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Full text of "Theoretisch-praktisches Handbuch der Photographischen Chemie"

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Theoretisch -praktisches Handbuch 

der 

Pbotographischen Chemie. 



I. Band: 

Photographische Negativprozesse 

und 

orthochromatische Photographie. 

Von 

Professor Rfidolf Namias. 



Nach der dritten italienischen Auflage übersetzt von 
A.Valerio und Dr. C. Stürenburg. 



Halle a. S. 

Druck und Verlag von Wilhelm Knapp. 

1907. 



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Vorwort 

Dies in der dritten Auflage vorliegende „Handbuch der 
photographischen Chemie" fand sowohl in Italien, wie im 
Auslande eine sehr bemerkenswerte Aufnahme, die mir 
einerseits zur angenehmen Genugtuung gereicht, die aber 
hauptsachlich den Beweis liefert, dass diejenigen Pflegur der 
Photographie, welche auf wissenschaftlicher Grundlage arbeiten 
und ihrer Arbeit auch bewusst werden wollen, erfreulicher- 
weise an Zahl zugenommen haben. Wie ich bereits in der 
Vorrede zu der ersten Auflage gesagt habe, ist bei sämtlichen 
photographischen Operationen, von der Herstellung der licht- 
empfindlichen Platte bis zum Tonen und Fixieren des positiven 
Bildes und zur Reproduktion von Bildern durch photomecha- 
nische Prozesse, eine so grosse Reihe von chemischen Arbeiten 
erforderlich, dass ein günstiger Erfolg ohne gründlichere 
Kenntnisse auf dem Gebiete der photographischen Chemie 
kaum denkbar ist. Statt dessen begnügen sich sowohl die 
Fachphotographen, wie die Amateure leider zu oft mit den 
Obermassig zahlreichen photographischen Vorschriften , von 
denen aber nur wenige mit Erfolg verwendbar, da die meisten 
auf keiner rationellen chemischen Grundlage beruhen, sondern 
vielmehr ein Durcheinander von Vorschriften vorstellen, wie 
solche nur aus ganz lieh unklaren Vorstellungen und Un- 
erfahrenheit entspringen können. Meine langjährigen, gegen 
diesen, sowohl fflr die photographische Praxis, wie für jede 
andere Anwendung der Wissenschaft so schädlichen und den 



— IV — 

Fortschritt hemmenden Empirismus gerichteten Bemühungen 
sind nicht ganz erfolglos geblieben. 

Eine Bürgschaft dafür bietet mir das von vielen, meinen 
Arbeiten entgegengebrachte Interesse, die mir von Seiten 
gewandter Pfleger der Photographie gezollten Anerkennungen, 
die günstigen Urteile angesehener Männer, die fortwährenden 
Ucberselzungen meiner Arbeiten in den angesehensten franzö- 
sischen, deutschen und englischen Fachzeitungen. Der Photo- 
graphie wird leider noch nicht dieselbe Beachtung geschenkt, 
wie den anderen Wissenschaften, obwohl sie zahlreiche, 
täglich zunehmende Anwendungen findet. So hat z. B. ihre 
Benutzung in den graphischen Künsten eine so grosse Aus- 
dehnung angenommen, dass diese eine Branche für sich allein 
bildet. Der geringen Würdigung ihrer Bedeutung ist es zu- 
zuschreiben, dass wir in Italien noch gar keine spezielle 
Lehranstalt für die Photographie und ihre Anwendungen 
besitzen. So lange derartige Anstalten nicht in verschiedenen 
Grossstädten errichtet sein werden, kann das, zum rationellen 
Arbeiten erforderliche, eingehende Studium der Photographie 
nur mit Hilfe solcher Bücher ausgeführt werden, welche 
auch in einer, dem weniger wissenschaftlich Gebildeten ver- 
ständlichen Weise abgefasst sind. Um sich nun die zur selb- 
ständigen Ausführung photographischer Arbeiten aller Art 
nötigen Kenntnisse anzueignen, ist entweder der Besuch 
photographischer Unterrichtsanstalten notwendig, oder, wo 
solche nicht vorhanden und ein Besuch derselben aus 
irgend welchen Gründen nicht möglich, das Studium solcher 
photographischer Lehrbücher erforderlich , welche in einer 
jedem verständlichen Weise geschrieben sind und in welchen 
der photographischen Praxis in der erforderlichen Weise 
Rechnung getragen ist. Diese Gesichtspunkte haben mich bei 
der Abfassung dieses Handbuches geleitet; in demselben habe 
ich nicht allein die Theorieen, sondern auch sämtliche damit 
im Einklang stehenden praktischen Anwendungen und Vor- 
schriften erörtert. Auf diese Weise sind die wissenschaftlichen 



und praktischen Betrachtungen miteinander vereinigt und bilden 
für den Arbeitenden zugleich eine praktische Richtschnur und 
eine Reihe wissenschaftlicher Grundsätze, welche ihn einer- 
seits in die angenehme Lage versetzen, sich über seine sämt- 
lichen Arbeiten Rechenschaft geben zu können, und es ihm 
anderseits möglich machen, die sich ihm bietenden Schwierig- 
keiten sachgemass zu beseitigen. 

Fast alle Verfahren sind von mir geprüft worden, viele 
sind die Früchte meiner eigenen Studien. Diese Auflage ist 
bedeutend verbessert und vermehrt. Das ist durchaus nicht 
auffallend, da heute die Wissenschaft und mit ihr auch die 
Photographie, welch' letztere der Menschheit noch manches 
Neue und Wunderbare bringen wird, im raschen Fortschreiten 
begriffen sind. 

Mailand. Aus meinem chemischen Laboratorium. 

Professor Rudolf Namias. 



Inhaltsverzeichnis. 



Einleitung i 

I. Kap. Die der Lichtwirkung zu Grunde liegenden Prin- 
zipien 9 

II. „ Das natürliche Licht 16 

III. „ Farben und gefärbtes Licht 19 

TV. „ Künstliche, wenig aktinische Lichtquellen . . . 33 
V. . Aktinische künstliche Lichtquellen. Elektrisches 

Licht 25 

VI. n Das Magnesium licht 30 

VII. „ Andere Künstliche aktinische Lichtquellen ■ ■ ■ 3? 

VIII. B Aktinometrie 48 

IX. „ Die Silbersalze 53 

X. „ Wirkung des Spektrums auf die Silbersalze . . 68 

XI. . Das latente Bild 74 

XII. , Die Daguerreotvpie 84 

XIII. „ Das nasse Kollodium verfahren 88 

XIV. , Die Ferrotypie 107 

XV. „ Das Bromsifber -Kollodiumemulsionsverfahren . 110 

XVI. „ Das Kollodium verfahren mit Präservativ mittein 119 

XVI1. „ Das Broms übe rgelatine -Verfahren. Die Gelatine 121 

XVIII. „ Ueber die Keifung der Emulsionen 125 

XIX. „ Empfindlichkeit der Emulsionen 130 

XX. „ Der Emuisionsschleicr. Wirkung des Jodsilbers 

auf die Emulsionen 133 

XXI. „ Praktisches Verfahren zur Herstellung der Brom- 
silbe rgelatine- Em ulsionen 137 

XXII. „ Herstellung der Bromsilbergelatine - Platten . . 145 

XXIII. „ Fehler in der Emulsion und deren Beseitigung 147 

XXIV. „ Das Giessen der Emulsion 15a 

XXV. „ Labo rat oriu ms licht. Verpackung der Platten. Ein- 

fluss der Metalle und anderer Substanzen 

auf die empfindliche Schicht 157 

XX Vi. „ Bestimmungen der Empfindlichkeit und der 
Tonabstufungen der Platten. Bromsilber- 

gelatinefilms 164 

XXVII. „ Bromsilbergelatine Ulms und Negativpapiere . . 169 

XXVIII. „ Exposition und Aufnahme 174 

XXIX. _ Entwicklung des latenten Bildes 184 

XXX. „ Allgemeines Ober organische Entwickler . . . 193 

XXXI. „ Natriumsulfit und Bisulfiie 206 

XXXII. „ Die Alkalien und die alkalischen Salze im Ent- 
wickler. Ersatzmittel für die Alkalien . . . 215 



— VIII — 

S*ilr 

XXXIII. Kap. Die Pyrogallussäure. Aufbewahrung der Ent- 

wieklerbäder 229 

XXXJV. „ Das Hydrochinon und das Brenzkateehin ... 235 
XXXV. „ Das Eikonogen, das Paramidophenot und das 

Diamidophenol 339 

XXXVI. „ Metol und Glycin. Andere neuere Entwickler. 

Einfluss der Temperatur bei der Entwicklung 248 
XXXVII. „ Verzögerungs- und Besc hie unigungs mittel. Kor- 
rektion von Ueberexposition mit Hilfe der 

Bisulfite 257 

XXXVIII. „ Herstellungsvorschriften für die Entwickler- 
lasungen und praktische Angaben Ober das 

Entwicklungs verfahren 262 

XXXIX. „ Die Fixierung der Negative, l'nlerschwefligsaures 

Natron (Fixiernatron) 284 

XL. „ Härtung und Abziehen der Bildschicht .... 298 
XLI. „ Die Verstärkung der Negative. Verschiedene 

Verstfirkungsmethoden 306 

XLII. . Abschwächung und Klärung der Negative. Theorie 
und Praxis der Verwendung des Ammonium- 

Eersulfates. Verwendung von Permangana t. 
'irekle Positive und Duplikatnegative (Kontra- 

typen) 319 

XLIII. „ Firnissen der Negative. Retusche 331 

XLIV. „ Orthochromatische Photographie. Theorie . . 336 
XLV. „ Die orthochromatische Photographie. Optische 
Sensibilisatoren und deren Verwendung. Die 

Lichtfilter 344 

XLVI. „ Das Lippmannsche chromophotographische Inter- 

ferenzverfahren 367 

XLVII. „ Die Photographie mittels Röntgenstrahlen. Photo- 
graphische Wirkung der Becquerelstrahlen 

und des Radiums 373 

XL VIII. „ Photochemische und thermophotoc he mische Be- 
trachtungen 380 



Einleitung. 



Das Licht und die Weltwirtschaft. — Chemische und 
physikalische Erscheinung. — Chemische Verbindung. — Zersetzung, 
— Reaktion. — Chemisches Symbol. — Chemische Gleichungen. — 
Allotropische Erscheinungen. — Physikalische Agenden bei den 
chemischen Erscheinungen. — Das Licht kann die Ursache oder 
die Wirkung chemischer Erscheinungen sein. 

Hat das Licht für die Weltwirtschaft Bedeutung? — 
Oder dient es uns nur, damit wir die unendlichen Schön- 
heiten des Weltalls bewundern und unsere Schritte lenken 
können? So konnten die Alten denken; aber die moderne 
Wissenschaft, die das Positive an die Stelle des Idealen ge- 
setzt, hat bewiesen, dass das Licht im Haushalte der Welt 
eine grosse Rolle spielt. Es trägt viel zur Erhaltung des Gleich- 
gewichtes zwischen Pflanzen und Tierwelt und infolgedessen 
auch des fortwährenden Umwandlung skr eis lauf es lebender 
Wesen bei. Die Pflanzen saugen , unter dem Einfluss des 
Lichtes, den zu ihrem Gedeihen unentbehrlichen Hauptfaktor, 
d. h. den Kohlenstoff, aus der Luft auf. Der Kohlenstoff 
befindet sich in der Luft in Verbindung mit dem Sauerstoff 
und bildet das unter der Bezeichnung Kohlensäure bekannte 
Gas; alle Tiere atmen Kohlensäure aus; Kohlensäure ent- 
steht übrigens auch bei jeder Verbrennung. 

Ist daher der Einfluss des Sonnenlichtes nicht wunderbar, 
wenn der Pflanzenorganismus darunter mit Zuhilfenahme der 
Wärme, aus den Ausscheidungen anderer Wesen den Haupt- 
bestandteil seiner Ernährung schöpft? Sobald die Sonne am 
Horizont untergegangen, ändert sich die Lebensweise der 
Pflanzen bedeutend ; während sie am Tage Kohlensäure aus der 
Luft absorbieren und, nach Zersetzung derselben, Sauerstoff ab- 

.Vaiaijs, Handbuch der phologr. Chemie . I 



geben, geschieht während der Nacht gerade das Umgekehrte: 
sie saugen, wie die Tiere, Sauerstoff auf und geben Kohlen- 
säure ab, wobei sie einen Teil des in den Tagesstunden 
angesammelten Kohlensäurevorrates verbrauchen. 

Nachdem wir auf diese grossartige, natürliche, chemische 
Erscheinung hingewiesen, bei der das Licht eine so grosse 
Rolle spielt, gehen wir zum Thema über. 

Man muss sich vor allem eine chemische Erscheinung 
klar vorstellen: Jede wesentliche und konstante Umwandlung 
der Körper stellt eine chemische Erscheinung dar. Es gibt 
hierzu unzahlige Beispiele gewöhnlicher Art. 

Das Abbrennen einer Kerze, das Verrosten des Eisens, 
das Löschen des Kalkes durch Wasserzutritt sind lauter 
chemische Erscheinungen, weil dadurch der Körper eine 
wesentliche, unabänderliche Umwandlung erleidet. Aus der 
brennenden Kerze entwickeln sich Kohlensäure und Wasser- 
dämpfe, aus denen die Kerze nicht wieder hergestellt werden 
kann. Der bei dem feuchter Luft ausgesetzten Eisen sich 
bildende Rost ist eine Verbindung des Eisens mit dem 
Sauerstoff der Luft. Dieser Rost besitzt ganz andere Eigen- 
schaften wie das Eisen und kann kein Metall mehr geben, wenn 
er nicht unter hoher Temperatur mit Substanzen in Berührung 
gebracht wird, die im stände sind, den chemischen Vorgang 
in entgegengesetzter Richtung einzuleiten. Bei dem Zu- 
sammenkommen des Kalkes mit Wasser entsteht eine Ver- 
bindung beider Körper (Calciumhydrat), und kann auch in 
diesem Falle die umgekehrte Erscheinung, d. h. die Wieder- 
herstellung von ungelöschtem Kalk und Wasser, nur durch 
entsprechende Behandlung unter hoher Temperatur bewerk- 
stelligt werden. 

Gegenstand der Chemie ist eben das Studium der 
chemischen Vorgänge. 

Die Vorgänge dagegen, welche keine wesentlichen und 
dauerhaften Umwandlungen der Körper zur Folge haben, nennt 
man physikalische Vorgänge, mit deren Erforschung sich die 
Physik befasst. Zu dieser Kategorie gehören die Vorgänge 
der Auflösung, der Verdunstung, der Schmelzung u. s. w., bei 
denen, wie jeder leicht begreifen kann, die Eigenschaften 
der Körper unverändert bleiben, und nur deren Beschaffen- 
heit vorübergehend modifiziert ist. 

Zu den chemischen Prozessen gehören: die Verbindung, 
die Zersetzung und die Reaktion. 



Wenn unter Vereinigung zweier oder mehr Körper ein 
einziger entsteht, so nennt man diese eine Verbindung. Die- 
selbe hat nichts mit der Mischung gemein. Bei der Mischung 
geschieht die Vereinigung in jedem beliebigen Verhältnis, und 
kOnnen die Komponenten (Bestandteile) unterschieden und 
auf mechanischem Wege wieder voneinander getrennt werden ; 
ausserdem bleiben deren Eigenschaften auch im gemischten 
Zustande unverändert. 

Bei der chemischen Verbindung kann man dagegen mit 
keinem Mikroskope die Bestandteile unterscheiden, und können 
diese nur durch Einwirkung physikalischer Agenden wieder 
von einander getrennt werden. 

Das Verhältnis der Komponenten ist bei jeder Ver- 
bindung ein bestimmtes und konstantes. Dieses Verhältnis 
kann daher nicht geändert werden: wenn man von dem einen 
oder anderen der Komponenten eine überschüssige Menge ver- 
wenden würde, so würde der Ueberschuss entweder frei bleiben 
oder ganz oder teilweise zu einer von der ersten verschiedenen 
Verbindung verwendet werden. 

Mischt man fein gepulvertes Eisen und Schwefel in 
kaltem Zustande zusammen, so entsteht keine Verbindung. 
Mit der Lupe kann man noch deutlich die Teilchen der 
beiden Körper unterscheiden, und mit einem Magneteisen 
kann man das Eisen vom Schwefel wieder trennen. 

Werden die beiden Körper aber auf eine genügende 
Temperatur erhitzt, so verbinden sie sich und ergeben Eisen- 
sulfit, einen Körper, der von den Komponenten ganz ver- 
schieden ist und von welchem weder mit einem Magnet, 
noch auf anderem mechanischen Wege das Eisen zu trennen ist. 

Bei dieser Verbindung ist das Eisen mit 56 und der 
Schwefel mit 3a Teilen vertreten. Eine grössere Menge des 
einen oder des anderen würde frei bleiben und könnte auf 
mechanischem Wege ausgeschieden werden. 

Die umgekehrte Erscheinung ist die Zersetzung; durch 
Zersetzung werden die Verbindungen in einfachere Körper 
oder in unzersetzbare Elemente gespalten. 

Eine Zersetzungserscheinung ergibt sich beim Erhitzen 
des Wassers auf hohe Temperatur oder unter Einwirkung 
des elektrischen Stromes. Unter diesen Umständen wird das 
Wasser in seine Bestandteile, d. h. Sauerstoff und Wasser- 
stoff, gespalten. Diese beiden färb- und geruchlosen Gase, 
welche nur bei hohem Druck und niedriger Temperatur in 



— 4 — 

den flüssigen Zustand übergehen, besitzen grundverschiedene 
Eigenschaften gegenüber dem Wasser. Der Wasserstoff, ein 
leichtes Gas — überhaupt der leichteste aller Körper — , 
besitzt die Eigenschaft, in Berührung mit der Luft zu ver- 
brennen. Diese Verbrennung stellt einfach die Verbindung 
von Wasserstoff mit dem Sauerstoff der Luft dar und gibt 
daher wieder Wasser. Der Sauerstoff ist 16 mal dichter als 
der Wasserstoff und besitzt die vorherrschende Eigenschaft, 
mit allen sogen, brennbaren Körpern in Verbindung zu treten, 
er gibt zu der unter der allgemeinen Bezeichnung der Ver- 
brennung bekannten Erscheinung Anlass. 

Der reine Sauerstoff, wie solcher aus dein Wasser ge- 
wonnen wird, besitzt ausgesprochen verbrennend wirkende 
Eigenschaften. In seiner Gegenwart verbrennen alle brenn- 
baren Substanzen mit viel grellerem Licht als in einfacher 
Luft. Ein halberloschener Holzspahn entzündet sich im reinen 
Sauerstoff und brennt mit leuchtender Flamme sofort weiter. 

Viele Körper, selbst metallische, wenn sie zu Ver- 
bindungen mit dem Sauerstoff, d. h. zum Oxydieren neigen, 
können im reinen Sauerstoff unter Lichterzeugung brennen. 
So z. B. brennt ein dünner, vorher an einer Lampe erhitzter 
Eisendraht, in reinen Sauerstoff getaucht, mit greller Flamme 
und bildet Eisenoxyd. 

Die Luft besitzt, jedoch in viel geringerem Masse, die 
Eigenschaften des Sauerstoffes, weil in ihr etwa 4 Vol. Stick- 
stoffgas, das absolut nicht im stände ist, die Verbrennung zu 
unterhalten, vorkommen. 

Die Atmung der Tiere stellt einfach eine durch den 
Sauerstoff der Luft bewerkstelligte Oxydation oder eine lang- 
same Verbrennung vor. 

Gehen wir zum Schluss auf die Reaktion Ober. Diese 
resultiert aus den beiden Vorgängen: Verbindung und Zer- 
setzung. Mischt man z. B. eine Silbernitratlösung mit einer 
Natriumchloridlösung zusammen, so zersetzen sich beide Körper 
und die dadurch entstandenen Zersetzungsprodukte ergeben, 
indem sie sich in anderer Weise verbinden, zwei neue Ver- 
bindungen, d. h. Natriumnitrat und Silberchlorid. 

In der Chemie wird jeder einfache Körper oder Element 
mit einem aus dem Anfangsbuchstaben oder aus den zwei 
ersten Buchstaben seines lateinischen Namens bestehenden 
Symbol bezeichnet. Dieses Symbol stellt nicht allein den 
Namen des Körpers selbst, sondern auch ein gewisses Gewicht 



— 5 — 

desselben dar, d. h. das relative Gewicht seines kleinsten 
Bestandteiles (Atomgewicht), wobei der als leichtester Körper 
bekannte Wasserstoff als Einheit dient. Die zusammengesetzten 
Körper werden durch die Symbole der darin vorkommenden 
einfachen Körper bezeichnet, und sind am Fusse dieser Symbole 
Zahlen angeführt, welche das Verhältnis anzeigen, wie oft das 
vom betreffenden Symbol angegebene Gewicht in der Ver- 
bindung vertreten ist. 

Das Silbernitrat oder salpetersaure Silber entspricht der 
Formel: AgNO s , 

welche angibt, dass die Verbindung aus Silber, Stickstoff 
und Sauerstoff besteht. 

Da nun das Symbol Ag ein Silbergewicht von 108, 
N ein Stickstoff gewicht von 14 und O ein Sauerstoffgewicht 
von 16 vorstellen, so können wir sagen, dass das Silber- 
nitrat aus 108 Gewichtsteilen Silber, 14 Gewichtsteilen Stick- 
stoff und 48 (d. h. 16 X 3) Gewichtsteilen Sauerstoff besteht. 

Die Darstellung der Körper durch chemische Formeln 
bezweckt hauptsächlich eine deutliche kurze Veranschaulichung 
der chemischen Vorgänge, so dass die Zahl der daran teil- 
nehmenden und der daraus resultierenden Körper sofort er- 
kannt werden können. Die Veranschaulichung der Vorgänge 
durch chemische Formeln geschieht in Form der sogen. 
chemischen Gleichungen, wobei links die umzuwandelnden, 
rechts die resultierenden Körper zu stehen kommen. Nach- 
stehend versinnbildlichen wir mit chemischen Formeln einige 
der schon angeführten chemischen Vorgänge. Die Verbindung 
des Eisens mit dem Schwefel wird, wie folgt, veranschaulicht: 
Fe-\-S = FeS. 

Da das Symbol Fe ein Eisengewicht von 56 und das 
Symbol S ein Schwefelgewicht von 3a vorstellen, so kann 
man sagen, dass bei dem Eisensulfit 56 Gewichtsteile Eisen 
und 32 Gewichtsteile Schwefel miteinander verbunden sind. 

Die Verbre nnungs ersehet nun g des Kohlenstoffes in der 
atmosphärischen Luft oder im Sauerstoff wird durch die 
Formel: C+O t = C0 2 

veranschaulicht. Die Verbindung C0 a ist ein Gas, welches 
Kohlensäure oder Kohlensäureanhydrid genannt wird. Das- 
selbe besteht, aus 13 Gewichtsteilen Kohlenstoff (da C= 12 
ist) und 33'T.ewichtsteiIen Sauerstoff (16X2). 



Die Zersetzungserscheinung des Wassers bei hoher 
Temperatur oder mitteis des elektrischen Stromes wird 
folgendermassen veranschaulicht: 

HiO — Ht+O. 

Die Reaktion des Silbernitrats und des Natriumchlorids 
entspricht der Gleichung: 

AgNO, + Na Cl = AgCl+NaNO t . 

Das Symbol Na (™ 23) bedeutet Natrium , das Symbol 
Cl (= 35,5) das Chlor; NaCt ist demnach Natriumchlorid 
oder Kochsalz. 

Wir glauben, dass aus dem über die symbolische Ver- 
anschaulichung der Körper und der chemischen Vorgänge 
Gesagten sich jeder ein annäherndes Bild des Gegenstandes 
machen kann. 

Ausser den Verbindungen, Zersetzungen und Reaktionen 
gibt es noch eine Kategorie von Vorgängen, die man zu den 
chemischen Vorgängen rechnen kann, obwohl sie nicht alle 
Merkmale derselben aufweisen. Es sind dies die allo tropischen 
Zustande. Bei diesen tritt keine Aenderung in der Zusammen- 
setzung des Körpers, sondern nur, mehr oder weniger, in dessen 
Eigenschaften ein, was als die Folge einer verschiedenartigen 
Gruppierung der Körperteilchen angesehen wird. Der Phos- 
phor z. B. , welcher gelblich aussieht, grosse Entzündlichkeit 
in Gegenwart der Luft besitzt und für den Organismus sehr 
giftig ist, wird beim Erhitzen Ober seinen Schmelzpunkt 
(d. h. auf etwa 150 Grad) oder bei längerem Einwirken der 
Sonnenstrahlen (in Wasser) in sogen, amorphen Phosphor 
umgewandelt (amorph, weil er nicht mehr fähig ist, regel- 
mässige Kristalle zu bilden wie der gewöhnliche Phosphor), 
der rein rot erscheint, weniger entzündlich und gar nicht 
giftig ist. 

Viele andere Körper können allotropischen Umwand- 
lungen unterworfen sein. 

Der Sauerstoff — wir wollen noch dieses Beispiel an- 
führen — verwandelt sich unter längerer Einwirkung des 
elektrischen Stromes in Ozon, welches Gas eine noch 
grössere oxydierende Wirkung besitzt als der Sauerstoff. 
Die allo tropischen Zustände werden auch mit dem Namen 
Molekularveränderungen bezeichnet. 

Bei den meisten chemischen Prozessen bedarf es der 
Beihilfe eines physikalischen Agens. Solche sind die Wärme, 



die Elektrizität und das Licht. Unzählig sind die durch die 
Wärme erzeugten Prozesse. Man kann sogar behaupten, dass 
die Wärme im allgemeinen allein im stände ist, samtliche zu- 
sammengesetzten Körper zu zersetzen. 

Allerdings kann dies nicht experimentell nachgewiesen, 
werden, da in einigen Fällen höhere Temperaturen erforder- 
lich wären, als diejenigen, die man überhaupt mit den zu 
Gebote stehenden Mitteln erreichen kann. In der Sonne 
können bei der dort herrschenden enormen Hitze unmöglich 
zusammengesetzte Körper, sondern nur noch Elemente be- 
stehen, die — wie die Spektroskopie in wundervoller Weise 
nachgewiesen hat — zum grössten Teil auch auf der Erde 
vorkommen. 

Bei den meisten Verbindungen ist die Wärme zugleich 
Ursache und Wirkung. So z. B. ist es bei allen Ver- 
brennungen erforderlich, den brennbaren Körper zunächst 
auf die zu dessen Verbindung mit dem Sauerstoff notwendige 
Temperatur zu erhitzen; daraufhin brennt derselbe unter 
erheblicher Warme-Erzeugung von selbst. 

Die chemischen Reaktionen können unter Wärmeverlust 
oder unter Wärmebildung vor sich gehen. Das ist wohl leicht 
zu begreifen, da die Reaktionen einen Komplex von Zer- 
setzungen und Verbindungen vorstellen, bei denen, je nach- 
dem die zur Zersetzung der Körper erforderliche Wärme 
grösser oder geringer ist, als die bei der Entstehung der 
neuen Verbindungen erzeugte, entweder Wärme absorption 
oder Wärmebildung entstehen wird. 

Die Elektrizität zeigt ein der Wärme analoges Verhalten. 
Es ist wohl bekannt, dass der elektrische Strom im stände 
ist, eine grosse Anzahl von Substanzen zu zersetzen. Die 
metallischen Verbindungen, sei es in Lösung oder in ge- 
schmolzenem Zustand, können unter mehr oder weniger ver- 
schiedenen Umständen durch den elektrischen Strom zersetzt 
werden. 

Der elektrische Funke kann aber auch die Ursache vieler 
chemischen Verbindungen, namentlich von Gasen, sein. Leitet 
man z. B. den elektrischen Funken in eine Mischung von 
Sauerstoff und Wasserstoff, so verbinden sich die beiden 
Gase unter heftigem Knall. Auch die Elektrizität kann, wie 
die Wärme, die Folge chemischer Reaktionen sein. In allen 
Fällen entsteht der. elektrische Strom infolge chemischer Re- 
aktionen. 



Gehen wir nun zu unserem Hauptthema über, d. h. zu 
den vom Lichte hervorgebrachten chemischen Vorgangen. 

Das Licht, wie die Wärme und die Elektrizität, kann 
sowohl Ursache, als auch Wirkung von chemischen Er- 
scheinungen sein. Das Licht, welches bei allen Verbrennungen 
entsteht, und welches, wenn die Verbrennungen in reinem 
Sauerstoff vor sich gehen, ein sehr grelles ist, muss als Folge 
der Verbindung des brennbaren Stoffes mit dem Sauerstoff 
angesehen werden. Nicht allein die Sauerstoff Verbindungen, 
sondern auch viele andere können unter Lichterzeugung vor 
sich gehen. So z. B. verbinden sich viele Metalle (Natrium, 
Kalium, Eisen, pulverisiertes Antimon u. s. w.), wenn sie in 
ein, Chlor enthaltendes Gefäss eingeführt werden, unter 
Wärme- und Lichtentwicklung. Was die Fähigkeit des Lichtes 
anbelangt, chemische Vorgänge hervorzubringen, so kann man 
sagen, dass seine Wirkung nicht so allgemein ist, wie die- 
jenige der Wärme. 

Es ist aber anzunehmen, dass viele Körper durch das 
Licht verändert werden können. Allerdings sind nur relativ 
wenige davon bekannt, da die Wirkung des Lichtes oft eine 
sehr langsame ist und die hervorgerufenen Modifikationen 
oft sehr schwer zu konstatieren sind. Dagegen ist bei 
manchen Körpern die Wirkung des Lichtes eine sehr ener- 
gische. So z. B. widersteht das reine Chlorsilber, das auf 
350 Grad geschmolzen und bei hoher Temperatur verflüchtigt 
werden kann, ohne eine Veränderung zu erleiden, nicht 
dem schwächsten Lichtstrahl des Winters. Dies schwache 
Licht genügt, um es zu schwärzen, und diese Schwärzung ist 
— wie wir sehen werden — sonst nichts als eine Zersetzung. 

Die chemische Wirkung des Lichtes ist von einigen 
wichtigen Grundsätzen abhängig. 

Diese Grundsätze basieren direkt auf zahlreichen Be- 
obachtungen seitens vieler Gelehrter und wurden durch 
J. M. Eder in seinem klassischen Handbuche der Photo- 
graphie zum Ausdruck gebracht. 

Der Erörterung dieser Prinzipien werden wir einige 
Erläuterungen und einige demonstrierende Beispiele folgen 
lassen, um sie verständlicher zu machen. Einige davon werden 
jedoch erst nach und nach beim Lesen dieses Handbuches 
besser aufgefasst werden können. 



Die der Lichtwirkung zu Grunde 
liegenden Prinzipien. 



Die Lichtstrahlen jeder Farbe (die ultraroten und 
ultravioletten mit inbegriffen) können chemische Vor- 
gange hervorrufen. 

Wie wir später bei der Besprechung des Sonnen- 
spektrums ersehen werden, ist das weisse Sonnenlicht nicht 
einfach, sondern aus einer Reihe verschiedenfarbiger Licht- 
strahlen, aus denen das Sonnenspektrum besteht, zusammen- 
gesetzt. In dem Sonnenspektrum gibt es nicht nur die für 
das menschliche Auge wahrnehmbaren, sondern auch andere 
Strahlen, deren Anwesenheit nur durch chemische oder 
physikalische Erscheinungen festgestellt werden konnte. Diese 
nennt man ultrarote und ultraviolette Strahlen. 

Alle Strahlen des Spektrums sind im stände, eine 
chemische Wirkung auszuüben. Bei dem violetten und 
blauen Licht verbinden sich die beiden Gase Chlor und 
Wasserstoff zu Salzsaure. Unter direkter Einwirkung der 
Sonnenstrahlen geht diese Verbindung plötzlich mit Explosion, 
bei gedämpftem Licht dagegen sehr langsam vor sich, Bei 
blauem, violettem und ultraviolettem Lichte zersetzt sich das 
Chlorsilber, wie überhaupt alle Silbersalze. Das Quecksilber- 
oxydul oxydiert an der Luft bei rotem Licht und wird in 
Quecksilberoxyd, das mehr Sauerstoff enthält und rot aus- 
sieht, verwandelt. 

Das Cyanin (aus dem Teer gewonnener Farbstoff) ent- 
färbt sich bei gelbem Licht u. s. w. 



Die auf einen Körper chemisch wirkenden Strahlen 
müssen von demselben absorbiert werden. Die chemische 
Wirkung steht daher im engen Zusammenhang mit der 
optischen Absorption. 

Wenn wir durch einen oder mehrere, vom Licht chemisch 
modifizierbaren Körper ein Bündel von Lichtstrahlen leiten, 
so können diese, nachdem sie den oder die Körper passiert, 
nicht mehr dieselbe, sondern nur eine schwächere Wirkung 
auf die gleichen Körper ausüben. 

Das deutet an, dass diese Lichtstrahlen, welche auf den 
oder die Körper wirken, von diesen absorbiert (verschluckt) 
werden. 

Eine Mischung von Quecksilberchlorid (Sublimat, corros.) 
und von Ammoniumoxalatlösung ist stark lichtempfindlich. 
Unter dem Einfluss des Lichtes wirkt das oxalsaure Ammoniak 
auf das Quecksilberchlorid reduzierend, indem es dasselbe in 
Quecksilberchlorür, eine in Wasser unlösliche und daher in 
Form feinen weissen Pulvers am Boden sich absetzende Sub- 
stanz umwandelt. 

Wenn man aber die Strahlen, welche ein mit solcher 
Flüssigkeit gefülltes Standgefäss passiert haben, auf einen 
hinter den ersten gestellten zweiten, dieselbe Flüssigkeit ent- 
haltenden Behälter wirken lässt, so zeigt sich in diesem 
letzteren kein Niederschlag von Quecksilberchlorür, ein Beweis, 
dass die Strahlen jede chemische Wirkungskraft auf diese 
zweite Lösung eingebOsst haben. 

Viele andere einfache Versuche bestätigen die Richtig- 
keit der aufgestellten Behauptungen. 

Auf diese Weise wird, mit anderen Worten, festgestellt, 
dass auf die lichtempfindlichen Körper oder auf die licht- 
empfindlichen Mischungen nur diejenigen Strahlen, welche 
absorbiert werden, chemische Umgestaltungen hervorzurufen 
im stände sind, aber keine anderen. 

III. 

Die Spektnüstrabieo beliebiger Färbung können, je nach 
Beschaffenheit der lichtempfindlichen Körper, Zersetzungen 
«der Verbindungen zu stände bringen. 

Davy stellte im Jahre 1812 den Grundsatz auf, dass die 
wenig brechbaren Strahlen des Spektrums, d. h. rote und 



selbe, oxydierend, während die stark brechbaren reduzierend 
wirken. Mit anderen Worten: auf die unter Lichteinfluss 
oxydierbaren Körper wirken die roten, wahrend auf die re- 
duzierbaren (zersetzbaren) Körper die violetten Strahlen eine 
Wirkung ausüben. 

Dieses Gesetz ist aber nicht ganz richtig. Wir werden 
es allerdings in vielen Fällen bestätigt finden, aber nicht all- 
gemein; denn alle Strahlen können Verbindungen und Zer- 
setzungen erzeugen. Die violetten Strahlen, welche die Silber- 
verbindungen zersetzen, befördern dagegen die Oxydation 
verschiedener organischer Substanzen in weit höherem Masse 
als die roten Strahlen. 

IV. 

Bei den metallischen Verbindungen bestätigt es sich, 
dass das rote Licht im allgemeinen oxydierend, das 
violette dagegen reduzierend wirkt Bei den Verbindungen 
der Metalloide (einfache, nicht metallische Korper) wirkt 
besonders das blaue und violette Licht. Bei den organischen 
Verbindungen wirkt gewöhnlich das violette Licht oxy- 
dierend. Die organischen Farbstoffe werden durch die 
von ihnen absorbierten Lichtstrahlen im höchsten Grade 
oxydiert und infolgedessen entfärbt. 

Das bei Luftzutritt dem roten Licht ausgesetzte schwarze 
Mercurooxyd (Quecksilber oxy du 1) oxydiert und verwandelt 
sich in Mercurioxyd (Quecksilberoxyd), welches rot aussieht. 
Dieses, dem violetten Licht ausgesetzt, zersetzt (reduziert) sich 
neuerdings in Mercurooxyd und Sauerstoff. 

Die Ferrosalze (Eisenoxydulsalze) oxydieren in Berührung 
mit der Luft und verwandeln sich in Ferrisalze (Eisenoxyd- 
salze); dieser Vorgang geht bei rotem Licht viel rascher vor 
sich als bei violettem. Viele Ferrisalze werden dagegen 
unter dem Einfluss des violetten Lichtes zu Ferrosalzcn 
reduziert. 

Wir wiesen darauf hin, dass bei der Entstehung und 
Zersetzung von Metalloldverbindungen das blaue und das 
violette Licht die Hauptrolle spielen. Bei diesem Licht ver- 
bindet sich der Wasserstoff mit Chlor, die konzentrierte 
Salpetersäure wird rot, weil sie sich zu salpetriger Säure 
und Sauerstoff, während die Jodwasserstoff säure sich zu 
Wasserstoff und Jod zersetzt u. s. w. 



Unter organischen Verbindungen versteht man alle die- 
jenigen, bei denen das chemische Element Kohlenstoff vor- 
kommt. Dieses Element finden wir in fast reinem Zustand 
in der Holzkohle, im Graphit und vollkommen rein und 
kristallisiert im Diamant. Es gibt unzählige organische Ver- 
bindungen, von denen viele in der Natur zu finden sind, 
viele andere wieder künstlich hergestellt werden. Alle aus 
dem Stein kohlen teer gewonnenen Substanzen, wozu eine grosse 
Anzahl Farben gehören, sind künstliche organische Produkte. 

Bei allen organischen Verbindungen nehmen, ausser 
Kohlenstoff, noch der Wasserstoff und Sauerstoff, oft auch 
der Stickstoff (namentlich bei tierischen Produkten) teil; 
seltener finden sich noch andere Elemente (Schwefel und 
Phosphor) vor. 

Es fragt sich nun: 

Wie kommt es, dass eine so geringe Anzahl Elemente eine 
so unendliche Anzahl von Verbindungen ergeben, wahrend 
mit allen übrigen Elementen (wenig mehr wie 60) nur eine 
relativ geringe Anzahl derselben erzeugt werden können? 

Dieses verdankt man der merkwürdigen Eigenschaft des 
Kohlenstoffes, bei den Verbindungen nicht allein in ver- 
schiedenen Verhältnissen, sondern auch in verschiedener Art 
und Weise teilzunehmen. 

Viele organische Verbindungen zersetzen sich bei Luft- 
zutritt viel rascher am Lichte (namentlich beim violetten Licht) 
als im Dunkeln. Zum Beispiel: Aether, Aldehyd, Blausäure, 
Terpentinöl, Pflanzenöle, Tierfette u. s. w. Das Judenpech 
(Asphalt), welches aus Kohlenstoff und Wasserstoff besteht 
(Kohlenhydrat), wird unter dem Lichteinfluss derart modifiziert, 
dass es in verschiedenen Flüssigkeiten (Terpentinöl, Benzin, 
Lavcndelöl u. s. w.) unlöslich wird. Darauf beruht eine 
Photogravuremethode. 

Die natürlichen und die künstlichen organischen Farb- 
stoffe werden mehr oder weniger alle unter dem Ein flu ss 
des Lichtes von der Luft oxydiert: deswegen neigen sie zur 
Entfärbung. 

Diese Eigenschaft wurde früher (vor der Anwendung 
des Chlors und der Hypochtoridc) zum Bleichen der rohen 
Leinwand benutzt. Zu diesem Zwecke wurde dieselbe in 
noch nassem Zustand wochenlang der Sonne ausgesetzt, bis 
sie durch die gleichzeitige Luft- und Lichtwirkung vollständig 
gebleicht war. 



Die künstlichen, aus Steinkohlen teer gewonnenen Farb- 
stoffe unterliegen im allgemeinen stark dem Einfluss des 
Lichtes. Aus diesem Grunde verlieren die mit Teerfarben 
gefärbten Gewebsstoffe in relativ kurzer Zeit ihre Brillanz. 
Ebenso bleichen auch die mit Anilinfarben gefärbten photo- 
graphischen Papiere unter dem Lichteinfluss aus. 

Die auf die Farbstoffe am stärksten wirkenden Strahlen 
sind die von denselben absorbierten. Bei zahlreichen Farb- 
stoffen ist die absorbierte Lichtfarbe zugleich die Komplementär- 
farbe des Farbstoffes selbst (siehe weiter Ober die Kom- 
plementärfarben). 

Es ist übrigens Tatsache, dass die energischeste chemische 
Wirkung durch die absorbierten Strahlen" ausgeübt wird, was 
nicht nur bei den Farbstoffen, sondern überhaupt bei allen 
Körpern der Fall ist. 

Alle Körper, sowohl die festen, als die flüssigen und 
gasförmigen, besitzen die Eigenschaft, nur bestimmte Strahlen 
des Spektrums zu absorbieren. Diese Absorption ist nur eine 
Umgestaltung der Bewegung. Wenn die Körper nun also, 
laut photographischer Ausdrucksweise, lichtempfindlich sind, 
so verdankt man die chemischen Umgestaltungen nur den 
absorbierten Strahlen. 

Das vorher Erwähnte wird später noch ausführlicher 
behandelt. 



Die Empfindlichkeit der Körper für die von denselben 
nicht absorbierten Strahlen kann durch Zusatz von Sub- 
stanzen, welche fähig sind, diese Strahlen zu absorbieren, 
merklich erhöht werden. 

Das Bromsilber, welches für die blauen und violetten 
Strahlen, die es absorbiert, empfindlich, dagegen für die 
gelben und roten Strahlen fast unempfindlich ist, kann auch 
für diese letzteren empfindlich gemacht werden, indem man 
ihm Substanzen zusetzt, welche diese Strahlen absorbieren. 

Auf diesem sogen. Vogelschen Prinzip basiert die 
Herstellung der orthochromatischen, d. h. für alle Farben 
empfindlichen Platten. Die dem Bromsilber zugesetzten 
Substanzen sind gewöhnlich aus dem Teer gewonnene 
Farbstoffe. Diese Substanzen nennt man optische Scnsi- 



bilisatoren. Auf diese werden wir bei der Besprechung des 
orthochromatischen Prozesses zurückkommen. 

Die Anwendung von optischen Sensibilisatoren scheint 
jedoch nicht für alle Fälle geeignet, denn die Empfindlichkeit 
einiger Substanzen für bestimmte Strahlen kann dadurch nur 
in geringem Masse mittels der optischen Sensibilisatoren er- 
höht werden. Dieses trifft z. B. für die Fernverbindungen zu. 

Bis jetzt, kann man sagen, ist es nur bei den Silbersalzen 
gelungen, die optischen Sensibilisatoren zur Erzeugung des 
latenten Bildes zu benutzen. 

VI. 

Die Zersetzung durch das Licht geht viel rascher 
und viel vollständiger vor sich, wenn eine Substanz gegen- 
wärtig ist, welche die Fähigkeit besitzt, eines der Zer- 
setzungsprodukte an sich zu ziehen. 

Das Ferri chlorid (Eisenchlorid) ist für sich allein sehr 
wenig lichtempfindlich; seine Zersetzung in Ferrochlorid 
und Chlor geschieht nur in minimalem Masse. 

Das kommt von der Neigung des frei werdenden Chlor- 
gases, sich mit dem Ferrochlorid wieder zu verbinden; diese 
Tendenz wird durch die Wirkung der roten Strahlen unter- 
stützt; dadurch wird das Fortschreiten der Zersetzung er- 
heblich erschwert. Wenn wir aber das frei werdende Chlor 
nach und nach ausscheiden, so ist es klar, dass die Zer- 
setzung, welche kein Hindernis mehr findet, leichter vor sich 
gehen muss. Werden also dem Ferri chlorid gewisse Sub- 
stanzen zugesetzt, wie Oxalsäure, Weinsäure, Citronensäure, 
welche geeignet sind, sich mit dem frei werdenden Chlor 
zu vereinigen, so erhöht sich die Lichtempfindlichkeit des 
genannten Salzes ganz merklich. 

Das Chlorsilber, welches ohnehin viel empfindlicher ist 
als Ferrichlorid, wird noch viel empfindlicher, wenn Substanzen 
zugesetzt werden, welche fähig sind, das bei dessen Zer- 
setzung entstehende Chlor an sich zu fesseln. In der Praxi* 
verwendet man zu diesem Zweck Ammoniak, Kaliumnitrit 
und häufiger noch Silbernitrat oder Silbercitrat; diese beiden 
letzteren verbinden sich mit dem frei werdenden Chlor zu 
Chlorsilber, welches wieder vom Lichte zersetzt wird. Auf 



— 15 — 

diese Weise erzielt man nicht nur die leichtere Zersetzung, 
sondern auch eine grössere Intensität. * 

Solche Substanzen, welche behufs Absorption eines der 
durch Licht bewirkten Zersetzungsproduktes den lichtempfind- 
lichen Körpern zugesetzt werden, nennt man chemische 
Sensibilisatoren. Siehe unsere Studien über die chemischen 
Sensibilisatoren im Anhang zu diesem Band. 

vn. 

Das Verhalten am Liebt ändert sich mit dem Reinheits- 
grad der empfindlichen Substanz, mit deren physikalischem 
Zustand, mit ihrer Verteilung und eventuell (bei den Silber- 
Präparaten) mit der Entwicklungsart des latenten Bildes. 

Die Reinheit des lichtempfindlichen Präparates spielt bei 
der Empfindlichkeit desselben eine grosse Rolle. Ein Chlor- 
silber, welches Spuren von Kaliumchlorid enthielte, würde 
viel weniger empfindlich sein als in reinem Zustand. 

Viele Substanzen (namentlich die Fernverbindungen) 
sind im feuchten Zustand viel empfindlicher. 

Der physikalische Zustand eines Körpers hat auf dessen 
Lichtempfindlichkeit einen wesentlichen Einfluss; die ge- 
schmolzenen oder gelösten Körper besitzen eine andere Licht- 
empfindlichkeit als die im festen Zustand. So ist z. B. das 
Ferricyankalhim in Kristallform fast unempfindlich gegen das 
Licht, während seine Lösungen in destilliertem Wasser relativ 
sehr empfindlich sind. 

Das mit Silberpräparaten und durch sehr kurze Ex- 
positionen am Licht gewonnene latente Bild (siehe das 
Kapitel über das latente Bild) kann durch entsprechende 
Wahl des Entwicklers in verschiedenen Intensitätsgraden und 
in verschiedenartiger Färbung hergestellt werden; dies wird 
jedoch im Folgenden näher erörtert werden. 



II. Kapitel. 

Das natürliche Licht 



Wellenbewegung. — Bewegung an der Wasseroberfläche 
■durch einen hinein fallenden festen Körper. — Das Lieht ist eine 
im Aether sich fortpflanzende Wellenbewegung. — Das Sonnen- 
spektrum. — Farben, aus denen es zusammengesetzt ist. — Ultra- 
violette und ultrarote Strahlen. — Die chemischen Wirkungen sind 
besonders von den , grösserer Brechung unterworfenen Strahlen 
erzeugt. 

Der wichtigste Faktor der photographischen Kunst ist das 
Licht. Es ist daher für jeden, der sich mit der Photographie 
befasst, sehr wichtig, dies wunderbare Agens näher kennen 
zu lernen. 

Nach den glänzenden Versuchen Fresnels unterlag es 
keinem Zweifel mehr, dass das Licht eine Wellenbewegung 
sei. Später entdeckte Professor Lippinann auf Grund der 
Fresnelschcn Theorie das wundervolle Verfahren der inter- 
ferenziellenFarbenphotographie, wodurch dieTheorieFresnels 
unwiderruflich bestätigt wurde. Da nicht jeder wissen kann, 
was Wellenbewegung ist, halten wir es für notwendig, eine 
Erklärung darüber zu geben. 

Kein anderes Beispiel passt so gut für unseren Fall, 
als das schon allseitig ausgebeutete des auf einen ruhigen 
Wasserspiegel fallenden Steines; beobachten wir nun diesen 
einfachen Versuch aufmerksam. 

Es entsteht eine ganze Reihe konzentrischer Kreise, deren 
Mittelpunkt die Berührungsstelle des Steines mit dein Wasser 
bildet und welche vom Mittelpunkte aus immer breiter und 
undeutlicher werden, bis sie ganz aufhören. Dem ober- 
flächlichen Beobachter scheint es, dass diese Wellen immer 
breiter werden, weil sie sich in fortschreitender Bewegung 
befinden. In Wirklichkeit ist es aber nicht so; um sich davon 
zu überzeugen, genügt es, einen kleinen Schwimmer auf dem 
Wasserspiegel schwimmen zulassen; derselbe wird wohl beim 
Durchziehen der Wellen auf und nieder bewegt werden, wird 
jedoch keine Ortsveränderung erleiden. 

Diese eigenartige Bewegung, welche sich in Form von 
Erhöhungen und Vertiefungen fortpflanzt, nennt man Wellen- 
bewegung. Wenn zwei solche Wellenbewegungen sich kreuzen 



— 17 — 

(was man durch Fallenlassen von zwei Steinen an zwei ver- 
schiedenen Stellen erzeugen kann), so wird man Stellen beob- 
achten können, wo zwei in derselben Richtung fortschreitende 
Bewegungen zusammentreffen; treten hier zwei Erhöhungen 
oder zwei Vertiefungen zusammen, so wird eine grosse Er- 
höhung oder Vertiefung daraus resultieren; tritt dagegen eine 
Erhöhung und eine Vertiefung zusammen, so wird die Welle 
natürlicherweise abgeschwächt und mitunter ganz aufgehoben. 

Auch die Fortpflanzung des Schalles beruht auf einer 
Wellenbewegung. Der Schall entsteht durch die Schwingungen 
der Körperteilchen und pflanzt sich in irgend ein festes, 
flüssiges oder gasförmiges, aber elastisches Medium fort. Die 
Fortpflanzung des Schalles durch die Luft geschieht infolge 
einer Reihe abwechselnd kondensierter und verdünnter Luft- 
schichten oder sphärischer Wellen, welche in der Luft selbst 
entstehen. 

Ein in einem luftleeren Räume schwingender und auf 
nicht elastischer Unterlage -{Baumwolle) ruhender Körper gibt 
keinen durch das menschliche Ohr wahrnehmbaren Ton, was 
durch Experiment leicht zu konstatieren ist. 

Bei dem Zusammentreffen von zwei Schallwellen wird 
entweder eine Seh all Vermehrung oder eine Schall Verminderung 
stattfinden, je nachdem die zusammentreffenden Wellen gleich- 
wertig (d. h. beide kondensiert oder beide verdünnt) oder 
von verschiedener Art sind. 

Damit der Ton eines schwingenden Körpers für das Ohr 
vernehmbar wird, darf die Anzahl der Schwingungen nicht 
unter 16 und nicht über 30000 in der Sekunde betragen. 

Wie bereits erwähnt, ist auch das Licht eine im Aether, 
ähnlich wie der Schall in der Luft, sich fortpflanzende Wellen- 
bewegung. 

Dieser dem Lichte als Fortpflanzungsmittel dienende 
Aether ist ein Fluidum ohne Gewicht, welches den ganzen 
unendlichen Himmelsraum und die unendlich kleinen Zwischen- 
räume der Moleküle in den Körpern ausfüllt. Das Bestehen 
dieses Fluidums ist allerdings nicht direkt nachgewiesen, man 
ist aber durch eine grosse Anzahl von physikalischen Tat- 
sachen zu deren Annahme berechtigt. 

Die Wellenbewegung, nach welcher die Fortpflanzung 
des Lichtes im Aether vor sich geht, weicht von derjenigen des 
Schalles durch die Luft, sowohl hinsichtlich der Geschwindig- 
keit, als auch hinsichtlich deren Wellenlänge ab. Während die 

Ninin, Handbncb der phoiogr. Chemie. 2 



Schallgeschwindigkeit 333 m in der Sekunde beträgt, bewegt 
sich das Licht mit einer Geschwindigkeit von 309600 km in 
der Sekunde (das Sonnenlicht braucht 8 Minuten, um bis zu 
uns zu gelangen). Die grössten Lichtwellen betragen Vjsoo mm - 
Das von der Sonne her kommende weisse Licht ist nicht 
einfach, sondern aus verschiedenfarbigen einfachen Lichtern 
zusammengesetzt. Die Zersetzung des weissen Lichtes in seine 
Bestandteile kann man durch ein Glasprisma, durch das man 
die Sonnenstrahlen leitet, bewerkstelligen. 

Fangt man diese Strahlen beim Heraustreten aus dem Glas- 
prisma auf einem weissen Schirm auf, so wird man einen 
Streifen prächtiger Farben sehen, der das Sonnenspektrum 
vorstellt. 

Aehnlich wie die Verschiedenheiten des Schalles von 
der Anzahl der Schwingungen des tönenden Körpers und 
der Luft bedingt sind, ändert das Licht seine Farbe je nach 
Anzahl der Schwingungen im Aether. 

Die sichtbaren Farben des Spektrums sind folgende: 
Violett, Indigo, Blau, Grön, Gelb, Orange und Rot. Das 
Violett nennt man die am stärksten brechbare Farbe, weil 
sie am weitesten von dem einfallenden weissen Strahle ent- 
fernt ist. Rot ist am wenigsten brechbar. 

Wir sagten, dass die Verschiedenheit der Farben von 
der Anzahl der Schwingungen im Aether abhängt. Da nun 
die Schwingungen einer Wellenbewegung entsprechen, so ist es 
ganz natürlich, dass bei denjenigen Farben, denen eine grössere 
Anzahl Schwingungen entspricht, die Welle auch kürzer sein 
muss. Die Wellenlänge ist für das Violett am kleinsten, für 
das Rot am grössten, weil bei deren Schwingungszahlen das 
umgekehrte Verhältnis besteht. 

Ausser den schon aufgezählten zahlreichen Analogieen 
zwischen der Wellenbewegung des Schalles und des Lichtes 
erwähnen wir noch folgendes. 

Sowohl die Töne, wie die Lichtstrahlen, welche auf zu 
grosser oder zu geringer Anzahl Schwingungen beruhen, sind 
auf die Organe unseres Körpers wirkungslos. 

Neben den roten und den violetten gibt es im Spektrum 
noch andere Strahlen, die ultraroten und die ultravioletten, 
welche sich nur durch die hervorgerufenen Wirkungen kund 
geben, die aber für das menschliche Auge unsichtbar sind. 

Wie im Anfange gesagt, üben die meist brechbaren 
Strahlen des Spektrums, d. h. Indigo, Violett und Ultraviolett, 



— I 9 — 

die höchste chemische Wirkung aus. Diese sind daher die 
besten Freunde des Photographen; diese belichten ihm die 
Platte, aus der er durch die Entwicklung das Negativ erhält, 
diese schwarzen ihm die Papiere des positiven Bildes. Wahrend 
nun die roten Strahlen die Uebertragung der Warme auf 
die Erde vermitteln, befördern oder rufen die violetten 
Strahlen die chemischen Wirkungen bei den Pflanzen und 
Tieren hervor, und alle zusammen tragen zur Erhaltung des 
Lebens auf unserm Planeten bei. 



m. Kapitel. 

Farben und gefärbtes Licht 



Farbe der Körper. — Ursachen der Farbenentstehung. — 

Farben, die der Zersetzung des Lichtes zuzuschreiben sind. — Durch' 

die Interferenz hervorgerufene Farben. — Farben, welche durch die 

Absorption entstehen. — Unterschied zwischen gefärbtem Licht und 

Farben. — Komplementärfarben. 

Die Farben eines Körpers können wir aus verschiedenen 
Ursachen empfinden. Das prächtige Farbenspiel des Diamanten 
wird durch die Brechung des Lichtes hervorgerufen, welches 
denselben durchdringt. Wir wissen, dass das Licht beim 
Passieren eines durchsichtigen Körpers mit nicht parallelen 
Flächen in die verschieden gefärbten Lichtstrahlen zerlegt 
wird, aus welchen dasselbe besteht. Auch der Regenbogen 
zeigt sich uns unter ähnlichen Verhältnissen; in diesem Falle 
ist der brechende Körper durch die Regentropfen gebildet, 
auf welche die Sonnenstrahlen schief auffallen und durch 
welche sie zerlegt passieren. 

Gehen wir nun zu den durch die Interferenz hervor- 
gerufenen Farben über. Lichtinterferenz nennt man diejenige 
Wirkung der einfachen oder zusammengesetzten Lichtarten 
aufeinander, durch welche entweder die Dunkelheit oder Lichter 
von verschiedenen Farben entstehen können. 

Die Erscheinungen der Interferenz können eine zutreffende 
Erklärung finden, wenn wir an dem Grundsatze festhalten, 



die Entstehung des Lichtes sei einer Weilenbewegung des 
Aethers zuzuschreiben. Gerade so, wie die Wellen auf dem 
Wasserspiegel, wenn sie aneinander Blossen, je nach ihrer Form 
zu grösseren oder kleineren Wellen Anlass geben, so können 
auch die Lichtwellen im Aether bei ihrem Zusammentreffen, 
je nach Umständen, sich zu einem verschiedenartigen Wellen- 
system umgestalten, dem eine andere Farbe entspricht. 

Das auf die Oberflache mancher Körper, wie z. B. Perl- 
mutter, fallende weisse Licht wird zum Teil sofort, zum Teil 
erst nach Passieren einer ganz dünnen Schicht des Körpers 
reflektiert. 

Das diese so ungemein dünne Schicht passierende 
Licht wird natürlicherweise dem anderen, direkt reflektierten 
Lichte gegenüber etwas verspätet sein; wenn nun diese Ver- 
spätung eine halbe Wellenlänge oder eine ungerade Anzahl 
halber Wellenlängen beträgt, so werden die zwei entgegen- 
gesetzten Wellensysteme derart aufeinander wirken, dass sie 
ein Licht von anderer Farbe erzeugen. 

Solchen Inte rferenzersc hei nun gen verdanken eben viele 
Insekten, Fische, Vögel, gewisse Glasarten, gewisse Metalle, 
wenn sie sich mit einer leichten Oxydschicht überziehen, so 
z. B. der Stahl und das Blei, ihre prachtig schillernden Farben. 

Gewöhnlich kommt aber die Farbe der Körper von der 
Absorption her. Das weisse Licht, welches auf die Oberfläche 
der Körper gelangt, dringt durch eine dünne Schicht hindurch 
und verliert da die eine oder andere Farbe, so dass es in 
einer Farbe wieder heraustritt, auf welche der Körper keine 
absorbierende Wirkung ausüben konnte. Gewisse Körper 
absorbieren sämtliche Farben des weissen Lichtes und er- 
scheinen daher für das Auge schwarz. Andere absorbieren 
wieder keine der Farben und zeigen sich daher weiss. 

Die Farbe der Körper variiert je nach dem physikalischen 
Zustande und je nach dem Aggregatzustand. 

Die fein gepulverten Körper weisen meistens eine andere 
Färbung als in festem Zustande auf. Das Silber ist z. B. in 
festem Zustande glänzend weiss, während es in feinster Ver- 
teilung, wie es bei den negativen Bildern auf Bromsilber- 
Gelatineplatten der Fall ist, tiefschwarz erscheint. Im flüssigen 
oder geschmolzenen Zustande haben die Körper auch oft eine 
andere Farbe als in fester Form. 

Nun erscheint es sehr wichtig, festzustellen, nach welchem 
Grundsatz man die Farben klassifizieren kann. Man inuss 



vor allem die einfachen und die zusammengesetzten Farben unter- 
scheiden. Einfach sind die Spektralfarben, zusammengesetzt die- 
jenigen, welche aus zwei oder mehreren derselben resultieren. 

Viele betrachten Rot, Blau und Gelb als die drei Grund- 
farben; das ist nicht genau, weil mit diesen drei Farben allein 
nicht alle zusammengesetzten Farben erhalten werden können, 
wie mit den einfachen Spektralfarben. Als Grundfarben sind 
daher nur die Spektralfarben anzusehen, wahrend Gelb, Blau, 
Rot nur annähernd alle von den Spektralfarben zu erhaltenden 
zusammengesetzten Farben ergeben können. Das heute so 
beliebte photographische Dreifarbenverfahren beruht auf der 
Möglichkeit, mit den genannten drei Farben alle Nuancen zu 
erhalten, wie sie för das Auge annähernd genau sind. Die 
einfachen Farben nennt man satt, wenn sie genau den ein- 
fachen Spektralfarben entsprechen und nicht mit Weiss 
gemischt sind. Durch Mischung mit Weiss werden die 
Spektralfarben blasser, und zwar um so verdünnter und 
blasser, je grosser der Gehalt an Weiss ist. 

Werden die einfachen Spektralfarben dagegen mit Schwarz 
versetzt, so vertiefen sie sich, und man kann in analoger 
Weise wie durch Zusatz von Weiss eine unendliche Farben- 
skala erzielen. 

Der Umstand, dass das weisse Licht das Resultat 
mehrerer einfacher, verschieden gefärbter Lichtstrahlen ist, 
lässt darauf schliessen, dass, wenn man einfaches Licht von 
verschiedener Farbe untereinander mischt, das resultierende 
Licht um so heller erscheint, je grosser die Anzahl der ge- 
mischten einfachen Farben ist, da man sich immer mehr dem 
weissen Lichte nähert 

Das Gegenteil geschieht bei den Mischungen farbiger 
Pigmente. Bei den Pigmenten ist die Farbe durch Absorption 
einiger das weisse Licht bildenden Farben erzeugt; mischt 
man daher mehrere Pigmente zusammen, von denen jedes 
für sich die eine oder andere Farbe dem weissen Lichte ent- 
ziehen, so erscheint die Mischung um so dunkler, je grosser 
die Anzahl der darin vorkommenden Pigmente ist, und man 
wird sich eher dem Schwarz als dem Weiss nähern. 

Aus dem Umstände, dass die Färbung der Körper im all- 
gemeinen durch Absorption einiger Elemente des dieselben be- 
leuchtenden Lichtes gegeben ist, sei es das weisse Sonnenlicht, 
oder irgend eine künstliche Lichtquelle, ist es ganz folgerichtig, 
dass ein künstliches, vom Sonnenspektrum stark abweichendes 



Licht den Körpern auch ein anderes Aussehen, als sie I 
beim Tageslichte haben, verleihen wird. So erscheinen die ! 

Gegenstande z. B. beim Gas-, Petroleum- und Kerzenlichte, | 
welche an blauen und violetten Strahlen sehr arm sind, 
anders gefärbt als bei Tage. Es ist klar, dass ein dunkel- | 
blau oder dunkelviolett gefärbter Körper bei Gaslicht fast I 
schwarz erscheinen wird, da er alle Strahlen des Spektrums, 
mit Ausnahme der blauen und violetten, welche zum Auge 
gelangen, absorbiert; bei dem an violetten und blauen Strahlen 
sehr armen Gaslichte erscheint er daher tiefblau oder violett, I 
ja fast schwarz gefärbt. j 

Wenn ein Körper von einem monochromen Lichte (d. h. 
von einer einfachen Spektral färbe) beleuchtet wird, so kann | 
es vorkommen, dass er entweder dieses Licht absorbiert, 
oder dass er dasselbe reflektiert; im ersten Falle. wird er 
schwarz aussehen, im zweiten Falle wird er die Farbe des 
monochromen Lichtes zeigen. Daher kommt es eben, dass 
in der rot beleuchteten Dunkelkammer des Photographen 
manche Gegenstände, die in Wirklichkeit anders gefärbt sind, 
schwarz aussehen, während die roten, oder die, bei denen 
Rot ein Bestandteil ihrer Farbe ist, rot aussehen. 

Das elektrische Bogenlicht ist die dem Sonnenlichte am 
nächsten stehende Lichtquelle, weshalb die damit beleuchteten 
Körper ihre Farbe nicht wesentlich verändern. 

Die Farbenwirkung der Körper auf das Auge hängt 
ausserdem noch von der Kontrastwirkung ab. Wird ein 
farbiger Körper mit einem zweiten, anders gefärbten, zugleich 
oder nachher gesehen, so zeigt er sich dem Auge etwas 
anders, als wenn er ganz allein gesehen wurde. 

Die Farbentheorie ist sehr ausgedehnt; wir haben uns 
bloss auf die Hauptpunkte beschränkt, welche uns vor allem 
interessieren. Die Kenntnis der gegebenen Erklärungen ist 
aber für die Thcorieen, welche in den folgenden Kapiteln 
zur Behandlung gelangen, unentbehrlich. 



IV. Kapitel. 

Künstliche, wenig aktinische Lichtquellen. 

Welchem Umstände isl die Lichterzeugung zuzuschreiben? — 
Die Lichterzeugung beeinträchtigt die Wärmewirkung. — Studium 
der gebräuchlicheren künstlichen Lichtquellen. — Das Glühen der 
Kohle und die Ursache der Leuchtkraft. — Wie wird die Leucht- 
kraft erhöht und geschwächt? — Aktinische Wirkung. 

Das von den brennbaren Körpern erzeugte Licht wird durch 
die hohe Temperatur erzeugt, welche bei deren Verbindung 
mit dem Sauerstoffe der Luft entsteht. Es ist jedem bekannt, 
dass ein auf relativ hohe Temperatur erhitzter Körper in sogen. 
glühenden Zustand gebracht wird, und dass dieser dann Licht 
entwickelt. Die niedrigste Temperatur, mittels welcher die 
verschiedenen Körper zum Glühen gebracht werden können, ist 
für jeden einzelnen Körper sehr verschieden; auch die Farbe 
des dabei entstehenden Lichtes ist sehr verschieden. Im all- 
gemeinen kann man aber sagen, dass Ober eine gewisse Tempera- 
tur hinaus alle Körper weisses Licht für das Auge entwickeln. 

Die Lichterzeugung geht natürlich auf Kosten der Wärme- 
menge, welche bei der Verbrennung ohne Lichterzeugung 
entstehen könnte. Das Eisen, bei dem die Oxydation in der 
feuchten Luft langsam vor sich geht, muss daher eine grössere 
Wärmemenge erzeugen, als' wenn es in reinem Sauerstoffe 
brennt; die dabei entstehende Verbindung ist in beiden Fällen 
vollkommen die gleiche, d. h. Ferrioxyd; im zweiten Falle, wo 
der Oxydations Vorgang sehr rasch vor sich geht, wird auch 
die Wärme in viel kürzerer Zeit entwickelt, wodurch eben 
die Temperatur auf eine Höhe gebracht wird, bei der das 
Ferrioxyd zum Glühen kommt. Infolgedessen tritt die Um- 
gestaltung eines, allerdings kleinen Teiles Wärme in das 
andere physikalische Agens Licht ein. Bei den gebräuch- 
lichen künstlichen Lichtquellen, wie das Kerzen-, Petroleuin- 
und Gaslicht, ist die zum Glühen gelangende und Licht 
spendende Substanz der Kohlenstoff. Die Kerze besteht aus 
Stearinsäure, welche reich an Kohlenstoff ist, und auch 
Wasserstoff und Sauerstoff enthält; das Petroleum und das 
Leuchtgas bestehen ausschliesslich aus Kohlenstoff und Wasser- 
stoff (Kohlenhydrate). 

Was geschieht nun, wenn man eine Petroleumlampe an- 
zündet? Das Petroleum, womit der Docht getränkt, wird beim 



Anzünden auf eine Temperatur gebracht, bei der seine Ver- 
bindung mit dem Sauerstoff und Wasserstoff der Luft, d. h. 
dessen Verbrennung, ermöglicht ist. Da nun aber der gegen- 
wärtige Sauerstoff ungenügend wird, um den ganzen Kohlenstoff 
und Wasserstoff zu verbrennen, so wird nur der Wasser- 
stoff, als leichter brennbar, sich mit dem Sauerstoff zu Wasser 
verbinden, während ein Teil des Kohlenstoffes zu Kohlensäure- 
anhydrid verbrennen wird; der Rest wird in feinster Ver- 
teilung ausgeschieden und bei der vorhandenen, ziemlich hohen 
Temperatur zum Glühen gebracht, wodurch eben die Leucht- 
kraft entsteht. Dieselben Teilchen, welche das Licht erzeugen, 
bilden auch den Rauch. Das für das Petroleum Gesagte gilt 
auch für die Verbrennung jeder anderen organischen Substanz: 
Papier, Holz oder dergl. 

Bei dem Leuchtgase geschieht dasselbe, und in der Tat, 
wenn man in den Mittelpunkt einer Gasflamme einen Luftstrom 
leitet, wie dieses bei der Bunsenschen Lampe geschieht, so 
verliert die Flamme ihre Leuchtkraft zum grössten Teil, da 
kein Kohlenstoff mehr ausgeschieden wird, sondern durch den 
herbeigeführten neuen Sauerstoff vollständig zur Verbrennung 
gelangt; die Flamme verliert also ihre Leuchtkraft, entwickelt 
aber eine grössere Wärme, da die Verbrennung der Elemente 
Kohlenstoff und Wasserstoff eine vollständige ist. 

Nach neueren Erfahrungen soll aber die Gasflamme der 
Entstehung einer gewissen Menge von Acetylengas ihre Leucht- 
kraft verdanken. Das Acetylen ist eine endothermische Sub- 
stanz und zersetzt sich daher mit grosser Leichtigkeit in seine 
Bestandteile Wasserstoff und Kohlenstoff unter Wärmebildung, 
was in der lichtstärksten Zone der Flamme vor sich geht. 

Das Licht des glühenden Kohlenstoffes ist auf Grund des 
oben erwähnten Prinzips um so intensiver und weisser, je 
höher die Temperatur steigt; auf Grund dieses Prinzips 
hatte man versucht, vor Einführung der GlOhstrümpfe das 
sonst gelbliche, unangenehme Gaslicht zu verbessern. Den 
Zweck, die Temperatur der Gasflamme und dadurch ihre 
Leuchtkraft zu erhöhen, erreichte man durch Erhitzen des 
Gases vor dessen Entzündung, indem man zu diesem Zweck 
die relativ grosse Menge Wärme ausnutzte, welche die haupt- 
sächlich aus Wasserdämpfen und Kohlensäure bestehenden 
Verbrennungsprodukte des Gases abzutreten im stände sind. 
Die Gasleitung wird von solchen Körpern, die Wärme ab- 
geben, umhüllt und da somit das Gas schon bei ziemlich 



— «5 ~ 

hoher Temperatur aus der Oeffnung herautritt, so verbrennt 
es mit viel hellerer Flamme. 

Die bis hierher besprochenen künstlichen Lichtquellen, d. h. 
solche, die durch Verbrennung von Kohle nstoffverb in düngen 
entstehen, sind sehr arm an aktinischen, dagegen reich an 
gelben Strahlen. Wenn auch eine Bromsilber- Gelatine platte 
bei direkter Exponierung durch eine Kerzen-, Petroleum- oder 
Gasflamme sehr rasch verändert werden kann, so würde eine 
bei solcher Beleuchtung mit der photographischen Kamera 
gemachte Aufnahme nur mit einer relativ sehr langen 
Expositionszeit gelingen. Das Gasglühlicht (System Auer) ist 
bedeutend aktinischer. 



V. Kapitel. 

Aktinische künstliche Lichtquellen. 
Elektrisches Licht 



Was versteht man unter aktinischen Lichtquellen? — 
Die Atoinität steht in keinerlei Zusammenhang mit der Leuchtkraft. 
— Elektrisches Glühlicht. — Elektrisches Bogenlkht. - Dessen Er- 
zeugung und Verhatten. — Oberflächliche Beantwortung der Frage: 
Warum ist ein gegebener Körper lichtempfindlich? — Wirkung des 
elektrischen Bogenliehtes auf die Pflanzen. — Elektrische Beleuchtung 
der Aufnahme- und Reproduktionslaboratorien. 

Unter der Bezeichnung künstliche aktinische Lichtquellen 
versteht man solche Lichtquellen, welche im stände sind, bei 
der Hervomifung von chemischen Erscheinungen gewisser- 
massen das Sonnenlicht zu ersetzen. Viele Lichtquellen 
besitzen diese Eigenschaft; ihre Energie bei der Erzeugung 
von chemischen Erscheinungen, oder, um den wissenschaft- 
lichen Ausdruck ni gebrauchen, deren aktinische Kraft ist 
bei den einzelnen Lichtquellen sehr verschieden. Die aktinische 
Kraft eines Lichtes steht in direktem Verhältnis zu der 
Anzahl der darin enthaltenen blauen, violetten und ultra- 
violetten Strahlen. 

Ein nur aus den drei genannten Strahlenarten bestehendes 
Licht würde dem Auge sehr wenig lebhaft erscheinen, da es 



die Farbe der blauen und violetten Strahlen sehr dunkel, die 
ultravioletten überhaupt gar nicht empfindet. Es ist daher 
leicht begreiflich, dass die Aktinitat eines Lichtes gar nichts 
mit dessen Helligkeit und Lebhaftigkeit zu tun hat. Die 
roten und gelben Strahlen erscheinen dem Auge als die 
hellsten und lebhaftesten, vermögen dagegen in viel geringerem 
Masse chemische Erscheinungen hervorzurufen. Das bei der 
Verbrennung des Kohlenoxydgases entstehende Licht ist bläu- 
lich und für das Auge kaum sichtbar; das Gaslicht ist etwa 
200 mal heller und lebhafter als jenes; dessen ungeachtet ist 
die Aktinitat des Gaslichtes kaum doppelt so gross, wie die 
des Kohlenoxydlichtes. Wir wollen uns nun mit den ver- 
schiedenen Lichtquellen befassen. Beginnen wir mit dem 
elektrischen Lichte. 

Wir unterscheiden zwei Arten elektrischen Lichtes: das 
elektrische Glüh Höht und das elektrische Bogenlicht. Bei 
dem elektrischen Glühlichte kommt die Eigenschaft des elek- 
trischen Stromes zur Geltung, bei hoher Spannung den in 
einem vollkommen luftleeren Glasbehalter enthaltenen, aus 
leitungsfähiger Substanz, hergestellten feinsten Faden zum 
Glühen zu bringen. Jeder, 'noch so gute elektrische Leiter 
bietet dem elektrischen Strome einen gewissen spezifischen 
Widerstand, der um so grösser ist, je kleiner der Durchmesser 
der Leitung wird. Bei den elektrischen Glühlampen verwendet 
man sehr dünne Platin- oder Kohlendrähte, welche, ent- 
sprechend gebogen, in eine luftleere Glasbirne gebracht werden. 

Der grosse Widerstand des feinen Drahtes ist die Ursache 
der bedeutenden Wärme -Erzeugung, wodurch der Draht selbst 
zum Glühen kommt. Wie wir im vorhergehenden Kapitel 
erwähnten, entsteht das Licht infolge des Glühend Werdens 
einer stark erhitzten Substanz; dasselbe gilt auch für das 
elektrische Licht. Bei den mit dem Feuersteine durch Schlag 
erzeugten Funken wird die Bewegung in Licht verwandelt; 
durch den Widerstand und die Reibung des auf den Feuer- 
stein schlagenden Stahles erhöht sich die Temperatur derart, 
dass die ungemein feinen Stahlpartikel, welche dabei abspringen, 
verbrennen. Bei dem elektrischen Glühlichte entsteht durch 
den, dem Strome gebotenen Widerstand Licht und Wärme; 
die elektrische Energie verwandelt sich in Wärme- und Licht- 
energie. 

Das elektrische Glühlicht hat für die Photographie geringere 
Bedeutung, da seine Aktinität zu gering ist. Bedeutender ist 



— 37 — 

das elektrische Bogenlicht, welches sehr verschiedene Ver- 
wendung in der Photographie gefunden hat. 

Das elektrische Bogenlicht basiert auf einer etwas anderen 
Grundlage als das Glühlicht. Das Bogenlicht entsteht bei 
jedesmaliger Entfernung zweier Kohlenstifte auf einige Centi- 
meter (aus fest gepresster, grosse Leitungsfähigkeit für den 
elektrischen Strom besitzender Kohle hergestellt), durch die 
vorher ein elektrischer Strom mit hoher Spannung geleitet 
wird. Diese Unterbrechung bringt einen grossen Widerstand 
an den Kohlenspitzen hervor, wodurch bei der ungemein 
grossen Wärmebildung dieselben zum Glühen gebracht werden. 
Das Licht entsteht nicht bloss an den Kohlenspitzen, sondern 
es bildet sich förmlich ein Lichtbogen zwischen denselben. 
Der genannte Lichtbogen entsteht durch den fortgesetzten 
Uebergang von glühenden Kohlenteilchen von einem Pole 
zum anderen, welche bei der herrschenden enormen Tempe- 
ratur eine bedeutende Leuchtkraft erhalten und ein weisses, 
grelles, für das Auge unerträgliches Licht ringsherum ver- 
breiten. 

Ungeachtet des für das Auge weissen Aussehens des 
Bogenlichtes weicht sein Spektrum von dem des Sonnenlichtes 
ziemlich bedeutend ab; es enthält allerdings eine grosse Anzahl 
aktinischer Strahlen, aber bei weitem nicht alle jene des 
Sonnenlichtes, und so gross auch seine Energie zur Erzeugung 
chemischer Erscheinungen ist, so steht dieselbe doch der des 
Sonnenlichtes weit nach. 

Das elektrische Bogenlicht hat nicht allein einen grossen 
Einfluss auf die empfindlichen Platten, es ist auch im stände, 
chemische Erscheinungen grösserer Bedeutung hervorzurufen, 
zu deren Erzeugung eine grosse Anzahl aktinischer Licht- 
strahlen absorbiert und in chemische Energie verwandelt 
werden müssen. 

Hier bietet sich uns Gelegenheit, zu erklären, warum ein 
Körper lichtempfindlich ist, während ein anderer es nicht ist. 
Weil ersterer die Eigenschaft besitzt, die Lichtstrahlen zu 
absorbieren, sich deren Energie anzueignen, um dieselbe in 
chemische Energie umzuwandeln, welch letztere sich durch 
eine neue Disposition der Atome, d. h. durch Zersetzungen 
oder sonstige Veränderungen, kund gibt. Es ist möglich, diese 
Energie in Wärme, oder zuweilen teilweise in Licht wieder 
zu gewinnen, indem man die entgegengesetzte chemische 
Erscheinung hervorruft. Ein für das Licht unempfindlicher 



Körper kann wohl die Lichtstrahlen absorbieren, da er aber 
bei seiner inneren Beschaffenheit nicht im stände ist , die- 
selben in chemische Energie umzuwandeln, so bleibt er unter 
dem Einfluss des Lichtes unverändert. 

Die Umgestaltung der Lichtenergie in chemische Energie 
geschieht in analoger Weise, wie die der Wärme-Energie 
ebenfalls in chemische Energie. Wird Calci um karbonat rot 
erhitzt, so zersetzt es sich sehr leicht in Kohlensäureanhydrid und 
Calciumoxyd; wird dagegen das reine Calciumoxyd auf eine 
möglichst hohe Temperatur erhitzt, so wird es niemals die 
Wärme-Energie in chemische Energie umgestalten: die Zer- 
setzung desselben in metallisches Calcium und Sauerstoff 
wird niemals vor sich gehen. Das Calcium karbonat verhält 
sich zu der Wärme, wie irgend ein lichtempfindlicher Körper 
zum Licht, während von dem Calciumoxyd das Gegenteil 
behauptet werden kann. 

Alle för das Sonnenlicht empfindlichen Körper sind es 
mehr oder weniger auch för das elektrische Bogenlicht. Die 
wunderbare Naturerscheinung der Zersetzung des Kohlensäure- 
anhydrids der Luft, welche im Organismus der chlorophyll- 
haltigen Pflanzen vor sich geht, kann auch unter dem Einfluss 
des elektrischen Bogenlichtes stattfinden. Die im Treibhaus mit 
elektrischer Beleuchtung während der Nacht angestellten Ver- 
suche haben ergeben, dass die Tätigkeit der Pflanzen tat- 
sächlich unterstützt und dass die Reifung der Früchte be- 
schleunigt wird. Das geschieht, weil die Zersetzung der 
Kohlensäure der Pflanzen unter dem Einfluss der aktini- 
schen Strahlen des elektrischen Bogenlichtes teilweise auch 
während der Nacht vor sich geht, wodurch der Kohlenstoff- 
verbrauch, wenn nicht ganz eingesteht, jedenfalls aber be- 
deutend reduziert und infolgedessen die Entwicklung der 
Pflanze befördert wird. 

Für die Nachtbeleuchtung der Aufnahme - Ateliers werden 
viele nicht wesentlich voneinander abweichende Systeme 
vorgeschlagen. Bei allen Systemen ist der Voltaische Bogen 
in die Mitte eines Reflektors gebracht, wodurch man den 
Zweck verfolgt, das Licht auf das Sujet zu konzentrieren. 
Eine Person kann aber das auf sie konzentrierte Bogenlicht 
nicht vertragen, und würde im übrigen eine solche Beleuchtung 
zu harte Kontraste und daher harte Negative geben. Um 
diesem vorzubeugen, wird entweder ein weisser Papierschirm 
vor den Reflektor gespannt oder aber das Licht auf einem 



— 39 — 

beweglichen weissen Schirm konzentriert und von diesem auf 
das Sujet reflektiert. 

Die Lichtin tensitat des Rogens muss auf jeden Fall sehr 
bedeutend sein (2000 bis 3000 Kerzen), damit keine zu lange 
Expositionszeit erforderlich sei. Das Licht muss ruhig und 
nicht zitternd sein, was nur durch eine spezielle Konstruktion 
der Lampe erreichbar ist. 

Heute findet man sehr vervollkommnete und relativ 
preiswerte Formen solcher elektrischer Lampen für Portrat- 
aufnahmen. 

Das elektrische Licht allein genügt vollkommen für 
Forträtaufnahmen in der Nacht. 

Mit dem Tageslicht kombiniert, erlaubt es, spezielle 
Wirkungen zu erzielen. Das elektrische Licht ist im Winter 
bei trübem Wetter eine unschätzbare Stütze der Tages - 
beleuchtung. 

Die künstliche Beleuchtung mittels des elektrischen Lichtes 
eignet sich vorzüglich zu Reproduktionszwecken (Karten, Pläne, 
Zeichnungen u. s. w). Mit demselben Licht ist es möglich, 
eine viel gleich massigere und bessere Beleuchtung des zu 
reproduzierenden Gegenstandes zu erreichen, als mit dem 
Tageslicht. 

Das elektrische Licht kann auch bei der Reproduktion 
schlecht beleuchteter Oel- und Freskogemälde, welche sich in 
dunklen Räumen befinden, vortreffliche Dienste leisten. 

In den photomechanischen Reproduktionsanstalten be- 
dient man sich sehr viel des elektrischen Bogenlichtes sowohl 
zur Herstellung von Kollodiumnegativen, als auch zum Kopieren 
mittels der verschiedenen Bi Chromat verfahren. 

In letzter Zeit hat man spezielle Apparate zum Kopieren 
der photographischen Auskopierpapiere mittels elektrischen 
Bogenlichtes eingeführt. 



— 3° — 
VI. Kapitel. 

Das Magnesiumlicht 



Das Magnesium. — Seine Darstellung auf chemischem 
und elektrischem Wege. — Eigenschalten. — Verbrennung des 
Magnesiums. — Schi mische Lampe zur vollkommenen Verbrennung. 

— Verbrennung der Magnesium mischungen mit oxydierenden Stoffen. 

— Verhalten der Magnesium -Chloratmischung. — Bei der Herstellung 
und beim Gebrauch der Mischung gebotene Vorsichtsmassregeln. — 
Praktisches Verfahren für den Gebrauch des Magnesiumlichtes zu 

photographischen Zwecken. 

Von den künstlichen Lichtquellen bietet heutzutage das 
Magnesiumlicht die meisten Vorteile für die Photographie. 
Der verbreitete Gebrauch vom Magnesiumlicht zu photo- 
graphischen Zwecken datiert erst seit dem Jahre 1887, als 
es möglich wurde, das metallische Magnesium verhältnismassig 
billig herzustellen. Das Magnesium ist in Form von Ver- 
bindungen einer der in der Natur am häufigsten vorkommenden 
Korper. Wir finden es als Karbonat im Dolomit, als Silikat 
im Magnesit (Meerschaum), als Sulfat in zahlreichen Wässern 
und als Chlorid im Meerwasser. 

Das Magnesium wurde in der ersten Hälfte des vorigen 
Jahrhunderts entdeckt. Heutzutage werden zwei Herstellungs- 
verfahren angewandt: das erste beruht auf Schmelzung und 
Reduktion, das zweite hat die Elektrizität als Grundlage. 

Bei der ersten Methode wird eine Mischung von Magnesium- 
chlorid mit */ B seines Gewichtes Calciumfluorid {Flussspat) 
und J / fi metallisches Natrium zur Schmelzung gebracht. Bei 
der hohen, zur Schmelzung erforderlichen Temperatur ver- 
bindet sich das Natrium mit dem Chlor des Magnesiumchlorids 
zu Natriumchlorid, während das frei werdende metallische 
Magnesium auf die Oberfläche gelangt. Natürlich darf im 
Schmelztiegel keine Luft vorhanden sein, da sonst ein Teil 
des Magnesiums verbrennen würde. Wenn die Reduktion 
des Magnesiumchlorids beendet ist, wird das Magnesium 
daraus entfernt und dann auf dem Destillation swege gereinigt. 
Diese letztere Operation muss ohne Luftzutritt bewerkstelligt 
werden, da die Magnesiunidämpfe ausserordentlich entzünd- 
lich sind. 

Der hohe Preis des so hergestellten Magnesiums wird 
durch das metallische Natrium verursacht, dessen Preis, un- 



— 31 — 

geachtet der bei der fabriksmassigen Herstellung desselben 
mit dem modernen El ektrizitäts verfahren erzielten Vorteile, 
ziemlich hoch ist. 

Das allerdings noch nicht sehr vollkommene und daher 
noch wenig angewandte elektrische Verfahren ist zweifels- 
ohne dazu berufen, die Frage der billigsten Herstellung des 
Magnesiums zu lösen. Bei diesem Verfahren wird das 
Magnesium auf elektrolytischem Wege aus einem geschmolzenen 
Magnesiumsalz, gewöhnlich aus Chlorid, gewonnen. In einem, 
innen mit Kohle Aberzogenen Tiegel befinden sich zwei Elek- 
troden aus gepresster Kohle, welche mit den Polen einer kraf- 
tigen Dynamomaschine verbunden sind. Der intensive Strom 
schmilzt zunächst das Salz und zersetzt es dann in Chlor 
(welches verflüchtigt) und in metallisches Magnesium, welches 
durch entsprechende Massnahmen verhindert wird, auf die 
Oberfläche zu gelangen, wo es in Berührung mit der Luft 
verbrennen würde. 

Das Magnesium ist ein weisses, fast wie Silber glänzendes 
Metall. Seine Dichtigkeit ist 1,743; es ' üt daher sehr leicht. 
In trockener Luft bleibt es unverändert, während es in 
feuchter Luft oxydiert und einen weissen Ueberzug erhält. 

Am meisten interessiert uns aber seine Eigenschaft, in 
der Luft mit intensivem weissen Lichte zu brennen. Ein 
0,3 mm starker Magnesiumdraht brennt mit gleicher Licht- 
entwicklung, wie 74 Kerzen von je 100 g. 

Obwohl es sich nicht um einen ausschliesslich chemischen 
Gegenstand handelt, so ist die Anwendung des Magnesium- 
lichtes zu photographischen Zwecken doch so bedeutungsvoll, 
dass wir es für nützlich halten, auf einige praktische Einzel- 
heiten näher einzugehen. 

Die Verbrennungs weise des Magnesiums unterscheidet 
sich von der sonst allgemein beobachteten dadurch, dass das 
durch die Verbindung des Magnesiums mit dem Sauerstoff 
entstehende Verbrennungsprodukt (MgO) nicht gasförmig, 
sondern fest ist. Das Magnesiumoxyd, ein äusserst leichtes, 
weisses, leicht herumfliegendes Pulver, welches einige Zeit 
in der Luft suspendiert bleibt, ist die gross te Unannehmlich- 
keit der Magnesiumverwendung zu photographischen Zwecken, 
da es die Räume und Personen beschmutzt. 

Mittels der eigens hierzu konstruierten Lampen ist es 
aber gelungen, dieses Uebel fast ganz zu beseitigen. Im 
reinen Sauerstoff ist die Verbrennung des Magnesiums eine 



— 32 — 

viel schleunigere und das dabei entwickelte Licht ein viel 
lebhafteres. 

Das Magnesium ist gewöhnlich in Form dünner Bander 
oder von Pulver im Handel. In eigens konstruierten, mit 
Uhrwerk versehenen Lampen kann der Magnesiumstreifen sehr 
regelmässig verbrannt werden. Solche Lampen können zur 
Beleuchtung von Räumen dienen, wo eine Zeitaufnahme 
gemacht werden soll. Diesem unruhigen und nicht gerade 
billigen Lichte wird aber häufig das Magnesiumpulver vor- 
gezogen, welches ein vorzügliches Blitzlicht liefert. 

Das Magnesiumpulver lässt sich direkt, mit einem Streich- 
holz, sehr schwer anzünden; um es zum Brennen zu bringen, 
muss man es entweder in eine Gas- oder Spiritusflamme hinein- 
blasen, oder mit einem oxydierenden Stoff vorher mischen. 
Bei den eigens hierzu konstruierten Lampen kommt das 
Magnesiumpulver in einen Behälter, von wo es mittels einer 
Gummibirne in die Flamme hineingeblasen wird und somit 
zum Brennen kommt. An eine gute Magnesiumlampe stellt 
man die Anforderung, dass die ganze Lichtstärke ausgenutzt 
wird und dass kein unverbranntes Magnesium zurückbleibt. 
Es ergibt sich daher die Notwendigkeit, dass die dabei 
benutzte Flamme einen entsprechenden Wärmegrad und ge- 
nügende Breite besitzt, so dass keine Verluste zu befürchten 
sind, auch wenn das Magnesium mit grosser Geschwindigkeit 
durch die Flamme geblasen wird. 

Die Schirmsche Magnesiumlampe ist ohne Zweifel eine 
der besten und vollkommensten. In derselben befindet sich 
ein Behälter mit einem in Benzin getränkten Schwamm, durch 
welchen der mit einer Gummibirne erzeugte Luftstrom auf 
das Magnesiumpulver geleitet wird. Dieser mit Benzin- 
dämpfen gesättigte Luftstrom bringt nun das Magnesium- 
pulver in eine kleine Benzinflamme, wo die Mischung sich 
entzündet. Die Verbrennung des Magnesiums ist eine voll- 
kommene und das dabei entwickelte Licht ein sehr intensives; 
es genügt daher eine relativ kleine Menge Magnesium, um hin- 
reichendes Licht zu erzeugen. Die Entstehung des weissen 
Magnesiarauches ist daher sehr beschränkt und nicht lästig. 

Wenn zur Erzielung einer besseren Beleuchtung des Sujets 
mehrere Lampen erforderlich sein sollten, so können sie 
derartig miteinander verbunden werden, dass alle zugleich 
durch einen einzigen Handgriff in Tätigkeit treten. 



— 33 — 

Die aus gepulvertem Magnesium und oxydierenden Sub- 
stanzen hergestellten Blitzlich ttnischungen fanden bis in neuerer 
Zeit einen beschränkten Gebrauch. Die Warnungen vor den 
Unannehmlichkeiten und Gefahren derselben waren etwas 
übertrieben. 

Die Unannehmlichkeit der Entwicklung schädlicher Gase, 
womit diese Mischungen behaftet sind, fällt, bei Anwendung 
oxydierender Substanzen, wie Kaliumchlorat (chlorsaures Kali), 
weg. Das reine Kaliumchlorat zersetzt sich in Chlorkalium 
und Sauerstoff, ohne dass dabei ein anderes Gas gebildet 
wird. Die folgende Formel erklärt den Vorgang: 
KClOa^Ka+Oa. 

Beim Anzünden einer solchen Magnesium -Kaliumchlorat- 
mischung zersetzt sich das Kaliumchlorat und gibt dem 
Magnesium Sauerstoff ab, der ersteres augenblicklich unter 
intensiver Lichtentwicklung verbrennt. Damit die sich dabei 
entwickelnde Sauerstoffmenge zur vollkommenen Verbrennung 
des Magnesiums genüge, müsste man in der Mischung zu . 
3 / 4 Teilen Magnesium i Teil Kaliumchlorat nehmen. In der 
Praxis werden aber die beiden Substanzen zu gleichen Teilen 
gemischt, da das auf Kosten des vorhandenen Sauerstoffes 
brennende Magnesium die Temperatur derartig erhöht, dass 
auch der Rest desselben in der Luft verbrennt. Bei An- 
wendung der theoretischen Menge Kaliumchlorat würde die 
Mischung allerdings rascher verbrennen, die Lichtintensität 
würde aber dabei eine geringere sein. 

Aus der genannten Mischung entwickeln sich, wie gesagt, 
keine, weder schädliche, noch unschädliche Gase, wenn 
kein Ueberschuss an Kaliumchlorat vorhanden ist. Die Ent- 
zündung der Mischung bietet gar keine Gefahren, wenn sie 
nicht in einer zu festen Umhüllung enthalten ist. Es handelt 
sich übrigens um keine eigentliche Explosion, da eine solche 
nur bei starker Gasentwicklung möglich ist, während, wie 
wir wiederholt gesagt haben, aus der genannten Mischung 
keine Gase sich entwickeln. Die von derselben geäusserte 
Explosionskraft ist keine Eigenschaft der Mischung selbst, 
sondern vielmehr durch ihre grosse Verb renn ungsgesch windig- 
keit gegeben, bei der unter dem Einfluss der hohen, dabei 
herrschenden Temperatur die zwischen den Teilchen der 
Mischung befindliche Luft stark ausgedehnt wird und dadurch 
eine platzende Wirkung erzeugt. Wäre es möglich, die 

-Vrnnias, Handbuch der photogr. Chemie. 3 



— 34 — 

Mischung in einem luftleeren Raum zur Verbrennung zu 
bringen, so würde kein Knall erfolgen. 

Da das Magnesium nur bei einer erhöhten Temperatur 
brennt und infolgedessen die Mischung mit Kaliumchlorat sich 
nur schwer entzündet, so ist eine freiwillige Entzündung, wie 
solche bei den Mischungen von Kaliumchlorat mit brennbaren 
Stoffen, wie Schwefel, Zucker, Phosphor u. s. w., bei den 
Magnesium - Kaliumchlorat - Mischungen fast ausgeschlossen. 
Unsere Versuche haben ergeben, dass es weder durch Schlag 
mit dem Hammer auf einem Amboss, noch durch Reibung 
mit dem Hammer auf dem Amboss selbst möglich ist, die 
Mischung zu entzünden. Die Entzündung geschieht übrigens 
auch mit einem Streichholz ziemlich schwer; nur mit der 
Zündschnur oder durch Erwärmen der in einer Metallkapscl 
enthaltenen Mischung mittels Gas oder Spiritus kann man 
die Entzündung mit Leichtigkeit bewerkstelligen. 

Man darf aber deshalb nicht glauben, dass das Arbeiten 
mit der Magnesium-Chloratmischung ohne jede Vorsieh ts- 
■ massrcgel geschehen dürfte. 

Um jede, auch nur entfernte Möglichkeit einer Ent- 
zündung zu beseiügen, bereite man die Mischung auf einem 
Stück Papier mit einem nicht metallischen Löffel und niemals 
in einem Mörser. Man nehme stets kleinere Mengen vor 
und arbeite weit vom Feuer entfernt, Im allgemeinen handelt 
es sich bloss um kleinere Mengen der Mischung, bei denen 
weniger die Heftigkeit der Explosion, als dass dem Arbeitenden 
brennende Pulverteile ins Gesicht geschleudert werden, zu 
befürchten ist. 

Beim Gebrauch der Mischung ist es ratsam, sich solcher 
Anzündungsmethoden zu bedienen, welche dem Operateur 
gestatten, sich, um Verletzungen vorzubeugen, wahrend der 
Verbrennung in einiger Entfernung aufzuhalten. Zu diesem 
Zweck dient ein in Kaliumnitrat (Salpeter) getränktes Stück 
Zündpapicr; man nimmt einen genügend langen Streifen 
davon und legt auf dessen eine Ende das Blitzlichtpulver, 
das andere hervorstehende Ende dient zum Anzünden; auf 
diese Weise verfährt man am sichersten. 

Ohne Zweifel ist den mangelhaften Magnesiumlampen, 
wie solche leider nicht selten in Gebrauch sind, die Magnesium- 
Chloratmischung vorzuziehen. 

Mit dieser letzteren erhält man übrigens ein stärkeres 
aktinisches Licht, weil das durch die hohe Temperatur zum 



— 35 — 

Glühen gebrachte Kalisalz ein an chemisch wirksamen violetten 
Strahlen reicheres Licht ausstrahlt. 

Die Menge der zu verwendenden Mischung und des 
Magnesiumpulvers in den Lampen hangt von der Grösse 
des zu beleuchtenden Raumes und der Empfindlichkeit der 
Platten ab. Bei dem Magnesiumlicht hat man gegenüber 
allen anderen Lichtquellen den grossen Vorteil, dass man 
eine, den Umständen entsprechende richtige Mischung vor- 
nehmen kann, weil unter sonst gleichen Verhältnissen die 
Lichtintensität annähernd proportional der in der Mischung 
vorhandenen Magnesiummenge wächst. 

An dieser Stelle möchten wir gleich bemerken, dass eine 
direkte Beleuchtung des Gegenstandes mit Magnesiumlicht, 
namentlich bei Porträts, nicht zulässig ist, weil die zu harten 
Kontraste und der Mangel an Halbtönen in den Gesichtern 
leicht ein leichen artiges Aussehen hervorbringen können. Um 
dem vorzubeugen, darf das Sujet der Lichtquelle nicht zu 
nahe gestellt werden. Man bringt dieselbe etwas seitwärts 
hinter dem photographischen Apparat an; es ist streng darauf 
zu achten, dass keine Strahlen auf das Objektiv fallen, da 
in diesem Falle die Resultate sehr beeinträchtigt würden. 

Damit das Licht nicht mit seiner ganzen Intensität auf 
den Gegenstand wirken kann, bedient man sich eines halb- 
durchsichtigen weissen Schirmes; mit einem weissen Reflektor 
wird man eine gl eich massige, zweckentsprechende Beleuchtung 
erzielen können. Wenn mehrere Lampen zur Verfügung 
stehen, erhält man eine bessere Beleuchtung und weichere 
Bilder; wenn möglich, bringt man eine Lampe hinter dem 
Sujet, und zwar auf doppelte Entfernung, wie die zur Be- 
leuchtung des Gegenstandes dienende Lampe an. Durch eine 
solche schwächere Beleuchtung des Gegenstandes von hinten 
dämpft man die zu harten Kontraste, die sonst, namentlich 
beim Photographieren mit einem dunklen Hintergrund, störend 
wirken würden. Bei gleichzeitigem Gebrauch des Magnesium- 
Kai iumchlo ratpul vers an verschiedenen Punkten ist es sehr 
schwierig, die gleichzeitige Entzündung desselben herbei- 
zuführen, da es unmöglich ist, die Zündpapiere alle gleich- 
zeitig anzuzünden. Man könnte sich allerdings einer elek- 
trischen Zündvorrichtung bedienen, wie solche in den Minen 
gebraucht werden; allein diese Methode ist nicht so einfach; 
es ist deshalb vorteilhafter, die Kontraste durch die Wahl 
eines sehr hellen Hintergrundes zu massigen. 



_ 36 - 

Bei Anwendung von Mischungen ist die Verbrennungs- 
dauer eine so kurze, dass die Gesichter absolut keinen 
unangenehmen, durch das Blitzlicht erzeugten Ausdruck zeigen; 
bei anderen Lampen ist das nicht immer der Fall. 

Einen guten Rat gibt uns Klary in seinem Handbuch: 
„La Photographie Nocturne". Er empfiehlt, eine Kerze 
oder eine schwache Lampe an dem Orte aufzustellen, wo 
eine Aufnahme gemacht werden soll. Solche Lichtquellen 
üben absolut keinen Einfluss auf die Platte in der kurzen 
Zeit, während welcher das Objektiv offen bleibt, vorausgesetzt 
natürlich, dass sie ausserhalb des Gesichtsfeldes des Objektives 
gestellt sind; der Gesichtsaus druck aber ist bei diesem ge- 
dämpften Licht ein viel natürlicherer, als wenn die Aufnahme 
unter Anwendung des Blitzlichtes bei vorheriger Dunkelheit 
gemacht würde. 

Das Magnesiumlicht, sowohl der Mischungen, als auch 
der Lampen, dient ferner vorzüglich zur Aufnahme von 
Interieurs. Heute gebraucht man auch oft das Magnesium- 
licht zur Verstärkung des Tageslichtes, wenn dieses, wie 
z. B. im Winter, zu schwach ist. Dadurch erhöht man ganz 
bedeutend die Wirkung der Bilder. Die Exposition (Aufnahme) 
wird mit Hilfe des Tageslichtes, wodurch eine allgemeine 
Beleuchtung erzielt wird, begonnen; man benutzt alsdann 
eine geeignet aufgestellte Magnesiumlampe, um die gewünschten 
Lichteffekte zu erhalten. Man kann sowohl das Magnesium- 
pulver, als das Magnesiumband anwenden. Diese Methode 
wurde von dem genialen Künstlerphotographen Puyo unter 
Vorlage ausgezeichneter Proben empfohlen. Nach unserer 
Ansicht dürfte die Anwendung des Magnest umlichtes zu 
Porträtaufnahmen in einem beliebigen Zimmer zu empfehlen 
sein; auf diese Weise wäre auch den Amateuren die Möglich- 
keit geboten, effektvolle Porträts herzustellen. 

Wir bemerken noch, dass nicht alle Platten zu Blitzlicht- 
aufnahmen geeignet sind, was mit dem Umstände zusammen- 
hängt, dass das Magnesiumlicht trotz seines, für das Auge 
weissen Aussehens, dem Sonnenlicht nicht gleichkommt. Das 
Spektrum des Magnesiumlichtes weicht von dem des Sonnen- 
lichtes durch das geringere Vorhandensein von violetten 
Strahlen, welche die grösste Wirkung, namentlich auf das 
Jodsilber ausüben, ab. Die besten Resultate erhält man 
infolgedessen mit Platten, welche wenig oder gar kein Jod- 
silber enthalten. 



— 37 — 

Prof- Eder und Prof. Valenta haben sich mit eingehenden 
Untersuchungen der verschiedenen Magnesiummischungen, 
und zwar sowohl hinsichtlich der entwickelten Lichtintensität, 
als auch bezüglich der Verbrennungsgeschwindigkeit („Phot. 
Korrespondenz", 1891, S. 511) beschäftigt. 

Sie geben folgende Tabelle an. 



Mischung von I g Mjgne>ium mit 


Sekunden aus- 
gedrückt 


Relative t.lcht- 
Senäilomrler 


*/( g Kaliumchlorat 
*l t „ Kalium Perchlorat . . 
3 „ Kaliumpermanganat . 

1 „ Ammoniumbichromal 

1 , Kaliumbi Chromat . . 
r „ Kaliumnitrat .... 


t 

V, 

!!* 

■i: 


48 
48 
16 
48 

36 

48 



Aus obiger Tabelle geht hervor, dass das Kalium- 
perchlorat dasselbe Verhalten zeigt, wie das Chlorat. Die 
Mischung von 1 g hypermangan saurem Kali mit 1 g Magnesium 
entwickelt dieselbe Lichtmenge wie Magnesium- + Kalium- 
chlorat- oder Perchloratmischung: nur brennt sie langsamer. 
Das Gesagte gilt auch für die Magnesium -|- Kaüumnitrat- 
mischung. 

Die Bichromate verzögern noch mehr die Verbrennungs- 
gescb windigkeit und vermindern die Lichtstärke. Das Kalium- 
hyperchlorat, KClO i , ist beständiger als das Chlorat und 
kann daher mit grösserer Sicherheit benutzt werden; da nun 
das Verhalten des ersteren dem des Chlorats vollkommen 
gleich ist, so ist es jedenfalls ratsam, dieses durch jenes zu 
ersetzen. Das hypermangansaure Kali entspricht der Formel 
A'jJ/njOg. Es ist im stände, das Magnesium zu verbrennen, 
weil es sich beim Erhitzen nach folgender Gleichung zersetzt: 



Die Verwendung von Hypermanganat beschränkt sich 
jedoch auf diejenigen Fälle, bei welchen es auf eine rasche 
Verbrennung nicht ankommt Die Zersetzungsprodukte des- 
selben besitzen erregende Eigenschaften, weshalb von dessen 
Gebrauch abzuraten ist. In letzter Zeit empfahl Professor 
Lainer als sehr zweckmässig die Anwendung von trockenem, 
gepulvertem Ammoniumnitrat, und zwar 3 / 4 bis 1 g für je 



- 38 - 

i g Magnesiumpulver. Das Ammoniumnitrat zersetzt sich 
unter Entwicklung nicht giftiger Gase, weshalb die damit 
bereitete Magnesiummischung nur sehr wenig Rauch ent- 
wickelt. Es hat jedoch den Nachteil, sehr hygroskopisch zu 
sein, so dass bei jedesmaliger Bereitung die Mischung 
getrocknet und sofort in Gebrauch genommen werden muss. 

Als oxydierenden Stoff kann man auch das Mangan- 
dioxyd verwenden (i bis 1,5 g zu je ig Magnesium), obwohl 
dessen Entzündungstemperatur höher ist. Diese Mischung 
hat den Vorteil, gefahrloser als jede andere zu sein und sehr 
wenig Rauch zu entwickeln. 

C. Martin veröffentlichte im Jahre 1901 im „Bull, du 
Photo Club de Belgique" eine neue einfache Methode zur 
Darstellung von Magnesium- und Aluminiumlicht. Dieselbe 
stützt sich auf die Eigenschaft dieser beiden Metalle, bei 
entsprechender Temperatur das Wasser zu zersetzen, wobei 
sie sich den Sauerstoff aneignen und den Wasserstoff frei 
machen; mischt man somit Magnesium oder Aluminium mit 
Wasser zusammen und erhitzt man die Mischung, so kann 
man ohne weitere Zusätze ein intensives Licht erhalten. Das 
Verfahren ist folgendes: 

2 bis 5 g Magnesium werden auf einer porösen Unterlage 
(z. B. einem Ziegelstein oder einem Stück eines porösen Ton- 
gefässes) mit wenig Wasser zu einem dicken Brei gerührt. 
Nachdem die Mischung mit etwas trockenem Magnesiumpulver 
bestreut wurde, zündet man mit einer in Spiritus getränkten 
Zündschnur an. Wenn der feuchte Teil der Mischung zum 
Brennen kommt, so gibt er ein sehr intensives Licht. Mit 
dem Aluminiumpulver verfährt man in gleicher Weise, nur 
muss man den Aluminiumbrei mit trockenem Magnesium- 
pulver bestreuen, da sonst die Entzündung zu schwer erfolgen 
würde. Das so erhaltene Licht ist aber kein Blitzlicht. 



VII. Kapitel. 

Andere künstliche aktinische Lichtquellen. 



Das Hydroxy gengas- Licht. — Prinzipien, auf welchei 
Herstellung beruht. — Erzeugungsarien desselben. — 
t Wasserstoff -Flamme und Sauerstoff, 



warmer Luft, mit entzündlichen Flüssigkeiten und Sauerstoff. — 
Schwefelkohlenstoff-Licht. — Dessen Erzeugung. — Herstellung des 
Sückstoffoxydes und dessen Mischung mit Schwefelkohlenstoff. — 
Bei der Entzündung zu beachtende Vors ichts massrege In. — Lampe 
zur Erhaltung des kontinuierlichen Seh we feikohl ensloff- Licht es. — 
Bengalisches Licht. — Aluminium licht. — Acetylenlicht. — Kaltes 
Licht. — Grundlagen fOr die Vergleiche des aktinischen Wertes der 
verschiedenen Lichtarten. 

In einem vorhergehenden Kapitel dieses Handbuches 
wurde gesagt, dass das künstliche Licht stets durch das 
Glühendwerden fester Körper mittels Erwärmung erhalten 
wird und dass das von einem glühenden Körper ausgestrahlte 
Licht um so weisser erscheint, je höher die Temperatur ist. 
Bei den einzelnen Körpern ist jedoch das erzeugte Licht 
sowohl an Intensität, als an Farbe, bei der gleichen Temperatur 
sehr verschieden. 

Gewisse seltene Metalloxyde, wie z. B. Zirkon-, Thorium-, 
Yttrium-, Lantan-, Niobium-, Erbium-, Ceriumoxyde, entwickeln 
bei relativ niedriger Temperatur, wie z. B. bei einer Gas- 
flamme, ein intensives, verschieden gefärbtes Licht. 

Diese Oxyde haben eine ausgedehnte Anwendung bei 
dem sogen. Gasglühlichte (System Auer) gefunden. Bei 
diesem Beleuchtungssystem benutzt man einen Bunsenschen 
Gasbrenner, in dessen Flamme ein mit Lösungen der genannten 
Metallsalze, besonders des Thoriums, getränkter Glühstrumpf 
zum Glühen gebracht wird. Der organische Stoff des Gewebes 
verbrennt, die Metallsalze zersetzen sich, und es bleibt nur 
ein äusserst zartes, aus den Oxyden dieser Metalle bestehendes 
Netz zurück, welches beim Glühen ein viel helleres Licht 
erzeugt, als das Gas allein. Andere Oxyde, wie das Calcium- 
und Magnesiumoxyd, bedürfen zum Glühendwerden einer sehr 
hohen Temperatur, die durch Verbrennung von Wasserstoff- 
gas in reinem Sauerstoff erzeugt wird. Wie bekannt, erhält 
man dadurch die höchste, durch Verbrennung überhaupt 
erreichbare Temperatur, bei welcher das Calciumoxyd (un- 
gebrannter Kalk) ausserordentlich glühend wird und ein 
äusserst grelles Licht von hohem aktinischen Werte spendet. 



— 4<> — 

Dies ist das Hydroxygengas- oder auch Drummondsche 
Licht, nach dessen Entdecker Drummond genannt (ifi«6i. 

Der Apparat zur Erzeugung des Drummondschen Lichtes 
besteht im wesentlichen aus einem am Ende zugespitzten 
Röhrchen, in welches durch zwei getrennte Leitungen das 
Sauerstoff- und Wasserstoff gas geleitet werden. Um eine 
vollkommene Ausnutzung der beiden Gase zu erzielen, muss 
die Mischung derselben derart geregelt werden, dass 2 Vol. 
Wasserstoff und i Vol. Sauerstoff, genau wie es bei der 
Zusammensetzung des Wassers der Fall ist, verwendet werden. 

Die beiden Gase müssen getrennt in zwei Gasometern 
aufbewahrt werden. Der Wasserstoff wird aus Zink und 
verdünnter Schwefelsäure gewonnen; der Sauerstoff dagegen 
durch Erhitzen (in einer Glas- oder besser noch Eisenretorte) 
einer Mischung von Kaliumchlorat und Manganbioxyd. Diese 
beiden Herstellungsprozesse sind mit nicht geringen Gefahren 
verknüpft und erheischen besondere Vorsichtsmassregeln ; es 
ist daher empfehlenswert, nur im Besitz der notwendigen 
praktischen Kenntnisse sich damit zu befassen. 

Seit kurzem ist unter dem Namen Oxylit ein Produkt 
eingeführt worden, das eine sehr einfache Sauerstoffquelle 
darstellt, da es in Berührung mit Wasser Sauerstoff abgibt. 
Der wirksame Bestandteil des Oxylits ist das Natriumperoxyd, 
und die Reaktion vollzieht sich in Gegenwart von Wasser 
folgendermassen : 

Na 2 0j + H 2 = iNaOH + O 

Nitriumperoiyd Wasser Actinilron Suiemtoff 

Der Wasserstoff ist aber nicht der einzige Körper, der 
bei der Verbrennung in Gegenwart von Sauerstoff die zum 
Glühen des ungebrannten Kalkes erforderliche hohe Temperatur 
liefert. 

Das Leuchtgas, welches bekanntlich grösstenteils aus 
Kohlenstoff und Wasserstoff (Kohlenhydrate) besteht, kann 
den reinen Wasserstoff ziemlich gut ersetzen. 

Die Herstellung von Sauerstoff kann im allgemeinen 
erspart werden, da man ihn im Handel in Stahl zy lindern 
unter einem Druck von ioo Atmosphären käuflich erhalten 
kann; diese Stahlzylinder sind mit einem entsprechend ein- 
gerichteten Ablasshahn versehen, mittels dessen der Gasstrom 
reguliert werden kann. 

Ob nun der reine Wasserstoff oder das Leuchtgas zur 
Verwendung gelangen, immer muss die Mischung mit dem 



Sauerstoff ganz dicht an der Zündöffnung erfolgen, da sonst 
beim Anzünden der in einem verschlossenen Raum ent- 
haltenen Mischung eine Explosion erfolgen würde. Diese 
fast farblose Flamme bringt einen vor derselben aufgestellten 
kleinen Kalkzylinder zum starken Glühen, wodurch ein 
blendendes Licht erzeugt wird. 

Um ein stets gleichmässiges Licht- zu erhalten, ist es 
erforderlich, durch öfteres Drehen des Kalkzylinderchens (alle 
10 bis 15 Minuten) der Flamme eine neue Fläche zu bieten, 
da sonst das Licht allmählich an Intensität abnehmen würde. 
Zur Erhaltung eines den Anforderungen eines guten Lichtes 
am besten entsprechenden Kalkes empfiehlt Monckhoven, 
Prismen aus weissem Marmor zu schneiden, welche unter 
dem Einfluss der hohen Temperatur sehr rasch die Kohlen- 
säure verlieren und in poröses Calci umoxyd umgewandelt 
werden; auf diese Weise kann man ein mehrstündiges, gleich- 
förmiges, schönes Licht erhalten. 

Auch andere Substanzen wurden als Ersatz für den Kalk 
empfohlen; unter diesen scheint die Magnesia die besten 
Resultate zu geben. Professor Carlevaris schlug die Ver- 
wendung des Magnesiumchlorids vor, wahrend Carey Lea 
zur Erzielung bedeutender Aktinität empfahl, die Kalkstäbchen 
mit Kupfersulfatlösung zu tränken. 

Das Hydroxygengas- Licht kann man auch ohne reinen 
Sauerstoff, d. h. einfach mit Hilfe von Luft erhalten; dieses 
ist allerdings nicht so intensiv, wie das Drummondsche 
Licht, genügt jedoch in vielen Fällen. Es ist aber erforder- 
lich, die dazu verwendete Luft stark zu erhitzen, um die zum 
Glühen des Kalkes nötige Temperatur zu erhalten. 

Auch wenn kein Leuchtgas zu Gebote steht, kann man 
mit Hilfe eigens hierzu eingerichteter Lampen ein ziemlich 
intensives Hydroxygengas- Licht erzeugen; in einer solchen 
Lampe wird Alkohol oder eine andere brennbare Flüssigkeit 
verbrannt, in deren Flamme durch ein entsprechendes Röhr- 
chen ein kontinuierlicher Sauerstoff strahl geleitet wird. In 
den Monckhovenschen und den Harneckerschen Lampen 
kommt Alkohol-Sauerstoff zur Verwendung. Bei der Harn eck er- 
sehen Lampe brennt man eine aus 7 Teilen absolutem Alkohol, 
1 Teil Aether und J / 4 Teil Petroleumäther bestehende Mischung. 
An Stelle des reinen Kalkzylinders kann man auch einen 
folgende rmassen hergestellten, aus Kalk und Magnesia be- 
stehenden Zylinder gebrauchen: 2 Teile Magnesiumkarbonat 



und i Teil gebrannte Magnesia werden mit etwa ein- 
prozentigcr Gummilösung gemischt, erwärmt und dann ge- 
trocknet. Diese körnige Mischung wird darauf im Mörser 
fein gepulvert und mit Calci um hyposulfit- Lösung zu einem 
Teig gerührt, welchem fein gepulverter Kalk beigemengt wird. 
Die daraus hergestellten und bei hoher Temperatur ge- 
trockneten Stäbchen bewähren sich in der Alkohol - Sauerstoff- 
lampe vorzüglich und liefern ein starkes, chemisch wirk- 
sames Licht. 

Ein sehr intensives Hydroxygengas - Licht wird mit dem 
seit kurzem eingeführten sogen. Aether-Sättigungsapparate 
erhalten. In diesem Apparat wird der mit Ael herdämpfen 
gesättigte Sauerstoff verbrannt; das so erhaltene Licht ist sehr 
intensiv. Die Quantität der dabei vom Sauerstoff auf- 
genommenen Aetherdämpfe darf aber gewisse Grenzen nicht 
überschreiten, da sonst Explosion erfolgen würde. 

Diese Apparate müssen überhaupt mit grosser Vorsicht 
behandelt werden, um Unglücksfälle zu vermeiden. Das 
Hydroxygengas - Licht findet als Lichtquelle sowohl bei 
Laterna-Magica- und Kinematographcn-Projektionen, als auch 
zu photographischen Zwecken Verwendung. Dasselbe eignet 
sich, wie das elektrische Licht, für photographische Ver- 
größerungen, da es sehr ruhig ist und keine schädlichen 
Dämpfe entwickelt. 

Auch das Auersche Gasglühlicht scheint zu photo- 
graphischen Zwecken, namentlich zur Beleuchtung von Ateliers, 
geeignet zu sein. Mit dem Auer-Brenner kann man heutigen 
Tages nicht allein mit Leuchtgas, sondern auch mit anderen 
Gasen das Glflhlicht erhalten. 

Dazu dient beispielsweise Benzin (eine Fabrik solcher 
Anlagen hat es Aerogen-Gas genannt) und auch das durch 
Leitung von Wasserdampf über glühenden Koks gewonnene 
Wassergas. Auch mit den Alkohollainpen erhält man mittels 
Auer-Glühstrümpfen ein sehr intensives, dem Gasglühlicht 
sogar überlegenes Licht. 

Durch Verbrennung von Schwefelkohlenstoff in Stickstoff- 
dioxyd erhält man auch eine sehr aktinische Lichtquelle; für 
die Praxis ist dieselbe jedoch fast bedeutungslos, da sie so- 
zusagen niemals Anwendung findet. Dieses Licht ist nicht 
weiss, wie die vorher beschriebenen Lichtarten, sondern 
äusserst intensiv violett-blau gefärbt und daher sehr aktinisch. 



— 43 — 

Zur Erzeugung dieses Lichtes muss man vor allem das 
Stickstoffoxyd, ein der chemischen Formel NO entsprechendes 
farbloses Gas, herstellen. Zu dessen Erzeugung bringt man 
in eine mit Leitungsrohr versehene, mit einem Kork ver- 
schliessbare Flasche zerkleinertes Kupfer und verdünnte 
Salpetersäure (i Vol. reine Salpetersäure zu i bis 2 Vol. 
Wasser). Die Salpetersäure wirkt sehr energisch auf das 
Kupfer. Es entwickelt sich zuerst ein rötlich gefärbtes, nach 
und nach farblos werdendes Gas, welches in diesem Zustand 
gesammelt wird. Diese dabei eintretende Reaktion kann 
durch folgende Gleichungen ausgedrückt werden: 
Cu 4- aHNO, = CulNOzU + //,, 

Kupier Salpetersäure Kupfernitral Wasserstoff 

3tf-\-*HNO. =4/Y s O+2^0. 

Wasserstoff Salpetersäure Wasser Slics.atofib.yd 

Die sich anfangs zeigende rötliche Färbung des Gases 
rührt von dessen Verbindung mit dem Sauerstoff der im 
Gefäss vorhandenen Luft her, wodurch das rötliche Stickstoff- 
dioxyd (NO t ) entsteht. 

Nun muss, wie gesagt, das Stickstoffoxyd in einem Gefäss 
gesammelt werden. Zu diesem Zweck leitet man es durch 
das Leitungsrohr in eine auf den Kopf gestellte, mit Wasser 
gefüllte und mit dem Halse in eine , ebenfalls mit Wasser 
gefüllte Wanne eintauchende Flasche von etwa 200 bis 300 cem 
Inhalt. Das sich entwickelnde Gas wird nach und nach das 
Wasser verdrängen und die Flasche füllen. Sobald dies 
geschehen, wird die Flasche, unter Wasser, gut verkorkt 
und kann nun wieder aufrecht gestellt werden. Nun giesst 
man schnell 1 cem Schwefelkohlenstoff hinein, den man durch 
kräftiges Schütteln sich verflüchtigen lässt, wobei mit der 
Handfläche die Flasche zuzuhalten ist. Mit einem Streichholz 
zündet man es nun an der Flaschenmündung an und hat 
sofort das schöne, äusserst lebhaft violette Licht. 

Mit dieser Methode ist es gar nicht schwer, ein Experiment 
2u machen ; es empfiehlt sich jedoch, mit besonderer Vorsicht 
vorzugehen, nicht allein, um gute Resultate zu erhalten, 
sondern auch, um Explosionen zu vermeiden. Eine Explosion 
kann dann erfolgen, wenn in die mit Gas und Schwefel- 
kohlenstoff gefüllte Flasche eine grössere Luftmenge vor der 
Entzündung zuströmt. Wenn das Experiment in dem an- 
gegebenen, kleinen Massstabe gemacht und zur grösseren 
Vorsicht die Flasche in einen alten Lappen eingewickelt 



— 44 — 

wird, kann der von einer eventuellen Explosion anzurichtende 
Schaden allerdings nicht gross sein; besser ist es jedoch, 
dieselbe zu vermeiden. 

Bei der Behandlung des Schwefelkohlenstoffes muss man 
wegen seiner grossen Flüchtigkeit und Entzündbarkeit die 
grösste Vorsicht anwenden. 

Zur leichteren Erzeugung dieses Lichtes wurden ver- 
schiedene Lampentypen konstruiert. Unter diesen ist die- 
jenige von Delachenal und Mermet wohl die beste und 
fast frei von jeder Gefahr. 

In ein mit zwei Leitungsrohren versehenes Gefäss von 
etwa 500 ccm Inhalt bringt man Stöcke von porösen Stoffen, 
wie Kohle, Bimsstein u. s. w. , die mit Schwefelkohlenstoff 
getränkt sind. Durch die eine Röhre lässt man das in einer 
Flasche entwickelte Stickstoffoxyd eintreten; die zweite Leitung 
steht mit einer 20 cm langen Glasröhre in Verbindung, in 
welcher sich zusammengewickelter Eisendraht befindet. Dies 
ist eine Sicherheitseinrichtung, damit die Flamme nicht in 
das Innere des den Schwefelkohlenstoff enthaltenden Behalters 
eindringt. Dieser Eisendraht wirkt ähnlich wie das Metall- 
netz bei den Grubenlampen, welches den Zweck hat, die 
innere Flamme zu verhindern, sich nach aussen zu verbreiten. 
Nachdem der Stickstoffoxydstrom sich mit Schwefelkohlenstoff- 
dämpfen im Behälter gesättigt hat, gelangt er durch das 
Sicherheitsrohr in einen, dem Bunsenschen ähnlichen Brenner 
(ohne Luftsaugvorrichtung), wo er angezündet wird. Auch in 
dem Brenner befindet sich Eisendraht zur Sicherheit. Die 
bei der Verbrennung entstehenden Gase müssen durch eine 
Leitung aus dem Lokal entfernt werden. 

Trotz der beschriebenen und anderer Vorrichtungen, mit 
denen man den Zweck verfolgte, die Nachteile des Schwefel- 
kohlenstoff-Lichtes teilweise zu beseitigen, bleiben deren noch 
so viele, dass eine ausgedehnte Anwendung des genannten 
Lichtes ausgeschlossen ist und vielleicht niemals möglich 
werden wird. Als Vorteile sind allerdings seine Billigkeit, 
seine Intensität und seine grosse Aktinität hervorzuheben. 

Die bedeutende Aktinität dieses Lichtes wird durch den 
schon im Jahre 1855 von Babo gemachten Versuch bestätigt. 
Er behauptet, mit der Verbrennung von 2 Liter, mit Schwefel- 
kohlenstoff-Dämpfen gesättigten Stickstoffoxyde eine Photo- 
graphie auf Kollodium in 1 Sekunde erhalten zu haben. 



— 45 — 

Wir haben noch andere aktinische, nicht zu übersehende, 
wenn auch weniger wichtige Lichtquellen. Darunter ist das 
bengalische Licht, das bei der Verbrennung einer Mischung 
von Kaliumnitrat, Schwefelblüten und Schwefel antimon oder 
Kali urach lorat, Schwefel und Zucker entsteht, von Wichtig- 
keit. Man nehme: 

Salpeter 6 Teile, 

Schwefelblüte 2 „ 

Schwefel antimon 1 Teil, 

Kaliumchlorat 4 Teile, 

Schwefel 2 „ 

Zucker 1 Teil, 

Die einzelnen Substanzen werden zunächst fein gepulvert 
und dann auf Papier gemischt. Ziemlich bemerkenswerte 
Akdnität besitzt auch das durch die Verbrennung von Phosphor 
und Schwefel im reinen Sauerstoff entstehende Licht. 

In letzter Zeit hat man gefunden, dass auch das fein 
gepulverte, mit oxydierenden Substanzen gemischte Aluminium 
ein ziemlich intensives, dem des Magnesiums ähnliches Licht 
liefern kann. 

Man verwendet: 

gepulvertes Aluminium 21,7 Teile, 

Schwefelantimon 13,8 „ 

Kaliumchlorat 64,5 „ 

oder nach Dr. Demole: 

gepulvertes Aluminium 1 Teil, 

hy per mangansaures Kali .... 2 Teile. 



In neuerer Zeit wurde noch eine andere Lichtquelle, 
nämlich das Acetylenlicht, eingeführt, welches allerdings nicht 
die Helligkeit der vorher besprochenen Li cht arten besitzt, 
jedenfalls aber wegen seiner chemischen Wirkung ziemlich 
bemerkenswert ist. Das Acetylengas wird durch Behandlung 
des Calci umkarbids mit Wasser erhalten. Das Calciumkarbid 
erhalt man durch Erhitzen einer Mischung von gebranntem 
Kalk und Kohle auf sehr hohe Temperatur (im elektrischen 
Ofen). Die zwischen dem Kalk (Calciumoxyd) und der Kohle 
vor sich gehende Reaktion ist die folgende: 
CaO + sC = C«C 2 + CO. 

Cilcdumoiyd Kohle Calci l&nkaibid Kohltnoxyd 



— 46 - 

Die Wirkung des Wassers auf Calciumkarbid (welches 
aus einer grauen, sehr harten Masse besteht) entspricht der 
Gleichung: 

CaC 2 + H,0 — CaO-\- C^H n . 

Calciumkarbid Wasser Kalk Acrtyleuu 

i kg Calciumkarbid entwickelt etwa 65 Liter Acctylengas. 
Die Leuchtkraft dieses Gases kann als zehnmal stärker wie 
die des gewöhnlichen Leuchtgases angesehen werden. Es 
gibt verschiedenartige, sehr bequeme, absolut gefahrlose Ein- 
richtungen im Handel, welche den kompletten Gaserzeuger 
enthalten. Will man sich mehrerer Lampen auf einmal 
bedienen, so hat man einen separaten Generator und eine 
Leitung nötig, um das Gas zu den verschiedenen Brennern 
zu leiten. 

Einen sehr wichtigen, zu eingehenden Studien Anlass 
gebenden Stoff hat heutigen Tages die Darstellung des sogen. 
kalten Lichtes gegeben. 

Wir haben gesehen, dass die Darstellung aller, heute 
benutzten künstlichen Lichtarten stets mit erheblicher Wärme- 
erzeugung verbunden ist und dass dieses Licht dem Glühend- 
werden mehr oder weniger stark erhitzter Körper seine 
Entstehung verdankt. Durch die Erzeugung leuchtender 
Kraft entsteht ein grosser Verlust an Energie, weil der 
grössere Teil derselben in Wärme umgewandelt wird und 
deshalb zur Lichterzeugung nicht benutzt werden kann. 

Es ist daher leicht einzusehen, dass die Herstellung eines 
sogen, „kalten Lichtes" grosse Vorteile bieten wird; die 
ganze Energie wird in diesem Falle in Licht verwandelt, 
wodurch grosse ökonomische Vorteile entstehen. 

Leitet man einen elektrischen Wechselstrom durch Röhren, 
welche sehr verdünnte Gase enthalten und mit zwei Platin- 
elektroden versehen sind (Geisslersche Röhren), so erhält 
man ein kaltes, jedoch wenig intensives Licht. Aus Amerika 
wird jedoch berichtet, dass es einem Herrn Moore mittels 
eines, in solche Röhren geleiteten Stromes mit einer ausser- 
ordentlich grossen Anzahl von Unterbrechungen (etwa 60000 
per Minute) gelungen sei, ein sehr intensives und photo- 
graphisch wirksames kaltes Licht zu erhalten. 

Der Vergleich zwischen den verschiedenen künstlichen 
aktinisehen Lichtquellen zur Bestimmung des grösseren Aktini- 



— 47 — 

tätsgrades ist nicht so leicht. Auf welche Weise kann man 
z. B. entscheiden, ob das Magnesium- oder das Hydroxygcn- 
t<as- Licht grössere Aktinität besitzt? Aendcrn wir den 
Druck der beiden Gase und die Oberfläche des Kalkzylinders, 
so werden wir Lichteffekte verschiedener Intensität erhalten. 

Dasselbe geschieht bei dem Magnesiumlicht, je nach der 
Menge des vorhandenen brennbaren Metalles und der Ver- 
brennungsverhältnisse. 

Wie soll man nun die Gewichtsmenge des Magnesiums 
wählen, um das damit erzeugte Licht mit dein unter be- 
stimmten Verhältnissen erhaltenen Drummondschen Licht 
in Bezug auf Aktinität vergleichen zu können? Die spektro- 
skopische Prüfung kann nur zum Vergleich zweier, unter- 
einander sehr verschiedenen Lichtquellen von verschiedener 
Aktinität dienen; der Mangel an stärker brechbaren Strahlen 
in dem Spektrum des einen und deren reichliches Vorhanden- 
sein in dem anderen bietet eine genügende Sicherheit bei 
der Beurteilung derselben. 

Handelt es sieh jedoch um zwei, in Bezug auf Aktinität 
voneinander wenig abweichende Lichtquellen, so kann die 
Spektral Untersuchung ebenfalls nicht angewendet werden, da 
beide Lichtquellen die am stärksten brechbaren Strahlen des 
Spektrums enthalten; aber die eine kann beispielsweise mehr 
violettes und die andere mehr blaues Licht enthalten. Man 
bedenke ausserdem, dass die, grosse chemische Energie 
besitzenden ultravioletten Strahlen im Spektrum nicht sichtbar 
sind. Die meisten der Zahlenangaben, welche zu Vergleichen 
zwischen der aktinischen Kraft der verschiedenen Lichtquellen 
dienen sollen, haben, meiner Ansicht nach, nur einen sehr 
problematischen Wert, da bei allen die oben geschilderten 
Umstände wenig oder gar nicht berücksichtigt wurden. Ein 
rationeller Vergleich ist allerdings nicht leicht anzustellen. 
Man muss sich daher mit den Angaben begnügen, welche 
dadurch gewonnen werden können, dass man unter ent- 
sprechenden Verhältnissen Lichtquellen gleicher, durch photo- 
metrische Messungen zu bestimmender Intensität schafft, deren 
Aktinität dann mit Hilfe der im nächsten Kapitel zur Be- 
sprechung gelangenden, chemischen und photographischen 
Methoden ermittelt wird. Diese Methode setzt aber ein 
gewisses Verhältnis zwischen der aktinischen Wirkung eines 
Lichtes und der Helligkeit desselben für das Auge voraus, 
was jedoch nicht zutrifft. 



VIII. Kapitel. 

Aktinometrie. 



Aktinometrie und Photometrie. — Messung der Aktinitat durch 
chemische Erscheinungen. — Chlor- und Wasserst off -Aktinometer 
von Bunsen und Roscoe. — Allgemeines Ober die bei der Aktino- 
metrie als Grundlage dienende chemische Erscheinungen. — Ein- 
heiten bei Messungen der Lichtinte nsitat. — Einheit bei Messungen 
der chemischen Wirksamkeit. — Aktinometrie durch Chlorwasser. 
— Aktinometrie durch Eisenchlorid und Oxalsäure. — Aktinometrie 
durch Sublimat und Oxalsäure. — Form der aktin ometrischen 
Apparate. — Wert der Angaben durch chemische Photometer. — 
Aktinometer aus photo graphischem Papier. 

Es ist sehr wichtig, sei es zu wissenschaftlichen oder zu 
praktischen Zwecken, die chemische Energie, d. h. den Aktini- 
tätsgrad einer Lichtquelle messen zu können. Eine solche 
Messung bezeichnet man mit dem Namen , Aktinometrie" 
oder „chemische Photometrie". 

Die eigentliche Photometrie darf jedoch mit der Aktino- 
metrie nicht verwechselt werden ; die erste gibt den Helligkeits- 
grad eines Lichtes an und kann mit den gewöhnlichen Photo- 
metern, wie die Physik lehrt, ausgeführt werden; die zweite 
bestimmt die chemische Wirksamkeit desselben. 

Die Messung der Aktinität eines Lichtes kann nach den 
chemischen Erscheinungen, welche unter der Wirkung der, 
am stärksten brechbaren Spektralstrahlen hervorgebracht 
werden, d. h. derjenigen Strahlen, welche wir chemisch 
wirksame genannt haben, ausgeführt werden. 

Die Erscheinung der Vereinigung von Chlor und Wasser- 
stoff, wodurch Salzsäure gebildet wird, benutzten zuerst 
Draper, später Bunsen und Roscoe. Setzt man die in 
einem Glasgefäss enthaltene Mischung der beiden Gase dem 
direkten Sonnenlicht aus, so geht die Verbindung des Wasser- 
stoffes mit dem Chlor augenblicklich unter heftiger und 
gefährlicher Explosion vor sich. Wenn dagegen dieses Gefass 
mit der Mischung dem zerstreuten Tageslicht ausgesetzt wird, 
so verbinden sich die beiden Gase allmählich und regel- 
mässig, so dass die Menge der in einem bestimmten Zeit- 
raum verbundenen Gase als Massstab der chemischen Energie 
der betreffenden Lichtquelle dienen kann. 



— 49 — 

Der von Bunsen und Roscoe zu ihren Untersuchungen 
gebrauchte Apparat ist durchaus nicht einfach, das Prinzip 
aber, worauf derselbe beruht, ist jedoch leicht verständlich. 
Die Mischung von Chlor und Wasserstoff befindet sich in 
einem Glasbebalter, in Berührung mit gesättigtem Chlorwasser. 
Die sich unter dem Lichteinfluss bildende Salzsäure lost sich 
mit grosser Leichtigkeit in Wasser und das Volumen der 
Gasmischung wird sich, wie man finden wird, nach und nach 
vermindern. Diese allmähliche Volumen Verringerung der Gase 
kann mit dem Apparat genau bestimmt werden und dient als 
Massstab für den Aktinitätsgrad des Lichtes. 

Natürlich muss die zur Ermittelung des aktinischen Wertes 
einer Lichtquelle als Grundlage benutzte chemische Erscheinung 
unter denselben Li cht Verhältnissen immer wieder regelmässig 
vor sich zu gehen. Die Substanz oder die Mischung von 
Substanzen, welche unter dem Lichteinfluss Veränderungen 
erleiden, müssen den zu vergleichenden verschiedenen Licht- 
quellen stets unter identischen genauen Verhältnissen und 
auf dieselbe Dauer ausgesetzt werden. 

Auch für das Licht, wie für alle Energieformen, ist man 
bestrebt gewesen, eine Masseinheit einzuführen. Bunsen 
und Roscoe wählten dazu als Normalflamme zum Vergleich 
der Lichüntensität die Flamme des aus einem Platinrohr von 
7 mm Durchmesser ausströmenden, in der Luft brennenden 
Kohlenoxydgases ; das Volumen des in der Sekunde aus- 
strömenden Gases bei o Grad und 760 mm muss 5 ccm be- 
tragen. 

Bei Zugrundelegung der Normalflamme als Masseinheit 
zur Bestimmung der Lichtintensität einer beliebigen Licht- 
quelle betrachten die Autoren als Einheit des aktinischen 
Wertes, die von der Normalflamme in 1 Sekunde auf 1 m 
Entfernung erzeugte chemische Wirkung. Auch andere Licht- 
quellen, wie z. B. das Licht einer Kerze oder einer Oellampe 
von bestimmten Dimensionen, sowie das Licht eines von 
einem elektrischen Strom bestimmter Intensität und Spannung 
durchzogenen Platindrahtes von gewisser Länge und Durch- 
messer wurden als Masseinheit zur Bestimmung der Licht- 
intensität vorgeschlagen. Auf dem im Jahre 1889 in Paris 
abgehaltenen photographischen Kongress wurde diejenige 
Flamme als Normalflamme bestimmt, welche durch das in 
einer Lampe von bestimmten Dimensionen brennende 
Amylacetat erzeugt wird. Diese Normalflamme wird auch 

tinlii, Hindbndi <kr pbotogr. Chemie. 4 



— 5° — 

heute zu den, später zu bespreche nden sensitometri sehen 
Messungen allgemein benutzt. Wenn eine Einheitlichkeit in 
der Messung der Lichtintensität in irgend einer Weise fixiert 
ist, so bestimmt man die Aktinitätseinheit einer Lichtquelle, 
indem man die, von der Lichteinheit bei der Normal 
entfernung (i m) in der Zeiteinheit (i Sekunde) ausgeübte 
chemische Wirkung als Grundlage nimmt 

Gehen wir nun zu anderen chemischen Erscheinungen 
über, die als Grundlage bei der Bestimmung des aktinischen 
Wertes einer Lichtquelle dienen können. 

Das gasförmige Element Chlor gibt, in Wasser gelöst, 
das sogen. Chlorwasser. Unter dem Einfluss aktinischer 
Strahlen erleidet das Chlorwasser eine chemische Veränderung, 
indem sich das Chlor unter Bildung von Salzsaure (welche 
sich im Wasser auflöst) mit dem Wasserstoff des Wassers 
verbindet, während der in Freiheit gesetzte Sauerstoff ent- 
weicht. Die Quantität der im Chlorwasser ün ungebundenen 
Zustand vorhandenen Chlormenge kann auf chemischem Wege 
sehr leicht bestimmt werden. 

Werden nun zwei Bestimmungen, und zwar die eine vor, 
die andere nach der Lichtwirkung gemacht, so kann man 
aus der verminderten Chtormenge die aktinische Kraft des 
Lichtes ermitteln. 

Andere Aktinometcr beruhen auf der Tatsache, dass eine 
aufgelöste Mischung von Eiscnperchlorid in Oxalsäure 
oder von Urannitrat in Oxalsäure im Licht Kohlensäure 
entwickelt, welche in einer graduierten Röhre gemessen 
werden kann. 

Bei diesen Aktinometcrn gibt das Volumen der ent- 
wickelten Kohlensäure die chemische Energie des tätig ge- 
wesenen Lichtes an. 

Die unter dem Lichteinfluss zwischen dem Eisenperchlorid 
und der Oxalsäure eintretende Reaktion, wodurch sich die 
Kohlensäure entwickelt, wird durch folgende Gleichung erklärt: 

CL- 

Jorid 

Daraus ergibt sich, dass die chemische Wirkung des 
Lichtes auch aus der sich bildenden Eise nchlorür menge , an- 
statt aus der Kohlensäure, ermittelt werden kann. 

Ein anderes, bei der chemischen Photometrie angewandtes 
Prinzip beruht auf der Wirkung der Oxalsäure auf gelöstes 



Quecksilberchlorid. Die Reaktion geht nach folgender Glei- 
chung vor sich: 

a/fcC/ 2 + C; 4 /f, — Hg t CL + 3//C/+ 2 CO t . 

Qucckiilbcrrlilorid Oudjinrc QuetksilberchJurflr Sibiluic KohleuMre 

Das sich bildende Quecksilberchlorör ist eine unlösliche 
Substanz, welche gesammelt und gewogen werden kann. 
Aus deren Gewicht kann man die chemische Energie des 
Lichtes, unter dessen Wirkung die chemische Veränderung 
stattgefunden, bestimmen. Wir könnten hier noch weitere 
Prinzipien erläutern, welche anderen aktin ometrischen Methoden 
zu Grunde liegen; allein dies ist überflüssig. Aus dem Ge- 
sagten wird jeder leicht verstanden haben, dass bei allen 
Methoden die chemische Energie einer Lichtquelle aus der 
volu metrischen oder quantitativen Bestimmung eines bei der 
Reaktion entstehenden Körpers ermittelt wird. 

Ueber die zu solchen Bestimmungen dienenden Apparate 
ist nicht viel zu sagen. Wenn der unter dem Lichteinfluss 
entstehende Körper nicht gasförmig ist, so sind keine eigent- 
lichen Apparate erforderlich. Eine Glasschate von bestimmter 
und konstanter Form und Grösse enthält die Substanz oder 
die Substanzen, die unter dem Lichteinfluss eine gewisse 
Reaktion hervorrufen sollen. 

Derselbe Behälter wird unter stets gleichen Bedingungen 
den verschiedenen, zu vergleichenden Lichtquellen, unter 
welchen auch die als Masseinheit angenommene sich be- 
finden muss, ausgesetzt; die darauffolgenden chemischen Be- 
stimmungen geben dann fOr die verschiedenen Lichtquellen, 
deren Reaktionsgrad und mithin deren Aktinitätsgrad an. 

Ist der zu bestimmende Körper gasförmig, so hat man 
eigens hierzu gebaute Apparate, wo man das sich entwickelnde 
Gasvolumen beobachten und messen und aus demselben die 
Energie des Lichtes ermitteln kann. 

Bevor wir die Betrachtungen über die chemische Photo- 
metrie absc h Hessen , ist noch zu bemerken, dass die dabei 
gemachten Angaben als keine absoluten betrachtet werden 
können; dies ist dem Umstand zuzuschreiben, dass nicht alte 
sogen, aktinischen Strahlen des Spektrums in gleicher Weise 
chemische Erscheinungen verursachen. 

Die blauen Strahlen können bei gewissen chemischen 
Vorgängen grössere Wirkung als die violetten Strahlen hervor- 
bringen. Wird nun eine solche Erscheinung als Basis einer 
aktin ometrischen Methode genommen, so kann man zu der 

4* 



— 52 — 

Annahme verleitet werden, dass eine an blauen Strahlen 
reichere Lichtquelle aktinischer sei, als eine andere, mehr 
violette Strahlen enthaltende, wenn auch in Wirklichkeit diese 
letztere eine grössere Gesamtmenge aktinischer Strahlen ent- 
halten kann. 

Eben aus diesem Grund kann man den, bei dem aktino- 
metrischen Vergleich verschiedener Lichtquellen erhaltenen 
Angaben nur einen relativen Wert einräumen. Nur bei der 
Messung der chemischen Wirksamkeit ein und derselben 
Lichtquelle, ob diese nun das Tages- oder ein künstliches 
Licht ist, haben die aktinometrischen Angaben einen grösseren 
Wert. 

Mehr als alle erwähnten chemischen finden in der Praxis 
die aktinometrischen Methoden mit photographischen Papieren 
Anwendung, welche allerdings nur annähernde, aber in 
manchen Fällen wertvolle Angaben liefern können. 

Die Akünometer oder Photometer mit photographischen 
Papieren sind nach zwei Prinzipien konstruiert. Entweder 
wird das Papier bis zur Erreichung einer gewissen Färbung 
in einer bestimmten Zeit exponiert und danach die Licht- 
energie bestimmt, oder man exponiert es unter einer Skala 
von verschiedenen Durchsichtigkeitsgraden und beobachtet 
nun, bis zu welchem dieser Grade das Licht in einer gewissen 
Zeit durchdringt. 

Die Photometer der ersten Type sind weniger prak- 
tisch, besitzen jedoch, wenn sorgfältig angewandt, bei ihren 
Angaben eine grössere Sicherheit. 

Diese Photometer mit Durchsichtigkeitsskala werden auch 
mehrfach angewendet; sie leisten hauptsächlich beim Druck 
photographischer Papiere, bei denen das Bild nicht direkt 
zum Vorschein kommt, wie z. B. beim Pigmentdruck, beim 
Gummidruck u. s. w., ausgezeichnete Dienste. 



— 53 — 
IX. Kapitel. 

Die Silbersalze. 



Einige Worte über die Geschichte der Entdeckung der 
Lichtempfindlichkeit der Silbersalze. — Der Einfluss der Entdeckung 
der Entwicklungsfähigkeit der Silbersalze auf die Photographie. — 
Silbe mitrat. — Praktisches Herstellungsverfahren desselben. — 
Chemische Reaktionen bei der Auflosung des Silbers in Salpeter- 
saure und bei der Reinigung des Silbernitrats. — Ammoniakalisches 
Silbe mit rat. ■ — Chlorsilber. — Herstellung. — Eigenschaften. — 
Wirkung des Lichtes auf das Chlorsilber. — Bromsilber. — Her- 
stellung. — Verschiedene Formen des Bromsilbers. — Eigenschaften. 
— Jodsilber, Herstellung, Eigenschaften. — Sichtbare Empfindlich- 
keit der drei Silberverbindungen Chlor-, Brom- und Jodsilber. 

Da die Photographie grösstenteils auf der Lichtempfind- 
lichkeit der Silbersalze beruht, so ist es unbedingt notwendig, 
die Herstellungsmethoden und die Eigenschaften der wichtigsten 
Silbersalze zu prüfen, bevor man zum Studium der photo- 
graphischen Prozesse übergeht. 

Zahlreiche, ja fast alle Silbersalze sind lichtempfindlich; 
wir werden uns indessen nur mit den für den Negativprozess 
wichtigsten befassen. Der erste, welcher auf die Licht- 
empfindlichkeit der Silbersalze aufmerksam gemacht hat, 
scheint Schulze, ein Deutscher, gewesen zu sein (1727). 
Er studierte aber nur die Wirkung des Lichtes auf das Silber- 
nitrat; die Lichtempfindlichkeit des Chlorsilbers wurde erst 
im Jahre 1757 von Professor Beccarino in Turin entdeckt. 

Durch spatere Studien über andere Silber salze wurde 
sodann das der Entwickelung der Photographie notwendige 
Terrain geschaffen. Wahrscheinlich aber würde die Photo- 
graphie ohne die Entdeckung Daguerres keine grossen 
Fortschritte gemacht haben. 

Die Schwärzung der Silbersalze am Licht ist ein Phänomen, 
welches dem Auge nicht verborgen bleiben konnte und wäre 
daher auf jeden Fall, früher oder später, entdeckt worden. 

Aber die Eigenschaft vieler Silbersalze und namentlich 
der Haloldsalze (Chlor-, Brom- und Jodsilber), durch sehr 
kurze Lichteinwirkung derartig in völlig unsichtbarer Weise 
verändert zu werden, dass diese Veränderung durch spezielle 
Agentien (Entwickler) sichtbar gemacht werden kann, ist eine 
derartige, wie sie von niemandem vorauszusehen war; und 



— 54 — 

wenn der glückliche Zufall, welchen Daguerre benutzte, 
nicht eingetreten wäre, so würde die Entdeckung Schutzes 
und aller anderen Aber die sichtbaren Veränderungen der 
Silbersalze am Licht umsonst gemacht worden und die Berichte 
darüber tote Buchstaben geblieben sein. Gehen wir nun 
zur Beschreibung der Darstellung der wichtigsten Silbersalze 
und deren besonderen Eigenschaften über. Silbernitrat 
{AgNO s ). 

Das Silbernitrat oder Silberazotat kann als Ausgangs- 
punkt für die Herstellung aller Silbersalze angesehen werden. 
Es können zwar viele Silbersalze auch auf anderem Wege 
dargestellt werden; in der Praxis stellt man sie jedoch stets 
aus Silbernitrat her. 

Das Silbernitrat wird durch Behandlung des Silbers mit 
Salpetersäure gewonnen. In eine Porzellanschale bringt man 
konzentrierte Salpetersäure und metallisches Silber unter 
Zusatz von Wasser. Für jeden Gewichtsteil Silber nimmt 
man i Vol. konzentrierte Salpetersäure (1,40 spez. Gew.) und 
etwa 1 Vol. destilliertes Wasser. Bei massigem Erhitzen 
der Schale löst sich das Silber unter Entwicklung reichlicher 
roter Dämpfe schnell auf. Die dabei auftretende Reaktion 
wird durch folgende Gleichung dargestellt: 
(.) Ag+H 

Silber Silpp 

Der Wasserstoff entwickelt sich grösstenteils jedoch nicht, 
da er in Gegenwart der Salpetersäure zu folgender Reaktion 
Anlass gibt: 
(2) HNO. + 3//-= *H t O + NO. 

SmlpelersBure Wasserstoff Wisser Stitk.toffoiyd 

Die roten Dämpfe entstehen durch die Berührung des 
Stickoxyds mit der Luft. Wenn man die, zur Umwandlung 
einer bestimmten Menge Silber in Nitrat erforderliche Menge 
Salpetersäure genau chemisch berechnen will , so genügt es 
nicht, nur die nach der Gleichung (1) erforderliche Menge 
derselben zu berechnen, sondern es muss auch die nach 
Gleichung (2) notwendige Menge derselben berücksichtigt 
werden. 

Nach vollkommener Lösung des Silbers wird die Tempe- 
ratur erhöht, um die Flüssigkeit zu verdampfen und das 
Silbernitrat zu schmelzen. Das geschmolzene und abgekühlte 
Silbernitrat erscheint als eine weisse Masse. Das mit dem 



— 55 — 

Silber des Handels erhaltene Silbernitrat ist jedoch grünlich 
oder blaulich gefärbt. 

Diese Färbung ist der Gegenwart einer kleinen Menge 
Kupfernitrat zuzuschreiben, da das Silber des Handels stets 
eine kleine Menge Kupfer enthält. Kleine Mengen Kupfer- 
nitrat spielen in den meisten Fällen bei dem zu photo- 
graphischen Zwecken dienenden Silbernitrat keine Rolle. Da 
aber für den Handel ein absolut weisses Silbernitrat erforder- 
lich ist, so muss man es einer Reinigung unterziehen. 

Zu diesem Zweck muss das geschmolzene Silbernitrat 
nach völligem Verdunsten der Flüssigkeit 20 bis 30 Minuten 
lang auf ziemlich hoher Temperatur erhalten werden, wo- 
durch sich das vorhandene Kupfernitrat in Kupferoxyd ver- 
wandelt, welches der geschmolzenen Masse ein schwarzes 
Aussehen verleiht, und in Stickstoffdioxyd- und Sauerstoff gas, 
welche entweichen. Der Vorgang wird durch folgende 
Gleichung erklärt : 

QttNOfr — CuO + aiVO, + 0. 

Kiipfemitrat Kupfrrosyd Stleksloffdioxyd Sauerstoff 

Bei dieser verlängerten Schmelzung, welche die völlige 
Zersetzung des Kupfernitrats bezweckt, erleidet das Silber- 
nitrat eine geringe Veränderung. 

Die Zersetzung desselben kann entweder unter Bildung 
von Silbernitrit (salpetrigsaurem Silber) oder von metallischem 
Silber geschehen, welch letzteres in Gestalt eines schwarzen 
Pulvers sich in der geschmolzenen Masse niederschlägt. 

Die, diese Entstehung von Silbernitrit und von metallischem 
Silber erklärende Gleichungen stellen sich folgendermassen dar: 

(1) AgNO, = 4gNO.-\-0, 

Silbernitnt Silbemilri! Sauerstoff 

(2) AgNOt — Ag + NO t + 0, 

SDbentltnt Silber Stickaioffdioiyd Soueratoff 

d. h. es bildet sich in diesem letzteren Fall, neben dem in 
Form schwarzen Pulvers in der Masse sich absetzenden 
metallischen Silber, Stickstoff dioxyd und Sauerstoff. Im 
ersteren Fall dagegen Sauerstoff und das sehr wenig lösliche 
Silbernitrit. 

Wenn die geschmolzene Masse erkaltet ist, behandelt 
man sie mit Wasser und erhitzt; auf diese Weise löst sich 
das ganze Silbernitrat auf, während das Kupferoxyd und die 
kleine Menge reduziertes Silber, sowie fast das ganze Silber- 
nitrit ungelöst bleiben. Das Ganze wird durch gutes Filtrier- 



- 56 — 

papier filtriert, wodurch die ungelösten Bestandteile entfernt 
werden. Die filtrierte Flüssigkeit wird, nachdem sie mit 
Salpetersäure angesäuert wurde, nochmals verdampft und das 
Silbernitrat geschmolzen. Dadurch erhält man ein vollkommen 
weisses und reines Präparat, welches (in Silberformen) in 
Stäbchen gegossen wird. 

Das gut hergestellte Silbernitrat soll säurefrei sein; ein 
Tropfen der Losung bringt keine Rötung auf blauem Lackmus- 
papier hervor, was die absolute Abwesenheit von Säure 
beweist. Wenn die Herstellung keine sorgfältige war, können 
kleine Mengen Silbernitrit (AgNO^, ein fast unlösliches Salz, 
welches, wie bereits erwähnt, bei der Schmelzung des Silber- 
nitrats durch Reduktion entstehen kann, in dem Präparat 
enthalten sein. 

Die Gegenwart von Silbernitrit erkennt man daran, dass 
das geschmolzene Silbernitrat in reinem Wasser nicht ganz 
löslich ist, sondern einen weissen Niederschlag in der Lösung 
zurucklässt. Derselbe kann durch Zusatz von etwas Salpeter- 
säure und durch Erwärmen der Flüssigkeit aufgelöst werden. 
Durch diese Eigenschaft, sich beim Erhitzen in verdünnter 
Säure in der Wärme aufzulösen, unterscheidet sich das Silber- 
nitrit vom Chlorsilber, welches nicht selten auch das Silber- 
nitrat verunreinigt. 

Die Gegenwart von Silbern itrit scheint bei dem zur 
Herstellung von Bromsilber -Gelatineplatten bestimmten Silber- 
nitrat eine schädliche Wirkung auszuüben. 

Das geschmolzene Silbernitrat des Handels ist oft mit 
Kaliumnitrat, mit Bleinitrat und mit anderem salpetersauren 
Salz verfälscht. Solche Verfälschungen können nur mit Hilfe 
der chemischen Analyse nachgewiesen werden. 

Ausser dem geschmolzenen kommt im Handel auch das 
kristallisierte Silbernitrat vor, welches durch Erkaltenlassen 
einer warmen, aus dem geschmolzenen Präparat hergestellten 
Lösung gewonnen wird. Bei 100 Grad ist die Löslichkeit 
des Silbernitrats doppelt so gross als bei gewöhnlicher 
Temperatur, so dass sich das Silbersalz beim Erkalten einer 
konzentrierten Lösung nach und nach in Kristallform absetzt. 
Auf diese Weise erhält man jedoch nur sehr kleine Kristalle. 
Wenn man grössere Kristalle erhalten will, so muss man 
eine gesättigte kalte Silbernitratlösung bereiten, die man 
dann in Gefässen mit weiter Oeffnung allmählich verdunsten 



— 57 - 

lässt (im Exsikkator). Durch diese langsame Verdunstung 
gewinnt man ziemlich grosse Kristalle von Silbernitrat. 

Das kristallisierte Silbernitrat ist schwerer zu verfälschen, 
als das gegossene; nicht selten zeigt es jedoch saure Re- 
aktion; bei seiner Eigenschaft, mit dem Natriumnitrat kri- 
stallisierte Doppelsalze zu liefern, ist übrigens auch eine Ver- 
fälschung desselben möglich. 

Da das kristallisierte Silbernitrat kein Kristall w asser 
enthält, so hat es denselben Wert, wie das geschmolzene 
Silbe mitral. 

Betrachtet man die Gleichung, welche die Herstellung 
des Silbernitrats veranschaulicht, d. h.: 

Ag + HNO, — AgNOf+ H, 
so sieht man, dass jedes Atom Silber i Molekül Silbernitrat 
liefert; da nun das Gewicht eines Silberatoms 108 und das- 
jenige eines Moleküls Silbernitrat: 

108+ 14 + (13X16)=- 170 
beträgt, so kann man sagen, dass je 108 Gewichtsteile Silber 
theoretisch 170 Gewichtsteile Silbernitrat liefern, mit anderen 
Worten, dass jedem Gewichtsteil reinen Silbers, 1,574 Ge- 
wichtsteile Silbernitrat entsprechen. In der Praxis kann je- 
doch, infolge des niemals reinen Zustandes des Silbers und 
der bei der Herstellung unvermeidlichen Verluste die theo- 
retische Menge nie genau erreicht werden. 

Hinsichtlich der Eigenschaften des Silbernitrats ist zu 
bemerken, dass es in Wasser sehr leicht, in Alkohol ziemlich 
leicht loslich ist. Wenn es in Berührung mit reiner, von 
organischen Staubpartikeln freier Luft aufbewahrt wird, so 
verändert es sich, selbst bei längerem Einwirken des Lichtes, 
wenig oder gar nicht. Bei Berührung dagegen mit unreiner 
Luft wird es mit der Zeit infolge der Gegenwart organischer 
Substanzen schwarz, und zwar um so rascher, wenn das 
Licht die reduzierende Wirkung der organischen Stoffe unter- 
stützt. Es erscheint daher geboten, das Silbernitrat in gut 
verschlossenen gelben Gläsern aufzubewahren. 

Viele organische Substanzen sind im stände, das Silber- 
nitrat durch Reduktion zu schwärzen; dieser Reduktions- 
prozess ist nicht schwer zu begreifen. Ein Teil des im 
Silbernitrat enthaltenen Sauerstoffes verbindet sich mit den 
organischen Stoffen; der Stickstoff entweicht in Form von 
Stickstoffoxyd (WO) und das Silber wird frei ; vermöge seiner 



- 58 - 

äusserst feinen Verteilung erscheint es schwarz. Vermöge 
seiner Eigenschaft, organische Substanzen zu oxydieren, wie 
das auch die Wärme tut, findet es in der Medizin als Actz- 
mittel Anwendung. 

Die Silbernitratflecke auf der Haut oder wo anders, 
können mit drei- bis vierprozentiger Cyankaliumlösung ent- 
fernt werden, weil dadurch das metallische Silber gelöst wird. 

Auf hohe Temperatur erhitzt, zersetzt sich das Silber- 
nitrat vollkommen und es bleibt nur das metallische Silber 
zurück. 



Ammoniakalisches Silbernitrat (salpetersaures Silber- 
oxydammoniak). Bei der Herstellung sehr empfindlicher 
Bromsilberemulsionen verwendet man häufig an Stelle des 
Silbemitrats das ammoniakalische Silbernitrat. Dieses letztere 
wird erhalten durch Zusatz von Ammoniak zu einer Silber- 
nitratlösung, bis der anfangs sich bildende, aus Silberoxyd 
bestehende Niederschlag wieder gelöst ist. Lässt man die 
Flüssigkeit verdunsten, so kristallisiert eine S UDstanz i welcher 
nach Mitscherlich die Formel: 

aJV/f,, JgNO, 
entspricht. 

Nach dieser Formel sollte man, um eine reine Lösung 
von ammoniakalischem Silbernitrat ohne Ammoniaküberschuss 
zu erhalten, zu einer 170 Gewichtsteile Silbernitrat enthaltenden 
Lösung, genau 34 Gewichtsteile reines Ammoniak (H s N) zu- 
setzen. In der Praxis genügt jedoch die theoretische Menge 
Ammoniak nicht, um den ganzen Niederschlag zu lösen, 
sondern es ist stets ein Üeberschuss an Ammoniak er- 
forderlich. 

Mittels eines Kunstgriffes ist es jedoch möglich, Lösungen 
von ammoniakalischem Silbernitrat, mit geringem Ammoniak- 
gehalt, anstatt mit Üeberschuss desselben, herzustellen, wie 
solches zuweilen bei Herstellung von Bromsilber-Gelatine- 
Emulsioncn geringerer Empfindlichkeit vorkommt. 

Die Silbernitratlösung wird nämlich in zwei gleiche Teile 
geteilt, von denen die eine Hälfte mit so viel Ammoniak ver- 
setzt wird, als zum Auflösen des Niederschlages erforderlich 
ist; während zu der anderen Hälfte etwas Ammoniumnitrat 
zugesetzt wird. Die beiden Lösungen geben, miteinander 
gemischt, eine zur Herstellung weniger empfindlicher Emulsionen 



— 59 ~ 

geeignete klare Flüssigkeit. Die höchste Empfindlichkeit der 
Emulsionen wird jedoch erreicht durch Verwendung einer 
ohne diesen Kunstgriff, d. h. durch einfachen Zusatz von 
Ammoniak bis zum vollkommenen Auflösen des Niederschlages 
gewonnenen Lösung von ammoniakalischem Silbernitrat. 

Chlorsilber (AgC/). Das Chlorsilber kommt in Natur 
in den Silbergruben vor, hat kristallinisches Aussehen und 
eine blauliche Färbung. Dieses natürliche Silberchlorid findet 
keine Verwendung, ausser zur Gewinnung des Silbers. 

Auf künstlichem Wege kann das Chlorsilber auf zweierlei 
Art erhalten werden. Entweder durch Einwirkung des Chlors 
auf metallisches Silber: 

A g -\-a = A g a 

Silber Chlor Chlonilbcr 

oder durch Einwirkung von Salzsäure oder einer loslichen 
Chlorid Verbindung auf salpetersaures Silber: 

AgNO, -f HCl = AgCl + HNO B . 

Silbernitrat Salzature Chlors über Salpetersäure 

Diese letztere Methode ist die bei der Herstellung des 
Chlorsilbers allgemein benutzte. Lasst man an Stelle der 
Salzsäure die löslichen Metallchloride einwirken, so hat man 
eine analoge Reaktion; nur entsteht eine salpetersaure Ver- 
bindung an Stelle der Salpetersäure. So z. B. erhalt man 
mit dem Natrium chlorid das Natriumnitrat; 

AgNO.-\- NaCl — AgCl-\-NaNO a . 

SUbernitnt Nitrinmcnlocid Silbe rchlorid Natriumnilrat 

Aus diesen Gleichungen geht hervor, dass für die Um- 
wandlung von 170 Gewichtsteilen Silbernitrat folgende Ge- 
wichtsinengen von Chloriden erforderlich sind: 

Natriumchlorid 58,50 Teile, 

Kaliumchlorid 74,5° « 

Ammoniumchlorid ..... 53,50 „ 
geschmolzenes Calci um chlorid . 55,50 „ 
kristallisiertes Kadmiumchlorid 109,50 „ 

Lithium chlorid 42,00 „ 

kristallisiertes Strontiumchlorid 133,00 „ 
Aus der chemischen Gleichung geht hervor, dass mit 
170 Gewichtsteilen Silbernitrat (108 Gewichtsteilen Silber ent- 
sprechend) 143,50 Gewichtsteile Chlorsilber erhalten werden. 
Das auf die beschriebene Weise erhaltene nieder- 
geschlagene Chlorsilber ist vollkommen weiss und hat ein 



_ 6o — 

käsiges Aussehen; durch Schütteln der Flüssigkeit setzt sich 
das Chlorsilber sehr rasch in Klumpen ab. Um Chlorsilber 
in Kristallen zu erhalten, genügt es, dass man das durch 
Fällung erhaltene amorphe Chlorsilber in kochender kon- 
zentrierter Salzsäure auflöst. Die Menge des gelösten Chlor- 
silbers ist relativ klein; durch Verdunsten der Säure setzt 
sich jedoch das kristallisierte Chlorsilber in Oktaedern am 
Boden ab. Das Chlorsilber ist in Wasser so gut wie un- 
löslich, in Alkalichloriden und in den Chloriden der alkalischen 
Erden dagegen in kleinen Mengen löslich, in grösseren 
Mengen aber in Chlorammonium, Chlormagnesium u. s. w. 
In alkalischen Sulfitlösungen löst es sich in ziemlich beträcht- 
lichen Mengen. Die bedeutendsten lösenden Eigenschaften 
für das Chlorsilber besitzen jedoch das Ammoniak, die Cyanide, 
die Hyposulfite der Alkalien, wie Natrium-, Kalium- und 
Ammoniumhyposulfit und die Schwefel Verbindungen. Durch 
Ammoniak bildet sich ein, dem ammoniakalischen Silbernitrat 
analoges, lösliches, ammoniakalisches Silberchlorid, wodurch 
die lösende Wirkung des Ammoniaks erklärt ist. Es ist 
jedoch zu berücksichtigen, dass bei der Verdunstung der 
Flüssigkeit kein ammoniakalisches Salz, sondern das reine 
Chlorsilber in sehr kleinen Würfeln kristallisiert zurückbleibt. 

Das Hyposulfit in Ueberschuss löst das Chlorsilber, weil 
es die Bildung von löslichen Natrium- und Silber-Doppel- 
salzen veranlasst. 

»AgCl4-3Na t S t O s ^nNaa-\-Ag i Na i {S a O t ) t . 

Chlonilbcr Nitriaröyposulfit Nutriumchlorid üoppclhyposullil 

Bei der Auflösung von Chlorsilber in Cyankalium ist es 
ebenso; es löst das Chlorsilber, weil es sich mit demselben 
zu einem löslichen Doppelcyaiiid verbindet. 

Andere, das Chlorsilber lösende Salze sind das Schwefel- 
cyankalium und das Schwefelcyanammonium, diese 
wirken jedoch nur bei grösserer Konzentration ihrer Lösungen 
(20 bis 30 Proz.) auf das Chlorsilber; auch die lösende 
Wirkung der Schwefelcyanverbindung ist auf die Entstehung 
eines löslichen Doppelsalzes zurückzuführen. 

Das kaseinartige , durch Niederschlag des Silbernitrats 
mit Ammoniumchlorid gewonnene Chlorsilber kann in pulver- 
förmiges oder körniges verwandelt werden, indem man in 
analoger Weise verfährt wie bei dem später zur Besprechung 
kommenden Bromsilber. 



— 61 — 

Das Chlorsilber schmilzt bei etwa 260 Grad; beim Er- 
kalten erstarrt es zu einer durchsichtigen hörn artigen Masse, 
die sich mit dem Messer schneiden lässt und von den alten 
Chemikern Hornsilber genannt wurde. Bei noch höherer 
Temperatur verflüchtigt es sich ohne Zersetzung. 

Die Zersetzung findet dagegen statt, wenn man es mit 
Substanzen erhitzt, die fähig sind, mit dem Chlor Ver- 
bindungen einzugehen. Schmilzt man es z. B. mit Natrium- 
oder Kaliumkarbonat, mit Boras, mit Cyankalium u. s. w., so- 
wird es zu metallischem Silber reduziert. Mit dem Natrium- 
karbonat erfolgt die Reaktion wie folgt: 



Die Reduktion erfolgt jedoch viel leichter, wenn man 
ausser Natriumkarbonat auch Kohle im Schmelztiegel hinzu- 
fügt, weil in diesem Falle der frei werdende Sauerstoff ab- 
sorbiert wird. 



Die uns am meisten interessierende Eigenschaft des 
Chlorsilbers ist jedoch die Fähigkeit, durch Lichtwirkung zer- 
setzt zu werden. Dem Licht ausgesetzt, verändert sich das 
Chlorsilber sehr rasch, indem es zuerst eine violette, dann 
eine braune Färbung annimmt. Bei dieser Zersetzung wird 
Chlor entwickelt; das Silber wird jedoch nicht frei. Man 
nimmt an, dass es sich mit dem noch unveränderten Chlorid 
zu einem Silbers übe hl orid von der Formel Ag t Ct verbindet. 

Die unter dem Lichteinfluss vor sich gehende Zersetzung 
kann durch folgende Gleichung dargestellt werden: 



Von anderer Seite wird jedoch angenommen, dass das 
Silbe rsubchl orid der Formel Ag , C/ 3 entspricht. 

Die Untersuchungen Backers (Phot. News) scheinen 
jedoch den Beweis zu liefern, dass die aus dem Chlorsilber 
unter dem Einfluss des Lichtes sich bildende violette Ver- 
bindung kein Subchlorid, sondern ein Oxychlorid ist (Ag t CIO). 

Auch die neuesten Untersuchungen j. von Tugolessows 
(Phot. Korrespondenz, Oktober 1903) scheinen nachzuweisen, 
dass das Chlorsilber unter dem Lichteinfluss Sauerstoff auf- 
nimmt. Er fand in der Tat, dass das in einem gläsernen* 



— 6a — 

zur Entfernung der Feuchtigkeit mit Chlorealcium versehenen 
Exsikkator, dem Lichteinfluss ausgesetzte Chlorsilber an Ge- 
wicht zunimmt, was er der Entstehung einer Verbindung 
Ag a Cl a O zuschreibt. Wir zweifeln sehr daran, dass eine 
derartige Erscheinung die Hauptsache ist, welche bei dem, 
dem Licht ausgesetzten Chlorsilber zu Tage tritt. 

Die Theorie des Oxychlorids ist übrigens nicht neu; sie 
wurde bereits vor vielen Jahren aufgestellt, aber Carey Lea 
bewies, dass dieselbe sehr wenig haltbar sei. Die einfache 
Tatsache, dass das Chlorsilber auch ohne Berührung mit 
Sauerstoff (z. B. unter Benzin) schwarz wird, genügt schon, 
um diese Theorie zweifelhaft erscheinen zu lassen. 

Wie dem nun auch sein mag: es scheint sicher zu sein, 
dass unter dem Einfluss des Lichtes kein Silber aus dem 
Chlorsilber frei wird, als höchstens nach einer sehr langen 
Einwirkung des Lichtes. Das geht aus dem Umstand hervor, 
dass das unter dem Lichteinfluss geschwärzte Chlorsilber von 
Salpetersäure kaum angegriffen wird; wäre dagegen freies 
Silber vorhanden, so müsste dieses dadurch sofort in Lösung 
übergehen. Das Ammoniak dagegen löst das Chlorsilber und 
lässt das metallische Silber zurück; man kann daher an- 
nehmen, dass das Silbersubchlorid durch die Wirkung des 
Ammoniaks zunächst in Silber und Chlorsilber zersetzt wird: 



und dass darauf das Chlorsilber vom Ammoniak gelöst wird. 

Nach eingehenden Untersuchungen verschiedener Photo- 
chemiker scheint das Chlorsilber vom Licht nur dann zer- 
setzt zu werden, wenn chlorabsorbierende Substanzen, wie 
Wasser u. s.w., zugegen sind (siehe auch unsere diesbezüg- 
liche Studie im Nachtrag). 

So beobachtete z. B. Abney, dass vollkommen trockenes, 
in einer luftleeren Glasröhre eingeschlossenes Chlorsilber in 
keinerlei Weise vom Licht verändert wird. 

Acworth zeigte, dass das auf 220 Grad erhitzte Chlor- 
silber selbst bei Luftzutritt gegen das Licht unempfindlich ist. 
Dies würde ausserdem beweisen, dass für die Lichtempfind- 
lichkeit des Chlorsilbers eine nur oberflächliche Feuchtigkeit 
ungenügend, dass es vielmehr erforderlich ist, dass die Wasser- 
teilchen mit den Chlorsilberteilchen innigst gemengt sein 
müssen. 



- 63 - 

Jedoch nicht allein durch die Feuchtigkeit, sondern auch 
durch andere, chlorabsorbierende Substanzen kann eine 
Schwärzung erfolgen. Carey Lea hat nachgewiesen, dass, 
wenn man das geschmolzene Chiorsilber in Petroleum giesst, 
dasselbe lichtempfindlich wird, eben weil die geringen, von 
den Chlorsilberteilchen eingeschlossenen Spuren Petroleum 
als chlorabsorbierend wirken. 

Nach den Untersuchungen von Sonstadt verwandelt 
sich das dem Licht ausgesetzte feuchte Chlorsilber in Sub- 
chlorid, indem gleichzeitig Salzsäure und Wasserstoffsuper- 
oxyd entstehen; die Reaktion ist die folgende: 

tAgCt+zHtO — aAgia+aHCl 4- H t v 

CUorailbcr Wasser Silbenubchlorid SaLislurc Wusetsufhupernxyd 

Nach Ansicht des Verfassers würde metallisches Silber 
nur dann entstehen, wenn der Wassergehalt gewisse Grenzen 
Überschreitet. 

Sonstadt beobachtete noch, dass das vom Licht ge- 
schwärzte, in einer verschlossenen Glasröhre einer Flamme 
ausgesetzte Chlorsilber wieder weiss wird. 

Das Chlorsilber ist die lichtempfindliche Substanz, welche 
in sämtlichen photographischen, zum direkten Kopieren 
dienenden Papieren enthalten ist; aber auch bei der Dar- 
stellung einiger, für den Entwicklungsprozess bestimmter 
Emulsionen wird es benutzt. Ueber die Herstellungsart des 
Chlor.sÜberpapieres und über die Substanzen, welche zur Er- 
langung tieferer Schwärzen demselben zugesetzt werden, soll 
bei der Behandlung des Positivprozesses die Rede sein. 



Bromsilber (AgBr). Giesst man zu einer sauren oder 
nicht sauren Silbernitratlösung eine Lösung von Bromkalium 
oder eines anderen löslichen Bromids, so erhält man einen 
Niederschlag von Bromsilber, während in der Flüssigkeit das 
Nitrat von Kalium oder einer anderen Base enthalten ist. 



Nach dieser Gleichung entsprechen 170 Gewichtsteile 
Silbernitrat 119 Gewichtsteilen Bromkalium. 

Bei der Benutzung anderer Bromsalze sind die äqui- 
valenten Verhältnisse fdr 170 Gewichtsteile Silbernitrat die 
folgenden : 



- 64 - 

Bromammonium 98 Gewichtsteile, 

kristallisiertes Bromnatrium 175 „ 

Bromcalcium 100 B 

kristallisiertes Bromkadmium .172 „ 

Bromlithium 87 „ 

kristallisiertes Bromstrontium . 177,5 „ 

Wenn man bei der Herstellung von Bromsilber eine 
grossere Menge Bromsalz als theoretisch erforderlich, d. h. 
einen Ueberschuss an Bromsalz verwendet, so zeigt der 
Bromsilberniederschlag eine blassgelbe Farbe, wahrend der- 
selbe vollkommen weiss ist, wenn die verwendete Bromsalz- 
menge zur vollständigen Fallung des Silbernitrats nicht aus- 
reichend ist. 

Wenn die beiden Flüssigkeiten im kalten Zustand ge- 
mischt werden, so hat das dabei entstehende Bromsilber in 
beiden Fällen ein käseartiges Aussehen. In der neutralen 
Flüssigkeit setzt es sich rascher ab als in der sauren. Das 
Absetzen kann in jedem Fall durch Schütteln beschleunigt 
werden. Die Bromsilberflocken vereinigen sich mit der Zeit 
in der Flüssigkeit zu einer plastischen Masse, welche, je nach 
dem ursprünglichen Aussehen des Bromsilbers, entweder 
schwach oder intensiv gelb gefärbt erscheint. Die aus der 
Flüssigkeit genommene plastische Masse erhärtet an der Luft 
zu einer undurchsichtigen Masse. 

Durch heftiges Schütteln mit Wasser wird das käseartige 
Bromsilber pulverförmig : diese Umwandlung geht sehr rasch 
vor sich, wenn das Bromsilber aus neutraler Flüssigkeit ge- 
fällt wird und, umgekehrt, sehr langsam, wenn die Flüssigkeit 
sauer ist. Bei dieser Veränderung wird die Farbe des Nieder- 
schlages blasser; trocknet man ihn an der Luft ohne Licht- 
zutritt, so behält er seine pulverförmige Beschaffenheit und 
seine hellere Farbe bei. Nach dem Trocknen erhitzt, erhärtet 
er und nimmt eine intensivere gelbe Färbung an. 

Bringt man das käseartige oder pulverförmige Bromsilber 
in kochendes Wasser, so verwandelt es sich augenblicklich 
in ein feines, zerreibbares Pulver; das ist das körnige Brom- 
silber. Das Bromsilber in dieser Form kann auch direkt 
erhalten werden, indem man zu einer siedenden Silbernitrat- 
lösung 1 : 1000 eine ebenfalls stark verdünnte Lösung von 
Bromammonium giesst. Das Bromsilber besitzt, wie das 
Chlorsilber, die Eigenschaft, ohne Zersetzung zu schmelzen; 
sein Schmelzpunkt liegt bei 700 Grad. 



- 6 5 - 

Das Bromsilber ist in Wasser unlöslich; es löst sich in 
Ammoniak, aber in bedeutend geringerem Masse als das 
Chlorsilber (i Teil in iooo Teilen konzentriertem Ammoniak). 
Auch in den Bromalkalien ist es in kleiner Menge löslich, 
und zwar besonders im Bromammonium (ioo Teile einer 
gesättigten Bromammoniumlösung vermögen 6 Teile Brom- 
silber aufzulösen). 

Die höchste lösende Kraft besitzen jedoch, wie bei dem 
Chlorsilber, die Cyanverbin düngen und die Hyposulfite. 

Das Bromsilber kann sehr leicht dadurch nachgewiesen 
werden, dass man dasselbe mit Chlorwasser behandelt, wobei 
Chlorsilber und freies Brom entstehen, welch letzteres die 
Flüssigkeit rot färbt. 

Das Bromsilber ist eine sehr lichtempfindliche Substanz; 
durch die Lichtwirkung zersetzt es sich unter Freiwerden 
von Brom und unter Braunfärbung. 

Unter den verschiedenen Formen des Bromsilbers zeigt 
die körnige die höchste' Lichtempfindlichkeit Das Bromsilber 
ist in der Photographie die wichtigste Silberverbindung; es 
stellt die lichtempfindliche Substanz vor, welche in den 
Bromsilber -Gelatine platten enthalten ist. 

Die direkte Lichtempfindlichkeit des Bromsilbers, d. h. 
die Eigenschaft, sich zu schwärzen, wird durch Zusatz nur 
kleiner Mengen eines Bromalkalis vermindert; wird das 
letztere durch Waschung entfernt, so erscheint die ursprüng- 
liche Empfindlichkeit wieder; die Gegenwart einer kleinen 
Menge Silbernitrat erhöht dagegen die Empfindlichkeit des 
Bromsilbers. 



Jodsilbef (AgJ). Das Jodsilber wird in analoger 
Weise gewonnen, wie das Chlor- und Bromsilber, indem 
man zu einer Silbernitratlösung eine zweite von löslichem 
Jodid giesst. Die Reaktion wird durch folgende Gleichung 
dargestellt: 

A e NO, + K)=AgJ+KNO,. 

Silbtrnitrat Jodkalium Jodsilber Kali iiuuu trat 

Aus dieser Gleichung geht hervor, dass einer Silbernitrat- 
meoge von 170 eine Jodkaliummenge von 166 entspricht. 

Für andere Jodide sind die, 170 Gewichtsteilen Silber- 
nitrat entsprechenden Gewichtsmengen die folgenden: 

Simirn, Handbuch der photogr. Chemie. 5 



— 66 



Jodammonium 145, 

kristallisiertes Jodnatrium .... 222, 

Jodkadmium 183, 

Jodcalcium 147, 

Jodlithium 134, 

Jodstrontium 224,5, 

Jodzink 159.5- 

Das Jodsilber stellt eine gelbe Substanz vor. Beim Er- 
hitzen wird es dunkelrot; kehrt jedoch zu der ursprünglichen 
gelben Färbung beim Erkalten zurück. 

Das Jodsilber ist in Wasser und Ammoniak unlöslich; 
unter Einwirkung dieses letzteren wird seine Farbe blasser. 
Es lost sich dagegen in beträchtlicher Menge in den Jod- 
alkalien- und in den Jodverbindungen der alkalischen Erden; 
in loslichen Hyposulfiten und Cyaniden. Untenstehend geben 
wir die sehr nützliche Valentasche Tabelle, aus welcher die 
Löslichkeit der drei Haloldsalze des Silbers in Hyposulfit- 
lösungen verschiedener Konzentration zu ersehen ist: 



Ecnwntradaa d« 


,™ ><>»„: 


Hyposulfillösung 


AgCl 


AgBr 


**J 


1 : 100 Wasser 
5 ; "°° 

15 : 100 „ 
20:100 „ 


0,40 

4,10 
5.50 

6, 10 


0-35 
I0D 

3.5° 

4,30 
5.8o 


0.03 

o,3° 
0,40 
0,60 



Das Jodsilber schmilzt bei etwa 400 Grad, indem eine 
sehr bewegliche braune Flüssigkeit entsteht, welche in 
Po rz eil an formen gegossen, zu einer kompakten, sehr dichten, 
jedoch ziemlich weichen Masse von kristallinischer Struktur 
und gelblichem Aussehen erstarrt. Das Jodsilber besitzt die 
merkwürdige Eigenschaft, sich beim Erkalten auszudehnen 
und beim Erhitzen zusammenzuziehen. Diese Erscheinung 
tritt mit vollkommener Rcgelmässigkeit zwischen den Grenzen 
von 10 bis 70 Grad auf. 

Das Jodsilber ist lichtempfindlich, jedoch in viel geringerem 
Grad wie das Chlor- und Bromsilber. 

Bei dem durch Fällung der Silbernitratlösung mittels 
überschüssiger Jodsalze gewonnenen Jodsilber ist die Licht- 
empfindlichkeit fast Null; hat man dagegen bei der Fallung 



— 6 7 — 

eine geringere Menge Jodid verwendet als theoretisch er- 
forderlich, so dass etwas unverändertes Silbernitrat übrig 
bleibt, so besitzt das Jodsilber eine bedeutend grossere 
Empfindlichkeit. 

An dieser Stelle erscheint die Bemerkung angebracht, 
dass die sichtbare Empfindlichkeit der drei Verbindungen 
Chlor-, Brom- und Jodsilber, d- h. die Schnelligkeit, mit 
welcher sich ihre Farbe verändert, bei dem körnigen Brom- 
silber am stärksten, bei dem mit Jodid Qberschuss hergestellten 
Jodsilber am schwächsten ist. Diese Empfindlichkeit hat 
jedoch mit dem Grad der Farben Veränderung, welche die 
drei Silber Verbindungen infolge genügend langer Exposition 
annehmen können, nichts zu tun. Das Chlorsilber weist die 
grösste Farbenveränderung auf, während das Jodsilber auch 
nach längerer Belichtung nur wenig seine Farbe ändert. 

Wie wir durch unsere, bereits im Jahre 1896 in der 
„Gazzetta Chimica Italiana" veröffentlichten und von 
der „PhoL Korrespondenz" 1897 reproduzierten, sowie 
im Nachtrag dieses Bandes aufgenommenen Betrachtungen 
nachgewiesen haben, kann diese Erscheinung dahin erklärt 
werden, dass die Zersetzung der drei Silberverbindungen 
und demnach deren Schwarzwerden um so leichter vor sich 
geht, je leichter die Ausscheidung eines ihrer Zersetzungs- 
produkte stattfindet. 

Da nun das Chlor gasförmig und daher fluchtig ist, wird 
dasselbe leichter als Brom und Jod und das flüssige Brom 
leichter als das feste Jod ausgeschieden. Mischt man nun 
zu den genannten Salzen Substanzen, wie beispielsweise 
Silbernitrat oder organische Silbersalze, welche fähig sind, 
das Chlor, Brom oder Jod zu absorbieren, so versteht es 
sich von selbst, dass dadurch die Intensität und die Schnellig- 
keit der bei längerer Lichtwirkung stattfindenden Schwärzung 
dieser Verbindungen erhöht werden muss. 



X. Kapitel. 

Wirkung des Spektrums auf die 
Silbersalze. 



Das Sonnenspektrum und seine schwanen Linien. — Ursache' 
der Entstehung solcher Linien. — Abteilung des Spektrums in 
Zonen. — Wirkung der verschiedenen Zonen auf das Chlor-, Brom- 

und Jodsilber. 

Unter Sonnenspektrum versteht man, wie bereits erklärt 
wurde, einen Streifen von sehr brillanten Farben, den man 
erhält, indem man einen Sonnenstrahl auf ein Glasprisma 
fallen lässt und das aus demselben heraustretende Bündel 
farbiger Strahlen auf einen weissen Schirm auffängt. 

Die Zerlegung des Lichtes, d. h. die Erzeugung des 
Spektrums kann ausserdem dadurch ausgeführt werden, dass 
man das Licht durch ein Netz mit sehr feinen Maschen gehen 
lässt; ein so erzeugtes Spektrum nennt man Diffraktions- 
oder Normalspektrum, während das erstere prismatisches oder 
Refraktionsspektrum genannt wird. Wer das Spektrum genau 
beobachtet, sieht, dass dasselbe nicht aus einer ununter- 
brochenen Farbenskala besteht, vielmehr eine grosse Zahl 
dunkler Linien enthält, von denen einige mehr, andere 
weniger sichtbar sind, aber einer genauen Beobachtung 
nicht entgehen. Diese schwarzen Linien, welche nach ihrem 
Entdecker Fraunhofersche Linien genannt werden, besitzen 
für die Wissenschaft einen grossen Wert. Mit Hilfe derselben 
konnte der Astronom, von der Erde aus, auf Millionen Kilo- 
meter Entfernung die chemische Beschaffenheit der Sonne 
ganz genau ermitteln. 

Wir sind hier auf einen interessanten Gegenstand ge- 
kommen, Ober welchen wir einige Worte sagen müssen, um 
diejenigen auf dem Laufenden zu halten, die es noch nicht 
sein sollten. 

Wie und warum können diese Linien zur Bestimmung 
der die Sonne zusammensetzenden Körper dienen? Wir 
werden dies möglichst kurz auseinander setzen. 

Bringt man in eine nicht leuchtende, aber sehr heisse 
Flamme, wie die des Bunsenschen Gasbrenners, gewisse 
Körper, so färbt sich die Flamme, und die Farbe derselben 



— 69 — 

variiert, je nach der Art der Körper, welche in dieselbe ein- 
geführt sind. Lasst man nun dies farbige Licht durch ein 
Prisma gehen, so bekommt man das Spektrum des von dem 
betreffenden, in die Flamme eingeführten Körper erzeugten 
Lichtes. Auf diese Weise kann man die Spektra einer 
grossen Anzahl von Körpern (namenüich Metalle und metallische 
Verbindungen) erhalten. Diese Spektra haben nicht denselben 
Charakter des Sonnenspektrums; sie bestehen oft aus einer 
grossen Anzahl leuchtender, voneinander getrennter Linien, 
wie man sie bei den Spektren der Lithium- und Baryum- 
salze beobachtet; bei dem Natrium und Thallium entsteht da- 
gegen eine einzige Linie. Diese verschiedenen Spektra unter- 
scheiden sich voneinander erstens durch die Farbe der 
leuchtenden Linien und zweitens durch deren bestimmte und 
unveränderliche Stellung. 

Vergleicht man nun diese Spektra mit dem Sonne n- 
spektrum, so sieht man, dass gewisse schwarze Linien dieses 
letzteren, ihrer Lage nach, genau mit denjenigen der Spektra 
der verschiedenen Körper zusammenfallen. Die farbigen 
Linien der Spektra solcher Körper entsprechen ausserdem, 
ihrer Stellung nach, den gleichgestellten dunklen Linien des 
Sonnenspektrums. 

Durch solche Betrachtungen kommt man zu dem Schluss, 
dass die Ursache der Bildung der schwarzen Linien im 
Sonnenspektrum wahrscheinlich der Gegenwart solcher Körper 
in der Sonnenatmosphäre zuzuschreiben ist, deren Spektra 
mit einer oder mehreren schwarzen Linien des Sonnen- 
spektrums korrespondieren. 

Man muss annehmen, dass die Sonne aus einem Zentral- 
kern besteht, welcher eia Licht mit stets gleichem Spektrum 
aussendet und dass aus diesem Licht, wahrend es die Sonnen- 
atmosphäre passiert, durch die daselbst anwesenden gas- 
förmigen Körper gewisse Strahlen absorbiert werden, wo- 
durch die Entstehung der schwarzen Linien im Sonnen- 
spektrum veranlasst wird. Die Anwesenheit gewisser schwarzer 
Linien im Sonnenspektrum, die keinem Spektrum bekannter 
Körper entsprechen, beweist, dass die Sonne Körper enthält, 
die auf der Erde nicht bekannt sind. Umgekehrt, lasst das 
Fehlen gewisser schwarzer Linien im Sonnenspektrum, welche 
mit dem Spektrum gewisser, auf der Erde vorhandener 
Körper zusammenfallen, darauf schliessen, dass diese Körper 
in der Sonnenatmosphäre nicht vorkommen. 



— 7 o — 

Die deutlicheren schwarzen Linien des Sonnenspektrums 
werden mit Buchstaben bezeichnet, welche dazu dienen, mit 
absoluter Sicherheit jede beliebige Farbenzone des Spektrums 
zu bezeichnen. 

Von dem roten bis zum violetten Teil gibt es deutlich 
hervortretende schwarze Linien, welche mit den Buchstaben 
A, B, C, D,E, G, H bezeichnet werden (Fig. i). 

Die zwischen diesen Strahlen liegenden schwarzen Linien 
bezeichnet man mit kleinen Buchstaben. Photograph iert man 
das Spektrum, so erhält man ein Bild, welches die Grenzen 
des sichtbaren Spektrums überschreitet; in diesem, nur auf 
dem photo graphischen Bild sichtbaren Teil des Spektrums, 
welchen man den ultravioletten Teil desselben nennt, sieht 
man ebenfalls schwarze Linien, welche allgemein mit grossen, 
bei H beginnenden Buchstaben bezeichnet werden. 

rol orange gelb pHn bUu violett ultraviolett 



Fig. I, 

In der photographischen Chemie kommt es oft vor, dass 
man die verschiedenen Teile des Spektrums mit Buchstaben 
bezeichnet, um genau anzugeben, welcher Teil des Spektrums 
auf einen bestimmten Körper oder auf eine lichtempfindliche 
Mischung die grösste Wirksamkeit ausübt. Untersuchen wir 
nun, in welcher Art sich die Wirksamkeit der verschiedenen 
Teile des Sonnenspektrums auf die Haloldverbin düngen des 
Silbers äussert. 

Die Wirkung des Sonnenspektrums auf die drei Halold- 
salze, Chlor-, Brom- und Jodsilber ist nicht die gleiche. 
Auch ist bei diesen HaloTdsalzen die Zone des Spektrums, 
welche die stärkste Wirkung ausübt, eine verschiedene, je 
nachdem man die sichtbare Zersetzung, d. h. die Schwärzung, 
oder die unsichtbare, erst durch die Entwicklung sichtbar 
werdende Veränderung in Betracht zieht. 

Dieser Umstand könnte zu der Annahme führen, dass 
die Veränderung der Silbersalze bei längerer Belichtung, 



— 7* — 

anderer Natur sei, als die bei sehr kurzen Expositionen (mit 
darauffolgender Entwicklung). 

Es ist auch wichtig, zu berücksichtigen, dass die Wirkung 
der einzelnen Teile des Spektrums bei den verschiedenen 
Entwicklungssubstanzen etwas verschieden zu Tage tritt. Be- 
trachten wir nun jede dieser Verschiebungen für sich. 

Das durch doppelte Zersetzung von Jodkalium und Silber- 
nitrat auf Papier hergestellte Jodsilber zeigt, zum Schwarz- 
werden dem Licht ausgesetzt, die Maximalempfindlichkeit für 
den äuss ersten violetten Teil: entfernt man durch Waschung 
den vorhandenen Ueberschuss an Silbernitrat, so büsst das 
zurückbleibende Jodsilber seine Eigenschaft, sich am Licht zu 
schwarzen, fast vollkommen ein. 

Bei den daguerreotypischen, mit Quecksüberdämpfen zu 
entwickelnden Platten zeigt sich die grösste Wirkung in dem 
blauen, indigo und violetten Teil. 

Das Jodsilber im nassen Kollodiumprozess mit Eisen- 
oder Pyrogallussäure-Entwicklung zeigt die Maximalempfind- 
lichkeit für die Strahlen von G (Blau) bis P (Ultraviolett 
[Müller]). 

Das Jodsilber im trockenen Kollodiumprozess, mit den- 
selben Entwicklersub stanzen entwickelt, zeigt die grösste 
Empfindlichkeit für den Teil zwischen G bis i j i FG\ auch 
der gelbe und rote Teil wirken etwas (Vogel). 

Das Bromsilber, wenn es einen, auch ganz geringen 
Ueberschuss an Silbernitrat enthalt, zeigt bei der direkten 
Schwärzung die Maximalempfindlichkeit in der Nähe der 
Linie G des Spektrums. Die Schwärzung zeigt sich jedoch, 
wenn auch mit verschiedener Geschwindigkeit, in allen sicht- 
baren Teilen des Spektrums, selbst in den roten. 

Das Bromsilber im Kollodium zeigt bei der Entwicklung 
mit Pyrogallussäure oder mit schwefelsaurem Eisenoxydul die 
höchste Empfindlichkeit für den Teil des Spektrums zwischen 
E und H (Crookes). Bei genügend langer Exposition 
wirken auch der gelbe und der rote Teil. 

Die Bromsilberemulsion zeigt mit alkalischem Pyrogallol- 
entwickler für alle Farben des Spektrums grössere Empfind- 
lichkeit als vorstehend angegeben. 

Die frische Bromsilbergelatine-Emulsion (mit Ueberschuss 
an löslichem Bromsalz hergestellt) enthält das Bromsilber in 
pulverigem Zustand und ist daher wenig empfindlich. Dessen 
Empfindlichkeit erstreckt sich in der Zone zwischen F (Grün) 



— 72 — 

bis M N (Ultraviolett). Die gereifte Bromsilbergel atine- 
Emulsion dagegen, welche sehr empfindliches körniges Brom- 
silber enthält, ist auch für den roten (bis zu A) und auch 
ein wenig für den ultraroten Teil empfindlich. Den höchsten 
Empfindlichkeitsgrad zeigen beide, für den nahe bei G ge- 
legenen Teil des Spektrums. Nach Vogel zeigen die em- 
pfindlichsten Bromsilbergelatine-Trockenplattea ihre Maximal- 
empfindlichkeit in der Mitte zwischen G und F. 

Durch Zusatz einer kleinen Quantität Jodsilber ver- 
mindert sich die Empfindlichkeit des Bromsilbers für die 
weniger brechbaren Strahlen. Wird dem Bromsilber der 
sechste Teil seines Gewichtes Jodsilber zugesetzt, so ist das- 
selbe nur bis E empfindlich; die Maximalempfindlichkeit bleibt 
jedoch nach Vogel an derselben Stelle. Aus dem Gesagten 
geht es hervor, dass die Bromsilbergelatine-Emulsion ohne 
jodsilber die geeignetste ist für die Photographie der weniger 
aktinischen Strahlen des Spektrums. 

Abney entdeckte eine Bromsilberkollodium -Emulsion mit 
sehr grobkörnigen Partikeln, deren Schicht bei durchfallendem 
Licht blau aussieht. Dieselbe erweist sich für die weniger 
aktinischen, roten und ultraroten, Strahlen sehr empfindlich. 
Mit dieser Emulsion und mit Eisenoxalatentwickler gelang es, 
einen guten Teil des ultraroten Spektrums zu photographieren. 

Das zur direkten Schwärzung exponierte reine Chlor- 
silber ist für den blauen Teil am empfindlichsten und die 
Wirkung des Spektrums dehnt sich bis zu Violett aus. Der 
grüne, gelbe, orange und rote Teil sind fast ganz wirkungslos. 
Das Chlorsilber mit Sil berni tratübe rschuss schwärzt sich nach 
Becquerel zunächst zwischen H und G, dann bei dem 
blauen Teil bis Über F und schliesslich beim ultravioletten 
Teil. Nach Abney befindet sich die Maximalwirkung des 
Spektrums auf das Chlorsilber bei G, auf das Silbe ralbuminat 
bei F. 

Auf den ersten Blick scheint es sonderbar, dass das vom 
Licht nicht veränderte Chlorsilber für die weniger brechbaren 
Strahlen des Spektrums (Rot und Gelb) fast unempfindlich 
ist, während eine vorherige kurze Exposition am Licht es 
auch für diese Strahlen empfindlich macht. 

Vogel erklärt jedoch diese Tatsache auf sehr rationelle 
Weise: das dem Licht ausgesetzte Chlorsilber färbt sich 
violett und wird dadurch fähig, die roten und gelben Strahlen 
zu absorbieren, durch die es eben dann verändert wird. Bei 



— 73 — 

dem gewöhnlichen Positivprozcss mit Chlorsilber sind die 
violetten und ultravioletten Strahlen die wirksamsten. 

Sehr beachtenswert ist die Wirkung des Spektrums auf 
das violette Chlorsilber, welches erhalten wird entweder 
durch Behandlung einer Silberplatte mit Kupferchlorid oder 
durch Verbindung einer, in verdünnter Salzsäure liegenden 
Silberplatte mit dem positiven Pol einer Batterie oder schliess- 
lich durch Exposition einer reinen Chlorsilberschicht am 
Licht. Dieses Chlorsilber besitzt die seltsame, wundervolle 
Eigenschaft, das Spektrum in seinen natürlichen Farben 
wiederzugeben. Diese Entdeckung wurde von Seebeck 
(i8ro) gemacht und von Becquerel (1848) mit glänzenden 
Resultaten wiederholt; sie konnte jedoch keine Anwendung 
finden, da es noch nicht gelungen ist, die Farben zu fixieren. 

Das Chlorsilber im nassen Kollodium zeigt bei der Ent- 
wicklung mit Eisenlosung die höchste Empfindlichkeit bei G 
(in Violett). 

Die Chlorsilbergelatine -Emulsion zeigt, nach Eder und 
Pizzighelü, bei der Entwicklung mit alkalischem Hydrochinon- 
ent wickler die höchste Empfindlichkeit für die blauen und 
indigo Strahlen zwischen FG. Je nach dem zur Herstellung 
der Emulsion verwendeten Chlorsalz variiert die Zone des 
Spektrums, für welche dasselbe die höchste Empfindlichkeit 
besitzt. So z. B. ist eine mittels Chlornatrium oder Chlor- 
ammonium bereitete Emulsion relativ empfindlicher für Rot, 
als eine mit Calcium-, Strontium- oder Kadmiumbromid her 
gestellte. Auf jeden Fall ist aber die Rot- und Gelbempfind- 
lichkeit der Chlorsilbergelatine- Emulsion weit geringer als 
diejenige der Bromsilberemulsion. 

Die hinsichtlich der Farbenempfindlichkeit der Silbe r- 
haloId-Verbindungen für die Spektralfarben angegebenen Daten 
beziehen sich auf die reinen oder mit Silbernitrat gemischten 
Verbindungen. 

Der Zusatz von Substanzen zu den Silberhalold -Ver- 
bindungen, die als chemische Sensibilisatoren wirken, d. h. 
welche das Bestreben haben, das unter dem Lichteinfluss, 
frei werdende Chlor, Brom oder Jod zu absorbieren oder 
von anderen als optische Sensibilisatoren wirkenden Sub- 
stanzen, welche gewisse, auf genannte Salze keinen oder nur 
geringen Etnfluss habenden Farbenstrahlen absorbieren, ändert 
seine Empfindlichkeit für die Spektralfarben ganz bedeutend. 



— 74 — 

Bei der Untersuchung der chemischen und optischen 
Sensibilisatoren ist es sehr empfehlenswert, Kurven zu zeichnen, 
welche die Wirkung des Spektrums in jedem einzelnen Fall 
graphisch darstellen. 



XI. Kapitel. 

Das latente Bild. 



Was man unter einem latenten Bild versteht. — Wie seine 
Entstehung durch chemische Hypothesen erklärt wird. — Gründe, 
welche für die chemische Hypothese sprechen. — Die physikalische 
Hypothese. — Latente Bilder, die zweifelsohne durch physikalische 
Ursachen entstehen. — Wahrscheinlichkeit, dass das latente Bild in 
jedem Fall physikalischen Veränderungen zuzuschreiben sei. — Er- 
scheinungen, welche wohl durch physikalische, nicht aber durch die 
chemischen Hypothesen eine rationelle Erklärung finden. — Die 
Experimente von Carey-Lea. — Die Betrachtung dieser Experimente 
bekräftigt die Hypothese, dass das latente Bild einer Molekular- 
veränderung (Polymerisation) und keinem chemischen Prozess zu- 
zuschreiben sei. — Physikalische Theorie Abeggs. — Die auf 
Anziehungserscheinungen basierenden Theorieen sind nicht stich- 
haltig. — Entstehung des latenten Bildes bei äusserst niedriger 
Temperatur. — Bei der Entstehung des latenten Bildes hat man 
Energieverbrauch. 

Eine der merkwürdigsten in der Photographie vor- 
kommenden Erscheinungen ist zweifelsohne die Entstehung 
des latenten Bildes. 

Speziell die S übe rhalold salze , Chlor-, Brom- und jod- 
silber, besitzen die Eigenschaft, bei sehr kurzer Licht- 
einwirkung sich zu verändern und das latente Bild zu liefern, 
d. h. ein absolut unsichtbares Bild, dessen Existenz lediglich 
durch die sogen. Entwicklung nachgewiesen werden kann. 

Welcher Art diese, durch die sehr kurze Lichteinwirkung 
hervorgebrachte Veränderung der Silbersalze ist, kann man 
nicht sagen. Dieselbe ist so geringfügig, dass sie sich nicht 
allein unseren Sinnen, sondern auch je'der chemischen und 
physikalischen Untersuchung entzieht. 

Zwei Hypothesen hat man zur Erklärung der Entstehung 
latenter Bilder aufgestellt. Einerseits nimmt man an, dass 
die durch das Licht hervorgebrachte Veränderung eine wirk- 



— 75 — 

liehe chemische Veränderung ist; anderseits wird behauptet, 
es handele sich nur um eine physikalische oder Molekül ar- 
veränderung. Beide Annahmen beruhen auf guter Grundlage. 

Die Annahme einer chemischen Veränderung ist eine 
ganz natürliche. Denn es ist bekannt, dass das Chlor-, Brom- 
und Jodsilber bei entsprechend langer Belichtungszeit Chlor, 
Brom und Jod verlieren und dabei schwarz werden. Es geht 
daher eine wirklich chemische Zersetzung vor sich, deren 
Ausdehnung um so grösser ist, je länger die Exposition 
dauert. Es ist daher durchaus logisch, anzunehmen, dass die 
bei entsprechend langer Lichteinwirkung entstehende wahr- 
nehmbare Zersetzung auch in geringerem Grad bei einer 
sehr kurzen Einwirkung des Lichtes vor sich geht und da- 
durch das latente Bild erzeugt wird. 

Zur Unterstützung dieser Hypothese tragt auch der 
Umstand bei, dass durch Einwirkung von Chlor, Brom und 
Jod, d. h. derselben Elemente, die bei der Zersetzung der 
Silberhaloldsalze ausgeschieden werden , das entstandene 
latente Bild wieder zerstört wird; diese Elemente tragen 
daher gewissermassen dazu bei, die durch das Licht zersetzte 
Substanz in den ursprünglichen Zustand zurückzuführen. 

Die Anhänger der chemischen Theorie nehmen an, dass 
durch die sehr kurze Einwirkung des Lichtes eine sehr kleine 
Menge von Subchlorid, Subbromid und Subjodit entstehen. 

Wenn 

AgCl, AgBr, AgJ 

die Formeln für Chlor-, Brom- und Jodsilber sind, würde 
das Subchlorid, Subbromid und Subjodid den Formeln 

4f,C/, Ag z Br, Ag 2 J 
entsprechen. 

Für die Anwesenheit dieser Silberverbindungen hat man 
ziemlich überzeugende Beweise und scheint daher die An- 
nahme berechtigt, dass wenigstens in der ersten Periode der 
Exposition, die Schwärzung der Bildung dieser Verbindungen 
(Sub chlorid e , Subbromide und SubJodide) und nicht dem 
Freiwerden von metallischem Silber zuzuschreiben sei. Die 
Menge dieser, bei der Entstehung des latenten Bildes sich 
bildenden Subsalze kann jedoch nur eine unendlich kleine 
sein. Die in einer Bromsilbergelatineplatten -Oberfläche von 
10 qcm frei werdende Menge Brom könnte, nach Eder, 



- ,6 - 

nur ein millionstel Gramm betragen. Berücksichtigt man nun, 
dass auf eine solche Fläche etwa 0,250 g Bromsilber entfallt, 
so findet man durch chemische Berechnung, dass das ent- 
sprechende Subbromid wenig mehr als den millionstel Teil 
des in der genannten Platten fläche vorhandenen Gesanit- 
bromsilbers beträgt. 

Für die Richtigkeit der Annahme, dass diese Veränderung 
chemischer Natur ist, soll auch die Tatsache sprechen, dass 
einige Substanzen, welche zu Verbindungen mit Chlor, Brom 
und Jod geneigt sind (chemische Sensibilisatoren) die Ent- 
stehung des latenten Bildes erleichtern. Bei der Annahme 
einer blossen Molekularveränderung, d. h. dass kein Teilchen 
Chlor, Brom und Jod frei werde, würde die Wirkung dieser 
Sensibilisatoren schwer zu erklären sein. 

Dies sind die Gründe, welche zu Gunsten der chemischen 
Hypothese sprechen. Es ist gewiss, dass eben so viel und 
nicht weniger gute Gründe die Annahme der Hypothese be- 
günstigen, nach welcher die unsichtbare Veränderung unter dem 
Lichteinfluss physikalischer oder molekularer Natur sei. 

Lenken wir einen Augenblick unsere Aufmerksamkeit 
auf die Daguerreotypie. Bekanntlich wird bei diesem Ver- 
fahren das auf einer mit Jodsilber präparierten Silberplatte 
entstehende latente Bild durch Quecksilberdämpfe entwickelt. 
Die Wirkung des Quecksilbers ist eine rein physikalische, 
die Dämpfe verdichten sich an den vom Licht getroffenen 
Stellen. 

Muss man nun annehmen, dass das Jodsilber durch eine 
chemische Veränderung die Eigenschaft erhalten hat, die 
Quecksilberdämpfe mechanisch festzuhalten? Durchaus nicht. 
Um sich in dieser Beziehung Klarheit zu verschaffen, dürfte 
die Betrachtung einiger Moserscher Versuche sehr geeignet 
sein. Legt man eine Münze auf eine Glasscheibe oder auf 
eine Metallplatte und haucht man nach einigen Stunden auf 
die Stelle, wo die Münze gelegen hat, oder exponiert man 
die Platte Jod- oder Quecksilberdampfen, so werden die 
Dunste an den Bcrührungsstellen der Münze (mit der Platte) 
in verschiedenem Grade festgehalten, und man erhält auf diese 
Weise ein Bild der Münze. 

Das Merkwürdigste ist aber, dass auch ohne Berührung 
der Münze mit der Platte, sondern nur durch blosse An- 
näherung der Münze an die Platte mittels der angegebenen 



— 77 — 

Entwicklungsraethode ein Bild erhalten werden kann. Um 
diese Erscheinungen hervorzubringen, ist eine Lichtwirkung 
nicht notwendig, sie kann jedoch zu analogen Erschei- 
nungen Anlass geben. 

Exponiert man eine, teilweise bedeckte Silber- oder 
Kupferplatte oder eine Glasscheibe mehrere Stunden einem 
intensiven Licht, so kann man nachher mit Wasserdämpfen 
(Hauch) oder Quecksilberdämpfen diejenigen Teile ent- 
wickeln, welche dem Lichteinfluss ausgesetzt waren. Wenn 
nun in den genannten Fällen die Veränderung, welche die 
Entwicklung der belichteten Stellen der Glasscheibe oder der 
Metallplatte ermöglicht, rein physikalischer Natur ist, warum 
sollte man die in der Daguerreotypplatte vor sich gehende 
Veränderung, infolge deren die Quecksilberdämpfe festgehalten 
werden, nicht auch als eine rein physikalische betrachten? 

Wenn man dies für die Daguerreotypplatten gelten lässt, 
bei denen die empfindliche Substanz das Jodsilber ist, warum 
sollte dann bei anders präparierten Schichten, deren licht- 
empfindliche Substanz aus anderen Silbe rhaloldsalzen besteht 
und bei welchen die Entwicklung des latenten Bildes mit 
Flüssigkeiten (chemisch) , anstatt (physikalisch) mit Dämpfen 
vorgenommen wird, die Veränderung dieser Schichten nicht 
auch rein physikalischer Natur sein? 

Wie erklärt sich aber dann die zerstörende Wirkung 
des Chlors, des Jods und des Broms auf das latente Bild, 
wenn man die Hypothese der physikalischen Veränderung 
anerkennt? Eine ausreichende Erklärung ist allerdings nicht 
so leicht zu finden; wenn auch die zerstörende Wirkung des 
Chlors, Jods und Broms vollkommen im Einklang steht mit 
der chemischen Hypothese und dieselbe bestätigt, so kann 
man hinsichtlich der Wirkung anderer Substanzen, z. B. des 
Jodkaliums, nicht dasselbe sagen, da deren Wirkung auf die 
Silbersubsalze keine Erklärung findet und dieselben doch in 
gewissen Fällen das latente Bild zerstören. 

Die Tatsache, dass das latente Bild bei sämtlichen 
Negativprozessen, und zwar in verschiedenen Zeiträumen, 
allmählich verschwindet, lässt uns hinsichtlich der Annahme 
der chemischen Hypothese in Zweifel. 

Es ist ja bekannt, dass bei den Daguerreotypplatten das 
latente Bild in sehr kurzer Zeit verschwindet. Das Ver- 
schwinden des Bildes geht ohne jede äussere Wirkung vor 
sich. Nun bedenke man, dass gerade bei dem Daguerreotyp- 



prozess, bei welchem die chemischen Ursachen des Vcr- 
schwindcns des latenten Bildes am schwierigsten zu finden 
sind, das latente Bild sehr rasch verschwindet. Dieses Ver- 
schwinden wird kaum mit der Annahme zu erklären sein, 
dass das unter dem Lichteinfluss entstandene SubJodid das 
Jod wieder aufnimmt. Nehmen wir auch an, dass unter dem 
Lichteinfluss eine kleine Menge Jod frei wird, so würde sich 
dieselbe in Gegenwart der Silberplatte sofort in neues Jod- 
silber verwandeln. Auch würde es vergeblich sein, diese 
Erscheinung (das Verschwinden des Bildes) durch die Wirkung 
anderer, in der lichtempfindlichen Schicht enthaltenen Sub- 
stanzen erklären zu wollen. Hier kann weder Silbern i trat, 
noch eine andere Substanz zugegen sein, welche durch ihre 
Zersetzung mit der Zeit eine, der reduzierenden entgegen- 
gesetzte Wirkung auszuüben vermöchte, wie sie ja, nach der 
chemischen Hypothese, das Licht ausüben müsste. 

Der berühmte Carey Lea aus Philadelphia ist, nachdem 
er anfangs ein warmer Anhänger der physikalischen Hypothese 
gewesen, infolge einer Reihe von Untersuchungen über die 
photographischen Silbersalze {Bulletin de la Societe francaise 
de Photographie 1888, S. 225 u. 263) über die Verbindungen 
des Chlorsilbers mit anderen metallischen Chloriden (S. 276) 
und Über die Wirkung des Natriumhypophosphits auf die 
HaloTdsalze des Silbers (ib. 1889, S. 244) zu der Ueberzeugung 
gelangt, dass das latente Bild einer chemischen Veränderung, 
d. h. einer wirklichen Zersetzung seine Entstehung verdankt. 

Nach Carey Leas Ansicht würde sich sowohl in dem 
Fall einer längeren Einwirkung des Lichtes (sichtbares Bild), 
als auch bei kürzerer Lichteinwirkung (latentes Bild) ein 
Silberphotosalz (Photochlorid, Photobromid, Photojodid) bilden, 
wobei unter Photosalz eine Verbindung des Subchlorids, des 
Subbromids und des SubJodids mit dem unveränderten Chlorid, 
Bromid oder Jodid zu verstehen ist. 

Die Tatsache, dass das Chlorsilber durch Erhitzen mit 
Natriumhypophosphit- Lösung durch Bildung von Photochlorid 
braun wird und die Eigenschaft der kalten konzentrierten 
Natriumphosphit-Lösung, gleich dem Licht, ein latentes Bild 
zu erzeugen, wenn man auf eine mit Chlor-, Brom- oder Jod- 
silber hergestellte empfindliche Schicht schreibt, führten Carey 
Lea zu der Ansicht, dass die durch das Hypophosphit aus- 
geübte Wirkung sowohl bezüglich der sichtbaren, als der 
unsichtbaren Veränderung, eine Reduktion sei, d. h. dass in 



— 79 — 

beiden Fällen, wenn auch in verschiedenem Grade, Chlor frei 
werde und Photochlorid entstehe. 

Mit Rücksicht auf die analoge und wechselseitige Wirkung 
des Hypophosphits und des Lichtes kam Carey Lea zu dem 
Schluss, dass das vom Licht erzeugte latente Bild ausschliess- 
lich chemischer Natur und der Entstehung einer minimalen 
Menge Photochlorid zu verdanken sei. 

Wir sind jedoch nicht der Meinung, dass die erwähnten 
Untersuchungen Carey Leas für die Annahme der chemischen 
Hypothese entscheidend sein können. Das Hypophosphit ist 
allerdings ein energisches Reduktionsmittel. Es gibt jedoch 
andere Reduktionsmittel, welche im kalten Zustand nicht im 
geringsten die Eigenschaft besitzen, in den SilberhaloTdsalzen 
unsichtbare Veränderungen hervorzurufen, während im warmen 
Zustand dieselben mit Leichtigkeit solche Silbersalze reduzieren. 

Auf der anderen Seite gibt es nicht wenige Substanzen, 
welche, ohne eine reduzierende Wirkung zu Oben, doch im 
stände sind, ein latentes Bild zu erzeugen. Schreibt man 
z. B. mit verdünnter Schwefelsäure auf eine Bromsilbergelatine- 
Platte, so kann man die Schriftzüge gerade so gut entwickeln, 
als ein vom Licht erzeugtes latentes Bild (Carey Lea). Die 
Schwefelsäure kann aber auf die Silbern alold salze unmöglich 
reduzierend wirken. 

Auf Grund der erwähnten und im folgenden auseinander 
zu setzenden Betrachtungen sind wir zu der Ueberzeugung 
gelangt, dass die chemische Hypothese nicht die wahrschein- 
lichste ist. Trotz der, gegen die physikalische Hypothese 
sprechenden Argumente glauben wir bei den heutigen Kennt- 
nissen die Annahme der letzteren empfehlen zu dürfen. 

Von den physikalischen Veränderungen schliessen wir 
nicht diejenigen Molekular Veränderungen aus, welche keine 
chemischen Veränderungen im wahren Sinne des Wortes 
sind, jedoch auch nicht als physikalische Veränderungen be- 
zeichnet werden können; zu dieser Kategorie von Verände- 
rungen gehören die sogen. Polymerisationserscheinungen, bei 
denen ein Körper, ohne seine chemische Zusammensetzung 
zu ändern, die in seine Moleküle eintretende Zahl von 
Atomen ändert. So sind als Polymerieen des Bromsilbers 
die den Formeln Ag t Br t , Ag s Br z u. s. w. entsprechende 
Zusammensetzungen anzusehen. 

Die äusserst interessanten Versuche Carey Leas (Bulletin 
de la Society francaise de Photographie 1892, S. 413, 473. 



— 8o — 

u. 541) geben, unseres Erachtens, zu der Annahme Ver- 
anlassung, dass bei einer sehr kurzen Einwirkung des Lichtes 
auf die Silberhaloldsalze eine Polymerisation der Moleküle 
entstehe, infolge welcher diese Salze entwicklungsfähig werden. 

Aus den Untersuchungen Carey Leas ergibt sich in 
der Tat, dass alle Formen der Energie: Licht, Elektrizität, 
Wärme und mechanische Kraft durch allmähliche Einwirkung 
auf die Silberhaloldsalze ein latentes Bild hervorrufen, während 
sie durch genügende Intensität das Zerfallen der Moleküle 
und daher eine sichtbare Wirkung, d. h. die Schwärzung 
verursachen. 

Die mechanische Kraft kann ein einfacher Druck oder 
eine Reibung sein. So kann man beispielsweise mit einem 
Glasstab auf eine Chlor-, Brom- oder Jodsilberschicht Linien 
ziehen, welche sich dann entwickeln lassen; durch einen 
Druck von 20000 kg pro Quadratcentimeter erzeugt man da- 
gegen in Silbersalzen eine sichtbare Zersetzung (Carey Lea). 

Spring stellte auf Grund der Untersuchungen Ober die 
Wirkung des Druckes (Berichte der D. ehem. Ges., Bd. 16, 
S. 1002 bis 1005) folgendes Gesetz auf: „Wenn eine Substanz 
die Fähigkeit besitzt, in zwei allotropischen Formen bestehen 
zu können und durch Druck von der einen in die andere 
übergeführt werden kann, so ist der resultierende Körper 
immer der dichtere von den beiden und eine Polymerie 
des ersteren." 

Die durch schwachen Druck hervorgerufene unsichtbare 
Veränderung der SilberhaloTdsalze könnte daher auf Grund 
dieses Gesetzes als eine Polymerisation angesehen werden; 
eine gleiche Wirkung üben alle Formen der Energie in be- 
schränktem Grade aus. 

Die Annahme, dass das Bromsilbermolekül durch die 
anfängliche Wirkung der verschiedenen Energieformen poly- 
merisiert werde, lässt eine rationelle Erklärung der Entwick- 
lung durch Reduktion zu. 

In der Tat verdankt man bei der Entwicklung durch 
Reduktion, wie solche bei den gewöhnlichen Bromsilber- 
gelatine- Platten vorkommt, die Entwicklung des latenten 
Bildes dem Umstände, dass das Halogen (Chlor, Brom, Jod) 
an den belichteten (oder dem Einfluss irgend einer anderen 
Energie ausgesetzten) Stellen leichter ausgeschieden wird, als 
an anderen. An solchen Stellen wird das Silber frei, aus 



— 8i — 

welchem das Bild besteht. Betrachten wir nun die beiden 
Formeln für Bromsilber, AgBr und Ag^Br^, welch letztere 
eine Polymerisation der ersteren ist, so scheint es ganz erklär- 
lich, dass das der zweiten Formel entsprechende Bromsilber 
leichter zersetzbar ist, weil in dem Moleküle sowohl die 
Silber-, als auch die Bromatome unter sich verbunden sind, 
wodurch die Affinität (Verwandtschaft) zwischen Silber und 
Brom verringert und daher, allem Anschein nach, die Zer- 
setzung erleichtert wird. 

Hinsichtlich eines anderen, für die molekulare oder physi- 
kalische Hypothese sprechenden Unistandes ist zu bemerken, 
dass das auf einer Bromsilbergelatineplatte entstandene Bild 
bei der Entwicklung die grosste Tiefe an den am stärksten 
belichteten Stellen besitzt und dass unter normalen Verhalt- 
nissen das Bild kein Bestreben zeigt, nach den Seiten hin 
sich auszudehnen. Wenn man daher annimmt, dass die unter 
dem Lichteinflusse vor sich gehende unsichtbare Veränderung 
in der Entstehung von Silbersubbromid ihren Grund hat, so 
kann sich die chemische Veränderung nur auf einen unendlich 
kleinen Teil der empfindlichen Schicht beschränken, weil die 
Menge des sich bildenden Silbersubbromid es aus den bereits 
anfangs angeführten Gründen nur eine minimale ist. 

Um daher die Reduktion des Bromsilbers zu metallischem 
Silber durch die ganze Dicke der Gelatineschicht erklären zu 
können, muss man wohl zugeben, dass bei der Entwicklung 
die physikalische Wirkung stark beteiligt ist und dass infolge 
einer Anziehung, welche das aus dem Subbromide reduzierte 
Silber auf das nicht veränderte ausübt, eine Entwicklung des 
Bildes durch die ganze Tiefe der Schicht erfolgen kann. Es 
fragt sich nun aber: Warum äussert sich diese Wirkung — 
falls es sich tatsächlich um eine Anziehungskraft oder sonst 
eine andere physikalische Wirkung handelt — an den ver- 
schieden belichteten Stellen in verschiedenem Grade, und 
warum nur in der Tiefe und nicht ia der Breite? 

Bei der Annahme der chemischen Hypothese wird man, 
unseres Erachtens, vergebens nach einer rationellen Erklärung 
dieser Erscheinung suchen. 

Wir können noch andere Tatsachen anführen, welche 
geeignet sind, die chemische Hypothese vollkommen aus- 
zuschliessen. Professor Abegg hat in einem im Archiv f. 
wissensch. Photographie 1899 veröffentlichten Artikel die 
früher aufgestellte Hypothese, dass die Entstehung des latenten 

Nlmiii, Handbuch der photogr. Chemie. 6 



— 82 — 

Bildes einer in Freiheit gesetzten kleinen Menge metallischen 
Silbers zuzuschreiben sei, welches, als Attraktions- (Anzieh ungs-) 
Zentrum wirkend, die durch den Entwickler veranlasste Re- 
duktion des, dieses Zentrum umgebenden Silbersalzes befördern, 
zurückgenommen (Theorie des Silberkeimes). 

Zur Bestätigung dieser Hypothese trägt die von Abegg 
konstatierte Tatsache bei, dass die verdünnte Salpetersäure 
durch ihre Einwirkung auf das metallische Silber die Zer- 
störung des latenten Bildes bewirkt- Bisher hatte man stets 
geglaubt, dass die Salpetersäure diese Eigenschaft nicht 
besässe, und man betrachtete dies als eine Bestätigung- der 
Subbromidhypothese , indem man annahm, dass nicht dieses 
(das Subbromid), sondern nur das metallische Silber von 
Salpetersäure angegriffen würde. Nach den Versuchen Eders 
entwickelt sich eine mit einem Silberdrahte in Berührung 
gebrachte Bromsilbergelatineplatte an der Berührungsstelle, 
auch wenn sie nicht belichtet war. Dies würde beweisen, 
dass das metallische Silber in der Tat die Eigenschaft besitzt, 
die Reduktion der mit ihm in Berührung gebrachten Silber- 
haloldsalzc zu erleichtern. Auch ein Versuch Abneys be- 
kräftigt diese Tatsache. Dieser Gelehrte hat nachgewiesen, 
dass durch nochmaliges Uebergiessen eines fertigen Negatives 
mit unbelichteter Emulsion das Bild bei der Entwicklung ver- 
stärkt wird, weil das Silber des fertigen Bildes die Reduktion 
des darüber liegenden Bromsilbers erleichtert. Endlich möge 
noch eine weitere , kürzlich beobachtete Tatsache als Stütze 
dieser Theorie angeführt werden. Man hat nämlich kon- 
statiert, dass eine, ein latentes Bild tragende, vor der Ent- 
wicklung fixierte Platte noch ein sichtbares Bild liefert, wenn 
sie nachher in ein Bad gebracht wird, aus welchem sich 
metallisches Silber ausscheidet (die Verstärkungsbäder für die 
Kollodiuinbilder). Das geschieht möglicherweise , weil das 
Hyposulfit das Bromsilber auflöst, während die unter dem 
Lichteinflusse entstandene minimale Quantität metallisches 
Silber unverändert bleibt und dann das andere Silber aus 
dem Bade anzieht. Trotz dieser guten Gründe, welche hin- 
sichtlich der Entstehung des latenten Bildes zu Gunsten der 
Theorie Abeggs sprechen, welche Theorie, wie es scheint, 
viel rationeller ist, als die auf die Bildung von Subbromid 
gegründete, so können wir uns derselben doch nicht an- 
schliessen. Warum sollte man eigentlich zugeben, dass diese 
minimale Menge metallisches Silber in der ganzen Tiefe der 



- 8 3 - 

entwicklungsfähigen Schicht entstehen soll? Und dann: Warum 
wirkt die Anziehungskraft des vom Lichte reduzierten Silbers 
auf das im Entwicklungsbade reduzierbare Silber nur in der 
Tiefe und nicht in der Breite auch ausserhalb der belichteten 
Stellen? Ausserdem sind einige der angeführten, die Theorie 
Abeggs stutzenden Erscheinungen noch von keinem anderen 
Beobachter bestätigt worden. Andere Einwände konnten wir 
noch erheben; aber es scheint immer schwierig zu sein, für 
die Entwicklung eine Erklärung zu finden, wenn man von 
einer, die Anziehungskraft voraussetzenden Theorie ausgeht. 
Nach unserem Ermessen — wir wiederholen es — muss jede 
molekulare oder chemische Theorie, bei welcher die oben 
erwähnten Bedenken ausgeschlossen sein sollen, die Annahme 
zulassen, dass die Modifikationen, welche das Silbersalz so 
zu sagen entwicklungsfähig machen , sich nicht allein auf 
gewisse, sondern auf alle vom Lichte getroffenen Teilchen 
des Silbersalzes erstrecken. 

Auf diesem Prinzip basiert unsere Theorie, welche eine 
Molekular Veränderung anerkennt, eine Modifikation, welche 
entweder die von uns erwähnte Polymerisation oder auch etwas 
ganz anderes sein kann. 

Dr. Lüppo-Cramer hat kürzlich in einer Reihe von 
Artikeln, welche in der Phot. Correspondenz (1891) erschienen 
sind, über die Resultate seiner Untersuchungen berichtet, 
welche die vorher erwähnten Versuche Eders und Abneys 
nicht bestätigen und beide Theorieen, d. h. diejenige des Sub- 
bromides und diejenige des Silberkeimes zweifelhaft erscheinen 
lassen. Der einen Bromsilbergelatine-Emulsion setzte er feinst 
verteiltes , durch Reduktion erhaltenes Silber zu und der 
anderen Silbersubbrom id. Dieses letztere wurde durch Be- 
handlung von reduziertem Silber mit so viel Bromid dargestellt, 
dass vermutlich die Umwandlung in Subbromid eine voll- 
kommene war. Weder durch den einen, noch durch den 
anderen Zusatz kam ein Resultat zu stände, weil das Brom- 
silber dadurch nicht reduktionsfähig geworden war. 

Dr. Lüppo-Cramer kam daher, auch auf Grund anderer 
Beobachtungen, zu dem Schlüsse, dass das latente Bild aus- 
schliesslich aus Bromsilber besteht, welches infolge einer 
physikalischen oder Molekularveränderung leichter reduzierbar 
geworden ist 

Diese ist also die von uns bereits vor neun Jahren auf- 
gestellte Theorie, und da Dr. Lüppo-Cramer unterlassen 



- 8 4 - 

hat, dies zu erwähnen, so behaupten wir unsere Priorität in 
diesem Punkte. 

Die Versuche der Herren Lumiere ober die Wirkung 
des Lichtes auf Bromsiloerplatten bei sehr niedriger, mittels 
flüssiger Luft erhaltener Temperatur (190 Grad unter Null) 
haben gezeigt, dass die Entstehung des latenten Bildes in der 
Kälte sehr verzögert wird. Um unter diesen Umständen ein 
Bild zu erhalten, ist eine 50 bis 40omal so lange Exposition 
notwendig als unter gewöhnlichen Verhältnissen. Dies würde 
zur Verwerfung der physikalischen und zur Annahme der 
chemischen Modifikation führen, da die chemischen Erschei- 
nungen von der Temperatur stark beeinflusst werden. Unsere 
Theorie der Molekularveränderung wird dadurch nicht im 
geringsten widerlegt, weil auf die Molekularveränderungen die 
Temperatur einen Einfluss hat. 

Die Energie, welche diese Veränderung hervorruft, darf 
nicht als bestimmende Ursache, die nur eine Veranlassung 
dazu gibt, ohne absorbiert zu werden, angesehen werden, 
sondern sie wird tatsächlich absorbiert und sie verrichtet eine 
Arbeit und speichert eine solche auf, welche, so klein dieselbe 
auch sein mag, immer eine Verminderung der chemischen 
Gesamtarbeitskraft bewirkt, welche erforderlich ist, um das 
keinem Energie-Einflüsse ausgesetzte Silbersalz zu zersetzen. 

Diese Silberhaloldsalze , deren molekulares Gleichgewicht 
durch jede Energieform gestört werden kann, sind allerdings 
wunderbare Körper und um so wunderbarer, weil die unmerk- 
liche, durch die erste Lichtwirkung oder durch eine andere 
Energieform veranlasste Störung das Verhalten derselben ge- 
wissen Agenden gegenüber derart ändert, dass das unsichtbare 
durch ein vollkommen deutliches Bild ersetzt werden kann. 



XU. Kapitel. 

Die Daguerreotypie. 

Herstellung der Platte. — Politur. — Sensibilisierung. — 

Exposition. — Entwicklung. — Vergoldung. — Wiederherstellung 

alter, fleckig gewordener Daguerreotypen. — Reproduktion auf 

Gelatine und galvanische Reproduktion der Daguerreotypen. — 

Daguerreotypie auf Papier. 

Die Daguerreotypie hat heutzutage fast nur mehr einen 
historischen Wert Eine zusammengefasste Beschreibung des 



- 8 5 - 

Prozesses darf jedoch in einem vollständigen Kursus der photo- 
graphischen Chemie nicht unterlassen werden, nicht allein, 
weil dieselbe der erste, zur modernen Photographie fahrende 
Prozess war, sondern auch, weil die Daguerreotypie zu einigen 
besonderen Arbeiten benutzt werden kann, so z. B. nach 
Eders Ansicht zu astronomischen Messungen (wegen der Un- 
veränderlich keit der Grossen Verhältnisse der Bilder). 

Die daguerreotypische Platte erhält man, indem man auf 
die Oberfläche einer Silberplatte oder einer versilberten Kupfer- 
platte Joddämpfe einwirken lässt Die Platte muss vollkommen 
eben und glatt sein, was durch eine entsprechende Politur 
erzielt wird. Zu diesem Zweck wird zunächst mit einem 
Wattebausch ein aus Tripel und Alkohol bestehender Brei auf 
die Platte gerieben und nach dem Trocknen mit einem anderen 
Wattebausche abgerieben. 

An Stelle des Tripels wurde eine aus fein gepulvertem 
Bimsstein und Oel oder Terpentinöl hergestellte Mischung 
empfohlen. Die Platte ist gebrauchsfertig, wenn keine Streifen 
mehr vorhanden sind und wenn sie beim Anhauchen eine 
vollkommen gl eich massig schillernde Oberfläche zeigt. 

Die Platte wird durch Einwirkenlassen von Joddämpfen 
empfindlich gemacht. In dieser Weise arbeitete Daguerre. 
Unter dem Einflüsse der Joddämpfe wird die Platte zunächst 
gelb, dann rotlich, rotviolett und zuletzt grünblau. Der röt- 
lichen und rotvioletten Färbung entspricht die Maximalempfind- 
lichkeit der Schicht. 

Später fand man, dass die Sensibilisierung durch Jod und 
Brom, Jod und Chlor, Brom und Chlor an Stelle des reinen 
Jodes die Empfindlichkeit der Schicht erhöht Sehr empfind- 
liche Platten erhält man, wenn man dieselben zuerst Jod-, 
dann Brom- und zuletzt nochmals Joddämpfen aussetzt. Man 
verfährt dabei folgend ermassen : Die Platte wird, mit der 
polierten (Bild-)Seite nach unten, auf die Ecken eines, einer 
Kassetteneinlage ähnlichen Rahmens gelegt, welcher, wenn die 
Platte auf demselben liegt, als oberer Verschluss eines Kastens 
dient, auf dessen Boden eine, die Sensibilisierungssubstanz ent- 
haltende Schale steht, welche durch eine untere Oeffnung aus 
dem Kasten herausgezogen und durch eine andere Schale 
ersetzt werden kann. Das Jod ist ein fester Körper, während 
das Brom flüssig ist. Beide entwickeln jedoch bei gewöhn- 
licher Temperatur reichliche Dämpfe, wie der penetrante 
Geruch, den namentlich das Brom von sich gibt, beweist. 



— 86 — 

Diese allmähliche Dampfe ntwicklung der beiden Körper bewirkt 
die Sensibilisierung der Platte, indem sie die Entstehung von 
Jod- und Brom silber auf der Silberschicht veranlasst. Im 
Sommer muss die Operation kürzere Zeit dauern, da die Ent- 
wicklung von Dämpfen reichlicher ist. 

Man schiebt zunächst die das Jod enthaltende Schale 
in den Kasten und lässt dessen Dämpfe i bis 3 Minuten ein- 
wirken, bis die Platte eine goldgelbe Färbung angenommen 
hat. Darauf wird die das Brom enthaltende Schale ein- 
geschoben und die Platte 20 Sekunden den Bromdämpfen 
ausgesetzt. Es ist empfehlenswert und bequemer, anstatt des 
flüssigen Broms das Calciumhypobromid (den sogen. Bromkalk) 
zu benutzen, aus welchem sich ebenfalls beständig Bromdämpfe 
entwickeln. Zuletzt lässt man wieder 30 Sekunden lang Jod- 
dämpfe wirken, wodurch die Platte eine stahlblaue Färbung 
erhält. Diese letzte Operation muss bei vollkommener Dunkel- 
heit vorgenommen werden. Die Empfindlichkeit der Platte 
dauert nur kurze Zeit und muss dieselbe daher sofort oder 
spätestens innerhalb einer halben Stunde exponiert werden. 

Die Aufnahmezeit in der Kamera beträgt für die mit dem 
genannten Verfahren hergestellte Platte 30 bis 40 Sekunden, 
für die nur mit Joddämpfen präparierte Platte dagegen 5 bis 
10 Minuten. Nach der Exposition wird die Platte mit Queck- 
silberdämpfen entwickelt. Zu diesem Zwecke bedient man 
sich eines speziellen Kastens, auf dessen Boden eine eiserne, 
Quecksilber enthaltende und mittels einer Spirituslampe zu 
erwärmende Schale steht. Die exponierte Platte wird in den 
Kasten schräg gestellt, und zwar mit der Bildseite nach unten. 
In einer Wand des Kastens befindet sich eine gelbe Glas- 
scheibe, durch welche man die Entwicklung des Bildes beob- 
achten kann. 

Die Platte kommt erst dann in den Kasten, wenn das 
Quecksilber bereits auf 50 bis 60 Grad erhitzt ist Die Ent- 
wicklung geht gewöhnlich in 2 bis 3 Minuten vor sich. Wenn 
die Exposition zu lange dauerte, entsteht ein allgemeiner 
Schleier. 

Die Entwicklung des Bildes geht dadurch vor sich, dass 
die Quecksilberdämpfe nur an den belichteten Stellen fest- 
gehalten werden; das Quecksilber bildet an diesen Stellen 
eine Legierung mit Silber (Amalgam), welche weiss aussieht. 
Die Platte wird fixiert, indem man sie direkt in eine konzen- 
trierte Natriumhyposulfitlösung taucht, in welcher sie 5 Minuten 



- 8 7 - 

bleiben muss. In dieser Lösung wird das Silberhaloldsalz 
aufgelöst und es bleibt nur das aus Amalgam bestehende 
Bild zurück. 

Die gewaschene Platte wird dann vergoldet. Zu diesem 
Zweck wird dieselbe über einer Spirituslampe erwärmt und 
mit einer Chlorgoldlösung (i : 1000) Obergossen. Auf diese 
Weise werden die anfangs bläulich gefärbten Lichter des 
Bildes vollkommen weiss. Die Platte wird nachher sorgfältig 
gewaschen. 

Die nach längerem Aufbewahren fleckig oder grau ver- 
schleiert gewordenen daguerreotypischen Bilder können durch 
Eintauchen in eine Cyankaliumlösung (i : 100) vollkommen 
wieder hergestellt werden. Sollten jedoch nach dieser Be- 
handlung die Flecke noch vorhanden sein, so muss man mit 
einem genügend feinen Wattebausch diese Stellen sanft ab- 
reiben und das Bild nachher wieder in die Cyankaliumlösung 
tauchen. Durch die Behandlung mit Cyankaliumlösung erhalten 
die Bilder ihre ursprüngliche Kraft wieder. Nach einem 
daguerreotypischen Bilde kann man in der Kamera ein 
Negativ auf einer Bromsilbergelatineplatte erhalten. 

Beachtenswert ist die Tatsache, dass, wenn man ein ver- 
goldetes Daguerreotypbild mit einer Gelatinelösung überzieht 
und diese Haut (nach dem Trocknen) abzieht, man auf der- 
selben ein Bild sieht. Auch eine galvanisch auf dem Daguerreo- 
typbilde niedergeschlagene Kupferschicht zeigt ebenfalls nach 
dem Ablösen derselben von der Daguerreotypplatte ein Bild. 

Auf der nur entwickelten, aber nicht fixierten Daguerreo- 
typplatte lässt sich auf galvanischem Wege Kupfer nieder- 
schlagen, und zwar findet dieser Niederschlag an den mit 
Quecksilber bedeckten Stellen der Platte weit schneller statt 
als da, wo sich Jodsilber befindet. Man erhält auf diese 
Weise ein Reliefbild in Kupfer (Becquerel). Ein mit Silber- 
nitratlösung behandeltes und Brom- oder Joddämpfen aus- 
gesetztes oder mit Bromkaliumlösung und mit Silbernitratlösung 
behandeltes Papier kann nach der Belichtung mit Quecksilber- 
dämpfen entwickelt werden, und man erhält dadurch eine 
Daguerreotypie auf Papier. Dasselbe geschieht auf einer 
gewaschenen Jodsilberkollodiumplatte. 



XDI. Kapital. 

Das nasse Kollodiumverfahren. 



Das Verfahren auf Papier von Talbot und Nifcpce. — 
Das Kollodiumverfahren. — Die Kollodiumwolle. — Herstellungsart 
— Das Normalkollodium. — Die Jodierungslösungen. — Einfluss der 
Jod- und Bromsalze auf die Eigenschaften des Kollodiums. — 
Reinigung der Platten. — Putzen derselben mit Kautschuk, Gutta- 
percha, Albumin, Gelatine. — Kollodionierung. — Sensibilisierung. — 
Exposition. — Entwicklung. — Fixierung. — Physikalische Verstärkung 
vor dem Fixieren. — Wie die physikalische Verstärkung wirkt. — 
Firnissen und Ketouche. — Abziehen der Haut. 

Der Uebergang von der Daguerreotypie zu dem Kollo- 
diumverfahren war Icein unmittelbarer. Auf die Daguerreo- 
typie folgte die Talbottypie, auf diese das Verfahren von 
Niepce und auf dieses zuletzt der Kollo diumprozess. In der 
Talbottypie (nach ihrem Erfinder Fox Talbot benannt) bildete 
das Jodsilber die empfindliche Substanz und das Papier die 
Unterlage. Die Entwicklung des latenten Bildes geschah mit 
einer Mischung von Gallussäure- und Silbernitratlösung. Bei 
dem Niepceschen Verfahren bestand dagegen die empfind- 
liche Substanz aus Jod-, Brom- und Chlorsilber in einer 
Albuminschicht auf Papier. Die Entwicklung des latenten 
Bildes geschah wie bei dem Talbotschen Verfahren. Bei 
beiden Verfahren war die zur Erhaltung eines entwickelbaren 
Bildes nötige Zeit eine ziemlich lange. Das Kollodium verfahren 
ist, mit den vorhergehenden Methoden verglichen, als eine 
bedeutende Verbesserung anzusehen und wurde lange Zeit 
ausschliesslich benutzt. Nicht einmal das Bromsilbergelatine- 
verfahren, welches dem Kollodium verfahren gegenüber ganz 
bedeutende Vorteile bietet, konnte diese letztere vollständig 
verdrängen, denn das Kollodium verfahren besitzt noch gewisse 
Eigenschaften, welche dem Bromsilbergelatineprozesse fehlen; 
aus diesem Grunde ist in manchen Fällen das erstere dem 
letzteren vorzuziehen. 

Das Kollodium verfahren liefert Bilder von solcher Fein- 
heit und Genauigkeit wie kein anderes. Die Dichtigkeit der 
Negative kann nach Belieben geändert werden, und es lässt 
hinsichtlich der Expositionszeit einen grösseren Spielraum zu, 
wie irgend ein anderes Verfahren. Bei der Reproduktion von 
Zeichnungen und Plänen, wo es auf die grösste Schärfe 
ankommt, erhält das Kollodium verfahren immer den Vorzug. 



_ 8 9 - 

Da das Kollodiumhäutchen , welches das Bild trägt, sehr 
leicht von der Platte abgezogen werden kann und weil die 
mittels des Netzes (Rasters) auf Kollodium aufgenommenen 
Negative eine viel grössere Feinheit besitzen, so ist der 
Gebrauch der Kollodiumnegative in den photomechanischen 
Druckprozessen, bei welchen oft eine Umkehrung des Bildes 
notwendig ist, allen anderen vorzuziehen. Ausserdem ist der 
Kollodium prozess in seiner Ausführung bedeutend billiger als 
das Bromsilbergelatine- Em ulsions verfahren. 

Wir haben zweierlei Kollodium verfahren, nämlich das 
nasse und das trockene Das erste, als das wichtigere, wird 
in vorliegendem Kapitel besprochen werden. 



Bevor wir zum praktischen Verfahren übergehen, muss 
einiges aber das Kollodium gesagt werden. Das Kollodium 
ist eine Lösung von Schiessbaum wolle in einer Mischung von 
Alkohol und Aether. Giesst man diese Lösung auf eine glatte 
Oberfläche, so bleibt nach Verdunsten des Lösungsmittels 
eine äusserst dünne, vollkommen durchsichtige und zur Auf- 
nahme eines Bildes vorzüglich geeignete Haut zurück. Die 
Schiessbaumwolle, Nitrocellulose, Kollodiumwolle oder Pyr- 
oxylin genannt, besitzt die Eigenschaft, heftig zu explodieren 
und wird durch Behandlung der Baumwolle mit einer Mischung 
von Salpeter- und Schwefelsäure dargestellt. Die so be- 
handelte Baumwolle zeigt keine sichtbare Veränderung, aber 
ihre chemische Zusammensetzung ist bedeutend geändert. Der 
Sauerstoff, den die Baumwolle vor der Behandlung mit den 
Säuren aus der Luft nehmen musste, um zu verbrennen, ist 
jetzt im Ueberschuss in ihr selbst vorhanden, so dass die 
Verbrennung auch ohne Luftzutritt vor sich gehen kann. Diese 
Verbrennung geht ausserordentlich rasch und unter grosser 
Gasentwicklung vor sich, und diesen beiden Erscheinungen 
verdankt die Schiessbaum wolle ihre explosiven Eigenschaften. 

Nicht alle Arten von Schiessbaumwolle eignen sich zur 
Herstellung des photographischen Kollodiums. Die Konzen- 
tration der Säuren und deren Temperatur bei der Behandlung 
der Baumwolle haben einen wesentlichen Einfluss auf die 
Qualität des entstehenden Pyroxylins. Nach Dr. V. Monk- 
hoven erhält man eine zur Herstellung des photographischen 
Kollodiums vollkommen geeignete Schiessbaumwolle, indem 
man auf 20 g reiner zerzupfter Baumwolle eine Mischung von: 



Schwefelsäure (spez. Gew. 1,845) • • 5 IQ ccm t 
Salpetersäure (spez. Gew. 1,457) ■ • I 9° ■ 

Wasser 150 „ 

welche auf 55 bis 60 Grad C. erwärmt ist, 9 Minuten lang 
einwirken lässt. Hat man Säuren mit anderem spezifischen 
Gewicht , so wird man natürlich meist die Quantität des 
Wassers derart ändern, dass die Zusammensetzung der 
Mischung der angegebenen möglichst gleichkommt. Darauf 
wird die Baumwolle aus dem Säurebade genommen, aus- 
gepresst und in Wasser gewaschen. .Nach 12 bis 24stündigem 
Waschen, wobei das Wasser oft erneuert werden muss, wird 
die Wolle aus dem Wasser genommen , ausgepresst und an 
der Luft in einem möglichst staubfreien Räume auf einem 
mit Leinwand bespannten Holzrahmen getrocknet. 

Nach unseren Erfahrungen erhält man eine gute Kollo- 
diumwolle mit einer Mischung von: 

trockenem Kaliumnitrat in Pulverform . 75 g, 

Wasser 15 cem, 

reine Schwefelsäure von 66 Grad Be\ . 150 „ 
Die Schwefelsäure wird zuletzt zugesetzt und man rührt 
so lange um, bis der Salpeter aufgelöst ist. In die so er- 
haltene und auf 4.0 Grad erwärmte Mischung bringt man nun 
die Baumwolle und lässt sie 10 bis 20 Minuten darin. Von 
grossem Einfluss auf die Resultate sind nicht allein die Tempe- 
ratur und die Zeit, sondern auch die Reinheit der verwendeten 
Produkte. Die Anwesenheit von Chlor wirkt z. B. äusserst 
nachteilig. 

Die chemische Formel der gewöhnlichen Baumwolle, d. h. 
der chemisch reinen Cellulose, ist C s //| O s oder ein mehr- 
faches derselben. Bei der Behandlung mit der Mischung von 
Salpetersäure und Schwefelsäure wird ein Teil des Wasser- 
stoffes der Baumwolle durch die Gruppe NO t ersetzt, wodurch 
die Nitrocellulose, d. h. die Schiessbaumwolle erhalten wird. 
Nun kann es vorkommen, dass je nach der Temperatur 
und Konzentration der Säuren ein, zwei oder drei Atome 
Wasserstoff durch die N0 2 - Gruppe ersetzt werden und dadurch 
folgende drei Produkte entstehen: 

C 6 H 9 (N0 2 )O b Mononitrocellulose, 
C 6 H s {N0 2 \ 5 Dinitrocellulose, 
C 8 ty {N0 2 ) s O s Trinitrocellulose. 
Von den drei Produkten findet das erste keine Ver- 
wendung, da es zu schwache explodierende Eigenschaften 



— 91 — 

besitzt und in der Mischung von Alkohol und Aether unlöslich 
ist; das dritte wird nur als Explosionsmittel gebraucht und 
stellt die eigentliche Schiess bäum wolle vor. Das zweite, d. h. 
die Dinitrocellulose, die man besser Kollodiumwolle benennen 
sollte, hat für uns das meiste Interesse, weil sie in der Alkohol' 
Aethermiscbung leicht und vollkommen loslich ist und ein 
ausgezeichnetes Kollodium für die Photographie liefert. 

Wir müssen also bei der Behandlung der Baumwolle mit 
den Säuren (Salpeter- und Schwefelsäure) darauf achten, dass 
bei der chemischen Reaktion ausschliesslich Dinitrocellulose 
und keine Mischung von dieser mit den beiden anderen oder 
mit nur einer der anderen Arten entsteht, weil man dadurch 
eine nicht vollkommen lösliche und zur Herstellung guter 
photographischer Bilder chemisch ungeeignete Schiessbaum- 
wolle erhalten würde. 

Professor Lunge veröffentlichte kürzlich (Moniteur Scient. 
Nr. 5 u. 6, 1902) eine sehr ausführliche und wichtige Studie 
über die Herstellung, Beschaffenheit und Eigenschaften der 
verschiedenen Arten Scbiessbaumwolle. Wir entnehmen der- 
selben folgende, die Herstellung der uns interessierenden 
Kollodiumwolle veranschaulichenden Uebersichtstabelle: 



der 


Ten.pcr.tor 


Dauer 
dir 

Nitrierang 


Gebundener 


Lwlichkeit der er- 
haltenen Schiess- 
baumwolle in Alko- 


Qualitatives 




Grad 


Stunden 






in Proient 


, 


!7 


4 


",5° 


95-6° 


155,1 




J7 


^ 


"■59 


99,8' 


I56,a 


3 


40 


4 


11,49 


99,58 


148,1 






*U 


11,46 




146,7 


5 


60 


4 


IO,ttI 


99,82 


152,0 



Bei der Nitrierung wurde folgende Mischung verwendet: 
Chemisch reine Schwefelsäure von 

etwa 66 Grad Bö. (spez. Gew. 1,83) 38,95 g, 
reine Salpetersäure (nicht rote) (spez. 

Gew. 1,50) 42,15 „ 

destilliertes Wasser 18,90 „ 

Mit dieser Mischung wurde das beste qualitative Resultat 
erzielt. Aus obiger Tabelle geht hervor, dass die grösste 
Löslichkeit der Wolle mit den unter Nr. 2, "3, 4 und 5 an- 
gegebenen Verhältnissen erhalten wurde. Nach unseren Unter- 
suchungen sind die unter Nr. 3 angegebenen Verhältnisse die 
besten zur Herstellung einer guten, leicht löslichen Wolle und 



— 9« — 

einer widerstandsfähigen Schicht. Die bei 60 Grad erhaltene 
Schi essb au m wolle ist sehr mürbe und zerreibbar. Es braucht 
wohl nicht bemerkt zu werden, dass die trockene Kollodium- 
wolle mit der grössten Vorsicht behandelt werden muss, da, 
wenn ein etwas grosseres Quantum sich entzündet, eine ge- 
fährliche Explosion stattfinden würde. 

Um jede Gefahr zu beseitigen, bewahrt man die Kollo- 
diumwolle in etwas feuchtem Zustande in Glasbehältern auf 
und trocknet vorher die Quantität, welche man zu verwenden 
beabsichtigt. Um das sogen. Normalkollodium herzustellen, 
löst man 15 bis 20 g Kollodiumwolle in folgender Mischung: 

Aether 1 j i Liter, 

Alkohol, 90 bis 95proz Vi * 

Die Kollodiumwolle wird in den Alkohol gebracht und 
geschüttelt, um sie zu verteilen, dann wird der Aether portions- 
weise hinzugesetzt und nach jedesmaligem Zusätze abermals 
geschüttelt. Auf diese Weise löst sich das Pyroxylin sehr 
leicht. Der Aether muss sich gegen Lackmuspapier voll- 
kommen neutral zeigen, da sonst eine Zersetzung der Jodsalze 
erfolgen würde. Das so hergestellte Kollodium wird 15 bis 
ao Tage lang ruhen gelassen; dann wird es vorsichtig dekantiert, 
ohne den Bodensatz aufzurühren, oder besser noch, man filtriert 
dasselbe in einem besonderen, die Verdunstung des Aethers 
und des Alkohols verhindernden Apparate durch Baumwolle. 
Dein Nonnalkollodium muss die Jodierung zugesetzt werden, 
für welche zahlreiche Vorschriften angegeben wurden. 

In einer langen, ausführlichen Publikation in „Revue 

Suisse de Photographie", Februar 1903, haben wir folgende 

Formel angegeben, mit welcher die besten Resultate erzielt 

wurden. Zu 1 Liter Kollodium fügt man direkt hinzu: 

Strontiumjodid, kristallisiert .... 18 g, 

Ammoniumbromid 2,5 g. 

Anstatt des Strontiumjodides kann man ebenso gut das 
Kadmiumjodid verwenden, obwohl von vielen Seiten das Gegen- 
teil behauptet wurde. Unseres Erachtens ist dagegen die 
Anwendung von Ammonium Jodid weniger empfehlenswert. 
Die von anderen aufgestellte Behauptung, dass durch Zusatz 
von Ammoniumjodid die Empfindlichkeit des Kollodiums erhöht 
wird, ist nicht zutreffend; im Gegenteil wird durch die infolge 
grösserer Zersetzbarkeit frei werdende Menge Jod die Empfind- 
lichkeit herabgesetzt. 



— 93 — 

Im folgenden geben wir unsere Methode an, um dein 
Ueb eisten de einer zu erheblichen Menge freien Jodes im 
Kollodium vorzubeugen. Im Militär- Geographischen Institute 
in Wien verwendet man bei der Reproduktion von Karten, 
Zeichnungen u. s. w. ein Kollodium folgender Zusammensetzung : 

Kollodiumwolle 15,5 g, 

Aether 500 ccm, 

Absoluter Alkohol 400 „ 

Die Jodierungslösung besteht aus: 

Absolutem Alkohol 100 ccm, 

Calciumchlorid 1,6 g, 

Kadmi umJodid 7,8 „ 

Ammoniumjodid 4,7 „ 

und wird nach Filtrieren dem Kollodium zugesetzt. Je nach 
den Eigenschaften der Jodierungssalze zeigt das Kollodium 
grössere oder geringere Haltbarkeit. Das Kollodium, mit 
Kadmiumsalzen jodiert, halt sich über ein Jahr; mit anderen 
Jodierungssalzen 6 bis 10 Monate. 

Es empfiehlt sich, das Kollodium und die Jodierungs- 
lösung getrennt zu halten und immer nur so viel zu mischen, 
was man in einigen Monaten zu verbrauchen gedenkt. Im 
Militär- Geographischen Institut zu Florenz verwendet man das 
folgendermassen zusammengesetzte Kollodium, wie es uns 
freundlichst mitgeteilt wurde: 





für Negative 
Halb ton manier 


für Negative 
in Strichmanier 


Kollodiumwolle 




10 — 15 


Alkohol von 95 Grad 
Aether .... 


333 ccm, 
666 „ 


333 ccm, 
666 , 


Ammoniumb romid 


1 g. 


— 


Ammoniumjodid . 

Kadmiumjodid 

Calciumchlorid 


3 . 
3 . 


4.7 g. 
7,8, 
1,6 „ 



Die Jodierungslösung wird hier nicht getrennt angesetzt, 
sondern man stellt direkt das jodierte Kollodium her. Die 
Auflösung der Brom-, Jod- und Chlorsalze kann dadurch be- 
schleunigt werden, dass man sie in wenig warmem Wasser 
löst und dieser wässerigen Lösung den zur Herstellung der 
Jodierungslösung oder auch des Kollodiums selbst nötigen 
Alkohol zusetzt. 



— 94 — 

Es scheint jedoch, dass selbst eine kleine Menge Wasser 
die Widerstandsfähigkeit der Schicht beeinträchtigt und dass 
es daher ratsamer ist, die Salze direkt in der Mischung von 
Alkohol und Aether vor oder nach Zusatz der Schiessbaum- 
wolle zu losen. 

je nach der verwendeten Quantität Schiessbaum wolle ist 
das erhaltene Kollodium mehr oder weniger dickflüssig. Will 
man das Kollodium entweder dünn- oder dickflüssiger haben, 
so kann man dies durch die entsprechende Zusammensetzung 
der Jodierungslösung erreichen, indem man sich dabei ver- 
gegenwärtigt, dass Ammoniumsalze das Kollodium dünnflüssiger, 
während die Kadmium salze dasselbe dickflüssiger machen. 
Die Anwendung der Bromsalze ist nicht absolut erforderlich, 
ist aber sehr nützlich, denn die Anwendung derselben macht 
die Platten für schwächeres Licht empfindlicher; ein nur Jod- 
salze enthaltendes Kollodium liefert härtere, dagegen das 
auch Bromsalze enthaltende Kollodium weichere, in den 
Schatten detailliertere Bilder. "Das Verhältnis zwischen 
Brom- und Jodsalzen muss sich innerhalb gewisser Grenzen 
bewegen. Die Brom salze durch Chlorsalze zu ersetzen, 
empfiehlt sich nur dann, wenn harte Bilder gewünscht werden, 
wie dies beispielsweise bei der Reproduktion von Karten 
u. s. w. notwendig ist 

Eine für die Praxis sehr wichtige Frage ist es, auf welche 
Weise man ein Kollodium von der höchsten Empfindlichkeit 
erhalt. Manche legen den verwendeten Jodsalzen einen be- 
trächtlichen Einfluss auf die Empfindlichkeit bei. Im allgemeinen 
ist man der Ansicht, dass das Jodammonium zu diesem Zwecke 
am geeignetsten ist, d. h. höhere Empfindlichkeit gibt als andere. 
Unsere Nachforschungen (Revue Suisse de Phot. , Februar 
1903) haben jedoch mit Bestimmtheit bewiesen, dass haupt- 
sächlich die Menge freien Jodes im Kollodium auf die 
Empfindlichkeit Einfluss hat 

Wenn man nun zu dem Normalkollodium die Jodierungs- 
salze (vorher in Alkohol gelöst oder nicht) hinzufügt, so färbt 
sich dasselbe mehr oder weniger gelb, was immer dem aus 
den Jodsalzen frei werdenden Jod zuzuschreiben ist. Manche 
glauben, dass das Freiwerden des Jodes dem Säuregehalte 
des Aethers zuzuschreiben ist; unseres Erachtens hängt dieses 
jedoch lediglich von der ' Wirkung der Kollodiumwolle auf 
die Jodsalze ab. Einen Beweis hierfür liefert uns die Tat- 
sache, dass das Freiwerden von Jod mit der Zeit zunimmt. 



— 95 — ■ 

auch wenn das Kollodium dunkel aufbewahrt wird. Die Gegen- 
wart von jodsauren Salzen (Jodaten) in den Jodiden (was 
Fast bei allen Jodiden vorkommt) gibt Veranlassung zum Frei- 
werden einer noch grosseren Menge Jod, weil auch das in 
der Kollodiumwolle enthaltene Nitroxylradikal dieselbe Wirkung 
auf die Mischung von Jodiden und jodsauren Salzen ausüben 
kann wie schwache Säuren, d. b. Jod in Freiheit setzt. Es 
ist daher von der grössten Wichtigkeit, die Bedingungen ein- 
zuhalten, unter welchen die möglichst geringe Quantität Jod 
in Freiheit gesetzt wird, was durch Anwendung vollkommen 
neutraler Schiessbaum wolle und solcher Jodide, die leicht in 
reinem Zustande herzustellen und die nicht so leicht in Zer- 
setzung übergehen, erreicht werden kann. 

Aus diesem Grunde ziehen wir das Kadmium-, Strontium- 
oder Kaliumjodid dem Ammoniumjodide vor, welch letzteres 
schwer ganz rein zu haben ist und dessen Lösungen sehr 
wenig haltbar sind. Uebrigens haben wir es niemals bestätigt 
gefunden, dass mit dem Jodammonium, selbst wenn auch eine 
vollkommen reine, nicht teilweise zersetzte Lösung desselben 
zu erhalten wäre, eine höhere Empfindlichkeit als mit anderen 
Jodsalzen zu erhalten wäre. Mit Rücksicht darauf, dass die 
im Kollodium vorkommende Menge freien Jodes auf die 
Empfindlichkeit von der grössten Bedeutung ist, so ist es leicht 
begreiflich, dass man dieselbe auf das Minimum reduzieren 
muss. Ein ganz minimales Quantum, welches sich an der 
leichten Gelbfärbung des Kollodiums erkennen lässt, ist 
übrigens unumgänglich notwendig, da man sonst nicht ge- 
nügend klare oder auch stark verschleierte Bilder erhalten würde. 

Selbst bei Verwendung von möglichst reinem Kadmium-, 
Strontium- oder Kaliumjodid, von neutralem Aether und von 
neutraler Kollodiumwolle bester Qualität ist die bei der 
Zusammenmischung frei werdende Jod menge immer noch 
grösser als erforderlich. Die von uns vorgeschlagene und in 
der Praxis bestens bewährte Methode, dem Kollodium das 
freie Jod zu entziehen, besteht darin, dem Kollodium eine 
kleine Mehge reinen (eisenfreien) Zinks zuzusetzen. Das 
gepulverte Zink wäre aus dem Grunde empfehlenswerter, weil 
die Wirkung eine raschere ist; aber man findet es in diesem 
Zustande nicht rein genug; man muss daher granuliertes oder 
zerkleinertes Zink verwenden. In Berührung mit dem Zink 
verliert das Kollodium nach und nach das überschüssige Jod, 
und das sich bildende Zinkjodid löst sich auf. Sollte das 



- 9 6 - 

Kollodium vollständig entfärbt erscheinen, so muss man es 
vor dem Gebrauche mit einer sehr kleinen Menge frisch be- 
reiteter Jodtinktur versetzen. 

Die Gegenwart von Eisen oder sonstiger Unreinheiten 
im Zink (z. B. Zinn) geben zu einem stark schieiernden 
Kollodium Veranlassung. Diesen Schleier kann man jedoch 
durch etwas grösseren Zusatz von Jodtinktur, allerdings auf 
Kosten der Empfindlichkeit, leicht beseitigen. 

Eine der wichtigsten Arbeiten bei dem nassen Kollodium- 
verfahren ist das Reinigen und Putzen der Platten. Wenn 
man nicht selbst schon die Erfahrung gemacht hat, so hat 
man gar keine Idee davon, welch kleine Spuren von Unreinig- 
keiten auf den Platten genügen, um in einem Kollodiumnegative 
die abscheulichsten Flecke hervorzubringen und dadurch das 
Negativ, da sie nicht beseitigt werden können, vollkommen 
zu verderben. Unter allen empfohlenen Reinigungsmethoden 
scheint uns die folgende, in allen photo mechanischen Anstalten 
eingeführte Methode die beste zu sein: 

Die vorher mit einer wannen fünfprozentigen Pottasche- 
lösung von allen Unreinheiten (Gelatine oder sonstiges) mög- 
lichst befreiten Platten werden in gewöhnliche, mit gleichem 
Volumen Wasser verdünnte Salpetersäure (letztere wird oft 
auch ohne Verdünnung gebraucht) gelegt. Die Platten dürfen 
nicht aufeinander liegen, da sonst die Säure nicht überall 
gleichmassig zur Wirkung kommen würde. Man lässt sie in 
diesem Bade zwölf Stunden (vom Abend bis zum Morgen) 
und hebt sie sodann mittels eines' dicken Aluminiumdrahtes 
(welcher von der Säure nicht angegriffen wird) heraus, um 
sie abzuwaschen. Das längere Einwirken der Säure bezweckt 
die gründliche Oxydierung und Entfernung aller an der Glas- 
oberfläche haltenden Unreinheiten (Gelatine-, Fixiematron- 
u. s. w. Spuren), welche auf das Silbernitrat reduzierend 
wirken und hauptsächlich zu den sogen. Reduktionsflecken 
Anlass geben. 

Nachdem die Platten aus der Säure genommen und 
gewässert sind, legt man sie auf einen Tisch auf Filtrierpapier- 
unterlage, wo sie mit spanischer Kreide mittels eines Leinen- 
lappens kräftig gerieben werden. Sobald die Oberfläche 
vollkommen rein und glänzend erscheint, was auch beim An- 
hauchen beobachtet werden kann, und dabei keine Streifungen 
oder sonstige Unregelmässigkeiten mehr zum Vorschein kommen, 
hat man nur noch nötig, die Platten (wenn das Negativ 



— 97 — 

abgezogen werden soll) mit Talkpulver (Federweiss) abzureiben 
und mit einem breiten, weichen Pinsel (Abstäuber) den Ueber- 
schuss von Talk zu beseitigen; es genügt eine ganz dünne 
Schicht, um die Bildschicht leicht vom Glase abziehen zu können. 

Will man dagegen, dass die Schicht am Glase festhält, 
also nicht abgezogen werden soll (wie dies bei grösseren, 
direkt mittels des Prismas oder eines versilberten Glasspiegels 
öfter geschieht), so unterbleibt das Abreiben der Platte mit 
Talkpulver und man nimmt statt dessen eine Vorpräparation 
der Platte vor, welche den Zweck hat, die Kollodiumhaut am 
Glase festzuhalten. Zu diesem Zwecke dient eine Kautschuk- 
oder Guttaperchalösung, welche erhalten wird, indem man i g 
nicht vulkanisierten Kautschuk oder Guttapercha in 20 g 
Chloroform auflöst. Nach etwa zwölf Stunden setzt man 1 Liter 
Benzin zu und filtriert. Diese Lösung wird auf die horizontal 
gehaltene Platte gegossen und der Ueberschuss in die Flaschen 
zu rück gegosse n . 

Viele ziehen der Kautschuk- oder Guttaperchalösung eine 
Albuminlösung vor. Das Albumin erhält man , indem man 
das Eiweiss zu Schnee schlägt und das sich dann absetzende 
flüssige Albumin dekantiert. 

Um das Albumin flüssiger und haltbarer zu machen, 
empfiehlt es sich nach Vogel, für je ein Eiweiss i6ccm Ammo- 
niak und 5 Tropfen Karbolsäure vor dem Schneeschlagen 
hinzuzufügen. Das geschlagene Albumin wird dann für den 
Gebrauch mit der 2ofachen Wassermenge verdünnt. 

Der Albumin Überzug wird durch Senkrechtstellen der 
Platten auf geeigneten Gestellen getrocknet. Die so präpa- 
rierten Platten halten sich lange. Nach Vogel sind 25 ccm 
Album inlösung für je 1 qdm Plattenoberfläche erforderlich. 
Wenn man der Albuminlösung auf jedes verwendete Ei 3 g 
Jodammonium (d. h. ein Zehntel des Ei weissgewichtes) zusetzt, 
so erhält man kräftigere Bilder und grössere Empfindlichkeit 
(Lane). 

An Stelle der Albuminlösung wurde auch eine Gelatine- 
lösung t : 1000 empfohlen; dieselbe scheint jedoch gewisse 
Nachteile zu haben, weshalb das Albumin auf jeden Fall vor- 
zuziehen ist. Die so präparierten Platten werden in einem 
Zink- oder Weissblech kästen aufbewahrt. 

Vor dem Gebrauche werden sie mit einem Pinsel sorg- 
fältig abgestaubt und mit Kollodium übergössen. Bevor man 
das Kollodium aus der Flasche giesst, muss man die Flaschen- 

Namin, Handbuch der photogr. Chemie. 7 



- 9 8 - 

mündung gut reinigen. Die Platte wird mit dem Daumen und 
Zeigefinger gefasst, mit den übrigen Fingern von unten gestützt 
und horizontal gehalten, worauf das Kollodium in der Mitte 
' der Platte aufgegossen wird. Das Kollodium wird auf der 
ganzen Oberfläche gleichmassig verteilt, was durch ent- 
sprechendes Neigen der Platte nach den Ecken am besten zu 
erreichen ist. Wenn die Platte vollständig mit Kollodium 
überdeckt ist, so giesst man den Ueberschuss in eine Flasche 
zurück, indem man die Platte nach und nach auf eine Ecke 
senkrecht stellt und dann in dieser Stellung fortwährend um 
die Ecke dreht, um die Bildung von Streifungen zu vermeiden. 
Nur durch Uebung eignet man sich die zur Herstellung einer 
guten Schicht erforderliche Fertigkeit an. Der Kollodium- 
überschuss, den man in eine separate Flasche zurflckgiesst, 
kann nach Filtrieren und Zusatz von etwas Aether wieder 
gebraucht werden. 

Die Kollodionierung grösserer Platten bietet auch grössere 
Schwierigkeiten. Anstatt sie mit der Hand anzufassen, legt 
man die Platten in der Mitte auf eine geeignete Stütze, mittels 
deren man dieselben nach allen Richtungen bewegen und 
neigen kann. In Ermangelung einer solchen Stütze kann man 
sich einer mit einem Kork versehenen (schweren) Flasche be- 
dienen, auf welchem die Mitte der Platte gestützt wird. Diese 
Vorrichtung dient sowohl beim Kollodionieren wie beim Ent- 
wickeln. 

Die Kollodiumhaut darf weder zu dünn, noch zu dick 
sein ; im ersten Falle erhalt man zu schwache und graue, im 
zweiten zu dichte Negative. Sollte etwas Kollodium auf die 
Rückseite der Platte kommen, so muss man dasselbe vor der 
Sensibilisierung entfernen. Die Platte muss vor dem gänz- 
lichen Trocknen in das Sensibilisierungsbad getaucht werden. 
Der geeignete Moment dafür ist, wenn die Schicht ein opali- 
sierendes Aussehen zeigt (wenn der Aether vollkommen ver- 
dunstet ist). Drückt man an einer Ecke mit dem Finger auf 
die Schicht, so darf der Finger nicht mehr kleben, sondern 
nur einen schwachen Eindruck machen. Als Sensibilisierungs- 
bad wird folgende Lösung angewendet; 

Silbernitrat 100 g, 

destilliertes Wasser .... iooo cem, 
Jodkaliumlösung i : 100 . . a „ 

konzentrierte Salpetersäure . i bis 3 Tropfen. 



— 99 — 

Eine kleine Menge Salpetersäure in der Lösung ist zur 
grösseren Klarheit der Negative notwendig. Man darf dies 
jedoch nicht übertreiben, da dadurch die Empfindlichkeit be- 
deutend Schaden leiden wurde*. Das Silberbad wirkt auf das 
Jodsilber schwach lösend, weshalb es angeraten ist, dasselbe 
vorher durch Zusatz von Jodkalium, wie in obiger Vorschrift 
angegeben, oder besser noch mit einer kleinen Menge jodierten 
Kollodiums, welches den Vorteil hat, dass es die Lösung nicht 
trübt, mit Jodsilber zu sättigen. Bei einer mit Jodsilber ge- 
sattigten Lösung kann es im Sommer vorkommen, dass durch 
Verdunstung der Flüssigkeit und Auskristallisieren kleiner 
Jodsilbersalpeterkristalle das Negativ durch Bildung kleiner 
Punkte vollständig verdorben wird. Um diesen Uebelstand 
zu beseitigen, setzt man am besten nach dem Filtrieren noch 
etwas kristallisiertes Silbernitrat hinzu. 

Um die Platte lichtempfindlich zu machen, wird dieselbe, 
ohne anzuhalten, in das Silberbad gelegt (mit Hilfe eines Glas- 
oder Fischbein haken s). Das Bad befindet sich in einer hori- 
zontal gestellten Schale (Glas, Porzellan oder Papiermache) 
und wird wahrend der Präparation einige Male bewegt. In 
diesem Bade wird die Platte weiss, da unlösliches Jod und 
Bromsilber entsteht, welches mit dem Silbemi tratübe rschuss 
die empfindliche Substanz der Platte bildet. 

Die Oberfläche der Platte muss langsam weiss werden; 
findet dies schnell statt, so ist das ein Zeichen, dass man mit 
dem Eintauchen der Platte zu lange gewartet hat; in diesem 
Falle wird die Platte weniger empfindlich sein. Taucht man 
dagegen die Platte zu früh in die Lösung, so bilden sich 
Streifungen. 

Für die vollkommene Sensibilisierung sind im allgemeinen 
2 bis 3 Minuten erforderlich; im Sommer weniger als im Winter. 
Wenn die Platte zu früh aus der Lösung genommen wird, so 
fliesst das Bad nicht gleichmässig über die Schicht, sondern 
in öligen Streifen; um diese zu beseitigen, bringt man die 
Platten nochmals in das Silberbad und bewegt dasselbe fort- 
während. Für kleinere Platten ist es empfehlenswert, anstatt 
horizontaler vertikale Gefässe (sogen. Tauch euvetten) für das 
Silberbad zu benutzen. 

Das Silberbad wird durch fortwährenden Gebrauch so 
stark verunreinigt, dass es nach einer gewissen Zeit keine 
zufriedenstellenden Resultate mehr gibt. Durch die Zersetzung 
des im Kollodium enthaltenen Ammonium-, Kadmium- oder 

7* 



IOO 

Kaliumjodides mit dem Silbernitrate der Flüssigkeit bildet sich 
Ammonium-, Kadmium- oder Kaliumnitrat (z. B. Silbernitrat 
~|- Kadmiumjodid gibt Kadmiumnitrat -f- Silberjodid). 

Ausserdem kommen in die Flüssigkeit auch kleine, vom 
Kollodium herrührende Mengen Alkohol, Aether und andere 
organische Stoffe, eventuell auch Albumin, welche auf das 
Silberbad reduzierend wirken und zu einer braunen Färbung 
desselben Veranlassung geben. Ausserdem wird das Bad 
immer saurer, besonders infolge der vom freien (d. h. nicht 
in Form von Jodid gebundenen) Jod ausgeübten Wirkung. 
Es handelt sich sowohl um das Jod, welches man absichtlich 
in das Kollodium eingeführt hat, sowie um diejenigen Mengen, 
welche infolge Zersetzung eines kleinen Teiles des im Kollo- 
dium enthaltenen Jodides mit der Zeit entstehen. 

Um den Säuregehalt zu vermindern, kann man dem Bade 
einige Tropfen einer gesättigten Natriumkarbonatlösung zu- 
setzen, und zwar so lange, bis der sich bildende Niederschlag 
beim Schütteln nicht mehr aufgelöst wird. Das durch organische 
Stoffe braun gewordene Bad gibt im allgemeinen verschleierte 
oder fleckige Negative. Das Filtrieren genügt nicht, um das- 
selbe zu reinigen und diese Uebelstände zu beseitigen. Die 
organischen Stoffe müssen zerstört oder verändert werden, 
was durch eine 24 stündige Exposition an der Sonne und 
Filtrieren erreicht werden kann oder, wenn man Eile hat, durch 
Zusatz einiger Tropfen einer einprozentigen Kaliumperm an 
ganatlösung, welche mit einprozentiger Salpetersäure so an- 
gesäuert wird, dass eine dauernde rote Farbe entsteht. 

Zur vollständigen Ausscheidung der organischen Stoffe 
muss das Bad abgedampft und dann das Silbernitrat geschmolzen 
werden. Bei der Schmelzung wird auch teilweise das flüchtige 
Ammoniumnitrat beseitigt, nicht aber die anderen Nitrate 
(Kadmium und Kalium). Aus diesem Grunde ist daher die 
Verwendung von Ammoniumjodid bei der Jodierung des 
Kollodiums vorteilhaft. 

Nach der Sensibilisierung nimmt man die Platte aus der 
Flüssigkeit heraus und lässt sie einige Sekunden abtropfen. 
Um die bei dem Kollodium verfahren ziemlich häufig auftretenden 
Störungen zu vermeiden, empfiehlt Dr. von Monkhoven 
folgende Vorsichtsmassregeln : 

i. Vor dem Gebrauche fahre man mit einem Stück Filtrier- 
papier über die Oberfläche des Silberbades; dadurch entfernt 
man die Unreinigkeiten. 



a. Die Schale mit dem SÜberbade muss in einem mit 
Deckel versehenen Behälter stehen; den Deckel nimmt man 
nur während 2 bis 3 Minuten herunter, um die Platte zu be- 
wegen und aus der Flüssigkeit zu nehmen. Dadurch ver- 
hindert man den Zutritt von Staub und die Wirkung des 
zerstreuten Laboratoriumslichtes auf die empfindliche Schicht. 

3. Bevor man die Platte in eine längere Zeit nicht ge- 
brauchte Kassette legt, muss man den Deckel kräftig auf- und 
zuklappen, damit der Staub beseitigt wird. 

4. Die Platte wird so in die Kassette gelegt, dass die 
Abtropfkante unten liegt. In die unteren Kassettenecken legt 
man Fliesspapierstücke , welche das sich dort ansammelnde 
Silberbad aufsaugen. Hinter die Platte legt man mehrere 
Bogen Filtrierpapier. 

Die Platte muss im Sommer spätestens 5 Minuten, im 
Winter spätestens 15 Minuten nach der Präparation exponiert 
werden. Wartet man länger damit, so wird die Silberlösung, 
welche sich auf und in der Schicht befindet, durch Verdunstung 
derselben zu konzentriert und es entstehen bei der Entwicklung 
Flecke, welche nur schwer zu beseitigen sind. 

Sollte eine längere Exposition notwendig sein, so muss 
man die Verdunstung der Flüssigkeit zu verhindern suchen. 
Zu diesem Zwecke werden hinter die Platte einige Stücke 
Fliesspapier gelegt, welche mit einer Mischung von Wasser 
und Aether oder mit Wasser allein getränkt sind. Auch kann 
man eine halbe Stunde vor dem Gebrauch einen grossen, mit 
Wasser getränkten Schwamm in die Kamera legen ; die Luft 
in derselben sättigt sich dadurch mit Wasserdämpfen und wird 
die Verdunstung der Flüssigkeit an der Oberfläche der Platte 
verzögert. 

Der Zusatz von hygroskopischen Stoffen, wie z. B. Mag- 
nesium-, Zink-, Nickelnitrat, Glukose (Traubenzucker), Glycerin 
u. s. w., ist weniger empfehlenswert, weil die Verdunstung der 
Flüssigkeit auf der Oberfläche der Platte nur auf Kosten der 
Empfindlichkeit verzögert wird. Die nassen Kollodiumplatten 
müssen bedeutend länger exponiert werden als die Bromsilber- 
gelatineplatten. Eine Porträt aufnähme im Freien erfordert 
selbst bei sehr intensivem Licht und mit einem sehr licht- 
starken Objektive nicht weniger als 10 Sekunden Expositionszeit. 

Die Platte, auf welcher keine Spur vom Bilde zu sehen 
ist, muss sofort entwickelt werden. Die auf dem unteren Teil 
der Platte angesammelte Flüssigkeit muss mittels Filtrierpapiers 



entfernt werden. Nun wird auf die an einer Ecke mit Daumen 
und Zeigefinger etwas schräg gehaltene Platte der in einem 
Glase enthaltene Entwickler aufgegossen, und zwar auf der 
Seite der Platte, welche wahrend der Aufnahme oben stand, 
da, wenn man den Entwickler auf den unteren Teil der Platte 
giessen wurde, infolge des in diesem Teile in grösserer Menge 
vorhandenen Silbernitrates leicht Flecke entstehen würden. 

Die Entwicklerflüssigkeit muss rasch auf der ganzen Platte 
verteilt werden; der Ueberschuss an Entwickler wird in das 
Glas zurück gegossen , und man kann, indem man die Platte 
senkrecht vor die Augen hält, beurteilen, ob der erforderliche 
Intensitätgrad erreicht ist. Sollte dies nicht der Fall sein, 
so wird die Entwicklerlösung nochmals darauf gegossen. Im 
allgemeinen ist die Entwicklung in einer Minute beendigt. 

Der gewöhnlich verwendete Entwickler besteht aus einer 
Lösung von schwefelsaurem Eisenoxydul (Eisenvitriol), welche 
mit Essigsäure gemischt (angesäuert) ist. Eine empfehlens- 
werte Vorschrift ist die folgende: 

Ammo ni u m f errosu lf at ( seh wef elsau res 

Eisenoxydul -Ammoniak) .... 50 g, 

Essigsäure 50 cem, 

Alkohol 50 „ 

Wasser 1000 B 

Das ammoniakalische Ferrosulfat eignet sich besser als 
das Ferrosulfat, da es weniger leicht oxydiert. In den photo- 
mechanischen Anstalten kommt auch folgende Entwicklerlösung 
sehr häufig zur Anwendung: 

Wasser 1000 cem, 

Eisensulfat 30 B 

Kupfersulfat 15 „ 

konzentr. Essigsäure (Eisessig) . 50 „ 

Alkohol 3° ■ 

Für die dem Kupfersulfat zugeschriebene nützliche Wirkung 
haben wir eigentlich keine Erklärung. Für die Reproduktion 
von Strich arbeiten eignet sich der sehr kontrastreich arbeitende 
Entwickler von Monkhoven, der aus 100 Teilen Wasser, 
3 Teilen Ferrosulfat und 1 Teil Weinsteinsäure besteht Das 
Bild erscheint langsam. Die Lösung darf nicht zu lange vor 
dem Gebrauche hergestellt werden, da dieselbe teilweise 
oxydiert und dadurch an Energie einbüsst. 

Wenn die Entwicklerflüssigkeit auf der Platte sich nicht 
gleich massig verteilt und dieselbe nicht ordentlich benetzt, 



— io3 — 

genügt ein kleiner Zusatz von Alkohol, um diesem Ue bei stände 
abzuhelfen. Im Sommer neigen die Platten zu Schleierbildung. 
In diesem Falle muss der Essigsäuregehalt des Entwicklers 
erhöht werden, wobei man berücksichtigt, dass dieselbe als 
Verzögerungs mittel wirkt. 

Ausser Ferrosulfat wurde auch die Verwendung von - 
Pyrogallussaure in angesäuerter Lösung empfohlen. Letztere 
wird jedoch wenig gebraucht, da sie zu harte und mitunter 
auch gelb gelärbte Negative liefert. Nach Monkhuven stellt 
man die Lösung aus i g Pyrogallussaure, 300 g Wasser und 
4 ccm Eisessig zusammen. Bevor wir weiter gehen, scheinen 
einige Betrachtungen Ober die Entwicklung nasser Kollodium- 
platten am Platze zu sein. 

Die empfindliche Schicht besteht, wie wir gesehen haben, 
aus Jodsilber, aus Bromsilber (welch letzteres auch nicht vor- 
handen zu sein braucht) und aus Silbernitrat. Wie hat nun das 
Licht auf diese Korper gewirkt, damit das latente Bild ent- 
stehen konnte? Nach unseren ausführlichen Darlegungen im 
Kapitel über das latente Bild und nach den Erörterungen der 
Gründe, welche für und gegen die beiden Theorieen, die 
physikalische und die chemische, sprechen, ist es wohl nicht 
mehr notwendig, den Gegenstand nochmals ausführlich zu be- 
handeln. Es sei nur bemerkt, dass in diesem Falle die 
chemische Theorie absolut nicht zur Erklärung dieses Vor- 
ganges dienen kann. 

Im entwickelten Bilde zeigt sich das Jodsilber ganz un- 
verändert. Der saure Entwickler vermag selbst das vom 
Lichte getroffene Jodsilber nicht zu zersetzen. Er zersetzt 
nur das in der Schicht enthaltene Silbemitrat; das infolge 
dieser Zersetzung frei werdende Silber setzt sich nur an den 
belichteten Stellen ab, eine Erscheinung, welche als Attrak- 
üons-(Anziehungs-)wirkung des vom Lichte veränderten Jod- 
silbers auf das aus der Silbe rnitraüösung reduzierte metallische 
Silber angesehen werden muss. 

Daraus ergibt sich folgendes: Bei dem nassen Kollodium- 
verfahren bewirkt die Exposition eine Veränderung des Jod- 
silbers, vielleicht physikalischer Natur, infolge welcher dasselbe 
die Eigenschaft erhält, das bei der Zersetzung des Silber- 
nitrates frei werdende Silber anzuziehen. Bei dem Fixieren 
wird das ganze Jodsilber entfernt. Das Bromsilber wirkt, wenn 
auch in geringerem Masse als das Jodsilber, da es auch gar 
nicht oder nur sehr wenig durch den sauren Entwickler zer- 



— io4 — 

setzt wird. Es ist daher begreiflich, dass bei dem nässen 
Kollodiumverfahren das Bild nicht in die Schicht eindringt, 
sondern auf der Oberfläche bleibt, wo es eine Art Relief 
bildet; bei der Gelatine-Emulsionsplatte verhält sich die Sache 
ganz anders. 

Die entwickelte Platte muss nach kurzem Wässern fixiert 
werden. Als Fixierbad nimmt man entweder eine fünfprozentige 
Cyankaliumlösung oder eine 40prozentige Fixiernatronlösung. 
Das Cyankalium fixiert in wenigen Sekunden und kann in 
kürzerer Zeit als das unterschwef ligsaure Natron ausgewaschen 
werden, es greift jedoch das Bild stark an und darf daher 
nur sehr kurze Zeit wirken. Nach dem Fixieren mit Cyan- 
kalium wird die Platte ganz kurz, nach dem Fixieren mit Hypo- 
sulfit eine Viertelstunde gewaschen. 

Die zu schwachen Negative können vor dem Fixieren mit 
einem Entwickler, dem einige Tropfen Silbernitratlösung zu- 
gesetzt wurden, verstärkt werden. Zu diesem Zwecke setzt 
man zu einer nach angegebener Vorschrift hergestellten Ent- 
wicklerflüssigkeit ein gleiches Volumen folgender Lösung: 

Silbernitrat 2 Teile, 

Citronensäure 3 „ 

Alkohol 2 — 3, 

Wasser 100 „ 

Nach folgenden, Eders „Handbuch der Photographie" 
entnommenen Vorschriften erhalt man bei der Verstärkung 
noch bessere Resultate: 

I II 

Pyrogallussäure .ig, ig, 

Wasser .... 300 ccm, 300 ccm, 

Essigsäure ... 30 B — 

Citronensäure . — 1 — 1,5 g. 

Diese beiden Lösungen halten sich sehr lange und werden 
vor dem Gebrauche mit einigen Tropfen einer zwei prozenti gen 
Lösung von Silbernitrat versetzt. Man kann auch folgende 
Lösung anwenden („Phot. Korresp." 1895): 

Hydrochinon log, 

Citronensäure 6 „ 

Wasser 1000 ccm, 

zu welcher vor dem Gebrauche ein Zehntel bis ein Fünftel 
ihres Volumens einer sechsproz entigen Silbernitratlösung gesetzt 
wird. Der Grund, warum eine Eisensalzlösung oder die Pyro- 



— i°5 — 

gallussäure- oder Hydrochinonlosung, mit einer Silbernitrat- 
lösung gemischt, als Verstärker wirken, ist der folgende: 

Das Silbernitrat wird durch das Ferrosulfat, durch die 
Pyrogallussäure , durch das Hydrochinon und, chemisch aus- 
gedrückt, durch jede reduzierende Substanz langsam zersetzt, 
wobei ein leichter schwarzer Silberniederschlag in der Flüssig- 
keit entsteht. Wird nun in eine solche frisch bereitete 
Flüssigkeit vor Beginn der Zersetzung die entwickelte und 
gewaschene Platte gelegt, so setzt sich das in der Flüssigkeit 
entstehende Silber vorwiegend auf dem Bilde ab, wodurch 
dasselbe bedeutend verstärkt wird. 

Die Wirkung ist also hier analog wie bei der Entwicklung 
der nassen Kollodiumplatten. Bei der Entwicklung wird das 
Jodsilber unter dem Lichteinflusse befähigt, das durch die 
Wirkung des Entwicklers auf das Silbernitrat auf der Platte 
frei werdende Silber festzuhalten ; bei der Verstärkung dagegen 
übt diese anziehende Wirkung nicht allein das Jodsilber aus 
(welches, da die Platte nur entwickelt, aber nicht fixiert wurde, 
noch vorhanden ist), sondern auch das Silber des Bildes selbst. 
Diese Verstärkungsmethode nennt man physikalische Ver- 
stärkung. Dieselbe ist viel weniger wirksam, wenn sie auf 
der bereits fixierten Platte angewendet wird. Andere Ver- 
stärkungsmethoden nach dem Fixieren, wie die Quecksilber- 
verstärkung und die Verstärkung mit Kupferbromid , werden 
wir bei dem Kapitel über Bromsilbergelatine verfahren ausführ- 
lich behandeln. Wir werden dort auch die Anwendung der 
diversen Methoden für Kollodiumnegative besprechen. 

Nur bemerken wir schon an dieser Stelle, dass, um eine 
bedeutende Verstärkung zu erzielen, die mit Quecksilberchlorid 
gebleichten Negative nicht mit Ammoniak, sondern anders 
geschwärzt werden müssen. Sie müssen entweder mit der 
vorher angegebenen gemischten Lösung von Hydrochinon und 
Silbernitrat oder mit verdünnter alkalischer Polysulfitlösung, 
speziell aber Ammoniumpolysulfit, welches durch Sättigung 
von Ammoniak mit überschüssigem Schwefel Wasserstoff gas 
gewonnen wird, behandelt werden. 

Um einen eventuellen allgemeinen Schleier bei den Kollo- 
diumnegativen zu entfernen, sowie um dieselben abzuschwächen, 
bedient man sich einer Cyankalilösung und auch der sonstigen, 
für die Bromsilbergelatine negative im betreffenden Kapitel an- 
gegebenen Methoden. Wir haben jedoch bemerkt, dass das 
Ammonium persul fat , welches sich zur Abschwächung von 



— ioö — 

Bromsilbergelatine platten gut eignet, für die Kollodiumnegative 
unbrauchbar ist. 

Dagegen eignet sich vorzüglich unsere A b seh wach ungs- 
methode mit übermangansaurem Kali, angesäuert mit Schwefel- 
saure, über die wir später ausführlich beim Bromsilbergelatine- 
prozess sprechen werden. Bekanntlich wird diese Methode 
heute in verschiedenen photomechanischen Anstalten mit 
grossem Vorteil benutzt. 

Zum Firnissen der Negative kann man sich einer alko- 
holischen Losung von Schellack, sowie aller bei den Brom- 
silbe rgelatineplatten verwendeten Lacke bedienen. Dasselbe 
gilt für den Retouchier- und Mattlack. Die Retouche nimmt 
man mit Bleistift vor; alle diejenigen Teile, welche für die 
aktinischen Strahlen undurchdringlich sein sollen, werden mit 
einer mit Gummi gemischten Fuchsin- oder Karminlösung 
gedeckt. 

Die Kollodiumbildhaut kann relativ leicht von der Platte 
abgezogen und sehr bequem ohne Glas aufbewahrt werden. 
Das Abziehen der Schicht ist bei allen Vervielfaltigungs- 
prozessen, welche umgekehrte Negative verlangen, wie z. B. 
bei dem Kohledrucke mit einfachem Transporte und bei den 
photo mechanischen Druckverfahren, erforderlich. Zum Abziehen 
der Bildschicht wird das nicht lackierte Negativ zunächst mit 
folgender Losung überzogen: 

Nicht vulkanisierter Kautschuk . . 2 g, 

gewöhnliches Benzin 50 cem, 

Teerbenzin (Benzol) 50 „ 

Um eine dünnflüssige Lösung zu erhalten, empfiehlt es 
sich, den Kautschuk zunächst in wenig Chloroform (10 cem) 
aufzulösen und dann das Benzin und das Benzol hinzuzusetzen. 
Zur Klärung der Lösung lässt man dieselbe am besten einige 
Tage absetzen, worauf dekantiert wird. Nach dem Trocknen 
der Kautschukschicht wird die auf einer Unterlage vollkommen 
wagerecht gehaltene Platte mit einer folgende rmassen zusammen- 
gesetzten Kollodiumschicbt überzogen: 

Alkohol 100 cem, 

Aether 100 , 

Kollodiumwolle 4 g, 

Rizinusöl 2 cem. 

Das Rizinusöl, welches eine grössere Elastizität der Schicht 
bezweckt, kann durch 1 cem Glycerin ersetzt werden. Das 
Kollodium kann nicht ohne die Kautschukschicht direkt auf 



— io 7 — 

das Negativ aufgetragen werden, da dasselbe die Bildschicht 
auflösen und beschädigen würde. Nach dem Trocknen der 
Kollodiumschicht kann das Bild nach vorherigem Einritzen der 
Ränder mit Leichtigkeit von der Platte abgetrennt werden. 
Um eine dickere, leichter zu handhabende Haut zu erhalten, 
trage man sowohl die Kautschuk-, als auch die Kollodium- 
schicht zweimal hintereinander auf. 

An Stelle der beiden Schichten, d. h. der Kautschuk- und 
der Kollodiumsc nicht, kann man eine einzige Gelatineschicht 
auftragen. Die dazu nötige Gelatinelösung besteht aus: 

Gelatine 10 — 20 g, 

Wasser 100 g, 

Glycerin 1 „ 

und wird auf die mittels Nivellierwage horizontal gelegte 
Platte noch warm aufgegossen; für jeden Quadratcentimeter 
benötigt man 4 bis 5 ccm der Lösung. Wenn die Gelatine 
erstarrt ist, stellt man die Platten mittels eines speziellen 
Standers fast senkrecht zum Trocknen auf. Die Schicht wird 
nach vollkommenem Trocknen und nach vorherigem Ein- 
schneiden der Ränder abgezogen. Diese Methode ist viel 
einfacher und leichter und liefert widerstandsfähigere Bild- 
schichten, nur geht das Trocknen der Gelatine viel langsamer 
vor sich (etwa 12 Stunden). 



XIV. Kapitel. 

Die Ferrotypie. 

Ihr Grundprinzip. — Lackierung der Bleche. — 

Kollodionierung. — Sensibilisierung. — Entwicklung. — Fixierung. 

— Firnissen. — Bleichung des negativen Bildes. 

Als Ferrotypie bezeichnet man ein früher sehr beliebtes 
Verfahren, mittels dessen man mit der Kamera direkt positive 
Bilder erhalten kann. Das Grundprinzip ist ein sehr ein- 
faches: Eine schwarz lackierte Eisenblechplatte wird mit 
Kollodium überzogen, sensibilisiert und nach der Exposition 
entwickelt und fixiert. Das entstehende Bild ist in der Tat 
negativ, erscheint aber positiv, weil der Untergrund dunkler 



— io8 — 

ist als der Silberniederschlag des Bildes. Das Jodkollodium 
und der Entwickler müssen so beschaffen sein, dass die Silber- 
schicht sehr hell wird, damit das Bild deutlicher hervortritt. 
Die schwarz lackierten Eisenblechplatten für die Ferrotypie 
findet man schon fertig im Handel. Man kann solche aber 
nach Wunsch mit Hilfe eines ziemlich einfachen Verfahrens 
selbst herstellen. Smith gibt folgende Methode an: 5 Teile 
Asphalt werden mit 1000 Teilen rohem Leinöl gemischt; dazu 
gibt man die entsprechende Menge Russ und lasst das Ganze 
so lange kochen, bis ein auf eine kalte Oberfläche aufgetragene 
kleine Quantität des Gemisches nicht mehr fliesst. Die Mischung 
kann sodann mit einem Pinsel auf die zu lackierende Ober- 
flache aufgetragen werden; sollte dieselbe zu dickflüssig sein, 
so kann sie mit etwas Terpentinöl verdünnt werden. Die 
Platten werden sodann im Ofen getrocknet, nochmals über- 
strichen und wieder getrocknet, worauf sie mit Putzpulver 
abgerieben werden. 

Eine gute Lackierung ist unbedingt erforderlich, da sonst 
das Silberbad verdorben werden würde. Das bei der Ferro- 
typie verwendete Kollodium kann nach folgender Eastbroke- 
schen Vorschrift hergestellt werden: 

Alkohol 240 Teile, 

Aether ......... 240 . 

Kollodiumwolle 6 — 8 „ 

Jodammonium 4 „ 

Jodkadmium 2 „ 

Bromkadmium 2 , 

Je älter das Kollodium, um so besser sind die mit dem- 
selben erhaltenen Resultate. Was das Auftragen der Kollo- 
diumschicht anbelangt, so verweisen wir auf das im vorher- 
gehenden Kapitel Gesagte. Das Silberbad besteht aus: 

Silbernitrat 80 — 100 Teile, 

Wasser 1000 „ 

Salpetersäure 1 — 2 Tropfen, 

Jodkaliumlösung {1 : 100) . 25 ccm. 

Die Reinigung des Silberbades geschieht in der gleichen, 
für das nasse Kollodium verfahren angegebenen Weise. Alle 
für das letztere Verfahren angegebenen Vorschriften gelten 
auch für die Ferrotypie. Zur Entwicklung muss man Lösungen 
anwenden, welche ein zartes, klares Bild liefern. Aus Eders 
Handbuch der Photographie entnehmen wir folgende Vor- 
schriften : 



II I 


n 


111 


IV 


Ferrosulfat .... 

Alkohol 

Salpetersäure . . . 
Kaliumnitrat .... 


16 ccm 


13 g 

4» ccm 

aa ccm 

aa Tropfen 


6g 

100 ccm 

8 . 

6 „ 

1 g 


9.5 g 
ico ccm 

5 Tropfen 
ig 



Die Vorschrift I ist von Trask. Die Kleffelsche Vor- 
schrift II liefert hellere Silberschichten. Die von Monkhoven 
empfohlene Vorschrift HJ dient zur Erzielung eines weissen, 
dichten Silber niedersc hl ages, wahrend seine Vorschrift IV einen 
glänzend weissen, metallischen Niederschlag liefert. Bei Vor- 
schrift IV ist der Zusatz von 1 ccm Silberbad vor dem Gebrauche 
erforderlich. Durch Zusatz kleiner Mengen Schwefelsäure zu 
allen angegebenen Losungen erhält man einen weisseren 
Silbemiederschlag. 

Sehr gute Resultate erhält man durch Vermischung eines 
alten, schon gebrauchten mit frischem Entwickler. Die Lösungen 
mit Kaliumnitrat oder Salpetersäure liefern zwar einen weissen 
Silberniederschlag, geben aber den Bildern kein schönes, 
metallisch glänzendes Aussehen, wodurch die Ferrotypieen fast 
den Charakter der Daguerreotypieen erhalten. 

Bei der Entwicklung der Ferrotypieen muss hauptsächlich 
darauf geachtet werden, dass dieselbe im richtigen Augenblick 
unterbrochen wird, da man sonst entweder zu dichte oder 
verschleierte Bilder erhält Denn in diesem Falle kann die 
schwarze Farbe des Untergrundes, durch welche der positive 
Charakter der Bilder erzeugt wird, nicht oder nur schlecht 
durch das Bild durchscheinen. Da man die Entwicklung des 
Bildes nicht bei durchfallendem Licht verfolgen kann, so ist 
es anfangs etwas schwierig, genau zu bestimmen, wann das 
Bild die genügende Kraft besitzt; durch einige Ucbung aber 
erhält man bald die nötige Sicherheit. Nach der Entwicklung 
wird die Platte kurz gewaschen und dann fixiert. Als Fixier- 
bad ist eine fflnfprozentige Lösung von Cyankaüum vorzu- 
ziehen, da sie brillantere Bilder gibt als das Fixiernatron. 

Will man jedoch dieses letztere benutzen, so empfiehlt es 
sich, das Bild vor dem Fixieren in eine Kochsalzlösung zu 
taueben. Bei Verwendung der Cyankaliumlösung bietet sich 
der Vorteil, dass das Bild genau in der richtigen Kraft her- 
gestellt werden kann, indem man die in das Bad getauchte 



Platte die genügende Zeit darin liegen lässt, wobei zu berück 
sichtigen ist, dass das Cyankalium durch langsame Auflösung 
des metallischen Silbers das Bild abschwächt. Bei dem Fixieren 
mit Cyankalium hat man ausserdem den Vorteil, dass das Aus- 
waschen viel schneller beendigt ist, als bei Verwendung von 
Fixiernatron. 

Um ein schnelleres Trocknen der Platten herbeizuführen, 
erwärmt man dieselben vorsichtig über einer Flamme. Das 
Firnissen kann sehr gut mit folgendem, kalt zu verwendenden 
Firnis geschehen: Sandarak ioo g, Benzin 400 ccm, Aceton 
400 ccm, absoluter Alkohol 200 ccm. Man kann* auch eine 
zehnprozentige Schellack tosung in Alkohol verwenden, wobei 
die Platte schwach erwärmt werden muss. Vor dem Firnissen 
kann man die Ferrotypieen mit einer zweiprozentigen Sublimat- 
losung behandeln, wodurch das Silber des Bildes durch Queck- 
silber- und SilberchlorQr, welche weiss sind, ersetzt wird; die 
Haltbarkeit der Ferrotypie wird aber dabei stark beeinträchtigt, 
so dass diese Methode nicht empfehlenswert ist. 

Heute werden auch trockene Ferro typ platten mit Brom- 
silbergelatine-Emulsion hergestellt; dieselben sind unstreitbar 
viel bequemer, liefern jedoch nach unseren Erfahrungen nicht 
so gute Resultate, wie die nassen Kollodium platten. Die er- 
wähnten Platten müssen nach dem Entwickeln, Fixieren und 
Waschen mit Quecksilberchlorid gebleicht werden, 



Kapitel XV. 

Das Bromsilber-Kollodiumemulsions- 
verfahren. 

Nachteile und Vorzüge des Verfahrens. — Einfluss 
des Jodsalzes und des Silbernitrates auf die Emulsion. — Herstellung 
der Emulsion nach Chardon. — Vorbehandlung und Praparation der 
Platten mit der Emulsion. — Trocknen. — Exposition und Ent- 
wicklung. — üavidsche Methode zur raschen Herstellung von Brom- 
.silber-Kollodiumemulsionen. — Die Kollodiumemulsion von Albert 
und deren Anwendung. — Herstellung von Emulsionen nach Art 
der Albertscnen. 

Bevor die Bromsilbcrgclatineplatten eingeführt wurden, 
bemühte man sich, durch Einführung der Bromsilberkollodium- 
platten den Ncgativprozess bequemer und jedem zugänglicher 



zu gestalten. Diese Platten fanden jedoch, hauptsächlich wegen 
ihrer geringen Empfindlichkeit, keine ausgebreitete Verwendung ; 
sie sind noch weniger empfindlich, als die mit dem nassen 
Kollodium verfahren hergestellten Platten. 

Sobald man aber im stände sein wird, trockene Bron- 
silber- Kollodiumemulsionsplatten von derselben Empfindlichkeit 
herstellen zu können, wie sie die Bromsilbergelatine-Emulsions- 
platten besitzen, werden dieselben mit grossem Nutzen ver- 
wendet werden, besonders, da die Kollodiumhaut leichter 
abgezogen, die Platten schneller entwickelt, fixiert und aus- 
gewaschen werden können und chemischen und atmosphärischen 
Agenden besser widerstehen, als die Gelatine-Emulsionsplatten. 

Die Versuche Davids, über welche am Ende dieses 
Kapitels berichtet wird, beweisen, dass es vielleicht möglich 
ist, die Empfindlichkeit der Bromsilberkollodiumplatten wesent- 
lich zu erhöhen. Die mit überschüssigem Silbernitrat angesetzten 
Brom- und Jodsilber-Kollodiumemulsionen geben sehr leicht 
bei der Entwicklung Schleier. Unter den zahlreichen Vor- 
schriften für die Herstellung der Bromsilber-Kollodiumemul- 
sionen ist ohne Zweifel die von Chardon eine der besten, 
deren Herstellung wir im folgenden angeben. 

In 200 cem Alkohol und 400 cem Aether löst man 6 g 
Bromzink und 6 g Schiessbaum wo He. Zu 100 cem dieses 
Kollodiums giesst man unter fortwährendem kräftigen Schuttein 
portionsweise folgende Silberlösung: In einer Kochflasche 
werden in wenigen Tropfen Wasser 3,15 g Silbernitrat bei 
massiger Wärme gelöst; hierzu setzt man 25 cem Alkohol und 
setzt diese Silberlösung dem Kollodium zu; darauf spült man 
die Kochflasche mit 10 cem Alkohol aus und setzt diese eben- 
falls dem Kollodium zu. 

Auf diese Weise erhält man eine feine, milchartige, in 
der Durchsicht orangerot aussehende Emulsion, bei welcher, 
da das vorhandene Bromzink nicht hinreichend ist, um das 
Silbemitrat zu zersetzen, dieses letztere im Ueberfluss bleibt. 
Dieser Ueberschuss an Silbernitrat ist notwendig, damit die 
Emulsion durch längeres Stehen nachreifen kann, wodurch sie 
empfindlicher wird. Zur Nachreifung lässt man die Emulsion 
unter öfterem Schütteln 36 Stunden stehen. 

Der zum Nachreifen der Emulsion benutzte Silbernitrat- 
oberschuss muss entfernt werden, da er sonst zu Schleier- 
bildung Anlass geben würde. Zu diesem Zweck setzt man 
der Emulsion 3 cem einer alkoholischen Kobaltchloridlösung 



(io g kristallisiertes Kobaltchlorid in 80 ccm Wasser) zu; nach 
kräftigem Schütteln lässt man 10 Stunden ruhen. Auf diese 
Weise wird das Silbernitrat in Silberchlorid umgewandelt, 
welch letzteres, ebenso wie das Kobaltchlorid, keinen nach- 
teiligen Einfluss auf die Emulsion ausübt. 

Die Emulsion wird darauf mit Wasser gefällt. Zu diesem 
Zweck giesst man die Emulsion in einem dünnen Strahl in 
Wasser und wäscht durch öfteren Wasserwechsel alle löslichen 
Salze aus. Dann sammelt man sie auf einem Lappen, drückt 
möglichst alles Wasser aus und lässt zwischen Filtrierpapier 
im Dunkeln trocknen. 

Zum Gebrauche, d. h. zur Herstellung von Platten, löst 
man 3 l / f bis 4 g der trockenen Emulsion in folgender Flüssig- 
keit: o,a g Chininsulfat, 50 ccm Alkohol, 50 ccm Aether. Nach 
einigen Stunden wird durch Watte filtriert. 

Die zur Präparation bestimmten Platten müssen in der- 
selben Weise gereinigt werden, wie dies bei dem nassen 
Kollodium angegeben wurde. Der Rand der Platte wird mit 
einer fünfprozentigen Kautschuklösung in Benzin bestrichen, 
damit die Emulsion besser am Glase haftet, und giesst man dann 
die Emulsion auf. Der Ueberschuss derselben wird in einem 
separaten Behalter gesammelt und kann nach dem Filtrieren 
und eventuellen Verdünnen mit einer aus 2 Teilen Aether und 
1 Teil Alkohol bestehenden Mischung wieder gebraucht werden. 
Das Giessen der Kollodiumemulsionsplatten geschieht in der- 
selben Weise, wie dies bei dem nassen Kollodium verfahren 
angegeben, nur muss man beim Arbeiten mit Emulsion im 
Dunkelzimmer arbeiten. 

Die Platten werden dann zum Trocknen schief gestellt; 
sie können auch im Ofen bei massiger Wärme (30 Grad) ge- 
trocknet werden. Wenn man das Waschen der Emulsion und 
deren Wiederauflösung umgehen will, so giesst man die 
Platten mit der nicht gewaschenen Emulsion und wäscht die- 
selben nach dem Erstarren der Emulsion in einer Schale mit 
Wasser so lange, bis das Wasser glatt abläuft. Das Waschen 
kann auch unter der Brause einer Wasserleitung geschehen. 

Die mit der beschriebenen Methode von Chardon her- 
gestellten Platten besitzen etwa die halbe Empfindlichkeit der 
nassen Platten. Bei Land schaftsauf nahmen ist eine Expo- 
sitionszeit von 2 bis 6 Minuten erforderlich. Der von Chardon 
empfohlene Entwickler ist folgender: 



1. Ammoniumkarbonat (kohlen- 
saures Ammoniak) ... 20 g, 

Bromkalium 0,4 g, 

Wasser 1000 ccm. 

TL Pyrogallussäure log, 

Alkohol 100 ccm. 

Auf die in einer Schale liegende Platte giesst man eine 
Mischung von 100 ccm I und 3 ccm II. Das Bild erscheint 
sofort und rein; um es zu verstärken, fügt man noch 5 bis 
10 ccm der Losung II, 10 bis 20 ccm einer gesättigten Pott- 
aschelösung und einige Tropfen Bromkaliumlösung 1 : 10 zu. 
Das Fixieren geschieht mit der gewöhnlichen Fbciematron- 
lösung. Die Verstärkung und Abschwächung geschieht wie 
bei den Bromsilbergelatineplatten. 

Das Davidsche Verfahren (Bull, de la Soc. Franc, de 
Phot. 1893), um rapide Bromsilberkollodiumplatten herzustellen, 
ist folgendes: Auf die Platte wird ein 18 g Silbernitrat und 
7 bis 8 g Schiess bäum wolle pro Liter enthaltendes Kollodium 
gegossen. Sobald die Schicht genügend erstarrt ist, taucht 
man die Platte in folgende Lösung: 

Bromkalium 80 — 120 g, 

Jodkalium 0,01 g, 

Gelatine 2 g, 

destilliertes Wasser .... 1000 ccm. 
Es muss eine absolut undurchsichtige Schicht entstehen. 
Die grössere oder geringere Empfindlichkeit wird je nach der 
Dauer der Einwirkung des folgenden Bades erreicht: 

Bromkalium 18 — 25 g, 

Gelatine ig, 

destilliertes Wasser .... 1000 ccm. 
Die Empfindlichkeit steigt mit der Dauer der Einwirkung 
und mit der Temperatur dieses Bades. Bei 70 bis 75 Grad 
müssen die Platten etwa 2 Stunden in dieser Lösung ver- 
bleiben. Bei 90 bis 95 Grad genügt 1 Stunde. Diese Zahlen 
sind jedoch nur annähernde. 

Wenn man die Schicht in der Durchsicht beobachtet, so 
sieht man, dass das Silberkoni allmählich dicker wird, bis man 
es zuletzt mit freiem Auge unterscheiden kann. Auf diese 
Weise kann man den Molekular Vorgang in der Schicht, welcher 
mit der Zunahme der Empfindlichkeit gleichen Schritt hält, 
leicht verfolgen. Wenn die Platte den richtigen Grad erreicht 
hat, wird sie gewaschen und getrocknet. Gegen jede Erwartung 

b der photogr. Cbunle. 8 



— ii 4 — 

zeigt die Kollodiumschicht selbst bei 100 Grad gar keine 
Neigung, sich von der Platte abzulösen, vorausgesetzt, dass 
dieselbe vollkommen rein war. 

Der Verfasser macht jedoch keine Angabe, ob durch 
dieses Verfahren die Empfindlichkeit der Bromsilbergelatine- 
platten erreicht wird, oder ob dieselbe, wie wir vermuten, weit 
geringer ist. Das Kollodium-Emulsionsverfahren, welches in 
den letzten Jahren in Vergessenheit geraten zu sein schien, 
ist indessen wieder zu Ehren gekommen; dies verdankt man 
den vorzüglichen, in den Handel gebrachten gebrauchsfertigen 
und sehr haltbaren Emulsionen, mit denen sich ein jeder auf 
sehr einfache Weise die für viele Arbeiten sehr guten Brom- 
silberkollodium-Emulsionsplatten selbst herstellen kann. Eins 
der besten Präparate dieser Art ist die von der Firma Albert 
in München hergestellte Kollodiumemulsion. 

In wenigen Jahren gelang es dem Fabrikanten (dem 
tüchtigen Photochemiker Dr. Albert), diese Emulsion auf eine 
so hohe, noch von keinem erreichte Vollkommenheit zu bringen, 
dass dieselbe in der ganzen Welt bekannt ist und in fast 
keiner photo mechanischen Anstalt fehlt, wo sie an Stelle des 
nassen Kollodium Verfahrens entweder für alle Arbeiten oder 
speziell für die Reproduktion farbiger Objekte benutzt wird. 
Für die letzteren Arbeiten wird die Emulsion mittels des 
gleichzeitig gelieferten Sensibilisators farbenempfindlich ge- 
macht. Da wir die Emulsion Alberts bei der Herstellung 
von Rastemegativen versucht haben, so dürfte es angemessen 
erscheinen, hier einiges über dieselbe zu erwähnen. Die 
Emulsion wird auch in fester Form geliefert, was insofern 
äusserst bequem ist, weil der Versand auf dem gewöhnlichen 
Wege durch die Post geschehen kann, während die Sendung 
der flüssigen Emulsion (weil feuergefährlich) nur durch sogen. 
Feuerzug erfolgen kann. Um die Emulsion zu bereiten, löst 
man die trockene Substanz in einer Mischung von gleichen 
Teilen Alkohol und Aether (50 g trockene Substanz in 1 Liter 
der Mischung). Die Lösung geht mit der grössten Leichtig- 
keit vor sich, und ist die Emulsion ohne jegliches Filtrieren 
sofort gebrauchsfertig. In der auch mit gelbem Lichte be- 
leuchteten Dunkelkammer wird die Platte mit der Emulsion 
übergössen und kann entweder gleich oder auch nach einiger 
Zeit, wenn sie getrocknet ist, gebraucht werden, während die 
nassen Kollodiumplatten bekanntlich sofort in Gebrauch ge- 
nommen werden müssen. Die Expositionszeit kann bei dieser 



Emulsion ohne Nachteil ziemlich verlängert werden, während 
bei dem nassen Kollodium in solchem Falle Flecke entstehen. 

Die auf genannte Weise hergestellte Emulsion wird auf 
gut gereinigte, mit einprozentiger Gelatinelösung vorpräparierte 
Platten gegossen, wie dies bei dem nassen Kollodium verfahren 
angegeben wurde. Sie liefert Platten von relativ geringer 
Empfindlichkeit (halb so gross wie die der nassen Platten), 
so dass es sich empfiehlt, die Reproduktion bei Sonnenlicht 
vorzunehmen. Will man jedoch eine leicht abziehbare Schicht 
haben, so wird man keine gelatinierten, sondern einfach 
gereinigte und mit Talkpulver abgeriebene Platten benutzen. 
Zum besseren Festhalten der sehr dünnen, zarten Haut an 
der Platte wird man höchstens eine Kautschuklösung längs 
der Ränder auftragen. 

Dr. Albert hat jedoch der Emulsion dadurch eine höhere 
Empfindlichkeit gegeben, dass er mit derselben auch die ent- 
sprechenden Sensibilisatoren in getrennten Flaschen liefert. 
Wahrend die Emulsion allein unbegrenzt haltbar ist, hält sie 
sich nur wenige Tage (acht bis zehn), wenn sie mit den Sensi- 
bilisatoren versetzt ist Der eine dar Sensibilisatoren {A) 
(Eosin) erhöbt nicht allein an und für sich die Empfindlichkeit 
der Platte, sondern übt auch eine orthochromatische Wirkung 
für Gelb und Grün aus. Derselbe erhöht die Empfindlichkeit 
für Gelb und Grün derart, dass eine ausgezeichnete und gut 
abgestimmte Reproduktion von farbigen Vorlagen mit vor- 
wiegendem Gelb und Grün ohne Gelbscheibe möglich ist. 
Keiner der bisher bei den Bromsilbergelatineplatten versuchten 
Sensibilisatoren gibt so beachtenswerte Resultate. 

Der zweite, mit RP bezeichnete Sensibilisator erhöht die 
allgemeine Empfindlichkeit weit über die der nassen Platten, 
so dass sie derjenigen der Bromsilbergelatineplatten nicht viel 
nachsteht. Dieser Sensibilisator erhöht ferner die Empfind- 
lichkeit der Platten für die weniger aktinischen Strahlen, so 
dass ein gewisser Panchromatismus entsteht, der in vielen 
Fällen sehr nützlich sein kann. Die Herstellung der Platten 
und ihre weitere Behandlung muss in diesem Falle bei dunkel- 
rubinrotem Lichte geschehen; dies ist in der Tat eine Un- 
annehmlichkeit, weil das Giessen der Emulsion (Präparation 
der Platten) bei solcher Beleuchtung erschwert wird. Beide 
Sensibilisatoren, sowohl A wie RP, enthalten Silbernitrat, 
welches hauptsächlich die Erhöhung der allgemeinen Empfind- 
lichkeit verursacht. Die mit Albert-Emulsion hergestellten 



— u6 — 

Platten werden am besten mit folgendem, vom Fabrikanten 
empfohlenen Entwickler entwickelt: 

Destilliertes Wasser 750 g, reines Natriumsulfit, kristalli- 
siert 300 g, reines Kaliumkarbonat 250 g, Hydrochinon 15 g, 
reiner Alkohol 75 ccm, Bromammonium 15 g. Diese Lösung 
hält sich in gefällten, gut verkorkten Flaschen sehr lange. 
Zum Gebrauche mischt man 1 Teil dieser Losung mit 6 Teilen 
Wasser. 

Die Platten werden wie üblich gewaschen, wobei man 
jedoch angesichts der äusserst zarten und leicht verletzlichen 
Schicht vorsichtiger arbeiten muss, als auf den nassen Kollo- 
dium platten. Hinsichtlich der Verstärkung, Ab Schwächung und 
Abziehen der Schichten verfährt man ebenso, wie bei den 
nassen Platten. 

Für die Verstärkung ziehen wir, sowohl bei dem nassen 
Kollodium, als auch bei der Kollodiumemulsion , namentlich 
wenn eine erhebliche Verstärkung, wie z. B. bei der Photo- 
typographie erforderlich ist, die schon angegebene Quecksilber- 
verstärkung mit darauf folgender Schwärzung mittels Schwefel- 
ammoniums oder Schwefelnatriums, wodurch eine erhebliche 
Verstärkung erzielt wird, allen anderen vor. Um eine all- 
gemeine gelbe Färbung der Schicht zu verhüten, muss man 
die mit Quecksilber gebleichten Negative vor dem Schwärzen 
gründlich waschen. 

Es möge noch erwähnt werden, dass die Albertsche 
Emulsion nicht allein in photo mechanischen, sondern in allen 
photographischen Anstalten, welche sich mit Reproduktionen 
befassen, vorzügliche Dienste leisten kann. Man hat dabei 
den doppelten Vorteil: 1. dass man viel feinere Negative erhält, 
als mit Gelatine- Emulsion, und 2. dass die Kosten der mit 
Albertscher Emulsion präparierten Platten, welche hinsichtlich 
der Darstellungskosten den nassen Platten etwa gleichstehen, 
nur ungefähr den zehnten Teil der Gelatine -Emulsionsplatten 
betragen. 

Angesichts der grossen Bedeutung, welche heute die 
Kollodiumemulsion in den photomechanische □ Anstalten besitzt, 
haben wir Analysen und Untersuchungen darüber angestellt, 
wie man auf verhältnismässig leichte Weise eine der Albert- 
schen analoge Emulsion herstellen könnte. Unsere Analysen 
der trockenen Albert- Emulsion haben ergeben, dass weder 
Silbernitrat, noch Alkalisalze darin vorhanden sind, dass die 
Emulsion daher nach ihrer Herstellung gewaschen sein muss. 



— ii 7 — 

In der trockenen Emulsion fanden wir die Schiessbaumwolle 
und das Bromsilber in folgendem Verhältnisse vor: 

Schiessbaum wolle 23 Proz., 

Bromsilber 66 „ 

Wasser 1 H 

Darauf versuchten wir die Herstellung einer sehr empfind- 
lichen orthochromatischen Emulsion nach folgender Vorschrift 
Dr. E d e r s , wie sie in der k. k. Graphischen Lehr- und 
Versuchsanstalt in Wien benutzt wird. Diese Methode ist 
verhältnismässig einfach, da kein Waschen der Emulsion er- 
forderlich ist. Man stellt folgende Lösungen her: 

1. Silbernitrat, kristallisiert 15 g, 
lauwarmes, destilliertes Wasser . 12 ccm. 

Dazu fügt man: 

reinen Alkohol von 95 Grad . 90 ccm, 
Normalk ol 1 odium , drei- bis vier- 

prozentig 150 „ 

2. alkoholische Eosinlösung 1 : 800 7 „ 
Kadmiumbromid, kristallisiert . 15 g. 

Man löst das Kadmiumbromid bei gelinder Wärme und 
setzt hinzu: Normalkollodium, drei- bis vierprozentig 150 ccm. 
Man giesst sodann bei rotem Lichte die Lösung 2 zu der 
Lösung 1 unter fortwährendem heftigen Schütteln. Von der 
Lösung 2 hebt man jedoch 5 bis 10 ccm auf, welche eventuell 
nach folgender. Probe noch hinzugesetzt werden müssen. 

Man lässt auf einer Platte einen Tropfen Emulsion trocken 
werden, auf welchen man nachher einige Tropfen einer ein- 
prozentigen Lösung von neutralem Kaliumchromat (gelbes, 
chromsaures Kali) fallen lässt. Färbt sich nun die Emulsion 
(infolge Bildung chromsauren Silbers) schön rot, so zeigt dies 
einen Ueberschuss von Silbernitrat an. Die besten Resultate 
erhält man, wenn der Ueberschuss an Silbernitrat ein geringer 
ist; dies beurteilt man nach der Farbe des Tropfens, welche 
anstatt rot schwach orange sein muss. Ist daher die Farbe 
rot, so muss man die Lösung 2 so lange zusetzen, bis eine 
Probe die angegebene Farbe (Orange) zeigt. Hat man von 
dieser Lösung 2 zu viel zugesetzt, so kann man dies durch 
Zusatz einiger Tropfen einer alkoholischen Silbernl tratlösung 
korrigieren. 

Die Gegenwart des geringen Ueberschusses an Silber- 
nitrat ist zur Hebung der allgemeinen Empfindlichkeit und 
des Orthochromatismus infolge Bildung von Eosinsilber not- 



wendig. Ein zu grosser Ueberscbuss veranlasst Schleier und 
beeinträchtigt die Haltbarkeit der Emulsion. Die Ungleich- 
mässigkeit in der Zusammensetzung des Bromkadmiums macht 
die Probe zur Bestimmung des richtigen Silberüberschusses 
notwendig. 

Die Emulsion ist zwölf Stunden nach der Herstellung 
gebrauchsfertig und kann bis zu 14 Tagen aufbewahrt werden. 
Man trägt dieselbe auf eine gut geputzte Platte auf, deren 
Ränder man vorher mit Kautschuklösung schmal umrändert 
hat. Nach dem Auftragen (der Emulsion) lässt man die Schicht 
erstarren und taucht die Platte so lange in destilliertes Wasser, 
bis die Schicht das Wasser gleichmässig annimmt. Auf diese 
Weise werden die in der Emulsion enthaltenen Nitrate ent- 
fernt. Die Aufnahme macht man, solange die Platte noch nass 
ist, da sie dann empfindlicher ist. Man kann mit folgender 
Lösung entwickeln: 

Wasser 100 cem, 

Natriumsulfit 10 „ 

Bromkalium 3 „ 

Citronensäure 1 „ 

Pyrogallussäure 2,5 „ 

Zum Gebrauche mischt man 10 cem von dieser Lösung 
mit 100 cem Wasser und 10 cem 20 prozentiger Ammoniak- 
lösung. Man fixiert mit Fixiernatron. Um eine unbegrenzt 
haltbare, nicht orthochromatische Emulsion herzustellen, haben . 
wir die oben beschriebene Methode benutzt; das Eosin wurde 
indessen weggelassen und die Emulsion gewaschen. 

Die mit geringem Ueberschuss an Silbernitrat hergestellte 
Emulsion wird zu diesem Zweck in dünnem Strahl in eine 
Flasche mit destilliertem Wasser gegossen und dadurch gefällt. 
Dann wäscht man dieselbe durch öfter gewechseltes Wasser 
aus, sammelt sie auf einem Musselinlappen, presst die über- 
schüssige Flüssigkeit aus und lässt dann bei rotem oder nicht 
zu hellem gelben Licht trocknen, da die Emulsion ohne Eosin 
für Gelb sehr wenig empfindlich ist. Auf diese Weise erhält 
man eine trockene, der Albertschen analoge Emulsion von 
etwas geringerer Empfindlichkeit. 



— H9 ~ . 
XVI. Kapitel. 

Das Kollodiumverfahren mit 
Präservativmitteln. 

Zweck der Präservativmittel. — Russelsches Verfahren 
mit Tannin als Präservativ. — Zusammensetzung des Kollodiums. — 
Behandlung mit Gerbsäure (Tannin). — Entwicklung. — Notwendig- 
keit des Zusatzes von Silbe mitral zum Entwickler. 

Bei der Besprechung des nassen Verfahrens machten wir 
darauf aufmerksam, dass die Platten sofort nach deren Sensi- 
bilisierung benutzt werden müssen, da sie bald unbrauchbar 
werden. Die schnelle Veränderung der empfindlichen Schicht 
rührt von dem Silbernitrat her, welches 2ur Erreichung 
genügender Empfindlichkeit notwendig ist. Entfernt man 
aber nach der Präparation den Silbcrnitratüberschuss durch 
Waschen, so können die Platten getrocknet und lange auf- 
bewahrt werden; die Empfindlichkeit ist jedoch erheblich ver- 
mindert. Werden die Platten aber nach dem Auswaschen 
der Silberlösung mit gewissen Substanzen (Präservativ- 
mittel) nachbe handelt, so erreicht man bei ziemlich bedeutender 
Empfindlichkeit auch genügende Haltbarkeit (einige Monate). 

Als Präservativ mittel wurden sehr viele Substanzen 
empfohlen: Harz, Gelatine, Zucker, Gummiaiabikum, Gerb- 
säure, Gallussäure, Albumin, Morphium, Koffein u. s. w. In 
welcher Weise diese Präservativmittel hinsichtlich der Erhaltung 
der Empfindlichkeit der Platten wirken, ist nicht leicht zu ver- 
stehen. Einige wirken als Reduktionsmittel, wodurch mög- 
licherweise die Bildung von Silbersubsalzen befördert würde, 
welche nach der Ansicht einiger unbedingt in allen latenten 
Bildern existieren sollen. Andere als Präservativmittel ver- 
wendete Substanzen haben keine oder fast keine reduzierende 
Wirkung; es scheint daher rationell, anzunehmen, dass diese 
Substanzen durch eine physikalische Wirkung die Entstehung 
einer physikalischen oder molekularen Modifikation der Silber- 
salze an den belichteten Stellen, wodurch das latente Bild 
entsteht, erleichtem. 

Unter allen diesen Substanzen geben die von Rüssel 
empfohlene Gerbsäure (Tannin) und das Albumin die besten 
Resultate. Das Kollodium verfahren, bei welchem das Tannin 
als Präservativ Anwendung findet, wird folgendermassen aus- 
geführt: Auf die vollkommen gereinigte und mit einer dünnen 



Albumin schient überzogene Platte giesst man das nach Russe! 

folgende rmasscn zusammengesetzte Kollodium: 

Kollodiumwolle .... 6 Gewichtsteile, 

Alkohol 240 „ 

Aether 240 „ 

Jodammonium .... 2 n 

Jodkadmium 1 „ 

Bromkadmium .... 2 „ 

Man sensibilisiert mit demselben Silber bade und nach 
denselben Vorschriften, wie bei dem nassen Kollodiumverfahren 
angegeben ist. Nach der Sensibilisierung werden die Platten 
zur Entfernung des Silbernitrates ausgewaschen, worauf das 
Präservativ, eine wässerige Tanninlösung von 1 : 20 bis 1 : 200, 
aufgegossen wird. Die erste Portion dieser Lösung muss 
schnell Ober die Platte fliessen, da sonst Flecke entstehen 
würden; hierauf giesst man eine zweite Portion der Lösung 
auf und stellt die Platte auf einer Ecke senkrecht zum 
Trocknen auf. Auch die Anwendung der Trockenschränke 
ist empfehlenswert. 

Im allgemeinen wählt man die Konzentration der Tannin- 
lösung 1 : 60. je konzentrierter dieselbe ist, um so roter wird 
das Bild bei der Entwicklung und desto rascher und tiefer 
geht die Entwicklung selbst vor sich. Die sensibilisierende 
Wirkung der Gerbsäure ist so bedeutend, dass sogar die mit 
Jodsalzlösungen behandelten und dadurch vollständig un- 
empfindlich gemachten Kollodiumplatten einen Teil ihrer 
Empfindlichkeit wieder erhalten, wenn sie mit Gerbsäure 
behandelt werden. 

Einer der besten Entwickler für solche Platten ist die 
Pyrogallussäure. Da in den Platten kein freies Silbemitrat 
vorhanden ist, so muss man es der Entwicklerlösung zusetzen, 
da sonst kein Bild oder nur ein sehr schwaches erscheinen 
würde, weil die Reduktion des Jodsilbers selbst mit alkalischen 
Entwicklern nur in geringem Grade vor sich geht. Will man 
daher ein kräftiges Bild erhalten, so muss man auch in diesem 
Falle die Eigenschaft des vom Lichte getroffenen Jodsilbers, 
das durch reduzierende Substanzen (Pyrogallussäure, Ferro- 
sulfat) aus einer Silbernitratlösung reduzierte metallische Silber 
anzuziehen, zu benutzen suchen. Bei dem nassen Kollodium- 
verfahren befindet sich das Silbernitrat in der Platte selbst, 
hier dagegen muss man es dem Entwickler zusetzen. Der 



Pyrogallussaure- Entwickler wird aus folgenden beiden Lösungen 
hergestellt: 

A) PyrogallussSure iog, 

Alkohol 100 ccm. 

B) Silbernitrat 2 g, 

Citronensäure 10 „ 

Wasser 100 ccm. 

Nach der Exposition wird die Platte mit Wasser gewaschen 
und dann mit einem aus 10 bis 30 ccm Wasser, 1 ccm Losung A 
und 2 bis 8 Tropfen Lösung B bestehenden Entwickler über- 
gössen. Entwickelt sich das Bild zu kontrastreich, so setzt 
man noch von der Pyrogalluslösung zu; erscheint es aber zu 
schwach, so fügt man noch einige Tropfen von der Silber- 
nitratlösung hinzu. Man fixiert nachher entweder mit Fixier- 
natron oder mit Cyankalium. 

Alle bisher besprochenen Negativprozesse haben eine weit 
geringere praktische Bedeutung, als das in den folgenden 
Kapiteln zur Erläuterung kommende Bromsilbergelatine -Ver- 
fahren. Den alten, vollständig aufgegebenen Methoden, wie 
der Daguerreotypie und dem Kollodium verfahren mit Präser- 
vativmitteln bleibt jedoch ausser dem historischen Werte auch 
die grosse Bedeutung der denselben zu Grunde liegenden 
wissenschaftlichen Prinzipien, welche vielleicht in anderen 
Fällen und zu anderen Zwecken vorteilhaft ausgenutzt werden 
können. 



XVII. Kapitel. 

Das Bromsilbergelatine-Verfahren. 
Die Gelatine. 

Aus welchen Stoffen wird die Gelatine gewonnen? — 
Ihre Eigenschaften. — Einfluss der Wärme und der Alkalien. — 
Stoffe, welche die Gelatine unlöslich machen. — Fäulnis. — Wie 
dieselbe verhindert wird. — Welche Eigenschaften die zur Herstellung 
von Emulsionen geeignete Gelatine besitzen muss. — Harte und 
weiche Gelatine. 

Ohne Zweifel ist die Entdeckung der Bromsilbergelatine- 
Emulsion (etwa 1880) die grösste, welche auf dem Gebiete 
der Photographie seit deren Entdeckung gemacht worden ist. 
Die hohe Empfindlichkeit der mit dieser Emulsion hergestellten 



Platten im Vergleiche mit den vorher verwendeten Kollodium- 
platten, ihre leichte Handhabung, ihre Haltbarkeit haben viel 
zur Weiterentwicklung der Photographie beigetragen und die 
Beschäftigung mit dieser schönen Kunst jedem möglich gemacht. 

Die Herstellung der Bromsilbergelatine platten verlangt 
sehr grosse Gewissenhaftigkeit in der Ausführung der ver- 
schiedenen Arbeiten. Obwohl zur Herstellung dieser Platten 
in grossem Massstabe spezielle und teure Einrichtungen er- 
forderlich sind, braucht man zu deren Herstellung im kleinen 
und für den eignen Gebrauch deren nur wenige. Wir kennen 
nicht wenige Amateure, welchen es eine grosse Freude macht, 
ihre Negative mit Platten eigener Präparation herstellen zu 
können. Die grösste Schwierigkeit besteht in dem Giessen 
der Platten, welche, mit der Hand ausgeführt, stets unvoll- 
kommene Resultate liefert. 

Bevor wir zu der eigentlichen praktischen Herstellungs- 
methode übergehen, mögen hier einige allgemeine Betrachtungen 
über einige Präparate und gewisse Arbeiten Platz finden. 
Beginnen wir mit der Gelatine. Die Gelatine stellt man her 
durch langes Auskochen von Tierhäuten, von Fischknorpeln 
und von Tierknochen (nachdem diese von dem mineralischen 
Teile durch Behandlung mit verdünnter Salzsäure befreit 
worden sind). 

Die Gelatine besteht bekanntlich aus zwei gut zu unter- 
scheidenden Substanzen: Glutin und Chondrin. Beide sind 
in warmein Wasser löslich und erstarren beim Erkalten. Das 
Chondrin neigt jedoch mehr zur Bildung unlöslicher Ver- 
bindungen mit Alaun und anderen Salzen. Unseres Erachten^ 
dürfte für die Herstellung der Emulsionen das Chondrin am 
wichtigsten sein. Die Zusammensetzung der trockenen Gelatine 
ist nach Hunt die folgende: 

Kohlenstoff 50,1 Prozent, 

Wasserstoff 6,6 

Stickstoff 18,3 

Die Gelatine kommt in den Handel in Form dünner, 
durchsichtiger und farbloser Folien. Sie ist in kaltem Wasser 
unlöslich, quillt jedoch darin auf; die Menge des aufgenommenen 
Wassers variiert mit der Qualität und kann bis über das 
Doppelte des Gelatinegewichtes betragen. In warmem Wasser 
gibt die Gelatine eine vollkommen farblose Lösung: Durch 
langes Kochen in Wasser verändert sich die Gelatine und 
verliert dadurch ihre Eigenschaft, beim Erkalten zu erstarren. 



— 123 — 

Man nimmt an, dass die Gelatine durch langes Kochen in 
Wasser in zwei verschiedene Körper, das Semiglutin und 
Emicollin zerfallt. Die sauren und alkalischen Substanzen 
verändern die Gelatine auch in kaltem Zustande, indem die- 
selbe die Eigenschaft verliert, beim Erkalten zu erstarren. 
Das Aetznatron und Aetzkali Oben eine sehr energische Wirkung 
auf die Gelatine aus. Weniger energisch wirken das Ammoniak 
und die Karbonate der Alkalien. Wenn man die nötige Vor- 
sicht anwendet, kann man die Gelatine mit verdünnten 
Ammoniak- und Karbon ad ösungen schwach erwarmen, ohne 
dass sie dabei die Eigenschaft des Erstarrens verliert oder 
merklich verändert wird. 

Der gewöhnliche Alaun (Kaliumaluminiumsulfat) und der 
Chromalaun (Kaliumchromosulfat) in nicht zu verdünnter kalter 
Lösung machen die Gelatine unlöslich. Die Gerbsäure und 
die Gallussäure fällen die Gelatine aus den Lösungen aus und 
bilden unlösliche Verbindungen. Auch genügend konzentrierte 
Lösungen von Quecksilberchlorid fällen die Gelatine. Das 
Formaldehyd (CH^O), gewöhnlich auch Formalin genannt, 
wirkt sehr energisch auf die Gelatine und macht sie unlöslich, 
welche Eigenschaft, wie wir sehen werden, in der Praxis in 
vielen Fällen vorteilhafte Verwendung finden kann. Es bildet 
i-ich dabei eine Verbindung, welche Formolgelatine genannt 
wird und welche sowohl kochendem Wasser, wie vielen auf 
die Gelatine wirkenden Reagentien widersteht. 

Wenn der im Wasser aufgeweichten oder gelösten Gelatine 
keine an ü septischen Mittel (Karbol-, Essig-, SaÜcylsäure u. s.w.) 
zugesetzt werden, so geht sie in Fäulnis über (hervorgerufen 
durch Mikroorganismen) und wird infolge dessen flüssig. Bei 
diesem Fäulnisprozesse entwickeln sich beträchtliche Mengen 
Ammoniak. Die trocknen Gelatine folien halten sich dagegen, 
wenn sie trocken aufbewahrt werden, unbegrenzt. In Gegen- 
wart von Feuchtigkeit tritt früher oder später immer die 
Fäulnis ein. 

Die Qualität der Emulsion hängt in hohem Grade von 
der Qualität der Gelatine ab. Alle angegebenen Ursachen 
von Veränderungen der Gelatine, welche entweder vor oder 
während der Herstellung der Emulsion auftreten könnten, 
müssen vermieden werden, weil eine Veränderung der Gelatine 
unbedingt Schleierbildung in der Emulsion zur Folge haben 
würde. Unter Schleier (wir erwähnen es gleich an dieser 
Stelle) verstehen wir eine im Entwickler auftretende allgei 



— 134 — 

mehr oder weniger intensive Schwärzung der empfindlichen 
Schicht. 

Die zur Herstellung der Emulsionen benutzte Gelatine 
muss vollkommen frei von reduzierenden Substanzen sein, da 
solche auf die Silbersalze wirken und die Emulsion dann im 
Entwickler schieiern würde; mitunter kann infolge solcher 
Unreinheiten in der Gelatine eine sichtbare Zersetzung, d. h. 
Schwärzung des Silbersalzes bewirkt werden. Die Gelatine 
muss vollkommen fettfrei sein; die Fettteilchen kann man 
erkennen, wenn man eine Gelatinelosung bei schwacher Wärme 
einige Zeit stehen lasst. Das eventuell vorhandene Fett steigt 
in Form von öligen Blasen an die Oberfläche. 

Eine vicrprozentige Gelatinelosung muss bei etwa 20 Grad C. 
erstarren, die erstarrte Masse muss bei einer um 8 bis 10 Grad 
höheren Temperatur, als die Erstarrungstemperatur war, 
schmelzen. Je höher der Erstarrungs- und Schmelzpunkt, 
desto besser ist die Qualität der Gelatine, vorausgesetzt, dass 
sie sich bei 40 bis 50 Grad im Wasser vollkommen löst. 

Einige empfehlen, die Gelatine durch längeres Waschen 
mit kaltem Wasser von gewissen, bisweilen darin vorkommenden 
löslichen Stoffen (Gummi) zu reinigen. Diese Waschung übt 
jedoch einen nachteiligen Einfluss auf die Gelatine aus und 
ist deshalb nicht zu empfehlen; wir können höchstens empfehlen, 
die Gelatine einfach in Wasser zu tauchen, nach dem Auf- 
quellen das Wasser wegzugiessen und die Gelatine auszupressen. 

Im Handel befinden sich zwei spezielle Sorten Gelatine 
für Emulsionen: die harte und die weiche. Erstere liefert 
Lösungen von höherem Erstarrungs- und Schmelzpunkt und 
eine konsistentere, gelatinöse Masse. Zur Herstellung von 
Bromsilbergelatine -Emulsionen muss man ausschliesslich die 
eigens zu diesem Zwecke präparierten Gelatinesorten ver- 
wenden. Die gewöhnliche Gelatine des Handels, auch Fisch- 
leim genannt, ist absolut zu verwerfen, da sie ein zu unreines 
und ausserdem zu weiches Produkt ist, welches namentlich für 
die ammoniakatischen Emulsionen vollkommen unbrauchbar ist. 

Zur Herstellung der harten Gelatine verwendet man nur 
auserlesenes Material und verfährt beim Kochen mit der 
grössten Sorgfalt, um ein Ueberhitzen zu vermeiden; zuletzt 
wird etwas Alaun zugesetzt. Die besten im Handel vor- 
kommenden Gelatinesorten sind die aus Winterthur (Schweiz), 
von Heinrichs in Höchst a. M. und von Nelson in London. 



XVIII. Kapitel. 

Ueber die Reifung der Emulsionen. 



Fällung des Bromsilbers in wässerigen und in Gelatine- 
lösungen. — Sensibilisierende Wirkung der Gelatine. — Reifung. — 
Deren Wichtigkeit. — Notwendigkeit der Reifung in Gegenwart über- 
schüssiger, loslicher Bromsalze. — Relative Verhältnisse des Silber- 
nitrates und des verwendeten Bromkaliums. — Mittel gegen den 
Schleier und Verzögerer. — Reifung bei niederer Temperatur. — 
Höchste Temperatur, bei welcher die Reifung noch vor sich gehen 
kann. — Wirkungsweise der Wärme. — Vergrosserung des Silber- 
kornes bei der Reifung. — Reifung in Gegenwart von Ammoniak. — 
Verschiedene Wirkungsweise des Ammoniaks, je nachdem der Zusatz 
desselben vor oder nach der Bildung des Bromsilbers erfolgt. — 
Wirkung des Ammoniaks auf die Gelatine. — Verwendung von 
Ammomumkarbonat (kohlensaurem Ammoniak) an Stelle des Ammo- 
niaks. — Farbe der Emulsion vor und nach der Reifung. 

Wir haben bereits erwähnt, dass durch Zusammenmischung 
einer kalten Bromkaliumlösung oder eines anderen löslichen 
Bromides mit einer Silbemi iratlösung ein kaseartiger, gelblicher 
Niederschlag von Bromsilber entsteht, welcher durch Schütteln 
pulvrig, durch Erwärmen körnig wird und grosse Empfindlich- 
keit gegen Eicht besitzt. Verwendet man an Stelle einer 
wässerigen eine gelatinehaltige Bromkaliumlösung, so geht 
ungefähr der gleiche Prozess vor sich. Die in Gegenwart von 
Gelatine entstehen den Bromsilberteilchen bleiben in der Gelatine- 
lösung suspendiert (in Schwebe! und bilden eine hellgelbe 
Emulsion. Durch Erwärmen der Emulsion wird das Brom- 
silber körnig und sehr empfindlich; durch die Gegenwart der 
Gelatine wird der Empfindlichkeitsgrad ein bedeutend höherer 
als ohne dieselbe. Dies berechtigt zu der Annahme, dass die 
Gelatine eine chemische Wirkung auf die Bromsilberpartik eichen 
ausübe, wodurch dieselben leichter einen durch die geringste 
Lichtwirkung zerstörbaren Gleichgewichtszustand annehmen 
können, welche Lichtwjrkung durch Entwicklungsmittel sichtbar 
zu machen ist. Unter Reifung versteht man denjenigen 
Vorgang, durch welchen das gegen Licht verhältnismässig 
unempfindliche Bromsilber in die hochempfindliche, körnige 
Form umgewandelt wird. 

Man kann dabei auch die Ansicht vieler gelten lassen, 
dass das Bromsilber in dieser (kömigen) Form eine viel grössere 
Absorptionsfähigkeit für das Licht besitze und dass dessen 
beträchtliche Empfindlichkeit diesem Umstände zuzuschreiben 



— ia6 — 

sei. Unter allen bei der Herstellung der empfindlichen Brom- 
silbergelati ne- Emulsion erforderlichen Arbeiten ist die Reifung 
ohne Zweifel die wichtigste und auf welche die grösste Sorg- 
falt verwendet werden muss. Dieselbe kann auch , allerdings 
unter betrachtlich längerem Zeitaufwande , kalt vorgenommen 
werden. 

Die Schnelligkeit des Reifungsprozesses sowie der erreich- 
bare Empfindlichkeitsgrad der Emulsion sind nicht allein nach 
der Temperatur, sondern auch nach den in der Emulsion selbst 
enthaltenen Substanzen wesentlich verschieden. Es ist daher 
von grösstem Interesse, diesen so wichtigen Vorgang der 
Reifung und die darauf Einfluss habenden Umstände etwas ein- 
gehender zu studieren. Bei den ersten Versuchen, Bromsüber- 
gelaüne- Emulsion herzustellen, wendete man eine geringere 
Menge Bromkaliutn an, als zur vollständigen Zersetzung des 
vorhandenen Silbernitrates erforderlich war. Auf diese Weise 
blieb in der Emulsion etwas Silbemitrat , welches der frisch 
bereiteten Emulsion eine grössere Empfindlichkeit verlieh; die 
Reifung konnte jedoch nur bei sehr niedriger Temperatur vor- 
genommen werden, da sonst zu leicht Schleier entstanden 
wären. Die Anfangsempfindlichkeit konnte daher bei solchen 
Emulsionen nicht viel erhöht werden. 

Später entdeckte man, dass .die mit Ueberschuss an lös- 
lichen Bromsalzen hergestellten Emulsionen anfangs allerdings 
weniger empfindlich sind als die mit Silbe rnitratflberschuss 
präparierten, dass indessen mit Hilfe der Reifung, die bei 
relativ hohen Temperaturen ohne Schleierbildung vorgenommen 
werden kann, eine viel höhere Empfindlichkeit erreichbar i^t 
als bei den ersteren. Das erste, was bei der Herstellung von 
Emulsionen berücksichtigt werden muss, ist, dass bei der 
Fällung des Bromsilbers eine so grosse Quantität Bromkalium 
oder eines anderen löslichen Bromsalzes verwendet wird, dass 
dasselbe nach der Zersetzung des vorhandenen Silbernitrates 
noch im Ueberschuss bleibt. 

Die sich entsprechenden Mengen von Silbernitrat und 
Bromkalium sind 2 Teile von dem ersten und 1,4 Teile von 
dem zweiten, d. h. wenn man 2 Teile Silbernitrat und 1,4 Teile 
Bromkalium verwendet, so zersetzen sich die beiden Körper 
vollkommen. Damit also ein geringer Bromkaliumüb er schusS 
zurückbleibt, muss man eine etwas grössere Menge dieses 
Salzes verwenden. Das vorteilhafteste Verhältnis ist 5 Teile 
Silbernitrat und etwa 4 Teile Bromkalium. Zu viel Bromkalium 



— 137 — 

würde bei der Entwicklung zu schwache Bilder liefern und 
infolgedessen schädlich sein. Es ist zu beachten, dass die- 
jenigen Substanzen, wie das Bromkalium, welche die Schleier- 
bildung bei der Reifung der Emulsion verhüten, dieselben 
sind, welche bei der Entwicklung als Verzögerer und daher 
als schleier hindernd verwendet werden. 

Die Reifung der Emulsionen, d. h. die Umwandlung des 
Bromsilbers in die empfindliche Form, kann auch bei relativ 
niedriger Temperatur und auch kalt in der vollkommen er- 
starrten Emulsion vor sich gehen. Die Umwandlung geht 
jedoch in diesem Falle viel langsamer vor sich und ist der 
damit erreichte Empfindlichkeitsgrad von Emulsionen, welchen 
kein Ammoniak zugesetzt ist, ein bedeutend geringerer als 
der durch relativ hohe Temperaturen erreichbare. 

Die Maximaltemperatur, bei welcher eine Emulsion ohne 
Schleiergefahr- gereift werden kann, ist nach Qualität und 
Quantität der in der Emulsion enthaltenen Substanzen ver- 
schieden. Bei Gegenwart von Ammoniak und alkalischen 
Substanzen Oberhaupt, geht die Reifung bei verhältnismässig 
niederer Temperatur vor sich und ist in diesem Falle die 
Maximal temperatur bedeutend niedriger als bei der neutralen 
oder schwach sauren Emulsion. 

Eine schwach saure Emulsion kann ohne Bedenken eine 
Stunde auf 100 Grad, und auf 120 Grad auf etwas kürzere 
Dauer erhalten werden. Bei den alkalischen Emulsionen kann 
man jedoch nicht über 55 Grad gehen ohne Schleiergefahr, 
und man muss sich auf 45 bis 50 Grad beschränken. Bei 
Gegenwart eines relativ beträchtlichen Ueberschusses an lös- 
lichem Bromsalz kann das Erhitzen bei höherer Temperatur 
erfolgen; auch die Gegenwart einer kleinen Menge Jodsilber 
erhöbt die Widerstandsfähigkeit der Emulsion gegen die Hitze. 
Bei der Besprechung des latenten Bildes erwähnten wir 
bereits, dass auch die Wärme eine latente Modifikation in 
der Emulsion erzeugen kann. Man kann daher annehmen, 
dass, wenn bei der Reifung der Emulsionen eine bestimmte 
Temperatur überschritten wird (solche variiert nach der Her- 
stellungsart der Emulsion), die Bromsilberteilchen eine derartige 
Molekularveränderung erfahren, dass sie durch den Entwickler 
zersetzbar, resp. entwicklungsfähig werden. Während also 
die Wärme zur Erreichung des speziellen Gleichgewichtes der 
Brom silberteil eben , auf welchem ihre ganze Lichtempfindlich- 
keit beruht, gedient hat, zerstört sie dasselbe durch längere 



— 128 — 

Einwirkung gerade in derselben Weise, wie dieses durch das 
Licht geschehen kann, und die Emulsion wird infolgedessen 
verschleiert. 

Wird aber die Temperatur über gewisse Grenzen hinaus 
erhöht und die Dauer des Erwärmens zu sehr verlängert, so 
vollzieht sich nicht allein eine latente Veränderung, sondern 
eine wirkliche Schwärzung infolge Zersetzung des Silbersalzes 
in Gegenwart der Gelaüne. Bei der Reifung nehmen die 
Bromsilberteilchen an Dicke zu. Ihr Durchmesser kann von 
0,0008 mm auf 0,02 mm wachsen. Eine Emulsion mit zu 
grobem Korn ist in der Praxis nicht gut verwendbar; die 
damit hergestellten Platten zeigen ein sichtbares Korn, wobei 
die feinsten Details verloren gehen. Ein zu starkes oder zu 
langes Erhitzen, eine zu geringe Menge Gelatine oder loslichen 
Bromsalzes sind die gewöhnlichen Ursachen einer übermässigen 
Vergrösserung der Bromsilberkörnchen. Die Gegenwart von 
etwas Alkohol während der Reifung scheint die Herstellung 
einer feinkörnigen Emulsion zu erleichtern. Eine wesentliche 
Verbesserung bei der Herstellung der Emulsionen wurde durch 
die Verwendung von Ammoniak erreicht, wodurch die Empfind- 
lichkeit um ein Beträchtliches erhöht und Platten erhalten 
wurden, welche bei der Entwicklung kräftigere Bilder geben. 

Anfangs wurde das Ammoniak im Verhältnis von 1 bis 
3 Prozent vor dem Erwärmen der Emulsion zugesetzt. Später 
wurde es der Silbernitratlösung so lange zugesetzt, bis der 
ursprüngliche Niederschlag wieder aufgelöst war und die so 
erhaltene ammoniakalische Silbernitratlösung der Gelatine- 
Bromkaliummischung zugesetzt. Diesen Weg schlägt man auch 
heute noch ein, weil er zu den besten Resultaten und zu der 
höchsten Empfindlichkeit führt, denn es ist hinsichtlich der 
Resultate durchaus nicht gleichgültig, ob das Ammoniak erst 
nach Fällung des Bromsilbers zur Emulsion zugesetzt wird, 
oder ob es schon vor der Entstehung desselben zugegen ist. 
Infolge des Ammoniakzusatzes zu der Silbern itratlösung bis 
zur Wiederauflösung des Niederschlages von Silberoxyd ent- 
steht, wie wir es bei den Sübersalzcn bereits erwähnt haben, 
eine Verbindung von Ammoniak und Silbernitrat, welche Dach 
Mitscherlich der chemischen Formel aNH :l AgNO a entspricht 

Wird nun diese ammoniakalische Silbemitrad Ösung der 
mit Gelatine gemischten Brom kaliu ml ösung zugesetzt, so ent- 
steht dabei Bromsilber und Kaliumnitrat, währen das Ammoniak 
frei bleibt, welches, da es flüssig ist, beim Erwärmen der 



— I2 9 — 

Emulsion in einem offenem Gefasse teilweise entfernt wird. 
Das Erhitzen der Gelatine bei Anwesenheit von Ammoniak 
verändert dieselbe derartig, dass sie ihre Klebekraft einbüsst 
und schwerer erstarrt. Solche Veränderungen der Gelatine 
sind die Ursache, dass die Bildhaut sich vom Glase ablöst 
und kräuselt, wenn die Platten entwickelt oder mit den 
folgenden Bädern behandelt werden; dies verursacht natürlich 
grosse Unannehmlichkeiten. 

Um dem vorzubeugen, pflegt man die Reifung nur mit 
einem Teile der Gelatine vorzunehmen, während der Rest 
nach dem Erhitzen hinzugefügt wird. Von vielen wird ver- 
sichert, dass bei sonst gleichen Umständen, je geringer die 
beim Erhitzen gegenwärtige Gelatinemenge, desto grösser die 
Empfindlichkeit der Emulsion sei; aus unseren neueren Ver- 
suchen geht jedoch hervor, dass die bei der Reifung vor- 
handene Gelatinemenge Fast gar keinen Einfluss auf die 
Empfindlichkeit der Emulsion hat, während die Ammoniak- 
menge von sehr grosser Bedeutung und die Menge der Jod- 
salze ebenfalls von Wichtigkeit ist. Um die beim Erhitzen 
in Gegenwart von Ammoniak eintretende Veränderung der 
Gelatine zu verhindern, ist es unbedingt erforderlich, dass der 
vor dem Reifen zugesetzte Teil der Gelatine harte Gelatine 
sei. Wenn die fertige Emulsion zu weich ist und aus diesem 
Grunde schlecht am Glase haftet, so kann man dieselbe durch 
Zusatz von etwas Chromalaunlösung wesentlich verbessern 
(5 cem einer zweiprozentigen Lösung für je 1 Liter Emulsion!). 
Das Ammoniumkarbonat (kohlensaures Ammoniak) äussert bei 
der Reifung, wenn auch in viel geringerem Grade, dieselben 
Wirkungen wie das Ammoniak. 

Es trägt auch zu der leichteren Reifung bei, allein man 
erhält nicht die mit Ammoniak erreichbare Empfindlichkeit. 
Es bietet dagegen den Vorteil, dass es die Gelatine weniger 
verändert und leichter die Schleierbildung während des Reifungs- 
prozesses verhütet, weshalb man dem Ammoniumkarbonat bei 
diesem Prozesse den Vorzug geben sollte, wenn keine grosse 
Empfindlichkeit verlangt wird. Das Ammoniumkarbonat wird 
jedoch der Lösung der Gelatine und der Bromsalze und nicht 
der Silbernitratlösung zugesetzt. Da man nichts Bestimmtes 
über die Molekularveränderungen, welchen die Bromsilber- 
partikelchen bei der Reifung unterworfen sind, weiss, so kann 
man auch nicht bestimmt angeben, in welcher Weise das 
Ammoniak und das kohlensaure Ammoniak (Ammoniumkarbonat) 

Ximlia, Handbuch der photop-. Chemie. 9 



— 130 — 

bei dieser Reifung in günstiger Weise wirken. Man kann 
jedoch annehmen, dass selbst die geringe, von diesen Sub- 
stanzen auf das Bromsilber ausgeübte auflösende Wirkung bei 
dem Umwandlungsprozess von Kinfluss ist. 

Bei der Reifung ändert sich die Farbe der Bromsilber- 
partikelchen, indem dieselben von einer anfangs hellgelben in 
eine olivengrüne übergeht. In der Durchsicht betrachtet, zeigt 
sich eine sehr dünne Emulsionsschicht vor der Reifung rötlich- 
gelb und nach derselben rotviolett oder grauviolett oder blau- 
grau. Das Gesagte gilt für das reine, unter gewissen Bedingungen 
erhaltene Bromsilber. Bei Gegenwart von Jodsilber oder von 
gewissen Substanzen an Stelle von anderen während der 
Reifung ändert sich die Farbe derF.mulsion mehr oder weniger. 



XIX. Kapitel. 

Empfindlichkeit der Emulsionen. 



Bedingungen zur Erhaltung hochempfindlicher Emulsionen. — 
Innere Gründe für die Unterschiede der Empfindlichkeit. — Unwahr- 
scheinlichkeil der Existenz einer mit der Zahi der Empfindlichkeits- 
grade übereinstimmenden Anzahl verschiedener Formen des Brom- 
silbers. — Die verschiedene Empfindlichkeit isl vielleicht das Produkt 
verschiedener Mischungsverhältnisse der weniger und der hoch- 
empfindlichen Bromsilberformen. — Wirkung der Gelatine und der 
alkalischen Substanzen. 

Wir haben gesehen, dass zur Erhaltung eines hohen 
Empfindlichkeitsgrades der Emulsionen die Reifung unter 
gewissen Bedingungen vor sich gehen muss, und zwar: 

i. Bei relativ hoher Temperatur und relativ langer Ein- 
wirkung derselben. 

2. In Gegenwart von Ammoniak oder anderen alkalischen 
Substanzen. 

Je nach den Umständen, unter welchen die Emulsionen 
präpariert worden sind, ändert sich die Empfindlichkeit der 
Emulsionen, und die Anzahl der zu erlangenden Empfindlich- 
keitsgrade ist tatsächlich eine unendlich grosse. Unseres 
Erachtens wäre daher das noch von keiner Seite aufgenommene 
Studium der inneren Gründe für diese Verschiedenartigkeit 



— i3i — 

des Empfindlichkeitsgrades von grösstem Interesse. Entspricht 
nun vielleicht jedem Empfindlichkeitsgrade eine andere Modi- 
fikation des Bromsilbers? Dies würde der Vermutung gleich- 
kommen, dass das durch Fällung des Silbernitrates mit einem 
Ueberschusse an löslichem Bromkalium in der Kälte dargestellte 
relativ unempfindliche Bromsilber die Fähigkeit besässe, bei 
der Reifung nach und nach immer empfindlichere Formen 
bis zu einem Maximum anzunehmen, über welche hinaus die 
Emulsion schieiert. 

Demnach würde zwischen der unempfindlichen Form des 
Bromsilbers und derjenigen Modifikation, aus welcher das 
latente Bild besteht, eine überaus grosse Anzahl von Zwischen- 
formen mit ebenso vielen Empfindlichkeitsgraden vorhanden 
sein. Aber es ist nicht wahrscheinlich, dass eine und dieselbe 
Verbindung in einer unbegrenzten Zahl von verschiedenen 
Modifikationen existieren könnte, die sämtlich haltbar sein 
sollen, wenn sie dem Einflüsse der physikalischen Agenden 
entzogen werden. 

Dagegen scheint es viel rationeller zu sein, anzunehmen, 
dass die verschiedenen Empfindlichkeitsgrade darin ihren 
Grund haben, dass das weniger empfindliche und das hoch- 
empfindliche Bromsilber in verschiedenen Verhältnissen in den 
Emulsionen miteinander gemischt vorkommen. Die Modifikation 
des lichtempfindlichen Bromsilbers ist als eine Uebergangsform 
zu betrachten, welche das gefällte Bromsilber durch die Wirkung 
einer allmählich gesteigerten und fortgesetzten Erwärmung 
oder durch die Wirkung alkalischer Substanzen annimmt, auf 
welche Form eine andere folgt, aus welcher das latente Bild 
besteht. Diese Form könnte man die reduzierbare nennen; 
zuletzt tritt die sichtbare, mit der Zunahme der Temperatur 
und der Zeit der Erhitzung allmählich zunehmende Zersetzung 
de* Bromsilbers ein. 

Da der Uebergang von der reduzierbaren Form in den 
Zustand der Zersetzung allmählich stattfindet und die Zahl 
der zersetzten Partikelchen um so grösser ist, je intensiver 
und je ausgedehnter die Erhitzung war, so wird analog dem 
Lebergange von der wenig empfindlichen zu der hochempfind- 
lichen Form des Bromsilbers die Zahl der in die hochempfind- 
liche Form übergegangenen Bromsüberpartikelchcn und daher 
auch die Empfindlichkeit der Emulsion um so grösser sein, 
je länger und je stärker die Erhitzung war. Es scheint 
daher die Annahme vollkommen logisch zu sein, dass die 



— 13» — 

verschiedenen Empfindlichkeitsgrade der Emulsionen von den 
wechselnden Verhältnissen abhangig sind, in welchen die 
wenig- und die hochempfindliche Modifikation des Bromsilbers 
in den Emulsionen zueinander stehen. Wenn man die hoch- 
empfindliche Modifikation des Bromsilbers als eine der Zer- 
setzung vorangehende Uebergangsform ansieht, so ist es leicht 
erklärlich, dass alle Substanzen, welche die Fähigkeit besitzen, 
das Bromsilber durch die Wärme zu zersetzen oder die Zer- 
setzung zu erleichtern, auch im stände sind, die Darstellung 
von Emulsionen höherer Empfindlichkeit zu erleichtern. In 
diesem Sinne wirken mutmasslich auch die Gelatine und die 
alkalischen Substanzen; bei allen kann man annehmen, dass 
sie das Bestreben haben, das Bromsilber zu zersetzen, um 
das Brom an sich zu ziehen. 

Die Gelatine, das Ammoniak, das Ammonium-, Natrium- 
und Kaliumkarbonat fahren in Gegenwart von Wärme diese 
Zersetzung herbei, und ihre sensibilisierende Wirkung macht 
sich daher in der Wärme am bemerkbarsten. Das Aetzkali 
und Aetznatron (Kalium- und Natriumhydroxyd) zersetzen 
auch in der Kälte das Bromsilber und können daher auch 
ohne Beihilfe von Wärme eine merkliche Empfindlichkeits- 
erh&hung bewirken. In der Praxis benutzt man tatsächlich 
diese Eigenschaft, indem man den Emulsionen ein kleines 
Quantum Aetzkali oder Aetznatron zusetzt. 

Es ist uns bekannt, dass bei der schon besprochenen 
Bromsilber- Kollodiumemulsion ein viel geringerer Empfindlich- 
keitsgrad als bei den Bromsilber- Gelatine- Emulsionen erreichbar 
ist. Der Grund hierfür ist hauptsächlich darin zu suchen, 
dass die Gelatine sich leicht mit Brom verbindet, während 
dies bei dem Kollodium durchaus nicht der Fall ist. 

Durch die Wirkung des Ammoniaks erleidet die Gelatine 
eine Veränderung, infolge deren sie bei dem Reifungsprozesse 
wahrscheinlich eine noch grössere sensibilisierende Wirkung 
ausübt. 

Die hier angestellten Betrachtungen mögen dazu dienen, 
in ein noch so dunkles Gebiet, wie es die Empfindlichkeit 
der Emulsionen ist, etwas mehr Licht zu werfen. Auf Tat- 
sachen und Analogieen haben wir eine Theorie gegründet, 
welche, wenn sie auch nicht allgemein annehmbar erscheint, 
doch dazu sich eignet, sehr viele Tatsachen (Erscheinungen) 
logisch zu erklären. Die Grundzüge dieser Theorie sind die 
folgenden : 



— 133 — 

I. Das Bromsilber existiert in zwei Molekular- 
modifikationen, von welchen die eine mehr, die 
andere weniger empfindlich ist; je nach dem Ver- 
hältnis, in welchem die beiden Modifikationen in 
der Emulsion vorkommen, ändert sich die Empfind- 
lichkeit derselben. 

a. Die empfindliche Form des Bromsilbers ist 
eine, der Zersetzung vorangehende Uebergangsform, 
infolgedessen alle auf die Zersetzung Einfluss 
habenden Umstände auf die Empfindlichkeit den- 
selben Einfluss ausüben. 



XX. Kapitel. 

Der Emulsionsschleier. Wirkung des 
Jodsilbers auf die Emulsionen. 

Ursachen der Schleierbildung. — Schleierzerstörende 
Substanzen. — Verwendung des Bichromates zur Entfernung des 
Schleiers. — Wirkung der schleierverhütenden Substanzen. — Ein- 
fluss des Chlor- und Bromsilbers auf die Emulsionen. — Unterschied 
in der Wirkung des Jodsilbers, je nachdem dasselbe mit dem Brom- 
silber zugleich gefällt, oder nachher zugesetzt wird. Menge des 
zuzusetzenden Jodsilbers. — Klärende Wirkung des Jodsilbers. 
— Wirkung des Jodkaliums auf das Brom- und Chlorsilber. — 
Maximalempfindlichkeit der jodsilberenthaltenden Emulsionen für 
das Spektrum. 

Wie bereits erwähnt wurde, nennt man eine Emulsion 
eine verschleierte, wenn sich dieselbe unter dem Einflüsse 
der Entwickler mehr oder weniger stark schwärzt. Der 
Emulsionsschleier kann auf verschiedene Weise entstehen: 
entweder durch die Wirkung eines etwas zu stark aktinischen 
(chemisch -wirksamen) Lichtes während der Präparation, oder 
durch eine zu starke oder zu lange Erhitzung oder durch 
eine schlechte, bei der Herstellung der Emulsion verwendete 
Gelatinesorte. Indessen kann die Schleie rbildung auch noch 
andere Grflnde haben, entweder hat man bei der Herstellung 
der Emulsion keine rationell zusammengestellte Vorschrift 
benutzt, oder man hat sich keine Rechenschaft gegeben 



— 134 — 

hinsichtlich der früher besprochenen, dabei in Betracht 
kommenden Grundsätze; ausserdem können auch noch andere 
Ursachen zur Schleierbildung vorhanden sein. So kann der 
Gebrauch einer zu geringen Quantität Bromsalz 
während der Reifung oder eine zu grosse Menge Ammo- 
niak oder der Zusatz einer, wenn auch kleinen Quantität 
Aetzalkali (Aetzkali oder Aetznatron) als Ursache der Schleicr- 
büdung angesehen werden. 

Auch das unvollständige Waschen der am monia kaiischen 
Emulsion vor dem Giessen der Platten kann einen, entweder 
sofort oder einige Zeit nach der Prä parat ion auf den 
trockenen Platten sich zeigenden Schleier verursachen, 
welcher von einer längeren Einwirkung des in der Emulsion 
zurückgebliebenen Ammoniakrestes herrührt. 

Gegen den Emulsionsschleier wirken besonders das 
Chlor und das Jod. 

Alle diese Substanzen wirken, auch in sehr verdünnten 
Lösungen, nach kurzer oder längerer Zeit zerstörend auf den 
Em ulsions schleier, vorausgesetzt, dass derselbe nicht zu 
bedeutend ist. 

Das Chlor kann in reinem Zustande in wässeriger 
Lösung verwendet werden. Da die Herstellung einer Chlor- 
lösung unangenehm ist, so pflegt man eine chlorentwickelnde 
Mischung zu verwenden, z.B. Salzsäure, entweder mit über- 
mangansaurem Kali oder mit Kali um Dichromat oder mit Wasser- 
stoff superox3'd. 

Das Jod verwendet man entweder in alkoholischer 
Lösung oder in Jodkaliumlösung gelöst. 

Das Brom kann nicht zur Verwendung gelangen, da es 
die Gelatine unlöslich macht und infolgedessen nur ober- 
flächlich wirken würde. 

Auch gewisse Chloride und Bromide, wie das Kupfer- 
bromid und das Kupferchlorid, können in stark verdünnter 
Lösung verwendet werden. Nach unseren Erfahrungen hat 
sich auch eine einprozentige Ammoniuinpersulfatlösung 
als Schleierzerstörer bewährt. 

Auch das Kaliumbichromat wirkt gegen den Schleier, 
jedoch nicht in jedem Falle, und seine Wirkung ist im all- 
gemeinen eine unvollkommene. Wir stützen uns hierbei auf 
unsere eingehenden Versuche und können daher der Ansicht 
vieler, welche dem Bichromate eine energische schleier- 
zerstörende Wirkung zuschreiben, nicht beistimmen. 



— 135 — 

Die angegebenen Substanzen oben ihre seh leierzerstören de 
Wirkung sowohl auf die gelatinöse, als auch auf die trockene 
Emulsion aus. Sie beeinträchtigen jedoch sehr stark die 
Empfindlichkeit, welche bedeutend vermindert wird. Ihre 
Anwendung ist aus diesem Grunde sehr wenig empfehlenswert, 
ausser, wenn die damit erhaltenen Platten nur zu Repro- 
duktionszwecken oder zu Glasdiapositiven dienen 
sollen. 

Alle Substanzen, welche gegen den Emulsionsschleier 
wirken (und daher auch das latente Bild zerstören), wirken 
auch auf das Silber und die Subsalze desselben, indem sie 
dieselben in Chloride, Bromide und Jodide verwandeln. Und 
dies ist einer der Grunde, weshalb viele glauben, dass die 
Entstehung des latenten Bildes auf eine chemische Reduktion 
zurückzuführen sei. 

Da wir aber die Entstehung des latenten Bildes auf eine 
molekulare Modifikation zurückführen, so ist die Wirkung 
dieser Substanzen durch die Annahme zu erklären, dass 
dieselben die Fähigkeit besitzen, die Bromsilbermoleküle in 
den Zustand zurückzuversetzen, welcher eine Reduktion 
durch alkalische Entwickler nicht zulässt. Da unserer An- 
sicht nach die reduzierbare Form des Bromsilbers eine der 
Zersetzung des Bromsilbers vorangehende Uebergangsform 
ist, so ist es sehr wohl denkbar, dass diese Substanzen, 
welche auf das zersetzte Sitbersalz in der Art wirken, dass 
es in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt wird 
id. h. nicht reduzierbar zu sein), auch das noch nicht in den 
Zersetzungszustand übergegangene, aber für dieselbe empfäng- 
liche Brorasilber in ähnlicher Weise in den ursprünglichen 
Zustand zurückführen können. 

Von sehr grosser Wichtigkeit ist es, genau den Einfluss 
kennen zu lernen, welchen das Chlor- und besonders das 
jodsilber auf die Bromsilbergelatinc-Emulsion ausübt. 

Das Chlorsilber wird durch die alkalischen Ent- 
wickler leichter als das Bromsilber reduziert, das 
Jodsilber dagegen schwerer als das Bromsilber. 

Durch einen Chlor- oder Jodsilberzusatz wird die Brcm- 
silbergelatine -Emulsion demnach entsprechend leichter oder 
schwerer durch den Entwickler reduzierbar. Der Zusatz von 
Chlorsilber zu einer Emulsion bietet tatsächlich keine Vorteile 
und erzeugt Emulsionen von geringerer Empfindlichkeit; auch 



— 136 - 

halten sich Emulsionen mit Chlorsilbergehalt weniger gut. 
Ein kleiner Zusatz von Jodsilber ist dagegen für die Em- 
pfindlichkeit von Vorteil und liefert ausserdem weniger zum 
Schleier geneigte Emulsionen, welche infolgedessen klarere 
Bilder geben. 

Die Bilder auf j od silberhaltigen Emulsionen entwickeln 
sich langsamer. Die Wirkung desselben auf die Emulsion 
ist eine verschiedene, je nachdem es besonders gefällt 
und dann der Emulsion zugesetzt oder ob es mit 
dem Bromsilber zusammen gefallt wird. 

Die zweite Methode ist vorzuziehen, weil mit ihr empfind- 
lichere Emulsionen und bedeutend bessere Resultate erhalten 
werden. Um die gleichzeitige Fällung des Brom- und des 
Jodsilbers zu erreichen, setzt man der Gelati nelösung ausser 
dem Bromkalium auch etwas Jodkalium zu. Bei dem all- 
mählichen Zusätze des Silbernitrats wird das Brom- und das 
Jodsilber zusammen gefallt. Das verschiedenartige Verhalten 
des Jodsilbers, je nachdem dasselbe gesondert oder mit dem 
Bromsilber zugleich gefällt wird, liegt wahrscheinlich, wie 
Eder meint, an der Entstehung einer Brom - Jodsilber- 
verbindung, deren Eigenschaften von denen der einfachen 
Mischung der beiden emulsionierten Salze verschieden sind. 

Der in der Emulsion vorhandene Jodsilbergehalt darf 
nicht über '/ioo bis l j 2(l vom Bromsilbergehalt betragen, da 
sonst die Platten bei der Entwicklung keine genügend kräf- 
tigen Bilder geben würden. 

Da die j od silberhaltigen Emulsionen weniger zur Schleier- 
bildung neigen, so kann man bei der Reifung stärker 
erhitzen, wodurch eine grössere Empfindlichkeit 
erreicht wird. 

Dieser indirekten Ursache verdankt man hauptsächlich 
die höhere Empfindlichkeit der Brom - Jodsilberemulsionen 
gegenüber der einfachen Bromsilberemulsion. Die klärenden 
Eigenschaften des Jodsilbers werden oft zur Entfernung eines 
leichten Etnulsionsschleiers benutzt, ohne die vorher genannten 
chemischen Agenden zu Hilfe nehmen zu müssen. Es genügt 
zu diesem Zweck, die gewaschene Emulsion zu schmelzen 
und ihr per Liter i bis 2 g Jodkalium zuzusetzen; nach 
unseren Erfahrungen ist jedoch die Wirkung eine unvoll- 
ständige. 

Das der Emulsion zugesetzte Jodkalium verwandelt einen 
kleinen Teil Bromsilber in Jodsilber und zeigt die dadurch 



— '37 — 

erhaltene jodsilberreiche Emulsion im allgemeinen einen 
geringeren Schleier. Es sei hier bemerkt, dass, wahrend das 
Jodkalium im stände ist, das gesamte Bromsilber in Jodsilber 
zu verwandeln, dieses nicht umgekehrt der Fall ist, d. h. das 
Bromkalium kann das Jodsilber nicht in Bromsilber ver- 
wandeln. Dies ist auf eine thermochemische Ursache zurück- 
zuführen, aus demselben Grunde tritt die Umwandlung des 
Chlorsilbers in Brom- oder Jodsilber durch die Wirkung des 
Brom-, resp. des Jodkaliums ein, während das Chlorkalium 
durchaus keine Wirkung auf Brom- und Jodsilber ausübt. 
Das Jodsilber ist in optischer Hinsicht am lichtempfindlichsten 
für den nach dem Violett sich erstreckenden Teil des Sonnen- 
spektrums; diesem Umstände ist teilweise die Erhöhung der 
Empfindlichkeit zuzuschreiben, welche die ein wenig Jodsilber 
enthaltenden Platten für das gewöhnliche Licht besitzen. 



XXI. Kapitel. 

Praktisches Verfahren zur Herstellung der 
Bromsilbergelatine-Emulsionen. 

Das ammoniakalische Verfahren. — Herstellung der Gelatine- 
und Bromsalzlosungen. — Herstellung der ammomakalischen Silber- 
nil ratlösung. — Qualität des zu verwendenden Silbernitrats. — 
Mischung der beiden Lösungen und Reifung der Emulsion. — Be- 
leuchtung des Arbeitsraumes. — Temperatur für die Keifung. — 
Herstellung der Gelatinelosung und Zusatz derselben zu der Emulsion. 
— Erstarren der Emulsion. — Empfindlichkeitserhöhung der erstarrten 
Emulsion. — Saures Verfahren zur Herstellung von weniger empfind- 
lichen Emulsionen. — Modifiziertes kaltes Em ulsions verfahren 
Hendersons zur Erhaltung ziemlich empfindlicher Emulsionen. — 
Verwendbarkeit dieses Verfahrens für die Herstellung in kleinem 
Massstabe. — Zerteilung der erstarrten Emulsion. — Waschen der 
Emulsion. — Substanzen, welche durch das Waschen entfernt 
werden müssen. — Einfluss des zum Waschen verwendeten Wassers. 
— Waschvorrichtung. 

Wir können zwei praktische Verfahren zur Herstellung 
der Bromsilbergelatine -Emulsionen unterscheiden, und zwar 
das ammoniakalische und das saure Verfahren. 

Das erster e ist das allgemein gebräuchliche zur Her- 
stellung hochempfindlicher Emulsionen. Das zweite wird 



- i 3 8 - 

nur zur Herstellung wenig empfindlicher, zu Diapositive» 
oder Reproduktionszwecken dienenden Platten in Anwendung 
gebracht. 

Wir wollen zunächst das wichtigere ammoniakalisclH- 
Verfahren besprechen. 

Sehr zahlreich sind die Vorschriften zur Herstellung von 
Emulsionen nach dem Ammoniakprozesse. Aber von diesen 
Vorschriften, welche sich in Büchern und Zeitschriften in 
grosser Zahl finden, sind nur wenige für die Praxis geeignet 
und wir nehmen deshalb Anstand, unseren Lesern ein solches 
Chaos von mehr oder weniger rationellen Vorschriften zu 
bieten, unter welchen die richtige Wahl ausserordentlich 
schwer ist. Mit Zugrundelegung der vorher erläuterten 
theoretischen Grundprinzipien konnten wir nach einer langen 
Reihe von Versuchen eine Vorschrift ausarbeiten, welche 
eine ausgezeichnete rapide Emulsion liefert. Mit dieser 
einzigen Vorschrift kann man, je nachdem man die Art und 
Weise der Präparation ändert, eine Vermehrung oder Ver- 
minderung der Empfindlichkeit erreichen. Man stellt vor 
allem folgende drei gesonderte Lösungen her: 

i. Destilliertes Wasser 500 cem, 

harte Gelatine (Winterthur oder 

■ Heinrichs! 40 g, 

Bromkalium 50 B 

Jodkalium 0,6 g, 

Citronensäure 7 g. 

Die Gelatine lässt man zunächst l j 3 Stunde in Wasser 
aufquellen und setzt dann das Brom- und Jodkalium zu; 
hierauf erwärmt man das Ganze in einem Wasserbade (in 
einer Kochflasche oder Porzellanbehälter) auf 60 bis 70 Grad, 
bis zur vollkommenen Lösung der Gelatine. 

In einem anderen Gefässe setzt man folgende Lösung an: 

2. Destilliertes Wasser 500 cem, 

Silbernitrat 60 g, 

Ammoniak, bis zur Wiederauflösung des an- 
fänglichen Niederschlages, jedoch nicht im 
Ueberschuss. 
Zu dieser Losung ist die Verwendung von reinstem 
Silbernitrat von wesentlicher Bedeutung. Das kristallisierte 
Silbernitrat verdient den Vorzug, weil bei dem geschmolzenen 
leicht Verbindungen entstehen (u. a. das Silbernitrit), welche 
von schädlicher Wirkung sind. 



— 139 — 

Auch die Gegenwart von Kupfer, wenn auch in sehr 
geringen Mengen, scheint auf die Empfindlichkeit schädlich 
zu wirken- Die Entfernung jeder Spur von Kupfersalzen 
wird durch wiederholtes Umkristallisieren erzielt. 

Der Ammoniakzusatz darf nicht grösser sein, als zur 
Wiederauflösung des anfangs entstehenden Niederschlages 
gerade genügend ist. Bei Benutzung von Ammoniak von 
0,935 s P ez - Gewicht sind etwa 60 ccm nötig. 

Die Lösung 2 wird nun allmählich unter fortwährendem 
Umrühren der auf höchstens 50 Grad erhitzten Lösung 1 
zugesetzt. Es bildet sich dabei ein Niederschlag von Brom- 
silber, welches sich sofort mit der Gelatine emulsioniert, 
indem eine milchige, gelbliche Flüssigkeit entsteht, welche 
stark nach Ammoniak riecht. Die so erhaltene Emulsion 
mussnun, wie wir bereits erwähnt haben, zur Erreichung 
eines hohen Empfindlichkeitsgrades dem Reifungsprozesse 
unterworfen werden. 

Die Citronensäure in Lösung 1 hat den Zweck, einen 
kleinen Teil Ammoniak zu neutralisieren. Dadurch erhält man 
Emulsionen, welche Bilder von grösserer Kraft liefern. Ueber- 
dies ist die mit etwas Citronensäure erhaltene Emulsion 
weniger zum Schleier geneigt. Die Menge der Citronensäure 
kann übrigens nach Bedarf etwas abgeändert werden. 

Die Reifung geht durch Erhitzen der Emulsion auf ver- 
schieden hohe Temperaturgrade von verschiedener Dauer 
vor sich; je empfindlicher die Emulsion werden soll, 
um so höher muss die Temperatur sein und um so 
länger ist der Reifungsprozess auszudehnen- Die 
höchste Empfindlichkeit wird erreicht beim Erwärmen der 
Emulsion in einem geschlossenen Behälter (bei zeitweisem 
Umrühren) auf 50 Grad während ■/* bis 3 / 4 Stunde. Es ist 
nicht gut, im allgemeinen diese Grenzen zu überschreiten, da 
sich sonst zu leicht Schleier bilden kann. Würde man dagegen 
die Reifung in einem offenen Behälter vornehmen, so' würde 
'■in grosser Teil des Ammoniaks entweichen, und es müsstc zur 
Krlangung desselben Empfindlichkeitsgrades die Temperatur 
beim Reifen eine höhere sein, als bei Anwendung eines 
geschlossenen Gefässes. Es ist daher mit Rücksicht auf die 
Gleichmässigkeit der Resultate vorzuziehen, mit geschlossenem 
Rehälter zu arbeiten. Es versteht sich von selbst, dass die 
Mischung der beiden Lösungen 1 und 2 und das darauffolgende 
Erhitzen in einem Räume vorgenommen werden müssen. 



— i 4 o — 

welcher nur mit nicht aktinischem (chemisch unwirksamem) 
Lichte erhellt ist; die orangegelbe, rubinrote und grüne 
Beleuchtung sind alle gut geeignet 

Das (ür das Auge hellste Licht ist das orangegelbe; es 
ist jedoch unter den drei genannten auch das auf die 
Emulsion am stärksten wirkende. Dessenungeachtet kann 
man auch das orangegelbe Licht, wenn es nicht zu hell 
ist, zur Beleuchtung des Raumes, in welchem man . die 
Emulsion herstellt, benutzen, vorausgesetzt, dass man die 
Reifung in einem mit Deckel verschüessbaren Behälter vor- 
nimmt und nur von Zeit zu Zeit beim Umrühren der Emulsion 
denselben aufdeckt. 

In dem Deckel befindet sich ein in die Flüssigkeit tauchen- 
des Thermometer, welches zeitweise beobachtet werden muss. 

Auf jeden Fall muss man berücksichtigen, dass die 
flüssige Emulsion während der Herstellung einen viel geringeren 
Empfindlichkeitsgrad hat als im trockenen Zustande, so dass 
ein Licht, welches für die Beleuchtung des Raumes zu hell 
ist, in welchem man mit trockenen Platten arbeitet, voll- 
kommen geeignet sein kann für die Lokale, in welchen 
Emulsionen präpariert oder Platten gegossen werden. 

Es sei hier bemerkt, dass ein hoher Empfindlichkeitsgrad 
der Emulsion entweder durch längeres Einwirken einer 
etwas niedrigeren Temperatur oder bei hoher Tempe- 
ratur und kurzer Dauer der Einwirkung erreicht werden 
kann. Mit der angegebenen Vorschrift kann man somit auch 
bei nur 40 Grad, jedoch bei einer Dauer von B / 4 bis 
1 Stunde, sehr empfindliche Emulsionen darstellen. Mit 
dieser von vielen vorgezogenen zweiten Methode vermeidet 
man mit grösserer Sicherheit jede Spur von Schleierbildung, 
welche man vielleicht dem Einflüsse der durch das Ammoniak 
in Gegenwart der ziemlich hohen Reifungstemperatur ver- 
änderten Gelatine zuschreiben müsste. 

Zur Beleuchtung der Emulsions- und Platten präparations- 
Räume ist jedenfalls das künstliche Licht vorzuziehen. Das 
Tageslicht ist wegen seiner Veränderlichkeit nicht empfehlens- 
wert. Unter den künstlichen Lichtquellen ist das elektrische 
Licht ohne Zweifel das bequemste und zweck massigste ; in 
Ermangelung desselben wird man das Gas- oder Petroleum- 
Jicht benutzen. An Stelle der farbigen Gläser kann man 
auch Papier gebrauchen, und wir sahen Bromsilbergelatine- 
platten-Fabriken, deren Räume mit grossen orangegelben 



— 1 4 I — 

Papierballons, in welche elektrische Glühlampen eingehüllt, 
beleuchtet waren. Dieses Licht ist, trotz seiner Helligkeit, 
nicht schädlich. Wahrend die Emulsion reilt, bereitet man 
folgende Gelatinelösung: 

3. Harte Gelatine 40 — 50 g, 

destilliertes Wasser, so viel, dass die 
Gelatine gänzlich eingetaucht ist. 

Nachdem man die Gelatine zum Aufquellen einige Zeit 
im Wasser liegen gelassen, schüttet man das von der Gelatine 
nicht aufgesogene Wasser ab und schmilzt sie bei 60 bis 
70 Grad. Nachdem die Emulsion gereift ist, setzt man die 
Losung 3 unter Umrühren zu, worauf die Emulsion in einen 
flachen, weiten Behälter, z. B. in eine Schale, gegossen und 
mit derselben in den Eiskasten oder in Eiswasser zum Ab- 
kühlen oder Erstarren gestellt wird. 

Die in die Schale gegossene Emulsion lässt man ruhig - 
stehen, und die Schale wird, um jeden Lichteinfluss zu ver- 
meiden, noch zugedeckt. Die Emulsion ist bald erstarrt; es 
empfiehlt sich jedoch, dieselbe einige Stunden stehen zu 
lassen, damit sie fester und empfindlicher wird. 

Es ist sogar besser, die Emulsion von einem Tag zum 
anderen, kühl gestellt, am besten im Eisschranke, ruhig stehen 
zu lassen. Die erstarrte Emulsion ist noch einer weiteren 
Reifung fähig und es kann noch eine Erhöhung der Empfind- 
lichkeit stattlinden, weil sie noch Ammoniak enthält. 
Man darf jedoch das Stehenlassen der erstarrten Emulsion 
nicht übertreiben, da man sonst sicher einen mehr oder 
weniger intensiven Schleier erhalten würde. 

Wir konnten jedoch auf Grund einer langen Reihe von 
Versuchen feststellen, dass die Reifungsdauer in der 
Wärme auf die Hälfte und auch auf ein Drittel der 
gewöhnlichen Zeit reduziert werden kann, wenn man nach 
dieser reduzierten (verkürzten) Erwärmungszeit die Emulsion 
in der Kälte (im Eisschrank) 5 bis 6 Tage zum Nach- 
reifen stehen lässt. Dies Verfahren bietet, neben der 
Erlangung bedeutender Empfindlichkeit, den grossen Vorteil, 
dass die Bildung eines groben Kornes verhindert wird, durch 
welches die Emulsion an Dichtigkeit verliert und beim Ent- 
wickeln kraftlose Bilder entstehen. Für die Fabriken ist diese 
Methode jedoch nicht bequem. 

Wie wir bereits erwähnten, kann man mit dein ammo- 
niakalischen Verfahren, je nach Dauer des Reifungs- 



— 142 — 

prozesses und je nach der Temperatur, Emulsionen 
von wesentlich verschiedenem Empfindlichkeitsgrade erhalten. 

Nimmt man z. B. die Mischung der beiden Lösungen i 
und 2 bei höchstens 40 Grad vor, und setzt man nach 
kurzem Umrühren gleich die Gelatinelösung 3 hinzu, 
so erhält man, wenn man die Emulsion im Eisschranke rasch 
erstarren lässt, eine viel geringere Empfindlichkeit und 
grössere Feinheit und grössere Klarheit der Bilder. 

Mit dem sauren Verfahren erhält man noch weniger 
empfindliche Emulsionen; auch ist es schwer, mit demselben 
Emulsionen herzustellen, welche so gut modellierte und so 
kräftige Bilder geben, wie mit dem Ammoniakprozesse. 

Dessenungeachtet geben wir hier die von E d e r em- 
pfohlene Formel fQr die Herstellung von wenig empfindlichen 
Emulsionen mittels des sauren Verfahrens wieder. Man setzt 
folgende drei Lösungen an: 

a) Ammoniumbromid (Bromammonium) . 20 g, 

(oder 24 g Bromkalium) 

harte Gelatine 20 „ 

Jodkalium 0,6 g, 

Wasser 200 cem, 

verdünnte Salzsäure (1:3) ■ 1 — 2 Tropfen. 

b) Silbernitrat 30 g, 

destilliertes Wasser 125 ccm. 

c) Harte Gelatine 20 g, 

Wasser 200 ccm. 

"Die beiden Lösungen a) und b) werden zunächst im 
Wasserbade auf 60 Grad erwärmt und dann, bei unaktinischcr 
Beleuchtung, zusammengemischt; den Behälter mit der 
Emulsion lässt man einige Stunden in kochendem Wasser 
stehen, worauf die Lösung c) warm zugesetzt wird. 

Henderson empfahl eine gute Methode zur Darstellung 
von guten Emulsionen auf kaltem Wege; die von 
Srcniewsky modifizierte Hendersonsche Methode 
liefert jedoch bessere Resultate. Man stellt folgende drei 
Lösungen her: 

A) Bromkalium t . 80 g, 

Wasser 200 ccm, 

Gelatine, Nelson Nr. 1 iog, 

Ammoniumkarbonat (kohlensaures 

Ammoniak) 10 „ 

Jodkaliuin 2 „ 



— M3 — 

B) Silbernitrat 100 g, 

Wasser 400 ccni, 

Salpetersäure (Lösung 1 : 10) ... 20 Tropfen. 

C) Alkohol ä 95 Grad 500 ccm, 

Ammoniak 40 „ 

Der lauwarmen Lösung A) setzt man zunächst die 
Losung B) und dann, nach und nach, die Lösung C) unter 
-tctigem Umrühren zu. Nach acht- bis zehnstündigem Ruhen- 
lassen setzt man der Emulsion eine warme Lösung von 180 g 
Gelatine in 1200 ccm Wasser zu, und wäscht dieselbe nach 
dem Erstarren aus. 

Diese Emulsion liefert ziemlich empfindliche Platten, 
welche jedoch weit weniger empfindlich sind, als die mit der 
zuerst angegebenen ammoniakalischen Emulsion her- 
gestellten Platten. Dieses (das Hendersonsche) Verfahren 
wird nicht bei der fabriks massigen Herstellung der Platten 
angewendet, da es zu zeitraubend und kostspielig ist und 
dabei Platten von beschränkter Empfindlichkeit liefert; es 
kann jedoch für die Selbstherstellung von Platten in 
kleinem Massstabe mit Vorteil angewendet werden, denn 
dasselbe ist viel einfacher in der Ausführung und, da bei 
der Reifung keine Wärme angewendet wird, auch sicherer. 
Die damit hergestellten Platten geben weiche Negative von 
bedeutender Abstufung in den Halbtönen, welche den Bildern 
Plastik und ein gewisses Relief gibt. 

Die erstarrte und genügend nachgereifte Emulsion muss 
1 nun gewaschen und damit dies in vollkommener Weise 
geschieht, lein zerteilt werden. Zu diesem Zwecke kann 
man die Emulsion mit einem silbernen Messer oder mit einem 
Glas- oder Porzellanspatel zerschneiden oder besser mittels 
einer Presse durch ein Netz von Silberdraht durchpressen. 
In einigen Fabriken bestehen Vorrichtungen, ähnlich wie die 
Fleischzerkleinerungsmaschinen, jedoch mit Silber- oder ver- 
alberten Messern. Auf jeden Fall muss man bei der Zer- 
kleinerung der Emulsion jede Berührung mit anderen Metallen 
als Silber vermeiden, da sie sonst bedeutend geschädigt 
werden würde. Bei der Zerkleinerung der Emulsion in feine 
Nudeln geht das Waschen viel schneller und vollkommener 
vor sich. 

Ein vollkommenes Waschen ist eine wesentliche 
Bedingung zur Erhaltung tadelloser und lange haltbarer 



— 144 — 

Platten. Um zu sehen, welche Substanzen beim Waschen 
entfernt werden müssen, wollen wir die bei der Herstellung 
der Emulsion vor sich gehenden Reaktionen prüfen. 

Beim Zusetzen von Ammoniak zu der Silbern itratlösung 
entsteht, wie wir es bei der Besprechung der Silbersalze 
erwähnt haben, eine Verbindung 2NH t -j4gNO s , eine lösliche 
Verbindung von Ammoniak und Silbemitrat. Bei der Mischung 
der ammoniakalischen Silbernitratlösung mit der Lösung von 
Bromkalium und Gelatine geht folgende Reaktion vor sich: 



Es bildet sich dabei unlösliches Bromsilber, welches mit 
der Gelatine die Emulsion bildet, lösliches Kaliumnitrat und 
Ammoniak. Beim Erwärmen verflüchtigt sich das Ammoniak 
teilweise, so dass aus der gereiften Emulsion der Rest des 
Ammoniaks, das ganze Kaliumnitrat und ausserdem das 
in der Emulsion noch gegenwärtige Bromkalium aus- 
gewaschen werden muss, da, wie wir gesehen haben, dasselbe 
im Ueberschuss zuzusetzen ist und infolgedessen teilweise 
unverändert bleibt. Das zum Waschen verwendete Wasser 
hat begreiflicherweise einen wesentlichen Einfluss auf die 
Qualität der Emulsion. Am besten würde sich das destillierte 
Wasser dazu eignen, welches jedoch im allgemeinen in den 
Fabriken nicht verwendet wird. Ein, wenn auch stark kalk- 
haltiges Wasser hat keinen nachteiligen Einfluss, sofern es 
nicht zu viel Sulfate (schwefelsaure Salze) enthält. Wenn 
aber ein Wasser auch nur in geringem Grade eisenhaltig 
ist, so wirkt dasselbe nachteilig auf die Empfindlichkeit und 
kann mangelhafte Platten erzeugen. Das Waschen muss 
mindestens 2 Stunden dauern, während welcher Zeit das 
Wasser fünf- bis sechsmal gewechselt werden muss. Ein zu 
langes Waschen bringt eine Veränderung der Gelatine mit 
sich, welche nachher nicht so gut erstarrt und fehlerhafte 
Platten liefert. Viele Wasch Vorrichtungen zum bequemen und 
vollkommenen Waschen wurden empfohlen. 

In ein lackiertes Zinkblechgefäss , welches unten einen 
Ablasshahn besitzt, bringt man in etwa der halben Höhe 
einen Rahmen mit einem Pferdehaarnetz an, auf welches die 
Emulsion gelegt wird. Dann lässt man so lange Wasser 
auf die Emulsion fliessen (mittels einer Brause), bis das 
(iefäss voll ist, lässt ein wenig absetzen und lässt das Wasser 



— M5 — 

durch den Hahn ablaufen, worauf das Gefäss wieder gefallt 
wird. Diese Operation wird fünf- bis sechsmal wiederholt. 
Es wurde auch eine erste Waschung mit Alkohol empfohlen, 
was jedoch zu kostspielig ist und dabei, ausser einem Fester- 
werden der Emulsion, keinen Vorteil bietet. 



XXII. Kapitel. 



Herstellung der Bromsilbergelatine- 
Platten. 

Trocknen der Emulsion zum Aufbewahren. — Konservierung 

mit antiseptischen Mitfein. — Filtrieren der Emulsion. — Reinigung 

der "zur Aufnahme der Emulsion bestimmten Platten. — Behandlung 

der Platten mit Wasserglas- oder Gelatinelösung. — Wichtigkeit 

der Vorpräparation. 

Die gewaschene Emulsion darf nicht zu lange Zeit auf- 
bewahrt werden, weil die feuchte Gelatine durch Wirkung 
von Mikroorganismen leicht verdirbt und infolgedessen immer 
zu Schleier Anlass gibt. Zum Aufbewahren der Emulsion, 
ohne dieselbe auf die Platten aufzutragen, muss man sie auf 
Silbernetzen trocknen lassen; auf diese Weise kann man sie 
lange aufbewahren. Zum Gebrauche lässt man dann die 
Emulsion in Wasser aufquellen, worauf nach Entfernung des 
überschüssigen Wassers durch Zusammenpressen der Emulsion 
dieselbe geschmolzen wird. Soll die Emulsion nur einige 
Tage aufbewahrt werden, so kann man das Trocknen und 
nachherige Wie derauf quellen umgehen, indem man eine ganz 
geringe Menge eines Antiseptikums, z. B. Salicjlsäure, hinzu- 
setzt. Diese Antiseptika haben jedoch mehr oder weniger 
alle einen wenig vorteilhaften Einfluss auf die Emulsion. 
Empfehlenswerter ist der Zusatz einer kleinen Menge Alkohol 
in den Behälter, in welchem sich die gewaschene und zerteilte 
Emulsion befindet. Zum Auftragen der Emulsion auf die 
Platten lässt man dieselbe bei höchstens 50 Grad schmelzen 
und filtriert nachher durch ein dichtes Leinentuch. Zu 
diesem Zweck wird vielfach das Gemsleder empfohlen , aber 

Xamiii, Hudbuch der photogr. Chemie. 1° 



- H 6 - 

das Filtrieren dauert selbst unter Druck sehr lange. Es ist 
sehr wichtig, dass bei dem Schmelzen die Temperatur von 
50 Grad nicht aberschritten wird, da die gewaschene Emulsion, 
welche kein Bromsalz mehr enthält, durch die Wärme leichter 
angegriffen und infolgedessen zur Schlei er bildung geneigt ist 

Zum Filtrieren legt man am einfachsten den Leinwand- 
lappen in einen grossen Trichter, in welchen die warme 
Emulsion gegossen wird. Das Filtrieren hat den Zweck, 
gewisse Unreinigkeiten, welche sich in der Emulsion in 
Suspension befinden können, wie z. B. Haare, Sand oder 
sonstige, aus der Gelatine, dem Waschwasser oder der Luft 
stammend, zu entfernen. Nach dem Filtrieren kann die 
Emulsion zum Giessen der Platten oder sonstiger Oberflächen 
verwendet werden. 

Von einigen wird vor dem Auftragen etwas weiche oder 
harte, vorher in wenig Wasser gelöste Gelatine (15 bis 20 g 
pro Liter) hinzugesetzt. Dieser Zusatz ist namentlich im 
Sommer sehr nützlich, da dadurch bei dem mechanischen Auf- 
tragen das Erstarren der Emulsion erleichtert wird. Es ist 
jedoch ratsam, diese Gelatine vor dein Filtrieren zuzusetzen. 
Die zur Aufnahme der Emulsion bestimmten Platten müssen 
sauber gereinigt sein. Zu diesem Zweck werden sie mittels 
Bürsten oder Lappen mit fünfprozentiger warmer Sodalosung 
abgerieben. Darauf werden sie mit reinem Wasser ab- 
gewaschen und in fast senkrechter Stellung auf Holzgestellen 
getrocknet. 

Es ist empfehlenswert, das Trocknen in einem geheizten 
staubfreien Räume vorzunehmen. In den Fabriken werden 
die gewaschenen Platten vor dem Trocknen mit einer stark 
verdünnten Wasserglas- oder Gelatinelösung auf nur einer 
oder beiden Seiten behandelt. Die leichte Wasserglas- oder 
Gelatincschicht erleichtert das Anhaften der Emulsion, wo- 
durch jedes Ablösen der Schicht in den alkalischen Ent- 
wicklerlösungen, wie dieses häufig im Sommer vorkommt, 
vermieden wird. Nach unseren Erfahrungen ist eine ein- 
prozentige Wasserglaslösung zu einer guten Vorpräparation 
hinreichend. Da das Wasserglas in Wasser löslich ist, so 
könnte man glauben, dass die Schicht sich leichter ablösen 
müsse, anstatt fester am Glase zu haften. Dies ist aber nicht 
so, weil besonders durch die Wirkung der Kohlensäure der 
Luft das Wasserglas sich unter Bildung von Kieselerde zer- 
setzt, einer unlöslichen Substanz welche in dieser dünnen 



— *47 — 

Schicht eine sehr gute Unterlage bildet, an welcher die 
Gelatine haut gut haftet. 

Ein viel besseres Anhaften der Emulsion erzielt man 
jedoch, nach unseren zahlreichen industriellen Erfahrungen, 
durch eine '/j bis einprozentige Gelatinelösung, der man 
0,1 bis 0,2 Proz. vorher gelösten Chromalaun zusetzt. In 
diese lauwarme Lösung werden die Platten eingetaucht und 
trocknen gelassen, worauf sie mit der Emulsion überzogen 
werden. 



XXm. Kapitel. 

Fehler in der Emulsion und deren 
Beseitigung. 

Prüfung der Emulsion. — Unregelmässigkeiten und 
Schwierigkeiten bei der fabrikmässigen Herstellung. — Fehler: zu 

frobes Korn. — Löcher. — Nicht entwickelbare Oberflächen. — 
influss der Metalle auf die gewaschene Emulsion. — Weisse Scheib- 
chen mit Mittelpunkt. — Schleier in der Emulsion. — Hilfsmittel 
Stegen leichten Schleier. — Unmöglichkeit, einen bedeutenden 
Schleier zu entfernen. — Schlechtes Anhaften der Schicht. — 
Langsames Fixieren. 

Nach Erledigung des bisher über die Herstellung der 
Emulsion Gesagten erübrigt es nur noch, im folgenden das 
Giessen der Platten mit der Hand oder mit der Maschine zu 
besprechen. Hat man eine grössere Quantität Emulsion her- 
gestellt, so empfiehlt es sich, zunächst einige Platten in der 
Hand zu präparieren und dann erst (nach vorgenommener 
Probe) die übrigen zu giessen. Manche Uebelstände, welche 
man bei den Probeplatten antrifft, können bisweilen durch 
eine spezielle Behandlung der Emulsion vor der weiteren 
Präparation beseitigt werden, während bei schon präparierten 
Platten jede Behandlung schwierig oder unmöglich sein würde. 

Wenn aber die Mängel derartig sind, dass jeder Versuch, 
die Emulsion wieder brauchbar zu machen, vergeblich sein 
würde, so wirft man dieselbe zu den Silber rück ständen, um 
sich die Zeit und die Arbeit, sowie die unvermeidlichen Ver- 
luste zu ersparen, welche aus dem Giessen und der späteren 
Beseitigung solcher fehlerhafter Platten entstehen. 



- i 4 8 — 

Wir betonen jedoch ganz besonders, dass die fabrik- 
mässige Herstellung der Bromsilbergelatineplatten ausserordent- 
liche Schwierigkeiten bietet, und dass, wenn man auch immer 
nach derselben Methode arbeitet, man doch nicht selten Un- 
regelmässigkeiten beobachtet, deren Ursachen man unmöglich 
auffinden kann. Anderseits kann je nach der warmen oder 
kalten Jahreszeit oder je nach sonstigen besonderen Um- 
ständen von dem angegebenen Herstellungsverfahren abge- 
wichen werden, sei es hinsichtlich der Dauer und Temperatur 
der Reifung oder hinsichtlich des Gelatinequantums (im Sommer 
ist es besonders angezeigt, der gewaschenen und geschmolzenen 
Emulsion vor dem Filtrieren etwas Gelatine zuzusetzen) oder 
schliesslich hinsichtlich der J od kalium menge und der Art und 
Dauer des Waschens. Nur unter beständiger Leitung eines 
fachkundigen und sehr erfahrenen Chemikers kann eine gewisse 
Regelmässigkeit in der Fabrikation bei einem Miniraum von 
Misserfolgen erzielt werden. Die Herstellung in kleinem Mass- 
stabe zu eigenem Gebrauche bietet viel geringere Schwierigkeiten. 

Gehen wir nun zur Besprechung der bei den Bromsilber- 
gelatineplatten vorkommenden Fehlern über. Von den in 
Emulsionen auftretenden Mängeln sind einige nicht zu be- 
seitigen. So kann ein zu grobes Kom in keiner Weise ver- 
bessert werden. Dies liegt im allgemeinen daran, dass man 
bei der Reifung der Emulsion die Erwärmung zu weit getrieben 
oder dass man dabei der Emulsion zu wenig Gelatine oder zu 
viel Ammoniak zugesetzt hat. Zuweilen zeigt die Schicht eine 
grosse Anzahl von Löchern, welche sich aus Mangel an Reduk- 
tionsfähigkeit nicht entwickeln lassen und infolgedessen nach 
dein Fixieren durchsichtig bleiben. Dieser Fehler wird meistens 
verursacht durch ungenügendes Umrühren während der 
Mischung der silbemitrat- und der bromkaliumhaltigen Gelatine- 
lösung oder auch durch Unreinheiten in der Gelatine oder 
durch andere Ursachen und muss als Folge einer ungleich- 
massigen oder ungenügenden Reifung einiger Teile angesehen 
werden. Deshalb haben diese Teile geringere Empfindlichkeit, 
werden bei der Exposition ungenügend verändert und ent- 
wickeln sich infolgedessen nicht oder schwächer. 

Die etwas grösseren, auf der Platte oft vorkommenden 
durchsichtigen Flecke sind fast immer der Wirkung irgend 
eines Metalles auf die Emulsion vor oder während des Waschens 
zuzuschreiben. Würde man z. B. zur Zertcilung der Emulsion 
ein Kupfer-, Nickel- oder Eisensieb verwenden, so würden 



- i 4 9 — 

unbedingt solche Flecke auf den Platteo aultauchen. Wir 
haben zahlreiche und durchaus massgebende Versuche zur 
Bestimm ung der Ursachen obengenannter Fehler gemacht. 
Die von vielen Autoren angegebenen Ursachen des sicher 
nicht seltenen Auftretens kleiner Löcher und durchsichtiger 
Flecke scheinen uns daher nicht annehmbar oder zum • 
mindesten selten zutreffend zu sein. 

Wenn die unentwickelten Teile nach dem Fixieren wie 
kleine, mit einem schwarzen Mittelpunkte versehene, durch- 
sichtige Scheiben aussehen, so können diese von fremden, 
auf dem Glase zurückgehaltenen Teilchen oder von Unreinig- 
keiten in der zur Vorpräparation der Platten benutzten Flüssig- 
keit herrühren, oder auch von Staubteilchen, welche sich auf 
der noch feuchten Emulsionsschicht abgesetzt haben. Diese 
beiden Ue bei stände der Löcher und durchsichtigen Flecke 
kommen bei jeder Bromsilbergelatineplatte häufig vor. Beide 
Fehler sind nicht zu beseitigen, und solche Emulsionen, welche 
diese Fehler in etwas erheblichem Masse zeigen , sollten zu 
den Rückständen gefügt werden. Bei den zur Erlangung 
genügender Empfindlichkeit der weniger empfindlichen Teilchen 
vorzunehmenden Behandlungsmethoden, welche zu den er- 
wähnten Fehlern führen, verdirbt die Emulsion, weil dabei 
auch die Empfindlichkeit der anderen vorwiegenden Teilchen 
bis zur Schleierbildung erhöht wird. 

Ein häufiger Fehler der Emulsion besteht auch in dem 
bei der Entwicklung zum Vorschein kommenden Schleier, 
welcher die Kraft des Negatives ganz vernichtet oder ver- 
mindert. Dieser Fehler kann, wenn unbedeutend, wohl 
geschwächt, jedoch schwer entfernt werden. Wir konnten 
auf Grund einer grossen Anzahl von Versuchen feststellen, 
dass man heute noch keine Substanz kennt, mit welcher der 
nicht vom Lichte erzeugte Emulsionsschleier entfernt werden 
könnte. Die als schleierverhindernd bekannten Substanzen 
haben nur eine abschwächende Wirkung oder verzögern die 
Entwicklung des Bildes, welches schliesslich doch gleich ver- 
schleiert erscheint. In diesem letzteren Sinne wirken das 
Kali um Dichromat und die Bromsalze; entgegen der allgemeinen 
Ansicht ist das Kaliumbichromat nicht im stände, den Emul- 
sionsschleier zu entfernen, welche Ursache er auch immer 
haben möge, selbst wenn er durch Licht entstanden ist. 

Wir konstatierten dagegen, dass durch Zusatz von i g 
Jodammonium pro Liter tatsächlich die Emulsion verbessert, 



— 15° — 

jedoch der Schleier nur teilweise entfernt wurde. Auch der 
Zusatz von Bromwasser entfernt den Schleier nicht ganz; 
ausserdem muss man annehmen, dass die Wirkung des Brom- 
wassers infolge seiner energischen gerbenden Wirkung auf 
die Gelatine nur eine unvollkommene und ungleich massige ist. 
Daraus ist folgendes zu schliessen: Bei einer durch die Wärme 
oder durch die chemische Wirkung der veränderten Gelatine 
verschleierten Emulsion haben die aus Konglomeraten von 
Bromsilbermolekülen bestehenden empfindlichen Teilchen ihrer 
ganzen Tiefe nach eine Veränderung erfahren, und alle Sub- 
stanzen , welche chemisch auf die Wiederherstellung der 
ursprünglichen Form des Bromsilbers wirken können, ver- 
mögen nur eine oberflächliche und daher unvollständige 
Wirkung auf diese Teilchen auszuüben. 

Was die Lichtwirkung anbelangt, so kann man wohl 
annehmen, dass seine Wirkung auf einzelne Teilchen auf deren 
Oberfläche sich beschrankt und deshalb die allmähliche chemische 
Wirkung gewisser Substanzen, wie des Ammoniumpersulfats, 
des Kupferbromids u. s. w. eine vollkommene sein kann. Ge- 
wöhnlich kann, wie bereits erwähnt, bei einer leicht ver- 
schleierten Emulsion der Zusatz einer kleinen Menge eines 
Jodsalzes abhelfen. Der Zusatz von Bromkalium oder Brom- 
ammonium kann insofern nützlich sein, weil dadurch die 
Schleierbildung im Entwickler verzögert und die Platte nicht 
sofort schwarz wird. Jedenfalls muss man sich vergegen- 
wärtigen, dass durch die Wirkung der Brom- und noch mehr 
durch diejenige der Jodsalze auch die Empfindlichkeit bedeutend 
vermindert wird. 

Für eine stark verschleierte Emulsion kann nur das Chlor- 
wasser oder besser eine Lösung von Jod in Jodkali um lö sunt; 
dienen. Solche teilweise nützliche Zusätze können jedoch die 
Empfindlichkeit mehr oder weniger verändern und auch zu 
anderen Fehlern Veranlassung geben. Mit Rücksicht darauf, 
dass der Schleier im allgemeinen doch nicht ganz durch 
diese chemischen Agentien entfernt werden kann, so folgt 
daraus, dass es besser ist, eine stark verschleierte Emulsion 
zu beseitigen , anstatt Wiederh erste Uungs versuche damit zu 
machen. 

Zuweilen zeigen die entwickelten Platten auch an den 
unbelichtcten Stellen schwarze Punkte oder Striche. Diese 
Fehler können durch die Wirkung gewisser Metalle auf die 
gewaschene und geschmolzene Emulsion hervorgerufen sein. 



— I5i — 

Die neuen Untersuchungen Colsons und Russeis haben den 
grossen Einfluss gewisser Metalle auf die trockenen Platten 
nachgewiesen. Auch nach unseren Studien ist der Einfluss 
der Metalle auf die geschmolzene Emulsion ein ausserordentlich 
grosser. Wir können darüber folgendes mitteilen: Giesst man 
auf eine Glasplatte etwas geschmolzene Emulsion und zeichnet 
mit einem Metallstifte irgend welche Zeichen auf diese Platte, 
so erhält man eine Platte, welche nach dem Trocknen beim 
Entwickeln alle Zeichen in schwarzer Farbe erscheinen lässt. 
Mit Ausnahme des Silbers haben alle übrigen Metalle und 
ihre Legierungen diesen Einfluss, auch wenn man nur ganz 
leicht auf die Platte damit streicht. Sogar wenn man die 
Glasplatte vor dem Giessen der Emulsion mit einem Metall 
bestreicht, tritt diese Erscheinung, wenn auch in schwächerem 
Grade, auf. Es geht daraus hervor, dass es sehr wichtig ist, 
jede Berührung der Platten mit Metallen, das Silber aus- 
genommen, während des Giessens zu vermeiden. Ein solcher 
Fehler kann nie beseitigt werden. 

Zeigt die Bildschicht bei den verschiedenen Behandlungen 
(in den Bädern) die Neigung, sich vom Glase abzulösen, so 
ist dies ein Zeichen von mangelhafter Vorpräparation. Die 
aus Gelatine und Chromalaun hergestellte Vorpräparation zeigt 
selten diesen Fehler. Sollte derselbe jedoch vorkommen, so 
kann man denselben beseitigen, indem man etwas mehr 
Chromalaun (3 anstatt 2 pro Tausend) der Gelatinelösung 
zusetzt. 

Es kann auch vorkommen, dass sich die Schicht blasen- 
artig ablöst; dies liegt an einer zu hohen Temperatur bei der 
Reifung, infolgedessen eine Veränderung der Gelatine und 
ihrer Konsistenz stattgefunden hat. Es kann auch sein, dass 
man eine schlechte oder ungeeignete (zu weiche) Gelatine- 
qualitat verwendet hat. In diesem Falle empfiehlt es sich, für 
je 1 Liter Emulsion 10 bis 15 cem einer einprozentigen Chrom- 
alaunlösung zuzusetzen. Ein zu grosser Chromalaunzusatz hat, 
abgesehen von einer sehr ungünstigen Wirkung auf die 
Empfindlichkeit, auch den Nachteil, auf die Gelatine gerbend 
zu wirken, wodurch das Giessen erschwert und die Durch- 
dringbarkeit der Schicht für die Entwickler und Fixierlösungen 
vermindert wird, und infolgedessen das Entwickeln und Fixieren 
langsamer und nicht selten auch unregelmässig vor sich geht 
Ein langsames Fixieren, ebenfalls ein nicht zu übersehender 
liebelst and, kann entweder durch einen zu grossen Jodsilber- 



— 152 — 

gehalt der Emulsion, durch die Reifung bei zu hoher Tempe- 
ratur oder durch Anwendung einer zu grossen Gelatinemenge 
oder zu harter Gelatine entstehen. Durch Alkoholzusatz vor 
dem Giessen kann man im allgemeinen den Fehler des zu 
langsamen Fixiere ns verbessern. 



XXIV. Kapitel. 

Das Giessen der Emulsion. 

Das Giessen mit der Hand. — Das Giessen mil der Maschine. 
— Prinzipien, welche den Giessmaschinen zu Grunde liegen. — 
Röhrenförmiger Verteiler und dessen Nachteile. — Giessmaschine 
nach System Smith. — Trocknen der Platten. — Heiz- und Lüftungs- 
einrichtungen der Trocken räume. — Vorsichtsmassregeln gegen 
den Staub. 

Die Emulsion ist bei 35 bis 45 Grad (je nach der Jahres- 
zeit) fertig zum Giessen. Um die Emulsion dünn flüssiger zu 
machen, empfiehlt es sich, unmittelbar vor dem Giessen 50 ccm 
reinen Alkohol (95 Grad) pro Liter Emulsion zuzusetzen. Das 
Giessen kann entweder mit der Hand oder mit der Maschine 
vorgenommen werden. Bei dem Giessen mit der Hand fällt 
die Schicht ungleich massiger und dicker als bei dem Maschinen- 
guss aus und ist heute in allen Anstalten, in welchen die 
Platten fabrikmäßig hergestellt werden, abgeschafft 

Will man mit der Hand arbeiten, so fasst man die Platte 
mit der einen Hand und giesst mit der anderen die Emulsion 
50 über die Platte, dass sie sich überall ausbreitet. Den lieber- 
schuss lässt man in eine Flasche an einer Ecke ablaufen und 
sucht durch Bewegen der Platte die Schicht möglichst gleich- 
massig auszubreiten. Dann wird die Platte auf eine horizontale 
Fläche zum Erstarren gelegt. Ist dies geschehen, so stellt man 
sie fast senkrecht in einen Trockenschrank. Der Trocken- 
schrank kann aus einem mit horizontalen Abteilungen ver- 
sehenen metallischen Kasten bestehen; jede Abteilung ist mit 
Nuten zum Aufrechtstellen der Platten versehen. Die Ab- 
teilungen stehen miteinander in Verbindung; die durch einen 
kleinen, auf relativ grosser Entfernung unter dem Trocken- 
schranke gestellten Gasherd erzeugte warme Luft zirkuliert in 



— 153 — 

allen Abteilungen, berührt alle Platten und wird durch ein 
ziemlich langes, oben im Schranke liegendes Ofenrohr auf- 
gesogen, wo sich eine Gasflamme zur Erzeugung des dazu 
nötigen Luftstromes befindet. Man muss darauf achten, dass- 
die von unten eintretende Luft unter 30 Grad warm sei, da 
sonst Gefahr vorhanden wäre, dass die Gelatine schmilzt. 
Zum vollkommenen Trocknen auch in einem gut konstruierten 
Trocken seh ranke sind nicht weniger als 12 Stunden erforderlich. 

Zum Maschinenguss, welcher, wie gesagt, in den Anstalten 
allein in Gebrauch ist, hat man verschiedene Vorrichtungen 
konstruiert. Alle basieren jedoch auf demselben Prinzip: Man 
lässt die Platte unter einem Behälter durchlaufen, welcher die 
flüssige Emulsion enthält; nachdem die Platte mit Emulsion 
bedeckt ist, lässt man sie auf einen horizontal liegenden, 
künstlich abgekühlten Träger laufen, welcher so lang sein 
muss, dass, wenn die Platte am Ende desselben angekommen, 
die Schicht auf derselben vollkommen erstarrt ist. 

Im Winter ist es ratsam, die Platten etwas vorzuwärmen, 
weil auf einer etwas warmen Oberfläche die Emulsion sich 
gleichmässiger ausbreitet. Zum Erwärmen der Platten kann 
man Metallcy linder benutzen, in welche man heissen Dampf 
streichen lässt oder welche durch Drehung in einem Behälter 
mit kochendem Wasser sich erwärmen. Zur Abkühlung wird 
dagegen endloses Gewebe benutzt, welches durch kaltes, 
nötigenfalls künstlich gekühltes Wasser sehr abgekühlt ist. 
In dem grossen Etablissement von Lumiere in Lyon wird 
die Abkühlung durch einen sehr kalten Luftstrom erzielt, 
welcher dadurch erzeugt wird, dass man die Luft über einen 
Eiscylinder streichen lässt. Das Eis wird mittels flüssiger 
schwefliger Säure künstlich hergestellt. 

Die Emulsion fliesst aus einem Behälter, welcher im 
Bedarfsfalle mittels einer Dampfheizvorrichtung erwärmt werden 
kann. Das Erwärmen ist aber unnötig, wenn man die Flasche 
mit der Emulsion in Filz einwickelt. Auf diese Weise wird 
die Wärmeausstrahlung verhindert und die Emulsion bleibt, 
wenn nicht eine sehr grosse Quantiät vorhanden ist, genügend 
lange flüssig (i'/g bis 2 Stunden); bis dahin kann sie ganz 
verarbeitet sein. Während sich die Emulsion in der Flasche 
befindet, ist es gut, durch eine mechanische Seh üttcl Vorrichtung 
zu verhindern, dass sich das Bromsilber zu Boden setzt, 
wodurch man silberreichere und silberärmere Platten 
erhalten würde. Wir haben jedoch eine solche Vorrichtung 



— 154 — 

nicht in allen von uns besuchten Anstalten angetroffen, was 
darauf schliessen lässt, dass bei gewissen, besonders her- 
gestellten (wahrscheinlich feinkörnigen) Emulsionen ein Ab- 
setzen des Bromsilbers wahrend der Zeit, wo die Emulsion in 
der Flasche sich befindet, nicht zu befürchten ist. Um ein 
Au sfli essen der Emulsion unter gleichmassigem Druck 2u 
erzielen, bedient man sich einer sogen. Mariotteschen Flasche, 
aus welcher die Flüssigkeit stets mit gleichmassigem Drucke 
aus der unteren Oeffnung herausfliegst. Diese besteht aus 
einer, unten mit einem Ablassrohr versehenen Flasche, in 
welcher durch einen an der oberen Oeffnung angebrachten, 
durchlochten Gummistöpsel ein Glasrohr bis fast auf den Boden 
der Flasche hineinragt. Aus diesem unterhalb stehenden 
Ablassrohr, welches mit einem Schlauche versehen ist, fliesst 
die Emulsion mit stets gleichem Drucke aus. 

Aus diesem Behälter geht die Emulsion zu dem Verteiler. 
Viele Anstalten benutzen zu diesem Zweck ein Röhrensystem. 
Aus dem unteren Ablassrohr der Flasche fliesst die Emulsion 
durch einen Gummi schlauch in ein horizontales, mit vielen 
kleinen Röhrchen versehenes und mit Dampf geheiztes Rohr; 
aus diesen Röhrchen fliesst die Emulsion in eine Lederführung, 
aus der sie, indem sich die feinen Emulsionsfäden vereinigen, 
gleichmässig bandförmig auf die unter derselben durchgehende 
Platte verteilt wird. 

Dieses System ist jedoch nicht das vollkommenste und 
empfehlenswerteste, um eine gleichmässig auf den Platten ver- 
teilte Emulsion zu erhalten. Die Resultate hängen haupt- 
sächlich davon ab, wie der Verteiler funktioniert. Die sehr 
kleinen Oeffnungen der Röhrchen verstopfen sich nicht selten, 
was zu Unregelmässigkeiten führt; auch die Leder- oder 
GummifQhrungcn bilden bei längerem Gebrauch Falten und 
streifen daher nicht mehr regelmässig die Platten; wo nun 
die Berührung mit der Platte fehlt, dort setzt sich auch keine 
Emulsion ab. 

Viel praktischer und empfehlenswerter ist das bei der 
Giessmaschine von Dr. J. H. Smith in Zürich angewandte 
Verteilungssystem. Diese Maschine, von der wir nachstehend 
eine kurze Beschreibung geben, ist eine der besten und am 
meisten gebrauchten. Die flüssige Emulsion ist in einem 
Steingutb eh älter enthalten, in welchen bis zu der Höhe des 
Ablasshahnes ein Glasrohr hineinragt, wodurch ein regel- 
mässiges Ausfliessen bewirkt wird. Durch das Glasrohr wird 



— »55 — 

die aus zwei Schaufeln bestehende, silberne Umrührvorrichtung 
eingeführt. Diese Schaufeln sind unten biegsam, um durch 
das Rohr geschoben und bis zum Boden des Gefässes gestellt 
werden zu können. Diese Vorrichtung wird mit der Maschine 
in Bewegung gesetzt. Die zu präparierenden Platten werden 
vor allem gebürstet und kommen dann auf eine Filzplatte; 
von da aus werden sie über Rollen geführt, welche in warmes 
Wasser tauchen und den Zweck haben, die Emulsion auf- 
zunehmen, welche nicht mehr auf die Platten geht. Dann 
gehen die Platten über cylindrische Rollen und dann über 
eine abgekühlte Filzplatte, auf welcher die Emulsion abgekühlt 
und zum Erstarren gebracht wird. 

Diesen Filzunterlagen folgen andere, da zum völligen 
Erstarren der Emulsion ein Weg von mindestens 3 bis 4 m 
auf kaltem Filze erforderlich ist. Die Geschwindigkeit der 
Scheiben walzen ist grösser als die der Cy linderwalzen, wodurch 
die Platten etwas entfernt voneinander bleiben und infolge- 
dessen deren Kanten sich nicht aneinander reiben. Gehen 
wir nun zu dem Verteilen über. Die Emulsion fliesst aus 
dem Ablassbahn durch einen Gummischlauch, der mit einem 
Glasröhrchen von bestimmter Oeffnung für jede zu präpa- 
rierende Plattengrösse versehen ist; von solchen Glasröhren 
hat man sechs oder mehr verschiedener Oeffnung. 

Auch durch Regulierung der Geschwindigkeit der Maschine 
kann man die Menge der auf die Platten fließenden Emulsion 
andern. Durch das Glasrohr fliesst die Emulsion allmählich 
auf eine Oberfläche aus poliertem und versilbertem Metall. 
In den Kanälchen breitet sich die Emulsion aus und fliesst 
gleichmässig über die Platte. Die Emulsion würde sich jedoch 
un regelmässig auf den Platten verbreiten, wenn nicht ein 
bewegliches, rinnenartig gebogenes Silberplättchen in fort- 
währender Berührung mit den Platten sein und die Uneben- 
heiten ausgleichen würde. Die Emulsion geht vermöge der 
Adhäsionskraft auf das bewegliche Plättchen und von da auf 
die Platten über. Die Präparation der Platten geht auf diese 
Weise mit sehr grosser Vollkommenheit vor sich. 

Bei der Smithschen Giessmaschine dient der Verteiler 
für jede beliebige Breite. Die Breite der auf die Oberfläche 
der Platten fliessenden Emulsion kann dadurch beliebig geregelt 
werden, dass man die Vorsicht gebraucht, nur so breit als 
nötig den Verteiler mit Emulsion zu befeuchten. Vermöge der 
Adhäsionskraft fliesst die Emulsion nur Ober den befeuchteten 



- 15« — 

Teil der metallischen Oberfläche des Verteilers; sollte sie 
jedoch Neigung zeigen, sich darüber hinaus auszubreiten, so 
kann man sie sofort zurückhalten, indem man mit einem Finger 
etwas Paraffin an die Kanten desselben (des Verteilers) streicht. 
Eine andere, gut funktionierende Giessmaschine ist die 
der englischen Firma Edward. Die einfachste und billigste 
Maschine, welche sehr gut funktioniert, ist die der Berliner 
Firma Braun. Auch Ferd. Fl i tisch in Offenbach a. M. und 
Aug. Koebig in Radebeul bei Dresden fabrizieren ausge- 
zeichnete Giessmaschinen , welche jedoch leider zu teuer und 
zu kompliziert sind; die letztgenannten Firmen fabrizieren auch 
Waschmaschinen zum Waschen der zu präparierenden Platten. 

Die am Ende der Maschine angekommenen Platten müssen 
so weit erstarrt sein, dass die Emulsion einem leichten Finger- 
druck nicht nachgibt. In diesem Zustande werden sie in fast 
senkrechter Stellung auf Holzgestelle gestellt. Diese bestehen 
aus rechtwinkligen Rahmen, welche auf ihren beiden Längs- 
seiten zwei Reihen von Stützen tragen, deren Entfernung von- 
einander etwa 3 cm beträgt. Zwischen diesen Stützen werden 
die Platten, mit der Glasseite an dieselben gelehnt, aufgestellt. 
Diese Gestelle mit den Platten kommen nun in den Trocken- 
raum, in welchem sich horizontale Stellagen befinden, auf 
welche dieselben gestellt werden. 

Solche Stellagen bestehen nicht aus Brettern, sondern 
aus Holzleisten, welche, um die Luftzirkulation zu ermöglichen, 
etwas voneinander entfernt sind. Um das Trocknen zu be- 
schleunigen, ist eine Temperatur von höchstens 30 Grad und 
eine starke Ventilation erforderlich. Am besten eignet sich 
dazu die Dampfheizung, deren Rohre ringsherum am Fuss- 
boden des Trockenraumes angebracht sind. Für die Ventilation 
genügen die einfachen Vcntilationsröhren nicht; es sind viel- 
mehr eigene, ausserhalb tätige Ventile erforderlich. 

Die Luft muss von aussen mittels einer besonderen Zu- 
leitung von einem möglichst staubfreien Ort, durch Leinwand 
filtriert, eingesogen werden. Der Staub ist ein arger Feind, 
weil er an den Stellen, wo er sich absetzt, Grübchen bildet, 
welche dann bei den trockenen Platten als durchsichtige Flecke 
auftauchen; abgesehen davon gibt der Staub immer durch- 
sichtige Punkte, weil die Lichtwirkung an den betreffenden 
Stellen verhindert wird. Auch in dem Plattengiess räume muss 
man mit aller Sorgfalt den Staub fernhalten, indem man den 



— 157 — 

Fussboden anfeuchtet und die Wände, welche mit Papier 
beklebt sein sollen, stets rein halt. Der Boden soll, sowohl 
im Maschinen-, als auch im Trocken raune aus Cement be- 
stehen. Die Vorsichtsmassregeln gegen den Staub können, 
wie wir nochmals wiederholen, nie zu gross sein. 

Die Empfindlichkeit der Emulsion, welche anfangs sehr 
gering ist, steigt nach und nach mit der Reifung, beim 
Waschen und beim Trocknen, weshalb die Aufmerksamkeit, 
hinsichtlich irgend eines gefahrlichen Lichtes oder hinsichtlich 
der verlängerten Wirkung eines nicht aktinischen Lichtes 
eine sehr grosse sein muss. Man glaubt, dass die Empfind- 
lichkeit der trockenen Emulsion doppelt so gross sei, wie im 
nassen Zustande. Wie -wir jedoch konstatieren konnten, 
trifft das nicht zu; die Empfindlichkeit der trockenen Schicht 
ist allerdings höher als die der nassen, jedoch weit weniger 
als doppelt so gross. 



XXV. Kapitel. 

Laboratoriumslicht Verpackung der 

Platten. Einfluss der Metalle und anderer 

Substanzen auf die empfindliche Schicht 

Nützlichkeit der farbigen Papierumhullungen bei der 
Beleuchtung. — Brauchbare Lichtquellen. — Nachteile des Gaslichtes, 

— Farbe des in den verschiedenen Räumen zu verwendenden Lichtes. 

— Verpackung der Platten. — Verschiedene Verpackungsarten. — 
Farbe und Qualität des für die Verpackung verwendeten Papieres. — 
Wichtigkeit der Aufbewahrung des Papieres vor dem Gebrauch im 
Dunkeln. — Einfluss des Papieres auf den Randschleier. — Be- 
handlung des Papieres mit Bichromat. — Indirekte Wirkung der 
Feuchtigkeit auf die Schicht. — Einfluss der Bromalkalien auf die 
bessere Erkaltung der Platten. — Einfluss der Metalle und anderer 

Substanzen auf die Bromsilbergelatineplatten. 

Für die Beleuchtung der verschiedenen Räume, wo die 
Emulsion hergestellt, die Platten präpariert, geschnitten und 
eingepackt werden, ist es vorzuziehen, Lampen, welche mit 
farbigen Gläsern oder mit farbigen Papierumhullungen (in 
Orange, Gelb, Rot oder Grün) versehen sind, zu benutzen. 
Durch die Zerstreuung innerhalb der Papierumhüllung wird 



- i 5 8 - 

das Licht abgeschwächt, und da es durch eine relativ grosse 
Flache filtriert wird, so werden dessen aktinische Bestand- 
teile viel vollkommener aufgehalten. Beim Gebrauch der 
grossen, runden oder eckigen Papier Umhüllung hat man in 
den Räumen mehr zerstreutes Licht und geringere Schleier- 
gefahr. 

Was die zu benutzende Lichtquelle anbelangt, so em- 
pfehlen wir, abgesehen vom Tageslichte, welches sich wegen 
seiner Unbeständigkeit für diese Zwecke sehr schlecht eignet, 
das elektrische Glühlicht als das beste, und in allen be- 
deutenderen Anstalten wird dasselbe auch fast allein gebraucht. 

Das Gaslicht hat vor allem den Nachteil, dass es durch 
Streichhölzer oder dergl. angezündet werden muss, so dass 
in diesem Augenblicke weder Emulsion, noch präparierte 
Platten, auf welche das Licht einwirkt, in dem betreffenden 
Räume offen stehen dürfen. Man könnte allerdings eine 
Einrichtung zum Anzünden der Lampen vom benachbarten 
Räume aus treffen oder die Lampen selbst, längs der Wand, 
wo sie angebracht sind, mit innerhalb schwarz lackierten 
Blechröhren in der Länge eines Armes versehen, wo die 
Streichhölzer angezündet werden könnten. Wenn kein elek- 
trisches Licht zur Verfügung steht, so verdient noch die 
Petroleum- oder, besser noch, die Oellampe den Vorzug, 
weil diese auch weniger die Laboratoriumsluft verunreinigen. 

Wir erwähnten bereits, dass die Farbe des Lichtes 
orange, rot oder grün sein kann. Der zur Herstellung der 
Emulsion dienende Raum kann mit verhältnismässig heilem 
orangefarbigen Lichte beleuchtet werden, ohne jede Schleier- 
gefahr für die Emulsion. Auf jeden Fall ist es jedoch ratsam, 
den Emulsionsbehälter sowohl während der Herstellung, als 
auch während des Waschens, so viel wie möglich zugedeckt 
zu halten, da beim längeren Einwirken das Licht doch einen 
schädlichen Einfluss ausüben könnte. 

Der Giess- und der Trockenraum, sowie das Lokal, wo 
die Platten geschnitten und verpackt werden, muss jedenfalls 
mit rubinroter oder grüner Beleuchtung versehen sein. 

Das Auge gewöhnt sich vielleicht eher an das rote, als 
an das grüne Licht, dieses letztere scheint jedoch weniger 
die Augen zu ermüden, weshalb in der Lumiereschen 
Anstalt dieses allein zur Verwendung kommt. Aus den 
Versuchen Hauptmann Houdailes (»Bull, de !a Soc. Franc. 
de Phot.") geht hervor, dass das dem Auge am hellsten 



— 159 — 

erscheinende und bei sonst gleicher Helligkeit auf die empfind- 
liche Schicht am wenigsten wirksame Licht das durch Ver- 
wendung eines doppelten gelb-grünen Lichtfilters gewonnene 
ist. Auf jeden Fall muss man sich vergegenwärtigen, dass 
die Fähigkeit eines solchen gefärbten Schirmes, die aktinischen 
Strahlen abzuhalten, mit der Qualität des Lichtes, seiner 
Intensität und der Entfernung von der Lichtquelle variiert. 
Man kann daher die Wirkung einer Lichtquelle, unter Bei- 
behaltung desselben Schirmes entweder durch Verminderung 
der Intensität oder durch Vergrösserung der Entfernung von 
dem Schinne verringern. In letzter Zeit hat man ver- 
schiedenartige, aus farbigen Flüssigkeiten oder aus farbigem 
Papier oder Geweben bestehende Schirme und Filter her- 
gestellt, um eine dem Auge möglichst hell erscheinende und 
auf die empfindlichen Präparate am wenigsten wirksame Be- 
leuchtung zu erzielen. Gewisse orangegelbe Filter haben 
•ich sehr gut bewährt. Eine Mischung von Anilinfarben, 
Anaktinokrin genannt, wird zur Herstellung von Papieren 
oder Geweben benutzt, welche, da sie ein relativ sehr helles 
und auf die Bromsilbergelatine nicht wirksames Licht liefern, 
zur Laboratoriumsbeleuchtung sich sehr gut eignen. 

Die zur Herstellung des Anaktinokrinpapieres benutzten 
Farben sind nicht bekannt, jedoch ist es Dr. Castellani 
gelungen, mit der nachstehenden Losung ein dem genannten 
ebenbürtiges Papier herzustellen: 

Aurami n 5 g, 

Alkohol 1000 cem, 

alkoholische Safraninlösung, o.^I'roz ioo „ 

Man taucht in diese Lösung ein starkes Papier von gleich- 
massiger Textur und lässt es nachher trocknen. 

Die mit der Maschine oder mit der Hand geschnittenen 
Platten müssen nun verpackt werden, um vor der Wirkung des 
Lichtes, aber auch teilweise vor dem Einflüsse der Feuchtig- 
keit geschätzt zu sein. Die Verpackung der Platten ist eine 
Arbeit von der grössten Bedeutung, da die Verpackung in 
vielen Fällen die Ursache ist, dass auf den Platten Ver- 
änderungen eintreten. 

Bei der Verpackung können die Platten derartig über- 
einander gelegt werden, dass sich je zwei unmittelbar mit 
den Schichten berühren; auch kann man sie durch Blättchen 
oder durch Kartonrähmchen voneinander trennen; endlich 
können sie (wie dies in der Regel geschieht) durch zwei 



— l6o — 

zusammengefaltete Kartonstreifen, welche zwischen je zwei 
Platten geschoben werden, voneinander getrennt werden. 
"Wir vermögen nicht zu sagen, welche die bessere Methode 
zur Konservierung der Platten ist; auf jeden Fall ist die 
Methode, die Platten mit der Schicht unmittelbar aufeinander 
zu legen, die einfachste und dürfte auch die Platten gegen 
Feuchtigkeit ain besten schützen; unsere Beobachtungen 
brachten uns zur Ueberzeugung, dass diese Art der Ver- 
packung für die Schicht nicht schädlich sei, wie einige 
glauben. In diesem Falle ist es jedoch angebracht, die in 
einer Schachtel enthaltenen zwölf Platten in Paketen zu 
vier oder sechs Platten zu teilen, um das Zerbrechen beim 
Transport zu vermeiden. 

Das zum Kin wickeln verwendete Papier kann orangerot 
oder schwarz sein; das letztere ist vorzuziehen. Das zum 
Verpacken bestimmte Papier muss auf jeden Fall drei bis 
vier Tage vor dem Gebrauche im Dunkeln aufbewahrt werden. 
Diese Vorsichtsmassrcgel ist namentlich zu beachten , wenn 
das Papier nicht schwarz ist, und ist absolut notwendig, wenn 
man weisses Papier verwenden will. Das letztere Papier 
sollte eigentlich nicht benutzt werden; es wird jedoch in 
einigen Fällen als erste Umhüllung weisses Filtrierpapier 
gebraucht; wir wissen nicht, aus welchem Grunde. 

Der Grund, weshalb das zum Verpacken bestimmte 
Papier einige Zeit vor dem Gebrauche dunkel aufbewahrt 
werden soll, liegt in dem Umstände, dass alle Papiere mehr 
oder weniger die Eigenschaft besitzen, Licht aufzuspeichern; 
dieses au (gespeicherte Licht wird nun bei dunkler Auf- 
bewahrung nach und nach wieder abgegeben. Diese Eigen- 
schaft des Papieres kann sehr leicht nachgewiesen werden: 
nimmt man ein Blatt weissen Papiers, welches einige Tage 
dunkel aufbewahrt wurde, exponiert es unter einem Negativ 
wenigstens i Stunde lang in direktem Sonnenlicht und presst 
es dann einige Minuten in der Dunkelkammer gegen die 
empfindliche Schicht einer Platte, so wird man bei der Ent- 
wicklung der Platte ein mehr oder weniger deutliches positives 
Bild erhalten. Nimmt man dagegen an Stelle der Platte ein 
Stück Auskopierpapier (Albumin- oder Aristopapier) , so be- 
kommt man nach einigen Stunden ein schwaches direktes Bild. 

Ein absolut schwarzes Papier würde natürlich kein Licht 
aufspeichern; da aber ein solches Papier nicht existiert, so 
empfiehlt es sich, auch das schwarze Papier einige Zeit vor 



— i6i — 

dem Gebrauche dunkel aufzubewahren. Das zum Verpacken 
verwendete Papier kann auf die empfindliche Schicht der 
Platte schädlich wirken. Wenn die Platten, mit der Schicht 
zusammengelegt, verpackt sind, macht sich dieser nachteilige 
Einfluss weniger bemerkbar. Es ist jedoch ratsam, sich Qber 
die gute Qualität des Papieres stets dadurch zu überzeugen, 
dass man einige Stücke davon mehrere Tage gegen eine 
empfindliche Schicht im Dunkeln gepresst liegen lässt; zeigt 
sich dann bei der Entwicklung einer solchen Platte an den 
Berührungsstellen des Papieres kein Schleier und zeigt eine 
zweite ebenso bebandelte, jedoch vor der Entwicklung kurz 
belichtete Platte eine gleichmässig entwickelte Schicht, so 
kann man überzeugt sein, dass in der Textur des Papieres 
keine schleierbildenden oder sonst auf die Empfindlichkeit 
nachteilig wirkenden Substanzen enthalten sind. 

Wie wir durch viele Versuche feststellen konnten, rühren 
der Randschleier und andere, an den Rändern vorkommende 
Fehler sehr oft von der schlechten Qualität des Einwickel- 
papieres her. Am besten halten sich die Platten in einem 
nach Colson mit dreiprozentiger Kaliumbichromatlösung be- 
handelten Papiere. Diese Methode ist sehr wirksam , aber 
sie ist, je nach der Belichtung des von Colson empfohlenen 
Papieres, vollkommen überflüssig. 

Auf jeden Fall sind bei der Verpackung die bedruckten 
oder beschriebenen Papiere auszuschli essen , weil die Schicht 
an den der Schrift entsprechenden Stellen ihre Empfindlich- 
keit verlieren würde. Vielfach werden mit Paraffin getränkte 
Papiere vorgezogen, welche jedoch, wenn die Platten nicht 
in überaus feuchten Räumen aufbewahrt werden sollen, über- 
flüssig sind. 

Die in Papier eingewickelten Platten kommen dann in 
vollkommen lichtdichte Pappschachteln. Die gut hergestellten 
und verpackten Platten halten sich an trockenen Orten sehr 
lange unverändert. Die Feuchtigkeit scheint mehr auf die 
Gelatine als direkt auf das Bromsilber zu wirken; diese (die 
Gelatine) verändert, wenn auch nur in schwachem Grade 
zersetzt, das Bromsilber, und die Schicht beginnt zu schleicrn. 
Je höher die Empfindlichkeit der Platten, desto geringer ist 
ihre Haltbarkeit in Bezug auf den Schleier. Die warme 
Temperatur trägt auch zur Schleierbildung bei, und dies ist 
einer der Gründe, weshalb die Erhaltung von guten Negativen 
in warmen Gegenden sehr schwierig ist. 

Niinias, Handbuch der ptaologt. Chemie. II 



— 162 — 

Durch einen sehr kleinen Zusatz von Bromkalium oder 
besser von Bromammonium (0,1 bis 0,2 g pro Liter Emulsion) 
vor dem Giessen der Platten wird die Haltbarkeit derselben 
wesentlich erhöht, wahrend die Empfindlichkeit kaum darunter 
leidet. Der gute Einfluss dieses Zusatzes wurde von uns 
mit Sicherheit festgestellt. Die Platten geben nach einigen 
Wochen bessere Resultate als gleich nach deren Herstellung: 
Die Empfindlichkeit ist eine etwas grössere, sie liefern 
brillantere Bilder und die Gelatineschicht erscheint widerstands- 
fähiger und neigt weniger zum Ablösen von der Platte. 

Damit die mit der Herstellung von Platten Beschäftigten 
den Einfluss aller vor oder nach dem Trocknen nachteilig 
auf die Platten wirkenden Substanzen mit peinlicher Sorgfalt 
zu vermeiden vermögen, möchten wir schon an dieser Stelle 
auf die Versuche zweier Gelehrter, Colson und Rüssel, 
aufmerksam machen, durch welche diese den grossen Einfluss 
der Metalle und anderer Substanzen auf die empfindliche 
Schicht nachgewiesen haben. 

Colson hat in der Tat nachgewiesen, dass ein Stück 
poliertes und blankes Zink in Berührung mh der empfind- 
lichen Schicht oder auch von derselben durch einen Karton 
getrennt, in wenigen Stunden einen latenten Eindruck erzeugt, 
welcher mit Hilfe des Entwicklers hervorgerufen werden kann. 
An den Stellen, wo sich die Wirkung des Zinkes bemerkbar 
macht, entsteht bei der Entwicklung eine mehr oder weniger 
bedeutende Schwärzung. Colson schreibt die Veränderung 
der Schicht den Zinkdämpfen zu, was jedoch gänzlich aus- 
geschlossen sein dürfte. Andere haben in neuerer Zeit diese 
Erscheinung dem durch die Wirkung der Feuchtigkeit auf 
das Zink sich entwickelnden Wasserstoff zugeschrieben. 

Dr. Bettini kam jedoch auf Grund von Untersuchungen, 
welche zutreffend zu sein scheinen, zu dem Schluss, dass 
diese Wirkung dem Ozon oder dem Wasserstoffsuperoxyd 
zukommt, welche während der langsamen Oxydation des 
Zinkes entstehen, und welche, nach Bettini, einen be- 
deutenden Einfluss auf die Bromsil berge latineplatten haben. 

Das Kadmium und das Magnesium zeigen eine dem Zink 
analoge Wirkung. Rüssel, ein angesehener englischer 
l'hotochemiker, hat die Wirkung anderer Substanzen studiert. 

Er fand, dass unter den Metallen nicht allein das Zink, 
das Magnesium und das Kadmium, sondern auch das Nickel, 
das Quecksilber, das Blei , das Wismut , das Zinn , das 



- I6 3 - 

Antimon u. s. w. auf die Platte wirken. Das Eisen, das Gold 
und das Platin haben keine, das Kupfer nur schwache 
Wirkung. Rüssel konstatierte, dass die Wirkung dieser 
Metalle von Luft und Feuchtigkeit unabhängig ist. 

Es gibt ausserdem viele nichtmetallische Körper, welche 
die Platte beeinflussen können. Ein glatt geschnittener 
Baumzweig beeinflusst die Platte, wenn die Schnittfläche mit 
derselben in Berührung kommt, wobei die Ringe sich durch 
Schwärzung bemerkbar machen. 

Auch das Bambusrohr, das Stroh, das Heu, die Holz- 
kohle üben eine Wirkung aus. Die Druckerschwärze ist oft- 
mals wirksam und oftmals nicht. Deshalb kann zuweilen 
ein bedrucktes Papier auf der Platte einen latenten (und ent- 
wickelbaren) Eindruck des Gedruckten hinterlassen, zuweilen 
aber auch nicht Der Koks und der Zucker haben keine 
Wirkung. Eine geringe Wirkung besitzt auch der Methyl- 
alkohol und das Terpentinöl; der Alkohol, der Aether, das 
Benzin, das Leinöl, der Teer sind dagegen wirkungslos. 

Becquerel hat gezeigt, dass die Uranverbindungen 
(Oxyd, Nitrat, Chlorid) in verschlossenen Glasern aufbewahrt 
und auf die Platten gebracht, eine durch die Entwicklung 
sichtbar zu machende latente Wirkung erzeugen. Die Wirkung 
bleibt dieselbe, ob die, diese Verbindungen enthaltenden 
Glaser vorher dem Lichte ausgesetzt oder lange Zeit im 
Dunkeln aufbewahrt wurden; es handelt sich also um eine 
eigentümliche, sehr interessante Wirkung, für welche noch 
keine sichere Erklärung gefunden ist. 

Eine den Uranverbindungen analoge, jedoch viel stärkere 
Wirkung haben das Polonium und vor allem das Radium, 
zwei neue, durch Curie in neuester Zeit entdeckte und 
studierte Elemente. Ueber diesen Gegenstand siehe Näheres 
in einem der nächsten Kapitel. 

Der Kopallack Qbt sowohl auf die nassen, als auf die 
trockenen Platten eine sehr energische Wirkung aus; in den 
Platten geht in kürzester Zeit eine unsichtbare Veränderung 
vor, welche sich durch einen mehr oder minder bedeutenden 
Schleier kundgibt. Die Gegenwart einer nur kleinen Menge 
Kopallack in einem Lokale genügt schon, dadurch sämtliche 
etwa vorhandenen unverpackten Platten zu verderben. 

Ausser den Substanzen, welche eine entwicklungsfähige 
latente Wirkung ausüben, gibt es auch solche, welche in 



- i6 4 - 

entgegengesetzter Richtung wirken, d. h. die Platte verliert 
an den betreffenden Stellen an Empfindlichkeit. Zu diesen 
gehört, wie Colson nachgewiesen hat, die Schreibtinte. Diese 
Wirkung der trockenen Schreibtinte (aus gerbsaurem und 
gallussaurem Eisen bestehend) kann zum direkten Kopieren 
von Manuskripten, ohne Hilfe von Apparaten, benutzt werden. 
Es genügt zu diesem Zwecke, das Schriftstück einige Stunden 
gegen eine Platte zu pressen, um nach momentaner Exposition 
am Tageslicht und Entwicklung der Platte eine Reproduktion 
der Schrift zu erhalten. 

In Anbetracht des enormen Einflusses einiger Körper 
auf die Bromsilbergelatineplatten ist es von der grössten 
Wichtigkeit, dass man alle irgendwelchen Einfluss ausübenden 
Substanzen strengstens aus dem Trockenraume fern hält. Be- 
sondere Vorsicht ist bei der Wahl der zum Lackieren der 
Gerätschaften und der Wände bestimmten Firnisse geboten, 
da viele derselben eine schädliche Wirkung ausüben. 



Bestimmungen 

der Empfindlichkeit und der Tonabstufungen 

der Platten. Bromsilbergelatinefilms. 

Sensitometer Wa rn e rk e. — Dessen Konstruktion und Gebrauchs- 
art. — Mit dem Sensitometer gemessene und wirkliche Empfind- 
lichkeil. — Konstruktion eines einfachen Apparates für die Sensito- 
metrie. — Tonabstufung (Gradation) der auf den Platten erhaltenen 
Bilder. — Wichtigkeit einer guten Tonabstufung. — Sensitometer 
Scheiner. — Sensitometer Chapman Jones. 

Die empfindliche Schicht der Bromsilbergelatineplatten, 
inuss, abgesehen von der Abwesenheit jedes anderen Fehlers, 
um den allgemeinen Anforderungen zu entsprechen, zwei 
Eigenschaften besitzen: grosse Empfindlichkeit und die Fähig- 
keit, alle Tonabstufungen und Schattierungen eines Objektes 
vollkommen wiederzugeben. 

Von den gewöhnlichen Platten kann man keine richtige 
Wiedergabe der einzelnen Farbenwerte farbiger Objekte er- 



- i6 5 - 

warten; orthochromatische Aufnahmen, d. h. solche mit rich- 
tiger Wiedergabe der Farbenwerte, wie sie dem Auge er- 
scheinen, kann man nur mit besonders hierzu hergestellten 
Platten (orthochromatischen Platten), über welche wir im 
Verfolg sprechen werden, erhalten. Die Empfindlichkeit der 
Platten wurde in früheren Zeiten und vielfach auch heute 
noch mit dem Warnerkeschen Apparate gemessen und in 
Warnerke-Graden ausgedrückt. 

DerWarnerkesche Empfindlichkeitsmesser (Sensitometer) 
ist, wie folgt, konstruiert: Man klebt auf eine Glasplatte mit 
Albumin 25 Papierstreif chen von 0,03 mm Dicke derartig 
Übereinander, dass das nächstfolgende ein Stückchen von 
dem zunächst unter ihm liegenden freilässt. Auf diese 
Weise entsteht eine Skala, in welcher die Transparenz pro- 
portional der Anzahl der Papierlagen abnimmt, so dass die 
erste die durchsichtigste, die 25. die dichteste ist. Von 
dieser Skala macht man mittels einer leichtflüssigen (Spenee- 
schen) Metall le gierung einen Abguss. 

In die so erhaltene Form wird Gelatinelösung gegossen, 
welche mit einer bestimmten Quantität und Qualität von 
Farbe schwarz gefärbt ist. Auf diese Gelatine legt man eine 
Glasplatte und entfernt (nach dem Erstarren der Gelatine) 
dieselbe mit der Gelaüne von der Form und lässt trocknen. 
(Um das Ankleben der Gelatinelösung an der Metallform zu 
verhindern, dürfte es ratsam sein, die Form vorher mit etwas 
Vaseline oder sonstigem Fett einzureiben.) 

Diese, auf der Glasplatte befindliche Skala wird nun 
entsprechend ihrer Dichtigkeitsabstufungen von 1 bis 25 mit 
Nummern versehen, welche man, um sie undurchsichtig zu 
machen, mit Bronzepulver einpinselt. 

Die Platte wird in einen entsprechenden Rahmen gefasst, 
in welchem gegenüber der numerierten Skala eine phosphores- 
cierende Oberfläche sich befindet, d. h. eine Oberflache, welche 
im stände ist, Licht aufzuspeichern und in der Dunkelheit 
langsam und sichtbar wieder abzugeben. Die im allgemeinen 
gebrauchten phosphorescierenden Substanzen sind dasSchwefel- 
calcium, das Schwefel Strontium, das Schwefelbaryum und das 
Schwefelzink, welche in besonderer Weise hergestellt werden; 
sie werden dann mit irgend einer verdickenden Lösung 
gemischt; durch Auftragen dieser Lösung auf irgend eine 
Oberfläche wird dieselbe phosphorescierend gemacht. Nach- 
dem die zu prüfende empfindliche Platte in den Rahmen 



— i66 — 

gelegt und vollkommen (lichtdicht) eingeschlossen ist, brennt 
man so nahe wie möglich an der phosphorescierenden Fläche 
2,5 cm Magnesiumband ab. Dann schliesst man auch den. 
die phosphorescierende Oberfläche tragenden Deckel, so dass 
diese fast in Berührung mit der numerierten Skala kommt. 
Nach einer Minute zieht man einen Schieber, welcher die 
phosphorescierende Fläche von der, hinter der Skala liegenden 
empfindlichen Schicht trennt, heraus und lässt 30 Sekunden 
wirken. Die Platte wird nun entwickelt; die höchste Zahl, 
welche beim Entwickeln deutlich erscheint, gibt den Ein- 
pfindlichkeitsgrad der Platte an. Die Nummern erscheinen 
weiss auf dunklem Untergrund. 

Damit die Empfindlichkeitsgrade vollkommen vergleichbar 
sind (mit anderen), muss die Messung stets mit den gleichen 
Apparaten und nach demselben Verfahren vorgenommen werden. 
Die Firma Marion & Co. in London (Soho Square) liefert 
genau konstruierte Empfindlichkcitsmesser nach Warncrke. 

Es ist hierbei aber zu berücksichtigen, dass die mit dem 
Scnsitometer gemessene Empfindlichkeit oft nicht mit der 
wirklichen zusammenstimmt. Bei dem Scnsitometer wird 
das intensive weisse Licht durch die verschieden dichten 
Skalenstufen in grösserem oder geringerem Grade geschwächt; 
in der Praxis handelt es sich dagegen im allgemeinen nicht 
um das durchfallende, sondern um reflektiertes Licht, dessen 
photographische Wirkung, je nach der Stellung der re- 
flektierenden Fläche zur Lichtquelle {in vollem Lichte, im 
Halbschatten oder im Schatten), je nach der Farbe der re- 
flektierenden Oberfläche und nach der Farbe des Lichtes 
selbst, verschieden ist. Ausserdem ist es auch unbekannt, wie 
sich die Wirkung der phosphorescierenden Fläche, sowohl in 
verschiedenen Apparaten, als auch in ein- und demselben, 
bei der Aufbewahrung (mit der Zeit) ändern kann. 

Aus diesen Gründen kann man den Warnerkeschen 
Sensitometcrgraden keinen sehr hohen Wert beilegen; dieser 
Apparat kann besonders für die Plattenfabrikantcn nützlich 
sein, weil derselbe eine rasche Messung der Plattenempfind- 
lichkeit zulässt; heute kennt man Platten mit über 25 Grad W. 
Im allgemeinen liegt jedoch die Empfindlichkeit der extra- 
empfindlichen Platten zwischen 24 und 25 Grad. 

An Stelle des Warncrke -Sensitometcrs hat man andere 
einfachere Apparate zur Messung der Plattcnempfindlichkcit, 
von denen der folgende von jedem selbst hergestellt werden 



- I6 7 - 

kann. Auf die eine Seite einer Glasplatte klebt man einen 
Papier streifen , welcher eine fortlaufende Reihe von 25 bis 
30 Nummern trägt; auf die andere Seite der Platte werden 
transparente Papier blättchen derartig übereinander aufgeklebt, 
dass jede auf dem Streifen angegebene Nummer von einer 
dieser Nummer entsprechenden Anzahl Papi er blät tchen be- 
deckt ist. 

Auf diese Weise erhält man eine allmählich dichter 
werdende Skala; stellt man nun hinter derselben eine Kerze 
auf, so dass die Flamme derselben stets an derselben Stelle 
bleibt, und Photographien man die Skala von der entgegen- 
gesetzten Seite immer mit ein und demselben Apparate und 
aus der gleichen Entfernung, so kann man nach der bei der 
Entwicklung hervortretenden höchsten Nummer sich ein ziem- 
lich annäherndes Urteil über die Empfindlichkeit der Platte 
bilden. Anstatt der Kerze kann man eine Lampe, und zwar 
die von Abney empfohlene und vom Pariser Kongress 1889 
als Messeinheit für die Lichtintensität gewählte Amylacetat- 
lainpe oder die von Prof. Dr. Eder empfohlene Bcnzinlampe 
benutzen. 

Ausser der Empfindlichkeit kommt bei einer Platte auch 
die Intensitätsabstufung des auf derselben erhaltenen Bildes 
in Betracht. Die Bromsilbergelatineschicht soll nicht allein 
sehr empfindlich sein, sondern Bilder von gleicher Ab- 
stimmung in den Schatten und in den Lichtern liefern, wie 
solche in der Natur beobachtet werden. Mit den Sensito- 
metern kann man im allgemeinen feststellen, ob eine Platte 
richtig abgestimmte oder zu kontrastreiche oder kraftlose 
Bilder zu liefern im stände ist. Wenn eine Platte, in Bezug 
auf Abstimmung, als tadellos angesehen werden soll, so muss 
man beim Sensitometerbilde eine vollkommen gleichmässige 
Dichte in den Hintergründen, auf denen die Nummern er- 
scheinen, beobachten können. 

Bei Land schafts auf nahmen ist eine gewisse Härte des 
Bildes im allgemeinen kein Nachteil, während bei Porträt- 
aufnahmen dies nicht statthaft ist. Eine gute Porträtplatte 
muss sehr empfindlich sein und die Schattenabstufungen mit 
genügender Genauigkeit wiedergeben. Eine Platte, welche 
eine beträchtliche Abstufung des Helldunkels erzeugt, ver- 
leiht auch dem Porträt die für den Effekt so notwendige 
Modellierung und Relief. Es sind dies zwei Bedingungen, 
welche man nur nach wiederholten Erfahrungen und durch 



— i68 — 

rationelle Modifikationen bei der Emulsionsherstellung zl 
erfüllen im stände ist. 

Zahlreiche Fabrikanten von Bromsilbergelatioe- Platten 
und -Films drücken heute die Empfindlichkeit in Graden 
nach Scheiner aus. Das ursprüngliche Scheinersche 
Sensitometer wurde spater von Prof. Dr. Eder, welcher bei 
dem Pariser Kongress 1900 einen sehr interessanten Bericht 
hierüber erstattete, modifiziert (siehe auch „Photogr. Korresp." 
1900). Das Scheinersche Sensitometer besteht in der Haupt- 
sache aus einer drehbaren Scheibe, welche mit einer, von 
der Peripherie gegen den Mittelpunkt zu sich erweiternden 
Oeffnung versehen ist. An der einen Seite dieser Scheibe 
befindet sich die konstante Lichtquelle (besondere Benzin- 
lampe mit berechneter Lichtintensität), an der anderen ein 
senkrecht gestellter, mit einer Reihe von Abteilungen und 
transparenten Nummern versehener besonderer Rahmen, in 
welchen man die Platte legt. Dreht man nun die Scheibe, 
so lässt die Oeffnung das Licht in verschiedenem Masse 
durch; das meiste Licht empfangt die Platte an den dem 
Mittelpunkt am nächsten liegenden Teilen, wo auch die Skala 
und die Nummern am kräftigsten erscheinen. Die höchste 
auf der entwickelten Platte lesbare Nummer zeigt den Em- 
pfindlichkeitsgrad an. Der Apparat ist nach den Angaben 
Prof. Dr. Eders vom Mechaniker Töpfer in Potsdam konstruiert. 

Der Vorteil dieses Apparates vor anderen Sensitometern 
besteht darin, dass das Licht direkt wirkt, so dass der da- 
durch gewonnene Empfindlichkeitsgrad der wirklichen Platten- 
empfindlichkeit in der Praxis viel mehr entspricht. 

Sehr nützlich erscheint für die Praxis das von Chap- 
man Jones erdachte und von Sanger Shepherd 1 ) kon- 
struierte, sehr preiswürdige und leicht handliche Sensitometer. 
Das Instrument bietet auch den Vorteil, dass es die Fähigkeit 
der Platten, die verschiedenen Farben wiederzugeben, angibt. 
In einer numerierten Tafel von allmählich zunehmender Un- 
durchsichtigkeit, mit welcher man die allgemeine Empfindlich- 
keit messen kann, sind kleine Quadrate aus Gelatinehäuten 
von verschiedener Farbe enthalten, von welchen einige be- 
stimmten Regionen des Spektrums entsprechen. 

Ferner ist in dieser Tafel ein Negativ in Strich- und 
ein anderes in Halbtonmanier befestigt, welche einesteils 



1) 5 Grays Inn Passage, Red Lion Street, Holborn, London W. 



— 169 — 

die Kraft, an dem teils die Abstufung der, auf den zu unter- 
suchenden Platten tatsächlich zu erlangenden Bilder zeigen 
sollen. 

Als Lichtquelle zur Bestimmung der allgemeinen Em- 
pfindlichkeit benutzt man eine Kerze oder eine Normallampe. 
Für die Bestimmung der Farbenempfindlichkeit ist es jedoch 
empfehlenswerter, das Tageslicht zu benutzen. 



XXVII. Kapitel. 

Bromsilbergelatine-Films und Negativ- 
papiere. 

Celluloldfilms. — Herstellungsverfahren und Gebrauchs- 
anweisung. — Vorteile und Nachteile. ■ — Films mit provisorischer 
Papierunterlage. — Negativpapier. 

Der Gebrauch von Films als Ersatz für Platten ist heute 
sehr ausgedehnt. Diese bieten den wesentlichen Vorteil, dass 
sie viel leichter sind, weniger Platz erfordern als Glasplatten, 
das Kopieren der positiven Bilder von beiden Seiten ge- 
statten und lichthoffreie Bilder liefern. 

Im allgemeinen bestehen die Films aus durchsich tigern 
oder mattem Cellulold , auf welches die lichtempfindlichen 
Materialien aufgetragen sind. Man hat zweierlei Sorten von 
Films: die Planfilms, bei denen das Celluloldblatt ziemlich 
dick ist, so dass sie in den kleinen sogen. Planfilmkassetten 
der Momentapparate eingeführt werden können; die Roll- 
films, welche aus sehr dünnem, auf eine Spule aufgerolltem 
Cellulold bestehen. Beim Gebrauche werden dieselben von 
der ersten Spule auf die zweite abgewickelt, wobei sie über 
die Bildebene gezogen werden. Diese letzteren sind zweifels- 
ohne die bequemsten und praktischsten und, wenn es ge- 
lingen sollte, das Cellulold durch eine andere, ebenso durch- 
sichtige und widerstandsfähige, aber von den Nachteilen des 
Cellulolds freie Substanz zu ersetzen, so würde dies unbedingt 
von grossem Vorteil sein. 



— i 7 o — 

Eine ideale Unterlage für die Bromsilbergelatineschicht 
müsste folgende Eigenschaften besitzen: Biegsamkeit des 
Papieres, Durchsichtigkeit des Glases, Undurchdringlichkeit 
und Widerstandsfähigkeit des Cellulolds, vollkommene Un- 
wirksamkeit auf die Bromsilbergelatineschicht, geringerer Preis 
gegenüber demjenigen des Cellulolds.- Man ist mit dem 
Suchen nach einem derartigen Stoffe schon lange beschäftigt; 
es ist jedoch nicht vorauszusehen, ob und wann dies Problem 
gelöst werden wird. 

Vorläufig leisten in besonderen Fällen die CelluloTdfilm- 
vortreffliche Dienste. In Anbetracht des hohen Cellulold- 
preises und des Umstandes, dass die empfindliche Schicht 
durch die nachteilige Wirkung des CelluloTds gewöhnlich 
nach nicht ganz einem Jahre unbrauchbar wird, werden die 
Cell uloldf Ums nur eine beschränkte Verwendung haben. Ein 
weiterer, nicht zu unterschätzender Nachteil des Cellulolds ist 
das Aufrollen der Films in den Bädern. 

Das Cellulold besteht aus einer Mischung von Schiess- 
baumwolle und Kampfer und wird durch Erhitzen dieser 
beiden Substanzen in verschlossenen Gcfässen erhalten. Es 
stellt in warmem Zustande eine plastische Substanz vor, 
welche nach Belieben geformt und zu Blättern verarbeitet 
werden kann. Es ist in allen Lösungsmitteln der Schiess- 
baumwolle löslich, riecht stark nach Kampfer und brennt 
äusserst leicht. Es kann in der Masse sowohl gleichmässig, 
als auch geädert gefärbt werden, wodurch verschiedene 
Körper, wie Elfenbein, Schildpatt u. s. w., nachgeahmt werden 
können. 

Zum Giesscn der CelluloVdfilms mit der Emulsion ver- 
fährt man folgendermassen: Die Planfilms werden nach Auf- 
tragung der Vorpräparation auf Glasplatten aufgeklebt, und 
geschieht dann das Gicssen in ähnlicher Weise wie bei den 
Platten. Die Planfilms kleben jedoch sehr schlecht an den 
Glasplatten, weil es schwer ist, dieselben in ebener Lage 
zu erhalten; das diesbezügliche Verfahren der grossen 
Anstalten aber ist uns nicht bekannt. Wir haben zu diesem 
Zweck eine Lösung von Schiessbaumwolle in Amylacetat 
(3 Proz.) und auch eine Lösung von Traubenzucker versucht; 
letzteres muss jedoch nach dem Emulsionieren entfernt werden, 
was sehr unangenehm ist. 

Die Rollfilms werden mit ähnlichen Maschinen präpariert, 
wie solche für die Emulsionspapiere in Gebrauch sind. Der 



— I 7 I — 

grösste Uebelstand der Celluloldfilms ist deren geringe Halt- 
barkeit. Die Ursache der Veränderung ist nicht sicher be- 
kannt, wahrscheinlich liegt dieselbe aber an dem, in dem 
Cellulold enthaltenen Kampfer. Auf jeden Fall ist es rat- 
samer, weniger empfindliche Emulsionen bei den Films zu 
gebrauchen, da die hochempfindlichen auch schneller ver- 
derben. Vorzügliche und verhältnismässig gut haltbare Films 
werden von der Berliner Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation 
hergestellt. Was die Behandlung der Films im allgemeinen 
betrifft, so weicht dieselbe von derjenigen der Platten in 
nichts ab. Die für Platten' empfohlenen Entwickler- und 
Fixierlösungen eignen sich auch für die Films. Bei der nicht 
selten auftretenden Neigung zö Schleierbildung bedient man 
sich des Bromkaliums. Für die Entwicklung von Rollfilms 
empfiehlt sich der Gebrauch von besonderen langen Ent- 
wicklerschalen, welche die Entwicklung mehrerer Bilder zu- 
gleich zulassen; die Films werden, um sie flach zu erhalten, 
mittels Reissstiften an die am Boden der Schale angebrachten, 
mit Paraffin (in Terpentinöl gelöst) getränkten Holzleisten fest 
und glatt gespannt. Auch kann man sich eines besonderen, 
muldenförmigen Gefässes bedienen, in dessen unterein Teile 
ein beweglicher (runder) Gegenstand (Walze) angebracht ist. 
Von diesem wird die Bildhaut unter der Oberfläche des 
Bades gehalten und mit zwei Händen in dem Bade hin- und 
hergezogen (Entwicklungsschalen für Films). 

Die Planfilms neigen nach dem Trocknen stark zum 
Aufrollen. Dies kann durch Einreiben mit ein wenig Glyzerin 
beseitigt werden. Alle bei den Platten geltenden Ver- 
stärkungs- und Abschwächungs-Behandlungcn gelten auch für 
die Films. Die Films dürfen jedoch nicht mit alkoholischen 
Flüssigkeiten gefirnisst werden, da solche das CelluloVd an- 
greifen. Hierzu eignet sich eine Dammar- oder Guttapercha- 
lösung in Benzin. 

Eine bedeutende sozusagen mechanische Verbesserung 
sind die von der Leipziger Buchbinderei - Aktiengesellschaft 
erdachten und patentierten Vidilfilms. Bei diesem System 
sind die einzelnen in der Bildgrösse zugeschnittenen Films 
auf einen langen Papierstreifen derart montiert, dass zwischen 
je zwei Films ein als Mattscheibe dienendes durchsichtiges 
Papier frei bleibt. 



Mao hat versucht, bei den Films das Cellulold durch 
Papier zu ersetzen, und in der Tat wurden auch solche aus 
besonderem emulsionierten Papier bestehende Filmrollen in 
den Handel gebracht; die damit erzielten Resultate waren 
jedoch so ungunstig, dass man von einer weiteren Fabrikation 
abgesehen hat. 

Zur Beseitigung dieser L'ebelstände wurde von einigen 
Fabrikanten versucht, das Papier bloss als provisorischen 
Trager zu benutzen und die Bildschicht nach Fertigstellung 
dos Bildes davon abzutrennen und auf einen Planfilm als 
definitive Unterlage zu übertragen. Diese sind die von einer 
Berliner Gesellschaft im Jahre 1898 in den Handel gebrachten 
sogen. Seccofilms. 

Bequemer als die Seccofilms sind die im Jahre 1899 
in' den Handel gebrachten Kardinalfilms. Diese bestehen 
aus einem dicken lackierten Papier und tragen eine ver- 
hältnismassig dicke, vermutlich aus unlöslich gemachter 
Gelatine bestehende Schicht; auf dieser befindet sich die 
empfindliche Em ulsions Schicht. Die Aufnahme wird bei diesen 
Films wie üblich gemacht, und die Bilder werden entwickelt, 
fixiert und gewaschen. Darauf wird der Film von dem 
Papier abgezogen; zu diesem Zweck wird der Film in 
folgender Lösung gebadet: 

Alkohol (45 — soproz.) .... 100 cem, 

Glyzerin 3 » 

Formalin 2,5 ccm. 

Nach einigen Minuten trennt sich der Film ohne grosse 
Schwierigkeit vom Papier. Der Film wird nun auf eine mit 
Talk abgeriebene Glasplatte zum Trocknen gelegt, worauf 
derselbe abgetrennt und ohne weiteres benutzt und aufgehoben 
werden kann. Die damit gewonnenen Negative sind gut; 
sie können von beiden Seiten gedruckt werden und sind 
stets lichthoffrei. Sie sind ausserdem billiger als die Platten. 

Wir haben diese Films wiederholt versucht, und haben 
gefunden, dass die empfindliche Schicht, vielleicht wegen der, 
aus unlöslich gemachter Gelatine bestehenden Zwischenschicht, 
im allgemeinen nicht fehlerlos ist. Ferner bietet bei den 
gewöhnlichen Kameras der Gebrauch derselben keinen 
genügend bequemen Ersatz für die Platten. Auch die Ver- 
stärkung und Abschwächung dieser Films führt nicht selten 
zu Misscrfolgen. Aus diesen Gründen scheinen diese Films 



— 173 — 

auch keine grosse Ausbreitung und nicht viel Erwähnung 
gefunden zu haben. 

In letzter Zeit hat man wieder die Fabrikation von Negativ- 
papieren aufgenommen, von denen einige recht gute Resul- 
tate liefern, wie z. B. das Negapapier der Neuen Photogra- 
phiächen Gesellschaft in Berlin und das Negativpapier von 
G. Schaeuffelen in Heilbronn a. Neckar. Das als Unterlage 
dienende, mit sehr geringem und gl eich massigem Korn ver- 
sehene Papier wird von der Firma Steinbach & Co. in 
Malmedy fabriziert. Mit diesem Papier erhält man, ohne die 
Durchsichtigkeit desselben durch Einreiben mit Fett erhöhen 
zu müssen, genügend durchsichtige Negative, welche gute 
Drucke in fast derselben Zeit wie bei Anwendung von Glas- 
negativen liefern. Das allerdings noch bemerkbare geringe 
Korn wirkt bei Landschaftsbildern nicht störend. 

Sowohl die Films, als auch die Negativpapiere haben 
den Vorteil, dass sie lichthoffreie Bilder liefern; der Papicr- 
untergrund hat noch den im nächsten Kapitel zur Erläuterung 
kommenden weiteren Vorteil kräftigerer Wirkung des Lichtes, 
weil vermöge der vom Papier bewirkten Reflexion auch ein 
Teil des (bei Glasplatten) die Schicht durchdringenden Lichtes 
zur Bilderzeugung dient. 

Bevor wir die Erläuterungen über die Films besc hl i essen, 
mag noch erwähnt sein, dass die Kodak -Gesellschaft seit dem 
Jahre 1903 einen speziellen Typus von Films in den Handel 
gebracht hat, welche den grossen Vorzug besitzen, dass sie 
sich in den Bädern nicht aufrollen. Bei dienen Films ist die 
Rückseite mit einfacher Gelatinelösung überzogen, so dass 
der zwischen zwei Gelatineschichten (Emulsions- und einfache 
Gelatineschicht) liegende Celluloldstreifen eben bleibt. Mit 
diesen Films muss man allerdings etwas vorsichtig umgehen, 
um die Rückseite nicht zu beschädigen; sie sind jedoch viel 
bequemer im Entwickeln, Verstärken, Abschwächen u. s. w. 



XX VID. Kapitel. 

Exposition und Aufnahme. 

Theoretisch vollkommenes Bild. — Gründe fflr eine gewisse 
Genauigkeit bei der Aufnahm ezeit. — Verschiedene Dichtigkeitsgrade 
des Silberniederschlages bei verlängerter Aufnahme. — Aufnahme 
einer Skala in Hell-Dunkel und Betrachtungen Über die Modulations- 
fähigkeit einer gegebenen Platte. — Aeussere Einflüsse auf die Ton- 
abstufungen: Farben der Gegenstände, Wirksamkeit des Lichtes, 
Beschaffenheit des Entwicklers. ■ — Polarisation. — Ihre Wirkungen 
und wahrscheinliche Ursachen. — Lichthofe und lieh thof verhindern de 
Substanzen. — Lichthoffreie Platten. — Verfahren zur Erhöhung der 
Leistungsfähigkeit der Platten bei den Aufnahmen. 

Wir haben in Kapitel XI das Thema aber das latente 
Bild, d. h. über dasjenige Bild, welches durch kurze Exposition 
der Platte im photographischen Apparate entsteht, ausführlich 
behandelt. Es ist hier nicht unsere Aufgabe, die Regeln 
anzugeben, welche man bei der photographischen Aufnahme 
irgend eines Objektes zu befolgen hat; dies gehört in das 
Gebiet der photographischen Praxis und der photographischen 
Kunst. Wir werden uns hier nur mit einigen Erscheinungen 
befassen und Tatsachen besprechen, welche mit der Exposition 
oder Aufnahmen auf Bromsilberplatten in Zusammenhang 
stehen. Auf einer Bromsilbergelatineplatte erhält man theoretisch 
das vollkommenste Bild, wenn man der Platte eine für jeden 
einzelnen Fall genau bestimmte und konstante Exposition 
gibt, und wenn alle übrigen, dieselbe beeinflussenden Be- 
dingungen, wie: Lichtintensität, Objektiv und Objektivöffnung, 
Empfindlichkeit der Platte und die Art des Entwicklers, 
konstant sind. 

In der Praxis hat man indessen einen gewissen Spiel- 
raum in der Aufnahmezeit, welcher, ohne sehr gross -zu sein, 
doch genügend ist, dass kleine Irrtümer hinsichtlich der Ab- 
schätzung der verschiedenen Umstände, welche auf die Auf- 
nahmezeit Einfluss haben, tatsächlich von keiner Bedeutung 
sind. Dieser Spielraum in der Aufnahmezeit variiert be- 
deutend mit der Zusammensetzung der benutzten Entwickler, 
so dass man in allen Fällen von zweifelbaft richtiger Auf- 
nahinezeit am besten solche Entwickler benutzt, welche, unter 
den in folgendem zu erwähnenden Gesichtspunkten den 
grössten Spielraum in dieser Beziehung zulassen. 

Unter den physikalisch - chemischen Gründen, welche, 
um tadellose Bilder zu erhalten, eine gewisse Genauigkeit 



— 175 — 

der Expositionszeit nötig machen, sind folgende zu nennen: 
Vor allem ist es das Verhältnis zwischen der Bildwirkung 
und der diese Wirkung hervorbringenden Lichtmenge. Deckt 
man z. B. eine Bromsilbergelatine -Platte mit einem schwarzen 
Papier zu, welches ein kreisrundes Loch enthält, so wird man 
leicht begreifen, dass die Intensität der kleinen schwarzen 
Scheibe, oder besser gesagt, die Dichtigkeit des bei der Ent- 
wicklung entstehenden Silberniederschlages mit der Dauer der 
Exposition bis zu einer gewissen Grenze zunimmt. Diese 
Grenze entspricht dem Augenblick, in welchem sich die Ent- 
wicklung auf die ganze Tiefe der Schicht erstreckt. Wird 
nun die Expositionszeit über diese Grenzen hinaus verlängert, 
so bemerkt man nicht, dass die Dichtigkeit des Silber- 
niederschlages konstant bleibt, sondern dass statt 
dessen diese allmählich abnimmt Dies bezeichnet man 
mit dem Ausdruck Ueberexposition. Da infolgedessen das 
Bild kraftlos wird und seine Tonabstufungen verliert, so sieht 
man daran, welche unangenehmen Folgen die Ueberexposition 
mit sich bringt. 

Betrachten wir nun einmal anstatt der Expositionszeit 
die Art der Beleuchtung der Platte in der Kamera. 
Diese hängt, abgesehen von der Expositionszeit, auch von 
anderen Umständen ab, welche auf den Charakter des latenten 
Lichteindruckes von Einfluss sind, nämlich von der Licht- 
starke, von der brauchbaren Oeffnung des Objektives 
und von der Intensität des wirkenden Lichtes ab. Stellt 
man sich den zu p holographieren den Gegenstand als eine 
Skala von Hell-Dunkel aus n Abstufungen von Weiss bis 
Schwarz vor, so ist, damit die Tonabstufung n — /, welche 
dem Schwarz am nächsten liegt, den denkbar kleinsten, kaum 
bemerkbaren Eindruck auf der neutralen Platte zeigen kann, 
eine Beleuchtung (Licht Wirkung) derselben nötig, welche man 
mit I bezeichnet. Diese Beleuchtung (Lichtwirkung) ist die 
kleinste, welche die Platte erhalten darf; ist sie geringer, so 
erhält man kein vollkommenes Bild des Gegenstandes, das 
Negativ wird daher mangelhaft sein. 

Bei der idealen Bromsilbergelatineplatte , d. h. bei einer 
solchen, die die Tonabstufungen mit vollkommener Genauigkeit 
wiedergibt, müsste bei der Belichtung! den weichen Teilen 
des Gegenstandes die höchste mit der gegebenen Emulsion 
und mit dem bestimmten Entwickler erreichbare Dichtigkeit 
des Silberniederschlages entsprechen. In der Praxis wird sich 



— 176 — 

jedoch im allgemeinen zeigen, dass die den Weissen (Lichtem) 
entsprechende Intensität geringer ist als diejenige, die man 
mit der betreffenden Platte erzielen kann, was aus zwei 
Gründen möglich ist: Entweder sind die Lichter bei der Be- 
lichtung I unterbelichtet oder sie sind überexponiert. Im 
ersten Falle ist in dem Bilde zwar nicht die notwendige 
Intensität der Lichter vorhanden, aber die Tonabstufungen 
sind richtig, und eine Verstärkung wird ausreichen, um das 
Bild durch Vergrösserung der Kontraste zwischen Weiss und 
Schwarz zu verbessern. Im zweiten Falle, d. h. wenn die 
Lichter überexponiert sind, wird die grösste Dichtigkeit 
des Silberniederschlages anstatt in den Lichtern in einer 
der Tonabstufungen von grau weisser Farbe zu finden sein. 
Die lichtempfindliche Schicht gibt in solchen Fallen keine 
guten Modulationen. Mit einer Exposition, bei welcher die 
Lichter des Bildes eine richtige Wiedergabe erfahren und 
nicht überexponiert erscheinen, werden die Einzelheiten in 
den Schatten fehlen, wodurch das Bild kontrastreich oder 
hart wird. 

Bei verlängerter Aufnahmczeit würde man wohl eine 
genauere Wiedergabe der Schattenpartieen, aber eine 
Verminderung in der Intensität der Lichtpartieen er- 
halten und statt dessen die Intensität der weniger hohen 
Lichter vermehren. Das Bild wird daher ohne Wirkung und 
ohne die richtigen Verhältnisse in den Ton abstuf ungen er- 
scheinen. Man sieht daher, dass man, wenn man auch die 
Lichtwirkung reguliert, aus Gründen, welche mit der Be- 
schaffenheit der lichtempfindlichen Schicht zusammenhängen, 
auch unvollkommene Bilder erhalten kann. Sehen wir jedoch 
von der Beschaffenheit der empfindlichen Schicht hier ab und 
nehmen wir vielmehr an, dieselbe sei allen Anforderungen 
hinsichtlich richtiger Wiedergabe der vorhin betrachteten 
Skala des Helldunkels entsprechend. 

In der Natur haben wir jedoch nicht allein Schwarz und 
Weiss, sondern auch die Farben, von denen einige, obwohl 
dem Auge hell erscheinend, der Platte gegenüber sich fast 
wie Schwarz verhalten, andere wieder, wie Violett, welches 
dem Auge dunkel erscheint, wirken beinahe wie Weiss. 

In manchen Fällen ist der Unterschied in der photo- 
graphischen Wirkung verschiedener Partleen und mancher 
anderer so gross, dass man mit den gewöhnlichen zu Gebote 
stehenden Mitteln unmöglich ein vollkommenes Bild erhalten 



— 177 — 

kann. So wird z. B. bei einer Landschaft in der Zeit, 
während welcher ein sehr heller Himmel unter Hervorbringung 
des stärksten Effektes auf die Platte wirkt, das Grün nur sehr 
unvollständig wiedergegeben werden. In diesem Falle ist 
eine geringe Ueberexposition sehr nützlich, weil dadurch die 
Dichtigkeit des dem Himmel entsprechenden Niederschlages 
im Negativ vermindert wird, während diejenige des Grüns 
sich erhöht. Anderseits hat auch die Beschaffenheit des 
Lichtes einen Einfluss. Wir haben dabei nicht die künst- 
lichen Lichtquellen im Auge, welche in den meisten Fällen 
von geringer Bedeutung sind. Aber auch das Tageslicht, 
obgleich es dem Auge gleichmässig hell zu sein scheint, 
wechselt hinsichtlich seiner Wirksamkeit mit der Tages- und 
Jahreszeit. Auch die Qualität des Entwicklers und die Zu- 
sammensetzung der Entwicklerlösungen spielen eine bedeutende 
Rolle. Gewisse Entwickler geben harte, andere zu weiche 
Bilder, weshalb man bei der Zusammensetzung des Entwicklers 
sehr vorsichtig zu Werke gehen muss. Einige Entwickler, 
und zwar besonders solche, welche einen verhältnismässig 
weniger dichten Silberniederschlag geben, erlauben einen 
grösseren Spielraum in der Aufnahmezeit 

Wie man sieht, müssen bei den Aufnahmen viele und 
bedeutende Momente in Betracht gezogen werden; der Er- 
fahrene, welcher die verwendete Platte kennt, den Entwickler 
für jeden bestimmten Fall zu wählen und zu modifizieren 
versteht, die geeignetsten Objektive auszuwählen weiss und 
die photographische Wirkung des Lichtes stets richtig zu 
schätzen im stände ist, wird sich selten hinsichtlich der Be- 
stimmung der Aufnahmezeit irren. Und wenn diese letztere 
dem Charakter des Objektes auch nicht völlig entspricht, so 
wird sie doch so weit richtig sein, dass mit einer rationellen 
Entwicklung schliesslich doch befriedigende Resultate erhalten 
werden. 



Eine Erscheinung, welche mit der Aufnahmezeit in Ver- 
bindung steht, ist die sogen. Solarisation. Dieselbe besteht 
in einer vollkommenen Umkehrung des Bildes und geht in- 
folge einer bedeutenden Ueberexposition vor sich ; man kann 
dieselbe herbeiführen, indem man etwa 500 mal so lange 
exponiert, als zur Erlangung eines normalen Bildes not- 
wendig ist. Bei einer solchen Ueberexposition erhält man 



- i 7 8 - 

durch die Entwicklung ein positives Bild anstatt eines nega- 
tiven. 

Die Solarisation kann also zur Erzeugung richtiger 
oder umgekehrter Negative und Positive (Contretypen) be- 
nutzt werden. Zu diesem Zwecke genügt es, eine Bromsilber- 
gelatineplatte 20 bis 40 mal über die normale Zeit unter 
einem Negativ oder Diapositiv in dem Kopierrahmen bei 
Tageslicht zu belichten; man erhalt bei der Entwicklung ein 
tadelloses umgekehrtes Bild. Der dabei stets auftretende all- 
gemeine Schleier wirkt, wenn derselbe nicht zu stark ist, 
nicht störend. Ein positives Bild kann man auch mit der 
Kamera erhalten, indem man eine Platte mehrere Minuten 
anstatt wenige Sekunden exponiert. Diese Methode ist jedoch 
der langen Exposition wegen nur bei Reproduktionen an- 
wendbar. 

Da es möglich ist, durch Ueberexposition ein umgekehrtes 
Bild zu erhalten, so muss in der Platte eine Schicht existieren, 
in welcher, trotz vorhergegangener Exposition auf ein Objekt, 
in Weiss und Schwarz (ohne Halbtöne) weder ein negatives, 
noch positives Bild entwickelt werden kann, und zwar kein 
negatives Bild, weil die Platte an den den Weissen ent- 
sprechenden Stellen solarisiert ist, und kein positives Bild, 
weil die Belichtung noch nicht genügend war, um an den 
schwarzen Stellen ein Bild zu erzeugen. Dieser Zustand der 
empfindlichen Platte, welcher jedoch in der Praxis nicht voll- 
kommen zu erreichen ist, wurde von Professor Nipher als 
Nullzustand bezeichnet. Eine geringe allgemeine Belichtung 
der Platte in diesem Zustand würde genügen, um ein voll- 
kommenes Bild zu liefern. 

Die Erscheinung der Solarisation tritt sowohl bei der 
Daguerreotypie als auch bei dem nassen Kollodium verfahren, 
aber ganz spezieil bei dem Bromsilbergelatine -Prozess auf. 
Das Kollodium verfahren mit Präservativmitteln ist indessen 
fast ganz davon befreit. Es scheint, dass die Gegenwart von 
Jodsilber in der empfindlichen Schicht die Solarisation er- 
leichtert; in gleicher Weise wird die Solarisation durch oxy- 
dierende Stoffe gefördert, wie durch das Bichromat, das 
Wasserstoffsuperoxyd u. s. w. , und auch durch die Jod- und 
Bromalkalicn. Die reduzierenden Stoffe wirken dagegen der 
Solarisation entgegen, so z. B. das Tannin, welches als 
Präservativmittel in dem trockenen Kollodium verfahren be- 
nutzt wird. 



— 179 — 

Es wird vielfach behauptet, dass die Solarisation durch 
Oxydation verursacht werde; das anfanglich entstehende Sub- 
bromid würde bei längerer Exposition oxydieren und das 
latente Bild dadurch zerstört. Zu bemerken ist, dass die 
durch die Solarisation entstehende Bild um kehrung viel früher 
vor sich geht als das Bild sichtbar wird. Das Bromsilber 
wird am Licht braun, es ist jedoch hierzu längere Zeit not- 
wendig als zur Umkehrung des Bildes. Es handelt sich daher 
um eine Modifikation, welche noch zu gering ist, um mit den 
der Chemie zu Gebote stehenden Mitteln studiert werden zu 
können. Bei der Annahme, dass die Entstehung des latenten 
Bildes nicht durch Bildung von Subbromid, sondern durch 
Polymerisation der Bromsilbermoleküle zu erklären sei, nehmen 
wir hinsichtlich der Solarisation an, dass diese Erscheinung 
in dem Augenblicke des Freiwerdens von Brom aus den 
Bromsilbermolekülen anfängt Vielleicht zerstört das frei 
werdende, von der Gelatine eingeschlossene Brom, und speziell 
das Jod, das latente Bild in ähnlicher Weise, wie eine Brom- 
oder Jodlösung, wobei die Wirkung des Broms und des Jods 
durch die weniger brechbaren Lichtstrahlen unterstützt wird. 

Diese Auslegung steht auch mit der Tatsache vollkommen 
im Einklang, dass die Präservativmittel in dem trockenen 
Kollodiumprozess , welche als reduzierende Substanzen be- 
fähigt sind, mit dem Brom und Jod Verbindungen einzu- 
gehen, den Effekt der Solarisation stark beeinträchtigen. 
Unsere Annahme ist auch durch einige neuere Versuche des 
Chemikers Mercier bestätigt. Er konstatierte, dass manche 
organische Substanzen eine stark solarisations hindernde 
Wirkung ausüben. 

Eine derartige Wirkung haben der Brechweinstein, das 
Morphin, das Eserin und andere Alkalolde, wenn man sie 
in a^prozentiger Lösung auf die Platten wirken lässt. Nach 
dieser Behandlung ertragen die Platten eine 10 bis 15 malige 
Ueberexposition ohne jeden Nachteil. Die höchste Wirkung 
gegen die Solarisation besitzen jedoch gewisse vorher an der 
Luft oxydierte Entwickler, wie z. B. 0,1 prozentige (Maximum) 
Metol-Pyrogallol-Amidol-Lösungen. Nach Mercier soll bei 
Anwendung einer oxydierten o,iprozentigen Amidollösung bei 
einer looomaligen, ja selbst bei einer ioooomaligen Ueber- 
exposition die Solarisation verhindert werden. Mit anderen 
Worten würde die durch die Solarisation entstehende Bild- 
umkebrung auf diese Weise vermieden werden. Darauf stützte 



— i8o — 

Mercier die Herstellung von solaris ationsfreien Bromsilber- 
gelatine-Platten, welche auch beträchtliche Ueberexpositianen 
zulassen. Solche Platten sind unter der Bezeichnung „Intensiv" 
von der Firma J. Jougla in Paris in den Handel gebracht. 
Die Wirkung sowohl der Alkaloide, als auch der oxy- 
dierten Entwickler (die nicht oxydierten Entwickler würden 
wegen ihrer oxydierenden Kraft bedeutenden Schleier hervor- 
rufen) dürfte höchstwahrscheinlich darin bestehen, dass das 
durch die Ueberexposition aus dem Bromsilber sich ab- 
scheidende Brom verhindert ist, das anfängliche latente Bild 
zu zerstören, indem das Brom durch die Alkaloide und durch 
die oxydierten Entwickler absorbiert wird. 

Gehen wir nun zu einer anderen mit der Aufnahme in 
Verbindung stehenden Erscheinung, zu dem Lichthofe und zu 
den gegen denselben verwendeten Mitteln, über. Unter Licht- 
hof versteht man die Lichtausstrahlungen, welche man um 
grell beleuchtete Gegenstände herum bemerkt. Diese Er- 
scheinung tritt manchmal im Bilde so stark auf, dass die um 
die beleuchteten Stellen herum liegenden dunklen Teile mit 
einem weissen Nebel bedeckt erscheinen, wodurch alle Details 
verloren gehen. Die Erscheinung bemerkt man namentlich 
bei Aufnahmen von Interieurs, und zwar besonders, wenn ein 
offenes Fenster in dem Gesichtsfelde liegt. Auch bei kleinen, 
in einem sehr hellen Hintergrunde liegenden Gegenständen, 
wie z. B. Kirchtürmen, Schornsteinen, wenn dieselben in einen 
klaren Himmel hineinragen. Solche Gegenstände werden sich 
niemals rein und scharf reproduzieren. Uebrigens wäre es 
nicht nur in diesen Fällen, wo der Lichthof so stark auftritt, 
sondern überhaupt bei allen Aufnahmen vorteilhaft für die 
Klarheit des Bildes, jeden Reflex an der Glasfläche durch 
Anwendung von lichthof verhindernden Mitteln zu verhindern. 
Der verstorbene Dr. Ermacora schlug eine sehr einfache 
Mothode gegen den Lichthof vor. Das schwarze Einwickel- 
papier der Platten wird mh vollständig reinem Mineralöl ein- 
gerieben und auf die Rückseite der Platten aufgelegt Wir 
erhielten oftmals mit dieser Methode überraschende Resultate ; 
oft war aber der Erfolg ein geringerer. Diese Ungleich- 
mässigkeit der Erfolge hängt wahrscheinlich mit der Ver- 
schiedenheit der Brechungsexponenten einzelner Mineralöle 
zusammen. Damit jeder Reflex vermieden ist, muss der 
Brechungsexponent der aufzutragenden Substanz für die photo- 



graphisch meist wirksamen Strahlen (Blau, Violett und Ultra- 
violett) dem der Glasplatte gleichkommen oder überlegen sein. 
Wenn sich dies bestätigt, so werden die Strahiert an der 
Rückseite der Platte nicht mehr reflektiert, sondern in das 
schwarze Papier abgeleitet. Nun konnten wir feststellen, 
dass selbst die von organischen Unreinheiten befreiten mine- 
ralischen Oele nicht zweckentsprechend sind und deshalb zu 
unsicheren Resultaten führen. 

Später wurde das Glyzerin zum Einreiben des auf die 
Rückseite der Platte anzubringenden schwarzen Papieres 
empfohlen. Tatsächlich sind die Resultate damit im all- 
gemeinen sehr günstig. Das Glyzerin besitzt vor den Mineral- 
ölen den grossen Vorzug, dass es eine konstante Zusammen- 
setzung hat, in Wasser leicht löslich ist, nicht im mindesten 
den Entwickler zu verändern und in keiner Weise auf die 
lichtempfindliche Platte zu wirken vermag, während, wenn 
eine Spur Mineralöl vor der Entwicklung an irgend einer 
Stelle mit derselben in Berührung kommt, die Wirkung des 
Entwicklers an dieser Stelle unmöglich ist, oder dass Flecke 
anderer Art entstehen. 

Wenn man auf die Rückseite einer Platte ein Blatt 
schwarzes, mit Glyzerin eingeriebenes Papier legt, so kann 
man gute Interieuraufnahmen jeder Art erhalten, in welcher 
auch helle Fenster enthalten sind. 

Nur wenige Photographen beachten die grosse Bedeutung, 
welche eine Platte für die Aufnahme von Interieurs hat, 
deren Rückseite von jedem Reflex befreit ist. Sie brauchen 
nur ein Gebäude mit zwei Platten gleicher Art, von welchen 
aber die eine mit dem schwarzen Papier, die andere ohne 
dasselbe "in die Kassette gelegt ist, aufzunehmen und dann 
die Resultate zu vergleichen, um sich zu überzeugen, wie in 
den meisten Fällen die Details der ersten Platte schärfer sind, 
als bei der zweiten. 

Ein anderes, noch wirksameres Mittel besteht aus einem 
stark rot gefärbten alkoholätherischen Firnis oder Kollodium, 
welche auf die Rückseite der Platte aufgetragen werden. Im 
Handel befinden sich verschiedene solche rote Firnisse, von 
welchen nach unserer Erfahrung derjenige von Dr. G. Krebs 
in Offenbach a. M. und Friedr. Bayer in Elberfeld die besten 
sind. Nach der Aufnahme muss der Firnis durch Reiben mit 
einem feuchten Schwamm von der Rückseite der Platten ent- 
fernt werden. 



— i8a — 

Jetzt findet man im Handel auch sogen, lichthoffreie 
Platten, mit welchen ohne irgend welchen Kunstgriff der 
Lichthof vermieden werden kann. Auf einigen Platten befindet 
sich eine dichte, wenig empfindliche Emulsionsschicht in Kon- 
takt mit dem Glase und darüber die hochempfindliche Schicht. 
Das Licht, welches die hochempfindliche Schicht durchdrungen 
hat, kann nicht zum Glase gelangen, weil es, grösstenteils 
wenigstens, von der wenig empfindlichen, dichten Emulsions- 
schicht absorbiert wird (Thomas -Platten). Einige Fabriken 
benutzen Jodsilberemulsion, welche fast unempfindlich und gelb 
ist und die aktinischen Strahlen noch besser aufhalt (Guille- 
minot- Platten). 

Die Firma Lumiere brachte vor einigen Jahren „Antihalo"- 
Platten in den Handel, welche nicht viel teurer als die ge- 
wöhnlichen Platten sind und bei denen die zum Absorbieren 
der akünischen Strahlen bestimmte Zwischenschicht tief rot 
gefärbt ist. Professor Bonacini, der diese Platten versuchte 
und über seine Studien im „Progresso Fotografico", Nr. 3, 
1899, berichtete, konstatierte, dass die Zwischenschicht aus 
gefärbtem Kollodium besteht. Diese rote Farbe wird mittels 
Aceton und Natriumsulfit fast vollkommen aus der fixierten 
Platte entfernt. Wie Professor Bonacini ganz richtig be- 
merkt, hat eine solche in Kontakt mit dem Glase sich be- 
findende Grundschicht eine zweifache Wirkung, weil sie das 
Reflektiert werden der wirksamen Strahlen sowohl an der 
vorderen, wie an der Rückseite der Platte verhindert. Pro- 
fessor Bonacini konstatierte, dass die, LumieT eschen Anü- 
halo-Platten die Lichthoferscheinung ebenso gut, und viel- 
leicht besser, als die mit schwarzem Papier überzogenen Platten 
verhindern. Er bemerkt jedoch ganz richtig, dass diese von 
den Herren Lumiere angewandte Antihaloschicht nicht, wie 
sie behaupten, für alle Zwecke gleich gut dient, sondern nur 
bei gewöhnlichen, nicht aber bei orthochromatischen Platten 
verwendbar ist, weil dieselbe gelbe, orangegelbe und rote 
Strahlen durchgehen lässt, welche auf die empfindliche Schicht 
wirken können. In diesen Fällen ist daher das schwarze 
Papier, mit Glyzerin eingerieben, vorzuziehen. 

Im Jahre 1901 wurden noch andere, bessere und be- 
quemere Antihalo- Platten von Lumiere in den Handel ge- 
bracht. Unter diesen wollen wir die Isolar-Platten der 
Aktien - Gesellschaft für Anilin-Fabrikation in Berlin, deren 
rote Unterschicht bei längerem Waschen von selbst ver- 



- .8 3 - 

schwindet, und die Anühalo-Platten der Firma J. Hauff in 
Feuerbach, deren gelbe Unterschicht ebenfalls keine besondere 
Behandlung verlangt, hervorheben. 

Zum Schlüsse wollen wir noch die Mittel zur Erhöhung 
der Leistungsfähigkeit der Platte bei der Aufnahme und in- 
folgedessen zur Verkürzung der Belichtungszeit erwähnen. 

Der verstorbene Dr. Ermacora machte schon im Jahre 1896 
auf die grosse Lichtmenge aufmerksam, welche die empfind- 
liche Schicht unabsorbiert durchgehen lässt, und welche durch 
Reflexion zur Verkürzung der Belichtungszeit benutzt werden 
konnte. Hauptmann Colson bestätigte spater diese Ansicht 
und schlug zur Ausnutzung der durchgehenden Lichtmenge 
vor, die empfindliche Schicht von Bromsilber- Gelatine Bims 
auf weisses Papier aufzutragen; auf diese Weise wird auch 
der Lichthof vermieden. In Fallen, wo es darauf ankommt, 
die Belichtung möglichst abzukürzen, dürfte es sich empfehlen, 
diese so einfache Methode zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit 
der Platten anzuwenden. 

Bei den Antihalo-Platten oder bei den mit Antihalo- 
Ueberzug versehenen Platten, bei denen jeder Reflex des auf- 
fallenden photographisch wirksamen Lichtes ausgeschlossen 
ist, muss die Belichtungszeit ein wenig verlängert werden, 
wodurch es sich bestätigt, dass die durch die empfindliche 
Schicht gehende Lichtmenge eine bedeutende ist. 



— 184 — 
XXIX. Kapitel. 

Entwicklung des latenten Bildes. 



Unterschied zwischen den Bildern auf Bromsilbergelatine - 
und Kollodiumplatten. — Substanzen, welche die Eigenschaft be- 
sitzen, Bilder zu entwickeln. — Wirkung des Entwicklers auf das 
Bromsilber. — Wahrscheinlich ist die entwickelnde Wirkung nicht 
dem Wasserstoffe, sondern der Tendenz des Entwicklers sich mit 
dem Brom zu verbinden, zuzuschreiben. — Einteilung der Ent- 
wickler in organische und anorganische. — Eisenoxalat -Entwickler. — 
Eigenschaften des Eisenoxalats. — Praktische Herstellungsmethode 
der Eisenoxalat-Entwieklerlösung. — Bedeutung der Reinheit des 
zum Entwickler verwendeten Ferrosulfats. — Untersuchung des- 
selben auf seine Reinheit. — Zersetzung an der Luft. — Verzögernde 
Wirkung des Ferrisulfats. — Wie man die Ferrosulfatlösungen am 
besten aufbewahrt. — Eigenschaften der- gemischten Losung von 
Kalium oxalat und Ferrosulfat. — Wichtigkeit des Schwefelsäure- 
zusatzes. — Reaktion zwischen Eisenoxalat und Bromsilber. — Ver- 
zögerer bei der Eisen entwicklung. — Vorsichtsmass regeln bei dem 
Gebrauche dieses Entwicklers. — Beschleunigungsmittel bei dem 
Eisenentwickler. 

Während bei den Kollodium platten die Entwicklung des 
Bildes, wie bereits erwähnt, in einem Niederschlage von 
metallischem Silber an der Oberfläche der Schicht besteht, 
und infolgedessen das Bild auf der Oberfläche bleibt, ent- 
steht das Bild bei dem Bromsilbergelatine-Prozess in der 
ganzen Tiefe der Schicht, und zwar durch chemische 
Reduktion des Bromsilbers. An den belichteten Stellen 
zersetzt sich das Bromsilber (AgBr) bei Berührung mit dem 
Entwickler; das Brom verbindet sich mit den Bestandteilen 
des Entwicklers, während das dabei frei werdende Silber das 
Bild liefert. 

Was nun das latente Bild anbetrifft, so wollen wir 
nicht das bereits Gesagte wiederholen. Wir erinnern nur 
daran, dass nach unserer Annahme das durch die kurze Ein- 
wirkung des Lichtes auf das Bromsilber erzeugte, vollkommen 
unsichtbare Bild keiner noch so unbedeutenden chemischen 
Zersetzung des Silbersalzes, sondern einer physikalischen 
oder molekularen Veränderung des Bromsilbers zuzuschreiben 
ist, infolgedessen die Bromsilberteilchen durch den Entwickler 
zersetzt werden. 

Wir gehen nun zur Erörterung der Frage ober: Welche 
Substanzen vermögen das latente Bild hervorzurufen? Es 



- .8 5 - 

sind dies im allgemeinen leicht oxydierbare Substanzen, d. h. 
solche, welche sich mit Sauerstoff verbinden {aus der Luft 
oder aus oxydierenden Verbindungen), und welche, chemisch 
ausgedruckt, „energische Reduktionsmittel" sind. Solche Sub- 
stanzen, welche grosse Neigung besitzen, Sauerstoff aufzu- 
nehmen, vermögen auch das Brom- und Chlorsilber zu zer- 
setzen, sei es, um sich mit dem dabei frei werdenden Brom 
und Chlor direkt zu verbinden, oder um den bei der Ver- 
bindung von Brom und Chlor mit dem Wasserstoffe des 
Wassers frei werdenden Sauerstoff aufzunehmen. 

Vielfach wird auch angenommen, dass das Bild durch 
den Wasserstoff hervorgerufen wird, welcher frei bleibt, nach- 
dem die den Entwickler bildenden reduzierenden Substanzen 
den Sauerstoff des Wassers an sich gezogen haben. Die 
Entwicklung wurde demnach folgend ermassen vor sich gehen: 
H t O + lAgBr + (R) = Ag t + (R)O -f- 2. HBr. 

Wusa Bromsilber Entwickler Silber, nu Oxydierter Bromwusier- 

welrhem du Entwickler alofftfure 

Bildbntcht 

Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Reaktion bei ge- 
wissen Entwicklern auch tatsächlich vor sich gehen kann, wir 
sind jedoch der Meinung, dass die direkte Wirkung des 
Broms auf die Entwicklersubstanz doch die Hauptreaktion 
vorstellt. Zu dieser Annahme glauben wir uns unter anderem 
auch dadurch berechtigt, weil aus unseren Untersuchungen 
nicht hervorgeht, dass der Wasserstoff bei gewöhnlicher 
Temperatur eine hervorrufende Wirkung auf das Bromsilber 
hat In der Tat konnten wir weder mit einer Mischung von 
Aetzkalilösnng und Aluminium pul ver, noch mit einer Lösung 
von Citronen- oder Weinsteinsäure und Magnesium pul ver 
(beide Mischungen entwickeln schnell Wasserstoff) selbst bei 
einer überexponierten Bromsilbergelatine-Platte das latente 
Bild in deutlicher Weise entwickeln. 

Es ist daher anzunehmen, dass die Entwicklung des 
latenten Bildes hauptsachlich in folgender Weise vor sich geht: 
AgBr-\-{R)=,Ag+(R)Br. 

Der Entwickler R (reduzierende Substanz) kann mit dem 
Brom eine oder mehrere Verbindungen geben; dies ist jedoch 
von keiner grossen Bedeutung. 

Die Entwickler können in zwei grosse Abteilungen ein- 
geteilt werden: Aus Metallsalzen und überhaupt aus 
anorganischen Verbindungen bestehende Entwickler und 



organische Entwickler. Von der ersten Abteilung kennt 
man nur wenige, und unter diesen findet nur das Oxalsäure 
Eisenoxydul (Eisenoxalat, Ferrooxalat) Anwendung, wahrend 
die organischen Entwickler sehr zahlreich sind, und deren 
Anzahl stets zunimmt, nachdem man festsetzen konnte, wie 
sich die entwickelnden Eigenschaften einer Substanz zu ihrer 
chemischen Zusammensetzung verhalten. 

Behandeln wir zunächst die anorganischen Entwickler; 
unter diesen ist, wie bereits erwähnt, nur das oxalsaure 
Eisenoxydul von Bedeutung. Andere zu dieser Kategorie 
gehörige Substanzen, welche hervorzurufen vermögen, sind 
die Schwefel wasser stoff saure (W s S0 t ) und die Hydrosulfite, 
sowie gewisse Kupfersalze und allerdings in geringem Grade, 
auch die Sulfite und Bisulfite. Diese haben jedoch allein 
niemals Verwendung gefunden, und begnügen wir uns daher 
mit deren Erwähnung. 

Das oxalsaure Eisenoxydul war der erste Entwickler für 
die Bromsilbergelatine -Platten und wird heute noch anderen 
vorgezogen. Das schwefelsaure Eisenoxydul, bekanntlich der 
beste Entwickler für Kollodiumplatten, ist in dieser alten 
Form für die Entwicklung der Bromsilbergelatine-Platten un- 
brauchbar. Die Entwicklung dieser letzteren erfordert ein 
viel energischeres Reduktionsmittel, als dies bei dem Kollodium- 
verfahren der Fall ist, da wir hier einen viel leichter zu 
Silber reduzierbaren Körper, das Silbernitrat, haben (es ist 
bekannt, dass auch das Papier das Silbernitrat zu metallischem 
Silber zu reduzieren vermag), während das selbst durch die 
Lichteinwirkung und durch die Gelatine zur Zersetzung ge- 
neigte Bromsilber immer noch einen relativ grossen Wider- 
stand der Zersetzung entgegenstellt. 

Damit ein Ferrosalz im stände ist, die Zersetzung des 
Bromsilbers herbeizuführen, muss es durch Oxydierung ein 
nicht spaltbares, d. h. nicht zersetzbares Ferrisalz liefern. 
Denn es würde, da das Eisenoxydsalz in aufgelöstem Zu- 
stande geneigt ist, sich in seine Bestandteile zu zersetzen, 
und das Silber, welches durch die Wirkung der Eisenoxydul- 
bestandteile [Fe") reduziert ist, gleichzeitig sehr leicht durch 
die Wirkung der Eisenoxydbestandteile {Fe'") wieder 
oxydiert wird, die Reduktion desselben (aus dem Bromsilber) 
entweder gar nicht oder nur in sehr geringem Masse vor 
sich gehen. Das oxalsaure Eisenoxydul hat das Bestreben, 
durch Oxydierung in oxalsaures Eisenoxyd überzugehen, 



- i8 7 — 

welches nicht spaltbar ist und daher auf die Entwicklung 
keinen oder einen sehr geringen nachteiligen Einfluss aus- 
üben kann. 

An dieser Stelle wollen wir darauf hinweisen, dass die 
Eisen Verbindungen mit organischen Säuren und in erster 
Linie das oxalsaure Eisenoxydul wohl die besten, jedoch nicht 
die einzigen Reduktionsmittel für das Bromsilber sind, und in 
der Tat wurde in letzter Zeit durch die Versuche von Abegg 
und von Dr. Lflppo-Cramer nachgewiesen, dass auch eine 
Mischung von schwefelsaurem Eisenoxydul und Fluorkalium 
das latente Bild auf einer Bromsilbergelatine-Platte, allerdings 
sehr langsam, hervorzurufen vermag. Das hängt, wie Abegg 
nachgewiesen hat, mit der schweren Zersetzbarkeit des Eisen- 
fluorids zusammen. Das Oxalsäure Eisenoxydul ist eine gelb- 
liche, pulverförmige , in Wasser unlösliche Substanz, welche 
in festem Zustande aus der Luft langsam Sauerstoff aufnimmt 
und oxydiert wird. Seiner chemischen Zusammensetzung ent- 
spricht die Formel Fe C t 4 . Damit es seine energisch 
reduzierende Wirkung ausüben kann, muss es aufgelöst 
werden, was mit Hilfe einer Lösung eines neutralen Alkali- 
oxalats, Kalium-, Natrium- oder Ammoniumoxalats geschieht; 
im allgemeinen wird Kali um Oxalat dazu verwendet. 

Das Oxalsäure Eisenoxydul wird einfach dadurch her- 
gestellt, dass man zu einer konzentrierten Lösung von schwefel- 
saurem Eisenoxydul eine 20 prozentige Kaliumoxalatlösung 
nach und nach zusetzt; der sich dabei bildende Niederschlag 
besteht aus oxalsaurem Eisenoxydul; derselbe kann durch 
Filtrieren abgeschieden und dann gewaschen werden, in der 
2oprozentigen Kaliumoxalatlösung wieder aufgelöst, gibt er 
dann einen energischen Entwickler. Die dabei vor sich 
gehende Reaktion kann folgendermassen dargestellt werden: 
FeSO t 4- K. C, 4 — Fe C, 0, 4- K 2 SO.. 

Schwefelunr« Kiliumo.aln Oxaliiurca Kiliumsutiat 

Eiäeuoiydul Eisenoxydul 

Setzt man jedoch nach Erhaltung des Niederschlages von 
oxalsaurem Eisenoxydul noch mehr von der Kaliumoxalat- 
lösung hinzu, so löst sich der Niederschlag wieder auf und 
man erhält eine rötlichgelbe Flüssigkeit, welche als energischer 
Entwickler wirkt. 

Im Jahre 1879 empfahl Eder, den Eisenox alatent wie kler 
nicht, wie dies zuerst geschah, durch Auflösung des oxal- 
Eisenoxyduls in einer Lösung von oxalsaurem Kali 



herzustellen, sondern durch Zusatz einer Losung von schwefel- 
saurem Eisenoxydul zu einer überschüssigen Lösung von Oxal- 
säure in Kali. 

In der Praxis stellt man zwei Losungen her: eine 20 bis 
25prozentige Kaliumoxalatlösung und eine goprozentige Lösung 
von schwefelsaurem Eisenoxydul; zum Gebrauch mischt man 
von Fall zu Fall 3 Volumen der ersten und 1 Volumen der 
zweiten Lösung. 

Das für die Herstellung der Entwicklerlösung verwendete 
Ferrosulfat (schwefelsaures Eisenoxydul) muss vollkommen rein 
sein, was sehr leicht aus seinem Aussehen erkannt werden 
kann. Es muss aus grossen grünen, in Wasser vollkommen 
löslichen Kristallen bestehen. In kristallisiertem Zustande 
entspricht es der Formel /VSO t -J- 7 HjO, d.h. es enthält 
7 Moleküle Kristall was ser. Wenn es an der Oberfläche der 
Kristalle gelbliche Flecke aufweist oder in Wasser eine trübe, 
gelbliche Lösung liefert, so ist das ein Zeichen, dass es nicht 
rein ist, und zwar eine ziemlich bedeutende Menge von Fern- 
verbindung enthält, welche infolge längeren Einwirkens der 
Luft auf das Ferrosalz entstanden ist. Man muss sich ver- 
gegenwärtigen, dass das schwefelsaure Eisenoxydul, nament- 
lich in kleinen Kristallen, sehr leicht durch fortwährende Be- 
rührung mit der Luft aus dieser Sauerstoff aufnimmt, so dass 
es sich sehr bald teilweise in Ferrisulfat Fe t (SO t ) a und in 
Eisenoxyd Fe 2 O s umwandelt und in diesem Zustande selbst 
in Mischung mit Kaliumoxalat keine energisch reduzierende 
Wirkung auf das Bromsilber ausübt, weil das Eisenoxydsalz 
sich als energischer Verzögerer verhält. Die Wirkungsweise 
des Sauerstoffes in Berührung mit Ferrosulfat ist durch 
folgende chemische Gleichung versinnbildlicht: 

6 Fe SO, +3O-2F«, (SOA. -f Fe, 3 . 

Femmnlfil Sauerstoff Ferrisulf.I Elunoifl 

Eisenoxyüul) Eisenoxyd) 

Da das Eiscnox3 - d in Wasser unlöslich ist, so ist das 
durch die Luft veränderte schwefelsaure Eisenoxydul nicht 
vollkommen in Wasser löslich. Durch Verbindung von Eisen- 
oxyd mit dem entstandenen schwefelsauren Eisenoxyd können 
wieder in Wasser fast unlösliche basische Sulfate entstehen. 

Der Einfluss der Luft auf das schwefelsaure Eisenoxydu] 
in Kristallen ist viel geringer als auf Lösungen, welche in 
nicht ganz gefüllten Flaschen relativ sehr schnell sich 



— 189 — 

verändern; sie ändern ihre grüne Farbe und werden nach 
und nach gelblich und trübe. Da nun das Wasser selbst 
Luft enthält, welche an Sauerstoff reicher ist als die atmo- 
sphärische Luft, so würde die Veränderung des schwefel- 
sauren Eisenoxyduls in Lösung selbst in ganz gefüllten 
Flaschen vor sich gehen, wenn man zur Herstellung der 
Losung kein vorher abgekochtes (wodurch die Luft aus- 
getrieben wird) und dann abgekühltes Wasser verwendet. 

Man muss daher, um gut haltbare Lösungen von schwefel- 
saurem Eisenoxydul zu erzielen, solche mit vorher abgekochtem 
und dann abgekühltem Wasser herstellen und in ganz ge- 
füllten Flaschen aufbewahren. Ausserdem ist es gut, 5 bis 
10 ccm konzentrierte Schwefelsäure pro Liter Lösung zuzu- 
setzen, weil die so angesäuerte Lösung gegen Oxydation 
durch den Sauerstoff der Luft widerstandsfähiger ist. 

Unter Beobachtung der angegebenen Vors ich ts massrege In 
kann man die Lösung von schwefelsaurem Eisenoxydul ziem- 
lich lange in gutem Zustande aufbewahren, was wir durch 
eingehende chemische Untersuchungen feststellen konnten. 
Es ist daher nicht nötig, die Lösung jedesmal herzustellen, 
wie es im allgemeinen geschieht und wie von den meisten 
empfohlen wird, obgleich das Salz leicht löslich und diese 
Operation sehr einfach ist. Zur besseren Erhaltung dieser 
Lösungen empfiehlt Eder einen Zusatz von Petroleum, welches 
an der Oberfläche eine Schutzschicht bildet. 

Durch Zusatz von Kaliumoxalatlösung in Ueberschuss er- 
hält man eine klare, orangerote Flüssigkeit, welche die Ent- 
wickle rflussigkeit vorstellt. 

Das oxalsaure Kali ist ein weisses Salz, welches in der 
allgemein gebräuchlichen Kristallform der Formel K^ C a O t 
-f- H 2 O entspricht; es enthält somit ein Molekül Kristall- 
wasser. Sowohl in fester Form, als auch in Lösung ist es 
unbegrenzt haltbar. 

Sowohl zur Herstellung der Lösung von schwefelsaurem 
Eisenoxydul, als auch besonders derjenigen von Kaliumoxalat 
empfiehlt es sich, um klare Lösungen zu erhalten, destilliertes 
Wasser zu gebrauchen. In Ermanglung destillierten Wassers 
kann man auch gewöhnliches, vorher abgekochtes und dann 
abgekühltes Wasser benutzen, ohne dass die Eigenschaften 
des Entwicklers dadurch beeinträchtigt werden. 

Die Mischung der beiden Lösungen, welche den Eisen- 
oxalatentwickler bilden, verändert sich sehr rasch an der Luft, 



— 190 — 

von der sie den Sauerstoff aufnimmt, und muss daher kurz 
vor dem Gebrauch angesetzt werden. Durch die Wirkung 
der Luft entsteht in der Lösung von schwefelsaurem Eisen- 
oxydul ein roter, aus einer Verbindung von Ferrioxalat und 
Ferrioxyd, d. h. aus basischem Ferrioxalat bestehender Nieder- 
schlag. War jedoch die verwendete Losung von schwefel- 
saurem Eisenoxydul genügend angesäuert, so wird die Ent- 
stehung von basischem Ferrioxalat verzögert oder ganz ver- 
hindert. Das Ansäuern der Lösung von schwefelsaurem 
Eisenoxydul hat nicht allein den Zweck, deren Haltbarkeit zu 
erhöhen, sondern auch die Entstehung von basischem Ferri- 
oxalat in dem Eisenoxalatent wickle r zu verhindern und das- 
selbe weniger leicht oxydierbar zu machen. Zum Ansäuern 
kann man sowohl Schwefelsäure in dem vorher angegebenen 
Verhältnis, wie auch Eisessig (3 bis 4 cem pro Liter) oder auch 
Citronen- oder Weinsteinsäure (4 bis 5 g pro Liter) ver- 
wenden. 

Es empfiehlt sich, die Lösung von schwefelsaurem Eisen- 
oxydul vor dem Zusätze derselben zu der Kaliumoxalatlösung 
anzusäuern. Der schwach angesäuerte Eis enoxalatentwi ekler 
hat nicht allein den Vorteil, dass er sich besser hält und 
länger klar bleibt, sondern auch, dass die Entwicklung weniger 
rasch vor sich geht, so dass das Bild schärfer, brillanter und 
schleierfrei wird, auch wenn ein wenig länger als nötig ex- 
poniert wurde. 

Das in der oben angegebenen Weise angesetzte Eisen- 
oxalatbad stellt einen sehr energischen Entwickler für die 
Bromsilbergelatine -Platten vor. Die zwischen dem Bromsilber 
und dem Eisenoxalat vor sich gehende Reaktion entspricht 
der folgenden Gleichung: 
6 Fe C, O t + 6 AgBr = 2 Fe 2 <C S O t ) s + aFe. Br. + 3 Ag v 

OnlHum Bromsilber Ouls»urw Ferribromid Silbrr 

Eisend xydul tisraoiyd 

Es geht also einerseits eine Oxydation des Oxydulsalzes 
zu Oxydsalz (Oxalat und Bromid) vor sich, anderseits die 
Reduktion des Bromsilbers zu metallischem Silber, aus welch 
letzterem das Bild besteht. 

Die reduzierende oder entwickelnde Wirkung des Oxal- 
säuren Eisenoxyduls kann sowohl durch die Anwesenheit von 
Säuren (Schwefel-, Citronen- oder Weinsteinsäure) als auch 
von Bromkalium oder von anderen löslichen Bromiden verzögert 
werden. Durch Säurezusatz zu dem Eise noxalatentwi ekler 



— igi — 

entsteht saures Kaliumoxalat, welches sich, da es in Wasser 
wenig löslich ist, bald in Form eines weissen kristallinischen 
Pulvers niederschlägt; aus diesem Grunde ist es erforderlich, 
bei dem Säurezusatz eine gewisse Grenze nicht zu über- 
schreiten. Wenn man als Verzögerer eine Säure anwenden 
will, so empfiehlt sich zu diesem Zwecke die (Zitronensäure 
am meisten. 

Der energischeste Verzögerer ist jedoch das Bromkalium, 
welches sowohl bei dem Eisenoxalatentwickler, als auch bei 
den später zu erwähnenden alkalischen Entwicklerlösungen 
sehr wirksam ist; indessen ist es bei dem Eisenoxalatentwickler 
am wirksamsten. Die meisten vertreten die Ansicht, dass die 
verzögernde Wirkung des Bromkaliums mit der Bildung eines 
Doppelsalzes von Bromsilber und Bromkalium zusammenhängt, 
welches der reduzierenden Wirkung der Entwicklersubstanzen 
grösseren Widerstand leistet. 

Bei dem Eisenentwickler ist wohl anzunehmen, dass der 
Hauptgrund der verzögernden Wirkung in der grösseren 
Menge des Ferribromids zu suchen sei, welches in Gegenwart 
von Bromkalium entsteht. In der Tat übt das in seine 
Bestandteile sich zersetzende aufgelöste Ferribromid eine der 
reduzierenden Wirkung des Oxalsäuren Eisenoxyduls entgegen- 
gesetzte Wirkung aus. Sicher ist es, dass die Anwesenheit 
von überschüssigem neutralen Eisenoxalat den Einfluss des 
Ferribromids schwächt, aber denselben doch nicht ganz aufhebt. 

Gewöhnlich stellt man eine zehnprozentige Bromkalium- 
lösung dar, die man, je nach der gewünschten verzögernden 
Kraft, in verschiedenem Verhältnis der Entwicklerlösung zu- 
setzt (i bis 5 ccm auf je ioo ccm Entwickler). 

Es existieren noch viele andere verzögernde Salze, deren 
Wirkung nicht durch die Entstehung von Doppelsalzen erklärt 
werden kann. So z. B. das Natriumeitrat und andere citronen- 
saure Alkalien, deren ziemlich energische Wirkung nicht leicht 
verständlich ist. 

Beim Gebrauche des Eisenoxalatentwicklers muss man 
jede Berührung der Platten mit Fingern, welche mit Fixier- 
natron in Berührung gekommen sind, sorgfältig vermeiden, 
und die Platten selbst vor dem Eintauchen in die Fixier- 
lösung gut auswaschen. Ohne solche Vorsieh tsmass regeln 
würden sich auf den Negativen Flecke bilden, welche haupt- 
sächlich in der Entstehung von Schwefelsilber ihren Grund 
haben. Die Entstehung von Schwefelsilber kann man sich 



— iga — 

leicht erklären, wenn man bedenkt, dass der Eisenoxalat- 
entwickler, namentlich wenn er sauer und entweder durch 
die Luft oder durch die Entwicklung des Bildes schon teil- 
weise oxydiert ist, das Fixiernatron zersetzt. Durch diese 
Zersetzung, deren Auseinandersetzung in allen ihren Stadien 
zu weit führen würde, entsteht Schwefelsilber, welches, wie 
erwähnt, die Flecke hervorruft. 

Diese Wirkung des Fixiematrons ist sehr unangenehm, 
weil sie grössere Vorsicht und Sorgfalt bei der Eisenoxalat- 
entwicklung verlangt, als bei den alkalischen Entwicklern. 
Aus diesem Grunde und wegen der schnellen Zersetzung des 
Eisen Oxalaten t Wicklers, den man nicht mehr als einmal ge- 
brauchen kann, ist derselbe nach und nach in den Hinter- 
grund getreten. Die alkalischen Entwickler werden heute im 
allgemeinen vorgezogen, weil sie in Gegenwart von Fixier- 
natron keine Flecke hervorrufen, weil sie meistens weniger 
schnell veränderlich sind, als das Eisenoxalat und weil manche 
von ihnen eine noch energischer reduzierende Wirkung 
ausüben, wodurch die Belichtungszeit erheblich verkürzt 
werden kann. 

Man beachte jedoch, dass ein kleiner Zusatz von Fixier- 
natron (5 bis 6 Tropfen einer einprozentigen Lösung auf 
100 com Entwickler) zu dem Eisenoxalatent wickle r keine 
nachteilige, sondern eine beschleunigende energischere Wirkung 
ausübt, so dass die Belichtungszeit etwas verkürzt werden 
kann. Die beschleunigende Wirkung des Fixiernatrons ist in 
noch höherem Grade bemerkbar, wenn man die belichtete 
Platte in eine stark verdünnte Fixiernatronlösung (1 : 1000) 
während 1 bis 2 Minuten eintaucht und dann erst entwickelt. 
Dieses Vorbad ist namentlich empfehlenswert, wenn eine 
Platte ungenügend exponiert ist. Nach Lüppo-Cramer 
kann man unter Anwendung dieses Vorbades die Belichtungs- 
zeit auf die Hälfte reduzieren, indem man dabei auch 
kräftigere, wenn auch bräunlich gefärbte Negative erhalt. 

Man weiss nicht, ob die durch das Fixiernatronvorbad 
erzielte Beschleunigung der Entwicklung, der schwach lösenden 
Wirkung des Fixiematrons oder einer Erhöhung der re- 
duzierenden Eigenschaften des Eisenoxalatentwicklers durch 
das Fixiernatron zuzuschreiben ist. Diese beschleunigende 
Wirkung tritt bei dem Eisenoxalatentwickler viel deutlicher 
als bei anderen Entwicklern zu Tage. Wahrscheinlich be- 
wirkt der saure Charakter des Eisenoxalatentwicklers eine 



— 193 — 

Zersetzung des Fixiernatrons, wodurch Gase entwickelt werden, 
welche im Entstehungsstadium reduzierend wirken, und welche 
infolgedessen wahrscheinlich das belichtete Bromsilber zur 
Reduktion geneigter machen. 

Um die entwickelnde Wirkung des Eise nox alatent Wicklers 
zu verzögern, kann man an Stelle von Bromkalium etwas 
alten, schon grösstenteils oxydierten und in Ferribromid und 
Ferrisulfat verwandelten Entwickler verwenden. Wir ziehen 
jedoch vor, frische Lösung unter Zusatz von Bromkalium zu 
benutzen, da letzteres nicht so sehr, wie das Ferrisalz, die 
Hervorrufung der schwachen Halbtöne und der zarten Details 
beeinträchtigt. 



XXX. Kapitel. 

Allgemeines über organische Entwickler. 

Organische Entwickler. — Deren Abstammung. — Ver- 
änderlichkeit. — Wirkung auf das Silbernitrat. — Farbenverschieden- 
hevt des Silberniederschlages durch die Wirkung der verschiedenen 
Entwickler auf Silberverbindungen. — Wahrscheinliche Ursachen 
dieser Farbenverschiedenheit — Die Energie eines Entwicklers ist 
von der Intensität des erzeugten Bildes unabhängig. — Vorzüge der 
gemischten Entwickler. — Kurze Erläuterung der chemischen Be- 
schaffenheit der organischen Verbindungen. — Konstitution des 
Benzins. — Substitutionsprodukte und mögliche Isomerien. — Phenol 
und Dioxybenzol. — Verschiedene Eigenschaften der drei Dioxy- 
benzole, ortho, meta und para. — Amidoderivat des Phenols. — 
Lumieresche Gesetze über die Konstitution der Entwickler. — 
Andresens Gesetze. — Relative Reduktionskraft. — Es ist von 
Wichtigkeit, ausser der Reduktionskraft, auch die Dichtigkeit des 
reduzierten Silbers in Betracht zu ziehen. — Entwickelnde Wirkung 
des Wasserstoffsuperoxyds. — Wirkung der sauren Wasserstoffsuper- 
oxydlösung auf die Gelatine der Negative. — Entwickler, welche 
ohne Alkali hervorzurufen vermögen. 

Wie wir bereits erwähnten, ist heute der Gebrauch des 
Eisenoxalatentwicklers ein sehrbeschränkter, da die organischen 
Entwickler nicht mit Unrecht allgemein vorgezogen werden. 

Die meisten organischen Entwickler werden durch mehr 
oder weniger zahlreiche chemische Behandlungen einiger, 
durch Destillation aus dem Teer gewonnenen Produkte (Phenol, 

Xamiai, Handbuch der photogr. Chemie. 13 



— »94 — 

Kresol, Naphtol) erhalten. Unter den gebrauch liehen orga- 
nischen Entwicklern wird nur die Pyrogallussäure aus einem 
Naturprodukte , nämlich durch Erhitzen der Gallussäure ge- 
wonnen, und zwar nur wegen der billigeren Herstellungs- 
weise; denn man konnte auch diese auf künstlichem Wege, 
vom Steinkohlen teer ausgehend, herstellen. 

Alle organischen Entwickler sind reduzierende Substanzen, 
leicht oxydierbar und zersetzen sich daher schnell an der 
Luft. Da jedoch die reduzierende Kraft bei den einzelnen 
dieser Substanzen verschieden ist, so ist auch deren Ver- 
änderlichkeitsgrad ein verschiedener. Einige davon, wie das 
Paramidophenol , zersetzen sich selbst in festem Zustande, 
wenn sie nicht in sauerstofffreien Räumen aufbewahrt werden. 
Andere wieder, wie das Hydrochinon, halten sich in ver- 
schlossenen Ge fassen sehr lange. 

Um sich über die Energie der reduzierenden Wirkung 
eines bestimmten Entwicklers eine Vorstellung zu machen, 
kann man folgende einfache Methode anwenden. Man setzt 
zu einer ein proz entigen Silbcrnitratlösung einige Tropfen der 
wässerigen Entwicklerlösung und beobachtet, nach wie langer 
Zeit die Flüssigkeit sich zu trüben anfängt. Je schneller die 
Trübung eintritt, desto energischer ist der Entwickler. Die 
Trübung entsteht infolge der Bildung von metallischein Silber 
oder von unlöslichen Silber Verbindungen, durch die von dem 
Entwickler auf das Silbernitrat ausgeübte reduzierende Wirkung. 

Bei den Versuchen muss man alle zu untersuchenden 
Entwickler in gleicher Konzentration bei stets gleicher Tropfen- 
anzahl anwenden und immer gleiche Menge Silbernitrat- 
lösung nehmen. Man wird dabei beobachten, dass das Dia- 
midophenol (Amidol) das Silbernitrat am schnellsten zersetzt. 

Es ist auch wichtig, die Farbe des Niederschlages 
zu beobachten, welche niemals rein schwarz ist, sondern von 
braun bis graublau und hellgrau variiert. 

Wodurch ist nun dieser Farbenunterschied veranlasst? 

Verändert i. das in allen diesen Niederschlägen in 
reinem, metallischem Zustande vorhandene Silber etwa durch 
verschiedene molekulare Gruppierungen seine Farbe; oder 
rührt 2. die Farben Verschiedenheit davon her, dass der 
Niederschlag, wenn er auch aus reinem Silber besteht, mit 
kleinen Quantitäten eines Oxydationsproduktes des Entwicklers 
kombiniert oder gemischt ist? Die Untersuchungen Carey 
Lcas, welcher bei Benutzung von Eisensalzen als Re- 



— 195 — 

duktionsmittel , unter verschiedenen Verhältnissen oder durch 
verschiedene spezielle Behandlungsarten des Silbers, dieses 
Silber in ganz verschiedenen Färbungen (Kupferrot, Goldgelb, 
Blau u. s. w.) erhielt, würden beweisen, dass die erstere An- 
sicht nicht unbegründet ist. 

Auf der anderen Seite würden die Versuche Liesegangs 
beweisen, dass die auf Bromsilbergelatine platten entwickelten 
Bilder Spuren von Oxydationsprodukten des Entwicklers, ob 
mechanisch oder in Verbindung, lässt sich nicht sagen, fest- 
halten und dass deshalb diesen mit dem Silber gemischten 
oder verbundenen Oxydationsprodukten die Farben Verschieden- 
heit des Sil hernieder Schlages zuzuschreiben sei. 

Wir sind jedoch der Ansicht, dass hauptsächlich der 
verschiedene Molekular zustand des durch Reduktion der 
Silberverbindungen mit verschiedenen Reduktionsmitteln er- 
haltenen Silbers auf die Farbe desselben Einfluss hat; es ist 
jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch die, zugleich mit dem 
Silber sich niederschlagenden Spuren von Oxydationsprodukten 
des Entwicklers die Farbe dieses Niederschlages beeinflussen 
können. 

Wie dem nun auch sein mag, es ist einem jeden, der 
seine Platten mit verschiedenen Entwicklern entwickelt hat, 
bekannt, dass die Farbe des Bildes je nach dem verwendeten 
Entwickler wesentlich verschieden ist, so dass man mit einigen 
fast schwarze, mit anderen dagegen blaugraue oder anders 
gefärbte Negative erhält, bei denen das Licht leichter durch- 
dringt und welche infolgedessen ein schnelleres Kopieren 
ermöglichen. 

Das Wichtigste, was man zu berücksichtigen hat, ist, 
dass die Energie eines Entwicklers nichts mit der Intensität 
und mit der Dichtigkeit des Bildes zu tun hat. Beispielsweise 
weisen wir auf die Tatsache hin, dass das Diamidophenol 
einer der energischsten organischen Entwickler, welche man 
kennt, viel schwächere Bilder liefert als das Hydrochinon, 
welches weit weniger energisch ist. Vergleicht man nun 
zwei mit gleicher Plattensorte und unter allgemein gleichen 
Aufnahmebedingungen erhaltenen Negative, von welchen das 
eine mit Diamidophenol, das andere mit Hydrochinon gleich 
lange entwickelt wurde, so wird man bei genauer Prüfung 
finden, dass die Details entweder in beiden Platten gleich, 
oder in der ersten zahlreicher sind, während die Intensität 
des Bildes in den Lichtern bei der zweiten Platte weit grösser 

13* 



- I9 6 — 

ist, so dass die mit der ersten Platte erhaltenen positiven 
Drucke weniger effektvoll sind, wahrend die von der zweiten 
Platte kopierten Bilder ein wenig zu hart, d. h. zu kontrast- 
reich ausfallen. Die Energie eines Entwicklers kann nach 
der, 2 um Erscheinen des Bildes benotigten Zeitdauer ge- 
schätzt werden. 

Allerdings kann man durch Anpassung der Belichtung 
an die Energie des Entwicklers, durch rationelle Entwicklung 
und durch Herstellung von Entwicklern nach gründlich 
studierten Vorschriften die Eigenschaften der verschiedenen 
Entwickler modifizieren. Wir glauben jedoch, dass man mit 
einer guten Mischung von zwei Entwicklern mit entgegen- 
gesetzten Eigenschaften am besten zu tadellosen Negativen 
gelangt. 

Heutigen Tages kennt man zahlreiche organische Ent- 
wickler, welche alljährlich durch neue vermehrt werden. 
Dieses verdankt man den Studien der Gebrüder Lumiere 
und Dr. Andresen, welche ziemlich sicher feststellen konnten, 
unter welchen chemischen Bedingungen eine organische Ver- 
bindung im stände ist, einen für die Bromsilber-Gelaüne- 
Emulsion geeigneten Entwickler zu liefern. An dieser Stelle 
wollen wir einiges für die Kenntnis der chemischen Beschaffen- 
heit einiger Teerderivate Wichtiges erwähnen. 

Im I. Kapitel hatten wir Gelegenheit, auf die unendlich 
grosse Zahl von organischen Verbindungen hinzuweisen, 
welche hauptsächlich der merkwürdigen Eigenschaft des 
Kohlenstoffes zuzuschreiben ist, mit den Elementen Wasser- 
stoff, Sauerstoff und Stickstoff (ausnahmsweise auch mit dem 
Schwefel , dem Phosphor und mit einigen anderen) , ver- 
schiedene Körper zu erzeugen, und zwar nicht allein, indem 
er sich mit denselben in verschiedenen Verhältnissen, sondern 
auch in verschiedener Art verbindet. Bei Angabe der Formeln 
von organischen Verbindungen ist es daher erforderlich, 
ausser den Symbolen der einzelnen Elemente mit den Zahlen, 
welche die Anzahl der Atome angeben, auch die Formel, 
nach welcher die vermutliche Vereinigung der Atome statt- 
findet, mitzuteilen, da sonst in den meisten Fällen Miss- 
verständnisse eintreten würden. So z. B. , wenn wir uns 
der Formel; 

bedienen, so kann dieselbe u. a. zwei in physikalischer und 
chemischer Hinsicht voneinander ganz verschiedene Substanzen 



— i 9 7 — 

bedeuten, nämlich den Aether, welcher zur Herstellung des 
Kollodiums dient, und den Butylalkohol , welcher bei viel 
höherer Temperatur, als das Wasser zum Sieden kommt und 
bei der Gärung von zuckerhaltigen Substanzen in kleinen 
Mengen entsteht. Es Hesse sich eine grosse Zahl anderer 
Beispiele anführen. Solche Verbindungen von gleicher pro- 
zentualer Zusammensetzung, jedoch von verschiedener Kon- 
stitution, nennt man „isomere". Eines der wichtigsten Teer- 
derivate ist das Benzin, welches in der Chemie mit den 
Namen Benzen oder Benzol bezeichnet wird. Das Benzen 
ist eine aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehende Ver- 
bindung und entspricht der Formel C S H$. Die chemische 
Konstitution dieser Verbindung muss jedoch in ganz be- 
sonderer Weise ausgedrückt werden, und zwar 
H 
iC 

Hc/^a CH 

Hcl^ J 3 CH 

4 c 

H 
d. h. die in Form eines Sechseckes gruppierten Kohlenstoff- 
atome würden gegenseitig drei von den vier Wertigkeiten, 
welche der Kohlenstoff besitzt, austauschen; eine Kohlenstoff- 
Wertigkeit dient dazu, i Atom Wasserstoff an jedem Atom 
Kohlenstoff festzuhalten. Vom Benzin leiten sich sehr zahl- 
reiche andere Verbindungen ab, die man aromatische Ver- 
bindungen nennt, und zu welchen auch die meisten Ent- 
wickler gehören. 

Alle Derivate erhält man, indem man ein oder mehrere 
Wasserstoffatome durch andere Atomgruppen oder durch 
Radikale substituiert (wie man chemisch sich ausdrückt). Er- 
setzt man nur ein Wasserstoffatom durch eine bestimmte 
Gruppe, so kann nur eine Verbindung entstehen; ersetzt 
man aber zwei Wasserstoffatome durch zwei gleiche oder 
verschiedene Gruppen, so kann man mehr isomere Ver- 
bindungen, welche sich durch die Stellung dieser Gruppen 
voneinander unterscheiden, erhalten. 

Betrachten wir zunächst die Substitution eines Atomes 
Wasserstoff durch eine Gruppe OH, welche man Hydroxyl 
nennt Die einzige Verbindung, welche sich davon ableitet, 
hat die folgende Formel: 



\COH 

ffCj-^a CH 

HC\J* CH 

±CH 

Diese Verbindung tragt den Namen Phenol oder den 

weniger genauen, Karbolsäure. Substituiert man jedoch anstatt 

nur eines, zwei Wasserstoffatome durch zwei O/f-Gruppen, 

so kann man, je nachdem man diese in den Stellungen 1—2, 

1 — 3 oder 1 — 4 einsetzt, drei verschiedene Verbindungen 

erhalten. Die Formeln sind folgende: 

1 COH 1 COH 1 COH 

HC^-2C0H HC/^.CH HC^-CH 

HCK^JCH HclJsCOH HC^JcH 

CH CH 4 COH 

Otthodioiybcuol Meudloxybcnxol Pandioxybenzol 

(Brenzkatcebin) (Rrsordn) (HydrodÜDon) 

Um diese Verbindungen, welche durch Substitution der 
Gruppen in den verschiedenen Stellungen entstehen, von- 
einander zu unterscheiden, nennt man sie: ortho, wenn die 
Substitution in der Stellung 1 — a, meta bei 1 — 3 und para 
bei 1 — 4 vorgenommen wird. 

Von den genannten Verbindungen sind namentlich das 
Orthodioxybcnzol (Brenzka techin) und das Paradioxybenzol 
(Mydrochinon) in der Photographie bekannt. Wer Gelegenheit 
hatte, mit diesen beiden Entwicklern zu arbeiten, weiss auch, 
wie verschieden ihre physikalischen Eigenschaften und ihr 
Verhalten sind. Man wird daher verstehen, welch grossen 
Einfluss die chemische Zusammensetzung einer Verbindung 
auf deren Eigenschaften hat; die drei angegebenen Ver- 
bindungen besitzen, obgleich sie nicht allein gleiche pro- 
zentuale Zusammensetzung, sondern auch gleiche Gruppen 
enthalten, doch wegen einer, auf den ersten Blick als neben- 
sächlich erscheinenden Disposition der beiden O/Z-Gruppen, 
ganz verschiedene physikalische und chemische Eigenschaften. 
Das Hydrochinon und das Brenzkatechin sind energische, 
wenn auch voneinander verschieden wirkende Entwickler, 
während das Resorcin keine entwickelnden Eigenschaften 
besitzt und deshalb von den beiden anderen noch mehr ver- 
schieden ist. Anstatt in der Benzolgruppe die Wasserstoff- 



— 199 — 

atome durch OH- Gruppen zu substituieren, kann man sie 
auch durch andere Gruppen, z. B. durch NH t , sogen. 
Amidogene, substituieren. Auf diese Weise bekommt man 
die Amidoderivate. 

Setzt man nur eine einzige NH t - Gruppe ein, so erhält 
man das Anilin C e H 5 NH z , welches keine reduzierende Wirkung 
hat. Setzt man dagegen zwei AV/j - Gruppen ein, so erhält 
man das Phenylendiamin C li H i (NH 2 ) i , da die Gruppe C a // 4 - 
Phenylen genannt wird. Nun hat man je nach der Stellung 
der NH 2 - Gruppe: das Ortho -Phenylendiamin, das Meta- 
Phenylendiamin und das Para-Phenylendiamin: 

CNH X CNH^ CNH t 

HC^CNH t HC^SCH HC/\CH 

HC^)CH HG^JCNHi HC^JCII 

CH CH CNH S 

Ortho -Pbenylendiimra M=t* - Phrnylendismiii Pars -Phenylendii min 

Sowohl das Ortho-, als das Para-Phenylendiamin sind 
Entwickler, Meta-Phenylendiamin dagegen nicht. 

Man kann sowohl Oi/-Gruppen, als auch AT/j-Gruppen 
einsetzen, um auf diese Weise die Amido - Oxybenzole zu 
erhalten, welche gewohnlich Amido-Phenole genannt werden; 
photographisch wichtig sind darunter das Para-Amidophenol 
und das Diamidophenol , welche folgenden Formeln ent- 
sprechen : 

i COH i CNH 2 

4 CNHs 4 CNH 2 

P»ra-Amidophcnol Diamidophenol 

Anstatt die Wasserstoff atome durch relativ einfache 
Gruppen, OH und NH it zu ersetzen, könnte man dieselben 
durch Gruppenkomplexe ersetzen; auch kann man in der 
Gruppe NH S eines oder beide Wasserstoffatome durch andere 
Radikale ersetzen und dadurch viele andere Verbindungen 
erhalten. Samtliche angegebenen Substitutionen erreicht man 
mit Hilfe von mehr oder weniger komplizierten chemischen 
Reaktionen, sie bilden den Stoff zu der organischen Chemie 
und auf diese verweisen wir den Leser, der sich mit dem 



Gegenstand eingehender befassen will. Bei der Besprechung 
der einzelnen wichtigsten Entwickler werden wir die Herstel- 
lungsmethode einiger von ihnen angeben und auch zeigen, 
wie die Substitutionsprodukte zu erhalten sind. 

Nach dem Gesagten können wir uns jetzt eine ziemlich 
deutliche Vorstellung über den Charakter der chemischen Kon- 
stitution einer gegebenen organischen Verbindung machen, 
welchem dieselbe entsprechen muss, damit diese als Entwickler 
eines latenten photographischen Bildes benutzt werden kann. 
Die Gebrüder Lumiere, welche sich zuerst mit dieser wichtigen 
Frage befasst haben, sind nach vielen Untersuchungen zu 
folgenden Schlüssen gekommen: 

1. Die organischen Körper, welche als Entwickler wirken 
können, gehören alle der aromatischen Reihe an; sie sind 
daher alle mehr oder weniger direkte Abkömmlinge des Benzols. 

2. Damit ein aromatischer Abkömmling als Entwickler 
wirken kann, muss er mindestens, entweder zwei Hydroxyl- 
gruppen (OH) oder zwei Amidogruppen (Nff 2 ) oder eine 
Hydroxyl- und eine Amidogengruppe, direkt in den Benzin- 
kern eingesetzt, enthalten. 

3. Die entwickelnden Eigenschaften sind bemerkbarer bei 
den Verbindungen, welche derartige Gruppen in der Para- 
steil ung enthalten. 

4. Eine grössere Anzahl von Hydroxyl- und Amidogen- 
gruppen in dem Molekül, hat auf die entwickelnde Kraft 
keinen Einfluss. (Unsere Untersuchungen haben jedoch er- 
geben, dass ein Entwickler mit einer grösseren Anzahl Amidogen- 
gruppen für die Entwicklung ohne Alkali geeigneter ist 1 ). 

5. Die angegebenen Regeln gelten auch bei einem kompli- 
zierteren Molekül, welches zwei oder mehrere Benzolkerne 
enthält (z. B. die Naphtalinderivate*)) unter der Bedingung 



1) Diese Behauptung wurde dann, in der am Ende dieses Kapitels 
veröffentlichten Studie von den Herren Lumiere und Sevewetz 
selbst bestätigt. 

2) Das Naphtalin kann als Resultat einer Vereinigung von zwei 
Benzolkernen angesehen werden, demselben entspricht folgende 
chemische Zusammensetzung: 

CH CH 



vK/ c 

CH CH 



jedoch, dass die Hydroxyl- und Amidogengruppen in den- 
selben Kern eingesetzt sind. 

6. Substituiert man die Gruppen NH t und OH in irgend 
einer Weise, so werden die hervorrufenden Eigenschaften sofort 
aufgehoben, wenn nicht wenigstens zwei solcher Gruppen in 
dem Molekül unverändert zurückbleiben. 

7- Die Substitution des Wasserstoffes in der C/Y-Gruppe 
scheint auf die Entwicklungsfähigkeit der Verbindung keinen 
Einfluss zu haben. 

In Ergänzung zu den Untersuchungen Lumieres stellte 
Dr. Andresen, eine Autorität auf diesem Gebiete, einige 
andere Gesetze auf, wovon die wichtigsten die folgenden sind: 

i. Der Metastellung der OH- und jV/Zj - Gruppen entspricht 
nie eine Verbindung mit entwickelnden Eigenschaften. 

Die Substitution eines Atoms Wasserstoff in der NH t - 
Gruppe zerstört nicht immer die entwickelnde Kraft. (Dieses 
Gesetz steht mit dem in Punkt 6 von Lumiere angegebenen 
nicht im Einklänge.) 

3. Durch Substitution des Wasserstoffes der A'/Yg-Gruppe 
durch Kohlen Wasserstoff ruckstände aus der fetten Reihe kann 
die entwickelnde Kraft erhöht werden. 

4. Hat man in der Benzolkette mehr als zwei OH- und 
A^/Zg- Gruppen, so wird auch dadurch die entwickelnde Kraft 
erhöht. 

5. Die Gruppen. CO OH und SO^HO schwächen dagegen 
die entwickelnde Kraft. 

NH 2 NH t 

6. Das Hydroxylamin | und das Diamin I wirken als 

OH NH t 

Entwickler, da sie als Resultat einer Kombination von zwei 
wirksamen Gruppen ausserhalb der aromatischen Kette an- 
gesehen werden können 1 ). 

7. Das Phenylhydroxylainin und das Phenylhydrazin bilden 
keine Ausnahme; sie leiten sich von dem Hydroxylamin, bezw. 
von dem Diamin ab, welchem Umstände sie ihre entwickelnde 
Kraft verdanken. 

Dr. Andresen machte auch andere sehr interessante 
Untersuchungen, indem er die entwickelnde Kraft einiger der 

1) Die Entwicklungsfähigkeit scheint daher nicht ausschliesslich 
den aromatischen Gruppen zuzukommen, wie es nach dem Gesetz 1 
von Lumiere sein müsste. 



hauptsächlichsten Entwickler von analoger chemischer Kon- 
stitution miteinander verglich. Er setzte mit Pyroka techin, 
Hydrochinon, Ortho amidophenol und Paramidophenol Losungen 
mit gleichen Mengen von Natrium- und Kaliumsulfit an; von 
jedem Entwickler nahm er eine, i g Benzol entsprechende 
Menge, d. h. 1,4 g Hydrochinon und Pyrokatechin, 1,4 g von 
Orthoamidophenol und Paramidophenol und 1,62 g von Pyro- 
gallol u. s. w. Er liess jede einzelne dieser Lösungen auf 
einen Ueberschuss von gefälltem und gewaschenem Bromsilber 
wirken und ermittelte dann das, durch die Einwirkung der 
verschiedenen Entwickler reduzierte Silber; er fand dabei, 
dass die angegebenen Entwicklermengen folgende Gewich ts- 
mengen Bromsilber reduzieren: 

Pyrokatechin 4,62 g, 

Hydrochinon 10,46 ■ 

Orthoamidophenol 1,74 n 

Paramidophenol 9,36 „ 

Diese Gewichte stellten nach Dr. Andresens Ansicht 
die relative entwickelnde Kraft der einzelnen Entwickler vor, 
welche wir als Entwicklungskapazität bezeichnen wollen. Ent- 
wickelt man eine belichtete Bromsilbergelatine platte mit einem 
Orthoamidophenol-Entwickler, so bekommt man ein in den 
Schatten gut detailliertes Negativ (wie mit jedem guten Ent- 
wickler), welches jedoch in den Lichtern sehr wenig gedeckt, 
d. h. sehr schwach ist; das Paramidophenol liefert dagegen 
ein intensives Bild. Ein gewöhnlicher Entwickler in starker 
Verdünnung würde ebenfalls schwach gedeckte Bilder liefern. 
Eine andere, vielfach vorgezogene Methode, die reduzierende 
Kraft verschiedener Entwickler zu bestimmen, besteht nach 
Reeb darin, dass man aus einer wässerigen Lösung von 
Silbernitrat 1 ; 30 das Silber durch eine angemessene Quan- 
tität Aetznatron als Silberoxyd ausfällt, dasselbe gut aus- 
wäscht und dasselbe in 50 cem einer zehnprozentigen Lösung 
von kristallisiertem Natriumsulfit auflöst. Zu dieser Lösung 
setzt man allmählich eine einprozentige Normallösung des be- 
treffenden Entwicklers so lange zu, bis das Filtrat auf Zusatz 
einiger Tropfen Entwickler keine Trübung mehr zeigt. 

Es geht daraus hervor, dass die zur Erzielung einer, 
hinsichtlich der Lichtpartieen genügenden Intensität der Bilder 
erforderlichen Entwicklermenge in einem relativen Verhältnis 
zu der reduzierenden Kraft des verwendeten Entwicklers-stehen 
muss. Dr. Andresen konstatierte, dass die reduzierende Kraft 



— 2 o3 — 

des Orthoamidophenols , durch Zusatz einer Metyl-(C7/g)- 
Gruppe, wodurch das Methyl Ortho amidophenol entsteht, auf 
5,9 g erhöht wird. 

Wir bemerken jedoch, dass in der Praxis nicht allein die 
reduzierende Kraft eines Entwicklers, sondern auch die Dichtig- 
keit des von den verschiedenen Entwicklern reduzierten Silbers, 
welche Dichte, wie aus dem Vorstehenden bekannt, bei Ver- 
wendung der einzelnen Entwickler sehr verschieden ist, be- 
rücksichtigt werden muss. Das beachtet Dr. Andresen 
nicht, uns erscheint jedoch dieser Umstand sehr wichtig, weil 
z. B. das Paramidophenol eine um Weniges geringere redu- 
zierende Kraft besitzt als das Hydrochinon, jedoch stets Nega- 
tive liefert, welche, wie Andresen meint, allerdings gut ge- 
deckt sind, dabei aber bedeutend weniger dichte Lichter als 
die mit Hydrochinon entwickelten besitzen. Bei der Her- 
stellung von Entwicklerlösungen muss man ausser der redu- 
zierenden Kraft auch diesem Umstände Rechnung tragen. 
Dr. Andresen wandte ausserdem für alle Entwickler dieselbe 
Zusammensetzung der Lösung an; in der Praxis muss man da- 
gegen die Zusammensetzung der Losung nach den Eigenschaften 
und den Anforderungen, welche das verwendete Entwicklungs- 
mittel an dieselbe stellt, modifizieren. Man gelangt dadurch 
zu Resultaten, welche nicht vollkommen mit denen überein- 
stimmen, welche man unter Berücksichtigung der reduzierenden 
Kraft allein erwarten konnte. Ausserdem bedenke man, dass 
Dr. Andresen unter solchen Umstanden arbeitete, welche 
von denen der Praxis nicht wenig verschieden sind. In der 
Praxis hat man das gereifte Bromsilber (in Gegenwart von 
Gelatine), welches mit einem Ueberschuss von Entwicklerlösung 
in Berührung kommt. Dr. Andresen benutzte dagegen bei 
den genannten Versuchen den Entwickler in Gegenwart von 
überschüssigem, reinem, nicht gereiftem Bromsilber. Die Resul- 
tate sind daher zwar sehr interessant, für die Praxis haben 
sie jedoch nur einen relativen Wert. 

Bei einem Entwicklungsbade muss man, wir wiederholen 
es, die drei Eigenschaften: reduzierende Kraft, Schnelligkeit 
der Reduktion und Dichte des dabei entstehenden Bildes gut 
voneinander getrennt halten. Diese drei Eigenschaften dürfen 
unter keinen Umstanden miteinander verwechselt werden und 
hängen teilweise, wie wir gesehen haben, vom Entwicklungs- 
mittel, teilweise jedoch — und zwar was die Schnelligkeit 
der Reduktion anlangt — von der Zusammensetzung der 



— 204 — 

Losung ab , wie wir es in den späteren Kapiteln sehen 
werden. 

Die Dichtigkeit des Bildes, oder, wie man zu sagen pflegt, 
die Deckkraft des Entwicklers, kann teilweise von der redu- 
zierenden Kraft des Entwicklers (siehe Dr. Andresens 
Versuche) abhängen; der Behauptung Hubls, dass die 
Dichtigkeit des Bildes hauptsächlich von der reduzierenden 
Kraft des Entwicklers abhängig sei, kann man jedoch nicht 
zustimmen. In der Tat liefern Paramidophenol und Hydro- 
chinon, welche, wie gesagt, fast gleiche reduzierende Kraft 
besitzen, Bilder von sehr verschiedener Dichtigkeit. 

Man muss ferner noch berücksichtigen, dass sämtliche 
Oxvdationsprodukte des organischen Entwicklers, welche durch 
Einwirkung des Sauerstoffes der Luft oder infolge der ent- 
wickelnden Wirkung derselben entstehen, mehr oder weniger 
stark braun gefärbt sind und auf die Entwicklung des Bildes 
verzögernd wirken. Aus diesem Grunde, und auch weil in 
der Entwicklerlösung allmählich eine zu grosse Quantität Brora- 
alkali entsteht, wird vielfach zu dem frischen etwas alter 
gebrauchter Entwickler zugesetzt, um die Energie desselben zu 
massigen; dieses Verfahren möchten wir jedoch nicht be- 
sonders empfehlen. 

Dr. Andresen machte im Jahre 1889 („Photogr. Korresp. - , 
Nr. 5) sehr interessante Mitteilungen Ober die Möglichkeit, ein 
latentes Bild mit Wasserstoffsuperoxyd (// 3 5 ) zu entwickeln. 
Dr. Andresen erklärt die entwickelnde Wirkung des Wasser- 
stoffsuperoxyd es dadurch, dass er dasselbe als die Verbindung 

OH 
von zwei Hvdroxylen i ansieht. 
OH 

Bei dem Hydrochinon befinden sich die beiden Hydroxyl- 
gruppen in der Benztngruppe in der Parastellung ; bei dem 
Wasserstoffsuperoxyd dagegen, direkt miteinander verbunden. 
Dr. Andresen betrachtet die Konstitution des Wasserstoff- 

OH 
superoxydes als analog mit der des Hydroxylamins I und des 

AH, NH t 

Diamins | welche auch entwickelnde Eigenschaften besitzen. 

NH t 
Eine 3oprozentige Wasserstoffsuperoxydlösung mit 5 Prozent 
Actznatronzusatz und drei Tropfen zehnprozentiger Bromkali- 
lösung stellt einen guten, schleierlos arbeitenden Entwickler 



305 — 

vor. Wir konstatierten jedoch, dass selbst eine o,sprozentige 
Wasserstoffsuperoxydlösung (durch volumetrische Analyse mit 
hypermangansaurem Kali ermittelt) und mit nur 2 Prozent 
Aetznatron Zusatz noch einen guten Entwickler gibt. Das 
Natrium per oxyd (Na^ a ) verhält sich ebenso wie das Wasser- 
stoffsuperoxyd, weil man annehmen kann, dass bei der Auf- 
losung desselben Wasserstoffsuperoxyd entsteht; das Natrium- 
peroxyd wird in siebenprozentiger Lösung mit einigen Tropfen 
Bromkalilösung verwendet. Unseres Erachtens entspricht die 
Reaktion bei Verwendung von Wasserstoffsuperoxyd folgender 
Gleichung : 

3AgBr + H a t + iNaOH 

superoxyd 

=. 2 Na Br 4- 2 //, O -f Ag. -f O, , 

Bromnatrlum Wuwr Silber Sauerstoff. 

Bei der Entwicklung entsteht Sauerstoff, den man ganz 
deutlich wahrnimmt, und welcher, wie wir es konstatierten, 
Blasen in der Schicht hervorrufen kann. Das Wasserstoff- 
superoxyd, welches infolge seines Bestrebens, seinen Sauer- 
stoff in Verbindung mit anderem Sauerstoff in Freiheit zu 
setzen, ein energisches Oxydationsmittel ist, wirkt nicht allein 
auf belichtetes Bromsilber, sondern auch auf andere Körper 
reduzierend. Praktisch wichtiger erscheint eine andere, eben- 
falls von Dr. Andresen entdeckte Eigenschaft des Wasserstoff- 
superoxydes. Lässt man nämlich eine mit Salzsäure schwach 
angesäuerte Wasserstoffsuperoxydlösung auf ein fertiges Negativ 
einwirken, so werden die aus Silber bestehenden Bildstellen 
und die Gelatine da, wo sich Silber befindet, aufgelöst, so 
dass zum Schlüsse nur noch ein aus Gelatine bestehendes 
Positiv zurückbleibt Nach unseren Versuchen gelingt dieser 
Versuch jedoch am besten, wenn man an Stelle der Salzsäure 
Schwefelsäure zum Ansäuern des Wasserstoff superoxydes in 
ein- bis zweiprozentiger Lösung verwendet. 

Unsere allgemeinen Ausführungen über die organischen 
Entwickler schliessen wir unter Hinweis auf die von Lumiere 
und Seyewetz 1904 veröffentlichten Schlussbemerkungen über 
die ohne Alkalizusatz wirkenden Entwicklersubstanzen. Diese 
Bemerkungen sind folgende: 

I. Damit eine Substanz im stände ist, ohne Alkalizusatz, 
sondern nur in Gegenwart von Alkalisulfit das latente Bild 
zu entwickeln, genügt es, dass dieselbe einen einzigen Ent- 
wicklerbestandteil besitzt, dessen eine Gruppe eine Amidogen- 



— ao6 

gnippe sein muss. Diese kann substituiert werden oder nicht; 
nur darf der basische Charakter der Amidogr tippe nicht beein- 
trächtigt werden. Es ist ferner erforderlich, dass die Substanz 
in Alkalisulfit genügend löslich ist. 

2. Enthält die Substanz einen Entwicklerbestandteil oder 
zwei, jedoch ohne Amidogengruppen, so ist deren Eigenschaft, 
ohne Alkali zu entwickeln, besonders im letzteren Falle, für 
den praktischen Gebrauch zu schwach. 

3. Die reduzierende Kraft ist erheblich starker, wenn zwei 
Entwicklerbestandteile vorhanden sind, welche zwei Amidogen- 
gruppen enthalten. Der Entwickler kann in diesem Falle ohne 
Alkali praktisch verwendet werden. 

4. Die reduzierende Kraft wird auch dann erhöht, aller- 
dings in geringerem Grade, als im vorhergehenden Falle, wenn 
der basische Bestandteil oder die basischen Bestandteile des 
Entwicklers mit den Hydroxylen einer, mit entwickelnden 
Eigenschaften versehenen Phenol Verbindung , Salze bilden. 
Auch in diesem Falle ist der Entwickler obne Alkalizusatz 
praktisch verwendbar. 

5. Die Salzbildung der basischen Bestandteile eines Ent- 
wicklers, durch Verbindung mit den Hydroxylen einer nicht 
mit entwickelnden Eigenschaften versehenen Phenolverbindung, 
oder die Salzbildung eines Phenolentwicklers mit einem aroma- 
tischen Amine ohne entwickelnde Eigenschaften, lieferte in keinem 
Falle Verbindungen, deren Verwendung ohne Alkali praktisch 
möglich ist. 



XXXI. Kapitel. 

Natriumsulfit und Bisulfite. 

Wichtigkeit der Verwendung von Natriumsulfit zur 
Konservierung der alkalischen Entwicklerlösungen. — Erleichternde 
Wirkung des Natriumsulfites bei der Entwicklung.' — Wahrscheinliche 
Ursachen, auf welchen diese Wirkung beruht. — Schädliche Wirkung 
eines zu grossen Nalriumsulfit-l'ebersehusses. ■ — Eigenschaften des 
Natrium sulfites. — Fabrik massige Henitellungsweise. — Herstellung 
des trockenen Natriumsul fites. — Veränderungen des Sulfites an der 
Luft. — Schädliche Wirkung des Sulfates. — Trockenes Natrium- 
sulfit. — Aufbewahrung der Natriumsulfitlösungen. — Saure Sulfite 
oder Bisulfite. — Zusammensetzung, Eigenschaften und Aufbewahrung. 

Die reduzierende Wirkung der alkalischen Entwickler auf 
die Bromsilber-Gelatineplatten tritt in sauren oder neutralen 



Flüssigkeiten fast gar nicht zu tage; nur in einer Lösung 
eines Alkalis oder eines Salzes mit rein alkalischer Reaktion 
kann der Entwickler seine Wirkung ausüben. 

Der Gebrauch von Natriumsulfit ist bei sämtlichen, mit 
alkalischen Entwicklungsmitteln angesetzten Entwicklerlösungen 
von grosser Wichtigkeit. Bei einigen Entwicklern, besonders 
bei dem Diamidophenol , genügt der einfache Zusatz von 
Natriumsulfit (welches alkalische Reaktion zeigt), um einen 
energischen Entwickler zu erhalten; bei anderen ist, wie wir 
sehen werden, ein Zusatz von kohlensauren Alkalien oder 
Alkali hydraten erforderlich. Der Zusatz von Natriumsulfit 
hat den Zweck, die schnelle Oxydation des Entwicklers an 
der Luft zu verhindern. Die Entwicklerlösungen , besonders 
die alkalischen, absorbieren schnell den Sauerstoff aus der 
Luft und verlieren dadurch ihre Energie, indem sie sich auch 
gleichzeitig mehr oder weniger braun färben. Der Zusatz 
von Natriumsulfit verzögert die oxydierende Wirkung des 
Sauerstoffes; da nun das Natriumsulfit, wie überhaupt alle 
Sulfite, stark reduzierend wirkt, und durch den Sauerstoff der 
Luft oxydiert werden kann (allerdings viel langsamer als die 
organischen Entwickler), so schützt es in betrachtlichem Grade 
die Entwicklerlösungen vor dem Einflüsse der Luft. Der in 
einem Reduktionsmittel, wie es die Lösung von Natriumsulfit 
ist, gelöste Entwickler ist der oxydierenden Wirkung der Luft 
in viel geringerem Grade unterworfen und ist mithin auch 
haltbarer. Der Natriumsulfitzusatz wirkt nicht allein als Schutz- 
mittel der organischen Entwickler, sondern besitzt auch die 
wichtige Eigenschaft, die entwickelnde Wirkung der Entwickler 
zu unterstützen, was unseres Erachtenswie folgt begründet ist: 
i. Durch seinen alkalischen Charakter. In der Tat zeigt 
selbst das reinste Natriumsulfit auf Lackmuspapier deuüiche 
alkalische Reaktion; dieser alkalische Charakter, welcher sich 
der Entwickeriösung mitteilt, genügt in den meisten Fällen 
allerdings nicht, um einen hinreichend energischen Entwickler 
zu erhalten; er trägt aber jedenfalls mit den anderen vor- 
handenen alkalischen Substanzen zur Erhöhung des alkalischen 
Charakters des Bades bei. 

a. Durch seine reduzierende Wirkung. Das Natriumsulfit 
besitzt, wie gesagt, eine ziemlich energische reduzierende 
Wirkung. Diese reduzierende Wirkung reicht jedoch nicht 
aus, um in bemerkbarem Grade das belichtete Bromsilber zu 
zersetzen, aber jedenfalls erhöht diese reduzierende Wirkung 



— 2o8 — 

in Verbindung mit der des Entwicklers die entwickelnde Krad 
der Entwicklerlösung. Diese Tatsache, auf welche wir schon 
vor Jahren hingewiesen hatten, wurde 1898 von Dr. Andresen 
bestätigt, indem er feststellte, dass die reduzierende Kraft eines 
Entwicklers (siehe das vorhergehende Kapitel) in alkalischer 
Lösung ohne Zusatz von Natriumsulfit merklich vermindert wird. 
So z. B. würde die Wirkung des Paramidophenols, dessen redu- 
zierende Kraft 9,36 betragt, ohne Sulfitzusatz auf 2,4 herab- 
gesetzt werden. Daraus geht hervor, wie wichtig der Sulfitzu- 
satz zur Erhöhung der reduzierenden Wirkung eines Entwicklers 
ist. Bei manchen Entwicklern (z. B. bei dem Hydrochmoni 
kann man die Ansicht von Dr. Bogisch teilen, dass das 
Sulfit das Bestreben hat, aus dem Oxydationsprodukte den 
ursprünglichen Körper wieder herzustellen (aus dem Chinon 
das Hydrochinon). 

3. Durch seine Fähigkeit, Bromsilber aufzulösen. Es ist 
in der Tat bekannt, dass die lösende Wirkung des Natrium- 
sulfites auf das Bromsilber eine ziemlich beträchtliche ist. Eine 
Bromsilber- Gelatineplatte wird in einer gesättigten Natrium- 
sullitlösung in einigen Stunden fixiert. Wenn nun die Sub- 
stanz, auf welche der organische Entwickler wirken soll, d. h. 
auf das Bromsilber, in dem der Entwickler löslich ist, so ist 
es klar, dass dadurch die Reduktion erleichtert wird. Die 
lösende Wirkung des Sulfites auf das Bromsilber darf jedoch 
nicht als ein einfacher Vorgang angesehen werden. Es handelt 
sich wahrscheinlich um eine doppelte Zersetzung und darauf- 
folgende Auflösung, nach folgender Gleichung: 
*AgBr-\-Na t SO.= 

Brom»illwr Natnumsulfil 

Es entsteht somit Natriumbromid und Silbersulfit, welch 
letzteres mit dem überschüssigen Natriumsulfit ein lösliches 
Silber-Doppelsulfit bildet. 

Auf eine interessante Erscheinung machte Dr. König 
1903 aufmerksam. Das Natriumsulfit, welches, allein gebraucht, 
eine beträchtliche lösende Wirkung auf das Bromsilber und 
besonders auf das Chlorsilber ausübt, verliert diese Eigen- 
schaft, wenn es mit Natriumchlorid gemischt wird, bedeutend. 
Diese Eigenschaft kann unter anderm bei langsam arbeitenden 
Entwicklern vorteilhaft benutzt werden, um die lösende Wirkung 
des Sulfites bei der relativ langen Entwicklungszeit, welche 
schädlich wirken würde, zu vermindern, 



Eid weiterer Vorteil der Gegenwart des Sulfites in den 
Entwicklerlösungen besteht nach neueren Untersuchungen 
Dr. Lüppo-Cramers darin, dass es die gerbende Wirkung 
der Oxydationsprodukte einiger Entwickler (z. B. Metol, Para- 
amidophenol , Hydrochinon u. s. w.) auf die Gelatine ver- 
mindert. Die gerbende Wirkung würde das Eindringen der 
Entwicklerflüssigkeit in die Schicht erschweren. Die Gegen- 
wart von Sulfit hat auch auf die Farbe des S übe mied er- 
schlages einen günstigen Einfluss, indem diese einen mehr 
grauen oder schwarzen Ton, anstatt eines grünlichen annimmt. 

Aus den angegebenen Gründen geht die günstige Wirkung 
des Sulfites bei der Entwicklung hervor. Wenn dieses Salz 
jedoch, in der richtigen Menge angewendet, günstig wirkt, 
so kann ein starker Ueberschuss schädlich sein; die Energie 
des Entwicklers nimmt dabei eher ab als zu und die Bilder 
werden weniger kräftig. Dies liegt wahrscheinlich daran, 
weil durch die in diesem Falle relativ bemerkenswerte lösende 
Wirkung des Sulfites ein kleiner Teil des Bromsilbers vor der 
Reduktion aufgelöst wird. Es kann auch sein, dass die über- 
wiegend reduzierende Wirkung des Sulfites einerseits die 
Oxydation des Entwicklers durch die Luft bedeutend ver- 
zögert und infolgedessen die Entwicklerlösung haltbarer ge- 
macht wird, anderseits aber auch, dass die Oxydierung des 
Entwicklers durch das Brom des Bromsilbers verhindert wird, 
wodurch eine Störung in der Entwicklung des Bildes eintritt. 

Diese erhöhte Schwierigkeit einer vollkommenen Reduk- 
tion des Brom silbers in Gegenwart eines grossen Ueber- 
schusses von Sulfit tritt bei einigen Entwicklern deutlicher 
zu Tage, als bei anderen; so liefert z. B. das Diamidophenol 
in Gegenwart einer grossen Quantität Sulfit flaue Bilder, 
während bei Anwendung einer beschränkten Quantität Sulfit 
die Bilder viel kräftiger werden. Viele Misserfolge beim 
Gebrauche von Diamidophenol sind wahrscheinlich durch 
einen zu grossen Sullitzusatz verursacht. 

Andere Entwickler, z. B. das Hydrochinon, sind dagegen 
für die nachteilige Wirkung eines grossen Ueberschusses von 
Sulfit weniger empfindlich. Aus diesem Grunde und auch 
weil die Menge des zu verwendenden Sulfites von der grösseren 
oder geringeren Oxydationsfähigkeit des Entwicklungsmittels 
an der Luft abhängt, kann man die, einem Liter Entwickler 
zuzusetzende Menge Sulfit nicht ein für alle Mal bestimmen. 
Dieselbe kann im allgemeinen von 30 bis 100 g kristallisierten 

Xamim, Handbuch der pbotogr. Chemie. 14 



Sulfites pro Liter Entwickle riösung variieren. Bei den mit 
kaustischen Alkalien bereiteten Lösungen, welche, wie wir 
sehen werden , eine grössere Neigung zur Oxydation haben, 
muss die Sulfitmenge entsprechend grösser sein. 

Das Natriumsulfit bildet eine in Wasser leicht lösliche 
weisse Substanz in grossen oder kleinen Kristallen oder ist 
ein trockenes Pulver. Die Sulfite können dadurch leicht 
erkannt werden, dass sie, sowohl in festem Zustande als auch 
in gesättigter Lösung bei Zusatz von einigen. Tropfen Salz- 
oder Schwefelsaure unter Aufbrausen ein, durch seinen un- 
angenehmen, stechenden Geruch bekanntes Gas, die schweflige 
Saure entwickeln, wie solches bei Verbrennung von Schwefel 
entsteht. Die gewöhnliche fabrikmassige Herstellungsmethode 
desselben besteht darin, dass man in eine gesättigte Lösung 
von Natriumkarbonat einen Strom von schwefliger Säure 
(welche entweder durch Verbrennung von Schwefel oder all- 
gemeiner durch Rösten von Schwefelkiesen, welche ausSchwefel- 
cisen bestehen) erzeugt wird, leitet, wodurch Natriumsulfit 
unter Entwicklung von Kohlensäure entsteht. Durch Ver- 
dunstung der Lösung erhält man das kristallisierte Salz. 

Das kristallisierte Natriumsulfit hat die chemische Formel 
Na % SO s -j- 5 H t O, es enthält daher eine beträchtliche Menge 
K ristallw asser , d. h. genau 50 Prozent. Durch Erhitzen wird 
das Kr istall w asser ausgetrieben, und man erhält dadurch das 
trockene oder wasserfreie Natriumsulfit. Wird diese Operation 
an der Luft vorgenommen, so wird ein Teil des Sulfites zu 
Natriumsulfat (schwefelsaurem Natron) oxydiert, weshalb das 
trockene Sulfit, welches man so erhält, unreiner ist. Um 
diese Oxydation zu verhindern, muss man entweder unter 
Vermeidung des Luftzutrittes erhitzen (z. B. in einer Stick- 
stoff atmosphärc) oder,, was vorteilhafter ist, man stellt dasselbe 
auf nassem Wege her, indem man eine gesättigte Natrium- 
sulfitlösung (25 Teile kristallisiertes Natriumsulfit in 100 Teilen 
Wasser) längere Zeit kocht; nach mehrstündigem Kochen und 
damit verbundener Verdunstung des Wassers setzt sich das 
reine, wasserfreie Natriumsulfit am Boden ab. 

Es ist empfehlenswert, das Natriumsulfit in gut ver- 
schlossenen, vollkommen gefüllten Gcfässcn aufzubewahren, da 
es sich unter erneutem Luftzutritt durch den Sauerstoff der Luft 
selbst oxydiert. Die dabei entstehende Reaktion ist die folgende : 
Na^SO^ + O r= Na^SO,. 



Das Natriumsulfit, welches eine grössere Menge Natrium- 
sulfat (ober 5 Prozent) enthalt, ist nicht allein wegen seines ge- 
ringeren Gehaltes an wirksamer Substanz für unsere Zwecke un- 
geeignet, sondern sein Gebrauch in den Entwicklungsbädern ist 
direkt schädlich, weil eine grössere Menge Natriums ulfat als Ver- 
zögerer wirkt und den guten Verlauf der Entwicklung beein- 
trächtigt. Beim Gebrauche von wasserfreiem Natriumsulfit (das 
jedoch in reinem Zustande sehr schwer zu erhalten ist) benutzt 
man nur halb so viel als von kristallisiertem Natriumsulfit. 

Die Lösungen von Natriumsulfit, welche mittels luftfreien 
Wassers (durch Kochen) hergestellt sind, halten sich in gut 
verkorkten und gefüllten Flaschen lange Zeit unverändert; in 
100 Teilen Wasser von 15 Grad lösen sich 25 Teile kristalli- 
siertes Natriumsulfit oder die Hälfte wasserfreies Salz. Während 
von den Verbindungen der schwefligen Säure mit Natron das 
neutrale, kristallisierte Sulfit für die Entwicklerlösungen vor- 
gezogen wird, bedient man sich dagegen von den Kaliver- 
bindungen mit Vorliebe des Kaliummetabisulfites, auch Kalium- 
pyrobisulftt genannt, weil dieses die einzige in Kristallform 
und mithin in reinerem Zustande zu erhaltende Verbindung 
ist. Das Kaliummetabisulfit hat die Formel K t S t & und ist 
ein saures Sulfit oder Metabisulfit. Es kann in der Tat als 
ein Derivat des Kaliumbisulfites angesehen werden, dem das 
Wasser entzogen wurde. 

2 KHSO. A = K 2 S 2 6 + // ä O. 

Kaliumbisullit HcubisuHit Wasser 

Da das Metabisulfit ein saures Salz ist, so muss man bei 
Anwendung desselben zu Entwicklerlösungen an Stelle des 
Sulfites den Gehalt dieser letzteren an Alkalien erhöhen. Das 
Metabisulfit eignet sich an Stelle des Natriumsulfites besonders 
zur Herstellung konzentrierter Entwicklerlösungen. In letzter 
Zeit haben die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. in 
Elberfeld ein Produkt eingeführt, welches in vielen Fällen 
das NatriumsuHit vorteilhaft zu ersetzen vermag. Dies ist das 
Acetonsulfit Bayer, welches der chemischen Formel 

CO{CH B ) z -2NajS0 3 
entspricht. 

Ueber die Sulfite und Bisulfitc, deren Analyse, Verände- 
rung in trockenem und gelöstem Zustande, ihre Unreinheiten, 
Verwendung u. s. w. , veröffentlichten wir 1904 im „Atelier 
des Photographen " und im „Progresso fotografico " eine lauge 
Studie, die wir hier in den Haupttcileii wiedergeben: Die 



beste Methode, die Sulfite und Bisulfitc zu analysieren, besteht 
darin, dass man zu einer etwa einprozentigen, vorher neutrali- 
sierten Lösung (wie es bei den Bisulfiten notwendig ist) einen 
Ueberschuss einer titrierten Jodlösung zusetzt und dann den 
Jodöberschuss mit einer titrierten Fixiernatronlösung ermittelt. 

Das kristallisierte Natriumsulfit kommt nie in absolut 
reinem Zustande vor. Das beste von uns geprüfte Natrium- 
sulfit enthielt niemals über 90 bis 92 Prozent an eigentlichem 
kristallisierten Sulfit. Es mag sein, dass das frisch hergestellte 
Sulfit noch reiner ist. Uns ist es aber nicht gelungen, ein 
solches zu erhalten. Häufiger sind die Sulfite, welche 60 bis 
ßo Prozent reines Sulfit enthalten; in einigen seltenen Fällen 
fanden wir sogar nur 30 Prozent vor. In diesen Fällen 
handelte es sich jedoch um ein schlechtes Fabrikat mit be- 
deutendem Ueberschuss an Natriumkarbonat (Soda). 

Das wasserfreie Natriumsulfit ist im allgemeinen weniger 
rein als das kristallisierte; dies kommt von der Oxydation, 
welcher das Natriumsulfit bei der Wasserentziehung unter- 
worfen ist. Ein wasserfreies Natriumsulfit einer der besten 
chemischen Fabriken Deutschlands ergab bei der Analyse 
55 Prozent Sulfitgehatt. Vergleicht man diesen Gehalt mit 
dem des kristallisierten Natriumsulfites, welcher 90 Prozent 
beträgt, zur Hälfte aber aus Wasser besteht, so ergibt 
sich für das letztere 45 Prozent eigentliches Sulfit, während 
das wasserfreie 55 Prozent betrug. Theoretisch entsprechen 
daher ungefähr zwei Teile kristallisiertes Natriumsulfit einem 
Teil wasserfreiem Natriumsulfit. Das wasserfreie Natriumsulfit 
unterliegt ausserdem nicht allein bei der Fabrikation, sondern 
auch bei der Aufbewahrung der Oxydation mehr als das 
kristallisierte Natriumsulfit, und zwar unseres Erachtens aus 
zweierlei Gründen: 1. weil die Berührung mit der Luft, infolge 
der viel feineren Verteilung des wasserfreien Natrium sulfits 
viel leichter und in viel bedeutenderem Grade stattfinden kann. 
2. Weil es sehr geneigt ist, Wasser aufzunehmen. Bei dieser 
Wasseraufnahme wird Wärine entwickelt, infolge deren die 
Oxydation erleichtert wird. 

In Anbetracht der grossen Bedeutung des Sulfites für 
die Aufbewahrung und das Verhalten der Entwicklerlösungen, 
ist es sehr wichtig, ein reines Produkt zu haben. Wenn mög- 
lich, nehme man stets das kri stall iserte Natriumsulfit anstatt 
des wasserfreien und wähle man nur das Erzeugnis von guten 
Fabriken und nur in gut verschlossenen Glasgefässen. 



— 213 — 

Wir haben für die bessere Aufbewahrung des Sulfites 
in halb gefüllten Glasern eine sehr einfache Methode an- 
gegeben, welche darin besteht, dass man die Luft durch einen 
Leuchtgasstrom verdrängt, welche man durch einen bis auf 
den Boden des Gefässes reichenden Schlauch einströmen lässt 
und dann das Glas verschliesst. Die Sulfitlösungen halten 
sich in offenen Schalen, in offenen oder halbgefüllten Gläsern 
viel schlechter als das feste Produkt. Eine in halbgefüllter 
Flasche aufbewahrte, fünfprozentige Natrium sulfitlösung enthält 
z. B. nach füDf Tagen nur mehr die Hälfte Sulfit. 

Zum Aufbewahren einer Sulfitlösung ist es erforderlich, 
solche mit kurz vorher gekochtem und erkaltetem Wasser 
herzustellen und die Flaschen ganz damit zu füllen und gut 
zu verkorken. Viel haltbarer als das Natriumsulfit ist das 
Kaliummetabisulfit. In der Tat müsste dieses Salz theoretisch 
57 Prozent an wirksamer Substanz, d. h. an schwefliger Säure 
iSO z ) enthalten; nach einer Aufbewahrungsdauer von zwei 
Jahren in halb gefüllten Gefässen haben wir noch einen Gehalt 
von 55,3 Prozent an schwefliger Säure nachweisen können 1 ). 
Bei der Bestimmung der Schwefelsäure (S0 a ) fanden wir nur 
0,36 Prozent vor, was darauf hinweist, dass die fehlende 
schweflige Säure nur zum kleinsten Teile zu SO s oxydiert 
war, während der grösste Teil sich verflüchtigt hatte. In 
der Tat lässt das Metabisulfit einen deutlichen Geruch nach 
schwefliger Säure wahrnehmen. Die gute Haltbarkeit ist 
unserer Meinung nach dem Freiwerden eines kleinen Teiles 
schwefliger Säure zuzuschreiben, indem die Kristalle darin 
eingeschlossen und daher vor Luftzutritt geschützt werden. 

Die Metabisulfitlösungen verändern sich auch ziemlich 
schnell, jedoch in geringerem Grade als das Sulfit; auch hier 
ist wahrscheinlich die geringe Veränderung auf die schwache 
Entwicklung der schwefligen Säure, welche die Flüssigkeits- 
oberfläche von der Luft abschließt, zurückzuführen. Man 
mflsste daher das Metabisulfit in Anbetracht seiner Reinheit 
und seiner vorzüglichen Haltbarkeit für die Herstellung von 
Entwicklerlösungen dem Natriumsulfit vorziehen, um so mehr, 
als es bei gleichem Gehalt an schwefliger Säure kaum teurer 
ist. Bei dem Ersatz des Natriumsulfits durch Mctabisulfit ist etwa 
ein Teil des letzteren gleichbedeutend drei Teilen des ersteren, 



Preis Ist ein sehr massiger (1,20 Mk. pro Kilogram 



— ai4 — 

Das einzige Hindernis für die Anwendung des Metabi- 
sulfits ist sein saurer Charakter, welcher den Zusatz einer 
gewissen Quantität von Aetznatron oder Aetzkali nötig macht, 
um denselben zu neutralisieren. Man kann annehmen, dass, 
wenn es sich um ein reines Produkt bandelt, zur Neutrali- 
sation von je 100 Teilen Metabisulfit 36 Teile Aetznatron oder 
50 Teile Aetzkali verwendet werden müssen. 

Das Natriumbisulfit (NaHSO s ) ist schwerer rein zu 
erhalten und ist bedeutend weniger haltbar als das Kalium- 
metabisulfit. Bei dem Natronsalz ist die überschüssige schweflige 
Säure wahrscheinlich viel schwächer gebunden als bei dem 
Kaliummetabisulfit '). 

Das Acetonsulfit, bei welchem die wirksame Substanz 
das Natriumbisulfit ist, besitzt geringere Haltbarkeit. 

Die Herren Lumicre und Seyewetz haben, von unserer 
Veröffentlichung ausgehend, ebenfalls die Veränderlichkeit des 
Natrium sulfits geprüft und bestätigen die grosse Unbeständig- 
keit der Natrium sulfitlösungen an der Luft; aus ihren Unter- 
suchungen geht hervor, dass die konzentrierten Lösungen 
viel haltbarer sind als die verdünnten, was auch sehr ver- 
ständlich ist, weil die Einwirkung der Luft von der Oberfläche 
der Flüssigkeit ausgeht. 

Sie beobachteten ferner, dass die Veränderungen des wasser- 
freien Natriumsulfits in feuchter Luft schneller vor sich gehe, 
was unsere Annahme der Erscheinung der Wasseraufnahme 
bestätigt. Wenn auch aus den Untersuchungen der ver- 
schiedenen Autoren der niedrige Gehalt des wasserfreien 
Natriumsulfits und dessen leichte Veränderung selbst in ver- 
schlossenem Glase nicht hervorgehen, so sehen wir uns auf 
Grund unserer zahlreichen Analysen des wasserfreien Sulfits 
aus verschiedenen angesehenen Fabriken doch berechtigt, von 
dessen Gebrauch abzuraten, weil wir uns dabei überzeugt 
haben, dass man sich auf dieses Produkt durchaus nicht ver- 
lassen kann, um so mehr, als dessen äusseres Aussehen (wie 
es bei dem kristallisierten Natriumsulfit der Fall ist) keinen 
Anhaltspunkt bieten kann. 

1) Wie vor kurzem gezeigt, ist das käufliche, flüssige Natrium- 
bisulfit von 33 Grad Be. dem festen vorzuziehen, da es ziemlich rein, 
in geschlossenen Flaschen sehr beständig und sehr billig ist. 



XXXII. Kapitel. 

Die Alkalien und die alkalischen Salze 
im Entwickler. Ersatzmittel für die Alkalien. 

Die Alkalien und deren Eigenschaften. — Nachteile des 
Gebrauches von Aetzalkalien im Entwickler. — Energie eines Ent- 
wicklers und dessen Oxydationsfähigkeit an der Luft. — Verschiedene 
Energiegrade der mit verschiedenen Alkalien präparierten Entwickler. 

— Es ist wichtig, dass die Vergleiche mit äquivalenten, nicht mit 
gleichen Quantitäten angestellt werden. — Aequivalente Mengen der 
verschiedenen Alkalien zueinander. — Aetzkali und Kalium karbonat. 

— Eigenschaften und Herstellungsverfahren. — Schädlicher Einfluss 
von geringen Mengen von Schwefel, Aetznatron und Natriumkarbonat. 

— Chemische Formeln und Löslichkeitsverhältnis. — - Aequivalente 
Mengen von kristallisiertem und wasserfreiem Natriumkarbonat. — 
Ammoniak und Ammonium karbonat — Nachteile des Ammoniak- 
gebrauches in den Entwicklerlösungen. — Dichtigkeit (spezifisches 
Gewicht) der Ammoniaklösungen. — Chemische Konstitution des 
flüssigen Ammoniaks und der Ammoniumsalze. — Aetzlithium. — 
Chemische Eigenschaften. — Vorteile des Lithiumgebrauches in den 
Entwicklerlösungen. — Mit Magnesiumoxvd hergestellte neutrale Ent- 
wickierlösungen. — Wirkungsweise des Magnesiumoxydes. — Vorteile 
der neutralen Entwicklerlösungen. — Entwicklersubstanzen , welche 
zu neutralen Lösungen verwendet werden können. — Entwickler- 
losungen mit dreibasischen Phosphaten. — Konstitution der Phosphor- 
säure und der Phosphate. — Vorteile der mit dreibasischem Phosphat 
hergestellten Entwicklerlösungen. — Ersatzmittel für die Alkalien: 

Acetone, Aldehyde, Amine. 

Chemisch bezeichnet man als eigentliche Alkalien die 
Oxydhydrate des Kaliums, des Natriums und des Ammoniaks. 
Das Kali und das Natron nennt man fixe oder auch Aetz- 
alkalien, weil sie feste, nicht flüchtige, auf die Haut stark 
ätzend wirkende Substanzen sind, während das Ammoniak 
bei gewöhnlicher Temperatur gasförmig und daher flüchtig 
ist, das sogen. Ammoniak des Handeis stellt eine wässerige 
Lösung des Gases vor. Sämtliche Alkalien unterscheiden sich 
(wenn sie rein sind) durch folgende Eigenschaften: 

i. Sie sind in Wasser äusserst leicht löslich. 

2. Sie verbinden sich ohne irgend welche Gasentwick- 
lung mit sämtlichen Säuren unter bedeutender Wärmeerzeugung 
zu leicht löslichen Salzen. Die Verbindung eines Alkalis mit 
einer Säure liefert immer ein alkalisches Salz und Wasser. 

3. Durch Säuren gerötetes Lackmuspapier (in Lackmus- 
tinktur gefärbtes Papier) wird durch Alkalien wieder blau 
gefärbt. 



— 216 — 

Letztere Eigenschaft besitzen jedoch auch die kohlen- 
sauren Alkalien, die Basen im allgemeinen und viele Salze. 
Diese und die anderen zwei Eigenschaften, nämlich die Leicht- 
löslichkeit und das Vermögen, Verbindungen mit Säuren ohne 
Gasentwicklung und unter bedeutender Wärme-Erzeugung ein- 
zugehen, genügen jedoch, um ein Alkali zu kennzeichnen. 
Das Ammoniak unterscheidet steh leicht durch den stechenden, 
unangenehmen Geruch von den beiden anderen, während das 
Aetzkali und Aetznatron dadurch voneinander zu unterscheiden 
sind, dass sie die bläuliche Flamme eines Bunsenschen 
Brenners (oder einer Alkohollampe) verschieden färben. Aetz- 
natron und alle Natronsalze färben die Flamme deutlich gelb, 
das Kali und dessen Salze färben sie violett. Zu den eigent- 
lichen Alkalien ist infolge seiner Eigenschaften das Lithium- 
oxyd zu rechnen, welches zuweilen in der Photographie An- 
wendung findet. 

Die kohlensauren Alkalien, d. h. die Verbindungen der 
Alkalien mit Kohlensäure, haben analoge Eigenschaften wie 
die Alkalien, jedoch in geringerem Grade. Aus diesem Grunde 
können dieselben bei zahlreichen chemischen Reaktionen und 
auch bei der Herstellung von Entwicklerlösungen die Alkalien 
ersetzen. Sie werden sogar oft selbst als Alkalien bezeichnet, 
obwohl sie es in der Tat nicht sind. Die kohlensauren Alkalien 
zeichnen sich durch die, bei deren Behandlung mit Säuren 
entstehende Gasentwicklung aus. 

Es sei hier darauf hingewiesen, dass die Verwendung 
von Aetzkali oder Aetznatron bei der Herstellung von Ent- 
wickle rlösun gen schädlich auf die Haut wirkt, und dass sie 
durch ihre ätzende Wirkung auch die Gelatineschicht zu sehr 
angreift, so dass sich dieselbe infolgedessen ausdehnt und 
ablöst; schliesslich ist eine zu grosse Energie der Entwickler- 
lösungen überhaupt schon aus dem Grunde schädlich, weil 
sich die reduzierende Wirkung derselben nicht mehr auf die 
belichteten Stellen der Platte allein beschränkt, sondern sich bei 
verschiedenen Entwicklern in geringerem oder verschiedenem 
Grade über die ganze Platten Oberfläche ausdehnt. Im all- 
gemeinen werden daher die kohlensauren Alkalien, und zwar 
besonders Soda und Pottasche vorgezogen. 

Man muss ferner noch berücksichtigen, dass, je energischer 
ein Entwickler bei der Reduktion des Bromsilbers wirkt, desto 
grösser auch seine Tendenz ist, sich mit dem Sauerstoff 
der Luft zu verbinden, wodurch eine schnelle Veränderung 



— 2I 7 — 

eintritt. Viele mit Aetzalkalien hergestellte und infolgedessen 
sehr energisch wirkende Entwicklerlösungen verändern sich 
schon wesentlich in der Schale durch die kurze Einwirkung 
der Luft während der Entwicklung, indem sie dabei nicht 
allein an Energie einbüssen, sondern auch durch ihre dunklere 
Färbung die Gelatine der Platte selbst färben, wodurch die 
Klarheit der Bilder gefährdet wird. 

Eine empfehlenswerte Entwicklerlösung muss mindestens 
während der Zeit der Entwicklung einerPlattefast farblos bleiben. 
Verwendet man hierbei eine grössere Menge Natriumsulfit, so 
wird dadurch die Färbung der Lösung im allgemeinen erheblich 
verzögert; da wir aber, aus den vorhin erwähnten Gründen 
bei der anzuwendenden Sulfitmenge gewisse Grenzen nicht 
Überschreiten dürfen, so ist es im Falle einer zu grossen 
Neigung zur Färbung viel rationeller, anstatt die Menge des 
Präservativmittels, d. h. des Natriumsulfites zu erhöhen, die 
Menge des Alkalis zu vermindern oder dieses durch ein 
weniger energisches zu ersetzen. 

Hier erscheint es zweckmässig, auf die Reihenfolge der 
festen Alkalien hinzuweisen, wie sich dieselbe aus der, den 
Entwicklerlösungen erteilten Energie und aus der, bei den 
chemischen Reaktionen zu Tage tretenden Energie ergibt. 
Diese Reihenfolge ist: Aetzkali, Aetznatron, Kaliumkarbonat 
(Pottasche), Natriumkarbonat (Soda). Hinsichtlich des Ammo- 
niaks und des Ammoniumkarbonates ist zu bemerken, dass 
deren Energie im allgemeinen geringer ist als die der Pott- 
asche und der Soda. 

Man darf hierbei nicht ausser acht lassen, dass, wenn 
man zwei Körper, Säuren oder Basen, Salze oder auch 
chemische Elemente miteinander vergleichen will, um festzu- 
stellen, in welchem Verhältnis sie eine gewisse Eigenschaft 
besitzen, bei diesem Vergleiche nicht gleiche, sondern äqui- 
valente Gewichtsmengen der zu vergleichenden Körper ge- 
nommen werden müssen. Erklären wir dies durch ein Bei- 
spiel: Nehmen wir an, wir hätten eine gewisse Gewichtsmenge 
einer Säure, z. B. Schwefelsäure, vollständig in Alkalisalz, d. h. 
in Kaliumsulfat, Natriumsulfat, Ammoniumsulfat oder Lithium- 
sulfat umzuwandeln. Um diese Reaktion hervorzurufen, genügt 
es, der Säure ein Alkali oder ein kohlensaures Alkali zuzu- 
setzen. Wird dieses solange nach und nach zugesetzt, bis ein 
blaues Lackmuspapier keine saure Reaktion mehr anzeigt, so 
wird man beobachten, dass von den verschiedenen Alkalien 



— 3l8 — 

oder Karbonaten ganz voneinander abweichende Mengen hierzu 
erforderlich sind. Um eine Gewichtsmenge 49 von Schwefel- 
säure zu neutralisieren, sind folgende Gewichtsmengen der 
diversen Substanzen erforderlich: 

Aetzkali Aetznatron Kohlensaures Kali (Pottasche) 
56 40 69 

"Wasserfreies, kohlens. Natron Ammoniak (Gas) Aetzlithium 
53 17 34 

Diese Gewichtsmengen: 56, 40, 69, 53, 17, 24 der 
diversen Alkalien und kohlensauren Alkalien sind die äqui- 
valenten Gewichtsmengen bei sämtlichen chemischen Reak- 
tionen. In diesem Verhältnis müssen die Mengen dieser Sub- 
stanzen zueinander stehen, wenn man bei der Entwicklung 
(bei sonst gleichen Umständen) die Energiegrösse eines be- 
stimmten Entwicklers in Gegenwart der verschiedenen Alkalien 
und kohlensauren Alkalien miteinander vergleichen will. 

Auch wenn in einer bestimmten Entwicklerforrael , um 
die reduzierende Kraft desselben zu vergrössern oder zu 
schwächen, ein Alkali durch ein anderes substituiert werden 
soll, muss man diesen Aequivalent Verhältnissen Rechnung 
tragen und darf die Substitution in keinem Falle willkürlich 
vorgenommen werden. Würde man bei der Substitution gleiche 
Gewichts mengen nehmen, so könnte es vorkommen, dass selbst 
bei Verwendung eines energischen Alkalis die Energie der 
Entwicklerlösung geschwächt werden würde. Wenn jedoch an 
Stelle eines kohlensauren Alkalis ein Aetzalkali treten soll, 
so muss die Menge dieses letzteren eine viel geringere sein, 
damit die Energie der Lösung die gleiche bleibt. 

Aetzkali und Kaliumkarbonat (Pottasche). Man 
bezeichnet mit dem Namen Aetzkali das Oxydhydrat des 
Kaliums, welches die Formel KOH besitzt. Man kann diese 
Substanz als einen Abkömmling einer Verbindung von Kalium- 
oxyd (Ä'j 0} mit einem Molekül Wasser betrachten: 
K 2 O + H 2 O = 2 KOH 

Das Aetzkali ist die energischste aller Basen und liefert 
daher die energischsten Entwicklerbäder. Es bildet Stücke, 
ist in Wasser äusserst leicht löslich (100 Teile Wasser lösen 
200 Teile Aetzkali auf) und wirkt stark ätzend auf die Haut. 
Infolge seiner Begierde, Wasser anzuziehen, muss es, da es 
sehr schnell die Luftfeuchtigkeit anzieht und flüssig wird, in 
vollkommen verschlossenen Behältern aufbewahrt werden. Mit 



— 219 — 

dem Wasserdampf nimmt es auch die Kohlensaure der Luft 
auf und verwandelt sich somit, teilweise unter Energieverlust, 
in Karbonat. Daher ist es notwendig, die Gefässe zum Auf- 
bewahren desselben hermetisch zu verschliessen. 

Das Kaliumkarbonat oder Pottasche hat die chemische 
Formel A", CO t und stellt ein weisses, ebenfalls sehr leicht in 
Wasser lösliches Pulver vor (100 Teile Wasser vermögen bei 
gewöhnlicher Temperatur ungefähr 90 Teile Pottasche zu lösen), 
welches ebenfalls an der Luft zerfUesst. Den Entwicklerbädern 
zugesetzt, verleiht es denselben grosse Energie, welche jedoch 
geringer ist als die durch Aetzkali erzielte. 

Die Pottasche wird fabrikmassig entweder aus Pflanzen- 
(Holz-)Asche, oder — und dies ist für sämtliche Kalisalze die 
reichhaltigste Quelle — aus gewissen natürlichen Salzablage- 
rungen der Gewässer gewonnen. Die in diesen Ablagerungen 
enthaltenen Kalisalze (vorwiegend Sulfat und Chlorid) werden 
durch geeignete Behandlung in Karbonat verwandelt. 

Das zur Hers tellung von Entwicklerbädern bestimmte kohlen- 
saure Kali muss rein sein. In destilliertem Wasser muss es 
sich vollkommen auflösen; die mit reiner Salzsäure angesäuerte 
und mit einigen Tropfen Baryumchloridlösung versetzte Pott- 
aschelösung darf keinen Niederschlag geben (Abwesenheit von 
Sulfat). Die mit reiner Salpetersäure angesäuerte und mit 
einigen Tropfen Silbemitratlösung versetzte Pottaschelösung 
darf keine Trübung geben (Abwesenheit von Chlorid). Es 
konnte bei gewissen Kaliumkarbonaten des Handels (und 
auch, jedoch seltener, bei Soda) festgestellt werden, dass die 
damit angesetzten Entwicklerbäder, besonders bei Verwendung 
gewisser Entwicklungssubstanzen, wie Hydrochinon und Glycin, 
Überhaupt unwirksam waren. 

Es konnte nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden, 
welche Unreinheiten der kohlensauren Alkalien diese grossen 
Unannehmlichkeiten hervorgerufen haben. Vielleicht haben 
kleine Mengen von Schwefelalkahcn diese Wirkung hervor- 
gerufen. Auf jeden Fall ist es gut, bei gewissen Produkten 
des Handels vorsichtig zu sein. Es sei hier nur bemerkt, 
dass das Aetzkali fabrikmässig hergestellt wird, indem man 
eine verdünnte Pottaschelösung mit Kalk zum Kochen bringt 
und dann filtriert und abdampft. Das Kaliumkarbonat wird 
an Stelle der Soda in Entwicklungsbädern benutzt, um kon- 
zentrierte, beim Gebrauch zu verdünnende Lösungen her- 
zustellen, weil die viel grössere Löslichkeit der Pottasche 



gegenüber der Soda viel konzentriertere Lösungen derselben 
herzustellen gestattet. 

Aetznatron und Natriumkarbonat (Soda). Aetz- 
natron und Soda sind in ihrer chemischen Zusammensetzung 
dem Aetzkali und der Pottasche vollkommen ähnlich; auch 
ihr chemisches Verhalten ist analog, allerdings ist, wie wir 
bereits erwähnten, ihre chemische Wirkung eine viel geringere. 

Das Aetznatron oder das Natriumoxydhydrat hat die 
Forme) Na OH; es bildet Stücke, welche stark ätzend auf die 
Haut wirken. Es ist in Wasser weniger löslich als Aetzkali, 
d. h. ioo Teile Wasser lösen 60 Teile Aetznatron auf. Auch 
dieser Körper zerfliesst an der Luft sehr leicht und zieht die 
Kohlensaure aus der Luft an, indem er sich teilweise in 
Natriumkarbonat verwandelt; er muss daher in gut ver- 
schlossenen Gläsern aufbewahrt werden. 

Das Natriumkarbonat hat die Formel Na 2 CO s und kommt 
im Handel in Kristallform (grosse und kleine) und in trockenem 
Pulver vor. Die kristallisierte Soda enthält 10 Moleküle 
Kristall wasser, d. h. sie hat die chemische Formel 

Na 2 C0 3 + ioH t O; 
in je 286 Teilen des kristallisierten Salzes sind 106 Teile 
eigentliches kohlensaures Natron enthalten. 

Für die Herstellung von Entwicklerlösungen verwendet 
man im allgemeinen kristallisierte Soda; es wäre jedoch 
empfehlenswert, schon aus dem Grunde die wasserfreie Soda 
zu gebrauchen, weil diese unter gleichen Gewichts Verhältnissen 
2'/ä mal mehr wirksame Substanz enthalt. 100 Teile kristalli- 
sierte Soda entsprechen 36 Teilen wasserfreier Soda. Dieses 
Verhältnis muss also bei Verwendung der beiden Karbonate 
hei Herstellung der Entwicklerbäder stets berücksichtigt werden. 

Die kristallisierte Soda löst sich bei 15 Grad in Wasser 
im Verhältnis von 21 : 100. Das zu Entwicklerlösungen ver- 
wendete Natriumkarbonat muss rein sein; auch muss es, wie 
die Pottasche, in Wasser vollkommen löslich sein und weder 
Sulfat noch Chlorid noch Spuren von Schwefel enthalten. Es 
sei hier bemerkt, dass das unter dem Namen Soda Solway 
im Handel befindliche, wasserfreie Natriumkarbonat für die 
Herstellung jeder Entwicklerlösung genügend rein ist. 

Wir bedienen uns im allgemeinen dieses Produktes, 
da es in der Industrie sehr verbreitet und sehr billig ist 
(15 bis 20 Pfg. das Kilogramm), und haben wir niemals 
Misserfolge damit gehabt. Wir empfehlen daher seinen 



Gebrauch angelegentlichst, da mit demselben eine bedeutende 
Ersparnis verbunden ist, indem das reine, kristallisierte Natrium- 
karbonat bei seinem dreifachen Preise in doppelter Menge 
verwandt werden muss. 

Ammoniak und Ammoniumkarbonat. Diese haben 
heutzutage fast gar keine Bedeutung für die Herstellung von 
Entwicklerlösungen. In vereinzelten Fällen wird das Ammo- 
niak noch zur Herstellung von Pyrogallusentwi ekler gebraucht; 
wir konnten jedoch bei der Anwendung von Ammoniak an 
Stelle von Soda oder Pottasche keinen Vorteil konstatieren. 
Das Ammoniak hat ausserdem den Nachteil, den Arbeitenden 
durch seinen stechenden Geruch zu belästigen, und infolge der 
grossen Flüchtigkeit verliert das Entwicklungsbad in den 
Schalen während des Entwickeins sehr schnell an Ammoniak. 
Mit vielen Entwicklern gibt das Ammoniak zu Gelbschleier 
Anlass. Da ausserdem die Konzentration des im Handel be- 
findlichen Ammoniaks sehr verschieden ist, so muss man stets 
das zu verwendende Quantum nach der Konzentration des 
Ammoniaks selbst richten, wenn man die gleiche Zusammen- 
setzung der Entwicklerlösung beibehalten will. Um den wirk- 
lichen Ammoniakgehalt des im Handel vorkommenden Ammo- 
niaks zu bestimmen, muss man mit Hilfe eines Aereometers 
die Dichtigkeit messen. Aus dieser Messung ergibt sich dann 
auf Grund der nachstehenden Tabelle der Ammoniakgehalt in 
Prozent H s N, d.h. das in ioo Gewichtsteilen der Lösung 
enthaltene Ammoniakgewicht: 

Dichtigkeit 0,959 o.955 °>952 

Prozent H ä N 10 11 12 

Dichtigkeit 0,938 °j934 OI93 1 

Prozent H t N 16 17 18 19 20 21 

Dichtigkeit 0,919 0,916 0,913 0,910 
Prozent // 3 N 22 23 24 25 

Das reine Ammoniak ist farblos und hinterlässt bei der 
Verdunstung keinen Rückstand. 

Das Ammoniak, welches, wie bereits erwähnt, gasförmig 
ist, hat die Formel H t N; es ist somit eine Wasserstoff- Stick- 
stoffverbindung. In der wässerigen Lösung ist es, wie im 
allgemeinen angenommen wird, mit einem Molekül Wasser 
verbunden und stellt das Ammoniak oder den Salmiakgeist des 
Handels \ 



0,948 
'3 


0,944 


0,941 
15 


0,928 


0,925 


0,922 



Betrachtet man ff t N als einen einzigen Kern, so ersieht 
man, dass die chemische Zusammensetzung des Ammoniaks 
analog ist mit der des Aetzkalis und des Aetznatrons (KOM 
und Na OH) ; an Stelle der Metalle, Kalium (AT) und Natrium {Na) 
tritt die Gruppe H t N, welche von einer zu der anderen Ver- 
bindung unverändert übergeht. Aus diesem Grunde kann 
sich das Ammoniak ähnlich wie das Aetzkali und Aetznatron 
verhalten und in Verbindung mit den Säuren eine Reihe von 
Salzen von höchstem praktischen Werte liefern, von denen 
viele auch in der Photographie Anwendung finden. Sämtliche 
Ammonium salze kennzeichnen sich durch die Eigenschaft, 
dass beim Erwärmen ihrer Losungen mit einer kleinen Menge 
von Aetznatron, Aetzkali oder Kalk Ammoniak frei wird. 
Wir haben uns mit diesem Körper eingehender befassen 
zu müssen geglaubt, weil, wenn derselbe auch für die Her- 
stellung von Entwicklerlösungen eine sehr geringe Bedeutung 
hat, doch für die verschiedenen zahlreichen Zwecke, zu denen 
derselbe in der Photographie gebraucht wird, sehr wichtig ist. 

Das Ammoniumkarbonat ist für die Entwicklung noch 
weniger wichtig als das Ammoniak. Hie und da wurde es 
für die Herstellung besonders von Pyrogallussäure-Entwicklern 
empfohlen, wir glauben jedoch nicht, dass es auch tatsächlich 
Verwendung gefunden hat. Es ist eine weisse, nach Ammo- 
niak riechende Masse. Auch in festem Zustande ist es flüchtig 
und daher riecht es. Das Ammoniumkarbonat ist eine Ver- 
bindung von Ammoniak mit Kohlensäure und entspricht der 
Formel (H t N) 2 CO s . Diese Substanz kommt jedoch nur in 
Lösung rein vor. 

Das im Handel vorkommende Ammoniumkarbonat ist in 
Wirklichkeit Ammonium -Sesquikarbonat und entspricht der 
Formel A7/4 //CO g + (AV/ 4 ) 2 C0 3 ; es ist daher eine Verbin- 
dung von eigentlichem Ammoniumkarbonat mit saurem Amnio- 
niumkarbonat. Das Sesquikarbonat verwandelt sich unter Frei- 
werden von Ammoniak ganz in saures Ammoniumkarbonat 
NH^HCO^, wenn es nicht in hermetisch schliessenden Gefflssen 
aufbewahrt wird. Auch das Ammoniumkarbonat wird ziemlich 
häufig zu photographischen Zwecken verwendet; da es weniger 
alkalisch wirkt als Ammoniak, so wird es an Stelle des letzteren 
gebraucht, wenn es darauf ankommt den alkalischen Charakter 
oder die Energie zu massigen. 

Aetzlithium. In vielen Fällen wird für die Herstellung 
von Entwicklerlösungen das Aetzlithium oder Lithiumoxyd 



— 233 — 

empfohlen. Es ist ein weisses, in Wasser schwer lösliches 
Pulver von der Formel L>\ O. Die in Wasser losliche Menge 
genügt, um den Entwicklerlösungen eine zu ihrer Wirkung 
notwendige alkalische Eigenschaft zu verleihen. Es steht 
jedoch ausser Frage, dass die mit dem Aetzlithium erreichbare 
Energie der Lösungen durch die geringe Löslichkeit desselben 
beschrankt wird; ausserdem sind die mit Lithium herstellbaren 
Verbindungen viel weniger energisch als das Aetzkali oder 
Aetznatron. Dieses Alkali ist daher nicht für alle Entwickler 
geeignet, sondern nur für diejenigen, welche schon an und 
für sich grössere reduzierende Kraft besitzen und infolgedessen 
kein so energisches Alkali und keine grösseren Mengen davon 
benöügen, um ein latentes Bild hervorzurufen. Aus diesem 
Grunde wird Lithiumoxyd speziell für das Paramidophenol 
empfohlen, auch könnte es für das Metol verwendet werden, 
für das Hydrochinon dagegen scheint es nicht gut geeignet. 
Unseres Erachtens steht jedoch der problematische Vorteil des 
Lithiumoxydes gegenüber den anderen Alkalien in keinem 
Vergleiche zu dessen bedeutend höherem Preise. Sämtliche 
Vorteile dieser Substanz bestehen darin, dass sie auf die 
Gelatine und auf die Haut weniger ätzend wirkt, und — wie 
manche behaupten — eine angenehme Farbe des Silbernieder- 
schlages erzeugt. Das nur in minimalem Verhältnis in Wasser 
lösliche Lithiumkarbonat, kann zu photographischen Zwecken 
nicht dienen. 

Magnesiumoxyd. Gehen wir nun zu den von uns 
zuerst studierten neutralen Entwicklerlösungen über. Wir 
bemerkten, dass die Entwicklung des Bildes mit einer, aus- 
dem Entwickler und Sulfit bestehenden, Magnesiumoxyd in 
Suspension enthaltenden Lösung, wenn auch langsamer, so- 
doch gleich gut vor sich gehen kann. 

Das Magnesiumoxyd (MgO) ist ein in Wasser unlösliches 
weisses Pulver und kann infolgedessen der Lösung keine 
alkalischen Eigenschaften verleihen; aber da es sich mit 
Alkalien leicht verbindet, so bleiben die Entwicklerlösungen 
während der ganzen Entwicklungsdauer neutral. Es ist be- 
kannt, dass bei der Entwicklung aus dem, aus Bromsilber 
frei werdenden, mit dem Wasserstoff des Wassers oder wahr- 
scheinlicher, mit dem Wasserstoffe des Entwicklers sich ver- 
bindenden Brom Bromwassersto ff saure entsteht. Wenn die 
Entwicklerlösung kein Alkali enthält, so wirkt diese Brom- 
u'asserstoffsäure sofort auf das Natriumsulfit, wobei schweflige 



Säure in Freiheit gesetzt wird, welche der Lösung saure 
Reaktion verleiht 

zHBr + Na-SOg^zNaBr + HzSOs. 

Brom wisse r- Nilrlumsulfit Natrium- schweflige 

„tofflture bnunid Sttnre 

Sobald nun eine Entwicklerlösung sauer zu werden anfängt, 
vermindert sich ihre Energie bedeutend. Aus diesem Grunde 
kann eine aus Entwicklersubstanz und Sulfit bestehende Lösung 
nur eine oberflächliche Reduktion hervorrufen, niemals aber 
ein genügend kräftiges Bild erzeugen. Nur mit einigen wenigen 
Entwicklersubstanzen kann das Sulfit allein gebraucht werden, 
wie z. B. mit dem Diamidophenol ; die Wirkung wurde aber 
auch hier bei Gegenwart von Magnesiumoxyd viel konstanter 
sein, da die nach und nach entstehende Säure von dem gegen- 
wärtigen Magnesiumoxyd neutralisiert werden würde. 
MgO 4- H. SO, = Mg SO. + //, 0. 

Magiic-siumsurfit 

Auf diese Weise ist das Verhalten des Entwicklers 
während der ganzen Entwicklungsdauer ein konstantes. Die 
Lösung besitzt nur den ganz schwachen, vom Sulfit her- 
rührenden alkalischen Charakter und dieser bleibt konstant. 
Das Magnesiumoxyd verbindet sich ausserdem bei Verwendung 
von Entwicklersubstanzen mit sauren, nicht vollkommen ge- 
sättigten Radikalen, wie es bei dem Eikonogen der Fall ist, 
mit diesem sauren Radikale und kann somit die als Entwickler 
wirkende Gruppe besser 2ur Geltung kommen. 

Die Entwicklerlösungen mit Magnesiumoxyd oxydieren 
sehr langsam an der Luft und sind infolgedessen, wenn man 
langsame Entwicklung wünscht, in manchen Fällen sehr wert- 
voll, da sie konstant sind und die Gelatine absolut nicht an- 
greifen. Nicht alle Entwickler eignen sich jedoch dazu. Die 
Pyrogallussäure , das Eikonogen und das Metol können zu 
diesem Zwecke verwendet werden; am geeignetsten scheint 
das Metol zu nein. 

Das Hydrochinon entwickelt unter diesen Umständen 
nicht. Die Lösung muss das Doppelte der üblichen Entwickler- 
substanz, die gewöhnliche Quantität Sulfit und 10 bis 15 g, vor- 
her in wenig Wasser aufgeweichtes Magnesiumoxyd enthalten. 
Nach Gebrauch wird die Lösung in die Flasche zurückgegossen 
und kann zum wiederholten Gebrauch verwendet werden. 

Dreibasisches Phosphat. Schon 1897 brachten die 
Herren Lumiere und Seyewetz in Vorschlag, bei der Ent- 
wicklung der Brom silbergelatine platten die Aetzalkalien und 



— 225 — 

die Alkalikarbonate durch andere genagend alkalisch wirkende 
Salze, und zwar hauptsachlich durch das dreibasische Natrium- 
phosphat zu ersetzen. Die Phosphorsäure (H s P0 4 ) ist eine 
dreibasische Säure, d. h. es können die in ihr enthaltenen 
drei Wasserstoffatome durch drei Atome eines einwertigen 
Metalles, wie das Natrium, ersetzen werden. Da sie drei 
saure Wasserstoffatome enthält, so kann sie drei Arten von 
Salzen erzeugen. Die einbasischen Phosphate haben nur ein 
durch Metall ersetzbares Wassers toffatom. Diese Salze haben 
stark saure Reaktion. Wenn zwei Wasserstoffatome durch ein 
Metall ersetzt sind, so erhält man die zweibasischen, schwach 
alkalisch reagierenden Salze. 

Zu dieser Kategorie gehört das Natriumphosphat des 
Handels (Na t HPO t ), welches in der Photographie, besonders 
in der Tonung Verwendung findet. Wenn alle drei Wasser- 
stoffatome durch Metall ersetzt werden, so erhält man die 
dreibasischen, stark alkalisch reagierenden Salze. Das drei- 
basische Natriumphosphat hat die Formel Na t PO A und entsteht 
bei Behandlung des gewöhnlichen, phosphorsauren Natrons 
(zweibasisches) mit Aetznatron und Soda und Kristallisieren- 
lassen. Es wirkt stark alkalisch und gibt, besonders mit 
Hydrochinon und mit Metol, vorzügliche Entwicklerlösungen, 
welche im Gegensatz zu den mit Aetzkali oder Aetznatron 
hergestellten, weder die Haut, noch die Gelatine angreifen. 
Man könnte noch andere, alkalisch wirkende Salze verwenden, 
wie die arsensauren, die borsauren, die weinsauren u. a., sie 
sind jedoch weniger geeignet. 

Fassen wir nun kurz zusammen, so ergibt sich, dass das 
Sulfit den Zweck hat, die Entwicklerlösungen zu konservieren 
und gleichzeitig die reduzierende Wirkung des Entwicklers zu 
erhöhen. Das Alkali hat dagegen die Aufgabe, den orga- 
nischen Entwicklerlösungen genügende Reduktions kraft zu ver- 
leihen, damit das Bromsilber zersetzt werden kann. 

Die erforderliche alkalische Beschaffenheit der Lösung 
richtet sich nach der chemischen Konstitution des ver- 
wendeten Entwicklungsmittels ; für einige Entwickler, wie z. B. 
das Diamidophenol , dessen Molekül (wie wir im folgenden 
sehen werden) zwei NH 2 - Gruppen besitzt, welche schon an 
sich basische Eigenschaften besitzen, genügt der schwache 
Charakter des Natriumsulfites ohne Alkali oder alkalische 
Salze. Man kann in diesem Falle annehmen, dass die 
während der Entwicklung frei werdende schweflige Säure, wie 

Ximia 3, Handbuch der phe-togr. Chemie. 15 



226 

vorher erwähnt, durch die basischen Radikale des Entwicklers 
neutralisiert wird. 

Um bei Verwendung von Aetzalkali Ober die mit den 
verschiedenen Entwicklern zu verwendende Alkalimenge eine 
Norm zu bestimmen, muss man berücksichtigen, dass bei den 
Entwicklungsmitteln, welche 0//-Gruppen enthalten, die Neigung 
vorhanden ist, durch Substitution des Wasserstoffes durch 
Alkalimetalle, die unter der chemischen Bezeichnung Phenolate 
bekannten, stark alkalisch wirkenden Verbindungen zu bilden. 
Das Hydrochinon würde z. B. geben: 

CeH^OHh+aNaOH^CgHiiONa^+aHtO. 



Das Brenzkatechin , welches ebenfalls zwei O/f-Gruppen 
enthält, erfordert die gleiche Menge Aetznatron. Die Pyro- 
gallussäure hat drei OH- Gruppen und erfordert daher drei 
Moleküle Aetznatron Na OH. Das Paramidophenol , welches 
eine einzige OW-Gruppe besitzt, erfordert nur ein Molekül 
Na OH. Die für die verschiedenen Entwickler erforderlichen 
theoretischen Mengen Aetznatron und Aetzkali wären somit 
die folgenden: 

Auf je 10 Teile Aetznatron Aetzkali 

Paramidophenol 3,7 5,1 Teile, 

Hydrochinon und Brenzkatechin 7,3 11,6 „ 

Pyrogallussäure 9,5 13,2 „ 

Man muss aber dabei noch die in den Entwicklermole- 
külen vorkommenden sauren Radikale bei der Feststellung 
dieser Theorie berücksichtigen. Das Paramidophenol erfordert 
z. B. ungleiche Alkalimengen, je nachdem es als freie Base 
oder als salzsaure Verbindung verwendet wird. 

Bei Verwendung von Alkalikarbonaten an Stelle der Aetz- 
alkalicn geht die Substitution des Wasserstoffes durch Alkali- 
metall viel schwieriger vor sich, so dass es erforderlich ist, 
von Alkalikarbonat eine grössere Menge, als theoretisch not- 
wendig, zu nehmen; widrigenfalls ist die Energie der Lösungen 
keine genügende. Freiherr von Hübl hat bei seinen ein- 
gehenden Untersuchungen, um die geeignetste Vorschrift für 
den Glycincntwickler festzustellen, gefunden, dass das Ver- 
hältnis des Entwicklungslands und des Pottaschegewichtes 
1 : 5 ist. Von der chemischen Konstitution der verschiedenen 
Entwicklungsmittel ausgehend und unter Berücksichtigung der 
Phenolhydroxyle und der sauren Gruppen, gelangte er zu den 



— 227 — 

nachstehenden theoretischen Zahlen, welche die für die Praxis 
geeignetsten Verhältnisse der Pottaschemengen zu den be- 
treffenden Entwicklersub stanzen vorstellen: 

Metol und Paramidophenol . i : 3, 

Glycin 1 : 5, 

Hydrochinon 1 : 7, 

Pyrogallussäure 1 : 10. 

Benutzt man an Stelle der Pottasche wasserfreie Soda, 
so müsste die Alkalimenge theoretisch etwas kleiner genommen 
werden. Berücksichtigt man jedoch, dass die Soda nicht so 
energisch wirkt wie Pottasche, so kann das Verhältnis auch 
dasselbe bleiben. Unseres Erachtens darf man jedoch bei der 
Herstellung der Entwicklerlösungen den theoretischen Zahlen 
keine allzugrosse Wichtigkeit beimessen. Diese Zahlen haben 
nur als Ausgangspunkt für praktische Versuche einen Wert. 
Wir gehen nun zu den von den Herren Lumiere und 
Seyewetz studierten Ersatzmitteln der Alkalien über. Es 
sind dies keine alkalisch reagierenden Salze (wie das drei- 
basische Natriumphosphat), sondern grundverschiedene Sub- 
stanzen, wie die Ketone, die Aldehyde und die Amine. Die 
Aldehyde und die Ketone oder Acetone entsprechen im all- 
gemeinen folgenden Formeln: 

O O 

R-C({ || 

V/ R—C—R. 

Aldehyde Ketone 

Bei diesen Formeln stellt R einen Kohlenwasserstoff res t, 
z.B. CH a oder C t fJ s vor. Nach den Untersuchungen von 
Lumiere und Seyewetz können die Aldehyde und die 
Ketone bei einigen Entwicklern, besonders bei Hydrochinon 
und Pyrogallussäure, die Alkalien ziemlich gut ersetzen. 

Mit 100 cem eigentlichem Aceton (sehr flüchtige Flüssig- 
keit, die durch geeignetes Erhitzen von Calciumacetat [essig- 
saurem Kalk) hergestellt wird) pro Liter Pyrogallussäure-Ent- 
wickler kann man mit der gewöhnlichen Menge Nalriumsulfit 
ohne jeden Alkalizusatz einen energischen, detailreich arbeitenden 
Entwickler herstellen. Setzt man einer aus 15 g pro Liter 
Hydrochinon und 150 g wasserfreiem Natriumsulfit bestehenden 
Lösung 150 cem 40 prozentigen Formaldehyds zu, so erhält 
man einen sehr kontrastreich arbeitenden Entwickler, welcher 
von manchen für die Reproduktion von Strichzeichnungen 
empfohlen wird. 

15* 



— 228 — 

Man kann jedoch annehmen, dass die Verwendung der 
Ketone und der Aldehyde eher von theoretischem als von 
praktischem Interesse seien. Ihre Wirkung wird von einigen 
Autoren dahin erklärt, dass sowohl die Ketone als auch die 
Aldehyde grosse Neigung haben, Bisulfite zu bilden; in Gegen- 
wart von Natriumsulfit wurde infolgedessen eine Aldehvd- 
oder Aceton verbin düng mit Natriumbisulfit entstehen, während 
ein Teil des Natrons des Sulfites als Alkali im Kntwicklcr 
wirken würde. 

Zum bequemeren praktischen Gebrauche der Aceton- 
und Aldehydverbindungen sind spezielle Verbindungen und 
Mischungen in den Handel gebracht worden. Die Firma 
Friedr. Bayer in Elberfeld brachte z. B. das Acetonsulfit 
iNaHSO a C a H K 0) und die Firma Lumiere das Formosulfit, 
welches aus einer Mischung von Formaldehyd (CH t O) in 
festem Zustande (welches eine Polymerie des Formaldehyds 
ist undParaformaldehyd oder Triosymethylen(C 3 i/ 6 3 ) genannt 
wird) und Natriumsulfit besteht. Nach den Angaben der Herren 
Lumiere und Scyewetz enthält dieses Produkt: 

Wasserfreies Sulfit 100 g, 

Paraformaldehyd 3 „ 

Bromkalium 0,1 g. 

Das Acetonsulfit ist eine saure Verbindung, die stets mit 
Alkalizusatz oder kohlensauren Alkalien verwendet werden 
inuss. Wir können das Acetonsulfit, welches teurer ist als die 
gewöhnlichen Sulfite und Bisulfite und nur problematische 
Vorteile bietet, für die Herstellung von gewöhnlichen Ent- 
wicklerlösungen nicht empfehlen. Das Formosulfit dagegen 
ersetzt in einer Dosis von 80 bis 100 g pro Liter und bei 
jeder Entwicklersubstanz zugleich das Sulfit und das Alkali. 
Es ist daher bequem und hat dabei den Vorteil, bei 
grosser Wärme die Gelatineschicht zu härten, anstatt, wie die 
Alkalien, dieselbe anzugreifen. Eine bessere und allgemeinere 
Verwendung finden die anderen, von denselben Autoren 
studierten Ersatzmittel der Alkalien, und zwar die Amine. Diese 
sind Abkömmlinge des Ammoniaks, und zwar indem 1-, 2- 
oder 3- Wasserstoffatome durch Alkoholradikale ersetzt werden. 
So z. B. : 

NH^{CH 3 ), NHiCHak, N{CH S ) S . 

Methylamin DimcthyLumin TrimelhylEunio 

Von diesen eignet sich das Trimethylamin am besten. 

Die aromatischen Amine können im Gegensatz zu den fetten 



— 229 

Aminen die Alkalien nicht ersetzen. Das Trimethylamin gibt 
mit Hydrochinon, Pyrogallussäure und Paramidophenol vor- 
zügliche Entwicklerlösungen. 

Die Entwicklerlösung wird normal mit Sulfit hergestellt, 
indem man dann an Stelle des Alkalis, bei Hydrochinon 
100 ccm, bei Pyrogallussäure 60 ccm einer 33 prozentigen 
Trimethylaminlösung zusetzt. Bei dem Paramidophenol bietet 
da« Trimethylamin den Vorteil, dass die Entwicklersubstanz 
sich darin gut löst, was sonst nur bei den Aetzkalien der Fall 
ist, welche jedoch, wie bekannt, die Gelatine stark angreifen, 
während das Trimethylamin keinen schädlichen Einfluss auf 
dieselbe ausübt. 

Für je 10 g Paramidophenol werden bei der gewöhnlichen 
Sulfitmenge 150 ccm 33prozentiger Trimethylaminlösung ge- 
nommen. Nach Ansicht der Autoren wirkt das Trimethylamin 
in den Bädern energischer als die Alkalikarbonate. Der hohe 
Preis aber und der widerliche Geruch werden die Einführung 
der Amine in die Praxis verhindern. 



XXXIII. Kapitel. 

Die Pyrogallussäure. Aufbewahrung der 
Entwicklerbäder. 

Pyrogallussäure. — Chemische Konstitution und Darstellung. — 
Einfluss der Luft. — Wirkung auf die Gelatine. — Gelbe Färbung, 
welche sich der Gelatine mitteilt. — Aufbewahrung der Entwickler- 
bäder. — Fertige Bäder in einer einzigen Lösung. — Getrennte 
Lösungen. — Lösung des Entwicklers mit Citronen- oder Weinsäure. 
— Lösung des Entwicklers mit Bisulflt. — Eigenschaften der Bisulfite 
und Metabisulfite. — Nachteile derselben bei der Herstellung von 
Entwicklerbädern in einer Lösung. — Haltbarkeit der gebrauchs- 
fertigen Entwicklerlösungen. — Notwendigkeit, die Luft aus der 
Flasche zu entfernen. — Mittel dazu. — Substitution der Luft in der 
Flasche durch Acetylengas. — Substitution durch Kohlensäure. 

Der erste in der Praxis angewendete organische Ent- 
wickler war die Pyrogallussäure. Zuerst wurde dieselbe in 
dem Kollodiumprozess in essigsaurer Lösung verwandt; unter 
diesen Umständen ist deren Reduktionskraft und infolgedessen 
deren Oxydierbarkeit an der Luft relativ gering, da es sich 



-- 230 — 

in diesem Falle jedoch um das leicht reduzierbare Silbernitrat 
handelt (welches , wie wir an anderer Stelle erwähnten , bei 
dem nassen Kollodium das Silber des Bildes liefert), so be- 
nötigt man eben eine nicht zu energisch wirkende Entwickler- 
lösung. Bei der Einführung des Bromsilber -Gelatine Verfahrens» 
an Stelle des nassen Kollodium Verfahrens bedient man sich 
der Pyrogallussäure in alkalischer Lösung als Ersatz für den 
r" ise noxalate n t wickler. 

Als im Anfang die Bromsilber platten noch nicht den 
heutigen Empfindlichkeitsgrad besassen, konnte man bei Ver- 
wendung der alkalischen Pyrogallussäure-Lösung an Stelle 
des Ei senoxalatent Wicklers die Aufnahmezeit etwas verkürzen, 
infolge der weit grösseren Energie des genannten Entwicklers ; 
dies ist unbedingt ein Vorteil. Heute hat jedoch dieser Ent- 
wickler, nach der Entdeckung vieler anderer, welche wohl 
die Reduktionskraft der Pyrogallussäure, nicht aber deren 
Nachteil, die Gelatine gelb zu färben, besitzen, viel Terrain 
verloren, und findet nur noch in seltenen Fällen Anwendung. 

Die Pyrogallussäure, deren richtigere chemische Bezeichnung 
Pyrogallol oder Triphenol wäre, hat die Formel C 6 H s (OH) 5 ', 
die drei Hydroxyle nehmen in der Benzingruppe die Stellung 
1, 2, 3 ein (siehe XXIX. Kapitel). Sie kann daher als ein 
Abkömmling der Phenylsäure oder der Karbolsäure Q H & {OH) 
betrachtet werden, und in der Tat kann man sie vom Phenol 
synthetisch ableiten. Fabrikmäßig wird sie durch Erhitzen 
der in den Galläpfeln enthaltenen Gallussäure auf etwa 200 Grad 
gewonnen. Dadurch geht die Gallussäure in Pyrogallussäure 
Über, letztere verflüchtigt sich in Form von Dämpfen und 
wird in einem zweiten kalten Behälter zu feinen Kristallen 
kondensiert. 

Durch eine zweite Sublimation erhält man ein reineres 
Produkt. Die Pyrogallussäure bildet äusserst kleine, in Wasser 
ungemein leicht lösliche Kristalle. In festem Zustande ver- 
ändert sich die Pyrogallussäure in gut verschlossenen Gelassen 
nicht; sie verändert sich dagegen, indem sie mehr oder 
weniger braun wird, wenn sie kurze Zeit der Luft, besonders 
feuchter Luft ausgesetzt wird. Die wässerige Lösung ist farb- 
los und färbt sich mit der Zeit zuerst gelb, dann braun. Bei 
Gegenwart einer organischen oder unorganischen Säure (Essig-, 
Citronen-, Phosphorsäure u. s. w.) hält sie sich viel länger 
auch in Berührung mit der Luft. In alkalischen Lösungen 
färbt sie sich dagegen an der Luft sehr rasch und stark 



— 23i — 

braun. In diesem Falle wird der Lufteinfluss durch Sulfit 
vermindert. 

Die Wirkung der Luft bewirkt auf jeden Fall eine Oxy- 
dation, welche zur Färbung Veranlassung gibt. Unter den 
dabei entstehenden Substanzen scheint ein rotes Oxydations- 
produkt von der Formel C i() U 16 9 , Purpurogallin genannt, 
zu entstehen. Die Pyrogallussäure macht die Gelatine der 
empfindlichen Schicht unlöslich, was bei den anderen Ent- 
wicklern nur in geringem Grade der Fall ist. Sie gerbt, wie 
man sieht, Gelatine in ähnlicher Weise wie die Gerbsäure die 
Felle gerbt. Aus diesem Grunde sind die mit Pyrogallussäure 
entwickelten Negative viel widerstandsfähiger, sowohl gegen 
die alkalischen als auch gegen die warmen Losungen, so dass 
der Gebrauch von Pyrogallussäure im Hochsommer und in 
den Tropen sehr empfehlenswert ist, da man sich dabei eine 
gesonderte Behandlung zum Härten der Schicht ersparen kann. 
(Zum Härten der Schicht kann man sich einer zehnprozentigen 
Formaldehydlösung vor oder nach der Entwicklung mit grossem 
Vorteil bedienen.) 

Wir erwähnten bereits, dass der grösste Nachteil der 
Pyrogallussäure in der Gelbfärbung der Gelatine besteht, welche 
eine Verzögerung des positiven Kopierverfahrens mit sich 
bringt. Höchstwahrscheinlich verbindet sich die Gelatine 
chemisch mit den Oxydationsprodukten der Pyrogallussäure, 
da nicht allein die Pyrogallussäure, sondern auch deren Oxy- 
dationsprodukte die Gelatine unlöslich machen, was nur einer 
Verbindung zugeschrieben werden kann. Das Unlöslich werden 
der Gelatine genügt ja an und für sich allein, um die Gelb- 
färbung zu erklären, da ja die unlöslich gewordene Gelatine 
die bei der Oxydation des Entwicklers entstehenden Farbstoffe 
einschliesst und festhält. 

Durch Sulfitzusatz wird die oxydierende Wirkung der 
Luft bedeutend verzögert, und geht somit auch die Färbung 
langsamer vor sich, was andernfalls schnell in intensiver 
Weise geschehen würde. Was die Aufbewahrung der Pyro- 
entwickler anbelangt, wollen wir hier im allgemeinen angeben, 
was auf die Konservierung der sonstigen alkalischen Entwickler 
im allgemeinen Bezug hat. 

Die mit Natriumsulfit und Alkalikarbonaten mit gekochtem 
Wasser hergestellte Pyrogallussäure -Lösung kann sich bei 
Verwendung von reinen Produkten, und in gut verschlossenen 
und ganz gefüllten Gefässen aufbewahrt, lange unverändert 



— 23 2 — 

und [arblos halten. Die Haltbarkeit der Entwickler! ösu ngen, 
speziell wenn es sich um energisch wirkende Entwickler 
handelt, ist jedoch keine unbegrenzte; die energischen Ent- 
wickler in alkalischer Lösung oxydieren sich mitunter sogar 
auf Kosten des Sauerstoffes des Wassers. Auf jeden Fall 
muss man bei der Aufbewahrung der Ent wickle rlösun gen die 
grösste Sorgfalt verwenden, indem man den Rest einer an- 
gebrochenen Flasche sofort in eine kleinere, die denselben 
genau aufnehmen kann, giesst; denn würde man den Entwickler 
in der nicht gefüllten Flasche in Berührung mit der in dem 
leeren Räume sich befindenden Luft lassen, so würde derselbe 
in nicht allzu langer Zeit durch Oxydation verderben. 

Um die lästige jedesmalige Herstellung der Lösung zu 
vermeiden, kann man sich mit Vorteil zwei getrennter Lösungen 
bedienen, die man erst beim Gebrauche fertig mischt. Die 
beiden Lösungen werden in der Weise zusammengesetzt, dass 
sie sich auch in nicht ganz gefüllten Gefässen längere Zeit 
gut halten. Man wird daher die eine Lösung aus Sulfit oder 
Bisulf it mit dem Entwicklungsmittel, die andere aus dem 
Alkali oder Aetzalkali und eventuell Bromkalium herstellen. 
Allerdings erreicht man auch in diesem Falle nur teilweise 
den Zweck, da die Haltbarkeit der Sulfit- und Bisulfitlösungen 
selbst, wie im XXXI. Kapitel erwähnt, in halbgefüllten Flaschen 
eine unvollkommene ist. Es gibt daher kein Mittel, um eine 
unbegrenzte Haltbarkeit der Entwicklerlösungen in halbgefüllten 
Flaschen zu erreichen. Tatsächlich aber ist es besser, eines- 
teils das Entwicklungsmittel mit Bisulfit, anderseits das Alkali 
(vorzugsweise Karbonat) in Lösung getrennt vorrätig zu halten. 

Mischt man im Augenblick des Gebrauches die Lösung 
des Entwicklungsmittels und Bisulfits, sowie die Alkalilösung 
zusammen, so verwandelt sich das Bisulfit in Sulfit, und der 
Entwickler verhalt sich, als wenn er aus Sulfit und Alkali 
hergestellt wäre. Die Lösung des Entwieklungsmittels mit 
Bisulfit ist haltbarer als mit Sulfit, da ersteres dein Bade einen 
sauren, letzteres dagegen einen schwach alkalischen Charakter 
verleiht. Man darf jedoch nicht glauben, dass, wie in manchen 
photographischen Rezeptbüchern angegeben, das Entwicklungs- 
mittel mit Bisulfit unbegrenzt haltbar sei. Das Bisulfit ver- 
wandelt sich in relativ kurzer Zeit in Sulfit, indem der Ueber- 
schuss an schwefliger Säure entweicht und gleichzeitig zum 
Teil oxydiert. Nach kürzerer oder längerer Zeit enthält dii 
Losung des Entwicklungsmittels und Bisulfites keine über- 



— 233 — 

schüssige schweflige Säure mehr, sondern nur noch Sulfit 
und Alkalisulfat, welch letzteres bei der Entwicklung nach- 
teilig wirkt. 

Von den Bisulfiten wird zu photographischen Zwecken 
nur das im XXXI. Kapitel besprochene Kaliummetabisulfit 
(A'jSj Öj) verwendet, da dieses in Kristallen rein zu haben ist. 
Gewisse Entwicklungsmittel, wie die Pyrogallussäurc und das 
Hydrochinon, halten sich vorzüglich in alkoholischer Lösung; 
zum Gebrauche mischt man diese alkoholische Lösung des 
Entwicklungs mittels mit der gemischten Lösung von Sulfit 
und Alkali und hat dann sofort den Entwickler gebrauchs- 
fertig. Die Gegenwart von Alkohol im Entwickler ist eher 
nützlich als schädlich. 

Man beachte noch, dass die getrennten Lösungen nicht 
allein wegen der besseren Haltbarkeit des Entwicklungsmittels, 
sondern auch aus dem Grunde empfehlenswert erscheinen, 
weil man bei dem Gebrauche die Menge des Alkalis nach 
der gewünschten Energie des Entwicklers, d. h. je nach Be- 
lichtungszeit und Beschaffenheit der empfindlichen Schicht 
verandern kann. 

Wenn jedoch, wie erwähnt, die Haltbarkeit der gebrauchs- 
fertigen Lösungen weder sicher, noch leicht erreichbar ist, so 
bleibt dieselbe unter Anwendung gewisser Vorsichtsmassregeln 
doch für verhältnismässig lange Zeit bestehen. Nicht alle 
Entwicklungsmittel eignen sich jedoch dazu; einige (wie das 
Diamidophenol), sei es, dass sie sich auf Kosten des Sauer- 
stoffes des Wassers oxydieren, oder in Lösung anderen Ver- 
änderungen unterworfen sind, können sich in der Tat, 
auch ganz vom Luftzutritte geschützt, nur relativ für eine 
kurze Zeit halten. Andere, wie besonders das Hydrochinon, 
das Glycin und das Metol, halten sich dagegen, wenn sie vor 
Luftzutritt geschützt sind, in gebrauchsfertiger Lösung ziemlich 
lange. Die Haltbarkeit der gebrauchsfertigen Lösung kann 
also doch, bei Verwendung von ganz gefüllten, hermetisch 
verschlossenen Flaschen erreicht werden; wenn man aber 
einen Teil dieser Lösung benutzen muss, so verändert sich 
in den halbgefüllten Flaschen der Rest ziemlich schnell. Alle 
diese Kon ser vi erungsmass regeln beschränken sich daher darauf, 
die Luft von der Berührung mit den Entwicklern fern zu 
halten. Da nun das Umfüllen der Bäder in kleinere Flaschen 
höchst unbequem ist, so füllt man den frei gewordenen Raum 
entweder mit Glaskügelchen oder Steinchen, oder ersetzt die 



— 234 — 

Luft durch irgend ein indifferentes Gas (Kohlensaure oder 
Stickstoff) oder durch ein reduzierendes Gas. 

Eine einfache Methode besteht darin, dass man in die 
EntwicklerflQssigkeit ein Stückchen Calciumkarbid bringt und 
das Acctylengas entwickeln lässt, bis annähernd die Luft aus 
der Flasche entfernt ist; man korkt dann die Flasche zu. 
Etwas von dem Acctylengas löst sich in dem Entwickler auf, 
wodurch das Entwickeln erleichtert wird, da Acetylengas redu- 
zierend wirkt. Das direkte Einführen des Calciumkarbides 
ist jedoch nicht empfehlenswert, weil durch Reaktion mit dem 
Wasser neben dem Acetylen auch Kalk (Ca[OH] t ) entsteht, 
und dieser mit dem gegenwärtigen Alkalisulfat (etwas Sulfat 
ist in dem Sulfit stets enthalten) Aetzkali bildet, welches, aus 
den im betreffenden Kapitel angegebenen Gründen, unter 
Umständen unzweckmässig ist und ausserdem das Bad ge- 
trübt wird. 

Die von uns für die Aufbewahrung der durch Luftein- 
wirkung leicht veränderlichen, in der analytischen Chemie 
verwendeten titrierten Lösungen angegebene Methode („Gazetta 
Chimica Italiana", Bd. 21, Hefts) könnte auch für die Auf- 
bewahrung der Entwickierlösungen vorzüglich dienen. Die 
aus der Flasche entnommene Flüssigkeit wird hier durch 
Kohlensäure ersetzt, welche durch Einwirkung von Salzsäure 
auf Marmorstückchen erhalten wird. 

An Stelle von Marmor und Salzsäure könnte man viel 
zweckentsprechender Calciumkarbid und Wasser, d. h. Acetylen- 
gas an Stelle von Kohlensäure verwenden. Vor kurzem haben 
wir auf eine einfache Methode für die Aufbewahrung von 
Natriumsulfit in fester Form hingewiesen, welche auch für die 
Entwicklerlösungen, und überhaupt für die an der Luft sich 
verändernden Flüssigkeiten und festen Körper angewandt 
werden könnte. Nachdem man aus der Flasche die nötige 
Menge des Inhaltes entnommen hat, lässt man mittels eines 
Schlauches Leucht- oder Acetylengas hineinströmen, wodurch 
die Luft verdrängt wird; darauf schliesst man das Gefäss gut. 



~ »35 — 
XXXIV. Kapitel. 

Das Hydrochinon und das Brenzkatechiru 

Chemische Konstitution des Hydrochinons. — Herstellungs- 
verfahren. — Herstellung der Teerderivate. — Eigenschaften des- 
Hydrochinons. — Oxydationsprodukte desselben. — Wirkung des 
Sulfites in den Hydrocninonentwicklem. — Nachteilige Wirkung eines 
"l starken Sulfitüberschusses. — Eigenschaften der i\"' " ' ' ' 

itwtcklten Bilder. — Bre ' 
über dem Hydrochinon. - 
katechins. — * Verschiede« 
Kraft des Brenz katechins. — Das Hydramin, dessen H erstell vi ngs weise- 
und photographische Eigenschaften. 

Das Hydrochinon war nach der Pyrogallussäure die erste 
organische Substanz, in welcher man die Eigenschaft endeckte, 
ein latentes Bild zu entwickeln. Heute Ut das Hydrochinon 
einer der wichtigsten und verbreitetsten organischen Entwickler. 
Das Hydrochinon, auch Chinol genannt, ist ein Dioxybenzol 
von der Formel C^H^OH)^. Von der Pyrogallussäure unter- 
scheidet es sich somit durch die verschiedene Anzahl OH- 
Gruppen; in der Pyrogallussäure kommen drei, in dem 
Hydrochinon zwei dieser Gruppen vor. Seine entwickelnden 
Eigenschaften wurden von Abney 1880 entdeckt, und seit- 
dem hat sich dessen Verwendung in der Photographic immer 
mehr verbreitet. 

Ueber das Herstellungsverfahren und über die chemischen 
Eigenschaften des Hydrochinons ist folgendes zu sagen. Das- 
Hydrochinon kann aus der in der Chinarinde enthaltenen 
Chinasäure gewonnen werden. Wir verzichten auf die Be- 
schreibung des komplizierten Verfahrens. Einfacher ist das 
Herstellungsverfahren des Hydrochinons aus dem Arbutin, 
welches in gewissen Pflanzen und besonders in den Blattern 
der sogen. Uva ursina enthalten ist. 

Das zum Kochen gebrachte Arbutin, mit verdünnter 
Schwefelsäure behandelt, gibt das Hydrochinon. Jedoch ist 
zu bemerken, dass das ganze im Handel vorkommende Hydro- 
chinon aus Teerderivaten gewonnen ist. Unter den Herstellungs- 
methoden auf diesem Wege erwähnen wir das Körnersche 
Verfahren, welches darin besteht, Jodophenol mit Aetzkali zu 
erhitzen. Die Reaktion ist die folgende: 

Jodopbeno] Actzkiti Jodkalium Hydrochinon 



— 336 — 

Das Hydrochinon bildet grauweisse Prismen. Bei 1 72 Grad 
schmilzt es, bei höherer Temperatur sublim iert es, wie die 
Pyrogallussäurc. Das Hydrochinon ist in kaltem Wasser löb- 
lich, in grösserer Quantität jedoch in warmem oder in Alkohol; 
auch in Aether ist es löslich. In festem Zustande ist es sozu- 
sagen nicht oxydierbar an der Luft, während es in Lösung 
leicht oxydiert. Der Oxydationsgrad ist verschieden, je nach 
Energie und Dauer der oxydierenden Wirkung. 

Das erste Oxydationsprodukt des Hydrochinons ist das 
Chinhydron, oder auch, wegen seiner Farbe, grünes Hydro- 
chinon genannt. Das Chinhydron hat die Formel C^H^O^, 
es ist daher abgeleitet von zwei Hvdrochinonmolekülen weniger 
zwei Wassers toffatomen. Die Gleichung Ober die Bildung des 
Chinons ist die folgende: 

C B H. (OH t ) -j- O = C t H t t ■+- H t O. 

Hydndüaon Sauerstoff Cninon Wisset 

Bei Verwendung des Hvdrochinons in Gegenwart von 
Alkali inuss man annehmen (XXXII. Kapitel), dass die eigent- 
lich wirksame Substanz das alkalische Derivat (Phenolati sei, 
z. B. in Gegenwart von Aetznatron die Verbindung C 6 H t (ONa) v 
Diese Verbindung kann nach folgender Gleichung auf das Brom- 
silber des latenten Bildes wirken: 

C s // 4 (OM*) I + 2^5r=Q// 1 a + ^ i + 2A'aBr. 

Sttrinmdcrint Bromsilber Cbinon Silb« Xitriumbromid 

du Hjdrothloon» 

Die Chtnonlösung erscheint stets braun gefärbt, und zwar 
.besonders tief, wenn ein Alkali oder Alkalikarbonat zugegen 
ist. Aus diesem Grunde färbt sich eben die Hydrochinon- 
lösung bei der Oxydation braun, besonders bei Gegenwart 
von Alkali. 

Die mit einem Alkali (Ammoniak, Aetzkali, Aetznatron 
oder Karbonate) gemischte Hydrochinonlösung vermag das 
latente Bronisilber- Gelatinebild zu entwickeln; da sich jedoch 
dieselbe durch die Wirkung des Sauerstoffes der Luft sehr 
rasch oxydiert und färbt, so verliert sie mehr oder weniger 
rasch die Energie und färbt die Gelatinehaut stark. Unter 
diesen Umständen kann sie auch kein kräftiges Bild liefern, 
weil das in grosser Menge entstehende Chinon oxydierend 
wirkt und die Entwicklung hemmt. Eine gute Hydrochinon- 
Entwickl erlös ung kann nur durch Natrium - Sulfitzusatz her- 
gestellt werden. 

Wenn die vorhandene Sulfitmenge bedeutend ist, so 
färbt sich die Flüssigkeit fast gar nicht, selbst nach langem 



— =37 — 

Stehen in offener Schale, vorausgesetzt jedoch, dass kein Aetz- 
kali vorhanden ist. Es ist daher ziemlich wahrscheinlich, wie 
Dr. Bogisch annimmt, dass das sich bildende Chinon durch 
das gegenwärtige Sulfit wieder zu Hydrochinon reduziert wird. 

Diese Umwandlung dürfte, wenn grössere Sulfitmengen 
zugegen sind, in hohem Grade vor sich gehen. Somit erklärt 
sich, warum ohne Aetzkali hergestellte, sulfitreiche Hydro- 
chinonlösungen öfter gebraucht werden können, als dies andere 
Entwickler zulassen. 

Der mehrmalige Gebrauch ist jedoch nicht so sehr durch 
die Oxydation, als durch das Ansammeln von Alkalibromid 
beschränkt, weil letzteres der Vollkommenheit des Bildes 
schadet. Es sei noch bemerkt, dass ein starker Sulfitüber- 
schuss bei dem Hydrochinon nicht so schädlich ist, als bei 
anderen Entwicklern. 

Das Hydrochinon liefert mit Aetzkali oder Aetznatron 
eine sehr energische Entwicklerlösung ; die mit Alkalikarbonat 
hergestellten Lösungen sind dagegen weniger energisch, jedoch 
vorzüglich. Vom Gebrauche des Ammoniaks ist abzuraten. In 
Gegenwart von Magnesiumoxyd oder Natriumsulfit allein, ist 
das Hydrochinon vollständig wirkungslos. 

Das Hydrochinon zeichnet sich vor den anderen Ent- 
wicklern durch die kräftigen Bilder aus. Das durch Hydro- 
chinon reduzierte Silber ist so schwarz und dicht, wie bei 
keinem der anderen bekannten Entwickler. Die Hydrochinon- 
lösung mit Sulfit hält sich, vor Luft geschützt, unbegrenzt; 
aber auch au der Luft selbst hält sie sich ziemlich lange. Auch 
die Hydrochinonlösung mit Sulfit und Alkalikarbonat kann sich 
in verschlossenen Gelassen sehr lange halten. Verwendet man 
jedoch an Stelle der Karbonate Aetzkali oder Aetznatron, so 
wird die Oxydierbarkeit des Hydrochinons eine ausserordent- 
liche und ist es somit sehr schwer, solche Lösungen lange zu 
erhalten; es ist daher vorteilhaft, das Aetzkali erst beim Ge- 
brauche zuzusetzen. 

Eine isomere Verbindung des Hydrochinons, d. h. von 
der gleichen Zusammensetzung, aber von verschiedener chemi- 
scher Konstitution, ist das Brenzkatechin , welches ebenfalls 
als Entwickler wirkt und in den letzten Jahren, infolge der 
stattgehabten Preiserma.ssigung, einigennassen Verwendung 
fand. Die verschiedene Konstitution des Brenzkatecbins ist von 
der verschiedenen Lage der beiden Hydroxyle (£W- Gruppen), 



— z 3 8 — 

wie dieses aus den im XXX. Kapitel angegebenen Formeln 
iür Hydrochinon und Brenzkatechin hervorgeht, abhängig. 

Bemerkenswert ist der Umstand, dass das Brenzkatechin 
selbst in stärker verdünnten Lösungen als bei Hydrochinon, 
sehr energisch wirkt; es scheint daher, dass das Brenzkatechin 
■einer viel tieferen oxydierenden Wirkung unterliegt als das 
Hydrochinon; nach Dr. Arnold würde das Brenzkatechin eine 
15 mal energischere reduzierende Kraft als das Hydrochinon 
haben. 

Dies würde jedoch mit der Behauptung Dr. Andresens 
in Widerspruch stehen, da dieser für das Brenzkatechin ein 
über die Hälfte kleineres Reduktions vermögen (4,62) als für 
das Hydrochinon (10,46) feststellte. Dies hangt wahrschein- 
lich mit der verschiedenen Qualität der im Handel befindlichen 
Brenzkatechine und mit der Zusammensetzung der Entwickler- 
lösungen zusammen. 

Auf jeden Fall erscheint es uns der Mühe wert, diesen 
Punkt aufzuklären; ohne die Behauptung Arnolds hinsicht- 
lich der 15 mal grösseren Energie des Brenzkatechin 5 gegen- 
über Hydrochinon anzuerkennen, steht jedoch ausser Frage, 
dass man in der Praxis bei sonst gleichen Umständen eine 
bestimmte Bildintensität mit geringeren Mengen Brenzkatechin 
als mit Hydrochinon erreichen kann. Dem Hydrochinon schliefst 
sich in der Zusammensetzung noch ein anderes von Lumiere 
und Scycwetz gefundenes und von denselben mit Hydrami 11 
bezeichnetes Entwicklungsmitte! an. 

Dieses wird gewonnen, indem Hydrochinon mit Para- 
phenylendiamin zusammengebracht wird; die beiden Substanzen 
bilden eine Verbindung ohne Wasserausscheidung. Das Para- 
phcnylendiamin, welches, wie schon früher erwähnt, entwickelnde 
Eigenschaften besitzt, hat die Formel CgH^iNH^', die beiden 
Aniidogcnc nehmen in dem Benzinkern die Parastellung ein. 
Das Hydramin liefert in Gegenwart einer kleinen Menge Alkali 
eine, gute Entwicklcrlösung, das Lithiumoxyd ist dabei vorzu- 
ziehen. Wir verweisen auf die betreffenden Vorschriften im 
Kapitel: Formeln und Rezepte. 

Wir bemerken jedoch, dass eine gemischte Lösung von 
Hydrochinon und reinem Paraphenylendiamin zu gleichen Teilen 
das sogen. Hydramin ersetzen kann, indem man damit eine 
gute Entwicklerlösung erhält. 

Die Firmen Hauff und Schering führten 1889 unter 
der Bezeichnung Adurol ein Bromderivat des Hydrochinons 



— 339 — 

cid. Die Konstitution desselben ist ganz analog der des 
Hydrochinons; nur hat man bei dem Adurol an Stelle eines 
Wasserstoffatomes ein Bromatom im Benzinkern C e H s ßr(OH)^. 
Diese kleine Modifikation in der Konstitution scheint auf die 
entwickelnden Eigenschaften sehr günstig zu wirken. 

In der Tat ist das Adurol energischer als das Hydro- 
chinon und ist für Temperatureinflüsse weniger empfindlich 
(das Hydrochinon entwickelt bei o Grad dreimal so langsam 
als bei 18 Grad). Nach den neueren Versuchen Lüppo- 
Cramers scheint das Adurol trotz seiner Energie für die 
Entwicklung von 10- bis 30 fach Oberexponierten Platten sehr 
gut geeignet zu sein. 



XXXV. Kapitel. 

Das Eikonogen, das Paramidophenol und 
das Diamidophenol. 

Chemische Konstitution. — Wahrscheinliches Herstellungs- 
verfahren. — Eigenschaften. — Oxydierbarkeit. — Verwendbarkeit 
des dunkel gewordenen Eikonogens.~ — Charakter der mit Eikonogen 
entwickelten Bilder. — Vorteile einer Mischung von Eikonogen mit 
Hydrochinon. — Warum die Entwickler, welche weniger dichte Bilder 
entwickeln, einen grösseren Spielraum in der Aufnahmezeit zulassen. — 
t'n Schädlichkeit des Eikonogens. — Das Paramidophenol. — Chemische 
Konstitution und Eigenschaften. — Herstellungsmelhode der konzen- 
trierten Paramidophenol - Entwickler. — Paramidophenol - Sodaent- 
wickler. — Oxydation des Paramidophenols und Eigenschaften der 
Oxydation« produkte. — Salzsaures Paramidophenol. — Amidol und 
Diamidophenol. — Chemische Konstitution. — Herstellung. — 
Eigenschaften, 

Das Eikonogen wurde 1889 von Dr. Andresen in Berlin 
entdeckt und wurde daher nach dein Hydrochinon eingeführt. 
Es hat die chemische Formel: 

( S0 3 Na 
C l0 H 6 \OH . 
\NH t 
Es ist demnach das Natronsalz eines Amido-schwc-felsauren 
Derivates des Naphtols, und zwar das amido-bcta-naphtol- 



beta-monosulfonsaure Natron. Die Kette der chemischen 
Formel des Naphtalins ist, wie man sieht: 




Substituiert man in dieser Kette für o, die Gruppe NfJ t , 
für ß t die Gruppe OH (wodurch das Naphtalin in Naphtol 
umgewandelt wird), in ß 2 die Sulfongruppe , so ergibt sich 
die Formel des Eikonogens. Die Herstellungs weise ist nicht 
bekannt; wahrscheinlich wird dieselbe von den üblichen chemi- 
schen Synthesen ähnlicher organischer Präparate nicht viel 
abweichen. Vielleicht kann man es durch vorherige Umwand- 
lung des Beta-Naphtols (welches aus dem Tcernaphta gewonnen 
wird) in Nitrosulfoderivat und nachheriger Reduktion dieses 
letzteren in Amidosulfoderivat und dar aulfolgender Behandlung 
mit Aetznatron gewinnen. 

Das Eikonogen stellt ein schmutzig weisses, in kaltem 
Wasser wenig lösliches Pulver dar. Die wässerige Lösung 
ist sehr schwach gefärbt, in Gegenwart von Alkalien oder 
alkalischen Salzen färbt sie sich grün. Das Eikonogen kann 
mit blossem Alkali entwickeln, die Entwicklung des Bildes 
geht jedoch mit Sulfitzusatz besser vor sich und auch die 
Haltbarkeit der Lösung ist in diesem Falle eine bessere. Mit 
blossem Sulfit entwickelt es nur langsam und unvollkommen. 
Die Eikonogenlösungen neigen vicllcichtweniger zum Oxydieren, 
als die übrigen Entwickler, auch färben sich dieselben nicht 
so tief braun. 

Die in so manchen photographischen Handbüchern auf- 
gestellte Behauptung, dass das Eikonogen mit dem Sauerstoff 
der Luft keine braun gefärbten Oxydationsproduktc liefert, ist 
jedoch unrichtig. Die der Lufteinwirkung ausgesetzten alka- 
lischen Eikonogenlösungen färben sich, wenn auch weniger 
schwarzbraun wie Pyrogallussäure, ungeachtet der obwaltenden 
Umstände, früher oder später, mehr oder weniger tief braun. 

Die wässerige Eikonogenlösung mit Sulfitzusatz oxydiert 
sich sehr langsam an der Luft; in Gegenwart von Aetzalkalien 
oder Alkalikarbonat oxydiert sie sich jedoch ziemlich rasch 
und wird dunkel. Durch Natrium sulfitzusatz wird die Oxy- 
dierung verzögert, jedoch nicht verhindert. Mit kaustischen 



— 2 4 I — 

Alkalien ist die Oxydierung eine sehr rasche, mit Alkali- 
karbonat jedoch weniger rasch. 

Die Reduktionskraft des Eikonogens ist geringer als die 
des Hydrochinons, wodurch man genötigt ist, ersteres in 
grosserer Menge für die Herstellung der Entwicklerlösungen 
zu gebrauchen. Die Versuche mit Silbernitrat ergeben, dass 
von Eikonogen gegenüber dem Hydrochinon die doppelte 
Menge erforderlich ist, um dasselbe Quantum reduzierten 
Silbers zu erhalten. Das Eikonogen ist auch in festem Zu- 
stande der Oxydation unterworfen und wird daher dunkel, 
wenn es nicht sorgfaltig aufbewahrt wird. 

An dieser Stelle erscheint es uns zweckmässig, auf eine 
von Herrn L. Morselli angegebene Methode für die Aus- 
nutzung des dunkel gewordenen Eikonogens („Progresso Foto- 
grafico", i. Jahrg., S. 101) aufmerksam zu machen. Diese 
Methode gründet sich auf die Tatsache, dass, während die 
Oxydationsprodukte des Eikonogens und das Eikonogen selbst, 
welche, wie wir gesehen haben, ein Natronsalz der Amido- 
Beta-Naphtol-Beta-Monosulfosäure ist, in Wasser löslich ist, 
die Säure dagegen nur sehr wenig löslich ist. Löst man daher 
das unreine Eikonogen in mit Schwefelsäure angesäuertem 
Wasser, so bleiben nur die Oxydationsprodukte des Eiko- 
nogens gelöst, während dessen organische Säure gefällt wird. 
Behandelt man diese Säure mit Aetznatron, so gewinnt man 
noch löslichen Entwickler. Nach Morselli sollen ioog dunkel 
gewordenen Eikonogens mit ioo cem reiner Schwefelsäure 
und 150 cem Wasser behandelt werden; es entsteht dabei ein 
flockiger Niederschlag, den man filtriert und zunächst mit an- 
gesäuertem Wasser auswäscht und dann mit verdünnter Natrium- 
sulfitlösung behandelt; zuletzt wird derselbe gepresst und ge- 
trocknet. Diese trockene Substanz kann mit Sulfit und Alkali 
(in etwas grösserer Menge) als Entwickler verwendet werden. 
Der Autor bemerkt, dass es vorteilhaft sei, diesen so 
reinigten Entwickler zum Gebrauch dem frischen Produkt zu 
gleichen Teilen zuzusetzen. 

Die Eikonogenlösung mit Natriumkarbonat und besonders 
mit Kaliumkarbonat gibt ein sehr energisch arbeitendes Bad. 
Es ist jedoch nicht möglich, mit dem Eikonogen so intensive 
Bilder zu erhalten wie mit dem Hydrochinon oder mit der 
Pyrogallussäure. 

Das blauschwarz reduzierte Silber des Bildes ist gewöhn- 
lich nicht sehr dicht. Das Eikonogen liefert daher zu durch- 

Simiai, Handbuch der photopr. Chemie. l6 



— 242 — 

wichtige und infolgedessen zu weiche Bilder. Durch diese 
Eigenschaft bildet es einen Gegensatz zu dem Hydrochinon, 
welches zu dichte Bilder liefert. Es ist daher leicht verständ- 
lich, wie vorteilhaft es ist, eine Mischung der beiden Entwickler 
Hydrochinon und Eikonogen herzustellen. Manche behauj^in, 
dass mit dem Eikonogen ein grösserer Spielraum in der Auf- 
nahmezeit möglich sei; wir konnten dieses jedoch nicht kon- 
statieren. Es liegt jedoch auf der Hand, dass sowohl bei dem 
Eikonogen, wie bei jedem anderen nicht zu dicht arbeitenden 
Entwickler eine gewisse Ueb er schreitung der Aufnahmezeit 
zulässig ist, ohne dass dabei ein zu dichtes, langsam kopierendes 
Bild entsteht. 

In einem Eikonogen -Negativ werden infolge der grösseren 
Durchsichtigkeit des Bildes stet« die zartesten Details in den 
Lichtern zum Vorschein kommen. In einem mit Hydrochinon 
entwickelten Bilde können die Lichter so dicht werden, dass 
man keine Details mehr erkennen kann. Neben diesem Vor- 
teil hat man aber auch den Nachteil, dass diese Negative 
meistens einer Verstärkung benötigen, um mit den gewöhn- 
lichen empfindlichen Papieren brillante Bilder zu liefern. 

Eine gute Eigenschaft des Eikonogens ist seine Unschäd- 
lichkeit, doch tritt bei allen übrigen Entwicklern, mit Ausnahme 
der Pyrogallussäure, keine unangenehme Erscheinung hervor, 
obwohl einige weniger unschädlich sind als das Eikonogen. 
Dem Eikonogen analog ist das Diogen der Akt. -Ges. für 
Anilinfabrikation. Es enthält nur eine Sulfongruppe (//SO g i 
mehr in der Stellung ß + . 

Diese Firma hat auch unter der Bezeichnung I mögen - 
sulfit ein Produkt in den Handel gebracht, welches wahr- 
scheinlich eine Verbindung oder eine Mischung von Eikonogen 
mit Alkalisulfiten ist. Man erhält mit dieser Substanz eine 
vorzügliche Entwicklerlösung mit dem blossen Zusatz von Alkali. 



Ucber die chemische Konstitution des Paramidophenols 
haben wir im XXIX. Kapitel bereits gesprochen. Es kann 
als eine Karbolsäure C 6 W fi OH oder als ein Phenol angesehen 
werden, bei dem ein Wasserstoffatom (und zwar dasjenige, 
welches zu der OH- Gruppe die Parastellung einnimmt) durch 
eine Amidogengruppe NH 2 ersetzt wurde. 

Das Paramidophenol stellt eine weisgliche, auch in festem 
Zustande sehr leicht oxydierbare und dunkel werdende Sub- 



— 243 — 

stanz vor. Die vollständige Konservierung selbst der festen 
Substanz ist infolgedessen sehr schwer. Das Faramidophenol 
ist in Wasser verhältnismässig wenig löslich, und zwar im 
Verhältnis i : 100. In Alkohol ist es leichter löslich. In An- 
betracht der geringen Löslichkeit des Produktes kann mau 
konzentrierte Lösungen nur durch Zusatz von Stoffen, welche 
dasselbe in viel grösserer Quantität auflösen als das Wasser, 
erhalten. Selbst durch die Gegenwart von Alkalisulfiten und 
Alkalikarbonaten wird die Löslichkeit des Paramidophenols 
nicht wesentlich erhöht, sie wird dagegen durch Aetzkali und 
Aetznatron bedeutend erhöht; auf diese Weise kann man kon- 
zentrierte Paramidophenol -Lösungen herstellen, welche in ganz 
gefüllten und gut verschlossenen Gläsern sich lange halten. 
Der Rest einer angebrochenen Flasche wird aber in kurzer 
Frist braun, wenn man dieselbe nicht mit Wasser nachfüllt. 
Das Paramidophenol mit kaustischen Alkalien bildet einen 
sehr energischen Entwickler; es bietet jedoch sämtliche an 
der betreffenden Stelle erwähnten Nachteile der mit kaustischen 
Alkalien hergestellten Entwickler. 

Einen gebrauchsfertigen, d. h. nicht zu verdünnenden 
Entwickler mit Paramidophenol kann man mit Natriumsulfit 
und Natriumkarbonat nach der später anzugebenden Vorschrift 
herstellen. Diese Lösung ist etwas weniger energisch als die 
vorher angegebene, kann aber ebenfalls vorzügliche Dienste 
leisten. 

Unter den organischen Entwicklern oxydiert sich das 
Paramidophenol am leichtesten. Die wässerige Paramido- 
phenol-Lösung wird an der Luft rascher dunkel als das Eiko- 
nogen und viel rascher als das Hydrochinon. Das dunkle 
Oxydationsprodukt des Paramidophenols in wässeriger Lösung 
setzt sich am Boden ab, da es unlöslich in demselben ist; in 
Alkali löst es sich jedoch auf. 

Eine wertvolle Eigenschaft des Paramidophenols besteht 
darin, dass selbst das dunkel gewordene Produkt die Gelatine 
nicht färbt. Bei dem Eikonogen und Hydrochinon besteht 
dagegen stets eine gewisse Neigung der Oxydationsprodukte, 
die Gelatine zu färben. Mit Paramidophenol ist es aber mög- 
lich, klarere Negative zu erhalten, weil man mit denselben 
noch entwickeln kann, auch wenn das Bad etwas dunkel 
geworden ist 

Das Paramidophenol hat aber den Nachteil, dass es noch 
schwächere Negative liefert, als das Eikonogen ; diese Negative 

16- 






lassen sich allerdings mit grosser Leichtigkeit kopieren. Die 
auf gewöhnlichen Papieren erhaltenen Drucke sind jedoch im 
allgemeinen zu flau. Bei der allgemeinen Beschreibung des 
E nt wie klungs Vorganges sagten wir, dass die Farbe und die 
Intensität des Bildes teils von der Farbe des Silbernieder- 
schlages, teils von den in dem Bilde zurückbleibenden Oxy- 
dation sprodukte des Entwicklers abhängig ist. Da nun die 
Oxyd ations produkte des Paramidophenols fast gar keine 
Neigung haben, sich mit der Gelatine zu verbinden oder an 
derselben zu haften, so können sie auch nicht so leicht von 
dem Silber des Bildes zurückgehalten werden, was wahr- 
scheinlich auch zu der geringen Intensität des Bildes beiträgt. 
Der Körper, welcher sich bei der Oxydation des Paramido- 
phenols bildet, ist wahrscheinlich ein Chinonimid. 

Zum Schlüsse erwähnen wir noch, dass ausser dem Para- 
midophenol als freie Base, auch das salzsaure Paramidophenol 
im Handel vorkommt. Dessen Formel ist folgende: 
,OH 

• HCl. 
K NH t 

Es bildet weisse, mehr oder weniger feine Kristalle und 
besitzt vollkommen analoge photographische und chemische 
Eigenschaften mit dem Paramidophenol. Es hat nur den 
grossen Vorteil , dass es sich sowohl in festem Zustande als 
auch in Lösung viel besser hält als die freie Base. In alka- 
lischer Lösung zeigt es ein analoges Verhalten. Da das Salz- 
säure Salz weniger wirksame Substanz enthält als die freie 
Base, so muss man etwas mehr (annähernd ein Drittel mehr) 
davon nehmen. 

Nachdem die Eigenschaften des Paramidophenols an- 
gegeben worden sind, so lässt sich begreiflicherweise mit 
diesem wie mit dem Eikonogen eine Mischung mit einem 
anderen photographisch entgegengesetzt sich verhaltenden 
Entwickler herstellen. Auf diese Weise kann man die drei 
Eigenschaften: Rasche Reduktion, grosse reduzierende Kraft 
und Intensität des Bildes miteinander vereinigen. 

Ein weiteres, für die Praxis sehr nützliches Entwicklungs- 
mittel ist das von der Firma Hauff in Feuerbach (Württem- 
berg) 189z in den Handel gebrachte Diamidophenol oder auch 
Amidol genannt. Heute wird dieser Entwickler ausserdem 
auch von der Akt. -Ges. für Anilinfabrikation und von der 
Firma Lumiere in Lyon hergestellt. 



Das Diamidophenol hat die chemische Formel: 
CNH 3 
"C./\ COH 

HC\yca ' 

CNH 7 

es enthält daher zwei Amidoge ngruppen in der Parastellung 
und eine Hydroxylgruppe. 

Die Fabrikation dieser Substanz, welche allerdings nicht 
in den Einzelheiten bekannt ist, bietet durchaus keine Schwierig- 
keiten. Auch für dieses wie für das Paramidophenol ist das 
Ausgangsprodukt die Karbolsäure. Durch Behandlung der 
Karbolsäure mit Salpetersäure in der Wärme und unter be- 
sonderen Bedingungen wird erstere in Dinitrophenol verwandelt: 
ANOfo 
C a H tl OH+*HNO t = C i Hy +a/^0. 

rUrbolsIlore Sulpetermlure Dinilropheno] 

Das Dinitrophenol wird dann mit Wasserstoff im Ent- 
stebungsstadium, der z. B. mit Salzsäure und Zink gewonnen 
werden kann, behandelt. Durch die Einwirkung des Wasser- 
stoffes verwandelt sich das Dinitrophenol in Diamidophenol 
nach folgender Gleichung: 

y OH y OH 

Dinitrophenol Wisaerstoff Diamidophen 

Das Diamidophenol bildet ein grauweisses kristallinisches, 
in Wasser sehr leicht lösliches Pulver. In festem Zustande 
oxydiert es sich sehr langsam ; in wässeriger Lösung geht die 
Oxydation dagegen mit grosser Schnelligkeit vor sich und ruft 
zunächst einen rötlichen Ton hervor, der dann ins Braune 
Obergeht. Ueber die Oxydationsprodukte des Diamidophenols 
kann man nichts Genaueres angeben, da solche bisher noch 
nicht genügend studiert wurden. 

Das Diamidophenol besitzt auch ohne Alkalikarbonat eine 
grosse Energie. Die schwachen alkalischen Eigenschaften des 
Natriumsulfites genügen schon, seine entwickelnde Kraft an- 
zuregen. 

Unter allen heute bekannten Entwicklern entwickelt das 
Amidol ohne kohlensaure Alkalien am besten. Diese Eigen- 
schaft des Amidols, ohne Alkali zu entwickeln, bildet dessen 



,0H 
+ 6H a »*C t H s S +4Ä.O. 



— 246 — 

Hauptvorzug, da solche Entwicklerlösung auch nicht im mindesten 
die Gelatine angreifen. Diese Eigenschaft verdankt das Amidol 
wahrscheinlich seiner chemischen Konstitution, denn es kommen 
darin zwei Amidoge ngruppen (NH t ) vor, welche unter Um- 
ständen analog wie die Alkalien sich verhalten können. 

Dies ist bereits bei der allgemeinen Besprechung der 
Entwickler hervorgehoben worden. Das Amidol hat ferner 
noch den Vorteil mit dem l'aramidophenol gemein, dass es 
die Gelatine gar nicht färbt, auch wenn es infolge der Oxy- 
dation etwas dunkel geworden ist. Indessen werden die mit 
Amidol entwickelten Bilder oft, wie bei dem Faramidophenol, 
zu wenig intensiv, so dass sie der Verstärkung bedürfen. 

Dieser Fehler tritt jedoch schwächer auf, wenn man Dicht 
allzu grosse Sulfitmengen verwendet. Eine zu grosse Sulfit- 
menge, welche, wie an anderer Stelle erwähnt, überhaupt 
nicht zu empfehlen ist, übt bei dem Amidol einen noch schäd- 
licheren Einfluss aus, weil diese Entwicklerlösungen keine 
Alkalien enthalten, welche zur Kraft des Bildes beitragen. 
Nicht selten dürften mit Amidol erzielte Misserfolge von einer 
zu grossen Sulfitmenge herrühren; die rationell hergestellten 
Bäder geben im allgemeinen günstige Resultate. Die Reinheit 
des Sulfites ist bei dem Amidol noch wichtiger als bei den 
übrigen Entwicklungsmitteln und darf dasselbe daher nur ganz 
geringe Sulfatm engen oder sonstige Unreinheiten enthalten. 
Das Amidol liefert einen schönen, schwarzgrauen, relativ durch- 
sichtigen Silberniederschlag; infolge dieser angenehmen Farbe 
ist das Amidol besonders geeignet zur Entwicklung von Brom- 
silber- Gclatinepapiercn . 

Das Amidol besitzt ein erhebliches Red uktions vermögen 
und kann daher in verdünnteren Lösungen als bei den übrigen 
Entwicklern nützlich verwendet werden. Die Energie der 
Amidol -Entwicklerlösungen und die Intensität der damit ent- 
wickelten Bilder, können durch einen kleinen Zusatz von 
Alkalikarbonat erhöht werden; man bekommt jedoch dadurch 
nicht selten Schleier, d. h. eine schwache Reduktion der Silbers 
auch an den nicht belichteten Stellen des Negativs. 

Die mit Amidol hergestellten Entwicklerlösungen halten 
sich selbst in ganz gefüllten, hennetisch geschlossenen Flaschen 
nur sehr kurze Zeit; es empfiehlt sich daher, solche Bäder 
alle zwei bis drei Tage frisch anzusetzen. 

Unter allen Entwicklern arbeitet das Amidol vielleicht 
am raschesten; das Bild erscheint im Amidolentwickler fast 



— =47 — 

augenblicklich, wahrend bei den anderen Entwicklern eine 
gewisse Zeit hierzu erforderlich ist. Das Amidol hat jedoch 
den Nachteil, dass es für Bromkalium und für die Verzögerer 
Oberhaupt wenig empfindlich ist. Wir haben bei Ueberexpo- 
sition bis zu 20 g Bromkalium pro Liter Entwickler zugesetzt, 
ohne dass dasselbe der Wirkung derselben abgeholfen hätte. 

Unter der Bezeichnung Amidol befindet sich im Handel 
gewöhnlich nicht das Diamidophenol, sondern dessen salz- 
saures Salz. Letzteres hat die Formel: 
OH 
C,H,/ *HC1, 

NM«, 
und enthält etwa 57 Prozent eigentliches Diamidophenol. Die 
später angegebenen Vorschriften beziehen sich auf Diamido- 
phenol (freie Base); bei Verwendung des salzsauren Salzes 
sind weit grössere Mengen erforderlich. Da das salzsaure 
Diamidophenol einen geringeren Wert besitzt, als das Amidol, 
so ist es nützlich, den Unterschied der beiden Produkte zu 
kennen. Zu diesem Zwecke setzt man zu einer mit Salpeter- 
säure angesäuerten und gekochten Amidollösung eine kleine 
Menge Silbernitratlösung und beobachtet, ob ein Niederschlag 
von Chlorsilber entsteht. 

Wir konstatieren, dass das Amidol nicht immer günstige 
Resultate ergibt. Dies ist der Unbeständigkeit bei der Fabri- 
kation zuzuschreiben und vielleicht der unvollkommenen Reduk- 
tion kleiner Quantitäten flüchtigen Nitrophenols. Der von uns 
meist beobachtete Uebelstand besteht in der zu grossen Schwäche 
des entwickelten Bildes, dem in keiner Weise durch Vermeh- 
rung der Menge der Entwicklersubstanz abzuhelfen ist. Den- 
selben Fehler hat man bei Verwendung von schon dunkel 
gewordenem, festem Amidol zum Ansetzen der Lösungen. 

Ein Entwickler, welcher den Eigenschaften nach dem 

Amidol entspricht, ist das von den Herren Lumiere 1897 

studierte und eingeführte Diamidoresorcin, dessen Konstitution 

folgender chemischen Formel entspricht: 

COH 

Hcf^.CNH, 

CNH t 



— 348 — 

Es ist somit ein Resorcin, in dem zwei Wassers toffatome 
durch zwei M/^-Gruppen substituiert wurden. 

Das Herstellungsverfahren des Diatnidoresorcin ist nicht 
angegeben, worden ; wir bemerken jedoch , dass man es in 
analoger Weise wie das Diamidophenol gewinnen kann, d. h. 
durch Reduktion des Dinitroresorcins, welch letzterer Körper 
leicht durch Einwirkung von Kaliumnitrit auf eine essigsaure- 
Lösung von Resorcin hergestellt werden kann. Das Resorcin 
ist ein aus Teerderivaten hergestelltes Produkt und findet bei 
der Fabrikation einiger Farben ziemlich häufig Verwendung. 

Auch das Diamido resorcin vermag, wie das Amidol, ohne 
Alkali zu entwickeln, weil in seinem Molekül zwei Amidogen- 
gruppen gegenwärtig sind. Dieser Entwickler scheint für die 
Wirkung von Bromkalium empfindlicher zu sein, als das Amidol 
und bietet daher die Möglichkeit, Ueberexpositionen zu korri- 
gieren. 

Das Diamidoresorcin hat dessenungeachtet in der all- 
gemeinen Praxis keinen Eingang gefunden. Wir haben damit 
stets geringere Erfolge gehabt, als mit dem Diamidophenol, 
namentlich in Bezug auf Intensität des Bildes. Interessant 
sind die Versuche der Herren Lumiere und Seyewetz mit 
Triamidophenol und Triamidoresorcin ; ohne Alkali und ohne 
Sulfit geben sie ein sehr schwaches Bild, mit Alkali schieiern 
sie immer. 



XXXVI. Kapitel. 

Metol und Glycin. Andere neuere 

Entwickler. Einfluss der Temperatur bei 

der Entwicklung. 

Konstitution und Eigenschaften des Metals. — Eigenschaften 
des Metols als Entwickler. — Fähigkeit des Metols, Bilder von 
richtiger Intensität zu liefern. ■ — Eigenschaft des Metols, die Energie 
anderer beigemischter Entwickler zu erhöhen. — Glycin. — Konsti- 
tution und Eigenschaften. — Entwickelnde Eigenschaften. — Fähig- 
keit, sehr klare Negative zu liefern. — Neuere Entwickler und Eigen- 
schaften einiger derselben. — Reaktionen der verschiedenen Entwickler 
mit dem Ammoniumpersulfat. 

Das Metol und das Glycin sind zwei sehr wichtige Ent- 
wickler, welche von der Firma Hauff in Feuerbach fast 
gleichzeitig {1891) mit dem Amidol in den Handel gebracht 



— 249 — 

wurden. Mit dem Namen Metol bezeichnet man ein schwefel- 
saures Derivat des Methylparamido-Metacresols, welch letzteres 
die chemische Formel 

.OH 
C e H/cH s 

X NH, CH S 
hat. Es bildet eine grau weisse, pulverförmige , in Wasser 
ziemlich leicht lösliche Substanz, welche sich in festem Zustande 
und in gut verschlossenen Gläsern ziemlich gut, jedoch nicht 
ganz vollkommen hält, da sie auch in festem Zustande oxydiert 
und dunkel wird. 

Seine Lösungen wirken in Gegenwart von Natriumsulfit 
und Alkalikarbonat (Natrium- oder Kaliumkarbonat) als ener- 
gischer Entwickler. Das Metol besitzt eine grosse Reduktions- 
kraft und arbeitet mit bemerkenswerter Schnelligkeit. Die 
Intensität der Metolbilder ist geringer als die der Hydro- 
chinonbilder; immerhin ist sie für alle Fälle vollkommen hin- 
reichend. Das Metol und das Glycin sind eigentlich, unseres 
Erachtens, zwei der wenigen Entwickler, welche allein im 
stände sind, fast richtig gedeckte Bilder zu liefern. Die damit 
erhaltenen Negative sind weder zu gedeckt, was zu harte 
Bilder zur Folge hätte, noch zu weich, was eine Verstärkung 
bedingen würde, um gute Bilder auf irgend welchen Papieren 
zu liefern. 

Wegen dieser Eigenschaft ist das Metol in einzelnen 
Fällen empfehlenswerter als die Pyrogallussäure und das 
Hydrochinon, weil man bei zu kurzen Expositionen, wie dieses 
bei den unter ungünstigen Lichtverhältnissen gemachten Moment- 
aufnahmen der Fall ist, damit längere Zeit entwickeln und somit 
feine Details auch in den Schatten erscheinen lassen kann, 
ohne dabei in den Lichtern zu grosse Deckung zu erhalten. 

Die gebrauchsfertige Metolentwicklerlösung hält sich in 
ganz gefüllten und gut verschlossenen Flaschen sehr lange. 
An der Luft oxydiert sie sich mit massiger Schnelligkeit und 
färbt sich dunkel; diese dunkle Färbung hat jedoch auf die 
Gelatine keinen grossen färbenden Einfluss. Das durch Metol 
reduzierte Silber hat eine schöne grauschwarze Farbe. 

Interessant scheint uns folgende von uns beobachtete 
Eigenschaft des Metols zu sein. Mit anderen Entwicklern, auch 
in kleinen Mengen gemischt, erhöht es die Energie und die 
Reduktionskraft dieser letzteren. Eine schwache Hydrochinon- 



— »5° — 

lösung (0,5 prozentig) mit kleinen Mengen Alkalikarbonat, 
ist z. B. ungenügend, um ein brauchbares Bild zu entwickeln ; 
setzt man dagegen zu dieser Lösung eine geringe Menge Metol 
(0,3 bis 0,3 g pro Liter), so wird die Losung viel wirksamer 
und kann gute Resultate liefern. 

Es scheint, als ob das Metol durch seine grössere Reduk- 
tionskraft, sozusagen die Zersetzung der belichteten Brom- 
silberteilchen einleitet, so dass, nachdem das Gleichgewicht 
der Moleküle auf diese Weise gestört ist, ein anderer, auch 
weniger energisch wirkender Entwickler im stände ist, die 
Reduktion fortzusetzen. Diese Eigenschaft kommt übrigens 
auch anderen energischen Entwicklern zu; nach unseren Be- 
obachtungen macht sie sich jedoch bei dem Metol in Ver- 
bindung mit Hydrochinon ganz besonders bemerkbar. Die 
grosse Energie des Metols verursacht nicht selten einen 
schwachen Schleier, der aber nach dem Fixieren kaum be- 
merkbar ist. Es sei wiederholt, dass das Metol allein, be- 
sonders bei kurzen Aufnahmen den Vorzug verdient. Für den 
allgemeinen Gebrauch empfiehlt sich besonders die nach der 
später angegebenen Vorschrift hergestellte Metol-Hydrochinon- 
mischung. Für überexponierte Negative eignet sich dagegen 
das Metol durchaus nicht. 



Das Glycin stellt ein Para-Oxyphenylglycin nach der 
rheinischen Formel 

,OH 

^NH.CH^COOH 

vor. Nach den Angaben der Patentschrift der Firma Hauff 
soll diese Substanz durch Einwirkung der Chlor- Essigsäure 
auf Amidophenol erhalten werden. 

Das Glycin Hauff ist ein salzsaures, das Glycin Agfa 
(Akt. -Ges. für Anilinfabrikation) dagegen ein schwefelsaures 
Salz der oben angegebenen Verbindung. Das Glycin stellt 
ein graugelbes, in Wasser leicht lösliches, unangenehm nach 
Karbolsäure riechendes Pulver vor. 

Die Entwicklerlösung mit Sulfit und Alkalikarbonat ist 
fast farblos und hält sich so, wenn sie in ganz gefüllten, gut 
verkorkten Flaschen aufbewahrt wird. Das Glycin unter- 
scheidet sich von den anderen besprochenen Entwicklern 
Amidol und Metol durch das langsamere Arbeiten. Es 



— 2 5 I — 

reduziert daher weniger rasch und besitzt auch ein geringeres 
Re du ktions vermögen als das Amidul. In der Tat muss man 
von Glycin die doppelte bis dreifache Menge des Amidols 
nehmen. Wegen der geringen Reduktionsenergie vermag das- 
Glycin vollkommen sc hl eierfreie Negative zu liefern; es ver- 
ursacht ausserdem keinerlei Färbung der Gelatine. 

Aus diesen Gründen sind die mit Glycin entwickelten 
Negative äusserst klar; ein solcher Entwickler kann in manchen 
Fallen, wie z. B. bei der Mikrophotographie und bei Repro- 
duktionen, vorzügliche Dienste leisten. Nach unseren Erfah- 
rungen kann eine richtig belichtete Platte bis zu '/s Stunde 
im Glycinbade belassen werden, ohne dass ein merklicher 
Schleier zu beobachten wäre. Die Glycinlösung nach der an 
anderer Stelle angeführten Vorschrift von Hübl eignet sich 
vorzüglich für die Entwicklung zweifelhaft belichteter Platten. 
Zu diesem Zwecke verdient es vielleicht den Vorzug vor 
allen anderen Entwicklern, da durch sein schleierfreies Arbeiten, 
durch seine Eigenschaft, nie ein zu dichtes Bild zu liefern 
und dadurch, dass sich die Energie des Bades leicht regulieren 
lässt, die Möglichkeit geboten ist, auch bei sehr verschiedenen 
Aufnahmezeiten gleichmässig gute Bilder zu erlangen. 

In den letzten Jahren hat sich die Liste der Entwickler 
nicht unbedeutend vergrössert. Ueber manche der neuen 
Produkte kann keine Mitteilung gemacht werden, da im all- 
gemeinen weder die chemische Konstitution, noch das Her- 
stellungsverfahren bekannt ist. 

Das Diphenol wurde 1897 von der Firma Leopold 
Cassella & Co. in Frankfurt a. M. eingeführt und später von 
der Akt. -Ges. für Anilinfabrikation hergestellt. Im allgemeinen 
kommt es als konzentrierter Entwickler in den Handel , in 
welchem, soviel man sagen kann, das Diamidophenol die 
wirksame Substanz ist. Man gibt ihm folgende Formel: 
CH C NHj CH C H 
HC/ \c—c/ \CNH V 

COH~~~CH CH~CH 

Das Diphenol enthält kaustisches Alkali. Nach Dr. Precht 
soll das Diphenol nach dem Glycin, dessen Resultate analog 
sind, einen weit grösseren Spielraum in der Aufnahmezeit 
zulassen, als dieses bei anderen Entwicklern der Fall ist. 



— 353 — 

Diese entwickelnden Eigenschaften des Diphenols sind jedoch 
von Dr. Andresen nicht bestätigt worden, und glauben wir 
deswegen, dass es empfehlenswerter ist, sich bei unsicherer 
Aufnahmezeit des Glycins zu bedienen. 

Dr. Precht bemerkt, dass das Diamidooxyphenyl auch 
ohne Alkali, ja sogar in Gegenwart von geringen Mengen 
Salzsäure zu entwickeln vermag. Dieser Umstand wäre aller- 
dings sehr interessant, weil bisher kein organischer Entwickler 
bekannt ist, der in saurer Losung zu entwickeln vermag. 
Indessen stimmen die Erfahrungen Dr. Andresens auch Ober 
diesen Punkt damit nicht uberein. 

Das Ortol (Hauff oder Agfa) scheint nicht ein einziger 
Körper, sondern eine Mischung von Hydrochinon und Methyl- 
Ortho amidocresol zu sein. Letzteres ist dem Metol analog, nur 
stehen die OH- und AT/g-Gruppen nicht in der Para-, sondern in 
der Orthostellung. Das von den Farbenfabriken vorm. Friedr. 
Bayer & Co. Ende 1901 eingeführte Edinol hat die Formel: 
COH 
HC/^CCH % OH 
HC\) CH 

CNH r HG 

Es kann daher als salzsaures Meta-amido-ortho-oxybenzyl- 
Alkohol angesehen werden. Es ist sehr energisch, jedoch 
auch sehr leicht oxydierbar und daher wenig haltbar. Es 
kann bei der Entwicklung von kurz belichteten Platten oder 
von kontrastreichen Bildern vorzügliche Dienste leisten. 

Dr. Scholz studierte die entwickelnden Eigenschaften 
der Sulfoderivate des Diamidonaphtols und fand, dass diese 
ohne Alkalizusatz zu entwickeln vermögen. Wir werden die 
Gebrauchsanweisungen und Vorschriften auch für einige neuere 
Entwickler geben, bemerken jedoch an dieser Stelle, dass die 
stetige Einführung neuer organischer Entwickler keine Besse- 
rung mit sich bringt, da die heute zu Gebote stehenden Ent- 
wickler allen Anforderungen entsprechen; da nun ausserdem 
diese die Probe in der Praxis bestanden haben, so glauben 
wir, empfehlen zu müssen, wenigstens einstweilen diesen den 
Vorzug zu geben. 

Die Unterschiede eines Entwicklers von dem anderen 
festzustellen, kann in vielen Fällen sehr nützlich sein, gehört 



— »53 — 

aber lediglich in das Gebiet der chemischen Analysen und 
Untersuchungen, welche nicht von jedem ausgeführt werden 
können ; sie können dazu dienen , im allgemeinen die 
chemische Konstitution einer gewissen Substanz, welche als 
Entwickler wirkt, festzustellen. Indessen gibt es für mehrere 
gewöhnliche Entwickler einige charakteristische Reaktionen, 
welche als Unterscheidungsmittel derselben voneinander dienen 
können. Für vier der gewöhnlichen hat Liesegang die 
folgende Reaktionstabelle angegeben: 





Entwickler 




PyrogilluuRurt Hydrochinon Ipanmidophenol 


Eiko noB « 


Vanadinsaures 
Ammoniak 


blau grün 


farblos 


blauschwarz 


Karmin 


Kalium- 
bichrom at 


braun gelb- 
licher 

Niederschlag 


langsamer 

gelblicher 
Niederschlag 


sofortiger 
schwarzer 
Niederschlag 


braungelb- 
licher 
Miederschlag 


Uebermangan- 
saures Kali 


brauner 

Niederschlag 


Entfärbung 


brauner 
Niederschlag 


brauner 
Niederschlag 


Rotes Blut- jj keine 
laugensalz 1 Färbung 


Färbung 


lief violett 


Färbung 


Silbernitrat 


schwarzer 

Niederschlag 


graublau 


Lösung 

violett 


licht -oliv- 
grüner 
Niederschlag 



Auf dem Photographischen Kongresse in Florenz im 
Mai 1899 haben wir das Ammoniumpersulfat als Reagens an- 
gegeben, weil dieses mit vielen Entwicklern eine charakte- 
ristische Reaktion gibt. Bei einigen derselben ist die Reaktion 
so charakteristisch, dass man sie mit Bestimmtheit nachweisen 
kann. Nachstehend führen wir die von einer fünfprozentigen 
Ammonium-Persulfatlösung mit den verschiedenen wässerigen 
Entwicklerlösungen gegebene Reaktion an. 

Diamidophenol. Rosafärbung, welche nach und nach 
ins Braune übergeht, indem gleichzeitig eine Trübung der 
Flüssigkeit und darauf nach vielen Stunden ein brauner Nieder- 
schlag entsteht. 

Metol. Sehr schöne, stets intensiver werdende violette 
Färbung, die Flüssigkeit bleibt auch nach mehreren Stunden 
fast klar. 

Eikonogen. Nach kurzer Zeit bildet sich ein volumi- 
nöser, weisser kristallinischer Niederschlag, welcher wahr- 



— 254 — 

scheinlich eine Verbindung des Eikonogens mit dem Persulfat 
ist. Infoige des Persulfatüberschusses oxydiert sich jedoch 
-der weisse Niederschlag und lost sich zu einer stets dunkler 
werdenden, braunen Flüssigkeit auf. Vorübergehend erwähnen 
wir, dass der weisse Niederschlag sich ziemlich gut halt, wenn 
man denselben sofort auf dem Filter wäscht, und dass der- 
selbe, mit Natriumsulfit und Soda gemischt, einen vorzüglichen 
Entwickler gibt. 

Glycin. Das Glycin scheint gegen die Oxydation die 
grösste Widerstandsfähigkeit zu besitzen, da mehrere Stunden 
■erforderlich sind, bis sich die Flüssigkeit färbt, und erst nach 
ia Stunden tritt eine schwach violette Färbung ein. 

Hydrochinon. Färbt sich langsam und schwach gelb. 
Nach mehreren Stunden geht die Färbung ins Braune über 
und in der Lösung bilden sich schöne, sehr lange, nadei- 
förmige, dunkelgrüne Kristalle, welche in kaltem Wasser gar 
nicht, in warmem Wasser dagegen zu einer gelblichen Flüssig- 
keit leicht löslich sind ; bei verdünnten Lösungen bilden sie 
sich nicht. Dem Aussehen nach könnte man diesen Körper 
für Chinhydron oder grünes Hydrochinon halten; wenn man 
aber das grosse Oxydationsvermögen des Pcrsulfates berück- 
sichtigt, so müsste eine Umwandlung des Hydrochinons in 
Chinon stattfinden. Auf jeden Fall handelt es sich jedoch 
um ein Sulfoderivat, denn wir konnten die Gegenwart von 
Schwefel analytisch nachweisen. 

Pyrogallol. Färbt sich sofort gelbbraun und wird rasch 
rotbraun. 

Ortol. Sattes Gelb, welches nach und nach braun und 
nach mehreren Stunden rotbraun wird. — 

Nun einige Worte über den Temperatureinfluss auf die 
Wirkung des Entwicklers. Die Herren Luys und David 
haben nachgewiesen, dass die Berührung einer Platte mit den 
Fingern während der Entwicklung einen energischen Eindruck 
zur Folge hat; in dem entwickelten Bilde beobachtet man 
um die Finger herum Ausstrahlungen, als ob aus den Händen 
des Operateurs eine wirkende Kraft gekommen wäre. 

Um zu sehen, ob nicht etwa eine chemische Wirkung 
der Haut der Grund dieser Erscheinung sei, legt man die 
Hand auf die Glasseite der Platte, indem man die Platte mit 
der Schicht nach unten, auf zwei Glasstreifen in den Ent- 
wickler legt und entwickelt; auch da wiederholt sich dieselbe 
Erscheinung. Man schliefst daraus, dass diese Wirkung auf 



— 255 — 

Ausstrahlungen der Hände oder anderer Körperteile zurück- 
zuführen sei. 

Die Wirkung solcher Ausstrahlungen des menschlichen 
Körpers, wie sie aus den Beobachtungen von Luys und 
David hervorgehen, ist jedoch zweifelhaft, obwohl diese Er- 
scheinung nicht gut zu erklären ist; dass die schwache Wärme 
des menschlichen Körpers diese Erscheinung hervorrufen könne, 
ist nicht anzunehmen. Aber Colson, dieser berühmte franzö- 
sische Gelehrte, hat nachgewiesen, dass die in den Ent- 
wickler gelegte Platte von einer viel massigeren Temperatur 
beeinflusst wird, als die trockene Platte, so dass die Tempe- 
ratur der Hand ganz gut die Schwärzung mit den Ausstrah- 
lungen an den berührten Stellen herbeiführen kann. Diese 
Ausstrahlungen erklärt Colson dahin, indem er annimmt, 
dass durch die Verringerung der Entwicklertetich en an den 
Berührungsstellen der Platten andere Teilchen zuströmen und 
so eine gewisse Bewegung der Flüssigkeit bedingen, durch 
welche die strahlenartige Schwärzung entsteht. Dass" nur die 
Wärme und keinerlei sonstige Ausstrahlungen diese Wirkung 
hervorrufen, konnte der Autor mit Bestimmtheit nachweisen, 
indem er an Stelle der Hand ein erwärmtes Metallstück auf die 
Platte legte; die Wirkung ist eine vollkommen gleiche wie 
diejenige der Hand. Die Erscheinung tritt nämlich auf, so- 
wohl wenn das Metall mit der Hand, als auch, wenn es 
künstlich erwärmt wird; die Maximalwirkung beobachtet man 
bei vollkommener Ruhe der Flüssigkeit. 

Wenn auch diese Versuche zu keiner unmittelbaren An- 
wendung geeignet sind, so sind sie doch für die Wissenschaft 
und die Praxis von grossem Interesse. Vor allem beweisen 
sie, wieviel höher die Empfindlichkeit der im Entwickler an- 
gefeuchteten Platte für die physikalische Einwirkung der Wärme 
ist. Bei dem Licht ist das Gegenteil der Fall, denn eine be- 
feuchtete Platte ist weniger empfindlich für die Wirkung des 
Lichtes als in trockenem Zustande. Die Wärme erhöht also 
unbedingt die reduzierende Wirkung des Entwicklers auf das 
Broinsilber. Nach Colson kann diese Erscheinung in der 
Physik von Bedeutung sein, indem man sich derselben be- 
dienen könnte, um die auf die Fortpflanzung, Absorption 
und Ausstrahlung der Wärme Bezug habenden Erscheinungen 
zu registrieren. 

Für den Photographen haben diese Versuche insofern 
einen Wert, weil sie nachweisen, welche Bedeutung die Tem- 



- * 5 6 - 

peratur der Entwickle rlOsung für die Klarheit des Negativs 
hat. Es ist sehr wichtig, im Sommer gewisse energische Ent- 
wickler vor dem Gebrauche durch Eis abzukühlen oder an einen 
kflhlen Ort zu stellen. Mit dem Amidol ist im Sommer kein 
guter Erfolg zu erwarten, wenn man es nicht vorher abkühlt. 

Auf jeden Fall ist es sehr empfehlenswert, in den heissen 
Landern und in der warmen Jahreszeit die Entwicklerschale gut 
zu bewegen, weil, wie Colson nachweist, dadurch die Schleier- 
bildung bedeutend vermindert wird. Von den Colsonschen 
Beobachtungen ausgehend, stellte Hauptmann Houdaille Ver- 
suche darüber an, welches Verhältnis zwischen der Tempe- 
ratur des Entwicklerbades und der Zeit der Erscheinung des 
Bildes besteht. Aus seinen Untersuchungen hat er folgende 
annähernde Gesetze abgeleitet: 

Die Erscheinungszeit des Bildes ist bei ein- und derselben 
Aufnahmezeit umgekehrt proportional der in Centigraden (Grade 
nach Celsius) ausgedrückten Temperatur der Lösung. Bei ver- 
schiedenen Aufnahmezeiten kann man bei entsprechender Regu- 
lierung der Temperatur des Bades stets gleiche Resultate erzielen. 

Hauptmann Houdaille hat auf Grund desselben Prinzip es 
eine Methode ausgearbeitet, um die Intensität des auf zwei 
verschiedenen Platten auftretenden Schleiers vergleichsweise 
zu bestimmen; zu diesem Zwecke legte er die Platten, mit der 
Gelatineseite nach unten, und zwar auf Trägem (Glasstreifen), 
in eine Entwicklerlösung von o Grad, legte eine auf 40 Grad 
erwärmte Gusseisenplatte von 0,5 kg Gewicht darauf und ver- 
glich dann nach 3 Minuten die Intensität des auf beiden 
Platten erzeugten Schleiers. 

Es ist daher vorteilhaft, bei unterexponierten Platten sich 
lauwarmer Bäder zu bedienen. Freiherr vonHübl hat auch ver- 
schiedene Versuche über den Temperaturein flu ss gemacht; für 
das Amidol und für das Glycin stellt er folgende Zahlen fest: 



Temperatur 


Entwicklungsdauer 


in Grad 


in Sekunden 


. 1" 


138 


Glycin l 1 7 


104 


| 22 


60 


( ° 


70 


Amidol f 8 


48 


|i6 


22 



XXXVII. Kapitel. 

Verzögerungs- und Beschleunigungs- 
mittel. Korrektion von Ueberexpositionen mit 
Hilfe der Bisulfite. 

Verzögernde Wirkung des Bromkaliums. — Art der Anwendung. 
- Wahrscheinliche chemische Ursache der verzögernden Wirkung. — 
Verzögernde Wirkung der citronensauren und chromsauren Alkalien. 
— Günstiger Einfluss des Blutlaugensalzes bei der Entwicklung. — 
Beschleunigungsmittel für die alkalischen Entwickler. — Verwendung 
des Kalium -Metabisulfit es und des Acetonsul fites zur Korrektur von 
Ueberexpositionen. — Praktischer Wert dieser Methode. 

Vor der Mitteilung der Vorschriften ist zu erwähne», 
dass zu den Entwicklerlösungen ausser den angegebenen noch 
andere Substanzen zugesetzt werden, welche den Zweck haben, 
das Erscheinen des Bildes entweder zu beschleunigen oder zu 
verzögern. Das bekannteste Verzögcrungsmittel ist im all- 
gemeinen das Bromkalium. Gewöhnlich wird eine zehnpro- 
zentige Bromkaliumlösung hergestellt, die man dem Entwickler 
tropfenweise zusetzt, in denjenigen Fällen, wo entweder wegen 
der Ueberex position oder wegen der Neigung der Platten 
zum Schleier , sonst keine kontrastreichen Bilder zu erwarten 
wären. 

Durch den Bromkaliumzusatz erzielt man auch eine grössere 
Bild intens] tat. Für die Wirkungsweise des Bromkaliums hat 
man keine genaue Erklärung. Im allgemeinen nimmt man an, 
dass die verzögernde Wirkung des Bromkaliums dem Um- 
stände zuzuschreiben ist, dass es mit dem Bromsilber ein 
Doppelsalz von Bromkalium mit Bromsilber bildet, welches 
gegen die reduzierende Wirkung des Entwicklers widerstands- 
fähiger ist. Bei den organischen Entwicklern kann jedoch 
die Wirkung des Bromkaliums dadurch erklärt werden, dass 
bei der chemischen Reaktion die Gegenwart des einen dieser 
Reaktions produkte diese Reaktion verhindern kann. In Gegen- 
wart eines starken Bromkaliumüberschusses geht die Entwick- 
lung nur in minimalem Grade vor sich. Das Bromkalium 
zerstört jedoch durchaus nicht das latente Bild, da eine mit 
brom kaliumreicher Entwicklerlösung behandelte, belichtete Platte 
zwar kein Bild erscheinen lässt, dasselbe sich aber entwickelt, 
wenn sie in eine bromkali umfreie oder mit nur wenig Brom- 
kalium versetzte Lösung gelegt wird. Die verzögernde Wirkung 

Niraias, Hindbuch der photogr. Chcml«. I" 



- 258 - 

des Bromkaliums ist jedoch bei den verschiedenen Entwicklern 
auch eine verschiedene. Einige dieser Entwickler sind für 
das Bromkalium sehr empfindlich, wie das Eikonogen und 
das Hydrochinon, andere, wie das Amidol, sind es sehr wenig. 

Wie bereits erwähnt, übt das Bromkalium auf den Eisen- 
entwickler die stärkste Wirkung aus, und zwar wahrscheinlich, 
weil dabei Eisenbromid entsteht. In einigen Handbuch ern 
wird der Gebrauch verdünnter Entwicklerlösungen für die Ent- 
wicklung von überexponierten Platten empfohlen. 

Dies ist durchaus nicht ratsam; im Gegenteil, für manche 
Entwickler empfiehlt es sich, im genannten Falle eine kon- 
zentriertere Lösung zu verwenden. Nur mit dem Bromkalium- 
zusatz , und nicht durch Verdünnung der Entwicklerlösung 
kann man die Folgen der Ueberexposition beseitigen. 

Ein energischer Verzögerer ist auch das citronen saure 
Natron und einige citronensaure Alkalien. Dieselben wirken 
vielleicht dadurch, dass sie die reduzierende Kraft des Ent- 
wicklers vermindern. Weder die Citrate, noch das Bromalkali 
zerstören das latente Bild. Die zu verwendenden Mengen 
sind die gleichen, wie für das Bromkalium. Auch die chrom- 
sauren Alkalien wurden von uns zuerst als Verzögerer empfohlen; 
mit diesen kann man in der Tat selbst bei stark überexpo- 
nierten Platten noch brauchbare Negative erhalten. Die 
Wirkung der Chromate beruht jedenfalls auf ihrer, der redu- 
zierenden Kraft des Entwicklers entgegen arbeitenden oxy- 
dierenden Wirkung, indem auf diese Weise der Entwickler 
nur an den stärker belichteten Stellen des Negatives arbeiten 
kann. Das Chromat reduziert sich jedoch sehr rasch, und 
zwar zum Nachteil des Entwicklers, welcher dabei rascher 
oxydiert und braun wird. Dies ist eine Unannehmlichkeit, 
welche nicht zu Gunsten der Chromate spricht. Eine Sub- 
stanz, welche bei den meisten Entwicklern eine günstige 
Wirkung ausübt, ist dasFerrocyankalium (gelbes Blutlaugensalz). 
Ohne dass es weder als Verzögerer, noch als Beschleuniger 
bemerkenswert wirkte, kann man mit demselben doch inten- 
sive Bilder, richtigere Tonabstulung und eine angenehmere 
Farbe des reduzierten Silbers erhalten. Bei einigen Entwicklern, 
wie z. B. bei dem Glycin, scheint es schwach verzögernd zu 
wirken. Man verwendet es im Verhältnis von ao bis 30 g 
pro Liter Entwickler. 

Während die Bromalkalien eine energisch verzögernde 
Wirkung ausüben, zeigen die Chloride der Alkalien fast keine 



— 2 S 9 — 

bemerkbare Wirkung. Dies wurde von Freiherr von Hübl 
mit Sicherheit nachgewiesen. Wir haben dies ebenfalls gefunden, 
indem wir, selbst mit einem Zusatz bis zu 30 g Natriumchlorid 
pro Liter keinen merklichen Einfluss beobachten konnten; es 
ist daher nicht begreiflich, wie von anderer Seite das Gegen- 
teil behauptet werden kann. Nur bei dem Eisenentwickler 
können die Chloride infolge der Bildung von Ferrichlorid als 
Verzögerer wirken. 

Die Jodalkalien sind dagegen ziemlich energische Ver- 
zögerer, namentlich in einigen Entwicklern, wie z. B. in dem 
Glycin, und haben ausserdem eine klärende Wirkung, wodurch 
man sehr oft klarere Bilder erhält. Die Alkalisalze organischer 
Säuren haben diese verzögernde Wirkung in verschiedenem 
Grade ; so z. B. die essigsauren, die weinsauren, die Oxalsäuren 
Salze u. s. w. Die essigsauren Alkalien sind besonders bei 
Pyrogallussäure als Verzögerer wirksam. 

Auch die Borsaure hat , wie wir kürzlich nachweisen 
konnten, in vielen Entwicklern eine verzögernde Wirkung. Wir 
empfahlen unter anderm bei dem Paramidophenolentwickler 
einen Zusatz von 5 bis 10 cem einer gesättigten Borsäurelösung 
für je 100 cem Entwickler. Sehr wichtig für die Praxis ist 
der Gebrauch der Bisulfite bei der Korrektur von Ueberexpo- 
sitionen. Dr. Precht machte zuerst auf die Verwendbarkeit 
des Acetonsul fites Bayer (bei dem das Natriumbisulf it die 
wirksame Substanz ist) als vorzügliches Mittel bei der Korrektur 
von Ueberexpositionen aufmerksam. Dr. Precht erkannte 
jedoch dem Acetonsulfit allein diese Eigenschaft zu und Über- 
trieb etwas dessen Wirksamkeit, indem er annahm, dass selbst 
tausendfache Ueberexpositionen damit korrigiert werden könnten. 

Wir haben jedoch nachgewiesen, dass diese Eigenschaft 
sämtlichen Bisulfiten gemeinsam ist, dass man aber praktisch 
jedenfalls keine höheren als 100 fache Ueberexpositionen mit 
denselben zu korrigieren im stände ist, da die dazu erforder- 
liche Menge Bisulfit so gross sein müsste, dass die entwickelnde 
Kraft des Entwicklers so weit geschwächt werden würde, dass 
selbst das überexponierte Bromsilber keine genügend kräftigen 
Bilder liefern würde. 

Das wirksamste und wegen seiner Beständigkeit empfehlens- 
werteste Bisulfit ist das Kalium - Metabisulfit K.S, 5 . Nur bei 
dem Amidolentwickler, bei dem, da kein Alkali zugegen ist, 
durch Metabisulfit leicht jede Wirkung zerstört werden kann, 
haben wir gefunden, dass das Acetonsulfit als Verzögerer bei 

17* 



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L'eberexposiüonen empfehlenswerter ist; das Acetonsulfit erlaubt 
nämlich einen grösseren Spielraum im Gebrauche. 

Um über die Wirkung des Acetonsul fites und des Meta- 
bisulfites eine annähernde Vorstellung zu geben, ist auf neben- 
stehender Seite eine 1903 von uns veröffentlichte Tabelle ober 
unsere Untersuchungen zusammengestellt worden. 

Das dazu verwendete Edinol ist die mit 9 Volumen Wasser 
verdünnte, konzentrierte Edinollösung des Handels der Firma 
Fricdr. Bayer & Co. Der Metol-Hydrochinonentwickler ist 
nach der später angegebenen Vorschrift zusammengestellt und 
enthält 30 g wasserfreie Soda pro Liter. Wenn man bedenkt, 
dass der Zusatz von Bi-ulfit zu den alkalischen Entwicklerbädern 
im Grunde genommen nur eine teilweise Sättigung des gegen- 
wärtigen Alkalis ist, so muss man -ich fragen, ob durch eine 
Verminderung des Alkaligehaltrs (auf die Hälfte, ein Viertel 
oder noch weniger) nicht au) einfachere Weise dasselbe 
Resultat erreicht werden könnte 

Die Wirkung ist in der Tat eine analoge; indessen ist 
der Bisulfitzusatz vorteilhafter, namentlich in Gegenwart von 
Alkalikarbonat, weil wahrscheinlich ein Gleichgewichtsstadiuin 
zwischen Bisulfit, Karbonat, und das durch Einwirkung des 
Bisulfites gebildete Bikarbonat entsteht, so dass die Wirkung 
eine vollständigere ist und die Bilder, trotz der stark ver- 
minderten Reduktionskraft noch kräftig genug ausfallen. 

Ueber die Bcsehleunigungsmittel in den alkalischen Ent- 
wicklungsbädern ist wenig zu sagen. Bei der Eisenoxalat-Ent- 
wicklung dient hierzu, wie schon an der betreffenden Stelle 
erwähnt, das Fixiernatron. Diese Substanz hat im allgemeinen 
in den alkalischen Entwicklern nicht denselben Effekt. Die 
beste Bcschlcunigungsmethodc bei den organischen Entwicklern 
besteht in der Erhöhung des Alkaligehaltes durch Zusatz von 
Alkalikarbonat oder kaustischem Alkali. Bei gewissen Ent- 
wicklern kommen, im Falle starker Unterexpositionen, zuweilen 
durch ein Vorbad von gesättigter Aetzlithiumlösung gute Resul- 
tate zu stände; nach 1 bis 2 Minuten wird die Platte aus diesem 
Bade genommen und mit einem möglichst energischen Ent- 
wickler entwickelt. Bei Verwendung kaustischer Alkalien darf 
man jedoch die an der betreffenden Stelle angeführten Nach- 
teile nicht ausser acht lassen. Auf jeden Fall ist die verdünnte 
Metol-Entwicklerlösung (Normalrezept mit 4 Teilen oder mehr 
Wasser) der beste Entwickler für unterexponierte Platten. 



— a6a — 
XXXVin. Kapitel. 



Herstellungsvorschriften für die 

Entwicklerlösungen und praktische Angaben 

über das Entwicklungsverfahren. 



Vorschriften für den Pyrogallusentwickler. — Hvdrochinon- 
vorschritten. — Zusammensetzung einer Normal - Entwicklerlösung 
nach Houdaille. — Hvdramin entwicklet — Vorschriften für den 
Eikonogen - und den ffydrochinon - Eikonogen entwicklet — Vor- 
schriften für den Paramidophenol -, Amidol- und Diamidoresorcin- 
entwickler. — Vorschriften für den Metol- und Metol-Hydrochinon- 
entwickler. — Cly einen tw ick ler nach Hubls Vorschriften. — Vor- 
schriften für den Örtol-, Diogen-, Diphenol-, Adurol-Entwickler. — 
Vorsichtsmassregeln während des Entwickeins. — Standenlwicktung 
und hierzu geeignete Entwickler. 

Vorschriften für den Pyrogallusentwickler. 

In den nachstehenden Vorschriften ist stets das kristalli- 
sierte Natriumsulfit und wasserfreie Soda zu verwenden. Das 
kristallisierte Natriumsulfit muss rein sein, und ziehen wir 
aus diesem Grunde das kristallisierte Produkt dem wasser- 
freien vor, da ersteres leichter rein zu erhalten und dessen 
Reinheit an dem äusseren Aussehen leicht zu erkennen ist. 

Unter wasserfreier Soda verstehen wir das unter der 
Bezeichnung Soda Solway im Handel vorkommende Produkt, 
das wir stets hinreichend rein gefunden haben, um es bei 
jeder Entwicklerlosung verwenden zu können. 

Zu der Herstellung von klaren Entwicklerlösungen, die 
keiner Filtration bedürfen, sollte man destilliertes oder Regen- 
wasser benützen. Das gewöhnliche Brunnenwasser ist jedoch 
nicht schädlich, nur müssen dann die damit hergestellten 
Lösungen noch filtriert oder nach dem Absetzen lassen de- 
kantiert (abgegossen! werden. 

i. Pyrosoda- Entwickler. Getrennte, haltbare Lösungen, 
welche zum Gebrauche zusammengemischt werden. 

A) Wasser 500 cem, 

kristallisiertes Natriuinsulfit 100 g, 

reine Schwefelsäure 6 Tropfen, 

Pyrogallussäure 14 g- 

B) Wasser 500 cem, 

wasserfreie Soda 20 g. 



— 2Ö3 — 

Um die Energie des Entwicklers zu vermindern, ist es 
zweckmässig, zu je einem Teil von A und B auch einen Teil 
Wasser zuzusetzen. 

2. Pottasche-Entwickler in getrennten Lösungen, die 
zum Gebrauche gemischt werden. 

A) Wasser ioo ccm, 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 15 „ 

reine Schwefelsaure 3 Tropfen, 

Pyrogallussäure 10 g. 

B) Wasser 100 ccm, 

Pottasche 45 ß. 

kristallisiertes Natriumsulfit. 15 „ 

Zum Gebrauch nimmt man: 

Wasser 100 ccm, 

Lösung A 5 Teile, 

„ B 3 . 

Diese von Eder empfohlene Vorschrift liefert vorzügliche 
Resultate und ist vollkommen rationell zusammengesetzt. Das 
Natriumsulfit ist unter A und B verteilt, damit selbst in der 
Kälte kein Auskristallisieren stattfindet. 

3. Pyroammoniakentwickler. Man stellt zunächst eine 
Pyrolösung nach Vorschrift 1 (Pyrosoda -Entwickler) her und 
mischt dann diese in folgendem Verhältnis: 

Pyrosodalösung 1 10 ccm, 

Wasser 100 „ 

reines Ammoniak (mit 3 Volumen 

Wasser verdünnt) 5 » 

Da dieser Entwickler im allgemeinen schwächere Nega- 
tive liefert und zum Schleiern neigt, ist es empfehlenswert, 
gleich von vornherein 2 bis 3 ccm einer zehnprozentigen 
Bromkaliumlösung zuzusetzen. 

Die Pyrogallussäure eignet sich zur Herstellung von ge- 
brauchsfertigen Entwicklerlösungen weniger gut, weil die ge- 
mischten Lösungen von Pyrogallussäure und Alkalisulfit und 
Karbonat auch bei Abschluss der Luft sehr wenig haltbar 
sind. Eder machte jedoch die Beobachtung, dass die Halt- 
barkeit der konzentrierten Pyrogallus-Entwicklcrlösungcn eine 
ziemlich gute ist. 



— 264 — 

Man stelle folgende Lösung her: 

Kristallisiertes Natriumsulfit . . 20 g, 
Natriumkarbonat (wasserfreie Soda) 5 „ 
destilliertes Wasser 90 ccm. 

Man kocht diese Losung und setzt nach dem Erkalten 
3 g Pyrogallussäurc hinzu. Die Lösung wird in einer voll- 
kommen gefüllten Flasche aufbewahrt und zum Gebrauche 
mit dem fünffachen Volumen Wasser verdünnt. Sie hält -sich 
mehrere Wochen. 

Von sämtlichen angegebenen Pyro Vorschriften ziehen wir 
die zweite wegen der Weichheit des Bildes vor. Bei dieser 
Formel kann zur Erzielung grösserer Deckung die Menge der 
Pyrogallussäure bis auf das Doppelte erhöht werden. 

Hydrochinon. Das Hydrochinon ist heutzutage, wie 
bereits erwähnt, einer der verbreitetsten Entwickler; es ent- 
wickelt nur in stark alkalischen Lösungen gut. Die nach 
unseren Erfahrungen am besten bewahrten Vorschriften sind 
die folgenden. 

Entwickler in einer Lösung: 

Hydrochinon 10 g, 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 80 „ 

wasserfreie Soda 40 „ 

gelbes Blutlaugensalz 30 , 

Wasser 1000 ccm. 

Dieses Bad ist bei Aufbewahrung in vollkommen ge- 
füllten und gut verkorkten Flaschen sehr gut und lange 
haltbar. 

Mit Ausnahme sehr schneller Momentaufnahmen ziehen 
wir vor, die Wirkung des Entwicklers durch Zusatz von 2 g 
Bromkalium zu verzögern. Dieses mit reinem, kristallisiertem 
Natriumsulfit präparierte Bad bietet den Vorteil, dass es selbst 
in halb gefüllten Flaschen, ja, selbst in offener Schale keine 
Veränderung erleidet. Wir haben gefunden, dass diese 
Lösung nach 48stündigcm Stehen in offener Schale nicht 
dunkel wird. Von allen in diesem Kapitel angegebenen Ent- 
wicklerbädern ist dieses das einzige von einer so grossen 
Haltbarkeit. Die damit erzielten Negative sind gut, jedoch 
etwas zu dicht. Setzt man zu der oben angegebenen Lösung 
eine beträchtliche Menge Hromkalium (bis 10 g pro Liter) zu, 
indem man gleichzeitig die Menge der wasserfreien Soda auf 



— 265 — 

20 g reduziert, so eignet sich das Bad vorzüglich für Repro- 
duktionsz wecke. Es ist auch (ür überexponierte Negative oder 
Objekte mit ungenügenden Kontrasten verwendbar. 

Will man das Hydrochinonbad mit Pottasche an Stelle 
der Soda verwenden, so empfiehlt sich folgende Hydrochinon- 
Pottasche Vorschrift: 

A) Wasser 400 cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 40 g, 
Hydrochinon 10 „ 

B) Wasser 200 cem, 

Pottasche 20 g. 

Zum Gebrauche mischt man 40 cem der Lösung A und 
20 cem der Lösung B. Dieser Pottasche -Entwickler arbeitet 
schneller als der Soda- Entwickler. Derselbe könnte auch 
gemischt aufbewahrt werden, vorausgesetzt, dass man ihn in 
ganz gefüllten und gut verkorkten Flaschen aufbewahrt; die 
Haltbarkeit ist jedoch geringer als bei dem Soda- Entwickler. 

Die Energie, oder besser gesagt, die Schnelligkeit der 
Reduktion der Hydrochinonentwickler, kann durch Verwendung 
von Aetzalkalien an Stelle der Alkali karbonate erheblich ge- 
steigert werden. 

Sehr energisch erweist sich das folgende Bad: 

A) Hydrochinon lag, 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 80 „ 

gelbes Blut laugen salz 100 „ 

Wasser 1000 cem. 

B) Wasser 100 cem, 

Aetzkali 20 g. 

Zum Gebrauche mischt man 100 ccin der Lösung A mit 
10 bis 20 cem der Lösung B zusammen. 

Dieser Entwickler eignet sich nur bei starken Unter- 
expositionen (wie z. B. bei sehr kurzen, unter schlechten Licht- 
verhältnissen gemachten Momentaufnahmen oder sehr kurzen 
PortrStaufnahmen u. s. w.), und wenn man absolut nicht zum 
Schleier neigende Platten verwendet. Der weiter unten an- 
gegebene Metolentwickler eignet sich jedoch für unter- 
exponierte Platten besser. 

Ein anderes gutes Hydrochinon -Entwicklungsbad kann 
mit dem von Lumiere zuerst empfohlenen dreibasisch phos- 



— 266 — 

phorsauren Natron nach folgender Vorschrift hergestellt 
■werden : 

A) Wasser 500 ccm, 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 60 g, 

Hydrochinon 10 „ 

gelbes Blutlaugen salz 40 „ 

B) Wasser 500 ccm, 

dreibasisch phosphorsaures Natron 80 g. 

Zum Gebrauche nimmt man gleiche Teile von A und B. 
Die beiden Lösungen halten sich sehr lange; auch die 
Mischung hält sich mehrere Monate in ganz gefüllten, gut 
verkorkten Flaschen. 

Das Hydrochinon eignet sich auch för die Herstellung 
von konzentrierten Entwicklungsbädern, welche bei gewissen 
Gelegenheiten sehr bequem sind. Die folgende Lösung, mit 
dem vier- bis sechsfachen Volumen Wasser verdünnt, liefert 
einen vorzüglichen Entwickler: 

Wasser 1000 ccm, 

kristallisiertes Natriumsulfit . . 200 g, 

Hydrochinon 50 , 

Pottasche 400 „ 

Um die Entwicklung der Bilder zu verzögern und die 
Kontraste derselben zu erhöhen, eignet sich bei allen an- 
geführten Vorschriften das Bromkalium vorzüglich. Wir 
wiederholen bei dieser Gelegenheit, dass wir vorziehen, in 
allen Fällen normaler Exposition bei jedem Hydrochinon- 
entwickler 2 g Bromkalium pro Liter zuzusetzen. Bei Ueber- 
expositionen kann man die doppelte und dreifache Menge 
desselben nehmen. 

Es mögen hier die Resultate der Studien des Haupt- 
manns Houdaille über die Entwickler wiedergegeben werden. 
Der Autor ging bei seinen Untersuchungen vom Hydrochinon- 
entwickler aus; seine Schlussfol gerungen können aber auch 
auf andere Entwickler bezogen werden. 

Die nach Houdaille an eine Entwicklerlösung zu 
stellenden Anforderungen sind folgende: 

1. Der Entwickler muss eine Tonabstufung von 1 bis 12 
und möglichst von 1 bis 25 geben, damit das Negativ für 
die meisten heute bekannten Papiere brauchbar ist. Natür- 
lich ändert sich die Tonabstufung, je nachdem es sich um 



— 267 — 

eine Landschaft oder um ein Portrat handelt. Wenn man 
bei einer Landschaft die Lichtintensität einer sonnen- 
beleuchteten weissen Mauer mit 48 angibt, so beträgt die 
I-i cht intenskät derselben Mauer im Schatten 8, die der dunklen 
Gegenstände 1. Bei Portrats im Freien wird die Tonabstufung 
auf 1 bis 25 und auf 1 bis 16 zurückgehen. Bei einem 
Negativ kann man in der Praxis eine Tonabstufung von 1 
bis 48 nicht erhalten; im allgemeinen beträgt sie 1 bis 15 
oder 1 bis 20, und nur ausnahmsweise kann man bei sehr 
kräftigen Negativen i bis 40 erreichen. Aus diesem geht 
also hervor, dass die Tonabstufung des Negatives im all- 
gemeinen weniger reich ist, als die wirkliche Tonabstufung 
des aufzunehmenden Gegenstandes; es liegt somit im Inter- 
esse der Sache, möglichst einen Entwickler ausfindig zu 
machen, der die Tonabstufung erhöht. 

3. Der Entwickler muss durch möglichst einfache Modi- 
fikationen der Formel eine Erhöhung oder Verminderung der 
Kontraste erzielen lassen. 

3. Das Bad muss innerhalb einer geringeren Zeit als 
8 Minuten entwickeln, um eine Gelbfärbung des Negatives zu 
vermeiden, und Ober 3 Minuten, damit das Erscheinen des 
Bildes genügend beobachtet werden kann. 

Hauptmann Houdaille gibt eine Vorschrift für einen 
N o rm al-Hyd roch in onentwi ekler an. Dieser Entwickler 
besteht aus einer Mischung von gleichen Teilen folgender 
drei Lösungen: 

1. Wasser 333 cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit . 100 g, 

Hydrochinon 15 „ 

2. Wasser 333 coro, 

Pottasche 40 g. 

3. Wasser 333 cem, 

ßromkalium 1,5 g. 

Das so hergestellte Bad nähert sich nach der Ansicht 
Houdaillcs dem theoretischen am meisten; es neigt jedoch 
zu sehr zu kontrastreichen Bildern, Die höchste Dichtigkeit 
beträgt 46; dieselbe ist, namentlich bei Porträts, zu gross. 

Interessant ist die vom Autor konstatierte Tatsache, dass 
die Kontraste sowohl bei doppelter Konzentration, als auch 
bei doppelter Verdünnung der Normallösung bedeutend ver- 



— »68 — 

mindert werden, während die Maximaldichtigkeit zwischen 13 
und 17 schwankt. Der Autor schliesst daraus, dass die 
Hydrochinonmengc zur Erhaltung kräftiger Negative 15 g 
nicht überschreiten soll und nicht weniger als 7 g betragen 
darf. Sämtliche Resultate wurden mit den Dichtigkeitstafeln 
verglichen. 

Indem wir auf diese interessanten Mitteilungen des 
Hauptmanns Houdaille hinweisen, müssen wir gleichzeitig 
auch bemerken, dass bei der Feststellung einer Normal-Ent- 
wicklerlösung auch dem Einfluss des alkalischen Charakters 
des Bades auf die Dichtigkeitsabstufung Rechnung getragen 
werden muss. Ausserdem kann man unseres Erachtens nicht 
eine für alle Fälle gleich gut geeignete Normallosung fest- 
stellen, da die Zusammensetzung des Hades, welches bei den 
verschiedenen Objekten eine richtige Tonabstufung wieder- 
geben soll, oft variieren kann. Die Qualität der Emulsion 
hat auf jeden Fall einen grossen Einfluss auf die zu er- 
zielenden Resultate. Es ist somit eine zu gewagte und kom- 
plizierte Aufgabe, eine Normal Vorschrift für jedes Entwicklungs- 
mittel festzustellen. 

Hydramin. Dieses von den Herren Lumiere ein- 
geführte Entwicklungsmittel wird als eine Verbindung von 
Hydrochinon mit Paraphenylendiamin betrachtet. Die von 
i\an Erfindern angegebene Vorschrift ist die folgende: 

Wasser 1000 cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 30 g, 

I lydrainin 5 „ 

Aetzlhhium 3 „ 

Dieses Bad ist für die Wirkung des Bromkaliums sehr 
empfindlich. 

Brcnzkateehin. Das Brenzkatcchin wird heute in 
grossem Massstabe von den Firmen Dr. Ludwig Ellon & Co. 
in Charlottenburg und Poulenc in Paris hergestellt. 

Ein sehr energisches Entwicklungsbad stellt man nach 
folgender Vorschrift Edcrs her: 

A) Wasser 1000 cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit . . . 100 g, 
Hrenzkatechin 25 „ 

B) Wasser 1000 cem, 

Aetzkali 100 g. 



— 269 — 

Zum Gebrauche mischt man 1 Volumen A, 1 Volumen B 
und 1 Volumen Wasser oder 1 Volumen A und 2 Volumen B, 
wenn sehr grosse Energie erforderlich ist. 

Setzt man an Stelle des Aetzkali die gleiche oder andert- 
halbfache Menge Pottasche zu, so erhält man einen weniger 
energisch wirkenden Entwickler. Als Verzögerer empfiehlt 
sich eine zweiprozentige Borsäurelösung an Stelle des Brom- 
kaliums. 

Das ohne Sulfit verwendete Brenzkatcchin liefert braun- 
rote Bilder. Beim Trocknen ändert sich jedoch die Farbe. 
Erhöht man den Alkaligehalt des ohne Sulfit hergestellten 
Bades, so wird die rote Färbung intensiver und beständiger. 

Bemerkenswert ist, dass man mit dem Brenzkatechin 
— dem einzigen zu diesem Zweck sich eignenden und be- 
kannten Entwicklungsmittel — F.ntwicklungsfixierbäder her- 
stellen kann. Diese Bäder wurden vor einigen Jahren der 
Firma Ellon & Co. patentiert, fanden jedoch keinen Beifall. 
Nach unserer Ansicht sind solche Bäder absolut irrationell, 
weil eine Regelung der Entwicklung des Bildes dadurch un- 
möglich gemacht ist, dass das Fixieren gleichzeitig mit dein 
Entwickeln vor sich geht und infolgedessen auch solche Brom- 
silberteilchen gelöst und entfernt werden, welche die Details 
in den Schatten des Bildes geben sollen. Uebrigens sind 
nach unseren Erfahrungen die nach dieser Methode her- 
gestellten Negative sehr flau. Wir geben deshalb auch keine 
Vorschriften für diese Bäder. 

Eikonogen. Das Eikonogen allein liefert im allgemeinen 
etwas zu dünne Negative; das Kopieren derselben geht aller- 
dings rasch vor sich; bei den heute zu Gebote stehenden 
Papieren, ist es jedoch nicht leicht, die nötigen Kontraste zu 
erhalten. Aus diesem Grunde wird das Eikonogen atiein 
nicht mehr viel gebraucht; mit Hydrochinon zusammen liefert 
es dagegen vorzügliche Resultate, weil dadurch die entgegen- 
gesetzten Eigenschaften der beiden Entwickler ausgeglichen 
werden. 

Eikonogencnt wickler in zwei Lösungen: 

AI Wasser 3000 cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit . . . 150 g, 
Eikonogen 50 , 

B) Wasser 1000 cem, 

wasserfreie Soda 60 g. 



- - 270 — 

Zum Gebrauche werden 3 Teile A und 1 Teil B ge- 
genommen. 

Da das Eikonogen wenig kontrastreiche Bilder liefert, 
empfiehlt es sich, zur Erzielung grösserer Kontraste der 
Lösung A 2 g Bromkalium zuzusetzen. Um die Energie des 
Bades zu erhöhen und dasselbe somit auch für die Entwicklung 
von Momentaufnahmen geeignet zu machen, ersetzt man in 
obiger Vorschrift die 60 g wasserfreie Soda durch 80 bis 100 g 
Pottasche. 

Der Eikonogenentwickier in zwei Lösungen ist ziemlich 
lange haltbar, es empfiehlt sich nicht, den gebrauchten Ent- 
wickler für den weiteren Gebrauch aufzubewahren und mit 
frischem Entwickler zu mischen, sondern es ist vorteilhafter, 
von Fall zu Fall die nötige kleine Menge Entwickler fertig 
zu mischen. Natürlich kann man in der frisch bereiteten 
Mischung mehrere Negative hintereinander entwickeln, wenn 
dies nicht allzu lange dauert. Hebt man jedoch die Mischung 
nach erfolgtem Gebrauche in einer Flasche auf, so kann die- 
selbe im Laufe des Tages mehrfach gebraucht werden. 

Während, wie bereits erwähnt, das Eikonogen allein im 
allgemeinen zu dünne Negative liefert, arbeitet die Eikonogen- 
Hydrochinonmischung vorzüglich, indem sie weder zu weiche, 
noch zu harte, sondern richtig abgestimmte Bilder liefert, bei 
denen das Kopieren bis zu der richtigen Dunkelheit fort- 
gesetzt werden kann, wo die Tiefen die richtige Intensität 
erhalten, ohne die hohen Lichter zu sehr zu färben. Unter 
den mannigfachen Vorschriften wählen wir die folgende, 
welche nach unserer Erfahrung am geeignetsten ist. 

A) Destilliertes Wasser 1000 cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit . 120 g, 

Eikonogen 15 n 

Hydrochinon 5 „ 

B) Wasser 200 cem, 

Pottasche 60 g. 

Zum Gebrauche mischt man 5 Teile A und 1 Teil B. 
Die Lösung A wird am besten unter Erwärmen im Wasser- 
bade hergestellt. Dieselbe hält sich relativ sehr lange; die 
Mischung der beiden Lösungen muss unmittelbar vor dem 
Gebrauch hergestellt und nach dem Gebrauch beseitigt werden. 

Paramidophenol. Dasselbe ist ein viel gebrauchter 
Entwickler, besonders weil er sich in gebrauchsfertiger Form 



— 27' — 

im Handel befindet. Unseres Erachtens verdient derselbe 
nur dann den Vorzug, wenn es weniger auf die Kraft der 
Bilder, als auf Negative mit wenig Kontrasten und auf Details 
in den Schatten ankommt. 

Vorschrift I. 

Wasser 1000 ccm, 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 75 g, 
salzsaures Paramidophenol ... 6 „ 

Aetzkali 25 „ 

Die Substanzen werden in der angegebenen Reihenfolge 
gelöst; das Paramidophenol löst sich erst auf Zusatz von. 
Aetzkali vollkommen auf. Nach der Herstellung muss die 
Lösung sofort in ganz gefüllten und gut verkorkten Flaschen 
aufbewahrt werden. Das Bad ist sofort gebrauchsfertig und 
bedarf keiner Verdünnung. 

Vorschrift II, 

(Konzentrierte Lösung.) 

Wasser 100 ccm, 

Kaliummetabisulfit 30 g, 

saizsaures Paramidophenol ... 10 „ 

Dieser Lösung wird dann nach und nach eine konzen- 
trierte Aetznatronlösung zugesetzt, bis die Flüssigkeit klar 
wird. Diese konzentrierte Lösung muss sorgfältigst in ganz 
gefüllten und hermetisch verschlossenen Flaschen aufbewahrt 
werden. Der im Handel unter der Bezeichnung Rodinal 
bekannte konzentrierte Entwickler entspricht annähernd in 
Bezug auf Eigenschaften und Verhalten dem eben angegebenen 
Bade. Nach Angabe des Fabrikanten sollte jedoch das Rodinal 
kein freies Aetzkali, sondern ein alkalisches Salz des Para- 
midophenols selbst enthalten. Das Paramidophenol kann 
aber auch mit Alkalikarbonat anstatt mit Aetzalkalien gelöst 
werden; in diesem Falle können jedoch keine konzentrierten 
Entwicklerlösungen hergestellt werden, da das Löslichkeitsver- 
hältnis des Paramidophenols in Gegenwart von Sodalösung 
ein sehr beschränktes ist. 

Eine Vorschrift für einen Paramidophenol -Pottasche- 
Entwickler ist die folgende: 



— 27 2 — 

Vorschrift III. 

Wasser iooo ccni, 

kristallisiertes Natriumsuifit ioog, 

Pottasche 80 , 

Salzsaures Paramidophcnol - . 6 „ 

Die Pottasche wird in einem Teile des erforderlichen 
"Wassers separat gelöst und dann nach und nach zugesetzt. 
Die mit Paramidophcnol entwickelten Bilder verlieren beim 
Fixieren an Intensität. Das Bromkalium wirkt ziemlich ener- 
gisch als Verzögerer. 

Zur Erzielung intensiverer Negative bei tadelloser Ton- 
abstufung eignet sich der gemischte Paramidophcnol - Hydro - 
■chinonentwickler vorzüglich. Diese Mischung besteht aus 
700 ccni des an anderer Stelle angegebenen Hydrochinon- 
Soda-Entwicklers und 300 ccni eines Paramidophenol-Soda- 
-oder Aetzkali- (Vorschrift I) Entwicklers. Will man eine 
geringere Bild- Intensität, so nimmt man weniger Hydrochinon- 
und mehr Paramidophenol entwicklet Will man einen weniger 
-energisch wirkenden Entwickler haben, so nimmt man an 
Stelle des Paramidophenol - Aetzkali - den Paramidophenol- 
Pottasche-Entwickler (Vorschrift III). 

Amidol. Bei der Einführung dieses Entwicklers in den 
Handel wurde folgende Vorschrift angegeben : 

Wasser 1000 cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit 50 g, 

Amidol 5 „ 

Damit erzielt man befriedigende Resultate, wenn auch 
■die damit hergestellten Negative im allgemeinen etwas zu 
schwach werden und infolgedessen auch die positiven Bilder 
auf den gewöhnlichen Papiersorten etwas flau und nicht kon- 
trastreich genug ausfallen. Aus diesem Grunde wurde der 
Gebrauch von Amidol, der ziemlich allgemein zu werden schien, 
nach und nach reduziert. 

Unseres Erachtens verdient aber das Amidol diese Ver- 
nachlässigung nicht. Seine Eigenschaft, ohne Alkali zu ent- 
wickeln, die grosse Schnelligkeit der Reduktion, der angenehme 
Ton des reduzierten Silbers, sind unzweifelhaft Vorteile, welche 
man berücksichtigen muss. Bei Verminderung des in der 
Formel angegebenen Sulfitgehaltes ist es auch möglich, inten- 
sivere Bilder zu erhalten. Auf diesen Punkt haben wir bereits 



bei der Besprechung der allgemeinen chemischen und photo- 
graphischen Eigenschaften des Amidols hingewiesen. 
Wir empfehlen folgende Vorschrift: 

Wasser ioooccm, 

kristallisiertes Natriumsullit 30 g, 

Amidol 5, 

Wenn man den Sulfitgehalt verringert, wird der Ent- 
wickler leichter oxydierbar, was aber kaum von Bedeutung 
ist, da der Amidolentwickler jedesmal frisch angesetzt werden 
muss, wenn man gute Resultate erhalten will. Dieses kann 
übrigens sehr leicht geschehen, wenn man die Natriumsulfit- 
lösung stets in Vorrat hat. Man nimmt davon ein gewisses 
Volumen und setzt die entsprechende Menge Amidol zu, 
welches auch, /.. B. mittels eines Löffels oder dergl., abgemessen 
werden kann. Der Entwickler ist sofort gebrauchsfertig, da 
das Amidol äusserst leicht löslich ist. Das gebrauchte Bad 
wird beseitigt. Wir bemerkten bereits, dass das Bromkaliuni, 
welches in fast sämtlichen Entwicklern als energischer Ver- 
zögerer wirkt, in dem Amidolentwickler wenig wirksam ist. 
Bei Verwendung des Amidols ist es daher sehr schwer, Expo- 
sitionsfchler zu korrigieren. Mit Bisulfiten oder Aceton sulfit 
oder mit Borsäure gelingt dies viel hesser. 

Der Zusatz einer kleinen Menge Alkalikarbonat wird von 
vielen empfohlen, während andere davon abraten. Jedenfalls 
erhält man dadurch intensivere Negative, aber auch zuweilen 
eine leichte Verschleierung. Dies hängt natürlich von der 
Qualität der Platten und von der grösseren oder geringeren 
Neigung derselben, zu schieiern, ab. Man muss deshalb der 
wasserfreien Soda den Vorzug geben, wovon höchstens 0,5 g 
pro 100 cem Entwickler genommen werden dürfen. Das 
Dianiidoresorcin wird nach einer analogen Vorschrift des 
Amidols gebraucht. 

Mctol. Der Gebrauch von Metol ist heute ein allgemeiner; 
es wird meistens mit anderen Entwicklern, und zwar besonders 
mit Hydrochinon, zusammen verwendet. 

Die Metol -Entwicklerlösungen besitzen grosse Energie, 
liefern ein reduziertes Silber von angenehmer Farbe und 
Bilder von genügender Intensität, wenn auch nicht so dicht 
wie die mit Hydrochinon. Vielleicht ist dieser Entwickler der 
empfehlenswerteste für solche Negative, welche ungenügend 
exponiert sind, wie z. B. schnelle Momentaufnahmen. 

Namias, Handbuch der pbotojtr. Chemie. l8 



— 27+ — 

Zur Zeit der Einführung dieses Entwicklers in den Handel 
empfahl Prof. Dr. Eder folgende Vorschrift: 

A) Wasser loooccm, 

kristallisiertes Natriumsulfit . 100 g, 

Mctol io„ 

B) Wasser 1000 ccm, 

wasserfreie Soda ioog. 

Zum Gebrauche werden 50 Teile A mit 15 Teilen li 
gemischt. Die Lösung B kann bis zu 30 Teilen erhöht 
werden, wenn man ein energischeres Bad herstellen will. Die 
Metol- Natriumsulfitlösung halt sich ohne Alkalikarbonat auch 
ohne besondere Vorsicht sehr lange; in Gegenwart von Alkali- 
karbonat verändert sie sich dagegen sehr rasch, wenn sie nicht 
in gut verschlossenen und ganz gefüllten Flaschen aufbewahrt 
wird. Durch Ersetzung der Soda mittels der äquivalenten 
Menge Pottasche erhält man einen sogar zu energisch 
wirkenden Entwickler, welcher nicht selten zum Schleiern neigt. 
Das Bromkalium wirkt bei dem Metolentwickler ziemlich 
energisch als Verzögerer; Bromkaliumzusatz (einige Tropfen 
einer zehnprozentigen Lösung) ist Oberhaupt zur Verhinde- 
rung von Schleierbildung sehr empfehlenswert bei dem Metol- 
entwickler. 

Gemischter Metol-Hydrochinonent wickle r. Wir 
empfehlen und gebrauchen konstant folgende Lösung: 

Wasser 1000 ccm, 

kristallisiertes Natriumsulfit 60 g, 

wasserfreie Soda 30 , 

Hydrochinon 7 , 

Metol 1,5 g, 

Bromkalium 2 g. 

Dieser vorzügliche Entwickler ist, in gut verschlossenen, 
ganz gefüllten Flaschen aufbewahrt, unbegrenzt haltbar. 

Glycin. Freiherr von Hflbl hat eine vorzügliche Glycin- 
vorschrift angegeben, welche noch heute allgemein gebraucht 
wird, und welche namentlich für unbestimmt belichtete oder 
überexponierte Platten besonders geeignet und empfehlenswert 
ist. Um eine weniger konzentrierte Lösung ohne oder mit 
nur geringem Niederschlag zu erbalten, ziehen wir vor, die 
doppelte Menge Wasser zu verwenden, als in der Original- 
vorschrift von Hübl angegeben. 



— 275 — 

A) Warmes, destilliertes Wasser . 80 ccm, 

kristallisiertes Natriumsulfit 25 g, 

Glycin 10 „ 

Pottasche 50 „ 

Eine geringe Trabung und Dunkelfärbung des Bades 
haben keine Bedeutung. Die Lösung wird in ganz gefüllten 
und gut verkorkten Flaschen aufbewahrt und zum Gebrauch 
wie folgt verdünnt: 

Ii5ccin Lösung A, 
100 „ Wasser, 
5 bis 10 Tropfen zehnprozentiger 
Bromkaliumlosung. 
18 ccm Losung A, 
100 „ Wasser, 
5 Tropfen zehnprozentiger Brom- 
kaliumlösung. 
135 ccm Lösung A, 
1000 „ Wasser, 
1 bis 2 Tropfen Bromkalium- 
lösung. 
Kommt in diesem letzten Bade nach 20 Minuten kein Bild 
zum Vorschein , so bedeutet das , dass die Exposition eine 
normale oder zu geringe gewesen ist, und kann daher die 
Platte mit der Normallösung weiter entwickelt werden. Kommt 
dagegen innerhalb 10 Minuten das Bild zum Vorschein, so 
bedeutet dies, dass man eine über exponierte Platte hat. In 
diesem Falle wird die Platte aus dem Bade genommen und 
in folgender Lösung weiter entwickelt: 

Lösung A 8 ccm, 

zehnprozentige Bromkaliumlösung 4 „ 

Wasser 100 „ 

Ist dagegen nach Verlauf von 30 Minuten noch kein Er- 
scheinen des Bildes zu beobachten, so ist die Platte zu kurz 
exponiert. Man entwickelt dann in folgender Lösung weiter: 

Lösung A 5 ccm, 

zehnprozentige Aetznatronlösung . 2 „ 

Wasser 100 „ 

Durch den Aetznatronzusatz wird die Energie des Glycin- 
en twicklers erheblich gesteigert. Die Dichtigkeit des Silber- 



— 2;6 — 

nicdcrschlages im Negativ nimmt mit der Konzentration do« 
Hades zu, wenn man dem Entwickler bei der Zusammensetzuni; 
eine kleine Quantität Wasser zusetzt. 

Die oben angegebene Entwicklungsmethode in den Fallen 
von Ue he rex position oder von unbekannter Exposition szeit 
ist sehr zu empfehlen, da nachweislich selbst starke Expo- 
sitionsfehler korrigiert werden können. Wir konnten mit diesem 
richtig angewandten Glycinentwickler bis zu 3ofachen L'eber- 
ex posidonen noch korrigieren. 

Der Glycinentwickler ist der geeignetste für die Stand- 
entwicklung. Das Glycin wird selten in Mischung mit anderen 
Entwicklern gebraucht, da es von selbst schon genügend 
kräftige Negative liefert. Es eignet sich sehr gut für Urom- 
silberpapiere und Chlors über platten. 

Es möge hier auf einen wichtigen Umstand hingewiesen 
werden, welcher unseres Wissens noch bei keinem Entwickler 
beobachtet wurde. Die gebrauchsfertigen oder wenig kon- 
zentrierten Glycinentwickler verändern sich, auch wenn sie 
in verschlossenen und ganz gefüllten Flaschen aufbewahrt 
werden, durch längere Aufbewahrung derartig, dass sie nicht 
mehr entwickeln oder nur sehr unvollkommene Resultate liefern. 
Es kann sich hier um keine Oxvdation handeln, sondern um 
eine Umwandlung. Die stark konzentrierten Lösungen, welche 
einen grossen Teil des E nt w ick lungs mittels ungelöst in Form 
eines Breies enthalten, sind am besten haltbar. 

Zum Schlüsse sollen die Vorschriften für die neueren 
Entwicklungsmittel erwähnt werden. 

Ortol. Das Ortol ist ein sehr energisches Entwick- 
lungsmittel, welches den Vorteil hat, Entwickler zu geben, 
welche an der Luft ziemlich haltbar sind. Eine Ortol- Ent- 
wicklerlfisung, in offener Schale aufbewahrt, hatte sieh nach 
20 Stunden nur wenig verändert, indem sie ihre entwickelnden 
Eigenschaften noch vollkommen besass. Das Bromkalium 
wirkt sehr bedeutend als Verzögercr in dem Ortolentwicklcr. 
Ein kleiner Bromkai iumzusatz ist zur Erlangung kräftiger 
Negative sehr nützlich. Das Bild ist sehr feinkörnig und hat 
einen schwarzbraunen Ton. 

Da das Ortol dem oxydierenden Einfluss der Luft ziem- 
lich widersteht, so kann man damit einen guten Entwickler 
in einer einzigen Lösung herstellen, an Stelle der getrennten 
Lösungen. Dieser Entwickler hat keine besonderen Vorzüge 



— 277 — 

gegenüber anderen Entwicklern, besonders gegenüber Metol- 
Hydrochinon, und ist ausserdem teurer. 

Wir empfehlen die folgende Vorschrift: 

kristallisiertes Natriumsulfit . . 60 g, 

Ortol 7,5 s, 

wasserfreie Soda 60 g, 

t'romkalium 2 „ 

Das Ortol eignet sich für die Entwicklung der Brom- 
silberpapicrc (jedoch in verdünnter Lösung) sehr gut, weil 
das reduzierte Silber eine sehr angenehm wirkende Ton- 
abstufung erhält. 

Diogen. Das Diogen hat, nach Angaben der Fabrik 
(Akt. -Ges. für Anilinfabrikation) vor allen anderen Entwicklern 
den Vorzug, dass es während der Entwicklung eine Korrektion 
sowohl von Lieber- wie von Unterexpositionen gestattet. Es 
wurde demnach (nach Behauptung der Fabrikanten) die Vor- 
züge des Glycins und des Paramidophcnols (Rodinal) in sich 
vereinen, da selbst in den tiefen Schatten die zartesten Details 
entwickelt werden können. 

Mit dem Diogen setzt man das folgende konzentrierte 
Bad an: 

Wasser 250 com, 

kristallisiertes Natriumsulfit . . 100 g, 

Diogen 25 „ 

Pottasche 125 „ 

Für normal belichtete Platten nimmt mau: 

Konzentrierte Diogenlösung 14 cem, 

Wasser 60 „ 

zehnprozentige Bromkaliunilösung 2 Tropfen. 

Bei zweifelhaft richtiger Exposition nimmt man dagegen: 
Konzentrierte Diogcnlösung 5 cem, 

Wasser roo „ 

zehnprozentige Bromkaliunilösung 2 Tropfen. 

Erscheint das Bild innerhalb etwa 4 Minuten, so war 
die Exposition richtig. Ein früheres Erscheinen des Bildes 
bedeutet Ueberexposition, ein spateres zu kurze Exposition. 
Handelt es sich um eine zu kurze Exposition, so taucht man 
die Platte in ein Bad aus 14 cem konzentrierter Diogcnlösung 



- a 7 8 - 

und 60 bis 90 ccm Wasser ohne Bromkalium. Hat man da- 
gegen eine Qberexponierte Platte, so nimmt man 14 ccm konzen- 
trierte Diogenlösung, 25 bis 60 ccm Wasser und 2 bis 5 ccm 
Bromkaliumlösung. Je bedeutender die Ueberexposition ist, 
eine desto geringere Menge Wasser und desto mehr Brom- 
kaliumlösung wird zugesetzt. Dies sind die von den Fabri- 
kanten selbst gemachten Angaben. 

D i p h e n a 1. Das Diphenai kommt in konzentrierter, 
fertiger Entwicklerlösung io den Handel, welche für normal 
exponierte Platten nur mit rs bis 20 Teilen Wasser verdünnt 
zu werden braucht. Für Qberexponierte Platten nimmt man 
1 Teil Diphenai und 8 bis 10 Teile Wasser und etwas Brom- 
kalium; für die unterexpooierten Platten 1 Teil Diphenai und 
20 bis 25 Teile Wasser. Diese letztere Lösung soll man auch 
bei unsicheren Aufnahmen verwenden. Um bei Unterexpo- 
sitionen die Energie des Entwicklers zu erhöhen, setzt man 
einige Tropfen zehnproz entiger Aetznatronlösung zu. 

Adurol. Die von der Firma Hauff selbst empfohlene 
Vorschrift lautet: 

A) Wasser 1500 ccm, 

kristallisiertes Natriumsulfit 200 g, 

Adurol 25 „ 

B) Wasser 1000 ccm, 

Pottasche 100 g, 

ßromkalium 2,5 g. 

Für Aufnahmen im Freien werden 30 ccm von A und 
20 ccm von B genommen; für Landschaften 30 ccm A und 
20 ccm B und 20 ccm Wasser. Wendet man an Stelle der 
Pottasche Soda an, so wird die Energie des Bades etwas ver- 
mindert. Die Lösung B besteht in diesem Falle aus gesättigter 
Soda- Solway- Lösung. Man kann auch folgende konzentrierte 
Lösung verwenden: 

Wasser 300 ccm, 

kristallisiertes Natriumsulfit . . . 100 g, 

Adurol 25 „ 

Pottasche 100 „ 

Bromkalium 2,5 g. 

Zum Gebrauche nimmt man 10 Teile' konzentrierte Lösung 
und 50 bis 70 Teile Wasser. Obgleich das Adurol viel Aehn- 
lichkeit hinsichtlich der Zusammensetzung mit dem Hydro- 



— »79 — 

chinon hat, da es ein Bromderivat desselben vorstellt, so 
besitzt es doch den Vorzug vor demselben, besonders auch 
bei niedriger Temperatur zu entwickeln. 

Nach den neueren Untersuchungen Lüppo-Cramers 
eignet sich das Adurol besonders für die Entwicklung stark 
Qberexponiertcr Platten. Wenn auch die Wirkung des Adurols 
eine schnellere ist, als bei dem Glycin, so sind doch die End- 
resultate auch bei Ueberexpositionen nach Dr. Cramer mit 
Adurol jenen sehr ahnlich und vielleicht besser. Für zehn- 
fach überexponierte Platten nimmt man zu je 100 cem der, 
nach obiger Angabe angesetzten verdünnten Entwicklerlösung 
i g Bromkalium. 

Sehr wichtig, namentlich für die Reise, wo es darauf 
ankommt, in möglichst kleinem Volumen viel guten Entwickler 
mitzunehmen, ist folgende stark konzentrierte Metol-Adurol- 
Entwicklerlösung : 

Wasser 60 cem, 

Metol 1 ,2 g, 

Adurol 4 g. 

Zu dieser warm bereiteten Lösung setzt man hinzu: 

Kaliummetabisulfit 15 g, 

Aetzkali 8 „ 

Pottasche 20 „ 

Bromkalium 0,5 g. 

Man bringt das Ganze zuletzt auf 100 cem Flüssigkeit. 
Zum Gebrauche nimmt man 1 Teil dieser konzentrierten Lösung 
und 9 Teile Wasser. In gefüllten und geschlossenen Flaschen 
hält sie sich vorzüglich. 

Edinol. Das Edinol ist ein äusserst rapider Entwickler, 
welcher, je nach der Zusammensetzung des Bades, sowohl für 
sehr rasche Momentaufnahmen als auch für Zeitaufnahmen 
und für Reproduktionszwecke dienen kann. Für sehr rasche 
Momentaufnahmen eignet sich am besten folgende Vorschrift 
Prof. Dr. Eders: 

A) Wasser 250 cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 25 g, 
Edinol 5 „ 

B) Wasser 250 cem, 

Aetznatron 3,5 g. 



— 2 8o — 

Zum Gebrauche nimmt man iTeil.A, i Teil B und 
i bis 2 Teile Wasser. 

Mit diesem Kntwickler erhält man auch bei kürzeren 
Expositionen detailreiche, jedoch im allgemeinen schwache 
Bilder, welche der Verstärkung bedürfen. Dieser Entwickler 
schieiert trotz seiner grossen Energie nicht. Für gewöhnliche 
Momentaufnahmen und für Zeitaufnahmen empfehlen wir folgende 
Formel : 

Wasser 1000 cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit . . 50 g, 

Edinol 6 „ 

wasserfreie Soda 30 , 

Bromkalium 2 „ 

Für Reproduktionen muss die Bromkaliummenge auf 4 g 
erhöht werden. Zum Ansetzen einer konzentrierten Lösung 
geben wir folgende Vorschrift: 

Wasser 50 cem, 

Kaliummetabisulfit 20 g, 

Edinol 5 „ 

Aetzkali 30 „ 

Bromkalium 1,5 g. 

Zum Gebrauche verdünnt man 10 cem dieser Lösung mit 
20 cem Wasser; das Edinol muss auf jeden Fall mit dem 
Sulfit oder Mctabisulfit gelöst werden. Erst nachher sollen 
die anderen Substanzen der Reihe nach zugefügt werden. 

Das Edinol färbt die Negative absolut nicht, auch seine 
Neigung zum Schleiern ist, trotz seiner grossen Energie, 
geringer als bei dem Metol. Leider verändern sich die Edinol- 
bäder bei ihren wirklich guten Eigenschaften sehr schnell und 
halten sich schlecht. 



Es ist vorsichtshalber notwendig, die Schale während der 
Entwicklungszeit grösstenteils zugedeckt zu halten, was be- 
sonders bei Platten, die lange entwickelt werden müssen, von 
grosser Wichtigkeit ist. Die anhaltende Wirkung eines, selbst 
schwachen roten Lichtes ruft bei Verwendung hochempfind- 
licher Platten und von Entwicklerlosungen ohne Bromkalium- 
zusatz einen leichten Schleier hervor. Man wird die Schale 



— 28l — 

nur von Zeit zu Zeit aufdecken, um den Fortgang der Ent- 
wicklung des Bildes zu kontrollieren. 

Um das Erscheinen des Bildes zu verzögern und grössere 
Kontraste zu erhalten, wird vielfach alter, gebrauchter Ent- 
wickler, mit frischem gemischt, verwendet. Diese verzögernde 
Wirkung des alten Entwicklers beruht auf folgenden zwei Ur- 
sachen : der alte Entwickler enthält weniger Entwicklersubstanz 
(weil sich ein Teil oxydiert hat, es bildet sich Alkalibromid 
durch Einwirkung des dem Bromsilber entzogenen Broms) 
gegenüber dem gegenwartigen Alkali oder Alkalisalz. Auch die 
Oxydation s produkte des Entwicklers können eine verzögernde 
Wirkung ausüben; diese ist jedoch nicht bedeutend und ist 
übrigens bei den verschiedenen Entwicklern sehr verschieden. 
Bei den leicht oxydierbaren Entwicklern, wie Amidol und 
Paramidophenol , ist von dem Gebrauche des alten Bades 
als Verzögerer entschieden abzuraten; dasselbe gilt für die 
Pyrogallussäure infolge ihrer Tendenz, die Gelatine der Platte 
zu färben; diese Tendenz ist bei dem alten Bade viel aus- 
gesprochener, als bei dem ungebrauchten frischen Entwickler. 
Bei den anderen Entwicklern kann man wohl nach dieser 
Methode sparsam arbeiten; ist die Lösung aber zu dunkel 
gefärbt, so ist diese als unbrauchbar zu beseitigen. Für kurz 
belichtete Platten verwendet man stets frischen Entwickler. 

Bevor wir den Gegenstand des Entwickeins des latenten 
Bildes verlassen, wollen wir noch der Standentwicklung Er- 
wähnung tun, welche insofern interessant erscheint und viel- 
fach gehandhabt wird, weil dadurch die gleichzeitige Entwick- 
lung vieler Platten möglich ist. Für die Standentwicklung ist 
ein langsam arbeitender Entwickler erforderlich, da sonst eine 
Kontrolle und Unterbrechung des Vorganges bei jedem fertig 
entwickelten Negative unmöglich wäre. Es ist auch wichtig, 
sich nicht allzu dicht arbeitender Entwickler zu bedienen, da 
sonst infolge der erforderlichen, ziemlich langen Entwicklungs- 
zeit (mindestens •', Stunde) die hohen Lichter keine Details 
mehr enthalten würden. Man zieht daher für die Standent- 
wicklung stark verdünnte Paramidophenol- oder Glycin-Ent- 
wieklerlösungen vor. Auf diesem Wege erreicht man im all- 
gemeinen nicht die erforderliche Bildintensität, wohl aber 
grossen D ctail reich tu m ; um nun den Negativen die richtige 
Intensität zu geben, genügt es, solche mit einem gewöhnlichen, 
stark mit Bromkalium versetzten (etwa 5 g pro Liter) Hydro- 
ehinonentwickler in der ÜblichcnWeise nachzubchandeln. AuE 



— 282 — 

<liese Weise erhalt man genügend dichte Lichter ohne Schleier- 
bildung und man bekommt dadurch sehr brauchbare, gut 
durchgezeichnete Negative auch von kurzen Aufnahmen. 

Bedient man sich jedoch der weiter oben angeführten 
von Hübischen Gl ycin Vorschrift Nr. i (für Normalexpositionen i 
oder Nr. 2 für unsicher belichtete Platten), so kann im all- 
gemeinen die Nachbehandlung mit Hydrochinon unterbleiben, 
da die erreichte Intensität schon eine genügende ist. Als 
Standentwicklungsschale kann man sich eventuell eines ge- 
wöhnlichen Waschtroges aus Zink für Platten bedienen. Die 
Platten werden in die Falze des Gefasses eingeführt und dann 
alle gleichzeitig in den Trog untergetaucht, herausgenommen, 
dann fixiert und gewaschen. 

Eine weitere, vom theoretischen Standpunkte aus be- 
trachtete, interessant erscheinende Tatsache, auf die wir 
bereits in dem XI. Kapitel (über das latente Bild) hingewiesen 
haben und welche in letzter Zeit entdeckt wurde, ist folgende: 
es ist möglich, das latente Bild auch nach dem Fixieren, und 
.zwar ohne jede vorherige Behandlung der Platte, zu ent- 
wickeln. Eine derartig fixierte Platte erscheint für das Auge 
vollkommen durchsichtig, und doch ist das durch Lichtein- 
wirkung erzeugte, latente Bild, allerdings wahrscheinlich in 
anderer Form, noch vorhanden und kann mit Hilfe einer, 
metallisches Silber ausscheidenden Flüssigkeit zum Vorschein 
.gebracht werden. 

Zu diesem Zwecke empfiehlt Dr. Neuhauss folgendes 
Rezept : 

Destilliertes Wasser 100 cem, 

Rhodanammonium 24 g, 

Silbernitrat 4 „ 

Natriumsulfit 24 „ 

Fixiernatron 5 „ 

zehnprozentige Bromkaliumlösung 6 Tropfen. 

Zum Gebrauche nimmt man 6 cem dieser Lösung, 50 com 
Wasser und 2 cem Rodinalentwickler. 

Die fixierte und gewaschene Platte (d. h. ohne vorherige 
Entwicklung) wird in diese Lösung, auch am Tageslichte, 
getaucht; das Silber setzt sich sehr langsam (in etwa 12 Stunden) 
auf dem Bilde ab. Das gefällte Silber hat eine weiss) ich e 
Färbung. Der Versuch gelingt jedoch nicht immer, und das 
dadurch erhaltene Bild lässt in Bezug auf Vollkommenheit 



— 283 — 

wohl noch zu wünschen übrig. Die oben besprochene Neu- 
h a u s s sehe Lösung kann auch zum Verstärken schwacher 
Negative dienen. 

Im folgenden teilen wir die von Lüppo-Cramer an- 
gestellten anderen Versuche mit. Er beobachtete, dass diese 
physikalische Entwicklung viel leichter bei den wenig empfind- 
lichen Bromsilber- oder bei den Chlor - Brom silberplatten vor 
sich gehen kann. Nach dessen Erfahrungen eignet sich für 
die physikalische Entwicklung folgende Lösung am besten: 

Wasser 500 cem, 

Metol 10 g, 

Citronensäure 50 „ 

zehnprozentige Kochsalzlösung . 3 ccm. 

Zum Gebrauche setzt man 10 ccm einer zehnprozentigen 
Silbernitratlösung zu. Das Bild kann mit dieser Lösung ent- 
weder vor oder nach dem Fixieren entwickelt werden. 

Die vor dem Fixieren entwickelten Bilder sind feiner 
und besser. Ausser dem grossen wissenschaftlichen Interesse 
hat diese Entwicklungsmethode den Vorzug, wie Lüppo- 
Cramer bemerkt, dass der Spielraum in der Expositionszeit 
ein sehr grosser ist. 

Von dem Grundsatze ausgehend, dass das unterschweflig- 
saure Natron das latente Bild nicht zerstört, kam Professor 
Vidal auf den Gedanken, die starke Ueberexposition der 
Platten zu verwerten. Es genügt, solche Platten vor dem 
Entwickeln 2 Minuten in eine 20 prozentige Fixiernatronlösung 
zu tauchen und dann abzuspülen, wodurch die oberste Schicht 
Bromsilber, welche eigentlich allein überexponiert ist, entfernt 
wird. Das erhaltene Bild ist sehr fein und auf der Ober- 
fläche der Platte nicht sichtbar; man kann es nur in der 
Durchsicht sehen. 

Wir schliessen damit das Kapitel über die Entwickler- 
substanzen und über die Entwicklerlösungen. Wir haben es 
für notwendig gehalten, diesen Gegenstand eingehend zu er- 
läutern, da die Entwicklung für den Photographen die wichtigste 
Operation ist. Jedem, der rationell arbeiten will, ist dadurch 
Gelegenheit geboten, unter dem Chaos von Vorschriften und 
Rezepten mit Verstand das Richtige zu wählen. 

Es darf jedoch nicht ausser acht gelassen werden, dass 
man bei der Wahl der Entwickler diese der Expositions- 



284 — 

zeit anpasst und auch die Eigenschaften der verwendeten 
Platten zu berücksichtigen hat, weshalb die Kenntnis der 
allgemeinen Kegeln mehr Wert hat, als die unzähligen Vor- 
schriften, auch wenn diese von kompetenten Leuten empfohlen 
werden. 



XXXIX. Kapitel. 

Die Fixierung der Negative. Unterschweflig- 
saures Natron (Fixiernatron). 

Zweck der Fixierung. - Wichtigkeil des Fixiernatrons 
für diese Arbeit - Chemische Zusammensetzung des Fixiernatrons. - • 
Herstellungsverfahren, Eigenschaften. — Wirkung der .Säuren. - 
Chemische Ursache der losenden Wirkung des Fixiernatrons auf das 
Bromsilber. — Wichtigkeit des L'ebcrschusses desselben. — Seine 
Wirkung auf das Silber ist bedeutungslos. — Wichtigkeit des Aus- 
waschen« vor dem Fixieren. — Entstehung von Gelbschleiern. -- 
Wie das Licht diese Schleierbildung unterstützt. — Mittel gegen die 
Entstehung von Uelbschleier. - - Veränderung des Fixierbades durch 
kleine Mengen reduzierender Substanz. Wirkung des Kochsalzes 
als Präservalivmittel. — Zusammengesetzte Fixierbäder. - Verwen- 
dung und Vorzüge des Bisulfites. - Eigenschaften des Bisulfites. 
Natriumbisulfit des Handels. Verwendung des Natriumsul fites zu- 
sammen mit dem Eixieniatroii. Wichtigkeit der Umwandlung des 
Sulfites in Bi-ulfit durch eine Sau rv. - Verhinderung einer Wirkung 
der Saure auf das Fixienialron. - - Wirkung der Säuren auf da« 
Fixiernatron. - Verschiedenheit der Reaktion bei Gegenwart von 
viel oder wenig Säure. — 1 liesbezügliche Untersuchungen von Rech, 
von Seyewetz und Chicandard sowie von uns. - Einfluss de.« 
Alauns auf das Fixiernatron. - Rezepte für die Herstellung von 
zusammengesetzten Fixierbädern. 

Die lironisilbur-GclatincpIatlon werden ausschliesslich mit 
unterschwefltgsaurem Natron (Fixiernatron) fixiert; wie bekannt, 
hat das Fixi.rnatron auf .las Silber des Bildes fast gar keinen 
Einfluss, während das un belichtete, nicht reduzierte oder auch 
das nur so schwach vom Lichte bcdnflusste liroinsilbcr, da«s 
keine Reduktion durch den Entwickler mehr stattfinden kann, 
aufgelöst wird. Das Fixicrnatron dient zum Fixieren der 
I ironischer- Getatineplatten und sämtlicher Silbersalzpapiere, 
sowie auch zur Herstellung von Tonfixierbädern. Die Sub- 
stanz ist daher in der Photographie von sehr grosser Wichtig- 
keit. Es ist darum bei der Verwendung dieser Substanz 
erforderlich, mit der grossten Umsicht zu verfahren, da sich 



— 285 - 

durch Außerachtlassung der nötigen Vorsieh tsmassregeln mehr 
oder weniger grosse Uebelstände sowohl im Negativ-, und 
noch mehr im Positivprozess einstellen können. 

In Anbetracht dessen erscheint es wohl angebracht, zu- 
nächst die chemischen Eigenschaften des Fixiernatrons zu 
besprechen, sowie über seine Herstellung, bevor man zum 
Fixieren übergeht. Im allgemeinen wird dieser Punkt selbst 
in den theoretischen photographischen Büchern fast gar nicht 
berührt, sondern nur über die Verwendung des Fixiernatrons 
und die sämtlichen übrigen wichtigeren Substanzen gesprochen, 
ohne auf deren chemische Beschaffenheit näher einzugehen. 
Nach unserer Ansicht aber ist zunächst eine genaue Kenntnis 
der Eigenschaften der verwendeten Substanzen notwendig, 
um einen bestimmten Körper rationell zu benutzen; deshalb 
sind auch in diesem Lehrbuche vor allem die chemischen, für die 
Photographie wichtigen Eigenschaften aller in der Photographie 
benutzten Körper so genau wie möglich erörtert worden. 

Das unterschwefligsaure Natron ist ein Salz der unter- 
schwefligen Säure, welch letztere jedoch in freiem Zustande 
nicht bekannt ist, da sie bei dem Versuch, dieselbe durch 
Zersetzung eines unterschwef ligsauren Salzes mit einer Säure 
herzustellen, sich sofort in schweflige Säure und Schwefel 
zersetzt. Die Formel des Fixiernatrons ist: Na. 1 S i O i . Es 
unterscheidet sich daher von dem Natriumsulfit nur dadurch, 
dass es ein Schwefelatom mehr enthält als jenes. Fabrik- 
massig wird das Fixiernatron als Nebenprodukt bei der Soda- 
und Schwefelsäurefabrikation gewonnen. Bei der Herstellung 
der Soda nach der Leblancschcn Methode hat man als Rück- 
stand beträchtliche Mengen von Schwcfelcalciuni ; lässt man 
nun auf Schwefelcalciumlösung schwefligsaures Gas wirken, so 
erhält man unterschwef ligsauren Kalk, aus dem man durch 
Behandlung mit Soda unterschwefligsaurcs Natron erhält, 
welches man durch Abdampfen zur Kristallisation bringt. 

Kine andere fabrik massige Hcrstellungsmcthode, welche 
überall angewandt werden kann, besteht darin, dass man eine 
konzentrierte Natriumsulfitlösung mit Schwefelblumen lange 
kochen lässt. Der Schwefel wird vom Natriumsulfit auf- 
genommen, welches dadurch in unterschwefligsaurcs Natron 
übergeht. Theoretisch sind für je 250 Teile kristallisiertes 
Natriumsulfil 32 Teile Schwefel erforderlich. 

Das unterschwefligsaure Natron stellt grosse, durchsichtige, 
farblose Kristalle vor. Es enthält 5 Moleküle (Aequivalcnte) 



Kristall wasser, somit über ein Drittel. Aus dem unterschweflig- 
sauren Natron kann nicht auf so einfache Weise wie aus 
dem Natriumsulfit und Karbonat das wasserfreie Produkt ge- 
wonnen werden; denn wenn man die Kristalle behufs Aus- 
treiben des Kristallwassers stark erhitzt, entsteht eine teilweise 
Zersetzung des Salzes, wodurch, wegen Ausscheidung von 
etwas Schwefel, das Produkt nicht mehr vollständig in Wasser 
löslich ist. Es kann durch massiges Erhitzen nur ein Teil 
des Kristall wassers ausgeschieden werden, wodurch ein etwas 
trockneres Produkt gewonnen wird, das man hauptsachlich 
zur Herstellung von festen Fixiersalz- oder Tonfixiersalz- 
Präparaten verwendet. 

Das Fixiernatron ist in Wasser sehr leicht loslich; bei 
der gewöhnlichen Temperatur löst es sich im Verhältnis von 
etwa 100 Prozent. In Alkohol ist es unlöslich, diese Eigen- 
schaft wird benutzt, um wasserfreies, unterschwefligsaures 
Natron zu gewinnen. 

Das chemische Verhalten des Salzes, Säuren gegenüber, 
ist so charakteristisch, dass man es dadurch leicht unterscheiden 
kann. Selbst schwache Säuren zersetzen das Salz unter 
Fällung von Schwefel ; setzt man der Lösung des Salzes einen 
Tropfen (Salz-, Schwefel- u. s.w.) Säure zu, so entsteht in 
kurzer Zeit eine weisse Trübung, welche von Schwefel her- 
rührt. Gleichzeitig entsteht schweflige Säure, welche am 
Geruch leicht erkennbar ist. Die Reaktion geht nach folgender 
Gleichung vor sich: 

Mij S, O. 4- a HO «= a Na Cl 4- S 4- SOj + H, O. 

UntcnchwdlJK- Salzsäure Natrium- Schwele! »chwef- Waiser 

Diese leichte Zersetzbarkeit des Fixiernabrons durch Säuren 
muss beständig berücksichtigt werden, da es für die photo- 
graphische Praxis sehr wichtig ist, eine solche Zersetzung 
möglichst zu vermeiden. 

Die lösende Wirkung des Fixiernatrons auf die Silber- 
salze erklärt sich durch die Entstehung eines löslichen Doppel- 
salzes von unterschwefligsaurem Silber. Im allgemeinen nimmt 
man folgende chemische Reaktion an: 
3Na t S 2 O s 4- %AgBr~ Ag t S,0*, uNa^S^O^ -\-zNaBr. 

Untcrachwefllr- Brorasilbtr lösliche« Doppelnd* voo unter- Bromnulriiini 

uarea .Natron äthwedigsaurrm Natron mit Silber 

Sobald aber ein kleiner Teil Fixiernatron mit dem Silber- 
salz in Berührung kommt, so entspricht die Reaktion nicht 



mehr den erwähnten Angaben. In diesem Falle entsteht eben- 
falls ein Doppelsalz, welches jedoch weniger unterschweflig- 
saures Natron enthält, gelb aussieht und derart unlöslich ist,. 
dass dessen Lösung nur auf Kosten des Silberniederschlages 
des Bildes durch entsprechende Behandlung herbeigeführt 
werden kann. Die Formel, welche die Entstehung des unlös- 
lichen Doppelsalzes ausdrückt, ist die folgende: 



Die Theorie der Bildung der löslichen und unlöslichen 
unterschwefligsauren Salze scheint jedoch keine so einfache 
zu sein, als man bisher angenommen hatte. In der Tat 
würde sich aus einer von J. Gaedicke auf dem Kongresse 
für angewandte Chemie in Berlin 1903 gemachten wichtigen 
Mitteilung ergeben, dass die möglichen Kombinationen von 
zusammengesetzten Hyposulfiten J ) zahlreich sind, und dass zur 
Erzeugung von löslichen Hyposulfiten , je nach dem vor- 
handenen Silbersalz, verschiedene Mengen Fixiernatron er- 
forderlich sind. 

Bei dem Chlorsilber entsteht eine lösliche Verbindung 
nur dann, wenn 5 Moleküle Fixiernatron mit 2 Molekülen Chlor- 
silber in Berührung gebracht werden. Das dabei entstehende 
unterschwefligsaure Doppelsalz würde folgender Formel ent- 
sprechen : Ag t S t 8 + 4 Na 2 Sj 3 . 

Bei dem Bromsilber sind dagegen 7 Moleküle Fixier- 
natron erforderlich; es soll dabei entstehen: 
A S% 5 j O a + 6 Na 2 Sj 3 . 

Bei dem Jodsilber sind nicht weniger als 37 Moleküle 
untersch wenigsaures Natron erforderlich, es entstehen dabei: 
4g, S 3 a + 36 Na 2 S s O a . 

Diese Theorie scheint insofern der Wirklichkeit zu ent- 
sprechen, weil es bekannt ist, dass das Chlorsilber sehr leicht,, 
das Jodsilber dagegen ziemlich schwer in Fixiernatron löslich 
ist. Aber es wird dabei nicht klar, weshalb sich verschiedene 
Doppelsalze bilden sollen, wo doch das Chlor, bezw. Brom, 
bezw. Jod an der Verbindung nicht teilnehmen. Es wäre 
daher rationeller, anzunehmen, dass zur vollständigen Zer- 
setzung des Chlor-, Brom- oder Jodsilbers verschiedene 
Mengen Fixiematron erforderlich sind, dass aber das dabei 



1) Hyposulfite = unterschwefligsaure Salze, Hyposulfit = u 
schwefligsaures Natron oder Fixiernatron. 



— 288 — 

entstehende lösliche Doppelsalz immer dasselbe sei. Die-i- 
letztere könnte nämlich Ag t S s O a + 2 Na t S 2 3 sein. 

In der Praxis muss man daher eine starke, nicht zu alte 
Fixiernatronlösung zum Fixieren der Platten nach dem Um- 
wickeln verwenden, wenn man die Entstehung von Flecken 
im Negativ vermeiden will. Im allgemeinen verwendet man 
eine 30 prozendge Fixiernatronlösung ; da der Sil bernied er- 
schlag des Bildes durch die Reduktion mittels des Ent- 
wicklers und nicht aus der Reduktion durch Lichteinwirkuni; 
entstanden, so wird derselbe in der Zeitdauer des Fixieren-, 
selbst bei Verwendung von hochkonzentrierten Fixiernatron- 
lösungen, nicht angegriffen. Nur nach mehrstündiger Wirkung 
einer stark konzentrierten Lösung auf das Negativ könnte die 
Bild- Intensität etwas vermindert werden. Die Wirkung des 
Fixiernatrons würde sich nur dann in höherem Grade bemerk- 
bar machen, wenn man durch dieselbe einen ununterbrochenen 
Luftstrom hindurch leiten würde. 

Nach dem Entwickeln ist es geraten, die Platten einige 
Minuten möglichst gründlich zu waschen, um vor dem Ein- 
tauchen derselben in das Fixierbad möglichst alle Rückstände 
vom Entwickler aus der Schicht zu entfernen. Im allgemeinen 
ist man der Ansicht, dass bei Verwendung von organischen 
Entwicklungsmittcln an Stelle des Eisenoxalates ein längen s 
Waschen überflüssig sei, so dass man sich meistens mit einem 
flüchtigen Abspülen unter dem Wasserhahn oder in einem 
Behälter begnügt. Dadurch aber können zwei nicht zu be- 
seitigende L'cbelstände eintreten. Erstens können die kleinen 
in der Schicht zurückgebliebenen Entwicklerspuren während 
des Fixieren? noch auf das Bromsilber wirken. Auf diese 
Weise kann eine allgemeine, eigenartige Reduktion des Brom- 
silbers entstehen, welche sieh durch eine in der Aufsicht grün 
schimmernde Fluorescenz, so dass man den Eindruck einer 
unvollkommenen Fixierung gewinnt (was jedoch nicht zu- 
treffend ist), in der Durchsieht aber mehr oder minder intensiv 
gelb erscheinende Färbung kundgibt. Dieser sehr gro-se 
Uebel stand wird heute mit dem Ausdrucke dich roitisch er 
Schleier bezeichnet (d. h. Doppelfärbung), während sie vorher 
den Namen Gelbschleier hatte. 

Heute bezeichnet man dagegen als Gelbschleier eine all- 
gemeine Gelbfärbung, ohne die Erscheinung der milchigen 
Trübung in der Aufsicht. Der eigentliche Gelbschleier ent- 
steht fast immer hei sämtlichen Pyrogallusentwicklern ; bei den 



— 289 — 

übrigen Entwicklern entsteht derselbe vorwiegend bei stark 
oxydierten und braun gewordenen oder bei schlecht konser- 
vierten Lösungen. Auch die Verwendung von zu alten und 
dunklen Fixierlösungen kann zu diesem sehr schädlich wirkenden 
Gelbschleier Anlass geben. Der dichroltische Schleier tritt 
aber am häufigsten auf und beruht auch auf weniger augen- 
scheinlichen Ursachen. 

Ueber den dich roitischen Schleier, über dessen Ursache 
und Ober die Mittel zur Bekämpfung desselben berichteten sehr 
ausführlich die Herren Lumiere und Seyewetz auf dem 
Kongresse für angewandte Chemie 1903 in Berlin. Nach An- 
sicht derselben kann der dichroltische Schleier sowohl in der 
Entwicklerlösung als auch im Fixierbade entstehen. Im Ent- 
wickler entsteht derselbe, wenn darin ein Lösungsmittel des 
Bromsilbers vorhanden ist (Fixiernatron , Ammoniak, Cyan- 
kalium u. s. w.). Im Fixierbade entsteht er dagegen, wenn 
dasselbe Entwickler enthält. Der dichroltische Schleier kann 
sehr leicht entstehen durch zu viel Sulfit im Entwickler (da 
dieses eine lösende Wirkung ausüben kann), zu kurze Belich- 
tung, zu langes Entwickeln, sowie auch zu grossen Zusatz von 
Bromkalium zum Entwickler. 

Der dichroltische Schleier enthält nach Ansicht der Be- 
richterstatter kein Bromsilber, sondern eine dem Collargol 
ähnliche organische Verbindung (wie eine solche z. B. zwischen 
Gelatine und Silbernitrat entsteht). Der im Entwickler ent- 
stehende dichroltische Schleier ist viel oberflächlicher und 
leichter zu entfernen als der im Fixierbade sich bildende. 

Die Berichterstatter empfehlen zur Entfernung des dichroi- 
tischen Schleiers als beste Methode die Behandlung des Negativs 
mit einer Lösung von übermangansaurem Kali 1 : 1000 und 
hierauf die Beseitigung der von demselben erzeugten Braun- 
färbung mit fünfprozentiger Natriumbisulfitlösung. Wir fanden 
aber, dass eine mit Essigsäure (5:1000) angesäuerte Perman- 
ganatlösung bessere Dienste leistet als die einfache Lösung 
da erstere, wie wir später bei der Besprechung der 
Schwächung der Negative durch Permanganat sehen werden, 
das Bild nur sehr langsam angreift. Die von den Bericht- 
erstattern angegebene Klärungsmethode hatten wir, mit einer 
kleinen Abweichung, schon vor einigen Jahren empfohlen: 
wir werden solche später besprechen. Wenn auch der dich] 
tische Schleier in den meisten Fällen beseitigt werden kann 
so ist es immerhin viel besser, denselben von vornherein mit 



— 29° — 

allen zu Gebote stehenden Mitteln zu vermeiden. Zu diesem 
Zwecke fügen wir zu dem bereits Gesagten noch folgendes 
hinzu. 

Gewisse Plattensorten, namentlich solche mit dicker Schicht 
oder mit starkem Jodsilbergehalt, neigen mehr als andere 
zum dich roitischen Schleier; im Sommer kommt derselbe 
häufiger vor als im Winter; er erscheint öfters, wenn am 
Tageslicht fixiert wird; in diesem Falle erscheint er auch 
intensiver. Der Lichteinfluss auf die Entstehung des genannten 
Schleiers ist leicht zu erklären; das noch ungelöste Brom- 
silber ist selbst im Fixierbade nicht unempfindlich gegen Licht; 
setzt man daher eine solche ins Fixierbad getauchte Platte 
dem Lichte aus, so können die in der Schiebt eingeschlossenen 
Entwicklerspuren auf das vom Lichte beeinflusste Bromsilber 
reduzierend wirken und auf diese Weise den dich roitischen 
Schleier erzeugen. Es ergibt sich daraus die Notwendigkeit, 
bei rotem Lichte oder bei schwacher Beleuchtung, und nicht 
am Tageslichte zu fixieren; dadurch wird die Durchsichtigkeit 
der Negative stets mehr oder weniger erhöht. Gewisse Platten- 
sorten, welche sehr langsam fixieren, bekommen selbst bei 
vollkommener Abwesenheit von Entwicklerspuren eine all- 
gemeine leichte Färbung, wenn sie am Liebte fixiert werden. 
Diese Erscheinung ist der direkten reduzierenden Wirkung 
des Lichtes auf das Bromsilber in Gegenwart von Fixier- 
natron zuzuschreiben. 

Bei dem Gebrauche von gesättigten, mit Bisulfit ange- 
säuerten Fixierbädern (das Bisulfit verhindert eine Nachwirkung 
der im Fixierbade enthaltenen Entwicklerspuren) und durch 
Fixieren im Dunkeln haben wir den dich roitischen Schleier 
in jedem Falle vermeiden können, wenn derselbe nicht infolge 
der erwähnten Ursachen im Entwickler entsteht. 

Die in das Fixierbad eingeführten kleinen Mengen Ent- 
wickler haben ausserdem den Nachteil, dass sie das Fixierbad 
verändern, wodurch die Lösung dann bald dunkel, trübe und 
unbrauchbar wird. Diese Erscheinung ist hauptsächlich der 
teilweisen Zersetzung des im Fixierbade gelösten Bromsilbers 
oder besser gesagt, des unterschwefligsauren Natron- Silber- 
doppelsalzes, durch die in das Fixierbad übertragenen Ent- 
wicklerspuren zuzuschreiben. 

Würde man aber auch wirklich jede Verunreinigung des 
Fixierbades durch Entwicklerspuren vermeiden, so würde dann 
jedenfalls noch — allerdings in viel geringerem Grade — 



— 201 — 

eine Trübung und Dunkelfärbung desselben stattfinden, und 
zwar besonders, wenn die Lösung dem Lichte ausgesetzt wird, 
wodurch eine allmähliche Zersetzung des in dem Bade gelösten 
unterschwefligsauren Silbers vor sich gehen wurde. 

Ein sehr einfaches Mittel, um die Veränderung des Fixier- 
bades zu vermelden, ist der Bisulfitzusatz , weil dadurch die 
auf das unterschwefligsaure Silber von den Entwicklerspuren 
ausgeübte reduzierende Wirkung durch den sauren Charakter 
des Fixierbades stark vermindert oder beseitigt wird. Die 
Lösung bleibt demnach längere Zeit klar und gibt klarere 
Negative. Zu dieser grösseren Klarheit und Durchsichtigkeit 
der Negative trägt vielleicht auch die entfärbende Wirkung 
der aus dem Bisulfit entstehenden schwefligen Säure auf die 
Gelatinehaut bei. 

Im allgemeinen verwendet man das Natrium bisulfit von der 
Formel Na HSO & ; das Bisulfit kann als eine Verbindung von 
Natriumsulfit mit schwefliger Säure, d.h. Na t SO t + H t SO B 
angesehen werden. 

Ueber die Bisulfite im allgemeinen, Ober ihre Eigen- 
schaften u. s. w., haben wir in einem der vorhergehenden 
Kapitel gesprochen. Wir erwähnen hier nur, dass auch für 
die Fixierlösungen das Kalium - Metabisulfit wegen seiner 
grösseren Reinheit vorzuziehen ist. Was das Natrium bisulfit 
anbelangt, so möchten wir nicht unerwähnt lassen, dass wir 
mitunter solche käufliche Bisulfite zur Analyse bekamen, die 
gar keine schweflige Säure im Ueberschuss enthielten. Das 
käufliche flüssige Natriumbisulfit ist dem festen Produkte vor- 
zuziehen. Anstatt des Na triumbisul fites oder des Kalium-Meta- 
bisulfites, kann man das einfache, mit einer Säure nach dem 
später angegebenen Verfahren behandelte Natriumsulfit ver- 
wenden; der Effekt ist derselbe. 

Auch ein kleiner Zusatz von Kochsalz oder Chlorammonium 
(2 bis 5 Prozent) zu dem Fixierbade ist sehr empfehlenswert. 
Die Lösung bleibt auf diese Weise längere Zeit klar, auch 
wenn in das Fixierbad geringe Entwicklermengen hineingeraten 
sind. Auch dieser Zusatz hat den Zweck, die reduzierende 
Wirkung der im Fixierbade vorhandenen Entwicklers puren zu 
massigen ; vor allem aber verhindert derselbe eine rasche Zer- 
setzung des unterschwefligsauren Doppelsalzes. 

Worauf wir noch besonders aufmerksam machen möchten, 
ist, dass ein zu oft gebrauchtes Fixierbad zu leicht unlösliches 



— 292 

Silberhyposulfit in der Schicht zurücklässt, welches selbst durch 
längeres Waschen nicht entfernt werden kann. Dieses Hypo- 
sulfit kann dann durch Zersetzung zu Flecken und sonstigen 
Veränderungen des Budes Anlass geben. Eine der dabei 
entstehenden Reaktionen kann folgende sein: 

4ft St 3 + H t O ~ 4g, S+H, so t . 

Silberaulfid Schwefel- 

(Schwefeliilber) Harr 

Das schwarze oder braune Schwefels! lber erzeugt Flecke 
und die Schwefelsäure greift das Bild an. Kurz zusammen- 
gefasst sind die wichtigsten, bei dem Fixieren zu berück- 
sichtigenden Grundsätze die folgenden: 

i. Man muss zum Fixieren konzentrierte Bäder (mindestens 
30 Prozent) verwenden. Es ist wichtig, die Negative sofort 
mit einem Ucberschuss an Fixiernatron in Berührung zu bringen, 
damit die Entstehung von unlöslichem unterschwefligsaurcm 
Doppelsalz vermieden sei. Es soll vermieden werden, zwei 
Negative in dem Fixierbade mit den Schichten in gegenseitige 
Berührung zu bringen, da die auf das Bromsilber wirkende 
Mengen Fixiernatron eine ungenügende ist; es bildet sich da- 
durch unlösliches, unterschwefligsaures Silber-Natron- Doppel- 
salz, welches zur Entstehung gelber Flecke Anlass gibt. 

2. Die Negative müssen 1 bis 2 Minuten vor dem Fixieren 
gründlich gewaschen werden, um den Entwickler möglichst 
zu entfernen. 

3. Es empfiehlt sich, im Dunkeln oder bei schwachem, 
künstlichem Lichte zu fixieren. 

4. Ein kleiner Zusatz von Bisulfit und Kochsalz ist sehr 
vorteilhaft, da die Lösung dadurch längere Zeit klar bleibt. 

5. Die Fixicrlösung muss sofort ersetzt werden, auch 
wenn sie noch klar ist, sobald man merkt, dass sie etwas lang- 
sam fixiert. 



Der nicht selten empfohlene Zusatz von Natriumsulfit 
bietet für das Fixierbad keinen Vorteil; es hätte nur dann 
einen Zweck, wenn in die Fixierlösung geringe MeDgen 
Säuren gelangen könnten. Die Gegenwart von Natriumsulfit 
würde in diesem Falle jede Zersetzung des Fixierbades ver- 
hindern. Da aber in der Regel der Entwickler alkalisch ist, 
so würde das Fixierbad am Ende durch Alkali anstatt durch 
Säure verunreinigt sein. 



— 293 — 

Id einigen Vorschriften für Fixierbäder wird der Gebrauch 
von Fixiernatron mit Natriumsulfit und Wein-, Citronen- oder 
Schwefelsäure empfohlen. Diese Bäder würden, bei genauer 
chemischer Berechnung der Quantitäten der einzelnen Sub- 
stanzen ihrer Wirkung nach den aus Fixiernatron und Natrium- 
bisulfit entstehenden Fixierbädern gleichkommen. Leider sind 
solche Vorschriften nicht immer chemisch richtig, ausserdem 
wird bei deren Herstellung oft die Reihenfolge, wie die Sub- 
stanzen zusammen gemischt werden sollen, nicht berücksichtigt, 
so dass eine Zersetzung des Fixiernatrons durch Einwirkung 
der verwendeten Säuren stattfinden kann. Zunächst wird das 
Natriumsulfit gelöst, worauf so viel Säure zugesetzt wird, dass 
nur die Hälfte der im Sulfit enthaltenen schwefligen Säure 
frei wird. Die zu verwendende Menge der Säure muss an- 
nähernd folgender Gleichung entsprechen, welche die Reaktion 
zwischen Natriumsulfit und Schwefelsäure zur Umwandlung 
des ersteren in Bisulfit darstellt: 

2 Mk SOn -j- H t SO t = ?Na HSO a -4- Na t SO.. 

N'airiumsulfit Schwefelsaure Nutriumbiüulfit Nalriumsuldt 

Mit anderen Worten: beiVerwendungvon 504 Teilen kristal- 
lisiertem Natriumsulfit (Gewicht von 2 Molekülen) und 98 Teilen 
Schwefelsäure (Gewicht von 1 Molekül) wird so viel schweflige 
Säure frei, dass Natriumbisulfit entsteht. Von Weinsäure nimmt 
man dagegen 150 und von Citronensäure 140 Gewichtsteile. 
Mit diesen Säuren bildet sich an Stelle des Natriumsulfates 
weinsaures und citronensaures Natron. Alle diese Salze üben 
keinen schädlichen Einfluss auf die Fixierung; die beiden 
letzteren erhalten jedoch das Fixierbad längere Zeit klar und 
sind daher vorteilhafter. 

Ist das Sulfit und die Säure in der ganzen Menge Wasser 
vollkommen gelöst, so kann das Fixiernatron zugesetzt werden, 
ohne jede Gefahr einer Zersetzung desselben. Würde man 
dagegen zuerst das Fixiernatron, dann die Säure und zuletzt 
das Natriumsulfit auflösen, so würde eine, auf das Fixierbad 
sehr nachteilige Zersetzung des Fixiernatrons stattfinden. Auch 
wenn man der Fixiernatronlösung vorher das Natriumsulfit und 
dann die Säure zusetzt, kann eine — allerdings geringere — 
Zersetzung stattfinden, da die Säure teilweise auf das Fixier- 
bad wirken kann, bevor das Natriumsulfit deren Wirkung voll- 
kommen neutralisiert hat. 



— 29+ — 

Der schädliche Einfluss der mit einer Säure oder mit 
einem sauren Salze angesäuerten Fixierbäder auf Negative 
und Positive ist allgemein bekannt. Es ist daher notwendig, 
diese Wirkung möglichst zu vermeiden. Selbst schwache 
Säuren (mit Ausnahme der schwefligen und der Kohlensaure) 
rufen eine nicht einfache, etwas genauer zu untersuchende Zer- 
setzung hervor. 

Nach den Untersuchungen von Reeb und den Herren 
Seyewetz und Chicandard entsteht auf Zusatz einer 
grösseren Menge Säure (z. B. Salzsäure) zu einer Fixiernatron 
lösung eine Zersetzung unter Freiwerden von schwefliger 
Säure und Fällung von Schwefel; Schwefelwasserstoff bildet 
sich nicht. Folgende Gleichung stellt diesen Vorgang dar: 

Na 2 StO s + 2HCi=zNaa + S -f SOj + Z/jO. 

unterachweflig- Salzslure Natrium- Schwefel schweflige Wiatf 

saures Natron Chlorid Saure 

Ist dagegen die Säuremenge geringer, so entsteht ausser 
Schwefel und schwefliger Säure auch Schwefelwasserstoff. 
Seyewetz und Chicandard erklären diese Reaktion durch 
eine Gleichung, die uns unrichtig scheint: 
aNa,S t O s + aHa 

unterechwelligiaiires Salzsäure 

— 2 Na a 4- s"+ SOj + Na, SO t + ff. S. 

Natrium- Schwefel schweflige Natriumsulfat Schwefel- 
chlorid SSure Wasserstoff 

Sie nehmen dabei an, dass das Fixiematron durch Ein- 
wirkung einer beliebigen Säure zu Sulfat oxydiert werden 
könne; das ist aber nicht möglich. Nach unseren Unter- 
suchungen entsteht dagegen bei Gegenwart geringer Mengen 
Säuren Natriumbisulfit nebst schwefliger Säure und Schwefel- 
wasserstoff. Unsere Gleichung ist die folgende: 

unüSJ? SJ~ 3//a+ V* 

= 3NaHSo!"+3Naa + SO t + xH t S. 

Bisulfit Natrium- schweflige Schwefcl- 

dhlorid saure Wasserstoff 

Wie aber die Autoren ganz richtig bemerken, entweicht 
nicht der ganze Schwefelwasserstoff, weil ein Teil desselben 
mit der schwefligen Säure zu Pen tath ionsäure - und Schwefel- 
bildung Anlass gibt: 

(5#,S+ 550! = H i S & 6 + 4 //,0 + 5-S). 

PenUtfaJoMlnn 

Ein weiterer Teil des Schwefelwasserstoffes kann auf den 
Silberniederschlag des Bildes wirken unter Bildung von 



— 2 95 — 

Schwefelsilber, welches anfangs schwarz ist, jedoch als un- 
beständiger Körper sich mit der Zeit oxydiert (unter Ent- 
stehung von weissem Silbersulfat), so dass die unter solchen 
Umständen erhaltenen Bilder unbeständig sind. Man beachte 
ferner, dass der Schwefelwasserstoff sofort Schwefelsilber 
erzeugt, während Schwefel allein nur sehr langsam wirkt; da 
derselbe aber unlöslich ist, so kann er trotz sorgfältigem 
Waschen in der Schicht zurückbleiben und langsam wirken. 
Die Wirkung des im Fixierbade entstehenden Schwefelwasser- 
stoffes beschränkt sich nicht allein auf die Bildstellen, sondern 
dehnt sich über die ganze Schiebt aus, so dass die in Fixier- 
bädern, welche sich in Zersetzung befinden, fixierten Negative 
an Durchsichtigkeit einbüssen. Daher kommt es, dass gewisse 
sogen, saure Fixierbäder, anstatt das Negativ zu klären, auf 
demselben Flecke erzeugen können. 

Dem Fixierbade wird ausserdem nicht selten auch eine 
andere Substanz, nämlich Alaun zugesetzt, um die Gelatine 
zu härten und dadurch die Schicht unlöslich zu machen. 
Alaun ist ein Kaliumaluminium-Doppelsulfat von folgender 
Formel: 

A <S0 4 ) 8 + Kt S0 t + a 4 H % a 

Der Einfluss des Alauns auf das Fixierbad ist ebenso 
schädlich wie der einer Säure. In der Tat wirkt Aluminium- 
sulfat (d. h. der wirksame Bestandteil des Alauns) langsam zer- 
setzend auf das Fixiernatron, wobei Schwefelwasserstoff ent- 
steht. Auch hier geben Seyewetz und Chicandard für die 
dabei stattfindende Reaktion zwischen Fixiernatron und Alaun 
eine Erklärung, die wir nicht für richtig halten. Ihrer An- 
sicht nach würde zunächst unterschwef ligsaurer Alaun ent- 
stehen, welcher in Gegenwart von Wasser allein in Schwefel- 
wasserstoff und Aluminiumsulfat sich zersetzt; durch das 
beständige Wiederentstehen von Aluminiumsulfat würde eine 
beliebige, selbst grosse Menge Fixiernatron zersetzt werden 
können. 

Aus unseren Untersuchungen hat sich dagegen ergeben, 
dass eine so leichte Oxydation des unterschwefügsauren Alu- 
miniumoxydes zu Sulfat und mithin die fortgesetzte Wirkung 
des Alauns ausgeschlossen ist. Wir konnten übrigens diese 
fortgesetzte unaufhörliche Wirkung auf Grund direkter Ver- 
suche nicht bestätigen. 



— 296 — 

Unserer Ansicht nach geht zwischen Alaun und Fixier- 
natron zunächst eine doppelte Zersetzung unter Bildung von 
unterschwefligsaurem Aluminium und Natriumsulfat vor sich; 
darauf zersetzt sich das unterschwefligsaure Aluminium zu 
Aluminiumsulfit und - bisulfit , also nicht unter Wiederent- 
stehung von Sulfat. Die Gleichung ist folgende: 

UntemcnwefligMures Wu»r 

— 2 Ai t {S0 3 »j -I- Al^ (HSO,) 6 -\-6H t S. 

Aluminimnsuriit AlumiDiumbuuIfil Sebwefel- 

Wie dem nun auch sein mag, der Alaunzusatz zu den 
Fixierbadern ist entschieden unzweckmässig , ausser, wenn 
man gleichzeitig Substanzen zusetzt (wie z. B. Natriumsulfit 
oder Natriumbisulfit), welche die Zersetzung des Fixiernatrons 
verhindern. Auch das essigsaure Natron kann zu dem Zwecke 
vorteilhaft verwendet werden, um die zersetzende Wirkung 
des Alauns auf das Fixiernatron zu verhindern. Da nun übrigens 
der Alaunzusatz allein den Zweck hat, die Gelatineschicht der 
Negative zu härten, so kann dieses durch die gesonderte Be- 
handlung der Platten im Alaunbade doch viel besser erreicht 
werden als durch das gemischte Alaunfixierbad, welches viel 
weniger härtend wirkt. 

Sowohl wenn die Behandlung mit Alaun vor dem Fixieren 
als nach demselben vorgenommen wird, muss das Negativ 
gut ausgewaschen werden, um zu vermeiden, dass Alaun in 
das Fixierbad (wenn dieses kein Sulfit oder Bisulfit enthält) 
oder Fixiernatron in das Alaunbad übertragen werde. 

Zum Schlüsse geben wir rationelle Vorschriften für die 
Herstellung von saurer, d. h. schwefliger Säure in Form von 
Bisulfit enthaltenden Fixierbädern. 

A) Fixiematron 300 g, 

käufliches flüssiges Natrium- 
bisulfit (32 Grad Bö.) . . 50 — 100 g, 
Wasser 1000 ccm. 



B) Fixiernatron 300 g, 

kristallisiertes Natriumsulfit 60 „ 

Weinsäure 30 „ 

Wasser 1000 ccm, 



losen, dun a die Wein - 
slure und nach voll- 
kommener Lotung 
demselben dai zer- 



— a 97 — 

Sowohl zu der Lösung A wie zu der Lösung B kann man 
zur Erzielung grösserer Haltbarkeit 20 g pro Liter Kochsalz 
zusetzen. Die beiden Lösungen verhalten sich ganz analog. 
Wenn kein gutes Bisulfit zu haben ist, soll man der Losung B 
den Vorzug geben. 

Bevor wir diesen Gegenstand verlassen, ist noch zu er- 
wähnen, dass das Fixiernatron nicht das einzige Fixiermittel 
für die Bromsilber-Gelatineplatten ist. Es existieren auch 
noch andere, auf das Bromsilber mehr oder weniger stark 
lösend wirkende Substanzen; diese sind das Cyankalium, das 
Natriumsulfit und verschiedene Sulfokarbamide. Diese Sub- 
stanzen können jedoch keine praktische Verwendung finden, 
da sie nicht geringe Nachteile haben. Das Cyankalium z. B. 
greift das Bild an und ist stark giftig; das Sulfit fixiert selbst 
in sehr konzentrierter Lösung erst in einigen Stunden. Die 
Sulfokarbamide haben einen hohen Preis und fixieren nicht 
so gut wie das Fixiernatron. Das eigentliche Sulfokar- 
bamid (N 3 H t CS) und das AUyl suifokarbamid (JV, H 3 [C B B & ] CS) 
können dagegen, wieBogisch empfiehlt, zur Beseitigung des 
bei Verwendung von Pyrogallussäure entstehenden Gelbschleiers 
sehr gute Dienste leisten. Zu diesem Zwecke genügt es, das 
Negativ in folgende Lösung zu tauchen: 

Suifokarbamid 20 g, 

Citronensäure 10 „ 

Wasser 1000 ccm. 

Wir fanden, dass der Gelbschleier auf diese Weise nicht 
immer zu beseitigen ist; das hängt von der Ursache des- 
selben ab. In vielen Fallen wird er aber wenigstens ver- 
ringert. Nach Dr. Bogisch wirkt das Suifokarbamid auf 
die Oxyd ad ons produkte des Entwicklers, welche den Gelb- 
schleier hervorrufen, reduzierend. 

Der Gelbschleier kann jedoch viel sicherer mittels des 
Permangan ates — wie der dich roi [tische Schleier — beseitigt 
werden. 



— 298 — 
XL. Kapitel. 

Härtung und Abziehen der Bildschicht 

Waschen nach dem Fixieren. — Rasches Trocknen mit 

Alkohol. — Härtung der Schicht. — Verwendung von Kalialaun und 

Chromalaun zu diesem Zwecke. — Verwendung von Formalin. — 

Abziehen der negativen Bildschien t. 

Nach dem Fixieren müssen die Negative durch gründ- 
liches Waschen vom Fixierbade gänzlich befreit werden, da 
sonst die etwa zurückbleibenden Spuren desselben mit der 
Zeit das Bild verderben würden. Es empfiehlt sich, möglichst 
in laufendem Wasser zu waschen; zu diesem Zwecke benutzt 
man eigene Waschtröge , welche vermöge ihrer Konstruktion 
ein fortwährendes oder zeitweises Wechseln des Wassern 
automatisch gestatten. Sehr geeignet sind zu diesem Zwecke 
die sogen. Tantalusgefässe. Hat man jedoch kein laufendes 
Wasser zur Verfügung, so kann man auch durch öfteres 
Wasserwechseln in den Schalen waschen. Nach den Unter- 
suchungen von Grundy und Haddon genügt ein vier- bis 
fünfmaliger Wasserwechsel in den Schalen, um das Fixier- 
natron vollkommen zu beseitigen. Das lange Wässern ist 
gänzlich überflüssig, auf jeden Fall ist es aber besser, etwas 
mehr als zu wenig zu waschen. Um sich zu überzeugen, dass 
das Fixiernatron beseitigt ist, genügt es, ein kleines Quantum 
vom letzten Waschwasser zunächst mit etwas Stärkekleister 
(gekochter Stärkekleister) und dann mit einem Tropfen fünf- 
prozentiger, alkoholischer Jodlösung zu versetzen; tritt eine 
violette Färbung ein, so ist das ein Zeichen, dass das Fixier- 
natron vollkommen beseitigt ist. 

Auch die neueren Untersuchungen von Dr. Reiss am 
photographischen Laboratorium der Universität Lausanne und 
der Gebrüder Lumiere haben die Ueberflüssigkeit des langen 
Waschens nachgewiesen. Es wurden verschiedene Fixier- 
natronzerstörer empfohlen, welche den Zweck haben sollen, 
die letzten Spuren Fixiernatron zu oxydieren und somit für 
das Bild unschädlich zu machen. Auf diese Weise fällt das 
lange Waschen weg, indem die Haltbarkeit des Bildes durch 
Zersetzung des Natron- und Silberhyposulfites gesichert wird. 

Wir konnten auf Grund unserer Untersuchungen fest- 
stellen, dass eine zwei- bis dreiprozentige Ammoniumper- 
sulfatlösung mit so viel Ammoniak versetzt, bis der Geruch 



— 299 — 

deutlich wird, sehr gut als Fixiernatronzerstörer dienen kann, 
weil diese Mischung das Fixiernatron oxydiert, ohne wahrend 
ihrer Wirkung (4 bis 5 Minuten) das Bild anzugreifen. Unseres 
Erachtens basiert das von der Firma Lumiere 1902 in den 
Handel gebrachte Thioxydant Lumiere auf diesem von uns 
zuerst bekannt gegebenen Prinzipe. Auch das Wasserstoff- 
superoxyd ist, wie wir vor einigen Jahren empfohlen haben, 
ein guter Fixiernatronzerstörer; leider aber ist es zu teuer. 
In neuerer Zeit wurde das Kalium perkarbonat (A" 2 C, e ) als 
Fixiematronzerstörer empfohlen und von einigen Finnen in 
Tablettenfonn in den Handel gebracht ; dieses ist jedoch 
absolut ungeeignet zu diesem Zwecke. Wir haben nach- 
gewiesen, dass diese Substanz beim Auflösen in Wasser so- 
fort nach folgender Gleichung zersetzt wird: 

tf, C, O, - K, CO, + co, + o, 

so dass die Flüssigkeit absolut gar keine oxydieren de Wirkung 
besitzt. Allen diesen Mitteln ist jedoch eine gute Fixierung 
mit konzentrierter Lösung und darauffolgendes genügend langes 
Waschen vorzuziehen. 



Nach dem Waschen lässt man die Negative freiwillig 
trocknen, indem man sich dazu eigener Trockenständer be- 
dient. Wenn dies nicht schon vorher geschehen, so empfiehlt 
es sich sehr, vor dem Trocknen die Negative in einer zehn- 
prozentigen Alaunlösung zu baden, worauf einfach gewaschen 
wird. Die Behandlung mit Alaun ist namentlich im Sommer 
von der grössten Wichtigkeit, da die Gelatine, sei es durch 
Anfang von Fäulnis oder durch andere Ursachen, zu leicht 
zur Löcherbildung neigt. Die mit Alaun behandelten Negative 
trocknen schneller. Anstatt des Alaunbades kann man sich 
einer fünfproz entigen Formaldehydlösung zu diesem Zwecke 
bedienen. Hat man schnell ein Negativ zu trocknen, um eine 
Kopie zu machen, so lässt man die noch nasse Platte 10 Minuten 
in Alkohol liegen, worauf eventuell auch bei massiger Wärme 
getrocknet werden kann. An Stelle des gewöhnlichen Alko- 
hols empfiehlt es sich, den Methylalkohol zu benutzen, welcher 
flöchtiger ist und somit rascher zum Ziele führt. Da der 
Alkohol das Wasser vollkommen aus der Schicht entfernt, ist 
ein schnelles Trocknen auch bei massiger Warme möglich. 

Die härtende Wirkung des Alauns auf die Gelatine beruht 
auf der Entstehung einer unlöslichen Verbindung von Gelatine 



— 3°° — 

und Aluminiumsulfat (welches den wirksamen Bestandteil des 
Alauns bildet). Diese Erscheinung kann leicht beobachtet 
werden, wenn man eine Alaunlösung in eine warme Gelaüne- 
lösung giesst. Die Gelatine erstarrt zu einer gallertartigen 
Masse, welche selbst bei stärkerem Erhitzen nicht wieder 
flüssig wird. 

Eine noch erheblichere Wirkung derselben Art wie Kali- 
alaun übt Chromalaun aus. Chromalaun ist ein Doppelsalz 
von Chromo- und Kaliumsulfat, mit analoger chemischer Formel 
wie der Kalialaun: 

Cr, (S0 4 ), + K t SO t + 34 H, O. 

Chromalaun stellt dunkelviolette Kristalle vor. Er ist in 
Wasser leichter löslich, als Kalialaun. Die Lösungen sind 
zuweilen grün, zuweilen violett; für diese Farben verschieden- 
heil hat man keine zuverlässige Erklärung gefunden. 

Im Jahre 1902 veröffentlichten wir in photo graphischen 
und chemischen Fachzeitungen die Ergebnisse einiger Ver- 
suche über die Wirkung der Chrom Verbindungen auf Gelatine. 

Bei diesen Versuchen wurden gleich grosse , mit ver- 
schiedenen härtenden Lösungen behandelte Gelatinehäutchcn 
in Wasser oder in schwach salzsaure Lösungen getaucht und 
die Ausdehnung derselben beobachtet. Unsere Untersuchungen 
führten uns zu folgenden, für die Praxis besonders wichtig 
erscheinenden Schlussfolgerungen : 

1. Der im Handel vorkommende Kalichromalaun und 
Ammoniakchromalaun (welche analoge Zusammensetzung haben) 
üben, ungeachtet der Konzentration der verwandten Lösung 
und der Behandlungsdauer, im allgemeinen eine sehr be- 
schränkte Wirkung aus. 

a. Die schwache Wirkung der Handelsprodukte hängt 
ohne Zweifel mit dem ziemlich bedeutenden Säuregehalt der- 
selben zusammen. 

3. Die Neutralisation der Chromalaunlösungen mit Ammo- 
niak oder Soda kann in der Kälte nicht gut geschehen, weil 
an den Berührungsstellen des Alkalis ein in der Kälte selbst 
durch Umrühren und trotz des Säuregehaltes der Flüssigkeit 
sehr schwer löslicher Chromoxydhyd rat -Niederschlag entsteht. 
Die Neutralisation muss daher in siedender Flüssigkeit vor- 
genommen werden. 

4. Die neutralisierte Chromalaunlösung hat eine relativ 
härtende Wirkung auf Gelatine. 



— 3°i — 

5. Die grösste härtende Wirkung hat jedoch der basische 
Chromalaun, welcher erhalten wird, indem man der siedenden 
Chromalaunlösung einen Ueberschuss an Ammoniak zusetzt, 
d. h. so viel Ammoniak, dass nach Neutralisierung der Säure 
noch etwas ungelöstes Chromoxydhydrat nach ! /j D ' s eui ~ 
stündigem Kochen zurückbleibt. 

6. Die basische Chrom alaunlösung färbt die Gelatine 
schwach grün, macht sie aber selbst gegen stark saure 
Lösungen widerstandsfähig. Die 1 bis 2 Stunden mit 20pro- 
zentiger bastscher Chromalaunlösung behandelte Gelatineschicht 
kann mit der grössten Leichtigkeit mittels Fluorwasserstoff- 
säure abgezogen werden. 

7. Die durch Behandlung mit basischer Chromalaunlösung 
erhaltene Widerstandsfähigkeit der Gelatine ist so gross, dass 
man dieselbe zu Photogravürez wecken verwenden kann. 

8. Der Ammoniak - Chromalaun und Kalichromalaun zeigen 
ein fast identisches Verhalten. Das Chromchlorid sowie die 
Chromsalze mit organischen Säuren (Weinsäure, Essigsäure) 
haben, selbst mit Ammoniak in Ueberschuss behandelt, eine 
viel geringere Wirkung. 

9. Das neutrale oder basische schwefelsaure Chromoxyd 
verdankt seine härtende Wirkung seinem Vermögen, mit der 
Gelatine eine Chromoxyd- {Cr z O s ) oder eine basische Chrom- 
sulfatverbindung zu bilden. Es scheint, dass durch Zersetzung 
der Chrom sulfatlösung Chromoxyd entsteht, welches sich mit 
der Gelatine verbindet, während bei den Chromsalzen orga- 
nischer Säuren und bei Chromchlorid solches nicht der Fall ist. 

10. Da die neutrale oder basische Chromalaunlösung 
durch Einwirken auf die Gelatine Chromoxyd abgibt, so ist 
es teieht begreiflich, dass diese nach wiederholtem Gebrauch 
sauer oder weniger basisch wird, und daher nach und nach 
weniger härtend wirkt. 

11. Der Kalialaun übt auf die Gelatine eine geringere 
härtende Wirkung als Chromalaun aus, selbst wenn er, wie 
dieser, mit Ammoniaküberschuss behandelt wird. 

12. Ersetzt man die aoprozentige basische Chromalaun- 
lösung durch eine gemischte Lösung von 10 Prozent Chrom- 
alaun und 10 Prozent Kalialaun und behandelt man letztere 
in der Wärme mit Ammoniaküberschuss in der bereits an- 
gegebenen Weise, so hat man ein mindestens ebenso kräftig 
wirkendes Härtebad, wie die 2oprozenttge Chromalaunlösung, 
welches jedoch den Vorteil bietet, die Gelatine weniger zu färben. 



— 3° 2 — 

Die Herren Lumiere und Seyewetz bestätigten spater 
auf Grund ihrer Untersuchungen die Erscheinung, dass die mit 
AmmoniakQberschuss in der Wärme behandelte Chromalaun- 
lösung auf die Gelatine energischer härtend wirkt, als der 
gewöhnliche Chromalaun. Sie sind jedoch der Ansicht, das.s 
die Säure der Chrom Verbindung auf deren härtende Wirkung 
keinen Einfluss hat Daher würden nach ihrer Ansicht das 
essigsaure Chrom ox yd, das Chlorid und andere mit Ammoniak- 
Qberschuss neutralisierte Chromsalze ihrer Wirkung nach dein 
Chromsulfat gleichkommen. Nach der Veröffentlichung der 
Herren Lumiere und Seyewetz haben wir wieder ver- 
gleichende Untersuchungen angestellt und können mit abso- 
luter Sicherheit behaupten, dass es unmöglich ist, mit essig- 
saurem Chromoxyd und mit anderen Chromsalzen organischer 
Säuren einen, verdünnten Säuren widerstehenden Härtegrad der 
Gelatine zu erreichen. Die mit Chromchlorid oder essigsaurem 
Chromoxyd (nach Behandlung dieser mit AmmoniakQberschuss) 
behandelten Gelatinefilms dehnten sich in verdünnten (ein- 
bis zweiprozentigen) Säuren in jedem Falle ganz bedeutend, 
während dies bei den mit basischem Chromalaun behandelten 
Gelatinefilms nicht geschieht. 

In der Praxis kommt daher nur dieses letztere Chrom- 
präparat in Betracht, da nur mit Hilfe dieses eine genügende 
Härtung der Gelatineschicht zum Zwecke des Abziehens der- 
selben mittels Fluorwasserstoffsäure ohne jede Ausdehnung 
oder Form Veränderung möglich ist. Aus den Untersuchungen 
von Lumiere und Seyewetz ergibt sich ferner, dass das in 
der Gelatine festgehaltene Gewicht Chromoxyd (Cr t O s ), welches 
Chromsalz man auch verwenden mag, 3,3 bis 3,5 Prozent 
beträgt, und dass das dabei entstehende Produkt eher ein 
Additionsprodukt als eine eigentliche Verbindung ist. 

Wir sind dagegen der Ansicht, dass die Menge des Chrom- 
oxyds, welches sich mit der Gelatine verbindet, vor allem von 
dem Grade der basischen Eigenschaften des verwendeten Chrom- 
salzes abhängig ist, und dass man mit stark basischem Chrom- 
sulfat die chromoxyd reichsten Verbindungen erhalten kann. 

Handelt es sich darum, die Bildhaut nur so weit zu härten, 
dass sie beim Waschen und bei den sonstigen Behandlungen 
widerstandsfähiger wird, so genügt eine fünfprozentige Kali- 
alaunlösung im allgemeinen vollkommen. Die Negative können 
entweder vor oder nach dem Fixieren mit dieser Lösung 



— 3°3 — 

behandelt werden, wobei darauf zu achten ist, dass kein 
Fixiernatron mit. dem Alaun in Berührung kommt. Bei grosser 
Wärme ist es vorteilhafter, nach dem Entwickeln zu härten, 
da sonst der Zweck teilweise verfehlt sein würde, weil das 
Negativ in der Fixierlösung und im Waschwasser wegen der 
Temperatur leiden könnte. Man hat dabei aber den einen 
Nachteil, dass die vor dem Fixieren gehärteten Negative viel 
langsamer fixieren. 

Seit einigen Jahren ist noch eine andere, von Herrn 
Mussat besonders empfohlene, sehr energisch härtend 
wirkende Substanz in die Praxis eingeführt worden. Es ist 
dies das Formalin des Handels, welches chemisch eine 
Lösung von Formaldehyd vorstellt. Das Formaldehyd gibt mit 
Gelatine eine noch unbestimmte, Formolgelatine genannte Ver- 
bindung, welche auch in heissem Wasser unlöslich ist und nur 
durch besondere chemische Behandlung in Lösung übergeführt 
werden kann. Die mit Formalin gehärteten Negative können 
im Trockenkasten bei 40 bis 50 Grad ohne jede Gefahr ge- 
trocknet werden. Diese Trockenmethode ist billiger, als die 
mit Alkohol. 

Das Formaldehyd hat eine sehr einfache chemische Zu- 
sammensetzung und entspricht der Formel CH 2 0. Es riecht 
stechend, ist in Wasser in jedem Verhältnis löslich und die 
selbst stark verdünnten Lösungen wirken energisch anti- 
septisch. Das Formalin des Handels enthält im allgemeinen 
höchstens bis 40 Prozent Formaldehyd. 

Zum Härten der Negative nimmt man eine fünf- bis 
zehnprozentige Formalinlösung (d. h. Formalin des Handels). 
Die Wirkung ist eine schnelle, 5 bis 10 Minuten genügen; 
nach dieser Behandlung ist nur kurzes Waschen erforderlich, 
da die Anwesenheit einer kleinen Menge Formalin im Fixier- 
bade keine nachteiligen Folgen besitzt. 

Das Formalin dient ausserdem auch zum Abziehen der 
Negativschicht vom Glase. In den meisten Fällen löst sich 
die Gelatineschicht nach einstündiger Behandlung in einer 
20 prozentigen Formalinlösung mit Leichtigkeit vom Glase ab; 
es genügt zu diesem Zwecke, die Ränder einzuschneiden und 
die Bildschicht behutsam an einer Ecke zu heben. Da diese 
Bildschicht zu dünn ist, um aufbewahrt werden zu können, 
so rouss sie in folgender Weise verstärkt werden : Man über- 
trägt sie auf eine mit elastischem Rizinusöl -Kollodium vor- 
präparierte Platte (1 bis 2 Prozent Kollodium mit 1 Prozent 



— 3°4 — 

Rizinusöl) und presst sie mit dem Rollenquetscher darauf; 
nach dem Trocknen giesst man eine zweite Kollodium Schicht 
darauf und kann dann nach nochmaligem Trocknen da.- 
Ganze von der Platte abziehen. Die Bildschicht befindet sich 
somit zwischen zwei Kollodium schichten und kann flach auf- 
bewahrt werden. 



Anstatt eine Formalinlösung zur Härtung der Schicht 
(die wegen der sich entwickelnden Dämpfe lästig ist) zu be- 
nutzen, ist es vorteilhafter, weil sicherer und billiger, eine 
aoprozentige Lösung von basischem Chromalaun, in der vor- 
erwähnten Weise hergestellt, zum Härten der Bildschicht zu 
verwenden. 

Die trockenen Platten müssen vorher 5 Minuten in Wasser 
eingeweicht und dann 1 Stunde in dem basischen Chrom- 
alaunbad gelassen werden. Die Bildschicht kann dann leichter 
abgezogen werden, als beim Gebrauche von Formalin; auch 
ist dieselbe widerstandsfähiger und nicht dehnbar, wie zu- 
weilen bei diesem. Es ist jedoch zu beachten, dass es so- 
wohl bei Verwendung von Formalin wie von Chromalaun 
nicht selten schwer ist, die Bildschicht unversehrt abzuziehen. 
Wir ziehen daher in jedem Falle die Behandlung mit Fluor- 
wasserstoffsäure (1 bis a Prozent) oder noch hesser mit an- 
gesäuerter Alkalifluoridlösung vor. Die Bildschicht löst sich 
meistenteils freiwillig ab und kann daher äusserst leicht und, 
wenn sie mit basischer Chromalaunlösung gehärtet wurde, 
ohne jede Gefahr von Beschädigungen oder Ausdehnungen 
abgezogen werden. 

Die Fluorwasserstoffsäure ermöglicht dadurch das Ab- 
ziehen, weil sie dabei vermöge ihrer Eigenschaft, das Glas 
anzugreifen, etwas auf die Oberfläche der Glasplatte wirkt. 
Durch die Wirkung von Fluorwasserstoffsäure auf Glas ent- 
steht Siliciumfluorid , welches im Entstehungsmoment gas- 
förmig ist; dieser G.-.sentwicklung glauben wir das freiwillige 
Ablösen der Bildschicht von der Glasplatte zuschreiben zu 
müssen. Durch Verbindung von Siliciumfluorid mit Wasser 
entsteht die Siliciumfluorwasserstoffsäure. Wir haben nach- 
gewiesen, dass zu dem genannten Zwecke eine mit 5 Prozent 
Salzsäure oder 2 Prozent Schwefelsäure angesäuerte fünf- 
prozentige Fluornatrium- oder Fluorkaliumlösung gleich gut 
dienen kann. Die Verwendung dieser Lösungen ist eine 



— 3°5 — 

sehr bequeme, da sie auch in Glasflaschen unbegrenzt auf- 
bewahrt werden können. Zum Gebrauche versetzt man sie 
mit der nötigen Säure, nachdem man die Lösung in eine 
Papp- oder Cellulotd schale (keine Porzellanschale!) gegossen 
hat. Auf diese Weise kann man die teueren Kautschuk- 
flaschen entbehren und vermeidet auch den Gebrauch einer 
ziemlich gefährlichen Substanz, da Fluorwasserstoffsäure be- 
kanntlich auf die Haut stark ätzend wirkt. 

Man wird daher zum sicheren Abziehen eines Negatives 
folgendermassen verfahren: Das vorher in Wasser ein- 
geweichte Negativ wird mit einer 20 prozentigen basischen 
Chromalaunlösung behandelt; letztere stellt man her, indem 
man 200 g Chromalaun in 1 Liter Wasser auflöst und der 
siedenden Lösung nach und nach so viel Ammoniak zusetzt, 
bis eine nach halbstündigem Kochen anhaltende Trübung ent- 
steht. Gewöhnlich genügen 20 bis 30 ccm Ammoniak. In 
dieser Lösung, nachdem sie erkaltet, verbleibt das Negativ 
mindestens 1 Stunde und wird dann ohne Abwaschen direkt 
in eine Lösung von 100 ccm Wasser, 5 g Fluornatrium oder 
Fluorkalium und 2 ccm gewöhnlicher Schwefelsäure getaucht. 
Nach einer kurzen Zeit fängt die Bildschicht an, sich abzu- 
lösen und kann mit Leichtigkeit abgezogen werden. Die 
Schicht wird nun gewaschen und muss dann, wenn sie frei 
aufbewahrt werden soll, mit Kollodium verstärkt werden. Soll 
sie aber, wie es am häufigsten der Fall ist, umgekehrt werden, 
so wird sie in eine lauwarme zweiproz entige Gelatinelösung 
getaucht, dann glatt auf eine Glasplatte gelegt und getrocknet. 



— 3 o6 — 
XLI. Kapitel. 

Die Verstärkung der Negative. Verschiedene 

Verstärkungsmethoden. 

Nutzen der Verstärkung. — Vermeidung derselben durch 
Verwendung besonders präparierter Bildschichten für den positiven 
Druck. — Wichtigkeit der Lnterscheidung zwischen schwachen und 
mangelhaften Negativen. — Quecksilber -Verstärkungsverfahren. — 
Bei der Quecksilberchlorid -Verstärkung vor sich gehende Reaktion. — 
Schwärzung des gebleichten Bildes mittels Ammoniaks, Natrium- 
sulfits und Natriumhvposulfits '). — Mehrfache Verstärkung. — Vorteile 
im Gebrauch des Bromkaliums zusammen mit Quecksilberchlorid. — 
Schwärzung des mit Quecksilberchlorid gebleichten Bildes mittels 
Silbemitrat-Cyankaliummischung. - — Verstärkungsmethode mit einer 
Lösung von Quecksilberjodid in Jodkalium nach Lu m i e re. — 
Kupferbromid - Verstärkungs verfahren. — Prinzip dieses Verfahrens. — 
Anwendung desselben zur Erhöhung oder Schwächung der Kontraste 
im Negativ. 

Es kommt oft vor , dass ein Negativ entweder infolge 
unrichtiger Exposition oder zu schwacher Entwicklung zwar 
alle Einzelheiten enthält, aber nicht die genügende Kraft be- 
sitzt, um auf den gewohnlichen Papieren gute positive 
Kopieen zu liefern. Solche Negative müssen verstärkt werden, 
d. h. die Lichter und die Halbtöne müssen dichter gemacht 
werden. Man kann auch besonders präparierte, kontrastreich 
kopierende Papiere zur Herstellung von Bildern nach solchen 
Negativen benutzen, wenn man letztere unverändert lassen 
will. Derartige Papiere existieren bekanntlich im Handel. 
Gewisse Verfahren, wie z. B. das Platin verf ahren , gestatten 
auch die Präparation solcher Papiere, mit welchen man Bilder 
in beliebigen Kontrasten erhalten kann. Ein sehr bedeutender 
Künstlerphotograph, Puyo, meinte ganz richtig, dass zur Er- 
zielung wirklich künstlerischer Photographieen von bedeutender 
Wirkung das Papier stets vom Künstler selbst, je nach den 
an die Arbeit gestellten Anforderungen und nach der Art 
des Objektes, sowie nach Beschaffenheit des Nagatives, in 
verschiedener Weise hergestellt werden müsste. Ausser dem 
Platinpapier entspricht auch das Gummibichromatpapier vor- 
züglich den gestellten Anforderungen. Da jedoch in den 
meisten Fällen die gewöhnlichen Papiere unentbehrlich sind, 
so ist die Verstärkung solcher Negative, welche aus Mangel 
an Kraft und Kontrasten nicht gut kopieren, notwendig. 

i) Fixiernatron = unterschwefligsaures Natron. 



— 3°7 — 

Wir bemerken jedoch, dass nicht jedes flaue Negativ 
vorteilhaft verstärkt werden kann. Man muss die schwachen, 
aber detailreichen von den schwachen unvollständigen Nega- 
tiven unterscheiden. Letztere, von zu kurzer Exposition her- 
rührend, können meistens durch die Verstärkung nicht ver- 
bessert werden, und ist es wohl ratsamer, sie zu vernichten. 
Durch die Verstärkung können wohl die Kontraste erhöhl 
werden, jedoch niemals die fehlenden Details zur Geltung 
gebracht werden. Obgleich dies ganz natürlich ist, gibt es 
doch viele, die jedes schwache Negativ ohne Unterschied zu 
verstärken versuchen, obwohl dies ganz aussichtslos ist. 

Gewöhnlich wird zum Verstärken das Quecksilberchlorid 
angewandt. Das fixierte und gewaschene Negativ (ein voll- 
kommenes Waschen ist in diesem Falle unbedingt erforder- 
lich) wird zunächst in eine zweiprozentige Quecksilberlösung 
gelegt. Hier wird das Bild gebleicht, weil der Silbernieder- 
schlag des Bildes durch Chlorsilber und Quecksilberchlorür, 
welche weiss sind, ersetzt wird. Die Reaktion geht nach 
folgender Formel vor sich: 



Das so erhaltene weisse Bild muss dann geschwärzt 
werden, wozu verschiedene Bäder dienen können. 

In jedem Falle muss vorher durch gründliches Waschen 
mit destilliertem Wasser und nachheriges sorgfältiges Waschen 
mit gewöhnlichem Wasser das Quecksilbersalz vollständig aus 
der Schicht entfernt werden. Als Schwärzungsmittel wird 
gewöhnlich eine zehnprozentige Ammoniaklösung verwendet. 

Das Ammoniak wirkt folgen de rmassen : Es löst ganz oder 
teilweise das Chlorsilber auf und verwandelt das Quecksilber- 
chlorür in Dimerkurammoniumchlorür , welches schwarz und 
unlöslich ist. Diese Reaktion geht nach folgender Gleichung 
vor sich: 

Hg i Cl l + *H a N — H gi H 2 NO + H i NCl. 

Quecksilber- Ammoniak Dimerkununmo- Ammonium- 

cbiorflr mumcblornr Chlorid 

Das Dimerkurammoniumchlorür ist kein beständiger 
Körper, da es sich unter dem Einflüsse des Lichtes zersetzt. 
Aus diesem Grunde lassen die mit dem Quecksilber -Ammoniak- 
verfahren verstärkten Negative in Bezug auf Haltbarkeit etwas 
zu wünschen übrig. Zur Erzielung besserer Haltbarkeit em- 



die Erreichung jedes beliebigen Inten shätsgrades möglich sei, 
was jedoch in der Praxis nicht zutreffend ist. 

Eine andere Methode, eine sehr bedeutende Verstärkung 
zu erhalten, ist die Verwendung von Alkalisulfid aU 
Schwärzungsmitel des durch Quecksilberchlorid gebleichten 
Negatives, wie z. B. durch Kaliumpolysulfid, gewöhnlich 
Schwefelleber genannt. Das mit Qucksilberchlorid gebleichte 
Negativ muss in solchen Fallen vor allem sehr sorgfältig 
während mehrerer Stunden in fliessendem Wasser gewaschen 
werden, worauf es in eine frisch bereitete und filtrierte ein- 
prozentige Kaliumsulfidlösung gelegt wird. In dieser wird 
das Bild infolge Entstehung von Quecksilbersulfid und Silber- 
sulfid, zweier sehr dichter schwarzer Körper, geschwärzt. 

Bei diesem Verfahren hat man jedoch den grossen Nach- 
teil, dass die Negative selbst bei sorgfältigem Waschen nach 
dem Bleichen mehr oder weniger gelb gefärbt werden, ob- 
gleich die Verstärkung eine bedeutend kräftigere ist, als die 
mit dem gewöhnlichen Verfahren erhaltene. Dieses Verfahren 
wird daher fast ausschliesslich bei dem Kollodium verfahren 
angewandt, wobei an Stelle des Kaliumpolysufids (Schwefel- 
kalium) das Schwefelammonium vorgezogen wird. Letzteres 
ist dem Schwefelkalium deshalb vorzuziehen, weil es sich an 
der Luft nicht so rasch unter Schwefelausschcidung zersetzt, 
wodurch ein öfteres Erneuern und Filtrieren des Bades nötig 
wird; das Schwefel ammonium ruft auch nicht so leicht den 
allgemeinen Gelbschleier hervor. Im Handel befindet sich 
ein Schwcfelammonium, dessen Zusammensetzung eher einem 
neutralen (Z/jTVljS, als einem sauren Sulfid entspricht; ersteres 
ist nämlich für den Zweck weniger geeignet, weil das Bild 
weniger dicht ausfällt. 

Im allgemeinen wird aber heute bei Anwendung der 
Vcrstärkungsinethode mit Sulfid bei dem Kollodiumverfahren 
das Schwefelnatrium vorgezogen, welches zwar keine so 
kräftige Verstärkung liefert, wie das Schwefelammonium, da- 
für aber nicht so unangenehm riecht und nicht die auf manche 
Substanzen, hauptsächlich auf die Silberbäder, schädlich 
wirkenden Gase oder Dämpfe entwickelt, wie das letztere. 

Zur Herstellung einer gut haltbaren Quecksilberchlorid- 
lösung empfiehlt es sich, ein gleiches Quantum Natriumchlorid 
oder Bromkalium zuzusetzen. Der Chlornatriumzusatz bietet 
einen doppelten Vorteil: Erstens erleichtert er die Auflösung 
des Quecksilberchlorids und erhöht die Haltbarkeit der 



— 3^1 — 

Lösungen, indem die Bildung von basischen Salzen verhindert 
wird. Zweitens nimmt es dem Quecksilberchlorid die Eigen- 
schaft, die Gelatine teilweise unlöslich zu machen, wodurch 
ein leichteres Auswaschen des Quecksilbersalzes nach der 
Bleichung ermöglicht wird. Zu diesem Zwecke ist auch noch 
ein Zusatz von r Prozent Salzsäure (ausser dem Chlornatrium} 
sehr empfehlenswert. 

Durch Bromkaliumzusatz (2 bis 3 Prozent) erhöht man 
nicht allein die Haltbarkeit der Quecksilberchloridlösung, 
sondern auch, wie Professor Eder nachgewiesen hat, den 
Grad der Verstärkung. Wir haben die Zweckmässigkeit eines 
solchen Zusatzes zu den Quecksilberchloridlösungen studiert 
und konnten in der Tat bestätigen, dass die Dichtigkeit der 
damit verstärkten Negative wesentlich erhöht wird, und zwar 
besonders bei Verwendung von Ammoniak oder Natriumsulfit 
(nicht aber von Fixiernatron) als Schwärzungsmittel. Dies 
hängt mit dem Umstände zusammen, dass bei Behandlung der 
Platten mit diesem Bade ausser QuecksilberchlorOr nicht Chlor- 
silber, sondern Bromsilber entsteht, welches bei der Nach- 
behandlung mit Ammoniak ganz oder fast ganz zurückbleibt. 
Das Bromsilber ist ausserdem auch dichter als Chlorsilber. 

Das mit Quecksilberchlorid gebleichte Negativ kann auch 
mittels einer Silbernitrat- Cyankaliumlösung geschwärzt werden. 
Man setzt eine einprozentige Cyankaliumlösung an, zu der 
man so viel Silbernitratlösung zusetzt, bis keine Lösung der 
letzteren mehr stattfindet. Mit dieser Flüssigkeit wird nun 
das gebleichte Negativ behandelt, welches infolge Entstehung 
einer schwarzen Quecksilberverbindung und vielleicht auch 
von etwas metallischem Silber sofort geschwärzt wird. Diese 
von Monckhoven angegebene Methode wird jedoch nicht 
mehr angewandt, da sie dem Ammoniak- oder Natriumsulfit- 
verfahren gegenüber keinen Vorteil bietet. 

Blake Smith empfahl im Jahre 1901 als Schwärzungs- 
mittel der mit Quecksilberchlorid gebleichten Negative folgende 
Lösung : 

Formalin ig, 

Aetznatron 1 „ 

Wasser 100 „ 

Man erhält dadurch eine ganz bedeutende Verstärkung 
und kann im Bedarfsfalle die Behandlung wiederholen. Wir 
konnten aber auf Grund unserer Versuche konstatieren, dass 
die Klarheit der Negative beeinträchtigt wird. 



— 3 13 — 

Eine weitere sehr einfache Verstärkungsmethode, welche 
auf der Anwendung von Quecksilbersalzen beruht, besteht in 
der Verwendung einer Quecksilberjodid - Jodkaliumlösung. 
Diese Lösung wird hergestellt, indem man zu einer fünf- 
prozentigen Jodkaliumlösung nach und nach eine gesättigte 
Quecksilberchloridlösung zusetzt. Bei jedem Zusatz von Queck- 
silbersalz entsteht ein roter Niederschlag von Quecksilber- 
jodid, welches sich durch schwaches Schütteln auflöst, indem 
sich eine Doppelverbindung von Quecksilberjodid mit Jod- 
kalium bildet. Sobald der rote Niederschlag sich schwer oder 
gar nicht löst, hört man mit dem Zusatz von Quecksilber- 
chlorid auf. 

In diese Lösung wird nun nach oberflächlichem Waschen 
das fixierte Negativ eingetaucht; das Bild ändert seine Farbe, 
weil der Silberniederschlag desselben zum grössten Teil durch 
Quecksüberjodür, welches dunkelgrün ist, ersetzt wird. Die 
Reaktion geht nach folgender Gleichung vor sich: 
a/fc/, + Ag t = zAgJ + HgJ v 

Quecksilber- Silber Jodsilber Quecksilber- 

jodid jodflr 

Von Lumiere und Seyewetz wurde an Stelle der Jod- 
kalium -Quecksilberjodidlösung eine Quecksilberjodid-Natrium- 
sulfitlösung empfohlen, wodurch eine noch erheblichere Ver- 
stärkung möglich ist. Diese Lösung wird folgen de rmassen 
angesetzt : 

Wasser ioo cem, 

Quecksilberjodid ig, 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 20 „ 

Das Quecksilberjodid löst sich in Natriumsulfit sehr leicht 
auf. An Stelle des Quecksilberjodids kann man Queck- 
silberchlorid und Jodkalium verwenden. In diesem Falle 

nimmt man: 

Quecksilberchlorid ig, 

Jodkalium 2 „ 

kristallisiertes Natriumsulfit ... 20 „ 

Wasser 100 ccm. 

Es ist anzunehmen, dass in Gegenwart von Natriumsulfit 
ein Teil des bei der angegebenen Reaktion entstehenden 
Quecksilberjodürs zu metallischem Quecksilber reduziert wird. 
In der Tat bekommt man in Gegenwart von Sulfit einen 



— 3'3 — 

dunkleren, grflnen Ton; da kein Ueberschuss von Jodkalium 
vorhanden ist (wie bei Verwendung von Quecksilberchlorid 
mit Jodkalium allein), so geht das dabei entstehende Jodsilber 
nicht so leicht in Lösung Ober und tragt somit zu der Ver- 
stärkung wesentlich bei. Auf jeden Fall lässt die Haltbarkeit 
der auf diesem Weg verstärkten Negative sehr zu wünschen 
Übrig; sie verändern besonders durch Einwirkung des starken 
Tageslichtes während des Kopierens ihre Farbe, indem sie 
entweder gleich massig gelb werden oder indem sich Flecke 
bilden. 

Auch beim längeren Aufbewahren geschieht dasselbe; 
diese Erscheinung ist auf eine Oxydation und auf eine Um- 
wandlung des Quecksilberjodürs in Quecksilberjodid und 
Quecksilberoxyd zurückzuführen : 

HgJt + O — HgJt + HgO. 

Diese Oxydation geht leichter durch Lichteinwirkung, 
sowie auch durch die Wirkung des aus Jodsüber frei 
werdenden Jods vor sich. 

Lumiere und Seyewetz erklären die Veränderung des 
verstärkten Bildes auf weniger einfache Weise; wir glauben 
jedoch, dass die oben angeführte Erklärung wahrscheinlicher 
sei. Um das Bild haltbar zu machen, ist es notwendig, wie 
Lumiere und Seyewetz empfehlen, die verstärkten und 
gewaschenen Negative mit irgend einem alkalischen Ent- 
wickler ( Hydro ch i non , Eikonogen, Metol u. s. w.) zu be- 
handeln, wodurch das Quecksilberjodür zum grössten Teil zu 
metallischem Quecksilber reduziert wird. Das Bild wird je- 
doch nicht wesentlich kräftiger. 

Das Verstärkungs verfahren mit Quecksilberjodid bietet 
vor anderen den Vorteil, dass man die Verstärkung, welche 
direkt in einem Bade vor sich geht, verfolgen kann. Die 
Verstärkung ist auch erheblicher als bei anderen Methoden. 
Jedoch konnte festgestellt werden , dass die Klarheit der 
Schatten im Negativ, selbst bei sorgfältigstem Arbeiten, 
Schaden leidet. 

Bevor wir den Gegenstand verlassen, fügen wir noch 
hinzu, dass die nach der Verstärkung etwa zu dicht er- 
scheinenden Negative mit einer fünfproz entigen Ammonium- 
persulfadösung oder besser mit unserem Abschwächungsbade 
von Kaliumpermanganat (übermangansaurem Kali) abgeschwächt 
werden können, was im folgenden Kapitel auseinandergesetzt 
werden wird. 



— 3H — 

Die bei der Verstärkung mit Quecksilberchlorid zu be- 
achtenden Regeln sind also folgende: 

Bei einer geringen Verstärkung genügt die Behandlung 
des Negatives mit Quecksilberchlorid und darauf folgende 
Schwärzung mit konzentrierter Natriumsulfitlösung. Bei einer 
kräftigeren Verstärkung behandelt man das gebleichte Negativ 
entweder mit Ammoniak oder mit einer fünfprozentigen 
Natriumsulfitlösung, welche mit Kochsalz gemischt ist. 

Eine noch erheblichere Verstärkung erzielt man durch 
Behandlung der Platte mit Quecksilberchloridlösung, welche 
Bromkalium enthält, und darauf folgende Schwärzung mit 
Sulfit oder Ammoniak. 

Den höchsten Verstärkungsgrad erreicht man entweder 
mit der Methode der mehrfachen Verstärkung (unsere Methode 
oder diejenige mit Formalin und Aetznatron) oder mit der 
Quecksilberjodidmethode nach Lumiere. 



Hinsichtlich der Verstärkung mit Kupfcrsalzen ist folgendes 
zu bemerken: 

Diese Methode wird zur Verstärkung der Bromsilber- 
Gelatinenegative wenig, bei dem Kollodiumverfahren dagegen 
sehr viel gebraucht. Gewöhnlich verfährt man folgender- 
massen. Das fixierte und gewaschene Negativ wird mit einer 
Kupferbromidlösung (die mit 5 Prozent Kupfersulfat und 
5 Prozent Bromkalium erhalten wird) gebleicht. Die Bleichung 
geht infolge Entstehung von Bromsilber und Kupferbromür, 
zweier unlöslicher, weisslicher Körper, nach folgender Gleichung 
vor sich: 

1) 

Nach dieser Behandlung begnügt man sich oft mit der 
Reduktion des Broms Übers zu metallischem Silber mittels 
eines alkalischen Entwicklers. Es verbleibt nur ein kleiner 
Teil von Kupferverbindung, welcher die Intensität des Bildes 
nur in geringein Grade erhöht. 

Im allgemeinen lässt man jedoch noch eine zweite Be- 
handlung mit Silbernitrat folgen, wodurch das Bild noch ge- 
schwärzt wird, weil das, bedeutende reduzierende Kraft be- 
sitzende Kupferbromür metallisches Silber auf dem Bilde 



— 3^5 — 

niederschlägt. Die Verstärkung erscheint in diesem Falle 
kräftiger, jedoch nicht sehr bedeutend, weil das Silber und 
Bromsilber des Bildes eine weissliche Farbe besitzt und des- 
halb für die aktinischen Strahlen keine genügende Dichtigkeit 
hat. Wir empfehlen deshalb eine dritte Behandlung zum 
Umwandeln des ganzen in dem Bilde enthaltenen Bromsilbers 
in Silber. Bevor wir zu dem praktischen Verfahren über- 
gehen, erachten wir es für nützlich, folgende schematische 
Aufstellung der verschiedenen dabei vor sich gehenden Um- 
wandlungen zu geben. 



Körper, aus welchen in den verschiedenen Phasen 
das Negatv besteht. 



Ursprünglich» 

Silber 


Mit Kupfcrbrc-mid 

Bcl.kclitcs 
NegMiv 

Kupferbrom Or 
Brom silber 


Vptiv" 

Silber 

Bromsilber 
Bromsilber 


Hit Entwickler 
nduzwrte» 

Silber 

Silber- 
Silber 



Die vorstehend angeführte chemische Gleichung i erklärt 
die erste, die nachstehende Gleichung 2 erklärt die zweite 
Umwandlung. 

K?ä£L + \df^ = sfiflr + BrlfilSr 

+ » Cm (KOfi 

Das Negativ, welches ursprünglich aus einem Teile Silber 
bestand, erscheint daher am Ende der Verstärkung theoretisch 
aus 3 Teilen Silber zusammengesetzt. Es ist keine bild- 
zerstörende oder sonstige fremde Substanz vorhanden. Das 
Kupferbromid dient nur als Mittel, um Silber auf Silber zu 
lagern, und verschwindet im Laufe der verschiedenen Um- 
wandlungen. In Wirklichkeit wird jedoch der eine Teil 
Silber nicht durch drei Teile Silber ersetzt, weil das Kupfer- 
bromür, welches etwas löslich ist, sich nicht ganz auf dem 
Bilde absetzt. 

Die dadurch erzielte Verstärkung ist jedoch eine sehr 
bedeutende, und bietet diese Methode auch den Vorteil, dass 
man die Behandlung mehrere Male wiederholen kann, weil 



- 3'6 - 

das verstärkte Negativ, gleich dem ursprünglichen Bilde, aus- 
schliesslich aus Silber besieht Nur hat man bei Anwendung 
dieser Methode bei den Bromsilber-Gelatineplatten den Nach- 
teil, dass diese bei ungenügendem Waschen sehr leicht gelb 
gefärbt werden; dadurch wird der Effekt der Verstärkung 
beeinträchtigt und die Kopierdauer erheblich verlängert. 

Bei den Bromsilber-Gelatineplatten treten ferner bei dieser 
Verstärkungsmethode nicht selten Flecke auf, welche auf mannig- 
fache Ursachen zurückzuführen sind. Diese Methode eignet 
sich daher besser für Kollodium negative, für welche das Ver- 
fahren in der Tat sehr oft Anwendung findet, wobei aber 
nur die zweite Behandlung mit Silbernitrat vorgenommen wird. 
Aus Gründen der Sparsamkeit kann man auch ein zweites Bad 
von Schwefelnatrium herstellen, durch dessen Wirkung Silber- 
und Kupfersulfid, beide sehr dichte Körper, auf dein Bilde 
abgelagert werden. 

Theoretisch scheint eine solche teilweise Verstärkung dazu 
dienen zu können, die zu harten Kontraste eines Bildes zu 
mildern. Nehmen wir z. B. an, dass in einem Negativ die 
Silbermenge einer gewissen Fläche in den Lichtern sechsmal 
grösser ist als diejenige einer gleichen Fläche" in den schwachen 
Schatten. Behandelt man nun dieses Negativ mit Kupferbromid 
nur so lange, bis die schwachen Schatten gebleicht sind, und 
schwärzt man dann sofort durch Silbernitrat und zuletzt durch 
Entwickler, so kann man annehmen, dass in den Schatten 
die Silbermenge die doppelte geworden ist; aber in den 
Lichtem kann sie nicht in demselben Verhältnis gewachsen 
sein, sie wird höchstens um etwa dasselbe Quantum wie in 
den schwachen Schatten zugenommen haben. Ist nun die 
Silbermenge in den schwachen Schatten von i auf 2 gestiegen, 
so ist sie in den Lichtern von 6 — sagen wir — auf 7 ge- 
wachsen, so dass das frühere Verhältnis 6 : 1 jetzt 7 : 2, also 
geringer geworden ist. 

Es könnte also scheinen, als ob man auf diesem Wege 
schwache und zu harte Negative verbessern könnte. In der 
Praxis kann man jedoch diese Abschwächung der Kontraste 
nicht so leicht erreichen; immerhin ist eine, in dieser Weise 
ausgeführte Verstärkung von etwas harten Negativen nicht 
schädlich, weil die Kontraste nicht vergrössert werden. 

Das Verstärk ungs verfahren mit Kupferbromid kann mit- 
unter zur Erhöhung der Kontraste bei eintönigen Negativen 
dienen. Zu diesem Zwecke wäscht man nach der Behand- 



— 3i7 — 

Iung mit Kupferbromid einige Stunden in fl Jessen dem Wasser, 
wodurch das Kupferbromür, welches nur wenig in Wasser 
löslich ist, in den Halbtönen, wo es nur in kleinen Mengen 
vorkommt, vollständig entfernt wird, während es in den hohen 
Lichtern, wo grössere Mengen davon vorhanden sind, fast 
ganz zurückbleibt, so dass dann bei der späteren Behandlung 
nur diese letzteren an Intensität zunehmen. 

In den photomechanischen Anstalten erzielt man sehr 
beträchtliche Verstärkung der Kollodiumnegative durch folgende 
Behandlung. 

Das Negativ wird zuerst in der Lösung: 

destilliertes Wasser looccm, 

rotes Blutlaugensalz 2 g, 

Bleinitrat 2 „ 

gebleicht, wobei an Stelle des Silberbildes Ferrocyansilber 
und Ferrocyanblei entsteht. Nach sorgfältigem Waschen wird 
mit einprozentiger Schwefel-Ammoniumlösung geschwärzt, wo- 
bei Silber- und Bleisulfid entstehen. 

Zum Schlüsse erwähnen wir noch das Verfahren mit 
einer Mischung einer geringen Menge von Silbernitrat mit 
Entwickler (Hydrochinon oder Metol) und Citronen säure. Eine 
solche Lösung setzt das Silber hauptsächlich ab, wo bereits 
Silber vorhanden ist, wodurch die Verstärkung bewirkt wird. 
Man bedient sich dieser Methode, wie wir an der betreffenden 
Stelle bereits erwähnten, bei dem Kollodium verfahren. Aehn- 
liche, auf demselben Prinzip beruhende Verfahren wurden 
auch für Bromsilbergelatineplatten empfohlen; wir raten aber 
entschieden davon ab, erstens, weil die dadurch erzielte Ver- 
stärkung eine geringe ist, und dann, weil die Negative nicht 
selten an Klarheit verlieren, gelb und sogar unbrauchbar 
werden. 

Die letzte Verstärk ungsmeth od e ist diejenige mit Ferro- 
cyanuran. Die Vorschrift ist eine ähnliche wie bei der Tonung 
der positiven Bilder. Diese Methode liefert vielleicht die 
grösste Kraft; das Bild wird aber rot, da das Silber durch 
Ferrocyanuran, welches rot und nicht sehr haltbar ist, ersetzt 
wird. Die Verstärkung wird nach folgender Vorschrift vor- 
genommen. Man setzt folgende zwei Lösungen an: 

A) Urannitrat - 10 g, 

Wasser 1000 ccm. 



B) Ferricyankalium (rotes Blutlaugensalz) 10 g, 
Wasser iooo ccm. 

Zum Gebrauche mischt man 100 ccm Lösung A und 
100 ccm Losung B und 25 ccm Eisessig. 

Die Lösung muss unmittelbar nach der Herstellung be- 
nutzt werden und das Negativ gründlichst gewaschen sein, 
um jede Spur Fixiernatron zu entfernen, da sonst eine all- 
gemeine Gelbfärbung auftritt. 

Nach dem Verstärken wascht man das Negativ etwa 
10 Minuten. Eine etwa eintretende allgemeine rötliche odei 
gelbliche Färbung kann mittels einer sehr verdünnten Soda 
lösung (0,1 prozentig) entfernt werden. Diese letzte Behand- 
lung muss aber kurz sein , denn sonst würde das Bild ab- 
geschwächt werden. 

Nach unseren Untersuchungen kann man mit dieser Ver- 
stärkungsmethode auch die bereits mit Quecksilberchlorid und 
Natriumsulfit verstärkten Negative nachbehandeln. Man erhalt | 
auf diese Weise Niederschläge von rotem Ferrocyanuran auf ! 
den Bildern, welche die Intensität derselben noch bedeutend 
vermehren. Noch besser eignet sich jedoch die Behandlung 
der Negative mit Ferricyanid und Kupfersalz (siehe bei der 
Kupfertonung der Bromsilberbilder auf Papier „ Photogra- 
phische Chemie", H.Teil; Positivprozess) , weil dadurch die 
Durchsichtigkeit in den Schatten unverändert bleibt. Verbindet 
man diese beiden sehr energischen Verstärkungsmethoden, so 
kann man sozusagen jedes noch so schwache Negativ retten. 

Zum Schlüsse erwähnen wir, dass die Aktiengesellschaft 
für Anilinfabrikation in Berlin unter der Bezeichnung Agfa- 
verstarker ein von Dr. Andresen erfundenes Präparat, welche.- 
Quecksilbcrjodid in Lösung mit Alkalirhodanid enthält, in den 
Handel gebracht hat Dasselbe liefert eine sehr beträchtliche 
Verstärkung (wie die Lösung von Quecksilber) odid in Sulfiti 
und ziemlich haltbare Bilder, ohne dass ein anderes Reduk- 
tionsbad nötig wäre. 



— 3*9 — 
XLÜ. Kapitel. 

Abschwächung und Klärung der 
Negative. Theorie und Praxis der Verwen- 
dung des Ammoniumpersulfates. Verwen- 
dung von Permanganat Direkte Positive 
und Duplikatnegative (Kontratypen). 

Abschwächung mit Cyankalium allein oder mit Queck- 
silberchlorid gemischt. — Abschwächung mil Kupfersalzen. — Nach- 
teile dieses und ähnlicher Verfahren. — Abschwächung mit rotem 
Blutlaugensalz und Fixiernatron. — Verwendung des Persulfates — 
Konstitution, Herstellung und chemische Eigenschaften des Ammo- 
niumpersulfates. — • Theorie und Praxis seiner Verwendung als Ab- 
schwächer. — Verwendung zur Beseitigung des GelbschTeiers. — 
Wirkung des Persulfales auf das latente Bild. — Verwendung des 
Permanganats mit Schwefelsäure ab Abschwächer für Bromsilber- 
gelatine- und Kollodiumnegative. — Verwendung der genannten 
Mischung zur Erhaltung von direkten Positiven und von Duplikat- 
negativen. 

Die Abschwächung der Negative hat im allgemeinen den 
Zweck, die Intensität der Bilder zu vermindern: dieselbe rührt 
entweder von einer zu langen Entwicklung oder von einer 
unrichtigen Zusammensetzung dieses Bades her. Gewisse 
Lösungen, welche als Abschwächer dienen, werden auch zum 
Klären verschleierter Negative benutzt; nicht selten erscheint 
jedoch das Bild nach dieser Behandlung etwas abgeschwächt 
und muss wieder verstärkt werden. Man kennt viele Ab- 
schwächungsmittel, je nach den einzelnen Fällen wird man 
das eine dem anderen vorziehen. 

Die einfachste Methode besteht in der Behandlung des 
fixierten Negativs mit einer zwei- bis fünfprozentigen Cyan- 
kaliumlosung; von derselben wird das Silber in Cyansilber 
umgewandelt, welches in Cyankalium loslich ist. Das Cyan- 
kalium hat den Nachteil, dass es zu sehr auf die Halbtöne 
der Negative wirkt. An Stelle von Cyankalium allein, kann 
man eine Mischung von Cyankalium, Jodkalium (oder Jod- 
natrium) und Qucksilberchlorid verwenden. Prof. Dr. Eder 
empfiehlt folgende Vorschrift: 

Wasser loooeem, 

Cyankalium 5 g, 

Soda oder Jodkalium .... 2,5 g, 

Quecksilberchlorid 2,5 „ 



— 3 3 ° — 

Das Negativ wird wenige Minuten in dieser Lösung 
gelassen, weil die Wirkung eine sehr schnelle ist. Das Queck- 
silberchlorid verwandelt das Silber teilweise in Chlorsilber, 
welches sich in Cyankaliumlösung auflöst. Eine andere Ab- 
schwächungsmethode basiert auf der Verwendung von Kupfer- 
salzen; wir ziehen zu diesem Zwecke folgende Lösung vor: 

Kupferchlorid ig, 

Wasser looccm. 

Das fixierte und gewaschene Negativ wird so lange mit 
dieser Lösung behandelt, bis sich ein weisser, aus Chlorsilber 
bestehender Ueberzug gebildet hat; nach dem Waschen be- 
handelt man mit Fixiernatronlösung, wodurch das Chlorsilber 
aufgelöst wird. Die zwischen Kupferchlorid und Silber vor 
sich gehende Reaktion ist durch folgende Gleichung veran- 
schaulicht: 

Ag. -f- 2 Cu CU ~ zAgCl -4- Cu. CU. 

Silber Kupfrrchlond ChloTSÜbtr Kuplercfalordr 

Im Grunde genommen besteht diese Abschwächungs- 
methode in der Umwandlung eines Teiles Silber in Chlor- 
silber, welches durch Fixiematron gelöst wird. An Stelle 
des Kupferchlorides kann man eine gemischte Lösung von 
Kupfersulfat (Kupfervitriol des Handels) und Kochsalz benutzen. 
Eine gute Vorschrift ist die folgende: 

Wasser iooccm, 

Kupfersulfat a — 3 g, 

Kochsalz 5 g. 

Die Energie der Wirkung des Bades hangt von der 
Menge des Kupfersalzes ab, auf jeden Fall ist eine verdünnte 
Lösung vorzuziehen, weil infolge der langsameren Wirkung 
derselben eine regelmassige Abschwächung stattfindet. Wann 
die Wirkung des Bades zu unterbrechen ist, lässt sich nicht 
mit Bestimmtheit feststellen. Dies lässt sich nur durch die 
Praxis bestimmen. Diese Abschwächungsmethode besitzt die 
grosse Unannehmlichkeit, dass man den richtigen Grad der- 
selben nicht früher beurteilen kann, als bis die Behandlung 
mit Fixiernatron stattgefunden hat. Man ist daher stets in 
Ungewissheit, wann die Wirkung des Kupferbades zu unter- 
brechen ist. 

Zur Umwandlung des Silbers in Chlorsilber oder in 
andere, in Fixiernatron lösliche Silberverbindungen dienen 



auch andere Metallsalze oder Verbindungen. Das Eisenchlorid 
wirkt z. B. in ähnlicher Weise wie das Kupferchlorid; das 
mit Schwefelsäure angesäuerte Kaliumbi Chromat verwandelt 
das Silber in Silberchromat , eine Jodlösung verwandelt es 
in Jodsilber u. s. w. Auf die Wirkung dieser Substanzen 
gründen sich ebenso viele Abschwächungs verfahren. Alle 
haben jedoch mit den Kupfersalzen den erw ahnten Uebel- 
stand gemein, ohne dass sie vor letzteren irgendwelche Vor- 
züge besitzen. 

Von allen Abschwächungsmcthoden war bis zur Einfüh- 
rung des Persulfates und den Permanganates der sogen. 
Farmersche Abschwächer am häufigsten angewandt. Derselbe 
besteht aus einer Mischung von Fixiernatron und rotem Blut- 
laugensalz. Das letztere verwandelt das Silber in Ferrocyan- 
silber, welches in Gegenwart von Fixiernatron sofort gelöst 
wird. Der Abschwächungsvorgang kann daher sehr leicht 
verfolgt werden. Die zwischen Silber und Kaliumferricyanid 
(rotem Blutlaugensalz) vor sich gehende Reaktion ist die 
folgende : 

= 3 Äi Fe fy« + A Sx f« Cy 6 

K iliu m f c- m> cyani d Fe rroey an illbcr 

Die Lösung ist wie folgt zusammengesetzt : 
A) Natriumhypo sulfit (Fixiernatron) ... jog, 
Wasser iooccm. 



B) Kaliumferricyanid (rotes Blutlau gensalz) 2 g, 
Wasser 100 ccm. 

Zum Gebrauche nimmt man gleiche Teile der beiden 
Lösungen; soll jedoch die Abschwächung nur eine geringe 
sein, so nimmt man 2 Volumen von A und nur 1 Volumen 
von B. 

Wir betonen ganz besonders, dass es erforderlich ist, die 
Mischung erst kurz vor dem Gebrauche vorzunehmen, da die 
Lösung innerhalb einer halben Stunde jede Wirkung verliert, 
was mit der Reduktion des roten Blutlaugensalzes durch 
Fixiernatron zusammenhängt. Letzteres oxydiert sich, und 
das Ferricyanid wird zu Ferrocyanid reduziert. 

Die einmal gebrauchte Flüssigkeit könnte durch Zusatz 
von rotem Blutlau gen salz für den ferneren Gebrauch ver- 
wendbar gemacht werden; es ist jedoch empfehlenswerter, 
stets frische Mischung zu nehmen. Während dieser Behand- 

N»m i ib. Handbuch der photogr. Chemie. 21 



— 3 22 — 

Jung muss das Negativ stets beobachtet und nachher sorg- 
faltigst gewaschen werden. 

Diese Methode wird heute noch zur Klärung verschleierter 
Negative mit Vorliebe angewendet. Das Persulfat verfahren 
ist für diesen Zweck weniger geeignet. In manchen Fällen 
ist eine sogen, lokale Abschwächung erforderlich; in diesem 
Falle wird das Abschwächungsbad mit dem Pinsel aufgetragen. 
Es empfiehlt sich, etwas Glyzerin oder Traubenzucker dem 
Bade zuzusetzen, um zu verhindern, dass die Flüssigkeit sich 
über die Konturen der betreffenden Stellen hinaus ausbreitet. 

Lumiere und Seyewetz empfahlen 1898 eine Ammo- 
nium-PersuIfatlösung, um zu harte Negative abzuschwächen 
und harmonisch zu machen. Die Ammoniuinpersulfatlösung 
hat die gute Eigenschaft, zuerst auf die dichteren Stellen de? 
Negativs und dann auf die Halbtone zu wirken, so dass da? 
Verfahren nicht selten sehr nützlich ist. Wir hatten Gelegen- 
heit, über unsere Untersuchungen über die Wirkung des 
Ammoniumpersulfates im „Progresso Fotografico" einen von 
vielen anderen Fach Zeitungen wiedergegebenen Bericht zu 
veröffentlichen und erachten es für angebracht, den auf das 
Negativ -Verfahren sich beziehenden Teil hier wiederzugeben. 
Dieses Abschwächungs verfahren ist nach unseren und anderer 
Autoren Vorschriften höchst einfach. Es genügt, das fixierte 
und gewaschene Negativ mit einer fünfprozentigen Ammoniuin- 
Persulfatlösung zu behandeln, um in 5 bis 10 Minuten die 
gewünschte Abschwächung und Abstimmung der Kontraste zu 
erhalten. Nach dieser Behandlung ist es jederzeit erforder- 
lich, mit fünf- bis zehnprozentiger Natriunisulfitlösung nach- 
zubehandeln, da sonst beim Waschen und Trocknen die ab- 
schwächende Wirkung fortgesetzt würde. Indessen ist ein 
Zusatz von 2 bis 5 Prozent Alaun zu der fünfprozentigen 
Ammonium-Persulfatlösung sehr empfehlenswert, weil dadurch 
die auflösende Wirkung, welche das Persulfat auf die Gelatine 
ausübt, aufgehoben wird. 

L'eber die Theorie der Wirkung stimmen wir mit den 
Herren Lumiere und Seyewetz nicht überein. Bevor wir 
auf diesen Gegenstand übergehen, ist etwas über die Eigen- 
schaften des Ammoniumpersulfates zu erwähnen. 

Das Ammoniumpersulfat wird durch Neutralisierung von 
Acidum pcrsulfuricum mittels Ammoniaks erhalten. Acidum 
persulfuricum gewinnt man durch Einwirkung des elek- 
trischen Stromes auf Schwefelsäure. Ammoniumpersulfat wird 



— 3^3 — 

ferner direkt durch Elektrolyse aus einer gesättigten Ammo- 
niumsulfatlösung gewonnen. Es stellt eine weisse, kristal- 
linische, leicht lösliche Substanz vor {i Teil Persulfat wird in 
2 Teilen Wasser gelöst). Beim Auflösen braust es, vielleicht 
infolge Entwicklung von etwas Sauerstoff. In trockenem Zu- 
stande hält es sich ziemlich gut, während die Lösungen 
weniger haltbar sind. 

Die allgemein angegebene chemische Formel ist: 

Genauer ist jedoch folgende Formel: 
<//,#), S.O.. 

Das Acidum persulfuricum sowie die Persulfate besitzen 
eine energische, oxydierende Wirkung; in Gegenwart von 
oxydierbaren Substanzen zersetzen sie das Wasser, indem sie 
unter Wasserstoff auf nähme und unter Freiwerden von Sauer- 
stoff in Schwefelsäure oder in Sulfate umgewandelt werden. 
Ihre oxydierende Wirkung ist daher keine direkte, sondern 
eine indirekte und kann durch folgende Gleichung ausgedrückt 
werden : 

(H i N) i S i O e -i r H«0 = (H i N) 2 SO i ^H. 1 SO i -f O. 

Ammonium paröilfit WÜicr Ammonium.ulfat Schwefelsaure Saue null 

Die Eisenoxydulsalze werden im Eisenoxydsalz, die Sul- 
tite in Sulfate, das Hyposulfit in Tetrathionat und die Chrom- 
oxyd salze in Chrom säure oder in Chromate umgewandelt. 

Das Persulfat hat ausser der energisch oxydierenden 
Wirkung eine andere, sehr interessante Eigenschaft. Es löst 
nämlich direkt viele Metalle auf (Zink, Aluminim, Eisen u. s.w.). 
Diese auf den ersten Blick befremdende Eigenschaft eines 
neutralen Salzes, gleich Säuren Metalle aufzulösen, findet 
leicht eine Erklärung, wenn man bedenkt, dass durch Ein- 
führung eines Metallatoms in das Persulfatmolekül, Sulfat 
entsteht. Mit Zink geht folgende Reaktion vor sich: 
(H x N\ S a H + Zn = (H A N) 2 S0 4 + Zn SO t . 

AmmorüumpersulEat Zink Ammonium sulfai Zinltsulfat 

Mit Silber hat man eine ganz analoge Reaktion: 
(// 4 N) 2 S 2 B + Ag x -= (// 4 N) 2 SO t + Ag t SO r 

Silbi-raulfat 

Infolge dieser Eigenschaft kann das Ammoniumpersulfat 
als Abschwächer des negativen Bildes, welches aus reduziertem 
Silber besteht, wirken. 



— 3=4 — 

Lässt man eine Persulfatlösung auf eine S ilb emitrat lösuns 
einwirken, so bildet sich ein grauer Niederschlag, welcher 
nach Ansicht von Lumiere und Seyewetz aus reduziertem 
Silber besteht. Durch diese Tatsache erklären sie die vor- 
wiegende Wirkung des Persulfats auf die dichten Stellen des 
Negativs. Nach Lumiere und Seyewetz würde an der 
Oberfläche des Bildes, wo das Persulfat in Ueberscbuss ist, 
das Bestreben des Silbers, aufgelöst zu werden, im Wider- 
spruch stehen zu der umgekehrten Tendenz des Silbers, gefälh 
zu werden. Dagegen in der Tiefe der Schicht, wohin nur die 
dichteren Teile des Bildes reichen, kann diese umgekehrt!' 
(entgegengesetzte) Reaktion nicht hervorgerufen werden, da 
kein Ueberschuss an Persulfat vorhanden ist. Wir konnten 
jedoch nachweisen, dass der graue Niederschlag nicht aus 
metallischem Silber besteht, weil er durch die Lösungsmittel 
der Silbersalze ohne Rückstand gelöst werden kann. Die 
oben angeführte Theorie von Lumiere und Seyewetz, 
welche die Wirkung des Persulfates auf das Bild erklären 
soll, kann daher nicht aufrechterhalten werden. Dr. Lüppo- 
Cramer bewies später, dass die graue Substanz aus Silber- 
peroxyd besteht. 

Zunächst bildet sich auf Zusatz von Ammoniumpersulfat 
zur Silbcrnitratlösung ein weisser, aus Silberpersulfat be- 
stehender, später in Silbersulfat und Silberperoxyd {AgO\ 
übergehender Niederschlag. Was die Theorie zur Erklärung 
der vorwiegenden Wirkung des Persulfats auf die dichteren 
Bildteile betrifft, so kann man nichts Bestimmtes sagen, weil 
keine der bisher angegebenen Theoriecn annehmbar erscheint 

Ausser der neutralen Persulfatlösung versuchten wir eine 
mit Ammoniak alkalisch gemachte Persulfatlösung. Wir beob- 
achteten, dass diese letztere viel langsamer arbeitet als erstere; 
um die in wenigen Minuten durch Persulfat allein zu erzielende 
Abschwächung zu erreichen, erfordert die mit Ammoniak ver- 
setzte Lösung Über eine Stunde. Der Charakter der Ab- 
schwächung scheint allerdings der gleiche zu sein, wie bei 
dem nicht alkalisch gemachten Persulfat. Wir bemerken an 
dieser Stelle, dass die besondere Wirkung des Persulfates, auf 
die dichten ßildtcile zuerst zu wirken, nicht immer in gleichem 
Masse sich bemerkbar macht. 

Lumiere und Seyewetz haben z. B. nachgewiesen, dass 
die mit Paramidophcnol entwickelten Bilder, durch Persulfat 
gl eich massig und nicht vorwiegend in den dichten Teilen ab- 



geschwächt werden. Vor kurzem haben wir gezeigt, dass die 
mit Alaun oder mit Formalin gehärteten Negative gar nicht 
oder äusserst wenig durch Persulfat abgeschwächt werden. 

Das Persulfat findet aber nicht allein als Abschwächungs- 
mittel, sondern auch zu sonstigen wichtigen Zwecken in der 
Photographie Anwendung. Es kann vor allem zur Beseitigung 
des Gelbschleiers und des dich roitischen Schleiers benutzt 
werden, obwohl zu diesem Zwecke das Perm an ganat verfahren 
zu besseren Resultaten führt. 

Die Eigenschaft des Persulfates, das Silber des Bildes 
aufzulösen, kann in vorteilhafter Weise zur Erzielung direkter 
Positive (an Stelle von Negativen) oder von Kontaktnegativen 
direkt nach Negativen (Kontratypen), bei denen die rechte 
und linke Seite verwechselt sind, benutzt werden ; die Kontra- 
typen können bei dem Kohleverfahren mit einfacher Ueber- 
tragung und in der Photokollographie (Lichtdruck) ausge- 
zeichnete Dienste leisten. Das Verfahren zur Erhaltung von 
Kontratypen und direkten Positiven mittels Ammoniumpersulfats 
beruht auf dem gleichen Prinzip, wie das später erläuterte Per- 
mangan at verfahren ; letzteres verdient jedoch wegen seiner 
energischeren, Silber lösenden Wirkung, und weil es die 
Gelatine nicht angreift, den Vorzug. 

Angesichts der energischen Wirkung des Persulfates auf 
Silber lag die Frage nahe, ob es nicht auch auf das latente 
Bild Einfluss hat. Wir konnten in der Tat nachweisen, dass 
auf einer belichteten Platte nach 5 Minuten langer Behand- 
lung mit zweiprozentiger Ammoniumpersulfatlösung kein Bild 
mehr entwickelt werden kann. Eine kurze Behandlung zer- 
stört nicht das latente Bild, sondern schwächt es nur, es ist 
daher vielleicht möglich, das Persulfat vor der Entwicklung zur 
Korrektur starker Ueberbelichtungen benutzen zu können. Es 
könnte vielleicht auch zur Wiederherstellung verschleierter 
Platten benutzt * erden. 

Nach der Behandlung mit Persulfat ist es in diesem Falle 
jedoch, wie bei dem Permanganat, zur Wiedererreichung der 
verlorenen Empfindlichkeit erforderlich, die Platten mit ver- 
dünntem Ammoniak nachzubehandeln. 

Ein anderer, in letzter Zeit in die Praxis eingeführter 
Abschwächer ist das Permanganat in, mit Schwefelsäure an- 
gesäuerter Lösung. Das Kaliumpermanganat (Übermangan- 



— 3 20 — 

saures Kali) von der Formel K Mn K , gibt tief rot gefärbte 
Lösungen und besitzt energische, oxydierende Wirkung. Ueber 
diesen von uns entdeckten. Abschwächer berichteten wir zu- 
erst auf dem Photographischen Kongresse in Florenz 1899 
und dann auf dem Kongresse für angewandte Chemie in 
Paris 1900. 

Wir waren anfangs mit anderen der Ansicht, dass die 
Wirkung der mit Schwefelsäure angesäuerten Permanganat- 
lösung analog sei derjenigen des Persulfates, nämlich vor- 
wiegend auf die dichten Teile des Negatives zu wirken. Später 
kamen wir aber zu der Ueberzeugung, dass die Wirkung des 
Permanganates eine allgemeinere ist als die des Persulfates. 

Die Wirkung kann jedoch bei Verwendung einer nicht 
zu verdünnten Permanganatlösung und bei Behandlung von 
trockenen Negativen vorwiegend auf die dichten Teile des 
Bildes zur Geltung kommen. Im Anfang der Behandlung 
macht sich die Wirkung hauptsächlich an den dichten Stellen 
bemerkbar. Handelt es sich jedoch um eine allgemeine Ab- 
schwächung oder um die Klärung eines verschleierten Negativs, 
so wird man dasselbe vorher in Wasser aufweichen. 

In letzter Zeit empfahl P. Lemercier („Photo -Revue - ), 
die Negative vor dem Abschwächen mit Format in zu härten, 
um eine grössere Wirkung der angesäuerten Permanganat- 
lösung in den dichten Teilen hervorzubringen. 

Die empfohlene Vorschrift lautet: 

Ueber mang an sau res Kali . . 0,5 g, 

Schwefelsäure des Handels . . 5 cem, 

Wasser 1000 „ 

Zeigen sich nach der Behandlung gelbe oder braune 
Flecke, welche infolge kleiner Mengen Manganbioxyd ent- 
stehen, so kann man diese durch Nachbehandlung in einpro- 
zentiger Oxalsäurelösung sehr rasch beseitigen 1 ). 

i)I>ie zwischen dem Silber des Bildes und der mit Schwefelsäure 
angesäuerten Permanganatlösung vor sich gehende Reaktion kann 
durch folgende Gleichung veranschaulicht werden: 
54f, -f 2 K Mn O, + 8 H, SO, 
= sAgt SO, + Ä'j SO, + 2 Mn SO, + BH t O. 

Silbrr'sullal Kai in insu Hat Mangiiuulfat W»s?tr 

Neben dieser Reaktion geht noch eine zweite vor sich, auf 
welcher die Entstehung der gelben und braunen Flecke beruht, wo- 



_ 3 a7 — 

Spater empfahlen wir zur Klärung der so geschwächten 
Negative eine zehnprozentige Natriumbisulfitlösung oder besser 
noch eine isprozentige Natriumsulfitlösung mit 5 Prozent 
Oxalsäure l ). 

Das Bisulfit oder das ebenso wirkende angesäuerte Sulfit 
haben den Vorteil, dass sie das ganze im Negativ sich bildende 
Silbersulfat beseitigen, während durch Oxalsäure das Silber- 
sulfat in SÜberoxalat verwandelt wird und zur Fleckenbildung 
namentlich am Lichte Anlass gibt. Dieses Agens ist auch 
vorzüglich zum Abschwächen der Kollodiumnegative und be- 
sonders der Rasterbilder geeignet. Dies ist von besonderem 
Interesse für die photomechanischen Anstalten, und in der 
Tat wird dieses Verfahren in vielen solchen Anstalten jedem 
anderen vorgezogen. Hier haben wir einer eigen tOmlichen 
Erscheinung Erwähnung zu tun. 

Wir konstatierten, dass das Ammoniumpersulfat, welches 
bekanntlich auf Bromsilber- Gelatinebilder sehr energisch wirkt, 
auf Kollodiumnegative dagegen selbst beim Ansäuern der 
Lösung mit Schwefelsäure keine bemerkbare Wirkung ausübt. 
Dieses verschiedenartige Verhalten der Bromsilbergelatine- und 
Kollodiumbilder könnte zu wichtigen Betrachtungen über die 
Natur der Bilder in beiden Fällen und über die Wirkungs- 
weise des Persulfates Veranlassung geben. 

Die schwefelsaure Permanganatlösung wirkt dagegen auf 
Kollodiumnegative energischer als auf die Bromsilbergelatine- 
Negative, und man muss daher eine noch verdünntere Lösung 
anwenden, um eine regelmässige Wirkung zu erzielen. Zu 



bei das Permanganat auf die Gelatine oxydierend wirkl und Mangan- 
bioxyd gefällt wird: 

aKMMÖ. + H, SO, — K i S0.4-nMnO i + H i O + 30. 

Permunpinat Srhwrtel- Kalium- M>Q£*n- Wiswr Sauer- 

saure nilfat bioxyd sloH 

Der Sauerstoff wirkt auf die Gelatine und oxydier! dieselbe. 
Durch Oxalsäure wird das Manganbioxyd in lösliches und farb- 
loses Manganoxalat verwandelt und kann daher leicht beseiügl werden 
Mn O, + 3 C, 0, H % = Mit C\ O, + 2 H, O + 2 CO t . 

1) Mit Bisulfit geht folgende Reaktion vor sich: 
Mn O, + H, SO, = Mn SO, + H, O. 

M«ok»ii- Schweflig Mangan- WaWr 
bioxyd Saure «ullat 

Wir haben die schweflige Saure in Betracht gezogen, weil diese 
die wirksame Substanz des Hisul fites ist. 



- 3=8 - 

diesem Zwecke stellt man folgende konzentrierte Vorrats- 
lösung her: 

Wasser loooccm, 

übermangansaures Kali .... 2 g, 

Schwefelsäure des Handels . 20 ccm. 

Diese Vorratslosung halt sich, im Dunkeln aufbewahrt, ziem- 
lich gut; zum Gebrauche verdünnt man einen Teil derselben 
mit der neunfachen Menge Wasser. Wenn man ein fixiertes 
und gewaschenes Kollodiumnegativ in diese Losung legt, so 
bemerkt man, dass dasselbe abgeschwächt wird, und zwar 
werden in jedem Falle die Halbtöne zuerst angegriffen. 

Wir haben diese Methode an verschiedenen Rasternega- 
tiven auf Kollodium versucht und konnten uns überzeugen, 
dass diese Abschwäch ungsmethode viel empfehlenswerter ist, 
als das übliche Verfahren mit unterschwefligsaurem Natron 
und rotein Blutlaugensalz. Die Klärung der Rasternegative 
geht mit diesem Verfahren sehr rasch und regelmässig vor 
sich, und es bleiben dabei die zur Erhaltung guter Zink- oder 
Kupfermatrizen nötigen schwarzen Punkte zurück. Die ge- 
brauchte Permanganatlösung wird beseitigt, da sie unbrauchbar 
wird und fast gar nichts kostet. 

Bei den Kollodiumnegativen beobachtet man nie die Ent- 
stehung brauner Manganbioxydflecken, weshalb im allgemeinen 
die Nachbehandlung mit Säure oder Bisulfit, wie diese bei 
den Bromsilber -Gclatinenegativen erforderlich ist, wegfällt. 
Diese Tatsache beruht auf dem Umstände, dass das Kollodium 
nicht wie die Gelatine auf das übermangansaure Kali so 
energisch reduzierend wirkt. 

Die schwefelsaure Fermanganatlösung kann auch für die 
mit dem Quecksilberchlorid verstärkten Bromsilber-Gelatine- 
und Kollodiumnegative als Abschwächer dienen. Die ab- 
schwächende Wirkung ist in diesem Falle, je nach der zum 
Schwärzen verwendeten Substanz, mehr oder weniger energisch. 

Wir fanden in der schwefelsauren Permanganatlösung 
ein vorzügliches Mittel zur Beseitigung des hartnäckigsten 
Gelb schleiers. Würde man die Permanganatlösung direkt auf 
das zu klärende Negativ wirken lassen , so würde dasselbe 
abgeschwächt, so dass es nicht lange dieser Behandlung 
unterzogen werden kann. Wir empfahlen daher eine Vor- 
behandlung des Negativs mit Quecksilberchlorid bis zur voll- 
kommenen Bleichung, worauf man direkt die schwefelsaure 



— 3 2 9 — 

Permanganatlösung, etwa in konzentrierter Form, auf das 
gebleichte Negativ einwirken lässt. Die Behandlungsdauer 
kann ohne Gefahr für das Bild nach Belieben verlängert 
werden, da das Silber- und Quecksilberchlorid durch Per- 
manganat nicht beeinflusst werden. Auf diese Weise können 
die den Gelbschleier und den dichroftiseben Schleier bildenden 
organischen Substanzen und Silberverbindungen vollkommen 
oxydiert und umgewandelt werden. Durch das Schwärzen 
mit 30 proz entiger Natriumsulfitlösung, welcher einige Tropfen 
Säure zugesetzt sind, erhält man eine nur unbedeutende Ver- 
stärkung und ein klares Bild. 

Wir bemerken jedoch, dass ein leichter Gelbschleier 
schon durch die einfache Behandlung mit Quecksilberchlorid 
und darauffolgender Schwärzung mit Sulfit beseitigt werden 
kann. Die schwefelsaure Permanganatlösung kann auch zur 
Darstellung direkter Positive und Kontratypen dienen. Das 
Verfahren wurde auch von anderer Seite als vollkommen 
sicher anerkannt. 

Man verfährt dabei folgendennassen; Nach reichlicher 
Exposition einer Platte (mit möglichst gleich massiger Schicht) 
unter dem Negativ entwickelt man am besten mit einem 
Glycinentwickler, weil dieser nach unseren Beobachtungen 
für die Entwicklung in die Tiefe, wie dies hier notwendig ist, 
am geeignetsten ist. Man setzt folgende Lösung an: 

Wasser 1000 ccin, 

kristallisiertes Natriumsulfit 30 g, 

Glycin 10 „ 

Pottasche 50, 

Bromkalium 1 „ 

Man entwickelt so lange, bis das positive Bild die ganze 
Tiefe der Schicht durchdrungen und infolgedessen von der 
Glasseite der Platte aus zu sehen ist. Zu diesem Zwecke 
muss die Platte mindestens eine-halbe Stunde im Bade bleiben; 
es bildet sich zwar ein wenig Schleier, welcher aber nicht 
schadet. Nach dem Waschen wird die Platte nicht fixiert, 
sondern direkt in die schwefelsauie Permanganatlösung gelegt. 
Wir bedienen uns zu diesem Zweck folgender Lösung, welche 
die Gelatine, während die Platte im Bade liegt, nicht angreift: 

Wasser 1000 cem, 

Kaliumpermanganat 2 g, 

gewöhnliche Schwefelsäure 20 ccm. 



— 33° — 

In diesem Bade wird das Silber des positiven Bildes 
ziemlich rasch aufgelöst, so dass nach vollständigem Ver- 
schwinden der schwarzen Teile ein aus nicht reduziertem 
Brom silber bestehendes Bild bei durchlalle nde m Lichte zu 
sehen ist; diese Arbeit kann man am Tageslichte vornehmen. 

Die Platte erscheint jedoch durch Manganbioxyd stark 
braun gefärbt und muss daher zunächst durch zehnprozentige 
Oxalsäurelösung entfärbt werden. Das negative Bild ist jetzt 
deutlich zu sehen. Die Platte wird gewaschen, um die Oxal- 
säure zu entfernen, und muss dann nochmals entwickelt werden, 
um das nicht reduzierte Bromsilber, aus welchem das negative 
Bild besteht, zu schwärzen. Dies ist, weil das Bromsilber 
durch die verschiedenen Behandlungen schwerer reduzierbar 
geworden ist, nicht leicht. Am besten eignet sich zu dieser 
zweiten Entwicklung, unseren Erfahrungen nach, eine nach 
folgender Vorschrift zusammengesetzte, aus Metol, Sulfit und 
Aetzkali bestehende Entwicklerlösung: 

Wasser looo cem, 

kristallisiertes Natriumsulfit . . 40 g, 

Metol 10, 

Aetznatron 5 B 

Wenn man in einem sehr hellen Lichte arbeitet, so geht 
die Entwicklung sehr schnell vor sich. Das umgekehrte 
Negativ wird dann nur kurz gewaschen, weil in diesem Falle 
kein Fixierbad angewendet ist und daher auch nicht beseitigt 
werden braucht. Dann wird getrocknet. 

Ist das Negativ zu dicht, so schwächt man mit sehr ver- 
dünnter schwefelsaurer Permanganatlösung ab. Der Erfolg 
hängt vollständig von der ersten Entwicklung ab; diese muss 
bis auf den Grund der Schicht fortgesetzt werden, ohne Rück- 
sicht auf den Schleier, weil dieser aus leicht begreiflichen 
Gründen in dem verkehrten Negativ verschwindet. 

Ist die Gelatine nicht widerstandsfähig genug und zeigt 
sie die Neigung, sich abzulösen oder Blasen zu bilden, so 
genügt ein Alaunzusatz zu der Permanganatlösung, um dies 
zu verhindern; übrigens tritt bei guten Plattensorten diese 
Erscheinung nicht auf. Das Permanganat scheint noch ander- 
weitige Verwendung in der Photographie finden zu können. 
Unsere diesbezüglichen Untersuchungen sind allerdings noch 
nicht abgeschlossen; indessen haben wir darauf hinweisen zu 
müssen geglaubt. 



— 331 — 

Eine mit Essigsäure angesäuerte Permanganatlösung wirkt 
selbst in ziemlich hoher Konzentration nicht als Abschwächer; 
behandelt man jedoch damit genügend lange eine Bromsilber- 
Gelatineplatte (Negativ) und beseitigt nachher die braune 
Färbung mit Oxalsäure, so erhält man ein Bild in heller Silber- 
farbe wie bei den Kollodiumnegativen. 

Behandelt man ein Negativ mit stark verdünnter, essig- 
saurer Permanganatlösung, so entsteht eine vorwiegend an 
den Bildstellen sichtbare, sehr gl eich massige Gelbfärbung. Auf 
diese Weise können zu harte Negative harmonischer gemacht 
werden. Man kann auf diesem Wege mit alten fixierten 
Platten auch Gelbscheiben herstellen. Die essigsaure Per- 
manganatlösung ist ein vorzüglicher Fixiernatronzerstörer, 
welcher, im Gegensatz zu anderen derartigen Mitteln das Bild 
nicht abschwächt; aber es ist dann notwendig, das Bild mit 
Oxalsäure zu klären. 

Die schwefelsaure Permanganatlösung, wie sie als Ab- 
schwächer für die Bromsilber-Gelatinenegative dient, zerstört 
vollkommen das latente Bild. Die Platte ist dann jedoch, 
selbst nach der Behandlung mit Oxalsäure, fast ganz un- 
empfindlich. Die Empfindlichkeit wird aber zum grossen Teile 
durch eine Nachbehandlung mit stark verdünntem Ammoniak 
wieder hergestellt. Man kann sich dieser Methode vielleicht 
bedienen, um alte verschleierte Platten wieder herzustellen. 



XLII1. Kapitel. 

Firnissen der Negative. Retusche. 

Wichtigkeit des Firnissens. — Negaüvlack mit Schellack. — 

Kalt zu verwendender Firnis. — Ammoniakalische Schellacklösung. — 

Negativfirnis mit Sandarak. — Firnissen mit Kollodium- oder mil 

Cefluloldlösung. — Mattlack. — Mattoleln zum Retuschieren und 

Negativ-Retusche. 

Obwohl das Firnissen der Negative eine äusserst wichtige 
Operation ist, weil dadurch ein Beschädigen der zarten Negativ- 
schicht verhütet wird, so wird dieselbe besonders von den 
meisten Amateuren leider nur zu selten vorgenommen. Das 
Negativ leidet hauptsächlich infolge der Herstellung einer 
grossen Anzahl von Kopieen, aber nicht, wie allgemein an- 



— 33 2 — 

genommen wird, durch die Aufbewahrung. Die Negative sind, 
wenn sie mit Kalialaun oder besser mit Chromalaun gehärtet 
wurden, selbst wenn sie in feuchten Räumen aufbewahrt 
werden, unbegrenzt haltbar. Durch diese Behandlung werden 
sie jedoch nicht gegen die chemische Wirkung der Auskopier- 
papiere geschützt. Bei den Silbersalz-Auskopierpapieren (wie 
auch bei den Emulsionspapieren) sind immer, wenn auch nur 
in ganz geringen Mengen, lösliche Silbersalze zugegen, und 
diese sind es, welche in erster Linie Flecke im Negativ ver- 
ursachen. Bei dem Platinpapier, bei den Eisenkopierpapieren 
und anderen sind es die Eisensalze, welche auf das negative 
Bild in nicht unbedeutendem Grade eine ätzende Wirkung 
ausüben. Bei den Chromatpapieren (Kohledruck- und Gummi- 
druckpapieren) übt das Kalium Dichromat eine schädliche Wirkung 
auf die Negative aus. 

Nur die Bromsilberpapiere mit Entwicklung üben selbst 
nach Herstellung einer unbegrenzten Anzahl von Bildern 
keinen schädlichen Einfluss auf das unlackicrte Negativ aus. 
Zur Herstellung von Negativlack wurden unzählige Vorschriften 
empfohlen. Der Negativlack darf vor allem beim Kopieren 
in der Sonne nicht weich werden. 

Der einfachste Lack besteht aus einer alkoholischen 
Schellacklösung. 100 g Schellack werden in i Liter gewöhn- 
lichem Alkohol gelöst. Die Lösung gellt in 2 bis 3 Stunden 
in der Kälte vor sich; man kann jedoch durch Erwärmen im 
Wasserbade die Lösung beschleunigen. Vielfach wird der 
Lösung, behufs Erzielung grösserer Elastizität, 1 bis 2 cem 
Rizinusöl pro Liter zugesetzt. Schellack enthält stets in 
Alkohol unlösliche Teile, welche einen nicht unbedeutenden 
Bodensatz bilden; letzterer kann durch Filtrieren durch Papier- 
oder Filzfilter oder durch Dekantieren der Flüssigkeit nach 
mehrstündigem Stehen entfernt werden. Mit diesem Lack 
lässt sich nur in der Wärme eine regelmässige und durch- 
sichtige Schicht erzielen. Zu diesem Zwecke wird das Negativ 
behutsam erwärmt und dann mit dem Lack Übergossen, wc 
man den Lack übe rschuss an einer Ecke in die Flasche zurück' 
fliessen lässt. Man lässt dann in vertikaler Stellung trocknen. 
Als Lösungsmittel kann man sich des gewöhnlichen Aethyl- 
alkohols bedienen; der im Handel befindliche und viel billigere 
denaturierte Spiritus ist jedoch bequemer und ist ebenso gut 
geeignet. Auch Methylalkohol, welcher flüchtiger ist als gewöhn- 
licher Alkohol, kann verwendet werden. 



~ 333 — 

Das Erwärmen der Platte vor dem Lackieren ist etwas 
unbequem, da dieselbe, wenn man nicht mit der nötigen Vor- 
sicht umgeht, dabei leicht springen kann. Aus diesem Grunde 
zieht man heute kalt aufzutragende Lacke vor. Um eine 
dünnflüssige Schellacklösung zu erhalten, welche auch in der 
Kälte eine gleich massige und klare Schicht liefert, genügt, wie 
Professor Valenta angibt, etwas Ammoniakgas, welches durch 
Erwärmen von Ammoniaklösung erhalten wird, hindurchzu- 
leiten. Weniger empfehlenswert, jedoch ausreichend, ist ein 
direkter Zusatz von Ammoniak (30 ccm pro Liter) zu dem 
Schellackfirnis. Dadurch wird jedoch der Lack dunkler gefärbt; 
die Schellacklösung ist übrigens schon an und für sich auch 
ohne Ammoniakzusatz braun gefärbt und gibt den Negativen 
eine gelbliche Färbung, welche deren Klarheit verringert. 

Der gebleichte Schellack, welcher vielfach zur Herstellung 
von Negativlack empfohlen wird, ist unseres Erachtens nicht 
gut geeignet, weil er in den gewöhnlichen Lösungsmitteln sehr 
wenig löslich ist, abgesehen davon, dass derselbe nach einiger 
Zeit wieder gelblich wird. 

Professor Valenta gab folgende Vorschrift für einen sehr 
durchsichtigen und eine gleichinässige Schicht liefernden, kalt 
aufzutragenden farblosen Lack an: 

Sandarak 100 g, 

Benzin 400 ccm, 

Aceton 400 „ 

Alkohol 200 „ 

Die Lösung geht kalt vor sich, die Flüssigkeit wird dann 
entweder filtriert oder dekantiert. Leider ist die durch diesen 
Lack erzeugte Schicht viel weniger widerstandsfähig, als die 
des Schellackfirnisses; infolgedessen ist auch die schützende 
Kraft eine geringere. 

Ein anderer guter Lack, welcher ebenfalls kalt aufgetragen 
werden kann, wird mit Dammarharz dargestellt: 

Benzin 90 ccm, 

Alkohol 10 „ 

Dammarharz 8 g. 

Vielfach wird das Firnissen mit zweiprozen tigern Kollo- 
dium vorgezogen ; man erhält mit demselben in der Tat eine, 
selbst bei intensiver Sonnenwärme nicht erweichende, sehr 
durchsichtige Schicht. Sie bietet jedoch einen weit geringeren 
Schutz gegen die ätzenden, im Kopierpapier enthaltenen Sub- 
stanzen, als Dam mar- und Sandarakfirnis. 



— 334 - 

Wir haben gefunden, dass eine farblose Celluloldlösung 
in Alkohol und Aether (2 Teile Alkohol und 1 Teil Aether) 
viel vorteilhafter ist, weil diese eine härtere, widerstands- 
fähigere Schicht liefert als das Kollodium. Als Lösungsmittel 
ziehea wir jedoch der genannten Alkohol- Aethermischung, 
das Amylacetat vor, welches weniger flüchtig, dabei aber 
billiger ist und sowohl Schiesabaumwolle als auch Cellulold 
sehr rasch auflöst. 

Der unter der Bezeichnung Zaponlack im Handel be- 
kannte Lack besteht aus einer CelluioTdlösung in Aceton und 
Amylacetat zu gleichen Teilen. (Zu diesem Zwecke dienen 
die alten unbrauchbar gewordenen, mit heissem Wasser von 
der Gelatine befreiten Films sehr gut.) 

Einen sehr billigen Lack, den wir im allgemeinen ver- 
wenden, stellt man nach unserer eigenen Vorschrift her. Man 
löst zuerst im Wasserbade den Sandarak in Amylalkohol 
(i Teil Sandarak, 0,1 Teil venetianischer Terpentin in a Teilen 
Amylalkohol) auf und setzt nachher ein gleiches Volumen 
denaturierten Spiritus zu. Die Schicht ist sehr widerstands- 
fähig und sehr durchsichtig. Leider hat dieser Lack den 
einen Nachteil, dass er langsam trocknet und unangenehm 
nach Amylalkohol riecht. 

Für die Filmnegative, welche bekanntlich aus Cellulold 
bestehen, können Lacke mit Alkohol oder Aceton und Amyl- 
acetat nicht verwendet werden, weil sie auf Cellulold lösend 
wirken. Hier leistet ein aus Dammarharz, in Benzin aufgelöst, 
hergestellter Lack gute Dienste. 

Andere, von manchen empfohlene Firnisse sind die Auf- 
lösungen von Schellack in fünfprozentiger Boraxlösung; aber 
solche, mit Wasser hergestellten Firnisse bieten wenig Schutz 
und sind daher wenig empfehlenswert. In gewissen Fällen 
ist es zur Modifikation der Kontraste gut, die Rückseite der 
Negative mit einem matt auftrocknenden Firnis zu überziehen. 
Kin empfehlenswerter, matt trocknender Firnis ist der mit 
Sandarak und Mastix. Die Vorschrift ist: 

Sandarak 25 g, 

Mastix (in Stückchen) .... 25 „ 

Aether sulfuricus 500 ccm. 

Dazu setzt man: 

Benzin 250 ccm. 



— 335 — 

Es bleibt ein beträchtlicher Rückstand, weshalb man nach 
einigen Tagen Ruhe die klare Flüssigkeit vorsichtig (ohne 
einem offenen Lichte zu nahe zu kommen!) abgi essen muss. 
Uebrigens ist das Benzol (aus Teer hergestellt) dem gewöhn- 
lichen Benzin vorzuziehen. Dieser, wie alle anderen, zu dem- 
selben Zwecke hergestellten Firnisse mit matter Oberfläche 
(Schicht) lassen sich durch leichte Reibung entfernen, ein 
Uebelstand, welcher durch Zusatz einer kleinen Quantität 
Kollodium beseitigt werden kann. 

Ein anderer, von Professor Lainer empfohlener matter 
Firnis wird auf folgende Weise hergestellt: Man löst in 
ioo ccm Aether 10 g pulverisierten Sandarak und 3 g Dammar- 
harz und setzt zuletzt 50 ccm Benzin hinzu. Je nachdem der 
Firnis auf die transparenteren oder dichteren Teile des 
Negativs aufgetragen wird, können die Kontraste vermindert 
oder erhöht werden. Ein gleichmässiges Auftragen 
desselben bewirkt eine leichte allgemeine Verminderung der 
Kontraste. 



Zum Schlüsse erwähnen wir noch die Mattoleln oder 
Mattolin genannten Retuschierlacke. Der Retuschierlack hat 
den Zweck, das Negativ für die Bleistiftretusche geeigneter 
zu machen, da diese auf dem unlackierten Gelatinenegativ 
schwer auszuführen und weniger dauerhaft wäre. Einer der 
einfachsten Retuschierlacke besteht aus einer Lösung von 
Kolophonium in Terpentinöl nach folgender Vorschrift: 

Kolophonium 30 g, 

Terpentinöl 100 ccm. 

Man löst im Wasserbade und dekantiert nach dem Ab- 
setzen. Auch eine Lösung von Dammarharz (20 g) in Terpen- 
tinöl (100 ccm) dient zu diesem Zwecke. Die Retusche wird 
auf dem unlackierten, aber vorher mit einem der genannten 
Retuschiermittel überzogenen Negative vorgenommen. Erst 
nach dem Retuschieren wird gefirnisst. Die Retusche ist eine 
Operation, die nur durch die Praxis zu erlernen ist; deren 
Erläuterung gehört mithin nicht hierher. Die Löcher im 
Negativ werden mit Karmin, welcher mit etwas Gummilösung 
gemischt ist, auf demselben zugedeckt; durch das Firnissen 
erhält die Färbe den genügenden Schutz. 



— 336 — 

Der Negativlack kann mit dem betreffenden Losungsmittel, 
welches zur Auflösung der Harze benutzt wurde, entfernt 
werden, also die Alkohollacke mit Alkohol, das Kollodium 
und das Cellulold mit der Mischung von Alkohol und Aethcr 
oder mit Amylacetat. Schellackfirnis wird jedoch am leichtesten 
durch Alkohol, welchem 20 Prozent Aetzkali zugesetzt wurde, 
entfernt. 



XLIV. Kapitel. 

Orthochromatische Photographie. Theorie. 



Wirkung der verschiedenen Farben auf die Platten und 
auf das Auge. ■ — Anwendung farbiger Medien zur Verminderung der 
Wirkung der aktmisch stärksten Strahlen. — Vogel sches Prinzip. — 
Bedingungen, denen die Farben genügen müssen, welche zur Präpa- 
ration farbenempfindlicher Platten benutzt werden. — Wahrschein- 
lichkeit der Entstehung eines Lackes. — Absorptionsspektrum der 
Farben. — Wichtigkeit des Gebrauches farbiger Medien in der ortho- 
chromatischen Photographie. — Kationelle Einteilung und Benennung 
der orthochromatischen Platten, - - Die Menge des optischen Sensi- 
bilisators muss eine sehr geringe sein. — Wirkung der sauren Radi- 
kale und der Halogene, welche in den Farbstoffen vorhanden sind. 
— Verwendung von Ammoniak und Silbernitrat bei der Herstellung 
der Farbbäder. 

Wie wir bereits vorher erwähnt haben, ist die Empfind- 
lichkeit der mit Silbersalzen hergestellten, lichtempfindlichen 
Präparate für die gelben und grünen Strahlen des Spektrums 
eine sehr geringe und für die roten Strahlen fast gar nicht 
vorhanden. Diese relative Unempfindlichkeit der Bromsilber- 
gclatine für die roten, gelben und grünen Strahlen, obgleich 
einerseits wohl sehr günstig, weil sie die Herstellung der empfind- 
lichen Präparate" und der Platten gestattet, gibt anderseits in 
der Praxis nicht selten zu Unannehmlichkeiten Anlass, welche 
sich namentlich bemerkbar machen beim Photographicren von 
Objekten, in denen aktinischcre und weniger aktinische Farben 
zusammen vereinigt sind. 

Dem Auge erscheint Blau und Violett dunkler als Rot, 
Grün und besonders Gelb und Orange. Eine photographischc 



— 337 — 

Aufnahme einer Tafel oder irgend eines, die sechs oben ge- 
nannten Farben enthaltenden Gegenstandes, würde nur dann 
richtig werden, wenn das Helldunkel der Reproduktion die- 
selbe Wirkung hätte, wie die verschiedenen Farben auf das 
Auge wirken. Mit anderen Worten, das Gelb muss in der 
Aufnahme am hellsten, das Violett am dunkelsten erscheinen. 
In der Praxis ist jedoch, aus einem leicht erklärlichen Grunde, 
so ziemlich das Gegenteil der Fall. Die aktinischere violette 
Farbe übt auf die lichtempfindliche Substanz eine sehr be- 
trächtliche Wirkung aus; sie wirkt nämlich wie Weiss. Die 
sehr wenig aktinische gelbe Farbe übt dagegen in der kurzen 
Aufnahmezeit eine sehr geringe Wirkung aus; sie verhält sich 
somit ähnlich wie Schwarz. Im Negativ werden daher die 
dem violetten Teile des Gegenstandes entsprechenden Stellen 
sehr gedeckt, die den gelben Teilen entsprechenden Stellen 
dagegen fast durchsichtig erscheinen; infolgedessen werden 
im Positiv erstere weiss, letztere dunkel werden. 

Auch das Grün hat eine geringe Wirkung, das Rot wirkt 
noch viel weniger als Gelb, so dass auch die, den grünen 
und roten Teilen des Objektes entsprechenden Teile im 
Negativ durchsichtig und daher im Positiv dunkel erscheinen. 
Da jedoch ein Saftgrün oder -Rot an und für sich gegenüber 
Gelb, Orange und Grüngelb dem Auge ziemlich dunkel er- 
scheinen, so macht sich der Uebelstand bei den positiven 
Drucken nicht so deutlich, als bei Gelb und Orange bemerk- 
bar. Aus diesem Grunde erscheint in der Praxis eine Er- 
höhung der Plattenempfindlichkeit für Gelb, Orange und Grün- 
gelb in den meisten Fällen sehr wünschenswert. 

Vor der Anwendung des Prinzipes des Orthoch romatis- 
mus konnte man sich in keiner anderen Weise helfen, als 
durch Anwendung farbiger, transparenter Medien (gelber und 
roter), um die im Objekte vereinigten aktinischen und weniger 
aktinischen Farbenwerte in der Reproduktion gleichmässig 
zur Geltung zu bringen. Schaltet man zwischen den aufzu- 
nehmenden Gegenstand und die Platte ein farbiges, transpa- 
rentes Medium {Lichtfilter), so beschränkt sich die Wirkung nur 
auf diejenigen Farben, welche durch das Filter filtriert werden ; 
auf diese Weise gelingt es, gewissen Teilen des Gegenstandes 
die richtige Exposition zu geben, ohne die anderen zu lange 
zu exponieren. Das Lichtfilter wird nach Massgabe der Farbe 
des Objektes verschieden gewählt; will man einen Gegenstand 
aufnehmen, in welchem Rot und Gelb zusammen sind, so 

Xamiai, Handbuch drr phyto;-;. Chemie. 22 



— 338 — 

muss man nacheinander zwei Filter gebrauchen. In den 
meisten Fällen ist es erforderlich, vor oder nach den Filter- 
auf nahmen, auch ohne Filter kurz zu exponieren, damit die 
aktinisctien Farben zum Ausdruck gelangen. Man wird jedoch 
leicht begreifen, dass die Verwendung von farbigen Lichtfiltern 
bei gewöhnlichen Bromsilber -Gelatineplatten {geschweige denn 
bei Kollodiumplatten), welche eine geringe Gelbempfindlichkeit 
und fast gar keine Rotempfindlichkeit besitzen, eine bedeutende 
Verlängerung der Aufnahmezeit und mithin in den meisten 
Fällen sehr bedeutende Schwierigkeiten mit sich bringt. 

Dem unrichtigen Verhältnisse zwischen der Wirkung der 
Farben auf die Platte und dem Auge und dessen schädlicher 
Wirkung half die klassische Entdeckung Vogels 1873 ab. 
Dieselbe beruht auf folgendem Prinzip: Setzt man zu der 
empfindlichen Substanz einen Farbstoff, so erhöht man da- 
durch die Empfindlichkeit der lichtempfindlichen Substanz für 
die von den betreffenden Farbstoffen absorbierten Strahlen. 
Auf diesem Wege ist es somit möglich, eine Euipfindlichkeits- 
vermehrung für die weniger aktinischen Strahlen des Spektrums 
sowohl bei dem Bromsilber- Gelatine- als auch bei dem nassen 
Kollodium verfahren zu erhalten. 

Zu diesem Zwecke eignen sich jedoch nicht alle Farb- 
stoffe. Es genügt nicht, dass der verwendete Farbstoff die- 
jenigen Strahlen ganz oder fast ganz absorbiert, für welche 
die Empfindlichkeit der Platte erhöht werden soll; auch genügt 
es nicht, dass derselbe löslich und damit geeignet sei, sich 
mit der empfindlichen Substanz innig zu vermengen; es scheint 
vielmehr, dass dieser Farbstoff ausserdem noch eine gewisse 
Verwandtschaft mit dem Silbersalz besitzen muss, mit dessen 
Teilchen er sich innig zu vereinen hat. Man behauptet sogar, 
dass der als optischer Sensibilisator (so nennt man jede Sub- 
stanz, welche, der empfindlichen Substanz zugesetzt, deren 
Empfindlichkeit für gewisse Farben erhöhen soll) verwendete 
Farbstoff mit dem Silbersalz eine chemische Verbindung geben 
muss. Es wird z. B. von den meisten angenommen, dass das 
Eosin und ErythroMn, welche ausgezeichnete Gelb- und Grön- 
sensibilifsatoren sind, in jedem Falle Eosin-, resp. Erythrosin- 
silber geben. Wir vertreten vielmehr die Ansicht, dass der Farb- 
stoff, welcher als Sensibilisator wirken soll, das Silberkorn 
innigst umhüllen muss, wie auch seiner Zeit Professor Eder 
festgestellt hat. Die Theorie der Entstehung einer Verbindung 
scheint nicht sehr wahrscheinlich, da das Bromsilber bekannt- 



— 339 — 

lieh nicht leicht zersetzbar ist; aber man kann mit Abney 
annehmen, dass sich eine Art Lack bilde. 

Es ist klar, dass, wenn der Farbstoff nur auf der Gelatine 
fixiert wäre, derselbe nicht so sehr als Sensibilisator, wie als 
Lichtfilter wirken würde, so dass die Wirkung der von diesem 
Farbstoffe absorbierten Farben eher vermindert als erhöht 
werden würde. Werden dagegen die Bromsilberkömchen 
innig gefärbt, so kann man sich die photochemische Wirkung 
des Farbstoffes auf die absorbierten Strahlen wohl vorstellen. 
Wie wichtig es ist, dass der Farbstoff nicht an die Gelatine, 
sondern an das Bromsilber gebunden werde, lässt sich auch 
daraus ersehen, dass die orthoch romatisierende Wirkung vieler, 
als Sensibilisatoren wirkender Farbstoffe durch ein kurzes 
Waschen, welches dazu dient, die Gelatine teilweise von der 
Farbe zu befreien, erhöht wird; denn bei ihrem Zurückbleiben 
in der Gelatine würden diese Farbstoffe eher schädlich, als 
nützlich wirken. 

Wie dem nun auch sein mag, ist es eine Tatsache, dass 
unter den vielen Pflanzen- und Teerfarbstoffen sich nur wenige 
befinden , die als Sensibilisatoren wirken. Diese Wirkung 
variiert ausserdem von einer Farbe zur anderen derart, dass 
man wohl annehmen muss, dass nicht allein die Fähigkeit, 
die weniger aktinischen Spektrum strahlen zu absorbieren, aus 
einem Farbstoff einen geeigneten optischen Sensibilisator 
machen kann. Es ist ferner noch zu berücksichtigen, dass 
die Farbstoffe auch für andere, als die von ihnen absorbierten 
Farben als Sensibilisatoren wirken. Es müssen also andere 
Umstände, welche sich unserer Beobachtung entziehen, hier 
mitwirken. Nach Abneys Ansicht sollen die guten optischen 
Sensibilisatoren an der geringen Haltbarkeit ihrer Farbe zu 
erkennen sein; dieser Charakteristik kann man indessen keinen 
grossen Wert beilegen; denn dies ist nicht allein nicht immer 
der Fall, sondern man kann sich auch nicht denken, wie die 
geringe Haltbarkeit der Farbe, d. h ihre Empfindlichkeit gegen 
das Licht, einen Einfluss auf die Erhöhung der Lichtempfind- 
lichkeit des Bromsilbers haben könnte, weil, wenn man auch 
zugibt, dass durch Lichteinwirkung aus einem Farbstoffe Körper 
entstehen, welche irgendwelchen Einfluss auf das Bromsilber 
ausüben könnten, es doch mit Rücksicht auf die äusserst 
geringe Lichtempfindlichkeit samtlicher Farbstolfe kaum möglich 
ist, dass in der kurzen Aufnahmezeit auch nur die geringste 
Veränderung des Farbstoffes vor sich gehen kann. 



— 34° — 

Was ferner den Umstand betrifft, dass manche gute 
optische Sensibih'satoren auch gute chemische Sensibilisatoren 
seien, so erklärt dieses gar nichts und kann nicht im geringsten 
bei der Wahl des Farbstoffes als Leitfaden dienen. Die direkten 
chemischen Wirkungen des Lichtes auf die chemischen Sensi- 
bilisatoren sind wohl leicht zu begreifen, nicht so aber die 
latente Wirkung des Lichtes auf die Silberhaloldsalze. Es 
können daher nur direkte Versuche zu der Entdeckung solcher 
Farbstoffe führen, deren Absorptionsspektrum den Strahlen 
entspricht, durch welche man die photographischc Wirkung 
erhöhen will. 

Unseres Erachtens ist es auf jeden Fall notwendig, dass 
man viel mehr auf die chemische Zusammensetzung der Farb- 
stoffe achtet, als es im allgemeinen geschieht, weil gewisse 
Farbstoffe anorganische Radikale (schwefelsaure Radikale) oder 
Halogene (Chlor, Brom und Jod) so gebunden enthalten, dass 
man daran zweifeln muss, dass sie eine Wirkung ausüben 
könnten, welche derjenigen ähnlich ist, wie sie die, dem an- 
organischen Radikale entsprechende Säure oder die freien 
Halogene ausüben. Eine derartige Wirkung könnte eine Ver- 
minderung der allgemeinen Empfindlichkeit der Platte mit sich 
bringen und es wäre in diesem Falle empfehlenswerter, 
Natrium- oder Kalium Verbindungen derselben Farbe (wenn 
deren Herstellung möglich ist) zu verwenden, vorausgesetzt 
natürlich, dass das Absorptionsspektrum durch Einführung 
eines oder mehrerer Natrium- oder Kaliumatome im Molekül 
des Farbstoffes keine zu bedeutenden Abweichungen erleidet. 
Ist solches nicht möglich, so empfiehlt es sich, derartige Farb- 
stoffe in Lösungen mit einer Spur von Ammoniak zu verwenden. 

Wie wir erwähnt haben, kann nur das Absorptionsspektrum 
bei der Wahl eines Farbstoffes massgebend sein; es handelt 
sich nämlich um folgendes: Leitet man weisses Licht durch 
einen Farbstoff, so ergibt sich bei der Spektroskop! sehen 
Analyse des filtrierten Lichtes ein Spektrum, welches das 
Absorptionsspektrum des betreffenden Farbstoffes vorstellt. 
An Stelle gewisser farbiger Bänder in dem Spektrum des 
weissen Lichtes treten bei dem Absorptionsspektrum schwarze 
Linien auf; die fehlenden farbigen Streifen (Bänder) ent- 
sprechen den von dem Farbstoffe absorbierten Strahlen. Wir 
bemerken hierbei, dass die Mineralfarben im Absorptions- 
spektrum breite, die Pflanzen färb stoffe und besonders die 
Anilinfarben schmale schwarze Streifen zeigen; diese Er- 



— 341 — 

scheinung hangt mit dem Unistande zusammen, dass die 
Mineralfarben grosse Lichtmengen absorbieren, während die 
Anilinfarben kleine Mengen absorbieren und grosse Mengen 
reflektieren; diesem Umstände verdanken letztere ihre Leb- 
haftigkeit. 

Wenn auch durch einen Zusatz gewisser Farbstoffe, wie 
erwähnt, die Empfindlichkeit der Negativplatte für die weniger 
aktinischen Strahlen erhöht werden kann, so ist es dagegen 
bei der heutigen Sachlage unmöglich, zu vermeiden, dass die 
aktinischen Strahlen doch stets noch eine vorwiegende Wirkung 
ausüben, so dass die orthochromatischen Platten immer noch 
für die blauen und violetten Strahlen viel empfindlicher sind, 
als für die gelben, grünen und roten Strahlen. Daraus ergibt 
sich die Notwendigkeit der Anwendung der im folgenden zur 
Besprechung gelangenden farbigen Lichtfilter, welche den 
Zweck haben, das von dem farbigen Objekte ausgehende 
Licht derart zu filtrieren, dass die photo graphisch weniger 
wirksamen Strahlen länger wirken können, wodurch allein 
eine annähernd richtige Wiedergabe der Farben werte im 
Negativ möglich ist. 

Sollte es auch möglich werden, eine vollkommen ortho- 
chromatische und isochromatische Platte herzustellen, so würden 
doch grosse Schwierigkeiten bei der Herstellung und bei der 
Behandlung solcher Platten entstehen, denn man wüsste dann 
nicht, bei welchem Lichte man dieselben zu behandeln hätte 
(im Dunkelzimmer). An dieser Stelle muss auf den in der 
Praxis selten gemachten Unterschied zwischen orthochro- 
matischen und isochromatischen Platten aufmerksam gemacht 
werden ; auch ist es erforderlich, anzugeben, in welchem Falle 
orthochromatische und in welchem Falle isochromatische Platten 
zur Verwendung gelangen müssen. Dieser Punkt wurde zuerst 
von Professor Bonacini in seiner interessanten Arbeit Über 
Isochromatismus bei der inte rferenzi eilen Färb enp Holographie 
aufgeklärt. Orthochromatische oder richtiger panorthochro- 
matische Platten (wenn solche existieren würden) sind solche, 
welche die Farben in dem für das Auge richtigen Heiligkeits- 
werte im Helldunkel wiedergeben, so dass sie für die hellste 
Farbe (Gelb) am empfindlichsten, für die dunkelste Farbe 
(Violett) am wenigsten empfindlich sind. Isochromatisch müsste 
man dagegen solche Platten nennen, deren Empfindlichkeit 
für sämtliche Farben eine gleiche ist; bei diesen Platten mösste 
daher die Dichtigkeit des erhaltenen Silherniederschlages nicht 



— 342 — 

dem Helligkeitswerte der Farben, wie solche dem Auge er- 
scheinen, sondern der Menge der, von dem Gegenstande aus- 
gehenden Lichtstrahlen (von welcher Art sie auch sein mögen) 
proportional sein. 

In der Praxis kann man weder eine vollkommen ortho- 
chromatische, noch eine vollkommen isochromatische Platte 
erhalten. Wie es jedoch möglich ist, mit gewissen optischen 
Sensihilisatoren die Gelb- und Rotempfindlichkeit der Platte 
zu erhöhen, so kann auch mit anderen Sensibilisatoren (oder 
Mischungen) mit ausgedehnterem Absorptionsspektrum gleich- 
zeitig und in gleichem Masse die Empfindlichkeit für sämtliche 
weniger aktinische Strahlen des Spektrums erhöht werden und 
man kann Platten erhalten, welche in einem gewissen Grade 
isochromatisch sind. Für das Lippmann sehe Farbenphoto- 
graphie-Verfahren sind, wie Professor Bonacini nachgewiesen 
hat, diese die geeignetsten Platten. 

Noch richtiger erscheint folgende, von Professor Bonacini 
(in „Bollettino della Societä Fotografica Italiana* 1899) vor- 
geschlagene und von uns auf dem Photographischen Kon- 
gresse von 1899 in Florenz vertretene Einteilung. Professor 
Bonacini teilt die Platten zunächst in „gewöhnliche" und 
„allochromatische" ein, in welch letztere Kategorie sämtliche 
Platten einbegriffen sind, deren Farbenempfindlichkeit irgend- 
wie von der der gewöhnlichen Platten abweicht. Die allo- 
chromatischen Platten teilt man dann in orthochromatische, 
d. h. solche, welche eine oder mehrere Farben mit dem für 
das Auge richtigen Werte wiedergeben; isochromatische, 
deren Farbenempfindlichkeit für sämtliche Farben fast die 
gleiche ist. Die orthochromatischen Flatten sind wieder in 
drei Typen, A, B und C, eingeteilt, je nachdem sie gelb-, rot- 
oder gelb- und rotempfindlich sind. Professor Bonacini 
bezeichnet dann als panorthochromatisch die Platten, welche 
sämtliche Farben in der für das Auge richtigen Wirkung 
wiedergeben. Die orthochromatischen Platten A , B und C 
können nach Professor Bonacinis Vorschlag, da sie alle nur 
teilweise chromatisch sind, mit der Bezeichnung „hypochro- 
matisch" in eine Kategorie eingereiht werden. Die panortho- 
chromatischen und isochromatischen Platten, deren Farben- 
empfindlichkeit sich, wenn auch mit verschiedenem graphischen 
Resultate, auf sämtliche Farben erstreckt, können in die 
Kategorie der panchromatischen Platten zusammengefaßt 
werden. Hyperchromatisch nennt man die Platten, welche 



für die unsichtbaren Strahlen des Spektrums, d.h. ultrarot- 
und ultraviolettempfindlich gemacht sind. In folgender Auf- 
stellung wird die Gruppierung der Platten veranschaulicht: 



? tf gewöhnliche i gelb- 1 (Tirpui All 

'■' 'orthochromatische 1 cq'- Icmptind- lTypu»B)| hypochrc. 

'-'-und lEcbt (TypusC) Mttoch. 



« -s I allocbro 
c ^2m f&uiachi 



> psnihro mutische 



nyperchrom».ti>che \hvnercl 

t verschiedene Typen / W"» 



Ein wichtiger Umstand, auf den aufmerksam gemacht 
werden muss, ist, dass die Empfindlichkeit für eine bestimmte 
Farbe durch Verwendung grösserer Mengen des optischen 
Sensibilisators nicht erhöht werden kann. Die als optischer 
Sensibilisator verwendete Menge von färbender Substanz muss 
stets sehr klein sein, für manche Farben geradezu unendlich 
klein; geht man über diese Grenzen hinaus, so wird im all- 
gemeinen dadurch die Gesamtempfindlichkeit der Platte mehr 
oder weniger verringert. Mit gewissen Farben, in relativ 
grosser Menge angewendet, kann die Empfindlichkeit sogar 
eine sehr geringe werden. Nach unserer Ansicht geschieht 
dies wahrscheinlich infolge der Wirkung der Halogene und 
der in gewissen Farben enthaltenen anorganischen Radikale. 

In gewissen Fallen kann die sensibilisierende Wirkung 
des Farbstoffes durch Silbemitrat- oder Ammoniakzusatz er- 
leichtert werden. Das Ammoniak wirkt dabei wahrscheinlich 
auf die erwähnten sauren Kadikaie oder auf die Halogene 
neutralisierend. Es arbeitet somit der Verminderung der 
allgemeinen Empfindlichkeit der Platte entgegen. Das Silber- 
nitrat bildet indessen, wie man annimmt, mit dem Farbstoffe 
eine Verbindung. Auf jeden Fall wird durch Silbernitrat auch 
die allgemeine Empfindlichkeit der Platten erhöht. Es ist 
jedoch hierbei zu beachten, dass durch Silbernitrat die Halt- 
barkeit der Platten stark beeinträchtigt wird, so dass dasselbe 
nur in dem orthochromatischen Badeprozcss in gewissen Fällen 
Verwendung finden kann. Auch Ammoniak kann auf die 
Haltbarkeit einen ungünstigen Einfluss ausüben. 

In letzter Zeit wurden vielfach, und besonders von Mcrcier, 
andere Substanzen empfohlen, welche zwar nicht den Zweck 
haben, die Empfindlichkeit der Platten zu erhöhen, sondern 
den, die Kraft der Bilder und die Fähigkeit der empfindlichen 
Schicht, ohne Nachteil relativ stark überexponiert werden zu 
können. Diese Substanzen gehören vor allem der, in der 



— 344 — 

Chemie als Aikalolde bezeichneten Gruppe ah; unter diesen 
ist CodeTn, Morphin u. s. w. am wirksamsten. 

Diese Substanzen, welche, wenn es sich um Emulsionen 
zum direkten Kopieren handelte, infolge ihrer Neigung, die 
Halogene (Chlor, Brom und Jod) zu absorbieren, als chemische 
Sensibilisatoren angesehen werden könnten, wirken nicht selten 
bei orthochromatischen Platten auf deren Farbenempfindlich- 
keit günstig. Hauptsächlich scheint das Codein eine günstige 
Wirkung auszuüben, so dass in letzter Zeit vielfach Vorschriften 
zur Herstellung orthochromatischer Platten empfohlen wurden, 
in welchen auch Codetn enthalten ist. 

Eine andere wichtige Tatsache besteht darin, dass die 
sensibilisierende Wirkung gewisser Farbstoffe je nach der 
längeren oder kürzeren Expositionszeit der Platten sich ver- 
ändert. Gewisse Farbstoffe z. B. , welche bei kurzer Expo- 
sitionszeit nur für Gelb empfindlich machen, erhöhen bei 
genügend langer Expositionszeit die Empfindlichkeit auch für 
Orange und Rot sehr bedeutend. 



XLV. Kapitel. 

Die orthochromatische Photographie. 
Optische Sensibilisatoren und deren Ver- 
wendung. Die Lichtfilter. 



Sensibilisatoren für Gelb und Grün. — Gelbliche und 
bläuliche Eosine. — Zusammensetzung der Eosine. — Eigenschaften 
der benutzten Eosinarten. - Erythrosin. — Sensibilisatoren für Gelb 
und Orange. — Cyanin. — Sensibilisatoren für Rot. — Chlorophyll. 
— Allgemeine Sensibilisatoren. - Neue, vom Cyanin abstammende 
Sensibilisatoren. — Verschiedene, sensibilisierend wirkende Farb- 
stoffe. — Ausführung der Färbung. — Färbung des nassen Kollodiums, 
der Kollodium- und der Bromsilbergelatine -Emulsion. — Färbung 
der Platten in Bädern mit verschiedenen Sensibilisatoren. — Bäder 
zur Rot- und O rang es ensibilisie rang. — Wichtigkeit der Lichtfilter 
oder der farbigen transparenten Medien. — Verhältnis, welches 
zwischen orthochromatischen Platten und Lichtfiltern vorhanden sein 
muss. — Komplementäre Lichtfilter. — Lichtfilter, aus gefärbten 
Lösungen bestehend und feste (transparente Medien). — Gebrauchs- 
modus der Lichtfiiter. 
Bevor wir zu dem praktischen Herstellungsverfahren der 
orthochromatischen Platten übergehen, ist es sehr notwendig, 
einiges über die hauptsächlichsten, als Sensibilisatoren ver- 
wendeten Stoffe mitzuteilen. 



— 345 — 

Gelb- und Grünscnsibilisatoren. Die Sensibilisatoren 
für Gelb und Grüngelb sind in der Praxis von grösserer 
Wichtigkeit, da es hauptsächlich auf die Erhöhung der Platten- 
empfindlichkeit für diese Farben in den meisten Fallen ankommt 
Alle Gelb- und Grünsensibilisatoren gehören zu den mehr 
oder weniger roten Farbstoffen. Die der Eosingruppe ange- 
hörenden Teerfarbstoffe sind die wichtigsten Sensibilisatoren 
dieser Kategorie. Unter dem Namen Eosin fasst man jedoch 
eine grosse Zahl von Farbstoffen von verschiedener Nuance 
und verschiedenem Verhalten zusammen, deren Absorptions- 
spektrum sehr verschieden voneinander ist. Es gibt rote 
Eosine mit einem Stich ins Bläuliche. Diese verdienen im 
allgemeinen den Vorzug, weil sie auf die Erhöhung der Gelb- 
empfindlichkeit günstig wirken, während die Wirkung der 
blauen und violetten Strahlen verringert wird. Die gelblichen 
Eosine sind meistenteils Bromderivate des Fluorescclns , d. h. 
Natrium- und Kaliumverbindungen des Mono-, Di- und Tetra- 
brom flu orescelns. Die bläulichen Eosine sind dagegen Tetra- 
und Dij od verbin düngen des Natriums und Kaliums. Die nach- 
stehende Fig. a veranschaulicht ein Sonnenspektrum mit den 
hauptsächlichsten charakteristischen schwarzen Linien. 

,V M L H C FE D C B A 



Fig. a. 

Die gelblichen Eosine, gemischt mit Bromsilbergelatine, 
erhöhen die Wirkung zwischen E und D (in der Mitte), 
während zwischen E und F, d. h. in Grünblau, keine Ver- 
änderung zu bemerken ist. Dies ist bei kurzer Exposition der 
Fall; bei längerer Exposition hat man dagegen im gelben und 
grünen Teile die grösste, zwischen E und F die geringste 
Wirkung. 

Bei den bläulichen Eosinen, von denen das Erythrosin, 
auch Eosin B genannt (Natrium- oder Kaliumderivat des Dijodo- 
oder Tetrajodofluorescelnst, und das Bengalrot (Kaliumderivat 
des Tetrajododichloro- oder Tetrajodotetrachlorofluorescelns) 
die wichtigsten sind, erstreckt sich die Vergrößerung der 



— 346 — 

Empfindlichkeit bis über D, d. h. im gelben Teile, und auch 
zwischen F und E ist die Wirkung eine grössere. Diese 
beiden Farbstoffe, d. h. Erythrosin und Bengalrot, sind ohne 
Zweifel die besten Gelb- und Gelbgrünsensibilisatoren. Es 
gibt noch andere blauliche Eosine, welche auf die Empfind- 
lichkeit für Grün und Gelb sensibilisierend wirken; diese sind: 
Das Methyleosin, das Aethyleosin, das Floxin, das Cyaneosin, 
das Aureosin, das Safrosin u. s. w. Die Wirkung derselben 
ist jedoch in jedem Falle geringer, als die des Erythrosin und 
des Bengalrot. Von diesen beiden Eosinen wird allgemein 
das Erythrosin vorgezogen. 

Interessant sind die folgenden Untersuchungen Rochs an 
der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien Ober 
die Sensibilisierungswirkung der Farbstoffe aus der Eosin- 
gruppe. Bei diesen Untersuchungen wurden die Platten zunächst 
mit einem zweiprozentigen Ammoniak vorbade behandelt und 
dann in das Farbbad getaucht. Die Proben betrafen Aufnahmen 
ein und desselben Sonnenspektrums, wobei man für alle Sensi- 
bilisatoren in den Teilen ihrer stärksten Wirkung eine gleiche 
Dichtigkeit des Silberniederschlages zu erhalten suchte. Roch 
fand auf diese Weise folgende Vergleichszahlen, indem er die 
Sensibilisationskraft des Erythrosins (als der grössten) = 100 
setzte : 



Erythrosin . . ioo, Cyaneosin . 

Bengalrot .... 50, Chinolinrot 

Naphtolfluoresceln . 50, Chrysanilin 

Methyleosin ... 50, Fluorescein 



25. 



25. 

Es ist dabei zu bemerken, dass nicht alle im Handel 
vorkommenden Erythrosinarten sich gleich gut eignen; je nach 
der Fabrikation derselben können die Resultate sehr verschieden 
sein. Diese Verschiedenheit der Wirkung hängt nicht allein 
von der verschiedenen Reinheit, sondern auch von der ver- 
schiedenen Zusammensetzung der diversen Erzeugnisse ab. 
Manche Fabriken nennen das Ammoniumderivat anstatt des 
Kaliumderivates Erythrosin. Bei dieser Verschiedenheit des 
Verhaltens ergibt sich somit die Notwendigkeit, die Erythrosine 
verschiedener Fabrikation vor dem Gebrauche praktisch auf 
ihre Wirkung zu prüfen. Das über Erythrosin Gesagte kann 
auf die meisten, als Sensibilisatorcn verwendeten Teerderivate 
ausgedehnt werden. Sämtliche Eosine sind in Wasser und 
Alkohol leicht löslich. Setzt man der wässerigen Eosinlösung 



— 347 — 

Silbernitratlösung zu, so bildet sich ein aus Eosinsilber be- 
stehender, in Ammoniak löslicher, roter Niederschlag. Das 
Eosinsilber wirkt in den Bromsilberemulsionen stärker sensi- 
bilisierend als das reine Eosin. 

Obernetter schlug im Jahre 1866 vor, zur Orthochro- 
matisierung das durch Fallen des Silbernitrates mit Erythrosin 
gewonnene Erythro sinsilb er zu verwenden. Der Effekt ist 
allerdings sehr bedeutend, weil selbst die allgemeine Empfind- 
lichkeit eher erhöht als vermindert wird; wir beobachteten 
jedoch, dass die mit Eosinsilber oder Erythrosinsilber her- 
gestellten Platten viel weniger haltbar sind, so dass sie nach 
wenigen Monaten unbrauchbar werden. Ausser den Eosinen 
gibt es noch andere rote Farbstoffe, die als Gelb- und Grün- 
sensibilisatoren Verwendung finden können, so z. B. das 
Corallin, das Anilinrot, das Naphtilinrot, das Chinolinrot, das 
Rhodamin, das Safranin, das Punceau, das Chrysoldin u. s. w. 

Dr. König entdeckte in letzter Zeit einen Farbstoff, 
welcher aus ^-Toluchinaldinchinolin-methylcyanin besteht und 
von Meister Lucius & Brüning unter dem Namen Pina- 
verdol in den Handel gebracht wurde und einen ausgezeichneten 
Grün-, Gelb- und Orange sensibilisator bildet, welcher haupt- 
sächlich für Kollodiumemulsion sehr geeignet ist. Die von der 
Firma Guilleminot, Boespflug & Co. in Paris 1904 ein- 
geführten orthochromatischen Platten, deren Gelb- und Grün- 
empfindlichkeit verhältnismässig erhöht ist, sind nach Angabe 
der herstellenden Firma mit einem, nach einem geheimen Ver- 
fahren vorher gereinigten Farbstoffe aus der Gruppe der Rhoda- 
mine (dem mit Meta-Amidophenol und dessen Abkömmlingen 
hergestellten Phtaleln) sensibilisiert. Wir haben einige Rhoda- 
mine versucht, haben aber stets bedeutenden Schleier erhalten. 

Orange- und Rotsensibilisatorcn. Dies sind blaue 
und violette Farbstoffe. Das Cyanin war bis vor wenigen 
Jahren als Orange- und teilweise als Rotsensibilisator fast aus- 
schliesslich in Gebrauch. Es ist ein Chinolelnderivat und hat 
einen blauen Ton; es kommen verschiedene Abarten vor, 
nämlich das Chlorcyanin, das Jodcyanin, das Nitrocyanin, das 
Sulfato cyanin. Alle haben ein gleiches Verhalten. Das Jod- 
cyanin ist das bekannteste. 

Das Cyanin beeinflusst nicht unbedeutend die Allgemein- 
em pfindlichkei t der Platte; Eder nimmt an, dass dieselbe um 
ein Fünftel bis ein Zehntel reduziert wird. Dies liegt in erster 
Linie an der schwächeren Wirkung der blauen und violetten 



- 348 - 

Strahlen. Die Orange -Empfindlichkeit erhöht sich dagegen 
um mehr als das Hundertfache. Die Maxi mal Wirkung liegt 
zwischen D und C. Die Wirkung des Cyanins auf die All- 
gemeinempfindlichkeit wird bei Verwendung schwach ammo- 
niakalischer Lösungen geringer. Das Cyanin verändert sich 
leicht am Lichte, indem seine Lösung schnell durch das Licht 
entfärbt wird. 

Das Cyanin hat den Nachteil, dass es in kaltem Wasser 
unlöslich ist In warmem Wasser löst es sich wohl, scheidet 
sich jedoch beim Erkalten wieder aus. Es löst sich in Alkohol 
und teilweise auch in einer Mischung von Alkohol und Wasser. 
Als Sensibilisator hat es den grossen Nachteil, immer mehr 
oder weniger Schleier zu geben, auch wenn man das Trocknen 
der Platten beschleunigt und man dieselben vor irgend welchem 
Lichte, welches schaden könnte, schätzt. 

Andere Farbstoffe, welche als Rot- und Orangesensibili- 
satoren Verwendung finden können, sind: Das Naphtolblau 
(welches die Empfindlichkeit noch für einen beträchtlich 
grösseren Teil des Spektrums erhöht), das Alizarinblau und 
das Anthracenblau (welche besonders für Rot, aber nicht (ür 
Gelb sensibilisieren), ferner die diversen Arten Azoblau und 
die Induline (welche von Gelb bis Rot sensibilisieren). Das 
Methylviolett und im allgemeinen sämdiche violette Farben, 
welche eine Wirkung zeigen, sensibilisieren für Gelb und 
Orange, jedoch wenig oder gar nicht für Rot. 

Sensibilisatoren für Rot. Hierzu werden grüne Farb- 
stoffe benutzt. Wir erwähnen unter anderen das Aldehydgrün, 
das Malachitgrün, das Echtgrün, das Neugrün und das Jod- 
grün. Alle diese Farbstoffe zeigen die Maximal Wirkung in 
der Nähe der Linie C, d. h. im Orangeteile, aber die Wirkung 
erstreckt sich noch ziemlich gut bis in den roten Teil. Das 
Alizarinblau in Form von Bisulfit sensibilisiert für die roten 
Strahlen B und C. Durch Zusatz einiger Tropfen Silbernitrat 
ist die Wirkung eine noch ausgedehntere. 

Das Chlorophyll, d. h. der grüne Farbstoff der Pflanzen, 
hat eine bedeutend sensibilisierende Wirkung für Orange, Rot 
und bis zum äussersten Rot. Da seine Haltbarkeit eine geringe 
ist, so darf man sich auf das im Handel vorkommende Produkt 
nicht verlassen. Man erhält es auf ziemlich leichte Weise, 
indem man tiefgrüne Pflanzenblätter, z. B. Efeublätter, mit 
Alkohol behandelt. Es empfiehlt sich, den Farbstoff während 
des Sommers zu extrahieren, wenn die Blätter tiefer grün 



— 349 — 

gefärbt sind. Vor der Extraktion der Blatter mit Alkohol ist 
es gut, eine Behandlung derselben mit einprozentiger warmer 
Aetzkali- und Aetznatronlösung vorzunehmen, um gewisse 
organische Verbindungen zu beseitigen. 

Professor Valenta machte in neuerer Zeit auf die 
energisch rot sensibilisierende Wirkung des von der Badischen 
Anilin- und Sodafabrik hergestellten Aethylvioletts aufmerk- 
sam. Freiherr von Hflbl, der dies bestätigt, betrachtet den 
genannten Farbstoff als einen idealen Rotsensibilisator für 
Bromsilber -Kollodiumemulsion. Später konstatierte Valenta, 
dass dieser Farbstoff auch für die Bromsilber- Gelatineplatten 
eine gute sensibilisierende Wirkung für Rot besitze; die 
Lösung muss jedoch eine äusserst verdünnte sein (i : 250000). 
Weiter unten geben wir die Vorschriften für Aethylviolett- 
Sensibilisierungsbäder. 

Allgemeine Sensibilisatoren. Eine gleichmässige 
Erhöhung der Empfindlichkeit der lichtempfindlichen Präpa- 
rationen für sämtliche weniger aktinische Strahlen des Spektrums 
kann praktisch nicht erreicht werden. Mit gewissen Teerfarb- 
stoffen und mit gewissen Mischungen sind jedoch auf diesem 
Wege gewisse Resultate erzielt worden. Von den Mischungen 
sind leider sehr wenige brauchbar, da die gleichzeitige Wirkung 
zweier Farbstoffe eine gegenseitige Abschwächung ihres Sensi- 
büisierungs Vermögens mit sich bringen kann. Gut ist die von 
Vogel mit dem Namen Azalin bezeichnete Mischung von 
Chinolinrot und Cyanin, welche für Gelb und Rot sensibili- 
siert. Das Nigrosin und andere, vom Indulin abstammende 
Farbstoffe bewirken nur eine allgemeine Erhöhung der Empfind- 
lichkeit für die weniger aktinischen Strahlen. 

Als 1902 Farbstoffe eingeführt wurden , welche eine 
vorher nie erreichte Erhöhung der Allgemeinempfindlichkeit 
für die weniger aktinischen Strahlen ermöglichten, gelang es, 
mit ein und derselben Platte die drei Teilnegative für die 
Drei färben Photographie herzustellen. Alle diese neuen Sensi- 
bilisatoren stammen vom Cyanin ab. Sic werden aus den 
Chinaldinen und Chinolincn hergestellt, indem man in dem 
Kern ein oder mehrere Wasserstoffatome durch die Gruppen 
CH Z , OCH 3 , OC ? H 5 , Chlor oder Brom in der Meta- oder 
Parastellung substituiert. 

Der erste, dieser Kategorie angehörende Sensibilisator ist 
das Aethylrot, dessen bedeutende sensibilisierende Wirkung 
für Rot von Professor Miethe und Dr. Traube entdeckt 



— 35° — 

wurde. Das Aethylrot stellt prächtige, grOn schimmernde 
Kristalle vor, ist in Wasser leicht löslich und gibt eine rot- 
violette Flüssigkeit. Das Aethylrot ist ein Chinaldincyanin 
(Chinaldin - chinolin - methyl -äthylcyanin) , welches durch Be- 
handlung einer Mischung von Chinaldinjodalchyl und Chinolin- 
jodalchyl mit kaustischen Alkalien hergestellt wird. 

Dieser Sensibilisator ist sehr wirksam uud sensibilisiert 
schleierlos; seine Wirkung erstreckt sich nicht auf den roten 
Teil wie das Cyanin; er ist jedoch für die Praxis hinreichend. 
Später studierte Dr. König von den Höchster Farbwerken 
vorm. Meister Lucius & Brüning andere Cyanine mit mehr 
bläulicher Nuance, als das Aethylrot, von welchem man eine 
grössere sensibilisierende Wirkung für Rot erwarten konnte. 
Das Orthochrora T der genannten Firma ist in der Tat ein 
vorzüglicher Sensibilisator und ist ein ^-Toluchinaldin-/- 
Toluchinolin-äthyljodocyanin. 

Später (1904) entdeckte Dr. König andere Cyanine mit 
noch mehr bläulicher Färbung, welche durch Einführung einer 
Alchioxydgruppe gewonnen werden. Die dadurch erhaltene 
blaue Nuance hat auf die sensibilisierende Eigenschaft des 
Farbstoffes für Rot einen sehr grossen Einfluss. Die Firma 
Meister Lucius & Brüning brachte ein solches Cyanin 
unter dem Namen Pinachrom in den Handel. Die relative 
Empfindlichkeit der mit Aethylrot, Orthochrom und Pinachrom 
sensibilisierten Platten hinter dem roten Filter ist nach 
Dr. König die folgende: 

Aethylrotplatten 100, 

Orthochrom platten 160 — 180, 

Pinachrom platten 450 — 500. 

Wir konnten bei unseren Untersuchungen mittels Spektro- 
graph und Rotfilter und auch in der Praxis den von Dr. König 
angegebenen erheblichen Unterschied nicht finden. Was das 
Pinachrom anbelangt, so besitzt dieses in der Tat eine sehr 
energische, allgemein sensibilisierende Wirkung, welche viel 
mehr in dem roten Teile sich bemerkbar macht; uns gelang 
es jedoch nicht, schleierfreic Platten damit herzustellen, was 
übrigens auch von Dr. Traube bestätigt wurde'). 

Auf jeden Fall sind diese Untersuchungen höchst wichtig 
und eröffnen dem Orthochromatismus ein neues Gebiet und 

1) Im Jahre 1906 hat Dr. König andere, sehr wichtige Rot- 

SensibilLsatoren, nämlich das Pinacyanol und das Dicyanin, eingeführt 



— 35* — 

vor allem der direkten Dreifarbenphotographie, da diese neuen 
Farbstoffe, ohne die Allgemeinempfindlichkeit der Platte herab- 
zumindern (wie es das Cyanin tut), eine ganz bedeutende 
Erhöhung der Empfindlichkeit für die weniger aktin ischen 
Strahlen zulassen, so dass für die, bei der Dreifarben Photo- 
graphie nötigen, mit den drei Lichtfiltern herzustellenden Teil- 
negative eine und dieselbe Platte benutzt werden kann. 

Verschiedene Farbstoffe mit sensibilisierender 
Wirkung. Fassen wir einige Untersuchungen auf dem Gebiete 
der orthochromatischen Photographie kurz zusammen, welche 
für die Praxis einige Wichtigkeit haben könnten. Professor 
Valenta untersuchte die sensibilisierende Wirkung der 
Saccharelne („Phot. Korresp." 1899, Nr. 1). Es sind dies 
gewisse Verbindungen des Saccharins (des bekannten, aus 
Teer gewonnenen Süssmittels) mit den Phenolen. Das 
Sacchareosin , welches in Wasser und Alkohol schwer, in 
alkalischen Flüssigkeiten dagegen leicht mit karminroter, gelb- 
grün schimmernder Farbe löslich ist, wirkt für Gelb zwischen 
D und £ stark sensibilisierend. Eine analoge Wirkung zeigt 
das salzsaure Diäthylamidophenol-Sacchareln (rote Lösung 
mit prächtigem blauroten Schimmer) und ein Acetylderivat 
desselben. Die Saccharelne unterliegen unter gewissen Um- 
ständen ähnlichen Zersetzungen wie das Saccharin, indem sie 
die Sulfurelnderivate liefern. Das Diäthyl-w-amidophenol- 
sulfureln, welches eine tiefrot gefärbte, wässerige oder alko- 
holische Lösung liefert, wirkt als kräftiger Sensibilisator für 
Gelb und teilweise auch für Orange. Diese Farbstoffe wurden 
von Professor Valenta in etwas anderer Weise als gewöhnlich 
verwendet; man erzielt jedoch damit sehr befriedigende Resul- 
tate, so dass diese Verwendungsart auch für andere Farbstoffe 
empfehlenswert erscheint. Die Platte wurde nämlich mit einem 
aus 800 c cm Wasser, 200 cem Alkohol und 15 cem Ammoniak 
bestehenden Bade vorbehandelt und nachher in das Farbbad, 
welches aus der eben angegebenen Lösung unter Zusatz von 
100 cem der Farbstofflösung 1 [500 hergestellt ist, getaucht. 

Professor Valenta versuchte auch („Phot. Korresp." 1900, 
Nr. 2 und 1902, Nr. 4) die sensibilisierende Wirkung ver- 
schiedener anderer Farbstoffe der Farbenfabriken vorm. Fried r. 
Bayer & Co. in Elberfeld, der Aktiengesellschaft für Anilin- 
fabrikation in Berlin und von Cassella in Frankfurt a. M. Aus 
diesen Untersuchungen ergab sich, dass das Schwarz 4B der 
Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation als energischer Scnsi- 



— 352 — 

bilisator für Rot bis Gelb mit der Maxim alwirkung in B vorteil- 
haft benutzt werden kann. Ein anderer, sehr wirksam er- 
scheinender Farbstoff ist das Formyl violett 8,4!! von Cassella, 
welches mit dem sauren Violett 6B von R. Geigy in Basel 
und mit dem sauren Violett 4B extra von Bayer (Elberfeld) 
identisch ist. Dieser Farbstoff ist in Wasser leicht löslich; 
zum Gebrauch benutzt man eine stark verdünnte Lösung 
(1:50000) mit ein- bis zweiprozentigem Ammoniak. 

Das Diazogelb der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer 
& Co. (Elberfeld) bewirkt als Zusatz zu der Kollodium cm ulsion 
unter Nachbehandlung mit einer schwachen Silbernitratlösung 
oder als einfache wässerige Lösung für die Brom silber- Gelatine- 
platten eine bemerkenswerte Empfindlichkeitserhöhung für Gelb 
und Grün. Die Wirkung dehnt sich bei den Bromsilber- 
Gelatinetrockenplatten von B bis H aus. Das reine Alizarin- 
blau B und das Alizarinschwarzblau 3B von Bayer erzeugen 
eine erhebliche Sensibilisierung für Rot und Orangerot. 

Das Diazo-Echtschwarz 3B von Bayer hat eine bedeutende 
Wirkung für Rot, Orangerot und Gelb, während sich bei dem 
Diazo-Echtschwarz BH die sensibilisierende Wirkung bis zum 
äusserten Rot erstreckt. Das reine Diamantschwarz FB 
Bayer übt sowohl bei den Bromsilbergelatine-, wie auch 
bei den K oll odiumplatten eine beträchtliche sensibilisierende 
Wirkung vom äussersten Rot bis zum Orangegelb mit einer 
Maximal wirkung bei B'UC aus. Das Naphtylblau von Kallc 
hat bei der Kollodiumemulsion eine energisch sensibilisierende 
Wirkung für Orangerot und Gelb mit einem Maximum in 
C'jvD: Auf die gleiche Emulsion wirkt das tiefe Diamant- 
schwarz SSA und SOO von Cassella sehr stark sensibili- 
sierend für das äusserste Rot bis zum Orange. Das reine 
Lackschwarz 6B und 4B der Aktiengesellschaft für Anilin- 
fabrikation sind für die Praxis sehr wichtige Sensibilisatoren. 
In der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien 
wurden diese Farbstoffe als Rotsensibilisatoren bei der Drei- 
farbenphotographie benutzt. Wir verzichten auf die Aufzählung 
vieler anderer Farbstoffe, weil sie eine zu geringe oder gar 
keine sensibilisierende Wirkung besitzen. 

Dr. Eberhard in Gotha versuchte eine grosse Anzahl 
Farbstoffe und berichtete hierüber in der „Phot. Korresp." 
1900, Nr. a u. 3. Aus seinen Untersuchungen hat sich er- 
geben, dass die folgenden Farbstoffe gute Sensibilisatoren sind: 
Cyclamin von der Societe" Chimique des Usines du Rhone; 



— 353 — 

es ist ein Fluorescelnderivat, welches in analoger Weise wirkt 
wie Bengalrot, seine Wirkung erstreckt sich jedoch mehr zum 
Orangegelb. Zur Verwendung gelangt eine stark verdünnte 
Losung (i : 50000). Ein vorzüglicher Sensibilisator scheint 
das Glycin-Corinth der Firma Kinzlberger & Co. in Prag 
zu sein, dessen sensibilisierende Wirkung sich bis zum Rot 
erstreckt. Man verwendet eine Lösung 1 : 10000 mit 2 Prozent 
Ammoniak. Das Karbid schwarz BO der Gesellschaft für 
chemische Industrie in Basel, in wässeriger Lösung 1 : 10000 
mit 2 Prozent Ammoniak hat eine bedeutende sensibilisierende 
Wirkung, welche in A beginnt (bei Rot) und welche am 
stärksten ist bei B bis £. Die Platten neigen nicht zum 
Schleier und liefern kraftige Bilder, weshalb dieser Sensibili- 
sator in der Praxis sehr nützlich sein kann; er ist auch viel 
wirksamer als das Azoschwarz. Andere Farbstoffe, welche 
als Sensibilisatoren für Rot und Orange gut verwendbar sind, 
sind folgende von der Firma K. Ohler in Offenbach: Toluylen- 
Sch warzblau B, Naphtazurin BB, Azomauve B. Sie werden in 
Lösungen 1 : 10000 bis 1 : 20000 mit 2 Prozent Ammoniak 
verwendet. Das Nigrosin 3B der Firma K a 1 1 e & C o. in 
Biebrich ist ein kräftiger Sensibilisator für den Teil zwischen 
C bis D (Orange und ein wenig bis zum Gelb). Der Autor 
hebt jedoch hervor, dass die Nigrosine nur bei entsprechend 
längeren Expositionszeiten bemerkenswerte Resultate liefern. 
Jede gewöhnliche Bromsilber -Gelatineplatte kann mit 
grosser Leichtigkeit in eine orthochromatische Platte ver- 
wandelt werden; man legt sie in die geeignete Farbstofflösung, 
worauf man allmählich oder besser in einem gut gelüfteten 
Trockenschrank trocknen lässt. Das schnelle Trocknen ist 
bei Verwendung gewisser Farbstoffe zur Vermeidung des 
Schleiers notwendig: so z. B. bei Cyanin, bei Aethylrot, bei 
Orthochrom T, bei Pinachrom und bei einigen anderen. Der 
von Professor Miethe verwendete Trockenschrank (konstruiert 
von der Firma W. Bermpohl in Berlin, Pflugstrasse 6) be- 
steht aus einem Abkühler aus Kupfer, in welchem der ein- 
tretenden Luft viel Feuchtigkeit entzogen wird, aus einer 
Heiz Vorrichtung , um die Luft auf 30 Grad zu erwarmen und 
aus einem Saugventilator. Mit diesem Apparate geht das 
Trocknen in weniger als einer halben Stunde vor sich. Dieses 
Verfahren der Orthochromatisienmg nennt manChromatisierung 
im Bade. Im allgemeinen zieht man die schon im Handel sich 
befindenden, fertig präparierten orthochromatischen Platten vor. 

Namimi, Handbuch der photogr. Chtmit. 23 



— 354 — 

Dessenungeachtet kann die Chromatisierung im Bade in 
gewissen Fallen, wo es darauf ankommt, eine dem Zwecke 
entsprechende Orthochromatisierung zu erzielen, doch erforder- 
lich sein. Es ist ausserdem nicht möglich, gewisse Farbstoffe 
in die Emulsion einzuführen. Auch kann es vorkommen, dass 
man in dringenden Fällen keine Gelegenheit hat, sich ortho- 
chromatische Platten zu verschaffen; es ist dann sehr vorteil- 
haft, solche selbst herzustellen. Für die Sensibilisierung im 
Bade wurden verschiedene Vorschriften empfohlen ; wir werden 
mir wenige, gut bewährte hier anführen. 

Chromatisierung des nassen Kollodiums und der 
Kollodiumemulsion. Das nasse Kollodium eignet sich 
schlecht für die Orthochromatisierung, und zwar hauptsächlich, 
weil das Silbernitrat bei vielen Farbstoffen Veränderungen 
und infolgedessen leicht Reduktionsflecke hervorruft. 

Nach Vogel erhält man ein gutes orthochromatisches 
Kollodium , indem man zu je 95 ccm Kollodium 5 ccm einer 
aus 2 g gelblichen und 2 g bläulichen Eosins in 1 Liter Alkohol 
bestehenden Lösung zusetzt. Vogel gibt dabei einem Kollo- 
dium, welches fast ausschliesslich Bromsalze enthält, den Vor- 
zug. Dieses wird erhalten, indem man zu je einem Liter 
Norm alkoll od i um 18 bis 20 g in Alkohol aufgelösten Brom 
kadmiums zusetzt. 

Das empfehlenswerteste Verfahren zur Herstellung ortho- 
chromatischer Kollodiumplatten ist das von Wilkinson (Pen- 
roses Year Book 1903) angegebene. Man stellt das Kollo- 
dium aus 20 g CelloTdin (Schering), in 1000 ccm der üblichen 
Alkohol -Aethermischung aufgelöst, her. Zu 150 ccm dieses 
Kollodiums werden 5 g Bromzink zugesetzt. Die kollodio- 
nierten Platten werden in einem isprozentigen, jedoch nicht 
jodhaltigen, mit einigen Tropfen Salpetersäure angesäuerten 
Silberbade sensibilisiert. Die aus diesem Silberbade kommende 
Platte, wird nach dem Abtropfen mit folgender Orthoch romati - 
sierungslösung behandelt: 

Erythrosin ig, 

Cyanin 0,25 g, 

destilliertes Wasser 1000 ccm, 

Ammoniak 1 „ 

In diesem Bade bleibt die Platte etwa 3 Minuten, worauf 
man nach dem Abtropfen exponiert. Zum Entwickeln darf 
man nicht die saure Eisensulfatlösung, sondern man muss 
einen alkalischen Entwickler verwenden. 



— 355 — 

Der für Kollodiumemulsion empfohlene Hydrochinonent- 
wickler kann dabei gute Dienste leisten, da wir es hier mit 
einer, der Kollodiumemulsion analogen Schicht zu tun haben. 
Wahrscheinlich konnte man durch Verwendung der neueren 
Sensibilisatoren, wie Aethylrot oder Orthochrom, an Stelle 
des Erythrosins und des Cyanins oder des Aethylvioletts an 
Stelle des Cyanins allein, eine bessere allgemeine Orthochro- 
matisierung erzielen. 

Ueber die Orthoch romatisierung der Kollodiumemulsionen 
hat Freiherr von Hfibl wichtige Untersuchungen angestellt. 
Wir bemerken jedoch, dass zu der im Handel befindlichen 
Kollodiumemulsion von Dr. Albert bereits zwei Sensibili- 
satoren separat geliefert werden, von denen der eine eosin- 
haltige, die Empfindlichkeit für Gelb und Grün, der andere, 
dessen Zusammensetzung nicht bekannt ist, die Empfindlichkeit 
für Orange und Rot erhöht. 

Will man jedoch für bestimmte Zwecke die käufliche 
Kollodiumemulsion selbst orthochromatisieren , um das ge- 
wünschte Resultat zu erhalten, so verfährt man nach den 
Angaben Hübls wie folgt: 

Zur Erhöhung der Gelb- und Grünempfindlich- 
keit: Zu i Liter Emulsion werden 25 ccm einer alkoholischen 
Eosinlösung i : 150 oder Rodaminlosung 1 : 150 zugesetzt. 

Zur Erhöhung der Rotempfindlichkeit: Zu 1 Liter 
Emulsion setzt man ioccm einer alkoholischen Aethylviolett- 
lösung 1 : 500 zu. 

Zur Erhöhung der Orange-, Gelb- und Grün- 
empfindlichkeit: Zu 1 Liter Emulsion werden 10 ccm einer 
alkoholischen Aethylrotlösung (von Miethe) 1:500, oder 
40 ccm Pinaverdollösung 1 : 1000 hinzugesetzt. 

Zur Erhöhung der Gesamtfarbenempfindlichkeit: 
Zu 1 Liter Emulsion 30 ccm Pinaverdollösung 1 : 500 und 
5 ccm Aethylviolettlösung 1 : 500. 

Es empfiehlt sich, zur Erhöhung der Empfindlichkeit der 
Platte, nachdem sie mit Emulsion begossen ist, mit Wasser 
zu waschen, um den Farbstoffüberschuss zu entfernen. Für 
die Dreifarbenphotographie zieht man bei Anwendung des 
grünen Filters die mit Eosin, und bei Benutzung des orange- 
roten Filters die mit Pinaverdol und Aethylviolett sensibili- 
sierte Platte vor. Bei Anwendung des violetten Filters 
empfiehlt sich zwar ebenfalls die letztere Platte, jedoch ist es 
nicht nötig. - 

23* 



- 35<* - 

Chrom atisierung der Bromsilbergelatine -Emul- 
sion. Wie wir bereits erwähnten, lässt sich die direkte Ortho- 
chrom atisierung der Emulsion nicht immer ausführen, und sie 
ist auch im allgemeinen weniger wirksam als die Chromati- 
sierung im Bade. Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass 
erstere die einzig praktische Methode zur fabrikmäßigen Her- 
stellung ist. 

Zur Erzielung der Orthochrom atisierung für Gelb und 
Grün werden 20 bis 30 ccm einprozentiger Eryth rosin lösung 
pro Liter Emulsion vor dem Giessen zugesetzt. Die Emulsion 
11111 ss vor diesem Farbstoffzusatz vollständig schleierlos arbeiten. 
Heute kommen Platten im Handel vor, welche für eine aus- 
gedehnte Zone des Spektrums empfindlich sind. Hierher 
geTiören die panchromatischen Platten von Lumiere und die 
Perchromo von Perutz, letztere sind mit Aethylrot präpariert. 
Es ist uns jedoch nicht bekannt, ob dieselben mittels eines 
Bades oder in der Emulsion gefärbt sind. Das von Professor 
Valenta zur Herstellung panchromatischer Platten empfohlene 
Aethylviolett und Erythrosin können vielleicht auch zur Her- 
stellung panchromatischer Emulsion gute Dienste leisten. 

Vorschriften für die Orth och rom atisierung im 
Bade. Die Gelb- und Grünempfindlichkeit erhält man mit 
folgender Losung: 

Wasser 1000 ccm, 

einprozentige Erythrosinlösung 10 — 15 ccm. 

Wenn eine etwas stärkere Wirkung erwünscht ist, so 
fügt man noch 4 bis 5 ccm Ammoniak hinzu ; dies vermindert 
jedoch, wie bereits erwähnt, mehr oder weniger die Halt- 
barkeit der Platten. Nach Obernetter und Vogel kann 
man indessen auch 5 bis 10 ccm einer einprozentigen Silber- 
nitratlösung zusetzen. Nach unseren Erfahrungen erhält man 
jedoch das Maximum der Empfindlichkeit, indem man zuerst 
das Silbernitrat in dem angegebenen Verhältnis und dann eine 
kleine Menge Ammoniak zusetzt, um eine vollkommen klare 
Flüssigkeit zu erhalten. In dem erwähnten Bade bleiben die 
Platten 5 Minuten, dann nimmt man sie heraus und lässt sie 
auf einem gewöhnlichen Trockengestell in vollständiger Dunkel- 
heit trocknen; es ist besonders darauf zu achten, dass die 
Schicht in keiner Weise mit den Fingern in Berührung kommt. 

Die zu orthochromatisierenden Platten müssen von mittlerer 
Empfindlichkeit sein. Die Gelb- und Grün Sensibilisierung ist 



— 357 — 

praktisch weniger wichtig, da gute Platten dieser Kategorie 
im Handel zu bekommen sind. 

Um eine besondere Empfindlichkeit für die blaue Zone 
des Spektrums, welche an das Grün grenzt, zu erhalten, 
nimmt man: 

Destilliertes Wasser iooo ccm, 

Naphtolgelb 5 g, 

Silbernitrat, in wenig Wasser gelöst o, 10 g, 

Essigsäure 0,5 g. 

Für Orange- und Rotsensibilisierung gebraucht man 
Cyaninlösung 1 : 10000. Da das Cyanin in Wasser unlöslich 
ist, nimmt man die Lösung zuerst in 1 Teil Alkohol vor und 
setzt dann 9 Teile Wasser zu. Es muss sehr schnell und 
vollkommen getrocknet werden. 

Die auf diese Weise hergestellten Platten halten sich im 
allgemeinen eine bis zwei Wochen schleierfrei. Einige Tropfen 
Essigsäure verwandeln die blaue Farbe des Cyanins in Rot 
und erhöhen die Haltbarkeit der Platten; dieser Zusatz beein- 
trächtigt jedoch nicht wenig die Empfindlichkeit der Platte. 
Der erwähnten Cyaninlösung kann man 0,1 Prozent Codetn 
zusetzen, wodurch die Allgemeinempfindlichkeit erhöht wird. 
Zur Sensibilisierung für Orange und Rot wurden auch 
Methyl violett- oder MalachitgrOnlösungen (beide 1:20000} 
empfohlen. Nach unseren Untersuchungen geben jedoch beide 
einen mehr oder weniger intensiven Schleier. Ob diese 
Schleierbildung von Unreinheiten (welche nicht leicht zu be- 
seitigen sind) herröhrt, oder von der Beschaffenheit des Farb- 
stoffes, ist unbestimmt. Man kann auch das Chlorophyll in 
annähernd dem gleichen Verhältnis verwenden. 

Um für eine grössere Spektrumzone zu orthoch romati- 
sieren, kann man sich gemischter Sensibilisatoren bedienen. 
So z. B. sensibilisiert das Vogelsche Azalin, eine Mischung 
von Cyanin und Chinolinrort, für Gelb und Orange. Zum 
Gebrauche stellt man eine einprozentige Lösung her, wovon 
1 ccm in 100 ccm Wasser mit 0,5 ccm Ammoniak genommen 
werden. Dies ist die Vorschrift von David und Scolik. Wir 
bemerken hierbei, dass es sich empfiehlt, diese Mischung 
selbst herzustellen, da die Haltbarkeit derselben keine grosse 
ist und dieselbe ausserdem nicht überall zu haben ist. Das 
Azalin stellt man her, indem man 10 Teile Chinolinrotlösung 
mit 1 Teil Cyanin zusammenmischt; die beiden Farbstoffe 
werden vorher in Alkohol gelöst. 



- 35» - 

Die nachstehenden zwei Vorschriften zur Herstellung pan- 
chromatischer Platten wurden von Dr. Eberhardt in Eders 
Jahrbuch 1899 angegeben: 

A) Erythrosin (1:500) 2 — 3 ccm, 

Silbernitratlösung (1:10) . . . einige Tropfen, 

Ammoniak 0,5 ccm, 

Chinolinrot (1 : 500) 1,5 „ 

Cyanin {1 : 500) 0,3 — 0,5 ccm, 

Alkohol 50 ccm, 

destilliertes Wasser 50 „ 

B) Acrydingelb (gesattigte alkoholische 

Lösung) 6 „ 

Cyanin (1 ; 500) 2 „ 

gelbliches Eosin (1 : 500) ... 2 „ 

Alkohol 50 „ 

destilliertes Wasser 50 „ 

Bei der Vorschrift B kann man an Stelle des Eosins das 
Chinolinrot verwenden (1 ccm der Lösung 1 : 500), in diesem 
Falle reduziert man jedoch das Cyanin auf 0,5 ccm. Mit der 
Vorschrift A erhält man eine Plattenempfindlichkeit für das 
ganze Spektrum; die Haltbarkeit der Platten beschrankt sich 
jedoch nur auf einige Tage. Die Vorschrift B und auch B 
modifiziert, ist weniger wirksam, liefert aber haltbarere Platten. 
Heute werden jedoch zur Herstellung panchromatischer 
Platten die bereits erwähnten neuen, vom Cyanin abstammenden 
Sensibilisatoren (Aethylrot und Orthochrom T) allgemein vor- 
gezogen. Sie sind in der Tat nicht allein sehr wirksam, 
sondern liefern auch, wenn man schnell trocknet, schleierfreie 
Platten, welche jedoch im Dunkeln oder höchstens bei sehr 
schwachem, rotem Lichte behandelt werden müssen. Die 
Chromatisierungsbäder stellt man mit den genannten Sensi- 
bilisatoren folgend ermassen her: 

Orthochrom ig, 

Alkohol 500 ccm, 

Wasser 500 „ 

Im Dunkeln aufbewahrt, ist diese Lösung sehr lange 
haltbar. Zum Gebrauche nimmt man nach unseren Erfahrungen 
am besten 4 ccm dieser Lösung und 100 ccm destilliertes 
Wasser. Mehr wie zwei Platten darf man in derselben Lösung 
nicht sensibilisieren (100 ccm Flüssigkeit für das Plattenformat 
13X18)- Mit Aethylrot wird eine ganz analoge Lösung her- 
gestellt, von der man jedoch nur 2 ccm auf je 100 ccm dest.il- 



— 359 — 

liertes Wasser nimmt, da die färbende Kraft dieser Substanz 
eine grössere ist. Nach der Wirkung des Chromatisations- 
bades, welche 2 bis 3 Minuten dauert, müssen die Platten auf 
jeden Fall abgespült oder besser sehr kurze Zeit in Wasser 
getaucht werden. Dann werden sie in einem gut ventilierten 
Trockenschrank bei 25 bis 30 Grad getrocknet. 

Bei Anwendung des Pinachro ms. empfiehlt Dr. König, von 
einer Lösung 1 : 1000 (Wasser und Alkohol) 2 ccm auf 100 ccm 
Wasser unter Zusatz von 1 ccm- Ammoniak zu nehmen; die Platte 
lässt man 4 Minuten in diesem Bade und wäscht dann mit 
Wasser ab. Auch in diesem Bade darf man nicht mehr wie 
zwei Platten in derselben FlQssigkeltsmenge sensibilisieren, da 
das Sensibilisierungs vermögen desselben schnell abnimmt '). 
Professor Valenta hat in letzter Zeit ein panchromati- 
sierendes Bad aus Erythrosin und Aethylviolett zusammen- 
gestellt („Photographische Korrespondenz" Nr. 3, 1904). Man 
setzt folgende Mischung an: 

Aethyl violettlösung (1 : 5000) 100 Teile, 

Erythrosinlösung (1 : 500) ao B 

Eosinlösung (Monobromofluoresceln) 1 : 500 30 „ 
Von dieser Mischung nimmt man zum Gebrauche 15 ccm, 
500 ccm Wasser und 2 ccm Ammoniak. Die Platte bleibt 
3 Minuten darin und wird dann einen Augenblick gewaschen. 
Wie wir bereits erwähnt haben, würde man durch Verwen- 
dung orthochromatischer Platten keine wesentlich besseren 
Resultate als mit gewöhnlichen Platten erreichen, wenn man 
nicht auch gleichzeitig farbige transparente Medien oder Licht- 
filter benutzen würde. 

Nur bei Benutzung richtig gewählter Farbenfilter kann 
man auf orthochromatischen Platten solche Bilder erhalten, 
deren Helldunkel mit den Farben werten , wie sie vom Auge 
empfunden werden, korrespondiert. Wohl kann man in einer 
Landschaftsphotographic schon mit einer stark gelb- und 
grünempfindlichen orthochromatischen Platte allein mehr 
Details in dem Grön erhalten, als mit einer gewöhnlichen 
Platte; aber der Wert des Grün, besonders, wo es hell be- 
leuchtet ist, und die Details in dem Laubwerke werden weit 
vollkommener wiedergegeben werden, wenn man mit einem 
hellen Gelbfilter die Wirkung des Himmels und aller anderen 

weglassen , wenn man klarer 



— 3 60 — 

stärker wirkenden Gegenstände zurückhält, das Grün aber 
länger auf die Platten wirken lässt. 

Wichtiger als das Filter ist die richtige Auswahl der 
orthochromatischen Platten; handelt es sich um eine Land- 
schafts- oder eine Wolkenaufnahme, so wird entschieden eine 
gelb- und grünempfindliche Platte vorzuziehen sein. Handelt 
es sich jedoch um ein Gemälde, so muss auch das Rot berück- 
sichtigt werden, besonders wenn es darauf ankommt, rote 
Partieen mehr zur Geltung zu bringen; in diesem Falle 
empfiehlt sich eine orange- und rotempfindliche Platte. Das- 
selbe gilt für Aufnahmen von Kostümen, Fahnen, Geweben, 
Plakaten u. s. w. 

Wie wir bereits bemerkt haben , werden in der Praxis 
hauptsächlich gelb- und grünempfindliche Platten verwendet, 
so dass man im Handel fast ausschliesslich diese Sorte ortho- 
chromatischer Platten findet. Andere Typen, welche doch 
von einigen Firmen hergestellt werden, sind viel seltener zu 
haben, abgesehen davon, dass sie entweder wegen des ver- 
wendeten Sensibilisators, oder weil sie, da in diesen Platten 
kein grosser Absatz besteht, oft zu alt und infolgedessen ver- 
schleiert sind. 

Die Einführung der neuen Sensibilisatoren hat jedoch 
die direkte Dreifarben Photographie gefördert und finden die 
panchromatischen Platten eine stets zunehmende Anwendung. 
Wir sind daher überzeugt, dass die Fabrikation dieser Platten 
sich stark entwickeln und verbessern wird. 

Die Firma Lumiere in Lyon bringt drei Typen ortho- 
chromatischer Platten in den Handel: einen Typus A gelb- 
und grünempfindlich, einen Typus ß etwas orangegelb- und 
rotempfindlich und einen dritten Typus C, den sogen, panchro- 
matischen, mit allgemeiner Farbenempfindlichkeit ; letztere Sorte 
haben wir mit gutem Erfolge in der Dreifarbenphotographie 
versucht. 

Was nun die farbigen transparenten Medien oder Licht- 
filter betrifft, so erwähnten wir bereits, dass sie zur Erlangung 
eines rationellen und nicht nur scheinbaren Orthoch romatismus 
unentbehrlich seien. Nur wenn die Fortschritte des Ortho- 
chromatismus uns in den Stand setzen würden, Platten her- 
zustellen, mit welchen die färben richtige Aufnahme mit den 
für das Auge richtigen Hclligkeits werten der Gegenstände 
ermöglicht würde, dann allein würden die Lichtfilter über- 
flüssig sein. Dies wird aber wahrscheinlich niemals stattfinden. 



- 3 6i - 

Allerdings wird man dann auch die Frage lösen müssen, bei 
welchem Lichte solche Platten zu behandeln sein werden, eine 
sicher nicht leicht zu lösende Frage. 

Das Lichtfilter muss rationell und unter Zugrundelegung 
der Farben des aufzunehmenden Gegenstandes sowie der 
Empfindlichkeit der Platten gewählt werden. Auch muss man 
auf die Lichtquelle Rücksicht nehmen, denn diese hat auch 
einen Einfluss; würde man bei der Aufnahme eines Gemäldes 
mit vorwiegend gelben Farben, Gas- oder elektrisches Glüh- 
licht verwenden, so könnte man schliesslich auf das Licht- 
filter verzichten, da die genannten Lichtquellen reich an gelben 
Strahlen sind. Benutzt man aber das direkte Sonnenlicht an 
Stelle des zerstreuten Tageslichtes, so kann man ein helleres 
gelbes Filter verwenden, da das Sonnenlicht reicher an gelben 
Strahlen ist. 

Bei dem rationellen Orthochromatismus ist es sehr wichtig, 
dass das Lichtfilter im richtigen Verhältnis steht zu der 
Empfindlichkeit der Platte. Professor Bonacini hebt in 
seinem „Handbuche über die orthochromatische Photographie , ) B 
ganz richtig hervor, dass zwischen der orthochromatischen 
Platte und dem Lichtfilter ein gewisses komplementäres Ver- 
hältnis vorhanden sein müsse. Hat man aus einer, mit einer 
bestimmten orthochromatischen Platte gemachten Spektralauf- 
nahme ersehen, welche Farben die grösste graphische Wirkung 
ausüben, so müsste man das Lichtfilter derart wählen, dass 
diese Farben am wenigsten durchgelassen werden; während 
die Durchlässigkeit des Filters für die weniger wirksamen 
Farben am grössten sein muss. Wenn es möglich wäre, dieses 
von Professor Bonacini zuerst empfohlene und von ihm 
Komplementärfilter genanntes Filter in der voltkommen richtigen 
Farbe herzustellen, so könnte man, unabhängig von der Farbe 
des aufzunehmenden Objektes, eine vollkommene Orthochro- 
matisierung erreichen. Die Wahl der Filter würde sich dann 
nur nach den verschiedenen Lichtquellen richten. 

Ein derartiges Universalfilter könnte man vielleicht nach 
vielen Versuchen doch herstellen; es würde aber nur für eine 
bestimmte Plattensorte oder nur für eine bestimmte Emulsion, 
mit welcher die Versuche gemacht sein würden, ein voll- 
kommenes Resultat ergeben. Aber ausserdem müsste ein 
solches komplementäres Filter, welches für die Erlangung 



i) Hoeplis „Handbücher", Mailand 1896. 



— 3 6a — 

einer vollkommenen Reproduktion der verschiedenen Werte 
von grossem Vorteil sein würde, einen grossen Teil der wirk- 
sameren aktinischen Strahlen absorbieren, was die Unbequem- 
lichkeit einer ausserordentlich verlängerten Expositionszeit zur 
Folge haben würde. 

In der Praxis zieht man es dagegen vor, die Aufnahme- 
zeit möglichst zu reduzieren und begnügt sich daher mit einem 
nur teilweisen Orthochromatismus, wozu man Filter verwendet, 
welche nur in beschränktem Grade die Wirkung der akti- 
nischeren Strahlen massigen. Mit den gelb- und grünempfind- 
lichen orthochromatischen Platten verwendet man im all- 
gemeinen ein gelbes Filter; nur in seltenen Fallen, wo es 
darauf ankommt, die durch das gelbe Filter teilweise durch- 
gehenden roten Strahlen gänzlich auszuschalten, kann man 
ein grünes Filter benutzen. Das gelbe Filter lässt vorwiegend 
die gelben und — obgleich in geringerem Grade — auch 
die grünen und orangefarbigen Strahlen durch; die blauen 
und violetten Strahlen werden dagegen, je dunkler das Filter, 
in desto höherem Grade aufgehalten. 

Als Lichtfilter kann eine Gelbscheibe verwendet werden, 
wenn dieselbe vollkommen ebene und fehlerfreie Flächen 
besitzt. Die optischen Anstalten, welche photographische 
Objektive herstellen, liefern auch für orthochromatische Auf- 
nahmen geeignete Gelb Scheiben verschiedener Grade. Es 
gibt jedoch Mittel zur Selbstherstellung solcher Gelbscheiben. 
Das einfachste Mittel besteht bekanntlich darin, dass man 
eine gewöhnliche fixierte Bromsilber-Gelatineplatte nach dem 
Waschen mit fünfprozentiger Kaliumbichromatlösung behandelt 
und dem Lichte aussetzt, worauf sie gewaschen und getrocknet 
wird. Eine solche Gelbscheibe wird man sich aber nur dann 
herstellen, wenn man keine anderen Gelbscheiben erhalten 
kann; denn erstens lässt sich auf diese Weise der richtige 
Ton nicht erhalten und zweitens sind die Flächen der Platten 
nicht immer parallel, was die Erlangung eines guten Bildes 
unmöglich macht. 

Es ist daher viel empfehlenswerter, andere Mittel zur 
Herstellung von Gelbscheiben zu gebrauchen. Man kann z. B. 
dünne Spiegelglasplatten mit Gelatinelösung übergiessen, welche 
mit Aurantia gelb gefärbt ist. Nach dem Trocknen kann eine 
solche Scheibe als Gelbfilter dienen; die Schicht kann nicht 
leicht abgelöst werden. Aurantia ist ein orangefarbiger Anilin- 
farbstoff; an dessen Stelle wurde in neuerer Zeit Pikrinsäure, 



— 3 6 3 — 

oder besser pikrinsaures Ammoniak empfohlen; letzteres ent- 
steht, wenn man zu der Pikrinsäurelösung einige Tropfen 
Ammoniak zusetzt. Pikrinsäure ist rein gelb, ohne jeden Stich 
ins Orange. An Stelle von Gelatine wird vielfach ein mit 
Aurantia gefärbtes Kollodium verwendet, welches auf Glas- 
platten gegossen und getrocknet wird, worauf man die Haut 
abziehen kann. Auf diese Weise erhält man vorzügliche 
gefärbte Films, deren Farbintensität nach Wunsch durch die 
beigemischte Farbstoff menge modifiziert werden kann. 

Ein zu dem genannten Zweck gutes Kollodium stellt man 
nach unseren Erfahrungen nach folgender Vorschrift her: 

Amylacetat 50 — 100 ccm. 

Kollodiumwolle .... 3,5 g, 

Rizinusöl 4 Tropfen, 

Alkohol 100 ccm. 

Die Kollodiumwolle wird zunächst in Amylacetat gelöst, 
worauf der Alkohol zugesetzt wird. Es empfiehlt sich, so 
wenig wie nur möglich Amylacetat zu verwenden, da dieses 
das Auflösen der erforderlichen Anilinfarbstoff menge ungemein 
erschwert. Zu diesem Kollodium setzt man dann so viel 
alkoholische Anilinfarbstofflösung hinzu, bis die gewünschte 
Intensität erreicht ist. Zum Gelbfilter dient Aurantia oder 
Naphtolgelb, zum Rotfilter Safranin oder Chrysoidin. Die 
gleichen Farbstoffe können in wässeriger Lösung zum Färben 
der Gelatineplatten oder Films, die als Farbenfilter benutzt 
werden sollen, dienen. Das angegebene Kollodium trocknet 
langsam und kann daher gleichmässig verteilt werden. An 
Stelle der Kollodiumwolle kann man Cellulold verwenden, 
indem man alte, unbrauchbar gewordene, von der Gelatine 
befreite Films hierzu benutzt. 

Verwendet man, anstatt gelb- und grünempfind liehe, orange- 
oder rotempfindliche orthochromatische Platten, so verwendet 
man orange oder rote Farbenfilter. Zu diesem Zwecke be- 
dient man sich entweder roter Glasscheiben oder in oben an- 
gegebener Weise hergestellter orange- oder rotgefärbter Kollo- 
diumfilms, wobei natürlich der Farbstoff entsprechend zu ändern 
ist. Da unter den Anilinfarbstoffen unzählige Nuancen zu 
finden sind, so wird man solche Kollodium- und Gelatinefilter 
in jeder beliebigen Farbe und Intensität herstellen können. 

Als Lichtfilter können auch farbige, in vertikalen Cuvetten 
enthaltene gefärbte Flüssigkeiten verwendet werden. Die 
Cuvetten müssen vollkommen planparallele Flächen besitzen; 



— 364 — 

im Handel findet man sehr genau konstruierte, jedoch sehr 
teuere derartige Cu vettert. Zum Selbstherstellen derselben 
wird folgendes Verfahren angegeben. Zwei dünne Spiegel- 
glasscheiben stellen die vordere und hintere Wand der 
Cuvette vor; man legt zwischen dieselben drei Streifen von 
demselben Glase, von denen zwei die Seitenwände und einer 
den Boden bildet. Das Ganze wird mit folgendem Kitt ver- 
kittet: 5 Teile Kolophonium, 1 Teil Jungfemwachs und 1 Teil 
Kolkothar (rotes Eisenoxyd); die Mischung wird geschmolzen 
und dann benutzt. Die innere Weite der Cuvette muss un- 
gefähr 1 cm betragen. 

Wir überzeugten uns jedoch, dass solche Cuvetten zu 
oft die Schärfe des Bildes beeinträchtigen, da es sehr schwer 
ist, vollkommen parallele Flächen zu erhalten, wie dies bei 
der mathematischen Genauigkeit der heutigen Objektive not- 
wendig ist. Zu solchen Cuvettenfiltern kann man entweder 
in Wasser gelöste Anilinfarben oder auch gewisse Metallsalz- 
lösungen verwenden, so z. B. Kaliumbichromat für Orange, 
neutrales Chromat für Gelb, Nickelnitrat für Grün und Kupfer- 
salze mit Ammoniakzusatz für Blau. Diese Flüssigkeitsfilter 
haben den grossen Vorzug, dass man die Farbe je nach 
Wunsch und mit der grössten Leichtigkeit abstimmen kann. 

Heute findet man jedoch auch im Handel zu massigen 
Preisen sehr brauchbare feste Farbenfilter, sowohl für die 
orthochromatische als auch für die Dreifarbenphotographie. 
Die meisten bestehen aus einer zwischen zwei Spiegelglas- 
scheiben mit Kanadabalsam eingekitteten, gefärbten Gelatine- 
häuten. Man kann auch zwei verschieden gefärbte Schichten 
verwenden, wobei durch Zusammenlegen beider die gewünschte 
Farbe entsteht Auf diese Weise stellt Professor Miethe seine 
Dreifarbendruckfilter her. 

Andere feste Farbenfilter für die orthochromatische und 
für die Dreifarbenphotographie stellt die Firma Voigtlander 
nach Dr. Aarlands Angaben her. Die Firma Guilleminot 
in Paris brachte in letzter Zeit Gelbfilter verschiedener Ab- 
stufungen, nach rationellem Verfahren hergestellt, in den Handel. 

Ueber die Anwendungsweise der Filter ist nicht viel zu 
sagen; sie können sowohl vor wie hinter dem Objektiv, als 
auch zwischen den Linsen, verwendet werden. Am besten 
würde die Stellung zwischen den Linsen in den Diaphragmen 
sein, was jedoch nur bei Verwendung von Filmfiltern — aber 



- 3*5 - 

auch nicht bei allen Objektiven — möglich ist. Meistens stellt 
man das Filter vor das Objektiv, so dass die Fläche desselben 
rechtwinklig zur Achse des Objektives steht. Das Einstellen 
muss mit dem Filter geschehen, da andernfalls bei der Auf- 
nahme, selbst bei den besten Objektiven, eine nicht zu be- 
seitigende Verschiebung des Bildes stattfinden würde. Gelangen 
Scheibenfilter zur Anwendung, so kann man annehmen, dass 
die Brennweite um ein Drittel der Scheibendicke des Filters 
verkürzt wird. Dieses ergibt sich aus dem Verhältnis der 
Brechungsexponenten der Luft und des Glases, welches 3:2 
beträgt. Ist die Glasscheibe sehr dünn und die Fokustiefe 
des Objektives eine genügende, so ist der Einfluss des Filters 
fast unmerklich. Kommen Kollodiumfilter bei genauen Objek- 
tiv konstruktionen zur Anwendung, so macht sich ein Einfluss 
des Filters kaum bemerkbar. Soll ein dunkel gefärbtes Filter 
zur Anwendung kommen , welches die Einstellung sehr er- 
schwert, so empfiehlt es sich, mit einem gleich gefärbten 
helleren Filter einzustellen und dann erst bei der Aufnahme 
das dunklere Filter einzuschalten. Hat man aber mit ein und 
demselben Objektive viele Reproduktionen zu machen, so ist 
es gut, vorher zu berechnen oder durch einige Probeaufnahmen 
praktisch festzustellen, wie man einstellen muss, um mit dem 
Objektive unter Benutzung des gewöhnlich verwendeten Filters 
ein scharfes Bild zu erhalten. Bei den flüssigen Filtern ist 
jedoch die Verkürzung der Brennweite ziemlich bedeutend; die 
Brennweite verkürzt sich nämlich dabei annähernd um ein 
Drittel der Gesamtdicke der beiden Glasscheiben und um ein 
Viertel der Dicke der in dem Filter enthaltenen Flüssigkeits- 
schicht. Beträgt z. B. die Gesamtdicke der beiden Spiegel- 
glasscheiben 0,5 cm und die Dicke der Flüssigkeit 1 cm, so- 
wird die Brennweite um '/ a X V2 ~l~ V* cm = 10 /s* cra > ^. h. 
fast um 0,5 cm verkürzt. In gewissen Fällen, wenn solche 
Filter verwendet werden, welche fast jede Einwirkung der 
blauen und violetten Strahlen ausschliessen (namentlich rote 
Filter), ist es erforderlich, nach der Aufnahme mit dem Filter 
noch ganz kurz ohne dasselbe zu belichten, damit auch die 
aktinischen Farben wirken können. Auch kann es erforder- 
lich werden, zwei verschiedene Filter nacheinander zu ge- 
brauchen, um gewisse Teile des aufzunehmenden Gegenstandes 
hervorzuheben. 

Hinsichtlich der Entwicklung der orthochromatischen Platten 
ist nichts Besonderes zu sagen, und gilt das bei den gewöhn- 



— 366 — 

liehen Platten Gesagte. Nur wird man solche Entwickler vor- 
ziehen, welche brillante, kontrastreiche Bilder geben, da die 
orthochromatischen Platten im allgemeinen eintönige und ver- 
schleierte Negative liefern. Die Dunkelzimmcrbeleuchtung darf 
natürlich auf die Platten keine Wirkung ausüben. Sollen gel b- 
grünempfindliche Platten entwickelt werden, so muss man bei 
dunkelrubinroter Beleuchtung arbeiten. Dagegen verwendet 
man ein doppeltes grünes Glas allein oder in Verbindung mit 
gelber Scheibe bei Behandlung rot- und orangeempfindlicher 
Platten. Die panchromatischen, mit Aethylrot und Ortho- 
chrom T hergestellten Platten müssen im Dunkeln behandelt 
werden und können erst nach Eintauchen in den Entwickler 
bei dunkelrotem Lichte rasch besichtigt werden. 

Was die Anwendung der orthochromatischen Platten 
betrifft, so gehört der Gegenstand nicht hierher. Wir er- 
wähnen nur, dass sie nicht allein bei Gemälden verwendet 
werden, sondern auch mit grossem Erfolge in der Mikrophoto- 
graphie, bei Land schafts auf nahmen mit vorwiegendem Grün, 
und sogar, wie Masocro nachgewiesen, bei Portratauf nahmen 
Gutes leisten können, da sie bei letzterer Anwendung die 
Aehnlichkeit erhöhen und weniger Retusche erfordern. Dieses 
ist übrigens leicht zu begreifen, wenn man bedenkt, dass die 
Farbenwerte der Gesichtsfarben dadurch besser wiedergegeben 
werden; ausserdem gibt es an der Haut zahlreiche gelbe 
Flecke, welche bei oberflächlicher Beobachtung mit dem 
freien Auge nicht zu sehen sind, welche aber die empfind- 
liche Platte zum Vorschein kommen lässt. 

Die wichtigste Anwendung finden jedoch die orthochro- 
matischen und besonders die panchromatischen Platten in der 
Dreifarbenphotographie. Diese verdankt ihre grossen Fort- 
schritte und ihre stets in Zunahme begriffene Bedeutung den 
in dem orthochromatischen Verfahren gemachten Verbesse- 
rungen. Dieser Gegenstand kann aber sowohl wegen seiner 
hohen Wichtigkeit, als auch wegen der umfangreichen Materie 
in einem Handbuche der photographischen Chemie keine Auf- 
nahme finden. Wir sind eben mit der Ausarbeitung eines 
Handbuches über diesen Gegenstand beschäftigt, in welchem 
wir auch unsere zahlreichen, zur Erreichung einer guten 
Farbenauswahl angestellten Nachforschungen mitteilen werden. 



— 367 — 

XL VI. Kapitel. 

Das Lippmannsche chromophotographische 
Interferenzverfahren. 



Professor G. Lippmann teilte 1891 der Akademie der 
Wissenschaften in Paris sein chromophotographisches Inter- 
ferenzverfahren mit, welches viel Aufsehen erregte und viele, 
leider nicht in Erfüllung gegangene Hoffnungen erweckte. 
Das von Lippmann sinnreich angewandte Prinzip ist wissen- 
schaftlich immerhin von so grosser Bedeutung, dass wir, 
obgleich es, wenigstens vorläufig, unmöglich ist, dasselbe 
praktisch anzuwenden, es für nötig erachten, das Verfahren 
in seinen chemischen GrundzQgen auseinander zu setzen. Das 
Lippmannsche Verfahren ist heute das einzige bekannte 
direkte Farbenphotograp hie -Verfahren. Seine geringe prak- 
tische Bedeutung hat darin ihren Grund, weil es nur möglich 
ist, Bilder auf Glasplatten darzustellen, bei welchen die Farben 
durch Lichtinterferenz -Erscheinungen nur dann entstehen, 
wenn man die Platten in einem gewissen Neigungswinkel zu 
dem Auge und zu dem einfallenden Lichte hält. 

Das bei dem Lippmannschen Verfahren angewandte 
Prinzip ist folgendes. Belichtet man in der photographischen 
Kamera eine Platte, deren empfindliche Schicht mit einer 
reflektierenden Fläche in Berührung gebracht ist, so wirkt 
das Licht infolge einer, zwischen dem direkten und dem 
reflektierten Lichte entstehenden Interferenzerscheinung nicht 
mehr ununterbrochen, sondern schichtweise, und diese, auf 
halben Wellenlängen der verschiedenfarbigen Lichtstrahlen ent- 
sprechenden Abstanden verteilten, unendlich dünnen Schichten 
von reduziertem Silber geben ziemlich genau die Farben 
wieder. Als reflektierende Fläche wird eine vertikale, mit 
Quecksilber gefüllte Cuvette benutzt, deren eine Wand die 
auf diese Weise in inniger Berührung mit der spiegelnden 
Fläche stehende empfindliche Schicht trägt. 

Das erhaltene Bild erscheint in der Durchsicht negativ. 
Die Interferenzfarben werden schliesslich nur durch Schillern 
der in eigentümlicher Weise abgelagerten Silberschichten 
hervorgerufen. Es versteht sich jedoch, dass, wenn auch 
durch das Schillern der Silberschicht das Weiss erzeugt werden 
kann (was in Wirklichkeit nicht leicht ist), das Schwarz da- 



— 368 - 

gegen nur erzeugt werden kann, wenn man das sogen. 
Interferenznegativ mit einem schwarzen Hintergründe versieht. 
Die Lippmannschen Farbenphotographieen werden am besten 
in der Projektion beobachtet, was mittels eines speziellen 
Reflexions-Beleuchtungssystems möglich ist. 

Solche Vorrichtungen und Cuvetten für die chromophoto- 
graphischen Interferenzbilder, zu jedem Apparat passend, 
befinden sich schon fertig im Handel. Dagegen findet man 
nicht im Handel Platten mit ausserordentlich feinkörniger 
Emulsion, von grosser Durchsichtigkeit und guter Empfind- 
lichkeit für samtliche Farben des Spektrums (isochromatisch 
im wahren Sinne des Wortes, wie Professor Bonacini nach- 
gewiesen); solche muss man daher selbst herstellen. 

Im Anfang benutzte Lippmann nur Kollodiumpräparate ; 
erst später gelang es, hauptsächlich durch die Bemühungen 
der Herren Lumiere, für diesen Prozess geeignete Brom- 
silbergelatine -Trocken platten herzustellen. Die Notwendigkeit 
eines äusserst feinen Emulsionskornes ergibt sich aus der 
Natur dieses Verfahrens; da die Farben durch die Bildung 
unendlich dünner Schichten reduzierten Silbers entstehen, so 
versteht sich von selbst, dass diese nicht entstehen können, 
wenn der Durchmesser der Silberteilchen grösser ist als die 
Dicke der erwähnten Schichten und ihre Entfernung vonein- 
ander. Die Durchsichtigkeit der Schicht ist erforderlich, damit 
die Strahlen die Schicht leicht durchdringen und reflektiert 
werden können. Das Herstellungsverfahren und die Ge- 
brauchsanweisung der Bromsilber-Gelatineplatten zu diesem 
Zwecke wurde später von G. Godde vervollkommnet, und 
derselbe erstattete darüber 1902 der Societß francaise de 
Photographie Bericht. Er macht folgende wertvolle Angaben 
darüber : 

Beleuchtung. Die zu diesem Verfahren erforderliche 
Bromsilberemulsion muss eine geringe Empfindlichkeit besitzen; 
man bedient sich daher bei der Herstellung eines sehr hellen 
roten oder eines grünen oder gelben Lichtes; letzteres muss 

durch eine Mattscheibe zerstreut werden. 

Eigenschaften einer zur Farbenwiedergabe ge- 
eigneten Emulsion. Die Emulsion muss transparent, gleich- 
massig und ohne Körnung sein. Diesen Anforderungen ent- 
spricht eine bei höchstens 32 Grad hergestellte Emulsion. 



— 369 — 

Zusammensetzung der Emulsion: 

A) Destilliertes Wasser 90 cem, 

Gelatine (Drescher) 4 g, 

Bromkalium 0,53 g, 

alkoholischeMethylviolettlösungi:5oo 3 ccm. 

B) Destilliertes Wasser 10 ccm, 

Silbernitrat °i750 S- 

Herstellung der Emulsion. Man nimmt zwei gewöhn- 
liche Tinten flaschen und wickelt sie in Tuch, um die Tempe- 
ratur möglichst gleichmässig zu erhalten. Man erwärmt sie 
auf 32 Grad. In eine der beiden Flaschen wird die Bromsalz- 
lösung A gegossen; dann giesst man nach und nach die 
Lösung B unter kräftigem Schütteln hinzu. Nachdem die 
ganze Lösung B hinzugefügt wurde, schüttelt man nach dem 
Zukorken noch zwei Minuten. 

Filtrieren der Emulsion. Man giesst die Emulsion 
auf ein Brewersches Filter unter Beibehaltung der Tempe- 
ratur von 32 Grad. Als Filtrierstoff gebraucht man Glaswolle, 
welche zur Entfernung von Unreinigkeitcn und Glasteilchen 
vorher mit destilliertem Wasser ausgespült wird. Die Emulsion 
wird in die zweite Flasche filtriert. Um Blasen zu vermeiden, 
empfiehlt es sich, einen bis zum Boden der Flasche reichenden 
Trichter zu verwenden, 

Giessen der Emulsion, Die Emulsion wird auf eine, 
wie bei dem Kollodium verfahren geputzte Platte gegossen. 
Man lässt etwas abfliessen und dann auf einer kalten Glas- 
unterlage erstarren, 

Waschen. Wenn die Gelatine erstarrt, aber noch nicht 
trocken ist, werden die Platten einige Sekunden in 95prozen- 
tigen Alkohol gelegt und dann eine halbe Stunde in fliessendem 
Wasser gewaschen. 

Trocknen. Die gut gewaschenen Platten werden auf 
einem Trocken Ständer getrocknet, dann verpackt und an 
trockenem Orte, wo sie sich sechs Monate halten, aufbewahrt. 

Sensibilisierung. Solche Platten könnten ohne weitere 
Sensibilisierung verwendet werden, allein sie würden eine zu 
lange Aufnahmezeit in Anspruch nehmen. Ihre geringe 
Empfindlichkeit kann erhöht werden, indem man sie eine 
Minute lang in folgende Lösung legt: 

.Sarai»», Handbuch der phoiogr. Chemie. 24 



— 37° — 

Destilliertes Wasser 50 ccm, 

alkoholische Erythrosinlösung 1:500 0,25 ccm, 
einprozentige Silbern itratlösung . 20 ccm, 

Ammoniak von 22 Grad .... 0,50 ccm. 
Man lässt darauf die Platten, ohne abzuspülen, trocknen. 
Die so behandelten Platten halten sich höchstens zwei Tage. 
Entwicklung. Die belichtete Platte muss mit einem 
weichen Pinsel abgestaubt werden, hauptsachlich, um darauf 
haftende Quecksilberspuren zu entfernen; darauf wird sie 
schnell in folgendes Bad getaucht: 

A) Wasser 35 ccm, 

Ammoniak von 22 Grad .... 2 „ 
zehnprozentige Bromkaliumlösung . 10 „ 

B) einprozentige wässerige Pyrogallus- 

säurelösung 10 „ 

Zum Gebrauche mischt man A und B zu gleichen Teilen. 
Die Entwicklung muss innerhalb 15 bis 20 Sekunden vollendet 
sein. In keinem Falle darf die Platte Janger als eine Minute 
in diesem Bade verweilen. Nach dem Entwickeln muss sorg- 
fältig gewaschen und dann in folgender Lösung fixiert werden. 

Wasser . 100 ccm, 

Fixiernatron 15 g. 

Bei der sehr dünnen Gelatineschicht ist die Platte in 
2 bis 3 Minuten fixiert. Nach dem Fixieren wird 5 Minuten 
in laufendem Wasser gewaschen. Die Farben erscheinen nach 
dem Trocknen. Sollten die Farben nicht genügend lebhaft 
sein, so kann man sie in der weiter unten erwähnten Weise 
verstärken. Man kann auch einen weniger energischen Ent- 
wickler anwenden, und zwar besonders, wenn man eine Ueber- 
exposition befürchtet. In diesem Falle gibt folgende Vorschrift 
den geeigneten Entwickler: 

Wasser 100 ccm, 

kristallinisches Natriumsulfit 25 g, 

Glycin 5 „ 

Kaliumkarbonat 25 „ 

Von dieser konzentrierten Lösung nimmt man 8 bis 10 ccm 
auf je 100 ccm Wasser. Die darin entwickelte Platte mu*s 
aus dem Bade genommen werden, sobald das Bild vollständig 
erscheint, jedoch sehr schwach ist. 

Verstärkung. Sollten die Farben bei der ersten Ent- 
wicklung noch nicht erscheinen (was nicht ungewöhnlich ist), 
so verstärkt man in folgender Lösung: 



— 37 1 — 

Wasser 100 ccm, 

Quecksilberchlorid 5 g, 

bis das Bild vollkommen gebleicht ist. Darauf wird sorgfaltig 
gewaschen und nochmals im Glycinent wickle r entwickelt, dann 
gewaschen und getrocknet. Wenn die Entwicklung richtig 
ausgeführt wurde, kommt es selten vor, dass nach dieser 
ersten Verstärkung die Farben nicht erscheinen. Man kann 
in solchen Fällen, wenn es notwendig ist, ohne Nachteil noch- 
mals in derselben Weise verstärken. 

Prüfung des Bildes. Bevor man die zweite Verstärkung 
vornimmt, empfiehlt es sich jedoch, das Bild zu prüfen, denn 
man kann sich kein richtiges Urteil über dessen Wert bilden, 
solange es nicht mit einem schwarzen Firnis, welcher in 
optischem Kontakt mit dem Bilde steht, überzogen ist. Natür- 
lich ist nach dem Firnissen an dem Bilde nichts mehr zu 
ändern. Man macht demnach folgende Probe: Auf das hori- 
zontal gehaltene Bild giesst man wenige Kubikcentimeter Benzin 
oder Xylol und bedeckt das Ganze mit einer schwarzen Gelatine- 
folie oder mit schwarzem Papier unter Vermeidung von Luft- 
blasen. Das Bild wird nun unter entsprechendem Gesichts- 
winkel von der Glasseite betrachtet. 

Um den richtigen Gesichtswinkel zu linden, stellt man 
sich in den Hintergrund eines beleuchteten Zimmers und lässt 
das von aussen kommende, von der Platte reflektierte Licht 
in das Auge fallen, was nach einigen Versuchen sehr leicht 
gelingt. Man kann auch auf andere Weise diese Prüfung 
vornehmen, indem man nämlich das Bild mit der Schicht 
nach unten in eine schwarze Hartgummi- oder Pappschale 
legt, in welcher sich eine i cm hohe Benzinschicht befindet. 
Durch Neigen der Schale nach einer Seite bildet das Benzin 
mit dem Bilde ein flüssiges Prisma und lässt die Farben in 
ihrer ganzen Lebhaftigkeit erscheinen. Haben sich bei dieser 
Prüfung die Farben als nicht lebhaft genug erwiesen, so 
schreitet man zu einer zweiten Verstärkung. Im entgegen- 
gesetzten Falle hat man nur noch das Bild auf der Gelatine- 
seite mit einem in 2 bis 3 Stunden trocknenden schwarzen 
Alkoholfimis zu übergiessen. 

Fertig-stellung des Bildes. Das Bild wird nun mit 
Kanadabalsam auf ein entsprechend grosses Prisma mit einem 
Winkel von etwa 10 Grad gekittet. Dieses geschieht, indem 
man das Prisma allmählich auf 70 bis 80 Grad C. erwärmt und 
auf dessen Mitte Kanadabalsam unter Vermeidung von Blasen 



— 372 — 

giesst. Der Ueberschuss an Kanadabalsam wird mittels 
Terpentinöls entfernt. Der höhere Teil des Prismas rauss auf 
der rechten Seite des Bildes liegen, da dieses nicht umgekehrt 
ist. Es empfiehlt sich, das Ganze mit Papier zu umkleben, 
natürlich mit Ausnahme der zu projizierenden Teile. 

Schlussbemerkungen. Bei strenger Befolgung der 
angegebenen Vorschriften und Manipulationen kann der An- 
fänger sicher auf günstige Resultate rechnen. Man wird 
dagegen einwenden, dass es sich nicht lohne, ein solches Bild 
zu machen, da man keine Vervielfältigung von demselben 
machen könne. Hierauf ist zu bemerken: Nur Geduld, vor 
50 Jahren hat man sich mit einem Daguerreotyp zufrieden 
gegeben, heute müssen wir uns mit einer Lippmannschen 
Photographie begnügen. 

Wer zum erstenmal ein farbiges Bild darstellt, ist von 
dem richtigen Erscheinen der einzelnen Farben derart über- 
rascht, dass er mit erneutem Eifer in der Arbeit fortfährt. 
Allerdings hat man es auch mit einer geringen Empfindlich- 
keit der Platten zu tun. Man darf jedoch nicht vergessen, 
welche Aufnahmezeiten noch vor nicht langer Zeit erforderlich 
waren; eine Spektral aufnähme erforderte 1 Stunde zur Auf- 
nahme; heute, mit den von uns angegebenen Vorschriften, 
genügen 30 Sekunden für das Spektrum des elektrischen 
Bogenlichtes von 12 Ampere Stromstärke, für das Sonnen- 
spektrum genügen sogar 10 Sekunden. Bei den für Farben- 
aufnahmen zu wählenden Gegenständen, wie Blumen, Früchten 
u. s. w., ist jede beliebige Aufnahmezeit möglich. Die Auf- 
nahmezeit beträgt hier 20 bis 40 Sekunden bei Anwendung 
einer Objektivöffnung //5,4- Dieses Verfahren steht mithin 
hinsichtlieh der Schnelligkeit dem Kollodium verfahren absolut 
nicht nach. 

Solche Platten können in Anbetracht des unendlich 
feinen Kornes beträchtliche Vergrösserungen ertragen, ohne 
bedeutenden Schärfevcrlust. Wir wünschen nur das eine: 
Dass die Amateure für dieses Verfahren sich interessieren 
möchten; jeder wird zur Entwicklung des von Lippmann so 
geistvoll ersonnenen Werkes sein Scherflein beitragen. Viel- 
leicht werden unsere Konstrukteure von Apparaten und Fabri- 
kanten von Platten uns einige der beschriebenen Manipulationen 
ersparen. 



XLVD. Kapitel. 

Die Photographie mittels Röntgen- 
strahlen. Photographische Wirkung der 
BecquerelstrahTen und des Radiums. 



Wenn auch die klassische Entdeckung Röntgens hin- 
sichtlich der Photographie des Unsichtbaren erst seit 1896 
datiert, so werden auf diesem Gebiete so viele und so mannig- 
fache Studien und Untersuchungen gemacht, dass deren genaue 
Beschreibung für sich allein einen ganzen Band erfordern 
würde. Wie bekannt, erzeugen die durch einen starken In- 
duktionsstrom erregten Crookesschen Röhren ein Licht, 
welches nicht allein sichtbare grünliche, sondern auch unsicht- 
bare Strahlen (X-Strahlen genannt) enthält. Diese Strahlen 
durchdringen die gewöhnlich als undurchsichtig bezeichneten 
Körper, wie Papier, Holz, Gewebe, Haut, Muskeln u. s. w. 
Die Metalle sind für solche Strahlen mehr oder weniger un- 
durchdringlich und auch gewöhnliches Glas ist wenig durch- 
lassend. Die Muskeln und die Haut lassen diese Strahlen 
durch, während die Knochen relativ undurchdringlich sind; 
aus diesem Grunde lässt sich eben das Skelett lebender Wesen 
photographieren. 

Zur Erzeugung des Stromes bedient man sich energisch 
wirkender Batterieen, wie der Bunsenschen und der 
Grenetschen Batterieen {mit Bichromat). Von diesen nimmt 
man eine Anzahl, welche nötig ist, um die Ruhmkorffsche 
Spule in Tätigkeit zu setzen. Die Ruhmkorffsche Spule 
muss Funken von mindestens 10 cm Länge geben; mit einer 
schwächeren Kraft ist man nicht sicher, eine gute und kon- 
stante Erregung der C r o o k e s sehen Röhren zu erzielen. 
Ausser den Batterieen, der Spule mit dazu gehörigem Unter- 
brecher, ist auch ein Rheostat für die Regelung des in die 
Röhre zu leitenden Stromes nötig. Nach Parzer-Mühlbacher 
erhält man die besten Radiographieen mit elektrostatischen 
Maschinen, System Wilmshurst, für diese Zwecke besonders 
konstruiert von Alfred Wehrsen, Berlin SO., Schlesische 
Strasse 31. 

Die Crookesschen Röhren wurden seit der Entdeckung 
Röntgens wesentlich verbessert und lassen eine vollkommenere 
Ausnutzung der X-Strahlen zu. Bei den heute im Gebrauch 



— 374 — 

befindlichen Röhren ist ein birnen artiges, aus dönnerem, für 
die X-Strahlen sehr durchsichtigem, geblasenem Glase be- 
stehendes Fl äschchen vorhanden. In der luftleeren Röhre 
befinden sich die zwei Elektroden an den Wänden befestigt: 
die Anode oder positive Elektrode und die Kathode oder 
negative Elektrode. Die Kathode besteht aus einem, im 
Inneren in ein gebogenes Aluminiumscheibchen endigenden 
Platindraht. Die Anode endigt nach innen in ein Platin- 
scheibchen, welches Gegenkathode oder Fokus genannt wird; 
dieser Fokus war bei den alten Crookesschen Röhren nicht 
vorhanden; die heutigen Röhren werden auch Fokusröhren 
genannt. Von solchen Fokusröhren wurden zahlreiche Formen 
erdacht, um eine möglichst vollkommene Ausnutzung der 
elektrischen Energie zu erreichen. Die an den Röhren vor- 
genommenen Verbesserungen und die Erhöhung der Spulen- 
kraft ermöglichten eine wesentliche Verminderung der Auf- 
nahmezeit bei X- Strahlcnaufnahmen. Im Anfang erforderte 
die Aufnahme des Handskeletts einige Minuten, während heute 
nur wenige Sekunden ausreichend sind. 

Die mit X-Strahlen erhaltenen Photographieen sind keine 
Bilder positiver Gegenstände, sondern Photographieen von 
Schatten. Legen wir z. B. in der Dunkelkammer eine offene 
Hand auf eine empfindliche Platte und belichten dieselbe dann 
kurz mit irgend einer gewöhnlichen Lichtquelle, so bekommen 
wir bei der Entwicklung ein negatives Bild, aber nicht der 
Hand selbst, sondern der Umrisse derselben. Aehnliches 
geschieht bei den Aufnahmen mittels X-Strahlen, nur erhält 
man, weil die Muskeln von diesen Strahlen durchleuchtet 
werden, ein Schattenbild der Knochen allein. Die Hand 
braucht in diesem Falle nicht auf die Platte gelegt zu werden, 
sondern man braucht sie nur auf den Schieber der Holz- 
kassette zu legen, da das Holz, wie bereits erwähnt, für die 
X-Strahlen durchsichtig ist; auch kann man die Hand auf das 
schwarze Papier legen, in welchem die Platte eingewickelt ist, 
um denselben Effekt zu erreichen. 

Die zu verwendenden Platten müssen hochempfindlich 
sein; da jedoch im allgemeinen grosse Formate erforderlich 
sind, so zieht man vielfach Brom Silberpapier vor, welches 
mittels einer Glasscheibe flach gelegt wird. Solches, für die 
Radiographic besonders geeignetes Papier findet man auch im 
Handel. Das Papier bietet unter anderem den Vorteil, das? 
es die direkte Betrachtung der Bilder erleichtert, während die 



— 375 — 

Bilder auf Platten erst auf Papier kopiert werden müssen, 
wodurch eine Umkehrung der Schatten und der Lichter statt- 
findet. Auf jeden Fall ist es gut, wie Professor Bonacini und 
Malagoli zuerst angegeben haben, hinter die in der Kassette 
sich befindende Platte eine Bleiplatte zu legen; dieses hat 
den Zweck, die Rückseite der Platte während der Aufnahme 
gegen die Einwirkung der X-Strahlen, welche Schleier hervor- 
rufen würde, zu schützen, da das Blei für die X-Strahlen 
undurchdringbar ist. Die Entwicklung der Platten und der 
Papiere geschieht in der üblichen Weise; der Hydrochinon- 
entwickler dürfte dabei vielleicht den Vorzug verdienen. Die 
Negative bedürfen fast immer einer Verstärkung. Die X-Strahlen 
verhalten sich bei der Bilderzeugung wie das gewöhnliche 
Licht. 

Wir teilen jedoch nicht die von vielen geäusserte Ansicht, 
dass die Röntgenstrahlen bei der Erzeugung des latenten Bildes 
nur eine anfängliche Wirkung ausüben und nicht absorbiert 
oder in chemische Arbeit umgewandelt werden. Wie wir 
bereits an anderer Stelle erwähnten, muss die Entstehung des 
latenten Bildes als eine endothermische Erscheinung angesehen 
werden und kann daher keine Energie eine solche hervor- 
rufen, ohne eine teilweise Absorption zu erfahren. Nun wird 
man sich fragen: Wie erklärt man sich die Tatsache, dass 
bei zwei aufeinander gelegten Broinsilber-Gelatineplattcn das 
Tageslicht nur auf die obere, nicht aber, oder sehr wenig, auf 
die darunter liegende wirkt, während die Röntgenstrahlen 
auf eine grosse Anzahl aufeinander gelegter, empfindlicher 
Schichten die gleiche Wirkung wie auf die erste hervor- 
zurufen vermögen? 

Die Antwort ist nicht schwer. Man berücksichtige nur, 
dass die empfindliche Schicht der Bromsilber- Gelatineplatten 
für das Tageslicht undurchdringlich, für die Röntgenstrahlen 
dagegen fast vollkommen durchsichtig ist. Diese X-Strahlen, 
für welche die meisten Körper transparent sind, können nur 
in minimalem Grade von der Bromsilber- Gelatineschicht auf- 
gehalten werden, so dass bei mehreren übereinander gelegten 
empfindlichen Schichten die Wirkung auf die erste, wie auf 
alle anderen zwar eine geringe, jedoch eine fast gleiche ist; 
natürlich kann man dabei nicht ins Unendliche gehen. 

Wie bei der gewöhnlichen Photographie der Zusatz von 
Farbstoffen, welche die Fähigkeit besitzen, diejenigen Strahlen 
zu absorbieren, die von der empfindlichen Schicht nicht oder 



- 37« - 

nur in geringerem Grade absorbiert werden, eine Erhöhung 
der Empfindlichkeit der Schicht für solche Strahlen mit sich 
bringt, so ist es wahrscheinlich nicht unmöglich, dass auch 
für die Röntgenstrahlen eine Substanz zu finden sein wird, 
welche, vermöge einer grösseren Undurch sichtigkeit als die 
Bromsilberemulsion mit dieser innig vermischt, deren Empfind- 
lichkeit zu erhöhen im stände sein wird. So lange wir aber 
keine solche, für die X-Strahlen undurch dringbare Substanz 
besitzen, vermöge welcher die Aufnahmezeit bedeutend redu- 
ziert werden kann, wird es sehr gut sein, sich fluorescierender 
Flächen zu bedienen, welche, in Berührung mit der empfind- 
lichen Schicht gebracht, als Verstärker dienen. Die X-Strahlen 
haben bekanntlich ausser der photographischen auch eine 
sichtbare Wirkung, indem sie einigen Körpern, worunter in 
erster Linie das Baryumplatincyanur (Ba Pt Cy t -\- 4 //j O), 
fluorescierende Kraft verleihen. Wenn man eine Mischung 
dieser Substanz mit Gummi (oder besser, eine Auflösung der- 
selben in einer Mischung von Kollodium und Amylacetat) auf 
einen weissen Karton giesst, so erhalt man eine Fläche, welche 
die Eigenschaft besitzt, fluorescierend zu werden, wenn die- 
selbe der Ausstrahlung einer Crookesschen Röhre ausgesetzt 
wird, auch dann, wenn zwischen diese Röhre und die Fläche 
Körper gebracht werden, welche zwar für gewöhnliches Licht 
undurchdringbar, aber für X-Strahlen transparent sind. Auf 
diesen leuchtenden Schirm kann man somit die Schattenbilder 
der für die X-Strahlen undurchsichtigen Körper, wie auf die 
photographische Platte projizieren. So kann man z. B. das 
Skelett einer Hand oder den ganzen Körper einer vor dein 
Schirm aufgestellten Person mit freiem Auge wahrnehmen. 
Ausser dem Baryumplatincyanur, welches sehr teuer ist, ver- 
wendet man auch andere, billigere Substanzen, wie z. B. das 
von Edison vorgeschlagene wolframsaure Calcium und das 
von Dr. Melkebeke empfohlene Doppelsalz von Fluoruran 
und Fluorammonium zur Herstellung leuchtender Flächen. 
Zur Bestimmung der mit den verschiedenen Flächen erreich- 
baren Verstärkung des Bildes wurden Versuche mit gewöhn- 
lichen und orthochromatischen Platten angestellt. Dabei ver- 
wendete man das Platincyanür der Firma Kahlbaum in 
Berlin und das wolframsaure Calcium sowohl von der All- 
gemeinen Elektricitäts- Gesellschaft (dasselbe besitzt ein ziemlich 
starkes Korn), als auch von der Firma Kahlbaum, welch 
letzteres nicht allein grössere Leuchtkraft besitzt, sondern auch 



— 377 — 

fast kornfrei ist, was für die Definition des Bildes von der 
gross ten Wichtigkeit ist. 

Um die verstärkende Wirkung dieser Salze genau zu 
bestimmen, Aberzog man damit geeignetes Papier; auch das 
Doppelsalz von Fluorammonium und Fluoruran kam zur Ver- 
wendung. Aus den so hergestellten Papieren wurden Streifen 
ausgeschnitten, welche auf einen Karton 13X18 derart aul- 
geklebt wurden, dass auch ein freier Raum zur Ermittlung 
der X- Strahlenwirkung allein frei blieb. Diesen freien Karton- 
streifen bezeichnen wir mit Nr. 1, den Fluorammonium-, Fluor- 
uranstreifen mit Nr. 2, den wolframsauren Calci um streifen der 
Allgemeinen Elektricitäts -Gesellschaft mit Nr. 3, den von Kahl- 
baum mit Nr. 4, und schliesslich den mit Kahlbaums Platin- 
cyanür hergestellten Streifen mit Nr. 5. Um die Wirkung dieser 
Salze auf gewöhnliche und auf orthochromatische Platten zu 
ermitteln, wurde eine Platte 13X18 in zwei Teile geteilt, wovon 
die eine mit Erythro sinsilber für Gelb und Grün sensibilisiert 
wurde. Diese beiden Plattenhälften wurden nun mit dem 
oben erwähnten Karton in Berührung gebracht, in doppeltes 
schwarzes Papier eingewickelt und der Wirkung der X- Strahlen 
so ausgesetzt, dass dieselben vor Erreichung der Platte den 
Karton passieren mussten Es kam eine Spule von 10 cm 
Funkenlänge mit drehbarem Quecksilberunterbrecher zur An- 
wendung und die Crookessche Röhre wurde auf 25 cm 
Abstand von der Platte aufgestellt. 

Nach der Entwicklung kamen deutliche Unterschiede zum 
Vorschein und konnte die mit den verschiedenen leuchtenden 
Flächen erzielte Intensität des Silberniederschlages mit ziem- 
licher Genauigkeit ermittelt werden. Aus der nachstehenden 
Tabelle sind die Resultate ersichtlich. Die Nummern 1 bis 5 
beziehen sich auf gewöhnliche, die Zahlen 6 bis 10 auf ortho- 
chromatische Platten: 





. »- l 


_«■■■ _ 


Fluorammonium, Fluoruran 

wolframsaures Calcium (A. E.-G.) . . . 

„ (Kahlbaum) . . 

Baryiimplaüncyanür (Kahlbaum) . . . 


* '4 

3 1 3,° 

4 1 4.3 

5 ] .,5 


6 

l 
9 
10 


1.5 

».5 

14,0 



Aus dieser Tabelle ergeben sich die folgenden, für die 
Praxis hochwichtigen Schlussfolgerungen; 



- 378 - 

i. Die orthochromatischen Platten sind sowohl mit, als auch 
ohne leuchtende Fläche bedeutend empfindlicher. Es können 
jedoch nur die Erythrosinsilberplatten Verwendung finden; 
wie es scheint, dürfte daher die Empfindlichkeitserhöhung 
dem Leuchtvermögen des Erythrosins zuzuschreiben sein. 

2. Das Fluorammonium-Fluoruran reduziert die Wirkung 
der Strahlen auf die Hälfte bei gewöhnlichen und auf zwei 
Drittel bei orthochromatischen Platten, weshalb dessen Ver- 
wendung unzweckmässig erscheint. 

3. Durch das wolframsaure Calcium von der Allgemeinen 
Elektricitäts- Gesellschaft und von Kahlbaum wird die 
Wirkung der Strahlen um das Vierfache erhöht; aber auch 
bei ortli och romatischen Platten wird dieselbe ganz bedeutend 
vermehrt. 

4. Das Baryumplatincyanür führt zu sehr interessanten 
Resultaten. Bei den, wie bekannt, für Gelb und Grün fast 
unempfindlichen gewöhnlichen Platten beobachtet man keine 
verstärkende Wirkung. Daraus würde sich also ergeben, dass 
die leuchtende Fläche die X-Strahlen grösstenteils in gelb- 
grünes, fluorescierendes Licht verwandelt. Bei den ortho- 
chromatischen Platten ist dagegen die Wirkung am stärksten. 
Es ergibt sich daraus, dass die Verwendung von orthochro- 
matischen Platten mit Platincyanürlcuclitfiäche bei den Unter- 
suchungen mit X-Strahlen am empfehlenswertesten ist. 

Was das Korn des Bildes anbelangt, so ist dasselbe bei 
sämtlichen Leuchtflächen, mit Ausnahme des wolframsauren 
Calciums von Kahlbaum, das gleiche; mit dem letzteren 
(Nr. 4 und 9) macht sich nur das Korn der Platte bemerkbar, 
aber kein anderes. Im ganzen kann man also sagen, dass 
bei Verwendung der Platincyanürleuchtfläche und orthochro- 
matischen gelb- und grünempfindlichen Platten die besten 
Resultate zu erzielen sind. Das neue Kahlbaumsche wolfram- 
saure Salz ist der beste und billigste Ersatz für Platincyanür 
und bietet noch den Vorteil, dass es auch mit gewöhnlichen 
Platten verwendet werden kann und kein Korn gibt. 

Eine sehr wichtige, bei radiographischen Aufnahmen zu 
beobachtende Vorsicht ist die Trockenheit des Arbeitsraumes. 
Es wurde nachgewiesen, dass eine der häufigsten Ursachen 
von Schleierbildung in radiographi sehen Negativen in der 
Luftfeuchtigkeit zu suchen ist, weil, wie Herr Schmid bewiesen 
hat, in einem feuchten Räume eine grössere Zerstreuung der 
Strahlen erfolgt (Revue Suisse de Phot." 1902, S. 543)- In 



der Tat sind an schönen sonnigen Tagen leichter gute, radio- 
graphische Aufnahmen zu erhalten als an Regentagen. 

Aehnlich den Röntgenstrahlen sind unter gewissen Ge- 
sichtspunkten die sogen. Be cquere Istrah len, von ihrem Erfinder 
so genannt. Solche Ausstrahlungen beobachtet man bei 
manchen Körpern, hauptsächlich aber bei dem Element Radium, 
welches vor einigen Jahren von Curie entdeckt und aus 
einem Uranmineral gewonnen wurde. Die Ausstrahlungen 
des Radiums sind für das Auge unsichtbar und besitzen die 
Eigenschaft, verschiedene undurchsichtige Körper zu durch- 
dringen; sie durchdringen sogar viele, für die X-Strahlen 
undurcbdringbare Körper, wie Blei, wenn die Wirkungsdauer 
eine genügende ist. Die Ausstrahlungen des Radiums sind 
nicht durch irgend eine Energie hervorgerufen, sondern als 
eine dem Radium selbst anhaftende Eigenschaft zu betrachten. 
Das merkwürdigste, ein Geheimnis bildende, ist die Un- 
erschöpflichkeit dieser Ausstrahlungen. 

Dieses Verhalten des Radiums stellt die einzige, mit der 
Theorie der Erhaltung der Energie in Widerspruch stehende 
Tatsache dar, weil die durch Radium übertragene Energie (dass 
es sich um Energie handelt, beweisen die chemischen und 
auch die endoth er mischen Erscheinungen, welche es hervor- 
zurufen im stände ist) nicht als Umwandlung irgend einer 
anderen Energie zu betrachten ist. Es wird vielfach auch 
angenommen, dass es sich nicht um Energie-, sondern um 
Substanzausstrahlung handelt; auf jeden Fall sind die Verluste 
nur minimal, da selbst nach vielen Jahren kein Gewichts- 
verlust zu beobachten ist; ein Gewichtsverlust würde demnach 
vielleicht erst nach Jahrhunderten zu beobachten sein, was 
jedoch in keinem Zusammenhang mit der beträchtlichen 
Wirkung des Radiums steht. 

In Anbetracht der konstanten Wirkung des Radiums und 
seiner Eigenschaft, lichtempfindliche photographische Platten 
mit Leichtigkeit zu beeinflussen, schlug Professor L. Vidal 
dasselbe als Normal- Lichtquelle bei der Sensitometrie vor. 
Analog dem Radium verhält sich jedoch in geringerem Grade 
das ebenfalls von Curie entdeckte neue Element Polonium, 
sowie das Thorium und, jedoch in bedeutend schwächerem 
Grade, auch das Uran. 

Becqucrel entdeckte die bei Uranverbindungen auf- 
tretende, mit Radioaktivität bezeichnete Erscheinung. Das 



— $Öo — 

Radium befindet sich sowohl als solches, wie auch als Bromid 
im Handel; vorlaufig ist jedoch dessen Preis sehr hoch. 
Neuere Untersuchungen haben ergeben, dass die Radium- 
ausstrahlungen sich aus drei Strahlenarten zusammensetzen: 
Alpha, Beta, Gamma. Diese Trennung wird durch einen 
Magneten bewirkt, durch welchen die Betastrahlen am meisten, 
die Gammastrahlen gar nicht abgelenkt werden. 

Die Alphastrahlen besitzen eine geringe, durchdringende 
Kraft; sie werden von einer äusserst dünnen Aluminium platte 
aufgehalten. Die Betastrahlen durchdringen eine Bleiplatte 
von i mm Dicke und die Gammastrahlen sogar eine solche 
von 5 bis 6 cm. Das Radium überträgt seine radioaktiven 
Eigenschaften auf alle in seiner Umgebung sich befindenden 
Körper. Nach Curie würde man annehmen müssen, dass es 
sich um ein aus Radiumdämpfen bestehendes, äusserst dünnes 
Gas handelt. Diese Dämpfe durchdringen nicht das Glas, 
wie die Alpha-, Beta- und Gammastrahlen und können daher 
in einer beliebigen Flasche aufbewahrt und auch angesammelt 
werden. Eben diese Dämpfe regen die Phosphoreszenz 
gewisser Substanzen {Schwefel zink) an und verleihen gewissen 
anderen Körpern die Radioaktivität. Auf die photographischen 
Platten üben die Radiumstrahlen schnell einen Eindruck aus. 
Mit dem Radium kann man daher wie mit den X-Strahlen 
radiographische Aufnahmen machen, welche sich jedoch wegen 
des geringen Leuchtzentrums auf kleinere Gegenstände be- 
schränken. 



XLVID. Kapitel. 

Photochemische und thermophotochem ische 
Betrachtungen 1 ). 



Als Anhang zu diesem Handbuche der photographischen 
Chemie haben wir unsere photochemischen und thermophoto- 
chemischen Betrachtungen aufgenommen, wobei wir den Zweck 
verfolgen, den Zusammenhang zwischen den, durch Licht- 

„Gazzetta Chimica Italiana" 1806; „Phot. Korresp." 1897: Auf- 
satz, prämiiert von der Photographischen Gesellschaft in Wien. 



- 38i - 

ein Wirkung hervorgerufenen chemischen Erscheinungen und 
den dabei obwaltenden thermochemischen Verhältnissen fest- 
zustellen. Aus der Original arbeit entnehmen wir nur einige, 
im Kapitel über das latente Bild entwickelte photochemische 
Betrachtungen. Diese Betrachtungen beziehen sich auf sämt- 
liche, in der Photographie verwendeten lichtempfindlichen 
Substanzen, und haben demnach, wie sich ein jeder Oberzeugen 
dann, nicht allein in theoretischer Hinsicht, sondern auch in 
praktischer Beziehung einen grossen Wert bei der Herstellung 
von lichtempfindlichen Mischungen. Wir bringen in Erinnerung, 
dass man die unter Wärme -Entwicklung vor sich gehenden 
Reaktionen exothermisch , diejenigen , bei welchen Wärme 
absorbiert wird, endothermisch nennt. 

In dieser Arbeit haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, 
die hauptsächlichsten Lichterscheinungen, auf welche das 
wunderbare Werk der Photographie aufgebaut ist, ganz be- 
sonders vom thermochemischen Standpunkte in wissenschaft- 
lichem Sinne zu studieren. Bisher hat man dem Zusammen- 
hange zwischen den durch Lichteinwirkung hervorgerufenen 
Erscheinungen und der dabei frei werdenden oder absorbierten 
Wärmemenge nur ein geringes Augenmerk zugewendet. 

Es gibt allerdings Körper, deren Zersetzung eine relativ 
grosse Energie erfordert, welche aber dessenungeachtet be- 
deutend lichtempfindlicher sind, als andere Körper, deren 
Zersetzung weniger endothermisch oder exothermisch ist. Es 
steht jedoch fest, dass, wenn bei einem gegebenen empfind- 
lichen Körper (d. h. einem solchen, der die Fähigkeit besitzt, 
die Lichtenergie in chemische Energie umzuwandeln) die ein- 
fache Zersetzung in Reaktion umgewandelt wird und letztere 
eine geringere Energicsummc in Anspruch nimmt, als erstere, 
die Lichtwirkung um so stärker auftritt, je geringer die bei 
der Reaktion erforderte Wärmemenge ist. Man hat sogar 
behauptet, dass das Licht überhaupt nicht fähig sei, endo- 
thermische Erscheinungen hervorzurufen, sondern nur exo- 
thermische, bei welchen es nur die Reaktion anregt, ohne 
irgend welche Arbeit zu leisten. 

Eine eingehendere Untersuchung der hauptsächlichsten, 
vom Lichte hervorgerufenen Erscheinungen, sei es in der 
Natur (Zersetzung der Kohlensäure in den grünen Chlorophyll- 
tcilen der Pflanzen), sei es auf dem Gebiete der Photographie, 
schliesst unseres Erachtens diese Annahme gänzlich aus; wir 
wiederholen aber, dass die Veränderung der thermochemischen 



— 3 8a — 

Bedingungen von grossem Einfluss auf die Empfindlichkeit eine* 
und desselben lichtempfindlichen Körpers ist. Solche Sub- 
stanzen, welche die Zersetzung der lichtempfindlichen Körper 
durch das Licht erleichtern, nennt man in der photographischen 
Sprache chemische Sensibilisatoren. Es wurde schon früher 
erwähnt, dass die Hauptwirkung der chemischen Sensibilisatoren 
in der Umwandlung einer endo thermischen Zersetzung in 
exoth er mische oder weniger endothermische Reaktion besteht. 
Wollte man auch annehmen, dass das Licht endo- 
thermische Erscheinungen hervorzurufen vermag, so steht 
doch ausser Frage, dass diese, aus einfachen Zersetzungen 
bestehenden endothermischen Erscheinungen nur in geringem 
Grade durch das Licht hervorgerufen werden können. Dieses 
ist hauptsächlich dem Umstände zuzuschreiben, dass das 
physikalische Agens Licht im Gegensatze zu den beiden 
anderen Agenden Warme und Elektrizität die Körper wohl 
zersetzen kann, aber nicht die Eigenschaft besitzt, die Zer- 
setzungsprodukte auszuscheiden oder vollkommen zu trennen, 
wie es die beiden anderen tun, so dass, wenn das eine oder 
das andere Zersetzungsprodukt nicht an und für sich die 
Eigenschaft besitzt, leicht ausgeschieden zu werden , • was in 
Wirklichkeit selten zutrifft, so sind diese Zersetzungsprodukte 
in Gegenwart eines der beiden anderen bestrebt, die um- 
gekehrte Reaktion exothermisch hervorzurufen, d. h. sich 
wieder zu verbinden. Man kann also behaupten, dass eine 
einfache endothermische Zersetzung durch das Licht im all- 
gemeinen nur begonnen werden kann. Nehmen wir z. B. 
absolut reines Chlorsilber, einen der empfindlichsten Körper, 
und setzen wir es nach dem Schmelzen bei Abwesenheit jeder 
Substanz, die einen Einfluss auf dasselbe ausüben könnte (also 
auch Wasserdämpfe), dem Lichte aus, so lässt es keine sicht- 
bare Veränderung erkennen. Dies geschieht, weil das bei 
der ersten Zersetzung frei werdende Chlor sofort von der 
Chlorsilbermasse absorbiert wird und eine entgegengesetzte 
Wirkung ausübt, so dass bald ein durch das Licht nicht zer- 
störbarer Gleichgewichtszustand eintritt. Ist aber Wasserdampf 
gegenwärtig, so verbindet sich das Chlor mit Wasser, was 
durch das Licht ganz bedeutend unterstützt wird, zu Salzsäure 
und auf diese Weise wird die entgegengesetzte Reaktion ver- 
hindert. Die Reaktion zwischen Chlorsilber und Wasser am 
Lichte kann durch die Gleichung veranschaulicht werden: 
2 Ag Ct + H t O -= Ag t -\- 2 HCl + O. 



— 383 — 

In der Tat wird aber kein Silber frei, weil das bei der 
Zersetzung entstehende Silber sich mit dem noch unzersetzten 
Chlorsilber zu Silbersubchlorid (Ag^Cl) verbindet. Letzteres 
ist ziemlich lichtbeständig, und genügt für dessen Zersetzung 
am Lichte nicht mehr Wasserdampf allein, sondern es erfordert 
vielmehr die Gegenwart chemischer Sensibilisatoren. Das 
Silbersubchlorid ist eine violette Verbindung; dass eine solche 
auch wirklich besteht, geht aus der Tatsache hervor, dass bei 
Behandlung des vom Lichte zersetzten Chlorsilbers mit Salpeter- 
säure kein Silberteilchen aufgelöst wird. Bei Bromsilber hat 
man eine analoge Reaktion: 

2 AgBr + // 8 = /jf,-|-2 HBr + O. 

Betrachtet man die angegebenen Reaktionen vom thermo- 
chemischen Gesichtspunkte, so ergibt sich, dass zur Voll- 
ziehung der ersten Reaktion 48,7, bei der zweiten aber 
51,4 Wärme -Einheiten erforderlich sind. Wenn man noch 
berücksichtigt, dass der frei werdende Sauerstoff im Ent- 
stehungsstadium mit den in der Luft schwebenden, oder dem 
Silbersalze beigemengten organischen Stoffen Verbindungen 
eingehen kann (da das Oxydarionsbestreben der organischen 
Stoffe durch das Licht erhöht wird), wobei eine gewisse 
Wärmemenge entwickelt wird, so ergibt sich, dass die zur 
Vollziehung der Reaktion erforderliche Energie noch weiter 
herabgemindert wird und infolgedessen bedeutend geringer 
ist, als die bei der Zersetzung von Chlor- und Bromsilber 
erforderliche Energie. 

Der Wasserdampf erleichtert demnach in doppelter Hin- 
sicht die Zersetzung: Erstens verhindert derselbe die Wirkung 
des Halogens, welches bei der Zersetzung entsteht und ver- 
hindert somit, dass die Zersetzung auf das Anfangsstadiuni 
beschränkt werde; zweitens verwandelt er die Zersetzung in 
eine Reaktion, welche eine geringere chemische Arbeit 
erfordert, infolgedessen auch die dazu erforderliche Licht- 
energic geringer und die Zersetzung erleichtert wird. An- 
genommen, dass die Silberhaloldsalzc (Chlorid, Bromid, Jodid) 
in gleichem Grade die Fähigkeit besitzen, die Lichtenergie in 
chemische Energie zu verwandeln, so erscheint es uns sehr 
wichtig , zu ermitteln , welchem Umstände ihre verschiedene 
Zersetzbarkeit am Lichte zuzuschreiben ist. 

Wir haben weiter oben gesehen, dass zur Erzeugung der 
Reaktion zwischen Bromsilber und Wasserdampf eine etwas 
grössere Energiemenge erforderlich ist, als bei dem Chlorsilber. 



- 384 - 

Der Unterschied (3,6 Wärme -Einheiten) ist jedoch so gering, 
dass derselbe kaum in Betracht kommen kann. Man kann 
dagegen annehmen, dass die geringere Zersetzbarkeit des 
Bromsilbers, der leichteren Zersetzbarkeit der Brom Wasserstoff - 
säure durch Licht gegenüber derjenigen der Salzsäure zuzu- 
schreiben ist, weil, wenn die Bromwasserstoff säure zur Zer- 
setzung neigt, das Bromsilber zur Wiederherstellung bestrebt 
ist; daraus ergibt sich die schwierigere und beschränkte Zer- 
setzung des Bromsilbers. 

Die Zersetzbarkeit des Jodsilbers am Lichte in Gegen- 
wart von Wasserdampf ist noch viel geringer als bei Chlor- 
und Bromsilber. Auch in diesem Falle ist die viel geringere 
Lichtempfindlichkeit der grösseren Zersetzbarkeit der bei der 
Reaktion entstehenden Jod Wasserstoff säure und nicht etwa der 
bei der Zersetzung erforderlichen grösseren Energiemenge zuzu- 
schreiben, weil auch hier der Unterschied ein viel zu geringer ist. 

Es ist übrigens bekannt, dass selbst die wässerige Jod- 
wasserstoff säure allein durch Licht unter Freiwerden von Jod 
zersetzt wird, und dass sämtliche Jodide und Jod Verbindungen 
im allgemeinen mehr oder weniger dem Lichteinflusse unter- 
liegen. Aus diesem Grunde üben Wasserdampf und andere 
Körper, welche die Fähigkeit haben, Jod in Jodid oder in 
andere Verbindungen umzuwandeln , keine bemerkenswerte 
sensibilisierende Wirkung auf Jodsilber aus. 

Chlorsilber, Bromsilber und Jodsilber finden in der Photo- 
graphie eine ausgedehnte technische Verwendung; aber man 
kann sagen, dass bei jedem derselben die, gegenüber den 
beiden anderen, im höchsten Grade vorhandenen Eigenschaften 
ausgenutzt werden. So besitzt das Chlorsilber im höchsten 
Grade die Eigenschaft, sich am Lichte zu zersetzen; die Zer- 
setzung kann bis zur Erlangung deutlicher Bilder fortgesetzt 
werden, weshalb das Chlorsilber bei der Herstellung direkter 
Drucke Verwendung findet. In der Praxis wird jedoch nicht 
das Chlorsilber allein zu diesem Zwecke verwendet, sondern 
es werden andere, als chemische Sensibüisatoren wirkende 
Substanzen zugesetzt, welche durch ihr Bestreben, sich mit 
Chlor zu verbinden, mit Leichtigkeit das bei der Zersetzung 
entstehende Chlor aufnehmen und dadurch die Zersetzung 
selbst unterstützen. Diese Sensibüisatoren verhindern ferner, 
dass die Zersetzung sofort nach Entstehung von Subchlorid 
aufgehalten werde und es kann dieselbe somit zur Erreichung 
einer viel grösseren Intensität des Bildes fortgesetzt werden. 



- 385 - 

Man kann sich zu diesem Zwecke verschiedener Sub- 
stanzen, wie Ammoniak, salpetrigsauren Kali, Silbcmilrat und 
gewisser organischer Silbersalze, besonders der citronen-, wein-, 
milchsauren und anderer Silberverbindungen, besonders des 
Silberalbuminats bedienen. Betrachten wir nun die zwischen 
dem, unter dem LichteinHusse aus Chlorsilber frei werdenden 
Chlor und den 'chemischen Sensibilisatorcn vor sich gehende 
Reaktion. 

Bei Ammoniak und salpetrigsaurem Kali finden wahr- 
scheinlich folgende Reaktionen statt: 

3 C/-f-// 8 A'=3//C/+A' 
C/j + KN0 2 + H t O=-*ffCi + KNO s . 

Bei diesen beiden Reaktionen übersteigt die entwickelte 
Wärme die durch die Zersetzung des Chlorsilbers absorbierte, 
so dass die Wirkung des Lichtes in Gegenwart solcher Sensi- 
bilisatoren nur eine exothermische ist und infolgedessen nur 
als Anreger zu betrachten ist. Man muss jedoch die Falle 
unterscheiden, ob das Licht als Anreger in einer esother- 
mischen Verbindung oder ob es in einer Reaktion zur Wirkung 
kommt, die wohl exothermiseh ist, aber durch das Zusammen- 
treffen von endothermischen Zersetzungen und von exother- 
mischen Verbindungen zu stände kommt. Im ersten Falle 
(welcher sich beispielsweise bei der Verbindung von Chlor 
mit Wasserstoff ereignet) kann man annehmen, dass das Licht 
im wahren Sinne des Wortes als Anreger wirkt. 

Wo es sich dagegen um eine Reaktion handelt und diese 
der endothermischen Zersetzung des empfindlichen Korpers 
untergeordnet ist, muss man annehmen, dass eine gewisse 
Menge von Lichtenergie absorbiert und in chemische Knergie 
verwandelt werde, und dass erst in der Folge das Licht nur 
als Anreger wirke, da die zur Fortsetzung der begonnenen 
Reaktion erforderliche Energie durch die Wirkung der Zer- 
setzungsprodukte auf den gegenwärtigen chemischen Sensi- 
bilisator entwickelt wird. Versuchen wir nun die Wirkungs- 
weise der chemischen, aus Silberverbindungen bestehenden 
SensibiIisatore.il zu erklären, da diese in der Praxis wegen 
der grösseren Intensität der mit ihnen hergestellten Bilder 
am meisten gebraucht werden. 

Hinsichtlich des Silbernitrates pflegt man in den chemisch- 
photographischen Abhandlungen zu sagen, dass seine sensi- 
bilisierende Wirkung dadurch entsteht, dass es durch Chlor- 
auf nahine das Chlorsilbcr wieder herstellt, welches dann 

Xamisa, Handbuch der photogr. Chemie, 25 



- 3 86 — 

zersetzt werde. Diese Erklärung scheint nicht richtig zu sein; 
die Erscheinung ist viel komplizierter als es scheint, wobei 
die Wasserdämpfe und die organischen Stoffe eine bedeutende 
Rolle spielen. Die Wasserdämpfe verwandeln das Chlor in 
Salzsäure, welche das Silbernitrat mit grosser Leichtigkeit in 
Chlorsilber verwandelt. Die organischen Stoffe können in 
zweierlei Art zur Wirkung kommen: entweder durch Um- 
wandlung des Chlors in Salzsäure oder infolge Oxydierung 
durch den nach folgender Reaktion frei werdenden Sauerstoff: 
Cl + AgNO,,=Aga-\-NO* -i 0. 

Diese Reaktion ist an sich endothermisch, wird aber 
exothermisch, sobald man annimmt, dass sie in Gegenwart 
von organischen Stoffen vor sich geht, welche die Fähigkeit 
besitzen, den daraus sich entwickelnden Sauerstoff und even- 
tuell auch die Verbindung NO t zu absorbieren. 

Ausser diesen dürften noch andere Reaktionen vor sich 
gehen. Das Silbernitrat zeigt selbst in reinem Zustande eine 
schwache Lichtempfindlichkeit, in Gegenwart von Silbersuh- 
ehlorid und von organischen Stoffen erhöht sich dessen Zerset/- 
barkeit bedeutend, wobei sowohl Reduktionsprodukte (Silbernitrit 
oder andere) entstehen können, welche mit grosser Leichtig- 
keit Chlor aufzunehmen und infolgedessen als energische Scnsi- 
bilisatoren des Chlorsilbers zu wirken im stände sind, als auch 
metallisches Silber, welches die Intensität des Bildes erhöht. 

Weiter oben haben wir darauf hingewiesen, dass auch 
das Silbersubchlorid auf das Silbcrnitrat reduzierend wirken 
kann. Dabei entsteht wahrscheinlich Silberoxychlorid \AgO C/t, 
dessen Bildung vielfach bei der Lichteinwirkung auf Chlorsilbor 
angenommen wird. 

Carey Lea hat nachgewiesen, dass diese Annahme eitn- 
irrige ist; wir vertreten die Ansicht, dass dieses Oxvchlorid, 
dessen Existenz durch zahlreiche eingehende Untersuchungen 
nachgewiesen zu sein scheint, nur infolge der Wirkung von 
Subchlorid auf Silbernitrat unter Mitwirkung des Lichtes ent- 
stehen kann. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die beim 
Belichten einer. Chlorsilber- und silhernitrath altigen Papiers 
vor sich gehenden Reaktionen zahlreich und komplizierter 
Art sein mü.-sen. Die algebraische Summe der bei den ein- 
zelnen Erscheinungen verbrauchten und erzeugten Wärme- 
einheiten ist zweifelsohne positiv. Diese Reaktionen zu- 
sammengenommen, stellen daher eine vollständig exother- 
mische Erscheinung dar, welche unter Mitwirkung des Lichtes 



- 387 - 

viel leichter vor sich gehen kann, als die endo thermische 
Zersetzung des Chlorsilbers. 

Untersuchen wir nun das Verhalten der Mischungen von 
Chlorsilber mit citronensaurcm und weinsaurem Silber oder 
Silberalbuminat am Lichte. In der Praxis findet namentlich 
die Mischung von Chlorsilber mit citronensaurcm Silber und 
Silberalbuminat eine ausgedehnte Verwendung; und tatsäch- 
lich enthält ein grosser Teil der empfindlichen Papiere eine 
dieser beiden Mischungen. 

Das citronensaure Silber und überhaupt sämtliche orga- 
nische Silbersalze besitzen eine geringere Lichtempfindlichkeit 
als Chlorsilber, geben jedoch auch allein verwendet bei ent- 
sprechend langer Belichtung ein sehr intensives Bild, und zwar 
ein viel intensiveres, als das reine Chlorsilber. Man kann an- 
nehmen, dass bei der Zersetzung am Lichte im ersten Stadium 
gefärbte Silbersubsalze zugleich mit organischen Zersetzungs- 
produkten entstehen, und dass ein Freiwerden von metallischem 
Silber erst später stattfindet. Die Zersetzung organischer 
Silbersalze zu Silber und anderen Verbindungen, muss im 
allgemeinen als exothermisch angenommen werden; die bei 
der Zersetzung entstehenden Körper haben auf jeden Fall auf 
das Silber keinen Einfluss mehr, aus welchem Grunde die 
Zersetzung sehr weit fortschreiten kann. In der Praxis werden 
organische Silbersalze wegen ihrer langsamen Schwärzung 
niemals allein, sondern stets in Mischung mit Chlorsilber ver- 
wendet. Diese Mischung schwärzt sich sehr schnell und liefert 
kräftige Bilder, wie solche in der Praxis erforderlich sind. 
Das bei der Zersetzung des Chlorsilbeis frei werdende Chlor 
wird durch das citronensaure Silber energisch absorbiert, wo- 
durch eine konstante Wiederentstehung von Chlorsilber so lange 
vor sich geht, bis das ganze vorhandene organische Silbersalz 
zersetzt ist. Bei anderen organischen Silbcivcrbindungen 
findet ein analoger Vorgang statt 1 ). 

In der photograpliischen Technik verwendet man ausser den 
Silbersalzen auch noch andere lichtempfindliche Mischlingen und 
Salze, darunter hauptsächlich die Kisen>al/e und die Mischung 

i) fn der Originalarbeit besprachen wir auch das Brom- und 
Jodsiiber und die in der photogranhisehen Praxis verwerteten Kigen- 
!>chaften dieser beiden Korper. Wir übergehen daher hier diesen 
Gegenstand, zumal derselbe in diesem Buche schon an anderer Stelle 
behandelt wurde. 

a 5 * 



- 388 - 

von Kalium- oder AinmoniunibJchromat mit gewissen orga- 
nischen Stoffen. Von den Eisensalzen kommt das Eisenchlnriil 
in Mischung mit gewissen organischen Säuron, wie Oxalsäure, 
Weinsäure, Citronensäure oder direkt die Eisensalze dieser 
Säuren, d. h. da* oxalsaure, weinsaure oder citronensäure Ei.-cn 
in Betracht. Das Eisenchlorid hat für sich eine geringe Licht 
empfindlichkeit, am Licht zersetzt es sich nach der Gleichung: 

fi,a, — *F,a, + a,. 

Diese Zersetzung kann jedoch nur in geringem Grade vor 
,-ich gehen, da das frei werdende Chlor grosses Bestreben zeig!. 
sich mit dem Eiscnchlorür zu Eisenchlorid wieder zu ver- 
binden. Setzen wir jedoch dem Eisenchlorid Substanzen zu, 
welche Chlor aufzunehmen vermögen, und verwandeln wir 
somit die einfache endothermische Zersetzung in eine weniger 
endothermische, oder besser, in eine exo thermische Reaktion, 
so geht die Zersetzung des Eisenchlorides schnell und voll- 
kommen vor sich. Unter allen Mischungen erweist sich die- 
jenige von Eisenchlorid mit Oxalsäure als die empfindlichste. 
Die zwischen Eisenchlorid und Oxalsäure vor sich gehende 
Reaktion kann durch folgende Gleichung veranschaulicht werden: 
/> 2 C/ B 4-Ä,C 1 4 = 2Fea 3 + 2CO ! + 2/1* CT. 

Geht diese Reaktion in Gegenwart von Feuchtigkeit vnr 
sich, so ist sie exothermisch, weil in diesem Falle die sieh 
bildende Salzsäure beim Auflösen zu einer beträchtlichen 
Wärme-Entwicklung Anlass geben kann, während sie endo 
thermisch ist, wenn man annimmt, dass sie bei Abwesenheit 
von Wasserdampf vor sich geht. In der Praxis bestätigt es 
sich, dass die beschriebene Reaktion in Gegenwart von Feuchtig- 
keit auch freiwillig (wenn auch sehr langsam) vor sich geht, 
während in vollkommen trockenen Räumen die Haltbark eil 
der Mischung von Eisenchlorid mit Oxalsäure eine unbegrenzte 
ist und nur das Licht oder eine andere Energieform können 
eine Veränderung hervorrufen. Diese Verschiedenheit des Ver- 
haltens findet somit in den therm och ein ischen Betrachtungen 
ihr.' Erklärung. 

An Stelle der Mischung von Eisenchlorid und Oxalsäure 
verwendet man häufig in der Praxis das Ferrioxalat von der 
Formel /Vj(Cj 4 1 3 . Im Dunkeln aufbewahrt, hält sich die Sub- 
stanz gut, während sie durch Lichteinwirkung zu Ferrooxatai 
zersetzt wird. Die folgende Gleichung erklärt den Vorgang: 
Fe 2 (C t O t ) s --- xFe C s 4 -f- 2 CO.. 



_ 389 - 

Das Ferrooxalat, dessen Lösung stark reduzierend wirkt, 
kann aus gewissen Matallsalzen das Metall reduzieren; es 
kann z. B. Platinchlorür PtCt t , Silbemitrat und auch gewisse 
Quecksilberverbindungen reduzieren. (Siehe unsere Studie 
Ober Photochemie der Quecksilbersalze, „Photographische 
Korrespondenz", Juli 1895 und „Photographische Chemie", 
Bd. 2.) Bestreicht man mittels eines Pinsels ein Blatt Papier 
guter Qualität mit konzentrierter Ferrioxalatlösung, so erhält 
man eine lichtempfindliche Oberfläche. Das durch Lichtein- 
wirkung entstehende Bild besteht aus Ferrooxalat und kann 
durch Behandlung des Papiers mit gewissen, reduzierbares 
Metallsalz enthaltenden Flüssigkeiten verstärkt werden; solche 
Flüssigkeiten enthalten ausser dem Metallsalz auch andere, 
die Auflösung des für sich fast unlöslichen Ferrooxalates 
fördernde Substanzen (alkalische Oxalate) oder solche, die es 
in Oxyd oder Karbonat umwandeln, welch letztere allerdings 
unlöslich sind, jedoch stark reduzierend wirken. 

Das sogen. Platinpapier erhält man, indem die Papier- 
oberfläche mit einer gemischten Lösung von Ferrioxalat und 
Kaliumplatinchlorür (P/C/ s 2 A*C7) bestrichen wird. Setzt man 
das Papier unter einem Negativ dem Lichte aus, so entsteht 
an den belichteten Stellen Ferrooxalat; taucht man nun das 
Papier in eine Kaliumoxalatlösung, so hat das Ferrooxalat das 
Bestreben, in Lösung überzugehen, und reduziert somit sofort 
das im Papier vorhandene Platinsalz zu metallischem Platin. 
Das vorher kaum sichtbare Bild erscheint nach dieser Behand- 
lung tief schwarz. Die Reduktion kann auch bei Gegenwart 
von Feuchtigkeit aHein vor sich gehen, indessen wegen der 
L'nlöslichkeit des Ferrooxalates nicht sofort, sondern nur sehr 
langsam. 

Die bei dem Platinpapier vor sich gehenden Reaktionen 
sind folgende: Am Lichte zersetzt sich das Ferrioxalat zu 
Ferrooxalat und Kohlensäure: 

a) 3 Fe, (C s 4 ) s = 6 Fe C 2 O., 4- 6 CO». 
Das Ferrooxalat reduziert dann das Platinsalz, wobei 
wieder Kisenoxyd salze entstehen: 

b) 6FeC t O l + 3 Pfa t = aFe i (C t O t ) 3 -rFe a a 6 zPl. 
Das mit Ferrioxalat bestrichene, dunkel aufbewahrte 
Papier hält sich lange unverändert; die Zersetzung des Ferri- 
oxalates nach der Gleichung al ist wahrscheinlich endothermisch. 
Das mit einer Mischung von Ferrioxalat und Platinchlorür 
hergestellte Platinpapier hält sich ziemlich gut, wenn es 



— 39° — 

vollkommen trocken und im Dunkeln aufbewahrt wird; es 
verändert sich jedoch in Gegenwart von nur geringen Spuren 
Feuchtigkeit. In diesem Falle dürfte folgende, jedenfalls exo- 
thermische Reaktion vor sich gehen: 

c) ZV,' (C, Ü 4 ) 3 + 3 Pi C/ 3 = Fe s C/ 6 -f 6 CO z + 3 «■ 
Wenn auch die, bei der in Gegenwart von Feuchtigkeit 
vor sich gehenden Reaktion c) entsprechende Wärmemenge 
infolge der grösseren Wärme-Entwicklung bei der Auflösung 
des Eisenchlorides grösser ist, so kann man doch mit Be- 
stimmtheit annehmen, dass die Reaktion esothermisch ist, 
und wenn sie nur in Gegenwart von Feuchtigkeit vor sich 
geht, so erklärt sich dies nur aus der Tatsache, dass die 
beiden Körper Ferrioxalat und Platinsalz nur in gelöstem 
Zustande aufeinander reagieren können. Die Lichtempfind- 
lichkeit der Eisen oxyd salze wird auch bei anderen Papieren, 
und zwar bei dem Reproduktionspapier für Zeichnungen 
(cyanographische und heliographische Papiere) verwertet. Hier- 
über handelt der II. Band der „Photographischen Chemie", in 
weichein der PositJvprozcss und die Reproduktions verfall reu 
für Zeichnungen zur Erläuterung gelangen. 

Zur Vervollständigung unserer Angaben hinsichtlich der 
in der photographischen Praxis verwendeten lichtempfindlichen 
Substanzen erwähnen wir noch die Mischung der Alkali - 
bichromate mit Kolloids toffen, welche in Anbetracht ihrer aus- 
gedehnten Anwendung in den photomechanischen Prozessen 
(Lichtdruck, Photogravüre, Phototypographie u. s. w.) von 
grossem praktischen W r erte ist. Ueberzieht man ein Blatt 
Papier oder eine Glasplatte mit Gelatinelösung und behandelt 
dieselben nach dem Trocknen mit einer Kalium- oderAmmo- 
niumbichromat-Losung (fünfprozentig), so erhält man dadurch 
eine sehr lichtempfindliche Schicht. 

Die dem Lichte exponierten Teile derselben werden der- 
artig verändert, dass die Gelatine an den betreffenden Stellen 
nach Massgabe der Lichtwirkung ihre Eigenschaft, in kaltem 
Wasser aufzuquellen und in warmem Wasser sich aufzulösen, 
verliert. Behandelt man nun die belichtete Schicht mit warmem 
Wasser, so lösen" sich dabei die unbelichteten Stellen auf, so 
dass ein Relicfbild entsteht, welches, wenn man vorher der 
Gelatine einen unlöslichen Farbstoff zusetzt, auch farbig er- 
scheinen kann. 



— 391 — 

Mit den im 2. Bande dieses Werkes eingehend erläuterten 
Bichromat prozessen wollen wir uns hier nicht mehr beschäftigen. 
Wir erwähnen nur, dass die Veränderung des Bichromates 
durch Lichteinwirkung nicht nach der Gleichung 

AT ? Cr 2 1 =K i O -f O s 0„ + O a 
vor sich geht; oder wenigstens ist diese nicht die einzige 
dabei eintretende Reaktion. Unseres Erachtens entstehen 
noch andere, zwischen der Chromsäure und dem Chromoxyd 
liegende, auf die Gelatine energisch härtend wirkende Chrom- 
oxyd Verbindungen bei der Reduktion des Bichromates; darunter 
die Verbindung CV 3 O fl , welche als basisches Chromat I Cr t 3 Cr 3 1 
angesehen werden kann. 

Die Wirkung des Bichromates auf die Gelatine geht unter 
dem Lichteinflusse sehr schnell vor sich. Diese Wirkung voll- 
zieht sich jedoch, wenn auch verhältnismässig sehr langsam, 
aueh im Dunkeln; dieses beweist eben, dass die Reaktion eine 
exothermische ist und dass das Licht dabei nur anregend 
wirkt. Die Wirkung des Bichromates auf die Gelatine weist 
jedoch eine wichtige Eigentümlichkeit auf. Nachdem die 
Chromatgelatine nur ganz kurz belichtet wurde, setzt sich die 
Wirkung des Bichromates auf die Gelatine in ziemlich schneller 
Weise auch im Dunkeln fort. Wir haben hier somit eine 
ähnliche Erscheinung, wie bei der Mischung von Chlor und 
Wasserstoff. Diese Mischung ist nämlich in der Dunkelheit 
unbegrenzt haltbar;' sobald man sie aber nur wenige Augen- 
blicke belichtet, was eine minimale Salzsäurebildung hervorruft, 
so setzt sich die Verbindung der beiden Gase aueh im Dunkeln 
ziemlich schnell fort. 

Diese Fortsetzung einer, durch das Licht begonnenen 
Wirkung kann nur in einer exothermische 11 Erscheinung ihren 
Grund haben und in diesem Falle ist die Lichtwirkung der 
Wärmewirkung bei gewissen exothermischen Erscheinungen 
vergleichbar. Ein entzündetes Streichholz kann einen Stoss 
Holz entzünden und der Brand setzt sich dann selbsttätig fort. 
Aus dem Gesagten geht also hervor, dass eine, durch das 
Licht begonnene chemische Erscheinung, welche dann im 
Dunkeln weiter fortschreitet, eine exothermische sein muss, 
während bei den endothermischen chemischen Erscheinungen 
beim Aufhören der Lichtwirkung auch diejlervorrufung der 
Erscheinung aufhören muss. 

Die energisch härtende Wirkung des Bichromates in 
Gegenwart des Lichtes tritt nicht allein bei Gelatine, sondern 



— 39= — 

auch bei anderen Substanzen, unter anderem bei Albumin, 
Gummi, Dextrin, Zucker u. s. w. auf. In der p holographischen 
Praxis benutzt man oft auch Mischungen von Bichromat mit 
den genannten Substanzen. Am Ende unserer chemischen 
und thermochemischen Studie über die hauptsächlichsten, durch 
Lichteinwirkung hervorgerufenen und in der photographischen 
Technik verwerteten Erscheinungen fassen wir die sich daraus 
ergebenden hauptsächlicheren Resultate im nachstehenden 
zusammen : 

i. Das Licht kann endothermische und exothermische 
Erscheinungen hervorrufen. 

a. Das Licht kann im allgemeinen nur in beschränktem 
Grade Erscheinungen, welche aus einfachen endothermischen 
Zersetzungen bestehen, hervorrufen. 

3. Der Zusatz solcher Körper, welche fähig sind, mit 
irgend einem der Zersetzungsproduktc exothermisch zu rea- 
gieren, erleichtert die Zersetzung eines fichtempfindlichen 
Körpers, welchem sie zugesetzt sind. Solche Körper, welche 
die Zersetzung lichtempfindlicher Körper erleichtern, werden 
chemische Sensibilisatoren genannt. 

4. Die chemischen Sensibilisatoren müssen derartig ge- 
wählt werden, dass sie mit den Zersetzungsprodukten un- 
empfindliche, oder sehr wenig lichtempfindliche Körper liefern, 
da sonst die Hauptzersetzung beeinträchtigt werden würde. 
Ausgenommen hiervon sind die bei den Silberverbindungen 
als Sensibilisatoren angewandten Salze des gleichen Metalls; 
in diesem Falle entsteht die ursprüngliche empfindliche Sub- 
stanz wieder. Auf dieser Wiederherstellung des empfindlichen 
Körpers beruht die Erlangung intensiverer Bilder. 

5. Bei den exothermischen Erscheinungen kommt das 
Licht nur als Anreger zur Geltung, bei den endothermischen 
dagegen (selbst dann, wenn diese bei der Erzeugung des 
latenten Bildes in sehr geringem Grade auftreten) leistet es 
eine wirkliche Arbeit. 

6. Eine durch Licht begonnene, im Dunkeln sich fort- 
setzende Erscheinung kann nur eine exothermische sein; die 
endothermischen Erscheinungen hören dagegen auf, sobald die 
Lichtwirkung aufhört. 

Zur Vervollständigung dieser Studie lassen wir Unter- 
suchungen über die sensibilisierende Wirkung der Oxalsäure 



— 393 — 

und des Silberoxaiates folgen. Wir veröffentlichten in „Eders 
Jahrbuch" 1901 eine Notiz über die sensibilisierende Wirkung 
des Silberoxaiates. Die Oxalsäure entspricht derFormel H % C> O v 
In Gegenwart von oxydierenden Stoffen und im allgemeinen 
von Substanzen, welche das Bestreben haben, sich mit Wasser- 
stoff zu verbinden, erfährt sie folgende Zersetzung: 
H t C l O i = H i -\-xCO v 

Diese Zersetzung erfordert für sich allein eine gewisse, 
jedoch unbedeutende Wärmemenge; geht sie jedoch in Gegen- 
wart von Substanzen, welche Verwandtschaft zum Wasserstoff 
haben, vor sich, so wird sie exothermisch. Setzt man daher 
dein Chlorsilber Oxalsäure zu, so zersetzt sich ersteres viel 
leichter; auch das Bromsilber zersetzt sich viel schneller und 
vollkommener in Gegenwart von Oxalsäure, wie wir dieses 
konstatieren konnten. In der Tat färbt sich eine, selbst 
längere Zeit einem starken Lichte ausgesetzte Brom silberplatte 
nur schwach grau. Wird jedoch eine in zwei- bis dreipro- 
zentiger Oxalsäurelösung gebadele und dann getrocknete Platte 
unter einem Negativ belichtet, so bekommt man ein intensives, 
beim Fixieren allerdings schwächer werdendes Bild. Das 
unter dem Lichteinflusse aus dem Bronisilber frei werdende 
Brom zersetzt die Oxalsäure und bildet Brom Wasserstoff säure 
unter Entwicklung von Kohlensäuregas. Die Reaktion ist 
die folgende: 

2 Ag Br + H % C 3 K — 2 Ag + 2 HBr + 2 C0 2 . 

Geht diese Reaktion in Gegenwart von Feuchtigkeit vor 
sich (es genügt die in der Gelatine vorhandene Feuchtigkeit), 
so ist sie exothermisch oder fast exothermisch, was aus dem 
früher Gesagten, dass nämlich diese Reaktion leichter vor sich 
geht als die Zersetzung des einfachen Bromsilbers, auch be- 
greiflich erscheint. Der vorhandene Oxalsäureüberschuss ver- 
hindert auch die Zersetzung der Brom Wasserstoff säure durch 
das Licht, weshalb dieselbe geraume Zeit in Anspruch nehmen 
kann. Man kann jedoch annehmen, dass kein Freiwerden von 
Silber stattfindet, es sei denn, dass die Belichtung sehr lange 
fortgesetzt wird, sondern, dass nur Silbcrsubbromid entsteht, 
aus welchem Grunde das Bild durch das Fixieren sehr ab- 
geschwächt wird. Das Silberoxalat ist, wie wir bereits er- 
wähnten, auch ein sehr energischer Sensibilisator für die 
Silberhaloklsalze. Die Zersetzung des Oxalsäuren Silbers 
nach der Formel 

A Si c i °4 = -4Si + 2 C°i 



— 394 — 

ist bestimmt ex o thermisch. Bei genügend hoher Temperatur 
kann sie unter Detonation vor sich gehen. 

Am Licht zersetzt sich das Silberoxalat nach der an- 
gegebenen Gleichung ziemlich langsam. Obgleich seine Zer- 
setzung exo thermisch er Art ist, so hat es doch eine sehr be- 
schränkte Lichtempfindlichkeit. Wird es dagegen mit Chlorsilbcr 
gemischt, so erhöht es ganz bedeutend die sichtbare Zersetz- 
barkeit desselben und ermöglicht gleichzeitig die Erlangung viel 
kraftigerer Bilder. Das aus dem Chlorsilber sich ausscheidende 
Chlor zersetzt das Silberoxalat nach folgender Gleichung: 

C/ a + Ag t c t o 4 = 3 Ag Cl + 2 CO T 

Diese exothermische sekundäre Reaktion muss die Zer- 
setzung bedeutend unterstützen, und kann es in diesem Falle 
vielleicht auch zum Freiwerden von Silber kommen. Wir 
wendeten diese sensibilisierende Eigenschaft des Silberoxalate^ 
bei der Herstellung einer Oxalat- Chlorsilberemulsion für direkt 
kopierende Papiere und Platten an. 

Bevor wir die Abhandlung über die Sensibilisatoren ver- 
lassen, wollen wir einige aus unseren Studien sich ergebende 
Betrachtungen anführen. Die zu den Silberhalolden behufs 
deren leichterer Zersetzung zuzusetzenden Sensibilisatoren 
können sowohl lichtempfindliche als auch unempfindliche Sub- 
stanzen sein. In alten Fällen ist deren Empfindlichkeit geringer, 
als die der Sil berhaloVd salze. So verhält es sich bei dem 
citronensauren, weinsauren, milchsauren, Oxalsäuren Silber 
und dem Albuminat. 

Es erscheint daher die Annahme nicht ungerechtfertigt, 
dass, während die organischen Silbersalze als chemische 
Sensibilisatoren für die Silberhaloldsalze Verwendung finden 
können, letztere, welche in viel höherem Grade die Fähigkeil 
haben, Lichtenergie zu absorbieren und in ehemische Energie 
zu verwandeln, als optische Sensibilisatoren der organischen 
Silbersalzc zu Gunsten der leichteren Zersetzung derselben 
wirken können. 

Wir haben bei den orthochromatischen Platten gesehen, 
dass die optische Absorption gewisser Farbstoffe die Empfind- 
lichkeit des Bromsilbers für die absorbierten Strahlen erhöht. 
Die Annahme, dass die Absorption der wirksamen Licht- 
strahlen durch die Silberhaloldsalze auf die Empfindlichkeit 
der zugesetzten Substanzen Einfluss haben können, erschein! 
daher nicht unwahrscheinlich. 



— 395 — 

Wir haben es hier in der Tat nicht mit einer einfachen 
optischen Absorption, wie es bei den Farbstoffen der Fall ist, 
zu tun, sondern es handelt sich um eine, von einer wirklichen 
Umwandlung in chemische Energie begleiteten Absorptionund 
Iässt deren Wirkung auf die, den Silberhaloldsalzen zugesetzten 
Verbindungen noch leichter erklären. Unserer Ansicht nach 
werden nicht allein die schon an und für sich lichtempfind- 
lichen Substanzen durch die Gegenwart von Silberhalokl salzen 
beeinflusst, sondern auch unempfindliche oder fast unempfind- 
liche Körper (wie z. B. die Oxalsäure) können, indem sie 
diese Zersetzung erleichtern, diesem Einfluss unterliegen. 
Diese Erklärung bedarf allerdings noch einer genaueren Nach- 
prüfung auf Grund dieser Versuche. 



Sachregister. 



(Die Zahlen geben die Seiten an) 
Abschwächung, lokale, (mit dem Pinsel) 322. 

— nasser Kollodium platten mit Kaliumpermanganat ic6. 525 — 328. 

— mit Cyaukalium 319. 

Farmers Abschwächer 321. 

— — Kupferchlorid 320. 

Ammoniumpersulfat 322 — 324. 

Absorption der Lichtstrahlen durch Farbstoffe und Lichtfilter 338. 361. 

— spektrum 340. 

Abliehen der Kollodiutnnegative vom Glase 106. 107, 

— — Gelatinenegative 303. 304. 

Acetonsutfit (Bayer) zur Herstellung konzentrierter Entwickler und zur 

Korrektur von Ueberexposition 211. 214. 259. 
Adurol, organische Entwicklersubstanz 238. 239. 
— , Vorschrift für den Entwickler mit 278. 279. 
Aetz- Lithium, Wirkung desselben als Alkali im organischen Entwickler 

323. 

— Kali, im organischen Entwickler 218. 

— -Natron, Wirkung im organischen Entwickler 220. 

als Schwärzuri gstnittel bei der Quecksilberverstärkung 307. 308. 

Aetliyl-Rot, Sensibilisator für Rot 350. 

— Violett, Sensibilisator für Rot 349. 
Agfa-Verstärkeu 318. 
Aktinometrie 48 — 52. 
Aktinometer (Bunsen und Roscoe) 49. 
Alaun, Zusatz zum Fixierbade 295. 296. 

Albumin, zur Vorpräparation der Platten im Kollodiumprozess 97. 

Aldehydgrün, Sensibilisator für Rot 348 

Alizarinblau, Sensibilisator für Rot und Orange 348. 

Alkalien, ihre Eigenschaften und Wirkung im organischen Entwickler 

2 f 5 — 223. 
— , Ersatzmittel für dieselben im organischen Entwickler 227 — 229. 

— (essigsaure, oxalsaure, weinsaure), Verzögern ngsmittel im organischen 

Entwickler 258. 
Alkohol -Aet her, Lösungsmittel für Kollodiumwolle 92. 
— , Zusatz zur Gelatine-Emulsion 152. 
Amidol, Konstitution, Eigenschaften, Gebrauch desselben als organischer 

Entwickler 244 — 247. 
— , Vorschrift für den Entwickler 272. 273. 



Aniidol, Entwicklet als SchwSrzungsmittel bei der Quecksilber- 

Verstärkung 303. 
Ammoniak, Löslichkeit des Chlorsilbers in 60. 
— . Einfluss desselben auf die Reifung der Bromsilbergelatine- Emulsionen 

— , Schwärzungsmittel bei der Quecksilberverstärkung 307. 308. 
— , Wirkung desselben im organischen Entwickler 221. 232. 
Ammonium - Karbonat, Anwendung desselben im kalten Emulsions- 

prozess (Henderson) 142. 
■ — persulfat, Abschwächer für harte Negative 322 — 334. 

— — , Gebrauch zur Herstellung umgekehrter Negative 325. 

— — , Wirkung desselben auf das latente Bild 325. 
Aniliurot, Sensibilisator für Gelb und GrOn 347. 
Antihaloplatten (lichthof freie, Lumiere-, Hauff- u. s. w.t 182. 183. 
Aurantia, Gebrauch zur Herstellung von Gelbscheiben (Lichtfilter) 363. 
Aza] in (Vogel), Sensibilisator für Gelb und Rot 34g. 

BaryumplatincyanQr, Anwendung desselben in der Photographie mit 

Röntgenstrahlen 376. 
Becfiuerelstrablen 379. 
Beleuchtung der Arbeitsräume für die Herstellung von Emulsionen 

und Trockenplatten 139. 140. 157 — 15g. 
Bengalrot, Sensibilisator für Gelb und Grün 345. 
Beschleunigungsmittel bei der Eisenoxalatentwicklung (Fixieruatron) 

— — — alkalischen Entwicklung mit organischen Entwicklern 261. 
Bichromate (Kalium- und Ammonium-), Lichtem p find lieh k ei t derselben 

in Gegenwart organischer Körper 390. 
— , Wirkung derselben auf Gelatine 391. 392. 
— , — — gegen den Enmlsionsschleier 134. 

Bild, das latente, Hypothesen über seine Entstehung und Beschaffen- 
heit 75-84. 

— , ^ , wird durch Ammoniumpersulfat zerstört 325. 

Bisulfite, Anwendung derselben zur Korrektur von l'eberexpositioiieii 

259— a6t. 
— , — — in den Fixierbadern gegen den dichroi tischen Schleier 290. 291. 
Blut lau gensalz, gelbes, bewirkt kontrastreichere Wirkung vei schieden« 

organischer Entwickler 258. 264 — 266. 
— . rotes. Verstärkungsmitlel für Negative 317. 
— , — , Gehrauch in Kärrners Abschwächer 331. 
Borsäure, Verzögerungsniittel im alkalischen Entwickler 2^9. 
Breuzkatechin, Konstitution und Allgemeines Über dasselbe als 

organische Entwickler 237. 238. 
— , Entwickler Vorschrift 268. 269. 
Bromkalium, Anwendung bei Herstellung der Brouisilbergelatiiie- 

Emulsionen 138. 142. 
— . Wichtigkeit eines Ueberschusses desselben bei der Darstellung und 

Reifung der Gelatine- Emulsionen 126. 127. 131. 
— , Verzögerungsmittel im alkalischen Entwickler igt. 257. 
— , Gebrauch desselben zur Korrektur von Ueberexpositionen 258. 
— , ungleiche Empfindlichkeit verschiedener alkalischer Entwickler für 

die Wirkung desselben 258. 



- 39» — 

Bromsalze, Wirkung derselben im KolLod iura verfahren 94. 

Bromsilber, Darstellung und Eigenschaften desselben 63 — 65- 

— , Verschiedene Molekularmodifikationen (Polymerieen) desselben 79. 81. 

— Gelatine-Emulsionen, Allgemeines 121 — 134. 

— , Vorteilhafte Wirkung des Jodsilbers in denselben 136. 137. 

— — , praktisches Darstellung» verfahren derselben 137 — 143. 
-, Reifung derselben 135. 139. 

, Waschen und Filtrieren derselben 143 — 145. 
-- -, Zusatz von Alkohol 15a. 

, Schleier in, Ursachen und Mittel gegen denselben 134. 135. 148 

bis 151. 
Films und -Papiere 169 — 173. 

— --Platten, Vorpräparation derselben 146. 147. 

— — — , Giessen derselben 15a — 156. 
-- • ■ , Trocknen denselben 156. 

— , Verpackung derselben 159. 160. 

_. . . Entwicklung 184. 186 — 188. J93. 206. 236. 227. 

— - - — , Orthochromatisierung derselben 356 — 359. 

für das Lipp mann sehe Interferenz verfahren 368. 369. 

--Kollodiumemulsionen (nach Cbardon) 111. 
- (nach David) 113. 

— - (von Dr. Albert) 114— 116. 

■- — (nach Professor Eder) 117. 118. 

, Orthochromatisierung derselben 355. 

Bromzink, Anwendung desselben für Kollodiumemulsionen m. 

Calcium, wolframsaures, Anwendung desselben in der Photographie 

mit Röntgenstrahlen 376 — 378. 
Chinoliurot, Sensibilisator für Gelb und Grün 347. 
Chlorophyll, Sensibilisator für Orange und Rot 348. 349. 
Chlorsalze, Wirkung derselben im Kollodium verfahren 94. 
Chlorsilber, Darstellung und Eigenschaften desselben 59 — 63. 
Chromalaun, Verwendung desselben zum Härten und Abziehen Her 

Gelatiuenegative 300 — 302. 
— , basischer 304. 
Chromatisierung der Bromsilbergelatine- Platten im Bade, Vorschriften 

für dieselbe 356 — 359. 
Chrom ophotographisch es Imerferenzverfahren (Lippmann) 367. 368. 

— — , Gelatine- Emulsion für dasselbe 369. 
Chrysuidin, Sensibilisator für Gelb und Grün 347. 
Carollin, Sensibilisator für Gelb und Grün 347. 

Crookesche Rühren, Anwendung derselben in der Photographie mit 

Röntgenstrahlen 373. 374. 376. 377. 
Cyauiu, verschiedene Arten, Sensibilisator für Orange und Rot 347. 
Cyankalium, Gebrauch desselben zum Klären alter Daguerreo typen 87. 
— , — — zum Fixieren nasser Kollodiumnegative 104. 
— , — — zum Abschwächen von Negativen 319. 
Cuvetten für flüssige Lichtfilter 364. 

Daguerrcolvpie auf Silberplatteu 84 — 87. 

Papier 87. 

— , Entwicklung und Fixierung der Bilder 86. 87. 



— 399 — 

Diapositive, direkte, in der Kamera mittels Ammoniumpersulfat uud 

Kaliumpermanganat 335. 326. 
Diamidophenol (Amidol), Konstitution, Eigenschaften, Gebrauch als 

organischer Entwickler 344 — 347. 
— , Entwickler Vorschrift 272 273. 
Diaintdoresorcin, organischer Entwickler 247. 248. 
Diogen, organischer Entwickler 242. 
— , Entwicklervorschrift 277. 

Diphenal, Konstitution, Eigenschaft als organischer Entwickler 251. 252. 
— , Entwickler Vorschrift 278. 
Dreifarbenptiotographie, orthochromatische Platten für dieselbe 350. 

. 35' 360-366- 
— , Lichtfilter zu derselben 364. 
Dunkelzimmerbeleuchtung 157 — 159. 
Durchleuchtung verschiedener Körper mittels Röntgenstrahlen 373. 

Edinol (Bayer], organischer Entwickler, Konstitution, Eigenschaften 252. 

— , Vorschrift für den Entwickler mit 279. 280. 

Eikonogen, Konstitution, Eigenschaften als organischer Entwickler 239 



102. 103. 

— , oxalsaures, Entwickler für Bromsilbereinulsions- Platten 186. 
Empfindlichkeit der Bromsilbergelatine-Emulsionen, abhängig von ver- 
schiedenen Modifikationen des Bromsilbers 131 — 133. 

— , Einfluss des Ammoniaks auf dieselbe 132. 

— , Einfluss des Reifungsgrades auf dieselbe 13a 131. 141. 

Empfindlichkeitsmessungen der Trocken platten 165 — 168. 
Emulsion , Bromsilbergelatine - , Praktisches Herstellungsverfahren, 
ammoniakalisches 138 — 142. 

, 8aure8 143 . 

— , kaltes (Henderson) 142. 143. 

— , Kollodium- 111 — 117. 

Eudotherniiscbe und exothermische Reaktionen, Unterschiede derselben 

381. 

— — — , Wirkungen des Ltchtes 392. 
Entwickler, Anorganische 186. 

— , Organische, Theoretisches über dieselben 193 — 206. 226. 227. 

— Substanzen, Organische, Konservierung derselben durch Natriiim- 

sulfit 206. 207. 212. 
— . Gebrauchter, als Ve rzü gern iigs mittel 281. 
Entwicklung fixierter Platten 282. 283. 

— chromopbotogrnphiscber Iuterferenzbilder (Lippmann] 370. 371. 
- — orthochromatischer Platten 366. 

— zweifelhaft exponierter Platten 274. 275. 

— , Chemische bei Bromsilberemulsions- Platten 184. 

— , Physikalische, bei nassen Kollodiuinplatten und nassen Ferrotyp- 

platten 102 — 105. 
Entwicklungshäder, Vorschriften für die alkalischen, Pyrogallussäure- 

Entwickler 262 — 264. 

— — — , Hydrochinoiient Wickler 264 — 267. 



EntwicWluiigsbMer, Vorschriften für die alkalischen, Hydraminentwickler 
368. 

— — — , Brenzkatecbinenl wickler 268. 269. 

— - — , Eikonogenentwickler 269. 270. 

— ■- — , Eikonogen-Hydrochinonentwickler 270. 

— , Paramidophen ole nt wickler 271. 272. 

— - - — , Rodinalentwi ekler 27:. 

— — — -, Amidolentwickler 272. 273. 

— — — , Metolent wickler 273. 274. 

— — — , Glycinen t wickler 275. U76. 

— — — ', Ortolentwickler 276. 277. 
— -, Diogenent wickler 277. 278. 

— - — - -, Diphenalentwickler 278. 

— - — , Adurolentwickler 278. 

— — -, Ed i n ole nt wie kl er 279. 280. 
Entwicklung, Stand (Glycin) 276. 

Eosine, Verschiedene Arten, Sensibilisatoreu für Gelb und Grün 345. 346. 
Erythrosin, verschiedene Arten, Sensibilisalor iür Gelb und Grün 345. 346. 

Farbstoffe, verschiedene, mit sensibilisierender Wirkung 351 — 353. 
Färbst offbäder zur Orthochromatisierung von Brom silberplatten im Bade 

356-359 
Farmerscher Abschwächer 321. 
Farben der Körper 19. 
— , Spektral- ai. 
Ferrocj-ankalium (gelbes Blutlau gensah) bewirkt kontrastreichere 

Wirkung vieler Entwickler 258 264 — 266. 
Ferrocyanuran, Verstärkung für Negative 317. 318. 
Ferro typplatten, Nasse, l'räparation derselben 108. 
— , Trockene, mit Brotnsilbergelatine 110. 
Films. Bromsilbergelatine, Verschiedene 169 — 172. 
Firnis -Vorschriften für Negative 333 — 335. 

— , Schwarzer, für chroniophotograp bische Interlerenzbilder 371. 
Fixiernatron (unterschwefligsanres Nation = Hyposulfit|, Hcschleu- 

nigungsmittel bei der Eisemixalatentwicklung 192. 

— zum Fixieren nasser Kollodium- und Bromsiiberemulsions-Negutive 

104. 284 — 288. 

— , Zerstörung (essigsaure KaliuuipermanganatlÖsung) 331. 

Fixierbäder, Zusatz von Btsulfiteii und Kochsalz zu denselben 290-291. 

Alaun 295. 296. 

— , Zersetzung derselben durch Säuren 294. 295. 

— , Vorschrift für dieselben 296. 297. 

Fluornatrium. zum Abziehen der üelatinenegalive 305. 

Fornialin, Gebrauch desselben zum Härten und Abziehen der Gelatine- 
negative 303- 

Frau ithof ersehe Linien im Sonnen Spektrum 68 — 70. 



ig, Eigenschaften derselben für Emulsiouen 
122—124. 
— , Veränderung derselben bei der Reifung der Emulsionen 129. 132. 

— -Emulsionen, Reifung derselben 125. 139. 

— Brouisiiberemulsionen, praktische Herstellungsverfahren 137 — 143. 



— 4°i — 

Gelatinenegative, Ablieben derselben vom Glase 304. 
— , Entwicklung derselben 184 — 193. 360 — 284. 
— , Abschwfichung derselben 319 — 337. 
— , Härtung denselben 998 — 305. 
— , Klärung derselben 391. 338. 
— , Verstärkung derselben 307 — 318. 
Gelbacheiben (Lichtfilter) 363. 363. 
Gelbachleier, Beseitigung 336. 339. 
Giesaeu, das, der Emulsionsplatten 153 — 156. 
Giesamaschinen 155. 156. 

Glycin, organische Entwickler, Konstitution, Eigenschaften 250. 25t. 
— , Entwicklervorschriften 275. 276. 

— , Entwickler, Gebrauch bei unbekannter Exposition 274. 275 
— , der geeignetste für Standentwicklung 276. 

Glyzerin, Gebrauch desselben bei der lokalen Abschwfichung (mit dem 
Pinsel) 322. 

Halogene (Chlor, Brom, Jod) 80. 

Haloldsalze des Silbers 59 — 67. 

Härtung der Gelatinenegative 29B — 304. 

Hydramiu, Organischer Entwickler 238. 

— , Eutwicklervorschrift 268. 

Hydrochinou, Organischer Entwickler, Allgemeines Ober denselben 235 

bis 237. 
— , Entwich ler Vorschriften 264 — 267. 270. 
— ab Schwtrzungamittel bei der Quecksilberverstärkung 309 

Interferenz verfahren, Chromo photographisch es (Lippmann) 367, 368. 

— , Emulsion für dasselbe 369. 270. 

— , Entwicklung der Platten 370. 

Isochromatische Platten, Unterschied derselben von orthochromatischen 

Isolarplatten (Lichthof freie Platten) 182. 

Jodsilber, Darstellung und Eigenschaften desselben 65 — 67. 

— , Lichtempfindliche Basis im nassen Kollodium prozess 92 ff. 

— , Vorteilhafte Wirkung desselben im Bromsilbergelatine-Prozess 136. 



Kali, Aetz-. Gebrauch in organischen Entwicklern 218. 
Kaliumkarbonat, Gebrauch in organischen Entwicklern 219. 
Kaliummetabisulfit, Znsammensetzung und Eigenschaften an. 213. 214. 
— , Anwendung zur Korrektur von Ueberexpositionen 259 — 261. 

—desselben im Paramidophenoleotwi ekler 271. 

Kaliumpermanganat, Abschwächer für Negative 325. 326. 

Kalium platinchlorür, Wirkung der Bisensalze auf dasselbe 389. 390. 

Kalklicht, Drummondsches (Hydroxygengas-Licht) 40. 41. 

Karbidschwarz BO, Sensibilisator für Rot bis Gelbgrün 353. 

Kardinal Gl ms 172. 

Klärung von Rasternegativen 328. 

Xiniia, Handbuch der photogr. Chemie. 26 



— 4° 2 — 

Klärung verschleierter Negative 322. 
Kollodium -Verfahren, Nasses 88 — 96. 
— Wolle, Herstellung derselben 89 — 93. 
— , Jodierung desselben 93. 93. 

— Platten, Sensibilisierung derselben 98 — loa 

— — , höchste Empfindlichkeit derselben 94. 

-■ — , nasse, Entwicklung und Verstärkung 102 — 104. 105. 

, Abschwäch ung 106. 

, trockene, mit Präservativmitteln 119 — iai. 

— -Emulsion, Bromsilber-, von Chardon David, Professor Eder, Dr. 

Albert 111 — 117. 

, Orthochromatisierung derselben 355. 

Korrektur von Ueberexpositionen durch Bromkalium und Bisulfite 258 

Licht, Absorption desselben durch chemische K&rper und Farben 10. 

— , Acetylen- 45. 

— , chemische Wirkung desselben 1. 2. 9 — 15. 

— , elektrisches 26. 27. 

- — Empfindlichkeit verschiedener Körper, Erhöhung derselben durch 

Absorption 13— 15. 
— , Gasglüh- (Auersches) 42. 
— . gefärbtes und monochromes 19 — 22. 
— , Hydroxygengas- (Drummondscber Kalk) 40 — 4a. 

-, Lampe von Moncklioven und Harnecker 41. 

— , k (inst lieh es, aktinische Wirkung desselben 25. 

— , kaltes 46. 47. 

— , Magnesium- 30 — 38. 

Blitz 33 — 38- 

— , natürliches, Wellenbewegung des 16 — 18. 

— Quellen, verschiedene andere 42 — 44. 

— . ultrarotes und ultraviolettes, chemische Wirkungen desselben 18. 19. 
— , Wirkung des, auf chemische Vorgänge und Naturvorgänge 1. 2. 

desselben auf Bromsilbergelatine- und andere Platten (latentes 

Bild) 75-84- 

— Empfindlichkeit des Bromsilbers, Erhöhung derselben durch Reifung 

130. 13t. 141. 

— — verschiedener Eisensalze 387 — 389. 

— — der Bi Chromate in Gegenwart organischer Körper 390. 

— Filter, Farbige, Absorption bestimmter Strahlen durch dieselben 

341 359 — 363- 

— — , Stellung derselben bei der Aufnahme 364. 365. 

— — , flüssige (Cuvettenfilter) 363. 364. 

— — , Wichtigkeit derselben für die Dreifarbeuphotograpbie 364. 

— Hof, Ursachen und Vermeidung desselben 173- 180 — 183. 
freie Platten (Antihalo, Isolar) 182. 183. 

— Wirkung, Verlängerte (Ueberexposition), Nutzen derselben 177. 
— , zu kurze (Unterexposition), Korrektur derselben 273. 

Magnesium -Licht 30 — 38. 

— Blitzlicht 33 — 38. 

— Oxyd, Gebranch desselben im organischen Entwickler 223. 224. 



— 4°3 — 

Malachitgrün, Sensibiiisator für Orange und Rot 348.. 

Maschinen zum Giesscn der Etnulsionspletten 153 — 156. - 

Methyl violett. Senaibilisator für Orange und Rot 348. 

Meto), organischer Entwickler, Konstitution, Eigenschaften 248 — 350. 

— , Vorschrift für den Entwickler mit 373. 274. 

— , Geeignetster Entwickler für unterexponierte Platten 273 

Natriumkarbonat (kohlensaures Natron, Soda), chemische Zusammen- 
setzung und Wirkung im organischen Entwickler 220. 

Naphtalinrot, Sensibiiisator für Gelb und Grün 347. 

Naphtolblau, Sensibiiisator für Orange und Rot 348. 

Natrium- Phosphat, Drei basisch es, Ersatzmittel für Alkalien im organischen 
Entwickler 225- 266. 

— -Sulfit, aullösende Wirkung für Brom- und Chlorsilber 208. 
— , Aufbewahrung desselben 213. 

— Bisulfit, Anwendung im Entwickler und in Fixierbädern 214. 291. 
- — sulfit befördert die reduzierende Wirkung der Entwickler 207. 
, konservierende Wirkung auf die organischen Entwickle rsubs tanzen 

206. 207. 210 — 212. 
, schädliche Wirkung eines grossen TJeberschusses im organischen 

Entwickler 209. 

, Schwärzungsmittel bei der Quecksilbervcrstärkuug 308. 

Natron, Aetz-, Wirkung im organischen Entwickler 220. 

— , Citronensaures, Verzögerun gsmittel bei der Entwicklung von Brom- 

süberbildern 258. 
— , Unterschwefligsaures (Fixiematron , Hyposulfit), zum Fixieren von 

Brotnsilber- und Kollodiumbildern 284 — 288. 
Negative, Gelatine-, Abziehen derselben 304. 
— , Verstärkung derselben 104. J05. 312 — 318. 
Negatives Silberbad, Zusammensetzung desselben 98. 
Negativ- Papier (Bronisübergelatine-Emulsioiis-) 173. 
— - Prozess auf Papier (Talbottypie) 88. 
Negative, Umgekehrte, mittels Kaliumpermanganat und Ammonium- 

persulfat 325 — 330. 
Neugrun, Sensibiiisator für Orange und Rot 348. 

Orthoch romatiaierung von Bromsilber-, Kollodium- und Gelatine- 

Emulsionsplatten 355 — 359. 
Orthochrom T, Sensibiiisator für Rot 350. 
Orthochromatische Kollodiumemulsion (Dr. Albert) 115. 

— SenaibiUsatoren für dieselbe 115. 

— Photographie, Theorie derselben 336. 337. 

Ortol, organischer Entwickler, Konstitution, Eigenschaften 252. 
— , Vorschrift für den Entwickler mit 276. 277. 
Oxalsäure, sensibilisierende Wirkung derselben auf Bromsilber 393. 
Oxalsaures Kali 189. 

— Eisen, Entwickler für Bro msilbe rem ulsi on s - Platten und -Papiere 

186-188. 

Papier- Negative, Lichthoff reihe it derselben 173. 183. 

— , Schwarzes, mit Glyzerin eingerieben, lichthofverh Indern des Mittel 



Paramidophenol. organischer Entwickler, Konstitntion, 

243 — 244. 
— , EntwicVlervorsclirift 771. 37». aBi. 
Permangauatl&sung, Kalium-, Essigsaure, Fi «iernatron zerstöret- 331. 

, Schwefelsaure, Abschwächer 335. 336. 

Phosphat, Drei basisches, (phosphoraanres Natron) Ersatzmittel für 

Alkalien im organischen Entwickler 234. 335. 
Photographie, orthochromatische, Theorie derselben 336 — 344. 

— — , Farbstoffe für dieselbe 345 — 353. 

— mittels RÖntgen(X)strahlen 373 — 379 
Photometer mittels photographischer Papiere 52. 
Photometrie (Aktmometrie) 48 — 52. 
Pinachrom, Senaibilisator für Rot 35a 

Pinaverdol, Senaibilisator für Gelb, Grün und Orange 347. 

Planfilms 169. 

Platten, Entwicklung unterexponierter 192. 373 — 375. 

— , Lichthoffreie, (Antihalo, Isolar) 183. 183. 

— , Ortho-, Iso-, Hyper- chromatische, Unterschiede 341 — 343. 

Pottasche = kohlensaures Kali, Wirkung im organischen Entwickler 319. 

Polymerieen der Silbern aloidsalze 80. 81. 

Präparation grosser Glasplatten mit Kollodium oft 

Putzen der Glasplatten für das nasse Kollodium verfahren 96. 

Pyrogallussaure, organische Entwickler, Allgemeines Ober dieselbe 329 

bis 334. 
— , Entwicklervorschriften (alkalische) 263 — 264. 
— , saurer Entwickler für Kollodium trockenplatten 121. 
— , Verstärkung für nasse Kollodium platten 103. 104. 
Pyroxylin = Kollodiumwolle, Darstellung 89 — 93. 

Quecksilber -Chlorid- Verstärk ungsmeth öden 307 — 311. 

— Jodid-Jodkalium-Verst&rkungsmelhoden 312. 313 

— , Gebrauch desselben hei dem chromopbotograpbischen Interferenz- 
verfahren 367. 

Radium, Eigenschaften und konstante Lichtausstrahlung desselben 379. 

3Bo. 
Reifung der Bromsilbergelatine- Emulsionen 135. 
— , Verschiedene Arten derselben 129. 13a 
— , Binfluss derselben auf die Empfindlichkeit der Emulsionen 130. 

131 Mi- 

des Ammoniaks auf dieselbe 128. 

der Temperatur auf dieselbe 127. 

— — überschüssiger Bromsalze auf diese 

— der Emulsionen, Bildung verschieden 

durch dieselbe 127. 128. 131. 133 

Restaurierung des negativen Silberbades 99. 100. 

Rhodamin, Sensibilisator für Gelb und Gelbgrfln 347. 

Kodinal, organischer Entwickler 371. 

Röntgenstrahlen (X- Strahlen), Photographie mittels derselben 373 
bis 379. 

Rotfilter, Herstellung derselben mit Safranin und Chrysoidiu 363. 

Ruhmkorffsche Spule, Anwendung in der Photographie mit Röntgen- 
strahlen 373. 



Safranin, Sensibüisator für Gelb und Grün 347. 
Salpetersäure, Zusati zum negativen Silberbade 99. 
Salpeteraaures Silber (Silbernitrat), Darstellung desselben 54 — 57. 

Oxyd- Ammoniak 58. 

Salpetrigsanres Silber (Silbernitrit), schädliche Wirkung auf die Brom- 

aübergelatine- Emulsionen 56. 
See co Ritus 172. 
Schleier, Beseitigung desselben in Kollodium platten 105. 

— , dichrol tisch er, Beseitigung desselben 289. 990. 335. 

— , Bmulsioiis-, Ursachen und Mittel gegen denselben 134. 135. 

-, Gelb- a88. 

Schwamm gstnittel bei der Quecksilber Verstärkung 307 — 309. 

Schwefelammoiiinm, Schwarzungsmittel 31a 

Senaibilisatoren, optische, für Gelb und Grün 345 — 347. 

Orange und Rot 347. 348, 

Rot 34a 349. 

— , allgemeine 350 — 352. 

— , Chemische, für Chlorsilber 385. 

Senaitometer 165 — 168. 

Silber- AI buminat, chemischer Sensibüisator für Chlorsilber 385. 

— Otrat, chemischer Sensibüisator für Chlorsilber 387. 

— -Bad, Negatives, für den Kollodin mprozesa 98 — IOO- 

— Haloidaalze (Chlor, Brom, Jodsilber). Veränderung derselben durch 

Licht Wirkung 74. 
--Nitrat, chemischer Sensibüisator für die Silberbaloldsalze 386. 

Oxalat, chemischer Sensibüisator für die Silberhaloldsalie 393. 

394- 
Soda, kohlensaures Natron, Gebrauch im alkalischen Entwickler 220, 
Solarisation, Ursachen, Merkmale und Verwertung derselben 177. 178. 
Spektrum, Wirkung der verschiedenen Zonen auf die Silbersalze 71 
bis 73. 

auf orthochromatische Platten 337. 353. 

Standeut wickluug 376. 28c 

Talbottypie, Ausführung derselben 88. 
Tanninloanng für Kollodium - Trockenpin tten iaa 

Temperatnr, Einfluss derselben auf die Empfindlichkeit der Bromsilher- 
emulsionen 137. 

— auf die Wirkung der Entwickler 254 — 256. 

Trockenplatten, Kollodium- 119 — 131. 

Trocknen der gewaschenen Bromsilbergelatine-Emulsion 145. 

präparierten Bromsilbergelatine-Platten 15a. 

Trockenschrank für orthochromatische Badeplatten 353. 

Ueberexposition, Kennzeichen und Korrektur derselben durch ge- 
eignete Entwicklung 175 — 177. 
— , Nutzen (Verwertung) derselben 177. 
— , Korrektur derselben durch Biaulfite 259. 
Umkehrung der Bilder durch Solarisation 175. 
Unterexposition, Entwickler für 273. 

Unterschwefligsau res Natron = Fiiiematron ■-■ Natrium -Hyposulfit 284. 
Uran Verstärkung (Ferrocyan-Uran) 317. 318. 



- 4°« — 

Verfahren, ammoniakalischea Herttellnngs-, von hochempfindlichen 
Bromsilbergelatine- Emulsionen 138 — 141. 
, saures, für wenig empfindliche Emulsionen 143. 
--, kaltes (Henderson) [42. [43. 
Verpackung der Trock tu platten 15g — 161. 
Verstärkung der nassen Kollodium platten 104. 105. 314 — 317. 

— von Gelatinenegativen 307. 312 — 318. 

Veraägerangsmittel bei der Entwicklung von Bfamsj Iberern ulsions- 

Plstten und -Papieren 190. 191. 257 — 239. 
Vidilfilms 171. 

Vorbad für unterexponierte Platten 192. 
Vorpräparation der Glasplatten, für das nasse Kollodium verfahren 97. 

— — — , lOr Gelatine -Ernnlsionsplatten 146. 147. 

Waschen der Gelatine- Emulsionen und Apparate dazn 144. 145. 
Wasserdampf, Einflusg desselben auf chemische Zersetzungen 383 386, 
WasserglaslSsung zur VorprBparation der Gelatine-Emutstonsplalten 146. 
Wirkung des Lichtet auf die Silber haloIdsaUe 384. 

— - - Sonnen Spektrums auf die Silberhaloldaalze 68 - — 73. 

Wolfram saures Calcium, Anwendung desselben in der Photographie 
mit Röntgenstrahlen 376 — 378. 

Zaponlack 334. 

Zerstörung des Fixier« atrons durch essigsaure Kaliumpermanganat 

losung 331. 
Ze»etzung der Silbersalze, Brnmsilberemulsionen durch das Licht 75 

bis 84. 



Wilhelm Knapp, SpezialVerlag für Photographie, Halle a. S 

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Geschichte der Photographie. 

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korr. Mitglied der kais, Akademie der Wissenschaften in Wien, Direktor 

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Hofrat Dr. doset Maria Eder, 

korr. Mitglied der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, Direktor 

der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt und o ö. Professor an 
der k. k. Technischen Hochschule in Wien. 

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II. Teil: Systematische Chemie. 

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BOUND 

JAN 3 11942 

UNIV. OF MiCH. 
LIBRARY 



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