Jiib^
\ m^^^
-^
m:
'k-w:
i;i«;ii#
:-i,^
'-''*■
'W
■^^^^^
Mdi..ia4af^
lieber die
Entwickelung der Schildkröten.
H n t e r s u c li u n g e n
Heinrich Rathke,
Doctor der Philosophie, Rlcdicin und Chirurgie,
Königlich Preussischem Medicinalralhe und Professor, Direclor des zoologischen Museums und der
anatomischen Anstalt zu Königsberg, Ritler des Annen-, des Wladimir-
und des rothen Adler -Ordens.
^
Mit zehn S t e i n tl r u c k t a f e 1 ii.
%
Braunschweig,
nr\i(k und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn
18 4 8.
U eb e r die
Entwickelung der Schildkröten.
Ue b e r die
Entwickeluiig der Schildkröten.
Untersuchungen
Ton
Heinrich Rathke,
Doctor der Philosoßhie , Medicin und Chirurgie,
Königl. Preussischem Medicinalrathe und Professor, Director des zoologischen Museums und der
anatomischen Anstalt zu Königsberg , Ritter des Annen- , des Wiadimir-
nnd des rothen Adler- Ordens.
Mit zehn Steindrucktafeln.
Braunschweig,
Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn.
1848.
£ i u 1 e i t u u g.
Obgleich bereits nicht wenige Naturforscher ihre Aufmerksamkeit auf die Ent-
wickclung der Thiere gerichtet haben, sind doch bis jetzt die Schildkröten auf ihre Ent-
wickelung nur wehig untersucht worden. Der Grund davon lag ohne Zweifel in den
grossen Schwierigkeiten, Eier mit Embryonen und Junge dieser Amphibien erlangen
zu können. Denn die Aussicht, durch Forschungen an denselben über die fremd-
artige, von dem Typus der übrigen Wirbelthiere so überaus abweichende Bildung
der Erwachsenen eine Aufklärung geben zu können, würde für Manchen wohl ein
zu mächtiger Reiz gewesen sein, als dass er eine Gelegenheit dazu, wenn sich ihm
eine solche dargeboten hätte, unbenutzt gelassen haben würde.
Den ersten Beitrag zu einer Entwickeliuigsgeschichte der Schildkröten gab
Tiedemann 1). Es betrifft derselbe zwei Eier von Emys amazonica, die beinahe
reife Embryonen enthielten, und handelt hauptsächlich von den Fruchthüllen derselben.
Es waren diese Embryonen nebst wenigem Fruchtwasser von einem gefässlosen Am-
nion umgeben, besassen eine ziemlich grosse, aus 2 Lamellen bestehende Allantois,
von denen die äussere mit zahlreichen Verzweigungen der Nabelgerässe versehen
war, und Hessen unter dem Bauche noch einen ziemlich grossen, ovalen und ge-
fässreichen Dottersack bemerken. Die Allantois ging durch eine weite und kurze,
an der Nabelöffnung von dem Amnion gebildete Scheide zur Harnblase, und die
Aj-terien, die sich in ihr verzweigten, kamen her von den Arterienstämmen des
Beckens. Durch eben dieselbe Scheide des Amnions und die noch weite Nabelöff-
nung ging auch der Hals des Dottersackes, um sich mit dem mittlem Theile des
Dünndarms zu verbinden: die Verbindungstelle aber war nur sehr dünn und nicht
im Innern hohl, also eine Höhlengemeinschaft zwischen Dottersack und Darm nicht
mehr vorhanden. Die Botallischen Gänge waren doppelt. Das Gehirn war im Ver-
hältniss zur Masse des ganzen Körpers ungemein gross. — Das Skelet und die
Eingeweide sind nicht beschrieben worden. Nach den gegebenen Abbildungen zu
1) Zu Sam. Thom. von Soemmeriogs Jubelfeier. ' Heidelberg und Leipzig, 1828.
IV
urtheilen, hatte sowohl das Gehirn, als auch der Körper in seinem Aeussern eine
ähnliche Form, wie bei den Erwachsenen. Desgleichen war die Hautbedeckung am
Rücken und Bauche schon durch Furchen in eben solche Felder abgetheilt, wie sie
bei erwachsenen Schildkröten vorzukommen pflegen.
Einige Bemerkungen über die weiblichen Geschlechts Werkzeuge zweier jungen
Seeschildkröten, wie auch über die in diesen gefundenen Ueberreste Wolff'scher
Körper wurden später von mir veröffentlicht *).
Von Baer machte darauf Beobachtungen bekannt, die er an dem Ei und ei-
nem sehr jungen Embryo von Emys europaea angestellt hatte ^). Nach ihm liegt
in dem Eierstocke dieser Schildkröte der Dotter, umgeben von einer einfachen Dotter-
haut, innerhalb einer aus 2 Häuten bestehenden Kapsel, die nachher, wenn sie hat
den Dotter heraustreten lassen, einen gestielten Kelch, wie in den Vögeln, darstellt.
Wenn die Eier durch die Eierleiter hindurchgegangen sind, ist der Dotter zwar
von einem Eiweiss umgeben, doch von einer viel geringern Menge desselben, als
in den Vogeleiern : auch ist die Kalkschale , die jetzt an den Eiern vorkommt und
auf einer Schalenhaut abgelagert ist, viel poröser, als an denen der Vögel. Hagel-
schnüre aber fehlen. Ein Embryo war in den frisch gelegten Eiern nicht vorhan-
den : doch erschien der Keim lange nicht so bestimmt ausgebildet, als in Vogeleiern.
Aber einige Tage später Hess sich in ihnen ein Embryo auffinden, doch war an
diesem sechs Tage nach dem Legen der Rücken noch nicht geschlossen, sondern
erst am achten Tage, Der Embryo bildet sich, indem sich der Keim in ein anima-
lisches und ein vegetatives Blatt spaltet, und es entwickeln sich aus dem erstem
zwei Rückenwülste und zwei Bauchplatten. Das Lagerungsverhältniss dieser Theile
ist jedoch insofern von dem bei andern Wirbelthieren bemerkten verschieden, als
sich die Rückenwülste beim Schliessen so sehr nach unten drängen, dass die Wirbel-
saite tief unter die Ebene der Bauchplatten zu liegen kommt. Damit hängt zu-
sammen, dass die sehr breiten Bauchplatten, wenigstens im Rumpftheile, nahe an
der Schlusslinie der überaus schmalen Rückenwülste angefügt sind. Dieses Verhält-
niss scheint das Bedingende für die Verschiedenheit zwischen Vogel und Schildkröte
zu sein. Das Fundamentalorgan für die Entwickelung der Extremitäten löst sich
nicht von der obern [äussern], sondern von der untern [Innern] Fläche des Keimes ab.
Untersuchungen, angestellt an jungen Schildkröten, um die Entwickelung des Rücken-
^) Abhandlungea zur Bildungs- uod Entwickelnngs-Geschichte des Meuscheo und der Thiere. Theil I
(Leipzig 1832), Seite 43 und 44.
') Job. Miiller's Archiv : Jahrgang fiir 1834 (Seite 544 — 550), und über Entwickelangs-Geschichte
Beobachtung und ReHexion, Thei) II (Königsberg 1837), Seite 155 und 15().
Schildes, des Baiiclischildes und die Bedeulun^^ der einzelnen Tlieile beider zu er-
uiiüeln, theilte Peters mit '). Ms das Endresultat dieser Untersuchungen glaubte
derselbe angeben zu können, dass nicht blos die sogenannten Randplatten des Rücken-
schildes dem Hautskelete angehören, sondern dass auch auf den Wirbeln des Rumpfes
und den Rippen unter der Haulbedeckung besondre Knochenplatten entstehen, die sich
diesen Thcilen des Skeletcs nachher anschliessen und damit verwachsen, und dass
ebenfalls dergleichen dem Hautskelete beizuzählende Knochenplatten an der Brust-
seite entstehen, mit den Knochen des Brustbeins verwachsen und mit ihnen zusam-
men das Baucbschild zusammensetzen.
Diesen verschiednen Bruchstücken einer Entwickelungsgeschichte der Schildkröten
will ich nun auf den folgenden Blättern zwei andre hinzufügen. Zuvor aber mö-
gen einige Bemerkungen angeführt sein, die sich auf die Entstehung derselben und
die zu ihnen benutzten Materialien beziehen.
Als ich im Jahre 1835, bald nach meinem Umzüge von Dorpat nach Königs-
berg, erfahren hatte, dass einige von den vielen Landseen, die in den südlichem
Theilen von Ostpreussen gelegen sind, Schildkröten in Menge enthalten, fasste ich
den Vorsatz, Versuche zu machen, mir Eier dieser Thiere zu verschaffen, um sie
zu Untersuchungen auf ihre Entwickelung benutzen zu können. Ich wandte mich
daher an mehrere Personen, die an jenen Seen wohnen, reiste auch zweimal zur
Sommerzeit nach einigen jener Seen hin, und setzte 26 aus ihnen erhaltene er-
wachsene Exemplare der Emys europaea, von denen einige männlichen, andere weib-
lichen Geschlechts waren, in einen ziemlich grossen versumpften Teich, der sich in
dem Garten der anatomischen Anstalt zu Königsberg beflndet. Meine beiden Reisen
aber hatten keinen unmittelbaren Erfolg, indem auf ihnen kein einziges Ei erhalten
wurde. Auch gewährten mir die Schildkröten, die ich zu Königsberg eingehegt
halte, nicht denjenigen Nutzen , den ich von ihnen erwartete : denn die wenigen
Eier, die sie bald nach ihrer Uebersiedclung gelegt hatten, wurden in einem durch
Nässe völlig verdorbenen Zustande aufgefunden, und nachher legten sie im Verlaufe
ven 8 Jahren gar keine Eier mehr, obgleich sie sich in ihrem Teiche sehr wohl
zu befinden schienen und auch immer die Freiheit hatten, das Wasser verlassen und
auf das Land geben zu können. Indessen wurden mir aus einigen entfernteren
Ortschaften mehrmals Eier zugesendet, im Ganzen ungefähr 100 an der Zahl. Die
meisten aber waren frisch gelegt und enthielten keine Spur von einem Embryo.
Andere enthielten zwar einen solchen, doch nur höchstens einen so weit entwickelten,
*) Observationes ad anatomiam Cheloniorum, diss. ioauguralis. Berolini 1838. Pag. 17 — 22.
VI
dass seine Beine zehenlose Stummel darstellten, und alle Versuche, die angestellt
wurden, sie zu einer weiteren Entwickelung zu bringen , schlugen an ihnen gleich-
falls, wie an jenen erstem, fehl, weil wahrscheinlich durch das Rütteln der Wagen,
auf denen mir die Eier zugesendet wurden, das Leben derselben vernichtet worden
war. Der Umstand aber, dass mir nur solche Eier zugingen, in denen entweder
noch gar kein Embryo, oder nur ein wenig entwickelter befindlich war, lässt sich
hauptsächlich daraus erklären, dass die Personen, welche für mich die Eier auf-
suchten, sich nach der Spur richteten, welche die Schildkröte, wenn sie aufs Land
geht, um ihre Eier zu legen, in einem lockern sandigen Erdboden hinter sich zu-
rücklässt, diese Spur aber, die sich als eine breite und flache Furche darstellt,
durch Regen und Wind in kurzer Zeit vertilgt wird i).
Die Holfnung, auch noch viel weiter entwickelte Eier der Emys europaea er-
langen zu können, musste ich endlich nach so manchen vergeblichen Versuchen
aufgeben; nachdem ich aber an den mir zugegangenen gefunden hatte, dass der
Bildung auch der Schildkröten ursprünglich ein ähnlicher Plan zum Grunde liegt,
wie der Bildung der übrigen und insbesondere derjenigen Wirbelthiere, welche mit
4 paarigen Gliedmassen versehen sind, versuchte ich, mir Eier und Junge auslän-
discher Schildkröten zu verschaffen, um wo möglich an solchen ermitteln zu können,
durch welche Vorgänge die seltsame und höchst wunderbare Abweichung bewirkt
wird, welche die erwachsenen Schildkröten von allen übrigen Wirbelthieren beson-
ders in der Form und Zusammensetzung ihrer Rumpfwandung, wie in der Lagerung
ihres Schulter- und Beckengerüstes, bemerken lassen. Allein, obgleich mir von be-
freundeten Gelehrten und einem Naturalienhändler mehrere Eier zugesendet wurden,
befand sich in keinem ein Embryo. Dafür aber war ich so glücklich, zwei beinahe
reife Embryonen und mehrere junge Schildkröten zu erhalten, die zusammen eine
Reihe ausmachten, an der ich insbesondre die Entwickelung des Rücken- und Bauch-
schildes vollständig verfolgen konnte. Auch glaube ich durch die Untersuchungen
an ihnen dahin gelangt zu sein, eine befriedigende Auskunft über die abweichende
Lagerung geben zu können, welche hei den Schildkröten das Schultergerüst, das
Becken und verschiedne Muskeln darbieten. Hierüber werde ich nun das Nähere
in der zweiten Abtheilung dieser Schrift angeben. Ueber den Schädel, verschiedne
Eingeweide und das Gefässsystem werde ich zwar ebendaselbst anführen, was mir
daran bei reifern Embryonen und Jungen besonders beachtungswerth zu sein schien,
^) Nach den Angaben, die mir in Gegenden , wo Sumpfschildkröten vorkommen, gemacht worden sind,
legen diese Thiere ihre Eier am liebsten in einen sandigen Boden und in geraumer Entfernung (etwa
00 Schritt und drüber) von dem Gewässer, in welchem sie sich aufhalten.
vn
doch werden die Bcmerkunf^en darüber zusamnienn[enorameii nur einen kleinen Theil
des Ganzen ausmachen. Das jNervensystem aber bin ich ganz überp^angen , weil
selbst das Gehirn bei reifern Embryonen eine solche Gestalt halte, wie bei Erwach-
senen, und sich nur allein dadurch auszeichnete, dass es im Vcrhältniss zu der
Masse des ganzen Körpers, wie schon Tiedemann gefunden halle, bedeutend
grösser, als bei den Erwachsenen war.
Die Exemplare in einer vorgeschrittenen Entwickelung begriffener Schildkröten,
welche zu zergliedern ich Gelegenheit hatte, waren, ihrem Alter nach in einer Reihen-
folge aufgeführt, nachstehend benannte:
1. Ein Embryo von Testudo graeca oder einer nahe verwandten Art
(Tab. III, Fig. 9, 10 und 15). In seiner Entwickelung war er ungefähr eben
so weit gediehen, wie der Embryo von Emys amazonica, von welchem Tiedemann
eine Abbildung gegeben hat. Sein Rumpf hatte eine Länge von 12% und in der
Mitte eine Breite von 12 Linien (des alten Pariser Masses): die grösste Dicke oder
Höhe des Rumpfes betrug 8Vo Linie, Der Schwanz war nur 2 Linien lang, aber
verhältnissmässig sehr dick, und sprang mit seinem stumpf abgerundeten Ende, selbst
wenn er ganz gerade nach hinten gerichtet worden war, nur wenig über den Saum
oder die Falte vor, die sich aus der Hautbedeckung auf der Grenze zwischen der
Rückenseite und der Bauchseite gebildet hatte. War auch der Hals gerade gestreckt
worden', so betrug die ganze Länge des Embryo's, gemessen von der Nasenspitze
bis an das Ende des Schwanzes, 15%"'. Die Nabelöffnung hatte eine Länge von
3'" und eine Breite von 2%"'. Von dem Dottersacke, der dicht unter dieser Oeff-
nung lag, aber ganz nach der linken Seite gewendet war, und eine ovale Form
hatte, betrug der Längendurchmesser 7 Vo'". Die Allantois und das Amnion waren
dicht am Leibe abgeschnitten. Die schon erwähnte Ringfalte der Hautbedeckung
des Rumpfes war ziemlich breit, doch noch nicht so breit, dass sich unter ihr die
Beine und der Kopf hätten völlig verbergen können, vielmehr waren von ihr die
verhältnissmässig sehr dicken, plumpen und an den Leib dicht angezogenen Beine
nur zur Hälfte, und der Kopf, der nach der rechten Seite gebogen war, wie ihn
auch Tiedemann bei einem Embryo von Emys amazonica fand, nur zu einem
kleinen Theile bedeckt. Der Hals war in den Rumpf zum Theil hineingezogen.
Die VorderRisse hatten eine Richtung nach hinten, die Hinterfüsse nach vorne. An
der Bauchseite sprang die Hautbcdeckung faltenartig zwar etwas, doch erst so wenig
rechts und links vor, dass von unten her die Beine und der Kopf fast gar nicht
bedeckt waren. Der Rücken war ziemlich stark gewölbt, nicht aber so bedeutend,
wie bei erwachsenen Exemplaren von Testudo graeca, und erschien von oben
vni
betrachtet scheibenförmig rund. Die Epidermis bildete am Rumpfe schon ziemlich
dicke Schilder, die sich von der Lederhaut leicht ablösen Hessen und eine horn-
gelbe Farbe hatten. Die Schilder des Rückens waren an ihrer äussern Fläche durch
kleine unregelmässig warzenförmige Erhöhungen sehr uneben gemacht, so dass sie
ein körniges Aussehen hatten. — Die meisten Organisations - Verhältnisse, die Du-
meril und Ribron als Kennzeichen der Testudo graeca aufgeführt haben '), fan-
den sich auch bei diesem Embryo : namentlich kamen an der Rauchseite seines
Rumpfes 12 Hautschilder vor, und Nichts deutete darauf hin, dass der hintere klei-
nere Theil des knöchernen Rauchscbildes einmal beweglich mit dem vordem ver-
bunden sein würde; ferner befand sich unter den Randschildern des Rückens vorne
ein unpaariges kleines Nackenschild, hinten ein Paar den Schwanz bedeckende Schil-
der : die Schilder aber, welche den mittlem Theil des Rückens bedeckten, waren nicht
stark gewölbt, sondern sehr flach. Dagegen war der Schwanz nicht ansehnlich lang, wie
es bei erwachsenen Exemplaren von Testudo graeca der Fall ist, sondern gegen-
theils sehr kurz, und besass keinen Nagel an seinem Ende ; ferner waren die Nägel
der Hinterfüsse nicht länger, sondern gegentheils merklich kürzer, als die der Vorder-
füsse : auch schien mir der Embryo zu gross für Testudo graeca, deren Eier nur
die Grösse von Taubeneiern haben sollen. Ich muss daher vermuthen, dass der
Embryo, von dem mir Herr Professor Rischoff zu Giessen, dessen Güte ich den-
selben verdanke, nicht das Vaterland anzugeben vermochte, zwar einer mit Testudo
graeca verwandten Art, doch nicht dieser Art selbst angehörte.
2. Ein Embryo von Chelonia Mi das (Tab. IV, Fig. 1 und 2), der von
der Nasenspitze bis an das Ende des Schwanzes 2" 5'" lang war, und von dessen
Rumpf die Länge 1" G'", die grösste Rreite 1" 3'", und die grösste Dicke (oder
Höhe) 9'" betrug. Die Hautbedeckung seines Rumpfes war durch Furchen schon
in eben so viele und ähnlich geformte Felder abgetheilt, wie bei den Erwachsenen
vorkommen, und seine Epidermis bildete auf diesen Feldern , besonders am Rücken,
schon ziemlich dicke und harte Platten, die sich von dem lederartig-festen und noch
dickern Corium leicht ablösen Hessen. — In der äussern Form war dieser Embryo
den erwachsenen Exemplaren von Chelonia Midas zwar im Ganzen ähnlich , unter-
schied sich aber dadurch von ihnen auffidlend, dass er am Rücken weit stärker ge-
wölbt war. Er wich also, wenn er wirklich zu der oben genannten Art gehörte,
in Hinsicht der Dimensionsverbältnisse des Rumpfes von seiner frühern Gestalt, in
der er doch wahrscheinlich den von den Seiten sehr abgeplatteten Jüngern Embryonen
>) Erpi'tologie generale ou Hist. nat. des Reptiles. Tom. 11. (Paris 1835.)
IX
der Emys europaea, wie ich sie in den Eiern voro;efunden hatte, ähnlich gewesen
war. noch nicht so sehr, wie die Erwachsenen, ab. Die Grenze zwischen dem
Rücken und dem übrigen Theilc der Wandung des Rumpfes war schon durch eine
Falte der Hautbedeckung bezeichnet, die gleichermassen , wie bei den Erwachsenen,
seitwärts am schmälsten, hinten dagegen am breitesten war. Am Bauche befand
sich eine herzförmige, 2'" lange und ein wenig über 2"' breite Nabelöffnung, die
ihre Lage hauptsächlich zwischen den am Bauche vorhandnen Hornplatten des fünften
Paares hatte. Die Fruchthäute fand ich nicht mehr vor, weil sie schon früher ab-
geschnitten worden waren. — Dass dieser Embryo entweder zu Chelonia Midas,
oder doch zu einer verwandten Art gehörte, Hess sich daraus entnehmen, dass der
mittlere Theil oder der Diskus des Rückens nur mit 13 Schildern bekleidet war,
dass diese nicht dachziegeirörmig einander zum Theil deckten, dass diejenigen von
ihnen, welche die mittlere Reihe zusammensetzten, wenigstens eben so breit, als
lang waren, und dass an jedem Beine von den Zehen nur eine einzige mit einem
Nagel bewaffnet war.
3. Junges von Emys europaea. Die Länge seines Rückenschildes betrug
11 V4, die grösste Breite dieses Schildes 10^/4 Linien. Am Bauche befand sich
noch eine etwas rauhe und rautenförmige Narbe von einer Nabelöffnung, deien Länge
2V2, und deren grösste Breite 1'" betrug. Ihre Lage hatte diese Narbe zwischen
den am Bauche vorhandnen Hornplatten des vierten und fünften Paares. In der
Rumpfhöble befand sich noch ein kugelrunder Dottersack, dessen Achse 2%"' lang
war. Von den Erwachsenen wich dieses Junge in seiner Organisation auch ausser-
dem noch mehrfach ab. Mit Ausnahme der Marginalplatten waren alle übrige oder
grössere Hornplatten seines Rückens nicht glatt, sondern waren durch eine Menge
ziemlich dicht stehender kleiner Erhöhungen, die ungefähr die Form von Halbkugeln
hatten, sehr uneben gemacht. Das Rückenschild war nicht länglich-oval, sondern
beinahe scheibenförmig-rund. Der ganze Limbus des Rückenscbildes , der von den
Marginalplatten gebildet wurde , war verhältnissmässig etwa nur halb so breit, als
bei den Erwachsenen. Das Bauchschild war im Verhältniss zu dem Rückenschilde
lange nicht so gross, und die Beine wurden von ihm, wenn sie dicht an den Leib
herangezogen waren, nicht vollständig bedeckt: auch war es nicht ellipsoidiscb, son-
dern vorn viel breiter, als hinten, und im Ganzen unregelmässig oval. Zwischen
beiden Schildern befanden sich vor und hinter den Flügeln desselben sehr viel höhere
gruhenförmige Zwischenräume zum Verbergen der Beine, wie denn überhaupt der
Rumpf im Verhältniss zu seiner Länge viel höher war. Der Schwanz hatte eine
verhältnissmässig sehr viel grössere Länge, als bei den Erwachsenen, und war sehr
b
bei dem Alten
58 : 76
72 : 76
44 : 76
7 : 76
7 : 76
38 : 76
dünn, wie er überhaupt eine grosse Aehnliclikelt mit dem Schwänze von Emys lu-
taria halte. Zur bessern Erkenntniss der ^'erschiedcnheit in den Proportionen gebe
ich einige Maassverhältnisse von diesem Jungen und einem erwachsenen weiblichen
Exemplar derselben Art. Es verhielten sich zu der Länge des Rückenschildes
bei dem Jungen
die grösste Breite des Rückenschildes = 43 : 47
die Länge des Bauchschildes = 42 : 47
die grösste Breite desselben = 31 : 47
die Höhe des vordem Zwischenraumes zwischen Rüeken-
und Bauchschild = 16 : 47
die Höhe des hintern Zwischenraumes zwischen Rücken-
und Bauchschiid = 8 : 47
die Länge des Schwanzes = 1:1
4. Junges von Chelonia imbricata. Die Länge des Rumpfes oder viel-
mehr des Rückenschildes betrug 1" 10'", die grösste Breite 1" 41/2'", die grösste
Dicke oder Hohe 10"'. Der ganze Körper war 2" 9'" lang. Am Bauche befand
sich eine fast rautenförmige Narbe der Nabelöffuung. Dieselbe war 5'" lang, in
der Mitte fast 2V2'" breit, und hatte ihre Lage hauptsächlich zwischen den am
Bauche befindlichen Hornplatten des fünften Paares, reichte aber mit ihren Enden
massig weit zwischen die Platten des vierten und sechsten Paares hinein. Die
grössern Hornplatten des Rückens griffen zwar dachziegelförmig über einander her-
über, doch nur wenig, und hatten sämnitlich einen von vorne nach hinten verlau-
fenden Kiel, so dass der Rücken drei etwas unterbrochene Kanten bemerken Hess.
5. Junges von Chelonia Midas. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehörte
es zu der genannten Art: mit Bestimmtheit Hess sich darüber freilich Nichts ent-
scheiden, weil die noch sehr jungen Exemplare der Gattung Chelonia der Form nach
in mancher Hinsicht von ihren Eltern nicht wenig abweichen. Am Bauche kam
bei diesem Exemplar noch eine 31/2'" lange und in der Mitte 1'" breite Narbe von
einer Nabelöffnung vor. Die Länge des ganzen Thieres, gemessen von der Schnauze
bis an das Ende des Schwanzes, der über das Rückenschild ein wenig hinaus-
reichte, betrug 3" 3'", die Länge des Rückenschildes selbst 2" 1'", die grösste
Breite dieses Schildes 1" 9"'.
6. Sphargis coriacea, bei der sich ebenfalls noch eine massig grosse
Narbe von der Nabelöffnung befand. (Tab. IV, Fig. 3, 4 und 5.) Geraessen von
der Schnauze bis an das Schwanzende oder auch das hintere Ende des Rückenschildes
war dieses Junge 3" 7'" lane;. Von seinem Rückenschilde belrus die Länge 2" 2'/2'",
XI
die g:rösslc Breite 1" 8"'. Auf den *\varzenartigen und in g:rosscr Zahl vorhanflnen
Erliöliunjjcii der Haut des Rückens war die Epidermis viel dicker, als in den Fur-
chen zwischen denselben: von vielen dieser Erliöhungen löste sie sich bei einer
nur etwas starken Berührung ab, und die abgefallenen Stücke hatten eine Aehnlich-
keit mit sehr gewölbten Ührgläscrn.
7. Von einem zweiten Exemplar der Sphargis coriacea , das nach der An-
gabe eines Naturalienhändlers, der es mir zusandte, im indischen Ozean gefangen
war, betrug die Länge des Rückens 2" 6'", die grösste Breite desselben 1" 8'/o"'.
Von einer JNarbe der NabelüH'iiung war bei ihm kaum noch eine Spur zu erkennen.
Ich habe es nur zur Untersuchung der Eingeweide und des Bauchschildes benutzt.
Was also in dieser Schrift über die übrigen Theile des Skeletes der Sphargis
angegeben ist, bezieht sich nur auf das erstere Exemplar. Beiläufig will ich indess
bemerken, dass bei diesem zweiten die Rippen nicht merklich weiter, als bei jenem
erstem entwickelt waren.
8. Chelonia virgata, Dumeril et Bibron. (Tab. V, Fig. 1.) Von der
Nabelöffnung war weder bei diesem Jungen , noch auch bei den folgenden eine
Narbe mehr vorhanden. Die Länge des ganzen Thieres, gemessen von der Schnauze
bis an das Ende des Rückenschildes, das den Schwanz ein wenig überragte, betrug
3" 3'", die Länge des Rückenschildcs selbst 2" SVa'", die grösste Breite des-
selben 1" 9'". — Diese Seeschildkröte gehörte mit den unter Nr. 2 und 4 auf-
geführten zu einer und derselben Unterabtheilung der Gattung Chelonia, oder zu
denjenigen Schildkröten, welche von Dumeril und Bibron Cheloniens franches
genannt worden sind. Von jenem Embryo aber war sie der Art nach bestimmt
verschieden: denn es hatten die Schilder ihres Rückens etwas andre Formen, und
es war überdies, was ich ganz besonders hervorheben möchte, von den Randplatten
des. künftigen knöchernen Rückenschildes die unpaarige vordere, welche den hintern
Theil des Halses bedeckt (die Nackenplatte), verhältnissmässig viel kleiner und auch
ganz anders geformt, als bei jenem Embryo. Von dem Exemplar aber, das unter
Nr. 4 aufgeführt worden ist, unterschied sich dieses hauptsächlich dadurch, dass
sein Schwanz über das Rückenschild nicht hinausragte, dass seine Nackenplatte klei-
ner und etwas anders geformt war, dass sein Rücken eine etwas stärkere Wölbung
hatte, und dass die Hornplatten seines Rückens etwas andere Formen besassen.
9. Trionyx aegyptiacus. Die Länge ihres Rückenschildes betrug 2",
die grösste Breite desselben 1" OVi'". Die Haut des Rückens war durch eine
grosse Anzahl kleiner warzenförmiger Erhöhungen, die meistens spitz ausliefen, sehr
b'
XII
uneben gemacht. Uebrigens war der Rumpf überaus stark von oben und unten
abgeplattet, weil mehr, als bei den Jungen andrer Arten von dieser Galtung.
10. Trionyx gangeticus. (Tab. V, Fig. 13 und 14.) Die Länge des
Rückenschildes betrug 1" O'/z'", die grösste Breite desselben \" 7'", die Länge
des ganzen Körpers bei ausgestrecktem Halse, gemessen von der Schnauze bis an
das Ende des Rückcnsrhildes, von dem der Schwanz überragt wurde, 2" 10'".
11. Emys 1 Utaria. Die Länge des ganzen Rückenschildes dieser Schild-
kröte, die ich in der Krimm gefangen hatte, betrug 1" 1'", die grösste Breite
desselben 11'", die Länge des ganzen Körpers bei ausgestrecktem Halse 2" 3'",
die Länge des Schwanzes 9%'".
12. Emys europaea. Die Länge des Rückenschildes betrug 1" 2'", die
grösste Breite desselben 1" 1'", die Länge des ganzen Körpers, von der Schnauze
bis an das Ende des Schwanzes 2 ". In der Gestalt wich dieses junge Exemplar,
wie das noch jüngere (Nr. 3), hauptsächlich dadurch von den Erwachsenen ab, dass
sein Rumpf, von oben oder unten betrachtet, sich mehr scheibenförmig rund, als
ellipsoidisch darstellte. Der Schwanz war verhältnissmässig etwas kürzer, und die
Hornplatten des Rückenschildes waren nicht völlig so stark granulirt , als bei dem
noch Jüngern Exemplar.
13. Terrapene Iricarinata Merrem [oder Cinosternum scorpioides Wag-
ler]. (Tab. V, Fig. 3.) Länge des Rückenschildes 1" 4V2'", grösste Breite desselben
1" V/i'"- Länge des ganzen Körpers von der Schnauze bis an das Ende des
Schwanzes l" 10'".
14. Trionyx ocellatus Hardwick. (Tab. V, Fig. 2.) Länge des
Rückenschildes 2" 6'", grösste Breite desselben 2" 5'", Länge des ganzen Körpers
bei ausgestrecktem Halse, gemessen von der Schnauze bis an das Ende des Rücken-
schildes, das den Schwanz etwas überragte, 3" 11"'.
15. Platemys Spixii Dumdril et Bibron oder Emys depressa Spix.
(Tab. V, Fig. 4 und 5.) Länge des ganzen Körpers von der Schnauze bis an
das Ende des Schwanzes 3" 2'"; Länge des Rückenschildes 2" 472"', grösste
Breite desselben 1" 2"'.
16. Terrapene pensylvanica Merrem. [Cinosternum pensylvanicum
Wagler.] Länge des ganzen Körpers 3" 2'", Länge des Rückenschildes 2" 4'".
17. Pentoiiyx capcnsis Dumeril et Bibroii. [Tosludo galeata Schoepf,
Pelomedusa galeata Waj;:ler.] Länge des ganzen Körpers 3" 7"'; Länge des Riicken-
schildes 2" 3'"; grösste Breite desselben 2".
Mehrere von diesen Schildkröten -Exemplaren waren mir von meinen geehiten
Collegen und Freunden, den Herren Berthold, Th. L. W. Bischoff, Esch-
richt, Gravenhorst, Grube und Job. Müller gütigst geschenkt worden,
wofür ich denselben nochmals meinen verbindlichsten Dank sage.
Königsberg, den 20. Mai 1847.
H. Rathke.
XIV
Als von diesem Werke schon mehrere Bogen gedruckt worden waren, bot sich
mir wider alles Erwarten noch eine Gelegenheit dar, zwei Embryonen von Emys
europaea, die beinahe die Mitte des Fruchtlebens erreicht hatten, oder doch wenigstens
über das erste Drittel desselben hinausgelangt waren, untersuchen zu können. Durch
eine Beschreibung von ihnen hoffte ich eine nicht geringe Lücke, die sich in mei-
nen schon zum Drucke abgegebenen Bemerkungen über die Entwickelung der Schild-
kröten befand, zum Theil ausfüllen zu können, und ich habe deshalb hier eine Be-
schreibung dieser Embryonen noch nachträglich jenen Bemerkungen folgen lassen.
Es bildet dieselbe jetzt die dritte Abtheilung des vorliegenden Werkes und enthält
unter andern auch eine Bestätigung einiger Aeusserungen, die ich über die Entste-
hung des Rücken- und Bauchschildes in der zweiten Abtheilung nur hatte verniuthungs-
weise aussprechen können.
Königsberg, am 5. Januar 1848.
Dei- V^erfasser.
Inhalts-Verzeichniss.
Erste Abtheilung'.
Seile
lieber die Besch.iffenheit des Eies und die frühesten Entwickelungszustände von Emys
europaea 1 bis 2
Erstes Kapitel. Von dem Ei vor der Entstehung des Embryo's .... 3 — 9
Zweites Kapitel. Von dem Embryo aus der ersteren Hälfte des Fruchtlebens 10 — 45
Zweite Abtlieilung.
Ueber die späteren Entwickelungszustände verschiedener Arten von Schildkröten . 47 — 48
Erstes Kapitel. Von dem Skelete 49 — 142
Zweites Kapitel. Von den Hautbedeckungen 143 — 154
Drittes Kapitel. Von den Rücken-, Brust- und Bauch-Muskeln 154 — 170
Viertes Kapitel. Allgemeinere Bemerkungen über die Zusammensetzung der
Rumpfwandung und die Lagerung des Schulter- und Beckengerüstes . 177 — 188
Fünftes Kapitel. Von den Verdauungswerkzeugen i. . . 189 — 195
Sechstes Kapitel. Vou den Athmungswerkzeugen 196 — 198
Siebentes Kapitel. Von den Harn- und Gescblechtswerkzeugen . . . . 198 — 204
Achtes Kapitel. Von eigenthümlichen drUsenartigen Organen der Rumpfhöhle 205 — 210
Neuntes Kapitel. Von dem Gefässsystera 510 — 215
Schlussbemerkungen. Ueber den Gehörlabyrinlh 215 — 218
XVI
Dritte Ahtheilung.
Seite
Beschreibung zweier Embryonen von Emys europaea ungefiihr aus der Mitte des
Fruchtlebens 219 — 220
Erstes Kapitel. Beschreibung der Eihäute, sowie der Lage und der äusseren
Beschaffenheit der Embryonen 221—228
Zweites Kapitel. Beschreibung der innern Beschaffenheit der Embryonen . 229 — 253
Erklärung der Abbildungen 255 — 267
Erste Abtheilung.
Ueber die
Beschaffenheit des Eies
und die
frühesten Entwiclielungzn stände
der
Emys europaea.
Erstes Kapitel.
Von dem Eie vor der Entstehung des Embryo's.
§. 1. Das schon gelegte Ei von Emys europaea ist oval und hat eine
Länge von 10 Linien. — Die Theile, aus denen es zusammengesetzt ist, stimmen
sowohl der Zahl, als auch der Art nach mit denen der Vogeleier iiberein.
Die Schale hesteht aus einer häutigen Grundlage oder Schalenhaut , und aus
kohlensaurem Kalk. Der letztere ist auf und unter der Oberfläche der erstem ab-
gelagert, doch in einer verhältnissmässig viel geringeren Menge, als an den Eiern
der Vögel, hingegen in einer grössern, als an den Eiern der Natter. Jene häutige
Grundlage aber ist zusammengesetzt aus schichtweise über einander liegenden Fasern,
die ziemlich starr, nur sehr dünn, massig lang, ein wenig geschlängelt und meistens
einfach, selten gabelförmig gespalten sind. Mit einander erscheinen diese Fasern
gleichsam verfilzt, indem die meisten unter sehr verschiedenen Winkeln über ein-
ander hinweg, nur wenige in einander übergehn, theils dadurch aber, theils auch,
und hauptsächlich durch ein festes homogenes Bindemittel, das die sehr kleinen zwi-
schen ihnen befindlichen Zwischenräume ausrüllt, mit einander innigst vereinigt wer-
den. Durch Essigsäure wird das Bindemittel dui'chsichtiger gemacht und etwas er-
weicht; die Fasern aber erfahren dadurch keine Veränderung. — Eben so zusam-
mengesetzt und beschaffen fand ich auch die Schale der Eier von Seeschildkröten
und von amerikanischen Süsswasserschildkröten , und es ist danach wahrscheinlich,
dass die Eier der Schildkröten überhaupt in der Beschaffenheit ihrer Schalenhaut mit
einander ganz übereinstimmen. Aehnlich verhält sich aber auch in ihrem Gewebe
die Schalenhaut der Vogeleier, dagegen ist die gleichnamige Haut der Eier von
Coluber Natrix und Lacerta agilis in ihrem Gewebe, das ich an einem an-
dern Orte ausführlich beschrieben habe •), gar sehr verschieden. Gewissermassen das
Mittel zwischen der Eischalenhaut dieser letztern Amphibien und derjenigen der
Schildkröten und Vögel hält die Eischalenhaut der Krokodile. Diese besteht näm-
') EntwickeluDgsgescbicfale der Malter. Königsbeig 1839, Seile 3 bis i.
r
4
lieh der Hauptsache nach aus sehr langen Fäden; es sind aber dieselben nicht ein-
fach, lockenartig geschlängelt und in vielen Spiraltouren um die innern Theile des
Eies herumgewickelt, sondern spalten sich sehr häufig in zwei oder sogar in meh-
rere von einem Punkte ausgehende Aeste, sind nur wenig gekrümmt und gebogen,
verlaufen nach verschiednen Richtungen, und kreuzen sich dabei unter sehr ver-
schiednen Winkeln, oder gehen auch durch ihre Aeste schlingenartig in einander
über*). Ein Luftraum, wie er in den Eiern der Vögel, nachdem sie gelegt wor-
den sind, zwischen den Faserschichten der Schalenhaut vorkommt, bildet sich eben
so wenig in den Eiern der Schildkröten, wie in denen der Schlangen und Eidechsen.
üas Eiweiss der Eier von Emys europaea ist ganz klar und farblos,
durchweg viel consistenter, als in den Eiern der Hühner, und in so beträchtlicher
Menge vorhanden, dass es der Menge des Dotters nicht sehr nachsteht.
Die Dotterhaut ist nur zart, völlig gleichartig und ohne besondere zellige
Textur. Eine hautartige Bekleidung mit zwei Hagelschnüren (Chalazae), wie
man sie in den Eiern der Vögel findet, kommt an ihr nicht vor. — Der durchweg
goldgelb gePärbte Dotter hat eine ziemlich grosse Consistenz, und diese ist in der
Mitte desselben nicht merklich geringer, als an der Oberfläche. Auch zeigen die
Dotterkörperchen , oder die Formelemente des Dotters, in der Mitte desselben nicht
eine andere Beschaffenheit, als an der Oberfläche. Diese Bestandtheile nun aber
sind zcllenartige Gebilde (Tab. 1. Fig. 1.), die einen Durchmesser von 0,0006
bis 0,003 Zoll haben, und deren ziemlich dicke und recht feste häutige Wandung
zweierlei verschiedene Dinge einschliesst. Sie umgiebt nämlich :
a) eine klare, dickliche und gelbliche Flüssigkeit, die durch Weingeist, Säuren
und selbst durch reines Wasser zum Gerinnen gebracht wird, und
b) eine oder mehrere kleine Blasen, die aus einer ziemlich dicken häutigen
Wandung und einem von dieser Wandung umschlossenen, klaren, farblosen und
flüssigen Fette bestehen. Meistens findet man zwei solche Blasen gleichsam als
') Ich habe nur ein Krokodile!, das übrigens einige Jahre im Weingeist gelegen halte, auf das Ge-
webe seiner Schalenhaut untersuchen können. Als ich seine dicke Kalkschale der Einwirkung einer ver-
dünnten Salzsäure ausgesetzt halle, blieb ein dünnes Häutchen übrig, das die oben angegebene Zusammen-
setzung und zwischen seineu Fäden ziemlich grosse Zwischenräume zeigte , die von einer homogenen albn-
min'ösen Substanz ausgefüllt waren. Der unter der Kalkschale gelegene und ziemlich dicke Theil der Schalen-
haul war sehr dicht, schien aus einigen Schichten zusammengesetzt zu sein, und bestand ebenfalls aus
Fäden, die durch ein formloses Biudemillel fest zusammengehallen wurden, aber nur sehr kleine Zwischen-
räume bemerken liessen. Ob auch die Fäden dieses letzlern Thciles sich öfters spalteten, konnte ich we-
gen der Festigkeit und Undurchsichtigkeit ihres Bindemittels, das durch Essigsäure kaum etwas vetändert
wurde, nicht ergründen.
Kerne in einer Dotterzelle, selten nur eine, und noch seltener drei oder gar meh-
rere. Von einem derartigen Kernkörper aher, wie er in den Primilivzeilen der
Thiere innerhalb ihres Kerns vorkommt, findet man weder innerhalb jener mit Fett
erfiilltcn Kerne, noch auch an der Wandung derselben in den Dotterzellen der
Schildkröten die mindeste Spur '). Die Zwischenräume zwischen den Dotterzellen,
sowie z\\ischcn ihnen und der Dotterhaut , werden von einer klaren und farb-
losen eiweissarligen Flüssigkeit ausgefiillt. Doch ist dieselbe in einer nur geringen
Menge vorhanden , und es liegen daher die Dotterzellen so gedrängt beisammen,
dass sie sich gegeneinander mehrfach abplatten, mithin auch eine eckige und kantige
Form annehmen müssen. Und diese Form, in der aber keine bestimmte Regel-
mässigkeit waltet, behalten sie meistens noch bei, wenn sie mit Weingeist, Was-
ser oder verdünnter Chromsäure in Berührung gebracht worden sind: dagegen
runden sie sich allmählig ab und werden kugelförmig, wenn man sie in Eiweiss, das
aus Hühnereiern genommen ist, gelegt hat, und sie in ihm sich haben trennen
können. Aber auch die Kerne, oder die mit Fett gefüllten Blasen, die in den Dot-
terzellen enthalten sind, erscheinen in ihrem natürlichen Zustande als eckige Körper,
und dies ist selbst in denjenigen Dotterzellen der Fall, in welchen nur ein einziger
solcher Kern enthalten ist. Doch abweichend von den Dotterzellen runden sie sich
in diesen nicht zu, wenn dieselben, in Eiweiss gelegt, die Form von Kugeln anneh-
men, sondern bleiben auch dann noch eckig.
Der Keim erscheint an der Oberfläche des Dotters als eine massig grosse
und mehr oder weniger weissliche Stelle, die entweder rundlich oder ellipsoidisch
ist, und keine scharfe, sondern sehr verwischte Begrenzung hat. Er besteht aus
einer dünnen Schichte einer Substanz, die einen nur schwachen Zusammenhang hat,
und theils aus zellenartigen Körpern, theils aus einem dicklichen und gleichartigen,
doch nur in geringer Masse vorhandenem Bindemittel zusammengesetzt ist. Die
Zellen (Tab. 1. Fig. 2.), die besonders in der Mitte des Keimes in einigen über-
einander liegenden Schichten vorkommen, fand ich in mehreren Eiern, aus denen
*) Aebalich beschalfeae Dotterzelleo hat Job. Müller in den Eiern der Rochen und Haifische ge-
Tanden. (Siehe dessen Abhandlung über den glatten Hai des Aristoteles. Berlin 1842, S. 37 und 38.)
Der Dotter vieler Thiere, wie namentlich der Vögel, beschuppten Amphibien, Fische, Spinnen, Insecten,
der meisten Crustaceen und einiger Würmer, besteht grüsstentheils aus häutigen Blasen, die je nach den
verschiedenen Arten jener Thiere einen sehr verschiedenen Inhalt haben. Ob man diese Blasen aber mit
dem Namen der Zellen belegen darf, obschon in den meisten niemals ein solcher mit dem Namen eines
Kerns belegter Theil, wie er in den Zellen der Leibessubstanz der Thiere vorkommt, sich kund giebt,
darüber werde ich mich später einmal in einem Werke, das ich über das Ei und die Entstehung des Em-
bryo's der Thiere bekannt zn machen gedenke, näher aussprechen.
ich sie untersuchte, und in denen sie einen Durchmesser von 0,0006 bis 0,0016 Z,,
selten so^ar von 0,002 Z. halten, von den Zellen der eig:entlichen Dottersubstanz
gar sehr verschieden, und zwar durch folgende Eigenschaften: 1) In ihrem natür-
lichen Zustande waren sie, einzeln beobachtet, fast so klar, wie eine farblose Glas-
masse; auch behielten sie, wenn sie mit reinem Wasser in Berührung gebracht
worden waren, ihre Klarheit beinahe unverändert bei; denn es bildeten sich dann in
ihnen, indem ihr dünnflüssiger Inhalt gerann, meistens nur wenige und zerstreut
liegende Molekularkörperchen, die eine nur sehr geringe Grösse und weissliche Farbe
hatten. In einigen aber kamen nicht einmal dergleichen Körperchen zum Vorschein,
sondern sie blieben immerfort ganz klar. 2) Ihre Wandung zerplatzte bei einem
weit geringeren Drucke, als die der Dotterzellen; auch war sie augenscheinlich viel
zarter, und Hess sich nach dem Zerplatzen für sich allein gewöhnlich gar nicht
mehr erkennen. 3) Sie hatten lange nicht ein solches eckiges und kantiges Aus-
sehn, wie die Dotterzellen, sondern waren, auch wenn sie neben einander dicht ge-
drängt lagen, mehr rundlich oder oval. 4) Sie enthielten ein bis drei und mit-
unter sogar, wiewohl nur selten, vier im Verhältniss zu ihnen recht grosse blasen-
förmige Körper oder Kerne, die eine nur zarte Wandung besassen, eine klare und
gerinnbare Flüssigkeit zum Inhalt hatten, und mit der sie einschliessenden Zellenhaut
nicht verwachsen waren, sondern lose in ihr lagen. Einen Kernkörper habe ich in
diesen Blasen oder Kernen nicht bemerken können, wenn ich sie mit Wasser, oder
auch mit Eiweiss aus Hühnereiern, unter das Mikroskop gebracht hatte. Leider
aber habe ich unterlassen, sie auch noch mit demjenigen Mittel, welches die Kerne
und Kernkörper thierischer Zellen, wenn sie sonst nicht sichtbar sind, zum Vor-
schein zu bringen pflegt, nämlich mit Essigsäure, in Berührung zu bringen.
Unter dem Keim hatte die Substanz des Dotters dieselbe Beschaffenheil und
insbesondere dieselbe Consistenz, wie an andern Stellen der Oberfläche des Dotters.
Auch Hess sich der Keim , eben deshalb , weil unter ihm der Dotter sehr dicklich
und klebrig war, von diesem nicht vollständig, sondern nur theilweise abheben. —
Von einer Durchfurchung habe ich an dem Keime der Schildkröten niemals irgend
ein Anzeichen bemerken können, doch will ich nicht behaupten, dass sie an ihm
niemals vorkomme.
§. 2. Nachdem ich in dem Obigen die Zusammensetzung frischgelegter Eier
beschrieben habe, will ich auch angeben, wie sie beschaffen sind, wenn sie noch in
den Eierstöcken liegen.
An Eiern von 1 bis 6 Linien im Durchmesser war die Dotterhaut aus zwei
verschiedenen Platten zusammengesetzt. Die äussere Hess keine besondere Textur
bemerken, sondern war nur durehweg- sehr fein granulirt. Die innere aber, die
dünner als jene war, bestand aus einer einzigen Schichte von Zellen , die alle sehr
abgeplattet, beinahe krystallhell, dicht zusammengedrängt und daher auch gegenein-
ander abgeplattet waren, so dass sie sämmtlich ein eckiges Aussehen hatten. Unter
einander und mit der äussern Platte hingen sie nicht sonderlich fest zusammen, son-
dern Hessen sich ziemlich leicht trennen. Ihr Durchmesser betrug in den kleineren
Eiern höchstens 0,0004, in den grösseren 0,0006 Z. Sie enthielten einen kleinen
Kern, der aber nur dann erst deutlich sichtbar wurde, wenn Wasser oder Essig-
säure auf sie eingewirkt hatte: ihr übriger Inhalt war eine gauz klare Flüssigkeit.
Auch wo der Keim lag, waren die beschriebenen Zellen zu bemerken ; demnach kam
an der inneren Platte der Dotterhaut über dem Keime keine Lücke vor. — Eine
eben solche Zusammensetzung der Dotterhaut ist zuerst von Schwann '), beim
Huhn, nachher auch von mir bei den Eidechsen , Fröschen , mehreren Fischen und
vielen wirbellosen Thieren an den Eiern der Eierstöcke bemerkt worden, und sie
scheint also in dem Thierreiche sehr allgemein vorzukommen. Gegen den Zeitpunkt
aber, da das Ei die Stätte, wo es entstanden war, verlassen will, geht die aus
Zellen bestehende innere Platte der Dotterhaut spurlos verloren.
In Eiern von 1 Linie im Durchmesser erschienen die Formelemente des Dot-
ters, der nur schwach okergelb war, der Mehrzahl nach als runde Molekularkörper,
von denen insbesondere die grösseren, die 0,0001 Z. oder nur wenig darüber im
Durchmesser hielten, ganz das Aussehn von Fettkügelchen hatten. Andere Form-
elemente aber erschienen als rundliche Zellen von 0,0002 bis 0,0006 Z. im Durch-
messer. Eine Wandung war an ihnen deutlich zu erkennen, und ihr Inhalt bestand
einestheils aus einem, seltener aus zwei an Grösse ungleichen Tröpfchen eines flüs-
sigen Fettes, andernlheils aus einer klaren eiweissartigen Flüssigkeit. Zwischen den
Formelementen war kaum eine Flüssigkeit vorhanden, und daher der Dotter sehr
zähe. — In den grösseren Eiern halten diejenigen Formelemente des Dotters,
welche nicht zunächst der Dotterhaut lagen, eine eben solche Beschaffenheit, wie in
den frischgelegten Eiern, aber nur einen Durchmesser von höchstens 0,0014 Z.
Dagegen erschienen diejenigen, welche zunächst der Dotterhaut, oder auch dicht un-
ter dem Keime lagen, und einen Durchmesser von höchstens 0,0004 Z. hatten, der
Mehrzahl nach als rundliche und ganz einfache Fettkugeln. Einige von den grösse-
ren aber Hessen schon ganz deutlich eine den Fetttropfen knapp einschliessende
1) Mikroskopische L'ntersachungen über die Uebeicinstimmung in der Struclur und dem Waclisthuni
der Thiere und Pflanzen. Berlin 1839, Seite 63.
Hülle oder Zellenmembran erkennen. Von diesen aus konnte dann ein allmähliger
Uebergang zu den tiefer gelegenen oder grösseren und zusammengesetzten Form-
elementen, deren ich schon gedacht habe, verfolgt werden. An einigen nämlich war
die Zellenmembran schon weiter, und zwischen ihr und dem Fetttropfen befand sich
eine gerinnbare, eiweissartige Flüssigkeit ; auch halte in ihnen der Fetttropfen häufig
schon eine besondere häutige Hülle und war auch etwas eckig. In noch etwas
o-rösseren befand sich nicht selten schon ein zweiter Fetttropfen, der aber viel klei-
ner als der andere war, und mitunter kaum 0,0001 Z. im Durchmesser hatte. —
Dem Angeführten zu Folge geht also die Entwickelung der Formelemente des Dot-
ters so vor sich, dass zuerst ein kleiner Fetttropfen entsteht, demnächst um diesen
eine häutige Hülle, dann zwischen beiden eine eiweissartige Flüssigkeit, und endlich,
während alle diese Theile an Umfang und Masse zunehmen, in jener Flüssigkeit
häufig noch ein zweiter, ja selbst ein dritter Fetttropfen, von denen jeder seine be-
sondere häutige Hülle oder Zellenmembran erhält.
Einen Keim konnte ich in Eiern, welche erst eine bis beinahe 3 Linien im
Durchmesser hatten, noch nicht bemerken. Kaum war er erst in solchen aufzufin-
den, deren Durchmesser schon 4 Linien betrug. In Eiern aber, die einen Durch-
messer von ungefähr 6 Linien hatten, stellte er eine runde, am Rande etwas ver-
wischte und in der Mitte nur massig dicke Scheibe dar, deren Durchmesser kaum
1 Vi Linien betrug, und die durch ihre weissliche Farbe sich von dem Dotter , des-
sen Oberfläche sie zum Theil bedeckte, sehr unterschied. Zusammengesetzt war er
aus lauter höchst kleinen rimdlichen Körperchen, die durch ein dickliches und etwas
zähes Bindemittel so zusammengehalten wurden, dass der Keim beinahe so, wie eine
Haut, sich dehnen Hess. Diejenigen von diesen Körperchen, welche der Dotterhaut
zunächst lagen, waren am kleinsten und von einem so geringen Umfange, dass selbst
die grössten von ihnen nicht viel über 0,0001 Z. im Durchmesser hatten. Je wei-
ter sie aber nach dem Dotter hin lagen, einen um desto grösseren Umfang be-
sassen sie: doch betrug von den grössten der Durchmesser nicht völlig 0,0004 Z.
Auch waren sie noch insofern von einander verschieden, als die grösseren deutlich
eine Zellenmembran besassen, indess den kleineren eine solche noch ganz zu fehlen
schien. Dagegen hatten alle, abgesehen von der Zellenmembran, ganz das Aus-
sehen von einfachen Fettkügelchen , und wurden weder durch Wasser noch durch
Chromsäure in ihrem Aussehn verändert. Demnach war ihre Beschaffenheit und ihr
Verhalten ganz von der Art, wie das der Formelemente des Dotters, wenn sich
diese noch in ihrer ersten Entwickelung befinden. — Das Bindemittel der Formele-
mente des Keimes war diesen Theilen an Masse beinahe gleich, hatte eine um
9
so geringere Consistenz, je näher nach dem Dotter hin, und verlor, wenn es mit
Wasser oder Chromsäure in Berührung gebracht wurde, seine Durchsichtigkeit.
Das Keimbläschen ist äusserst zarthäutig und leicht zerstörbar. In den
grösseren Eiern des Eierstocks fand ich es ganz so, wie etwa das der Vögel in
einem niedrigen und überhaupt nur kleinen Hügel (Cumulus) eingeschlossen, der
von der Mitte des Keims ausging, gegen das Ceiitrum des Eies gerichtet war, und
aus eben solchen Formelementen bestand, wie die tiefere Partie des Keimes. Die
in der klaren, etwas dicklichen und gerinnbaren Flüssigkeit des Keimbläschens ent-
haltenen Keimfleeke waren, wie in reiferen Froscheiern, überaus zahlreich (ungefähr
200) und hatten alle eine rundliche Form, obgleich ihre Grösse sehr verschieden
war: denn die grössten hatten einen Durchmesser von beinahe 0,0004, indess die
kleinsten nur als Molekularkörper erschienen. An den grösseren erkannte ich deut-
lich eine Zellenwand, in ihrem klaren Inhalte aber 2 bis 3 kleine runde Körper-
chen, die ebenfalls mit einer gerinnbaren Flüssigkeit erfüllte Bläschen zu sein schie-
nen, und wahrscheinlich eine Brut der Keimflecke waren.
§. 3. Wie in dem Obigen gezeigt worden ist, haben die Formelemente des
Keimes und des Dotters anfangs eine gleiche Beschaffenheit, sind aber später, wenn
sie ihre völlige Ausbildimg erlangt haben, von einander in ihrer Beschaffenheit be-
deutend verschieden. Es müssen also die Formelemenle des Keimes später einen
ganz anderen Entwickelungsgang nehmen, als die des Dotters. Indess betrifft die
Abweichung fast nur allein die chemische Zusammensetzung derselben: denn in Hin-
sicht der physischen Zusammensetzung erlangen die Formelemente des Keims eine
ähnliche Ausbildung, wie die des Dotters, da sie zuletzt eben so, wie diese, aus
einer häutigen, wenn gleich viel zarteren Blase bestehen, die nebst einer tropfbaren
Flüssigkeit noch eine bis vier kleinere häutige und ebenfalls mit einer tropfbaren
Flüssigkeit gefüllte Blasen einschliesst.
Eine andere Veränderung, die in dem Keime vorgeht, betrifft das Bindemittel
der Formelemenle desselben: denn dieses verliert gegen die Zeit hin, da das Ei
gelegt werden soll, bedeutend an Consistenz und wird flüssiger, so dass später jene
Elemente einen viel geringeren Zusammenhang, als früher, bemerken lassen.
10
Zweites Kapitel.
Von dem Embryo aus der ersteren Hälfte des Fruclitlebens.
§. 4. Wie schon angeführt worden, habe ich in mehreren Eiern, die schon
gelegt waren, nur einen Keim, nicht aber einen Embryo gefunden. Die Bildung
des Embryo's beginnt also erst ausserhalb des Mutterleibes, und es verhalten sich
demnach die Eier der Schildkröten anders, als die der Natter und der Lacerta
agilis.
Die Zeit, da in Ostpreussen die Schildkröten anfangen ihre Eier zu legen, ist
die erstere Hälfte des Junimonates, die Zeit aber, welche für die nöthige Entwicke-
lung der Frucht im Ei erforderlich ist, scheint ungefähr 3 Monate zu betragen,
denn nur erst am Ende des August's oder zu Anfang des Septembers findet man,
wie mir gesagt worden, junge Schildkröten l). Manche Junge aber mögen weit
später im Jahre ihre Eier verlassen, sei es weil diese erst spät im Sommer gelegt
worden waren, oder weil die Witterung ihrer Entwickelung nicht besonders günstig
war, und dann bald nachher in den Winterschlaf verfallen, der übrigens von den
Schildkröten der Gattung Emys im Wasser gehalten wird. Denn das in der Em-
leitung unter Nr. 3. aufgeführte Junge, bei dem sich noch eine grosse Narbe von
einer NabelöfFnung und in der Bauchhöhle ein ziemlich grosser Dottersack befanden,
ging mir im lebenden Zustande am 28. Mai zu, drei oder vier Tage später, als
es gefangen worden war. Auch fing ich ungefähr um dieselbe Zeit des Jahres in
der Krimm das nicht viel weiter entwickelte Junge von Emys lutaria, das unter
Nr. 11 aufgeführt worden ist. Nicht glaublich aber kann es vorkommen, dass
diese Jungen erst im Frühlinge ihre Eier verlassen, diese also den Winter hindurch
in der Erde ausgedauert und sich weiter entwickelt hätten.
§. 5. In einem scheinbaren Widerspruche mit der oben gemachten Angabe,
dass die Bildung des Embryo's der Schildkröten erst ausserhalb des Mutterleibes be-
ginnt, stand eine Wahrnehmung, die ich in dem letzten Jahre meiner Untersuchungen
*) Auch von andern Schildkröten bedürfen die Embryonen viele Wochen , ehe sie so weit entwickelt
sind, dass sie aus dem Ei auskriechen können. Ein Näheres hierüber findet man in Tiedemanns Schrift
über den Embryo der Schildkröte und in einem Aufsatze von Georg Ord über die Lebensweise der
Cistudo Carolina in den Transaclions of the Linnean Society vom Jahr 1842 (ausgezogen in 0 k e n s Isis,
Jahrgang von 1845, S. 704 und 705).
11
über die Schildkröten machte. In zwei Eiern nämlich, die ich mit der Angabe,
dass sie aus den Eierleitern einer Emys europaea entnommen seien, erhalten
hatte, befand sich bereits ein im Entstehen begrilfener Embryo. Diese Eier aber
waren schon etwa 8 oder 10 Tage aultevvahrt worden, ehe ich sie öffnen konnte,
und es ist mir daher sehr wahrscheinlich, dass in ihnen die Bildung des Embryo's
erst später, als sie aus den Eierleitern ausgeschnitten worden waren, begonnen hatte.
Beide Eier boten in Hinsicht auf die Entstehung des Embryo's Erscheinungen
ähidicher Art dar, wie man sie in Hühnereiern in der zweiten Hälfte des ersten
Brütungstages anzutreffen pflegt. Der Keim hatte sich in einen durchsichtigen und
undurchsichtigen Fruchthof geschieden. Der erstere war scheibenPörmig rund, hatte
nicht völlig eine Linie im Durchmesser, und Hess zum grossen Theil den Dotter
klar hindurchscheinen. In seiner Mitte aber war er undurchsichtig und von weiss-
licher Fai'be. Dieser undurchsichtige Tbeil, dessen grösster Durchmesser kaum mehr,
als eine halbe Linie betrug, bestand zunächst aus zwei einander beinahe parallelen und
beinahe geraden hervorragenden Streifen, den sogenannten Rückenplatten der Frucht, die
eine massig breite, wenig tiefe, und in ihrem Grunde aus einer durchsichtigen Sub-
stanz bestehende Rinne, die Rückenfurche, zwischen sich hatten. (Tab. ÜI. Fig. 1 a.)
Jene Streifen waren auf dem Querdurchschnitte dreiseitig, an ihrer Firste beinahe
scharf, und so gestellt, dass diejenige Seite von ihnen, welche der Rinne zugekehrt
war, beinahe senkrecht stand, die äussere Seite aber, oder diejenige, welche der Rinne
abgekehrt war, eine sehr schräge Stellung hatte und sich unmerklich in den übri-
gen Theil des Fruchthofes verlor. Ferner waren sie an ihrem einen Ende ein we-
nig breiter, als an dem andern, und gingen an dem breiteren, oder dem künftigen
Kopfende der Frucht, unter einem Bogen in einander über, indess sie an dem schmä-
leren Ende unter einander in keiner Berührung standen. Die erwähnte Rinne war
zwischen dem breiteren Theü der Streifen ebenfalls am breitesten, wurde gegen ihre
Mitte hin allmählig schmäler, und nahm dann gegen das andere Ende, obgleich nur
sehr wenig, wieder an Breite zu. — Dicht vor demjenigen Ende der beschriebenen
Längsstreifen, oder der Rückenplatten, befand sich ein gleichfalls aus einer weiss-
lichen Substanz bestehender Querstreifen (Tab. HI. Fig. 1, b.), der bogenförmig
stark zusammengekrümmt war, in seiner Mitte eine massig grosse Breite hatte, ge-
gen seine Enden spitz auslief, seinen konkaven Rand der Rückenfurche zukehrte,
das breitere Ende der Rückenplatten massig weit umfasste, und an seinem konka-
ven Rande am dicksten, an seinem andern Rande aber ganz verwischt war. Nach
der Analogie mit der Entwickelung des Hühnchens zu schliessen, bezeichnete der
Querstreifen eine Kopfkappe oder überhaupt ein Amnion in der ersten Entstehung.
12
Auch waren, danach zu urtheilen, die Rückenplatten sammt der Rückenfurche nicht
mehr in einer der Oberfläche des Dotters entsprechenden Ebne ausgebreitet, sondern
in der Nähe jenes Querstreifens, oder vielmehr wohl jener Falte, schon stärker ge-
gen den Dotter hingebogen. — Ob sich unter der Rückenfurche schon eine Anlage
für die Chorda dorsalis befand , konnte ich nicht erkennen , theils wegen der
Kleinheit des Ganzen, theils und hauptsächlich, weil sich die beiden Fruchthöfe nicht
ganz unversehrt von dem ihnen anklebenden und sehr zähen Dotter abheben Hessen.
— Der undurchsichtige Fruchthof verlor sich nach aussen ohne bestimmte Grenzen^
zeigte also noch keine Anlage zu einem Sinus terminalis, Hess auch keine
Höfe (Halones) bemerken, und war selbst in der Nähe des durchsichtigen Frucht-
hofes nicht so dick, wie die drei Streifen, welche die Rückenplatte und die Kopf-
kappe bezeichneten.
Die Substanz der ganzen Fruchtanlage bestand aus Zellen, die meistens 0,0010
bis 0,0013, seltener 0,0007 Z. im Durchmesser hatten, rundlich oder ellipsoidisch
waren, durch eine nur geringe Masse einer formlosen Substanz (Intercellular- Sub-
stanz) zusammengehalten wTirden, und ziemlich viele sehr kleine Molekularkörper-
chen enthielten. Im frischen Zustande Hessen sie sich von einander nur schwer
unterscheiden, und ein Kern war in ihnen dann gar nicht zu erkennen. Als ich
aber verdünnte Essigsäure auf sie angebracht hatte, wodurch die in ihnen einge-
schlossenen Molekularkörper der Mehrzahl nach langsam aufgelöst wurden, Hessen
sie sich besser unterscheiden und es ward dann auch ein Kern in ihnen bemerklich.
(Tab. IJI, Fig. 2, 3 und 4.) Dieser nun hatte meistens eine rundliche, seltener
ellipsoidische Form und war im Verhällniss zu seiner ZeHe von verschiedener
Grösse: doch massen selbst die grössten nicht vöHig 0,0003 Z. Sein äusserer
Theil steUte sich als ein ganz klarer und massig breiter Saum dar, sein innerer
grösserer Theil aber bestand aus einem verhältnissmässig sehr kleinen einfachen und
rundlichen Kernkörper und einer äusserst zarten, kaum merklichen Granulation. In
einigen wenigen Kernen bemerkte ich zwei diskrete Kernkörper (Tab. III, Fig. 5),
und in einigen sehr wenigen ZeUen (im Ganzen 4, von denen übrigens 2 ganz iso-
lirt, die andern ziemlich frei lagen) 2 Kerne. Diese doppelten Kerne aber deuteten
auf eine Vermehrung der ZeHen durch Rrutbildung hin, indem sich wahrscheinlich
um sie herum zwei junge ZeUea ausgebildet haben, die Hülle ihrer MutterzeHe aber
durch Auflösung verloren gegangen sein würden.
§. 6. In Eiern, die schon etwas weiter, als die oben erwähnten, ausgebildet
waren, halten die schon deutHch als solche erkennbaren Embryonen eine Länge von
1 '4 Linie des Pariser Maasses, und nahmen die Mitte eines scheibenförmig runden
13
Fruchthofes ein, dessen Durchmesser nicht völlig 2 Linien betrug (Tab. I, Fig. 5
bis 8). An dem Fruchthofe, der sich, wie in den Vogeleiern, auf der Oberfläche
des Dotters in der Mitte der Länge des Eies befand, waren zu unterscheiden ein
durchsichtiger Hof, ein Gefasshof und ein sehr schmaler Dotterhof. Derjenige Theil
der Keimhaut, welcher die beiden letztern darstellte (Fig. 5 f.), war dicker und un-
durchsichtiger, als der andere Theil mit Ausnahme des Embryonaikörpers, der die
Mitte desselben ausmachte, (Fig 5, e.) und hing mit dem Dotter so innig zusam-
men, dass er sich von diesem nicht entfernen Hess, ohne zu zerreissen: dagegen
besass der innere Hof eine grosse Durchsichtigkeit und lag dem Dotter nur lose
auf, weil zwischen beiden wahrscheinlich eine kleine Quantität von einer eiweiss-
artigen Flüssigkeit vorhanden war. — In dem Gerässhofe befanden sich viele ßlut-
punkte, und an dem Umkreise desselben Hess sich stellweise eine zarte rothe
Linie bemerken, die ein Segment eines Kreises darstellte. Danach zu urtheilen
war an dem Umkreise wahrscheinlich schon ein Sinus terminalis vorhanden,
hatte sich aber theilweise seines Blutes entleert, noch ehe das Ei, das schon unter-
wegs abgestorben war, geöffnet wurde. Und aus eben derselben Ursache war auch
wahrscheinlich in dem Gefässhofe nicht ein Netzwerk von Blutgefässen, sondern nur
eine Menge von Blutpunkten zu sehen. Der durchsichtige Fruchthof hatte eine lang-
gestreckte, aber etwas unregelmässig ellipsoidische Form, und war im Verhältniss zu
dem Embryo massig breit.
Der Embryo hatte in seiner Gestalt viele Aehnlichkeit mit einem sehr jungen
Embryo der Eidechsen oder auch der Säugelhiere, wie denn überhaupt die Schild-
kröte und die eben genannten Thiere in der frühesten Zeit ihrer Entwickelung ein-
ander auffallend ähnlich sind. — Von allen Theilen des Körpers waren der Kopf
und der Hals am meisten ausgebildet. Auch waren sie beide schon etwas abwärts
gekrümmt und ein wenig in den Dotter hineingedrückt (Fig. 5, a.), doch befand sich
zwischen ihnen und diesem ein Theil des durchsichtigen Fruchthofes, der namentlich
durch den Kopf ziemlich stark gegen den Dotter ausgebuchtet worden war, als eine
Scheidewand. — Was von dem Amnion schon angedeutet war, bildete nebst der
künftigen serösen HüUe eine schmale Falte, die sich um den Kopf und Hals in ei-
ner parabolischen Krümmung herumzog und diese Körpertheile nur erst in so weit
einhüllte, dass noch der ganze Nacken und der Hinterkopf bloss lagen. (Fig. 5, d.)
An dem hinteren Theile des Körpers aber Hess sich von dem Amnion noch keine
Spur auffinden.
Der Kopf war so zusammengebogen , dass die sogenannte Kopfteuge etwas
mehr, als einen rechten Winkel betrug. (Fig. 7.) Von den Seiten war er stark
14
abgeplattet, grade an der Stelle, wo sich die Augen befanden, am dicksten, am
Scheitel und vorne abgerundet, und im Ganzen erst sehr wenig ausgebildet. Der
Hals hatte eine weit grössere Breite, als der Kopf, von dem er nicht durch einen
besonderen Nackenhöcker abgegrenzt war, und zeigte sich noch etwas stärker nach
unten (nach der Bauchseite hin), wo das Herz lag, als seitwärts ausgeweitet, so
dass seine Höhe sogar ein wenig mehr betrug, als die Breite. Doch bildete seine
untere Wand nicht etwa einen stark hervorragenden Sack, in dem sich das Herz
befand, sondern im Ganzen eine nur schwach von vorn nach hinten gehende Krüm-
mung. Uebrigens waren die Seitenwände des Halses, wie die untere Wand dessel-
ben, sehr dünn und einer serösen Haut ähnlich. — Der Rumpf war im Verhältniss
zu jenen ersteren Abschnitten des Körpers nur kurz, schmäler als der Hals, auch
im Verhältniss zu seiner eigenen Länge nicht auffallend breit, und in seiner Mitte
etwas eingezogen oder am schmälsten. (Fig. 5.) Bis an das Ende des Embryo's,
an dem ein Schwanz noch gar nicht angedeutet war, stand er weit offen, indem
eine Visceralhöhle nur erst im Halse gebildet war und von dem sogenannten vor-
dem Eingange in diese Höhle, die sich an dem Ende des Halses befand, oder der
Fovea cardiaca (nach Wolff), bis an das hintere Ende des Körpers die un-
tern Ränder der Bauchplatten noch weit auseinander lagen. Die untere oder die
dem Dotter zugekehrte Fläche der noch offenen Wandung des Rumpfes war nur
wenig concav, und überhaupt hatte der Rumpf nur erst die Form einer sehr flachen
Mulde. Die Seitentheile des Rumpfes, oder die hintere Hälfte der Bauchplatten, die
in ihrer ganzen Breite, wie die Seitenwände des Halses, noch höchst zart waren,
Hessen sich von dem peripherischen Theile des serösen Blattes nur hauptsächlich
durch ihre Wölbung und eine etwas geringere Durchsichtigkeit unterscheiden. Ihre
Dicke war nur wenig grösser, als die des äusseren oder peripherischen Theiles des
serösen Blattes. (Fig. 6.)
Von Gliedmassen fehlte noch eine jede Andeutung. Die Rückenplatten waren
schon der ganzen Läjige nach verwachsen: eine milchweisse zarte Linie aber, die
über den Hals und ganzen Rumpf sich hinzog, bezeichnete gleichsam die Naht
oder die Stelle, wo die Rückenplatten unlängst verwachsen waren.
An der hinteren Hälfte des Halses kamen im Innern der Rückenplatten 3 Paar
weisslicher, beinahe quadratförmiger, dünner und überhaupt nur sehr kleiner Täfel-
chen vor (Fig. 5 und 7.), die aus einer weniger durchsichtigen Substanz, als die
übrige Masse dieser Platten bestanden. Sie lagen nicht sowohl zu beiden Seiten
der Chorda dorsal is, als vielmehr dicht über dieser zu beiden Seiten der Me-
duUarröhre, standen paarweise sowohl oben, wie unten, weit auseinander, und ent-
15
sprachen denjenigen in sehr jungen Embryonen anderer Wirbelthiere bemerkten Thei-
len, welche man gewöhnlich für die ersten Anlagen der Wirbelbeine gehalten hat,
die aber nach Untersuchungen, die Remak an dem Hühnchen angestellt hat, von
demselben fiir die Keime der Cerebrospinalnerven ausgegeben worden sind '). Das
vorderste Paar lag etwas hinter der Mitte des Halses. Dicht hinter ihnen sah ich
unter dem Mikroskope noch 2 bis 3 Paar trüber Stellen von ähnlicher Form, die
eben solche , aber noch weit weniger ausgebildete Körpertheile bezeichneten. —
Eine Rückensaite war schon vorhanden, doch hatte sie noch eine grosse Zartheit
und Hess sich nur schwer erkennen. Sie reichte beinahe von dem einen bis zu dem
anderen Ende des Embryo's, lag aber nirgend so überaus tief unter der Gegend oder
der Ebne, in der die Bauchplatten und Rückenplatten zusammenstiessen, wie von
Baer bei einem sechstägigen Embiyo der Schildkröte bemerkt haben will 2), son-
dern bildete mit ihrer nächsten Umgebung nur eine sehr massig hohe, aber recht
breite wullstartige Erhöhung der inneren Fläche der Rückenwandung. Das Gehirn
und Rückenmark , die beide durch die Rückenplatten deutlich hindurchschimmerten,
bestanden in einem zarten und dünnwandigen Rohre, das nach hinten massig ver-
jüngt auslief, vor seinem Ende aber wieder etwas angeschwollen war. Auch das
Gehirn war im Verhältniss zu seiner Länge, wie das Rückenmark, zwar im Gan-
zen nur sehr enge, doch an drei aufeinander folgenden Stellen, wiewohl nur um
ein Geringes, breiter, als zwischen denselben. Von diesen drei Stellen war die
vorderste am kürzesten, und hatte, von oben angesehen, beinahe die Form einer
Ellipse, zeigte also noch keine Theilung in zwei Seitenhälften. Die mittlere war sehr
viel länger, aber in ihrer Mitte nur ungefähr eben so breit, als die erste in ihrer Mitte.
Die dritte war die längste von allen, aber in ihrer Mitte kaum so breit, als die
beiden anderen, und ging ohne bestimmte Grenze in das Rückenmark über. Die
durch eine leichte Einschnürung bezeichnete Grenze zwischen der ersten und zwei-
ten Hirnzelle lag, wenn von oben auf sie gesehen wurde, ziemlich genau über den
Augen, hingegen die ebenso beschaffene Grenze zwischen der zweiten und dritten
Hirnzelle eine sehr kleine Strecke hinter der sogenannten Kopfbeuge, oder dem
Uebergange des Vorderkopfes in den Hinterkopf. Von der Seite betrachtet stellte
die vordere Hirnzelle und die vordere Hälfte der mittleren Zelle zusammengenommen
ein massig hohes Dreieck dar, das mit seiner gradlinigen Basis auf der Grundfläche
der künftigen Hirnschale ruhte und dicht vor dem vordem Ende der Chorda dor-
') F. Müllers Archiv, Jahrgang von 1843.
*) Müllers Archiv, Jahrgang von 1834, und die Schritt: Zur EatwickeluDgs- Geschichte der Thiere
Beobachtung und Reflexion, Theil II. S. 155.
16
salis seine Lage hatte. Dieser nach unten ausgeweitete Theil des Gehirns war
etwa noch einmal so hoch, als die beiden vorderen Hirnzellen in ihrer Mitte breit
waren, und hatte eine nur sehr schmale Basis. Wie die Untersuchung älterer Em-
bryonen lehrte, war die vorderste Hirnzelle und die vordere Hälfte der zweiten
Hirnzelle für die Bildung des Vorder- und des Zwischenhirns, also überhaupt für
die des grossen Gehirns, die hintere Hälfte der mittleren Zelle für das Mittelhirn,
und die hinterste Zelle für das kleine Gehirn und das verlängerte Mark bestimmt.
Es war also das Mittelhirn nicht als eine besondere Zelle zu unterscheiden. Diese
Bemerkung steht aber nicht im Einklänge mit den Erfahrungen, die man bei andern
Wirbelthieren über die Entwickelung des Hirns gemacht hat, und ich verrauthe daher,
dass bei dem Embryo, welchen ich jetzt beschreibe, zwar allerdings bereits ein Mittel-
hirn als ein besonderer Theil des Nervenrohres vorbanden gewesen ist, dass aber,
weil der Embryo unter Wasser untersucht wurde, eine schwache Einschnürung, die
zwischen dem Mittelhirn und dem Zwischenhirn vorgekommen sein mag, durch Auf-
nahme von Wasser in das Gehirn aufgehoben und verstrichen worden war, ehe ich
dieses Organ näher betrachtete und den Embryo abbildete. — Oeffnungen waren an
der obern Seite des Hirns und des Rückenmarkes nirgends zu bemerken, und es war
mithin die Masse, woraus die Körpertheile, welche ich vorläufig mit jenen Namen
belegt habe, bestanden, oder die sogenannte Medullarröhre, wohl nicht allein für das
Hirn und Rückenmark, sondern auch für die Hüllen derselben bestimmt.
Von den Seitenwänden der vordersten Hirnzelle, nahe an der Grenze der
zweiten Zelle und in der Nähe der Grundfläche von beiden, gingen zwei massig
grosse, ungefähr birnförmige, und auch an Grösse einander gleiche Fortsätze ab, die
sich für Ausstülpungen dieser Wände halten liessen, ganz die Beschaffenheit dersel-
ben besassen, im Innern hohl waren, und die Augen bezeichneten. (Fig. 8, b. b.)
Sie waren mit dem breiten abgerundeten Ende schräge nach aussen, oben und et-
was nach hinten gerichtet (Fig. 7.), ganz so, wie von Baer sie in seiner Epi-
stola de hominis et mammalium genesi von einem sehr jungen Hunde -Embryo ab-
gebildet hat. Ihre Höhle ging an dem dünnen Ende durch eine massig weite Oeff-
nung in die Höhle der zweiten Hirnzelle über, und ihre Wandung war nur wenig
dünner, als die Seitenwände dieser Zelle. Von einer Linse, wie überhaupt von
den einzelnen Theilen eines ausgebildeten Auges, Hess sich an ihnen keine Spur
auffinden. Auch war es mir nicht möglich, an dem dickern oder freien Ende dieser
Organe eine Grube oder Einsackung zu bemerken, die auf eine solche Bildungsweise
der Linsenkapsel hingedeutet hätte, wie sie nach H u s c h k e bei den verschiedenen
Wirbelthieren vorkommen soll. Indess muss ich wegen der Gestalt, welche die
17
Augen schon erlanget halten, vernuithen, dass eine Linsenkapsel und Linse schon
enlslanden waren, dass sie sich aber ihrer Zartheit und Kleinheit wegen noch nicht
gehörig erkennen Hessen. Auch die Gehörorgane waren schon angedeutet, doch nur
erst in ihrem wesentlichsten Theile, nämlich in dem häutigen Gehörlabyrinthe (Fig. 7, e).
Es erschien derselbe als ein äusserst kleines, rundliches, einfaches und durchsichtiges
Bläschen neben der dritten Hirnzelle, und Hess sich nur erst unter dem Mikroskop
gehörig erkennen. Nasengruben, als die ersten Andeutungen des Geruchsorganes,
waren noch nicht gebildet worden.
Eine Mundspalte war schon vorhanden, doch nur sehr klein, und lag ziemlich
weit vom vorderen Ende des Kopfes entfernt. Hinter ihr hatte sich die Substanz
des Kopfes ein wenig aufgewulstet (Fig. 7, f. und Fig. 8, d.J, und der sehr kleine,
kaum erkennbare Wulst bezeichnete die Anlage für das vorderste Paar der soge-
nannten Kiemenbogen oder Schhindbogen, also fiir den Unterkiefer imd seine Beklei-
dung. Doch waren weder Kiemenspalten, noch auch Furchen als Zeichen von einer
Einleitung zur Bildung derselben irgendwo bemerkbar.
Durch die Leibeswand hindurch Hess sich in dem Halse ein kurzer und ganz
einfacher, aber ziemlich weiter Kanal erkennen, der an dem Munde begann und in
einem schwachen Bogen, dessen convexe Seite dem Hirn und Rückenmarke zuge-
kehrt war, unter der Chorda dorsalis erst nach oben und hinten, und dann grades-
weges nach hinten verlief. Dieser bis an die Fovea cardiaca reichende Kanal war
der Munddarm, also Speiseröhre und Magen zusammen. Dagegen konnte der übrige
Theil des Darmkanals nicht als ein besonderer Theil des Schleimblattes der Keimhaut
unterschieden werden, indem dieses Blatt, wo es der unteren Fläche der noch weit
offenen Rumpfwandung anlag, nur die Form einer flachen Rinne hatte (Fig. 6.),
auch von seinem übrigen oder peripherischen Theil in der Dicke und dem Gefüge
keine merkliche Verschiedenheit zeigte. Von einem Gekröse Hess sich noch keine
Spur bemerken, sondern die Darmrinne lag in der Mittellinie des Körpers der Rumpf-
wandung noch dicht an.
Unter dem Munddarme lag in dem weiten Halse das Herz. (Fig. 7, g. und
Fig. 8, e.) Es erschien dasselbe als ein massig langer Kanal, der fast in seiner
ganzen Länge Blut enthielt, und mit seinem mittleren Theile eine vollständige Spi-
ralwindung beschrieb. Sein hinteres Ende nahm, wie überhaupt das Herz bei jün-
geren Embryonen anderer Wirbelthiere , zwei im Verhältniss zu ihm recht weite,
aber nur kurze GePässstämme , die Dottervenen, auf, die von rechts und links aus
dem Gefässhofe kamen, und von denen ein jeder in zwei Aeste, einen vorderen und
einen hinteren, getheilt war. (Fig. 8, f und g.) Von seinem hinteren Ende ging
3
18
der Herzkanal , indem er ein wenig an Weite zunahm , eine nur massig grosse Strecke,
und zwar ziemlich in der Mittelebne des Körpers, fast gradesweges nach vorne, bog
sich dann erst links hin, darauf nach unten und rechts, zuletzt aber nach vorne um,
und lief nun wieder gradesweges nach vorne fort. Die Spirale, die das Herz be-
schrieb, war also eine links gewendete, und verhielt sich ganz so , wie bei Jüngern
Embryonen der Säugethiere, Vögel, Schlangen und Eidechsen. Der von der letzten
Umbiegung des Herzkanals nach vorn gehende Theil verengte sich zwar nur all-
mählich, doch im Ganzen recht stark, erstreckte sich beinahe bis zu der Mundspalte,
und tbeilte sich hinter ihi- in zwei Aeste, die in den Seitenwänden des Halses oder
vielmehr des Kopfes nach oben aufstiegen. Dieser vordere gerade und engere Theil
des Herzkanals bezeichnete die künftige Kiemenarterie, und ihre beiden Aeste gaben
sich als das künftige vorderste Paar der Kiemengefässbogen kund. Doch waren sie
nicht ganz vollständig zu sehen, wahrscheinlich aber nur deshalb nicht, weil die Em-
bryonen schon vor der Untersuchung abgestorben waren. Noch andere Gelasse Hes-
sen sich, wahrscheinlich aus eben demselben Grunde, nicht auffinden. — Wolffsche
Körper waren noch nicht vorhanden, und eben so wenig eine Allantols.
Abgesehen von dem Blute und von der Flüssigkeit, welche in dem Gehirne und
Rückenmarke enthalten war, bestand die Substanz des ganzen Körpers der beiden
Embryonen aus Zellen, die nur einen Durchmesser von höchstens 0,0004 Z. hatten,
dicht zusammengedrängt lagen, und dieserhalb gegen einander mehrfach abgeplattet,
doch übrigens von sehr verschiedenen Formen waren. In ihrer Beschaffenheit zeig-
ten alle eine grosse Uebereinstimmung unter einander. Sie besassen einen im Ver-
hältniss zu ihrem Umfange recht grossen Kern (Cytoblastus), der sich aber, weil die
Wandung der Zellen ziemlich dick zu sein schien, auch der neben dem Kern befind-
liche Inhalt der Zellen nicht ganz klar war, etwas schwierig erkennen Hess. (Fig. 3.)
Einen Kernkörper aber konnte ich so wenig, wie in dem übrigen Inhalte der Zellen
scharf umschriebene Molekularkörper, wahrnehmen, wenn ich die Zellen in Wasser
oder Eiweiss untersuchte. Essigsäure hingegen liess in ihnen einen kleinen rundli-
chen Kernkörper zum Vorschein kommen. — Aus eben solchen Zellen, wie der
Körper des Embryo's, bestanden auch der äussere Theil des durchsichtigen Hofes
und der Gefass-Hof. Doch hatten viele von diesen eine etwas bedeutendere Grösse
als jene, nämlich einen Durchmesser von 0,0005 Z. Auch lagen sie stellenweise
nicht so dicht gedrängt beisammen, sondern hatten eine ziemlich grosse Masse von
Intercellularsubstanz zwischen sich. Aber weder in den Zellen der Höfe, noch in
denen des Embryonalkörpers, konnte ich eine Brut (junge Zellen) bemerken. Nach
dem, was ich so eben über die Grösse der Zellen angefiihrt habe, waren dieselben
19
viel kleiner, als die Zellen des Keimes in frisch gelegten Eiern. Dies aber ist eine
Erscheinung, die ich auch in den Eiern vieler andern Thiere, und in manchen der-
selben, wie namentlich in denen der Crustaceen, in einem noch weit höheren Grade
bemerkt habe. Auch hatten sie eine ganz andere BeschafFenheit, und es mussten
demnach die Zellen des Keimes, indem sich der Embryo aus diesen zu bilden ange-
fangen hatte, eine bedeutende Veränderung erfahren haben *).
§. 7. In den Eiern einer anderen Sendung hatten die Embryonen eine Länge
von 1% Linie, und der Durchmesser ihres Fruchthofes betrug beinahe 3 Linien
(Tab. I, Fig.* 9 bis 11). Ihre Ausbildung war nur wenig weiter vorgeschritten,
als bei den eben beschriebenen, weshalb ich hier hauptsächlich nur diejenigen Ver-
hältnisse angeben werde, durch welche sie von jenen erstem sich verschieden
zeigten.
Die Krümmung des Leibes war etwas grösser, und der Kopf, der sich in den
Dotter etwas mehr hineingedrückt hatte, besonders an der Stelle, wo sich die Augen
befanden, ein wenig dicker geworden. Der Hals hatte sich an seiner unteren Seite
noch etwas mehr ausgeweitet. Nachdem ich die Embryonen in Weingeist erhärtet
und darauf mit einer scharfen Scheere Querdurchschnitte des Halses gemacht hatte,
fand ich, dass die Wandung des in demselben enthaltenen Munddarms (Schlundkopf
und Speiseröhre) wenigstens dreimal dicker war, als die untere Wand und die Sei-
tenwände des Halses, und dass sie mit der oberen Wand und zum Theil auch mit
den Seitenwänden des Halses ziemlich fest zusammenhing, oder mit ihnen gleichsam
verklebt erschien. Von Dotter war so wenig bei diesen , wie bei den schon be-
schriebenen Embryonen, irgend eine Spur im Munddarm zu finden. Die Wandung
des Herzens war selbst an ihrer hintern oder weitern Hälfte ein wenig dünner, als
die des Munddarms. Von Kiemenspalten Hess sich noch keine Andeutung bemerken,
sondern die Seitenwände des Halses waren noch ganz glatt und eben. Gleich hinter
der Mundspalte , also da , wo sich später der Unterkiefer bilden sollte , schienen die
Seitenwände des Halses ein wenig stärker aufgewulstet zu sein: in ihrem übrigen
Theile aber waren sie, wie die untere Wand, noch sehr dünne.
Der kräftige Rumpf war nicht völlig zweimal länger, als Kopf und Hals zu-
sammengenommen, und stellte zwar noch, wie in den jüngeren Embryonen, eine lange
und schmale Mulde dar, war jedoch von unten her betrachtet schon etwas mehr con-
cav. Ausserdem aber war er in seiner Mitte von den Seiten her ein wenig einge-
•) Ueber die Eatstebang des Embryo's der Thiere im Allgemeinen, worüber ich seit mehreren Jahren
aasnihrliche Cnlersnchungen aogesteUt habe, ein Näheres an einem andern Orte.
3*
20
zogen , so dass er vorn und hinten eine grössere Breite , als in der Mitte hatte.
(Fig. 11.) Sein hinteres abgerimdetes Ende, an dem noch keine Spur von einem
Schwänze vorhanden war, hatte sich über die Ebene des Fruchthofes etwas mehr
erhoben, und auch schon angefangen, sich von diesem abzuschnüren.
Die Fortsetzung des Munddarmes, oder derjenige Theil des Schleimblattes der
Keimhaut, welcher sich zum Darm ausbilden sollte, war im Ganzen dünner, als die
Wandung jenes Kanals, entsprach in seiner Form der des Rumpfes, dessen Wandung
er in seiner Mittellinie noch dicht anlag, und war also in seiner ganzen Länge noch
weit offen. — Schwanz und Gliedmassen waren noch nicht angedeut^.
Die Mckenplatten Hessen an der Stelle ihrer Vereinigung nirgend mehr eine
weisse Linie als eine Naht wahrnehmen : doch trennten sie sich am Kopfe von selbst
und klafften weit auseinander, als ich den einen Embryo etwa eine Viertelstunde
hatte im Wasser liegen lassen. — Die Form des Gehirns und des Rückenmarkes
verhielt sich, wie in den beschriebenen jüngeren Embryonen, ausgenommen, dass
schon das Mittelhirn, das ich in den jüngsten Embryonen nicht bemerkt hatte, als
eine besondere Abtheilung des Nervenrohres angedeutet war. Doch besajs dasselbe
eine nur sehr geringe Breite, hatte überhaupt eine nur geringe Grösse und war nur
durch eine sehr schwache Einschnürung von dem Zwischenhirn geschieden.
Das Rückenmark erschien an seinem hinteren Ende noch ein wenig dicker und
weiter, als in einiger Entfernung von demselben. (Fig. 11, e. e.) Die Rückensaite
(Fig. 9, e und f. Fig. 11, d. ) Hess sich, als die Embryonen mit Wasser befeuchtet
worden waren, nur als ein dunkeler Streifen in der Rückenwand des Leibes erken-
nen, war sehr dünn, zeigte eine Zusammensetzung aus ähnUchen Zellen, wie die
übrigen Körpertheile , und ging ebenfalls, wie diese, bei einem angewandten Drucke,
leicht auseinander. Nachdem ich aber den einen Embryo durch Weingeist erhärtet,
darauf einen ausgeschnittenen Theil der Rückenwand zwischen Glastäfelchen gepresst,
und diese Täfelchen etwas an einander hin und hergeschoben hatte, löste sich das
in demselben enthaltene Stück der Rückensaite von der übrigen Masse los, und ver-
hielt sich jetzt bei fortgesetztem Verschieben der Glastäfelchen heinahe wie ein dün-
ner Streifen von Gummi elasticum, zeigte nämlich eine ziemlich grosse Zähigkeit
und Elasticität, und erhielt sich einige Zeit unter dem Drucke, ehe es zerging.
Nach hinten erstreckte sich die Rückensaite nicht völlig so weit, wie das Rücken-
mark, und vorne reichte sie nur bis zwischen die Gehörbläschen, also lange nicht
so weit hin, als das Gehirn. Rechts und links von dem Rückenmarke hatten sich
die kleinen oblongen Täfelchen, die schon bei jüngeren Embrj'onen bemerkbar wa-
ren, sehr vermehrt. Auch ragten die mittleren von ihnen, oder die grösseren, schon
21
so weit nach unlen herab, dass sie mit ihrer unteren kleineren Hälfte zu heiden Seiten
der Chorda dorsalis lagen. Das vorderste Paar befand sich an dem Anfange des
Halses, das hinterste beinahe an dem Ende des Rumpfes. (Fig. 9 u. 11.) Demnach
hatten sich sowohl vor, als auch hinter dem zuerst aufgetretenen Täfelchen neue
gebildet. Die Zalil ihrer Paare entsprach genau der Zahl der Hals- und Rumpf-
wirbel. Sie alle bestanden aus ähnlichen Zellen, wie die übrigen Körpertheile , nur
waren diese Zellen etwas weniger klar.
Wolf f sehe Körper konnte ich nicht auffinden, und eine AUantois war bestimmt
noch nicht vorhanden. Das Amnion hatte sich zwar erst am Kopfe und Halse ge-
bildet, hüllte jedoch sie beide schon vollständig ein und lag ihnen so knapp an, dass
zwischen ihm und den eben genannten Theilen nur erst an wenigen Stellen ein klei-
ner Zwischenraum vorkam. (Fig. 9, b.) Genauer angegeben bestand diese den Kopf
und Hals einhüllende Kappe, wie ich gewahr wurde, nachdem ich einen Embryo nebst
seinem Fruchthofe in Weingeist gelegt hatte, eigentlich aus einer Falte, die von ei-
nem kleinen Theile des äusseren Blattes der Keimhaut gebildet wurde, und deren
beide Platten gleichmässig zart und durchsichtig waren. Der Rand dieser Falte, der
sich um den hintern Theil des Halses herumzog und von demselben oben uud seit-
wärts massig weit abstand, war sehr scharf: von ihm aber aus gingen die beiden
Platten der Falte immer weiter auseinander, bis die äussere, nachdem sie den Ge-
fösshof erreicht hatte, sich dem andern Blatte der Keimhaut wieder dicht anschloss.
(Fig. 9 u. 10.) Demnach bildet sich bei der Schildkröte zugleich mit dem Amnion
auch eine seröse Hülle, und zwar auf eben dieselbe Weise, wie bei den Vögeln und
Säugelbieren. Denn dass die äussere Platte der oben angegebenen Falte zu einem
Theile einer solchen HüUe, die innere hingegen zu einem Theile des Amnions ge-
worden wäre, darüber dürfte , wenn man dasjenige , was ich über die Beschaffenheit
jener Falte angeführt habe, mit den Mittheilungen zusammenstellt, welche durch
von Baer und Bisch off über die Entstehung des Amnions imd der serösen Hülle
der Vögel und Säugethiere gemacht worden sind, wohl kein Zweifel erhoben wer-
den können. [Den Eingang in die Höhle der von der beschriebenen Falte gebildeten
Kappe, welcher Eingang sich ungefähr auf der Grenze zwischen dem Halse und dem
Rumpfe des Embryo's befand, habe ich auf Tab. I. in Fig. 10 abgebildet.]
Der Gefässhof war so wenig fest und hing mit dem sehr consistenten Dotter
so innig zusammen, dass er von diesem nur in kleinen Stücken abgelöst werden
konnte. Dagegen Hess sich der durchsichtige Hof, der noch eine ungefähr eben so
grosse Breite hatte, wie bei den jüngeren Embryonen, und unter dem sich deutlich
eine eiweissartige und klebrige Flüssigkeit befand, von dem Dotter leicht und voll-
22
ständig abheben. — Blutgefässe waren weder in den Embryonen selbst, noch auch
in dem Gefasshofe zu erkennen.
§. 8. Einige ältere Embryonen (Tab. II, Fig. 1 bis 12) waren noch weit
mehr, als die zuletzt beschriebenen, zusammengekrümmt. An ihrer convexen oder
oberen Seite gemessen , waren sie vom Scheitel bis zum Nackenhöcker 1 ^ , von
diesem bis an das Ende des Schwanzes 2*/^, im Ganzen also vom Scheitel bis an
das Schwanzende beinahe 3^ Linie lang. Ihre auf dem Dotter ausgebreitete Keim-
haut, die eine ziemlich runde regelmässige Scheibe darstellte, hatte 5 Linien im
Durchmesser.
Der Kopf war nur in der Gegend der Augen ziemlich dick (Fig. 2.), im Ue-
brigen aber, wie der Hals, von den Seiten noch stark abgeplattet. Der Scheitel
trat unter der Form eines kleinen niedrigen Hügels hervor. Vorder- und Hinterkopf
machten eine Biegung, die ungefähr einen rechten Winkel bildete. Die Augen la-
gen absolut und relativ nicht völlig so weit nach vorn, wie bei den jüngeren Em-
bryonen: denn der vor ihnen befindliche Theil des Kopfes hatte schon etwas mehr
an Länge zugenommen. Die Mundöffnung aber, die eine massig lange und nur we-
nig breite Querspalte war, lag noch ganz hinter den Augen. — Der Hals war
nach unten beutelartig ausgeweitet, und in diesem massig stark vortretenden und
noch sehr dünnwandigen Theile lag das Herz. (Fig 1, a. a.) Am Kopfe und der
vordem kleinern Hälfte des Halses befanden sich jederseit 3 senkrechte Spalten, von
denen die erste am längsten, die dritte am kürzesten war, und hinter ihnen ein sehr
kleines rundliches Loch. Derjenige Theil der Wandung des Halses, in welchem
sich diese verschiedenen und bis zu der Schlundhöhle durchdringenden Oeffnungen
gebildet hatten, war schon bedeutend verdickt, und zwar in der Art, dass der zwi-
schen der ersten Spalte imd der Mundöffnung gelegene Bogen, in welchem sich der
Unterkiefer hätte bilden sollen, die grösste Dicke hatte, nächst ihm aber der zweite
Bogen am dicksten war. Von dem oberen Elnde des ersten Bogens ging unter ei-
nem spitzen Winkel ein eben solcher Fortsatz ab , wie ich ihn bei Schlangen und
höheren Wirbelthieren zu einer gewissen Zeit der Entwickelung gefimden und unter
dem Namen des Oberkieferfortsatzes beschrieben habe. Er reichte aber noch lange
nicht bis zu dem Auge hin, und war auch nur sehr schmal und an seinem Ende
abgerundet. (Fig 1, f.)
Der Hals ging unter einem starken Bogen, welcher den Nackenhöcker bezeich-
nete, in den Rumpf über. Dieser war im Verhältniss zu seiner Länge nur sehr
schmal, verhältnissmässig schmäler sogar, als bei den jüngeren Embryonen, an der
künftigen Bauchseite von dem Halse bis heinahe an sein Ende nocii weit offen, und
23
im Ganzen beinahe wie ein flacher Kahn g:eformt. Seine Seitemvände (oder die
hintere Hälfte der sogenannten Bauchplatten) hatten eine nur geringe Dicke und eine
nur sehr massig grosse Breite, gingen von dem mittleren oder demjenigen Theiie,
welcher das Rückenmark und die Rückensaite umschloss, mehr nach aussen, als nach
unten hin, und setzten sich ohne scharfe Abgrenzung in das noch dünnere Amnion
fort. (Fig 1, b und Fig. 5, d. ) Die Rückenplatten des Rumpfes stiegen ziemlich
steil in die Höhe (Fig. 5 und 6), so dass der Körpertheil, welcher von ihnen ge-
bildet war, nicht weniger über die Ebne der Bauchplatten hervorragte, als bei Säuge-
thieren, Vögehi und Schlangen, wenn sie in ihrer Entwickelung nur erst so weit
gediehen sind, wie diese Embryonen der Schildkröten. — Dicht unter den Rücken-
platten befanden sich an der äusseren Seite der Bauchplatten des Rumpfes, also nicht
eigentlich auf der Grenze zwischen den Bauch- und Rückenplalten , schon Anlagen
zu den Beinen. Dieselben befanden sich sonach, was ich besonders hervorheben
muss, in eben solchen Lagerungsverhältnissen, wie die Gliedmassen der Eidechsen,
Vögel und Säugethiere, wenn sie erst unlängst entstanden sind. Die Anlagen der
vorderen Beine waren etwas grösser, als die der hinteren. Jene aber und diese er-
schienen, wie bei den Vögeln und Säugethieren zu einer gewissen Zeit des Frucht-
lebens, als ziemlich langgestreckte Hügel, die von ihrer Mitte aus gegen die Enden
allmählich immer schmäler und niedriger wurden, bis sie in der Ebene der Bauch-
platten sich ganz verloren. (Fig. 1, d. d. und Fig. 6, g. )
Auch ein Schwanz war schon vorhanden, hatte aber eine nur massig grosse
Länge und eine niu" geringe Dicke. Er lief beinahe spitz aus und zeigte sich von
rechts und links zwar deutlich, doch nicht gar stark abgeplattet. Dicht vor dem
Schwänze, in dem hinteren Theiie des auf eine nur erst kurze Strecke geschlosse-
nen Rumpfes, befand sich schon ein After als eine runde, sehr kleine und von kei-
nem Wulste umgebene Oeffnung.
Die Rückensaite, deren vorderes Ende zwischen den Ohrbläschen lag, erstreckte
sich von dem Kopfe bis an das Ende des Schwanzes, war verhältnissmässig sehr
dünn, und ragte nirgend an der unteren Fläche der Rückenwand herv^or, sondern
lag massig tief in der übrigen Substanz dieser Wandung versteckt. (Fig. 5 u. 6 b. )
Nach vorne verjüngte sie sich schon von dem Nackenhöcker aus, und endete vorne
mit einer Spitze (Fig. 4, f.), ihr hinteres Ende aber war etwas keulenförmig an-
geschwollen. Einem Drucke widerstand sie schon stark, selbst ohne im Weingeist
erhärtet zu sein, und liess sich zwischen Glastäfelchen, wie ein Streifen Gummi ela-
sticum, hin und herrollcn. Deutlich konnte ich an ihr schon eine Scheide und einen
Kern unterscheiden. Die erstere, ein bei jüngeren Embryonen noch nicht bemerktes.
24
also wohl ganz neues Gebilde, erschien als eine glasartig durchsichtige und nur
massig dicke Haut, die aus einem völlig gleichartigen Stoffe bestand, also weder
Primitiv -Zellen, noch auch Fasern enthielt. Dagegen bestand der Kern aus lauter
Primitiv -Zellen, die dicht zusammengedrängt waren, untereinander fest zusammen-
hingen und sich aus der zerstückelten Scheide nicht herausdrücken Hessen. Dieses
letzteren Umstandes wegen blieb es mir auch ungewiss, ob sie einen Kern (Cyto-
blast) besassen, oder vielmehr ganz einfach waren. Diejenigen, welche durch die
Scheide hindurchschimmerten, hatten unregelmässig rundliche Formen und einen Durch-
messer von 0,001 bis 0,0015 Z., waren also sehr viel grösser, als in den be-
schriebenen jüngeren Embryonen. Auch waren sie viel grösser, als die in der Um-
gebung der Rückensaite befindlichen Zellen, indem diese höchstens einen Durchmesser
von 0,0004 Z. hatten.
Zunächst um die Scheide der Rückensaite sah ich ganz deutlich in dem Halse
und der vordem Hälfte des Rumpfes, weniger deutlich in der hintern Hälfte des
Rumpfes, eine Substanz abgelagert, die sich von der Substanz jener Scheide, wie
auch von der Substanz ihrer eignen Umgebung merklich verschieden zeigte, und die
besonders die Ursache war, dass die Rückensaite an der inneren Fläche der Rücken-
wandung des Leibes nicht etwa leistenartig hervorragte. Sie bildete für die Rücken-
saite eine scheidenartige Umhüllung, war namentlich in dem Halsstücke noch dick-
wandiger, als die eigentliche Scheide der Rückensaite , und entsprach einem Körper-
theile, welchen ich schon früher bei andern Wirbelthieren gefunden hatte und die
Belegungsmasse der Rückensaite genannt habe '). Vor der Substanz anderer Körper-
theile zeichnete sie sich dadurch aus, dass sie, zumal wenn der Embryo einige Zeit
in Wasser, oder einige Augenblicke in Weingeist gelegen hatte, weit durchsichtiger
erschien. Auch war sie viel fester und schwoll im Wasser nicht so leicht auf. Doch
hatte sie nicht etwa eine so grosse Festigkeit, wie die Knorpel älterer Embryonen
der Wirbelthiere, sondern eine viel geringere. — Ob sich die Belegungsmasse der
Rückensaite bis an das Ende des Schwanzes erstreckte, konnte ich wegen der Klein-
heit des Gegenstandes nicht ausfindig machen. Nach vorn aber reichte sie weit über
die Rückensaite hinaus, indess ihr Gewebe sich allenthalben gleich blieb. Vom Halse
aus nahm ihre Masse nach vorn hin, besonders rechts und links von der Rücken-
saite, immer mehr zu, so dass sie unterhalb der hintersten oder derjenigen Abthei-
lung des Gehirns, welche für das kleine Gehirn und das verlängerte Mark bestimmt
') Vierter Jahresbericht des aaturwissenschaftlicheD Seminars zu Könissberg (Königsberg 1839) unii
Entwickelungs- Geschichte der Natter (Königsberg 1839).
25
war, bei der Betrachtung von oben oder von unten her rechts und links von der
Rückensaite einen massig breiten und ziemlich dicken Streifen, überhaupt aber eine
längliche und ziemlich dicke Tafel bildete, in deren hintere Hälfte das vordere Ende
der Rückensaite gleichsam als eine Achse eingeschlossen lag. (Fig, 3, b.) Nach
vorne lief dann diese Tafel in 3 solche streifenartige Fortsätze oder Balken aus,
wie ich sie schon früher bei andern Wirbelthieren gefunden hatte. Ganz so, wie
bei den Schlangen, Eidechsen und Vögeln, war der mittlere oder unpaarige Schädel-
balken (Fig. 4, g.) ziemlich lang, massig breit, und im Verhältniss zu seiner Breite
beträchtlich dick, hatte sich mit seinem Ende etwas aufwärts gebogen, und füllte die
kleine Krümmung, welche von der unteren Seite des Gehirns gebildet wurde, ganz
aus. Dagegen hatten die beiden andern oder paarigen Balken, die noch etwas län-
ger, als jener erstere waren, die Form von massig breiten und nur wenig dicken
Streifen (Fig. 3, c. c), lagen unter der vorderen Hälfte des Gehirns innerhalb der
Basis der das Hirn umgebenden Kopfwandung, von welcher auch sie einen Theil
ausmachten, waren auf die beiden Seitenhälften des Kopfes vertheilt, standen nur
massig weit von einander ab, und reichten bis an das vordere Ende des Kopfes hin.
Zwischen den beiden letzteren Balken, und zwar von dem vorderen bis beinahe zu
dem hinteren Ende desselben, war die Basis der Kopfwandung nur sehr dünne: ganz
hinten aber befand sieb zwischen ihnen in der Kopfwandung eine kleine OelTnung,
durch die ein Körpertheil hindurchging, über den ich das Nähere erst weiterhin an-
geben werde. Uebrigens hatten alle 3 Schädelbalken dasselbe Gefüge, wie die Be-
legungsmasse der Rückensaite in dem Halse und Rumpfe , und unterschieden sich
dadurch ebenfalls, von ihrer Nachbarschaft.
Die schon bei jüngeren Embryonen in den Rückenplatten bemerkten Täfelchen,
die sich durch eine etwas geringere Durchsichtigkeit von ihrer Umgebung auszeich-
neten, hatten sich nicht blos vergrössert, sondern auch vermehrt, indem die von ih-
nen zusammengesetzten beiden Reihen von dem Kopfe bis in den Schwanz reichten.
Im Allgemeinen hatten sie die Form von Quadraten, waren aber an den Ecken ein
wenig abgerundet. (Fig. 11, c. c.) In jeder Reihe folgten sie so dicht auf einan-
der , dass je zweie nur durch einen linienfo'rmigen , also nur sehr schmalen durch-
sichtigen Zwischenraum geschieden waren. Mit ihrem oberen Ende standen sie paar-
weise noch weit von einander ab, und Hessen zwischen sich das Rückenmark durch
die über ihnen noch sehr dünne Wandung des Kanals, welcher hauptsächlich von
den Rückenplatlen gebildet war, deutlich hindurchschimmern. Mit ihrer unteren Hälfte,
die über die Rückenplatten nach unten hinausreichte, lagen sie seitwärts der Bele-
gungsmasse der Rückensaite, aus welcher Masse sie sich herausgebildet hatten, dicht
26
an, oder waren vielmehr mit ihr verschmolzen, umfassten sie aber imten nicht gänz-
lich, sondern standen vielmehr auch unten paarweise ziemlich weit von einander ab.
Abgesehen davon, dass die einzelnen Täfelchen von oben nach unten um das Rücken-
mark und die Rückensaite bogenförmig gekrümmt waren, zeigte sich ihre innere,
oder ihre den eben genannten Körperthcilen zugekehrte Fläche ganz platt, indess
ihre andere oder äussere Fläche von vorne nach hinten ein wenig convex erschien.
Denn was diese letztere Fläche anbelangt, so sah ich bei dem Drehen des Embryo's
um seine Achse, dass die Oberfläche der Rückenplatten an jeder Stelle, wo sich ein
solches Täfelchen befand, ein wenig wulstartig hervorgetrieben war, und dass zwi-
schen je 2 dergleichen wulstartigen Erhöhungen eine sehr seichte und wenig breite
senkrechte Furche vorkam. Der geringere Grad von Durchsichtigkeit aber, wodurch
sich die Täfelchen von ihrer Nachbarschaft unterschieden, schien mir darin zu liegen,
dass die Zellen, aus denen sie bestanden, etwas weniger klar waren, als die Zellen
der Umgebung. Denn in der Grösse und Form stimmten sie mit diesen völlig über-
ein. Auch waren sie nicht etwa dichter zusammengedrängt, als die Zellen der nach
aussen von den Täfelchen gelegenen Substanz, sondern standen gegentheils von ein-
ander etwas ab, indess jene Zellen möglichst dicht beisamraenlagen *).
1) Später habe ich am HühncheD Uotersuchungen über die Beschaffenheit und Enlwickelung dieser
Platten, angesteUt. Die Ergebnisse davon waren, kurz bezeichnet, folgende. Die weisslichen Täfelcheo, die
man au den ersten Tagen der Bebrütuog bemerkt, sind in der That die Anlagen der Wirbelbeine, ausser-
dem aber auch die Anlagen der Rückenmuskeln und vermuthlich auch der Spinalgaoglieo. Denn ob aus
ihnen diese Ganglien ihren Ursprung nehmen, vermag ich nicht mit Sicherheit anzugeben: gewiss aber sind
sie nicht, wie Remak geäussert hat, fiir dieselben nur allein bestimmt. Anfangs nun bestehen sie aus
eben solihen Zellen und einer die Zellen zusammenballenden Substanz (Intercellular^bstanz), wie die sie
umgebende Masse des Embryo's. IVach einiger Zeit aber, und während sieh verschiedene Gewebe aus der
ursprünglich indifferenten Masse des Embryo's zu entwickeln beginnen, verlieren die in Rede stehenden
Täfelchen ihre weissliche Farbe, die, wie es mir vorkam, nicht sowohl den Zellen, als vielmehr der Inter-
cellularsubstanz derselben angehürt, und es nimmt ein ansehnlich grosser Theil eines jeden solchen Täfel-
uhens allmählig, doch nur ziemlich langsam, die Beschaffenheit eines Knorpels an. Dies geschieht, indem in
einem Theile desselben die Zellen, wie überhaupt, wo sich ein Knorpel entwickeln soll, eine schwach gelb-
liche Farbe erlangen, an der Oberfläche fesler, dagegen im Innern weicher und flüssig werden, und auch
im Innern einige wenige Molekularkörperchen zum Vorschein kommen lassen. Das Bindemittel dieser Zellen
aber, oder die Intercellularsubstanz , hellt sich indessen allmählig auf, und wird ziemlich durchsichtig, ge-
winnt ein immer festeres und starreres Gefuge, nimmt auch an Quantität zu, und bildet um jede einzelne
Zelle des in der Entwickelung begriffenen Wirbels eine besondere sie knapp umschliessendc Hülle oder
Kapsel, deren Wandung eine massig grosse Dicke, jedenfalls aber eine viel grössere Dicke hat, als die von
ihr eingeschlossene und sehr zarthäulige Knorpelzelle. Alle diese Kapseln liegen so dicht gedrängt beisam-
men, dass durch das Auge eine sie vereinigende Substanz nicht besonders wahrgenommen werden kann, las-
sen sich aber durch die Schatten und Reflexe, die sie werfen, von einander deutlich unterscheiden. Auch
hängen sie so fest zusammen, dass sie sich nicht einzeln, ohne eine Zerreissung ihrer Wandung zu erfahren,
von einander trennen lassen. Weil sie etwas grösser sind, als die in ihnen enthaltenen Zellen, gewährt
jetzt der Knorpel ein mehr grobkörniges Aussehen, als früherhin. Noch später nehmen die erwähnten
27
Das Gehirn, dessen Höhle im Vergleich zur Wandung noch sehr gross war,
halte im Allgemeinen, wie auch im Verhältniss zu seiner eigenen Länge, allenthal-
ben eine grössere Breite, als in den jüngeren Embryonen, besonders aber an seiner
vordersten Abiheilung oder dem Vorderhirn. (Fig. 2, c.) Das Millelhirn, das schon
einen ziemlich grossen Scheilelhöcker zu Wege gebracht hatte, gab sich als eine
kurze, ganz einfache, mehr nach oben als nach unten aufgetriebene Abtheilung des
Nervenrohres zu erkennen, die in ihrer Mitte beinahe eine eben so grosse Breite
hatte, als ihre Länge betrug. (Fig 1, und Fig. 2, a.) Das Zwischenhirn, das in
den jüngeren Embryonen ungefähr in seiner Mitte die grösste Breite hatte, erschien
bei diesen älteren Embryonen um so breiter, je weiter nach vorne hin, so dass es
an seinem vorderen Ende beinahe noch einmal so breit war, als an dem hinteren.
(Fig. 2, b.) Noch weit grösser waren die Querdurchmesser des Vorderhirns, das
von oben, oder auch von vorn betrachtet, beinahe die Form eines kurzen Ellipsoids
darbot, und mit seiner Achse quergelagert war. Doch war an ihm noch keine durch
eine Längsfurche bewirkte Theilung in 2 Seitenhälften, oder in die beiden Hemi-
sphären, angekündigt. (Fig. 2, c.) Als der Kopf des einen Embryo's der Länge
nach halbirt worden war, zeigten das Vorderhirn und Zwischenhirn über ihrer Ba-
sis 3 auf einander folgende Kammern (Fig. 4.), von denen die vorderste für die
Hemisphären des grossen Gehirns bestimmt war, die mittlere und kleinste jederseits
eine sehr kleine Oeffnung hatte (Fig. 4, c), die in die Höhle des Auges führte, die
hinterste und grösste die Anlage fiir den Hirntrichter bezeichnete. Das Mittelhirn
erschien als die kürzeste Abtheilung des Hirns. Von der hintersten Abtheilung, die
von allen die längste war, auch besonders in ihrer Mitte eine ansehnliche Weite
hatte, besass die obere Wandung eine nur höchst geringe Dicke und eine grosse
Durchsichtigkeit (Fig. 1, e.), war aber nirgend durchbrochen. Doch bestand diese Wan-
dimg grösstentheils wohl nur aus einem Theile der künftigen Hirnhäute, die sich
noch nirgend als besondere und von dem Gehirn geschiedene Gebilde erkennen Messen.
Die Augen hatten noch die Form eines langgestreckten Ovales, oder vielmehr
die Form einer Birne, desgleichen noch eine eben solche Stellung, wie bei den jün-
geren Embryonen. (Fig. 1.) An dem nach aussen und oben gekehrten dickern Ende
Kapseln an Weite so zu, dass zwischen ihnea nnd den von ihnen eingeschlossenen Zellen nicht seilen kleine
Zwischenränme entstehen, wobei jedoch ihre Wandung- nicht dünner wird. Auch rücken sie nunmehr all-
mählig auseinander, indem zwischen ihnen in massig grosser Quantität eine Substanz abgelagert wird, die
ihnen in ihrer ganzen Beschaffenheit zwar ahnlich, doch etwas weniger hell und nicht völlig so fest ist.
Die beschriebenen Kapseln der Knorpelzellen und die Substanz, durch die sie mit einander wie verschmol-
zen sind, machen jetzt zasammen denjenigen Theil des Knorpels ans, welchen man die Grundsubstanz des
Knorpels zu nennen pSegt.
4*
28
war ihre Wandung, oder die künftige Hornhaut, nur wenig gewölbt, Hess aber in
ihrer Mitte keine grubenartige Vertiefung bemerken. Eine Linse war schon vor-
handen, Hess sich besonders, wenn einige Zeit der Embryo im Wasser oder Wein-
geist gelegen hatte, nach ihrer dadurch bewirkten Trübung ganz deutlich erkennen,
hatte eine massige Grösse, und war völlig kugelrund. Mit der Hornhaut hing sie
ziemlich fest zusammen. Dieser Umstand aber deutete eigentlich wohl nur darauf
hin, dass auch schon eine Linsenkapsel vorhanden, und dass dieselbe eben so, wie es
bei jüngeren Embryonen anderer Thiere der Fall ist, mit der Hornhaut verwachsen
war '). Die Netzhaut hatte eine beträchtliche Dicke und reichte deutHch bis zu der
Linse, die von dem Rande derselben knapp umfasst wurde. Dagegen war die Ader-
haut nur sehr dünne: doch zeichneten sich in ihr schon einzelne Zellen durch eine
schwärzliche oder selbst wohl schwarze Farbe aus. Insbesondere aber kamen solche
Pigmentzellen an dem Rande der Aderhaut vor, wo sie bei einigen Embryonen einen
nebelgrauen, bei andern einen schwärzlichen offenen Ring oder Saum zusammensetz-
ten, der um die Linse herum gelagert und mit seiner Oeffnung nach unten gekehrt
war, in seiner Mitte die grösste Breite hatte, gegen die Enden spitz auslief, und
an seinem inneren oder kleineren Rande wie verwischt erschien. Die Aderhaut und
Netzhaut waren nach der Länge des Auges, an ihrem nach aussen und unten ge-
kehrten Theile, faltenarlig, doch nicht tief, gegen die Höhle des Auges eingebuchtet,
und diese Falte, die von aussen angesehen den Anschein einer Spalte bot, verlief
und verlor sich allmähHch nach dem äusseren Rande der beiden Häute hin. Ein
Blutgefäss, das in die Höhle des Auges eindrang, Hef an der erwähnten Falte der
Aderhaut gegen die Linse hin, und' theilte sich in 2 Aeste, die in dem Pupillarrande
dieser Haut einen Kreis bildeten. Eine Iris war wohl, wie es allen Anschein hatte,
noch nicht vorhanden. Einen Glaskörper habe ich zwar nicht unterscheiden können,
doch möchte ich wegen des nur geringen Umfanges, den die Linse im Verhältniss
zu dem ziemlich grossen Auge hatte, vermuthen, dass derselbe nicht ganz fehlte.
Die Ohrbläschen, die ihre Lage, der für die Wirbelthiere geltenden Norm ge-
mäss, über dem zweiten Paar der schon vorhandenen Kiemenbogen (Schlundbogen,
Visceralbogen) hatten, waren noch sehr dünnhäutig, und besassen eine unregelmässig
ovale Form. (Fig. 1, e.) Nach oben ging von jedem ein solcher kleiner, keulen-
förmiger und durch eine Aussackung des Bläschens entstandener Fortsatz ab , wie
ich ihn aus der Natter beschrieben 2)^ aber auch bei Embryonen der Eidechsen ge-
') Eotwickelungsgeschichte der Natter, S. 41, 82 und 138.
") Ebendaselbst, S. 38.
29
funden habe '). Von der Höhle des Hiiiterliirns, oder des künftigen verlängerten
Markes, Hihrte, wie es allen Anschein hatte, eine kleine Oeifnung in jedes Ohrbläs-
chen. (Fig. 4, d.) — Von den Geruchsorganen und von der Zunge war noch kein
Anzeichen vorhanden.
An der Decke der Mundhöhle befand sich ganz hinten in der Mittellinie des
Kopfes eine sehr kleine Querspalte, die in ein kleines dünnhäutiges und ovales Säck-
chen führte, das eigentlich nur eine Ausstülpung der Mundhaut war, durch die schon er-
wähnte kleine Oeffnung, die sich in der künftigen Basis cranii zwischen den
beiden paarigen Schädelbalken befand, in die Schädelhöhle hineindrang, und hier
zwischen dem künftigen Hirntrichter und dem unpaarigen oder mittleren Schädelbal-
ken, zwischen welchen Theilen es gleichsam eingeklemmt und dadurch von vorne
und hinten etwas zusammengedrückt worden war, seine Lage halte (Fig. 4,c.) •].
Der Darmkanal war in seinem mittleren längeren Theile völlig rinnenförmig, an den
beiden Endtheilen aber röhrenförmig. Der vordere röhrenförmige Theil reichte schon
über den Hals, obgleich nur eine kleine Strecke, in den Rumpf hinein, hatte aber
nicht bei allen Embryonen eine gleiche Form. Zwar war er bei allen in dem
grössten Theile seiner Länge ziemlich weit und verengte sich gegen sein hinteres
Ende, mit dem er in die rinnenförmige Abtheilung überging, gleichsam wie ein
Trichter, ziemlich stark. Bei einigen aber zeigte er nirgend eine Einschnürung, in-
dess er bei andern zwei Einschnürungen besass, von denen die eine ungefähr in der
Mitte, die andere in geringer Entfernung von dem hinteren Ende desselben vorkam.
(Fig. 7.) Von den verschiedenen Stücken, in die dadurch bei diesen letztern Em-
bryonen die vordere Abtheilung des Darmkanals gesondert worden war, bezeichnete
das erste (a) die Speiseröhre, das zweite (b) den Magen, das dritte (c) den Anfang
des Darmes. Die hintere röhrenförmige Abtheilung des Darmkanals, oder der künftige
1) Nach einer von Bisch off in seiner Entwickelungsgeschichte des Kaninchen -Eies gegebenen Ab-
bildung. (Tab. XV, Fig. 66.) hat es den Anschein, als wenn ein solcher Fortsatz des Ohrbläschens auch bei
den Säugethieren zu einer gewissen Zeit des Fruchtlebens vorkommt.
') Das angegebene, von der Schleimhaut der Mundhöhle gebildete Säckchen, das ich auch bei Embryo-
nen von Sehlangen, Eidechsen, Vögeln und Säugethieren gefunden habe, ist von mir früher Tür die Anlage
zur Glandula pituitaria ausgegeben worden. Nachdem mir aber durch Bourgery's Untersuchungen über
das System der sympathischen Nerven (Comptes rendus de l'Acad. des sciences de Paris, Jahrgang von 1845,
S. 1014 — 1020) erwiesen zu sein schien, dass die Glandula pituitaria eigentlich ein unpaariges Ganglion
dieser Nerven ist, stellte ich über jene Aussackung der Mundhaut aufs Neue, und zwar am Hühnchen, Un-
tersuchungen an. Diese nun aber führten zu dem Resultat, dass die erwähnte Drüse nicht durch eine Ab-
schnürung und Umwandlung jener Aussackung entsteht, sondern au der nach hinten gekehrten Wand der-
selben, zwischen ihr und der Belegungsmasse der Rückensaite, wo diese Masse in die 3 Balken des Schä-
dels auseinanderrährt, ihre Entstehung nimmt. Die Aussackung selbst verschwindet wieder später. Ein
Mehreres hierüber werde ich an einem andern Orte mittheilen.
30
Dickdarm, war nicht blos viel kürzer, als die vordere, sondern, auch viel en^er, als
jene in ihrer grösseren Hälfte. Die mittlere oder rinnenförmige Abtheilung (Fig. 5, f.
6, f. Fig. 7 und 8, d.) war die längste von allen, mit Ausnahme ihrer Enden al-
lenthalben gleich breit, und nur in gleicher Weise , wie der Rumpf, gekrümmt, nicht
aber etwa Tür sich allein irgendwo erheblich ausgebogen. Ihre Ränder, die in den
peripherischen Theil des Schleimblattes der Keimhaut übergingen, standen noch ziem-
lich weit von einander ab, und ihre Wandung war dünner, als namentlich die der
Speiseröhre und des Magens. — Ein Gekröse war zwar bemerkbar, doch allenthal-
ben nur äusserst schmal. (Fig. 6.) Ob zwischen den beiden Rlättern desselben, die
im Verhältniss zu ihrer Breite ziemlich dick waren, eine Höhle vorkam, konnte ich
nicht ausflndig machen. — Von einer Leber und einer Bauchspeicheldrüse Hess sich
eben so wenig, wie von den Lungen und der Luftröhre, eine Andeutung auffinden.
W elf f 'sehe Körper oder Urnieren waren schon vorhanden. Sie erstreckten sich
durch die ganze Länge des Rumpfes, hatten aber, im Verhältniss zu ihrer bedeuten-
den Länge, eine nur geringe Breite und Dicke, und waren, wie bei andern Thieren,
ihrer ganzen Länge nach der Rückenwand des Leibes angeheftet. (Fig. 5 und 6, e.)
Sowohl ihre Breite als auch ihre Dicke blieb sich allenthalben ziemlich gleich. Der
Hauptsache nach bestand ein jedes dieser Organe aus einer Reihe dicht auf einander
folgender Abtheilungen, die alle beinahe die Form gewöhnlicher Ziegelsteine hatten,
indem sie oblonge und im Verhältniss zu ihrer eigenen Länge beträchtlich dicke,
jedoch an den Ecken schwach abgerundete Körper darstellten, die beinahe noch ein-
mal so lang, als breit waren. (Fig. 12, aa.) Mit ihrem grössten Durchmesser lagen
sie quer in den Organen : im Innern waren sie bestimmt noch nicht hohl , und zu-
sammengesetzt zeigten sie sich aus eben solchen und dicht zusammengedrängten Pri-
mitiv - Zellen, wie etwa die Leibesvvand. Verbunden waren diese Abtheilungen unter
einander durch einen Stoff, der beinahe nur aus Intercellularsubstanz bestand und
nur wenige Primitiv-Zellen enthielt: äusserlich aber waren sie durch schwache Quer-
furchen von einander abgegrenzt. Ein zweiter Theil, der mit jenen oblongen Kör-
perchen und ihrem Bindemittel den Wolf f 'sehen Körper zusammensetzte (Fig. 12, b.),
war ein verhältnissmässig recht dicker und breiter Streifen, der durchweg aus dicht
gedrängt beisammenliegenden Primitiv-Zellen bestand, den ganzen äussern Rand des
Organes ausmachte, sich von dem einen bis zu dem andern Ende desselben erstreckte,
und den künftigen Ausfuhrungsgang des Organes bezeichnete , aber im Innern noch
nicht hohl war. — Auch eine AUantois war schon zugegen (Fig. 1, c), hatte aber
eine sehr geringe Grösse, erschien relativ viel kleiner, als bei eben so weit entwickel-
ten Embryonen der Natter, ragte nur wenig aus der Rumpfhöhle hervor, und stellte
31
ein birnförmiges, massige dickwandiges und ziemlich blutreiches Bläschen dar, das mit
dem Ende des künftigen Dickdarmes zusammenhing.
Das Herz lag im Halse zum grösseren Theil hinler, zum kleineren Theil unter
den Kiemenbogen, oder Schlundbogen, war noch ein ziemlich langer Kanal, und he-
sass im Ganzen eine nur massig grosse Weite. (Fig. 1, a. a. Fig. 9 und Fig. 10.)
Hinten fing dieser Kanal weit an, vorne lief er in ein viel engeres und nur kurzes
Endstück aus, welches als der Stamm der schon vorhandenen Kiemengefiissbogen an-
gesehen werden konnte. Zwischen seinem Ende war er an 3 Stellen ringförmig et-
was eingeschnürt, so dass er 4 verschiedene Abtheilungen bemerken Hess. Die hin-
terste Abtheilung war, wie die weitere Entwickelung lehrte, für die Vorhöfe be-
stimmt; aus der zweiten von hinten, die ungefähr eine eben so grosse Länge, als
jene erstere hatte, sollten sich die Herzkammern bilden; die dritte viel kürzere und
viel engere entsprach in Hinsicht ihrer Lage und Form einigermassen dem Aorten-
wulsle der Fische, und die vierte, welche die geringste Länge und Weite hatte,
war die Fortsetzung dieses Wulstes, oder die vordere Hälfte des Stammes der Kie-
mengerässbogen. Zusammengekrümmt war der ganze Kanal noch, auf eine ähnliche
Weise, wie bei den jüngeren Embryonen, so nämlich, dass er in seiner Mitte eine
Spiralwindung beschrieb, vorne aber und hinten fast ganz gerade gestreckt erschien.
Der Kiemengefässbogen kamen jederseits wenigstens 3 vor, und diese verliefen
durch den zweiten, dritten und vierten Kiemenbogen. Ein viertes, aber viel kleine-
res GePäss der Art schien hinter der letzten oder kleinsten Kiemenöffnung aufzu-
steigen : doch konnte ich darüber nicht zur Gewissheit kommen, weil das Blut, wenn
der Embryo aus dem Eie herausgenommen worden war, seine kleineren Gefässe sehr
schnell verliess. Alle Kiemengerässbogen einer jeden Seitenhälfte traten, gemäss der
für die jüngeren Embryonen der Wirbelthiere geltenden Norm, zu einer besondern
Aortenwurzel zusammen. An welcher Stelle des Körpers aber sich die beiden Wur-
zeln zu einem Stamm vereinigten, konnte ich zwar nicht genau ermitteln, doch fand
ich, dass ihre Vereinigung schon vor den Vorderbeinen stattfand. Denn nachdem ich
an drei Embryonen, die im Weingeist erhärtet worden waren, mehrere Querschnitte
durch den vorderen Theil des Rumpfes gemacht hatte, bemerkte ich ganz deutlich,
dass zwischen den Vorderbeinen und auch schon etwas vor denselben in der Mittel-
linie des Körpers, und zwar dicht an der unteren Fläche der Rückenwand, zwischen
den beiden Wolff'schen Körpern, ein einfaches, aber ziemlich grosses Gefäss vor-
kam, dessen Höhle immer offen stand, und das nach seiner Lage, Grösse und Be-
schaffenheit nichts anders, als nur der Stamm der Aorte sein konnte. Nach hinten
setzte sich dieses Gefäss als Arteria caudalis bis tief in den Schwanz fort. — An
32
der untern Seite des Schwanzes sah ich zwar schon eine Vena caudalis, doch schien
sie mir ganz einfach, nicht aber netzartig geformt zu sein. — Am vorderen Ende
des Schwanzes theiite sich die eben genannte Vene unter einem spitzen Winkel in
zwei andere, die als Venae cardinales zwischen den Wolff'schen Körpern und der
Rückenwand des Rumpfes bis an das vordere Ende dieser Leibesabtheilung hinliefen,
von hinten nach vorn an Weite immer mehr zunahmen, und im Ganzen eine ziem-
lich grosse Weite hatten. Entgegen kamen ihnen von vorne her zwei Jugularvenen,
die viel kürzer und etwas enger, als jene hinteren Venen waren. Sie entsprangen
aus der vordem Hälfte des Gehirns, drangen, wie bei der Natter und den höheren
Wirbelthieren, vor den Ohrbläschen aus der Schädelhöhle heraus, und verliefen dann
unter diesen Rläschen weiter nach hinten. Noch unterschied ich jederseits einen
massig starken Ast, der von der hintern Hälfte des Gehirns kam, hinter dem Ohr-
bläseben, nachdem er die Wandung des Kopfes durchbohrt hatte, in die Jugularvene
überging, und als der zweite Hauptast dieses Gefässstammes angesehen werden konnte.
Eine jede Jugularvene floss endlich mit der Cardinalvene ihrer Seite zu einem Ductus
Cuvieri zusammen: die beiden so entstandenen Gänge aber, die ziemlich weit und
massig lang waren, nahmen, abwärts verlaufend, den Darmkanal zwischen sich und
gingen in das hintere Ende des Herzens über.
Das Amnion war schon völlig geschlossen, umgab den ganzen Rücken der Em-
bryonen, ujid hüllte scheidenartig vorne den Kopf und Hals, hinten den Schwanz und
die Reckengegend, vollständig, jedoch nur sehr enge ein. (Fig. 5 und 6, d. ) In
die Seitenwände und die imtere Wandung der Rumpfhöhle, die an ihren Rändern
gleichfalls noch sehr dünn waren, ging das Amnion ohne scharfe Abgrenzung über.
Die seröse Hülle, oder das falsche Amnion, hing noch mit dem eigentlichen Amnion
zusammen, und verhielt sich, in Hinsicht seiner Lage und seines Verlaufes, ganz so,
wie bei den höheren Wirbelthieren.
In dem Gefässhofe war ein engmaschiges zartes Netzwerk von RlutgePässen
vorhanden, das sich im Ganzen ebenso verhielt, wie in den Eiern der Säugethiere,
Vögel und Schlangen, wenn sich in ihnen der Embryo so weit entwickelt hat, wie
die jetzt in Rede stehenden Embryonen der Schildkröte. Dieserhalb habe ich auch
unterlassen, von ihm eine Abbildung zu geben, da Abbildungen des erwähnten Ge-
fässnetzes aus den Eiern der oben genannten Tbiere schon von Rischoff, P an-
der und mir gegeben worden sind. Eingeschlossen war es von einem Sinus ter-
minalis, der vor dem Kopfe des Embryo's etwas eingebogen und nur sehr dünn war,
in seinem grösseren Theile aber eine recht grosse Weite hatte. Linkerseits vom
Embrvo kam aus dem Adernetze des Gefässhofes eine sehr starke V^ene, die von
33
hinten nach vorn verlief, und dann sich zu dem Herzen hinbeg-ab. Ganz in der
Nähe des Herzens schlössen sich ihr 2 um Vieles kleinere Venen an, die von vorne
aus dem Adernetze herkamen, und von denen die eine links, die andere rechts vom
Kopie des Embryo's ihre Lage hatte. Auch schien sich an sie, und zwar ebenfalls
in der Nähe des Herzens, noch eine dritte kleine Vene anzuschliessen, die von hin-
ten her kam und rechts vom Embryo ihren Verlauf machte. Alle diese Gefässe
gingen dann verbunden zu einem kurzen, aber weiten Stamm (der künftigen Nabel-
gekrösvene) gradesweges in den hinteren Theil des Herzens über. Auf der Grenze
zwischen diesem Stamme und dem Herzkanale, der etwas, doch nicht um Vieles,
weiter war, gingen die beiden Cuvier'schen Gänge, die eine viel geringere Weite
hatten, in den Herzkanal über. — Wie sich der Zusammenhang zwischen dem
Adernetze des Gerasshofes und den Arterien des Embryo's verhielt, konnte ich nicht
ermitteln. Ein durchsichtiger Fruchthof war natürlich nicht mehr zu unterscheiden.
Die Zellen, aus denen die Leibeswände der Embryonen bestanden, waren sehr
eckig und von verschiedenen Formen. Mit Ausnahme derjenigen, welche den Kern
der Rückensaite zusammensetzten, hatten die grössten höchstens 0,0004 Z. im Durch-
messer. Alle aber besassen einen Kern mit einem höchst kleinen einfachen Kern-
körper, und in der Umgebung des Kerns mehrere, doch im Ganzen nur sehr we-
nige Molekularkörperchen, weshalb denn auch im Allgemeinen diese Zellen sehr klar
waren. Zusammengehalten wurden sie durch eine Intercellularsubstanz , die in der
Belegungsmasse der Rückensaite sehr reichlich, dagegen in den übrigen Theilen nur
sehr sparsam vorkam. Vom Wasser , das sie begierig in sich aufnahmen , wurden
sie stark angeschwellt und nach einiger Zeit ganz aufgelöst, wobei nun zwischen
den Zellen frei daliegende Molekularkörperchen sichtbar wurden, doch an einer Stelle
nur sehr sparsam, an einer andern hingegen in ziemlich grosser Zahl. Was ich so
eben von dem Gefüge der Leibeswand im Allgemeinen angegeben habe , lässt sich
auch von dem Gehirn, dem Rückenmarke, dem Herzen, dem Darmkanale und den
Wol ff 'sehen Körpern sagen. Der Unterschied, den ich in dem Gefilge dieser ver-
schiedenen Körpertbeile aufzufinden im Stande war, bestand lediglich darin, dass in
dem einen Theil die Zellen weicher waren und lockerer zusammenhingen, in einem
anderen aber eine grössere Festigkeit und einen stärkeren Zusammenhang hatten.
Das erstere Verhalten war namentlich an dem Gehirn, dem Rückenmarke, den Au-
gen, so wie auch, obgleich schon weniger, an den Wol ff 'sehen Körpern zu bemer-
ken, das letzlere hingegen besonders an dem Herzen, weniger an dem Darmkanale. —
Wie sich die Rückensaite beschaffen zeigte, habe ich schon früher angegeben. —
War der Embryo auf kurze Zeit in verdünnten Weingeist gelegt worden, so Hess
5
34
sich von seinen äusseren Körpertheilen eine sehr zarte Haut in kleinen Lappen ab-
ziehen, die schon eine Epidermis bezeichnete, und die aus eben solchen Zellen zu-
sammengesetzt war, wie fast alle übrigen Theile der Leibeswände.
Das Amnion bestand aus mehreren Lagen sehr platter Zellen, die zwar viel
grösser, als die des Körpers des Embryo's waren, doch höchstens nur 0,0009 Z.
als grössten Durchmesser hatten. Sie besassen einen verhältnissmässig nur kleinen
Kern nebst Kernkörper, enthielten auch nur wenige Molekularkörperchen in ihrem
Nahrungsinhalte, und waren daher im Ganzen sehr klar. — Von den Blättern des
durchsichtigen Hofes und des Gefässhofes war das äussere dicker, als das innere,
weniger dehnbar, überhaupt ziemlich fest, und beinahe glasartig durchsichtig. Zu-
sammengesetzt war dasselbe aus sehr abgeplatteten eckigen (meistens unregelmässig
fünfeckigen oder sechseckigen) Zellen, die wie ein Getäfel dicht an einander gefügt
waren, fest zusammenhingen und in der Nähe des Embryo's nur in 2 Lagen vor-
zukommen schienen, weiterhin aber bestimmt in mehreren Lagen vorkamen. Die
meisten von ihnen hatten einen Durchmesser von 0,0012 bis 0,0015 Z. , indess
andere wieder viel kleiner waren. Alle aber enthielten einen platten Kern von schei-
benförmig runder oder ellipsoidischer Gestalt, und dieser hatte meistens einen Durch-
messer von 0,0009 bis 0,0012 Z. Der kleine in ihm enthaltene Kernkörper war
in der Regel wegen des etwas grobkörnigen, wenn gleich nicht völlig undurchsichti-
gen Nahrungsinhaltes, der in der Zelle vorkam, nicht zu sehen. Das innere Blatt
der Keimhaut Hess sich beinahe wie ein zusammengeballtes Spinnengewebe dehnen,
und war überhaupt sehr nachgiebig. Seine Zellen waren nicht so plattgedrückt,
wie die des andern Blattes, sondern linsenförmig, doch ebenfalls, weil auch sie sehr
dicht beisammen lagen, gegen einander abgeplattet. Sie kamen gleichfalls in zwei
und mehreren Lagen vor, waren aber nicht so regelmässig geordnet, wie die Zellen
des äusseren Blattes, sondern lagen gegentheils sehr unregelmässig durcheinander.
Ihr Durchmesser betrug bis 0,0018 Z., mitunter sogar, doch nur selten, noch mehr.
Ihre Wandung war noch dünner, als die der Zellen des äusseren Blattes, und über-
haupt äusserst zart. Einige von ihnen enthielten Nichts weiter, als eine ganz klare
Flüssigkeit, andere eine solche Flüssigkeit und einen so schwach ausgeprägten Kern,
dass derselbe wie ein leichter, jedoch scharf umschriebener Nebel erschien, die mei-
sten aber einen viel weniger durchsichtigen [dickwandigem?] und mit einem sehr klei-
nen Kernkörper versehenen Kern, der einen Durchmesser von 0,0006 bis 0,0012 Z.
hatte, und um diesen Kern einen feinkörnigen Nahrungsinhalt. — Das Gefüge des
Darmkanals, das dem schon früher Angeführten zufolge sich bedeutend von dem Ge-
füge unterschied, welches der auf dem Dotter ausgebreitete Theil des Schleimblattes
35
der Keimhaut bemerken liess, änderte an der Stelle, wo jener Kanal und dieser Theil
der Keimliaut in einander überginjcen, so allmälilicli sein Aussehn, dass aurh in Hin-
sicht des Gefügfes sich keine scharlc Grenze zwischen dem Darmkanale und dem
angeji;ebenen Theile der Keimhaut auilinden liess. Eben dasselbe war auch der Fall
da, wo die Leibeswand des Embryo's in den auf dem Dotter ausgebreiteten Theil
des serösen Blattes der Keimhaut überging. — Die beschriebenen beiden Blätter des
durchsichtigen Hofes und des Geftisshofes Hessen sich leicht von einander trennen.
Ein besonderes zwischen ihnen gelegenes oder drittes Blatt ( GePäss-Blatt ) habe ich
nicht unterscheiden können. — Die Körner des Blutes, welches in Strömen zwi-
schen jenen Blättern floss, waren einfache rundliche oder ovale Zellen, die meistens
0,0004 bis 0,0006 Z., selten noch etwas mehr zum Durchmesser hatten, und eine
ähnliche Zusammensetzung bemerken Hessen , wie die Zellen der Leibeswand.
Eine Brut konnte ich nirgend in den ZeHen bemerken, und ich muss daher
glauben, dass in den Embryonen und den mit ihnen zusammenhängenden Eihäuten
die Zellen, welche sich zuletzt gebildet hatten, zwischen den älteren entstanden wa-
ren. — Auffallend war es übrigens, dass das Herz, obgleich es schon sehr starke
Bewegungen machte, dennoch nur aus Zellen und deren Bindemittel bestand.
Die Zellen des Dotters hatten noch ganz die Beschaffenheit, wie in frisch ge-
legten Eiern, und besassen im Vergleich zu den Zellen des Embryo's und seiner
Häute ein ganz rohes, grobes Aussehn. Von der Keimhaut Hessen sie sich mittelst
eines feinen Pinsels leicht entfernen, und im Wasser gingen sie, wenn ein Theil des
Dotters in dasselbe hineingelegt worden war, nach einiger Zeit, wie Sandkörner,
auseinander. Blosse Fetttropfen, als Ueberreste aufgelöster Zellen des Dotters, habe
ich weder dicht unter der Keimhaut, noch entfernt von ihr im Dotter auffinden können.
§. 9. Unter den Eiern , die ich so eben beschrieben habe , befand sich auch
eines, das sich noch etwas weiter, als jene, entwickelt hatte, weshalb ich noch be-
sonders die Formveränderungen, welche sich an dem Embryo darboten, angeben will.
Der Embryo und die auf dem Dotter ausgebreitete Keimhaut waren nur um ein
Geringes grösser, als in jenen andern Eiern. — Die Leiste, welche hei den jün-
geren Embryonen von jedem Beine nach vorne und hinten verlief, war kürzer ge-
worden und beinahe verschwunden : im Uebrigen aber hatte die Form der Beine sich
nicht verändert. Der Schwanz war ein wenig länger und von den Seiten platter
geworden. An dem vorderen Ende des Kopfes waren zwei sehr flache und über-
haupt sehr kleine Gruben entstanden, die sich in der Form und Lage ganz so ver-
hielten, wie die ersten Andeutungen des Geruchorgans bei den Säugethieren, Vögeln,
Eidechsen und Schlangen. An der Speiseröhre und dem Magen, deren Form keine
36
nierkJiche Veränderung erfahren hatte, bemerkte ich, als der Embryo etwa 24 Stun-
den in schwachem Weingeist gelegen halte, eine Zusammensetzung aus 2 Schichten,
die sich leicht trennen Hessen und zum Theil sich schon von selbst, als ich den
Darmkanal aus dem Körper herauslöste , getrennt hatten. Die innere Schicht war
ungeflihr nur halb so dick, als die äussere, die im Verhältniss zu der nur geringen
Länge und Weite des Munddarmes eine beträchtliche Dicke hatte. Die Zellen aber
zeigten in beiden Schichten eine gleiche Beschaffenheit. Sie sowohl, als auch die
Zellen des Darms verhielten sich ähnlich, wie im Allgemeinen die der Bauch- und
Rückenplatten, und wichen von denselben nur dadurch ab, dass einige von ihnen ei-
nen Durchmesser von 0,0005 Z. halten, indess von jenen der Durchmesser höch-
stens 0,0004 Z. betrug. — Die untere Wand der Speiseröhre Hess an ihrer vor-
deren Hälfte 2 sehr schwache, überhaupt nur sehr kleine und auf beide Seitenhälf-
ten des Körpers vertheille Ausbuchlungen bemerken, die ziemlich weit auseinander
lagen und äusserlich die Form von massig hohen Warzen hatten. Es bezeichneten
diese Ausbuchtungen die ersten Anlagen der Lungen. Auch eine Leber war schon
angedeutet. Sie erschien als ein halbmondförmiger, aber noch sehr kleiner Körper,
der an seinem convexen Rande recht dick, hingegen an seinem concaven Rande nur
halb so dick, als an jenem, war. Mit ihrem concaven Rande, zum Theil aber auch
mit ihrer einen Seite, umfassle sie die untere Wandung des Magens, an den sie
dicht herangezogen und mit dem sie innig verbunden war. Ihre Zellen waren etwas
grösser, als die der Bauch- und Rückenplatten, auch waren sie nicht so starr und
eckig, wie diese, sondern weicher und runder, enthielten einen mehr granulirten Nah-
rungssloff, und hielten viel lockerer zusammen. Zwischen ihnen befanden sich in
der sehr weichen Inlercellularsubslanz viele rundliche Molekularkörperchen. — Die
Allantois war nur sehr wenig grösser geworden. Der mittlere oder derjenige Theil
des Herzkanals, welcher sich bei weilerer Entwickelung zur Herzkammer ausgebildet
haben würde, halle eine etwas grössere Weile erlangt, und an der hintersten Ab-
theilung des Kanals waren zweipaarige, einander gegenüberliegende und den Herz-
ohren der Säugethiere entsprechende Taschen oder Ausbuchtungen entstanden, die im
Verhältniss zu der Weite und Länge dieser Abtheilung eine nur sehr geringe Grösse
hatten. Nach dem zu urtheilen, was ich bei den Embryonen der Natter, an deren
Herzkanal ebenfalls zwei solche Taschen zum Vorschein kamen, über die weitere
Entwickelung derselben erfahren habe, würden sie, wenn der Embryo am Leben ge-
blieben wäre, sich zu den beiden Vorkammern des Herzens entwickeil haben '). —
•) Entwickelungsgeschichte der Natter, S. 98 und 99.
37
Die Wo 1 ff sehen Körper waren in ihrer Mitte etwas breiter und dicker jEjeworden:
oh sie aber auch in ihrem inneren Baue weitere Veränderungen erfahren halten,
kunnle ich nicht ermittehi, weil ich verhindert wurde, diese Organe, als sie noch
frisch waren, gehörig untersuchen zu können. Die Zahl der Täfelchen, die das
Rückenmark und die Riickensaite von den Seiten umgahen, hatte im Schwänze sich
vergrössert, so dass sich die letzten nur in einer geringen Entfernung von dem Ende
des Schwanzes befanden. Paarweise standen sie noch alle sowohl mit ihren obern,
als auch mit ihren untern Enden ziemlich weit von einander ab. Von den drei
Schädelhalken erschienen die paarigen noch immer als zwei nur massig breite und
auch nur wenig dicke Streifen, die ganz hinten zwischen sich das von der Haut der
Mundhöhle gebildete Säckchen hindurchgehen Hessen. In ihrem Verlaufe nach vorne
divergirten sie nur wenig, indem sie bogenförmig sehr schwach nach aussen ge-
krümmt waren. Ihr vorderes abgerundetes Ende, das etwas breiter war, als ihr
hinteres Ende oder ihre Wurzel, reichte bis an das vordere Ende des Kopfes.
§. 10. Das am weitesten entwickelte Ei der Sumpfschildkröte, welches ich
zu untersuchen Gelegenheit hatte, war gerade eines der ersten, die mir in die Hände
kamen. Die übrigen, die mit ihm von derselben Schildkröte gelegt worden waren,
Hessen sich leider zu einer Untersuchung nicht mehr benutzen, weil sie unterweges
zerbrochen und zerstört worden waren.
Der Embryo (Tab. 11, Fig. 13 — 18.) hatte in dem Eie eine Querlage, und
befand sich von den beiden Enden desselben in gleich grossen Entfernungen. Seine
Länge betrug von dem Scheitelhöcker bis zur Schwanzwurzel in einem Bogen über
den Rücken gemessen 4 ^3 Linien. Die auf dem Dotter ausgebreitete Keimhaut hatte
beinahe eine regelmässig runde Scheibenform, und ihre Durchmesser waren ungefähr
der halben Achse des Eies gleich. — Im Verhältniss zu dem in seiner Entwicke-
lung schon ziemlich weit vorgeschrittenen Embryo war sie weit kleiner, als in den
Eiern der A'ögel. — Der Embryo war nach der Bauchseite hin sehr stark zusam-
mengekrümmt [viel stärker, als ich es in der Abbildung angegeben habe], und be-
sonders war der Hals sehr stark zusammengebogen. Kopf und Hals waren zusam-
mengenommen beinahe so lang als der Rumpf, oder als die Länge des Körpers von
dem vorderen Rande der Vorderbeine bis zu dem After. Es hatten also jene Ab-
schnitte des Leibes auch im Verhältniss zu dem Rumpfe eine grössere Länge, als
bei den jüngeren Embryonen. Gleichfalls war der Schwanz auch im Verhältniss zu
dem Rumpfe länger geworden. Unter einander aber den Kopf und Hals verglichen,
hatte jener sich mehr, als dieser, vergrössert. Und überhaupt hatte der Kopf im
Verhältniss sowohl zum ganzen übrigen Körper, als auch zu dessen einzelnen Ab-
38
theilungen eine viel bedeutendere Grösse, als bei den jüngeren Embryonen und bei
den erwachsenen Schildkröten. — V on den Seiten war der ganze Embryo , abge-
sehen jedoch vom Schwänze, noch stark abgeplattet. Namentlich galt dieses auch
vom Kopfe, der, wie bei Embryonen der Säugethiere, Eidechsen und Schlangen von
einer gleichen Entwickelungsstufe , am Scheitel aulfallend schmal war, von da aber
sowohl nach vorne, als nach unten (gegen die künftige Grundfläche des Schädels hin)
allmählig an Breite zunahm. Der Hals war im Verhältniss zu seiner Breite imd
Länge beträchtlich hoch, und in dieser Hinsicht im Verhältniss zu dem Rumpfe auf-
fallend stark. Der von der unteren Wandung des Halses gebildete Beutel, in wel-
chem sich das Herz befand (Fig. 13 a.), war viel tiefer und überhaupt beträchtlich
grösser, als bei den jüngeren Embryonen. Der Rumpf war höher und überhaupt
viel gedrungener, als bei jenen Embryonen, obgleich noch immer ähnlich geformt,
wie bei gleich weit entwickelten Embryonen von Säugethieren , Vögeln und Eidech-
sen, also im Vergleich mit dem Rumpfe erwachsener Schildkröten ausnehmend schmal
(Fig. 18). Auch fand ich seine Mitte nur wenig breiter, als seine Enden. An
der Bauchseite war er noch beinahe in seiner ganzen Länge offen (Fig. 13), und
beide Bauchplatten standen an der Oeffnung noch weit auseinander. Doch hatten die
Bauchplatten, soweit sie den Rumpf zusammensetzen halfen, schon eine viel grössere
Höhe erlangt , als bei den jüngeren Embryonen , so dass mithin schon eine ziemlich
tiefe Rumpfhöhle gebildet war; dagegen war ihre Dicke allenthalben noch sehr ge-
ringe. Die Vorder- und Hinterbeine stellten sich als kurze, dicke und stumpf abge-
rundete Auswüchse dar, die mehr das Aussehn von stark abgeplatteten Kegeln, als
von Tafeln hatten (Fig. 13). Von Zehen Hess sich an ihnen keine Spur bemer-
ken. Die Vorderbeine waren ein wenig dicker und breiter, nicht jedoch auch län-
ger, als die Hinterbeine. Der spitz auslaufende Schwanz war nur an seiner Wurzel
rechts und links ein wenig abgeplattet, in seinem übrigen Theile aber drehrund.
Das Amnion hüllte den Embryo noch ziemlich knapp ein. Die seröse Hülle, oder
das falsche Amnion, habe ich nicht gehörig beobachtet.
Die Augen waren massig gross, ragten nach aussen etwas vor, und hatten
nicht mehr die Form von Birnen, sondern von Linsen, indem an ihnen schon eine
Scheidung in den Augapfel und den Sehnerven bewirkt worden war, von welchen
beiden Theilen sich nun der letztere als ein dünner hohler Stiel darstellte, der von
dem nach unten und innen gekehrten Rande des linsenförmigen Augapfels ausging.
Die dünne Aderhaut zeigte in der nach oben gekehrten Hälfte des Augapfels einen
schwachen Anflug von grauer Farbe, an dem Pupillarrande aber einen schwärzlichen,
schmalen und unten noch offenen Ring. Eine Falte Hess sich sowohl an der Ader-
39
haut, als auch an der viel dickern Netzhaut bemerken: doch war dieselbe verhält-
nissmässig viel dünner und überhaupt schon kleiner, als bei den Jüngern Embryonen.
Eine Iris war noch nicht vorhanden. Auch fehlte noch ein jedes Anzeichen von
Augenlidern. — Die Gruben, welche die Anlage zu dem Geruchsorgane bezeich-
neten, waren tiefer und überhaupt weit grösser, als bei den zuletzt (§. 9.) beschrie-
benen Embryonen. Ferner waren sie nicht mehr rundlich, sondern etwas länglich
und im Ganzen muldenförmig. (Fig. 13.) Auch lagen sie nicht mehr an dem vor-
dem Ende des Vorderkopfes, sondern in der Nähe dieses Endes an der untern Seite
des Vorderkopfs, der wegen des verstärkten Wachsthums des Vorderhirns sich etwas
mehr verlängert hatte. Beide Gruben aber lagen ziemlich weit aus einander. Der-
jenige Theil der Hautbedeckung, oder eigentlich wohl der Epidermis, welcher sie
auskleidete, war etwas dicker und etwas lockerer, als an anderen Stellen des Kör-
pers, luid liess sich mittelst eines Pinsels leicht fortwischen, indess an andern Stellen
die Epidermis viel fester an dem Körper haftete imd sich, als der Embryo noch
frisch war, nicht so leicht entfernen liess. — Die Ohrbläschen, oder die künftigen
häutigen Theile der Gehorlabyrinthe, schimmerten über dem zweiten Paar der Kie-
menbogen ziemlich deutlich hindurch. Sie waren verhältnissmässig etwas kleiner,
als bei gleich weit entwickelten Embryonen der Natter, zeigten an ihrer nach aussen
gekehrten Seite die Form eines sphärischen Dreiecks und Hessen einen nach oben
gehenden kleinen keulenförmigen Fortsatz bemerken. Kalkkrystalle aber waren in
diesem Fortsatz nicht vorhanden. Ein unterer Fortsatz , der fiir eine Andeutung
von einer Ohrschnecke hätte angesehen werden können, schien zu fehlen. Auch
konnte ich noch keine Andeutung von einer für das Ohrbläschen bestimmten Kapsel,
oder von dem künftigen Felsenbeine bemerken, obgleich bei Säugethieren , Vögeln,
Eidechsen und Schlangen eine solche Kapsel schon frühe auftritt.
Die Oherkieferfortsätze der vordersten Kiemen- oder Schlundbogen waren noch
sehr klein, reichten nur bis unter die Augen, lagen also von den Nasengruben noch
weit entfernt, und waren an ihrem Ende abgerundet. (Fig. 13.) Den ersten und
zweiten Kiemenbogen fand ich viel dicker, wie überhaupt absolut und relativ viel
grösser, als bei dem zuletzt beschriebenen Embryo : doch war am zweiten nicht eine
den Kiemendeckel der Fische andeutende Klappe gebildet worden. Die Spalte zwi-
schen diesen beiden Bogen war schon verwachsen, und an ihrer Stelle befand sich
äusserlich nur eine schwache Furche. Hinter dem zweiten Bogen aber kam noch
eine lange und durchdringende Spalte vor, und hinter dieser lagen jederseits noch 3
andere Oeffinungen, von denen die hinterste nur ein kleines rundes Loch oder viel-
mehr nur einen engen Kanal darstellte, indess die beiden andern die Form von kur-
40
zen Spalten hatten. Es war demnach, während die vorderste Oeffnung sich geschlos-
sen hatte, oder doch nur eine kurze Zeit vor diesem Vorgange, noch eine neue
entstanden, und es hatten sich also im Ganzen 5 Paar Seitenöffnungen am Halse
gehildet, also eben so viele, wie hei dem Hühnchen, und ein Paar mehr, als bei den
Säugethieren und der Natter. Auch hatte sich die bei den jüngeren Embryonen
bemerkte hinterste, oder vierte, und nur rundliche Oeffnung in eine kleine Spalte
umgewandelt. Die zwischen der zweiten und fünften Oeffnung befindlichen Bogen
waren zwar viel dicker, als bei den jüngeren Embryonen, doch lange nicht so dick,
wie die beiden vordersten. Die dünne Epidermis, welche die angegebenen Oeffnun-
gen inwendig umkleidete, löste sich, wie ich auch bei anderen Thieren dies bemerkt
habe, leicht ab.
Die Rückensaite war im Verhältniss zu dem ganzen Körper auch in diesem
Embryo sehr dünn. (Fig. 18, b.) Ihr vorderes Ende reichte bis zwischen die Ohr-
bläschen, wie es bei den Wirbelthieren überhaupt der Fall zu sein pflegt, und war
massig stark zugespitzt. Gleichfalls war ihr hinteres Ende zugespitzt, und vor dem-
selben Hess sich nicht mehr eine schwache Anschwellung bemerken. Die von der
Belegungsmasse der Rückensaite gebildeten Schädelbalken verhielten sich im Ganzen
so, wie bei den jüngeren Embryonen: nur schien der mittlere absolut und relativ
noch etwas dicker und breiter geworden zu sein. Dicht vor demselben war zwi-
schen den beiden mittleren Schädelbalken noch sehr deutlich ein Loch in der künfti-
gen Grundfläche der Hirnschale zu bemerken, und durch dasselbe ging die Ausstül-
pung der Älundhaut hindurch, hinter welcher sich die Glandula pituitaria entwickeln
sollte. Auch diese Ausstülpung war sehr deutlich zu erkennen, halte einen noch
etwas grösseren Umfang, als bei den jüngeren Embryonen, und stellte ein von zwei
Seiten plattgedrücktes ovales Säckchen dar. Die eine Seite dieses Säckchens lag dem
mittleren Schädelbalken, die andere, oder nach vorne gekehrte, einem Theile des Ge-
hirns an. Ein Eingang Hess sich in dieses Säckchen von der Mundhöhle aus noch deut-
lich erkennen, schien aber schon kleiner geworden zu sein, und gab sich als ein kleines
rundliches Loch zu erkennen. — Die Täfelchen, welche sich zu beiden Seiten der
Rückensaite und des Rückenmarkes befanden, waren mehr in die Länge, als in die
Breite, gewachsen, und erschienen daher schmäler, als bei den Jüngern Embryonen,
hatten sich aber noch nicht paarweise vereinigt, sondern standen an beiden Enden
noch immer ziemlich weit von einander ab, doch über dem Rückenmarke etwas we-
niger, als unter der Rückensaite. Auch habe ich nicht bemerken können, dass sie
paarweise gleichsam durch eine Brücke von gleicher Substanz, die zwischen dem
Rückenmarke mid der Rückensaite hindurchgegangen wäre, unter einander in Ver-
41
bindung gestanden hätten. Doch mag eine solche vielleicht vorhanden gewesen sein,
ohne sich deutlich unterscheiden zu lassen. Wie dem aber auch sein mag, jeden-
falls bezeichneten jene Täfelcheii zufolge der Erfahrungen, welche über die Entwicke-
lung der ihnen entsprechenden Theile anderer Wirbelthiere gemacht worden sind,
die Anlagen der Wirbelkörper und Wirbelbogen. Was Remak ') über diese von
ihm beim Hühnchen untersuchten Täfelchen in sehr wenigen Worten angegeben hat,
scheint mir darauf hinauszugehen, dass man zwei Arten derselben unterscheiden
müsse, indem nämlich zuerst dergleichen Täfelchen [oder vielmehr Würfelchen nach
Remak] entstehen, die sich zu eben so vielen Cerebrospinalnerven entwickeln sol-
len, nachher aber an der äusseren Seite derselben eben so viele Täfelchen, welche
die Seitenhälllen der in der Entwickelung begriffenen Wirbelbeine sind. Sind aber
die beschriebenen Täfelchen der Schildkröten, wenigstens diejenigen, welche ich in
den grösseren der eben aufgeführten Embryonen gesehen habe, Tür die Anlagen der
Wirbelbeine zu halten: so entstehen diese Gebilde auch bei den Schildkröten, wie
bei den Schlangen, Vögeln und Säugethieren , aus zwei auf beide Seitenhälflen des
Körpers vertheilten Stücken, indess sie nach von Baer's Angabe bei einem Kno-
chenfische, dem Cyprinus Blicca, aus vier verschiedenen Stücken, nämlich 2 obern
und 2 untern, zusammenwachsen 2). — In welcher Art übrigens die histologischen
Veränderungen der Belegungsmasse der Rückensaite vor sich gehen, wenn aus der-
selben sich die Anlagen der Wirbelbeine, oder die erwähnten Täfelchen hervorbilden,
werde ich an einem andern Orte ausführlich angeben.
Weder von den Knochen des Kopfes, noch von denen der Gliedmaassen, noch
auch von den Rippen war in dem Embryo der Schildkröte, von welchem hier die
Rede ist, irgend eine Spur aufzufinden.
Das Gehirn war auffallend demjenigen eines Natter - Embryo's ähnlich, welches
ich in meiner Entwickelungsgeschichte der Natter auf der sechsten Tafel in den Fi-
guren 1, 2 und 3 abgebildet habe, wie denn auch der ganze Kopf dem Kopfe des
Natter - Embryo's , nach welchem jene Abbildungen gemacht worden sind, sehr ähn-
lich war. Demnach erschien das Gehirn in seiner Entwickelung weit mehr vorge-
schritten, als das Gehirn des in §. 9. beschriebenen Embryo's. Naraenthch hatte
das Vorderhirn so bedeutend an Breite zugenommen, dass es darin alle übrigen Ab-
theilungen des Hirns übertraf: auch war schon in der Mittellinie desselben eine
schwache Furche oder Einfaltung entstanden, durch die sich eine Scheidung in zwei
') Joh. Müll er 's Archiv, Jahrgang von 1843, S. 478 — 484.
') Latersuchungen über die Entwickelangsgescbichte der Fische. Leipzig 1835. S. 36.
6
42
Seitenhälften, oder in die künftigen Hemisphären des grossen Gehirns, angekündigt
hatte. Doch war das Vorderhirn im Verhältniss zu dem übrigen Hirn im Ganzen
immer noch sehr klein zu nennen. Das Zwischenhirn erschien verhältnissmässig kür-
zer, als früher, weil es mehr an Breite, als an Länge zugenommen hatte: eine
Oeffnung aber war an der oberen Seite desselben eben so wenig schon entstanden,
als eine Zirbeldrüse. Das Mittelhirn war noch breiter geworden, als das Zwischen-
hirn. An dem hinter dem Mittelhirn gelegenen Theile des Gehirns war die obere
Wandung zum grösseren Theile viel dünner, als die übrige Partie: auch Hess sie
von dieser sich leicht abheben, und gab sich schon als eine Decke fiir den verhält-
nissmässig sehr grossen Sinus rhomboidalis zu erkennen. Ob sich sonst schon Häute
für das Hirn und Rückenmark erkennen Hessen, habe ich vergessen zu untersuchen.
Von einem kleinen Gehirn war noch keine Spur vorhanden.
Das immer noch schlauchförmige Herz war im Ganzen weiter, aber verhältniss-
mässig kürzer geworden, und erschien nicht mehr so offenbar spiralförmig gewunden,
wie früher, sondern hatte sich dadurch, dass seine Enden einander näher gerückt
waren, einigermassen der Form eines Hufeisens angenähert. (Fig. 13. Fig. 14, 15
und 16.) In seinem mittleren oder demjenigen Theile, welcher zu der Kammer
werden sollte, war es am dicksten geworden, auch hatte seine Wandung hier die grösste
Dicke erreicht. (Fig. 15 und 16, b.) An der hintern oder derjenigen Abtheilung,
welche für die Vorkammern bestimmt war, hatten die beiden Taschen, oder Herz-
ohren, an Grösse mehr zugenommen. (Fig. 15 und 16, c.) Auch die Aortenzwie-
bel war merklich grösser, insbesondere aber dicker geworden. (Fig. 15 und 16, a.)
Zwischen den genannten 3 Abtheilungen des Herzens befanden sich als Grenzen nur
ringförmige Einschnürungen, nicht aber Verbindungskanäle, also nicht eigentlich ein
Canalis auricularis und ein Fretum Halleri. Die Cuvier'schen Gänge, oder diejeni-
gen Kanäle, welche dem Herzen das Blut des Embryonalkörpers zuführen, waren
bedeutend weiter geworden. (Fig. 13, b. Fig. 14 und 15, d.) Von Blutgefässen
konnte ich nur hie und da geringe Spuren erkennen, weil der Embryo schon vor
der Untersuchung abgestorben war, und weil das Blut aus seinen Gefässen sich bei-
nahe schon ganz verloren hatte : doch erfuhr ich dadurch, dass ich durch den Rumpf,
nachdem er in Weingeist erhärtet worden war, Querdurchschnitte machte, dass sich
auch in diesem Embryo die Verbindung der Wurzeln der Aorte zu dem Stamme
noch vor den Vorderbeinen befand.
Die Speiseröhre, der Magen und der Anfang des Dünndarms verhielten sich
im Ganzen, wie in dem zuletzt (§. 9.) beschriebenen Embryo, doch mit dem Unter-
schiede, dass der Magen (Fig. 14, f.) etwas weiter geworden war, als die Speise-
43
röhre. (Fig. 14, d.) Der Darm hatte sich schon in so weit geschlossen, dass in
seiner Mitte nur noch eine massig grosse ellipsoidische Oeffnung, der Darmnabel,
vorhanden war. (Fig. 13, e.) Wie bei jungen Embryonen höherer Thiere, hatte
sich der Darm in seiner Mitte von der Rückenwand des Leibes massig weit entfernt,
so dass er in der Gegend, wo sich der Darmnabel befand, einen sehr stumpfen und
abgerundeten Winkel bildete, der von dem Gekröse (Fig. 13, e.) ausgefüllt wurde. —
Die Leber hatte sich massig vergrössert, war ungefähr eben so breit, als lang,
zeigte die Form eines unregelmässigen Vierecks und besass eine ziemlich grosse
Dicke. (Fig. 13, c. Fig. 14, c. und Fig. 15, e.) Fast gänzlich bedeckte sie den
Magen und war an ihrer obern Seite, mit welcher sie demselben anlag, schwach
concav, an der untern Seite dagegen recht sehr convex. Eine Längsfurche, wodurch
sie in zwei Seitenbälften abgetheilt worden wäre, kam an ihrer unteren Seite
nicht vor. Ein kurzer und ziemlich dicker Ausführungsgang der Leber Hess sich
deutlich erkennen, und es ging derselbe in die linke Seite des angeschwollenen An-
fangsstückes des Dünndarms über. (Fig. 15, f.) — Von einer Bauchspeicheldrüse
war noch keine Spur vorhanden.
Gleich hinter den Kiemenbogen des zweiten Paares befanden sich an dem vor-
deren Theile der Speiseröhre zwei sehr kleine taschenartige Aussackungen, die mehr
der rechten und linken, als der untern Seite desselben anzugehören schienen, und
die Lungen andeuteten. (Fig. 14, e.) Sie waren zwar etwas, doch nur wenig
grösser, als bei dem zuletzt beschriebenen Embryo. Von einer Luftröhre aber
konnte ich noch keine Andeutung bemerken.
Die Wolff sehen Körper gingen vom Herzen bis an das Ende der Rumpfhöhle,
imd lagen so dicht hei einander, dass sie nur durch die Aorta geschieden waren.
(Fig. 17, a. a. Fig. 18, c. c.) Vorn und hinten waren sie zugespitzt, im Ver-
hältniss zu ihrer Länge nur schmal, und von oben, wie von unten, massig stark
abgeplattet. Der Hauptsache nach bestand ein jeder aus einer einfachen Reihe klei-
ner dickwandiger Bläschen, die in dem mittleren breiteren Theile des Organs kolben-
förmig waren und mit ihrer Achse quer lagen , in dem vordem und hintern schmä-
leren Theile fast die Form von Kugeln besassen, und sich aus eben so vielen jener
dichten Läppchen herausgebildet hatten, aus welchen das Organ bei jüngeren Embryo-
nen grösstentheils bestand.
Der künftige Ausführungsgang eines jeden Wolf f'schen Körpers lief an diesem
ganzen Eingeweide entlang, machte den dicken äusseren Rand desselben aus, und
hatte im Verhältniss zu dessen Breite eine ansehnliche Dicke. Ob er schon hohl
war, blieb mir ungewiss.
6*
44
Die Allantois lag zum grösseren Theile schon ausserhalb der Rumpfhöhle, war
aber nicht um Vieles grösser, als bei dem in dem neunten Paragraphen beschriebe-
nen Embryo, und hatte noch eine mehr rundliche, als ovale Form. (Fig. 13, g. und
Fig. 17, b.) — Von Geschlechtswerkzeugen war keine Spur aufzufinden.
§. 11. Aus den Mittheilungen, die ich in dem Obigen über die Embryonen
der Schildkröten gemacht habe, geht hervor, dass diese Thiere in ihrer Entwicke-
lung darin mit den Säugethieren, Vögeln, Sauriern und Ophidiern durchaus übereinstim-
men, dagegen von den Batrachiern und Fischen bedeutend abweichen, dass sich bei ihnen
ein Amnion und eine Allantois bildet, und dass ihr Dottersack, wenigstens einige Zeit
hindurch, ausserhalb der Rumpfhöhle liegt. Was aber die Entwickelung ihres Körpers
selbst anbelangt, so zeigt dieselbe in der ersten Zeit des Fruchtlebens die meiste Ue-
bereinstimmung mit der Entwickelung der Säugethiere und der Eidechsen, zumal der
letzteren, so dass man wohl mit vollem Grunde von ihr behaupten kann, dass sie an-
fangs nach einem ähnlichen Plane vor sich geht, wie die Entwickelung der eben ge-
nannten höhern Thiere, und dass sie nur erst späterhin bedeutend davon abweicht.
Ganz unnöthig und überflüssig dürfte es wohl sein, noch ausführlich die grosse
Uebereinstimmung auseinander zu setzen, die sich in der Körperform sehr junger
Embryonen der Schildkröten und Säugethiere , oder der Schildkröten und Eidechsen
darbietet, da sie nach den Beschreibungen und Abbildungen, die ich hier von meh-
reren Embryonen der Sumpfschildkröte gegeben habe, einem jeden Sachverständigen
einleuchten wird. Wohl aber muss ich zwei Bemerkungen zur Sprache bringen,
die von Baer gemacht hat, und nach denen die Entwickelung der Schildkröten
gleich von Anfang an nach einem andern Plane, als die Entwickelung der höheren
Wirbelthiere, vor sich gehen würde. Bei der Untersuchung eines Eies der Sumpf-
schildkröte, das vor 6 Tagen gelegt worden war, fand von Baer ^), dass bei
dem kaum erst angedeuteten Embryo die Bauchplatten, die noch gänzlich auf dem
Dotter ausgebreitet waren, an den Rückenplatten da ansassen, wo diese sich nach
oben , um die Rückenfurche zu schliessen, vereinigt hatten , der Rücken also sehr
tief lag ~). Noch tiefer aber erschien der Rücken bei einem Embryo herabgesun-
ken, der in einem 2 Tage älteren Eie gefunden wurde. Es bot sich also, diesen
Angaben zu Folge, in den ersten Anlagen der Rurapfwandung ein ähnliches Lage-
rungsverhältniss dar, wie man es bei erwachsenen Schildkröten an dem Rückenschilde
findet. Besteht nun aber wirklich zu Anfange ein solches Verhältniss der Bauch-
1) Job. Müll er's Archiv. Jahrgans von 1834, S. 544 — 550.
^) Einen Querdurchschnitt dieses Erabryo's, wie von Baer ihn abgebildet hat, habe ich auf der
Tafel I, in Figur 4, copirt.
45
platten zu den Rückenplattcii, wie mein um die Enlwickelunofsgeschichte der Thierc
so hochverdienter Freund gefunden haben will, so ändert sich dasselbe doch bald so
um, dass die Rückenplatlen über die Bauchplalten gleichermaassen nach aussen her-
vortreten, wie etwa bei den Siiugelhieren und Eidechsen, und dass das Rückenmark
nicht mehr, wie in einer von Baer gegebenen Abbildung, tiefer als die Bauchplat-
ten liegt, sondern gegentheils höher zu liegen gekommen ist. — Aus den erwähn-
ten Lagerungsverhältnissen , welche von Baer an den Bauch- und Rückenplatlen
zweier Embryonen der Sumpfschildkröte bemerkte, folgerte derselbe, dass bei den
Schildkröten die Grundlage für die Extremitäten sich nicht von der oberen [oder
äusseren] Fläche der Bauch- und Rückenplatten ablöst, wie in andern Wirbelthieren,
sondern von der unteren [inneren] Fläche. Dass diese Folgerung aber nicht der
Wirklichkeit entspricht, geht aus den Beobachtungen, die ich oben über die Lage
der Beine bei den Embryonen der Schildkröle gegeben habe, hinreichend hervor.
Vielmehr entstehen auch bei diesen Thieren die Beine äusserlich an den Bauchplat-
ten und ganz an denselben Stellen, wie bei den Säugelhieren und Eidechsen, so
dass ebenfalls in dieser Hinsicht der Enlwickelung der genannten verschiedenen Thiere
ein gemeinsamer allgemeiner Plan zum Grunde liegt.
Anmerkung. Wenn sich gleich behaupten lässt, dass der Enlwickelung der
über den Balrachiern stehenden Thiere ursprünglich derselbe allgemeine Plan zum
Grunde liegt, so ist damit natürlich nicht auch ausgesprochen, dass die verschiedenen
Arten derselben beim Beginn ihrer Enlwickelung einige Zeil einander in der Gestalt
ganz gleich seien. Vielmehr findet man bei den verschiedenen Arten auch in der
frühesten Zeit der Enlwickelung mancherlei Formverschiedenheiten, die aber dann
im Ganzen nicht von grosser Bedeutung sind. Unter Benutzung der Abbildungen,
welche Bischoff von dem Embryo des Kaninchens entworfen hat, will ich hier mit
wenigen Worten die erheblichem Verschiedenheiten angeben, welche die Enlwicke-
lung dieses Säugelhieres und der Sumpfschildkröte kurz zuvor darbietet, ehe bei
ihnen die Allanlois entstanden ist. Bei der Schildkröle ist zu dieser Zeit der Rumpf
im Verhällniss zu seiner Länge schmäler, als bei den Kaninchen, und die Täfelchen,
die sich zu beiden Seilen des Rückenmarkes gebildet haben, sind weniger zahlreich :
auch scheint die Enlwickelung der Kiemenbogen und Kiemenspallen geringere Forlschritte
gemacht zu haben. Dagegen ist dann bei der Schildkröte der Kopf verhältnissmässig
etwas grösser, das Gehirn länger, und die Abschnürung der Augen von dem Gehirn
schon viel bedeutender. Das Herz aber und der Darmkanal scheinen dann bei der
Schildkröte dieselbe Form und relative Grösse zu haben, wie bei dem Kaninchen.
Zweite Abtheilung.
ü e b e r die
späteren Entwickelungzu stände
Terschiedener Arten
von
Schildkröten.
Erstes Kapitel.
Von dem Skelete
§. 1. Uer Schädel hat bei den reifem Embryonen der Schildkröten im Gan-
zen und in seinen einzelnen Theilen schon eine ähnliche Gestalt, wie bei den Erwachse-
nen derselben Arten. Auch fand ich ihn bei solchen Embryonen schon grösstentheils
verknöchert. Nur wenige Bemerkungen werden es daher sein können, die ich in
dem Folgenden über seine Entwickelung mitzutheilen hätte. Eben dasselbe gilt auch
von der Gestalt, welche bei reifern Embryonen die Skeletstücke der Beine darbie-
ten, indess in diesen Körpertheilen die Verknöcheriing noch lange nicht so weit,
wie bei dem Schädel, vorgeschritten ist. Dagegen haben bei den reifern Embryo-
nen fast alle schon vorhandne Skeletstücke , welche zur Zusammensetzung ihres
Riunpfes dienen, ganz andre Gestalten, als bei den Erwachsenen, und sind ausserdem
in ihrer Verknöcherung nur erst wenig vorgeschritten. Auch sind bei ihnen viele
von diesen Skeletstücken des Rumpfes, namentlich die meisten Rippen und die einzel-
nen Stücke des Bauchschildes verhältnissmässig viel kleiner, als bei den Erwachse-
nen. Manche andre Theile aber, welche bei den meisten Arten der Schildkröten
zur Vergrösserung des Rückenschildes beitragen, indem sie an die Rippen und die
Wirbelsäule sich anschliessen, fehlen selbst dann noch, wann die Embryonen das Ei
verlassen. Dieserhalb werden denn diejenigen Theile des Skeletes, welche dem
Rumpfe angehören, in dem Folgenden vorzüglich zu berücksichtigen und deren Ent-
wickelung am ausführlichsten zu schildern sein.
A. Schädel.
§. 2. V^on allen Abtheilungen des Skeletes ist es bei den Schildkröten im iVll-
gemeinen der Schädel, in welchem die Verknöcherung am raschesten fortschreitet.
Namentlich ist dies der Fall au denjenigen Skeletstücken, welche den Gesichtsantheil
des Schädels ausmachen. Bei den reifern Embryonen von Testudo und Chelonia,
die ich zu zergliedern Gelegenheit hatte , waren diese Theile nicht blos sämratlich
schon vorhanden, sondern hatten sich auch bereits in so weit ausgebildet, dass sie
50
eben solche Formen, wie bei den Erwachsenen, besassen und dass sie mit ihren Rän-
dern in eben derselben Weise, wie bei den Erwachsenen, zusammenstiessen. Weni-
ger grosse Fortschritte hatte die Verknöcherung der Hirnschale gemacht; denn in
dieser kam noch ziemlich viel Knorpel vor, doch Hess sieh eine Fontanelle an der
obern Seite der Hirnschale nur bei dem Embryo von Testudo bemerken, wo sie
zwischen den Scheitel- und Stirnbeinen vorkani, aber nur noch eine sehr geringe
Grösse hatte.
Bei der jungen Sphargis fand ich die Verknöcherung des Schädels eben so weit
gediehen, wie bei Exemplaren der Gattung Chelonia von ziemlich gleichem Al-
ter. Es kann daher nur auf einem Irrthum beruhen, dass Koestlin in seinem
sonst trefflichen Werke über den Schädel der Wirbelthiere angegeben hat: »bei
Sphargis verknöchert der ganze Kopf nicht, und stellt eine knorplig -häutige Masse
dar, welche übrigens in ihrer Gestalt durchaus mit dem Kopfe der eigentlichen Che-
lonien übereinstimmt.«
§. 3. An dem Hinterhauptbein, das auch bei erwachsenen Schildkröten mei-
stens noch eine Zusammensetzung aus 4 verschiedenen Stücken erkennen lässt, be-
rührten sich diese Knochenstücke schon bei den reifern Embryonen. Doch stiessen
die seitlichen unten nur mit dem Körper zusammen, nicht aber auch schon, wie bei
den Erwachsenen, an der Stelle, wo sich der Gelenkkopf befindet, mit einander selbst.
Diese Vereinigung der Knochenmassen beider Seitentheile an dem Gelenkkopfe, be-
wirkt durch eine gegenseitige Näherung in Folge des fortschreitenden Wachsthums,
tritt erst ziemlich spät ein, zumal bei den Seeschildkröten. Bei einer Chelonia im-
bricata, deren Rumpf 8^ " lang war, standen beide Theile noch um etwas mehr,
als eine Linie, von einander ab. Ueberhaupt aber entwickelt sich der Gelenkkopf
nur sehr langsam, und von den drei Höckern, aus denen er zusammenwächst, bildet
sich am langsamsten derjenige aus, welcher dem Körper des Hinterhauptbeines ange-
hört. Bei den zergliederten Embryonen war von dem letztern noch keine Andeu-
tung vorhanden, indess die beiden andern sich schon als massig starke Aufwulstun-
gen der untern Ränder der Seitentheile darstellten. — Der Körper des Hinterhaupt-
beins enthielt bei den Embryonen von Testudo und Chelonia, desgleichen bei der
jungen Sphargis, noch deutlich das vordre zugespitzte Ende der Rückensaite, das
sich bis zu dem Keilbeinkörper hin erstreckte. Der Form nach hatte er bei jenen
Embryonen eine Aehnlichkeit mit einem Kartenherzen : jedoch war seine Spitze , die
an das Hinterhauptloch angrenzte und woraus sich der eine Höcker für den Gelenk-
kopf bilden sollte, abgestumpft und mit einem schwachen Ausschnitt versehen. Auch
war ein solcher Ausschnitt noch bei den Jungen von Sphargis und Chelonia vorhan-
51
den, doch bei ihnen kaum nur merkbar. Die untere Fläche dieser Knochenlafel bil-
dete bei den Embryonen und Jungen, selbst bei denen aus der Galtung Chclonia,
in der sie später sehr uneben ist, noch eine ziemlich gerade Ebne. — An der
Schuppe des Hinlerhauptbeines befand sich bei dem Embryo von Testudo äusserlich
zwar schon eine Längsleiste, doch war sie nur sehr niedrig und überhaupt kaum
merkbar: ein Stachel aber, in den sie nach hinten ausgelaufen wäre, fehlte noch
gänzlich. Hingegen war bei dem Embryo von Chelonia ein solcher Stachel schon
vorhanden, wenngleich nur von einer unbedeutenden Länge: auch war bei ihm die
Leiste an der obern Seile der Schuppe schon ziemlich stark ausgewirkt. Die jungen
Schildkröten besassen jedenfalls die Leiste und den Stachel, und zwar beide je nach
den Arten, denen sie angehörten, um so stärker ausgebildet, je älter sie waren.
Zwischen dem Körper des Hinlerhauptheines und dem Körper des Keilbeins
befand sich nicht blos bei den beiden Embryonen, sondern auch noch bei den Jungen
von Sphargis und Chelonia ein ziemlich grosser Zwischenraum, der mit Knorpelsub-
stanz ausgefdllt war, und es lagen also bei ihnen jene Knochenstücke von einander
noch ziemlich weit entfernt. Bei andern jungen Schildkröten aber stiessen beide
Stücke schon dicht zusammen. Der Keilbeinkörper bildet sich bei den Schildkröten
nur in einfacher Zahl : denn selbst bei den reifern Embryonen habe ich nicht das
geringste Zeichen auflinden können, dass er ursprünglich aus einem hintern und
einem vordem Stücke bestandeu hätte, selbst nicht, nachdem ich die bereits ihm an-
gehefteten Flügelbeine entfernt und ihn der Länge nach durchschnitten hatte. Seine
Form ist zu der Zeit, da er das Hinterhauptbein noch nicht berührt, die eines
mehr oder weniger verlängerten Kartenherzens, seine Lage aber eine solche, dass
sein breiteres Ende dem Körper des Hinterhauptbeines zugekehrt erscheint, seine
Spitze in die knorplige Scheidewand der Augen- und Nasenhöhlen übergehl. Die
breitere, und überhaupt die grössere, oder diejenige Hälfte dieses Knochenstückes,
welche hinler dem Hirnanhange [Hypophysis cerebri] ihre Lage hat, bildet sich, wie
der Körper des Hinlerhauptbeines, in dem zum Kopfe gehörigen tafelförmigen Tbeile
der Belegungsmasse der Rückensaile , die schmälere und dünnere Hälfte aber in
der Lücke , w eiche die paarigen Balken des Schädels, wo sie von jenem Theile
der Belegungsmasse ausgehen , ursprünglich zwischen sich lassen. Jedoch entsteht
die letztere Hälfte später, als die erslere, und zwar, nachdem die angegebene Lücke
durch eine dünne Knorpelplatte geschlossen worden ist, deren Masse sowohl mit dem
tafelförmigen Theile der Belegungsmasse, als auch mit den beiden paarigen Schädel-
balken in einem unmittelbaren Zusammenhange steht, also wohl aus allen diesen drei
Theilen hervorgewuchert ist. Dies ergab sich besonders bei den Jungen der Gattung
52
Chelüiiia: denn bei ihnen bestand sie noch in einem nur unvollständig von Knochen-
erde durchdrungenen Knorpel, indess die andre oder breitere Hälfte, die übrigens ohne
scharfe Grenzen in jene erstere überging, sich als eine vollständig ausgebildete
Knochenniasse darstellte. Was die Bedeutung des Keilbeinkörpers bei den Schild-
kröten anbelangt, so entspricht er, seiner Entstehungsweise und Lage nach zu ur-
theilen, eigentlich nur dem hintern Keilbeinkörper andrer Wirbelthiere, wenngleich
er dadurch, dass er nach vorne bis über den Hirnanhang hinausreicht, auch den vor-
dem Keilbeinkörper ersetzt. — Die Keilbeinflügel, die bei der Schildkröte nur in
einem Paare vorkommen , und denen des hintern Keilbeins andrer Wirbelthiere ent-
sprechen, fand ich bei allen darauf untersuchten Jungen von Chelonia und Trionyx,
und selbst auch bei den Embryonen von Chelonia und Testudo, schon als kleine
Knochenslücke vor.
Die Knorpelkapsel, welche sich auch bei den Schildkröten um den häutigen
Theil des Obrlabyrinthes bildet und anfangs eine sehr einfache Form und nur sehr
dünne Wandung hat, bleibt in ihrer gegen das Gehirn gekehrten Hälfte bei mehre-
ren Schildkröten [namentlich in den Gattungen Emys und Chelonia], wenn nicht gar
bei allen, zeitlebens knorplig. Ihre äussere und grössere Hälfte hingegen verknöchert
allmählig, so jedoch, dass in ihr zwei Knochenstücke entstehen, von denen ein jedes
einen Theil des häutigen Ohrlabyrinthes, namentlich Theile der halbzirkelförmigen
Kanäle, einschiiesst, und von denen nur das eine mit dem Namen des Felsenbeines
belegt, das andere von Cuvier nicht recht passend Os occipitale externum genannt
worden ist. Beide Knochenstücke nun , die zusammengenommen eigentlich nichts
anderes als das Felsenbein der höhern Thiere vorstellen, waren zwar schon bei den
Embryonen von Testudo und Chelonia zu erkennen , hatten jedoch bei beiden nur
erst eine sehr geringe Grösse [zumal bei dem letztern Embryo] , so dass sowohl
zwischen ihnen selbst, als auch zwischen ihnen und den benachbarten Knochenstücken,
noch ziemlich grosse , nur von Knorpel angefüllte Zwischenräume vorkamen. Auch
bei den Jungen von Sphargis und Chelonia Hessen sie um sich herum noch ziemlich
grosse Lücken bemerken, dagegen waren sie bei den Jiuigen von Land- und SUss-
wasserschildkröten, welche ich zergliederte , schon mehr oder weniger vollständig
theils an einander selbst, theils auch an die benachbarten Knocbenstücke herange-
wachsen, wonach also zu urtheilen jene Knochenstücke sich bei den Seeschildkröten
am langsamsten vergrössern. Was aber die Grösse der ganzen theils knorpligen,
theils knöchernen Kapsel anbelangt, welche den häutigen Theil des Obrlabyrinthes
einschiiesst, so habe ich sie bei jungen Schildkröten im Verbältniss zu dem Um-
fange der Hirnschale um so bedeutender gefunden, je weniger dieselben an Alter
53
vorgeschritten \v.iren. — Das Gehörknöchelchen erschien schon bei den reifern Em-
bryonen vollständig ausgebildet.
Die beiden Seitenhälften des Unterkiefers verschmolzen bei den Schildkröten
schon sehr frühe, wie dies bereits von Cuvier bemerkt worden ist, der selbst bei
den Jungen zwischen beiden Hälften keine Spur von einer Symphysis auffinden konn-
te '). Jedoch geht an dem Kinnwinkel die Verschmelzung der Knochenstücke des
Unterkiefers erst etwas später vor sich , als das Junge das Ei verlässt : denn nicht
blos bei den Embryonen von Testudo und Chelonia, sondern auch noch bei dem
Jungen von Trionyx gangeticus fand ich beide Seitenhälften nur durch eine Sym-
physe vereinigt. Gleichfalls kam eine solche bei den Jungen von Chelonia Midas
und Trionyx aegyptiacus vor, war aber nur äusserst schmal und kaum noch zu er-
kennen. Bei Terrapene tricarinata aber griffen die Knochenstücke an dem Kinnwin-
kel mit sehr zackigen Rändern innig in einander, ohne jedoch bereits verwachsen zu
sein, indess bei den erstgenannten Schildkröten die einander zugekehrten Ränder der
Kinnladenhälften keine Zacken besassen, sondern ziemlich glatt wairen.
Die übrigen Knochen des Kopfes verhielten sich nicht allein bei den Jungen,
sondern auch schon bei den reifern Embryonen in Hinsicht ihrer Form, relativen
Grösse und Verbindung sehr ähnlich, wie bei den Erwachsenen derselben Gattungen,
weshalb denn über diese ihre Verhältnisse Nichts weiter anzugeben wäre.
Zwischen den Knochen und der Hautbedecknng des Kopfes fehlt bei den jungen
Schildkröten, obgleich auch dieser Theil der Hautbedeckung meistens ziemlich grosse
Hornplatten trägt, doch eine solche aus sehr verdichtetem Bindegewebe gebildete, ge-
wöhnlich aber für knorplig gehaltene Schichte, wie sie bei denselben au dem Rumpfe
vorkommt. (§. 36.) Es erfahren daher die Knochen des Kopfes nicht dergleichen son-
derbare histologische Veränderungen, wie ich sie nachher von mehrern Knochen des
Rumpfes angeben werde, sondern es bleiben ihre Höhlen nur mit Knochenmark erfüllt.
§.4. In einigen Knochenstücken des Schädels geht bei den Schildkröten die
Verknöcherung von der Oberfläche, in andern von der Tiefe aus. Das erstere ist
der Fall, wie bei den Fröschen, an der Schuppe und den Seitentheilen des Hinter-
hauptbeines, desgleichen an den Quadratbeinen und den Scheitelbeinen. Namentlich
fand ich bei den Jungen von Sphargis und Chelonia, dass bei ihnen diese Theile des
Kopfes aus Knorpelmasse bestanden, die von einer nur massig dicken Knochenrinde
umgeben waren. (Bei den erwachsenen Schildkröten bestehen auch diese Theile der
Hirnschale durchweg aus Knochensubstanz, indess sie bei erwachsenen Fröschen ge-
*) Recherclies sur les ossemens fossiles. Quatrieme edition. Tom. IX. Pag. 378.
54
wohnlich in ihrem Innern noch ziemlich grosse Reste von reinem Knorpel bemerken
lassen). Dagegen war für den Körper des Hinterhauptbeines und des Keilbeins
die Verknöcherung offenbar von der Tiefe der Knorpelmasse, aus welcher sich diese
Knochenstücke herausbilden, ausgegangen. Und eben dasselbe schien der Fall auch
für die Stirnbeine, die Felsenbeine und alle platten Knochen des Antlitzes der Fall
gewesen zu sein.
Der Unterkiefer zeigte schon bei den reifern Embryonen eine ähnliche Zusam-
mensetzung, wie bei den Erwachsenen derselben Arten: nur waren die 5 einzelnen
Knochenslücke, welche in jeder Seitenhälfte desselben den als Achse dienenden Knor-
pelstrang wie Schienen umgaben, im Verhältniss zu diesem viel dünner, als bei den
Erwachsenen, so dass demnach bei jenen Embryonen dieser Knorpelstrang an der
Zusammensetzung des Unterkiefers einen viel grössern Antheil, als bei den Erwach-
senen hatte.
Auch war bei ihnen aus dem hintern Ende des erwähnten Knorpelstranges, der
den Meckei'schen Knorpel der Säugethiere vorstellt, noch nicht durch eine Verknö-
cherung derjenige Theil des Unterkiefers entstanden, welcher von Cuvier das Articule
genannt worden ist. Ausserdem al)er fehlte dieser Theil sogar noch bei allen Jun-
gen der Gattungen Sphargis, Chelonia und Trionyx, welche ich zergliedern konnte:
dagegen war er bei den untersuchten Jungen andrer Schildkrölen schon sichtbar. Diese
Verschiedenheit aber in der Zeit seines Auftretens steht in Uebereinstimniung damit,
dass er bei den Seeschildkröten und in der Gattung Trionyx eine verhältnissraässig
nur sehr geringe, bei andern Schildkröten eine viel erheblichere Grösse erlangt.
§. 5. Dass die Scheidewand der Augen- und Nasenhöhlen, die bei den Schild-
kröten für immer knorplig bleibt, sich aus denjenigen Theilen der Belegungsmasse
der Rückensaite, welche ich die paarigen Balken des Schädels genannt habe, durch
Verschmelzung und Vergrösserung derselben entwickelt, seheint mir nach der Analo-
gie mit andern ^Vlrbelthieren keinem Zweifel zu unterliegen. Ob sich aber die so-
genannten vordem Stirnbeine aus dieser Knorpelpartie, oder vielmehr, wie nament-
lich die Nasenbeine andrer Thiere, nur auf derselben gebildet hatten, muss ich da-
hin gestellt sein lassen. Für die letztere Entstehungsweise spricht jedoch der Um-
stand, dass die vordere Hälfle der eben erwähnten Knochenstücke, wie die Nasen-
beine andrer Thiere, auf zwei flügelartigen, in dünnen Knorpelplatten bestehenden
Ausbreitungen jener Scheidewand liegen, die oben und seitlich die Nasenhöhlen aus-
kleiden und nach innen mit der Schleimhaut dieser Hohlen bedeckt sind. - — ■ Sowohl
in der Jugend, als auch im spätem Alter der Schildkröten kommen bei denselben
zwei auf beide Seitenhälften des Kopfes vertheille, gleich nach aussen von der har-
55
ten Hirnhaut g^elegne, mehr oder weniger breite und unregelmässig geformte Knor-
pelslreifeii vor, die zu beiden Seiten des Keilbeinkörpers von der Grundfläche der
Hirusciiale ausgehen, dicht vor der Knorpel- und Knochenmasse des innern Ohres,
von der sie leicht sich trennen lassen, aufsteigen, und darauf sich an der innern
Seite der Scheitelbeine bis in die Gegend der Mittelebne des Kopfes hin erstrecken,
nach vorne aber in die knorpligen Wandungen der Augenhöhlen übergehen. Allem
Anscheine nach sind auch diese Knorpelstreifen, die übrigens bei den Seeschildkröten
die grösste Breite und Dicke erlangen, und von denen ich bisher bei höhern VVirbel-
thieren, wie auch bei Fröschen und Kröten, nichts Aehnliches bemerkt habe, Ausläu-
fer der Belegungsmasse der Rückensaite. Ob sie in einer frühern Entwickelungszeit
zu denjenigen Knorpelpartien, aus welchen sich die Scheitel- und Stirnbeine bilden,
in einer nähern Beziehung stehen, würde noch dereinst zu untersuchen sein.
Auch von den unpaarigen Balken des Schädels fand ich bei den altern Embryo-
nen, und selbst noch bei den Jungen von Seeschildkröten, Spuren vor. Sie bestan-
den in einem schmalen und sehr dünnen, wie überhaupt nur kleinen Knorpelstreifen,
der in einer massig hohen Querfalte der harten Hirnhaut befindlich war, welche Falte
hinter dem Hirnanhange da vorkam, wo namentlich bei den Säugethieren die Lehne
des Türkensattels bemerkt wird. Bei erwachsenen Schildkröten aber konnte ich einen
solchen Knorpelüberrest nicht auffinden : auch erschien mir bei ihnen die Falte , die
ihn bei den Jungen einschloss, verhältnissmässig viel niedriger.
B. Wirbelsäule.
§. 6. In Hinsicht der Gestalt waren die Hals- und Schwanzwirbel nicht blos
bei den untersuchten jungen Schildkröten, sondern auch schon bei den Embryonen
der Chelonia imd Testudo, denen erwachsener Exemplare dieser Thiere sehr ähnlich.
Namentlich besassen selbst bei jenen Embryonen fast alle Halswirbel an ihrem Kör-
per, wie bei den Erwachsenen, eine oder zwei recht grosse Gelenkköpfe, und an
ihrem Bogen massig grosse Processus obliqui. Die Körper der Rücken- und Kreuz-
wirbel erschienen zwar im Verhältniss zu ihrer Dicke etwas kürzer, als bei den Er-
wachsenen, doch hatten alle imgefähr die Form von Rinnen, indem ihre obere Fläche,
und zwar am bedeutendsten bei der Sphargis, concav, dagegen die untere in einem
noch weit höhern Grade convex war. Auch waren sie an ihren Enden schon et-
was dicker, als in der Mitte. Anders hingegen, als bei den Erwachsenen, verhiel-
ten sich bei den eben genannten Embryonen die Bogen dieser Wirbel. Nirgend wa-
ren sie so breit, dass sich zwei benachbarte berührt hätten; sondern es Hessen je
zwei in ihrer ganzen Höhe einen ziemlich grossen Zwischenraum zwischen sich, der
56
von zwei vereinigten fibrösen Häuten ausgerüUt war, nämlich von der harten Haut
des Rückenmarks und von einer massig dicken Fascie, die äusserlich von einem
Bogen zum andern herüberlief und in die Knochenhaut derselben überging. Indess
zeigten die Bogen in ihrer Form schon eine Annäherung in diejenige, welche diese
Stücke bei den Erwachsenen darbieten : denn unten, wo sie von den Körpern der Wirbel
ausgingen, waren sie schon ziemlich breit, weiter nach oben schmäler, und in ihrem
obersten Theile oder der Mitte am breitesten. Ein jeder Bogen ging von dem vor-
dem Drittel des Körpers seines Wirbels ab, war aber an allen Wirbeln des Rum-
pfes , mit Ausnahme des vordersten , sehr schräge nach vorn gerichtet. Auch war
er an eben denselben Wirbeln, während er an seinen Enden an Breite zugenommen
hatte, nach vorne über den Körper seines Wirbels eine massig grosse Strecke hin-
ausgewachsen, so dass er zum Theil auch auf dem Körper des zunächst vor ihm
liegenden Wirbels zu ruhen gekommen war. Noch breiter aber war an dem zwei-
ten und den folgenden 12 Rumpfwirbeln der mittlere oder oberste Tbeil des Bogens
geworden, und es stellte dieser gleichsam ein kleines Schild dar, das bei der Testudo
(Tab. in, Fig. 10.) die Form eines Ovals, bei der Chelonia (Tab. IV, Fig. 1.)
die eines Kartenherzens halte, und dessen grösster Durchmesser in der Mittelebene
des Leibes lag. Bei näherer Betrachtung ergal) sich indess, dass ein jedes solches
Schild eigentlich durch eine nach oben gegangene Wucherung der Substanz des
Bogens entstanden war, indem es einen gerade aufsteigenden Fortsatz darstellte, der
im Verbältniss zu der Grösse des Wirbelbogens, welchem er angehörte, im Ganzen
eine beträchtliche Breite hatte. Dagegen war die Höhe dieser Fortsätze höchst un-
bedeutend, selbst an dem zweiten und den sechs folgenden Rumpfwirbeln , an denen
sie sich grösser, als an den übrigen, zeigten. Die nach oben gekehrte Fläche die-
ser Fortsätze war im Allgemeinen ein wenig convex, die Seitenflächen aber wai'en
gerade und ziemlich senkrecht gerichtet. Die Kante, die durch das Zusammentreffen
dieser verschiedenen Flächen gebildet wurde, war ein ziemlich rechter Winkel, sprang
also seitwärts nicht merklich oder doch nicht erheblich vor.
Wie die Untersuchung weiter entwickelter Schildkröten auswies, bleiben an
den hintersten Rumpfwirbeln die Andeutungen von Dornfortsätzen in ihrer Entwicke-
lung sehr zurück. Dagegen wuchert an dem zweiten und den sechs folgenden Rumpf-
wirbeln aus der Mitte der Bogen derselben die Substanz, je später, desto mehr her-
vor, und es verhallen sich an ihnen die Bogen in dieser Hinsicht, wie die Bogen
vieler Wirbel bei der Mehrzahl der Vertebraten. Allein statt dass bei andern Wir-
helthieren der neue Anwuchs zwischen den Rückenmuskeln immer mehr in die Höhe
geht, und das im Allgemeinen um so mehr, je dicker die Lagen der Rückenmuskeln
57
werden, in Folge davon aber sich zu einem mehr oder weniger langen Strahl, zu
einem wahren Proressus spinosus ausbildet, bietet derselbe bei den Schildkröten
grade ein entgegengesetztes \'erlialten dar. Denn bei diesen Amphibien , bei denen
sich nur wenige Rückenmuskeln und diese ausserdem nur schwach ausbilden (§. 42.),
so dass überhaupt ihre Rüekenmuskelu die Hautbedeckung nicht erheblich von den
Bogen der Runipl"« irbel entfernen können, kommt jener neue Auswuchs mehrerer
Wirhelhogcn sogleich, wie er entsteht, mit einer dicht unter der Hautbedeckung lie-
genden Schichte eines dichten Bindegewebes in Berührung, geht darauf unter dersel-
ben und der Hauthedeckung in die Breite, indem er theils nach vorn und hinten,
theils auch seitwäi'ts sich ausdehnt, und nimmt die Form einer Platte an, die auf
ihrem Wirbelbogen, wie auf einer Unterlage oder einem Fusse, ruht. Ganz richtig
hal)en demnach Bojanus, Meckel und Andre diese Platten für Seitenstücke oder
analoge Theile der Dornfortsätze andrer Thiere ausgegeben, wenn gleich dieselben, wenn
sie ihre Ausbildung erreicht haben , in der Form mit gewöhnlichen Dornfortsätzen
gar keine Aehnlicbkeit mehr bemerken lassen. Haben die Dornfortsätze endlich ihre
völlige Ausbildiuig erlangt, so sind sie an einander dicht angeschlossen und setzen
die Reihe der mittlem oder unpaarigen Platten des Rückenschildes zum grössern
Theile , jedoch nicht ganz und gar, zusammen : denn die vorderste Platte und dieje-
nigen in der Reihe, welche hinter dem achten Wirbel des Rumpfes liegen, und de-
ren Zalil nicht bei allen Schildkröten gleich ist, hal)en, wie ich weiterhin noch näher
angeben werde (§. 25.), einen ganz andern Ursprung. — Die Ausbildung der oben
bezeichneten 7 vordem und immer grösser werdenden Domfortsätze geht nach der
Enthüllung der Embi-yonen nicht besonders rasch vor sich. Unter den jungen Schild-
kröten, die ich untersuchte, wai-en sie bei Sphargis (Tab. IV, Fig. 3.) imd Chelo-
nia imbricata nicht merklich weiter entwickelt, als bei dem Embryo von Chelonia
Midas, hatten ebenfalls noch an der obern Seite die Form eines Kartenherzens, dessen
schmäleres Ende nach vorne gerichtet war, und bestanden noch beinahe ganz aus
Knorpelsubstanz. Etwas, doch nur wenig weiter waren sie bei den Jungen von
Chelonia Midas und Chelonia virgata entwickelt. (Tab. V, Fig, 1.) Auch an diesen
ffewährten sie bei der Ansicht von oben noch die Form von Kartenherzen, — welche
Form ihnen nur bei den Seeschildkröten zu einer gewissen Zeit eigen zu sein
scheint — liefen aber an dem dünnern Ende in eine ziemlich lange, massig breite
und stumpf abgerundete Spitze aus, die über den Wirbelbogen, dem ein solcher Fort-
satz angehörte, nach vorne ein wenig vorsprang, weshalb die Zwischenräume zwischen
den Dornfortsälzen verhältnissmässig kleiner waren, als bei dem Embryo derselben
Gattung. Auch waren alle diese Fortsätze, die noch zum grössten Theil aus Knor-
8
58
pel bestanden und nur erst eine sehr dünne Knochenkruste besassen, etwas höher
und besonders an ihrem obern Ende etwas breiter geworden , so dass sie an ihrer
Basis merklich schmäler, als an ihrer obern Fläche, erschienen. Doch hatten sie nicht
alle eine gleiche Höhe, auch nicht an ihrer obern Seite eine absolut und im Ver-
hältniss zu ihrer Basis gleiche Breite. (Tab. VI, Fig. 9 und 10.) — Noch etwas
mehr hatten sie an Breite bei den Jungen von Trionyx gangeticus (Tab. VI, Fig.
14.), Terrapene tricarinata (Tab. V, Fig. 3.) und Emys europaea gewonnen, so dass
sie bei denselben schon mehr, als bei der Chelonia virgata, eine Annäherung an die
Form von Platten erkennen Hessen. (Siehe Tab. HI, Fig. 8, wo ein Wirbelbogen
und Dornforlsatz des altern Exemplai'es von Emys europaea abgebildet ist.) Von
oben angesehen waren sie übrigens entweder oval, oder gestreckt -ellipsoidisch und
an den Enden wie quer abgeschnitten. Zwischen ihnen befanden sich noch ziemlich
grosse Zwischenräume, besonders bei der Terrapene tricarinata. (Tab. V, Fig. 3.)
Aehniich geformt und gleichfidls im Vcrhältniss zu ihrer Länge noch nicht so breit,
wie bei den Erwachsenen , waren sie auch bei der jungen Emys lutaria , stiessen
aber mit ihren Enden schon dicht an einander. Bei Platemys Spixii, Trionyx ocella-
tus, Pentonyx capensis und Terrapene pensylvanica hatten sie schon eine solche
Form, wie bei den Erwachsenen derselben Arten erlangt, und waren auch so gross
geworden, dass sie dicht an einander stiessen. (Tab. V, Fig. 2. und Fig. 4.) —
An dem vordersten Rumpfwirbel zeigt sich bei den Land- und Süsswasserschildkrö-
ten entweder gar keine, oder doch nur eine schwache Andeutung von einem Dorn-
fortsatze. Bei den Seeschildkröten aber bildet sich an demselben zwar ein ziem-
lich hoher und überhaupt ziemlich grosser Dornfortsatz , doch breitet sich dieser
nicht, wie die nächstfolgenden, an seinem obern Theile zu einer horizontalen Tafel
aus, sondern stellt einen senkrecht stehenden einfachen Auswuchs seines Wirbel-
bogens dar, und wird von dem tafelförmigen Theile des nächstfolgenden Dornfort-
satzes ganz überwölbt. An dem neunten Rumpfwirbel und den nächstfolgenden bil-
det sich bei den Schildkröten im Allgemeinen zwar eine platte Erhöhung auf dem
Bogen aus, doch bleibt dieselbe nur sehr niedrig, und behält überhaupt für immer
nur ein solches Aussehen, wie sie es schon bei den reifen Embryonen und den
Neugebornen hat.
Die Bogenschenkel der Rumpfwirbel erlangen, wie bekannt, bei manchen Schild-
kröten eine sehr ansehnliche Breite, so dass die grossen Lücken, die sich bei den
reifern Embryonen jederseits zwischen ihnen befinden, dadurch bedeutend verkleinert
werden. Und dieses starke Wachsthum in die Breite gebt an ihnen, nach der Ent-
hüllung d|r Embryonen, ziemlich rasch vor sich: denn bei dem jungen Trionyx
59
g^angeticus und Trionyx occllalus hatten sie schon eine ansehnliche Breite erlanjjft^
dass je zweie nur an der Mille ihrer Höhe noch eine massig grosse Lürke Tiir den
Durchgang eines SpiniUnerven und zweier IJiutgelassc zwischen sich liessen, oben
und unten al)er zusanimenstiessen. Noch ausgedehnter war ihre Vereinigung bei
der jungen Phileniys, indem bei dieser die Lücke zwischen je zwei Bogenschcnkeln
nur ein sehr kleines Loch darstellte. Bei andern Schildkröten erlangen die Bogen-
schenkel der Rumpfwirbel eine viel weniger grosse Breite, wie z. B. bei Emys
europaea, und bei noch andern, wie namentlich bei denen aus der Gattung Tesludo,
kann man sie im Verhältniss zu ihren Wirbclkörpern nur schmal nennen.
Die Querfortsätze der Kreuzbein- und Schwanzwirbel, die nahe an den Körpern
von den Bogenschcnkeln dieser Wirbel abgehen und für immer eine sehr einfache
Form behalten, waren an den Embryonen von Chelonia und Testudo in ihrer Ent-
wickclung noch sehr zurück, indem selbst die des Kreuzbeins erst eine geringe
Länge und überhaupt nur eine geringe Grösse hatten, die des Schwanzes aber der
Mehrzahl nach noch fehlten. Bei den andern untersuchten jungen Schildkröten waren sie
zwar weiter entwickelt, doch hatten selbst die des Kreuzbeins bei fast allen noch
eine verhältnissmässig geringere Länge, als bei den Erwachsenen derselben Arten.
§. 7. Eine Rückensaite [Chorda dorsalis] war bei den Embryonen
von Testudo und Chelonia, wie auch bei den Jungen von Sphargis und Chelonia
Midas noch sehr deutlich vorhanden, und erstreckte sich bei ihnen noch ohne Un-
terbrechung von dem hintersten Schwanzwirbel bis in das Hinterhauptbein. Eben
dasselbe war auch der Fall bei dem jungem Exemplar von Emys europaea. Im
Verhältniss zu der Dicke der Wirbelkörper, durch die sie hindurch lief, war sie
am dicksten bei dem Embrjo von Chelonia und der jungen Sphargis, doch auch bei
ihnen im Ganzen nur dünn und dabei so geformt, dass sie von dem mittlem Theile
eines jeden Wirbels, wo sie im Verhältniss zu ihm die grösste Dicke hatte, gegen
die Enden desselben sich ziemlich stark verjüngte, also auf der Grenze je zweier
Wirbel im Allgemeinen am dünnsten war. (Tab. VI, Fig. 8, a.) Ihre beiden we-
sentlichen Theile, die Scheide und der Kern, liessen sich bei den angeführten See-
schildkröten noch hinreichend deutlich unterscheiden. Auch konnte ich in dem Kern,
der beinahe die Festigkeit eines Knorpels hatte und mit der massig dicken häutigen
Scheide nur locker zusammenhing, noch deutlich eine Zusammensetzung aus Zellen
erkennen. Bei dem Embryo von Testudo hatte die Rückensaite- in den einzelnen
Wirbeln allenthalben eine ziemlich gleiche Dicke, schien aber in einigen Gegenden
nicht drehrund, sondern von rechts und links ziemlich stark abgeplattet zu sein.
Ob ihr Kern noch vorhanden war, oder ob sie nur allein aus ihrer Scheide bestand,
8*
60
Hess sich ihrer grossen Zartheit wegen nicht gehörig ermitteln. Bei mehrern an-
dern jungen Schildkröten, die ich auf ihre Rückensaite untersuchte, erstreckte sich
dieselbe nicht mehr durch die ganze Wirbelsäule, sondern war von vorne her mehr
oder weniger weit nach hinten verschwunden. Bei der jungen Chelonia virgata
reichte sie vom hintern Theile des Schwanzes bis auf die Mitte des Halses : zudem
war sie in der Mitte der einzelnen Wirbel, namentlich der Wirbel des Rumpfes
und Halses, merklich, wenn gleich nur massig, dünner, als an den Enden derselben,
und verhielt sich also in dieser Hinsicht umgekehrt, als bei der viel Jüngern Sphar-
gis und dem Embryo von Chelonia. Scheide und Kern Hessen sich an ihr noch
hinreichend unterscheiden, besonders an den dickern Stellen. Bei dem altern Exem-
plar von Emys europaea und der Terrapene tricarinata ging sie von dem Ende des
Schwanzes nur bis zu dem Halse, und hei dem Trionyx ocellatus nur bis zu dem
Rumpfe hin. Stellenweise war bei ihnen dieser noch vorhandene fadenförmige The'il
so überaus zart, dass er kaum noch erkannt werden konnte. Ausserdem aber be-
merkte ich bei Trionyx ocellatus noch Reste der Rückensaite, die unter einander
nicht mehr im Zusammenhange standen. Sie kamen in dem Rumpfe vor, folgten
so in einer Reihe ' auf einander, dass je einer zwischen je zwei Wirbeln inmitten
der Knorpelsubstanz, durch welche die bereits verknöcherten Theile der Körper der-
selben in einander übergingen, seine Lage hatte, bildeten lauter kurze und an bei-
den Enden spitze Doppelkegel, waren mit dem einen Ende nach hinten, mit dem
andern nach vorn gerichtet, hatten eine absolut und relativ nur sehr geringe Grösse,
und bestanden , allem Anschein nach, nur allein aus einem Theile der Scheide der
Rückensaite. Bei der Platemys waren eben so beschatfene Reste der Rückensaite
vorhanden, hei ihr aber zwischen den Schwanzwirbeln, innerhalb der faserknorpligen
Substanz, durch welche die verknöcherten Theile der Körper derselben zusammen-
gehalten wurden, indess im Halse und Rumpfe sogar von solchen Resten jede Spur
verschwunden war. — Nach dem Angeführten winl also bei den Schildkröten die
Rückensaite nicht so, wie es bei den Gräthenfischen und Plagiostomen der Fall ist,
zuerst in der Mitte, sondern an dem Ende der einzelnen Wirbelkörper dünner und
gleichsam eingeschnürt: später aber erfährt sie an dem mittlem Theile der einzelnen
Wirbelkörper eine stärkere Resorption, als gegen die Enden derselben und zwischen
ihnen, in Folge deren sie in den Wirbelkörpern seihst schon früher verschwindet,
als zwischen ihnen. Im Ganzen aber wird sie allmählig von vorne nach hinten
aufgelöst, so dass sie zuerst im Halse, zuletzt im Schwänze völlig verschwindet.
Am dicksten, im Verhältniss zu dem Leibe im Ganzen und zu der Wirbelsäule
insbesondere, erscheint die Rückensaite bei den Fischen , nächst ihnen aber bei den
61
Batracliiern. Auch bleibt sie bei diesen Tiiieren am läno^sten bestehen; bei mehrern
Knorpeirischen sogar das fi^anze Leben liindiirch. Bei Embryonen des Blennius vi-
viparus, die eine Länge von 1 " 5 '" haften und deren Nabelsack beinahe schon
verschwunden war, besass sie noch eine bedeutende Dicke, indess die Wirbelkörpcr,
die auf iiir aufgereiht und bereits verknöchert waren , nur das Aussehn höchst dün-
ner Ringe halten. (Tab. VI, Fig. 1.) Nicht dünner war sie bei Embryonen des-
selben Fisches, die zur Geburt schon reif erschienen und eine Länge von l" 7'" hat-
ten, obgleich in ihnen die ringförmigen Wirbelkörper schon merklich dicker gewor-
den wai'en. Gleichfalls traf ich sie von einer ziemlichen Dicke in jungen Cyprinen
an, die schon eine Länge von beiiudie 5 Linien hatten, und von mir zwischen dem
Mantel und den Kiemen einiger Anodonten gefunden worden waren '), wie auch
bei jungen Exemplaren von Ammodytes lobiaims, deren Länge 9 '" betrug. Nicht
dünner im Verhältniss zu den Wirbelkörpern, als bei den oben angegebenen klei-
nern Embryonen des Blennius, wohl aber etwas dünner im Verhältniss zu der
Dicke der ringförmigen Wirbelkörper, erschien mir die Rückensaite bei Larven der
Rana escidenta, deren Vorderbeine zum Durchbrechen nach aussen schon beinahe
reif waren. Nur sehr dünn dagegen erscheint die Rückensaite im Verhältniss zu
dem ganzen Leibe selbst dann, wann sie relativ am grössten ist, bei den beschupp-
ten Amphibien , den Vögeln und den Säugethieren, und zwar am dünnsten bei den
Säugethieren. Eben dasselbe gilt auch von ihr, wenn man zu der Zeit, da sie ihre
grösste Dicke erlangt hat und bald zu schwinden beginnen will, diese ihre Dicke mit
der Dicke vergleicht, welche dann bereits die Wirbelkörper gewonnen haben. In
dieser letztem Hinsicht fand ich sie bei den Schlangen, Eidechsen, Schildkröten, Vö-
sreln und Säuffethieren um so dünner, je weiter in der Reihe dieser Thiere von den
Schlangen ein jedes der übrigen entfernt steht. Ausserdem aber vergeht die Rücken-
saite bei allen diesen Thieren früher, als bei den Batrachiern, und zwar am frühe-
sten bei den Säugethieren. Doch lässt sie auch bei ihnen sich noch später erken-
nen, als man meistens gemeint hat. So sah ich sie noch sehr deutlich bei Schweins-
embryonen, die vom Scheitel bis zur Schwanzwurzel eine Länge von einem Zolle
und einer oder auch mehreren Linien hatten, bei dem Hähnchen vom ISten Tage
der Bebrütung in dem grössern Theile der Wirbelsäule [denn in den vordersten Hals-
wirbeln war sie schon verschwunden] , bei einer 5 Tage alten Taube in dem
Schwänze, Rumpfe und hintern Theile des Halses, jedoch mit Unterbrechung^en in
') JNach Doellinger's und Oken's Angaben kommen in Süsswassermuscheln mitunter junge Stich-
linge vor; dass aber die oben erwähnten Fischchen nicht Slichlinge, sondern Cyprinen waren, ergab sich
besonders aus der Form ihrer Schwimmblase.
62
dem mittlem schon verknöcherten Theile der einzelnen Wirbelkörper, bei Embryoneu
der Natter und der Lacerta agilis, die schon beschuppt, verschiedentlich gefärbt und
überhaupt zur Enthüllung reif waren, und bei Schildkröten auch noch dann, wann sie,
wie schon angeführt, das Ei vor längerer Zeil verlassen hatten.
§. 8. Die Verknöcherung hatte bei dem Embryo der Chelonia schon in
allen Wirbeln begonnen, war aber in dem einen mehr, in dem andern weniger weit
vorgeschritten. Auch war sie im Ganzen nur erst wenig weiter bei der jungen
Sphargis gelangt. Bei beiden nun aber war in dem Körper der Wirbel die Kno-
chensubstanz so abgelagert, dass sie nur in dem mittlem Theile desselben vorkam,
indess die beiden Enden eines jeden Wirbclkörpers in einer längern oder kürzern
Strecke, die mit der grossem oder geringern Länge desselben eine gewisse Ueber-
einstimmung zeigte, noch völlig knorplig waren. (Tab. VI, Fig. 8.) Absolut und
relativ am längsten waren die noch knorpligen Endabschnitte an den Rückenwirbeln,
am kürzesten hingegen an den Schwanzwirbeln. Der Hauptsache nach bildete die
Knoehensubstanz in jedem Wirbelkörper zwei an beiden Enden offene Röhren, die
an Weite unter einander sehr luigleich waren, und von denen die kleinere die Rü-
ckensaite dicht umschloss und jedenfalls eine nur sehr dünne Wandung hatte, die
grössere aber an der Oberfläche des Wirbelkörpers entstanden war und in den ver-
schiedenen Wirbeln eine sehr verschiedne Dicke besass. Ungefähr nur eben so dick-
wandig, wie jene erstere oder innere Röhre, war die letztere in den Rumpfwirbeln
der Chelonia, erheblich dicker hingegen in den gleichnamigen Wirbeln der Sphargis.
Nach unten, in der Nähe der convexen Seite der Körper dieser Wirbel, berührten
sich beide Röhren, oder waren selbst zum Theil verwachsen. (Tab. VI, Fig. 2 und
4, b und d.) In dem ziemlich weiten Räume aber, der sich zwischen beiden befand,
ging die Knorpelsubstanz gleichsam in zwei dicken Strängen, die von einander ziem-
lich weit entfernt zu beiden Seiten der Mittelebene lagen (ebendaselbst a.), von
dem einen knorpligen Ende des Wirbelkörpers zu dem andern hin und in dasselbe
über. Nach aussen lagen beide Stränge mit einer breiten Fläche der grössern oder
oberflächlichen Knochenröhre dicht an, und von dieser aus schlug sich eine blattar-
tig dünne Fortsetzung über die ganze übrige Fläche eines jeden Stranges unter der
Form einer Rinne (c.) so herüber, dass der Strang auch für sich allein von einer
knöchernen Scheide völlig und zwar sehr knapp umgeben wurde, nämlich durch ei-
nen Theil der äussern Knochenröhre und die erwähnte nach innen gegangene Fort-
setzung derselben. Den noch übrigen Raum im Innern des Wirbelkörpers, denjeni-
gen, welcher zwischen der äussern Knochenröhre nebst den Scheiden jener Knorpd-
stränge und der Knochenröhre der Rückensaite befindlich war (f.), füllte eine massig
63
weiche bröckliclie Masse aus, die eine gelbliche Farbe hatte, eine kaum bemerkbare
Menge von Fett cntliioil, und noch deutlich, obgleich die Thiere schon mehrere
Jahre im Weingeist gelegen hatten, eine Zusammensetzung aus leicht trennbaren
und sehr kleinen Zellen erkennen Hess, Eine eben solche Masse kam aber auch
in mehreren kleinen Höhlen vor, die sich bei der Sphargis in der Knochensubstanz
der äussern Röhre befanden und eine sehr unregelmässige Form hatten. Zu einer
klaren Einsicht in den Ursprung, die weitern Veränderungen und die Bedeutung die-
ser bröcklichen Masse konnte ich nur erst durch die Untersuchung der Röhrenknochen
einiger andern jungen Schildkröten, die in ihrer Entwickelung schon grössere Fort-
schritte gemacht hatten, gelangen. Ein Näheres darüber werde ich daher erst wei-
terhin (§. 33.) anführen, hier aber nur das Resultat angeben, dass die erwähnte
Masse, die lediglich durch die Einwirkung des Weingeistes eine bröckliche Beschaffen-
heit erhalten hatte, durch eine stelhveise Umbildung des Knorpels entstanden war,
wobei seine feste Grundsubstanz aufgelöst und zum Theil resorbirt, zum Theil in
eine gallertartige Masse aufgelöst wurde, seine weichern Zellen aber übrig blieben
und zum Theil an Umfang zunahmen, dass ferner mit der Zeit in diesen Zellen
immer mehr Fett abgelagert wird, und dass sie überhaupt die Bildungsstätte des Kno-
chenfettes sind. — Ich werde daher im Folgenden die erwähnte bröcklige und et-
was gelbliche Masse immer das Knochenmark nennen ^). — Weiter schon, als
in den Wirbeln des Rumpfes, war bei dem Embryo von Chelonia und der jungen
Sphargis die Verknöcherung in den Hals- und Schwanzwirbeln vorgeschritten. (Tab.
VI, Fig. 3. und 5.) Die äussere und die innere Knochenröhre, die in den Körpern
auch dieser Wirbel vorhanden waren, und von denen die erstere in den Halswir-
beln hoch nach oben [in der Nähe der obern Seite derselben] lag, hatten schon
eine dickere Wandung erlangt, indess die beiden Knorpelstränge dünner geworden
waren, auch das Knochenmark zwischen den Scheiden dieser Stränge und der knö-
chernen Röhre der Rückensaite in verbältnissmässig geringerer Masse vorhanden war.
Bei dem Embryo von Chelonia hatten diese Fortschritte der Verknöcherung in den
vordem Halswirbeln schon den Erfolg gehabt, dass die in den Körpern derselben
vorhandene innere Knochenröhre fast an ihrer ganzen Oberfläche die viel dickwan-
digere äussere Knochenröhre nebst den Fortsetzungen , die diese Röhre Tiir die bei-
den Knorpelstränge abgegeben hatte, berührte. Auch waren jene Stränge beinahe
ganz verdrängt worden, und überhaupt bestanden die Körper der vordem Halswirbel
1) üeber die Beschaffenheit der Knorpel der VVirbelthiere und die Veränderungen, die in ihnen bei
der Veriinöcherung vorsieh gehen, habe ich ein Näheres in einer Abhandlung angegeben, die in Johannes
Miillel''s Archiv erscheinen wird.
64
in dem mittlem grossem Theil ihrer Länge beinahe ganz aus einer Knochensubstanz,
die mehrere kleine mit einer gelblichen bröckligen Masse, oder dem Knochenmark, er-
riillte Höhlen einschloss. In den hintern Schwanzwirbeln aber war sowohl bei dem
Embryo von Chelonia, als auch bei der jungen Sphargis, von den erwähnten Knor-
pelsträngen keine Spur zu bemerken, sondern die Rückensaite war in dem mittlem
Theil der Körper dieser Wirbel nur allein von Knochensubstanz umgeben. — Noch
wäre in Betreff dieser Schildkröten anzuführen, dass an den Körpern ihrer Rumpf-
wirbel die äussere Knochenröhre jederseits eine massig grosse Oeffnung hatte, durch
die sich die Substanz des zunächst gelegenen Knorpelstranges hindurch in die Knor-
pelsubstanz eines Bogenschenkels fortsetzte, dass aber an den Körpern der Hals- und
Schwanzwirbel dergleichen Oeffnungen ganz fehlten, obgleich sie in einer frühern
Zeit des Fruchtlebens wahrscheinlich auch hier vorhanden waren.
Bei den Jimgen von Emys europaea. Em. lutaria. Terrapene tricarinata, waren
die Körper fast aller Wirbel an ihren Enden nicht mehr knorplig, sondern schon in
ihrer ganzen Länge verknöchert. Nur allein die Halswirbel besassen an den Enden,
wo eine Gelenkfläche vorkam, einen dünnen Ueberzug von Knorpelsubstanz. Dage-
gen kamen im Innern der Körper der Rumpfwirbel noch ziemlich grosse üeberreste
solcher Knorpelslränge vor, wie ich sie bei den jungem Seeschildkröten gefunden
hatte, indess dergleichen in den Wirbeln des Schwanzes und fast allen Wirbeln des
Halses fehlten. Die innere und äussere Knochenröhre eines jeden Wirbelkörpers
waren an den Flächen, die sie einander zukehrten, allenthalben verschmolzen, Hessen
sich aber namentlich bei den Jungen von Emys an ihrer verschiednen Textur noch
von einander unterscheiden. Die innere nämlich hatte eine schwammige Beschaffen-
heit und ihre kleinen Höhlen waren mit Knochenmark ausgefüllt, dagegen war die
äussere merklich fester, doch weniger an den Enden der Wirbelkörper, als in der
Mitte, wo sie eine glasartige Beschaffenheit hatte und auch, wenn sie mit Wasser
oder Weingeist getränkt worden war, ganz durchsichtig und beinahe farblos erschien.
Bei der Terrapene aber, an deren Wirbelkörpern die beiden erwähnten Knochenröh-
ren viel dünnwandiger waren, hatten diese ein gleich festes Gefüge. Was die Ge-
lenkköpfe anbelangt, die sich bei der Emys und Terrapene an den Körpern fast aller
Halswirbel befanden, so zeigte sich ihre Knochenmasse als eine gerade Fortsetzung
von derjenigen , aus welcher der übrige Theil der Wirbelkörper bestand. Und da
dieses schon bei noch sehr jungen Thieren der Fall war, so glaube ich daraus fol-
gern zu dürfen , dass bei den Schildkröten eben so wenig, wie nach meinen Beob-
achtungen bei den Schlangen , in den Gelenkköpfen der Wirbel besondre Knochen-
kerne entstehen, die bei ihrer Vergrösserung mit der übrigen Knochenmasse der
65
Wirbelkörper zusanimenwüclisen , sondern dass von der Mitte dieser Kiirper aus die
Knoehenniasse allniälilig bis in die Gelenkköpfe hineinwächst.
Bei Phiteniys Spixii und Trionyx oeellatus waren die Körper aller Wirbel schon
durchweg verknöchert, so dass in ihnen keine Reste von Knorpelslrängen mehr be-
merkt werden konnten. Ihre Rindensubstanz war sehr fest, ihre Diploe zwar locker,
doch weniger, als bei der Eniys europaea, aber ebenfalls in ihren Höhlen mit einer
weichen, aus Zellen zusammengesetzten Masse [Knochenmark] ausgefiillt.
An die Angaben, die ich in dem Obigen über die Wirbelkörper der Schildkrö-
ten gemacht habe, will ich noch einige Bemerkungen anreihen, die sich auf die Ver-
knöcherung der ^^'i^belkörper bei den Wirbelthieren überhaupt beziehen. — Soweit
meine Erfahrungen reichen, beginnt die Verknöcherung dieser Skeletstücke schon
dann, wann noch die Rückensaite vorhanden ist. Die Weise aber, nach der sie vor
sich geht, ist bei den verschiedenen Wirbelthieren sehr verschieden und hängt zum
Theil, doch keinesweges gänzlich, von dem Verhällniss ab, in welchem zu der Zeit,
da in den Wirbelkörpern die Verknöcherung beginnt, diese Körper und die von ih-
nen eingeschlossene Rückensaite zu einander in Hinsicht ihrer Dicke stehen.
1) Bei den Gräthenfischen [namentlich bei Blennius viviparus und Cyprinus],
wie auch bei den Batrachiern [namentlich bei Rana esculenta und Rana temporaria],
ist zu der Zeit, da in ihnen die Verknöcberung der Wirbelkörper beginnt, die Rü-
ckensaite im Verhältniss zu dem ganzen Leibe bedeutend dick, dagegen die Substanz
Tür die Wirbelkörper und deren Bänder nur in einer so geringen Quantität um sie
abgelagert, dass dieselbe ein nur sehr dünnwandiges Rohr darstellt. Die Knochen-
substanz, die sich nun in diesem Rohre einstellt, nimmt sogleich die ganze Dicke der
Wandung desselben ein, und bildet sehr bald eine Reihe dünner einfacher Ringe, die
ganz aus Knochenmasse bestehen. (Tab. VI, Fig. 1, a.) Die weitere Entwickelung
der Wirbelkörper aber beruht nur auf der Vergrösserung jener einzelnen Ringe,
indem dieselben, unter Absatz neuer Knochensubstanz, theils an Länge, theils auch,
so nach innen [gegen ihre Achse] wie nach aussen anschwellend, an Dicke immer
mehr zunehmen, wobei die Rückensaite von ihnen allmählich theilweise abgeschnürt
und verdrängt wird.
2) Weit dünner ist bei den Schlangen und Eidechsen, wenn in ihnen die Verknö-
cherung der Wirbelkörper beginnt, die Rückensaite, hingegen im Verhältniss zu die-
ser erheblich dicker das sie einscbliessende und von den Wirbelkörpern und deren
Bändern dargestellte Rohr. Wird darauf in den Wirbelkörpern Knochensubstanz ab-
gelagert, so erscheint diese anfangs zunächst der Oberfläche derselben, und bildet dann
für jeden einen Ring, der nicht, wie in den Gräthenfischen und Batrachiern, sogleich
66
die Rückensaite ganz knapp umgiebt, sondern noch durch einen Zwischenraum von
ihr getrennt ist. AUmähiig aber wird auch dieser Zwischenraum, der von dem noch
knorpligen Theiie des Wirbelkörpers ausgefüllt ist, von Knochensubstanz durchdrun-
gen, indem von dem angegebenen Ringe aus die Knochensubslanz nach innen, gegen
die Rückensaite, immer mehr zunimmt, worauf von ihr, wie bei den Gräthenfischen
und Batrachiern, zuletzt die Rückensaite eingeschnürt und verdrängt wird.
3) Noch dünner, als bei den Schlangen und Eidechsen, ist die Rückensaite
sowohl im Verhältniss zu dem ganzen Leibe, als auch im Verhältniss zu der Dicke
der Wirbelkorper, bei den Vögeln, wenn in diesen die Verknöcberung der Wirbel-
körper ihren Anfang nimmt. Aber auch in ihnen bildet die Knochensubstanz, die fiir
diese Körpertheile bestimmt ist, anfänglich eine Reihe einfacher und sehr dünner
Ringe. Jedoch entstehen dieselben nicht zunächst an der äussern Fläche des von den
knorpligen Wirbelkörpern gebildeten Rohres, sondern umgekehrt, als bei den Schlan-
gen, an der innern Fläche desselben, so dass sie die Rückensaite knapp umgeben
und nach aussen von sich einen noch knorplig gebliehnen Theil der Wirbelkörper
zur Hülle haben. Die weitere Entwickelung der Wirbelkörper beruht dann darauf,
dass von den entstandnen knöchernen Ringen aus, indem sie zugleich an Breite zu-
nehmen, die Knochensubstanz nebst ihrem Marke einestheils nach innen vordringt und
die Rückensaite verdrängt, anderntheils und hauptsächlich nach aussen den noch knorp-
ligen Theil der Wirbelkörper entweder völlig oder beinahe völlig durchdringt. Denn
an den Schwanzwirbeln und vielleicht auch an allen Halswirbeln breitet sich die
Knochensubstanz jener Ringe allmählig bis zu der Oberfläche der Körper dieser Wir-
bel aus ; in den Körpern der Rumpfwirbel aber bildet sich , unabhängig von jenen
Ringen [am fünfzehnten Tage] eine breite, jedoch nur dünne Knocbenplatte an der
obern und eine zweite an der untern Saite derselben, mit welchen Platten dann die
Substanz des Ringes, indem sie sich weiter ausbreitet, sehr bald verschmilzt.
4) Nicht weniger complicirt, als bei den Vögeln, ist die Entwickelung der
Wirbelkörper bei den Schildkröten. In der Knorpelmasse, die auch hier um die sehr
dünne Rückensaite in einer bedeutend dicken Schichte als Belegung abgesetzt worden
ist, entstehen fiir jeden Wirbelkörper [die letzten Schwanzwirbel vielleicht ausgenom-
men] zwei knöcherne , sehr dünne Röhren , die eine an der äussern Fläche jener
Masse, die andre an der innern Fläche derselben dicht um die Rückensaite herum.
Allmählich aber nehmen beide Röhren an Dicke zu, bis sie zuletzt an ihrer ganzen
einander zugekehrten Fläche zur gegenseitigen Berührung kommen, worauf sie dann
auch allenthalben mit einander verschmelzen.
5) In einer noch andern Weise geht die Verknöcherung der Wirbelkörper
67
bei den Säugethieren vor sich. Bei diesen [namentlich bei dem Schweine und Schaafe,
die ich darauf uniersucht habe] wird in je einem Wirbelicörper die Knochensubstanz
zunächst um die Rückensaite so abgelagert, dass sie zuvörderst, wie bei den Vögeln,
einen schmalen und dünnen Ring bildet. Von diesem aus dringt sie dann theils ge-
gen die Oberfläche, theils gegen die Enden der einzelnen Wirbelkörper immer weiter
vor, und gelaugt nach einiger Zeit bis an die Oberfläche selbst, niemals aber völ-
lig bis an die Enden. Zur Ergänzung entstehen an den letztern für je einen Wir-
belkörper 2 besondre Knochenscheiben, die sich nachher dem früher verknöcherten
mittlem Theile anschliessen und mit ihm gänzlich verschmelzen. — Aehnliche für
die Enden der Wirbelkörper bestimmte Knocbenscheiben kommen, nach den bisheri-
gen Beobachtungen zu scbliessen, bei keinem unter den Säugethieren stehenden Wir-
beithiere vor.
In den Bogen der Wirbel geht bei den Schildkröten die Verknöcherung ganz
unabhängig von der Verknöcherung der Wirbelkörper, doch ungefähr um eben die-
selbe Zeit vor sich. Bei den Embryonen von Chelonia und Testudo hatte sie schon
in allen Wirbelbogen sich eingestellt. Die Knochensubstanz, die an ihnen vorkam,
bildete eine überaus dünne Kruste, welche die aus Knorpel bestehende übrige Sub-
stanz, wie eine Scheide, einschloss. Diese Scheide aber reichte an allen Wirbeln
Dicht bis zu den Körpern derselben herab, sondern endete in einer mehr oder weni-
ger grossen Entfernung von ihnen mit einem freien Rande. Auch bei den Jungen
von Sphargis und Chelonia bestanden sie noch zum grössten Theil aus Knorpel;
denn die Knochenkruste, die an ihnen vorkam und bis ganz in die Nähe der Wir-
belkörper berabreichte , war nur wenig dicker, als bei jenen Embryonen. Bei den
übrigen jungen Schildkröten aber waren die Wirbelbogen in ihrer ganzen Dicke ver-
kuöchert, so dass sie selbst in ihrer Achse keinen freien Knorpel mehr enthielten,
sondern nur eine mehr oder weniger schwammige Diploe, die eine sehr geringe Masse
von Knochenmark einschloss. Aber auch bei ihnen allen endete an den Rumpfwir-
beln die Knochensubstanz der Bogenschenkel in einiger Entfernung von den Körpern
dieser Wirbel: denn das untere Ende ihrer Bogenschenkel bestand nur allein aus
Knorpelsubstanz. Die Bogenschenkel der Halswirbel, mit Ausnahme der des Atlas,
waren zwar der ganzen Länge nach verknöchert, lösten sich jedoch bei Trionyx
gangeticus, Terrapene tricarinata und Emys europaea beim Mazeriren von ihren Kör-
pern los, und waren überhaupt mit ihren Körpern, wie es bei Chelonia Midas auch
im späten Alter der Fall ist, nur durch eine Synchondrose vereinigt. Dagegen waren
bei den etwas altern Exemplaren von Trionyx ocellatus und Platemys Spixii an allen
Halswirbeln, mit Ausnahme des Atlas, die Körper und Bogenschenkel völlig vcr-
68
schmolzen. An den meisten Schwanzwirbeln waren bei Emys europaea, Platemys,
Terrapene tricarinata und Trionyx ocellatus die Bogen mit den Körpern unauflös-
lich verwachsen ; au einigen der vordersten aber lösten sie sich nach der Mazeration
von den Körpern ab.
Die Dornfortsätze der sieben mittlem Rumpfwirbel erscheinen jedenfalls, wie
ich schon oben (§. 6.) angegeben habe, durchaus als wirkliche Fortsätze oder
Auswüchse der Wirbelbogen, nicht aber etwa, wie einige Anatomen behauptet ha-
ben (§. 27), als diesen Bogen angefügte Körpertheile. Bei den Embryonen von
Chelonia und Testudo, wie auch bei den Jungen von Chelonia und Sphargis, bestan-
den sie in ihrem Innern nur allein aus Knorpelsubstanz, äusserlich aus einer ein-
fachen Kruste von dichter Knochensubstanz, und beide Substanzen gingen ohne ir-
gend eine Unterbrechung in die gleichen Substanzen der Bogenschenkel über. Die
Knochenkruste , die den kleinern Theil der ganzen Masse der Fortsätze ausmachte,
war an ihnen bei den genannten Embryonen und der jungen Sphargis allenthalben
so überaus dünn, dass sie leicht übersehen werden konnte, imd bildete auf der
Grenze zwischen der obern und den senkrechten Seiten derselben einen saumartigen
Vorsprung. Bei der jungen Chelonia virgata aber war die Verknöcherung der
Dornfortsätze, die alle bei der Ansicht von oben die Form eines Kartenherzens dar-
boten, jedoch dem breitern Ende gegenüber in eine ziemlich lange , massig breite
und massig dicke Spitze ausliefen, schon etwas weiter gediehen. (Tab. VI, Fig. 11
imd 12.) Die Spitze nämlich, die eine Richtung nach vorne hatte, war schon durch-
weg verknöchert; auch hatte an der hintern Seite oder dem breitern und ausge-
schweiften Ende der Fortsätze, besonders an der Mitte dieses Endes, die Knochen-
kruste eine massig grosse Dicke erreicht, wenngleich an dem einen Fortsatze eine
grössere, als an dem andern: an beiden Enden aber ging die Knochensubstanz ohne
alle Unterbrechung sowohl in die an der inncrn Seite der Wirbelbogen, als auch
in die an der obern Seite der Dornfortsätze befindliche Knochensubstanz über. Da-
gegen war die Kruste an der linken und rechten Seite der breitern Hälfte aller
Fortsätze noch gar sehr dünn. Auch an der obern Seite eben dieser breitern
Hälfte Hessen die Dornfortsätze des siebenten und achten Rumpfwirbels eine ungeßthr
nur eben so dünne Knochenkruste bemerken: denn nur an der Mittellinie dieser
Seite war sie in einer massig grossen Breite etwas dicker. An den übrigen Dorn-
fortsälzcn aber halte sie um die Mittellinie der obern Seite sich stärker und auch
in grösserer Breite verdickt, indess sie weiter davon nach links imd rechts noch
sehr dünn geblieben war. Es kam daher an der Mitte dieser Seite gleichsam ein
mehr oder weniger breiter, doch nicht scharf begrenzter Gürtel vor, der aus einer
69
stärkern Anhäufung von Knochensubslanz bestand, sich von dem vordern bis an das
hintere Ende des Doniforlsalzes hinzog, und an dem letztern Ende sich nach unten
umbog. An seiner äussern Fläche Hess er sich ein wenig rauh anrdhien, und über-
haupt bestand er aus einer etwas lockern, wiewohl nicht deutlich mit Höhlen ver-
sehenen Substanz, die auf die dem Knorpel zunächst gelegene glasartig dichte und
sehr harte Knochenmasse gleichsam aufgetragen zu sein schien. Jedoch war dieser
Gürtel nicht etwa eine besondere Platte, die nur auf dem Dornfortsatze dicht auflag,
sondern ein verdickter und weniger fester Theil der Knochenkruste selbst, welche
den ganzen Dornfortsatz umgab. Denn es Hess sich weder auf Durchschnitten, selbst
bei stärkern Vergrösserungen, ein Zwischenraum zwischen ihm und einer etwa dar-
unter liegenden Knochenschichte erkennen, noch liess er sich durch Mazeration von
einer etwa unter ihm liegenden Knochenschichte abtrennen. Auch bildete er, als
ich aus der Knochenkruste der Dornfortsätze durch Salzsäure die Knochenerde aus-
gezogen hatte, mit dem darunter liegenden dichten Theile eine einzige Masse, und
liess sich von diesem letztern Theile nur schwer abtrennen, worauf denn beide
Theile an ihren Trennungsflächen nirgend ganz glatt, sondern mehr oder weniger
uneben erschienen. Ausserdem war der besagte Gürtel unmittelbar von demselben
fibrösen Gewebe bedeckt, welches theils für die Dornfortsätze als Beinhaut diente,
theils auch die Ligamenta interspinalia bildete, die grade an jener gürtelförmig ver-
dickten Stelle an die Beinhaut der Dornfortsätze angeheftet waren. Wo an der
breitern Hälfte der Dornfortsätze ihre obere Seite in die linke und rechte Seite
überging, also da, wo diese Fortsätze am breitesten waren (§. 6.), bildete die
Knochenkruste, indem sie auch hier sich stärker verdickt hatte, einen horizontalen
saumarligen Vorsprung, der zwar an dem einen Fortsatze eine grössere Breite , als
an einem andern hatte, doch jedenfalls nur sehr schmal und sehr dünn war. Offen-
bar deutete dieser Saum darauf hin, dass die Knochenkruste, oder überhaupt die
Knochensubstanz, mehrerer Dornforlsätzc schon einen Anfang gemacht hatte, sich
dicht unter dem Unterhaut -Bindegewebe tafelförmig auszubreiten. — Bei dem Jün-
gern Exemplar von Emys europaea und bei Em. lutaria war an der obern Seite
der Dornfortsätze die Knochenkruste zwar verhältnissmässig dicker, als bei den jun-
gen Seeschildkröten, und sprang auch seitwärts etwas stärker vor, doch bestanden
bei der erstem alle diese Fortsätze und bei der letztern fast aUe zum grössern
Theile noch aus Knorpel. — Bei Trionyx gangeticus enthielten einige von den
üornforlsätzen, die übrigens alle nur sehr niedrig waren, in ihrer Mitte noch eine
kleine Quantität freien Knorpels, indess andre schon durchweg verknöchert waren.
Bei den übrigen untersuchten jungen Schildkröten fand ich alle Dornfortsätze schon
70
völlig verknöchert. Die Knoehensubstanz selbst war an der untern Seite dieser
Fortsätze, wie viel oder wie wenig sie über die Wirbelbogen seitwärts hinausragen
mochte, an dem hinausragenden Tbeile jedenfalls sehr fest, und stellte hier eine nur
dünne Tafel dar, die ohne irgend eine Unterbrechung in die Knochenmasse der Wir-
belbogenscbenkel überging, und in der sich kleine Höhlen erkennen Hessen, die mehr
oder weniger deutlich die Form von Kanälen und eine horizontale Richtung hatten,
jedoch nur erst bei starken Vergrösserungen sichtbar waren. Dagegen hatte die
übrige ui'ld bei weitem grössere Masse der Knochensubstanz der Dornfortsätze eine
schwammartige Beschaffenheit, indem sie lauter unregelmässig rundliche Höhlen oder
sogenannte MarkzeUen enthielt. Doch bot diese scbwammartige Masse, je nach den
verschiedenen Exemplaren der untersuchten jungen Schildkröten, wie auch bei den
meisten , und zwar den altern von ihnen , an verschiedenen Stellen einige nicht un-
merkwürdige Verschiedenheiten dar. Bei Trionyx gangeticus und Terrapene tricari-
nata waren ihre Höhlen fast sämmtlicb, bei Emys europaea aber in der Mehrzahl
nach aussen ganz offen, so dass sie beinahe das Aussehen von glattrandigcn Gehäu-
sen mancher Eschara- Arten, oder auch, weil ihre Höhe nur geringe war, das Aus-
sehen der Zellenräume in dem Netzmagen der Wiederkäuer hatten, indess die übri-
gen auch nach aussen eine aus Knochensubstanz bestehende Wandung erhalten hat-
ten, die jedoch nur überaus dünn und von einer mehr oder weniger grossen Oeff-
nung durchbrochen war. Bei allen drei Exemplaren aber kamen diese Markzellen
nur in einer einfachen Schichte vor. — Bei den noch weiter entwickelten Jungen
von Trionyx ocellatus, Platemys Spixii und Terrapene pensylvanica befanden sie
sich in zwei und selbst in mehreren Schichten über einander, so jedoch, dass sie
nicht durchweg ganz regelmässig gelagert waren, und gingen zum Theil durch klei-
ne in ihren Wandungen befindliche Oeffnungen in einander über. Von den ober-
flächlichsten Markzellen waren einige nach aussen völlig geschlossen, die meisten
aber nur unvollständig, indem ihre äussere Wandung eine Oeffnung hatte, die mehr
oder weniger gross war, besonders aber bei Trionyx gangeticus und der Platemys
mitunter nur eine sehr geringe Grösse hatte. Absolut und relativ am grössten fand ich
die Höhlen der Markzellen, dafür aber am dünnsten die Wandungen derselben, bei
Platemys Spixii, am kleinsten dagegen die Höhlen und im Verhältniss zu ihnen am dick-
sten ihre Wandungen bei Trionyx ocellatus. Im Allgemeinen aber waren bei allen
diesen welter entwickelten Jungen die oberflächlichsten oder am nächsten der Hautbe-
deckung gelegenen Markzellen merklich kleiner, als die tiefer gelegenen. Was fer-
ner ihre Anordnung anbelangt, so war dieselbe zwar nicht ganz regelmässig, doch
in den Fällen, dass sie in mehreren Schichten über einander lagen, von der Art,
71
dass sie nach der Höhe [oder Dicke] der Dornfortsätze mehr oder weniger deutlich
Reihen bildeten , von denen die mittlem senkrecht standen , die übrigen gegen die
Ränder der Fortsätze mehr oder weniger divergirten und eine verschiedene Länge
hatten, so dass die kürzern zwischen die längern gleichsam eingeschoben waren.
Angeriilh sind bei den jungen Schildkröten alle Markzellen der Dornfortsätze mit
einem lockern Bindegewebe; auch gehen durch sie sehr zarte Verzweigungen von
Blulgefiissen hindurch ; niemals aber habe ich in ihnen Knochenmark gefunden.
Schon oben ftihrte ich an, dass bei der jungen Chelonia virgata, die ich zer-
gliederte, an der breitern Hälfte mehrerer Dornfortsätze auf der Grenze der obern
und der rechten und linken Seite derselben die Knochenkruste einen schmalen und
dünnen saumartigen Vorsprung bildete. Von diesem Vorsprunge nun bleibt bei sei-
ner Vergrösserung, nach den Untersuchungen zu urtheilen, die ich an weiter ent-
wickelten jungen Schildkröten anstellte, die unlere Fläche nicht so weit von den Bo-
genschenkeln der Wirbelbeine entfernt, wie sie ursprünglich war, sondern rückt dem-
selben , zumal mit dem mittlem Drittel ihrer Länge , immer näher , wobei übrigens
die Masse dieser Vorsprünge mit der zwischen ihnen gelegenen Knochenmasse im-
mer in einem innigen Zusammenhange erscheint, so dass zuletzt der Dornfortsatz
nicht eine Knochentafel darstellt, die auf dem ursprünglich senkrechten Theile des-
selben wie auf einem massig hohen Fusse ruhte, sondern eine Tafel, die unmittelbar
den Bogenschenkeln aufsitzt und mit ihnen selbst verschmolzen ist. Hieraus ergiebt
sich, dass weder eine über dem Dornfortsatze entslandne Knochenlafel mit ihm all-
mählig verwachsen ist, noch auch die Knochenkruste des Fortsatzes nur allein von
der obern Seite desselben linkshin und rechtshin immer mehr hervorgewuchert sein
kann , sondern dass auch an der linken und rechten Seite des Dornfortsatzes seine
Knochenkruste nach aussen immer mehr an Masse gewonnen hat und immer weiter
hervorgewachsen ist.
Was die Querfortsätze anbelangt, so fiind ich bei den Embryonen von Che-
lonia und Testudo nur die der Ki'euzbeinwirbel ein wenig verknöchert, die der
Schwanzwirbel hingegen noch ganz knorplig. Bei den verschiedenen jungen Schild-
kröten, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, war die Verknöcherung auch die-
ser Fortsätze zwar weiter gediehen , als hei jenen Embryonen , so dass bei den
meisten die Querfortsätze der Kreuzbeinwirbel und der vordersten Schwanzwirbel
schon beinahe ihrer ganzen Länge nach von Knochenerde durchdrungen waren: an
mehreren andern Schwanzwirbeln aber bestanden sie noch ganz aus Knorpelsubstanz.
Die Art und Weise, nach der sie verknöchern, verhält sich wenigstens an den
Kreuzbeinwirbeln luid den vordersten Schwanzwirbeln so, dass sich die Knochen-
72
substajiz nicht von den Bogenschenkeln dieser Wirbel in sie hineinverbreitet, son-
dern dass sie in ihnen unabhängig von der Knochensubstanz der ßogenschenkel ab.
gelagert wird, derselben aber mit ihrer Zunahme sich mehr und mehr annähert.
Eine Verschmelzung beider kommt jedoch an den Kreuzbeinwirbeln mancher Schild-
kröten nicht zu Staude , sondern es bleibt zeitlebens zwischen der Knochenmasse
der Querfortsätze und der gleichen Masse der ßogenschenkel eine dünne Scheibe
von Knorpelsubstanz übrig, so dass die spätere Verbindung dieser Theilc in einer
Synchondrose besteht. Dies ist namentlich der Fall bei Chelonia Midas und Emys
europaea.
Eine eben solche Verbindung bleibt aber auch bei Chelonia Midas an mehrern
der vordem Schwanzwirbel '), indess bei Emys europaea, und zwar bereits in frü-
her Jugend, an eben denselben Wirbeln die Querfortsätze in das Verhältniss von
Epiphysen treten. Unbekannt ist mir geblieben , nach welcher Weise die Querfort-
sätze der zur hintern Hälfte des Schwanzes gehörigen Wirbel verknöchern.
§. 9. An der untern Seite der Rumpfwirbel erwachsener Schildkröten befindet
sich eine dicke Schichte fibrösen Gewebes, das die Körper dieser Wirbel nach ih-
rer ganzen Breite bekleidet und dem Ligamentum longitudinale anterius an der ^^^ir-
belsäule des Menschen entspricht. Seitwärts geht die Schichte, viel dünner werdend,
auf die ßogenschenkel der Rumpfwirbel und die untere Seite der Rippen über, klei-
det überhaupt, nach aussen von der fibrösen Haut der Runipfliöhle liegend, die ganze
obere Wandung dieser Höhle innen aus, und stellt für die untere Seite der Rippen
die Knochenhaut derselben dar. Mit einer Fascia superficialis interna ist sie jedoch
nicht zu verwechseln, denn eine solche kommt auserdem noch vor. Von dieser Lage
fibrösen Gewebes war nun derjenige Theil, welcher die untere Seite der Rumpfwir-
bel bedeckt, schon bei den Embryonen von Chelonia und Testudo stark ausgebildet,
indem er eine so bedeutende Dicke und Festigkeit hatte, dass er sogar fiir sich al-
lein die Rumpfwirbel hätte recht innig zusammenhalten können. Aber auch abgesehen
hievon, war bei beiden Embryonen die Verbindung der Körper dieser Wirbel über-
aus innig, denn sie gingen völlig in einander über, indem sich zwischen ihnen in der
Knorpelsubstanz, aus der sie noch zum grössten Theil bestanden, weder eine Naht,
noch ein Gelenk gebildet hatte. Doch war auf der Grenze je zweier Körper —
wie ich an mehreren dünnen Platten, die ich aus ihnen durch Längsschnitte erhalten
hatte, gewahr wurde — die Substanz etwas stärker durchscheinend, als an andern
') Die obige, sich auf Chelonia Midas beziehende Angabe ist nach einem Exemplare gemacht, dessen
Rückensehild eine Länge von 2' 3" hat. An der hintern Haltte des Schwanzes geht bei ihm die Knochen-
substanz der Wirbelbogenschcnkel ohne Unterbrechung in die Querforlsätze über.
73
Stellen: auch war sie daselbst etwas weniger fest und liess sich leichter zcrreissen.
Ausser der etwas grossem Dtirehseheiiiharkeit aber gewährte sie unter dem Mikro-
skop dort ein ähnliches Aussehen, namentlich ähnlich beschaffene Knorpelkiirperchen,
wie in der Nachbarschaft. Die einzige Verschiedenheit, die ich an diesen ihren Knor-
pelkörperchen auffinden konnte, bestand darin, dass viele oder die meisten von ihnen
sowohl auf horizontalen, als auch auf senkrechten Längsdurchschnitten der ^Virbelsäule
dünner und gestreckter, im Ganzen aber kleiner waren, als die der Nachbarschaft,
dass sie ferner mehr oder weniger ellipsoidisch und noch häufiger spindeltormig er-
schienen, fast ohne Ausnahme mit ihrer Achse eine Querlage hatten, und alle zu-
sammen einige wenige quergehende, vielfach unterbrochne Linien darstellten. Eigent-
lich aber hatten sie die Form flacher Linsen und waren mit der einen Fläche nach
vorn, mit der andern nach hinten gekehrt, indess die weiter gegen die Mitte der
einzelnen Wirbel gelegenen Knorpelkorperchen eine ovale oder rundliche Form hatten
und ganz unregelraässig gelagert waren. Aber auch später, wenn die Kö'rper der
Rumpfwirbel gegen ihre Enden immer mehr verknöchern, bleibt bei den Schildkrö-
ten zwischen diesen SkeletstUcken, die sich an einander niemals bewegen sollen, die
Substanz im Wesentlichen unverändert, und stellt zuletzt zwischen je zweien von
ihnen eine nur massig dicke, aus einem ächten, wahren Knorpel bestehende Scheibe
dar, die in sofern, als sie die Wirbelkörper innig verbindet, das Ligamentum inter-
vertebrale andrer Thiere vertritt. Wenigstens habe ich in dieser Weise die Kör-
per der Rumpfwirbel nicht blos bei mehrern specifisch verschiedenen jungen Schild-
kröten, sondern auch bei zwei erwachsenen Exemplaren von Emys europaea, die ich
10 Jahre gehegt hatte, und die wenigstens 12 Jahre alt waren, desgleichen bei
altern Exemplaren von Chelonia Midas, Ch. imbricata und Trionyx ferox vereinigt
gefunden. Nur war bei den meisten jener jungen Schildkröten in den Knorpel-
scheiben, die zwischen den schon verknöcherten Theilen der Körper der Rumpfwir-
bel vorkamen, die mittlere nicht scharf begrenzte Schichte ihrer Substanz nicht am
meisten, wie bei den altern Embryonen, sondern gegentheils am wenigsten durch-
scheinend. Dies aber hatte darin seinen Grund, dass daselbst einestheils die Knor-
pelkorperchen am dichtesten gedrängt lagen, anderntheils und hauptsächlich die sie
verbindende structurlose Masse eine geringere Durchsichtigkeit besass.
Auf dieselbe Weise, wie die Körper der Rumpfwirbel, waren bei fast allen
in der Entwickelung begriffenen Schildkröten, welche ich zu untersuchen Gelegen-
heit hatte, auch die Körper der Schwanzwirbel vereinigt. Es befand sich nämlich
zwischen den verknöcherten Theilen je zweier Körper eine mit ihnen fast verschmol-
zene Enorpelscheibe , und diese war wiederum verhältnissmässig um so dicker, je
10
74
weniger die Verknöcherung in den Wirbelkörpern vorgeschritten war. In der Mitte
einer solchen Scheibe aber, die eigentlich aus den einander zugekehrten und ver-
schmolzenen Enden zweier Wirbelkörper bestand, Hess sich sowohl auf senkrechten,
als auch auf horizontalen Längsdurchschnitten schon bei schwachen Vergrösserungen
eine zarte, quer gerichtete Linie bemerken, die etwas weniger durchscheinend, als
die Nachbarschaft war, meistens nicht gerade, sondern in einem schwachen Bogen
verlief, und die Grenze zweier Wirbelkörpcr bezeichnete. Bei starken Vergrösse-
rungen zeigten sich in dieser Linie , die niemals ganz scharf begrenzt war , die
Knorpelkörperchen am dichtesten gedrängt, fast immer in der Mehrzahl von einer
ovalen oder ellipsoidischen Form, und mit ihrer Achse in der Richtung der angege-
benen Linie gelagert. Wurden dünne Platten, die ich durch Längsdurchschnitte aus
den zusammenhängenden Körpern zweier Schwanzwirbel erhalten hatte, nach ihrer
Länge stark angezogen, so rissen sie an einer Stelle durch, die nicht in allen Fäl-
len der Lage nach gleich war. Meistens jedoch erfolgte der Riss in der ange-
gebnen weniger durchsichtigen Mitte des Knorpels. Bei einigen von denjenigen jun-
gen Schildkröten aber, w^elche in ihrer Entwickelung schon weit vorgeschritten wa-
ren, namentlich bei Emys lutaria, Trionyx ocellatus und Platemys Spixii, Hessen
sich in der Mitte der Knorpelsubstanz, durch welche die Körper je zweier Schwanz-
wirbel vereinigt waren, mehr oder weniger deutlich auch solche Fasern bemerken,
wie sie in den Faserknorpeln vorkommen. Hienach nun und weil ich bei den er-
wachsenen Schildkröten, welche ich auf die Verbindung ihrer Schwanzwirbel unter-
suchte — namentlich bei Trionyx ferox , Testudo mauritanica , Chelonia imbricata,
Cbel. Midas und 3 Exemplaren von Emys europaea — zwischen den Körpern die-
ser Wirbel deutlich immer nur einen Faserknorpel, niemals aber eine Gelenkhöhle fand,
ist es mir sehr wahrscheinlich, dass sich auch bei den Schildkröten, im Allgemeinen eben
so, wie bei den Vögeln und Säugethicren, zwischen den Körpern je zweier Schwanzwir-
bel immer nur ein aus Faserknorpel bestehendes Ligamentum intervertebrale ausbildet.
Abgesehen von der Verbindung des Atlas mit dem Epistropheus, über die ich
weiterhin ein Näheres angeben werde, waren bei dem Embryo von Chelonia, wie
auch bei den Jungen von Chelonia und Sphargis, die Körper der Halswirbel unter-
einander in ähnlicher Weise verbunden, wie bei eben denselben Exemplaren die
Körper der Schwanzwirbel. Die knorpligen Enden je zweier Körper erschienen
nämlich mit einander gleichsam verschmolzen, die Stelle aber, welche ihre gemein-
schaftliche Grenze andeutete, bot sich auf Längsdurchschnitten, die durch die Hals-
wirbel gemacht worden waren, als eine sehr feine, bogenförmig gekrümmte Linie
dar. die noch weniger durchsichtig, als die ihr entsprechende Linie zwischen den
Schwanz- und Rumpfwirbeln war, und eine mehr oder weniger weisse Farbe hatte,
doch ebonlalls nicht eine scharfe Begrenzung zeigte. Auch in ihr kamen Körper-
chen vor, die nur Knorpelkörperchcn zu sein schienen, aber in ziemlich grosser
Zalil ellipsoidisch und selbst spindelförmig waren , mit ihrem grosstcn Durchmesser
sich nach dem Verlauf der Grenzlinie gerichtet hatten, und sehr viel dichter, als
die Knorpclkörpei'chen der Nachbarschaft, beisammen lagen. Die weisse Farbe der
Grenzlinie hatte theils in dieser Lagerung der Körperchen ihren Grund, theils auch
darin, dass die sie zusammenhallende formlose Masse eine nur geringe Durchschein-
barkeit besass. Fasern aber von irgend einer Art konnte ich hier nicht bemerken,
selbst nicht nach einer längern Einwirkung von Essigsäure '). Auch zeigten, wenn
zwei Wirbelkörper in der angegebenen weisslichen Grenze, wo sie ziemlich leicht
sich trennen Hessen, auseinander gerissen worden waren, die Rissflächen nicht deut-
lich von ihnen ausgehende Fasern , sondern nur ein unebenes Aussehen. — Bei
dem Embryo von Testudo und den Jungen von Emys, Platemys, Terrapene und
Trionyx befanden sich zwischen den knorpligen Enden der Körper der Halswirbel
deutliche, aber sehr enge Spalten oder Gelenkhöhlen. Jedoch Hessen die einander
zugekehrten Flächen der Wirbelkörper bei dem Embryo von Testudo noch kein
andres Gewebe, als das des Knorpels erkennen, also noch keine Bekleidung von
einem aus besondern Zellen bestehenden Epithelium. Dagegen war bei den genann-
ten jungen Schildkröten eine solche Bekleidung vorhanden, doch um so dünner und
um so schwieriger erkennbar, je jünger sie waren. — Zwischen den schiefen Fort-
sätzen der Halswirbel bemerkte ich nicht blos bei jungen Schildkröten, sondern auch
schon bei dem Embryo von Testudo, obgleich jene Fortsätze bei ihm nur wenig
ausgebildet waren, eine Spalte, durch die eine Gelenkböhle bezeichnet wurde.
Nach den gemachten Mittheilungen bestehen bei den Schildkröten, wie bei an-
dern Wirbellhieren, die Körper der Wirbelbeine zu einer gewissen Zeit des Frucht-
lebens aus lauter bogenRirmigen, um die Rückensaite zum Theil herumgehenden, und
aus der Belegungsmasse dieses Körpertheiles herausgebildeten massig dicken Schie-
nen, von denen darauf je zwei durch ferneres Wachslhum ihrer untern Hälften sich
um die Rückensaile so vereinigen, dass sie um diese zu einem Ringe zusammen-
wachsen. (S. Abtheilung I, §• 8 — 10.) Die Ringe aber, wie jene Schienen, ha-
ben massig grosse Zwischenräume zwischen sich, die von einer etwas dünnern Lage
•) Bei erwaclisenen Exemplaren von Chelonia Midas sind nach M ecket 's Angabe, die ich bestäti-
gen Itann, zwischen den Körpern der Halswirbel nicht Gelenkkapseln vorhanden, sondern es heftet eine
Knorpelbandmasse die einander gegenüber liegenden Flächen derselben in ihrer ganzen Ausbreitung an ein-
ander. (Systeme der vergl. Aoatomie I, 1. Seite 413.)
10*
76
der Belegungsmasse ausgefüllt sind. Später indess findet man an Stelle jener an-
räiiglich aus einer feslern gallertartigen Sul)stanz bestehenden Ringe die entweder
gänzlich knorpligen, oder zum Theil auch schon verknöcherten Wirbelbeinkörper,
diese aber so dicht hinter einander und so mit einander verschmolzen , dass die
Knorpelsubstanz des einen in die gleiche Substanz des andern ohne irgend eine Un-
terbrechung übergeht. Es wird also um die Zeit, da die erwähnten Ringe verknor-
peln und dabei noch immer grösser werden, entweder der zwischen ihnen gelegene
dünnere und schmälere Theil der Belegungsmasse der Rückensaite resorbirt, oder
gegentheils, was wohl das Wahrscheinlichere sein dürfte, ebenfalls in Knorpel umge-
wandelt und zur Zusammensetzung der Wirbelbeinkörper mit benutzt. Jedenfalls
aber bilden die künftigen W irhelbeinkörper zu einer gewissen Zeit ein ununterbroche-
nes Knorpclrohr, das in seiner Höhle die Rückensaite enthält. Noch später gliedert
sich dieses Rohr im Halse und Schwänze, indem sich an ihm daselbst Gelenke bil-
den, die im Allgemeinen von zweierlei Art sein können. Entweder nämlich entste-'
hen Kapselgelenke, oder hingegen Symphysen. Die erstem bilden sich , indem die
Knorpelzellen an einzelnen Stellen ihren Zusammenhang ganz aufgeben, so dass eine
spaltforniige Höhle entsteht, demnächst aber sich an der freigewordnen Fläche der
Knorpelmasse [sei es aus den Zellen derselben , oder vielmehr an ihnen] und des
fibrösen Gewebes, welches alle Wirbelkörper bekleidet, ein Epithelium ausbildet.
Es findet hier in der Knorpelsubstanz, welche den auf einander folgenden Wirbel-
körpern gemeinschaftlich angehört, derselbe Vorgang statt, wie z. B. in den Extre-
mitäten der Frösche , Vögel und Säugethiere , in deren jeder die Masse, aus der
sich alle Knochen derselben entwickeln sollen, selbst dann noch, wann sie schon
eine mehr oder weniger knorpelartige Beschaffenheit erlangt hat, ohne Unterbrechung
durch das Ganze hindurchgeht. Wie die andre Art der Gelenkverbindung an der Wir-
belsäule der Schildkröten entsteht, darüber fehlen mir positive Beobachtungen. Nach
Untersuchungen aber, die von mir an andern Thieren angestellt worden sind, bilden
sich die aus einem Faserknorpel bestehenden Ligamenta intervertebralia, indem sich
in einem anfangs ächten Knorpel die Grundsubstanz zum Theil in Fasern auflöst,
zum Theil um jede Knorpelzelle zu einer sehr dünnhäutigen Kapsel ausbildet.
Die Rückensaite nimmt an der Bildung der Gelenkverbindungen zwischen den
Wirbelkörpern eben so wenig bei den Schildkröten, wie bei den ßatrachiern, Vögeln
und Säugetbieren , einen wesentlichen Antheil. Durch die Gelenkhöhlen , die sich
bei dem Embryo von Testudo zwischen den Körpern der Halswirbel gebildet hatten,
lief sie wie ein Faden hindurch, der selbst im Vergleich mit den Querdurchraessern
dieser Höhlen nur sehr dünn wav. Dasselbe Verbältniss fand ich auch bei einem
//
Hülinchcn vom achtzehnten Tage der Bebrüt iinf;; an den Halswirbeln, zwischen deren
Körpern sich schon ebenfalls GelenkhölHen bel'aiiden. Gleichfalls bemerkte ich bei
Schweinseuibryonen, die vom Scheitel bis zum Schwänze 1 Zoll bis 1 Zoll 3 Li-
nien lang waren, dass bei ihnen die Rückensaite durch die schon vorhandenen Anla-
gen der Ligamenta intervertebralia geradesweges wie ein zarter Faden bindiu'chlief.
Dass aber bei denjenigen jungen Schildkröten , bei welchen zwischen den Körpern
der Halswirbel schon so ausgebildete Gelenkhöhlen vorkamen, dass sie von einer se-
rösen Haut ausgekleidet waren, Ueberreste von der Scheide der Rückensaite sich
erweitert und in diese Haut umgewandelt h;iben sollten, ist nicht glaublich, weil jene
Scheide und diese Haut in ihrem Gewebe von einander gar zu sehr verschieden sind.
Zudem geht nach Beobachtungen, die von Meckel gemacht worden sind, selbst
bei erwachsenen Schildkröten mitunter ein dünner fibrösartiger Faden von einem Wir-
belbeinkörper zu dem andern mitten durch eine Gelenkhöhle hindurch ^): nicht un-
walirscheinlich aber dürfte es sein, dass ein solcher Faden ein Ueberrest von der
Rückensaite ist.
§. 10. Eine besondere Berücksichtigung verdienen noch die beiden vor-
dersten Wirbel des Rückgraths. — In meiner Entwickelungsgeschichte der Natter
hatte ich (Seite 119 und 120) dargethan, dass bei diesem Thiere der Zahnfortsatz
des Epistropheus eigentlich der Körper des Atlas ist, derjenige Theil des Atlas aber,
welchen man den Körper desselben zu nennen pflegt, ein accessorisches Knochenstück
ist, das mit den Bogenschenkeln eben desselben Wirbels zu einem Ringe verwächst.
Auch hatte ich dort die Vermuthung aufgestellt, dass hei höhern Thieren der Zahn-
fortsatz des Epistropheus ebenfalls nichts Anders", als der Körper des ersten Hals-
wirbels sein möge. Später fand ich denn, dass in Betreff der Schildkröten bereits
Cuvier in seinem grossartigen und berühmten Werke: Recherches sur les osse-
mens fossiles *), sich dahin ausgesprochen hatte, dass der Zahnfortsatz bei den Schild-
kröten einen wahren W^irbelkörper darstellt, dass derselbe bei der Matamata- Schild-
kröte zwei kleine Querfortsätze besitzt, mit den Knochenstücken des ersten Wirbels
verwachsen ist, und mit dem zweiten Wirbel in einer Gelenkverbindung steht, und
dass überhaupt bei den Schildkröten der Zahnfortsatz des Epistropheus sich als den
eigentlichen Körper des ersten W^irbcls zu erkennen giebt. Diesen Ausspruch Cu-
vier's, soweit er auf die Schildkröten im Allgemeinen sich bezieht, kann die Ent-
wickelungsgeschichte derselben nur bestätigen, wie ich sogleich darthun werde. Aber
•) System der vcrgl. Anatomie I, 1. S. 413.
-) Vierte Ausgabe, Theil IX, Seite 409 und 410.
78
auch meine vor mehreren Jahren ausgesprochene Vermuthung, dass gleichfalls« bei
den höhern Wirbelthieren der sogenannte Zahnfortsatz der eigentliche Körper des
Atlas sein möge, ist jetzt durch Carl Bergmann zur Gevvissheit gebracht worden,
und zwar in einer für die Bildung des Skeletes überhaupt sehr lehrreichen Abhaud-
lujig unter der Ueberschrift : Einige Beobachtungen und Reflexionen über die Skelet-
Systeme der Wirbelthiere ^). Es kann daher wohl keinem Zweifel mehr unterliegen,
dass bei allen denjenigen Wirbelthieren, welche einen Processus odontoideus, oder —
um die von Bergmann gewählte weit passendere Benennung zu gebrauchen —
ein Os odontoideum besitzen, dieses der eigentliche Körper des Atlas, dagegen der
sogenannte Körper dieses Wirbels nur ein accessorisches Knochenstück oder morpho-
logisches Element, und zwar, wie ich es zuerst filr die Natter dargethan hatte, ein
modificirter unterer Dornfortsalz ist. Bei den Embryonen von Testudo und Chelonia,
wie auch bei der jungen Spbargis, fand ich den sogenannten Zahnfortsatz, der bei
ihnen einen kurzen, an der Spitze stark abgerundeten Kegel darstellte, in eben sol-
cher Weise verknöchert, wie den Körper des Epistropheus und wie überhaupt die
Körper der Halswirbel bei demselben Individuum. Ferner war er mit dem Körper
des Epistropheus eben so durch eine Knorpelscbeibe verbunden, wie bei den genann-
ten in der Entwickelung begriffenen Seeschildkröten der Körper dieses Wirbels mit
dem des näc^bstfolgenden. Auch ging durch ihn die Rückensaite ganz so, wie durch
einen Wirhclkörper hindurch. Dagegen stand er nicht mehr mit zwei Bogenschen-
keln in einer unmittelbaren Verbindung, sondern es halten sich die Bogenschenkel,
die ursprünglich zu ihm gehörten , und die an ihrem obern Ende noch nicht zusam-
mengewachsen, sondern nur durch fibröses Gewebe verbunden waren, von ihm schon
ganz abgelöst. DaPiir aber waren diese vordersten Bogenschenkel der Wirbelsäule
ganz so, wie ich es schon früher bei Embryonen der Natter gesehen halte, durch
2 von ihren untern Enden abgehende fibröse Bänder mit einem kleinen Skeletstücke
[Schlussslück des Atlas], das unter dem Zahnforlsalze lag, in Verbindung gesetzt,
und bildeten zusammen mit diesen Theilen schon einen um den Zahnfortsatz geleg-
ten weilen Ring, oder den Atlas. Das erwähnte Skeletslück, oder der nacbherige
unlere Bogen des Alias, der auch wohl der Körper des Atlas genannt worden ist
(Tab. VI, Fig. 6.), war massig gross, an der vordem und hintern Seile dreieckig,
mit dem grösslen Durchmesser quer gelagert, und in der Art iheils knöchern, iheils
knorplig, dass seine Knochenmasse einen mehr oder weniger grossen Kern innerhalb
der Knorpelmasse darstellte. Etwas Analoges von ihm kam an den übrigen Wir-
>) Götlinger Studien, 1845.
79
belli nicht vor ') ; bei der Natter aber bilden sich ähnliche Knochenstücke unter den
Körpern mehrerer auf den Atlas foljirender Halswirbel, verschmelzen dann mit den-
selben, und stellen nun an ihnen untere Dornfortsätze dar. Die beiden Bänder,
durch Avclebe bei den Schildkröten die Bogenschenkel des Atlas mit dem erwähnten
dreieckigen Scblussstück in Verbindung standen (Tab. VI, Fig. 6, c), liefen zu bei-
den Seiten des Zahnfortsatzes herab, und waren bei dem Embryo der Chelonia und
der jungen Spbargis ziemlich lang, hingegen al)solut und relativ viel kürzer bei dem
Embryo von Testudo. Bei den übrigen jungen Schildkröten , die ich untersuchte,
hatten sie sich bereits bedeutend verkürzt, dagegen waren die Bogenscbenkel weit
länger geworden, so dass die letztern dem untern accessorischen Knochenstücke oder
Schlussslücke entweder sehr nahe lagen oder mit ihm beinahe zusammanstiessen (Tab.
VI, Fig. 7, c). Es verhielten sich also bei ihnen diese 3 Knochenstücke schon ähn-
lich, w ie bei den Erwachsenen, bei denen sie jederseits durch eine Naht verbunden
sind. Demnach werden, indem die Entwickelung des Leibes weiter vorscbreitet, die
Bogenscbenkel des Atlas auf Kosten der seitlichen fibrösen Bänder desselben immer
länger, bis sie zuletzt das accessorische Knochenstück dieses Wirbels erreicht haben.
In dem Ringe des Atlas, welcher zu einer gewissen Zeit aus 5 verschiednen
Theilcn , nämlich aus zwei Bogenschenkeln , einem accessorischen Knochenstücke und
zwei Bändern, die von jenen zu diesem herablaufen, zusammengesetzt ist, bildet sich
sehr frühe ein fibröses Ligamentum transversum, wodurch der Raum, der von dem
Ringe umschlossen ist, in eine obere grössere und eine untere kleinere Hälfte ge-
thcilt wird. Bei den Embryonen von Chelonia und Testudo war das Querband schon
deutlich fibrös, massig dick, und an zwei kleine Fortsätze, die von den untern En-
den der Bügenschenkel nach innen gegen einander ausgesendet worden waren, ange-
heftet. Bei jungen Schildkröten aber, bei denen die beiden Bänder, welche von den
Bogenschenkeln zu dem accessorischen Knoehenstücke des- Atlas gehen , schon sehr
verkürzt oder selbst verschwunden waren , reichten die Bogenscbenkel über das Li-
gamentum transversum nach unten mehr oder weniger weit hinaus. Es w^achsen
also diese beiden Knochenslücke des Atlas , während die von ihnen nach unten ab-
gehenden Bänder kürzer werden, über jenes Querband nach unten immer weiter hin-
aus. In der untern von den beiden Hälften, in welche der vom Atlas umschlossene
1) Bei den Schildkröten, welche die Gattung Chelonia ausmachen, befinden sich an der untern Seite
der auf den Atlas folgenden Halswirbel zwar stark vorspringende, von den Seilen abgeplattete und ziem-
lich lange leistenartige Vorsprünge, die man unlere Dornfortsätze nennen kann, doch entstehen sie nach den
Wahrnehmungen, die ich darüber habe machen können, nicht aus besondern Knorpelstücken, noch enthalten
sie jemals einen besondern Knochenkern, sondern sind Auswüchse der VVirbelkörper selbst, und erscheinen
gleich von Anfang an als Apophysen derselben.
so
Raum durch das Querband geschieden ist, befindet sich bei den Schildkröten eine
mit ihren Flächen senkrecht stehende biconcave und in der Mitte durchbrochene
Knorpelplatte (Tab. VI, Fig. 6 und 7 d.) , deren ganzer äusserer Rand mit dem Li-
sramentum transversum, dem accessorischen Knochenstücke und den beiden seitlichen
fibrösen Bändern, oder, wenn diese Bänder schon verschwunden sind, mit den untern
kleinen Hälften der Bogenschenkel selbst verwachsen ist. Ihr äusserer oder ange-
wachsener Rand ist massig dick, ihr innerer dagegen ganz scharf, und die in ihr
vorkommende ziemlich grosse Oeffnung in der Regel zirkelrund, seltner, wie nament-
lich bei Sphargis, beinahe ellipsoidisch. Dicht hinter ihr liegt der Zahnfortsatz des
Epistropheus (Tab. VI, Fig. 6, e.), welcher Fortsatz nur an seiner vordem Hälfte
von dem Ligamentum transversum des Atlas bedeckt und festgehalten wird, dicht
vor ihr der Gelenkkopf des Hinterhauptbeines, und durch die Oeffnung selbst geht
das Ligamentum Suspensorium des Os odontoideum hindurch. Ihre Ausbildung er-
langt die Platte, die man für eine besondere Art von Meniscus ausgeben könnte,
schon während des Fruchtlebens der Schildkröten ; denn bei den Embryonen von Che-
lonia und Testudo fand ich sie schon vollständig entwickelt. Dass sie al)er bei sehr
vielen, wenn nicht gar bei allen Arten der Schildkröten, mit Ausnahme der zur Gat-
tung llydromedusa gehörigen, vorkommt, muss ich daraus schliessen, dass ich sie bei
allen untersuchten jungen Schildkröten, wie ausserdem auch bei erwachsenen Exem-
plaren von Chelonia Midas, Chelonia imbricata, Trionyx ferox, Tr. granosus, Emys
europaea und- Terrapene tricarinata gefunden habe.
Von dem vordem abgerundeten Ende des Zahnfortsatzes geht ein cylindrischer
Strang, der nur sehr kurz und selbst im Verhältniss zu diesem Fortsatze nur mas-
sig dick ist, zu dem Hinterhauptbein, namentlich zu dem Gelenkkopf desselben, wenn
sich nämlich ein solcher schon ausgebildet hat. Bei den Embryonen von Chelonia
und Testudo, wie bei der jungen Sphargis, schien er Nichts weiter zu sein, als der
vorderste Theil der Rückensaite, die noch ohne Unterbrechung durch alle Wirbel
hindurchlief und in die Schädelgrundfläche eindrang. Bei andern jungen Schild-
kröten aber, und bei erwachsenen Exemplaren von Chelonia imbricata , Trionyx fe-
rox, Emys europaea und Terrapene tricarinata fand ich, dass er durchweg aus ei-
nem Knorpel bestand und im Innern ganz dicht war. Danach zu urtheilen , bildet
sich also zwischen dem Zahnfortsatze und dem Hinterhauptbein um die Rückensaitc
eine besondre scbeidenartige Hülle, worauf auch dieser Theil der Rückensaite ganz
und gar verschwindet, seine neuentstandne Hülle al)er sich in einen dichten Strang
umwandelt, der seiner Lage und Verbindung nach dem Ligamentum Suspensorium
des Os odontoideum der Säugethiere, Vögel, Eidechsen und Schlangen entspricht.
si
Li iliiTi" Form iiiul ^'li■binflllllf^■ bieten die beiden ersten Halswirbel bei den
Sebildkrölen so bcdeuleiide specifiscbc \'erscbiedeiibeiten dar. wie — soviel bekannt
— in keiner andern Ordnunji;' der AMrbeitiiiere, u)id eine näliere Belraeblun<f dersel-
ben ITdirl zu dem Erj;ebniss. dass in der Ordnuiifj- der Schildkröten die Entw ickelung
dieser beiden Wirbel einen allmählif;en Durchgang von den Fischen und nackten
Amphibien zu den übrigen ^^'irbeltbieren macht. Denn nach einer Entdeckung von
Peters ') IVhlt bei Hydromedusa Maximiliani [Emys Maximiliani Mikan's] ein
üs odoutoideum gänzlich, und es ist bei ihr der erste Wirbel nicht so gestaltet, wie
der Atlas andrer Schildkröten , sondern ähnlich geb.iut, wie die übrigen Halswirbel.
Auch ist er mil dem zweiten Halswirbel ganz auf dieselbe Weise verbunden, wie die
übrigen unter sich , so dass an ihm gar keine oder doch nur eine äusserst geringe
Rotation statthaben kann. Ferner ist bei der Matamata- Schildkröte [Chelys fimbria-
ta] zwar schon ein besondres Knocbenslück gebildet, das dem Os odontoideum hö-
herer Thiere entspricht, doch mit dem zweiten Halswirbel, wie die übrigen Halswir-
bel unter einander, durch ein Gelenk verbunden, hingegen mit dem Atlas ganz ver-
wachsen ist. Bei den übrigen Schildkröten aber, bei denen ebenfalls ein solches
Knoehenstück vorkommt, ist dasselbe schon vom Atlas, dessen eigentlichen Körper
es ursprünglich ausmacht, völlig losgelöst und dagegen mit dem Epistropheus verbun-
den, jedoch noch nicht, wie bei den höliern Thieren, durch Vermittelung von Kno-
chensubstanz, sondern nur durch eine dünne Lage von Knorpelbandniasse.
§. 11. Die Aulfiiiduiig einer knorpligen Scheidewand innerhalb des Atlas der
Schildkröten veranlasste mich, auch andre Thiere darauf zu untersuchen, namenllicb
verschiedne Vögel und von höhern Amphibien Crocodilus acutus, Lacerta agilis,
Pseudopus Pallasii, Anguis fragilis, Python tigris, Coluber Natrix und Vipera Berus.
Auch bei allen diesen Fand ich eine solche biconcave Platte in dem Atlas unter
dem Ligamentum transversum. Es dürfte daher die grösste Wahrscheinlichkeit da-
für sein, dass sie überhaupt bei allen denjenigen Wirbelthieren vorkommt, \\ eiche
am Hinterhauptbeine einen unpaarigen Gelenkkopf besitzen , und dass sie bei ihnen
diesen Gelenkkopf und das Os odontoideum unvollständig von einander scheidet.
Die in der Mitte derselben vorhandne Oelfnung fand ich im Allgemeinen am klein-
sten bei den Vögeln, am grössten dagegen beim Pseudopus. Dem Gi'\\ebe nach be-
sieht die Platte um die Oelfnung herum, also an ihrem dünnern Thcile, in einer
verhäilnissmässig grössern oder geringern Breite, wie bei den Schildkröten, so auch
bei andern Thieren, aus einem Faserknorpel, dessen Fasern in Bogenlinien um die
1) Müller's Archiv vom Jahr 1839, S. 280.
11
82
Oeffiiung' concentrisch herumlaufen: weiter nach aussen aber, also gegen den ange-
hefteten Rand der Platte, geht jenes ihr Gewebe ohne scharfe Begrenzung in einen
ächten Knorpel über. Bei den Vögeln jedoch scheint in dem spätem Lebensalter
dieser Thiere die Platte von dem Ringe aus, an welchen sie angeheftet ist, immer
weiter zu verknöchern: denn bei mehrern fand ich sie auf ihren mittlem faserknorp-
ligen Theil beschränkt, und bei einem Psittacus amazonicus, desgleichen bei einer
Rhea americana sogar ganz vollständig verknöchert.
Das Ligamentum Suspensorium oder teres , das bei den Vögeln und höhern
Amphibien das Os odontoideum mit dem Gelenkkopf des Hinterhauptbeines verbindet,
füllt bei den Erwachsenen die Oeffnung der oben beschriebenen Platte vollständig aus,
und es steht also bei ihnen seine Dicke zu der Grösse dieser Oeffnung in einem be-
stimmten Verhältniss. Bei den meisten Jüngern , wie altern Schildkröten , die ich
darauf mitersuchte, bestand es durchweg aus einem ächten Knorpel, bei einer altern
Chelonia imbricata aber nur zum grössten Theile aus einem solchen: denn an der
Oberfläche desselben befand sich eine massig dicke Schichte von Faserknorpel, dessen
Faserbündel ziemlich viele Knorpelkörperchcn zwischen sich enthielten, und sämmtlich,
indem sie von einander divergirten, mit dem einen Ende gerade nach aussen gerich-
tet und an diesem Ende am lockersten mit einander verbunden waren, mit dem an-
dern Ende aber ganz unmerklich in den erst erwähnten mittlem Theil übergingen.
Bei den Vögeln, so namentlich bei der gemeinen Gans, bei Strix uralensis und bei
Tetrao saliceti sah ich das Band aus einem Faserknorpel gebildet, dessen Faserbün-
del nach der Länge desselben verliefen, indess es bei Aquila albicilla nur aus ei-
nem sehr dichten fibrösen Gewebe bestand und der Knorpelkörperchcn ganz erman-
gelte. Dem Angeführten zufolge verhält sich also das sogenannte Ligamentum Sus-
pensorium des Os odontoideum nicht Mos der Verbindung, sondern im Allgemeinen
auch dem Gewebe nach bei den einzelnen damit versehenen Thieren, wie die Sub-
stanz , welche bei denselben Thieren die Körper mehrerer Wirbelbeine verbindet.
Denn bei den Schildkröten besteht es entweder nur allein, oder doch der Hauptsache
nach aus einem ächten Knorpel, wie die Substanz zwischen den Körpern ihrer
Rumpfwirhel , hei den Vögeln hingegen meistens aus einem Faserknorpel , wie die
Substanz, durch welche bei ihnen die Körper der Schwanzwirbel vereinigt sind.
Wo also jener Körpertheil aus einem Faserknorpel besteht und mithin ein wahres
Band ist, darf es den Ligamenta intervertebralia beigezählt und für das vorderste
Band der Art ausgegeben werden. — Ligamenta alaria fehlen bei den Vögeln und
Amphibien: denn das Ligamentum Suspensorium geht bei ihnen ganz einfach an den
Gelenkkopf des Hinterhauptes, wo sein Ende in einer Grube angeheftet ist.
83
Das Lig;anientiim Iransvcrsum ist bei vielen Vögeln verhällnissmässig viel kür-
zer, als bei den Amphibien und Säugethieren , weil bei ihnen die beiden Fortsätze,
welehe von den Bogensehenkeln des Atlas nach innen ausgesendet worden sind, sich
am meisten verlängert haben. Vielleicht verschwindet es bei manchen sogar gänzlich,
indess jene Fortsätze bis zum Zusammenstossen einander entgegenwachsen. Bedeckt
w'ird von ihm bei Vögeln und Amphibien die vordere Hälfte des Os odonloideum,
nicht aber, wie bei den Säugethieren, die hintere. — Was seine Entstehung anbe-
langt, so hat Bergmann für die Wirbelthiere im Allgemeinen angenommen, dass
es eine verdickte Portion der Scheide der Rückensaite bezeichnet ^). Dass dem aber
nicht so sein kann, ergiebt sich aus dem Umstände, dass bei den Schildkröten und
bei der Natter das Ligamentum transversum des Atlas schon vorhanden ist, wenn
sich die Rückensaite noch deutlich in den vordersten Halswirbeln erkennen lässt und
noch vollständig durch den Körper des ersten Wirbels, oder das künftige Os odon-
toideum, wie eine Achse, hindurcbgebt , also zu einer gewissen Zeit jenes Band und
die Scheide der Rückensaite bei einander, ohne sich zu berühren, vorkommen. Das
Ligamentiun transversum ist nur ein Theil einer Bandmasse, die offenbar dem obern
[dem Kanäle des Rückgrathes zugekehrten] Theile der Faserkapsel entspricht, welche
an den Körpern der übrigen Wirbel [auch wo eine Cartilago intervertebralis zwi-
schen ihnen vorkommt] von dem einen zu dem andern hinübergeht. In zweierlei
Verhältnissen aber weicht jener Theil von diesem auf eine merkwürdige Weise ab.
Anstatt nämlich dass an andern Wirbeln der obere Theil einer solchen Faserkapsel,
wie überhaupt eine solche Kapsel im Ganzen, nur von einem Wirbelkörper auf den
nächstfolgenden übergeht, überspringt die von der obern Seite des Körpers des Epi-
stropbeus nach vorn gehende Bandmasse den Körper des vordersten Wirbels, das
Os odontoideum, ohne sich mit ihm zu verbinden, und setzt sich an das Hinterhaupt-
bein an. Zweitens haben die Fasern dieser Masse, die sich theilweise stark verdickt
hat, nicht sämmtlich einen geraden Verlauf von hinten nach vorn, wie an andern
Wirbeln die Fasern der erwähnten Kapseln, sondern einen verschiednen. Einige
nämlich verlaufen quer, und diese eben setzen das Ligamentum transversum des At-
las zusammen: andre ebenfalls stärker angehäufte verlaufen bei den Vögeln, Schild-
kröten und andern beschuppten Amphibien zwar von hinten nach vorne, doch nicht
einander parallel , sondern convergiren sehr stark nach vorne , und diese setzen bei
den genannten Thieren ein von der Gegend des Ligamentum transversum ausgehendes
dreieckiges Band zusammen, das dem vordem Schenkel des sogenannten Ligamentum
') Am aogefuhrlen Orle, Seite 63.
11'
84
crucialum der Säugethiere entspricht, an seinen Seitenrändern mit der Membrana ob-
tiiratoria zusammenhängt und mit seiner Spitze ül)er dem Gelenkkopfe des Hinter-
hauptbeines an die Basis dieses Knochens angeheftet ist. — Ein Theil, der dem hin-
tern Seiienkel des Ligamentum eruciatuni der Säugethiere entspräche, fehlt bei den
Vögeln und Amphibien.
C. R i p p e n .
§. 12. Die Rippen erscheinen bei Schildkröten -Embryonen, die zur Enthüllung
noch nicht ganz reif sind, wie bei manchen andern Wirbellliieren, als dünne, mehr
oder -NA-eniger cylindrische , gegen ihi'e beiden Enden etwas verjüngte und im Allge-
meinen massig gebogene Körper. Diese sehr einfache Form behalten das vorderste
und hinterste Rii)penpaar, die überhaupt am kleinsten bleiben, für immer so ziemlich
bei. Die übrigen Rippen aber, die sich anlanglich nur durch eine grössere Länge
und stäi'kere Krümmung auszeichnen, gewinnen eine höchst bedeutende Breite und
werden allmählig tafelförmig. Doch betriii't das übermässige Wachslhum in die
Breite nicht auch den zunächst an die Wirbel angrenzenden Theil, welcher an den
längern Rippen von dem übrigen Theile derselben unter einem mehr oder weniger
stumpfen Winkel abgeht, sondern dieser bleibt im Allgemeinen nur schmal und dünn,
so dass er nach einiger Zeit nur einen Anh;mg oder Fortsatz des übrigen oder brei-
tern Theiles, des sogen;mnten Körpers der Rippe, vorstellt. Es ist dies derjenige
Theil , welchen man gewöhnlich für gleichbedeutend mit dem Halse und Kopfe der
Rippen der Säugethiere hält. Noch zusammengesetzter wird an den längern Rippen
die Form dadurch , dass späterhin , nachdem in ihnen die Verknöcherung begonnen
hat, von der Stelle aus, wo der Körper und der Hals einer solchen Rippe in ein-
ander übergehen, die Knochensubstanz so hervorwuchert, dass sie einen Fortsatz bil-
det, der ebenfalls gegen die Wirbelbeine hingewendet ist, oberhalb des Rippenhalses
dicht unter dem Untei-hautbindegewebe seine Lage hat, und als eine gerade Fort-
setzung des Rippenkörpers erscheint.
Am dünnsten fand ich die Rippen bei dem Embryo von Testudo. (Tab. lU,
Fig. 10.) Auch \\'aren bei ihm fast alle in ihrer ganzen Länge ziemlich regel-
mässig cylindrisch : denn nur die des zweiten Paares , die sich überhaupt bei den
Schildkröten am ersten in die Tireite auszudehnen anfangen, waren in der Nähe
ihrer Hälse, weil sie hier bereits zu einer solchen Ausdehnung einen Anfang ge-
macht hatten, von oben und unten massig stark abgeplattet. Im Verhältniss zu ihrer
eignen Länge, wie im Verhältniss zu dem ganzen Rumpfe, waren sie im Allgemeinen
noch etwas dünner, als etwa bei einem reifen menschlichen Foetus, und Hessen
85
theils deshalb, ihcils auch, weil ihre nur aus 10 Paaren bestehenden Reihen bis
an die l)ei(li'n Enden des ziemlleh lani^en Hunipfes reichten, verhältnissmässif;; sehr
viel jjrössere Zwisciicnräume zwischen sich, als je 2 auf einander lolgende Rippen
einer reiien menschlichen Frucht, oder überhaupt der reifern Embryonen von Säuge-
ihieren. Dies Verhältniss aber war um so auffallender und merkwürdiger, als nach-
her auch bei der Testudo, wie bei andern Schildkröten, die Rippen die so grossen
zwisch(>n ihnen befindlichen Räume ganz ausliillen müssen. Rreiter zwar, doch im
(ianzen ebenfalls von einer nur massig grossen Rreite, waren die Körper der 8
mittlem oder längern Rippen bei dem Embryo von Chelonia und bei den Jungen von
Sphargis, Chelonia, Emys und Trionyx aegyptiacus, so dass demnach auch zwischen
ihnen sich noch ansehnlich grosse Lücken befanden. Auch hatten bei diesen Exem-
plaren nicht mehr alle Rippen bis auf die des zweiten Paares durchweg eine bei-
nahe regelmässig cylindrische Form , sondern waren der Mehrzahl nach in einem
grossem oder geringern Theile ihrer Länge, wie in verschiedenen Graden, am mei-
sten aber zimächst an ihrem Halse in die Rreite ausgewachsen, und erschienen da-
her theilweise mehr oder weniger abgeplattet. (Tal). IV, Fig. 1 und 3, Tab. V,
Fig. 1, und Tab. VI, Fig. 14.)
In Hinsicht der Länge verhalten sich die Rippen schon bei den reifern Em-
bryonen ähnlich, wie bei den Erwachsenen. Die vorderste und hinterste sind im
Verhältniss zu dem ganzen Rumpfe nur sehr kurz, die übrigen dagegen ansehnlich
lanjr, doch am wenisirsten unter diesen die vorletzte. Auch haben sie bei reifem
Erabrvonen schon eine ähnliche Richtung, wie bei den Erwachsenen: namentlich ist
die vorletzte bei solchen Embryonen schon sehr stark nach hinten gerichtet.
§. 13. Nach der Analogie mit andern Wirbelthieren zu urtheilen, wachsen
auch bei den Schildkröten die Rippen aus der Relegungsmasse der Rückensaite, also
aus der Masse, welche zunächst für die Wirbel als Grundlage dient, strahlenförmig
hervor. Nach der Form aber und der Verbindung zu urtheilen, welche sie bei al-
tern Embryonen und auch den Jungen der Schildkröten bemerken lassen, wachsen
sie aus den Rogenschenkeln ganz in der Nähe der Körper der Wirbel, also aus
denselben sehr tief nach unten hervor. — Rei dem Embryo der Chelonia, wie auch
bei den Jungen von Chelonia und Sphargis, bemerkte ich auf Durchschnitten ganz
deutlich, dass sich die Knorpelsubstanz der Rogenschcnkel der Rumpfwirbel ohne alle
Unterbrechung in die Knorpelsidistanz der Rippen fortsetzte, dass also zwischen die-
sen und jenen weder eine Naht, noch ein Gelenk vorkam. Die Rippen befanden
sich demnach zu ihren Wirbeln in dem Verhältniss von Querfortsätzen, obgleich
sie alle schon eine verhältnissmässig eben so grosse Länge erreicht hatten, wie ih-
86
neu bei den Erwachsenen zukommt. Dieser Zusammenhang nun aber zwischen den
Rippen und den Wirbeln befand sich ganz am untern Ende der Bogenschenkel, da
wo diese an die Körper ihrer Wirbel angrenzten. Eben daselbst war ferner die
Knorpelsubstanz der Rippe nach unten etwas hervorgewuchert, so dass die Rippe an
ihrem Anfange ein wenig angeschwollen war oder einen kleinen Kopf zu haben
schien. Der hervorgewucherte Theil aber lag, je nach den verschiednen Rippen,
entweder nur allein dem Körper desjenigen Wirbels, welchem die Rippe angehörte,
oder ausserdem auch noch dem Körper des zunächst vor diesem befindlichen Wir-
bels dicht an. Doch befand sich der hervorgewucherte Theil weder in dem einen,
noch in dem andern Falle mit der Knorpelsubstanz der Wirbelkörper in einem un-
mittelbaren Zusammenhange, sondern war mit ihnen durch eine einfache Naht ver-
bunden. Wie bei den erwachsenen Seeschildkröten, standen die vorderste und die
drei hintersten Rippen nur mit einem einzigen, die übrigen hingegen je mit zwei
Wirbelkörpern in Berührung. Dies letztere Lagerungsverhältniss aber konnte nur
darin seinen Grund gehabt haben, dass die Rippe, indem der Bogenschenkel, aus
welchem sie hervorgewachsen war, an Breite besonders nach vorne zunahm und
zum Theil auf den zunächst vor ihm liegenden Wirbelkörper überging, hierdurch
etwas noch vorne gerückt wurde, so dass nunmehr auch sie mit jenem anPänglich
vor ihr liegenden Wirbelkörper in Berührung kam.
Unter einander fand ich sowohl bei den Embryonen von Chelonia und Testudo,
als auch bei den Jungen von Chelonia, Sphargis, Emys, Trionyx aegyptiacus und
Trionyx gangeticus sämmtliche Rippen jeder Seite ihrer ganzen Länge nach durch
eine fibröse Haut verbunden. Die Schichte fibrösen Gewebes nämlich , welche die
Körper der Rumpfwirbel an der untern Seite bekleidet, setzte sich dünner werdend,
wie nach oben zwischen die Bogenschenkel der Wirbel, so auch nach aussen zwi-
schen die Rippen fort, und stellte jederseits eine massig dicke und recht feste Fa-
scie dar, von der alle zwischen den Rippen befindliche Lücken ausgefiillt wurden,
und die ich deshalb die Fascia costalis nennen will. Die Beinhaut dieser Ske-
letstücke konnte eigentlich nur als ein Theil von ihr betrachtet werden; denn an
jeder Rippe war die angegebne Fascie gleichsam in zwei mehr oder weniger ver-
dickte Blätter geschieden, welche die Rippe zwischen sich nahmen und knapp ein-
hüllten, und von denen übrigens das obere jedenfalls dünner, als das untere war.
Dicht auf ihr lag eine Schichte eines sehr festen Unterhaut -Bindegewebes, über die
ich weiterhin (§. 36.) ein Näheres angeben werde. Dicht unter ihr, durch ein
lockeres Bindegewebe mit ihr verbunden, befand sich eine andre aus fibrösen Fa-
sern zusamraengewebte, doch im Allgemeinen weit dünnere Haut, die Fascia super-
87
ficialis intern.! trunci. Zwischen ihr aber und dieser letztern Fascie verHefen, den
Räumen entsprechend, welche sich zwischen den Rippen befanden, die langen uad
starken Aeste der Spinalnerven des Rumpfes und die Intercostalgerässe. Von Inter-
costalmuskeln aber war selbst bei den Embryonen nicht die mindeste Andeutung
vorhanden ').
Wie bei andern Wirbelthieren, bilden sich auch bei den Schildkröten Rücken-
muskeln, die den Rippen aufliegen und sie bedecken, üoch findet man sie nur bei
Embryonen und solchen Jungen, die nur erst vor kurzer Zeit das Ei verlassen ha-
ben, unmittelbar unter der Hautbedeckung und dem Unterhaut- Rindegewebe. Denn
später werden sie, wie es bei andern Wirbelthieren nie der Fall ist, von Theilen
des Innern Skeletes [des sogenannten Nervenskeletes] völlig überwölbt und verdeckt.
Auch ist ihre Zahl und Ausbreitung sehr viel geringer, als etwa bei den Vögeln
und Säugethieren (§. 33). Redeckt durch diese Muskeln der ganzen Länge nach,
und dadurch völlig geschieden von der Hautbedeckung, sind selbst bei Embryonen
nur die Rippen des ersten und letzten Paares, welche Rippen niemals eine erhebliche
Grösse erreichen: von den übrigen aber, die schon frühe eine bedeutende Länge
annahmen, sind blos die Hälse durch sie bedeckt. Dagegen sind die Körper dieser
letztern oder längern Rippen gleich anfangs, wie späterhin, an ihrer ganzen obern
Seite nur allein von dem Unterhaut -Bindegewebe und der Haut bekleidet, und ste-
hen mit der Schichte jenes Gewebes, das ihnen dicht aufliegt, nach ihrem ganzen
Verlaufe in der innigsten Verbindung.
§. 14. Das so höchst bedeutende Wachsthum in die Breite, welches an den
8 mittlem oder längern Rippen einer jeden Seitenhälfte Statt findet, und wodurch
diese Rippen endlich zu einer gegenseitigen Rerührung gelangen, um sich durch eine
etwas zackige Naht zu vereinigen, beginnt an dem Innern [oder obern] Ende der
Körper derselben, und schreitet dann von da aus gegen das äussere Ende fort. Auf
diese Weise der fortschreitenden Vergrösserung Hess sich schon aus der Form
schliessen, welche die mittlem oder längern Rippen bei den erwachsenen Seeschild-
kröten besitzen, da bei ihnen die Körper jener Rippen nur in ihrer Innern [obern]
Hälfte so breit sind, dass sie zusammenstossen, in ihrer äussern Hälfte hingegen sich
um ein Bedeutendes schmäler zeigen. Eine völlige Gewissheit aber haben darüber-
die Beobachtungen gegeben, welche an sehr jungen Land- und Süsswasserschildkrö-
1) Bei andern Wirbelthieren kommen von der oben beschriebenen Fascia coslalis nnr mehr oder we-
niger deutliche Spuren vor. Beschränkt oder auch gehemmt ist ihre Ausbildung bei andern Wirbelthieren
durch die Eatwickelung der Musculi intercostales worden.
SS
teil gemacht worden sind. Auch haben diese Beobachtungen ergeben, dass bei den
Land- und Süsswasserschildkröten die längern Rippen zu einer gewissen Enlwicke-
lungszeit ganz diesellie Form besitzen , welche diese Rippen bei den erwachsenen
Seeschildkröten bemerken lassen. Was die hierüber gemachten Walirnehmungen
anbelangt, so hatten bei sehr jungen Exemplaren von Emys europaea (Nr. 12 der
Einleitung), Terrapene tricarinata und Trionyx gangeticus jederseits von den längern
Rippen nur erst die 5 oder 6 vordem dicht an dem Innern Ende ihrer Körper eine
solche Breite erlangt, dass sie mit ihren Seitenrändern zusammenstiessen : bei den
Jungen aber von Trionyx ocellatus, Platemys Spixii, Terrapene pensylvanica und
Pentonyx capensis waren alle längern Rippen zwar schon an der innern Hälfte ih-
rer Körper so breit geworden, dass sie sich an einander dicht angeschlossen hatten,
hingegen in der äussern Hälfte verhältnissmässig nicht breiter, als etwa die Rippen
der meisten Säugethiere. Doch stand bei Trionyx ocellalus die breitere Hälfte der
andern noch sehr an Länge nach, indess bei den übrigen oben genannten Schildkrö-
ten die schmälere Hälfte die kürzere war. Auch boten die Rippen ähnliche Ver-
hältnisse, wie bei den zuletzt genannten Schildkröten, bei einer halb ausgewachsenen
Emys europaea dai", die Bojanus in seinem Werke über diese Thierart auf der
dritten Tafel in der achten Figur abgebildet hat '). Anfangs übrigens , weiui die
längern Rippen sich in die Breite auszudehnen begonnen haben , verhallen sie sich
dergestalt, dass ihre Körper, je weiter gegen das äussere Ende hin, ganz allmählig
verjüngt erscheinen. Wenn sie aber schon so breit geworden sind, dass je zwei
benachbarte theilweise zusammenstossen, ist der breitere Theil gegen den schmälern
ziemlich scharf abgesetzt, und dies Verbältniss ändert sich dann nicht weiter, wie
sehr der breitere Theil auch immer mehr an Länge das Uebergewicht erbfUlen mag.
§. 15. Die Verknöcherung der ursprünglich durchweg knorpligen Rippen
beginnt bei den Schildkröten , wie es auch bei den Schlangen , Eidechsen und Vö-
geln der Fall ist , an der Oberfläche dieser Körpertheile , so dass an ihnen anfangs
nur eine dünne Kruste von Knochensubstanz vorkommt. Schon bei den Embryonen
von Testudo und Chelonia bildete die Knochensubstanz um den völlig cylindriscben,
massig dicken, allenthalben in Hinsicht der Dicke sich ziemlich gleichlileibenden Knor-
pel der Rippen eine vollständige' Scheide, die aber gegen die Wirbelsäule nur bis
auf das Köpfchen hinreichte, also nicht bis zu den Bogenschenkeln der Wirbelbeine
selbst sich hinerslreckte , und die nach aussen ebenfalls nicht bis an das Ende der
Rippen ausgedehnt war, sondern sich in einer massig grossen Entfernung von dem-
') Aiiatome Tesludinis eurupaea. Viliiae 1819.
89
selben fast unmerklich verlor '). An der vordersten und hintersten Rippe war diese
Scheide allenthalben nur äusserst düiui. an den übrij2;en Rippen aber war sie nur an
dem Koplchen . dem Halse und der äussern [oder untern] Hällle des Körpers unge-
fähr eben so dünn, dagegen an der Innern Hälfte des Körpers erheblich dicker, zu-
mal bei dem Embryo von Clielonia, doch auch hier an ihrer Oberfläche ganz glatt
und eben. Im ^^ergleich mit den Wirbeln war diese letztere Hälfte der längern
Rippen in ihrer \'erknöcherung viel weiter vorgeschritten, als namentlich die Bogen-
schenkel der Wirbel.
Erst nachdem in den Rippen die Verknöcherung begonnen hat, wachsen sie der
Mehrzahl nach — nänilich mit Ausnahme der vordersten und der hintersten alle
übrigen — merkwürdig stark in die Breite. Dieses ihr Wachsthum aber erfolgt
in der Art. dass an dem ursprünglich cylindrischen Körper der Rippen die Knochen-
substanz immer mehr an Umfang und Masse zunimmt, und zwar am meisten nach
vorne und hinten, weniger nach oben [gegen die Hautbedeckung] und am wenigsten
nach unten. Zuvörderst gewinnt der Rippenkörper an Breite, indem die zur Ver-
grösserung desselben dienenden StolTe sich so ablagern, dass sie an der vordem und
hintern Seite der Knochenscheide der Rippe gleichsam einen Saum darstellen, der
gegen seinen freien Rand, wie eine Messerklinge, scharf ausläuft. Die Bildung die-
ser Säume beginnt in der Nähe des Rippenhalses und schreitet von da aus gegen
das andre Ende der Rippe vor: sie haben daher, während sie in der Bildung be-
griffen sind, in der Nähe des Rippenhalses die grösste Breite, erscheinen um so
schmäler, je weiter gegen das äussere Ende der Rippe hin, und verlieren sich ge-
gen dieses Ende fast unmerklich. Etwas verschieden aber ist ihr Verbalten bei den
verschiednen Arten der Schildkröten. Bei den meisten nehmen sie nur sehr lang-
sam an Länge zu, und reichen selbst bei solchen Jungen dieser Arten, welche schon
weit in ihrer Entwckelung vorgeschritten sind, nur etwa bis zur Mitte der Rippen
hin, haben aber gleich anfangs eine ziemlich grosse Dicke, so dass sie da, wo sie
noch keine beträchtliche Breite erlangt haben, von ihrer Basis (oder von dem Ach-
sentheile der Rippe) gegen ihren freien Rand steil abfallen (Tab. HI, Fig. 15 und
Fig. 16 B, Tab. VI, Fig. 17). Auch lassen sie bei den meisten Schildkröten gleich
von Anfang an nur wenig Knorpelsubstanz erkennen, sondern bestehen fast nur aus
p>
') Auch bei den Jnogen von Sphargis, Chelonia und Trionyx aegyptiacns war das äussere Ende der
langem Rippen in einer massig grossen Streclie nur knorplig, obgleich an dem innern Ende der Körper
dieser Rippen, zumal der zweiten von vorne, die Knochensclieide bei den Jungen von Chelonia schon ziem-
lich dick und breit geworden war.
12
90
Knochensubslanz , und geben sich daher ganz deutlich als Auswüchse oder Wuche-
rungen der Knochenscheide der Rippenknorpel kund. Bei denjenigen Schildkröten
hingegen, welche zu den Gattungen Sphargis, Chelonia und Trionyx gehören, neh-
men die erwähnten Säume sehr rasch an Länge zu, ohne jedoch in der Galtung
Chelonia das äussere Ende der Rippen jemals zu erreichen, was hingegen in der
Gattung Trionyx, oder doch bei einigen Arten derselben, der Fall ist. Dafür aber
nehmen sie bei diesen Schildkröten nur langsam an Dicke zu, weshalb sie bei ihnen
eine geraume Zeit als lange und im Ganzen nur sehr dünne Streifen erscheinen, von
denen je zwei einen Rippenkörper einfassen (Tab. V, Fig. 2; Tab. VI, Fig. 19
und Tab. IX, Fig. 17). Auch bestehen sie bei diesen letztern Schildkröten eine
längere Zeit hindurch zum grössern Theüe aus Knorpelsubstanz. Schwach angedeu-
tet fand ich sie bei dem Embryo von Chelonia, mehr ausgebildet bei der jungen
Sphargis, und noch stärker entwickelt bei den Jungen von Chelonia, doch auch bei
den letztern noch beinahe ganz knorplig. Bei Trionyx gangeticus und Tr. aegy-
ptiacus waren sie nur zum Ideinern Theile noch knorplig, bei Tr. ocellatus schon
ganz verknöchert. Dass sich aber diese ursprünglich nur knorpligen Streifen nicht
etwa unabhängig von den Rippen in der Hautbedeckung oder in dem Unterhaut-
Bindegewebe gebildet und dann erst sich den Rippen angeschlossen hatten, ergab sich
daraus, dass ich niemals zwischen ihnen und den Rippen irgendwo einen Zwischen-
raum bemerken konnte, ferner dass sie innerhalb der fibrösen Haut, welche zwischen
den Rippen ausgespannt ist, und auch die Beinhaut für diese darstellt, ihre Entste-
hung nehmen, also mit der Rippe, zu welcher je zwei gehören, in einer und der-
selben als Beinhaut dienenden Scheide liegen, und dass bei andern Schildkröten die
ihnen entsprechenden Säume gleich anfangs beinahe gänzlich aus Knochensubstanz
bestehen und sich deutlich als Auswüchse der Rippen darstellen. — Erst nachdem
die oben beschriebenen Säume der Rippen entstanden sind, nehmen diese Körpertheile
auch an Dicke erheblich zu, und zwar wiederum zunächst da, wo der Rippenkörper
an den Rippenhals angrenzt. Die Substanz aber, die dazu verwendet werden soll,
wächst aus der obern Seite theils jener Säume, theUs aus der zwischen denselben
befindlichen Masse des Rippenkörpers hervor, und es verlieren dadurch jene Säume,
auch wenn sie anfänglich in ihrer ganzen Breite nur sehr dünn waren, immer mehr
das Aussehen von besondern Fortsätzen oder flügeiförmigen Anhängen des Cylinders,
der ursprünglich von der ganzen Rippe dargestellt wurde, so dass sie nach einiger
Zeit mit diesem ursprünglich nur allein vorhandnen Theile der Rippe eine einfache
dicke Tafel zusammensetzen, die darauf noch immer mehr sowohl an Breite, als
auch an Dicke zunimmt. Wo zwei benachbarte Rippen einander mit ihren Seiten-
91
rändern erreicht haben, sind sie bald darauf, nachdem dies geschehen, an den ge-
nannten Rändern fast so dick, als in ihrem mittlem oder Achsentheile. Abbildungen,
welche die so eben beschriebenen Entwickelungsvorgänge an den Rippen versinnlichen
können, habe ich gegeben in Fig. 15. Tab. HI, Fig. 1. Tab. V, und Fig. 19, 20
und 21. Tab. \1. — Wie schon angeführt worden, erreichen die erwähnten Säume
bei ihrer Verlängerung in der Regel lange nicht das äussere Ende der Rippen. Ist
dann in diesem gewöhnlichem Falle auf der ganzen Strecke, auf der sie hatten sich
ausbilden können, der Rippenkörper schon ansehnlich breit luid tafelförmig geworden,
so sticht seine äussere kürzere Hälfte durch ihre cylindriscbe Form und geringe
Breite sehr auffallend gegen jene andere oder breitere Hälfte ab (Tab. V, Fig. 4.).
Gewinnt nachher auch dieser schmälere Theil an Breite und Dicke, so geschieht
dies, indem von jener andern Hälfte aus der Rippenkörper allmählig immer weiter
gegen sein Ende hin sogleich nach allen Seiten, wenn gleich am meisten nach vorne
und nach hinten, anschwillt, ohne auf dieser Strecke an seiner vordem und hintern
Seite zuvor erst einen besondern scharfrandigen und langen Saum bemerken zu las-
sen. (Tab. Vn, Fig. 1.)
Bald nachdem die Jungen das Ei verlassen haben, oder doch nicht lange nach-
her, und wenn die benachbarten Rippen noch weite Zwischenräume zwischen sich
haben, auch bei denjenigen Arten, bei welchen die Rippen durch zwei dünne Knor-
pelstreifen besäumt werden, diese noch nicht sich zu verknöchern angefangen haben,
geht in dem Innern der Rippenkörper eine bedeutende Veränderung vor sich, in
Folge wovon sie im Allgemeinen massig stark in die Breite und Dicke ausgedehnt
Averden. Die Knochensubstanz nämlich , die um den Rippenknorpel anfänglich eine
völlig dichte und glasartig feste Scheide bildet, lockert sich in der Art auf, dass
kleine Höhlen in ihr entstehen, die mit einem eben solchen gelblichen und aus locker
zusammenhängenden rundlichen Zellen bestehenden Knochenmarke gefüllt werden, wie
ich es aus den Körpern der Wirbelbeine beschrieben habe. Auch verschwindet gleich-
zeitig der Knorpel, nachdem der von ihm gebildete Cylinder immer dünner gewor-
den ist, und zwar um so früher, je näher gegen das innere Ende oder das Köpf-
chen der Rippe hin. Jene Höhlen aber bilden in den Rippenkörpern der Gattungen
Chelonia und Trionyx einige ziemlich gerade nach der Länge der Rippen verlau-
fende und nach dem äussern Ende derselben etwas convergirende Kanäle, von denen
besonders die mittelsten oder diejenigen, welche zunächst um die imaginäre Achse
der Rippen liegen und zum Theil die Stelle des verschwundnen Rippenknorpels ein-
nehmen, durch viele kurze Anastomosen in einander übergehen. Im Ganzen bietet
dann dieser von den Höhlen durchzogne Theil auf Querdurchschnitten ein ähnliches
92
Aussehen dar, wie eine Binse. (Tab. VI, Fig. 17.) Bei den Jungen von Terra-
pene und Platemys haben die beregten Kanäle einen weniger regelmässig nach der
Länge der Rippen gehenden Verlauf, sondern sind mehr netzartig verbunden und
nehmen der Breite nach einen verhältnissmässig grössern Raum, als bei den zuerst
genannten Schildkröten, ein, zumal bei Terrapene tricarinata. (Tab. VI, Fig. 17
und 18.) Nachdem die Bildung der angegebnen Kanäle im Innern begonnen hat,
entstehen üusserlich an der obern Seite der Rippenkörper einige nach der Länge
derselben verlaufende, einander ziemlich parallele und aus dichter Knochensubstanz
bestehende Leisten, wodurch nun diese Seite ein gefurchtes und demjenigen einer
cannelirten Säule ähnliches Aussehen erhält. Am stärksten fand ich die Leisten und
am tiefsten und breitesten die zwischen ihnen befindlichen Furchen bei Trionyx gan-
geticus und Trionyx ocellatus (bei welchem letztern sie auch auf den ursprünglich
knorpligen und bereits verknöcherten Säumen der Rippen vorkamen), am zartesten
dagegen und dafür am zahlreichsten bei Terrapene tricarinata. Bei der jungen Sphar-
gis fehlten sie zwar, doch würden sie sich wahrscheinlich auch bei ihr gebildet ha-
ben, wenn dieselbe länger am Leben geblieben wäre, da sie gleichfalls in der ihr
verwandten Gattung Chelonia vorkommen, und zwar in dieser bei den Erwachsenen
nicht blos an der obern, sondern auch an der untern Seite des schmälern oder äus-
sern Endtheiles der Rippenkörper. AUmählig wird darauf eine jede der angegebe-
nen Furchen, jedoch die eine früher, die andre etwas später, wie von einem Ge-
wölbe durch eine Knochenlamelle bedeckt, die anfangs äusserst zart ist, nachher aber
immer dicker wird, und diese Lamelle bildet sich entweder aus zwei einander zuge-
kehrten Seitenhälften, die aus den beiden die Furche einschliessenden Leisten hervor-
gewachsen sind, oder geht nur blos von einer Leiste aus und wächst von ihr zu
einer benachbarten herüber. Gewöhnlich ferner beginnt die Bildung einer solchen
Lamelle an dem obern oder dem zum Rippenhalse hingekehrten Ende der Furche,
und schreitet von da allmählig gegen das andre Ende vor, mitunter jedoch, wie ich
besonders bei den Jungen von Trionyx bemerkt habe, fern von den beiden Enden
in dem mittlem Theile einer Furche an einer oder mehrern Stellen. Durch das
Hinzukommen dieser Lamellen aber werden aus den Furchen enge Kanäle gebildet,
die mit der Zeit in ihrem Innern mehrere, oder selbst ziemlich viele aus Knochen-
substanz bestehende und in der Mitte durchbrochne Scheidewände erhalten, auch
mitunter, wie es mir geschienen hat, sich unter sehr spitzen Winkeln verzweigen,
und hie oder da, doch nur der kleinern Zahl nach, gegen die untere Fläche der
Rippe eine Oeffnung erlangen. Ob sie aber ausserdem noch Seitenöffnungen erhal-
ten, durch die ihre Höhlen in einander übergehen, ist mir nicht gelungen, mit Sicher-
93
heil ausfindig zu machen. AngePiillt werden übrigens alle diese Kanäle nicht mit
Knochenmark , sondern nur allein mit einem lockern Bindegewebe.
Ob die so eben beschriebenen Leisten und Kanäle sich bei allen Schildkröten
bilden, muss ich dahin gestellt sein lassen. Wohl bei allen aber wird auf den Rip-
penkörpern, wo sie schon eine grössere Breite erlangt haben und nun auch eine
grössere Dicke gewinnen sollen, der dazu dienliche Stoff an der obern Seite der
Rippen so abgesetzt, dass er, wie zu einer gewissen Zeit auf den Dornfortsätzen,
eine einlache Schicht von Zellenräumen oder Markzellen bildet, die nur mit einem
lockern Bindegewebe angefüllt, gegen die Hautbedeckung anfänglich weit offen, und
in der Form den Gehäusen mancher Arten von Eschara ziemlich ähnlich sind. Die-
jenigen, welche auf den bereits beschriebenen, mit Bindegewebe angefüllten Längs-
kanälen stehen, erhalten, wenn auch vielleicht nicht sämmtlich, so doch einer gros-
sen Zahl nach, späterhin an ihrem Boden eine Oeffnung, durch die sie nunmehr mit
jenen Kanälen in Höhlengemeinschafl kommen. — Die seillichen Wandungen der in
Rede stehenden Zellenräume, oder mit Bindegewebe erfüllten Markzellen, haben zu-
erst das Aussehen von niedrigen und netzartig verbundenen Leisten, werden aber
immer höher, und bleiben in der Regel undurchlöchert, so dass nur selten die Höh-
len zweier neben einander stehender Zellen durch eine Oeffnung in einander über-
gehen. Haben sie dann schon eine gewisse Höhe erlangt, so werden die einzelnen
von ihnen eingeschlossenen Räume, oder die Höhlen der Markzellen, von Knochen-
substanz auch überwölbt, und es bilden sich über ihnen Decken, die anfangs sehr
zart und entweder siebartig diu'chlöchert , oder nur an einer Stelle mit einer Oeff-
nung versehen sind. Die erstere Beschaffenheit sah ich an vielen Markzellen der
Platemys Spixii, niemals dagegen an den viel kleinern Markzellen des Trionyx ocel-
latus. Sind mehrere Oeffnungen in der Decke einer Markzelle vorhanden, so schlies-
sen sie sich nach einiger Zeit gewöhnlich bis auf eine: kommt gleich anfangs nur
eine vor, so verkleinert sie sich allmählig, ohne jedoch in der Regel ganz zu ver-
schwinden. Die verschiedenen Enlwickelungsgrade der Markzellen, wie ich sie so
eben angegeben habe, kann man bei jungen Schildkröten, deren Rippen sich erst
mit ihrer einen Hälfte an einander angeschlossen haben, beisammen auf einer und
derselben Rippe da gewahr werden, wo die breitere Hälfte des Rippenkörpers in die
schmälere übergeht. — Auf den bereits mehr oder weniger geschlossenen Mark-
zellen, also nach aussen von ihnen, habe ich keine neuen in der Bildung angetroffen,
sondern vielmehr denjenigen Theil der äussern Fläche der Rippen, der von den
Decken derselben zusammengesetzt war, immer glatt und eben gefunden. Dennoch
bemerkt man bei jungen Schildkröten, deren Rippen sich bereits in einer grössern
94
Strecke an einander angeschlossen haben, an den Rippenkörpern in einiger Entfer-
nung von der schmälern Hälfte derselben, wie es bei solchen Jungen auch an den
Dornfortsätzen der Fall ist, stelhvcise zwei und selbst mehrere Markzellen über ein-
ander. Diese Erscheinung aber hat nach Beobachtungen, die ich besonders an Trio-
nyx ocellatus und Platemys Spixii gemacht habe, ihren Grund darin, dass sowohl
an den Rippen, als auch an den Dornfortsätzen, die Decken der zuerst entstandnen
und neben einander liegenden Markzellen, obgleich sie anfänglich nur äusserst zart
sind, doch immer mehr an Dicke zunehmen, dass darauf die Substanz dieser Decken
stellweise aus einander weicht, dass die dadurch in ihr entstandnen Höhlen immer
geräumiger werden und theils in die Höhlen jener erstem Zellen , theils auch nach
aussen durchbrechen, und dass sich dieser Vorgang dann noch einmal oder selbst
mehrmals wiederholt. Einer Vermuthung, dass die Markzellen durch Bildung von
Scheidewänden vermehrt würden, steht der Umstand entgegen, dass, wo schon mehr,
als eine einzige Schicht von ihnen vorkommt, eine oberflächlichere nicht immer ge-
nau über einer einzigen tiefern, sondern mitunter über der gemeinschaftlichen Wan-
dung zweier tiefern liegt, und dass einzelne von jenen erstem überaus klein im
Verhältniss zu den letztem erscheinen. — Wo bei einer jungen Schildkröte ein
Rfppenkörper schon so breit geworden ist, dass er an einen benachbarten sich dicht
angeschlossen hat, findet man, bald nachdem dies geschehen, seine Knochensubstanz
so beschaffen, dass sie zunächst der untern Fläche des Rippenkörpers eine massig
dicke Tafel von grosser Dichtigkeit und Härte darstellt, die nur einige wenige kleine
Oeffnungen als Mündungen einiger wenigen Markzellen und Markkanäle bemerken
lässt, zum weit grossem Theilc aber eine durchweg schwammige Masse darbietet,
die auf jener dichtem Tafel gleichsam abgelagert ist und auf ihr ruht. Denn auch
bis an den Rand, mit welchem eine Rippe eine andre dicht berührt, reicht diese
schwammige Masse noch anfangs hin, indem von den Markzellen, mit welchen je
zwei Rippen sich an einander gefügt haben, die einander zugekehrten und einander
berührenden Wandungen dann ebenfalls noch sehr dünn sind. AUmählig aber wer-
den diese Wandungen der .an den Seitenrändern der Rippe befindlichen Markzellen
bedeutend dick, und bilden nach einiger Zeit eine feste, dichte und mehr oder we-
niger dicke Masse, in die sich die erwähnte dichte Tafel der untern Seite der Rippe
nach oben ohne Unterbrechung fortsetzt. Im Ganzen stellt dann diese festere Masse
an dem breitern Theile des Rippenkörpers ungefähr eine flache und breite Rinne
dar, in der die schwammige Masse eingebettet liegt. — Unter den jungen Schild-
kröten, die ich untersuchte, waren bei der Chelonia imbricata, Chelonia virgata und
Terrapene tricarinata noch keine Markzellen auf den Rippen vorhanden. Bei den
95
Jungen von Trionyx gangetieus, Emys lutaria und Emys europaea kamen sie zwar
schon auf dem breitesten Theile der Rippen vor, waren aber nur in einer Schicht
gelagert und standen fast sämmtlich noch weit offen. Dagegen kamen sie bei den
übrigen Jungen an dem dickern Theil der breitern Rippenhälften in mehr, als nur
in einer einzigen Schichte vor, und es waren bei ihnen fast alle diejenigen, welche
zunächst nach oben lagen, gegen die Hautbedeckung nur mit einer verhältnissmässig
sehr kleinen Oeffnung versehen. Absolut und relativ am grössten, aber dafür auch
mit den dünnsten Scheidewänden versehen, fand ich sie bei der Platemys, dagegen
am kleinsten und mit den dicksten Scheidewänden versehen bei Trionyx ocellatus.
(Tab. VI, Fig. 20 und 21.)
Schon aus der Darstellung, die ich in dem Obigen von der Entwickelung der
Rippen gegeben habe, geht hervor, dass die so bedeutende Breite, die bei den er-
wachsenen Schildkröten diese Körpertheile gewahr werden lassen, ihnen selbst eigen
ist, nicht aber etwa darin ihren Grund hat, dass unabhängig von den Rippen ent-
standjie Knochentafeln sich denselben anschliessen und damit verwachsen. Indess
dürfte es nicht überflüssig sein, noch zu bemerken, dass ich von den verschiednen
jungen Schildkröten, welche ich zergliedern konnte, Rippen theils gleich, nachdem
sie auspräparirt waren, theils auch, nachdem sie eine längere Zeit mazerirt hatten,
oder nachdem aus ihnen durch Salzsäure die Kalkerden ausgezogen worden waren,
darauf untersucht habe, ob besondre Knochentafeln ihnen dicht auflagen und mit ih-
nen durch ein Bindegewebe vereinigt waren, dass ich aber niemals das geringste
Anzeichen von einem solchen Verhältniss entdecken konnte.
§. 16. Wie schon angeführt worden, findet man bei reifern Embryonen von
Schildkröten gleich unter dem Unterhaut -Bindegewebe des Rückens einige Muskeln,
die über die Rippenhälse hinweglaufen, dieselben gänzlich bedecken,, und einigen
Rückenmuskeln höherer Thiere entsprechen. Diese Muskeln nun aber werden spä-
ter, wenn bereits die Embryonen aus dem Eie ausgeschlüpft sind, auf eine für die
Schildkröten ganz eigenthümliche Weise von einigen Theilen des Innern Skeletes,
die sich jetzt erst ausbilden, gänzlich überwölbt und dadurch völlig von dem Unter-
haut-Bindegewebe geschieden. Einestheils nämlich wachsen die horizontalen Ta-
feln, zu denen sich die Dornfortsätze des zweiten bis achten Rumpfwirbels ausbilden,
immer weiter über sie herüber. Anderntheils aber sendet eine jede Rippe eben der-
selben Wirbel , also eine jede von den längern Rippen , aus dem Winkel oder dem
Bogen, unter dem ihr Körper in den Hals übergeht, einen Fortsatz nach oben und
innen [gegen die Mittelebene des Rumpfes] aus, der bedeutend breiter, als der Hals
der Rippe wird, dem tafelförmig gewordnen Dornfortsatze desselben Wirbels, zu
96
welchem die Rippe gehört, entgegenwächst, und sich zuletzt mit demjenigen Seiten-
rande des Dornfortsatzes, welcher ihm zugekehrt ist, durch eine Naht verbindet.
So läuft denn später, mit Ausnahme der vordersten und der hintersten Rippe, eine
jede von den übrigen nach innen in 2 Schenkel, einen untern schmälern und einen
obern breitern, aus, von denen der erstere der früher entstandne oder der sogenannte
Rippenhals, der letztere aber ein später entstandner Auswuchs des Rippenkörpers ist.
Bei den Embryonen von Chelonia und Testudo, wie auch bei der jungen Sphargis
und dem jungen Exemplar von Emys europaea war von dem letztern Schenkel zwar
an einigen Rippen schon eine Andeutung unter der Form eines Hügels vorhanden,
doch nur so schwach erst ausgebildet, dass sie sehr leicht übersehen werden konnte.
(Tab. in, Fig. 12, a.) Etwas erheblicher war sie schon bei den Jungeu von Che-
lonia und Emys lutaria, desgleichen bei dem altern Exemplar von Emys europaea,
doch auch bei diesen im Ganzen nur geringe und an den hintersten längern Rippen
noch gar nicht erkennbar. Bei Trionyx gangeticus war dieser obere Schenkel der
fünften Rippe schon mit dem Dornfortsatze in Berührung gerathen, an den übrigen
Rippen aber um so weniger ausgebildet, je weiter sie von der fünften nach hinten
oder nach vorn entfernt lagen. (Tab. VI, Fig, 14.) Bei der Terrapene tricarinata
war nur von der zweiten Rippe der obere Schenkel mit einem Dornfortsatze in
Verbindung gekommen. (Tab. V, Fig. 3.) Bei Trionyx ocellatus aber, wie auch
bei Pentonyx capensis, Platemys Spixii, Terrapene pensylvanica und Testudo mau-
ritanica stiessen schon in derselben Weise, wie bei den Erwachsenen, die obern
Schenkel aller längern Rippen mit den Dornfortsätzen zusammen: auch hatten bei
diesen letztern jungen Schildkröten die angegebnen Schenkel schon eine solche Breite
erlangt, dass je zwei benachbarte, wie die Körper ihrer Rippen, dicht an einander
gefügt waren..
Wenn die obern Schenkel der Rippen noch nicht entstanden sind, läuft jeder-
seits von der Fascie, welche die Körper und Hälse der Rippen unter einander ver-
bindet (§. 9.) da, wo jene in diese übergehen, eine Fortsetzung als ein sehr dün-
nes Blatt über die Rückenmuskeln zu den Dornfortsätzen herüber, ist mit den Dorn-
fortsätzen sehr innig verwachsen, verbindet sich auf ihnen mit dem gleichen Theile
der andern Seitenhälfte, und schwillt in der Verbindungslinie zu den Ligamenta in-
terspinalia an. Wenn sich aber später die obern Rippenschenkel entwickeln, auch
die Dornfortsätze breiter werden, und alle diese Theile einander immer mehr ent-
gegenwachsen, geht der angegebne Theil der Fascie, der in seiner Lagerung und
Verbindung dem hintern Blatte der Fascia lumbo - dorsalis des Menschen zu entspre-
chen scheint, dem Anscheine nach spurlos verloren. Eigentlich aber wachsen diese
97
Abschnitte des Skcletes in ihn immer weiter hinein, so dass er fiir sie zu einer
Knochenhaut wird und für sie auch gleichsam als ein Leitband dient.
Zu dem Körper der Rippe steht der obere Schenkel gleich bei seinem Erschei-
nen in dem Verhältniss einer Apophysis. Er tritt auf als ein Auswuchs der Kno-
chenscheide des Rippenkörpers, an dessen Bildung der von dieser Scheide einge-
schlossene Knorpelcylinder keinen unmittelbaren Antheil hat. Was aber die Be-
schaffenheit seiner Masse und deren Entwickelung anbelangt, so verhält es sich da-
mit, wie mit den beiden seitlichen Dritteln der breitern Rippenkörper. Die für ihn
bestimmte Knochenmasse nämlich bildet eine Tafel, die an ihrer untern Seite glatt
und eben ist, auf deren obern Seite hingegen Markzellen entstehen, die anfangs in
einer einzigen Schichte vorkommen und weit offen sind, dann eine Decke erhalten,
und noch später sich dadurch über einander häufen , dass ihre Decke , nachdem sie
dicker geworden ist, immer grösser und zahlreicher werdende Lücken erhält.
§. 17. Nach den Beobachtungen, die ich in dem Obigen über die Rippen der
Schildkröten gemacht habe, würde zunächst die Frage zu beantworten sein, welchen
Abschnitten der Rippen andrer Thiere die beiden Schenkel entsprechen, die bei den
Schildkröten an dem Innern Ende der längern Rippen vorkommen, insbesondere aber,
ob sie mit den beiden Schenkeln gleichbedeutend sind , welche an den Rippen der
Vögel gefunden werden.
1) Von jenen beiden Schenkeln an den meisten Rippen der Schildkröten hat man,
wie schon angeführt, den untern gewöhnlich für gleichbedeutend mit dem Halse
und Kopfe der Vogel- und Säugelbierrippen gebalten. Wenn man aber die Ent-
wickelungsgcschichte der Wirbelthiere zu Rathc zieht , so wird man finden , dass
diese Deutung unrichtig ist. In gleicher Weise nämlich, wie bei den Säugethieren
und Vögeln, wachsen auch bei den Schildkröten die Rippen als einfache Strahlen
aus den Bogenschenkeln der Wirbel ganz in der Nähe der Wirbelkörper hervor.
Sehr nahe den Stellen aber, wo sie entsprungen sind, senden die Rippen hei den
Vögeln und Säugethieren in der Regel einen Fortsatz nach unten und innen ab,
der mehr oder weniger an Länge und Dicke zunimmt, an seinem freien Ende etwas
anschwillt, und sich mit demselben an einen oder zwei Wirbelkörper unter Vermit-
telung einer jetzt sich ausbildenden Gelenkkapsel Innig anschliesst. (Tab. HI, Fig.
13, b. und 14, b.) Dieser Fortsatz nun ist der Rippenhals mit seinem Köpfchen.
Bei den Schildkröten hingegen entsteht an den Rippen kein solcher nach unten ge-
hender Fortsatz : mithin kann an ihnen auch kein Abschnitt dem Halse und dem
Kopfe der Vogel- und Säugethierrippen für völlig gleichbedeutend gehalten werden.
Doch kommt bei ihnen allerdings eine geringe Andeutung davon vor : denn für eine
13
98
solche darf man wohl die untere Hälfte der schwachen Anschwellung ansehen, wel-
che sich am innern Ende des untern Rippenschenkels befindet, da dieselbe, wie schon
angegeben worden, sich als einen Auswuchs dieses Schenkels darstellt, und sich ent-
weder nur an einen einzigen Wirbelkörper oder an zwei benachbarte Wirbelkörper
anlegt und damit verbindet. Eben so wenig auch entspricht von den beiden Schen-
keln, die an den meisten Rippen der Schildkröten vorhanden sind, der untere, ge-
nau genommen, dem obern Schenkel an den Rippen der Vögel. Denn es entsteht
dieser bei den Vögeln, wie das Tuberculum an den Rippen der Säugethiere, dem
er gleichbedeutend ist, indem die Rippe an der Stelle, wo sie von einem Bogen-
schenkel sich abgliederte — also nach innen von der ürsprungsstelle des Fortsatzes
oder des Halses, den sie nach unten gegen einen Wirbelkörper aussendete — , stär-
ker hervorwächst (Tab, III, Fig. 13 und 14, a.), und es unterscheidet sich der
obere Rippenschenkel der Vögel von dem Tuberculum der Rippen der Säugethiere
hauptsächlich nur dadurch, dass er eine weit grössere Länge erreicht. Bei den
Schildkröten hingegen erfolgt nach innen von dem kleinen Vorsprunge, der nach
dem Obigen für eine höchst schwache Andeutung des Rippenhalses und Rippenkopfes
zu halten ist, niemals eine Verlängerung der Rippe, durch die ein besonderer Fort-
satz zu Wege gebracht würde. — Wenn nun aber an den Rippen der Schildkröten
der untere Schenkel im Ganzen weder dem Höcker der Säugethierrippen imd dem
obern Schenkel der Vogelrippen, noch auch dem Halse und Kopfe der Rippen dieser
verschiednen Thiere entspricht, sondern nur die untere Hälfte seines kopfartigen
Endes, welche einem oder zwei Wirbelkörpern anliegt, den Hals und Kopf der Vö-
gel- und Säugethierrippen vorstellt: so kann jener Schenkel, ungeachtet seiner Dünn-
heit, nur für gleichbedeutend mit einem Theile des Rippenkörpers andrer Thiere
ausgegeben werden.
2) Der obere Schenkel an den Rippen der Schildkröten ist ein diesen Thie-
ren ganz eigenthümlicher Theil. Denn bei keinem andern Wirbelthiere wächst ein
ähnlicher Fortsatz aus dem Rippenkörper hervor, um Rückenmuskeln zu überwölben
und sich einem Dornfortsatze der Wirbelbeine anzuschliessen. Auch unterscheidet
er sich vom obern Schenkel der Vogelrippen, mit dem er noch am ersten vergli-
chen werden könnte, in Hinsicht seiner Entstehung dadurch, dass er aus der Rippe
fern von der Stelle, wo diese aus ihrem Wirbel entsprang, bervorwächst , dagegen
der obere Schenkel der Vogelrippen sich dicht an der Ürsprungsstelle dieser Kör-
pertheile bildet.
§. 18. Anstatt dass bei andern Wirbelthieren die Rippen sich an den Stel-
len, wo sie aus den Wirbeln hervorgewachsen waren, abgliedern, indem daselbst
99
eine Unterbrechung; der Knorpelmasse entsteht und sich Bandmasse ausbildet, erfolgt
dort bei den Schildkröten keine solche Unterbrechung oder Abgliederung, sondern
es bleiben bei ihnen die Rippen mit den Wirbelbeinen für immer durch einen un-
veränderten Theil ihrer ursprünglichen Masse, nämlich durch eine ächte Knorpelsub-
stanz in Verbindung. Wenigstens ist dies der Fall bei Emys europaea, Trionyx
ferox und Chelonia imbricata, von denen ich auch erwachsene Exemplare darauf un-
tersucht hjibe. Merkwürdig ist dabei noch dieser Umstand, dass bei erwachsenen
Schildkröten diejenigen Rippen , welche mit ihrem untern Schenkel an zwei Wirbel
angrenzen, nicht blos mit dem einen Wirbel, sondern mit beiden durch eine ächte
Knorpelsubstanz verbunden sind, obgleich doch eine jede solche Rippe nur aus ei-
nem Wirbel eigentlich hervorgewachsen sein konnte, auch in der ersten Jugend die-
ser Thiere mit einem zweiten Wirbel nur durch eine Naht verbunden ist.
§. 19. Wenn die obern oder nachgewachsenen Schenkel der längern Rippen
der Schildkröten eine eben so bedeutende Breite, wie die Körper dieser Rippen, an-
genommen haben, und in Folge davon in jeder Seitenhälfte, wie die Körper, von
denen sie ausgehen, an ihren Seitenrändern zu einer gegenseitigen Berührung und
Vereinigung gelangt sind, setzen jederseits die mittlem oder längern Rippen schon
für sich allein eine verhältnissmässig recht grosse Tafel zusammen. Auf eine ganz
andre Weise aber, als unter einander, kommen die mittlem Rippen mit der vorder-
sten und der hintersten in Berührung. Während sich jene nämlich übermässig ver-
grössern, bleiben diese, indem sie weder einen obern Schenkel absenden, noch auch
an Dicke , Breite und Länge erheblich zunehmen , in ihrer Entwickelung gar sehr
zurück, und werden von denjenigen beiden Rippen, welche ihnen zunächst liegen,
völlig überwachsen und überwölbt, so dass die erste unter der zweiten, die letzte
unter der vorletzten zu liegen kommt. Nachdem dies aber geschehen ist, gelangen
die erste und letzte Rippe, während sie noch etwas sich verlängern, mit ihrem äus-
sern Ende an die untere Fläche der zweiten und der vorletzten Rippe, legen sich
mit demselben an diese an, und verbinden sich mit ihr entweder durch eine Naht,
oder gehen mit ihr noch eine innigere Verbindung durch Verwachsung ein.
Mit Ausnahme der vordersten und der hintersten Rippe nehmen die übrigen
eine beträchtliche Länge an, krümmen sich aber, verglichen mit den Rippen der
Vögel und Säugethiere, nur wenig, so dass sie zuletzt mit ihrem einen Ende weit
mehr nach aussen, als nach unten gerichtet erscheinen. Dabei, und wohl eben des-
halb, wachsen sie meistens mehr oder weniger über die Leibeshöhle seitwärts hin-
aus, und zeigen dadurch ein Verhalten, wie einige Halsrippen der Brillenschlangen
und einige Brustrippen der fliegenden Drachen , obgleich freilich in einem geringern
13*
100
Grade, als es bei diesen andern Amphibien der Fall ist. Auch bei einigen Schihl-
kröten nämlich reichen die längern Rippen entweder sämmtlich, oder doch der Mehr-
zahl nach, in eine Falte der Hautbedeckung hinein, und zwar in die seitlichen Hälf-
ten der ringförmigen Rückenialte, wenngleich freilich nur mit einem kleinen Theil
ihrer Länge, und nur so weit, dass zwischen ihren Enden und dem äussern Rande
der erwähnten Falte noch ein ziemlich grosser Zwischenraum verbleibt. Es kommt
dies Verhältniss namentlich bei den Schildkröten aus der Gattung Trionyx vor, bei
denen es schon von Cuvier und von Andern bemerkt worden ist. Ausserdem aber
habe ich dasselbe bei einem Embryo, bei 3 jungen und bei mehrern erwachsenen
Exemplaren verschiedner Arten aus der Gattung Chelonia, ferner bei dem Embryo
von Testudo, wie auch bei jungen und erwachsenen Exemplaren von Emys europaea
gefunden. Abgesehen indess davon, ob einige Rippen in die ringförmige Falte der
Rückenhaut hineinreichen oder nicht , wachsen wohl bei allen Schildkröten einige
Rippen durch Zunalime an Länge nicht unbedeutend seitwärts über die Rumpfliöhle
hinaus. Ganz besonders gilt dies von dem neunten, weniger schon vom achten
Paare, die sich beide ausserdem auch mehr oder weniger stark nach hinten richten.
In Folge davon aber wachsen diese Rippen, während sich ihre Körper immer unter
der Haut des Rückens halten , über die Oberschenkelknochen und die Muskeln , von
welchen jene eingehüllt sind, zum Theil herüber. (Tab. IV, Fig. 4, und Tab. V,
Fig. 5.) Noch später, wann die zuletzt erwähnten Rippen besonders bedeutend an
Breite zunehmen, also erst nachdem der Embryo das Ei verlassen hat, dehnt sich
das vorletzte Paar nach hinten und innen [gegen die Mittelehene des Körpers] , so-
gar auch über die Hüftbeine aus, deren obere Enden ursprünglich dicht hinter dem
letzten Rippenpaare ihre Lage haben. Durch alle diese Vorgänge aber zusammen-
genommen wird über dem Becken und den Oberschenkeln jederseits von den Rippen
ein knöchernes Dach gebildet, das ziemlich weit über die Rumpfhöhle vorspringt
und einen kleinen Theil des Rückenschildes ausmacht. — Auch die zweite Rippe
von vorne wächst hei den Schildkröten ziemlich weit über die Rumpfliöhle hinaus
und richtet sich zugleich bei manchen, namentlich bei denen aus den Gattungen
Trionyx und Chelonia recht stark nach vorne hin, indess sie bei andern eine sol-
che Richtung entweder nur in einem geringern Grade, oder auch fast gar nicht an-
nimmt. Wohl bei allen Schildkröten aber dehnen sich die Rippen dieses zweiten
Paares, indem sie nach Ablauf des Fruchtlebens sehr bedeutend in die Breite wach-
sen, nach vorne nicht blos über die des ersten Paares, sondern auch über die
Rumpfhöhle und die obern Enden der Schulterblätter aus, so dass die Schulter-
blätter zuletzt, obgleich sie iür immer ihre ursprüngliche Lage vor dem vordersten
101
Rippenpaare beibehalten, dennoch nebst den von ihnen zu den Vorderschenkeln ge-
henden Muskeln unter dem zweiten Rippenpaare, wie unter einem mehr oder weni-
ger breiten Dache, zu liegen kommen. Durch Wachsthum nach vorne hin fand ich
die Rippen des zweiten Paares verhältnissmässig am breitesten geworden, und am
weitesten über die Rumpfhöhle nach vorne vorspringend bei Platemys Spixii und
Pentonyx capensis. [Auf der siebenten Tafel habe ich in Figur 4 eine Abbildung
vom Rückcnschilde der Emys europaea gegeben, an dem durch eine aus Kreuzen
zusammengesetzte Linie genau bezeichnet worden ist, wie weit die Rippen über
die Rumpfliühle hinausreichen.]
D. Allgemeinere Remerkungen über morphologische Verhältnisse
der Rumpfwirbel, Rippen und Querfortsätze.
§. 20. Weil bei den Schildkröten von allen denjenigen Wirbeln des Rum-
pfes, welche zwischen dem Halse und Kreuzbein liegen, seitwärts Skeletstücke ab-
gehen, die den Namen der Rippen führen, so hat man deshalb alle diese Wirbel
für Brustwirbel ausgegeben, Lendenwirbel aber den Schildkröten, wie aus gleichem
Grunde den Schlangen, vielen Sauriern und den Fischen ganz abgesprochen. Allein
1) kann die Gegenwart von Rippen an einem Wirbel nicht ein Bestimmungs-
grund sein, ihn jedenfalls für einen Brustwirbel auszugeben, da bei manchen Thie-
ren auch offenbar dem Halse angehörige Wirbel mit Rippen versehen sind, wie na-
mentlich bei den Schlangen, schlangenartigen Sauriern und Krokodilen;
2) besitzen alle Amphibien, also auch die Schildkröten, eben so gut, wie die
Säugethiere, eine Unterleibshöhle, ja sogar noch eine verhältnissmässig grössere,
als jene, und bei den Fischen entspricht vollends die ganze hinter den Kiemen ge-
legne Rumpfböhle nur allein der Unterleibshöhle der Säugethiere, da bei ihnen die
wesentlichsten Organe der Brusthöhle, die Lungen, fehlen;
3) kommen bei den Schildkröten in der hintern Hälfte des Rumpfes einige
Muskeln vor, die von den Zootomen mit Recht als gleichbedeutend mit Muskeln an-
genommen werden, welche bei den Säugethieren die Wandung der Unterleibshöhle,
der sie allein angehören, zusammensetzen helfen, nämlich die Musculi obliqui abdo-
minis [in nur einem Paare], die M. transversi abdominis, die M. recti abdominis und
die M. quadrati lumborum. Einseitig und unrichtig erscheint mir daher die Ansicht,
dass in dem Rumpfe der Schildkröten keine Lendenwirbel, sondern nur Brust- und
Kreuzbeinwirbel vorkommen.
Wenn man nun aber aus den angeführten Gründen genöthigt ist, den Schild-
kröten auch Lendenwirbel zuzugestehen, so wird man für die Bestimmung, welche
102
von ihren Wirbelbeinen dann der Lendengegend angehören, die oben genannten
Muskeln als maassgebend betrachten dürfen, und dabei besonders ihre Anheftungs-
punkte und ihre Ausbreitung zu berücksichtigen haben. Danach aber werden bei
den Schildkröten die 4, wenn nicht gar die 5 zunächst vor dem Kreuzbein liegen-
den Wirbel für die Lendenwirbel zu halten sein , da die genannten Muskeln seit-
wärts von diesen Wirbeln liegen und die grössten von ihnen, die Musculi transver-
si, nach vorne bis auf die Rippen des sechsten, selten, wie namentlich hei Pentonyx
capensis, bis auf die des fünften Rumpfwirbels hinreichen.
Ist die obige Deutung der 4 oder 5 zunächst vor dem Kreuzbein liegenden
Wirbel richtig, so muss man aber auch, ihr gemäss, die Rippen dieser Wirbel für
die Stellvertreter derjenigen Querfortsätze halten, welche an den Lendenwirbeln vie-
ler Säugethiere vorkommen. Und diese Deutung ist auch insofern der Natur nicht
widersprechend, als die Querfortsätze und die Rippen der Wirbelthiere im Allgemei-
nen theils [A] ursprünglich ein gleiches Verhalten zeigen, theils auch [B] nach Ab-
lauf ihrer Entwickelung eine sehr nahe Verwandtschaft unter einander dadurch be-
kunden, dass im Allgemeinen genommen zwischen ihnen hinsichtlich der Länge, der
Breite, der Art des Verlaufes, und selbst der Art des Zusammenhanges mit den
Wirbeln, sehr grosse Aehnlichkeiten vorkommen, ja in einigen Fällen es sogar zwei-
felhaft bleiben dürfte, ob ein von einem Wirbel abgehender seitlicher Strahl mit
grösserm Rechte ein Querfortsatz, oder hingegen eine Rippe zu nennen sei *).
A. Bei den meisten Wirbelthieren senden , je nach den verschiednen Arten
derselben, verschiedentlich viele Wirbel zu einer Zeit, da die Entwickelung der
ganzen Frucht erst massig grosse Fortschritte gemacht hat, zwei paarige seitliche
Fortsätze ab, die anfänglich als ganz einfache Ausstrahlungen der Wirbel erscheinen,
und die alle in ihrem Verhalten dann einander gleich, oder doch höchst ähnlich sind.
Dergleichen Fortsätze bilden sich z. B. bei den Schlangen und schlangenartigen
Sauriern an fast allen Wirbeln ihres Körpers, hei manchen typischen Sauriern an
allen Wirbeln des Rumpfes und vielen Wirbeln des Schwanzes, bei vielen Säuge-
thieren an sämratlichen Brust- und Lendenwirbeln. (Fig. 6 der netmten Tafel stellt
sie aus einem sehr jungen Schweinsembryo dar.) Bei der weitern Entwickelung
nun aber verbleibt ein solcher Strahl entweder in dem ursprünglichen Verhältniss
eines Fortsatzes von einem Wirbelbeine, in welchem Falle er ein Querfortsatz ge-
nannt wird, oder er gliedert sich dicht an dem W^irbelbeine ab, indem zwischen bei-
^) Man sehe Meckel's Bedenken in Beireff der Rippen der geschwänzten und der Querfortsätze der
ongescbwänzteo Batravbier in dessen System der vergl. Anat. 11, 1. Seite 390.
103
den ein Gelenk und zwar gewöhnlich ein aus Faserbandmasse, seltner ein aus einer
Synovialkapsel gebildetes entsteht, und heisst dann Rippe, oder er gliedert sich in
einiger Entfernung von dem Wirbel ab, in welchem Fall er in eine Rippe und ei-
nen Querfortsatz zerrällt, oder er wird zwar ganz und gar durch Abgliederung zu
einer Rippe, doch wächst später an der Stelle, wo die Abgliederung erfolgte, aus
dem Wirbelbeine noch ein Querfortsatz nach. Als etwas Unwesentliches aber für
die anatomische Bedeutung der Rippen darf es angesehen werden, dass bei manchen
Thieren die meisten dieser Körpertheile, während sie sich weiter entwickeln , einen
Ausläufer oder Schenkel absenden, der sich an einen oder zwei benachbarte Wirbel
anschliesst, so dass dann eine solche Rippe durch zwei Schenkel mit der Wirbel-
säule in Verbindung steht.
B. Wenn man bei den erwachsenen VVirbellhieren die Theile des Skeletes,
welche Rippen und Querfortsätze genannt werden, mit einander vergleicht, so zeich-
nen sich jene vor diesen in der Regel (a) durch eine grössere Länge, (b) durch
eine grössere Breite oder Dicke, (c) durch eine mehr oder weniger grosse Krüm-
mung und (d) durch eine bewegliche Verbindung mit den Wirbeln aus. Von die-
ser Regel giebt es jedoch mehrere und mitunter sehr bedeutende Ausnahmen,
a. Von nur geringer Länge sind sämmtliche Rippen der geschwänzten Batrachier und
mancher Fische, wie auch das vorderste und hinterste Rippenpaar der Schildkröten;
dagegen haben bei Pipa verrucosa und Rana cornuta mehrere, und bei nicht weni-
gen Gräthenfischen das hinterste oder die zwei hintersten Paare der Querfortsätze
eine bedeutende Länge, b. Wenn Rippen und Querfortsätze bei einem Thiere bei-
sammen vorkommen, so sind die erstem allerdings meistens breiter, als die letztern ;
bei einigen Kröten aber, namentlich bei Pelobates fuscus und besonders bei der Pipa
verrucosa und Rana cornuta, haben die Querfortsätze des Kreuzbeins eine im Ver-
hältniss zu der ganzen Länge des Rumpfes so bedeutende Breite, wie die Rippen
sie bei keinem Thiere, selbst nicht bei den Schildkröten darbieten, c. Gerade, wie
gewöhnliche Querfortsätze, sind die nur kurzen Rippen der geschwänzten Batrachier,
desgleichen die vorderste und die hinterste Rippe der Schildkröten, indess die Quer-
fortsätze der hintersten Rumpfwirbel bei manchen Fischen, wenn sie eine bedeuten-
dere Länge erreicht haben, stark gekrümmt sind und sogar mitunter, wie die Rip-
pen vieler Fische, an ihren den Wirbeln abgekehrten Enden paarweise zusammen-
stossen. d. Was die Art der Verbindung anbelangt, die in den meisten Fällen
als die hauptsächlichste Richtschnur dienen kann, ob man eine seitliche Ausstrahlung
eines Wirbels mit dem Namen der Rippe, oder des Querfortsatzes belegen soll, so
sind bei den Schildkröten die Rippen an die \N^irbel ganz unbeweglich befestigt.
104
nicht aber etwa nur, weil der obere oder nacbgewachsene Schenkel, den die mei-
sten erhalten, sich durch eine Naht mit den Wirbeln verbunden hat, sondern auch,
weil zwischen dem zuerst vorhandnen Schenkel und dem Wirbelbeine nur eine
durch wahre Knorpelsubstanz bewirkte Synchondrose , nicht also der Norm gemäss
ein wahres Gelenk gebildet worden ist. Andrerseits aber stehen bei vielen, wenn
nicht bei allen Schildkröten die Qucrforlsätze des Kreuzbeins, und bei Chelonia
Midas auch die Querfortsätze mehrerer Schwanzwirbel gleichfalls nur durch eine
dünne Kuorpelscheibe mit denselben in Verbindung ').
Bei der so nahen Verwandtschaft, welche dem Obigen zufolge zwischen den Rip-
pen und den Querforlsätzen der Wirbelthiere im Allgemeinen stattfindet, dürfte es
daher wohl nicht befremden, wenn sich, wie nicht selten an den Halswirbeln, so
auch mitunter an den Lendenwirbeln mancher Thiere, Theile entwickelt hätten, die
in ihrem ganzen Verhalten nicht sowohl gewöhnlichen Querfortsätzen, als vielmehr
den Rippen andrer oder auch derselben Thierarten ähnlich wären. Was aber ins-
besondre die Schildkröten anbelangt, so dürften von denjenigen Skeletstücken , wel-
che man bei ihnen Rippen nennt, die 4 hintersten Paare insbesondre deshalb, weil
man unter ihnen und der Fascie, durch die sie ajifangs mit einander verbunden sind,
die Musculi transversi abdominis UJid Musculi obliqui interni abdominis gelagert fin-
det, für Querfortsätze von Lendenwirbeln gehalten werden, die der Mehrzahl nach
sich ungewöhnlich stai'k verlängert haben und über jene Muskeln herüber gewachsen
sind, so wie auch dadurch von gewöhnlichen Querfortsätzen abgewichen sind, dass
sie nach oben einen besondern Schenkel gegen die Dornfortsätze abgesendet haben,
§. 21. Vergleicht man die Schildkröten mit andern Wirbelthieren in Hin-
sicht auf ihre Rippen im Allgemeinen, so wird man finden, dass diese im Ganzen
das Mittel zwischen den Querfortsätzen der ungeschwäjizten Batrachier und den
Rippen andrer Thiere halten. Denn obschon sie in der Art ihrer Verbindung mit
den Wirbeln den Rippen andrer Thiere nicht gleich sind, so nähern sie sich den-
selben doch darin au, dass zwischen ihnen und ihren Wirbeln eine Unterbrechung
vorkommt, die von einer weichern Masse, als es die Knochensubstanz ist, ausgefüllt
1) Den Umstand , duss bei den Säugethieren und Vögeln an dem Halse Querfortsätze vorkommen,
die gegen ihre Wirbel hin, wie so häufig die Rippen, in zwei Schenkel gespalten erscheinen, habe ich
nicht als einen Beweisgrund für die nahe Verwandtschaft zwischen QuerfortsUtzen und Rippen im Allgemei-
nen anfiihren mögen, weil jene Fortsätze ihre zweischenklige Form auf eine ganz andre Weise, als die
Rippen erhalten, nämlich dadurch, dass eigentlich zwei aus einem Wirbel hervor gewachsene Querfortsätze
an ihrem einen Ende zusammcnfliessen, dagegen eine Rippe dadurch zweischenklig geworden ist, dass sie,
ein anlauglich ganz einfacher Strahl, in der Nähe ihres einen Endes aus sich selbst heraus einen Neben-
strahl oder Ausläufer abgesendet hat.
105
wird. Audrcrseits aber haben sie in Hinsicht auf ihre Richtung und schwache
Krümmung bei einer meistens bedeutenden Länge mit den Querfortsätzen der Pipa,
einiger andern Kröten, und auch einiger Frösche, mit welchen Thieren überhaupt
die Schildkröten auch in manchen andern Organisations- Verhältnissen am nächsten
verwandt erscheinen, eine grosse Aehiilichkeit.
E. Ergänzungsplatten des Rückenschildes.
§. 22. Ausser den Rippen und den horizontal liegenden Tafeln, zu welchen
sich die Dornfortsätze des zweiten und der sechs folgenden Rückenwirbel ausbilden,
dienen bei den erwachsenen Schildkröten zur Zusammensetzung des Rückenschildes
noch eine oder mehrere Knochenplatten , die in dem Umkreise jener erstem Skelet-
stücke ihre Lage haben und mit denselben, je nach den verschiednen Arten der
Schildkröten, mehr oder weniger vollständig vereinigt sind. Ich werde sie, weil sie
nur den kleinern Theil des Rückenschildes ausmachen, auch im Allgemeinen später
entstehen, als derjenige Theil dieses Schildes, welcher von den Rippen und den Dorn-
fortsätzen der Wirbel zusammengesetzt wird, und durch ihr Hinzukommen das Rücken-
schild vervollständigen , die Ergänzungsplatten desselben nennen.
Bei denjenigen Arten von Trionyx, aus welchen Dumeril und ßibron die
Gattung Gymnopus, Wagler die Gattung Aspidonectes gebildet haben, kommt in der
Regel nur eine einzige solche Platte vor, und diese hat ihre Lage vor dem Dorn-
fortsatze des zweiten Rückenwirbels im Nacken, weshalb sie denn die Nackenplalte
genannt werden kann. Schon eine grössere Zahl von solchen Platten findet sich in
denjenigen Arten von Trionyx vor, aus welchen Dumeril und Bibron die Gattung
Cryptopus zusammengesetzt haben, indem bei diesen, ausser einer Nackenplatte, noch
14 bis 16 paarige Knochenplatten vorkommen, die in der hintern Hälfte des soge-
nannten Limbus des Rückens oder der Ringfalle eingeschlossen sind, welche von der
Haut des Rückens da, wo sie nach unten auf andre Theile des Körpers übergeht,
gebildet wird '), wie auch, wenigstens bei Trionyx granosus, in eben derselben
Ringfalte eine kleine unpaarige Knochenplatte vor der grössern im Nacken liegenden.
Bei den übrigen Schildkröten aber ist die Zahl der Ergänzungsplatten noch weit
grösser, und von ihnen setzen die meisten einen Kreis zusammen, der den Rand des
Rückenschildes ausmacht, in dem Limbus des Rückens seine Lage hat, in der Regel
ausser einer impaarigen grössern und am meisten nach vorne liegenden Platte, näm-
lich der Nackenplatte, aus einer unpaarigen, im hintersten Theil des Rückenschildes
1) C u V i e r Recherches s. I. ossemens foss. Tit. IX. Pag. 400, und Hist. nat. des reptilis par Dumeril
et Bibron, T. II, Pag. 500.
14
106
liegenden und 22 paarigen kleinern Platten besteht. Im Allgemeinen pflegt man
dieselben die Marginalplatten zu nennen. Die übrigen liegen innerhalb dieses Krei-
ses hinter dem tafelförmigen Dornfortsatze des achten Rückenwirbels, kommen zwar
in einer verschiedentlich grossen, doch immer nur geringen Zahl vor, und sind mei-
stens unpaarig, in welchem Falle sie in einer Linie hinter einander liegen, seltner
zum Theil auch paarig. Dem Angeführten zufolge gehören also von denjenigen
Platten des Rückenschildes, welche die mittlere Reihe ausmachen und gewöhnlich die
Vertebralplatten genannt werden, die vorderste und grösste, oder die Nackenplatte,
dem Hautskelete, die 7 folgenden dem Nervenskelete, und die hinter dieser liegenden,
wenn sie überhaupt vorhanden sind, wiederum dem Hautskelete an.
Die Nackenplatte, die nach den bisherigen Erfahrungen bei keiner Schildkröte
fehlt, bildet sich von allen Ergänzungsplatten des Rückenschildes auch am frühesten.
Und zwar nimmt sie ihre Entstehung schon lange vor der Enthüllung des Embryo's,
wahrscheinlich schon um die Mitte des Fruchtlebens. Die übrigen hingegen bilden
sich viel später, nämlich erst nach Ablauf des Fruchtlebens.
§. 23. Die Nackenplatte entsteht über dem letzten oder auch dem vor-
letzten Halswirbel, wohl jedenfalls aber vor den Rückenwirbeln, den Rippen und den
Schulterblättern zwischen der Hautbedeckung und einigen Muskeln, so dass sie an-
fangs mit keinem andern Theile des Skeletes in einer unmittelbaren Berührung ist.
Die Körpertheile , auf denen sie zunächst ihre Lage hat, sind zwei lange, schmale,
und von dem Schwänze bis auf den Hals hingehende Muskeln, die den Muse, sacro-
spinales der Säugethiere entsprechen (§. 42.) und die Enden einiger Nackenmus-
keln, die man an der untern Fläche der in Rede stehenden Platte angeheftet findet.
Ob sie später entsteht, als die Hautfalte, welche den Rücken von den Seiten und
dem Nacken abgrenzt, oder vielmehr gleichzeitig mit derselben, ist mir zwar unbe-
kannt, doch glaube ich angeben zu können, dass sie nicht in demjenigen Theile die-
ser Falte selbst, welcher über den Nacken quer herüberläuft, ihren Ursprung nimmt,
sondern dicht hinter ihm. Denn bei der Sphargis fehlt ein solcher Theil der Falte,
und dennoch ist bei ihr eine Nackenplatte vorhanden. Dagegen ragt in der Gattung
Trionyx weder bei Erwachsenen , noch bei Jungen , obgleich bei ihnen ein solcher
Theil der Falte vorkommt, die Nackenplatte in denselben hinein. Demnach dürfte
es höchst wahrscheinlich sein, dass diese Platte bei denjenigen Schildkröten, bei wel-
chen sie, wann sie ihre Ausbildung erlangt hat, mit ihrer vordem Hälfte einen Theil
jener Grenzfalte des Rückens bis zu dem Rande hin ausfiillt, nur erst allmählig,
indem sie an Grösse immer mehr zunimmt, in ihn hineinwächst. Doch muss dies
schon sehr frühe geschehen, denn bei den Jungen von Chelonia, Terrapene, Emys
107
und Plateniys, und selbst schon bei den Embryonen von Cbelonia und Tesftido, fand
ich das Verhältniss beider Tlieile zu einander eben so, wie bei den ErwaehsiMien.
Was die oben ji^eniachte Aeusseriing anbelangt, dass die Nackenpiattt^ anfangs
mit keinem andern Theile des Skeleles in einer unmittelbaren Berührung steht, so
kann ich mich dabei auf den untersuchten Embryo von Testudo und den Embryo
und die Jungen von Chelonia berufen, indem bei ihnen jene Platte noch keinen an-
dern Theil des Skeletes berührte. (Tab. ffl, Fig. 12. a. und Tab. IV, Fig. 1. a.)
Auch war es bei ihnen, wie auch bei der Sphargis und den Jungen von Trionyx,
ganz deutlich, dass die Nackenplatte vor den Rückenwirbeln und den Schulterblättern
ihre Entstehung genommen hatte. (Tab. IV, Fig. 3. a.) Denn die obern Enden der
Schulterblätter lagen bei ihnen allen zwischen jener Platte und den vordersten Rippen :
und von den Bogen der vordersten Rückenwirbel stand der hintere Rand der Platte
noch mehr oder weniger weit ab. Allmählig aber kommt die Nackenplatte mit den
Rippen des zweiten Paares, wie auch in der Regel, ausgenommen nämlich einige Ar-
ten von Trionyx '), mit dem Dornfortsatze des zweiten Rückenwirbels nicht blos in
Berührung, sondern schliesst sich ihnen auch ganz dicht an, theils indem sie sich
nach hinten und den Seiten vergrössert, theils auch indem die Rippen und der Dorn-
fortsatz des zweiten Rückenwirbels, an Grösse zunehmend, ihr entgegenwachsen.
Bei meinen Jungen von Trionyx und Terrapene tricarinata hatte sie sich bereits an
die Rippen, und bei den Jungen von Emys, Platemys, Pentonyx und Testudo auch
an den Dornfortsatz des zweiten Rückenwirbels dicht angeschlossen. (Tab. V, Fig.
2, 3 und 4, und Tab. VI, Fig. 14.) — Früher indess, als die Nackenplatte sich
den Wirbelbeinen und Rippen anschliesst, steht sie mit ihnen durch fibröses Gewebe
in Verbindung. Denn bei den Jungen von Chelonia, Sphargis und Trionyx fand ich
ein ziemlich starkes fibröses Band , das von der Mitte des hintern Randes der Na-
ckenplatte zu dem Dornfortsatze des zweiten Rumpfwirbels ging , und ausserdem je-
derseits eine sehr dünne Fascie, die zwischen der Nackenplattc und der zweiten Rippe
ausgespannt war und in die Fascie überging, welche in jeder Seitenhälfte sämmtliche
Rippen unter einander vereinigte (§. 9 und 13.). Bei dem Embryo von Chelonia
aber, den ich zur Untersuchung hatte, konnte ich nur das erwähnte Band, hingegen
keine Spur von einer zwischen Nackenplatte und Rippen ausgespannten fibrösen Haut,
•) Bei einigen Arten von Trionyx scheint für immer zwischen der Nacicenplatte, dem Dornfortsatze
des zweiten Rückenwirbels und dem zweiten Rippenpaare eine Lücke zu bleiben, die nur von weichen Thei-
len ausgefüllt ist. Namentlich scheint dies der Fall zu sein bei Triooyx subplanus nach Cuvier's Angaben
(Recherches s. 1. ossemens foss. IX, 599.) und auch nach einer Angabe Meckel's (System der vergl. Anat.
Tbl. II, Abtheil. 1. Seite 421.)
14*
108
und bei dem Embryo von Testudo weder diese, noch jenes bemerken. Es ist mir
daher sehr wahrscheinlich, dass beide sich viel später, als die zwischen den Rippen
selbst ausgespannte Fascie bilden, und zwar dicht unter dem formlosen Bindegewebe,
welches unter der Haut des Rückens in einer mehr oder weniger dicken Schichte
ausgebreitet ist.
Die Form der Nackenplatte, die je nach den Gattungen und Arten der Schild-
kröten gar sehr verschieden ist, kommt im Allgemeinen schon frühe derjenigen ziem-
lich nahe, die dieser Körpertheil bei jeder Art in seinem ausgebildeten Zustande hat.
Eine Beschreibung, wie ich dieselbe bei verschiedenartigen noch in der Entwickelung
begriffenen Schildkröten gefunden habe , will ich unterlassen , weil sie mir für die
Entwickelungsgeschichte grade nicht von Wichtigkeit zu sein scheint, und weil ich
ohnehin auf den Tafeln , die der vorliegenden Schrift hinzugefügt worden sind , von
dieser Platte mehrere möglichst treue Abbildungen gegeben habe. [Die Nackenplatte
einer jungen Emys europaea ist auf Tab. III, Fig. 6. abgebildet.]
Auch die relative Grösse der Nackenplatte ist bei den verschiednen Arten der
Schildkröten gar sehr verschieden, und diese ihre Verschiedenheit macht sich eben-
falls schon in der frühesten Jugend bemerklich. Am kleinsten fand ich sie bei den
Seeschildkröten , insbesondie bei Sphargis , grösser schon bei Trionyx , am grössten
hingegen bei Platemys, bei der sie einen höchst bedeutenden Umfang hatte. Je nach
der verschiednen Grösse nun aber, die sie bei den verschiednen Arten der Schild-
kröten erlangt, trägt sie mehr oder weniger zur Vergrösserung des Rückenschildes
bei, und von ihr hängt es, je nachdem sie in der Dimension von hinten nach vorne
sich vergrössert hat, hauptsächlich oder nur allein ab, wie weit das Rückenschild auf
den Hals hinaufreicht und ihn, wann er vorgestreckt worden ist, bedeckt. Unter al-
len Schildkröten , die ich gesehen habe , springt das Rückenschild über die Wirbel-
beine des Rumpfes nach vorne am weitesten bei Platemys Spixii vor, und es beträgt
bei ihr die Länge der Nackenplatte, die auch beträchtlich breit ist, beinahe ein
Drittel von der Länge des ganzen Rückenschildes. (Tab. V, Fig. 4. b.)
Anränglich scheint die Nackenplatte aus einem ganz dichten Knorpel zu beste-
hen: denn bei dem Embryo von Chelonia und der jungen Sphargis war sie noch
ganz dicht, bestand fast ganz aus Knorpel, und enthielt nur in der Mitte etwas Kalk-
erde. Schreitet ihre Verknöcherung dann stärker vor, so wird ihr Inneres schwam-
mig, indem in ihr lauter mit Knochenmark erPüllte und schichtweise in horizontaler
Ebne ausgebreitete Kanäle entstehen, die von dem Mittelpunkte der Platte, wo sie
zum Theil zusammenstossen , gegen den Umkreis derselben auseinanderfahren, in ih-
rem Verlaufe mitunter einmal oder selbst mehrmals unter spitzen Winkeln verzweigt
109
sind, an ihrem äussern Ende, wo sie am weitesten zu sein pflegen, offen stehen, und
in dem Falle, dass die Platte langgestreckt ist, wie namentlich in der Gattung Trio-
nyx, in der Mehrzahl eine nicht unbedeutende Länge haben. Die Weite dieser Ka-
näle ist verschieden hei den verschiednen Arten der Schildkröten, am grössten aber
im Allgemeinen bei den Seeschildkröten. Auch ist die Zahl der Schichten dieser
Kanäle verschieden, und zwar je nach der Weite derselben und der Dicke der Na-
ckenplatte, doch im Allgemeinen nur geringe. Nur zwei Schichten fand ich bei der
jungen Chelonia imbricata, die grösste Anzahl (5 oder 6) bei Trionyx ocellatus.
Jedenfalls al)er sind die Kanäle der obersten [der zunächst der Haulbedeckung lie-
genden] Schichte die kürzesten, die der untersten Schichte die längsten. — Später,
als diese Markkanäle, entstehen an der nach oben gekehrten Seite der Nackenplatte
eben solche mit lockerm Bindegewehe angefiillte Markzellen, wie auf den Dornfort-
sätzen und Rippen, die anfangs gegen die Hautbedeckung hin weit offen stehen, und
die sich in ihrer Entwickelung bei jeder Art von Schildkröten ganz so verhalten,
wie bei derselben Art die mit Bindegewebe angefüllten Markzellen der erstgenann-
ten Skeletstücke. Bei den beiden untersuchten Embryonen, wie auch bei den Jun-
gen von Spbargis, Chelonia, Trionyx und Terrapene tricarinata fand ich von diesen
Markzellen noch keine Spur. Dass sie hei den Jungen von Trionyx auf der bezeich-
neten Platte noch ganz fehlten, war mir deshalb auffallend, weil bei ihnen derglei-
chen Markzellen auf den Rippen und Dornfortsätzen schon längst entstanden waren,
zumal bei Trionyx ocellatus.
8. 24. Die übrigen Ergänzungsplatten des Rückenschildes nehmen weit spä-
ter, als die Nackenplatte, ihre Entstehung. Denn weder bei den Embryonen von
Chelonia und Testudo, noch auch bei den Jungen von Spbargis, Chelonia Midas und
Chelonia imbricata Hess sich von ihnen irgend eine Spur auffinden, obgleich bei al-
len diesen Exemplaren die Hautbedeckung des Rückens schon in eben so viele Fel-
der abgetbeilt war. wie bei den Erwachsenen derselben Species vorkommen. Bei
den Jungen von Chelonia virgata und Terrapene tricarinata waren schon einige
wenige (6 bis 8) entstanden, hatten aber nur erst eine sehr geringe Grösse, und
stellten unregelmässig ellipsoidische, von zwei Seiten etwas abgeplattete Körper dar,
die in ihrer Mitte aus einem Knochenkern, in ihrem Umkreise aus einem höchst
schmalen Saum von Knorpelsubstanz bestanden. Sie gehörten zu den Marginal-
platten und standen zwar von einander ziemlich weit ab, lagen aber sämmtlich in
dem hintersten Theile der Hautfalte, welche in Form eines Saumes um den Rumpf
herumging. Es entstehen also, abgesehen von der Nackenplatte, von den übrigen
Marginalplatten die hintersten zuerst, was in sofern beachlungswerth sein dürfte, als
110
bei denjenigen Arten der Gattung Trionyx, welche ausser der Nackenplatte noch
einige andre Marginalplatten besitzen, aber in geringerer Zahl, als die übrigen
Schildkröten, diese letztern Platten nur in der hintern Hälfte des Rumpfes vorkom-
men. Bei den Jungen von Emys lutaria und E. europaea fand ich die Marginal-
platten zwar sämnUlich vor, doch waren sie alle, mit Ausnahme der Nackenplatte,
nur erst wenig ausgebildet. Diejenigen, welche bei den Erwachsenen zusammen
mit der Nackenplatte den Rand des Rückenscbildes ausmachen, befanden sich inner-
halb der Grenzfalte des Rückens in dem Bindegewebe, welches zwischen den beiden
Blättern dieser Hautfalte abgelagert war, hatten eine nur so geringe Grösse, dass
sie als sehr kleine, längliche, und entweder nur an einem Ende, oder aber an bei-
den Enden zugespitzte Kerne erscheinen, befanden sich dicht an dem freien Rande
der erwähnten Hautfalte, lagen sowohl von einander selbst, als auch von den Enden
der Rippen verhältnissmässlg ziemlich weit entfernt, und bestanden, ungeachtet ihrer
geringen Grösse, aus einer schwammigen und in ihren Höhlen mit Bindegewebe aus-
gefüllten Knochensubstanz. Diejenigen Ergänzungsplatten aber, welche bei den er-
wachsenen Exemplaren von Emys europaea die 2 letzten Rückenwirbel und die bei-
den Wirbel des Kreuzbeins bedecken, lagen zwischen jenen Wirbeln und der Haut-
bedeckung in der Mitte, stellten kleine und höchst dünne rundliche Scheiben dar,
standen unter einander noch in keiner Berührung, und bestanden ebenfalls schon ganz
aus Knochensuhstanz. Weit mehr schon waren, ausser der Nackenplatte, auch die
übrigen Ergänzungsplatten des Rückenschildes bei der Platemys Spixii ausgebildet.
(Tab. V, Fig. 4. a. a. c. d. und Figur 5. c.) Sie waren schon völlig verknöchert
und auch schon ziemlich gross. Doch standen fast alle ia der Grenzfalte des Rü-
ckens gelegnen Platten, oder die sogenannten Marginalplatten, noch nicht in einer
Berührung unter einander, wie denn auch keine von ihnen sich schon in einer Be-
rührung mit einer Rippe befand: vielmehr waren zwischen ihnen und den Rippen
noch mehr oder weniger grosse Zwischenräume vorbanden. Desgleichen hatte sich
ihnen eine ziemlich grosse unpaarige Platte, welche zunächst hinter dem Dornfort-
satze des achten Rückenwirbels lag, noch nicht angeschlossen. Uebrigens aber Hes-
sen diejenigen, welche zu den Randplatten des Rückenschildes gehörten, an ihrer Lage
und Form erkennen, dass sie, wie in der Gattung Emys, ihre Entstehung dicht an
dem freien Rande der Grenzfalte des Rückens genonunen hatten. Denn nicht blos
erschienefi sie zwischen den beiden Blättern dieser Falle dicht an den äussern Rand
derselben herangelagert, sondern es war auch ihr nach aussen gekehrter Rand, ent-
sprechend jenem Rande der Falte, nur sehr schwach, dagegen ihr nach innen gekehr-
ter sehr stark convex, so dass sich daher vermuthen Hess, dass das Wachsthum
111
dieser Platten in die Breite von aussen nach innen [}?egen die Mittelcbene des Kör-
pers] vor sich gegangen war. Ihre Oberfläche war im Ganzen glatt und von ei-
nigen wenigen kleinen Oelftiungen dun-hlöcherl , ihr Inneres mit melirern nicht gar
kleinen Höhlen versehen, die nur Bindegewebe enthielten. Knocheiifett konnte ich
in ihnen nicht bemerken. Bei Terrapene pensylvanica waren die Ergänzuiigsplatten
des Rückenschildes schon ziemlich breit und beträchtlich dick: auch stiessen sie alle
schon dicht an einander. Ueberhaupt aber hatten sie das Aussehen, als wenn sie
in Hinsicht der relativen Grösse schon beinahe vollständig ausgebildet waren, obgleich
die Rippen der 8 mittlem Paare noch in einem beinahe eben so grossen Theile ih-
rer Länge, wie bei der Platemys Spixii, sehr dünn und cylindrisch waren. Mit den
dünnern Enden fast aller dieser Rippen standen die ihnen der Lage nach entspre-
chenden Marginalplatten nicht blos in Berührung, sondern hatten sie, wie dies bei
den Schildkröten im Allgemeinen zu geschehen pflegt, an der obern Seite auch schon
etwas überwachsen. Bei der noch weiter entwickelten Pentonyx capensis waren sie
wohl ebenfalls beinahe vollständig ausgebildet. (Tab. Vü, Fig. 1.)
§. 25. Die Untersuchungen, die ich bei verschiednen Arten der Schildkröten
über das Verhältniss anstellte, in welchem die Ergänzungsplatten des Rückenschildes
zu der Hautbedeckung stehen, führten zu dem Ergebniss, dass sich diese Platte nicht
innerhalb der Hautbedeckung selbst, sondern in einiger Entfernung von ihr bilden.
Weiter nun aber war zu ermitteln, ob sie ihre Entstehung in der gewöhnlich für
knorpelartig gehaltnen, eigentlich aber aus einem festen Bindegewebe bestehenden
Schichte nehmen, die unmittelbar unter der Hautbedeckung Hegt (§. 36.), oder viel-
mehr in einem übrösen Gewebe, (Jas sich etwa mit dem der Wirbel und Rippen in
einem unmittelbaren Zusammenhange befände. Denn was den letztern Fall anbelangt,
so Hess es sich als möglich denken, dass die fibröse Haut, welche bei den Embryo-
nen die Rippen und Wirbel nicht blos bekleidet, sondern auch die Lücken zwischen
ihnen ausfüllt, seitwärts über die Rippen, wie nach vorne und nach hinten über die
Dornfortsätze der Rumpfwirbel hinaus, in das Unterhaut -Bindegewebe blattartige Fort-
sätze abgesendet haben könnte, und dass nachher in diesen Auswüchsen die Ergän-
zungsplatten entständen. Die Untersuchungen jedoch, welche zur Lösung dieser Fra-
gen unternommen wurden, führten nicht zu einem ganz vollständigen Resultat. Denn
da sich die Nackenplatte bei den altern Embryonen, welche ich zergliederte, schon
ziemlich weit ausgebildet hatte, so Hess sich nicht erfahren, ob das fibröse Gewebe,
durch welches sie mit dem Doriifortsatze des zweiten Rumpfwirbels in Verbindung
stand, früher oder später, als sie selber, entstanden war. Dagegen ergab sich für
die übrigen Marginalplatten ganz klar und deutlich , dass sie unabhängig von der
112
fibrös-liäutigen Bekleidung der Wirbel und Rippen in dem Bindegewebe, welches die
saumartig um den Rumpf herumgehende Hautfalte ausfüllt, ihre Entstehung nehmen.
Denn niemals konnte ich hei jungen Schildkröten gewahr werden, dass hinter der
Nackenplatte in die erwähnte Hautfaite irgendwo hlaltartige Fortsätze des fibrösen
Gewebes hineinreichten. Was endlich noch die hintere Rumpfgegend anbelangt, in
der sich innerhalb des von der Hautfalte des Rumpfes dargestellten Ringes noch eine
oder einige Ergänzungsplatten bilden, so fand ich hier bei den jungen Seeschildkrö-
ten zwar eine Fascie, die zwischen den hintersten Rippen ausgespannt war und die
Extensoren des Schwanzes bedeckte , doch kann ich nicht mit Sicherheit angeben,
oh sich nachher in derselben oder auf ihr einige Ergänzungsplatten bilden.
§. 26. Einige Anatomen, namentlich auch Cuvier 1), sind der Meinung ge-
wesen, dass bei den Schildkröten die Randplatten des Rückenschildes, abgesehen von
der unpaarigen vordersten oder der Nackenplatte, und der unpaarigen hintersten, die
Bedeutung der Rippenknorpel andrer Wirbelthiere haben. Gegen diese Meinung lässt
sich indess schon der ümstajid anführen, dass bei den meisten Schildkröten 11 Paar
solcher Platten vorkommen, dagegen nur 10 Paar Rippen, und dass diese Platten
nicht so gelagert sind, dass die Enden je eines Rippenpaares auch jedenfalls an ein
Paar von ihnen anstossen und gleichsam in dasselbe übergehen. Besonders aber
lässt sich durch die Entwickelungsgeschichte darthun , dass jene Meiniuig auf einem
Irrthum beruht. Die Rippenknorpe! der Säugethiere entstehen nämlich nicht ge-
trennt von den Rippen und wachsen nicht erst nachher mit ihnen zusammen, son-
dern es hat ein jeder Rippenknorpel mit seiner Rippe einen gemeinsamen Ursprung,
indem für beide aus einem Wirbelbeine ein bogenartiger Fortsatz hervorwächst, der
nachher in seiner einen Hälfte verknöchert, in der andern aber für gewöhnlich knorp-
lig bleibt. Dagegen entstehen bei den Schildkröten die Randplatten des Rückenschil-
des fern von den Rippen, und nur späterhin erst, wenn sie au Umfang beträcht-
lich zugenommen haben, kommen einige von ihnen den Rippen nahe und schliessen
sich an selbige an. Zudem sind die Rippenknorpel der Säugethiere, da sie mit den
Rippen aus den Wirheibeinen hervorwachsen, als Theile des Nervenskeletes anzu-
sehen: dagegen bilden sich die paarigen Randplatten der Schildkröten, wie schon
angegeben worden, unabhängig von den Wirbelbeinen und deren Ausstrahlungen,
ganz deutlich für sich allein in einer Falte der Hautbedeckung innerhalb des Binde-
gewebes, welches die beiden Blätter dieser Falte unter einander vereinigt, und können
') Recherches sur les ossem. fossil. Tom. IX, P. 397.
113
deshalb nicht dem Nervenskelete, sondern nur, wie dies bereits von Carus l) und
Peters '-) f^eschehen ist, dem sog;enannlen Hautskelete beigezählt werden. Dem-
nach nehmen die paarigen Marginalplatlcn nicht blos auf eine andre Weise, als die
Rippenknorpel der Säugethiere, ihre Entstehung, sondern gehören auch einer ganz
andern Art des Skeletes, als diese Knorpel, au.
§. 27. Nach einer von Carus aufgestellten Ansicht ^), die von Peters
noch weiter ausgelTilirt worden ist ^), sollen sich bei den Schildkröten auch auf den
Rippen luul auf den Dornfortsätzen der mittlem [des zweiten bis achten] Rumpf-
wirbels Knoclienplatten bilden, die dem Hautskelete angehören, schon frühe aber mit
jenen Körpertheilen verwachsen , und nun den Schein gewähren , als käme jenen
Theilen eine ungewöhnlich grosse Breite zu. Ausserdem behauptet Peters, dass
die obern Schenkel der 8 mittlem Rippenpaare Nichts weiter seien, als Theile von
eben denselben Knochenplatten, welche sich auf den Rippen zu deren Bedeckung
und Vergrösserung gebildet hätten. Dieser Ansicht aber, die allerdings Viel für
sich zu haben scheint, kann ich nicht beistimmen, theils weil meine Wahrnehmungen
ihr nichts weniger als günstig sind, theils auch, weil dasjenige, was zu ihrer Be-
gründung angeführt worden ist, mir dazu nicht ausreichend erscheint. Denn
A) wie schon aus den Mittheilungen, die ich oben (§. 8, 14, 15 u. 16) über
das Wachsthum und die Verknöcherung der Rippen und der Dornfortsätze gemacht
habe, zu erkennen gewesen ist, habe ich bei keiner jungen Schildkröte bemerken
können, dass sich auf den Rippen und auf den Bogen des zweiten bis achten Rumpf-
wirbels in oder unter der Hautbedeckung besondre Knochentafeln, selbst nicht ein-
mal von einer nur geringen Grösse, gebildet hätten, die dann anfänglich mit jenen
Theilen des Skeletes nur in einer losen Verbindung gestanden hätten, nachher aber
mit ihnen fest zusammengewachsen wären. Vielmehr Hess die Beschaffenheit der
Rippen und der oben bezeichneten Dornfortsätze bei mehreren jungen Schildkröten
ganz deutlich erkennen, dass die bedeutende Breite, durch die sich die genannten
Theile des Skeletes bei den erwachsenen Schildkröten so auffallend auszeichnen, nur
allein in dem Wachsthum dieser Theile selbst ihren Grund hat. Aus dem, was ich
darüber schon ausführlich angegeben habe, will ich hier nur Folgendes herausheben
und ihm noch einige die Dornfortsätze betreffende Bemerkungen hinzufügen.
1) Von den ürlheilen des Knochen- und Schalengerüstes. Leipzig 1828, S. 150; und Lehrbuch der ver-
gleichenden Zootomie. Leipzig 1834, Tbl. 1, S. 164.
^) Observationes ad Analoiniam Cheloniorum, diss. inaiig. Berolini 1838, Pag. 18.
') Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, S. 164 und 165.
♦) 1. c. Pag. 19 bis 22.
15
114
a) Dass die Rippenkörper durch Verdickung und Anschwellung ihrer anfänglich
nur sehr dünnen Knochenscheide immer breiter werden , ergiebt sich insbesondere
daraus, dass die Knochenmasse, welche zur Vergrösserung einer Rippe dienen soll,
vom Anfange an, da diese noch knorpelig ist, sich um sie herum immer nur inner-
halb der Scheide anhäuft, die eine jede von der Fascie, welche alle Rippen einer
jeden Seitenhälfte verbindet, erhalten hat, dass ferner diese Masse sich nicht grade
über dem Knorpel der Rippe am stärksten anhäuft und sich daselbst in einer gera-
den Ebne ausbreitet, sondern sich am stärksten an dessen vorderem und hinterm
Rande al)lagert, und dass, wenn sich dieselbe schon aufgelockert hat, ein Theil ihrer
Rindensubstanz, der dicht und fest geblieben ist, unterhalb des Rippenknorpels
und später unterhalb der Stelle, wo dieser seine Lage hatte, als eine lange Tafel
gefunden wird, deren Breite immer allenthalben eben so gross ist, wie die des gan-
zen in der Entwickelung begriffenen Rippenkörpers.
b) Die obern Schenkel der 8 mittlem Rippenpaare sind bei altern Embryonen
von Testudo an den meisten Rippen schon angedeutet, wann alle Rippen, mit Aus-
nahme nur des zweiten Paares, noch sehr dünne und beinahe völlig cylindrisch sind,
und es geben sich dann diese ihre Andeutungen offenbar als kleine Fortsätze der
noch sehr dünnen Knochenscheiden der Rippenkörper selbst zu erkennen. Auch las-
sen sie sich bei Schildkröten, die schon das Ei verlassen haben, öfters noch als
Fortsätze einer sehr dünnen Knochenscheide der Rippenknorpel erkennen.
c) An den Dornfortsätzen des zweiten bis achten RumpfvNarbels findet man bei
jungen Schildkröten, wann diese Fortsätze beinahe noch ganz aus Knorpel bestehen,
den knorpligen Theil mitunter an dem obern Ende um ein nicht Geringes breiter,
als an der Basis. Wenn aber die Verknöcherung in ihnen schon weiter vorge-
schritten ist, findet man öfters die ursprünglich höchst dünne Knochenkruste so be-
schaffen, dass sie für sich allein rechts und links einen saumartigen Vorsprung,
überhaupt aber an der obern Seite der Dornfortsätze eine an verscbiednen Stellen
verschiedentlich dicke Tafel bildet, deren Substanz ohne Unterbrechung in die Kno-
chenkruste der Bogenschenkel übergeht. Ferner bildet sich diese ganze Tafel offen-
bar unter dem fibrösen Gewebe, welches die einzelnen Dornforlsätze hautartig ein-
hüllt und ausserdem die Ligamenta interspinalia , die an der obern Seite der Dorn-
fortsätze befestigt sind, zusammensetzt. Auch rückt später die untere Fläche der
über den Dornfortsatz seitlich vorspringenden Theile einer jeden solchen Tafel, wäh-
rend diese Theile an Breite und auch an Dicke gewinnen, immer weiter nach unten
hin, bis sie zuletzt an die Bogenschenkel des Wirbels selbst gelangt ist: dabei aber
erscheint die Masse, aus der diese vorspringenden Theile bestehen, und die Masse
115
der Dornfortsätze, welche zwischen ihnen und den Bogenschenkeln liegt, immer als
ein einziges uniinlerbrochenes Ganze [§. 8.]. Ausserdem auch sprechen gegen die
Behauptung, dass die Dornlbrlsätze eine auffallende Breite dadurch erhielten, dass
eine in oder unter der Hautbedeckung entstandene Knochentafel mit ihnen zusammen-
wüchse, noch die folgenden Umstände. Die Ligamenta inlerspinalia und die kleinen
Muskelpaare, welche von einem Dornfortsatze zu dem andern herübergehen, wenn
diese Fortsätze nur erst niedrige platte Hügel darstellen und erst eine dünne Kno-
chenkruste besitzen, werden späterhin, wenn sich an eben diesen Fortsätzen die ta-
felförmigen Theile immer mehr ausbreiten, nicht etwa von denselben überwölbt, son-
dern zeigen sich mit ihren Enden an die Bänder jener Tafeln angeheftet, und wer-
den noch später, wann jene Tafeln an Ausbreitung mehr gewinnen, durch Kesorption
immer kürzer, bis sie zuletzt sogar verschwinden. Bei keinem andern Wirbelthiere
aber, das zum Hautskelete zu zählende Knochenplatten besitzt, kommen Muskeln und
Bänder vor, die nur allein auf diese Platten sich bezögen, und einzelne solche Plat-
ten nur unter einander selbst verknüpften.
B. Carus hat die oben erwähnte Ansicht nur auf den Grund von Unter-
suchungen am Skelete erwachsener Schildkröten aufgestellt: solche aber können hier
nicht für ausreichend gehalten werden, sondern bedürfen dazu noch einer Bestätigung
oder Berichtigung durch die Entwickelungsgeschichte. Indess lässt sich selbst bei
Erwachsenen aus der Beschaffenheit der Kippen und der mittlem Vertebralplatten
mehr gegen, als für jene Ansicht entnehmen. Auf den ersten Anblick ist zwar al-
lerdings, was die Kippen, besonders der Seeschildkröten anbelangt, der Schein sehr
für dieselbe. So habe ich das Skelet einer grossen Chelonia Midas vor mir, an
welchem der breitere Theil der Kippenkörper zu dem schmälern in einem solchen
Verhältniss steht, als wäre das abgerundete äussere Ende des erstem auf den An-
fang des letztem heraufgelegt worden und mit ihm verschmolzen ; und ein ähnliches,
wenngleich weniger auffallendes Verhältniss findet man auch bei andern Arten aus
der Gattung Chelonia. Wenn man aber bei erwachsenen Schildkröten , zumal bei
Seeschildkröten, die längern Kippen theils äusserlich, theils auf den Flächen durch
sie gemachter Durchschnitte genauer betrachtet, so wird sich Folgendes ergeben. An
der untern Fläche dieser Kippen ist ihre Substanz aus lauter langen, geraden, mei-
stens unter sehr spitzen Winkeln verzweigten , und mit einander verschmolzenen
Knochenröhren zusammengesetzt, die zwar eine sehr verschiedne Kichtung haben,
zusammengenommen aber eine massig dicke und recht feste Tafel ausmachen. Ei-
nige verlaufen parallel der Achse der Kippe genau nach der Länge derselben, und
diese liegen auf der Höhe eines wulstartig hervorgetriebenen Streifens, der sich vom
15'
116
Halse der Rippe bis zu deren äusserm Ende hinerstreckt, an der untern Fläche der
Rippe eine schmale mittlere Zone darstellt, und der Stelle entspricht, wo bei den
Embryonen und Jungen der dünne cylindrische Rippenknorpel seine Lage hatte. Die
meisten Knochenröhren aber haben eine mehr oder weniger schräge Richtung gegen
die Seitenränder der Rippe, indem sie aus jenen erstem Röhren als Seitenzweige
hervorgehen und dabei so vertheilt sind, dass einige nach dem einen, die andern
nach dem andern Seitenrande der Rippe hinlaufen. In Hinsicht ihres Ausganges also
verhalten sich diese ebenfalls verzweigten schrägen Röhren so, dass man mit gutem
Grunde annehmen darf, sie seien aus den longitudinellen oder denjenigen hervorge-
wachsen, welche sich unmittelbar an der untern Seite des Rippeiiknorpels gebildet
hatten. Sind sie aber aus jenen hervorgewachsen , so kann die in ihrer ganzen
Breite aus einer festen Tafel bestehende untere Seite der Rippe, da diese Tafel nur
aus den erwähnten geraden und schrägen Knochenröhren zusammengesetzt ist, sich
eben so wenig zum Theil, als im Ganzen, über dem Rippenknorpel in oder unter
der Hautbedeckung gebildet haben, sondern muss nach ihrer ganzen Breite und Länge
unter dem Rippenknorpel und von ihm aus entstanden sein. Die übrige, an Um-
fang überwiegende , der Hautbedeckung nähere und weit schwammigere Masse lässt
bei erwachsenen Schildkröten, besonders deutlich bei den Seeschildkröten, eine Zu-
sammensetzung aus lauter Knochenzellen bemerken, die selten etwas länger, als breit
sind, und deren Höhlen theils in einander, theils auch in die Höhlen der beschriebe-
nen und an der untern Seite der Rippen befindlichen Knochenröhren übergehen. We-
gen dieser so grossen und vielfachen Höhlenverbindung aber muss man — abgese-
hen von dem, was darüber bei der Untersuchung junger Schildkröten gewonnen ist
— es für sehr unwahrscheinlich halten, dass ein Knochenstück, was unabhängig von
dem Rippenknorpel entstanden wäre, die schwammige Masse für die Rippen geliefert
haben und mit dem festern Theile, der von dem Rippenknorpel aus entstanden ist,
aufs innigste verschmolzen und so zu einem Ganzen geworden sein sollte, dass
die unzähligen Höhlen beider auf der ganzen Vereinigungsfläche in einander über-
gingen.
C. Peters, der das Skelet einer jungen Chelonia Caouana untersuchte, will
an ihm a) auf einem Längsdurcbschnitte durch die Wirbelsäule bemerkt haben, dass
die Bogen der Rumpfwirbel sehr kurze Dornfortsätze besassen, und dass über diesen
eine Reihe von Knochen [oder eigentlich von Knochenplatten] vorkam, von denen
nicht blos die 3 (oder vielmehr die 2) hintersten, wie dies auch bei Erwachsenen
der Fall ist, sondern selbst der vierte und fünfte durch einen Zwischenraum von
der Wirbelsäule getrennt waren, dass hingegen ein solcher Zwischenraum unter den
117
vordersten fehlte, indem diese mit der Wirbelsäule verwachsen waren '). Sehr
wiinschenswerlh musste es mir nun sein, die so eben angrefiihrten Angaben an dem
Präparate selbst, das die Veranlassung dazu gegeben hatte, prüfen zu können. Ich
ersuchte deshalb den Geheimen -Rath Job. Müller, mir dasselbe, wenn es in dem
anatomischen Museum zu Berlin aufbewahrt worden wäre, zur Ansicht zukommen zu
lassen. Nachdem durch Herrn Müller' s Güte dies geschehen, ist nicht blos meine
vorher gefasste Vernuithung, dass Peters, was er an dem Präparate bemerkte,
nicht richtig gedeutet bat, zur Ueberzcugung geworden, sondern es will mir auch
scheinen, dass derselbe an dem Präparate Einiges nicht genau genug aufgefasst hat.
Um diese Aeusserung aber näher zu begründen, fühle ich mich genötbigt, über das
Präparat selbst, das übrigens von einer andern Art Chelonia, als von der Chelonia
Caouana zu sein scheint, ein Mehreres anzugeben. — An den Halswirbeln und dem
vordersten Rumpfwirbel bemerkt man auf dem Durchschnitte, dass ihre Bogenschen-
kel noch zum grössern Theile aus Knorpel, zum kleinern aus einer den Knorpel
einschliessenden Knochenkrustie bestanden haben, und dass sich in ihnen der Knorpel,
indem er bei dem Trocknen sehr zusammenschrumpfte, von der Schnittfläche in die
Tiefe zurückgezogen hat. Zu erwarten war es daher, dass Aehnliches auch an den-
jenigen Rumpfvvirbeln , welche mit Dornfortsätzen versehen sind, der Fall gewesen
sein mochte. Und in der That kommt auch an jedem von ihnen über dem obern
Theile des Wirbelbogens, aus dem der Dornfortsatz hervorgewacbsen ist, auf der
Durchschnittsfläche eine vertiefte Stelle vor, in deren Grunde eine eingetrocknete
Knorpelsubstanz liegt. Als untere Begrenzung dieser Stelle erscheint eine nur we-
nig dicke Tafel fester Knochensubstanz, nämlich der untere oder gegen den Wirbel-
kanal gekehrte Tbeil der Knochenkruste des Wirbelbogens, als obere Begrenzung
eine weit dickere Tafel schwammiger Knochensubstanz. Vor und hinter dieser Stelle
') Die ganze SteUe lautet folgendermassen : .In sectione longUudinali per columnam vertebralem pulli
Cheloniae Caouanae Corpora vertebrarum, in infima parte posita, cellulis niagnis satis distincta esse, et Pro-
cessus s. partes annulares cum ipsis alteroantes facile cognoscas. Processus cum iis, qui in altcro latere
sunt, canalem vertebralem, in superiore parte processibus spinosis brevissimis clausum constituunt. Prae-
terea superßciei processuum spinosorum series illa ossium longitudiaalis adjungitur, quae partera testae dor-
salis mediani formant, et a quibusdam pro ipsis processibus spinosis habentur. — Sed haec ossa diversam
naturam habere neque e verlebris penderc facile demonstrari potest. In noslro enira animali non solum,
quod etiam in adulto invenitnr, inter columnam vertebralem et ossa posteriora tria, verum etiam inter eam
et quartaoi atque quintam iotermedium apparet spatium, quod in anterioribus, quum concreta sint, evanescit.
Inde sequitur, non modo ossa seriei mediae posteriora, per totam vitam separata , pro partibus vertebrarum
solutis non esse habenda, sed etiam ea, quae cum vertebris in unum jam coaluerunt, non ad eas pertinere.
Quae res ex diversa qnoqoe structura intelligi potest, qua in puUo eorura Snes demonstrari possunt. Nam
baec ossa cutanea (quod proprium est eorum nomen) non sicut vertebrae e substantia corticali solidiori et
ineduUari cellulari, sed moUiori externe et interne eadem pornsa constant. « (Pag. 19 et 20.)
118
aber geht als seitliche Begrenzung derselben ein ziemlich breiter Streifen, der eben-
falls aus Knochensubstanz besteht, senkrecht von der obern Tafel, von der er sich
als eine unmittelbare Fortsetzung zu erkennen giebt, zu der untern herab. Ganz in
der Nähe der untern Tafel lässt dann an allen mittlem [dem zweiten bis achten]
Rumpfwirbeln ein jeder solcher senkrechter Streifen mehr oder weniger deutlich eine
seichte Querfurche bemerken, und diese Querfurchen sind es eben, die Peters mit
dem Namen von Zwischenräumen (spatium intermedium) zwischen der Wirbelsäule
und einigen sogenannten Vertebralplatten bezeichnet hat. Wenn übrigens Peters
sie nur an dem vierten und fünften Runipfwirbel bemerkte, so hat der Grund davon,
wie ich aus der von ihm gegebenen Abbildung schliessen muss, wahrscheinlich darin
gelegen, dass er das Präparat im frischen Zustande untersuchte, als es noch von
Feuchtigkeiten durchdrungen war, indess ich dasselbe im ausgetrockneten Zustande
zur Ansicht erhielt. Die angegebenen Furchen also sind es gewesen, die Peters
zu der Meinung veranlasst haben, dass die über dem zweiten bis achten Rnmpfwirbel
befindlichen Vertebralplatten nicht in die Breite gegangene Processus spinosi, sondern
über diesen Wirbeln in der Haut entstandene und nacliher mit ihnen verwachsene
Knochenstücke sind. Wohl schwerlich aber würde er diese Meinung ausgesprochen
haben , wenn er an jenen Furchen oder Zwischenräumen , wie sie von ihm genannt
werden, noch einige Verhältnisse näher berücksichtigt hätte. Erstens nämlich liegen
sie nicht in etwas grösserer Höhe, als die Durchschnittsflächen der Knorpelsubstanz
der Wirbelbogen, sondern seitwärts von der untern Hälfte dieser Flächen, und ei-
nige von ihnen zum Theil sogar noch etwas tiefer. (Tab. IX. Fig. 17, d.) Es
hätte also, wäre über dem Bogen und Dornfortsatze je eines mittlem Rumpfwirbels
von der Hautbedeckung, oder dem Unterhaut-Bindegewebe, die vorgefundene schwam-
mige Knochenmasse ausgeschieden worden, diese an jenen Theilen des Wirbels weit
nach unten herabwachsen und sie von oben her einhüllen müssen. Dann aber würde
zwischen der schwammigen aufgewachsenen Knochenmasse und dem Knorpel des Wir-
belbogens und Dornfortsatzes noch eine dünne festere Schichte von Knochensubstanz,
nämlich die Knochenrinde , die an diesen Theilen der Wirbel schon bei reifern Em-
bryonen vorkommt, zu sehen gewesen sein. Eine solche fehlt jedoch hier gänzlich,
und es liegt vielmehr die schwammige Knochenmasse dem Knorpel jener Theile der
Wirbel unmittelbar selbst an. Zweitens gehen die fraglichen Querfurchen an den
Knochenstreifen, an welchen sie vorkommen, nicht ganz und gar herüber, sondern
immer nur zum Theil: denn eine jede verliert sich, allmählig seichter geworden,
schon in einiger Entfernung von dem Knorpel des Wirbelbogens. Drittens besteht
der Grund einer jeden solchen Furche nach seiner ganzen Länge in einer dünnen
I
119
lind platten, aus dichter und fester Knochenmasse gebildeten Wandung, nicht aber
aus einem weichen Gewebe, so dass demnach die Furche keincswcges ein spaltför-
migcr Zwischenraum zwischen zwei Knochenstücken ist, noch auch sich etwa wie
ein spaltlormigcr Einschnitt an irgend einem Körper verliält. Es müssen demnach
jene Furchen eine andre Bedeutung haben, als ihnen von Peters zagcschrieben
worden ist. Um diese nun aber angeben zu können, muss ich noch erst einige
Bemerkungen voraussenden. Verfolgt man die Entwickelung der auf dem zweiten
bis achten Rumpfwirbel vorkommenden Theile , welche von mehrern Zootomen die
Donifortsätze genannt worden sind, in Hinsicht auf ihre Form und Grösse, ohne da-
bei gerade auf die Art, wie dies geschieht [ob nämlich durch Belegung mit Knochen-
masse von der Haut aus, oder nicht], eine besondre Rücksicht zu nehmen, so wird
man Gnden, dass sie mit der Breite der Wirbelbogen, auf denen sie ruhen, so an
Grösse zunehmen, dass sie zuletzt, in der Mittelebene des Körpers, wie ebendaselbst
diese Bogen, bei mehrern, wenn auch nicht bei allen Schildkröten, nach ihrer gan-
zen Höhe zusammenstossen l). Nach ihren Querdurchmessern aber vergrössern sie
sich dabei dergestalt, dass sie zwar an ihrer obern Fläche allenthalben beinahe
eine gleiche Breite erlangen , jedoch weiter nach unten , oder gegen den Wirbelbo-
gen hin, viel weniger an ihrem vordem und hintern Ende, als auf der Mitte zwi-
schen beiden, überhaupt aber so, dass sie auf einem horizontalen Querdurchschnitte
durch ihre Basis ungefähr die Form von Doppelkegeln darbieten. Es Avird also,
wenn mau seitwärts von der Mittelebne des Rumpfes in geringer Entfernung von
derselben einen senkrechten Längsdurchschnitt gemacht hat, auf demselben — wie
ich dies bei einigen erwachsenen Seeschildkröten und der Emys europaea bemerkt
habe, — an jedem Dornfortsatze dicht über dem Wirbelbogen eine Stelle vorkom-
men müssen, an welcher der Fortsatz nicht von dem Schnitte getroffen worden ist,
sondern noch einen Theil seiner wahren Oberfläche zeigt. Es stellt sich diese Stelle
als. eine Furche dar, die an dem einen Ende im Verhältniss zu ihrer Länge ziem-
lich breit ist, gegen das andre Ende aber immer schmäler und seichter wird. Wo
zwei Dornfortsätze sich nach ihrer ganzen Höhe dicht an einander angeschlossen
haben, geht die eine Furche des einen in die ihr zugekehrte Furche des andern
über, und beide zusammen bilden dann einen vertieften Raum, der in seiner Mitte
am breitesten und tiefsten ist, gegen die Enden aber allraählig schmäler und seichter
wird. Ganz ein solches Aussehen nun aber, wie mir senkrechte Längsdurchschnitte
^) Bei einem erwachsenen Exemplar von Chelonia Caonana finde ich zwischen den Enden der Dornfort-
sätze und deo Wirbelbogen, auf denen sie ruhen, eine Lücke: ob diese aber sich nicht erst in späterer Le-
benszeit, als das Thier an Länge bedeutender zunahm, gebildet haben mag, dürfte wohl noch die Frage sein.
120
des Rückenschildes erwachsener Schildkröten dargeboten hatten, fand ich auch an
dem von Peters abgebildeten und beschriebenen Präparate einer jungen Chelonia.
Namentlich zeigten mir an ihm die mehrmals erwähnten Furchen ganz dieselbe Form,
Richtung und Lage, wie bei Er\A'achseuen ; auch gingen je zwei von ihnen, wo
zwei Dornfortsätze an einander sticssen, immer ganz in einander über. Und über-
dies fand ich sie in ihrer ganzen Ausbreitung von einem scheinbar dünnen Häutchen
bekleidet, das sich, als ich es nach geschehener Aufweichung abgetrennt und unter
das Mikroskop gebracht hatte, als eine fast nur aus quergestreiften Muskelfasern be-
stehende Masse zu erkennen gab. Diesemnach kann ich also die kleinen Furchen,
welche an dem Präparate auf dem durch die Wirbelsäule gemachten Längsdurch-
schnitte dicht über den Bogen des zweiten bis achten Rumpfwirbels vorkamen , für
Nichts weiter ausgeben, als nur für Stellen der Oberfläche der Dornfortsätze, welche
Stellen von einem etwas rechts von der Mittelebne des Rückens geführten Schnitte
nicht getroffen waren. — b) Was die Rippen anbelangt, so hat Peters seine
Ansicht, dass sie von Theilen des Hautskeletes bedeckt werden und damit verwach-
sen, auf die Analogie mit den Dornfortsätzen und auf eine Wahrnehmung begründet,
die er an dem Rückenschilde einer halb erwachsenen Seeschildkröte gemacht hatte.
Erstens nämlich folgert er, dass, weil die auf dem Wirbelbogen ruhenden Knochen-
platten unabhängig von diesen entstehen und erst nachher mit ihnen verwachsen,
sich wahrscheinlich auch für die Rippen besondere Deckplatten unter der Haut
bilden und nachher mit ihnen verwachsen *). Ob aber der Grund, auf welchem
diese Folgerung beruht, zuverlässig ist, ergiebt sich hinreichend aus dem, was ich
oben über die Dornfortsätze angegeben habe. Zweitens beruft sich Peters auf das
Rückenschild einer jiuigen, der Art nach unbestimmten Chelonia, von dem er in sei-
ner Schrift (unter Fig. b.) auch eine Abbildung gegeben hat, und an dem deutlich
soll erkannt werden können , » » primordiam ossium cutaneorum costalium ossificatio-
nem inter extremitates costarum sternales in cartilagine substrata a costis plane se-
juncta oriri. «« (Seite 2L) Aber auch an diesem zu Berlin in dem anatomischen
Museum (unter Nr. 11076) aufbewahrten Präparate — einem Rückenschilde von
9V3 Zoll Länge, das Herr Johannes Müller mir ebenfalls zur Ansicht zukommen
Hess — habe ich etwas Andres gefunden ,, als Peters daran erkannt haben will.
^) Postquam scuteUa media, quibuscum laininae coslaruin extremitatibus vertebralibus sive internis con-
juDguntur, non ad columnam verlebralem peitinere, dcmonstravirnus, mullo minus has laminarum extremila-
tes esse tubercula costarnra, quam ipsis sculeUis analoges esse verisimile videtur. Ilaque costae sicut ver-
tebrae dorsales , sceleti externi ossibiis teetae non in partem dilatatam et bieve capitulum, sed in coslam
veram et os cutaneum insuper ei aflixum, dilatatum divideudae sunt. L. c. pag. 20 et 31.
121
Wie bei andern Seeschildkröten, sind aucli bei ihm die Rippen der 8 mittlem Paare
an ihrer inncrn (der Wirbelsäide nähern) Hälfte bedeutend breit und dicht an ein-
ander angeschlossen, hingcg:cn an ihrer äussern kürzern Hälfte nur schmal und von
einander weit entfernt. In den meisten Zwischenräumen zwischen den letztern Rip-
penhälften ist eine stellweise Kalkerde in einer höchst dünnen Schichte abgelagert,
und diese Ablagerungen, die je nach den verschiedenen Rippen -Zwischenräumen in
einer sehr verschiedentlich grossen Ausbreitung vorkommen, sind es gewesen, auf
die sich Peters in der oben angeführten Stelle bezieht. Ich meinerseits aber kann
sie nur für normwidrige Ablagerungen ähnlicher Art halten, wie sie mitunter auch
bei Säugethieren in fibrösen Häuten vorkommen, und muss mich entschieden gegen
die Meinung erklären, dass sie dazu bestimmt gewesen wären, einmal zu einer nor-
malgeraässen Vergrösserung der Rippen verwendet zu werden. Meine Gründe dafür
sind folgende. In den Rippenzwischenräumen befindet sich die abgelagerte Masse
nicht innerhalb einer angeblich zwischen den Rippen vorhandenen Knorpelsubstanz
oder der darunter gemeinten Schichte eines festen Unterhaut - Bindegewebes , sondern
innerhalb der dünnen Fascie, welche unter dem Unterhaut-Bindegewebe des Rückens
von einer Rippe zur andern herübergeht und an den Rippen selbst die Beinhaut dar-
stellt. Sie bildet weder eine glasartig feste und dichte, mit Knochenkörperchen er-
füllte Masse, wie ursprünglich an der ganzen Oberfläche der Rippen, noch auch
Röhren oder eine schwammige Masse, wie späterhin an den verschiedenen Stellen
der Oberfläche der Rippen, sondern besteht durchweg aus einer Anhäufung sehr
kleiner Körner. Auch stellt sie nicht Platten von einer bestimmten Form dar, noch
lässt sie in Hinsicht der Stelle, wo sie vorkommt, eine gewisse Regel für ihre La-
gerung in den einzelnen Rippenzwischenräumen, also auch nicht eine Symmetrie in
ihrer Vertheilung auf die beiden Seitenhälften des Körpers erkennen, sondern bildet
Flecke, die, wie in ihrer Grösse, so auch in ihrer Form und ihrer Lagerung die
grösste Unregelmässigkeit bemerken lassen. Selbst in denjenigen Zwischenräumen,
in welchen sie die grösste Ausbreitung zeigt, so dass sie dieselben beinahe ganz
ausfüllt, findet man in der aus ihr bestehenden Masse nicht einen linienfb'rmigen
freien Zwischenraum, der sich als eine Fortsetzung der Naht darstellte, welche zwi-
schen den breitern Hälften je zweier benachbarten Rippen vorkommt. Dagegen be-
merkt man in jedem Rippenzwischenraume, in welchem sie sich vorfindet, mehr oder
weniger grosse Lücken zwischen ihr und den Rändern der Rippen, von welchen
Körpertheilen es doch bekannt ist, dass ihre Zunahme an Breite, was auch der Grund
von dieser sein mag, eine von dem Halse zu dem andern Ende derselben stetig vor-
schreitende ist. Ferner reichen die in Rede stehenden Ablagerungen von Kalkerde
16
122
an mehrern Stellen bis an die Marginalplatten des Rückenschildes hin : es hat dies
Schild aber einer Schildkröte aus einer Gattung angehört, von welcher die Rippen
gegen ihr äusseres Ende in einer mehr oder weniger grossen Strecke niemals so
breit werden, dass je zwei von ihnen zu einer gegenseitigen Berührung gelangen,
sondern für immer nur schmal bleiben. Endlich ist noch anzuführen, dass an dem
Präparate die breitere und dickere Hälfte der einzelnen Rippen, wo sie in die schmä-
lere und dünnere übergeht, an ihrer obern Seite gleichsam einen spitzwinkligen Aus-
schnitt zeigt, wie man ihn an dieser Stelle auch bei viel grössern Exemplaren man-
cher Arten von Chelonia, z. B. bei der Chelonia Caouana, gewahr wird, und dass
es mir daher sehr wahrscheinlich ist, dass bei dem Thiere, dessen Rückenschild die
obigen Bemerkungen veranlasst hat, das Längenverhältniss zwischen dem breitern
und schmälern Theile seiner Rippen so ziemlich dasselbe geblieben wäre, auch wenn
es noch ein höheres Alter erreicht hätte *).
F. B a u c h s c h i 1 d.
§. 28. Am unvollkommensten gebildet und nur schwach angedeutet fand ich
das Bauchschild (Plastron) bei dem Jüngern Exemplar von Sphargis. Es bestand
dasselbe aus 4 paarigen, bogenförmig gekrümmten und relativ, wie absolut, sehr
schmalen Streifen, die fast allenthalben gleich breit und so gelagert waren, dass das
vordere Paar von dem hintern weit abstand, und dass die des erstem Paares ein-
ander mit ihren vordem Enden berührten, die des andern aber mit ihren hintern
Enden einander nur sehr nahe lagen. (Tab. IV, Fig. 5, a und b.) Ein jeder Strei-
fen war an seinen beiden Enden knöchern, in der Mitte hingegen auf eine ziemlich
grosse Strecke knorplig, so dass demnach im Ganzen 8 paarige Knochenpunkte vor-
kamen. Von den vordem Streifen sendete ein jeder in einiger Entfernung von sei-
nem hintern Ende nach aussen einen kurzen, einfachen, spitz auslaufenden und hori-
zontal gelagerten Ast ab, der eine Andeutung eines sogenannten Flügels des Bauch-
schildes bezeichnete. Von einem unpaarigen Stücke konnte ich keine Spur auffin-
den. Bei dem etwas altern Exemplar von Sphargis war das Bauchschild beinahe
ganz verknöchert; aber auch bei ihm konnte ich kein unpaariges Stück desselben
^) Nicht umhin kann ich, gelegentlich hier noch einer auCTaUenden Erscheinung zu gedenken, die das
eben beschriebene Präparat an seiner obern Seite darbietet. Es befindet sich nämlich an ihm zwischen dem
sechsten und siebenten Dornfortsatze ein kleines eingeklemmtes Knochenstückchen, das in seinem Aussehen
eine grosse Aehnlichkeit mit einem Worm'schen Knochen an dem Schädel eines Menschen hat. Ob es mit
einem der Wirbelbogen verwachsen ist, vermag ich nicht anzugeben, weil ich das Präparat unbeschädigt
zuriickzuliefern halte. Ist es damit nicht verwachsen, so würde man es nur für eine Ergänzungsplatte aus-
geben könneo, die sich ausnahmsweise an einer ganz ungewöhnlichen Stelle gebildet hätte.
123
auffinden. Die 8 Knochenstiickc, aus denen es bestand, waren sämmtlich sehr schmal
und dünn. Am breitesten waren die des vordersten Paares, übrig;ens an ihrem hin-
tern Rande mit einer Längsfurche versehen, die gegen das der Mittelebne des Kör-
pers zugekehrte Ende eines jeden immer tiefer wurde, so dass es einigermassen
schien, als lägen hier zwei einzelne Knochenplatten beisammen, und zwar die eine
über der andern. Auch sendeten die Knochenstücke des vordersten Paares, wo sie
einander berührten, nach vorne zwei divcrgirende platte Fortsätze aus (Tab. IX,
Fig. 2), die nur sehr dünn und massig lang, aber im Verhältniss zu ihrer Länge
ziemlich breit, wie überhaupt viel grösser, als bei dem Jüngern Exemplare waren,
bei dem sie ebenfalls vorkamen. Die Knochenstücke des zweiten Paares lagen von
denen des dritten noch weit entfernt '). — In Hinsicht des Grades der Entwicke-
lung folgte darauf zunächst das Bauchschild der jungen Chelonia virgata. (Tab. VI,
Fig. 22.) Zwar bestand dasselbe schon aus 9 Knochentafeln, die nicht mehr durch
eine Knorpelmasse unter einander vereinigt waren, und von denen die des ersten
Paares dicht an die des zweiten, die des dritten aber dicht an die des vierten an-
grenzten. Dagegen lagen die des zweiten von denen des dritten noch etwas weiter
entfernt, als bei der Sphargis. Auch waren die beiden vordersten und die beiden
hintersten paarigen Stücke im Ganzen nur sehr schmal, indess ein jedes der 4 mitt-
lem an seinem einen Ende unter einem fast rechten Winkel nach aussen [oder seit-
wärts] schon einen ziemlich breiten, massig langen, in zwei kleine Schenkel auslau-
fenden und horizontal gelagerten Flügel ausgesendet hatte. Das unpaarige Stück war
nur sehr klein, insbesondere nur sehr schmal, und hatte seine Lage dicht hinter den
Stücken des ersten Paares, wo diese mit ihrem vordem Ende zusamraenstiessen. —
Sehr ähnlich diesem Bauchschilde war das einer jungen Chelonia imbricata : nur
hatten alle seine einzelnen Stücke eine verhältnissmässig etwas grössere Breite. —
Im Ganzen verhältnissmässig grösser war das Baucbschild bei dem Embryo von
Chelonia Midas. (Tab. IV, Fig. 2.) Sein unpaariges Stück war relativ viel länger
und breiter, hatte die Form eines lang ausgezogenen und nicht ganz regelmässigen
Dreiecks, und war mit seiner Spitze nach hinten gerichtet. Die paarigen Stücke
waren im Ganzen breiter und dicker, als bei der jungen Chelonia virgata. Doch
lagen auch bei diesem Embryo die Stücke des zweiten und dritten Paares weit aus-
einander. Die künftigen Flügel des Bauchschildes liefen in 3 bis 4 Zacken oder
kurze Strahlen aus. Eben so geformt und gelagert waren die verschiednen Knochen-
1) Ob aach bei den erwachsenen Exemplaren von Sphargis die einzelnen Knochenstücke des Bauch-
schildes nnr eine sehr geringe Breite haben, und ob das unpaarige Stüclt fehlt, ist mir nicht bekannt.
16*
124
stücke des Bauchschildes bei der jungen Schildkröte, welche mir ebenfalls zu Chelonia
Midas zu gehören schien , nur waren bei ihr die einzelnen Stücke etwas schlanker,
als bei dem Embryo. Wie sich aus der Vergleicbung des Bauchschildes dieser Exem-
plare von Chelonia mit dem Bauchschilde der Erwachsenen ergab, würde seine wei-
tere Entwickelung hauptsächlich noch darin haben bestehen müssen, dass jederseits
die einander gegenüber liegenden Stücke des zweiten und dritten Paares einen brei-
ten Fortsatz gegen einander hinsendeten, um durch ihn zu einer Verbindung mit
einander gelangen und zusammen mit den übrigen paarigen Stücken einen geschlos-
senen Ring bilden zu können. Schwach angedeutet schien mir ein solcher Fortsatz
schon bei der jungen Chelonia virgata an den Stücken des zweiten Paares. — Un-
gefähr dem Grade nach gleich weit entwickelt, wie bei dem Embryo von Chelonia,
war das Bauchschild bei dem Embryo von Testudo. (Tab. UI, Fig. 15.) Das un-
paarige Stück war von einer ähnlichen Form und ähnlichen relativen Grösse, wie
bei jenem: die paarigen Stücke waren ebenfalls im Ganzen nur massig breit, die
des ersten und vierten Paares aber etwas schmäler und überhaupt kleiner, als die
übrigen. Von diesen letztern, also von den Knochenstücken des zweiten und dritten
Paares, setzte sich ein jedes nach aussen in einen massig langen und einfachen Flü-
gel fort, der gegen sein Ende immer schmäler wurde, in eine stumpfe Spitze aus-
ging, nicht, wie bei den Seeschildkröten, horizontal gelagert, sondern schon, wie bei
den Erwachsenen derselben Art, unter einem massig starken Bogen nach oben um-
gekrümml war, und mit seinem Ende nach innen von der Ringfalte der Hautbe-
deckung, welche die Bauchseite von der Rückenseite des Rumpfes abgrenzte, bis an
die Wandung des Rückens hinaufreichte. Uebrigens aber lagen die Knochenstücke
des zweiten Paares von denen des dritten viel weiter entfernt, als bei dem Embryo
und den Jungen von Chelonia. Auch war der ganze von Bindegewebe ausgefüllte
Raum, den alle 9 Knochentafeln des Bauchschildes umgaben und in dessen Mitte sich
die weite Nabelöffnung befand, verhältnissmässig viel grösser, als bei jenem Embryo
von Chelonia. — Weiter war das Bauchschild bei den übrigen untersuchten jun-
gen Schildkröten ausgebildet. Seine paarigen Stücke stiessen sämmtlich, wie sie
von vorn nach hinten auf einander folgten, dicht zusammen. Doch waren bei Trio-
nyx ocellatus, besonders aber bei Trionyx gangeticus (Tab. VI, Fig. 13.) und
Trionyx aegyptiacus die Stücke des zweiten, dritten und vierten Paares noch bei
weitem schmäler, als bei erwachsenen ExcQiplaren dieser Gattung, so dass hei ihnen
das ganze Bauchschild nur einen schmalen Ring darstellte, der 4 horizontal verlau-
fende und nur sehr schmale, aber ziemlich lange Flügel aussendete *). Gleichfalls
^) Eioe \bbilduDg des Bauchschildes von einem erwachsenen Trionyx gangeticus hat Ca vi er in sei-
125
waren bei der Emys europaea (Tab. III, Fig. 15.), der Em. lutaria, der Terrapene
tricarinala und wahrscheinlich auch bei der Platemys (Tab. lU, Fig. 23) die paari-
gen Stücke dieses Körperlhciles verbältnissmässig schmäler, als bei den Erwachse-
nen, so dass das von ihnen zusammengesetzte Schild bei Platemys nur einen breiten
Ring darstellte, bei der Emys aber und der Terrapene um die Mittellinie herum noch
eine Reihe zusammenhängender und zum Theil sehr ansehnlicher Lücken bemerken
Hess. Auch bei Pentonyx capcnsis kamen in dem Bauchschilde noch 3 in einer
Reihe auf einander folgende verschiedentlich grosse Lücken vor, doch gingen diese
nicht mehr in einander über, sondern waren von einander völlig geschieden.
(Tab. Vü, Fig. 2.)
Aus den angegebenen Bemerkungen dürfte sich über die Entwickelung des
Bauchschildes der Schildkröten im Allgemeinen folgern lassen:
1) dass wahrscheinlich für die paarigen Knochenstücke desselben die Grundlage
früher, als für das unpaarige gebildet wird;
2) dass die Grundlagen fiir die paarigen Knochenstücke in 4 auf beide Seiten-
hälften des Körpers vertheilten Knorpelstreifen bestehen, in deren jedem sich später
aus zwei Knochenpujikten zwei von jenen Stücken entwickeln;
3) dass die Knochenstücke des zweiten und dritten Paares, wie die Knorpel-
streifen, aus denen sie ihre Entstehung nehmen, anfangs weit auseinander liegen, und
4) dass an diesen letztern Stücken die Flügel früher entstehen, als die der
Längenacbse des Körpers parallelen Fortsätze, mittelst deren sie nachher zusammen-
stossen und im Verein mit den übrigen paarigen Stücken einen Ring zusammensetzen.
Um den bedeutend grossen und nur von Bindegewebe ausgefüllten Zwischen-
raum, welcher wohl bei allen Schildkröten anfänglich zwischen den Knochenstücken
des Bauchschildes in der Mitte vorkommt, durch Knochenmasse mehr oder weniger
auszufüllen, nehmen bei manchen Schildkröten einige von diesen Stücken gegen den
bezeichneten Raum an Breite in der Art zu, dass sie, wie schon Cuvier in sei-
nen Rechercbes (Tom. IX, Pag. 403) bemerkt hat, einige Strahlen aussenden, die
dann entweder als solche bestehen bleiben, wie namentlich bei den Seeschildkröten,
oder hingegen an Breite immer mehr zunehmend, nach ihrer ganzen Länge zusam-
menfliessen, bis sie an je einem solchen Stücke eine einzige Tafel zusammensetzen.
]ilehrere dergleichen Strahlen bemerkte ich bei den Jungen von Chelonia an den
nen Rechercbes snr les ossem. foss. (Tab. 240, F\$. 46), und von einem erwachsenen Trionyx aegj'ptiacus
Mo bring in seiner Dissert. sistens descriplioneni Trinnycbos aegyptiaci (Berolini 1834), gegeben. Von
noch andern Arten der Galtung Trionyx hat Geoffroy St. Hilaire das Bauchscbild abgebildet in den
Annales du Museum, Vol. XIV. und in seiner Philosophie anatomique.
126
Knochenstücken des dritten, bei der jungen Platemys an denen des zweiten, bei dem
jung-en Trionyx ocellatus an denen des zweiten und dritten, bei dem Embryo von
Testudo und den Jungen von Emys europaea, Em. lutaria und Terrapene tricarinata,
an denen des zweiten, dritten und vierten Paares: auch waren sie bei den zuletzt
genannten Jungen an jedem jener Paare am zahlreichsten. Niemals dagegen habe
ich sie an den Stücken des ersten Paares und an dem unpaarigen Stücke wahrge-
nommen.
§. 29. In Hinsicht der Verknöcherung verhalten sich die einzelnen Stücke
des Bauchschildes wahrend ihres Wachslhums ähnlich, doch nicht jedenfalls ganz so,
wie die Nackcnplatte. Die Verknöcherung beginnt, wie ich bei dem Embryo von
Chelonia bemerkt habe , ungefähr in der Mitte eines jeden Stückes , und zwar , wie
in den Ergänzungsplatten des Rückenschildes, im Innern, nicht aber an der Ober-
fläche des Knorpels, aus dem es anfangs besteht. Ist es dann von Kalkerde schon
ganz durchdrungen, so enthält die Knochenmasse lauter Markkanäle, die ungefähr
von der Mitte des Stückes divergirend auslaufen , zuweilen sich auch unter spitzen
Winkeln verzweigen, mit Knochenmark angefüllt sind, ungefähr in 2 bis 5 Schich-
ten über einander liegen, und je nach ihrer Lage und Länge sich entweder an dem
Rande oder an der untern [der Hautbedeckung zugekehrten] Fläche des Stückes
münden. Die Kanäle der untersten oder der Hautbedeckung nächsten Schichten sind
jedenfalls die kürzesten, die der obersten die längsten. Noch später werden darauf
an derjenigen Seite der einzehien Stücke, welche nach aussen gegen die Hautbe-
deckung gekehrt ist, in derselben Weise, wie an der Nackenplatte und den Rippen,
ziemlich senkrecht auf jene Kanäle aufsitzende und anfänglich nach aussen weit of-
fene Markzellen gebildet, die nicht mit Kjiochenmark , sondern mit einem lockern
Bindegewebe ausgefüllt sind, und deren weitere Entwickelung und Vermehrung sich
eben so verhält, wie an jenen Theilen des Skeletes. Ein ganz eigenthümlicher Vor-
gang aber Bndet in dem Falle, dass einige Stücke des Bauchschildes mehrere Strah-
len ausgesendet haben, namentlich bei Emys und Terrapene, an diesen Strahlen statt.
Zwischen je zwei derselben wird von dem Winkel aus, unter dem sie an ihrer
Basis in einander übergehen, eine aus Knochensubstanz bestehende Platte gebildet,
die zwar anfangs nur überaus zart und nicht selten siebartig durchlöchert ist, doch
gleich von ihrem Entstehen eine von jenen Strahlen ausgehende , nicht aber etwa
ihnen nur aufgelagerte Masse darstellt. Allmählig werden diese Platten dann dicker,
nehmen auch weiter gegen die dünnern Enden der Strahlen an Ausbreitung zu, und
füllen die Zwischenräume zwischen denselben immer mehr aus. Indem sie aber an
Ausbreitung zunehmen, entstehen auf ihnen und auf den Strahlen, die durch sie ver-
127
bunden werden, an der zur Hautbedeckuiig hingekelirten Seite Markzellen derselben
Art und in derselben Weise, wie sieb vorher schon auf den übrigen Theilcn des
Bauchsrhildes gebildet hatten. Noch gar keine Markzellen, sondern nur horizontal
verlaufende Markkanäle fand ich in dem Bauchschilde der Jungen von Chelonia und
Trionyx, obgleich sich bei denen der letztern Gattung dergleichen Krlochenzellen schon
in Menge auf den Rippen und Dornfortsiitzen gebildet hatten.
§. 30. Die beschriebnen Stücke des Bauchschildes fand ich bei allen noch in
der Entnickelung begriffenen Schildkröten fast unmittelbar auf der Hautbedeckung
gelagert, und mit ihr innigst durch eine mehr oder weniger dicke Schichte eines
sehr dichten und fettlosen Bindegewebes verbunden, die einen Abschnitt des Unter-
haut - Bindegewebes ausmachte, von dem interstitiellen Bindegewebe sich durch ihre
grosse Dichtigkeit und Festigkeit sehr unterschied, und von demselben auch scharf
abgegrenzt war. (§. 36.) Bei einer nähern Untersuchung ergab sich , dass alle
Stücke des Bauchschildes in der angegebenen Schichte selbst ihre Entstehung genom-
men hatten, diese also für sie das Muttergewebe darstellte. Denn bei den Embryo-
nen von Testudo und Chelonia, desgleichen bei den Jungen von Sphargis und Che-
lonia, erschienen sie in die Schichte des Unterhaut-Bindegewebes so versenkt und in
derselben so eingeschlossen, dass sie auch an ihrer nach oben gekehrten Seite von ei-
nem Theile jener Schichte, wie von einem ziemlich dicken Blatte bedeckt waren, und
dass die Schlüsselbeine und diejenigen Muskeln, welche bei erwachsenen Schüdkrö-
ten an die Knochen des Bauchschildes angeheftet sind, nur mit jenem festen Binde-
gewebe vereinigt, durch dasselbe also von dem Bauchschilde völlig geschieden wa-
ren. — Je mehr aber die Jungen in ihrer Entwickelung vorgeschritten waren, und
je mehr bei ihnen die einzelnen Knochenstücke des Bauchschildes an Dicke zuge-
nommen hatten, um desto mehr hatte sich der von oben sie bedeckende Theil des
Unterhaut- Bindegewebes vermindert, bis er endlich ganz verdrängt und verschwun-
den- war, so dass dann an der obern Seite jener, Knochentafeln auf die Beinhaut
unmittelbar das lockere interstitielle Bindegewebe und die Muskelsubstanz folgten.
Ferner hatte das Bauchscbild jedenfalls, wie wenig es auch entwickelt sein mochte,
im Verbältniss zu der Längendimension des Rumpfes eine ähnliche Lage , wie in
dem Zustande seiner völligen Ausbildung, indem sein vordrer Theil sich unter dem
Schultergerüste, sein hinterer Theil sich unter dem Becken befand. Gesehen aber
auf sein Verbältniss zu der Breite des Rumpfes, so standen die Enden seiner Flü-
gel bei dem Embryo von Chelonia Midas, der am Rücken weit stärker gewölbt
war, als es bei den Erwachsenen dieser Art der Fall ist, von dem Saume des Rü-
ckenschildes, wenngleich sie denselben nicht erreichten, doch lange nicht so weit ab.
129
wie bei einem Jungen und den Erwachsenen derselben Art. Aus diesem Umstände
dürfte daher zu schliessen sein, dass bei Chelonia Midas die spätere Abflachung des
Rückens hauptsächlich darin ihren Grund hat, dass nach der Enthüllung des Embryo's
die Rippen sich allmählig gerader strecken, in Folge davon aber die Seitenränder
des Rückens weiter aus einander weichen. — Bei den 3 Exemplaren von Trionyx
reichten die fast horizontal liegenden Flügel des Bauchschildes beinahe, jedoch nicht
völlig, so weit nach aussen, als die Rippen: unter den übrigen jungen Süsswasser-
Schildkröten aber, bei denen allen die Flügel mehr oder weniger senkrecht standen,
reichten sie bei Emys lutaria, Em. europaea, Terrapene tricarinata und Pentonyx ca-
pensis — was auch hei dem Embryo von Testudo der Fall war — bis an den
ringförmigen Saum der Rückenhaut und die äussersten Enden einiger Rippen, indess
bei Platemys die Enden der vordem Flügel dicht vor den dünnern Hälften des zwei-
ten Rippenpaares, die Enden der hintern Flügel dicht hinter den dünnern Hälften des
sechsten Rippenpaares, also überhaupt die Enden der Flügel ungewöhnlich weit nach
innen lagen. (Tab. V, Fig. 4. e.e. )
§. 31. Was die Deutung des Bauchschildes im Ganzen und seinen einzelnen
Theilen anbelangt, so sind die meisten Zootomen der Meinung gewesen, dass es
ganz und gar das Brustbein höherer Thierc vorstellt, Carus hingegen und Pe-
ters haben die Ansicht aufgestellt, dass es nur zum Theil dem Brustbein höherer
Thiere gleichbedeutend sei, indem ein anderer Theil desselben zum Hautskelete ge-
höre und aus Knochenplatten bestehe, die sich jenem erstem anlagern. Aber weder
die eine, noch die andre Ansicht hat sich mir als haltbar erwiesen. Was die letz-
tere anlangt, so habe ich bei Embryonen und Jungen von Schildkröten eben so we-
nig, wie auf den Rippen, besondere Knochenplatten unter einem etwa früher entstan-
denen Theile des Bauchschildes auffinden können, die denselben gedeckt hätten und
damit allmählig verwachsen wären. Das Bauchschild der Chelonier, dessen einzelne
Stücke neben einander in einer und derselben Ebne entstehen, würde also danach
entweder nur für gleichbedeutend dem Brustbein andrer Thiere, mithin nur allein
für einen Theil des Nervenskeletes , oder hingegen nur für einen Theil des Haut-
skeletes auszugeben sein. Meines Erachtens nun aber lässt sich dasselbe wegen
mehrerer Verhältnisse, die ihm eigen sind, auch nicht im Ganzen für gleichbedeu-
tend mit dem Brustbein andrer Wirbelthiere , wie überhaupt nicht für einen Theil
des Nervenskeletes, sondern nur allein für einen Theil des Hautskeletes halten , und
zwar aus folgenden Gründen:
1) Nach den Untersuchungen, die ich über die Enlwickelung des Brustbeins bei
Säugethieren , Vögeln und Batrachiern angestellt habe, kann sich dasselbe auf eine
129
zwiefache Weise bilden. Bei den Säiigretliieren und Vögeln tritt es unter der Form
zweier sehr schmaler, auf beide Seitenhälften vertheilter und schon frühe aus Knor-
pelgewebe bestehender Längsstreifen auf, von denen ein jeder die untern und mit
ihm verschmolzenen Enden mehrer Rippen seiner Seitenhälfte , wann sich diese erst
durch einen kleinen Theil der Seitenwände des Rumpfes erstrecken, unter einander
verbindet, und die beide daher anfänglich weit auseinander liegen. AUmählig aber
werden beide Streifen , während die Rippen sich verlängern und mit ihren untern
Enden einander paarweise näher kommen , durch dieselben gleichsam einander ent-
gegen geschoben, bis sie ihrer ganzen Länge nach einander berühren, worauf sie
dann zu einem Ganzen verschmelzen, das sich als das Brustbein kund giebt. Was
hingegen die Batrachier anbelangt, so kommen selbst bei denjenigen, welche Rippen
besitzen, zu keiner Zeit zwei Knorpelstreifen vor, welche die Rippen unter einan-
der verbinden und mit einander selbst zu einem Brustbein zusammenwachsen könn-
ten , sondern es entsteht bei einigen von diesen Amphibien , um das Brustbein der
höhern Wirbellhiere zu ersetzen, eine einzige Knorpelplatte, bei andern eine Reihe
von 2 bis 3 solcher Platten ganz unabhängig von den seitlichen Ausstrahlungen der
Wirbelsäule zwischen den Muskeln, welche die Bauchwandung zusammensetzen hel-
fen, und zwar zunächst in der Mittellinie dieser Wandung. Auf den ersten Anblick
scheint nun das Bauchschild der Chelonier sich in seiner Entwickelung eincstheils,
wie das Brustbein der höhern Wirbelthiere, anderntheils aber wie das Brusthein der
Batrachier zu verhalten. Denn nach den Verhältnissen zu urtheilen, unter denen
ich dasselbe bei verschiedenen noch in der Entwickelung begriffenen Schildkröten
angetroffen habe, besteht es ursprünglich zum grössern Theile, wie das Brustbein
der höhern Wirbelthiere, aus einigen knorpligen Längsstreifen, die auf beide Seiten-
hälften vertheilt sind, zum kleinern Theile, wie das Brustbein mehrerer Kröten, aus
einer einfachen , in der Mittellinie der Bauchwand gelegnen Platte : diese verschied-
nen Theile aber schliessen sich mit der Zeit an einander an und setzen zuletzt bei
vielen Schildkröten, nachdem sich die in ihnen entstandnen Knochenstücke bedeutend
vergrössert haben, nur eine einzige Tafel zusammen.
Allein bei näherer Ansicht ergiebt es sich , dass diese verschiednen Theile des
Bauchschildes der Schildkröten weder dem Brustbein der höbern Wirbelthiere, noch
auch dem Brustbein der Batrachier für gleichbedeutend gehalten werden können. Die
Seitentheile nämlich , oder die Längsstreifen , hängen so wenig bei den altern Em-
hr^onen und den Jungen, wie bei den Erwachsenen, unmittelbar mit den Rippen zu-
sammen, sondern stehen vielmehr bei manchen, besonders aber bei den Jungen von
Sphargis , allenthalben weit von denselben ab , indess bei andern die sogenannten
17
130
Flügel, mit denen sie den Rippen sich am meisten nähern, offenbar das Aussehen
von Fortsätzen darbieten, die sie gegen die Rippen ausgesendet haben. Es unter-
liegt daher wohl keinem Zweifel, dass diese Theile fern und unabhängig von den
Rippen ihren Ursprung nehmen, also in Hinsicht ihrer Entstehungsvveise sich ganz
anders verhalten, als das Brustbein der höheru Wirbelthiere. Ferner bilden sich bei
den Schildkröten nach den Wahrnehmungen, die ich an Sphargis und Chelonia ge-
macht habe, zwei Paar solcher Längsstreifen, die eine längere Zeit hindurch [bei
Sphargis vielleicht für immer] ziemlich weit von einander abstehen, und von denen
das eine vor, das andere hinter dem Nabel seine Lage hat, so dass demnach das
Bauchschild dieser Thiere nicht etwa von vorne her sich immer weiter nach hinten
ausdehnt, sondern aus Thcilen zusammenwächst, von denen einige gleich ursprüng-
lich der hintern Hälfte der Bauchwand angehören. Dagegen besieht bei den höhern
Wirbelthieren, namentlich bei den Säugethieren und Vögeln, die Grundlage des Brust-
beins nur aus einem einzigen Paar von Längsstreifen, und dieses hat seine Lage
gänzlich vor dem Nabel. Noch mehr aber spricht gegen eine Verwandtschaft zwi-
schen den streifenförmigen Grundlagen des Bauchschildes der Chelonier und denen des
Brustbeins höherer Wirbelthiere das Verhältniss, in welchem die beiden vordem zu
den Musculi pectorales majores stehen. Bei den Vögeln nämlich und den Säuge-
thieren sind diese Muskeln, die ungefähr gleichzeitig mit den beiden Längsstreifen, wel-
che die Grundlage des Brustbeins bezeichnen, entstehen, mit ihrem einen Ende an die
äussere Seite jener Streifen angeheftet, liegen also mit einem ihrer Theile unter den-
selben, stehen auch anfangs, wie jene Streifen selbst, weit von einander ab, und
kommen in Gemeinschaft mit ihnen darauf einander immer näher. Dagegen liegen
diese Muskeln bei den Schildkröten immer über den in Rede stehenden Streifen, na-
mentlich über dem vordem Paare derselben, und zeigen also zu ihnen ein umgekehr-
tes Lagerungsvcrhältniss , als bei den höhern Wirbelthieren. Auch sind sie, wenig-
stens bei den Seeschildkröten und in der Gattung Trionyx, nicht mit ihrem einen
Ende an jene Streifen angeheftet, sondern greifen gegen die MittelHnie des Körpers,
je nach den verschiednen Arten dieser Thiere und dem verschiedenen Lebensalter
derselben, über jene Streifen mehr oder weniger weit hinaus, und es ist demnach
bei den Schildkröten im Allgemeinen die Beziehung der grossen Brustmuskeln auf
das Bauchschild nicht eine so innige und so nothwendige, wie bei den höhern Wir-
belthieren ihre Beziehung auf das Brustbein. Wie nun aber aus den Gründen, die
ich so eben angeführt habe, die ursprünglich streifenförmigen Seitentheile des Bauch-
schildes der Chelonier nicht für gleichbedeutend mit denjenigen Skeletstücken gehal-
ten werden können, aus denen das Brustbein zusammenwächst, eben so wenig hat
131
das unpaarige Stück des Bauclischildes der Chelonier die Bedeutung des Brustbeins
der Batracliier. Denn dieses bildet sich inmitten verscliiedner Muskeln und behält
auch immer seine Lage zwischen ihnen bei : jenes dagegen entsteht geschieden von
den Muskeln der Nachbarschaft, und wenn es später mit einigen von ihnen in Ver-
bindung kommt, so hat es seine Lage nicht zwischen, sondern unter denselben. Ue-
berhaupt aber bildet sich das Bauchschild der Chelonier isolirt und unabhängig von
allen Muskeln, wie von den Rippen und andern Theilen des Nervenskelelcs.
2) Es entsteht das Bauchschild , wie bereits ausführlich angegeben worden , in
dem Unterhaut-Bindegewebe und ist in ihm anränglich völlig verborgen. Denn nach
Beobachtungen, die an einer Testudo und an Seeschildkröten gemacht wurden, liegt
es ursprünglich und eine längere Zeit hindurch in der Masse der dicken und festen
Schichte, die am Rumpfe von dem Unterhaut-Bindegewebe zusammengesetzt wird, so
eingeschlossen , dass es an seiner obern , wie an seiner untern Seite und an seinen
Rändern, allenthalben von einem Theile dieses Gewebes verdeckt wird. Es nimmt
also das Bauchschild seine Entstehung in einem gleichen Boden, als worin sich bei
den Schildkröten die Ergänzungsplatten des Rückenschildes, und bei manchen andern
Wirbelthieren, Mie namentlich bei den Krokodilen, Stören und Syngnathen die Kno-
chenschilder ihres Panzers bilden ^) , indess die Wirbelbeine und die Rippen von
der Oberfläche des Leibes weiter entfernt in einem andern Boden entstehen. Aus
diesem genetischen Verhältniss aber geht klar hervor, was für eine Bedeutung dem
Bauchschilde beizulegen ist. Ihm zufolge lässt sich dieses, wie die Ergänzungsplat-
ten des Rückenschildes, nur lediglich für einen Theil des Hautskeletes ausgeben ^).
G. Gewebe der Knochen des Rumpfes, wo sie mit dem Unterhaut-
Bindegewebe in Berührung gekommen sind, und gegensei-
tige Durchdringung dieser beiden Gewebe.
§. 32. Eine sehr auffallende und merkwürdige Erscheinung ist es bei den
Schildkröten, dass bei ihnen alle diejenigen Skeletstücke des Rumpfes, welche mit
der am Rumpfe weit mehr, als an dem übrigen Körper, verdickten Schichte des
Unterhaut-Bindegewebes in Berührung gerathen, in histologischer Hinsicht einen ganz
^) Dass die Kaucbenschilder bei den geDaDDten Thieren ebenfaUs in dem Unterhaut- Bindegewebe ent-
stehen, kann icb auch nach eigenen Erfahrungen angeben.
*) Nach dem Obigen muss ich dafür haUen , dass besonders die Vergleichung , die Geoffroy dei-
Aellere, in seiner Philosophie anatomique (Tom. I, Pag. 106), zwischen den einzelnen Stücken des Bauch-
schildes der Schildkrölen und den Knochenstücken, aus welchen das Brusthein der Vögel znsamniennächst»
angestellt hat, der Natur zuwider und ganz verfehlt ist.
17*
132
andern Entwickelungsgang nehmen, als die übrigen Tlieile des Skeletes. Wie jene,
entwickeln sich die meisten von ihnen zwar anfangs, doch nur einige Zeit hindurch,
in der Art, dass der Knorpel, der ihnen als Grundlage dient, so sich umwandelt,
dass er unter Aufnahme von Kalkerden Höhlenräume erhält, die mit Knochenmark,
einer hauptsächlich aus fetthaltigen Zellen zusammengesetzten Masse, ausgefüllt wer-
den. Es gilt dies namentlich von den Rippen der acht mittlem Paare, den Dorn-
fortsätzen des zweiten bis achten Rückenwirbels, der Nackenplatte und den ver-
schiednen Stücken des Bauchsehildes. Unentschieden habe ich es lassen müssen, ob
auch in den Knorpelstücken, welche für die übrigen Ergänzungsplatten des Rücken-
schildes die Kerne ausmachen, jemals dergleichen mit Knochenmark erfüllte Räume
entstehen. Wie es sich aber auch mit letztern verhalten mag, jedenfalls wird auf
ihnen und jenen erstgenannten für das Rücken- und Bauchschild bestimmten Theilen
an derjenigen Seite, oder überhaupt da, wo sie mit dem dichten Unterhaut- Binde-
gewebe des Rumpfes in Berührung stehen, früher oder später ein sehr schwammiges
Knochengewebe gebildet, das in seinen Höhlenräumen nicht gewöhnliches Knochen-
mark, sondern ein lockeres, von zarten Blutgefiissen durchzogenes und ganz fettlo-
ses Bindegewebe einschliesst. Nur an derjenigen Hälfte der Rippenkörper der See-
schildkröten, welche im Verhältniss zu der andern Hälfte für immer schmal und
dünne bleibt, bildet sich ein solches Knochengewebe nicht aus, obgleich ihr eben-
falls das Unterhaut - Bindegewebe dicht aufliegt.
Die Höhlenräume dieser letztern Art des Knochengewebes, das bei den Schild-
kröten an keinen andern Theilen des Skelets weiter vorkommt, als an den eben an-
gegebenen des Rumpfes, haben meistens eine unregelmässig rundliche oder eine et-
was längliche Form, seltner die einer ziemlich langen Röhre. Die lang ausgezog-
nen oder röhrenförmigen kommen nur an den Rippen vor, gehen der Achse der-
selben fast parallel , dienen andern , die nicht so lang werden, als Unterlage, und
werden späterhin durch unvollständige, in ihnen entstehende Scheidewände vielfach
getheilt. Von denjenigen aber, welche nicht die Form langer Röhren erreichen,
setzen auf jedem der oben bezeichneten Knochen des Rumpfes die zuerst entstehen-
den eine einfache Schichte zusammen, an die sich dann seitlich neue anreihen, er-
langen meistens eine unregelmässige Becherform, sind mit ihrem längsten Durchmes-
ser entweder senkrecht oder schräge auf die Fläche, die sie bedecken, aufgesetzt,
und stehen gegen die Hautbedeckung einige Zeit weit offen. Die mittlem in je ei-
ner Schichte stehen auf ihrer Unterlage gewöhnlich senkrecht, die übrigen aber um
so schräger, je näher sie sich den Rändern der Schichte befinden. Allmählig wird
darauf die weite Wandung dieser einzelnen Knochenzellen durch eine ebenfalls aus
133
Knochensubstanz bestehende Decke unvollständig geschlossen, so nämlich, dass in der
Decke noch eine mehr oder weniger grosse Oelt'nung verbleibt. Auch wird diese
Decke immer dicker, und es entsteht darauf in ihr, indem ihre Knochenmasse theil-
weise aus einander weicht, eine Höhle oder eine kleine Zahl von Höhlen, die mit
der Höhle der Knochenzelle selbst communiciren und durch Erweiterung immer grö's-
ser werden. Derselbe Vorgang findet wahrscheinlich auch in der Wandung statt,
welche zwei neben einander liegenden Knochenzellen gemeinsam ist, und wiederholt
sich in ihr, wie in der Decke, mehrmals. — Jedenfalls nimmt mit der fortschreiten-
den Entwickelung des Rücken- und Hauchschildes die Zahl dieser an ihnen befind-
lichen, mit Bindegewebe ausgerilUten Knochenzellen in die Breite, wie in die Höhe,
sehr bedeutend zu, am meisten aber, zumal der Höhe nach, bei den Seeschildkröten.
Dabei bleiben an jedem Knocbenstücke, an welchem sie vorkommen, die oberfläch-
lichsten fast sämmtlich gegen die Hautbedeckung offen, und lassen eine um so schrä-
gere Stellung erkennen, je näher sie den Rändern des Knochenstücks liegen, wel-
chem sie angehören, so dass sie, je nach der Form dieser Knochenstücke, entweder
von einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte, oder einer gemeinschaftlichen Mittellinie di-
vergirend auslaufen. — Die Wandungen der ersten, oder der in einer einfachen Schichte
ausgebreiteten Knochenzellen dieser Art sind anfangs im Verhältniss zu den Höhlen,
die sie umschliessen , nur dünn. Am zartesten fand ich sie bei den Jungen von
Emys europaea und Terrapene Iricarinata, am wenigsten zart schon gleich anfangs
bei Trionyx ocellatus. Mit der Zeit aber nehmen sie an Dicke mehr oder weniger
zu: auch zeigen die Wandungen der später entstandnen und zusammengehäuften
Zellen, je nach dem Alter und den Arten der Schildkröten, eine absolut und relativ
gar sehr verschiedne Dicke. W.ohl jedenfalls jedoch dürften, den bis jetzt gemach-
ten Wahrnehmungen zufolge, in dem mittlem Jugendaller der Schildkröten die ober-
flächlichsten Knocbenzellen der Art, sei es nun in einer oder in mebrern Schichten,
viel kleiner als die tiefer gelegenen sein, und im Verhältniss zu ihrer Höhle viel
dickere Wandungen, als diese tiefern, besitzen, so dass sie gleichsam eine Rinde zu-
sammensetzen, die sich vor der unter ihnen gelegenen Knochenmasse durch eine
grössere Dichtigkeit und Festigkeit mehr oder weniger auszeichnet. In dem spätem
Lebensalter wird dann bei manchen Schildkröten, wie z. B. bei denen aus den Gat-
tungen Emys und Chelonia, in der Masse der KnochenzeUen , welche mit dem Bin-
degewebe ausgefüllt sind, eine solche Verschiedenheit noch immer aufl'allender, indem
die oberflächlichen Knochenzellen je später, desto dickere Wandungen und desto klei-
nere Höhlen besitzen, indess an den tiefern und grössern nicht ein Gleiches bemerkt
werden kann. Dagegen nehmen bei andern Schildkröten, wie namentlich bei denen
134
aus der Gattung Testudo, die Wandungen besonders der tiefern mit Bindegewebe
erRiliten Knochenzellen an Dicke so sehr zu, dass die Höhlen derselben zuletzt nur
kaum noch erkannt werden können, oder sogar wohl völlig verschwinden. So habe
ich ein Exemplar von Testudo elephantina [Dumeril et Bibron] vor mir, des-
sen Bauchschild, Rippen, Dornfortsätze und Ergänzungsplatten des Rückenschildes
fast gar nicht mehr porös, und fast so dicht und noch weit schwerer, als Elfenbein,
sind.
Bis zu der Zeit hin, da sich auf den Körpern der längern Rippen, den Dorn-
fortsätzen des zweiten bis achten Rumpfwirbels, der Nackenplatte und den verschied-
nen Stücken des Bauchschildes die beschriebenen, mit Bindegewebe erfüllten Knochen-
zellen bilden wollen, sind diese Theile des Skeletes auch an ihrer dem Unterhaut-
Bindegewebe zugekehrten Seite, mit einem fibrösen Gewebe, namentlich mit einer
Beinhaut, bekleidet. Dann aber geht an der erwähnten Seite die Beinhaut durch
Resorption langsam verloren, so dass diese Seite jetzt in eine unmittelbare Berüh-
rung mit dem Unterhaut - Bindegew ehe gelangt. Insbesondere erfolgt an den Rippen
insofern die Resorption nur sehr langsam, als sie an ihnen sehr allmählig von dem
obern, an den Rippenhals angrenzenden Ende der Rippenkörper gegen das andre
Ende vorschreitet. Doch ist sie auch an ihnen in der Regel so vollständig, dass
sie mit der Zeit sich über die ganze Länge der Rippeukörper erstreckt. Nur bei
den Seeschildkröten findet, so weit meine Erfahrungen darüber reichen, eine Aus-
nahme davon statt, indem bei ihnen die längern Rippenkörper an derjenigen Hälfte,
welche für immer nur schmal bleibt, auch auf der obern Seite die Beinhaut behal-
ten 1). Wann und wo aber an den bezeichneten Knochenstücken die Beinhaut auf-
gelöst worden ist, geht sogleich auf ihnen die Bildung einer Kruste von Knochen-
zellen vor sich, die im Allgemeinen einige Zeit hindurch in ihrer Lagerung, wie
in ihrer Form, eine entfernte Aehnlichkeit mit den Gehäusen mancher Arten von
Eschara hahen. Gleichzeitig auch, wie diese Knochenzellen, von denen die der er-
sten Schichte anfänglich weit ollen stehen, sich bilden, sendet das sie berührende
Unterhaut - Bindegewebe in jede von ihnen einen Fortsatz hinein, durch den dann
ihre Höhle gleich von Anfang an ganz ausgefüllt wird. Nachher, wann die Zahl
dieser Zellenräume immer mehr zunimmt, wobei sie sich auch über einander häufen,
wuchert das in sie hineingedrungene Bindegewebe weiter fort, nimmt aber dabei
1) Die öligen Angaben über das Verschwinden eines Theiles der Beinbant mehrerer Skeletstücke be-
ruhen auf Untersuchungen an jungen und an erwaclisenen Schildkröten. Die erwachsenen Exemplare gehör-
ten zu den Arten: Chelonia imbricata, Trionyx ferox, Emys europaea, Emys punctularia, Terrapene trica-
rinata und Testudo graeca.
135
schon frühe eine sehr lockere Beschalfenheit an, und unterscheidet sich dadurch sehr
auirallenJ von der Schichte des an dem Rumpfe vorhandnen ünterhaut - Bindegewe-
bes, von dem es ausgesendet wurde. Dagegen nimmt diese Schichte selbst an Dicke
immer mehr ab, so dass sie mit der Zeit auf den Knocheu des Rücken- und Bauch-
schildes ganz unkenntlich wird, und dass in Folge davon bei erwachsenen, wie
auch bereits bei halberwachsenen Schildkröten die Hautbedeckimg selber jenen Kno-
chen dicht angeschlossen zu sein und mit ihnen unmittelbar zusammenzuhängen scheint.
Der Zusammenhang übrigens, der so zwischen der Hautbedeckung und den genann-
ten Knochen entstanden ist, zeigt sich als ein höchst inniger und sehr fester, und
beruht grösstenlheils darauf, dass das mit der Hautbedeckung fest verschmolzene
Unterhaut - Bindegewebe in jene Kuochen durch alle kleine Oeffnungen, welche sich
an deren Oberfläche befinden, Forlsätze, wie eben so viele zarte Wurzeln, tief hin-
eingesenkt hat.
H. Gliedmaassen.
§. 33. Die in den Beinen enthaltnen Stücke des Skeletes fand ich nicht
blos bei den Jungen , sondern auch bei den reifern Embryonen der Schildkröten
schon ähnlich gestaltet, wie bei den Erwachsenen derselben Arten. In Betreff des
Gewebes aber bestand bei jenen Embryonen und der jungen ,Sphargis ein jedes sol-
ches Stück zum grössern Theile noch aus Knorpel, zum kleinern erst aus Knochen-
masse, und diese beiden Theile hatten zu einander ein solches Lagerungsverhältniss,
dass der letztere den erstem wie eine Scheide einschloss. Jedoch reichte an den
längern und mehr oder weniger cylindrischen Stücken die Scheide, die aus der
Knochensubstanz gebildet war und im Verhältniss zu der eingeschlossenen Knorpel-
säule eine nur geringe Dicke hatte, lange nicht bis an die Enden dieser Säule hin,
so . dass demnach die Enden eines jeden solchen Skeletstückes in zwei verhältniss-
mässig ziemlich grossen Strecken nur allein aus Knorpel bestanden. In den Kno-
chenscheiden befanden sich sehr zarte, parallele und ziemlich nahe bei einander lie-
gende Markkanäle, die nach der Länge derselben verliefen, gegen ihre Enden zu
gespitzt ausgingen, und an diesen immer geschlossen waren.
Nach Untersuchungen an jungen Schildkröten, die sich schon weiter entwickelt
hatten, wird an den cylindrischen, oder überhaupt den langgestreckten Skeletstücken
der Beine die entstandne Knochenscheide auf Kosten des Knorpels theils immer dicker,
theils auch länger. Eiuestheils also schreitet an ihnen die Verknöcherung von der
Oberfläche immer weiter gegen die Achse, anderntheils immer weiter gegen die En-
136
den vor. Dabei finden dann einige Veränderungen statt, die noch besonders beach-
tet zu werden verdienen.
1) Die von der Knochenscheide eingeschlossene Knorpelsäule wird ungefähr in
der Mitte ihrer Länge ganz undurchsichtig und sehr gefiissreich, nimmt dort eine
röthlich-gelbe Farbe an, und wandelt sich in Knochenmark um. Die Grundsubstanz
des Knorpels wird dabei völlig aufgelöst, die Knorpelzellen aber werden unter ra-
scher Vermehrung zu Zellen des Knochenmarkes. Anfangs ist diese Veränderung
nur auf eine kleine Stelle beschränkt, allmählig aber schreitet sie immer weiter ge-
gen die Enden vor.
2) Während dies geschieht, wird in einer massig grossen Entfernung von je-
dem Ende der längern Skeletstücke (selbst der Phalangen) da, wo sich das Ende
ihrer Knochenscheide befindet, aber innerhalb dieser Scheide selbst, in der meistens
schon unterbrochnen Knorpelsäule Knochenerde so abgelagert, dass die Knochenscheide
an jedem Ende gleichsam durch einen ebenfalls aus Knochensubstanz bestehenden und
mit ihr verschmolzenen Pfropfen verschlossen wird. Anränglich hat ein solcher
Pfropfen eine nur geringe Dicke, so dass er dann nur eine massig dicke Scheide
darstellt. Immer mehr aber nimmt er auf Kosten des Knorpels zu, und zwar zu-
nächst am meisten gegen das ihm nähere Ende des Skelctstückes hin, bis er der Ge-
lenkfläche desselben, an der sich für immer der Knorpel erhält, sehr nahe gekommen
ist. Gleichzeitig wächst auch die Knochenscheide in gleichem Grade immer weiter
gegen das Gelenkende hin, so dass deshalb der angegebne Pfropfen, ungeachtet sei-
nes Wachsthums , niemals erheblich über die Knochenscheide vorspringen kann. Ist
er, entsprechend der ihm nahen Gelenkfläche, an seinem zu dieser Fläche hin ge-
kehrten Ende convex, so springt er nur mit der Mitte, niemals aber mit dem Rande,
über die Scheide etwas hervor. Später nimmt der Pfropfen stärker gegen die Mitte
der Länge seines Skelctstückes an Wachsthum zu, und es wird dabei sein inneres
Ende immer unebener, indess sein äusseres für immer eine ebne Fläche behält.
3) Während in den cylindrischen Skeletstücken der Beine die beschriebnen
Pfropfen an Länge zunehmen, werden in einem jeden solchen Stücke die zwischen
seinen beiden Pfropfen noch vorhandnen Hälften der Knorpelsäule immer mehr in
Knochenmark umgewandelt, bis zuletzt die von der Knochensubstanz umschlossene
Höhle nur allein von solchem Marke und dessen Gefässen ausgefüllt ist ').
§. 34. Das Schultergerüste besteht bei den erwachsenen Schildkröten
aus 2 Knochen, von denen der eine unter einem stumpfen oder beinahe rechten
•) Im AUgemeinen auf dieselbe Weise eulwickeln sich auch bei andern Amphibien und bei den Vögeln
die Röhrenknochen der Gliedraaassen.
137
Winkel zusammenorpbogen , an diesem Winkel zur Aufnahme des Kopfes des Obcr-
armknooheiis mit einer Gelenkgrube versehen, und so f!;elan:ert isl, dass der eine
Schenkel fast senki-echt steht, der andre aber fast horizontal auf dem vordem Theilc
des Bauchsehildes ruht. Der andre Knochen geht von der angegebnen Gelenkgrube
des erstem, an deren Zusammensetzung er einen Antheil hat, über dem Bauchschilde
nach hinten und gegen die Mittelebne des Leibes, liegt hinter dem horizontalen oder
untern Schenkel des erstem , und bildet mit ihm einen spitzen Winkel. Den senk-
rechten Schenkel des zuerst erwähnten Knochens hat Cuvier iür den Körper, den
zweiten Knochen fiir den Processus coracoideus des Schulterblattes, also für den ent-
sprechenden Theil des Hakenschliisselbeines der Vögel ausgegeben, in welche Deu-
tung wohl nicht leicht Jemand jetzt noch einen Zweifel setzen wird. Was aber
den horizontalen Schenkel des erstem Knochenstückes anbelangt, so hat sich Cuvier
in seinen Recherches sur les ossemens fossiles dahin erklärt, dass derselbe die Grä-
thenecke (Acromion) des Schulterblattes vorstelle, falls jedoch bei allen Schildkrölen
dieser Schenkel mit dem senkrechten ursprünglich nur durch eine Naht verbunden
wäre, er als Schlüsselbein werde gedeutet werden müssen. Die erstere Deutung
scheint mir indess die richtigere zu sein , ungeachtet ich , wie Cuvier bei einer
sehr jungen Seeschildkröte, so auch bei einem Embryo von Chelonia, einem jungen
Trionyx gangeticus und einer jungen Terrapene tricarinata beide Schenkel jenes
Knochens nur durch Knorpel im Zusammenhange gefunden habe. Denn
1) entspricht das Bauchschild der Schildkröten, womit jener Knochen an seinem
einen Ende durch fibröses Gewebe vereinigt ist, nicht dem Brustbein andrer Thiere,
sondern ist nur ein Theil des Hautskeletes : bei denjenigen Thieren aber , bei wel-
chem das Brustbein fehlt, kommt wahrscheinlich auch kein eigentliches Schlüsselbein
vor ');
2) bildet bei den Eidechsen, Vögeln und denjenigen Säugethieren , welche ein
vollständiges Schlüsselbein besitzen, dieses zwar anfangs mit dem Schulterblatte eine
einzige und allenthalben gleichartig beschaffene Masse, später aber, wenn sich die
Masse histologisch weiter entwickelt, wird sie nur zum grössern Theile, nicht also,
wie bei den Schildkröten, allenthalben in Knorpel umgewandelt; sondern es bildet
sich auf der Grenze zwischen den beiden Hälften dieser Masse ein fibröses Gewebe
aus, das hinreichend deutlich eine zwischen beiden entstandene Gliederung bezeichnet
und eine Scheidung derselben in zwei besondere Skeletstücke erkennen lässt;
1) Derjenige Theil des Schultergerüstes der Fische, welcher gewöhnlich für das Schlüsselbein gehal-
ten wird, dürfte wegen seiner Gelenkverbindang mit der Brustflosse wohl wahrscheinlicher als llakenschlüs-
selbein oder als ein Theil des Schullerblattes zu deuten sein.
18
138
3) erhält sich die so entstandne Gliederung jener Theile das ganze Leben hin-
durch, wird aber nicht wieder in der Art aufgehoben, dass nach begonnener Ver-
knöcherung des Schulterblattes und Schlüsselbeins die Knochenmasse beider zu einem
Ganzen verschmilzt;
4) dagegen gliedert sich bei den Eidechsen und denjenigen Säugethieren, wel-
che ein Acromion besitzen, dieses niemals von dem Körper des Schulterblattes ab,
und wenn bei ihnen die Verknöcherung begonnen hat, findet sich in dem Acromion
ein besondrer Knochenkern vor, dessen Masse dann später mit der Knochenmasse
des Schulterblattkörpers zu einem Ganzen verschmilzt.
Richtiger scheint mir daher die Ansicht zu sein, dass der untere oder hori-
zontale Schenkel des vordem Schulterknochens der Schildkröten das Acromion der
Säugethiere repräsentirt, das auch bei manchen Säugethieren, wie namentlich bei den
meisten Cetaceen und bei Myrmecophaga jubata, selbst dann vorhanden ist, wenn
das Schlüsselbein und sogar die Gräthe des Schulterblattes fehlen. Etwas Eigen-
thümliches freilich würde es bei dieser Ansicht für die Schildkröten sein, dass bei
ihnen das Acromion auch einen Antheil an der Bildung der Grube des Schulterge-
lenkes nimmt.
Die Form und Proportionen, welche mir die Knochen des Schultergerüstes so-
wohl bei den Embryonen von Testudo und Chelonia, als auch bei den imtersuchten
jungen Schildkröten darboten, waren schon denjenigen sehr ähnlich, welche ihnen
in denselben Arten bei den Erwachsenen zukommen. Auch ging bereits sowohl bei
dem Embryo von Chelonia, als auch bei den Jungen von Chelonia und Sphargis der
Winkel, den die beiden Schenkel des vordem Knochens bildeten, nach aussen in
einen starken Fortsatz über, dessen Ende einen Theil der Gelenkgrube für den
Oberarmknochen ausmachte: doch war dieser Fortsatz bei dem Embryo absolut und
relativ kürzer, als bei den Jungen.
Wie an den einzelnen Skeletstücken der Beine, beginnt auch an den beiden
Stücken des Schultergerüstes die Verknöcherung an der Oberfläche, so dass mithin
die abgelagerte Knochensubstanz auch an ihnen anfangs eine dünne Scheide bildet.
Das hintere Stück, oder das Hakenschlüsselbein, verhält sich in Hinsicht der Ent-
wickelung seiner Knochenscheide ganz so, wie ein Skeletstück der Beine selbst.
An dem vordem Stücke aber fand ich bei dem Embryo von Chelonia und bei den
Jungen von Chelonia imbricata, Trionyx gangeticus und Terrapene tricarinata, dass
ein jeder Schenkel eine besondere Knochenscheide hatte, dass diese beiden Scheiden
nirgend zusammenstiessen , sondern nur an der einen Seite des Wirbels, den die
139
beiden Schenkel zusammensetzten, einander sehr nahe gekommen waren, indess sie
an der äussern Seite des Winkels noch weit von einander abstanden, und dass der
ganze von der letztern Seite abgehende und die Gelenkgrube enthaltende Vorsprung
nur aus Knorpelmasse bestand. Bei der jungen Sphargis hatten sich die beiden
Knochenscheiden zwar schon an der innern Seite des Winkels, den die Schenkel
des vordem Schulterstückes bildeten, erreicht und waren hier verschmolzen, halten
jedoch die äussere Seite des Winkels und den Gelenkfortsatz noch unbekleidet ge-
lassen. Dagegen Hess der ganze Winkel bis zu der Gelenkgrube bei den übrigen
jungen Schildkröten, die ich untersuchen konnte, und auch bei dem Embryo von
Testudo äusserlich nur Knochensubstanz erkennen. Nach diesen Wahrnehmungen,
die an Schildkröten aus verschiednen Familien gemacht worden sind, darf man daher
wohl annehmen, dass bei diesen Thieren ganz allgemein, wie Cuvier es zuerst
bei einer jungen Chelonia gefunden hatte, in dem vordem Stücke des Schulterge-
rüstes die Verknöcherung von zwei Stelleu ausgeht, die auf die beiden Schenkel
desselben vertheilt sind, dass aber beide Knochenmassen einander immer mehr ent-
gegenwachsen, bis sie mit einander zuletzt verschmelzen. Ausserdem aber ergiebt
sich noch aus diesen Wahrnehmungen, dass eine Verschmelzung der beiden Knochen-
scheiden des vordem Schulterstückes bei verschiednen Schildkröten zu sehr verschied-
nen Zeiten der Entwickelung erfolgt. — Auf Kosten des Knorpels werden die Kno-
chenscheiden, die an dem Schultergerüste entstanden sind, nur langsam dicker, nach-
dem sich schon sehr frühe in deren Wandung, wie in den Knochen der Beine, zar-
te, nach der Länge verlaufende und ziemlich parallele Markkanäle gebildet haben.
Sind dann die Knochenscheiden schon massig dick geworden, so wird der einge-
schlossene Knorpel sowohl in dem hintern mehr oder Aveniger abgeplatteten Stücke,
als auch in jedem Schenkel des vordem Stückes des Schultergerüstes eben so, wie
in den cyliudrischen Knochen der Beine, ungefähr auf seiner Mitte ganz in Knochen-
mark umgewandelt: und diese Veränderung schreitet hierauf von der Stelle aus, wo
sie begann, nach zwei entgegengesetzten Richtungen immer weiter vor. Bei der
jungen Chelonia virgata, die ich untersuchte, und bei dem jungem Exemplar von
Emys europaea hatte sie nur eben erst begonnen, bei andern Schildkröten, die schon
älter waren, war sie in verschiedentlich hohem Grade weiter gediehen. Gleichfalls
wird, nachdem der angegebne \organg schon einige Zeit gedauert hat, der in den
Knochenscheiden des Schultergerüstes eingeschlossene Knorpel an andern SteHen in
Knochenmasse umgewandelt, die Scheiden also im Innern zum Theil mit Knochen-
masse ausgeRillt. In jedem Stücke aber geschieht dies nicht, wie in den Knochen
der Beine, an zwei Stellen, sondern nur an einer, und zwar in der Nähe der Grube
18'
140
für (las Schultergeleiik, also in dem vordem Stücke an oder in dem Winkel, der
von dessen Schenkeln gebildet wird.
Wo sich an dem Schultergcrüste der Schildkröten die Gelenkgrube befindet,
geht ursprünglich wohl jedenfalls die Knorpelmasse des einen Stücks dieses Gerüstes
in die des andern ohne irgend eine Unterbrechung über, so dass die Knorpelmasse
des ganzen Gerüstes anfänglich wie aus einem Gusse gebildet erscheint. Aber auch
später, wenn die einzelnen Stücke in ihrer Verknöcherung weit vorgeschritten sind,
wird ihre Verbindung bei einigen Schildkröten, abgesehen von der fibröshäutigen
Bekleidung der beiden Stücke, noch eine längere Zeit durch einen grössern Ueber-
rest von Knorpel erhalten, und bei andern, namentlich den Seeschildkröten, ist dies
sogar für immer der Fall. Später indess wird bei den Land- und Süsswasserschild-
kröten jener die beiden Stücke verbindende Ueberrest des Knorpels fast gänzlich in
Knochensubstanz umgewandelt, und es erscheint dann ihre Verbindung als eine Su-
lur, die aber im höhern Alter mitunter durch V erwachsung ganz vertilgt wird.
Das obere Ende des vordem Stückes oder des Schulterblattes hatte bei den
reifern Embryonen und den Jungen , wie bei den Erwachsenen , seine Lage dicht
vor der vordersten Rippe. Hier aber stand es bei den Embryonen und ebenfalls
auch bei den Jungen von Sphargis, Chelonia, Emys und Trionyx mit der Schichte
von dichtem Bindegewebe, welche unter der Haut des Rückens abgelagert war, ent-
weder in unmittelbarer, oder durch eine unter derselben schon entstandene Fascie in
mittelbarer Berührung und hatte sich durch ein kurzes luid dickes sehniges Band
an sie befestigt. (Tab. UI, Fig. 10, b. Tab. IV, Fig. 3, e. Tab. V, Fig. 1, d.
und Fig. 2.) Möglich aber war diese Verbindung dadurch geworden, dass sich bei
allen jenen in der Entwickelung begriffenen Schildkröten noch jederseits zwischen
der Nackenplatte und der zweiten Rippe eine mehr oder weniger grosse Lücke be-
fand. Dagegen kam eine solche Lücke nicht mehr bei den Jungen von Terrapene,
Platemys und Pentonyx vor, und bei diesen war nun das obere Ende des Schulter-
blattes mittelst seines dicken fibrösen Bandes, wie bei den Erwachsenen, an die un-
tere Seite der zweiten Rippe befestigt. Durch diese Rippe wird also, während sie
an Breite immer mehr zunimmt und nach vorne über die erste Rippe hinüberwächst,
jenes Band von der Hautbedeckung gleichsam abgeschnitten, worauf sich nun das-
selbe an die Rippe selbst anheftet. — In dem oben erwähnten Bande, in dem man
bei erwachsenen Exemplaren von Emys und noch andern Schildkröten ein bis zwei
kleine Knochenstückchen findet [Os triquetrum Bojanus], bemerkte ich bei den
jungen Exemplaren von Emys, Platemys, Terrapene und Pentonyx schon ein klei-
nes Knochenstückchen. — Das untere Ende des vordem Schulterstücks fand ich bei
141
einigen jungen Schildkrölen nur an das Unterhaut -Bindegewebe der Bauchseile, bei
andern aber, wie hei den Erwachsenen, durch fibröses Gewehe schon an das un-
paai'ige Stück des Bauchschildes angeheftet. Bei der jungen Sphargis, bei der ich
ein solches unpaariges Stück vermisste, schien mir das untere Ende des vordem
Schulterstückes an das vordere Ende des Knorpelstreifens befestigt zu sein, in wel-
chen sich das erste und zweite paarige Knochenstück des Bauchschildes zu bilden be-
gonnen hatte. —
§. 35. Auch das Becken zeigte bei den reifern Embryonen und den Jungen
im Ganzen, wie in seinen einzelnen Theilen, schon eben solche, oder doch sehr ähn-
liche Formen, als es in denselben Arten bei den Erwachsenen darbietet. Was aber
sein Gewebe anbelangt, so bestand bei dem Embryo von Chelonia eine jede Seiten-
hälfte aus einer noch nirgends, also auch nicht an der Gelenkpfanne, unterbrochenen
Knorpelmasse, von deren für das Darmbein, Sitzbein und Schambein bestimmten
3 Aasten ein jeder mit einer verhältnissmässig nur sehr dünnwandigen und an ihm
noch lange nicht bis an die Enden reichenden Knochenscheide bekleidet war. Ver-
hältnissmässig nur wenig dicker zeigten sich diese Scheiden bei den Jungen von
Sphargis, Chelonia und Terrapene: auch reichten sie bei denselben nicht völlig bis
an die Enden der 3 genannten Tbeile einer jeden Beckenhälfte, so dass demnach
an der Gelenkpfanne zwischen ihnen nur eine mehr oder weniger grosse Masse von
Knorpelsubstanz bemerkbar war '). Durch Verdickung dieser Knochenscheiden auf
Kosten des Knorpels, der von ihnen eingeschlossen wurde, hatte in dem Becken der
Jimgen von Emys lutaria und Trionyx gangeticus die Knochensubstanz schon über
den Knorpel ein Uebergevvicht erhalten : doch waren an der Gelenkpfanne die Schei-
den eben so wenig, wie bei den oben genannten jungen Schildkröten, zu einer ge-
genseitigen Berührung gelangt, sondern einander nur sehr nahe. Dagegen waren
bei den Jungen von Platemys, Trionyx ocellatus und Pentonyx die verschiednen
Stücke, aus denen das Becken zusammengesetzt war, schon durchweg so verknö-
chert, dass jedes nur noch eine massig grosse, mit Knochenmark gefüllte Höhle ent-
hielt. Auch waren sie bei diesen bis zu der Gelenkpfanne hin verknöchert, so dass
sich zwischen ihnen nur die Syncbondrose befand. — Die Schambeine und die Sitz-
beine, die man nach Ablauf der Entwickelung bei den Seeschildkröten paarweise
durch eine Symphysis vereinigt, bei den Land- und Süsswasser - Schildkröten aber
1) Auch bei den erwachsenen Seeschildkrölen sind das Darmbein, Sitzbein und Schambein nicht ver-
schmolzen, sondern durch Synchondrosen mit einander verbunden, indem an der Gelenkpfanne zwischen je
zweien von ihnen als üeberrest des Knorpels, aus dem sie ursprünglich ganz und gar bestanden, eine dünne
HnorpeUcbeibe vorbanden ist.
142
verschQiülzen findet, standen auch bei den jungen Süsswasserschildkröten , die ich
untersuchen konnte, nur durch Knorpelbandmasse in Verbindung.
Das obere Ende des Darmbeines fand ich bei den meisten jungen Schildkröten
so gelagert, dass es seitwärts von den Querfortsätzen der Kreuzbeinvvirbel und dicht
hinter der letzten Rippe lag, doch auch dem hintern Rande der vorletzten Rippe,
die sich mehr oder weniger stark nach hinten gerichtet hatte, sehr nahe war. Be-
festigt war es nach innen durch fibröses Gewebe an die Querfortsälze der Kreuz-
beinwirbel, ausserdem aber stand es nach oben mit dem dichten Unterhaut -Bindege-
webe des Rückens in Verbindung. (Tab. III, Fig. 10. e. Tab. IV, Fig. 3. f.
Tab. V, Fig. 1. o.) Bei einigen andern Schildkröten, die sich schon weiter ent-
wickelt hatten, namentlich bei Pentonyx capensis und Terrapene pensylvanica, be-
rührte das Darmbein nach oben nicht mehr das Unterbautbindegewebe, sondern war
von diesem durch die vorletzte Rippe geschieden, die sich mit ihrem hintern Rande,
während sie an Breite zunahm, zwischen jene Schicht des Bindegewebes und das
Darmbein hineingedrängt hatte. Bei der jungen Platemys aber war das Darmbein
von oben nicht blos durch die neunte, sondern wider die Regel, nach der sich die
Entwickelung der Schildkröten richtet, auch durch die achte Rippe bedeckt, weil ei-
nestheils sein oberes Ende sich zu einer ungewöhnlich grossen Fläche ausgebreitet
hatte, anderntheils jene Rippen, indem sie immer breiter wurden, über dasselbe her-
übergewachsen waren und es von der erwähnten Schichte des Bindegewebes gleich-
sam abgeschnitten hatten. — Als bekannt darf ich voraussetzen, dass bei den er-
wachsenen Exemplaren der meisten Schildkrötenarten das Darmbein durch die vor-
letzte Rippe und nur allein durch sie bedeckt ist.
143
Zweites Kapitel.
Von den Hautbedeckungen
§. 36. Cuvier ') und nach ihm Andre 2) haben geäussert, dass bei den
Schildkröten zu der Zeit, da deren Rippen noch nicht der Länge nach zusammen-
stossen, also zwischen denselben sich noch lauge Zwischenräume befinden, diese
Räume und auch die etwa noch vorhandncn Lücken des knöchernen Bauchschildes
von einer knorpligen Substanz ausgefiillt sind. Um nun zu erfahren, was von die-
ser Angabe zu halten sei, unterwarf ich die erwähnte Substanz einer nähern Unter-
suchung, nachdem ich schon vorher erfahren hatte, dass sich bei jungen Schildkrö-
ten, auch wenn sie eine längere Zeit in Weingeist gelegen haben, doch noch die
Zusammensetzung mancher Gewebe, namentlich aber die der Knorpelsubstanz, ganz
gut erkennen lässt. Was ich hiebei gefunden, war hauptsächlich Folgendes.
Die fragliche Substanz liegt unmittelbar unter der Hautbedeckung des Rumpfes,
hängt mit derselben aufs innigste zusammen , und bleibt sich allenthalben, wo sie nui"
vorkommt, in ihrem GerUge gleich. Am Rücken geht sie, eine ununterbrochene
Schichte bildend, über alle Knochen desselben herüber und hängt mit ihnen fest zu-
sammen, bedeckt ferner, 'wenn die Rückenmuskeln noch nicht ein Knochendach er-
hallen haben (§. 16.), auch diese Muskeln, senkt sich zwischen den Rippen, wenn
und wo sich zwischen ihnen Lücken befinden, bis auf die zwischen ihnen ausge-
spannte Fascie (§. 13.) herab, dringt auch zwischen die beiden Blätter der von
der Hautbedeckung gebildeten Falte, welchen der Rücken ringsum besäumt, hinein,
setzt sich von da aus jederseits in der Gegend, wo sich die Flügel des knöchernen
Bauchschiides bilden sollen oder schon in ihrer Entwickelung begriffen sind, auf die
Bauchseite fort, bildet auch an dieser Seite zunächst der Hautbedeckung eine unun-
terbrochene Schichte, und füllt hier ausserdem die Lücken aus, welche zwischen den
verschiednen Theilen des knöchernen Bauchschildes vorkommen. Ueberhaupl also
ist sie namentlich bei denjenigen Schildkröten , deren Rumpf mit A^erschiedentlich gros-
sen Hornplatten bekleidet wird, in der frühern Jugendzeit allenthalben unter der Haut
da vorhanden, wo auf derselben sich dergleichen Platten entwickeln. Doch ist sie
') Recberches sur les ossem. foss. Tom. IX, p. 394.
*) Dumeril und Bibron io ihrer Erp^tologie generale. Tom. U, p. 179 et 510.
144
nicht etwa nur diesen Schildkröten eigen, sondern kommt auch bei denjenigen vor,
bei welchen niemals dicke Hornplatten entstehen, wie namentlich bei denen aus den
Gattungen Sphargis und Trionyx. — Von Knorpelkörperchen liisst sich in der er-
wähnten Substanz, selbst wenn sie unter stark vergrössernden Mikroskopen betrach-
tet wird, gar keine Spur auffinden, und überhaupt lässt sie nie und nirgend die
Zusammensetzung eines Knorpels erkennen. Vielmehr ist sie Nichts anders, als ein
Unterhaut -Bindegewebe, das eine ganz ungewöhnliche Dichtigkeit, Festigkeit und
Dicke hat, auch jedenfalls bei jungen Schildkröten völlig frei von Fett ist, indess
an andern Stellen des Körpers das Bindegewebe, wo es zunächst unter der Haut
liegt, eben so locker, wie bei andern Thieren, und auch von einer viel geringern
Dicke gefunden wird. Näher angegeben, besteht jene Substanz aus Bündeln von
Bindegewebe, die meistens eine ziemlich grosse Länge haben , und häufig gekrümmt
oder selbst mehrfach geschlängelt sind. Im Verhältniss zu ihrer Länge sind sie nur
sehr dünn, und bestehen aus höchst zarten, aber sehr festen Fasern, die scharf be-
grenzt, glatt, etwas glänzend und meistens dicht an einander geschmiegt sind. Spi-
ralförmig um die Bündel geschlungene Fasern, wie sie bei Menschen an den Bün-
deln des Bindegewebes vorkommen *), und wie ich sie auch an den Bündeln des
Unterhautbindegewebes aus dem Beine einer kurz vorher getödteten erwachsenen
Erays europaea gefunden Iiatte, habe ich an ihnen eben so wenig, als nach Behand-
lung mit Essigsäure stellenweise Einschnürungen bemerken können. Nach Einwir-
kung von Essigsäure verlieren die Bündel in kurzer ^eit das fasrige Aussehen und
ihren Glanz, werden gallertartig und durchsichtig, und verkürzen sich auch ziemlich
stark. Unter einander kreuzen sie sich in sehr verschiednen Richtungen, so dass
sie wie verfilzt erscheinen. Dabei aber sind sie an einander so dicht herangezogen,
dass nur kaum bemerkbare Zwischenräume zwischen ihnen vorkommen, die übrigens
von einer formlosen und durch Essigsäure auflösbaren Substanz ausgefüllt sind. Es
bilden daher die Bündel dieses Gewebes eine sehr feste Masse, die man lederartig
nennen könnte, und zwar ist die Festigkeit dieser Masse am grössten bei den See-
schildkröten und den Trionyx -Arten. Von dem Corium der Hautbedeckung unter-
scheidet sich das beschriebne Gewebe schon durch eine weissere Farbe, was seinen
Grund vielleicht darin haben mag, dass es nicht so blutreich, wie jenes, ist.
Die Schichte des beschriebnen Gewebes hat schon bei den reifern Embryonen
eine ziemlich grosse Dicke. Noch dicker aber wird sie in der nächsten Zeit, nach-
dem das Junge das Ei verlassen hat, und bildet dann bei vielen Schildkröten, wann
•) Henle's Allgemeine Anatomie, Leipzig 1841. Tab. 111, Fig. 6.
145
die Knochen des Rumpfes noch nicht zwei schützende Schilder für die Eingeweide
zusaninienselzen, nehst der Haiitbcdeckiing einen ziemlich schwer zu durchdringenden
Panzer. Bei der von mir zergliederten jungen Chelonia virgata, bei der ich sie im
Ganzen dicker, als bei den Jungen andrer Schildkröten fand, betrug am Rücken
ihre grösste Dicke % Linie. Im Allgemeinen aber fand ich sie absolut und relativ
am dicksten bei den Seeschildkröten und in der Gattung Trionyx.
Während die verschiednen Knochenstücke, die zur Zusammensetzung des Rücken-
schildes dienen sollen , namentlich die Dornfortsätze , die Ergänzungsplatten und die
längern Rippen, breiter werden und einander immer näher kommen , werden die zwi-
schen ihnen liegenden Abiheilungen des dicken und dichten Unterhaut -Bindegewebes
scheinbar immer mehr verdrängt und resorbirt, so dass nur die Lücken, die bei den
Seeschildkröten und den Trionyx -Arten zwischen den dünnern Hälften der Rippen
übrig gelassen werden, von ihm ausgefüllt bleiben. Eben dasselbe geschieht auch
an der Bauchseite zwischen den verschiednen Stücken des Bauchschildes, während
diese an Ausbreitung gewinnen und einander dadurch näher kommen. Es wird also
die Schichte des Unterhaut-Bindegewebes, während sich das Junge weiter entwickeil,
stellenweise wieder allmählig verringert. Ausserdem aber wird auch, wann die ver-
schiednen Knochenstücke des Rücken- und Bauchschildes an Dicke zunehmen, der
zwischen ihnen und der Hautbedeckung befindliche Theil der Bindegewebsschichte im-
mer dünner, bis er zuletzt scheinbar gänzlich oder beinahe ganz verschwunden ist.
Am dicksten fand ich diesen noch übrig gebliebenen Theil bei einer halberwachsenen
Chelonia imbricata, deren Rückenschild eine Länge von beinahe 9 " hatte , indem er
bei derselben auf den Rippen noch V4 bis V3 Linie dick war. Kaum nur noch merk-
bar aber war er bei den untersuchten Jungen von Platemys Spixii , Terrapene pen-
sylvanica und Pentonyx capensis, wie auch bei einem Trionyx ferox, dessen Rücken-
schild 8" lang war. Ganz fehlte er bei einem halbausgewachsenen Exemplar von
Testudo mauritanica und bei erwachsenen Exemplaren von Erays europaea , Emys
punclularia, Tesludo gracca und Terrapene tricarinata, so dass bei diesen die Haut-
bedeckung unmittelbar dem knöchernen Rücken- und Bauchschilde allenthalben anlag
und innig damit zusammenhing '). Wahrscheinlich wird dasselbe auch bei allen an-
dern solchen Schildkröten, bei welchen sich das Rücken- und Bauchschild so voll-
ständig, wie bei den ebengenannten, ausbildet, nach Ablauf ihrer Entwicklung der
Fall sein. Bei denjenigen Schildkröten hingegen, bei welchen zwischen den Rippen
^) Bei einem Trionyx granosus t'ehlle das ünlerhaut - Bindegewebe nur auf demjenigen Theil des Rü-
ckenschildes, der durch kleine Höcker sehr uneben gemacht «orden war.
19
146
und den verschiednen Knochenstücken des Bauchschildes Lücken übrig bleiben, wie
namentlich bei den Seeschildkröten, bleibt in diesen Lücken zur AusRillung derselben
ein Theil jenes festen und nicht dehnbaren Unterhaut-Bindegewebes nicht blos zurück,
sondern nimmt in ihnen auch noch an Dicke zu. Gleichfalls geschieht dasselbe bei
der Gattung Trionyx theils in den Lücken der Knochenstücke des Bauchschildes,
theils in der Hautfalte, welche den Rücken besäumt, und in welcher sich, ausser der
Nackenplatte, noch andre zur Vergrösserung des Rückenschildcs dienende Ergän-
zungsplatten entweder gar nicht, oder nur sehr schwach ausbilden. [Bei einem
Trionyx ferox fand ich in der angegebnen Hautfalte das Unterhaut-Bindegewebe bis
2y3 Linie dicTc.] Uebrigens aber hat dies Gewebe bei den erwachsenen Exempla-
ren der Gattungen Chelonia und Trionyx eine ähnliche Beschaffenheit, wie bei den
jungen: nur ist es etwas lockerer und beinahe schwammartig, weil seine Faserbün-
del etwas grössere Zwischenräume, als bei den Jungen zwischen sich lassen. Auch
fand ich in diesen Räumen des Bindegewebes, wo es bei Trionyx ferox die Haut-
falte des Rumpfes ausfüllte [nicht aber auch am Bauche] einzelne bis 0,0015"
grosse, im Ganzen aber nur sehr zerstreut liegende und sparsam vorhandene Zellen,
die ganz mit Fett angefüllt waren.
Wo nun bei einer Schildkröte, während sich ihr Skelet entwickelt, das dichte,
lederartige Unterhaut-Bindegewebe des Rückens und Bauches immer dünner wird,
schwindet seine Masse anfänglich mehr scheinbar, als wirklich. Denn indem die
einzelnen Stücke des Rücken- und Bauchschildes an Ausbreitung und Dicke zuneh-
men, wächst es in unzählbare kleine Höhlenräume, die sich in diesen Knochenstücken
ausbilden , mehr und mehr hinein ( §. 32. ) , wobei es freilich , wie es in dieselben
eindringt, seine Festigkeit verliert und sich sehr auflockert, bis endlich auf jedem
solchen Knochenstücke von ihm entweder gar Nichts mehr, oder doch nur Wenig
übrig ist. Später indess, nachdem es bereits sich in die Knochen des Rücken- und
Bauchschildes hineingesenkt, auch in ihnen an Masse noch zugenommen hat, schwin-
det es innerhalb derselben, wenn auch nicht bei allen, so doch bei vielen Schild-
kröten wirklich mehr und mehr, indem sich nämlich bei vielen von diesen Thieren,
wann sie ihre Reife erlangt haben, die mit Bindegewebe ausgefüllten Höhlenräume
der genannten Knochen immer mehr verengern und sogar sich beinahe sämmtlich
schliessen. (§. 32.) — Am Halse und den Beinen ist das Unterhaut-Bindegewebe
so locker und dehnbar, und überhaupt eben so beschaffen, wie etwa bei den Säuge-
thieren. Auch lagert sich hier in ihm mitunter ziemlich viel Fett ab.
§. 37. Die Lederhaut oder das eigentliche Corium ist bei sehr jungen
Schildkröten zwar allenthalben dünner, als die beschriebene Schichte des so dichten,
147
am Rücken und Bauche vorhandenen Unterhaul-Bindegewebes, doch hat sie auf dieser
Schiclite eine grössere Dicke, als an andern Stellen, und besteht auch auf derselben
der Hauptsache nach aus etwas dickern Bündeln von Bindegewebe, als an andern
Stellen des Körpers. Im Allgemeinen sind diese Bündel bis 0,0004 " dick (na-
mentlich bei jungen Exeniplai-en von Trionyx), bestehen aus sehr zarten Fasern,
und haben eine solche Lagerung, dass sie in mehreren scharf begrenzten Schichten
ausgebreitet sind, in deren jeder die Bündel nur neben einander, nirgend auch über
einander vorkommen. Bei Chelonia virgata zählte ich am Rücken und Bauche bis
9, bei Trionyx ocellatus bis 8 solche Schichten. Die Bündel einer jeden haben im
Allgemeinen denselben Verlauf, die zweier benachbarter aber kreuzen sich mit ein-
ander, so dass demnach in einer bestimmten Folge die Bündel der einen Schichte
mit denen der zunächst unter ihr liegenden in der Richtung abwechseln. Ferner
verlaufen die Bündel einiger Schichten ziemlich genau nach der Länge des Rumpfes,
die der übrigen hingegen quer über denselben. Doch ist nicht jede einzelne Schichte
über den ganzen Rücken oder den ganzen Bauch ausgebreitet. Denn einige Mal be-
merkte ich bei Chelonia virgata auf senkrechten Durchschnitten der Haut, dass eine
einzelne Schiebte zwischen den übrigen endigte, ohne sich in der Nähe wieder fort-
zusetzen, und dass in solchen Fällen die beiden Schichten, zwischen denen sich jene
befand , an dem Rande derselben zu einer einzigen sich vereinigten. Was noch das ge-
genseitige Verhältniss der Bündel in den einzelnen Schichten anbelangt, so verlau-
fen sie bei Trionyx, Platemys und Terrapene, bei denen sie eine bedeutende Länge
haben, so wie etwa die Wollhaare veredelter Schafe, schwach wellenförmig und pa-
rallel neben einander, liegen allenthalben einander sehr nahe und gehen, so viel ich
habe bemerken können, nirgend deutlich in einander über. In der Gattung Chelo-
nia aber verlaufen sie nicht merklich wellenförmig, und liegen nicht immer regel-
mässig parallel neben einander, sondern spalten sich häufig unter sehr spitzen Win-
kejn in 2 Aeste, und diese Aeste gehen dann entweder in zunächst benachbarte
Bündel derselben Schichte über, oder verbinden sich auch wieder mit einander selbst,
so dass zwischen ihnen hie und da langgestreckte Maschen vorkommen. Uebrigens
aber sind bei den verschiednen jungen und alten Schildkröten die beschriebnen Schich-
ten, einzeln betrachtet, um so dünner, je näher sie der Epidermis liegen. — Auf
den beschriebnen Schichten liegt zu oberst und an die Epidermis angrenzend eine
noch dünnere, die von einer ganz andern Beschaffenheit ist. Sie besteht nämlich
nicht aus Bündeln von Bindegewebe, sondern aus kurzen einzelnen Fasern, die ent-
weder einfach, oder auch gabeirdrmig gespalten sind, und theils sich nur an einan-
der anlegen, theils auch in einander übergehen, überhaupt aber ein klein-gefenstertes
19*
148
Gewebe zusammensetzen, das sehr ähnlich demjenigen ist, woraus der häutige Theil
der Eierschalen der Schildkröten besteht. — Später, wann sich auf den Knochen
des Rücken- und Bauchschildes die Schichte des dichten Unterhaut-Bindegewebes ver-
liert, kommt die Lederhaut mit ihnen in eine unmittelbare Berührung, und nimmt
dann, wo dies geschehen, weniger, als an andern Stellen des Körpers an Dicke zu,
sondern bleibt entweder für immer sehr dünn, so namentlich bei den Seeschildkrö-
ten , oder verliert sogar noch immer mehr an Dicke , bis sie kaum noch erkannt
werden kann, und deshalb die Hornplatten des Rückens und Bauches unmittelbar mit
dem Knochen zusammenzuhängen scheinen. Das letztere ist der Fall bei den Land-
und Süsswasser-Schildkröten. Wahrscheinlich jedoch bleibt auf den Knochen des
Rumpfes, wie ich nach Untersuchungen an einer kurz vorher getödteten Emys eu-
ropaea, an einer Testudo mauritanica und einem Trionyx ferox schliessen muss,
von der Lederhaut jedenfalls die oberste oder gefensterte Schicht zurück, auch wenn
die übrigen oder dickern und aus Bündeln zusammengesetzten verschwinden. Es
bestand nämlich bei den beiden erstem Schildkröten auf den erwähnten Knochen der
Ueberrest der Lederhaut nicht, wie die Lederhaut am Halse und den Beinen, aus
ziemlich dicken Bündeln von Fibrillen, sondern nur allein aus einer äusserst dünnen
Lage von massig langen und theils geraden, theils geschlängelten und uragekrümm-
ten Fasern, die im Allgemeinen nicht erheblich dicker, als die Fibrillen des Binde-
gewebes, und allem Anschein nach ganz einfach, nicht aber aus noch zartern Fasern
zusammengesetzt waren. Unter einander waren sie so verflochten, dass sie ein sehr
unregelmässiges Netzwerk zusammensetzten, dessen Maschen sehr enge, öfters sogar
noch schmäler, als die Fäden dick waren, und eine dickliche Substanz enthielten, in
der sparsam kleine rundliche Molekularkörper vorkamen. Essigsäure schwellte sie
nur sehr wenig an. Dehnbarkeit besassen sie in einem weit geringern Grade, als
die Faserbündel der Lederhaut an andern Stellen des Körpers : denn sie rissen sehr
leicht, und es liess sich überhaupt die Lederhaut des Rückens und Bauches (an de-
nen sie übrigens nur in sehr kleinen Stücken von den Knochen abgelöst werden
konnte) fast gar nicht dehnen. Bei einem Trionyx ferox aber, der halberwachsen
war, bestand auf den Knochen des Rücken- und Bauchschildes die Lederhaut stellen-
weise, ausser einer gefensterten oder unregelmässig netzartigen Schichte, noch aus
einer einfachen Schichte paralleler Faserbündel, indess an andern Stellen solche Bün-
del nicht gehörig unterschieden werden konnten. Bei einem Trionyx granosus fehl-
ten die Faserbündel der Lederhaut auf den einzelnen kleinen Erhöhungen des Rücken-
schildes, waren aber zwischen denselben deutlich vorhanden.
Wo bei ebendemselben Exemplar von Trionyx ferox die Lederhaut am Rumpfe
149
keine Knochen bedeckte, war sie beinahe bis ^/^ Linie dick und Hess auf senkrech-
ten Durchschnitten ganz deutlich, selbst mit blossen Augen, 6 bis 8 an Dicke ziem-
lich gleiche Schichten erkennen, die der Hauptsache nach aus lauter Faserbiindeln
bestanden, und durch zarle Furchen von einander geschieden waren. In jeder Schicht
der so beschatfnen Lederhaut hatten die einzelnen Bündel eine bedeutende Länge,
besassen eine Dicke von 0,0005 bis 0,0008", waren, wie bei Jüngern Exemplaren
von Trionyx, massig geschlängelt, lagen parallel dicht neben einander, und kamen
in jeder Schiebte nur in einer einzigen Lage vor. Die der einen Schichte aber
liefen unter rechten Winkeln über die der zunächst folgenden hinweg, so dass dem-
nach die Faserbündel der ersten , dritten und fünften Schichte in derselben Richtung
verliefen, dagegen sich mit denen der zweiten, vierten und sechsten kreuzten. Es-
sigsäure schwellte sie zwar an, Hess aber keine Einschnürungen an ihnen zum Vor-
schein kommen. In den geringen Z\\ischenräumen zwischen den Bündeln lag ein
formloser Stoff, der von Essigsäure aufgelöst wurde, und zerstreute, sparsam vor-
handne rundliche Körper, die einfache Primitiv -Zellen zu sein schienen, und deren
Durchmesser kleiner war, als der Querdurchmesser der einzelnen Bündel. Die Na-
tur dieser "Körper Hess sich nicht ermitteln , weil der Weingeist sie zu sehr verän-
dert hatte, doch enthielten sie nicht etwa nur Fett. — Bei einer Chelonia imbri-
cata, deren Rückenschild fast 9" lang war, und bei der das Unterbaut-Bindegewebe,
wie schon erwähnt, selbst auf den Knochenstücken des Rücken- und Bauchscbildes
stellenweise eine Dicke von beinahe '/^ Linie hatte, besass die Lederbaut selbst auf
diesen Knochenstücken eine Dicke von ungefähr Vß Linie und Hess deutlich 2 bis
3 Schichten von Faserbündeln unterscheiden. Ihre Bündel hatten eine Dicke von
0,0004 bis 0,0009", bestanden im Allgemeinen aus zartern Fibrillen, als bei Trio-
nyx ferox, und zeigten in ihrer Lagerung und ihrem Verlaufe ein eben solches Ver-
halten, wie ich es früher bei verschiednen jungen Seeschildkröten gefunden hatte.
Die Bündel der einzelnen Schichten bildeten nämlich hie und da langgestreckte Ma-
schen, die Bündel zweier benachbarter Schichten aber gingen unter ziemlich rechten
Winkeln über einander hinweg. — Am Halse, den Beinen und dem Schwänze ist
bei den Schildkröten die Haut im Allgemeinen zwar dünner, als am Rumpfe, doch
zeigt ebenfalls an ihnen das Corium eine Zusammensetzung aus mehreren Schichten
von schwach geschlängelten und ziemlich parallelen Faserbündeln, und es kreuzen
sich gleichfalls die Bündel zweier benachbarten Schichten mit einander. Bei Trio-
nyx ferox zählte ich am Halse und den Beinen bis 6 solche Schichten.
§. 38. Es ist mir nicht bekannt, dass schon aus andern Wirbeltbieren eine
solche geschichtete Zusammensetzung der Lederhaut, wie ich sie so eben von den
150
Schildkröten beschrieben habe, angegeben worden ist. Ich untersuchte daher auch
noch von andern Thieren die Lederhaut, und erhielt das Ergebniss, dass ihr eine
solche Beschaffenheit nicht blos bei den Schildkröten, sondern auch bei andern Am-
phibien und bei verschiedenen Fischen zukommt, wie namentlich bei den Krokodilen,
bei Lacerta ocellata, Lacerta agilis, Polychrus marmoratus, Basiliscus amboinensis,
Pseudopus Pallasii, Coluber natrix, Rana esculenta, Petromyzon fluviatllis, Raja cla-
vata , Acanthias vulgaris , Acipenser Sturio , Silurus Glanis , Syngnathus Typhle,
Perca fluviatilis, Cyprinus Carpio und Gadus Lota. Die grösste Zahl von Schiebten
fand ich bei einem ungefähr 5 Fuss langen Stör, nämlich in der Haut des Rückens
bis 30 Schichten, nächst ihm bei einem jungen Alligator Lucius von *l^l%' Länge,
und zwar in der Haut des Rückens bis 20. Aber wie gross oder wie klein auch
ihre Zahl war, immer hatten die Faserbündel je zweier sich berührender Schichten
einen solchen Verlauf, dass die der einen sich mit denen der andern kreuzten.
Kamen auf der Haut harte und dachziegelförmig geordnete Schuppen vor, so bestand
das Lager, auf dem sie alle ruhten, deutlich aus einer solchen geschichteten Lederhaut :
die blattartigen Fortsätze dieses Lagers aber, welche sich zwischen den Schuppen
befanden und sie mit einander verbinden halfen, Hessen nur tbeilweise, und auch nicht
immer ganz deutlich, eine Schichtung sich kreuzender Faserbündel bemerken. —
Nach dem Obigen dürfte es sehr wahrscheinlich sein, dass die beschriebne Beschaf-
fenheit der Lederhaut bei den Amphibien und Fischen im Allgemeinen die normge-
niässe ist. Bei Vögeln hingegen und Säugethieren habe ich eine derartige Beschaf-
fenheit bis jetzt nicht auffinden können ; sondern bei diesen Thieren erschien mir die
Lederhaut, wie man die des Menschen beschrieben hat, aus Faserbündeln zusammen-
gesetzt, die nach den verschiedensten Richtungen verliefen und sich verschiedentlich
so kreuzten, dass sie gleichsam einen Filz zusammensetzten.
Dass grade die Schlängelungen der Faserbündel, aus denen die geschichtete
Lederhaut der Fische und Amphibien besteht, eine Ausdehnung der Haut nach ver-
schiednen Richtungen gestatten , liegt wohl klar am Tage. Ob aber diese Bündel,
wenn die Haut durch Contraclion sich thätig erweist, wie nach Web er 's Ent-
deckung die Muskelfasern, grade gestreckt erscheinen, und nur erst im Zustande
der Ruhe einen geschlängelten Verlauf zeigen, wäre noch zu untersuchen.
§. 39. Die Hornplatten, mit denen bei den meisten Schildkröten der
Rumpf an seiner obern und untern Seite gepanzert ist, bilden sich schon in der
letztem Hälfte des Fruchtlebens, kommen bei den Jungen, wenn sie das Ei verlas-
sen, in eben so grosser Zahl vor, wie bei den Erwachsenen derselben Art, sind
bei ihnen, im Verhältniss zu denen der Erwachsenen, ziemlich dick, und besitzen be-
151
reits die Härte und Festia;keit von Horn. Ihre Entwickelnng ^eht also weit rascher
vor sich, als die des Skeletes, und erlolf^t von diesem ganz unabhängi}?. Was ihre
Formen anbelanot, so sind sie zwar meistens, doch nicht jedenfalls, aucii darin bei
den reifem Embryonen und den Jungen denen der Erwachsenen <ähnlich. So waren
bei dem Embryo von Testudo, welchen ich zergliederte, am Bauche die Platten des
vierten Paares in der Richtung von vorne nach hinten aulFallend schmal (Tab. III,
Fig. 9.), indess sie bei den erwachsenen Exemplaren von Tesludo graeca und ver-
wandten Arten, zu denen einer jener Embryonen gehörte, bedeutend breit sind. Da-
gegen waren bei der jungen Chelonia imbricata am Bauche die Platten des fünften
und sechsten Paares relativ kürzer, als bei den Erwachsenen derselben Art. Diese
Verhältnisse aber deuteten darauf hin, dass sich mit fortschreitender Entwickelung
die Bauchdecken bei Testudo grade in ihrem mittlem Theile, bei Chelonia in ihrem
hintern Theile am meisten hätten verlängern müssen. Ausserdem besitzen bei meh-
rern Schildkröten, namentlich bei manchen Arten von Chelonia , besonders aber bei
Terrapene tricarinata, die beiden seitlichen Reihen der grössern Hornplatten des Rü-
ckens in früher Jugend einen Kiel, der mit der Zeit allraählig ganz verschwindet. —
Wenn die Hornplatten des Rückens und Bauches in der Art sich gestalten, dass sie
auf ihren beiden Flächen vielfach ein- oder ausgebuchtet, oder gleichsam schwach
gefaltet erscheinen, wie dies besonders bei den Schildkröten aus der Gattung Testudo
der Fall ist, und dann später, während sich die Knochenstücke des Rücken- und
Bauchschildes ausbilden, auf denselben das Unterhaut - Bindegewebe verschwindet und
die Lederhaut immer dünner wird, dadurch aber jene Knochenstücke fast in eine
unmittelbare Berührung mit den Hornplatten gelangen, formen sich die erwähnten
Knochenstücke an ihrer Oberfläche ganz nach diesen Platten, dergestalt, dass auch
sie sehr uneben werden imd die an ihnen entstandnen Erhöhungen den Verliefungen,
welche die Hornplatten an ihrer Innern Fläche bemerken lassen, entsprechen und
sie ausfüllen.
Die Textur der Hornplatten des Rückens und Bauches habe ich bei jungen
und alten Schildkröten untersucht, und sie bei allen darauf untersuchten Arten im
Ganzen immer gleich gefunden. Sie bestehen der Hauptsache nach aus rundlich-
eckigen Blättchen, die immer einen scharfen dünnen Rand haben, eine Aehnlichkeit
mit den Schuppen mancher Fische besitzen, aber nie gestreift sind, theils neben,
theils über einander liegen, so dass eine die andre theilweise deckt, mit der einen
Fläche nach aussen, mit der andern nach innen gekehrt sind, und mit einander ohne
ein sinnlich wahrnehmbares Verbindungsmittel fest zusammenhängen. Die mehr nach
aussen liegenden sind auch in ihrer Mitte nur sehr dünn, diejenigen aber, welche
152
der Lederhaut näher liegen, zeichnen sich durch eine grössere Dicke ihres mittlem
Theiles aus, der mitunter gleichsam nabelartig an beiden Seiten vorspringt. Ihren
grössten Breitedurchmessern nach betragen sie , namentlich bei Chelonia imbricata,
0,0018 bis 0,0032". In denjenigen, welche der Innern Fläche der Hornplatten
näher liegen und bei einer grössern Dicke eine geringere Breite zu haben pflegen,
bemerkt man öfters sehr deutlich einen linsenförmigen oder sehr abgeplatteten Zellen-
kern von 0,0006" und darüber im Durchmesser, nicht selten auch in diesem ei-
nen scharf umschriebenen kleinen Kernkörper. Je weiter sie aber nach aussen lie-
gen, um desto uudeutlicher wird in ihnen der Kern, bis er in denjenigen, welche
sich noch mehr nach aussen befinden, ganz verschwindet. Es sind also die in Rede
stehenden Blättchen oder Schuppen, wie sich das freilich erwarten Hess, wahre Zel-
len, die aber, je älter sie werden, desto mehr vertrocknen, sich abplatten und über-
haupt ihre Zellennatur ablegen. Ferner enthalten diese Blättchen entweder in ih-
rem mittlem Theile ein wenig körniges Pigment, das eine braune, seltner eine
schwarze und noch seltner (z. B. bei Pentonyx capensis) eine dunkel - olivengrüne
Farbe hat : oder sie sind ganz frei von solchem körnigen Pigmente. Jene und diese
aber liegen nie zerstreut durch einander, sondern es halten sich die der einen und
die der andern Art auch in solchen Platten, in welchen beiderlei Arten von Blätt-
chen vorkommen, immer in grösserer Menge zusammen. Und darauf beruht denn
namentlich das geflammte oder gefleckte Aussehen, das manche solche Platten nicht
blos in Verbindung mit der übrigen Haut, sondern auch für sich allein gewähren.
Die dunkle Farbe einer Hornplatte ist übrigens nach der äussern Fläche derselben
in der Regel weniger saturirt, als nach der Innern. Der Grund davon liegt mei-
stens darin, dass von den einzelnen mit einem körnigen Pigment versehenen Blätt-
chen diejenigen, welche der äussern Fläche näher sind, desselben weniger enthalten,
als die der andern Fläche nähern. Mitunter aber hat dies seinen Grund auch aus-
serdem noch darin, dass eine Hornplatte zunächst der innern Fläche auch Zellen
enthält, die oval, oder kugelförmig, oder sternfö'rmig sind, und zu ihrem Inhalte,
ausser einem wahrscheinlich immer vorhandnen Kern, nur ein körniges Pigment ha-
ben. Dies ist z. B. der Fall bei Emys europaea, Testudo graeca, Pentonyx capen-
sis, Chelonia Midas, Chelonia imbricata, doch am Rumpfe nur allein in denjenigen
Hornplatten, welche den Rücken bekleiden. — Die mehr oder weniger gelbe Farbe,
die sich häufig an den Hornplatten darbietet, auch wenn sie von dem Leibe abge-
trennt worden sind, und die mitunter ein reines Strohgelb ist, wie z. B. an den vom Bau-
che genommenen Platten einiger Arten von Chelonia, ist nicht abhängig von einem beson-
dern körnigen Pigmente, sondern liegt in der ganzen Substanz der Blättchen dieser Platten.
153
Zwisclicn den am Rücken und Bauche vorhandenen Hornplatten und der Leder-
haut befindet sich eine nur wenig dicke Schichte einer weichern Substanz, oder eine
sogenannte Malpighi'sche Schleinischichtc, die der Hauptsache nach aus Jüngern
und zur Vergrösserung jener Platten bestimmten Zellen besteht. Die kleinern von
diesen Zellen haben eine der Kugel, die grössern eine der Linse sich nähernde Form.
Ihr Kern ist rundlich, selten oval, und besitzt einen sehr kleinen, aber scharf um-
schriebenen Kernkörper. Wo über ihnen eine Hornplatte dunkel gefärbt ist, besitzen
auch sie um ihren Kern mehr oder weniger, im Allgemeinen jedoch nie viel von
einem dunkelfarbigen körnigen Pigment. Ausserdem aber kommen auf dem Rücken
an solchen dunklern Stellen sehr häufig zwischen jenen Zellen noch andre vor, die
sich als blosse Pigmentzellen zu erkennen geben, eine nur sehr dünne häutige Wan-
dung besitzen, mit einem körnigen Farbenstoffe so stark angefüllt sind, dass in ih-
nen höchst selten ein Kern erblickt werden kann, und sehr verschiedne Formen ha-
ben. Etliche sind rundlich, andre oval, noch andre bei einer solchen Gestalt mit
einem oder zwei strahlenrörniigen Auswüchsen versehen, die meisten aber mit einer
sehr viel grössern Zahl von solchen Ausstrahlungen, die übrigens gewöhnlich ge-
krümmt oder geschlängelt, und zuweilen auch verzweigt sind. Dergleichen stern-
förmige dunkle Pigmentzellen fand ich am Rücken junger Exemplare von Trionyx
ocellatus, Trionyx aegyptiacus, Pentonyx capensis und Platemys Spixii, wie auch
jüngerer und älterer Exemplare von Chelonia imbricata, Chelonia Midas, Testudo
graeca, Emys europaea und Emys punctularia. Am Bauche hingegen habe ich nie-
mals deutlich und mit Bestimmtheit besondre Pigmentzellen erkennen können. Weit
seltner, als jene dunklen Zellen, kommen bei den Schildkröten auf der Lederhaut
des Rumpfes besondre Zellen vor, die mit einem hellen körnigen Pigmente erfüllt
sind. Unter den von mir untersuchten Schildkröten habe ich dergleichen nur bei
Emys europaea, und zwar am Rücken, gefunden. Sie sind hier meistens sternförmig,
haben lange, geschlängelte und mitunter gespaltene Strahlen, hängen sehr fest mit
der Lederhaut zusammen, liegen haufenweise bei einander, und setzen kleine gelbe
Flecke und Striche zusammen, die durch ganz farblos gebliebne Stellen der Horn-
platten des Rückens klar hindurchschimmern.
§. 40. An dem Halse, dem Schwänze, den Beinen und der nächsten Umge-
bung der letztern ist bei den meisten Schildkröten, wenn sie erwachsen sind, die
Lederhaut viel dicker, als auf dem Rücken- und Bauchschilde. Auf ihr kommen
ausser jungen Zellen, die für die Epidermis bestimmt sind, häufig und in Menge
noch dunkle Pigmentzellen vor, namentlich auch sternförmige, desgleichen bei meh-
reren Schildkröten da, wo die Haut lebhaft gelb gefärbt ist, gelbe rundliche und
30
154
sternförmige Pigmenlzellen. Bei Emys punctularia aber fand ich die orangegelben
Flecken und Streifen des Kopfes, die nach dem Tode des Thieres gewöhnlich schwe-
felgelb werden, nur aus einfachen rundlichen und ovalen Zellen zusammengesetzt,
deren Durchmesser nur 0,0004 " betrug. Die Epidermis, die an den genannten Kör-
pertheilen eine nur massig grosse Dicke hat, lässt ganz dieselbe Zusammensetzung
aus kleinen rundlich - eckigen , und mitunter noch mit einer Spur von einem Zellen-
kern versehenen Blättchen gewahr werden, wie die Hornplatten des Rücken- und
Bauchschildes, so dass theils deshalb , theils auch , weil in der Gattung Trionyx am
Rücken und Bauche ebenfalls nur eine massig dicke Epidermis vorkommt, kein Zwei-
fei darüber entstehen kann, dass jene Platten sehr verdickte Stellen der Epidermis
sind. Auf den dunkeln Stellen der zuletzt genannten Körpertheile kommen auch in
den einzelnen Blältchen der Epidermis häufig einige wenige Körner vor, die eine
braune oder olivengrüne Farbe haben: niemals aber habe ich zwischen ihnen an je-
nen Körpertheilen besondre Zellen finden können, die mit einem solchen Farbestoif
ganz vollgefüllt gewesen wären. — Drüsenbälge habe ich bei keiner Schildkröte
in der Haut bemerken können.
Drittes Kapitel.
Von den Rücken-, Brust- und Bauch -Muskeln.
§.41. Wenn bei den Schildkröten, wie ich dargethan habe, das Bauchschild
ein Theil ihres Hautskeletes ist, ein Brustbein aber ganz fehlt, so kann der allge-
mein geltenden Ansicht nicht weiter Folge gegeben werden, dass von jenen Mus-
keln, obgleich hei andern Wirbelthieren die ihnen entsprechenden sämmtlich ausser-
halb der Rumpfhöhle liegen, einige zum Theil, und andre sogar gänzlich in der
Rumpfhöhle ihre Lage haben. Indess kommen bei den Schildkröten in der Lage-
rung und Verbindung auch der genannten Muskeln Verhältnisse vor , die von den-
jenigen, welche bei andern Wirbelthieren wahrgenommen werden, mehr oder weni-
ger abweichen. Die meisten von diesen Abweichungen sind jedoch nicht so bedeu-
tend, wie sie auf den ersten Anblick zu sein scheinen, sondern lassen sich auf den
allgemeinen Bildungstypus der Wirbelthiere leicht zurückführen. Einige wenige von
jenen Muskeln aber scheinen bei den Schildkröten, wenn man diese mit andern Wir-
155
belthieren vergleicht, völlig versetzt und dem Bildungstypus der übrigen Wirbel-
thiere ganz entfremdet zu sein, weil sie entweder zum Theil oder sogar gänzlich nach
innen von den Rippen liegen, anstatt dass bei andern Thieren diejenigen Muskeln,
mit welchen sie für gleichbedeutend gehalten werden, an der äussern Seite der Rip-
pen ihre Lage haben. Ob indess die letztern Muskeln auch mit Recht für gleich-
bedeutend mit einigen Muskeln andrer Wirbelthiere zu halten sind, wird sich für
jeden von ihnen weiterhin ergeben.
§. 42. Die Rückenmuskeln der Wirbelthiere lassen sich, ihrer Befesti-
gung und ihrem Zwecke nach, am passendsten in 2 Klassen eintheilen, in solche
nämlich, welche zur Bewegung der Wirbelsäule, der Rippen und des Kopfes dienen,
und in solche, welche zur Bewegung der Gliedmassen bestimmt sind. Wollte ich
mich jedoch im Folgenden an diese Eintheilung halten, so würde ich manche Wie-
derholungen machen müssen. Um solche zu vermeiden , werde ich daher die abzu-
handelnden Rückenmuskeln der Schildkröten nach den Gegenden eintheilen, in de-
nen sie vorkommen. Uebrigens aber werden in dem Folgenden nur diejenigen be-
rücksichtigt werden, welche bei den erwachsenen Schildkröten mit dem Rückenschilde
in Verbindung stehen.
A. Muskeln, die in dem Rückenschilde nach der Länge des-
selben verlaufen, oder mittlere Rückenmuskeln.
Von solchen kommen bei den Schildkröten nur 2 Arten vor :
a) Musculi interspinales. (Tab. lü, Fig. 10. k. Tab. IV,
Fig. 3. Tab. V, Fig. 1. h.)
Wenn die Dornfortsätze der Rückenwirbel erst im Entstehen begriffen sind,
oder sich nur erst in einem solchen Grade ausgebildet haben, dass sie von einander
noch abstehen, kann man zwischen dem obern Theil der Bogen je zweier Rücken-
und Kreuzbeinwirbel zwei schmale, dünne und überhaupt nur kleine, einander gleiche
Muskeln bemerken, die von dem einen Bogen zu dem andern herübergehen, und
deren Fasern nach der Länge des Leibes ihren Verlauf machen. Auch befindet sich
ein Paar dergleichen Muskeln zwischen dem vordersten Rückenwirbel und dem letz-
ten Halswirbel. An denjenigen Wirbehi, welche einen Dornfortsatz besitzen, sind
sie dem rechten und linken Rande dieses Fortsatzes angeheftet, an den übrigen ge-
nannten Wirbeln aber den Bogen selbst. Nach unten und aussen grenzen sie un-
mittelbar an die Fasern der nachher zu beschreibenden, oder grössern Rückenmus-
keln an: nach oben aber hängen sie mit einer dünnen Fascie zusammen, die über
sie, die übrigen Rückenmuskeln und die Dornfortsätze ausgebreitet ist, und in die
Fascia costalis übergeht, von der sie eine Fortsetzung ist. Zwischen je zweien sol-
20*
156
eben Muskeln, welche ein Paar ausmachen, befindet sich ein schmaler Zwischenraum,
der von einem nur wenig dicken Streifen eines fibrösen Gewebes ausgefüllt wird.
Dieser Streifen aber, der in der Mittelebene des Körpers von einem Wirbel zum
andern geht und einem Ligamentum interspinale höherer Thiere entspricht, hängt
innig mit der oben angegebenen Fascie zusammen, oder ist vielmehr als ein verdick-
ter Theil derselben zu betrachten. — Später verschwinden die beschriebenen Mus-
kelbündel gänzlich; und dies geschieht zu einer Zeit, da die Dornfortsätze immer
breiter oder überhaupt grösser werden, in Folge davon aber sich an einander dicht
anschliessen , auch der vorderste Dornfortsatz zu einer Verbindung mit der Nacken-
platte gelangt, und über den hintersten Rumpfwirbeln sich einige andre Ergänzungs-
platten des Rückensehildes bilden. Schon bei den untersuchten Jungen von Platemys
und Trionyx ocellatus konnte ich so wenig, wie bei einer erwachsenen Emys euro-
paea von den beschriebenen Muskelbündeln irgend eine Spur mehr auffinden ; geringe
Ueberreste von ihnen aber bemerkte ich noch deutlich bei einer jungen Erays luta-
ria und Em. europaea.
b) Musculi sacrospinales [J/. longissimi dorsi, nach einer
Deutung von Bojanus]. (Tab. ffl, Fig. 10. i. Tab. IV, Fig.
1. e, und Fig. 3. 3. Tab. V, Fig. 1. g. Tab. VII, Fig. 3.
h. h. Fig. 6. d. d.)
Es sind dies zwei lange und massig breite Muskeln, die von vorne nach hin-
ten dünner und schmäler werden, bei noch sehr jungen Schildkröten in der Regel
durch die ganze Länge des Rumpfes verlaufen, und bei den Jungen nirgend deut-
lich Sehnenfasern bemerken lassen, obgleich in ihnen solche bei den Erwachsenen
mitunter (z. B. bei Emys europaea, Trionyx ferox und Chelonia imbricata) stellenweise
vorkommen. Sie machen ihren Verlauf über den Hälsen der Rippen, denen sie dicht
aufliegen, bedecken auch die Bogenscbenkel der Rumpfwirbel, und grenzen nach in-
nen (gegen die Mittelebene des Körpers) an die etwas höher gelegenen Musculi in-
terspinales an. Von oben sind sie anränglich, ausser einer dünnen Fascie, nur durch
die Haut und die darunter liegende Schichte des dichten Unterhaut-Bindegewebes be-
deckt: wenn aber die meisten Rippen einen obern Schenkel gegen die Dornfortsätze
der Wirbelbeine aussenden, auch die Dornfortsätze selbst an Breite zunehmen, wer-
den sie durch diese verschiedenen Theile, wie durch Brücken, überwölbt. Ganz
vorne gehen sie, etwas schmäler werdend, zwischen den obern Enden der Schulter-
blätter und dem Dornfortsatze des vordersten Rumpfwirbels zum Nacken hin, laufen
unter der Nackenplatte hinweg, und setzen sich unter den an diese Platte angehef-
teten und dicht neben einander liegenden Nackenmuskeln zu beiden Seiten des letz-
157
ten oder der zwei letzten Halswirbel an diese Wirbel an. Hinten aber gehen sie
meistens deutlich auf die Querfortsätze der Kreuzbeinwirbel und der Schwanzwirbel
über, und lassen sich auch wohl am Sch\Aanze, wo sie von den M. M. extensores
caudae bedeckt werden , mehr oder weniger weit nach hinten verfolgen. In einer
solchen Lagerung, wie ich so eben angegeben habe, und in einer Ausdehnung vom
Halse bis wenigstens zu den vordersten Schwanzwirbeln fand ich die in Rede ste-
henden Muskeln bei den Jungen von Sphargis, Chelonia, Terrapene tricarinala, Trio-
nyx aegyptiacus und Trionyx gangeticus, wie auch bei dem Embryo von Chelonia.
Weniger deutlich war dieser ihr Verlauf bei dem Embryo von Testudo, bei dem
an den Stellen, wo ich sie bei jenen erst genannten jungen Schildkröten gefunden
hatte, nachdem diese Stellen freigelegt worden waren, zunächst zwei lange Fettstrei-
fen sichtbar wurden. Denn in dem Fette waren die beiden Muskeln nur an der
vordem Hälfte des Rumpfes leicht zu erkennen : ob sie aber sich auch über die
hintere Hälfte des Rumpfes erstreckten, blieb mir so lange zweifelhaft, bis ich den
hintern Theil der Fettstreifen unter das Mikroskop gebracht hatte, indem nunmehr
in ihnen Bündel von Längsfasern sichtbar wurden, die ganz das Aussehen von Mus-
kelfasern hatten. — Im Verlauf der weitern Entwickelung der Schildkröten ver-
kümmern beide Muskeln bei einigen, oder vielleicht bei allen Arten dieser Thiere
von hinten her mehr oder weniger weit: und dies geschieht zu einer Zeit, da sich
wenigstens der mittlere Theil des Rückenschildes schon so ausgebildet hat, dass eine
willkührliche Krümmung des Rückens nicht mehr möglich sein würde. Denn bei
den beiden jungen Exemplaren von Emys europaea, die ich untersuchen konnte, des-
gleichen bei den Jungen von Emys lutaria und Platemys Spixii endeten sie hinten
ganz deutlich schon am siebenten Wirbel des Rumpfes, und bei dem jungen Pento-
nyx capensis konnte ich sie nur bis zu dem sechsten Rumpfwirbel verfolgen. Was
aber ihre Länge bei erwachsenen Schildkröten anbelangt, so erstrecken sie sich bei
Emys europaea, nach einer von Bojanus gemachten Angabe, die ich bestätigen
kann, bis beinahe zu dem achten Rippenpaare, indem ihre hintern Hälften theils an
die beiden Schenkel des siebenten und der 4 zunächst davor befindlichen Rippen-
paare, theils an die Wirbelbeine, von denen diese Rippen abgehen, angeheftet sind ').
Nach Meckel ist eben so auch ihr Verhalten bei Emys serrata: bei Testudo aber
sollen sie mit dem einen Ende an die untere Fläche des breiten Dornfortsatzes des
ersten ( des zweiten ? ) Brustwirbels , mit dem andern an die Querfortsätze des hin-
tersten Halswirbels befestigt, wie überhaupt nur sehr kurz sein, und bei Chelonia
^) Am angeführten Orte, Explicatio tabulae XVH, Fig. 67.
158
will Meckel von ihnen nicht einmal eine Spur mehr aufgefunden haben l). Da-
gegen giebt Cuvier an, ohne aber eine besondre Species von Schildkröten nam-
haft gemacht zu haben, dass bei den Schildkröten (jederseits) ein Muskel, den Bo-
janus den langen Rückenmuskel genannt hat, der aber seiner Lage nach etwas an
den Dornmuskel des Rückens erinnert ( ? ) , längs der Wirbelsäule hinläuft , indem
er Fasern von allen Wirbeln (des Rumpfes) erhält, durch die zwischen den
Köpfen der Rippen und dem Rückenschilde befindlichen Zwischenräume hindurchgeht,
und sich vorne an der vordem (untern) Seite des achten Halswirbels endigt ^).
Ausser der Emys europaea habe ich auf diese Muskeln noch einige andre er-
wachsene Schildkröten untersucht. Bei Trionyx ferox sah ich sie nach hinten bis
zu dem siebenten Wirbel des Rumpfes und dessen Rippen verlaufen : wie es aber
allen Anschein hatte , reichten sie noch weiter bis zu dem nächstfolgenden Wirbel ;
doch konnte ich darüber, ohne das Rückenschild von der obern Seite aufzubrechen,
keine Gewissheit erlangen. Bei Chelonia imbricata und Terrapene tricarinata reich-
ten sie bis zu dem siebenten Wirbel des Rumpfes, bei Emys punctularia mit dem
fleischigen Theile bis zu dem vierten, indess Sehnenfasern von ihnen bis zu dem sie-
benten Wirbel hingingen: bei Testudo graeca aber, wie auch bei Testudo maurita-
nica endigten sie völlig am hintern Rande des oberen Schenkels des zweiten Rippen-
paares, reichten also nur bis zu dem dritten Rumpfwirbel hin.
Den Verlauf, den die einzelnen Fasern der M. M. sacrospinales machen, habe
ich unter den jungen Schildkröten am besten bei Arten aus den Gattungen Sphar-
gis, Chelonia, Emys imd Trionyx erkennen können. Ein jeder bestand bei ihnen
aus einem einzigen langen Bündel, von dessen am meisten nach der Mittelebene des
Körpers gelegenen Fasern mehrere ohne Unterbrechung von dem vordem bis an das
hinterste Ende des Muskels gingen. Von den übrigen aber wurden immer einige
an eine von den langem Rippen [den Hais und den zunächst gelegenen Theil des
Körpers derselben] abgegeben, wie der Muskel über die Rippen herüberging, so dass
das Bündel nach aussen abgestuft erschien, und noch andre, die gleichfalls eine sehr
verschiedne Länge hatten, setzten sich gegenüber den Hälsen der Rippen an die
Fascie, welche zwischen den Körpern der Rippen und den Dornfortsätzen ausgespannt
war und eine Fortsetzung der Fascia costalis darstellte.
Im Verlaufe der weiteren Entwickelung nehmen diese beiden Muskeln, wenn
vielleicht auch nicht bei allen Schildkröten , so doch bei einigen , wie namentlich in
') System der vergl. Anatomie, Theil III, Seile 114.
*) Le^ons d'anatomie comparee. Second edition, Tom. I, pag. 290.
159
der Galtung: Testudo , bedeutend an Länge ab : dagegen nimmt der übrig bleibende
Theil eines jeden immer mehr an Dicke zu. In seinem ausgebildeten Zustande er-
scheint dann ein jeder solcher Muskel von seinem vordem Ende, das theils fleischig,
theils sehnig, im Ganzen nur dünn, und seitwärts an den letzten oder die zwei letz-
ten Halswirbel angeheftet ist, um so dicker, je näher dem zweiten Rumpfwirbel, von
diesem aber ab wiederum je weiter nach hinten, desto dünner, indem er in seinem
Verlaufe theils an den obern , theils an den untern Schenkel einer jeden längern
Rippe, durch die er hindurchgebt, Fasern abgiebt, die sich an den beiden Schenkeln
dieser Rippen ansetzen. — Was aber die Wirkung der beiden M. M. sacrospinales
anbelangt, so besteht sie bei den erwachsenen Schildkröten jedenfalls nur darin, dass
sie den hintern Tbeil des Halses, wenn er abwärts gebogen war, wieder aufwärts
biegen.
Zufolge der Angaben, die ich in dem Obigen über die Muskeln, welche dem
Rücken als solchem angehören und sich nach der Länge desselben erstrecken, ge-
macht habe, sind dieselben auch bei den Schildkröten von einer ähnlichen Art, wie
bei den höhern Wirbelthieren, kommen aber bei jenen in einer weit geringern Zahl
vor, als bei diesen. Der Grund hievon liegt ohne Zweifel wohl darin, dass bei den
Schildkröten die Entwickelung des Rückens schon frühe dahin gerichtet ist, ein in
seinen Theilen unbewegliches knöchernes Schild zu bilden, bei dem dann überhaupt
derartige Muskeln, wie sie bei andern Thieren zur Bewegung der Rückenwirbel und
der Rippen gebildet werden, ganz unnütz sein würden. Die wenigen Rückenmuskeln
aber, die bei den Schildkröten noch entstehen, legen nur ein Zeugniss davon ab,
dass der Plan für die Entwickelung dieser Thiere in seinen Grundzügen demjenigen
ähnlich ist, nach welchem sich die andern Wirbelthiere in ihrer Entwickelung rich-
ten. Denn einen eigentlichen Zweck und Nutzen können jene Muskeln bei den
Schildkröten, deren Rumpf durch eine eigentbümliche Verbindung seiner Knochen
gajiz steif und unbeweglich gemacht wird, für die Bewegung des Rumpfes selbst
nicht haben, weshalb auch später einige von ihnen zum Theil verkümmern, und noch
andre wieder ganz verschwinden, wie denn überhaupt hei den Thieren sehr häufig
Organe, die sich in einer frühern Lebenszeit gebildet hatten, wenn sie für die Er-
reichung der Lebenszwecke überflüssig geworden sind, einer rückschreitenden Meta-
morphose anheimfallen *).
') Rathke, über die rückschreitende Metamorphose der Thiere, in dessen Beiträgen zur vergl. Anato-
mie und Physiologie, Reisebemerkungen aus Skandinavien, Danzig 1842. Seite 120 bis 154.
160
B. Muskeln, die an den vordem Theil des Rückenschildes be-
festigt sind.
a) Musculus cucullaris. (Tab. IV, Fig. 3, i. Tab. V, Fig. 1, a.)
Für gleichbedeutend mit den Kappenniuskeln der Säugethiere hat J. F. Meckel
2 lange, schmale und nalie bei einander liegende paarige Muskeln der Schildkröten
ausgegeben, die gleich unter der Haut des Nackens liegen. Bojanus hat sie mit
dem Namen der M. M. splenii capitis belegt. Am dicksten fand ich sie bei den
Seeschildkröten, am dünnsten bei Terrapene. Mit ihrem einen Ende sind sie ent-
weder an das Hinterhauptbein oder • — ■ namentlich bei Emys europaea, Emys pun-
ctularia und Terrapene tricarinata — an das Schläfenbein und die Fascia temporalis
befestigt: ihr anderes Ende aber ist an die untere Seite der Nackenplatte angehef-
tet. Keine solche Muskeln , die von der Nackenplatte bis zum Kopf gegangen
wären, Hessen sich bei Pentonyx capensis und Trionyx auffinden *).
b) Mtisculus splenitis capitis, nach Meckel. (Tab. IV, Fig.
3, c. Tab. V, Fig. I, b. b. Tab. VH, Fig. 1, h.)
Einen Muskel der Art habe ich nur bei den Seeschildkröten bemerkt. Er liegt
seitwärts von dem vorigen und ist mit seinem einen Ende an das Schläfenbein an-
geheftet, mit dem andern breitern Ende zum kleinern Theil an die untere Seite der
Nackenplatte, zum grössern, namentlich bei der erwachsenen Chelonia imbricata, an
eine zwischen der Nackenplatte und der zweiten Rippe ausgespannten Fascie. Den
Gattungen Emys und Testudo ist er schon von Meckel abgesprochen worden.
c. Musculus spt'nalis cervicis, nach Bojanus und Meckel.
(Tab. Vn, Fig. 3, d. Fig. 5, f. und Fig. 6, g.)
Es liegen diese ebenfalls paarigen Muskeln an der obern Seite des Halses
meistens nahe beisammen, seltner [Trionyx] an ihrem hintern Ende in massig gros-
ser Entfernung von einander, und werden, wenn die Kappenmuskeln vorhanden sind,
von denselben mehr oder weniger bedeckt, indess sie bei dem Mangel derselben
grösstentheils gleich unter der Haut liegen. In dem erstem Falle sind sie bei man-
chen Schildkrölen [Emys punctularia und Terrapene tricarinata] an ihrem hintern
Ende mit den Kappenmuskeln so vereinigt, dass diese niu" besondre Zipfel von ihnen
zu sein scheinen. Ihr hinteres Ende ist immer fleischig, und bei Testudo, Terrapene,
Trionyx und Chelonia nur allein an die untere Seite der Nackenplatte , bei Emys
und Pentonyx theils an die Nackenplatle , theils an die untere Seite des zweiten
') VoQ erwachseneu Exemplaren der Gattung Trionj'x habe ich auf die Muskeln Trionyx ferox, Tr.
subplanus und Tr. granosus untersucht.
IGl
Paares der Rippen in der Nähe des vordem Randes dieser Rippen befestigt. Ihr vor-
deres Ende ist in der Gattung Trionyx nur einfaeh, fast ganz fleischig, und nur allein
an den fünllen [Tr. subplanus] oder sechsten Wirbel des Halses (und zwar an den
Bogen desselben) befestigt : bei andern Schildkröten aber ist es 2 bis 3 Mal gespal-
ten, und steht durch Sehnen mit mehrern ' hintern Halswirbeln in Verbindung.
Bei Terrapene tricarinata und verschiednen Arten von Trionyx fand ich dicht
unter und auch zum Theil nach aussen von den beiden so eben beschriebnen Mus-
keln zwei iiuien im Verlaufe ähnliche [Tab. VII, Fig. 5, g.], die aber kürzer,
obgleich ebenfalls recht stark waren. Mit ihrem hintern Ende entsprangen sie ent-
weder nur von der Nackenplatte (Trionyx) , oder ausserdem auch von dem vordem
Theil der Rippen des zweiten Paares (Terrapene) ; mit ihrem vordem Ende aber
waren sie an den Bogen des siebenten Halswirbels angeheftet. Am passendsten las-
sen sie sich wohl für besondre abgetrennte Bäuche der beiden vorigen Muskeln aus-
geben, mit denen sie an ihrem hintern Theile auch innig zusammenhängen.
d) Musculus scalenus p osticus , nach Meckel's Deutung.
(Tab. VH, Fig. 3, g. und Fig. 6. i.)
Dieser Muskel ist mit dem einen Ende an einige vordere Halswirbel (bei Pen-
tonyx, wo er ansehnlich gross ist, an die 4 vordem), mit dem hintern Ende bei
verschiedenen Schildkröten an verschiedene Körpertheile befestigt. Bei einigen ist er
mit diesem letztern Ende weiter nach aussen, als die vorigen Muskeln, an das Rü-
ckenschild angeheftet, und zwar bei Chelonia an die Fascie, welche zwischen der
Nackenplatte und der zweiten Rippe ausgespannt ist, bei Pentonyx aber, bei dem
die zweite Rippe bis an ihr äusseres Ende beträchtlich breit ist und sich bis dahin
an die Nackenplatte angeschlossen hat, an diese zweite Rippe in der Nähe des vor-
dem Randes jener Platte. Dagegen reicht bei Trionyx, Terrapene, Emys und Te-
studo dieser Muskel gar nicht bis an das Rückenschild hin, sondern ist mit seinem
hintern Ende an den sechsten und siebenten Halswirbel befestigt.
Nach dem Angegebenen verhalten sich also die bis dahin aufgeführten Nacken-
muskeln in Hinsicht ihrer Zahl bei den verschiednen Gattungen der Schildkröten sehr
verschieden, und eben dasselbe gilt auch von ihrer Grösse. Alle aber sind mit ih-
rem hintern Ende, wenn sie damit das Rückenschild erreicht haben, bei erwachsenen
Schildkröten vor der Achse der zweiten Rippe an dieses Schild befestigt,
einige von ihnen sogar nur allein an die Nackenplatte. Bei solchen jungen Schild-
kröten nun, bei welchen die Rippen noch sehr schmal und cylindrisch sind, findet
man die oben beschriebenen Muskeln mit ihrem hintern Ende, je nach ihrer Ver-
schiedenheit, entweder nur an die Nackenplatte befestigt, oder hinter dieser an das
21
162
Unterhaut -Bindegewebe des Rückens, oder noch etwas weiter nach hinten an den
vordem Rand der zweiten Rippe. Da aber die Nackenplatte wohl ohne Zweifel
später, als die genannten Muskeln, entsteht und sich unabhängig von der Wirbel-
säule und den Rippen unter der Haut bildet: so besteht die Abweichung, welche
jene Muskeln von den gleichnamigen der Säugethiere in Hinsicht ihrer Befestigung
darbieten, ursprünglich nur darin, dass die meisten von ihnen [nämlich die unter
Litt, a bis c aufgeführten] an ihrem hintern Ende mit der Hautbedeckung in Ver-
bindung stehen, anstatt dass sie bei den Säugethieren an die obere Seite einiger
Wirbel angeheftet sind. Aber auch bei den erwachsenen Schildkröten ist die Ab-
weichung in der Lage und Befestigung ihrer hintern Theile nicht so bedeutend, wie
sie auf den ersten Anblick zu sein scheint. Diejenigen, welche an die Nackenplatte
angeheftet sind, weichen von den ihnen entsprechenden der Säugethiere nur darin ab,
dass sie mit ihrem hintern Tbeile nicht an die Dornfortsätze einiger Wirbelbeine be-
festigt sind, sondern an einen über ihnen entstandenen Theil des Hautskeletes , der
den Säugethieren fehlt. Was aber die Befestigung einiger dieser Muskeln an die
untere Seite der zweiten Rippe anbelangt, so ist sie der Hauptsache nach durch das
eigenthümliche und auf eine gegenseitige Durchdringung hinzweckende Verhältniss
bedingt, welches zwischen den meisten Rippen und dem Unterhaut-Bindegewebe ein-
tritt, und in Folge dessen bei dem Wachsthum der zweiten Rippe in die Breite der
neue Anwuchs sich immer dicht an dem Unterhaut-Bindegewebe hält und dabei Alles,
was vor ihm liegt, sogar die ganze erste Rippe, zu überwölben strebt. Näher noch
angegeben, findet man die hintern Enden derjenigen Nackenmuskeln, welche bei er-
wachsenen Schildkröten entweder gänzlich oder nur zum Theil an die untere Seite
der zweiten Rippe befestigt sind, anPänglich vor dieser Rippe mit dem Unterhaut-
Bindegewebe in Verbindung. Später bildet sich dann zwischen ihnen und diesem
Gewebe eine von der zweiten Rippe ziu" Nackenplatte gehende Fascie aus, an die
sie nunmehr angeheftet erscheinen. Noch später aber, wenn die Rippen des zwei-
ten Paares bedeutend an Breite zunehmen und dabei, nach vorne über die Rumpf-
höhle hinaus wachsend , sich besonders nach vorne ausdehnen , schneiden sie in jene
Fascien immer mehr ein und spalten sie in ein oberes (nachher vergehendes) und ein
unteres (verbleibendes) Blatt, breiten sich also über die Insertionsstellen der Mus-
keln, die an jene Fascien angeheftet sind, immer weiter nach vorne aus, bis endlich
diese Muskeln mit ihrem einen Ende unter ihnen zu liegen kommen.
e) Musculus latissimus colli, nach Bojanus, oder Stellver-
treter mehrerer Halsmuskeln der Säugethiere, nach Meckel (Tab. VR, Fig. 5, i.).
Es ist dies ein dünner und ziemlich breiter oberflächlicher Muskel, der von un-
163
len her die Luflrölirc und Speiseröhre bedeckt , und dessen Fasern im Allgemeinen
eine quere Richtung haben. Vorne setzt er sich mit 2 Zipfehi an die Schläfen-
beine au, hinten reicht er bis unter das Rückenschild. Seine hintersten Fasern ge-
hen bei den meisten Schildkröten von der Nackenplatte zu dem vordem Theil des
Bauchschildes herab, sind an die innere Seite beider befestigt, und kommen dann ge-
wöhnlich, wie die übrigen Fasern, nur in einer dünnen Lage vor : bei den Trionyx-
Arten aber bilden sie jcderseits ein dickes und überhaupt sehr starkes abgetrenntes
Bündel , das einen besondern senkrecht herabgehenden Muskel darstellt, der schmal an
der Nackenplattc beginnt und gegen das Bauchschild immer breiter wird. Seltner
geht der ganze Muskel hinten in die Aponeurose der Oberarmmuskeln über , und
dies ist der Fall bei den Seeschildkröten, als bei welchen das Bauchschild nicht so
weit, wie bei den übrigen Schildkröten, nach vorne reicht. —
Welchem Muskel der Säugelhiere man den eben beschriebnen auch für gleich-
bedeutend halten will , so wird seine gewöhnliche Verbindung mit der Nackenplatte
und dem Bauchschilde nicht eine wesentliche Abweichung von dem Typus der Säu-
gethierc, namentlich nicht eine theilweise Versetzung in das Innere der Rumpfhöhle
bezeichnen können, da sowohl die Nackenplattc, als auch das Bauchschild dem Haut-
skelete angehört.
f) Musculus latissimus dorst, nach Cuvier, Bojanus und
Meckel. (Tab. III, Fig. 10, h. Tab. IV, Fig. 3.7. Tab. V,
Fig. 1, e. Tab. VII, Fig. 3, d. Fig. 5, h. und Fig. 6, k. k.)
Bei allen Schildkröten steht dieser Muskel dem gleichnamigen der Säugelhiere
an Grösse sehr nach, liegt weit nach vorne, geht von der Innern Fläche des Rücken-
schildes nach unten und vorn zu dem Oberarraknochen , und läuft auf diesem Wege
vor dem Schulterblatte herab. Sein oberes dickeres Ende ist nach Ablauf der Ent-
wickelung angeheftet bei Trionyx nur allein an die Nackenplatte, bei Testudo theils
an diese Platte, theils an die zweite Rippe vor der Achse derselben, bei Emys, Pen-
tonyx und Terrapene nur allein an diesen vordem Theil der zweiten Rippe. Zur
Erklärung der Abweichung also, welche dieser Muskel in der Befestigung seines
obern Endes von dem gleichnamigen Muskel der Säugethiere darbietet, würde sich
für die oben genannten Schildkröten dasselbe anführen lassen, was ich schon in
Betreff derjenigen Nackenmuskeln, welche bei ihnen von dem Rückenschilde abgehen,
angegeben habe. Etwas anders aber verhält sich die Sache bei den erwachsenen
Seeschildkröten. Bei diesen nämlich, wenigstens bei denen aus der Gattung Chelo-
nia, bei welchen der in Rede stehende Muskel eine weit grössere Stärke, als bei
den Land- und Süsswasser- Schildkröten erlangt, ist er mit seinem obern breitern
21 •
164
Ende von unten her nicht blos an die zweite Rippe, sondern auch an die vordere
Hälfte der dritten Rippe [an die vor der Achse dieser Rippe befindliche Hälfte] an-
geheftet. Vergleicht man jedoch dieses sein Verhältniss mit demjenigen, in welchem
sich der Muskel bei andern Schildkröten zu dem Rückenschilde befindet, so darf man
für sehr wahrscheinlich halten, dass er mit seinem obern Ende anfiinglicb auch bei
den Seeschildkröten nicht so weit nach hinten reicht, und dass er nur erst bei zu-
nehmender Stärke sich unter dem Rückenschilde weiter nach hinten ausbreitet. Dass
dem aber wirklich auch so ist, ergiebt die Untersuchung von Seeschildkröten, welche
noch in der Entwickelung begriffen sind. Denn bei dem Embryo von Chelonia Mi-
das und der jungen Sphargis fand ich, dass sein oberes Ende nur an den vordem
Rand der zweiten Rippe und vor dieser an das Unterhaut-Bindegewebe des Rückens
angeheftet war. Bei der jungen Chelonia virgata aber war er zum Theil schon an
die untere Seite der zweiten Rippe befestigt, und bei den Jungen von Chelonia Mi-
das und Chelonia imbricata reichte er zwar schon über die zweite Rippe, die erst
eine geringe Breite hatte, ein wenig hinaus, stand jedoch von der dritten Rippe
noch weit ab. Es lässt sich demnach im Allgemeinen über das abweichende Ver-
halten des M. latissimus dorsi bei den Seeschildkröten Folgendes angeben: Anfangs
ist dieser Muskel an den vordem Rand der zweiten Rippe, die über die erste nach
aussen weit vorspringt, und vor derselben an das UnLerhaut-Bindegewebe angeheftet.
Allmählig aber wächst die zweite Rippe über ihn nach vorne hinüber, und es be-
ginnt zugleich eine gegenseitige Durchdringung dieser Rippe und des sie bedecken-
den Unterhaut- Bindegewebes. Dadurch wird der Muskel an seinem hintern Ende
ausser Verbindung mit dem Unterhaut - Bindegewebe gesetzt. Verlängert er sich
darauf noch weiter nach hinten und nimmt an seinem hintern Ende bedeutend an
Stärke zu, so ist er genöthigt, sich unter der zweiten Rippe und der Fascie, wel-
che dieselbe mit der folgenden Rippe verbindet, auszubreiten.
g. Musculus subclavius, nach Bojanus. (Tab. IV, Fig. 3, b.
Tab. V, Fig. 2, e. Tab. VU, Fig. 3, f. Fig. 5, c. und Fig. 6, c.)
Auch dieser ist bei den Schildkröten ein wahrer Rückenmuskel, in sofern er
der Rückenwand des Rumpfes angehört. Er verläuft dicht an der untern Seite des
Rückenschildes in der Regel quer von aussen nach innen und zugleich, je nach der
Wölbung des Rückens, mehr oder weniger nach oben. Mit seinem äussern Ende
ist er in diesem gewöhnlichen Falle an das Rückenschild, entweder in einiger Ent-
fernung oder ganz in der Nähe von dem äussern Rande desselben , mit seinem In-
nern dünnern Ende aber an das obere Ende des Schulterblattes — welches Knochen-
stück von Bojanus für gleichbedeutend mit dem Schlüsselbeine andrer Thiere ge-
165
halten wurde — angeheftet. Ferner ist er in der Regel viel kleiner , als der M. latissi-
raus dorsi, hinter dem er gelegen ist, doch bei verschiednen Schildkröten von ver-
schiedner Grösse und Form. Bei den Seeschildkröten ist er fast spindelförmig und
von nur geringer Grösse, bei andern Schildkröten im Allgemeinen grösser, platt,
länglich-dreieckig, und mit seiner abgerundeten Basis nach aussen und unten gerich-
tet. Zum Theil je nach der verschiednen Breite dieses seines äussern Endes, theils
auch wegen einer etwas verschiednen Lagerung desselben und der verschiednen
Breite der zweiten Rippe ist er bei verschiednen Schildkröten an verschiedne Theile
des Rückenschildes befestigt. So entspringt er bei Chelonia imbricata dicht hinter
dem äussern Ende der zweiten Rippe von der Fascia costalis, bei Trionyx ferox
von der untern Seile der dünnern Hälfte ebenderselben Rippe, hinter dieser von der
Fascia costalis, und vor ihr von der Nackenplatte, bei Trionyx granosus, bei der
er grösser und schräger gelagert ist, als bei Trionyx ferox, von der zweiten und
dritten Rippe und der zwischen beiden befindlichen Fascie, bei Pentonyx capensis
an der untern Seite der zweiten Rippe von deren Achse bis zum vordem Rande
der dritten Rippe, bei Testudo graeca von der untern Seite der zweiten Rippe und
der dritten Marginalplatte , bei Emys europaea und Emys lutaria von der untern
Seite der zweiten Rippe vor der Achse derselben, bei Terrapene tricarinata und
Platemys Spixii, bei denen ich ihn nächst Pentonyx capensis am breitesten gefunden
habe, von der untern Seite der zweiten und dritten Rippe und den nach aussen von
diesen Rippen gelegnen Marginalplatten. — Eine beachtungswerthe Ausnahme von
der Regel zeigt er in seiner Lagerung bei Emys punctularia. (Tab. Vü, Fig. 3, f.)
Bei dieser Schildkröte nämlich verläuft er nicht quer von aussen nach innen, son-
dern fast parallel der Wirbelsäule und ganz nahe derselben von hinten nach vorne,
so dass er völlig hinter dem Schulterblatte liegt, anstatt dass er sich bei andern
Schildkröten seitwärts von dem Schultcrblatte befindet. Uebrigens ist er hier ungefähr
eben so gross wie bei der Platemys, breiter, als der M. latissimus colli, und unter der
dritten iind zweiten Rippe gelagert. — Dass dieser Muskel wegen seiner Verbin-
dung mit dem obern Ende des Schulterblattes nicht dem M. subclavius andrer Wir-
belthiere gleichbedeutend sein kann, ist schon von Meckel angeführt worden. Aber
auch keinem andern Muskel andrer Wirbelthiere entspricht er nur einigermassen,
wenn man seine Lagerung und die Befestigung seiner beiden Enden berücksichtigt,
und es will mir daher als das Wahrscheinlichste vorkommen, dass er ein ganz ei-
genthümlicher Muskel der Schildkröten ist. Zwar meint Dumeril, dass der in
Rede stehende Muskel wahrscheinlich ein Ueberbleibsel von dem M. serratus anticus
major sei, und dass man dabei nicht vergessen dürfe, dass bei den Schildkröten die
166
Muskeln, wie die Knochen, eine verkehrte Lage haben i). Aber wie es sich hie-
mit auch verhalten mag, so spricht gegen jene Deutung das Lagerungsverhältniss
zwischen dem fraglichen und einem andern Muskel der Schildkröten, den Dumeril
selbst, und das mit Recht, für den M. pectoralis minor ausgegeben hat. Denke man
sich, dass man bei einem Säugethier mit schmalen Schulterblättern jederseits die
Rippen nach innen von den Inserlionslinien des M. serratus anticus major und M.
pectoralis minor durchschnitten, das Brustbein mit den daran hängenden Rippenknor-
peln und Rippenstücken entfernt , den Rumpf von oben und unten stark abgeplattet
und die Schulterblätter, nachdem nur die genannten Muskeln an ihnen gelassen wor-
den wären, so nach vorne, unten und innen gezogen hätte, dass sie mit ihrem obern
Ende unter das Wirbelende der Rippen des ersten Paares zu stehen gekommen wä-
ren, so würden jene Muskeln, falls sie bis auf die Enden aus ihren Verbindungen
gelöst worden wären, und eine hinreichende Dehnbarkeit besässen, zu einander doch
immer noch eine solche Lage haben, dass sich der M. serratus anticus major nach
aussen von dem M. pectoralis minor befinden würde. Bei den Schildkröten hinge-
gen, bei denen der letztere Muskel naturgemäss eine solche Lage hat, wie er sie
bei einem Säugethiere erlangt haben würde, wenn sich das, was ich eben als denk-
bar angegeben habe, ausfuhren liesse, befindet sich der Muskel, den Dumeril für
ein Ueberbleibsel des M. serratus anticus major gehalten hat, nach innen voa dem
M. pectoralis minor. Dieserhalb denn aber und weil auch der fragliche Muskel bei
manchen Schildkröten weit von den äussern Enden der Rippen an diese angeheftet
ist, kann ich Dumeril nicht beipflichten.
C. Muskeln, die an den hintern Theil des Rückenschildes an-
geheftet sind.
a. Die Strecker und einige Seitwärts zte her des Schwanzes.
(Tab. m, Fig. 10, 1. Tab. IV, Fig. 3, 8. Tab. V, Fig 1. und Fig. 2, g.)
sind bei sehr jungen Schildkröten hauptsächlich hinter den Rippen an das Unterhaut-
Bindegewebe des Rückens, manche Fasern der erstem aber an den hintern Rand
des hintersten längern Rippenpaares angeheftet. Bilden sich dann später hinter den
Rippen Ergänzungsplalten des Rückenschildes, wie dies bei fast allen Schildkrölen
geschieht, so kommen die angegebnen Muskeln hauptsächlich mit diesen in Verbindung.
Auch werden sie von dem hintersten längern Rippenpaare, während dasselbe an
Breite zunimmt und über die Rumpfhöhle hinauswächst, etwas, doch im Ganzen nur
sehr wenig überwölbt. Es bieten demnach diese Muskeln in ihrer Lage und Ver-
*) Le9ons d'anat. comp, de G. Cuvier, Tom, I, p. 381.
167
bindung noch wenigfer Auffallendes dar, als manche von denjenigen, welche an den
vordem Theil des Rückenschildes befestigt sind.
b. Musculus glutaeus, nach Bojanus und Meckel. (Tab. VII,
Fig. 5, n. und Fig. 6, o.)
Ein ziemlich starker Muskel geht theils von dem Hüftbein, theils auch von
der untern Seite des Rückenschildes zu dem äussern Trochanter des Oberschenkels.
Selten entspringt er nur allein vom HüRbein, so namentlich bei Terrapene. Sein
von dem Rückenschilde abgehender Theil ist befestigt bei Pentonyx capensis, bei
der er sehr stark ist, in einiger Entfernung von der Wirbelsäule an die sechste
und siebente Rippe, bei Trionyx ferox, Tr. ocellatus und Tr. granosus an die Kör-
per des achten und neunten Rumpfwirbels und die Hälse der von diesen Wirbeln
abgehenden Rippen, bei Chelonia imbricata und Emys punctularia an den neunten
und zehnten Rumpfwirbel und in deren Nähe an die Hälse der von ihnen ausgehen-
den Rippen, bei Emys europaea nahe diesen Wirbeln nur allein an die beiden letz-
ten Rippen. Wahrscheinlich ist er anfangs nach oben nur an das Hüftbein befestigt,
vA'ächst dann aber, indem er dicker wird, von diesem auf die angegebnen Theile
des Rückenscbildes hinüber, und zwar deshalb nicht auf die äussere, sondern auf
die innere Seite derselben, weil die hintern längern Rippen ganz in der Nähe der
Hüftbeine liegen, weil sie ferner sich mit ihrem freien Ende theils sehr nach aussen,
theils auch sehr nach hinten gerichtet haben , und weil sie an ihrer obern Seite
aufs innigste mit dem dichten Unterhaut- Bindegewebe und der Hautbedeckung zu-
sammenhängen, so dass der in Rede stehende Muskel bei seiner Verlängerung weder
zwischen dem Hüftbein und jenen Rippen nach aussen hindurch, noch zwischen jene
Rippen und die Hautbedeckung hineindringen kann.
c. Dicht hinter dem vorigen geht bei Trionyx (Tab. VII, Fig. 5, o) ein kur-
zer dicker Muskel von dem Körper des zehnten Rumpfwirbels und dessen Rippe zu
der vordem Seite des Hüftbeins, das er etwas nach vorne ziehen kann. Bei andern
Schildkröten habe ich diesen Muskel, den ich mit keinem der Säugethiere zu ver-
gleichen weiss, nicht bemerken können.
§. 43. Brustmuskeln sind in 2 Paaren vorhanden.
a. Musculus pectoraiis major, nach der Deutung Cuvier's und
Meckel's.
Es entspringt dieser Muskel mit verschiedenen Bündeln oder Bäuchen theils von der
obern Seite des Bauchschildes, theils von dem Schultergerüste, setzt sich an das Tu-
berculum majus des Oberarmbeins und ist relativ am grössten bei den Seeschildkrö-
ten, immer aber im Verhältniss zu seiner Länge und Breite ansehnlich dick. Seine
168
theihveise Anheftung an die innere Seite des Bauchschildes kann nicht befremden,
da dieses, wie gezeigt worden, zu dem Hautskeiete gehört, nicht aber gleichbedeu-
tend mit dem Brustbein anderer Thiere ist.
b) Musculus pectoralis minor^ nach Dumeril *) [M. serratus
anticus major, nach Bojanus und Meckel]. (Tab. VII, Fig. 5, k.k.
und Fig. 6, 1. 1.)
Dieser bei den Schildkröten immer sehr platte, breite und dünne Muskel ist
völlig unter der vordem Hälfte des Rückenschildes versteckt, verläuft im Allgemei-
nen von dem Seitenrande desselben nach unten und innen zu dem Hakenschlüssel-
bein, also zu demjenigen Theile des Schultergerüstes, welcher dem Processus cora-
coideus des Schidterblattes der Säugethiere entspricht, und ist von unten her zum
Theil durch den vorigen Muskel, über dem er seine Länge hat, bedeckt. Sein obe-
res oder äusseres und breiteres Ende ist in einer ziemlich langen bogenförmigen Li-
nie, die von vorn nach hinten geht, jedenfalls nach aussen von den Rippen, jedoch
ganz in der Nähe derselben, an die Rückenwand des Leibes angeheftet, und zwar
in der Gattung Trionyx an die dicke und feste Schicht des Unterhaut-Bindegewebes
in dem Winkel, den die Bauch- und Rückenseite des Rumpfes bilden, also dicht an
der Hautfalte, welche den Rücken besäumt, bei andern Schildkröten aber nur in frü-
her Jugend in einer gleichen Gegend an das Unterhaut-Bindegewebe, später an einige
knöcherne Marginalplatten des Rückenschildes in einiger Entfernung von dem obern
(oder Innern) Rande derselben. Es beginnt jene Anheflungsliuie gewöhnlich gegen-
über dem äussern Rande der Nackenplatte, seltner ein wenig vor derselben, wie na-
mentlich bei Trionyx ferox, und erstreckt sich von da aus bei verschiednen Schild-
kröten verschiedentlich weit nach hinten, nämlich entweder nur eine massig grosse
Strecke über den vordem Flügel des Bauchschildes hinaus, so z. B. bei Emys eu-
ropaea und E. punctularia, oder bis zu dem hintern Flügel dieses Schildes hin. Von
der erwähnten Anheftungslinie geht dann der Muskel, indem er schmäler wird und
seine hintern Fasern sehr schräge nach vorne verlaufen, nach unten und innen zu
dem Hakenschlüsselbein, und liegt auf diesem Wege nach aussen von der Lunge
seiner Seite dicht an dem Bauchfelle und derjenigen einen Theil des Bauchfells be-
kleidenden, sehr dünnen Muskelschichte, welche man für das Zwerchfell ausgegeben
hat. Je weniger platt und dünne eine Schildkröte ist, um desto mehr hat der in
Rede stehende Muskel eine Richtung von oben nach unten, und desto weniger von
aussen nach innen: auch liegt er dann um desto mehr seitwärts und desto we-
') Le(ODs d'aaatomie comparee de G. Cuvier. Secoud edition, T. I, p. 380.
169
nigcr nach unten von dem Bauchfelle. Haben dabei die Marginalplatten , an die er
angeheftet ist, eine beträchllichc Breite und eine starke Neigung nach unten, wie ins-
besondre in der Gattung Testudo und Tcrrapene, so läuft der Muskel an ihnen erst
eine Strecke herab , ehe er sich nach innen wendet. Dagegen verläuft er bei den
sehr abgeplatteten und dünnen Schildkröten aus der Gattung Trionyx nur sehr we-
nig nach unten, sondern vorzüglich nach innen, und liegt bei ihnen mit seiner hin.
lern grössern Hälfte ganz unterhalb des Bauchfells. Auch ist er bei den letztern
von seiner breitern äussern Insertionslinie aus , und das eben wegen seiner starken
Richtung nach innen , in einer massig grossen Strecke mit seiner einen Fläche an
die Rippen und die Fascia costalis angeheftet, ehe er sich nach unten wendet und
zu dem Bauchfell gelangt. Bei solchen Schildkröten aber, welche sehr stark ge-
wölbt und mit stai'k nach unten gerichteten Marginalplatten versehen sind, ist er nir-
gend mit seiner einen Fläche an die Rippen herangezogen und an sie durch Zell-
gewebe befestigt. Mit dem M. serratus anticus major der Säugethiere und anderer
Wirbelthiere hat dieser Muskel nur darin eine Aehnlichkeit, dass er breit und platt
ist , und dass er zu dem Schultergerüste hingeht : aber in seinem Ursprünge , Ver-
laufe und Lager ungsverhältniss, wie auch in Hinsicht der Stelle, wo er sich an das
Schultergerüste anheftet, ist er jenem Muskel durchaus unähnlich. Dagegen ist er,
wie der Muse, pectoralis minor andrer Wirbelthiere, mit dem einen Ende an die
Wandung der Rumpfliöhle, mit dem andern an das Hakenschlüsselbein (den Stell-
vertreter des Processus coracoideus) angeheftet, und ich glaube deshalb mit Dume-
ril, dass dieser Muskel ein dem M. pectoralis minor der höhern Thiere entspre-
chender ist. In Hinsicht der Richtung und Lagerung verhält er sich allerdings ganz
anders, als der M. pectoralis minor bei dem Menschen und überhaupt den wenigen
Säugethieren, die ihn besitzen. Denn erstens verläuft er von den Rippen aus nicht
schräge nach vorn, oben und aussen, wie bei den Säugethieren , sondern umgekehrt
schräge nach vorn, unten und innen, so dass er ganz verdreht zu sein scheint, und
zweitens liegt er mit seiner einen Seite nicht, wie bei den Säugethieren und Sau-
riern, den Rippen, sondern dem Bauchfell an. Allein
1) nicht jedenfalls hat bei andern Wirbelthieren der kleine Brustmuskel eine
Richtung von hinten und unten nach vorn und oben, sondern bei den Sauriern mit-
unter eine ziemlich gerade von hinten nach vorn, und zwar in dem Fall, dass das
Hakenschlüsselbein entweder eine beinahe horizontale Lage hat, oder nur sehr kurz
ist, also die vordre Anheftungsstelle des Muskels weit nach unten liegt, wie nament-
lich bei den Krokodilen und in der Gattung Scincus. Wenn nun aber die Richtung
dieses Muskels in einer senkrechten , von hinten nach vorn gehenden Ebne bei den
22
170
Säugethieren und Sauriern eine sehr verschiedne ist, so darf man wohl annehmen,
dass die von hinten und oben nach vorn und unten gehende Richtung, die er bei
den Schildkröten bemerken lässt, nur einen noch höhern Grad der Abweichung von
seiner bei den Säugethieren vorkommenden Richtung bezeichnet, als schon bei man-
chen Sauriern angetroffen wird '). Was hingegen bei den Schildkröten die Rich-
tujig dieses Muskels von oben und aussen nach unten und innen anbelangt, so lässt
sich diese aus der nur schwachen Krümmung und der beträchtlichen Länge der Rip-
pen erklären, neben deren äussern Enden der Muskel an die Rumpfwandung befe-
stigt ist.
2) Dass bei den Schildkröten der kleine Brustmuskel nicht der äussern Seite
der Rippen, sondern dem Bauchfell anliegt, hat seinen Grund einfach darin, dass bei
ihnen nebst dem Brustbein auch solche Theile fehlen, welche den Rippenknorpeln
oder Sternalrippen andrer Thiere entsprächen, der in Rede stehende Muskel aber,
um von den Rippenenden zu dem Hakenschlüsselbein zu gelangen, von hinten und
oben nach vorn und unten seinen Verlauf macht.
Gesehen auf die individuelle Entwickelung der Schildkröten , so kommen die
Abweichungen , die bei ihnen der M. pectoralis minor von den bei andern Thieren
wahrnehmbaren Lagerungsverhältnissen darbietet, folgendermassen zu Stande. Zu
einer Zeit, da der Embryo in seiner ganzen Gestalt noch dem Embryo eines Säu-
gethieres oder einer Eidechse ähnlich ist und alle seine Rippen noch sehr kurz sind,
bildet sich dieser Muskel zwischen den Enden der Rippen, die nie mit einem Brust-
bein in Verbindung kommen, und dem sich tief nach unten lagernden Hakenschlüs-
selbein, anstatt dass bei den Säugethieren und Sauriern, wenn sich bei ihnen der
M. pectoralis minor zu bilden beginnt, sein eines Ende auf den Rippen entsteht.
Wenn nachher aber der Rumpf der Schildkröten sich abplattet und die Rippen sich
nach aussen richten, auch beinahe alle Rippen bedeutend an Länge zunehmen und
dabei diejenigen, welchen der erwähnte Muskel zunächst gelegen ist, mit Ausnahme
der vordersten, über die Rumpfliöhle und die Schulterblätter mehr oder weniger hin-
auswachsen, wird der ihnen zunächst gelegne oder obere Theil des Muskels dadurch
genöthigt, sich ebenfalls nach aussen zu richten, und sich endlich bei einigen Schild-
kröten zum Theil sogar der untern Seite jener Rippen anzuschmiegen. Noch bei
') Auch bei den ungescbwäazlea Batrachiern hat derjenige Muskel, welchen Meckel für den M. pe-
ctoralis minor angesehen hat, eine Richtung von oben und hinten nach unten und vorn. Jedoch kann ich
diese Deutung des Muskels nicht für richtig halten, da derselbe nicht mit dem das Hakenschlüsselbein vor-
stellenden Knochenstücke, sondern mit der untern Hälfte des Schulterblattkörpers in Verbindung steht.
Mit Cuvier halte ich dafür, dass bei den schwanzlosen Batrachiern der kleine Brustmuskel fehlt.
171
solchen Jiuig^en von Chelonia imbricata und Chelonia Midas, bei welchen die längern
Rippen an ihrem Ende noch ziemlich stark nach unten gekrümmt waren, lag der
Muskel mit keinen seiner Theile den Rippen an, sondern ging vom Rückenschilde
geradesweges nach unten und innen: bei einer halberwachsenen Chelonia imbricata
aber, bei der die lungern Rippen an ihren dünnern Hälften ein wenig aufgebogen
waren, so dass ihr Rücken einigermassen eine Aehnlichkeit mit einem chinesischen
Dache hatte, wai' der Muskel nahe seiner obern Insertionslinie in einer massig gros-
sen Strecke durch ein lockeres Zellgewebe, das sich in einer massig dicken Schichte
zwischen ihm, den Rippen und der Fascia costalis abgelagert hatte, an diese Körper-
theile angeheftet, so dass er erst in einiger Entfernung von seiner Insertionslinie von
dem Rückenschilde nach unten abgehen konnte.
§. 44. Bauchmuskeln kommen bei den Schildkröten nur in 4 Paaren vor,
und diese hat man den M. M. quadrati lumborum, obliqui interni, transversi und
recti abdominis der böbern Thiere für gleichbedeutend gehalten. Muskeln, welche
den M. M. obliqui externi abdominis der Säugelhiere entsprächen, fehlen.
a) Musculus quadratus lumborum, nach Meckel's Deutung.
(Tab. IV, Fig. 4, h. Tab. V, Fig. 1, m. m. Tab. VE, Fig. 5,
d. und Fig. 6, e. )
Dieser platte, an dem einen Ende breite und abgerundete, an dem andern Ende
schmale Muskel, durch den das Becken etwas nach vorn gezogen werden kann, liegt
immer dicht unter der hintern Hälfte des Rückens ausserhalb des Bauchfelles, und ist
mit seiner einen ganzen Fläche dicht an die untere Seite einiger Rippen angeheftet.
Seine Richtung ist mehr oder weniger schräge von vorn und aussen nach hinten
und innen gegen das Hüftbein, an dessen oberer Hälfte sein dünneres Ende, das ent-
weder nur sehnig, oder zum Theil auch fleischig ist, befestigt gefunden wird. Am
meisten schräge von aussen nach innen verläuft er bei den sehr platten und breiten
Schildkröten der Gattung Trionyx, nur wenig schräge dagegen bei denen der Gat-
tung Chelonia. Auch liegt er bei den erstem fast nach seiner ganzen Länge weit
von der Wirbelsäule entfernt, indess er sich bei manchen Schildkröten der Wirbel-
säule sehr nahe befindet und bei Emys punctularia sie sogar nach seiner ganzen
Länge beinahe berührt. Gleichfalls verhält er sich in Hinsicht der Grösse bei den
verschiednen Gattungen der Schildkröten sehr verschieden.- Am grössten, besonders
am längsten fand ich ihn bei den Trionyx-Art«n (Tab. VH, Fig. 5, d.), bei denen
er unter der dünnern Hälfte der fünften Rippe beginnt, und mit einem grossen Theile
seines äussern Randes bis dicht an die Hautfalte hinreicht, welche den Rücken rings-
22*
172
um besäumt i). Weit kürzer ist er in den Gattungen Chelonia, Emys, Platemys
und Terrapene (Tai. VII, Fig. 6, e.), in denen allen er nach vorne nur bis un-
ter die siebente Rippe reicht. Am kürzesten aber und überhaupt nur von geringer
Grösse fand ich ihn in den Gattungen Pentonyx und Testudo, in denen er haupt-
sächlich von der neunten und nur mit wenigen Fasern auch von der achten Rippe
entspringt. — Mit dem M. quadratus lumborum der Säugethiere hat der beschriebne
Muskel darin allerdings eine Aehnlichkeit, dass er sehr platt ist und einerseits mit dem
Hüftbein, andrerseits mit den Rippen in Verbindung steht: dagegen weicht er von
ihm in sofern bedeutend ab, als er seiner ganzen Länge nach unter den Rippen ver-
läuft. Aber einestheils vertreten bei den Schildkröten einige der hintersten Rippen,
wie es allen Anschein hat, die bei vielen Säugethieren an den Lendenwirbeln vor-
kommenden Querfortsätze, und anderntheils findet man bei solchen Sauriern, welche
an mehrern zunächst vor dem Kreuzbein liegenden Wirbeln massig lange Querfort-
sätze besitzen, dass bei ihnen ein platter Muskel, der zum Theil, wie bei den Säu-
gethieren, unter diesen Fortsätzen liegt, auch hinten an das Hüftbein angeheftet ist,
und offenbar den M. quadratus lumborum vorstellt, nach vorne unter die Rippen
geht und sich bei vielen von diesen Thieren (z. B. bei Lacerta agilis, Lac. ocellata,
Polychrus marmoratus und den Scinci) sogar bis zu dem vordem Theile des Rum-
pfes erstreckt 2).
b. Musculus transversus abdominis. (Tab. IV, Fig. 4, g.
Tab. V, Fig. 1, k. k. und Tab. VH, Fig. 5, 1. 1. und Fig. 6, m.)
Er entspringt von der innern Fläche des Rückenschildes, von dem seine Fasern
in einer langgestreckten krummen Linie abgehen, deren Convexität in der Regel nach
vorn und innen (gegen die Wirbelsäule) gekehrt ist. Es beginnt diese Insertions-
linie in der Nähe des äussern Randes des Rückenschildes vor dem hintern Flügel
des Bauchschildes, und läuft von da aus zuvörderst in einen schwachen Bogen nach
innen. Dieser ihr Theil liegt bei Emys europaea, Terrapene tricarinata und Pen-
tonyx capensis unter der fünften, bei Emys punctularia, Testudo graeca, Testudo
^) Man hat angegeben, dass namentlich Trionyx ferox den breiten Hautsaum seines Rückenschildes
wiUkührlich, wie eine Flosse, bewegen kann. Ist dies der Fall, so geschieht es durch die Wirkung des
oben beschriebnen Muskels, da die Rippen, an welche er angeheftet ist, in ihrer mit ihm fest veibundnen
dünnem Hälfte etwas biegsam sind.
^) Unter den Rippen ist dieser bei den Sauriern meistens nur schmale, aber lange Muskel zwar viel-
fach unterbrochen, indem seine Fasern, wie die eines M. iutercostalis, von einer Rippe zur andern herüber-
gehen: aber auch in seinem hintern, unter den Querforlsälzen (oder bei Lacerta ocellata unter den hinter-
sten sehr kurzen Rippen) gelegnen Theile beBnden sich Unterbrechungen , nur sind diese hier durch In-
scripliones tendineae hervorgebracht, die von den einzelnen Querfortsätzen in die Muskelmasse eindringen.
173
mauritanica und verschiednen Arten von Chelonia unter der sechsten Rippe. In ei-
niger Entfernung von dem Halse der bczciclineten Rippen biegt sich darauf die Linie
in einem stärkern Bogen nach hinten um, und verläuft nun an dem innern Rande
des M. quadratus lumborum schräge nach hinten und innen bis unter die letzte
Rippe, oder doch bis in die Nähe derselben, so dass sie mit ihrem hintersten Theile
der Wirbelsäule sehr nahe liegt. Eine Ausnahme von der angegebnen Regel macht
die erwähnte Linie in Hinsicht ihrer Länge und ihres Verlaufes in der Gattung
Trionyx. (Tab. VE, Fig. 5, 1. 1.) Sie beginnt hier an der dritten Rippe, wo bei
erwachsenen Exemplaren die breitere Hälfte dieser Rippe in die schmälere übergeht,
verläuft von da in einem massig starken Bogen, dessen Convexität nach aussen ge-
richtet ist, an der untern Seite der folgenden Rippen — und zwar, je nach diesen
verschiednen Rippen, in einer grössern oder geringern Entfernung von den äussern
Enden derselben — , nach hinten, liegt aber mit ihrer hintern Hälfte wieder, wie
bei andern Schildkröten, hart am innern Rande des M. quadratus lumborum. Ob-
gleich indess die hintere Hälfte dieser Linie in Hinsicht ihrer Lage neben dem M.
quadratus lumborum sich eben so verhält, wie bei andern Schildkröten, weicht sie
doch dadurch von der Regel ab, dass sie ebenso, wie jener Lendenmuskel, nicht in
der Nähe der Wirbelsäule, sondern in beträchtlicher Entfernung von derselben liegt.
Vielleicht ist übrigens das letztere Verhältniss theils von der grossen Breite abhän-
gig, die der Rumpf in der Gattung Trionyx erlangt, theils auch mag es in einer
Beziehung zu der eigenthümlichen und grossen Ausbreitung stehen, die in dieser
Gattung der Musculus retractor colli et capitis erlangt bat i). — Von der ange-
gebnen Insertionslinie aus laufen bei den Schildkröten im Allgemeinen die Fasern
des Muskels unter dem Rückenschilde schräge nach aussen und hinten, bedecken
von unten den M. quadratus lumborum, und gehen in eine dünne Aponeurose über.
Diese liegt ebenfalls, wie jene Fasern, dem Bauchfell dicht an, umfasst die in der hin-
') Der Muskel, durch welchen bei den meisten Schildkrölen der Hals und Kopf zwischen die beiden
Schilder gezogen werden können, bietet, je nach den Gattungen dieser Thiere, in Hinsicht seiner Länge
und Anheftung sehr grosse Verschiedenheiten dar. Am kürzesten ist er bei den Seeschildkröten, bei denen
der Hals gar nicht eingezogen werden kann, reicht bei ihnen nur bis zu dem vierten Rumpfwirbel hin,
wird nach hinten immer dünner, and ist mit seinem hintern Theile an den Körper des genannten Wirbels
und die zunächst vor ihm gelegnen Wirbel angeheftet. (Tab. VH, Fig. 6, b. b.) In der Regel aber reicht er
bis auf die Kreuzbeinwirbel, und ist an diese und mehrere andre Rumpfwirbel befestigt. Bei den Schild-
kröten der Gattung Triony.x (auch bei Trionyx granosus) erstreckt er sich sogar bis auf die vordem Wir-
bel des Schwanzes, weicht aber bei ihnen von dem entsprechenden Muskel aller übrigen bisher zerglieder-
ten Schildkröten besonders dadurch bedeutend ab, dass er etwas hinler der Mitte des Rumpfes nach jeder
Seite zwei starke und immer breiter werdende Bündel von Fasern absendet, die zwischen dem M. quadra-
tus lumborum und dem Rückenschilde hindurchgehen, und bis an das äussere Ende der hlDtern längern
Rippen ihren Verlauf machen. (Tab. VlI, Fig. 5, b. b.)
174
lern Hälfte des Rumpfes gelegenen Eingeweide seitwärts und von unten, und geht
zuletzt in der Mittellinie der Bauchwand in die Aponeurose des gleichen Muskels
der andern Seitenhälfte über, indess sie nach hinten sich an das Schamhein anheftet.
— Der beschriehne Muskel ist in der That gleichbedeutend dem M. transversus ab-
dominis höherer Thiere, der selbst bei den Säugethieren von der Innern Fläche ei-
niger Rippen, wenn gleich nur von dem knorplig bleibenden Theile derselben ent-
springt, bei den Sauriern aber grösstentheils von dem verknöcherten Theile der
Rippen abgeht, und bei ihnen von den Rippen überhaupt um Vieles näher der Wir-
belsäule, als bei den Säugethieren, entspringt. Beachtungswerth ist dabei jedoch
der Umstand, dass bei den Schildkrölen dieser Muskel an dem innern, hingegen bei
den Säugethieren, und eben so auch bei den Sauriern, an dem äussern Rande des
M. quadratus lumborum von der Rückenwand des Leibes abgeht. Wie aber dieses
abweichende Verhältniss bei den Schildkröten erklärt werden dürfte,^ lässt sich mei-
nes Erachtens aus dem Körperbau der Saurier entnehmen. Bei vielen von diesen
Thieren nämlich, z. B. bei denen der Gattungen Lacerta, Ameiva, Polychrus und
Scincus, findet man eine besondre dünne Schichte von Muskelfasern, die am innern
Rande des M. quadratus lumborum von der Wirbelsäule entspringen, schräge nach
aussen und vorne laufen, den M. quadratus lumborum von unten bedecken, und am
äussern Rande desselben Muskels an die Rippen genau da übergehen, wo von die-
seo die Fasern des M. transversus ahdominis entspringen. Bei einer oberflächlichen
Ansicht, zumal wenn nicht das Bauchfell entfernt worden ist, kann es sogar zu-
weilen scheinen, als seien die Fasern des letztern Muskels nur Verlängerungen der
Fasern jenes erstem, der zum Anziehen der Rippen nach hinten und innen bestimmt
ist, durch Verengerung der Rumpfhöhle, wie der M. transversus abdominis, die
Ausathmung bewirken hilft, und den M. quadratus lumborum mehr oder weniger
weit nach hinten bedeckt. Diese angegebnen Verhältnisse nun aber dürften wohl
mit vieler Wahrscheinlichkeit annehmen lassen , dass der M. transversus abdominis
der Schildkröten den gleichnamigen und den zuletzt beschriebnen Rippenmuskel vie-
ler Saurier in sich vereinigt, und dass darin eben die Abweichung in seinem Ur-
sprünge von dem Rücken ihren Grund hat.
Dass übrigens der M. transversus abdominis der Wirbelthiere im Allgemeinen
mit demjenigen seiner Theile, welcher mit den Rippen in Verbindung steht, auf die
innere, wie der M. ohliquus externus abdominis mit dem gleichen Theile auf die
äussere Seite der Rippen angewiesen ist, sieht man besonders bei den Sauriern, in-
dem bei vielen von ihnen jener erstere Muskel so ziemlich bis an das vordere Ende
des Rumpfes reicht, seine vordere Hälfte also ganz im Innern des Brustkorbes liegt.
175
c. Mus etil US obh'quus internus abdomints. (Tab. IV, Fig.
4, i. Tab. V, Fig. 1, I. und Tab. VII, Fig. 5, m. m. und Fig. 6, n.)
Es reicbt derselbe von hinten nach vorne nicbt so weit, als der vorige. Seine
Fasern entspringen in einer bogenförmigen Linie, die nach aussen von dem M. qua-
dratus lumborum in dem Winkel gelegen ist, welchen das Rückenschild mit den
Seitentheilen des Rumpfes und dem Bauchschilde bildet. Es beginnt diese Linie am
hintern Rande des hintern Flügels des Bauchschildes, wenn der erwähnte Flügel das
Rückenschild erreicht, und liegt mit ihrem vordersten Theile gewöhnlich neben dem
äussern Ende der sechsten Rippe, bei Testudo graeca aber neben dem der siebenten
Rippe. Von da aus zieht sie sich an einigen Marginalplatten, falls dergleichen vor-
kommen, nach hinten bin, und endet in der Nähe der Schwanzwurzel hinter dem
Hüftbein. Von der angegebnen Linie aus laufen die Fasern des Muskels nach un-
ten und innen, convergiren massig stark, und setzen im Allgemeinen einen nur we-
nig breiten bogenförmigen Streifen zusammen, dessen unterer innerer Rand in eine
Aponeurose übergeht, die alsbald der Aponeurose des vorigen Muskels nahe kommt
und mit derselben bald verschmilzt. Einige von den vordersten Fasern aber gehen
nach unten auf den mittlem [gewöhnlich geschlossnen und tafelförmigen] Tbeil des
Bauchschildes, einige der hintersten auf das Schambein über. — Von dem M. ob-
liquus internus abdominis der Säugethiere, dem er gleichbedeutend ist, weicht dieser
Muskel wesentlich nur darin ab, dass sein oberer Rand nicht in eine Fascia lumbo-
dorsalis übergebt, da eine solche fehlt, sondern mit dfer Hautbedeckung oder mebrern
Knochenstücken, die dem Hautskelete angehören, in Verbindung steht. Dies Ver-
hältniss aber ist zu erklären aus dem Umstände, dass bei den Schildkröten die Kör-
per der längern Rippen und die Hautbedeckung allenthalben in die innigste Verbin-
dung kommen müssen, und dass sieb, um eine solche Verbindung zu vermitteln, schon
frühe zwischen dem schiefen Bauchmuskel und denjenigen Rückenmuskeln, welche
an der obern Seite des Rumpfes ihre Lage haben, ein sehr dichtes Unterhaut-Binde-
gewebe ausbildet und sie von einander vollständig scheidet,
d. Musculus rectus abdominis.
Er besteht aus 2 Hälften, deren eine von dem Schambein nach vorne, die
andre von demselben Körpertbeile nach hinten geht. Die letztere ist nur den Schild-
kröten eigenthümlich, die erstere entspricht dem geraden Bauchmuskel der Säuge-
thiere, ist aber verhältnissmässig breiter und kürzer. Die vordere Hälfte liegt un-
ter der gemeinschaftlichen Aponeurose der beiden vorigen Muskeln , ist aber von
unten her durch keine Aponeurose bedeckt, was sieb vielleicht aus dem Mangel ei-
nes M. obliquus externus erklären lässt, sondern liegt mit ihrer untern Seite, wie
176
der M. pectoralis major, an den sie angrenzt, platt auf dem Bauchschilde, und ist
entweder nur allein mit diesem, oder ausserdem noch, wenn nämlich das Bauchschild
in der Mitte nicht geschlossen ist, durch Verraittelung des Unterhaut -Bindegewebes
mit der Haulbedeckung verwachsen. Die hintere Hälfte liegt zwischen Becken und
Bauchschild, und ist ebenfalls an das letztere fest angeheftet. Ganz anders also ist das
Lagerungsverhältniss des geraden Bauchmuskels zu dem Bauchschilde, als bei den
Säugethieren zu dem Brustbein. Wie aber schon ausRihrlich aus einander gesetzt
worden, hat jenes Schild mit dem Brustbein andrer Thiere Nichts gemein, und es
kann daher bei den Schildkröten die Lage der geraden Muskeln des Bauches, wie
überhaupt die Lage ihrer Bauchmuskeln auf einem Theile des Skeletes, von dem
bei den Säugethieren, Vögeln und übrigen Amphibien Nichts Aehnliches vorkömmt,
auch nichts dem allgemeinen Bildungstypus dieser Thiere Widersprechendes enthalten.
§. 45. Die M. M. transversi und obliqui abdominis sind bei den Schildkröten,
wie bei den höhern Thieren, Athmungsmuskeln und bewirken, indem sie die Rurapf-
höhle verengern, die Exspiration. Ausser ihnen aber kommen bei den Schildkröten
zu eben demselben Behufe noch zwei andre Muskeln vor, die Bojanus und Meckel
für Repräsentanten des Zwerchfells ausgegeben haben. Diese letztern bestehen
in 2 dünnen, auf beide Seitenhälften des Körpers vertheilten, und einander symme-
trischen Schichten von Muskelfasern , von denen jede in der vordem Hälfte der
RumpfTiöhle, theils von der Wirbelsäule, theils in deren Nähe von dem Körper einer
oder zweier Rippen entspringt,* von da zwischen dem Rückenschilde und der Lunge
ihrer Seitenhälfle nach aussen und unten verläuft, und auf diesem Wege in eine
Aponeurose übergeht, die sich unter der Lunge um das Bauchfell herumschlägt und
an dem Herzbeutel endigt. Contrahiren sich diese Muskelschichten, so müssen sie
die Lungen etwas zusammendrücken, also die Ausathmung bewirken helfen, mithin
das Gegentheil von dem zuwege bringen, was bei den Säugethieren das Zwerchfell
bewirkt, wenn sich seine Muskelfasern verkürzen. Dieserhalb aber können die er-
wähnten Muskelschichten der Schildkröten auch nicht mit Recht für gleichbedeutend
mit dem Zwerchfell der Säugethiere ausgegeben werden. Vielmehr sind sie den Schild-
kröten ganz eigenthümlich, und es kommt von ihnen, wenn man nämlich ihr Lage-
rungsverhältniss zu den Lungen berücksichtigt, bei andern Wirbellhieren nichts Aehn-
liches vor. Nimmt man hingegen nur auf ihre Verbindung mit dem Bauchfell und
ihre Wirkung Rücksicht, so würden sie sich mit den Peritonealmuskeln der Kroko-
dile vergleichen lassen.
177
Viertes Kapitel.
Allgemeinere Bemerkungen über die Zusammensetzung der Rumpfwandung
und die Lagerung des Schulter- und BeckengerUstes.
§. 46. Wie aus den beiden ersten Kupfertafeln dieser Schrift ersehen werden
kann, haben die Schildkröten zu einer gewissen Zeit des Fruchtlebens, wenn bei ih-
nen noch keine Rippen entstanden sind, eine aulfallend grosse Aehnlichkeit mit sehr
jungen Embryonen von Eidechsen und Säugethieren. Insbesondre ist ihr Rumpf dann
eben so wenig, als bei jenen, von oben und unten abgeplattet, noch im Verhältniss
zu seiner Länge gar besonders breit. Auch geht bei ihnen dann der RUckentheil
des Rumpfes ganz unmerklich, also weder mit einer Kante, noch mit einem solchen
saumartigen Vorsprunge, wie es bei den erwachsenen Schildkröten der Fall ist, in
den Nacken, die Seitentheile des Rumpfes und den Schwanz über. Von diesen jun-
gen Embryonen nun ausgehend und die Ergebnisse benutzend , die ich bei den Un-
tersuchungen noch andrer in der Entvvickelung begriffener Schildkröten erhalten habe,
will ich jetzt eine Uebersicht davon geben, wie sich bei den Schildkröten überhaupt
einestheils die Entwickelung ihrer Rumpfwandung verhält, andernlheils die sonderbare
Lagerung einiger Abschnitte ihrer Bewegungswerkzeuge zu Stande kommt.
§. 47. Nachdem bei den Embryonen die Gliedmassen in ihrer Entwickelung
schon einige Fortschritte gemacht haben, plattet sich der Rumpf von der Rücken-
seite und der Bauchseite, je nach den verschiednen Arten der Schildkröten, mehr
oder weniger ab, und es wachsen aus allen 12 oder 13 Wirbeln des Rumpfes zwei
seitliche Fortsätze hervor. Die 2 oder 3 hintersten Paare dieser seitlichen Aus-
strahlungen werden zu den Querfortsätzen der Kreuzbeinwirbel, die übrigen führen
nach erlangter Ausbildung den Namen von Rippen. Von den letztern aber nehmen
die meisten, nämlich die 8 mittlem Paare, in kurzer Zeit ansehnlich an Länge zu,
krümmen sich dabei in Uebereinstimmung mit der Abplattung des Rumpfes nur we-
nig, und richten sich mit ihren Enden mehr nach aussen, als nach unten hin. So
geschieht es denn, dass bei dem raschen und bedeutenden Wachstbum dieser Rippen
in die Länge die Wandung des Rumpfes jederseits da, wo sich die nach aussen ge-
richteten Enden der Rippen befinden, stark hervorgetrieben wird, der Rumpf also
von den Vorderbeinen bis zu den Hinterbeinen, von denen die erstem an dem vor-
dem, die letztern an dem hintern Ende desselben liegen, eine erhebliche Breite er-
23
178
hält. Merkwürdig und den Schildkröten eigenthümlich ist dabei noch der Umstand,
dass von denjenigen Rippen, welche sich vor den übrigen durch ihr Wachsthum in
die Länge auszeichnen, sich die beiden hintersten Paare, also das neunte und achte
Paar der Rippen überhaupt, stark nach hinten richten, hingegen die des zweiten
Paares bei manchen, wenn auch nicht bei allen Schildkröten eine ziemlich stark«
Richtung nach vorn annehmen. Demnächst schlägt die Hautbedeckung jederseits, wo
sich in der Rumpfvvandung die äussern Enden der stärker verlängerten Rippen befin-
den, eine Längsfalte. Diese aber setzt sich, indem sie sich an beiden Enden noch
weiter verlängert, vorne über die Vorderbeine hinweg nach dem Nacken, hinten
über die Hinterbeine hinweg nach dem Sehwanze fort, bis endlich beide Falten über
dem Nacken und der Schwanzwurzel zusammenstossen , in einander übergehen und
eine einzige ringPörmige Falte zusammensetzen , die nun den Rücken von den bei-
den Seiten des Rumpfes abgrenzt. Bei manchen Schildkröten, wie namentlich bei
den Seeschildkröten , nimmt diese Falte im Laufe der Entwickelung nur massig an
Breite zu, bei andern dagegen, besonders bei einigen aus der Gattung Trionyx, sehr
bedeutend, zumal in ihrem hintern oder über dem Schwänze liegenden Theile. Wohl
jedenfalls aber wachsen die längern Rippen über die Rumpfhöhle hinaus und in die
erwälinte Falte hinein. Die meisten von ihnen gehen freilich nur sehr wenig über
die Rumpfhöhle hinaus, einige Paare aber, insbesondre das zweite, achte und neunte,
recht bedeutend. (Tab. VH, Fig. 4 und 5.)
Weit später, als die so eben angegebne Hautfalte entstanden ist, nämlich erst,
nachdem der Embryo das Ei verlassen hat, nehmen diejenigen Rippen, welche sich
schon früher durch ihre Länge auszeichneten, aber bis dahin säramllich oder fast
sämmllich eine Cylinderform hatten, auch auffallend an Breite zu. Und dieses ihr
Wachsthum in die Breite geht von der Grenze aus, wo ihr Hals und Körper zu-
sammenstossen, schreitet von da mehr oder weniger weit gegen ihr äusseres Ende
fort, und ist so bedeutend, dass jederseits die Körper aller dieser Rippen bei einem
gänzlichen Mangel von Intercostalmuskeln entweder ihrer ganzen Länge nach , oder
doch in ihrer grössern Hälfte, zu einer gegenseitigen Berührung und Verbindung
gelangen , die Intercostalnerven aber und einige GePässe des Rumpfes , die ursprüng-
lich zwischen ihnen lagen, unter ihnen zu liegen kommen. Dagegen bleiben die
Rippen des vordersten und des hintersten Paares nicht blos in ihrem Wachsthum in
die Länge hinter den übrigen sehr zurück, sondern bleiben auch für immer nur sehr
schmal und dünn. Zudem kommen diese Rippen wegen ihrer geringen Vergrösse-
nmg mit den benachbarten in ganz andre Verbindungen, als die zwischen ihnen lie-
genden unter einander: denn indem die mittlem bedeutend an Breite zunehmen,
179
wächst von diesen die zweite über die vorderste, und die vorletzte über die hin-
terste so hinüber, dass sie dieselben von oben mehr oder weniger vollständig be-
decken.
Um die Zeit, da die acht mittlem Rippen einer jeden Seitenhälfte anfangen,
sich in die Breite auszudehnen, oder auch schon ein wenig früher, beginnt eine jede
von ihnen in der Nähe der Wirbelsäule nach oben einen Ast auszusenden, der dann,
an Länge langsam zunehmend, über die wenigen und nur dünnen Muskeln, welche
an der obern Seite des Rumpfes nach der Länge desselben verlaufen — namentlich
über die beiden auf den Rippcnhälsen verlaufenden Musculi sacrospinales — herüber-
wächst, sich mit dem Dornfortsatze des Wirbels, zu welchem die Rippe gehört, ver-
bindet, und endlich eine eben so grosse Breite erhält, wie der Körper seiner Rippe
selbst. Dornfortsätze entstehen schon während des Fruchtlebens auf dem Bogen des
zweiten bis achten Rumpfwirbels. Sie erlangen aber eine nur geringe Höhe, wach-
sen dagegen , nachdem sie zu verknöchern angefangen haben , wider die Regel, die
für die Wirbelthiere im Allgemeinen gilt, so in die Breite, dass sie zuletzt eine
Reihe horizontaler und ziemlich grosser Tafeln darstellen.
Indem die Körper der acht mittlem Rippenpaare, die von ihnen ausgesendeten
und nur den Schildkröten eigenthümlichen Aeste oder obern Schenkel, und die Dorn-
fortsätze derjenigen Wirbel, zu welchen jene Rippenpaare gehören, sich immer mehr
in die Breite ausdehnen, bis endlich ihre einander zugekehrten Ränder sich berühren
und an einander legen, wird von allen so eben genannten Theilen des Innern Ske-
letes eine aus vielen Stücken zusammengesetzte Knochentafel gebildet, welche die
Eingeweide des Rumpfes wie ein Schild von oben bedeckt. Um aber dieses schon
ansehnlich grosse Schild noch zu vergrössern und zu ergänzen, schliessen sich an
dasselbe noch andre im Umkreise von ihm erscheinende Knocbenplatten an, die am
Rücken ganz unabhängig von der Wirbelsäule und deren Ausstrahlungen in einer
Schichte sehr dichten und festen Unterhaut-Bindegewebes entstehen, und deshalb dem
äussern Skelete, oder dem sogenannten Hautskelete der Thiere beigezählt werden
müssen. Ihre Zahl ist verschieden bei den verschiednen Arten der Schildkröten.
Nur eine einzige solche Platte bildet sich bei fast allen Arten der Gattung Trionyx,
und zwar dicht vor den Wirbeln des Rückens im Nacken.
§. 48. Nachdem sich der Rumpf der Embryonen an seiner Bauchseite abge-
plattet hat, entstehen auch an dieser Seite zwischen der Hautbedeckung und den
Muskeln in der Schichte eines dichten und festen Bindegewebes, welche diese ver-
schiednen Theile unter einander vereinigt, einige Knorpelstücke, aus denen sich das
Bauchschild entwickelt, wodurch gewissermassen das mangelnde Brustbein ersetzt
33*
180
werden soll. Zu welcher Zeit sie sich zu bilden beginnen, hat sich noch nicht be-
stimmt ermitteln lassen : die nur geringe Entwickelung aber, die bei reifern Embryo-
nen und den unlängst erst aus dem Ei ausgeschlüpften Jungen das Bauchschild er-
langt hat, lässt vermuthen, dass es erst nach der Mitte des Eilebens, und überhaupt
verhältnissmässig später, als etwa das Brustbein der Vögel und Säugethiere, seine
Entstehung nimmt. Die Knorpelstücke selbst, die als die ersten Grundlagen des
Bauchschildes erscheinen, sind der Mehrzahl nach ursprünglich sehr schmale und
dünne einfache Streifen, und kommen in zwei Paaren vor. Das eine Paar liegt vor,
das andere hinter der Nabelöffnung, und zwischen beiden befindet sich noch zu der
Zeit, da die Embryonen das Ei verlassen, ein sehr beträchtlicher Zwischenraum.
Ausserdem aber bildet sich ein unpaariges oder fünftes Knorpelstück, das eine kleine
Platte darstellt, entweder ganz allgemein, oder bei fast allen Schildkröten (mit Aus-
nahme nämlich von Sphargis?) zwischen den vordem Enden der beiden vordem
paarigen Knorpelstücke. Später entwickeln sich darauf in diesen verschiednen Knor-
peln weit mehrere Knochenstücke: denn ihre Zahl beträgt in der Regel oder viel-
leicht immer neun. Die relative Grösse aber, die sie bei den verschiednen Arten
der Schildkröten erlangen, ist sehr verschieden. Denn entweder wachsen sie sämmt-
lich in so hohem Grade einander entgegen, dass sie mit ihren einander zugekehrten
Rändern allenthalben zusammenstossen und zuletzt ein vollständig geschlossenes Schild
zusammensetzen; oder es ist ihr Wachsthum. gegen einander hin beschränkter, so
dass sie zuletzt ein in der Mitte offenes Schild, oder auch, wie wahrscheinlich bei
der Sphargis, nur einen schmalen Ring zusammensetzen. Ausserdem aber ist die
Entwickelung des Bauchschildes auch noch in so fern verschieden, als es bei einigen
Arten der Schildkröten einen verhältnissmässig weit grösseren Umfang, und insbe-
sondre eine weit grössere Länge, als bei andern erhält, bei einigen nämlich bis un-
ter den Hals und Schwanz hinreicht, und. unter ihnen, nur von Haut bekleidet, eine
Strecke vorspringt, bei andern hingegen keine solche Vorsprünge bemerken lässt.
Vermuthlich hängt diese Verschiedenheit damit zusammen, ob sich an der Bauchseite *
des Leibes schon vorher unter und vor den Vorderbeinen, sowie unter und hinter
den Hinterbeinen, aus der Hautbedeckung eine Querfalte, in welche bei seiner Ver-
grösserung das ßauchschild hineinwachsen konnte, gebildet hatte oder nicht, indem
nur bei denjenigen Arten der Schildkröten, bei welchen die angegebenen Vorsprünge
des Bauchschildes entstehen, vorher wohl immer erst dergleichen Falten gebildet wa-
ren. Darauf deutet insbesondre der Bau der Schildkröten aus der Gattung Trionyx
hin, bei welchen solche Hautfalten zwar vorkommen, doch nicht von Theilen des
Bauchschildes, das sich hier überhaupt nur unvollständig ausbildet, ausgefüllt werden.
181_
§. 49. Ganz eigenthümlich und nicht wenig merkwürdig ist bei den Schild-
kröten das Verhältniss, in welches zu einander die Knochen des Rumpfes und das
an diesem in einer ziemlich dicken Schichte ausgebreitete, sehr feste und gewöhn-
lich für Knorpel ausgegehne Ünterhaul-Bindegewebe gerathen. Alle diejenigen Kno-
chenstücke des Rumpfes, welche an die erwähnte Schichte dicht angrenzen — näm-
lich die Dornfortsätze des zweiten bis achten Rumpfwirbels, die 8 mittlem Rippen-
paare, die Ergänzungsplatten des Rückenschildes, und meistens auch alle Stücke des
Bauchschildes — verlieren an ihrer nach aussen gekehrten Fläche durch Resorption
die Beinhaut und kommen mit dem Unterhaut - Bindegewebe in eine unmittelbare Be-
rührung. Dies geschieht nach der Zeit, da der Embryo das Ei verlassen hat, und
zwar an den Rippen in der Weise, dass die Beinhaut von dem obern (den Wirbel-
beinen nähern) Ende derselben ganz allmählig gegen das untere Ende hin verschwin-
det, doch bei den Seeschildkröten nicht bis an das letztere Ende selbst, sondern nur
bis an denjenigen Theil der Rippenkörper, welcher niemals bedeutend in die Breite
wächst. So wie aber die Knochensubstanz jener verschiednen Skeletstücke mit dem
Unterhaut -Bindegewebe in eine unmittelbare Berülirung gekommen ist, entstehen in
ihr gegen dieses Gewebe hin viele mehr oder weniger grosse und nach aussen of-
fene Markzellen, deren Zahl allmählig sehr bedeutend zunimmt, so dass die genann-
ten Skeletstücke , indem sie immer dicker werden , zugleich auch eine schwammige
Beschaffenheit erhalten, obgleich freilich bei den verschiednen Arten der Schildkröten
in einem sehr verschiednen Grade. Was indess ihre Markzellen ausfüllt, ist nicht,
wie bei den höhern Wirbelthieren in den Knochen überhaupt, und wie selbst bei den
Schildkröten in den weiter von der Hautbedeckung entfernt liegenden Knochenstücken,
hauptsächlich Fett, sondern der Hauptsache nach das Ünterhaul-Bindegewebe. Denn
dieses dringt in sie durch die Oeffnungen ihrer Markzellen, gleichsam lauter zarte
Wurzeln aussendend, allmählig hinein, und häuft sich dann in ihnen, je mehr sie an
Dicke zunehmen, immer mehr und mehr an. Dabei aber nimmt die aus ihm be-
stehendje Schichte, wo sie zwischen den Knochen und der Haut liegt, an Dicke nicht
blos relativ, sondern theilweise auch absolut, immer mehr ab, so dass sie bei man-
chen Schildkröten, z. B. bei Emys europaea, in späterer Lebenszeit am Rücken- und
Bauchschilde sogar zu fehlen scheint.
§. 50. Sieht man das Bauchschild der Chelonier, wie es gewöhnlich der Fall
gewesen, für eine Abtheilung des Nervenskeletes und für gleichbedeutend mit dem
Brustbein andrer Wirbelthiere an, so kann man nicht umhin, auch anzunehmen, dass
bei ihnen das Schultergerüste und das Becken eine Lage haben, die dem Typus al-
ler derjenigen übrigen Wirbelthiere, welche dergleichen Körpertheile besitzen, ganz
182
zuwiderläuft. Und diese Lage würde von der Art sein, dass sie bei unserer Kennt-
niss von der Entwickelung der Tliiere völlig unerklärlich wäre. Es lässt sich in-
dess, wie ich glaube, aus mehrern Umständen überzeugend darthun, dass das Bauch-
schild nur eine Abtheilung des Hautskeletes ist, und deshalb in seiner anatomischen
Bedeutung mit dem Brustbein andrer Thiere Nichts gemein hat. Ist dies aber der
Fall, so lässt sich die Lage des Schultergerüstes und des Beckens erwachsener
Schildkröten auf Verhältnisse zurückrdhren, wie sie auch bei andern Thieren vor-
kommen. Beide Gerüste bieten dann in Hinsicht ihrer Lagerung gar nichts Befrem-
dendes mehr dar, sondern nur einige Eigenthümlichkeiten, die in der besondern Ent-
wickelung der Rückenwand des Leibes ihren Grund haben. Und hierüber will ich
nunmehr ein Näheres angeben. Wann sich bei den Embryonen der Schildkröten
die Beine erst zu bilden angefangen haben, liegen sie, wie bei andern Wirbelthie-
ren, völlig frei an der äussern Seite des Leibes, und es kann daher kein Zweifel
darüber obwalten, dass sie auch bei den Schildkröten, ganz der Norm gemäss, auf
der Grenze zwischen den Rücken- und Bauchplatten aus der äussern Seite des Lei-
bes hervorgewachsen sind. (Tab. II, Fig. l. und Fig. 13.) AUmählig aber wird
dieses ihr ursprüngliches Lagerungsverhältniss verändert und immer unkenntlicher
gemacht.
Anbelangend die Vorderbeine, so sind es zuvörderst an dem Schultergerüsle
der Schildkröten zwei Verhältnisse, durch die sich dasselbe später von dem ent-
sprechenden Theile andrer Thiere unterscheidet, nämlich die Lage der Schulterblätter
durchaus vor den Rippen bei den reifern Embryonen, und die Lage dieser Knochen
unter dem zweiten Rippenpaare bei den Erwachsenen.
A. Bei den reifern Embryonen und auch den Jungen, wenn sie erst unlängst
das Ei verlassen haben, befinden sich die Schulterblätter mit ihrem obern Ende dicht
vor dem ersten Rippenpaare, und grenzen mit diesem Ende nach oben an das dichte
Unterbaut-Bindegewebe des Rückens an. Sehr wahrscheinlich aber ist es, dass ihnen
eine solche Lage weit nach vorne auch schon früher zukommt, als die Rippen in
ihrer Entwickelung erhebliche Fortschritte gemacht haben, sie also nicht etwa zu
der Zeit, da der Rumpf sich übermässig in die Breite ausdehnt, durch die Rippen
nach vorne hingeschoben werden. Denn das vorderste Rippenpaar, dicht vor welchem
sie bei reifern Embryonen gefunden werden, zeichnet sich nicht durch eine ansehn-
liche Länge und Stärke aus , sondern ist gegentheils auffallend kurz und dünne,
kann also eine Ortsveränderung der Schulterblätter nicht zu Wege bringen. Ja es
fragt sich sogar , ob nicht bei allen Wirbelthieren , welche Schulterblätter und Rip-
pen besitzen, jene dicht vor diesen entstehen, und ob sie nicht anfänglich eine sol-
183
che senkrechte Stellung, wie hei den Schildkröten, für immer hahcn, später aber in
der Regel mehr oder weniger nach hinten weichen , so wie ungefiihr gleichzeitig
eine mehr oder weniger schräge Stellung annehmen? Manche Erscheinungen deuten
darauf hin, dass diese Frage hejahcnd zu heantworten sein dürfte. So haben auch
bei manchen Fischen, hei einigen Sauriern (z. B. Cyclodus nigro-luteus, den Scinci
und Monitores) und sogar bei einem Säugethier, dem Ornilhorhynchus, die Schulter-
blätter für immer eine Lage vor den Rippen. Ferner liegt hei Didelphys virginiana,
wenn auch nicht das ganze Schulterblatt , so doch der untere Theil desselben mit
dem Schultergelenke vor den Rippen, und es ist daher wahrscheinlich, dass hei diesem
Thiere in einer frühem Entwickelungszeit das ganze Schulterblatt, ehe es sich schräge
gestellt und eine beträchtliche Breite angenommen hat, vor den Rippen liegt. Bei
sehr jungen Embryonen des Schweines aber fand ich, dass die ganze Masse des
Vorderbeines nur erst die beiden vordersten Rippen seiner Seite bedeckte, und dass
das Schulterblatt, wenn es schon als ein besondrer Theil sich auspräpariren liess,
fast nur die vorderste Rippe bedeckte, anstatt dass es beim erwachsenen Schweine
von der vordersten bis zu der siebenten Rippe hinreicht. Demnach ist bei den rei-
fern Embryonen und den Jungen der Schildkröten die Lage der Schulterblätter vor
den Rippen zwar nicht eine solche, wie sie bei den übrigen Wirbelthieren für ge-
wöhnlich gefunden wird, doch auch keine nur allein den Schildkröten eigenthümliche.
ß. Ganz eigenthümlich hingegen ist für diese Amphibien die nachherige Lage
der Schulterblätter unter den Rippen des zweiten Paares. Dies Lagerungsverhältniss
aber bat seinen Grund darin , dass sich die Rippen des zweiten Paares übermässig
in die Breite ausdehnen und sich immer an dem Unterhaut-Bindegewebe halten , wo-
bei sie dann über die zunächst vor ihnen liegenden Theile des Skeletes, nämlich
über die Rippen des ersten Paares und die Schulterblätter, herüberwachsen und sie
völlig überwölben , ja sogar nach vorne über die Rumpfhöhle hinauswachsen. So
viel mir bekannt, bleiben niu" bei einigen Arten aus der Gattung Trionyx, wenig-
stens bei Trionyx ferox und Tr. aegyptiacus [nicht aber auch bei Tr. granosus],
die Schulterblätter im Zusammenhange mit dem Unterhaut -Bindegewebe und werden
nicht von den Rippen überwölbt.
Durchaus nicht von der Norm abweichend, die bei den Wirbelthieren, mit Aus-
nahme vieler Fische, für die Lagerungsverhältnisse der Beckenknochen die geltende
ist, zeigt sich bei den Schildkröten, wenn sie das Ei verlassen, die Lagerung und
Verbindung ihres Beckens. Denn ihre Hüftheine reichen dann, wie bei den Säuge-
thieren und den Sauriern im Allgemeinen, nach oben an das Unterhaut-Bindegewebe,
liegen mit den obern Enden seitwärts von den Wirbeln des Kreuzbeins, und sind
184
an deren Querfortsätze angeheftet. Später aber werden sie bei allen Schildkröten,
mit Ausnahme der zur Gattung Trionyx gehörigen, auf gleiche Weise, wie die
Schulterblätter, von den Rippen, und zwar von denen des vorletzten Paares, wäh-
rend diese bedeutend an Breite zunehmen und sich über die Rippen des letzten Paa-
res ausbreiten , überwölbt und bedeckt , so dass auch sie in Hinsicht ihrer Lage in
ein Verhältniss gerathen, wie es bei keinen andern Wirbelthieren weiter vorkommt.
Sind auf solche Weise die Hüftbeine von der Hautbedeckung abgeschnitten worden,
und nehmen sie dann an ihren obern Enden in der Längenrirhtung des Körpers nach
vorne hin erheblich an Ausdehnung zu, wie besonders bei Platemys Spixii, so kann
es nicht anders geschehen, als dass sie unter ein oder einige noch weiter noch vorne
gelegne Rippenpaarc hinunterwachsen.
Auch der zwischen den obern Enden der Hüftbeine gelegne Theil des Beckens,
das Kreuzbein, erhält bei den Schildkröten, mit Ausnahme der zur Gattung Trionyx
gehörigen, eine Bedeckung von Knochenstücken. Diese aber wird von einem Theil
des Hautskeletes bewirkt, und es bringt ihre Entwickelung in den normalgemässen
Lagerungsverhältnissen einzelner Stücke des Nervenskeletes keine Veränderung zu-
wege. Ueberhaupt aber besteht beinahe der ganze hintere Theil des Rückenschil-
des , der bei den meisten Schildkröten über und hinter dem Becken gleichsanl ein
Dach bildet, nur aus Knochenstücken, die unabhängig von der Wirbelsäule und den
Rippen in dem Unterhaut - Bindegewebe ihre Entstehung nehmen.
Was die so sonderbare und auffallende Beschaffenheit der Schildkröten anbe-
langt, dass bei ihnen die Beine mehr oder weniger weit von oben her, wie durch
Dächer, verdeckt sind, so ist diese zum Theil darin begründet, dass die Hautbe-
deckung , wo sie von dem Rücken auf die Seiten übergeht , schon sehr frülie eine
mehr oder weniger breite Falte schlägt, und dass in dieser sich meistens noch be-
sondre Knochenstücke des Hautskeletes, nämlich die Marginalplatten des Rückenscbil-
des, entwickeln. Anderntheils aber liegt der Grund davon in weniger augenrälligen,
und dennoch wichtigern Entwickelungsvorgängen. Und diese bestehen darin, dass
während der Abplattung des Rumpfes, wobei sich dessen Höhle sehr in die Breite
ausdehnt und ihre Eingeweide seitwärts sehr stark hervorgedrängt werden ^), nicht
blos alle Rippen bei dem Mangel eines Brustbeins , wodurch sie zusammengehalten
werden könnten, mit ihren untern Enden paarweise weit aus einander weichen, son-
dern auch die Rippen der acht mittlem Paare sich so verlängern, dass einige oder
') Wenn man bei einer Schildkröte aUe weiche und harte Theile des Rumpfes, welche seitwärts von
der Höhle desselben, dem Schultergerüste und dem Becken liegen, weggeschnitten hat, so zeigt der Rumpf
ungefähr eine solche Form, wie bei Phrynosuma.
185
alle mehr oder wenigfer über die Rumpfliöhic hinauswachsen, dass besonders aber
das zweite, achte luid neunte Paar beträchtlich weit über diese Höhle hinausgehen,
und dass zugleich das achte und neunte eine sehr schräge Richtung nach hinten , das
zweite hingegen, wenn auch nicht bei allen, so doch bei vielen Schildkröten eine
mehr oder weniger schräge Richtung nach vorn erhalten. Am besten kann man
sich bei solchen jungen Schildkröten, bei welchen die Rippen noch sehr schmal sind
und ziemlich grosse Zwischenräume zwischen sich haben , davon unterrichten , dass
die Rippen des zweiten, achten und neunten Paares beträchtlich weit über die Rumpf-
hölile hinausragen, wenn man die Haut nebst dem Unterhaut-Rindegevvebe des Rückens
abgezogen und die Muskeln, welche an ihnen befestigt sind, abpräparirt hat. Doch
sind bei solchen jungen Exemplaren, wegen der Schmalheit ihrer Rippen, die Ober-
schenkel der Hinterbeine durch diese nur sehr unvollständig, und die Oberschenkel
der Vorderbeine in dem Falle, dass das zweite Rippenpaar nicht schräge nach vorn
gerichtet ist, noch gar nicht durch die Rippen bedeckt, sondern die erstem zum
grössern Theile und die letztern nur allein durch häutige Gebilde , welche über die
Rippen, die Nackenplatte und die zwischen diesen Skeletstücken befindlichen Zwischen-
räume ausgespannt sind. Nur erst, wenn die Rippen die Rreite erhalten haben,
welche sie gesetzlich erlangen können, stellen sie bei den meisten, obgleich nicht
bei allen Schildkröten (namentlich nicht bei den Seeschildkröten) über den Reinen
für sich allein vollständige Dächer dar.
§.51. Die so oft gemachte Rehauptung, dass bei den Schildkröten das Schuller-
gerüste und das Becken in der Leibeshöhle liegen, ist also nach dem, was ich in
dem Obigen über das Bauchschild und das Rückenschild angeführt habe, ohne allen
Grund. Ausserdem aber ergiebt sich ihre Unrichtigkeit bei der Retrachtung des Ver-
laufes, den das Bauchfell der Schildkröten macht. Denn dieses schlägt sich nirgend
um einige von den Knochentheilen , welche das Schultergerüste und das Becken zu-
sammensetzen, so herum, dass es sie und die daran befestigten Muskeln von zwei
Seiten einhüllt, sondern bekleidet das Becken nur an derjenigen Seite, welche den
Eingeweiden der Rumpfliöhle zugekehrt ist, und von dem Schultergerüste nur die
obere Seite eines Theiles der Hakenschlüsselbeine. Hinten nämlich dringt es, wie
bei den Säugethieren, eine ziemlich grosse Strecke in die Höhle des Beckens hinein,
bekleidet einen Theil der Innern Fläche desselben, nebst einem Theile der an diese
Fläche angehefteten Muskeln, und begiebt sich von ihnen auf die im Becken liegen-
den Eingeweide. Von hier aber geht es unter der Rücken wand des Leibes bis in
die Nähe der Schulterblätter, die, wie schon angefiihrt, sehr weit nach vorne liegen,
und bekleidet auf diesem Wege die untere Seite der Nieren, die innern Geschlechts-
186
Werkzeuge, die untere Seite nebst denl äussern Rande der beinahe an ihrer ganzen
Seite mit den Rippen innig verbundenen Lungen, und mehr oder weniger auch den-
jenigen Theil der Rippen, welcher seitwärts über die Nieren, Geschlechtswerkzeuge
und Lungen vorspringt. Ist es von den Lungen, die vorne beinahe bis an die Schul-
terblätter reichen, auf die Muskeln, welche diese Knochen einhüllen, übergegangen, so
läuft es an ihnen, ohne jedoch bis zu den Schulterblättern selbst gelangt zu sein,
abwärts, überzieht sodann, indem es sich nach hinten wendet, einen Theil der obern
Seite des Herzbeutels, desgleichen zu beiden Seilen des Herzbeutels einen Theil der
obern Seite der Hakenschlüsselbeine , und geht endlich auf die obere Seite der Bauch-
muskeln über. Eine grosse Falte des Bauchfelles, die theils von der Rückenwand,
theils von der vordem Wand des Rumpfes herkommt, hüllt den Darm, für diesen
ein Gekröse bildend, den Magen, die Leber, die Milz und die Bauchspeicheldrüse ein.
§. 52. Bei der Entwickelung des Rücken- und Bauchschildes werden gleichfalls
mehrere Muskeln, die bei andern Thieren ganz nach aussen von dem Knochengerüste
des Rumpfes liegen, von jenen Abschnitten des Skelets entweder zum Theil, oder
auch wohl gänzlich eingeschlossen. Einige kommen in dem Rückenschilde selbst zu
liegen, andre zwischen diesem Schilde und dem Bauchschilde.
A. Das Erstere gilt von denjenigen Rückenmuskeln, welche bei den Embryo-
nen der Schildkröten, wie bei andern Thieren, für immer unter der Haut des Rückens
auf der Wirbelsäule und den Rippen ihre Lage haben. Diese werden dadurch von
Knochenstücken des Rückenschildes überwölbt, dass sich die Dornfortsätze mehrerer
Rumpfwirbel sehr in die Breite ausdehnen, und dass von den Rippen besondre Fort-
sätze , die nur allein den Schildkröten zukommen , jenen Dornfortsätzen entgegen-
wachsen. Von den erwähnten Rückenmuskeln lässt sich also weder behaupten, dass
sie in der Rumpfhöhle liegen, noch auch dass sie eine verkehrte Lage haben.
B. Von denjenigen Muskeln, welche bei den erwachsenen Schijdkröten zwi-
schen dem Rückenschilde und Bauchschilde eingeschlossen sind, muss man
a) einigen dessenungeachtet eine ebea solche Lage zusprechen , wie sie bei andern
Wirbelthieren haben, wenn man nämlich das Bauchschild für einen Theil des
Hautskeletes gelten lässt, wofür es mit Recht nur ausgegeben werden kann.
Es sind dies die grossen Brustmuskeln und sämmtliche Bauchmuskeln. Nur
zeigen jene Brustmuskeln und die geraden Bauchmuskeln, weil bei den Schild-
kröten ein Brustbein nebst den Rippenknorpeln fehlt und die Rippen paarweise
unten weit auseinander gewichen sind, das Eigenthümliche, dass sie nicht an
dergleichen Skelettheile, sondern dafür an das Bauchschild angeheftet sind. —
Gleichfalls haben eine solche Lage, wie bei andern Thieren, diejenigen Nacken-
187
luuskeln und Schwanzniuskeln , welche an verschiedne zum Hautskelete gehö-
rige Theilc des Rückenscliildes angeheftet sind ; und nur darin lassen namentlich
diese Nackenmuskeln eine Ahweichung von ihrer Regel bemerken , dass sie an
ihrem hiulern Ende nicht aucli mit der Wirbelsäule, sondern nur allein mit
der Nackenplattc in Verbindung stehen,
b) Andre Muskeln hingegen haben eine mehr oder weniger von dem Typus andrer
Wirbelthiere abweichende Lage. Dies gilt von einigen andern Nackenmuskeln,
aber auch von jenen erstem Nackenmuskeln bei andern Arten von Schildkröten,
luid von einigen Muskeln der Beine.
«) Einige Nackenmuskeln sind nämlich mit ihrem hintern Ende (tbeilweise oder
gänzlich) an die untere Seite des zweiten Rippenpaares angewachsen, an-
statt dass bei andern Thieren die ihnen entsprechenden hinten an die obere
Seite der Wirbelsäule befestigt sind. Die Ursache dieser ihrer Lage liegt
darin, dass bei den Schildkröten die Rippen des zweiten Paares, bis zu wel-
chen die erwähnten Muskeln anfangs nur hinreichen, später, wann sie an
Breite bedeutend zunehmen, nach vorne über die erste Rippe und sogar auch
über die Rumpfliöhle hinauswachsen, gleichzeitig aber in die innigste Verbin-
dung mit dem sehr dichten Unterhaut-Bindegewebe gelangen und von ihm so
festgehalten werden, dass sie nicht unter das Ende dieser Muskeln herunter-
wachsen können, sondern über dasselbe herüberwachsen müssen. Ganz das-
selbe gilt auch von dem M. latissimus dorsi der meisten Schildkröten. Bei
den Seeschildkröten aber, bei denen dieser Muskel eine grössere Länge an-
nimmt, was erst geschieht, nachdem sein hinteres Ende von der zweiten
Rippe überwachsen ist, kann er eben deshalb bei seiner Verlängerung nicht
an die obere Seite der nächstfolgenden Rippe gelangen , sondern muss sich
mit seinem hintern Ende unter diese Rippe begeben.
ß) Wie einige vordre Rückenmuskeln, sind auch die beiden M. M. glutaei
unter dem Rückenschilde zu liegen gekommen , und zwar entweder an die
untere Seite einiger hintern Rippen, oder an die Körper einiger Wirbelbeine
angeheftet. Bei Terrapene aber geben sie nicht vom Rückenschilde, sondern
nur allein von den Hüftbeinen ab, und es ist daher sehr wahrscheinlich, dass
sie mit ihrem obern Ende ursprünglich auch bei andern Schildkröten nur an
die Hüftbeine befestigt sind, später aber, wenn sie sich mehr, als die Hüft-
beine verlängern, von diesen auf einige Rippen oder einige Wirbelbeinkörper
hinüberwachsen.
y) Aber auch mehrere Muskeln , die nicht mit den Rippen zusammenhängen,
24*
188
sondern von dem Schultergerüste und dem Becken zu den Beinen gehen, oder
überhaupt den Beinen angehören, haben unter den Rippen ihre Lage. Als
Ursache davon lässt sich angeben, dass sich bei der Entwickelung der Schild-
kröten die Rippen des zweiten und des vorletzten Paares über die Schulter-
blätter und Hüftbeine ausbreiten, dass ferner mehrere Rippen auch seitwärts
über die Rurapfhöhle hinauswachsen , und dass sich dabei die Rippen des
achten und neunten Paares schräge nach hinten, die des zweiten Paares bei
mehreren Schildkröten schräge nach vorne richten.
(}) Eine von der gewöhnlichen sehr abweichende Lagerung hat bei den
Schildkröten der M. pectoralis minor, da er aus der Nähe der äussern
Enden mehrerer Rippen theils nach unten und vorne, theils auch mehr oder
weniger nach innen geht. Seine Richtung nach luiten und vorne aber ist
nur das Extrem der Abweichung, die er schon bei manchen Sauriern von
seiner bei den Säugethieren vorkommenden Richtung bemerken lässt, und
wird bedingt durch die sehr niedrige Lage des ganzen Hakenschlüsselbeins,
mit dem er in Verbindung steht: dagegen ist seine mehr oder weniger
schiefe Richtung von oben und aussen nach unten und innen dadurch ver-
ursacM, dass bei den Schildkröten die längern Rippen paarweise an ihren
untern Enden weit auseinander gewieben und über die Hakenschlüsselbeine
seitwärts mehr oder weniger weit hinausgegangen sind.
Dem Angeführten zufolge haben also bei den Schildkröten mehrere Muskeln,
die ihnen mit andern Wirhelthieren gemeinsam zukommen, zu Theilen des Nerven-
skeletes, insbesondre zu den Rippen, im Vergleich mit andern Thieren allerdings
eine verkehrte Lage, doch ist dieselbe nicht so bedeutend, als Mehrere wohl gemeint
haben. Ihren Grund aber hat diese Umkehrung der Lagerungsverhältnisse in der
bedeutenden Vergrösserung der meisten Rippen in die Breite und Länge , in der
weiten Spannung der von den Rippen dargestellten Bogen, in der auffallend schrä-
gen Stellung einiger Rippen, und in dem eigenthümlichen Verhältniss, in welches
die längeren Rippen zu einem sehr dichten Unterhaut-Bindegewebe gelangen, und das
auf eine gegenseitige Durchdringung dieser beiderlei Körpertheile gerichtet ist.
189
Fünftes Kapitel.
Von den Verdauungswerkzeugen.
§. 53. Bei dem Embryo von Chelonia besass die Speiseröhre an ihrer
innern Fläche schon ähnlich geformte zapfenartige, dicht gedrängt beisammenstehende
und mit einem ziemlich dicken Epitheliura bekleidete Hervorragungen , wie bei den
Erwachsenen: nur waren sie verhältnissmässig kleiner und viel weniger zahlreich.
Der ziemlich langgestreckte Magen hatte eine ähnliche Form, wie im Allgemeinen
bei den ungeschwänzten Batrachiern, und war verhältnissmässig weit kleiner, beson-
ders aber viel enger, als bei den Erwachsenen, hatte aber eine eben solche Richtung
und Krümmung, wie bei diesen. (Tab. VIII, Fig. 9.) Bei den Jungen von Chelonia
verhielt sich der Magen, auch in Hinsicht der Weite und überhaupt der Grösse, wie
bei den Erwachsenen : desgleichen waren bei ihnen die zapfenförmigen Hervorra-
gungen der Speiseröhre nicht blos viel zahlreicher, sondern auch absolut und relativ
viel grösser, als bei dem Embryo.
Eine ganz ungewöhnliche und überhaupt höchst merkwürdige Bildung zeigten
die Speiseröhre und der Magen der Sphargis (Tab. VIÜ, Fig. 2 u. 3, und Fig. 5 — 8).
Die Speiseröhre (a. a.) hatte bei den beiden von mir untersuchten Exemplaren eine
bedeutende Länge, ging vom Halse etwas links hin und ungefähr bis zu der Mitte
der Rumphöhle, krümmte sich dann, wie es von keinem andern Wirbelthiere bekannt
ist, in einem massig starken Bogen nach links, vorne und auch etwas nach oben
(nach dem Rücken) um, verlief nun eine ziemlich grosse Strecke nach vorne hin,
wendete sich hierauf in einem sehr kleinen Bogen wieder nach hinten , rechts
und unten, und ging endlich nicht weit von dieser zweiten Krümmung in den
Magen über. Von ihrem vordem bis zu ihrem hintern Ende nahm sie all-
mählig an Dicke ab, so dass das letztere Ende beinahe um die Hälfte dünner, als
das erstere war. Die sehr dicke und muskulöse Wandung der Speiseröhre besass
an ihrer innern Fläche eben solche sehr spitz auslaufende und in sehr grosser An-
zahl vorhandne Hervorragungen, wie bei der Chelonia, und von diesen kamen die
vordersten gleich hinter der Stimmritze, die hintersten dicht vor dem Magen vor,
so dass einige von ihnen mit ihren Spitzen sogar in die Cardia selbst hineinreichten.
Der Magen (b. b.) enthielt bei beiden Exemplaren nur eine dünne Flüssigkeit, war
aber bei dem altern viel grösser, als bei dem Jüngern, obgleich beide an Alter nur
wenig von einander verschieden waren, weshalb ich glauben muss, dass der bedeu-
190
tend grössere Umfang dieses Organs bei dem einen Exemplare hauptsächlich in einer
stärkern Anfiillung seinen Grund hatte. Bei beiden Exemplaren besass der Magen
um Vieles dünnere Wände, als die Speiseröhre: auch halte im Verhältniss zu dem
■ganzen Körper seine Wandung eine weit geringere Dicke, als man sie bei andern
Schildkröten zu finden pflegt. In Hinsicht der Form liess er zwei verschiedene Hälf-
ten unterscheiden, eine kürzere und weitere, oder sackartige , und eine längere und
engere, oder schlauchartige. Die erstere war bei beiden Exemplaren von der Speise-
röhre beinahe ringförmig unifasst, lag mit ihrem grössern Durchmesser der Achse des
Rumpfes fast parallel, zeigte sich von der Rückenseite und der Bauchseite her ein
wenig abgeplattet, und enthielt an ihrem vordem Ende die Cardia. Bei dem altern
Exemplare war sie ellipsoidisch, hei dem Jüngern vorne am breitesten, nach hinten
aber stark verschmälert, so dass sie ungefähr die Form eines abgestumpften Kegels
hatte. Die andere Hälfte ging rechts von der Cardia theils aus der vordem, theils
und hauptsächlich aus der obern Seite der erstem Hälfte hervor, ohne dass jedoch
auf der Grenze zwischen beiden eine Einschnürung vorkam. Wo sich ihr hinteres
Ende und der Pförtner befanden, liess sich mit Gewissheit erst dann erkennen, als
der Magen und Darm der Länge nach ausgeschnitten waren und auf die Beschatfen-
heit ihrer Innern Fläche untersucht wurden. (In den Figuren 3 und 6 ist die Ge-
gend des Pförtners mit einem * bezeichnet worden.) Von ihrem Anfange aus verlief
diese letztere Hälfte des Magens gleich einem Darmstücke so, dass sie zweimal sich
umbog und aus zwei absteigenden und einem aufsteigenden Theile bestand, indem
sie zuerst nach links und hinten , darauf nach rechts und vorne , und endlich nach
rechts und hinten ihren Verlauf machte. (Fig. 4 und 6.) Im Ganzen aber hatte diese
Hälfte ihre Lage hauptsächlich auf der andern oder weitem Hälfte des Magens,
ausserdem aber einigermaasen auch auf der Speiseröhre. Von ihrem Anfange bis
zu ihrem Ende verlor sie immer mehr an Weite , so jedoch , dass sie nur bei dem
einen Exemplare sich ganz allmählig etwas verengte, indess sie bei dem andern
über ihre Mitte hinaus in einer ziemlich langen Strecke eine starke Einschnürung
zeigte, auf die dann wieder eine Erweiterung folgte. — Im Innern der weitern
Hälfte des Magens kam eine Einrichtung von ganz besonderer Art vor, die nicht
wenig merkwürdig sein dürfte. Es bestand dieselbe in einer fast senkrechten (mit
der einen Fläche rechtshin, mit der andern linkshin gekehrten) Scheidewand, die
rechts von der Cardia ihren Anfang nahm, nach hinten bis über die Mitte der wei-
tern Magenhälfte hinausreichte , hier mit einem concaven freien Rande endigte , und
an diesem Rande die grösste Breite hatte. (Fig. 4 und 8.) Ihre Länge war viel grös-
ser, als ihre Breite, ihre Dicke aber ähnlich der Dicke der Magenwandung. Durch
191
sie ward der weitere Theil des Magens unvollständig in eine linke und rechte Seiten-
hälfle geschieden, von denen die erstere etwas geräumiger, als die letztere war. —
Die Schleimhaut bildete an der ganzen innem Fläche des Magens ein höchst eng-
maschiges und sehr zierliches Netzwerk, dessen Fäden nicht eigentlich in Falten,
sondern nur in zarten und niedrigen leistenartigen Auswüchsen der genannten Haut
bestanden. Ausserdem aber kamen in der längern und engern Hälfte des Magens
einige wenige grobe Längsfalten der Schleimhaut vor, die bei dem jungem Exemplar
last durch die ganze Länge dieser Hälfte verliefen, bei dem altern aber nur in dem
zusammengezognen Theile derselben vorhanden waren. Auch in dem Dünndarm be-
fand sich ein von der Schleimhaut gebildetes Netzwerk. Aber schon gleich hinter
der Stelle, die ich für den Pförtner halte, und an der sich eine massig hohe kreis-
förmige Falte befand, waren die Maschen dieses Netzwerkes des Dünndarms wenig-
stens noch einmal so gross , als die im Magen vorhandene , und die Leisten , von
denen es gebildet wurde, sehr viel höher und auch viel dicker. Unter der Schleim-
baut kamen in dem ganzen Magen, also gleichfalls auf der Scheidewand desselben,
sehr kleine Drüsenbälge von unregelraässig rundlicher und ovaler Form vor, die sich
einzeln nicht mit blossen Augen unterscheiden Hessen, und die im Allgemeinen sehr
nahe neben einander lagen, meistens jedoch so, dass sie kleine rundliche Gruppen
zusammensetzten. Im Darm hingegen konnte ich dergleichen Drüsenbälge nicht ge-
wahr werden ').
Bei Trionyx gangeticus und Tr. ocellatns, von deren Eingeweiden nur die
Speiseröre und die Luftröhre nebst dem Kehlkopf übrig waren, fand ich ebenfalls
an der erstem, jedoch nur in der vordem Hälfte derselben, viele und meistens auf
Längsfalten in einer Reihe hinter einander stehende kegelPörmige Auswüchse. Diese
aber waren absolut und relativ viel kleiner, als bei den Seeschildkröten, besassen
nur ein dünnes und weiches Epithelium, und wichen ausserdem von denen der See-
schildkröten dadurch ab, dass sie meistens nicht in eine ziemlich lange und faden-
förmige Spitze ausliefen, sondern stumpf abgerundet waren. — Bei Trionyx aegy-
ptiacus kamen im Anfange der Speiseröhre kurze und dünne fadenförmige Auswüchse
vor, die reihenweise auf niedrigen, aber nicht sehr zahlreichen Längsfalten der
1) Eine Beschreibang des Körperbaues einer erwachsenen Sphargis mercnrialis (coriacea), die Biagi
zum Verfasser bat, ist von A. Alessaudrini in den Novi Annali delle Scienze naturale (Bologna, Bandit,
1843) bekannt gemacbt worden. Dieses Werk selbst habe ich nicht gesehen, nach einem Auszuge ajjer,
den Oken davon in der Isis mitgetbeilt, mnss ich vermuthen, dass Biagi nicht einer besonders auffallenden
Form, die er an der Speiseröhre und dem Magen von Sphargis gefunden hätte, gedacht hat. (Isis von 1843,
Seite 542.)
192
Schleimhaut standen ^). — Auch bei Pentonyx capeusis fand ich in der Speise-
röhre, die übrigens beinahe bis zur Mitte ihrer Länge durch ein der Schleimhaut
angehöriges Pigment schwarz gefärbt war, eine ziemlich grosse Zalil von Auswüch-
sen der Schleimhaut, Diese aber befanden sich nicht im Anfange , sondern vor der
Mitte der Speiseröhre, hatten der Mehrzahl nach eine Höhe von einer halben Linie
und darüber, stellten dreieckige und in eine kurze Spitze auslaufende dünne Platten
dar, waren im Allgemeinen mit ihrer einen Seite nach vorn, mit der andern nach
hinten gekehrt, und zeigten sich an ihrer Basis unter einander durch niedrige, von
ihren Seitenrändern ausgehende zarte Falten der Schleimhaut so verbimden, dass sie
mit denselben massig tiefe Maschenräume umschlossen. Der Magen bot bei dieser
Schildkröte und auch bei dem jungen Trionyx aegyptiacus nichts Bemerkenswerthes dar.
Bei den Jungen von Emys europaea und Terrapene tricarinata verhielten sich
die Speiseröhre und der Magen hinsichtlich ihrer Form, Lagerung, Richtung und
Beschaffenheit der Schleimhaut ganz so, wie bei den Erwachsenen. Dasselbe war
auch der Fall bei dem Embryo von Testudo, bei dem übrigens der Magen von ei-
ner Flüssigkeit, die er enthielt, ziemlich stark angeschwellt erschien. Bei dem Jun-
gen von Platemys Spixii , von welcher Specics ich nicht Gelegenheit gehabt habe,
ein erwachsenes Exemplar untersuchen zu können, verhielten sich die Speiseröhre
und der Magen in ihrer Form, Richtung und Lagerung ähnlich, wie bei der Emys
europaea.
§. 54. Der Darm bot in Hinsicht seiner relativen Länge so bei dem Em-
bryo , wie bei den Jungen von Chelonia nichts besonders Abweichendes von dem
der Erwachsenen dar. Die Schleimhaut bildete bei den letztern in dem grössten
Theile des Dünndarms ein engmaschiges Netzwerk von Falten, von denen aber ei-
nige höher und dicker, als andre waren. Jene stärker entwickelten Falten setzten
deutlich mehrere Längsfalten zusammen, die einen zickzackformigen Verlauf machten.
^) Wie es allen Anschein hat, ist allgemein in der Gattung Trionyx die Speiseröhre an ihrem An-
fange mit kleinen Aaswüchsen der Schleimhaut versehen. Diese aber haben bei den verschiednen Arten
verschiedne Formen. Bei einem erwachsenen Trionyx granosus, den ich darauf untersuchte, hatten sie die
Form von niedrigen zungenHirmigen, oder abgestumpft dreieckigen Platten, gingen von dem Rande mehrerer
Längsfalten so aus, dass ihr einer Seitenrand nach vorn, der andere nach hinten gekehrt war, und kamen
nur in massig grosser Zahl vor. Bei einem halberwachsenen Trionyx ferox aber stellten sie fadenförmige
Zotten dar, die bis eine Linie und darüber lang waren, kamen überaus zahlreich vor, und standen nur sel-
ten einzeln, sondern gewöhnlich gruppenweise beisammen, indem mehrere (4 bis 12) von einem kurzen,
dicken und abgeplatteten Stiele so etwa, wie die Finger einer Hand, abgingen. Mehrere von diesen Zotten
umgaben kraozartig die Stimmritze, was übrigens auch bei dem Jungen Trionyx aegyptiacus der Fall war.
Gleichfalls bemerkte ich dergleichen handformige Zotten bei einem Tr. subplanus, doch standen sie bei diesem
nur um die Stimmritze und hinter derselben in einer massig langen Längsreihe, einfache Zotten befanden
sich, doib ebenfalls nur sparsam, in der vordem Hälfte der Speiseröhre an einigen andern Stellen.
193
Durch den hinlern Theil des Diiiindarnis verliefen die Längsfalten nur massig ge-
schlängelt, und waren nicht durch zarlere schräge und quere Fältchen netzartig un-
ter einander verbunden. Im Dickdarm befand sich ein viel weitmaschigeres Netz-
werk von Falten, von denen die einander benachbarten sämmtlich eine ziemlich gleiche
Höhe und Dicke hatten. Bei der Sphargis kam in dem Dünndarm bis zu dem Dick-
darm hin ein engmaschiges und überhaupt sehr zartes Netzwerk von ziemlich, gleich
dicken Falten vor, in dem Dickdarm aber ein auffallend weitmaschiges Netzwerk von
verhältnissmässig nur wenig hohen und dicken Falten. [Nach Biagi soll hei der
erwachsenen Sphargis auch der Darm, und zwar auf eine lange Strecke, Anfangs
solche Stacheln, wie die Speiseröhre, enthalten, die alle mit den Spitzen nach hin-
ten gerichtet sind '). Indess erlaube ich mir, zu bezweifeln, dass diese Angabe
richtig ist.] — Bei dem Embryo von Testudo hatte der Darm, wie bei den er-
wachsenen Exemplaren dieser Gattung, eine verhältnissmässig nur geringe Länge,
und es kam auch schon bei ihm ein kurzer, weiter und stumpf abgerundeter Blind-
darm vor. In dem Anfange des Dünndarms bildete die Schleimhaut ein Netzwerk
von ziemlich grossen Maschen, weiterhin nur Längsfalten, und im Dickdarm war die
Schleimhaut ohne irgend welche merkliche Erhöhungen. — Bei den Jungen von
Emys europaea verhielt sich der Darm in seiner Form, seiner Länge und seinem
V'erlaufe, wie bei den Erwachsenen. — Bei Platemys war der Dickdarm auffallend
weit (ungefähr vier Mal weiter, als der Dünndarm an seinem Ende), imd seine Länge
betrug nur ein Siebentel von der Länge des ganzen Darms. Die Schleimhaut bil-
dete in dem Dünndarm lauter dünne und wenig hohe Längsfalten, die nur einige
wenige zarte Ausläufer zur Verbindung unter einander aussendeten, und in der vor-
dem Hälfte dieses Darmstückes einen zickzackförmigen , in der hintern Hälfte einen
"ȟz geraden Verlauf machten. Die Schleimhaut des Dickdarms war ohne Falten
und Zotten.
8. 55. Der Dottersack war bei dem Embryo von Testudo noch ziemlich
gross, hatte die Form eines Ovales oder beinahe einer Birne, lag noch ausserhalb
der Bauchhöhle, so jedoch, dass sein dünneres Ende etwas in die weite Nabelöffnung
hineinragte, und war mit seinem dickern Ende nach vorn gerichtet. Seine Länge
betrug 8V25 sein grösster Querdurchmesser 7^/2 Linien. Durch die Einwirkung des
Weingeistes, dem er mehrere Jahre ausgesetzt gewesen war, hatten seine Wandung
und der in ihm enthaltene Dotter einen hohen Grad von Festigkeit und Härte er-
langt, und dieser machte es mir unmöghch, selbst nachdem ich eine Erweichung
1) Isis von 1843, S. 542.
25
194
durch Wasser versucht hatte, zu ermitteln, welche Beschaffenheit der Dottersack an
seiner innern Fläche besessen haben mochte. Sein dünneres Ende ging in das Ende
einer Schlinge des Dünndarms so über, dass sich zwischen beiden nur eine Ein-
schnürung, nicht aber ein besondrer Stiel oder Ductus vitellarius befand. Eine Höh-
lenverbindung kam zwischen dem Dottersack und dem Darm nicht .mehr vor, son-
dern ßs waren die Höhlen beider deutlich von einander geschieden. — Bei dem
Embryo von Chelonia war schon vorher, ehe ich ihn zur Untersuchung erhielt, der
Dottersack so abgeschnitten worden, dass nur noch ein kleiner Rest davon am Dünn-
darm hing. Auch hier führte nicht eine Oeffnung aus dem Dottersacke in die Höhle
des Darmkanales. — Bei den Jungen von Chelonia, Trionyx aegyptiacus, Sphargis
coriacea, Terrapene tricarinata, Emys europaea, Emys lutaria und Platemys, bei de-
nen allen noch ein Dottersack vorkam, lag er in der Leibeshöhle dicht auf der Bauch-
wand zwischen Leber und Harnblase, hatte aber eine nur geringe Grösse, so dass
er seinem gänzlichen Verschwinden schon sehr nahe war •). Sein grösster Durch-
messer betrug bei Sphargis 5, bei Chelonia Midas und Ch. virgata 3, bei Chelonia
imbricata 2, bei dem Jüngern Exemplar von Emys europaea 2%, bei dem altern
Exemplar 1 '/g, bei Terrapene und Platemys nicht völlig 1, bei Emys lutaria l/j Linie.
Bei ihnen allen aber war seine Form rundlich: auch hing er bei allen durch einen
dichten und äusserst kurzen, aber ziemlich dicken Stiel ungefähr mit der Mitte des
Dünndarms zusammen. Bei Trionyx aegyptiacus war er eine Linie lang, ungefähr
halb so dick, walzenförmig, und äusserlich nur durch eine Einschnürung von dem
Darm geschieden. Wo er dem Darm aufsass, war dieser bei der jungen Platemys
zu einem zwar nur sehr kurzen, doch vcrhältnissmässig recht weilen Divertikel,
das einen abgestumpften Kegel darstellte, ausgesackt: bei den übrigen genannten
Schildkröten aber war eine solche Aussackung nicht zu bemerken. Die Wandung
des Dottersacks war im Verhältniss zu ihrem ganzen Umfange jedenfalls noch ziem-
lich dick. Von ihr gingen namentlich bei den Jungen von Emys europaea, Chelo-
nia und Sphargis dicke, zum Theil ziemlich hohe, verschiedentlich lange und hei-
nahe wie eine Halskrause, jedoch sehr unregelmässig hin und her gebogene Falten
nach innen hin. Ein zuverlässiges Resultat erhielt ich aus der Untersuchung dieser
Theile nur bei dem Jüngern Exemplar von Emys europaea, das wenige Stunden nach
seinem Tode in noch frischem Zustande darauf untersucht werden konnte. Ein je-
der solcher Theil, der eigentlich nur den Schein einer Falte an sich trug, bestand.
*) Bei den beiden untersuchlen jungen Exemplaren von Trionyx gangeticiis und der Tr. ocellatus wa-
ren schon früher fast alle Eingeweide ausgeschnitten worden : es blieb daher bei ihnen fraglich, ob auch sie
noch einen Doltersack enthalten hatten.
195
wie bei den Schlangen, in einem einfachen (in einer einzigen Ebne ausgebreiteten)
Netzwerke zarter Blutgefässe, dessen Maschen, weil sich der Dottersack schon in
der Rückbildung befand, säninitlich sehr klein waren, und dessen Fäden in dünnen
Scheiden eingeschlossen lagen, die von der Innern der beiden Häute des Doltersackes
gebildet waren. Alle Fäden dieses also theils aus Blutgefässen, theils aus deren
Scheiden zusammengesetzten Netzwerkes aber zeigten sich belegt mit einer ziemlich
dicken und ihnen fest anhaftenden Schichte von Dottersubstanz, so dass auch alle
Zwischenräume desselben von Dottersubstanz ausgcRillt waren. Die Masse des Dot-
ters selbst bestand zum grössten Theile aus kleinen Fettkugeln ohne besondre häu-
tige Hüllen, von denen einige rothgelb, andre weingelb, noch andre, doch in ei-
ner nur geringern Zahl, ganz farblos waren. Zwischen diesen Fettkugeln aber ka-
men noch andre vor, von denen jede deutlich eine häutige, doch nicht jedenfalls von
ihr völlig ausgefüllte besondre Hülle besass, wie auch ausserdem, doch nur sehr
sparsam , ganze Dotterzellen , die in ihrer Höhle eine sehr gerinnbare Flüssigkeit
und einen bis vier Fetttropfen einschlössen, von denen wieder ein jeder eine beson-
dre häutige Hülle hatte. Danach zu urtbeilen, geht also, während der Dotter auf-
gelöst und seine Bestandtheile in die ßlutwege aufgenommen werden, von den ein-
zelnen Dotterzellen zuerst die äussere Hülle nebst der gerinnbaren Flüssigkeit ver-
loren: demnächst aber wird die Hülle der einzelnen Fetttropfen verflüssigt, und erst
zuletzt wird auch das Fett zersetzt und fortgeführt.
§. 56. Die Leber und Milz boten bei den untersuchten, noch in der Ent-
wickelung begriffenen Schildkröten nichts Bemerkenswerthes weiter dar, als dass die
beiden Lappen der erstem zwar schon bei allen gehörig von einander geschieden,
doch bei den Embryonen von Chelonia und Testudo noch nicht so weit aus einan-
der gewichen waren, als bei den erwachsenen Exemplaren derselben Gattungen, so
dass demnach die Brücke , durch die sie mit einander in Verbindung standen , eine
verhältnissmässig viel geringere Länge hatte.
25*
196
Sechstes Kapitel.
Von den Athmungswer kzeugen.
§. 57. Der Kehlkopf bot nichts Bemerkenswerthes dar. Die Luftröhre
und ihre Aeste verhielten sich bei dem Embryo von Testudo in Hinsicht ihrer re-
lativen Länge zwar ähnlich, doch nicht ganz so, wie bei den erwachsenen Exem-
plaren von Testudo graeca. Der Stamm nämlich, der eine nur sehr geringe Länge
hatte, war verhältnissmässig noch kürzer, die Aeste hingegen waren noch länger,
als bei den erwachsenen Exemplaren dieser Schildkröte. Auch kamen in dem Stamme
nur 9 Knorpelringe vor, anstatt dass bei der erwachsenen Testudo graeca, nach ei-
ner von Meckel angestellten Zählung, der Stamm gegen 20 solche Ringe besitzt *).
In jedem Aste befanden sich 70 und einige Ringe. — Bei Trionyx aegyptiacus
waren die Aeste im Verhältniss zu dem Stamme zwar nicht so lang, wie bei den
Schildkröten aus der Gattung Testudo, doch viel länger, als bei denen aus andern
Gattungen. Unter einander aber hatten die beiden Aeste nicht eine gleiche Länge,
sondern der linke war beinahe noch einmal so lang, als der rechte, und in einem
starken Bogen nach aussen umgekrümmt. (Tab. IX, Fig. 5.) Dies jedoch waren
Verhältnisse, wie ich sie auch bei den erwachsenen Exemplaren der Gattung Trio-
nyx gefunden habe ~). Gleichfalls verhielten sich bei dem Embryo von Chelonia
und bei den Jungen von Chelonia, Emys und Terrapene der Stamm und die Aeste
der Luftröhre in Hinsicht ihrer Knorpelringe , wie ihrer relativen Länge und Weite
im Allgemeinen ähnlich, wie bei den Erwachsenen derselben Arten. Eben dasselbe
war wahrscheinlich auch der Fall bei der jungen Sphargis. Die Bildung aber, die
ich bei zwei Exemplaren dieses letztern Thieres an der Luftröhre bemerkte, war
1) Meckel's Syslem der vergl. Aoatomie. Till. VI, Seile 278.
^) Nach MessoDgeo, die ich hei altern Exemplaren von Trionyx an der Luftröhre anstellte, war -bei
Trionyx granosns der Stamm 1" 11'", der linke Ast 1" 9'", der rechte Ast 1" 2'", und bei Trionyx
ferox der Stamm 3" 10'", der linke Ast 3" V/^'", der rechte Ast 1" Vs"', und bei Trionyx subplanus
der Stamm 1 " 8 "', der linke Ast 1 " 5 "', der rechte Ast 8 "' lang. Fast der ganze Stamm und der
Anfang der Aeste lagen bei diesen und auch bei Jüngern Exemplaren nicht unfer der Speiseröhre, sondern
neben derselben, indem sie möglichst weit nach der rechten Seite des Halses hingedrängt waren, weshalb
denn der linke Ast, um zu seiner Lunge zu gelangen, einen längern Weg zurücklegen musste, als der rechte.
Beide Aeste verliefen übrigens, selbst wenn der Hals ganz ausgestreckt war, nicht ziemlich geradlinigt,
sondern unter einem Bogen, dessen convexe Seile nach innen und hinten gerichtet war, der linke Ast aber
unter einem viel stärker gekrümmten Bogen, als der rechte.
197
so durchaus abweichend von dem Baue andrer schon zergliederten Schildkröten, dass
ich sie ausrührlicher beschreiben will. (Tab. IX, Fig. 1.) Wie unter den Vögeln
bei Aptenodytes demersa und Procellaria glacialis, und unter den Säugethieren, nach
einer von Otto gemachten Entdeckung, bei Pedetes caffer *), kommt auch bei
Sphargis in dem Stamme der Luftröhre eine senkrechte Scheidewand vor, durch die
seine Höhle in zwei Seitenhälflen getheilt ist. Jedoch ist diese Wand verhältniss-
mässig kürzer, als bei den eben genannten Vögeln, indem sie von der Thcilungs-
stelle des Stammes in seine beiden Aestc nicht völlig bis zu dem zweiten Drittel
desselben hinreicht. An der Stelle, wo sie sich befindet, ist die Luftröhre von oben
und unten ein wenig abgeplattet und erscheint etwas breiter, als in ihrem übrigen
Theile. Dass aber die Scheidewand nicht etwa durch ein dichtes Beieinanderliegen,
oder durch eine Verwachsung der vordem Hälften der Luftröhrenäste bewirkt wor-
den war, davon habe ich mich hinreichend überzeugt. Von dem Kehlkopfe bis zu
dieser Scheidewand hin sind die Knorpelringe der Luftröhre ziemlich breit und dick :
in dem ganzen Abschnitte aber, in welchem sich die Scheidewand befindet, und an
welchem dieser gegenüber die obere und die untere Seite der Luftröhre eine schwa-
che Längsfurche bemerken lassen, sind die Ringe beinahe nur halb so breit und
ausserdem viel dünner. Auch sind nicht alle Ringe dieses Aischnittes , wie es an
denen des andern oder vordem Abschnittes der Fall ist, ganz vollständig und ge-
schlossen, sondern einige von ihnen erschienen nur als unterbrochene oder offene
Ringe, und sind mitunter an ihrem einen Ende in zwei kurze Aeste getheilt. Die
Scheidewand aber enthält eine einfache Reihe von senkrecht stehenden Knorpelstrei-
fen, und von diesen erscheinen die meisten als Strebepfeiler im Innern eben so vie-
ler ganzen Ringe, mit denen sie an ihren beiden Enden verschmolzen sind, die übri-
gen hingegen als ein mehr oder weniger einwärts gekrümmtes Endstück eben so
vieler offenen Ringe, so dass mitunter ein solcher Ring beinahe die Form einer ara-
bischen 9 erlangt hat. Uebrigens ist die Scheidewand ungefähr eben so dick, wie
die untere, hingegen etwas dünner, als die obere Wandung des Luftröhrenstammes,
und an ihrem vordem, sehr dünnen und nur häutigen Rande bogenförmig tief aus-
geschnitten *).
§. 58. Ueber die Lungen habe ich nur wenig anzuführen. Ihre Lage, Be-
festigung, Gestalt und innere Zusammensetzung verhielten sich schon bei den Em-
1) Meckel's System etc., Tbl. VI, Seite 361 bis 363 und Seile 405.
^) Biagi scheint in der Beschreibung, die er von der Sphargis gegeben hat, dir Scheidewand inner-
halb der Luftröhre nicht Erwähnung gethan zu haben. Wenigstens ist in dem Auszuge, den die Isis aus
den Bologner Annalen ertheilt bat (Jahrgang 1843, S. 542), darüber Nichts geäussert worden.
198
bryonen von Cbelonia und Testudo eben so, wie bei den Ervvacbsenen derselben
Gattungen. Ihr Umfang aber war verbältnissmässig viel kleiner, weil die Zellen-
räume ihrer Substanz im Allgemeinen eine verbältnissmässig viel geringere Grösse
hatten, weshalb denn auch die ganze Masse der Lungen viel fester war. Doch zeig-
ten sich bei dem Embryo von Cbelonia die Wände der einzelnen Zellenräume nicht
zusammengefallen, sondern standen massig weit von einander ab, und waren wabr-
sheinlich, als das Thier noch lebte, mit einer geringen Quantität einer klaren wäss-
rigen Flüssigkeit angerdllt'). Im Ganzen war bei diesem Embryo die Substanz der
Lungen lange nicht so fest und dicht, wie bei reifern Embryonen von Säugetbieren.
Dagegen hatten bei den Embryonen von Testudo die Lungen eine eben so grosse
Festigkeit, wie bei reifern Früchten von Säugetbieren, indess bei erwachsenen Exem-
plaren von Testudo die Lungen weniger fest und dicht sind, als bei den Seeschild-
kröten. Der Grund davon lag darin, dass fast alle ihre Zellenräume, namentlich die
nach der Oberfläche hin gelegnen kleinern, einzeln Tür sich betrachtet, so zusammen-
gezogen waren, dass ihre Wandungen sich beinahe durchaus berührten, daher auch
eine verbältnissmässig beträchtliche Dicke hatten. Sehr wahrscheinlich aber war die-
ser zusammengezogne und feste Zustand der Einwirkung eines ziemlich starken
Weingeistes, in dem der Embryo eine längere Zeit gelegen haben mochte, zuzu-
schreiben; denn in einem ähnlichen Zustande befanden sich auch alle seine übrigen
Eingeweide mit alleiniger Ausnahme des Magens.
Siebentes Kapitel.
Von den Harn- und Geschlechtswerkzeugen.
§. 59. Die Nieren hatten bei den reifern Embryonen und Jungen der Schild-
kröten eine ähnliche Gestalt, Lage und relative Grösse, wie bei den Erwachsenen.
Die Furchen und Erhöhungen aber, die besonders an der obern (dem Rücken zu-
gekehrten) Fläche dieser Organe vorkommen und ihr ein ähnliches Aussehen geben.
^) Bei fast reifen ScblaDgenembryoneD habe ich ia der Höhle der Luoge eine ziemlich grosse Quan-
tität von solcher Flüssigkeit gefanden. Siehe meine Enlwickelungsgeschichte der Natter, Seite 153.
199
wie es die Oberfläche des grossen Gehirns bei dem Menschen besitzt, schienen mir
um so bedeutender (nämlich die Furchen um so tiefer und die Erhöhungen um so
vorspringender) zu sein, je jünger eine Schildkröte war. Ihre Zahl schien bei den
Jungen nicht geringer, als bei den Alten zu sein. (Tab. IX, Fig. 7, d, Fig. 8, c,
Fig. 9, a.)
In Betreff der Harnblase hätte ich nur Angaben zu machen, die sich auf
noch nicht bekannte specifische Verschiedenheiten dieses Organs beziehen. Einfach
oval, überhaupt von einer ähnlichen Form, wie in der Gattung Chelonia, und dabei
nur massig gross, fand ich sie bei Sphargis coriacea und mehreren Arten von Trio-
nyx (namentlich bei Tr. aegyptiacus, gangeticus, ocellatus, subplanus und granosus).
Herzförmig aber, mit einer mehr oder weniger tiefen Einbuchtung an ihrem vordem
Ende und zugleich von einer bedeutendem Grösse, als bei jenen erstem Schildkröten,
traf ich sie an bei Pentonyx capensis, Platemys Spixii, Terrapene tricarinata und
Testudo mauritanica. — Gelegentlich will ich auch des Umstandes Erwähnung thun,
dass bei einer Tesludo mauritanica, deren Rückenschild eine Länge von 2" 5'" hatte,
die Harnblase zum grossen Theil von einem harten, aber zerreiblichen Concremente
angefüllt war, dessen Gewicht 2^/^ Gran betrug und das nach einer chemischen Un-
tersuchung, die von dem Herrn Apotheker Hensche zu Königsberg angestellt wurde,
fast nur allein aus Harnsäure bestand. Denn es wurden aus 1 V3 Gran des Con-
crements, nach der Methode von Fritzsche, mittelst concentrirter Schwefelsäure
1,30 Gran Harnsäure erhalten. Ammoniak Hess sich in ihm nicht auffinden. Sehr
auffallend musste die Gegenwart eines solchen Concrementes in der Harnblase sein,
da mit dieser die Harnleiter eben so wenig, wie bei andern Schildkröten, in einem
unmittelbaren Zusammenhange standen.
Sogenannte Afterblasen (Bursae anales, nach Bojanus), die sich gleichfalls,
wie die Harnblase, in die Kloake münden, fand ich unter den zergliederten jungem
Schildkröten nur allein bei Emys europaea und E. lutaria. Bei beiden waren sie,
wie die Harnblase, schon gehörig ausgebildet : namentlich war ihr Verhalten auch in
Hinsicht der Grösse schon ähnlich, wie bei den Erwachsenen.
§. 60. Von den Wolff'schen Körpern traf ich nicht blos bei den Em-
bryonen von Testudo und Chelonia, sondern auch bei mehrern jungen Schildkröten
noch bedeutende Ueberreste an. Bei dem Embryo von Chelonia waren diese Organe
langgestreckt, massig breit, ziemlich dick und gegen beide Enden, besonders aber
gegen das hintere, stark verschmälert. (Tab. IX, Fig. 7, e. e.) Nach vorne und
nach hinten gingen sie über die Nieren, mit deren unterer Fläche sie durch Zellge-
webe dicht verbunden waren, etwas hinaus, und ihr hinteres Ende selbst reichte
200
bis an die Kloake, indess die Nieren von der Kloake etwas abstanden. Dagegen
hatten sie eine merkwürdig grosse Breite bei dem Embryo von Testudo, waren da-
für aber nur sehr dünn und stellten zwei unregelmässig ovale Tafeln dar, die fast
so breit, als die JNieren waren, über die sie nach vorne etwas hinausgingen, indess
sie nach hinten sich nur eben so weit, wie jene Organe, erstreckten und die Kloake
nur mittelst ihrer Ausführungsgänge erreichten. (Tab. IX, Fig. 8, a.) Bei beiden
Embryonen aber bestanden sie der Hauptsache nach aus vielen sehr zarten , stark
geschlängelten und sehr nahe bei einander liegenden Kanälen, die in jedem dieser
Organe deutlich in einer Reihe hinter einander in einen ebenfalls nur dünnen , aber
viel festern Ausführungskanal übergingen, der neben einer sehr viel weitern Vene
an dem äussern Rande des Organes entlang lief, und hinten , neben dem Harnleiter
der Niere, in die Kloake überging. (Tab. 8, e.)
Auch bei allen jungen Schildkröten, welche in der Einleitung zu diesem Werke
namhaft gemacht worden sind, waren noch Reste der Wolff'schen Körper vorhan-
den , und es Hessen dieselben bei den meisten noch deutlich eine Zusammenzetzung
aus einem besondern Ausführungsgange und zarten geschlängelten Kanälen erkennen,
die in jenen Gang unter ziemlich rechten Winkeln ausliefen. Der Länge nach waren
sie meistens den Nieren gleich, mit deren unteren Fläche sie immer in einer innigen
und dichten Verbindung standen, und in ihrer Form hatten sie eine mehr oder we-
niger grosse Aehnlichkeit mit der oben beschriebenen eines Embryo's von Chelonia.
(Tab. IX, Fig. 9, c.) Im Allgemeinen aber waren sie um so schmäler und dünner,
je grössere Fortschritte die Jungen in ihrer Entwickelung gemacht hatten. Am
kleinsten fand ich sie bei dem weiblichen jungen Exemplar von Pentonyx capensis,
bei dem sie schon den Eierstöcken an Länge und Dicke nachstanden , auch ihre
Ausführungsgänge schon durch Resorption verloren hatten, und daher mit der Kloake
nicht mehr zusammenhingen.
§. 61. Die meisten jungen Schildkröten, welche ich einer Zergliederung unter-
werfen konnte, waren weiblichen Geschlechts. Ihre Eierstöcke waren langge-
streckt, mehr oder weniger spindelförmig, von zwei Seiten (vom Rücken und Bauche
her) mehr oder weniger abgeplattet, an der Oberfläche ganz glatt, und im Innern
dicht. In Verbindung standen sie durch eine äusserst schmale Falte des Bauchfelles
mit der untern Seite der Wolff'schen Körper, neben deren Innern Rändern sie ihre
Lage hatten. (Tab. IX, Fig. 7, g, Fig. 8, b.) Mit ihrem einen Ende hatten sie eine
Richtung nach vorn , mit dem andern nach hinten. Ihr Umfang war bei den am
meisten entwickelten Jungen zwar etwas, doch nicht um Vieles grösser, als bei den
reifern Embryonen. Eier konnte ich in ihnen deutlich nur bei Pentonyx capensis
201
erkennen. Uoberhaupt aber entstellen und reifen bei den Schildkröten die Eier al-
lem Anschein nach erst ziemlich spät: dafiir spricht auch der Umstand, dass ich
ihre Durchmesser bei einem Trionyx granosus, dessen Rumpf 3" 9'" lang war, höch-
stens nur Vio"S und bei einer Chelonia Midas, deren Rumpf eine Länge von 2' 3''
hatte, höchstens Vj'" gross fand. Eine durch Furchen und leistenartige Erhöhungen
hervorgebrachte Unebenheit , wie sie bei manchen Thieren , z. ß. bei den Vögeln
und Krokodilen, die gleichfalls dichte (nicht hohle) Eierstöcke besitzen, zu einer
gewissen Enlwickelungszeit an der untern Fläche dieser Organe vorkommt, ehe in
ihnen die Eier eine beträchtliche Grösse erlangt haben, ist weder bei Jüngern noch
bei altern Schildkröten jemals von mir bemerkt worden.
Die Eierleiter erschienen bei den reifern Embryonen als zwei etwas platt-
gedrückte Kanäle, die zwar viel dicker, als die AusRihrungsgänge der Wo 1 ff 'sehen
Körper waren, doch im Verhältniss zu dem ganzen Leibe eine nur geringe Dicke
hatten, indem sie selbst an ihrem hintern Ende darin kaum den Harnleitern gleich
kamen. (Tab. IX, Fig. 7, f, und Fig. 8, d.) Ihren Verlauf machten sie, wie bei
andern Thieren, am äussern Rande der Wo Iffschcn Körper neben den Ausführungs-
gängen dieser Körper, doch getrennt von ihnen, wenigstens in ibrem hintern Theile,
durch die beiden paarigen Venae renales advehentes. Angeheftet waren sie an die
Wol ff 'sehen Körper durch zwei sehr schmale Falten des Bauchfelles. Nach vorne
gingen sie über diese Organe weit hinaus , lagen vor denselben , eingehüllt vom
Bauchfell, dicht unter der Rückenwand des Leibes an dem äussern Rande der Lun-
gen, und verloren sich, immer dünner geworden, vor der Mitte der Rumpfliöhle in
dem Bauchfell. Windungen oder selbst nur stärkere Schlängelungen waren an ihnen
nicht vorhanden. — Im Ganzen eben so verhielten sie sich bei den Jungen ver-
schiedner Schildkröten, und hatten selbst bei denjenigen, welche in der Entwicke-
lung am weitesten vorgeschritten waren, eine verhältnissmässig nicht gar viel grössere
Dicke, als bei den Embryonen. Doch Hessen sie bei den Jungen sich nach vorne
etwas weiter verfolgen, und lagen bei denselben mit ihrer vordem Hälfte nicht ei-
gentlich am äussern Rande der Lungen, sondern vielmehr, weil sich die Lungen
beim Beginn der Athmung auch nach aussen oder seitwärts ausgedehnt hatten, über
diesen Organen. — Sogar bei den erwachsenen Exemplaren von Trionyx granosus
und Chelonia Midas, deren ich schon oben (in diesem Paragraphen) erwähnt habe,
fand ich die Eierleiter noch fast gerade gestreckt und von einer nur sehr geringen
Dicke. Bei der Chelonia waren sie selbst in der Nähe der Kloake nur etwas
über V2'" <iick.
§. 62. Die männlichen Exemplare junger Schildkröten, die ich auf ihre
26
202
Geschlechts Werkzeuge untersuchen konnte, gehörten den Arten Terrapene tricarinata,
Emys lutaria und Platemys Spixii an: auch war das jüngere Exemplar von Emys
europaea ein männliches.
Bei dem Jungen der ersten Art war der Hode sehr stark abgeplattet, besass
eine sehr ovale Form, und hatte im Verhältniss zu dem ganzen Leibe eine nur ge-
ringe Grösse. (Tab. IX, Fig. 9, e.) Eine ähnliche, aber etwas mehr gestreckte
Form hatte er auch bei der Emys europaea. Bei den andern Jungen war er unre-
gelmässig-spindelförmig , überhaupt in seiner Form ähnlich den Eierstöcken junger
Schildkröten, und verhältnissmässig etwas grösser. (Tab. IX, Fig 10, c.) In seiner
Lagerung und Befestigung aber verhielt er sich bei allen diesen Jungen ganz so,
wie der Eierstock bei andern jungen Schildkröten. Ob in ihm schon Samenkanäle
vorkamen, Hess sich, weil mit Ausnahme von Emys europaea die Thiere schon
Jahrelang im Weingeist gelegen hatten, nicht mehr entscheiden: doch auch bei jener
konnte ich kein Anzeichen von ihnen deutlich bemerken.
Von einem Kanäle, der iu seiner Beschaffenheit, seiner Lage und seinem Ver-
laufe dem Eierleiter weiblicher Exemplare ähnlich gewesen wäre, Hess sich nicht
die mindeste Spur a'uffinden. Kommt ein solcher auch bei den Schildkröten vor, wie
dies der Analogie nach wahrscheinlich sein dürfte, so wird er dem Obigen zufolge
schon früher, als das Junge sein Ei verlässt, vollständig aufgelöst, l) — Dagegen
fehlte bei keinem der männlichen Jungen der Ausführungsgang des Wolff'schen
Körpers, obgleich namentlich das Junge von Platemys in seiner Entwickelung weiter
gediehen war, als irgend eines der untersuchten weiblichen Jungen, mit Ausnahme
des von Pentonyx capensis: vielmehr hatte bei allen, besonders aber bei Platemys
Spixii, der Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers eine absolut und relativ be-
deutend grössere Dicke, als selbst bei denjenigen weiblichen Exemplaren, bei welchen
der Wolffsche Körper verhältnissmässig noch am grössten war. Dieserhalb aber
und weil von andern Wirbelthieren, namentlich den Schlangen, erwiesen ist, dass
bei den männHchen Exemplaren dieser Thiere der angeführte Gang zum Samen-
leiter wird, dürfte es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass auch bei den Schild-
kröten der Samenleiter der übrig gebliebene und weiter entwickelte Ausführungsgang
des Wolff'schen Körpers ist. — Der übrige oder derjenige Tbeil des Wolff'schen
Körpers, welcher der Hauptsache nach aus zarten gewundnen Kanälen besteht, war
bei der Terrapene und dem Jüngern Exemplar von Emys europaea noch beträchtlich
1) Wie bei der mäonlichen Natter das Analogen des Eierleiters allmählich schwindet, habe ich in
meiner Entwickelungsgescbichte dieser Schlange angegeben. (Seite'^lO und 211.)
203
gross. (Fig. 9, c.) Schon viel schmäler zeigte er sich bei Emys liilaria, und eine
noch geringere Breite hatte er hei Platemys Spixii. (Fig. 10, a.) Doch Hessen sich
in dcmsclhen auch hei der zuletzt genannten Schildkröte noch einige zarte gewundne
Kanäle erkennen, die, wie die eigenthilmlichcn Kanäle des Wo Iff'schen Körpers
andrer jungen Schildkröten, ehenfalls noch eine gelbliche Farbe hatten. In den Hoden
schienen diese Kanäle nicht überzugehen, doch liess sich darüber keine volle Gewiss-
heit erlangen. Das vordere spitz ausgezogene, und nur aus dem Ausführungsgange
bestehende Ende des Wolff'schen Körpers befand sich dicht am vordem Ende des
Hoden, das ebenfalls in eine Spitze auslief: doch gingen diese Enden der bei-
den Organe nicht in einander über, sondern lagen einander nur dicht an. (Fig. 10.)
Es Hess sich überhaupt also durch Beobachtungen kein Aufschluss gewinnen, wie
und woher sich hei den Schildkröten der Nebenhode bildet.
§. 63. Die Klitoris war bei den reifern Embryonen und Jungen im Verhält-
niss zu dem ganzen Leibe sehr viel grösser, dagegen dieRuthe um Vieles kleiner,
als bei den Erwachsenen. Ich muss daher es für sehr wahrscheinlich halten , dass
diese Geschlechtsglieder hei den männlichen und weiblichen Exemplaren der einzel-
nen Schildkrötenarten zu der Zeit , da sie das Ei verlassen , so ziemlich dieselbe
Grösse haben. Auch kommt dann , allem Anschein nach , bei den männlichen und
weiblichen Exemplaren der einzelnen Arten keine wesentliche Verschiedenheit in der
Form der genannten Organe vor.
Wie hinreichend bekannt, stellen bei den Schildkröten die Klitoris und die
Ruthe im Allgemeinen ein rinnenförmiges Organ dar. Nach den Untersuchungen
ferner, die Job. Müller über die Ruthe dieser Thiere angestellt hat, ist dieselbe
der Hauptsache nach aus zwei symmetrischen und neben einander liegenden fibrösen
Körpern zusammengesetzt, die zusammen eine Rinne bilden und sich an der Spitze
der Ruthe vereinigen. Der Anfangstheil dieser Rinne ist bekleidet von cavernöseni
Gewebe, und aus emem gleichen Gew ebe besteht auch die ganze Eichel : jenes und
dieses aber sind durch zwei venöse Kanäle, die zu beiden Seiten der Ruthenfurche
liegen, mit einander verbunden i). Die beiden venösen Kanäle setzen also mit dem
caverjlösen Gewebe einen Theil zusammen, der einem der Länge nach gespaltenen
Corpus cavernosum urethrae entspricht, wie es bei den Hypospadiaeen vorkommt.
Aehnlich beschaffen aber ist bei den Schildlcröten , so weit ich darüber aus eignen
Erfahrungen urlheilen kann, auch die Klitoris. Die Anschwellung nun, welche an
1) lieber verschiedne Typen in dein Bau der erectilen männlichen Geschlechtsorgane bei den strauss-
artigcn Vögeln etc. Berlin 1838. Seite 28 und 29
36'
204
dem Ende der Ruthe und der Klitoris eine gespaltene Eichel vorstellt, ist bei den
verschiednen Arten der Schildkröten gar sehr verschieden : auch ist die Verbindung
dieser Geschlechtsglieder mit der Wandung der Kloake nicht bei allen Arten gleich.
Was zuvörderst das letztere Verhältniss anbelangt, so sind von der Klitoris die
fibrösen Körper in der Regel so ziemlich ihrer ganzen Länge nach an die Kloake
angeheftet, oder gleichsam in die Wandung der Kloake eingefügt. Eine bedeutende
Ausnahme von dieser Regel aber findet sich bei der Sphargis vor: denn bei der-
selben ist die ansehnlich lange Klitoris nur an ihrer Wurzel mit der Kloake ver-
wachsen. (Tab. IX, Fig. 13.) Was aber anderseits die Eichel anbetrifft, so stellt
dieselbe sowohl an der Ruthe, als auch an der Klitoris, gewöhnlich zwei massig
lange, mehr oder weniger vorspringende, der Form nach ganz einfache und einander
symmetrische Anschwellungen dar, die kurz vor dem Ende der beiden fibrösen Kör-
per ihre Lage haben und an der Rinne des Gliedes mit einander verschmolzen sind.
(Tab. IX, Fig. 13 und 14, b.) Eine merkwürdige Abweichung von dieser Form
aber zeigt die Eichel in der Gattung Trionyx. Ihre beiden Seitenhälften nämlich
bilden hier zwei spindelförmige Wülste , von denen ein jeder an seinen beiden Enden
frei vorspringt. Die vordem freien Enden scheinen jedenfalls ziemlich lang zu sein:
die hintern freien Enden aber sind bei Trionyx ferox nur sehr kurz, bei Trionyx
granosus etwas länger, und bei Tr. ocellatus, Tr. subplanus und Tr. aegyptiacus
(Tab. IX, Fig. 1 5, b. b.), wie die vordem, ziemlich lang. In eine ähnliche Spitze
laufen aber auch die verschmolzenen Enden der fibrösen Körper des Geschlechts-
gliedes aus, und es entsteht dadurch der Schein, als endigte sich in der Gattung
Trionyx die Eichel mit drei Spitzen. (Fig. 10.) Endlich hätte ich noch zu bemerken,
dass ich bei einem männlichen Trionyx subplanus alle diese drei Spitzen, in welche
das Geschlechtsglied nach hinten auslief, nicht nach hinten gerichtet, sondern nach
oben und vorn umgebogen fand, dass hingegen bei andern Arten von Trionyx
die erwähnten drei Spitzen eine gerade Richtung nach hinten hatten.
205
Achtes Kapitel.
Von eigenthüjiilichen drüsenartigen Organen der RumplliÖlile.
64. In den Gegenden, wo bei den Schildkröten die Flügel des Bauchschildes
an die Rückenwaiid des Leibes befestigt, oder doch gegen dieselbe hingekehrt sind,
liegen bei mchrern von diesen Thieren, welchen Geschlechtes sie auch sein mögen,
2 oder 4 blasenartige, oder schlauchrdrmige Drüsen, die sich durch eben so viele
besondre Ausrührungsgänge au der Bauchseite des Rumpfes münden. Bei dem Ab-
trennen des Bauchschildes werden sie öfters zerstört, und thcils deshalb, theils auch
weil sie eine sehr versteckte Lage haben , sind sie bisher ganz übersehen worden :
wenigstens ist mir nicht bekaiuit, dass ihrer schon in irgend einer Schrift Erwäh-
nung geschehen ist. Mir selber fielen sie zuerst bei Pentonyx capensis auf, und
dies geschab, nachdem ich bereits die n^eisten jungen und erwachsenen Schildkröten,
über welche ich frei verfügen konnte, völlig zergliedert hatte, weshalb ich nun ge-
nöthigt bin , mich bei meinen Angaben über die in Rede stehenden Organe nur auf
wenige Arten dieser Thiere beschränken zu müssen. Gesehen habe ich dieselben
bei Pentonyx capensis, Trionyx subplanus, Emys lutaria, Em. europaea, Chelonia Mi-
das, Chelonia imbricata und Sphargis coriacea. Mündungen ihrer AusPührungsgänge
aber habe ich unter den Schildkröten des von mir dirigirten zoologischen Museums,
die ich nicht zergliedern durfte, bei Cistudo amboinensis, Emys punctularia, Emys
Picquotii, Trionyx japonicus und Tr. ocellatus bemerkt. Dagegen konnte ich keine
solche Mündungen bei Testudo geometrica, Test, mauritanica, Terrapene tricarinata
und Terrapene pensylvanica auffinden. Hieraus jedoch mag ich noch nicht folgern,
dass bei den zuletzt genannten Arten die Drüsen fehlen : denn es liegen, wie ich bei
andern Arten bemerkt habe, die Mündungen derselben mitunter so versteckt, oder
sind bei nur geringer Grösse durch das Sekret derselben so verklebt, dass sie sich
nur auffinden lassen, wenn man mit dem Messer die Ausführungsgänge verfolgt. —
Zwei Paar Drüsen habe ich gesehen bei Chelonia Midas, Ch. imbricata, Trionyx sub-
planus und Pentonyx capensis, nur ein Paar aber bei Emys europaea, Em. lutaria und
Sphargis coriacea, obgleich ich bei ihnen nach einem zweiten Paare aufmerksam
gesucht habe.
§. 65. Es liegen die jetzt zu beschreibenden Drüsen, vertheilt auf beide Sei-
tenhälften des Körpers, ausserhalb des Bauchfelles und der Fascia superficialis interna
der Rurapiliöhle, so jedoch, dass sie an ihrer Innern Seite von der genannten Fascie
206
bekleidet sind. Auch gehen über diese ihre innere Seite, wenn sie eine längliche
Form haben, Intercostalgefasse und ein Intercostalnerve hinweg, um sich weiter ge-
gen den Rand des Rückenschildes und zu der Bauchseite des Rumpfes zu begeben.
Mit ihrer äussern Seite aber liegen sie entweder nur den Rippen, oder auch, wenn
nämlich zwischen den Rippen Zwischenräume vorkommen , ausserdem noch dem Un-
terhaut-Bindegewebe des Rückens an. Ferner liegen sie unter dem Rücken möglichst
weit nach aussen hin, so dass, wenn zwei Paare vorkommen, das vordere Paar an
die Musculi pectorales minores, das hintere Paar an die Muse, obliqui abdominis,
wo diese Muskeln vom Rücken ihren Ursprung nehmen, dicht angrenzt, wenn aber
nur ein Paar vorhanden ist, dieses an die Muse, pectorales minores angrenzt. In
Hinsicht ihrer Vertheilung und Ausbreitung verhalten sie sich je nach den Gattun-
gen der Schildkröten etwas verschieden. In der Gattung Trionyx liegen die beiden
Drüsen einer jeden Seilenhälfte ziemlich nahe bei einander, namentlich bei Trionyx
subplanus ungefähr in der Mitte der Rumpfhöhle gegenüber dem Zwischenraum zwi-
schen den beiden einander benachbarten Flügeln des Bauchschildes, oder, näher noch
angegeben, zwischen den Enden der vierten und Pünften Rippe. Gleichfalls liegen
sie bei Pentonyx capensis nahe bei einander, und zwar zwischen den Flügeln des
Bauehschildes, die hier weit nach oben hinaufreichen, unterhalb der Enden der zwei-
ten bis sechsten Rippe. Bei andern Schildkröten aber liegen sie viel weiter aus-
einander, nämlich die vordere Drüse vor dem vordem, die hintere Drüse hinter dem
hintern Flügel des Bauehschildes, so dass in dem Falle, dass die Rippen an ihrem
äussern Ende nur schmal sind, die vordem zwischen der zweiten und vierten, die
hintere zwischen der sechsten und achten Rippe ihre Lage hat. Eine solche Lage-
rung der Drüsen fand ich namentlich bei Chelonia Midas und Chel. imbricata.
Der Form nach fand ich die Drüsen bei Trionyx subplanus völlig kugelrund,
bei Emys lutaria und Em. europaea beinahe bohnenförmig, bei Pentonyx capensis
kurz -oval und von zwei Seiten ein wenig abgeplattet, in der Gattung Chelonia läng-
lich-oval oder ellipsoidisch , von aussen und innen ziemlich stark abgeplattet, und
mit dem einen Ende nach vorn, mit dem andern nach hinten gerichtet (Tab. V,
Fig. 1, i.i. ), bei Sphargis coriacea beinahe von der Form eines Kartenherzens und
massig stark abgeplattet. (Tab. IX, Fig. 3.) — Verhältnissmässig am grössten
fand ich diese Orgaue bei der Sphargis, denn bei einem Exemplar, dessen Rücken
eine Länge von l'^ji" hatte, waren sie 5"' lang: demnächst aber besass Pentonyx
capensis die grössten Drüsen: denn bei einem Exemplar dieses Thieres, dessen
Rückenschild 1" 3'" lang war, hatte eine jede der 4 Drüsen etwas mehr, als 3'"
Länge. Am kleinsten dagegen fand ich sie bei Trionyx subplanus: denn bei einem
207
Exemplar, dessen Rücken eine Länge von 3" 11'" hatte, betrug die Achse einer
jeden kaum nur 1 '/j '"•
Wie schon erwähnt, kann man diese Organe schlauchförmig oder blasenförmig
nennen. In der Wandung derselben nun aber lassen sich 3 verschiedene Schichten
unterscheiden. Die äusserste Schicht besteht sehr deutlich aus quergestreiften Mus-
kelfasern, von denen die oberflächlichsten einen convergirenden Verlauf gegen den
Ausführungsgang haben und eine ziemlich zusammenhängende Lage ausmachen, die
liefern aber sich mit jenen unter verschiedenen Winkeln kreuzen. Ziemlich dick,
wie überhaupt am dicksten, wurde diese äusserste Schiebte bei Trionyx subplanus
und Pentonyx capensis gefunden, hingegen nur sehr dünn bei Emys lutaria i). Die
mittlere Schicht besteht aus Bindegewebe, die innerste aber ist eine nur wenig dicke
Scbleimliaut mit einem Plattenepitbeliura. Bei manchen Schildkröten, namentlich bei
den Seeschildkröten, desgleichen in der Gattung Trionyx und bei Emys europaea
sbd die beiden letztern Häute weisslich oder gelblichweiss , bei Emys lutaria aber
ist die innerste dunkelbraun, die mittlere etwas grau, und bei Pentonyx capensis
sind beide, besonders aber die mittlere, reichlich mit schwarzen theils rundlichen,
theils sternrdrmigen Pigmentzellen versehen, und deshalb von beinahe ganz schwar-
zer Farbe. Verschieden auch verhält sich die innerste Haut dieser Drüsen in Hin-
sicht ihrer Ausbreitung. Bei Emys lutaria und Em. europaea ist sie ganz glatt und
eben, bei Trionyx subplanus mit einigen wenigen sichelförmigen und nur niedrigen
Falten versehen. Bei andern Schildkröten aber hat sie Falten geschlagen, die in
einander so übergehen, dass sie Maschenräume umschliessen und dem Innern der
Drüsen ein ähnliches Ausseben geben, wie es die Lungen der Amphibien darbieten.
Bei Pentonyx capensis sind viele von diesen Räumen ziemlich weit und ziemlich tief,
indess andre, die von niedrigem und überhaupt viel zartem Falten gebildet worden
sind, innerhalb jener grossem vorkommen: im Ganzen aber verhalten sie sich so,
dass in der Mitte jeder Drüse noch eine verhältnissmässig recht grosse freie Höhle
übrig bleibt. Bei den Seeschildkröten hingegen ist in der Mitte der einzelnen Drü-
sen eine solche freie Höhle kaum noch zu bemerken: vielmehr ist bei ihnen aus
der Wandung der Drüsen durch Bildung immer neuer Falten ein ähnliches sehr eng-
maschiges, sehr zusammengesetztes und beinahe schwammartiges Gewebe entwickelt
worden, wie es bei ebendenselben Schildkröten die Lungen gewahr werden lassen.
') Ohne Zweifel enthalten die Driisen zu verschiednen Zeiten eine verschiedentlich grosse Menge ih-
res Sekretes, und danach wird dann auch ihr Umfang und die Dicke ihrer Wandung veränderlich sein ; hier-
auf aber konnte ich in den obigen Angaben natürlich nicht Rücksicht nehmen.
208
Von jeder der beschriebnen Drüsen geht ein sehr enger, dünnwandiger und
massig langer Ausfilhrungsgang nach unten hin, um sich an der Oberfläche des Lei-
bes zu münden. Auf seinem Wege schlägt er sich bei denjenigen Schildkröten,
bei welchen die Flügel des Bauchschildes das Rückenschild erreicht haben, bogen-
förmig um den Rand des ihm zunächst gelegenen Flügels herum, doch nicht bei
allen diesen Schildkröten um den gleichen Rand. Bei Pentonyx nämlich laufen in
jeder Seitenhälfte die Gänge der beiden Drüsen zwischen den beiden Flügeln des
Bauchschildes hindurch: dagegen nehmen sie in den Gattungen Emys und Chelonia
jederseits die Flügel des Bauchschildes zwischen sich , und sind in diesem letztern
Falle mitunter (namentlich in der Gattung Chelonia) länger, als in dem erstem.
Bei Sphargis coriacea aber, deren Bauchschild nur sehr kurze Flügel besitzt, liegen
sie von denselben weit entfernt, verlaufen auch nicht bogenförmig, sondern ziemlich
gerade, und haben eine noch geringere Länge, als selbst bei Pentonyx capensis. —
Die Mündungen der Ausfiihrungsgänge sind entweder rundlich oder spaltförmig, je-
denfalls aber nur sehr enge und daher nur bei einem genauem Nachsuchen aufzu-
finden. Verbal tnissmässig am grössten habe ich sie bei Pentonyx capensis gefunden.
Was ihre Lage anbelangt, so befinden sie sich in der Gattung Trionyx in einer
massig grossen Entfernung von den Seitenrändern des Rumpfes an der ganz platten
und ebnen Fläche, die jederseits zwichen dem Vorderbein und Hinterbein unter den
Flügeln des Bauchschildes von dem dickem Theile der Hautbedeckung gebildet wird,
liegen jederseits näher bei einander, als bei andern Schildkröten, und sind leicht
aufzufinden. In den Gattungen Cistudo, Emys und Pentonyx liegen die Mündimgen
der hintern Drüsen unter den hornigen Marginalplatten des achten Paares , die Mün-
dungen der vordem aber entweder unter den Marginalplatten des dritten Paares , so
bei Emys Picquotii, Emys punctularia und E. lutaria, oder unter denen des vierten
Paares, wie namentlich bei Cistudo amboinensis und Pentonyx capensis , jedoch nur
höchst selten in diesen Platten selbst, was der Fall an den Mündungen der hintern
Drüsen bei Emys punctularia ist, sondern etwas weiter nach innen gegen die Beine
entweder in einem kleinern unregelraässig dreiseitigen Schildchen (Cistudo), oder in
der weichem, die Beine umgebenden Haut. Auch in der Gattung Chelonia liegen
sie etwas nach innen von den hornigen Marginalplatten des vierten und achten Paares,
aber ganz versteckt zwischen den kleinen Hornplatten, die in diesen Gegenden vor-
kommen. Ganz versteckt auch liegen sie in einiger Entfernung von den Seiten-
rändern des Rumpfes bei Sphargis coriacea, hier aber zwischen den kleinen warzen-
förmigen Erhöhungen , mit denen der Rumpf sowohl an seiner obern , als auch an
seiner untern Seite dicht besetzt ist.
209
Im Innern der Drüsen bemerkte ich bei verschiednen Schildkrölen, die schon
eine längere Zeit in Weingeist au(1)c\vahrt waren, eine Flüssigkeit, die in Hinsicht
der Consistenz mehr oder weniger einer massig dicklichen Sahne ähnlich , doch
meistens auch mit kleinen weichen und unregelraässig geformten Körnern gemischt war,
und eine mehr oder weniger weisse oder gelbliche Farbe hatte. Bei einer jungen
Chelonia Midas aber befand sich statt jener Körner in allen 4 Drüsen , abgelagert
an einer Stelle, eine massig grosse Masse einer starren, spröden, fast farblosen und
halbdurchsichtigen Substanz, die sich wie ein fast ausgetrockneter Leim ausnahm,
und ohne Zweifel eben so , wie jene erst erwäluiten weichen Körner bei andern Schild-
kröten nur ein durch den Weingeist bewirkter und sehr erstarrter Niederschlag war.
§. 66. Wozu die beschriebenen Drüsen dienen mögen, darüber kann ich nicht
einmal eine blosse Verrauthung äussern, will aber in dem Folgenden angeben, wozu
sie wohl nicht dienen dürften. Bekanntermassen kommen, abgesehen von den Ba-
trachiern, auch bei vielen andern Amphibien Drüsen vor, die sich an der Oberfläche
des Körpers münden, aber je nach den Familien und Ordnungen dieser Thiere in
sehr verschiedenen Gegenden des Körpers ihre Lage haben. Bei den Krokodilen be-
finden sich solche Organe an der Kehle i), bei vielen andern Sauriern an der innern
Fläche der Hinterschenkel, bei den Schlangen und Blindschleichen in der Wurzel
des Schwanzes. Zum Einsalben und Schlüpfrigmachen der Hautbedeckung aber kann
ihr Sekret, sowohl bei allen diesen Amphibien, als auch bei den Schildkröten, nicht
dienen, weil nämlich, nach der Grösse der Drüsen zu schliesen, davon im Ganzen
nur wenig bereitet wird, weil ferner alle diese Drüsen sich nur an der untern Seite
des Körpers münden, der Rücken also von der Flüssigkeit derselben nicht erreicht
werden kann, weil ausserdem bei den Schlangen und Eidechsen wegen der Lage
ihrer Drüsen von dem Sekret derselben auch nicht die Bauchseite des Rumpfes be-
feuchtet werden kann, und weil ohnehin bei der Mehrzahl der genannten Amphibien
die Haut zumal der Bauchseite so überaus glatt ist, dass sie keiner Befeuchtung
bedürfte, um bei der Ortsbewegung des Thieres das Hingleiten des Leibes über den
Boden zu begünstigen. Andrerseits aber ist es von mehrern jener Amphibien bereits
bekannt, dass das Sekret ihrer so eben erwähnten Drüsen einen starken Geruch
verbreitet, so bei den Krokodilen einen moschusartigen, bei den Schlangen aber
einen ganz eigenthümlichen und für den Menschen sehr widerlichen. Aus diesem
Grunde sprach ich daher vor einigen Jahren die Vermuthung aus, dass für diese
Thiere das Sekret ihrer Drüsen den Zweck haben dürfte, unter den gewöhnlichen
') Auch bei Cistudo amboinensis kommen an der Kehle zwei SpaltöETauagen vor : diese aber rühren
nur in zwei sehr kleine Höhlen, am die einige kleine Driisenbälge bernmliegeD.
27
210
•
Lebensverhältnissen dazu beizutragen, dass sich die Geschlechter einander aufsuchen
könnten '). Und eben denselben Zweck war ich geneigt, auch von den hier be-
schriebenen Drüsen der Schildkröten zu vermuthen. Aber als völlig unstatthaft ergab
sich diese Vermuthung, als ich ein erwachsenes weibliches Exemplar von Emys eu-
ropaea, das in seinen Ovarien sehr grosse und zum Abgehen ziemlich reife Eier
trug, in den ersten Tagen des Juni, bald nachdem es getödtet worden, untersuchte,
zu einer Jahreszeit also , da diese Thiere brünstig sind. Denn statt bei ihm die
Drüsen in einem Zustande von Turgescenz anzutreffen, wie ich erwartet hatte,
waren sie gegentheils so auffallend klein , dass ich sie nur mit Mühe finden konnte.
Eine jede nämlich war nur 3 Linien lang, und es verhielt sich ihre Länge, die 1 V3
Linie betrug , zu der des ganzen Rückenschildes wie 1 : 25 , anstatt dass bei dem
jüngsten Exemplar von Emys europaea, das ich zergliedern konnte, und das in der
Einleitung unter Nr. 3 aufgeführt worden ist, sich dieses Verbältniss beinahe wie
1 : 9 herausstellte. Auch enthielten die Drüsen bei jenem Exemplar nur eine sehr
geringe Menge einer fast wässrigen Flüssigkeit, indess sie bei diesem von einem
milchweissen dicklichen Sekrete strotzten. •
Neuntes Kapitel.
Von dem Gefässsystem.
§. 67. Das Herz fand ich nicht blos bei den untersuchten jungen Schild-
kröten, sondern auch bei dem Embryo von Chelonia mit seiner Spitze durch ein
kurzes und recht dickes fibröses Band an den Herzbeutel angeheftet. Dagegen Hess
sich bei dem Embryo von Testudo keine Spur von einem solchen Bande auffinden.
Noch andre dergleichen Bänder, wie sie bei erwachsenen Schildkröten zwischen den
beiden genannten Körpertheilen vorzukommen pflegen, fehlten bei den Embryonen
und Jungen gänzlich. — Die äussere Form des Herzens verhielt sich ähnlich, wie
bei den Erwachsenen: nur schienen mir bei dem Embryo von Chelonia sowohl die
Vorkammern, als auch die Kammer im Verbältniss zu ihrer Länge etwas weniger
breit zu sein, als bei den Erwachsenen. In der dünnen Scheidewand der Vorkam-
mern befand sich bei dem Embryo von Tesludo eine rundliche, dem Foramen ovale
der Säugethiere entsprechende Oetfnung, deren Durchmesser ungefähr halb so gross
*) Entwickelungsgeschiclie der Natter, Königsberg 1839. S. 161.
211
war, als die der ganzen Scheidewand, und die also eine ansehnliche Grösse hatte.
Linkerseits vom hintern Rande derselben und in der Nähe der Herzkammer gring
eine halbmondförmige Klappe ab , die wegen ihrer nur geringen Breite nicht einmal
das iiintere Drittel dieser OefTnung bedecken konnte und auch sehr dünn war. Bei
dem Embrj'o von Chelonia lag die Oellnung der Scheidewand weiter nach vorne,
und stellte einen von oben nach unten verlaufenden , ziemlich langen und ein wenig
bogenrdrmig gekrümmten Schlitz dar, der mit seiner Convexität nach vorne gekehrt
war und eine nur massig grosse Breite hatte. Ein dicht hinter ihr von der Scheide-
wand ausgehender und langer, wiewohl nur schmaler klappenartiger Vorsprung konnte
sie von der linken Seite her verschliesseu : ein solcher um sie herumgehender Wulst
aber, wie er bei den Säugethieren an dem Foramen ovale vorkommt, fehlte sowohl
bei diesem Embryo, als auch bei dem von Testudo. — Bei dem Jüngern Exemplar
von Sphargis bemerkte ich an der Stelle jener spaltförmigen Oeifnung nur noch ein
äusserst kleines rundliches Löchelchen. Bei den Jungen von Platemys, Chelonia,
Emys europaea, Em. lutaria, Trionyx gangeticus, Tr. aegyptiacus und Tr. ocellatus
war die Scheidewand der Vorkammern schon völlig geschlossen: auch Hess sich bei
ihnen nicht mehr erkennen, wo sich früher in der Scheidewand eine Oeifnung be-
funden hatte. — Die Klappe , die bei den erwachsenen Schildkröten an derjenigen
Oeifnung vorkommt, durch welche sich alle Körpervenen in die rechte Vorkammer
münden, mit der Eustachischen Klappe des Menschen verglichen werden kann, und
jene Mündung von vorne her überdeckt, war selbst bei den Embryonen von Che-
lonia und Testudo schon völlig ausgebildet. Eben dasselbe war der Fall auch in
Betreff der unvollständig bleibenden Scheidewand der Herzkammern.
§. 68. Die Lungenarterie und dieAorta verhielten sich im Allgemeinen,
wie bei den Er\vacbsenen. Nur war eine Verschiedenheit in der Weite der beiden
Aortenbogen bei dem Embryo von Testudo noch gar nicht bemerkbar, bei den übri-
gen in der Entwickelung begriffenen Schildkröten zwar schon vorhanden, doch weniger
auffallend, zumal bei dem Embryo von Chelonia und den Jungen von Sphargis.
(Tab. IX, Fig 4.) Die Arteria coeliaca ging bei diesen letztern von dem linken
Bogen erst da ab, wo er sich mit dem rechten zu der Aorta abdominalis verband,
bei dem Embrjo und den Jungen von Chelonia, wie auch bei dem Embryo von
Testudo ein wenig weiter nach vorne, und noch viel weiter nach vorne bei den
beiden Jungen von Erays europaea, doch nicht verhältnissmässig so weit, wie bei
den Erwachsenen. Auch war bei den beiden zuletzt genannten jungen Thieren und
dem Embryo von Testudo der hintere oder derjenige Theil des linken Aortenbogens,
welcher sich hinter dem Ursprung der Art. coeliaca befand, im Verhältniss zu
212
dem übrigen Theile nicht in so bedeutendem Grade dünner, wie bei den Erwachsenen
derselben Arten. Die beiden Botallischen G ä n g e waren bei allen jungen Schild-
kröten deutlich vorhanden (Tab. IX, Fig. 4, k. k.), aber auch schon grösstentheils
oder selbst völlig verschlossen. — Die Arteria oraphalo-mesenterica, die der
Norm gemäss in die Art. mesenterica überging, kam bei dem Embryo und den Jun-
gen von Chelonia, wie auch bei den beiden Exemplaren von Sphargis und dem Jün-
gern Exemplar von Emys europaea von dem Dottersacke mit 2 gleich starken Aesten
her, die dann den Dünndarm, wo er mit dem Dottersack zuzammenhing, von beiden
Seiten umfassten, und von hier aus noch eine ziemlich grosse Strecke in dem Ge-
kröse verliefen, ehe sie zusammenflössen Und sich mit dem genannten Stamme ver-
banden. Bei dem Embryo von Testudo aber konnte ich nur eine einfache Arterie
der Art erkennen, vermuthe jedoch, dass sie auch bei ihm gedoppelt war. Schon
völlig resorbirt war dies Gefiiss bei den Jungen von Terrapene , Platemys, Trionyx
und Pentonyx. — Die Arteriae umbilicales verliefen bei dem Embryo von
Chelonia nicht sowohl zu beiden Seiten der Harnblase, als vielmehr unter derselben,
also zwischen ihr und der Bauchwandung zu beiden Seiten der Mittelebne des Kör-
pers in einer nur massig grossen Entfernung von einander. Auch bei dem Jüngern
Exemplar von Emys europaea, bei dem übrigens die rechte ungerähr um ein Drittel
weiter, als die linke war, lagen sie fast ihrer ganzen Länge nach unter der Harn-
blase, dabei aber im Ganzen ziemlich weit von einander entfernt. Bei den jungen
Sphargis verlief die rechte Arterie neben der Harnblase: die linke aber ging auf
eine höchst abweichende Weise unter dem hintern Drittel der Blase schräge nach
rechts und vorne hin, und lief dann zwischen der rechten Arterie und der Blase
weiter nach vorne fort. Bei dem Embryo von Testudo verliefen sie ähnlich , wie
bei den Säugethieren , zu beiden Seiten der Harnblase. Bei den Jungen von Che-
lonia Midas, Ch. virgata, Emys lutaria, dem altern Exemplar von Em. europaea und
bei Platemys waren die Nabelarterien grösstentheils oder auch selbst gänzlich ver-
schwunden.
§. 69. Von den beiden Cardinalvenen, die ich bei sehr jungen Embryonen
der Emys europaea bemerkt hatte, war bei den fast reifen Embryonen der Chelonia
und Testudo so wenig, wie bei jungen Schildkröten, eine Spur mehr zu bemerken.
Dagegen boten alle grössern Körpervenen, so weit ich sie bei Thieren, die schon
längere Zeit im Weingeist gelegen hatten, verfolgen konnte, dieselben Verhältnisse,
wie bei den Erwachsenen dar. — Die Vena omphalo-mesenterica ging ganz
in der Nähe der Pfortader in die Vena mesenterica über, und war nicht blos bei
den Embryonen von Testudo und Chelonia, sondern auch bei dem Jüngern Exemplar der
213
Sphargis noch ziemlich weit, hingegen bei dem altern Exemplar und bei den Jungen von
Chelonia und Emys europaea von einer nur unbedeutenden Weite. Bei den übrigen jun-
gen Schildkröten Hess sich von ihr gar keine Spur mehr auffinden. — Von der Nabel-
gegend aus verlief nicht blos bei dem Embryo von Chelonia, sondern auch bei den
Jungen von Chelonia und Sphargis, eine ansehnlich weite Vene auf der Bauchwand
zur untern Fläche des linken Leberlappens, und schloss sich in massig grosser Ent-
fernung von dem vordem Rande desselben ganz deutlich der Vena hepatica dieses
Lappens an. Wohl ohne Zweifel war dies die Vena umbilicalis, Tür die dann
also ein besondrer Ductus venosus fehlte. Nach eben demselben Lappen geht aber
auch bei den erwachsenen Schildkröten eine Vene, die in der linken Seitenhälfte des
Körpers von dem hintern Beine und dem Becken herkommt, auf der Bauchwand ihren
Verlauf macht, in die linke Vena hepatica eindringt, und von Bojanus die linke Nabel-
vene genannt worden ist. Ich möchte daher sehr vermuthen, dass diese Körpervene
bei den Embryonen der Schildkröten zu der eigentlichen Nabelvene in dem Verhält-
nisse eines Astes zu seinem Stamme steht. Bei dem Embrjo von Testudo liess sich
keine Vene auffinden, die von dem Nabel aus zu dem linken Leberlappen gegangen
wäre: wohl aber traf ich bei ihm einen massig breiten und stark abgeplatteten haut-
artigen Streifen an, der links von dem Dottersacke durch die Nabelöffnung in die
Bauchhöhle drang, auf der Bauchwandung liegend eine massig grosse Strecke nach
vorne verlief, und sich dann unter einem sehr spitzen Winkel in zwei Aeste theilte,
die in die Brücke übergingen, welche die beiden Leberlappen mit einander verband.
Auch nach einem mehrere Tage fortgesetzten Aufweichen dieses Streifens im Wasser
konnte ich nicht ausflndig machen, ob er im Linern der Länge nach hohl war: in-
dess will es mir wegen seiner Lage und Verbindung als wahrscheinlich vorkommen,
dass er die Vena umbilicalis war, die nebst dem in ihr enthaltenen Blute durch eine
sehr lange Einwirkung des Weingeistes eine starke Verdichtung und Erhärtung er-
litten hatte.
8. 70. Wie bei andern Wirbelthieren , sendet auch bei den Schildkröten das
Herz anfänglich nur einen einzigen Gefässstamm aus , und die Aeste dieses Stammes,
einfache, in mehrern Paaren vorkommende Kanäle, die bogenPörmig in den Seiten-
wänden des Halses und Kopfes aufsteigen, vereinigen sich noch innerhalb des Halses
wieder zu einem Stamme, und zwar in der Art, dass dieser Stamm, oder die Aorte,
in dem Halse gleichsam mit zwei einander gleichen Wurzeln seinen Anfang nimmt.
Dagegen sendet bei den erwachsenen Schildkröten das Herz zwei Gefässstämme aus,
von denen der eine als Arteria pulmonalis durch zwei Aeste den Lungen Blut zu-
führt, der andre, die Aorta, sich in zwei lange bogenförmige Aeste theilt, die zu
214
beiden Seiten der Speiseröhre nach dem Rücken aufsteigen, dann aber ungefähr in
der Mitte des Rumpfes, also weit hinter dem Halse, sich zu einer Aorta abdomi-
nalis vereinigen. Auch sind diese beiden Wurzeln der Aorta nicht, wie in sehr jun-
gen Embryonen, in ihrem Verhalten einander gleich, sondern von einander sehr ver-
schieden, indem die rechte einen starken Gefässstamm aussendet, der sich in zwei
gleiche Aeste theilt, von denen ein jeder sich in eine Carotis und Arteria subclavia
spaltet, hingegen die gewöhnlich dünnere linke Wurzel in einiger Entfernung von
der Stelle, wo sie mit der rechten vereinigt ist, die Arterien für den Magen, den
Darm und die Leber abgiebt. Auf welchen Vorgängen nun die Umwandlung jener
frühern, nur bei sehr jungen Embryonen vorkommenden Form des arteriellen Systems
in diese letztern, bei den erwachsenen Schildkröten wahrnehmbaren beruht, wäre
zwar noch erst durch anatomische Untersuchungen zu ermitteln, doch lässt sich unter
Berücksichtigung der Beobachtungen, welche von Bär am Hühnchen, und ich an der
Natter und an Säugethieren über die Metamorphose des arteriellen Systemes gemacht ha-
ben, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass bei den Schildkröten die fragliche
Umwandlung dieses Systemes in folgender Weise vor sich gehen werde. Aus einem
jeden der Gefässbogen des hintersten oder fünften Paares wächst ungefähr an der
Mitte desselben, bald nachdem die Lungen entstanden sind , für die ihm benachbarte
Lunge ein Ast hervor, und es bildet sich darauf die untere Hälfte des Bogens zu-
sammen mit diesem Aste zu einem Aste der Lungenarterie, die obere Hälfte aber,
diejenige also, welche mit einem Bogen des vierten Paares im Zusammenhange
steht, zu einem Ductus arteriosus aus. Zugleich spaltet sich der Stamm, von wel-
chem säramtliche Gefässbogen ausgehen, von einem Punkte aus, der zwischen dem
Bogen des vierten und fünften Paares liegt, seiner ganzen Länge nach, so dass für
das fünfte Paar ein besonderer Stamm entsteht, der sich als den Stamm der Lungen-
arterie darstellt. Die Gefässbogen des ersten und zweiten Paares vergehen, mit Aus-
nahme ihrer Anastomosen. Ihre unteren Anastomosen aber, nebst den zunächst hinter
ihnen gelegnen, welche sich zwischen dem zweiten und dritten Bogenpaar befinden,
entwickeln sich zu den Gesichts-Carotiden (Carotides faciales), indess die oberen Ana-
stomosen nebst dem Bogen des dritten Paares sich zu den Hirn - Carotiden (C, cere-
brales) ausbilden. Ferner vergehen die obern Anastomosen des dritten und vierten
Paares, und es rücken diese Bogen oben allmählig immer weiter auseinander: die
untern Anastomosen dieser beiden Paare aber werden immer mehr ausgesponnen
und zu den Carotides communes ausgebildet. Das vierte Bogenpaar selbst nimmt
am meisten an Weite, wie auch bedeutend an Länge zu, und entwickelt sich nebst
dem ganzen hinter ihm gelegnen Theile der embryonalen Aortenwurzeln zu den
215
beiden Aortenbogen. Früher indess, als die obern Anastomosen zwischen dem dritten
mid vierten Bogcnpaare vergehen, und nachdem sich der aus dem Herzen kommende
ursprünglich einfache Gefässstamm in zwei Längshälften getheilt hat, erfolgt in der-
jenigen Hälfte, welche mit dem vierten und dritten Bogenpaare in Verbindung ge-
blieben ist, gleichfalls eine Spaltung, wodurch nun aus dieser Hälfte die Anfangsstücke
der beiden Aortenbogen gebildet werden. Die Spaltung aber geht, wie bei den
Schlangen, von vorne her schräge in der Art vor sich, dass die beiden Carotiden
mit dem rechten Aortenbogen im Zusammenhange bleiben. Ist nun auch diese Spal-
tung erfolgt, so wachsen die beiden Carotiden, wie bei den Schlangen, aus dem
rechten Aortenbogen so hervor, dass für sie ein gemeinschaftlicher kurzer Stamm
entsteht. Was aber noch die beiden Arteriae subclaviae anbelangt, von denen bei
den erwachsenen Schildkröten eine jede mit der Carotis ihrer Seite aus dem oben
erwähnten Stamme hervorgeht, so ist es bei den Schildkröten wegen der Theilung
ihrer Aorten nicht recht denkbar, dass sie bei diesen Amphibien, wie bei den Säuge-
thieren, aus dem vierten Gefässbogenpaare hervorwachsen. Vielmehr will es mir am
wahrscheinlichsten vorkommen, dass sie, wie bei den Vögeln, aus den Gefässbogen
des dritten Paares hervorwachsen.
Schlussbemerkungen.
Am Ende dieses Abschnittes will ich noch einige Worte über denGehörlaby-
rinth der Schildkröten anführen.
Ich untersuchte auf denselben ein junges und ein erwachsenes Exemplar von
Chelonia Midas, indem ich an Köpfen, die der Länge nach halbirt waren (und die
übrigens schon eine längere Zeit im Weingeist gelegen hatten), von der Innern Seite aus
die theils knöcherne, theils knorplige Wandung desselben aufbrach. Was ich fand,
stimmte einestheils mit den Angaben überein, welche Windischmann über das
Gehörorgan einer Art von Testudo bekannt gemacht hat '), anderntheils aber lässt
es sich zu einer weitern Ausführung dieser Angaben benutzen.
Für die häutigen Theile des Labyrinthes sind zwei Höhlen vorhanden, eine
grössere mit drei in sie auslaufenden Gängen für den Sack des Vorhofes und die
3 halbzirkelförmigen Kanäle, und eine etwas kleinere für die Andeutung der Schnecke.
Die erstere liegt in demjenigen Theile des Schädels, welchen Cuvier nur allein fiir
*) De penitiori anris in Ampbibiis structura (Lipsiae 1831). Seite 19, 20, 44 — 47.
216
das Felsenbein gehalten hat, und zu ihr führt von aussen her ein eirundes Fenster.
Die letztere liegt nach unten und hinten von jener in demjenigen Knochen, welcher
von C u V i e r Os occipitale externum genannt worden ist, und enthält in ihrer äussern
Wandung ein ziemlich grosses rundes Fenster, das durch eine Membrana tympani
secundaria verschlossen ist *). Beide Höhlen sind durch eine unrcgelmässig bicon-
cave knöcherne Scheidewand, die in ihrer Mitte eine Oeffnung hat, unvollständig von
einander geschieden. Die Achse des Saccus vestibuli liegt ziemlich der Achse des
Kopfes parallel. Der mittlere weitere Theil dieses Sackes sendet, wie bei andern
Thieren, nach oben einen massig langen Kanal aus, der sich in den vordem und
hintern halbzirkelformigen Kanal theilt, von denen darauf der erstere in das vordere,
der letztere in das hintere Ende des Sackes, zu einer Ampulle angeschwollen, über-
geht. (Tab. IX , Fig. 11, a. und b.) Dicht hinter jenem gemeinschaftlichen Ur-
sprünge der genannten beiden halbzirkelförmigen Kanäle sendet die obere Wandung
des Sackes den dritten, oder den äussern halbzirkelförmigen Kanal ab, und dieser
verläuft dann eine ziemlich grosse Strecke beinahe dicht auf der obern Wandung des
Sackes nach hinten, ehe er sich nach aussen umbiegt, um zu dem vordem Ende des
Sackes zurückzukehren. (Fig. 11, c.) Die untere Wandung des Sackes geht in
einen unregelmässig kegelförmigen und an der Spitze abgestumpften Fortsatz über,
der mit deinem dünnern Ende nach unten und etwas nach hinten gerichtet ist, an
seiner nach innen gekehrten Seite zwei neben einander liegende massig tiefe Gruben
bemerken lässt, und im Verhältniss zu dem Sacke ziemlich gross ist. (Fig. 11, e.)
Zwischen der Basis dieses Anhanges und dem übrigen Theile des Sackes kommt nur
vorne und aussen eine Einschnürung vor, die aber nicht sehr tief ist. — Alle so
eben beschriebne Theile sind ziemlich knapp von der Knochen- und Knorpelsubstanz
des Kopfes eingeschlossen. Die Wandung des Sackes ist zum grössern Theile nur
massig dick und blos häutig. Der Anhang des Sackes aber hat eine bedeutend dicke
Wandung, besitzt also eine im Verhältniss zu seinem Umfange nur enge Höhle:
auch ist er nicht blos von einer häutigen Beschatfenheit, sondern enthält auch in der
Innern [der Schädelhöhle zugekehrten] Längshälfle seiner Wandung eine knorpel-
artige Platte. (Tab. IX, Fig. 12.) Wo sich an der innern Seite des Anhanges
die hintere der beiden erwähnten Vertiefungen befindet, lässt diese Platte eine massig
grosse Lücke bemerken, die von den häutigen Theilen des Anhanges ausgefüllt wird :
dort aber, wo die vordere jener Verliefungen vorkommt, ist die Platte nur ver-
dünnt und etwas eingebuchtet. Zwischen den beiden so eben bezeichneten Stellen,
') Das Os occipitale exteroum enthält übrigens auch einen Tlieil des hintern halbzirkelfdrmigeD Kanales.
217
wie auch in ihrem schmälern und am Ende abgerundeten untern Theile besitzt sie
eine beträchtliche Dicke. Das Gewebe dieser Platte ist von derselben Beschaffenheit,
wie dasjenige des festern und elastischen Antheiles der halbzirkeirdrmigen Kanäle,
besteht nämlich aus äusserst feinen , einander dicht anliegenden und mit einander
fest verklebten Fasern, enthält aber zwischen den Fasern keine solche Knorpelzellen,
wie z. B. in den Ligamenta intervertebralia der Säugethiere vorkommen. — Die
Kalkkrystalle, die in grosser Menge nebst einer wenig dicklichen Flüssigkeit in der
Höhle des Sackes enthalten waren, hatten sich besonders in dem Anhange desselben
und in den Ampullen der halbzirkelformigen Kanäle angehäuft, so dass sie in ihnen
sehr leicht zerreibliche Concremente darstellen, und bestanden in kantigen Säulen
mit abgestumpften Enden, deren Länge höchstens 0,00035" betrug.
Der andere häutige Theil des Gehörlabyrinthes, den Windischmann wohl
mit Recht für eine Andeutung der Ohrschnecke höherer Thiere ausgegeben hat,
stellte sich als ein ovales, von innen und aussen etwas abgeplattetes, und durchweg
häutiges Säckchen dar, dessen Wandung allenthalben eine nur massig grosse Dicke
hatte. (Tab. IX, Fig. 11, b.) Durch einen kurzen, nur massig dicken und in der
Mitte etwas eingezogenen hohlen Stiel, der ebenfalls durchweg häutig war und eine
noch etwas dünnere Wandung besass, hing dieses Säckchen innig mit dem an-
dern oder schon beschriebenen Theile zusammen, und zwar mit dessen Anhange, wo
an der Innern Seite desselben die hintere oder tiefere der beiden erwähnten Gruben
vorkam. Die Höhlen beider Theile aber gingen nicht in einander über: denn wenn
ich in das Schneckensäckchen Luft einblies, drang dieselbe nur bis zu dem Vorhofs-
sacke hin, nicht aber in ihn ein : auch konnte ich, nachdem jenes kleinere Säckchen
dicht an diesem grössern abgeschnitten worden war, an dem letztern keine Oeffnung
entdecken. — Durch die Höhle des Schneckensäckchens, die mit einer dünnen Flüs-
sigkeit gefüllt war, lief gleichsam als Achse aus der Nähe des Stieles nach dem
andern. Ende ein dünner weisser Faden hin, der seitwärts einige einfache Aeste an
die Wandung des Säckchens absendete, die sich dann, wie jener Faden selbst, an
ihrem Ende in der Wandung weiter verzweigten. Alle diese Zweige verhielten sich
so, dass sie netzartige Geflechte zusammensetzten. Deutlich auch zeigte der Faden
mit seinen Aesten und Zweigen eine Zusammensetzung aus zarten und dicht beisam-
men liegenden Längsfasern. Ueberhaupt also berechtigte er zu der Annahme, dass
er ein Nerve sei.
Der Gehörnerv war in 2 starke Aeste gespalten, ehe er in den Labyrinth ein-
drang. Beide Aeste aber gingen zu dem Vorhofssacke, und breiteten sich dann, wo
sie diesen erreicht hatten, auf der nach innen gekehrten Wandung desselben so aus,
28
218
dass jeder eine massig grosse rundliche Scheibe bildete. Die eine Scheibe lag in
der Nähe der Ampulle des vordem halbzirkelförmigen Kanales (Fig. 1 1 , g.), und
sendete sowohl zu dieser Ampulle, als auch zu der des äussern oder horizontalen
Kanales einen massig breiten Strahl oder Zweig hin. Die andere Scheibe lag nach
hinten und unten von der erstem, nämlich an der Basis des kegelRirmigen, dem Vor-
hofssacke angehörigen Anhanges, dicht über der vordem Grube dieses Anhanges
(Fig. 11, f.), und sendete 3 starke Strahlen aus. Der eine Strahl, der übrigens
der längste war, begab sich nach hinten und etwas nach oben zu der Ampulle
des hintern halbzirkelförmigen Kanales; der zweite lief an der Innern Fläche der
Knorpelplatte herab, welche sich in der Wandung des Anhanges des Vorhofssackes
befand; der dritte ging an der äussern Seite eben desselben Knorpels nach unten
und hinten in die Lücke, die sich in diesem Knorpel befand, und verbreitete sich
mit mehrern Zweigen in den häutigen Theilen , von denen die Lücke des Knorpels
ausgefüllt war. Eben so wenig aber als Windischmann bei einer Testudo, ver-
mochte ich bei der Chclonia einen Zweig des Gehörnerven aufzufinden, der sich zu
dem Schneckensäckchen begeben hätte.
Auf dem Schneckensäckchen verlief der ansehnlich dicke Nervus facialis durch
eine ziemlich grosse Höhle , die sich für beide in dem sogenannten Os occipitale
externum befand, und war durch Bindegewebe mit diesem Säckchen nach der ganzen
Länge desselben innig vereinigt. (Fig. 11, i.) Als ein Zweig von ihm erschien
mir der Faden, der durch das Säckchen theils hindurchlief, theils sich in demselben
stark verbreitete. Denn nicht blos konnte ich den erwähnten Faden nur bis zu
dem Nervus facialis verfolgen , sondern es waren seine Fasern auch eben so scharf
begrenzt und in ihrem ganzen Verlaufe von einem eben so gleichförmigen Ansehen,
wie die Fasern dieses Nervenstammes selbst, indess die Fasern der Verzweigungen
des Gehörnerven theilweise weniger scharf begrenzt waren und [in Folge der Einwir-
kung des Weingeistes] in ihrem Innern einfache Reihen kleiner und von einander
abstehender Fetlkügelchen bemerken Hessen.
Von einer solchen keulenfö'rmigen und gegen den Scheitel hingerichteten Aus-
sackung des häutigen Vorhofes oder des ursprünglich einfachen Ohrbläschens, wie
ich sie bei sehr jungen Embryonen der Emys europaea bemerkt hatte (Abtheilung
1, §. 8), konnte ich weder bei der jungen, noch bei der erwachsenen Chelonia Midas
eine Spur auffinden. Wenn also auch bei dieser Art von Schildkröten eine solche
Aussackung, wie es wohl wahrscheinlich sein dürfte, in einer sehr frühen Zeit des
Lebens vorkommt, geht dieselbe in einer spätem wieder ganz verloren.
Dritte Abtheilung.
Beschreibung
des
Erabryo's von Emys europaea
ungerähr aus der Mitte des Fruchtlebens.
28'
Erstes Kapitel.
Beschreibung der Eihäute, sowie der Lage und der äusseren
Beschaffenheit der Embryonen.
§. 1. JNachdem ich schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, die Beobachtungen
über die Entwickelung der Schildkröten, deren Ergebnisse in den beiden ersten Ab-
theilungen dieses Werkes niedergelegt sind, noch einigermassen vervollständigen zu
können, auch der Druck dieses Werkes bereits begonnen hatte, erhielt ich in der
ersten Hälfte verwichenen Junimonats von einem meiner Kollegen, dem Medicinal-Rath
und Professor Seerig, 3 Eier von Emys europaea, die in dessen Wohnung Tages
vorher von einem unlängst eingefangenen Exemplare dieser Thierart gelegt worden
waren. Weil sie noch ganz frisch waren, und die Schildkröte möglicherweise be-
fruchtet sein konnte, brachte ich sie in Verhältnisse, die zu einer weitern Entwicke-
lung derselben geeignet zu sein schienen. Ich legte sie nämlich in ein mit grobem
Sand gefülltes Kästchen, stellte dieses in einem nach Süden gelegenen Zimmer so
auf, dass es einen grossen Theil des Tages von der Sonne beschienen werden konnte,
und gab einem Diener, weil ich bald nachher auf mehrere Wochen verreisen wollte,
den Auftrag, den Sand, der die Eier umgab, massig feucht zu erhalten. Als ich
nach Königsberg wieder zurückgekehrt war , öffnete ich um die Mitte des Septembers
die Eier und fand zu meiner Freude in zweien einen lebenden Embryo, der beinahe
bis zu der Mitte der Entwickelung, die eine Schildkröte während ihres Eilebens durch-
zumachen hat, gelangt war, und der, wenn ich seine Beine oder den Schwanz, ohne
dass das Amnion verletzt wurde, mit einer stumpfen Nadel berührte, diese Körper-
theile schwach bewegte. Das dritte Ei aber enthielt nicht einmal eine Spur von
einem Embryo. — Da in Ostpreussen die Schildkröten angeblich in der Regel schon
gegen Ende des Augusts aus ihren Eiern ausschlüpfen, so war die Entwickelung
jener beiden Embryonen ungewöhnlich langsam vorgeschritten. Die Ursache davon
aber lag wahrscheinlich darin, dass die Umgebung der Eier nicht immer feucht ge-
nug gewesen war. Denn in allen befand sich eine verhältnissmäsig viel grössere
Menge von Luft, als namentlich in den bebrüteten Eiern der Vögel jemals vorkommt,
222
und es hatten also die Eier zu viel von ihrem natürlichen Inhalte durch Verdunstung
verloren. Auch war diese Luftmenge am grössten in demjenigen Ei, welches keine
embryonale Entwickelung eingegangen war, am kleinsten hingegen in demjenigen,
welches den grössern Embryo enthielt.
§. 2. Die in den Eiern enthaltene Luft befand sich nicht, wie in den Vogel-
eiern, zwischen dem blos häutigen und dem kalkhaltigen Theile der Schale, sondern
zwischen dem Eiweiss und der Schale : auch kam sie nicht blos an dem einen Ende
der Eier vor, sondern war nach der ganzen oder doch fast ganzen Länge der einen
Seite derselben ausgebreitet. — Das Eiweiss war weit über die Hälfte verkleinert,
theils durch Aufnahme in den Dotter, theils durch Verdunstung. —
Der Dottersack hing nicht durch einen besondern Stiel, dem Ueberbleibsel
eines Ductus vitellarius, mit dem Darm zusammen , sondern ging, wie bei der Nat-
ter, unmittelbar in ihn über, und dieser befand sich an dem spitzwinklichen Ende
einer ausserhalb der Nabelöffnung gelegenen Schlinge des Dünndarms. Eine Oeff-
nung zwischen beiden Organen kam nicht mehr vor: dagegen schien der Dottersack
nicht auch dem Embryo gegenüber geschlossen zu sein, sondern Hess daselbst noch
eine ziemlich grosse ellipsoidische OefFnung bemerken, deren grösster Durchmesser
der Achse des Eies parallel war, und deren Rand noch einen Sinus terminalis ent-
hielt. (Tab. X, Fig. 3, c.) Ob jedoch eine solche Oeffnung auch schon vorkam,
ehe das Ei aufgebrochen wurde, oder ob nicht der von dem Sinus terminalis ein-
geschlossene Raum von einem dünnen und gefässlosen Theile des Dottersackes, ei-
nem sogenannten Dotterhofe, ausgenillt gewesen war, und ob nicht dieser Theil bei
dem Abtrennen des sehr zähen Eiweisses demselben gefolgt und mit ihm entfernt
worden war, wie dies in den Hühnereiern zu einer gewissen Zeit der Bebrütung
sehr leicht geschieht *), muss ich dahin gestellt sein lassen. Von der Innern Fläche
des Dottersackes gingen in grosser Anzahl, wie dies auch an dem Dottersacke der
Vögel und Schlangen zu einer gewissen Zeit des Fruchtlebens der Fall ist, blalt-
artige Fortsätze ab , die in ähnlicher Weise, wie die Platten in dem dritten Magen
des Rindes und anderer Wiederkäuer, nahe bei einander lagen, massig grosse Zwi-
schenräume zwischen sich Hessen, ihren freien Rand der Mitte des Dotters zukehrten,
ähnlich einer Manschette gekraust waren, eine sehr verschiedene, doch höchstens nur
eine wenig mehr, als eine Linie des Zollstabes betragende Breite besassen, und
sämmtlich eine Richtung von der Gegend aus , wo der Dottersack und der Darm
') Zur Eotwickelangsgeschichte der Thiere, Beobachtuag und Reflexion vun C. E. voa Baer. Theil I,
Seite 79.
223
zusamnieuhingen , gregen die erst erwähnte weite Oeffnung des Dottersackes hatten.
Eigentlich ahcr waren diese Fortsätze sehr weiche und daher leicht zerreissbare
Falten der innern Hautschichte des Dottersackes, die zwischen ihren beiden Platten
ein zartes Netzwerk von Blutgefässen einschlössen, aussen hingegen mit Dottersub-
stanz belegt waren. — Die ganze innere Haut des Dottersackes hatte, wie in den
Eiern der Vögel, Eidechsen und Schlangen, eine hochgelbe Farbe, indess die äussere
Haut, die zwar dünner, als jene, doch viel fester war und an der Bildung der so
eben beschriebenen Falten keinen Antheil genommen hatte, eine weissliche Farbe
besass. — Das Amnion umgab den Embryo ziemlich knapp. Eine seröse Hülle
Hess sich nicht mehr auffinden.
Eingeschlossen in seinen Amnion lag der Embryo auf dem Dottersacke, und
zwar ganz so, wie der Embryo der Vögel, Eidechsen und Schlangen, zu einer ge-
wissen Zeit des Fruchtlebens, ungefähr in der Mitte der Länge des Eies und mit
seiner Achse die des Eies kreuzend. Merkwürdigerweise aber wich er in seiner
Lage von den Embryonen jener Thiere insofern bedeutend ab, als er dem Dotter-
sacke nicht die linke Seite, sondern schräge theils seine Bauchseite, theils auch die
rechte Seite, der Schalenhaut hingegen theils den Rücken, theils die linke Seite zu-
gekehrt hatte. (Tab. X, Fig. 2.) Von dieser abweichenden Lagerung habe ich an
beiden Embryonen mich hinreichend deutlich überzeugt. Auch kann die angeführte,
treu nach der Natur entworfene Abbildung davon ein Zeugniss ablegen. — Die
Allantois ging vom Nabel aus zuerst, wie bei dem Hühnchen, rechts an der vor-
liegenden Schlinge des Darmes vorbei, wendete sich dann aber gegen dasjenige
Ende des Eies hin, welchem die rechte Seite und der Rücken des Embryo's zuge-
kehrt war, so dass sie demnach sich über jene Darmschlinge und die linke Seite
des Embryo's herüberschlug. Sie bedeckte die ganze der Eischale zugekehrte
Seite des Amnions, und erstreckte sich über diese Hülle nach allen Richtungen
massig weit hinaus, so dass sie zum Theil auch unmittelbar auf den Dottersack zu
liegen gekommen war, besonders aber hinter dem Rüken des Embryo's, oder rechts
von diesem. Im Ganzen jedoch war sie nur massig gross, indem sie weder bis an
die beiden Enden des Eies reichte, noch auch einen um das Amnion und den Dotter-
sack herumgelegten Gürtel darstellte. (Fig. 3, b.) Allem Anscheine nach vergrössert
sie sich also bei den Schildkröten nicht verhältnissmässig so rasch und so bedeu-
tend, wie namentlich bei den Vögeln. Von einer tropfbaren Flüssigkeit war nur
eine geringe Menge in ihr enthalten, weshalb sie auch sich hatte stark abplatten
und eine Kuchenforra annehmen können. Ihre der Eischale zugekehrte und dieser
dicht anliegende Wandung war massig dick: dünner war hingegen — was jedoch
224
auch bei den Vögeln, Eidechsen und Schlangen der Fall ist — die dem Amnion
und Dotiersack anliegende Wandung.
§. 3. Von den beiden Embryonen war der eine etwas grösser und hatte über-
haupt sich etwas weiter entwickelt, als der andere: bei beiden aber hatte die Bil-
dung eines Rückenschildes und eines Bauchschildes schon ihren Anfang genommen.
— Die Länge des kleinern Embryo's betrug, gemessen vom Scheitel bis an das
Ende des Schwanzes, fast 9 Vg Linien des Pariser Masses : davon waren zu rechnen
SVg auf das Rückenschild, 3 auf den Schwanz, beinahe 3 auf die in gerader Rich-
tung gemessene Entfernung des Scheitels vom Rückenschilde. Die grösste Breite
des Kopfes, die sich da befand, wo die Augen lagen, betrug 2 '/j, die grösste Breite
des Rückenschildes %'^L Linien.
§. 4. Der Kopf war an Masse ungefähr halb so gross, als der Rumpf, also
im Verhältniss zu dem Rumpfe beträchtlich gross, doch bei dem grössern Embryo
weniger, als bei dem kleinern, auch bei beiden weniger, als bei ungefähr gleich
weit entwickelten Hühnchen. Das Verhältniss zwiscb'en beiden Körperabschnitlen
war etwa dem gleich weit entwickelter Säugethiere ähnlich. Ein Scheitelhöcker
war noch bei beiden Embryonen vorhanden, und es hatte derselbe bei dem grössern
eine etwas grössere Höhe, als bei dem kleinern. Der Gesichtstheil hatte sich im
Verhältniss zu dem andern oder demjenigen Theile des Kopfes, welcher das Gehirn
enthielt, dem Umfange nach erst wenig ausgebildet, und daher war der Kopf im
Verhältniss zu seiner Breite noch sehr viel kürzer, als bei den Erwachsenen, so
wie an seiner ganzen vordem oder vom Scheitel bis zur Nasenspitze reichenden
Seite sehr stark bogenförmig gekrümmt. Die Augen ragten weit aus dem Kopfe
hervor und hatten eine sehr ansehnliche Grösse: ihr Umfang war viel bedeutender,
als bei Säugethieren, dagegen etwas geringer, als bei Vögeln von einer ungefähr
gleichen Entwickelungsstufe. Ein oberes Augenlied war schon vorhanden, hatte aber
erst eine sehr geringe Breite, und deckte daher das Auge nur sehr wenig. Von
einem untern Augenliede liess sich kaum eine Andeutung finden. Die äussern Nasen-
löcher lagen nahe bei einander und erschienen als zwei kleine Punkte, von denen
jeder auf der Spitze einer ebenfalls nur kleinen warzenförmigen Hervorragung lag.
(Tab. X, Fig. 7.) Unter den Nasenlöchern kam auf dem Uebergange zur Mund-
höhle ein sehr kleiner warzenförmiger und stumpf abgerundeter Vorsprung vor, der
die Spitze der Schnauze darstellte und sich an dem frischen Embryo, dessen Haut-
bedeckung im Allgemeinen noch halb durchsichtig war, durch seine Undurchsichtig-
keit und weisse Farbe sehr auszeichnete. Der Unterkiefer reichte noch lange nicht
bis an jene Spitze der Schnauze hin , wie er denn überhaupt im Verhältniss zu
225
dem ganzen Kopfe noch sehr klein war. In massig grosser Entfernung von den
Winkeln der kurzen und breiten Mundspalte befanden sich zwei sehr flache, massig
grosse und in ihrem Grunde von einer zarten Haut gebildete rundliche Gruben.
Diese Haut, die eine nach innen von ihr liegende Höhle deckte, war das Trommelfell.
Der Hals war sehr kurz, besonders bei dem kleinern Embryo, und es grenzte
theils deshalb, theils auch weil der Kopf gegen die Bauchseite des Rumpfes stark
herabgebogen war, bei jenem Embryo die Kehlgegend noch beinahe dicht an den
Rumpf an. Länger war die obere Seite des Halses, und es befand sich bei beiden
Embryonen, ■wo sie in den Kopf überging, noch ein ziemlich starker Nackenhöcker.
Der Rumpf erschien bereits von oben und unten ziemlich abgeplattet, und war im
V'erhältniss zu seiner Länge sehr viel breiter, als bei demjenigen am weitesten ent-
wickelten Embrjo einer frühern Periode, welchen ich in der ersten Abtheilung dieses
Werkes beschrieben habe. Doch war er an der Bauchseite noch nicht ganz platt,
wie bei den jungen und erwachsenen Exemplaren von Emys, sondern noch stark
gewölbt, und dieserhalb, obgleich der Rücken eine geringere Wölbung hatte, als
bei den Erwachsenen, verhältnissmässig höher, als bei diesen: besonders aber war
dies der Fall bei dem kleinem der beiden Embryonen (Fig. 8). Die Nabelötfnung
hatte noch eine beträchtliche Weite, befand sich aber in einer solchen Entfernung
von dem hintern Ende des Rumpfes, dass sie ungefähr auf der Mitte der Länge
desselben vorkam (Fig. 7 und 8), was im Vergleich mit ihrer Lage bei den Säuge-
thieren sehr befremden musste, da sie bei gleich weit entwickelten Säugethieren
sehr viel mehr nach hinten liegt. Wahrscheinlich stand dies Verhältniss damit in
Beziehung, dass die Leber einen geringern Umfang, hingegen die Harnblase, oder
vielmehr der Stiel der Allantois, eine grössere Länge erreicht hatte, als bei gleich
weit in der Entwickelung vorgeschrittenen Säugethieren. — Zur Bildung eines Rücken-
und Bauchschildes waren schon die ersten Schritte gethan worden. Diese bestanden
darin, dass sich an dem grössern Theile des Rumpfes die Hautbedeckung, namentlich
die für die Lederhaut bestimmte Substanz, um vieles stärker verdickt hatte, als an
andern Theilen des Leibes: denn ausser den Rippen, die jedoch nur eine geringe
Breite hatten, und einer höchst dünnen Nackenplatte, waren für die Skeletstücke,
welche bei der erwachsenen Emys europaea das Rücken- und Bauchschild hauptsäch-
lich zusammensetzen helfen, noch nicht die mindesten Andeutungen vorhanden. Es
kam hier also, doch nur vorübergehend, ein ähnliches Verhältniss vor, wie bei den
Schildkröten aus der Gattung Trionyx an einem grossen Theile ihres Rücken- und
Bauchschildes für immer, da bei ihnen diese Gebilde lebenslänglich theilweise nur in
einer verdickten Haulbedeckung bestehen. Deutlicher aber auch, als bei irgend einem
39
226
andern früher untersuchten Exemplare von Schildkröten , ergab sich hier , dass
die Entwickelung des Rücken- und Bauchschildes dieser Thiere von der Hautbedeckung
ausgeht. — Die Anschwellung der Hautbedeckung, welche bei den Embryoneu als
eine Skizze oder ein Vorbild des künftigen Rückenscbildes betrachtet werden konnte,
stellte eine schüsseiförmig ausgebuchtete Tafel dar, die bei dem kleinern Embryo
(Fig. 9.) länglich oval und vorn am breitesten, bei dem grössern aber fast scheiben-
förmig rund, nämlich beinahe eben so breit, als lang war. Bei beiden Embryonen
ferner hatte diese Tafel an ihrem ganzen Rande die grösste Dicke, und bildete an
demselben gleichsam einen schmalen und massig dicken Wulst j der die Anlage des-
jenigen Theiles war, auf welchem sich die Marginalplatten entwickeln sollten. In
einer andern Hinsicht aber verhielt sich diese Tafel bei beiden Embryonen ver-
schieden. Bei dem grössern nämlich sprang sie mit ihrem Rande, indem sie mit dem
benachbarten Theile der Hautbedeckung eine Falte bildete, allenthalben etwas vor,
jedoch nur wenig, gleich einem schmalen Gesimse, am Nacken und denjenigen bei-
den Stellen, wo sich später die Skeletstücke des Bauchschildes an die des Rücken-
schildes anschliessen , viel stärker hingegen, gleich einem ziemlich weit hinausragenden
Dache, sowohl über den Vorderbeinen, als auch über den Hinterbeinen und der
Schwanzwurzel. Bei dem kleinern Embryo aber sprang sie nur über den Beinen
massig weit vor , noch weniger weit über der Schwanzwurzel , kaum merklich an
den Verbindungen des Rückenschildes mit dem Bauchschilde, und gar nicht am Nacken :
denn an dem Nacken ging sie massig steil abfallend in die Hautbedeckung desselben
über. Demnach bildet sich der vorspringende Randtheil des Rückenschildes, und
zwar durch eine Faltung der Hautbedeckung , zuerst über den • vier Beinen , zuletzt
am Nacken, indem sich gegen diesen hin die beiden über den Vorderbeinen entstan-
denen Falten immer mehr verlängern, bis sie zuletzt zusammenfliessen , so wie dies
etwas früher auch über der Schwanzwurzel mit den beiden Falten, welche sich über
den Hinterbeinen gebildet hatten, geschehen war. — Noch ist übrig, ein anderes
und zwar sehr wichtiges Verhältniss des Rückenschildes anzugeben. Dieses Schild,
das, wie bereits erwähnt, bei beiden Embryonen fast nur erst in einem angeschwol-
lenen Theile der Hautbedeckung bestand, ging nach vorne nicht etwa nur so weit,
wie die Rumpfhöhle, sondern reichte über dieselbe schon eine ziemlich grosse Strecke
hinaus: denn nicht blos bedeckte es die Schulterblätter und mit zwei seitlichen
Vorspriingen selbst die Wurzeln oder obersten Theile der Vorderbeine, sondern
reichte auch [wie sich bei der Zergliederung ergab] so weit auf den Hals hinauf,
dass von ihm die 3 hintersten Halswirbel ganz bedeckt wurden. Gleichfalls ging
es auch nach hinten über die Rumpfliöhle hinaus; denn es bedeckte nicht blos die
227
knorpligen Anlagen der Hüftknochen und die Wurzeln der Hinterbeine, sondern
erstreckte sich auch bis zu dem drillen Schwanzwirbel hin. Demnach wird das
Rückenschild vorgebildet, indem sich nicht blos an der obern Seite des Rumpfes,
sondern zugleich auch an der obern Seite des hintersten Theiles des Halses und
des vordersten Theiles des Schwanzes die Hautbedeckung bedeutend verdickt.
Die erste nur allein in einer Anschwellung der Hautbedeckung bestehende An-
lage des Bauchschildes bildet sich so, dass sie anfangs zwei in der Mittellinie der
Bauchwand gesonderte Seitenhälflen darstellt: denn nicht blos befindet sich in der
Mitte dieser Anlage des Bauchschildes die Nabelöffnung, sondern es ist zu einer ge-
wissen Zeit auch vor und hinter der genannten Oeffnung die Hautbedeckung in der
Mittellinie der Bauchwand viel dünner, als seitwärts von derselben, so dass dann
vor und hinter dem Nabel eine massig tiefe Längsrinne vorkommt. Dies war na-
mentlich der Fall bei dem kleinern Embryo, bei dem die angegebenen Rinnen auch
ausserdem nur eine massig grosse Breite hatten. (Fig. 7.) Bei dem grössern Em-
bryo dagegen fehlten solche Rinnen, weil sich bei ihm die beiden Seitenhälflen der
als Bauchschild erscheinenden Hautverdickung bereits dicht an einander angeschlossen
hatten. Rechts und links setzte sich die Anschwellung der Haut von der Bauch-
seite aus in einen ziemlich breiten , aber nur wenig langen Streifen nach oben fort,
um in das Rückenschild überzugehen (Fig. 8.), und diese Streifen grenzten vorne
beinahe dicht an die Wurzeln der Vorderbeine an, lagen dagegen von den Hinter-
beinen ziemlich weit entfernt. Sie bezeichneten diejenigen Theile des Bauchschildes,
in denen sich die Flügel der Skeletstücke desselben bilden sollten, und gewährten
ein ähnliches Aussehen, wie die Hautbedeckung der erwachsenen Exemplare aus der
Gattung Trionyx. — Vorne und hinten sprang das Bauchschild nicht faltenartig
vor, reichte auch nicht so weit, wie das Rückenschild, mit dem es bei den erwach-
senen Exemplaren von Emys europaea beinahe eine gleiche Länge hat, und war
überhaupt verhällnissmässig viel kürzer, als bei den Erwachsenen. Hinten reichte
es noch lange nicht bis zu dem After hin, vorne ging es nur um ein Geringes
über das Herz und die Schlüsselbeine hinaus.
Die Epidermis war auf dem Rücken- und Bauchschilde im Ganzen zwar etwas,
doch kaum merklich dicker, als an andern Theilen des Körpers. Dessenungeachtet
hatte sie sich am Rückenschilde bereits in eben so viele Felder abzutheilen begon-
nen, als an demselben bei den Erwachsenen grössere Hornplatten vorkommen, also
in 5 mittlere oder unpaarige in einer Reihe hintereinander gelegene, und in 4 Paar
seilliche. An dem Rande eines jeden solchen Feldes war die Epidermis am dick-
sten, und daher in einem sehr schmalen Streifen nach aussen ein wenig aufgewulstet.
29*
228
Zwischen je 2 Feldern aber bildete sie eine sehr schmale, wie überhaupt kaum
merkbare Furche und war hier am dünnsten, weshalb sie auch daselbst bei einem
Versuche, sie von der Lederhaut abzuziehen [nachdem die Embryonen einige Zeit
in schwachem Weingeist gelegen halten], immer zerriss. In ihrer allgemeinern Form
waren die erwähnten Felder denen der Erwachsenen ähnlich, dagegen in ihren Di-
mensions-Verhältnissen diesen sehr unähnlich. Besonders erschienen die 5 mittlem
im Verhältniss zu dem ganzen Körper viel breiter und viel kürzer, als bei den Er-
wachsenen : auch waren sie im Verhältniss zu den 4 Paar seitlichen viel grösser.
(Fig. 8 und 9.) An dem Rande des Rückenschildes Hessen sich nur wenige und
auch nur schwache Furchen als Andeutung einer Theilung der Epidermis für die
Marginalplatten erkennen. Am Bauchschilde aber war eine solche Theilung noch
gar nicht wahrnehmbar.
Die Beine waren noch sehr kurz und dünn, aber in den Ellenbogen- und
Kniegelenken schon gebogen. Auch waren schon alle Zehen deutlich zu erkennen,
ja im Verhältniss zu den Ober- und Unterschenkeln grösser, als bei den Erwachse-
nen. Unter einander fand ich die Zehen eines jeden Beines ihrer ganzen Länge
nach durch eine dicke Hautfalte verbunden. Nägel fehlten noch gänzlich.
Der Schwanz hatte im Verhältniss zu dem Rumpfe, wie überhaupt zum ganzen
Körper, eine viel grössere Länge, als bei den Erwachsenen, war aber nur massig
dick. Von den Seiten erschien er zwar etwas, doch im Ganzen nur sehr wenig
abgeplattet.
Eine Bildung von Schuppen hatte noch nirgend begonnen. Auch fehlten am
Kopfe noch Andeutungen von Hornschildern. Desgleichen war am Unterkiefer die
Epidermis nicht merklich dicker, als etwa an den Seiten des Kopfes. An dem vor-
dem Theile des Oberkiefers aber erschien sie viel dicker, besonders an der Spitze
desselben, wo sie einen kleinen warzenförmigen und kreideweissen Auswuchs bildete,
der eine geringe Menge von kohlensaurem Kalk enthielt und einige wenige sehr
kleine Luftbläschen entweichen Hess, als er mit verdünnter Salzsäure in Berührung
gebracht worden war.
Zweites Kapitel.
Beschreibung der innern Beschaffenheit der Embryonen.
§. 4. Beschaffenheit verschiedener Gewebe. Die Epidermis be-
stand allenthalben aus einfachen , mehr oder weniger abgeplatteten , farblosen und
dicht zusammengedrängten Zellen, die in mehrern, als nur einer einzigen Lage vor-
kamen, als grössten Durchmesser höchstens 0,0005" hatten, und einen verhältniss-
mässig recht grossen Kern besassen, in dem ein kleiner, aber scharf begrenzter rund-
licher Kernkörper, sehr selten zwei dergleichen Körper vorhanden waren. Die Leder-
haut Hess rundliche und an Grösse den Zellen der Epidermis ähnliche Zellenkerne
erkennen , die in massig grossen Abständen von einander entfernt lagen , und von
denen immer mehrere in einer einfachen Reihe hintereinander in die Substanz eines
klaren Fadens eingebettet waren, der zwischen je zweien von ihnen öfters, doch
nicht in der Regel , etwas dünner und gleichsam eingeschnürt erschien. Eine Fase-
rung aber Hess sich in diesen Fäden, die Nichts andres, als in der Entwickelung
begriffene Bündel von Bindegewebe waren, noch nicht erkennen. Besonders deutlich
im Rücken- und Bauchschilde hatten sie eine solche Lagerung, dass sie in einigen
wenigen Schichten vorkamen, dass sie ferner in jeder Schicht parallel neben einander
verliefen, und dass die der einen Schicht sich mit denen der zunächst folgenden
unter rechten Winkeln kreuzten. — Abgesehen von einer solchen regelmässigen
Lagerung, verhielten sich auf dieselbe Weise auch die Fäden, welche für das tiefer
gelegene Bindegewebe bestimmt waren.
Die Muskeln waren schon angelegt, und es Hess sich in ihnen auch schon
hinreichend deutlich eine Faserung bemerken. In den dem Willen unterworfenen
Muskeln, namentlich in den Brust- und Bauchmuskeln, die ich darauf näher unter-
suchte, waren die Fäden etwas dünner, dessenungeachtet aber etwas fester und starrer,
als die des Bindegewebes im Allgemeinen. Auch zersplitterten sich viele, als sie
zerrissen wurden , was an den Fäden der Lederhaut und des Bindegewebes nicht
der Fall war. Eine Querslreifung aber war an ihnen nur hie und da, wie auch
nur erst sehr schwach angedeutet. Zellenkerne Hessen sich an ihnen gleichfalls
bemerken: es waren dieselben aber kleiner, als an den Fäden der Lederhaut, lagen
auch in viel grösseren Entfernungen, von einander und sprangen über die Fäden,
denen sie angehörten, meistens sehr stark nach aussen vor.
230
Die Knorpel hatten schon eine ziemlich grosse Festigkeit, weshalb sie auch
schon ziemlich leicht sich bioslegen Hessen. Ihre Zellen hatten eine rundliche, oder
ovale , oder ellipsoidische Form , vmd die rundlich geformten hielten bis 0,00055,
seltener sogar bis 0,0006" im Durchmesser. Die Zwischenräume zwischen diesen
Zellen aber waren nur geringe ; denn höchstens kamen sie dem dritten Theile der Durch-
messer derselben gleich. Die Grundsubstanz der Knorpel wac schon ziemlich brüchig.
§. 5. Skelet. Die Chorda dorsalis war im Verhältniss zu den Wirbel-
körpern ungerähr so dick, wie bei Schlangen, Eidechsen und Vögeln auf gleicher
Entwicklungsstufe, also etwas dicker, als bei ähnlich weit entwickelten Säugethieren.
An beiden Enden war sie zugespitzt: vorne reichte sie etwas über die Gehör-
labyrinthe hinaus, hinten bis an das Ende des Schwänze^. Scheide und Kern waren
an ihr deutlich zu unterscheiden.
Im Uehrigen bestand das Skelet hauptsächlich aus Knorpel. Kalkerden aber
waren noch nirgend in ihm abgelagert.
A. Schädel.
Die vordere und hintere Hälfte der Hirnschale gingen noch in der Gegend
des nachherigen Türkensattels unter einem Winkel, der jedoch nur ein sehr
stumpfer war, in einander über, und es kam also noch eine sogenannte Kopf-
beuge vor, die jedoch nur noch sehr schwach war. Im Ganzen aber bildete
die untere Fläche der Basis cranii in ihrem Verlaufe von dem hintern bis zu dem
vordem Ende des Kopfes einen massig starken Bogen. — Die obere Wandung oder
das Gewölbe der Hirnschale war bei dem kleinern Embryo, allem Anschein nach,
nur häutig: denn von einer Knorpelsubstanz für die Stirnbeine und Scheitelbeifie
konnte ich bei ihm noch nicht die mindeste Andeutung finden. Bei dem grössern
Embryo aber liess sich in dem obern Rande der Augenhöhle ein schmaler und sehr
dünner bogenförmiger Knorpelstreifen erkennen, der nichts anders, als eine erste
Anlage fiir das Stirnbein sein konnte. Dagegen waren bei beiden Embryonen die
Seitenwandungen und die untere Wandung der Hirnschale schon ^rösstentheils knorp-
lig. — Für das Felsenbein befand sich in jeder Seitenwandung eine Knorpelmasse,
die von der äussern oder Innern Seite angesehen ein sphärisches Dreieck mit sehr
abgestumpften Winkeln darstellte, mit dem einen Winkel nach unten, mit der Basis
nach oben gekehrt war, in der Nähe ihrer Basis die grösste Dicke hatte , von da
aber nach ihrem untern Winkel hin immer dünner wurde, und an ihrer äusseren
Seite eine ziemlich tiefe Grube mit einer Oeifnung besass, welche Grube von dem
einen Ende eines dünnen knorpligen Stabes, der das künftige Gehörknöchelchen
bezeichnete (§. 8.), ausgefüllt wurde. Mit den benachbarten Knorpeltheilen war die
231
beschriebene Masse nur durch Haut und Bindegewebe vereinigt, nirgend aber mit
denselben verschmolzen. Der hinter dem schon angedeuteten Türkensaltel gelegene
Theil der untern Wandung der Hirnschale, in welchem Theile sich später die Kör-
per des Hinterhauptbeins und des Keilbeins bilden, also der tafelförmige Theil von
der Belegungsmasse des Kopfstückes der Rückensaite, stellte eine dünne Knorpel-
platte dar, die hinten imd vorn am breitesten, gegen ihre Mitte nicht unbedeutend
verschmälert war. Sie war also jederseits gleichsam ausgeschnitten ; in ihre beiden
Auschnitte aber griffen die Felsenbeine ein. Nahe ihrem hinteren Ende, also hinter
den Felsenbeinen, sendete sie 2 paarige schmale und massig hohe plattenartige Fort-
sätze, die Anlagen für die Seitentheile des Hinterhauptbeins aus, die über dem
Gehirn zusammenstiessen. Die 3 dicken Fortsätze, in die ursprünglich dieser be-
schriebene Theil der Belegungsmasse der Rückensaite nach vorn ausläuft, welche
Fortsätze ich die Schädelbalken genannt habe , Hessen sich zwar noch als solche
erkennen, waren aber ebenfalls durchweg verknorpelt, und hatten sich in Hinsicht
ihrer Form schon bedeutend verändert. Der unpaarige oder nach oben gerichtete
Balken, der die Lehne des Türkensattels darstellte, war nicht nur ziemlich hoch,
sondern auch ziemlich dick und ansehnlich breit, und lag eingeschlossen in einer
noch breitern, wie überhaupt recht grossen Querfalte der harten Hirnhaut. Die
paarigen Balken des Schädels hatten sich bereits beinahe nach ihrer ganzen Länge
dicht an einander angeschlossen: denn nur ganz hinten kam zwischen ihnen, und
überhaupt in der Basis cranii, eine Lücke vor, die jedoch nur massig gross war,
übrigens eine fast ellipsoidische Form hatte, mit ihrem grössten Durchmesser quer
gelagert war und eine ziemlich grosse Tiefe besass. In der Lücke befand sich
unten als Ausfüllung eine sehr dünne Schicht von Bindegewebe, auf dieser Schichte
aber die ziemlich grosse Glandula pituitaria. Bis zu der angegebenen Lücke hin
reichte von hinten her, unter dem unpaarigen Schädelbalken forllaufend, die in eine
massig- lange Spitze ausgezogene Scheide der Chorda dorsalis, was nicht wenig
mich befremdete, weil ich diesen Körpertheil, ausser bei dem Amphioxus, bisher bei
keinem Wirbeltbiere und auch nicht bei den Jüngern Embryonen von Emys euro-
paea, welche in der ersten Abiheilung dieses Werkes beschrieben sind, so weit
nach vorne reichend gesehen hatte. Die einander dicht anliegenden Theile der
paarigen Scbädelbalken Hessen sich ihrer ganzen Länge nach noch leicht und voll-
ständig von einander trennen, indem sie nur durch Bindegewebe mit einander ver-
einigt, noch aber nicht verschmolzen waren. Ferner hatten sich diese Theile der
paarigen Schädelbalken, die anfangs zwei nur wenig dicke Stränge darstellen, schon
in ziemlich hohe und senkrecht stehende Tafeln umgewandelt, die zusammengenommen
232
eine ziemlich dicke, zwischen den Augen und den Geruchsorganen [den Säcken der
Schneiderschen Schleimhaut] stehende Scheidewand darstellten. Auf der Grenze
zwischen dem Auge und dem Geruchsorgane einer jeden Seitenhälfte befand sich,
wie bei Abelen Vögeln und Grälhenfischen, an dieser Scheidewand eine senkrecht
herablaufende und dreiseitig -prismatische, jedoch nur massig grosse Leiste, die eine
unmittelbare Fortsetzung der Knorpelsubstanz derselben war. Nach oben aber hatte
sich jede Seitenhälfte dieser Scheidewand durch immer weiteres Wachsthum in. die
Breite in zwei dünne Knorpelblätter fortgesetzt, die sich unter einem Bogen nach
aussen gewendet hatten, und von denen das eine über dem Auge derselben Seite
ein zwar ziemlich grosses, doch im Ganzen nur massig breites Dach, das zweite
über dem Geruchsorgan derselben Seite ein ähnliches, aber viel kürzeres, wie über-
haupt viel kleineres Dach bildete. — Zwei andre Fortsätze der Belegungsmasse der
Rückensaite gingen da, wo die 3 Schädelbalken hinten zusammentrafen, also da, wo
sich später der Türkensattel ausbilden sollte , wie ein Paar Flügel zu beiden Seiten
des Gehirns in die Höhe und umfassten die mittlere Masse desselben. Bei dem
kleinern Embryo konnte ich sie nur bis zu der halben Höhe der knorplig-häutigen
Hirnschale verfolgen, bei dem grössern aber reichten sie viel höher hinauf, kamen
jedoch über dem Gehirn nicht zusammen, sondern Hessen über demselben einen ver-
hältnissmässig ziemlich grossen Raum zwischen sich. Unten waren sie nur massig
breit, nach oben aber nahmen sie an Breite immer mehr zu, und verloren sich
dann, immer dünner geworden, so unmerklich, dass sich ihr oberes Ende nicht
genau bestimmen liess. Mit ihrem hintern Rande grenzten sie an die Knorpelkapseln,
welche sich zu den Felsenbeinen umwandeln sollten, nach vorn aber gingen sie mit
ihrem untern Theiie unmittelbar in die bereits erwähnten knorpligen Augendächer
über. Deutlich waren dies diejenigen Knorpelblätter, welche bei jungen und er-
wachsenen Schildkröten von den absteigenden Hälften der Seitenwandbeine bedeckt
werden, und deren ich schon an einer anderen Stelle dieses Werkes (Abtheilung II,
§. 5.) Erwähnung gethan habe. Ausserdem konnte es aber auch keinem Zweifel
unterliegen, dass diese Theiie ihrem Ursprünge und ihren Lagerungsverhältnissen
nach den hintern Keilbeinflügeln andrer Wirbelthiere entsprechen. Dem Angeführten
zufolge war also von der Belegungsmasse der Rückensaite unter dem Gehirn eine
im Ganzen nur flache Schale gebildet, auf der dieses Organ ruhte. Ihre Form war
sehr unregelmässig, namentlich auch in Hinsicht ihres Randes. Hinten besass sie
einen Ausschnitt fiir den Durchgang des Rückenmarkes, seitwärts zwei weit tiefere
Ausschnitte zur Aufnahme der Felsenbeine. Hinter den Felsenbeinen sendete sie
zwei massig breite flügelartige Fortsätze aus, die sich zu den Seitentheilen des
233
Hinterhauptbeins entwickeln sollten, vor den Felsenbeinen aber sendete sie zwei viel
grössere Flügel nach oben aus, die, wie bereits bemerkt, den hintern Keilbeinflügeln
andrer Wirbelthiere entsprachen. Vorne war sie am flachsten, bildete hier zwei Au-
gendächer, und ging dann in die Nasendächer und die Nasenscheidewand über. Ganz
am vordem Ende dieser Schale befanden sich zwei Löcher fiir den Durchgang der
Riechnerven, weiter nach hinten zwei andre für den Durchgang der Sehnerven, noch
andrer Löcher, die in ihr vorkamen, nicht zu gedenken. Die Löcher für die Sehner-
ven befanden sich in einer ziemlich tiefen Grube der Hirnschale, die zur Aufnahme
des Chiasma der Sehnerven bestimmt war: der vordere Rand dieser Grube aber, so
wie die Seitenränder, waren etwas aufgevvulstet.
An der Darstellung der Hirnschale nimmt bei den verschiedenen Wirbclthieren
diejenige Partie der Belegungsmasse der Rückensaite , welche dem Kopfe angehört,
nach erfolgter Verknorpelung einen verschiedentlich grossen Antheil. Bei allen zwar
bildet sie im Verein mit den Knorpelkapseln der Ohrlabyrinthe, welche Kapseln wohl
jedenfalls unabhängig von ihr entstehen, die Basis der Hirnschale, seitwärts aber
wächst sie , um von unten her das Gehirn zu umfassen, verschiedentlich weit in die
Höhe. Die geringste Verschiedenheit kommt in der angegebnen Hinsicht an demje-
nigen Theile von ihr vor, welcher sich hinter den Ohrkapseln befindet: denn dieser
breitet sich in der Regel so aus, dass er hinter den genannten Kapseln ein Paar
Flügel bildet, die zuletzt über dem Gehirn zusammenstossen und mit einander zu
einem Bogen verschmelzen. Vor den Ohrkapseln aber breitet sich die Belegungs-
masse der Rückensaite seitwärts und nach oben hin bei den Schlangen fast gar
nicht, bei den Vögeln und Säugethieren nur massig stark, und bei den Schildkröten
in einem so hohen Grade aus, dass sie bei den zuletzt genannten Thieren auch vor
den Ohrkapseln zwei das Gehirn umfassende Flügel darstellt. Am meisten aber brei-
tet sich die Belegungsmasse der Rückensaite um das Gehirn bei den Plagiostomen
und einigen Gräthenfischen, wie z. B. bei dem Hechte, aus, indem sie bei ihnen im
Verein mit den Knorpelmassen , welche die häutigen Ohrlabyrinthe umgeben, zuletzt
eine das Gehirn vollständig einschliessende Kapsel .darstellt ').
•) Nähere Aogabeo über die verschiedentlich grossen knoriiligen Theile der Hirnschale verschiedener
Fische findet man in Reichert's Entwicklungsgeschichte des Kopfes der nackten Amphibien (Königsberg
1838, Kapitel VI), besonders aber in dem Lebrbuche der vergl. Anatomie von Sieboldt und Stannius,
Theil II. (Berlin 1845) §. 9. und 10. — Bei den HaiBschen und Rochen bildet die Knorpelsubstanz, welche
die häutigen Ohrlabyrinlbe einschliesst, mit der übrigen Knorpelsubstanz der Hirnschale eine einzige Masse.
Der Analogie nach ist es jedoch wahrscheinlich, dass auch bei diesen Fischen um die häutigen Ohrlabyrinthe
anTänglich zwei besondere und unabhängig von der Belegungsmasse der Rückensaite entstandne Knorpelkap-
seln vorkommen, dass aber späterhin diese Kapseln mit der Knorpelsobstanz, in welche sich die Belegungs-
masse der Rückeasaite umwandelt, ringsum verschmelzen.
30
234
Von den Knochen der Hirnschale entwickeln sich aus der verknorpelten Bele-
gungsmasse der Rückensaite, wie ich schon in andern Schriften angegeben habe '),
der Körper und die Seitentheile des Hinterhauptbeins, desgleichen der Körper des
hintern Keilbeins, nur selten dagegen ein Körper für das vordere Keilbein. Ausser-
dem aber entwickeln sich aus ihr, wie ich erst später bemerkt habe, auch die Schuppe
des Hinterhauptbeins (namentlich bei dem Schweine, dem Huhn, der Taube, dem Sper-
ling, dem Blennius viviparus ^) und die aufsteigenden Flügel der Keilbeine. Eine
früher von mir gemachte Aeusserung, dass sich diese Keilbeinflügel aus Knorpelplat-
ten, die unabhängig von der Belegungsmasse der Rückensaite entstanden wären, ent-
wickelten, beruht auf einem Irrtbume, zu dem ich durch ein sonderbares Verhältniss
bei der Natter verleitet wurde. Bei diesem Thiere nämlich beginnt die Bildung der
Scheitelbeine und Stirnbeine an ähnlichen Stellen , als wo bei andern Thieren die
aufsteigenden Keilbeinflügel ihre Entstehung nehmen, und deshalb vermeinte ich, jene
Knochen der Natter eigentlich für Keilbeinflügel, die allmählig das Gehirn sogar oben
umfassten, halten zu können. Später aber habe ich bei Säugethieren , Vögeln und
Gräthenfischen gesehen, dass die Knorpelpartieen, aus welchen sich die aufsteigenden
Keilbeinflügel entwickeln , Ausläufer oder Fortsätze der Schädelbalken und des tafel-
förmigen Theils der Belegungsmasse der Rückensaite sind. Unabhängig von dieser
Masse bilden sich hingegen wohl jedenfalls die Scheitelbeine und Stirnbeine. Und
zwar entstehen diese Knochentafeln meistens, wie bekannt, zwischen blos häutigen
Theilen des Kopfes. Bei denjenigen Gräthenfischen aber, bei welchen die Belegungs-
masse der Rückensaite im Verein mit den Ohrkapseln zuletzt das ganze Gehirn um-
schliesst , wie z. B. bei dem Hechte , entstehen sie allem Anscheine nach , wie die
Nasenbeine, auf einem Theile jener Masse, und dienen hier nicht, wie es bei andern
Wirbelthieren der Fall ist , zur Ausfüllung einer Lücke in der Hirnschale. Auch
giebt sich ein solches Verhältniss, wenn gleich nur in Betreff der Scheitelbeine, bei
den Schildkröten zu erkennen, indem bei denselben diese Knochen zweien von der
Basis cranii aufsteigenden und früher , als sie, vorhandnen Knorpelflügeln aufliegen.
Was die nicht zu der Hirnschale gehörigen Knorpel des Kopfes anbelangt, so
') Dritter Jahresbericht des Dalurwissenschaftiichen Seminars zu Königsberg, nnd Eotwickelangs-
Geschichtc der Natter.
2) Nach Spöndli (lieber den Primordialschädel der Säugethiere und des Menseben, eine Inaugural-
Dissertation. Zürich 1846) soll bei dem Menschen nur der unterhalb der Protuberantia occipitalis gelegene
Theil der Schuppe des Hinterhauptbeins im knorpligen Zustande vorgebildet sein (Seite 38), was dahin zu
deuten sein dürfte, dass der über der Protuberanz gelegene Theil ganz unabhängig von der Knorpelmassc
entsteht, aus welcher sich jener erstere entwickelt, also unabhängig von der verknorpelten BeleguDgsmasse
der Rückensaite. Möglicherweise mag ein solches Verhältniss auch bei manchen Säugethieren vorkommen.
235
kamen bei den beiden Embryonen der Emys für die Flügel- und Gaumenbeine zwei
kleine Knoipelstreifen vor, die zwar im Ganzen nur schmal, doch in ihrer hintern
Hälfte ungefähr doppelt so breit, als in der vordem waren, und die von hinten nach
vorne stark convergirten, doch selbst ganz vorne nicht zusammenstiessen. Ein jeder
war etwas bogenförmig gekrümmt, mit dem concaven Rande nach aussen gerichtet,
und an diesem Rande, wie bei den Schlangen, mit einem nach aussen und vorne ge-
kehrten, doch nur sehr kleinen Fortsatze versehen (Holzschnitt I, c). Nach aussen
von einem jeden dieser Streifen und in einiger Entfernung von ihm, lag ein andrer
schmaler und einfacher Knorpelstreifen, der aber mit seinen Flächen senkrecht stand,
und der für den Oberkieferknochen, das Jochbein und wahrscheinlich auch für das
Os quadrato - jugale bestimmt war. Nach hinten war er etwas aufwärts gekrümmt,
und mit seinem hinteren Ende befand er sich in der Nähe desjenigen Knorpels, aus
welchem sich das Quadratbein entwickeln sollte, berührte aber* denselben noch nicht:
auch war er in seinem hintern Theile noch nicht viel breiter, als in seiner Mitte.
Ob für die Zwischenkiefer besondre Knorpelstückchen vorkamen, vermochte ich nicht
gehörig zu ermitteln: allem Anscheine nach reichten die beiden Knorpelstreifen,
welche für die Jochbeine und die Oberkiefer bestimmt waren, bis an das vordere
Ende des Kopfes und berührten hier einander. Auf dem hintern Theile der Nasen-
dächer Hessen sich, wenigstens bei dem grössern Embryo, zwei sehr kleine Knorpel-
platten erkennen, die für die sogenannten Ossa frontalia anteriora bestimmt waren.
Jede Seitenhällle des Unterkiefers bestand zum grössern Theile aus einem länglichen
und ziemlich drehrunden Knorpel, der sich bis in die Nähe des Kinnwinkels er-
streckte, an seinem hintern Ende stumpf und abgerundet war, in massig grosser
Entfernung von diesem Ende die grösste Dicke hatte, dann aber nach vorne verjüngt
und zugespitzt auslief (Holzschnitt U und HI, b). Die äussere Seite dieses Knor-
pels , der dem Meckel'schen Knorpel der Säugethiere entsprach, war umfasst von ei-
nem etwas kürzern Knorpel, der einen massig breiten Streifen darstellte, zu einer
Rinne zusammengekrümmt erschien, und die Grundlage aller Knochenstücke des Un-
terkiefers, mit Ausnahme des Gelenkstückes, bezeichnete. Auf dem hintersten Theile
des beschriebenen Achsenknorpels stand aufgerichtet, und zwar in einer etwas schrä-
gen Stellung nach oben und hinten, ein sehr viel kleineres längliches Knorpelstück,
das an seiner äussern, wie an seiner Innern Seite etwas abgeplattet, allenthalben
ziemlich gleich breit, im Verhältnisse zu seiner Länge aber überhaupt nur massig
breit war (Holzschnitt ü, a). Mit seinem obern Ende war dieses Knorpelstück,
das sich zu dem Quadratbein entwickeln sollte, an die knorplige Ohrkapsel leicht
angeheftet. Nach aussen war es beinahe vollständig bedeckt von dem vordem Theile
30*
236
einer länglichen und beinahe dreimal grössern Knorpelplatte, die gleichfalls der knorp-
ligen Ohrkapsel anlag, und die sich als die Grundlage des Os tympanicum kund
gab (Holzschnitt HI, a). Dieselbe war mit ihrem einen Ende nach vorne, mit dem
andern nach hinten gerichtet, an beiden Enden abgerundet, an ihrem nach unten ge-
kehrten Rande etwas concav, an dem obern Rande schwach convex, in ihrer hintern
Hälfte hohl oder blasenförmig, und in der vordem Hälfte an dem convexen Rande
nach aussen, wie ein menschliches Ohr, umgekrempt, im Ganzen also schon ähnlich
dem Os tympanicum der Erwachsenen, wenn gleich von aussen und innen stark ab-
geplattet, mithin nur sehr wenig geräumig. Die weit offene Höhle der vordem
Hälfte desselben war ganz ausgefüllt von dem stark angeschwollenen äussern Ende
des Gehörknöchelchens.
B. Wirbelsäule und Rippen.
Der Atlas und Epistropheus hatten schon eine ähnliche Form und Zusammen-
setzung, wie bei reifen Embryonen der Schildkröten. Der eigentliche Körper des
erstem Hess sich von den übrigen Theilen desselben schon leicht ablösen, stand da-
gegen mit dem Körper des Epistropheus in einer festen und sehr innigen Verbindung,
und war an seinem vordem Ende abgerundet. Jene übrigen Theile des Atlas aber
bestanden in zwei knorpligen Bogenschenkeln, einem unter dem Körper gelegenen
kleinen Knorpelstückchen, zwei wenig langen von den Bogenschenkeln zu diesem
Knorpelstückchen herabgehenden bandartigen Streifen, und einer dicht vor dem Kör-
per des Atlas aufgerichteten sehr dünnen, wie überhaupt nur sehr kleinen hautartigen
Scheibe, die von der Chorda dorsalis durchbohrt war. — Die Körper der Wirbel
im Allgemeinen waren an ihrer obern Seite mehr oder weniger concav. Die Sub-
stanz, durch welche je zwei zusammengehalten wurden, hatte eine ähnliche knorpel-
artige Beschaffenheit, wie die der Wirbel selbst, nahm aber im Weingeist eine weiss-
üche Farbe an, und stellte sich hierauf an der Oberfläche der Wirbelsäule als ein
sehr zarter weisslicber Querstreifen dar. Die Bogenscbenkel aller Wirbel waren
nur schmal, und standen über dem Rückenmarke paarweise noch aus einander.
Die Rippen erschienen als unmittelbare Fortsätze der Rumpfwirbel: denn zwi-
schen diesen beiderlei Knorpeltheilen war weder ein Gelenk, noch selbst einmal ein
weisslicber Querstreifen zu bemerken. Diejenigen, welche die 8 mittlem Paare aus-
machten, zeichneten sich vor den übrigen schon sehr durch eine grössere Länge
aus; doch waren sie im Verhältniss zu dem ganzen Körper des Embryo's noch um
vieles kürzer, wie auch weit schwächer gekrümmt, als bei den Erwachsenen (Tab.
X, Fig. 5.), zumal bei dem kleinem Embryo. ]Nach aussen reichten diese längern
Rippen bis in die Nähe des Randes der Hautverdickung, welche jetzt für sich allein
237
ein Rückenschild darstellte: keine aber reichte in den wulstarligen Saum oder die
Falte dieses Schildes hinein ; auch reichte noch keine über die Rumpfliöhle seitwärts
hinaus. Die Rippen des achten, und noch mehr die des neunten Paares hatten
schon eine Richtung nach hinten angenommen. (Fig. 5.) Alle Rippen waren sehr
dünn, beinahe cylindrisch, und an ihrem äussern Ende stumpf zugespitzt. Ein sol-
cher mit den äussern Enden der meisten Rippen je einer Seitenhälfte innig verschmol-
zener knorpelartiger Längsstreifen, wie man ihn als Anlage zu einer Seitenhälfte
des Rrustbeins bei jungen Embryonen von Säugethieren und Vögeln findet, war
entschieden nicht vorhanden. Uebrigens war die fibröse Haut, welche bei jungen
Schildkröten zwischen allen Rippen einer jeden Seitenhälfte ausgespannt gefunden
wird, nicht blos schon angelegt, sondern sogar verhältnissmässig weit dicker, als bei
jenen : ihre Fasern aber enthielten noch, wie die der Lederhaut, grosse und nahe bei
einander liegende Zellenkerne. Ansehnlich dick war auch die Fascia superficialis
interna der Rumpfböhle.
G. Knorpel der Gliedmassen.
Das Schultergerüste war noch verhältnissmässig sehr klein und wenig ausgebil-
det. Die 3 Stücke einer jeder Seitenhälfte desselben erschienen als ziemlich gleich
lange und ziemlich gleich dicke Streifen, die eine Cylinderform hatten. Das obere
und das vordere untere Stück, also das Schulterblatt und das Acromion nach Cu-
vier, bildeten zusammen eine einzige nirgend unterbrochene Masse, gingen aber
unter einem etwas grössern Winkel in einander über, als bei den Erwachsenen.
Dagegen bildeten die beiden untern Stücke einen viel kleinem Winkel, als bei den
Erwachsenen. — Beide Seitenhälften des Schultergerüstes standen unten noch weit
auseinander; ihre obern Enden aber hatten zu einander und der Wirbelsäule nebst
den Rippen eine solche Lage, wie bei den Erwachsenen.
Der Knorpel für ein jedes Os innominatum des Beckens bestand in einer ein-
zigen nirgend unterbrochenen Masse. Diejenigen Theile desselben, welche sich in das
Schambein und Sitzbein umwandeln sollten , stellten sich , wie der für's Darmbein
bestimmte, als schmale und allenthalben ziemlich gleich dicke Streifen dar, waren
aber an ihrem der Mittelebene des Körpers zugekehrten Ende schon untereinander
verschmolzen. Das Foramen obturatorium hatte die Form eines länglichen Dreiecks,
und war mit seinem Scheitel gegen das Darmbein gekehrt. Beide Seitenhälften des
Beckens hatten sich unter der Harnblase schon mit einander durch eine Symphyse
innig vereinigt. Der vordre Rand des Schambeinbogens war geradlinigt, sprang
also noch nicht, wie bei den Erwachsenen, in seiner Mitte mit einer Spitze weit
nach vorne vor.
238
Ueber die Beine hätte ich Nichts weiter anzufiihren, als dass sich in ihnen
schon Andeutungen von Gelenken hefanden, dass ihre Knorpelstücke schon vollzählig
zu sein schienen, und dass die Oher- und Unterschenkel auch im Verhältniss zu den
Zehen eine geringere Länge hatten, als bei den Erwachsenen.
F. Zungenbein.
Die 4 Hörner des Zungenbeines waren schon ziemlich lang, und beide Paare
standen zu einander in ähnlichen Grössenverhältnissen, wie bei den Erwachsenen.
Dagegen war der Körper des Zungenbeines, der in seinem ausgebildeten Zustande?
verglichen mit den Hörnern, ansehnlich gross ist, im Verhältniss zu den Hörnern noch
sehr kurz und auch sehr schmal. Ueber die vordem Hörner sprang er nach vorne
noch fast gar nicht vor.
G. Hautskelet.
Von Knorpeln für das ßauchschild konnte ich nicht die mindeste Andeutung
auffinden, obgleich ich darnach mit möglichster Vorsicht suchte, indem ich die Bauch-
wand des Rumpfes in sehr dünne Schichten theilte und diese einzeln unter einem
zusammengesetzten Mikroskop betrachtete. — Von solchen Knorpeln für das Rücken-
schild, welche dem Hautskelette hätten beigezählt werden können, Hess sich nur ein
einziger auffinden, nämlich die Nackenplatte, doch war diese äusserst dünne, obgleich
schon ziemlich breit. — Eine zu der Nackenplatte hingehende blatlartige Fortsetzung
der Fascia costalis war noch nicht im Mindesten angedeutet. (S. Seite 107.)
§. 6. Muskeln. Die Masse der Fasern, welche für die Musculi cucuUares,
Muse, sacro-spinales und Muse, extensores caudae bestimmt waren, erschienen unter
einer massig stark vergrössernden Loupe als zwei einfache Stränge, die sich vom
Kopf bis auf den Schwanz erstreckten. — Die Retractores capitis et colli stellten
schon ziemlich starke Stränge dar, die sich beinahe bis zu der Beckengegend ver-
folgen Hessen.
Der Muse, latissimus dorsi (Tab. X, Fig. 5 h.) lag gänzlich vor der zweiten
Rippe und in einer kleinen Entfernung von ihr, stellte beinahe ein Dreieck dar, und
war an seiner äussern Seite und seinem obern Ende in innigster Berührung mit der
verdickten Hautbedeckung des Rückens.
Diejenige platte Muskelschichte, welche ich mitDumeril für den Muse, pecto-
ralis minor halte (s. Abschnitt ü, Kap. 8.), ging in der Nähe einiger vordem län-
gern Rippen von der Hautbedeckung da ab, wo diese die Seitenwand des Rücken-
schildes bildete, und verlief von da aus nach unten und nur wenig nach innen zu
dem hintern Schlüsselbein.
Der von Bojanus Muse, subclavius genannte Muskel, der übrigens bei beiden
239
Embryonen nur sehr schwer aufzufinden war, entsprang vor der zweiten Rippe in
der Nähe des äussern Endes derselben, ging von da schräge nach oben, vorn und
innen zu dem obern Ende des Schulterblattes, und hatte also eine ähnliche Lage und
Befestigung, wie bei ganz jungen Schildkröten.
Die Muse, pectorales majores waren selbst im Verhältniss zu dem ganzen Kör-
per der Embryonen nur sehr klein, und lagen, wie die Schlüsselbeine, noch weit
auseinander.
Für die Bauchmuskeln bestimmte Fasern waren zwar zu erkennen, doch Hessen
sich diese Muskeln nicht einzeln unterscheiden.
§. 7. Gehirn. Bei beiden Embryonen hatte es ziemlich dieselbe Grösse und
Form. In Hinsicht der letztern war es äusserlich und innerlich in hohem Grade
ähnlich einem so weit entwickelten Gehirn von Schlangenembryonen, wie es in mei-
ner Entwickelungs-Geschichte der Natter auf Tafel VI. unter Fig. 9 bis 12 abge-
bildet ist, weshalb ich auch unterlassen habe, von ihm Abbildungen zu geben.
Die Hemisphären des grossen Gehirns waren im Verhältniss zu andern Theilen
desselben, insbesondere aber zu dem Vierhügel, noch auffallend klein, von den Seiten
ziemlich stark abgeplattet und mit ihrem vordem Theile stark nach unten herabge-
krümmt. Vorne gingen sie in kurze und überhaupt nur kleine Riechnervenkolben
über. Ihre Höhlen waren nur sehr klein, dagegen die Wandungen im Verhältniss
zu den Höhlen ansehnlich dick. Ein Corpus striatum war in ihnen noch nicht zu
erkennen. — Das hinter den Hemisphären gelegene Zwischenhirn war im Verhält-
niss zu denselben noch beträchtlich gross, etwas breiter, als lang, und an seiner obern
Seite mit einer ziemlich grossen runden Oeffnung versehen, deren Rand sich etwas
aufgewulstet hatte. Von Sehhügeln Hess sich kein deutliches Anzeichen auffinden.
Der Hirntrichter war im Verhältniss zu seiner Länge ansehnlich dickl Die Glandula
pituitaria hing mit ihm nur lose zusammen, war massig gross und hatte eine ovale
Form. . Der Vierhügel hatte eine bedeutende Grösse und stellte bei dem kleinern
Embryo an seiner obern Seite noch eine ganz einfache Wölbung dar, indess er bei
dem grössern Embryo an dieser Seite schon eine schwache, ihn in zwei Hälften
theilende Längsfurche bemerken liess.
Das verlängerte Mark war noch weit offen und bildete eine lange, ziemlich
tiefe, gebogene und von vorn nach hinten immer schmäler werdende Rinne. Von
einem kleinen Gehirn war erst eine schwache Andeutung vorhanden.
Die weiche Hirnhaut war im Verhältniss zu dem Gehirn ziemlich dick. Im
Zusammenhange mit ihr befand sich über der Oeffnung des Zwischenhirns eine ab-
solut und relativ sehr kleine rundliche Glandula pinealis: ein Plexus choroideus aber,
240
der sich durch jene Oeffnung in das Gehirn hineinbegeben sollte, hatte sich kaum
erst zu bilden angefangen, und erschien als eine kleine warzenartige Erhöhung der
weichen Hirnhaut. Ueber der Oeffnung des verlängerten Markes war diese Haut
der Länge nach massig stark zusammengeschoben und Hess an ihrer innern Seite
acht auf beide Seitenhälften vertheilte Querfalten, oder vielmehr verdickte Streifen
bemerken, die paarweise massig weit von einander abstanden und in jeder Seiten-
hälfte ziemlich dicht auf einander folgten.
§. 8. Sinneswerkzeuge. DieZunge war schon ziemlich dick und ähn-
lich geformt, wie bei den Erwachsenen, wenn gleich im Verhältniss zu ihrer Breite
etwas kürzer, übrigens an ihrer Oberfläche glatt und eben.
Das Auge war nicht kugelrund, sondern elHpsoidisch, und mit seinem grössten
Durchmesser im Allgemeinen von hinten nach vorne gerichtet. Der Sehnerv, der
nicht mehr hohl war, drang weit unter der Mitte der innern Wandung des Auges
in dieses hinein ; auch lagen die Hornhaut und die Pupille noch weit nach unten.
Der Abstand also, den an dem untern Theile des Auges die Hornhaut von dem Seh-
nerven bemerken Hess, war im Verhältniss zu dem ganzen Umfange dieses Organes
nur ein geringer. Die Hornhaut war wenig gewölbt und im Verhältniss zu dem
ganzen Auge nur sehr klein : auch war sie noch weit dünner, als die nur massig
dicke Sclerotica, zumal in ihrem mittlem Theile, der nur ein sehr zartes Häutchen
darstellte. Die Aderhaut, die an Dicke der Sclerotica gleich kam, war schon allent-
halben ziemlich stark geschwärzt, auch vorne schon zu einem Strahlenkörper, wenn
gleich nur schwach und kaum merkbar, gefaltet. Die Iris zeigte eine noch viel
grössere Schwärze, als die Aderhaul, und besass eine solche selbst au ihrer äussern
Seite, die bei den Erwachsenen gelb ist, war aber nur sehr schmal und lag der
Hornhaut dicht an. Die Netzhaut war, wie bei jungen Embryonen andrer Wirbel-
thiere, weit dicker, als die Aderhaut und Sclerotica zusammengenommen, selbst in
der Nähe der Iris. Eine von deren untern Wandung gebildete und vom Sehnerven
gegen die Iris hin verlaufende Falte, wie sie bei jungen Embryonen mancher andern
Wirbelthiere vorkommt, auch bei derEmys in einem noch frühern Entwickelungsstadium
bemerkt worden ist (Seite 28 und 39), konnte ich nicht auffinden, vielleicht jedoch
nur deshalb nicht, weil ich die Augen erst untersuchte, nachdem die Embryonen
einige Tage in Weingeist gelegen hatten. Der Glaskörper schien kaum mehr, als
den doppelten Umfang der Linse zu haben. Die Linse war kugelrund. Ihre Kap-
sel lag der Hornhaut dicht an, und hing mit derselben massig fest zusammen. —
Die Augenmuskeln Hessen sich bereits gut unterscheiden.
Die äussern Nasenlöcher erschienen als zwei sehr kleine Punkte auf der
241
Spitze zweier kleinen Wärzchen, die in massig grosser Entfernung von der Schna-
belspilze ihre Lage hatten. Die innern Nasenlöcher oder Choanen waren weiter,
als jene äussern, und hallen eine solche Lage, wie bei den Erwachsenen. Die Ge-
rueiisoraane selbst bestanden in zwei kleinen Säckchen einer ziemlich dicken Schleim-
haut, die sich von ihrer Umgebung leicht abtrennen Hess. Von Riechmuscheln war
noch kein Anzeichen vorhanden, sondern es waren die angegebenen Säckchen an
ihrer innern, wie an ihrer äussern Fläche ganz platt und eben. Von der linken
und rechten Seite war ein jedes so stark abgeplattet, dass seine Wandungen einan-
der berührten. Von einer dieser Seiten aber angesehen bot es beinahe die Form
von einer Längshäifte eines Ovals dar (Holzschnitt IV). Sein abgerundetes Ende
war nach oben, seine Basis nach unten gekehrt, und die Ecken der Basis führten
zu einem äussern und innern Nasenlochc.
In dem Gehörorgan liessen sich schon ein kleiner häutiger Vorhof von un-
regelmässig rundlicher Form, eine sehr kleine nach unten gegangene fast kegelför-
mige Aussackung dieses Vorhofes als Andeutung einer Schnecke, und drei halbzir-
kelförmige, aber im Verhältniss zu ihrer Dicke nur sehr kurze häutige Kanäle unter-
scheiden. Die Knorpelsubstanz, welche alle diese Theile einschloss, stellte nur bei
dem kleinern Embryo noch eine einfache, wenn gleich ziemlich dickwandige Kapsel
dar; bei dem grössern aber hatte sie sich nach innen schon so vermehrt, dass sie
die genannten häutigen Theile dicht umgab, und die Zwischenräume, die sich zwi-
schen denselben befanden, fast vollständig ausfüllte. Das kleine keulenförmige Säck-
chen, welches bei Jüngern Embryonen aus dem bei ihnen einfachen häutigen Ohrbläs-
chen, oder der Anlage für den häutigen Ohrlabyrinlh, nach oben aufstieg, war deut-
lich zu erkennen, massig gross und mit überaus kleinen Kalkkrystallen angefüllt.
Es befand sich dasselbe ausserhalb der Knorpelmasse des innern Ohres, lag mit sei-
ner dickern Hälfte über dieser Masse, mit der dünnern an der dem Hirn zugekehr-
ten Fläche derselben, und drang mit seinem fadenförmigen untersten Theile durch
die angegebene Knorpelraasse, um sich zu dem häutigen Vorhof zu begeben. Kalk-
krystalle kamen innerhalb des Ohrlabyrinlhes an einigen Stellen, aber nur in sehr
kleinen Haufen vor. — Eine rundliche Oelfnung, entsprechend dem eirunden Fenster
in dem Gehörorgan des Menschen, war in der Knorpelniasse des innern Ohres schon
deutlich vorhanden. Gedeckt und geschlossen war dieselbe von dem einen Ende
eines stabförmigen Knorpels, der verhällnissmässig kürzer und dicker, als das ihm
entsprechende Gehörknöchelchen der Erwachsenen erschien, und an beiden Enden
eine fast linsenförmige Anschwellung besass, von denen diejenige, welche die erst
erwähnte Oeffnung des innern Ohres verschloss, ungefähr um ein Drittel kleiner, als
31
242
die andere war. Sehr auffallend war mir diese Form um deshalb, weil bei den Er-
wachsenen das Gehörknöchelchen nur an seinem innern Ende angeschwollen ist: unter
dem Mikroskop aber konnte ich deutlich erkennen, dass bei den Embryonen die
äussere Anschwellung nicht etwa aus einer dem Stäbchen anhängenden Zellgeweb-
masse bestand, sondern eine knorpelartige Beschaffenheit hatte. Die letztere oder
äussere Anschwellung füllte die offene Höhle der vordem Hälfte des Os tympanicum
ganz aus, mit ihrer äussern schwach gewölbten Seite aber lag sie dem Trommelfelle
an, und hing mit demselben ziemlich fest zusammen. Das Trommelfell selbst war
verhältnissmässig etwas kleiner, als bei den Erwachsenen, aber so, wie bei diesen,
von der Hautbedeckung überzogen. Die Trommelhöhle war absolut und relativ nur
sehr klein, weil sich das Quadratbein und das Os tympanicum dem Umfange nach
erst wenig entwickelt hatten. Der Ausgang der sehr kurzen Eustachischen Trompete
erschien in der Mundhöhle als eine massig grosse Spaltöffnung.
§. 9. Verdauungsorgane. Von einer solchen kleinen und in die Schä-
delbasis eingedrungenen Aussackung der Schleimhaut der Mundhöhle, wie ich bei Jün-
gern Embryonen der Emys bemerkt hatte (Seite 29), Hess sich keine Spur mehr
finden.
Die Speiseröhre war im Verhältniss zu ihrer Länge schon ziemlich dick.
— Der Magen war verhältnissmässig kürzer, weiter, über die Speiseröhre fast
nach allen Seiten stärker vorspringend, und überhaupt, abgesehen von seiner Krüm-
mung, einer länglichen Birne ähnlicher, als bei den Erwachsenen. (Holzschnitt V, b.)
In seiner Lage und Richtung aber verhielt er sich so, wie bei den Erwachsenen.
Die an ihm auffallende Kürze gab sich eigentlich nur an der Pars pylorica, oder
seinem hinter der Leber quergehenden Theile kund, und stand offenbar in einer Be-
ziehung zu der massig grossen Breite, welche die Rumpfliöhle bis dahin nur erst
erlangt hatte. Es hätte sich also dieser Theil des Magens nicht blos absolut, son-
dern auch im Vergleich zum übrigen Theile desselben noch sehr verlängern müssen,
wenn die Embryonen sich hätten weiter ausbilden können. Die innere Fläche der
Wandung des Magens, die im Verhältniss zu der Höhle desselben nur massig dick
war, Hess mehrere von der Schleimhaut gebildete niedrige oder leistenförmige Längs-
falten bemerken, und halte ein sammetartiges Aussehen. Prall ausgedehnt war der
Magen von einer in ihm vorhandenen klaren und farblosen Flüssigkeit, die nur sehr
wenig Eiweiss enthielt.
Der Darm war im Verhältniss zu der Länge des Rumpfes sehr viel kürzer,
als bei den Erwachsenen, und Hess noch keine Windungen weiter erkennen, als eine
ziemlich lange Schlinge, die zum grössten Theile ausserhalb der Nabelöffnung lag
243
(Fig. 5, d, und Fig. 7, f.), und bei dem grössern Embryo ausserdem noch eine sehr
kleine fast kreisförmige Windung ganz in der Nähe des Pylorus. An seinem An-
fange war er schwach angeschwollen und daher durch eine massig starke ringrormige
Einschnürung von dem Magen abgegrenzt. Von jener etwas dickern Stelle aus blieb
er sich dann, einen Dünndarm darstellend, bis ungefähr zu seinem letzten Drittel
allenthalben an Dicke gleich : sein letztes Drittel aber war im Ganzen etwas dicker,
obgleich ebenfalls dünner, als die Speiseröhre, und bezeichnete schon deutlich einen
besondern Dickdarm. Die Schleimhaut des ganzen Darms war im Verhältniss zu
den nur geringen Querdurchmessern desselben ansehnlich dick, weshalb denn auf
Querdurcbschnittcn selbst des hintern Darmstückes eine von ihr umgebene Höhle
kaum zu erkennen war.
Das Gekröse, das im Ganzen eine nur geringe Breite hatte, erschien im Ver-
hältniss zu derselben ansehnlich dick.
Die Leber (Fig. 5, b) war sehr blutreich, im Verhältniss zu dem Umfange
der RumpfTiöhle viel grösser, als bei den Erwachsenen, obgleich lange nicht so gross,
wie bei Säugethieren auf einer ähnlichen Entwickelungsstufe, und deutlich in zwei
Seitenhälften oder Lappen getheilt, von denen der rechte ungefähr den doppelten
Umfang des linken hatte. Die Scheidung in zwei Lappen war aber nur durch einen
schmalen und massig tiefen Einschnitt bewirkt, der an der hintern Seite der Leber
in der Mittelebne des Körpers vorkam, anstatt dass nach vollendeter Ausbildung die
beiden Lappen durch eine schmale und ziemlich lange Brücke, die aus Haut und Le-
bersubstanz besteht, zusammengehalten werden. Im Verhältniss zu ihrer Breite war
ferner die Leber nicht so abgeplattet, wie bei den Erwachsenen, sondern in den
senkrechten Durchmessern entsprechend der noch verhältnissmässig grössern Höhe der
Rumpfliöhle viel stärker oder dicker. An ihrer vordem Seite liess sie einen tiefen
und überhaupt recht grossen Ausschnitt bemerken, der von dem Herzbeutel und der
Herzkammer ausgefüllt wurde. — Eine Gallenblase war schon vorhanden, auch schon
mit grüner Galle angefüllt, aber von einem verhältnissmässig viel geringern Umfange,
als bei den Erwachsenen. Zum grössten Theile lag sie in die Lebersubstanz einge-
senkt. Ihre Form war die eines Ovals. Der Gallengang mündete sich nahe dem
Pförtner. Dicht neben ihm befand sich die nur sehr kleine Bauchspeicheldrüse?
die in der bogenförmigen Krümmung des Dünndarms, also ebenfalls sehr nahe dem
Pförtner, ihre Lage hatte.
Die Milz, die über dem Anfange des Dickdarms in demjenigen Theil des Ge-
kröses, welcher die beiden Schenkel der Darmschlinge zusammenhielt, gelagert war,
liess sich ihrer sehr geringen Grösse wegen kaum erkennen.
31*
244
§. 10. Athemwerkzeuge. Der Stamm der Luftröhre stellte sich als ein
drehrunder Faden dar, der beinahe bis zu dem Herzen hinreichte, und im Verhält-
niss sowohl zu seiner eigenen Länge, als auch zu der Dicke der Speiseröhre, deren
unterer Wandung er fest anhing, nur sehr dünn war (Fig. 4). Die Höhle , die in
ihr vorkam , doch selbst unter dem Mikroskop sich nur undeutlich erkennen Hess,
konnte im Verhällniss zu der Wandung nur überaus enge sein. Der Kehlkopf war
ebenfalls nur dünn, wie überhaupt verbältnissmässig nur sehr klein, doch in der
Nähe seines vordem Endes, wo er die grösste Dicke hatte, beinahe noch einmal so
breit, als der Stamm der Luftröhre. Die beiden Aeste der Luftröhre waren noch
etwas dünner, als der Stamm, hatten im Verhällniss zu diesem eine nur massig
grosse Länge und gingen, die Speiseröhre von unten umfassend, sehr divergirend aus
einander. Knorpelringe waren weder in den Aesten, noch auch in dem Stamme der
Luftröhre auf irgend eine Weise angedeutet: in dem Kehlkopfe aber zeigten sich,
als ich ihn in Berührung mit Wasser etwas gepresst hatte , zwei auf seine Seiten-
hälften vertheilte und etwas von einander abstehende hellere, unregelmässig vierseitige
Flecke, von denen ich vermuthe, dass sie in der ersten Bildung begriffene Knorpel-
plättchen enthielten. Die Lungen waren in jeder Hinsicht einander gleich, hatten
eine nur geringe Grösse, und waren noch etwas kürzer, als das Herz. Mit ihrem
vorderen Ende lagen sie zu beiden Seiten der Speiseröhre: von da aber ging eine
jede in einem Bogen nach oben und hinten , wobei sich die linke auf den weitern
vordersten Theil des Magens, die rechte auf den rechten Lappen der Leber legte.
Vom Rücken und Bauche her waren die Lungen ziemlich stark abgeplattet, in der
Nähe ihres vorderen Endes am breitesten, gegen das stumpf zugespitzte hintere Ende
allmählig verschmälert, und an ihrem der Aorta zugekehrten Rande schwach aus-
geschweift. An dem äussern Rande aber war eine jede mit 3 massig tief gebenden
Einschnitten versehen, so dass der letztere Rand einige auf einander folgende Lap-
pen bildete, von denen der vorderste am grössten, der hinterste am kleinsten war.
(Fig. 4, d.) Die Rückenwand des Leibes berührten die Lungen nur mit ihrer hin-
tern Hälfte, ohne jedoch mit derselben verwachsen zu sein, befestigt aber war eine
jede durch ein schmales Haltungsband an die Speiseröhre und die Aorta. Ferner
stellte jede Lunge einen Beutel dar, dessen Wandung eine im Verhältniss zu der
Höhle ziemlich grosse Dicke hatte, und deutlich aus zwei verschiedenartigen Schich-
ten zusammengesetzt war. Die äussere Schichte hatte eine solche Beschaffenheit, wie
in andern Körpertheilen das Bindegewebe (§. 4.). Die innere aber, die noch wei-
cher, als jene erstere war, bestand aus nahe bei einander liegenden unregelraässig
rundlichen Zellen, die durch ein formloses Bindemittel zusammengehalten wurden.
245
Ausserdem zeichnete sich die letztere noch dadurch aus, dass sie einige wenige Fal-
ten und Icistenarlige Vorsprünge bihiele, die alle im Verhältiiiss zu ihrer Höhe nicht
unbelrächllich dick waren. Einige waren lialbkreisRirmig, und diese entsprachen den
Einschnitten des äussern Randes der Lunge, erstreckten sich aber von ihnen aus bis
heinahe gegen den Innern Rand hin, andere, die noch niedriger waren, halten eine
schräge Richtung, und noch andere verliefen an der obern und untern Wandung
nach der Länge derselben. Im Ganzen aber setzten sie ein unregelmässiges und
nur aus wenigen Maschen bestehendes Netzwerk zusammen.
Schon bald nach ihrem Ursprünge haben also bei den Schildkröten, wie über-
haupt bei den Amphibien, die Lungen eine ganz andere Beschaffenheit, als bei den
Vögeln und Säugethieren. Aber auch bei ihrer weitern Entwickelung stellen sie
Säcke dar, deren innere Fläche dadurch ansehnlich vergrössert ist, dass sich von
denselben leisten- oder plattenartige Fortsätze erhohen , sich unter einander netzartig
verbunden und aus ihren beiden Flächen ähnliche netzartig verbundene Fortsätze her-
vorgetrieben haben; dieser Vorgang aber sich mehrmals wiederholt hat, bis zuletzt
die Wandung der Lungen, je nach den verschiedenen Arten der Schildkröten, ein
mehr oder weniger. kleinzelliges schwaramartiges Gefiige erlangte. Die Fortsetzung
des Bronchus innerhalb der Lunge, welche Fortsetzung, als einfacher Kanal betrach-
tet, bei den verschiedenen Schildkröten mehr oder weniger weit, am weitesten aber
bei den Seeschildkröten nach hinten reicht, scheint mir nicht durch eine Verlänge-
rung des Bronchus selbst, sondern dadurch bewirkt zu sein, dass die Höhle der an-
fangs ganz einfach sackartigen Lunge, indem deren Wandung eine schwammartige
Beschaffenheit erhielt, relativ immer mehr verengt wurde. Für diese Ansicht spricht
auch der Umstand, dass bei Trionyx ferox die Querdurchmesser des Bronchus sehr
viel grösser innerhalb, als ausserhalb der Lunge sind. Die Knorpelringe, oder über-
haupt die Knorpelstüeke, welche auch innerhalb der Lunge an dem Bronchus vor-
kommen, und die ich, beiläufig bemerkt, schon bei einem fast reifen Embryo von
Chelonia sehr deutlich erkennen konnte, mögen erst ziemlich spät entstehen, nament-
lich dann erst, wenn schon die schwammartig gewordene Wandung der Lunge eine
im Verhältniss zu ihrem Umfange nur enge mittlere oder Haupt -Höhle umschliesst.
Die Glandula thymus schien mir im Verhältniss zu dem ganzen Körper
der Embryonen etwas grösser zu sein, als bei den Erwachsenen, hatte aber eine
ähnliche Form und dieselbe Lage vor der Theilung der Aorta, wie bei den Erwach-
senen.
§. IL Harn- und Geschlechtswerkzeuge. Die Wolff'schen Kör-
per (Tab. X, Fig. 5, G. und Fig. b, a) reichten noch vom Herzen bis zu dem
246
Becken, waren aber selbst in ihrer Mitte im Verhältniss zu ibrer Länge nur massig
breit und massig dick, liefen gegen beide Enden, besonders gegen das vordere, ver-
jüngt aus, und batten eine schwach ockergelbe Farbe. Die eigenthümlichen Gerässe,
aus denen sie der Hauptsache nach bestanden, kamen in grosser Zahl vor, hatten
allenthalben eine ziemlich gleiche Dicke, waren aber im Verhältniss zu ihrer Länge
nur dünn zu nennen , und machten in der Tiefe dieser Organe viele und starke
Windungen.
An der nach unten und innen gekehrten Seite der Wolff'schen Körper, dicht
an dem obern Rande derselben und zu beiden Seiten der Aorta, lagen, wie bei an-
dern Wirbeltbieren , die keimbereitenden Geschlechtswerkzeuge (Fig.
6, b). Diese hatten eine weisse Farbe und die Form von Spindeln, waren mit dem
einen Ende nach vorn, mit den andern nach hinten gerichtet, und sassen den Wolff'-
schen Körpern dicht auf. Bei dem grössern Embryo waren sie ungefähr halb so
lang, als die so eben genannten Organe, selbst in ihrer Mitte nur sehr dünn, und
überhaupt sehr lang gestreckt, bei dem kleinern Embryo aber relativ, wie absolut,
etwas kürzer, in der Mitte dicker, und im Ganzen weit weniger schlank. Wahr-
scheinlich also würden sie bei jenem sich zu Eierstöcken, bei diesem zu Hoden aus-
gebildet haben.
Auf der nach oben und aussen gekehrten oder convexen Seite eines jeden
Wolff'schen Körpers, beinahe gleichweit von beiden Rändern desselben entfernt,
lag bei beiden Embryonen ein blendend- weisser Faden, der über die ganze Länge
dieses Organs verlief, sich noch eine kleine Strecke über dasselbe nach hinten zur
Kloake fortsetzte, an seinem vordem Ende stumpf abgerundet war, und nirgend
Schlängelungen bemerken Hess. Bei dem wahrscheinlich weiblichen grössern Embryo
war er allenthalben gleich dick, bis dicht an die Kloake leicht zu verfolgen und über
den Wolff'schen Körper, obgleich er mit demselben gleichsam verklebt erschien,
doch allenthalben deutlich hervorragend. Bei dem kleinern Embryo aber, der wahr-
scheinlich männlichen Geschlechts war , hatte dieser Faden nur in seinem vordersten
Drittel eine ähnliche Dicke , wie bei dem erstem Embryo : denn von jenem Drittel
aus wurde er nach hinten immer dünner, so dass sein über den Wolff'schen Kör-
per hinausragender Theil (der wenigstens eine viermal geringere Dicke, als der vor-
derste Theil hatte), ungeachtet der ihm verbliebenen blendend- weissen Farbe, nur
ziemlich schwer erkennbar war, und es mir zweifelhaft blieb, ob er nicht dicht vor
der Kloake sich endigte. — Eine Höhle Hess sich in den erwähnten Fäden nicht
deutlich erkennen, aber der Analogie nach dürfte es wohl keinem Zweifel unterliegen,
dass dieselben dickwandige Kanäle waren. Die eigenthümlichen Gefässe der Wolff-
247
sehen Körper standen mit ihnen nieht in einem unmittelbaren Zusammenhanf,'e, so
dass sie halten als die Ausriihrunfjs^än<,'e derselben betrachtet werden können : denn
als ich sie durch leises Ziehen bei dem grössern Embryo von den Wolff'schen
Körpern abgetrennt halte, waren an ihnen keine Reste von jenen Gelassen hängen
geblieben.
Zwischen jedem Wolff'schen Körper und der Kloake liessen sich [am deut-
lichsten unter dem Mikroskop bei IßOmaliger Vergrösserung] noch zwei andre Ka-
näle unterscheiden, die von jenem Körper zu der Kloake hingingen. Sie lagen dicht
neben einander zwischen dem beschriebenen Faden und dem noch zu beschreibenden
Harnleiter, waren auch mit denselben innig verklebt, hatten, einzeln genommen, eine
etwas grössere Dicke, als jener Faden selbst bei dem grössern Embryo, und erschienen
nicht blendend -weiss, sondern [nachdem die Embryonen einige Zeit in wässrigem
Weingeist gelegen hatten] sehr schwach gelblich. Auf dem Wolff'schen Körper
selbst war es mir nur möglich den einen A'on ihnen eine ziemlich grosse Strecke zu
verfolgen ; er hatte hier aber eine solche Zartheit und Weiche , dass ich mir keine
Gewissheit darüber verschaffen konnte, ob in ihn die eigenlhiiralichen Gefässe des
W 0 1 ff 'sehen Körpers übergingen oder nicht. Nach den Resultaten indess, die sich
aus den Untersuchungen von Schlangen und noch hohem Wirbelthieren ergeben ha-
ben, darf ich annehmen, dass der eine von diesen beiden Kanälen der Ausführungs-
gang des Wolff'schen Körpers, der andere eine Vene (eine v. renalis advehens) war.
Es fragt sich nun, welche Bedeutung die blendend-weissen Fäden oder vielmehr
Kanäle haben dürften, welche bei beiden Embryonen den Wolff'schen Körpern an-
lagen und über die ganze Länge derselben verliefen. Dass sie bei dem grössern
Embryo, wenn dieser wirklich, wie höchst wahrscheinlich, weiblichen Geschlechtes
war, sich zu den Eierleitern ausgebildet h;iben würden, kann nach den bisherigen
Erfahrungen an altern Schildkröten und andern Thieren keinem Zweifel unterliegen.
Dagegen hätten sie bei dem kleinern Embryo sich weder zu Eierleitern, noch auch
zu Samenleitern entwickeln können: denn bei diesem waren ihre hintern Hälften
offenbar in einer Rückbildung begriffen. Wie ich nun aber schon vor einigen Jahren
bei den Schlangen gefunden habe i), gehen bei den männlichen Individuen dieser
Wirbelthiere zwei paarige Organe, die sich bei ihnen auf den Wolff'schen
Körpern bilden und sich einige Zeit in jeder Hinsicht ganz so verhalten, wie bei
andern Individuen derselben Tbierarten die in der Entwickelung begriffenen Eierlei-
ter , nachher durch Resorption spurlos verloren , indem sie von hinten nach vorne
1) Entwickclungs-Geschiclile der A'atler, S. 210 und 211.
248
mehr und mehr schwinden, worauf alsdann die Ausfiihrungsgänge der Wolff 'sehen
Körper sich in die Samenleiter umbilden. Hiernach darf es wohl also für gewiss
gehalten werden , dass auch bei dem kleinern Schildkrötenembryo , wenn er länger
gelebt hätte, die beiden an den Wolff'schen Körpern haftenden weissen Fäden
oder Kanäle endlich völlig verschwunden, dagegen die Ausfiihrungsgänge jener Kör-
per in die Samenleiter umgewandelt sein würden ').
Die Nieren waren bei beiden Embryonen zwar schon vorhanden, doch noch
sehr klein. Sie lagen einander genau gegenüber zu beiden Seiten der Aorta an der
obern Seite der Wolff'schen Körper, wo eine jede sich in einer nur geringen
Entfernung von dem hintern Ende und dicht neben dem innern Rande eines solchen
Körpers befand. Ihre Länge verhielt sich zu der Länge der Wolff'schen Körper,
selbst bei dem grössern Embryo, nur wie 2 : 7, in ihrer Form aber hatten sie eine
Aehnlichkeit mit Oliven, doch waren sie etwas gestreckter, als solche. Mit dem ei-
nen Ende waren sie nach vorne, mit dem andern nach hinten gerichtet, und das
letzlere Ende setzte sich in einen Stiel fort, der etwas kürzer, als die Niere selbst,
aber im Verhältniss zu derselben beträchtlich dick Avar, an der obern Seite der Ka-
näle, welche von je einem Wolff'schen Körper zur Kloake gingen, seine Lage
hatte und ebenfalls in die Kloake überging. Dieser Stiel war die hintere Hälfte
eines Harnleiters. Die vordere Hälfte des Harnleiters lag in der Niere selbst und
stellte für sie gleichsam eine Achse dar. Der übrige Theil der Niere aber bestand
aus 3 Längsreihen sehr kleiner ovaler, röthlich gelber und hohler Körperchen [den
Anlagen zu den Harnkanälen], die unter rechten Winkeln in den Harnleiter übergin-
gen, so wie aus einem weichern, diese Körperchen zusammenhaltenden Blastem , das
im Verhältniss zu ihnen in ziemlich grosser Masse vorkam.
Die Harnblase (Fig. 5, f. und Fig. b, e.) war in ihrer Mitte nur wenig
weiter, als an den Enden, und im Ganzen beinahe spindeirörmig , also noch nicht,
wie bei den Jungen und Erwachsenen, nach vorne stark ausgeweitet.
Aus dem After ragte ein massig grosses Geschlechtsglied hervor, das bei
beiden Embryonen dieselbe Form und dieselbe Grösse hatte , also bei dem grössern
Embryo nicht einen stärkern Umfang , als bei dem kleinem besass. (Fig. b, g.
'■) Auch für die niÜDnlithen Säugclhiere ist unlängst durch Kobelt erwiesen worden, dass bei ihnen
zwei paarige Organe vorkommen, die sieb zu einer frühern Zeit des Fruchtlebens in jeder Hinsieht eben so
verhalten , wie bei gleich weit entwickelten weiblichen Embryonen die uachherigen Eierleiler, dass aber
diese Organe, während sich die Ausfiihrangsgänge der Wolff'schen Körper in d'ie Samenleiter umwandeln,
alle Bedeutung für das Geschlecht verlieren und daher ihrem Untergänge verfallen.
Doch sollen sie nur selten gänzlich verschwinden, sondern gewöhnlich in einem rudimentären Zustande aus-
dauern. (Kobelt: Der Neben Eierstock des Weibes. Heidelberg 1847. S. 8 — 13.)
249
Fig. 7, g und Fip;. 8, (i.) Im Verhällniss zu seiner Länge war es anselinlieli dick, doch
an der Wurzelliälfte etwas dünner, als an der andern Hälfle, die eine an ihrem Ende
ahgerundete Eichel darstellte. Sein Ende war nach oben aufgebogen, und seine
obere eoncave Seite Hess eine massig tiefe und massig breite Längsrinne bemerken,
die sich in die Kloake hinein und an der untern Wandung derselben bis zu der
Mündung der Harnblase fortsetzte.
§. 12. Herz. Bei keinem der beiden Embryonen Hess sich zwischen diesem
Körpertheile und dessen Beutel ein Band vorfinden, selbst nicht an der Spitze dessel-
ben , wo ein solches schon bei ganz jungen Schildkröten vorzukommen pflegt. Die
Lage des Herzens in der Leibeshöhle war eine ähnliche, wie bei den Erwachsenen,
wenn gleich es von unten her 'durch die Schlüsselbeine und Brustmuskeln noch nicht
bedeckt wurde, da jene Körpertheile noch nicht von beiden Seiten her sich an ein-
ander angeschlossen hatten. Auch in Hinsicht der Gestalt verhielt es sich ähnlich,
wie das Herz der Erwachsenen, nur waren sowohl die Vorkammern, als auch die
Herzkammer verhältnissmässig weniger breit, und es betrug im Ganzen seine grösste
Breite kaum so viel, als seine Länge. Die beiden Vorkammern, von denen die linke
zwar etwas, doch nicht um Vieles, der rechten an Umfang nachstand, waren äusser-
lich durch eine massig starke Einschnürung von einander abgegrenzt, halten eine
ähnliche Gestalt, wie bei den Erwachsenen, und Hessen an der innern Fläche ihrer
nur dünnen Wandung ein engmaschiges Netzwerk zarter leistenartiger Vorsprünge
bemerken. Die Oeffnung, durch welche die Höhle des Venensacks in die rechte Vor-
kammer überging , war nur sehr klein. Ob schon Klappen an dieser Oeffnung vor-
kamen, konnte ich nicht deutlich erkennen. Die Scheidewand der beiden Vorkam-
mern bestand nur erst in einer balbmondrormigen , selbst in der Mitte nur massig
breiten Falte der innern Haut des Herzens, welche Falte hauptsächlich der obern ge-
meinschaftlichen Wandung der beiden Vorkammern , an der sie ihre grösste Breite
hatte, angehörte, und mit ihren Enden die untere Wand der Vorkammern erreichte.
Das eirunde Loch war also noch beträchtlich gross. Eine Klappe fehlte noch für
dasselbe. Die Herzkammer hatte eine ähnUche Gestalt, wie bei den Erwachsenen.
Ihre Wandung aber war im Verhältniss zu dem Umfange enorm dick und bestand
zum grössten Theil , abgesehen nämlich von ihrer nur dünnen äussersten Faser-
schichte, ähnlichermassen, wie bei den Schildkröten, aus sich kreuzenden und mit ein-
ander so verbundenen Muskelfaser -Bündeln, dass davon ein schwammartiges Gewebe
zusammengesetzt wurde, dessen absolut und relativ sehr kleine Zellenräurae unter
einander in Höhlenverbindung standen. Dagegen war die von dieser schwammigen
Wandung umschlossene gemeinsame Höhle nur überaus klein, anstatt dass bei den
32
250
erwachsenen Exemplaren von Emys europaea die Höhle der Herzkammer beträchtlich
gross, die Wandung aber nur massig dick und weit weniger schwammartig beschaf-
fen ist. Die beiden Muskelsäulen, welche bei den Erwachsenen an der untern und
obern Wandung der Herzkammer von hinten nach vorne verlaufen und eine unvoll-
ständige Scheidewand darstellen, waren auch bei den Embryonen deutlich vorhanden,
doch nicht blos sehr schmal, sondern auch sehr kurz.
§. 13. Blutgefässe. Die Beschreibung, welche ich von den Blutgetassen
geben will, wird nur sehr unvollständig ausfallen. Denn \\eil ich nur zwei Embryo-
nen zur Untersuchung hatte, und ich an diesen mich besonders über die Beschaffen-
heit ihres Skelettes und ihrer Eingeweide unterrichten, wie auch von ihnen mehrere
Abbildungen entwerfen wollte, mochte ich sie, als s*e noch frisch und ihre Gefässe
mit Blut gefüllt waren, nicht sogleich öffnen und so stark beschädigen, wie es nö-
thig gewesen sein würde, um ihrer tiefer gelegenen GePässe ansichtig werden zu kön-
nen. Ich zeichnete mir daher damals nur auf, was sich über diejenigen Gcfasse be-
merken Hess, welche an der rothcn Farbe ihres Inhaltes schon durch die Hautbe-
deckung hindurch erkennbar^ waren. Die tiefer gelegnen Gefässe aber untersuchte ich,
so weit es möglich war, erst später, nachdem die Embryonen schon einige Zeit in
verdünntem Weingeist aufbewahrt gewesen waren.
Die Arterien verhielten sich an ihrem Ursprünge aus dem Herzen schon eben
so, wie bei den Erwachsenen. Die beiden Bogen der Aorta waren in Hinsicht der
Dicke einander ganz gleich. Zu der unpaarigen Aorta abdominalis vereinigten sich die-
selben gegenüber der Mitte des venösen Antheiles der Vorkammer des Herzens, also
sehr weit nach vorne, und hatten daher auch eine verhältnissmässig nur wenig er-
hebliche Länge. Da nun aber bei den erwachsenen Exemplaren von Emys europaea
die Stelle, an der die beiden Bogen in die Aorta abdominalis übergehen, weit hin-
ter dem Herzen liegt, so hätten sie später nicht blos absolut, sondern auch relativ
immer länger, dagegen die Aorta abdominalis, indem sie weniger an Länge zunahm,
scheinbar immer kürzer werden müssen.
Der gemeinschaftliche Stamm, mit welchem die Kopf- und Arm-Arterien aus der
rechten Aorta entsprangen , war überaus kurz und kaum erst angedeutet. Die Ar-
teria coeliaca und Arteria mesenterica gingen ganz dicht neben einander aus dem
hintern Ende des linken Aortenbogens, also ganz nahe an dem Anfange der Aorta
abdominalis hervor, indess bei den Erx^achsenen diese Arterien weit entfernt von
dem genannten Gefussstamm aus jenem Bogen entspringen. Es wird demnach der
linke Aortenbogen späterhin besonders hinler der Ursprungsstelle der erwähnten Ar-
terien allraählig ausgesponnen. Die Arteria omphalo-mes«nterica, die von der Arte-
251
teria mcsenlerica abging, theilte sich gleich nach ihrem Ursprünge in 2 Acste, die
das Gekröse und den vordem Schenkel der aus der Nabeiöirnung heraushängenden
Darmschlinge umfassten. Die beiden Arteriae umbilicales verliefen an der untern
Seile der fast spindellorniigen Harnblase einander parallel und in einer nur geringen
Entfernung von einander.
Cardinalvenen Hessen sich nicht auffinden. Die beiden vordem Hohlvenen und
die hintere Hohlvene gingen in einen ziemlich weiten Sinus über, der dicht dem Her-
zen auflag, und dessen Höhle sich durch eine nur geringe Oetfnung in den rechten
Vorhof mündete. Die einfache Vena omphalo-mesenterica war ziemlich weit, lief
an der untern Seite des hintern Schenkels der Darmschlinge schräge nach vorne und
links hin , begab sich dann nach oben zu dem der Darmschlinge angehörigen Theil
des Gekröses, und ging endlich nahe der Plbrtader in die Vena mesenterica über.
Auch die Vena umbilicalis, die ich an den frischen Embryonen, als sie noch Blut
enthielt, verfolgte, war unpaar und ziemlich weit, jedoch weniger weit, als die Na-
bel-Gekrösvene. Von der AUantois aus ging sie durch den Nabel zur linken Sei-
tenhälfte der ßauchwand, lief dann auf dieser Wand links von der noch weiten
Nabelöffnung , aber sehr nahe derselben , nach vorne , wendete sich darauf in einem
massig starken Bogen unter der Leber etwas rechts hin, und schien endlich an dem
vordem Rande des linken Leherlappens in massig grosser Entfernung von der Mittel-
linie des Körpers in eine Lebervene überzugehen. Bei einer nähern Untersuchung
aber ergab sich nachher, dass sich das GePass nicht an jenem Rande der Leber en-
digte, sondern sich an ihm nur umbog, und dass es sich an der vordem oder con-
caven Seite der Leber, in der die Herzkammer ruhte, nach oben fortsetzte, so je-
doch , dass es seiner Länge nach zum Theil in die Substanz der Leber gleichsam
versenkt Avar. Dieser letzte Theil des Gefässes, der endlich in die hintere Hohl-
vene überging, mag indess kleine Zweige aus der Leber aufnehmen und so noch auch
als eine Vena bepatica dienen. Eine der rechten Seitenhälfte angehorige oder zweite
Nabelvene war bestimmt nicht vorhanden. Es kommt also auch bei den Schild-
kröten , was sich schon aus früheren Untersuchungen als ziemlich gewiss ergeben
hatte (Abschnitt 2, § 68), wie bei andern Wirbetlhieren, nur eine einzige Nabel-
vene vor. — Diejenigen Venen, welche sich an den noch lebenden Embryonen schon
von aussen durch die Hautbedeckung erkennen Hessen, verhielten sich folgendermas-
sen. Auf der zweiten Hirnmasse, oder dem Vierhügel, verlief in der Mittelebene
des Kopfes von vorne nach hinten ein ziemlich weiter Sinus perpendicularis, der von
den Hemisphären des grossen Gehirns mit zwei Aesten entsprang, und darauf hinter
dem Vierhügel sich in zwei schräge nach unten und hinten gehende Sinus transversi
32*
252
theilte. Die beiden letztern schienen nach unten hin vor dem vordem Rande der
Felsenbeine herabzulaufen, um sich zu der Grundfläche der Hirnschale zu begeben.
Deutlich aber sendete eine jede von ihnen nach hinten einen kürzern und etwas en-
gern Sinus aus, der dicht über dem Felsenbeine seine Lage hatte, einen massig star-
ken, mit seiner Convexität nach oben und hinten gekehrten Bogen darstellte , hinter
dem Felsenbeine in die Vena jugularis überging, und vor seinem Ende einen von
der Medulla oblongata (und dem kleinen Gehirn ?) herkommenden Ast aufnahm. Von
dem Gesichtstheile des Kopfes entsprang jederseits vor und unter dem Auge ein
massig starker Ast, der darauf, nachdem er aus dem Unterkiefer einen Zweig auf-
genommen hatte, unter dem Ohr nach hinten verlief, und gleichfalls in die Vena ju-
gularis überging. Der so eben genannte Venenstamm entsprach der Vena jugularis
externa des Menschen: denn, wie diese, verlief auch er unter der Haut des Halses
nach dem Rumpfe hin. Am Rücken lagen in der verdickten Hautbedeckung zwei
Reihen zarter Venenzvveige ausgebreitet, die auf die beiden Seitenhälften des Kör-
pers vertheilt waren, in einiger Entfernung von der Mittelebne desselben in die
Tiefe drangen, und sich wahrscheinlich an die Intercostalvcnen anschlössen. An der
obern Seite des Schwanzes verliefen sehr oberflächlich zwei zarte einfache Venen,
die sich nach der Länge desselben erstreckten, auf die beiden Seitenhälften desselben
vertheilt waren, und nur massig weit von einander abstanden. Zwei andre, aber
ein wenig dickere und nicht völlig so oberflächlich gelegene Venen verliefen rechts
und links am Schwänze und ungefähr gleich weit von der obern und untern Seite
desselben entfernt von hinten nach vorne. Indess vermuthe ich, dass, ehe bei den
Embryonen nach der Oeffnung der Eier der Blutumlauf ins Stocken gerathen war,
statt dieser erwähnten 4 Gefässe des Schwanzes eigentlich 4 Reihen kleiner und
einander sehr naher Gefässzweige der Haut vorkamen, von denen die einer jeden
Reihe durch Anastomosen unter einander zusammenhingen, dass aber bei dem Ab-
sterben der Embryonen das Blut sich besonders in diesen Anastomosen anhäufte, dage-
gen aus den feinern Endzweigen mehr oder weniger vollständig verschwand. An
der untern Seite des Schwanzes schimmerte nach der ganzen Länge desselben eine
ziemlich starke und nur massig tief gelegene Vena caudalis hindurch. In dem Rande
der Hautfalte, welche die Zehen eines jeden Fusses verband, verlief, den Buchten
dieses Randes folgend, eine einfache Vene, deren beide Enden zu dem Unterschenkel
aufstiegen. In Verbindung aber mit dieser Grenzvene standen sehr zarte dendriti-
sche Venenzweige, von denen je einer, wie bei jungen Eidechsen- und Vogelembryo-
nen, zwischen zwei Zehen in der Haulfalte aufstieg, um sich an andere Venen des
Beines anzuschliessen.
253
Ganz so, wie bei den Vögeln, Eidechsen und Schlangen zu einer gewissen
Zeit des Fruohtlcbens , verlief von den vielen Zweigen der Arteria oniphalo-me-
senterica, welche in die Tiefe des Dottersacks eingedrungen waren, je einer in dem
freien Rande von einer der Falten, welche sich aus der innern Haut dieses Sackes
gebildet hatten. Von einem solchen Zweige aber ging ein zartes Gerässnetz aus,
das zwischen den beiden Blättern der Falte ausgebreitet war, und sich nach aussen
an einen Zweig der Vena oraplialo-mesenterica anschloss, der an dem äussern
Rande der Falte zwischen den beiden Hautschichten des Dottersacks seinen Verlauf
machte. Die einzelnen Zweige der genannten Venen hingen fast sämmtlich mit dem
(§. 2) schon erwähnten Sinus terminalis zusammen, verliefen nur schwach geschlän-
gelt unter der Oberfläche des Dottersackes, gingen hie und da je zwei unter einem
sehr spitzen Winkel in einander über, und verbanden sich zuletzt zu einigen we-
nigen Aesten. Der ellipsoidische Sinus terminalis des Dottersacks war absolut und
relativ nur sehr dünn, und Hess zwar nirgend eine Unterbrechung bemerken, war
aber nach dem einen Pole des Eies hin noch dünner, als in seinem übrigen Theile. —
Was endlich die Blutgefässe der AUantois anbelangt, so waren dieselben in der äus-
sern (der Schalenhaut zugekehrten) Wandung dieser Blase baumförmig sehr stark
verzweigt (Fig. 1.) und verliefen in der Art, dass je ein Ast der Nabelarterien von
einem Aste der Nabelvene begleitet wurde, sämmtliche arterielle Aeste aber etwas
oberflächlicher, als die venösen, lagen.
Erldfirniiff der Abbil(liiiifi:en.
Erste Tafel.
(Sic betrifft nur die Erays europaea.)
Fig. 1. Sieben Zellen des Dotters ans einem unlängst gelegten Ei.
Fig. 2. Eine Zeile des Keimes aus demselben Ei mit vier andern in ihrem Innern.
Fig. 3. Zellen aus der Leibeswand eines sehr jungen Embryo's.
Fig. 4. Kopie des mittlem Theiles einer Zeichnung, die von Ba er in M ü 1 1 er 's Archiv (.Jahrgang
von 1834) gegeben hat. Sie stellt einen Querdurchschnitt durch einen sechstägigen
Embryo dar; a. Durchschnitt des Wirbelstanimes mit der VVirbelsaile; a. b. Rückenplatten ;
b. c. Bauchplatten ; c. c. plastisches oder muköses Blatt der Keimhaut.
Fig. 5. Ein sehr junger Embryo nebst dem Fruchthofe so gelegt , dass die obere Seite beider
übersehen werden kann. Die Vcrgriisserung ist znülfmalig im Durchmesser. Kopf und
Hals sind massig stark nach unten gekrümmt, a. Der Kopf; b. diejenige Gegend des
Körpers, wo die ersten Täfelchen erscheinen, welche das Rückenmark und die Rücken-
saite rechts und links umfassen und die ersten Andeutungen von Wirbelbeinen sind ;
c. hinterer Thcil des Rumpfes ; d. eine von dem serösen Blatte des durchsichtigen Hofes ge-
bildete Falle, welche schon eine kleine Kopfkappe darstellt, aber nur erst von unten und
vorn den Kopf bedeckt ; .e. durchsichtiger Hof; f. Gcfiissbof , aus dem schon das Blut bei-
nahe gänzlich verschwunden war, so dass es nur noch einige Flecke und Streifen bildete.
Fig. 6. Ein Querdurchsehnitt, der an einem andern, aber eben so weit entwickelten Embryo gleich
hinter dem Halse durch den Rumpf gemacht worden ist: a. a. Die Rückenplatte; b. b.
die Bauchplallen ; c. Rückenmark; d. Rückensaite; e. Darmrinne; f. f. seitliche Theile
des Schleiniblattes der Keimhaut, die für den Dottersack bestimmt sind.
Fig. 7. Ein eben so weit entwickelter Embryo, wie der in Fig. 5. abgebildete, aber stärker ver-
grössert und von der rechten Seite angesehen. Kopf und Hals sind etwas aufgebogen
worden, a. Auge; b. erste, e. zweite, und d. dritte Hirnzelle; e. Gehörbläschen;
f. künftiger Unterkiefer; g. Herz; h. h. die beiden vom Fruchthofe zum Herzen gebenden
■ Venenstämnie ; i. ein kleiner Theil des Amnions.
Fig. 8. Der Kopf und Hals desselben Embryo's, nachdem sie aufgebogen waren, von der untern
Seite angeschen. Die Zeichnung wurde gemacht, als diese Theile noch ganz durchsichtig
waren, indess die oben beschriebenen Abbildungen 5, 6 und 7 erst dann entworfen wurden,
als die Embryonen durch die Einwirkung des Wassers, in das sie gelegt waren, an Durch-
sichtigkeit schon sehr verloren hatten, a. Die vorderste Hirnzelle; b. b. die Augen;
c. der künftige Hirntrichter; d. die künftigen Unterkiefer oder die Visceralbogen des ersten
Paares; e. der Herzkanal; f. f. und g. g. die vier venösen Gefässe, die dem Herzkanale
aus dem Gefässhofe das Blut zuführen.
Fig. 9. Ein etwas älterer Embryo von der rechten Seite bei ungefähr 20inaliger Vergrösserung
angesehen. Kopf. Hals und Rumpf befinden sich in natürlicher Krümmung. Ausschatlirt
sind nur das Gehirn, das Rückenmark und die Rückensaite, indess alle übrige Theile nur
durch Contouren angegeben sind. a. Ein Tbeil der serösen Hülle; b. b. b. der nur erst
256
allein vorhandue Theil des Amnions, oder die Kopfkappe; c. derjenige Thell des serösen
Blattes der Keimhaut, aus welchem sich später die Schwanzkappe gebildet haben würde;
d. Hirn; e. Rückenmark; f. Rückensaite; * Gehörbläschen; ** Auge.
Fig. 10. Derselbe Embryo von der untern Seite angesehen. Die Kopfkappe ist ganz entfernt wor-
den, desgleichen die ganze Anlage für den Darm, oder die sogenannte Darmrinne, a. Der
Kopf, durch dessen Wandung das Vorder-, Zwischen- und Mittelhirn etwas hindurch-
schimmern, und an dem seitwärts die Augen beraerklich sind; b. der hintere Theil des
Halses, in dem sich das Herz befindet ; c. der fast kahnförmige Rumpf, durch dessen Wan-
dung die Tjpfelchen hindurchschimmern, welche sich zu beiden Seiten des Rückenmarkes
und der Rückensaite befinden, und die Anlagen zu den Wirbelbeiuen bezeichnen ; d. die
Rückensaite, die hier so vorgestellt worden ist, als wenn sie durch die übrige Substanz
der Rückenwandung stark durchschimmerte, was in der Wirklichkeit nicht in so hohem
Grade der Fall war; e. e. das hindurchschimmernde Rückenmark.
Fig. 11. Ein Theil eines eben so weit entwickelten, aber etwas weniger vergrösserten Embryo's
vom Rücken her angesehen, nebst einem Theile des Fruchthofes, a. Der hintere Theil
oder das Randstück der Kopfkappe, wo das Amnion und die seröse Hülle unter einem
sehr spitzen Winkel in einander übergehen. Durch ihn schimmert der Hinterkopf und
der Anfang des Halses hindurch, und hinter ihm ist der Eingang in die Höhle der Kopf-
kappe zu sehen; b. durchsichtiger Hof; c. c. Gefässhof; d. hintere Hälfte des Halses;
e. Rumpf. An d. und e. sind die Täfelchen zu erkennen , welche das Rückenmark und
die Rückensaite seitwärts umfassen.
Zweite Tafel.
(Sie bezieht sich ebenfalls nur allein auf den Embryo von Eiuys europaea.)
Fig. 1. Ein Embryo ungefähr 15 Mal vergrössert. Von dem Beutel, in welchem das Herz liegt,
ist die ganze linke Hälfte weggeschnitten; von dem Amnion ist nur an der rechten Seiten-
hälfte des Embryo's ein Theil übrig gelassen worden: der Darm ist ganz entfernt, a. a.
Das Herz in natürlicher Lage; b. b. ein Theil des Amnions; c. Allantois ; d. d. Beine;
e. Ohrbläschen ; f. die hautartige sehr dünne Decke des künftigen Sinus rhomboidalis.
Fig. 2. Der etwas stärker vergrösserte Kopf desselben Embryo's von vorn gesehen, a. Hindurch-
schimmerndes Mittelhirn; b. Zwischenhirn; c. Vorderhirn; d. d. Augen.
Fig. 3. Von demselben Embryo der vorderste Theil der Rückensaite mit ihrer Belegungsmasse.
a. Rückensaite; b. tafelförmiger Theil der Belegungsmasse; c. c. die paarigen Balken
des Schädels. Die Ansicht ist von der untern Seite dieser Theile genommen.
Fig. 4. Ein senkrechter Längendurchschnitt des Kopfes desselben Embryo's. a. a. Die das Gehirn
umgebende Wandung des Kopfes; b. b. b. Wandung des Gehirns; c. Eingang aus der
Höhle des Gehirns in das Auge; d. Eingang aus derselben Höhle in das Ohrbläschen;
e. sackartige Ausstülpung der Haut des Mundes, hinter der sich die künftige Glandula
pituitaria bildet; f. Rückensaile; g. unpaariger von der Belegungsmasse der Rückensaite
gebildeter Schädelbalken; h. Oberkieferfortsatz; i. Kehle.
Fig. 5. Ein senkrechter Querdurchschnilt , der durch den Rumpf desselben Embryo's ungefähr auf
der Mitte zwischen den vordem und hintern Extremitäten gemacht worden ist. a. Rücken-
mark ; b. Rückensaite; c. Aorta; d. Amnion; e. e. Wolf f sehe Körper; f. Darmrinne.
Fig. G. Ein eben solcher Durchschnitt, der an einem nur wenig altern Embryo durch diejenige
Gegend des Rumpfes gemacht worden ist, von der die Vorderbeine ausgehen, a bis f.
wie in der vorigen Figur ; g. Durchschnitt des Vorderbeins.
Fig. 7. V^orderer Theil des Darmkanals aus dem unter Fig. 1. dieser Tafel abgebildeten Embryo
257
von der liokea Seite angesehen, a. Speiseröhre; b. Magen; c. Anfang des Dünndarms;
d. ein Stück des noch offenen Theiles des Darms.
Fig. 8. Dasselbe Präparat von der untern Seite angesehen; a. bis d. wie in der vorigen Figur.
Fig.9.u. 10. Das Herz desselben Embryo's von der linken und rechten Seite angesehen.
Fig. 11. Ein Stück des Rumpfes desselben Embryo's von der untern Seite angesehen, nachdem die
Wolff'schen Körper entfernt worden sind. a. Durchschimmernde Rückensaite; b. b.
durchschimmerndes Rückenmark; c. c. durchschimmernde Tüfelchen, welche jene Theile
von beiden Seilen umgeben und Anzeichen von Wirbelbeinen sind.
Fig. 12. Ein Stück des Wolff'schen Körpers aus demselben Embryo, a. a. Theile, aus denen
später eben so viele Kanäle werden ; b. künftiger Ausführungsgang des Organs.
Fig. 13. Ein älterer Embryo sechsmal vergrössert. Das Amnion ist an der Stelle, wo es von der
Bauchwandung abging, ringsum abgeschnitten, von dem Beutel aber, in dem das Herz
lag, ist nur die linke Hälfte entfernt worden, a. Herz; b. linker Cuvier'scher Gang;
c. Leber; d. Anfang des Dünndarms; e. Gekröse; f. der mit dem Darm zunächst zusam-
menhängende und zur Bildung des Dottersackes bestimmte Theil des Schleimblattes der
Keimhaut; g. Allantoide.
Fig. 14. Einige eben so stark vergrösserte Eingeweide desselben Embryo's von der rechten Seite
angesehen, a. Herz; b. rechter Cuvier'scher Gang; c. Leber; d. Speiseröhre; e.
rechte Lunge; f. Magen; g. Anfang des Dünndarms.
Fig. 15. Dieselben Theile von der untern Seile angesehen, a. Aortenwurzel; b. Kammer des
Herzens; c. die künftigen Vorkammern ; d. d. Cuvier'sche Gänge; e. Leber; f. Ausftih-
rungsgang der Gallengefässe ; g. Dünndarm.
Fig. 16. Das Herz desselben Embryo's so gedreht, dass man zum Theil auf die obere, zum Theil
auf die linke Seite desselben sieht, a. bis c. wie in der vorigen Figur.
Fig. 17. Der hintere Tbeil des Rumpfes und der Schwanz desselben Embryo's von der untern
Seite angesehen, a. a. W o I ff 'sehe Körper ; b. Allantois ; c. c. Hinterbeine.
Fig. 18. Ein Querdurchschnitt des Rumpfes desselben Embryo's gleich hinter den Vorderbeinen.
a. Rückenmark; b. Rückensaite; c. c. Wolff'sche Körper; d. d. Seitenwände des
Rumpfes.
Dritte Tafel.
Fig. l. Der durchsichtige Fruchthof der Keimhaut aus einem erst wenig entwickelten Ei von
Emys europaea, zwölfmal im Durchmesser vergrössert. a. a. Die Rückenplatten des in
der Entstehung begriffenen Embryo's; b. die Rückenfurche; c. die erste Anlage der
Kopfkappe oder überhaupt des Amnion's.
Fig. 2, S.u. 4. Verschiedne durch Essigsäure durchsichtiger gemachte und stark vergrösserte Zellen
aus dem mittlem Theile desselben durchsichtigen Fruchthofes.
Fig. 5. Ein noch stärker vergrösserter Kern aus einer solchen Zelle mit 2 Kernkörpern.
Fig. 6. Die Nackenplatte einer jungen Emys europaea (des altern Exemplars) von ihrer obern Seite
angesehen und zweimal vergrössert. Nach dieser Seite hin ist sie mit einer grossen
Menge kleiner Höhlen versehen , von denen aber die wenigsten nach aussen geöffnet, die
meisten durch eine zarte und ganz platte Knochenlamelle geschlossen sind. Ist aber die
Nackenplatte getrocknet worden, wie dies der Fall an der hier abgebildeten war, so sen-
ken sich jene dünnen Decken der Höhlen etwas ein und stellen dann kleine flache
Gruben dar.
Fig. 7. Eine getrocknete Rippe desselben Exemplars von Emys europaea, eben so stark vergrös-
sert und von drei verschiednen Seiten abgebildet. A. Hinlere Seite; a. der Hals oder
untere Schenkel der Rippe; b. die Anlage zu einem obern Schenkel; B. obere Seite;
C. untere Seite.
33
258
Fig. 8. Der Bogen eines Rurapfwirbels nebst seinem Dornfortsatze aus derselben jungen Emys
europaea von der linken Seite angesehen und zweimal vergrössert.
Fig. 9. Ein Embryo von Tesludo (graeca?) von der untern Seite angesehen und zweimal ver-
grössert. Kopf. Gliedmassen und Schwanz befinden sich in natürlicher Lage. Amnion,
Aliantois und Dotiersack sind in der Nähe der Nabelöffnung abgeschnitten worden,
a. Amnion; b. Dottersack; c. Aliantois, d. die von der Hautbedeckung gebildete Scheide
des in den Rumpf zum Theil hineingezogenen Halses; e. der Schwanz.
Fig. 10. Derselbe Embryo von der obern Seite. Kopf. Haisund Schwanz sind aus ihren natürlichen
Lagen gebracht; die Gliedmassen aber sind in ihren natürlichen Lagen gelassen. Von
der linken Hälfte des Rückens sind die Hautbedeckung und das Unterhaut-Bindegewebe
entfernt worden, a. Die Nackenplalte ; b. das obere Ende des Schulterblattes; c. die
zweite Rippe; c*. die neunte Rippe ; d. ein Dornfortsatz; e. oberes Ende des Darmbeines ;
f. Haulbedeckung des Halses; g. ein starker Muskel, der vom Hinterkopfe kommt, mit
seinem hintern oder breitern Ende bei dem Embryo an das Unterhaut-Bindegewebe des
Rückens, bei den Erwachsenen aber an die innere Fläche des Rückenschildes angeheftet
ist, und nach Meckel den Muse, cucullaris vorstellt; h. der Musculus latissimus dorsi,
dessen schmäleres Ende an den Oberarm, dessen breiteres Ende aber hier an den vordem
Rand der zweiten Rippe befestigt ist; i. linker Muse, sacrospinalis, dessen hinlere Hälfte
aber an dem Embryo , der durch den Weingeist sehr stark erhärtet war , sich nicht
so deutlich erkennen Hess, wie es hier in der Abbildung angegeben ist ; k. Musculi inter-
spiuales ; I. Muse, extensor caudae; m. und n. Muskeln für das Hinterbein.
Fig. 11. Die dritte linke Rippe des Embryo's der Testudo von ihrer hintern Seite angesehen.
a. Andeutung ihres obern Schenkels; b. der untere Schenkel od. sogenannte Hals der Rippe.
Fig. 12. Eine Rippe des Hühnchens vom 8ten Tage der Rebrütung. a. Oberer Schenkel oder Rip-
penhöcker ; b. unterer Schenkel oder Rippenhals und Rippenkopf.
Fig. 13. Eine Rippe des Hühnchens vom Uten Tage der Bebrütung. a. und b. wie in der vorigen
Figur.
Fig. 14. Die zweimal vergrösserten Knochenstücke des Bauchschildes von dem Embryo der Testudo
in ihrer natürlichen Lage auf der Hautbedeckung und dem Unterhaut-Bindegewebe des
Bauches, a. KuochenstUcke des ersten Paares; b. Knochenstücke des zweiten Paares ; c. un-
paariges Knochenstück ; d. Knochenslücke des dritten und e. Knochenstücke des vierten
Paares ; f. Nabelöffnung.
Fig. 15. Die dritte rechte Rippe einer jungen Emys lutaria von ihrer obern Seite angesehen und
dreimal vergrössert, um zu zeigen, wie die Lagerung der nachgewachsenen schwammigen
Knochenmasse der Rippe sich zu der ursprünglich festen und fast glasartigen Knochen-
scheide des Rippenkuorpels verhält, a. a. die schwammige oder lockere Knochenmasse ;
b. b. die festere Knochenmasse.
Fig. 16. Dieselbe Rippe in zwei Querdurchschnitten, um noch deutlicher das Lagerungsverhältniss
jener beiden Massen zu zeigen. Die ausschattirte Stelle bezeichnet den Knorpelcylinder
der Rippe.
/Vierte Tafel.
Fig. 1 . Das Rückenstück des Rumpfes eines ziemlich reifen Embryo's von Chelonia Midas in na-
türlicher Grösse. Die Hautbedeckung ist zum grössern Theil entfernt worden, a. Die
Nackenplatte des Rückenscbildes , welche die zwei hintersten Halswirbel bedeckt : b. der
noch sehr kleine Dornforlsatz des dritten Rückenwirbels [zwist'hen den Dornfortsätzen
der Rückenwirbel sind die Ligamenta interspinalia und Musculi interspinales zu sehen];
c. Wirbel des Schwanzes; d. der Körper der zweiten, und d.* der Körper der achten
259
Rippe der linken Seifenhäifle; e. Musculi sacrospinales ; f. ein Theil der Hautbedeckung
mit ihren Hornplatten.
Fig. 2. Die Knochen des Bauchschildcs aus demselben Embryo in natürlicher Grösse und natürli-
cher Lage auf. der Hautbedeckung und dem Unterhaut-Bindegewebe des Bauches darge-
stellt, a. Unpaariges Knochenstück ; b. Knochenstücke des ersten, c. des zweiten, d. des
dritten, e. des vierten Paares; f. NabelöfTnung.
Fig. 3. Ein junges Exemplar von Sphargis coriacea auf dem Bauche liegend und in natürlicher
Grösse abgebildet. Von der Ilautbedeckung des Rückens ist an der linken Seitenhiilfte
des Rumpfes der grössere Theil übrig gelassen ; die rechte Seite des Rumpfes aber und
auch ein kleiner Theil der linken ist davon enthlösst worden, a. Nackenplatte; b. Dorn-
fortsatz des vierten Rückenwirbels; c. erste Rippe; d. neunte Rippe; e. oberes Ende des
rechten Schulterblattes; f. oberes Ende des rechten Darmbeins; 1. M. M. cucullares, die
zu der Nackenplatte gehen und an die untere Fläche derselben befestiget sind; 2. Musculi
interspinales; 3. Musculi sacrospinales; 4. verdickte und stark gefaserte Tbeile der
Fascia costalis, die den Schein von kleinen Muskeln gewähren; 5. ein starker Muskel,
der vom Hinterkopfe kommt, mit seinem hintern oder breitern Ende hier an das Unter-
haut-Bindegewebe des Rückens, bei den erwachsenen Seeschildkröten aber an die innere
Fläche des Rückenschildes angeheftet ist, und nach Meckel den Muse, splenius capitis
vorstellt; 6. ein Muskel, der von Boj an usM. subclavius genannt worden ist; 7. der Muscu-
lus latissimus dorsi, dessen schmäleres Ende an den Oberarmknochen, dessen breiteres
Ende aber hier an den vordem Rand der zweiten Rippe befestigt ist. Durch ihn ist der
vorher genannte Muskel grösstentheils bedeckt.
Fig. 4. Ein Theil des Hinterleibes desselben Thieres von oben angesehen, nachdem die Hautbe-
deckung und das Zellgewebe des Rückens und Oberschenkels entfernt worden ist. a. Dorn-
fortsälze; b. Ligamentum interspinale; c. Muse, sacrospinalis ; d. oberes Ende des Darm-
beins ; e. M. M. extensores caudae ; f. verdickte Stellen der Fascia costalis des Rumpfes ;
g. M. transversus abdominis ; h. M. quadratus lumborum ; i. M. obliquus internus abdo-
minis; k. vorletzte Rippe; I. m. n. Muskeln des Hiüterbeins.
Fig. 5. Die grösstentheils noch knorpligen Stücke des Bauchschildes aus demselben Thiere von
ihrer Innern Seite angesehen. Sie sind in ihrer natürlichen Lage auf der Hautbedeckung
und dem Unterliaut-Bindegewebe des Bauches dargestellt, a. der vordere und b. der hin-
tere Knorpelstreifen je einer Seitenhälfte.
^ Fünfte Tafel.
Fig. 1. Eine junge Chelonia virgata in natürlicher Grösse. Die Hautbedeckung des Rückens
ist dem grössern Theile nach entfernt worden, a. Musculus cucullaris , der vom Hinter-
kopf zur Nackenplatte geht ; b. b. Muse, splenius capitis ; c. Nackenplatte, deren mittlerer
hinterer Fortsatz ein kurzes sehniges Band zu dem Dornfortsatze des zweiten Rumpfwir-
bels sendet; d. oberes Ende des Schulterblattes; e. Muse, latissimus dorsi, der an den
vordem Rand der zweiten Rippe (f.) angeheftet ist ; g. g. Musculus sacrospinalis ; h. Mus-
culi intcrspinales ; i. i. die vordem von den 4 Drüsen der Rumpfhöhle ; k. k. Muse,
transversus abdominis; I. Muse, obliquus abdominis; m. m. Muse, quadratus lumborum;
D. Muse, extensor caudae; o. oberes Ende des Darmbeines.
Fig. 2. Ein junges Exemplar von Trionyx ocellatus in natürlicher Grösse. Der Hals ist
zum grössten Theil eingezogen, a. Nackenplatte; b. b. Rippen; c. e. Dornfortsätze,
die sich schon an einander angeschlossen haben , wie auch mit den schon gehörig ausge-
bildeten obern Schenkeln der 8 mittlem Rippenpaare in inniger Berührung stehen; d. vor-
derer Theil des linken Muse, sacrospinalis; e. oberes Ende des Schulterblattes, von dem
33*
260
ein kleiner Muskel, der von Bojanus fälschlich henannte M. subclavius, nach aussen an
die zweite Rippe geht; f. oberes Ende des Darmbeines; g. Muse, extensor caudae.
Fig. 3. Eine junge Terrapene tricarinata zweimal vergrössert dargestellt. Der Hals ist
zwischen die Schilder ganz hineingezogen, a. Nackenplatte ; b. zweite schon bedeutend
breit gewordene Rippe, von der das obere Ende des Schulterblattes schon bedeckt worden
ist; c. Dornfortsatz des zweiten Rumpfwirbels; d. vorletzte oder neunte Rippe ; e. oberes
Ende des Darmbeines; f. Muse, extensor caudae.
Fig. 4. Eine junge Platemys Spixii in natürlicher Grösse dargestellt. Wie in den vorigen
Figuren, ist die Hautbedeckung des Rückens zur grössern Hälfte entfernt worden, a. a. a.
Massig stark ausgebildete seitliche Ergänzungsplatlen (Marginalplatten) des Rückenschildes;
b. die Nackenplatte; c. eine unpaarige über dem Kreuzbein liegende Ergänzungsplatte;
d. eine hinter dieser über dem Schwänze liegende Ergänzungsplatte des Rückenschildes ;
e. e. Dornfortsätze ; f. f. die etwas hervorragenden Enden der beiden linken Flügel des
Bauchschildes.
Fig. 5. Der hintere Theil des Leibes von demselben Thiere. Linkerseits sind die Hautbedeckung,
das Zellgewebe und die knöchernen Marginalplatten entfernt worden , um zu zeigen , wie
die achte und neunte Rippe über die Rumpfhöhle und den Oberschenkel hinausgewachsen
sind. a. Sechste Rippe; b. neunte Rippe; c. die unpaarige über dem Kreuzbein liegende
Ergänzungsplatte; d. Hinterbein; e. Schwanz.
' iSechste Tafel.
Fig. 1 . Ein im vergrösserten Maassstabe abgebildeter Wirbel aus dem Rumpfe eines reifen Em-
bryo's von Blennius viviparus. a. Wirbelkörper ; b. Oeffnung in demselben, die von der
hindurchgehenden Rückensaite ausgefüllt war; c. Bogenschenkel ; d. Querfortsatz.
[Fig. 2. bis 5. Senkrechte Querdurcbschnitte von Wirbelkörpern zweier Schildkröten. Die
Durchschnitte sind durch die Mitte der Wirbelkörper gemacht und vergrössert abgebildet
worden. Das Schattirte bezeichnet die Knochensubstanz. Die Höhlen, die in dieser Sub-
stanz, wo sie schon in massig dicker Lage vorkam, bemerkbar waren, sind nicht angedeu-
tet worden. Von der Rückensaite sind der Kern und die Scheide nicht besonders unter-
schieden und bezeichnet worden.]
Fig. 2. Querdurchschnitt des sechsten Rumpfwirbels aus einem fast reifen Embryo von Chelonia
Midas. a. a. Die Knorpelslränge in dem mittlem Theil des Wirbelkörpers ; b. b. die
äussere Knochenschicht des Wirbelkörpers; c. die Fortsetzungen dieser Schicht um die
Knorpelstränge; d. Rückensaite; e. Knochenschicht um dieselbe; f. ein Raum, der mit
Knochenmark angefüllt ist.
Fig. 3. Körper des dritten Halswirbels einer jungen Sphargis. a. bis f. wie in der vorigen Figur.
Fig. 4. Körper des sechsten Rumpfwirbels aus demselben Thier. a. — f. wie in Figur 2. und 3.
Fig. 5. Körper eines Schwanzwirbels aus demselben Thier. a. äussere Kuochenschicht;
b. Rückensaite nebst der innern Knochenschicht; c. Knorpel.
Fig. 6. Der Atlas einer jungen Sphargis von der vordem Seite dargestellt, a. Bogenschenkel ;
b. accessorisches Knochenstück oder Schlussstück des Atlas ; c. c. fibröse Bänder zwi-
schen demselben und den Bogenschenkeln ; d. eine Knorpelplatte mit einer Oeffnung in
der Mitte; e. das Os odontoideum, das durch die Oeffnung jener Platte zum Theil sichtbar
ist, und in dem sich noch ein Ueberrest der Rückensaite befindet.
Fig. 7. Atlas einer jungen Chelonia virgata. a. — d. wie in der vorigen Figur. Die beiden
fibrösen Bänder sind schon sehr verkürzt , dagegen die Bogenschenkel nach unten gegen
das Schlussstöck mehr verlängert.
Fig. 8. Ein senkrechter Längsdurchschnitt durch die Körper des dritten und vierten Halswirbels
261
einer jungen Sphargis, weniger stark vergrossert, als der in Fig. 3. abgebildete Quer-
durchschnilt. a. a. Rücliensaite ; b. b. mittlerer Tlieil des Wirbels , in dem schon die
Verknöeherung begonnen hatte (die beiden von der Rnochenmasse gebildeten Röhren
sind hier nicht besonders durch eine Scbattirung hervorgehoben) ; c. c. die noch völlig
knorpligen Enden der Wirbelkörper. Die Grenze zwischen beiden Wirbelkörpern, die durch
eine weissliche Linie bezeichnet war, ist hier durch eine schwarze und verhUltnissmässig
etwas dünnere bogenförmige Linie angegeben.
Fig. 9. Ein senkrechter Querdurchschnitt durch den zweiten Rumpfwirbel einer jungen Chelonia
virgata. Der Schnitt ist ganz in der N.'ihe des noch knorpligen vordem Endes des Kör-
pers dieses Wirbels, wo er an den ersten angrenzte, gemacht worden, a. Dornfortsatz;
b. b. Bogenschenkei ; c. Körper des Wirbels; d. Riickensaite ; e. e. die Stellen, wo die
Rippen abgingen. Der dunkle Saum an dem Dornfortsatze und den Bogenschenkeln be-
zeichnet die Knochenkruste dieser Theile und ist in Hinsicht seiner Dieke möglichst genau
angegeben.
Fig. 10. Ein eben solcher Durchschnitt durch den vierten Rumpfwirbel desselben Thieres. a. bis e.
wie in der vorigen Figur. Die Knochenkruste des Dornfortsatzes ist hier an der obern
Seite desselben etwas dicker, und springt rechts und links schon stärker vor,
Fig. 11. Ein Längsdurchschnitt, geführt in der Mittelebne derselben jungen Chelonia durch den
Dornfortsatz und Bogen des dritten Rumpfwirbels. Das Schattirte bezeichnet die Knochen-
kruste, a. Vorderes Eude des Dornfortsatzes; b. der noch knorplige Theil ; c. hinteres
Ende des Fortsatzes ; d. die untere Seite desselben oder vielmehr des Rogens, von welchem
der Dornfortsatz als eine theilweise Anschwellung erscheint.
Fig. 12. Ein eben solcher Durchschnitt durch den Bogen und Dornfortsatz des fünften Rumpf-
wirbels, a. bis d. wie in der vorigen Figur.
Fig. 13. Das Bauchschild eines jungen Trionyx gangeticus von seiner obern Seite angesehen. Die Ver-
grösserung ist zweimalig, a. Erstes oder vorderes paariges Knochenstück: b. unpaariges
Stück ; c, u. d. zweites u. drittes paariges Stück mit den Flügeln ; e. viertes paariges Stück.
Fig. 14. Eine andre Abtheilung des Skelettes desselben jungen Trionyx von ihrer obern Seite an-
gesehen. Sie ist in natürlicher Grösse abgebildet, a. Der siebente Halswirbel; b. c. und
d. die 3 ersten Rumpfwirbel mit ihren Rippen; e. die Nackenplatte, die von oben her
den hintersten oder achten Halswirbel bedeckt. Von den obern Schenkeln der zweiten
und dritten Rippe sind erst schwache Andeutungen vorhanden.
Fig. 15. Das zweimal vergrösserte Bauchschild einer jungen Emys europaea von der obern Seite
angesehen, a. bis e. wie in Figur 13.
Fig. 16. Ein vergrösserter Querdurchschnitt einer längern Rippe von einer jungen Chelonia virgata.
a. Der eine Achse darstellende und cylindrische knorplige Theil der Rippe. Auf der
übrigen Fläche des Durchschnitts bezeichnet der dunkel gehaltene Theil die Knochen-
substanz; die heilern Stellen aber bezeichnen Höhlen in dieser Substanz, die mit Knochen-
mark angefüllt waren.
Fig. 17. und 18. Ein Querdurchschnitt durch den schmälern und breitern Theil einer längern
Rippe von einer jungen Terrapene tricarinata. a. Knorpel der Rippe; b. Knochenmasse
mit ihren Höhlen, die alle Knochenmark enthielten.
Fig. 19. Ein Querdurchschnitt durch den schmälern Theil einer Rippe eines jungen Trionyx
ocellatus. a. Knorpel; b. Knochenmasse mit ihren Höhlen, die auch einen Saum an den
Seitenrändern dieses Theils darstellt.
Fig. 20. Ein eben so stark vergrösserter Querdurchschnitt durch den breitern Theil derselben
Rippe. Der Knorpelcylinder ist hier schon ganz verschwunden. Die weissen Stellen be-
zeichnen Höhlen der Knochenmasse, die mit Knochenmark angefüllt waren, die kleinen
schwarzen Flecke aber Höhlen, die nur ein lockeres Bindegewebe enthielten, a. a. Der
dichtere Theil der Knochenmasse ; b. b. der schwammige Theil dieser Masse.
969
Fig. 21. Ein vergrösserler Querdurchschnitt durch den breitern Theil einer Rippe von einer jungen
Platemys. Auch hier ist die Bedeutung der weissen Stellen und der dunklen Flecke, wie
in der vorigen Figur, a, a. und b. b. wie in derselben Figur.
Fig. 22. Baucbschild einer jungen Cbelonia virgata in natürlicher Grösse und natürlicher Lage
auf der Hautbedeckung und dem Unterhaut-Bindegewebe des Bauches, a. Unpaariges
Knochenstück; b. Knochenstuck des ersten, c. des zweiten, d. des dritten, e. des vierten
Paares.
Fig. 23. Bauchschild einer jungen Platemys von der obern Seite und in natürlicher Grösse abge-
bildet, a. bis e. wie in der vorigen Figur; f. ein kleiner platter Knorren, der durch
fibröses Gewebe mit dem Becken verbunden war.
Siebente Tafel.
Fig. 1 . Rückenschild von einer jungen Pentonyx capensis in natürlicher Gröse von der obern
Seite abgebildet. Die längern Rippen sind beinahe bis an ihr äusseres Ende so breit
geworden, dass sie sich an einander angeschlossen haben. Einige Marginalplatten sind
über die Rippenenden schon herübergewachsen, andere noch nicht, a. Nackenplatte;
b. zweites, und c. neuntes Rippenpaar.
Fig. 2. Das Bauchschild desselben Thieres von der untern Seite angesehen. Zwischen den ver-
schiedenen Knochenstücken desselben befinden sich noch 3 Lücken, a. b. und c.
Fig. 3. Die innere Seite des vordem Theiles des noch mit seinen Hornplatten bedeckten Rücken-
schildes von einer erwachsenen Emys punctuiaria verkleinert dargestellt. Die Abbildung
ist hauptsächlich wegen der abweichenden Lage desjenigen Muskels, welchen Bojanusden
M. subclavius genannt hat, gegeben worden, a. Nackenplalte ; b. erste Rippe; c. zweite
Rippe ; d. Insertionsfläche des M. latissimus dorsi durch eine punctirte Linie angegeben ;
e. Stelle, wo das Schulterblatt eingelenkt war; f. M. subclavius nach Bojanus; g. M.
scalenus posticus; h. h. M. sacrospinalls.
Fig. 4. Die innere Seite des Rückenschildes einer erwachsenen Emys europaea verkleinert dar-
gestellt. Es ist diese Abbildung gemacht worden, um zu zeigen, wie weit die Rippen
über die Rumpfhöhle hinausgeben, a. Nackenplatte; b. erste Rippe; c. zweite, d. neunte,
und e. zehnte Rippe; f. f. Marginalplatten, noch mit Hornplatten an ihrer äussern Seite
bekleidet; g. g. eine Linie, welche anzeigt, bis wie weit gegen die Ränder des Rücken-
schildes bin das Bauchfell angeheftet war, wo sieh also auch die Grenze der Rumpfböhle
befand.
Fig. 5. Ansicht der Rückenwand des Rumpfes eines Trionyx ferox von der Innern (antern) Seite.
Das Ganze ist um die Hälfte verkleinert. Von der Hautfalte, die den Rücken besäumt,
ist die hintere Hälfte ganz vollständig , die vordere hingegen nur so angegeben worden,
als wäre ihr unteres Blatt zum grössten Theil entfernt worden. 1. Nackenplatte;
2. erste Rippe; 3. die Stelle, wo vor der ersten Rippe das Schulterblatt am Rückenscbilde
eingelenkt ist; 4. zweite Rippe; 5. neunte Rippe; 6. zehnte Rippe; 7. Querfortsatz des
ersten Kreuzbeinwirbels; a. Hinterer Theil des Halses; b. b. b. Muse, retractor capitis
et colli ; c. Muse, subclavius nach der irrigen Deutung des Bojanus; d. Muse, quadra-
tus lumborum ; e. e. der Schwanz, noch bekleidet von seinen Muskeln. Von einigen an-
dern Muskeln ist durch punctirte Linien nur die Insertionsfläche oder auch Insertionslinie
bezeichnet worden. Es sind dies folgende Muskeln : f. Muse, spinalis cervicis major;
g. Muse, spinalis cervicis minor oder profundus; h. Muse, latissimus dorsi; i. ein Muskel,
der von der Nackenplatte, immer breiter und dicker werdend, fast senkrecht nach unten
zum vordem Theil des Bauchschildes geht, und der mir bei den Schildkröten aus der
Gattung Trionyx nur ein abgesonderter Theil des Muse, latissimus colli zu sein scheint;
263
k. k. Mujc. pectoralis minor; I. I. Muse, transversus abdominis; m. m. M. obliquus
internus abdominis; n. M. glutaeus; o. ein Muskel, der vom Rückenschilde zu der obern
Hälfte der vordem Seite des Darmbeins geht; ** eine durch Kreuze angegebne Linie, welche
die Grenze bezeichnet, bis wie weit das Bauchfell und die Rumpfliöhle gegen die Ränder
des Rückenschildes hinreichen.
Fig. 6. Innere Seite des Rüekenschildes einer Chelonia imbricata um die Hälfte verkleinert. 1 bis
7. wie in der vorigen Figur, a. Hintere Halswirbel von verschiedenen Muskeln bedeckt;
b. b. Muse, retractor capitis et colli; c. M. subclavius; d. d. M. sacrospinalis (auf der
einen Seite nur durch Punkte angedeutet, auf der andern ausschattirt) ; e. M. quadratus
lumboram; f. M. scalenus anticus; g. AI. spinalis eervicis (der M. cucuUaris ist durch
den Hals verdeckt); h. M. splenius capitis; i. M. scalenus posticus : k. k. M. latissimus
dorsi ; 1. 1. M. pectoralis minor; m. M. transversus abdominis; n. M. obliquus internus
abdominis ; o. M. glutaeus.
Achte Tafel.
Fig. I . Die Leber einer Sphargis coriacea, die vor nicht langer Zeit das Ei verlassen haben konnte,
in natürlicher Grösse von ihrer untern Seite und im Verein mit einigen Venen abgebildet,
a. Die Leber selbst; b. der Stamm der hintern Hohlvene; c. c. zwei Venen, die auf der
Bauchwand des Rumpfes ihren Verlauf machen und theils aus derselben, theils auch aus
der Harnblase Blut aufnehmen ; d. eine Vene, die ebenfalls auf der Bauchwand von hinten
nach vorne verlief und wahrscheinlich die eigentliche Vena umbilicalis war.
Fig. 2. Speiseröhre, Magen und ein Theil des Dünndarms aus derselben Sphargis in natürlicher
Grösse von ihrer untern Seite abgebildet, a. a. Die ganze Speiseröhre; b. Magen;
c. Dünndarm.
Fig. 3. Dasselbe Präparat von der obern Seite angesehen, a. a. a. Die Speiseröhre, von der aber
das vordere Ende nicht dargestellt ist; b. b. der Magen; * der Pförtner; c. der
Dünndarm.
Fig. 4. Der Magen derselben Schildkröte von der obern Seite angesehen , nachdem von seiner
obern Wandung ein grosser Theil abgeschnitten worden ist. a. a. Speiseröhre; b. Magen;
c. Cardia; d. eiue Scheidewand in dem Magen.
Fig. 5. Speiseröhre, Magen, Dünndarm und Leber einer etwas altern Sphargis, in natürlicher
Grösse und Lage von der untern Seite abgebildet, a. a, a. Speiseröhre; b. b. Magen;
c. c. ein Theil des Dünndarms; d. Leber.
Fig. 6. Der Magen, der grössere Theil der Speiseröhre und ein kleiner Theil des Dünndarms des-
selben Präparates in natürlicher Lage von der obern Seite abgebildet, a. a. a. Speise-
röhre; b. b. Magen; c. c. Dünndarm; * die Stelle, wo sich der Pförtner befindet.
Fig. 7. Dieselben Theile von derselben Seite abgebildet, nachdem die Schlinge des darmartigen
Pfbrtnertheiles des Magens auseinander gezogen worden war , um die sackartige weitere
Hälfte mehr übersehen zu können, a. a. Speiseröhre ; b. b. b. Magen.
Fig. 8. Dasselbe Präparat von der obern Seite dargestellt, nachdem von der obern Wandung der
weitern Hälfte des Magens ein Theil abgeschnitten und entfernt worden ist. a. a. Speise-
röhre; b. b. Magen; c. eine Scheidewand im Innern der weitern Magenhälfte.
Fig. 9. Ein Theil des Darmkanales aus einem fast reifen Embryo von Chelonia Midas in natür-
licher Grösse, a. Speiseröhre; b. Magen; c. Dünndarm.
neunte Tafel.
Fig. 1 . Der Kehlkopf und die Luftröhre einer jungen Sphargis , von der auf der achten Tafel der
Magen unter Nr. 2 bis 4. abgebildet ist , in natürlicher Grösse von der obern Seite dar-
264
gestellt, a. Kehlkopf; b. vordere Hälfte der Luftröhre; c. hintere, ein wenig abgeplattete
und im Innern der Länge nach mit einer Scheidewand versehene Hälfte der Luftröhre;
d. d. Aeste der Luftröhre, die dicht an den Lungen von diesen getrennt worden sind.
Die beiden mit einem * bezeichneten Linien geben die Stelle an , wo in dem Stamme der
Luftröhre die Scheidewand beginnt.
Fig. 2. Einige Knochenstücke des Bauchschildes einer Sphargis coriacca , die etwas älter war,
als das Exemplar , von dem das Bauchschild auf der vierten Tafel abgebildet worden ist.
Es sind diese Theile in natürlicher Grösse und von ihrer obern Seite abgebildet worden,
a. a. Knochenstücke des ersten, und b. b. Knochenstücke des zweiten Paares.
Fig. 3. Die vordere von den Drüsen der Rumpfhöhle, die sich an der Oberfläche des Leibes mün-
den, aus demselben E.xemplar von Sphargis coriacea. Es ist die Drüse zweimal vergrös-
sert und von ihrer nach innen gekehrten Seite abgebildet worden, a. Die Drüse selbst ;
h. ein Theil (ungefähr die Hälfte) des Ausführungsganges, der aus der nach Aussen ge-
kehrten Seite der Drüse hervorging.
Fig. 4. Ein Theil des arteriellen Systems aus derselben Sphargis, zweimal vergrössert. a. a. Die
Aorten, wo sie aus dem Herzen entspringen ; h. der Stamm für die Arterien der Vorderbeine,
des Halses und des Kopfes; c. c. die Biegungen der Aortenbogen ; d. der hintere gerade
Theil des rechten Aortenbogens; e. Magenarterie; f. Darmarterie; g. Stamm der Aorta;
h. Lungenarterie; i. i. die beiden Aeste derselben ; k. k. Ductus arteriosi Botalli.
Fig. 5. Kehlkopf und Luftröhre von einem jungen Trionyx aegyptiacus, etwas vergrössert dar-
gestellt, a. Kehlkopf; b. Stamm der Luftröhre; c. linker, und d. rechter Ast der Luft-
röhre. Beide Aeste sind dicht an den Lungen abgeschnitten und in ihren natürlichen
Krümmungen dargestellt worden.
Fig. 6. Ein vergrösserter Embryo eines Schweines , der deshalb abgebildet worden ist, um zu
zeigen, dass bei den Säugetbieren die Rippen und die Querfortsätze der Lendenwirbel zu
einer gewissen Zeit des Fruchtlebens in ihrer Grösse und ihrem Verhältniss zu den Wir-
beln einander höchst ähnlich sind. Die ausschattirlen Theile stellen die Wirbel mit ihren
Rippen und Querfortsätzen dar.
Fig. 7. Verschiedene Eingeweide eines fast reifen Embryo's von Chelonia Midas zweimal vergrös-
sert. a. Dickdarm; b. Harnblase: c. Kloake; d. d. die Niere der linken Seitenhälfte;
e. e. der linke Wolff'sche Körper; f. f. Eierleiter, von dem aber der vorderste Theil
nicht abgebildet ist; g. Eierstock.
Fig. 8. Einige Harn- und Geschlechtswerkzeuge eines fast reifen Embryo's von Testudo zweimal
angesehen, a. Der Wolff'sche Körper der rechten Seitenhälfte von seiner untern Seite
vergrössert; b. Eierstock; c.c. Niere; d.d. Eierleiter; e. Ausführungsgang des Wolff-
schen Körpers ; f. Harnleiter.
Fig. 9. Einige Harn- und Geschlechtswerkzeuge aus einer jungen Terrapene tricarinata viermal
vergrössert. a. Die rechte Niere; b. Harnleiter derselben; c. Wo 1 ff scher Körper;
d. Ausführungsgang desselben ; e. Hode.
Fig. 10. Einige Körpertheile aus einem jungen Pentonyx capensis zweimal vergrössert. a. Ueber-
rest des rechten Wolff sehen Körpers; b. verdickter Ausführungsgang; c. Hode.
Fig. 11. Die häutigen und knorpelartigen Theile des Gehörlahyrinths aus einer erwachsenen Che-
lonia Midas zweimal vergrössert. Es haben diese Theile der linken Seitenhälfte des
Kopfes angehört und sind von ihrer Innern (der Schädelhöhle zugekehrten) Seite abgebildet,
a. Der hintere, h. der vordere, und c. der äussere oder horizontale halbzirkelförmige
Kanal; d. der Sack des Vorhofes; e. der fast kegelförmige Anhang desselben ; f. undg. die
scheibenförmigen Ausbreitungen des Gehörnerven auf diesem Sacke; h. das Säckchen, welches
die Ohrschnecke der Säugethiere repräsentirt ; i. eiu Theil des Stammes vom Nervus facialis.
Fig. 12. Die korpelartige Platte aus dem kegelförmigen Anhange des in Fig. 11. abgebildeten Prä-
parats zweimal vergrössert. a. Die Lücke, und b. die Einbuchtung in derselben.
265
Fig. 13. Die Klitoris einer jungen Sphargis von der rechten Seite angesehen und viermal vergrns-
sert. a. a. Der Körper der Klitoris; b. die Eichel; c. die Oberfläche der Haut der
Kloake.
Fig. 14. Dasselbe Organ von der oLcrn Seite angesehen, a. Der Körper; b. die Eichel.
Fig. ]5. Die Klitoris eines jungen Trionyx acgyptiacus von der obern Seite angesehen und sechs-
mal vcrgrössert. a. Der Körper der Kliloris ; b. b. die beiden Seitenhälften der Eichel.
Fig. 16. Die hintere Hälfte desselben Organs von der rechten Seite angesehen, a. a. Die rechte
Seitenhälfte der Eichel ; b. b. die Spitzen, in welche die linke Seitenhälfte der Eichel
ausläuft ; c. die Spitze, in welche der Körper der Klitoris nach hinten ausläuft.
Fig. 17. Durchschnittsflächen des Bogens und Dornfortsatzes des dritten und vierten Rumpfwirbels
einer jungen Chelonia . auf die Peters in seiner Dissertation Bezug genommen hat.
Der Schnitt war durch die Wirbelsäule nach der Länge derselben so geführt worden,
dass er nicht allenthalben genau die Mittelebne getroflen hatte. A. Vierter, B. dritter
Rumpfwirbel ; a. a. untere Fläche der Wirbelbogen ; b. die mit einem eingeschrumpften
Knorpel angeftillte Höhle des Innern des Wirbelbogens ; c. der Dornfortsatz; d. eine
sehwach vertiefte dreieckige Stelle zwischen den beiden zusammenstossenden Wirbeln,
die links von dem Schnitte verblieben ist, und an den Fasern von dem Musculus sacro-
spinalis der rechten Seitenhälfte befestigt waren.
'^Zehnte Tafel.
(Die Abbildungen auf dieser Tafel beireffen nur die Einys eoropaea.)
Fig. 1. In dieser Figur sind der Dottersack und die Allantois eines Embryo's, der ungefähr bis
zu der Mitte des Fruchtlebens gelangt war, um das Doppelte vergrössert abgebildet worden.
a. Der Doltersack mit seinen Gefässen von derjenigen Seite dargestellt, an welcher der
Embryo seine Lage hatte ; b. die Allantois mit ihren arteriellen Gefässen (die venösen
Gefässverzwcigungen sind nicht dargestellt worden). Die letztere Eihaut bedeckt voll-
ständig das Amnion und den Embryo, dessen linkes Auge durch sie hindurchschimmert,
ist aber in dieser Abbildung nicht gänzlich, sondern nur ihrem grössern Theile nach
zn sehen.
Fig. 2. Hier ist aus demselben Ei der Dottersack (a) mit seinen Gefässen von derjenigen Seite
dargestellt worden, welche dem Embryo abgekehrt war, oder ihm gegenüberlag; b. der
Sinus terniinalis des Dottersacks ; c. eine nicht vom Dottersacke bedeckte Stelle der
Oberfläche des Dotters.
Fig. 3, Der Embryo desselben Eies freigelegt, aber dem Dottersacke noch aufliegend. Die Ge-
fässe des Doltersacks a. a. sind nicht dargestellt. Das Amnion ist vollständig entfernt
worden. Von der Allantois b. ist nur ein kleiner Theil übrig gelassen. Der Embryo
befindet sich in ganz natürlicher Lage, nur war der Schwanz, als sich der Embryo noch
in dem Amnion befand, nicht so ausgestreckt, sondern lag mit seinem Ende dem Rumpfe
dichter an. An dem Rücken waren die künftigen Platten desselben schon als eben so
viele Felder angedeutet: doch Hessen sie sich noch nicht, als der Embryo ganz frisch und
seine Substanz noch etwas durchscheinend war, ganz deutlich erkennen. Theils deshalb,
theils auch, um die Form des Rückens im Ganzen gehörig erkennen zu lassen, habe ich
sie in dieser Figur nicht andeuten mögen.
Fig. 4. Die viermal vergrösserten Atbemwerkzeuge desselben Embryo's von ihrer untern Seite
angesehen, a. Die vordere Hälfte der Speiseröhre; b. der Kehlkopf; c. die Luftröhre;
d. die Lungen.
Fig. 5. Derselbe Embryo von der linken Seite angesehen und zweimal vergrössert dargestellt.
266
In der Mittelebne des Körpers ist die Hautbedeckung des Rumpfes der Länge nach durcli-
schnitten und darauf von der ganzen linken Seite des Rumpfes, wie auch von dem hin-
tern Theiie des Halses abgelöst und entfernt worden. Mit ihr ist aber auch linker-
seits zwischen dem Vorderbein und Hinterbein der übrige Theil der Bauchwandung des
Rumpfes entfernt worden, so dass die Eingeweide der Rumpfhöhle zum grössern Theiie
enthlösst daliegen. Die Rippen hingegen, die häutigen Theiie zwischen denselben, und
die Rückenmuskeln sind nicht fortgenommen. Doch haben nur die 8 mittlem oder län-
gern Rippen abgebildet werden können, weil die vorderste und die hinterste zu klein wa-
ren, als dass sie bei einer Seitenansicht des Embryo's hätten deutlich dargestellt werden
können, a. a. Durchschnittsfläche der ein Rückenschild bildenden Verdickung der Haut-
bedeckung ; b. die Leber; c. der Magen; d. die aus der Nabelöffnung heraushängende
Darmschlinge; e. ein kleiner Theil der Allantois ; f. die Harnblase; g. der untere Theil
des Wolff'schen Körpers; h. der Musculus latissimus dorsi. Uebrigens sind die Ein-
geweide der Rurapfhöhle etwas auseinander gezogen worden, und es erscheint in der Ab-
bildung der Rumpf etwas dicker, als er es in der Wirklichkeit war.
Fig. 6. Harn- und Geschlechtswerkzeuge ebendesselben Embryo's, bei viermaliger Vergrösserung
von ihrer untern Seite dargestellt, a. Wolff scher Körper; b. Eierstock; c. Eierleiter
und Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers; d. hinterster Theil des Darms ; e. Harn-
blase ; f. der den After zunächst umgebende Theil der Hautbedeckung ; g. das aus dem
After hervorragende Geschlechtsglied.
Fig. 7. Ein etwas kleinerer Embryo von Emys europaea, der viermal vergrössert dargestellt ist,
von der Bauchseite angesehen, a. a. Das nur von einem verdickten Theiie der Haut-
bedeckung gebildete Bauchschild ; b. ein kleiner übrig gelassener Theil des Amnions,
der wie ein Kranz die Nabelöffnung umgiebt; c, ein kleiner Theil der Allantois; d. ein
kleiner durch die Nabelöffnung sichtbarer Theil der Leber ; e. ein Theil des Stammes
der Nabelgekrösveue ; f. die aus der Nabelöffnung heraushängende Darmschlinge ; g. das
aus dem After hervorragende Geschlechtsglied.
Fig. 8. Derselbe Embryo von der rechten Seite angesehen, a. Das äussere kolbenförmig an-
geschwollene und durch das Trommelfell hindurchschimmernde Ende des Gehörknöchel-
chens ; b. Bauchschild ; c. ein Theil des Amnions, der aber grösser ist, als der in Fig. 7
dargestellte; d. Geschlechtsglied.
Fig. 9. Derselbe Embryo vom Rücken augesehen, a. Auge; b. die Gegend, wo das Trommel-
fell liegt.
267
Erklärung^ der Holzschnitte auf Seite 253.
(Alle diese Holzschnitte beziehen sich auf den grössern Embryo, der in der dritten Abtheilung beschrieben
ist, nud stellen verschiedne Körpertheile desselben viermal vergrössert dar.)
Fig. I. Der Knorpel für das rechte Gaumen- und Fliigelbein. a. Die vordere Hälfte für das
Gaumenbein ; b. die hintere Hälfte für das Fiügelbein ; c. ein Fortsatz der letztern Hälfte.
Fig. II. a. Der Knorpel fiir das rechte Quadratbein ; b. der Achsenknorpel der rechten Hälfte des
Unterkiefers.
Fig. III. a. Der Knorpel für das Paukenbein der rechten Hälfte; b. wie in Fig. 2.
Fig. IV. D.1S von der Schleimhaut der linken Nasenhöhle gebildete Säckchen. a. Vorderer, b. hin-
terer Ausgang desselben.
Fig. V. Ein Theil des Darmkanals, a. Hintere Hälfte der Speiseröhre ; b. Magen ; c. c. Anfang
des Dünndarms.
Fig. VI. a. Die Niere ; b. der Harnleiter.
Verbesserunge
n.
Seite VII Zeile
7 lies:
vorgeschrittenero statt
vor-
Seite 121 Zeile
5 lies:
geschrittenen.
—
129
—
16 —
—
XI
—
33
—
seines st. ihres.
—
132
—
36 —
—
19
—
30
—
•künftige St. kräftige.
—
136
—
16 ~
—
25
—
3
—
hinteren st. hintere.
—
141
—
6 —
—
36
—
28
—
zwei paarige st. zweipaarige.
—
—
—
30 —
—
40
—
20
—
andern st. mittlem.
—
143
—
21 —
—
49
—
10
—
in St. bei.
—
145
—
1 -
—
53
—
3
—
verschmelzen st. verschmol-
—
151
—
8 —
zen.
—
165
—
27 —
—
55
—
13
—
dem St. den.
—
186
—
1 —
56
—
4
—
an st. in.
—
190
—
17 —
—
59
—
1
—
eine so ansehnliche st.
ansehnliche.
eine
191
13 —
—
—
—
12
—
bei st. an.
—
198
—
10 —
—
73
—
35
—
fest St. fast.
—
80
—
6
—
kleinern st. kleinen.
"""
199
—
35 —
—
96
—
8
—
Jüngern st. jungen.
—
206
—
22 —
102
—
1
—
denn st. dann.
—
212
—
20 -
—
105
—
34
—
reptils St. reptilis.
—
222
—
13 —
106
—
9
—
diesen st. dieser.
—
—
—
21 —
HO
11
—
erschienen st. erscheinen.
—
251
—
26 —
111
—
18
—
Platten st. Platte.
Auf
Seite
210
sind in
113
9
—
Wirbel st. wirbeis.
streichen die Wörter
nun statt eine,
solchen st. solcher.
Mündung st. Wandung.
Scheibe st. Scheide,
welchem st. welchen,
eine st. die.
welche den st. welchen der
Schilde st. Schilder,
deren st. denen,
dorsi st. colli,
ganzen obero st. ganzen,
aufgeschnitten statt ausge-
schnitten,
vorhandenen st. vorhandene,
dem Embryo st. den Em-
bryonen,
unteren st. unterer,
vordere st. vordem.
Jungen von st. jungen,
dieser Uebergang st. dieser,
dünnern st. dünnen,
sonach st. so noch,
den Zeilen 10 und 11 zu
: die 1% Linie betrug.
Tab. I.
'^r
4.
s
i _i_
6.
/■ e /
10.
i
ä
n.
a. -»)St
Tab. 11.
3.
. f
M
5.
4
.^''
10.
*
16.
11.
.../../-
' ^r~\^■:^,
u.
14.
13.
■5 '■
y
13.
n.
'1/
18.
iTfii
i
i
Tab. m.
14.
11.
iZ.
13.
-b
16 a
16 k.
I
Tab. IV:
2.
i
Tal.Y.
5.
\ ^
1
a —
' rf
«-
*-
«"
Tal). VI.
6.
13.
16.
xn.
r
W'
'TT
" i '' '■ i '■
<^- v-o
11.
«i-
18,
Tab. M.
\
Tal), vnr.
^A 1
6
/ r
4.
^
■i
Tab. K.
-rf
6.
10.
13.
14.
J-^
15.
16.
IT,
ä £ ä.
i
TabX
'^
!s:.!
3. ,
1
/■
Im \ crlagc \oii Friedrich Vicwcf und Sohn in Braunschweig ist erschienen:
D i e C h e m i e
i hl' e r Anwendung
auf
Agricultur und Physiologie
vun
Just US Lieb ig.
Scdjötc Auflage.
gr. 8". fein ^'eliIlpapiel. gebcfkt. Preis: 2'/2 Tlilr.
Untersuchungen über einige
Ursachen der Sä'ftebewegung im thierischen Organismus.
Von Justus Liebig
Mil in den Text eingedruckten Holzschnitten. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 16 Ggr.
Handbuch der rationellen Pathologie.
Von Dr. J. Henie,
orderillictiein Professor «lei- l*liysiologie und Anatomif an dcL Universitdl zu HfidL-ILerg.
In zwei Bänden, gr. 8. Fein Velinpap. geh.
Erster Band, Einleitung und allgemeiner Theil. Zweite unveränderte .\uflage. Preis 2 l'hlr.
Zweiler Band, specieller Theil, erste Lieferung. Preis t Thir. 8 Ggr.
Lehrbuch der Physiologie des Menschen.
Für Aerzte und Sludirende.
Von
Dr. G. Valentin,
rrofessor der Physiologie und vergleiclienden Anatomie an der l'niv-ersilal Kein.
Zweite umgearbeitete und vermehrte Auflage.
In zwei Bänden. — Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzschnitten.
gl. 8. Fein Velinpap. geh. Erschienen ist: Erster Band. Preis 4 Thlr. Zweiten Bandes erste Hälfte: Preis 2 ThIr.
Die erste Lieferung der zweiten Hälfte des zweiten Bandes ist im Druck vollendet, die zweite und letzte
Lieferung wird noch vor Schluss d. J. ausgegeben.
Grundriss der Physiologie des Menschen.
Für das erste Studium und zur Selbstbelehrung.
Von Dr. G. Valentin.
Mit zahlreichen in den Te.\t eingedruckten Holzschnitten.
In einem Bande, gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 2 Thlr. 8 Ggr.
Handwörterbuch der Physiologie
mit Rücksicht auf physiologische Pathologie.
In Verbindung mit mehren Gelehrten herausgegeben
von Rudolph Wagner,
Professor in Göltingen,
Mit Kupfern und in den Text eingedruckten Holzschnitten. In Lieferungen von 8 — 12 Bogen. Preis jeder Lfrg. 1 Thlr.
Erschienen sind: Lieferung 1 — 17.
Lehrbuch der Ophthalmologie.
Von Dr. C. G. Theod. Ruete,
Professor der Medicin in Oüttingen.
Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzschnitten. — gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 4 Thlr.
Die Wirbelthiere Europa's.
Von
A. GrafKeyserling und Prof. J. H. B 1 a s i u s.
Erstes Buch :
Die unterscheidenden Charactere.
gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 2 Thlr. 8 Ggr.
Im Verlage von Friedrich Vicweg und Sohn ist ferner erschienen:
Ueber die Morphologie und die Verwandtschaftsverhältnisse
der wirbellosen Thiere.
Ein BeiCrag zur Charakteristik und Classification der thierischen Formen,
Von Dr. Rudolf L c u c k a r t.
8. Fein Vclinpap. geh. Preis 1 Thir. 8 Ggr.
Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere
mit besonderer Berücksichtigung der Fauna des norddeutschen Meeres.
Von Dr. Heinrich Frey und Dr. Rudolf Leuckart.
Mit zwei Sleintafeln. gr. 4. Velinpap. geb. Preis 4 Thlr.
Der feinere Bau der Nebennieren
beim Menschen und den vier Wirbelthierclassen.
Dargestellt von
Dr. Alexander Ecker,
Professor zu Basel.
Mit 2 Stcintafeln. gr. 4. Fein Velinpap. geh. Preis 2 Thlr.
Entwickelungsgeschichte des Kaninchen-Eies.
Gekrönte Preisschrift, ausgesetzt von der physikalisch -mathematischen Klasse der königl.
• preufs. Akademie der Wissenschaften im Jahre 1840.
Von Dr. Th. L. W. Bischoff,
ordentl. FrofesBor in der Andtoinie und l'liysiulogii; in Giefsen.
Mit 16 Steintafeln, gr. 4. Fein Velinpap. geh. Preis 6 Thlr.
Entwickelungsgeschichte des Hunde-Eies.
Von Dr. Th. L. W. Bisch off,
ordeatl. Professor in der Anatomie und Physiologie in Giefsen.
Mit 15 Steintafeln, gr. 4. Fein Velinpap. geh. Preis 5 Thlr.
Die bis jetzt bekannten Arten aus der
Familie der R e g e n w ü r m e r.
Als Grundlage zu einer Monographie dieser Familie
Von W. Hoffmeister.
Mit Zeichnungen nach dem Leben von A. Hoff meist er.
gr. 4. Fein Velinpap. geh. Preis 2 Thlr.
System der Asteriden.
Von
Dr. Joh. Müller u. Dr. Fr. Herrn. Troschell.
Mit 12 Kupfertafeln, gr. 4. Fein Velinpap. geh. Preis 9 Thlr.
Die Thier-Chemie
oder die organische Chemie in ihrer Anwendung auf
s i o lo g i e und P a t h^o l o
Von Justus Liebig.
Driite umgearbeitete und vermehrte Auflage.
8. Fein Velinpap. geh. Erste Abtheilung : Preis I Thlr. 8 Ggr.
Zur vergleichenden Physiologie der wirbellosen Thiere
Eine physiologisch chemische Untersuchung
von Dr. Carl Schmidt.
gr. 8. Fein Velinpap. geh. Pjeis 12 Ggr.
I
V
■l-
VA '-"•?>■
L*i'ft
X
mj"*"