Skip to main content

Full text of "Ueber die Bedeckungen der wirbellosen Thiere"

See other formats


l1losen 


"be 


7 Pax 
Rn 


L- 
1 


c 
lection 


ol 


Teinri 
G 


ng 
D 


Harri 


Te nn 


Ueber die Bedeckungen 


der 


WIRBELLOSEN TRIERE 


a 


+ an 


Fun- jr 
Von (u 22 1988 
AUBRANILS 

HEINRICH FREY. 


Pr 


Ya KL 
Erste Abhandlun 


(Mit einer Kupfertafel.) 


Abgedruckt aus den Göltinger Studien. 1847. 


Göttingen 
bei Vandenhoeck und Ruprecht. 


1848. 


n N j a 
PR. RE VE 


HERE yr BER Pr 
ieh ch Te | © 
fi In r OR 7 


ee alte va u \Z 5 ie n Fe ta Ä 

en a a EEE ar nase Ber wur 
a daran BILe: Er 

z ‚kr en Sa ARE eu es air Porn 

: ' nie Be ri u DER aaa 


Wr % 


Ueber die Bedeckungen 
der wirbellosen Thiere. 
Von 
Heinrich Frey. 


Erste Abhandlung: 


Bedeckungen der Infusorien, Zoophyten und Würmer. 


(Mit einer Kupfertafel.) 


B:im Studium der thierischen Organisation stossen wir auf 
einen Punkt, welcher seiner Befremdlichkeit und Sonderbar- 
keit willen unsere Aufmerksamkeit zu beschäftigen verdient. 
Ich meine die Manchfaltigkeit des Baues und der Structur, 
mit welcher einzelne Organe in der Thierwelt erscheinen. 

Diese Manchfaltigkeit ist oftmals eine so beträchtliche, ein 
Organ erscheint bisweilen fast in jeder Thierklasse, ja fast 
in jeder Familie in so eigenthümlicher Gestaltung, dass man 
auf den ersten Blick hier ein müssiges, zweckloses Spiel 
der Natur vermuthen sollte, eine Meinung, welche jedoch 
dem wissenschaftlich erkennenden Geiste des Menschen im 
höchsten Grade widerstreben und daher das Bedürfniss ei- 
ner anderen Erklärung erwecken muss. 

In der That gelingt auch eine solche Lösung in manchen 
Fällen ohne grosse Schwierigkeit. Zergliedert man die ein- 

1* 


4 


zelnen Functionen genauer, so bemerkt man alsbald, wie sehr 
ein Theil derselben, wenn auch in der Sprache des gewöhn- 
lichen Lebens und der Wissenschaft mit einem und demselben 
Ausdrucke bezeichnet, doch innerhalb der Glieder der Thier- 
welt sehr beträchtliche Verschiedenheiten darbietet. Wählen 
wir als ein Beispiel den Process der Verdauung! Dient 
auch dieser überall dazu, aus aufgenommenen Substanzen 
Bestandtheile abzuscheiden, welche für die Ernährung des 
Thieres bestimmt sind, wie verschieden muss dieser Process 
im Einzeln ausfallen. Bedenke man nur die Differenzen der 
Nahrungsmittel und des individuellen Bedürfnisses. Hier 
werden thierische Stoffe aufgenommen, welche nur geringer 
Umwandlungen bedürfen, um die Ernährung zu vermitteln, 
dort findet man eine Pflanzennahrung , aus welcher nur 
auf Umwegen Nahrungsstoffe bereitet werden können. Bei 
dem einen Geschöpfe werden Körper verzehrt, welche nur 
zu einem kleinen Theile Nahrungsstoffe darstellen, wo 
öfters erst nach vorhergehenden langwierigen Operationen 
aus einem Uebermaasse unverdaulicher Massen jene gewon- 
nen werden können. Die verschiedenen Substanzen des 
Körpers müssen durch die gleichen Materien regenerirt wer- 
den. Hierin liegt ein neues Moment für die Vielartigkeit des 
Verdauungsprocesses. Ein Thier, welches Chitin oder Cel- 
lulose unter den Bestandtheilen des Körpers führt, bedarf 
eines andern Ernährungsprocesses als ein Thier, bei wel- 
chem statt jener Substanzen die gewöhnlicheren Proteinver- 
bindungen angetroffen werden. | 

Hiernach werden uns denn die Differenzen mancher 
Organe begreiflich. Man wird es nicht mehr wunderbar 
finden, dass eine Actinie, ein Eingeweidewurm, eine Ler- 
näe, eine Decapode etc. Verdauungswerkzeuge von der grö- 
ssten Manchfaltigkeit der Form und Structur besitzen. 

Wenn sich auch solche Beispiele mit Leichtigkeit in 
beträchtlicher Zahl gewinnen lassen, man würde doch irren, 
wollte man jede Vielartigkeit körperlicher Theile immer mit 


3 


einer gleichen , correspondirenden Variabilität der Functionen 
abfertigen. Auf der anderen Seite könnte freilich der Um- 
stand dazu verführen, dass da, wo das organische Gesche- 
hen seiner Natur nach gleichartiger ausfällt, wie z.B. in den 
Functionen des Sehens und Hörens, auch die Organisation 
eine augenfällige Monotonie. darbietet, dass überall für die 
Wahrnehmung der Lichtwellen brechende Medien und ein 
flächenhaft ausgebreiteter, von Pigment umhüllter Nerv vor- 
kommen, für die Wahrnehmung der Schallwellen eine mit 
Flüssigkeit erfüllte Blase, an welcher sich ein Nerv verzweigt. 

Allein gerade derartige monotone, wenig unter sich 
abweichende Thätigkeiten sind häufig an sehr wechselnde 
materielle Substrate gebunden, oder es überflügelt die 
Manchfaltigkeit des Baues die erkennbaren Differenzen der 
Function höchst beträchtlich. Lassen wir auch Beispiele zur 
Seite, wo die vielleicht zu wenig gekannten Functionen ei- 
nem Zugeständnisse unseres Satzes ungünstig sind, wie 
manche Drüsen, z. B. Leber und Niere ; wählen wir gerade 
aus der Classe der Absonderungswerkzeuge ein Paar Bei- 
spiele, wählen wir die Generationsdrüsen, die Apparate, 
welche Samen und Ei bereiten. Das Ei sowohl was Form 
als Mischung betrifft, ebenso die Samenflüssigkeit mit ihren 
körperlichen Theilen, stellen ziemlich einförmige Producte dar. 
Warum ist ihre Bildungsstätte, weit entfernt an dieser Ein- 
fachheit Theil zu nehmen, gerade im Gegentheil die vielar- 
tigste, welche man sich denken kann ? 

Solche Verhältnisse, deren Zahl mit Leichtigkeit ver- 
mehrt werden kann, bedürfen einer anderen Erklärung. 
Bedenkt man die ungemeine Complication der thierischen 
Maschine, behält man im Auge, wie der Effect, die Fun- 
etion eines Organs immer nur das Facit oder der Collectiv- 
effect unendlich vieler Einzelthätigkeiten der Organtheilchen 
darstellt, so wird man es möglich und wahrscheinlich fin- 
den, dass die Natur eine bestimmte Gesammitthätigkeit eines 
Organes bei Benutzung auch sehr differenter Einzelthätig- 


6 


keiten zu erzielen vermag. Auf diesem Wege verschwin- 
det denn das Befremdliche obiger Manchfaltigkeit in beträcht- 
lichem Grade, man ist wie an andern Orten wenigstens 
dahin gelangt, einzusehen, wie ein bestimmter Zweck er- 
reicht werden kann, und man beruhigt sich auch hier bei 
der teleologischen Erkenntniss. Die Frage nach dem Warum 
bildet hier so wenig, wie anderwärts, ein Object der em- 
pirischen Forschung, deren Vorwurf es bleibt, das Vorhan- 
dene als ein Gegebenes zu betrachten und die Frage nach 
der Entstehung andern Thätigkeiten des Geistes zu über- 
weisen. Manches in dieser Beziehung lassen vielleicht in 
späterer Zeit Entwicklungsgeschichte und Morphologie ahnen, 
Disciplinen, deren geringe Ausbildung in der Gegenwart 
noch nicht gestattet, sie für unser Object nutzbar zu ma- 
chen. 

Wir haben uns bisher mit dem Gestaltenwechsel von 
Organen beschäftigt, welche dazu bestimmt waren, nur eine 
einzige, bestimmte Function in dem Mechanismus des Kör- 
pers auszuüben. Liess sich schon dort einiges Verständniss 
gewinnen, so ist die Manchfaltigkeit derjenigen Organe 
leichter begreiflich, welche dazu bestimmt sind, nicht mehr 
einem, sondern mehreren Zwecken gleichzeitig zu dienen. 
Bei einer derartigen Anhäufung der Function stehen die ein- 
zelnen Thätigkeiten in der Regel in wechselndem Verhält- 
nisse zu einander. Je nachdem bei dem einen Thiere die 
Function «@ über die Functionen 5 und c präponderirt, bei 
dem anderen c in die Rechte von « tritt, wobei noch @ 
und 5 auf ein Minimum reducirt werden können , müssen 
Verschiedenheiten des Baues entstehen, welche vielleicht 
oftmals keines weiteren Nachdenkens bedürfen. Somit lässt 
sich hier den obigen zwei Erklärungsmomenten noch ein 
drittes hinzufügen. 

Unter diesen Organen, welche gleichzeitig mehreren 
Zwecken dienen, steht die äussere Haut oben an. In 
der Hauptsache ein Schutzorgan, eine Hülle der Weichgebilde 


7 


v2 


des Körpers, ist sie auch bei den höchsten Organismen, 
den Wirbelthieren, ein Absonderungswerkzeug und Trägerin 
der verbreitetsten und unentbehrlichsten Sinnesthätigkeit, der 
Gefühls- und Tastwahrnehmungen. Schon hiernach , je 
nachdem es bald der Natur besonders um eine kräftige, 
feste Decke zu thun war,. oder auch die beiden anderen 
Functionen unverkümmert neben der ersten fortbestehen 
sollten, erscheint eine grosse Manchfaltigkeit des gröberen 
und feineren Baues. Die Bedeckungen sind bei den Wirbel- 
thieren einer der variabelsten Körpertheile. 

Bei den wirbellosen Geschöpfen kommen mit der Ver- 
einfachung der Organisation zu den bisherigen drei Functio- 
nen der Haut noch mehrere hinzu, welche bei den Verte- 
braten entweder gar nicht oder nur in Rudimenten (am 
häufigsten noch in der Embryonalperiode) vorhanden waren. 
Die Bedeckungen werden auf verschiedenem Wege zu Loco- 
motionsorganen; an ihnen entstehen Greifwerkzeuge ; sie 
werden ferner oftmals für die Athmung von Wichtigkeit, ja 
die einzigen Respirationsorgane; die Ernährung geschieht 
endlich auf der untersten Stufe der Organisation allein 
durch sie. 

Es würde überflüssig sein, schon hier, den nachfolgen- 
den Betrachtungen vorgreifend,, diese Differenzen weiter zu 
entwickeln oder in eine genauere Erörterung der ausseror- 
dentlichen Variabilität des Baues bei unserem Gebilde einzu- 
gehen. Nur soviel sei bemerkt, dass eine Anzahl von Or- 
ganisationsverhältnissen übrig bleiben, welche eine Redu- 
clion auf die Functionsverschiedenheiten nicht gestatten. So 
zerfallen, um nur ein Beispiel zu erwähnen, die Bedeckun- 
gen der wirbellosen Thiere in ‘zwei Abtheilungen, in eine 
Form, welche besonders, bisweilen fast ausschliesslich eine 
feste Hülle, einen Panzer darstellen, und in andere, welche 
weich bleiben und den übrigen Thätigkeiten, den vegetati- 
ven und Sinnesfunctionen grösseren Spielraum gestalten. 
Diese beiden Gegensätze des Starren und Weichen hätten 


8 


nun auf dem einfachsten Wege realisirt werden können, und 
namentlich hätte man bei den festen Bedeckungen , welche 
keinen lebhafteren Theil an den Functionen des Körpers ha- 
ben, eine solche Simplieität erwarten sollen. Allein gerade 
hier tritt uns eine wunderbare Vielartigkeit des Baues ent- 
gegen. Das einfachste, bei Wirbelthieren häufige Verhältniss, 
einer thierischen Grundmasse durch Einlagerung anorgani- 
scher Salze, namentlich Kalksalze, eine hinreichende Festig- 
keit zu verleihen, ist allerdings auch hier benutzt. Einmal 
aber besteht die Grundlage oftmals aus ganz eigenthümlichen 
Körpern, wie Chitin und Holzfaser, und nur seltener wohl 
aus den verbreiteten Proteinarten, dann sind die anorganischen 
Massen unter den verschiedensten und sonderbarsten Formen 
vorhanden, Formen, deren Verfolgung ein interessantes und 
wichtiges Object microscopischer Forschungen bildet. 

Die folgenden Blätter sollen dazu dienen, die bisherigen 
zerstreuten Forschungen und Beobachtungen, namentlich 
über den feineren Bau der Haut, mit einigen eigenen Un- 
tersuchungen vermehrt zusammenzustellen, um somit einer 
genaueren Erkenntniss der Bedeckungen wirbelloser Thiere 
den Weg zu bahnen und dem Scharfsinne eines Anderen 
Gelegenheit zu geben, das Vereinzelte zu einem wissen- 
schaftlichen Ganzen zu verknüpfen. 


1. Infusorien. 


Die Infusionsthierchen haben in den letzten Decennien 
die verschiedenartigsten Auffassungen erfahren. Einer der 
ausgezeichnetsten Forscher der Gegenwart, Ehrenberg, hatte 
seit einer Reihe von Jahren Lebensweise und Bau dieser 
Wesen mit eisernem Fleisse erforscht und als Resultat sei- 
ner Studien ausgesprochen : „Die Infusorien , weit entfernt 
die Anfänge der Thierwelt darzustellen, sind Geschöpfe von 
einer verhältnissmässig sehr hohen Organisation, mit einem 


9 


Nervensystem und Sinnesorganen, mit Verdauungswerkzeu- 
gen und deren Hülfsapparaten und mit Geschlechtsorganen 
begabt.“ Diese Ergebnisse !), obwohl sie mit einem der 
Hauptsätze der vergleichenden Anatomie in Widerspruch ge- 
riethen , wurden von einer Anzahl ausgezeichneter Gelehrten 
mit Enthusiasmus begrüsst. Auf der anderen Seite hat es 
nicht an widersprechenden Angaben gefehlt. Nicht nur dass 
man das Gezwungene und Willkührliche der Ehrenberg’schen 
Organdeutungen 'hervorhob, man hat die ganze höhere Or- 
ganisation der betreffenden Classe in Abrede gestellt und 
den Infusorien wieder die unterste Stufe in der Thierreihe 
angewiesen. In dieser Hinsicht verdienen besonders die 
Namen Dujardin 2) und v. Siebold 3) genannt zu werden. 

Es würde hier zu weit führen, die Resultate letztge- 
nannter Forscher, welchen ich nach eigenen Beobachtungen 
meinen Beifall nicht versagen kann, hier weiter auszuführen. 
Weit entfernt einen Organencomplex darzustellen, ist der 
Körper eines Infusorium so einfach gebaut, dass er in sei- 
nen einzelnen Theilen mit dem gewöhnlichsten Formelemente 
der Organismen, der Zelle, entweder vollständig überein- 
kommt, oder doch wenigstens so nahe verwandt ist, dass 
ein Vergleich mit den letzteren mehr als eine bloss ober- 
flächliche Spielerei darstellt, vielmehr zur Erkenntniss der 
Infusorien vom allergrössten Belang ist. 

Bekanntlich ist seit den Arbeiten Schleiden’s und Schwann’s 
nachgewiesen, dass als integrirende Bestandtheile der Zellen 


!) Neben zahlreichen in den Berliner Academieschriften enthalte- 
nen Aufsätzen vergl. man das Prachtwerk: G. Ehrenberg, die Infusi- 
onsthierchen als vollkommene Organismen. 1838. 


?2) Dujardin hat seine Untersuchungen zusammengestellt in der 
Schrift: Histoire naturelle des Zoophytes, Infusoires. Paris 1841 
(einem Theile der Nouvelles suites & Buffon). 


3) S. dessen Aufsatz: Parasiten im Physiolog. Wörterbueh von 


Wagner II. S. 681. und das Lehrbuch der vergl. Anatomie der wir- 
bellosen Thiere. 


10 


folgende Theile anzusehen sind: 1) eine die Zelle umschlie- 
ssende‘ und zusammenhaltende feine Haut, die Zellen- 
membran, 2) ein bald homogener, bald aus kleinen Kör- 
perchen bestehender Zelleninhalt und 3) ein bald bläs- 
chenartiges, bald festes Gebilde, welches entweder mehr 
centrisch im Zelleninhalte oder peripherisch an der Zellen- 
wand liegt, der Kern oder Cytoblast, Nucleus, in dessen 
Innerem dann 4) als letzte Bildung gewöhnlich ein eim- oder 
mehrfaches punktförmiges Körperchen, das Kernkörper- 
chen, Nucleolus, wahrgenommen wird. 

Vergleicht man hiermit den Leib eines Infusorium , so 
gelingt es ohne Schwierigkeit, die Bestandtheile einer Zelle 
herauszufinden. Im Innern desselben fällt uns bei den mei- 
sten Geschöpfen ein heller consistenter Körper auf, welchen 
Ehrenberg als männliche Geschlechtsdrüse beschrieb, wir 
aber mit weit grösserem Rechte als den Kern ansehen dürfen. 

Es könnte freilich auf den ersten Blick der Umstand 
befremden, dass jener Körper bei den einzelnen Gattungen 
grosse Differenzen in Zahl und: Form darbietet. Indessen 
braucht man sich nur an die mehr-, selbst vielfachen Kerne 
der Samenzellen bei Säugethieren und Vögeln zu erinnern, 
um ersteres Verhältniss begreiflich zu finden. Schwerer 
dürften die sehr beträchtlichen Formverschiedenheiten des 
betreffenden Gebildes mit unserm bisherigen Wissen über 
Zellenformation in Einklang zu bringen sein. Bei pflanzli- 
chen Zellen sind mir allerdings keine Facta bekannt, welche 
für eine Metamorphose des rundlichen oder ovalen Zellen- 
kernes sprechen. Dagegen bietet uns die animalische Zelle 
unter Umständen etwas hierher Bezügliches dar. Ohne gro- 
sses Gewicht auf die Metamorphose der Kerne in manchen 
Fasergeweben zu den sogenannten Kernfasern legen zu 
wollen, da dieser Gegenstand neuer Untersuchungen be- 
dürftig erscheint !), ehe er als Factum in die Gewebebil- 


') Diese geistvolle, bekanntlich von Henle (allg. Anatomie. S. 193) 


11 


dung eingeführt werden kann, erinnere ich nur an eine 
merkwürdige Gestaltung des Kernes bei Insekten, welche 
Leuckart und ich !) beobachteten. Im Mastdarme der Rau- 
pen, z. B. dem des Sphinx ligustri, gewahrt man als Drüsen- 
schicht grosse, etwa '/s’’' messende, unregelmässig sechs- 
eckige Zellen, in deren Innerem ein ganz eigenthümlicher, 
in die Länge gezogener , gewöhnlich vielfach verzweigter 
Kern enthalten ist. Weniger ausgebildet und mehr an das 
gewöhnliche Verhältniss erinnernd, fanden wir diese Kerne 
bei der Raupe von Bombyx Rubi. Eine noch grössere 
Annäherung zu einem gewöhnlichen Nucleus zeigt sich an 
demselben Orte bei manchen anderen Insektenlarven, z. B. 
denen der Phryganeen, Tenthredinen und einzelner Käfer. 
Kurze Zeit später wurde dieselbe auffallende Bildung von H. 
Meckel 2) an den Speicheldrüsen der Raupen beschrieben. 
Nachdem einmal so höchst abweichende, offenbar einer 
Weiterbildung des Nucleus angehörige Formen beobachtet 
sind , scheint es wenig mehr gewagt, die obigen Körper 
des Infusorienleibes als Kerne zu deuten. Die bandförmi- 
gen, ringartigen, spiraligen, paternosterschnurartigen For- 
men jenes Gebildes lassen sich gewiss ebenso leicht auf 
die Primitivform des Nucleus reduciren, als die seltsamen 
Gestaltungen bei den Insektenlarven. Da wo jenes Gebilde 
die rundliche oder ovale Form beibehält und oftmals in sei- 
nem Innern noch ein oder zwei kleinere Körperchen enthält, 
z. B. bei Chilodon Cucullulus ist die Uebereinstimmung mit 
Nucleus und Nucleolus aufs Deutlichste ausgeprägt. Als Zellen- 
inhalt hat man das bald wasserklare, bald aus sehr feinen 
punctförmigen Molekeln oder den verschiedenartigst gefärbten 
Körnchen bestehende Contentum des Infusorienkörpers anzu- 


aufgestellte Theorie hat bisher, soviel ich weiss, nur durch die Be- 
obachtungen von Zwicky (Metamorphose des Thrombus) eine Bestäti- 
gung erfahren. 

!) Wagner’s Zootomie. II. S. 61. 

?) Müller’s Archiv. 1846. S. 26. 


12 


sehen, wo man für beide Fälle an manchen Formen der 
Epithelialgebilde, an Ganglienkörpern und an den Pigment- 
zellen der Wirbel- und noch mehr der wirbellosen Thiere 
Parallelen finden wird. Selbst die lokalen Ansammlungen 
eines gewöhnlich rothen körnigen Pigmentes bei einer gro- 
ssen Anzahl von Infusionsthierchen,, welche von Ehrenberg 
zur Demonstration von Sehwerkzeugen benutzt worden sind, 
lassen eine Vergleichung mit beschränkten Pigmentanhäufun- 
gen mancher thierischer Zellen, z. B. der lokalen braunen 
Pigmentansammlung, welche nicht selten an den Ganglien- 
körpern des Frosches und auch zuweilen an denen des Men- 
schen beobachtet wird. Wohl ebenfalls dem Pigmente zu- 
zurechnen dürften die violetten, bald körnigen, bald flüssi- 
gen Massen sein, welche einzelne Geschöpfe (Nassula ele- 
gans und Chilodon ornatus) besitzen, ebenso wohl ein Theil 
der grünen Körnchenmassen, welche durch den ganzen 
Körper mancher Infusionsthierchen verbreitet sind. In den 
beiden letzteren Fällen erinnern die Färbungen gewöhnlich 
nicht an das körnige Pigment, sondern eher an die gefärb- 
ten Fettkügelchen, wie sie z.B. in Zellen an den Schnäbeln 
und Füssen der Vögel angetroffen werden. 

Manche Eigenthümlichkeiten der Körpersubstanz des ein- 
zelligen Infusorienorganismus stehen allerdings noch ganz 
vereinzelt da. Hierher ist wohl vor Allem zu rechnen die 
aus der chemischen Beschaffenheit der Leibessubstanz resul- 
tirende Fähigkeit, Hohlräume oder Vacuolen zu bilden, eben- 
so das Vorkommen pulsirender Räume. Weniger unverständ- 
lich ist dagegen die Rotation der grünen Kügelchen in ge- 
schlossenem Strome, welche im Körper von Loxodes Bur- 
saria beobachtet wird. Die bekannten Saftströmungen der 
Charen liefern für pflanzliche Zellen ein Analogon, für ani- 
male hat bereits Kölliker ein paar ähnliche Beobachtungen ge- 
macht. In den kernlosen Samenzellen von Polyclinum stel- 
latum bewegte sich die Flüssigkeit in zahlreichen kleinen 
Strömchen. In Zellen, welche an den keimenden Armen 


13 


einer Echinodermenlarve (Asterie) vorkamen, verliefen Ström- 
chen radienförmig vom Kern nach der Peripherie I). 

Haben wir somit eine Uebereinstimmung zwischen der 
Körpersubstanz der Infusorien und dem Inhalt thierischer 
Zellen erlangt, so müssen wir in der Hülle, der Haut 
dieser Thiere eine Zellenmembran erblicken. Bei der in 
der Regel so beträchtlichen’ Kleinheit der Infusorien könnte 
allerdings die Frage aufgeworfen werden: Haben denn jene 
Thiere wirklich eine besondere Hülle an ihrem einfachen 
Körper? In der That hat auch ein tüchtiger, um diese 
Thierklasse hochverdienter Forscher, Dujardin, den Versuch 
gemacht, ihnen eine solche Haut ganz abzusprechen. Er 
berief sich hierbei auf das Zusammenfliessen der durch Aus- 
sackungen und Verlängerungen der Körpermasse gebildeten 
Anhänge der Rhizopoden. Fände in der That ein solches 
Zusammenfliessen wirklich statt , so würde man unseren 
Thieren eine Hülle absprechen müssen. Indessen ist, wie 
Ehrenberg gewiss mit vollem Rechte eingeworfen hat, eine 
solche Verschmelzung keine wirkliche , vielmehr nur schein- 
bar hervorgerufen durch das temporäre Aneinanderlegen 
solcher Fortsätze. Dujardin ist indessen selbst dem Zuge- 
ständnisse einer solchen Membran näher, als es auf den er- 
sten Blick erscheint, indem er zugibt, dass die Oberfläche 
des Infusorienkörpers in Contact mit der umgebenden Flüs- 
sigkeit erhärten könne. 

Der Nachweis einer feinen und zarten Membran gelingt 
an einer Zelle am leichtesten auf einem zweifachen Wege. 
Einmal man übt einen mässigen, immer steigenden Druck 
aus. Dann beobachtet man endlich ein Zerreissen der Hülle, 
welches sich durch raschen Austritt des Zelleninhaltes an 


I) Entwickelungsgeschichte der Cephalopoden. S. 136. Bekannt- 
lich kommen auch die beiden letzteren Bewegungsweisen, die schaum- 
förmige und radienförmige, in pflanzlichen Zellen nach den Angaben 
Nägeli’s vor. 


14 


der verletzten Stelle kund gibt. Hiervon ganz verschieden 
verhalten sich hüllenlose Kugeln. Bei ihnen breitet sich bei 
steigender Pression das ganze Gebilde nach allen Seiten aus, 
was uns jede grössere zähe Masse ebenfalls zeigt. Behan- 
delt man die Infusorien auf diesem Wege, so entsprechen 
die Erscheinungen, wenn anders nicht zu beträchtliche Klein- 
heit der Thiere die Beobachtung trübt, dem ersten und nicht 
dem letzten Vorgange. 

Ein zweiter Weg des Nachweises beruht in der isolirten 
Darstellung der Zellenmembran. Eine solche nach dem Zer- 
reissen oder Zerpressen eines Infusorium aufzufinden,, ge- 
lingt nun in der Regel nicht. Höchstens bemerkt man bei 
grösseren Geschöpfen, z.B. den Stentoren, aber undeutlich, 
‚zarte kleine Fetzen an der Oberfläche der Körpermasse, 
welche vielleicht hierher gehören dürften. Wie dem sei, 
wir können jedenfalls hieraus eine grosse Feinheit und Zart- 
heit der umhüllenden Membran entnehmen. Dass an ihr keine 
Spur weiterer Zusammensetzung wahrnehmbar sei, bedarf 
wohl kaum der Erwähnung !). 

Nach dem Vorausgeschickten stellt somit eine einfache 
Zellenmembran die Integumente auf der untersten Stufe der 
Thierwelt dar. 

Bei der ungemeinen Einfachheit der Organisation über- 
nimmt dieselbe eine Reihe der wichtigsten Verrichtungen. 
Durch ihre Sensibilität wird sie zum alleinigen Sinneswerk- 
zeuge, durch ihre Permeabilität bei einem Theile der Thiere, 
den mundlosen Infusorien , zum Ernährungsorgane, durch 
die gleich zu erwähnenden Anhänge wird sie Locomotions- 
werkzeug. Als Secretionsorgan tritt sie gleichfalls nicht sel- 


I) Andere vereinzelte Fälle sprechen ebenfalls für die Existenz 
einer distineten Haut, z.B. die oftmals dicht unter derselben befind- 
lichen Vacuolen, ferner die contractilen Räume bei Actinophrys Sol, 
welche unmittelbar unter der Körperoberfläche liegend, die Haut 
öfters wie einen Bauchsack bei ihrer Ausdehnung hervortreiben. 
(Siebold’s vergl. Anatomie. S. 22). 


15 


ten auf. Die Panzer der Rhizopoden und einiger ächter In- 
fusorien sind entweder Secrete der Haut oder fremde Kör- 
per, welche durch eine derartige thierische Masse zusam- 
mengehalten werden. 

Die chemische Beschaffenheit der Haut ist gleich der 
des ganzen Körpers der Infusorien noch vollkommen unbe- 
kannt. Ebenso weiss man nicht, welche Substanzen in die 
weichen Gehäuse dieser Thiere eingehen. Die festen und 
zierlichen Panzer der Polythalamien enthalten einen beträcht- 
lichen Reichthum. an Kalksalzen und widerstehen in Folge 
dessen der Verwesung und dem Feuer. 

An der Haut erscheinen manchfache, fast nur zur Lo- 
comotion und zur Nahrungsaufnahme dienende Anhänge. 
Hierher sind vor allem die Flimmerhärchen zu rechnen, 
welche eine grosse Verbreitung geniessen. Sie kommen 
bald über den ganzen Körper, bald nur über einzelne Theile 
desselben verbreitet vor. Sie scheinen auch hier der Zellen- 
wand implantirt zu sein, wie dieses fast überall der Fall ist. 
Von ihnen zu unterscheiden hat man grössere Haare oder 
Wimpern , welche einer willkührlichen Bewegung fähig sind. 
Sie werden iheils an der Mundöffnung anhängbar, theils als 
sogenannte Haken (uneini) zerstreut über den Körper, na- 
mentlich die untere Fläche desselben gefunden. Ein langer 
dünner Faden , welcher peitschenähnlich vom Thiere bewegt 
werden kann, wird namentlich bei einigen Infusorien ohne 
Mundöffnung bemerkt. Bei den Rhizopoden ersetzen die 
seltsamen Ausstülpungen der Haut die Stelle der hier fehlen- 
den besonderen Locomotionswerkzeuge. 

Um mich keiner Auslassung schuldig zu machen, führe 
ich als zweifelhaft hierher gehörende Wesen, die merkwür- 
digen Gregarinen auf. Diese von Leon Dufour aufgestellte, 
später von Siebold I) und Kölliker 2) genauer untersuchte 


I) Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Danzig 1839. 
2) Die Lehre von der thierischen Zelle in Schleiden’s u. Nägeli’s 
Zeitschrift für Botanik. 1845. 


16 


Gattung, welche im Inneren verschiedener wirbelloser Thiere 
lebt, besteht aus vollkommen einzelligen Wesen. Im Allge- 
meinen kommen sie alle bei verschiedener Form und Grösse 
darin überein, dass ein centraler Kern von bläschenartigem 
Aussehen mit einem deutlichen, wohl ebenfalls vesiculären 
Nucleolus vorkommt, ferner ein gewöhnlich moleculäres 
Zellencontentum und eine Zellenmembran, welche vollkom- 
men structurlos, aber von verschiedener Dicke und Festig- 
keit erscheint. Die Bewegungen dieser Wesen geschehen 
bei einem Theile durch deutliche Contractionen der Zellen- 
membran , vermöge welcher man bisweilen den Zelleninhalt 
hin und hergetrieben werden sieht, eine Lebensthätigkeit 
der Zellen, welche bisher nur noch an den Dotterzellen der 
Planarien von Siebold !) und Kölliker 2) bemerkt worden ist. 
Andere Gregarinen lassen diese Beweglichkeit ihrer Hülle 
nicht erkennen. So bemerkte ich es neben anderen in 
verschiedenen Würmern der Nordsee vorkommenden Gre- 
sarinen besonders an zwei kleinen Formen dieser Thiere, 
welche im Darmkanale von Gammarus pulex und Julus ter- 
restris sehr bäufig sind. Hier hat die den ovalen Körper 
umschliessende Zellenmembran eine gewisse Dicke. Die Be- 
wegungen geschehen in Form eines ganz eigenthümlichen 
geraden Fortgleitens, vollkommen eben so wie bei den Na- 
vicularien. : Die Triebfeder blieb mir gänzlich verborgen. 
Die Zellenmembran erschien immer ganz starre und unver- 
änderlich. — Die Fortpflanzung dieser Geschöpfe soll nach 
den Beobachtungen Kölliker’s auf dem Wege endogener Zel- 
lenbildung stattfinden, während die der Infusorien besonders 
durch Einschnürung und Theilung von Kern und Zelle er- 
folgt. 


I) S. Bericht der Berliner Academieverhandlungen von 1841. 


2) Wiegmann’s Archiv 18147. 1. 


17 


2. Cölenteraten!) 


a) Polypen. 

Steigen wir jetzt eine Stufe höher in der Thierreihe zu 
den Polypen (welche ich auf die Ehrenbergischen Anthozoen 
beschränke), so tritt uns hier, wenn anders die vorhande- 
nen spärlichen Untersuchungen schon zu einem allgemeine- 
ren Ausspruch berechtigen können, eine viel höhere Orga- 
nisation der Bedeckungen entgegen. 

Ein ausgezeichneter französischer Zootom, A. de Qua- 
trefages,, hat vor einigen Jahren eine den Actinien nahe ver- 
wandte Anthozoengattung Edwardsia an der Nordküste von 
Frankreich entdeckt und zum Gegenstande einer sehr ge- 
nauen Monographie gemacht 2). Wir können dieses Ge- 
schöpf, da seine Bedeckungen unter allen Polypen am ge- 
nauesten gekannt sind, zuerst betrachten. Bei diesem lang- 
gestreckten wurmförmigen Thiere, welches nicht wie die 
übrigen Anthozoen festsitzt, sondern sich mit dem hinteren 
Theile des Körpers nach Art mancher Würmer in den Sand 
eingräbt, sind Anfang- und Endstück des Körpers von gro- 
sser Durchsichtigkeit, der mittlere Theil desselben ist dage- 
gen opak, Differenzen, welche auf einer verschiedenen Dicke 
und Ausbildung der Haut beruhen. 

Diese besteht überall aus zwei Lagen oder Schichten, 
einer oberen und unteren (für welche Quatrefages die nicht 
ganz passenden Benennungen von Epiderme und Derme vor- 
schlägt). Die obere dieser Schichten lässt sich am leichte- 
sten am mittleren, opaken Theil des Körpers präpariren, 
während sie an den übrigen Stellen viel feiner, selbst bis 
zu 0,002’ und nur durch Maceration darzustellen ist. Sie 


I) Ueber diese von Leuckart und mir gewählte Bezeichnung 
vergl. man die Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Braun- 
schweig 1847. 


2) Annales des Sciences naturelles. IIe Serie. Tome XVIN. p. 79. 
2 


18 


erscheint als eine homogene, structurlose Membran, an den 
Endtheilen farblos, an der mittleren Partie des Körpers von 
‚einem Farbestoffe gleichmässig durchtränkt und mit einzelnen 
Elementarkörnchen versehen. 

Einen ähnlichen Bau zeigt auch die tiefere ae der 
Haut, in deren homogener Masse feine Molekeln eingebettet 
liegen. 

Die verwandte, bekannte Gattung Actinia ist hinsichtlich 
ihrer Bedeckungen leider noch viel zu wenig untersucht, als 
dass man über die» Structur derselben etwas Genaueres 
wüsste. Vermuthlich kommen auch hier zwei Lagen vor. 

Die sonderbaren Lucernarien zeigen dieselbe Duplieität 
der Hautschiehten wahrscheinlich über den ganzen Körper. 
Beide Lagen bestehen ebenfalls aus einer homogenen Grund- 
substanz, enthalten jedoch zahlreiche gekernte Zellen einge- 
sprengt. In der untersten Lage trifft man ausserdem noch 
einzelne gewundene feine Fibrillen, manchen Formen von 
elastischen Fasern nicht unähnlich !). Bei den übrigen An- 
thozoen werden vermuthlich ähnliche homogene Membranen 
als Bestandtheile der Integumente, bei kleineren Formen 
vielleicht auch nur in einfacher Lage getroffen. Bei den von 
Milne Edwards 2) so meisterlich untersuchten Gattungen Al- 
eyonidium und Lobularia bestehen die zarten Bedeckungen 
des Körpers aus zwei sehr feinen Häuten, eine Duplicität, 
welche sich bis herunter in den Polypenstock erhält. 

In der Regel grenzt sich der Polypenkörper mit der 
eben beschriebenen obersten Hautschicht nach oben ab. 
Bisweilen jedoch sind einzelne Theile noch mit einem Ueber- 
zuge von Platten- oder Wimperepithelien bekleidet (wodurch 
denn auch die Quatrefages’sche Benennung der obersten 
Lage als „Epiderme“ unrichtig erscheint). Ein solches Epi- 


ı) Frey und Leuckart, Beiträge. S. 9. 


2) Annales des Sciences naturelles. Ile Serie. Tome IV. 


19 


thelium hat zuerst Erdl !) an den Fangarmen und Tastläpp- 
chen von Veretillum und Actinia beobachtet. 

Die chemische Beschaffenheit der Polypenhaut ist noch 
völlig unbekannt. Ebensowenig wissen wir etwas über ihre 
Entstehung. Sie kann möglicherweise eine doppelte sein. 
Einmal könnte die Haut von den oberflächlichen Furchungs- 
kugeln des Embryo als eine structurlose Masse secernirt 
werden (nach Art der Ascidien) und die in ihr vorkommen- 
den Gewebetheile, als Kerne, Zellen, Fasern, könnten erst 
nachträglich entstehen ; oder zweitens die oberflächlichen 
Furchungszellen würden mit einander verschmelzen und so 
die Integumente darstellen. Letztere Entstehung könnte 
vielleicht den Vorzug einer grösseren Frequenz in der Thier- 
welt für sich geltend machen, wie denn auch die Verschmel- 
zung von Zellen zu structurlosen Membranen nicht ohne 
Analogie dastehen dürfte. 


Nur ein kleiner Theil der Anthozoen und zwar nur ein- 
zelne grössere Thiere dieser Gruppe, beispielsweise die 
Actinien, Eleutherien, Fungien und Cyathinen führen ein 
vereinzeltes Dasein, indem sie entweder frei leben oder an 
fremden Körpern aufsitzen. Der bei weitem grössere Theil 
der Polypen lebt dagegen in Colonieen, oder Thierstöcken, 
in Vereinen, welche im Verhältniss zur Masse des Einzel- 
thieres oftmals von riesenhaften Dimensionen sind. 

Die Bildung solcher Thierstöcke 2) findet ihre Erklärung 
in der Vermehrungsart. Einmal pflanzen sich die Anthozoen 
in der gewöhnlichen Weise durch Eibildung fort. Die Em- 


I) Müller’s Archiv 1842. 


2) Ein richtiges Verständniss des Polypenstockes verdankt man 
zuerst den schönen Untersuchungen von Ehrenberg (über die Corallen- 
thiere des rothen Meeres. Berliner Academieschriften von 1832). Die 
nachfolgenden Zeilen sind im Grunde nur eine Paraphrase jener treffli- 
chen Abhandlung des hoch verehrten Forschers. 

DE 


20 


bryonen vermögen sich auf-diesem Wege vom Mutterthiere 
entfernt festzusetzen und werden so zu Gründern einer 
Colonie. 

Hat sich einmal ein Polyp auf diesem Wege fixirt, so 
vermag er ohne weiteren Geschlechtseinfluss sich ferner zu 
vermehren. Er kann sich theilen, wahrscheinlich jedoch 
nur der Länge nach. Aus einem Thiere werden sonach 
zwei, welche, je nachdem die Theilung vollkommener oder 
unvollständiger war, in verschiedenem Grade .mit einander 
zusammenhängen. Die beiden Geschöpfe vermögen ein je- 
des für sich denselben Prozess aufs Neue durchzumachen. 
Auf diesem Wege entwickelt sich mit dem Factor zwei eine 
Colonie. Ein Beispiel eines solchen Polypenstockes bietet 
die Gattung Caryophyllea dar. N 

Demnach entstehen durch denselben Theilungsprozess, 
wie wir ihn bei den Infusorien anführten, Polypenvereine. 
Nur tritt eine vollkommene Trennung mit Ablösung, wie sie 
den meisten Infusorien eigen ist, hier niemals ein. Die 
Polypenstöcke können, wie es Ehrenberg that, mit den 
Colonien der Vorticellinen verglichen werden. 

Eine zweite ungleich häufiger vorkommende Propaga- 
tionsmethode ist die Knospenbildung. An den verschieden- 
sten Stellen erhebt sich die Leibeswandung in einer war- 
zenartigen Ausstülpung, welche immer weiter und weiter 
wächst, zuletzt an ihrer Spitze Fühler erhält und sich mit 
einer Mundöffnung versieht. Es entsteht so an dem Stamm- 
thier ein neuer Sprössling, welcher zwar eine gewisse 
Selbstständigkeit erlangen kann (indem die Leibeshöhle von 
der des Muttergeschöpfes sich zu trennen vermag), niemals 
jedoch von seinem Boden sich ablöst, um sich an einem 
andern Orte festzusetzen. 

Man begreift leicht, wie auf diesem zweifachen Wege, 
sei es nun auf einem allein oder beiden vereinigt, die Natur 
die verschiedenartigsten Thierstöcke zu erzielen vermag. 
Die Form der Polypencolonieen ist daher nur von sehr un- 


21 


tergeordneter Bedeutung und keineswegs von einer characle- 
ristischen, wie man früher annahm. Eine und dieselbe 
Polypengattung kann nach den Umständen ganz differente 
Stöcke hervorbringen. 

In der That würde auch der Polypenstock nicht zu so 
vielen Controversen und Irrthümern Veranlassung gegeben 
haben, wäre er weich geblieben. Dadurch aber, dass die 
Bedeekungen und Körperwände der Einzelthiere erhärten und 
oftmals in einem hohen Grade, ist ein Verständniss schwie- 
riger. Bedenkt man die Kleinheit der meisten Thiere, die 
ungenaue Kenntniss ihrer Organisation, welche erst seit 
zwei Decennien einer besseren Einsicht Platz gemacht, so 
darf es kein Wunder nehmen, dass der Polypenstock noch 
so ungenügend gekannt und oftmals so irrig gedeutet ist. 

Die Bedeckungen durch Einlagerung anorganischer, na- 
mentlich Kalkmassen zu erhärten, ist, wie schon in der 
Einleitung unseres Aufsatzes bemerkt und wie sich später 
noch vielfach ergeben wird, ein sehr gewöhnliches, fast in 
allen Classen wirbelloser Thiere angewandtes Mittel, dass 
es uns nicht Wunder nehmen darf, bei den Polypen eben- 
falls darauf zu stossen. Eine solche Induration wird hier 
zur Erhaltung eines oftmals in langer Zeit entstandenen 
mächtigen Thiervereines im höchsten Grade nothwendig. 

Es ist gleichfalls schon oben bemerkt worden, dass 
eine derartige Solidification in mehrfacher Weise realisirt 
werden kann. Die anorganische Substanz kann chemisch 
an die Haut gebunden sein, wie an den Knochenknorpel 
ein Theil der Kalksalze, oder sie kann in bestimmten Kör- 
pern vorkommen , Kalkkörpern,, oft von der sonderbarsten 
Gestaltung. Solche werden wir später in grosser Ausdeh- 
nung, namentlich auch bei den Echinodermen antreffen. 

Diese beiden Erhärtungsweisen finden wir auch bei 
den Polypen angewandt. Während erstere mehr da vor- 
kommt, wo steinharte Polypenstöcke gebildet werden sollen, 
stösst man auf letztere schon bei noch ganz weichen flei- 


22 


schigen Thiervereinen und in noch höherem Grade bei Stö- 
cken, welche eine mehr lederartige. Consistenz besitzen. 
Betrachten wir daher zuerst die letztere Erhärtungsweise. 

Eine solche kommt besonders, vielleicht ausschliesslich 
den Familien der Alcyoninen, Pennatulinen und Gorgoninen 
zu 1). ö 
Für die Alcyonien hat schon vor einer Reihe von Jahren 
ein ausgezeichneter Forscher , Milne Edwards 2), classische 
Untersuchungen angestellt, die erste Arbeit, in welcher 
genau und gründlich das Verhältniss der Einzelthiere zum 
Polypenstock mit dem Mieroscope studirt ist. Sie bildet die 
Grundlage für weitere Beobachtungen und wir gehen daher 
von ihr aus. 

Der Polypenstock der Gattung Alcyonidium zeigt einen 
oberen weichen Theil, an welchem die Mundscheiben der 
Thiere sitzen, und einen unteren Theil von grösserer Con- 
sistenz. Bei genauer Beobachtung bemerkt man, wie die 
einzelnen Polypen die ganze Länge des Stockes einnehmen, 
in Form langer senkrecht oder parallel neben einander ste- 
hender, auf dem Wege der Knospe gebildeter Röhren, wel- 
che theilweise an der Basis ineinander übergehen oder auch 
atrophiren. Man bemerkt die schon oben erwähnte Dupli- 
cität der Bedeckungen an unseren Thieren. Der obere Theil 
einer jeden Röhre bleibt nun ganz weich, erst beim Eintritt 
in den Stiel des Stockes fangen die einzelnen peripherischen 


I) Es ist dem Verfasser aus Mangel an Materialien leider nicht 
möglich gewesen, hier eine Abgrenzung genau stecken zu können. 
Die untersuchten Thiere (Spiritusexemplare) sind im Texte erwähnt. 
Möge ein anderer Forscher in günstigerer Lage diesem für Zoologie 
wichtigen Gegenstande seine Aufmerksamkeit zuwenden. Derartige 
nach der Verwesung der Thiere freigewordene Kalkkörper hat Ehren- 
berg in den Abhandlungen der Berliner Academie von 1841 (Ueber 
Verbreitung und Einfluss des microscopischen Lebens in Amerika) 
unter den Namen Spongolithis und Lithostylidium beschrieben und ab- 
gebildet. 

?2) Annales des Sciences naturelles Zoologie. Serie II. Tome IV. 


23 


Röhren an zu verkalken. Es lagern sich nämlich in die 
Bedeckungen eigenthümliche braune Körperchen von spin- 
delförmiger Gestalt mit zackiger Oberfläche ein. Sie beste- 
hen aus einer organischen Grundlage und kohlensaurem 
Kalke. Hiernach wird ein jedes Thier aus einem unteren 
Theile von grösserer Consistenz und einem oberen weiche- 
ren Theile gebildet. In den ersteren kann sich nun der 
letztere einstülpen, oder um den gewöhnlichen Ausdruck 
zu gebrauchen, der Polyp kann sich in seine Zelle zu- 
rückziehen. Diese Zelle ist aber ein Theil des Thieres 
selbst, eine verhärtete Bedeckung, nicht eine von der Haut 
abgesonderte todte Masse, welche dem Thiere zum Gehäuse 
dient. 

' Wenn der Thierverein bei Alcyonidium in seiner An- 
ordnung sehr deutlich erscheint, so ist es etwas schwieri- 
ger, die Polypenstöcke der Gattung Aleyonium oder Lobula- 
ria zu verstehen. Hier scheinen auf den ersten Blick an 
der Oberfläche des Stockes wahre Zellen vorzukommen. In- 
dessen überzeugt man sich, dass der Bau wesentlich der- 
selbe bleibt. Die Röhren stehen, nur mehr radial, gehen 
eine innigere Vereinigung mit einander ein, welche die 
Substanz des Stockes darstellt, und die Grenze des weichen 
und harten Theiles der Polypenröhre ist scharf markirt. 
Man bemerkt an: dem oberen weichen Theile des Thieres 
die zwei Schichten der Bedeckungen. Eine Strecke weit von 
der Mundscheibe herunter kommen die Kalkspindeln ganz 
ähnlich denen des Alcyonidium, aber farblos, in acht Längs- 
reihen vor, welche nach unten schief auseinander weichen 
und zuletzt mit einigen quergelagerten Kalkkörpern schliessen. 
Bei Alcyonium digitatum massen die grössten derselben 0,150 
— 0,130°°, die mittleren 0,100 — 0,080‘, die kleinsten nur 
0,030 — 0,025‘. Die Zahl der Zacken war an den grösse- 
ren sehr beträchtlich ), an den kleineren viel sparsamer 


!) Sie sind getreu in der Abhandlung von Milne Edwards abge- 
bildet. 


24 


und hier gewöhnlich in Form von zwei Quergürteln vor- 
handen. 

Beim Uebergang in den Polypenstock entfernt sich die 
äussere Lamelle der Haut von der inneren, wird: viel dicker 
und schwammartig. In ihr trifft man an der Rinde des 
Stockes eine Unmasse kleiner unregelmässiger zackiger Kalk- 
körperchen eingelagert, im Innern dagegen sparsamere, oft- 
mals verästelte Spindeln von sehr wechselnder Form. 

Eine ähnliche Anordnung der Polypen kommt im Stocke 
der Gattung Veretillum vor. Die eingelagerten Kalkkörper 
erscheinen dagegen in einer ganz anderen, eigenthümlichen 
Gestalt. Sie sind von Huschke !) bei Veretillum Cynomorium 
entdeckt, in ihrer Bedeutung aber verkannt und den Otoli- 
then zugerechnet worden. 

„Sie haben ein regelmässiges, ziemlich gleich grosses, nicht 
krystallinisches Ansehen und kommen in den Aussentheilen 
(der Hülle) des Stieles vor. Sie sehen aus wie Waizenkör- 
ner, sind also länglich, etwas plattgedrückt und mit abge- 
rundeten Rändern versehen. Mit Salzsäure brausen sie auf, 
verlieren dabei ihre weisse Farbe, werden durchsichtig und 
gelblich, behalten aber vollkommen ihre Gestalt und ent- 
halten also eine festere thierische Grundlage neben dem 
kohlensauren Kalke“, dieses sind ungefähr die Worte des 
Verfassers. 

Diese Körper (fig.1.) haben im Allgemeinen eine ovale, 
etwas plattgedrückte Form (fig. 1. c. von der Seite) bei einer 
ziemlich wechselnden Breite. Die Contouren sind scharf und 
dunkel, das Innere ist wasserhell, von sehr feinen concen- 
trischen Linien durchzogen. Ein Theil von ihnen (fig. 1. d) 
ist über die Mitte mit einer Querlinie versehen, ein anderer 
Theil hat noch eine jene unter rechtem Winkel kreuzende 
Längslinie (fig. 1.e). Diese Linien, welche auch schief gelegt 
sein können, sind bisweilen fein und zart, öfter aber scharf, 


') Sömmerring’s Anatomie, Neue Auflage, Band V. S. 880. Note, 


25 


dunkel und etwas unregelmässig, so dass man sie von 
Bruchflächen kaum unterscheiden kann. Die Grösse fand 
ich im Gegensatze zu Huschke beträchtlich schwankend (fig, 
1.a.undb.), in der Länge von 0,042 durch 0,035 u. 0,028‘ 
bis herunter zu 0,012’ und weniger, in der Breite von 
0,030 — 0,01‘. Die organische Grundlage erscheint nach 
der Extraction der Kalkmassen zarthäutig und fein granulirt. 
Die Lagerung der Körper wird auf Querschnitten durch Be- 
handlung mit Kali deutlich. Man findet, dass sie alsdann 
‘ am Stiele durch die ganze Dicke die Polypenröhren in gro- 
sser Menge umgeben. Der Stamm des Stockes und die 
einzelnen Polypen bleiben von Kalkkörpern vollkommen frei. 

Eine dritte Form der Kalkkörper trifft man bei Penna- 
tula (phosphorea). Da meine Exemplare die weichen Theile 
der Thiere verloren hatten, so liess sich leider die Beobach- 
tung nur ungenügend anstellen. 

Sämmtliche Kalkkörper haben die Form langer unver- 
ästelter Stäbe. Ein Theil von ihnen stellt ganz regelmässige, 
an beiden Enden zugespitzte Nadeln von rother Farbe dar. 
Die Länge ist oft eine sehr ansehnliche bis zu 1‘, kleinere 
messen 0,25 — 0,16‘. Die Dicke beträgt im Mittel 0,055 — 
0,030‘. Bei Behandlung mit Säuren löst sich die anorgani- 
sche Masse unter Aufbrausen und der Farbestoff geht ver- 
loren. Die organische Grundlage besteht aus mehreren 
structurlosen Lamellen. Auffallend ist es, dass häufig nur 
ein Theil einer Nadel gefärbt, der übrige dagegen farblos 
erscheint. Andere Nadeln sind ganz farblos, 0,15 — 0,5’ 
lang, an den Enden etwas kolbig angeschwollen oder mehr 
abgeflacht, bisweilen um ihre Achse gedreht und häufig 
von Längslinien durchzogen. Kleinere Nadeln, oftmals so- 
gar nur 0,033 in der Länge und 0,006‘ in der Breite 
und weniger messend trifft man ebenfalls häufig. Sie sind 
fast immer farblos. Die Haut besteht auch hier wahrschein- 
lich überall aus zwei Lagen, einer oberen farblosen feinen 
‘Schicht, welche sich falten und zerfasern lässt, und einer 


26 


unteren dickeren Lage von gelblichem Colorit, die durch das 
Messer in Längsbalken zerlegt wird. An einzelnen Stellen 
trifft man in der oberen Lage ovale verlängerte Kerne und 
dunkle, den elastischen ähnliche Fasern eingebettet. 

Von Interesse ist es, die Anordnung der Kalknadeln 
am Polypenstocke zu verfolgen. An den einzelnen neben 
einander stehenden Polypenröhren bemerkt man die grossen 
rothen Nadeln in Längsreihen gruppir. An dem freien 
Rande der erhärteten Haut springt eine Anzahl dieser Längs- 
nadeln frei vor und bewirkt hier die schon dem blossen 
Auge sichtbaren rothen Spitzen. Zwischen diesen Längs- 
reihen der grossen rothen Nadeln findet man zahlreiche 
kleinere, meist farblose, entweder ersteren parallel liegend 
oder mehr oder minder schief angeordnet, wodurch bis- 
weilen sehr zierliche Gruppirungen entstehen. - An dem 
oberen, Polypenröhren tragenden Theile des Stammes hat 
die Haut auf der einen Seite ein rauhes höckeriges Ansehen. 
Dieses hängt von einer ganz anderen Anordnung der Kalk- 
körper ab. Es stehen nämlich theils colorirte, theils farb- 
lose Nadeln büschelförmig mehr oder minder senkrecht auf 
den Bedeckungen. An dem federlosen Theile des Stieles 
trifft man breite farblose Nadeln, meistens in longitudinaler 
Anordnung, welche nach abwärts immer sparsamer werden, 
so dass zuletzt die organische Masse der Haut ganz frei zu 
Tage tritt. 

Bei den Gorgoninen kommen, wie schon Ehrenberg 
früher bemerkte, die Kalkmassen der Haut in Form spin- 
delartiger Körper vor. Ich habe nur alte getrocknete 
Exemplare untersuchen können. Bei Gorgonia flabellum 
haben die Spindeln (fig. 23) eine Mittelgrösse von 0,046 — 
0,032‘ bei einer Dicke von 0,003, 0,004 — 0,008‘. Die 
Spindeln haben eine ziemlich reguläre Form, laufen an den 
Enden spitz zu und sind in der Mitte am dicksten. Eigen- 
thümlich sind Quergürtel rundlicher, warzen- oder knopflör- 
niger Vorsprünge, deren Zahl zwei bis vier Paare beträgt. 


27 


Gewöhnlich ist das mittlere Paar am grössten und die äusse- 
ren Gürtel beträchtlich kleiner. Hierdurch erhöht sich die 
Dicke einer Spindel oftmals bis gegen 0,020‘. An die Na- 
deln der Pennatula erinnernd ist auch hier, aber nicht an 
allen Spindeln, ein Pigment von rother Farbe vorhanden, 
bisweilen nur über einen Theil des Körperchen verbreitet. 
Gelbgefärbte Spindeln Kommen ebenfalls nicht selten vor. 
Die Bildung der Kalkkörper scheint auf dem Wege der Ap- 
position von kleinen Körperchen aus stattzufinden. Man 
bemerkt solche von mehr nadelartiger, ziemlich schlanker 
Form, etwa 0,016‘ in der Länge und 0,002’ in der Breite 
messend, welche nur zwei Gürtel von je vier stumpf coni- 
schen Vorsprüngen besitzen. Dann trifft man grössere, wel- 
che sich an den Enden verlängert haben, wo die Vorsprünge 
des mittleren Paares stärker entwickelt sind und an den 
Enden ein neues Gürtelpaar kleinerer Vorsprünge sich an- 
setzt. Man bemerkt auf diesem Wege alle Uebergangsfor- 
men zu den grösseren, zuerst beschriebenen Körpern. 

Interessant ist es, hiermit die Kalkmassen von Gorgonia 
lepadifera zu vergleichen. Dieselben bestehen theilweise 
aus flachen unregelmässigen Schuppen von einer im Allge- 
meinen ansehnlichen,, bisweilen bis zu 1’ steigenden Grösse. 
Sämmtliche Schuppen sind an der ganzen Oberfläche mit 
einer Unzahl niedrigerer conischer Vorsprünge besetzt. Neben 
diesen Schuppen stösst man auf Kalkkörper von allen mög- 
lichen, ‘oft den sonderbarsten Formen, welche immer die 
characteristischen Formen zeigen, bis herunter zu wahren 
Spindeln, welche sich jedoch neben einer gewissen Irre- 
gularität besonders durch die gezackten Oberflächen von 
den regelmässigeren Kalkspindeln der Gorgonia flabellum 
unterscheiden lassen. Ein Colorit haben mir diese Massen 
bei zwei Polypenstöcken nirgends gezeigt. 

Von Gorgoninen habe ich ferner Bebryce mollis untersucht. 
Man trifft hier sowohl in der Haut des Einzelthieres als in der 
Rindenmasse des Polypenstockes ähnliche Spindeln, wie bei 


28 


den Aleyonıen , daneben aber noch grössere Kalkmassen 
von unregelmässiger sternarliger Gestalt mit zackigen Ober- 
flächen. Die grösseren Spindeln und die Kalksterne gehören 
besonders dem Ueberzuge des Polypenstockes an und sind 
hier in grossen Quantitäten eingelagert. An den einzelnen 
vortretenden Polypen werden die Spindeln kleiner und spar- 
samer und erscheinen meistens in transversaler Anordnung. 

Wir haben aus den bisherigen Betrachtungen die Er- 
härtung der Haut durch Einlagerung der verschiedenartig- 
sten Kalkkörper kennen gelernt, welche zur Bildung der 
sogenannten Polypenzellen Veranlassung gibt. Neben dieser 
Erhärtung findet man noch häufig eine zweite harte Masse, 
welche nicht aus den verschmolzenen Leibeswandungen ab- 
zuleiten ist, vielmehr eine eigenthümliche feste Achse dar- 
stellt, wahrscheinlich als ein Product der gemeinschaftlichen 
Secretion sämmtlicher Polypen eines Stockes. Man hat ei- 
nen solchen Körper, welcher wohl eine geringere Rolle in 
der Oeconomie der Polypencolonie spielen dürfte und nur 
einen Träger oder eine Stütze dieser darstellt, mit dem Na- 
men eines Kern- oder Stammgerüstes bezeichnet im 
Gegensalze zu den erhärteten Bedeckungen, dem sogenann- 
ten Röhrengerüste. 

Eine solche Achse kommt unseren bisher betrachteten 
Polypengattungen in sehr verschiedener Ausbildung zu. Den 
Aleyonien fehlt sie gänzlich. Bei Veretillum stellt sie ein 
ganz kleines dünnes Stäbchen im Stiele dar. Grösser und 
mächtiger besitzen sie Pennatula und Bebryce. Bei den 
Gorgoninen ist sie endlich in baumartiger Verzweigung so 
stark vorhanden, dass die Polypen nur als ein dünner Ue- 
berzug derselben erscheinen. 

Ihre Structur ist eine ganz andere als die der äusserli- 
chen harten Massen. Sie besteht überall aus einer organi- 
schen Grundlage von einem undeutlich faserigen Gefüge oder 
vielleicht richtiger einer Substanz, welche künstlich in un- 
regelmässige Balken und Fasern zerlegt werden kann. Da- 


29 


neben erhält sie durch geringere oder grössere Quantitäten 
anorganischer Masse, namentlich kohlensauren Kalkes eine 
verschiedene Festigkeit und Härte. Niemals findet man aber 
bier die Kalkmasse in jenen eigenthümlichen Körpern abge- 
lagert, sie liegt immer nur in Form kleiner Molekeln der 
organischen Grundmasse eingesprengt. Die Farbe des Stieles 
scheint nur von letzterer abzuhängen. 

Wir wenden uns schliesslich zur grossen Gruppe der 
Madreporinen. Bei diesen Geschöpfen hat der Polypenstock 
wohl die irrigsten Auffassungen erfahren. Man hat nament- 
lich viel von Kerngerüsten dieser Thiere gesprochen, welche 
in der That hier nicht existiren. Die unglückliche Meinung 
von einer durch den Polypen abgesonderten todten Zelle ist 
die hauptsächlichste Veranlassung zu Täuschungen geworden- 
Erst im Jahre 1832 hat Ehrenberg geistvoll und scharfsin- 
nig den Irrthum hervorgehoben. „Man glaubte“, sagt dieser 
Forscher !), „dass bei manchen Anthozoen die Achse fast 
hohl, bei sehr vielen zellig ist. Allen diesen Thieren muss 
man eigentlich einen Mangel der Achse zuschreiben, obwohl 
die Mehrzahl der Steincorallen , alle Oculinen , Madreporen, 
Milleporen, Caryophylläen etc. in diesem Falle ist und ob- 
wohl man gerade bei diesen gewohnt ist, von einer steiner- 
nen Achse zu sprechen, welche sie nicht besitzen. Das, 
was in diesen Fällen die Schwierigkeit der Deutung und die 
Unklarheit der Bildung veranlasst, ist die partielle Kalkab- 
sonderung (=Verkalkung) des Körpers, welche sich leicht 
mit der Achsenbildung verwechseln lässt. — — — Bei den 
Madreporen verschmelzen die abgeschiedenen Kalktheile des 
Körpers in ein netzförmiges zusammenhängendes Gerüste, 
— — von dem sich bei den Caryophylläen das Thier all- 
mählich zurückzieht, indem es sein ehemaliges inneres Kno- 
chengerüste als Fuss und todten Stiel benutzt.“ 

Die Polypenstöcke der Madreporinen lassen sich leicht 


!) Corallenthiere des rothen Meeres a. a. 0. S. 244. 


30 


verstehen, wenn man von den isolirt lebenden oder den 
grösseren Thiergattungen ausgeht. Die Zelle einer Cyathina 
ist nichts weiter, als die erhärtete oder verkalkte Haut mit 
den Scheidewänden der Leibeshöhle. Eine Fungie hat diese 
Verkalkung in einem geringeren Grade. Es ist hier bloss 
der untere Theil der Septa und der Körperwandungen und 
nicht die über die Septa ausgespannte Haut verkalkt; bei 
einer Caryophyllea ist es nur der untere Theil der Röhre, 
welche in eine steinharte Masse erstarrt ist. Die Madrepo- 
ren sind nichts, als Polypen mit im höchsten Grade ver- 
kalkten Körperwandungen, in welche sich, wie bei den 
früheren Ordnungen, der obere weichere Theil des Thieres 
einstülpen kann. 

Die Erhärtung erfolgt aber hier auf einem anderen ein- 
facheren Wege, der Kalk ist chemisch gebunden an die In- 
tegumente. Von bestimmten Kalkkörpern scheint keine Spur 
mehr vorzukommen. Ich fand wenigstens bei Oculina, Cya- 
thina, Caryophyllea eine scheinbar unorganisirte Steinmasse, 
aus welcher sich durch Anwendung verdünnter Säuren eine, 
wie es schien, aus zwei structurlosen feinen Lamellen be- 
stehende weiche Haut darstellen liess. Ob bei anderen Ma- 
dreporen der Vorgang anders ist, konnte ich nicht untersu- 
chen, bezweifle es aber sehr. 


b) Acalephen. 


Während wir in der vorigen Classe uns hinsichtlich der 
Bildung der Haut in vollkommener Ungewissheit befanden, 
kennt man bei den Quallen die Integumente an den merk- 
würdigen Larvenformen fast genauer als beim erwachsenen 
Thiere. Jene Larven haben bekanntlich lange Zeit hindurch 
für Polypen gegolten und unter diesen die Gruppe der Hy- 
droiden ausgemacht. Es würde uns zu weit führen , woll- 
ten wir hier die Gründe unserer Annahme erörtern und zei- 
gen, wie allmählich diese höchst bedeutungsvolle Erkennt- 


3l 


niss durch die Beobachtungen von Siebold, Sars, Beneden, 
Dujardin u. A. gewonnen wurde. 

Ich stelle auch hier wieder eine Beobachtung des schon 
oben erwähnten Forschers, Quatrefages, um ihrer Genauig- 
keit willen in den Vordergrund. Bei einer solchen polypen- 
artigen Larvenform , Hydractinia (Synhydra) !), kommt eben- 
falls eine aus zwei Lagen bestehende Haut vor, eine An- 
ordnung, welche nicht nur über den ganzen Körper, son- 
dern auch an dem flächenhaft ausgebreiteten Stocke nach- 
zuweisen ist. Die oberste Lage ist auch hier eine vollkom- 
men glashelle, structurlose Membran von grosser Feinheit, 
ungefähr nur 0,001‘ dick. Die untere Schicht zeichnet sich 
durch eine viel ansehnlichere, bis etwa 0,006’ betragende 
Stärke aus und enthält ebenfalls eine homogene Grundsub- 
stanz. In ihr bilden sich die festeren Partieen des hornarti- 
gen Stockes, welcher ebenfalls kohlensauren Kalk enthält. 
An den Fühlern wird diese härtere Lage viel feiner. Eine 
ähnliche Structur der Haut beobachtete ich ebenfalls an einer 
derartigen, bisher unbekannten Larvenform , der Hydractinia 
grisea.. Ebenfalls existirt bei den übrigen Tubularien 2) 
eine gesonderte Haut, welche durch eine Ausstülpung zu 
den Bedeckungen der knospenartig hervorwachsenden Aca- 
lephe wird 3). Auch an den Larvenformen seiner drei Aca- 
lephengattungen , Cladonema , Sthenyo und GCallichora, hat 
Dujardin %) ebenfalls eine vom Körperparenchym gesonderte 


!) Annal. des Sciences naturelles. Ile Serie. Tome XX. 


2) Es bedarf wohl kaum einer Erwähnung, wie unwissenschaft- 
lich es ist, die Larven oftmals ganz differenter Acalephen nach ge- 
wissen Aehnlichkeiten hin zu Geschlechtern zu vereinigen, eine Me- 
thode, welche gewiss in der Folge gänzlich aus der Zoologie ver- 
schwinden wird. 


3) Van Beneden, M&m. sur les Tubulaires de la Cöte d’Ostende. 
Bruxelles 1845. 


*) Annal. d. Science, nat. Ile Serie. Tom. IV. S. 262. 


32 


Haut bemerkt, wenn er gleich in dem irrigen Bestreben, 
den niederen Thieren besondere Integumente abzusprechen. 
hier in eine gewisse Verlegenheit geräth. Auch bei unsern 
gewöhnlichen Süsswasserpolypen, der Gattung Hydra, welche 
freilich beim Mangel einer Verwandlung und manchen andern 
Eigenthümlichkeiten nicht recht hierher passen will, kommt 
eine besondere Haut vor, deren Structur noch nicht hinrei- 
chend gekannt ist. 

Aus der Uebergangsperiode, wo die knospenarlig er- 
zeugte Acalephe von ihrem Mutterstocke abgelöst schon frei, 
aber noch in einer vom erwachsenen Thiere mehr oder 
minder abweichenden Form umherschwimmt , liegt ebenfalls 
von Quatrefages eine sehr sorgfältige Untersuchung der Haut 
vor. Ich glaube nämlich hierher das sonderbare, von die- 
sem Forscher aufgefundene, Eleutheria benannte Geschöpf !) 
rechnen zu dürfen. Die Haut ist hier noch wenig verändert, 
die zwei Schichten sind dieselben geblieben, beide erschei- 
nen wesentlich als structurlose Membranen , die obere fei- 
ner, die untere dicker. In letzterer sind Pigmentmassen 
enthalten. Der bald carminrothe, bald gelbe Farbestoff 
scheint nach den Beobachtungen des französischen Zootomen 
in kleinen, 0,003° und weniger messenden, rundlichen, 
kernlosen Zellen abgelagert zu sein, als eine homogene flüs- 
sige Masse mit sehr kleinen dunklen Elementarkörnchen, 
also in einer vom gewöhnlichen körnigen Pigmente der Wir- 
belthiere bedeutend abweichenden Form , eine Differenz, 
welche auch im chemischen Verhalten durch die Löslichkeit 
in Kali zu Tage tritt. Letzterer Umstand kommt nicht allein 
diesem Farbestoffe, sondern, wie wir sehen werden, fast 
allen Pigmenten der wirbellosen Thiere zu. 

Es würde von Interesse sein, durch genaue verglei- 
chende Untersuchungen darzuthun, ob und wie weit die 
Bedeckungen der erwachsenen Acalephen mit denen der 


I) Annal, des Scienc. nat. IIe Serie. Tom. XVII. 


33 


Larvenformen übereinkommen. Leider fehlt es hier noch 
sehr an Material, so dass man nur auf Vermuthungen an- 
gewiesen ist. Die vorliegenden Angaben über die Bedeckun- 
gen der Acalephen rühren fast alle von Will !) her. Bei 
den Schirmquallen fand dieser Forscher bei Cephea, dass 
die Zellen des Körperparenchyms gegen die Peripherie hin 
etwas gehäufter werden und vermuthlich noch einen Ueber- 
zug einer feinen amorphen Membran bekommen. Bei Ge- 
ryonia wurde eine solche structurlose Haut mit Sicherheit 
bemerkt, eine Beobachtung, welche ich an einer Species 
der Nordsee zu wiederholen Gelegenheit hatte. Ebenfalls 
dieselbe Haut in einfacher Lage kommt bei den Rippen- 
quallen vor. Bei Eucharis ist sie von grosser Feinheit und 
Durchsichtigkeit, im lebenden Zustande opalisirend. Nach 
dem Tode wird sie weiss und opak. Bei Bero& ist sie da- 
gegen stärker, derber und weniger durchsichtig, so dass 
sie sich leichter von der Körpersubstanz unterscheidet. In 
ihr kommen zahlreiche kleine, 0,0025 — 0,0033‘'’ messende, 
granulirte Körper vor, welche vielleicht Zellen sind. 

Die verschiedenen Pigmente an der Oberfläche der 
Acalephen scheinen durchaus von Zellen umschlossen zu 
werden, welche bald rundlich, bald verästelt sind. Runde 
aggregirte Pigmentzellen beobachtete R. Wagner bei Pelagia 2), 
verästelte Zellen fand Will bei Cephea und Bero&. Sie ge- 
hören wohl immer der Körpersubstanz an. 

Irre ich mich nicht, so entspricht dieses einfache Häut- 
chen der oberen Lamelle der Hydroiden Hydractinia und 
Eleutheria. Die tiefere Lamelle scheint dagegen verschwun- 
den und mit dem zelligen Körperparenchyme verschmolzen 
zu sein, wofür namentlich noch der Umstand sprechen 


I) Sie sind enthalten in der Schrift: Horae Tergestinae oder 
Beschreibung und Anatomie der im Herbst 1843 bei Triest beobach- 
teten Acalephen. Leipzig 1844. 


2) Ueber den Bau der Pelagia noctiluca. Leipzig 1841. 
3 


34 


dürfte, dass die Pigmentzellen , welche bei Eleutl 
ihr angehörten, in dem oberflächlichen Theile der Kö 
substanz vorkommen. Bei der grossen Feinheit der H: 
würde es auch begreiflich sein, dass mein verehrter Lehre 
Wagner in seinen schönen Untersuchungen der Pelagia eine 
aus gekernten polyedrischen Zellen bestehende Oberhaut an- 
gibt und ich selbst solche Zellen äusserlich am Körper von 
Weingeistexemplaren der Vetella bemerkte !). Die eigentli- 
che Oberhaut ist hier entweder übersehen oder war bereits 
zerstört, und die polyedrischen Zellen gehören zum Körper- 
parenchyme. 

Am Körper der Acalephen, namentlich an den Anhän- 
gen desselben, als den Armen, Tentakeln etc. kommt häu- 
fig ein Flimmerepithelium vor. 

Eigenthümliche Bildungen stellen die sogen. Schwing- 
plättchen der Rippenquallen dar, um deren genauere 
Kenntniss sich besonders Milne Edwards 2) und Will 3) Ver- 
dienste erworben haben. Bei verschiedener Lagerung am 
Körper erscheinen diese Apparate, welche wohl Hülfsorgane 
der Locomotion sind, gebildet aus einer Anzahl kammartig 
neben einander gestellter Wimpern. Letztere sind von sehr 
beträchtlicher Grösse, wohl die ansehnlichsten aller bekann- 
ten Wimperhaare. So fand sie Will bei einem zwei Zoll 
grossen Exemplare der Eucharis multicornis 0,5‘ lang, bei 
einer Breite von 0,015° Das Haar erscheint ein wenig 
breit gedrückt und an den Rändern fein gekerbt. Diese 
Cilien, welche nur lose mit einander zusammenhängen, sind 
gleich den meisten Wimpern auf Zellen implantirt. Letztere 
haben hier eine Grösse von 0,016 — 0,011‘ und einen 
granulirten Nucleus. { 

Neben ihrer so beträchtlichen Grösse haben diese Wim- 
perapparate noch das Eigenthümliche, dass ihre Bewegun- 

!) Wagner’s Zootomie. II. S. 543. 


2) Annales des Sciences naturelles. IIe Serie. Tom. XVI. S. 201. 
3) 2.20. S.56. 


35 


amt und beschleunigt, ebenso auf alle Schwingplatten 
gedehnt oder nur auf eine Anzahl derselben beschränkt 
_ werden können. Andererseits erinnert ihre Bewegung, wel- 
che an abgetrennten Stücken Stunden lang ununterbrochen 
fortgeht, wieder an die der gewöhnlichen Flimmerzellen. 


Die Haut unserer beiden Thierclassen, der Polypen und 
Acalephen, ist mit ganz besonderen mieroscopischen Orga- 
nen versehen, welche zwar auch noch in höheren Qlassen 
wirbelloser Thiere angetroffen werden, nirgends jedoch eine 
solche Verbreitung geniessen , wie gerade hier. Diese Ge- 
bilde sind die sogenannten Nesselorgane. 

Die Entdeckung derselben geschah durch R. Wagner 
und Ehrenberg. Ersterer Forscher !) bemerkte sie im 
Jahre 1835 bei Actinia rufa und holsatica an gewissen 
fadenförmigen , in der Leibeshöhle vorkommenden Orga- 
nen. Da er die letzteren für Geschlechtsdrüsen nahm, so 
lag der Gedanke sehr nahe, in den ausgestülpten Nessel- 
werkzeugen die Spermatozoen der Aclinien zu sehen, wie 
denn auch die Aehnlichkeit derselben mit manchen Formen 
der Samenfäden eine grosse ist. Ehrenberg ?) erkannte die 
nämlichen Organe an den Fangarmen der Hydren und war in 
der Deutung gleich anfangs glücklicher. Im J. 1839 beob- 
achtete Wagner 3) dieselben Gebilde bei mehreren Acalephen 
des Mittelmeeres. Er bemerkte jetzt, dass die früher be- 
schriebenen Gebilde der Actinien auch an der Aussenfläche 
des Körpers sehr häufig vorkamen. Er berichtigte hiernach 
den früheren Irrthum und nannte unsere Organe, ihnen 
das bekannte Nesseln der Thiere zuschreibend,, Nesselwerk- 
zeuge. Spätere Untersuchungen, an welchen eine grosse 


!) 'Wiegmann’s Archiv 1835. II. S. 215. 
2) Abhandlungen der Berliner Academie von 1839. 
3) Wiegmann’s Archiv 1841. I. S. 38. 

3% 


36 


Anzahl von Beobachtern, namentlich Erdl !), Milne Edwards 2), 
Kölliker 3), Quatrefages 4%), von Siebold 5) und Dujardin 6) 
Antheil nahmen , zeigten die grosse Verbreitung unserer 
Nesselorgane bei Anthozoen , bei den Larven und erwach- 
senen Thieren der Acalephen , und liessen merkwürdige 
Structurverhältnisse erkennen. 

Die Nesselorgane, welche bald über den ganzen Kör- 
per der Thiere zerstreut, bald nur an einzelnen Theilen 
desselben vorkommen, haben die Gestalt kleiner farbloser 
Bläschen. mit verhältnissmässig sehr festen Wandungen. Ihre 
Form ist gewöhnlich eine eiförmige, bisweilen auch durch 
die Vergrösserung des Längendurchmessers eine cylindrische, 
seltener eine gurkenartige oder kuglige. Die Grösse ist sehr 
verschieden, steigt herauf bis zu 0,025‘, kann aber auch 
bis gegen 0,005‘ und weniger herabsinken. 

Das Gebilde wird von einer ziemlich dunklen, glatten 
Contour begrenzt, welcher sich häufig noch eine zweite in- 
nere und feinere Linie ziemlich enge anschliesst. Der Inhalt 
des Bläschens erscheint wasserklar, nur in der Achse sieht 
man gewöhnlich einen stabförmigen Körper, seltener einen 
enge gewundenen spiraligen Faden. 

Wird nun auf das Bläschen ein Druck ausgeübt, so_ 
bemerkt man mit Erstaunen, dass an dem einen Ende ein 
Faden hervortritt, zuerst in engen spiraligen Windungen das 
Bläschen verlässt, dann immer mehr und mehr sich auf- 
wickelt, bis er sich zuletzt nach einigen Minuten ganz 
gerade streckt und aus seinen bisherigen langsamen und 
zitternden Bewegungen in den Zustand der Ruhe übergeht. 


1) Müller’s Archiv 1841. S. 423. u. 1842. S. 303. 

2) Annal. des Science. nat. IIe Serie. Tome XVI. p. 193. 

3) Beiträge zur Kenntniss der Samenflüssigkeit. Berlin 1841. 

*) -In dem oben citirten Aufsatze über Edwardsia. 

°) Dessen Beiträge etc. und Lehrbuch der vergl. Anatomie der 
wirbellosen Thiere. 

6) Annal. des Sciences naturelles. Ilfe Serie. Tome IV. p. 257. 


37 


Untersucht man jetzt den Nesselapparat genauer, so 
bemerkt man, dass das Bläschen seine Form mehr oder 
weniger verändert , an Breite verloren, dagegen an Länge 
merklich zugenommen hat. Die zweite oder innere Contour 
desselben ist verschwunden , ebenso das in der Achse des 
Bläschens gelegene stabförmige Körperchen. Letzteres hat 
sich offenbar als Faden aufgerollt. Dieser erscheint von ei- 
ner ausserordentlichen Feinheit, weniger indessen noch an 
seinem Anfang als an seinem Ende, , wo er so ungemein 
dünne wird, dass er sich auch unter einem guten Microscop 
der Beobachtung entzieht. Die Länge des Fadens ist, ver- 
glichen mit der Grösse des Bläschens, eine sehr beträchtli- 
che, und kann bis 0,33’, 0,5, ja selbst bis 1 be- 
tragen. 

So verhalten sich die Nesselorgane im Allgemeinen bei 
Polypen und Acalephen. Im Einzelnen kommen jedoch zahl- 
reiche Differenzen vor, von welchen wenigstens einige einer 
näheren Betrachtung werth sind. 

Bei den häufigeren und einfacheren Nesselwerkzeugen 
bemerkt man, dass der Faden unmittelbar in das Bläschen 
oder die Kapsel übergeht, sei es nun gerade oder noch 
unter einigen weiten Spiralwindungen, so z. B. bei Veretil- 
lum und Edwardsia. In diesen Fällen ist es schwierig, sich 
über die Verbindung von Faden und Kapsel eine genügende 
Vorstellung zu bilden. 

Nicht immer erscheint jedoch der aus der Kapsel her- 
vorgeschnellte Faden in einer solchen Einfachheit. Bei meh- 
reren Thieren, beispielsweise bei Pelagia noctiluca und Al- 
eyonium exos findet man ihn bandartig abgeplattet und nach 
Art eines Strickes gedreht. 

An den Nesselwerkzeugen der Actinia holsatica und 
rufa hatte Wagner bei seinen ersten Untersuchungen den 
Basaltheil des Fadens mit höchst feinen Härchen besetzt 
oder hefiedert angetroffen. An denselben Species der Acti- 
nia überzeugte sich später Kölliker, dass der unmittelbar 


38 


dem Bläschen anliegende Theil des Fadens in engen Spira- 
len gedreht ist, und dass die feinen Härchen erst etwas 
weiter oben vorkommen. Dieselbe Bildung beobachtete auch 
Erdl an unserem Thiere, drückt aber auch zugleich sein 
Erstaunen darüber aus, dass er bei einer früheren Untersu- 
chung alle Fäden ganz glatt und nackt in die Kapseln über- 
gehen gesehen habe. Ich selbst traf im Juni 1846 an den 
Actinien der Nordsee ebenfalls nur den glatten Uebergang, 
und vermochte an keinem Thiere von Actinia rufa und hol- 
satica eine Spur der Befiederung und der Spirale zu ent- 
decken. Es dürfte sonach keinem Zweifel unterliegen, dass 
die Nesselwerkzeuge eines und desselben Thieres zu ver- 
schiedenen Zeiten verschieden erscheinen, in einer einfache- 
ren und einer complicirten Form vorkommen können, eine 
Differenz, welche, wie Erdl vermuthet, vielleicht mit der 
Ruhe und Activität der Geschlechtsorgane in Zusammen- 
hang steht. 

Bei mehreren Hydroiden und Acalephen findet man 
noch eine andere Art der Insertion des Fadens in das Bläs- 
chen. Der Faden läuft nämlich hier dicht vor der Kapsel 
in einen conischen Sack aus, dessen Contouren unmittel- 
bar in die ziemlich diekhäutige Wand jener übergehen, 
mit welcher er auch an Grösse ungefähr gleichkommt. Aus 
diesem Sacke entspringen mehrere kurze dornige Fortsätze, 
welche ihre Spitzen zurückkehren. Man kann sich von die- 
ser Form der Nesselwerkzeuge sehr leicht an unserer ein- 
heimischen Hydra überzeugen, wo überhaupt eine solche Bil- 
dung zuerst aufgefunden wurde. Später beobachtete Dujardin 
dieselbe Formation an seinen drei Acalephen, Sthenyo, Cal- 
lichora und Cladonema , sowohl im erwachsenen Zustande 
als bei den Hydroiden derselben !), Kürzlich hat Wagener 2) 
sie auch bei Tubularia coronata gesehen. 


') Nach den Angaben Dujardin’s verhalten sich diese Organe bei 
Larve und erwachsenem Thiere vollkommen gleich. 
2) Müller’s Archiv 1847. S. 195. 


39 


Dass man diese Bildungen bei Hydra als Angelorgane von 
den gewöhnlichen Nesselwerkzeugen unterscheiden wollte, 
scheint mir unstatthaft. Die Differenzen sind nur sehr un- 
bedeutend schon bei dem vollständigen Apparate, in einem 
noch höheren Grade aber, wenn die Dornen fehlen, wie 
es Dujardin häufig bemerkt hat. Man kann die Vermu- 
thung nicht unterdrücken, dass die gedornten Angelor- 
gane zu den einfachen Nesselwerkzeugen in demselben Ver- 
hältnisse stehen möchten, wie die befiederten Nesselorgane 
der Actinien zu den glatten dieses Thieres. Noch wahr- 
scheinlicher wird diese Vermuthung durch &ine Beobachtung 
Erdl’s, welche lehrt, dass bei Hydra viridis neben den ei- 
gentlichen Angelorganen noch ganz gewöhnliche Nesselfäden 
vorkommen. 

Die Bläschen oder Kapseln scheinen freigewordene Ker- 
ne von Zellen zu sein, welche vorher von letzteren bald 
einfach , bald in Mehrzahl umschlossen wurden. So beob- 
achtete es Kölliker bei einer Acalephe, Aequorea Henleana. 
Hiermit stimmen die Angaben von Siebold über die Nessel- 
werkzeuge der Planarien ebenfalls. Misslich bleibt es, 
sich über das Verhältniss des Fadens zur Kapsel, sowie 
über den Mechanismus eine Vorstellung zu bilden, da 
die Kleinheit des Objectes eine genaue Beobachtung un- 
gemein schwierig macht. Wahrscheinlich stülpt sich die 
Kapsel zuerst an ihrer einen Seite mehr oder weniger mit 
engem Halse ein und auf dem Grunde der Einstülpung als 
eine Fortsetzung derselben entwickelt sich dann aus Ver- 
schmelzung von Elementarkörnchen in spiraliger Form der 
Faden. Die Emission des ‚Fadens wird wohl durch An- 
sammlung von Flüssigkeit zwischen äusserer und eingesack- 
ter Wand der Kapsel vorbereitet und wenigstens in der 
Regel durch eine entweder spontane oder reflectirte Contra- 
clion der Haut und des oberflächlichen Körperparenchymes 
bewirkt. Unter dem Mieroscope kann man sie bekanntlich 
durch Druck künstlich hervorrufen , wie sie denn auch hier 


40 


wohl auf dem Wege der Endosmose stattfindet. Ein sol- 
cher Bau scheint mir namentlich für die sogenannten Angel- 
organe nach Dujardin’s Beobachtungen höchst wahrscheinlich. 
Für die gewöhnlichen Nesselwerkzeuge stehen allerdings 
dieser Annahme, wie ich nicht verkenne, manche Schwie- 
rigkeiten im Wege, wiewohl jedoch auch hier die Verlän- 
gerung der Kapsel nach dem Austritt des Fadens für die- 
selbe Structur sprechen dürfte !). Es würden hiernach zwar 
Samen- und Nesselfäden darin übereinkommen, dass sie 
innerhalb bläschenförmiger Kerne entstehen, im Uebrigen 
jedoch sich ganZ different verhalten. 

Ob wirklich, wie man gewöhnlich annimmt, diese 
sonderbaren Apparate die eigenthümliche nesselnde oder 
brennende Empfindung verursachen, welche man bei der 
Berührung mancher Polypen und Quallen empfindet, ist 
noch unentschieden und von manchen Seiten bezweifelt wor- 
den. Ebenso wenig wissen wir bis jetzt, was den ausge- 
tretenen Faden befähigt, an fremden Objecten festzukleben 
(wobei die Kapsel bekanntlich oft von der Haut abgelöst 
wird), und wie er kleinen Thieren auf diesem Wege tödlich 
wird. Aus Letzterem geht die Bedeutung der Nesselfäden 
als Haft- und Greifwerkzeuge hervor. 

Diese Function theilen die Nesselwerkzeuge mit einer 
zweiten Classe microscopischer Bildungen , welche ebenfalls 


ı) Kölliker (Entwicklungsgeschichte der Cephalopoden. Zürich 
1844. S. 146) drückt sich über unseren Gegenstand folgendermaassen 
aus: „Die Bildung des Spiralfadens geschieht wohl unzweifelhaft auf 
die Weise, dass der Zellen- (Kern-) inhalt an der Innenwand der Zell- 
(Kern-) membran in spiraliger Richtung sich ansetzt, dann nach voll- 
endeter Bildung von derselben sich löst und frei in die Zelle (den 
Kern) zu liegen kommt.‘ Es widersetzt sich indessen dieser Annah- 
me, welche eine vollkommene Identität mit der Genesis der Sper- 
matozoen ergäbe, der Umstand, dass bei den Nesselorganen Faden 
und Kapsel mit einander in Verbindung bleiben , bei jenen dagegen 
der Faden den Kern ganz verlässt. 


41 


bei Polypen und Quallen sehr verbreitet, namentlich an den 
Fangarmen vorkommen. Diese, die sogenannten Haft- 
werkzeuge!), haben ähnlich den Nesselfäden eine kleine 
derbhäutige Kapsel, aus deren Spitze ein kurzer feiner Sta- 
chel hervorgeschoben werden kann. Welche histologische 
Bedeutung unseren Körperchen zukommt, ist noch unbe- 
kannt, ebenso der Mechanismus, durch welchen der Sta- 
chel aus der Kapsel vorgeschoben wird. Nach den Beob- 
achtungen von Quatrefages an Eleutheria, welche jedoch 
zweifelhaft erscheinen müssen, soll im Grunde der Kapsel 
eine durchsichtige, drüsenartige Materie vorkommen, welche 
auf einer warzenförmigen Erhebung den Stachel trägt. An 
die Basis des Stachels und die Oberfläche der drüsigen 
Substanz setzen sich zwei andere Bildungen an, welche 
vom oberen Theile der Kapsel schief herabkommen. Sie 
sollen contractiler Natur sein und zwei Muskeln zum Her- 
vorziehen der Stacheln darstellen. 


Was schliesslich die Function der Haut bei den Cölen- 
teraten betrifft, so ist dieselbe bei der Simplicität der Or- 
ganisation eine manchfache. Neben der Bedeutung einer 
Hülle dient sie als wichtigstes, wenn auch nicht mehr aus- 
schliessliches Sinnesorgan. Sie dürfte ebenfalls für die Re- 
spiration von Belang sein. Als Absonderungsorgan scheint 
sie bei keinem Polypenstocke zu fungiren. Mit Sicherheit 
übernimmt sie diese Rolle bei den Actinien, welche bekannt- 
lich an ihrer Körperoberfläche einer reichlichen Schleimse- 
eretion fähig sind. Die Bedeutung eines Ernährungsorganes 
kommt ihr dagegen beim erwachsenen Geschöpfe nicht mehr 
zu, da überall ein besonderer Verdauungsapparat vorhanden 
ist. Nur die infusorienarligen Embryonen der Schirmqual- 
len, welchen letzter Apparat noch fehlt, dürften sich durch 
die Haut ernähren. 


') Die Literatur in Siebold’s vergleichender Anatomie. S.36 u. 58. 


42 


3. Echinodermen. 


Die Echinodermen, zu den wir jetzt übergehen, stellen 
eine in vielen Verhältnissen höchst eigenthümliche Thier- 
classe dar, namentlich die vier Ordnungen derselben, wel- 
che als Stamm der Classe angesehen werden können, die 
Holothuriiden, die Echinoiden, die Asteroiden und die Cri- 
noiden. Bei ihnen ist fast überall ein nach der Fünfzahl 
gegliederter Körper vorhanden, eine Anordnung, welcher 
die wichtigsten Organe unterworfen zu sein pflegen, ebenso 
die Integumente, wenn anders sie eine hinreichende Con- 
sistenz haben, um einen aus distineten Stücken bestehenden 
Panzer. darzustellen. Da wo die Bedeckungen weicher sind, 
fehlt eine solche Gliederung derselben. 

Die verschiedene Festigkeit der Echinodermenhaut be- 
ruht darin, dass in eine organische, aus Zellen und Fasern 
gebildete Grundlage Kalkmassen in sehr variablen Quanti- 
täten eingebettet sind. Diese, hauptsächlich aus kohlensau- 
rem Kalke bestehend und in eine thierische Substanz von 
zartfaseriger oder membranöser Structur eingebettet, zei- 
gen nach Ordnungen und Geschlechtern die verschiedensten 
Formen, oftmals von einem so characteristischen Aussehen, 
dass man sie zur zoologischen Bestimmung nutzbar machen 
kann. Es erscheinen diese Kalkmassen, welche sich unter 
dem Microscop durch ihr glashelles Aussehen , sowie durch 
ihre scharfen, dunklen Contouren kundgeben und sich in 
Säuren unter Aufbrausen lösen, als Stäbe, bald einfach, 
bald verästelt, als Platten, welche entweder compact blei- 
ben oder von Löchern durchsetzt werden, als Netz- oder 
Gitterwerke von der verschiedensten Ausdehnung und Stär- 
ke etc. !;, Auch in den Weichtheilen und inneren Organen 


!) Bei der ungemeinen Manchfaltigkeit der Gestalt wird der 
Wunsch nach einer bestimmten Terminologie rege, welche denn auch 
bereits Ehrenberg (Abhandlungen der Academie zu Berlin. 1841. S. 406) 
versucht hat, 


43 


des Körpers trifft man solche Kalkkörper oftmals in Men- 
ge an. 

Nur eine einzige Ordnung der Echinodermen, die Si- 
punculiden, welche freilich als Uebergangsformen zu den 
Anneliden nicht recht hier passen wollen, entziehen sich 
dieser Aufnahme von Kalkmassen in die Integumente. 

Am geringsten ist die Ansammlung solcher Kalkmassen 
in den Bedeckungen der Holothurien. Hier begegnet man 
niemals Geschöpfen , bei welchen die Haut durch Verkalkung 
über grosse Strecken zu einem unbeweglichen Hautskelet 
erstarrt wäre. Gewöhnlich sind die Kalkkörper so klein, 
dass es einer Vergrösserung bedarf, um sie deutlich zu 
machen. Während als Regel die Anhäufung derartiger Mas- 
sen nicht ganz unbeträchtlich ist und die Integumente beim 
Zerschneiden knirschen, findet man einzelne Genera, wo 
sie so sparsam vorkommen, dass die Haut vollkommen 
weich bleibt, und es eines genaueren Nachsuchens mit dem 
Microscop bedarf, um ihre Existenz zu constatiren. 

Gerade bei unseren Holothurien erscheinen diese Kalk- 
körper in einer so grossen Manchfaltigkeit der Gestaltung 
und oftmals unter so characteristischen, bezeichnenden Formen, 
dass man zuweilen nicht nur Genus, sondern auch Species 
darnach bestimmen kann. Somit werden sie zur Auffindung 
vorweltlicher Holothurien,, da sie nebst dem Kalkring des 
Mundes die einzigen Theile sind , welche der Zerstörung 
entgehen, von grösster Wichtigkeit, wie denn auch bereits 
im Streitberger Kalkmergel die Anker von Synaptinen (s. u.) 
aufgefunden worden sind I, Es mag daher ein genaueres 
Eingehen in diese Bildungen , welche überdies noch wenig 
gekannt sind, hierdurch gerechtfertigt sein. 

Höchst sonderbare Kalkkörper, sogenannte Anker, 
besitzt die Familie der Synaptinen. Schon seit längerer 


!) Man vergl. die Beiträge zur Petrefactenkunde vom Grafen 
Münster. Heft VI. 1843. 


44 


Zeit haben sie die Aufmerksamkeit der Naturforscher er- 
weckt. Aeltere Beschreibungen und Abbildungen derselben 
finden sich im zoologischen Atlas von Eschscholtz !) und in 
der Abhandlung von Jäger 2. Neuerdings hat Rathke 3) 
weitere Angaben gemacht, namentlich aber hat der schon 
mehrfach erwähnte französische Zootom, Quatrefages 4), die- 
se Organe bei einer vielleicht neuen Species der Synapten, 
bei seiner Synapta Duvernaea, sehr genau und sorgfältig 
beschrieben, sowie durch treffliche Zeichnungen erläutert. 
Die Haut der Synapten lässt drei verschiedene Lagen 
unterscheiden. Man findet zu oberst eine sehr feine Schicht 
vollkommen wasserhell und structurlos, eine zweite unmit- 
telbar in die ersterern übergehend , welche eine homogene, 
mit Elementarkörnchen versehene Grundsubstanz zeigt, in 
der bei Synapta Duvernaea, jedoch nicht an allen Stellen 
des Körpers, Pigmentmassen , wahrscheinlich als Zellen, 
eingebettet liegen. Letztere bestehen aus einem carmin- 
roth gefärbten gleichmässigen Inhalt, in welchem Molekeln 
enthalten sind. Die Zellen sind sehr klein, höchstens 
bis zu 0,0044‘, die Körnchen in ihnen, von der allergrö- 
ssten Feinheit, werden von Quatrefages auf 0,00022‘ ge- 
schätzt. Bei Synapta inhaerens findet man sehr zahlreiche 
farblose Kerne- oder Zellen von 0,002 — 0,004’ statt der 
Pigmente. Unter diesen beiden Lagen, offenbar denselben, 
wie sie auch bei Polypen, z. B. der Edwardsia, vorkom- 
men, liegt eine dritte Schicht, bestehend aus einer kör- 
nigen Grundmasse und in allen Richtungen gekreuzten 
elastischen, dehnbaren, feinen Fasern. Sie erinnern durch 
ihre Feinheit an die Primitivfibrillen des Bindegewebes, 
werden jedoch von verdünnten Säuren nicht verändert. 


I) Zoolog. Atlas. 1829. Heft U. S. 12. 
?2) De Holothuriis dissertatio inaug. Turici 1833. 
>) Beiträge zur Fauna Norwegens. Nova Act. Leopold. Vol. XIX. 


!) Annales des Sciences naturelles. Ile Serie. Tome XV. 


45 


Eine vierte, aus Rings- oder Längsfasern bestehende Schicht 
gehört nicht mehr der Haut, sondern der Musculatur an. 
In der Zellenschicht der Haut findet man kleine 
durchlöcherte Kalkplatten oder Kalkschildchen, auf welche 
zuerst Quatrefages aufmerksam machte. Sie haben bei 
Synapta Duvernaea eine unregelmässig ovale oder, richtiger 
gesagt, eine birnförmige Gestalt und eine Grösse von etwa 
0,03°. Bei Synapta inhaerens, wo die Platten rundlicher 
sind, von 0,06 — 0,08°', bei S. laevis von 0,064 — 0,070°'. 
Diese Platten, deren Form indessen bei einem und 
demselben Thiere beträchtlichen Schwankungen unterworfen 
ist, sind nun von einer Anzahl verschieden grosser Löcher 
durchbohrt, für welche sich als Regel unter zahlreichen 
Ausnahmefällen bei Synapta Duvernaea folgende Anordnung 
ergibt. In der Mitte eines jeden Schildchens ist ein grösse- 
res Loch gelegen, welches von sechs anderen, gleichfalls 
ansehnlichen Löchern kreisförmig umgeben wird. Die Rän- 
der der Löcher sind mit Zähnen versehen, deren man bald 
nur einige grössere, bald viele und kleine, welche den 
ganzen Rand einnehmen, antrifit. Der übrige zugespitzte 
Theil der birnförmigen Platte ist noch von einer Quantität 
kleinerer Löcher durchsetzt, deren Zahl gewöhnlich neun 
beträgt und die in drei Querreihen angeordnet sind. In der 
ersten Reihe steht ein kleineres mittleres und zwei grössere 
seitliche Löcher. Ersteres ist immer glattrandig , letztere 
sind bald gezähnelt, bald auch glatt. In der zweiten Reihe, 
aber nicht in einer Linie, finden sich drei kleinere, fast 
immer zahnlose Löcher. In der letzten, der Spitze der 
Platte nächsten Reihe kommen drei glattrandige Löcher vor, 
zwei runde seitliche und ein ovales Mittelloch. Bei meinem 
Exemplare der Synapta inhaerens waren besonders die sie- 
ben grossen Löcher deutlich und regelmässig vorhanden, an 
den Rändern häufig glatt, selten durchaus gezähnt. Die 
Löcher waren sehr ansehnlich und gross, die Interstitien 
der Kalkmasse dünn und schwach. Bei Synapta laevis ka- 


46 


men die Kalkplatten mehr mit der Beschreibung von Quatre- 
fages überein, nur waren die Randzähne der Löcher gering 
entwickelt 1). 

Neben dieser Hauptform der Platte trifft man bei allen 
dreien Species zahlreiche Varietäten an. Von besonderem 
Interesse ist eine derselben, wo die seitlichen Löcher der 
Platte zum Theil noch nicht geschlossen sind, und die In- 
terstitien zwischen ihnen als Kalkstäbe erscheinen , welche 
bald in eine Spitze auslaufen, bald eine Hammerform be- 
sitzen. Aus letzterer entstehen offenbar durch weitere Ap- 
position von Kalkmasse die Schlussbogen dieser Löcher 2). 
Man hat desshalb diese Varietät als die jüngere Form der 
Kalkplatten anzusehen. 

Auf diesen Platten befestigt trifft man die früher er- 
wähnten Bildungen,, welche aus einem zweispitzigen Bogen, 
einem Stiel und einem breiteren unteren Theil bestehen 
und daher mit nichts ‘besser als einem Anker verglichen 
werden können, welchem die Handhabe oder das Quer- 
holz fehlt. An Grösse übertreffen diese Anker, welche 
aus concentrischen Kalklamellen bestehen, die Platten um 
Etwas. Sie messen bei Synapta Duvernaea 0,045‘, bei 8. 
inhaerens 0,090 — 0,10, bei S. laevis 0,086 — 0,094'''. 
Bei Synapta Beselii gibt Jäger die Grösse der Anker sogar 
auf 0,33° an. 

Der Bogen des Ankers der Synapta Duvernaea ist mehr 
oder minder gekrümmt, an seiner Convexität mit Zähnen 
besetzt und an beiden Enden in eine scharfe Spitze ausge- 
zogen. Der Stiel ist rundlich, in der Mitte am dicksten, 


') Die von Ehrenberg (Abhandlungen der Berliner Academie von 
1841. S. 323) im Meeresschlamm von Veracruz aufgefundenen Platten 
kommen nach Fig. 35 fast vollkommen mit denen der Synapta Du- 
vernaea überein. 


2) Abbildungen dieser Platten bei Quatrefages 1. ec. Pl. M. 
fig. 12 u. 13. 


47 


dann verdünnt, platt und an seinem dem Kalkschilde zu- 
gewandten Theile in eine ansehnliche Crista auslaufend. Die 
Basis des Stieles ist ein kleines bogenartiges, am convexen 
Rande ebenfalls gezähneltes Stück. Hiermit kommen die 
Anker der Synapta inhaerens überein, nur erschienen mir 
die Spitzen und die Zähne weniger scharf. Bei S. laevis 
fehlten dagegen Zähne und die Crista des Stieles I). Bei S. 
Beselii bildet Jäger den mittleren Theil des Stieles verdickt 
ab. Anker auf früheren Stufen wurden von Quatrefages 
bernerkt. Bei ihnen fehlte der Bogen. Statt seiner war ein 
ambosartiges kurzes Vorderstück vorhanden. 

Diese Ankerhaken sind in schiefer Richtung auf der 
Platte befestigt und zwar so, dass die drei letzten Oeffnun- 
gen des Kalkschildchens die Crista und die Seiten des bo- 
genarligen Basalstückes aufnehmen. Die Bewegung soll nach 
den Angaben von Costa 2) von zwei Muskeln geschehen, durch 
deren Contractionen die Anker, welche mit ihren Spitzen frei 
zu Tage treten, aufgerichtet werden können. 

Der Zweck dieser sonderbaren Bildungen ist nicht voll- 
kommen klar. Wahrscheinlich stellen sie eine Arl von Haft- 
werkzeugen dar, vielleicht sind sie auch für die Ortsbewe- 
gungen der Synapten,, welchen bekanntlich die Ambulacren 
der übrigen Holothurien abgehen, von Bedeutung. Doch 
scheint gegen letztere Function die Zerbrechlichkeit der An- 
ker zu sprechen. 

Die eigentlichen Holothurien lassen einen ähnlichen Bau 
in den einzelnen Schichten ihrer Integumente entdecken. 
Man bemerkt eine deutliche Zellenlage, gewöhnlich aus zahl- 
reichen Zellen und Kernen gebildet, von welchen ein Theil 
farblos erscheint, ein anderer Theil gewöhnlich die Pig- 
mente aufnimmt. Darunter kömmt in einer verschiedenen, 


!) Einen Anker ebenfalls mit glatten Rändern bildet Ehrenberg 
a. a. 0. Fig. 36 ab. 


2) Annal. des Sciences naturelles. Serie I. Tom. XIX. S. 395. 


48 


im Allgemeinen jedoch sehr ansehnlichen Entwicklung das 
Stratum der Fasern. Diese sind von grosser Feinheit, oft- 
mals zu Bündeln vereinigt, welche an die primären Binde- 
gewebebündel der Vertebraten erinnern. Die Richtung der 
Fasern ist eine vollkommen irreguläre, so dass diese zweite 
Lage eine unordentliche Verfilzung darstellt. Die Grund- 
substanz zwischen ihnen ist sparsamer, als bei den Synapten 
vorhanden. Sie erschien mir an Weingeistexemplaren eben- 
falls feinkörnig. Die Faserhaut, welche sich gewöhnlich 
schon für das unbewaffnete Auge durch ihr weisses Anse- 
hen von der Zellenschicht unterscheidet, ist in verdünnten 
Säuren unlöslich, in Alkalien dagegen quillt sie rasch zu 
einer vollkommen durchsichtigen Gallerte auf und löst sich 
bald vollständig. 

Ob endlich auch als äusserste Lage dieselbe structur- 
lose Haut regelmässig vorkomme oder nicht, lasse ich da- 
hin gestellt sein. Doch ist es mir wahrscheinlich, indem es 
mir namentlich an Dactylota papillosa mehrmals mit der 
grössten Deutlichkeit gelang, eine oberste vollkommen glas- 
helle Membran , zwischen 0,0016 und 0,002‘ dick, wahr- 
zunehmen. Der Umstand, dass ich an mehreren anderen 
Holothurien sie nicht auffinden konnte, dürfte vielleicht, da 
die Thiere schon Jahre lang in. Weingeist gelegen, von ge- 
ringerem Gewichte sein. 

Bei einer Trepang aus Chili traf ich in der eigentli- 
chen Körperhaut fast nirgends Kalkmassen an. Nur hier 
und da erschienen nach der Behandlung mit Kali sehr spär- 
lich und vereinzelt kleine Stäbchen. Es ist dieses, soweit 
meine Beobachtungen reichen, die an Kalkkörpern ärmste 
Holothurie, welche nur an ihren Ambulacren , wie wir spä- 
ter sehen werden, eine Ausnahme macht. Bei allen übrigen 
von mir untersuchten Holothurien sind die Kalkkörper und 
Kalkmassen in einer viel grösseren Menge enthalten. 

Bei Holothuria elegans kommen in allen Stellen der 
Haut, ebenso an allen warzenartigen Vorsprüngen derselben 


49 


Kalkmassen von einer eigenthümlichen Gestaltung vor (fig.9, 
10 u.11). Ich weiss sie mit nichts anderem zu vergleichen, 
als mit rosettenartigen Scheiben, welche nach oben in eine 
aus vier Stäben bestehende, abgestumpfte Pyramide auslaufen. 
Diese Kalkkörper sind, was Scheibe und pyramidalen Auf- 
satz betriflt, von einer gewissen Vielartigkeit der Gestalt, so 
dass ihr Bau von der Betrachtung der einfachsten Formen 
aus wohl am deutlichsten wird. Die einfachste Bildung stellen 
zwei feine, 0,002’ dicke, unter rechtem Winkel gekreuzte 
Kalkstäbe von ungefähr 0,032‘ Länge dar. Die Enden der 
Stäbe laufen in zwei kurze, stark auseinander strebende Fort- 
sätze aus. Diese Ausläufer schliessen sich nun bei anderen 
Kalkkörpern zu einem vier- oder sechseckigen Loch, wobei 
sie in eine unpaare, in der Verlängerung der Stäbe des 
Kreuzes liegende, stumpfe Spitze auslaufen. Jeder dieser 
vier Ringe schickt an beiden Seiten zwei winkelige längere 
Stäbe ab, welche sich mit denen der benachbarten Ringe 
unter einem stumpfen Winkel und unter Bildung eines glei- 
chen unpaaren Fortsatzes, wie an den vier ersten Ringen, 
schliessen. Es entsteht somit eine vieleckige, aus acht an- 
sehnlichen Löchern gebildete Kalkscheibe mit acht Fortsätzen 
an ihrer Peripherie (fig.9). Die Grösse einer solchen Scheibe 
misst im Mittel 0,036 — 0,042'. Die vier Löcher, welche den 
gekreuzten Hauptstäben entsprechen, sind um ein beträchtli- 
ches kleiner, als die vier in ihren Winkeln gelegenen Ringe. 
Erstere messen 0,008°, letztere 0,014°. 

Der pyramidale Aufsatz kommt dadurch zu Stande, dass 
am Ursprung der Ringe des Stabkreuzes vier andere Stäbe ent- 
springen, welche nach oben convergirend verlaufen. Etwas 
über ihrer halben Höhe gehen sie durch dicke starke Quer- 
stäbe eine erste Verbindung mit einander ein, wobei an jedem 
Pyramidalstabe bisweilen ein starker, nach aussen gekehrter 
Dorn oder Stachel vorspringt. Bisweilen kommt auch eine 
zweite tiefere vor (fig. 11). An der Spitze des Aufsatzes fin- 
det sich noch eine letzte Verbindung durch vier dünnere und 

4 


50 


natürlich kürzere Querstäbe, welche ein vollkommenes Qua- 
drat bilden. Hier läuft denn jeder der vier Stäbe der Py- 
ramide gewöhnlich in drei Stacheln aus, einen mehr senk- 
rechten mittleren und zwei schief nach aussen gekehrte. 

Es bestehen mithin unsere Kalkkörper aus einer acht- 
löcherigen Scheibe, aus vier aufgerichteten Stäben und acht 
Querbalken derselben. Man findet ausserdem an ihnen 
24 Dornen oder Stacheln, von welchen 8 der Scheibe, 
12 dem abgestutzten Ende und 4 der Mitte des Aufsatzes 
angehören. 

Daneben findet man hauptsächlich durch eine über 
grössere oder kleinere Strecken eingetretene Unregelmässig- 
keit der Bildung, namentlich an der Scheibe, zahlreiche 
Varietäten, welche leicht verständlich sind. Ebenfalls be- 
merkt man noch eine Vergrösserung der Rosette durch An- 
bildung je eines neuen Ringes in den Winkeln, welche die 
acht Hauptringe mit einander machen. Diese neugebildeten 
Ringe, welche fast immer klein bleiben, erreichen jedoch 
selten ihre gesetzmässige Zahl, nämlich acht (fig.10). Man trifft 
vielmehr gewöhnlich nur einen Theil derselben entwickelt, 
so dass z. B. die Scheibe nur 11 oder 13 Löcher besitzt. 
Die Grösse solcher complieirteren Scheiben ist etwas an- 
sehnlicher bis zu 0,046‘. 

Bei Dactylota papillosa kommen dieselben Körper, für 
welche wir den Namen der Kalkgestelle wählen wollen, 
vor (fig.12,13,14). Indessen ist ihr Bau in manchen Punkten 
und namentlich durch eine viel grössere Einfachheit abweichend. 
Die Scheibe der gewöhnlicheren Kalkgestelle misst im Mittel 
0,026— 0,030‘ und zeigt von feinen, 0,0016—0,0020° dicken 
Stäben umschlossen nur vier Löcher (fig. 12). Ein einziger 
kurzer Achsenstab läuft an beiden Enden in einen vier- 
eckigen Ring aus, welcher an seinem Rande ohne Stachel 
oder Dorn bleibt. Durch Verbindungsstäbe werden noch 
zwei seitliche Löcher gebildet von mehr hexagonaler Ge- 
stalt. Sie sind um die Hälfte und mehr grösser als die bei- 


Sl 


den Achsenlöcher, deren Durchmesser 0,008 beträgt. Der 
Aufsatz (fig. 14) besteht nur aus zwei 0,018 —0,020°‘ langen 
Stäben, welche am Ursprunge der Achsenringe sich erheben 
und ohne Querbalken und Dornen sind. 

Indessen bleibt nicht immer der Bau ein so einfacher, 
wie wir ihn eben geschildert haben. Durch Anlagerung 
neuer Ringe in die Ecken der Achsen- und Seitenringe ent- 
stehen Scheiben mit 5, 6, 7 und 8 Ringen. Mehr als zwei 
Stäbe des Aufsatzes habe ich bei der Untersuchung zweier 
Exemplare nirgends bemerken können. Ungleichmässigkei- 
ten der Ringe, namentlich durch eine schief gelegte Achse, 
sind auch hier nicht selten und kamen besonders bei dem 
einen meiner Exemplare häufig vor. Selten bemerkte ich 
an einem oder beiden Enden des Achsenstabes statt eines 
einzigen zwei, Ringe (fig. 13). 

Bei anderen Species der Gattung Holothuria beobachtet 
man eine abweichende Form der Kalkgestelle, hauptsächlich 
dadurch characterisirt, dass das Gentrum der Platte nicht 
von einem oder zwei Achsenstäben,, sondern von einem 
Ringe gebildet wird. Man könnte diese Form als Kalkge- 
stelle mit einem Gentralloch bezeichnen, im Gegensatz 
zu ersterer, den Kalkgestellen mit Achsenstäben. 

Sehr ausgebildet traf ich diese Form der Gerüste bei 
einer von der Norwegischen Küste durch Sars geschickten® 
Holothuria, für welche ich leider den Namen der Species 
nicht anzugeben vermag. Die Kalkgestelle dieses Geschö- 
pfes (fig.6,7,8) zeigten einen bisweilen viereckigen, gewöhn- 
licher runden ansehnlichen Centralring. Um ihn sind in 
kreisförmiger Anordnung acht andere rundliche Löcher gele- 
gen, so dass mithin eine vieleckige, von 9 Löchern durch- 
bohrte Rosette herauskommt. Die acht äusseren Löcher die- 
ser im Mittel ungefähr 0,030‘ betragenden Scheiben sind 
oft beträchtlich kleiner als das Gentralloch. So massen 
sie beispielsweise bei einer 0,028’ grossen Rosette 0,006’, 
das Gentralloch gegen 0,01”. Diese Platten erfahren eben- 

4: 


52 


falls durch die bekannte Anbildung neuer Ringe in den 
Ecken der bereits vorhandenen eine Vergrösserung bis zu 
0,046 und 0,054°. Die Zahl derselben beträgt wieder acht, 
so dass eine derartige, vollkommen ausgebildete Scheibe in 
Allem 17 Löcher besitzen müsste, was indessen auch hier nur 
selten der Fall ist. Diese letzteren Löcher (fig. 7) sind beträcht- 
lich kleiner. So betrugen z. B. an einer 15löcherigen, 0,050‘ 
grossen Rosette die Löcher des ersten Gürtels 0,008 — 0,010’, 
während die des zweiten Gürtels nur 0,002 — 0,003’‘‘ hatten. 
Selten schieben sich abermals zwischen die Ringe des äusse- 
ren Gürtels nochmals je ein oder zwei neue Bogen ein, was 
ich jedoch niemals über einen grösseren Theil der Peripherie 
einer Scheibe bemerkt habe, so dass gewöhnlich nur 20 
und einige Löcher vorkommen. 

Der pyramidale Aufsatz (fig. 8), dessen vier Stäbe entweder 
in den Ecken des Centralloches, wenn dieses vierkantig ist, 
oder in Abständen von 90°, falls es circulär erscheint, ent- 
springen, kommt in seinem Bau vollkommen mit dem der 
Holothuria elegans überein, nur fehlen die vier Stacheln an 
den unteren Querbalken, und an der Spitze trifft man nur, 
8 oder 12 (fig.7) derselben von geringer Ausbildung. Die 
Höhe des Aufsatzes beträgt ungefähr 0,030°'. 

Unter zahlreichen anomalen Formen des Gestelles ist 
«besonders eine von Interesse, nämlich diejenige, wo der 
Aufsatz ganz fehlt und statt seiner an den gewöhnlichen 
Stellen des Centralringes nur vier stumpfe und niedrige 
warzenförmige Vorsprünge bemerkt werden. Die Form 
kommt indessen selten, zuweilen bei einer sehr ausgebil- 
deten Scheibe vor. 

Ebenfalls Kalkgestelle dieser Art, aber ‘von grösserer 
Einfachheit, traf ich bei Holothuria tubulosa (fig. 16, 17,18, 19). 
Sie kommen in der Körperhaut in oberflächlicher Lage und 
dann sehr häufig in den Ambulakren vor. Die Basis bildet 
hier ein einziger Ring, dessen Durchmesser 0,016 — 0,018’ 
beträgt. An seiner Peripherie sind entweder acht einzelne 


93 


Stacheln vorhanden oder in Abständen von etwa 90 Grad, 
kommt immer ein Paar nach aussen gekehrter Dornen (fig. 16) 
vor !). Hier nimmt dann der viersäulige Aufsatz seinen Ur- 
sprung. Er zeigt bei einer Höhe von 0,015 — 0,018’ den ge- 
wöhnlichen Bau und läuft oben in 8 (fig. 18) oder 12 Stacheln 
(fig. 19) aus, nur fehlen oftmals die unteren Querbalken. 

Weitere Ausbildungen dieser Kalkgestelle kommen da- 
durch zu Stande, dass die Stachelpaare der Peripherie sich 
zu Ringen (fig. 17) schliessen 2). Ebenso schieben sich zwi- 
schen die vier Stachelpaare oftmals einige neue Stacheln ein 
(fig. 16), wodurch eine bis zu zwölf Dornen zeigende Schei- 
be entsteht. 

Hiermit nehmen wir Abschied von den merkwürdigen 
Kalkgestellen, welche wohl ebenfalls gleich den Ankerhaken 
der Synapten eine Art von Haftwerkzeugen darstellen, und 
wenden uns zu andern Kalkkörpern. 

Solche kommen schon sehr zahlreich in der Haut 
der Röhrenholothurie vor. Die einen dieser Kalkkörper 
(fig. 20), welche tiefer gelegen sind als die Gestelle, bil- 
den Scheiben meistens von ovaler Gestalt und einer Grösse, 
welche im Mittel zwischen 0,020 — 0,036‘ schwankt, 
bei kleineren nur 0,016‘ ausmacht. Jede dieser Schei- 
ben besteht aus einem Rahmen und einem in die grosse 
Achse fallenden Mittelstabe , von welchem zu ersterem 
zwei Queräste herüberlaufen. Es entstehen hierdurch sechs 
Löcher. Da die Balken dieser Platten im Gegensatz zu den 
schlanken feinen Stäben der Kalkgestelle sehr stark sind, so 
zeichnen sich ihre Löcher durch eine bedeutende Kleinheit 
aus. An kleineren Platten, deren Form eine mehr rundliche 


!) Die erstere Form scheint von Ehrenberg als Mesocena beschrie- 
ben und abgebildet zu sein. Abhandlungen der Berliner Academie von 
1841. Taf. I. Ill. fig. 26 u. 27. 


?2) Es ist leicht, aus diesem Bau die complicirteren Kalkgestelle 
der vorhergehenden Holothurie zu entwickeln. 


zu sein pflegt, kommt nur ein Querstab und mithin bloss 
vier Löcher vor, oder diese Platten zeigen nur drei (fig. 20) 
und selbst keine Löcher. An den oberen Partien des Kör- 
pers, noch mehr an den Ambulakren, stiessen mir nicht 
selten sehr verlängerte, bis 0,050‘ grosse Platten auf, bei 
welchen die Zahl der Querstäbe drei und vier betrug, folg- 
lich die Zahl der Löcher auf acht und zehn gestiegen war. 

Die Kalkplatten unserer Holothurie haben ein eigen- 
thümliches Aussehen dadurch, dass ihre Kalkstäbe und Rah- 
men nicht gleich hoch sind, sondern dass knopfartig aufge- 
triebene Stellen mit verdünnten und niedrigen abwechseln. 
Eine Seitenansicht der Platten gibt hierüber einen näheren 
Aufschluss. Man sieht hierbei, dass diese eine verhältniss- 
mässig bedeutende Höhe bis zu 0,006‘ haben. Man könnte 
die Platte als an beiden Enden von abgerundeten Säulchen 
gebildet betrachten, ‘welche durch Zwischenmasse vereinigt 
wären. Da diese Säulchen auch eine beträchtlichere Dicke 
als letztere haben, so springen sie ebenfalls bei einer An- 
sicht von oben hervor. Die Zahl der verdickten Säulchen 
beträgt an mittelgrossen Platten zwischen 42 und 20. 

Untermischt wit diesen eigenthümlichen Scheiben, für 
welche ich ihrer idealen Zusammensetzung wegen den Na- 
men der Säulenplatten wähle, kommen an den verschie- 
denen Hautstellen in sehr wechselnder Menge unregelmässi- 
ge Kalkkörper vor. Ein Theil hat eine beträchtliche Grösse 
und Dicke, ist spindel- oder stabförmig, öfter gablig ge- 
theilt, ein anderer Theil dagegen erscheint viel feiner, ge- 
wöhnlich in Form eines Stabkreuzes mit gablig getheilten 
Spitzen. Oefter findet man, dass mehr als vier gablig ge- 
theilte Fortsätze von einem Mittelpunkte auslaufen. Hier- 
durch entsteht denn eine gewisse Aehnlichkeit mit verästel- 
ten Pigmentzellen, z. B. denen des Frosches. 

Die Bedeckungen von Pentacta pentactes zeigen in 
grösserer Menge mehr irreguläre Kalkmassen eingebettet. 
Ein Theil derselben bildet bald gerade, bald mehr oder 


Hk... SRH 
weniger gekrümmte Stäbe, deren grössere eine Länge von 
0,16‘ und mehr und eine Breite von 0,01’ erreichen. In 
ihnen ist gewöhnlich eine Anzahl von feinen Löchern ent- 
halten (fig. 3). Durch eine noch grössere Verbreiterung und 
durch zahlreichere Löcher gehen diese grossen Kalkstäbe in 
unregelmässig gestaltete Kalkplatten über. Kleine Stäbe, 
welche ebenfalls frequent vorkommen, sind in der Regel 
ohne Löcher. 

Die Säulenplatten kehren hier ebenfalls wieder und 
zwar in sehr ähnlicher Gestalt. Die Form ist eine rundliche 
oder ovale, die Grösse von 0,040 — 0,020’, die Stäbe und 
Rahmen haben eine ansehnliche Dicke 0,004 — 0,006‘. Die 
Löcher erscheinen rund und klein, im Mittel etwa 0,003 — 
0,004. Man bemerkt hier die gleiche Zusammenfügung 
aus dickeren Säulchen , welche von oben gesehen ebenfalls 
als Knöpfe erscheinen, und schmalerer Zwischensubstanz. 
Bei einer Seitenansicht überzeugt man sich auch hier von 
der ansehnlicheren Höhe des an beiden Enden abgerundeten 
Säulchen. Die Höhe der Säulenplatte ist eine beträchtliche, 
namentlich am Centrum derselben. Die peripherischen Theile 
bleiben niedriger. Von diesen Säulenplatten, welche in . 
grosser Menge der Haut eingelagert sind, scheint besonders 
die nicht unansehnliche Härte und Festigkeit letzterer abzu- 
hängen. 

Die Säulenplatten findet man auch bei Pentacta doli- 
olum. Nur erscheinen sie hier beträchtlich grösser bis her- 
auf zu 0,14‘ und mehr. Die Säulen sind um ein beträcht- 
liches höher , nicht abgerundet, sondern zugespitzt. Die in 
den Platten vorkommenden Löcher sind im Verhältniss zur 
Stärke der Kalkmassen verschwindend klein und fehlen öfter 
gänzlich, namentlich an den kleineren Platten. Letztere er- 
scheinen oftmals mit ganz unregelmässigen Contouren,, wie 
denn überhaupt die Zierlichkeit der Bildung im Vergleiche 
mit Pentacta pentactes grösstentheils geschwunden ist und 


56 


ohne die Kenntniss des letzteren die Kalkkörper unseres 
Thieres schwer zu begreifen sein dürften. 

Bei Psolus phantopus kommen fast über den ganzen 
Körper kleine kuglige steinharte Wärzchen oder Knöpfchen 
vor. An der Rückenfläche des Thieres bemerkt man noch 
zahlreiche feste Schuppen, welche der Ventralfläche fehlen. 
Die microscopische Untersuchung führt uns bei Psolus die 
Kalkmassen in einer ganz neuen Form vor, nämlich als 
ein sowohl in der Fläche als Höhe continuirliches Kalknetz. 
Es werden auf diesem Wege lange Streifen und Platten 
hergestellt. Ebenso bestehen die kugligen steinharten Knöpf- 
chen aus einem ganz zusammenhängenden Maschenwerk von 
Kalkmassen. Solche Kalkmassen, welche dicke starke Balken 
von 0,006 — 0,01’ und rundliche Löcher zeigen, kommen 
an der Rückenfläche häufiger als an der Bauchseite vor. 
Die Schuppen enthalten immer mehrere solcher Streifen, 
durch weiche Masse von einander geschieden. 

Diese Kalkmassen, welche, wie weiter unten ersichtlich, 
an die der Asterien erinnern, kommen in einer grösseren 
Ausbildung in der Haut der Cuvieria squamata vor. Die 
ossificirten Schuppen der Rückenfläche bestehen nämlich hier 
aus einem einzigen Kalknetze von derben dicken Stäben 
und rundlichen grossen Löchern. Die letzteren haben eben- 
falls eine ansehnliche Grösse, namentlich in den tieferen 
Partieen. Nach aussen gegen die Ränder der Schuppen hin 
werden sie kleiner bis 0,01‘. Die Netze schliessen. hier 
entweder mit einer aus Querbalken gebildeten, dem Rande 
parallel laufenden Kalkstreifen,, oder letzterer fehlt und die 
mehr radial gestellten Längsbalken enden mit stumpfen 
Spitzen. Das Ganze ist den Skeletbildungen der Echinen, 
Ophiuren etc. sehr ähnlich (s. u.) und wird nach aussen 
noch von einer nicht ganz dünnen Zellenschicht überzogen, 
welche namentlich an den Rändern kleinerer Schuppen 
deutlich zu Tage tritt. 


57 


Gegenüber dieser versteinerten Rückenfläche bleibt die 
weiche Bauchhaut ohne Kalkkörper. Ich konnte hier nur 
kleine rundliche oder unregelmässige Massen von 0,003 — 
0,004‘, welche sich in Salzsäure unter Brausen lösten, 
deutlich machen. Die Haut der Mundscheibe bleibt sogar 
auch von den letzteren Bildungen ganz frei. 

Soweit meine Beobachtungen über die Structur der 
Holothurienintegumente. Zu einer genaueren und ausgedehn- 
teren Behandlung des interessanten Gegenstandes fehlte mir 
leider das Material. 

Bei den Echiniden, zu welchen wir uns jetzt wenden, 
z. B. beim gewöhnlichen Seeigel, Echinus !), zeigt das aus 
zahlreichen einzelnen Kalkplatten bestehende Hauiskelet eine 
viel ansehnlichere Quantität von Kalkmassen , nämlich über- 
all ein continuirliches Kalknetz, vermöge dessen auch nach 
dem Caleiniren die Form der einzelnen Platten erhalten 
bleibt. 

Durch diese überwiegende Verkalkung werden in der 
Zusammensetzung der Bedeckungen einige Modificationen her- 
vorgebracht. Eine Faserschicht, welche bei den Holothurien 
eine so grosse Ausbildung zeigt, ist hier, sowohl bei Echi- 
nus als Spatangus, verschwunden. Die Zellenschicht tritt als 
ein Ueberzug von verschiedener Dicke an den einzelnen 
Schalenstücken, noch deutlicher an den später zu erwähnen- 
den Anhängen zu Tage. In ihr bemerkt man in wechseln- 
der Anzahl Pigmentzellen eingelagert , welche besonders 


) Ueber die Structur des Hautskelets des Seeigels finden sich 
sehr ausführliche und genaue Angaben in der Arbeit von Valentin, 
Monographie du genre Echinus, 4e Livraison der Monographie d’Echi- 
nodermes vivans et fossiles par Ägassiz. Neuchatel 1842, auf welche 
ich den Leser verweisen muss. — Mehreres enthält auch der Aufsatz 
von Erdl, über den Bau der Organe, welche an der äusseren Ober- 
fläche des Seeigels sichtbar sind, in Wiegmann’s Archiv 1842. Th. I. 

.S. 45. 


38 


schön bei einem Weingeistexemplare des Spatangus purpu- 
reus erschienen. Der untere Theil der Zellenhaut scheint in 
der Bildung der Kalknetze aufgegangen zu sein. Eine Epi- 
thelialschicht,, theils von Platten-, theils von Wimperepithe- 
lien, grenzt die Haut nach aussen ab. 


An denjenigen Stellen, wo ausnahmsweise die Verkal-- 


kung einen geringeren Grad erreicht hat, vor Allem an der 
sogenannten Mundhaut des Seeigels ist die Structur der Haut 
an die der Holothurien erinnernd, indem hier ein deutliches 
entwickeltes Faserstratum angetroffen wird. 

Was die Kalkmassen betrifft, so hat man die der Scha- 
lenstücke und die der weicheren Haut zu unterscheiden. 
Nach den sehr genauen Untersuchungen Valentin’s am See- 
igel trifft man in den ersteren ein sowohl der Breite als 
Höhe nach continuirliches Kalknetz. Es bietet jedoch, was 
Stärke der Stäbe, Grösse und Form der Löcher oder Ma- 
schen betrifft, manchfache Differenzen dar. Auch die ver- 
schiedenen, auf der Aussenfläche vorkommenden Tuberkel 
des Echinus werden aus denselben Kalknetzen geformt, wel- 
che sich aus den Knochenplatten ununterbrochen in sie fort- 
setzen, was man namentlich an senkrechten Durchschnitten 
bemerkt. Ein solcher verticaler Durchschnitt lehrt denn 
auch, dass die Form der Netze je in den oberflächlicheren 
oder tieferen Lagen der Platten und Höckern Differenzen 
unterliegt. So erscheinen z. B. in den tieferen Lagen der 
Platten die Maschen ansehnlicher und mehr vertical, wäh- 
rend sie in den oberen Schichten kleiner und mehr hori- 
zontal gelegen sind }). 

Hier bei dieser excessiven Form der Kalknetze, wo 
sich am leichtesten durch Behandlung mit verdünnten Säuren 
die Kalkmasse entfernen lässt, erkennt man deutlich, wenn 
anders der gehörige Concentrationsgrad der Säure getroffen 
wurde, die organische Grundlage der Netze als ein Gitter- 


'!) Vergl. Valentin. I. c. Tab. 1l. 


59 


werk von membranösem oder einem schwachfaserigen 
Gefüge. 

Die Schalenstücke des Seeigels bieten ihrer Massenhaf- 
tigkeit halber auch für die chemische Analyse ein geeignetes 
Object dar. Man findet, dass die organische Substanz hier 
sehr zurücktritt und ein Reichthum anorganischer Masse vor- 
kommt, wie wir ihn nur noch von wenigen thierischen Ge- 
weben kennen. Nach der Analyse von Brunner, welche 
uns Valentin in seiner Monographie mittheilt, enthält die 
Schale des Echinus lividus in 100 Theilen : 


Kohlensauren Kalk ........ 86,81 
Schwefelsauren Kalk ....... 1,38 
Kohlensaure Magnesia ...... 0,84 
Andere Salze und Verlust .... 1,14 
Organische Materie ........ 9,83 


Daneben bemerkt man Spuren von Eisenoxyd. Chlorna- 
trium, welches man bei seinem Vorkommen im Meer- 
wasser hier hätte erwarten sollen, fehlt; ebenso Phosphor- 
säure. 

In der weichen Haut des Mundes kommen getrennte 
Kalkmassen ziemlich häufig vor. Ein Theil derselben hat 
die Gestalt von Platten, ein anderer die von kleinen Netz- 
oder Gitterwerken. Diese letzteren sind an den äusserlichen 
Partieen der Mundhaut am grössten und werden, je näher 
man der sog. Laterne des Aristoteles kommt, immer kleiner 
und einfacher, bis sie zuletzt nur in Gestalt von Ringen 
oder einfachen Stäben getroffen werden !), vermuthlich den 
Grundformen, aus welchen durch Apposition das grössere 
und complicirtere Netzwerk entsteht. 


Auch in den zehn der Mundhaut angehörenden und mit 
dem Namen der Kiemen bezeichneten Aussackungen sind 
derartige Kalknetze enthalten, nach unten ausgedehnter und 


') Eine Abbildung derselben bei Valentin, Tab. V. fig. 71. 


60 


gehäufter, während sie nach oben und bis zur Spitze hin 
als kleinere Netze und Ringe beobachtet werden !). 

Bei Spatangus sind die entsprechenden Organe mehr 
langgestielt. Jeder ihrer bläschen- oder blindsackartigen 
Endigungen entspricht hier nur ein langer, wenig gekrümm- 
ter, unverästelter Kalkstab. 

Schon in einer frühen Periode der Entwicklung treten 
bei hierher gehörenden Thieren die ersten Kalknetze auf, 
wie uns die interessanten Beobachtungen von J. Müller leh- 
ren, und zwar in Form gablig getheilter Stäbe, welche sich 
dann in Netze ausbilden 2. Die merkwürdige Larve, in 
welche diese Thiere wie in einen Rahmen angelegt wer- 
den, hat ebenfalls schon ein Kalkgestell. 

In der Ordnung der Asteriden kommt bei den 
Ophiuren die Structur des Hautskelets vollkommen mit dem 
der vorigen Abtheilung überein. Die einzelnen Skeletstücke 
bestehen ebenfalls aus vollkommen. continuirlichen Kalk- 
netzen, welche nach der Behandlung mit verdünnten Säu- 
ren ein zarlhäutiges organisches Gitterwerk zurücklassen. 
Bei Ophiolepis ciliata, welche ich etwas ausführlicher unter- 
suchte, waren die Maschen sehr wechselnd an Grösse und 
Form. An den Rändern der einzelnen Platten hörten die 
Kalknetze mit kurzen abgerundeten Vorsprüngen der senk- 
rechten Stäbe auf. Hier bemerkt man ebenfalls einen 
Ueberzug einer organischen, vermuthlich aus Zellen beste- 
henden Membran , deren Dicke ungefähr 0,02 — 0,01‘ 
betrug. Indessen endeten die Kalknetze in welligen, un- 
regelmässigen Linien. Ihre Löcher waren noch zahlreich 
vorhanden, aber beträchtlich klein, 0,004 — 0,005‘ mes- 
send, während sie in den tieferen und inneren Partieen 
der Platten viel grösser sind. Die zahnartigen Vorsprünge 


'!) Die Kalknetze der Kiemen bei Valentin, Tab. VII. fig. 143. 
und Erdl, Tab. II. fig. 13. » 


2) S, dessen Archiv 1847. S. 157 etc. 


61 


an der Mundöffnung zeigten dieselben Netze, indessen mit 
vorwiegender Längsrichtung der Stäbe und unansehnlichen 
Löchern. Die Stäbe endigten hier mit Spitzen, umschlossen 
von einer organischen (zelligen) Masse. Hier erschien noch 
eine feine glashelle äusserste Membran, wie sie auch für 
die Asterien wiederkehrt. An den Armgliedern kreuzten 
sich die Stäbe des Kalknetzes mehr rechtwinklig. 

“ Die Asterien dagegen zeigen wieder eine deutliche, be- 
trächtliche Faserschicht unter dem Zellenbeleg. In ihr kom- 
men getrennte, wenn auch oft sehr ansehnliche und zahl- 
reiche Kalkmassen vor. Die Balken und Netze haben hier 
ebenfalls eine sehr verschiedene Stärke und Form. Soweit 
meine Beobachtungen reichen , erscheint überall der gleiche 
Bau, selbst die Madreporenplatte macht keine Ausnahme. 
Die verschiedenen, an der Haut der Seesterne vorkommenden 
Körner und Vorsprünge zeigen ebenfalls das nämliche Kalk- 
netz. Hier kommt dann öfter die bei den Ophiuren erwähnte 
glashelle Membran zum Vorschein. 

Die Kalkmassen werden ebenfalls schon frühzeitig an- 
gelegt. Die merkwürdige, von Müller als Pluteus paradoxus 
zuerst beschriebene Larve !) zeigt ein Kalkgestell, der in 
ihrem Inneren entstehende Embryo lässt bald die Kalknetze 
erkennen. Die Asterien, welche eine abweichende Entwick- 
lung haben, scheinen erst später solche Kalknetze zu be- 
kommen, wenigstens bei Echinaster Sarsii 2). 

Die vierte Ordnung der Echinodermen, die Haarster- 
ne, zeigen an ihrem stark verkalkten Skelet die gleiche 
Structur, wie die Echiniden und Ophiuren. Ueberall, wo 
solche ossificirte Massen vorkommen, an dem Stiele, an 
den Armen, den Pinnulae und Cirrhen, an dem ventralen 
Theil der Scheibe, trifft man sowohl bei Comatula als Pen- 


1) Müller’s Archiv 1846. S. 101. Tab. VI fig. 1 u. 2. 


2) Müller im Archiv von 1847. S. 177. 


62 


tacrinus !) ein continuirliches Kalknetz, äusserlich überzogen 
von einer Schicht organischer Masse, der Zellenschicht, wel- 
cher die Comatulen ihre Färbung verdanken. Der Wachs- 
thum der Netze, welche ebenfalls nicht überall die gleiche 
Stärke der Löcher besitzen , findet deutlich durch Appo- 
sition statt. Es lehrt dieses die Beobachtung von Müller, 
dass die Kalkstäbe schon bei der gestielten, jugendlichen 
Comatulis dieselbe Grösse besitzen, als beim erwachsenen 
ungestielten Thiere. Manche der hier auftretenden Structur- 
verhältnisse sind jedoch eigenthümlich und bedürfen einer 
genaueren Betrachtung. 

Die einzelnen Glieder des Stengels werden bei Penta- 
erinus neben der organischen Zwischensubstanz noch von 
fünf besonderen continuirlichen Fasersträngen durchsetzt, de- 
ren Primitivfibrillen an die des Sehnengewebes der Verte- 
braten erinnern. Um diese Stränge herum nimmt das Kalk- 
netz eine veränderte Gestalt an. Es verwandelt sich näm- 
lich in jenen parallel laufende Längsstäbe, welche‘ durch 
kurze Querstäbe verbunden sind. Solche Stränge werden 
an den Cirrhen, Armen und den Pinnulae nicht mehr an- 
getroffen. 

Zur Verbindung einzelner Skeletstücke mit einander fin- 
det man sehr häufig eine Interarticularsubstanz angewandt, 
welche die Eigenthümlichkeit hat, nach einer seitlichen Aus- 
dehnung sich wieder zurückzuziehen und nach einer senk- 
rechten Compression sich wieder aufzurichten oder auszu- 
dehnen. Bei microseopischer Untersuchung kommt ein Fa- 
sergewebe von ganz eigener zierlicher Anordnung zum Vor- 
schein. Man bemerkt nämlich, dass die Masse aus lauter 
senkrechten Faserbündeln oder Fasersäulen hergestellt wird, 
welche durch bogenförmige Schlingen, bestehend aus Pri- 


!) Man vergl. hierzu die classische Monographie des Pentacrinus 
caput Medusae von J. Müller in den Berliner Academieschriften von 
1841. 


63 


mitivfibrillen von grosser Feinheit, mit einander verbunden 
werden , welche aus den Fasersäulen auslaufen und in die- 
selben sich wieder verlieren. Auffallend ist die Anordnung 
dieser Schlingen. Es kommen nämlich im oberen Theile 
der Interarticularsubstanz zwischen zwei Säulen deren acht 
bis zehn vor, die sämmtlich ihre Convexität nach oben 
kehren. Die gleiche Anzahl der Bögen wird an der unteren 
Hälfte wahrgenommen. Die Convexitäten derselben sind 
aber durchaus nach unten gewandt. Es bleibt in der Mitte 
ein grösserer freier Raum übrig. 

Das Verhältniss von Fasersäulen und Faserbögen ist 
durch Beobachtung nicht festzusetzen. Als Hypothesen sind 
hier drei Annahmen von Müller aufgestellt worden. Einmal 
können immer ein oberer und unterer Bogen als Theile ei- 
ner geschlossenen Faserellipse zusammengehören. Es wer- 
den mithin solcher Faserellipsen selbst soviele an jeder Fa- 
sersäule vorkommen, als diese Bogen besitzt. 2) Die Bo- 
genreihe zweier Fasersäulen werden nur durch die Windun- 
gen einer einzigen Faser bewirkt und 3) die Fasern eines 
Bogens zweier Säulen biegen in die nächst liegende Säu- 
lenreihe über, um dort einen neuen Bogen zu bilden. Eine 
Faser hätte demnach einen langen Verlauf, vermöge dessen 
sie aus einer Säulenreihe in die andere überspränge,, wo- 
bei sie natürlich abwechselnd immer einen nach oben und 
dann wieder einen nach unten gekehrten Bogen bilden 
müsste }). 

Wir wenden uns jetzt zu den zahlreichen Anhängen, 
- welche an der Körperoberfläche der Echinodermen angetrof- 
fen werden, und betrachten deren Structur, soweit bis jetzt 
die Materialien vorliegen, indem wir Form, Vorkommen etc. 
den Lehrbüchern der Zootomie und Zoologie überlassen. 


!) Zu einer näheren Belehrung verweise ich auf die Müller’sche 
Arbeit l. c. S. 194. u. Tab. IV. fig. 5. u. Tab. V. fig. 1—6. 


64 


Was zuerst die Mundtentakel der Holothurien betrifft, 
so zeigen dieselben einen ähnlichen Bau wie die Körperhaut. 
Man bemerkt eine Zellen- und Pigmentlage, dann eine Fa- 
serschicht von muskulöser Natur, bestehend aus äusseren 
circulären und inneren longitudinalen Bündeln und endlich 
einem inneren, den Hohlraum unserer Organe auskleidenden 
Ueberzug. Auch Kalkkörper werden in der Haut der Ten- 
takeln angetroffen. Doch sind hier zwei Punkte hervorzuhe- 
ben. Einmal ist die Zahl der Kalkmassen eine geringere, 
als am Rumpfe; dann werden zweitens die charakteristi- 
schen Bildungen des letzteren Theiles hier fast immer ver- 
misst. So sind die Ankerplatten der Synapten, die Kalkge- 
stelle der Holothurien !) etc. verschwunden und statt ihrer 
kommen nur stab- und balkenförmige Kalkmassen unter den 
unregelmössigsten und sonderbarsten Gestalten vor. 

So sind bei Synapta Duvernaca diese Körper, welche 
nach der Angabe von Quatrefages unter der Muskelhaut in 
einem besonderen Stratum liegen sollen, bald cylindrisch, 
bald mit Spitzen und Höckern bedeckt, bald gekrümmt, 
was bis zur Bildung eines Ringes fortgehen kann 2). Die 
Grösse schwankt zwischen 0,06’ bis zu 0,015‘ Linien und 
steht in directem Verhältniss zur Körpergrösse des Thieres. 
Mit der letzteren hängt auch die Zahl der Kalkkörper zu- 
sammen, so dass man bei kleinen Thieren ihrer nur wenige 
antrifft, während bei grossen Exemplaren sie dicht gedrängt 
stehen. 

Bei Dactylota papillosa bemerkt man ebenfalls irreguläre 
Kalkmassen, bald Stäbe, einfach oder verästelt, bald Kalk- 
netze mit grossen ansehnlichen Maschen, bald Kalkplatten 
von einer Menge sehr feiner Löcher durchsetzt. Diese drei 
Formen können manchfache Verbindungen mit einander ein- 


!) Eine Ausnahme macht die unbekannte Holothurie, welche hier 
dieselben Kalkgestelle trägt. 


2) Abbildungen derselben bei Qualrefages I. c. Pl. IV. fig. 7—12, 


65 


gehen, wodurch eme noch grössere Vielartigkeit der Gestal- 
tung entsteht. Durch: ihr sonderbares Aussehen zeichnen 
sich Kalkmassen aus, wo ein Stab an seinem Ende mit 
einem Male in ein Netz zerfällt; ferner diejenigen, welche 
im Centrum als: ein grossmaschiges Netz, dagegen peri- 
pherisch als eine sehr feingelöcherte,, siebartige Platte er- 
scheinen. 

Die Mundtentakeln der Holothuria tubulosa zeigen Kalk- 
stäbe mit fein gezähnelten Rändern und den wechselndsten 
Formen. An den Stämmen unserer Organe sind die Kalk- 
körper am dicksten und grössten, 0,12’ und mehr; nach 
oben werden sie kleiner und kleiner, bis gegen 0,026‘. 
Die Lage dieser Stäbe, welche ziemlich häufig vorkommen, 
ist eine transversale. An den Spitzen der Mundtentakeln 
kommen auch vereinzelt sehr kleine, zarte Stäbchen von 
0,01’ vor. — Sehr beträchtlich fand ich die Quantität der 
Kalkmassen an den Mundtentakeln von Pentacta pentactes. 
Neben Kalknetzen, ähnlich denen der Dactylota papillosa, er- 
schienen besonders lange, oft durchlöcherte Kalkstäbe (fig. 3), 
meist in transversaler Richtung und von einer Grösse, welche 
bei einzelnen 0,20 bis 0,33‘ überschritt. 

Sehr auffallend erscheint bei Cuvieria, verglichen mit 
dem Reichthum der Körper an Kalkmassen, die Armuth der 
Tentakeln. Nur spärlich kommen hier vor Netze mit zierli- 
chen grossen Maschen und unregelmässige Stäbe , oft von 
Löchern durchbohrt. 

An den Mundtentakeln des Psolus phantopus vermisste 
ich Kalkkörper gänzlich. Es erschienen nur kugelige Con- 
cretionen kleiner nadelförmiger Crystalle, ebenso kleine 
Prismen, welche sich beide in Salzsäure unter Aufbrausen 
lösten. Weniger auffallend ist es, dass bei Dactylota gar 
keine Kalkmassen zu entdecken sind. 

Eine zweite Form von Anhängen stellen die sogenann- 
ten Füsschen oder Ambulacren dar. Sie kommen mit 
Ausnahme der Synapten allen Echinodermen der vier ersten 


5 


66 


Ordnungen zu und sind bekanntlich die wichtigsten Loco- 
motionsorgane dieser Thiere. Ihre Gestalt ist im Allgemei- 
nen die einer geschlossenen Röhre, welche nach unten die 
Bedeckungen durchbohrt und in ein Säckchen, das Am- 
bulacralbläschen übergeht. Der Schlauch kommt in 
seinem feineren Baue mit den Mundtentakeln überein. Man ° 
bemerkt eine äussere Zellenlage von verschiedener Stärke, 
welche öfter Pigmentmassen eingebettet enthält (so z. B. bei 
Echinus), einen inneren, den Canal des Füsschens ausklei- 
denden Ueberzug und dazwischen eine aus Cirkel- und 
Längsfasern bestehende Muskelschicht, welche unser Organ 
zu seinen zahlreichen und fast ununterbrochenen Bewegun- 
gen befähigt. Nach oben endet die Röhre entweder einfach 
blindsackig oder sie läuft hier in einen mehr oder weniger 
ausgebildeten Saugnapf aus, welcher dann noch oft von ei- 
nem besonderen Skelet gestützt wird. 

Ganz häutige Apparate scheinen die Füsschen der Ophiu- 
ren zu sein, indem weder an ihrer Spitze noch an ihren 
Wandungen eine Spur von Kalkmassen wahrzunehmen: ist }). 
Ein auffallendes traubiges Ansehen zeigen sie durch eine 
Menge warzenartiger Vorsprünge, welche als Saugnäpfe wir- 
ken 2. Bei den Haarsternen, wo die Füsschen ebenfalls 
keine Kalkmassen aufnehmen, erhalten sie. jedoch durch 
einen Besatz von kleinen fühlerähnlichen Röhrchen eine 
seltsame Gestalt 9). Im den einfach röhrigen Ambulacren 
der Asterien konnte ich ebenfalls bei Solaster, Asteracan- 


I) Dagegen kommen bei Ophiolepis ciliata in fast allen inneren 
Weichgebilden eigenthümliche dreistäbige Kalkkörper von ungefähr 
0,015° vor, welche an ihren Enden in 2 oder 3 hakenartige Spitzen 
auslaufen (fig. 2. a). Sie entstehen aus einem kleineren derartigen 
Gebilde (fig. 2. b), welches kürzere dornenlose Stäbe und eine Grösse 
von 0,009’ darbietet, auf dem Wege der Apposition. 


2)  Erdi,a.a,.0. 8.58. .fig.-.LL;a, 
>») Müller a. a. O. S. 222. Tab. IV. fig. 13 u. 14. 


67 


thion und Astropecten keine Kalktheile, weder an der Saug- 
grube, noch in der Wand des Schlauches entdecken. 

Die Füsschen der Holothurien und Echiniden sind da- 
gegen mit sehr verschieden gestalteten Kalkmassen bald 
sparsam, bald sehr reichlich versehen. 

Zahlreiche Kalkmassen zeigen namentlich die Wände 
dieser Organe bei manchen Holothurien , wo theils die Kalk- 
körper des Rumpfes, theils neue Formen vorkommen. So 
findet man bei Holothuria elegans an den kalkreichen Am- 
bulacren zu äusserst eine Lage der characteristischen, oben 
beschriebenen Kalkkörbe, unter welchen indessen sehr zahl- 
reiche anomale Formen, dabei auch einfache, an den En- 
den zweispitzige Kreuze auffallen. Darunter kommt eine 
mächtige, auf Querschnitten bis 0,2' messende Lage von 
Kalkstäben, die im Allgemeinen von ansehnlicher, wenn 
auch sehr wechselnder Grösse sind. Ihre Formen sind die 
verschiedensten, welche man sich denken kann. Bald sind 
es gerade, an den Rändern zackige Stäbe, bald theilen sie 
sich gablig (fig. 4), öfter haben sie die Gestalt zierlicher Kreuze 
(fig. 5) etc. Manche Stäbe haben an den Seiten einzelne grosse, 
von dünnen Kalkmassen umgebene Ringe, welche an die 
Handhaben eines Gefässes erinnern. Amorphe, rundliche 
Kalkmassen kommen ebenfalls hier nicht selten vor. So 
besitzen denn die Füsschen der Holothuria elegans einen 
ansehnlichen Kaikreichthum, welcher viel beträchtlicher als 
der des Rumpfes ist. Aehnlich findet man an den stark 
verkalkten Füsschen der Röhrenholothurie neben den Kalk- 
massen des Rumpfes, nämlich den Säulenplatten und den 
Kalkgestellen, noch die verschiedenartigsten Kalkstäbe vor. 

An den Füsschen der Dactylota papillosa konnte ich 
dagegen fast gar keine Stäbe bemerken, sondern nur die 
Kalkgestelle des Rumpfes. Sie zeigten sich hier in ziemlich 
regelmässiger Anordnung , die Spitzen nach aussen und 
unten gekehrt. Bei genauerem Zusehen erschien jedoch die 


Mehrzahl von ihnen mit anomalen Formen. Die Stäbe sind 
5* 


68 


dicker als an den gewöhnlichen Gestellen, bis zu 0,006’, 
die Löcher kleiner , oft nur 0,008. Die Platten, welche 
an der grossen Achse häufig in zwei Spitzen auslaufen, 
sind nicht flach, sondern ziemlich ansehnlich nach oben 
gewölbt (fig. 15). L 

Dagegen kommen bei Pentacta doliolum Bildungen, wie 
wir sie am Rumpfe getroffen haben, nämlich Säulenplatten 
in den Wandungen der Füsschen entweder gar nicht oder 
nur an den unteren Partieen spärlich vor. Hier machen 
Stäbe vom verschiedenartigsten Aussehen und von sparsamen 
Löchern durchbohrt , sowie einzelne durchlöcherte flache 
Platten fast die einzigen Kalkmassen aus. 

Bei Psolus phantopus kommen in der Wandung des 
Ambulacralschlauches nur vereinzelte Kalkmassen vor. Sie 
haben hier das Aussehen der zierlichsten Kalknetze von ei- 
ner mehr rundlichen Form mit unregelmässigen Rändern 
und stumpf geendigten Stäben , welche 0,003 — 0,004 an 
Dicke haben. Die Löcher sind rund, von 0,002 — 0,01 
schwankend. Die Grösse der Platten ist ebenfalls wechselnd 
von 0,04— 0,08‘. Man trifft diesen Differenzen entsprechend 
Platten mit nur sparsamen und wenigen Löchern, während 
andere eine Unzahl der letzteren tragen. An den Rändern 
der Platten gelingt es öfter, die Art des Wachsthums zu beob- 
achten. Man findet, dass hier die Kalkstäbe bald nur mit 
kurzen geraden Spitzen aufhören, bald mit längeren Aus- 
läufern von verschiedener Krümmung. Zwei dieser Ausläu- 
fer kommen dann einander entgegen zur Bildung eines neuen 
Ringes. Oft sind ihre Enden einander schon sehr nahe, so 
dass nur ein schmaler Zwischenraum übrig bleibt; in an- 
dern Fällen sind sie bereits zusammengestossen , so dass 
nur noch eine feine Demarcationslinie sichtbar ist: Solcher 
Grenzlinien findet man indessen hier bei einiger Aufmerk- 
samkeit ziemlich viele. Dass man sich hüten muss, zer- 
brochene Ringe für in der Bildung begriffene zu nehmen, 
bedarf wohl keiner Erwähnung. Die scharfen Bruchstellen 


69 


sind von den abgerundeten Enden der Stäbe Jeicht zu un- 
terscheiden. 

Bei Cuvieria squamata, ebenso bei der oben genannten 
Trepang bleiben die Wandungen der Ambulacren ganz von 
Kalkmassen frei. 

Die als eine Art von Saugnapf auftretende Spitze des 
Füsschens ist bei einer Anzahl von Holothurien durch ein 
besonderes sehr zierliches und elegantes Gitterwerk von 
Kalkmasse gestützt. 

Von geringer Ausdehnung und auch nicht ganz constant 
an einem jeden Füsschen erscheint dieses Gitter bei Dacty- 
lota papillosa, bei Pentacta doliolum und der früher er- 
wähnten unbekannten Holothuria. 

Bei letzterem Thiere (fig. 22) erlangt es eine Grösse von 
etwa 0,12’, die rundlichen oder eckigen Löcher zeigen ei- 
nen Durchmesser von 0,008 — 0,006’, die Stäbe sind sehr 
fein, 0,002 — 0,003‘ stark. Ein solches Netz besteht nur 
aus einer einzigen flächenhaft ausgebreiteten Stabmasse ; es 
hat mithin nur eine sehr unbedeutende Höhe und ist von 
grosser Zerbrechlichkeit. 

Bei Dactylota papillosa hatte das Gitterwerk an einigen 
Füsschen einen Durchmesser von 0,024‘, die zahlreichen Lö- 
cher eine Grösse von 0,003 — 0,004‘. Die Stäbe endigten an 
der Peripherie oft mit langen abgerundeten Ausläufern. Bei 
einer Seitenansicht des Füsschens überzeugt man sich, dass 
ein solches Gitterwerk nicht plan, sondern gewölbt ist, und 
zwar seine convexe Seite nach unten kehrt, mithin eine 
Excavation des Saugnapfes bewirkt. Ebenfalls feine Stäbe 
und ansehnliche, bis 0,01‘ betragende Löcher zeigt das 
ungefähr 0,06‘ grosse Gitterwerk in der Füsschenspitze bei 
Pentacta doliolum. 

In einer viel mächtigeren Entwicklung findet man dieses 
Gitterwerk bei der obigen Trepang und Cuvieria squamala. 
Bei ersterem Thiere endigen die Ambulacren mit einem 
ansehnlichen dunklen Knöpfchen. In diesem liegt nun die 


> 


70 


ansehnliche flachgewölbte Platte mit nach oben gekehrter Con- 
vexität. Sie besteht aus einem zierlichen,, vollkommen un- 
geschichteten Gitterwerk. Aeusserlich sind die Löcher am 
grössten, 0,008 — 0,01’ messend und mehr eckig. Nach 
innen gegen das Centrum hin werden sie rundlicher und 
beträchtlich kleiner. Die Kalkstäbe sind umgekehrt in den 
peripherischen Partieen am feinsten, 0,002‘, an den cen- 
tralen Theilen bedeutend stärker, 0,004 — 0,006. Man 
findet hiermit im Einklange, dass die äusseren Partieen des 
Kalkgerüstes sehr leicht zerbrechen, die inneren dagegen 
viel weniger. 

Noch ausgebildeter ist dieses Kalkgitter bei Cuvieria 
squamata. An der Spitze der Füsschen bemerkt man hier 
ein rundliches festes Blättchen, ähnlich dem, welches man 
bei Echinus schon lange kennt. Dieses Blättchen wird 
von einem ansehnlichen, durchaus continuirlichen Kalknetze 
gebildet, welches m seinem Centrum leicht vertieft ist, flach 
gewölbte Seitenränder besitzt und an diesen sich noch in 
einen niedrigen, senkrecht nach unten gekehrten Theil fort- 
setzt, welcher den gleichen Bau wie die Scheibe zeigt. 

Auch hier findet man äusserlich die grössesten Löcher, 
deren manche 0,023 — 0,030‘ erreichen. Nach innen wer- 
den sie gewöhnlich viel kleiner, einzelne bis zu 0,005 — 
0,002‘. Doch erhalten sich in einzelnen Fällen grosse Lö- 
cher auch in den centralen Partieen. Die grössten von ih- 
nen erreichen eine Dicke von 0,008. Die senkrechten 
Seitentheile haben weite Maschen. Ungeachtet der grossen 
Zerbrechlichkeit gelingt es oftmals, dieses Gerüste unver- 
sehrt und isolirt zur Anschauung zu bekommen, wo man 
sich dann von der Continuität des Gitters und dem Mangel 
eines Centralloches aufs Deutlichste überzeugen kann. 

Die Füsschen des Echinus !) zeigen an ihrer Spitze, 


!) Ueber den feineren Bau der Ambulacren des Seeigels finden 
sich genaue Angaben in den mehrfach erwähnten Arbeiten von Erdl 
und Valentin. 


71 


äbnlich denen der Cuvieria, ein sehr ausgebreitetes Kalk- 
netz. Sie tragen bekanntlich auf ihrer Spitze ein rundliches 
tellerförmiges Blättchen, welches neben den gewöhnlichen 
Epithelial- und Pigmentlagen noch eine deutliche Faser- 
schicht enthält und endlich eine Anzahl, gewöhnlich fünf, 
einzelner Platten, die durch. schmale Zwischenräume ge- 
trennt, ein centrales Loch ringförmig umgeben, welches 
jedoch von den Häuten des Blättchens vollkommen aus- 
gefüllt wird und daher keine Communication zwischen dem 
Ambulacralschlauch und dem umgebenden Seewasser ver- 
mitteln kann. Die Platten bestehen aus einem geschichteten 
Kalknetze mit gewöhnlich runden Maschen , wobei sich je- 
doch eine Anzahl radienartig gestellter , ziemlich starker 
(0,007 — 0,01‘ messender) Stäbe herausfinden lässt, welche 
an der Peripherie mit knopfartiger Verdickung aufhören. 
Unter diesen Platten liegt noch ein Kalkring, dessen Masse 
nach dem Centrum zu zahlreiche, 0,004 — 0,01’ grosse 
Löcher besitzt und daher in Form des gewöhnlichen Ma- 
schenwerkes auftritt, dagegen nach aussen durch viel spar- 
samere und kleinere Löcher mehr solide erscheint. An den 
Ambulacren, welche auf der Mundhaut stehen, fehlt dieser 
Kalkring. Bei ihnen sind die Platten des tellerförmigen 
Blättehens weniger entwickelt und oft in geringerer Anzahl 
vorhanden. Sie erscheinen gewöhnlich weisser im Gegen- 
satz zu den mehr bläulichen Kalknetzen an den Füsschen 
der Schale. In der Wand der Ambulacren des Echinus, 
welche starke Längs- und Querfasern zeigt, triffi man bis- 
weilen in ziemlicher Menge kleine halbmondförmige Kalk- 
stäbehen an, dieselben, die auch in den inneren Weichge- 
bilden des Körpers enthalten sind. 

Stacheln kommen häufig an der Körperoberfläche von 
Echiniden und Asteriden vor. Am genauesten gekannt 
durch die Bemühungen Valentins und Erdl’s sind die 
Stacheln des Echinus. Sie erscheinen sehr zahlreich mit 
Ausnahme der Mundhaut an der ganzen Körperoberfläche 


72 


und sind conische,, an der Spitze abgerundete Gebilde von 
verschiedener, zwischen 9,5‘ und 0,5‘’' gelegener Grösse, 
welche mit einer ringförmigen Verdickung in einen auf den 
Höckern des Hautskelets beweglich inserirten Gelenktheil 
von 0,5 — 0,25’ übergehen. Die. Oberfläche eines jeden 
Stachels wird von Längsfurchen durchzogen, zwischen wel- 
chen die Substanz flach gewölbt hervorspringt, eine Anord- 
nung, die namentlich an der ringförmigen Verdickung klar 
zu Tage tritt. Die Zahl der Furchen und Wölbungen wech- 
selt, beträgt im Mittel 20 bis 25, kann aber auch bis zu 
12 herabsinken. 


Auf Querschnitten gelingt es am besten, die feinere 
Structur der Stacheln zu studiren. Man bemerkt, dass 
ein jeder Stachel aus zweierlei Substanzen gebildet wird. 
Eine weissliche Masse nimmt den Mittelpunkt eines Quer- 
schnittes ein und entsendet von hier aus divergente Strah- 
len oder Radien, welche in Zahl und Richtung den Furchen 
entsprechen, jedoch nicht ganz bis an die Oberfläche des 
Stachels gelangen. Bei stärkerer Vergrösserung bemerkt 
man, dass diese Substanz aus den gewöhnlichen characte- 
ristischen Kalknetzen mit verschieden grossen Stäben und 
Maschen gebildet wird. Auf senkrechten Durchschnitten 
überzeugt man sich, dass die Kalknetze sowohl der Achse 
als der Strahlen ununterbrochen durch die ganze Dicke des 
Stachels verlaufen, mithin vollkommene Wände oder La- 
mellen in jenem herstellen. 


Zwischen den Kalknetzen kommt sowohl auf Längs- als 
Querschnitten eine homogene structurlose Substanz von ver- 
schiedenem Colorit zum Vorschein, an welche Kalk chemisch 
gebunden ist. 


Dieselbe Duplicität erstreckt sich auch in den Basalring 
des Stachels herab, nur werden hier an der Peripherie die 
einzelnen Strahlen abermals zu einem ringförmigen conti- 
nuirlichen Kalknetze vereinigt. Dagegen besteht der Gelenk- 


73 


kopf des Stachels durchaus nur aus einem Maschenwerk 
von Kalkstäben. 

Die Substanz der Stacheln ergab nach Brunner’s |) 
Analyse in 100 Theilen: 


Kohlensauren Kalk ........ 89,40 
Schwefelsauren Kalk ...... 1,14 
Kohlensaure Magnesia .. .... 0,06 
Andere Salze und Verlust .... 181 
Organische Materi@ ..... .®... 7,59 


daneben noch Spuren von Eisenoxyd. 

Nach den Angaben Valentin’s, dass nämlich auf Quer- 
schnitten bisweilen concentrische Ringe bemerkt werden, 
scheint der Wachsthum der Stacheln durch Auflagerung neuer 
Schichten stattzufinden. 

Die Verbindung des Stachels mit den Tuberkeln der 
Schalenstücke geschieht einmal durch die äussere, weiche 
Haut, welche ununterbrochen auf die Stacheln übergeht und 
diese, namentlich die kleineren, überkleidet, dann aber 
durch ein festes, aus Fasern gewebtes Kapselband ; die 
Bewegung durch zahlreiche, radienförmige Muskelbündel. 

Viel weniger genau erforscht ist die Structur der Sta- 
cheln bei anderen Echinodermen. 

Die grossen Stacheln der Gattung Cidaris kommen hin- 
sichtlich des äusseren Ansehens denen des gewöhnlichen 
Seeigels nahe und zeigen gleich diesen longitudinale Vor- 
sprünge und dazwischen befindliche, hohlkehlenartig ver- 
tiefte Stellen. Auf Querschnitten, welche sich leicht durch 
Schleifen herstellen lassen, trifft man indessen einen ab- 
weichenden Bau. Der Achsen - oder Centraltheil besteht 
aus einem Kalknetze mit rundlichen Maschen. Auf ihn 
folgt eine viel ansehnlichere mittlere Lage, welche den 
grössten Theil des Stachels ausmacht. Sie wird gebildet 
von radienförmigen, dicht neben einander stehenden Kalk- 


I)» Valentin a. a. ©. S. 34. 


74 


stäben, die durch kurze Querbalken zu länglich runden 
Maschen mit einander verbunden werden. Die radialen 
Hauptstäbe verdicken sich gegen die Peripherie hin nicht 
unbeträchtlich, so dass die Löcher der Maschen nach aussen 
nicht viel breiter ausfallen als in den mehr centralen Par- 
tieen. Auf diese mittlere Masse folgt eine viel dünnere Rin- 
denschicht, bestehend aus einer farblosen homogenen Masse. 
Sie bildet die Vorsprünge der Längskanten und noch ver- 
einzelte kleinere. Nur-sehr spärlich findet man sie von Lö- 
chern durchsetzt, dagegen erstrecken sich in sie herein die 
Kalknetze der Mittelschicht. Auf Längsschnitten bemerkt 
man, dass der ganze Stachel sowohl in der Achse als in 
den mittleren Schichten aus einem ganz zusammenhängen- 
den Kalknetze besteht. In der mittleren Schicht fallen senk- 
rechte parallele Kalkstäbe auf , welche die radialen der 
einzelnen Schichten mit einander verbinden. Die Dicke der 
drei Lagen verhielt sich an einem Stachel, dessen Diameter 
1,37''' betrug so, dass der, Achsentheil einen Durchmesser 
von 0,25‘ hatte, der ringförmige Mitteltheil jederseits 0,5‘, 
die Rindenschicht nur 0,06‘. 

Während bei den Stacheln des Echinus die homogene 
Substanz zwischen den Kalknetzen in ansehnlicher Menge, 
bei denen von Cidaris viel sparsamer und nur zwischen den 
Netzen der innersten und mittleren Lage angetroffen wird, 
fehlt sie ganz an denen des Spatangus. Diese ebenfalls 
an ihrer Oberfläche von Längsrippen und Furchen durch- 
setzt, bestehen gänzlich aus einfacher Kalkmasse , welche 
von Längsreihen rundlicher Löcher zwischen den Vorsprün- 
gen durchzogen wird. Das Nähere der Structur konnte ich 
nicht erforschen, da die Stacheln des Spatangus einem 
Schleifen durch ihre Sprödigkeit hartnäckig widerstanden. 
Die Insertion geschieht mit einem ähnlichen Basalstück wie 
beim Seeigel. Die circulären Muskelbündel werden auch 
hier nicht vermisst. Der gewöhnliche organische Ueberzug 
ist häufig an den Stacheln des Spatangus vorhanden und 


= 
enthält namentlich an dem Grundtheil zahlreiche Pigment- 
zellen. 

Die Stacheln der Asterien und Ophiuren bestehen eben- 
falls aus ganz zusammenhängender durchlöcherter Kalkmas- 
se, welche gewöhnlich an der Oberfläche in Spitzen oder 
Dornen ausläuft, im Uebrigen jedoch, was Grösse der Lö- 
cher, Stärke der Stäbe und organischen Ueberzug betrifft, 
manchen Verschiedenheiten unterliegt. 

An der Körperoberfläche mancher Echinodermen, näm- 
lich bei Echiniden und Asterien kommen ganz eigenthümli- 
che Organe vor, welche den Namen der Pedicellarien er- 
halten haben. Sie bestehen in der Regel aus einem kür- 
zeren oder längeren Stiele, der durch ein Stabwerk von 
Kalkmasse gestützt zu werden pflegt, und auf seiner Spitze 
zwei bis drei löffel- oder zangenartige Klappen trägt. Diese, 
welche ebenfalls durch Kalkmassen eine ansehnliche Festig- 
keit erlangen, können nach Willkühr während des Lebens 
vom Thiere geöffnet oder geschlossen werden. Sonderbarer 
Weise erhält sich dieses Oeffnen und Schliessen auch bei 
abgeschnittenen Pedicellarien noch eine beträchtliche Zeit. 

Die Gattung Echinus, wo die Pedicellarien am meisten 
durchmustert sind , hat zuerst zur Erkenntniss derselben 
Veranlassung gegeben. Man verdankt O. F. Müller, dem 
berühmten Verfasser der Zoologia Danica, die ersten genaue- 
ren Beobachtungen !). Er unterschied bereits drei Formen 
derselben, hielt sie aber nicht für Organe des Seeigels, 
sondern für drei Species einer eigenthümlichen, auf diesem 
lebenden Polypengattung. Nach manchen Schicksalen , auf 
welche. wir hier nicht eingehen können, sind die Pedicella- 
rien, von selbstständigen Wesen zu Greifapparaten degra- 
dirt, namentlich durch die Bemühungen Erdl’s und Valen- 
tin’s 2) genau erforscht worden. Letzterer unterscheidet 


1) S. dieses Werk Vol. I. S. 16. und Tab. XVI. 


?) L. 1. e. c. Am genauesten ist die Valentin’sche Untersuchung, 


76 


ebenfalls drei Formen derselben, wahrscheinlich entsprechend 
den Müller’schen, unter dem Namen der Pedicellaires gem- 
miformes, tridactyles und ophicephales, welche, obwohl 
Uebergänge darbietend , doch manches Interessante in ihrer 
Structur erkennen lassen. ” 

Die Stiele der Pedicellarien werden gleich den übrigen 
Hautgebilden von der Zellenlage überkleidet, welche äusser- 
lich ein Wimperepithelium trägt. Unter den Zellen gewahrt 
man ein aus Rings- und Längsbündeln bestehendes Muskel- 
stratum. Die Kalkmasse in den Stielen besteht aus feinen, 
fast parallel laufenden Längsstäben, welche, durch kurze 
Querbalken mit einander verbunden, ein sehr gestrecktes 
Maschenwerk herstellen. Nach oben verdickt sich diese 
Kalksäule beträchtlich, indem hier die Längsstäbe auseinan- 
derlaufen und durch zahlreichere Querstäbe anastomosiren, 
so dass ein sehr zierliches, gewölbtes, korbartiges Ge- 
flechte gebildet wird. So verhalten sich die Stiele aller 
drei Formen im Wesentlichen vollkommen gleich. Nur in 
einzelnen unbedeutenderen Punkten differiren sie. Die der 
p- gemmiformes sind etwas schwächer und kleiner als die 
der p. tridactyles; bei beiden ragt die Kalksäule weit nach 
oben bis dicht an die Klappen. Bei den p. ophicephales 
hört sie weit früher auf, so dass hierdurch ein ansehnli- 
cher, von Kalkmasse freier Theil unterhalb der Klappen 
vorkommt. } i 

Der auf den Stielen befindliche eigentliche Greifapparat 
variirt weit mehr, sowohl hinsichtlich der äusseren Form 
als der Formation der von einer ansehnlichen weichen Masse 
(Zellen und Fasern) umhüllten Kalkmassen. Bei den P. 
gemmiformes, wo rundliche , linsenartige Arme vorkommen, 
sind die drei Kalkgerüste von einer complieirten, ohne Ab- 
bildung kaum verständlichen Gestalt !). Jedes derselben 
doch leidet sie unglücklicher Weise an einer Unklarheit des Ausdruckes, 
welche ihre Benutzung erschwert, 

N Valle. fig. 4. 


717 


besteht aus einer oberen, fast viereckigen Platte, welche 
an der Spitze in zwei Paare scharfer, nach innen gekehrter 
Zähne ausläuft und an ihren Seiten einen aufgewulsteten 
Rand darbietet. Das obere Stück setzt sich fort in ein 
breiteres Mittelstück, welches neben den Seitenwülsten 
noch eine Medianleiste besitzt und durch letztere in zwei 
Längsfelder abgetheilt wird. An der Basis des letzteren 
bemerkt man noch einen dritten oder unteren Theil in 
Form eines stumpfen Höckers. An den beiden ersten Par- 
tieen ist die Kalksubstanz von zahlreichen kleinen Löchern 
durchbohrt. 

Die Klappen der p. tridactyles sind lang und dünn, an 
ihren Rändern gezähnelt. Die Kalkmassen , ebenfalls sieb- 
artig durchlöchert, bestehen aus einem oberen langen und 
schmalen, nach innen concaven, nach aussen gewölbten 
Theile und einem Grundtheile, der von einem ansehnlichen 
Loche durchbohrt wird !}). 

Was endlich die dritte und letzte Form, die p. ophice- 
phales 2) betrifft, so haben sie breitere und rundliche, aber 
gleichfalls an den Seiten gezähnte Klappen. Die Kalkmas- 
sen lassen ein oberes, ein mittleres und ein unteres Stück 
unterscheiden. Ersteres hat die Form eines Löffels mit ver- 
dickter Mittellinie und Seitenwülsten , welche durch zahlrei- 
che transversale Wülste mit einander verbunden werden. 
Zahlreiche Löcher kommen hier ebenfalls in der Kalkmasse 
vor, erreichen jedoch die Seitenränder nicht. Das Mittelstück 
ist nicht unähnlich dem der P. gemmiformes und vielfach 
durchlöchert. Der Grundtheil besteht aus festen, nach in- 
nen gekehrten, bogen- oder höckerartigen Vorsprüngen. 

Ich füge hier einige Beobachtungen an, welche ich über 
den feineren Bau der Pedicellarien der Spatangen an einem 
Exemplare von Spatangus purpureus angestellt habe. Von 


) 1.c. fie. 8. 
2) 1... fig..46 — 54. 


78 


den Greifwerkzeugen dieser Echinoderme,, welche in vielen 
Punkten mit denen der Echinen übereinkommen, lassen 
sich zwei Formen unterscheiden, eine grössere und eine 
kleinere. Der Unterschied beruht jedoch hier weniger in 
der Länge des Stieles, welche bei ersterer Form sogar 
häufig geringer als bei letzterer ausfällt, als vielmehr in der 
Mächtigkeit und Stärke der Klappen. Diese haben im Allge- 
meinen eine löffelartige Gestalt und kommen hierin am mei- 
sten noch mit den P. ophicephales des Echinus überein. 

Was zuerst die kleineren Pedicellarien betrifft, so 
bestehen diese aus einem Stiele, dessen Länge im Mittel 
bei meinem Exemplare 0,2 — 0,25‘ betrug. Er besitzt 
ebenfalls eine Kalksäule mit Längsstäben und Maschen, beide 
von grosser Feinheit. Die Kalksäule scheint nach unten mit 
den Kalknetzen der Schalenstücke in einem ununterbroche- 
nen Zusammenhange zu stehen. Die Dicke der Kalksäule 
beträgt etwa 0,01‘, der Durchmesser der Stäbe 0,002 — 
0,0016‘. Eine Lage organischer Substanz, gebildet aus 
den theils farblosen, theils pigmentirten Zellen der Haut, 
überkleidet die Kalksäule. Der Diameter des Stieles der 
Pedicellarie wird hierdurch auf 0,024’ erhöht. An der 
Spitze hört, ganz ähnlich den Echinen, die Kalksäule mit 
einer leichten knopfartigen Erweiterung und unter einem 
mehr bogenartigen Verlauf der Stäbe auf. Es. folgt jetzt, 
erinnernd an die P. ophicephales, eine lange, im Mittel 
0,08‘ messende Strecke des Stieles, welche von Kalkmassen 
frei bleibt. Hier erscheint dieselbe Zellenlage, dann aber 
noch ein starkwandiger Schlauch, dessen Durchmesser dem 
des Knopfes der Kalksäule gleichkommt. 

An den Klappen der kleineren Pedicellarien bemerkt man 
den gleichen zelligen Ueberzug und im Innern das Kalk- 
gerüste. Dieses hat einen oberen 0,04‘ messenden Theil 
von elliptischer, löffelföürmiger Gestalt, der nur nach unten 
an den Seitenrändern einige sparsame kleine Zähnchen trägt, 
im Uebrigen ganz glatt bleibt. Auch bei Spatangus ist er 


79 


von sehr zahlreichen rundlichen und ovalen Löchern sieb- 
artig durehbrochen. Die Grösse der letzteren wechselt sehr, 
beträgt im Mittel 0,005 — 0,0025’, sinkt jedoch auch unter 
0,002° herab. Die Anordnung ist bald ganz irregulär, bald 
bemerkt man eine Gruppirung der Löcher in mehr radien- 
artigen Linien. Die Seitentheile bestehen aus ganz compa- 
cter undurchlöcherter Kalkmasse. 

Der eben beschriebene obere Theil der Klappe geht 
unter einem bogenförmigen Einschnitt in einen viel di- 
ckeren unteren Theil über, welcher von einem Kalknetze 
mit rundlichen grossen Maschen und dünnen Stäben gebil- 
det wird. 

Die grösseren Pedicellarien haben einen ganz gleich 
gebildeten, nur etwas dickeren Stiel, aber noch unbeträcht- 
lich abweichende Klappen. Die Form bleibt hier ebenfalls 
eine ovale, doch bemerkt man häufig nach oben eine an- 
sehnlichere Zuspitzung des Löffels, welcher an seinem gan- 
zen Rande bei den grösseren Pedicellarien gezähnt ist. Je- 
der Löffel, welcher stark gewölbt ist, lässt einen longitudi- 
nalen Mittelwulst und zwei ähnliche Wülste an den Seiten- 
rändern erkennen. Die Löcher desselben haben dagegen 
ganz die gleiche Form und Anordnung wie bei den kleine- 
ren Greifwerkzeugen. Der Einschnitt, mit welchem der 
obere Theil in den unteren übergeht, fällt gewöhnlich stär- 
ker aus, als bei diesen. Die untere Partie ist weniger dick 
und locker, beträchtlich länger und läuft abwärts in eine 
stumpfe Spitze aus. Sie besteht durchweg aus einer von 
sehr kleinen Löchern perforirten Masse und ist an den Sei- 
tenrändern gleich dem oberen Theile gewulstet, aber ohne 
die Zähne desselben. 

Derartige Löffel, welche eine Länge von 0,1” und 
mehr besitzen können, sind ausserdem noch auf einem 
Kalkringe beweglich eingelenkt, welche ich an der kleineren 
Form der Pedicellarien nicht bemerken konnte. Unser Ring 
besteht aus drei aneinanderstossenden, nach oben schwach 


s0 


conischen Stücken. Sie sind so angeordnet, dass sie in 
ihren drei Vertiefungen immer die Endspitze des Grundthei- 
les eines Löffels tragen, so dass mithin einem jeden Ring- 
segment die Unterränder zweier Löffel aufruhen. “Die Stru- 
ctur des Ringes kommt mit dem der Löffel überein. 
Wenden wir uns schliesslich zu den Pedieillarien der 
Asterien. Diese Bildungen, welche bald mit einem kürzeren 
weichen Stiel, bald ungestielt erscheinen , lassen sich hier 
in zwei Formen trennen, in zangenförmige mit langen dün- 
nen Armen (pedicellariae forcipatae) und in klappenartige 
(p. valvulatae), welche letzteren immer eines Stieles ent- 
behren. Im Unterschiede von den Echiniden bestehen die 
Greifwerkzeuge gewöhnlich aus zwei Klappen; Formen der- 
selben mit drei Klappen kommen nur selten vor. % 
Ich habe einige Beobachtungen über den feineren Bau 
unserer Apparate bei Asteracanthion violaceus angestellt. 
Der weiche Stiel bietet wenig Auffallendes dar. An den 
beiden Klappen findet man als äusserste Lage eine structur- 
lose 0,0014 — 0,002‘ dicke Membran, dann die gewöhnli- 
che Zellenschicht, deren Dicke von 0,014 — 0,024°'’ schwankt. 
Das Kalkgerüst der Klappen besteht aus zwei konischen, 
nach innen hohlkehlenartigen Stücken , deren beide Ränder 
mit feinen Zähnchen besetzt sind. Gegen die Basis hin be- 
merkt man. .ansehnlichere 0,04 — 0,025‘'- grosse Löcher, 
weiter nach oben hin viel kleinere bis zu 0,002‘. Nach 
aussen gegen die beiden hohlkehlenartigen Vertiefungen hin 
werden diese kleinen Löcher viel seltener, so dass hier 
eine glashelle, fast compacte Masse des Gerüstes von. einer 
0,01‘ messenden Breite vorkommt. Dieser glashelle Strei- 
fen verschmälert sich gegen die Spitze beträchtlich und hört 
mit einem Male ganz auf, so dass diese nur longitudinale 
Kalkstöbe zeigt. Beide Arme der.Pedicellarie sind auf ei- 
nem schwach gewölbten dicken Basaltheile beweglich ein- 
gelenkt, welcher aus Kalkstäben und zahlreichen , ziemlich 
grossen Löchern besteht. Von dem Grundstücke gehen 


sl 


Faserbündel an die Zangen, wahrscheinlich die Muskeln 
derselben. 

Eine Bildung von Hautkörpern, welche in den früheren 
Classen so frequent erschienen, nämlich die sogenannten 
Nesselwerkzeuge, hatte man anfangs bei den Echinodermen 
nicht bemerkt. Erst vor einigen Jahren glückte es Quatre- 
fages I), dieselben bei Synapta Duvernaea aufzufinden, ein 
Vorkommen, welches wahrscheinlich in der Folge auch an 
anderen Species dieser Gattung constatirt werden dürfte. 
Sie liegen hier haufenweise in der Haut als kleine runde 
oder ovale Zellen , welche einen langen, sehr feinen Faden 
entsenden 2). 

Es bleiben uns noch die Bedeckungen einer fünften und 
letzten Ordnung der Echinodermen übrig, welche wir bis- 
her, da sie weder Kalkkörper noch die verschiedenen Haut- 
anhänge darbietet, ganz mit Stillschweigen übergangen ha- 
ben. Es sind dieses die sog. Sipunculiden, Geschöpfe von 
langer, wurmähnlicher Gestalt und in vielen Punkten ihrer 
Organisation vom Typus der Stachelhäuter different. 

Die Bedeckungen des Echiurus (nach den Beobachtun- 
gen von Quatrefages an Ech. Gaertneri 3)) können indessen 
mit Leichtigkeit auf die der echten Echinodermen zurückge- 
führt werden; indem sie die gleiche Duplieität der Schichten 
darbieten. Man findet eine ziemlich dicke obere Lage, be- 
stehend aus homogener Grundsubstanz und sehr: zahlreichen 
Elementarkörnchen. In ihr kommen ausserdem noch zu 
Gruppen vereinigte kleine, 0,004 messende Körperchen 
von unbekannter Natur vor. Die zweite Schicht ist die be- 


) a. a. 0. Pl. II. fig. 15. 


2) Von Siebold (in seiner vergl. Anatomie S. 80) scheint diese 
Angaben mit einigem Misstrauen anzusehen , indessen wohl mit Unrecht, 
da die Beschreibungen von Quatrefages allzugenau sind, um einen 
Irrthum vermuthen zu lassen. 


3)  Annales des Sciences naturelles. Serie II. Tome VII. p. 307. 
6 


82 


kannte Faserlage, bestehend aus Bündeln sehr feiner Fi- 
brillen. Diese kreuzen sich in allen Richtungen und bewir- 
ken durch ihre Anordnung einen Perlmutterglanz. 

Dagegen kann ich an Weingeistexemplaren von Priapulus 
und Sipunculus diese Duplicität der Bedeckungen nicht be- 
merken. Bei ersterem Thiere besteht die Haut am vorderen 
Theile des Körpers aus einer structurlosen festen Masse, wel- 
che sich leicht faltet, aber nur mit Mühe an den Rändern in 
kurze Fasern zerreissen lässt. An den hinteren Theilen ist 
die Haut viel derber und fester. Sie besteht aus einer An- 
zahl über einander gelagerter structurloser Lamellen, welche 
in ziemlich regelmässigen Abständen (etwa 0,0025‘) zu 
querlaufenden Fasern oder Balken verdickt sind. Ein Zer- 
fasern dieses Theiles der Haut gelang mir nicht. Die Stru- 
ctur der verschiedenen hier vorkommenden Höcker, Warzen 
etc. ist mir nicht deutlich geworden. 

Bei Sipunculus umhüllt die feine und dünne, aber feste 
Haut den Körper ganz lose. Sie erscheint von zahlreichen 
Quer- und Längsfasern durchzogen, welche sich unter rech- 
tem Winkel kreuzen und Bündeln feiner Fibrillen ihren Ur- 
sprung verdanken. Letztere sind dunkel, aber ebenso fein, 
als die des Bindegewebes, und werden in Essigsäure gleich- 
falls sehr blass. Durch ihre Anordnung erhält die Haut, 
wie bei Echiurus, einen Perlmutterglanz. Sie entspricht 
offenbar der zweiten Hautschicht dieses Thieres. 


Die Haut der Echinodermen erscheint vorzugsweise als 
ein Schutzorgan der inneren Weichtheile. Um ein solches 
herzustellen, war einmal eine grössere Mächtigkeit der La- 
gen und Schichten nothwendig, dann noch eine feste harte 
Substanz. Zu letzterer wählte die Natur (wie bei den An- 
thozoen) die vielbesprochenen Kalkkörper, vermöge deren 
öfter ein vollkommen starres Hautskelet hergestellt wird. 

Bei diesem Hauptzwecke nach Festigkeit werden denn 
auch die übrigen Functionen der Bedeckungen theilweise 


83 


oder gänzlich aufgeopfert. Die Haut ist daher gewöhnlich 
nicht mehr ein Sinneswerkzeug, und nur da, wo sie ver- 
hältnissmässig weich bleibt (Synapten, Holothurien, Sipun- 
euliden), zu Tastwahrnehmungen in verschiedenem Grade 
geschickt. Ebenso vermag sie sich nicht mehr bei der Re- 
spiration zu betheiligen. Ob sie als Secretionswerkzeug 
auftritt, ist mindestens noch zweifelhaft, indem besondere 
Hautdrüsen bei keiner Echinoderme mit Sicherheit beob- 
achtet sind }). 

Den Ausfall dieser Functionen decken nun die verschie- 
denen Anhänge der Haut. Als Tastwerkzeuge fungiren die 
weichen Organe, namentlich Tentakeln und Füsschen, als Re- 
spirationswerkzeuge die Tentakeln und die sogenannten Kie- 
men. Greifwerkzeuge stellen die Pedicellarien dar. Für die 
Locomotion dienen namentlich die Stacheln, die Füsschen. 
Besondere Heftorgane sind vielleicht die Anker und Kalkge- 
stelle bei Synapten und Holothurien. Ä 


4. Würmer, 


Wohl die meisten neueren Zoologen dürften darüber 
einig sein, dass die grosse Classe der Würmer weit davon 
entfernt ist, eine gegliederte, typische Abtheilung der Thier- 
welt darzustellen und viel eher einer Rumpelkammer gleicht, 
in welcher die verschiedensten Geschöpfe blos darum Platz 
gefunden zu haben scheinen, weil man sie anderwärts nicht 
gut unterbringen konnte. 

Wir zerlegen desshalb zu einer bequemeren Behandlung 
unseres Gegenstandes vorliegende Classe in fünf Abtheilun- 
gen, nämlich in die Bryozoen, die Rotatorien mit den Tar- 
digraden, die Turbellarien, die Helminthen und die Anne- 


) Als Ernährungsorgan tritt die Haut wahrscheinlich bei den 
frei umherschwimmenden, infusorienartigen Embryonen der Stachel- 
häuter auf. 

6* 


84 


liden, ohne jedoch zu glauben, unsere Eintheilung sei etwas 
mehr als eine provisorische, als ein Nothbehelf in der ge- 
genwärtigen Verlegenheit der Systematik wirbelloser Thiere. 


a. Bryozoen. 


Die Bryozoen wurden bekanntlich bis zu einer nicht 
lange verflossenen Zeit für Polypen gehalten und mit den 
Anthozoen untermischt abgehandelt. Gleich diesen haben 
sie fast immer die Eigenschaft, in Colonien vereinigt zu le- 
ben und häufig nicht unansehnliche und feste Thierstöcke 
zu bilden. Bei der Kleinheit der Thiere konnte es kein 
Wunder nehmen, wenn dieses eine auffallende Merkmal zur 
Stellung genügte. Sobald man jedoch anfıng, mit dem Mi- 
eroscop den feineren Bau unserer Thiere zu studiren, musste 
die grosse Unähnlichkeit zwischen ihnen und den Anthozoen 
sich bemerkbar machen, da die inneren Organe ganz andere 
Verhältnisse darbieten. So haben sie denn auch gewiss 
mit vollem Rechte Ehrenberg und Milne Edwards von den 
eigentlichen Polypen abgetrennt. 

Bei den Bryozoen kehrt derselbe Irrthum wieder, wel-. 
chen wir oben bei den Polypen gerügt haben , der Irrthum 
von einer todten, durch das Thier abgesonderten Zelle, ob- 
gleich auch hier schon vor Jahren Milne Edwards !) scharf- 
sinnig und gründlich das wahre Verhältniss dieses Gehäuses 
zum Körper kennen gelehrt hat. 

Am besten thun wir, auch hier wiederum von einfa- 
cheren Verhältnissen auszugehen. 

Betrachten wir zuerst die Haut der Gattung Bowerban- 
kia, welches Thier Farre 2) so meisterlich untersucht hat 
und ich ebenfalls im lebenden Zustande zu beobachten Ge- 
legenheit halte. 


!) Annales des Sciences naturelles. Serie II. Tome VI. (Untersu- 
chungen über die Gattung Eschara). 


2) Philosoph. Transact. for the year 1837. 


85 


Die Haut des Thieres stellt an den unteren Partieen des 
Körpers bis gegen das obere Drittheil hin eine fast unbe- 
wegliche hornige Masse dar, auf welche ein oberer beweg- 
licher, mit Borsten gekrönter Theil folgt. Letzterer setzt 
sich fort in eine dünne und zarte Membran, welche sich an 
die Mundscheibe unterhalb der Tentakel anschliesst und 
beim Zurückziehen wie eine Scheide die Fühler umgibt. 
Der untere, sowohl der immobile als bewegliche, hornige 
Theil erscheint unter dem Microscop als eine ziemlich dicke, 
schwach gelbliche Haut, welche vollkommen homogen ist 
und fast nirgends in Fasern zerlegt werden kann. Nur an 
Schnittflächen scheint bisweilen künstlich etwas dieser Art 
zu entstehen. Die vordere Partie der Haut ist ganz dünne 
und durchaus wasserklar und gleich der tieferen, ohne alle 
Spuren eingelagerter Elementarkörnchen. 

Nach diesen Angaben wird der Körper der Bowerban- 
kia von einer structurlosen Haut gebildet, welche an den 
verschiedenen Zellen ganz verschiedene Dicke und Festigkeit 
besitzt, unten hart und immobil, in der Mitte beweglicher 
ist und dann mit einem Male ganz dünne und fein wird 
und so die vorderen Theile des Körpers überkleidet. Die 
Thierzelle ist mithin nichts anders, als der verhärtete untere 
Theil des Körpers, in welchen sich der obere durch beson- 
dere Muskeln einzustülpen vermag, und das Verhältniss ist 
im Wesentlichen ganz wie bei den Anthozoen beschaffen. 
Die feine Structur weicht dagegen ab; die beiden Lamellen 
der Haut sind hier nicht vorhanden. 

Farre spricht dagegen dem unteren harten Theile die 
Bedeutung einer Zelle zu, indem nach seinen Beobachtun- 
gen derselbe noch von einer feinen zarten Haut, welche 
die Fortsetzung der oberen weichen Körperhaut sein soll, 
ausgekleidet wird. Sollte eine solche Membran wirklich 
hier vorkommen, was sehr wahrscheinlich ist und ich lei- 
der bei früheren Untersuchungen zu constaliren versäumle, 
so hätte man in ihr eine Auskleidung der Leibeshöhle zu 


86 


erblicken und nicht die äussere Haut. Dass diese der hor- 
nige Theil ist, dafür spricht der unmittelbare Uebergang der 
oberen weichen Körperhaut in den letzteren. 

Was dieser isolirte und nur durch hornige Basalausläu- 
fer mit anderen verbundene Polyp uns hinsichtlich der Be- 
deckungen zeigte, dasselbe finden wir auch im Wesentlichen 
bei den anderen Bryozoen wieder, auch bei den zu Stöcken 
verbundenen Gattungen. | 

Hier verdienen zuerst Milne Edwards schöne Untersu- 
chungen der Eschara eine Erwähnung. Der ganze Stock 
besteht aus dicht neben einander stehenden verkalkten 
Zellen, welche an ihrer Wölbung eine Oefinung besitzen, 
die durch ein Deckelchen verschlossen werden kann. Bei 
microscopischer Beobachtung bemerkt man den Kalk gebun- 
den an die organische Grundlage der Zelle, gerade so, wie 
bei den Madreporinen unter den Anthozoen. Nach Behand- 
lung mit Säure behielt Milne Edwards eine Haut zurück, 
welche an ihrer Aussenfläche mit zahlreichen, senkrecht 
stehenden Fäden oder Prismen besetzt war und daher 
wie filzig erschien. Das Deckelchen stellt einen Vorsprung 
oder eine Falte dieser Haut dar, welcher ebenfalls indurirt 
und nur an der Basis zur Bildung eines Charnieres weich 
bleibt. > 

Die Zelle ist an ihrer Aussenwand von einer grossen 
Anzahl sehr feiner Löcher oder Poren durchbohrt. Von ihr 
entspringt eine dünne weiche Haut, welche sich an die 
Fühlerkrone anlegt und bei der Retraction des Thieres die- 
selbe Fühlerscheide bildet, wie bei Bowerbankia. 

Der ganze Unterschied von letzterem Thiere beruht, ab- 
gesehen von Differenzen der Form, darin, dass bei Eschara 
im unteren Theile der Haut eine Verkalkung eingetreten ist 
und eine Hautfalte ein Deckelchen bildet !), Solche Thiere 


') Milne Edwards hat beobachtet, dass die Zellen nach ihrem 
Alter hinsichtlich der Wölbung variiren. Wie dieses gleich der Knos- 


87 


dicht neben einander gelagert, aber dabei vollkommen iso- 
lirt, bilden den Bryozoenstock. 

Bei Halodactylus diaphanus bestanden die Polypenzel- 
len aus structurlosen , sehr feinen und geschichteten Mem- 
branen, von einem schwach gelblichen Colorit. Diese er- 
schienen vollkommen wasserklar, und nur an den Schnitt- 
flächen bemerkte man Andeutungen einer feinen Faserung. 
Das Ganze erinnert an die einfachen Formen des Chitinskelets 
der Arthropoden. Kohlensaurer Kalk ist hier wohl nur in 
geringer Menge vorhanden, da bei Anwendung von Säuren 
unter dem Microscop kein merkliches Aufbrausen entsteht. 

Bei Flustra foliacea beobachtet man dieselbe gelblich 
tingirte Haut. Sie enthält jedoch hier chemisch gebunden 
zahlreiche Kalkmassen und erscheint desshalb bei Druck 
brüchig und mit dunklen Rändern. Nach der Behandlung 
mit Salzsäure wird sie unter starkem Aufbrausen heller und 
biegsam, so dass sie sich leicht faltet. 

Bei Cellularia avicularis trifft man an den Zellen des 
Stockes ebenfalls eine vollkommen structurlose Substanz an. 
Sie hat eine gewisse Härte und Sprödigkeit, bricht daher 
bei Druck stellenweise wie das Gehäuse einer Schnecke in 
unregelmässige tafelartige Fragmente mit dunklen zackigen 
Rändern. Die Haare, welche an den Polypenzellen vorkom- 
men, erinnern vollkommen an die des Chitinskelets, sind 
hohl, mit einer doppelten, etwa 0,0012‘ messenden Con- 
tour. Bei Application von Säuren entsteht ein lebhaftes Auf- 
brausen, das Gewebe der Zellen wird viel heller, die Haare 
verlieren ihre doppelte Begrenzung und verwandeln sich zu 
sehr zarthäutigen, ganz blassen Gebilden. 

Bei Crisia eburnea hat der Thierstock ein weissliches 
Ansehen und eine nicht unbeträchtliche Festigkeit. Die Zel- 
len bestehen aus einer derben, dunkelgeränderten, stark 


penbildung bei einer indurirten Haut, nicht aber einer secernirten 
todten Zelle, möglich ist, bedarf wohl keiner weiteren Bemerkung. 


88 


verkalkten Substanz. Sie wird von feinen Längslinien durch- 
zogen, welche der optische Ausdruck von 0,004 — 0,005‘ 
dicken Balken sind. So gebildete Membranen liegen ge- 
schichtet übereinander und werden durchsetzt von einer 
grossen Anzahl rundlicher und ovaler Löcher, deren Grösse 
0,004 — 0,006°' ‚beträgt. Die Menge der Löcher ist nicht 
überall gleich stark. Da wo sie am gedrängtesten vorkom- 
men, stehen sie in Abständen von 0,01. Durch Säuren 
lässt sich diese gefenstert erscheinende Haut von ihrem Kalke 
befreien und bildet dann ein homogenes, mit zahlreichen 
Elementarkörnchen versehenes Gewebe. Die Löcher dersel- 
ben sind jetzt nur noch undeutlich und mit Mühe wahrzu- 
nehmen. 

Als einen auffallenden Umstand hebe ich noch hervor, 
dass bei unserer Crisia nach Extraction der Kalksalze zwi- 
schen den einzelnen Polypenzellen des Stockes dicke und 
starke polyedrische Ringe, zwischen 0,014 — 0,04'' hoch, 
gebildet aus einer ganz homogenen braunen Masse zum Vor- 
schein kommen. Ihre Bedeutung ist mir ganz unklar ge- 
blieben. 

Die höchst sonderbaren beweglichen, vogelkopfähn- 
lichen Organe!) der Cellularia avicularis stehen äusserlich 
an der Basis der Zellen. Man bemerkt ein rundliches, be- 
weglich eingelenktes Grundstück, bestehend aus einer glas- 
artig verkalkten Masse. Auf letzterem ist gelegen ein zwei- 
klappiger Zangenapparat , welcher sich einem Vogelkopfe 
oder der Scheere eines Krebses vergleichen lässt, mit dem 
Basalstück einerlei Structur theilt, und aus einem grösseren 
unbeweglichen und einem kleineren mobilen Theile besteht. 
Aus’ der Höhle des ersteren setzt sich an die bewegliche 
Klappe ein Muskel an, durch welchen die Zange geschlossen 


') Ueber diese Organe der Bryozoen vergl. man v. Nordmann’s 
observations sur la faune Pontique 1840 und Krohn in Froriep’s neuen 
Notizen. N. 533. 


89 


werden kann. Die zur Bewegung des Basalstückes dienen- 
den Muskeln sind nicht gekannt. 

Was stellen diese sonderbaren Werkzeuge, welche auch 
noch einigen anderen Bryozoen unter verschiedenen Formen 
zukommen, dar? Wenn man ihre bald klappenden, bald 
hin und her wiegenden Bewegungen unter dem Microscop 
betrachtet, so wird man unwillkührlich an die Pedicellarien 
der Echinodermen, namentlich diejenigen mancher Asterien 
erinnert, und versucht, in ihnen ähnliche Greifapparate zu 
erblicken, wenngleich die Stellung derselben wenig passend 
erscheint. Mit den ‚Pedicellarien theilen sie noch überdies 
die Eigenschaft, dass ihre Bewegungen einige Zeit nach 
dem Abtrennen vom Thiere anhalten. 


b. Rotatorien und Tardigraden. 


Die, Räderthiere, welche Ehrenberg den Infusorien zu- 
rechnete, unterscheiden sich von diesen durch eine weit 
höhere Organisation. Sie sind deshalb von diesen abgetrennt 
worden. Man rechnet sie jetzt gewöhnlich zur Glasse der 
Würmer und auch gewiss mit Recht. Eine Meinung von 
Burmeister, nach welcher sie den Crustaceen zugezählt wer- 
den müssten, scheitert an manchen Punkten der inneren 
Organisation, ebenso an der chemischen Beschaffenheit der 
Integumente. 

Die Haut der Räderthiere besteht aus einer einfachen, 
structurlosen, ungeschichteten Membran, deren Dicke bei 
den einzelnen Gattungen wechselt, im Allgemeinen jedoch 
nicht unbeträchtlich, verglichen mit der Grösse der Thiere, 
erscheint. Nur an dem vorderen Kopfende bleiben die Be- 
deckungen weich und zart, an den übrigen Theilen sind 
sie ziemlich hart und fest, bisweilen zu einer Art von Haut- 
skelet erstarrt, namentlich an den mittleren Partieen des 
Körpers, welche zu einem förmlichen Rückenschild verwan- 
delt sind (z. B. bei Brachionus), der an die Schalen man- 
cher Entomostraken erinnert. Die Haut zeigt uns durch 


90 


Bildung ringartiger Abtheilungen häufig die Spnren einer 
Gliederung, sei es nun am ganzen Körper (z. B. bei Rotifer) 
oder bloss am hinteren Ende (Megalotrocha , Lacinularia). 
Ob bei allen Räderthieren die Haut vollkommen structurlos 
bleibt, steht noch anhbin. Nach den Abbildungen, welche 
Ehrenberg in seinem berühmten Werke von Noteus und 
Anuraea gibt, scheint die Haut dieser Thiere aus verbunde- 
nen Zellen zu bestehen. 

Auch bei den Tardigraden scheint dieselbe structurlose 
feste Membran die Haut des Thieres darzustellen. So beob- 
achtete ich es wenigstens mit Sicherheit bei Macrobiotus 
Hufelandi. 

Als Anhänge der Haut bei vorliegender Gruppe sind 
die starken Borsten und Stacheln zu erwähnen, welche bald 
über den ganzen Körper (Philodina aculeata und Chaetono- 
tus), bald nur an einzelnen Stellen desselben (Emydium) 
vorkommen. 

Wimperapparate sind an dem Kopfende der Thiere eine 
ganz gewöhnliche Erscheinung. Hierher gehören die bekann- 
ten, vielfach untersuchten Räderorgane, einstülpbare Appa- 
rate von verschiedener Gestalt, welche mit grossen, der 
Willkühr der Thiere unterworfenen Wimpern besetzt sind. 
Interessant ist es, dass nach dem Urtheile neuerer Beob- 
achter, Rymer Jones !) und Dujardin 2) gegen die frühere 
Ehrenberg’sche Meinung durchaus kein Muskelapparat be- 
stimmt zur Bewegung der Haare vorkommt. Von Interesse 
ist die Anordnung der Wimperapparate bei Stephanocerus. 
Hier kommen ganz nach Art der Bryozoen Fangarme vor, 
welche die langen Flimmerhaare tragen. 

Einzelne Gattungen der Räderthiere sitzen fest und wer- 
den von Zellen umschlossen, welche hier dasjenige darstel- 
len, was sie bei den Polypen nach früherer Meinung sein 


!). Comparative Anatomy. 


?) Histoire naturelle des Zoophytes Infusoires. 


gl 


sollten, Secrete des Körpers. So kommen derartige gelati- 
nöse durchsichtige Massen , welche mehrere Thiere zu glei- 
cher Zeit umschliessen, vor bei Lacinularia, während bei 
anderen Gattungen die Thiere in isolirten Röhren stecken, 
z.B. bei Megalotrocha, Floscularia, Stephanoceros. Dasselbe 
ist der Fall mit den Röhren der Melicerta. Diese bestehen 
aber nicht aus einer durchsichtigen, sondern einer vollkom- 
men opaken dunkelbraunen Substanz, welche sich in etwas 
eckige zellenartige Körperchen zerlegen lässt. Die Natur 
dieser Bildungen ist nicht bekannt. Ich habe leider vor ei- 
nigen Jahren, wo mir das Thier häufig in die Hände kam, 
versäumt, diese Lücke auszufüllen. Seit dieser Zeit konnte 
ich es aller Mühe ungeachtet nicht mehr auftreiben. - Die 
Absonderung dieser Zellensubstanzen scheint bei den Rotife- 
ren durch die Kloakenöffnung zu geschehen. 

Die Entwicklung der Haut scheint nach einigen Unter- 
suchungen , welche ich vor längerer Zeit über die Entwick- 
lung von Rotifer und Philodina angestellt, aus den Kernen 
der Furchungskugeln, vielleicht auch aus den letzteren selbst, 
auf dem Wege der Verschmelzung stattzufinden. 

Die chemische Beschaffenheit der Haut ist unbekannt. 
Vermuthlich kommt hier eine Proteinverbindung vor. Chitin 
wird mit Sicherheit nicht angetroffen, indem sich die Be- 
deekungen von Rotifer in Kali lösen, ein wichtiges Argu- 
ment gegen die Meinung Burmeisters. 


c. Turbellarien. 


In einer ganz anderen Structur treten die Integumente 
der Turbellarien auf. 

Die Haut der Planarien hat besonders sorgfältig Quatre- 
fages untersucht. Bei Eolidiceros Brocchii !) ist nach ihm der 
Bau folgender. Die sehr zarten Flimmercilien, welche bei 
allen Planarien den ganzen Körper überkleiden, verdanken 


!) Annales des Sciences nat. Serie III. Tom. IV. S. 145. 


92 


ihren Ursprung einer ganz homogenen Schicht, deren Dicke 
kaum messbar ist. ‘Neben den Flimmerhärchen: trifft man 
bei den Planarien grössere steife Borstenhaare, welche sich 
nicht bewegen. Sie halten besonders die Ränder des Kör- 
pers , namentlich an dessen vorderem Theile ein. So beob- 
achtete Quatrefages es bei Prosthiostomum arctum und bei 
der Gattung Eolidiceros, welche letztere auch an den Rü- 
ckenanhängen solche Borsten trägt. 

Unter dieser homogenen Membran erscheinen, nament- 
lich deutlich an den Rückenanhängen des Eolidiceros Broc- 
chii, geschichtete  Zellenlagen. Die obersten Zellen sind 
länglich, an Grösse unter einander ziemlich gleich, 0,018‘ 
lang, 0,007° breit, die Zellenmembran ist ziemlich stark, 
beinahe 0,001‘ dick. Der Inhalt der Zellen ist bald farblos, 
bald von einem gelblichen oder blass. carminrothen Colorit. 
Aus der Mischung. dieser Zellen rührt die Färbung des Thie- 
res her, welche sich freilich oftmals weit von diesen Farben 
entfernt. 

Ueber die Entstehung dieser obersten. ungeschichteten 
Zellen geben uns die tieferen Lagen einen schönen Auf- 
schluss. Schon in der zunächst folgenden werden die Zel- 
len niedriger, ohne jedoch an Breite merklich einzubüssen, 
so dass sie mithin sphärisch erscheinen. Die pigmentirten 
Zellen sind hier schon sparsamer vorhanden. In der näch- 
sten Schicht stösst man auf ein undeutlich körniges Wesen, 
wahrscheinlich entstehende Zellen, unter welchen farbige 
nur hier und da getroffen werden. Als unterste Lamelle be- 
merkt man eine farblose glashelle Membran ohne alle Spur 
von Elementarkörnchen. Von Quatrefages wird ihr, aber 
gewiss mit Unrecht, eine musculöse Natur zugeschrieben. 

Die grosse Zartheit dieser ganzen Bildung erklärt es, 
warum bei anderen Thieren aus der Gattung Planaria und 
Polycelis dieselbe Structur nicht zu beobachten ist. 

Einen ähnlichen Bau der Integumente zeigen auch die 
Nemertinen. Alle diese Geschöpfe sind, wie schon Oer- 


93 


stedt !) richtig angab, später aber v. Sieböld 2) bezweifelte, 
an ihrer Körperfläche von Flimmerhärchen bedeckt 3). 

Ein ganz feines, wasserhelles , oberflächliches Häutchen 
traf Quatrefages an den Bedeckungen von Borlasia Angliae. 
Darunter erscheint wohl bei allen Planarien eine viel der- 
bere Schicht, bestehend aus übereinander gebetteten, bald 
wasserklaren, bald gekernten und granulirten Zellen, wel- 
che in den tieferen Partieen bei Borlasia rufa der Sitz der 
Pigmente sind. | 

Für Borlasia Angliae hat uns Quatrefages eine genaue 
Beschreibung der Anordnung dieser Zellen geliefert. 

Nach ihm liegen oberflächlich mehrere Lagen runder 
oder ovaler, ganz wasserheller Zellen in ziemlichen Abstän- 
den von einander eingebettet in eine homogene Grundmasse. 
Dann kommen tiefere Lagen, wo die Zellen mehr verlängert 
erscheinen und senkrecht neben einander stehen, nur durch 
geringe Mengen von Grundsubstanz getrennt. Im Uebrigen 
ist die Form dieser Zellen eine ziemlich irreguläre, wie man 
namentlich bei Seitenansichten bemerkt. Als unterste Lage 
kommt bei demselben Thiere eine Faserschicht vor, mit ge- 
nauem Verlaufe der Fibrillen. 

Bei den Nemertinengattungen Borlasia und Tetrastemma 
erscheinen in der Haut eingebettet zahlreiche kleine Schleim- 
drüschen von flaschenförmiger Gestalt, welche mit einem 
verengten kurzen Hals ausmünden. In ihnen findet man 
eine körnige Masse. 

Bei den Planarien stösst man ganz constant auf Nes- 
selorgane, welche allen Nemertinen fehlen dürften. Bis- 
weilen erinnern diese Organe, die häufig etwas aus den 


!) Entwurf einer systematischen Eintheilung und speciellen Be- 
schreibung der Plattwürmer. Kopenhagen 1844. 


2) Vergl. Anatomie S. 188. 


3) Vergl. Quatrefages in den Annal. des Sciences nat. Serie II. 
Tome VI. S. 229. und die Beiträge von Frey und Leuckart S. 71. 


94 


Bedeckungen hervorragen , an die früher beschriebenen An- 
gelorgane,, so bei Microstomum lineare, bisweilen sind sie 
von ansehnlicher Grösse, so bei Leptoplana, häufiger er- 
scheinen sie klein, so bei CGonvoluta und Polycelis }). 

Von grossem Interesse ist die Beobachtung v. Siebold’s, 
dass die Nesselkapseln früher in Zellen eingeschlossen an- 
getroffen werden und zwar mehrere zusammen von einer 
Zelle. Es liegen in einer solchen sechs bis acht dieser Or- 
gane bald gerade neben einander, bald etwas spiralförmig 
gebogen. 


d. Helminthen. 


Die Gruppe der Helminthen ist gewiss eine unnatürliche 
und in der Folge aufzuhebende. Da indessen in der jetzi- 
gen Zeit ein haltbarer Versuch zur Trennung noch kaum 
gemacht werden kann, so sehen wir uns zum Behufe un- 
serer Betrachtung genöthigt, diese heterogenen Geschöpfe 
beisammen zu lassen und stossen demgemäss auch auf sehr 
heterogene Integumente. 

Bei den Nematoideen mit Einschluss der Gordiaceen 
scheint die Haut ganz constant aus zwei verschiedenen La- 
gen zu bestehen, einer oberen feineren und einer unteren 
von grösserer Dicke und Festigkeit. 

Die oberflächlichste dieser Lagen, welche den Körper 
nach aussen abgrenzt und niemals von weiteren Gewebe- 
theilen bedeckt erscheint, wollen wir mit dem Namen der 
Epidermis benennen, ohne hiermit die Epidermis der Wir- 
belthiere in irgend eine Verbindung zu bringen. 

Ihre Structur erscheint bei den einzelnen Fadenwür- 
mern ausserordentlich wechselnd. Bei einigen dieser Thiere 
ist sie ein ganz feines, vollkommen structurloses Häutchen. 


I) Vergl. hierüber von Siebold a. a. 0. S. 162. Wagner's Zooto- 
mie, II. S. 271. und Quatrefages |. c. 


95 


So fand sie Dujardin !) bei Mermis nigrescens. Ihre Dicke 
blieb hier unter 0,001’. Ebenfalls vollkommen wasserklar 
und ohne alle Andeutung einer weiteren Zusammensetzung 
traf ich sie bei Ascaris nigrovenosa, wo sie ganz lose den 
Körper umhüllt und in verschiedene feine Spitzen und Sta- 
cheln ausläuft. Für Falten, wie v. Siebold meint 2), kann 
ich diese an den Rändern vorkommenden Bildungen nicht 
erklären, zweifle indessen nicht daran, dass bei anderen 
Würmern eine derartige gefaltete Epidermis vorkommen mag. 

Eine ganz andere Oberhaut wurde bei Gordius aquaticus 
beobachtet. Hier traf sie v. Siebold 3), und wahrscheinlich 
auch schon früher Berthold, aus polyedrischen gekernten 
Zellen zusammengesetzt. 

Viel häufiger fand ich eine dritte Structur der Epider- 
mis. Am deutlichsten erscheint sie bei Ascaris lumbricoi- 
des. Man trifft hier nämlich mehrere übereinander gelagerte 
sehr feine Lamellen, welche in gleich breite ringartige Bal- 
ken oder Bänder zerfallen. Die Breite derselben misst an 
allen Stellen des Körpers 0,006’. Die Ränder dieser Bal- 
ken berühren sich nicht vollkommen, sondern lassen einen 
sehr feinen Zwischenraum übrig, welchen man bei unge- 
nauer Einstellung des Focus für eine Faser nehmen könnte. 
Die Betrachtung der Schnittflächen weist jedoch eine derar- 
tige Annahme augenblicklich zurück. 

Die Balken erscheinen nicht vollkommen structurlos, 
sondern werden von äusserst zarten senkrechten Linien und 
Strichelchen durchzogen. 

Weniger ausgebildet, aber doch hinreichend deutlich 
traf ich dieselbe Formation bei Ascaris triquetra. In der 
geschichteten Oberhaut liegen ähnliche Bänder, deren Breite 
dieselbe, wie beim vorigen Thiere ist. 


'!) Annal. des Scienc. nat. Serie I. Tome XVII. p. 136. 
2)  Vergl. Anat. S. 114. Anmerkung 2. 
?) Müller’s Archiv 1843. S. XLVI. 


96 


Dagegen sind sie viel zarter und schmaler bei Ascaris 
osculata. Sie messen hier bei einem Exemplare 0,0025°'', bei 
einem zweiten sogar nur 0,0012’ !, ‘Wenn ich mich nicht 
irre, so sind dieselben Bildungen freilich äusserst zart auch 
bei Strongylus alatus vorhanden, gewissermassen in der 
Hervorbildung aus der homogenen Grundmasse begriffen. 

Die zweite Lage der Bedeckungen bei den Fadenwür- 
mern, welche den Namen eines Corium erhalten mag, ist 
eine Faserhaut, ähnlich wie wir sie bei den Sipunculiden 
trafen und wie sie bei den Arthropoden in grosser Verbrei- 
tung vorkommt. Sie zeigt jedoch bei den einzelnen Thieren 
beträchtliche Differenzen, was Zahl und Stärke der Fasern, 
sowie deren Anordnung betrifft. 

Bei Ascaris nigrovenosa ist die homogene Grundmasse 
in den geschichteten Lamellen noch sehr vorwiegend. Die 
Fasern erscheinen sehr fein und verlaufen in ziemlich an- 
sehnlichen und regelmässigen Abständen. Einigemal glaubte 
ich noch äusserst feine, viel dichter stehende senkrechte 
Fibrillen wahrzunehmen. 

Bei Ascaris osculata ist dagegen das 0,002° dicke 
Corium fast ganz in Fasern zerfallen und die Grundmasse 
nur spärlich vorhanden. Erstere sind ziemlich fein und er- 
scheinen hart und spröde. Dieser Verlauf ist ebenfalls ein 
transversaler. Mit diesem Corium kommt das des Strongylus 
alatus überein. 

Ungemein zierlich erscheint diese Haut in den Bedeckun- 
gen von Ascaris lumbricoides, ebenso auch bei Ascaris tri- 
quetra. Die zahlreichen Lamellen sind ganz in blasse, steife 
Fasern zerfallen, deren Durchmesser 0,0012 — 0,001‘ be- 
trägt. Sie weichen stellenweise etwas auseinander und bil- 
den auf diesem Wege spaltförmige schmale Zwischenräume. 


!) Diese Differenz ist auffallend, da ich bei mehreren Exemplaren 
der Ascaris lumbricoides die Balken ganz gleichmässig 0,006’ breit 
bemerkte. 


97 


Der Verlauf der Fasern ist ein schiefer, doch so, dass in 
einem Theil der Lamellen alle Fasern schief aufsteigen, in 
andern schief absteigen. Es entsteht somit eine Durchkreu- 
zung der Fasern eigenthümlicher Art, wobei die eben er- 
wähnten Spalten sehr zierliche kleine Rechtecke bilden. 

Aehnliche Faserverläufe zeigt nach den Beobachtungen 
von Dujardin das Corium bei Gordius und Mermis. Doch 
ist nach seinen Abbildungen !) zu schliessen, die Durchkreu- 
zung eine mehr rechtwinklige als bei unseren beiden Asca- 
riden 2). 

Unter den anderen Eingeweidewürmern habe ich einige 
Beobachtungen an Trematoden angestellt. 

Bei Pentastomum taenioides besteht die Haut nur aus 
einer einfachen Membran. Diese wird selbst wieder aus 
mehreren sehr dünnen und blassen Lamellen gebildet, wel- 
che fast ganz structurlos erscheinen und nur an den Schnitt- 
rändern Spuren einer zarten und feinen Faserung darbieten. 
Unter dieser Lage, wahrscheinlich jedoch nicht mehr als ei- 
nen Theil der Integumente, traf ich eine Lage grosser grob- 
körniger Zellen mit rundlichen glatten Kernen und bläschen- 


‘förmigen Kernkörperchen. 


Bei Distoma hepaticum findet sich eine oberflächliche, 
fast siructurlose Haut und darunter eine zweite, viel stär- 
kere Schicht, bestehend aus nicht unansebnlichen Längs- 
und Querfasern, welche sich in rechten Winkeln durchkreu- 
zen. Hier ist also dieselbe Duplicität der Lagen, wie bei 
den Fadenwürmern vorhanden. 

Bei den Cestoden dagegen scheint nach Beobachtungen 
an Taenia und Botriocephalus die feine, aber doch ver- 
hältnissmässig feste Haut nur in einfacher Lage vorzukom- 
men. Sie zeigt eine homogene Grundlage, in welcher sehr 


Der303.50., PL..VI. 


?) Ein faseriges Corium gibt von Siebold ebenfalls für Ascaris 
mystax und microcephala an. 


RR: 

feine und steife Fasern eingebettet liegen, welche mitten 
im Gewebe als Striche erscheinen, an Schnittflächen dage- 
gen frei und deutlich zu Tage treten. 

Unter den Acanthocephalen habe ich die Bedeckungen 
von Echinorhynchus versicolor untersucht. Die Oberhaut ist 
eine ziemlich dicke und feste Membran, durch äusserst feine 
Elementarkörnchen wie gewölkt erscheinend und mit zahl- 
reichen , rückwärts gerichteten , vollkommen homogenen, 
bald farblosen, bald bräunlichen Stacheln besetzt, wodurch 
sie eine grosse Aehnlichkeit mit einer Chitinmembran erhält. 
Darunter folgen Schichten breiter bandförmiger Rings- und 
Längsfasern, welche, wenn sie vielleicht nicht muskulöser 
Natur sind, das Corium darstellen würden. Auch bei Echi- 
norhynchus acus erscheint, abgesehen von Differenzen der 
stacheligen Bewaffnung, der nämliche Bau. Die Oberhaut 
zeichnet sich hier durch eine weit ansehnlichere Dicke 
(0,002 — 0,003‘) aus. 

Was endlich die merkwürdigen Blasenwürmer betrifft, 
welche nach neueren Untersuchungen !) sich immer mehr als 
hydropisch degenerirte Bandwürmer herausstellen, so gelang 
es mir bei Cysticercus elongatus, ganz denselben Bau der 
Integumente wahrzunehmen, wie er oben für die Gestoden 
beschrieben wurde, eine feine Haut, durchsetzt von .recht- 
winklig gekreuzten, feinen und steifen Fasern. 

Dagegen besteht die Mutterblase der Echinococcen aus 
zahlreichen, über einander gebetteten Schichten einer voll- 
kommen structurlosen, hyalinen Haut, welche sich nicht 
durch das anatomische Messer in Fasern zerlegen lässt 2). 


'!) Man vergl. hierüber besonders Dujardin (Histoire naturelle des 
Helminthes. Paris 1545. S. 544 u. 633 , sowie den Artikel Parasiten, 
von Siebold (S. 676) im zweiten Bande des physiol. Handwörterbuches. 
Einen Beitrag hat neuerdings auch Leuckart geliefert. S. Wiegmann’s 
Archiv. 1848. I. S. 7. 

?) Wie bereits Vogel (pathol. Anatomie S. 434 und dessen lco- 
nes patholog. Tab. II fig 11. A.) angab. 


A ne Pet 


a 


99 


Hiermit ist allerdings eine sehr beträchtliche Differenz zwi- 
schen ibr und der Haut der Cestoden gegeben. Die Mutter- 
blase des Echinococcus scheint eine durch Auflagerung 
neuer Schichten sehr stark verdichtete Haut darzustellen, 
bei welcher die ursprünglichen Integumente des Bandwur- 
mes wahrscheinlich ganz zu Grunde gegangen sind. 

Die Haut der Helminthen scheint in Uebereinstimmung 
mit den meisten anderen Würmern von einer ganz eigen- 
thümlichen Substanz gebildet zu werden. Auf den ersten 
Blick fällt dieselbe durch ihre Schwerlöslichkeit und theil- 
weise Unlöslichkeit in kaustischem Kalı auf. Durch Kochen 
derselben mit Wasser erhielt Dr. Frerichs !) weder Leim, 
noch mit Salzsäure die bekannte Reaction auf Proteinverbin- 
dungen. Es wäre von höchstem Interesse, diese Substanz 
genauer zu studiren. Leider widersetzt sich ihr bedeutender 
Gehalt an anorganischen Salzen einer Elementaranalyse, zu 
welcher sonst Echinococceus leicht zu benutzen wäre. 

Die Mutterblasen des Echinococcus enthalten nach der 
Bestimmung des obengenannten Chemikers in 100 Theilen 
getrockneter Masse 28 Theile Asche, in welcher die Salze 
sich in folgendem Verhältnisse vorfinden. 


Chlornatrium . . . .. . 
Phosphorsaures Natron } .... 2,73 
Schwefelsaures Natron 
Kohlensaurer Kalk .. . .... 2,97 
Erdphosphate ..... Bram 22;30 


Dass manche Acephalocysten ebenfalls degenerirte 
Gestoden darstellen, dieses lässt sich mit Sicherheit durch 
ihre Hüllen ermitteln. Da wo sich nur eine einzige Kapsel 
von leimgebendem Gewebe, von Bindegewebelasern vorfin- 


') Wiegmann’s Archiv a. a. 0. S. 24. Hiermit sind jedoch die 
Angaben anderer Forscher in Widerspruch , so Vogel (a. a. O.) und 
Scherer (vergl. die Dissertation von Thiel, de Echinococco. Wirceh 
1844), welche die Reactionen der Proteinverbindungen erhielten. 


100 


den, darf über die Natur solcher Bildungen kein Zweifel 
herrschen. Anders dagegen, wo innerhalb jener noch eine 
glashelle lamellöse Membran gelegen ist, mit Reactionen ei- 
genthümlicher Art. Hier wird man gewiss mit dem grössten . 
Rechte einen hydropisch degenerirten Bandwurm sehen dür- 
fen. Ein derartiges Beispiel wurde letzter Tage auf dem 
Göttinger physiologischen Institute an der Leber eines Schwei- 
nes beobachtet. Es fanden sich Cysten in ungeheuerer 
Menge, in ihnen Blasen der verschiedensten Grösse mit 
Wandungen von glashellen feinen Lamellen. Im Innern der 
Blasen erschien auch bei der angestrengtesten Untersu- 
chung sehr zahlreicher Exemplare nichts, was an einen 
Bandwurm hätte erinnern können, weder Kalkkörper noch 
Häckchen der Hakenkränze. 

Flimmereilien , welche bei den früheren Ordnungen der 
Würmer häufig waren, fehlen den ausgebildeten reifen Hel- 
minthen gänzlich und kommen nur noch selten bei deren 
Embryonen vor. 


Die Haut der Eingeweidewürmer bleibt überall weich, 
so dass von einem eigentlichen Hautskelet nicht die Rede 
sein kann. Dagegen darf als Analogon eines solchen wohl 
der Umstand betrachtet werden, dass bei zwei Ordnungen 
der Helminthen, den Band- und Blasenwürmern, die mehr 
äusserlichen Partieen der Körpermasse eine Einlagerung von 
Kalkkörpern erhalten, welche an die der Anthozoen erin- 
nern. 

Die Gestalt dieser Körper !) ist eine rundliche, ovale 
oder mehr scheibenförmige. Ihr Aussehen ist zwar bei den 
einzelnen Helminthen ein verschiedenes,, denen der Polypen 
ähnliches, jedoch lange nicht so constantes, als es diese 
Thiere darbieten. Man trifft scharfe dunkle Randcontouren 


'!) Ich verweise hier besonders auf v. Siebold’s vergl. Anatomie, 
S. 114, welcher mehrere Angaben entnommen sind. 


101 


und viel häufiger ein deutlich concentrisches Gefüge, so 
dass solche Körper nicht selten scheinbar mit einem Kerne 
versehen sind. Es lassen sich oftmals mit Deutlichkeit 
mehrere solcher concentrischen Lamellen unterscheiden. Von 
Siebold sah bei den vorwiegend scheibenartigen Kalkkör- 
pern von Cyslicercus cellulosae und pisiformis häufig vier 
bis sechs derartiger Schichten einen scheinbaren Kern um- 
geben, bisweilen sogar auch zwei derartiger Kerne in einem 
einzigen Kalkkörper vorhanden. 

Eine rundliche oder ovale Form ist die ungleich häu- 
figere. So z.B. bei der Gattung Botriocephalus. Bei Botrio- 
cephalus latus fand Eschricht !) die Kalkkörper von unregel- 
mässig rundlicher Gestalt, flachgedrückt, einen Theil von 
ovalem Aussehen. Die Grösse dieser Körper betrug in der 
Länge 0,0075 — 0,0012’, in der Breite 0,007 — 0,001. 
Concentrischer Linien zeigten manche zwei bis drei, die 
grössere Mehrzahl zeigte einen inneren Kreis, so dass 
Eschricht hierin den Ausdruck eines inneren kernartigen 
Gebildes erblickte und desshalb die Kalkkörper mit dem 
Namen der Kernkörner belegte. Bei B. punctatus schien 
ein solcher Kern in der Regel zu fehlen. Die Grösse der 
ebenfalls irregulären, doch mehr ovalen Körper betrug bei 
diesem Thiere im breiten Durchmesser 0,006 — 0,001°, in 
der Länge 0,0075 — 0,0012‘, war mithin ungefähr dieselbe, 
wie beim vorigen Thiere. Bei Taenia solium sind die Kalk- 
körper nach meinen Beobachtungen ganz irregulär. Die 
Form ist bald eine runde, bald eine ovale, bald eine eckige. 
Die Grösse wechselt im Längendurchmesser von 0,001’ 
durch 0,006 und 0,004 bis zu 0,01’. Eine concentrische 
Zusammenselzung ist hier nicht häufig zu erkennen. Bei 
Taenia cucumerina differiren die ähnlich aussehenden Kör- 
per von 0,001‘ bis zu 0,004'. 


') Vergl. dessen wichtigen Aufsatz in den Nov. Act. Leopold. 
Vol. XIX. Suppl. II. 


102 


Die Menge der Kalkkörper ist bei den einzelnen Hel- 
minthen eine sehr verschiedene Bei den Bandwürmern, 
z. B. Botriocephalus und Taenia, liegen sie sehr vereinzelt, 
durch weite Zwischenräume von einander getrennt, in der 
Körpermasse. Bei den Blasenwürmern sind sie nur bei 
Echinococcus in gleicher Weise angeordnet. Bei Cysticereus 
und Coenurus dagegen liegen sie ungemein dicht neben 
einander und bilden hier eine nicht unansehnliche dicke 
Lage. Hier kann von einer Art von Hautskelet allerdings 
die Rede sein, bei den Bandwürmern noch nicht. 

Die eben beschriebenen Kalkkörper hatten schon seit 
langer Zeit die Aufmerksamkeit der Naturforscher in An- 
spruch genommen. So lange man ihren Kalkgehalt nicht 
kannte, war es begreiflich, dass man in ihnen Eier zu se- 
hen glaubte. Auch später noch erlitten sie irrige Deutun- 
gen. Für Eschricht waren es Analoga von Blut- und Lymph- 
körperchen. 


e. Anneliden. 


Die Bedeckungen der Ringelwürmer zeigen eine ge- 
wisse Einförmigkeit der Structur. Ueberall trifft man eine 
verhältnissmässig dünne, aber feste Cutis, bestehend aus 
einer in Alkalien nicht leicht löslichen Substanz. 

Diese Cutis erscheint bei einem grossen Theile der 
Würmer als eine homogene structurlose, entweder ganz 
farblose oder schwach tingirte Membran. Eine solche Haut, 
welche auch durch das Messer nicht weiter zerlegt werden 
kann, trifft man bei den Gattungen Serpula, Terebella, 
Pomatoceros. 

Bei einem anderen Theile der Anneliden ist die Cutis in 
Fasern von ansehnlicher Feinheit zerfallen. Diese halten 
eine doppelte Richtung ein, eine longitudinale und transver- 
sale, wahrscheinlich verschiedenen Schichten entsprechend. 
Die Fasern liegen dicht neben einander und erscheinen da- 
her nur an Schnittflächen deutlich, inmitten der Membran 


103 


nur als feine Strichelchen , welche häufig an einzelnen Stel- 
len rechtwinklig gekreuzt in sehr zierlicher Anordnung her- 
vortreten. Durch die Anordnung dieser Fasern entstehen 
oftmals als ein Interferenzphänomen die prachtvollen perl- 
mutterglänzenden Färbungen, welche manche Anneliden dar- 
bieten, ein Verhältniss, welches an das Tapetum mancher 
Säugethiere erinnert und schon bereits bei den Sipunculi- 
den als eine Annäherung zu den Anneliden beobachtet wird 
(s. 0.). 

"Bei Lyeoris kommt eine solche Cutis vor, ebenso in 
der Regel bei den einzelnen Species der Gattung Lumbricus 
(doch traf ich ausnahmsweise bei Lumbricus agricola eine 
vollkommen homogene Cutis). Bei Polynoe cirrata treten die 
Fasern deutlicher hervor. Am schönsten traf ich aber diese 
Structur an der sehr festen Haut der Eunice gigantea. Die 
Fibrillen sind hier zwar äusserst fein, aber sehr scharf von 
einander geschieden und unter Bildung der zierlichsten Git- 
terwerke sich durchkreuzend, ein Verhältniss, welches sehr 
an manche Formen des Chitinskelets erinnert. 

Unter dieser Cutis scheint bei vielen Würmern noch 
eine zweite oder Zellenlage vorzukommen. Diese Zellen sind 
jedoch nicht sehr beträchtlich entwickelt und hier und da 
mit Pigmentmassen erfüllt. So bemerkte ich es z. B. bei 
Polynoe cirrata sowohl in der Haut der Bauchseite als in 
den blattförmigen Schuppen, wo man sehr zierliche polyedri- 
sche Pigmentzellen bei ganz structurloser Grundlage bemerkt. 

Die Hautanhänge, als Borsten, Stacheln und Haare, 
welche manche Anneliden besitzen, scheinen aus struclur- 
loser Substanz hergestellt zu werden. 

Hautdrüsen scheinen bei den Anneliden nicht selten 
vorzukommen und die schleimige Beschaffenheit der Haut 
hervorzurufen. Bei den Blutegeln sind sie durch die Unter- 
suchungen von Brandt und Ratzeburg !) schon seit Langem 


!) Mediz. Zoologie. Th. II. S. 244, 


104 


gekannt. Sie bilden kleine einfache Schläuche, welche dem 
Muskelschlauche eingelagert sind und der Haut ein warzen- 
artiges Aussehen geben. Bei Hirudo halten sie Reihen auf 
der Rücken- und Bauchfläche ein. Auch bei den grösseren 
Lumbricinen beobachtete von Siebold Gruppen solcher Drü- 
senfollikel }). 

Ein Theil der Anneliden steckt in Gehäusen von ver- 
schiedener Form und Consistenz. Sie sind bald nur leder- 
artig, bald fest und ganz verkalkt, wie bei den Serpula- 
ceen, häufig aus Sand, aus Stücken von Schalen anderer 
Thiere mit einem gemeinschaftlichen organischen Bindemittel 
hergestellt. Alle diese Gehäuse, deren Untersuchung mir 
aus Mangel an Materialien leider nicht möglich war, sind 
Secrete des Körpers ohne allen organischen Zusammenhang 
mit der Haut, vermuthlich aus Drüsen stammend, welche 
am vordern Theile des Körpers liegen. 


Die Functionen der Bedeckungen fallen bei den einzel- 
nen Gruppen der Würmer sehr verschieden aus. Neben 
der gewöhnlichen Bedeutung eines Schutzapparates über- 
nimmt die Haut öfters die Verrichtungen eines Absonde- 
rungswerkzeuges. Selbst als Ernährungsorgan tritt sie bei 
einer grossen Anzahl der Helminthen auf und ist zu diesem 
Zwecke, besonders bei Echinorhynchus, mit grosser Aufsau- 
gungsfähigkeit versehen. Für die Sinneswahrnehmungen ist 
sie namentlich bei den Helminthen von Belang. Als wichti- 
ges Locomotionsorgan erscheint sie durch ihr Flimmerepithe- 
lium bei den Planarien. 


'ı) Vergl. Anatomie S. 220. 


Druck von E. A. Huth in Göttingen. 


CAVALLARIS ATELIER. 


ZU FREY’S ABHANDLUNG. 


vo 


uf 


Pi A wu) 


. 


i > ' y 
r En F f 
' N | 
\ 
y “ D 
a 
el \ m Ab 
/ ’ 
i 
{ u 
j f \ r 
x 
N, Ar 
u ß 
N i 
e l 
kn r 
vb 
- N 
y 
r 
y vr 
I 
\ 
J x 
/ L . 
f Y, 
y k 7 \ 
" h 
n Re 
v 4 1 
x 
I 
VRR 
n R 
Dev,‘ ei 
‘ \ 
u 
f f 
\ 
pay“ 
‚ sa { 4% 
Pr 
\ 
J % . I 
. " 
\ v “4 Le 
In { \ ya 
fl, ‘ N 
/ 4 n h 
iM Y ’ } 5 
y 1 B 


& 
, 


“4 Peren ” ] 
ET kibel 


ee a Yin KATY mn; a 


NM sch “ 


N ‘ x 
f \ MR { “ Ale 
wu { 
\ N " he ’ t f 
k eis 
f} ’ Eye ih Y 
. € N EN 
ERBE) RL N 
= ne) hi! \ j I ni 
Y - N 


ug di 
PF 

5 

I 


Du IR un: Jh vi 
RE ETNECRTE ER BEIN TER TRL SELTEN TR 


ITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES 


in 


9088 00569 15 
KENT | 


UNE N 
© 


DR 


wi