40. 68. 73. 105. 137. 180 l), in zweiter Linie
5. 7. 18. 25. 66. + 66." 76. 133, unter den Minuskeln Scri veners
k = 195, in zweiter Linie b = 215, e = 218, o = 111.
Besonders wichtig aber sind die beiden Varianten in V. 27,
weil sie auf eine Verwandtschaft von Xc mit dieser Gruppe hin-
deuten. Demgegenüber steht allerdings die Beobachtung, dass
V. 14 Nc gerade da korrigiert, wo die Klasse auf Seite der
älteren Majuskeln steht. V. 24 finden sich leider in der Variante
Xqiotov + LjOovv die genaueren Angaben auf der andern Seite.
Doch lesen 29. 68. 73. 105. 137. 180. abko wahrscheinlich mit
tfcCHP plur.(?) nur Xqlötov.2)
Von den Majuskeln ist, wie aus der Übersicht deutlich her-
vorgeht, E mit unsrer Gruppe verwandt. Dagegen nicht P 3) wie
in Paul, und Ap.
Ich dehne die Untersuchung um nicht fehlzugehen noch auf
einige andere Kapitel der Act. aus.
325 wcov] vficov BAEtfc 25. 36. 38. 61. 69. k.
4 s + axovöars E 15. 18. 36. 37. (die Stelle beweist die Ver-
wandtschaft von 15. 18. 36.)4)
1) Unter diesen zeigen 13 (unter 30 Varianten) 23, 40: 26, 68: 24.
73 : 22, 105 : 22 Übereinstimmungen, 15 und 36 sind eng verwandt, 15 zeigt
14, 36 : 19 Übereinstimmungen, aber sämmtliche 14 Übereinstimmungen
teilt 15 mit 36, der an den übrigen Stellen wahrscheinlich schlecht notiert
ist, 18 gehört als dritter zu diesen (9 Übereinstimmungen, darunter 7 mit
15 gemeinsam). Ebenso sind 27 und 29 eng verwandt (je 9 Übereinstim-
mungen, darunter 7 gemeinsame).
2) auf der andern Seite Bx EL 38. 42. 57. 78. 80. 95. 96. 97. 101. 106.
113. 133. 177 (Scholz), 7. 8. 9. 10. 13. 14. 15. 18. 21. 24. 25. 26. 27. 28. 31.
32. 33. 35. 36. 40 (Wetsteim, def ghl (Scriv.) (Ti«)
3) zu P vgl. die Beurteilung bei Gregory 417. Nach Gregory Hegt
in P dieser Texttypus in Act. und I. Petr. vor.
4) Dazu vgl. 7*6 avxov] aov s 15. 18. 27. 36.
\ 40 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
416 ysyopsv] sysvero 27. 29. L00. 127. Bas. (Beachte die Ver-
wandtschaft von 27. 29.)
ib. apv?]Oao&ai) agvuod-ai BxAD 5. 27.29. 66." 69. 100.104.
105. 127. 163. c Bas.
417 ajisiki/OOfis&a (st. cofisd-a) P 1. 15. 25. 28. 35. 36. 45. 47. 69.
98. 99. 100. 101. 117. 119. 126. 137. bdek"o.
418 jtaQif/yuXav — avzoiq BtfADE 13. 15. 18. 33. 34. 36.40.46.
105. 163. k.
430 sxzeiveiv — os W DE 27. 40. 57. 99. 100. 105. e f.
5 2 yvvaixog — avzov BxAD 13. 14. 15. 18. 27. 29. 36. 105.
5 5 zovg axovovzag — zavxa BxAD 15. 27. 29. 36. 37. 100. 117. k.
5I5 xaza zag] xai eig zag BtfAD2 (E xai ev zeug) 5. 7. 8. 13- 15.
IS. 36. 40. 69. 96. 100. 105. 127. 163. k.
532 —avzov'' (mqzvqeq SAD 18.25.26.34.40.104.106.137.163.
177. gh.
ib. xai zo xvevfia — öe BxAD 31.33.40.69. 100. 105.163.180.
5, 6 mO— si BACED«° 5. 14. 33. 34. 38. 40. 69. 96. 113- 163. a h.
537 laov oder laov ixavov] ixavov laov E 5. 13. 40. 96. 180. k.
541 ovofiazog oder ovofiazog avzov ')] ovofiazog (zov) b]Oov 5.
13. (15. 18.) 32. 33. 34. 36. 42. (47.) 69. 133. 98. k o; zov xvqiov
Irjoov E 24.43.58. 76. 98. 104. 134. ISO. b f gl"; l Xq. I."
95. 117; zov Xqlözov 4. 11. 14. 31. 38. 45. 99. 113. a e h.
6 2 xazalsixpavrag] xazalijiovzag E 5. 13. 33. 34. 40. 180. k Bas.
von Ti's al.~ habe ich 33. 34. gefunden, woher er die übrigen
hat ist mir rätselhaft, Mill., Wetst., Bengel, Matthaei I und
IL, Birch, Griesbach, Alter, Scholz, Muralt, Bloomfield, Scri-
vener iDerniout) sind von mir verglichen.
6l3 QTjfiaza — ßZao<pr/tua BaACD 27. 29. 36? 81. 105. 142. 163.
7 t 8L — aga BaAC 14. 27. 29. 34. 36. (47. 100. 163.)
710 evavzi — ov K 5. 27. 29. 40. 96. 137. 163. ISO. k.
714 — laxcoßog 15. 18. 36. 47. 163. ?
ib. cv_> tv sßöo/j?/xovra Jtsvrs ipvyaig DH 1. 5. 31. 32. 36. 38.
4<i. 57. 69. 96. 105. 113. 137. 163. 180. c.
7,e zov ev 2vxs[i XCAE 27. 29. 40.
1) avzov lesen 3. 40. 46. 63. 64. 105, nichts BACD 1. 1". 17. 19. 27. 29.
35. 65. 73. 78. 101. 177.- ■
Y. Zur Textkritik der Apostelgeschichte. 141
722 xai SQyoig + avzov BtfACDE 15. 18. 25. 27. 32. 36. 40. 42.
43. 56. 57. 61. 96. 100. 105. 163. e.
726 £GT£ — vfieig BxACE 27. 29. 40. 61. 69. 81. 105. 163.
730 ev (filoyi jcvQoq] ev jivqi <pXoyoq ACE 7. 15. 18. 29. 36. 46.
66.69. 105. 163.
731 g)covr] y.vQiov — ütgoq avzov BxA 15. IS. 27. 29. 36. 40. 61.
69. 105. 163.
735 + tccu" agyovza BtfaDE 15. 18. 27. 36. 40. 61. 96.
740 ysyovsv] eysvezo BtfAC 15. 18. 36. 69. 105. 163.
743 Q8<pav (i^A Qai(pav) CE 13. 15. 18. 36. 47.m 73. 100. 103. 105.
177. g. (96. 180.) Q£<pgxxv h k 1 (o) al. Die übrigen Q£tug:ai\
QOficpav, Qokucpa etc.
752 yaysvijöfre} sysvso&s BkACDE 5. 13. 15. IS. 36. 40. 61. 66."
100. 105. 137. 163. k.
Wenn diese Liste nicht auf den ersten Blick einen befrie-
digenden Eindruck macht, so ist dabei zu erinnern, dass einer
der Hauptzeugen unsrer Gruppe 68 in allen diesen Kapiteln fehlt.
Auffällig ist dass 73 hier ganz ausbleibt. Es wird das an der
unvollständigen Kollation liegen, (s. Gregory .,Birch per omnia
contulit, item Scholz loc. select.") 137 tritt ebenfalls fast ganz
zurück. „Scholz plurima(?) contulit." Auch ISO zeigt sich nur
an wenigen Stellen verwandt. Varianten dieser Hndschr. sind
von Arendt Scholz mitgeteilt, sie ist also auch nicht vollständig
kollationiert, was um so mehr zu bedauern, da sie verloren ist.
Als durchaus verwandt zeigt sich hier dagegen die Min. 163, die
sich oben nicht fand. Auch hier die Erklärung in dem „Scholz
maximam? partem contulit".1)
Thatsächlich aber treten die Hndschrn. 13 und 31 etwas
zurück, erweisen sich aber doch noch immer als durchaus ver-
wandt. Sonst treffen wir alte Bekannte 15. 18. 27. 29. 36. 40. 105.
k. (5. 7. 66. 76.). dazu neben 163 noch etwa 69 und 100. 2)
Zum Beweise der Verwandtschaft von Sc mit unsrer Gruppe
mögen die Stellen 325. 430. 536. 7]6. 743 dienen.
1) Es zeigt sich hier wieder, wie unsicher noch das Material ist, mit
dem man in der Textkritik wirtschaften muss.
2) Dagegen scheint 96 mehr verwandt mit den älteren Kodices, als
mit unsrer Gruppe.
142 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
Betrachten wir nun die Kodices unsrer Gruppe genauer, so
ergiebt sich, dass wir eine Reihe derselben schon kennen.
68 ist die uns bekannte Min. Paul. 73; 73 Paul. 80;
40 Paul. 46. Ap. 12; 13 Evang. 33. Paul. 17 hier mehr mit unsrer
Gruppe, als mit der ägyptischen Recension verwandt; 31 ist der
Cod. Leicestrensis (Ev. 69. Paul. 37. Ap. 14.); kscriv- be-
gegnet uns zum dritten Mal = 195 = k Paul. 252 = w
Ev. 489; 25 ist = Paul. 31.
So schliesst sich die lange und mühsame Untersuchung nach
allen Seiten hin ab. Durch die Gleichungen
Act. 25. 31. 40. 68. 73. 195.
= Paul. 31. 37. 46. 73. 80.252.
wird die Identität der in den Paul, und in Act. gefundenen Gruppen
über jeden Zweifel erhoben. Und durch die Identität von k 195.
Act, k 252. Paul, w 489. Ev. wird auch auf die Gruppe K/7w in
den Evangelien ein neues Licht geworfen. Von diesen Kodices
enthalten nun die Minuskeln 40.(46.) 73.(80.) 195. (252.) *) den
Einleitungsapparat des Euth. Diesen haben ferner 13. 105. (auch
76. 91. s. o.) Aus diesem Umstand ist nun allerdings keineswegs
zu schliessen, dass diese Hndschrn. letztlich etwa auf eine Re-
cension des Euth. zurückgingen. Dagegen spricht, dass die
Gruppe zu der sie gehören eine viel weitere Verbreitung hat
und dass das Einleitungswerk des Euth. wieder in so manchen
andern Hndschrn. sich findet, die einen ganz andern Texttypus
haben. Aber wohl leitet der Umstand, dass diese Hndschrn.
den Apparat des Euth. haben, auf einen Schluss hinsichtlich der
Herkunft dieser Hndschrn. In den Bibliotheken von Alexandria
oder Caesarea werden ihre Archetypen letztlich ihren Ursprung
haben. Ihren gemeinsamen Typus aber verdanken sie im letzten
Grunde dem alten Codex Pamphili in der Bibliothek zu Caesarea.
Denn die Textklassen in der Apok. P 1. 12. 36. b 10. 17. 37. 49.
91. 96. p 28. 79. a 34. 35. 87. c, in den Paul. HP 17. 23. 31. 37.
39. 46. 47. 71. 73. 80. 93- 115. 116. 118. 252, in den Act. E 13. 15.
27. 29. 31. 36. 40. 68. 73. 105. 137. 163. 180 sind — auch schon
1) cf. Gregory 154. Zacagni hat seine Ausgabe des Euthalius nach
40 und 73 veranstaltet. Bemerkenswert ist, dass in 40 Euthalius inloxonoq
Sovkxyq genannt wird. Vgl. Gregorys Bemerkungen zu Act. 205. 317. 399.
Ev. 506.
V. Zur Textkritik der Apostelgeschichte. 143
ihrem Verhältnis zu den übrigen Textgruppen nach — identisch.
Ihnen allen liegt, da dies bei der Klasse HP Paul, bewiesen wer-
den konnte, der Cod. Paniphili zu Grunde. Und der Korrektor
des Sinaiticus hat in der That auch diese Teile des neuen Te-
staments nach dem eigenhändigen Antigraphon des Pamphilus
redigiert.
Endlich möchte ich im Zusammenhang damit noch auf einen
Thatbestand aufmerksam machen, der mir bei Abhandlung II
noch entgangen war. In der Stellung der einzelnen paulinischen
Briefe herrscht namentlich die Differenz vor, dass der Hebräer-
brief bald vor, bald hinter den Pastoralbriefen steht. Die Ord-
nung Hebr. I. Timoth. haben (B)tf AC HP 5. (Act. 5.) 9. (= Act. 7.)
16. 17. 22. (Act. IS!) 23 (? nach Gregory 139, dagegen Gregory
654), 46. 47. 57. 65. 71.73.77.80.93.109.137.140.166 (= Act. 133).
Das sind wesentlich die Hndschrn, die nach Studie II auf
den Cod. Pamphili zurückzuführen sind. Von Kirchenvätern
haben diese Ordnung Athanasius, Cyrill, Theodoret, Euthalius
und spätere (Gregory 139). In Caesarea und Alexandria scheint
diese Ordnung die gebräuchliche gewesen zu sein. Nun geht aus
der Stellung des Hebr -Briefes in dem Archetypus von B und
12 hervor, dass in Ägypten früher noch eine andre Anordnung
in Geltung war. Es ist also möglich, dass unsre Anordnung der
paulinischen Briefe ursprünglich von den Textkritikern in Cae-
sarea ausgegangen ist. Da die Stellung Hebr.-Timoth. ein vor-
zügliches Erkennungsmittel der Gruppe HP Paul, abgiebt, so
notiere ich die Minuskeln alle, welche diese Anordnung haben.
Es sind ausser den oben erwähnten die Hndschrn. 164. 172. (Ca-
labria)1) 189. 190 (Act. 156. Calabria einer von den Kodices
des Zacagnius in der Ausgabe des Euthalius), 196. 204. 219 (Ev.
122 (!) Act. 177. Manu Basilii monachi), 259 (Tarsus), 300 (Athen),
302. 305. 306. 311 (Athen), 353 („Chalcide mon. Trinitatis"), 362
u. 364 (Thessalonich), 368 u. 370 (Sinai), 373. 377 (geschrieben
auf Befehl des Michael Palaeologus), 405. 408. 420 (Athen), 423
u. 425 (Cryptoferrata), 427. 430 (Act. 326 „Fertur fuisse Carlottae
reginae Hieros. Cypr. Armen, quae Romae a. 1487 mortua est"),
431. 436. Leider fehlen fast alle Angaben bei den ihrem Lokal
1) Ich setze den letzten nachweisbaren Aufenthaltsort der betr. Hndschr.
bei, da wo die Angabe mir lehrreich zu sein scheint.
j 44 Bousset, Studien zum Neuen Testament.
nach interessantesten Kodices von Jerusalem, Sinai, Cahira; s. die
Nummern 231—37. 264-68. 284—88. 337—47. 352. 367. 401. 417.
Nebenbei will ich endlich bemerken, dass die seltene Reihen-
folge Rö. Hebr. Col. Thess. Phil. Tim. Tit. Phlm. Eph.. Gal.
Cor. sich in 115 (nicht 100 wie Gregory S. 140, sondern Act. 100)
und 372 findet, in der ersten Hälfte (bis Thess.) übereinstim-
mend in 95; dass die Ordnung, die sich in TD findet (Rö.
Cor. Hebr. Gal.) auch 129 und 388 vorkommt. Die Ordnung
Rö. Hebr. 3S7. 403. 414 (?). Vielleicht bieten auch diese Zu-
sammenstellungen für etwaige Kollationen Weg Weisung und An-
regung.
Druck von August Pries in Leipzig.
Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig.
Band I— IV auf Seite II des Umschlags.
V, l. Der pseudocyprianische Tractat de aleatoribus, die älteste lateinische christ-
liche Schrift, ein Werk des römischen Bischofs Victor I. (saec. II.), von
Adolf Harnack. V, 135 S. 1888. M. 4.50
V, 2. Die Abfassungszeit der Schriften Tertullians von Ernst Noeldechen.
Neue Fragmente des Papias, Hegesippus u. Pierius in bisher unbekannten
Excerpten aus der Kirchengeschichte des Philippus Sidetes von C. de Boor.
184 S. 1888. M. 6 —
V, 3. Das Hebräerevangelium, ein Beitrag zur Geschichte und Kritik des hebräischen
Matthäus von Rud. Handmann. III. 142 S. 1888. M. 4.50
V, 4. Agrapha. Aussercanonische Evangelienfragmente, gesammelt u. untersucht
von Alfred Resch. — Anhang: Das Evangelienfragment von Fajjum von
Adolf Harnack. XII, 520 S. 1889. M. 17 —
VI, l. Die Textüberlieferung der Bücher des Origenes gegen Celsus in den Hand-
schriften dieses Werkes und der Philokalia. Prolegomena zu einer
kritischen Ausgabe von Paul Kötschau. VII, 157 S. u. 1 Tafel. 1889. M. 5.50
VI, 2. Der Paulinismus des Irenaeus. Eine kirchen- und dogmengeschichtliche Unter-
suchung über das Verhältnis des Irenaeus zu der Paulinischen Briefsammlung
und Theologie von Johs. Werner. V, 218 S. 1889. M. 7 —
VI, 3. Die gnostischen Quellen Hippolyts in seiner Hauptschrift gegen die Häretiker
von Hans Staehelin.
Sieben neue Bruchstücke der Syllogismen des Apelles. — Die Gwynn'schen
Caius- und Hippolytus-Fragmente. Zwei Abhandlungen von Adolf Harnack.
HI, 133 S. 1890. M. 4.50
VI, 4. Die ältesten Quellen des orientalischen Kirchenrechts, l. Buch:
Die Canones Hippolyti von Hans Achelis. VIH, 295 S. 1891. II. 9.50
VII, 1. Die Johannes-Apokalypse. Textkritische Untersuchungen u. Textherstellung
von Bernh. Weiss. VI, 225 S. 1891. M. 7 —
VII, 2. UeberdasgnostischeBuchPistis-Sophia. — Brod u. Wasser: die eucharistischen
Elemente bei Justin. 2üntersuchgn von Adolf Harnack. IV, 144S. 1890. M. 4 50
VII, 3/4. Apollinarios von Laodicea. Sein Leben u. seine Schriften. Nebst e. An-
hang: Apollinarii Laodiceni quae supersunt dogmatica. Von Johs. Dräseke.
XIV, 494 S. 1892. M. 16 —
VIII, 1/2. Gnostische Schriften in koptischer Sprache aus dem Codex Brucianus heraus-
gegeben, übersetzt u. bearbeitet von Carl Schmidt. XH, 692 S. 1893. M. 22 —
VIII, 3. Die katholischen Briefe. Textkritische Untersuchungen und Textherstellung
von Bernh. Weiss. VI, 230 S. 1892. M. 7.50
VIII, 4. Die griechische Übersetzung des Apologeticus Tertullians. — Medicinisches
aus der ältesten Kirchengeschichte. — Zwei Abhandlungen von Adolf
Harnack. IU, 152 S. 1892. M. 5 —
IX, 1. Untersuchungen über die Edessenische Chronik. Mit dem syrischen Text
und einer Übersetzung herausgegeben von Ludwig Hallier. VI, 170 S.
Die Apologie des Aristides. Aus dem Syrischen übersetzt und mit Beiträgen
zur Textvergleichung und Anmerkungen herausgegeben von Richard Raabe.
IV, 97 S. 1892. M. 8.50
IX, 2. Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus von Adolf
Harnack. Zweite verbesserte u. erweiterte Aufl. VIII u. 98 S. 1893. M. 2 —
IX, 3/4. Die Apostelgeschichte. Textkritische Untersuchungen und Textherstellung
von Bernh. Weiss. 313 S. 1893. M. 10 —
X, Aussercanonische Paralleltexte zu den Evangelien gesammelt u. untersucht
von Alfred Resch.
1. Textkritische u. quellenkritische Grundlegungen. VII, 160 S. 1893. M. 5 —
2. Paralleltexte zu Matthäus und Marcus. Befindet sich im Druck.
XI, l. Das Kerygma Petri. Kritisch untersucht von Ernst von Dobschütz. VII, 162 S.
1893. M. 5 —
XI, 2. Acta SS. Nerei et Achillei. Text u. Untersuchung von Hans Achelis. IV, 70 S.
1893. M. 3 —
XI, 3. Das Indulgenz-Edict des römischen Bischofs Kaliist kritisch untersucht und
reconstruiert von Ernst Rolffs. VIII, 139 S. 1893. M. 4.50
XI, 4. Textkritische Studien zum Neuen Testament von Wilhelm Bousset. VHI,
144 S. 1894. M. 4.50
XII, 1. Der Chronograph aus dem zehnten Jahre Antonins. Von Adolf Schlatter.
IV, 94 S.
Zur Überlieferungsgeschichte der altchristlichen Litteratur. Von Adolf
Harnack. 32 S. 1894. M. 4 —
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN
ZUR GESCHICHTE DER
ALTCHRISTLICHEN LITERATUR
HERAUSGEGEBEN VON
OSCAR von GEBHAEDT und ADOLF HAMACK
XI. BAND HEFT 4
TEXTKRITISCHE STUDIEN
ZUM
XEUEN TESTAMENT
VON
WILHELM BOUSSET,
PRIVATDOCEXT IX f;ÜTTIX(.EN
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LEIPZIG
J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
1894
THE INSTITUrE Of MEOfAEVAL STUDIEN
59 QUEEN'S PARK CRESCENT
TORONTO - 5, CANADA
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