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Full text of "Ueber die Entwickelung der Schildkröten"

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lieber  die 


Entwickelung    der    Schildkröten. 


H  n  t  e  r  s  u  c  li  u  n  g  e  n 


Heinrich  Rathke, 

Doctor  der  Philosophie,  Rlcdicin  und  Chirurgie, 

Königlich  Preussischem  Medicinalralhe  und  Professor,  Direclor  des  zoologischen  Museums  und  der 

anatomischen  Anstalt  zu  Königsberg,  Ritler  des  Annen-,  des  Wladimir- 

und  des  rothen  Adler -Ordens. 


^ 


Mit    zehn    S  t  e  i  n  tl  r  u  c  k  t  a  f  e  1  ii. 


% 


Braunschweig, 

nr\i(k    und    Verlag    von  Friedrich   Vieweg   und   Sohn 


18  4  8. 


U  eb  e  r    die 


Entwickelung   der  Schildkröten. 


Ue  b  e  r    die 


Entwickeluiig  der  Schildkröten. 


Untersuchungen 


Ton 


Heinrich    Rathke, 

Doctor   der    Philosoßhie ,    Medicin    und    Chirurgie, 

Königl.   Preussischem   Medicinalrathe  und  Professor,  Director   des  zoologischen  Museums   und  der 

anatomischen  Anstalt  zu  Königsberg ,  Ritter  des  Annen- ,  des  Wiadimir- 

nnd  des  rothen  Adler- Ordens. 


Mit    zehn     Steindrucktafeln. 


Braunschweig, 


Druck   und    Verlag   von  Friedrich    Vieweg    und    Sohn. 

1848. 


£  i  u  1  e  i  t  u  u  g. 


Obgleich  bereits  nicht  wenige  Naturforscher  ihre  Aufmerksamkeit  auf  die  Ent- 
wickclung  der  Thiere  gerichtet  haben,  sind  doch  bis  jetzt  die  Schildkröten  auf  ihre  Ent- 
wickelung  nur  wehig  untersucht  worden.  Der  Grund  davon  lag  ohne  Zweifel  in  den 
grossen  Schwierigkeiten,  Eier  mit  Embryonen  und  Junge  dieser  Amphibien  erlangen 
zu  können.  Denn  die  Aussicht,  durch  Forschungen  an  denselben  über  die  fremd- 
artige, von  dem  Typus  der  übrigen  Wirbelthiere  so  überaus  abweichende  Bildung 
der  Erwachsenen  eine  Aufklärung  geben  zu  können,  würde  für  Manchen  wohl  ein 
zu  mächtiger  Reiz  gewesen  sein,  als  dass  er  eine  Gelegenheit  dazu,  wenn  sich  ihm 
eine  solche  dargeboten  hätte,  unbenutzt  gelassen  haben  würde. 

Den  ersten  Beitrag  zu  einer  Entwickeliuigsgeschichte  der  Schildkröten  gab 
Tiedemann  1).  Es  betrifft  derselbe  zwei  Eier  von  Emys  amazonica,  die  beinahe 
reife  Embryonen  enthielten,  und  handelt  hauptsächlich  von  den  Fruchthüllen  derselben. 
Es  waren  diese  Embryonen  nebst  wenigem  Fruchtwasser  von  einem  gefässlosen  Am- 
nion umgeben,  besassen  eine  ziemlich  grosse,  aus  2  Lamellen  bestehende  Allantois, 
von  denen  die  äussere  mit  zahlreichen  Verzweigungen  der  Nabelgerässe  versehen 
war,  und  Hessen  unter  dem  Bauche  noch  einen  ziemlich  grossen,  ovalen  und  ge- 
fässreichen  Dottersack  bemerken.  Die  Allantois  ging  durch  eine  weite  und  kurze, 
an  der  Nabelöffnung  von  dem  Amnion  gebildete  Scheide  zur  Harnblase,  und  die 
Aj-terien,  die  sich  in  ihr  verzweigten,  kamen  her  von  den  Arterienstämmen  des 
Beckens.  Durch  eben  dieselbe  Scheide  des  Amnions  und  die  noch  weite  Nabelöff- 
nung ging  auch  der  Hals  des  Dottersackes,  um  sich  mit  dem  mittlem  Theile  des 
Dünndarms  zu  verbinden:  die  Verbindungstelle  aber  war  nur  sehr  dünn  und  nicht 
im  Innern  hohl,  also  eine  Höhlengemeinschaft  zwischen  Dottersack  und  Darm  nicht 
mehr  vorhanden.  Die  Botallischen  Gänge  waren  doppelt.  Das  Gehirn  war  im  Ver- 
hältniss  zur  Masse  des  ganzen  Körpers  ungemein  gross.  —  Das  Skelet  und  die 
Eingeweide   sind   nicht    beschrieben   worden.     Nach    den  gegebenen  Abbildungen    zu 


1)     Zu  Sam.  Thom.  von  Soemmeriogs  Jubelfeier.  '  Heidelberg  und  Leipzig,    1828. 


IV 

urtheilen,  hatte  sowohl  das  Gehirn,  als  auch  der  Körper  in  seinem  Aeussern  eine 
ähnliche  Form,  wie  bei  den  Erwachsenen.  Desgleichen  war  die  Hautbedeckung  am 
Rücken  und  Bauche  schon  durch  Furchen  in  eben  solche  Felder  abgetheilt,  wie  sie 
bei  erwachsenen  Schildkröten  vorzukommen  pflegen. 

Einige  Bemerkungen  über  die  weiblichen  Geschlechts  Werkzeuge  zweier  jungen 
Seeschildkröten,  wie  auch  über  die  in  diesen  gefundenen  Ueberreste  Wolff'scher 
Körper  wurden  später  von  mir  veröffentlicht  *). 

Von  Baer  machte  darauf  Beobachtungen  bekannt,  die  er  an  dem  Ei  und  ei- 
nem sehr  jungen  Embryo  von  Emys  europaea  angestellt  hatte  ^).  Nach  ihm  liegt 
in  dem  Eierstocke  dieser  Schildkröte  der  Dotter,  umgeben  von  einer  einfachen  Dotter- 
haut, innerhalb  einer  aus  2  Häuten  bestehenden  Kapsel,  die  nachher,  wenn  sie  hat 
den  Dotter  heraustreten  lassen,  einen  gestielten  Kelch,  wie  in  den  Vögeln,  darstellt. 
Wenn  die  Eier  durch  die  Eierleiter  hindurchgegangen  sind,  ist  der  Dotter  zwar 
von  einem  Eiweiss  umgeben,  doch  von  einer  viel  geringern  Menge  desselben,  als 
in  den  Vogeleiern :  auch  ist  die  Kalkschale ,  die  jetzt  an  den  Eiern  vorkommt  und 
auf  einer  Schalenhaut  abgelagert  ist,  viel  poröser,  als  an  denen  der  Vögel.  Hagel- 
schnüre aber  fehlen.  Ein  Embryo  war  in  den  frisch  gelegten  Eiern  nicht  vorhan- 
den :  doch  erschien  der  Keim  lange  nicht  so  bestimmt  ausgebildet,  als  in  Vogeleiern. 
Aber  einige  Tage  später  Hess  sich  in  ihnen  ein  Embryo  auffinden,  doch  war  an 
diesem  sechs  Tage  nach  dem  Legen  der  Rücken  noch  nicht  geschlossen,  sondern 
erst  am  achten  Tage,  Der  Embryo  bildet  sich,  indem  sich  der  Keim  in  ein  anima- 
lisches und  ein  vegetatives  Blatt  spaltet,  und  es  entwickeln  sich  aus  dem  erstem 
zwei  Rückenwülste  und  zwei  Bauchplatten.  Das  Lagerungsverhältniss  dieser  Theile 
ist  jedoch  insofern  von  dem  bei  andern  Wirbelthieren  bemerkten  verschieden,  als 
sich  die  Rückenwülste  beim  Schliessen  so  sehr  nach  unten  drängen,  dass  die  Wirbel- 
saite tief  unter  die  Ebene  der  Bauchplatten  zu  liegen  kommt.  Damit  hängt  zu- 
sammen, dass  die  sehr  breiten  Bauchplatten,  wenigstens  im  Rumpftheile,  nahe  an 
der  Schlusslinie  der  überaus  schmalen  Rückenwülste  angefügt  sind.  Dieses  Verhält- 
niss  scheint  das  Bedingende  für  die  Verschiedenheit  zwischen  Vogel  und  Schildkröte 
zu  sein.  Das  Fundamentalorgan  für  die  Entwickelung  der  Extremitäten  löst  sich 
nicht  von  der  obern  [äussern],  sondern  von  der  untern  [Innern]  Fläche  des  Keimes  ab. 
Untersuchungen,  angestellt  an  jungen  Schildkröten,  um  die  Entwickelung  des  Rücken- 


^)  Abhandlungea  zur  Bildungs-  uod  Entwickelnngs-Geschichte  des  Meuscheo  und  der  Thiere.  Theil  I 
(Leipzig  1832),  Seite  43  und  44. 

')  Job.  Miiller's  Archiv  :  Jahrgang  fiir  1834  (Seite  544  —  550),  und  über  Entwickelangs-Geschichte 
Beobachtung  und  ReHexion,  Thei)  II  (Königsberg  1837),  Seite  155  und  15(). 


Schildes,  des  Baiiclischildes  und  die  Bedeulun^^  der  einzelnen  Tlieile  beider  zu  er- 
uiiüeln,  theilte  Peters  mit  ').  Ms  das  Endresultat  dieser  Untersuchungen  glaubte 
derselbe  angeben  zu  können,  dass  nicht  blos  die  sogenannten  Randplatten  des  Rücken- 
schildes dem  Hautskelete  angehören,  sondern  dass  auch  auf  den  Wirbeln  des  Rumpfes 
und  den  Rippen  unter  der  Haulbedeckung  besondre  Knochenplatten  entstehen,  die  sich 
diesen  Thcilen  des  Skeletcs  nachher  anschliessen  und  damit  verwachsen,  und  dass 
ebenfalls  dergleichen  dem  Hautskelete  beizuzählende  Knochenplatten  an  der  Brust- 
seite entstehen,  mit  den  Knochen  des  Brustbeins  verwachsen  und  mit  ihnen  zusam- 
men das  Baucbschild  zusammensetzen. 

Diesen  verschiednen  Bruchstücken  einer  Entwickelungsgeschichte  der  Schildkröten 
will  ich  nun  auf  den  folgenden  Blättern  zwei  andre  hinzufügen.  Zuvor  aber  mö- 
gen einige  Bemerkungen  angeführt  sein,  die  sich  auf  die  Entstehung  derselben  und 
die  zu  ihnen  benutzten  Materialien  beziehen. 

Als  ich  im  Jahre  1835,  bald  nach  meinem  Umzüge  von  Dorpat  nach  Königs- 
berg, erfahren  hatte,  dass  einige  von  den  vielen  Landseen,  die  in  den  südlichem 
Theilen  von  Ostpreussen  gelegen  sind,  Schildkröten  in  Menge  enthalten,  fasste  ich 
den  Vorsatz,  Versuche  zu  machen,  mir  Eier  dieser  Thiere  zu  verschaffen,  um  sie 
zu  Untersuchungen  auf  ihre  Entwickelung  benutzen  zu  können.  Ich  wandte  mich 
daher  an  mehrere  Personen,  die  an  jenen  Seen  wohnen,  reiste  auch  zweimal  zur 
Sommerzeit  nach  einigen  jener  Seen  hin,  und  setzte  26  aus  ihnen  erhaltene  er- 
wachsene Exemplare  der  Emys  europaea,  von  denen  einige  männlichen,  andere  weib- 
lichen Geschlechts  waren,  in  einen  ziemlich  grossen  versumpften  Teich,  der  sich  in 
dem  Garten  der  anatomischen  Anstalt  zu  Königsberg  beflndet.  Meine  beiden  Reisen 
aber  hatten  keinen  unmittelbaren  Erfolg,  indem  auf  ihnen  kein  einziges  Ei  erhalten 
wurde.  Auch  gewährten  mir  die  Schildkröten,  die  ich  zu  Königsberg  eingehegt 
halte,  nicht  denjenigen  Nutzen ,  den  ich  von  ihnen  erwartete :  denn  die  wenigen 
Eier,  die  sie  bald  nach  ihrer  Uebersiedclung  gelegt  hatten,  wurden  in  einem  durch 
Nässe  völlig  verdorbenen  Zustande  aufgefunden,  und  nachher  legten  sie  im  Verlaufe 
ven  8  Jahren  gar  keine  Eier  mehr,  obgleich  sie  sich  in  ihrem  Teiche  sehr  wohl 
zu  befinden  schienen  und  auch  immer  die  Freiheit  hatten,  das  Wasser  verlassen  und 
auf  das  Land  geben  zu  können.  Indessen  wurden  mir  aus  einigen  entfernteren 
Ortschaften  mehrmals  Eier  zugesendet,  im  Ganzen  ungefähr  100  an  der  Zahl.  Die 
meisten  aber  waren  frisch  gelegt  und  enthielten  keine  Spur  von  einem  Embryo. 
Andere  enthielten  zwar  einen  solchen,  doch  nur  höchstens  einen  so  weit  entwickelten, 


*)    Observationes  ad  anatomiam  Cheloniorum,  diss.  ioauguralis.     Berolini  1838.     Pag.  17  —  22. 


VI 

dass  seine  Beine  zehenlose  Stummel  darstellten,  und  alle  Versuche,  die  angestellt 
wurden,  sie  zu  einer  weiteren  Entwickelung  zu  bringen ,  schlugen  an  ihnen  gleich- 
falls, wie  an  jenen  erstem,  fehl,  weil  wahrscheinlich  durch  das  Rütteln  der  Wagen, 
auf  denen  mir  die  Eier  zugesendet  wurden,  das  Leben  derselben  vernichtet  worden 
war.  Der  Umstand  aber,  dass  mir  nur  solche  Eier  zugingen,  in  denen  entweder 
noch  gar  kein  Embryo,  oder  nur  ein  wenig  entwickelter  befindlich  war,  lässt  sich 
hauptsächlich  daraus  erklären,  dass  die  Personen,  welche  für  mich  die  Eier  auf- 
suchten, sich  nach  der  Spur  richteten,  welche  die  Schildkröte,  wenn  sie  aufs  Land 
geht,  um  ihre  Eier  zu  legen,  in  einem  lockern  sandigen  Erdboden  hinter  sich  zu- 
rücklässt,  diese  Spur  aber,  die  sich  als  eine  breite  und  flache  Furche  darstellt, 
durch  Regen  und  Wind  in  kurzer  Zeit  vertilgt  wird  i). 

Die  Holfnung,  auch  noch  viel  weiter  entwickelte  Eier  der  Emys  europaea  er- 
langen zu  können,  musste  ich  endlich  nach  so  manchen  vergeblichen  Versuchen 
aufgeben;  nachdem  ich  aber  an  den  mir  zugegangenen  gefunden  hatte,  dass  der 
Bildung  auch  der  Schildkröten  ursprünglich  ein  ähnlicher  Plan  zum  Grunde  liegt, 
wie  der  Bildung  der  übrigen  und  insbesondere  derjenigen  Wirbelthiere,  welche  mit 
4  paarigen  Gliedmassen  versehen  sind,  versuchte  ich,  mir  Eier  und  Junge  auslän- 
discher Schildkröten  zu  verschaffen,  um  wo  möglich  an  solchen  ermitteln  zu  können, 
durch  welche  Vorgänge  die  seltsame  und  höchst  wunderbare  Abweichung  bewirkt 
wird,  welche  die  erwachsenen  Schildkröten  von  allen  übrigen  Wirbelthieren  beson- 
ders in  der  Form  und  Zusammensetzung  ihrer  Rumpfwandung,  wie  in  der  Lagerung 
ihres  Schulter-  und  Beckengerüstes,  bemerken  lassen.  Allein,  obgleich  mir  von  be- 
freundeten Gelehrten  und  einem  Naturalienhändler  mehrere  Eier  zugesendet  wurden, 
befand  sich  in  keinem  ein  Embryo.  Dafür  aber  war  ich  so  glücklich,  zwei  beinahe 
reife  Embryonen  und  mehrere  junge  Schildkröten  zu  erhalten,  die  zusammen  eine 
Reihe  ausmachten,  an  der  ich  insbesondre  die  Entwickelung  des  Rücken-  und  Bauch- 
schildes vollständig  verfolgen  konnte.  Auch  glaube  ich  durch  die  Untersuchungen 
an  ihnen  dahin  gelangt  zu  sein,  eine  befriedigende  Auskunft  über  die  abweichende 
Lagerung  geben  zu  können,  welche  hei  den  Schildkröten  das  Schultergerüst,  das 
Becken  und  verschiedne  Muskeln  darbieten.  Hierüber  werde  ich  nun  das  Nähere 
in  der  zweiten  Abtheilung  dieser  Schrift  angeben.  Ueber  den  Schädel,  verschiedne 
Eingeweide  und  das  Gefässsystem  werde  ich  zwar  ebendaselbst  anführen,  was  mir 
daran  bei  reifern  Embryonen  und  Jungen  besonders  beachtungswerth  zu  sein  schien, 


^)  Nach  den  Angaben,  die  mir  in  Gegenden ,  wo  Sumpfschildkröten  vorkommen,  gemacht  worden  sind, 
legen  diese  Thiere  ihre  Eier  am  liebsten  in  einen  sandigen  Boden  und  in  geraumer  Entfernung  (etwa 
00  Schritt  und  drüber)  von  dem  Gewässer,  in  welchem  sie  sich    aufhalten. 


vn 

doch  werden  die  Bcmerkunf^en  darüber  zusamnienn[enorameii  nur  einen  kleinen  Theil 
des  Ganzen  ausmachen.  Das  jNervensystem  aber  bin  ich  ganz  überp^angen ,  weil 
selbst  das  Gehirn  bei  reifern  Embryonen  eine  solche  Gestalt  halte,  wie  bei  Erwach- 
senen, und  sich  nur  allein  dadurch  auszeichnete,  dass  es  im  Vcrhältniss  zu  der 
Masse  des  ganzen  Körpers,  wie  schon  Tiedemann  gefunden  halle,  bedeutend 
grösser,  als  bei  den  Erwachsenen  war. 

Die  Exemplare  in  einer  vorgeschrittenen  Entwickelung  begriffener  Schildkröten, 
welche  zu  zergliedern  ich  Gelegenheit  hatte,  waren,  ihrem  Alter  nach  in  einer  Reihen- 
folge aufgeführt,  nachstehend  benannte: 

1.  Ein  Embryo  von  Testudo  graeca  oder  einer  nahe  verwandten  Art 
(Tab.  III,  Fig.  9,  10  und  15).  In  seiner  Entwickelung  war  er  ungefähr  eben 
so  weit  gediehen,  wie  der  Embryo  von  Emys  amazonica,  von  welchem  Tiedemann 
eine  Abbildung  gegeben  hat.  Sein  Rumpf  hatte  eine  Länge  von  12%  und  in  der 
Mitte  eine  Breite  von  12  Linien  (des  alten  Pariser  Masses):  die  grösste  Dicke  oder 
Höhe  des  Rumpfes  betrug  8Vo  Linie,  Der  Schwanz  war  nur  2  Linien  lang,  aber 
verhältnissmässig  sehr  dick,  und  sprang  mit  seinem  stumpf  abgerundeten  Ende,  selbst 
wenn  er  ganz  gerade  nach  hinten  gerichtet  worden  war,  nur  wenig  über  den  Saum 
oder  die  Falte  vor,  die  sich  aus  der  Hautbedeckung  auf  der  Grenze  zwischen  der 
Rückenseite  und  der  Bauchseite  gebildet  hatte.  War  auch  der  Hals  gerade  gestreckt 
worden',  so  betrug  die  ganze  Länge  des  Embryo's,  gemessen  von  der  Nasenspitze 
bis  an  das  Ende  des  Schwanzes,  15%"'.  Die  Nabelöffnung  hatte  eine  Länge  von 
3'"  und  eine  Breite  von  2%"'.  Von  dem  Dottersacke,  der  dicht  unter  dieser  Oeff- 
nung  lag,  aber  ganz  nach  der  linken  Seite  gewendet  war,  und  eine  ovale  Form 
hatte,  betrug  der  Längendurchmesser  7  Vo'".  Die  Allantois  und  das  Amnion  waren 
dicht  am  Leibe  abgeschnitten.  Die  schon  erwähnte  Ringfalte  der  Hautbedeckung 
des  Rumpfes  war  ziemlich  breit,  doch  noch  nicht  so  breit,  dass  sich  unter  ihr  die 
Beine  und  der  Kopf  hätten  völlig  verbergen  können,  vielmehr  waren  von  ihr  die 
verhältnissmässig  sehr  dicken,  plumpen  und  an  den  Leib  dicht  angezogenen  Beine 
nur  zur  Hälfte,  und  der  Kopf,  der  nach  der  rechten  Seite  gebogen  war,  wie  ihn 
auch  Tiedemann  bei  einem  Embryo  von  Emys  amazonica  fand,  nur  zu  einem 
kleinen  Theile  bedeckt.  Der  Hals  war  in  den  Rumpf  zum  Theil  hineingezogen. 
Die  VorderRisse  hatten  eine  Richtung  nach  hinten,  die  Hinterfüsse  nach  vorne.  An 
der  Bauchseite  sprang  die  Hautbcdeckung  faltenartig  zwar  etwas,  doch  erst  so  wenig 
rechts  und  links  vor,  dass  von  unten  her  die  Beine  und  der  Kopf  fast  gar  nicht 
bedeckt  waren.  Der  Rücken  war  ziemlich  stark  gewölbt,  nicht  aber  so  bedeutend, 
wie    bei    erwachsenen   Exemplaren    von    Testudo    graeca,    und    erschien    von    oben 


vni 

betrachtet  scheibenförmig  rund.  Die  Epidermis  bildete  am  Rumpfe  schon  ziemlich 
dicke  Schilder,  die  sich  von  der  Lederhaut  leicht  ablösen  Hessen  und  eine  horn- 
gelbe  Farbe  hatten.  Die  Schilder  des  Rückens  waren  an  ihrer  äussern  Fläche  durch 
kleine  unregelmässig  warzenförmige  Erhöhungen  sehr  uneben  gemacht,  so  dass  sie 
ein  körniges  Aussehen  hatten.  —  Die  meisten  Organisations  -  Verhältnisse,  die  Du- 
meril  und  Ribron  als  Kennzeichen  der  Testudo  graeca  aufgeführt  haben  '),  fan- 
den sich  auch  bei  diesem  Embryo :  namentlich  kamen  an  der  Rauchseite  seines 
Rumpfes  12  Hautschilder  vor,  und  Nichts  deutete  darauf  hin,  dass  der  hintere  klei- 
nere Theil  des  knöchernen  Rauchscbildes  einmal  beweglich  mit  dem  vordem  ver- 
bunden sein  würde;  ferner  befand  sich  unter  den  Randschildern  des  Rückens  vorne 
ein  unpaariges  kleines  Nackenschild,  hinten  ein  Paar  den  Schwanz  bedeckende  Schil- 
der :  die  Schilder  aber,  welche  den  mittlem  Theil  des  Rückens  bedeckten,  waren  nicht 
stark  gewölbt,  sondern  sehr  flach.  Dagegen  war  der  Schwanz  nicht  ansehnlich  lang,  wie 
es  bei  erwachsenen  Exemplaren  von  Testudo  graeca  der  Fall  ist,  sondern  gegen- 
theils  sehr  kurz,  und  besass  keinen  Nagel  an  seinem  Ende ;  ferner  waren  die  Nägel 
der  Hinterfüsse  nicht  länger,  sondern  gegentheils  merklich  kürzer,  als  die  der  Vorder- 
füsse :  auch  schien  mir  der  Embryo  zu  gross  für  Testudo  graeca,  deren  Eier  nur 
die  Grösse  von  Taubeneiern  haben  sollen.  Ich  muss  daher  vermuthen,  dass  der 
Embryo,  von  dem  mir  Herr  Professor  Rischoff  zu  Giessen,  dessen  Güte  ich  den- 
selben verdanke,  nicht  das  Vaterland  anzugeben  vermochte,  zwar  einer  mit  Testudo 
graeca  verwandten  Art,  doch  nicht  dieser  Art  selbst  angehörte. 

2.  Ein  Embryo  von  Chelonia  Mi  das  (Tab.  IV,  Fig.  1  und  2),  der  von 
der  Nasenspitze  bis  an  das  Ende  des  Schwanzes  2"  5'"  lang  war,  und  von  dessen 
Rumpf  die  Länge  1"  G'",  die  grösste  Rreite  1"  3'",  und  die  grösste  Dicke  (oder 
Höhe)  9'"  betrug.  Die  Hautbedeckung  seines  Rumpfes  war  durch  Furchen  schon 
in  eben  so  viele  und  ähnlich  geformte  Felder  abgetheilt,  wie  bei  den  Erwachsenen 
vorkommen,  und  seine  Epidermis  bildete  auf  diesen  Feldern ,  besonders  am  Rücken, 
schon  ziemlich  dicke  und  harte  Platten,  die  sich  von  dem  lederartig-festen  und  noch 
dickern  Corium  leicht  ablösen  Hessen.  —  In  der  äussern  Form  war  dieser  Embryo 
den  erwachsenen  Exemplaren  von  Chelonia  Midas  zwar  im  Ganzen  ähnlich ,  unter- 
schied sich  aber  dadurch  von  ihnen  auffidlend,  dass  er  am  Rücken  weit  stärker  ge- 
wölbt war.  Er  wich  also,  wenn  er  wirklich  zu  der  oben  genannten  Art  gehörte, 
in  Hinsicht  der  Dimensionsverbältnisse  des  Rumpfes  von  seiner  frühern  Gestalt,  in 
der  er  doch  wahrscheinlich  den  von  den    Seiten  sehr  abgeplatteten  Jüngern  Embryonen 


>)  Erpi'tologie  generale  ou  Hist.  nat.  des  Reptiles.   Tom.  11.  (Paris  1835.) 


IX 

der  Emys  europaea,  wie  ich  sie  in  den  Eiern  voro;efunden  hatte,  ähnlich  gewesen 
war.  noch  nicht  so  sehr,  wie  die  Erwachsenen,  ab.  Die  Grenze  zwischen  dem 
Rücken  und  dem  übrigen  Theilc  der  Wandung  des  Rumpfes  war  schon  durch  eine 
Falte  der  Hautbedeckung  bezeichnet,  die  gleichermassen ,  wie  bei  den  Erwachsenen, 
seitwärts  am  schmälsten,  hinten  dagegen  am  breitesten  war.  Am  Bauche  befand 
sich  eine  herzförmige,  2'"  lange  und  ein  wenig  über  2"'  breite  Nabelöffnung,  die 
ihre  Lage  hauptsächlich  zwischen  den  am  Bauche  vorhandnen  Hornplatten  des  fünften 
Paares  hatte.  Die  Fruchthäute  fand  ich  nicht  mehr  vor,  weil  sie  schon  früher  ab- 
geschnitten worden  waren.  —  Dass  dieser  Embryo  entweder  zu  Chelonia  Midas, 
oder  doch  zu  einer  verwandten  Art  gehörte,  Hess  sich  daraus  entnehmen,  dass  der 
mittlere  Theil  oder  der  Diskus  des  Rückens  nur  mit  13  Schildern  bekleidet  war, 
dass  diese  nicht  dachziegeirörmig  einander  zum  Theil  deckten,  dass  diejenigen  von 
ihnen,  welche  die  mittlere  Reihe  zusammensetzten,  wenigstens  eben  so  breit,  als 
lang  waren,  und  dass  an  jedem  Beine  von  den  Zehen  nur  eine  einzige  mit  einem 
Nagel  bewaffnet  war. 

3.  Junges  von  Emys  europaea.  Die  Länge  seines  Rückenschildes  betrug 
11 V4,  die  grösste  Breite  dieses  Schildes  10^/4  Linien.  Am  Bauche  befand  sich 
noch  eine  etwas  rauhe  und  rautenförmige  Narbe  von  einer  Nabelöffnung,  deien  Länge 
2V2,  und  deren  grösste  Breite  1'"  betrug.  Ihre  Lage  hatte  diese  Narbe  zwischen 
den  am  Bauche  vorhandnen  Hornplatten  des  vierten  und  fünften  Paares.  In  der 
Rumpfhöble  befand  sich  noch  ein  kugelrunder  Dottersack,  dessen  Achse  2%"'  lang 
war.  Von  den  Erwachsenen  wich  dieses  Junge  in  seiner  Organisation  auch  ausser- 
dem noch  mehrfach  ab.  Mit  Ausnahme  der  Marginalplatten  waren  alle  übrige  oder 
grössere  Hornplatten  seines  Rückens  nicht  glatt,  sondern  waren  durch  eine  Menge 
ziemlich  dicht  stehender  kleiner  Erhöhungen,  die  ungefähr  die  Form  von  Halbkugeln 
hatten,  sehr  uneben  gemacht.  Das  Rückenschild  war  nicht  länglich-oval,  sondern 
beinahe  scheibenförmig-rund.  Der  ganze  Limbus  des  Rückenscbildes ,  der  von  den 
Marginalplatten  gebildet  wurde ,  war  verhältnissmässig  etwa  nur  halb  so  breit,  als 
bei  den  Erwachsenen.  Das  Bauchschild  war  im  Verhältniss  zu  dem  Rückenschilde 
lange  nicht  so  gross,  und  die  Beine  wurden  von  ihm,  wenn  sie  dicht  an  den  Leib 
herangezogen  waren,  nicht  vollständig  bedeckt:  auch  war  es  nicht  ellipsoidiscb,  son- 
dern vorn  viel  breiter,  als  hinten,  und  im  Ganzen  unregelmässig  oval.  Zwischen 
beiden  Schildern  befanden  sich  vor  und  hinter  den  Flügeln  desselben  sehr  viel  höhere 
gruhenförmige  Zwischenräume  zum  Verbergen  der  Beine,  wie  denn  überhaupt  der 
Rumpf  im  Verhältniss  zu  seiner  Länge  viel  höher  war.  Der  Schwanz  hatte  eine 
verhältnissmässig  sehr  viel  grössere  Länge,  als  bei  den  Erwachsenen,  und  war  sehr 

b 


bei  dem  Alten 

58  :  76 

72  :  76 

44  :  76 

7  :  76 

7  :  76 

38  :  76 


dünn,  wie  er  überhaupt  eine  grosse  Aehnliclikelt  mit  dem  Schwänze  von  Emys  lu- 
taria  halte.  Zur  bessern  Erkenntniss  der  ^'erschiedcnheit  in  den  Proportionen  gebe 
ich  einige  Maassverhältnisse  von  diesem  Jungen  und  einem  erwachsenen  weiblichen 
Exemplar  derselben  Art.     Es  verhielten  sich  zu  der  Länge  des  Rückenschildes 

bei  dem  Jungen 

die   grösste   Breite    des   Rückenschildes =  43  :  47 

die  Länge  des   Bauchschildes =  42  :  47 

die    grösste   Breite    desselben =  31   :  47 

die  Höhe  des  vordem  Zwischenraumes  zwischen  Rüeken- 

und    Bauchschild =   16   :  47 

die  Höhe  des  hintern  Zwischenraumes  zwischen  Rücken- 

und  Bauchschiid =     8  :  47 

die   Länge   des  Schwanzes =      1:1 

4.  Junges  von  Chelonia  imbricata.  Die  Länge  des  Rumpfes  oder  viel- 
mehr des  Rückenschildes  betrug  1"  10'",  die  grösste  Breite  1"  41/2'",  die  grösste 
Dicke  oder  Hohe  10"'.  Der  ganze  Körper  war  2"  9'"  lang.  Am  Bauche  befand 
sich  eine  fast  rautenförmige  Narbe  der  Nabelöffuung.  Dieselbe  war  5'"  lang,  in 
der  Mitte  fast  2V2'"  breit,  und  hatte  ihre  Lage  hauptsächlich  zwischen  den  am 
Bauche  befindlichen  Hornplatten  des  fünften  Paares,  reichte  aber  mit  ihren  Enden 
massig  weit  zwischen  die  Platten  des  vierten  und  sechsten  Paares  hinein.  Die 
grössern  Hornplatten  des  Rückens  griffen  zwar  dachziegelförmig  über  einander  her- 
über, doch  nur  wenig,  und  hatten  sämnitlich  einen  von  vorne  nach  hinten  verlau- 
fenden Kiel,  so  dass  der  Rücken  drei  etwas  unterbrochene  Kanten  bemerken  Hess. 

5.  Junges  von  Chelonia  Midas.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  gehörte 
es  zu  der  genannten  Art:  mit  Bestimmtheit  Hess  sich  darüber  freilich  Nichts  ent- 
scheiden, weil  die  noch  sehr  jungen  Exemplare  der  Gattung  Chelonia  der  Form  nach 
in  mancher  Hinsicht  von  ihren  Eltern  nicht  wenig  abweichen.  Am  Bauche  kam 
bei  diesem  Exemplar  noch  eine  31/2'"  lange  und  in  der  Mitte  1'"  breite  Narbe  von 
einer  Nabelöffnung  vor.  Die  Länge  des  ganzen  Thieres,  gemessen  von  der  Schnauze 
bis  an  das  Ende  des  Schwanzes,  der  über  das  Rückenschild  ein  wenig  hinaus- 
reichte, betrug  3"  3'",  die  Länge  des  Rückenschildes  selbst  2"  1'",  die  grösste 
Breite  dieses  Schildes  1"  9"'. 

6.  Sphargis  coriacea,  bei  der  sich  ebenfalls  noch  eine  massig  grosse 
Narbe  von  der  Nabelöffnung  befand.  (Tab.  IV,  Fig.  3,  4  und  5.)  Geraessen  von 
der  Schnauze  bis  an  das  Schwanzende  oder  auch  das  hintere  Ende  des  Rückenschildes 
war  dieses  Junge  3"  7'"  lane;.    Von  seinem  Rückenschilde  belrus  die  Länge  2"  2'/2'", 


XI 

die  g:rösslc  Breite  1"  8"'.  Auf  den  *\varzenartigen  und  in  g:rosscr  Zahl  vorhanflnen 
Erliöliunjjcii  der  Haut  des  Rückens  war  die  Epidermis  viel  dicker,  als  in  den  Fur- 
chen zwischen  denselben:  von  vielen  dieser  Erliöhungen  löste  sie  sich  bei  einer 
nur  etwas  starken  Berührung  ab,  und  die  abgefallenen  Stücke  hatten  eine  Aehnlich- 
keit  mit  sehr  gewölbten  Ührgläscrn. 

7.  Von  einem  zweiten  Exemplar  der  Sphargis  coriacea ,  das  nach  der  An- 
gabe eines  Naturalienhändlers,  der  es  mir  zusandte,  im  indischen  Ozean  gefangen 
war,  betrug  die  Länge  des  Rückens  2"  6'",  die  grösste  Breite  desselben  1"  8'/o"'. 
Von  einer  JNarbe  der  NabelüH'iiung  war  bei  ihm  kaum  noch  eine  Spur  zu  erkennen. 
Ich  habe  es  nur  zur  Untersuchung  der  Eingeweide  und  des  Bauchschildes  benutzt. 
Was  also  in  dieser  Schrift  über  die  übrigen  Theile  des  Skeletes  der  Sphargis 
angegeben  ist,  bezieht  sich  nur  auf  das  erstere  Exemplar.  Beiläufig  will  ich  indess 
bemerken,  dass  bei  diesem  zweiten  die  Rippen  nicht  merklich  weiter,  als  bei  jenem 
erstem  entwickelt  waren. 

8.  Chelonia  virgata,  Dumeril  et  Bibron.  (Tab.  V,  Fig.  1.)  Von  der 
Nabelöffnung  war  weder  bei  diesem  Jungen ,  noch  auch  bei  den  folgenden  eine 
Narbe  mehr  vorhanden.  Die  Länge  des  ganzen  Thieres,  gemessen  von  der  Schnauze 
bis  an  das  Ende  des  Rückenschildes,  das  den  Schwanz  ein  wenig  überragte,  betrug 
3"  3'",  die  Länge  des  Rückenschildcs  selbst  2"  SVa'",  die  grösste  Breite  des- 
selben 1"  9'".  —  Diese  Seeschildkröte  gehörte  mit  den  unter  Nr.  2  und  4  auf- 
geführten zu  einer  und  derselben  Unterabtheilung  der  Gattung  Chelonia,  oder  zu 
denjenigen  Schildkröten,  welche  von  Dumeril  und  Bibron  Cheloniens  franches 
genannt  worden  sind.  Von  jenem  Embryo  aber  war  sie  der  Art  nach  bestimmt 
verschieden:  denn  es  hatten  die  Schilder  ihres  Rückens  etwas  andre  Formen,  und 
es  war  überdies,  was  ich  ganz  besonders  hervorheben  möchte,  von  den  Randplatten 
des.  künftigen  knöchernen  Rückenschildes  die  unpaarige  vordere,  welche  den  hintern 
Theil  des  Halses  bedeckt  (die  Nackenplatte),  verhältnissmässig  viel  kleiner  und  auch 
ganz  anders  geformt,  als  bei  jenem  Embryo.  Von  dem  Exemplar  aber,  das  unter 
Nr.  4  aufgeführt  worden  ist,  unterschied  sich  dieses  hauptsächlich  dadurch,  dass 
sein  Schwanz  über  das  Rückenschild  nicht  hinausragte,  dass  seine  Nackenplatte  klei- 
ner und  etwas  anders  geformt  war,  dass  sein  Rücken  eine  etwas  stärkere  Wölbung 
hatte,  und  dass  die  Hornplatten  seines  Rückens  etwas  andere  Formen  besassen. 

9.  Trionyx  aegyptiacus.  Die  Länge  ihres  Rückenschildes  betrug  2", 
die  grösste  Breite  desselben  1"  OVi'".  Die  Haut  des  Rückens  war  durch  eine 
grosse  Anzahl  kleiner  warzenförmiger  Erhöhungen,  die  meistens  spitz  ausliefen,  sehr 

b' 


XII 


uneben   gemacht.      Uebrigens   war   der   Rumpf  überaus    stark    von   oben   und   unten 
abgeplattet,  weil  mehr,  als  bei  den  Jungen  andrer  Arten  von  dieser  Galtung. 

10.  Trionyx  gangeticus.  (Tab.  V,  Fig.  13  und  14.)  Die  Länge  des 
Rückenschildes  betrug  1"  O'/z'",  die  grösste  Breite  desselben  \"  7'",  die  Länge 
des  ganzen  Körpers  bei  ausgestrecktem  Halse,  gemessen  von  der  Schnauze  bis  an 
das  Ende  des  Rückcnsrhildes,  von  dem  der  Schwanz  überragt  wurde,   2"  10'". 

11.  Emys  1  Utaria.  Die  Länge  des  ganzen  Rückenschildes  dieser  Schild- 
kröte, die  ich  in  der  Krimm  gefangen  hatte,  betrug  1"  1'",  die  grösste  Breite 
desselben  11'",  die  Länge  des  ganzen  Körpers  bei  ausgestrecktem  Halse  2"  3'", 
die  Länge  des  Schwanzes  9%'". 

12.  Emys  europaea.  Die  Länge  des  Rückenschildes  betrug  1"  2'",  die 
grösste  Breite  desselben  1"  1'",  die  Länge  des  ganzen  Körpers,  von  der  Schnauze 
bis  an  das  Ende  des  Schwanzes  2 ".  In  der  Gestalt  wich  dieses  junge  Exemplar, 
wie  das  noch  jüngere  (Nr.  3),  hauptsächlich  dadurch  von  den  Erwachsenen  ab,  dass 
sein  Rumpf,  von  oben  oder  unten  betrachtet,  sich  mehr  scheibenförmig  rund,  als 
ellipsoidisch  darstellte.  Der  Schwanz  war  verhältnissmässig  etwas  kürzer,  und  die 
Hornplatten  des  Rückenschildes  waren  nicht  völlig  so  stark  granulirt ,  als  bei  dem 
noch  Jüngern  Exemplar. 

13.  Terrapene  Iricarinata  Merrem  [oder  Cinosternum  scorpioides  Wag- 
ler]. (Tab.  V,  Fig.  3.)  Länge  des  Rückenschildes  1"  4V2'",  grösste  Breite  desselben 
1"  V/i'"-  Länge  des  ganzen  Körpers  von  der  Schnauze  bis  an  das  Ende  des 
Schwanzes  l"  10'". 

14.  Trionyx  ocellatus  Hardwick.  (Tab.  V,  Fig.  2.)  Länge  des 
Rückenschildes  2"  6'",  grösste  Breite  desselben  2"  5'",  Länge  des  ganzen  Körpers 
bei  ausgestrecktem  Halse,  gemessen  von  der  Schnauze  bis  an  das  Ende  des  Rücken- 
schildes, das  den  Schwanz  etwas  überragte,  3"  11"'. 

15.  Platemys  Spixii  Dumdril  et  Bibron  oder  Emys  depressa  Spix. 
(Tab.  V,  Fig.  4  und  5.)  Länge  des  ganzen  Körpers  von  der  Schnauze  bis  an 
das  Ende  des  Schwanzes  3"  2'";  Länge  des  Rückenschildes  2"  472"',  grösste 
Breite  desselben  1"  2"'. 

16.  Terrapene  pensylvanica  Merrem.  [Cinosternum  pensylvanicum 
Wagler.]     Länge  des  ganzen  Körpers  3"  2'",  Länge  des  Rückenschildes  2"  4'". 


17.  Pentoiiyx  capcnsis  Dumeril  et  Bibroii.  [Tosludo  galeata  Schoepf, 
Pelomedusa  galeata  Waj;:ler.]  Länge  des  ganzen  Körpers  3"  7"';  Länge  des  Riicken- 
schildes  2"  3'";  grösste  Breite  desselben  2". 

Mehrere  von  diesen  Schildkröten -Exemplaren  waren  mir  von  meinen  geehiten 
Collegen  und  Freunden,  den  Herren  Berthold,  Th.  L.  W.  Bischoff,  Esch- 
richt,  Gravenhorst,  Grube  und  Job.  Müller  gütigst  geschenkt  worden, 
wofür  ich  denselben  nochmals  meinen  verbindlichsten  Dank  sage. 

Königsberg,  den  20.  Mai  1847. 

H.  Rathke. 


XIV 


Als  von  diesem  Werke  schon  mehrere  Bogen  gedruckt  worden  waren,  bot  sich 
mir  wider  alles  Erwarten  noch  eine  Gelegenheit  dar,  zwei  Embryonen  von  Emys 
europaea,  die  beinahe  die  Mitte  des  Fruchtlebens  erreicht  hatten,  oder  doch  wenigstens 
über  das  erste  Drittel  desselben  hinausgelangt  waren,  untersuchen  zu  können.  Durch 
eine  Beschreibung  von  ihnen  hoffte  ich  eine  nicht  geringe  Lücke,  die  sich  in  mei- 
nen schon  zum  Drucke  abgegebenen  Bemerkungen  über  die  Entwickelung  der  Schild- 
kröten befand,  zum  Theil  ausfüllen  zu  können,  und  ich  habe  deshalb  hier  eine  Be- 
schreibung dieser  Embryonen  noch  nachträglich  jenen  Bemerkungen  folgen  lassen. 
Es  bildet  dieselbe  jetzt  die  dritte  Abtheilung  des  vorliegenden  Werkes  und  enthält 
unter  andern  auch  eine  Bestätigung  einiger  Aeusserungen,  die  ich  über  die  Entste- 
hung des  Rücken-  und  Bauchschildes  in  der  zweiten  Abtheilung  nur  hatte  verniuthungs- 
weise  aussprechen  können. 

Königsberg,  am  5.  Januar  1848. 

Dei-  V^erfasser. 


Inhalts-Verzeichniss. 


Erste     Abtheilung'. 

Seile 
lieber  die  Besch.iffenheit  des  Eies  und  die  frühesten  Entwickelungszustände  von  Emys 

europaea 1    bis      2 

Erstes  Kapitel.     Von  dem  Ei  vor  der  Entstehung   des  Embryo's      ....         3  —       9 

Zweites  Kapitel.     Von  dem  Embryo  aus  der  ersteren  Hälfte  des  Fruchtlebens       10  —    45 

Zweite    Abtlieilung. 

Ueber  die  späteren   Entwickelungszustände  verschiedener  Arten    von  Schildkröten  .  47  —     48 

Erstes    Kapitel.     Von   dem   Skelete         49  —  142 

Zweites  Kapitel.     Von  den   Hautbedeckungen 143  —  154 

Drittes  Kapitel.     Von  den  Rücken-,  Brust-  und  Bauch-Muskeln 154  —   170 

Viertes    Kapitel.      Allgemeinere  Bemerkungen  über  die  Zusammensetzung  der 

Rumpfwandung  und  die  Lagerung  des  Schulter-  und  Beckengerüstes      .  177  —  188 

Fünftes  Kapitel.     Von  den  Verdauungswerkzeugen i.     .     .  189  —  195 

Sechstes  Kapitel.     Vou  den  Athmungswerkzeugen 196  —  198 

Siebentes  Kapitel.     Von  den  Harn-  und  Gescblechtswerkzeugen    .      .      .      .  198  —  204 

Achtes  Kapitel.     Von  eigenthümlichen  drUsenartigen  Organen  der  Rumpfhöhle  205  —  210 

Neuntes  Kapitel.     Von   dem    Gefässsystera 510  —  215 

Schlussbemerkungen.     Ueber  den  Gehörlabyrinlh 215  —  218 


XVI 


Dritte     Ahtheilung. 

Seite 
Beschreibung   zweier  Embryonen  von   Emys  europaea  ungefiihr  aus   der  Mitte   des 

Fruchtlebens 219  —  220 

Erstes  Kapitel.     Beschreibung   der  Eihäute,  sowie  der  Lage  und  der  äusseren 

Beschaffenheit  der  Embryonen 221—228 

Zweites   Kapitel.     Beschreibung  der  innern  Beschaffenheit  der  Embryonen      .  229  —  253 

Erklärung  der  Abbildungen 255  —  267 


Erste    Abtheilung. 


Ueber  die 

Beschaffenheit  des  Eies 

und   die 

frühesten  Entwiclielungzn stände 

der 

Emys   europaea. 


Erstes    Kapitel. 
Von  dem  Eie  vor  der  Entstehung  des  Embryo's. 


§.  1.  Das  schon  gelegte  Ei  von  Emys  europaea  ist  oval  und  hat  eine 
Länge  von  10  Linien.  —  Die  Theile,  aus  denen  es  zusammengesetzt  ist,  stimmen 
sowohl  der  Zahl,  als  auch  der  Art  nach  mit  denen  der  Vogeleier  iiberein. 

Die  Schale  hesteht  aus  einer  häutigen  Grundlage  oder  Schalenhaut ,  und  aus 
kohlensaurem  Kalk.  Der  letztere  ist  auf  und  unter  der  Oberfläche  der  erstem  ab- 
gelagert, doch  in  einer  verhältnissmässig  viel  geringeren  Menge,  als  an  den  Eiern 
der  Vögel,  hingegen  in  einer  grössern,  als  an  den  Eiern  der  Natter.  Jene  häutige 
Grundlage  aber  ist  zusammengesetzt  aus  schichtweise  über  einander  liegenden  Fasern, 
die  ziemlich  starr,  nur  sehr  dünn,  massig  lang,  ein  wenig  geschlängelt  und  meistens 
einfach,  selten  gabelförmig  gespalten  sind.  Mit  einander  erscheinen  diese  Fasern 
gleichsam  verfilzt,  indem  die  meisten  unter  sehr  verschiedenen  Winkeln  über  ein- 
ander hinweg,  nur  wenige  in  einander  übergehn,  theils  dadurch  aber,  theils  auch, 
und  hauptsächlich  durch  ein  festes  homogenes  Bindemittel,  das  die  sehr  kleinen  zwi- 
schen ihnen  befindlichen  Zwischenräume  ausrüllt,  mit  einander  innigst  vereinigt  wer- 
den. Durch  Essigsäure  wird  das  Bindemittel  dui'chsichtiger  gemacht  und  etwas  er- 
weicht; die  Fasern  aber  erfahren  dadurch  keine  Veränderung.  —  Eben  so  zusam- 
mengesetzt und  beschaffen  fand  ich  auch  die  Schale  der  Eier  von  Seeschildkröten 
und  von  amerikanischen  Süsswasserschildkröten ,  und  es  ist  danach  wahrscheinlich, 
dass  die  Eier  der  Schildkröten  überhaupt  in  der  Beschaffenheit  ihrer  Schalenhaut  mit 
einander  ganz  übereinstimmen.  Aehnlich  verhält  sich  aber  auch  in  ihrem  Gewebe 
die  Schalenhaut  der  Vogeleier,  dagegen  ist  die  gleichnamige  Haut  der  Eier  von 
Coluber  Natrix  und  Lacerta  agilis  in  ihrem  Gewebe,  das  ich  an  einem  an- 
dern Orte  ausführlich  beschrieben  habe  •),  gar  sehr  verschieden.  Gewissermassen  das 
Mittel  zwischen  der  Eischalenhaut  dieser  letztern  Amphibien  und  derjenigen  der 
Schildkröten  und  Vögel  hält  die  Eischalenhaut   der    Krokodile.     Diese    besteht   näm- 


')     EntwickeluDgsgescbicfale  der  Malter.     Königsbeig  1839,  Seile  3  bis  i. 

r 


4 

lieh  der  Hauptsache  nach  aus  sehr  langen  Fäden;  es  sind  aber  dieselben  nicht  ein- 
fach, lockenartig  geschlängelt  und  in  vielen  Spiraltouren  um  die  innern  Theile  des 
Eies  herumgewickelt,  sondern  spalten  sich  sehr  häufig  in  zwei  oder  sogar  in  meh- 
rere von  einem  Punkte  ausgehende  Aeste,  sind  nur  wenig  gekrümmt  und  gebogen, 
verlaufen  nach  verschiednen  Richtungen,  und  kreuzen  sich  dabei  unter  sehr  ver- 
schiednen  Winkeln,  oder  gehen  auch  durch  ihre  Aeste  schlingenartig  in  einander 
über*).  Ein  Luftraum,  wie  er  in  den  Eiern  der  Vögel,  nachdem  sie  gelegt  wor- 
den sind,  zwischen  den  Faserschichten  der  Schalenhaut  vorkommt,  bildet  sich  eben 
so  wenig  in  den  Eiern  der  Schildkröten,  wie  in  denen  der  Schlangen  und  Eidechsen. 

üas  Eiweiss  der  Eier  von  Emys  europaea  ist  ganz  klar  und  farblos, 
durchweg  viel  consistenter,  als  in  den  Eiern  der  Hühner,  und  in  so  beträchtlicher 
Menge  vorhanden,  dass  es  der  Menge  des  Dotters  nicht  sehr  nachsteht. 

Die  Dotterhaut  ist  nur  zart,  völlig  gleichartig  und  ohne  besondere  zellige 
Textur.  Eine  hautartige  Bekleidung  mit  zwei  Hagelschnüren  (Chalazae),  wie 
man  sie  in  den  Eiern  der  Vögel  findet,  kommt  an  ihr  nicht  vor.  —  Der  durchweg 
goldgelb  gePärbte  Dotter  hat  eine  ziemlich  grosse  Consistenz,  und  diese  ist  in  der 
Mitte  desselben  nicht  merklich  geringer,  als  an  der  Oberfläche.  Auch  zeigen  die 
Dotterkörperchen ,  oder  die  Formelemente  des  Dotters,  in  der  Mitte  desselben  nicht 
eine  andere  Beschaffenheit,  als  an  der  Oberfläche.  Diese  Bestandtheile  nun  aber 
sind  zcllenartige  Gebilde  (Tab.  1.  Fig.  1.),  die  einen  Durchmesser  von  0,0006 
bis  0,003  Zoll  haben,  und  deren  ziemlich  dicke  und  recht  feste  häutige  Wandung 
zweierlei  verschiedene  Dinge  einschliesst.     Sie  umgiebt  nämlich : 

a)  eine  klare,  dickliche  und  gelbliche  Flüssigkeit,  die  durch  Weingeist,  Säuren 
und  selbst  durch  reines  Wasser  zum  Gerinnen  gebracht  wird,  und 

b)  eine  oder  mehrere  kleine  Blasen,  die  aus  einer  ziemlich  dicken  häutigen 
Wandung  und  einem  von  dieser  Wandung  umschlossenen,  klaren,  farblosen  und 
flüssigen    Fette   bestehen.      Meistens   findet   man    zwei    solche   Blasen    gleichsam    als 


')  Ich  habe  nur  ein  Krokodile!,  das  übrigens  einige  Jahre  im  Weingeist  gelegen  halte,  auf  das  Ge- 
webe seiner  Schalenhaut  untersuchen  können.  Als  ich  seine  dicke  Kalkschale  der  Einwirkung  einer  ver- 
dünnten Salzsäure  ausgesetzt  halle,  blieb  ein  dünnes  Häutchen  übrig,  das  die  oben  angegebene  Zusammen- 
setzung und  zwischen  seineu  Fäden  ziemlich  grosse  Zwischenräume  zeigte  ,  die  von  einer  homogenen  albn- 
min'ösen  Substanz  ausgefüllt  waren.  Der  unter  der  Kalkschale  gelegene  und  ziemlich  dicke  Theil  der  Schalen- 
haul  war  sehr  dicht,  schien  aus  einigen  Schichten  zusammengesetzt  zu  sein,  und  bestand  ebenfalls  aus 
Fäden,  die  durch  ein  formloses  Biudemillel  fest  zusammengehallen  wurden,  aber  nur  sehr  kleine  Zwischen- 
räume bemerken  liessen.  Ob  auch  die  Fäden  dieses  letzlern  Thciles  sich  öfters  spalteten,  konnte  ich  we- 
gen der  Festigkeit  und  Undurchsichtigkeit  ihres  Bindemittels,  das  durch  Essigsäure  kaum  etwas  vetändert 
wurde,  nicht  ergründen. 


Kerne  in  einer  Dotterzelle,  selten  nur  eine,  und  noch  seltener  drei  oder  gar  meh- 
rere. Von  einem  derartigen  Kernkörper  aher,  wie  er  in  den  Primilivzeilen  der 
Thiere  innerhalb  ihres  Kerns  vorkommt,  findet  man  weder  innerhalb  jener  mit  Fett 
erfiilltcn  Kerne,  noch  auch  an  der  Wandung  derselben  in  den  Dotterzellen  der 
Schildkröten  die  mindeste  Spur  ').  Die  Zwischenräume  zwischen  den  Dotterzellen, 
sowie  z\\ischcn  ihnen  und  der  Dotterhaut ,  werden  von  einer  klaren  und  farb- 
losen eiweissarligen  Flüssigkeit  ausgefiillt.  Doch  ist  dieselbe  in  einer  nur  geringen 
Menge  vorhanden ,  und  es  liegen  daher  die  Dotterzellen  so  gedrängt  beisammen, 
dass  sie  sich  gegeneinander  mehrfach  abplatten,  mithin  auch  eine  eckige  und  kantige 
Form  annehmen  müssen.  Und  diese  Form,  in  der  aber  keine  bestimmte  Regel- 
mässigkeit waltet,  behalten  sie  meistens  noch  bei,  wenn  sie  mit  Weingeist,  Was- 
ser oder  verdünnter  Chromsäure  in  Berührung  gebracht  worden  sind:  dagegen 
runden  sie  sich  allmählig  ab  und  werden  kugelförmig,  wenn  man  sie  in  Eiweiss,  das 
aus  Hühnereiern  genommen  ist,  gelegt  hat,  und  sie  in  ihm  sich  haben  trennen 
können.  Aber  auch  die  Kerne,  oder  die  mit  Fett  gefüllten  Blasen,  die  in  den  Dot- 
terzellen enthalten  sind,  erscheinen  in  ihrem  natürlichen  Zustande  als  eckige  Körper, 
und  dies  ist  selbst  in  denjenigen  Dotterzellen  der  Fall,  in  welchen  nur  ein  einziger 
solcher  Kern  enthalten  ist.  Doch  abweichend  von  den  Dotterzellen  runden  sie  sich 
in  diesen  nicht  zu,  wenn  dieselben,  in  Eiweiss  gelegt,  die  Form  von  Kugeln  anneh- 
men, sondern  bleiben  auch  dann  noch  eckig. 

Der  Keim  erscheint  an  der  Oberfläche  des  Dotters  als  eine  massig  grosse 
und  mehr  oder  weniger  weissliche  Stelle,  die  entweder  rundlich  oder  ellipsoidisch 
ist,  und  keine  scharfe,  sondern  sehr  verwischte  Begrenzung  hat.  Er  besteht  aus 
einer  dünnen  Schichte  einer  Substanz,  die  einen  nur  schwachen  Zusammenhang  hat, 
und  theils  aus  zellenartigen  Körpern,  theils  aus  einem  dicklichen  und  gleichartigen, 
doch  nur  in  geringer  Masse  vorhandenem  Bindemittel  zusammengesetzt  ist.  Die 
Zellen  (Tab.  1.  Fig.  2.),  die  besonders  in  der  Mitte  des  Keimes  in  einigen  über- 
einander  liegenden    Schichten   vorkommen,    fand   ich    in    mehreren  Eiern,  aus  denen 


*)  Aebalich  beschalfeae  Dotterzelleo  hat  Job.  Müller  in  den  Eiern  der  Rochen  und  Haifische  ge- 
Tanden.  (Siehe  dessen  Abhandlung  über  den  glatten  Hai  des  Aristoteles.  Berlin  1842,  S.  37  und  38.) 
Der  Dotter  vieler  Thiere,  wie  namentlich  der  Vögel,  beschuppten  Amphibien,  Fische,  Spinnen,  Insecten, 
der  meisten  Crustaceen  und  einiger  Würmer,  besteht  grüsstentheils  aus  häutigen  Blasen,  die  je  nach  den 
verschiedenen  Arten  jener  Thiere  einen  sehr  verschiedenen  Inhalt  haben.  Ob  man  diese  Blasen  aber  mit 
dem  Namen  der  Zellen  belegen  darf,  obschon  in  den  meisten  niemals  ein  solcher  mit  dem  Namen  eines 
Kerns  belegter  Theil,  wie  er  in  den  Zellen  der  Leibessubstanz  der  Thiere  vorkommt,  sich  kund  giebt, 
darüber  werde  ich  mich  später  einmal  in  einem  Werke,  das  ich  über  das  Ei  und  die  Entstehung  des  Em- 
bryo's  der  Thiere  bekannt  zn  machen  gedenke,  näher  aussprechen. 


ich  sie  untersuchte,  und  in  denen  sie  einen  Durchmesser  von  0,0006  bis  0,0016  Z,, 

selten  so^ar  von  0,002  Z.  halten,  von  den  Zellen  der  eig:entlichen  Dottersubstanz 
gar  sehr  verschieden,  und  zwar  durch  folgende  Eigenschaften:  1)  In  ihrem  natür- 
lichen Zustande  waren  sie,  einzeln  beobachtet,  fast  so  klar,  wie  eine  farblose  Glas- 
masse; auch  behielten  sie,  wenn  sie  mit  reinem  Wasser  in  Berührung  gebracht 
worden  waren,  ihre  Klarheit  beinahe  unverändert  bei;  denn  es  bildeten  sich  dann  in 
ihnen,  indem  ihr  dünnflüssiger  Inhalt  gerann,  meistens  nur  wenige  und  zerstreut 
liegende  Molekularkörperchen,  die  eine  nur  sehr  geringe  Grösse  und  weissliche  Farbe 
hatten.  In  einigen  aber  kamen  nicht  einmal  dergleichen  Körperchen  zum  Vorschein, 
sondern  sie  blieben  immerfort  ganz  klar.  2)  Ihre  Wandung  zerplatzte  bei  einem 
weit  geringeren  Drucke,  als  die  der  Dotterzellen;  auch  war  sie  augenscheinlich  viel 
zarter,  und  Hess  sich  nach  dem  Zerplatzen  für  sich  allein  gewöhnlich  gar  nicht 
mehr  erkennen.  3)  Sie  hatten  lange  nicht  ein  solches  eckiges  und  kantiges  Aus- 
sehn, wie  die  Dotterzellen,  sondern  waren,  auch  wenn  sie  neben  einander  dicht  ge- 
drängt lagen,  mehr  rundlich  oder  oval.  4)  Sie  enthielten  ein  bis  drei  und  mit- 
unter sogar,  wiewohl  nur  selten,  vier  im  Verhältniss  zu  ihnen  recht  grosse  blasen- 
förmige  Körper  oder  Kerne,  die  eine  nur  zarte  Wandung  besassen,  eine  klare  und 
gerinnbare  Flüssigkeit  zum  Inhalt  hatten,  und  mit  der  sie  einschliessenden  Zellenhaut 
nicht  verwachsen  waren,  sondern  lose  in  ihr  lagen.  Einen  Kernkörper  habe  ich  in 
diesen  Blasen  oder  Kernen  nicht  bemerken  können,  wenn  ich  sie  mit  Wasser,  oder 
auch  mit  Eiweiss  aus  Hühnereiern,  unter  das  Mikroskop  gebracht  hatte.  Leider 
aber  habe  ich  unterlassen,  sie  auch  noch  mit  demjenigen  Mittel,  welches  die  Kerne 
und  Kernkörper  thierischer  Zellen,  wenn  sie  sonst  nicht  sichtbar  sind,  zum  Vor- 
schein zu  bringen  pflegt,  nämlich  mit  Essigsäure,  in  Berührung  zu  bringen. 

Unter  dem  Keim  hatte  die  Substanz  des  Dotters  dieselbe  Beschaffenheil  und 
insbesondere  dieselbe  Consistenz,  wie  an  andern  Stellen  der  Oberfläche  des  Dotters. 
Auch  Hess  sich  der  Keim ,  eben  deshalb ,  weil  unter  ihm  der  Dotter  sehr  dicklich 
und  klebrig  war,  von  diesem  nicht  vollständig,  sondern  nur  theilweise  abheben.  — 
Von  einer  Durchfurchung  habe  ich  an  dem  Keime  der  Schildkröten  niemals  irgend 
ein  Anzeichen  bemerken  können,  doch  will  ich  nicht  behaupten,  dass  sie  an  ihm 
niemals  vorkomme. 

§.  2.  Nachdem  ich  in  dem  Obigen  die  Zusammensetzung  frischgelegter  Eier 
beschrieben  habe,  will  ich  auch  angeben,  wie  sie  beschaffen  sind,  wenn  sie  noch  in 
den  Eierstöcken  liegen. 

An  Eiern  von  1  bis  6  Linien  im  Durchmesser  war  die  Dotterhaut  aus  zwei 
verschiedenen  Platten  zusammengesetzt.     Die    äussere   Hess   keine   besondere    Textur 


bemerken,  sondern  war  nur  durehweg-  sehr  fein  granulirt.  Die  innere  aber,  die 
dünner  als  jene  war,  bestand  aus  einer  einzigen  Schichte  von  Zellen ,  die  alle  sehr 
abgeplattet,  beinahe  krystallhell,  dicht  zusammengedrängt  und  daher  auch  gegenein- 
ander abgeplattet  waren,  so  dass  sie  sämmtlich  ein  eckiges  Aussehen  hatten.  Unter 
einander  und  mit  der  äussern  Platte  hingen  sie  nicht  sonderlich  fest  zusammen,  son- 
dern Hessen  sich  ziemlich  leicht  trennen.  Ihr  Durchmesser  betrug  in  den  kleineren 
Eiern  höchstens  0,0004,  in  den  grösseren  0,0006  Z.  Sie  enthielten  einen  kleinen 
Kern,  der  aber  nur  dann  erst  deutlich  sichtbar  wurde,  wenn  Wasser  oder  Essig- 
säure auf  sie  eingewirkt  hatte:  ihr  übriger  Inhalt  war  eine  gauz  klare  Flüssigkeit. 
Auch  wo  der  Keim  lag,  waren  die  beschriebenen  Zellen  zu  bemerken ;  demnach  kam 
an  der  inneren  Platte  der  Dotterhaut  über  dem  Keime  keine  Lücke  vor.  —  Eine 
eben  solche  Zusammensetzung  der  Dotterhaut  ist  zuerst  von  Schwann  '),  beim 
Huhn,  nachher  auch  von  mir  bei  den  Eidechsen ,  Fröschen ,  mehreren  Fischen  und 
vielen  wirbellosen  Thieren  an  den  Eiern  der  Eierstöcke  bemerkt  worden,  und  sie 
scheint  also  in  dem  Thierreiche  sehr  allgemein  vorzukommen.  Gegen  den  Zeitpunkt 
aber,  da  das  Ei  die  Stätte,  wo  es  entstanden  war,  verlassen  will,  geht  die  aus 
Zellen  bestehende  innere  Platte  der  Dotterhaut  spurlos  verloren. 

In  Eiern  von  1  Linie  im  Durchmesser  erschienen  die  Formelemente  des  Dot- 
ters, der  nur  schwach  okergelb  war,  der  Mehrzahl  nach  als  runde  Molekularkörper, 
von  denen  insbesondere  die  grösseren,  die  0,0001  Z.  oder  nur  wenig  darüber  im 
Durchmesser  hielten,  ganz  das  Aussehn  von  Fettkügelchen  hatten.  Andere  Form- 
elemente aber  erschienen  als  rundliche  Zellen  von  0,0002  bis  0,0006  Z.  im  Durch- 
messer. Eine  Wandung  war  an  ihnen  deutlich  zu  erkennen,  und  ihr  Inhalt  bestand 
einestheils  aus  einem,  seltener  aus  zwei  an  Grösse  ungleichen  Tröpfchen  eines  flüs- 
sigen Fettes,  andernlheils  aus  einer  klaren  eiweissartigen  Flüssigkeit.  Zwischen  den 
Formelementen  war  kaum  eine  Flüssigkeit  vorhanden,  und  daher  der  Dotter  sehr 
zähe.  —  In  den  grösseren  Eiern  halten  diejenigen  Formelemente  des  Dotters, 
welche  nicht  zunächst  der  Dotterhaut  lagen,  eine  eben  solche  Beschaffenheit,  wie  in 
den  frischgelegten  Eiern,  aber  nur  einen  Durchmesser  von  höchstens  0,0014  Z. 
Dagegen  erschienen  diejenigen,  welche  zunächst  der  Dotterhaut,  oder  auch  dicht  un- 
ter dem  Keime  lagen,  und  einen  Durchmesser  von  höchstens  0,0004  Z.  hatten,  der 
Mehrzahl  nach  als  rundliche  und  ganz  einfache  Fettkugeln.  Einige  von  den  grösse- 
ren   aber    Hessen    schon    ganz    deutlich    eine    den    Fetttropfen    knapp    einschliessende 


1)     Mikroskopische  L'ntersachungen  über  die  Uebeicinstimmung   in    der   Struclur   und    dem  Waclisthuni 
der  Thiere  und  Pflanzen.     Berlin  1839,  Seite  63. 


Hülle  oder  Zellenmembran  erkennen.  Von  diesen  aus  konnte  dann  ein  allmähliger 
Uebergang  zu  den  tiefer  gelegenen  oder  grösseren  und  zusammengesetzten  Form- 
elementen, deren  ich  schon  gedacht  habe,  verfolgt  werden.  An  einigen  nämlich  war 
die  Zellenmembran  schon  weiter,  und  zwischen  ihr  und  dem  Fetttropfen  befand  sich 
eine  gerinnbare,  eiweissartige  Flüssigkeit ;  auch  halte  in  ihnen  der  Fetttropfen  häufig 
schon  eine  besondere  häutige  Hülle  und  war  auch  etwas  eckig.  In  noch  etwas 
o-rösseren  befand  sich  nicht  selten  schon  ein  zweiter  Fetttropfen,  der  aber  viel  klei- 
ner als  der  andere  war,  und  mitunter  kaum  0,0001  Z.  im  Durchmesser  hatte.  — 
Dem  Angeführten  zu  Folge  geht  also  die  Entwickelung  der  Formelemente  des  Dot- 
ters so  vor  sich,  dass  zuerst  ein  kleiner  Fetttropfen  entsteht,  demnächst  um  diesen 
eine  häutige  Hülle,  dann  zwischen  beiden  eine  eiweissartige  Flüssigkeit,  und  endlich, 
während  alle  diese  Theile  an  Umfang  und  Masse  zunehmen,  in  jener  Flüssigkeit 
häufig  noch  ein  zweiter,  ja  selbst  ein  dritter  Fetttropfen,  von  denen  jeder  seine  be- 
sondere häutige  Hülle  oder  Zellenmembran  erhält. 

Einen  Keim  konnte  ich  in  Eiern,  welche  erst  eine  bis  beinahe  3  Linien  im 
Durchmesser  hatten,  noch  nicht  bemerken.  Kaum  war  er  erst  in  solchen  aufzufin- 
den, deren  Durchmesser  schon  4  Linien  betrug.  In  Eiern  aber,  die  einen  Durch- 
messer von  ungefähr  6  Linien  hatten,  stellte  er  eine  runde,  am  Rande  etwas  ver- 
wischte und  in  der  Mitte  nur  massig  dicke  Scheibe  dar,  deren  Durchmesser  kaum 
1  Vi  Linien  betrug,  und  die  durch  ihre  weissliche  Farbe  sich  von  dem  Dotter ,  des- 
sen Oberfläche  sie  zum  Theil  bedeckte,  sehr  unterschied.  Zusammengesetzt  war  er 
aus  lauter  höchst  kleinen  rimdlichen  Körperchen,  die  durch  ein  dickliches  und  etwas 
zähes  Bindemittel  so  zusammengehalten  wurden,  dass  der  Keim  beinahe  so,  wie  eine 
Haut,  sich  dehnen  Hess.  Diejenigen  von  diesen  Körperchen,  welche  der  Dotterhaut 
zunächst  lagen,  waren  am  kleinsten  und  von  einem  so  geringen  Umfange,  dass  selbst 
die  grössten  von  ihnen  nicht  viel  über  0,0001  Z.  im  Durchmesser  hatten.  Je  wei- 
ter sie  aber  nach  dem  Dotter  hin  lagen,  einen  um  desto  grösseren  Umfang  be- 
sassen  sie:  doch  betrug  von  den  grössten  der  Durchmesser  nicht  völlig  0,0004  Z. 
Auch  waren  sie  noch  insofern  von  einander  verschieden,  als  die  grösseren  deutlich 
eine  Zellenmembran  besassen,  indess  den  kleineren  eine  solche  noch  ganz  zu  fehlen 
schien.  Dagegen  hatten  alle,  abgesehen  von  der  Zellenmembran,  ganz  das  Aus- 
sehen von  einfachen  Fettkügelchen ,  und  wurden  weder  durch  Wasser  noch  durch 
Chromsäure  in  ihrem  Aussehn  verändert.  Demnach  war  ihre  Beschaffenheit  und  ihr 
Verhalten  ganz  von  der  Art,  wie  das  der  Formelemente  des  Dotters,  wenn  sich 
diese  noch  in  ihrer  ersten  Entwickelung  befinden.  —  Das  Bindemittel  der  Formele- 
mente   des  Keimes  war   diesen    Theilen    an   Masse    beinahe    gleich,    hatte    eine    um 


9 

so  geringere  Consistenz,  je  näher  nach  dem  Dotter  hin,  und  verlor,  wenn  es  mit 
Wasser  oder  Chromsäure  in  Berührung  gebracht  wurde,  seine  Durchsichtigkeit. 

Das  Keimbläschen  ist  äusserst  zarthäutig  und  leicht  zerstörbar.  In  den 
grösseren  Eiern  des  Eierstocks  fand  ich  es  ganz  so,  wie  etwa  das  der  Vögel  in 
einem  niedrigen  und  überhaupt  nur  kleinen  Hügel  (Cumulus)  eingeschlossen,  der 
von  der  Mitte  des  Keims  ausging,  gegen  das  Ceiitrum  des  Eies  gerichtet  war,  und 
aus  eben  solchen  Formelementen  bestand,  wie  die  tiefere  Partie  des  Keimes.  Die 
in  der  klaren,  etwas  dicklichen  und  gerinnbaren  Flüssigkeit  des  Keimbläschens  ent- 
haltenen Keimfleeke  waren,  wie  in  reiferen  Froscheiern,  überaus  zahlreich  (ungefähr 
200)  und  hatten  alle  eine  rundliche  Form,  obgleich  ihre  Grösse  sehr  verschieden 
war:  denn  die  grössten  hatten  einen  Durchmesser  von  beinahe  0,0004,  indess  die 
kleinsten  nur  als  Molekularkörper  erschienen.  An  den  grösseren  erkannte  ich  deut- 
lich eine  Zellenwand,  in  ihrem  klaren  Inhalte  aber  2  bis  3  kleine  runde  Körper- 
chen, die  ebenfalls  mit  einer  gerinnbaren  Flüssigkeit  erfüllte  Bläschen  zu  sein  schie- 
nen, und  wahrscheinlich  eine  Brut  der  Keimflecke  waren. 

§.  3.  Wie  in  dem  Obigen  gezeigt  worden  ist,  haben  die  Formelemente  des 
Keimes  und  des  Dotters  anfangs  eine  gleiche  Beschaffenheit,  sind  aber  später,  wenn 
sie  ihre  völlige  Ausbildimg  erlangt  haben,  von  einander  in  ihrer  Beschaffenheit  be- 
deutend verschieden.  Es  müssen  also  die  Formelemenle  des  Keimes  später  einen 
ganz  anderen  Entwickelungsgang  nehmen,  als  die  des  Dotters.  Indess  betrifft  die 
Abweichung  fast  nur  allein  die  chemische  Zusammensetzung  derselben:  denn  in  Hin- 
sicht der  physischen  Zusammensetzung  erlangen  die  Formelemente  des  Keims  eine 
ähnliche  Ausbildung,  wie  die  des  Dotters,  da  sie  zuletzt  eben  so,  wie  diese,  aus 
einer  häutigen,  wenn  gleich  viel  zarteren  Blase  bestehen,  die  nebst  einer  tropfbaren 
Flüssigkeit  noch  eine  bis  vier  kleinere  häutige  und  ebenfalls  mit  einer  tropfbaren 
Flüssigkeit  gefüllte  Blasen  einschliesst. 

Eine  andere  Veränderung,  die  in  dem  Keime  vorgeht,  betrifft  das  Bindemittel 
der  Formelemenle  desselben:  denn  dieses  verliert  gegen  die  Zeit  hin,  da  das  Ei 
gelegt  werden  soll,  bedeutend  an  Consistenz  und  wird  flüssiger,  so  dass  später  jene 
Elemente  einen  viel  geringeren  Zusammenhang,  als  früher,  bemerken  lassen. 


10 


Zweites    Kapitel. 
Von  dem  Embryo  aus  der  ersteren  Hälfte  des  Fruclitlebens. 


§.  4.  Wie  schon  angeführt  worden,  habe  ich  in  mehreren  Eiern,  die  schon 
gelegt  waren,  nur  einen  Keim,  nicht  aber  einen  Embryo  gefunden.  Die  Bildung 
des  Embryo's  beginnt  also  erst  ausserhalb  des  Mutterleibes,  und  es  verhalten  sich 
demnach  die  Eier  der  Schildkröten  anders,  als  die  der  Natter  und  der  Lacerta 
agilis. 

Die  Zeit,  da  in  Ostpreussen  die  Schildkröten  anfangen  ihre  Eier  zu  legen,  ist 
die  erstere  Hälfte  des  Junimonates,  die  Zeit  aber,  welche  für  die  nöthige  Entwicke- 
lung  der  Frucht  im  Ei  erforderlich  ist,  scheint  ungefähr  3  Monate  zu  betragen, 
denn  nur  erst  am  Ende  des  August's  oder  zu  Anfang  des  Septembers  findet  man, 
wie  mir  gesagt  worden,  junge  Schildkröten  l).  Manche  Junge  aber  mögen  weit 
später  im  Jahre  ihre  Eier  verlassen,  sei  es  weil  diese  erst  spät  im  Sommer  gelegt 
worden  waren,  oder  weil  die  Witterung  ihrer  Entwickelung  nicht  besonders  günstig 
war,  und  dann  bald  nachher  in  den  Winterschlaf  verfallen,  der  übrigens  von  den 
Schildkröten  der  Gattung  Emys  im  Wasser  gehalten  wird.  Denn  das  in  der  Em- 
leitung  unter  Nr.  3.  aufgeführte  Junge,  bei  dem  sich  noch  eine  grosse  Narbe  von 
einer  NabelöfFnung  und  in  der  Bauchhöhle  ein  ziemlich  grosser  Dottersack  befanden, 
ging  mir  im  lebenden  Zustande  am  28.  Mai  zu,  drei  oder  vier  Tage  später,  als 
es  gefangen  worden  war.  Auch  fing  ich  ungefähr  um  dieselbe  Zeit  des  Jahres  in 
der  Krimm  das  nicht  viel  weiter  entwickelte  Junge  von  Emys  lutaria,  das  unter 
Nr.  11  aufgeführt  worden  ist.  Nicht  glaublich  aber  kann  es  vorkommen,  dass 
diese  Jungen  erst  im  Frühlinge  ihre  Eier  verlassen,  diese  also  den  Winter  hindurch 
in  der  Erde  ausgedauert  und  sich  weiter  entwickelt  hätten. 

§.  5.  In  einem  scheinbaren  Widerspruche  mit  der  oben  gemachten  Angabe, 
dass  die  Bildung  des  Embryo's  der  Schildkröten  erst  ausserhalb  des  Mutterleibes  be- 
ginnt, stand  eine  Wahrnehmung,  die  ich  in  dem  letzten  Jahre  meiner  Untersuchungen 


*)  Auch  von  andern  Schildkröten  bedürfen  die  Embryonen  viele  Wochen  ,  ehe  sie  so  weit  entwickelt 
sind,  dass  sie  aus  dem  Ei  auskriechen  können.  Ein  Näheres  hierüber  findet  man  in  Tiedemanns  Schrift 
über  den  Embryo  der  Schildkröte  und  in  einem  Aufsatze  von  Georg  Ord  über  die  Lebensweise  der 
Cistudo  Carolina  in  den  Transaclions  of  the  Linnean  Society  vom  Jahr  1842  (ausgezogen  in  0  k  e  n  s  Isis, 
Jahrgang  von  1845,  S.  704  und  705). 


11 

über  die  Schildkröten  machte.  In  zwei  Eiern  nämlich,  die  ich  mit  der  Angabe, 
dass  sie  aus  den  Eierleitern  einer  Emys  europaea  entnommen  seien,  erhalten 
hatte,  befand  sich  bereits  ein  im  Entstehen  begrilfener  Embryo.  Diese  Eier  aber 
waren  schon  etwa  8  oder  10  Tage  aultevvahrt  worden,  ehe  ich  sie  öffnen  konnte, 
und  es  ist  mir  daher  sehr  wahrscheinlich,  dass  in  ihnen  die  Bildung  des  Embryo's 
erst  später,  als  sie  aus  den  Eierleitern  ausgeschnitten  worden  waren,  begonnen  hatte. 
Beide  Eier  boten  in  Hinsicht  auf  die  Entstehung  des  Embryo's  Erscheinungen 
ähidicher  Art  dar,  wie  man  sie  in  Hühnereiern  in  der  zweiten  Hälfte  des  ersten 
Brütungstages  anzutreffen  pflegt.  Der  Keim  hatte  sich  in  einen  durchsichtigen  und 
undurchsichtigen  Fruchthof  geschieden.  Der  erstere  war  scheibenPörmig  rund,  hatte 
nicht  völlig  eine  Linie  im  Durchmesser,  und  Hess  zum  grossen  Theil  den  Dotter 
klar  hindurchscheinen.  In  seiner  Mitte  aber  war  er  undurchsichtig  und  von  weiss- 
licher  Fai'be.  Dieser  undurchsichtige  Tbeil,  dessen  grösster  Durchmesser  kaum  mehr, 
als  eine  halbe  Linie  betrug,  bestand  zunächst  aus  zwei  einander  beinahe  parallelen  und 
beinahe  geraden  hervorragenden  Streifen,  den  sogenannten  Rückenplatten  der  Frucht,  die 
eine  massig  breite,  wenig  tiefe,  und  in  ihrem  Grunde  aus  einer  durchsichtigen  Sub- 
stanz bestehende  Rinne,  die  Rückenfurche,  zwischen  sich  hatten.  (Tab.  ÜI.  Fig.  1  a.) 
Jene  Streifen  waren  auf  dem  Querdurchschnitte  dreiseitig,  an  ihrer  Firste  beinahe 
scharf,  und  so  gestellt,  dass  diejenige  Seite  von  ihnen,  welche  der  Rinne  zugekehrt 
war,  beinahe  senkrecht  stand,  die  äussere  Seite  aber,  oder  diejenige,  welche  der  Rinne 
abgekehrt  war,  eine  sehr  schräge  Stellung  hatte  und  sich  unmerklich  in  den  übri- 
gen Theil  des  Fruchthofes  verlor.  Ferner  waren  sie  an  ihrem  einen  Ende  ein  we- 
nig breiter,  als  an  dem  andern,  und  gingen  an  dem  breiteren,  oder  dem  künftigen 
Kopfende  der  Frucht,  unter  einem  Bogen  in  einander  über,  indess  sie  an  dem  schmä- 
leren Ende  unter  einander  in  keiner  Berührung  standen.  Die  erwähnte  Rinne  war 
zwischen  dem  breiteren  Theü  der  Streifen  ebenfalls  am  breitesten,  wurde  gegen  ihre 
Mitte  hin  allmählig  schmäler,  und  nahm  dann  gegen  das  andere  Ende,  obgleich  nur 
sehr  wenig,  wieder  an  Breite  zu.  —  Dicht  vor  demjenigen  Ende  der  beschriebenen 
Längsstreifen,  oder  der  Rückenplatten,  befand  sich  ein  gleichfalls  aus  einer  weiss- 
lichen  Substanz  bestehender  Querstreifen  (Tab.  HI.  Fig.  1,  b.),  der  bogenförmig 
stark  zusammengekrümmt  war,  in  seiner  Mitte  eine  massig  grosse  Breite  hatte,  ge- 
gen seine  Enden  spitz  auslief,  seinen  konkaven  Rand  der  Rückenfurche  zukehrte, 
das  breitere  Ende  der  Rückenplatten  massig  weit  umfasste,  und  an  seinem  konka- 
ven Rande  am  dicksten,  an  seinem  andern  Rande  aber  ganz  verwischt  war.  Nach 
der  Analogie  mit  der  Entwickelung  des  Hühnchens  zu  schliessen,  bezeichnete  der 
Querstreifen  eine  Kopfkappe  oder  überhaupt  ein   Amnion    in    der   ersten    Entstehung. 


12 

Auch  waren,  danach  zu  urtheilen,  die  Rückenplatten  sammt  der  Rückenfurche  nicht 
mehr  in  einer  der  Oberfläche  des  Dotters  entsprechenden  Ebne  ausgebreitet,  sondern 
in  der  Nähe  jenes  Querstreifens,  oder  vielmehr  wohl  jener  Falte,  schon  stärker  ge- 
gen den  Dotter  hingebogen.  —  Ob  sich  unter  der  Rückenfurche  schon  eine  Anlage 
für  die  Chorda  dorsalis  befand ,  konnte  ich  nicht  erkennen ,  theils  wegen  der 
Kleinheit  des  Ganzen,  theils  und  hauptsächlich,  weil  sich  die  beiden  Fruchthöfe  nicht 
ganz  unversehrt  von  dem  ihnen  anklebenden  und  sehr  zähen  Dotter  abheben  Hessen. 
—  Der  undurchsichtige  Fruchthof  verlor  sich  nach  aussen  ohne  bestimmte  Grenzen^ 
zeigte  also  noch  keine  Anlage  zu  einem  Sinus  terminalis,  Hess  auch  keine 
Höfe  (Halones)  bemerken,  und  war  selbst  in  der  Nähe  des  durchsichtigen  Frucht- 
hofes nicht  so  dick,  wie  die  drei  Streifen,  welche  die  Rückenplatte  und  die  Kopf- 
kappe bezeichneten. 

Die  Substanz  der  ganzen  Fruchtanlage  bestand  aus  Zellen,  die  meistens  0,0010 
bis  0,0013,  seltener  0,0007  Z.  im  Durchmesser  hatten,  rundlich  oder  ellipsoidisch 
waren,  durch  eine  nur  geringe  Masse  einer  formlosen  Substanz  (Intercellular- Sub- 
stanz) zusammengehalten  wTirden,  und  ziemlich  viele  sehr  kleine  Molekularkörper- 
chen  enthielten.  Im  frischen  Zustande  Hessen  sie  sich  von  einander  nur  schwer 
unterscheiden,  und  ein  Kern  war  in  ihnen  dann  gar  nicht  zu  erkennen.  Als  ich 
aber  verdünnte  Essigsäure  auf  sie  angebracht  hatte,  wodurch  die  in  ihnen  einge- 
schlossenen Molekularkörper  der  Mehrzahl  nach  langsam  aufgelöst  wurden,  Hessen 
sie  sich  besser  unterscheiden  und  es  ward  dann  auch  ein  Kern  in  ihnen  bemerklich. 
(Tab.  IJI,  Fig.  2,  3  und  4.)  Dieser  nun  hatte  meistens  eine  rundliche,  seltener 
ellipsoidische  Form  und  war  im  Verhällniss  zu  seiner  ZeHe  von  verschiedener 
Grösse:  doch  massen  selbst  die  grössten  nicht  vöHig  0,0003  Z.  Sein  äusserer 
Theil  steUte  sich  als  ein  ganz  klarer  und  massig  breiter  Saum  dar,  sein  innerer 
grösserer  Theil  aber  bestand  aus  einem  verhältnissmässig  sehr  kleinen  einfachen  und 
rundlichen  Kernkörper  und  einer  äusserst  zarten,  kaum  merklichen  Granulation.  In 
einigen  wenigen  Kernen  bemerkte  ich  zwei  diskrete  Kernkörper  (Tab.  III,  Fig.  5), 
und  in  einigen  sehr  wenigen  ZeUen  (im  Ganzen  4,  von  denen  übrigens  2  ganz  iso- 
lirt,  die  andern  ziemlich  frei  lagen)  2  Kerne.  Diese  doppelten  Kerne  aber  deuteten 
auf  eine  Vermehrung  der  ZeHen  durch  Rrutbildung  hin,  indem  sich  wahrscheinlich 
um  sie  herum  zwei  junge  ZeUea  ausgebildet  haben,  die  Hülle  ihrer  MutterzeHe  aber 
durch  Auflösung  verloren  gegangen  sein  würden. 

§.  6.  In  Eiern,  die  schon  etwas  weiter,  als  die  oben  erwähnten,  ausgebildet 
waren,  halten  die  schon  deutHch  als  solche  erkennbaren  Embryonen  eine  Länge  von 
1  '4  Linie  des  Pariser  Maasses,  und  nahmen    die  Mitte   eines   scheibenförmig   runden 


13 

Fruchthofes  ein,  dessen  Durchmesser  nicht  völlig  2  Linien  betrug  (Tab.  I,  Fig.  5 
bis  8).  An  dem  Fruchthofe,  der  sich,  wie  in  den  Vogeleiern,  auf  der  Oberfläche 
des  Dotters  in  der  Mitte  der  Länge  des  Eies  befand,  waren  zu  unterscheiden  ein 
durchsichtiger  Hof,  ein  Gefasshof  und  ein  sehr  schmaler  Dotterhof.  Derjenige  Theil 
der  Keimhaut,  welcher  die  beiden  letztern  darstellte  (Fig.  5  f.),  war  dicker  und  un- 
durchsichtiger, als  der  andere  Theil  mit  Ausnahme  des  Embryonaikörpers,  der  die 
Mitte  desselben  ausmachte,  (Fig  5,  e.)  und  hing  mit  dem  Dotter  so  innig  zusam- 
men, dass  er  sich  von  diesem  nicht  entfernen  Hess,  ohne  zu  zerreissen:  dagegen 
besass  der  innere  Hof  eine  grosse  Durchsichtigkeit  und  lag  dem  Dotter  nur  lose 
auf,  weil  zwischen  beiden  wahrscheinlich  eine  kleine  Quantität  von  einer  eiweiss- 
artigen  Flüssigkeit  vorhanden  war.  —  In  dem  Gerässhofe  befanden  sich  viele  ßlut- 
punkte,  und  an  dem  Umkreise  desselben  Hess  sich  stellweise  eine  zarte  rothe 
Linie  bemerken,  die  ein  Segment  eines  Kreises  darstellte.  Danach  zu  urtheilen 
war  an  dem  Umkreise  wahrscheinlich  schon  ein  Sinus  terminalis  vorhanden, 
hatte  sich  aber  theilweise  seines  Blutes  entleert,  noch  ehe  das  Ei,  das  schon  unter- 
wegs abgestorben  war,  geöffnet  wurde.  Und  aus  eben  derselben  Ursache  war  auch 
wahrscheinlich  in  dem  Gefässhofe  nicht  ein  Netzwerk  von  Blutgefässen,  sondern  nur 
eine  Menge  von  Blutpunkten  zu  sehen.  Der  durchsichtige  Fruchthof  hatte  eine  lang- 
gestreckte, aber  etwas  unregelmässig  ellipsoidische  Form,  und  war  im  Verhältniss  zu 
dem  Embryo  massig  breit. 

Der  Embryo  hatte  in  seiner  Gestalt  viele  Aehnlichkeit  mit  einem  sehr  jungen 
Embryo  der  Eidechsen  oder  auch  der  Säugelhiere,  wie  denn  überhaupt  die  Schild- 
kröte und  die  eben  genannten  Thiere  in  der  frühesten  Zeit  ihrer  Entwickelung  ein- 
ander auffallend  ähnlich  sind.  —  Von  allen  Theilen  des  Körpers  waren  der  Kopf 
und  der  Hals  am  meisten  ausgebildet.  Auch  waren  sie  beide  schon  etwas  abwärts 
gekrümmt  und  ein  wenig  in  den  Dotter  hineingedrückt  (Fig.  5,  a.),  doch  befand  sich 
zwischen  ihnen  und  diesem  ein  Theil  des  durchsichtigen  Fruchthofes,  der  namentlich 
durch  den  Kopf  ziemlich  stark  gegen  den  Dotter  ausgebuchtet  worden  war,  als  eine 
Scheidewand.  —  Was  von  dem  Amnion  schon  angedeutet  war,  bildete  nebst  der 
künftigen  serösen  HüUe  eine  schmale  Falte,  die  sich  um  den  Kopf  und  Hals  in  ei- 
ner parabolischen  Krümmung  herumzog  und  diese  Körpertheile  nur  erst  in  so  weit 
einhüllte,  dass  noch  der  ganze  Nacken  und  der  Hinterkopf  bloss  lagen.  (Fig.  5,  d.) 
An  dem  hinteren  Theile  des  Körpers  aber  Hess  sich  von  dem  Amnion  noch  keine 
Spur  auffinden. 

Der  Kopf  war  so  zusammengebogen ,  dass  die  sogenannte  Kopfteuge  etwas 
mehr,  als  einen  rechten  Winkel  betrug.    (Fig.  7.)     Von    den   Seiten   war  er   stark 


14 

abgeplattet,  grade  an  der  Stelle,  wo  sich  die  Augen  befanden,  am  dicksten,  am 
Scheitel  und  vorne  abgerundet,  und  im  Ganzen  erst  sehr  wenig  ausgebildet.  Der 
Hals  hatte  eine  weit  grössere  Breite,  als  der  Kopf,  von  dem  er  nicht  durch  einen 
besonderen  Nackenhöcker  abgegrenzt  war,  und  zeigte  sich  noch  etwas  stärker  nach 
unten  (nach  der  Bauchseite  hin),  wo  das  Herz  lag,  als  seitwärts  ausgeweitet,  so 
dass  seine  Höhe  sogar  ein  wenig  mehr  betrug,  als  die  Breite.  Doch  bildete  seine 
untere  Wand  nicht  etwa  einen  stark  hervorragenden  Sack,  in  dem  sich  das  Herz 
befand,  sondern  im  Ganzen  eine  nur  schwach  von  vorn  nach  hinten  gehende  Krüm- 
mung. Uebrigens  waren  die  Seitenwände  des  Halses,  wie  die  untere  Wand  dessel- 
ben, sehr  dünn  und  einer  serösen  Haut  ähnlich.  —  Der  Rumpf  war  im  Verhältniss 
zu  jenen  ersteren  Abschnitten  des  Körpers  nur  kurz,  schmäler  als  der  Hals,  auch 
im  Verhältniss  zu  seiner  eigenen  Länge  nicht  auffallend  breit,  und  in  seiner  Mitte 
etwas  eingezogen  oder  am  schmälsten.  (Fig.  5.)  Bis  an  das  Ende  des  Embryo's, 
an  dem  ein  Schwanz  noch  gar  nicht  angedeutet  war,  stand  er  weit  offen,  indem 
eine  Visceralhöhle  nur  erst  im  Halse  gebildet  war  und  von  dem  sogenannten  vor- 
dem Eingange  in  diese  Höhle,  die  sich  an  dem  Ende  des  Halses  befand,  oder  der 
Fovea  cardiaca  (nach  Wolff),  bis  an  das  hintere  Ende  des  Körpers  die  un- 
tern Ränder  der  Bauchplatten  noch  weit  auseinander  lagen.  Die  untere  oder  die 
dem  Dotter  zugekehrte  Fläche  der  noch  offenen  Wandung  des  Rumpfes  war  nur 
wenig  concav,  und  überhaupt  hatte  der  Rumpf  nur  erst  die  Form  einer  sehr  flachen 
Mulde.  Die  Seitentheile  des  Rumpfes,  oder  die  hintere  Hälfte  der  Bauchplatten,  die 
in  ihrer  ganzen  Breite,  wie  die  Seitenwände  des  Halses,  noch  höchst  zart  waren, 
Hessen  sich  von  dem  peripherischen  Theile  des  serösen  Blattes  nur  hauptsächlich 
durch  ihre  Wölbung  und  eine  etwas  geringere  Durchsichtigkeit  unterscheiden.  Ihre 
Dicke  war  nur  wenig  grösser,  als  die  des  äusseren  oder  peripherischen  Theiles  des 
serösen  Blattes.  (Fig.  6.) 

Von  Gliedmassen  fehlte  noch  eine  jede  Andeutung.  Die  Rückenplatten  waren 
schon  der  ganzen  Läjige  nach  verwachsen:  eine  milchweisse  zarte  Linie  aber,  die 
über  den  Hals  und  ganzen  Rumpf  sich  hinzog,  bezeichnete  gleichsam  die  Naht 
oder  die  Stelle,  wo  die  Rückenplatten  unlängst  verwachsen  waren. 

An  der  hinteren  Hälfte  des  Halses  kamen  im  Innern  der  Rückenplatten  3  Paar 
weisslicher,  beinahe  quadratförmiger,  dünner  und  überhaupt  nur  sehr  kleiner  Täfel- 
chen vor  (Fig.  5  und  7.),  die  aus  einer  weniger  durchsichtigen  Substanz,  als  die 
übrige  Masse  dieser  Platten  bestanden.  Sie  lagen  nicht  sowohl  zu  beiden  Seiten 
der  Chorda  dorsal is,  als  vielmehr  dicht  über  dieser  zu  beiden  Seiten  der  Me- 
duUarröhre,  standen  paarweise  sowohl  oben,    wie   unten,    weit  auseinander,  und  ent- 


15 

sprachen  denjenigen  in  sehr  jungen  Embryonen  anderer  Wirbelthiere  bemerkten  Thei- 
len,  welche  man  gewöhnlich  für  die  ersten  Anlagen  der  Wirbelbeine  gehalten  hat, 
die  aber  nach  Untersuchungen,  die  Remak  an  dem  Hühnchen  angestellt  hat,  von 
demselben  fiir  die  Keime  der  Cerebrospinalnerven  ausgegeben  worden  sind  ').  Das 
vorderste  Paar  lag  etwas  hinter  der  Mitte  des  Halses.  Dicht  hinter  ihnen  sah  ich 
unter  dem  Mikroskope  noch  2  bis  3  Paar  trüber  Stellen  von  ähnlicher  Form,  die 
eben  solche ,  aber  noch  weit  weniger  ausgebildete  Körpertheile  bezeichneten.  — 
Eine  Rückensaite  war  schon  vorhanden,  doch  hatte  sie  noch  eine  grosse  Zartheit 
und  Hess  sich  nur  schwer  erkennen.  Sie  reichte  beinahe  von  dem  einen  bis  zu  dem 
anderen  Ende  des  Embryo's,  lag  aber  nirgend  so  überaus  tief  unter  der  Gegend  oder 
der  Ebne,  in  der  die  Bauchplatten  und  Rückenplatten  zusammenstiessen,  wie  von 
Baer  bei  einem  sechstägigen  Embiyo  der  Schildkröte  bemerkt  haben  will  2),  son- 
dern bildete  mit  ihrer  nächsten  Umgebung  nur  eine  sehr  massig  hohe,  aber  recht 
breite  wullstartige  Erhöhung  der  inneren  Fläche  der  Rückenwandung.  Das  Gehirn 
und  Rückenmark ,  die  beide  durch  die  Rückenplatten  deutlich  hindurchschimmerten, 
bestanden  in  einem  zarten  und  dünnwandigen  Rohre,  das  nach  hinten  massig  ver- 
jüngt auslief,  vor  seinem  Ende  aber  wieder  etwas  angeschwollen  war.  Auch  das 
Gehirn  war  im  Verhältniss  zu  seiner  Länge,  wie  das  Rückenmark,  zwar  im  Gan- 
zen nur  sehr  enge,  doch  an  drei  aufeinander  folgenden  Stellen,  wiewohl  nur  um 
ein  Geringes,  breiter,  als  zwischen  denselben.  Von  diesen  drei  Stellen  war  die 
vorderste  am  kürzesten,  und  hatte,  von  oben  angesehen,  beinahe  die  Form  einer 
Ellipse,  zeigte  also  noch  keine  Theilung  in  zwei  Seitenhälften.  Die  mittlere  war  sehr 
viel  länger,  aber  in  ihrer  Mitte  nur  ungefähr  eben  so  breit,  als  die  erste  in  ihrer  Mitte. 
Die  dritte  war  die  längste  von  allen,  aber  in  ihrer  Mitte  kaum  so  breit,  als  die 
beiden  anderen,  und  ging  ohne  bestimmte  Grenze  in  das  Rückenmark  über.  Die 
durch  eine  leichte  Einschnürung  bezeichnete  Grenze  zwischen  der  ersten  und  zwei- 
ten Hirnzelle  lag,  wenn  von  oben  auf  sie  gesehen  wurde,  ziemlich  genau  über  den 
Augen,  hingegen  die  ebenso  beschaffene  Grenze  zwischen  der  zweiten  und  dritten 
Hirnzelle  eine  sehr  kleine  Strecke  hinter  der  sogenannten  Kopfbeuge,  oder  dem 
Uebergange  des  Vorderkopfes  in  den  Hinterkopf.  Von  der  Seite  betrachtet  stellte 
die  vordere  Hirnzelle  und  die  vordere  Hälfte  der  mittleren  Zelle  zusammengenommen 
ein  massig  hohes  Dreieck  dar,  das  mit  seiner  gradlinigen  Basis  auf  der  Grundfläche 
der  künftigen  Hirnschale  ruhte  und  dicht  vor  dem  vordem  Ende  der  Chorda  dor- 


')     F.  Müllers  Archiv,  Jahrgang  von  1843. 

*)     Müllers  Archiv,  Jahrgang  von  1834,  und  die  Schritt:    Zur  EatwickeluDgs- Geschichte  der  Thiere 
Beobachtung  und  Reflexion,  Theil  II.  S.  155. 


16 

salis  seine  Lage  hatte.  Dieser  nach  unten  ausgeweitete  Theil  des  Gehirns  war 
etwa  noch  einmal  so  hoch,  als  die  beiden  vorderen  Hirnzellen  in  ihrer  Mitte  breit 
waren,  und  hatte  eine  nur  sehr  schmale  Basis.  Wie  die  Untersuchung  älterer  Em- 
bryonen lehrte,  war  die  vorderste  Hirnzelle  und  die  vordere  Hälfte  der  zweiten 
Hirnzelle  für  die  Bildung  des  Vorder-  und  des  Zwischenhirns,  also  überhaupt  für 
die  des  grossen  Gehirns,  die  hintere  Hälfte  der  mittleren  Zelle  für  das  Mittelhirn, 
und  die  hinterste  Zelle  für  das  kleine  Gehirn  und  das  verlängerte  Mark  bestimmt. 
Es  war  also  das  Mittelhirn  nicht  als  eine  besondere  Zelle  zu  unterscheiden.  Diese 
Bemerkung  steht  aber  nicht  im  Einklänge  mit  den  Erfahrungen,  die  man  bei  andern 
Wirbelthieren  über  die  Entwickelung  des  Hirns  gemacht  hat,  und  ich  verrauthe  daher, 
dass  bei  dem  Embryo,  welchen  ich  jetzt  beschreibe,  zwar  allerdings  bereits  ein  Mittel- 
hirn als  ein  besonderer  Theil  des  Nervenrohres  vorbanden  gewesen  ist,  dass  aber, 
weil  der  Embryo  unter  Wasser  untersucht  wurde,  eine  schwache  Einschnürung,  die 
zwischen  dem  Mittelhirn  und  dem  Zwischenhirn  vorgekommen  sein  mag,  durch  Auf- 
nahme von  Wasser  in  das  Gehirn  aufgehoben  und  verstrichen  worden  war,  ehe  ich 
dieses  Organ  näher  betrachtete  und  den  Embryo  abbildete.  —  Oeffnungen  waren  an 
der  obern  Seite  des  Hirns  und  des  Rückenmarkes  nirgends  zu  bemerken,  und  es  war 
mithin  die  Masse,  woraus  die  Körpertheile,  welche  ich  vorläufig  mit  jenen  Namen 
belegt  habe,  bestanden,  oder  die  sogenannte  Medullarröhre,  wohl  nicht  allein  für  das 
Hirn  und  Rückenmark,  sondern  auch  für  die  Hüllen  derselben  bestimmt. 

Von  den  Seitenwänden  der  vordersten  Hirnzelle,  nahe  an  der  Grenze  der 
zweiten  Zelle  und  in  der  Nähe  der  Grundfläche  von  beiden,  gingen  zwei  massig 
grosse,  ungefähr  birnförmige,  und  auch  an  Grösse  einander  gleiche  Fortsätze  ab,  die 
sich  für  Ausstülpungen  dieser  Wände  halten  liessen,  ganz  die  Beschaffenheit  dersel- 
ben besassen,  im  Innern  hohl  waren,  und  die  Augen  bezeichneten.  (Fig.  8,  b.  b.) 
Sie  waren  mit  dem  breiten  abgerundeten  Ende  schräge  nach  aussen,  oben  und  et- 
was nach  hinten  gerichtet  (Fig.  7.),  ganz  so,  wie  von  Baer  sie  in  seiner  Epi- 
stola  de  hominis  et  mammalium  genesi  von  einem  sehr  jungen  Hunde -Embryo  ab- 
gebildet hat.  Ihre  Höhle  ging  an  dem  dünnen  Ende  durch  eine  massig  weite  Oeff- 
nung  in  die  Höhle  der  zweiten  Hirnzelle  über,  und  ihre  Wandung  war  nur  wenig 
dünner,  als  die  Seitenwände  dieser  Zelle.  Von  einer  Linse,  wie  überhaupt  von 
den  einzelnen  Theilen  eines  ausgebildeten  Auges,  Hess  sich  an  ihnen  keine  Spur 
auffinden.  Auch  war  es  mir  nicht  möglich,  an  dem  dickern  oder  freien  Ende  dieser 
Organe  eine  Grube  oder  Einsackung  zu  bemerken,  die  auf  eine  solche  Bildungsweise 
der  Linsenkapsel  hingedeutet  hätte,  wie  sie  nach  H  u  s  c  h  k  e  bei  den  verschiedenen 
Wirbelthieren   vorkommen    soll.      Indess    muss   ich    wegen    der   Gestalt,    welche    die 


17 

Augen  schon  erlanget  halten,  vernuithen,  dass  eine  Linsenkapsel  und  Linse  schon 
enlslanden  waren,  dass  sie  sich  aber  ihrer  Zartheit  und  Kleinheit  wegen  noch  nicht 
gehörig  erkennen  Hessen.  Auch  die  Gehörorgane  waren  schon  angedeutet,  doch  nur 
erst  in  ihrem  wesentlichsten  Theile,  nämlich  in  dem  häutigen  Gehörlabyrinthe  (Fig.  7,  e). 
Es  erschien  derselbe  als  ein  äusserst  kleines,  rundliches,  einfaches  und  durchsichtiges 
Bläschen  neben  der  dritten  Hirnzelle,  und  Hess  sich  nur  erst  unter  dem  Mikroskop 
gehörig  erkennen.  Nasengruben,  als  die  ersten  Andeutungen  des  Geruchsorganes, 
waren  noch  nicht  gebildet  worden. 

Eine  Mundspalte  war  schon  vorhanden,  doch  nur  sehr  klein,  und  lag  ziemlich 
weit  vom  vorderen  Ende  des  Kopfes  entfernt.  Hinter  ihr  hatte  sich  die  Substanz 
des  Kopfes  ein  wenig  aufgewulstet  (Fig.  7,  f.  und  Fig.  8,  d.J,  und  der  sehr  kleine, 
kaum  erkennbare  Wulst  bezeichnete  die  Anlage  für  das  vorderste  Paar  der  soge- 
nannten Kiemenbogen  oder  Schhindbogen,  also  fiir  den  Unterkiefer  imd  seine  Beklei- 
dung. Doch  waren  weder  Kiemenspalten,  noch  auch  Furchen  als  Zeichen  von  einer 
Einleitung  zur  Bildung  derselben  irgendwo  bemerkbar. 

Durch  die  Leibeswand  hindurch  Hess  sich  in  dem  Halse  ein  kurzer  und  ganz 
einfacher,  aber  ziemlich  weiter  Kanal  erkennen,  der  an  dem  Munde  begann  und  in 
einem  schwachen  Bogen,  dessen  convexe  Seite  dem  Hirn  und  Rückenmarke  zuge- 
kehrt war,  unter  der  Chorda  dorsalis  erst  nach  oben  und  hinten,  und  dann  grades- 
weges  nach  hinten  verlief.  Dieser  bis  an  die  Fovea  cardiaca  reichende  Kanal  war 
der  Munddarm,  also  Speiseröhre  und  Magen  zusammen.  Dagegen  konnte  der  übrige 
Theil  des  Darmkanals  nicht  als  ein  besonderer  Theil  des  Schleimblattes  der  Keimhaut 
unterschieden  werden,  indem  dieses  Blatt,  wo  es  der  unteren  Fläche  der  noch  weit 
offenen  Rumpfwandung  anlag,  nur  die  Form  einer  flachen  Rinne  hatte  (Fig.  6.), 
auch  von  seinem  übrigen  oder  peripherischen  Theil  in  der  Dicke  und  dem  Gefüge 
keine  merkliche  Verschiedenheit  zeigte.  Von  einem  Gekröse  Hess  sich  noch  keine 
Spur  bemerken,  sondern  die  Darmrinne  lag  in  der  Mittellinie  des  Körpers  der  Rumpf- 
wandung noch  dicht  an. 

Unter  dem  Munddarme  lag  in  dem  weiten  Halse  das  Herz.  (Fig.  7,  g.  und 
Fig.  8,  e.)  Es  erschien  dasselbe  als  ein  massig  langer  Kanal,  der  fast  in  seiner 
ganzen  Länge  Blut  enthielt,  und  mit  seinem  mittleren  Theile  eine  vollständige  Spi- 
ralwindung beschrieb.  Sein  hinteres  Ende  nahm,  wie  überhaupt  das  Herz  bei  jün- 
geren Embryonen  anderer  Wirbelthiere ,  zwei  im  Verhältniss  zu  ihm  recht  weite, 
aber  nur  kurze  GePässstämme ,  die  Dottervenen,  auf,  die  von  rechts  und  links  aus 
dem  Gefässhofe  kamen,  und  von  denen  ein  jeder  in  zwei  Aeste,  einen  vorderen  und 
einen    hinteren,    getheilt  war.    (Fig.  8,  f  und  g.)      Von  seinem  hinteren  Ende  ging 

3 


18 

der  Herzkanal ,  indem  er  ein  wenig  an  Weite  zunahm ,  eine  nur  massig  grosse  Strecke, 
und  zwar  ziemlich  in  der  Mittelebne  des  Körpers,  fast  gradesweges  nach  vorne,  bog 
sich  dann  erst  links  hin,  darauf  nach  unten  und  rechts,  zuletzt  aber  nach  vorne  um, 
und  lief  nun  wieder  gradesweges  nach  vorne  fort.  Die  Spirale,  die  das  Herz  be- 
schrieb, war  also  eine  links  gewendete,  und  verhielt  sich  ganz  so ,  wie  bei  Jüngern 
Embryonen  der  Säugethiere,  Vögel,  Schlangen  und  Eidechsen.  Der  von  der  letzten 
Umbiegung  des  Herzkanals  nach  vorn  gehende  Theil  verengte  sich  zwar  nur  all- 
mählich, doch  im  Ganzen  recht  stark,  erstreckte  sich  beinahe  bis  zu  der  Mundspalte, 
und  tbeilte  sich  hinter  ihi-  in  zwei  Aeste,  die  in  den  Seitenwänden  des  Halses  oder 
vielmehr  des  Kopfes  nach  oben  aufstiegen.  Dieser  vordere  gerade  und  engere  Theil 
des  Herzkanals  bezeichnete  die  künftige  Kiemenarterie,  und  ihre  beiden  Aeste  gaben 
sich  als  das  künftige  vorderste  Paar  der  Kiemengefässbogen  kund.  Doch  waren  sie 
nicht  ganz  vollständig  zu  sehen,  wahrscheinlich  aber  nur  deshalb  nicht,  weil  die  Em- 
bryonen schon  vor  der  Untersuchung  abgestorben  waren.  Noch  andere  Gelasse  Hes- 
sen sich,  wahrscheinlich  aus  eben  demselben  Grunde,  nicht  auffinden.  —  Wolffsche 
Körper  waren  noch  nicht  vorhanden,    und  eben  so  wenig  eine  Allantols. 

Abgesehen  von  dem  Blute  und  von  der  Flüssigkeit,  welche  in  dem  Gehirne  und 
Rückenmarke  enthalten  war,  bestand  die  Substanz  des  ganzen  Körpers  der  beiden 
Embryonen  aus  Zellen,  die  nur  einen  Durchmesser  von  höchstens  0,0004  Z.  hatten, 
dicht  zusammengedrängt  lagen,  und  dieserhalb  gegen  einander  mehrfach  abgeplattet, 
doch  übrigens  von  sehr  verschiedenen  Formen  waren.  In  ihrer  Beschaffenheit  zeig- 
ten alle  eine  grosse  Uebereinstimmung  unter  einander.  Sie  besassen  einen  im  Ver- 
hältniss  zu  ihrem  Umfange  recht  grossen  Kern  (Cytoblastus),  der  sich  aber,  weil  die 
Wandung  der  Zellen  ziemlich  dick  zu  sein  schien,  auch  der  neben  dem  Kern  befind- 
liche Inhalt  der  Zellen  nicht  ganz  klar  war,  etwas  schwierig  erkennen  Hess.  (Fig.  3.) 
Einen  Kernkörper  aber  konnte  ich  so  wenig,  wie  in  dem  übrigen  Inhalte  der  Zellen 
scharf  umschriebene  Molekularkörper,  wahrnehmen,  wenn  ich  die  Zellen  in  Wasser 
oder  Eiweiss  untersuchte.  Essigsäure  hingegen  liess  in  ihnen  einen  kleinen  rundli- 
chen Kernkörper  zum  Vorschein  kommen.  —  Aus  eben  solchen  Zellen,  wie  der 
Körper  des  Embryo's,  bestanden  auch  der  äussere  Theil  des  durchsichtigen  Hofes 
und  der  Gefass-Hof.  Doch  hatten  viele  von  diesen  eine  etwas  bedeutendere  Grösse 
als  jene,  nämlich  einen  Durchmesser  von  0,0005  Z.  Auch  lagen  sie  stellenweise 
nicht  so  dicht  gedrängt  beisammen,  sondern  hatten  eine  ziemlich  grosse  Masse  von 
Intercellularsubstanz  zwischen  sich.  Aber  weder  in  den  Zellen  der  Höfe,  noch  in 
denen  des  Embryonalkörpers,  konnte  ich  eine  Brut  (junge  Zellen)  bemerken.  Nach 
dem,  was  ich  so  eben  über  die  Grösse  der  Zellen  angefiihrt  habe,    waren  dieselben 


19 

viel  kleiner,  als  die  Zellen  des  Keimes  in  frisch  gelegten  Eiern.  Dies  aber  ist  eine 
Erscheinung,  die  ich  auch  in  den  Eiern  vieler  andern  Thiere,  und  in  manchen  der- 
selben, wie  namentlich  in  denen  der  Crustaceen,  in  einem  noch  weit  höheren  Grade 
bemerkt  habe.  Auch  hatten  sie  eine  ganz  andere  BeschafFenheit,  und  es  mussten 
demnach  die  Zellen  des  Keimes,  indem  sich  der  Embryo  aus  diesen  zu  bilden  ange- 
fangen hatte,   eine  bedeutende  Veränderung  erfahren  haben   *). 

§.  7.  In  den  Eiern  einer  anderen  Sendung  hatten  die  Embryonen  eine  Länge 
von  1%  Linie,  und  der  Durchmesser  ihres  Fruchthofes  betrug  beinahe  3  Linien 
(Tab.  I,  Fig.* 9  bis  11).  Ihre  Ausbildung  war  nur  wenig  weiter  vorgeschritten, 
als  bei  den  eben  beschriebenen,  weshalb  ich  hier  hauptsächlich  nur  diejenigen  Ver- 
hältnisse angeben  werde,  durch  welche  sie  von  jenen  erstem  sich  verschieden 
zeigten. 

Die  Krümmung  des  Leibes  war  etwas  grösser,  und  der  Kopf,  der  sich  in  den 
Dotter  etwas  mehr  hineingedrückt  hatte,  besonders  an  der  Stelle,  wo  sich  die  Augen 
befanden,  ein  wenig  dicker  geworden.  Der  Hals  hatte  sich  an  seiner  unteren  Seite 
noch  etwas  mehr  ausgeweitet.  Nachdem  ich  die  Embryonen  in  Weingeist  erhärtet 
und  darauf  mit  einer  scharfen  Scheere  Querdurchschnitte  des  Halses  gemacht  hatte, 
fand  ich,  dass  die  Wandung  des  in  demselben  enthaltenen  Munddarms  (Schlundkopf 
und  Speiseröhre)  wenigstens  dreimal  dicker  war,  als  die  untere  Wand  und  die  Sei- 
tenwände des  Halses,  und  dass  sie  mit  der  oberen  Wand  und  zum  Theil  auch  mit 
den  Seitenwänden  des  Halses  ziemlich  fest  zusammenhing,  oder  mit  ihnen  gleichsam 
verklebt  erschien.  Von  Dotter  war  so  wenig  bei  diesen ,  wie  bei  den  schon  be- 
schriebenen Embryonen,  irgend  eine  Spur  im  Munddarm  zu  finden.  Die  Wandung 
des  Herzens  war  selbst  an  ihrer  hintern  oder  weitern  Hälfte  ein  wenig  dünner,  als 
die  des  Munddarms.  Von  Kiemenspalten  Hess  sich  noch  keine  Andeutung  bemerken, 
sondern  die  Seitenwände  des  Halses  waren  noch  ganz  glatt  und  eben.  Gleich  hinter 
der  Mundspalte ,  also  da ,  wo  sich  später  der  Unterkiefer  bilden  sollte ,  schienen  die 
Seitenwände  des  Halses  ein  wenig  stärker  aufgewulstet  zu  sein:  in  ihrem  übrigen 
Theile  aber  waren  sie,    wie  die  untere  Wand,    noch  sehr  dünne. 

Der  kräftige  Rumpf  war  nicht  völlig  zweimal  länger,  als  Kopf  und  Hals  zu- 
sammengenommen, und  stellte  zwar  noch,  wie  in  den  jüngeren  Embryonen,  eine  lange 
und  schmale  Mulde  dar,  war  jedoch  von  unten  her  betrachtet  schon  etwas  mehr  con- 
cav.     Ausserdem  aber  war  er  in  seiner  Mitte  von  den  Seiten  her  ein  wenig  einge- 


•)     Ueber  die  Eatstebang  des  Embryo's  der  Thiere  im  Allgemeinen,   worüber  ich  seit  mehreren  Jahren 
aasnihrliche  Cnlersnchungen  aogesteUt  habe,  ein  Näheres  an  einem  andern   Orte. 

3* 


20 

zogen ,  so  dass  er  vorn  und  hinten  eine  grössere  Breite ,  als  in  der  Mitte  hatte. 
(Fig.  11.)  Sein  hinteres  abgerimdetes  Ende,  an  dem  noch  keine  Spur  von  einem 
Schwänze  vorhanden  war,  hatte  sich  über  die  Ebene  des  Fruchthofes  etwas  mehr 
erhoben,    und  auch  schon  angefangen,  sich  von  diesem  abzuschnüren. 

Die  Fortsetzung  des  Munddarmes,  oder  derjenige  Theil  des  Schleimblattes  der 
Keimhaut,  welcher  sich  zum  Darm  ausbilden  sollte,  war  im  Ganzen  dünner,  als  die 
Wandung  jenes  Kanals,  entsprach  in  seiner  Form  der  des  Rumpfes,  dessen  Wandung 
er  in  seiner  Mittellinie  noch  dicht  anlag,  und  war  also  in  seiner  ganzen  Länge  noch 
weit  offen.    —   Schwanz  und  Gliedmassen  waren  noch  nicht  angedeut^. 

Die  Mckenplatten  Hessen  an  der  Stelle  ihrer  Vereinigung  nirgend  mehr  eine 
weisse  Linie  als  eine  Naht  wahrnehmen :  doch  trennten  sie  sich  am  Kopfe  von  selbst 
und  klafften  weit  auseinander,  als  ich  den  einen  Embryo  etwa  eine  Viertelstunde 
hatte  im  Wasser  liegen  lassen.  —  Die  Form  des  Gehirns  und  des  Rückenmarkes 
verhielt  sich,  wie  in  den  beschriebenen  jüngeren  Embryonen,  ausgenommen,  dass 
schon  das  Mittelhirn,  das  ich  in  den  jüngsten  Embryonen  nicht  bemerkt  hatte,  als 
eine  besondere  Abtheilung  des  Nervenrohres  angedeutet  war.  Doch  besajs  dasselbe 
eine  nur  sehr  geringe  Breite,  hatte  überhaupt  eine  nur  geringe  Grösse  und  war  nur 
durch  eine  sehr  schwache  Einschnürung  von  dem  Zwischenhirn  geschieden. 

Das  Rückenmark  erschien  an  seinem  hinteren  Ende  noch  ein  wenig  dicker  und 
weiter,  als  in  einiger  Entfernung  von  demselben.  (Fig.  11,  e.  e.)  Die  Rückensaite 
(Fig.  9,  e  und  f.  Fig.  11,  d. )  Hess  sich,  als  die  Embryonen  mit  Wasser  befeuchtet 
worden  waren,  nur  als  ein  dunkeler  Streifen  in  der  Rückenwand  des  Leibes  erken- 
nen, war  sehr  dünn,  zeigte  eine  Zusammensetzung  aus  ähnUchen  Zellen,  wie  die 
übrigen  Körpertheile ,  und  ging  ebenfalls,  wie  diese,  bei  einem  angewandten  Drucke, 
leicht  auseinander.  Nachdem  ich  aber  den  einen  Embryo  durch  Weingeist  erhärtet, 
darauf  einen  ausgeschnittenen  Theil  der  Rückenwand  zwischen  Glastäfelchen  gepresst, 
und  diese  Täfelchen  etwas  an  einander  hin  und  hergeschoben  hatte,  löste  sich  das 
in  demselben  enthaltene  Stück  der  Rückensaite  von  der  übrigen  Masse  los,  und  ver- 
hielt sich  jetzt  bei  fortgesetztem  Verschieben  der  Glastäfelchen  heinahe  wie  ein  dün- 
ner Streifen  von  Gummi  elasticum,  zeigte  nämlich  eine  ziemlich  grosse  Zähigkeit 
und  Elasticität,  und  erhielt  sich  einige  Zeit  unter  dem  Drucke,  ehe  es  zerging. 
Nach  hinten  erstreckte  sich  die  Rückensaite  nicht  völlig  so  weit,  wie  das  Rücken- 
mark, und  vorne  reichte  sie  nur  bis  zwischen  die  Gehörbläschen,  also  lange  nicht 
so  weit  hin,  als  das  Gehirn.  Rechts  und  links  von  dem  Rückenmarke  hatten  sich 
die  kleinen  oblongen  Täfelchen,  die  schon  bei  jüngeren  Embrj'onen  bemerkbar  wa- 
ren, sehr  vermehrt.    Auch  ragten  die  mittleren  von  ihnen,   oder  die  grösseren,  schon 


21 

so  weit  nach  unlen  herab,  dass  sie  mit  ihrer  unteren  kleineren  Hälfte  zu  heiden  Seiten 
der  Chorda  dorsalis  lagen.  Das  vorderste  Paar  befand  sich  an  dem  Anfange  des 
Halses,  das  hinterste  beinahe  an  dem  Ende  des  Rumpfes.  (Fig.  9  u.  11.)  Demnach 
hatten  sich  sowohl  vor,  als  auch  hinter  dem  zuerst  aufgetretenen  Täfelchen  neue 
gebildet.  Die  Zalil  ihrer  Paare  entsprach  genau  der  Zahl  der  Hals-  und  Rumpf- 
wirbel. Sie  alle  bestanden  aus  ähnlichen  Zellen,  wie  die  übrigen  Körpertheile ,  nur 
waren  diese  Zellen  etwas  weniger  klar. 

Wolf f sehe  Körper  konnte  ich  nicht  auffinden,  und  eine  AUantois  war  bestimmt 
noch  nicht  vorhanden.  Das  Amnion  hatte  sich  zwar  erst  am  Kopfe  und  Halse  ge- 
bildet, hüllte  jedoch  sie  beide  schon  vollständig  ein  und  lag  ihnen  so  knapp  an,  dass 
zwischen  ihm  und  den  eben  genannten  Theilen  nur  erst  an  wenigen  Stellen  ein  klei- 
ner Zwischenraum  vorkam.  (Fig.  9,  b.)  Genauer  angegeben  bestand  diese  den  Kopf 
und  Hals  einhüllende  Kappe,  wie  ich  gewahr  wurde,  nachdem  ich  einen  Embryo  nebst 
seinem  Fruchthofe  in  Weingeist  gelegt  hatte,  eigentlich  aus  einer  Falte,  die  von  ei- 
nem kleinen  Theile  des  äusseren  Blattes  der  Keimhaut  gebildet  wurde,  und  deren 
beide  Platten  gleichmässig  zart  und  durchsichtig  waren.  Der  Rand  dieser  Falte,  der 
sich  um  den  hintern  Theil  des  Halses  herumzog  und  von  demselben  oben  uud  seit- 
wärts massig  weit  abstand,  war  sehr  scharf:  von  ihm  aber  aus  gingen  die  beiden 
Platten  der  Falte  immer  weiter  auseinander,  bis  die  äussere,  nachdem  sie  den  Ge- 
fösshof  erreicht  hatte,  sich  dem  andern  Blatte  der  Keimhaut  wieder  dicht  anschloss. 
(Fig.  9  u.  10.)  Demnach  bildet  sich  bei  der  Schildkröte  zugleich  mit  dem  Amnion 
auch  eine  seröse  Hülle,  und  zwar  auf  eben  dieselbe  Weise,  wie  bei  den  Vögeln  und 
Säugelbieren.  Denn  dass  die  äussere  Platte  der  oben  angegebenen  Falte  zu  einem 
Theile  einer  solchen  HüUe,  die  innere  hingegen  zu  einem  Theile  des  Amnions  ge- 
worden wäre,  darüber  dürfte ,  wenn  man  dasjenige ,  was  ich  über  die  Beschaffenheit 
jener  Falte  angeführt  habe,  mit  den  Mittheilungen  zusammenstellt,  welche  durch 
von  Baer  und  Bisch  off  über  die  Entstehung  des  Amnions  imd  der  serösen  Hülle 
der  Vögel  und  Säugethiere  gemacht  worden  sind,  wohl  kein  Zweifel  erhoben  wer- 
den können.  [Den  Eingang  in  die  Höhle  der  von  der  beschriebenen  Falte  gebildeten 
Kappe,  welcher  Eingang  sich  ungefähr  auf  der  Grenze  zwischen  dem  Halse  und  dem 
Rumpfe  des  Embryo's  befand,    habe  ich  auf  Tab.  I.  in  Fig.  10  abgebildet.] 

Der  Gefässhof  war  so  wenig  fest  und  hing  mit  dem  sehr  consistenten  Dotter 
so  innig  zusammen,  dass  er  von  diesem  nur  in  kleinen  Stücken  abgelöst  werden 
konnte.  Dagegen  Hess  sich  der  durchsichtige  Hof,  der  noch  eine  ungefähr  eben  so 
grosse  Breite  hatte,  wie  bei  den  jüngeren  Embryonen,  und  unter  dem  sich  deutlich 
eine  eiweissartige  und  klebrige  Flüssigkeit  befand,    von  dem  Dotter  leicht   und  voll- 


22 

ständig  abheben.  —  Blutgefässe  waren  weder  in  den  Embryonen  selbst,  noch  auch 
in  dem  Gefasshofe  zu  erkennen. 

§.  8.  Einige  ältere  Embryonen  (Tab.  II,  Fig.  1  bis  12)  waren  noch  weit 
mehr,  als  die  zuletzt  beschriebenen,  zusammengekrümmt.  An  ihrer  convexen  oder 
oberen  Seite  gemessen ,  waren  sie  vom  Scheitel  bis  zum  Nackenhöcker  1  ^ ,  von 
diesem  bis  an  das  Ende  des  Schwanzes  2*/^,  im  Ganzen  also  vom  Scheitel  bis  an 
das  Schwanzende  beinahe  3^  Linie  lang.  Ihre  auf  dem  Dotter  ausgebreitete  Keim- 
haut, die  eine  ziemlich  runde  regelmässige  Scheibe  darstellte,  hatte  5  Linien  im 
Durchmesser. 

Der  Kopf  war  nur  in  der  Gegend  der  Augen  ziemlich  dick  (Fig.  2.),  im  Ue- 
brigen  aber,  wie  der  Hals,  von  den  Seiten  noch  stark  abgeplattet.  Der  Scheitel 
trat  unter  der  Form  eines  kleinen  niedrigen  Hügels  hervor.  Vorder-  und  Hinterkopf 
machten  eine  Biegung,  die  ungefähr  einen  rechten  Winkel  bildete.  Die  Augen  la- 
gen absolut  und  relativ  nicht  völlig  so  weit  nach  vorn,  wie  bei  den  jüngeren  Em- 
bryonen: denn  der  vor  ihnen  befindliche  Theil  des  Kopfes  hatte  schon  etwas  mehr 
an  Länge  zugenommen.  Die  Mundöffnung  aber,  die  eine  massig  lange  und  nur  we- 
nig breite  Querspalte  war,  lag  noch  ganz  hinter  den  Augen.  —  Der  Hals  war 
nach  unten  beutelartig  ausgeweitet,  und  in  diesem  massig  stark  vortretenden  und 
noch  sehr  dünnwandigen  Theile  lag  das  Herz.  (Fig  1,  a.  a.)  Am  Kopfe  und  der 
vordem  kleinern  Hälfte  des  Halses  befanden  sich  jederseit  3  senkrechte  Spalten,  von 
denen  die  erste  am  längsten,  die  dritte  am  kürzesten  war,  und  hinter  ihnen  ein  sehr 
kleines  rundliches  Loch.  Derjenige  Theil  der  Wandung  des  Halses,  in  welchem 
sich  diese  verschiedenen  und  bis  zu  der  Schlundhöhle  durchdringenden  Oeffnungen 
gebildet  hatten,  war  schon  bedeutend  verdickt,  und  zwar  in  der  Art,  dass  der  zwi- 
schen der  ersten  Spalte  imd  der  Mundöffnung  gelegene  Bogen,  in  welchem  sich  der 
Unterkiefer  hätte  bilden  sollen,  die  grösste  Dicke  hatte,  nächst  ihm  aber  der  zweite 
Bogen  am  dicksten  war.  Von  dem  oberen  Elnde  des  ersten  Bogens  ging  unter  ei- 
nem spitzen  Winkel  ein  eben  solcher  Fortsatz  ab ,  wie  ich  ihn  bei  Schlangen  und 
höheren  Wirbelthieren  zu  einer  gewissen  Zeit  der  Entwickelung  gefimden  und  unter 
dem  Namen  des  Oberkieferfortsatzes  beschrieben  habe.  Er  reichte  aber  noch  lange 
nicht  bis  zu  dem  Auge  hin,  und  war  auch  nur  sehr  schmal  und  an  seinem  Ende 
abgerundet.     (Fig  1,  f.) 

Der  Hals  ging  unter  einem  starken  Bogen,  welcher  den  Nackenhöcker  bezeich- 
nete, in  den  Rumpf  über.  Dieser  war  im  Verhältniss  zu  seiner  Länge  nur  sehr 
schmal,  verhältnissmässig  schmäler  sogar,  als  bei  den  jüngeren  Embryonen,  an  der 
künftigen  Bauchseite  von  dem  Halse  bis  heinahe  an  sein  Ende  nocii  weit  offen,  und 


23 

im  Ganzen  beinahe  wie  ein  flacher  Kahn  g:eformt.  Seine  Seitemvände  (oder  die 
hintere  Hälfte  der  sogenannten  Bauchplatten)  hatten  eine  nur  geringe  Dicke  und  eine 
nur  sehr  massig  grosse  Breite,  gingen  von  dem  mittleren  oder  demjenigen  Theiie, 
welcher  das  Rückenmark  und  die  Rückensaite  umschloss,  mehr  nach  aussen,  als  nach 
unten  hin,  und  setzten  sich  ohne  scharfe  Abgrenzung  in  das  noch  dünnere  Amnion 
fort.  (Fig  1,  b  und  Fig.  5,  d. )  Die  Rückenplatten  des  Rumpfes  stiegen  ziemlich 
steil  in  die  Höhe  (Fig.  5  und  6),  so  dass  der  Körpertheil,  welcher  von  ihnen  ge- 
bildet war,  nicht  weniger  über  die  Ebne  der  Bauchplatten  hervorragte,  als  bei  Säuge- 
thieren,  Vögehi  und  Schlangen,  wenn  sie  in  ihrer  Entwickelung  nur  erst  so  weit 
gediehen  sind,  wie  diese  Embryonen  der  Schildkröten.  —  Dicht  unter  den  Rücken- 
platten  befanden  sich  an  der  äusseren  Seite  der  Bauchplatten  des  Rumpfes,  also  nicht 
eigentlich  auf  der  Grenze  zwischen  den  Bauch-  und  Rückenplalten ,  schon  Anlagen 
zu  den  Beinen.  Dieselben  befanden  sich  sonach,  was  ich  besonders  hervorheben 
muss,  in  eben  solchen  Lagerungsverhältnissen,  wie  die  Gliedmassen  der  Eidechsen, 
Vögel  und  Säugethiere,  wenn  sie  erst  unlängst  entstanden  sind.  Die  Anlagen  der 
vorderen  Beine  waren  etwas  grösser,  als  die  der  hinteren.  Jene  aber  und  diese  er- 
schienen, wie  bei  den  Vögeln  und  Säugethieren  zu  einer  gewissen  Zeit  des  Frucht- 
lebens, als  ziemlich  langgestreckte  Hügel,  die  von  ihrer  Mitte  aus  gegen  die  Enden 
allmählich  immer  schmäler  und  niedriger  wurden,  bis  sie  in  der  Ebene  der  Bauch- 
platten sich  ganz  verloren.    (Fig.  1,  d.  d.  und  Fig.  6,  g. ) 

Auch  ein  Schwanz  war  schon  vorhanden,  hatte  aber  eine  nur  massig  grosse 
Länge  und  eine  niu"  geringe  Dicke.  Er  lief  beinahe  spitz  aus  und  zeigte  sich  von 
rechts  und  links  zwar  deutlich,  doch  nicht  gar  stark  abgeplattet.  Dicht  vor  dem 
Schwänze,  in  dem  hinteren  Theiie  des  auf  eine  nur  erst  kurze  Strecke  geschlosse- 
nen Rumpfes,  befand  sich  schon  ein  After  als  eine  runde,  sehr  kleine  und  von  kei- 
nem Wulste  umgebene  Oeffnung. 

Die  Rückensaite,  deren  vorderes  Ende  zwischen  den  Ohrbläschen  lag,  erstreckte 
sich  von  dem  Kopfe  bis  an  das  Ende  des  Schwanzes,  war  verhältnissmässig  sehr 
dünn,  und  ragte  nirgend  an  der  unteren  Fläche  der  Rückenwand  herv^or,  sondern 
lag  massig  tief  in  der  übrigen  Substanz  dieser  Wandung  versteckt.  (Fig.  5  u.  6  b. ) 
Nach  vorne  verjüngte  sie  sich  schon  von  dem  Nackenhöcker  aus,  und  endete  vorne 
mit  einer  Spitze  (Fig.  4,  f.),  ihr  hinteres  Ende  aber  war  etwas  keulenförmig  an- 
geschwollen. Einem  Drucke  widerstand  sie  schon  stark,  selbst  ohne  im  Weingeist 
erhärtet  zu  sein,  und  liess  sich  zwischen  Glastäfelchen,  wie  ein  Streifen  Gummi  ela- 
sticum,  hin  und  herrollcn.  Deutlich  konnte  ich  an  ihr  schon  eine  Scheide  und  einen 
Kern  unterscheiden.    Die  erstere,  ein  bei  jüngeren  Embryonen  noch  nicht  bemerktes. 


24 

also  wohl  ganz  neues  Gebilde,  erschien  als  eine  glasartig  durchsichtige  und  nur 
massig  dicke  Haut,  die  aus  einem  völlig  gleichartigen  Stoffe  bestand,  also  weder 
Primitiv -Zellen,  noch  auch  Fasern  enthielt.  Dagegen  bestand  der  Kern  aus  lauter 
Primitiv -Zellen,  die  dicht  zusammengedrängt  waren,  untereinander  fest  zusammen- 
hingen und  sich  aus  der  zerstückelten  Scheide  nicht  herausdrücken  Hessen.  Dieses 
letzteren  Umstandes  wegen  blieb  es  mir  auch  ungewiss,  ob  sie  einen  Kern  (Cyto- 
blast)  besassen,  oder  vielmehr  ganz  einfach  waren.  Diejenigen,  welche  durch  die 
Scheide  hindurchschimmerten,  hatten  unregelmässig  rundliche  Formen  und  einen  Durch- 
messer von  0,001  bis  0,0015  Z.,  waren  also  sehr  viel  grösser,  als  in  den  be- 
schriebenen jüngeren  Embryonen.  Auch  waren  sie  viel  grösser,  als  die  in  der  Um- 
gebung der  Rückensaite  befindlichen  Zellen,  indem  diese  höchstens  einen  Durchmesser 
von  0,0004  Z.  hatten. 

Zunächst  um  die  Scheide  der  Rückensaite  sah  ich  ganz  deutlich  in  dem  Halse 
und  der  vordem  Hälfte  des  Rumpfes,  weniger  deutlich  in  der  hintern  Hälfte  des 
Rumpfes,  eine  Substanz  abgelagert,  die  sich  von  der  Substanz  jener  Scheide,  wie 
auch  von  der  Substanz  ihrer  eignen  Umgebung  merklich  verschieden  zeigte,  und  die 
besonders  die  Ursache  war,  dass  die  Rückensaite  an  der  inneren  Fläche  der  Rücken- 
wandung des  Leibes  nicht  etwa  leistenartig  hervorragte.  Sie  bildete  für  die  Rücken- 
saite eine  scheidenartige  Umhüllung,  war  namentlich  in  dem  Halsstücke  noch  dick- 
wandiger, als  die  eigentliche  Scheide  der  Rückensaite ,  und  entsprach  einem  Körper- 
theile,  welchen  ich  schon  früher  bei  andern  Wirbelthieren  gefunden  hatte  und  die 
Belegungsmasse  der  Rückensaite  genannt  habe  ').  Vor  der  Substanz  anderer  Körper- 
theile  zeichnete  sie  sich  dadurch  aus,  dass  sie,  zumal  wenn  der  Embryo  einige  Zeit 
in  Wasser,  oder  einige  Augenblicke  in  Weingeist  gelegen  hatte,  weit  durchsichtiger 
erschien.  Auch  war  sie  viel  fester  und  schwoll  im  Wasser  nicht  so  leicht  auf.  Doch 
hatte  sie  nicht  etwa  eine  so  grosse  Festigkeit,  wie  die  Knorpel  älterer  Embryonen 
der  Wirbelthiere,  sondern  eine  viel  geringere.  —  Ob  sich  die  Belegungsmasse  der 
Rückensaite  bis  an  das  Ende  des  Schwanzes  erstreckte,  konnte  ich  wegen  der  Klein- 
heit des  Gegenstandes  nicht  ausfindig  machen.  Nach  vorn  aber  reichte  sie  weit  über 
die  Rückensaite  hinaus,  indess  ihr  Gewebe  sich  allenthalben  gleich  blieb.  Vom  Halse 
aus  nahm  ihre  Masse  nach  vorn  hin,  besonders  rechts  und  links  von  der  Rücken- 
saite, immer  mehr  zu,  so  dass  sie  unterhalb  der  hintersten  oder  derjenigen  Abthei- 
lung des  Gehirns,  welche  für  das  kleine  Gehirn  und  das  verlängerte  Mark  bestimmt 


')     Vierter  Jahresbericht   des   aaturwissenschaftlicheD  Seminars   zu  Könissberg   (Königsberg  1839)    unii 
Entwickelungs- Geschichte  der  Natter  (Königsberg  1839). 


25 

war,  bei  der  Betrachtung  von  oben  oder  von  unten  her  rechts  und  links  von  der 
Rückensaite  einen  massig  breiten  und  ziemlich  dicken  Streifen,  überhaupt  aber  eine 
längliche  und  ziemlich  dicke  Tafel  bildete,  in  deren  hintere  Hälfte  das  vordere  Ende 
der  Rückensaite  gleichsam  als  eine  Achse  eingeschlossen  lag.  (Fig,  3,  b.)  Nach 
vorne  lief  dann  diese  Tafel  in  3  solche  streifenartige  Fortsätze  oder  Balken  aus, 
wie  ich  sie  schon  früher  bei  andern  Wirbelthieren  gefunden  hatte.  Ganz  so,  wie 
bei  den  Schlangen,  Eidechsen  und  Vögeln,  war  der  mittlere  oder  unpaarige  Schädel- 
balken (Fig.  4,  g.)  ziemlich  lang,  massig  breit,  und  im  Verhältniss  zu  seiner  Breite 
beträchtlich  dick,  hatte  sich  mit  seinem  Ende  etwas  aufwärts  gebogen,  und  füllte  die 
kleine  Krümmung,  welche  von  der  unteren  Seite  des  Gehirns  gebildet  wurde,  ganz 
aus.  Dagegen  hatten  die  beiden  andern  oder  paarigen  Balken,  die  noch  etwas  län- 
ger, als  jener  erstere  waren,  die  Form  von  massig  breiten  und  nur  wenig  dicken 
Streifen  (Fig.  3,  c.  c),  lagen  unter  der  vorderen  Hälfte  des  Gehirns  innerhalb  der 
Basis  der  das  Hirn  umgebenden  Kopfwandung,  von  welcher  auch  sie  einen  Theil 
ausmachten,  waren  auf  die  beiden  Seitenhälften  des  Kopfes  vertheilt,  standen  nur 
massig  weit  von  einander  ab,  und  reichten  bis  an  das  vordere  Ende  des  Kopfes  hin. 
Zwischen  den  beiden  letzteren  Balken,  und  zwar  von  dem  vorderen  bis  beinahe  zu 
dem  hinteren  Ende  desselben,  war  die  Basis  der  Kopfwandung  nur  sehr  dünne:  ganz 
hinten  aber  befand  sieb  zwischen  ihnen  in  der  Kopfwandung  eine  kleine  OelTnung, 
durch  die  ein  Körpertheil  hindurchging,  über  den  ich  das  Nähere  erst  weiterhin  an- 
geben werde.  Uebrigens  hatten  alle  3  Schädelbalken  dasselbe  Gefüge,  wie  die  Be- 
legungsmasse der  Rückensaite  in  dem  Halse  und  Rumpfe ,  und  unterschieden  sich 
dadurch  ebenfalls,  von  ihrer  Nachbarschaft. 

Die  schon  bei  jüngeren  Embryonen  in  den  Rückenplatten  bemerkten  Täfelchen, 
die  sich  durch  eine  etwas  geringere  Durchsichtigkeit  von  ihrer  Umgebung  auszeich- 
neten, hatten  sich  nicht  blos  vergrössert,  sondern  auch  vermehrt,  indem  die  von  ih- 
nen zusammengesetzten  beiden  Reihen  von  dem  Kopfe  bis  in  den  Schwanz  reichten. 
Im  Allgemeinen  hatten  sie  die  Form  von  Quadraten,  waren  aber  an  den  Ecken  ein 
wenig  abgerundet.  (Fig.  11,  c.  c.)  In  jeder  Reihe  folgten  sie  so  dicht  auf  einan- 
der ,  dass  je  zweie  nur  durch  einen  linienfo'rmigen ,  also  nur  sehr  schmalen  durch- 
sichtigen Zwischenraum  geschieden  waren.  Mit  ihrem  oberen  Ende  standen  sie  paar- 
weise noch  weit  von  einander  ab,  und  Hessen  zwischen  sich  das  Rückenmark  durch 
die  über  ihnen  noch  sehr  dünne  Wandung  des  Kanals,  welcher  hauptsächlich  von 
den  Rückenplatlen  gebildet  war,  deutlich  hindurchschimmern.  Mit  ihrer  unteren  Hälfte, 
die  über  die  Rückenplatten  nach  unten  hinausreichte,  lagen  sie  seitwärts  der  Bele- 
gungsmasse  der  Rückensaite,  aus  welcher  Masse  sie  sich  herausgebildet  hatten,  dicht 


26 

an,  oder  waren  vielmehr  mit  ihr  verschmolzen,  umfassten  sie  aber  imten  nicht  gänz- 
lich, sondern  standen  vielmehr  auch  unten  paarweise  ziemlich  weit  von  einander  ab. 
Abgesehen  davon,  dass  die  einzelnen  Täfelchen  von  oben  nach  unten  um  das  Rücken- 
mark und  die  Rückensaite  bogenförmig  gekrümmt  waren,  zeigte  sich  ihre  innere, 
oder  ihre  den  eben  genannten  Körperthcilen  zugekehrte  Fläche  ganz  platt,  indess 
ihre  andere  oder  äussere  Fläche  von  vorne  nach  hinten  ein  wenig  convex  erschien. 
Denn  was  diese  letztere  Fläche  anbelangt,  so  sah  ich  bei  dem  Drehen  des  Embryo's 
um  seine  Achse,  dass  die  Oberfläche  der  Rückenplatten  an  jeder  Stelle,  wo  sich  ein 
solches  Täfelchen  befand,  ein  wenig  wulstartig  hervorgetrieben  war,  und  dass  zwi- 
schen je  2  dergleichen  wulstartigen  Erhöhungen  eine  sehr  seichte  und  wenig  breite 
senkrechte  Furche  vorkam.  Der  geringere  Grad  von  Durchsichtigkeit  aber,  wodurch 
sich  die  Täfelchen  von  ihrer  Nachbarschaft  unterschieden,  schien  mir  darin  zu  liegen, 
dass  die  Zellen,  aus  denen  sie  bestanden,  etwas  weniger  klar  waren,  als  die  Zellen 
der  Umgebung.  Denn  in  der  Grösse  und  Form  stimmten  sie  mit  diesen  völlig  über- 
ein. Auch  waren  sie  nicht  etwa  dichter  zusammengedrängt,  als  die  Zellen  der  nach 
aussen  von  den  Täfelchen  gelegenen  Substanz,  sondern  standen  gegentheils  von  ein- 
ander etwas  ab,  indess  jene  Zellen  möglichst  dicht  beisamraenlagen   *). 


1)  Später  habe  ich  am  HühncheD  Uotersuchungen  über  die  Beschaffenheit  und  Enlwickelung  dieser 
Platten, angesteUt.  Die  Ergebnisse  davon  waren,  kurz  bezeichnet,  folgende.  Die  weisslichen  Täfelcheo,  die 
man  au  den  ersten  Tagen  der  Bebrütuog  bemerkt,  sind  in  der  That  die  Anlagen  der  Wirbelbeine,  ausser- 
dem aber  auch  die  Anlagen  der  Rückenmuskeln  und  vermuthlich  auch  der  Spinalgaoglieo.  Denn  ob  aus 
ihnen  diese  Ganglien  ihren  Ursprung  nehmen,  vermag  ich  nicht  mit  Sicherheit  anzugeben:  gewiss  aber  sind 
sie  nicht,  wie  Remak  geäussert  hat,  fiir  dieselben  nur  allein  bestimmt.  Anfangs  nun  bestehen  sie  aus 
eben  solihen  Zellen  und  einer  die  Zellen  zusammenballenden  Substanz  (Intercellular^bstanz),  wie  die  sie 
umgebende  Masse  des  Embryo's.  IVach  einiger  Zeit  aber,  und  während  sieh  verschiedene  Gewebe  aus  der 
ursprünglich  indifferenten  Masse  des  Embryo's  zu  entwickeln  beginnen,  verlieren  die  in  Rede  stehenden 
Täfelchen  ihre  weissliche  Farbe,  die,  wie  es  mir  vorkam,  nicht  sowohl  den  Zellen,  als  vielmehr  der  Inter- 
cellularsubstanz  derselben  angehürt,  und  es  nimmt  ein  ansehnlich  grosser  Theil  eines  jeden  solchen  Täfel- 
uhens  allmählig,  doch  nur  ziemlich  langsam,  die  Beschaffenheit  eines  Knorpels  an.  Dies  geschieht,  indem  in 
einem  Theile  desselben  die  Zellen,  wie  überhaupt,  wo  sich  ein  Knorpel  entwickeln  soll,  eine  schwach  gelb- 
liche Farbe  erlangen,  an  der  Oberfläche  fesler,  dagegen  im  Innern  weicher  und  flüssig  werden,  und  auch 
im  Innern  einige  wenige  Molekularkörperchen  zum  Vorschein  kommen  lassen.  Das  Bindemittel  dieser  Zellen 
aber,  oder  die  Intercellularsubstanz ,  hellt  sich  indessen  allmählig  auf,  und  wird  ziemlich  durchsichtig,  ge- 
winnt ein  immer  festeres  und  starreres  Gefuge,  nimmt  auch  an  Quantität  zu,  und  bildet  um  jede  einzelne 
Zelle  des  in  der  Entwickelung  begriffenen  Wirbels  eine  besondere  sie  knapp  umschliessendc  Hülle  oder 
Kapsel,  deren  Wandung  eine  massig  grosse  Dicke,  jedenfalls  aber  eine  viel  grössere  Dicke  hat,  als  die  von 
ihr  eingeschlossene  und  sehr  zarthäulige  Knorpelzelle.  Alle  diese  Kapseln  liegen  so  dicht  gedrängt  beisam- 
men, dass  durch  das  Auge  eine  sie  vereinigende  Substanz  nicht  besonders  wahrgenommen  werden  kann,  las- 
sen sich  aber  durch  die  Schatten  und  Reflexe,  die  sie  werfen,  von  einander  deutlich  unterscheiden.  Auch 
hängen  sie  so  fest  zusammen,  dass  sie  sich  nicht  einzeln,  ohne  eine  Zerreissung  ihrer  Wandung  zu  erfahren, 
von  einander  trennen  lassen.  Weil  sie  etwas  grösser  sind,  als  die  in  ihnen  enthaltenen  Zellen,  gewährt 
jetzt   der  Knorpel   ein   mehr  grobkörniges  Aussehen,    als   früherhin.     Noch   später   nehmen   die   erwähnten 


27 

Das  Gehirn,  dessen  Höhle  im  Vergleich  zur  Wandung  noch  sehr  gross  war, 
halte  im  Allgemeinen,  wie  auch  im  Verhältniss  zu  seiner  eigenen  Länge,  allenthal- 
ben eine  grössere  Breite,  als  in  den  jüngeren  Embryonen,  besonders  aber  an  seiner 
vordersten  Abiheilung  oder  dem  Vorderhirn.  (Fig.  2,  c.)  Das  Millelhirn,  das  schon 
einen  ziemlich  grossen  Scheilelhöcker  zu  Wege  gebracht  hatte,  gab  sich  als  eine 
kurze,  ganz  einfache,  mehr  nach  oben  als  nach  unten  aufgetriebene  Abtheilung  des 
Nervenrohres  zu  erkennen,  die  in  ihrer  Mitte  beinahe  eine  eben  so  grosse  Breite 
hatte,  als  ihre  Länge  betrug.  (Fig  1,  und  Fig.  2,  a.)  Das  Zwischenhirn,  das  in 
den  jüngeren  Embryonen  ungefähr  in  seiner  Mitte  die  grösste  Breite  hatte,  erschien 
bei  diesen  älteren  Embryonen  um  so  breiter,  je  weiter  nach  vorne  hin,  so  dass  es 
an  seinem  vorderen  Ende  beinahe  noch  einmal  so  breit  war,  als  an  dem  hinteren. 
(Fig.  2,  b.)  Noch  weit  grösser  waren  die  Querdurchmesser  des  Vorderhirns,  das 
von  oben,  oder  auch  von  vorn  betrachtet,  beinahe  die  Form  eines  kurzen  Ellipsoids 
darbot,  und  mit  seiner  Achse  quergelagert  war.  Doch  war  an  ihm  noch  keine  durch 
eine  Längsfurche  bewirkte  Theilung  in  2  Seitenhälften,  oder  in  die  beiden  Hemi- 
sphären, angekündigt.  (Fig.  2,  c.)  Als  der  Kopf  des  einen  Embryo's  der  Länge 
nach  halbirt  worden  war,  zeigten  das  Vorderhirn  und  Zwischenhirn  über  ihrer  Ba- 
sis 3  auf  einander  folgende  Kammern  (Fig.  4.),  von  denen  die  vorderste  für  die 
Hemisphären  des  grossen  Gehirns  bestimmt  war,  die  mittlere  und  kleinste  jederseits 
eine  sehr  kleine  Oeffnung  hatte  (Fig.  4,  c),  die  in  die  Höhle  des  Auges  führte,  die 
hinterste  und  grösste  die  Anlage  fiir  den  Hirntrichter  bezeichnete.  Das  Mittelhirn 
erschien  als  die  kürzeste  Abtheilung  des  Hirns.  Von  der  hintersten  Abtheilung,  die 
von  allen  die  längste  war,  auch  besonders  in  ihrer  Mitte  eine  ansehnliche  Weite 
hatte,  besass  die  obere  Wandung  eine  nur  höchst  geringe  Dicke  und  eine  grosse 
Durchsichtigkeit  (Fig.  1,  e.),  war  aber  nirgend  durchbrochen.  Doch  bestand  diese  Wan- 
dimg grösstentheils  wohl  nur  aus  einem  Theile  der  künftigen  Hirnhäute,  die  sich 
noch  nirgend  als  besondere  und  von  dem  Gehirn  geschiedene  Gebilde  erkennen  Messen. 

Die  Augen  hatten  noch  die  Form  eines  langgestreckten  Ovales,  oder  vielmehr 
die  Form  einer  Birne,  desgleichen  noch  eine  eben  solche  Stellung,  wie  bei  den  jün- 
geren Embryonen.  (Fig.   1.)  An  dem  nach  aussen  und  oben  gekehrten  dickern  Ende 


Kapseln  an  Weite  so  zu,  dass  zwischen  ihnea  nnd  den  von  ihnen  eingeschlossenen  Zellen  nicht  seilen  kleine 
Zwischenränme  entstehen,  wobei  jedoch  ihre  Wandung-  nicht  dünner  wird.  Auch  rücken  sie  nunmehr  all- 
mählig  auseinander,  indem  zwischen  ihnen  in  massig  grosser  Quantität  eine  Substanz  abgelagert  wird,  die 
ihnen  in  ihrer  ganzen  Beschaffenheit  zwar  ahnlich,  doch  etwas  weniger  hell  und  nicht  völlig  so  fest  ist. 
Die  beschriebenen  Kapseln  der  Knorpelzellen  und  die  Substanz,  durch  die  sie  mit  einander  wie  verschmol- 
zen sind,  machen  jetzt  zasammen  denjenigen  Theil  des  Knorpels  ans,  welchen  man  die  Grundsubstanz  des 
Knorpels  zu  nennen  pSegt. 

4* 


28 

war  ihre  Wandung,  oder  die  künftige  Hornhaut,  nur  wenig  gewölbt,  Hess  aber  in 
ihrer  Mitte  keine  grubenartige  Vertiefung  bemerken.  Eine  Linse  war  schon  vor- 
handen, Hess  sich  besonders,  wenn  einige  Zeit  der  Embryo  im  Wasser  oder  Wein- 
geist gelegen  hatte,  nach  ihrer  dadurch  bewirkten  Trübung  ganz  deutlich  erkennen, 
hatte  eine  massige  Grösse,  und  war  völlig  kugelrund.  Mit  der  Hornhaut  hing  sie 
ziemlich  fest  zusammen.  Dieser  Umstand  aber  deutete  eigentlich  wohl  nur  darauf 
hin,  dass  auch  schon  eine  Linsenkapsel  vorhanden,  und  dass  dieselbe  eben  so,  wie  es 
bei  jüngeren  Embryonen  anderer  Thiere  der  Fall  ist,  mit  der  Hornhaut  verwachsen 
war  ').  Die  Netzhaut  hatte  eine  beträchtliche  Dicke  und  reichte  deutHch  bis  zu  der 
Linse,  die  von  dem  Rande  derselben  knapp  umfasst  wurde.  Dagegen  war  die  Ader- 
haut nur  sehr  dünne:  doch  zeichneten  sich  in  ihr  schon  einzelne  Zellen  durch  eine 
schwärzliche  oder  selbst  wohl  schwarze  Farbe  aus.  Insbesondere  aber  kamen  solche 
Pigmentzellen  an  dem  Rande  der  Aderhaut  vor,  wo  sie  bei  einigen  Embryonen  einen 
nebelgrauen,  bei  andern  einen  schwärzlichen  offenen  Ring  oder  Saum  zusammensetz- 
ten, der  um  die  Linse  herum  gelagert  und  mit  seiner  Oeffnung  nach  unten  gekehrt 
war,  in  seiner  Mitte  die  grösste  Breite  hatte,  gegen  die  Enden  spitz  auslief,  und 
an  seinem  inneren  oder  kleineren  Rande  wie  verwischt  erschien.  Die  Aderhaut  und 
Netzhaut  waren  nach  der  Länge  des  Auges,  an  ihrem  nach  aussen  und  unten  ge- 
kehrten Theile,  faltenarlig,  doch  nicht  tief,  gegen  die  Höhle  des  Auges  eingebuchtet, 
und  diese  Falte,  die  von  aussen  angesehen  den  Anschein  einer  Spalte  bot,  verlief 
und  verlor  sich  allmähHch  nach  dem  äusseren  Rande  der  beiden  Häute  hin.  Ein 
Blutgefäss,  das  in  die  Höhle  des  Auges  eindrang,  Hef  an  der  erwähnten  Falte  der 
Aderhaut  gegen  die  Linse  hin,  und'  theilte  sich  in  2  Aeste,  die  in  dem  Pupillarrande 
dieser  Haut  einen  Kreis  bildeten.  Eine  Iris  war  wohl,  wie  es  allen  Anschein  hatte, 
noch  nicht  vorhanden.  Einen  Glaskörper  habe  ich  zwar  nicht  unterscheiden  können, 
doch  möchte  ich  wegen  des  nur  geringen  Umfanges,  den  die  Linse  im  Verhältniss 
zu  dem  ziemlich  grossen  Auge  hatte,  vermuthen,  dass  derselbe  nicht  ganz  fehlte. 

Die  Ohrbläschen,  die  ihre  Lage,  der  für  die  Wirbelthiere  geltenden  Norm  ge- 
mäss, über  dem  zweiten  Paar  der  schon  vorhandenen  Kiemenbogen  (Schlundbogen, 
Visceralbogen)  hatten,  waren  noch  sehr  dünnhäutig,  und  besassen  eine  unregelmässig 
ovale  Form.  (Fig.  1,  e.)  Nach  oben  ging  von  jedem  ein  solcher  kleiner,  keulen- 
förmiger und  durch  eine  Aussackung  des  Bläschens  entstandener  Fortsatz  ab ,  wie 
ich  ihn  aus  der  Natter  beschrieben  2)^  aber  auch  bei  Embryonen  der  Eidechsen  ge- 


')    Eotwickelungsgeschichte  der  Natter,  S.  41,  82  und  138. 
")     Ebendaselbst,  S.  38. 


29 

funden  habe  ').  Von  der  Höhle  des  Hiiiterliirns,  oder  des  künftigen  verlängerten 
Markes,  Hihrte,  wie  es  allen  Anschein  hatte,  eine  kleine  Oeifnung  in  jedes  Ohrbläs- 
chen. (Fig.  4,  d.)  —  Von  den  Geruchsorganen  und  von  der  Zunge  war  noch  kein 
Anzeichen  vorhanden. 

An  der  Decke  der  Mundhöhle  befand  sich  ganz  hinten  in  der  Mittellinie  des 
Kopfes  eine  sehr  kleine  Querspalte,  die  in  ein  kleines  dünnhäutiges  und  ovales  Säck- 
chen führte,  das  eigentlich  nur  eine  Ausstülpung  der  Mundhaut  war,  durch  die  schon  er- 
wähnte kleine  Oeffnung,  die  sich  in  der  künftigen  Basis  cranii  zwischen  den 
beiden  paarigen  Schädelbalken  befand,  in  die  Schädelhöhle  hineindrang,  und  hier 
zwischen  dem  künftigen  Hirntrichter  und  dem  unpaarigen  oder  mittleren  Schädelbal- 
ken, zwischen  welchen  Theilen  es  gleichsam  eingeklemmt  und  dadurch  von  vorne 
und  hinten  etwas  zusammengedrückt  worden  war,  seine  Lage  halte  (Fig.  4,c.)  •]. 
Der  Darmkanal  war  in  seinem  mittleren  längeren  Theile  völlig  rinnenförmig,  an  den 
beiden  Endtheilen  aber  röhrenförmig.  Der  vordere  röhrenförmige  Theil  reichte  schon 
über  den  Hals,  obgleich  nur  eine  kleine  Strecke,  in  den  Rumpf  hinein,  hatte  aber 
nicht  bei  allen  Embryonen  eine  gleiche  Form.  Zwar  war  er  bei  allen  in  dem 
grössten  Theile  seiner  Länge  ziemlich  weit  und  verengte  sich  gegen  sein  hinteres 
Ende,  mit  dem  er  in  die  rinnenförmige  Abtheilung  überging,  gleichsam  wie  ein 
Trichter,  ziemlich  stark.  Bei  einigen  aber  zeigte  er  nirgend  eine  Einschnürung,  in- 
dess  er  bei  andern  zwei  Einschnürungen  besass,  von  denen  die  eine  ungefähr  in  der 
Mitte,  die  andere  in  geringer  Entfernung  von  dem  hinteren  Ende  desselben  vorkam. 
(Fig.  7.)  Von  den  verschiedenen  Stücken,  in  die  dadurch  bei  diesen  letztern  Em- 
bryonen die  vordere  Abtheilung  des  Darmkanals  gesondert  worden  war,  bezeichnete 
das  erste  (a)  die  Speiseröhre,  das  zweite  (b)  den  Magen,  das  dritte  (c)  den  Anfang 
des  Darmes.    Die  hintere  röhrenförmige  Abtheilung  des  Darmkanals,  oder  der  künftige 


1)  Nach  einer  von  Bisch  off  in  seiner  Entwickelungsgeschichte  des  Kaninchen -Eies  gegebenen  Ab- 
bildung. (Tab.  XV,  Fig.  66.)  hat  es  den  Anschein,  als  wenn  ein  solcher  Fortsatz  des  Ohrbläschens  auch  bei 
den  Säugethieren  zu  einer  gewissen  Zeit  des  Fruchtlebens  vorkommt. 

')  Das  angegebene,  von  der  Schleimhaut  der  Mundhöhle  gebildete  Säckchen,  das  ich  auch  bei  Embryo- 
nen von  Sehlangen,  Eidechsen,  Vögeln  und  Säugethieren  gefunden  habe,  ist  von  mir  früher  Tür  die  Anlage 
zur  Glandula  pituitaria  ausgegeben  worden.  Nachdem  mir  aber  durch  Bourgery's  Untersuchungen  über 
das  System  der  sympathischen  Nerven  (Comptes  rendus  de  l'Acad.  des  sciences  de  Paris,  Jahrgang  von  1845, 
S.  1014  —  1020)  erwiesen  zu  sein  schien,  dass  die  Glandula  pituitaria  eigentlich  ein  unpaariges  Ganglion 
dieser  Nerven  ist,  stellte  ich  über  jene  Aussackung  der  Mundhaut  aufs  Neue,  und  zwar  am  Hühnchen,  Un- 
tersuchungen an.  Diese  nun  aber  führten  zu  dem  Resultat,  dass  die  erwähnte  Drüse  nicht  durch  eine  Ab- 
schnürung und  Umwandlung  jener  Aussackung  entsteht,  sondern  au  der  nach  hinten  gekehrten  Wand  der- 
selben, zwischen  ihr  und  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite,  wo  diese  Masse  in  die  3  Balken  des  Schä- 
dels auseinanderrährt,  ihre  Entstehung  nimmt.  Die  Aussackung  selbst  verschwindet  wieder  später.  Ein 
Mehreres  hierüber  werde  ich  an  einem  andern  Orte  mittheilen. 


30 

Dickdarm,  war  nicht  blos  viel  kürzer,  als  die  vordere,  sondern,  auch  viel  en^er,  als 
jene  in  ihrer  grösseren  Hälfte.  Die  mittlere  oder  rinnenförmige  Abtheilung  (Fig.  5,  f. 
6,  f.  Fig.  7  und  8,  d.)  war  die  längste  von  allen,  mit  Ausnahme  ihrer  Enden  al- 
lenthalben gleich  breit,  und  nur  in  gleicher  Weise ,  wie  der  Rumpf,  gekrümmt,  nicht 
aber  etwa  Tür  sich  allein  irgendwo  erheblich  ausgebogen.  Ihre  Ränder,  die  in  den 
peripherischen  Theil  des  Schleimblattes  der  Keimhaut  übergingen,  standen  noch  ziem- 
lich weit  von  einander  ab,  und  ihre  Wandung  war  dünner,  als  namentlich  die  der 
Speiseröhre  und  des  Magens.  —  Ein  Gekröse  war  zwar  bemerkbar,  doch  allenthal- 
ben nur  äusserst  schmal.  (Fig.  6.)  Ob  zwischen  den  beiden  Rlättern  desselben,  die 
im  Verhältniss  zu  ihrer  Breite  ziemlich  dick  waren,  eine  Höhle  vorkam,  konnte  ich 
nicht  ausflndig  machen.  —  Von  einer  Leber  und  einer  Bauchspeicheldrüse  Hess  sich 
eben  so  wenig,  wie  von  den  Lungen  und  der  Luftröhre,  eine  Andeutung  auffinden. 
W elf f 'sehe  Körper  oder  Urnieren  waren  schon  vorhanden.  Sie  erstreckten  sich 
durch  die  ganze  Länge  des  Rumpfes,  hatten  aber,  im  Verhältniss  zu  ihrer  bedeuten- 
den Länge,  eine  nur  geringe  Breite  und  Dicke,  und  waren,  wie  bei  andern  Thieren, 
ihrer  ganzen  Länge  nach  der  Rückenwand  des  Leibes  angeheftet.  (Fig.  5  und  6,  e.) 
Sowohl  ihre  Breite  als  auch  ihre  Dicke  blieb  sich  allenthalben  ziemlich  gleich.  Der 
Hauptsache  nach  bestand  ein  jedes  dieser  Organe  aus  einer  Reihe  dicht  auf  einander 
folgender  Abtheilungen,  die  alle  beinahe  die  Form  gewöhnlicher  Ziegelsteine  hatten, 
indem  sie  oblonge  und  im  Verhältniss  zu  ihrer  eigenen  Länge  beträchtlich  dicke, 
jedoch  an  den  Ecken  schwach  abgerundete  Körper  darstellten,  die  beinahe  noch  ein- 
mal so  lang,  als  breit  waren.  (Fig.  12,  aa.)  Mit  ihrem  grössten  Durchmesser  lagen 
sie  quer  in  den  Organen :  im  Innern  waren  sie  bestimmt  noch  nicht  hohl ,  und  zu- 
sammengesetzt zeigten  sie  sich  aus  eben  solchen  und  dicht  zusammengedrängten  Pri- 
mitiv -  Zellen,  wie  etwa  die  Leibesvvand.  Verbunden  waren  diese  Abtheilungen  unter 
einander  durch  einen  Stoff,  der  beinahe  nur  aus  Intercellularsubstanz  bestand  und 
nur  wenige  Primitiv-Zellen  enthielt:  äusserlich  aber  waren  sie  durch  schwache  Quer- 
furchen von  einander  abgegrenzt.  Ein  zweiter  Theil,  der  mit  jenen  oblongen  Kör- 
perchen und  ihrem  Bindemittel  den  Wolf f 'sehen  Körper  zusammensetzte  (Fig.  12,  b.), 
war  ein  verhältnissmässig  recht  dicker  und  breiter  Streifen,  der  durchweg  aus  dicht 
gedrängt  beisammenliegenden  Primitiv-Zellen  bestand,  den  ganzen  äussern  Rand  des 
Organes  ausmachte,  sich  von  dem  einen  bis  zu  dem  andern  Ende  desselben  erstreckte, 
und  den  künftigen  Ausfuhrungsgang  des  Organes  bezeichnete ,  aber  im  Innern  noch 
nicht  hohl  war.  —  Auch  eine  AUantois  war  schon  zugegen  (Fig.  1,  c),  hatte  aber 
eine  sehr  geringe  Grösse,  erschien  relativ  viel  kleiner,  als  bei  eben  so  weit  entwickel- 
ten Embryonen  der  Natter,  ragte  nur  wenig  aus  der  Rumpfhöhle  hervor,  und  stellte 


31 

ein  birnförmiges,  massige  dickwandiges  und  ziemlich  blutreiches  Bläschen  dar,  das  mit 
dem  Ende  des  künftigen  Dickdarmes  zusammenhing. 

Das  Herz  lag  im  Halse  zum  grösseren  Theil  hinler,  zum  kleineren  Theil  unter 
den  Kiemenbogen,  oder  Schlundbogen,  war  noch  ein  ziemlich  langer  Kanal,  und  he- 
sass  im  Ganzen  eine  nur  massig  grosse  Weite.  (Fig.  1,  a.  a.  Fig.  9  und  Fig.  10.) 
Hinten  fing  dieser  Kanal  weit  an,  vorne  lief  er  in  ein  viel  engeres  und  nur  kurzes 
Endstück  aus,  welches  als  der  Stamm  der  schon  vorhandenen  Kiemengefiissbogen  an- 
gesehen werden  konnte.  Zwischen  seinem  Ende  war  er  an  3  Stellen  ringförmig  et- 
was eingeschnürt,  so  dass  er  4  verschiedene  Abtheilungen  bemerken  Hess.  Die  hin- 
terste Abtheilung  war,  wie  die  weitere  Entwickelung  lehrte,  für  die  Vorhöfe  be- 
stimmt; aus  der  zweiten  von  hinten,  die  ungefähr  eine  eben  so  grosse  Länge,  als 
jene  erstere  hatte,  sollten  sich  die  Herzkammern  bilden;  die  dritte  viel  kürzere  und 
viel  engere  entsprach  in  Hinsicht  ihrer  Lage  und  Form  einigermassen  dem  Aorten- 
wulsle  der  Fische,  und  die  vierte,  welche  die  geringste  Länge  und  Weite  hatte, 
war  die  Fortsetzung  dieses  Wulstes,  oder  die  vordere  Hälfte  des  Stammes  der  Kie- 
mengerässbogen.  Zusammengekrümmt  war  der  ganze  Kanal  noch,  auf  eine  ähnliche 
Weise,  wie  bei  den  jüngeren  Embryonen,  so  nämlich,  dass  er  in  seiner  Mitte  eine 
Spiralwindung  beschrieb,  vorne  aber  und  hinten  fast  ganz  gerade  gestreckt  erschien. 

Der  Kiemengefässbogen  kamen  jederseits  wenigstens  3  vor,  und  diese  verliefen 
durch  den  zweiten,  dritten  und  vierten  Kiemenbogen.  Ein  viertes,  aber  viel  kleine- 
res GePäss  der  Art  schien  hinter  der  letzten  oder  kleinsten  Kiemenöffnung  aufzu- 
steigen :  doch  konnte  ich  darüber  nicht  zur  Gewissheit  kommen,  weil  das  Blut,  wenn 
der  Embryo  aus  dem  Eie  herausgenommen  worden  war,  seine  kleineren  Gefässe  sehr 
schnell  verliess.  Alle  Kiemengerässbogen  einer  jeden  Seitenhälfte  traten,  gemäss  der 
für  die  jüngeren  Embryonen  der  Wirbelthiere  geltenden  Norm,  zu  einer  besondern 
Aortenwurzel  zusammen.  An  welcher  Stelle  des  Körpers  aber  sich  die  beiden  Wur- 
zeln zu  einem  Stamm  vereinigten,  konnte  ich  zwar  nicht  genau  ermitteln,  doch  fand 
ich,  dass  ihre  Vereinigung  schon  vor  den  Vorderbeinen  stattfand.  Denn  nachdem  ich 
an  drei  Embryonen,  die  im  Weingeist  erhärtet  worden  waren,  mehrere  Querschnitte 
durch  den  vorderen  Theil  des  Rumpfes  gemacht  hatte,  bemerkte  ich  ganz  deutlich, 
dass  zwischen  den  Vorderbeinen  und  auch  schon  etwas  vor  denselben  in  der  Mittel- 
linie des  Körpers,  und  zwar  dicht  an  der  unteren  Fläche  der  Rückenwand,  zwischen 
den  beiden  Wolff'schen  Körpern,  ein  einfaches,  aber  ziemlich  grosses  Gefäss  vor- 
kam, dessen  Höhle  immer  offen  stand,  und  das  nach  seiner  Lage,  Grösse  und  Be- 
schaffenheit nichts  anders,  als  nur  der  Stamm  der  Aorte  sein  konnte.  Nach  hinten 
setzte  sich  dieses  Gefäss  als  Arteria  caudalis    bis  tief  in  den   Schwanz  fort.    —   An 


32 

der  untern  Seite  des  Schwanzes  sah  ich  zwar  schon  eine  Vena  caudalis,  doch  schien 
sie  mir  ganz  einfach,  nicht  aber  netzartig  geformt  zu  sein.  —  Am  vorderen  Ende 
des  Schwanzes  theiite  sich  die  eben  genannte  Vene  unter  einem  spitzen  Winkel  in 
zwei  andere,  die  als  Venae  cardinales  zwischen  den  Wolff'schen  Körpern  und  der 
Rückenwand  des  Rumpfes  bis  an  das  vordere  Ende  dieser  Leibesabtheilung  hinliefen, 
von  hinten  nach  vorn  an  Weite  immer  mehr  zunahmen,  und  im  Ganzen  eine  ziem- 
lich grosse  Weite  hatten.  Entgegen  kamen  ihnen  von  vorne  her  zwei  Jugularvenen, 
die  viel  kürzer  und  etwas  enger,  als  jene  hinteren  Venen  waren.  Sie  entsprangen 
aus  der  vordem  Hälfte  des  Gehirns,  drangen,  wie  bei  der  Natter  und  den  höheren 
Wirbelthieren,  vor  den  Ohrbläschen  aus  der  Schädelhöhle  heraus,  und  verliefen  dann 
unter  diesen  Rläschen  weiter  nach  hinten.  Noch  unterschied  ich  jederseits  einen 
massig  starken  Ast,  der  von  der  hintern  Hälfte  des  Gehirns  kam,  hinter  dem  Ohr- 
bläseben, nachdem  er  die  Wandung  des  Kopfes  durchbohrt  hatte,  in  die  Jugularvene 
überging,  und  als  der  zweite  Hauptast  dieses  Gefässstammes  angesehen  werden  konnte. 
Eine  jede  Jugularvene  floss  endlich  mit  der  Cardinalvene  ihrer  Seite  zu  einem  Ductus 
Cuvieri  zusammen:  die  beiden  so  entstandenen  Gänge  aber,  die  ziemlich  weit  und 
massig  lang  waren,  nahmen,  abwärts  verlaufend,  den  Darmkanal  zwischen  sich  und 
gingen  in  das  hintere  Ende  des  Herzens  über. 

Das  Amnion  war  schon  völlig  geschlossen,  umgab  den  ganzen  Rücken  der  Em- 
bryonen, ujid  hüllte  scheidenartig  vorne  den  Kopf  und  Hals,  hinten  den  Schwanz  und 
die  Reckengegend,  vollständig,  jedoch  nur  sehr  enge  ein.  (Fig.  5  und  6,  d. )  In 
die  Seitenwände  und  die  imtere  Wandung  der  Rumpfhöhle,  die  an  ihren  Rändern 
gleichfalls  noch  sehr  dünn  waren,  ging  das  Amnion  ohne  scharfe  Abgrenzung  über. 
Die  seröse  Hülle,  oder  das  falsche  Amnion,  hing  noch  mit  dem  eigentlichen  Amnion 
zusammen,  und  verhielt  sich,  in  Hinsicht  seiner  Lage  und  seines  Verlaufes,  ganz  so, 
wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren. 

In  dem  Gefässhofe  war  ein  engmaschiges  zartes  Netzwerk  von  RlutgePässen 
vorhanden,  das  sich  im  Ganzen  ebenso  verhielt,  wie  in  den  Eiern  der  Säugethiere, 
Vögel  und  Schlangen,  wenn  sich  in  ihnen  der  Embryo  so  weit  entwickelt  hat,  wie 
die  jetzt  in  Rede  stehenden  Embryonen  der  Schildkröte.  Dieserhalb  habe  ich  auch 
unterlassen,  von  ihm  eine  Abbildung  zu  geben,  da  Abbildungen  des  erwähnten  Ge- 
fässnetzes  aus  den  Eiern  der  oben  genannten  Tbiere  schon  von  Rischoff,  P an- 
der und  mir  gegeben  worden  sind.  Eingeschlossen  war  es  von  einem  Sinus  ter- 
minalis,  der  vor  dem  Kopfe  des  Embryo's  etwas  eingebogen  und  nur  sehr  dünn  war, 
in  seinem  grösseren  Theile  aber  eine  recht  grosse  Weite  hatte.  Linkerseits  vom 
Embrvo  kam   aus   dem  Adernetze  des  Gefässhofes   eine   sehr   starke  V^ene,    die    von 


33 

hinten  nach  vorn  verlief,  und  dann  sich  zu  dem  Herzen  hinbeg-ab.  Ganz  in  der 
Nähe  des  Herzens  schlössen  sich  ihr  2  um  Vieles  kleinere  Venen  an,  die  von  vorne 
aus  dem  Adernetze  herkamen,  und  von  denen  die  eine  links,  die  andere  rechts  vom 
Kopie  des  Embryo's  ihre  Lage  hatte.  Auch  schien  sich  an  sie,  und  zwar  ebenfalls 
in  der  Nähe  des  Herzens,  noch  eine  dritte  kleine  Vene  anzuschliessen,  die  von  hin- 
ten her  kam  und  rechts  vom  Embryo  ihren  Verlauf  machte.  Alle  diese  Gefässe 
gingen  dann  verbunden  zu  einem  kurzen,  aber  weiten  Stamm  (der  künftigen  Nabel- 
gekrösvene)  gradesweges  in  den  hinteren  Theil  des  Herzens  über.  Auf  der  Grenze 
zwischen  diesem  Stamme  und  dem  Herzkanale,  der  etwas,  doch  nicht  um  Vieles, 
weiter  war,  gingen  die  beiden  Cuvier'schen  Gänge,  die  eine  viel  geringere  Weite 
hatten,  in  den  Herzkanal  über.  —  Wie  sich  der  Zusammenhang  zwischen  dem 
Adernetze  des  Gerasshofes  und  den  Arterien  des  Embryo's  verhielt,  konnte  ich  nicht 
ermitteln.  Ein  durchsichtiger  Fruchthof  war  natürlich  nicht  mehr  zu  unterscheiden. 
Die  Zellen,  aus  denen  die  Leibeswände  der  Embryonen  bestanden,  waren  sehr 
eckig  und  von  verschiedenen  Formen.  Mit  Ausnahme  derjenigen,  welche  den  Kern 
der  Rückensaite  zusammensetzten,  hatten  die  grössten  höchstens  0,0004  Z.  im  Durch- 
messer. Alle  aber  besassen  einen  Kern  mit  einem  höchst  kleinen  einfachen  Kern- 
körper, und  in  der  Umgebung  des  Kerns  mehrere,  doch  im  Ganzen  nur  sehr  we- 
nige Molekularkörperchen,  weshalb  denn  auch  im  Allgemeinen  diese  Zellen  sehr  klar 
waren.  Zusammengehalten  wurden  sie  durch  eine  Intercellularsubstanz ,  die  in  der 
Belegungsmasse  der  Rückensaite  sehr  reichlich,  dagegen  in  den  übrigen  Theilen  nur 
sehr  sparsam  vorkam.  Vom  Wasser ,  das  sie  begierig  in  sich  aufnahmen ,  wurden 
sie  stark  angeschwellt  und  nach  einiger  Zeit  ganz  aufgelöst,  wobei  nun  zwischen 
den  Zellen  frei  daliegende  Molekularkörperchen  sichtbar  wurden,  doch  an  einer  Stelle 
nur  sehr  sparsam,  an  einer  andern  hingegen  in  ziemlich  grosser  Zahl.  Was  ich  so 
eben  von  dem  Gefüge  der  Leibeswand  im  Allgemeinen  angegeben  habe ,  lässt  sich 
auch  von  dem  Gehirn,  dem  Rückenmarke,  dem  Herzen,  dem  Darmkanale  und  den 
Wol  ff 'sehen  Körpern  sagen.  Der  Unterschied,  den  ich  in  dem  Gefilge  dieser  ver- 
schiedenen Körpertbeile  aufzufinden  im  Stande  war,  bestand  lediglich  darin,  dass  in 
dem  einen  Theil  die  Zellen  weicher  waren  und  lockerer  zusammenhingen,  in  einem 
anderen  aber  eine  grössere  Festigkeit  und  einen  stärkeren  Zusammenhang  hatten. 
Das  erstere  Verhalten  war  namentlich  an  dem  Gehirn,  dem  Rückenmarke,  den  Au- 
gen, so  wie  auch,  obgleich  schon  weniger,  an  den  Wol  ff 'sehen  Körpern  zu  bemer- 
ken, das  letzlere  hingegen  besonders  an  dem  Herzen,  weniger  an  dem  Darmkanale.  — 
Wie  sich  die  Rückensaite  beschaffen  zeigte,  habe  ich  schon  früher  angegeben.  — 
War  der  Embryo  auf  kurze  Zeit  in  verdünnten  Weingeist  gelegt  worden,    so  Hess 

5 


34 

sich  von  seinen  äusseren  Körpertheilen  eine  sehr  zarte  Haut  in  kleinen  Lappen  ab- 
ziehen, die  schon  eine  Epidermis  bezeichnete,  und  die  aus  eben  solchen  Zellen  zu- 
sammengesetzt war,    wie  fast  alle  übrigen  Theile  der  Leibeswände. 

Das  Amnion  bestand  aus  mehreren  Lagen  sehr  platter  Zellen,  die  zwar  viel 
grösser,  als  die  des  Körpers  des  Embryo's  waren,  doch  höchstens  nur  0,0009  Z. 
als  grössten  Durchmesser  hatten.  Sie  besassen  einen  verhältnissmässig  nur  kleinen 
Kern  nebst  Kernkörper,  enthielten  auch  nur  wenige  Molekularkörperchen  in  ihrem 
Nahrungsinhalte,  und  waren  daher  im  Ganzen  sehr  klar.  —  Von  den  Blättern  des 
durchsichtigen  Hofes  und  des  Gefässhofes  war  das  äussere  dicker,  als  das  innere, 
weniger  dehnbar,  überhaupt  ziemlich  fest,  und  beinahe  glasartig  durchsichtig.  Zu- 
sammengesetzt war  dasselbe  aus  sehr  abgeplatteten  eckigen  (meistens  unregelmässig 
fünfeckigen  oder  sechseckigen)  Zellen,  die  wie  ein  Getäfel  dicht  an  einander  gefügt 
waren,  fest  zusammenhingen  und  in  der  Nähe  des  Embryo's  nur  in  2  Lagen  vor- 
zukommen schienen,  weiterhin  aber  bestimmt  in  mehreren  Lagen  vorkamen.  Die 
meisten  von  ihnen  hatten  einen  Durchmesser  von  0,0012  bis  0,0015  Z. ,  indess 
andere  wieder  viel  kleiner  waren.  Alle  aber  enthielten  einen  platten  Kern  von  schei- 
benförmig runder  oder  ellipsoidischer  Gestalt,  und  dieser  hatte  meistens  einen  Durch- 
messer von  0,0009  bis  0,0012  Z.  Der  kleine  in  ihm  enthaltene  Kernkörper  war 
in  der  Regel  wegen  des  etwas  grobkörnigen,  wenn  gleich  nicht  völlig  undurchsichti- 
gen Nahrungsinhaltes,  der  in  der  Zelle  vorkam,  nicht  zu  sehen.  Das  innere  Blatt 
der  Keimhaut  Hess  sich  beinahe  wie  ein  zusammengeballtes  Spinnengewebe  dehnen, 
und  war  überhaupt  sehr  nachgiebig.  Seine  Zellen  waren  nicht  so  plattgedrückt, 
wie  die  des  andern  Blattes,  sondern  linsenförmig,  doch  ebenfalls,  weil  auch  sie  sehr 
dicht  beisammen  lagen,  gegen  einander  abgeplattet.  Sie  kamen  gleichfalls  in  zwei 
und  mehreren  Lagen  vor,  waren  aber  nicht  so  regelmässig  geordnet,  wie  die  Zellen 
des  äusseren  Blattes,  sondern  lagen  gegentheils  sehr  unregelmässig  durcheinander. 
Ihr  Durchmesser  betrug  bis  0,0018  Z.,  mitunter  sogar,  doch  nur  selten,  noch  mehr. 
Ihre  Wandung  war  noch  dünner,  als  die  der  Zellen  des  äusseren  Blattes,  und  über- 
haupt äusserst  zart.  Einige  von  ihnen  enthielten  Nichts  weiter,  als  eine  ganz  klare 
Flüssigkeit,  andere  eine  solche  Flüssigkeit  und  einen  so  schwach  ausgeprägten  Kern, 
dass  derselbe  wie  ein  leichter,  jedoch  scharf  umschriebener  Nebel  erschien,  die  mei- 
sten aber  einen  viel  weniger  durchsichtigen  [dickwandigem?]  und  mit  einem  sehr  klei- 
nen Kernkörper  versehenen  Kern,  der  einen  Durchmesser  von  0,0006  bis  0,0012  Z. 
hatte,  und  um  diesen  Kern  einen  feinkörnigen  Nahrungsinhalt.  —  Das  Gefüge  des 
Darmkanals,  das  dem  schon  früher  Angeführten  zufolge  sich  bedeutend  von  dem  Ge- 
füge unterschied,  welches  der  auf  dem  Dotter  ausgebreitete  Theil  des  Schleimblattes 


35 

der  Keimhaut  bemerken  liess,  änderte  an  der  Stelle,  wo  jener  Kanal  und  dieser  Theil 
der  Keimliaut  in  einander  überginjcen,  so  allmälilicli  sein  Aussehn,  dass  aurh  in  Hin- 
sicht des  Gefügfes  sich  keine  scharlc  Grenze  zwischen  dem  Darmkanale  und  dem 
angeji;ebenen  Theile  der  Keimhaut  auilinden  liess.  Eben  dasselbe  war  auch  der  Fall 
da,  wo  die  Leibeswand  des  Embryo's  in  den  auf  dem  Dotter  ausgebreiteten  Theil 
des  serösen  Blattes  der  Keimhaut  überging.  —  Die  beschriebenen  beiden  Blätter  des 
durchsichtigen  Hofes  und  des  Geftisshofes  Hessen  sich  leicht  von  einander  trennen. 
Ein  besonderes  zwischen  ihnen  gelegenes  oder  drittes  Blatt  ( GePäss-Blatt )  habe  ich 
nicht  unterscheiden  können.  —  Die  Körner  des  Blutes,  welches  in  Strömen  zwi- 
schen jenen  Blättern  floss,  waren  einfache  rundliche  oder  ovale  Zellen,  die  meistens 
0,0004  bis  0,0006  Z.,  selten  noch  etwas  mehr  zum  Durchmesser  hatten,  und  eine 
ähnliche  Zusammensetzung  bemerken  Hessen ,    wie  die  Zellen  der  Leibeswand. 

Eine  Brut  konnte  ich  nirgend  in  den  ZeHen  bemerken,  und  ich  muss  daher 
glauben,  dass  in  den  Embryonen  und  den  mit  ihnen  zusammenhängenden  Eihäuten 
die  Zellen,  welche  sich  zuletzt  gebildet  hatten,  zwischen  den  älteren  entstanden  wa- 
ren. —  Auffallend  war  es  übrigens,  dass  das  Herz,  obgleich  es  schon  sehr  starke 
Bewegungen  machte,  dennoch  nur  aus  Zellen  und  deren  Bindemittel  bestand. 

Die  Zellen  des  Dotters  hatten  noch  ganz  die  Beschaffenheit,  wie  in  frisch  ge- 
legten Eiern,  und  besassen  im  Vergleich  zu  den  Zellen  des  Embryo's  und  seiner 
Häute  ein  ganz  rohes,  grobes  Aussehn.  Von  der  Keimhaut  Hessen  sie  sich  mittelst 
eines  feinen  Pinsels  leicht  entfernen,  und  im  Wasser  gingen  sie,  wenn  ein  Theil  des 
Dotters  in  dasselbe  hineingelegt  worden  war,  nach  einiger  Zeit,  wie  Sandkörner, 
auseinander.  Blosse  Fetttropfen,  als  Ueberreste  aufgelöster  Zellen  des  Dotters,  habe 
ich  weder  dicht  unter  der  Keimhaut,  noch  entfernt  von  ihr  im  Dotter  auffinden  können. 

§.  9.  Unter  den  Eiern ,  die  ich  so  eben  beschrieben  habe ,  befand  sich  auch 
eines,  das  sich  noch  etwas  weiter,  als  jene,  entwickelt  hatte,  weshalb  ich  noch  be- 
sonders die  Formveränderungen,  welche  sich  an  dem  Embryo  darboten,  angeben  will. 

Der  Embryo  und  die  auf  dem  Dotter  ausgebreitete  Keimhaut  waren  nur  um  ein 
Geringes  grösser,  als  in  jenen  andern  Eiern.  —  Die  Leiste,  welche  hei  den  jün- 
geren Embryonen  von  jedem  Beine  nach  vorne  und  hinten  verlief,  war  kürzer  ge- 
worden und  beinahe  verschwunden :  im  Uebrigen  aber  hatte  die  Form  der  Beine  sich 
nicht  verändert.  Der  Schwanz  war  ein  wenig  länger  und  von  den  Seiten  platter 
geworden.  An  dem  vorderen  Ende  des  Kopfes  waren  zwei  sehr  flache  und  über- 
haupt sehr  kleine  Gruben  entstanden,  die  sich  in  der  Form  und  Lage  ganz  so  ver- 
hielten, wie  die  ersten  Andeutungen  des  Geruchorgans  bei  den  Säugethieren,  Vögeln, 
Eidechsen  und  Schlangen.     An  der  Speiseröhre  und  dem  Magen,    deren  Form  keine 


36 

nierkJiche  Veränderung  erfahren  hatte,  bemerkte  ich,  als  der  Embryo  etwa  24  Stun- 
den in  schwachem  Weingeist  gelegen  halte,  eine  Zusammensetzung  aus  2  Schichten, 
die  sich  leicht  trennen  Hessen  und  zum  Theil  sich  schon  von  selbst,  als  ich  den 
Darmkanal  aus  dem  Körper  herauslöste ,  getrennt  hatten.  Die  innere  Schicht  war 
ungeflihr  nur  halb  so  dick,  als  die  äussere,  die  im  Verhältniss  zu  der  nur  geringen 
Länge  und  Weite  des  Munddarmes  eine  beträchtliche  Dicke  hatte.  Die  Zellen  aber 
zeigten  in  beiden  Schichten  eine  gleiche  Beschaffenheit.  Sie  sowohl,  als  auch  die 
Zellen  des  Darms  verhielten  sich  ähnlich,  wie  im  Allgemeinen  die  der  Bauch-  und 
Rückenplatten,  und  wichen  von  denselben  nur  dadurch  ab,  dass  einige  von  ihnen  ei- 
nen Durchmesser  von  0,0005  Z.  halten,  indess  von  jenen  der  Durchmesser  höch- 
stens 0,0004  Z.  betrug.  —  Die  untere  Wand  der  Speiseröhre  Hess  an  ihrer  vor- 
deren Hälfte  2  sehr  schwache,  überhaupt  nur  sehr  kleine  und  auf  beide  Seitenhälf- 
ten des  Körpers  vertheille  Ausbuchlungen  bemerken,  die  ziemlich  weit  auseinander 
lagen  und  äusserlich  die  Form  von  massig  hohen  Warzen  hatten.  Es  bezeichneten 
diese  Ausbuchtungen  die  ersten  Anlagen  der  Lungen.  Auch  eine  Leber  war  schon 
angedeutet.  Sie  erschien  als  ein  halbmondförmiger,  aber  noch  sehr  kleiner  Körper, 
der  an  seinem  convexen  Rande  recht  dick,  hingegen  an  seinem  concaven  Rande  nur 
halb  so  dick,  als  an  jenem,  war.  Mit  ihrem  concaven  Rande,  zum  Theil  aber  auch 
mit  ihrer  einen  Seite,  umfassle  sie  die  untere  Wandung  des  Magens,  an  den  sie 
dicht  herangezogen  und  mit  dem  sie  innig  verbunden  war.  Ihre  Zellen  waren  etwas 
grösser,  als  die  der  Bauch-  und  Rückenplatten,  auch  waren  sie  nicht  so  starr  und 
eckig,  wie  diese,  sondern  weicher  und  runder,  enthielten  einen  mehr  granulirten  Nah- 
rungssloff, und  hielten  viel  lockerer  zusammen.  Zwischen  ihnen  befanden  sich  in 
der  sehr  weichen  Inlercellularsubslanz  viele  rundliche  Molekularkörperchen.  —  Die 
Allantois  war  nur  sehr  wenig  grösser  geworden.  Der  mittlere  oder  derjenige  Theil 
des  Herzkanals,  welcher  sich  bei  weilerer  Entwickelung  zur  Herzkammer  ausgebildet 
haben  würde,  halle  eine  etwas  grössere  Weile  erlangt,  und  an  der  hintersten  Ab- 
theilung des  Kanals  waren  zweipaarige,  einander  gegenüberliegende  und  den  Herz- 
ohren der  Säugethiere  entsprechende  Taschen  oder  Ausbuchtungen  entstanden,  die  im 
Verhältniss  zu  der  Weite  und  Länge  dieser  Abtheilung  eine  nur  sehr  geringe  Grösse 
hatten.  Nach  dem  zu  urtheilen,  was  ich  bei  den  Embryonen  der  Natter,  an  deren 
Herzkanal  ebenfalls  zwei  solche  Taschen  zum  Vorschein  kamen,  über  die  weitere 
Entwickelung  derselben  erfahren  habe,  würden  sie,  wenn  der  Embryo  am  Leben  ge- 
blieben wäre,  sich  zu  den  beiden  Vorkammern  des  Herzens  entwickeil  haben  ').  — 


•)     Entwickelungsgeschichte  der  Natter,  S.  98  und  99. 


37 

Die  Wo  1  ff  sehen  Körper  waren  in  ihrer  Mitte  etwas  breiter  und  dicker  jEjeworden: 
oh  sie  aber  auch  in  ihrem  inneren  Baue  weitere  Veränderungen  erfahren  halten, 
kunnle  ich  nicht  ermittehi,  weil  ich  verhindert  wurde,  diese  Organe,  als  sie  noch 
frisch  waren,  gehörig  untersuchen  zu  können.  Die  Zahl  der  Täfelchen,  die  das 
Rückenmark  und  die  Riickensaite  von  den  Seiten  umgahen,  hatte  im  Schwänze  sich 
vergrössert,  so  dass  sich  die  letzten  nur  in  einer  geringen  Entfernung  von  dem  Ende 
des  Schwanzes  befanden.  Paarweise  standen  sie  noch  alle  sowohl  mit  ihren  obern, 
als  auch  mit  ihren  untern  Enden  ziemlich  weit  von  einander  ab.  Von  den  drei 
Schädelhalken  erschienen  die  paarigen  noch  immer  als  zwei  nur  massig  breite  und 
auch  nur  wenig  dicke  Streifen,  die  ganz  hinten  zwischen  sich  das  von  der  Haut  der 
Mundhöhle  gebildete  Säckchen  hindurchgehen  Hessen.  In  ihrem  Verlaufe  nach  vorne 
divergirten  sie  nur  wenig,  indem  sie  bogenförmig  sehr  schwach  nach  aussen  ge- 
krümmt waren.  Ihr  vorderes  abgerundetes  Ende,  das  etwas  breiter  war,  als  ihr 
hinteres  Ende  oder  ihre  Wurzel,  reichte  bis  an  das  vordere  Ende  des  Kopfes. 

§.  10.  Das  am  weitesten  entwickelte  Ei  der  Sumpfschildkröte,  welches  ich 
zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte,  war  gerade  eines  der  ersten,  die  mir  in  die  Hände 
kamen.  Die  übrigen,  die  mit  ihm  von  derselben  Schildkröte  gelegt  worden  waren, 
Hessen  sich  leider  zu  einer  Untersuchung  nicht  mehr  benutzen,  weil  sie  unterweges 
zerbrochen  und  zerstört  worden  waren. 

Der  Embryo  (Tab.  11,  Fig.  13  —  18.)  hatte  in  dem  Eie  eine  Querlage,  und 
befand  sich  von  den  beiden  Enden  desselben  in  gleich  grossen  Entfernungen.  Seine 
Länge  betrug  von  dem  Scheitelhöcker  bis  zur  Schwanzwurzel  in  einem  Bogen  über 
den  Rücken  gemessen  4  ^3  Linien.  Die  auf  dem  Dotter  ausgebreitete  Keimhaut  hatte 
beinahe  eine  regelmässig  runde  Scheibenform,  und  ihre  Durchmesser  waren  ungefähr 
der  halben  Achse  des  Eies  gleich.  —  Im  Verhältniss  zu  dem  in  seiner  Entwicke- 
lung  schon  ziemlich  weit  vorgeschrittenen  Embryo  war  sie  weit  kleiner,  als  in  den 
Eiern  der  A'ögel.  —  Der  Embryo  war  nach  der  Bauchseite  hin  sehr  stark  zusam- 
mengekrümmt [viel  stärker,  als  ich  es  in  der  Abbildung  angegeben  habe],  und  be- 
sonders war  der  Hals  sehr  stark  zusammengebogen.  Kopf  und  Hals  waren  zusam- 
mengenommen beinahe  so  lang  als  der  Rumpf,  oder  als  die  Länge  des  Körpers  von 
dem  vorderen  Rande  der  Vorderbeine  bis  zu  dem  After.  Es  hatten  also  jene  Ab- 
schnitte des  Leibes  auch  im  Verhältniss  zu  dem  Rumpfe  eine  grössere  Länge,  als 
bei  den  jüngeren  Embryonen.  Gleichfalls  war  der  Schwanz  auch  im  Verhältniss  zu 
dem  Rumpfe  länger  geworden.  Unter  einander  aber  den  Kopf  und  Hals  verglichen, 
hatte  jener  sich  mehr,  als  dieser,  vergrössert.  Und  überhaupt  hatte  der  Kopf  im 
Verhältniss  sowohl  zum  ganzen  übrigen  Körper,    als  auch    zu   dessen  einzelnen  Ab- 


38 

theilungen  eine  viel  bedeutendere  Grösse,  als  bei  den  jüngeren  Embryonen  und  bei 
den  erwachsenen  Schildkröten.  —  V  on  den  Seiten  war  der  ganze  Embryo ,  abge- 
sehen jedoch  vom  Schwänze,  noch  stark  abgeplattet.  Namentlich  galt  dieses  auch 
vom  Kopfe,  der,  wie  bei  Embryonen  der  Säugethiere,  Eidechsen  und  Schlangen  von 
einer  gleichen  Entwickelungsstufe ,  am  Scheitel  aulfallend  schmal  war,  von  da  aber 
sowohl  nach  vorne,  als  nach  unten  (gegen  die  künftige  Grundfläche  des  Schädels  hin) 
allmählig  an  Breite  zunahm.  Der  Hals  war  im  Verhältniss  zu  seiner  Breite  imd 
Länge  beträchtlich  hoch,  und  in  dieser  Hinsicht  im  Verhältniss  zu  dem  Rumpfe  auf- 
fallend stark.  Der  von  der  unteren  Wandung  des  Halses  gebildete  Beutel,  in  wel- 
chem sich  das  Herz  befand  (Fig.  13  a.),  war  viel  tiefer  und  überhaupt  beträchtlich 
grösser,  als  bei  den  jüngeren  Embryonen.  Der  Rumpf  war  höher  und  überhaupt 
viel  gedrungener,  als  bei  jenen  Embryonen,  obgleich  noch  immer  ähnlich  geformt, 
wie  bei  gleich  weit  entwickelten  Embryonen  von  Säugethieren ,  Vögeln  und  Eidech- 
sen, also  im  Vergleich  mit  dem  Rumpfe  erwachsener  Schildkröten  ausnehmend  schmal 
(Fig.  18).  Auch  fand  ich  seine  Mitte  nur  wenig  breiter,  als  seine  Enden.  An 
der  Bauchseite  war  er  noch  beinahe  in  seiner  ganzen  Länge  offen  (Fig.  13),  und 
beide  Bauchplatten  standen  an  der  Oeffnung  noch  weit  auseinander.  Doch  hatten  die 
Bauchplatten,  soweit  sie  den  Rumpf  zusammensetzen  halfen,  schon  eine  viel  grössere 
Höhe  erlangt ,  als  bei  den  jüngeren  Embryonen ,  so  dass  mithin  schon  eine  ziemlich 
tiefe  Rumpfhöhle  gebildet  war;  dagegen  war  ihre  Dicke  allenthalben  noch  sehr  ge- 
ringe. Die  Vorder-  und  Hinterbeine  stellten  sich  als  kurze,  dicke  und  stumpf  abge- 
rundete Auswüchse  dar,  die  mehr  das  Aussehn  von  stark  abgeplatteten  Kegeln,  als 
von  Tafeln  hatten  (Fig.  13).  Von  Zehen  Hess  sich  an  ihnen  keine  Spur  bemer- 
ken. Die  Vorderbeine  waren  ein  wenig  dicker  und  breiter,  nicht  jedoch  auch  län- 
ger, als  die  Hinterbeine.  Der  spitz  auslaufende  Schwanz  war  nur  an  seiner  Wurzel 
rechts  und  links  ein  wenig  abgeplattet,  in  seinem  übrigen  Theile  aber  drehrund. 
Das  Amnion  hüllte  den  Embryo  noch  ziemlich  knapp  ein.  Die  seröse  Hülle,  oder 
das  falsche  Amnion,  habe  ich  nicht  gehörig  beobachtet. 

Die  Augen  waren  massig  gross,  ragten  nach  aussen  etwas  vor,  und  hatten 
nicht  mehr  die  Form  von  Birnen,  sondern  von  Linsen,  indem  an  ihnen  schon  eine 
Scheidung  in  den  Augapfel  und  den  Sehnerven  bewirkt  worden  war,  von  welchen 
beiden  Theilen  sich  nun  der  letztere  als  ein  dünner  hohler  Stiel  darstellte,  der  von 
dem  nach  unten  und  innen  gekehrten  Rande  des  linsenförmigen  Augapfels  ausging. 
Die  dünne  Aderhaut  zeigte  in  der  nach  oben  gekehrten  Hälfte  des  Augapfels  einen 
schwachen  Anflug  von  grauer  Farbe,  an  dem  Pupillarrande  aber  einen  schwärzlichen, 
schmalen  und  unten  noch  offenen  Ring.     Eine  Falte  Hess  sich  sowohl   an   der  Ader- 


39 

haut,  als  auch  an  der  viel  dickern  Netzhaut  bemerken:  doch  war  dieselbe  verhält- 
nissmässig  viel  dünner  und  überhaupt  schon  kleiner,  als  bei  den  Jüngern  Embryonen. 
Eine  Iris  war  noch  nicht  vorhanden.  Auch  fehlte  noch  ein  jedes  Anzeichen  von 
Augenlidern.  —  Die  Gruben,  welche  die  Anlage  zu  dem  Geruchsorgane  bezeich- 
neten, waren  tiefer  und  überhaupt  weit  grösser,  als  bei  den  zuletzt  (§.  9.)  beschrie- 
benen Embryonen.  Ferner  waren  sie  nicht  mehr  rundlich,  sondern  etwas  länglich 
und  im  Ganzen  muldenförmig.  (Fig.  13.)  Auch  lagen  sie  nicht  mehr  an  dem  vor- 
dem Ende  des  Vorderkopfes,  sondern  in  der  Nähe  dieses  Endes  an  der  untern  Seite 
des  Vorderkopfs,  der  wegen  des  verstärkten  Wachsthums  des  Vorderhirns  sich  etwas 
mehr  verlängert  hatte.  Beide  Gruben  aber  lagen  ziemlich  weit  aus  einander.  Der- 
jenige Theil  der  Hautbedeckung,  oder  eigentlich  wohl  der  Epidermis,  welcher  sie 
auskleidete,  war  etwas  dicker  und  etwas  lockerer,  als  an  anderen  Stellen  des  Kör- 
pers, luid  liess  sich  mittelst  eines  Pinsels  leicht  fortwischen,  indess  an  andern  Stellen 
die  Epidermis  viel  fester  an  dem  Körper  haftete  imd  sich,  als  der  Embryo  noch 
frisch  war,  nicht  so  leicht  entfernen  liess.  —  Die  Ohrbläschen,  oder  die  künftigen 
häutigen  Theile  der  Gehorlabyrinthe,  schimmerten  über  dem  zweiten  Paar  der  Kie- 
menbogen  ziemlich  deutlich  hindurch.  Sie  waren  verhältnissmässig  etwas  kleiner, 
als  bei  gleich  weit  entwickelten  Embryonen  der  Natter,  zeigten  an  ihrer  nach  aussen 
gekehrten  Seite  die  Form  eines  sphärischen  Dreiecks  und  Hessen  einen  nach  oben 
gehenden  kleinen  keulenförmigen  Fortsatz  bemerken.  Kalkkrystalle  aber  waren  in 
diesem  Fortsatz  nicht  vorhanden.  Ein  unterer  Fortsatz ,  der  fiir  eine  Andeutung 
von  einer  Ohrschnecke  hätte  angesehen  werden  können,  schien  zu  fehlen.  Auch 
konnte  ich  noch  keine  Andeutung  von  einer  für  das  Ohrbläschen  bestimmten  Kapsel, 
oder  von  dem  künftigen  Felsenbeine  bemerken,  obgleich  bei  Säugethieren ,  Vögeln, 
Eidechsen  und  Schlangen  eine  solche  Kapsel  schon  frühe  auftritt. 

Die  Oherkieferfortsätze  der  vordersten  Kiemen-  oder  Schlundbogen  waren  noch 
sehr  klein,  reichten  nur  bis  unter  die  Augen,  lagen  also  von  den  Nasengruben  noch 
weit  entfernt,  und  waren  an  ihrem  Ende  abgerundet.  (Fig.  13.)  Den  ersten  und 
zweiten  Kiemenbogen  fand  ich  viel  dicker,  wie  überhaupt  absolut  und  relativ  viel 
grösser,  als  bei  dem  zuletzt  beschriebenen  Embryo :  doch  war  am  zweiten  nicht  eine 
den  Kiemendeckel  der  Fische  andeutende  Klappe  gebildet  worden.  Die  Spalte  zwi- 
schen diesen  beiden  Bogen  war  schon  verwachsen,  und  an  ihrer  Stelle  befand  sich 
äusserlich  nur  eine  schwache  Furche.  Hinter  dem  zweiten  Bogen  aber  kam  noch 
eine  lange  und  durchdringende  Spalte  vor,  und  hinter  dieser  lagen  jederseits  noch  3 
andere  Oeffinungen,  von  denen  die  hinterste  nur  ein  kleines  rundes  Loch  oder  viel- 
mehr nur  einen  engen  Kanal  darstellte,  indess  die  beiden  andern  die  Form  von  kur- 


40 

zen  Spalten  hatten.  Es  war  demnach,  während  die  vorderste  Oeffnung  sich  geschlos- 
sen hatte,  oder  doch  nur  eine  kurze  Zeit  vor  diesem  Vorgange,  noch  eine  neue 
entstanden,  und  es  hatten  sich  also  im  Ganzen  5  Paar  Seitenöffnungen  am  Halse 
gehildet,  also  eben  so  viele,  wie  hei  dem  Hühnchen,  und  ein  Paar  mehr,  als  bei  den 
Säugethieren  und  der  Natter.  Auch  hatte  sich  die  bei  den  jüngeren  Embryonen 
bemerkte  hinterste,  oder  vierte,  und  nur  rundliche  Oeffnung  in  eine  kleine  Spalte 
umgewandelt.  Die  zwischen  der  zweiten  und  fünften  Oeffnung  befindlichen  Bogen 
waren  zwar  viel  dicker,  als  bei  den  jüngeren  Embryonen,  doch  lange  nicht  so  dick, 
wie  die  beiden  vordersten.  Die  dünne  Epidermis,  welche  die  angegebenen  Oeffnun- 
gen  inwendig  umkleidete,  löste  sich,  wie  ich  auch  bei  anderen  Thieren  dies  bemerkt 
habe,  leicht  ab. 

Die  Rückensaite  war  im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Körper  auch  in  diesem 
Embryo  sehr  dünn.  (Fig.  18,  b.)  Ihr  vorderes  Ende  reichte  bis  zwischen  die  Ohr- 
bläschen, wie  es  bei  den  Wirbelthieren  überhaupt  der  Fall  zu  sein  pflegt,  und  war 
massig  stark  zugespitzt.  Gleichfalls  war  ihr  hinteres  Ende  zugespitzt,  und  vor  dem- 
selben Hess  sich  nicht  mehr  eine  schwache  Anschwellung  bemerken.  Die  von  der 
Belegungsmasse  der  Rückensaite  gebildeten  Schädelbalken  verhielten  sich  im  Ganzen 
so,  wie  bei  den  jüngeren  Embryonen:  nur  schien  der  mittlere  absolut  und  relativ 
noch  etwas  dicker  und  breiter  geworden  zu  sein.  Dicht  vor  demselben  war  zwi- 
schen den  beiden  mittleren  Schädelbalken  noch  sehr  deutlich  ein  Loch  in  der  künfti- 
gen Grundfläche  der  Hirnschale  zu  bemerken,  und  durch  dasselbe  ging  die  Ausstül- 
pung der  Älundhaut  hindurch,  hinter  welcher  sich  die  Glandula  pituitaria  entwickeln 
sollte.  Auch  diese  Ausstülpung  war  sehr  deutlich  zu  erkennen,  halte  einen  noch 
etwas  grösseren  Umfang,  als  bei  den  jüngeren  Embryonen,  und  stellte  ein  von  zwei 
Seiten  plattgedrücktes  ovales  Säckchen  dar.  Die  eine  Seite  dieses  Säckchens  lag  dem 
mittleren  Schädelbalken,  die  andere,  oder  nach  vorne  gekehrte,  einem  Theile  des  Ge- 
hirns an.  Ein  Eingang  Hess  sich  in  dieses  Säckchen  von  der  Mundhöhle  aus  noch  deut- 
lich erkennen,  schien  aber  schon  kleiner  geworden  zu  sein,  und  gab  sich  als  ein  kleines 
rundliches  Loch  zu  erkennen.  —  Die  Täfelchen,  welche  sich  zu  beiden  Seiten  der 
Rückensaite  und  des  Rückenmarkes  befanden,  waren  mehr  in  die  Länge,  als  in  die 
Breite,  gewachsen,  und  erschienen  daher  schmäler,  als  bei  den  Jüngern  Embryonen, 
hatten  sich  aber  noch  nicht  paarweise  vereinigt,  sondern  standen  an  beiden  Enden 
noch  immer  ziemlich  weit  von  einander  ab,  doch  über  dem  Rückenmarke  etwas  we- 
niger, als  unter  der  Rückensaite.  Auch  habe  ich  nicht  bemerken  können,  dass  sie 
paarweise  gleichsam  durch  eine  Brücke  von  gleicher  Substanz,  die  zwischen  dem 
Rückenmarke  mid    der  Rückensaite  hindurchgegangen    wäre,    unter  einander  in  Ver- 


41 

bindung  gestanden  hätten.  Doch  mag  eine  solche  vielleicht  vorhanden  gewesen  sein, 
ohne  sich  deutlich  unterscheiden  zu  lassen.  Wie  dem  aber  auch  sein  mag,  jeden- 
falls bezeichneten  jene  Täfelcheii  zufolge  der  Erfahrungen,  welche  über  die  Entwicke- 
lung  der  ihnen  entsprechenden  Theile  anderer  Wirbelthiere  gemacht  worden  sind, 
die  Anlagen  der  Wirbelkörper  und  Wirbelbogen.  Was  Remak  ')  über  diese  von 
ihm  beim  Hühnchen  untersuchten  Täfelchen  in  sehr  wenigen  Worten  angegeben  hat, 
scheint  mir  darauf  hinauszugehen,  dass  man  zwei  Arten  derselben  unterscheiden 
müsse,  indem  nämlich  zuerst  dergleichen  Täfelchen  [oder  vielmehr  Würfelchen  nach 
Remak]  entstehen,  die  sich  zu  eben  so  vielen  Cerebrospinalnerven  entwickeln  sol- 
len, nachher  aber  an  der  äusseren  Seite  derselben  eben  so  viele  Täfelchen,  welche 
die  Seitenhälllen  der  in  der  Entwickelung  begriffenen  Wirbelbeine  sind.  Sind  aber 
die  beschriebenen  Täfelchen  der  Schildkröten,  wenigstens  diejenigen,  welche  ich  in 
den  grösseren  der  eben  aufgeführten  Embryonen  gesehen  habe,  Tür  die  Anlagen  der 
Wirbelbeine  zu  halten:  so  entstehen  diese  Gebilde  auch  bei  den  Schildkröten,  wie 
bei  den  Schlangen,  Vögeln  und  Säugethieren ,  aus  zwei  auf  beide  Seitenhälflen  des 
Körpers  vertheilten  Stücken,  indess  sie  nach  von  Baer's  Angabe  bei  einem  Kno- 
chenfische, dem  Cyprinus  Blicca,  aus  vier  verschiedenen  Stücken,  nämlich  2  obern 
und  2  untern,  zusammenwachsen  2).  —  In  welcher  Art  übrigens  die  histologischen 
Veränderungen  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite  vor  sich  gehen,  wenn  aus  der- 
selben sich  die  Anlagen  der  Wirbelbeine,  oder  die  erwähnten  Täfelchen  hervorbilden, 
werde  ich  an  einem  andern  Orte  ausführlich  angeben. 

Weder  von  den  Knochen  des  Kopfes,  noch  von  denen  der  Gliedmaassen,  noch 
auch  von  den  Rippen  war  in  dem  Embryo  der  Schildkröte,  von  welchem  hier  die 
Rede  ist,  irgend  eine  Spur  aufzufinden. 

Das  Gehirn  war  auffallend  demjenigen  eines  Natter  -  Embryo's  ähnlich,  welches 
ich  in  meiner  Entwickelungsgeschichte  der  Natter  auf  der  sechsten  Tafel  in  den  Fi- 
guren 1,  2  und  3  abgebildet  habe,  wie  denn  auch  der  ganze  Kopf  dem  Kopfe  des 
Natter  -  Embryo's ,  nach  welchem  jene  Abbildungen  gemacht  worden  sind,  sehr  ähn- 
lich war.  Demnach  erschien  das  Gehirn  in  seiner  Entwickelung  weit  mehr  vorge- 
schritten, als  das  Gehirn  des  in  §.  9.  beschriebenen  Embryo's.  Naraenthch  hatte 
das  Vorderhirn  so  bedeutend  an  Breite  zugenommen,  dass  es  darin  alle  übrigen  Ab- 
theilungen des  Hirns  übertraf:  auch  war  schon  in  der  Mittellinie  desselben  eine 
schwache  Furche  oder  Einfaltung  entstanden,  durch  die  sich  eine  Scheidung   in  zwei 


')     Joh.    Müll  er 's  Archiv,  Jahrgang  von  1843,  S.  478  —  484. 

')     Latersuchungen  über  die  Entwickelangsgescbichte  der  Fische.     Leipzig  1835.  S.  36. 

6 


42 

Seitenhälften,  oder  in  die  künftigen  Hemisphären  des  grossen  Gehirns,  angekündigt 
hatte.  Doch  war  das  Vorderhirn  im  Verhältniss  zu  dem  übrigen  Hirn  im  Ganzen 
immer  noch  sehr  klein  zu  nennen.  Das  Zwischenhirn  erschien  verhältnissmässig  kür- 
zer, als  früher,  weil  es  mehr  an  Breite,  als  an  Länge  zugenommen  hatte:  eine 
Oeffnung  aber  war  an  der  oberen  Seite  desselben  eben  so  wenig  schon  entstanden, 
als  eine  Zirbeldrüse.  Das  Mittelhirn  war  noch  breiter  geworden,  als  das  Zwischen- 
hirn. An  dem  hinter  dem  Mittelhirn  gelegenen  Theile  des  Gehirns  war  die  obere 
Wandung  zum  grösseren  Theile  viel  dünner,  als  die  übrige  Partie:  auch  Hess  sie 
von  dieser  sich  leicht  abheben,  und  gab  sich  schon  als  eine  Decke  fiir  den  verhält- 
nissmässig sehr  grossen  Sinus  rhomboidalis  zu  erkennen.  Ob  sich  sonst  schon  Häute 
für  das  Hirn  und  Rückenmark  erkennen  Hessen,  habe  ich  vergessen  zu  untersuchen. 
Von  einem  kleinen  Gehirn  war  noch  keine  Spur  vorhanden. 

Das  immer  noch  schlauchförmige  Herz  war  im  Ganzen  weiter,  aber  verhältniss- 
mässig kürzer  geworden,  und  erschien  nicht  mehr  so  offenbar  spiralförmig  gewunden, 
wie  früher,  sondern  hatte  sich  dadurch,  dass  seine  Enden  einander  näher  gerückt 
waren,  einigermassen  der  Form  eines  Hufeisens  angenähert.  (Fig.  13.  Fig.  14,  15 
und  16.)  In  seinem  mittleren  oder  demjenigen  Theile,  welcher  zu  der  Kammer 
werden  sollte,  war  es  am  dicksten  geworden,  auch  hatte  seine  Wandung  hier  die  grösste 
Dicke  erreicht.  (Fig.  15  und  16,  b.)  An  der  hintern  oder  derjenigen  Abtheilung, 
welche  für  die  Vorkammern  bestimmt  war,  hatten  die  beiden  Taschen,  oder  Herz- 
ohren, an  Grösse  mehr  zugenommen.  (Fig.  15  und  16,  c.)  Auch  die  Aortenzwie- 
bel war  merklich  grösser,  insbesondere  aber  dicker  geworden.  (Fig.  15  und  16,  a.) 
Zwischen  den  genannten  3  Abtheilungen  des  Herzens  befanden  sich  als  Grenzen  nur 
ringförmige  Einschnürungen,  nicht  aber  Verbindungskanäle,  also  nicht  eigentlich  ein 
Canalis  auricularis  und  ein  Fretum  Halleri.  Die  Cuvier'schen  Gänge,  oder  diejeni- 
gen Kanäle,  welche  dem  Herzen  das  Blut  des  Embryonalkörpers  zuführen,  waren 
bedeutend  weiter  geworden.  (Fig.  13,  b.  Fig.  14  und  15,  d.)  Von  Blutgefässen 
konnte  ich  nur  hie  und  da  geringe  Spuren  erkennen,  weil  der  Embryo  schon  vor 
der  Untersuchung  abgestorben  war,  und  weil  das  Blut  aus  seinen  Gefässen  sich  bei- 
nahe schon  ganz  verloren  hatte :  doch  erfuhr  ich  dadurch,  dass  ich  durch  den  Rumpf, 
nachdem  er  in  Weingeist  erhärtet  worden  war,  Querdurchschnitte  machte,  dass  sich 
auch  in  diesem  Embryo  die  Verbindung  der  Wurzeln  der  Aorte  zu  dem  Stamme 
noch  vor  den  Vorderbeinen  befand. 

Die  Speiseröhre,  der  Magen  und  der  Anfang  des  Dünndarms  verhielten  sich 
im  Ganzen,  wie  in  dem  zuletzt  (§.  9.)  beschriebenen  Embryo,  doch  mit  dem  Unter- 
schiede, dass  der  Magen  (Fig.  14,  f.)  etwas  weiter  geworden  war,   als  die  Speise- 


43 

röhre.  (Fig.  14,  d.)  Der  Darm  hatte  sich  schon  in  so  weit  geschlossen,  dass  in 
seiner  Mitte  nur  noch  eine  massig  grosse  ellipsoidische  Oeffnung,  der  Darmnabel, 
vorhanden  war.  (Fig.  13,  e.)  Wie  bei  jungen  Embryonen  höherer  Thiere,  hatte 
sich  der  Darm  in  seiner  Mitte  von  der  Rückenwand  des  Leibes  massig  weit  entfernt, 
so  dass  er  in  der  Gegend,  wo  sich  der  Darmnabel  befand,  einen  sehr  stumpfen  und 
abgerundeten  Winkel  bildete,  der  von  dem  Gekröse  (Fig.  13,  e.)  ausgefüllt  wurde. — 
Die  Leber  hatte  sich  massig  vergrössert,  war  ungefähr  eben  so  breit,  als  lang, 
zeigte  die  Form  eines  unregelmässigen  Vierecks  und  besass  eine  ziemlich  grosse 
Dicke.  (Fig.  13,  c.  Fig.  14,  c.  und  Fig.  15,  e.)  Fast  gänzlich  bedeckte  sie  den 
Magen  und  war  an  ihrer  obern  Seite,  mit  welcher  sie  demselben  anlag,  schwach 
concav,  an  der  untern  Seite  dagegen  recht  sehr  convex.  Eine  Längsfurche,  wodurch 
sie  in  zwei  Seitenbälften  abgetheilt  worden  wäre,  kam  an  ihrer  unteren  Seite 
nicht  vor.  Ein  kurzer  und  ziemlich  dicker  Ausführungsgang  der  Leber  Hess  sich 
deutlich  erkennen,  und  es  ging  derselbe  in  die  linke  Seite  des  angeschwollenen  An- 
fangsstückes des  Dünndarms  über.  (Fig.  15,  f.)  —  Von  einer  Bauchspeicheldrüse 
war  noch  keine  Spur  vorhanden. 

Gleich  hinter  den  Kiemenbogen  des  zweiten  Paares  befanden  sich  an  dem  vor- 
deren Theile  der  Speiseröhre  zwei  sehr  kleine  taschenartige  Aussackungen,  die  mehr 
der  rechten  und  linken,  als  der  untern  Seite  desselben  anzugehören  schienen,  und 
die  Lungen  andeuteten.  (Fig.  14,  e.)  Sie  waren  zwar  etwas,  doch  nur  wenig 
grösser,  als  bei  dem  zuletzt  beschriebenen  Embryo.  Von  einer  Luftröhre  aber 
konnte  ich  noch  keine  Andeutung  bemerken. 

Die  Wolff  sehen  Körper  gingen  vom  Herzen  bis  an  das  Ende  der  Rumpfhöhle, 
imd  lagen  so  dicht  hei  einander,  dass  sie  nur  durch  die  Aorta  geschieden  waren. 
(Fig.  17,  a.  a.  Fig.  18,  c.  c.)  Vorn  und  hinten  waren  sie  zugespitzt,  im  Ver- 
hältniss  zu  ihrer  Länge  nur  schmal,  und  von  oben,  wie  von  unten,  massig  stark 
abgeplattet.  Der  Hauptsache  nach  bestand  ein  jeder  aus  einer  einfachen  Reihe  klei- 
ner dickwandiger  Bläschen,  die  in  dem  mittleren  breiteren  Theile  des  Organs  kolben- 
förmig waren  und  mit  ihrer  Achse  quer  lagen ,  in  dem  vordem  und  hintern  schmä- 
leren Theile  fast  die  Form  von  Kugeln  besassen,  und  sich  aus  eben  so  vielen  jener 
dichten  Läppchen  herausgebildet  hatten,  aus  welchen  das  Organ  bei  jüngeren  Embryo- 
nen grösstentheils  bestand. 

Der  künftige  Ausführungsgang  eines  jeden  Wolf f'schen  Körpers  lief  an  diesem 
ganzen  Eingeweide  entlang,  machte  den  dicken  äusseren  Rand  desselben  aus,  und 
hatte  im  Verhältniss  zu  dessen  Breite  eine  ansehnliche  Dicke.  Ob  er  schon  hohl 
war,  blieb  mir  ungewiss. 

6* 


44 

Die  Allantois  lag  zum  grösseren  Theile  schon  ausserhalb  der  Rumpfhöhle,  war 
aber  nicht  um  Vieles  grösser,  als  bei  dem  in  dem  neunten  Paragraphen  beschriebe- 
nen Embryo,  und  hatte  noch  eine  mehr  rundliche,  als  ovale  Form.  (Fig.  13,  g.  und 
Fig.  17,  b.)  —  Von  Geschlechtswerkzeugen  war  keine  Spur  aufzufinden. 

§.  11.  Aus  den  Mittheilungen,  die  ich  in  dem  Obigen  über  die  Embryonen 
der  Schildkröten  gemacht  habe,  geht  hervor,  dass  diese  Thiere  in  ihrer  Entwicke- 
lung  darin  mit  den  Säugethieren,  Vögeln,  Sauriern  und  Ophidiern  durchaus  übereinstim- 
men, dagegen  von  den  Batrachiern  und  Fischen  bedeutend  abweichen,  dass  sich  bei  ihnen 
ein  Amnion  und  eine  Allantois  bildet,  und  dass  ihr  Dottersack,  wenigstens  einige  Zeit 
hindurch,  ausserhalb  der  Rumpfhöhle  liegt.  Was  aber  die  Entwickelung  ihres  Körpers 
selbst  anbelangt,  so  zeigt  dieselbe  in  der  ersten  Zeit  des  Fruchtlebens  die  meiste  Ue- 
bereinstimmung  mit  der  Entwickelung  der  Säugethiere  und  der  Eidechsen,  zumal  der 
letzteren,  so  dass  man  wohl  mit  vollem  Grunde  von  ihr  behaupten  kann,  dass  sie  an- 
fangs nach  einem  ähnlichen  Plane  vor  sich  geht,  wie  die  Entwickelung  der  eben  ge- 
nannten höhern  Thiere,  und  dass  sie  nur  erst  späterhin  bedeutend  davon  abweicht. 
Ganz  unnöthig  und  überflüssig  dürfte  es  wohl  sein,  noch  ausführlich  die  grosse 
Uebereinstimmung  auseinander  zu  setzen,  die  sich  in  der  Körperform  sehr  junger 
Embryonen  der  Schildkröten  und  Säugethiere ,  oder  der  Schildkröten  und  Eidechsen 
darbietet,  da  sie  nach  den  Beschreibungen  und  Abbildungen,  die  ich  hier  von  meh- 
reren Embryonen  der  Sumpfschildkröte  gegeben  habe,  einem  jeden  Sachverständigen 
einleuchten  wird.  Wohl  aber  muss  ich  zwei  Bemerkungen  zur  Sprache  bringen, 
die  von  Baer  gemacht  hat,  und  nach  denen  die  Entwickelung  der  Schildkröten 
gleich  von  Anfang  an  nach  einem  andern  Plane,  als  die  Entwickelung  der  höheren 
Wirbelthiere,  vor  sich  gehen  würde.  Bei  der  Untersuchung  eines  Eies  der  Sumpf- 
schildkröte, das  vor  6  Tagen  gelegt  worden  war,  fand  von  Baer  ^),  dass  bei 
dem  kaum  erst  angedeuteten  Embryo  die  Bauchplatten,  die  noch  gänzlich  auf  dem 
Dotter  ausgebreitet  waren,  an  den  Rückenplatten  da  ansassen,  wo  diese  sich  nach 
oben ,  um  die  Rückenfurche  zu  schliessen,  vereinigt  hatten ,  der  Rücken  also  sehr 
tief  lag  ~).  Noch  tiefer  aber  erschien  der  Rücken  bei  einem  Embryo  herabgesun- 
ken, der  in  einem  2  Tage  älteren  Eie  gefunden  wurde.  Es  bot  sich  also,  diesen 
Angaben  zu  Folge,  in  den  ersten  Anlagen  der  Rurapfwandung  ein  ähnliches  Lage- 
rungsverhältniss  dar,  wie  man  es  bei  erwachsenen  Schildkröten  an  dem  Rückenschilde 
findet.     Besteht  nun   aber   wirklich    zu  Anfange   ein    solches  Verhältniss   der  Bauch- 


1)    Job.  Müll  er's  Archiv.     Jahrgans  von  1834,  S.  544  —  550. 

^)    Einen  Querdurchschnitt   dieses   Erabryo's,   wie   von    Baer  ihn    abgebildet   hat,   habe  ich  auf   der 
Tafel  I,  in  Figur  4,  copirt. 


45 

platten  zu  den  Rückenplattcii,  wie  mein  um  die  Enlwickelunofsgeschichte  der  Thierc 
so  hochverdienter  Freund  gefunden  haben  will,  so  ändert  sich  dasselbe  doch  bald  so 
um,  dass  die  Rückenplatlen  über  die  Bauchplalten  gleichermaassen  nach  aussen  her- 
vortreten, wie  etwa  bei  den  Siiugelhieren  und  Eidechsen,  und  dass  das  Rückenmark 
nicht  mehr,  wie  in  einer  von  Baer  gegebenen  Abbildung,  tiefer  als  die  Bauchplat- 
ten liegt,  sondern  gegentheils  höher  zu  liegen  gekommen  ist.  —  Aus  den  erwähn- 
ten Lagerungsverhältnissen ,  welche  von  Baer  an  den  Bauch-  und  Rückenplatlen 
zweier  Embryonen  der  Sumpfschildkröte  bemerkte,  folgerte  derselbe,  dass  bei  den 
Schildkröten  die  Grundlage  für  die  Extremitäten  sich  nicht  von  der  oberen  [oder 
äusseren]  Fläche  der  Bauch-  und  Rückenplatten  ablöst,  wie  in  andern  Wirbelthieren, 
sondern  von  der  unteren  [inneren]  Fläche.  Dass  diese  Folgerung  aber  nicht  der 
Wirklichkeit  entspricht,  geht  aus  den  Beobachtungen,  die  ich  oben  über  die  Lage 
der  Beine  bei  den  Embryonen  der  Schildkröle  gegeben  habe,  hinreichend  hervor. 
Vielmehr  entstehen  auch  bei  diesen  Thieren  die  Beine  äusserlich  an  den  Bauchplat- 
ten und  ganz  an  denselben  Stellen,  wie  bei  den  Säugelhieren  und  Eidechsen,  so 
dass  ebenfalls  in  dieser  Hinsicht  der  Enlwickelung  der  genannten  verschiedenen  Thiere 
ein  gemeinsamer  allgemeiner  Plan  zum  Grunde  liegt. 

Anmerkung.  Wenn  sich  gleich  behaupten  lässt,  dass  der  Enlwickelung  der 
über  den  Balrachiern  stehenden  Thiere  ursprünglich  derselbe  allgemeine  Plan  zum 
Grunde  liegt,  so  ist  damit  natürlich  nicht  auch  ausgesprochen,  dass  die  verschiedenen 
Arten  derselben  beim  Beginn  ihrer  Enlwickelung  einige  Zeil  einander  in  der  Gestalt 
ganz  gleich  seien.  Vielmehr  findet  man  bei  den  verschiedenen  Arten  auch  in  der 
frühesten  Zeit  der  Enlwickelung  mancherlei  Formverschiedenheiten,  die  aber  dann 
im  Ganzen  nicht  von  grosser  Bedeutung  sind.  Unter  Benutzung  der  Abbildungen, 
welche  Bischoff  von  dem  Embryo  des  Kaninchens  entworfen  hat,  will  ich  hier  mit 
wenigen  Worten  die  erheblichem  Verschiedenheiten  angeben,  welche  die  Enlwicke- 
lung dieses  Säugelhieres  und  der  Sumpfschildkröte  kurz  zuvor  darbietet,  ehe  bei 
ihnen  die  Allanlois  entstanden  ist.  Bei  der  Schildkröle  ist  zu  dieser  Zeit  der  Rumpf 
im  Verhällniss  zu  seiner  Länge  schmäler,  als  bei  den  Kaninchen,  und  die  Täfelchen, 
die  sich  zu  beiden  Seilen  des  Rückenmarkes  gebildet  haben,  sind  weniger  zahlreich : 
auch  scheint  die  Enlwickelung  der  Kiemenbogen  und  Kiemenspallen  geringere  Forlschritte 
gemacht  zu  haben.  Dagegen  ist  dann  bei  der  Schildkröte  der  Kopf  verhältnissmässig 
etwas  grösser,  das  Gehirn  länger,  und  die  Abschnürung  der  Augen  von  dem  Gehirn 
schon  viel  bedeutender.  Das  Herz  aber  und  der  Darmkanal  scheinen  dann  bei  der 
Schildkröte  dieselbe  Form  und  relative  Grösse  zu  haben,  wie  bei  dem  Kaninchen. 


Zweite    Abtheilung. 


ü  e  b  e  r  die 

späteren  Entwickelungzu stände 

Terschiedener  Arten 

von 

Schildkröten. 


Erstes   Kapitel. 
Von     dem     Skelete 


§.  1.  Uer  Schädel  hat  bei  den  reifem  Embryonen  der  Schildkröten  im  Gan- 
zen und  in  seinen  einzelnen  Theilen  schon  eine  ähnliche  Gestalt,  wie  bei  den  Erwachse- 
nen derselben  Arten.  Auch  fand  ich  ihn  bei  solchen  Embryonen  schon  grösstentheils 
verknöchert.  Nur  wenige  Bemerkungen  werden  es  daher  sein  können,  die  ich  in 
dem  Folgenden  über  seine  Entwickelung  mitzutheilen  hätte.  Eben  dasselbe  gilt  auch 
von  der  Gestalt,  welche  bei  reifern  Embryonen  die  Skeletstücke  der  Beine  darbie- 
ten, indess  in  diesen  Körpertheilen  die  Verknöcheriing  noch  lange  nicht  so  weit, 
wie  bei  dem  Schädel,  vorgeschritten  ist.  Dagegen  haben  bei  den  reifern  Embryo- 
nen fast  alle  schon  vorhandne  Skeletstücke ,  welche  zur  Zusammensetzung  ihres 
Riunpfes  dienen,  ganz  andre  Gestalten,  als  bei  den  Erwachsenen,  und  sind  ausserdem 
in  ihrer  Verknöcherung  nur  erst  wenig  vorgeschritten.  Auch  sind  bei  ihnen  viele 
von  diesen  Skeletstücken  des  Rumpfes,  namentlich  die  meisten  Rippen  und  die  einzel- 
nen Stücke  des  Bauchschildes  verhältnissmässig  viel  kleiner,  als  bei  den  Erwachse- 
nen. Manche  andre  Theile  aber,  welche  bei  den  meisten  Arten  der  Schildkröten 
zur  Vergrösserung  des  Rückenschildes  beitragen,  indem  sie  an  die  Rippen  und  die 
Wirbelsäule  sich  anschliessen,  fehlen  selbst  dann  noch,  wann  die  Embryonen  das  Ei 
verlassen.  Dieserhalb  werden  denn  diejenigen  Theile  des  Skeletes,  welche  dem 
Rumpfe  angehören,  in  dem  Folgenden  vorzüglich  zu  berücksichtigen  und  deren  Ent- 
wickelung am  ausführlichsten  zu  schildern  sein. 

A.     Schädel. 

§.  2.  V^on  allen  Abtheilungen  des  Skeletes  ist  es  bei  den  Schildkröten  im  iVll- 
gemeinen  der  Schädel,  in  welchem  die  Verknöcherung  am  raschesten  fortschreitet. 
Namentlich  ist  dies  der  Fall  au  denjenigen  Skeletstücken,  welche  den  Gesichtsantheil 
des  Schädels  ausmachen.  Bei  den  reifern  Embryonen  von  Testudo  und  Chelonia, 
die  ich  zu  zergliedern  Gelegenheit  hatte ,  waren  diese  Theile  nicht  blos  sämratlich 
schon  vorhanden,  sondern  hatten  sich  auch  bereits  in    so  weit  ausgebildet,    dass   sie 


50 

eben  solche  Formen,  wie  bei  den  Erwachsenen,  besassen  und  dass  sie  mit  ihren  Rän- 
dern in  eben  derselben  Weise,  wie  bei  den  Erwachsenen,  zusammenstiessen.  Weni- 
ger grosse  Fortschritte  hatte  die  Verknöcherung  der  Hirnschale  gemacht;  denn  in 
dieser  kam  noch  ziemlich  viel  Knorpel  vor,  doch  Hess  sieh  eine  Fontanelle  an  der 
obern  Seite  der  Hirnschale  nur  bei  dem  Embryo  von  Testudo  bemerken,  wo  sie 
zwischen  den  Scheitel-  und  Stirnbeinen  vorkani,  aber  nur  noch  eine  sehr  geringe 
Grösse  hatte. 

Bei  der  jungen  Sphargis  fand  ich  die  Verknöcherung  des  Schädels  eben  so  weit 
gediehen,  wie  bei  Exemplaren  der  Gattung  Chelonia  von  ziemlich  gleichem  Al- 
ter. Es  kann  daher  nur  auf  einem  Irrthum  beruhen,  dass  Koestlin  in  seinem 
sonst  trefflichen  Werke  über  den  Schädel  der  Wirbelthiere  angegeben  hat:  »bei 
Sphargis  verknöchert  der  ganze  Kopf  nicht,  und  stellt  eine  knorplig -häutige  Masse 
dar,  welche  übrigens  in  ihrer  Gestalt  durchaus  mit  dem  Kopfe  der  eigentlichen  Che- 
lonien  übereinstimmt.« 

§.  3.  An  dem  Hinterhauptbein,  das  auch  bei  erwachsenen  Schildkröten  mei- 
stens noch  eine  Zusammensetzung  aus  4  verschiedenen  Stücken  erkennen  lässt,  be- 
rührten sich  diese  Knochenstücke  schon  bei  den  reifern  Embryonen.  Doch  stiessen 
die  seitlichen  unten  nur  mit  dem  Körper  zusammen,  nicht  aber  auch  schon,  wie  bei 
den  Erwachsenen,  an  der  Stelle,  wo  sich  der  Gelenkkopf  befindet,  mit  einander  selbst. 
Diese  Vereinigung  der  Knochenmassen  beider  Seitentheile  an  dem  Gelenkkopfe,  be- 
wirkt durch  eine  gegenseitige  Näherung  in  Folge  des  fortschreitenden  Wachsthums, 
tritt  erst  ziemlich  spät  ein,  zumal  bei  den  Seeschildkröten.  Bei  einer  Chelonia  im- 
bricata,  deren  Rumpf  8^  "  lang  war,  standen  beide  Theile  noch  um  etwas  mehr, 
als  eine  Linie,  von  einander  ab.  Ueberhaupt  aber  entwickelt  sich  der  Gelenkkopf 
nur  sehr  langsam,  und  von  den  drei  Höckern,  aus  denen  er  zusammenwächst,  bildet 
sich  am  langsamsten  derjenige  aus,  welcher  dem  Körper  des  Hinterhauptbeines  ange- 
hört. Bei  den  zergliederten  Embryonen  war  von  dem  letztern  noch  keine  Andeu- 
tung vorhanden,  indess  die  beiden  andern  sich  schon  als  massig  starke  Aufwulstun- 
gen  der  untern  Ränder  der  Seitentheile  darstellten.  —  Der  Körper  des  Hinterhaupt- 
beins enthielt  bei  den  Embryonen  von  Testudo  und  Chelonia,  desgleichen  bei  der 
jungen  Sphargis,  noch  deutlich  das  vordre  zugespitzte  Ende  der  Rückensaite,  das 
sich  bis  zu  dem  Keilbeinkörper  hin  erstreckte.  Der  Form  nach  hatte  er  bei  jenen 
Embryonen  eine  Aehnlichkeit  mit  einem  Kartenherzen :  jedoch  war  seine  Spitze ,  die 
an  das  Hinterhauptloch  angrenzte  und  woraus  sich  der  eine  Höcker  für  den  Gelenk- 
kopf bilden  sollte,  abgestumpft  und  mit  einem  schwachen  Ausschnitt  versehen.  Auch 
war  ein  solcher  Ausschnitt  noch  bei  den  Jungen  von  Sphargis  und  Chelonia  vorhan- 


51 

den,  doch  bei  ihnen  kaum  nur  merkbar.  Die  untere  Fläche  dieser  Knochenlafel  bil- 
dete bei  den  Embryonen  und  Jungen,  selbst  bei  denen  aus  der  Galtung  Chclonia, 
in  der  sie  später  sehr  uneben  ist,  noch  eine  ziemlich  gerade  Ebne.  —  An  der 
Schuppe  des  Hinlerhauptbeines  befand  sich  bei  dem  Embryo  von  Testudo  äusserlich 
zwar  schon  eine  Längsleiste,  doch  war  sie  nur  sehr  niedrig  und  überhaupt  kaum 
merkbar:  ein  Stachel  aber,  in  den  sie  nach  hinten  ausgelaufen  wäre,  fehlte  noch 
gänzlich.  Hingegen  war  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  ein  solcher  Stachel  schon 
vorhanden,  wenngleich  nur  von  einer  unbedeutenden  Länge:  auch  war  bei  ihm  die 
Leiste  an  der  obern  Seile  der  Schuppe  schon  ziemlich  stark  ausgewirkt.  Die  jungen 
Schildkröten  besassen  jedenfalls  die  Leiste  und  den  Stachel,  und  zwar  beide  je  nach 
den  Arten,  denen  sie  angehörten,  um  so  stärker  ausgebildet,  je  älter  sie  waren. 

Zwischen  dem  Körper  des  Hinlerhauptheines  und  dem  Körper  des  Keilbeins 
befand  sich  nicht  blos  bei  den  beiden  Embryonen,  sondern  auch  noch  bei  den  Jungen 
von  Sphargis  und  Chelonia  ein  ziemlich  grosser  Zwischenraum,  der  mit  Knorpelsub- 
stanz ausgefdllt  war,  und  es  lagen  also  bei  ihnen  jene  Knochenstücke  von  einander 
noch  ziemlich  weit  entfernt.  Bei  andern  jungen  Schildkröten  aber  stiessen  beide 
Stücke  schon  dicht  zusammen.  Der  Keilbeinkörper  bildet  sich  bei  den  Schildkröten 
nur  in  einfacher  Zahl :  denn  selbst  bei  den  reifern  Embryonen  habe  ich  nicht  das 
geringste  Zeichen  auflinden  können,  dass  er  ursprünglich  aus  einem  hintern  und 
einem  vordem  Stücke  bestandeu  hätte,  selbst  nicht,  nachdem  ich  die  bereits  ihm  an- 
gehefteten Flügelbeine  entfernt  und  ihn  der  Länge  nach  durchschnitten  hatte.  Seine 
Form  ist  zu  der  Zeit,  da  er  das  Hinterhauptbein  noch  nicht  berührt,  die  eines 
mehr  oder  weniger  verlängerten  Kartenherzens,  seine  Lage  aber  eine  solche,  dass 
sein  breiteres  Ende  dem  Körper  des  Hinterhauptbeines  zugekehrt  erscheint,  seine 
Spitze  in  die  knorplige  Scheidewand  der  Augen-  und  Nasenhöhlen  übergehl.  Die 
breitere,  und  überhaupt  die  grössere,  oder  diejenige  Hälfte  dieses  Knochenstückes, 
welche  hinler  dem  Hirnanhange  [Hypophysis  cerebri]  ihre  Lage  hat,  bildet  sich,  wie 
der  Körper  des  Hinlerhauptbeines,  in  dem  zum  Kopfe  gehörigen  tafelförmigen  Tbeile 
der  Belegungsmasse  der  Rückensaile ,  die  schmälere  und  dünnere  Hälfte  aber  in 
der  Lücke ,  w  eiche  die  paarigen  Balken  des  Schädels,  wo  sie  von  jenem  Theile 
der  Belegungsmasse  ausgehen ,  ursprünglich  zwischen  sich  lassen.  Jedoch  entsteht 
die  letztere  Hälfte  später,  als  die  erslere,  und  zwar,  nachdem  die  angegebene  Lücke 
durch  eine  dünne  Knorpelplatte  geschlossen  worden  ist,  deren  Masse  sowohl  mit  dem 
tafelförmigen  Theile  der  Belegungsmasse,  als  auch  mit  den  beiden  paarigen  Schädel- 
balken in  einem  unmittelbaren  Zusammenhange  steht,  also  wohl  aus  allen  diesen  drei 
Theilen  hervorgewuchert  ist.    Dies  ergab  sich  besonders  bei  den  Jungen  der  Gattung 


52 

Chelüiiia:  denn  bei  ihnen  bestand  sie  noch  in  einem  nur  unvollständig  von  Knochen- 
erde durchdrungenen  Knorpel,  indess  die  andre  oder  breitere  Hälfte,  die  übrigens  ohne 
scharfe  Grenzen  in  jene  erstere  überging,  sich  als  eine  vollständig  ausgebildete 
Knochenniasse  darstellte.  Was  die  Bedeutung  des  Keilbeinkörpers  bei  den  Schild- 
kröten anbelangt,  so  entspricht  er,  seiner  Entstehungsweise  und  Lage  nach  zu  ur- 
theilen,  eigentlich  nur  dem  hintern  Keilbeinkörper  andrer  Wirbelthiere,  wenngleich 
er  dadurch,  dass  er  nach  vorne  bis  über  den  Hirnanhang  hinausreicht,  auch  den  vor- 
dem Keilbeinkörper  ersetzt.  —  Die  Keilbeinflügel,  die  bei  der  Schildkröte  nur  in 
einem  Paare  vorkommen ,  und  denen  des  hintern  Keilbeins  andrer  Wirbelthiere  ent- 
sprechen, fand  ich  bei  allen  darauf  untersuchten  Jungen  von  Chelonia  und  Trionyx, 
und  selbst  auch  bei  den  Embryonen  von  Chelonia  und  Testudo,  schon  als  kleine 
Knochenslücke  vor. 

Die  Knorpelkapsel,  welche  sich  auch  bei  den  Schildkröten  um  den  häutigen 
Theil  des  Obrlabyrinthes  bildet  und  anfangs  eine  sehr  einfache  Form  und  nur  sehr 
dünne  Wandung  hat,  bleibt  in  ihrer  gegen  das  Gehirn  gekehrten  Hälfte  bei  mehre- 
ren Schildkröten  [namentlich  in  den  Gattungen  Emys  und  Chelonia],  wenn  nicht  gar 
bei  allen,  zeitlebens  knorplig.  Ihre  äussere  und  grössere  Hälfte  hingegen  verknöchert 
allmählig,  so  jedoch,  dass  in  ihr  zwei  Knochenstücke  entstehen,  von  denen  ein  jedes 
einen  Theil  des  häutigen  Ohrlabyrinthes,  namentlich  Theile  der  halbzirkelförmigen 
Kanäle,  einschiiesst,  und  von  denen  nur  das  eine  mit  dem  Namen  des  Felsenbeines 
belegt,  das  andere  von  Cuvier  nicht  recht  passend  Os  occipitale  externum  genannt 
worden  ist.  Beide  Knochenstücke  nun ,  die  zusammengenommen  eigentlich  nichts 
anderes  als  das  Felsenbein  der  höhern  Thiere  vorstellen,  waren  zwar  schon  bei  den 
Embryonen  von  Testudo  und  Chelonia  zu  erkennen ,  hatten  jedoch  bei  beiden  nur 
erst  eine  sehr  geringe  Grösse  [zumal  bei  dem  letztern  Embryo] ,  so  dass  sowohl 
zwischen  ihnen  selbst,  als  auch  zwischen  ihnen  und  den  benachbarten  Knochenstücken, 
noch  ziemlich  grosse ,  nur  von  Knorpel  angefüllte  Zwischenräume  vorkamen.  Auch 
bei  den  Jungen  von  Sphargis  und  Chelonia  Hessen  sie  um  sich  herum  noch  ziemlich 
grosse  Lücken  bemerken,  dagegen  waren  sie  bei  den  Jiuigen  von  Land-  und  SUss- 
wasserschildkröten,  welche  ich  zergliederte ,  schon  mehr  oder  weniger  vollständig 
theils  an  einander  selbst,  theils  auch  an  die  benachbarten  Knocbenstücke  herange- 
wachsen, wonach  also  zu  urtheilen  jene  Knochenstücke  sich  bei  den  Seeschildkröten 
am  langsamsten  vergrössern.  Was  aber  die  Grösse  der  ganzen  theils  knorpligen, 
theils  knöchernen  Kapsel  anbelangt,  welche  den  häutigen  Theil  des  Obrlabyrinthes 
einschiiesst,  so  habe  ich  sie  bei  jungen  Schildkröten  im  Verbältniss  zu  dem  Um- 
fange der  Hirnschale  um    so   bedeutender   gefunden,  je   weniger    dieselben    an    Alter 


53 

vorgeschritten  \v.iren.  —  Das  Gehörknöchelchen  erschien  schon  bei  den  reifern  Em- 
bryonen vollständig  ausgebildet. 

Die  beiden  Seitenhälften  des  Unterkiefers  verschmolzen  bei  den  Schildkröten 
schon  sehr  frühe,  wie  dies  bereits  von  Cuvier  bemerkt  worden  ist,  der  selbst  bei 
den  Jungen  zwischen  beiden  Hälften  keine  Spur  von  einer  Symphysis  auffinden  konn- 
te ').  Jedoch  geht  an  dem  Kinnwinkel  die  Verschmelzung  der  Knochenstücke  des 
Unterkiefers  erst  etwas  später  vor  sich ,  als  das  Junge  das  Ei  verlässt :  denn  nicht 
blos  bei  den  Embryonen  von  Testudo  und  Chelonia,  sondern  auch  noch  bei  dem 
Jungen  von  Trionyx  gangeticus  fand  ich  beide  Seitenhälften  nur  durch  eine  Sym- 
physe vereinigt.  Gleichfalls  kam  eine  solche  bei  den  Jungen  von  Chelonia  Midas 
und  Trionyx  aegyptiacus  vor,  war  aber  nur  äusserst  schmal  und  kaum  noch  zu  er- 
kennen. Bei  Terrapene  tricarinata  aber  griffen  die  Knochenstücke  an  dem  Kinnwin- 
kel mit  sehr  zackigen  Rändern  innig  in  einander,  ohne  jedoch  bereits  verwachsen  zu 
sein,  indess  bei  den  erstgenannten  Schildkröten  die  einander  zugekehrten  Ränder  der 
Kinnladenhälften  keine  Zacken  besassen,  sondern  ziemlich  glatt  wairen. 

Die  übrigen  Knochen  des  Kopfes  verhielten  sich  nicht  allein  bei  den  Jungen, 
sondern  auch  schon  bei  den  reifern  Embryonen  in  Hinsicht  ihrer  Form,  relativen 
Grösse  und  Verbindung  sehr  ähnlich,  wie  bei  den  Erwachsenen  derselben  Gattungen, 
weshalb  denn  über  diese  ihre  Verhältnisse  Nichts  weiter  anzugeben  wäre. 

Zwischen  den  Knochen  und  der  Hautbedecknng  des  Kopfes  fehlt  bei  den  jungen 
Schildkröten,  obgleich  auch  dieser  Theil  der  Hautbedeckung  meistens  ziemlich  grosse 
Hornplatten  trägt,  doch  eine  solche  aus  sehr  verdichtetem  Bindegewebe  gebildete,  ge- 
wöhnlich aber  für  knorplig  gehaltene  Schichte,  wie  sie  bei  denselben  au  dem  Rumpfe 
vorkommt.  (§.  36.)  Es  erfahren  daher  die  Knochen  des  Kopfes  nicht  dergleichen  son- 
derbare histologische  Veränderungen,  wie  ich  sie  nachher  von  mehrern  Knochen  des 
Rumpfes  angeben  werde,  sondern  es  bleiben  ihre  Höhlen  nur  mit  Knochenmark  erfüllt. 

§.4.  In  einigen  Knochenstücken  des  Schädels  geht  bei  den  Schildkröten  die 
Verknöcherung  von  der  Oberfläche,  in  andern  von  der  Tiefe  aus.  Das  erstere  ist 
der  Fall,  wie  bei  den  Fröschen,  an  der  Schuppe  und  den  Seitentheilen  des  Hinter- 
hauptbeines, desgleichen  an  den  Quadratbeinen  und  den  Scheitelbeinen.  Namentlich 
fand  ich  bei  den  Jungen  von  Sphargis  und  Chelonia,  dass  bei  ihnen  diese  Theile  des 
Kopfes  aus  Knorpelmasse  bestanden,  die  von  einer  nur  massig  dicken  Knochenrinde 
umgeben  waren.  (Bei  den  erwachsenen  Schildkröten  bestehen  auch  diese  Theile  der 
Hirnschale  durchweg  aus  Knochensubstanz,  indess  sie  bei  erwachsenen  Fröschen  ge- 


*)     Recherclies  sur  les  ossemens  fossiles.     Quatrieme  edition.     Tom.  IX.  Pag.  378. 


54 

wohnlich  in  ihrem  Innern  noch  ziemlich  grosse  Reste  von  reinem  Knorpel  bemerken 
lassen).  Dagegen  war  für  den  Körper  des  Hinterhauptbeines  und  des  Keilbeins 
die  Verknöcherung  offenbar  von  der  Tiefe  der  Knorpelmasse,  aus  welcher  sich  diese 
Knochenstücke  herausbilden,  ausgegangen.  Und  eben  dasselbe  schien  der  Fall  auch 
für  die  Stirnbeine,  die  Felsenbeine  und  alle  platten  Knochen  des  Antlitzes  der  Fall 
gewesen  zu  sein. 

Der  Unterkiefer  zeigte  schon  bei  den  reifern  Embryonen  eine  ähnliche  Zusam- 
mensetzung, wie  bei  den  Erwachsenen  derselben  Arten:  nur  waren  die  5  einzelnen 
Knochenslücke,  welche  in  jeder  Seitenhälfte  desselben  den  als  Achse  dienenden  Knor- 
pelstrang wie  Schienen  umgaben,  im  Verhältniss  zu  diesem  viel  dünner,  als  bei  den 
Erwachsenen,  so  dass  demnach  bei  jenen  Embryonen  dieser  Knorpelstrang  an  der 
Zusammensetzung  des  Unterkiefers  einen  viel  grössern  Antheil,  als  bei  den  Erwach- 
senen hatte. 

Auch  war  bei  ihnen  aus  dem  hintern  Ende  des  erwähnten  Knorpelstranges,  der 
den  Meckei'schen  Knorpel  der  Säugethiere  vorstellt,  noch  nicht  durch  eine  Verknö- 
cherung derjenige  Theil  des  Unterkiefers  entstanden,  welcher  von  Cuvier  das  Articule 
genannt  worden  ist.  Ausserdem  al)er  fehlte  dieser  Theil  sogar  noch  bei  allen  Jun- 
gen der  Gattungen  Sphargis,  Chelonia  und  Trionyx,  welche  ich  zergliedern  konnte: 
dagegen  war  er  bei  den  untersuchten  Jungen  andrer  Schildkrölen  schon  sichtbar.  Diese 
Verschiedenheit  aber  in  der  Zeit  seines  Auftretens  steht  in  Uebereinstimniung  damit, 
dass  er  bei  den  Seeschildkröten  und  in  der  Gattung  Trionyx  eine  verhältnissraässig 
nur  sehr  geringe,  bei  andern  Schildkröten  eine  viel   erheblichere  Grösse  erlangt. 

§.  5.  Dass  die  Scheidewand  der  Augen-  und  Nasenhöhlen,  die  bei  den  Schild- 
kröten für  immer  knorplig  bleibt,  sich  aus  denjenigen  Theilen  der  Belegungsmasse 
der  Rückensaite,  welche  ich  die  paarigen  Balken  des  Schädels  genannt  habe,  durch 
Verschmelzung  und  Vergrösserung  derselben  entwickelt,  seheint  mir  nach  der  Analo- 
gie mit  andern  ^Vlrbelthieren  keinem  Zweifel  zu  unterliegen.  Ob  sich  aber  die  so- 
genannten vordem  Stirnbeine  aus  dieser  Knorpelpartie,  oder  vielmehr,  wie  nament- 
lich die  Nasenbeine  andrer  Thiere,  nur  auf  derselben  gebildet  hatten,  muss  ich  da- 
hin gestellt  sein  lassen.  Für  die  letztere  Entstehungsweise  spricht  jedoch  der  Um- 
stand, dass  die  vordere  Hälfle  der  eben  erwähnten  Knochenstücke,  wie  die  Nasen- 
beine andrer  Thiere,  auf  zwei  flügelartigen,  in  dünnen  Knorpelplatten  bestehenden 
Ausbreitungen  jener  Scheidewand  liegen,  die  oben  und  seitlich  die  Nasenhöhlen  aus- 
kleiden und  nach  innen  mit  der  Schleimhaut  dieser  Hohlen  bedeckt  sind.  - — ■  Sowohl 
in  der  Jugend,  als  auch  im  spätem  Alter  der  Schildkröten  kommen  bei  denselben 
zwei  auf  beide  Seitenhälften  des  Kopfes  vertheille,   gleich  nach  aussen  von  der  har- 


55 

ten  Hirnhaut  g^elegne,  mehr  oder  weniger  breite  und  unregelmässig  geformte  Knor- 
pelslreifeii  vor,  die  zu  beiden  Seiten  des  Keilbeinkörpers  von  der  Grundfläche  der 
Hirusciiale  ausgehen,  dicht  vor  der  Knorpel-  und  Knochenmasse  des  innern  Ohres, 
von  der  sie  leicht  sich  trennen  lassen,  aufsteigen,  und  darauf  sich  an  der  innern 
Seite  der  Scheitelbeine  bis  in  die  Gegend  der  Mittelebne  des  Kopfes  hin  erstrecken, 
nach  vorne  aber  in  die  knorpligen  Wandungen  der  Augenhöhlen  übergehen.  Allem 
Anscheine  nach  sind  auch  diese  Knorpelstreifen,  die  übrigens  bei  den  Seeschildkröten 
die  grösste  Breite  und  Dicke  erlangen,  und  von  denen  ich  bisher  bei  höhern  VVirbel- 
thieren,  wie  auch  bei  Fröschen  und  Kröten,  nichts  Aehnliches  bemerkt  habe,  Ausläu- 
fer der  Belegungsmasse  der  Rückensaite.  Ob  sie  in  einer  frühern  Entwickelungszeit 
zu  denjenigen  Knorpelpartien,  aus  welchen  sich  die  Scheitel-  und  Stirnbeine  bilden, 
in  einer  nähern  Beziehung  stehen,  würde  noch  dereinst  zu  untersuchen  sein. 

Auch  von  den  unpaarigen  Balken  des  Schädels  fand  ich  bei  den  altern  Embryo- 
nen, und  selbst  noch  bei  den  Jungen  von  Seeschildkröten,  Spuren  vor.  Sie  bestan- 
den in  einem  schmalen  und  sehr  dünnen,  wie  überhaupt  nur  kleinen  Knorpelstreifen, 
der  in  einer  massig  hohen  Querfalte  der  harten  Hirnhaut  befindlich  war,  welche  Falte 
hinter  dem  Hirnanhange  da  vorkam,  wo  namentlich  bei  den  Säugethieren  die  Lehne 
des  Türkensattels  bemerkt  wird.  Bei  erwachsenen  Schildkröten  aber  konnte  ich  einen 
solchen  Knorpelüberrest  nicht  auffinden :  auch  erschien  mir  bei  ihnen  die  Falte ,  die 
ihn  bei  den  Jungen  einschloss,  verhältnissmässig  viel  niedriger. 

B.     Wirbelsäule. 

§.  6.  In  Hinsicht  der  Gestalt  waren  die  Hals-  und  Schwanzwirbel  nicht  blos 
bei  den  untersuchten  jungen  Schildkröten,  sondern  auch  schon  bei  den  Embryonen 
der  Chelonia  imd  Testudo,  denen  erwachsener  Exemplare  dieser  Thiere  sehr  ähnlich. 
Namentlich  besassen  selbst  bei  jenen  Embryonen  fast  alle  Halswirbel  an  ihrem  Kör- 
per, wie  bei  den  Erwachsenen,  eine  oder  zwei  recht  grosse  Gelenkköpfe,  und  an 
ihrem  Bogen  massig  grosse  Processus  obliqui.  Die  Körper  der  Rücken-  und  Kreuz- 
wirbel erschienen  zwar  im  Verhältniss  zu  ihrer  Dicke  etwas  kürzer,  als  bei  den  Er- 
wachsenen, doch  hatten  alle  imgefähr  die  Form  von  Rinnen,  indem  ihre  obere  Fläche, 
und  zwar  am  bedeutendsten  bei  der  Sphargis,  concav,  dagegen  die  untere  in  einem 
noch  weit  höhern  Grade  convex  war.  Auch  waren  sie  an  ihren  Enden  schon  et- 
was dicker,  als  in  der  Mitte.  Anders  hingegen,  als  bei  den  Erwachsenen,  verhiel- 
ten sich  bei  den  eben  genannten  Embryonen  die  Bogen  dieser  Wirbel.  Nirgend  wa- 
ren sie  so  breit,  dass  sich  zwei  benachbarte  berührt  hätten;  sondern  es  Hessen  je 
zwei  in  ihrer  ganzen  Höhe  einen  ziemlich  grossen  Zwischenraum  zwischen  sich,  der 


56 

von  zwei  vereinigten  fibrösen  Häuten  ausgerüUt  war,  nämlich  von  der  harten  Haut 
des  Rückenmarks  und  von  einer  massig  dicken  Fascie,  die  äusserlich  von  einem 
Bogen  zum  andern  herüberlief  und  in  die  Knochenhaut  derselben  überging.  Indess 
zeigten  die  Bogen  in  ihrer  Form  schon  eine  Annäherung  in  diejenige,  welche  diese 
Stücke  bei  den  Erwachsenen  darbieten :  denn  unten,  wo  sie  von  den  Körpern  der  Wirbel 
ausgingen,  waren  sie  schon  ziemlich  breit,  weiter  nach  oben  schmäler,  und  in  ihrem 
obersten  Theile  oder  der  Mitte  am  breitesten.  Ein  jeder  Bogen  ging  von  dem  vor- 
dem Drittel  des  Körpers  seines  Wirbels  ab,  war  aber  an  allen  Wirbeln  des  Rum- 
pfes ,  mit  Ausnahme  des  vordersten ,  sehr  schräge  nach  vorn  gerichtet.  Auch  war 
er  an  eben  denselben  Wirbeln,  während  er  an  seinen  Enden  an  Breite  zugenommen 
hatte,  nach  vorne  über  den  Körper  seines  Wirbels  eine  massig  grosse  Strecke  hin- 
ausgewachsen, so  dass  er  zum  Theil  auch  auf  dem  Körper  des  zunächst  vor  ihm 
liegenden  Wirbels  zu  ruhen  gekommen  war.  Noch  breiter  aber  war  an  dem  zwei- 
ten und  den  folgenden  12  Rumpfwirbeln  der  mittlere  oder  oberste  Tbeil  des  Bogens 
geworden,  und  es  stellte  dieser  gleichsam  ein  kleines  Schild  dar,  das  bei  der  Testudo 
(Tab.  in,  Fig.  10.)  die  Form  eines  Ovals,  bei  der  Chelonia  (Tab.  IV,  Fig.  1.) 
die  eines  Kartenherzens  halte,  und  dessen  grösster  Durchmesser  in  der  Mittelebene 
des  Leibes  lag.  Bei  näherer  Betrachtung  ergal)  sich  indess,  dass  ein  jedes  solches 
Schild  eigentlich  durch  eine  nach  oben  gegangene  Wucherung  der  Substanz  des 
Bogens  entstanden  war,  indem  es  einen  gerade  aufsteigenden  Fortsatz  darstellte,  der 
im  Verbältniss  zu  der  Grösse  des  Wirbelbogens,  welchem  er  angehörte,  im  Ganzen 
eine  beträchtliche  Breite  hatte.  Dagegen  war  die  Höhe  dieser  Fortsätze  höchst  un- 
bedeutend, selbst  an  dem  zweiten  und  den  sechs  folgenden  Rumpfwirbeln ,  an  denen 
sie  sich  grösser,  als  an  den  übrigen,  zeigten.  Die  nach  oben  gekehrte  Fläche  die- 
ser Fortsätze  war  im  Allgemeinen  ein  wenig  convex,  die  Seitenflächen  aber  wai'en 
gerade  und  ziemlich  senkrecht  gerichtet.  Die  Kante,  die  durch  das  Zusammentreffen 
dieser  verschiedenen  Flächen  gebildet  wurde,  war  ein  ziemlich  rechter  Winkel,  sprang 
also  seitwärts  nicht  merklich  oder  doch  nicht  erheblich  vor. 

Wie  die  Untersuchung  weiter  entwickelter  Schildkröten  auswies,  bleiben  an 
den  hintersten  Rumpfwirbeln  die  Andeutungen  von  Dornfortsätzen  in  ihrer  Entwicke- 
lung  sehr  zurück.  Dagegen  wuchert  an  dem  zweiten  und  den  sechs  folgenden  Rumpf- 
wirbeln aus  der  Mitte  der  Bogen  derselben  die  Substanz,  je  später,  desto  mehr  her- 
vor, und  es  verhallen  sich  an  ihnen  die  Bogen  in  dieser  Hinsicht,  wie  die  Bogen 
vieler  Wirbel  bei  der  Mehrzahl  der  Vertebraten.  Allein  statt  dass  bei  andern  Wir- 
helthieren  der  neue  Anwuchs  zwischen  den  Rückenmuskeln  immer  mehr  in  die  Höhe 
geht,  und  das  im  Allgemeinen  um  so  mehr,  je  dicker  die  Lagen  der  Rückenmuskeln 


57 

werden,  in  Folge  davon  aber  sich  zu  einem  mehr  oder  weniger  langen  Strahl,  zu 
einem  wahren  Proressus  spinosus  ausbildet,  bietet  derselbe  bei  den  Schildkröten 
grade  ein  entgegengesetztes  \'erlialten  dar.  Denn  bei  diesen  Amphibien ,  bei  denen 
sich  nur  wenige  Rückenmuskeln  und  diese  ausserdem  nur  schwach  ausbilden  (§.  42.), 
so  dass  überhaupt  ihre  Rüekenmuskelu  die  Hautbedeckung  nicht  erheblich  von  den 
Bogen  der  Runipl"« irbel  entfernen  können,  kommt  jener  neue  Auswuchs  mehrerer 
Wirhelhogcn  sogleich,  wie  er  entsteht,  mit  einer  dicht  unter  der  Hautbedeckung  lie- 
genden Schichte  eines  dichten  Bindegewebes  in  Berührung,  geht  darauf  unter  dersel- 
ben und  der  Hauthedeckung  in  die  Breite,  indem  er  theils  nach  vorn  und  hinten, 
theils  auch  seitwäi'ts  sich  ausdehnt,  und  nimmt  die  Form  einer  Platte  an,  die  auf 
ihrem  Wirbelbogen,  wie  auf  einer  Unterlage  oder  einem  Fusse,  ruht.  Ganz  richtig 
hal)en  demnach  Bojanus,  Meckel  und  Andre  diese  Platten  für  Seitenstücke  oder 
analoge  Theile  der  Dornfortsätze  andrer  Thiere  ausgegeben,  wenn  gleich  dieselben,  wenn 
sie  ihre  Ausbildung  erreicht  haben ,  in  der  Form  mit  gewöhnlichen  Dornfortsätzen 
gar  keine  Aehnlicbkeit  mehr  bemerken  lassen.  Haben  die  Dornfortsätze  endlich  ihre 
völlige  Ausbildiuig  erlangt,  so  sind  sie  an  einander  dicht  angeschlossen  und  setzen 
die  Reihe  der  mittlem  oder  unpaarigen  Platten  des  Rückenschildes  zum  grössern 
Theile ,  jedoch  nicht  ganz  und  gar,  zusammen :  denn  die  vorderste  Platte  und  dieje- 
nigen in  der  Reihe,  welche  hinter  dem  achten  Wirbel  des  Rumpfes  liegen,  und  de- 
ren Zalil  nicht  bei  allen  Schildkröten  gleich  ist,  hal)en,  wie  ich  weiterhin  noch  näher 
angeben  werde  (§.  25.),  einen  ganz  andern  Ursprung.  —  Die  Ausbildung  der  oben 
bezeichneten  7  vordem  und  immer  grösser  werdenden  Domfortsätze  geht  nach  der 
Enthüllung  der  Embi-yonen  nicht  besonders  rasch  vor  sich.  Unter  den  jungen  Schild- 
kröten, die  ich  untersuchte,  wai-en  sie  bei  Sphargis  (Tab.  IV,  Fig.  3.)  imd  Chelo- 
nia  imbricata  nicht  merklich  weiter  entwickelt,  als  bei  dem  Embryo  von  Chelonia 
Midas,  hatten  ebenfalls  noch  an  der  obern  Seite  die  Form  eines  Kartenherzens,  dessen 
schmäleres  Ende  nach  vorne  gerichtet  war,  und  bestanden  noch  beinahe  ganz  aus 
Knorpelsubstanz.  Etwas,  doch  nur  wenig  weiter  waren  sie  bei  den  Jungen  von 
Chelonia  Midas  und  Chelonia  virgata  entwickelt.  (Tab.  V,  Fig,  1.)  Auch  an  diesen 
ffewährten  sie  bei  der  Ansicht  von  oben  noch  die  Form  von  Kartenherzen,  —  welche 
Form  ihnen  nur  bei  den  Seeschildkröten  zu  einer  gewissen  Zeit  eigen  zu  sein 
scheint  —  liefen  aber  an  dem  dünnern  Ende  in  eine  ziemlich  lange,  massig  breite 
und  stumpf  abgerundete  Spitze  aus,  die  über  den  Wirbelbogen,  dem  ein  solcher  Fort- 
satz angehörte,  nach  vorne  ein  wenig  vorsprang,  weshalb  die  Zwischenräume  zwischen 
den  Dornfortsälzen  verhältnissmässig  kleiner  waren,  als  bei  dem  Embryo  derselben 
Gattung.  Auch  waren  alle  diese  Fortsätze,   die  noch  zum  grössten  Theil  aus  Knor- 

8 


58 

pel  bestanden  und  nur  erst  eine  sehr  dünne  Knochenkruste  besassen,  etwas  höher 
und  besonders  an  ihrem  obern  Ende  etwas  breiter  geworden ,  so  dass  sie  an  ihrer 
Basis  merklich  schmäler,  als  an  ihrer  obern  Fläche,  erschienen.  Doch  hatten  sie  nicht 
alle  eine  gleiche  Höhe,  auch  nicht  an  ihrer  obern  Seite  eine  absolut  und  im  Ver- 
hältniss  zu  ihrer  Basis  gleiche  Breite.  (Tab.  VI,  Fig.  9  und  10.)  —  Noch  etwas 
mehr  hatten  sie  an  Breite  bei  den  Jungen  von  Trionyx  gangeticus  (Tab.  VI,  Fig. 
14.),  Terrapene  tricarinata  (Tab.  V,  Fig.  3.)  und  Emys  europaea  gewonnen,  so  dass 
sie  bei  denselben  schon  mehr,  als  bei  der  Chelonia  virgata,  eine  Annäherung  an  die 
Form  von  Platten  erkennen  Hessen.  (Siehe  Tab.  HI,  Fig.  8,  wo  ein  Wirbelbogen 
und  Dornforlsatz  des  altern  Exemplai'es  von  Emys  europaea  abgebildet  ist.)  Von 
oben  angesehen  waren  sie  übrigens  entweder  oval,  oder  gestreckt -ellipsoidisch  und 
an  den  Enden  wie  quer  abgeschnitten.  Zwischen  ihnen  befanden  sich  noch  ziemlich 
grosse  Zwischenräume,  besonders  bei  der  Terrapene  tricarinata.  (Tab.  V,  Fig.  3.) 
Aehniich  geformt  und  gleichfidls  im  Vcrhältniss  zu  ihrer  Länge  noch  nicht  so  breit, 
wie  bei  den  Erwachsenen ,  waren  sie  auch  bei  der  jungen  Emys  lutaria ,  stiessen 
aber  mit  ihren  Enden  schon  dicht  an  einander.  Bei  Platemys  Spixii,  Trionyx  ocella- 
tus,  Pentonyx  capensis  und  Terrapene  pensylvanica  hatten  sie  schon  eine  solche 
Form,  wie  bei  den  Erwachsenen  derselben  Arten  erlangt,  und  waren  auch  so  gross 
geworden,  dass  sie  dicht  an  einander  stiessen.  (Tab.  V,  Fig.  2.  und  Fig.  4.)  — 
An  dem  vordersten  Rumpfwirbel  zeigt  sich  bei  den  Land-  und  Süsswasserschildkrö- 
ten  entweder  gar  keine,  oder  doch  nur  eine  schwache  Andeutung  von  einem  Dorn- 
fortsatze. Bei  den  Seeschildkröten  aber  bildet  sich  an  demselben  zwar  ein  ziem- 
lich hoher  und  überhaupt  ziemlich  grosser  Dornfortsatz ,  doch  breitet  sich  dieser 
nicht,  wie  die  nächstfolgenden,  an  seinem  obern  Theile  zu  einer  horizontalen  Tafel 
aus,  sondern  stellt  einen  senkrecht  stehenden  einfachen  Auswuchs  seines  Wirbel- 
bogens  dar,  und  wird  von  dem  tafelförmigen  Theile  des  nächstfolgenden  Dornfort- 
satzes ganz  überwölbt.  An  dem  neunten  Rumpfwirbel  und  den  nächstfolgenden  bil- 
det sich  bei  den  Schildkröten  im  Allgemeinen  zwar  eine  platte  Erhöhung  auf  dem 
Bogen  aus,  doch  bleibt  dieselbe  nur  sehr  niedrig,  und  behält  überhaupt  für  immer 
nur  ein  solches  Aussehen,  wie  sie  es  schon  bei  den  reifen  Embryonen  und  den 
Neugebornen  hat. 

Die  Bogenschenkel  der  Rumpfwirbel  erlangen,  wie  bekannt,  bei  manchen  Schild- 
kröten eine  sehr  ansehnliche  Breite,  so  dass  die  grossen  Lücken,  die  sich  bei  den 
reifern  Embryonen  jederseits  zwischen  ihnen  befinden,  dadurch  bedeutend  verkleinert 
werden.  Und  dieses  starke  Wachsthum  in  die  Breite  gebt  an  ihnen,  nach  der  Ent- 
hüllung  d|r   Embryonen,  ziemlich    rasch   vor    sich:    denn    bei    dem  jungen   Trionyx 


59 

g^angeticus  und  Trionyx  occllalus  hatten  sie  schon  eine  ansehnliche  Breite  erlanjjft^ 
dass  je  zweie  nur  an  der  Mille  ihrer  Höhe  noch  eine  massig  grosse  Lürke  Tiir  den 
Durchgang  eines  SpiniUnerven  und  zweier  IJiutgelassc  zwischen  sich  liessen,  oben 
und  unten  al)er  zusanimenstiessen.  Noch  ausgedehnter  war  ihre  Vereinigung  bei 
der  jungen  Phileniys,  indem  bei  dieser  die  Lücke  zwischen  je  zwei  Bogenschcnkeln 
nur  ein  sehr  kleines  Loch  darstellte.  Bei  andern  Schildkröten  erlangen  die  Bogen- 
schenkel  der  Rumpfwirbel  eine  viel  weniger  grosse  Breite,  wie  z.  B.  bei  Emys 
europaea,  und  bei  noch  andern,  wie  namentlich  bei  denen  aus  der  Gattung  Tesludo, 
kann  man  sie  im  Verhältniss  zu  ihren  Wirbclkörpern  nur  schmal  nennen. 

Die  Querfortsätze  der  Kreuzbein-  und  Schwanzwirbel,  die  nahe  an  den  Körpern 
von  den  Bogenschcnkeln  dieser  Wirbel  abgehen  und  für  immer  eine  sehr  einfache 
Form  behalten,  waren  an  den  Embryonen  von  Chelonia  und  Testudo  in  ihrer  Ent- 
wickclung  noch  sehr  zurück,  indem  selbst  die  des  Kreuzbeins  erst  eine  geringe 
Länge  und  überhaupt  nur  eine  geringe  Grösse  hatten,  die  des  Schwanzes  aber  der 
Mehrzahl  nach  noch  fehlten.  Bei  den  andern  untersuchten  jungen  Schildkröten  waren  sie 
zwar  weiter  entwickelt,  doch  hatten  selbst  die  des  Kreuzbeins  bei  fast  allen  noch 
eine  verhältnissmässig  geringere  Länge,  als  bei  den  Erwachsenen  derselben  Arten. 

§.  7.  Eine  Rückensaite  [Chorda  dorsalis]  war  bei  den  Embryonen 
von  Testudo  und  Chelonia,  wie  auch  bei  den  Jungen  von  Sphargis  und  Chelonia 
Midas  noch  sehr  deutlich  vorhanden,  und  erstreckte  sich  bei  ihnen  noch  ohne  Un- 
terbrechung von  dem  hintersten  Schwanzwirbel  bis  in  das  Hinterhauptbein.  Eben 
dasselbe  war  auch  der  Fall  bei  dem  jungem  Exemplar  von  Emys  europaea.  Im 
Verhältniss  zu  der  Dicke  der  Wirbelkörper,  durch  die  sie  hindurch  lief,  war  sie 
am  dicksten  bei  dem  Embrjo  von  Chelonia  und  der  jungen  Sphargis,  doch  auch  bei 
ihnen  im  Ganzen  nur  dünn  und  dabei  so  geformt,  dass  sie  von  dem  mittlem  Theile 
eines  jeden  Wirbels,  wo  sie  im  Verhältniss  zu  ihm  die  grösste  Dicke  hatte,  gegen 
die  Enden  desselben  sich  ziemlich  stark  verjüngte,  also  auf  der  Grenze  je  zweier 
Wirbel  im  Allgemeinen  am  dünnsten  war.  (Tab.  VI,  Fig.  8,  a.)  Ihre  beiden  we- 
sentlichen Theile,  die  Scheide  und  der  Kern,  liessen  sich  bei  den  angeführten  See- 
schildkröten noch  hinreichend  deutlich  unterscheiden.  Auch  konnte  ich  in  dem  Kern, 
der  beinahe  die  Festigkeit  eines  Knorpels  hatte  und  mit  der  massig  dicken  häutigen 
Scheide  nur  locker  zusammenhing,  noch  deutlich  eine  Zusammensetzung  aus  Zellen 
erkennen.  Bei  dem  Embryo  von  Testudo  hatte  die  Rückensaite-  in  den  einzelnen 
Wirbeln  allenthalben  eine  ziemlich  gleiche  Dicke,  schien  aber  in  einigen  Gegenden 
nicht  drehrund,  sondern  von  rechts  und  links  ziemlich  stark  abgeplattet  zu  sein. 
Ob  ihr  Kern  noch  vorhanden  war,  oder  ob  sie  nur  allein  aus  ihrer  Scheide  bestand, 

8* 


60 

Hess  sich  ihrer  grossen  Zartheit  wegen  nicht  gehörig  ermitteln.  Bei  mehrern  an- 
dern jungen  Schildkröten,  die  ich  auf  ihre  Rückensaite  untersuchte,  erstreckte  sich 
dieselbe  nicht  mehr  durch  die  ganze  Wirbelsäule,  sondern  war  von  vorne  her  mehr 
oder  weniger  weit  nach  hinten  verschwunden.  Bei  der  jungen  Chelonia  virgata 
reichte  sie  vom  hintern  Theile  des  Schwanzes  bis  auf  die  Mitte  des  Halses :  zudem 
war  sie  in  der  Mitte  der  einzelnen  Wirbel,  namentlich  der  Wirbel  des  Rumpfes 
und  Halses,  merklich,  wenn  gleich  nur  massig,  dünner,  als  an  den  Enden  derselben, 
und  verhielt  sich  also  in  dieser  Hinsicht  umgekehrt,  als  bei  der  viel  Jüngern  Sphar- 
gis  und  dem  Embryo  von  Chelonia.  Scheide  und  Kern  Hessen  sich  an  ihr  noch 
hinreichend  unterscheiden,  besonders  an  den  dickern  Stellen.  Bei  dem  altern  Exem- 
plar von  Emys  europaea  und  der  Terrapene  tricarinata  ging  sie  von  dem  Ende  des 
Schwanzes  nur  bis  zu  dem  Halse,  und  hei  dem  Trionyx  ocellatus  nur  bis  zu  dem 
Rumpfe  hin.  Stellenweise  war  bei  ihnen  dieser  noch  vorhandene  fadenförmige  The'il 
so  überaus  zart,  dass  er  kaum  noch  erkannt  werden  konnte.  Ausserdem  aber  be- 
merkte ich  bei  Trionyx  ocellatus  noch  Reste  der  Rückensaite,  die  unter  einander 
nicht  mehr  im  Zusammenhange  standen.  Sie  kamen  in  dem  Rumpfe  vor,  folgten 
so  in  einer  Reihe '  auf  einander,  dass  je  einer  zwischen  je  zwei  Wirbeln  inmitten 
der  Knorpelsubstanz,  durch  welche  die  bereits  verknöcherten  Theile  der  Körper  der- 
selben in  einander  übergingen,  seine  Lage  hatte,  bildeten  lauter  kurze  und  an  bei- 
den Enden  spitze  Doppelkegel,  waren  mit  dem  einen  Ende  nach  hinten,  mit  dem 
andern  nach  vorn  gerichtet,  hatten  eine  absolut  und  relativ  nur  sehr  geringe  Grösse, 
und  bestanden ,  allem  Anschein  nach,  nur  allein  aus  einem  Theile  der  Scheide  der 
Rückensaite.  Bei  der  Platemys  waren  eben  so  beschatfene  Reste  der  Rückensaite 
vorhanden,  hei  ihr  aber  zwischen  den  Schwanzwirbeln,  innerhalb  der  faserknorpligen 
Substanz,  durch  welche  die  verknöcherten  Theile  der  Körper  derselben  zusammen- 
gehalten wurden,  indess  im  Halse  und  Rumpfe  sogar  von  solchen  Resten  jede  Spur 
verschwunden  war.  —  Nach  dem  Angeführten  winl  also  bei  den  Schildkröten  die 
Rückensaite  nicht  so,  wie  es  bei  den  Gräthenfischen  und  Plagiostomen  der  Fall  ist, 
zuerst  in  der  Mitte,  sondern  an  dem  Ende  der  einzelnen  Wirbelkörper  dünner  und 
gleichsam  eingeschnürt:  später  aber  erfährt  sie  an  dem  mittlem  Theile  der  einzelnen 
Wirbelkörper  eine  stärkere  Resorption,  als  gegen  die  Enden  derselben  und  zwischen 
ihnen,  in  Folge  deren  sie  in  den  Wirbelkörpern  seihst  schon  früher  verschwindet, 
als  zwischen  ihnen.  Im  Ganzen  aber  wird  sie  allmählig  von  vorne  nach  hinten 
aufgelöst,  so  dass  sie  zuerst  im  Halse,  zuletzt  im  Schwänze  völlig  verschwindet. 

Am  dicksten,  im  Verhältniss  zu  dem  Leibe  im  Ganzen  und  zu  der  Wirbelsäule 
insbesondere,  erscheint  die  Rückensaite  bei  den  Fischen ,    nächst  ihnen   aber  bei  den 


61 

Batracliiern.  Auch  bleibt  sie  bei  diesen  Tiiieren  am  läno^sten  bestehen;  bei  mehrern 
Knorpeirischen  sogar  das  fi^anze  Leben  liindiirch.  Bei  Embryonen  des  Blennius  vi- 
viparus,  die  eine  Länge  von  1  "  5  '"  haften  und  deren  Nabelsack  beinahe  schon 
verschwunden  war,  besass  sie  noch  eine  bedeutende  Dicke,  indess  die  Wirbelkörpcr, 
die  auf  iiir  aufgereiht  und  bereits  verknöchert  waren ,  nur  das  Aussehn  höchst  dün- 
ner Ringe  halten.  (Tab.  VI,  Fig.  1.)  Nicht  dünner  war  sie  bei  Embryonen  des- 
selben Fisches,  die  zur  Geburt  schon  reif  erschienen  und  eine  Länge  von  l"  7'"  hat- 
ten, obgleich  in  ihnen  die  ringförmigen  Wirbelkörper  schon  merklich  dicker  gewor- 
den wai'en.  Gleichfalls  traf  ich  sie  von  einer  ziemlichen  Dicke  in  jungen  Cyprinen 
an,  die  schon  eine  Länge  von  beiiudie  5  Linien  hatten,  und  von  mir  zwischen  dem 
Mantel  und  den  Kiemen  einiger  Anodonten  gefunden  worden  waren  '),  wie  auch 
bei  jungen  Exemplaren  von  Ammodytes  lobiaims,  deren  Länge  9 '"  betrug.  Nicht 
dünner  im  Verhältniss  zu  den  Wirbelkörpern,  als  bei  den  oben  angegebenen  klei- 
nern Embryonen  des  Blennius,  wohl  aber  etwas  dünner  im  Verhältniss  zu  der 
Dicke  der  ringförmigen  Wirbelkörper,  erschien  mir  die  Rückensaite  bei  Larven  der 
Rana  escidenta,  deren  Vorderbeine  zum  Durchbrechen  nach  aussen  schon  beinahe 
reif  waren.  Nur  sehr  dünn  dagegen  erscheint  die  Rückensaite  im  Verhältniss  zu 
dem  ganzen  Leibe  selbst  dann,  wann  sie  relativ  am  grössten  ist,  bei  den  beschupp- 
ten Amphibien ,  den  Vögeln  und  den  Säugethieren,  und  zwar  am  dünnsten  bei  den 
Säugethieren.  Eben  dasselbe  gilt  auch  von  ihr,  wenn  man  zu  der  Zeit,  da  sie  ihre 
grösste  Dicke  erlangt  hat  und  bald  zu  schwinden  beginnen  will,  diese  ihre  Dicke  mit 
der  Dicke  vergleicht,  welche  dann  bereits  die  Wirbelkörper  gewonnen  haben.  In 
dieser  letztem  Hinsicht  fand  ich  sie  bei  den  Schlangen,  Eidechsen,  Schildkröten,  Vö- 
sreln  und  Säuffethieren  um  so  dünner,  je  weiter  in  der  Reihe  dieser  Thiere  von  den 
Schlangen  ein  jedes  der  übrigen  entfernt  steht.  Ausserdem  aber  vergeht  die  Rücken- 
saite bei  allen  diesen  Thieren  früher,  als  bei  den  Batrachiern,  und  zwar  am  frühe- 
sten bei  den  Säugethieren.  Doch  lässt  sie  auch  bei  ihnen  sich  noch  später  erken- 
nen, als  man  meistens  gemeint  hat.  So  sah  ich  sie  noch  sehr  deutlich  bei  Schweins- 
embryonen,  die  vom  Scheitel  bis  zur  Schwanzwurzel  eine  Länge  von  einem  Zolle 
und  einer  oder  auch  mehreren  Linien  hatten,  bei  dem  Hähnchen  vom  ISten  Tage 
der  Bebrütung  in  dem  grössern  Theile  der  Wirbelsäule  [denn  in  den  vordersten  Hals- 
wirbeln war  sie  schon  verschwunden] ,  bei  einer  5  Tage  alten  Taube  in  dem 
Schwänze,    Rumpfe   und    hintern  Theile   des  Halses,  jedoch  mit  Unterbrechung^en  in 


')  JNach  Doellinger's  und  Oken's  Angaben  kommen  in  Süsswassermuscheln  mitunter  junge  Stich- 
linge  vor;  dass  aber  die  oben  erwähnten  Fischchen  nicht  Slichlinge,  sondern  Cyprinen  waren,  ergab  sich 
besonders  aus  der  Form  ihrer  Schwimmblase. 


62 

dem  mittlem  schon  verknöcherten  Theile  der  einzelnen  Wirbelkörper,  bei  Embryoneu 
der  Natter  und  der  Lacerta  agilis,  die  schon  beschuppt,  verschiedentlich  gefärbt  und 
überhaupt  zur  Enthüllung  reif  waren,  und  bei  Schildkröten  auch  noch  dann,  wann  sie, 
wie  schon  angeführt,   das  Ei    vor   längerer  Zeil  verlassen  hatten. 

§.  8.     Die  Verknöcherung   hatte   bei  dem  Embryo   der  Chelonia  schon   in 
allen  Wirbeln  begonnen,  war  aber  in  dem  einen  mehr,  in  dem  andern  weniger  weit 
vorgeschritten.     Auch    war    sie    im  Ganzen    nur    erst   wenig   weiter   bei  der  jungen 
Sphargis  gelangt.     Bei  beiden   nun  aber   war  in    dem  Körper    der  Wirbel  die  Kno- 
chensubstanz so  abgelagert,   dass  sie  nur  in   dem  mittlem  Theile  desselben  vorkam, 
indess  die    beiden  Enden   eines  jeden  Wirbclkörpers    in  einer   längern  oder  kürzern 
Strecke,  die  mit  der  grossem  oder  geringern  Länge  desselben    eine  gewisse  Ueber- 
einstimmung  zeigte,    noch   völlig   knorplig   waren.  (Tab.  VI,  Fig.  8.)   Absolut  und 
relativ  am  längsten  waren  die  noch  knorpligen  Endabschnitte  an  den  Rückenwirbeln, 
am  kürzesten    hingegen   an    den  Schwanzwirbeln.     Der  Hauptsache  nach  bildete  die 
Knoehensubstanz    in  jedem  Wirbelkörper  zwei  an    beiden  Enden   offene  Röhren,  die 
an  Weite  unter  einander  sehr  luigleich  waren,  und  von  denen  die  kleinere  die  Rü- 
ckensaite   dicht    umschloss    und   jedenfalls  eine    nur  sehr    dünne  Wandung  hatte,  die 
grössere  aber  an  der  Oberfläche  des  Wirbelkörpers  entstanden  war  und  in  den  ver- 
schiedenen Wirbeln  eine  sehr  verschiedne  Dicke  besass.    Ungefähr  nur  eben  so  dick- 
wandig, wie  jene  erstere  oder  innere  Röhre,  war  die  letztere  in  den  Rumpfwirbeln 
der  Chelonia,  erheblich  dicker  hingegen  in  den  gleichnamigen  Wirbeln  der  Sphargis. 
Nach  unten,  in  der  Nähe  der  convexen  Seite  der  Körper  dieser  Wirbel,    berührten 
sich  beide  Röhren,  oder  waren  selbst  zum  Theil  verwachsen.   (Tab.  VI,  Fig.  2  und 
4,  b  und  d.)  In  dem  ziemlich  weiten  Räume  aber,  der  sich  zwischen  beiden  befand, 
ging  die  Knorpelsubstanz  gleichsam  in  zwei  dicken  Strängen,  die  von  einander  ziem- 
lich   weit   entfernt    zu    beiden    Seiten    der  Mittelebene    lagen    (ebendaselbst  a.),    von 
dem  einen  knorpligen  Ende   des  Wirbelkörpers  zu   dem  andern   hin  und  in  dasselbe 
über.     Nach  aussen  lagen  beide  Stränge  mit  einer  breiten  Fläche  der  grössern  oder 
oberflächlichen  Knochenröhre  dicht  an,  und  von  dieser    aus  schlug  sich  eine  blattar- 
tig dünne  Fortsetzung  über  die  ganze  übrige  Fläche  eines  jeden  Stranges  unter  der 
Form  einer  Rinne  (c.)  so  herüber,  dass  der  Strang  auch    für  sich    allein   von   einer 
knöchernen   Scheide  völlig  und  zwar  sehr  knapp  umgeben  wurde,  nämlich  durch  ei- 
nen Theil  der  äussern  Knochenröhre  und  die   erwähnte  nach  innen   gegangene  Fort- 
setzung derselben.     Den  noch  übrigen  Raum  im  Innern  des  Wirbelkörpers,  denjeni- 
gen, welcher  zwischen  der  äussern  Knochenröhre  nebst  den  Scheiden  jener  Knorpd- 
stränge  und  der  Knochenröhre  der  Rückensaite  befindlich  war  (f.),  füllte  eine  massig 


63 

weiche  bröckliclie  Masse  aus,  die  eine  gelbliche  Farbe  hatte,  eine  kaum  bemerkbare 
Menge  von  Fett  cntliioil,  und  noch  deutlich,  obgleich  die  Thiere  schon  mehrere 
Jahre  im  Weingeist  gelegen  hatten,  eine  Zusammensetzung  aus  leicht  trennbaren 
und  sehr  kleinen  Zellen  erkennen  Hess,  Eine  eben  solche  Masse  kam  aber  auch 
in  mehreren  kleinen  Höhlen  vor,  die  sich  bei  der  Sphargis  in  der  Knochensubstanz 
der  äussern  Röhre  befanden  und  eine  sehr  unregelmässige  Form  hatten.  Zu  einer 
klaren  Einsicht  in  den  Ursprung,  die  weitern  Veränderungen  und  die  Bedeutung  die- 
ser bröcklichen  Masse  konnte  ich  nur  erst  durch  die  Untersuchung  der  Röhrenknochen 
einiger  andern  jungen  Schildkröten,  die  in  ihrer  Entwickelung  schon  grössere  Fort- 
schritte gemacht  hatten,  gelangen.  Ein  Näheres  darüber  werde  ich  daher  erst  wei- 
terhin (§.  33.)  anführen,  hier  aber  nur  das  Resultat  angeben,  dass  die  erwähnte 
Masse,  die  lediglich  durch  die  Einwirkung  des  Weingeistes  eine  bröckliche  Beschaffen- 
heit erhalten  hatte,  durch  eine  stelhveise  Umbildung  des  Knorpels  entstanden  war, 
wobei  seine  feste  Grundsubstanz  aufgelöst  und  zum  Theil  resorbirt,  zum  Theil  in 
eine  gallertartige  Masse  aufgelöst  wurde,  seine  weichern  Zellen  aber  übrig  blieben 
und  zum  Theil  an  Umfang  zunahmen,  dass  ferner  mit  der  Zeit  in  diesen  Zellen 
immer  mehr  Fett  abgelagert  wird,  und  dass  sie  überhaupt  die  Bildungsstätte  des  Kno- 
chenfettes sind.  —  Ich  werde  daher  im  Folgenden  die  erwähnte  bröcklige  und  et- 
was gelbliche  Masse  immer  das  Knochenmark  nennen  ^).  —  Weiter  schon,  als 
in  den  Wirbeln  des  Rumpfes,  war  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  und  der  jungen 
Sphargis  die  Verknöcherung  in  den  Hals-  und  Schwanzwirbeln  vorgeschritten.  (Tab. 
VI,  Fig.  3.  und  5.)  Die  äussere  und  die  innere  Knochenröhre,  die  in  den  Körpern 
auch  dieser  Wirbel  vorhanden  waren,  und  von  denen  die  erstere  in  den  Halswir- 
beln hoch  nach  oben  [in  der  Nähe  der  obern  Seite  derselben]  lag,  hatten  schon 
eine  dickere  Wandung  erlangt,  indess  die  beiden  Knorpelstränge  dünner  geworden 
waren,  auch  das  Knochenmark  zwischen  den  Scheiden  dieser  Stränge  und  der  knö- 
chernen Röhre  der  Rückensaite  in  verbältnissmässig  geringerer  Masse  vorhanden  war. 
Bei  dem  Embryo  von  Chelonia  hatten  diese  Fortschritte  der  Verknöcherung  in  den 
vordem  Halswirbeln  schon  den  Erfolg  gehabt,  dass  die  in  den  Körpern  derselben 
vorhandene  innere  Knochenröhre  fast  an  ihrer  ganzen  Oberfläche  die  viel  dickwan- 
digere äussere  Knochenröhre  nebst  den  Fortsetzungen ,  die  diese  Röhre  Tiir  die  bei- 
den Knorpelstränge  abgegeben  hatte,  berührte.  Auch  waren  jene  Stränge  beinahe 
ganz  verdrängt  worden,  und  überhaupt  bestanden  die  Körper  der  vordem  Halswirbel 


1)  üeber  die  Beschaffenheit  der  Knorpel  der  VVirbelthiere  und  die  Veränderungen,  die  in  ihnen  bei 
der  Veriinöcherung  vorsieh  gehen,  habe  ich  ein  Näheres  in  einer  Abhandlung  angegeben,  die  in  Johannes 
Miillel''s  Archiv  erscheinen  wird. 


64 

in  dem  mittlem  grossem  Theil  ihrer  Länge  beinahe  ganz  aus  einer  Knochensubstanz, 
die  mehrere  kleine  mit  einer  gelblichen  bröckligen  Masse,  oder  dem  Knochenmark,  er- 
riillte  Höhlen  einschloss.  In  den  hintern  Schwanzwirbeln  aber  war  sowohl  bei  dem 
Embryo  von  Chelonia,  als  auch  bei  der  jungen  Sphargis,  von  den  erwähnten  Knor- 
pelsträngen keine  Spur  zu  bemerken,  sondern  die  Rückensaite  war  in  dem  mittlem 
Theil  der  Körper  dieser  Wirbel  nur  allein  von  Knochensubstanz  umgeben.  —  Noch 
wäre  in  Betreff  dieser  Schildkröten  anzuführen,  dass  an  den  Körpern  ihrer  Rumpf- 
wirbel die  äussere  Knochenröhre  jederseits  eine  massig  grosse  Oeffnung  hatte,  durch 
die  sich  die  Substanz  des  zunächst  gelegenen  Knorpelstranges  hindurch  in  die  Knor- 
pelsubstanz eines  Bogenschenkels  fortsetzte,  dass  aber  an  den  Körpern  der  Hals-  und 
Schwanzwirbel  dergleichen  Oeffnungen  ganz  fehlten,  obgleich  sie  in  einer  frühern 
Zeit  des  Fruchtlebens  wahrscheinlich  auch  hier  vorhanden  waren. 

Bei  den  Jimgen  von  Emys  europaea.  Em.  lutaria.  Terrapene  tricarinata,  waren 
die  Körper  fast  aller  Wirbel  an  ihren  Enden  nicht  mehr  knorplig,  sondern  schon  in 
ihrer  ganzen  Länge  verknöchert.  Nur  allein  die  Halswirbel  besassen  an  den  Enden, 
wo  eine  Gelenkfläche  vorkam,  einen  dünnen  Ueberzug  von  Knorpelsubstanz.  Dage- 
gen kamen  im  Innern  der  Körper  der  Rumpfwirbel  noch  ziemlich  grosse  üeberreste 
solcher  Knorpelslränge  vor,  wie  ich  sie  bei  den  jungem  Seeschildkröten  gefunden 
hatte,  indess  dergleichen  in  den  Wirbeln  des  Schwanzes  und  fast  allen  Wirbeln  des 
Halses  fehlten.  Die  innere  und  äussere  Knochenröhre  eines  jeden  Wirbelkörpers 
waren  an  den  Flächen,  die  sie  einander  zukehrten,  allenthalben  verschmolzen,  Hessen 
sich  aber  namentlich  bei  den  Jungen  von  Emys  an  ihrer  verschiednen  Textur  noch 
von  einander  unterscheiden.  Die  innere  nämlich  hatte  eine  schwammige  Beschaffen- 
heit und  ihre  kleinen  Höhlen  waren  mit  Knochenmark  ausgefüllt,  dagegen  war  die 
äussere  merklich  fester,  doch  weniger  an  den  Enden  der  Wirbelkörper,  als  in  der 
Mitte,  wo  sie  eine  glasartige  Beschaffenheit  hatte  und  auch,  wenn  sie  mit  Wasser 
oder  Weingeist  getränkt  worden  war,  ganz  durchsichtig  und  beinahe  farblos  erschien. 
Bei  der  Terrapene  aber,  an  deren  Wirbelkörpern  die  beiden  erwähnten  Knochenröh- 
ren viel  dünnwandiger  waren,  hatten  diese  ein  gleich  festes  Gefüge.  Was  die  Ge- 
lenkköpfe anbelangt,  die  sich  bei  der  Emys  und  Terrapene  an  den  Körpern  fast  aller 
Halswirbel  befanden,  so  zeigte  sich  ihre  Knochenmasse  als  eine  gerade  Fortsetzung 
von  derjenigen ,  aus  welcher  der  übrige  Theil  der  Wirbelkörper  bestand.  Und  da 
dieses  schon  bei  noch  sehr  jungen  Thieren  der  Fall  war,  so  glaube  ich  daraus  fol- 
gern zu  dürfen ,  dass  bei  den  Schildkröten  eben  so  wenig,  wie  nach  meinen  Beob- 
achtungen bei  den  Schlangen ,  in  den  Gelenkköpfen  der  Wirbel  besondre  Knochen- 
kerne  entstehen,    die  bei   ihrer  Vergrösserung   mit    der   übrigen    Knochenmasse   der 


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Wirbelkörper  zusanimenwüclisen ,  sondern  dass  von  der  Mitte  dieser  Kiirper  aus  die 
Knoehenniasse  allniälilig  bis  in  die  Gelenkköpfe  hineinwächst. 

Bei  Phiteniys  Spixii  und  Trionyx  oeellatus  waren  die  Körper  aller  Wirbel  schon 
durchweg  verknöchert,  so  dass  in  ihnen  keine  Reste  von  Knorpelslrängen  mehr  be- 
merkt werden  konnten.  Ihre  Rindensubstanz  war  sehr  fest,  ihre  Diploe  zwar  locker, 
doch  weniger,  als  bei  der  Eniys  europaea,  aber  ebenfalls  in  ihren  Höhlen  mit  einer 
weichen,  aus  Zellen  zusammengesetzten  Masse  [Knochenmark]   ausgefiillt. 

An  die  Angaben,  die  ich  in  dem  Obigen  über  die  Wirbelkörper  der  Schildkrö- 
ten gemacht  habe,  will  ich  noch  einige  Bemerkungen  anreihen,  die  sich  auf  die  Ver- 
knöcherung der  ^^'i^belkörper  bei  den  Wirbelthieren  überhaupt  beziehen.  —  Soweit 
meine  Erfahrungen  reichen,  beginnt  die  Verknöcherung  dieser  Skeletstücke  schon 
dann,  wann  noch  die  Rückensaite  vorhanden  ist.  Die  Weise  aber,  nach  der  sie  vor 
sich  geht,  ist  bei  den  verschiedenen  Wirbelthieren  sehr  verschieden  und  hängt  zum 
Theil,  doch  keinesweges  gänzlich,  von  dem  Verhällniss  ab,  in  welchem  zu  der  Zeit, 
da  in  den  Wirbelkörpern  die  Verknöcherung  beginnt,  diese  Körper  und  die  von  ih- 
nen eingeschlossene  Rückensaite  zu  einander  in   Hinsicht  ihrer  Dicke  stehen. 

1)  Bei  den  Gräthenfischen  [namentlich  bei  Blennius  viviparus  und  Cyprinus], 
wie  auch  bei  den  Batrachiern  [namentlich  bei  Rana  esculenta  und  Rana  temporaria], 
ist  zu  der  Zeit,  da  in  ihnen  die  Verknöcberung  der  Wirbelkörper  beginnt,  die  Rü- 
ckensaite im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Leibe  bedeutend  dick,  dagegen  die  Substanz 
Tür  die  Wirbelkörper  und  deren  Bänder  nur  in  einer  so  geringen  Quantität  um  sie 
abgelagert,  dass  dieselbe  ein  nur  sehr  dünnwandiges  Rohr  darstellt.  Die  Knochen- 
substanz, die  sich  nun  in  diesem  Rohre  einstellt,  nimmt  sogleich  die  ganze  Dicke  der 
Wandung  desselben  ein,  und  bildet  sehr  bald  eine  Reihe  dünner  einfacher  Ringe,  die 
ganz  aus  Knochenmasse  bestehen.  (Tab.  VI,  Fig.  1,  a.)  Die  weitere  Entwickelung 
der  Wirbelkörper  aber  beruht  nur  auf  der  Vergrösserung  jener  einzelnen  Ringe, 
indem  dieselben,  unter  Absatz  neuer  Knochensubstanz,  theils  an  Länge,  theils  auch, 
so  nach  innen  [gegen  ihre  Achse]  wie  nach  aussen  anschwellend,  an  Dicke  immer 
mehr  zunehmen,  wobei  die  Rückensaite  von  ihnen  allmählich  theilweise  abgeschnürt 
und  verdrängt  wird. 

2)  Weit  dünner  ist  bei  den  Schlangen  und  Eidechsen,  wenn  in  ihnen  die  Verknö- 
cherung der  Wirbelkörper  beginnt,  die  Rückensaite,  hingegen  im  Verhältniss  zu  die- 
ser erheblich  dicker  das  sie  einscbliessende  und  von  den  Wirbelkörpern  und  deren 
Bändern  dargestellte  Rohr.  Wird  darauf  in  den  Wirbelkörpern  Knochensubstanz  ab- 
gelagert, so  erscheint  diese  anfangs  zunächst  der  Oberfläche  derselben,  und  bildet  dann 
für  jeden  einen  Ring,  der  nicht,  wie  in  den  Gräthenfischen  und  Batrachiern,  sogleich 


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die  Rückensaite  ganz  knapp  umgiebt,  sondern  noch  durch  einen  Zwischenraum  von 
ihr  getrennt  ist.  AUmähiig  aber  wird  auch  dieser  Zwischenraum,  der  von  dem  noch 
knorpligen  Theiie  des  Wirbelkörpers  ausgefüllt  ist,  von  Knochensubstanz  durchdrun- 
gen, indem  von  dem  angegebenen  Ringe  aus  die  Knochensubslanz  nach  innen,  gegen 
die  Rückensaite,  immer  mehr  zunimmt,  worauf  von  ihr,  wie  bei  den  Gräthenfischen 
und  Batrachiern,  zuletzt  die  Rückensaite  eingeschnürt  und  verdrängt  wird. 

3)  Noch  dünner,  als  bei  den  Schlangen  und  Eidechsen,  ist  die  Rückensaite 
sowohl  im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Leibe,  als  auch  im  Verhältniss  zu  der  Dicke 
der  Wirbelkorper,  bei  den  Vögeln,  wenn  in  diesen  die  Verknöcberung  der  Wirbel- 
körper ihren  Anfang  nimmt.  Aber  auch  in  ihnen  bildet  die  Knochensubstanz,  die  fiir 
diese  Körpertheile  bestimmt  ist,  anfänglich  eine  Reihe  einfacher  und  sehr  dünner 
Ringe.  Jedoch  entstehen  dieselben  nicht  zunächst  an  der  äussern  Fläche  des  von  den 
knorpligen  Wirbelkörpern  gebildeten  Rohres,  sondern  umgekehrt,  als  bei  den  Schlan- 
gen, an  der  innern  Fläche  desselben,  so  dass  sie  die  Rückensaite  knapp  umgeben 
und  nach  aussen  von  sich  einen  noch  knorplig  gebliehnen  Theil  der  Wirbelkörper 
zur  Hülle  haben.  Die  weitere  Entwickelung  der  Wirbelkörper  beruht  dann  darauf, 
dass  von  den  entstandnen  knöchernen  Ringen  aus,  indem  sie  zugleich  an  Breite  zu- 
nehmen, die  Knochensubstanz  nebst  ihrem  Marke  einestheils  nach  innen  vordringt  und 
die  Rückensaite  verdrängt,  anderntheils  und  hauptsächlich  nach  aussen  den  noch  knorp- 
ligen Theil  der  Wirbelkörper  entweder  völlig  oder  beinahe  völlig  durchdringt.  Denn 
an  den  Schwanzwirbeln  und  vielleicht  auch  an  allen  Halswirbeln  breitet  sich  die 
Knochensubstanz  jener  Ringe  allmählig  bis  zu  der  Oberfläche  der  Körper  dieser  Wir- 
bel aus ;  in  den  Körpern  der  Rumpfwirbel  aber  bildet  sich ,  unabhängig  von  jenen 
Ringen  [am  fünfzehnten  Tage]  eine  breite,  jedoch  nur  dünne  Knocbenplatte  an  der 
obern  und  eine  zweite  an  der  untern  Saite  derselben,  mit  welchen  Platten  dann  die 
Substanz  des  Ringes,  indem  sie  sich  weiter  ausbreitet,  sehr  bald  verschmilzt. 

4)  Nicht  weniger  complicirt,  als  bei  den  Vögeln,  ist  die  Entwickelung  der 
Wirbelkörper  bei  den  Schildkröten.  In  der  Knorpelmasse,  die  auch  hier  um  die  sehr 
dünne  Rückensaite  in  einer  bedeutend  dicken  Schichte  als  Belegung  abgesetzt  worden 
ist,  entstehen  fiir  jeden  Wirbelkörper  [die  letzten  Schwanzwirbel  vielleicht  ausgenom- 
men] zwei  knöcherne ,  sehr  dünne  Röhren ,  die  eine  an  der  äussern  Fläche  jener 
Masse,  die  andre  an  der  innern  Fläche  derselben  dicht  um  die  Rückensaite  herum. 
Allmählich  aber  nehmen  beide  Röhren  an  Dicke  zu,  bis  sie  zuletzt  an  ihrer  ganzen 
einander  zugekehrten  Fläche  zur  gegenseitigen  Berührung  kommen,  worauf  sie  dann 
auch  allenthalben  mit  einander  verschmelzen. 

5)  In    einer    noch   andern  Weise  geht   die   Verknöcherung    der  Wirbelkörper 


67 

bei  den  Säugethieren  vor  sich.  Bei  diesen  [namentlich  bei  dem  Schweine  und  Schaafe, 
die  ich  darauf  uniersucht  habe]  wird  in  je  einem  Wirbelicörper  die  Knochensubstanz 
zunächst  um  die  Rückensaite  so  abgelagert,  dass  sie  zuvörderst,  wie  bei  den  Vögeln, 
einen  schmalen  und  dünnen  Ring  bildet.  Von  diesem  aus  dringt  sie  dann  theils  ge- 
gen die  Oberfläche,  theils  gegen  die  Enden  der  einzelnen  Wirbelkörper  immer  weiter 
vor,  und  gelaugt  nach  einiger  Zeit  bis  an  die  Oberfläche  selbst,  niemals  aber  völ- 
lig bis  an  die  Enden.  Zur  Ergänzung  entstehen  an  den  letztern  für  je  einen  Wir- 
belkörper 2  besondre  Knochenscheiben,  die  sich  nachher  dem  früher  verknöcherten 
mittlem  Theile  anschliessen  und  mit  ihm  gänzlich  verschmelzen.  —  Aehnliche  für 
die  Enden  der  Wirbelkörper  bestimmte  Knocbenscheiben  kommen,  nach  den  bisheri- 
gen Beobachtungen  zu  scbliessen,  bei  keinem  unter  den  Säugethieren  stehenden  Wir- 
beithiere  vor. 

In  den  Bogen  der  Wirbel  geht  bei  den  Schildkröten  die  Verknöcherung  ganz 
unabhängig  von  der  Verknöcherung  der  Wirbelkörper,  doch  ungefähr  um  eben  die- 
selbe Zeit  vor  sich.  Bei  den  Embryonen  von  Chelonia  und  Testudo  hatte  sie  schon 
in  allen  Wirbelbogen  sich  eingestellt.  Die  Knochensubstanz,  die  an  ihnen  vorkam, 
bildete  eine  überaus  dünne  Kruste,  welche  die  aus  Knorpel  bestehende  übrige  Sub- 
stanz, wie  eine  Scheide,  einschloss.  Diese  Scheide  aber  reichte  an  allen  Wirbeln 
Dicht  bis  zu  den  Körpern  derselben  herab,  sondern  endete  in  einer  mehr  oder  weni- 
ger grossen  Entfernung  von  ihnen  mit  einem  freien  Rande.  Auch  bei  den  Jungen 
von  Sphargis  und  Chelonia  bestanden  sie  noch  zum  grössten  Theil  aus  Knorpel; 
denn  die  Knochenkruste,  die  an  ihnen  vorkam  und  bis  ganz  in  die  Nähe  der  Wir- 
belkörper berabreichte ,  war  nur  wenig  dicker,  als  bei  jenen  Embryonen.  Bei  den 
übrigen  jungen  Schildkröten  aber  waren  die  Wirbelbogen  in  ihrer  ganzen  Dicke  ver- 
kuöchert,  so  dass  sie  selbst  in  ihrer  Achse  keinen  freien  Knorpel  mehr  enthielten, 
sondern  nur  eine  mehr  oder  weniger  schwammige  Diploe,  die  eine  sehr  geringe  Masse 
von  Knochenmark  einschloss.  Aber  auch  bei  ihnen  allen  endete  an  den  Rumpfwir- 
beln die  Knochensubstanz  der  Bogenschenkel  in  einiger  Entfernung  von  den  Körpern 
dieser  Wirbel:  denn  das  untere  Ende  ihrer  Bogenschenkel  bestand  nur  allein  aus 
Knorpelsubstanz.  Die  Bogenschenkel  der  Halswirbel,  mit  Ausnahme  der  des  Atlas, 
waren  zwar  der  ganzen  Länge  nach  verknöchert,  lösten  sich  jedoch  bei  Trionyx 
gangeticus,  Terrapene  tricarinata  und  Emys  europaea  beim  Mazeriren  von  ihren  Kör- 
pern los,  und  waren  überhaupt  mit  ihren  Körpern,  wie  es  bei  Chelonia  Midas  auch 
im  späten  Alter  der  Fall  ist,  nur  durch  eine  Synchondrose  vereinigt.  Dagegen  waren 
bei  den  etwas  altern  Exemplaren  von  Trionyx  ocellatus  und  Platemys  Spixii  an  allen 
Halswirbeln,   mit  Ausnahme    des   Atlas,    die   Körper   und  Bogenschenkel   völlig  vcr- 


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schmolzen.  An  den  meisten  Schwanzwirbeln  waren  bei  Emys  europaea,  Platemys, 
Terrapene  tricarinata  und  Trionyx  ocellatus  die  Bogen  mit  den  Körpern  unauflös- 
lich verwachsen ;  au  einigen  der  vordersten  aber  lösten  sie  sich  nach  der  Mazeration 
von  den  Körpern  ab. 

Die  Dornfortsätze  der  sieben  mittlem  Rumpfwirbel  erscheinen  jedenfalls,  wie 
ich  schon  oben  (§.  6.)  angegeben  habe,  durchaus  als  wirkliche  Fortsätze  oder 
Auswüchse  der  Wirbelbogen,  nicht  aber  etwa,  wie  einige  Anatomen  behauptet  ha- 
ben (§.  27),  als  diesen  Bogen  angefügte  Körpertheile.  Bei  den  Embryonen  von 
Chelonia  und  Testudo,  wie  auch  bei  den  Jungen  von  Chelonia  und  Sphargis,  bestan- 
den sie  in  ihrem  Innern  nur  allein  aus  Knorpelsubstanz,  äusserlich  aus  einer  ein- 
fachen Kruste  von  dichter  Knochensubstanz,  und  beide  Substanzen  gingen  ohne  ir- 
gend eine  Unterbrechung  in  die  gleichen  Substanzen  der  Bogenschenkel  über.  Die 
Knochenkruste ,  die  den  kleinern  Theil  der  ganzen  Masse  der  Fortsätze  ausmachte, 
war  an  ihnen  bei  den  genannten  Embryonen  und  der  jungen  Sphargis  allenthalben 
so  überaus  dünn,  dass  sie  leicht  übersehen  werden  konnte,  imd  bildete  auf  der 
Grenze  zwischen  der  obern  und  den  senkrechten  Seiten  derselben  einen  saumartigen 
Vorsprung.  Bei  der  jungen  Chelonia  virgata  aber  war  die  Verknöcherung  der 
Dornfortsätze,  die  alle  bei  der  Ansicht  von  oben  die  Form  eines  Kartenherzens  dar- 
boten, jedoch  dem  breitern  Ende  gegenüber  in  eine  ziemlich  lange ,  massig  breite 
und  massig  dicke  Spitze  ausliefen,  schon  etwas  weiter  gediehen.  (Tab.  VI,  Fig.  11 
imd  12.)  Die  Spitze  nämlich,  die  eine  Richtung  nach  vorne  hatte,  war  schon  durch- 
weg verknöchert;  auch  hatte  an  der  hintern  Seite  oder  dem  breitern  und  ausge- 
schweiften Ende  der  Fortsätze,  besonders  an  der  Mitte  dieses  Endes,  die  Knochen- 
kruste eine  massig  grosse  Dicke  erreicht,  wenngleich  an  dem  einen  Fortsatze  eine 
grössere,  als  an  dem  andern:  an  beiden  Enden  aber  ging  die  Knochensubstanz  ohne 
alle  Unterbrechung  sowohl  in  die  an  der  inncrn  Seite  der  Wirbelbogen,  als  auch 
in  die  an  der  obern  Seite  der  Dornfortsätze  befindliche  Knochensubstanz  über.  Da- 
gegen war  die  Kruste  an  der  linken  und  rechten  Seite  der  breitern  Hälfte  aller 
Fortsätze  noch  gar  sehr  dünn.  Auch  an  der  obern  Seite  eben  dieser  breitern 
Hälfte  Hessen  die  Dornfortsätze  des  siebenten  und  achten  Rumpfwirbels  eine  ungeßthr 
nur  eben  so  dünne  Knochenkruste  bemerken:  denn  nur  an  der  Mittellinie  dieser 
Seite  war  sie  in  einer  massig  grossen  Breite  etwas  dicker.  An  den  übrigen  Dorn- 
fortsälzcn  aber  halte  sie  um  die  Mittellinie  der  obern  Seite  sich  stärker  und  auch 
in  grösserer  Breite  verdickt,  indess  sie  weiter  davon  nach  links  imd  rechts  noch 
sehr  dünn  geblieben  war.  Es  kam  daher  an  der  Mitte  dieser  Seite  gleichsam  ein 
mehr  oder  weniger  breiter,  doch  nicht  scharf  begrenzter  Gürtel  vor,    der   aus    einer 


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stärkern  Anhäufung  von  Knochensubslanz  bestand,  sich  von  dem  vordern  bis  an  das 
hintere  Ende  des  Doniforlsalzes  hinzog,  und  an  dem  letztern  Ende  sich  nach  unten 
umbog.  An  seiner  äussern  Fläche  Hess  er  sich  ein  wenig  rauh  anrdhien,  und  über- 
haupt bestand  er  aus  einer  etwas  lockern,  wiewohl  nicht  deutlich  mit  Höhlen  ver- 
sehenen Substanz,  die  auf  die  dem  Knorpel  zunächst  gelegene  glasartig  dichte  und 
sehr  harte  Knochenmasse  gleichsam  aufgetragen  zu  sein  schien.  Jedoch  war  dieser 
Gürtel  nicht  etwa  eine  besondere  Platte,  die  nur  auf  dem  Dornfortsatze  dicht  auflag, 
sondern  ein  verdickter  und  weniger  fester  Theil  der  Knochenkruste  selbst,  welche 
den  ganzen  Dornfortsatz  umgab.  Denn  es  Hess  sich  weder  auf  Durchschnitten,  selbst 
bei  stärkern  Vergrösserungen,  ein  Zwischenraum  zwischen  ihm  und  einer  etwa  dar- 
unter liegenden  Knochenschichte  erkennen,  noch  liess  er  sich  durch  Mazeration  von 
einer  etwa  unter  ihm  liegenden  Knochenschichte  abtrennen.  Auch  bildete  er,  als 
ich  aus  der  Knochenkruste  der  Dornfortsätze  durch  Salzsäure  die  Knochenerde  aus- 
gezogen hatte,  mit  dem  darunter  liegenden  dichten  Theile  eine  einzige  Masse,  und 
liess  sich  von  diesem  letztern  Theile  nur  schwer  abtrennen,  worauf  denn  beide 
Theile  an  ihren  Trennungsflächen  nirgend  ganz  glatt,  sondern  mehr  oder  weniger 
uneben  erschienen.  Ausserdem  war  der  besagte  Gürtel  unmittelbar  von  demselben 
fibrösen  Gewebe  bedeckt,  welches  theils  für  die  Dornfortsätze  als  Beinhaut  diente, 
theils  auch  die  Ligamenta  interspinalia  bildete,  die  grade  an  jener  gürtelförmig  ver- 
dickten Stelle  an  die  Beinhaut  der  Dornfortsätze  angeheftet  waren.  Wo  an  der 
breitern  Hälfte  der  Dornfortsätze  ihre  obere  Seite  in  die  linke  und  rechte  Seite 
überging,  also  da,  wo  diese  Fortsätze  am  breitesten  waren  (§.  6.),  bildete  die 
Knochenkruste,  indem  sie  auch  hier  sich  stärker  verdickt  hatte,  einen  horizontalen 
saumarligen  Vorsprung,  der  zwar  an  dem  einen  Fortsatze  eine  grössere  Breite ,  als 
an  einem  andern  hatte,  doch  jedenfalls  nur  sehr  schmal  und  sehr  dünn  war.  Offen- 
bar deutete  dieser  Saum  darauf  hin,  dass  die  Knochenkruste,  oder  überhaupt  die 
Knochensubstanz,  mehrerer  Dornforlsätzc  schon  einen  Anfang  gemacht  hatte,  sich 
dicht  unter  dem  Unterhaut -Bindegewebe  tafelförmig  auszubreiten.  —  Bei  dem  Jün- 
gern Exemplar  von  Emys  europaea  und  bei  Em.  lutaria  war  an  der  obern  Seite 
der  Dornfortsätze  die  Knochenkruste  zwar  verhältnissmässig  dicker,  als  bei  den  jun- 
gen Seeschildkröten,  und  sprang  auch  seitwärts  etwas  stärker  vor,  doch  bestanden 
bei  der  erstem  alle  diese  Fortsätze  und  bei  der  letztern  fast  aUe  zum  grössern 
Theile  noch  aus  Knorpel.  —  Bei  Trionyx  gangeticus  enthielten  einige  von  den 
üornforlsätzen,  die  übrigens  alle  nur  sehr  niedrig  waren,  in  ihrer  Mitte  noch  eine 
kleine  Quantität  freien  Knorpels,  indess  andre  schon  durchweg  verknöchert  waren. 
Bei  den  übrigen  untersuchten  jungen  Schildkröten  fand    ich    alle  Dornfortsätze   schon 


70 

völlig  verknöchert.  Die  Knoehensubstanz  selbst  war  an  der  untern  Seite  dieser 
Fortsätze,  wie  viel  oder  wie  wenig  sie  über  die  Wirbelbogen  seitwärts  hinausragen 
mochte,  an  dem  hinausragenden  Tbeile  jedenfalls  sehr  fest,  und  stellte  hier  eine  nur 
dünne  Tafel  dar,  die  ohne  irgend  eine  Unterbrechung  in  die  Knochenmasse  der  Wir- 
belbogenscbenkel  überging,  und  in  der  sich  kleine  Höhlen  erkennen  Hessen,  die  mehr 
oder  weniger  deutlich  die  Form  von  Kanälen  und  eine  horizontale  Richtung  hatten, 
jedoch  nur  erst  bei  starken  Vergrösserungen  sichtbar  waren.  Dagegen  hatte  die 
übrige  ui'ld  bei  weitem  grössere  Masse  der  Knochensubstanz  der  Dornfortsätze  eine 
schwammartige  Beschaffenheit,  indem  sie  lauter  unregelmässig  rundliche  Höhlen  oder 
sogenannte  MarkzeUen  enthielt.  Doch  bot  diese  scbwammartige  Masse,  je  nach  den 
verschiedenen  Exemplaren  der  untersuchten  jungen  Schildkröten,  wie  auch  bei  den 
meisten ,  und  zwar  den  altern  von  ihnen ,  an  verschiedenen  Stellen  einige  nicht  un- 
merkwürdige Verschiedenheiten  dar.  Bei  Trionyx  gangeticus  und  Terrapene  tricari- 
nata  waren  ihre  Höhlen  fast  sämmtlicb,  bei  Emys  europaea  aber  in  der  Mehrzahl 
nach  aussen  ganz  offen,  so  dass  sie  beinahe  das  Aussehen  von  glattrandigcn  Gehäu- 
sen mancher  Eschara- Arten,  oder  auch,  weil  ihre  Höhe  nur  geringe  war,  das  Aus- 
sehen der  Zellenräume  in  dem  Netzmagen  der  Wiederkäuer  hatten,  indess  die  übri- 
gen auch  nach  aussen  eine  aus  Knochensubstanz  bestehende  Wandung  erhalten  hat- 
ten, die  jedoch  nur  überaus  dünn  und  von  einer  mehr  oder  weniger  grossen  Oeff- 
nung  durchbrochen  war.  Bei  allen  drei  Exemplaren  aber  kamen  diese  Markzellen 
nur  in  einer  einfachen  Schichte  vor.  —  Bei  den  noch  weiter  entwickelten  Jungen 
von  Trionyx  ocellatus,  Platemys  Spixii  und  Terrapene  pensylvanica  befanden  sie 
sich  in  zwei  und  selbst  in  mehreren  Schichten  über  einander,  so  jedoch,  dass  sie 
nicht  durchweg  ganz  regelmässig  gelagert  waren,  und  gingen  zum  Theil  durch  klei- 
ne in  ihren  Wandungen  befindliche  Oeffnungen  in  einander  über.  Von  den  ober- 
flächlichsten Markzellen  waren  einige  nach  aussen  völlig  geschlossen,  die  meisten 
aber  nur  unvollständig,  indem  ihre  äussere  Wandung  eine  Oeffnung  hatte,  die  mehr 
oder  weniger  gross  war,  besonders  aber  bei  Trionyx  gangeticus  und  der  Platemys 
mitunter  nur  eine  sehr  geringe  Grösse  hatte.  Absolut  und  relativ  am  grössten  fand  ich 
die  Höhlen  der  Markzellen,  dafür  aber  am  dünnsten  die  Wandungen  derselben,  bei 
Platemys  Spixii,  am  kleinsten  dagegen  die  Höhlen  und  im  Verhältniss  zu  ihnen  am  dick- 
sten ihre  Wandungen  bei  Trionyx  ocellatus.  Im  Allgemeinen  aber  waren  bei  allen 
diesen  welter  entwickelten  Jungen  die  oberflächlichsten  oder  am  nächsten  der  Hautbe- 
deckung gelegenen  Markzellen  merklich  kleiner,  als  die  tiefer  gelegenen.  Was  fer- 
ner ihre  Anordnung  anbelangt,  so  war  dieselbe  zwar  nicht  ganz  regelmässig,  doch 
in  den  Fällen,  dass  sie    in    mehreren  Schichten   über   einander   lagen,   von    der  Art, 


71 

dass  sie  nach  der  Höhe  [oder  Dicke]  der  Dornfortsätze  mehr  oder  weniger  deutlich 
Reihen  bildeten ,  von  denen  die  mittlem  senkrecht  standen ,  die  übrigen  gegen  die 
Ränder  der  Fortsätze  mehr  oder  weniger  divergirten  und  eine  verschiedene  Länge 
hatten,  so  dass  die  kürzern  zwischen  die  längern  gleichsam  eingeschoben  waren. 
Angeriilh  sind  bei  den  jungen  Schildkröten  alle  Markzellen  der  Dornfortsätze  mit 
einem  lockern  Bindegewebe;  auch  gehen  durch  sie  sehr  zarte  Verzweigungen  von 
Blulgefiissen  hindurch ;  niemals  aber  habe  ich  in  ihnen  Knochenmark  gefunden. 

Schon  oben  ftihrte  ich  an,  dass  bei  der  jungen  Chelonia  virgata,  die  ich  zer- 
gliederte, an  der  breitern  Hälfte  mehrerer  Dornfortsätze  auf  der  Grenze  der  obern 
und  der  rechten  und  linken  Seite  derselben  die  Knochenkruste  einen  schmalen  und 
dünnen  saumartigen  Vorsprung  bildete.  Von  diesem  Vorsprunge  nun  bleibt  bei  sei- 
ner Vergrösserung,  nach  den  Untersuchungen  zu  urtheilen,  die  ich  an  weiter  ent- 
wickelten jungen  Schildkröten  anstellte,  die  unlere  Fläche  nicht  so  weit  von  den  Bo- 
genschenkeln  der  Wirbelbeine  entfernt,  wie  sie  ursprünglich  war,  sondern  rückt  dem- 
selben ,  zumal  mit  dem  mittlem  Drittel  ihrer  Länge ,  immer  näher ,  wobei  übrigens 
die  Masse  dieser  Vorsprünge  mit  der  zwischen  ihnen  gelegenen  Knochenmasse  im- 
mer in  einem  innigen  Zusammenhange  erscheint,  so  dass  zuletzt  der  Dornfortsatz 
nicht  eine  Knochentafel  darstellt,  die  auf  dem  ursprünglich  senkrechten  Theile  des- 
selben wie  auf  einem  massig  hohen  Fusse  ruhte,  sondern  eine  Tafel,  die  unmittelbar 
den  Bogenschenkeln  aufsitzt  und  mit  ihnen  selbst  verschmolzen  ist.  Hieraus  ergiebt 
sich,  dass  weder  eine  über  dem  Dornfortsatze  entslandne  Knochenlafel  mit  ihm  all- 
mählig  verwachsen  ist,  noch  auch  die  Knochenkruste  des  Fortsatzes  nur  allein  von 
der  obern  Seite  desselben  linkshin  und  rechtshin  immer  mehr  hervorgewuchert  sein 
kann ,  sondern  dass  auch  an  der  linken  und  rechten  Seite  des  Dornfortsatzes  seine 
Knochenkruste  nach  aussen  immer  mehr  an  Masse  gewonnen  hat  und  immer  weiter 
hervorgewachsen  ist. 

Was  die  Querfortsätze  anbelangt,  so  fiind  ich  bei  den  Embryonen  von  Che- 
lonia und  Testudo  nur  die  der  Ki'euzbeinwirbel  ein  wenig  verknöchert,  die  der 
Schwanzwirbel  hingegen  noch  ganz  knorplig.  Bei  den  verschiedenen  jungen  Schild- 
kröten, die  ich  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte,  war  die  Verknöcherung  auch  die- 
ser Fortsätze  zwar  weiter  gediehen ,  als  hei  jenen  Embryonen ,  so  dass  bei  den 
meisten  die  Querfortsätze  der  Kreuzbeinwirbel  und  der  vordersten  Schwanzwirbel 
schon  beinahe  ihrer  ganzen  Länge  nach  von  Knochenerde  durchdrungen  waren:  an 
mehreren  andern  Schwanzwirbeln  aber  bestanden  sie  noch  ganz  aus  Knorpelsubstanz. 
Die  Art  und  Weise,  nach  der  sie  verknöchern,  verhält  sich  wenigstens  an  den 
Kreuzbeinwirbeln    luid    den   vordersten  Schwanzwirbeln   so,    dass   sich    die  Knochen- 


72 

substajiz  nicht  von  den  Bogenschenkeln  dieser  Wirbel  in  sie  hineinverbreitet,  son- 
dern dass  sie  in  ihnen  unabhängig  von  der  Knochensubstanz  der  ßogenschenkel  ab. 
gelagert  wird,  derselben  aber  mit  ihrer  Zunahme  sich  mehr  und  mehr  annähert. 
Eine  Verschmelzung  beider  kommt  jedoch  an  den  Kreuzbeinwirbeln  mancher  Schild- 
kröten nicht  zu  Staude ,  sondern  es  bleibt  zeitlebens  zwischen  der  Knochenmasse 
der  Querfortsätze  und  der  gleichen  Masse  der  ßogenschenkel  eine  dünne  Scheibe 
von  Knorpelsubstanz  übrig,  so  dass  die  spätere  Verbindung  dieser  Theilc  in  einer 
Synchondrose  besteht.  Dies  ist  namentlich  der  Fall  bei  Chelonia  Midas  und  Emys 
europaea. 

Eine  eben  solche  Verbindung  bleibt  aber  auch  bei  Chelonia  Midas  an  mehrern 
der  vordem  Schwanzwirbel  '),  indess  bei  Emys  europaea,  und  zwar  bereits  in  frü- 
her Jugend,  an  eben  denselben  Wirbeln  die  Querfortsätze  in  das  Verhältniss  von 
Epiphysen  treten.  Unbekannt  ist  mir  geblieben ,  nach  welcher  Weise  die  Querfort- 
sätze der  zur  hintern  Hälfte  des  Schwanzes  gehörigen  Wirbel  verknöchern. 

§.  9.  An  der  untern  Seite  der  Rumpfwirbel  erwachsener  Schildkröten  befindet 
sich  eine  dicke  Schichte  fibrösen  Gewebes,  das  die  Körper  dieser  Wirbel  nach  ih- 
rer ganzen  Breite  bekleidet  und  dem  Ligamentum  longitudinale  anterius  an  der  ^^^ir- 
belsäule  des  Menschen  entspricht.  Seitwärts  geht  die  Schichte,  viel  dünner  werdend, 
auf  die  ßogenschenkel  der  Rumpfwirbel  und  die  untere  Seite  der  Rippen  über,  klei- 
det überhaupt,  nach  aussen  von  der  fibrösen  Haut  der  Runipfliöhle  liegend,  die  ganze 
obere  Wandung  dieser  Höhle  innen  aus,  und  stellt  für  die  untere  Seite  der  Rippen 
die  Knochenhaut  derselben  dar.  Mit  einer  Fascia  superficialis  interna  ist  sie  jedoch 
nicht  zu  verwechseln,  denn  eine  solche  kommt  auserdem  noch  vor.  Von  dieser  Lage 
fibrösen  Gewebes  war  nun  derjenige  Theil,  welcher  die  untere  Seite  der  Rumpfwir- 
bel bedeckt,  schon  bei  den  Embryonen  von  Chelonia  und  Testudo  stark  ausgebildet, 
indem  er  eine  so  bedeutende  Dicke  und  Festigkeit  hatte,  dass  er  sogar  fiir  sich  al- 
lein die  Rumpfwirbel  hätte  recht  innig  zusammenhalten  können.  Aber  auch  abgesehen 
hievon,  war  bei  beiden  Embryonen  die  Verbindung  der  Körper  dieser  Wirbel  über- 
aus innig,  denn  sie  gingen  völlig  in  einander  über,  indem  sich  zwischen  ihnen  in  der 
Knorpelsubstanz,  aus  der  sie  noch  zum  grössten  Theil  bestanden,  weder  eine  Naht, 
noch  ein  Gelenk  gebildet  hatte.  Doch  war  auf  der  Grenze  je  zweier  Körper  — 
wie  ich  an  mehreren  dünnen  Platten,  die  ich  aus  ihnen  durch  Längsschnitte  erhalten 
hatte,  gewahr  wurde   —    die  Substanz  etwas  stärker  durchscheinend,  als  an  andern 


')  Die  obige,  sich  auf  Chelonia  Midas  beziehende  Angabe  ist  nach  einem  Exemplare  gemacht,  dessen 
Rückensehild  eine  Länge  von  2'  3"  hat.  An  der  hintern  Haltte  des  Schwanzes  geht  bei  ihm  die  Knochen- 
substanz der  Wirbelbogenschcnkel  ohne  Unterbrechung  in  die  Querforlsätze  über. 


73 

Stellen:  auch  war  sie  daselbst  etwas  weniger  fest  und  liess  sich  leichter  zcrreissen. 
Ausser  der  etwas  grossem  Dtirehseheiiiharkeit  aber  gewährte  sie  unter  dem  Mikro- 
skop dort  ein  ähnliches  Aussehen,  namentlich  ähnlich  beschaffene  Knorpelkiirperchen, 
wie  in  der  Nachbarschaft.  Die  einzige  Verschiedenheit,  die  ich  an  diesen  ihren  Knor- 
pelkörperchen  auffinden  konnte,  bestand  darin,  dass  viele  oder  die  meisten  von  ihnen 
sowohl  auf  horizontalen,  als  auch  auf  senkrechten  Längsdurchschnitten  der  ^Virbelsäule 
dünner  und  gestreckter,  im  Ganzen  aber  kleiner  waren,  als  die  der  Nachbarschaft, 
dass  sie  ferner  mehr  oder  weniger  ellipsoidisch  und  noch  häufiger  spindeltormig  er- 
schienen, fast  ohne  Ausnahme  mit  ihrer  Achse  eine  Querlage  hatten,  und  alle  zu- 
sammen einige  wenige  quergehende,  vielfach  unterbrochne  Linien  darstellten.  Eigent- 
lich aber  hatten  sie  die  Form  flacher  Linsen  und  waren  mit  der  einen  Fläche  nach 
vorn,  mit  der  andern  nach  hinten  gekehrt,  indess  die  weiter  gegen  die  Mitte  der 
einzelnen  Wirbel  gelegenen  Knorpelkorperchen  eine  ovale  oder  rundliche  Form  hatten 
und  ganz  unregelraässig  gelagert  waren.  Aber  auch  später,  wenn  die  Kö'rper  der 
Rumpfwirbel  gegen  ihre  Enden  immer  mehr  verknöchern,  bleibt  bei  den  Schildkrö- 
ten zwischen  diesen  SkeletstUcken,  die  sich  an  einander  niemals  bewegen  sollen,  die 
Substanz  im  Wesentlichen  unverändert,  und  stellt  zuletzt  zwischen  je  zweien  von 
ihnen  eine  nur  massig  dicke,  aus  einem  ächten,  wahren  Knorpel  bestehende  Scheibe 
dar,  die  in  sofern,  als  sie  die  Wirbelkörper  innig  verbindet,  das  Ligamentum  inter- 
vertebrale  andrer  Thiere  vertritt.  Wenigstens  habe  ich  in  dieser  Weise  die  Kör- 
per der  Rumpfwirbel  nicht  blos  bei  mehrern  specifisch  verschiedenen  jungen  Schild- 
kröten, sondern  auch  bei  zwei  erwachsenen  Exemplaren  von  Emys  europaea,  die  ich 
10  Jahre  gehegt  hatte,  und  die  wenigstens  12  Jahre  alt  waren,  desgleichen  bei 
altern  Exemplaren  von  Chelonia  Midas,  Ch.  imbricata  und  Trionyx  ferox  vereinigt 
gefunden.  Nur  war  bei  den  meisten  jener  jungen  Schildkröten  in  den  Knorpel- 
scheiben, die  zwischen  den  schon  verknöcherten  Theilen  der  Körper  der  Rumpfwir- 
bel vorkamen,  die  mittlere  nicht  scharf  begrenzte  Schichte  ihrer  Substanz  nicht  am 
meisten,  wie  bei  den  altern  Embryonen,  sondern  gegentheils  am  wenigsten  durch- 
scheinend. Dies  aber  hatte  darin  seinen  Grund,  dass  daselbst  einestheils  die  Knor- 
pelkorperchen am  dichtesten  gedrängt  lagen,  anderntheils  und  hauptsächlich  die  sie 
verbindende  structurlose  Masse  eine  geringere  Durchsichtigkeit  besass. 

Auf  dieselbe  Weise,  wie  die  Körper  der  Rumpfwirbel,  waren  bei  fast  allen 
in  der  Entwickelung  begriffenen  Schildkröten,  welche  ich  zu  untersuchen  Gelegen- 
heit hatte,  auch  die  Körper  der  Schwanzwirbel  vereinigt.  Es  befand  sich  nämlich 
zwischen  den  verknöcherten  Theilen  je  zweier  Körper  eine  mit  ihnen  fast  verschmol- 
zene Enorpelscheibe ,  und  diese    war  wiederum    verhältnissmässig  um    so    dicker,   je 

10 


74 

weniger  die  Verknöcherung  in  den  Wirbelkörpern  vorgeschritten  war.  In  der  Mitte 
einer  solchen  Scheibe  aber,  die  eigentlich  aus  den  einander  zugekehrten  und  ver- 
schmolzenen Enden  zweier  Wirbelkörper  bestand,  Hess  sich  sowohl  auf  senkrechten, 
als  auch  auf  horizontalen  Längsdurchschnitten  schon  bei  schwachen  Vergrösserungen 
eine  zarte,  quer  gerichtete  Linie  bemerken,  die  etwas  weniger  durchscheinend,  als 
die  Nachbarschaft  war,  meistens  nicht  gerade,  sondern  in  einem  schwachen  Bogen 
verlief,  und  die  Grenze  zweier  Wirbelkörpcr  bezeichnete.  Bei  starken  Vergrösse- 
rungen zeigten  sich  in  dieser  Linie ,  die  niemals  ganz  scharf  begrenzt  war ,  die 
Knorpelkörperchen  am  dichtesten  gedrängt,  fast  immer  in  der  Mehrzahl  von  einer 
ovalen  oder  ellipsoidischen  Form,  und  mit  ihrer  Achse  in  der  Richtung  der  angege- 
benen Linie  gelagert.  Wurden  dünne  Platten,  die  ich  durch  Längsdurchschnitte  aus 
den  zusammenhängenden  Körpern  zweier  Schwanzwirbel  erhalten  hatte,  nach  ihrer 
Länge  stark  angezogen,  so  rissen  sie  an  einer  Stelle  durch,  die  nicht  in  allen  Fäl- 
len der  Lage  nach  gleich  war.  Meistens  jedoch  erfolgte  der  Riss  in  der  ange- 
gebnen weniger  durchsichtigen  Mitte  des  Knorpels.  Bei  einigen  von  denjenigen  jun- 
gen Schildkröten  aber,  w^elche  in  ihrer  Entwickelung  schon  weit  vorgeschritten  wa- 
ren, namentlich  bei  Emys  lutaria,  Trionyx  ocellatus  und  Platemys  Spixii,  Hessen 
sich  in  der  Mitte  der  Knorpelsubstanz,  durch  welche  die  Körper  je  zweier  Schwanz- 
wirbel vereinigt  waren,  mehr  oder  weniger  deutlich  auch  solche  Fasern  bemerken, 
wie  sie  in  den  Faserknorpeln  vorkommen.  Hienach  nun  und  weil  ich  bei  den  er- 
wachsenen Schildkröten,  welche  ich  auf  die  Verbindung  ihrer  Schwanzwirbel  unter- 
suchte —  namentlich  bei  Trionyx  ferox ,  Testudo  mauritanica ,  Chelonia  imbricata, 
Cbel.  Midas  und  3  Exemplaren  von  Emys  europaea  —  zwischen  den  Körpern  die- 
ser Wirbel  deutlich  immer  nur  einen  Faserknorpel,  niemals  aber  eine  Gelenkhöhle  fand, 
ist  es  mir  sehr  wahrscheinlich,  dass  sich  auch  bei  den  Schildkröten,  im  Allgemeinen  eben 
so,  wie  bei  den  Vögeln  und  Säugethicren,  zwischen  den  Körpern  je  zweier  Schwanzwir- 
bel immer  nur  ein  aus  Faserknorpel  bestehendes  Ligamentum  intervertebrale  ausbildet. 
Abgesehen  von  der  Verbindung  des  Atlas  mit  dem  Epistropheus,  über  die  ich 
weiterhin  ein  Näheres  angeben  werde,  waren  bei  dem  Embryo  von  Chelonia,  wie 
auch  bei  den  Jungen  von  Chelonia  und  Sphargis,  die  Körper  der  Halswirbel  unter- 
einander in  ähnlicher  Weise  verbunden,  wie  bei  eben  denselben  Exemplaren  die 
Körper  der  Schwanzwirbel.  Die  knorpligen  Enden  je  zweier  Körper  erschienen 
nämlich  mit  einander  gleichsam  verschmolzen,  die  Stelle  aber,  welche  ihre  gemein- 
schaftliche Grenze  andeutete,  bot  sich  auf  Längsdurchschnitten,  die  durch  die  Hals- 
wirbel gemacht  worden  waren,  als  eine  sehr  feine,  bogenförmig  gekrümmte  Linie 
dar.  die  noch  weniger  durchsichtig,   als   die    ihr    entsprechende   Linie    zwischen    den 


Schwanz-  und  Rumpfwirbeln  war,  und  eine  mehr  oder  weniger  weisse  Farbe  hatte, 
doch  ebonlalls  nicht  eine  scharfe  Begrenzung  zeigte.  Auch  in  ihr  kamen  Körper- 
chen vor,  die  nur  Knorpelkörperchcn  zu  sein  schienen,  aber  in  ziemlich  grosser 
Zalil  ellipsoidisch  und  selbst  spindelförmig  waren ,  mit  ihrem  grosstcn  Durchmesser 
sich  nach  dem  Verlauf  der  Grenzlinie  gerichtet  hatten,  und  sehr  viel  dichter,  als 
die  Knorpclkörpei'chen  der  Nachbarschaft,  beisammen  lagen.  Die  weisse  Farbe  der 
Grenzlinie  hatte  theils  in  dieser  Lagerung  der  Körperchen  ihren  Grund,  theils  auch 
darin,  dass  die  sie  zusammenhallende  formlose  Masse  eine  nur  geringe  Durchschein- 
barkeit  besass.  Fasern  aber  von  irgend  einer  Art  konnte  ich  hier  nicht  bemerken, 
selbst  nicht  nach  einer  längern  Einwirkung  von  Essigsäure  ').  Auch  zeigten,  wenn 
zwei  Wirbelkörper  in  der  angegebenen  weisslichen  Grenze,  wo  sie  ziemlich  leicht 
sich  trennen  Hessen,  auseinander  gerissen  worden  waren,  die  Rissflächen  nicht  deut- 
lich von  ihnen  ausgehende  Fasern ,  sondern  nur  ein  unebenes  Aussehen.  —  Bei 
dem  Embryo  von  Testudo  und  den  Jungen  von  Emys,  Platemys,  Terrapene  und 
Trionyx  befanden  sich  zwischen  den  knorpligen  Enden  der  Körper  der  Halswirbel 
deutliche,  aber  sehr  enge  Spalten  oder  Gelenkhöhlen.  Jedoch  Hessen  die  einander 
zugekehrten  Flächen  der  Wirbelkörper  bei  dem  Embryo  von  Testudo  noch  kein 
andres  Gewebe,  als  das  des  Knorpels  erkennen,  also  noch  keine  Bekleidung  von 
einem  aus  besondern  Zellen  bestehenden  Epithelium.  Dagegen  war  bei  den  genann- 
ten jungen  Schildkröten  eine  solche  Bekleidung  vorhanden,  doch  um  so  dünner  und 
um  so  schwieriger  erkennbar,  je  jünger  sie  waren.  —  Zwischen  den  schiefen  Fort- 
sätzen der  Halswirbel  bemerkte  ich  nicht  blos  bei  jungen  Schildkröten,  sondern  auch 
schon  bei  dem  Embryo  von  Testudo,  obgleich  jene  Fortsätze  bei  ihm  nur  wenig 
ausgebildet  waren,  eine  Spalte,   durch  die  eine  Gelenkböhle  bezeichnet  wurde. 

Nach  den  gemachten  Mittheilungen  bestehen  bei  den  Schildkröten,  wie  bei  an- 
dern Wirbellhieren,  die  Körper  der  Wirbelbeine  zu  einer  gewissen  Zeit  des  Frucht- 
lebens aus  lauter  bogenRirmigen,  um  die  Rückensaite  zum  Theil  herumgehenden,  und 
aus  der  Belegungsmasse  dieses  Körpertheiles  herausgebildeten  massig  dicken  Schie- 
nen, von  denen  darauf  je  zwei  durch  ferneres  Wachslhum  ihrer  untern  Hälften  sich 
um  die  Rückensaile  so  vereinigen,  dass  sie  um  diese  zu  einem  Ringe  zusammen- 
wachsen. (S.  Abtheilung  I,  §•  8  —  10.)  Die  Ringe  aber,  wie  jene  Schienen,  ha- 
ben massig  grosse  Zwischenräume  zwischen  sich,  die  von  einer  etwas  dünnern  Lage 


•)  Bei  erwaclisenen  Exemplaren  von  Chelonia  Midas  sind  nach  M  ecket 's  Angabe,  die  ich  bestäti- 
gen Itann,  zwischen  den  Körpern  der  Halswirbel  nicht  Gelenkkapseln  vorhanden,  sondern  es  heftet  eine 
Knorpelbandmasse  die  einander  gegenüber  liegenden  Flächen  derselben  in  ihrer  ganzen  Ausbreitung  an  ein- 
ander. (Systeme  der  vergl.  Aoatomie  I,  1.  Seite  413.) 

10* 


76 

der  Belegungsmasse  ausgefüllt  sind.  Später  indess  findet  man  an  Stelle  jener  an- 
räiiglich  aus  einer  feslern  gallertartigen  Sul)stanz  bestehenden  Ringe  die  entweder 
gänzlich  knorpligen,  oder  zum  Theil  auch  schon  verknöcherten  Wirbelbeinkörper, 
diese  aber  so  dicht  hinter  einander  und  so  mit  einander  verschmolzen ,  dass  die 
Knorpelsubstanz  des  einen  in  die  gleiche  Substanz  des  andern  ohne  irgend  eine  Un- 
terbrechung übergeht.  Es  wird  also  um  die  Zeit,  da  die  erwähnten  Ringe  verknor- 
peln und  dabei  noch  immer  grösser  werden,  entweder  der  zwischen  ihnen  gelegene 
dünnere  und  schmälere  Theil  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite  resorbirt,  oder 
gegentheils,  was  wohl  das  Wahrscheinlichere  sein  dürfte,  ebenfalls  in  Knorpel  umge- 
wandelt und  zur  Zusammensetzung  der  Wirbelbeinkörper  mit  benutzt.  Jedenfalls 
aber  bilden  die  künftigen  W  irhelbeinkörper  zu  einer  gewissen  Zeit  ein  ununterbroche- 
nes Knorpclrohr,  das  in  seiner  Höhle  die  Rückensaite  enthält.  Noch  später  gliedert 
sich  dieses  Rohr  im  Halse  und  Schwänze,  indem  sich  an  ihm  daselbst  Gelenke  bil- 
den, die  im  Allgemeinen  von  zweierlei  Art  sein  können.  Entweder  nämlich  entste-' 
hen  Kapselgelenke,  oder  hingegen  Symphysen.  Die  erstem  bilden  sich ,  indem  die 
Knorpelzellen  an  einzelnen  Stellen  ihren  Zusammenhang  ganz  aufgeben,  so  dass  eine 
spaltforniige  Höhle  entsteht,  demnächst  aber  sich  an  der  freigewordnen  Fläche  der 
Knorpelmasse  [sei  es  aus  den  Zellen  derselben ,  oder  vielmehr  an  ihnen]  und  des 
fibrösen  Gewebes,  welches  alle  Wirbelkörper  bekleidet,  ein  Epithelium  ausbildet. 
Es  findet  hier  in  der  Knorpelsubstanz,  welche  den  auf  einander  folgenden  Wirbel- 
körpern gemeinschaftlich  angehört,  derselbe  Vorgang  statt,  wie  z.  B.  in  den  Extre- 
mitäten der  Frösche ,  Vögel  und  Säugethiere ,  in  deren  jeder  die  Masse,  aus  der 
sich  alle  Knochen  derselben  entwickeln  sollen,  selbst  dann  noch,  wann  sie  schon 
eine  mehr  oder  weniger  knorpelartige  Beschaffenheit  erlangt  hat,  ohne  Unterbrechung 
durch  das  Ganze  hindurchgeht.  Wie  die  andre  Art  der  Gelenkverbindung  an  der  Wir- 
belsäule der  Schildkröten  entsteht,  darüber  fehlen  mir  positive  Beobachtungen.  Nach 
Untersuchungen  aber,  die  von  mir  an  andern  Thieren  angestellt  worden  sind,  bilden 
sich  die  aus  einem  Faserknorpel  bestehenden  Ligamenta  intervertebralia,  indem  sich 
in  einem  anfangs  ächten  Knorpel  die  Grundsubstanz  zum  Theil  in  Fasern  auflöst, 
zum  Theil  um  jede  Knorpelzelle  zu  einer  sehr  dünnhäutigen  Kapsel  ausbildet. 

Die  Rückensaite  nimmt  an  der  Bildung  der  Gelenkverbindungen  zwischen  den 
Wirbelkörpern  eben  so  wenig  bei  den  Schildkröten,  wie  bei  den  ßatrachiern,  Vögeln 
und  Säugetbieren ,  einen  wesentlichen  Antheil.  Durch  die  Gelenkhöhlen ,  die  sich 
bei  dem  Embryo  von  Testudo  zwischen  den  Körpern  der  Halswirbel  gebildet  hatten, 
lief  sie  wie  ein  Faden  hindurch,  der  selbst  im  Vergleich  mit  den  Querdurchraessern 
dieser  Höhlen    nur  sehr  dünn  wav.     Dasselbe  Verbältniss    fand    ich    auch    bei    einem 


// 

Hülinchcn  vom  achtzehnten  Tage  der  Bebrüt iinf;;  an  den  Halswirbeln,  zwischen  deren 
Körpern  sich  schon  ebenfalls  GelenkhölHen  bel'aiiden.  Gleichfalls  bemerkte  ich  bei 
Schweinseuibryonen,  die  vom  Scheitel  bis  zum  Schwänze  1  Zoll  bis  1  Zoll  3  Li- 
nien lang  waren,  dass  bei  ihnen  die  Rückensaite  durch  die  schon  vorhandenen  Anla- 
gen der  Ligamenta  intervertebralia  geradesweges  wie  ein  zarter  Faden  bindiu'chlief. 
Dass  aber  bei  denjenigen  jungen  Schildkröten ,  bei  welchen  zwischen  den  Körpern 
der  Halswirbel  schon  so  ausgebildete  Gelenkhöhlen  vorkamen,  dass  sie  von  einer  se- 
rösen Haut  ausgekleidet  waren,  Ueberreste  von  der  Scheide  der  Rückensaite  sich 
erweitert  und  in  diese  Haut  umgewandelt  h;iben  sollten,  ist  nicht  glaublich,  weil  jene 
Scheide  und  diese  Haut  in  ihrem  Gewebe  von  einander  gar  zu  sehr  verschieden  sind. 
Zudem  geht  nach  Beobachtungen,  die  von  Meckel  gemacht  worden  sind,  selbst 
bei  erwachsenen  Schildkröten  mitunter  ein  dünner  fibrösartiger  Faden  von  einem  Wir- 
belbeinkörper zu  dem  andern  mitten  durch  eine  Gelenkhöhle  hindurch  ^):  nicht  un- 
walirscheinlich  aber  dürfte  es  sein,  dass  ein  solcher  Faden  ein  Ueberrest  von  der 
Rückensaite  ist. 

§.  10.  Eine  besondere  Berücksichtigung  verdienen  noch  die  beiden  vor- 
dersten Wirbel  des  Rückgraths.  —  In  meiner  Entwickelungsgeschichte  der  Natter 
hatte  ich  (Seite  119  und  120)  dargethan,  dass  bei  diesem  Thiere  der  Zahnfortsatz 
des  Epistropheus  eigentlich  der  Körper  des  Atlas  ist,  derjenige  Theil  des  Atlas  aber, 
welchen  man  den  Körper  desselben  zu  nennen  pflegt,  ein  accessorisches  Knochenstück 
ist,  das  mit  den  Bogenschenkeln  eben  desselben  Wirbels  zu  einem  Ringe  verwächst. 
Auch  hatte  ich  dort  die  Vermuthung  aufgestellt,  dass  hei  höhern  Thieren  der  Zahn- 
fortsatz des  Epistropheus  ebenfalls  nichts  Anders",  als  der  Körper  des  ersten  Hals- 
wirbels sein  möge.  Später  fand  ich  denn,  dass  in  Betreff  der  Schildkröten  bereits 
Cuvier  in  seinem  grossartigen  und  berühmten  Werke:  Recherches  sur  les  osse- 
mens  fossiles  *),  sich  dahin  ausgesprochen  hatte,  dass  der  Zahnfortsatz  bei  den  Schild- 
kröten einen  wahren  W^irbelkörper  darstellt,  dass  derselbe  bei  der  Matamata- Schild- 
kröte zwei  kleine  Querfortsätze  besitzt,  mit  den  Knochenstücken  des  ersten  Wirbels 
verwachsen  ist,  und  mit  dem  zweiten  Wirbel  in  einer  Gelenkverbindung  steht,  und 
dass  überhaupt  bei  den  Schildkröten  der  Zahnfortsatz  des  Epistropheus  sich  als  den 
eigentlichen  Körper  des  ersten  W^irbcls  zu  erkennen  giebt.  Diesen  Ausspruch  Cu- 
vier's,  soweit  er  auf  die  Schildkröten  im  Allgemeinen  sich  bezieht,  kann  die  Ent- 
wickelungsgeschichte derselben  nur  bestätigen,  wie  ich  sogleich  darthun  werde.    Aber 


•)     System  der  vcrgl.  Anatomie  I,  1.  S.  413. 

-)     Vierte  Ausgabe,  Theil  IX,  Seite  409  und  410. 


78 

auch  meine  vor  mehreren  Jahren  ausgesprochene  Vermuthung,  dass  gleichfalls«  bei 
den  höhern  Wirbelthieren  der  sogenannte  Zahnfortsatz  der  eigentliche  Körper  des 
Atlas  sein  möge,  ist  jetzt  durch  Carl  Bergmann  zur  Gevvissheit  gebracht  worden, 
und  zwar  in  einer  für  die  Bildung  des  Skeletes  überhaupt  sehr  lehrreichen  Abhaud- 
lujig  unter  der  Ueberschrift :  Einige  Beobachtungen  und  Reflexionen  über  die  Skelet- 
Systeme  der  Wirbelthiere  ^).  Es  kann  daher  wohl  keinem  Zweifel  mehr  unterliegen, 
dass  bei  allen  denjenigen  Wirbelthieren,  welche  einen  Processus  odontoideus,  oder  — 
um  die  von  Bergmann  gewählte  weit  passendere  Benennung  zu  gebrauchen  — 
ein  Os  odontoideum  besitzen,  dieses  der  eigentliche  Körper  des  Atlas,  dagegen  der 
sogenannte  Körper  dieses  Wirbels  nur  ein  accessorisches  Knochenstück  oder  morpho- 
logisches Element,  und  zwar,  wie  ich  es  zuerst  filr  die  Natter  dargethan  hatte,  ein 
modificirter  unterer  Dornfortsalz  ist.  Bei  den  Embryonen  von  Testudo  und  Chelonia, 
wie  auch  bei  der  jungen  Spbargis,  fand  ich  den  sogenannten  Zahnfortsatz,  der  bei 
ihnen  einen  kurzen,  an  der  Spitze  stark  abgerundeten  Kegel  darstellte,  in  eben  sol- 
cher Weise  verknöchert,  wie  den  Körper  des  Epistropheus  und  wie  überhaupt  die 
Körper  der  Halswirbel  bei  demselben  Individuum.  Ferner  war  er  mit  dem  Körper 
des  Epistropheus  eben  so  durch  eine  Knorpelscbeibe  verbunden,  wie  bei  den  genann- 
ten in  der  Entwickelung  begriffenen  Seeschildkröten  der  Körper  dieses  Wirbels  mit 
dem  des  näc^bstfolgenden.  Auch  ging  durch  ihn  die  Rückensaite  ganz  so,  wie  durch 
einen  Wirhclkörper  hindurch.  Dagegen  stand  er  nicht  mehr  mit  zwei  Bogenschen- 
keln  in  einer  unmittelbaren  Verbindung,  sondern  es  halten  sich  die  Bogenschenkel, 
die  ursprünglich  zu  ihm  gehörten ,  und  die  an  ihrem  obern  Ende  noch  nicht  zusam- 
mengewachsen, sondern  nur  durch  fibröses  Gewebe  verbunden  waren,  von  ihm  schon 
ganz  abgelöst.  DaPiir  aber  waren  diese  vordersten  Bogenschenkel  der  Wirbelsäule 
ganz  so,  wie  ich  es  schon  früher  bei  Embryonen  der  Natter  gesehen  halte,  durch 
2  von  ihren  untern  Enden  abgehende  fibröse  Bänder  mit  einem  kleinen  Skeletstücke 
[Schlussslück  des  Atlas],  das  unter  dem  Zahnforlsalze  lag,  in  Verbindung  gesetzt, 
und  bildeten  zusammen  mit  diesen  Theilen  schon  einen  um  den  Zahnfortsatz  geleg- 
ten weilen  Ring,  oder  den  Atlas.  Das  erwähnte  Skeletslück,  oder  der  nacbherige 
unlere  Bogen  des  Alias,  der  auch  wohl  der  Körper  des  Atlas  genannt  worden  ist 
(Tab.  VI,  Fig.  6.),  war  massig  gross,  an  der  vordem  und  hintern  Seile  dreieckig, 
mit  dem  grösslen  Durchmesser  quer  gelagert,  und  in  der  Art  iheils  knöchern,  iheils 
knorplig,  dass  seine  Knochenmasse  einen  mehr  oder  weniger  grossen  Kern  innerhalb 
der  Knorpelmasse    darstellte.     Etwas  Analoges    von  ihm   kam  an  den  übrigen  Wir- 


>)     Götlinger  Studien,  1845. 


79 

belli  nicht  vor  ') ;  bei  der  Natter  aber  bilden  sich  ähnliche  Knochenstücke  unter  den 
Körpern  mehrerer  auf  den  Atlas  foljirender  Halswirbel,  verschmelzen  dann  mit  den- 
selben, und  stellen  nun  an  ihnen  untere  Dornfortsätze  dar.  Die  beiden  Bänder, 
durch  Avclebe  bei  den  Schildkröten  die  Bogenschenkel  des  Atlas  mit  dem  erwähnten 
dreieckigen  Scblussstück  in  Verbindung  standen  (Tab.  VI,  Fig.  6,  c),  liefen  zu  bei- 
den Seiten  des  Zahnfortsatzes  herab,  und  waren  bei  dem  Embryo  der  Chelonia  und 
der  jungen  Spbargis  ziemlich  lang,  hingegen  al)solut  und  relativ  viel  kürzer  bei  dem 
Embryo  von  Testudo.  Bei  den  übrigen  jungen  Schildkröten ,  die  ich  untersuchte, 
hatten  sie  sich  bereits  bedeutend  verkürzt,  dagegen  waren  die  Bogenscbenkel  weit 
länger  geworden,  so  dass  die  letztern  dem  untern  accessorischen  Knochenstücke  oder 
Schlussslücke  entweder  sehr  nahe  lagen  oder  mit  ihm  beinahe  zusammanstiessen  (Tab. 
VI,  Fig.  7,  c).  Es  verhielten  sich  also  bei  ihnen  diese  3  Knochenstücke  schon  ähn- 
lich, w  ie  bei  den  Erwachsenen,  bei  denen  sie  jederseits  durch  eine  Naht  verbunden 
sind.  Demnach  werden,  indem  die  Entwickelung  des  Leibes  weiter  vorscbreitet,  die 
Bogenscbenkel  des  Atlas  auf  Kosten  der  seitlichen  fibrösen  Bänder  desselben  immer 
länger,  bis  sie  zuletzt  das  accessorische  Knochenstück  dieses  Wirbels  erreicht  haben. 
In  dem  Ringe  des  Atlas,  welcher  zu  einer  gewissen  Zeit  aus  5  verschiednen 
Theilcn ,  nämlich  aus  zwei  Bogenschenkeln ,  einem  accessorischen  Knochenstücke  und 
zwei  Bändern,  die  von  jenen  zu  diesem  herablaufen,  zusammengesetzt  ist,  bildet  sich 
sehr  frühe  ein  fibröses  Ligamentum  transversum,  wodurch  der  Raum,  der  von  dem 
Ringe  umschlossen  ist,  in  eine  obere  grössere  und  eine  untere  kleinere  Hälfte  ge- 
thcilt  wird.  Bei  den  Embryonen  von  Chelonia  und  Testudo  war  das  Querband  schon 
deutlich  fibrös,  massig  dick,  und  an  zwei  kleine  Fortsätze,  die  von  den  untern  En- 
den der  Bügenschenkel  nach  innen  gegen  einander  ausgesendet  worden  waren,  ange- 
heftet. Bei  jungen  Schildkröten  aber,  bei  denen  die  beiden  Bänder,  welche  von  den 
Bogenschenkeln  zu  dem  accessorischen  Knoehenstücke  des-  Atlas  gehen ,  schon  sehr 
verkürzt  oder  selbst  verschwunden  waren ,  reichten  die  Bogenscbenkel  über  das  Li- 
gamentum transversum  nach  unten  mehr  oder  weniger  weit  hinaus.  Es  w^achsen 
also  diese  beiden  Knochenslücke  des  Atlas ,  während  die  von  ihnen  nach  unten  ab- 
gehenden Bänder  kürzer  werden,  über  jenes  Querband  nach  unten  immer  weiter  hin- 
aus.    In  der  untern  von  den  beiden  Hälften,  in  welche  der  vom  Atlas  umschlossene 


1)  Bei  den  Schildkröten,  welche  die  Gattung  Chelonia  ausmachen,  befinden  sich  an  der  untern  Seite 
der  auf  den  Atlas  folgenden  Halswirbel  zwar  stark  vorspringende,  von  den  Seilen  abgeplattete  und  ziem- 
lich lange  leistenartige  Vorsprünge,  die  man  unlere  Dornfortsätze  nennen  kann,  doch  entstehen  sie  nach  den 
Wahrnehmungen,  die  ich  darüber  habe  machen  können,  nicht  aus  besondern  Knorpelstücken,  noch  enthalten 
sie  jemals  einen  besondern  Knochenkern,  sondern  sind  Auswüchse  der  VVirbelkörper  selbst,  und  erscheinen 
gleich  von  Anfang  an  als  Apophysen  derselben. 


so 

Raum  durch  das  Querband  geschieden  ist,  befindet  sich  bei  den  Schildkröten  eine 
mit  ihren  Flächen  senkrecht  stehende  biconcave  und  in  der  Mitte  durchbrochene 
Knorpelplatte  (Tab.  VI,  Fig.  6  und  7  d.) ,  deren  ganzer  äusserer  Rand  mit  dem  Li- 
sramentum  transversum,  dem  accessorischen  Knochenstücke  und  den  beiden  seitlichen 
fibrösen  Bändern,  oder,  wenn  diese  Bänder  schon  verschwunden  sind,  mit  den  untern 
kleinen  Hälften  der  Bogenschenkel  selbst  verwachsen  ist.  Ihr  äusserer  oder  ange- 
wachsener Rand  ist  massig  dick,  ihr  innerer  dagegen  ganz  scharf,  und  die  in  ihr 
vorkommende  ziemlich  grosse  Oeffnung  in  der  Regel  zirkelrund,  seltner,  wie  nament- 
lich bei  Sphargis,  beinahe  ellipsoidisch.  Dicht  hinter  ihr  liegt  der  Zahnfortsatz  des 
Epistropheus  (Tab.  VI,  Fig.  6,  e.),  welcher  Fortsatz  nur  an  seiner  vordem  Hälfte 
von  dem  Ligamentum  transversum  des  Atlas  bedeckt  und  festgehalten  wird,  dicht 
vor  ihr  der  Gelenkkopf  des  Hinterhauptbeines,  und  durch  die  Oeffnung  selbst  geht 
das  Ligamentum  Suspensorium  des  Os  odontoideum  hindurch.  Ihre  Ausbildung  er- 
langt die  Platte,  die  man  für  eine  besondere  Art  von  Meniscus  ausgeben  könnte, 
schon  während  des  Fruchtlebens  der  Schildkröten ;  denn  bei  den  Embryonen  von  Che- 
lonia  und  Testudo  fand  ich  sie  schon  vollständig  entwickelt.  Dass  sie  al)er  bei  sehr 
vielen,  wenn  nicht  gar  bei  allen  Arten  der  Schildkröten,  mit  Ausnahme  der  zur  Gat- 
tung llydromedusa  gehörigen,  vorkommt,  muss  ich  daraus  schliessen,  dass  ich  sie  bei 
allen  untersuchten  jungen  Schildkröten,  wie  ausserdem  auch  bei  erwachsenen  Exem- 
plaren von  Chelonia  Midas,  Chelonia  imbricata,  Trionyx  ferox,  Tr.  granosus,  Emys 
europaea  und-  Terrapene  tricarinata  gefunden  habe. 

Von  dem  vordem  abgerundeten  Ende  des  Zahnfortsatzes  geht  ein  cylindrischer 
Strang,  der  nur  sehr  kurz  und  selbst  im  Verhältniss  zu  diesem  Fortsatze  nur  mas- 
sig dick  ist,  zu  dem  Hinterhauptbein,  namentlich  zu  dem  Gelenkkopf  desselben,  wenn 
sich  nämlich  ein  solcher  schon  ausgebildet  hat.  Bei  den  Embryonen  von  Chelonia 
und  Testudo,  wie  bei  der  jungen  Sphargis,  schien  er  Nichts  weiter  zu  sein,  als  der 
vorderste  Theil  der  Rückensaite,  die  noch  ohne  Unterbrechung  durch  alle  Wirbel 
hindurchlief  und  in  die  Schädelgrundfläche  eindrang.  Bei  andern  jungen  Schild- 
kröten aber,  und  bei  erwachsenen  Exemplaren  von  Chelonia  imbricata ,  Trionyx  fe- 
rox, Emys  europaea  und  Terrapene  tricarinata  fand  ich,  dass  er  durchweg  aus  ei- 
nem Knorpel  bestand  und  im  Innern  ganz  dicht  war.  Danach  zu  urtheilen ,  bildet 
sich  also  zwischen  dem  Zahnfortsatze  und  dem  Hinterhauptbein  um  die  Rückensaitc 
eine  besondre  scbeidenartige  Hülle,  worauf  auch  dieser  Theil  der  Rückensaite  ganz 
und  gar  verschwindet,  seine  neuentstandne  Hülle  al)er  sich  in  einen  dichten  Strang 
umwandelt,  der  seiner  Lage  und  Verbindung  nach  dem  Ligamentum  Suspensorium 
des  Os  odontoideum  der  Säugethiere,  Vögel,  Eidechsen  und  Schlangen  entspricht. 


si 

Li  iliiTi"  Form  iiiul  ^'li■binflllllf^■  bieten  die  beiden  ersten  Halswirbel  bei  den 
Sebildkrölen  so  bcdeuleiide  specifiscbc  \'erscbiedeiibeiten  dar.  wie  —  soviel  bekannt 
—  in  keiner  andern  Ordnunji;'  der  AMrbeitiiiere,  u)id  eine  näliere  Belraeblun<f  dersel- 
ben ITdirl  zu  dem  Erj;ebniss.  dass  in  der  Ordnuiifj-  der  Schildkröten  die  Entw  ickelung 
dieser  beiden  Wirbel  einen  allmählif;en  Durchgang  von  den  Fischen  und  nackten 
Amphibien  zu  den  übrigen  ^^'irbeltbieren  macht.  Denn  nach  einer  Entdeckung  von 
Peters  ')  IVhlt  bei  Hydromedusa  Maximiliani  [Emys  Maximiliani  Mikan's]  ein 
üs  odoutoideum  gänzlich,  und  es  ist  bei  ihr  der  erste  Wirbel  nicht  so  gestaltet,  wie 
der  Atlas  andrer  Schildkröten ,  sondern  ähnlich  geb.iut,  wie  die  übrigen  Halswirbel. 
Auch  ist  er  mil  dem  zweiten  Halswirbel  ganz  auf  dieselbe  Weise  verbunden,  wie  die 
übrigen  unter  sich ,  so  dass  an  ihm  gar  keine  oder  doch  nur  eine  äusserst  geringe 
Rotation  statthaben  kann.  Ferner  ist  bei  der  Matamata- Schildkröte  [Chelys  fimbria- 
ta]  zwar  schon  ein  besondres  Knocbenslück  gebildet,  das  dem  Os  odontoideum  hö- 
herer Thiere  entspricht,  doch  mit  dem  zweiten  Halswirbel,  wie  die  übrigen  Halswir- 
bel unter  einander,  durch  ein  Gelenk  verbunden,  hingegen  mit  dem  Atlas  ganz  ver- 
wachsen ist.  Bei  den  übrigen  Schildkröten  aber,  bei  denen  ebenfalls  ein  solches 
Knoehenstück  vorkommt,  ist  dasselbe  schon  vom  Atlas,  dessen  eigentlichen  Körper 
es  ursprünglich  ausmacht,  völlig  losgelöst  und  dagegen  mit  dem  Epistropheus  verbun- 
den, jedoch  noch  nicht,  wie  bei  den  höliern  Thieren,  durch  Vermittelung  von  Kno- 
chensubstanz, sondern  nur  durch  eine  dünne  Lage  von  Knorpelbandniasse. 

§.  11.  Die  Aulfiiiduiig  einer  knorpligen  Scheidewand  innerhalb  des  Atlas  der 
Schildkröten  veranlasste  mich,  auch  andre  Thiere  darauf  zu  untersuchen,  namenllicb 
verschiedne  Vögel  und  von  höhern  Amphibien  Crocodilus  acutus,  Lacerta  agilis, 
Pseudopus  Pallasii,  Anguis  fragilis,  Python  tigris,  Coluber  Natrix  und  Vipera  Berus. 
Auch  bei  allen  diesen  Fand  ich  eine  solche  biconcave  Platte  in  dem  Atlas  unter 
dem  Ligamentum  transversum.  Es  dürfte  daher  die  grösste  Wahrscheinlichkeit  da- 
für sein,  dass  sie  überhaupt  bei  allen  denjenigen  Wirbelthieren  vorkommt,  \\ eiche 
am  Hinterhauptbeine  einen  unpaarigen  Gelenkkopf  besitzen ,  und  dass  sie  bei  ihnen 
diesen  Gelenkkopf  und  das  Os  odontoideum  unvollständig  von  einander  scheidet. 
Die  in  der  Mitte  derselben  vorhandne  Oelfnung  fand  ich  im  Allgemeinen  am  klein- 
sten bei  den  Vögeln,  am  grössten  dagegen  beim  Pseudopus.  Dem  Gi'\\ebe  nach  be- 
sieht die  Platte  um  die  Oelfnung  herum,  also  an  ihrem  dünnern  Thcile,  in  einer 
verhäilnissmässig  grössern  oder  geringern  Breite,  wie  bei  den  Schildkröten,  so  auch 
bei  andern  Thieren,    aus  einem  Faserknorpel,  dessen  Fasern  in  Bogenlinien    um  die 


1)     Müller's  Archiv  vom  Jahr  1839,  S.  280. 

11 


82 

Oeffiiung'  concentrisch  herumlaufen:  weiter  nach  aussen  aber,  also  gegen  den  ange- 
hefteten Rand  der  Platte,  geht  jenes  ihr  Gewebe  ohne  scharfe  Begrenzung  in  einen 
ächten  Knorpel  über.  Bei  den  Vögeln  jedoch  scheint  in  dem  spätem  Lebensalter 
dieser  Thiere  die  Platte  von  dem  Ringe  aus,  an  welchen  sie  angeheftet  ist,  immer 
weiter  zu  verknöchern:  denn  bei  mehrern  fand  ich  sie  auf  ihren  mittlem  faserknorp- 
ligen Theil  beschränkt,  und  bei  einem  Psittacus  amazonicus,  desgleichen  bei  einer 
Rhea  americana  sogar  ganz  vollständig  verknöchert. 

Das  Ligamentum  Suspensorium  oder  teres ,  das  bei  den  Vögeln  und  höhern 
Amphibien  das  Os  odontoideum  mit  dem  Gelenkkopf  des  Hinterhauptbeines  verbindet, 
füllt  bei  den  Erwachsenen  die  Oeffnung  der  oben  beschriebenen  Platte  vollständig  aus, 
und  es  steht  also  bei  ihnen  seine  Dicke  zu  der  Grösse  dieser  Oeffnung  in  einem  be- 
stimmten Verhältniss.  Bei  den  meisten  Jüngern ,  wie  altern  Schildkröten ,  die  ich 
darauf  mitersuchte,  bestand  es  durchweg  aus  einem  ächten  Knorpel,  bei  einer  altern 
Chelonia  imbricata  aber  nur  zum  grössten  Theile  aus  einem  solchen:  denn  an  der 
Oberfläche  desselben  befand  sich  eine  massig  dicke  Schichte  von  Faserknorpel,  dessen 
Faserbündel  ziemlich  viele  Knorpelkörperchcn  zwischen  sich  enthielten,  und  sämmtlich, 
indem  sie  von  einander  divergirten,  mit  dem  einen  Ende  gerade  nach  aussen  gerich- 
tet und  an  diesem  Ende  am  lockersten  mit  einander  verbunden  waren,  mit  dem  an- 
dern Ende  aber  ganz  unmerklich  in  den  erst  erwähnten  mittlem  Theil  übergingen. 
Bei  den  Vögeln,  so  namentlich  bei  der  gemeinen  Gans,  bei  Strix  uralensis  und  bei 
Tetrao  saliceti  sah  ich  das  Band  aus  einem  Faserknorpel  gebildet,  dessen  Faserbün- 
del nach  der  Länge  desselben  verliefen,  indess  es  bei  Aquila  albicilla  nur  aus  ei- 
nem sehr  dichten  fibrösen  Gewebe  bestand  und  der  Knorpelkörperchcn  ganz  erman- 
gelte. Dem  Angeführten  zufolge  verhält  sich  also  das  sogenannte  Ligamentum  Sus- 
pensorium des  Os  odontoideum  nicht  Mos  der  Verbindung,  sondern  im  Allgemeinen 
auch  dem  Gewebe  nach  bei  den  einzelnen  damit  versehenen  Thieren,  wie  die  Sub- 
stanz ,  welche  bei  denselben  Thieren  die  Körper  mehrerer  Wirbelbeine  verbindet. 
Denn  bei  den  Schildkröten  besteht  es  entweder  nur  allein,  oder  doch  der  Hauptsache 
nach  aus  einem  ächten  Knorpel,  wie  die  Substanz  zwischen  den  Körpern  ihrer 
Rumpfwirhel ,  hei  den  Vögeln  hingegen  meistens  aus  einem  Faserknorpel ,  wie  die 
Substanz,  durch  welche  bei  ihnen  die  Körper  der  Schwanzwirbel  vereinigt  sind. 
Wo  also  jener  Körpertheil  aus  einem  Faserknorpel  besteht  und  mithin  ein  wahres 
Band  ist,  darf  es  den  Ligamenta  intervertebralia  beigezählt  und  für  das  vorderste 
Band  der  Art  ausgegeben  werden.  —  Ligamenta  alaria  fehlen  bei  den  Vögeln  und 
Amphibien:  denn  das  Ligamentum  Suspensorium  geht  bei  ihnen  ganz  einfach  an  den 
Gelenkkopf  des  Hinterhauptes,  wo  sein  Ende  in  einer  Grube  angeheftet  ist. 


83 

Das  Lig;anientiim  Iransvcrsum  ist  bei  vielen  Vögeln  verhällnissmässig  viel  kür- 
zer, als  bei  den  Amphibien  und  Säugethieren ,  weil  bei  ihnen  die  beiden  Fortsätze, 
welehe  von  den  Bogensehenkeln  des  Atlas  nach  innen  ausgesendet  worden  sind,  sich 
am  meisten  verlängert  haben.  Vielleicht  verschwindet  es  bei  manchen  sogar  gänzlich, 
indess  jene  Fortsätze  bis  zum  Zusammenstossen  einander  entgegenwachsen.  Bedeckt 
w'ird  von  ihm  bei  Vögeln  und  Amphibien  die  vordere  Hälfte  des  Os  odonloideum, 
nicht  aber,  wie  bei  den  Säugethieren,  die  hintere.  —  Was  seine  Entstehung  anbe- 
langt, so  hat  Bergmann  für  die  Wirbelthiere  im  Allgemeinen  angenommen,  dass 
es  eine  verdickte  Portion  der  Scheide  der  Rückensaite  bezeichnet  ^).  Dass  dem  aber 
nicht  so  sein  kann,  ergiebt  sich  aus  dem  Umstände,  dass  bei  den  Schildkröten  und 
bei  der  Natter  das  Ligamentum  transversum  des  Atlas  schon  vorhanden  ist,  wenn 
sich  die  Rückensaite  noch  deutlich  in  den  vordersten  Halswirbeln  erkennen  lässt  und 
noch  vollständig  durch  den  Körper  des  ersten  Wirbels,  oder  das  künftige  Os  odon- 
toideum,  wie  eine  Achse,  hindurcbgebt ,  also  zu  einer  gewissen  Zeit  jenes  Band  und 
die  Scheide  der  Rückensaite  bei  einander,  ohne  sich  zu  berühren,  vorkommen.  Das 
Ligamentiun  transversum  ist  nur  ein  Theil  einer  Bandmasse,  die  offenbar  dem  obern 
[dem  Kanäle  des  Rückgrathes  zugekehrten]  Theile  der  Faserkapsel  entspricht,  welche 
an  den  Körpern  der  übrigen  Wirbel  [auch  wo  eine  Cartilago  intervertebralis  zwi- 
schen ihnen  vorkommt]  von  dem  einen  zu  dem  andern  hinübergeht.  In  zweierlei 
Verhältnissen  aber  weicht  jener  Theil  von  diesem  auf  eine  merkwürdige  Weise  ab. 
Anstatt  nämlich  dass  an  andern  Wirbeln  der  obere  Theil  einer  solchen  Faserkapsel, 
wie  überhaupt  eine  solche  Kapsel  im  Ganzen,  nur  von  einem  Wirbelkörper  auf  den 
nächstfolgenden  übergeht,  überspringt  die  von  der  obern  Seite  des  Körpers  des  Epi- 
stropbeus  nach  vorn  gehende  Bandmasse  den  Körper  des  vordersten  Wirbels,  das 
Os  odontoideum,  ohne  sich  mit  ihm  zu  verbinden,  und  setzt  sich  an  das  Hinterhaupt- 
bein an.  Zweitens  haben  die  Fasern  dieser  Masse,  die  sich  theilweise  stark  verdickt 
hat,  nicht  sämmtlich  einen  geraden  Verlauf  von  hinten  nach  vorn,  wie  an  andern 
Wirbeln  die  Fasern  der  erwähnten  Kapseln,  sondern  einen  verschiednen.  Einige 
nämlich  verlaufen  quer,  und  diese  eben  setzen  das  Ligamentum  transversum  des  At- 
las zusammen:  andre  ebenfalls  stärker  angehäufte  verlaufen  bei  den  Vögeln,  Schild- 
kröten und  andern  beschuppten  Amphibien  zwar  von  hinten  nach  vorne,  doch  nicht 
einander  parallel ,  sondern  convergiren  sehr  stark  nach  vorne ,  und  diese  setzen  bei 
den  genannten  Thieren  ein  von  der  Gegend  des  Ligamentum  transversum  ausgehendes 
dreieckiges  Band  zusammen,  das  dem  vordem  Schenkel  des  sogenannten  Ligamentum 


')     Am  aogefuhrlen  Orle,  Seite  63. 

11' 


84 

crucialum  der  Säugethiere  entspricht,  an  seinen  Seitenrändern  mit  der  Membrana  ob- 
tiiratoria  zusammenhängt  und  mit  seiner  Spitze  ül)er  dem  Gelenkkopfe  des  Hinter- 
hauptbeines an  die  Basis  dieses  Knochens  angeheftet  ist.  —  Ein  Theil,  der  dem  hin- 
tern Seiienkel  des  Ligamentum  eruciatuni  der  Säugethiere  entspräche,  fehlt  bei  den 
Vögeln  und  Amphibien. 

C.     R  i  p  p  e  n . 

§.  12.  Die  Rippen  erscheinen  bei  Schildkröten -Embryonen,  die  zur  Enthüllung 
noch  nicht  ganz  reif  sind,  wie  bei  manchen  andern  Wirbellliieren,  als  dünne,  mehr 
oder  -NA-eniger  cylindrische ,  gegen  ihi'e  beiden  Enden  etwas  verjüngte  und  im  Allge- 
meinen massig  gebogene  Körper.  Diese  sehr  einfache  Form  behalten  das  vorderste 
und  hinterste  Rii)penpaar,  die  überhaupt  am  kleinsten  bleiben,  für  immer  so  ziemlich 
bei.  Die  übrigen  Rippen  aber,  die  sich  anlanglich  nur  durch  eine  grössere  Länge 
und  stäi'kere  Krümmung  auszeichnen,  gewinnen  eine  höchst  bedeutende  Breite  und 
werden  allmählig  tafelförmig.  Doch  betriii't  das  übermässige  Wachslhum  in  die 
Breite  nicht  auch  den  zunächst  an  die  Wirbel  angrenzenden  Theil,  welcher  an  den 
längern  Rippen  von  dem  übrigen  Theile  derselben  unter  einem  mehr  oder  weniger 
stumpfen  Winkel  abgeht,  sondern  dieser  bleibt  im  Allgemeinen  nur  schmal  und  dünn, 
so  dass  er  nach  einiger  Zeit  nur  einen  Anh;mg  oder  Fortsatz  des  übrigen  oder  brei- 
tern Theiles,  des  sogen;mnten  Körpers  der  Rippe,  vorstellt.  Es  ist  dies  derjenige 
Theil ,  welchen  man  gewöhnlich  für  gleichbedeutend  mit  dem  Halse  und  Kopfe  der 
Rippen  der  Säugethiere  hält.  Noch  zusammengesetzter  wird  an  den  längern  Rippen 
die  Form  dadurch ,  dass  späterhin ,  nachdem  in  ihnen  die  Verknöcherung  begonnen 
hat,  von  der  Stelle  aus,  wo  der  Körper  und  der  Hals  einer  solchen  Rippe  in  ein- 
ander übergehen,  die  Knochensubstanz  so  hervorwuchert,  dass  sie  einen  Fortsatz  bil- 
det, der  ebenfalls  gegen  die  Wirbelbeine  hingewendet  ist,  oberhalb  des  Rippenhalses 
dicht  unter  dem  Untei-hautbindegewebe  seine  Lage  hat,  und  als  eine  gerade  Fort- 
setzung des  Rippenkörpers  erscheint. 

Am  dünnsten  fand  ich  die  Rippen  bei  dem  Embryo  von  Testudo.  (Tab.  lU, 
Fig.  10.)  Auch  \\'aren  bei  ihm  fast  alle  in  ihrer  ganzen  Länge  ziemlich  regel- 
mässig cylindrisch :  denn  nur  die  des  zweiten  Paares ,  die  sich  überhaupt  bei  den 
Schildkröten  am  ersten  in  die  Tireite  auszudehnen  anfangen,  waren  in  der  Nähe 
ihrer  Hälse,  weil  sie  hier  bereits  zu  einer  solchen  Ausdehnung  einen  Anfang  ge- 
macht hatten,  von  oben  und  unten  massig  stark  abgeplattet.  Im  Verhältniss  zu  ihrer 
eignen  Länge,  wie  im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Rumpfe,  waren  sie  im  Allgemeinen 
noch    etwas    dünner,    als    etwa    bei    einem    reifen    menschlichen    Foetus,    und   Hessen 


85 

theils  deshalb,  ihcils  auch,  weil  ihre  nur  aus  10  Paaren  bestehenden  Reihen  bis 
an  die  l)ei(li'n  Enden  des  ziemlleh  lani^en  Hunipfes  reichten,  verhältnissmässif;;  sehr 
viel  jjrössere  Zwisciicnräume  zwischen  sich,  als  je  2  auf  einander  lolgende  Rippen 
einer  reiien  menschlichen  Frucht,  oder  überhaupt  der  reifern  Embryonen  von  Säuge- 
ihieren.  Dies  Verhältniss  aber  war  um  so  auffallender  und  merkwürdiger,  als  nach- 
her auch  bei  der  Testudo,  wie  bei  andern  Schildkröten,  die  Rippen  die  so  grossen 
zwisch(>n  ihnen  befindlichen  Räume  ganz  ausliillen  müssen.  Rreiter  zwar,  doch  im 
(ianzen  ebenfalls  von  einer  nur  massig  grossen  Rreite,  waren  die  Körper  der  8 
mittlem  oder  längern  Rippen  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  und  bei  den  Jungen  von 
Sphargis,  Chelonia,  Emys  und  Trionyx  aegyptiacus,  so  dass  demnach  auch  zwischen 
ihnen  sich  noch  ansehnlich  grosse  Lücken  befanden.  Auch  hatten  bei  diesen  Exem- 
plaren nicht  mehr  alle  Rippen  bis  auf  die  des  zweiten  Paares  durchweg  eine  bei- 
nahe regelmässig  cylindrische  Form ,  sondern  waren  der  Mehrzahl  nach  in  einem 
grossem  oder  geringern  Theile  ihrer  Länge,  wie  in  verschiedenen  Graden,  am  mei- 
sten aber  zimächst  an  ihrem  Halse  in  die  Rreite  ausgewachsen,  und  erschienen  da- 
her theilweise  mehr  oder  weniger  abgeplattet.  (Tal).  IV,  Fig.  1  und  3,  Tab.  V, 
Fig.  1,  und  Tab.  VI,  Fig.  14.) 

In  Hinsicht  der  Länge  verhalten  sich  die  Rippen  schon  bei  den  reifern  Em- 
bryonen ähnlich,  wie  bei  den  Erwachsenen.  Die  vorderste  und  hinterste  sind  im 
Verhältniss  zu  dem  ganzen  Rumpfe  nur  sehr  kurz,  die  übrigen  dagegen  ansehnlich 
lanjr,  doch  am  wenisirsten  unter  diesen  die  vorletzte.  Auch  haben  sie  bei  reifem 
Erabrvonen  schon  eine  ähnliche  Richtung,  wie  bei  den  Erwachsenen:  namentlich  ist 
die  vorletzte  bei  solchen  Embryonen  schon  sehr  stark  nach  hinten  gerichtet. 

§.  13.  Nach  der  Analogie  mit  andern  Wirbelthieren  zu  urtheilen,  wachsen 
auch  bei  den  Schildkröten  die  Rippen  aus  der  Relegungsmasse  der  Rückensaite,  also 
aus  der  Masse,  welche  zunächst  für  die  Wirbel  als  Grundlage  dient,  strahlenförmig 
hervor.  Nach  der  Form  aber  und  der  Verbindung  zu  urtheilen,  welche  sie  bei  al- 
tern Embryonen  und  auch  den  Jungen  der  Schildkröten  bemerken  lassen,  wachsen 
sie  aus  den  Rogenschenkeln  ganz  in  der  Nähe  der  Körper  der  Wirbel,  also  aus 
denselben  sehr  tief  nach  unten  hervor.  —  Rei  dem  Embryo  der  Chelonia,  wie  auch 
bei  den  Jungen  von  Chelonia  und  Sphargis,  bemerkte  ich  auf  Durchschnitten  ganz 
deutlich,  dass  sich  die  Knorpelsubstanz  der  Rogenschcnkel  der  Rumpfwirbel  ohne  alle 
Unterbrechung  in  die  Knorpelsidistanz  der  Rippen  fortsetzte,  dass  also  zwischen  die- 
sen und  jenen  weder  eine  Naht,  noch  ein  Gelenk  vorkam.  Die  Rippen  befanden 
sich  demnach  zu  ihren  Wirbeln  in  dem  Verhältniss  von  Querfortsätzen,  obgleich 
sie  alle  schon  eine  verhältnissmässig  eben  so  grosse  Länge  erreicht  hatten,    wie    ih- 


86 

neu  bei  den  Erwachsenen  zukommt.  Dieser  Zusammenhang  nun  aber  zwischen  den 
Rippen  und  den  Wirbeln  befand  sich  ganz  am  untern  Ende  der  Bogenschenkel,  da 
wo  diese  an  die  Körper  ihrer  Wirbel  angrenzten.  Eben  daselbst  war  ferner  die 
Knorpelsubstanz  der  Rippe  nach  unten  etwas  hervorgewuchert,  so  dass  die  Rippe  an 
ihrem  Anfange  ein  wenig  angeschwollen  war  oder  einen  kleinen  Kopf  zu  haben 
schien.  Der  hervorgewucherte  Theil  aber  lag,  je  nach  den  verschiednen  Rippen, 
entweder  nur  allein  dem  Körper  desjenigen  Wirbels,  welchem  die  Rippe  angehörte, 
oder  ausserdem  auch  noch  dem  Körper  des  zunächst  vor  diesem  befindlichen  Wir- 
bels dicht  an.  Doch  befand  sich  der  hervorgewucherte  Theil  weder  in  dem  einen, 
noch  in  dem  andern  Falle  mit  der  Knorpelsubstanz  der  Wirbelkörper  in  einem  un- 
mittelbaren Zusammenhange,  sondern  war  mit  ihnen  durch  eine  einfache  Naht  ver- 
bunden. Wie  bei  den  erwachsenen  Seeschildkröten,  standen  die  vorderste  und  die 
drei  hintersten  Rippen  nur  mit  einem  einzigen,  die  übrigen  hingegen  je  mit  zwei 
Wirbelkörpern  in  Berührung.  Dies  letztere  Lagerungsverhältniss  aber  konnte  nur 
darin  seinen  Grund  gehabt  haben,  dass  die  Rippe,  indem  der  Bogenschenkel,  aus 
welchem  sie  hervorgewachsen  war,  an  Breite  besonders  nach  vorne  zunahm  und 
zum  Theil  auf  den  zunächst  vor  ihm  liegenden  Wirbelkörper  überging,  hierdurch 
etwas  noch  vorne  gerückt  wurde,  so  dass  nunmehr  auch  sie  mit  jenem  anPänglich 
vor  ihr  liegenden  Wirbelkörper  in  Berührung  kam. 

Unter  einander  fand  ich  sowohl  bei  den  Embryonen  von  Chelonia  und  Testudo, 
als  auch  bei  den  Jungen  von  Chelonia,  Sphargis,  Emys,  Trionyx  aegyptiacus  und 
Trionyx  gangeticus  sämmtliche  Rippen  jeder  Seite  ihrer  ganzen  Länge  nach  durch 
eine  fibröse  Haut  verbunden.  Die  Schichte  fibrösen  Gewebes  nämlich ,  welche  die 
Körper  der  Rumpfwirbel  an  der  untern  Seite  bekleidet,  setzte  sich  dünner  werdend, 
wie  nach  oben  zwischen  die  Bogenschenkel  der  Wirbel,  so  auch  nach  aussen  zwi- 
schen die  Rippen  fort,  und  stellte  jederseits  eine  massig  dicke  und  recht  feste  Fa- 
scie  dar,  von  der  alle  zwischen  den  Rippen  befindliche  Lücken  ausgefiillt  wurden, 
und  die  ich  deshalb  die  Fascia  costalis  nennen  will.  Die  Beinhaut  dieser  Ske- 
letstücke  konnte  eigentlich  nur  als  ein  Theil  von  ihr  betrachtet  werden;  denn  an 
jeder  Rippe  war  die  angegebne  Fascie  gleichsam  in  zwei  mehr  oder  weniger  ver- 
dickte Blätter  geschieden,  welche  die  Rippe  zwischen  sich  nahmen  und  knapp  ein- 
hüllten, und  von  denen  übrigens  das  obere  jedenfalls  dünner,  als  das  untere  war. 
Dicht  auf  ihr  lag  eine  Schichte  eines  sehr  festen  Unterhaut -Bindegewebes,  über  die 
ich  weiterhin  (§.  36.)  ein  Näheres  angeben  werde.  Dicht  unter  ihr,  durch  ein 
lockeres  Bindegewebe  mit  ihr  verbunden,  befand  sich  eine  andre  aus  fibrösen  Fa- 
sern zusamraengewebte,  doch  im  Allgemeinen  weit  dünnere  Haut,    die  Fascia  super- 


87 

ficialis  intern.!  trunci.  Zwischen  ihr  aber  und  dieser  letztern  Fascie  verHefen,  den 
Räumen  entsprechend,  welche  sich  zwischen  den  Rippen  befanden,  die  langen  uad 
starken  Aeste  der  Spinalnerven  des  Rumpfes  und  die  Intercostalgerässe.  Von  Inter- 
costalmuskeln  aber  war  selbst  bei  den  Embryonen  nicht  die  mindeste  Andeutung 
vorhanden   '). 

Wie  bei  andern  Wirbelthieren,  bilden  sich  auch  bei  den  Schildkröten  Rücken- 
muskeln, die  den  Rippen  aufliegen  und  sie  bedecken,  üoch  findet  man  sie  nur  bei 
Embryonen  und  solchen  Jungen,  die  nur  erst  vor  kurzer  Zeit  das  Ei  verlassen  ha- 
ben, unmittelbar  unter  der  Hautbedeckung  und  dem  Unterhaut- Rindegewebe.  Denn 
später  werden  sie,  wie  es  bei  andern  Wirbelthieren  nie  der  Fall  ist,  von  Theilen 
des  Innern  Skeletes  [des  sogenannten  Nervenskeletes]  völlig  überwölbt  und  verdeckt. 
Auch  ist  ihre  Zahl  und  Ausbreitung  sehr  viel  geringer,  als  etwa  bei  den  Vögeln 
und  Säugethieren  (§.  33).  Redeckt  durch  diese  Muskeln  der  ganzen  Länge  nach, 
und  dadurch  völlig  geschieden  von  der  Hautbedeckung,  sind  selbst  bei  Embryonen 
nur  die  Rippen  des  ersten  und  letzten  Paares,  welche  Rippen  niemals  eine  erhebliche 
Grösse  erreichen:  von  den  übrigen  aber,  die  schon  frühe  eine  bedeutende  Länge 
annahmen,  sind  blos  die  Hälse  durch  sie  bedeckt.  Dagegen  sind  die  Körper  dieser 
letztern  oder  längern  Rippen  gleich  anfangs,  wie  späterhin,  an  ihrer  ganzen  obern 
Seite  nur  allein  von  dem  Unterhaut -Bindegewebe  und  der  Haut  bekleidet,  und  ste- 
hen mit  der  Schichte  jenes  Gewebes,  das  ihnen  dicht  aufliegt,  nach  ihrem  ganzen 
Verlaufe  in  der  innigsten  Verbindung. 

§.  14.  Das  so  höchst  bedeutende  Wachsthum  in  die  Breite,  welches  an  den 
8  mittlem  oder  längern  Rippen  einer  jeden  Seitenhälfte  Statt  findet,  und  wodurch 
diese  Rippen  endlich  zu  einer  gegenseitigen  Rerührung  gelangen,  um  sich  durch  eine 
etwas  zackige  Naht  zu  vereinigen,  beginnt  an  dem  Innern  [oder  obern]  Ende  der 
Körper  derselben,  und  schreitet  dann  von  da  aus  gegen  das  äussere  Ende  fort.  Auf 
diese  Weise  der  fortschreitenden  Vergrösserung  Hess  sich  schon  aus  der  Form 
schliessen,  welche  die  mittlem  oder  längern  Rippen  bei  den  erwachsenen  Seeschild- 
kröten besitzen,  da  bei  ihnen  die  Körper  jener  Rippen  nur  in  ihrer  Innern  [obern] 
Hälfte  so  breit  sind,  dass  sie  zusammenstossen,  in  ihrer  äussern  Hälfte  hingegen  sich 
um  ein  Bedeutendes  schmäler  zeigen.  Eine  völlige  Gewissheit  aber  haben  darüber- 
die  Beobachtungen  gegeben,  welche  an  sehr  jungen  Land-  und  Süsswasserschildkrö- 


1)  Bei  andern  Wirbelthieren  kommen  von  der  oben  beschriebenen  Fascia  coslalis  nnr  mehr  oder  we- 
niger deutliche  Spuren  vor.  Beschränkt  oder  auch  gehemmt  ist  ihre  Ausbildung  bei  andern  Wirbelthieren 
durch  die  Eatwickelung  der  Musculi  intercostales  worden. 


SS 

teil  gemacht  worden  sind.  Auch  haben  diese  Beobachtungen  ergeben,  dass  bei  den 
Land-  und  Süsswasserschildkröten  die  längern  Rippen  zu  einer  gewissen  Enlwicke- 
lungszeit  ganz  diesellie  Form  besitzen ,  welche  diese  Rippen  bei  den  erwachsenen 
Seeschildkröten  bemerken  lassen.  Was  die  hierüber  gemachten  Walirnehmungen 
anbelangt,  so  hatten  bei  sehr  jungen  Exemplaren  von  Emys  europaea  (Nr.  12  der 
Einleitung),  Terrapene  tricarinata  und  Trionyx  gangeticus  jederseits  von  den  längern 
Rippen  nur  erst  die  5  oder  6  vordem  dicht  an  dem  Innern  Ende  ihrer  Körper  eine 
solche  Breite  erlangt,  dass  sie  mit  ihren  Seitenrändern  zusammenstiessen :  bei  den 
Jungen  aber  von  Trionyx  ocellatus,  Platemys  Spixii,  Terrapene  pensylvanica  und 
Pentonyx  capensis  waren  alle  längern  Rippen  zwar  schon  an  der  innern  Hälfte  ih- 
rer Körper  so  breit  geworden,  dass  sie  sich  an  einander  dicht  angeschlossen  hatten, 
hingegen  in  der  äussern  Hälfte  verhältnissmässig  nicht  breiter,  als  etwa  die  Rippen 
der  meisten  Säugethiere.  Doch  stand  bei  Trionyx  ocellalus  die  breitere  Hälfte  der 
andern  noch  sehr  an  Länge  nach,  indess  bei  den  übrigen  oben  genannten  Schildkrö- 
ten die  schmälere  Hälfte  die  kürzere  war.  Auch  boten  die  Rippen  ähnliche  Ver- 
hältnisse, wie  bei  den  zuletzt  genannten  Schildkröten,  bei  einer  halb  ausgewachsenen 
Emys  europaea  dai",  die  Bojanus  in  seinem  Werke  über  diese  Thierart  auf  der 
dritten  Tafel  in  der  achten  Figur  abgebildet  hat  ').  Anfangs  übrigens ,  weiui  die 
längern  Rippen  sich  in  die  Breite  auszudehnen  begonnen  haben ,  verhallen  sie  sich 
dergestalt,  dass  ihre  Körper,  je  weiter  gegen  das  äussere  Ende  hin,  ganz  allmählig 
verjüngt  erscheinen.  Wenn  sie  aber  schon  so  breit  geworden  sind,  dass  je  zwei 
benachbarte  theilweise  zusammenstossen,  ist  der  breitere  Theil  gegen  den  schmälern 
ziemlich  scharf  abgesetzt,  und  dies  Verbältniss  ändert  sich  dann  nicht  weiter,  wie 
sehr  der  breitere  Theil  auch  immer  mehr  an  Länge  das  Uebergewicht  erbfUlen  mag. 
§.  15.  Die  Verknöcherung  der  ursprünglich  durchweg  knorpligen  Rippen 
beginnt  bei  den  Schildkröten ,  wie  es  auch  bei  den  Schlangen ,  Eidechsen  und  Vö- 
geln der  Fall  ist ,  an  der  Oberfläche  dieser  Körpertheile ,  so  dass  an  ihnen  anfangs 
nur  eine  dünne  Kruste  von  Knochensubstanz  vorkommt.  Schon  bei  den  Embryonen 
von  Testudo  und  Chelonia  bildete  die  Knochensubstanz  um  den  völlig  cylindriscben, 
massig  dicken,  allenthalben  in  Hinsicht  der  Dicke  sich  ziemlich  gleichlileibenden  Knor- 
pel der  Rippen  eine  vollständige' Scheide,  die  aber  gegen  die  Wirbelsäule  nur  bis 
auf  das  Köpfchen  hinreichte,  also  nicht  bis  zu  den  Bogenschenkeln  der  Wirbelbeine 
selbst  sich  hinerslreckte ,  und  die  nach  aussen  ebenfalls  nicht  bis  an  das  Ende  der 
Rippen  ausgedehnt  war,  sondern  sich   in  einer   massig  grossen  Entfernung  von  dem- 


')     Aiiatome  Tesludinis  eurupaea.     Viliiae   1819. 


89 

selben  fast  unmerklich  verlor  ').  An  der  vordersten  und  hintersten  Rippe  war  diese 
Scheide  allenthalben  nur  äusserst  düiui.  an  den  übrij2;en  Rippen  aber  war  sie  nur  an 
dem  Koplchen .  dem  Halse  und  der  äussern  [oder  untern]  Hällle  des  Körpers  unge- 
fähr eben  so  dünn,  dagegen  an  der  Innern  Hälfte  des  Körpers  erheblich  dicker,  zu- 
mal bei  dem  Embryo  von  Clielonia,  doch  auch  hier  an  ihrer  Oberfläche  ganz  glatt 
und  eben.  Im  ^^ergleich  mit  den  Wirbeln  war  diese  letztere  Hälfte  der  längern 
Rippen  in  ihrer  \'erknöcherung  viel  weiter  vorgeschritten,  als  namentlich  die  Bogen- 
schenkel  der  Wirbel. 

Erst  nachdem  in  den  Rippen  die  Verknöcherung  begonnen  hat,  wachsen  sie  der 
Mehrzahl  nach  —  nänilich  mit  Ausnahme  der  vordersten  und  der  hintersten  alle 
übrigen  —  merkwürdig  stark  in  die  Breite.  Dieses  ihr  Wachsthum  aber  erfolgt 
in  der  Art.  dass  an  dem  ursprünglich  cylindrischen  Körper  der  Rippen  die  Knochen- 
substanz immer  mehr  an  Umfang  und  Masse  zunimmt,  und  zwar  am  meisten  nach 
vorne  und  hinten,  weniger  nach  oben  [gegen  die  Hautbedeckung]  und  am  wenigsten 
nach  unten.  Zuvörderst  gewinnt  der  Rippenkörper  an  Breite,  indem  die  zur  Ver- 
grösserung  desselben  dienenden  StolTe  sich  so  ablagern,  dass  sie  an  der  vordem  und 
hintern  Seite  der  Knochenscheide  der  Rippe  gleichsam  einen  Saum  darstellen,  der 
gegen  seinen  freien  Rand,  wie  eine  Messerklinge,  scharf  ausläuft.  Die  Bildung  die- 
ser Säume  beginnt  in  der  Nähe  des  Rippenhalses  und  schreitet  von  da  aus  gegen 
das  andre  Ende  der  Rippe  vor:  sie  haben  daher,  während  sie  in  der  Bildung  be- 
griffen sind,  in  der  Nähe  des  Rippenhalses  die  grösste  Breite,  erscheinen  um  so 
schmäler,  je  weiter  gegen  das  äussere  Ende  der  Rippe  hin,  und  verlieren  sich  ge- 
gen dieses  Ende  fast  unmerklich.  Etwas  verschieden  aber  ist  ihr  Verbalten  bei  den 
verschiednen  Arten  der  Schildkröten.  Bei  den  meisten  nehmen  sie  nur  sehr  lang- 
sam an  Länge  zu,  und  reichen  selbst  bei  solchen  Jungen  dieser  Arten,  welche  schon 
weit  in  ihrer  Entwckelung  vorgeschritten  sind,  nur  etwa  bis  zur  Mitte  der  Rippen 
hin,  haben  aber  gleich  anfangs  eine  ziemlich  grosse  Dicke,  so  dass  sie  da,  wo  sie 
noch  keine  beträchtliche  Breite  erlangt  haben,  von  ihrer  Basis  (oder  von  dem  Ach- 
sentheile  der  Rippe)  gegen  ihren  freien  Rand  steil  abfallen  (Tab.  HI,  Fig.  15  und 
Fig.  16  B,  Tab.  VI,  Fig.  17).  Auch  lassen  sie  bei  den  meisten  Schildkröten  gleich 
von  Anfang  an  nur  wenig  Knorpelsubstanz  erkennen,  sondern  bestehen  fast  nur  aus 


p> 


')  Auch  bei  den  Jnogen  von  Sphargis,  Chelonia  und  Trionyx  aegyptiacns  war  das  äussere  Ende  der 
langem  Rippen  in  einer  massig  grossen  Streclie  nur  knorplig,  obgleich  an  dem  innern  Ende  der  Körper 
dieser  Rippen,  zumal  der  zweiten  von  vorne,  die  Knochensclieide  bei  den  Jungen  von  Chelonia  schon  ziem- 
lich dick  und  breit  geworden  war. 

12 


90 

Knochensubslanz ,  und  geben  sich  daher  ganz  deutlich  als  Auswüchse  oder  Wuche- 
rungen der  Knochenscheide  der  Rippenknorpel  kund.  Bei  denjenigen  Schildkröten 
hingegen,  welche  zu  den  Gattungen  Sphargis,  Chelonia  und  Trionyx  gehören,  neh- 
men die  erwähnten  Säume  sehr  rasch  an  Länge  zu,  ohne  jedoch  in  der  Galtung 
Chelonia  das  äussere  Ende  der  Rippen  jemals  zu  erreichen,  was  hingegen  in  der 
Gattung  Trionyx,  oder  doch  bei  einigen  Arten  derselben,  der  Fall  ist.  Dafür  aber 
nehmen  sie  bei  diesen  Schildkröten  nur  langsam  an  Dicke  zu,  weshalb  sie  bei  ihnen 
eine  geraume  Zeit  als  lange  und  im  Ganzen  nur  sehr  dünne  Streifen  erscheinen,  von 
denen  je  zwei  einen  Rippenkörper  einfassen  (Tab.  V,  Fig.  2;  Tab.  VI,  Fig.  19 
und  Tab.  IX,  Fig.  17).  Auch  bestehen  sie  bei  diesen  letztern  Schildkröten  eine 
längere  Zeit  hindurch  zum  grössern  Theüe  aus  Knorpelsubstanz.  Schwach  angedeu- 
tet fand  ich  sie  bei  dem  Embryo  von  Chelonia,  mehr  ausgebildet  bei  der  jungen 
Sphargis,  und  noch  stärker  entwickelt  bei  den  Jungen  von  Chelonia,  doch  auch  bei 
den  letztern  noch  beinahe  ganz  knorplig.  Bei  Trionyx  gangeticus  und  Tr.  aegy- 
ptiacus  waren  sie  nur  zum  Ideinern  Theile  noch  knorplig,  bei  Tr.  ocellatus  schon 
ganz  verknöchert.  Dass  sich  aber  diese  ursprünglich  nur  knorpligen  Streifen  nicht 
etwa  unabhängig  von  den  Rippen  in  der  Hautbedeckung  oder  in  dem  Unterhaut- 
Bindegewebe  gebildet  und  dann  erst  sich  den  Rippen  angeschlossen  hatten,  ergab  sich 
daraus,  dass  ich  niemals  zwischen  ihnen  und  den  Rippen  irgendwo  einen  Zwischen- 
raum bemerken  konnte,  ferner  dass  sie  innerhalb  der  fibrösen  Haut,  welche  zwischen 
den  Rippen  ausgespannt  ist,  und  auch  die  Beinhaut  für  diese  darstellt,  ihre  Entste- 
hung nehmen,  also  mit  der  Rippe,  zu  welcher  je  zwei  gehören,  in  einer  und  der- 
selben als  Beinhaut  dienenden  Scheide  liegen,  und  dass  bei  andern  Schildkröten  die 
ihnen  entsprechenden  Säume  gleich  anfangs  beinahe  gänzlich  aus  Knochensubstanz 
bestehen  und  sich  deutlich  als  Auswüchse  der  Rippen  darstellen.  —  Erst  nachdem 
die  oben  beschriebenen  Säume  der  Rippen  entstanden  sind,  nehmen  diese  Körpertheile 
auch  an  Dicke  erheblich  zu,  und  zwar  wiederum  zunächst  da,  wo  der  Rippenkörper 
an  den  Rippenhals  angrenzt.  Die  Substanz  aber,  die  dazu  verwendet  werden  soll, 
wächst  aus  der  obern  Seite  theils  jener  Säume,  theUs  aus  der  zwischen  denselben 
befindlichen  Masse  des  Rippenkörpers  hervor,  und  es  verlieren  dadurch  jene  Säume, 
auch  wenn  sie  anfänglich  in  ihrer  ganzen  Breite  nur  sehr  dünn  waren,  immer  mehr 
das  Aussehen  von  besondern  Fortsätzen  oder  flügeiförmigen  Anhängen  des  Cylinders, 
der  ursprünglich  von  der  ganzen  Rippe  dargestellt  wurde,  so  dass  sie  nach  einiger 
Zeit  mit  diesem  ursprünglich  nur  allein  vorhandnen  Theile  der  Rippe  eine  einfache 
dicke  Tafel  zusammensetzen,  die  darauf  noch  immer  mehr  sowohl  an  Breite,  als 
auch  an  Dicke  zunimmt.     Wo    zwei   benachbarte  Rippen   einander  mit  ihren  Seiten- 


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rändern  erreicht  haben,  sind  sie  bald  darauf,  nachdem  dies  geschehen,  an  den  ge- 
nannten Rändern  fast  so  dick,  als  in  ihrem  mittlem  oder  Achsentheile.  Abbildungen, 
welche  die  so  eben  beschriebenen  Entwickelungsvorgänge  an  den  Rippen  versinnlichen 
können,  habe  ich  gegeben  in  Fig.  15.  Tab.  HI,  Fig.  1.  Tab.  V,  und  Fig.  19,  20 
und  21.  Tab.  \1.  —  Wie  schon  angeführt  worden,  erreichen  die  erwähnten  Säume 
bei  ihrer  Verlängerung  in  der  Regel  lange  nicht  das  äussere  Ende  der  Rippen.  Ist 
dann  in  diesem  gewöhnlichem  Falle  auf  der  ganzen  Strecke,  auf  der  sie  hatten  sich 
ausbilden  können,  der  Rippenkörper  schon  ansehnlich  breit  luid  tafelförmig  geworden, 
so  sticht  seine  äussere  kürzere  Hälfte  durch  ihre  cylindriscbe  Form  und  geringe 
Breite  sehr  auffallend  gegen  jene  andere  oder  breitere  Hälfte  ab  (Tab.  V,  Fig.  4.). 
Gewinnt  nachher  auch  dieser  schmälere  Theil  an  Breite  und  Dicke,  so  geschieht 
dies,  indem  von  jener  andern  Hälfte  aus  der  Rippenkörper  allmählig  immer  weiter 
gegen  sein  Ende  hin  sogleich  nach  allen  Seiten,  wenn  gleich  am  meisten  nach  vorne 
und  nach  hinten,  anschwillt,  ohne  auf  dieser  Strecke  an  seiner  vordem  und  hintern 
Seite  zuvor  erst  einen  besondern  scharfrandigen  und  langen  Saum  bemerken  zu  las- 
sen.   (Tab.  Vn,  Fig.  1.) 

Bald  nachdem  die  Jungen  das  Ei  verlassen  haben,  oder  doch  nicht  lange  nach- 
her, und  wenn  die  benachbarten  Rippen  noch  weite  Zwischenräume  zwischen  sich 
haben,  auch  bei  denjenigen  Arten,  bei  welchen  die  Rippen  durch  zwei  dünne  Knor- 
pelstreifen besäumt  werden,  diese  noch  nicht  sich  zu  verknöchern  angefangen  haben, 
geht  in  dem  Innern  der  Rippenkörper  eine  bedeutende  Veränderung  vor  sich,  in 
Folge  wovon  sie  im  Allgemeinen  massig  stark  in  die  Breite  und  Dicke  ausgedehnt 
Averden.  Die  Knochensubstanz  nämlich ,  die  um  den  Rippenknorpel  anfänglich  eine 
völlig  dichte  und  glasartig  feste  Scheide  bildet,  lockert  sich  in  der  Art  auf,  dass 
kleine  Höhlen  in  ihr  entstehen,  die  mit  einem  eben  solchen  gelblichen  und  aus  locker 
zusammenhängenden  rundlichen  Zellen  bestehenden  Knochenmarke  gefüllt  werden,  wie 
ich  es  aus  den  Körpern  der  Wirbelbeine  beschrieben  habe.  Auch  verschwindet  gleich- 
zeitig der  Knorpel,  nachdem  der  von  ihm  gebildete  Cylinder  immer  dünner  gewor- 
den ist,  und  zwar  um  so  früher,  je  näher  gegen  das  innere  Ende  oder  das  Köpf- 
chen der  Rippe  hin.  Jene  Höhlen  aber  bilden  in  den  Rippenkörpern  der  Gattungen 
Chelonia  und  Trionyx  einige  ziemlich  gerade  nach  der  Länge  der  Rippen  verlau- 
fende und  nach  dem  äussern  Ende  derselben  etwas  convergirende  Kanäle,  von  denen 
besonders  die  mittelsten  oder  diejenigen,  welche  zunächst  um  die  imaginäre  Achse 
der  Rippen  liegen  und  zum  Theil  die  Stelle  des  verschwundnen  Rippenknorpels  ein- 
nehmen, durch  viele  kurze  Anastomosen  in  einander  übergehen.  Im  Ganzen  bietet 
dann  dieser   von   den  Höhlen  durchzogne  Theil  auf  Querdurchschnitten   ein   ähnliches 


92 

Aussehen  dar,  wie  eine  Binse.  (Tab.  VI,  Fig.  17.)  Bei  den  Jungen  von  Terra- 
pene  und  Platemys  haben  die  beregten  Kanäle  einen  weniger  regelmässig  nach  der 
Länge  der  Rippen  gehenden  Verlauf,  sondern  sind  mehr  netzartig  verbunden  und 
nehmen  der  Breite  nach  einen  verhältnissmässig  grössern  Raum,  als  bei  den  zuerst 
genannten  Schildkröten,  ein,  zumal  bei  Terrapene  tricarinata.  (Tab.  VI,  Fig.  17 
und  18.)  Nachdem  die  Bildung  der  angegebnen  Kanäle  im  Innern  begonnen  hat, 
entstehen  üusserlich  an  der  obern  Seite  der  Rippenkörper  einige  nach  der  Länge 
derselben  verlaufende,  einander  ziemlich  parallele  und  aus  dichter  Knochensubstanz 
bestehende  Leisten,  wodurch  nun  diese  Seite  ein  gefurchtes  und  demjenigen  einer 
cannelirten  Säule  ähnliches  Aussehen  erhält.  Am  stärksten  fand  ich  die  Leisten  und 
am  tiefsten  und  breitesten  die  zwischen  ihnen  befindlichen  Furchen  bei  Trionyx  gan- 
geticus  und  Trionyx  ocellatus  (bei  welchem  letztern  sie  auch  auf  den  ursprünglich 
knorpligen  und  bereits  verknöcherten  Säumen  der  Rippen  vorkamen),  am  zartesten 
dagegen  und  dafür  am  zahlreichsten  bei  Terrapene  tricarinata.  Bei  der  jungen  Sphar- 
gis  fehlten  sie  zwar,  doch  würden  sie  sich  wahrscheinlich  auch  bei  ihr  gebildet  ha- 
ben, wenn  dieselbe  länger  am  Leben  geblieben  wäre,  da  sie  gleichfalls  in  der  ihr 
verwandten  Gattung  Chelonia  vorkommen,  und  zwar  in  dieser  bei  den  Erwachsenen 
nicht  blos  an  der  obern,  sondern  auch  an  der  untern  Seite  des  schmälern  oder  äus- 
sern Endtheiles  der  Rippenkörper.  AUmählig  wird  darauf  eine  jede  der  angegebe- 
nen Furchen,  jedoch  die  eine  früher,  die  andre  etwas  später,  wie  von  einem  Ge- 
wölbe durch  eine  Knochenlamelle  bedeckt,  die  anfangs  äusserst  zart  ist,  nachher  aber 
immer  dicker  wird,  und  diese  Lamelle  bildet  sich  entweder  aus  zwei  einander  zuge- 
kehrten Seitenhälften,  die  aus  den  beiden  die  Furche  einschliessenden  Leisten  hervor- 
gewachsen sind,  oder  geht  nur  blos  von  einer  Leiste  aus  und  wächst  von  ihr  zu 
einer  benachbarten  herüber.  Gewöhnlich  ferner  beginnt  die  Bildung  einer  solchen 
Lamelle  an  dem  obern  oder  dem  zum  Rippenhalse  hingekehrten  Ende  der  Furche, 
und  schreitet  von  da  allmählig  gegen  das  andre  Ende  vor,  mitunter  jedoch,  wie  ich 
besonders  bei  den  Jungen  von  Trionyx  bemerkt  habe,  fern  von  den  beiden  Enden 
in  dem  mittlem  Theile  einer  Furche  an  einer  oder  mehrern  Stellen.  Durch  das 
Hinzukommen  dieser  Lamellen  aber  werden  aus  den  Furchen  enge  Kanäle  gebildet, 
die  mit  der  Zeit  in  ihrem  Innern  mehrere,  oder  selbst  ziemlich  viele  aus  Knochen- 
substanz bestehende  und  in  der  Mitte  durchbrochne  Scheidewände  erhalten,  auch 
mitunter,  wie  es  mir  geschienen  hat,  sich  unter  sehr  spitzen  Winkeln  verzweigen, 
und  hie  oder  da,  doch  nur  der  kleinern  Zahl  nach,  gegen  die  untere  Fläche  der 
Rippe  eine  Oeffnung  erlangen.  Ob  sie  aber  ausserdem  noch  Seitenöffnungen  erhal- 
ten, durch  die  ihre  Höhlen  in  einander  übergehen,  ist  mir  nicht  gelungen,  mit  Sicher- 


93 

heil  ausfindig   zu   machen.     AngePiillt  werden  übrigens  alle   diese  Kanäle  nicht  mit 
Knochenmark ,  sondern  nur  allein  mit  einem  lockern  Bindegewebe. 

Ob  die  so  eben  beschriebenen  Leisten  und  Kanäle  sich  bei  allen  Schildkröten 
bilden,  muss  ich  dahin  gestellt  sein  lassen.  Wohl  bei  allen  aber  wird  auf  den  Rip- 
penkörpern, wo  sie  schon  eine  grössere  Breite  erlangt  haben  und  nun  auch  eine 
grössere  Dicke  gewinnen  sollen,  der  dazu  dienliche  Stoff  an  der  obern  Seite  der 
Rippen  so  abgesetzt,  dass  er,  wie  zu  einer  gewissen  Zeit  auf  den  Dornfortsätzen, 
eine  einlache  Schicht  von  Zellenräumen  oder  Markzellen  bildet,  die  nur  mit  einem 
lockern  Bindegewebe  angefüllt,  gegen  die  Hautbedeckung  anfänglich  weit  offen,  und 
in  der  Form  den  Gehäusen  mancher  Arten  von  Eschara  ziemlich  ähnlich  sind.  Die- 
jenigen, welche  auf  den  bereits  beschriebenen,  mit  Bindegewebe  angefüllten  Längs- 
kanälen stehen,  erhalten,  wenn  auch  vielleicht  nicht  sämmtlich,  so  doch  einer  gros- 
sen Zahl  nach,  späterhin  an  ihrem  Boden  eine  Oeffnung,  durch  die  sie  nunmehr  mit 
jenen  Kanälen  in  Höhlengemeinschafl  kommen.  —  Die  seillichen  Wandungen  der  in 
Rede  stehenden  Zellenräume,  oder  mit  Bindegewebe  erfüllten  Markzellen,  haben  zu- 
erst das  Aussehen  von  niedrigen  und  netzartig  verbundenen  Leisten,  werden  aber 
immer  höher,  und  bleiben  in  der  Regel  undurchlöchert,  so  dass  nur  selten  die  Höh- 
len zweier  neben  einander  stehender  Zellen  durch  eine  Oeffnung  in  einander  über- 
gehen. Haben  sie  dann  schon  eine  gewisse  Höhe  erlangt,  so  werden  die  einzelnen 
von  ihnen  eingeschlossenen  Räume,  oder  die  Höhlen  der  Markzellen,  von  Knochen- 
substanz auch  überwölbt,  und  es  bilden  sich  über  ihnen  Decken,  die  anfangs  sehr 
zart  und  entweder  siebartig  diu'chlöchert ,  oder  nur  an  einer  Stelle  mit  einer  Oeff- 
nung versehen  sind.  Die  erstere  Beschaffenheit  sah  ich  an  vielen  Markzellen  der 
Platemys  Spixii,  niemals  dagegen  an  den  viel  kleinern  Markzellen  des  Trionyx  ocel- 
latus.  Sind  mehrere  Oeffnungen  in  der  Decke  einer  Markzelle  vorhanden,  so  schlies- 
sen  sie  sich  nach  einiger  Zeit  gewöhnlich  bis  auf  eine:  kommt  gleich  anfangs  nur 
eine  vor,  so  verkleinert  sie  sich  allmählig,  ohne  jedoch  in  der  Regel  ganz  zu  ver- 
schwinden. Die  verschiedenen  Enlwickelungsgrade  der  Markzellen,  wie  ich  sie  so 
eben  angegeben  habe,  kann  man  bei  jungen  Schildkröten,  deren  Rippen  sich  erst 
mit  ihrer  einen  Hälfte  an  einander  angeschlossen  haben,  beisammen  auf  einer  und 
derselben  Rippe  da  gewahr  werden,  wo  die  breitere  Hälfte  des  Rippenkörpers  in  die 
schmälere  übergeht.  —  Auf  den  bereits  mehr  oder  weniger  geschlossenen  Mark- 
zellen, also  nach  aussen  von  ihnen,  habe  ich  keine  neuen  in  der  Bildung  angetroffen, 
sondern  vielmehr  denjenigen  Theil  der  äussern  Fläche  der  Rippen,  der  von  den 
Decken  derselben  zusammengesetzt  war,  immer  glatt  und  eben  gefunden.  Dennoch 
bemerkt  man  bei  jungen  Schildkröten,   deren  Rippen    sich   bereits   in   einer  grössern 


94 

Strecke  an  einander  angeschlossen  haben,  an  den  Rippenkörpern  in  einiger  Entfer- 
nung von  der  schmälern  Hälfte  derselben,  wie  es  bei  solchen  Jungen  auch  an  den 
Dornfortsätzen  der  Fall  ist,  stelhvcise  zwei  und  selbst  mehrere  Markzellen  über  ein- 
ander. Diese  Erscheinung  aber  hat  nach  Beobachtungen,  die  ich  besonders  an  Trio- 
nyx  ocellatus  und  Platemys  Spixii  gemacht  habe,  ihren  Grund  darin,  dass  sowohl 
an  den  Rippen,  als  auch  an  den  Dornfortsätzen,  die  Decken  der  zuerst  entstandnen 
und  neben  einander  liegenden  Markzellen,  obgleich  sie  anfänglich  nur  äusserst  zart 
sind,  doch  immer  mehr  an  Dicke  zunehmen,  dass  darauf  die  Substanz  dieser  Decken 
stellweise  aus  einander  weicht,  dass  die  dadurch  in  ihr  entstandnen  Höhlen  immer 
geräumiger  werden  und  theils  in  die  Höhlen  jener  erstem  Zellen ,  theils  auch  nach 
aussen  durchbrechen,  und  dass  sich  dieser  Vorgang  dann  noch  einmal  oder  selbst 
mehrmals  wiederholt.  Einer  Vermuthung,  dass  die  Markzellen  durch  Bildung  von 
Scheidewänden  vermehrt  würden,  steht  der  Umstand  entgegen,  dass,  wo  schon  mehr, 
als  eine  einzige  Schicht  von  ihnen  vorkommt,  eine  oberflächlichere  nicht  immer  ge- 
nau über  einer  einzigen  tiefern,  sondern  mitunter  über  der  gemeinschaftlichen  Wan- 
dung zweier  tiefern  liegt,  und  dass  einzelne  von  jenen  erstem  überaus  klein  im 
Verhältniss  zu  den  letztem  erscheinen.  —  Wo  bei  einer  jungen  Schildkröte  ein 
Rfppenkörper  schon  so  breit  geworden  ist,  dass  er  an  einen  benachbarten  sich  dicht 
angeschlossen  hat,  findet  man,  bald  nachdem  dies  geschehen,  seine  Knochensubstanz 
so  beschaffen,  dass  sie  zunächst  der  untern  Fläche  des  Rippenkörpers  eine  massig 
dicke  Tafel  von  grosser  Dichtigkeit  und  Härte  darstellt,  die  nur  einige  wenige  kleine 
Oeffnungen  als  Mündungen  einiger  wenigen  Markzellen  und  Markkanäle  bemerken 
lässt,  zum  weit  grossem  Theilc  aber  eine  durchweg  schwammige  Masse  darbietet, 
die  auf  jener  dichtem  Tafel  gleichsam  abgelagert  ist  und  auf  ihr  ruht.  Denn  auch 
bis  an  den  Rand,  mit  welchem  eine  Rippe  eine  andre  dicht  berührt,  reicht  diese 
schwammige  Masse  noch  anfangs  hin,  indem  von  den  Markzellen,  mit  welchen  je 
zwei  Rippen  sich  an  einander  gefügt  haben,  die  einander  zugekehrten  und  einander 
berührenden  Wandungen  dann  ebenfalls  noch  sehr  dünn  sind.  AUmählig  aber  wer- 
den diese  Wandungen  der  .an  den  Seitenrändern  der  Rippe  befindlichen  Markzellen 
bedeutend  dick,  und  bilden  nach  einiger  Zeit  eine  feste,  dichte  und  mehr  oder  we- 
niger dicke  Masse,  in  die  sich  die  erwähnte  dichte  Tafel  der  untern  Seite  der  Rippe 
nach  oben  ohne  Unterbrechung  fortsetzt.  Im  Ganzen  stellt  dann  diese  festere  Masse 
an  dem  breitern  Theile  des  Rippenkörpers  ungefähr  eine  flache  und  breite  Rinne 
dar,  in  der  die  schwammige  Masse  eingebettet  liegt.  —  Unter  den  jungen  Schild- 
kröten, die  ich  untersuchte,  waren  bei  der  Chelonia  imbricata,  Chelonia  virgata  und 
Terrapene  tricarinata    noch   keine   Markzellen   auf  den  Rippen   vorhanden.     Bei  den 


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Jungen  von  Trionyx  gangetieus,  Emys  lutaria  und  Emys  europaea  kamen  sie  zwar 
schon  auf  dem  breitesten  Theile  der  Rippen  vor,  waren  aber  nur  in  einer  Schicht 
gelagert  und  standen  fast  sämmtlich  noch  weit  offen.  Dagegen  kamen  sie  bei  den 
übrigen  Jungen  an  dem  dickern  Theil  der  breitern  Rippenhälften  in  mehr,  als  nur 
in  einer  einzigen  Schichte  vor,  und  es  waren  bei  ihnen  fast  alle  diejenigen,  welche 
zunächst  nach  oben  lagen,  gegen  die  Hautbedeckung  nur  mit  einer  verhältnissmässig 
sehr  kleinen  Oeffnung  versehen.  Absolut  und  relativ  am  grössten,  aber  dafür  auch 
mit  den  dünnsten  Scheidewänden  versehen,  fand  ich  sie  bei  der  Platemys,  dagegen 
am  kleinsten  und  mit  den  dicksten  Scheidewänden  versehen  bei  Trionyx  ocellatus. 
(Tab.  VI,  Fig.  20  und  21.) 

Schon  aus  der  Darstellung,  die  ich  in  dem  Obigen  von  der  Entwickelung  der 
Rippen  gegeben  habe,  geht  hervor,  dass  die  so  bedeutende  Breite,  die  bei  den  er- 
wachsenen Schildkröten  diese  Körpertheile  gewahr  werden  lassen,  ihnen  selbst  eigen 
ist,  nicht  aber  etwa  darin  ihren  Grund  hat,  dass  unabhängig  von  den  Rippen  ent- 
standjie  Knochentafeln  sich  denselben  anschliessen  und  damit  verwachsen.  Indess 
dürfte  es  nicht  überflüssig  sein,  noch  zu  bemerken,  dass  ich  von  den  verschiednen 
jungen  Schildkröten,  welche  ich  zergliedern  konnte,  Rippen  theils  gleich,  nachdem 
sie  auspräparirt  waren,  theils  auch,  nachdem  sie  eine  längere  Zeit  mazerirt  hatten, 
oder  nachdem  aus  ihnen  durch  Salzsäure  die  Kalkerden  ausgezogen  worden  waren, 
darauf  untersucht  habe,  ob  besondre  Knochentafeln  ihnen  dicht  auflagen  und  mit  ih- 
nen durch  ein  Bindegewebe  vereinigt  waren,  dass  ich  aber  niemals  das  geringste 
Anzeichen  von  einem  solchen  Verhältniss  entdecken  konnte. 

§.  16.  Wie  schon  angeführt  worden,  findet  man  bei  reifern  Embryonen  von 
Schildkröten  gleich  unter  dem  Unterhaut -Bindegewebe  des  Rückens  einige  Muskeln, 
die  über  die  Rippenhälse  hinweglaufen,  dieselben  gänzlich  bedecken,,  und  einigen 
Rückenmuskeln  höherer  Thiere  entsprechen.  Diese  Muskeln  nun  aber  werden  spä- 
ter, wenn  bereits  die  Embryonen  aus  dem  Eie  ausgeschlüpft  sind,  auf  eine  für  die 
Schildkröten  ganz  eigenthümliche  Weise  von  einigen  Theilen  des  Innern  Skeletes, 
die  sich  jetzt  erst  ausbilden,  gänzlich  überwölbt  und  dadurch  völlig  von  dem  Unter- 
haut-Bindegewebe geschieden.  Einestheils  nämlich  wachsen  die  horizontalen  Ta- 
feln, zu  denen  sich  die  Dornfortsätze  des  zweiten  bis  achten  Rumpfwirbels  ausbilden, 
immer  weiter  über  sie  herüber.  Anderntheils  aber  sendet  eine  jede  Rippe  eben  der- 
selben Wirbel ,  also  eine  jede  von  den  längern  Rippen ,  aus  dem  Winkel  oder  dem 
Bogen,  unter  dem  ihr  Körper  in  den  Hals  übergeht,  einen  Fortsatz  nach  oben  und 
innen  [gegen  die  Mittelebene  des  Rumpfes]  aus,  der  bedeutend  breiter,  als  der  Hals 
der   Rippe   wird,    dem   tafelförmig   gewordnen  Dornfortsatze    desselben   Wirbels,    zu 


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welchem  die  Rippe  gehört,  entgegenwächst,  und  sich  zuletzt  mit  demjenigen  Seiten- 
rande des  Dornfortsatzes,  welcher  ihm  zugekehrt  ist,  durch  eine  Naht  verbindet. 
So  läuft  denn  später,  mit  Ausnahme  der  vordersten  und  der  hintersten  Rippe,  eine 
jede  von  den  übrigen  nach  innen  in  2  Schenkel,  einen  untern  schmälern  und  einen 
obern  breitern,  aus,  von  denen  der  erstere  der  früher  entstandne  oder  der  sogenannte 
Rippenhals,  der  letztere  aber  ein  später  entstandner  Auswuchs  des  Rippenkörpers  ist. 
Bei  den  Embryonen  von  Chelonia  und  Testudo,  wie  auch  bei  der  jungen  Sphargis 
und  dem  jungen  Exemplar  von  Emys  europaea  war  von  dem  letztern  Schenkel  zwar 
an  einigen  Rippen  schon  eine  Andeutung  unter  der  Form  eines  Hügels  vorhanden, 
doch  nur  so  schwach  erst  ausgebildet,  dass  sie  sehr  leicht  übersehen  werden  konnte. 
(Tab.  in,  Fig.  12,  a.)  Etwas  erheblicher  war  sie  schon  bei  den  Jungeu  von  Che- 
lonia und  Emys  lutaria,  desgleichen  bei  dem  altern  Exemplar  von  Emys  europaea, 
doch  auch  bei  diesen  im  Ganzen  nur  geringe  und  an  den  hintersten  längern  Rippen 
noch  gar  nicht  erkennbar.  Bei  Trionyx  gangeticus  war  dieser  obere  Schenkel  der 
fünften  Rippe  schon  mit  dem  Dornfortsatze  in  Berührung  gerathen,  an  den  übrigen 
Rippen  aber  um  so  weniger  ausgebildet,  je  weiter  sie  von  der  fünften  nach  hinten 
oder  nach  vorn  entfernt  lagen.  (Tab.  VI,  Fig,  14.)  Bei  der  Terrapene  tricarinata 
war  nur  von  der  zweiten  Rippe  der  obere  Schenkel  mit  einem  Dornfortsatze  in 
Verbindung  gekommen.  (Tab.  V,  Fig.  3.)  Bei  Trionyx  ocellatus  aber,  wie  auch 
bei  Pentonyx  capensis,  Platemys  Spixii,  Terrapene  pensylvanica  und  Testudo  mau- 
ritanica  stiessen  schon  in  derselben  Weise,  wie  bei  den  Erwachsenen,  die  obern 
Schenkel  aller  längern  Rippen  mit  den  Dornfortsätzen  zusammen:  auch  hatten  bei 
diesen  letztern  jungen  Schildkröten  die  angegebnen  Schenkel  schon  eine  solche  Breite 
erlangt,  dass  je  zwei  benachbarte,  wie  die  Körper  ihrer  Rippen,  dicht  an  einander 
gefügt  waren.. 

Wenn  die  obern  Schenkel  der  Rippen  noch  nicht  entstanden  sind,  läuft  jeder- 
seits  von  der  Fascie,  welche  die  Körper  und  Hälse  der  Rippen  unter  einander  ver- 
bindet (§.  9.)  da,  wo  jene  in  diese  übergehen,  eine  Fortsetzung  als  ein  sehr  dün- 
nes Blatt  über  die  Rückenmuskeln  zu  den  Dornfortsätzen  herüber,  ist  mit  den  Dorn- 
fortsätzen sehr  innig  verwachsen,  verbindet  sich  auf  ihnen  mit  dem  gleichen  Theile 
der  andern  Seitenhälfte,  und  schwillt  in  der  Verbindungslinie  zu  den  Ligamenta  in- 
terspinalia  an.  Wenn  sich  aber  später  die  obern  Rippenschenkel  entwickeln,  auch 
die  Dornfortsätze  breiter  werden,  und  alle  diese  Theile  einander  immer  mehr  ent- 
gegenwachsen, geht  der  angegebne  Theil  der  Fascie,  der  in  seiner  Lagerung  und 
Verbindung  dem  hintern  Blatte  der  Fascia  lumbo  -  dorsalis  des  Menschen  zu  entspre- 
chen scheint,  dem  Anscheine  nach  spurlos  verloren.     Eigentlich  aber  wachsen   diese 


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Abschnitte  des  Skcletes  in  ihn  immer  weiter  hinein,  so  dass  er  fiir  sie  zu  einer 
Knochenhaut  wird  und  für  sie  auch  gleichsam  als  ein  Leitband  dient. 

Zu  dem  Körper  der  Rippe  steht  der  obere  Schenkel  gleich  bei  seinem  Erschei- 
nen in  dem  Verhältniss  einer  Apophysis.  Er  tritt  auf  als  ein  Auswuchs  der  Kno- 
chenscheide des  Rippenkörpers,  an  dessen  Bildung  der  von  dieser  Scheide  einge- 
schlossene Knorpelcylinder  keinen  unmittelbaren  Antheil  hat.  Was  aber  die  Be- 
schaffenheit seiner  Masse  und  deren  Entwickelung  anbelangt,  so  verhält  es  sich  da- 
mit, wie  mit  den  beiden  seitlichen  Dritteln  der  breitern  Rippenkörper.  Die  für  ihn 
bestimmte  Knochenmasse  nämlich  bildet  eine  Tafel,  die  an  ihrer  untern  Seite  glatt 
und  eben  ist,  auf  deren  obern  Seite  hingegen  Markzellen  entstehen,  die  anfangs  in 
einer  einzigen  Schichte  vorkommen  und  weit  offen  sind,  dann  eine  Decke  erhalten, 
und  noch  später  sich  dadurch  über  einander  häufen ,  dass  ihre  Decke ,  nachdem  sie 
dicker  geworden  ist,  immer  grösser  und  zahlreicher  werdende  Lücken  erhält. 

§.  17.  Nach  den  Beobachtungen,  die  ich  in  dem  Obigen  über  die  Rippen  der 
Schildkröten  gemacht  habe,  würde  zunächst  die  Frage  zu  beantworten  sein,  welchen 
Abschnitten  der  Rippen  andrer  Thiere  die  beiden  Schenkel  entsprechen,  die  bei  den 
Schildkröten  an  dem  Innern  Ende  der  längern  Rippen  vorkommen,  insbesondere  aber, 
ob  sie  mit  den  beiden  Schenkeln  gleichbedeutend  sind ,  welche  an  den  Rippen  der 
Vögel  gefunden  werden. 

1)  Von  jenen  beiden  Schenkeln  an  den  meisten  Rippen  der  Schildkröten  hat  man, 
wie  schon  angeführt,  den  untern  gewöhnlich  für  gleichbedeutend  mit  dem  Halse 
und  Kopfe  der  Vogel-  und  Säugelbierrippen  gebalten.  Wenn  man  aber  die  Ent- 
wickelungsgcschichte  der  Wirbelthiere  zu  Rathc  zieht ,  so  wird  man  finden ,  dass 
diese  Deutung  unrichtig  ist.  In  gleicher  Weise  nämlich,  wie  bei  den  Säugethieren 
und  Vögeln,  wachsen  auch  bei  den  Schildkröten  die  Rippen  als  einfache  Strahlen 
aus  den  Bogenschenkeln  der  Wirbel  ganz  in  der  Nähe  der  Wirbelkörper  hervor. 
Sehr  nahe  den  Stellen  aber,  wo  sie  entsprungen  sind,  senden  die  Rippen  hei  den 
Vögeln  und  Säugethieren  in  der  Regel  einen  Fortsatz  nach  unten  und  innen  ab, 
der  mehr  oder  weniger  an  Länge  und  Dicke  zunimmt,  an  seinem  freien  Ende  etwas 
anschwillt,  und  sich  mit  demselben  an  einen  oder  zwei  Wirbelkörper  unter  Vermit- 
telung  einer  jetzt  sich  ausbildenden  Gelenkkapsel  Innig  anschliesst.  (Tab.  HI,  Fig. 
13,  b.  und  14,  b.)  Dieser  Fortsatz  nun  ist  der  Rippenhals  mit  seinem  Köpfchen. 
Bei  den  Schildkröten  hingegen  entsteht  an  den  Rippen  kein  solcher  nach  unten  ge- 
hender Fortsatz :  mithin  kann  an  ihnen  auch  kein  Abschnitt  dem  Halse  und  dem 
Kopfe  der  Vogel-  und  Säugethierrippen  für  völlig  gleichbedeutend  gehalten  werden. 
Doch  kommt  bei  ihnen  allerdings  eine  geringe  Andeutung  davon  vor :  denn  für  eine 

13 


98 

solche  darf  man  wohl  die  untere  Hälfte  der  schwachen  Anschwellung  ansehen,  wel- 
che sich  am  innern  Ende  des  untern  Rippenschenkels  befindet,  da  dieselbe,  wie  schon 
angegeben  worden,  sich  als  einen  Auswuchs  dieses  Schenkels  darstellt,  und  sich  ent- 
weder nur  an  einen  einzigen  Wirbelkörper  oder  an  zwei  benachbarte  Wirbelkörper 
anlegt  und  damit  verbindet.  Eben  so  wenig  auch  entspricht  von  den  beiden  Schen- 
keln, die  an  den  meisten  Rippen  der  Schildkröten  vorhanden  sind,  der  untere,  ge- 
nau genommen,  dem  obern  Schenkel  an  den  Rippen  der  Vögel.  Denn  es  entsteht 
dieser  bei  den  Vögeln,  wie  das  Tuberculum  an  den  Rippen  der  Säugethiere,  dem 
er  gleichbedeutend  ist,  indem  die  Rippe  an  der  Stelle,  wo  sie  von  einem  Bogen- 
schenkel  sich  abgliederte  —  also  nach  innen  von  der  ürsprungsstelle  des  Fortsatzes 
oder  des  Halses,  den  sie  nach  unten  gegen  einen  Wirbelkörper  aussendete  — ,  stär- 
ker hervorwächst  (Tab,  III,  Fig.  13  und  14,  a.),  und  es  unterscheidet  sich  der 
obere  Rippenschenkel  der  Vögel  von  dem  Tuberculum  der  Rippen  der  Säugethiere 
hauptsächlich  nur  dadurch,  dass  er  eine  weit  grössere  Länge  erreicht.  Bei  den 
Schildkröten  hingegen  erfolgt  nach  innen  von  dem  kleinen  Vorsprunge,  der  nach 
dem  Obigen  für  eine  höchst  schwache  Andeutung  des  Rippenhalses  und  Rippenkopfes 
zu  halten  ist,  niemals  eine  Verlängerung  der  Rippe,  durch  die  ein  besonderer  Fort- 
satz zu  Wege  gebracht  würde.  —  Wenn  nun  aber  an  den  Rippen  der  Schildkröten 
der  untere  Schenkel  im  Ganzen  weder  dem  Höcker  der  Säugethierrippen  imd  dem 
obern  Schenkel  der  Vogelrippen,  noch  auch  dem  Halse  und  Kopfe  der  Rippen  dieser 
verschiednen  Thiere  entspricht,  sondern  nur  die  untere  Hälfte  seines  kopfartigen 
Endes,  welche  einem  oder  zwei  Wirbelkörpern  anliegt,  den  Hals  und  Kopf  der  Vö- 
gel- und  Säugethierrippen  vorstellt:  so  kann  jener  Schenkel,  ungeachtet  seiner  Dünn- 
heit, nur  für  gleichbedeutend  mit  einem  Theile  des  Rippenkörpers  andrer  Thiere 
ausgegeben  werden. 

2)  Der  obere  Schenkel  an  den  Rippen  der  Schildkröten  ist  ein  diesen  Thie- 
ren  ganz  eigenthümlicher  Theil.  Denn  bei  keinem  andern  Wirbelthiere  wächst  ein 
ähnlicher  Fortsatz  aus  dem  Rippenkörper  hervor,  um  Rückenmuskeln  zu  überwölben 
und  sich  einem  Dornfortsatze  der  Wirbelbeine  anzuschliessen.  Auch  unterscheidet 
er  sich  vom  obern  Schenkel  der  Vogelrippen,  mit  dem  er  noch  am  ersten  vergli- 
chen werden  könnte,  in  Hinsicht  seiner  Entstehung  dadurch,  dass  er  aus  der  Rippe 
fern  von  der  Stelle,  wo  diese  aus  ihrem  Wirbel  entsprang,  bervorwächst ,  dagegen 
der  obere  Schenkel  der  Vogelrippen  sich  dicht  an  der  Ürsprungsstelle  dieser  Kör- 
pertheile  bildet. 

§.  18.  Anstatt  dass  bei  andern  Wirbelthieren  die  Rippen  sich  an  den  Stel- 
len,   wo  sie  aus  den  Wirbeln  hervorgewachsen  waren,    abgliedern,    indem    daselbst 


99 

eine  Unterbrechung;  der  Knorpelmasse  entsteht  und  sich  Bandmasse  ausbildet,  erfolgt 
dort  bei  den  Schildkröten  keine  solche  Unterbrechung  oder  Abgliederung,  sondern 
es  bleiben  bei  ihnen  die  Rippen  mit  den  Wirbelbeinen  für  immer  durch  einen  un- 
veränderten Theil  ihrer  ursprünglichen  Masse,  nämlich  durch  eine  ächte  Knorpelsub- 
stanz in  Verbindung.  Wenigstens  ist  dies  der  Fall  bei  Emys  europaea,  Trionyx 
ferox  und  Chelonia  imbricata,  von  denen  ich  auch  erwachsene  Exemplare  darauf  un- 
tersucht hjibe.  Merkwürdig  ist  dabei  noch  dieser  Umstand,  dass  bei  erwachsenen 
Schildkröten  diejenigen  Rippen ,  welche  mit  ihrem  untern  Schenkel  an  zwei  Wirbel 
angrenzen,  nicht  blos  mit  dem  einen  Wirbel,  sondern  mit  beiden  durch  eine  ächte 
Knorpelsubstanz  verbunden  sind,  obgleich  doch  eine  jede  solche  Rippe  nur  aus  ei- 
nem Wirbel  eigentlich  hervorgewachsen  sein  konnte,  auch  in  der  ersten  Jugend  die- 
ser Thiere  mit  einem  zweiten  Wirbel  nur  durch  eine  Naht  verbunden  ist. 

§.  19.  Wenn  die  obern  oder  nachgewachsenen  Schenkel  der  längern  Rippen 
der  Schildkröten  eine  eben  so  bedeutende  Breite,  wie  die  Körper  dieser  Rippen,  an- 
genommen haben,  und  in  Folge  davon  in  jeder  Seitenhälfte,  wie  die  Körper,  von 
denen  sie  ausgehen,  an  ihren  Seitenrändern  zu  einer  gegenseitigen  Berührung  und 
Vereinigung  gelangt  sind,  setzen  jederseits  die  mittlem  oder  längern  Rippen  schon 
für  sich  allein  eine  verhältnissmässig  recht  grosse  Tafel  zusammen.  Auf  eine  ganz 
andre  Weise  aber,  als  unter  einander,  kommen  die  mittlem  Rippen  mit  der  vorder- 
sten und  der  hintersten  in  Berührung.  Während  sich  jene  nämlich  übermässig  ver- 
grössern,  bleiben  diese,  indem  sie  weder  einen  obern  Schenkel  absenden,  noch  auch 
an  Dicke ,  Breite  und  Länge  erheblich  zunehmen ,  in  ihrer  Entwickelung  gar  sehr 
zurück,  und  werden  von  denjenigen  beiden  Rippen,  welche  ihnen  zunächst  liegen, 
völlig  überwachsen  und  überwölbt,  so  dass  die  erste  unter  der  zweiten,  die  letzte 
unter  der  vorletzten  zu  liegen  kommt.  Nachdem  dies  aber  geschehen  ist,  gelangen 
die  erste  und  letzte  Rippe,  während  sie  noch  etwas  sich  verlängern,  mit  ihrem  äus- 
sern Ende  an  die  untere  Fläche  der  zweiten  und  der  vorletzten  Rippe,  legen  sich 
mit  demselben  an  diese  an,  und  verbinden  sich  mit  ihr  entweder  durch  eine  Naht, 
oder  gehen  mit  ihr  noch  eine  innigere  Verbindung  durch  Verwachsung  ein. 

Mit  Ausnahme  der  vordersten  und  der  hintersten  Rippe  nehmen  die  übrigen 
eine  beträchtliche  Länge  an,  krümmen  sich  aber,  verglichen  mit  den  Rippen  der 
Vögel  und  Säugethiere,  nur  wenig,  so  dass  sie  zuletzt  mit  ihrem  einen  Ende  weit 
mehr  nach  aussen,  als  nach  unten  gerichtet  erscheinen.  Dabei,  und  wohl  eben  des- 
halb, wachsen  sie  meistens  mehr  oder  weniger  über  die  Leibeshöhle  seitwärts  hin- 
aus, und  zeigen  dadurch  ein  Verhalten,  wie  einige  Halsrippen  der  Brillenschlangen 
und  einige  Brustrippen  der  fliegenden  Drachen ,    obgleich   freilich  in  einem  geringern 

13* 


100 

Grade,  als  es  bei  diesen  andern  Amphibien  der  Fall  ist.  Auch  bei  einigen  Schihl- 
kröten  nämlich  reichen  die  längern  Rippen  entweder  sämmtlich,  oder  doch  der  Mehr- 
zahl nach,  in  eine  Falte  der  Hautbedeckung  hinein,  und  zwar  in  die  seitlichen  Hälf- 
ten der  ringförmigen  Rückenialte,  wenngleich  freilich  nur  mit  einem  kleinen  Theil 
ihrer  Länge,  und  nur  so  weit,  dass  zwischen  ihren  Enden  und  dem  äussern  Rande 
der  erwähnten  Falte  noch  ein  ziemlich  grosser  Zwischenraum  verbleibt.  Es  kommt 
dies  Verhältniss  namentlich  bei  den  Schildkröten  aus  der  Gattung  Trionyx  vor,  bei 
denen  es  schon  von  Cuvier  und  von  Andern  bemerkt  worden  ist.  Ausserdem  aber 
habe  ich  dasselbe  bei  einem  Embryo,  bei  3  jungen  und  bei  mehrern  erwachsenen 
Exemplaren  verschiedner  Arten  aus  der  Gattung  Chelonia,  ferner  bei  dem  Embryo 
von  Testudo,  wie  auch  bei  jungen  und  erwachsenen  Exemplaren  von  Emys  europaea 
gefunden.  Abgesehen  indess  davon,  ob  einige  Rippen  in  die  ringförmige  Falte  der 
Rückenhaut  hineinreichen  oder  nicht ,  wachsen  wohl  bei  allen  Schildkröten  einige 
Rippen  durch  Zunalime  an  Länge  nicht  unbedeutend  seitwärts  über  die  Rumpfliöhle 
hinaus.  Ganz  besonders  gilt  dies  von  dem  neunten,  weniger  schon  vom  achten 
Paare,  die  sich  beide  ausserdem  auch  mehr  oder  weniger  stark  nach  hinten  richten. 
In  Folge  davon  aber  wachsen  diese  Rippen,  während  sich  ihre  Körper  immer  unter 
der  Haut  des  Rückens  halten ,  über  die  Oberschenkelknochen  und  die  Muskeln ,  von 
welchen  jene  eingehüllt  sind,  zum  Theil  herüber.  (Tab.  IV,  Fig.  4,  und  Tab.  V, 
Fig.  5.)  Noch  später,  wann  die  zuletzt  erwähnten  Rippen  besonders  bedeutend  an 
Breite  zunehmen,  also  erst  nachdem  der  Embryo  das  Ei  verlassen  hat,  dehnt  sich 
das  vorletzte  Paar  nach  hinten  und  innen  [gegen  die  Mittelehene  des  Körpers] ,  so- 
gar auch  über  die  Hüftbeine  aus,  deren  obere  Enden  ursprünglich  dicht  hinter  dem 
letzten  Rippenpaare  ihre  Lage  haben.  Durch  alle  diese  Vorgänge  aber  zusammen- 
genommen wird  über  dem  Becken  und  den  Oberschenkeln  jederseits  von  den  Rippen 
ein  knöchernes  Dach  gebildet,  das  ziemlich  weit  über  die  Rumpfhöhle  vorspringt 
und  einen  kleinen  Theil  des  Rückenschildes  ausmacht.  —  Auch  die  zweite  Rippe 
von  vorne  wächst  hei  den  Schildkröten  ziemlich  weit  über  die  Rumpfliöhle  hinaus 
und  richtet  sich  zugleich  bei  manchen,  namentlich  bei  denen  aus  den  Gattungen 
Trionyx  und  Chelonia  recht  stark  nach  vorne  hin,  indess  sie  bei  andern  eine  sol- 
che Richtung  entweder  nur  in  einem  geringern  Grade,  oder  auch  fast  gar  nicht  an- 
nimmt. Wohl  bei  allen  Schildkröten  aber  dehnen  sich  die  Rippen  dieses  zweiten 
Paares,  indem  sie  nach  Ablauf  des  Fruchtlebens  sehr  bedeutend  in  die  Breite  wach- 
sen, nach  vorne  nicht  blos  über  die  des  ersten  Paares,  sondern  auch  über  die 
Rumpfhöhle  und  die  obern  Enden  der  Schulterblätter  aus,  so  dass  die  Schulter- 
blätter zuletzt,  obgleich  sie  iür  immer  ihre  ursprüngliche  Lage  vor   dem   vordersten 


101 

Rippenpaare  beibehalten,  dennoch  nebst  den  von  ihnen  zu  den  Vorderschenkeln  ge- 
henden Muskeln  unter  dem  zweiten  Rippenpaare,  wie  unter  einem  mehr  oder  weni- 
ger breiten  Dache,  zu  liegen  kommen.  Durch  Wachsthum  nach  vorne  hin  fand  ich 
die  Rippen  des  zweiten  Paares  verhältnissmässig  am  breitesten  geworden,  und  am 
weitesten  über  die  Rumpfhöhle  nach  vorne  vorspringend  bei  Platemys  Spixii  und 
Pentonyx  capensis.  [Auf  der  siebenten  Tafel  habe  ich  in  Figur  4  eine  Abbildung 
vom  Rückcnschilde  der  Emys  europaea  gegeben,  an  dem  durch  eine  aus  Kreuzen 
zusammengesetzte  Linie  genau  bezeichnet  worden  ist,  wie  weit  die  Rippen  über 
die  Rumpfliühle  hinausreichen.] 

D.     Allgemeinere  Remerkungen  über  morphologische  Verhältnisse 
der  Rumpfwirbel,   Rippen   und    Querfortsätze. 

§.  20.  Weil  bei  den  Schildkröten  von  allen  denjenigen  Wirbeln  des  Rum- 
pfes, welche  zwischen  dem  Halse  und  Kreuzbein  liegen,  seitwärts  Skeletstücke  ab- 
gehen, die  den  Namen  der  Rippen  führen,  so  hat  man  deshalb  alle  diese  Wirbel 
für  Brustwirbel  ausgegeben,  Lendenwirbel  aber  den  Schildkröten,  wie  aus  gleichem 
Grunde  den  Schlangen,  vielen  Sauriern  und  den  Fischen  ganz  abgesprochen.    Allein 

1)  kann  die  Gegenwart  von  Rippen  an  einem  Wirbel  nicht  ein  Bestimmungs- 
grund sein,  ihn  jedenfalls  für  einen  Brustwirbel  auszugeben,  da  bei  manchen  Thie- 
ren  auch  offenbar  dem  Halse  angehörige  Wirbel  mit  Rippen  versehen  sind,  wie  na- 
mentlich bei  den  Schlangen,  schlangenartigen  Sauriern  und  Krokodilen; 

2)  besitzen  alle  Amphibien,  also  auch  die  Schildkröten,  eben  so  gut,  wie  die 
Säugethiere,  eine  Unterleibshöhle,  ja  sogar  noch  eine  verhältnissmässig  grössere, 
als  jene,  und  bei  den  Fischen  entspricht  vollends  die  ganze  hinter  den  Kiemen  ge- 
legne Rumpfböhle  nur  allein  der  Unterleibshöhle  der  Säugethiere,  da  bei  ihnen  die 
wesentlichsten  Organe  der  Brusthöhle,  die  Lungen,  fehlen; 

3)  kommen  bei  den  Schildkröten  in  der  hintern  Hälfte  des  Rumpfes  einige 
Muskeln  vor,  die  von  den  Zootomen  mit  Recht  als  gleichbedeutend  mit  Muskeln  an- 
genommen werden,  welche  bei  den  Säugethieren  die  Wandung  der  Unterleibshöhle, 
der  sie  allein  angehören,  zusammensetzen  helfen,  nämlich  die  Musculi  obliqui  abdo- 
minis  [in  nur  einem  Paare],  die  M.  transversi  abdominis,  die  M.  recti  abdominis  und 
die  M.  quadrati  lumborum.  Einseitig  und  unrichtig  erscheint  mir  daher  die  Ansicht, 
dass  in  dem  Rumpfe  der  Schildkröten  keine  Lendenwirbel,  sondern  nur  Brust-  und 
Kreuzbeinwirbel  vorkommen. 

Wenn  man  nun  aber  aus  den  angeführten  Gründen  genöthigt  ist,  den  Schild- 
kröten auch  Lendenwirbel  zuzugestehen,   so  wird  man  für  die  Bestimmung,   welche 


102 

von  ihren  Wirbelbeinen  dann  der  Lendengegend  angehören,  die  oben  genannten 
Muskeln  als  maassgebend  betrachten  dürfen,  und  dabei  besonders  ihre  Anheftungs- 
punkte  und  ihre  Ausbreitung  zu  berücksichtigen  haben.  Danach  aber  werden  bei 
den  Schildkröten  die  4,  wenn  nicht  gar  die  5  zunächst  vor  dem  Kreuzbein  liegen- 
den Wirbel  für  die  Lendenwirbel  zu  halten  sein ,  da  die  genannten  Muskeln  seit- 
wärts von  diesen  Wirbeln  liegen  und  die  grössten  von  ihnen,  die  Musculi  transver- 
si,  nach  vorne  bis  auf  die  Rippen  des  sechsten,  selten,  wie  namentlich  hei  Pentonyx 
capensis,  bis  auf  die  des  fünften  Rumpfwirbels  hinreichen. 

Ist  die  obige  Deutung  der  4  oder  5  zunächst  vor  dem  Kreuzbein  liegenden 
Wirbel  richtig,  so  muss  man  aber  auch,  ihr  gemäss,  die  Rippen  dieser  Wirbel  für 
die  Stellvertreter  derjenigen  Querfortsätze  halten,  welche  an  den  Lendenwirbeln  vie- 
ler Säugethiere  vorkommen.  Und  diese  Deutung  ist  auch  insofern  der  Natur  nicht 
widersprechend,  als  die  Querfortsätze  und  die  Rippen  der  Wirbelthiere  im  Allgemei- 
nen theils  [A]  ursprünglich  ein  gleiches  Verhalten  zeigen,  theils  auch  [B]  nach  Ab- 
lauf ihrer  Entwickelung  eine  sehr  nahe  Verwandtschaft  unter  einander  dadurch  be- 
kunden, dass  im  Allgemeinen  genommen  zwischen  ihnen  hinsichtlich  der  Länge,  der 
Breite,  der  Art  des  Verlaufes,  und  selbst  der  Art  des  Zusammenhanges  mit  den 
Wirbeln,  sehr  grosse  Aehnlichkeiten  vorkommen,  ja  in  einigen  Fällen  es  sogar  zwei- 
felhaft bleiben  dürfte,  ob  ein  von  einem  Wirbel  abgehender  seitlicher  Strahl  mit 
grösserm  Rechte  ein  Querfortsatz,  oder  hingegen  eine  Rippe  zu  nennen  sei   *). 

A.  Bei  den  meisten  Wirbelthieren  senden ,  je  nach  den  verschiednen  Arten 
derselben,  verschiedentlich  viele  Wirbel  zu  einer  Zeit,  da  die  Entwickelung  der 
ganzen  Frucht  erst  massig  grosse  Fortschritte  gemacht  hat,  zwei  paarige  seitliche 
Fortsätze  ab,  die  anfänglich  als  ganz  einfache  Ausstrahlungen  der  Wirbel  erscheinen, 
und  die  alle  in  ihrem  Verhalten  dann  einander  gleich,  oder  doch  höchst  ähnlich  sind. 
Dergleichen  Fortsätze  bilden  sich  z.  B.  bei  den  Schlangen  und  schlangenartigen 
Sauriern  an  fast  allen  Wirbeln  ihres  Körpers,  hei  manchen  typischen  Sauriern  an 
allen  Wirbeln  des  Rumpfes  und  vielen  Wirbeln  des  Schwanzes,  bei  vielen  Säuge- 
thieren  an  sämratlichen  Brust-  und  Lendenwirbeln.  (Fig.  6  der  netmten  Tafel  stellt 
sie  aus  einem  sehr  jungen  Schweinsembryo  dar.)  Bei  der  weitern  Entwickelung 
nun  aber  verbleibt  ein  solcher  Strahl  entweder  in  dem  ursprünglichen  Verhältniss 
eines  Fortsatzes  von  einem  Wirbelbeine,  in  welchem  Falle  er  ein  Querfortsatz  ge- 
nannt wird,  oder  er  gliedert  sich  dicht  an  dem  W^irbelbeine  ab,  indem  zwischen  bei- 


^)     Man  sehe  Meckel's  Bedenken  in  Beireff  der  Rippen  der  geschwänzten  und  der  Querfortsätze  der 
ongescbwänzteo  Batravbier  in  dessen  System  der  vergl.  Anat.  11,  1.  Seite  390. 


103 

den  ein  Gelenk  und  zwar  gewöhnlich  ein  aus  Faserbandmasse,  seltner  ein  aus  einer 
Synovialkapsel  gebildetes  entsteht,  und  heisst  dann  Rippe,  oder  er  gliedert  sich  in 
einiger  Entfernung  von  dem  Wirbel  ab,  in  welchem  Fall  er  in  eine  Rippe  und  ei- 
nen Querfortsatz  zerrällt,  oder  er  wird  zwar  ganz  und  gar  durch  Abgliederung  zu 
einer  Rippe,  doch  wächst  später  an  der  Stelle,  wo  die  Abgliederung  erfolgte,  aus 
dem  Wirbelbeine  noch  ein  Querfortsatz  nach.  Als  etwas  Unwesentliches  aber  für 
die  anatomische  Bedeutung  der  Rippen  darf  es  angesehen  werden,  dass  bei  manchen 
Thieren  die  meisten  dieser  Körpertheile,  während  sie  sich  weiter  entwickeln ,  einen 
Ausläufer  oder  Schenkel  absenden,  der  sich  an  einen  oder  zwei  benachbarte  Wirbel 
anschliesst,  so  dass  dann  eine  solche  Rippe  durch  zwei  Schenkel  mit  der  Wirbel- 
säule in  Verbindung  steht. 

B.  Wenn  man  bei  den  erwachsenen  VVirbellhieren  die  Theile  des  Skeletes, 
welche  Rippen  und  Querfortsätze  genannt  werden,  mit  einander  vergleicht,  so  zeich- 
nen sich  jene  vor  diesen  in  der  Regel  (a)  durch  eine  grössere  Länge,  (b)  durch 
eine  grössere  Breite  oder  Dicke,  (c)  durch  eine  mehr  oder  weniger  grosse  Krüm- 
mung und  (d)  durch  eine  bewegliche  Verbindung  mit  den  Wirbeln  aus.  Von  die- 
ser Regel  giebt  es  jedoch  mehrere  und  mitunter  sehr  bedeutende  Ausnahmen, 
a.  Von  nur  geringer  Länge  sind  sämmtliche  Rippen  der  geschwänzten  Batrachier  und 
mancher  Fische,  wie  auch  das  vorderste  und  hinterste  Rippenpaar  der  Schildkröten; 
dagegen  haben  bei  Pipa  verrucosa  und  Rana  cornuta  mehrere,  und  bei  nicht  weni- 
gen Gräthenfischen  das  hinterste  oder  die  zwei  hintersten  Paare  der  Querfortsätze 
eine  bedeutende  Länge,  b.  Wenn  Rippen  und  Querfortsätze  bei  einem  Thiere  bei- 
sammen vorkommen,  so  sind  die  erstem  allerdings  meistens  breiter,  als  die  letztern ; 
bei  einigen  Kröten  aber,  namentlich  bei  Pelobates  fuscus  und  besonders  bei  der  Pipa 
verrucosa  und  Rana  cornuta,  haben  die  Querfortsätze  des  Kreuzbeins  eine  im  Ver- 
hältniss  zu  der  ganzen  Länge  des  Rumpfes  so  bedeutende  Breite,  wie  die  Rippen 
sie  bei  keinem  Thiere,  selbst  nicht  bei  den  Schildkröten  darbieten,  c.  Gerade,  wie 
gewöhnliche  Querfortsätze,  sind  die  nur  kurzen  Rippen  der  geschwänzten  Batrachier, 
desgleichen  die  vorderste  und  die  hinterste  Rippe  der  Schildkröten,  indess  die  Quer- 
fortsätze der  hintersten  Rumpfwirbel  bei  manchen  Fischen,  wenn  sie  eine  bedeuten- 
dere Länge  erreicht  haben,  stark  gekrümmt  sind  und  sogar  mitunter,  wie  die  Rip- 
pen vieler  Fische,  an  ihren  den  Wirbeln  abgekehrten  Enden  paarweise  zusammen- 
stossen.  d.  Was  die  Art  der  Verbindung  anbelangt,  die  in  den  meisten  Fällen 
als  die  hauptsächlichste  Richtschnur  dienen  kann,  ob  man  eine  seitliche  Ausstrahlung 
eines  Wirbels  mit  dem  Namen  der  Rippe,  oder  des  Querfortsatzes  belegen  soll,  so 
sind   bei   den    Schildkröten    die   Rippen   an   die  \N^irbel    ganz    unbeweglich    befestigt. 


104 

nicht  aber  etwa  nur,  weil  der  obere  oder  nacbgewachsene  Schenkel,  den  die  mei- 
sten erhalten,  sich  durch  eine  Naht  mit  den  Wirbeln  verbunden  hat,  sondern  auch, 
weil  zwischen  dem  zuerst  vorhandnen  Schenkel  und  dem  Wirbelbeine  nur  eine 
durch  wahre  Knorpelsubstanz  bewirkte  Synchondrose ,  nicht  also  der  Norm  gemäss 
ein  wahres  Gelenk  gebildet  worden  ist.  Andrerseits  aber  stehen  bei  vielen,  wenn 
nicht  bei  allen  Schildkröten  die  Qucrforlsätze  des  Kreuzbeins,  und  bei  Chelonia 
Midas  auch  die  Querfortsätze  mehrerer  Schwanzwirbel  gleichfalls  nur  durch  eine 
dünne   Kuorpelscheibe   mit   denselben    in   Verbindung   '). 

Bei  der  so  nahen  Verwandtschaft,  welche  dem  Obigen  zufolge  zwischen  den  Rip- 
pen und  den  Querforlsätzen  der  Wirbelthiere  im  Allgemeinen  stattfindet,  dürfte  es 
daher  wohl  nicht  befremden,  wenn  sich,  wie  nicht  selten  an  den  Halswirbeln,  so 
auch  mitunter  an  den  Lendenwirbeln  mancher  Thiere,  Theile  entwickelt  hätten,  die 
in  ihrem  ganzen  Verhalten  nicht  sowohl  gewöhnlichen  Querfortsätzen,  als  vielmehr 
den  Rippen  andrer  oder  auch  derselben  Thierarten  ähnlich  wären.  Was  aber  ins- 
besondre die  Schildkröten  anbelangt,  so  dürften  von  denjenigen  Skeletstücken ,  wel- 
che man  bei  ihnen  Rippen  nennt,  die  4  hintersten  Paare  insbesondre  deshalb,  weil 
man  unter  ihnen  und  der  Fascie,  durch  die  sie  ajifangs  mit  einander  verbunden  sind, 
die  Musculi  transversi  abdominis  UJid  Musculi  obliqui  interni  abdominis  gelagert  fin- 
det, für  Querfortsätze  von  Lendenwirbeln  gehalten  werden,  die  der  Mehrzahl  nach 
sich  ungewöhnlich  stai'k  verlängert  haben  und  über  jene  Muskeln  herüber  gewachsen 
sind,  so  wie  auch  dadurch  von  gewöhnlichen  Querfortsätzen  abgewichen  sind,  dass 
sie  nach  oben  einen  besondern  Schenkel    gegen   die  Dornfortsätze   abgesendet   haben, 

§.  21.  Vergleicht  man  die  Schildkröten  mit  andern  Wirbelthieren  in  Hin- 
sicht auf  ihre  Rippen  im  Allgemeinen,  so  wird  man  finden,  dass  diese  im  Ganzen 
das  Mittel  zwischen  den  Querfortsätzen  der  ungeschwäjizten  Batrachier  und  den 
Rippen  andrer  Thiere  halten.  Denn  obschon  sie  in  der  Art  ihrer  Verbindung  mit 
den  Wirbeln  den  Rippen  andrer  Thiere  nicht  gleich  sind,  so  nähern  sie  sich  den- 
selben doch  darin  au,  dass  zwischen  ihnen  und  ihren  Wirbeln  eine  Unterbrechung 
vorkommt,  die  von  einer  weichern  Masse,  als  es  die  Knochensubstanz  ist,  ausgefüllt 


1)  Den  Umstand ,  duss  bei  den  Säugethieren  und  Vögeln  an  dem  Halse  Querfortsätze  vorkommen, 
die  gegen  ihre  Wirbel  hin,  wie  so  häufig  die  Rippen,  in  zwei  Schenkel  gespalten  erscheinen,  habe  ich 
nicht  als  einen  Beweisgrund  für  die  nahe  Verwandtschaft  zwischen  QuerfortsUtzen  und  Rippen  im  Allgemei- 
nen anfiihren  mögen,  weil  jene  Fortsätze  ihre  zweischenklige  Form  auf  eine  ganz  andre  Weise,  als  die 
Rippen  erhalten,  nämlich  dadurch,  dass  eigentlich  zwei  aus  einem  Wirbel  hervor  gewachsene  Querfortsätze 
an  ihrem  einen  Ende  zusammcnfliessen,  dagegen  eine  Rippe  dadurch  zweischenklig  geworden  ist,  dass  sie, 
ein  anlauglich  ganz  einfacher  Strahl,  in  der  Nähe  ihres  einen  Endes  aus  sich  selbst  heraus  einen  Neben- 
strahl oder  Ausläufer  abgesendet  hat. 


105 

wird.  Audrcrseits  aber  haben  sie  in  Hinsicht  auf  ihre  Richtung  und  schwache 
Krümmung  bei  einer  meistens  bedeutenden  Länge  mit  den  Querfortsätzen  der  Pipa, 
einiger  andern  Kröten,  und  auch  einiger  Frösche,  mit  welchen  Thieren  überhaupt 
die  Schildkröten  auch  in  manchen  andern  Organisations- Verhältnissen  am  nächsten 
verwandt  erscheinen,  eine  grosse  Aehiilichkeit. 

E.     Ergänzungsplatten    des    Rückenschildes. 

§.  22.  Ausser  den  Rippen  und  den  horizontal  liegenden  Tafeln,  zu  welchen 
sich  die  Dornfortsätze  des  zweiten  und  der  sechs  folgenden  Rückenwirbel  ausbilden, 
dienen  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  zur  Zusammensetzung  des  Rückenschildes 
noch  eine  oder  mehrere  Knochenplatten ,  die  in  dem  Umkreise  jener  erstem  Skelet- 
stücke  ihre  Lage  haben  und  mit  denselben,  je  nach  den  verschiednen  Arten  der 
Schildkröten,  mehr  oder  weniger  vollständig  vereinigt  sind.  Ich  werde  sie,  weil  sie 
nur  den  kleinern  Theil  des  Rückenschildes  ausmachen,  auch  im  Allgemeinen  später 
entstehen,  als  derjenige  Theil  dieses  Schildes,  welcher  von  den  Rippen  und  den  Dorn- 
fortsätzen der  Wirbel  zusammengesetzt  wird,  und  durch  ihr  Hinzukommen  das  Rücken- 
schild vervollständigen ,    die  Ergänzungsplatten  desselben  nennen. 

Bei  denjenigen  Arten  von  Trionyx,  aus  welchen  Dumeril  und  ßibron  die 
Gattung  Gymnopus,  Wagler  die  Gattung  Aspidonectes  gebildet  haben,  kommt  in  der 
Regel  nur  eine  einzige  solche  Platte  vor,  und  diese  hat  ihre  Lage  vor  dem  Dorn- 
fortsatze des  zweiten  Rückenwirbels  im  Nacken,  weshalb  sie  denn  die  Nackenplalte 
genannt  werden  kann.  Schon  eine  grössere  Zahl  von  solchen  Platten  findet  sich  in 
denjenigen  Arten  von  Trionyx  vor,  aus  welchen  Dumeril  und  Bibron  die  Gattung 
Cryptopus  zusammengesetzt  haben,  indem  bei  diesen,  ausser  einer  Nackenplatte,  noch 
14  bis  16  paarige  Knochenplatten  vorkommen,  die  in  der  hintern  Hälfte  des  soge- 
nannten Limbus  des  Rückens  oder  der  Ringfalle  eingeschlossen  sind,  welche  von  der 
Haut  des  Rückens  da,  wo  sie  nach  unten  auf  andre  Theile  des  Körpers  übergeht, 
gebildet  wird  '),  wie  auch,  wenigstens  bei  Trionyx  granosus,  in  eben  derselben 
Ringfalte  eine  kleine  unpaarige  Knochenplatte  vor  der  grössern  im  Nacken  liegenden. 
Bei  den  übrigen  Schildkröten  aber  ist  die  Zahl  der  Ergänzungsplatten  noch  weit 
grösser,  und  von  ihnen  setzen  die  meisten  einen  Kreis  zusammen,  der  den  Rand  des 
Rückenschildes  ausmacht,  in  dem  Limbus  des  Rückens  seine  Lage  hat,  in  der  Regel 
ausser  einer  impaarigen  grössern  und  am  meisten  nach  vorne  liegenden  Platte,  näm- 
lich der  Nackenplatte,    aus  einer  unpaarigen,  im  hintersten  Theil  des  Rückenschildes 


1)     C  u  V  i  e  r  Recherches  s.  I.  ossemens  foss.  Tit.  IX.  Pag.  400,  und  Hist.  nat.  des  reptilis  par  Dumeril 
et  Bibron,  T.  II,  Pag.  500. 

14 


106 

liegenden  und  22  paarigen  kleinern  Platten  besteht.  Im  Allgemeinen  pflegt  man 
dieselben  die  Marginalplatten  zu  nennen.  Die  übrigen  liegen  innerhalb  dieses  Krei- 
ses hinter  dem  tafelförmigen  Dornfortsatze  des  achten  Rückenwirbels,  kommen  zwar 
in  einer  verschiedentlich  grossen,  doch  immer  nur  geringen  Zahl  vor,  und  sind  mei- 
stens unpaarig,  in  welchem  Falle  sie  in  einer  Linie  hinter  einander  liegen,  seltner 
zum  Theil  auch  paarig.  Dem  Angeführten  zufolge  gehören  also  von  denjenigen 
Platten  des  Rückenschildes,  welche  die  mittlere  Reihe  ausmachen  und  gewöhnlich  die 
Vertebralplatten  genannt  werden,  die  vorderste  und  grösste,  oder  die  Nackenplatte, 
dem  Hautskelete,  die  7  folgenden  dem  Nervenskelete,  und  die  hinter  dieser  liegenden, 
wenn  sie  überhaupt  vorhanden  sind,  wiederum  dem  Hautskelete  an. 

Die  Nackenplatte,  die  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  bei  keiner  Schildkröte 
fehlt,  bildet  sich  von  allen  Ergänzungsplatten  des  Rückenschildes  auch  am  frühesten. 
Und  zwar  nimmt  sie  ihre  Entstehung  schon  lange  vor  der  Enthüllung  des  Embryo's, 
wahrscheinlich  schon  um  die  Mitte  des  Fruchtlebens.  Die  übrigen  hingegen  bilden 
sich  viel  später,  nämlich  erst  nach  Ablauf  des  Fruchtlebens. 

§.  23.  Die  Nackenplatte  entsteht  über  dem  letzten  oder  auch  dem  vor- 
letzten Halswirbel,  wohl  jedenfalls  aber  vor  den  Rückenwirbeln,  den  Rippen  und  den 
Schulterblättern  zwischen  der  Hautbedeckung  und  einigen  Muskeln,  so  dass  sie  an- 
fangs mit  keinem  andern  Theile  des  Skeletes  in  einer  unmittelbaren  Berührung  ist. 
Die  Körpertheile ,  auf  denen  sie  zunächst  ihre  Lage  hat,  sind  zwei  lange,  schmale, 
und  von  dem  Schwänze  bis  auf  den  Hals  hingehende  Muskeln,  die  den  Muse,  sacro- 
spinales  der  Säugethiere  entsprechen  (§.  42.)  und  die  Enden  einiger  Nackenmus- 
keln, die  man  an  der  untern  Fläche  der  in  Rede  stehenden  Platte  angeheftet  findet. 
Ob  sie  später  entsteht,  als  die  Hautfalte,  welche  den  Rücken  von  den  Seiten  und 
dem  Nacken  abgrenzt,  oder  vielmehr  gleichzeitig  mit  derselben,  ist  mir  zwar  unbe- 
kannt, doch  glaube  ich  angeben  zu  können,  dass  sie  nicht  in  demjenigen  Theile  die- 
ser Falte  selbst,  welcher  über  den  Nacken  quer  herüberläuft,  ihren  Ursprung  nimmt, 
sondern  dicht  hinter  ihm.  Denn  bei  der  Sphargis  fehlt  ein  solcher  Theil  der  Falte, 
und  dennoch  ist  bei  ihr  eine  Nackenplatte  vorhanden.  Dagegen  ragt  in  der  Gattung 
Trionyx  weder  bei  Erwachsenen ,  noch  bei  Jungen ,  obgleich  bei  ihnen  ein  solcher 
Theil  der  Falte  vorkommt,  die  Nackenplatte  in  denselben  hinein.  Demnach  dürfte 
es  höchst  wahrscheinlich  sein,  dass  diese  Platte  bei  denjenigen  Schildkröten,  bei  wel- 
chen sie,  wann  sie  ihre  Ausbildung  erlangt  hat,  mit  ihrer  vordem  Hälfte  einen  Theil 
jener  Grenzfalte  des  Rückens  bis  zu  dem  Rande  hin  ausfiillt,  nur  erst  allmählig, 
indem  sie  an  Grösse  immer  mehr  zunimmt,  in  ihn  hineinwächst.  Doch  muss  dies 
schon  sehr  frühe  geschehen,    denn  bei  den  Jungen  von  Chelonia,    Terrapene,  Emys 


107 

und  Plateniys,  und  selbst  schon  bei  den  Embryonen  von  Cbelonia  und  Tesftido,  fand 
ich  das  Verhältniss  beider  Tlieile  zu  einander  eben  so,  wie  bei  den  ErwaehsiMien. 

Was  die  oben  ji^eniachte  Aeusseriing  anbelangt,  dass  die  Nackenpiattt^  anfangs 
mit  keinem  andern  Theile  des  Skeleles  in  einer  unmittelbaren  Berührung  steht,  so 
kann  ich  mich  dabei  auf  den  untersuchten  Embryo  von  Testudo  und  den  Embryo 
und  die  Jungen  von  Chelonia  berufen,  indem  bei  ihnen  jene  Platte  noch  keinen  an- 
dern Theil  des  Skeletes  berührte.  (Tab.  ffl,  Fig.  12.  a.  und  Tab.  IV,  Fig.  1.  a.) 
Auch  war  es  bei  ihnen,  wie  auch  bei  der  Sphargis  und  den  Jungen  von  Trionyx, 
ganz  deutlich,  dass  die  Nackenplatte  vor  den  Rückenwirbeln  und  den  Schulterblättern 
ihre  Entstehung  genommen  hatte.  (Tab.  IV,  Fig.  3.  a.)  Denn  die  obern  Enden  der 
Schulterblätter  lagen  bei  ihnen  allen  zwischen  jener  Platte  und  den  vordersten  Rippen : 
und  von  den  Bogen  der  vordersten  Rückenwirbel  stand  der  hintere  Rand  der  Platte 
noch  mehr  oder  weniger  weit  ab.  Allmählig  aber  kommt  die  Nackenplatte  mit  den 
Rippen  des  zweiten  Paares,  wie  auch  in  der  Regel,  ausgenommen  nämlich  einige  Ar- 
ten von  Trionyx  '),  mit  dem  Dornfortsatze  des  zweiten  Rückenwirbels  nicht  blos  in 
Berührung,  sondern  schliesst  sich  ihnen  auch  ganz  dicht  an,  theils  indem  sie  sich 
nach  hinten  und  den  Seiten  vergrössert,  theils  auch  indem  die  Rippen  und  der  Dorn- 
fortsatz des  zweiten  Rückenwirbels,  an  Grösse  zunehmend,  ihr  entgegenwachsen. 
Bei  meinen  Jungen  von  Trionyx  und  Terrapene  tricarinata  hatte  sie  sich  bereits  an 
die  Rippen,  und  bei  den  Jungen  von  Emys,  Platemys,  Pentonyx  und  Testudo  auch 
an  den  Dornfortsatz  des  zweiten  Rückenwirbels  dicht  angeschlossen.  (Tab.  V,  Fig. 
2,  3  und  4,  und  Tab.  VI,  Fig.  14.)  —  Früher  indess,  als  die  Nackenplatte  sich 
den  Wirbelbeinen  und  Rippen  anschliesst,  steht  sie  mit  ihnen  durch  fibröses  Gewebe 
in  Verbindung.  Denn  bei  den  Jungen  von  Chelonia,  Sphargis  und  Trionyx  fand  ich 
ein  ziemlich  starkes  fibröses  Band ,  das  von  der  Mitte  des  hintern  Randes  der  Na- 
ckenplatte zu  dem  Dornfortsatze  des  zweiten  Rumpfwirbels  ging ,  und  ausserdem  je- 
derseits  eine  sehr  dünne  Fascie,  die  zwischen  der  Nackenplattc  und  der  zweiten  Rippe 
ausgespannt  war  und  in  die  Fascie  überging,  welche  in  jeder  Seitenhälfte  sämmtliche 
Rippen  unter  einander  vereinigte  (§.  9  und  13.).  Bei  dem  Embryo  von  Chelonia 
aber,  den  ich  zur  Untersuchung  hatte,  konnte  ich  nur  das  erwähnte  Band,  hingegen 
keine  Spur  von  einer  zwischen  Nackenplatte  und  Rippen  ausgespannten  fibrösen  Haut, 


•)  Bei  einigen  Arten  von  Trionyx  scheint  für  immer  zwischen  der  Nacicenplatte,  dem  Dornfortsatze 
des  zweiten  Rückenwirbels  und  dem  zweiten  Rippenpaare  eine  Lücke  zu  bleiben,  die  nur  von  weichen  Thei- 
len  ausgefüllt  ist.  Namentlich  scheint  dies  der  Fall  zu  sein  bei  Triooyx  subplanus  nach  Cuvier's  Angaben 
(Recherches  s.  1.  ossemens  foss.  IX,  599.)  und  auch  nach  einer  Angabe  Meckel's  (System  der  vergl.  Anat. 
Tbl.  II,  Abtheil.  1.  Seite  421.) 

14* 


108 

und  bei  dem  Embryo  von  Testudo  weder  diese,  noch  jenes  bemerken.  Es  ist  mir 
daher  sehr  wahrscheinlich,  dass  beide  sich  viel  später,  als  die  zwischen  den  Rippen 
selbst  ausgespannte  Fascie  bilden,  und  zwar  dicht  unter  dem  formlosen  Bindegewebe, 
welches  unter  der  Haut  des  Rückens  in  einer  mehr  oder  weniger  dicken  Schichte 
ausgebreitet  ist. 

Die  Form  der  Nackenplatte,  die  je  nach  den  Gattungen  und  Arten  der  Schild- 
kröten gar  sehr  verschieden  ist,  kommt  im  Allgemeinen  schon  frühe  derjenigen  ziem- 
lich nahe,  die  dieser  Körpertheil  bei  jeder  Art  in  seinem  ausgebildeten  Zustande  hat. 
Eine  Beschreibung,  wie  ich  dieselbe  bei  verschiedenartigen  noch  in  der  Entwickelung 
begriffenen  Schildkröten  gefunden  habe ,  will  ich  unterlassen ,  weil  sie  mir  für  die 
Entwickelungsgeschichte  grade  nicht  von  Wichtigkeit  zu  sein  scheint,  und  weil  ich 
ohnehin  auf  den  Tafeln ,  die  der  vorliegenden  Schrift  hinzugefügt  worden  sind ,  von 
dieser  Platte  mehrere  möglichst  treue  Abbildungen  gegeben  habe.  [Die  Nackenplatte 
einer  jungen  Emys  europaea  ist  auf  Tab.  III,  Fig.  6.  abgebildet.] 

Auch  die  relative  Grösse  der  Nackenplatte  ist  bei  den  verschiednen  Arten  der 
Schildkröten  gar  sehr  verschieden,  und  diese  ihre  Verschiedenheit  macht  sich  eben- 
falls schon  in  der  frühesten  Jugend  bemerklich.  Am  kleinsten  fand  ich  sie  bei  den 
Seeschildkröten ,  insbesondie  bei  Sphargis ,  grösser  schon  bei  Trionyx ,  am  grössten 
hingegen  bei  Platemys,  bei  der  sie  einen  höchst  bedeutenden  Umfang  hatte.  Je  nach 
der  verschiednen  Grösse  nun  aber,  die  sie  bei  den  verschiednen  Arten  der  Schild- 
kröten erlangt,  trägt  sie  mehr  oder  weniger  zur  Vergrösserung  des  Rückenschildes 
bei,  und  von  ihr  hängt  es,  je  nachdem  sie  in  der  Dimension  von  hinten  nach  vorne 
sich  vergrössert  hat,  hauptsächlich  oder  nur  allein  ab,  wie  weit  das  Rückenschild  auf 
den  Hals  hinaufreicht  und  ihn,  wann  er  vorgestreckt  worden  ist,  bedeckt.  Unter  al- 
len Schildkröten ,  die  ich  gesehen  habe ,  springt  das  Rückenschild  über  die  Wirbel- 
beine des  Rumpfes  nach  vorne  am  weitesten  bei  Platemys  Spixii  vor,  und  es  beträgt 
bei  ihr  die  Länge  der  Nackenplatte,  die  auch  beträchtlich  breit  ist,  beinahe  ein 
Drittel  von  der  Länge  des  ganzen  Rückenschildes.  (Tab.  V,  Fig.  4.  b.) 

Anränglich  scheint  die  Nackenplatte  aus  einem  ganz  dichten  Knorpel  zu  beste- 
hen: denn  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  und  der  jungen  Sphargis  war  sie  noch 
ganz  dicht,  bestand  fast  ganz  aus  Knorpel,  und  enthielt  nur  in  der  Mitte  etwas  Kalk- 
erde. Schreitet  ihre  Verknöcherung  dann  stärker  vor,  so  wird  ihr  Inneres  schwam- 
mig, indem  in  ihr  lauter  mit  Knochenmark  erPüllte  und  schichtweise  in  horizontaler 
Ebne  ausgebreitete  Kanäle  entstehen,  die  von  dem  Mittelpunkte  der  Platte,  wo  sie 
zum  Theil  zusammenstossen ,  gegen  den  Umkreis  derselben  auseinanderfahren,  in  ih- 
rem Verlaufe  mitunter  einmal  oder  selbst  mehrmals  unter  spitzen  Winkeln  verzweigt 


109 

sind,  an  ihrem  äussern  Ende,  wo  sie  am  weitesten  zu  sein  pflegen,  offen  stehen,  und 
in  dem  Falle,  dass  die  Platte  langgestreckt  ist,  wie  namentlich  in  der  Gattung  Trio- 
nyx,  in  der  Mehrzahl  eine  nicht  unbedeutende  Länge  haben.  Die  Weite  dieser  Ka- 
näle ist  verschieden  hei  den  verschiednen  Arten  der  Schildkröten,  am  grössten  aber 
im  Allgemeinen  bei  den  Seeschildkröten.  Auch  ist  die  Zahl  der  Schichten  dieser 
Kanäle  verschieden,  und  zwar  je  nach  der  Weite  derselben  und  der  Dicke  der  Na- 
ckenplatte, doch  im  Allgemeinen  nur  geringe.  Nur  zwei  Schichten  fand  ich  bei  der 
jungen  Chelonia  imbricata,  die  grösste  Anzahl  (5  oder  6)  bei  Trionyx  ocellatus. 
Jedenfalls  al)er  sind  die  Kanäle  der  obersten  [der  zunächst  der  Haulbedeckung  lie- 
genden] Schichte  die  kürzesten,  die  der  untersten  Schichte  die  längsten.  —  Später, 
als  diese  Markkanäle,  entstehen  an  der  nach  oben  gekehrten  Seite  der  Nackenplatte 
eben  solche  mit  lockerm  Bindegewehe  angefiillte  Markzellen,  wie  auf  den  Dornfort- 
sätzen und  Rippen,  die  anfangs  gegen  die  Hautbedeckung  hin  weit  offen  stehen,  und 
die  sich  in  ihrer  Entwickelung  bei  jeder  Art  von  Schildkröten  ganz  so  verhalten, 
wie  bei  derselben  Art  die  mit  Bindegewebe  angefüllten  Markzellen  der  erstgenann- 
ten Skeletstücke.  Bei  den  beiden  untersuchten  Embryonen,  wie  auch  bei  den  Jun- 
gen von  Spbargis,  Chelonia,  Trionyx  und  Terrapene  tricarinata  fand  ich  von  diesen 
Markzellen  noch  keine  Spur.  Dass  sie  hei  den  Jungen  von  Trionyx  auf  der  bezeich- 
neten Platte  noch  ganz  fehlten,  war  mir  deshalb  auffallend,  weil  bei  ihnen  derglei- 
chen Markzellen  auf  den  Rippen  und  Dornfortsätzen  schon  längst  entstanden  waren, 
zumal  bei  Trionyx  ocellatus. 

8.  24.  Die  übrigen  Ergänzungsplatten  des  Rückenschildes  nehmen  weit  spä- 
ter, als  die  Nackenplatte,  ihre  Entstehung.  Denn  weder  bei  den  Embryonen  von 
Chelonia  und  Testudo,  noch  auch  bei  den  Jungen  von  Spbargis,  Chelonia  Midas  und 
Chelonia  imbricata  Hess  sich  von  ihnen  irgend  eine  Spur  auffinden,  obgleich  bei  al- 
len diesen  Exemplaren  die  Hautbedeckung  des  Rückens  schon  in  eben  so  viele  Fel- 
der abgetbeilt  war.  wie  bei  den  Erwachsenen  derselben  Species  vorkommen.  Bei 
den  Jungen  von  Chelonia  virgata  und  Terrapene  tricarinata  waren  schon  einige 
wenige  (6  bis  8)  entstanden,  hatten  aber  nur  erst  eine  sehr  geringe  Grösse,  und 
stellten  unregelmässig  ellipsoidische,  von  zwei  Seiten  etwas  abgeplattete  Körper  dar, 
die  in  ihrer  Mitte  aus  einem  Knochenkern,  in  ihrem  Umkreise  aus  einem  höchst 
schmalen  Saum  von  Knorpelsubstanz  bestanden.  Sie  gehörten  zu  den  Marginal- 
platten  und  standen  zwar  von  einander  ziemlich  weit  ab,  lagen  aber  sämmtlich  in 
dem  hintersten  Theile  der  Hautfalte,  welche  in  Form  eines  Saumes  um  den  Rumpf 
herumging.  Es  entstehen  also,  abgesehen  von  der  Nackenplatte,  von  den  übrigen 
Marginalplatten  die  hintersten  zuerst,  was  in  sofern  beachlungswerth  sein  dürfte,  als 


110 

bei  denjenigen  Arten    der    Gattung  Trionyx,    welche    ausser    der  Nackenplatte   noch 
einige    andre   Marginalplatten    besitzen,    aber   in    geringerer  Zahl,    als    die   übrigen 
Schildkröten,  diese  letztern  Platten  nur  in  der  hintern  Hälfte   des  Rumpfes   vorkom- 
men.    Bei  den  Jungen  von  Emys  lutaria    und  E.    europaea  fand    ich    die  Marginal- 
platten zwar  sämnUlich  vor,    doch  waren  sie  alle,  mit  Ausnahme    der  Nackenplatte, 
nur    erst    wenig   ausgebildet.     Diejenigen,    welche  bei    den   Erwachsenen    zusammen 
mit  der  Nackenplatte  den  Rand  des  Rückenscbildes  ausmachen,    befanden  sich  inner- 
halb der  Grenzfalte  des  Rückens  in  dem  Bindegewebe,  welches  zwischen  den    beiden 
Blättern  dieser  Hautfalte  abgelagert  war,  hatten    eine   nur   so    geringe  Grösse,   dass 
sie  als  sehr  kleine,  längliche,  und  entweder  nur  an  einem  Ende,  oder  aber   an   bei- 
den Enden  zugespitzte  Kerne  erscheinen,  befanden    sich    dicht   an    dem    freien  Rande 
der  erwähnten  Hautfalte,  lagen  sowohl  von  einander  selbst,  als  auch  von  den  Enden 
der  Rippen  verhältnissmässlg  ziemlich  weit  entfernt,  und  bestanden,  ungeachtet  ihrer 
geringen  Grösse,  aus  einer  schwammigen  und  in  ihren  Höhlen  mit  Bindegewebe  aus- 
gefüllten Knochensubstanz.     Diejenigen  Ergänzungsplatten  aber,  welche  bei   den    er- 
wachsenen Exemplaren  von  Emys  europaea    die  2  letzten  Rückenwirbel  und  die  bei- 
den Wirbel  des  Kreuzbeins  bedecken,  lagen  zwischen  jenen  Wirbeln  und  der  Haut- 
bedeckung   in    der  Mitte,    stellten   kleine    und  höchst    dünne   rundliche  Scheiben  dar, 
standen  unter  einander  noch  in  keiner  Berührung,  und  bestanden  ebenfalls  schon  ganz 
aus  Knochensuhstanz.     Weit  mehr  schon  waren,   ausser  der  Nackenplatte,    auch  die 
übrigen  Ergänzungsplatten    des  Rückenschildes    bei    der   Platemys  Spixii    ausgebildet. 
(Tab.  V,  Fig.  4.  a.  a.  c.  d.  und  Figur  5.  c.)  Sie  waren  schon  völlig  verknöchert 
und  auch  schon  ziemlich  gross.     Doch  standen    fast   alle  ia   der  Grenzfalte   des  Rü- 
ckens gelegnen  Platten,    oder  die  sogenannten  Marginalplatten,   noch   nicht   in   einer 
Berührung  unter  einander,   wie  denn  auch  keine  von  ihnen  sich   schon  in  einer  Be- 
rührung mit   einer  Rippe  befand:    vielmehr   waren    zwischen   ihnen   und   den  Rippen 
noch  mehr  oder  weniger  grosse  Zwischenräume  vorbanden.     Desgleichen    hatte   sich 
ihnen  eine  ziemlich  grosse   unpaarige  Platte,   welche    zunächst  hinter  dem  Dornfort- 
satze des  achten  Rückenwirbels  lag,  noch  nicht  angeschlossen.     Uebrigens  aber  Hes- 
sen diejenigen,  welche  zu  den  Randplatten  des  Rückenschildes  gehörten,  an  ihrer  Lage 
und  Form  erkennen,  dass  sie,  wie  in  der  Gattung  Emys,    ihre  Entstehung  dicht  an 
dem  freien  Rande    der  Grenzfalte    des  Rückens    genonunen  hatten.     Denn   nicht  blos 
erschienefi  sie  zwischen  den  beiden  Blättern  dieser  Falle  dicht  an  den  äussern  Rand 
derselben  herangelagert,  sondern  es  war  auch  ihr  nach  aussen  gekehrter  Rand,  ent- 
sprechend jenem  Rande  der  Falte,  nur  sehr  schwach,  dagegen  ihr  nach  innen  gekehr- 
ter sehr  stark  convex,    so  dass   sich  daher    vermuthen  Hess,    dass    das  Wachsthum 


111 

dieser  Platten  in  die  Breite  von  aussen  nach  innen  [}?egen  die  Mittelcbene  des  Kör- 
pers] vor  sich  gegangen  war.  Ihre  Oberfläche  war  im  Ganzen  glatt  und  von  ei- 
nigen wenigen  kleinen  Oelftiungen  dun-hlöcherl ,  ihr  Inneres  mit  melirern  nicht  gar 
kleinen  Höhlen  versehen,  die  nur  Bindegewebe  enthielten.  Knocheiifett  konnte  ich 
in  ihnen  nicht  bemerken.  Bei  Terrapene  pensylvanica  waren  die  Ergänzuiigsplatten 
des  Rückenschildes  schon  ziemlich  breit  und  beträchtlich  dick:  auch  stiessen  sie  alle 
schon  dicht  an  einander.  Ueberhaupt  aber  hatten  sie  das  Aussehen,  als  wenn  sie 
in  Hinsicht  der  relativen  Grösse  schon  beinahe  vollständig  ausgebildet  waren,  obgleich 
die  Rippen  der  8  mittlem  Paare  noch  in  einem  beinahe  eben  so  grossen  Theile  ih- 
rer Länge,  wie  bei  der  Platemys  Spixii,  sehr  dünn  und  cylindrisch  waren.  Mit  den 
dünnern  Enden  fast  aller  dieser  Rippen  standen  die  ihnen  der  Lage  nach  entspre- 
chenden Marginalplatten  nicht  blos  in  Berührung,  sondern  hatten  sie,  wie  dies  bei 
den  Schildkröten  im  Allgemeinen  zu  geschehen  pflegt,  an  der  obern  Seite  auch  schon 
etwas  überwachsen.  Bei  der  noch  weiter  entwickelten  Pentonyx  capensis  waren  sie 
wohl  ebenfalls  beinahe  vollständig  ausgebildet.  (Tab.  Vü,  Fig.   1.) 

§.  25.  Die  Untersuchungen,  die  ich  bei  verschiednen  Arten  der  Schildkröten 
über  das  Verhältniss  anstellte,  in  welchem  die  Ergänzungsplatten  des  Rückenschildes 
zu  der  Hautbedeckung  stehen,  führten  zu  dem  Ergebniss,  dass  sich  diese  Platte  nicht 
innerhalb  der  Hautbedeckung  selbst,  sondern  in  einiger  Entfernung  von  ihr  bilden. 
Weiter  nun  aber  war  zu  ermitteln,  ob  sie  ihre  Entstehung  in  der  gewöhnlich  für 
knorpelartig  gehaltnen,  eigentlich  aber  aus  einem  festen  Bindegewebe  bestehenden 
Schichte  nehmen,  die  unmittelbar  unter  der  Hautbedeckung  Hegt  (§.  36.),  oder  viel- 
mehr in  einem  übrösen  Gewebe,  (Jas  sich  etwa  mit  dem  der  Wirbel  und  Rippen  in 
einem  unmittelbaren  Zusammenhange  befände.  Denn  was  den  letztern  Fall  anbelangt, 
so  Hess  es  sich  als  möglich  denken,  dass  die  fibröse  Haut,  welche  bei  den  Embryo- 
nen die  Rippen  und  Wirbel  nicht  blos  bekleidet,  sondern  auch  die  Lücken  zwischen 
ihnen  ausfüllt,  seitwärts  über  die  Rippen,  wie  nach  vorne  und  nach  hinten  über  die 
Dornfortsätze  der  Rumpfwirbel  hinaus,  in  das  Unterhaut -Bindegewebe  blattartige  Fort- 
sätze abgesendet  haben  könnte,  und  dass  nachher  in  diesen  Auswüchsen  die  Ergän- 
zungsplatten entständen.  Die  Untersuchungen  jedoch,  welche  zur  Lösung  dieser  Fra- 
gen unternommen  wurden,  führten  nicht  zu  einem  ganz  vollständigen  Resultat.  Denn 
da  sich  die  Nackenplatte  bei  den  altern  Embryonen,  welche  ich  zergliederte,  schon 
ziemlich  weit  ausgebildet  hatte,  so  Hess  sich  nicht  erfahren,  ob  das  fibröse  Gewebe, 
durch  welches  sie  mit  dem  Doriifortsatze  des  zweiten  Rumpfwirbels  in  Verbindung 
stand,  früher  oder  später,  als  sie  selber,  entstanden  war.  Dagegen  ergab  sich  für 
die   übrigen  Marginalplatten    ganz  klar   und  deutlich ,    dass    sie    unabhängig   von  der 


112 

fibrös-liäutigen  Bekleidung  der  Wirbel  und  Rippen  in  dem  Bindegewebe,  welches  die 
saumartig  um  den  Rumpf  herumgehende  Hautfalte  ausfüllt,  ihre  Entstehung  nehmen. 
Denn  niemals  konnte  ich  hei  jungen  Schildkröten  gewahr  werden,  dass  hinter  der 
Nackenplatte  in  die  erwähnte  Hautfaite  irgendwo  hlaltartige  Fortsätze  des  fibrösen 
Gewebes  hineinreichten.  Was  endlich  noch  die  hintere  Rumpfgegend  anbelangt,  in 
der  sich  innerhalb  des  von  der  Hautfalte  des  Rumpfes  dargestellten  Ringes  noch  eine 
oder  einige  Ergänzungsplatten  bilden,  so  fand  ich  hier  bei  den  jungen  Seeschildkrö- 
ten zwar  eine  Fascie,  die  zwischen  den  hintersten  Rippen  ausgespannt  war  und  die 
Extensoren  des  Schwanzes  bedeckte ,  doch  kann  ich  nicht  mit  Sicherheit  angeben, 
oh  sich  nachher  in  derselben  oder  auf  ihr  einige  Ergänzungsplatten  bilden. 

§.  26.  Einige  Anatomen,  namentlich  auch  Cuvier  1),  sind  der  Meinung  ge- 
wesen, dass  bei  den  Schildkröten  die  Randplatten  des  Rückenschildes,  abgesehen  von 
der  unpaarigen  vordersten  oder  der  Nackenplatte,  und  der  unpaarigen  hintersten,  die 
Bedeutung  der  Rippenknorpel  andrer  Wirbelthiere  haben.  Gegen  diese  Meinung  lässt 
sich  indess  schon  der  ümstajid  anführen,  dass  bei  den  meisten  Schildkröten  11  Paar 
solcher  Platten  vorkommen,  dagegen  nur  10  Paar  Rippen,  und  dass  diese  Platten 
nicht  so  gelagert  sind,  dass  die  Enden  je  eines  Rippenpaares  auch  jedenfalls  an  ein 
Paar  von  ihnen  anstossen  und  gleichsam  in  dasselbe  übergehen.  Besonders  aber 
lässt  sich  durch  die  Entwickelungsgeschichte  darthun ,  dass  jene  Meiniuig  auf  einem 
Irrthum  beruht.  Die  Rippenknorpe!  der  Säugethiere  entstehen  nämlich  nicht  ge- 
trennt von  den  Rippen  und  wachsen  nicht  erst  nachher  mit  ihnen  zusammen,  son- 
dern es  hat  ein  jeder  Rippenknorpel  mit  seiner  Rippe  einen  gemeinsamen  Ursprung, 
indem  für  beide  aus  einem  Wirbelbeine  ein  bogenartiger  Fortsatz  hervorwächst,  der 
nachher  in  seiner  einen  Hälfte  verknöchert,  in  der  andern  aber  für  gewöhnlich  knorp- 
lig bleibt.  Dagegen  entstehen  bei  den  Schildkröten  die  Randplatten  des  Rückenschil- 
des fern  von  den  Rippen,  und  nur  späterhin  erst,  wenn  sie  au  Umfang  beträcht- 
lich zugenommen  haben,  kommen  einige  von  ihnen  den  Rippen  nahe  und  schliessen 
sich  an  selbige  an.  Zudem  sind  die  Rippenknorpel  der  Säugethiere,  da  sie  mit  den 
Rippen  aus  den  Wirheibeinen  hervorwachsen,  als  Theile  des  Nervenskeletes  anzu- 
sehen: dagegen  bilden  sich  die  paarigen  Randplatten  der  Schildkröten,  wie  schon 
angegeben  worden,  unabhängig  von  den  Wirbelbeinen  und  deren  Ausstrahlungen, 
ganz  deutlich  für  sich  allein  in  einer  Falte  der  Hautbedeckung  innerhalb  des  Binde- 
gewebes, welches  die  beiden  Blätter  dieser  Falte  unter  einander  vereinigt,  und  können 


')     Recherches  sur  les  ossem.  fossil.  Tom.  IX,  P.  397. 


113 

deshalb  nicht  dem  Nervenskelete,  sondern  nur,  wie  dies  bereits  von  Carus  l)  und 
Peters  '-)  f^eschehen  ist,  dem  sog;enannlen  Hautskelete  beigezählt  werden.  Dem- 
nach nehmen  die  paarigen  Marginalplatlcn  nicht  blos  auf  eine  andre  Weise,  als  die 
Rippenknorpel  der  Säugethiere,  ihre  Entstehung,  sondern  gehören  auch  einer  ganz 
andern  Art  des  Skeletes,  als  diese  Knorpel,  au. 

§.  27.  Nach  einer  von  Carus  aufgestellten  Ansicht  ^),  die  von  Peters 
noch  weiter  ausgelTilirt  worden  ist  ^),  sollen  sich  bei  den  Schildkröten  auch  auf  den 
Rippen  luul  auf  den  Dornfortsätzen  der  mittlem  [des  zweiten  bis  achten]  Rumpf- 
wirbels Knoclienplatten  bilden,  die  dem  Hautskelete  angehören,  schon  frühe  aber  mit 
jenen  Körpertheilen  verwachsen ,  und  nun  den  Schein  gewähren ,  als  käme  jenen 
Theilen  eine  ungewöhnlich  grosse  Breite  zu.  Ausserdem  behauptet  Peters,  dass 
die  obern  Schenkel  der  8  mittlem  Rippenpaare  Nichts  weiter  seien,  als  Theile  von 
eben  denselben  Knochenplatten,  welche  sich  auf  den  Rippen  zu  deren  Bedeckung 
und  Vergrösserung  gebildet  hätten.  Dieser  Ansicht  aber,  die  allerdings  Viel  für 
sich  zu  haben  scheint,  kann  ich  nicht  beistimmen,  theils  weil  meine  Wahrnehmungen 
ihr  nichts  weniger  als  günstig  sind,  theils  auch,  weil  dasjenige,  was  zu  ihrer  Be- 
gründung angeführt  worden  ist,    mir  dazu  nicht  ausreichend  erscheint.     Denn 

A)  wie  schon  aus  den  Mittheilungen,  die  ich  oben  (§.  8,  14,  15  u.  16)  über 
das  Wachsthum  und  die  Verknöcherung  der  Rippen  und  der  Dornfortsätze  gemacht 
habe,  zu  erkennen  gewesen  ist,  habe  ich  bei  keiner  jungen  Schildkröte  bemerken 
können,  dass  sich  auf  den  Rippen  und  auf  den  Bogen  des  zweiten  bis  achten  Rumpf- 
wirbels in  oder  unter  der  Hautbedeckung  besondre  Knochentafeln,  selbst  nicht  ein- 
mal von  einer  nur  geringen  Grösse,  gebildet  hätten,  die  dann  anfänglich  mit  jenen 
Theilen  des  Skeletes  nur  in  einer  losen  Verbindung  gestanden  hätten,  nachher  aber 
mit  ihnen  fest  zusammengewachsen  wären.  Vielmehr  Hess  die  Beschaffenheit  der 
Rippen  und  der  oben  bezeichneten  Dornfortsätze  bei  mehreren  jungen  Schildkröten 
ganz  deutlich  erkennen,  dass  die  bedeutende  Breite,  durch  die  sich  die  genannten 
Theile  des  Skeletes  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  so  auffallend  auszeichnen,  nur 
allein  in  dem  Wachsthum  dieser  Theile  selbst  ihren  Grund  hat.  Aus  dem,  was  ich 
darüber  schon  ausführlich  angegeben  habe,  will  ich  hier  nur  Folgendes  herausheben 
und  ihm  noch  einige  die  Dornfortsätze  betreffende  Bemerkungen  hinzufügen. 


1)     Von  den  ürlheilen  des  Knochen-  und  Schalengerüstes.  Leipzig  1828,  S.  150;  und  Lehrbuch  der  ver- 
gleichenden Zootomie.  Leipzig  1834,  Tbl.  1,  S.   164. 

^)     Observationes  ad  Analoiniam  Cheloniorum,  diss.  inaiig.  Berolini  1838,  Pag.  18. 
')     Lehrbuch  der  vergleichenden  Anatomie,  S.  164  und  165. 
♦)     1.  c.  Pag.  19  bis  22. 

15 


114 

a)  Dass  die  Rippenkörper  durch  Verdickung  und  Anschwellung  ihrer  anfänglich 
nur  sehr  dünnen  Knochenscheide  immer  breiter  werden ,  ergiebt  sich  insbesondere 
daraus,  dass  die  Knochenmasse,  welche  zur  Vergrösserung  einer  Rippe  dienen  soll, 
vom  Anfange  an,  da  diese  noch  knorpelig  ist,  sich  um  sie  herum  immer  nur  inner- 
halb der  Scheide  anhäuft,  die  eine  jede  von  der  Fascie,  welche  alle  Rippen  einer 
jeden  Seitenhälfte  verbindet,  erhalten  hat,  dass  ferner  diese  Masse  sich  nicht  grade 
über  dem  Knorpel  der  Rippe  am  stärksten  anhäuft  und  sich  daselbst  in  einer  gera- 
den Ebne  ausbreitet,  sondern  sich  am  stärksten  an  dessen  vorderem  und  hinterm 
Rande  al)lagert,  und  dass,  wenn  sich  dieselbe  schon  aufgelockert  hat,  ein  Theil  ihrer 
Rindensubstanz,  der  dicht  und  fest  geblieben  ist,  unterhalb  des  Rippenknorpels 
und  später  unterhalb  der  Stelle,  wo  dieser  seine  Lage  hatte,  als  eine  lange  Tafel 
gefunden  wird,  deren  Breite  immer  allenthalben  eben  so  gross  ist,  wie  die  des  gan- 
zen in  der  Entwickelung  begriffenen  Rippenkörpers. 

b)  Die  obern  Schenkel  der  8  mittlem  Rippenpaare  sind  bei  altern  Embryonen 
von  Testudo  an  den  meisten  Rippen  schon  angedeutet,  wann  alle  Rippen,  mit  Aus- 
nahme nur  des  zweiten  Paares,  noch  sehr  dünne  und  beinahe  völlig  cylindrisch  sind, 
und  es  geben  sich  dann  diese  ihre  Andeutungen  offenbar  als  kleine  Fortsätze  der 
noch  sehr  dünnen  Knochenscheiden  der  Rippenkörper  selbst  zu  erkennen.  Auch  las- 
sen sie  sich  bei  Schildkröten,  die  schon  das  Ei  verlassen  haben,  öfters  noch  als 
Fortsätze  einer  sehr  dünnen  Knochenscheide  der  Rippenknorpel  erkennen. 

c)  An  den  Dornfortsätzen  des  zweiten  bis  achten  RumpfvNarbels  findet  man  bei 
jungen  Schildkröten,  wann  diese  Fortsätze  beinahe  noch  ganz  aus  Knorpel  bestehen, 
den  knorpligen  Theil  mitunter  an  dem  obern  Ende  um  ein  nicht  Geringes  breiter, 
als  an  der  Basis.  Wenn  aber  die  Verknöcherung  in  ihnen  schon  weiter  vorge- 
schritten ist,  findet  man  öfters  die  ursprünglich  höchst  dünne  Knochenkruste  so  be- 
schaffen, dass  sie  für  sich  allein  rechts  und  links  einen  saumartigen  Vorsprung, 
überhaupt  aber  an  der  obern  Seite  der  Dornfortsätze  eine  an  verscbiednen  Stellen 
verschiedentlich  dicke  Tafel  bildet,  deren  Substanz  ohne  Unterbrechung  in  die  Kno- 
chenkruste der  Bogenschenkel  übergeht.  Ferner  bildet  sich  diese  ganze  Tafel  offen- 
bar unter  dem  fibrösen  Gewebe,  welches  die  einzelnen  Dornforlsätze  hautartig  ein- 
hüllt und  ausserdem  die  Ligamenta  interspinalia ,  die  an  der  obern  Seite  der  Dorn- 
fortsätze befestigt  sind,  zusammensetzt.  Auch  rückt  später  die  untere  Fläche  der 
über  den  Dornfortsatz  seitlich  vorspringenden  Theile  einer  jeden  solchen  Tafel,  wäh- 
rend diese  Theile  an  Breite  und  auch  an  Dicke  gewinnen,  immer  weiter  nach  unten 
hin,  bis  sie  zuletzt  an  die  Bogenschenkel  des  Wirbels  selbst  gelangt  ist:  dabei  aber 
erscheint  die  Masse,   aus   der  diese  vorspringenden  Theile  bestehen,    und  die  Masse 


115 

der  Dornfortsätze,  welche  zwischen  ihnen  und  den  Bogenschenkeln  liegt,  immer  als 
ein  einziges  uniinlerbrochenes  Ganze  [§.  8.].  Ausserdem  auch  sprechen  gegen  die 
Behauptung,  dass  die  Dornlbrlsätze  eine  auffallende  Breite  dadurch  erhielten,  dass 
eine  in  oder  unter  der  Hautbedeckung  entstandene  Knochentafel  mit  ihnen  zusammen- 
wüchse, noch  die  folgenden  Umstände.  Die  Ligamenta  inlerspinalia  und  die  kleinen 
Muskelpaare,  welche  von  einem  Dornfortsatze  zu  dem  andern  herübergehen,  wenn 
diese  Fortsätze  nur  erst  niedrige  platte  Hügel  darstellen  und  erst  eine  dünne  Kno- 
chenkruste besitzen,  werden  späterhin,  wenn  sich  an  eben  diesen  Fortsätzen  die  ta- 
felförmigen Theile  immer  mehr  ausbreiten,  nicht  etwa  von  denselben  überwölbt,  son- 
dern zeigen  sich  mit  ihren  Enden  an  die  Bänder  jener  Tafeln  angeheftet,  und  wer- 
den noch  später,  wann  jene  Tafeln  an  Ausbreitung  mehr  gewinnen,  durch  Kesorption 
immer  kürzer,  bis  sie  zuletzt  sogar  verschwinden.  Bei  keinem  andern  Wirbelthiere 
aber,  das  zum  Hautskelete  zu  zählende  Knochenplatten  besitzt,  kommen  Muskeln  und 
Bänder  vor,  die  nur  allein  auf  diese  Platten  sich  bezögen,  und  einzelne  solche  Plat- 
ten nur  unter  einander  selbst  verknüpften. 

B.  Carus  hat  die  oben  erwähnte  Ansicht  nur  auf  den  Grund  von  Unter- 
suchungen am  Skelete  erwachsener  Schildkröten  aufgestellt:  solche  aber  können  hier 
nicht  für  ausreichend  gehalten  werden,  sondern  bedürfen  dazu  noch  einer  Bestätigung 
oder  Berichtigung  durch  die  Entwickelungsgeschichte.  Indess  lässt  sich  selbst  bei 
Erwachsenen  aus  der  Beschaffenheit  der  Kippen  und  der  mittlem  Vertebralplatten 
mehr  gegen,  als  für  jene  Ansicht  entnehmen.  Auf  den  ersten  Anblick  ist  zwar  al- 
lerdings, was  die  Kippen,  besonders  der  Seeschildkröten  anbelangt,  der  Schein  sehr 
für  dieselbe.  So  habe  ich  das  Skelet  einer  grossen  Chelonia  Midas  vor  mir,  an 
welchem  der  breitere  Theil  der  Kippenkörper  zu  dem  schmälern  in  einem  solchen 
Verhältniss  steht,  als  wäre  das  abgerundete  äussere  Ende  des  erstem  auf  den  An- 
fang des  letztem  heraufgelegt  worden  und  mit  ihm  verschmolzen ;  und  ein  ähnliches, 
wenngleich  weniger  auffallendes  Verhältniss  findet  man  auch  bei  andern  Arten  aus 
der  Gattung  Chelonia.  Wenn  man  aber  bei  erwachsenen  Schildkröten ,  zumal  bei 
Seeschildkröten,  die  längern  Kippen  theils  äusserlich,  theils  auf  den  Flächen  durch 
sie  gemachter  Durchschnitte  genauer  betrachtet,  so  wird  sich  Folgendes  ergeben.  An 
der  untern  Fläche  dieser  Kippen  ist  ihre  Substanz  aus  lauter  langen,  geraden,  mei- 
stens unter  sehr  spitzen  Winkeln  verzweigten ,  und  mit  einander  verschmolzenen 
Knochenröhren  zusammengesetzt,  die  zwar  eine  sehr  verschiedne  Kichtung  haben, 
zusammengenommen  aber  eine  massig  dicke  und  recht  feste  Tafel  ausmachen.  Ei- 
nige verlaufen  parallel  der  Achse  der  Kippe  genau  nach  der  Länge  derselben,  und 
diese  liegen  auf  der  Höhe  eines  wulstartig  hervorgetriebenen  Streifens,  der  sich  vom 

15' 


116 

Halse  der  Rippe  bis  zu  deren  äusserm  Ende  hinerstreckt,  an  der  untern  Fläche  der 
Rippe  eine  schmale  mittlere  Zone  darstellt,  und  der  Stelle  entspricht,  wo  bei  den 
Embryonen  und  Jungen  der  dünne  cylindrische  Rippenknorpel  seine  Lage  hatte.  Die 
meisten  Knochenröhren  aber  haben  eine  mehr  oder  weniger  schräge  Richtung  gegen 
die  Seitenränder  der  Rippe,  indem  sie  aus  jenen  erstem  Röhren  als  Seitenzweige 
hervorgehen  und  dabei  so  vertheilt  sind,  dass  einige  nach  dem  einen,  die  andern 
nach  dem  andern  Seitenrande  der  Rippe  hinlaufen.  In  Hinsicht  ihres  Ausganges  also 
verhalten  sich  diese  ebenfalls  verzweigten  schrägen  Röhren  so,  dass  man  mit  gutem 
Grunde  annehmen  darf,  sie  seien  aus  den  longitudinellen  oder  denjenigen  hervorge- 
wachsen, welche  sich  unmittelbar  an  der  untern  Seite  des  Rippeiiknorpels  gebildet 
hatten.  Sind  sie  aber  aus  jenen  hervorgewachsen ,  so  kann  die  in  ihrer  ganzen 
Breite  aus  einer  festen  Tafel  bestehende  untere  Seite  der  Rippe,  da  diese  Tafel  nur 
aus  den  erwähnten  geraden  und  schrägen  Knochenröhren  zusammengesetzt  ist,  sich 
eben  so  wenig  zum  Theil,  als  im  Ganzen,  über  dem  Rippenknorpel  in  oder  unter 
der  Hautbedeckung  gebildet  haben,  sondern  muss  nach  ihrer  ganzen  Breite  und  Länge 
unter  dem  Rippenknorpel  und  von  ihm  aus  entstanden  sein.  Die  übrige,  an  Um- 
fang überwiegende ,  der  Hautbedeckung  nähere  und  weit  schwammigere  Masse  lässt 
bei  erwachsenen  Schildkröten,  besonders  deutlich  bei  den  Seeschildkröten,  eine  Zu- 
sammensetzung aus  lauter  Knochenzellen  bemerken,  die  selten  etwas  länger,  als  breit 
sind,  und  deren  Höhlen  theils  in  einander,  theils  auch  in  die  Höhlen  der  beschriebe- 
nen und  an  der  untern  Seite  der  Rippen  befindlichen  Knochenröhren  übergehen.  We- 
gen dieser  so  grossen  und  vielfachen  Höhlenverbindung  aber  muss  man  —  abgese- 
hen von  dem,  was  darüber  bei  der  Untersuchung  junger  Schildkröten  gewonnen  ist 
—  es  für  sehr  unwahrscheinlich  halten,  dass  ein  Knochenstück,  was  unabhängig  von 
dem  Rippenknorpel  entstanden  wäre,  die  schwammige  Masse  für  die  Rippen  geliefert 
haben  und  mit  dem  festern  Theile,  der  von  dem  Rippenknorpel  aus  entstanden  ist, 
aufs  innigste  verschmolzen  und  so  zu  einem  Ganzen  geworden  sein  sollte,  dass 
die  unzähligen  Höhlen  beider  auf  der  ganzen  Vereinigungsfläche  in  einander  über- 
gingen. 

C.  Peters,  der  das  Skelet  einer  jungen  Chelonia  Caouana  untersuchte,  will 
an  ihm  a)  auf  einem  Längsdurcbschnitte  durch  die  Wirbelsäule  bemerkt  haben,  dass 
die  Bogen  der  Rumpfwirbel  sehr  kurze  Dornfortsätze  besassen,  und  dass  über  diesen 
eine  Reihe  von  Knochen  [oder  eigentlich  von  Knochenplatten]  vorkam,  von  denen 
nicht  blos  die  3  (oder  vielmehr  die  2)  hintersten,  wie  dies  auch  bei  Erwachsenen 
der  Fall  ist,  sondern  selbst  der  vierte  und  fünfte  durch  einen  Zwischenraum  von 
der  Wirbelsäule  getrennt  waren,  dass  hingegen  ein  solcher  Zwischenraum  unter  den 


117 

vordersten  fehlte,  indem  diese  mit  der  Wirbelsäule  verwachsen  waren  ').  Sehr 
wiinschenswerlh  musste  es  mir  nun  sein,  die  so  eben  angrefiihrten  Angaben  an  dem 
Präparate  selbst,  das  die  Veranlassung  dazu  gegeben  hatte,  prüfen  zu  können.  Ich 
ersuchte  deshalb  den  Geheimen -Rath  Job.  Müller,  mir  dasselbe,  wenn  es  in  dem 
anatomischen  Museum  zu  Berlin  aufbewahrt  worden  wäre,  zur  Ansicht  zukommen  zu 
lassen.  Nachdem  durch  Herrn  Müller' s  Güte  dies  geschehen,  ist  nicht  blos  meine 
vorher  gefasste  Vernuithung,  dass  Peters,  was  er  an  dem  Präparate  bemerkte, 
nicht  richtig  gedeutet  bat,  zur  Ueberzcugung  geworden,  sondern  es  will  mir  auch 
scheinen,  dass  derselbe  an  dem  Präparate  Einiges  nicht  genau  genug  aufgefasst  hat. 
Um  diese  Aeusserung  aber  näher  zu  begründen,  fühle  ich  mich  genötbigt,  über  das 
Präparat  selbst,  das  übrigens  von  einer  andern  Art  Chelonia,  als  von  der  Chelonia 
Caouana  zu  sein  scheint,  ein  Mehreres  anzugeben.  —  An  den  Halswirbeln  und  dem 
vordersten  Rumpfwirbel  bemerkt  man  auf  dem  Durchschnitte,  dass  ihre  Bogenschen- 
kel  noch  zum  grössern  Theile  aus  Knorpel,  zum  kleinern  aus  einer  den  Knorpel 
einschliessenden  Knochenkrustie  bestanden  haben,  und  dass  sich  in  ihnen  der  Knorpel, 
indem  er  bei  dem  Trocknen  sehr  zusammenschrumpfte,  von  der  Schnittfläche  in  die 
Tiefe  zurückgezogen  hat.  Zu  erwarten  war  es  daher,  dass  Aehnliches  auch  an  den- 
jenigen Rumpfvvirbeln ,  welche  mit  Dornfortsätzen  versehen  sind,  der  Fall  gewesen 
sein  mochte.  Und  in  der  That  kommt  auch  an  jedem  von  ihnen  über  dem  obern 
Theile  des  Wirbelbogens,  aus  dem  der  Dornfortsatz  hervorgewacbsen  ist,  auf  der 
Durchschnittsfläche  eine  vertiefte  Stelle  vor,  in  deren  Grunde  eine  eingetrocknete 
Knorpelsubstanz  liegt.  Als  untere  Begrenzung  dieser  Stelle  erscheint  eine  nur  we- 
nig dicke  Tafel  fester  Knochensubstanz,  nämlich  der  untere  oder  gegen  den  Wirbel- 
kanal gekehrte  Tbeil  der  Knochenkruste  des  Wirbelbogens,  als  obere  Begrenzung 
eine  weit  dickere  Tafel  schwammiger  Knochensubstanz.    Vor  und  hinter  dieser  Stelle 


')  Die  ganze  SteUe  lautet  folgendermassen :  .In  sectione  longUudinali  per  columnam  vertebralem  pulli 
Cheloniae  Caouanae  Corpora  vertebrarum,  in  infima  parte  posita,  cellulis  niagnis  satis  distincta  esse,  et  Pro- 
cessus s.  partes  annulares  cum  ipsis  alteroantes  facile  cognoscas.  Processus  cum  iis,  qui  in  altcro  latere 
sunt,  canalem  vertebralem,  in  superiore  parte  processibus  spinosis  brevissimis  clausum  constituunt.  Prae- 
terea  superßciei  processuum  spinosorum  series  illa  ossium  longitudiaalis  adjungitur,  quae  partera  testae  dor- 
salis  mediani  formant,  et  a  quibusdam  pro  ipsis  processibus  spinosis  habentur.  —  Sed  haec  ossa  diversam 
naturam  habere  neque  e  verlebris  penderc  facile  demonstrari  potest.  In  noslro  enira  animali  non  solum, 
quod  etiam  in  adulto  invenitnr,  inter  columnam  vertebralem  et  ossa  posteriora  tria,  verum  etiam  inter  eam 
et  quartaoi  atque  quintam  iotermedium  apparet  spatium,  quod  in  anterioribus,  quum  concreta  sint,  evanescit. 
Inde  sequitur,  non  modo  ossa  seriei  mediae  posteriora,  per  totam  vitam  separata ,  pro  partibus  vertebrarum 
solutis  non  esse  habenda,  sed  etiam  ea,  quae  cum  vertebris  in  unum  jam  coaluerunt,  non  ad  eas  pertinere. 
Quae  res  ex  diversa  qnoqoe  structura  intelligi  potest,  qua  in  puUo  eorura  Snes  demonstrari  possunt.  Nam 
baec  ossa  cutanea  (quod  proprium  est  eorum  nomen)  non  sicut  vertebrae  e  substantia  corticali  solidiori  et 
ineduUari  cellulari,  sed  moUiori  externe  et  interne  eadem  pornsa  constant. «  (Pag.  19  et  20.) 


118 

aber  geht  als  seitliche  Begrenzung  derselben  ein  ziemlich  breiter  Streifen,  der  eben- 
falls aus  Knochensubstanz  besteht,  senkrecht  von  der  obern  Tafel,  von  der  er  sich 
als  eine  unmittelbare  Fortsetzung  zu  erkennen  giebt,  zu  der  untern  herab.  Ganz  in 
der  Nähe  der  untern  Tafel  lässt  dann  an  allen  mittlem  [dem  zweiten  bis  achten] 
Rumpfwirbeln  ein  jeder  solcher  senkrechter  Streifen  mehr  oder  weniger  deutlich  eine 
seichte  Querfurche  bemerken,  und  diese  Querfurchen  sind  es  eben,  die  Peters  mit 
dem  Namen  von  Zwischenräumen  (spatium  intermedium)  zwischen  der  Wirbelsäule 
und  einigen  sogenannten  Vertebralplatten  bezeichnet  hat.  Wenn  übrigens  Peters 
sie  nur  an  dem  vierten  und  fünften  Runipfwirbel  bemerkte,  so  hat  der  Grund  davon, 
wie  ich  aus  der  von  ihm  gegebenen  Abbildung  schliessen  muss,  wahrscheinlich  darin 
gelegen,  dass  er  das  Präparat  im  frischen  Zustande  untersuchte,  als  es  noch  von 
Feuchtigkeiten  durchdrungen  war,  indess  ich  dasselbe  im  ausgetrockneten  Zustande 
zur  Ansicht  erhielt.  Die  angegebenen  Furchen  also  sind  es  gewesen,  die  Peters 
zu  der  Meinung  veranlasst  haben,  dass  die  über  dem  zweiten  bis  achten  Rnmpfwirbel 
befindlichen  Vertebralplatten  nicht  in  die  Breite  gegangene  Processus  spinosi,  sondern 
über  diesen  Wirbeln  in  der  Haut  entstandene  und  nacliher  mit  ihnen  verwachsene 
Knochenstücke  sind.  Wohl  schwerlich  aber  würde  er  diese  Meinung  ausgesprochen 
haben ,  wenn  er  an  jenen  Furchen  oder  Zwischenräumen ,  wie  sie  von  ihm  genannt 
werden,  noch  einige  Verhältnisse  näher  berücksichtigt  hätte.  Erstens  nämlich  liegen 
sie  nicht  in  etwas  grösserer  Höhe,  als  die  Durchschnittsflächen  der  Knorpelsubstanz 
der  Wirbelbogen,  sondern  seitwärts  von  der  untern  Hälfte  dieser  Flächen,  und  ei- 
nige von  ihnen  zum  Theil  sogar  noch  etwas  tiefer.  (Tab.  IX.  Fig.  17,  d.)  Es 
hätte  also,  wäre  über  dem  Bogen  und  Dornfortsatze  je  eines  mittlem  Rumpfwirbels 
von  der  Hautbedeckung,  oder  dem  Unterhaut-Bindegewebe,  die  vorgefundene  schwam- 
mige Knochenmasse  ausgeschieden  worden,  diese  an  jenen  Theilen  des  Wirbels  weit 
nach  unten  herabwachsen  und  sie  von  oben  her  einhüllen  müssen.  Dann  aber  würde 
zwischen  der  schwammigen  aufgewachsenen  Knochenmasse  und  dem  Knorpel  des  Wir- 
belbogens  und  Dornfortsatzes  noch  eine  dünne  festere  Schichte  von  Knochensubstanz, 
nämlich  die  Knochenrinde ,  die  an  diesen  Theilen  der  Wirbel  schon  bei  reifern  Em- 
bryonen vorkommt,  zu  sehen  gewesen  sein.  Eine  solche  fehlt  jedoch  hier  gänzlich, 
und  es  liegt  vielmehr  die  schwammige  Knochenmasse  dem  Knorpel  jener  Theile  der 
Wirbel  unmittelbar  selbst  an.  Zweitens  gehen  die  fraglichen  Querfurchen  an  den 
Knochenstreifen,  an  welchen  sie  vorkommen,  nicht  ganz  und  gar  herüber,  sondern 
immer  nur  zum  Theil:  denn  eine  jede  verliert  sich,  allmählig  seichter  geworden, 
schon  in  einiger  Entfernung  von  dem  Knorpel  des  Wirbelbogens.  Drittens  besteht 
der  Grund  einer  jeden  solchen  Furche   nach   seiner  ganzen  Länge    in    einer   dünnen 


I 


119 

lind  platten,  aus  dichter  und  fester  Knochenmasse  gebildeten  Wandung,  nicht  aber 
aus  einem  weichen  Gewebe,  so  dass  demnach  die  Furche  keincswcges  ein  spaltför- 
migcr  Zwischenraum  zwischen  zwei  Knochenstücken  ist,  noch  auch  sich  etwa  wie 
ein  spaltlormigcr  Einschnitt  an  irgend  einem  Körper  verliält.  Es  müssen  demnach 
jene  Furchen  eine  andre  Bedeutung  haben,  als  ihnen  von  Peters  zagcschrieben 
worden  ist.  Um  diese  nun  aber  angeben  zu  können,  muss  ich  noch  erst  einige 
Bemerkungen  voraussenden.  Verfolgt  man  die  Entwickelung  der  auf  dem  zweiten 
bis  achten  Rumpfwirbel  vorkommenden  Theile ,  welche  von  mehrern  Zootomen  die 
Donifortsätze  genannt  worden  sind,  in  Hinsicht  auf  ihre  Form  und  Grösse,  ohne  da- 
bei gerade  auf  die  Art,  wie  dies  geschieht  [ob  nämlich  durch  Belegung  mit  Knochen- 
masse  von  der  Haut  aus,  oder  nicht],  eine  besondre  Rücksicht  zu  nehmen,  so  wird 
man  Gnden,  dass  sie  mit  der  Breite  der  Wirbelbogen,  auf  denen  sie  ruhen,  so  an 
Grösse  zunehmen,  dass  sie  zuletzt,  in  der  Mittelebene  des  Körpers,  wie  ebendaselbst 
diese  Bogen,  bei  mehrern,  wenn  auch  nicht  bei  allen  Schildkröten,  nach  ihrer  gan- 
zen Höhe  zusammenstossen  l).  Nach  ihren  Querdurchmessern  aber  vergrössern  sie 
sich  dabei  dergestalt,  dass  sie  zwar  an  ihrer  obern  Fläche  allenthalben  beinahe 
eine  gleiche  Breite  erlangen ,  jedoch  weiter  nach  unten ,  oder  gegen  den  Wirbelbo- 
gen hin,  viel  weniger  an  ihrem  vordem  und  hintern  Ende,  als  auf  der  Mitte  zwi- 
schen beiden,  überhaupt  aber  so,  dass  sie  auf  einem  horizontalen  Querdurchschnitte 
durch  ihre  Basis  ungefähr  die  Form  von  Doppelkegeln  darbieten.  Es  Avird  also, 
wenn  mau  seitwärts  von  der  Mittelebne  des  Rumpfes  in  geringer  Entfernung  von 
derselben  einen  senkrechten  Längsdurchschnitt  gemacht  hat,  auf  demselben  —  wie 
ich  dies  bei  einigen  erwachsenen  Seeschildkröten  und  der  Emys  europaea  bemerkt 
habe,  —  an  jedem  Dornfortsatze  dicht  über  dem  Wirbelbogen  eine  Stelle  vorkom- 
men müssen,  an  welcher  der  Fortsatz  nicht  von  dem  Schnitte  getroffen  worden  ist, 
sondern  noch  einen  Theil  seiner  wahren  Oberfläche  zeigt.  Es  stellt  sich  diese  Stelle 
als.  eine  Furche  dar,  die  an  dem  einen  Ende  im  Verhältniss  zu  ihrer  Länge  ziem- 
lich breit  ist,  gegen  das  andre  Ende  aber  immer  schmäler  und  seichter  wird.  Wo 
zwei  Dornfortsätze  sich  nach  ihrer  ganzen  Höhe  dicht  an  einander  angeschlossen 
haben,  geht  die  eine  Furche  des  einen  in  die  ihr  zugekehrte  Furche  des  andern 
über,  und  beide  zusammen  bilden  dann  einen  vertieften  Raum,  der  in  seiner  Mitte 
am  breitesten  und  tiefsten  ist,  gegen  die  Enden  aber  allraählig  schmäler  und  seichter 
wird.     Ganz  ein  solches  Aussehen  nun  aber,  wie  mir  senkrechte  Längsdurchschnitte 


^)  Bei  einem  erwachsenen  Exemplar  von  Chelonia  Caonana  finde  ich  zwischen  den  Enden  der  Dornfort- 
sätze und  deo  Wirbelbogen,  auf  denen  sie  ruhen,  eine  Lücke:  ob  diese  aber  sich  nicht  erst  in  späterer  Le- 
benszeit, als  das  Thier  an  Länge  bedeutender  zunahm,  gebildet  haben  mag,  dürfte  wohl  noch  die  Frage  sein. 


120 

des  Rückenschildes  erwachsener  Schildkröten  dargeboten  hatten,  fand  ich  auch  an 
dem  von  Peters  abgebildeten  und  beschriebenen  Präparate  einer  jungen  Chelonia. 
Namentlich  zeigten  mir  an  ihm  die  mehrmals  erwähnten  Furchen  ganz  dieselbe  Form, 
Richtung  und  Lage,  wie  bei  Er\A'achseuen ;  auch  gingen  je  zwei  von  ihnen,  wo 
zwei  Dornfortsätze  an  einander  sticssen,  immer  ganz  in  einander  über.  Und  über- 
dies fand  ich  sie  in  ihrer  ganzen  Ausbreitung  von  einem  scheinbar  dünnen  Häutchen 
bekleidet,  das  sich,  als  ich  es  nach  geschehener  Aufweichung  abgetrennt  und  unter 
das  Mikroskop  gebracht  hatte,  als  eine  fast  nur  aus  quergestreiften  Muskelfasern  be- 
stehende Masse  zu  erkennen  gab.  Diesemnach  kann  ich  also  die  kleinen  Furchen, 
welche  an  dem  Präparate  auf  dem  durch  die  Wirbelsäule  gemachten  Längsdurch- 
schnitte dicht  über  den  Bogen  des  zweiten  bis  achten  Rumpfwirbels  vorkamen ,  für 
Nichts  weiter  ausgeben,  als  nur  für  Stellen  der  Oberfläche  der  Dornfortsätze,  welche 
Stellen  von  einem  etwas  rechts  von  der  Mittelebne  des  Rückens  geführten  Schnitte 
nicht  getroffen  waren.  —  b)  Was  die  Rippen  anbelangt,  so  hat  Peters  seine 
Ansicht,  dass  sie  von  Theilen  des  Hautskeletes  bedeckt  werden  und  damit  verwach- 
sen, auf  die  Analogie  mit  den  Dornfortsätzen  und  auf  eine  Wahrnehmung  begründet, 
die  er  an  dem  Rückenschilde  einer  halb  erwachsenen  Seeschildkröte  gemacht  hatte. 
Erstens  nämlich  folgert  er,  dass,  weil  die  auf  dem  Wirbelbogen  ruhenden  Knochen- 
platten unabhängig  von  diesen  entstehen  und  erst  nachher  mit  ihnen  verwachsen, 
sich  wahrscheinlich  auch  für  die  Rippen  besondere  Deckplatten  unter  der  Haut 
bilden  und  nachher  mit  ihnen  verwachsen  *).  Ob  aber  der  Grund,  auf  welchem 
diese  Folgerung  beruht,  zuverlässig  ist,  ergiebt  sich  hinreichend  aus  dem,  was  ich 
oben  über  die  Dornfortsätze  angegeben  habe.  Zweitens  beruft  sich  Peters  auf  das 
Rückenschild  einer  jiuigen,  der  Art  nach  unbestimmten  Chelonia,  von  dem  er  in  sei- 
ner Schrift  (unter  Fig.  b.)  auch  eine  Abbildung  gegeben  hat,  und  an  dem  deutlich 
soll  erkannt  werden  können ,  » » primordiam  ossium  cutaneorum  costalium  ossificatio- 
nem  inter  extremitates  costarum  sternales  in  cartilagine  substrata  a  costis  plane  se- 
juncta  oriri. ««  (Seite  2L)  Aber  auch  an  diesem  zu  Berlin  in  dem  anatomischen 
Museum  (unter  Nr.  11076)  aufbewahrten  Präparate  —  einem  Rückenschilde  von 
9V3  Zoll  Länge,  das  Herr  Johannes  Müller  mir  ebenfalls  zur  Ansicht  zukommen 
Hess  —    habe  ich  etwas  Andres  gefunden ,, als  Peters   daran    erkannt   haben    will. 


^)  Postquam  scuteUa  media,  quibuscum  laininae  coslaruin  extremitatibus  vertebralibus  sive  internis  con- 
juDguntur,  non  ad  columnam  verlebralem  peitinere,  dcmonstravirnus,  mullo  minus  has  laminarum  extremila- 
tes  esse  tubercula  costarnra,  quam  ipsis  sculeUis  analoges  esse  verisimile  videtur.  Ilaque  costae  sicut  ver- 
tebrae  dorsales ,  sceleti  externi  ossibiis  teetae  non  in  partem  dilatatam  et  bieve  capitulum,  sed  in  coslam 
veram  et  os  cutaneum  insuper  ei  aflixum,    dilatatum  divideudae  sunt.    L.  c.  pag.  20  et  31. 


121 

Wie  bei  andern  Seeschildkröten,  sind  aucli  bei  ihm  die  Rippen  der  8  mittlem  Paare 
an  ihrer  inncrn  (der  Wirbelsäide  nähern)  Hälfte  bedeutend  breit  und  dicht  an  ein- 
ander angeschlossen,  hingcg:cn  an  ihrer  äussern  kürzern  Hälfte  nur  schmal  und  von 
einander  weit  entfernt.  In  den  meisten  Zwischenräumen  zwischen  den  letztern  Rip- 
penhälften  ist  eine  stellweise  Kalkerde  in  einer  höchst  dünnen  Schichte  abgelagert, 
und  diese  Ablagerungen,  die  je  nach  den  verschiedenen  Rippen -Zwischenräumen  in 
einer  sehr  verschiedentlich  grossen  Ausbreitung  vorkommen,  sind  es  gewesen,  auf 
die  sich  Peters  in  der  oben  angeführten  Stelle  bezieht.  Ich  meinerseits  aber  kann 
sie  nur  für  normwidrige  Ablagerungen  ähnlicher  Art  halten,  wie  sie  mitunter  auch 
bei  Säugethieren  in  fibrösen  Häuten  vorkommen,  und  muss  mich  entschieden  gegen 
die  Meinung  erklären,  dass  sie  dazu  bestimmt  gewesen  wären,  einmal  zu  einer  nor- 
malgeraässen  Vergrösserung  der  Rippen  verwendet  zu  werden.  Meine  Gründe  dafür 
sind  folgende.  In  den  Rippenzwischenräumen  befindet  sich  die  abgelagerte  Masse 
nicht  innerhalb  einer  angeblich  zwischen  den  Rippen  vorhandenen  Knorpelsubstanz 
oder  der  darunter  gemeinten  Schichte  eines  festen  Unterhaut  -  Bindegewebes ,  sondern 
innerhalb  der  dünnen  Fascie,  welche  unter  dem  Unterhaut-Bindegewebe  des  Rückens 
von  einer  Rippe  zur  andern  herübergeht  und  an  den  Rippen  selbst  die  Beinhaut  dar- 
stellt. Sie  bildet  weder  eine  glasartig  feste  und  dichte,  mit  Knochenkörperchen  er- 
füllte Masse,  wie  ursprünglich  an  der  ganzen  Oberfläche  der  Rippen,  noch  auch 
Röhren  oder  eine  schwammige  Masse,  wie  späterhin  an  den  verschiedenen  Stellen 
der  Oberfläche  der  Rippen,  sondern  besteht  durchweg  aus  einer  Anhäufung  sehr 
kleiner  Körner.  Auch  stellt  sie  nicht  Platten  von  einer  bestimmten  Form  dar,  noch 
lässt  sie  in  Hinsicht  der  Stelle,  wo  sie  vorkommt,  eine  gewisse  Regel  für  ihre  La- 
gerung in  den  einzelnen  Rippenzwischenräumen,  also  auch  nicht  eine  Symmetrie  in 
ihrer  Vertheilung  auf  die  beiden  Seitenhälften  des  Körpers  erkennen,  sondern  bildet 
Flecke,  die,  wie  in  ihrer  Grösse,  so  auch  in  ihrer  Form  und  ihrer  Lagerung  die 
grösste  Unregelmässigkeit  bemerken  lassen.  Selbst  in  denjenigen  Zwischenräumen, 
in  welchen  sie  die  grösste  Ausbreitung  zeigt,  so  dass  sie  dieselben  beinahe  ganz 
ausfüllt,  findet  man  in  der  aus  ihr  bestehenden  Masse  nicht  einen  linienfb'rmigen 
freien  Zwischenraum,  der  sich  als  eine  Fortsetzung  der  Naht  darstellte,  welche  zwi- 
schen den  breitern  Hälften  je  zweier  benachbarten  Rippen  vorkommt.  Dagegen  be- 
merkt man  in  jedem  Rippenzwischenraume,  in  welchem  sie  sich  vorfindet,  mehr  oder 
weniger  grosse  Lücken  zwischen  ihr  und  den  Rändern  der  Rippen,  von  welchen 
Körpertheilen  es  doch  bekannt  ist,  dass  ihre  Zunahme  an  Breite,  was  auch  der  Grund 
von  dieser  sein  mag,  eine  von  dem  Halse  zu  dem  andern  Ende  derselben  stetig  vor- 
schreitende   ist.     Ferner   reichen    die  in  Rede  stehenden  Ablagerungen  von  Kalkerde 

16 


122 

an  mehrern  Stellen  bis  an  die  Marginalplatten  des  Rückenschildes  hin :  es  hat  dies 
Schild  aber  einer  Schildkröte  aus  einer  Gattung  angehört,  von  welcher  die  Rippen 
gegen  ihr  äusseres  Ende  in  einer  mehr  oder  weniger  grossen  Strecke  niemals  so 
breit  werden,  dass  je  zwei  von  ihnen  zu  einer  gegenseitigen  Berührung  gelangen, 
sondern  für  immer  nur  schmal  bleiben.  Endlich  ist  noch  anzuführen,  dass  an  dem 
Präparate  die  breitere  und  dickere  Hälfte  der  einzelnen  Rippen,  wo  sie  in  die  schmä- 
lere und  dünnere  übergeht,  an  ihrer  obern  Seite  gleichsam  einen  spitzwinkligen  Aus- 
schnitt zeigt,  wie  man  ihn  an  dieser  Stelle  auch  bei  viel  grössern  Exemplaren  man- 
cher Arten  von  Chelonia,  z.  B.  bei  der  Chelonia  Caouana,  gewahr  wird,  und  dass 
es  mir  daher  sehr  wahrscheinlich  ist,  dass  bei  dem  Thiere,  dessen  Rückenschild  die 
obigen  Bemerkungen  veranlasst  hat,  das  Längenverhältniss  zwischen  dem  breitern 
und  schmälern  Theile  seiner  Rippen  so  ziemlich  dasselbe  geblieben  wäre,  auch  wenn 
es  noch  ein  höheres  Alter  erreicht  hätte   *). 

F.     B  a  u  c  h  s  c  h  i  1  d. 

§.  28.  Am  unvollkommensten  gebildet  und  nur  schwach  angedeutet  fand  ich 
das  Bauchschild  (Plastron)  bei  dem  Jüngern  Exemplar  von  Sphargis.  Es  bestand 
dasselbe  aus  4  paarigen,  bogenförmig  gekrümmten  und  relativ,  wie  absolut,  sehr 
schmalen  Streifen,  die  fast  allenthalben  gleich  breit  und  so  gelagert  waren,  dass  das 
vordere  Paar  von  dem  hintern  weit  abstand,  und  dass  die  des  erstem  Paares  ein- 
ander mit  ihren  vordem  Enden  berührten,  die  des  andern  aber  mit  ihren  hintern 
Enden  einander  nur  sehr  nahe  lagen.  (Tab.  IV,  Fig.  5,  a  und  b.)  Ein  jeder  Strei- 
fen war  an  seinen  beiden  Enden  knöchern,  in  der  Mitte  hingegen  auf  eine  ziemlich 
grosse  Strecke  knorplig,  so  dass  demnach  im  Ganzen  8  paarige  Knochenpunkte  vor- 
kamen. Von  den  vordem  Streifen  sendete  ein  jeder  in  einiger  Entfernung  von  sei- 
nem hintern  Ende  nach  aussen  einen  kurzen,  einfachen,  spitz  auslaufenden  und  hori- 
zontal gelagerten  Ast  ab,  der  eine  Andeutung  eines  sogenannten  Flügels  des  Bauch- 
schildes bezeichnete.  Von  einem  unpaarigen  Stücke  konnte  ich  keine  Spur  auffin- 
den. Bei  dem  etwas  altern  Exemplar  von  Sphargis  war  das  Bauchschild  beinahe 
ganz   verknöchert;    aber   auch   bei   ihm  konnte  ich  kein  unpaariges  Stück  desselben 


^)  Nicht  umhin  kann  ich,  gelegentlich  hier  noch  einer  auCTaUenden  Erscheinung  zu  gedenken,  die  das 
eben  beschriebene  Präparat  an  seiner  obern  Seite  darbietet.  Es  befindet  sich  nämlich  an  ihm  zwischen  dem 
sechsten  und  siebenten  Dornfortsatze  ein  kleines  eingeklemmtes  Knochenstückchen,  das  in  seinem  Aussehen 
eine  grosse  Aehnlichkeit  mit  einem  Worm'schen  Knochen  an  dem  Schädel  eines  Menschen  hat.  Ob  es  mit 
einem  der  Wirbelbogen  verwachsen  ist,  vermag  ich  nicht  anzugeben,  weil  ich  das  Präparat  unbeschädigt 
zuriickzuliefern  halte.  Ist  es  damit  nicht  verwachsen,  so  würde  man  es  nur  für  eine  Ergänzungsplatte  aus- 
geben könneo,  die  sich  ausnahmsweise  an  einer  ganz  ungewöhnlichen  Stelle  gebildet  hätte. 


123 

auffinden.  Die  8  Knochenstiickc,  aus  denen  es  bestand,  waren  sämmtlich  sehr  schmal 
und  dünn.  Am  breitesten  waren  die  des  vordersten  Paares,  übrig;ens  an  ihrem  hin- 
tern Rande  mit  einer  Längsfurche  versehen,  die  gegen  das  der  Mittelebne  des  Kör- 
pers zugekehrte  Ende  eines  jeden  immer  tiefer  wurde,  so  dass  es  einigermassen 
schien,  als  lägen  hier  zwei  einzelne  Knochenplatten  beisammen,  und  zwar  die  eine 
über  der  andern.  Auch  sendeten  die  Knochenstücke  des  vordersten  Paares,  wo  sie 
einander  berührten,  nach  vorne  zwei  divcrgirende  platte  Fortsätze  aus  (Tab.  IX, 
Fig.  2),  die  nur  sehr  dünn  und  massig  lang,  aber  im  Verhältniss  zu  ihrer  Länge 
ziemlich  breit,  wie  überhaupt  viel  grösser,  als  bei  dem  Jüngern  Exemplare  waren, 
bei  dem  sie  ebenfalls  vorkamen.  Die  Knochenstücke  des  zweiten  Paares  lagen  von 
denen  des  dritten  noch  weit  entfernt  ').  —  In  Hinsicht  des  Grades  der  Entwicke- 
lung  folgte  darauf  zunächst  das  Bauchschild  der  jungen  Chelonia  virgata.  (Tab.  VI, 
Fig.  22.)  Zwar  bestand  dasselbe  schon  aus  9  Knochentafeln,  die  nicht  mehr  durch 
eine  Knorpelmasse  unter  einander  vereinigt  waren,  und  von  denen  die  des  ersten 
Paares  dicht  an  die  des  zweiten,  die  des  dritten  aber  dicht  an  die  des  vierten  an- 
grenzten. Dagegen  lagen  die  des  zweiten  von  denen  des  dritten  noch  etwas  weiter 
entfernt,  als  bei  der  Sphargis.  Auch  waren  die  beiden  vordersten  und  die  beiden 
hintersten  paarigen  Stücke  im  Ganzen  nur  sehr  schmal,  indess  ein  jedes  der  4  mitt- 
lem an  seinem  einen  Ende  unter  einem  fast  rechten  Winkel  nach  aussen  [oder  seit- 
wärts] schon  einen  ziemlich  breiten,  massig  langen,  in  zwei  kleine  Schenkel  auslau- 
fenden und  horizontal  gelagerten  Flügel  ausgesendet  hatte.  Das  unpaarige  Stück  war 
nur  sehr  klein,  insbesondere  nur  sehr  schmal,  und  hatte  seine  Lage  dicht  hinter  den 
Stücken  des  ersten  Paares,  wo  diese  mit  ihrem  vordem  Ende  zusamraenstiessen.  — 
Sehr  ähnlich  diesem  Bauchschilde  war  das  einer  jungen  Chelonia  imbricata :  nur 
hatten  alle  seine  einzelnen  Stücke  eine  verhältnissmässig  etwas  grössere  Breite.  — 
Im  Ganzen  verhältnissmässig  grösser  war  das  Baucbschild  bei  dem  Embryo  von 
Chelonia  Midas.  (Tab.  IV,  Fig.  2.)  Sein  unpaariges  Stück  war  relativ  viel  länger 
und  breiter,  hatte  die  Form  eines  lang  ausgezogenen  und  nicht  ganz  regelmässigen 
Dreiecks,  und  war  mit  seiner  Spitze  nach  hinten  gerichtet.  Die  paarigen  Stücke 
waren  im  Ganzen  breiter  und  dicker,  als  bei  der  jungen  Chelonia  virgata.  Doch 
lagen  auch  bei  diesem  Embryo  die  Stücke  des  zweiten  und  dritten  Paares  weit  aus- 
einander. Die  künftigen  Flügel  des  Bauchschildes  liefen  in  3  bis  4  Zacken  oder 
kurze  Strahlen  aus.     Eben  so  geformt  und  gelagert  waren  die  verschiednen  Knochen- 


1)     Ob  aach  bei  den    erwachsenen    Exemplaren   von  Sphargis   die   einzelnen  Knochenstücke   des  Bauch- 
schildes nnr  eine  sehr  geringe  Breite  haben,  und  ob  das  unpaarige  Stüclt  fehlt,  ist  mir  nicht  bekannt. 

16* 


124 

stücke  des  Bauchschildes  bei  der  jungen  Schildkröte,  welche  mir  ebenfalls  zu  Chelonia 
Midas  zu  gehören  schien ,  nur  waren  bei  ihr  die  einzelnen  Stücke  etwas  schlanker, 
als  bei  dem  Embryo.  Wie  sich  aus  der  Vergleicbung  des  Bauchschildes  dieser  Exem- 
plare von  Chelonia  mit  dem  Bauchschilde  der  Erwachsenen  ergab,  würde  seine  wei- 
tere Entwickelung  hauptsächlich  noch  darin  haben  bestehen  müssen,  dass  jederseits 
die  einander  gegenüber  liegenden  Stücke  des  zweiten  und  dritten  Paares  einen  brei- 
ten Fortsatz  gegen  einander  hinsendeten,  um  durch  ihn  zu  einer  Verbindung  mit 
einander  gelangen  und  zusammen  mit  den  übrigen  paarigen  Stücken  einen  geschlos- 
senen Ring  bilden  zu  können.  Schwach  angedeutet  schien  mir  ein  solcher  Fortsatz 
schon  bei  der  jungen  Chelonia  virgata  an  den  Stücken  des  zweiten  Paares.  —  Un- 
gefähr dem  Grade  nach  gleich  weit  entwickelt,  wie  bei  dem  Embryo  von  Chelonia, 
war  das  Bauchschild  bei  dem  Embryo  von  Testudo.  (Tab.  UI,  Fig.  15.)  Das  un- 
paarige Stück  war  von  einer  ähnlichen  Form  und  ähnlichen  relativen  Grösse,  wie 
bei  jenem:  die  paarigen  Stücke  waren  ebenfalls  im  Ganzen  nur  massig  breit,  die 
des  ersten  und  vierten  Paares  aber  etwas  schmäler  und  überhaupt  kleiner,  als  die 
übrigen.  Von  diesen  letztern,  also  von  den  Knochenstücken  des  zweiten  und  dritten 
Paares,  setzte  sich  ein  jedes  nach  aussen  in  einen  massig  langen  und  einfachen  Flü- 
gel fort,  der  gegen  sein  Ende  immer  schmäler  wurde,  in  eine  stumpfe  Spitze  aus- 
ging, nicht,  wie  bei  den  Seeschildkröten,  horizontal  gelagert,  sondern  schon,  wie  bei 
den  Erwachsenen  derselben  Art,  unter  einem  massig  starken  Bogen  nach  oben  um- 
gekrümml  war,  und  mit  seinem  Ende  nach  innen  von  der  Ringfalte  der  Hautbe- 
deckung, welche  die  Bauchseite  von  der  Rückenseite  des  Rumpfes  abgrenzte,  bis  an 
die  Wandung  des  Rückens  hinaufreichte.  Uebrigens  aber  lagen  die  Knochenstücke 
des  zweiten  Paares  von  denen  des  dritten  viel  weiter  entfernt,  als  bei  dem  Embryo 
und  den  Jungen  von  Chelonia.  Auch  war  der  ganze  von  Bindegewebe  ausgefüllte 
Raum,  den  alle  9  Knochentafeln  des  Bauchschildes  umgaben  und  in  dessen  Mitte  sich 
die  weite  Nabelöffnung  befand,  verhältnissmässig  viel  grösser,  als  bei  jenem  Embryo 
von  Chelonia.  —  Weiter  war  das  Bauchschild  bei  den  übrigen  untersuchten  jun- 
gen Schildkröten  ausgebildet.  Seine  paarigen  Stücke  stiessen  sämmtlich,  wie  sie 
von  vorn  nach  hinten  auf  einander  folgten,  dicht  zusammen.  Doch  waren  bei  Trio- 
nyx  ocellatus,  besonders  aber  bei  Trionyx  gangeticus  (Tab.  VI,  Fig.  13.)  und 
Trionyx  aegyptiacus  die  Stücke  des  zweiten,  dritten  und  vierten  Paares  noch  bei 
weitem  schmäler,  als  bei  erwachsenen  ExcQiplaren  dieser  Gattung,  so  dass  hei  ihnen 
das  ganze  Bauchschild  nur  einen  schmalen  Ring  darstellte,  der  4  horizontal  verlau- 
fende und  nur   sehr  schmale,    aber  ziemlich  lange  Flügel  aussendete   *).     Gleichfalls 

^)    Eioe  \bbilduDg  des  Bauchschildes  von  einem  erwachsenen  Trionyx  gangeticus  hat  Ca  vi  er   in  sei- 


125 

waren  bei  der  Emys  europaea  (Tab.  III,  Fig.  15.),  der  Em.  lutaria,  der  Terrapene 
tricarinala  und  wahrscheinlich  auch  bei  der  Platemys  (Tab.  lU,  Fig.  23)  die  paari- 
gen Stücke  dieses  Körperlhciles  verbältnissmässig  schmäler,  als  bei  den  Erwachse- 
nen, so  dass  das  von  ihnen  zusammengesetzte  Schild  bei  Platemys  nur  einen  breiten 
Ring  darstellte,  bei  der  Emys  aber  und  der  Terrapene  um  die  Mittellinie  herum  noch 
eine  Reihe  zusammenhängender  und  zum  Theil  sehr  ansehnlicher  Lücken  bemerken 
Hess.  Auch  bei  Pentonyx  capcnsis  kamen  in  dem  Bauchschilde  noch  3  in  einer 
Reihe  auf  einander  folgende  verschiedentlich  grosse  Lücken  vor,  doch  gingen  diese 
nicht  mehr  in  einander  über,  sondern  waren  von  einander  völlig  geschieden. 
(Tab.  Vü,  Fig.  2.) 

Aus  den  angegebenen  Bemerkungen  dürfte  sich  über  die  Entwickelung  des 
Bauchschildes  der  Schildkröten  im  Allgemeinen  folgern  lassen: 

1)  dass  wahrscheinlich  für  die  paarigen  Knochenstücke  desselben  die  Grundlage 
früher,  als  für  das  unpaarige  gebildet  wird; 

2)  dass  die  Grundlagen  fiir  die  paarigen  Knochenstücke  in  4  auf  beide  Seiten- 
hälften des  Körpers  vertheilten  Knorpelstreifen  bestehen,  in  deren  jedem  sich  später 
aus  zwei  Knochenpujikten  zwei  von  jenen  Stücken  entwickeln; 

3)  dass  die  Knochenstücke  des  zweiten  und  dritten  Paares,  wie  die  Knorpel- 
streifen, aus  denen  sie  ihre  Entstehung  nehmen,  anfangs  weit  auseinander  liegen,  und 

4)  dass  an  diesen  letztern  Stücken  die  Flügel  früher  entstehen,  als  die  der 
Längenacbse  des  Körpers  parallelen  Fortsätze,  mittelst  deren  sie  nachher  zusammen- 
stossen  und  im  Verein  mit  den  übrigen  paarigen  Stücken  einen  Ring  zusammensetzen. 

Um  den  bedeutend  grossen  und  nur  von  Bindegewebe  ausgefüllten  Zwischen- 
raum, welcher  wohl  bei  allen  Schildkröten  anfänglich  zwischen  den  Knochenstücken 
des  Bauchschildes  in  der  Mitte  vorkommt,  durch  Knochenmasse  mehr  oder  weniger 
auszufüllen,  nehmen  bei  manchen  Schildkröten  einige  von  diesen  Stücken  gegen  den 
bezeichneten  Raum  an  Breite  in  der  Art  zu,  dass  sie,  wie  schon  Cuvier  in  sei- 
nen Rechercbes  (Tom.  IX,  Pag.  403)  bemerkt  hat,  einige  Strahlen  aussenden,  die 
dann  entweder  als  solche  bestehen  bleiben,  wie  namentlich  bei  den  Seeschildkröten, 
oder  hingegen  an  Breite  immer  mehr  zunehmend,  nach  ihrer  ganzen  Länge  zusam- 
menfliessen,  bis  sie  an  je  einem  solchen  Stücke  eine  einzige  Tafel  zusammensetzen. 
]ilehrere  dergleichen  Strahlen  bemerkte    ich    bei    den   Jungen   von    Chelonia   an   den 


nen  Rechercbes  snr  les  ossem.  foss.  (Tab.  240,  F\$.  46),  und  von  einem  erwachsenen  Trionyx  aegj'ptiacus 
Mo  bring  in  seiner  Dissert.  sistens  descriplioneni  Trinnycbos  aegyptiaci  (Berolini  1834),  gegeben.  Von 
noch  andern  Arten  der  Galtung  Trionyx  hat  Geoffroy  St.  Hilaire  das  Bauchscbild  abgebildet  in  den 
Annales  du  Museum,  Vol.  XIV.  und  in  seiner  Philosophie  anatomique. 


126 

Knochenstücken  des  dritten,  bei  der  jungen  Platemys  an  denen  des  zweiten,  bei  dem 
jung-en  Trionyx  ocellatus  an  denen  des  zweiten  und  dritten,  bei  dem  Embryo  von 
Testudo  und  den  Jungen  von  Emys  europaea,  Em.  lutaria  und  Terrapene  tricarinata, 
an  denen  des  zweiten,  dritten  und  vierten  Paares:  auch  waren  sie  bei  den  zuletzt 
genannten  Jungen  an  jedem  jener  Paare  am  zahlreichsten.  Niemals  dagegen  habe 
ich  sie  an  den  Stücken  des  ersten  Paares  und  an  dem  unpaarigen  Stücke  wahrge- 
nommen. 

§.  29.  In  Hinsicht  der  Verknöcherung  verhalten  sich  die  einzelnen  Stücke 
des  Bauchschildes  wahrend  ihres  Wachslhums  ähnlich,  doch  nicht  jedenfalls  ganz  so, 
wie  die  Nackcnplatte.  Die  Verknöcherung  beginnt,  wie  ich  bei  dem  Embryo  von 
Chelonia  bemerkt  habe ,  ungefähr  in  der  Mitte  eines  jeden  Stückes ,  und  zwar ,  wie 
in  den  Ergänzungsplatten  des  Rückenschildes,  im  Innern,  nicht  aber  an  der  Ober- 
fläche des  Knorpels,  aus  dem  es  anfangs  besteht.  Ist  es  dann  von  Kalkerde  schon 
ganz  durchdrungen,  so  enthält  die  Knochenmasse  lauter  Markkanäle,  die  ungefähr 
von  der  Mitte  des  Stückes  divergirend  auslaufen ,  zuweilen  sich  auch  unter  spitzen 
Winkeln  verzweigen,  mit  Knochenmark  angefüllt  sind,  ungefähr  in  2  bis  5  Schich- 
ten über  einander  liegen,  und  je  nach  ihrer  Lage  und  Länge  sich  entweder  an  dem 
Rande  oder  an  der  untern  [der  Hautbedeckung  zugekehrten]  Fläche  des  Stückes 
münden.  Die  Kanäle  der  untersten  oder  der  Hautbedeckung  nächsten  Schichten  sind 
jedenfalls  die  kürzesten,  die  der  obersten  die  längsten.  Noch  später  werden  darauf 
an  derjenigen  Seite  der  einzehien  Stücke,  welche  nach  aussen  gegen  die  Hautbe- 
deckung gekehrt  ist,  in  derselben  Weise,  wie  an  der  Nackenplatte  und  den  Rippen, 
ziemlich  senkrecht  auf  jene  Kanäle  aufsitzende  und  anfänglich  nach  aussen  weit  of- 
fene Markzellen  gebildet,  die  nicht  mit  Kjiochenmark ,  sondern  mit  einem  lockern 
Bindegewebe  ausgefüllt  sind,  und  deren  weitere  Entwickelung  und  Vermehrung  sich 
eben  so  verhält,  wie  an  jenen  Theilen  des  Skeletes.  Ein  ganz  eigenthümlicher  Vor- 
gang aber  Bndet  in  dem  Falle,  dass  einige  Stücke  des  Bauchschildes  mehrere  Strah- 
len ausgesendet  haben,  namentlich  bei  Emys  und  Terrapene,  an  diesen  Strahlen  statt. 
Zwischen  je  zwei  derselben  wird  von  dem  Winkel  aus,  unter  dem  sie  an  ihrer 
Basis  in  einander  übergehen,  eine  aus  Knochensubstanz  bestehende  Platte  gebildet, 
die  zwar  anfangs  nur  überaus  zart  und  nicht  selten  siebartig  durchlöchert  ist,  doch 
gleich  von  ihrem  Entstehen  eine  von  jenen  Strahlen  ausgehende ,  nicht  aber  etwa 
ihnen  nur  aufgelagerte  Masse  darstellt.  Allmählig  werden  diese  Platten  dann  dicker, 
nehmen  auch  weiter  gegen  die  dünnern  Enden  der  Strahlen  an  Ausbreitung  zu,  und 
füllen  die  Zwischenräume  zwischen  denselben  immer  mehr  aus.  Indem  sie  aber  an 
Ausbreitung  zunehmen,  entstehen  auf  ihnen  und  auf  den  Strahlen,  die  durch  sie  ver- 


127 

bunden  werden,  an  der  zur  Hautbedeckuiig  hingekelirten  Seite  Markzellen  derselben 
Art  und  in  derselben  Weise,  wie  sieb  vorher  schon  auf  den  übrigen  Theilcn  des 
Bauchsrhildes  gebildet  hatten.  Noch  gar  keine  Markzellen,  sondern  nur  horizontal 
verlaufende  Markkanäle  fand  ich  in  dem  Bauchschilde  der  Jungen  von  Chelonia  und 
Trionyx,  obgleich  sich  bei  denen  der  letztern  Gattung  dergleichen  Krlochenzellen  schon 
in   Menge    auf  den    Rippen  und  Dornfortsiitzen  gebildet  hatten. 

§.  30.  Die  beschriebnen  Stücke  des  Bauchschildes  fand  ich  bei  allen  noch  in 
der  Entnickelung  begriffenen  Schildkröten  fast  unmittelbar  auf  der  Hautbedeckung 
gelagert,  und  mit  ihr  innigst  durch  eine  mehr  oder  weniger  dicke  Schichte  eines 
sehr  dichten  und  fettlosen  Bindegewebes  verbunden,  die  einen  Abschnitt  des  Unter- 
haut -  Bindegewebes  ausmachte,  von  dem  interstitiellen  Bindegewebe  sich  durch  ihre 
grosse  Dichtigkeit  und  Festigkeit  sehr  unterschied,  und  von  demselben  auch  scharf 
abgegrenzt  war.  (§.  36.)  Bei  einer  nähern  Untersuchung  ergab  sich ,  dass  alle 
Stücke  des  Bauchschildes  in  der  angegebenen  Schichte  selbst  ihre  Entstehung  genom- 
men hatten,  diese  also  für  sie  das  Muttergewebe  darstellte.  Denn  bei  den  Embryo- 
nen von  Testudo  und  Chelonia,  desgleichen  bei  den  Jungen  von  Sphargis  und  Che- 
lonia, erschienen  sie  in  die  Schichte  des  Unterhaut-Bindegewebes  so  versenkt  und  in 
derselben  so  eingeschlossen,  dass  sie  auch  an  ihrer  nach  oben  gekehrten  Seite  von  ei- 
nem Theile  jener  Schichte,  wie  von  einem  ziemlich  dicken  Blatte  bedeckt  waren,  und 
dass  die  Schlüsselbeine  und  diejenigen  Muskeln,  welche  bei  erwachsenen  Schüdkrö- 
ten  an  die  Knochen  des  Bauchschildes  angeheftet  sind,  nur  mit  jenem  festen  Binde- 
gewebe vereinigt,  durch  dasselbe  also  von  dem  Bauchschilde  völlig  geschieden  wa- 
ren. —  Je  mehr  aber  die  Jungen  in  ihrer  Entwickelung  vorgeschritten  waren,  und 
je  mehr  bei  ihnen  die  einzelnen  Knochenstücke  des  Bauchschildes  an  Dicke  zuge- 
nommen hatten,  um  desto  mehr  hatte  sich  der  von  oben  sie  bedeckende  Theil  des 
Unterhaut- Bindegewebes  vermindert,  bis  er  endlich  ganz  verdrängt  und  verschwun- 
den- war,  so  dass  dann  an  der  obern  Seite  jener,  Knochentafeln  auf  die  Beinhaut 
unmittelbar  das  lockere  interstitielle  Bindegewebe  und  die  Muskelsubstanz  folgten. 
Ferner  hatte  das  Bauchscbild  jedenfalls,  wie  wenig  es  auch  entwickelt  sein  mochte, 
im  Verbältniss  zu  der  Längendimension  des  Rumpfes  eine  ähnliche  Lage ,  wie  in 
dem  Zustande  seiner  völligen  Ausbildung,  indem  sein  vordrer  Theil  sich  unter  dem 
Schultergerüste,  sein  hinterer  Theil  sich  unter  dem  Becken  befand.  Gesehen  aber 
auf  sein  Verbältniss  zu  der  Breite  des  Rumpfes,  so  standen  die  Enden  seiner  Flü- 
gel bei  dem  Embryo  von  Chelonia  Midas,  der  am  Rücken  weit  stärker  gewölbt 
war,  als  es  bei  den  Erwachsenen  dieser  Art  der  Fall  ist,  von  dem  Saume  des  Rü- 
ckenschildes, wenngleich  sie  denselben  nicht  erreichten,  doch  lange  nicht  so  weit  ab. 


129 

wie  bei  einem  Jungen  und  den  Erwachsenen  derselben  Art.  Aus  diesem  Umstände 
dürfte  daher  zu  schliessen  sein,  dass  bei  Chelonia  Midas  die  spätere  Abflachung  des 
Rückens  hauptsächlich  darin  ihren  Grund  hat,  dass  nach  der  Enthüllung  des  Embryo's 
die  Rippen  sich  allmählig  gerader  strecken,  in  Folge  davon  aber  die  Seitenränder 
des  Rückens  weiter  aus  einander  weichen.  —  Bei  den  3  Exemplaren  von  Trionyx 
reichten  die  fast  horizontal  liegenden  Flügel  des  Bauchschildes  beinahe,  jedoch  nicht 
völlig,  so  weit  nach  aussen,  als  die  Rippen:  unter  den  übrigen  jungen  Süsswasser- 
Schildkröten  aber,  bei  denen  allen  die  Flügel  mehr  oder  weniger  senkrecht  standen, 
reichten  sie  bei  Emys  lutaria,  Em.  europaea,  Terrapene  tricarinata  und  Pentonyx  ca- 
pensis  —  was  auch  hei  dem  Embryo  von  Testudo  der  Fall  war  —  bis  an  den 
ringförmigen  Saum  der  Rückenhaut  und  die  äussersten  Enden  einiger  Rippen,  indess 
bei  Platemys  die  Enden  der  vordem  Flügel  dicht  vor  den  dünnern  Hälften  des  zwei- 
ten Rippenpaares,  die  Enden  der  hintern  Flügel  dicht  hinter  den  dünnern  Hälften  des 
sechsten  Rippenpaares,  also  überhaupt  die  Enden  der  Flügel  ungewöhnlich  weit  nach 
innen  lagen.    (Tab.  V,  Fig.  4.  e.e. ) 

§.  31.  Was  die  Deutung  des  Bauchschildes  im  Ganzen  und  seinen  einzelnen 
Theilen  anbelangt,  so  sind  die  meisten  Zootomen  der  Meinung  gewesen,  dass  es 
ganz  und  gar  das  Brustbein  höherer  Thierc  vorstellt,  Carus  hingegen  und  Pe- 
ters haben  die  Ansicht  aufgestellt,  dass  es  nur  zum  Theil  dem  Brustbein  höherer 
Thiere  gleichbedeutend  sei,  indem  ein  anderer  Theil  desselben  zum  Hautskelete  ge- 
höre und  aus  Knochenplatten  bestehe,  die  sich  jenem  erstem  anlagern.  Aber  weder 
die  eine,  noch  die  andre  Ansicht  hat  sich  mir  als  haltbar  erwiesen.  Was  die  letz- 
tere anlangt,  so  habe  ich  bei  Embryonen  und  Jungen  von  Schildkröten  eben  so  we- 
nig, wie  auf  den  Rippen,  besondere  Knochenplatten  unter  einem  etwa  früher  entstan- 
denen Theile  des  Bauchschildes  auffinden  können,  die  denselben  gedeckt  hätten  und 
damit  allmählig  verwachsen  wären.  Das  Bauchschild  der  Chelonier,  dessen  einzelne 
Stücke  neben  einander  in  einer  und  derselben  Ebne  entstehen,  würde  also  danach 
entweder  nur  für  gleichbedeutend  dem  Brustbein  andrer  Thiere,  mithin  nur  allein 
für  einen  Theil  des  Nervenskeletes ,  oder  hingegen  nur  für  einen  Theil  des  Haut- 
skeletes  auszugeben  sein.  Meines  Erachtens  nun  aber  lässt  sich  dasselbe  wegen 
mehrerer  Verhältnisse,  die  ihm  eigen  sind,  auch  nicht  im  Ganzen  für  gleichbedeu- 
tend mit  dem  Brustbein  andrer  Wirbelthiere ,  wie  überhaupt  nicht  für  einen  Theil 
des  Nervenskeletes,  sondern  nur  allein  für  einen  Theil  des  Hautskeletes  halten ,  und 
zwar  aus  folgenden  Gründen: 

1)  Nach  den  Untersuchungen,  die  ich  über  die  Enlwickelung  des  Brustbeins  bei 
Säugethieren ,   Vögeln  und  Batrachiern  angestellt  habe,    kann   sich  dasselbe  auf  eine 


129 

zwiefache  Weise  bilden.  Bei  den  Säiigretliieren  und  Vögeln  tritt  es  unter  der  Form 
zweier  sehr  schmaler,  auf  beide  Seitenhälften  vertheilter  und  schon  frühe  aus  Knor- 
pelgewebe bestehender  Längsstreifen  auf,  von  denen  ein  jeder  die  untern  und  mit 
ihm  verschmolzenen  Enden  mehrer  Rippen  seiner  Seitenhälfte ,  wann  sich  diese  erst 
durch  einen  kleinen  Theil  der  Seitenwände  des  Rumpfes  erstrecken,  unter  einander 
verbindet,  und  die  beide  daher  anfänglich  weit  auseinander  liegen.  AUmählig  aber 
werden  beide  Streifen ,  während  die  Rippen  sich  verlängern  und  mit  ihren  untern 
Enden  einander  paarweise  näher  kommen ,  durch  dieselben  gleichsam  einander  ent- 
gegen geschoben,  bis  sie  ihrer  ganzen  Länge  nach  einander  berühren,  worauf  sie 
dann  zu  einem  Ganzen  verschmelzen,  das  sich  als  das  Brustbein  kund  giebt.  Was 
hingegen  die  Batrachier  anbelangt,  so  kommen  selbst  bei  denjenigen,  welche  Rippen 
besitzen,  zu  keiner  Zeit  zwei  Knorpelstreifen  vor,  welche  die  Rippen  unter  einan- 
der verbinden  und  mit  einander  selbst  zu  einem  Brustbein  zusammenwachsen  könn- 
ten ,  sondern  es  entsteht  bei  einigen  von  diesen  Amphibien ,  um  das  Brustbein  der 
höhern  Wirbellhiere  zu  ersetzen,  eine  einzige  Knorpelplatte,  bei  andern  eine  Reihe 
von  2  bis  3  solcher  Platten  ganz  unabhängig  von  den  seitlichen  Ausstrahlungen  der 
Wirbelsäule  zwischen  den  Muskeln,  welche  die  Bauchwandung  zusammensetzen  hel- 
fen, und  zwar  zunächst  in  der  Mittellinie  dieser  Wandung.  Auf  den  ersten  Anblick 
scheint  nun  das  Bauchschild  der  Chelonier  sich  in  seiner  Entwickelung  eincstheils, 
wie  das  Brustbein  der  höhern  Wirbelthiere,  anderntheils  aber  wie  das  Brusthein  der 
Batrachier  zu  verhalten.  Denn  nach  den  Verhältnissen  zu  urtheilen,  unter  denen 
ich  dasselbe  bei  verschiedenen  noch  in  der  Entwickelung  begriffenen  Schildkröten 
angetroffen  habe,  besteht  es  ursprünglich  zum  grössern  Theile,  wie  das  Brustbein 
der  höhern  Wirbelthiere,  aus  einigen  knorpligen  Längsstreifen,  die  auf  beide  Seiten- 
hälften vertheilt  sind,  zum  kleinern  Theile,  wie  das  Brustbein  mehrerer  Kröten,  aus 
einer  einfachen ,  in  der  Mittellinie  der  Bauchwand  gelegnen  Platte :  diese  verschied- 
nen  Theile  aber  schliessen  sich  mit  der  Zeit  an  einander  an  und  setzen  zuletzt  bei 
vielen  Schildkröten,  nachdem  sich  die  in  ihnen  entstandnen  Knochenstücke  bedeutend 
vergrössert  haben,  nur  eine  einzige  Tafel  zusammen. 

Allein  bei  näherer  Ansicht  ergiebt  es  sich ,  dass  diese  verschiednen  Theile  des 
Bauchschildes  der  Schildkröten  weder  dem  Brustbein  der  höbern  Wirbelthiere,  noch 
auch  dem  Brustbein  der  Batrachier  für  gleichbedeutend  gehalten  werden  können.  Die 
Seitentheile  nämlich ,  oder  die  Längsstreifen ,  hängen  so  wenig  bei  den  altern  Em- 
hr^onen  und  den  Jungen,  wie  bei  den  Erwachsenen,  unmittelbar  mit  den  Rippen  zu- 
sammen, sondern  stehen  vielmehr  bei  manchen,  besonders  aber  bei  den  Jungen  von 
Sphargis ,    allenthalben  weit  von    denselben  ab ,    indess   bei   andern   die    sogenannten 

17 


130 

Flügel,  mit  denen  sie  den  Rippen  sich  am  meisten  nähern,  offenbar  das  Aussehen 
von  Fortsätzen  darbieten,  die  sie  gegen  die  Rippen  ausgesendet  haben.  Es  unter- 
liegt daher  wohl  keinem  Zweifel,  dass  diese  Theile  fern  und  unabhängig  von  den 
Rippen  ihren  Ursprung  nehmen,  also  in  Hinsicht  ihrer  Entstehungsvveise  sich  ganz 
anders  verhalten,  als  das  Brustbein  der  höheru  Wirbelthiere.  Ferner  bilden  sich  bei 
den  Schildkröten  nach  den  Wahrnehmungen,  die  ich  an  Sphargis  und  Chelonia  ge- 
macht habe,  zwei  Paar  solcher  Längsstreifen,  die  eine  längere  Zeit  hindurch  [bei 
Sphargis  vielleicht  für  immer]  ziemlich  weit  von  einander  abstehen,  und  von  denen 
das  eine  vor,  das  andere  hinter  dem  Nabel  seine  Lage  hat,  so  dass  demnach  das 
Bauchschild  dieser  Thiere  nicht  etwa  von  vorne  her  sich  immer  weiter  nach  hinten 
ausdehnt,  sondern  aus  Thcilen  zusammenwächst,  von  denen  einige  gleich  ursprüng- 
lich der  hintern  Hälfte  der  Bauchwand  angehören.  Dagegen  besieht  bei  den  höhern 
Wirbelthieren,  namentlich  bei  den  Säugethieren  und  Vögeln,  die  Grundlage  des  Brust- 
beins nur  aus  einem  einzigen  Paar  von  Längsstreifen,  und  dieses  hat  seine  Lage 
gänzlich  vor  dem  Nabel.  Noch  mehr  aber  spricht  gegen  eine  Verwandtschaft  zwi- 
schen den  streifenförmigen  Grundlagen  des  Bauchschildes  der  Chelonier  und  denen  des 
Brustbeins  höherer  Wirbelthiere  das  Verhältniss,  in  welchem  die  beiden  vordem  zu 
den  Musculi  pectorales  majores  stehen.  Bei  den  Vögeln  nämlich  und  den  Säuge- 
thieren sind  diese  Muskeln,  die  ungefähr  gleichzeitig  mit  den  beiden  Längsstreifen,  wel- 
che die  Grundlage  des  Brustbeins  bezeichnen,  entstehen,  mit  ihrem  einen  Ende  an  die 
äussere  Seite  jener  Streifen  angeheftet,  liegen  also  mit  einem  ihrer  Theile  unter  den- 
selben, stehen  auch  anfangs,  wie  jene  Streifen  selbst,  weit  von  einander  ab,  und 
kommen  in  Gemeinschaft  mit  ihnen  darauf  einander  immer  näher.  Dagegen  liegen 
diese  Muskeln  bei  den  Schildkröten  immer  über  den  in  Rede  stehenden  Streifen,  na- 
mentlich über  dem  vordem  Paare  derselben,  und  zeigen  also  zu  ihnen  ein  umgekehr- 
tes Lagerungsvcrhältniss ,  als  bei  den  höhern  Wirbelthieren.  Auch  sind  sie,  wenig- 
stens bei  den  Seeschildkröten  und  in  der  Gattung  Trionyx,  nicht  mit  ihrem  einen 
Ende  an  jene  Streifen  angeheftet,  sondern  greifen  gegen  die  MittelHnie  des  Körpers, 
je  nach  den  verschiednen  Arten  dieser  Thiere  und  dem  verschiedenen  Lebensalter 
derselben,  über  jene  Streifen  mehr  oder  weniger  weit  hinaus,  und  es  ist  demnach 
bei  den  Schildkröten  im  Allgemeinen  die  Beziehung  der  grossen  Brustmuskeln  auf 
das  Bauchschild  nicht  eine  so  innige  und  so  nothwendige,  wie  bei  den  höhern  Wir- 
belthieren ihre  Beziehung  auf  das  Brustbein.  Wie  nun  aber  aus  den  Gründen,  die 
ich  so  eben  angeführt  habe,  die  ursprünglich  streifenförmigen  Seitentheile  des  Bauch- 
schildes der  Chelonier  nicht  für  gleichbedeutend  mit  denjenigen  Skeletstücken  gehal- 
ten werden  können,    aus  denen  das  Brustbein  zusammenwächst,    eben  so  wenig  hat 


131 

das  unpaarige  Stück  des  Bauclischildes  der  Chelonier  die  Bedeutung  des  Brustbeins 
der  Batracliier.  Denn  dieses  bildet  sich  inmitten  verscliiedner  Muskeln  und  behält 
auch  immer  seine  Lage  zwischen  ihnen  bei :  jenes  dagegen  entsteht  geschieden  von 
den  Muskeln  der  Nachbarschaft,  und  wenn  es  später  mit  einigen  von  ihnen  in  Ver- 
bindung kommt,  so  hat  es  seine  Lage  nicht  zwischen,  sondern  unter  denselben.  Ue- 
berhaupt  aber  bildet  sich  das  Bauchschild  der  Chelonier  isolirt  und  unabhängig  von 
allen  Muskeln,  wie  von  den  Rippen  und  andern  Theilen  des  Nervenskelelcs. 

2)  Es  entsteht  das  Bauchschild ,  wie  bereits  ausführlich  angegeben  worden ,  in 
dem  Unterhaut-Bindegewebe  und  ist  in  ihm  anränglich  völlig  verborgen.  Denn  nach 
Beobachtungen,  die  an  einer  Testudo  und  an  Seeschildkröten  gemacht  wurden,  liegt 
es  ursprünglich  und  eine  längere  Zeit  hindurch  in  der  Masse  der  dicken  und  festen 
Schichte,  die  am  Rumpfe  von  dem  Unterhaut-Bindegewebe  zusammengesetzt  wird,  so 
eingeschlossen ,  dass  es  an  seiner  obern ,  wie  an  seiner  untern  Seite  und  an  seinen 
Rändern,  allenthalben  von  einem  Theile  dieses  Gewebes  verdeckt  wird.  Es  nimmt 
also  das  Bauchschild  seine  Entstehung  in  einem  gleichen  Boden,  als  worin  sich  bei 
den  Schildkröten  die  Ergänzungsplatten  des  Rückenschildes,  und  bei  manchen  andern 
Wirbelthieren,  Mie  namentlich  bei  den  Krokodilen,  Stören  und  Syngnathen  die  Kno- 
chenschilder ihres  Panzers  bilden  ^) ,  indess  die  Wirbelbeine  und  die  Rippen  von 
der  Oberfläche  des  Leibes  weiter  entfernt  in  einem  andern  Boden  entstehen.  Aus 
diesem  genetischen  Verhältniss  aber  geht  klar  hervor,  was  für  eine  Bedeutung  dem 
Bauchschilde  beizulegen  ist.  Ihm  zufolge  lässt  sich  dieses,  wie  die  Ergänzungsplat- 
ten des  Rückenschildes,    nur  lediglich  für  einen  Theil  des  Hautskeletes  ausgeben  ^). 

G.  Gewebe  der  Knochen  des  Rumpfes,  wo  sie  mit  dem  Unterhaut- 
Bindegewebe  in  Berührung  gekommen  sind,  und  gegensei- 
tige  Durchdringung    dieser   beiden    Gewebe. 

§.  32.  Eine  sehr  auffallende  und  merkwürdige  Erscheinung  ist  es  bei  den 
Schildkröten,  dass  bei  ihnen  alle  diejenigen  Skeletstücke  des  Rumpfes,  welche  mit 
der  am  Rumpfe  weit  mehr,  als  an  dem  übrigen  Körper,  verdickten  Schichte  des 
Unterhaut-Bindegewebes  in  Berührung  gerathen,  in  histologischer  Hinsicht  einen  ganz 


^)  Dass  die  Kaucbenschilder  bei  den  geDaDDten  Thieren  ebenfaUs  in  dem  Unterhaut- Bindegewebe  ent- 
stehen, kann  icb  auch  nach  eigenen  Erfahrungen  angeben. 

*)  Nach  dem  Obigen  muss  ich  dafür  haUen ,  dass  besonders  die  Vergleichung ,  die  Geoffroy  dei- 
Aellere,  in  seiner  Philosophie  anatomique  (Tom.  I,  Pag.  106),  zwischen  den  einzelnen  Stücken  des  Bauch- 
schildes  der  Schildkrölen  und  den  Knochenstücken,  aus  welchen  das  Brusthein  der  Vögel  znsamniennächst» 
angestellt  hat,  der  Natur  zuwider  und  ganz  verfehlt  ist. 

17* 


132 

andern  Entwickelungsgang  nehmen,  als  die  übrigen  Tlieile  des  Skeletes.  Wie  jene, 
entwickeln  sich  die  meisten  von  ihnen  zwar  anfangs,  doch  nur  einige  Zeit  hindurch, 
in  der  Art,  dass  der  Knorpel,  der  ihnen  als  Grundlage  dient,  so  sich  umwandelt, 
dass  er  unter  Aufnahme  von  Kalkerden  Höhlenräume  erhält,  die  mit  Knochenmark, 
einer  hauptsächlich  aus  fetthaltigen  Zellen  zusammengesetzten  Masse,  ausgefüllt  wer- 
den. Es  gilt  dies  namentlich  von  den  Rippen  der  acht  mittlem  Paare,  den  Dorn- 
fortsätzen des  zweiten  bis  achten  Rückenwirbels,  der  Nackenplatte  und  den  ver- 
schiednen  Stücken  des  Bauchsehildes.  Unentschieden  habe  ich  es  lassen  müssen,  ob 
auch  in  den  Knorpelstücken,  welche  für  die  übrigen  Ergänzungsplatten  des  Rücken- 
schildes die  Kerne  ausmachen,  jemals  dergleichen  mit  Knochenmark  erfüllte  Räume 
entstehen.  Wie  es  sich  aber  auch  mit  letztern  verhalten  mag,  jedenfalls  wird  auf 
ihnen  und  jenen  erstgenannten  für  das  Rücken-  und  Bauchschild  bestimmten  Theilen 
an  derjenigen  Seite,  oder  überhaupt  da,  wo  sie  mit  dem  dichten  Unterhaut- Binde- 
gewebe des  Rumpfes  in  Berührung  stehen,  früher  oder  später  ein  sehr  schwammiges 
Knochengewebe  gebildet,  das  in  seinen  Höhlenräumen  nicht  gewöhnliches  Knochen- 
mark, sondern  ein  lockeres,  von  zarten  Blutgefiissen  durchzogenes  und  ganz  fettlo- 
ses Bindegewebe  einschliesst.  Nur  an  derjenigen  Hälfte  der  Rippenkörper  der  See- 
schildkröten, welche  im  Verhältniss  zu  der  andern  Hälfte  für  immer  schmal  und 
dünne  bleibt,  bildet  sich  ein  solches  Knochengewebe  nicht  aus,  obgleich  ihr  eben- 
falls das  Unterhaut  -  Bindegewebe  dicht  aufliegt. 

Die  Höhlenräume  dieser  letztern  Art  des  Knochengewebes,  das  bei  den  Schild- 
kröten an  keinen  andern  Theilen  des  Skelets  weiter  vorkommt,  als  an  den  eben  an- 
gegebenen des  Rumpfes,  haben  meistens  eine  unregelmässig  rundliche  oder  eine  et- 
was längliche  Form,  seltner  die  einer  ziemlich  langen  Röhre.  Die  lang  ausgezog- 
nen oder  röhrenförmigen  kommen  nur  an  den  Rippen  vor,  gehen  der  Achse  der- 
selben fast  parallel ,  dienen  andern ,  die  nicht  so  lang  werden,  als  Unterlage,  und 
werden  späterhin  durch  unvollständige,  in  ihnen  entstehende  Scheidewände  vielfach 
getheilt.  Von  denjenigen  aber,  welche  nicht  die  Form  langer  Röhren  erreichen, 
setzen  auf  jedem  der  oben  bezeichneten  Knochen  des  Rumpfes  die  zuerst  entstehen- 
den eine  einfache  Schichte  zusammen,  an  die  sich  dann  seitlich  neue  anreihen,  er- 
langen meistens  eine  unregelmässige  Becherform,  sind  mit  ihrem  längsten  Durchmes- 
ser entweder  senkrecht  oder  schräge  auf  die  Fläche,  die  sie  bedecken,  aufgesetzt, 
und  stehen  gegen  die  Hautbedeckung  einige  Zeit  weit  offen.  Die  mittlem  in  je  ei- 
ner Schichte  stehen  auf  ihrer  Unterlage  gewöhnlich  senkrecht,  die  übrigen  aber  um 
so  schräger,  je  näher  sie  sich  den  Rändern  der  Schichte  befinden.  Allmählig  wird 
darauf  die  weite  Wandung  dieser  einzelnen  Knochenzellen  durch    eine    ebenfalls   aus 


133 

Knochensubstanz  bestehende  Decke  unvollständig  geschlossen,  so  nämlich,  dass  in  der 
Decke  noch  eine  mehr  oder  weniger  grosse  Oelt'nung  verbleibt.  Auch  wird  diese 
Decke  immer  dicker,  und  es  entsteht  darauf  in  ihr,  indem  ihre  Knochenmasse  theil- 
weise  aus  einander  weicht,  eine  Höhle  oder  eine  kleine  Zahl  von  Höhlen,  die  mit 
der  Höhle  der  Knochenzelle  selbst  communiciren  und  durch  Erweiterung  immer  grö's- 
ser  werden.  Derselbe  Vorgang  findet  wahrscheinlich  auch  in  der  Wandung  statt, 
welche  zwei  neben  einander  liegenden  Knochenzellen  gemeinsam  ist,  und  wiederholt 
sich  in  ihr,  wie  in  der  Decke,  mehrmals.  —  Jedenfalls  nimmt  mit  der  fortschreiten- 
den Entwickelung  des  Rücken-  und  Hauchschildes  die  Zahl  dieser  an  ihnen  befind- 
lichen, mit  Bindegewebe  ausgerilUten  Knochenzellen  in  die  Breite,  wie  in  die  Höhe, 
sehr  bedeutend  zu,  am  meisten  aber,  zumal  der  Höhe  nach,  bei  den  Seeschildkröten. 
Dabei  bleiben  an  jedem  Knocbenstücke,  an  welchem  sie  vorkommen,  die  oberfläch- 
lichsten fast  sämmtlich  gegen  die  Hautbedeckung  offen,  und  lassen  eine  um  so  schrä- 
gere Stellung  erkennen,  je  näher  sie  den  Rändern  des  Knochenstücks  liegen,  wel- 
chem sie  angehören,  so  dass  sie,  je  nach  der  Form  dieser  Knochenstücke,  entweder 
von  einem  gemeinschaftlichen  Mittelpunkte,  oder  einer  gemeinschaftlichen  Mittellinie  di- 
vergirend  auslaufen.  —  Die  Wandungen  der  ersten,  oder  der  in  einer  einfachen  Schichte 
ausgebreiteten  Knochenzellen  dieser  Art  sind  anfangs  im  Verhältniss  zu  den  Höhlen, 
die  sie  umschliessen ,  nur  dünn.  Am  zartesten  fand  ich  sie  bei  den  Jungen  von 
Emys  europaea  und  Terrapene  Iricarinata,  am  wenigsten  zart  schon  gleich  anfangs 
bei  Trionyx  ocellatus.  Mit  der  Zeit  aber  nehmen  sie  an  Dicke  mehr  oder  weniger 
zu:  auch  zeigen  die  Wandungen  der  später  entstandnen  und  zusammengehäuften 
Zellen,  je  nach  dem  Alter  und  den  Arten  der  Schildkröten,  eine  absolut  und  relativ 
gar  sehr  verschiedne  Dicke.  W.ohl  jedenfalls  jedoch  dürften,  den  bis  jetzt  gemach- 
ten Wahrnehmungen  zufolge,  in  dem  mittlem  Jugendaller  der  Schildkröten  die  ober- 
flächlichsten Knocbenzellen  der  Art,  sei  es  nun  in  einer  oder  in  mebrern  Schichten, 
viel  kleiner  als  die  tiefer  gelegenen  sein,  und  im  Verhältniss  zu  ihrer  Höhle  viel 
dickere  Wandungen,  als  diese  tiefern,  besitzen,  so  dass  sie  gleichsam  eine  Rinde  zu- 
sammensetzen, die  sich  vor  der  unter  ihnen  gelegenen  Knochenmasse  durch  eine 
grössere  Dichtigkeit  und  Festigkeit  mehr  oder  weniger  auszeichnet.  In  dem  spätem 
Lebensalter  wird  dann  bei  manchen  Schildkröten,  wie  z.  B.  bei  denen  aus  den  Gat- 
tungen Emys  und  Chelonia,  in  der  Masse  der  KnochenzeUen ,  welche  mit  dem  Bin- 
degewebe ausgefüllt  sind,  eine  solche  Verschiedenheit  noch  immer  aufl'allender,  indem 
die  oberflächlichen  Knochenzellen  je  später,  desto  dickere  Wandungen  und  desto  klei- 
nere Höhlen  besitzen,  indess  an  den  tiefern  und  grössern  nicht  ein  Gleiches  bemerkt 
werden  kann.     Dagegen  nehmen  bei  andern  Schildkröten,  wie  namentlich   bei    denen 


134 

aus  der  Gattung  Testudo,  die  Wandungen  besonders  der  tiefern  mit  Bindegewebe 
erRiliten  Knochenzellen  an  Dicke  so  sehr  zu,  dass  die  Höhlen  derselben  zuletzt  nur 
kaum  noch  erkannt  werden  können,  oder  sogar  wohl  völlig  verschwinden.  So  habe 
ich  ein  Exemplar  von  Testudo  elephantina  [Dumeril  et  Bibron]  vor  mir,  des- 
sen Bauchschild,  Rippen,  Dornfortsätze  und  Ergänzungsplatten  des  Rückenschildes 
fast  gar  nicht  mehr  porös,  und  fast  so  dicht  und  noch  weit  schwerer,  als  Elfenbein, 
sind. 

Bis  zu  der  Zeit  hin,  da  sich  auf  den  Körpern  der  längern  Rippen,  den  Dorn- 
fortsätzen des  zweiten  bis  achten  Rumpfwirbels,  der  Nackenplatte  und  den  verschied- 
nen  Stücken  des  Bauchschildes  die  beschriebenen,  mit  Bindegewebe  erfüllten  Knochen- 
zellen bilden  wollen,  sind  diese  Theile  des  Skeletes  auch  an  ihrer  dem  Unterhaut- 
Bindegewebe  zugekehrten  Seite,  mit  einem  fibrösen  Gewebe,  namentlich  mit  einer 
Beinhaut,  bekleidet.  Dann  aber  geht  an  der  erwähnten  Seite  die  Beinhaut  durch 
Resorption  langsam  verloren,  so  dass  diese  Seite  jetzt  in  eine  unmittelbare  Berüh- 
rung mit  dem  Unterhaut  -  Bindegew  ehe  gelangt.  Insbesondere  erfolgt  an  den  Rippen 
insofern  die  Resorption  nur  sehr  langsam,  als  sie  an  ihnen  sehr  allmählig  von  dem 
obern,  an  den  Rippenhals  angrenzenden  Ende  der  Rippenkörper  gegen  das  andre 
Ende  vorschreitet.  Doch  ist  sie  auch  an  ihnen  in  der  Regel  so  vollständig,  dass 
sie  mit  der  Zeit  sich  über  die  ganze  Länge  der  Rippeukörper  erstreckt.  Nur  bei 
den  Seeschildkröten  findet,  so  weit  meine  Erfahrungen  darüber  reichen,  eine  Aus- 
nahme davon  statt,  indem  bei  ihnen  die  längern  Rippenkörper  an  derjenigen  Hälfte, 
welche  für  immer  nur  schmal  bleibt,  auch  auf  der  obern  Seite  die  Beinhaut  behal- 
ten 1).  Wann  und  wo  aber  an  den  bezeichneten  Knochenstücken  die  Beinhaut  auf- 
gelöst worden  ist,  geht  sogleich  auf  ihnen  die  Bildung  einer  Kruste  von  Knochen- 
zellen vor  sich,  die  im  Allgemeinen  einige  Zeit  hindurch  in  ihrer  Lagerung,  wie 
in  ihrer  Form,  eine  entfernte  Aehnlichkeit  mit  den  Gehäusen  mancher  Arten  von 
Eschara  hahen.  Gleichzeitig  auch,  wie  diese  Knochenzellen,  von  denen  die  der  er- 
sten Schichte  anfänglich  weit  ollen  stehen,  sich  bilden,  sendet  das  sie  berührende 
Unterhaut  -  Bindegewebe  in  jede  von  ihnen  einen  Fortsatz  hinein,  durch  den  dann 
ihre  Höhle  gleich  von  Anfang  an  ganz  ausgefüllt  wird.  Nachher,  wann  die  Zahl 
dieser  Zellenräume  immer  mehr  zunimmt,  wobei  sie  sich  auch  über  einander  häufen, 
wuchert  das   in   sie   hineingedrungene   Bindegewebe   weiter    fort,    nimmt    aber    dabei 


1)  Die  öligen  Angaben  über  das  Verschwinden  eines  Theiles  der  Beinbant  mehrerer  Skeletstücke  be- 
ruhen auf  Untersuchungen  an  jungen  und  an  erwaclisenen  Schildkröten.  Die  erwachsenen  Exemplare  gehör- 
ten zu  den  Arten:  Chelonia  imbricata,  Trionyx  ferox,  Emys  europaea,  Emys  punctularia,  Terrapene  trica- 
rinata  und  Testudo  graeca. 


135 

schon  frühe  eine  sehr  lockere  Beschalfenheit  an,  und  unterscheidet  sich  dadurch  sehr 
auirallenJ  von  der  Schichte  des  an  dem  Rumpfe  vorhandnen  ünterhaut  -  Bindegewe- 
bes, von  dem  es  ausgesendet  wurde.  Dagegen  nimmt  diese  Schichte  selbst  an  Dicke 
immer  mehr  ab,  so  dass  sie  mit  der  Zeit  auf  den  Knocheu  des  Rücken-  und  Bauch- 
schildes ganz  unkenntlich  wird,  und  dass  in  Folge  davon  bei  erwachsenen,  wie 
auch  bereits  bei  halberwachsenen  Schildkröten  die  Hautbedeckimg  selber  jenen  Kno- 
chen dicht  angeschlossen  zu  sein  und  mit  ihnen  unmittelbar  zusammenzuhängen  scheint. 
Der  Zusammenhang  übrigens,  der  so  zwischen  der  Hautbedeckung  und  den  genann- 
ten Knochen  entstanden  ist,  zeigt  sich  als  ein  höchst  inniger  und  sehr  fester,  und 
beruht  grösstenlheils  darauf,  dass  das  mit  der  Hautbedeckung  fest  verschmolzene 
Unterhaut  -  Bindegewebe  in  jene  Kuochen  durch  alle  kleine  Oeffnungen,  welche  sich 
an  deren  Oberfläche  befinden,  Forlsätze,  wie  eben  so  viele  zarte  Wurzeln,  tief  hin- 
eingesenkt hat. 

H.     Gliedmaassen. 

§.  33.  Die  in  den  Beinen  enthaltnen  Stücke  des  Skeletes  fand  ich  nicht 
blos  bei  den  Jungen ,  sondern  auch  bei  den  reifern  Embryonen  der  Schildkröten 
schon  ähnlich  gestaltet,  wie  bei  den  Erwachsenen  derselben  Arten.  In  Betreff  des 
Gewebes  aber  bestand  bei  jenen  Embryonen  und  der  jungen  ,Sphargis  ein  jedes  sol- 
ches Stück  zum  grössern  Theile  noch  aus  Knorpel,  zum  kleinern  erst  aus  Knochen- 
masse, und  diese  beiden  Theile  hatten  zu  einander  ein  solches  Lagerungsverhältniss, 
dass  der  letztere  den  erstem  wie  eine  Scheide  einschloss.  Jedoch  reichte  an  den 
längern  und  mehr  oder  weniger  cylindrischen  Stücken  die  Scheide,  die  aus  der 
Knochensubstanz  gebildet  war  und  im  Verhältniss  zu  der  eingeschlossenen  Knorpel- 
säule eine  nur  geringe  Dicke  hatte,  lange  nicht  bis  an  die  Enden  dieser  Säule  hin, 
so .  dass  demnach  die  Enden  eines  jeden  solchen  Skeletstückes  in  zwei  verhältniss- 
mässig  ziemlich  grossen  Strecken  nur  allein  aus  Knorpel  bestanden.  In  den  Kno- 
chenscheiden befanden  sich  sehr  zarte,  parallele  und  ziemlich  nahe  bei  einander  lie- 
gende Markkanäle,  die  nach  der  Länge  derselben  verliefen,  gegen  ihre  Enden  zu 
gespitzt  ausgingen,  und  an  diesen  immer  geschlossen  waren. 

Nach  Untersuchungen  an  jungen  Schildkröten,  die  sich  schon  weiter  entwickelt 
hatten,  wird  an  den  cylindrischen,  oder  überhaupt  den  langgestreckten  Skeletstücken 
der  Beine  die  entstandne  Knochenscheide  auf  Kosten  des  Knorpels  theils  immer  dicker, 
theils  auch  länger.  Eiuestheils  also  schreitet  an  ihnen  die  Verknöcherung  von  der 
Oberfläche  immer  weiter  gegen  die  Achse,  anderntheils  immer  weiter  gegen  die  En- 


136 

den  vor.     Dabei  finden  dann  einige  Veränderungen  statt,  die  noch  besonders  beach- 
tet zu  werden  verdienen. 

1)  Die  von  der  Knochenscheide  eingeschlossene  Knorpelsäule  wird  ungefähr  in 
der  Mitte  ihrer  Länge  ganz  undurchsichtig  und  sehr  gefiissreich,  nimmt  dort  eine 
röthlich-gelbe  Farbe  an,  und  wandelt  sich  in  Knochenmark  um.  Die  Grundsubstanz 
des  Knorpels  wird  dabei  völlig  aufgelöst,  die  Knorpelzellen  aber  werden  unter  ra- 
scher Vermehrung  zu  Zellen  des  Knochenmarkes.  Anfangs  ist  diese  Veränderung 
nur  auf  eine  kleine  Stelle  beschränkt,  allmählig  aber  schreitet  sie  immer  weiter  ge- 
gen die  Enden  vor. 

2)  Während  dies  geschieht,  wird  in  einer  massig  grossen  Entfernung  von  je- 
dem Ende  der  längern  Skeletstücke  (selbst  der  Phalangen)  da,  wo  sich  das  Ende 
ihrer  Knochenscheide  befindet,  aber  innerhalb  dieser  Scheide  selbst,  in  der  meistens 
schon  unterbrochnen  Knorpelsäule  Knochenerde  so  abgelagert,  dass  die  Knochenscheide 
an  jedem  Ende  gleichsam  durch  einen  ebenfalls  aus  Knochensubstanz  bestehenden  und 
mit  ihr  verschmolzenen  Pfropfen  verschlossen  wird.  Anränglich  hat  ein  solcher 
Pfropfen  eine  nur  geringe  Dicke,  so  dass  er  dann  nur  eine  massig  dicke  Scheide 
darstellt.  Immer  mehr  aber  nimmt  er  auf  Kosten  des  Knorpels  zu,  und  zwar  zu- 
nächst am  meisten  gegen  das  ihm  nähere  Ende  des  Skelctstückes  hin,  bis  er  der  Ge- 
lenkfläche desselben,  an  der  sich  für  immer  der  Knorpel  erhält,  sehr  nahe  gekommen 
ist.  Gleichzeitig  wächst  auch  die  Knochenscheide  in  gleichem  Grade  immer  weiter 
gegen  das  Gelenkende  hin,  so  dass  deshalb  der  angegebne  Pfropfen,  ungeachtet  sei- 
nes Wachsthums ,  niemals  erheblich  über  die  Knochenscheide  vorspringen  kann.  Ist 
er,  entsprechend  der  ihm  nahen  Gelenkfläche,  an  seinem  zu  dieser  Fläche  hin  ge- 
kehrten Ende  convex,  so  springt  er  nur  mit  der  Mitte,  niemals  aber  mit  dem  Rande, 
über  die  Scheide  etwas  hervor.  Später  nimmt  der  Pfropfen  stärker  gegen  die  Mitte 
der  Länge  seines  Skelctstückes  an  Wachsthum  zu,  und  es  wird  dabei  sein  inneres 
Ende  immer  unebener,  indess  sein  äusseres  für  immer  eine  ebne  Fläche  behält. 

3)  Während  in  den  cylindrischen  Skeletstücken  der  Beine  die  beschriebnen 
Pfropfen  an  Länge  zunehmen,  werden  in  einem  jeden  solchen  Stücke  die  zwischen 
seinen  beiden  Pfropfen  noch  vorhandnen  Hälften  der  Knorpelsäule  immer  mehr  in 
Knochenmark  umgewandelt,  bis  zuletzt  die  von  der  Knochensubstanz  umschlossene 
Höhle  nur  allein  von  solchem  Marke  und  dessen  Gefässen  ausgefüllt  ist   '). 

§.  34.  Das  Schultergerüste  besteht  bei  den  erwachsenen  Schildkröten 
aus  2  Knochen,    von    denen   der   eine   unter   einem   stumpfen    oder   beinahe   rechten 


•)     Im  AUgemeinen  auf  dieselbe  Weise  eulwickeln  sich  auch  bei  andern  Amphibien  und  bei   den  Vögeln 
die  Röhrenknochen  der  Gliedraaassen. 


137 

Winkel  zusammenorpbogen ,  an  diesem  Winkel  zur  Aufnahme  des  Kopfes  des  Obcr- 
armknooheiis  mit  einer  Gelenkgrube  versehen,  und  so  f!;elan:ert  isl,  dass  der  eine 
Schenkel  fast  senki-echt  steht,  der  andre  aber  fast  horizontal  auf  dem  vordem  Theilc 
des  Bauchsehildes  ruht.  Der  andre  Knochen  geht  von  der  angegebnen  Gelenkgrube 
des  erstem,  an  deren  Zusammensetzung  er  einen  Antheil  hat,  über  dem  Bauchschilde 
nach  hinten  und  gegen  die  Mittelebne  des  Leibes,  liegt  hinter  dem  horizontalen  oder 
untern  Schenkel  des  erstem ,  und  bildet  mit  ihm  einen  spitzen  Winkel.  Den  senk- 
rechten Schenkel  des  zuerst  erwähnten  Knochens  hat  Cuvier  iür  den  Körper,  den 
zweiten  Knochen  fiir  den  Processus  coracoideus  des  Schulterblattes,  also  für  den  ent- 
sprechenden Theil  des  Hakenschliisselbeines  der  Vögel  ausgegeben,  in  welche  Deu- 
tung wohl  nicht  leicht  Jemand  jetzt  noch  einen  Zweifel  setzen  wird.  Was  aber 
den  horizontalen  Schenkel  des  erstem  Knochenstückes  anbelangt,  so  hat  sich  Cuvier 
in  seinen  Recherches  sur  les  ossemens  fossiles  dahin  erklärt,  dass  derselbe  die  Grä- 
thenecke  (Acromion)  des  Schulterblattes  vorstelle,  falls  jedoch  bei  allen  Schildkrölen 
dieser  Schenkel  mit  dem  senkrechten  ursprünglich  nur  durch  eine  Naht  verbunden 
wäre,  er  als  Schlüsselbein  werde  gedeutet  werden  müssen.  Die  erstere  Deutung 
scheint  mir  indess  die  richtigere  zu  sein ,  ungeachtet  ich ,  wie  Cuvier  bei  einer 
sehr  jungen  Seeschildkröte,  so  auch  bei  einem  Embryo  von  Chelonia,  einem  jungen 
Trionyx  gangeticus  und  einer  jungen  Terrapene  tricarinata  beide  Schenkel  jenes 
Knochens  nur  durch  Knorpel  im  Zusammenhange  gefunden  habe.     Denn 

1)  entspricht  das  Bauchschild  der  Schildkröten,  womit  jener  Knochen  an  seinem 
einen  Ende  durch  fibröses  Gewebe  vereinigt  ist,  nicht  dem  Brustbein  andrer  Thiere, 
sondern  ist  nur  ein  Theil  des  Hautskeletes :  bei  denjenigen  Thieren  aber ,  bei  wel- 
chem das  Brustbein  fehlt,  kommt  wahrscheinlich  auch  kein  eigentliches  Schlüsselbein 


vor    '); 


2)  bildet  bei  den  Eidechsen,  Vögeln  und  denjenigen  Säugethieren ,  welche  ein 
vollständiges  Schlüsselbein  besitzen,  dieses  zwar  anfangs  mit  dem  Schulterblatte  eine 
einzige  und  allenthalben  gleichartig  beschaffene  Masse,  später  aber,  wenn  sich  die 
Masse  histologisch  weiter  entwickelt,  wird  sie  nur  zum  grössern  Theile,  nicht  also, 
wie  bei  den  Schildkröten,  allenthalben  in  Knorpel  umgewandelt;  sondern  es  bildet 
sich  auf  der  Grenze  zwischen  den  beiden  Hälften  dieser  Masse  ein  fibröses  Gewebe 
aus,  das  hinreichend  deutlich  eine  zwischen  beiden  entstandene  Gliederung  bezeichnet 
und  eine  Scheidung  derselben  in  zwei  besondere  Skeletstücke  erkennen  lässt; 


1)  Derjenige  Theil  des  Schultergerüstes  der  Fische,  welcher  gewöhnlich  für  das  Schlüsselbein  gehal- 
ten wird,  dürfte  wegen  seiner  Gelenkverbindang  mit  der  Brustflosse  wohl  wahrscheinlicher  als  llakenschlüs- 
selbein  oder  als  ein  Theil  des  Schullerblattes  zu  deuten  sein. 

18 


138 

3)  erhält  sich  die  so  entstandne  Gliederung  jener  Theile  das  ganze  Leben  hin- 
durch, wird  aber  nicht  wieder  in  der  Art  aufgehoben,  dass  nach  begonnener  Ver- 
knöcherung  des  Schulterblattes  und  Schlüsselbeins  die  Knochenmasse  beider  zu  einem 
Ganzen  verschmilzt; 

4)  dagegen  gliedert  sich  bei  den  Eidechsen  und  denjenigen  Säugethieren,  wel- 
che ein  Acromion  besitzen,  dieses  niemals  von  dem  Körper  des  Schulterblattes  ab, 
und  wenn  bei  ihnen  die  Verknöcherung  begonnen  hat,  findet  sich  in  dem  Acromion 
ein  besondrer  Knochenkern  vor,  dessen  Masse  dann  später  mit  der  Knochenmasse 
des  Schulterblattkörpers  zu  einem  Ganzen  verschmilzt. 

Richtiger  scheint  mir  daher  die  Ansicht  zu  sein,  dass  der  untere  oder  hori- 
zontale Schenkel  des  vordem  Schulterknochens  der  Schildkröten  das  Acromion  der 
Säugethiere  repräsentirt,  das  auch  bei  manchen  Säugethieren,  wie  namentlich  bei  den 
meisten  Cetaceen  und  bei  Myrmecophaga  jubata,  selbst  dann  vorhanden  ist,  wenn 
das  Schlüsselbein  und  sogar  die  Gräthe  des  Schulterblattes  fehlen.  Etwas  Eigen- 
thümliches  freilich  würde  es  bei  dieser  Ansicht  für  die  Schildkröten  sein,  dass  bei 
ihnen  das  Acromion  auch  einen  Antheil  an  der  Bildung  der  Grube  des  Schulterge- 
lenkes nimmt. 

Die  Form  und  Proportionen,  welche  mir  die  Knochen  des  Schultergerüstes  so- 
wohl bei  den  Embryonen  von  Testudo  und  Chelonia,  als  auch  bei  den  imtersuchten 
jungen  Schildkröten  darboten,  waren  schon  denjenigen  sehr  ähnlich,  welche  ihnen 
in  denselben  Arten  bei  den  Erwachsenen  zukommen.  Auch  ging  bereits  sowohl  bei 
dem  Embryo  von  Chelonia,  als  auch  bei  den  Jungen  von  Chelonia  und  Sphargis  der 
Winkel,  den  die  beiden  Schenkel  des  vordem  Knochens  bildeten,  nach  aussen  in 
einen  starken  Fortsatz  über,  dessen  Ende  einen  Theil  der  Gelenkgrube  für  den 
Oberarmknochen  ausmachte:  doch  war  dieser  Fortsatz  bei  dem  Embryo  absolut  und 
relativ  kürzer,  als  bei  den  Jungen. 

Wie  an  den  einzelnen  Skeletstücken  der  Beine,  beginnt  auch  an  den  beiden 
Stücken  des  Schultergerüstes  die  Verknöcherung  an  der  Oberfläche,  so  dass  mithin 
die  abgelagerte  Knochensubstanz  auch  an  ihnen  anfangs  eine  dünne  Scheide  bildet. 
Das  hintere  Stück,  oder  das  Hakenschlüsselbein,  verhält  sich  in  Hinsicht  der  Ent- 
wickelung  seiner  Knochenscheide  ganz  so,  wie  ein  Skeletstück  der  Beine  selbst. 
An  dem  vordem  Stücke  aber  fand  ich  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  und  bei  den 
Jungen  von  Chelonia  imbricata,  Trionyx  gangeticus  und  Terrapene  tricarinata,  dass 
ein  jeder  Schenkel  eine  besondere  Knochenscheide  hatte,  dass  diese  beiden  Scheiden 
nirgend  zusammenstiessen ,    sondern   nur  an  der  einen    Seite    des  Wirbels,    den    die 


139 

beiden  Schenkel  zusammensetzten,  einander  sehr  nahe  gekommen  waren,  indess  sie 
an  der  äussern  Seite  des  Winkels  noch  weit  von  einander  abstanden,  und  dass  der 
ganze  von  der  letztern  Seite  abgehende  und  die  Gelenkgrube  enthaltende  Vorsprung 
nur  aus  Knorpelmasse  bestand.  Bei  der  jungen  Sphargis  hatten  sich  die  beiden 
Knochenscheiden  zwar  schon  an  der  innern  Seite  des  Winkels,  den  die  Schenkel 
des  vordem  Schulterstückes  bildeten,  erreicht  und  waren  hier  verschmolzen,  halten 
jedoch  die  äussere  Seite  des  Winkels  und  den  Gelenkfortsatz  noch  unbekleidet  ge- 
lassen. Dagegen  Hess  der  ganze  Winkel  bis  zu  der  Gelenkgrube  bei  den  übrigen 
jungen  Schildkröten,  die  ich  untersuchen  konnte,  und  auch  bei  dem  Embryo  von 
Testudo  äusserlich  nur  Knochensubstanz  erkennen.  Nach  diesen  Wahrnehmungen, 
die  an  Schildkröten  aus  verschiednen  Familien  gemacht  worden  sind,  darf  man  daher 
wohl  annehmen,  dass  bei  diesen  Thieren  ganz  allgemein,  wie  Cuvier  es  zuerst 
bei  einer  jungen  Chelonia  gefunden  hatte,  in  dem  vordem  Stücke  des  Schulterge- 
rüstes die  Verknöcherung  von  zwei  Stelleu  ausgeht,  die  auf  die  beiden  Schenkel 
desselben  vertheilt  sind,  dass  aber  beide  Knochenmassen  einander  immer  mehr  ent- 
gegenwachsen, bis  sie  mit  einander  zuletzt  verschmelzen.  Ausserdem  aber  ergiebt 
sich  noch  aus  diesen  Wahrnehmungen,  dass  eine  Verschmelzung  der  beiden  Knochen- 
scheiden des  vordem  Schulterstückes  bei  verschiednen  Schildkröten  zu  sehr  verschied- 
nen Zeiten  der  Entwickelung  erfolgt.  —  Auf  Kosten  des  Knorpels  werden  die  Kno- 
chenscheiden, die  an  dem  Schultergerüste  entstanden  sind,  nur  langsam  dicker,  nach- 
dem sich  schon  sehr  frühe  in  deren  Wandung,  wie  in  den  Knochen  der  Beine,  zar- 
te, nach  der  Länge  verlaufende  und  ziemlich  parallele  Markkanäle  gebildet  haben. 
Sind  dann  die  Knochenscheiden  schon  massig  dick  geworden,  so  wird  der  einge- 
schlossene Knorpel  sowohl  in  dem  hintern  mehr  oder  Aveniger  abgeplatteten  Stücke, 
als  auch  in  jedem  Schenkel  des  vordem  Stückes  des  Schultergerüstes  eben  so,  wie 
in  den  cyliudrischen  Knochen  der  Beine,  ungefähr  auf  seiner  Mitte  ganz  in  Knochen- 
mark umgewandelt:  und  diese  Veränderung  schreitet  hierauf  von  der  Stelle  aus,  wo 
sie  begann,  nach  zwei  entgegengesetzten  Richtungen  immer  weiter  vor.  Bei  der 
jungen  Chelonia  virgata,  die  ich  untersuchte,  und  bei  dem  jungem  Exemplar  von 
Emys  europaea  hatte  sie  nur  eben  erst  begonnen,  bei  andern  Schildkröten,  die  schon 
älter  waren,  war  sie  in  verschiedentlich  hohem  Grade  weiter  gediehen.  Gleichfalls 
wird,  nachdem  der  angegebne  \organg  schon  einige  Zeit  gedauert  hat,  der  in  den 
Knochenscheiden  des  Schultergerüstes  eingeschlossene  Knorpel  an  andern  SteHen  in 
Knochenmasse  umgewandelt,  die  Scheiden  also  im  Innern  zum  Theil  mit  Knochen- 
masse ausgeRillt.  In  jedem  Stücke  aber  geschieht  dies  nicht,  wie  in  den  Knochen 
der  Beine,  an  zwei  Stellen,  sondern  nur  an  einer,  und  zwar  in  der  Nähe  der  Grube 

18' 


140 

für  (las  Schultergeleiik,  also  in  dem  vordem  Stücke   an    oder  in    dem  Winkel,    der 
von  dessen  Schenkeln  gebildet  wird. 

Wo  sich  an  dem  Schultergcrüste  der  Schildkröten  die  Gelenkgrube  befindet, 
geht  ursprünglich  wohl  jedenfalls  die  Knorpelmasse  des  einen  Stücks  dieses  Gerüstes 
in  die  des  andern  ohne  irgend  eine  Unterbrechung  über,  so  dass  die  Knorpelmasse 
des  ganzen  Gerüstes  anfänglich  wie  aus  einem  Gusse  gebildet  erscheint.  Aber  auch 
später,  wenn  die  einzelnen  Stücke  in  ihrer  Verknöcherung  weit  vorgeschritten  sind, 
wird  ihre  Verbindung  bei  einigen  Schildkröten,  abgesehen  von  der  fibröshäutigen 
Bekleidung  der  beiden  Stücke,  noch  eine  längere  Zeit  durch  einen  grössern  Ueber- 
rest  von  Knorpel  erhalten,  und  bei  andern,  namentlich  den  Seeschildkröten,  ist  dies 
sogar  für  immer  der  Fall.  Später  indess  wird  bei  den  Land-  und  Süsswasserschild- 
kröten  jener  die  beiden  Stücke  verbindende  Ueberrest  des  Knorpels  fast  gänzlich  in 
Knochensubstanz  umgewandelt,  und  es  erscheint  dann  ihre  Verbindung  als  eine  Su- 
lur,  die  aber  im  höhern  Alter  mitunter  durch  V  erwachsung  ganz  vertilgt  wird. 

Das  obere  Ende  des  vordem  Stückes  oder  des  Schulterblattes  hatte  bei  den 
reifern  Embryonen  und  den  Jungen ,  wie  bei  den  Erwachsenen ,  seine  Lage  dicht 
vor  der  vordersten  Rippe.  Hier  aber  stand  es  bei  den  Embryonen  und  ebenfalls 
auch  bei  den  Jungen  von  Sphargis,  Chelonia,  Emys  und  Trionyx  mit  der  Schichte 
von  dichtem  Bindegewebe,  welche  unter  der  Haut  des  Rückens  abgelagert  war,  ent- 
weder in  unmittelbarer,  oder  durch  eine  unter  derselben  schon  entstandene  Fascie  in 
mittelbarer  Berührung  und  hatte  sich  durch  ein  kurzes  luid  dickes  sehniges  Band 
an  sie  befestigt.  (Tab.  UI,  Fig.  10,  b.  Tab.  IV,  Fig.  3,  e.  Tab.  V,  Fig.  1,  d. 
und  Fig.  2.)  Möglich  aber  war  diese  Verbindung  dadurch  geworden,  dass  sich  bei 
allen  jenen  in  der  Entwickelung  begriffenen  Schildkröten  noch  jederseits  zwischen 
der  Nackenplatte  und  der  zweiten  Rippe  eine  mehr  oder  weniger  grosse  Lücke  be- 
fand. Dagegen  kam  eine  solche  Lücke  nicht  mehr  bei  den  Jungen  von  Terrapene, 
Platemys  und  Pentonyx  vor,  und  bei  diesen  war  nun  das  obere  Ende  des  Schulter- 
blattes mittelst  seines  dicken  fibrösen  Bandes,  wie  bei  den  Erwachsenen,  an  die  un- 
tere Seite  der  zweiten  Rippe  befestigt.  Durch  diese  Rippe  wird  also,  während  sie 
an  Breite  immer  mehr  zunimmt  und  nach  vorne  über  die  erste  Rippe  hinüberwächst, 
jenes  Band  von  der  Hautbedeckung  gleichsam  abgeschnitten,  worauf  sich  nun  das- 
selbe an  die  Rippe  selbst  anheftet.  —  In  dem  oben  erwähnten  Bande,  in  dem  man 
bei  erwachsenen  Exemplaren  von  Emys  und  noch  andern  Schildkröten  ein  bis  zwei 
kleine  Knochenstückchen  findet  [Os  triquetrum  Bojanus],  bemerkte  ich  bei  den 
jungen  Exemplaren  von  Emys,  Platemys,  Terrapene  und  Pentonyx  schon  ein  klei- 
nes Knochenstückchen.  —  Das  untere  Ende  des  vordem  Schulterstücks  fand  ich  bei 


141 

einigen  jungen  Schildkrölen  nur  an  das  Unterhaut -Bindegewebe  der  Bauchseile,  bei 
andern  aber,  wie  hei  den  Erwachsenen,  durch  fibröses  Gewehe  schon  an  das  un- 
paai'ige  Stück  des  Bauchschildes  angeheftet.  Bei  der  jungen  Sphargis,  bei  der  ich 
ein  solches  unpaariges  Stück  vermisste,  schien  mir  das  untere  Ende  des  vordem 
Schulterstückes  an  das  vordere  Ende  des  Knorpelstreifens  befestigt  zu  sein,  in  wel- 
chen sich  das  erste  und  zweite  paarige  Knochenstück  des  Bauchschildes  zu  bilden  be- 
gonnen hatte.  — 

§.  35.  Auch  das  Becken  zeigte  bei  den  reifern  Embryonen  und  den  Jungen 
im  Ganzen,  wie  in  seinen  einzelnen  Theilen,  schon  eben  solche,  oder  doch  sehr  ähn- 
liche Formen,  als  es  in  denselben  Arten  bei  den  Erwachsenen  darbietet.  Was  aber 
sein  Gewebe  anbelangt,  so  bestand  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  eine  jede  Seiten- 
hälfte aus  einer  noch  nirgends,  also  auch  nicht  an  der  Gelenkpfanne,  unterbrochenen 
Knorpelmasse,  von  deren  für  das  Darmbein,  Sitzbein  und  Schambein  bestimmten 
3  Aasten  ein  jeder  mit  einer  verhältnissmässig  nur  sehr  dünnwandigen  und  an  ihm 
noch  lange  nicht  bis  an  die  Enden  reichenden  Knochenscheide  bekleidet  war.  Ver- 
hältnissmässig nur  wenig  dicker  zeigten  sich  diese  Scheiden  bei  den  Jungen  von 
Sphargis,  Chelonia  und  Terrapene:  auch  reichten  sie  bei  denselben  nicht  völlig  bis 
an  die  Enden  der  3  genannten  Tbeile  einer  jeden  Beckenhälfte,  so  dass  demnach 
an  der  Gelenkpfanne  zwischen  ihnen  nur  eine  mehr  oder  weniger  grosse  Masse  von 
Knorpelsubstanz  bemerkbar  war  ').  Durch  Verdickung  dieser  Knochenscheiden  auf 
Kosten  des  Knorpels,  der  von  ihnen  eingeschlossen  wurde,  hatte  in  dem  Becken  der 
Jimgen  von  Emys  lutaria  und  Trionyx  gangeticus  die  Knochensubstanz  schon  über 
den  Knorpel  ein  Uebergevvicht  erhalten :  doch  waren  an  der  Gelenkpfanne  die  Schei- 
den eben  so  wenig,  wie  bei  den  oben  genannten  jungen  Schildkröten,  zu  einer  ge- 
genseitigen Berührung  gelangt,  sondern  einander  nur  sehr  nahe.  Dagegen  waren 
bei  den  Jungen  von  Platemys,  Trionyx  ocellatus  und  Pentonyx  die  verschiednen 
Stücke,  aus  denen  das  Becken  zusammengesetzt  war,  schon  durchweg  so  verknö- 
chert, dass  jedes  nur  noch  eine  massig  grosse,  mit  Knochenmark  gefüllte  Höhle  ent- 
hielt. Auch  waren  sie  bei  diesen  bis  zu  der  Gelenkpfanne  hin  verknöchert,  so  dass 
sich  zwischen  ihnen  nur  die  Syncbondrose  befand.  —  Die  Schambeine  und  die  Sitz- 
beine, die  man  nach  Ablauf  der  Entwickelung  bei  den  Seeschildkröten  paarweise 
durch  eine  Symphysis  vereinigt,    bei    den   Land-   und  Süsswasser  -  Schildkröten    aber 


1)  Auch  bei  den  erwachsenen  Seeschildkrölen  sind  das  Darmbein,  Sitzbein  und  Schambein  nicht  ver- 
schmolzen, sondern  durch  Synchondrosen  mit  einander  verbunden,  indem  an  der  Gelenkpfanne  zwischen  je 
zweien  von  ihnen  als  üeberrest  des  Knorpels,  aus  dem  sie  ursprünglich  ganz  und  gar  bestanden,  eine  dünne 
HnorpeUcbeibe  vorbanden  ist. 


142 

verschQiülzen   findet,    standen   auch  bei    den  jungen  Süsswasserschildkröten ,    die    ich 
untersuchen  konnte,    nur  durch  Knorpelbandmasse  in  Verbindung. 

Das  obere  Ende  des  Darmbeines  fand  ich  bei  den  meisten  jungen  Schildkröten 
so  gelagert,  dass  es  seitwärts  von  den  Querfortsätzen  der  Kreuzbeinvvirbel  und  dicht 
hinter  der  letzten  Rippe  lag,  doch  auch  dem  hintern  Rande  der  vorletzten  Rippe, 
die  sich  mehr  oder  weniger  stark  nach  hinten  gerichtet  hatte,  sehr  nahe  war.  Be- 
festigt war  es  nach  innen  durch  fibröses  Gewebe  an  die  Querfortsälze  der  Kreuz- 
beinwirbel, ausserdem  aber  stand  es  nach  oben  mit  dem  dichten  Unterhaut -Bindege- 
webe des  Rückens  in  Verbindung.  (Tab.  III,  Fig.  10.  e.  Tab.  IV,  Fig.  3.  f. 
Tab.  V,  Fig.  1.  o.)  Bei  einigen  andern  Schildkröten,  die  sich  schon  weiter  ent- 
wickelt hatten,  namentlich  bei  Pentonyx  capensis  und  Terrapene  pensylvanica,  be- 
rührte das  Darmbein  nach  oben  nicht  mehr  das  Unterbautbindegewebe,  sondern  war 
von  diesem  durch  die  vorletzte  Rippe  geschieden,  die  sich  mit  ihrem  hintern  Rande, 
während  sie  an  Breite  zunahm,  zwischen  jene  Schicht  des  Bindegewebes  und  das 
Darmbein  hineingedrängt  hatte.  Bei  der  jungen  Platemys  aber  war  das  Darmbein 
von  oben  nicht  blos  durch  die  neunte,  sondern  wider  die  Regel,  nach  der  sich  die 
Entwickelung  der  Schildkröten  richtet,  auch  durch  die  achte  Rippe  bedeckt,  weil  ei- 
nestheils  sein  oberes  Ende  sich  zu  einer  ungewöhnlich  grossen  Fläche  ausgebreitet 
hatte,  anderntheils  jene  Rippen,  indem  sie  immer  breiter  wurden,  über  dasselbe  her- 
übergewachsen waren  und  es  von  der  erwähnten  Schichte  des  Bindegewebes  gleich- 
sam abgeschnitten  hatten.  —  Als  bekannt  darf  ich  voraussetzen,  dass  bei  den  er- 
wachsenen Exemplaren  der  meisten  Schildkrötenarten  das  Darmbein  durch  die  vor- 
letzte Rippe  und  nur  allein  durch  sie  bedeckt  ist. 


143 

Zweites    Kapitel. 
Von    den    Hautbedeckungen 


§.  36.  Cuvier  ')  und  nach  ihm  Andre  2)  haben  geäussert,  dass  bei  den 
Schildkröten  zu  der  Zeit,  da  deren  Rippen  noch  nicht  der  Länge  nach  zusammen- 
stossen,  also  zwischen  denselben  sich  noch  lauge  Zwischenräume  befinden,  diese 
Räume  und  auch  die  etwa  noch  vorhandncn  Lücken  des  knöchernen  Bauchschildes 
von  einer  knorpligen  Substanz  ausgefiillt  sind.  Um  nun  zu  erfahren,  was  von  die- 
ser Angabe  zu  halten  sei,  unterwarf  ich  die  erwähnte  Substanz  einer  nähern  Unter- 
suchung, nachdem  ich  schon  vorher  erfahren  hatte,  dass  sich  bei  jungen  Schildkrö- 
ten, auch  wenn  sie  eine  längere  Zeit  in  Weingeist  gelegen  haben,  doch  noch  die 
Zusammensetzung  mancher  Gewebe,  namentlich  aber  die  der  Knorpelsubstanz,  ganz 
gut  erkennen  lässt.     Was  ich  hiebei  gefunden,  war  hauptsächlich  Folgendes. 

Die  fragliche  Substanz  liegt  unmittelbar  unter  der  Hautbedeckung  des  Rumpfes, 
hängt  mit  derselben  aufs  innigste  zusammen ,  und  bleibt  sich  allenthalben,  wo  sie  nui" 
vorkommt,  in  ihrem  GerUge  gleich.  Am  Rücken  geht  sie,  eine  ununterbrochene 
Schichte  bildend,  über  alle  Knochen  desselben  herüber  und  hängt  mit  ihnen  fest  zu- 
sammen, bedeckt  ferner,  'wenn  die  Rückenmuskeln  noch  nicht  ein  Knochendach  er- 
hallen haben  (§.  16.),  auch  diese  Muskeln,  senkt  sich  zwischen  den  Rippen,  wenn 
und  wo  sich  zwischen  ihnen  Lücken  befinden,  bis  auf  die  zwischen  ihnen  ausge- 
spannte Fascie  (§.  13.)  herab,  dringt  auch  zwischen  die  beiden  Blätter  der  von 
der  Hautbedeckung  gebildeten  Falte,  welchen  der  Rücken  ringsum  besäumt,  hinein, 
setzt  sich  von  da  aus  jederseits  in  der  Gegend,  wo  sich  die  Flügel  des  knöchernen 
Bauchschiides  bilden  sollen  oder  schon  in  ihrer  Entwickelung  begriffen  sind,  auf  die 
Bauchseite  fort,  bildet  auch  an  dieser  Seite  zunächst  der  Hautbedeckung  eine  unun- 
terbrochene Schichte,  und  füllt  hier  ausserdem  die  Lücken  aus,  welche  zwischen  den 
verschiednen  Theilen  des  knöchernen  Bauchschildes  vorkommen.  Ueberhaupl  also 
ist  sie  namentlich  bei  denjenigen  Schildkröten ,  deren  Rumpf  mit  A^erschiedentlich  gros- 
sen Hornplatten  bekleidet  wird,  in  der  frühern  Jugendzeit  allenthalben  unter  der  Haut 
da   vorhanden,   wo    auf  derselben  sich  dergleichen  Platten  entwickeln.     Doch  ist  sie 


')    Recberches  sur  les  ossem.  foss.  Tom.  IX,  p.  394. 

*)     Dumeril  und  Bibron  io  ihrer  Erp^tologie  generale.  Tom.  U,  p.  179  et  510. 


144 

nicht  etwa  nur  diesen  Schildkröten  eigen,  sondern  kommt  auch  bei  denjenigen  vor, 
bei  welchen  niemals  dicke  Hornplatten  entstehen,  wie  namentlich  bei  denen  aus  den 
Gattungen  Sphargis  und  Trionyx.  —  Von  Knorpelkörperchen  liisst  sich  in  der  er- 
wähnten Substanz,  selbst  wenn  sie  unter  stark  vergrössernden  Mikroskopen  betrach- 
tet wird,  gar  keine  Spur  auffinden,  und  überhaupt  lässt  sie  nie  und  nirgend  die 
Zusammensetzung  eines  Knorpels  erkennen.  Vielmehr  ist  sie  Nichts  anders,  als  ein 
Unterhaut -Bindegewebe,  das  eine  ganz  ungewöhnliche  Dichtigkeit,  Festigkeit  und 
Dicke  hat,  auch  jedenfalls  bei  jungen  Schildkröten  völlig  frei  von  Fett  ist,  indess 
an  andern  Stellen  des  Körpers  das  Bindegewebe,  wo  es  zunächst  unter  der  Haut 
liegt,  eben  so  locker,  wie  bei  andern  Thieren,  und  auch  von  einer  viel  geringern 
Dicke  gefunden  wird.  Näher  angegeben,  besteht  jene  Substanz  aus  Bündeln  von 
Bindegewebe,  die  meistens  eine  ziemlich  grosse  Länge  haben ,  und  häufig  gekrümmt 
oder  selbst  mehrfach  geschlängelt  sind.  Im  Verhältniss  zu  ihrer  Länge  sind  sie  nur 
sehr  dünn,  und  bestehen  aus  höchst  zarten,  aber  sehr  festen  Fasern,  die  scharf  be- 
grenzt, glatt,  etwas  glänzend  und  meistens  dicht  an  einander  geschmiegt  sind.  Spi- 
ralförmig um  die  Bündel  geschlungene  Fasern,  wie  sie  bei  Menschen  an  den  Bün- 
deln des  Bindegewebes  vorkommen  *),  und  wie  ich  sie  auch  an  den  Bündeln  des 
Unterhautbindegewebes  aus  dem  Beine  einer  kurz  vorher  getödteten  erwachsenen 
Erays  europaea  gefunden  Iiatte,  habe  ich  an  ihnen  eben  so  wenig,  als  nach  Behand- 
lung mit  Essigsäure  stellenweise  Einschnürungen  bemerken  können.  Nach  Einwir- 
kung von  Essigsäure  verlieren  die  Bündel  in  kurzer  ^eit  das  fasrige  Aussehen  und 
ihren  Glanz,  werden  gallertartig  und  durchsichtig,  und  verkürzen  sich  auch  ziemlich 
stark.  Unter  einander  kreuzen  sie  sich  in  sehr  verschiednen  Richtungen,  so  dass 
sie  wie  verfilzt  erscheinen.  Dabei  aber  sind  sie  an  einander  so  dicht  herangezogen, 
dass  nur  kaum  bemerkbare  Zwischenräume  zwischen  ihnen  vorkommen,  die  übrigens 
von  einer  formlosen  und  durch  Essigsäure  auflösbaren  Substanz  ausgefüllt  sind.  Es 
bilden  daher  die  Bündel  dieses  Gewebes  eine  sehr  feste  Masse,  die  man  lederartig 
nennen  könnte,  und  zwar  ist  die  Festigkeit  dieser  Masse  am  grössten  bei  den  See- 
schildkröten und  den  Trionyx -Arten.  Von  dem  Corium  der  Hautbedeckung  unter- 
scheidet sich  das  beschriebne  Gewebe  schon  durch  eine  weissere  Farbe,  was  seinen 
Grund  vielleicht  darin  haben  mag,  dass  es  nicht  so  blutreich,  wie  jenes,  ist. 

Die  Schichte  des  beschriebnen  Gewebes  hat  schon  bei  den  reifern  Embryonen 
eine  ziemlich  grosse  Dicke.  Noch  dicker  aber  wird  sie  in  der  nächsten  Zeit,  nach- 
dem das  Junge  das  Ei  verlassen  hat,  und  bildet  dann  bei  vielen  Schildkröten,  wann 


•)     Henle's  Allgemeine  Anatomie,  Leipzig  1841.  Tab.  111,  Fig.  6. 


145 

die  Knochen  des  Rumpfes  noch  nicht  zwei  schützende  Schilder  für  die  Eingeweide 
zusaninienselzen,  nehst  der  Haiitbcdeckiing  einen  ziemlich  schwer  zu  durchdringenden 
Panzer.  Bei  der  von  mir  zergliederten  jungen  Chelonia  virgata,  bei  der  ich  sie  im 
Ganzen  dicker,  als  bei  den  Jungen  andrer  Schildkröten  fand,  betrug  am  Rücken 
ihre  grösste  Dicke  %  Linie.  Im  Allgemeinen  aber  fand  ich  sie  absolut  und  relativ 
am  dicksten  bei  den  Seeschildkröten  und  in  der  Gattung  Trionyx. 

Während  die  verschiednen  Knochenstücke,  die  zur  Zusammensetzung  des  Rücken- 
schildes dienen  sollen ,  namentlich  die  Dornfortsätze ,  die  Ergänzungsplatten  und  die 
längern  Rippen,  breiter  werden  und  einander  immer  näher  kommen ,  werden  die  zwi- 
schen ihnen  liegenden  Abiheilungen  des  dicken  und  dichten  Unterhaut -Bindegewebes 
scheinbar  immer  mehr  verdrängt  und  resorbirt,  so  dass  nur  die  Lücken,  die  bei  den 
Seeschildkröten  und  den  Trionyx -Arten  zwischen  den  dünnern  Hälften  der  Rippen 
übrig  gelassen  werden,  von  ihm  ausgefüllt  bleiben.  Eben  dasselbe  geschieht  auch 
an  der  Bauchseite  zwischen  den  verschiednen  Stücken  des  Bauchschildes,  während 
diese  an  Ausbreitung  gewinnen  und  einander  dadurch  näher  kommen.  Es  wird  also 
die  Schichte  des  Unterhaut-Bindegewebes,  während  sich  das  Junge  weiter  entwickeil, 
stellenweise  wieder  allmählig  verringert.  Ausserdem  aber  wird  auch,  wann  die  ver- 
schiednen Knochenstücke  des  Rücken-  und  Bauchschildes  an  Dicke  zunehmen,  der 
zwischen  ihnen  und  der  Hautbedeckung  befindliche  Theil  der  Bindegewebsschichte  im- 
mer dünner,  bis  er  zuletzt  scheinbar  gänzlich  oder  beinahe  ganz  verschwunden  ist. 
Am  dicksten  fand  ich  diesen  noch  übrig  gebliebenen  Theil  bei  einer  halberwachsenen 
Chelonia  imbricata,  deren  Rückenschild  eine  Länge  von  beinahe  9 "  hatte ,  indem  er 
bei  derselben  auf  den  Rippen  noch  V4  bis  V3  Linie  dick  war.  Kaum  nur  noch  merk- 
bar aber  war  er  bei  den  untersuchten  Jungen  von  Platemys  Spixii ,  Terrapene  pen- 
sylvanica  und  Pentonyx  capensis,  wie  auch  bei  einem  Trionyx  ferox,  dessen  Rücken- 
schild 8"  lang  war.  Ganz  fehlte  er  bei  einem  halbausgewachsenen  Exemplar  von 
Testudo  mauritanica  und  bei  erwachsenen  Exemplaren  von  Erays  europaea ,  Emys 
punclularia,  Tesludo  gracca  und  Terrapene  tricarinata,  so  dass  bei  diesen  die  Haut- 
bedeckung unmittelbar  dem  knöchernen  Rücken-  und  Bauchschilde  allenthalben  anlag 
und  innig  damit  zusammenhing  ').  Wahrscheinlich  wird  dasselbe  auch  bei  allen  an- 
dern solchen  Schildkröten,  bei  welchen  sich  das  Rücken-  und  Bauchschild  so  voll- 
ständig, wie  bei  den  ebengenannten,  ausbildet,  nach  Ablauf  ihrer  Entwicklung  der 
Fall  sein.     Bei  denjenigen  Schildkröten  hingegen,  bei  welchen  zwischen  den  Rippen 


^)     Bei  einem  Trionyx  granosus  t'ehlle  das  ünlerhaut  -  Bindegewebe  nur  auf  demjenigen  Theil    des    Rü- 
ckenschildes, der  durch  kleine   Höcker  sehr  uneben  gemacht  «orden  war. 

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und  den  verschiednen  Knochenstücken  des  Bauchschildes  Lücken  übrig  bleiben,  wie 
namentlich  bei  den  Seeschildkröten,  bleibt  in  diesen  Lücken  zur  AusRillung  derselben 
ein  Theil  jenes  festen  und  nicht  dehnbaren  Unterhaut-Bindegewebes  nicht  blos  zurück, 
sondern  nimmt  in  ihnen  auch  noch  an  Dicke  zu.  Gleichfalls  geschieht  dasselbe  bei 
der  Gattung  Trionyx  theils  in  den  Lücken  der  Knochenstücke  des  Bauchschildes, 
theils  in  der  Hautfalte,  welche  den  Rücken  besäumt,  und  in  welcher  sich,  ausser  der 
Nackenplatte,  noch  andre  zur  Vergrösserung  des  Rückenschildcs  dienende  Ergän- 
zungsplatten entweder  gar  nicht,  oder  nur  sehr  schwach  ausbilden.  [Bei  einem 
Trionyx  ferox  fand  ich  in  der  angegebnen  Hautfalte  das  Unterhaut-Bindegewebe  bis 
2y3  Linie  dicTc.]  Uebrigens  aber  hat  dies  Gewebe  bei  den  erwachsenen  Exempla- 
ren der  Gattungen  Chelonia  und  Trionyx  eine  ähnliche  Beschaffenheit,  wie  bei  den 
jungen:  nur  ist  es  etwas  lockerer  und  beinahe  schwammartig,  weil  seine  Faserbün- 
del etwas  grössere  Zwischenräume,  als  bei  den  Jungen  zwischen  sich  lassen.  Auch 
fand  ich  in  diesen  Räumen  des  Bindegewebes,  wo  es  bei  Trionyx  ferox  die  Haut- 
falte des  Rumpfes  ausfüllte  [nicht  aber  auch  am  Bauche]  einzelne  bis  0,0015" 
grosse,  im  Ganzen  aber  nur  sehr  zerstreut  liegende  und  sparsam  vorhandene  Zellen, 
die  ganz  mit  Fett  angefüllt  waren. 

Wo  nun  bei  einer  Schildkröte,  während  sich  ihr  Skelet  entwickelt,  das  dichte, 
lederartige  Unterhaut-Bindegewebe  des  Rückens  und  Bauches  immer  dünner  wird, 
schwindet  seine  Masse  anfänglich  mehr  scheinbar,  als  wirklich.  Denn  indem  die 
einzelnen  Stücke  des  Rücken-  und  Bauchschildes  an  Ausbreitung  und  Dicke  zuneh- 
men, wächst  es  in  unzählbare  kleine  Höhlenräume,  die  sich  in  diesen  Knochenstücken 
ausbilden ,  mehr  und  mehr  hinein  ( §.  32. ) ,  wobei  es  freilich ,  wie  es  in  dieselben 
eindringt,  seine  Festigkeit  verliert  und  sich  sehr  auflockert,  bis  endlich  auf  jedem 
solchen  Knochenstücke  von  ihm  entweder  gar  Nichts  mehr,  oder  doch  nur  Wenig 
übrig  ist.  Später  indess,  nachdem  es  bereits  sich  in  die  Knochen  des  Rücken-  und 
Bauchschildes  hineingesenkt,  auch  in  ihnen  an  Masse  noch  zugenommen  hat,  schwin- 
det es  innerhalb  derselben,  wenn  auch  nicht  bei  allen,  so  doch  bei  vielen  Schild- 
kröten wirklich  mehr  und  mehr,  indem  sich  nämlich  bei  vielen  von  diesen  Thieren, 
wann  sie  ihre  Reife  erlangt  haben,  die  mit  Bindegewebe  ausgefüllten  Höhlenräume 
der  genannten  Knochen  immer  mehr  verengern  und  sogar  sich  beinahe  sämmtlich 
schliessen.  (§.  32.)  —  Am  Halse  und  den  Beinen  ist  das  Unterhaut-Bindegewebe 
so  locker  und  dehnbar,  und  überhaupt  eben  so  beschaffen,  wie  etwa  bei  den  Säuge- 
thieren.     Auch  lagert  sich  hier  in  ihm  mitunter  ziemlich  viel  Fett  ab. 

§.  37.  Die  Lederhaut  oder  das  eigentliche  Corium  ist  bei  sehr  jungen 
Schildkröten  zwar  allenthalben  dünner,  als  die  beschriebene  Schichte  des  so  dichten, 


147 

am  Rücken  und  Bauche  vorhandenen  Unterhaul-Bindegewebes,  doch  hat  sie  auf  dieser 
Schiclite  eine  grössere  Dicke,  als  an  andern  Stellen,  und  besteht  auch  auf  derselben 
der  Hauptsache  nach  aus  etwas  dickern  Bündeln  von  Bindegewebe,  als  an  andern 
Stellen  des  Körpers.  Im  Allgemeinen  sind  diese  Bündel  bis  0,0004 "  dick  (na- 
mentlich bei  jungen  Exeniplai-en  von  Trionyx),  bestehen  aus  sehr  zarten  Fasern, 
und  haben  eine  solche  Lagerung,  dass  sie  in  mehreren  scharf  begrenzten  Schichten 
ausgebreitet  sind,  in  deren  jeder  die  Bündel  nur  neben  einander,  nirgend  auch  über 
einander  vorkommen.  Bei  Chelonia  virgata  zählte  ich  am  Rücken  und  Bauche  bis 
9,  bei  Trionyx  ocellatus  bis  8  solche  Schichten.  Die  Bündel  einer  jeden  haben  im 
Allgemeinen  denselben  Verlauf,  die  zweier  benachbarter  aber  kreuzen  sich  mit  ein- 
ander, so  dass  demnach  in  einer  bestimmten  Folge  die  Bündel  der  einen  Schichte 
mit  denen  der  zunächst  unter  ihr  liegenden  in  der  Richtung  abwechseln.  Ferner 
verlaufen  die  Bündel  einiger  Schichten  ziemlich  genau  nach  der  Länge  des  Rumpfes, 
die  der  übrigen  hingegen  quer  über  denselben.  Doch  ist  nicht  jede  einzelne  Schichte 
über  den  ganzen  Rücken  oder  den  ganzen  Bauch  ausgebreitet.  Denn  einige  Mal  be- 
merkte ich  bei  Chelonia  virgata  auf  senkrechten  Durchschnitten  der  Haut,  dass  eine 
einzelne  Schiebte  zwischen  den  übrigen  endigte,  ohne  sich  in  der  Nähe  wieder  fort- 
zusetzen, und  dass  in  solchen  Fällen  die  beiden  Schichten,  zwischen  denen  sich  jene 
befand ,  an  dem  Rande  derselben  zu  einer  einzigen  sich  vereinigten.  Was  noch  das  ge- 
genseitige Verhältniss  der  Bündel  in  den  einzelnen  Schichten  anbelangt,  so  verlau- 
fen sie  bei  Trionyx,  Platemys  und  Terrapene,  bei  denen  sie  eine  bedeutende  Länge 
haben,  so  wie  etwa  die  Wollhaare  veredelter  Schafe,  schwach  wellenförmig  und  pa- 
rallel neben  einander,  liegen  allenthalben  einander  sehr  nahe  und  gehen,  so  viel  ich 
habe  bemerken  können,  nirgend  deutlich  in  einander  über.  In  der  Gattung  Chelo- 
nia aber  verlaufen  sie  nicht  merklich  wellenförmig,  und  liegen  nicht  immer  regel- 
mässig parallel  neben  einander,  sondern  spalten  sich  häufig  unter  sehr  spitzen  Win- 
kejn  in  2  Aeste,  und  diese  Aeste  gehen  dann  entweder  in  zunächst  benachbarte 
Bündel  derselben  Schichte  über,  oder  verbinden  sich  auch  wieder  mit  einander  selbst, 
so  dass  zwischen  ihnen  hie  und  da  langgestreckte  Maschen  vorkommen.  Uebrigens 
aber  sind  bei  den  verschiednen  jungen  und  alten  Schildkröten  die  beschriebnen  Schich- 
ten, einzeln  betrachtet,  um  so  dünner,  je  näher  sie  der  Epidermis  liegen.  —  Auf 
den  beschriebnen  Schichten  liegt  zu  oberst  und  an  die  Epidermis  angrenzend  eine 
noch  dünnere,  die  von  einer  ganz  andern  Beschaffenheit  ist.  Sie  besteht  nämlich 
nicht  aus  Bündeln  von  Bindegewebe,  sondern  aus  kurzen  einzelnen  Fasern,  die  ent- 
weder einfach,  oder  auch  gabeirdrmig  gespalten  sind,  und  theils  sich  nur  an  einan- 
der anlegen,  theils  auch  in  einander  übergehen,  überhaupt  aber  ein  klein-gefenstertes 

19* 


148 

Gewebe  zusammensetzen,  das  sehr  ähnlich  demjenigen  ist,  woraus  der  häutige  Theil 
der  Eierschalen  der  Schildkröten  besteht.  —  Später,  wann  sich  auf  den  Knochen 
des  Rücken-  und  Bauchschildes  die  Schichte  des  dichten  Unterhaut-Bindegewebes  ver- 
liert, kommt  die  Lederhaut  mit  ihnen  in  eine  unmittelbare  Berührung,  und  nimmt 
dann,  wo  dies  geschehen,  weniger,  als  an  andern  Stellen  des  Körpers  an  Dicke  zu, 
sondern  bleibt  entweder  für  immer  sehr  dünn,  so  namentlich  bei  den  Seeschildkrö- 
ten ,  oder  verliert  sogar  noch  immer  mehr  an  Dicke ,  bis  sie  kaum  noch  erkannt 
werden  kann,  und  deshalb  die  Hornplatten  des  Rückens  und  Bauches  unmittelbar  mit 
dem  Knochen  zusammenzuhängen  scheinen.  Das  letztere  ist  der  Fall  bei  den  Land- 
und  Süsswasser-Schildkröten.  Wahrscheinlich  jedoch  bleibt  auf  den  Knochen  des 
Rumpfes,  wie  ich  nach  Untersuchungen  an  einer  kurz  vorher  getödteten  Emys  eu- 
ropaea,  an  einer  Testudo  mauritanica  und  einem  Trionyx  ferox  schliessen  muss, 
von  der  Lederhaut  jedenfalls  die  oberste  oder  gefensterte  Schicht  zurück,  auch  wenn 
die  übrigen  oder  dickern  und  aus  Bündeln  zusammengesetzten  verschwinden.  Es 
bestand  nämlich  bei  den  beiden  erstem  Schildkröten  auf  den  erwähnten  Knochen  der 
Ueberrest  der  Lederhaut  nicht,  wie  die  Lederhaut  am  Halse  und  den  Beinen,  aus 
ziemlich  dicken  Bündeln  von  Fibrillen,  sondern  nur  allein  aus  einer  äusserst  dünnen 
Lage  von  massig  langen  und  theils  geraden,  theils  geschlängelten  und  uragekrümm- 
ten  Fasern,  die  im  Allgemeinen  nicht  erheblich  dicker,  als  die  Fibrillen  des  Binde- 
gewebes, und  allem  Anschein  nach  ganz  einfach,  nicht  aber  aus  noch  zartern  Fasern 
zusammengesetzt  waren.  Unter  einander  waren  sie  so  verflochten,  dass  sie  ein  sehr 
unregelmässiges  Netzwerk  zusammensetzten,  dessen  Maschen  sehr  enge,  öfters  sogar 
noch  schmäler,  als  die  Fäden  dick  waren,  und  eine  dickliche  Substanz  enthielten,  in 
der  sparsam  kleine  rundliche  Molekularkörper  vorkamen.  Essigsäure  schwellte  sie 
nur  sehr  wenig  an.  Dehnbarkeit  besassen  sie  in  einem  weit  geringern  Grade,  als 
die  Faserbündel  der  Lederhaut  an  andern  Stellen  des  Körpers :  denn  sie  rissen  sehr 
leicht,  und  es  liess  sich  überhaupt  die  Lederhaut  des  Rückens  und  Bauches  (an  de- 
nen sie  übrigens  nur  in  sehr  kleinen  Stücken  von  den  Knochen  abgelöst  werden 
konnte)  fast  gar  nicht  dehnen.  Bei  einem  Trionyx  ferox  aber,  der  halberwachsen 
war,  bestand  auf  den  Knochen  des  Rücken-  und  Bauchschildes  die  Lederhaut  stellen- 
weise, ausser  einer  gefensterten  oder  unregelmässig  netzartigen  Schichte,  noch  aus 
einer  einfachen  Schichte  paralleler  Faserbündel,  indess  an  andern  Stellen  solche  Bün- 
del nicht  gehörig  unterschieden  werden  konnten.  Bei  einem  Trionyx  granosus  fehl- 
ten die  Faserbündel  der  Lederhaut  auf  den  einzelnen  kleinen  Erhöhungen  des  Rücken- 
schildes,   waren  aber  zwischen  denselben  deutlich  vorhanden. 

Wo  bei  ebendemselben  Exemplar  von  Trionyx  ferox  die  Lederhaut  am  Rumpfe 


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keine  Knochen  bedeckte,  war  sie  beinahe  bis  ^/^  Linie  dick  und  Hess  auf  senkrech- 
ten Durchschnitten  ganz  deutlich,  selbst  mit  blossen  Augen,  6  bis  8  an  Dicke  ziem- 
lich gleiche  Schichten  erkennen,  die  der  Hauptsache  nach  aus  lauter  Faserbiindeln 
bestanden,  und  durch  zarle  Furchen  von  einander  geschieden  waren.  In  jeder  Schicht 
der  so  beschatfnen  Lederhaut  hatten  die  einzelnen  Bündel  eine  bedeutende  Länge, 
besassen  eine  Dicke  von  0,0005  bis  0,0008",  waren,  wie  bei  Jüngern  Exemplaren 
von  Trionyx,  massig  geschlängelt,  lagen  parallel  dicht  neben  einander,  und  kamen 
in  jeder  Schiebte  nur  in  einer  einzigen  Lage  vor.  Die  der  einen  Schichte  aber 
liefen  unter  rechten  Winkeln  über  die  der  zunächst  folgenden  hinweg,  so  dass  dem- 
nach die  Faserbündel  der  ersten ,  dritten  und  fünften  Schichte  in  derselben  Richtung 
verliefen,  dagegen  sich  mit  denen  der  zweiten,  vierten  und  sechsten  kreuzten.  Es- 
sigsäure schwellte  sie  zwar  an,  Hess  aber  keine  Einschnürungen  an  ihnen  zum  Vor- 
schein kommen.  In  den  geringen  Z\\ischenräumen  zwischen  den  Bündeln  lag  ein 
formloser  Stoff,  der  von  Essigsäure  aufgelöst  wurde,  und  zerstreute,  sparsam  vor- 
handne  rundliche  Körper,  die  einfache  Primitiv -Zellen  zu  sein  schienen,  und  deren 
Durchmesser  kleiner  war,  als  der  Querdurchmesser  der  einzelnen  Bündel.  Die  Na- 
tur dieser  "Körper  Hess  sich  nicht  ermitteln ,  weil  der  Weingeist  sie  zu  sehr  verän- 
dert hatte,  doch  enthielten  sie  nicht  etwa  nur  Fett.  —  Bei  einer  Chelonia  imbri- 
cata,  deren  Rückenschild  fast  9"  lang  war,  und  bei  der  das  Unterbaut-Bindegewebe, 
wie  schon  erwähnt,  selbst  auf  den  Knochenstücken  des  Rücken-  und  Bauchscbildes 
stellenweise  eine  Dicke  von  beinahe  '/^  Linie  hatte,  besass  die  Lederbaut  selbst  auf 
diesen  Knochenstücken  eine  Dicke  von  ungefähr  Vß  Linie  und  Hess  deutlich  2  bis 
3  Schichten  von  Faserbündeln  unterscheiden.  Ihre  Bündel  hatten  eine  Dicke  von 
0,0004  bis  0,0009",  bestanden  im  Allgemeinen  aus  zartern  Fibrillen,  als  bei  Trio- 
nyx ferox,  und  zeigten  in  ihrer  Lagerung  und  ihrem  Verlaufe  ein  eben  solches  Ver- 
halten, wie  ich  es  früher  bei  verschiednen  jungen  Seeschildkröten  gefunden  hatte. 
Die  Bündel  der  einzelnen  Schichten  bildeten  nämlich  hie  und  da  langgestreckte  Ma- 
schen, die  Bündel  zweier  benachbarter  Schichten  aber  gingen  unter  ziemlich  rechten 
Winkeln  über  einander  hinweg.  —  Am  Halse,  den  Beinen  und  dem  Schwänze  ist 
bei  den  Schildkröten  die  Haut  im  Allgemeinen  zwar  dünner,  als  am  Rumpfe,  doch 
zeigt  ebenfalls  an  ihnen  das  Corium  eine  Zusammensetzung  aus  mehreren  Schichten 
von  schwach  geschlängelten  und  ziemlich  parallelen  Faserbündeln,  und  es  kreuzen 
sich  gleichfalls  die  Bündel  zweier  benachbarten  Schichten  mit  einander.  Bei  Trio- 
nyx ferox  zählte  ich  am  Halse  und  den  Beinen  bis  6  solche  Schichten. 

§.  38.     Es   ist   mir  nicht  bekannt,    dass  schon  aus  andern  Wirbeltbieren  eine 
solche  geschichtete  Zusammensetzung  der  Lederhaut,  wie  ich   sie    so    eben   von   den 


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Schildkröten  beschrieben  habe,  angegeben  worden  ist.  Ich  untersuchte  daher  auch 
noch  von  andern  Thieren  die  Lederhaut,  und  erhielt  das  Ergebniss,  dass  ihr  eine 
solche  Beschaffenheit  nicht  blos  bei  den  Schildkröten,  sondern  auch  bei  andern  Am- 
phibien und  bei  verschiedenen  Fischen  zukommt,  wie  namentlich  bei  den  Krokodilen, 
bei  Lacerta  ocellata,  Lacerta  agilis,  Polychrus  marmoratus,  Basiliscus  amboinensis, 
Pseudopus  Pallasii,  Coluber  natrix,  Rana  esculenta,  Petromyzon  fluviatllis,  Raja  cla- 
vata ,  Acanthias  vulgaris ,  Acipenser  Sturio ,  Silurus  Glanis ,  Syngnathus  Typhle, 
Perca  fluviatilis,  Cyprinus  Carpio  und  Gadus  Lota.  Die  grösste  Zahl  von  Schiebten 
fand  ich  bei  einem  ungefähr  5  Fuss  langen  Stör,  nämlich  in  der  Haut  des  Rückens 
bis  30  Schichten,  nächst  ihm  bei  einem  jungen  Alligator  Lucius  von  *l^l%'  Länge, 
und  zwar  in  der  Haut  des  Rückens  bis  20.  Aber  wie  gross  oder  wie  klein  auch 
ihre  Zahl  war,  immer  hatten  die  Faserbündel  je  zweier  sich  berührender  Schichten 
einen  solchen  Verlauf,  dass  die  der  einen  sich  mit  denen  der  andern  kreuzten. 
Kamen  auf  der  Haut  harte  und  dachziegelförmig  geordnete  Schuppen  vor,  so  bestand 
das  Lager,  auf  dem  sie  alle  ruhten,  deutlich  aus  einer  solchen  geschichteten  Lederhaut : 
die  blattartigen  Fortsätze  dieses  Lagers  aber,  welche  sich  zwischen  den  Schuppen 
befanden  und  sie  mit  einander  verbinden  halfen,  Hessen  nur  tbeilweise,  und  auch  nicht 
immer  ganz  deutlich,  eine  Schichtung  sich  kreuzender  Faserbündel  bemerken.  — 
Nach  dem  Obigen  dürfte  es  sehr  wahrscheinlich  sein,  dass  die  beschriebne  Beschaf- 
fenheit der  Lederhaut  bei  den  Amphibien  und  Fischen  im  Allgemeinen  die  normge- 
niässe  ist.  Bei  Vögeln  hingegen  und  Säugethieren  habe  ich  eine  derartige  Beschaf- 
fenheit bis  jetzt  nicht  auffinden  können ;  sondern  bei  diesen  Thieren  erschien  mir  die 
Lederhaut,  wie  man  die  des  Menschen  beschrieben  hat,  aus  Faserbündeln  zusammen- 
gesetzt, die  nach  den  verschiedensten  Richtungen  verliefen  und  sich  verschiedentlich 
so  kreuzten,  dass  sie  gleichsam  einen  Filz  zusammensetzten. 

Dass  grade  die  Schlängelungen  der  Faserbündel,  aus  denen  die  geschichtete 
Lederhaut  der  Fische  und  Amphibien  besteht,  eine  Ausdehnung  der  Haut  nach  ver- 
schiednen  Richtungen  gestatten ,  liegt  wohl  klar  am  Tage.  Ob  aber  diese  Bündel, 
wenn  die  Haut  durch  Contraclion  sich  thätig  erweist,  wie  nach  Web  er 's  Ent- 
deckung die  Muskelfasern,  grade  gestreckt  erscheinen,  und  nur  erst  im  Zustande 
der  Ruhe  einen  geschlängelten  Verlauf  zeigen,  wäre  noch  zu  untersuchen. 

§.  39.  Die  Hornplatten,  mit  denen  bei  den  meisten  Schildkröten  der 
Rumpf  an  seiner  obern  und  untern  Seite  gepanzert  ist,  bilden  sich  schon  in  der 
letztem  Hälfte  des  Fruchtlebens,  kommen  bei  den  Jungen,  wenn  sie  das  Ei  verlas- 
sen, in  eben  so  grosser  Zahl  vor,  wie  bei  den  Erwachsenen  derselben  Art,  sind 
bei  ihnen,  im  Verhältniss  zu  denen  der  Erwachsenen,  ziemlich  dick,  und  besitzen  be- 


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reits  die  Härte  und  Festia;keit  von  Horn.  Ihre  Entwickelnng  ^eht  also  weit  rascher 
vor  sich,  als  die  des  Skeletes,  und  erlolf^t  von  diesem  ganz  unabhängi}?.  Was  ihre 
Formen  anbelanot,  so  sind  sie  zwar  meistens,  doch  nicht  jedenfalls,  aucii  darin  bei 
den  reifem  Embryonen  und  den  Jungen  denen  der  Erwachsenen  <ähnlich.  So  waren 
bei  dem  Embryo  von  Testudo,  welchen  ich  zergliederte,  am  Bauche  die  Platten  des 
vierten  Paares  in  der  Richtung  von  vorne  nach  hinten  aulFallend  schmal  (Tab.  III, 
Fig.  9.),  indess  sie  bei  den  erwachsenen  Exemplaren  von  Tesludo  graeca  und  ver- 
wandten Arten,  zu  denen  einer  jener  Embryonen  gehörte,  bedeutend  breit  sind.  Da- 
gegen waren  bei  der  jungen  Chelonia  imbricata  am  Bauche  die  Platten  des  fünften 
und  sechsten  Paares  relativ  kürzer,  als  bei  den  Erwachsenen  derselben  Art.  Diese 
Verhältnisse  aber  deuteten  darauf  hin,  dass  sich  mit  fortschreitender  Entwickelung 
die  Bauchdecken  bei  Testudo  grade  in  ihrem  mittlem  Theile,  bei  Chelonia  in  ihrem 
hintern  Theile  am  meisten  hätten  verlängern  müssen.  Ausserdem  besitzen  bei  meh- 
rern Schildkröten,  namentlich  bei  manchen  Arten  von  Chelonia ,  besonders  aber  bei 
Terrapene  tricarinata,  die  beiden  seitlichen  Reihen  der  grössern  Hornplatten  des  Rü- 
ckens in  früher  Jugend  einen  Kiel,  der  mit  der  Zeit  allraählig  ganz  verschwindet.  — 
Wenn  die  Hornplatten  des  Rückens  und  Bauches  in  der  Art  sich  gestalten,  dass  sie 
auf  ihren  beiden  Flächen  vielfach  ein-  oder  ausgebuchtet,  oder  gleichsam  schwach 
gefaltet  erscheinen,  wie  dies  besonders  bei  den  Schildkröten  aus  der  Gattung  Testudo 
der  Fall  ist,  und  dann  später,  während  sich  die  Knochenstücke  des  Rücken-  und 
Bauchschildes  ausbilden,  auf  denselben  das  Unterhaut  -  Bindegewebe  verschwindet  und 
die  Lederhaut  immer  dünner  wird,  dadurch  aber  jene  Knochenstücke  fast  in  eine 
unmittelbare  Berührung  mit  den  Hornplatten  gelangen,  formen  sich  die  erwähnten 
Knochenstücke  an  ihrer  Oberfläche  ganz  nach  diesen  Platten,  dergestalt,  dass  auch 
sie  sehr  uneben  werden  imd  die  an  ihnen  entstandnen  Erhöhungen  den  Verliefungen, 
welche  die  Hornplatten  an  ihrer  Innern  Fläche  bemerken  lassen,  entsprechen  und 
sie  ausfüllen. 

Die  Textur  der  Hornplatten  des  Rückens  und  Bauches  habe  ich  bei  jungen 
und  alten  Schildkröten  untersucht,  und  sie  bei  allen  darauf  untersuchten  Arten  im 
Ganzen  immer  gleich  gefunden.  Sie  bestehen  der  Hauptsache  nach  aus  rundlich- 
eckigen Blättchen,  die  immer  einen  scharfen  dünnen  Rand  haben,  eine  Aehnlichkeit 
mit  den  Schuppen  mancher  Fische  besitzen,  aber  nie  gestreift  sind,  theils  neben, 
theils  über  einander  liegen,  so  dass  eine  die  andre  theilweise  deckt,  mit  der  einen 
Fläche  nach  aussen,  mit  der  andern  nach  innen  gekehrt  sind,  und  mit  einander  ohne 
ein  sinnlich  wahrnehmbares  Verbindungsmittel  fest  zusammenhängen.  Die  mehr  nach 
aussen  liegenden  sind  auch  in  ihrer  Mitte  nur   sehr   dünn,    diejenigen    aber,   welche 


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der  Lederhaut  näher  liegen,  zeichnen  sich  durch  eine  grössere  Dicke  ihres  mittlem 
Theiles  aus,  der  mitunter  gleichsam  nabelartig  an  beiden  Seiten  vorspringt.  Ihren 
grössten  Breitedurchmessern  nach  betragen  sie ,  namentlich  bei  Chelonia  imbricata, 
0,0018  bis  0,0032".  In  denjenigen,  welche  der  Innern  Fläche  der  Hornplatten 
näher  liegen  und  bei  einer  grössern  Dicke  eine  geringere  Breite  zu  haben  pflegen, 
bemerkt  man  öfters  sehr  deutlich  einen  linsenförmigen  oder  sehr  abgeplatteten  Zellen- 
kern von  0,0006"  und  darüber  im  Durchmesser,  nicht  selten  auch  in  diesem  ei- 
nen scharf  umschriebenen  kleinen  Kernkörper.  Je  weiter  sie  aber  nach  aussen  lie- 
gen, um  desto  uudeutlicher  wird  in  ihnen  der  Kern,  bis  er  in  denjenigen,  welche 
sich  noch  mehr  nach  aussen  befinden,  ganz  verschwindet.  Es  sind  also  die  in  Rede 
stehenden  Blättchen  oder  Schuppen,  wie  sich  das  freilich  erwarten  Hess,  wahre  Zel- 
len, die  aber,  je  älter  sie  werden,  desto  mehr  vertrocknen,  sich  abplatten  und  über- 
haupt ihre  Zellennatur  ablegen.  Ferner  enthalten  diese  Blättchen  entweder  in  ih- 
rem mittlem  Theile  ein  wenig  körniges  Pigment,  das  eine  braune,  seltner  eine 
schwarze  und  noch  seltner  (z.  B.  bei  Pentonyx  capensis)  eine  dunkel  -  olivengrüne 
Farbe  hat :  oder  sie  sind  ganz  frei  von  solchem  körnigen  Pigmente.  Jene  und  diese 
aber  liegen  nie  zerstreut  durch  einander,  sondern  es  halten  sich  die  der  einen  und 
die  der  andern  Art  auch  in  solchen  Platten,  in  welchen  beiderlei  Arten  von  Blätt- 
chen vorkommen,  immer  in  grösserer  Menge  zusammen.  Und  darauf  beruht  denn 
namentlich  das  geflammte  oder  gefleckte  Aussehen,  das  manche  solche  Platten  nicht 
blos  in  Verbindung  mit  der  übrigen  Haut,  sondern  auch  für  sich  allein  gewähren. 
Die  dunkle  Farbe  einer  Hornplatte  ist  übrigens  nach  der  äussern  Fläche  derselben 
in  der  Regel  weniger  saturirt,  als  nach  der  Innern.  Der  Grund  davon  liegt  mei- 
stens darin,  dass  von  den  einzelnen  mit  einem  körnigen  Pigment  versehenen  Blätt- 
chen diejenigen,  welche  der  äussern  Fläche  näher  sind,  desselben  weniger  enthalten, 
als  die  der  andern  Fläche  nähern.  Mitunter  aber  hat  dies  seinen  Grund  auch  aus- 
serdem noch  darin,  dass  eine  Hornplatte  zunächst  der  innern  Fläche  auch  Zellen 
enthält,  die  oval,  oder  kugelförmig,  oder  sternfö'rmig  sind,  und  zu  ihrem  Inhalte, 
ausser  einem  wahrscheinlich  immer  vorhandnen  Kern,  nur  ein  körniges  Pigment  ha- 
ben. Dies  ist  z.  B.  der  Fall  bei  Emys  europaea,  Testudo  graeca,  Pentonyx  capen- 
sis, Chelonia  Midas,  Chelonia  imbricata,  doch  am  Rumpfe  nur  allein  in  denjenigen 
Hornplatten,  welche  den  Rücken  bekleiden.  —  Die  mehr  oder  weniger  gelbe  Farbe, 
die  sich  häufig  an  den  Hornplatten  darbietet,  auch  wenn  sie  von  dem  Leibe  abge- 
trennt worden  sind,  und  die  mitunter  ein  reines  Strohgelb  ist,  wie  z.  B.  an  den  vom  Bau- 
che genommenen  Platten  einiger  Arten  von  Chelonia,  ist  nicht  abhängig  von  einem  beson- 
dern körnigen  Pigmente,  sondern  liegt  in  der  ganzen  Substanz  der  Blättchen  dieser  Platten. 


153 

Zwisclicn  den  am  Rücken  und  Bauche  vorhandenen  Hornplatten  und  der  Leder- 
haut befindet  sich  eine  nur  wenig  dicke  Schichte  einer  weichern  Substanz,  oder  eine 
sogenannte  Malpighi'sche  Schleinischichtc,  die  der  Hauptsache  nach  aus  Jüngern 
und  zur  Vergrösserung  jener  Platten  bestimmten  Zellen  besteht.  Die  kleinern  von 
diesen  Zellen  haben  eine  der  Kugel,  die  grössern  eine  der  Linse  sich  nähernde  Form. 
Ihr  Kern  ist  rundlich,  selten  oval,  und  besitzt  einen  sehr  kleinen,  aber  scharf  um- 
schriebenen Kernkörper.  Wo  über  ihnen  eine  Hornplatte  dunkel  gefärbt  ist,  besitzen 
auch  sie  um  ihren  Kern  mehr  oder  weniger,  im  Allgemeinen  jedoch  nie  viel  von 
einem  dunkelfarbigen  körnigen  Pigment.  Ausserdem  aber  kommen  auf  dem  Rücken 
an  solchen  dunklern  Stellen  sehr  häufig  zwischen  jenen  Zellen  noch  andre  vor,  die 
sich  als  blosse  Pigmentzellen  zu  erkennen  geben,  eine  nur  sehr  dünne  häutige  Wan- 
dung besitzen,  mit  einem  körnigen  Farbenstoffe  so  stark  angefüllt  sind,  dass  in  ih- 
nen höchst  selten  ein  Kern  erblickt  werden  kann,  und  sehr  verschiedne  Formen  ha- 
ben. Etliche  sind  rundlich,  andre  oval,  noch  andre  bei  einer  solchen  Gestalt  mit 
einem  oder  zwei  strahlenrörniigen  Auswüchsen  versehen,  die  meisten  aber  mit  einer 
sehr  viel  grössern  Zahl  von  solchen  Ausstrahlungen,  die  übrigens  gewöhnlich  ge- 
krümmt oder  geschlängelt,  und  zuweilen  auch  verzweigt  sind.  Dergleichen  stern- 
förmige dunkle  Pigmentzellen  fand  ich  am  Rücken  junger  Exemplare  von  Trionyx 
ocellatus,  Trionyx  aegyptiacus,  Pentonyx  capensis  und  Platemys  Spixii,  wie  auch 
jüngerer  und  älterer  Exemplare  von  Chelonia  imbricata,  Chelonia  Midas,  Testudo 
graeca,  Emys  europaea  und  Emys  punctularia.  Am  Bauche  hingegen  habe  ich  nie- 
mals deutlich  und  mit  Bestimmtheit  besondre  Pigmentzellen  erkennen  können.  Weit 
seltner,  als  jene  dunklen  Zellen,  kommen  bei  den  Schildkröten  auf  der  Lederhaut 
des  Rumpfes  besondre  Zellen  vor,  die  mit  einem  hellen  körnigen  Pigmente  erfüllt 
sind.  Unter  den  von  mir  untersuchten  Schildkröten  habe  ich  dergleichen  nur  bei 
Emys  europaea,  und  zwar  am  Rücken,  gefunden.  Sie  sind  hier  meistens  sternförmig, 
haben  lange,  geschlängelte  und  mitunter  gespaltene  Strahlen,  hängen  sehr  fest  mit 
der  Lederhaut  zusammen,  liegen  haufenweise  bei  einander,  und  setzen  kleine  gelbe 
Flecke  und  Striche  zusammen,  die  durch  ganz  farblos  gebliebne  Stellen  der  Horn- 
platten des  Rückens  klar  hindurchschimmern. 

§.  40.  An  dem  Halse,  dem  Schwänze,  den  Beinen  und  der  nächsten  Umge- 
bung der  letztern  ist  bei  den  meisten  Schildkröten,  wenn  sie  erwachsen  sind,  die 
Lederhaut  viel  dicker,  als  auf  dem  Rücken-  und  Bauchschilde.  Auf  ihr  kommen 
ausser  jungen  Zellen,  die  für  die  Epidermis  bestimmt  sind,  häufig  und  in  Menge 
noch  dunkle  Pigmentzellen  vor,  namentlich  auch  sternförmige,  desgleichen  bei  meh- 
reren Schildkröten  da,    wo   die  Haut   lebhaft  gelb  gefärbt  ist,    gelbe    rundliche   und 

30 


154 

sternförmige  Pigmenlzellen.  Bei  Emys  punctularia  aber  fand  ich  die  orangegelben 
Flecken  und  Streifen  des  Kopfes,  die  nach  dem  Tode  des  Thieres  gewöhnlich  schwe- 
felgelb werden,  nur  aus  einfachen  rundlichen  und  ovalen  Zellen  zusammengesetzt, 
deren  Durchmesser  nur  0,0004 "  betrug.  Die  Epidermis,  die  an  den  genannten  Kör- 
pertheilen  eine  nur  massig  grosse  Dicke  hat,  lässt  ganz  dieselbe  Zusammensetzung 
aus  kleinen  rundlich  -  eckigen ,  und  mitunter  noch  mit  einer  Spur  von  einem  Zellen- 
kern versehenen  Blättchen  gewahr  werden,  wie  die  Hornplatten  des  Rücken-  und 
Bauchschildes,  so  dass  theils  deshalb ,  theils  auch ,  weil  in  der  Gattung  Trionyx  am 
Rücken  und  Bauche  ebenfalls  nur  eine  massig  dicke  Epidermis  vorkommt,  kein  Zwei- 
fei darüber  entstehen  kann,  dass  jene  Platten  sehr  verdickte  Stellen  der  Epidermis 
sind.  Auf  den  dunkeln  Stellen  der  zuletzt  genannten  Körpertheile  kommen  auch  in 
den  einzelnen  Blältchen  der  Epidermis  häufig  einige  wenige  Körner  vor,  die  eine 
braune  oder  olivengrüne  Farbe  haben:  niemals  aber  habe  ich  zwischen  ihnen  an  je- 
nen Körpertheilen  besondre  Zellen  finden  können,  die  mit  einem  solchen  Farbestoif 
ganz  vollgefüllt  gewesen  wären.  —  Drüsenbälge  habe  ich  bei  keiner  Schildkröte 
in  der  Haut  bemerken  können. 


Drittes    Kapitel. 
Von  den  Rücken-,  Brust-  und  Bauch -Muskeln. 


§.41.  Wenn  bei  den  Schildkröten,  wie  ich  dargethan  habe,  das  Bauchschild 
ein  Theil  ihres  Hautskeletes  ist,  ein  Brustbein  aber  ganz  fehlt,  so  kann  der  allge- 
mein geltenden  Ansicht  nicht  weiter  Folge  gegeben  werden,  dass  von  jenen  Mus- 
keln, obgleich  hei  andern  Wirbelthieren  die  ihnen  entsprechenden  sämmtlich  ausser- 
halb der  Rumpfhöhle  liegen,  einige  zum  Theil,  und  andre  sogar  gänzlich  in  der 
Rumpfhöhle  ihre  Lage  haben.  Indess  kommen  bei  den  Schildkröten  in  der  Lage- 
rung und  Verbindung  auch  der  genannten  Muskeln  Verhältnisse  vor ,  die  von  den- 
jenigen, welche  bei  andern  Wirbelthieren  wahrgenommen  werden,  mehr  oder  weni- 
ger abweichen.  Die  meisten  von  diesen  Abweichungen  sind  jedoch  nicht  so  bedeu- 
tend, wie  sie  auf  den  ersten  Anblick  zu  sein  scheinen,  sondern  lassen  sich  auf  den 
allgemeinen  Bildungstypus  der  Wirbelthiere  leicht  zurückführen.  Einige  wenige  von 
jenen  Muskeln  aber  scheinen  bei  den  Schildkröten,  wenn  man  diese  mit  andern  Wir- 


155 

belthieren  vergleicht,  völlig  versetzt  und  dem  Bildungstypus  der  übrigen  Wirbel- 
thiere  ganz  entfremdet  zu  sein,  weil  sie  entweder  zum  Theil  oder  sogar  gänzlich  nach 
innen  von  den  Rippen  liegen,  anstatt  dass  bei  andern  Thieren  diejenigen  Muskeln, 
mit  welchen  sie  für  gleichbedeutend  gehalten  werden,  an  der  äussern  Seite  der  Rip- 
pen ihre  Lage  haben.  Ob  indess  die  letztern  Muskeln  auch  mit  Recht  für  gleich- 
bedeutend mit  einigen  Muskeln  andrer  Wirbelthiere  zu  halten  sind,  wird  sich  für 
jeden  von  ihnen  weiterhin  ergeben. 

§.  42.  Die  Rückenmuskeln  der  Wirbelthiere  lassen  sich,  ihrer  Befesti- 
gung und  ihrem  Zwecke  nach,  am  passendsten  in  2  Klassen  eintheilen,  in  solche 
nämlich,  welche  zur  Bewegung  der  Wirbelsäule,  der  Rippen  und  des  Kopfes  dienen, 
und  in  solche,  welche  zur  Bewegung  der  Gliedmassen  bestimmt  sind.  Wollte  ich 
mich  jedoch  im  Folgenden  an  diese  Eintheilung  halten,  so  würde  ich  manche  Wie- 
derholungen machen  müssen.  Um  solche  zu  vermeiden ,  werde  ich  daher  die  abzu- 
handelnden Rückenmuskeln  der  Schildkröten  nach  den  Gegenden  eintheilen,  in  de- 
nen sie  vorkommen.  Uebrigens  aber  werden  in  dem  Folgenden  nur  diejenigen  be- 
rücksichtigt werden,  welche  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  mit  dem  Rückenschilde 
in  Verbindung  stehen. 

A.     Muskeln,    die    in     dem    Rückenschilde    nach    der    Länge    des- 
selben verlaufen,    oder   mittlere    Rückenmuskeln. 
Von  solchen  kommen  bei  den  Schildkröten  nur  2  Arten  vor : 

a)  Musculi  interspinales.  (Tab.  lü,  Fig.  10.  k.  Tab.  IV, 
Fig.  3.  Tab.  V,  Fig.  1.  h.) 
Wenn  die  Dornfortsätze  der  Rückenwirbel  erst  im  Entstehen  begriffen  sind, 
oder  sich  nur  erst  in  einem  solchen  Grade  ausgebildet  haben,  dass  sie  von  einander 
noch  abstehen,  kann  man  zwischen  dem  obern  Theil  der  Bogen  je  zweier  Rücken- 
und  Kreuzbeinwirbel  zwei  schmale,  dünne  und  überhaupt  nur  kleine,  einander  gleiche 
Muskeln  bemerken,  die  von  dem  einen  Bogen  zu  dem  andern  herübergehen,  und 
deren  Fasern  nach  der  Länge  des  Leibes  ihren  Verlauf  machen.  Auch  befindet  sich 
ein  Paar  dergleichen  Muskeln  zwischen  dem  vordersten  Rückenwirbel  und  dem  letz- 
ten Halswirbel.  An  denjenigen  Wirbehi,  welche  einen  Dornfortsatz  besitzen,  sind 
sie  dem  rechten  und  linken  Rande  dieses  Fortsatzes  angeheftet,  an  den  übrigen  ge- 
nannten Wirbeln  aber  den  Bogen  selbst.  Nach  unten  und  aussen  grenzen  sie  un- 
mittelbar an  die  Fasern  der  nachher  zu  beschreibenden,  oder  grössern  Rückenmus- 
keln an:  nach  oben  aber  hängen  sie  mit  einer  dünnen  Fascie  zusammen,  die  über 
sie,  die  übrigen  Rückenmuskeln  und  die  Dornfortsätze  ausgebreitet  ist,  und  in  die 
Fascia  costalis  übergeht,  von  der  sie  eine  Fortsetzung  ist.    Zwischen  je  zweien  sol- 

20* 


156 

eben  Muskeln,  welche  ein  Paar  ausmachen,  befindet  sich  ein  schmaler  Zwischenraum, 
der  von  einem  nur  wenig  dicken  Streifen  eines  fibrösen  Gewebes  ausgefüllt  wird. 
Dieser  Streifen  aber,  der  in  der  Mittelebene  des  Körpers  von  einem  Wirbel  zum 
andern  geht  und  einem  Ligamentum  interspinale  höherer  Thiere  entspricht,  hängt 
innig  mit  der  oben  angegebenen  Fascie  zusammen,  oder  ist  vielmehr  als  ein  verdick- 
ter Theil  derselben  zu  betrachten.  —  Später  verschwinden  die  beschriebenen  Mus- 
kelbündel gänzlich;  und  dies  geschieht  zu  einer  Zeit,  da  die  Dornfortsätze  immer 
breiter  oder  überhaupt  grösser  werden,  in  Folge  davon  aber  sich  an  einander  dicht 
anschliessen ,  auch  der  vorderste  Dornfortsatz  zu  einer  Verbindung  mit  der  Nacken- 
platte gelangt,  und  über  den  hintersten  Rumpfwirbeln  sich  einige  andre  Ergänzungs- 
platten des  Rückensehildes  bilden.  Schon  bei  den  untersuchten  Jungen  von  Platemys 
und  Trionyx  ocellatus  konnte  ich  so  wenig,  wie  bei  einer  erwachsenen  Emys  euro- 
paea  von  den  beschriebenen  Muskelbündeln  irgend  eine  Spur  mehr  auffinden ;  geringe 
Ueberreste  von  ihnen  aber  bemerkte  ich  noch  deutlich  bei  einer  jungen  Erays  luta- 
ria  und  Em.  europaea. 

b)     Musculi  sacrospinales      [J/.   longissimi  dorsi,   nach    einer 

Deutung  von  Bojanus].     (Tab.  ffl,  Fig.  10.  i.     Tab.  IV,  Fig. 

1.  e,    und  Fig.  3.  3.     Tab.  V,   Fig.  1.  g.     Tab.  VII,  Fig.  3. 

h.  h.  Fig.  6.  d.  d.) 
Es  sind  dies  zwei  lange  und  massig  breite  Muskeln,  die  von  vorne  nach  hin- 
ten dünner  und  schmäler  werden,  bei  noch  sehr  jungen  Schildkröten  in  der  Regel 
durch  die  ganze  Länge  des  Rumpfes  verlaufen,  und  bei  den  Jungen  nirgend  deut- 
lich Sehnenfasern  bemerken  lassen,  obgleich  in  ihnen  solche  bei  den  Erwachsenen 
mitunter  (z.  B.  bei  Emys  europaea,  Trionyx  ferox  und  Chelonia  imbricata)  stellenweise 
vorkommen.  Sie  machen  ihren  Verlauf  über  den  Hälsen  der  Rippen,  denen  sie  dicht 
aufliegen,  bedecken  auch  die  Bogenscbenkel  der  Rumpfwirbel,  und  grenzen  nach  in- 
nen (gegen  die  Mittelebene  des  Körpers)  an  die  etwas  höher  gelegenen  Musculi  in- 
terspinales an.  Von  oben  sind  sie  anränglich,  ausser  einer  dünnen  Fascie,  nur  durch 
die  Haut  und  die  darunter  liegende  Schichte  des  dichten  Unterhaut-Bindegewebes  be- 
deckt: wenn  aber  die  meisten  Rippen  einen  obern  Schenkel  gegen  die  Dornfortsätze 
der  Wirbelbeine  aussenden,  auch  die  Dornfortsätze  selbst  an  Breite  zunehmen,  wer- 
den sie  durch  diese  verschiedenen  Theile,  wie  durch  Brücken,  überwölbt.  Ganz 
vorne  gehen  sie,  etwas  schmäler  werdend,  zwischen  den  obern  Enden  der  Schulter- 
blätter und  dem  Dornfortsatze  des  vordersten  Rumpfwirbels  zum  Nacken  hin,  laufen 
unter  der  Nackenplatte  hinweg,  und  setzen  sich  unter  den  an  diese  Platte  angehef- 
teten und  dicht  neben  einander  liegenden  Nackenmuskeln   zu   beiden  Seiten  des  letz- 


157 

ten  oder  der  zwei  letzten  Halswirbel   an  diese  Wirbel  an.     Hinten   aber   gehen   sie 
meistens  deutlich  auf  die   Querfortsätze    der  Kreuzbeinwirbel    und    der  Schwanzwirbel 
über,    und  lassen  sich  auch  wohl  am  Sch\Aanze,   wo  sie  von  den  M.  M.  extensores 
caudae   bedeckt   werden ,    mehr   oder   weniger  weit  nach  hinten  verfolgen.     In  einer 
solchen  Lagerung,  wie  ich  so  eben  angegeben  habe,  und  in  einer  Ausdehnung  vom 
Halse  bis  wenigstens  zu  den  vordersten  Schwanzwirbeln    fand   ich   die   in  Rede   ste- 
henden Muskeln  bei  den  Jungen  von  Sphargis,  Chelonia,  Terrapene  tricarinala,  Trio- 
nyx  aegyptiacus  und  Trionyx  gangeticus,    wie  auch  bei  dem  Embryo  von  Chelonia. 
Weniger  deutlich  war  dieser  ihr  Verlauf  bei   dem   Embryo   von  Testudo,   bei    dem 
an  den  Stellen,   wo   ich    sie   bei  jenen  erst  genannten  jungen  Schildkröten  gefunden 
hatte,  nachdem  diese  Stellen  freigelegt  worden  waren,  zunächst  zwei  lange  Fettstrei- 
fen   sichtbar   wurden.     Denn    in    dem  Fette   waren    die   beiden  Muskeln   nur   an  der 
vordem  Hälfte    des  Rumpfes    leicht   zu    erkennen :    ob    sie    aber   sich    auch   über    die 
hintere  Hälfte  des  Rumpfes  erstreckten,    blieb  mir  so  lange  zweifelhaft,   bis  ich  den 
hintern  Theil  der  Fettstreifen  unter  das  Mikroskop    gebracht   hatte,    indem    nunmehr 
in  ihnen  Bündel  von  Längsfasern  sichtbar  wurden,  die  ganz  das  Aussehen  von  Mus- 
kelfasern   hatten.    —    Im  Verlauf  der   weitern  Entwickelung   der  Schildkröten    ver- 
kümmern beide  Muskeln  bei  einigen,    oder   vielleicht   bei    allen  Arten    dieser  Thiere 
von  hinten  her  mehr  oder  weniger  weit:    und  dies  geschieht  zu  einer  Zeit,  da  sich 
wenigstens  der  mittlere  Theil  des  Rückenschildes  schon  so  ausgebildet  hat,  dass  eine 
willkührliche  Krümmung  des  Rückens   nicht   mehr   möglich    sein   würde.      Denn   bei 
den  beiden  jungen  Exemplaren  von  Emys  europaea,  die  ich  untersuchen  konnte,  des- 
gleichen bei  den  Jungen  von  Emys  lutaria   und   Platemys  Spixii    endeten    sie   hinten 
ganz  deutlich  schon  am  siebenten  Wirbel  des  Rumpfes,  und  bei  dem  jungen  Pento- 
nyx  capensis  konnte  ich  sie  nur  bis  zu  dem  sechsten  Rumpfwirbel  verfolgen.     Was 
aber  ihre  Länge  bei  erwachsenen  Schildkröten  anbelangt,  so  erstrecken  sie  sich  bei 
Emys  europaea,    nach   einer   von  Bojanus  gemachten  Angabe,    die    ich    bestätigen 
kann,  bis  beinahe  zu  dem  achten  Rippenpaare,    indem  ihre  hintern  Hälften  theils  an 
die  beiden  Schenkel   des   siebenten   und   der   4    zunächst   davor   befindlichen  Rippen- 
paare, theils  an  die  Wirbelbeine,  von  denen  diese  Rippen  abgehen,  angeheftet  sind  '). 
Nach  Meckel  ist  eben  so  auch  ihr  Verhalten  bei  Emys  serrata:  bei  Testudo  aber 
sollen  sie  mit  dem  einen  Ende  an  die  untere  Fläche    des   breiten  Dornfortsatzes  des 
ersten  ( des  zweiten  ? )  Brustwirbels ,    mit   dem  andern  an  die  Querfortsätze  des  hin- 
tersten Halswirbels  befestigt,   wie   überhaupt    nur  sehr  kurz  sein,    und  bei  Chelonia 


^)    Am  angeführten  Orte,  Explicatio  tabulae  XVH,  Fig.  67. 


158 

will  Meckel  von  ihnen  nicht  einmal  eine  Spur  mehr  aufgefunden  haben  l).  Da- 
gegen giebt  Cuvier  an,  ohne  aber  eine  besondre  Species  von  Schildkröten  nam- 
haft gemacht  zu  haben,  dass  bei  den  Schildkröten  (jederseits)  ein  Muskel,  den  Bo- 
janus  den  langen  Rückenmuskel  genannt  hat,  der  aber  seiner  Lage  nach  etwas  an 
den  Dornmuskel  des  Rückens  erinnert  ( ? ) ,  längs  der  Wirbelsäule  hinläuft ,  indem 
er  Fasern  von  allen  Wirbeln  (des  Rumpfes)  erhält,  durch  die  zwischen  den 
Köpfen  der  Rippen  und  dem  Rückenschilde  befindlichen  Zwischenräume  hindurchgeht, 
und  sich  vorne  an  der  vordem  (untern)  Seite  des  achten  Halswirbels  endigt  ^). 

Ausser  der  Emys  europaea  habe  ich  auf  diese  Muskeln  noch  einige  andre  er- 
wachsene Schildkröten  untersucht.  Bei  Trionyx  ferox  sah  ich  sie  nach  hinten  bis 
zu  dem  siebenten  Wirbel  des  Rumpfes  und  dessen  Rippen  verlaufen :  wie  es  aber 
allen  Anschein  hatte ,  reichten  sie  noch  weiter  bis  zu  dem  nächstfolgenden  Wirbel ; 
doch  konnte  ich  darüber,  ohne  das  Rückenschild  von  der  obern  Seite  aufzubrechen, 
keine  Gewissheit  erlangen.  Bei  Chelonia  imbricata  und  Terrapene  tricarinata  reich- 
ten sie  bis  zu  dem  siebenten  Wirbel  des  Rumpfes,  bei  Emys  punctularia  mit  dem 
fleischigen  Theile  bis  zu  dem  vierten,  indess  Sehnenfasern  von  ihnen  bis  zu  dem  sie- 
benten Wirbel  hingingen:  bei  Testudo  graeca  aber,  wie  auch  bei  Testudo  maurita- 
nica  endigten  sie  völlig  am  hintern  Rande  des  oberen  Schenkels  des  zweiten  Rippen- 
paares, reichten  also  nur  bis  zu  dem  dritten  Rumpfwirbel  hin. 

Den  Verlauf,  den  die  einzelnen  Fasern  der  M.  M.  sacrospinales  machen,  habe 
ich  unter  den  jungen  Schildkröten  am  besten  bei  Arten  aus  den  Gattungen  Sphar- 
gis,  Chelonia,  Emys  imd  Trionyx  erkennen  können.  Ein  jeder  bestand  bei  ihnen 
aus  einem  einzigen  langen  Bündel,  von  dessen  am  meisten  nach  der  Mittelebene  des 
Körpers  gelegenen  Fasern  mehrere  ohne  Unterbrechung  von  dem  vordem  bis  an  das 
hinterste  Ende  des  Muskels  gingen.  Von  den  übrigen  aber  wurden  immer  einige 
an  eine  von  den  langem  Rippen  [den  Hais  und  den  zunächst  gelegenen  Theil  des 
Körpers  derselben]  abgegeben,  wie  der  Muskel  über  die  Rippen  herüberging,  so  dass 
das  Bündel  nach  aussen  abgestuft  erschien,  und  noch  andre,  die  gleichfalls  eine  sehr 
verschiedne  Länge  hatten,  setzten  sich  gegenüber  den  Hälsen  der  Rippen  an  die 
Fascie,  welche  zwischen  den  Körpern  der  Rippen  und  den  Dornfortsätzen  ausgespannt 
war  und  eine  Fortsetzung  der  Fascia  costalis  darstellte. 

Im  Verlaufe  der  weiteren  Entwickelung  nehmen  diese  beiden  Muskeln,  wenn 
vielleicht  auch  nicht  bei  allen  Schildkröten ,    so  doch  bei  einigen ,  wie  namentlich  in 


')     System  der  vergl.  Anatomie,  Theil  III,  Seile  114. 

*)     Le^ons  d'anatomie  comparee.  Second  edition,  Tom.  I,  pag.  290. 


159 

der  Galtung:  Testudo ,  bedeutend  an  Länge  ab  :  dagegen  nimmt  der  übrig  bleibende 
Theil  eines  jeden  immer  mehr  an  Dicke  zu.  In  seinem  ausgebildeten  Zustande  er- 
scheint dann  ein  jeder  solcher  Muskel  von  seinem  vordem  Ende,  das  theils  fleischig, 
theils  sehnig,  im  Ganzen  nur  dünn,  und  seitwärts  an  den  letzten  oder  die  zwei  letz- 
ten Halswirbel  angeheftet  ist,  um  so  dicker,  je  näher  dem  zweiten  Rumpfwirbel,  von 
diesem  aber  ab  wiederum  je  weiter  nach  hinten,  desto  dünner,  indem  er  in  seinem 
Verlaufe  theils  an  den  obern ,  theils  an  den  untern  Schenkel  einer  jeden  längern 
Rippe,  durch  die  er  hindurchgebt,  Fasern  abgiebt,  die  sich  an  den  beiden  Schenkeln 
dieser  Rippen  ansetzen.  —  Was  aber  die  Wirkung  der  beiden  M.  M.  sacrospinales 
anbelangt,  so  besteht  sie  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  jedenfalls  nur  darin,  dass 
sie  den  hintern  Tbeil  des  Halses,  wenn  er  abwärts  gebogen  war,  wieder  aufwärts 
biegen. 

Zufolge  der  Angaben,  die  ich  in  dem  Obigen  über  die  Muskeln,  welche  dem 
Rücken  als  solchem  angehören  und  sich  nach  der  Länge  desselben  erstrecken,  ge- 
macht habe,  sind  dieselben  auch  bei  den  Schildkröten  von  einer  ähnlichen  Art,  wie 
bei  den  höhern  Wirbelthieren,  kommen  aber  bei  jenen  in  einer  weit  geringern  Zahl 
vor,  als  bei  diesen.  Der  Grund  hievon  liegt  ohne  Zweifel  wohl  darin,  dass  bei  den 
Schildkröten  die  Entwickelung  des  Rückens  schon  frühe  dahin  gerichtet  ist,  ein  in 
seinen  Theilen  unbewegliches  knöchernes  Schild  zu  bilden,  bei  dem  dann  überhaupt 
derartige  Muskeln,  wie  sie  bei  andern  Thieren  zur  Bewegung  der  Rückenwirbel  und 
der  Rippen  gebildet  werden,  ganz  unnütz  sein  würden.  Die  wenigen  Rückenmuskeln 
aber,  die  bei  den  Schildkröten  noch  entstehen,  legen  nur  ein  Zeugniss  davon  ab, 
dass  der  Plan  für  die  Entwickelung  dieser  Thiere  in  seinen  Grundzügen  demjenigen 
ähnlich  ist,  nach  welchem  sich  die  andern  Wirbelthiere  in  ihrer  Entwickelung  rich- 
ten. Denn  einen  eigentlichen  Zweck  und  Nutzen  können  jene  Muskeln  bei  den 
Schildkröten,  deren  Rumpf  durch  eine  eigentbümliche  Verbindung  seiner  Knochen 
gajiz  steif  und  unbeweglich  gemacht  wird,  für  die  Bewegung  des  Rumpfes  selbst 
nicht  haben,  weshalb  auch  später  einige  von  ihnen  zum  Theil  verkümmern,  und  noch 
andre  wieder  ganz  verschwinden,  wie  denn  überhaupt  hei  den  Thieren  sehr  häufig 
Organe,  die  sich  in  einer  frühern  Lebenszeit  gebildet  hatten,  wenn  sie  für  die  Er- 
reichung der  Lebenszwecke  überflüssig  geworden  sind,  einer  rückschreitenden  Meta- 
morphose anheimfallen   *). 


')  Rathke,  über  die  rückschreitende  Metamorphose  der  Thiere,  in  dessen  Beiträgen  zur  vergl.  Anato- 
mie und  Physiologie,  Reisebemerkungen  aus  Skandinavien,     Danzig  1842.  Seite  120  bis  154. 


160 

B.     Muskeln,    die    an    den   vordem    Theil    des    Rückenschildes  be- 
festigt  sind. 

a)  Musculus  cucullaris.  (Tab.  IV,  Fig.  3,  i.   Tab.  V,  Fig.  1,  a.) 
Für  gleichbedeutend  mit  den  Kappenniuskeln  der  Säugethiere  hat  J.  F.  Meckel 

2  lange,  schmale  und  nalie  bei  einander  liegende  paarige  Muskeln  der  Schildkröten 
ausgegeben,  die  gleich  unter  der  Haut  des  Nackens  liegen.  Bojanus  hat  sie  mit 
dem  Namen  der  M.  M.  splenii  capitis  belegt.  Am  dicksten  fand  ich  sie  bei  den 
Seeschildkröten,  am  dünnsten  bei  Terrapene.  Mit  ihrem  einen  Ende  sind  sie  ent- 
weder an  das  Hinterhauptbein  oder  • — ■  namentlich  bei  Emys  europaea,  Emys  pun- 
ctularia  und  Terrapene  tricarinata  —  an  das  Schläfenbein  und  die  Fascia  temporalis 
befestigt:  ihr  anderes  Ende  aber  ist  an  die  untere  Seite  der  Nackenplatte  angehef- 
tet. Keine  solche  Muskeln ,  die  von  der  Nackenplatte  bis  zum  Kopf  gegangen 
wären,  Hessen  sich  bei  Pentonyx  capensis  und  Trionyx  auffinden   *). 

b)  Mtisculus  splenitis  capitis,  nach  Meckel.     (Tab.  IV,  Fig. 

3,  c.  Tab.  V,  Fig.  I,  b.  b.  Tab.  VH,  Fig.  1,  h.) 
Einen  Muskel  der  Art  habe  ich  nur  bei  den  Seeschildkröten  bemerkt.  Er  liegt 
seitwärts  von  dem  vorigen  und  ist  mit  seinem  einen  Ende  an  das  Schläfenbein  an- 
geheftet, mit  dem  andern  breitern  Ende  zum  kleinern  Theil  an  die  untere  Seite  der 
Nackenplatte,  zum  grössern,  namentlich  bei  der  erwachsenen  Chelonia  imbricata,  an 
eine  zwischen  der  Nackenplatte  und  der  zweiten  Rippe  ausgespannten  Fascie.  Den 
Gattungen  Emys  und  Testudo  ist  er  schon  von  Meckel  abgesprochen  worden. 

c.  Musculus  spt'nalis  cervicis,  nach  Bojanus  und  Meckel. 
(Tab.  Vn,  Fig.  3,  d.  Fig.  5,  f.  und  Fig.  6,  g.) 
Es  liegen  diese  ebenfalls  paarigen  Muskeln  an  der  obern  Seite  des  Halses 
meistens  nahe  beisammen,  seltner  [Trionyx]  an  ihrem  hintern  Ende  in  massig  gros- 
ser Entfernung  von  einander,  und  werden,  wenn  die  Kappenmuskeln  vorhanden  sind, 
von  denselben  mehr  oder  weniger  bedeckt,  indess  sie  bei  dem  Mangel  derselben 
grösstentheils  gleich  unter  der  Haut  liegen.  In  dem  erstem  Falle  sind  sie  bei  man- 
chen Schildkrölen  [Emys  punctularia  und  Terrapene  tricarinata]  an  ihrem  hintern 
Ende  mit  den  Kappenmuskeln  so  vereinigt,  dass  diese  niu"  besondre  Zipfel  von  ihnen 
zu  sein  scheinen.  Ihr  hinteres  Ende  ist  immer  fleischig,  und  bei  Testudo,  Terrapene, 
Trionyx  und  Chelonia  nur  allein  an  die  untere  Seite  der  Nackenplatte ,  bei  Emys 
und   Pentonyx   theils    an    die  Nackenplatle ,    theils    an    die  untere  Seite  des  zweiten 


')     VoQ  erwachseneu  Exemplaren  der  Gattung  Trionj'x  habe  ich   auf  die   Muskeln   Trionyx  ferox,  Tr. 
subplanus  und  Tr.  granosus  untersucht. 


IGl 

Paares  der  Rippen  in  der  Nähe  des  vordem  Randes  dieser  Rippen  befestigt.  Ihr  vor- 
deres Ende  ist  in  der  Gattung  Trionyx  nur  einfaeh,  fast  ganz  fleischig,  und  nur  allein 
an  den  fünllen  [Tr.  subplanus]  oder  sechsten  Wirbel  des  Halses  (und  zwar  an  den 
Bogen  desselben)  befestigt :  bei  andern  Schildkröten  aber  ist  es  2  bis  3  Mal  gespal- 
ten, und  steht  durch   Sehnen  mit  mehrern '  hintern  Halswirbeln  in  Verbindung. 

Bei  Terrapene  tricarinata  und  verschiednen  Arten  von  Trionyx  fand  ich  dicht 
unter  und  auch  zum  Theil  nach  aussen  von  den  beiden  so  eben  beschriebnen  Mus- 
keln zwei  iiuien  im  Verlaufe  ähnliche  [Tab.  VII,  Fig.  5,  g.],  die  aber  kürzer, 
obgleich  ebenfalls  recht  stark  waren.  Mit  ihrem  hintern  Ende  entsprangen  sie  ent- 
weder nur  von  der  Nackenplatte  (Trionyx) ,  oder  ausserdem  auch  von  dem  vordem 
Theil  der  Rippen  des  zweiten  Paares  (Terrapene) ;  mit  ihrem  vordem  Ende  aber 
waren  sie  an  den  Bogen  des  siebenten  Halswirbels  angeheftet.  Am  passendsten  las- 
sen sie  sich  wohl  für  besondre  abgetrennte  Bäuche  der  beiden  vorigen  Muskeln  aus- 
geben, mit  denen  sie  an  ihrem  hintern  Theile  auch  innig  zusammenhängen. 

d)     Musculus    scalenus    p osticus ,     nach    Meckel's    Deutung. 
(Tab.  VH,  Fig.  3,  g.  und  Fig.  6.  i.) 

Dieser  Muskel  ist  mit  dem  einen  Ende  an  einige  vordere  Halswirbel  (bei  Pen- 
tonyx,  wo  er  ansehnlich  gross  ist,  an  die  4  vordem),  mit  dem  hintern  Ende  bei 
verschiedenen  Schildkröten  an  verschiedene  Körpertheile  befestigt.  Bei  einigen  ist  er 
mit  diesem  letztern  Ende  weiter  nach  aussen,  als  die  vorigen  Muskeln,  an  das  Rü- 
ckenschild angeheftet,  und  zwar  bei  Chelonia  an  die  Fascie,  welche  zwischen  der 
Nackenplatte  und  der  zweiten  Rippe  ausgespannt  ist,  bei  Pentonyx  aber,  bei  dem 
die  zweite  Rippe  bis  an  ihr  äusseres  Ende  beträchtlich  breit  ist  und  sich  bis  dahin 
an  die  Nackenplatte  angeschlossen  hat,  an  diese  zweite  Rippe  in  der  Nähe  des  vor- 
dem Randes  jener  Platte.  Dagegen  reicht  bei  Trionyx,  Terrapene,  Emys  und  Te- 
studo dieser  Muskel  gar  nicht  bis  an  das  Rückenschild  hin,  sondern  ist  mit  seinem 
hintern  Ende  an  den  sechsten  und  siebenten  Halswirbel  befestigt. 

Nach  dem  Angegebenen  verhalten  sich  also  die  bis  dahin  aufgeführten  Nacken- 
muskeln in  Hinsicht  ihrer  Zahl  bei  den  verschiednen  Gattungen  der  Schildkröten  sehr 
verschieden,  und  eben  dasselbe  gilt  auch  von  ihrer  Grösse.  Alle  aber  sind  mit  ih- 
rem hintern  Ende,  wenn  sie  damit  das  Rückenschild  erreicht  haben,  bei  erwachsenen 
Schildkröten  vor  der  Achse  der  zweiten  Rippe  an  dieses  Schild  befestigt, 
einige  von  ihnen  sogar  nur  allein  an  die  Nackenplatte.  Bei  solchen  jungen  Schild- 
kröten nun,  bei  welchen  die  Rippen  noch  sehr  schmal  und  cylindrisch  sind,  findet 
man  die  oben  beschriebenen  Muskeln  mit  ihrem  hintern  Ende,  je  nach  ihrer  Ver- 
schiedenheit,   entweder  nur  an  die  Nackenplatte  befestigt,  oder  hinter  dieser  an  das 

21 


162 

Unterhaut -Bindegewebe  des  Rückens,  oder  noch  etwas  weiter  nach  hinten  an  den 
vordem  Rand  der  zweiten  Rippe.  Da  aber  die  Nackenplatte  wohl  ohne  Zweifel 
später,  als  die  genannten  Muskeln,  entsteht  und  sich  unabhängig  von  der  Wirbel- 
säule und  den  Rippen  unter  der  Haut  bildet:  so  besteht  die  Abweichung,  welche 
jene  Muskeln  von  den  gleichnamigen  der  Säugethiere  in  Hinsicht  ihrer  Befestigung 
darbieten,  ursprünglich  nur  darin,  dass  die  meisten  von  ihnen  [nämlich  die  unter 
Litt,  a  bis  c  aufgeführten]  an  ihrem  hintern  Ende  mit  der  Hautbedeckung  in  Ver- 
bindung stehen,  anstatt  dass  sie  bei  den  Säugethieren  an  die  obere  Seite  einiger 
Wirbel  angeheftet  sind.  Aber  auch  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  ist  die  Ab- 
weichung in  der  Lage  und  Befestigung  ihrer  hintern  Theile  nicht  so  bedeutend,  wie 
sie  auf  den  ersten  Anblick  zu  sein  scheint.  Diejenigen,  welche  an  die  Nackenplatte 
angeheftet  sind,  weichen  von  den  ihnen  entsprechenden  der  Säugethiere  nur  darin  ab, 
dass  sie  mit  ihrem  hintern  Tbeile  nicht  an  die  Dornfortsätze  einiger  Wirbelbeine  be- 
festigt sind,  sondern  an  einen  über  ihnen  entstandenen  Theil  des  Hautskeletes ,  der 
den  Säugethieren  fehlt.  Was  aber  die  Befestigung  einiger  dieser  Muskeln  an  die 
untere  Seite  der  zweiten  Rippe  anbelangt,  so  ist  sie  der  Hauptsache  nach  durch  das 
eigenthümliche  und  auf  eine  gegenseitige  Durchdringung  hinzweckende  Verhältniss 
bedingt,  welches  zwischen  den  meisten  Rippen  und  dem  Unterhaut-Bindegewebe  ein- 
tritt, und  in  Folge  dessen  bei  dem  Wachsthum  der  zweiten  Rippe  in  die  Breite  der 
neue  Anwuchs  sich  immer  dicht  an  dem  Unterhaut-Bindegewebe  hält  und  dabei  Alles, 
was  vor  ihm  liegt,  sogar  die  ganze  erste  Rippe,  zu  überwölben  strebt.  Näher  noch 
angegeben,  findet  man  die  hintern  Enden  derjenigen  Nackenmuskeln,  welche  bei  er- 
wachsenen Schildkröten  entweder  gänzlich  oder  nur  zum  Theil  an  die  untere  Seite 
der  zweiten  Rippe  befestigt  sind,  anPänglich  vor  dieser  Rippe  mit  dem  Unterhaut- 
Bindegewebe  in  Verbindung.  Später  bildet  sich  dann  zwischen  ihnen  und  diesem 
Gewebe  eine  von  der  zweiten  Rippe  ziu"  Nackenplatte  gehende  Fascie  aus,  an  die 
sie  nunmehr  angeheftet  erscheinen.  Noch  später  aber,  wenn  die  Rippen  des  zwei- 
ten Paares  bedeutend  an  Breite  zunehmen  und  dabei,  nach  vorne  über  die  Rumpf- 
höhle hinaus  wachsend ,  sich  besonders  nach  vorne  ausdehnen ,  schneiden  sie  in  jene 
Fascien  immer  mehr  ein  und  spalten  sie  in  ein  oberes  (nachher  vergehendes)  und  ein 
unteres  (verbleibendes)  Blatt,  breiten  sich  also  über  die  Insertionsstellen  der  Mus- 
keln, die  an  jene  Fascien  angeheftet  sind,  immer  weiter  nach  vorne  aus,  bis  endlich 
diese  Muskeln  mit  ihrem  einen  Ende  unter  ihnen  zu  liegen  kommen. 

e)     Musculus   latissimus   colli,   nach   Bojanus,    oder  Stellver- 
treter mehrerer  Halsmuskeln  der  Säugethiere,  nach  Meckel  (Tab.  VR,  Fig.  5,  i.). 
Es  ist  dies  ein  dünner  und  ziemlich  breiter  oberflächlicher  Muskel,  der  von  un- 


163 

len  her  die  Luflrölirc  und  Speiseröhre  bedeckt ,  und  dessen  Fasern  im  Allgemeinen 
eine  quere  Richtung  haben.  Vorne  setzt  er  sich  mit  2  Zipfehi  an  die  Schläfen- 
beine au,  hinten  reicht  er  bis  unter  das  Rückenschild.  Seine  hintersten  Fasern  ge- 
hen bei  den  meisten  Schildkröten  von  der  Nackenplatte  zu  dem  vordem  Theil  des 
Bauchschildes  herab,  sind  an  die  innere  Seite  beider  befestigt,  und  kommen  dann  ge- 
wöhnlich, wie  die  übrigen  Fasern,  nur  in  einer  dünnen  Lage  vor :  bei  den  Trionyx- 
Arten  aber  bilden  sie  jcderseits  ein  dickes  und  überhaupt  sehr  starkes  abgetrenntes 
Bündel ,  das  einen  besondern  senkrecht  herabgehenden  Muskel  darstellt,  der  schmal  an 
der  Nackenplattc  beginnt  und  gegen  das  Bauchschild  immer  breiter  wird.  Seltner 
geht  der  ganze  Muskel  hinten  in  die  Aponeurose  der  Oberarmmuskeln  über ,  und 
dies  ist  der  Fall  bei  den  Seeschildkröten,  als  bei  welchen  das  Bauchschild  nicht  so 
weit,  wie  bei  den  übrigen  Schildkröten,  nach  vorne  reicht.  — 

Welchem  Muskel  der  Säugelhiere  man  den  eben  beschriebnen  auch  für  gleich- 
bedeutend halten  will ,  so  wird  seine  gewöhnliche  Verbindung  mit  der  Nackenplatte 
und  dem  Bauchschilde  nicht  eine  wesentliche  Abweichung  von  dem  Typus  der  Säu- 
gethierc,  namentlich  nicht  eine  theilweise  Versetzung  in  das  Innere  der  Rumpfhöhle 
bezeichnen  können,  da  sowohl  die  Nackenplattc,  als  auch  das  Bauchschild  dem  Haut- 
skelete  angehört. 

f)  Musculus  latissimus  dorst,  nach  Cuvier,  Bojanus  und 
Meckel.  (Tab.  III,  Fig.  10,  h.  Tab.  IV,  Fig.  3.7.  Tab.  V, 
Fig.   1,  e.  Tab.  VII,  Fig.  3,  d.    Fig.  5,  h.  und  Fig.  6,  k.  k.) 

Bei  allen  Schildkröten  steht  dieser  Muskel  dem  gleichnamigen  der  Säugelhiere 
an  Grösse  sehr  nach,  liegt  weit  nach  vorne,  geht  von  der  Innern  Fläche  des  Rücken- 
schildes nach  unten  und  vorn  zu  dem  Oberarraknochen ,  und  läuft  auf  diesem  Wege 
vor  dem  Schulterblatte  herab.  Sein  oberes  dickeres  Ende  ist  nach  Ablauf  der  Ent- 
wickelung  angeheftet  bei  Trionyx  nur  allein  an  die  Nackenplatte,  bei  Testudo  theils 
an  diese  Platte,  theils  an  die  zweite  Rippe  vor  der  Achse  derselben,  bei  Emys,  Pen- 
tonyx  und  Terrapene  nur  allein  an  diesen  vordem  Theil  der  zweiten  Rippe.  Zur 
Erklärung  der  Abweichung  also,  welche  dieser  Muskel  in  der  Befestigung  seines 
obern  Endes  von  dem  gleichnamigen  Muskel  der  Säugethiere  darbietet,  würde  sich 
für  die  oben  genannten  Schildkröten  dasselbe  anführen  lassen,  was  ich  schon  in 
Betreff  derjenigen  Nackenmuskeln,  welche  bei  ihnen  von  dem  Rückenschilde  abgehen, 
angegeben  habe.  Etwas  anders  aber  verhält  sich  die  Sache  bei  den  erwachsenen 
Seeschildkröten.  Bei  diesen  nämlich,  wenigstens  bei  denen  aus  der  Gattung  Chelo- 
nia,  bei  welchen  der  in  Rede  stehende  Muskel  eine  weit  grössere  Stärke,  als  bei 
den  Land-  und  Süsswasser- Schildkröten  erlangt,    ist   er   mit    seinem    obern    breitern 

21  • 


164 

Ende  von  unten  her  nicht  blos  an  die  zweite  Rippe,  sondern  auch  an  die  vordere 
Hälfte  der  dritten  Rippe  [an  die  vor  der  Achse  dieser  Rippe  befindliche  Hälfte]  an- 
geheftet. Vergleicht  man  jedoch  dieses  sein  Verhältniss  mit  demjenigen,  in  welchem 
sich  der  Muskel  bei  andern  Schildkröten  zu  dem  Rückenschilde  befindet,  so  darf  man 
für  sehr  wahrscheinlich  halten,  dass  er  mit  seinem  obern  Ende  anfiinglicb  auch  bei 
den  Seeschildkröten  nicht  so  weit  nach  hinten  reicht,  und  dass  er  nur  erst  bei  zu- 
nehmender Stärke  sich  unter  dem  Rückenschilde  weiter  nach  hinten  ausbreitet.  Dass 
dem  aber  wirklich  auch  so  ist,  ergiebt  die  Untersuchung  von  Seeschildkröten,  welche 
noch  in  der  Entwickelung  begriffen  sind.  Denn  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  Mi- 
das  und  der  jungen  Sphargis  fand  ich,  dass  sein  oberes  Ende  nur  an  den  vordem 
Rand  der  zweiten  Rippe  und  vor  dieser  an  das  Unterhaut-Bindegewebe  des  Rückens 
angeheftet  war.  Bei  der  jungen  Chelonia  virgata  aber  war  er  zum  Theil  schon  an 
die  untere  Seite  der  zweiten  Rippe  befestigt,  und  bei  den  Jungen  von  Chelonia  Mi- 
das  und  Chelonia  imbricata  reichte  er  zwar  schon  über  die  zweite  Rippe,  die  erst 
eine  geringe  Breite  hatte,  ein  wenig  hinaus,  stand  jedoch  von  der  dritten  Rippe 
noch  weit  ab.  Es  lässt  sich  demnach  im  Allgemeinen  über  das  abweichende  Ver- 
halten des  M.  latissimus  dorsi  bei  den  Seeschildkröten  Folgendes  angeben:  Anfangs 
ist  dieser  Muskel  an  den  vordem  Rand  der  zweiten  Rippe,  die  über  die  erste  nach 
aussen  weit  vorspringt,  und  vor  derselben  an  das  UnLerhaut-Bindegewebe  angeheftet. 
Allmählig  aber  wächst  die  zweite  Rippe  über  ihn  nach  vorne  hinüber,  und  es  be- 
ginnt zugleich  eine  gegenseitige  Durchdringung  dieser  Rippe  und  des  sie  bedecken- 
den Unterhaut- Bindegewebes.  Dadurch  wird  der  Muskel  an  seinem  hintern  Ende 
ausser  Verbindung  mit  dem  Unterhaut  -  Bindegewebe  gesetzt.  Verlängert  er  sich 
darauf  noch  weiter  nach  hinten  und  nimmt  an  seinem  hintern  Ende  bedeutend  an 
Stärke  zu,  so  ist  er  genöthigt,  sich  unter  der  zweiten  Rippe  und  der  Fascie,  wel- 
che dieselbe  mit  der  folgenden  Rippe  verbindet,    auszubreiten. 

g.  Musculus  subclavius,  nach  Bojanus.  (Tab.  IV,  Fig.  3,  b. 
Tab.  V,  Fig.  2,  e.  Tab.  VU,  Fig.  3,  f.  Fig.  5,  c.  und  Fig.  6,  c.) 
Auch  dieser  ist  bei  den  Schildkröten  ein  wahrer  Rückenmuskel,  in  sofern  er 
der  Rückenwand  des  Rumpfes  angehört.  Er  verläuft  dicht  an  der  untern  Seite  des 
Rückenschildes  in  der  Regel  quer  von  aussen  nach  innen  und  zugleich,  je  nach  der 
Wölbung  des  Rückens,  mehr  oder  weniger  nach  oben.  Mit  seinem  äussern  Ende 
ist  er  in  diesem  gewöhnlichen  Falle  an  das  Rückenschild,  entweder  in  einiger  Ent- 
fernung oder  ganz  in  der  Nähe  von  dem  äussern  Rande  desselben ,  mit  seinem  In- 
nern dünnern  Ende  aber  an  das  obere  Ende  des  Schulterblattes  —  welches  Knochen- 
stück von  Bojanus  für  gleichbedeutend  mit   dem  Schlüsselbeine   andrer  Thiere   ge- 


165 

halten  wurde  —  angeheftet.  Ferner  ist  er  in  der  Regel  viel  kleiner ,  als  der  M.  latissi- 
raus  dorsi,  hinter  dem  er  gelegen  ist,  doch  bei  verschiednen  Schildkröten  von  ver- 
schiedner  Grösse  und  Form.  Bei  den  Seeschildkröten  ist  er  fast  spindelförmig  und 
von  nur  geringer  Grösse,  bei  andern  Schildkröten  im  Allgemeinen  grösser,  platt, 
länglich-dreieckig,  und  mit  seiner  abgerundeten  Basis  nach  aussen  und  unten  gerich- 
tet. Zum  Theil  je  nach  der  verschiednen  Breite  dieses  seines  äussern  Endes,  theils 
auch  wegen  einer  etwas  verschiednen  Lagerung  desselben  und  der  verschiednen 
Breite  der  zweiten  Rippe  ist  er  bei  verschiednen  Schildkröten  an  verschiedne  Theile 
des  Rückenschildes  befestigt.  So  entspringt  er  bei  Chelonia  imbricata  dicht  hinter 
dem  äussern  Ende  der  zweiten  Rippe  von  der  Fascia  costalis,  bei  Trionyx  ferox 
von  der  untern  Seile  der  dünnern  Hälfte  ebenderselben  Rippe,  hinter  dieser  von  der 
Fascia  costalis,  und  vor  ihr  von  der  Nackenplatte,  bei  Trionyx  granosus,  bei  der 
er  grösser  und  schräger  gelagert  ist,  als  bei  Trionyx  ferox,  von  der  zweiten  und 
dritten  Rippe  und  der  zwischen  beiden  befindlichen  Fascie,  bei  Pentonyx  capensis 
an  der  untern  Seite  der  zweiten  Rippe  von  deren  Achse  bis  zum  vordem  Rande 
der  dritten  Rippe,  bei  Testudo  graeca  von  der  untern  Seite  der  zweiten  Rippe  und 
der  dritten  Marginalplatte ,  bei  Emys  europaea  und  Emys  lutaria  von  der  untern 
Seite  der  zweiten  Rippe  vor  der  Achse  derselben,  bei  Terrapene  tricarinata  und 
Platemys  Spixii,  bei  denen  ich  ihn  nächst  Pentonyx  capensis  am  breitesten  gefunden 
habe,  von  der  untern  Seite  der  zweiten  und  dritten  Rippe  und  den  nach  aussen  von 
diesen  Rippen  gelegnen  Marginalplatten.  —  Eine  beachtungswerthe  Ausnahme  von 
der  Regel  zeigt  er  in  seiner  Lagerung  bei  Emys  punctularia.  (Tab.  Vü,  Fig.  3,  f.) 
Bei  dieser  Schildkröte  nämlich  verläuft  er  nicht  quer  von  aussen  nach  innen,  son- 
dern fast  parallel  der  Wirbelsäule  und  ganz  nahe  derselben  von  hinten  nach  vorne, 
so  dass  er  völlig  hinter  dem  Schulterblatte  liegt,  anstatt  dass  er  sich  bei  andern 
Schildkröten  seitwärts  von  dem  Schultcrblatte  befindet.  Uebrigens  ist  er  hier  ungefähr 
eben  so  gross  wie  bei  der  Platemys,  breiter,  als  der  M.  latissimus  colli,  und  unter  der 
dritten  iind  zweiten  Rippe  gelagert.  —  Dass  dieser  Muskel  wegen  seiner  Verbin- 
dung mit  dem  obern  Ende  des  Schulterblattes  nicht  dem  M.  subclavius  andrer  Wir- 
belthiere  gleichbedeutend  sein  kann,  ist  schon  von  Meckel  angeführt  worden.  Aber 
auch  keinem  andern  Muskel  andrer  Wirbelthiere  entspricht  er  nur  einigermassen, 
wenn  man  seine  Lagerung  und  die  Befestigung  seiner  beiden  Enden  berücksichtigt, 
und  es  will  mir  daher  als  das  Wahrscheinlichste  vorkommen,  dass  er  ein  ganz  ei- 
genthümlicher  Muskel  der  Schildkröten  ist.  Zwar  meint  Dumeril,  dass  der  in 
Rede  stehende  Muskel  wahrscheinlich  ein  Ueberbleibsel  von  dem  M.  serratus  anticus 
major  sei,  und  dass  man  dabei  nicht  vergessen  dürfe,  dass  bei  den  Schildkröten  die 


166 

Muskeln,  wie  die  Knochen,  eine  verkehrte  Lage  haben  i).  Aber  wie  es  sich  hie- 
mit  auch  verhalten  mag,  so  spricht  gegen  jene  Deutung  das  Lagerungsverhältniss 
zwischen  dem  fraglichen  und  einem  andern  Muskel  der  Schildkröten,  den  Dumeril 
selbst,  und  das  mit  Recht,  für  den  M.  pectoralis  minor  ausgegeben  hat.  Denke  man 
sich,  dass  man  bei  einem  Säugethier  mit  schmalen  Schulterblättern  jederseits  die 
Rippen  nach  innen  von  den  Inserlionslinien  des  M.  serratus  anticus  major  und  M. 
pectoralis  minor  durchschnitten,  das  Brustbein  mit  den  daran  hängenden  Rippenknor- 
peln und  Rippenstücken  entfernt ,  den  Rumpf  von  oben  und  unten  stark  abgeplattet 
und  die  Schulterblätter,  nachdem  nur  die  genannten  Muskeln  an  ihnen  gelassen  wor- 
den wären,  so  nach  vorne,  unten  und  innen  gezogen  hätte,  dass  sie  mit  ihrem  obern 
Ende  unter  das  Wirbelende  der  Rippen  des  ersten  Paares  zu  stehen  gekommen  wä- 
ren, so  würden  jene  Muskeln,  falls  sie  bis  auf  die  Enden  aus  ihren  Verbindungen 
gelöst  worden  wären,  und  eine  hinreichende  Dehnbarkeit  besässen,  zu  einander  doch 
immer  noch  eine  solche  Lage  haben,  dass  sich  der  M.  serratus  anticus  major  nach 
aussen  von  dem  M.  pectoralis  minor  befinden  würde.  Bei  den  Schildkröten  hinge- 
gen, bei  denen  der  letztere  Muskel  naturgemäss  eine  solche  Lage  hat,  wie  er  sie 
bei  einem  Säugethiere  erlangt  haben  würde,  wenn  sich  das,  was  ich  eben  als  denk- 
bar angegeben  habe,  ausfuhren  liesse,  befindet  sich  der  Muskel,  den  Dumeril  für 
ein  Ueberbleibsel  des  M.  serratus  anticus  major  gehalten  hat,  nach  innen  voa  dem 
M.  pectoralis  minor.  Dieserhalb  denn  aber  und  weil  auch  der  fragliche  Muskel  bei 
manchen  Schildkröten  weit  von  den  äussern  Enden  der  Rippen  an  diese  angeheftet 
ist,  kann  ich  Dumeril   nicht  beipflichten. 

C.     Muskeln,   die   an    den   hintern    Theil    des   Rückenschildes   an- 
geheftet sind. 

a.  Die  Strecker  und  einige  Seitwärts zte her  des  Schwanzes. 
(Tab.  m,  Fig.  10,  1.  Tab.  IV,  Fig.  3, 8.  Tab.  V,  Fig  1.  und  Fig.  2,  g.) 
sind  bei  sehr  jungen  Schildkröten  hauptsächlich  hinter  den  Rippen  an  das  Unterhaut- 
Bindegewebe  des  Rückens,  manche  Fasern  der  erstem  aber  an  den  hintern  Rand 
des  hintersten  längern  Rippenpaares  angeheftet.  Bilden  sich  dann  später  hinter  den 
Rippen  Ergänzungsplalten  des  Rückenschildes,  wie  dies  bei  fast  allen  Schildkrölen 
geschieht,  so  kommen  die  angegebnen  Muskeln  hauptsächlich  mit  diesen  in  Verbindung. 
Auch  werden  sie  von  dem  hintersten  längern  Rippenpaare,  während  dasselbe  an 
Breite  zunimmt  und  über  die  Rumpfhöhle  hinauswächst,  etwas,  doch  im  Ganzen  nur 
sehr  wenig  überwölbt.     Es  bieten  demnach  diese  Muskeln  in    ihrer  Lage    und   Ver- 


*)     Le9ons  d'anat.  comp,   de  G.  Cuvier,  Tom,  I,  p.  381. 


167 

bindung  noch  wenigfer  Auffallendes  dar,  als  manche  von  denjenigen,  welche    an   den 
vordem  Theil  des  Rückenschildes  befestigt  sind. 

b.     Musculus  glutaeus,  nach  Bojanus   und  Meckel.     (Tab.  VII, 
Fig.  5,  n.  und  Fig.  6,  o.) 

Ein  ziemlich  starker  Muskel  geht  theils  von  dem  Hüftbein,  theils  auch  von 
der  untern  Seite  des  Rückenschildes  zu  dem  äussern  Trochanter  des  Oberschenkels. 
Selten  entspringt  er  nur  allein  vom  HüRbein,  so  namentlich  bei  Terrapene.  Sein 
von  dem  Rückenschilde  abgehender  Theil  ist  befestigt  bei  Pentonyx  capensis,  bei 
der  er  sehr  stark  ist,  in  einiger  Entfernung  von  der  Wirbelsäule  an  die  sechste 
und  siebente  Rippe,  bei  Trionyx  ferox,  Tr.  ocellatus  und  Tr.  granosus  an  die  Kör- 
per des  achten  und  neunten  Rumpfwirbels  und  die  Hälse  der  von  diesen  Wirbeln 
abgehenden  Rippen,  bei  Chelonia  imbricata  und  Emys  punctularia  an  den  neunten 
und  zehnten  Rumpfwirbel  und  in  deren  Nähe  an  die  Hälse  der  von  ihnen  ausgehen- 
den Rippen,  bei  Emys  europaea  nahe  diesen  Wirbeln  nur  allein  an  die  beiden  letz- 
ten Rippen.  Wahrscheinlich  ist  er  anfangs  nach  oben  nur  an  das  Hüftbein  befestigt, 
vA'ächst  dann  aber,  indem  er  dicker  wird,  von  diesem  auf  die  angegebnen  Theile 
des  Rückenscbildes  hinüber,  und  zwar  deshalb  nicht  auf  die  äussere,  sondern  auf 
die  innere  Seite  derselben,  weil  die  hintern  längern  Rippen  ganz  in  der  Nähe  der 
Hüftbeine  liegen,  weil  sie  ferner  sich  mit  ihrem  freien  Ende  theils  sehr  nach  aussen, 
theils  auch  sehr  nach  hinten  gerichtet  haben ,  und  weil  sie  an  ihrer  obern  Seite 
aufs  innigste  mit  dem  dichten  Unterhaut- Bindegewebe  und  der  Hautbedeckung  zu- 
sammenhängen, so  dass  der  in  Rede  stehende  Muskel  bei  seiner  Verlängerung  weder 
zwischen  dem  Hüftbein  und  jenen  Rippen  nach  aussen  hindurch,  noch  zwischen  jene 
Rippen  und  die  Hautbedeckung  hineindringen  kann. 

c.  Dicht  hinter  dem  vorigen  geht  bei  Trionyx  (Tab.  VII,  Fig.  5,  o)  ein  kur- 
zer dicker  Muskel  von  dem  Körper  des  zehnten  Rumpfwirbels  und  dessen  Rippe  zu 
der  vordem  Seite  des  Hüftbeins,  das  er  etwas  nach  vorne  ziehen  kann.  Bei  andern 
Schildkröten  habe  ich  diesen  Muskel,  den  ich  mit  keinem  der  Säugethiere  zu  ver- 
gleichen weiss,  nicht  bemerken  können. 

§.  43.     Brustmuskeln  sind  in  2  Paaren  vorhanden. 

a.     Musculus  pectoraiis  major,  nach  der  Deutung  Cuvier's  und 
Meckel's. 

Es  entspringt  dieser  Muskel  mit  verschiedenen  Bündeln  oder  Bäuchen  theils  von  der 
obern  Seite  des  Bauchschildes,  theils  von  dem  Schultergerüste,  setzt  sich  an  das  Tu- 
berculum  majus  des  Oberarmbeins  und  ist  relativ  am  grössten  bei  den  Seeschildkrö- 
ten, immer  aber  im  Verhältniss  zu  seiner  Länge  und  Breite  ansehnlich  dick.    Seine 


168 

theihveise  Anheftung  an  die  innere  Seite  des  Bauchschildes  kann  nicht  befremden, 
da  dieses,  wie  gezeigt  worden,  zu  dem  Hautskeiete  gehört,  nicht  aber  gleichbedeu- 
tend mit  dem  Brustbein  anderer  Thiere  ist. 

b)     Musculus  pectoralis   minor^   nach  Dumeril   *)  [M.  serratus 

anticus  major,  nach  Bojanus  und  Meckel].    (Tab.  VII,  Fig.  5,  k.k. 

und  Fig.  6,  1. 1.) 
Dieser  bei  den  Schildkröten  immer  sehr  platte,  breite  und  dünne  Muskel  ist 
völlig  unter  der  vordem  Hälfte  des  Rückenschildes  versteckt,  verläuft  im  Allgemei- 
nen von  dem  Seitenrande  desselben  nach  unten  und  innen  zu  dem  Hakenschlüssel- 
bein, also  zu  demjenigen  Theile  des  Schultergerüstes,  welcher  dem  Processus  cora- 
coideus  des  Schidterblattes  der  Säugethiere  entspricht,  und  ist  von  unten  her  zum 
Theil  durch  den  vorigen  Muskel,  über  dem  er  seine  Länge  hat,  bedeckt.  Sein  obe- 
res oder  äusseres  und  breiteres  Ende  ist  in  einer  ziemlich  langen  bogenförmigen  Li- 
nie, die  von  vorn  nach  hinten  geht,  jedenfalls  nach  aussen  von  den  Rippen,  jedoch 
ganz  in  der  Nähe  derselben,  an  die  Rückenwand  des  Leibes  angeheftet,  und  zwar 
in  der  Gattung  Trionyx  an  die  dicke  und  feste  Schicht  des  Unterhaut-Bindegewebes 
in  dem  Winkel,  den  die  Bauch-  und  Rückenseite  des  Rumpfes  bilden,  also  dicht  an 
der  Hautfalte,  welche  den  Rücken  besäumt,  bei  andern  Schildkröten  aber  nur  in  frü- 
her Jugend  in  einer  gleichen  Gegend  an  das  Unterhaut-Bindegewebe,  später  an  einige 
knöcherne  Marginalplatten  des  Rückenschildes  in  einiger  Entfernung  von  dem  obern 
(oder  Innern)  Rande  derselben.  Es  beginnt  jene  Anheflungsliuie  gewöhnlich  gegen- 
über dem  äussern  Rande  der  Nackenplatte,  seltner  ein  wenig  vor  derselben,  wie  na- 
mentlich bei  Trionyx  ferox,  und  erstreckt  sich  von  da  aus  bei  verschiednen  Schild- 
kröten verschiedentlich  weit  nach  hinten,  nämlich  entweder  nur  eine  massig  grosse 
Strecke  über  den  vordem  Flügel  des  Bauchschildes  hinaus,  so  z.  B.  bei  Emys  eu- 
ropaea  und  E.  punctularia,  oder  bis  zu  dem  hintern  Flügel  dieses  Schildes  hin.  Von 
der  erwähnten  Anheftungslinie  geht  dann  der  Muskel,  indem  er  schmäler  wird  und 
seine  hintern  Fasern  sehr  schräge  nach  vorne  verlaufen,  nach  unten  und  innen  zu 
dem  Hakenschlüsselbein,  und  liegt  auf  diesem  Wege  nach  aussen  von  der  Lunge 
seiner  Seite  dicht  an  dem  Bauchfelle  und  derjenigen  einen  Theil  des  Bauchfells  be- 
kleidenden, sehr  dünnen  Muskelschichte,  welche  man  für  das  Zwerchfell  ausgegeben 
hat.  Je  weniger  platt  und  dünne  eine  Schildkröte  ist,  um  desto  mehr  hat  der  in 
Rede  stehende  Muskel  eine  Richtung  von  oben  nach  unten,  und  desto  weniger  von 
aussen  nach  innen:    auch  liegt  er  dann  um  desto  mehr   seitwärts   und  desto  we- 


')     Le(ODs  d'aaatomie  comparee  de  G.  Cuvier.    Secoud  edition,  T.  I,  p.  380. 


169 

nigcr  nach  unten  von  dem  Bauchfelle.  Haben  dabei  die  Marginalplatten ,  an  die  er 
angeheftet  ist,  eine  beträchllichc  Breite  und  eine  starke  Neigung  nach  unten,  wie  ins- 
besondre in  der  Gattung  Testudo  und  Tcrrapene,  so  läuft  der  Muskel  an  ihnen  erst 
eine  Strecke  herab  ,  ehe  er  sich  nach  innen  wendet.  Dagegen  verläuft  er  bei  den 
sehr  abgeplatteten  und  dünnen  Schildkröten  aus  der  Gattung  Trionyx  nur  sehr  we- 
nig nach  unten,  sondern  vorzüglich  nach  innen,  und  liegt  bei  ihnen  mit  seiner  hin. 
lern  grössern  Hälfte  ganz  unterhalb  des  Bauchfells.  Auch  ist  er  bei  den  letztern 
von  seiner  breitern  äussern  Insertionslinie  aus ,  und  das  eben  wegen  seiner  starken 
Richtung  nach  innen ,  in  einer  massig  grossen  Strecke  mit  seiner  einen  Fläche  an 
die  Rippen  und  die  Fascia  costalis  angeheftet,  ehe  er  sich  nach  unten  wendet  und 
zu  dem  Bauchfell  gelangt.  Bei  solchen  Schildkröten  aber,  welche  sehr  stark  ge- 
wölbt und  mit  stai'k  nach  unten  gerichteten  Marginalplatten  versehen  sind,  ist  er  nir- 
gend mit  seiner  einen  Fläche  an  die  Rippen  herangezogen  und  an  sie  durch  Zell- 
gewebe befestigt.  Mit  dem  M.  serratus  anticus  major  der  Säugethiere  und  anderer 
Wirbelthiere  hat  dieser  Muskel  nur  darin  eine  Aehnlichkeit,  dass  er  breit  und  platt 
ist ,  und  dass  er  zu  dem  Schultergerüste  hingeht :  aber  in  seinem  Ursprünge ,  Ver- 
laufe und  Lager ungsverhältniss,  wie  auch  in  Hinsicht  der  Stelle,  wo  er  sich  an  das 
Schultergerüste  anheftet,  ist  er  jenem  Muskel  durchaus  unähnlich.  Dagegen  ist  er, 
wie  der  Muse,  pectoralis  minor  andrer  Wirbelthiere,  mit  dem  einen  Ende  an  die 
Wandung  der  Rumpfliöhle,  mit  dem  andern  an  das  Hakenschlüsselbein  (den  Stell- 
vertreter des  Processus  coracoideus)  angeheftet,  und  ich  glaube  deshalb  mit  Dume- 
ril,  dass  dieser  Muskel  ein  dem  M.  pectoralis  minor  der  höhern  Thiere  entspre- 
chender ist.  In  Hinsicht  der  Richtung  und  Lagerung  verhält  er  sich  allerdings  ganz 
anders,  als  der  M.  pectoralis  minor  bei  dem  Menschen  und  überhaupt  den  wenigen 
Säugethieren,  die  ihn  besitzen.  Denn  erstens  verläuft  er  von  den  Rippen  aus  nicht 
schräge  nach  vorn,  oben  und  aussen,  wie  bei  den  Säugethieren ,  sondern  umgekehrt 
schräge  nach  vorn,  unten  und  innen,  so  dass  er  ganz  verdreht  zu  sein  scheint,  und 
zweitens  liegt  er  mit  seiner  einen  Seite  nicht,  wie  bei  den  Säugethieren  und  Sau- 
riern, den  Rippen,  sondern  dem  Bauchfell  an.     Allein 

1)  nicht  jedenfalls  hat  bei  andern  Wirbelthieren  der  kleine  Brustmuskel  eine 
Richtung  von  hinten  und  unten  nach  vorn  und  oben,  sondern  bei  den  Sauriern  mit- 
unter eine  ziemlich  gerade  von  hinten  nach  vorn,  und  zwar  in  dem  Fall,  dass  das 
Hakenschlüsselbein  entweder  eine  beinahe  horizontale  Lage  hat,  oder  nur  sehr  kurz 
ist,  also  die  vordre  Anheftungsstelle  des  Muskels  weit  nach  unten  liegt,  wie  nament- 
lich bei  den  Krokodilen  und  in  der  Gattung  Scincus.  Wenn  nun  aber  die  Richtung 
dieses  Muskels  in  einer  senkrechten ,    von   hinten  nach  vorn  gehenden  Ebne  bei  den 

22 


170 

Säugethieren  und  Sauriern  eine  sehr  verschiedne  ist,  so  darf  man  wohl  annehmen, 
dass  die  von  hinten  und  oben  nach  vorn  und  unten  gehende  Richtung,  die  er  bei 
den  Schildkröten  bemerken  lässt,  nur  einen  noch  höhern  Grad  der  Abweichung  von 
seiner  bei  den  Säugethieren  vorkommenden  Richtung  bezeichnet,  als  schon  bei  man- 
chen Sauriern  angetroffen  wird  ').  Was  hingegen  bei  den  Schildkröten  die  Rich- 
tujig  dieses  Muskels  von  oben  und  aussen  nach  unten  und  innen  anbelangt,  so  lässt 
sich  diese  aus  der  nur  schwachen  Krümmung  und  der  beträchtlichen  Länge  der  Rip- 
pen erklären,  neben  deren  äussern  Enden  der  Muskel  an  die  Rumpfwandung  befe- 
stigt ist. 

2)  Dass  bei  den  Schildkröten  der  kleine  Brustmuskel  nicht  der  äussern  Seite 
der  Rippen,  sondern  dem  Bauchfell  anliegt,  hat  seinen  Grund  einfach  darin,  dass  bei 
ihnen  nebst  dem  Brustbein  auch  solche  Theile  fehlen,  welche  den  Rippenknorpeln 
oder  Sternalrippen  andrer  Thiere  entsprächen,  der  in  Rede  stehende  Muskel  aber, 
um  von  den  Rippenenden  zu  dem  Hakenschlüsselbein  zu  gelangen,  von  hinten  und 
oben  nach  vorn  und  unten  seinen  Verlauf  macht. 

Gesehen  auf  die  individuelle  Entwickelung  der  Schildkröten ,  so  kommen  die 
Abweichungen ,  die  bei  ihnen  der  M.  pectoralis  minor  von  den  bei  andern  Thieren 
wahrnehmbaren  Lagerungsverhältnissen  darbietet,  folgendermassen  zu  Stande.  Zu 
einer  Zeit,  da  der  Embryo  in  seiner  ganzen  Gestalt  noch  dem  Embryo  eines  Säu- 
gethieres  oder  einer  Eidechse  ähnlich  ist  und  alle  seine  Rippen  noch  sehr  kurz  sind, 
bildet  sich  dieser  Muskel  zwischen  den  Enden  der  Rippen,  die  nie  mit  einem  Brust- 
bein in  Verbindung  kommen,  und  dem  sich  tief  nach  unten  lagernden  Hakenschlüs- 
selbein, anstatt  dass  bei  den  Säugethieren  und  Sauriern,  wenn  sich  bei  ihnen  der 
M.  pectoralis  minor  zu  bilden  beginnt,  sein  eines  Ende  auf  den  Rippen  entsteht. 
Wenn  nachher  aber  der  Rumpf  der  Schildkröten  sich  abplattet  und  die  Rippen  sich 
nach  aussen  richten,  auch  beinahe  alle  Rippen  bedeutend  an  Länge  zunehmen  und 
dabei  diejenigen,  welchen  der  erwähnte  Muskel  zunächst  gelegen  ist,  mit  Ausnahme 
der  vordersten,  über  die  Rumpfliöhle  und  die  Schulterblätter  mehr  oder  weniger  hin- 
auswachsen, wird  der  ihnen  zunächst  gelegne  oder  obere  Theil  des  Muskels  dadurch 
genöthigt,  sich  ebenfalls  nach  aussen  zu  richten,  und  sich  endlich  bei  einigen  Schild- 
kröten   zum  Theil    sogar    der   untern  Seite  jener  Rippen  anzuschmiegen.     Noch  bei 


')  Auch  bei  den  ungescbwäazlea  Batrachiern  hat  derjenige  Muskel,  welchen  Meckel  für  den  M.  pe- 
ctoralis minor  angesehen  hat,  eine  Richtung  von  oben  und  hinten  nach  unten  und  vorn.  Jedoch  kann  ich 
diese  Deutung  des  Muskels  nicht  für  richtig  halten,  da  derselbe  nicht  mit  dem  das  Hakenschlüsselbein  vor- 
stellenden Knochenstücke,  sondern  mit  der  untern  Hälfte  des  Schulterblattkörpers  in  Verbindung  steht. 
Mit  Cuvier  halte  ich  dafür,  dass  bei  den  schwanzlosen  Batrachiern  der  kleine  Brustmuskel  fehlt. 


171 

solchen  Jiuig^en  von  Chelonia  imbricata  und  Chelonia  Midas,  bei  welchen  die  längern 
Rippen  an  ihrem  Ende  noch  ziemlich  stark  nach  unten  gekrümmt  waren,  lag  der 
Muskel  mit  keinen  seiner  Theile  den  Rippen  an,  sondern  ging  vom  Rückenschilde 
geradesweges  nach  unten  und  innen:  bei  einer  halberwachsenen  Chelonia  imbricata 
aber,  bei  der  die  lungern  Rippen  an  ihren  dünnern  Hälften  ein  wenig  aufgebogen 
waren,  so  dass  ihr  Rücken  einigermassen  eine  Aehnlichkeit  mit  einem  chinesischen 
Dache  hatte,  wai'  der  Muskel  nahe  seiner  obern  Insertionslinie  in  einer  massig  gros- 
sen Strecke  durch  ein  lockeres  Zellgewebe,  das  sich  in  einer  massig  dicken  Schichte 
zwischen  ihm,  den  Rippen  und  der  Fascia  costalis  abgelagert  hatte,  an  diese  Körper- 
theile  angeheftet,  so  dass  er  erst  in  einiger  Entfernung  von  seiner  Insertionslinie  von 
dem  Rückenschilde  nach  unten  abgehen  konnte. 

§.  44.  Bauchmuskeln  kommen  bei  den  Schildkröten  nur  in  4  Paaren  vor, 
und  diese  hat  man  den  M.  M.  quadrati  lumborum,  obliqui  interni,  transversi  und 
recti  abdominis  der  böbern  Thiere  für  gleichbedeutend  gehalten.  Muskeln,  welche 
den  M.  M.  obliqui  externi  abdominis  der  Säugelhiere  entsprächen,  fehlen. 

a)  Musculus  quadratus  lumborum,  nach  Meckel's  Deutung. 
(Tab.  IV,  Fig.  4,  h.  Tab.  V,  Fig.  1,  m.  m.  Tab.  VE,  Fig.  5, 
d.  und  Fig.  6,  e. ) 

Dieser  platte,  an  dem  einen  Ende  breite  und  abgerundete,  an  dem  andern  Ende 
schmale  Muskel,  durch  den  das  Becken  etwas  nach  vorn  gezogen  werden  kann,  liegt 
immer  dicht  unter  der  hintern  Hälfte  des  Rückens  ausserhalb  des  Bauchfelles,  und  ist 
mit  seiner  einen  ganzen  Fläche  dicht  an  die  untere  Seite  einiger  Rippen  angeheftet. 
Seine  Richtung  ist  mehr  oder  weniger  schräge  von  vorn  und  aussen  nach  hinten 
und  innen  gegen  das  Hüftbein,  an  dessen  oberer  Hälfte  sein  dünneres  Ende,  das  ent- 
weder nur  sehnig,  oder  zum  Theil  auch  fleischig  ist,  befestigt  gefunden  wird.  Am 
meisten  schräge  von  aussen  nach  innen  verläuft  er  bei  den  sehr  platten  und  breiten 
Schildkröten  der  Gattung  Trionyx,  nur  wenig  schräge  dagegen  bei  denen  der  Gat- 
tung Chelonia.  Auch  liegt  er  bei  den  erstem  fast  nach  seiner  ganzen  Länge  weit 
von  der  Wirbelsäule  entfernt,  indess  er  sich  bei  manchen  Schildkröten  der  Wirbel- 
säule sehr  nahe  befindet  und  bei  Emys  punctularia  sie  sogar  nach  seiner  ganzen 
Länge  beinahe  berührt.  Gleichfalls  verhält  er  sich  in  Hinsicht  der  Grösse  bei  den 
verschiednen  Gattungen  der  Schildkröten  sehr  verschieden.-  Am  grössten,  besonders 
am  längsten  fand  ich  ihn  bei  den  Trionyx-Art«n  (Tab.  VH,  Fig.  5,  d.),  bei  denen 
er  unter  der  dünnern  Hälfte  der  fünften  Rippe  beginnt,  und  mit  einem  grossen  Theile 
seines  äussern  Randes  bis  dicht  an  die  Hautfalte  hinreicht,  welche  den  Rücken  rings- 

22* 


172 

um  besäumt  i).  Weit  kürzer  ist  er  in  den  Gattungen  Chelonia,  Emys,  Platemys 
und  Terrapene  (Tai.  VII,  Fig.  6,  e.),  in  denen  allen  er  nach  vorne  nur  bis  un- 
ter die  siebente  Rippe  reicht.  Am  kürzesten  aber  und  überhaupt  nur  von  geringer 
Grösse  fand  ich  ihn  in  den  Gattungen  Pentonyx  und  Testudo,  in  denen  er  haupt- 
sächlich von  der  neunten  und  nur  mit  wenigen  Fasern  auch  von  der  achten  Rippe 
entspringt.  —  Mit  dem  M.  quadratus  lumborum  der  Säugethiere  hat  der  beschriebne 
Muskel  darin  allerdings  eine  Aehnlichkeit,  dass  er  sehr  platt  ist  und  einerseits  mit  dem 
Hüftbein,  andrerseits  mit  den  Rippen  in  Verbindung  steht:  dagegen  weicht  er  von 
ihm  in  sofern  bedeutend  ab,  als  er  seiner  ganzen  Länge  nach  unter  den  Rippen  ver- 
läuft. Aber  einestheils  vertreten  bei  den  Schildkröten  einige  der  hintersten  Rippen, 
wie  es  allen  Anschein  hat,  die  bei  vielen  Säugethieren  an  den  Lendenwirbeln  vor- 
kommenden Querfortsätze,  und  anderntheils  findet  man  bei  solchen  Sauriern,  welche 
an  mehrern  zunächst  vor  dem  Kreuzbein  liegenden  Wirbeln  massig  lange  Querfort- 
sätze besitzen,  dass  bei  ihnen  ein  platter  Muskel,  der  zum  Theil,  wie  bei  den  Säu- 
gethieren, unter  diesen  Fortsätzen  liegt,  auch  hinten  an  das  Hüftbein  angeheftet  ist, 
und  offenbar  den  M.  quadratus  lumborum  vorstellt,  nach  vorne  unter  die  Rippen 
geht  und  sich  bei  vielen  von  diesen  Thieren  (z.  B.  bei  Lacerta  agilis,  Lac.  ocellata, 
Polychrus  marmoratus  und  den  Scinci)  sogar  bis  zu  dem  vordem  Theile  des  Rum- 
pfes erstreckt  2). 

b.  Musculus  transversus  abdominis.  (Tab.  IV,  Fig.  4,  g. 
Tab.  V,  Fig.  1,  k.  k.  und  Tab.  VH,  Fig.  5,  1.  1.  und  Fig.  6,  m.) 
Er  entspringt  von  der  innern  Fläche  des  Rückenschildes,  von  dem  seine  Fasern 
in  einer  langgestreckten  krummen  Linie  abgehen,  deren  Convexität  in  der  Regel  nach 
vorn  und  innen  (gegen  die  Wirbelsäule)  gekehrt  ist.  Es  beginnt  diese  Insertions- 
linie  in  der  Nähe  des  äussern  Randes  des  Rückenschildes  vor  dem  hintern  Flügel 
des  Bauchschildes,  und  läuft  von  da  aus  zuvörderst  in  einen  schwachen  Bogen  nach 
innen.  Dieser  ihr  Theil  liegt  bei  Emys  europaea,  Terrapene  tricarinata  und  Pen- 
tonyx capensis    unter    der  fünften,    bei  Emys  punctularia,    Testudo  graeca,  Testudo 


^)  Man  hat  angegeben,  dass  namentlich  Trionyx  ferox  den  breiten  Hautsaum  seines  Rückenschildes 
wiUkührlich,  wie  eine  Flosse,  bewegen  kann.  Ist  dies  der  Fall,  so  geschieht  es  durch  die  Wirkung  des 
oben  beschriebnen  Muskels,  da  die  Rippen,  an  welche  er  angeheftet  ist,  in  ihrer  mit  ihm  fest  veibundnen 
dünnem  Hälfte  etwas  biegsam  sind. 

^)  Unter  den  Rippen  ist  dieser  bei  den  Sauriern  meistens  nur  schmale,  aber  lange  Muskel  zwar  viel- 
fach unterbrochen,  indem  seine  Fasern,  wie  die  eines  M.  iutercostalis,  von  einer  Rippe  zur  andern  herüber- 
gehen: aber  auch  in  seinem  hintern,  unter  den  Querforlsälzen  (oder  bei  Lacerta  ocellata  unter  den  hinter- 
sten sehr  kurzen  Rippen)  gelegnen  Theile  beBnden  sich  Unterbrechungen ,  nur  sind  diese  hier  durch  In- 
scripliones  tendineae  hervorgebracht,  die  von  den  einzelnen  Querfortsätzen  in  die  Muskelmasse  eindringen. 


173 

mauritanica  und  verschiednen  Arten  von  Chelonia  unter  der  sechsten  Rippe.  In  ei- 
niger Entfernung  von  dem  Halse  der  bczciclineten  Rippen  biegt  sich  darauf  die  Linie 
in  einem  stärkern  Bogen  nach  hinten  um,  und  verläuft  nun  an  dem  innern  Rande 
des  M.  quadratus  lumborum  schräge  nach  hinten  und  innen  bis  unter  die  letzte 
Rippe,  oder  doch  bis  in  die  Nähe  derselben,  so  dass  sie  mit  ihrem  hintersten  Theile 
der  Wirbelsäule  sehr  nahe  liegt.  Eine  Ausnahme  von  der  angegebnen  Regel  macht 
die  erwähnte  Linie  in  Hinsicht  ihrer  Länge  und  ihres  Verlaufes  in  der  Gattung 
Trionyx.  (Tab.  VE,  Fig.  5,  1.  1.)  Sie  beginnt  hier  an  der  dritten  Rippe,  wo  bei 
erwachsenen  Exemplaren  die  breitere  Hälfte  dieser  Rippe  in  die  schmälere  übergeht, 
verläuft  von  da  in  einem  massig  starken  Bogen,  dessen  Convexität  nach  aussen  ge- 
richtet ist,  an  der  untern  Seite  der  folgenden  Rippen  —  und  zwar,  je  nach  diesen 
verschiednen  Rippen,  in  einer  grössern  oder  geringern  Entfernung  von  den  äussern 
Enden  derselben  — ,  nach  hinten,  liegt  aber  mit  ihrer  hintern  Hälfte  wieder,  wie 
bei  andern  Schildkröten,  hart  am  innern  Rande  des  M.  quadratus  lumborum.  Ob- 
gleich indess  die  hintere  Hälfte  dieser  Linie  in  Hinsicht  ihrer  Lage  neben  dem  M. 
quadratus  lumborum  sich  eben  so  verhält,  wie  bei  andern  Schildkröten,  weicht  sie 
doch  dadurch  von  der  Regel  ab,  dass  sie  ebenso,  wie  jener  Lendenmuskel,  nicht  in 
der  Nähe  der  Wirbelsäule,  sondern  in  beträchtlicher  Entfernung  von  derselben  liegt. 
Vielleicht  ist  übrigens  das  letztere  Verhältniss  theils  von  der  grossen  Breite  abhän- 
gig, die  der  Rumpf  in  der  Gattung  Trionyx  erlangt,  theils  auch  mag  es  in  einer 
Beziehung  zu  der  eigenthümlichen  und  grossen  Ausbreitung  stehen,  die  in  dieser 
Gattung  der  Musculus  retractor  colli  et  capitis  erlangt  bat  i).  —  Von  der  ange- 
gebnen Insertionslinie  aus  laufen  bei  den  Schildkröten  im  Allgemeinen  die  Fasern 
des  Muskels  unter  dem  Rückenschilde  schräge  nach  aussen  und  hinten,  bedecken 
von  unten  den  M.  quadratus  lumborum,  und  gehen  in  eine  dünne  Aponeurose  über. 
Diese  liegt  ebenfalls,  wie  jene  Fasern,  dem  Bauchfell  dicht  an,  umfasst  die  in  der  hin- 


')  Der  Muskel,  durch  welchen  bei  den  meisten  Schildkrölen  der  Hals  und  Kopf  zwischen  die  beiden 
Schilder  gezogen  werden  können,  bietet,  je  nach  den  Gattungen  dieser  Thiere,  in  Hinsicht  seiner  Länge 
und  Anheftung  sehr  grosse  Verschiedenheiten  dar.  Am  kürzesten  ist  er  bei  den  Seeschildkröten,  bei  denen 
der  Hals  gar  nicht  eingezogen  werden  kann,  reicht  bei  ihnen  nur  bis  zu  dem  vierten  Rumpfwirbel  hin, 
wird  nach  hinten  immer  dünner,  and  ist  mit  seinem  hintern  Theile  an  den  Körper  des  genannten  Wirbels 
und  die  zunächst  vor  ihm  gelegnen  Wirbel  angeheftet.  (Tab.  VH,  Fig.  6,  b.  b.)  In  der  Regel  aber  reicht  er 
bis  auf  die  Kreuzbeinwirbel,  und  ist  an  diese  und  mehrere  andre  Rumpfwirbel  befestigt.  Bei  den  Schild- 
kröten der  Gattung  Triony.x  (auch  bei  Trionyx  granosus)  erstreckt  er  sich  sogar  bis  auf  die  vordem  Wir- 
bel des  Schwanzes,  weicht  aber  bei  ihnen  von  dem  entsprechenden  Muskel  aller  übrigen  bisher  zerglieder- 
ten Schildkröten  besonders  dadurch  bedeutend  ab,  dass  er  etwas  hinler  der  Mitte  des  Rumpfes  nach  jeder 
Seite  zwei  starke  und  immer  breiter  werdende  Bündel  von  Fasern  absendet,  die  zwischen  dem  M.  quadra- 
tus lumborum  und  dem  Rückenschilde  hindurchgehen,  und  bis  an  das  äussere  Ende  der  hlDtern  längern 
Rippen  ihren  Verlauf  machen.  (Tab.  VlI,  Fig.  5,  b.  b.) 


174 

lern  Hälfte  des  Rumpfes  gelegenen  Eingeweide  seitwärts  und  von  unten,  und  geht 
zuletzt  in  der  Mittellinie  der  Bauchwand  in  die  Aponeurose  des  gleichen  Muskels 
der  andern  Seitenhälfte  über,  indess  sie  nach  hinten  sich  an  das  Schamhein  anheftet. 
—  Der  beschriehne  Muskel  ist  in  der  That  gleichbedeutend  dem  M.  transversus  ab- 
dominis  höherer  Thiere,  der  selbst  bei  den  Säugethieren  von  der  Innern  Fläche  ei- 
niger Rippen,  wenn  gleich  nur  von  dem  knorplig  bleibenden  Theile  derselben  ent- 
springt, bei  den  Sauriern  aber  grösstentheils  von  dem  verknöcherten  Theile  der 
Rippen  abgeht,  und  bei  ihnen  von  den  Rippen  überhaupt  um  Vieles  näher  der  Wir- 
belsäule, als  bei  den  Säugethieren,  entspringt.  Beachtungswerth  ist  dabei  jedoch 
der  Umstand,  dass  bei  den  Schildkrölen  dieser  Muskel  an  dem  innern,  hingegen  bei 
den  Säugethieren,  und  eben  so  auch  bei  den  Sauriern,  an  dem  äussern  Rande  des 
M.  quadratus  lumborum  von  der  Rückenwand  des  Leibes  abgeht.  Wie  aber  dieses 
abweichende  Verhältniss  bei  den  Schildkröten  erklärt  werden  dürfte,^  lässt  sich  mei- 
nes Erachtens  aus  dem  Körperbau  der  Saurier  entnehmen.  Bei  vielen  von  diesen 
Thieren  nämlich,  z.  B.  bei  denen  der  Gattungen  Lacerta,  Ameiva,  Polychrus  und 
Scincus,  findet  man  eine  besondre  dünne  Schichte  von  Muskelfasern,  die  am  innern 
Rande  des  M.  quadratus  lumborum  von  der  Wirbelsäule  entspringen,  schräge  nach 
aussen  und  vorne  laufen,  den  M.  quadratus  lumborum  von  unten  bedecken,  und  am 
äussern  Rande  desselben  Muskels  an  die  Rippen  genau  da  übergehen,  wo  von  die- 
seo  die  Fasern  des  M.  transversus  ahdominis  entspringen.  Bei  einer  oberflächlichen 
Ansicht,  zumal  wenn  nicht  das  Bauchfell  entfernt  worden  ist,  kann  es  sogar  zu- 
weilen scheinen,  als  seien  die  Fasern  des  letztern  Muskels  nur  Verlängerungen  der 
Fasern  jenes  erstem,  der  zum  Anziehen  der  Rippen  nach  hinten  und  innen  bestimmt 
ist,  durch  Verengerung  der  Rumpfhöhle,  wie  der  M.  transversus  abdominis,  die 
Ausathmung  bewirken  hilft,  und  den  M.  quadratus  lumborum  mehr  oder  weniger 
weit  nach  hinten  bedeckt.  Diese  angegebnen  Verhältnisse  nun  aber  dürften  wohl 
mit  vieler  Wahrscheinlichkeit  annehmen  lassen ,  dass  der  M.  transversus  abdominis 
der  Schildkröten  den  gleichnamigen  und  den  zuletzt  beschriebnen  Rippenmuskel  vie- 
ler Saurier  in  sich  vereinigt,  und  dass  darin  eben  die  Abweichung  in  seinem  Ur- 
sprünge von  dem  Rücken  ihren  Grund  hat. 

Dass  übrigens  der  M.  transversus  abdominis  der  Wirbelthiere  im  Allgemeinen 
mit  demjenigen  seiner  Theile,  welcher  mit  den  Rippen  in  Verbindung  steht,  auf  die 
innere,  wie  der  M.  ohliquus  externus  abdominis  mit  dem  gleichen  Theile  auf  die 
äussere  Seite  der  Rippen  angewiesen  ist,  sieht  man  besonders  bei  den  Sauriern,  in- 
dem bei  vielen  von  ihnen  jener  erstere  Muskel  so  ziemlich  bis  an  das  vordere  Ende 
des  Rumpfes  reicht,  seine  vordere  Hälfte  also  ganz  im  Innern  des  Brustkorbes  liegt. 


175 

c.     Mus  etil  US    obh'quus   internus   abdomints.     (Tab.  IV,  Fig. 
4,  i.  Tab.  V,  Fig.   1,  I.  und  Tab.  VII,  Fig.  5,  m.  m.  und  Fig.  6,  n.) 

Es  reicbt  derselbe  von  hinten  nach  vorne  nicbt  so  weit,  als  der  vorige.  Seine 
Fasern  entspringen  in  einer  bogenförmigen  Linie,  die  nach  aussen  von  dem  M.  qua- 
dratus  lumborum  in  dem  Winkel  gelegen  ist,  welchen  das  Rückenschild  mit  den 
Seitentheilen  des  Rumpfes  und  dem  Bauchschilde  bildet.  Es  beginnt  diese  Linie  am 
hintern  Rande  des  hintern  Flügels  des  Bauchschildes,  wenn  der  erwähnte  Flügel  das 
Rückenschild  erreicht,  und  liegt  mit  ihrem  vordersten  Theile  gewöhnlich  neben  dem 
äussern  Ende  der  sechsten  Rippe,  bei  Testudo  graeca  aber  neben  dem  der  siebenten 
Rippe.  Von  da  aus  zieht  sie  sich  an  einigen  Marginalplatten,  falls  dergleichen  vor- 
kommen, nach  hinten  bin,  und  endet  in  der  Nähe  der  Schwanzwurzel  hinter  dem 
Hüftbein.  Von  der  angegebnen  Linie  aus  laufen  die  Fasern  des  Muskels  nach  un- 
ten und  innen,  convergiren  massig  stark,  und  setzen  im  Allgemeinen  einen  nur  we- 
nig breiten  bogenförmigen  Streifen  zusammen,  dessen  unterer  innerer  Rand  in  eine 
Aponeurose  übergeht,  die  alsbald  der  Aponeurose  des  vorigen  Muskels  nahe  kommt 
und  mit  derselben  bald  verschmilzt.  Einige  von  den  vordersten  Fasern  aber  gehen 
nach  unten  auf  den  mittlem  [gewöhnlich  geschlossnen  und  tafelförmigen]  Tbeil  des 
Bauchschildes,  einige  der  hintersten  auf  das  Schambein  über.  —  Von  dem  M.  ob- 
liquus  internus  abdominis  der  Säugethiere,  dem  er  gleichbedeutend  ist,  weicht  dieser 
Muskel  wesentlich  nur  darin  ab,  dass  sein  oberer  Rand  nicht  in  eine  Fascia  lumbo- 
dorsalis  übergebt,  da  eine  solche  fehlt,  sondern  mit  dfer  Hautbedeckung  oder  mebrern 
Knochenstücken,  die  dem  Hautskelete  angehören,  in  Verbindung  steht.  Dies  Ver- 
hältniss  aber  ist  zu  erklären  aus  dem  Umstände,  dass  bei  den  Schildkröten  die  Kör- 
per der  längern  Rippen  und  die  Hautbedeckung  allenthalben  in  die  innigste  Verbin- 
dung kommen  müssen,  und  dass  sieb,  um  eine  solche  Verbindung  zu  vermitteln,  schon 
frühe  zwischen  dem  schiefen  Bauchmuskel  und  denjenigen  Rückenmuskeln,  welche 
an  der  obern  Seite  des  Rumpfes  ihre  Lage  haben,  ein  sehr  dichtes  Unterhaut-Binde- 
gewebe ausbildet  und  sie  von  einander  vollständig  scheidet, 
d.     Musculus    rectus   abdominis. 

Er  besteht  aus  2  Hälften,  deren  eine  von  dem  Schambein  nach  vorne,  die 
andre  von  demselben  Körpertbeile  nach  hinten  geht.  Die  letztere  ist  nur  den  Schild- 
kröten eigenthümlich,  die  erstere  entspricht  dem  geraden  Bauchmuskel  der  Säuge- 
thiere, ist  aber  verhältnissmässig  breiter  und  kürzer.  Die  vordere  Hälfte  liegt  un- 
ter der  gemeinschaftlichen  Aponeurose  der  beiden  vorigen  Muskeln ,  ist  aber  von 
unten  her  durch  keine  Aponeurose  bedeckt,  was  sieb  vielleicht  aus  dem  Mangel  ei- 
nes  M.  obliquus  externus  erklären  lässt,    sondern   liegt  mit  ihrer  untern  Seite,  wie 


176 

der  M.  pectoralis  major,  an  den  sie  angrenzt,  platt  auf  dem  Bauchschilde,  und  ist 
entweder  nur  allein  mit  diesem,  oder  ausserdem  noch,  wenn  nämlich  das  Bauchschild 
in  der  Mitte  nicht  geschlossen  ist,  durch  Verraittelung  des  Unterhaut -Bindegewebes 
mit  der  Haulbedeckung  verwachsen.  Die  hintere  Hälfte  liegt  zwischen  Becken  und 
Bauchschild,  und  ist  ebenfalls  an  das  letztere  fest  angeheftet.  Ganz  anders  also  ist  das 
Lagerungsverhältniss  des  geraden  Bauchmuskels  zu  dem  Bauchschilde,  als  bei  den 
Säugethieren  zu  dem  Brustbein.  Wie  aber  schon  ausRihrlich  aus  einander  gesetzt 
worden,  hat  jenes  Schild  mit  dem  Brustbein  andrer  Thiere  Nichts  gemein,  und  es 
kann  daher  bei  den  Schildkröten  die  Lage  der  geraden  Muskeln  des  Bauches,  wie 
überhaupt  die  Lage  ihrer  Bauchmuskeln  auf  einem  Theile  des  Skeletes,  von  dem 
bei  den  Säugethieren,  Vögeln  und  übrigen  Amphibien  Nichts  Aehnliches  vorkömmt, 
auch  nichts  dem  allgemeinen  Bildungstypus  dieser  Thiere  Widersprechendes  enthalten. 
§.  45.  Die  M.  M.  transversi  und  obliqui  abdominis  sind  bei  den  Schildkröten, 
wie  bei  den  höhern  Thieren,  Athmungsmuskeln  und  bewirken,  indem  sie  die  Rurapf- 
höhle  verengern,  die  Exspiration.  Ausser  ihnen  aber  kommen  bei  den  Schildkröten 
zu  eben  demselben  Behufe  noch  zwei  andre  Muskeln  vor,  die  Bojanus  und  Meckel 
für  Repräsentanten  des  Zwerchfells  ausgegeben  haben.  Diese  letztern  bestehen 
in  2  dünnen,  auf  beide  Seitenhälften  des  Körpers  vertheilten,  und  einander  symme- 
trischen Schichten  von  Muskelfasern ,  von  denen  jede  in  der  vordem  Hälfte  der 
RumpfTiöhle,  theils  von  der  Wirbelsäule,  theils  in  deren  Nähe  von  dem  Körper  einer 
oder  zweier  Rippen  entspringt,*  von  da  zwischen  dem  Rückenschilde  und  der  Lunge 
ihrer  Seitenhälfle  nach  aussen  und  unten  verläuft,  und  auf  diesem  Wege  in  eine 
Aponeurose  übergeht,  die  sich  unter  der  Lunge  um  das  Bauchfell  herumschlägt  und 
an  dem  Herzbeutel  endigt.  Contrahiren  sich  diese  Muskelschichten,  so  müssen  sie 
die  Lungen  etwas  zusammendrücken,  also  die  Ausathmung  bewirken  helfen,  mithin 
das  Gegentheil  von  dem  zuwege  bringen,  was  bei  den  Säugethieren  das  Zwerchfell 
bewirkt,  wenn  sich  seine  Muskelfasern  verkürzen.  Dieserhalb  aber  können  die  er- 
wähnten Muskelschichten  der  Schildkröten  auch  nicht  mit  Recht  für  gleichbedeutend 
mit  dem  Zwerchfell  der  Säugethiere  ausgegeben  werden.  Vielmehr  sind  sie  den  Schild- 
kröten ganz  eigenthümlich,  und  es  kommt  von  ihnen,  wenn  man  nämlich  ihr  Lage- 
rungsverhältniss zu  den  Lungen  berücksichtigt,  bei  andern  Wirbellhieren  nichts  Aehn- 
liches vor.  Nimmt  man  hingegen  nur  auf  ihre  Verbindung  mit  dem  Bauchfell  und 
ihre  Wirkung  Rücksicht,  so  würden  sie  sich  mit  den  Peritonealmuskeln  der  Kroko- 
dile vergleichen  lassen. 


177 


Viertes    Kapitel. 

Allgemeinere  Bemerkungen  über  die  Zusammensetzung  der  Rumpfwandung 
und  die  Lagerung  des  Schulter-  und  BeckengerUstes. 


§.  46.  Wie  aus  den  beiden  ersten  Kupfertafeln  dieser  Schrift  ersehen  werden 
kann,  haben  die  Schildkröten  zu  einer  gewissen  Zeit  des  Fruchtlebens,  wenn  bei  ih- 
nen noch  keine  Rippen  entstanden  sind,  eine  aulfallend  grosse  Aehnlichkeit  mit  sehr 
jungen  Embryonen  von  Eidechsen  und  Säugethieren.  Insbesondre  ist  ihr  Rumpf  dann 
eben  so  wenig,  als  bei  jenen,  von  oben  und  unten  abgeplattet,  noch  im  Verhältniss 
zu  seiner  Länge  gar  besonders  breit.  Auch  geht  bei  ihnen  dann  der  RUckentheil 
des  Rumpfes  ganz  unmerklich,  also  weder  mit  einer  Kante,  noch  mit  einem  solchen 
saumartigen  Vorsprunge,  wie  es  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  der  Fall  ist,  in 
den  Nacken,  die  Seitentheile  des  Rumpfes  und  den  Schwanz  über.  Von  diesen  jun- 
gen Embryonen  nun  ausgehend  und  die  Ergebnisse  benutzend ,  die  ich  bei  den  Un- 
tersuchungen noch  andrer  in  der  Entvvickelung  begriffener  Schildkröten  erhalten  habe, 
will  ich  jetzt  eine  Uebersicht  davon  geben,  wie  sich  bei  den  Schildkröten  überhaupt 
einestheils  die  Entwickelung  ihrer  Rumpfwandung  verhält,  andernlheils  die  sonderbare 
Lagerung  einiger  Abschnitte  ihrer  Bewegungswerkzeuge  zu  Stande  kommt. 

§.  47.  Nachdem  bei  den  Embryonen  die  Gliedmassen  in  ihrer  Entwickelung 
schon  einige  Fortschritte  gemacht  haben,  plattet  sich  der  Rumpf  von  der  Rücken- 
seite und  der  Bauchseite,  je  nach  den  verschiednen  Arten  der  Schildkröten,  mehr 
oder  weniger  ab,  und  es  wachsen  aus  allen  12  oder  13  Wirbeln  des  Rumpfes  zwei 
seitliche  Fortsätze  hervor.  Die  2  oder  3  hintersten  Paare  dieser  seitlichen  Aus- 
strahlungen werden  zu  den  Querfortsätzen  der  Kreuzbeinwirbel,  die  übrigen  führen 
nach  erlangter  Ausbildung  den  Namen  von  Rippen.  Von  den  letztern  aber  nehmen 
die  meisten,  nämlich  die  8  mittlem  Paare,  in  kurzer  Zeit  ansehnlich  an  Länge  zu, 
krümmen  sich  dabei  in  Uebereinstimmung  mit  der  Abplattung  des  Rumpfes  nur  we- 
nig, und  richten  sich  mit  ihren  Enden  mehr  nach  aussen,  als  nach  unten  hin.  So 
geschieht  es  denn,  dass  bei  dem  raschen  und  bedeutenden  Wachstbum  dieser  Rippen 
in  die  Länge  die  Wandung  des  Rumpfes  jederseits  da,  wo  sich  die  nach  aussen  ge- 
richteten Enden  der  Rippen  befinden,  stark  hervorgetrieben  wird,  der  Rumpf  also 
von  den  Vorderbeinen  bis  zu  den  Hinterbeinen,  von  denen  die  erstem  an  dem  vor- 
dem, die  letztern  an  dem  hintern  Ende  desselben  liegen,    eine    erhebliche  Breite   er- 

23 


178 

hält.  Merkwürdig  und  den  Schildkröten  eigenthümlich  ist  dabei  noch  der  Umstand, 
dass  von  denjenigen  Rippen,  welche  sich  vor  den  übrigen  durch  ihr  Wachsthum  in 
die  Länge  auszeichnen,  sich  die  beiden  hintersten  Paare,  also  das  neunte  und  achte 
Paar  der  Rippen  überhaupt,  stark  nach  hinten  richten,  hingegen  die  des  zweiten 
Paares  bei  manchen,  wenn  auch  nicht  bei  allen  Schildkröten  eine  ziemlich  stark« 
Richtung  nach  vorn  annehmen.  Demnächst  schlägt  die  Hautbedeckung  jederseits,  wo 
sich  in  der  Rumpfvvandung  die  äussern  Enden  der  stärker  verlängerten  Rippen  befin- 
den, eine  Längsfalte.  Diese  aber  setzt  sich,  indem  sie  sich  an  beiden  Enden  noch 
weiter  verlängert,  vorne  über  die  Vorderbeine  hinweg  nach  dem  Nacken,  hinten 
über  die  Hinterbeine  hinweg  nach  dem  Sehwanze  fort,  bis  endlich  beide  Falten  über 
dem  Nacken  und  der  Schwanzwurzel  zusammenstossen ,  in  einander  übergehen  und 
eine  einzige  ringPörmige  Falte  zusammensetzen ,  die  nun  den  Rücken  von  den  bei- 
den Seiten  des  Rumpfes  abgrenzt.  Bei  manchen  Schildkröten,  wie  namentlich  bei 
den  Seeschildkröten ,  nimmt  diese  Falte  im  Laufe  der  Entwickelung  nur  massig  an 
Breite  zu,  bei  andern  dagegen,  besonders  bei  einigen  aus  der  Gattung  Trionyx,  sehr 
bedeutend,  zumal  in  ihrem  hintern  oder  über  dem  Schwänze  liegenden  Theile.  Wohl 
jedenfalls  aber  wachsen  die  längern  Rippen  über  die  Rumpfhöhle  hinaus  und  in  die 
erwälinte  Falte  hinein.  Die  meisten  von  ihnen  gehen  freilich  nur  sehr  wenig  über 
die  Rumpfhöhle  hinaus,  einige  Paare  aber,  insbesondre  das  zweite,  achte  und  neunte, 
recht  bedeutend.    (Tab.  VH,  Fig.  4  und  5.) 

Weit  später,  als  die  so  eben  angegebne  Hautfalte  entstanden  ist,  nämlich  erst, 
nachdem  der  Embryo  das  Ei  verlassen  hat,  nehmen  diejenigen  Rippen,  welche  sich 
schon  früher  durch  ihre  Länge  auszeichneten,  aber  bis  dahin  säramllich  oder  fast 
sämmllich  eine  Cylinderform  hatten,  auch  auffallend  an  Breite  zu.  Und  dieses  ihr 
Wachsthum  in  die  Breite  geht  von  der  Grenze  aus,  wo  ihr  Hals  und  Körper  zu- 
sammenstossen, schreitet  von  da  mehr  oder  weniger  weit  gegen  ihr  äusseres  Ende 
fort,  und  ist  so  bedeutend,  dass  jederseits  die  Körper  aller  dieser  Rippen  bei  einem 
gänzlichen  Mangel  von  Intercostalmuskeln  entweder  ihrer  ganzen  Länge  nach ,  oder 
doch  in  ihrer  grössern  Hälfte,  zu  einer  gegenseitigen  Berührung  und  Verbindung 
gelangen ,  die  Intercostalnerven  aber  und  einige  GePässe  des  Rumpfes ,  die  ursprüng- 
lich zwischen  ihnen  lagen,  unter  ihnen  zu  liegen  kommen.  Dagegen  bleiben  die 
Rippen  des  vordersten  und  des  hintersten  Paares  nicht  blos  in  ihrem  Wachsthum  in 
die  Länge  hinter  den  übrigen  sehr  zurück,  sondern  bleiben  auch  für  immer  nur  sehr 
schmal  und  dünn.  Zudem  kommen  diese  Rippen  wegen  ihrer  geringen  Vergrösse- 
nmg  mit  den  benachbarten  in  ganz  andre  Verbindungen,  als  die  zwischen  ihnen  lie- 
genden  unter    einander:     denn    indem    die    mittlem    bedeutend    an    Breite   zunehmen, 


179 

wächst  von  diesen  die  zweite  über  die  vorderste,  und  die  vorletzte  über  die  hin- 
terste so  hinüber,  dass  sie  dieselben  von  oben  mehr  oder  weniger  vollständig  be- 
decken. 

Um  die  Zeit,  da  die  acht  mittlem  Rippen  einer  jeden  Seitenhälfte  anfangen, 
sich  in  die  Breite  auszudehnen,  oder  auch  schon  ein  wenig  früher,  beginnt  eine  jede 
von  ihnen  in  der  Nähe  der  Wirbelsäule  nach  oben  einen  Ast  auszusenden,  der  dann, 
an  Länge  langsam  zunehmend,  über  die  wenigen  und  nur  dünnen  Muskeln,  welche 
an  der  obern  Seite  des  Rumpfes  nach  der  Länge  desselben  verlaufen  —  namentlich 
über  die  beiden  auf  den  Rippcnhälsen  verlaufenden  Musculi  sacrospinales  —  herüber- 
wächst, sich  mit  dem  Dornfortsatze  des  Wirbels,  zu  welchem  die  Rippe  gehört,  ver- 
bindet, und  endlich  eine  eben  so  grosse  Breite  erhält,  wie  der  Körper  seiner  Rippe 
selbst.  Dornfortsätze  entstehen  schon  während  des  Fruchtlebens  auf  dem  Bogen  des 
zweiten  bis  achten  Rumpfwirbels.  Sie  erlangen  aber  eine  nur  geringe  Höhe,  wach- 
sen dagegen ,  nachdem  sie  zu  verknöchern  angefangen  haben ,  wider  die  Regel,  die 
für  die  Wirbelthiere  im  Allgemeinen  gilt,  so  in  die  Breite,  dass  sie  zuletzt  eine 
Reihe  horizontaler  und  ziemlich  grosser  Tafeln  darstellen. 

Indem  die  Körper  der  acht  mittlem  Rippenpaare,  die  von  ihnen  ausgesendeten 
und  nur  den  Schildkröten  eigenthümlichen  Aeste  oder  obern  Schenkel,  und  die  Dorn- 
fortsätze derjenigen  Wirbel,  zu  welchen  jene  Rippenpaare  gehören,  sich  immer  mehr 
in  die  Breite  ausdehnen,  bis  endlich  ihre  einander  zugekehrten  Ränder  sich  berühren 
und  an  einander  legen,  wird  von  allen  so  eben  genannten  Theilen  des  Innern  Ske- 
letes  eine  aus  vielen  Stücken  zusammengesetzte  Knochentafel  gebildet,  welche  die 
Eingeweide  des  Rumpfes  wie  ein  Schild  von  oben  bedeckt.  Um  aber  dieses  schon 
ansehnlich  grosse  Schild  noch  zu  vergrössern  und  zu  ergänzen,  schliessen  sich  an 
dasselbe  noch  andre  im  Umkreise  von  ihm  erscheinende  Knocbenplatten  an,  die  am 
Rücken  ganz  unabhängig  von  der  Wirbelsäule  und  deren  Ausstrahlungen  in  einer 
Schichte  sehr  dichten  und  festen  Unterhaut-Bindegewebes  entstehen,  und  deshalb  dem 
äussern  Skelete,  oder  dem  sogenannten  Hautskelete  der  Thiere  beigezählt  werden 
müssen.  Ihre  Zahl  ist  verschieden  bei  den  verschiednen  Arten  der  Schildkröten. 
Nur  eine  einzige  solche  Platte  bildet  sich  bei  fast  allen  Arten  der  Gattung  Trionyx, 
und  zwar  dicht  vor  den  Wirbeln  des  Rückens  im  Nacken. 

§.  48.  Nachdem  sich  der  Rumpf  der  Embryonen  an  seiner  Bauchseite  abge- 
plattet hat,  entstehen  auch  an  dieser  Seite  zwischen  der  Hautbedeckung  und  den 
Muskeln  in  der  Schichte  eines  dichten  und  festen  Bindegewebes,  welche  diese  ver- 
schiednen Theile  unter  einander  vereinigt,  einige  Knorpelstücke,  aus  denen  sich  das 
Bauchschild   entwickelt,     wodurch    gewissermassen    das   mangelnde    Brustbein    ersetzt 

33* 


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werden  soll.  Zu  welcher  Zeit  sie  sich  zu  bilden  beginnen,  hat  sich  noch  nicht  be- 
stimmt ermitteln  lassen :  die  nur  geringe  Entwickelung  aber,  die  bei  reifern  Embryo- 
nen und  den  unlängst  erst  aus  dem  Ei  ausgeschlüpften  Jungen  das  Bauchschild  er- 
langt hat,  lässt  vermuthen,  dass  es  erst  nach  der  Mitte  des  Eilebens,  und  überhaupt 
verhältnissmässig  später,  als  etwa  das  Brustbein  der  Vögel  und  Säugethiere,  seine 
Entstehung  nimmt.  Die  Knorpelstücke  selbst,  die  als  die  ersten  Grundlagen  des 
Bauchschildes  erscheinen,  sind  der  Mehrzahl  nach  ursprünglich  sehr  schmale  und 
dünne  einfache  Streifen,  und  kommen  in  zwei  Paaren  vor.  Das  eine  Paar  liegt  vor, 
das  andere  hinter  der  Nabelöffnung,  und  zwischen  beiden  befindet  sich  noch  zu  der 
Zeit,  da  die  Embryonen  das  Ei  verlassen,  ein  sehr  beträchtlicher  Zwischenraum. 
Ausserdem  aber  bildet  sich  ein  unpaariges  oder  fünftes  Knorpelstück,  das  eine  kleine 
Platte  darstellt,  entweder  ganz  allgemein,  oder  bei  fast  allen  Schildkröten  (mit  Aus- 
nahme nämlich  von  Sphargis?)  zwischen  den  vordem  Enden  der  beiden  vordem 
paarigen  Knorpelstücke.  Später  entwickeln  sich  darauf  in  diesen  verschiednen  Knor- 
peln weit  mehrere  Knochenstücke:  denn  ihre  Zahl  beträgt  in  der  Regel  oder  viel- 
leicht immer  neun.  Die  relative  Grösse  aber,  die  sie  bei  den  verschiednen  Arten 
der  Schildkröten  erlangen,  ist  sehr  verschieden.  Denn  entweder  wachsen  sie  sämmt- 
lich  in  so  hohem  Grade  einander  entgegen,  dass  sie  mit  ihren  einander  zugekehrten 
Rändern  allenthalben  zusammenstossen  und  zuletzt  ein  vollständig  geschlossenes  Schild 
zusammensetzen;  oder  es  ist  ihr  Wachsthum.  gegen  einander  hin  beschränkter,  so 
dass  sie  zuletzt  ein  in  der  Mitte  offenes  Schild,  oder  auch,  wie  wahrscheinlich  bei 
der  Sphargis,  nur  einen  schmalen  Ring  zusammensetzen.  Ausserdem  aber  ist  die 
Entwickelung  des  Bauchschildes  auch  noch  in  so  fern  verschieden,  als  es  bei  einigen 
Arten  der  Schildkröten  einen  verhältnissmässig  weit  grösseren  Umfang,  und  insbe- 
sondre eine  weit  grössere  Länge,  als  bei  andern  erhält,  bei  einigen  nämlich  bis  un- 
ter den  Hals  und  Schwanz  hinreicht,  und.  unter  ihnen,  nur  von  Haut  bekleidet,  eine 
Strecke  vorspringt,  bei  andern  hingegen  keine  solche  Vorsprünge  bemerken  lässt. 
Vermuthlich  hängt  diese  Verschiedenheit  damit  zusammen,  ob  sich  an  der  Bauchseite  * 
des  Leibes  schon  vorher  unter  und  vor  den  Vorderbeinen,  sowie  unter  und  hinter 
den  Hinterbeinen,  aus  der  Hautbedeckung  eine  Querfalte,  in  welche  bei  seiner  Ver- 
grösserung  das  ßauchschild  hineinwachsen  konnte,  gebildet  hatte  oder  nicht,  indem 
nur  bei  denjenigen  Arten  der  Schildkröten,  bei  welchen  die  angegebenen  Vorsprünge 
des  Bauchschildes  entstehen,  vorher  wohl  immer  erst  dergleichen  Falten  gebildet  wa- 
ren. Darauf  deutet  insbesondre  der  Bau  der  Schildkröten  aus  der  Gattung  Trionyx 
hin,  bei  welchen  solche  Hautfalten  zwar  vorkommen,  doch  nicht  von  Theilen  des 
Bauchschildes,  das  sich  hier  überhaupt  nur  unvollständig  ausbildet,  ausgefüllt  werden. 


181_ 

§.  49.  Ganz  eigenthümlich  und  nicht  wenig  merkwürdig  ist  bei  den  Schild- 
kröten das  Verhältniss,  in  welches  zu  einander  die  Knochen  des  Rumpfes  und  das 
an  diesem  in  einer  ziemlich  dicken  Schichte  ausgebreitete,  sehr  feste  und  gewöhn- 
lich für  Knorpel  ausgegehne  Ünterhaul-Bindegewebe  gerathen.  Alle  diejenigen  Kno- 
chenstücke des  Rumpfes,  welche  an  die  erwähnte  Schichte  dicht  angrenzen  —  näm- 
lich die  Dornfortsätze  des  zweiten  bis  achten  Rumpfwirbels,  die  8  mittlem  Rippen- 
paare, die  Ergänzungsplatten  des  Rückenschildes,  und  meistens  auch  alle  Stücke  des 
Bauchschildes  —  verlieren  an  ihrer  nach  aussen  gekehrten  Fläche  durch  Resorption 
die  Beinhaut  und  kommen  mit  dem  Unterhaut  -  Bindegewebe  in  eine  unmittelbare  Be- 
rührung. Dies  geschieht  nach  der  Zeit,  da  der  Embryo  das  Ei  verlassen  hat,  und 
zwar  an  den  Rippen  in  der  Weise,  dass  die  Beinhaut  von  dem  obern  (den  Wirbel- 
beinen nähern)  Ende  derselben  ganz  allmählig  gegen  das  untere  Ende  hin  verschwin- 
det, doch  bei  den  Seeschildkröten  nicht  bis  an  das  letztere  Ende  selbst,  sondern  nur 
bis  an  denjenigen  Theil  der  Rippenkörper,  welcher  niemals  bedeutend  in  die  Breite 
wächst.  So  wie  aber  die  Knochensubstanz  jener  verschiednen  Skeletstücke  mit  dem 
Unterhaut -Bindegewebe  in  eine  unmittelbare  Berülirung  gekommen  ist,  entstehen  in 
ihr  gegen  dieses  Gewebe  hin  viele  mehr  oder  weniger  grosse  und  nach  aussen  of- 
fene Markzellen,  deren  Zahl  allmählig  sehr  bedeutend  zunimmt,  so  dass  die  genann- 
ten Skeletstücke ,  indem  sie  immer  dicker  werden ,  zugleich  auch  eine  schwammige 
Beschaffenheit  erhalten,  obgleich  freilich  bei  den  verschiednen  Arten  der  Schildkröten 
in  einem  sehr  verschiednen  Grade.  Was  indess  ihre  Markzellen  ausfüllt,  ist  nicht, 
wie  bei  den  höhern  Wirbelthieren  in  den  Knochen  überhaupt,  und  wie  selbst  bei  den 
Schildkröten  in  den  weiter  von  der  Hautbedeckung  entfernt  liegenden  Knochenstücken, 
hauptsächlich  Fett,  sondern  der  Hauptsache  nach  das  Ünterhaul-Bindegewebe.  Denn 
dieses  dringt  in  sie  durch  die  Oeffnungen  ihrer  Markzellen,  gleichsam  lauter  zarte 
Wurzeln  aussendend,  allmählig  hinein,  und  häuft  sich  dann  in  ihnen,  je  mehr  sie  an 
Dicke  zunehmen,  immer  mehr  und  mehr  an.  Dabei  aber  nimmt  die  aus  ihm  be- 
stehendje  Schichte,  wo  sie  zwischen  den  Knochen  und  der  Haut  liegt,  an  Dicke  nicht 
blos  relativ,  sondern  theilweise  auch  absolut,  immer  mehr  ab,  so  dass  sie  bei  man- 
chen Schildkröten,  z.  B.  bei  Emys  europaea,  in  späterer  Lebenszeit  am  Rücken-  und 
Bauchschilde  sogar  zu  fehlen  scheint. 

§.  50.  Sieht  man  das  Bauchschild  der  Chelonier,  wie  es  gewöhnlich  der  Fall 
gewesen,  für  eine  Abtheilung  des  Nervenskeletes  und  für  gleichbedeutend  mit  dem 
Brustbein  andrer  Wirbelthiere  an,  so  kann  man  nicht  umhin,  auch  anzunehmen,  dass 
bei  ihnen  das  Schultergerüste  und  das  Becken  eine  Lage  haben,  die  dem  Typus  al- 
ler derjenigen  übrigen  Wirbelthiere,   welche  dergleichen  Körpertheile  besitzen,   ganz 


182 

zuwiderläuft.  Und  diese  Lage  würde  von  der  Art  sein,  dass  sie  bei  unserer  Kennt- 
niss  von  der  Entwickelung  der  Tliiere  völlig  unerklärlich  wäre.  Es  lässt  sich  in- 
dess,  wie  ich  glaube,  aus  mehrern  Umständen  überzeugend  darthun,  dass  das  Bauch- 
schild nur  eine  Abtheilung  des  Hautskeletes  ist,  und  deshalb  in  seiner  anatomischen 
Bedeutung  mit  dem  Brustbein  andrer  Thiere  Nichts  gemein  hat.  Ist  dies  aber  der 
Fall,  so  lässt  sich  die  Lage  des  Schultergerüstes  und  des  Beckens  erwachsener 
Schildkröten  auf  Verhältnisse  zurückrdhren,  wie  sie  auch  bei  andern  Thieren  vor- 
kommen. Beide  Gerüste  bieten  dann  in  Hinsicht  ihrer  Lagerung  gar  nichts  Befrem- 
dendes mehr  dar,  sondern  nur  einige  Eigenthümlichkeiten,  die  in  der  besondern  Ent- 
wickelung der  Rückenwand  des  Leibes  ihren  Grund  haben.  Und  hierüber  will  ich 
nunmehr  ein  Näheres  angeben.  Wann  sich  bei  den  Embryonen  der  Schildkröten 
die  Beine  erst  zu  bilden  angefangen  haben,  liegen  sie,  wie  bei  andern  Wirbelthie- 
ren,  völlig  frei  an  der  äussern  Seite  des  Leibes,  und  es  kann  daher  kein  Zweifel 
darüber  obwalten,  dass  sie  auch  bei  den  Schildkröten,  ganz  der  Norm  gemäss,  auf 
der  Grenze  zwischen  den  Rücken-  und  Bauchplatten  aus  der  äussern  Seite  des  Lei- 
bes hervorgewachsen  sind.  (Tab.  II,  Fig.  l.  und  Fig.  13.)  AUmählig  aber  wird 
dieses  ihr  ursprüngliches  Lagerungsverhältniss  verändert  und  immer  unkenntlicher 
gemacht. 

Anbelangend  die  Vorderbeine,  so  sind  es  zuvörderst  an  dem  Schultergerüsle 
der  Schildkröten  zwei  Verhältnisse,  durch  die  sich  dasselbe  später  von  dem  ent- 
sprechenden Theile  andrer  Thiere  unterscheidet,  nämlich  die  Lage  der  Schulterblätter 
durchaus  vor  den  Rippen  bei  den  reifern  Embryonen,  und  die  Lage  dieser  Knochen 
unter  dem  zweiten  Rippenpaare  bei  den  Erwachsenen. 

A.  Bei  den  reifern  Embryonen  und  auch  den  Jungen,  wenn  sie  erst  unlängst 
das  Ei  verlassen  haben,  befinden  sich  die  Schulterblätter  mit  ihrem  obern  Ende  dicht 
vor  dem  ersten  Rippenpaare,  und  grenzen  mit  diesem  Ende  nach  oben  an  das  dichte 
Unterbaut-Bindegewebe  des  Rückens  an.  Sehr  wahrscheinlich  aber  ist  es,  dass  ihnen 
eine  solche  Lage  weit  nach  vorne  auch  schon  früher  zukommt,  als  die  Rippen  in 
ihrer  Entwickelung  erhebliche  Fortschritte  gemacht  haben,  sie  also  nicht  etwa  zu 
der  Zeit,  da  der  Rumpf  sich  übermässig  in  die  Breite  ausdehnt,  durch  die  Rippen 
nach  vorne  hingeschoben  werden.  Denn  das  vorderste  Rippenpaar,  dicht  vor  welchem 
sie  bei  reifern  Embryonen  gefunden  werden,  zeichnet  sich  nicht  durch  eine  ansehn- 
liche Länge  und  Stärke  aus ,  sondern  ist  gegentheils  auffallend  kurz  und  dünne, 
kann  also  eine  Ortsveränderung  der  Schulterblätter  nicht  zu  Wege  bringen.  Ja  es 
fragt  sich  sogar ,  ob  nicht  bei  allen  Wirbelthieren ,  welche  Schulterblätter  und  Rip- 
pen besitzen,  jene  dicht  vor  diesen  entstehen,  und  ob  sie  nicht  anfänglich  eine  sol- 


183 

che  senkrechte  Stellung,  wie  hei  den  Schildkröten,  für  immer  hahcn,  später  aber  in 
der  Regel  mehr  oder  weniger  nach  hinten  weichen ,  so  wie  ungefiihr  gleichzeitig 
eine  mehr  oder  weniger  schräge  Stellung  annehmen?  Manche  Erscheinungen  deuten 
darauf  hin,  dass  diese  Frage  hejahcnd  zu  heantworten  sein  dürfte.  So  haben  auch 
bei  manchen  Fischen,  hei  einigen  Sauriern  (z.  B.  Cyclodus  nigro-luteus,  den  Scinci 
und  Monitores)  und  sogar  bei  einem  Säugethier,  dem  Ornilhorhynchus,  die  Schulter- 
blätter für  immer  eine  Lage  vor  den  Rippen.  Ferner  liegt  hei  Didelphys  virginiana, 
wenn  auch  nicht  das  ganze  Schulterblatt ,  so  doch  der  untere  Theil  desselben  mit 
dem  Schultergelenke  vor  den  Rippen,  und  es  ist  daher  wahrscheinlich,  dass  hei  diesem 
Thiere  in  einer  frühem  Entwickelungszeit  das  ganze  Schulterblatt,  ehe  es  sich  schräge 
gestellt  und  eine  beträchtliche  Breite  angenommen  hat,  vor  den  Rippen  liegt.  Bei 
sehr  jungen  Embryonen  des  Schweines  aber  fand  ich,  dass  die  ganze  Masse  des 
Vorderbeines  nur  erst  die  beiden  vordersten  Rippen  seiner  Seite  bedeckte,  und  dass 
das  Schulterblatt,  wenn  es  schon  als  ein  besondrer  Theil  sich  auspräpariren  liess, 
fast  nur  die  vorderste  Rippe  bedeckte,  anstatt  dass  es  beim  erwachsenen  Schweine 
von  der  vordersten  bis  zu  der  siebenten  Rippe  hinreicht.  Demnach  ist  bei  den  rei- 
fern Embryonen  und  den  Jungen  der  Schildkröten  die  Lage  der  Schulterblätter  vor 
den  Rippen  zwar  nicht  eine  solche,  wie  sie  bei  den  übrigen  Wirbelthieren  für  ge- 
wöhnlich gefunden  wird,  doch  auch  keine  nur  allein  den  Schildkröten  eigenthümliche. 

ß.  Ganz  eigenthümlich  hingegen  ist  für  diese  Amphibien  die  nachherige  Lage 
der  Schulterblätter  unter  den  Rippen  des  zweiten  Paares.  Dies  Lagerungsverhältniss 
aber  bat  seinen  Grund  darin ,  dass  sich  die  Rippen  des  zweiten  Paares  übermässig 
in  die  Breite  ausdehnen  und  sich  immer  an  dem  Unterhaut-Bindegewebe  halten ,  wo- 
bei sie  dann  über  die  zunächst  vor  ihnen  liegenden  Theile  des  Skeletes,  nämlich 
über  die  Rippen  des  ersten  Paares  und  die  Schulterblätter,  herüberwachsen  und  sie 
völlig  überwölben ,  ja  sogar  nach  vorne  über  die  Rumpfhöhle  hinauswachsen.  So 
viel  mir  bekannt,  bleiben  niu"  bei  einigen  Arten  aus  der  Gattung  Trionyx,  wenig- 
stens bei  Trionyx  ferox  und  Tr.  aegyptiacus  [nicht  aber  auch  bei  Tr.  granosus], 
die  Schulterblätter  im  Zusammenhange  mit  dem  Unterhaut -Bindegewebe  und  werden 
nicht  von  den  Rippen  überwölbt. 

Durchaus  nicht  von  der  Norm  abweichend,  die  bei  den  Wirbelthieren,  mit  Aus- 
nahme vieler  Fische,  für  die  Lagerungsverhältnisse  der  Beckenknochen  die  geltende 
ist,  zeigt  sich  bei  den  Schildkröten,  wenn  sie  das  Ei  verlassen,  die  Lagerung  und 
Verbindung  ihres  Beckens.  Denn  ihre  Hüftheine  reichen  dann,  wie  bei  den  Säuge- 
thieren  und  den  Sauriern  im  Allgemeinen,  nach  oben  an  das  Unterhaut-Bindegewebe, 
liegen  mit  den  obern  Enden  seitwärts   von   den  Wirbeln  des  Kreuzbeins,    und    sind 


184 

an  deren  Querfortsätze  angeheftet.  Später  aber  werden  sie  bei  allen  Schildkröten, 
mit  Ausnahme  der  zur  Gattung  Trionyx  gehörigen,  auf  gleiche  Weise,  wie  die 
Schulterblätter,  von  den  Rippen,  und  zwar  von  denen  des  vorletzten  Paares,  wäh- 
rend diese  bedeutend  an  Breite  zunehmen  und  sich  über  die  Rippen  des  letzten  Paa- 
res ausbreiten ,  überwölbt  und  bedeckt ,  so  dass  auch  sie  in  Hinsicht  ihrer  Lage  in 
ein  Verhältniss  gerathen,  wie  es  bei  keinen  andern  Wirbelthieren  weiter  vorkommt. 
Sind  auf  solche  Weise  die  Hüftbeine  von  der  Hautbedeckung  abgeschnitten  worden, 
und  nehmen  sie  dann  an  ihren  obern  Enden  in  der  Längenrirhtung  des  Körpers  nach 
vorne  hin  erheblich  an  Ausdehnung  zu,  wie  besonders  bei  Platemys  Spixii,  so  kann 
es  nicht  anders  geschehen,  als  dass  sie  unter  ein  oder  einige  noch  weiter  noch  vorne 
gelegne  Rippenpaarc  hinunterwachsen. 

Auch  der  zwischen  den  obern  Enden  der  Hüftbeine  gelegne  Theil  des  Beckens, 
das  Kreuzbein,  erhält  bei  den  Schildkröten,  mit  Ausnahme  der  zur  Gattung  Trionyx 
gehörigen,  eine  Bedeckung  von  Knochenstücken.  Diese  aber  wird  von  einem  Theil 
des  Hautskeletes  bewirkt,  und  es  bringt  ihre  Entwickelung  in  den  normalgemässen 
Lagerungsverhältnissen  einzelner  Stücke  des  Nervenskeletes  keine  Veränderung  zu- 
wege. Ueberhaupt  aber  besteht  beinahe  der  ganze  hintere  Theil  des  Rückenschil- 
des ,  der  bei  den  meisten  Schildkröten  über  und  hinter  dem  Becken  gleichsanl  ein 
Dach  bildet,  nur  aus  Knochenstücken,  die  unabhängig  von  der  Wirbelsäule  und  den 
Rippen  in  dem  Unterhaut  -  Bindegewebe  ihre  Entstehung  nehmen. 

Was  die  so  sonderbare  und  auffallende  Beschaffenheit  der  Schildkröten  anbe- 
langt, dass  bei  ihnen  die  Beine  mehr  oder  weniger  weit  von  oben  her,  wie  durch 
Dächer,  verdeckt  sind,  so  ist  diese  zum  Theil  darin  begründet,  dass  die  Hautbe- 
deckung ,  wo  sie  von  dem  Rücken  auf  die  Seiten  übergeht ,  schon  sehr  frülie  eine 
mehr  oder  weniger  breite  Falte  schlägt,  und  dass  in  dieser  sich  meistens  noch  be- 
sondre Knochenstücke  des  Hautskeletes,  nämlich  die  Marginalplatten  des  Rückenscbil- 
des,  entwickeln.  Anderntheils  aber  liegt  der  Grund  davon  in  weniger  augenrälligen, 
und  dennoch  wichtigern  Entwickelungsvorgängen.  Und  diese  bestehen  darin,  dass 
während  der  Abplattung  des  Rumpfes,  wobei  sich  dessen  Höhle  sehr  in  die  Breite 
ausdehnt  und  ihre  Eingeweide  seitwärts  sehr  stark  hervorgedrängt  werden  ^),  nicht 
blos  alle  Rippen  bei  dem  Mangel  eines  Brustbeins ,  wodurch  sie  zusammengehalten 
werden  könnten,  mit  ihren  untern  Enden  paarweise  weit  aus  einander  weichen,  son- 
dern auch  die  Rippen  der  acht  mittlem  Paare  sich  so  verlängern,    dass   einige   oder 


')  Wenn  man  bei  einer  Schildkröte  aUe  weiche  und  harte  Theile  des  Rumpfes,  welche  seitwärts  von 
der  Höhle  desselben,  dem  Schultergerüste  und  dem  Becken  liegen,  weggeschnitten  hat,  so  zeigt  der  Rumpf 
ungefähr  eine  solche   Form,  wie  bei  Phrynosuma. 


185 

alle  mehr  oder  wenigfer  über  die  Rumpfliöhic  hinauswachsen,  dass  besonders  aber 
das  zweite,  achte  luid  neunte  Paar  beträchtlich  weit  über  diese  Höhle  hinausgehen, 
und  dass  zugleich  das  achte  und  neunte  eine  sehr  schräge  Richtung  nach  hinten ,  das 
zweite  hingegen,  wenn  auch  nicht  bei  allen,  so  doch  bei  vielen  Schildkröten  eine 
mehr  oder  weniger  schräge  Richtung  nach  vorn  erhalten.  Am  besten  kann  man 
sich  bei  solchen  jungen  Schildkröten,  bei  welchen  die  Rippen  noch  sehr  schmal  sind 
und  ziemlich  grosse  Zwischenräume  zwischen  sich  haben ,  davon  unterrichten ,  dass 
die  Rippen  des  zweiten,  achten  und  neunten  Paares  beträchtlich  weit  über  die  Rumpf- 
hölile  hinausragen,  wenn  man  die  Haut  nebst  dem  Unterhaut-Rindegevvebe  des  Rückens 
abgezogen  und  die  Muskeln,  welche  an  ihnen  befestigt  sind,  abpräparirt  hat.  Doch 
sind  bei  solchen  jungen  Exemplaren,  wegen  der  Schmalheit  ihrer  Rippen,  die  Ober- 
schenkel der  Hinterbeine  durch  diese  nur  sehr  unvollständig,  und  die  Oberschenkel 
der  Vorderbeine  in  dem  Falle,  dass  das  zweite  Rippenpaar  nicht  schräge  nach  vorn 
gerichtet  ist,  noch  gar  nicht  durch  die  Rippen  bedeckt,  sondern  die  erstem  zum 
grössern  Theile  und  die  letztern  nur  allein  durch  häutige  Gebilde ,  welche  über  die 
Rippen,  die  Nackenplatte  und  die  zwischen  diesen  Skeletstücken  befindlichen  Zwischen- 
räume ausgespannt  sind.  Nur  erst,  wenn  die  Rippen  die  Rreite  erhalten  haben, 
welche  sie  gesetzlich  erlangen  können,  stellen  sie  bei  den  meisten,  obgleich  nicht 
bei  allen  Schildkröten  (namentlich  nicht  bei  den  Seeschildkröten)  über  den  Reinen 
für  sich  allein  vollständige  Dächer  dar. 

§.51.  Die  so  oft  gemachte  Rehauptung,  dass  bei  den  Schildkröten  das  Schuller- 
gerüste und  das  Becken  in  der  Leibeshöhle  liegen,  ist  also  nach  dem,  was  ich  in 
dem  Obigen  über  das  Bauchschild  und  das  Rückenschild  angeführt  habe,  ohne  allen 
Grund.  Ausserdem  aber  ergiebt  sich  ihre  Unrichtigkeit  bei  der  Retrachtung  des  Ver- 
laufes, den  das  Bauchfell  der  Schildkröten  macht.  Denn  dieses  schlägt  sich  nirgend 
um  einige  von  den  Knochentheilen ,  welche  das  Schultergerüste  und  das  Becken  zu- 
sammensetzen, so  herum,  dass  es  sie  und  die  daran  befestigten  Muskeln  von  zwei 
Seiten  einhüllt,  sondern  bekleidet  das  Becken  nur  an  derjenigen  Seite,  welche  den 
Eingeweiden  der  Rumpfliöhle  zugekehrt  ist,  und  von  dem  Schultergerüste  nur  die 
obere  Seite  eines  Theiles  der  Hakenschlüsselbeine.  Hinten  nämlich  dringt  es,  wie 
bei  den  Säugethieren,  eine  ziemlich  grosse  Strecke  in  die  Höhle  des  Beckens  hinein, 
bekleidet  einen  Theil  der  Innern  Fläche  desselben,  nebst  einem  Theile  der  an  diese 
Fläche  angehefteten  Muskeln,  und  begiebt  sich  von  ihnen  auf  die  im  Becken  liegen- 
den Eingeweide.  Von  hier  aber  geht  es  unter  der  Rücken  wand  des  Leibes  bis  in 
die  Nähe  der  Schulterblätter,  die,  wie  schon  angefiihrt,  sehr  weit  nach  vorne  liegen, 
und  bekleidet  auf  diesem  Wege  die  untere  Seite  der  Nieren,  die  innern  Geschlechts- 


186 

Werkzeuge,  die  untere  Seite  nebst  denl  äussern  Rande  der  beinahe  an  ihrer  ganzen 
Seite  mit  den  Rippen  innig  verbundenen  Lungen,  und  mehr  oder  weniger  auch  den- 
jenigen Theil  der  Rippen,  welcher  seitwärts  über  die  Nieren,  Geschlechtswerkzeuge 
und  Lungen  vorspringt.  Ist  es  von  den  Lungen,  die  vorne  beinahe  bis  an  die  Schul- 
terblätter reichen,  auf  die  Muskeln,  welche  diese  Knochen  einhüllen,  übergegangen,  so 
läuft  es  an  ihnen,  ohne  jedoch  bis  zu  den  Schulterblättern  selbst  gelangt  zu  sein, 
abwärts,  überzieht  sodann,  indem  es  sich  nach  hinten  wendet,  einen  Theil  der  obern 
Seite  des  Herzbeutels,  desgleichen  zu  beiden  Seilen  des  Herzbeutels  einen  Theil  der 
obern  Seite  der  Hakenschlüsselbeine ,  und  geht  endlich  auf  die  obere  Seite  der  Bauch- 
muskeln über.  Eine  grosse  Falte  des  Bauchfelles,  die  theils  von  der  Rückenwand, 
theils  von  der  vordem  Wand  des  Rumpfes  herkommt,  hüllt  den  Darm,  für  diesen 
ein  Gekröse  bildend,  den  Magen,  die  Leber,  die  Milz  und  die  Bauchspeicheldrüse  ein. 
§.  52.  Bei  der  Entwickelung  des  Rücken-  und  Bauchschildes  werden  gleichfalls 
mehrere  Muskeln,  die  bei  andern  Thieren  ganz  nach  aussen  von  dem  Knochengerüste 
des  Rumpfes  liegen,  von  jenen  Abschnitten  des  Skelets  entweder  zum  Theil,  oder 
auch  wohl  gänzlich  eingeschlossen.  Einige  kommen  in  dem  Rückenschilde  selbst  zu 
liegen,  andre  zwischen  diesem  Schilde  und  dem  Bauchschilde. 

A.  Das  Erstere  gilt  von  denjenigen  Rückenmuskeln,  welche  bei  den  Embryo- 
nen der  Schildkröten,  wie  bei  andern  Thieren,  für  immer  unter  der  Haut  des  Rückens 
auf  der  Wirbelsäule  und  den  Rippen  ihre  Lage  haben.  Diese  werden  dadurch  von 
Knochenstücken  des  Rückenschildes  überwölbt,  dass  sich  die  Dornfortsätze  mehrerer 
Rumpfwirbel  sehr  in  die  Breite  ausdehnen,  und  dass  von  den  Rippen  besondre  Fort- 
sätze ,  die  nur  allein  den  Schildkröten  zukommen ,  jenen  Dornfortsätzen  entgegen- 
wachsen. Von  den  erwähnten  Rückenmuskeln  lässt  sich  also  weder  behaupten,  dass 
sie  in  der  Rumpfhöhle  liegen,  noch  auch  dass  sie  eine  verkehrte  Lage  haben. 

B.  Von  denjenigen  Muskeln,  welche  bei  den  erwachsenen  Schijdkröten  zwi- 
schen dem  Rückenschilde  und  Bauchschilde  eingeschlossen  sind,  muss  man 

a)  einigen  dessenungeachtet  eine  ebea  solche  Lage  zusprechen ,  wie  sie  bei  andern 
Wirbelthieren  haben,  wenn  man  nämlich  das  Bauchschild  für  einen  Theil  des 
Hautskeletes  gelten  lässt,  wofür  es  mit  Recht  nur  ausgegeben  werden  kann. 
Es  sind  dies  die  grossen  Brustmuskeln  und  sämmtliche  Bauchmuskeln.  Nur 
zeigen  jene  Brustmuskeln  und  die  geraden  Bauchmuskeln,  weil  bei  den  Schild- 
kröten ein  Brustbein  nebst  den  Rippenknorpeln  fehlt  und  die  Rippen  paarweise 
unten  weit  auseinander  gewichen  sind,  das  Eigenthümliche,  dass  sie  nicht  an 
dergleichen  Skelettheile,  sondern  dafür  an  das  Bauchschild  angeheftet  sind.  — 
Gleichfalls  haben  eine  solche  Lage,  wie  bei  andern  Thieren,  diejenigen  Nacken- 


187 

luuskeln  und  Schwanzniuskeln ,  welche  an  verschiedne  zum  Hautskelete  gehö- 
rige Theilc  des  Rückenscliildes  angeheftet  sind ;  und  nur  darin  lassen  namentlich 
diese  Nackenmuskeln  eine  Ahweichung  von  ihrer  Regel  bemerken ,  dass  sie  an 
ihrem  hiulern  Ende  nicht  aucli  mit  der  Wirbelsäule,  sondern  nur  allein  mit 
der  Nackenplattc  in  Verbindung  stehen, 
b)  Andre  Muskeln  hingegen  haben  eine  mehr  oder  weniger  von  dem  Typus  andrer 
Wirbelthiere  abweichende  Lage.  Dies  gilt  von  einigen  andern  Nackenmuskeln, 
aber  auch  von  jenen  erstem  Nackenmuskeln  bei  andern  Arten  von  Schildkröten, 
luid  von  einigen  Muskeln  der  Beine. 

«)  Einige  Nackenmuskeln  sind  nämlich  mit  ihrem  hintern  Ende  (tbeilweise  oder 
gänzlich)  an  die  untere  Seite  des  zweiten  Rippenpaares  angewachsen,  an- 
statt dass  bei  andern  Thieren  die  ihnen  entsprechenden  hinten  an  die  obere 
Seite  der  Wirbelsäule  befestigt  sind.  Die  Ursache  dieser  ihrer  Lage  liegt 
darin,  dass  bei  den  Schildkröten  die  Rippen  des  zweiten  Paares,  bis  zu  wel- 
chen die  erwähnten  Muskeln  anfangs  nur  hinreichen,  später,  wann  sie  an 
Breite  bedeutend  zunehmen,  nach  vorne  über  die  erste  Rippe  und  sogar  auch 
über  die  Rumpfliöhle  hinauswachsen,  gleichzeitig  aber  in  die  innigste  Verbin- 
dung mit  dem  sehr  dichten  Unterhaut-Bindegewebe  gelangen  und  von  ihm  so 
festgehalten  werden,  dass  sie  nicht  unter  das  Ende  dieser  Muskeln  herunter- 
wachsen können,  sondern  über  dasselbe  herüberwachsen  müssen.  Ganz  das- 
selbe gilt  auch  von  dem  M.  latissimus  dorsi  der  meisten  Schildkröten.  Bei 
den  Seeschildkröten  aber,  bei  denen  dieser  Muskel  eine  grössere  Länge  an- 
nimmt, was  erst  geschieht,  nachdem  sein  hinteres  Ende  von  der  zweiten 
Rippe  überwachsen  ist,  kann  er  eben  deshalb  bei  seiner  Verlängerung  nicht 
an  die  obere  Seite  der  nächstfolgenden  Rippe  gelangen ,  sondern  muss  sich 
mit  seinem  hintern  Ende  unter  diese  Rippe  begeben. 
ß)  Wie  einige  vordre  Rückenmuskeln,  sind  auch  die  beiden  M.  M.  glutaei 
unter  dem  Rückenschilde  zu  liegen  gekommen ,  und  zwar  entweder  an  die 
untere  Seite  einiger  hintern  Rippen,  oder  an  die  Körper  einiger  Wirbelbeine 
angeheftet.  Bei  Terrapene  aber  geben  sie  nicht  vom  Rückenschilde,  sondern 
nur  allein  von  den  Hüftbeinen  ab,  und  es  ist  daher  sehr  wahrscheinlich,  dass 
sie  mit  ihrem  obern  Ende  ursprünglich  auch  bei  andern  Schildkröten  nur  an 
die  Hüftbeine  befestigt  sind,  später  aber,  wenn  sie  sich  mehr,  als  die  Hüft- 
beine verlängern,  von  diesen  auf  einige  Rippen  oder  einige  Wirbelbeinkörper 
hinüberwachsen. 
y)  Aber  auch  mehrere  Muskeln ,    die   nicht    mit    den  Rippen   zusammenhängen, 

24* 


188 

sondern  von  dem  Schultergerüste  und  dem  Becken  zu  den  Beinen  gehen,  oder 
überhaupt  den  Beinen  angehören,    haben   unter  den  Rippen  ihre  Lage.     Als 
Ursache  davon  lässt  sich  angeben,  dass  sich  bei  der  Entwickelung  der  Schild- 
kröten die  Rippen  des  zweiten  und  des  vorletzten  Paares  über  die  Schulter- 
blätter und  Hüftbeine  ausbreiten,  dass  ferner  mehrere  Rippen  auch  seitwärts 
über   die   Rurapfhöhle    hinauswachsen ,    und    dass   sich    dabei    die   Rippen  des 
achten  und  neunten  Paares  schräge  nach  hinten,  die  des  zweiten  Paares  bei 
mehreren  Schildkröten  schräge  nach  vorne  richten. 
(})  Eine     von    der    gewöhnlichen    sehr     abweichende    Lagerung    hat    bei    den 
Schildkröten    der   M.    pectoralis    minor,    da    er    aus   der   Nähe  der  äussern 
Enden  mehrerer  Rippen  theils  nach  unten  und  vorne,  theils  auch  mehr  oder 
weniger  nach   innen   geht.     Seine  Richtung   nach    luiten    und  vorne  aber  ist 
nur  das  Extrem  der  Abweichung,    die    er   schon    bei  manchen  Sauriern  von 
seiner  bei   den    Säugethieren   vorkommenden    Richtung   bemerken   lässt,    und 
wird  bedingt  durch    die  sehr  niedrige  Lage  des   ganzen    Hakenschlüsselbeins, 
mit   dem   er    in   Verbindung   steht:    dagegen   ist   seine    mehr   oder  weniger 
schiefe  Richtung   von   oben    und   aussen   nach    unten  und  innen  dadurch  ver- 
ursacM,    dass   bei    den  Schildkröten    die    längern  Rippen   paarweise  an  ihren 
untern  Enden    weit   auseinander  gewieben   und  über    die  Hakenschlüsselbeine 
seitwärts  mehr  oder  weniger  weit  hinausgegangen  sind. 
Dem   Angeführten    zufolge   haben   also   bei   den    Schildkröten  mehrere  Muskeln, 
die  ihnen  mit  andern  Wirhelthieren  gemeinsam  zukommen,    zu  Theilen  des  Nerven- 
skeletes,    insbesondre    zu    den  Rippen,    im  Vergleich   mit  andern  Thieren  allerdings 
eine  verkehrte  Lage,  doch  ist  dieselbe  nicht  so  bedeutend,  als  Mehrere  wohl  gemeint 
haben.     Ihren  Grund   aber    hat    diese  Umkehrung   der  Lagerungsverhältnisse   in   der 
bedeutenden   Vergrösserung   der   meisten   Rippen    in   die   Breite   und  Länge ,   in  der 
weiten  Spannung  der    von  den  Rippen  dargestellten  Bogen,    in  der  auffallend  schrä- 
gen Stellung  einiger  Rippen,    und  in    dem  eigenthümlichen  Verhältniss,    in   welches 
die  längeren  Rippen  zu  einem  sehr  dichten  Unterhaut-Bindegewebe  gelangen,  und  das 
auf  eine  gegenseitige  Durchdringung  dieser  beiderlei  Körpertheile  gerichtet  ist. 


189 

Fünftes     Kapitel. 
Von   den    Verdauungswerkzeugen. 


§.  53.  Bei  dem  Embryo  von  Chelonia  besass  die  Speiseröhre  an  ihrer 
innern  Fläche  schon  ähnlich  geformte  zapfenartige,  dicht  gedrängt  beisammenstehende 
und  mit  einem  ziemlich  dicken  Epitheliura  bekleidete  Hervorragungen ,  wie  bei  den 
Erwachsenen:  nur  waren  sie  verhältnissmässig  kleiner  und  viel  weniger  zahlreich. 
Der  ziemlich  langgestreckte  Magen  hatte  eine  ähnliche  Form,  wie  im  Allgemeinen 
bei  den  ungeschwänzten  Batrachiern,  und  war  verhältnissmässig  weit  kleiner,  beson- 
ders aber  viel  enger,  als  bei  den  Erwachsenen,  hatte  aber  eine  eben  solche  Richtung 
und  Krümmung,  wie  bei  diesen.  (Tab.  VIII,  Fig.  9.)  Bei  den  Jungen  von  Chelonia 
verhielt  sich  der  Magen,  auch  in  Hinsicht  der  Weite  und  überhaupt  der  Grösse,  wie 
bei  den  Erwachsenen :  desgleichen  waren  bei  ihnen  die  zapfenförmigen  Hervorra- 
gungen der  Speiseröhre  nicht  blos  viel  zahlreicher,  sondern  auch  absolut  und  relativ 
viel  grösser,  als  bei  dem  Embryo. 

Eine  ganz  ungewöhnliche  und  überhaupt  höchst  merkwürdige  Bildung  zeigten 
die  Speiseröhre  und  der  Magen  der  Sphargis  (Tab.  VIÜ,  Fig.  2  u.  3,  und  Fig.  5 — 8). 
Die  Speiseröhre  (a.  a.)  hatte  bei  den  beiden  von  mir  untersuchten  Exemplaren  eine 
bedeutende  Länge,  ging  vom  Halse  etwas  links  hin  und  ungefähr  bis  zu  der  Mitte 
der  Rumphöhle,  krümmte  sich  dann,  wie  es  von  keinem  andern  Wirbelthiere  bekannt 
ist,  in  einem  massig  starken  Bogen  nach  links,  vorne  und  auch  etwas  nach  oben 
(nach  dem  Rücken)  um,  verlief  nun  eine  ziemlich  grosse  Strecke  nach  vorne  hin, 
wendete  sich  hierauf  in  einem  sehr  kleinen  Bogen  wieder  nach  hinten ,  rechts 
und  unten,  und  ging  endlich  nicht  weit  von  dieser  zweiten  Krümmung  in  den 
Magen  über.  Von  ihrem  vordem  bis  zu  ihrem  hintern  Ende  nahm  sie  all- 
mählig  an  Dicke  ab,  so  dass  das  letztere  Ende  beinahe  um  die  Hälfte  dünner,  als 
das  erstere  war.  Die  sehr  dicke  und  muskulöse  Wandung  der  Speiseröhre  besass 
an  ihrer  innern  Fläche  eben  solche  sehr  spitz  auslaufende  und  in  sehr  grosser  An- 
zahl vorhandne  Hervorragungen,  wie  bei  der  Chelonia,  und  von  diesen  kamen  die 
vordersten  gleich  hinter  der  Stimmritze,  die  hintersten  dicht  vor  dem  Magen  vor, 
so  dass  einige  von  ihnen  mit  ihren  Spitzen  sogar  in  die  Cardia  selbst  hineinreichten. 
Der  Magen  (b.  b.)  enthielt  bei  beiden  Exemplaren  nur  eine  dünne  Flüssigkeit,  war 
aber  bei  dem  altern  viel  grösser,  als  bei  dem  Jüngern,  obgleich  beide  an  Alter  nur 
wenig  von  einander  verschieden  waren,    weshalb  ich  glauben  muss,  dass  der  bedeu- 


190 

tend  grössere  Umfang  dieses  Organs  bei  dem  einen  Exemplare  hauptsächlich  in  einer 
stärkern  Anfiillung  seinen  Grund  hatte.  Bei  beiden  Exemplaren  besass  der  Magen 
um  Vieles  dünnere  Wände,  als  die  Speiseröhre:  auch  halte  im  Verhältniss  zu  dem 
■ganzen  Körper  seine  Wandung  eine  weit  geringere  Dicke,  als  man  sie  bei  andern 
Schildkröten  zu  finden  pflegt.  In  Hinsicht  der  Form  liess  er  zwei  verschiedene  Hälf- 
ten unterscheiden,  eine  kürzere  und  weitere,  oder  sackartige ,  und  eine  längere  und 
engere,  oder  schlauchartige.  Die  erstere  war  bei  beiden  Exemplaren  von  der  Speise- 
röhre beinahe  ringförmig  unifasst,  lag  mit  ihrem  grössern  Durchmesser  der  Achse  des 
Rumpfes  fast  parallel,  zeigte  sich  von  der  Rückenseite  und  der  Bauchseite  her  ein 
wenig  abgeplattet,  und  enthielt  an  ihrem  vordem  Ende  die  Cardia.  Bei  dem  altern 
Exemplare  war  sie  ellipsoidisch,  hei  dem  Jüngern  vorne  am  breitesten,  nach  hinten 
aber  stark  verschmälert,  so  dass  sie  ungefähr  die  Form  eines  abgestumpften  Kegels 
hatte.  Die  andere  Hälfte  ging  rechts  von  der  Cardia  theils  aus  der  vordem,  theils 
und  hauptsächlich  aus  der  obern  Seite  der  erstem  Hälfte  hervor,  ohne  dass  jedoch 
auf  der  Grenze  zwischen  beiden  eine  Einschnürung  vorkam.  Wo  sich  ihr  hinteres 
Ende  und  der  Pförtner  befanden,  liess  sich  mit  Gewissheit  erst  dann  erkennen,  als 
der  Magen  und  Darm  der  Länge  nach  ausgeschnitten  waren  und  auf  die  Beschatfen- 
heit  ihrer  Innern  Fläche  untersucht  wurden.  (In  den  Figuren  3  und  6  ist  die  Ge- 
gend des  Pförtners  mit  einem  *  bezeichnet  worden.)  Von  ihrem  Anfange  aus  verlief 
diese  letztere  Hälfte  des  Magens  gleich  einem  Darmstücke  so,  dass  sie  zweimal  sich 
umbog  und  aus  zwei  absteigenden  und  einem  aufsteigenden  Theile  bestand,  indem 
sie  zuerst  nach  links  und  hinten ,  darauf  nach  rechts  und  vorne ,  und  endlich  nach 
rechts  und  hinten  ihren  Verlauf  machte.  (Fig.  4  und  6.)  Im  Ganzen  aber  hatte  diese 
Hälfte  ihre  Lage  hauptsächlich  auf  der  andern  oder  weitem  Hälfte  des  Magens, 
ausserdem  aber  einigermaasen  auch  auf  der  Speiseröhre.  Von  ihrem  Anfange  bis 
zu  ihrem  Ende  verlor  sie  immer  mehr  an  Weite ,  so  jedoch ,  dass  sie  nur  bei  dem 
einen  Exemplare  sich  ganz  allmählig  etwas  verengte,  indess  sie  bei  dem  andern 
über  ihre  Mitte  hinaus  in  einer  ziemlich  langen  Strecke  eine  starke  Einschnürung 
zeigte,  auf  die  dann  wieder  eine  Erweiterung  folgte.  —  Im  Innern  der  weitern 
Hälfte  des  Magens  kam  eine  Einrichtung  von  ganz  besonderer  Art  vor,  die  nicht 
wenig  merkwürdig  sein  dürfte.  Es  bestand  dieselbe  in  einer  fast  senkrechten  (mit 
der  einen  Fläche  rechtshin,  mit  der  andern  linkshin  gekehrten)  Scheidewand,  die 
rechts  von  der  Cardia  ihren  Anfang  nahm,  nach  hinten  bis  über  die  Mitte  der  wei- 
tern Magenhälfte  hinausreichte ,  hier  mit  einem  concaven  freien  Rande  endigte ,  und 
an  diesem  Rande  die  grösste  Breite  hatte.  (Fig.  4  und  8.)  Ihre  Länge  war  viel  grös- 
ser, als  ihre  Breite,  ihre  Dicke  aber  ähnlich  der  Dicke  der  Magenwandung.     Durch 


191 

sie  ward  der  weitere  Theil  des  Magens  unvollständig  in  eine  linke  und  rechte  Seiten- 
hälfle  geschieden,  von  denen  die  erstere  etwas  geräumiger,  als  die  letztere  war.  — 
Die  Schleimhaut  bildete  an  der  ganzen  innem  Fläche  des  Magens  ein  höchst  eng- 
maschiges und  sehr  zierliches  Netzwerk,  dessen  Fäden  nicht  eigentlich  in  Falten, 
sondern  nur  in  zarten  und  niedrigen  leistenartigen  Auswüchsen  der  genannten  Haut 
bestanden.  Ausserdem  aber  kamen  in  der  längern  und  engern  Hälfte  des  Magens 
einige  wenige  grobe  Längsfalten  der  Schleimhaut  vor,  die  bei  dem  jungem  Exemplar 
last  durch  die  ganze  Länge  dieser  Hälfte  verliefen,  bei  dem  altern  aber  nur  in  dem 
zusammengezognen  Theile  derselben  vorhanden  waren.  Auch  in  dem  Dünndarm  be- 
fand sich  ein  von  der  Schleimhaut  gebildetes  Netzwerk.  Aber  schon  gleich  hinter 
der  Stelle,  die  ich  für  den  Pförtner  halte,  und  an  der  sich  eine  massig  hohe  kreis- 
förmige Falte  befand,  waren  die  Maschen  dieses  Netzwerkes  des  Dünndarms  wenig- 
stens noch  einmal  so  gross ,  als  die  im  Magen  vorhandene ,  und  die  Leisten ,  von 
denen  es  gebildet  wurde,  sehr  viel  höher  und  auch  viel  dicker.  Unter  der  Schleim- 
baut kamen  in  dem  ganzen  Magen,  also  gleichfalls  auf  der  Scheidewand  desselben, 
sehr  kleine  Drüsenbälge  von  unregelraässig  rundlicher  und  ovaler  Form  vor,  die  sich 
einzeln  nicht  mit  blossen  Augen  unterscheiden  Hessen,  und  die  im  Allgemeinen  sehr 
nahe  neben  einander  lagen,  meistens  jedoch  so,  dass  sie  kleine  rundliche  Gruppen 
zusammensetzten.  Im  Darm  hingegen  konnte  ich  dergleichen  Drüsenbälge  nicht  ge- 
wahr werden  '). 

Bei  Trionyx  gangeticus  und  Tr.  ocellatns,  von  deren  Eingeweiden  nur  die 
Speiseröre  und  die  Luftröhre  nebst  dem  Kehlkopf  übrig  waren,  fand  ich  ebenfalls 
an  der  erstem,  jedoch  nur  in  der  vordem  Hälfte  derselben,  viele  und  meistens  auf 
Längsfalten  in  einer  Reihe  hinter  einander  stehende  kegelPörmige  Auswüchse.  Diese 
aber  waren  absolut  und  relativ  viel  kleiner,  als  bei  den  Seeschildkröten,  besassen 
nur  ein  dünnes  und  weiches  Epithelium,  und  wichen  ausserdem  von  denen  der  See- 
schildkröten dadurch  ab,  dass  sie  meistens  nicht  in  eine  ziemlich  lange  und  faden- 
förmige Spitze  ausliefen,  sondern  stumpf  abgerundet  waren.  —  Bei  Trionyx  aegy- 
ptiacus  kamen  im  Anfange  der  Speiseröhre  kurze  und  dünne  fadenförmige  Auswüchse 
vor,    die   reihenweise   auf  niedrigen,    aber   nicht   sehr   zahlreichen   Längsfalten    der 


1)  Eine  Beschreibang  des  Körperbaues  einer  erwachsenen  Sphargis  mercnrialis  (coriacea),  die  Biagi 
zum  Verfasser  bat,  ist  von  A.  Alessaudrini  in  den  Novi  Annali  delle  Scienze  naturale  (Bologna,  Bandit, 
1843)  bekannt  gemacbt  worden.  Dieses  Werk  selbst  habe  ich  nicht  gesehen,  nach  einem  Auszuge  ajjer, 
den  Oken  davon  in  der  Isis  mitgetbeilt,  mnss  ich  vermuthen,  dass  Biagi  nicht  einer  besonders  auffallenden 
Form,  die  er  an  der  Speiseröhre  und  dem  Magen  von  Sphargis  gefunden  hätte,  gedacht  hat.  (Isis  von  1843, 
Seite   542.) 


192 

Schleimhaut  standen  ^).  —  Auch  bei  Pentonyx  capeusis  fand  ich  in  der  Speise- 
röhre, die  übrigens  beinahe  bis  zur  Mitte  ihrer  Länge  durch  ein  der  Schleimhaut 
angehöriges  Pigment  schwarz  gefärbt  war,  eine  ziemlich  grosse  Zalil  von  Auswüch- 
sen der  Schleimhaut,  Diese  aber  befanden  sich  nicht  im  Anfange ,  sondern  vor  der 
Mitte  der  Speiseröhre,  hatten  der  Mehrzahl  nach  eine  Höhe  von  einer  halben  Linie 
und  darüber,  stellten  dreieckige  und  in  eine  kurze  Spitze  auslaufende  dünne  Platten 
dar,  waren  im  Allgemeinen  mit  ihrer  einen  Seite  nach  vorn,  mit  der  andern  nach 
hinten  gekehrt,  und  zeigten  sich  an  ihrer  Basis  unter  einander  durch  niedrige,  von 
ihren  Seitenrändern  ausgehende  zarte  Falten  der  Schleimhaut  so  verbimden,  dass  sie 
mit  denselben  massig  tiefe  Maschenräume  umschlossen.  Der  Magen  bot  bei  dieser 
Schildkröte  und  auch  bei  dem  jungen  Trionyx  aegyptiacus  nichts  Bemerkenswerthes  dar. 

Bei  den  Jungen  von  Emys  europaea  und  Terrapene  tricarinata  verhielten  sich 
die  Speiseröhre  und  der  Magen  hinsichtlich  ihrer  Form,  Lagerung,  Richtung  und 
Beschaffenheit  der  Schleimhaut  ganz  so,  wie  bei  den  Erwachsenen.  Dasselbe  war 
auch  der  Fall  bei  dem  Embryo  von  Testudo,  bei  dem  übrigens  der  Magen  von  ei- 
ner Flüssigkeit,  die  er  enthielt,  ziemlich  stark  angeschwellt  erschien.  Bei  dem  Jun- 
gen von  Platemys  Spixii ,  von  welcher  Specics  ich  nicht  Gelegenheit  gehabt  habe, 
ein  erwachsenes  Exemplar  untersuchen  zu  können,  verhielten  sich  die  Speiseröhre 
und  der  Magen  in  ihrer  Form,  Richtung  und  Lagerung  ähnlich,  wie  bei  der  Emys 
europaea. 

§.  54.  Der  Darm  bot  in  Hinsicht  seiner  relativen  Länge  so  bei  dem  Em- 
bryo ,  wie  bei  den  Jungen  von  Chelonia  nichts  besonders  Abweichendes  von  dem 
der  Erwachsenen  dar.  Die  Schleimhaut  bildete  bei  den  letztern  in  dem  grössten 
Theile  des  Dünndarms  ein  engmaschiges  Netzwerk  von  Falten,  von  denen  aber  ei- 
nige höher  und  dicker,  als  andre  waren.  Jene  stärker  entwickelten  Falten  setzten 
deutlich  mehrere  Längsfalten  zusammen,  die  einen  zickzackformigen  Verlauf  machten. 


^)  Wie  es  allen  Anschein  hat,  ist  allgemein  in  der  Gattung  Trionyx  die  Speiseröhre  an  ihrem  An- 
fange mit  kleinen  Aaswüchsen  der  Schleimhaut  versehen.  Diese  aber  haben  bei  den  verschiednen  Arten 
verschiedne  Formen.  Bei  einem  erwachsenen  Trionyx  granosus,  den  ich  darauf  untersuchte,  hatten  sie  die 
Form  von  niedrigen  zungenHirmigen,  oder  abgestumpft  dreieckigen  Platten,  gingen  von  dem  Rande  mehrerer 
Längsfalten  so  aus,  dass  ihr  einer  Seitenrand  nach  vorn,  der  andere  nach  hinten  gekehrt  war,  und  kamen 
nur  in  massig  grosser  Zahl  vor.  Bei  einem  halberwachsenen  Trionyx  ferox  aber  stellten  sie  fadenförmige 
Zotten  dar,  die  bis  eine  Linie  und  darüber  lang  waren,  kamen  überaus  zahlreich  vor,  und  standen  nur  sel- 
ten einzeln,  sondern  gewöhnlich  gruppenweise  beisammen,  indem  mehrere  (4  bis  12)  von  einem  kurzen, 
dicken  und  abgeplatteten  Stiele  so  etwa,  wie  die  Finger  einer  Hand,  abgingen.  Mehrere  von  diesen  Zotten 
umgaben  kraozartig  die  Stimmritze,  was  übrigens  auch  bei  dem  Jungen  Trionyx  aegyptiacus  der  Fall  war. 
Gleichfalls  bemerkte  ich  dergleichen  handformige  Zotten  bei  einem  Tr.  subplanus,  doch  standen  sie  bei  diesem 
nur  um  die  Stimmritze  und  hinter  derselben  in  einer  massig  langen  Längsreihe,  einfache  Zotten  befanden 
sich,  doib  ebenfalls  nur  sparsam,  in  der  vordem  Hälfte  der  Speiseröhre  an    einigen   andern  Stellen. 


193 

Durch  den  hinlern  Theil  des  Diiiindarnis  verliefen  die  Längsfalten  nur  massig  ge- 
schlängelt, und  waren  nicht  durch  zarlere  schräge  und  quere  Fältchen  netzartig  un- 
ter einander  verbunden.  Im  Dickdarm  befand  sich  ein  viel  weitmaschigeres  Netz- 
werk von  Falten,  von  denen  die  einander  benachbarten  sämmtlich  eine  ziemlich  gleiche 
Höhe  und  Dicke  hatten.  Bei  der  Sphargis  kam  in  dem  Dünndarm  bis  zu  dem  Dick- 
darm hin  ein  engmaschiges  und  überhaupt  sehr  zartes  Netzwerk  von  ziemlich,  gleich 
dicken  Falten  vor,  in  dem  Dickdarm  aber  ein  auffallend  weitmaschiges  Netzwerk  von 
verhältnissmässig  nur  wenig  hohen  und  dicken  Falten.  [Nach  Biagi  soll  hei  der 
erwachsenen  Sphargis  auch  der  Darm,  und  zwar  auf  eine  lange  Strecke,  Anfangs 
solche  Stacheln,  wie  die  Speiseröhre,  enthalten,  die  alle  mit  den  Spitzen  nach  hin- 
ten gerichtet  sind  ').  Indess  erlaube  ich  mir,  zu  bezweifeln,  dass  diese  Angabe 
richtig  ist.]  —  Bei  dem  Embryo  von  Testudo  hatte  der  Darm,  wie  bei  den  er- 
wachsenen Exemplaren  dieser  Gattung,  eine  verhältnissmässig  nur  geringe  Länge, 
und  es  kam  auch  schon  bei  ihm  ein  kurzer,  weiter  und  stumpf  abgerundeter  Blind- 
darm vor.  In  dem  Anfange  des  Dünndarms  bildete  die  Schleimhaut  ein  Netzwerk 
von  ziemlich  grossen  Maschen,  weiterhin  nur  Längsfalten,  und  im  Dickdarm  war  die 
Schleimhaut  ohne  irgend  welche  merkliche  Erhöhungen.  —  Bei  den  Jungen  von 
Emys  europaea  verhielt  sich  der  Darm  in  seiner  Form,  seiner  Länge  und  seinem 
V'erlaufe,  wie  bei  den  Erwachsenen.  —  Bei  Platemys  war  der  Dickdarm  auffallend 
weit  (ungefähr  vier  Mal  weiter,  als  der  Dünndarm  an  seinem  Ende),  imd  seine  Länge 
betrug  nur  ein  Siebentel  von  der  Länge  des  ganzen  Darms.  Die  Schleimhaut  bil- 
dete in  dem  Dünndarm  lauter  dünne  und  wenig  hohe  Längsfalten,  die  nur  einige 
wenige  zarte  Ausläufer  zur  Verbindung  unter  einander  aussendeten,  und  in  der  vor- 
dem Hälfte  dieses  Darmstückes  einen  zickzackförmigen ,  in  der  hintern  Hälfte  einen 
"ȟz   geraden    Verlauf  machten.     Die    Schleimhaut   des  Dickdarms   war  ohne  Falten 

und  Zotten. 

8.  55.  Der  Dottersack  war  bei  dem  Embryo  von  Testudo  noch  ziemlich 
gross,  hatte  die  Form  eines  Ovales  oder  beinahe  einer  Birne,  lag  noch  ausserhalb 
der  Bauchhöhle,  so  jedoch,  dass  sein  dünneres  Ende  etwas  in  die  weite  Nabelöffnung 
hineinragte,  und  war  mit  seinem  dickern  Ende  nach  vorn  gerichtet.  Seine  Länge 
betrug  8V25  sein  grösster  Querdurchmesser  7^/2  Linien.  Durch  die  Einwirkung  des 
Weingeistes,  dem  er  mehrere  Jahre  ausgesetzt  gewesen  war,  hatten  seine  Wandung 
und  der  in  ihm  enthaltene  Dotter  einen  hohen  Grad  von  Festigkeit  und  Härte  er- 
langt,   und   dieser   machte    es   mir   unmöghch,    selbst   nachdem  ich  eine  Erweichung 


1)     Isis  von  1843,     S.  542. 

25 


194 

durch  Wasser  versucht  hatte,  zu  ermitteln,  welche  Beschaffenheit  der  Dottersack  an 
seiner  innern  Fläche  besessen  haben  mochte.  Sein  dünneres  Ende  ging  in  das  Ende 
einer  Schlinge  des  Dünndarms  so  über,  dass  sich  zwischen  beiden  nur  eine  Ein- 
schnürung, nicht  aber  ein  besondrer  Stiel  oder  Ductus  vitellarius  befand.  Eine  Höh- 
lenverbindung kam  zwischen  dem  Dottersack  und  dem  Darm  nicht  .mehr  vor,  son- 
dern ßs  waren  die  Höhlen  beider  deutlich  von  einander  geschieden.  —  Bei  dem 
Embryo  von  Chelonia  war  schon  vorher,  ehe  ich  ihn  zur  Untersuchung  erhielt,  der 
Dottersack  so  abgeschnitten  worden,  dass  nur  noch  ein  kleiner  Rest  davon  am  Dünn- 
darm hing.  Auch  hier  führte  nicht  eine  Oeffnung  aus  dem  Dottersacke  in  die  Höhle 
des  Darmkanales.  —  Bei  den  Jungen  von  Chelonia,  Trionyx  aegyptiacus,  Sphargis 
coriacea,  Terrapene  tricarinata,  Emys  europaea,  Emys  lutaria  und  Platemys,  bei  de- 
nen allen  noch  ein  Dottersack  vorkam,  lag  er  in  der  Leibeshöhle  dicht  auf  der  Bauch- 
wand zwischen  Leber  und  Harnblase,  hatte  aber  eine  nur  geringe  Grösse,  so  dass 
er  seinem  gänzlichen  Verschwinden  schon  sehr  nahe  war  •).  Sein  grösster  Durch- 
messer betrug  bei  Sphargis  5,  bei  Chelonia  Midas  und  Ch.  virgata  3,  bei  Chelonia 
imbricata  2,  bei  dem  Jüngern  Exemplar  von  Emys  europaea  2%,  bei  dem  altern 
Exemplar  1  '/g,  bei  Terrapene  und  Platemys  nicht  völlig  1,  bei  Emys  lutaria  l/j  Linie. 
Bei  ihnen  allen  aber  war  seine  Form  rundlich:  auch  hing  er  bei  allen  durch  einen 
dichten  und  äusserst  kurzen,  aber  ziemlich  dicken  Stiel  ungefähr  mit  der  Mitte  des 
Dünndarms  zusammen.  Bei  Trionyx  aegyptiacus  war  er  eine  Linie  lang,  ungefähr 
halb  so  dick,  walzenförmig,  und  äusserlich  nur  durch  eine  Einschnürung  von  dem 
Darm  geschieden.  Wo  er  dem  Darm  aufsass,  war  dieser  bei  der  jungen  Platemys 
zu  einem  zwar  nur  sehr  kurzen,  doch  vcrhältnissmässig  recht  weilen  Divertikel, 
das  einen  abgestumpften  Kegel  darstellte,  ausgesackt:  bei  den  übrigen  genannten 
Schildkröten  aber  war  eine  solche  Aussackung  nicht  zu  bemerken.  Die  Wandung 
des  Dottersacks  war  im  Verhältniss  zu  ihrem  ganzen  Umfange  jedenfalls  noch  ziem- 
lich dick.  Von  ihr  gingen  namentlich  bei  den  Jungen  von  Emys  europaea,  Chelo- 
nia und  Sphargis  dicke,  zum  Theil  ziemlich  hohe,  verschiedentlich  lange  und  hei- 
nahe wie  eine  Halskrause,  jedoch  sehr  unregelmässig  hin  und  her  gebogene  Falten 
nach  innen  hin.  Ein  zuverlässiges  Resultat  erhielt  ich  aus  der  Untersuchung  dieser 
Theile  nur  bei  dem  Jüngern  Exemplar  von  Emys  europaea,  das  wenige  Stunden  nach 
seinem  Tode  in  noch  frischem  Zustande  darauf  untersucht  werden  konnte.  Ein  je- 
der solcher  Theil,  der  eigentlich  nur  den  Schein  einer  Falte  an  sich  trug,  bestand. 


*)  Bei  den  beiden  untersuchlen  jungen  Exemplaren  von  Trionyx  gangeticiis  und  der  Tr.  ocellatus  wa- 
ren schon  früher  fast  alle  Eingeweide  ausgeschnitten  worden :  es  blieb  daher  bei  ihnen  fraglich,  ob  auch  sie 
noch  einen  Doltersack  enthalten  hatten. 


195 

wie  bei  den  Schlangen,  in  einem  einfachen  (in  einer  einzigen  Ebne  ausgebreiteten) 
Netzwerke  zarter  Blutgefässe,  dessen  Maschen,  weil  sich  der  Dottersack  schon  in 
der  Rückbildung  befand,  säninitlich  sehr  klein  waren,  und  dessen  Fäden  in  dünnen 
Scheiden  eingeschlossen  lagen,  die  von  der  Innern  der  beiden  Häute  des  Doltersackes 
gebildet  waren.  Alle  Fäden  dieses  also  theils  aus  Blutgefässen,  theils  aus  deren 
Scheiden  zusammengesetzten  Netzwerkes  aber  zeigten  sich  belegt  mit  einer  ziemlich 
dicken  und  ihnen  fest  anhaftenden  Schichte  von  Dottersubstanz,  so  dass  auch  alle 
Zwischenräume  desselben  von  Dottersubstanz  ausgcRillt  waren.  Die  Masse  des  Dot- 
ters selbst  bestand  zum  grössten  Theile  aus  kleinen  Fettkugeln  ohne  besondre  häu- 
tige Hüllen,  von  denen  einige  rothgelb,  andre  weingelb,  noch  andre,  doch  in  ei- 
ner nur  geringern  Zahl,  ganz  farblos  waren.  Zwischen  diesen  Fettkugeln  aber  ka- 
men noch  andre  vor,  von  denen  jede  deutlich  eine  häutige,  doch  nicht  jedenfalls  von 
ihr  völlig  ausgefüllte  besondre  Hülle  besass,  wie  auch  ausserdem,  doch  nur  sehr 
sparsam ,  ganze  Dotterzellen ,  die  in  ihrer  Höhle  eine  sehr  gerinnbare  Flüssigkeit 
und  einen  bis  vier  Fetttropfen  einschlössen,  von  denen  wieder  ein  jeder  eine  beson- 
dre häutige  Hülle  hatte.  Danach  zu  urtbeilen,  geht  also,  während  der  Dotter  auf- 
gelöst und  seine  Bestandtheile  in  die  ßlutwege  aufgenommen  werden,  von  den  ein- 
zelnen Dotterzellen  zuerst  die  äussere  Hülle  nebst  der  gerinnbaren  Flüssigkeit  ver- 
loren: demnächst  aber  wird  die  Hülle  der  einzelnen  Fetttropfen  verflüssigt,  und  erst 
zuletzt  wird  auch  das  Fett  zersetzt  und  fortgeführt. 

§.  56.  Die  Leber  und  Milz  boten  bei  den  untersuchten,  noch  in  der  Ent- 
wickelung  begriffenen  Schildkröten  nichts  Bemerkenswerthes  weiter  dar,  als  dass  die 
beiden  Lappen  der  erstem  zwar  schon  bei  allen  gehörig  von  einander  geschieden, 
doch  bei  den  Embryonen  von  Chelonia  und  Testudo  noch  nicht  so  weit  aus  einan- 
der gewichen  waren,  als  bei  den  erwachsenen  Exemplaren  derselben  Gattungen,  so 
dass  demnach  die  Brücke ,  durch  die  sie  mit  einander  in  Verbindung  standen ,  eine 
verhältnissmässig  viel  geringere  Länge  hatte. 


25* 


196 

Sechstes    Kapitel. 
Von   den   Athmungswer  kzeugen. 


§.  57.  Der  Kehlkopf  bot  nichts  Bemerkenswerthes  dar.  Die  Luftröhre 
und  ihre  Aeste  verhielten  sich  bei  dem  Embryo  von  Testudo  in  Hinsicht  ihrer  re- 
lativen Länge  zwar  ähnlich,  doch  nicht  ganz  so,  wie  bei  den  erwachsenen  Exem- 
plaren von  Testudo  graeca.  Der  Stamm  nämlich,  der  eine  nur  sehr  geringe  Länge 
hatte,  war  verhältnissmässig  noch  kürzer,  die  Aeste  hingegen  waren  noch  länger, 
als  bei  den  erwachsenen  Exemplaren  dieser  Schildkröte.  Auch  kamen  in  dem  Stamme 
nur  9  Knorpelringe  vor,  anstatt  dass  bei  der  erwachsenen  Testudo  graeca,  nach  ei- 
ner von  Meckel  angestellten  Zählung,  der  Stamm  gegen  20  solche  Ringe  besitzt  *). 
In  jedem  Aste  befanden  sich  70  und  einige  Ringe.  —  Bei  Trionyx  aegyptiacus 
waren  die  Aeste  im  Verhältniss  zu  dem  Stamme  zwar  nicht  so  lang,  wie  bei  den 
Schildkröten  aus  der  Gattung  Testudo,  doch  viel  länger,  als  bei  denen  aus  andern 
Gattungen.  Unter  einander  aber  hatten  die  beiden  Aeste  nicht  eine  gleiche  Länge, 
sondern  der  linke  war  beinahe  noch  einmal  so  lang,  als  der  rechte,  und  in  einem 
starken  Bogen  nach  aussen  umgekrümmt.  (Tab.  IX,  Fig.  5.)  Dies  jedoch  waren 
Verhältnisse,  wie  ich  sie  auch  bei  den  erwachsenen  Exemplaren  der  Gattung  Trio- 
nyx gefunden  habe  ~).  Gleichfalls  verhielten  sich  bei  dem  Embryo  von  Chelonia 
und  bei  den  Jungen  von  Chelonia,  Emys  und  Terrapene  der  Stamm  und  die  Aeste 
der  Luftröhre  in  Hinsicht  ihrer  Knorpelringe ,  wie  ihrer  relativen  Länge  und  Weite 
im  Allgemeinen  ähnlich,  wie  bei  den  Erwachsenen  derselben  Arten.  Eben  dasselbe 
war  wahrscheinlich  auch  der  Fall  bei  der  jungen  Sphargis.  Die  Bildung  aber,  die 
ich  bei  zwei  Exemplaren   dieses   letztern  Thieres   an   der  Luftröhre   bemerkte,   war 


1)     Meckel's  Syslem  der  vergl.  Aoatomie.     Till.  VI,  Seile  278. 

^)  Nach  MessoDgeo,  die  ich  hei  altern  Exemplaren  von  Trionyx  an  der  Luftröhre  anstellte,  war -bei 
Trionyx  granosns  der  Stamm  1"  11'",  der  linke  Ast  1"  9'",  der  rechte  Ast  1"  2'",  und  bei  Trionyx 
ferox  der  Stamm  3"  10'",  der  linke  Ast  3"  V/^'",  der  rechte  Ast  1"  Vs"',  und  bei  Trionyx  subplanus 
der  Stamm  1  "  8  "',  der  linke  Ast  1  "  5  "',  der  rechte  Ast  8  "'  lang.  Fast  der  ganze  Stamm  und  der 
Anfang  der  Aeste  lagen  bei  diesen  und  auch  bei  Jüngern  Exemplaren  nicht  unfer  der  Speiseröhre,  sondern 
neben  derselben,  indem  sie  möglichst  weit  nach  der  rechten  Seite  des  Halses  hingedrängt  waren,  weshalb 
denn  der  linke  Ast,  um  zu  seiner  Lunge  zu  gelangen,  einen  längern  Weg  zurücklegen  musste,  als  der  rechte. 
Beide  Aeste  verliefen  übrigens,  selbst  wenn  der  Hals  ganz  ausgestreckt  war,  nicht  ziemlich  geradlinigt, 
sondern  unter  einem  Bogen,  dessen  convexe  Seile  nach  innen  und  hinten  gerichtet  war,  der  linke  Ast  aber 
unter  einem  viel  stärker  gekrümmten  Bogen,  als  der  rechte. 


197 

so  durchaus  abweichend  von  dem  Baue  andrer  schon  zergliederten  Schildkröten,  dass 
ich  sie  ausrührlicher  beschreiben  will.  (Tab.  IX,  Fig.  1.)  Wie  unter  den  Vögeln 
bei  Aptenodytes  demersa  und  Procellaria  glacialis,  und  unter  den  Säugethieren,  nach 
einer  von  Otto  gemachten  Entdeckung,  bei  Pedetes  caffer  *),  kommt  auch  bei 
Sphargis  in  dem  Stamme  der  Luftröhre  eine  senkrechte  Scheidewand  vor,  durch  die 
seine  Höhle  in  zwei  Seitenhälflen  getheilt  ist.  Jedoch  ist  diese  Wand  verhältniss- 
mässig  kürzer,  als  bei  den  eben  genannten  Vögeln,  indem  sie  von  der  Thcilungs- 
stelle  des  Stammes  in  seine  beiden  Aestc  nicht  völlig  bis  zu  dem  zweiten  Drittel 
desselben  hinreicht.  An  der  Stelle,  wo  sie  sich  befindet,  ist  die  Luftröhre  von  oben 
und  unten  ein  wenig  abgeplattet  und  erscheint  etwas  breiter,  als  in  ihrem  übrigen 
Theile.  Dass  aber  die  Scheidewand  nicht  etwa  durch  ein  dichtes  Beieinanderliegen, 
oder  durch  eine  Verwachsung  der  vordem  Hälften  der  Luftröhrenäste  bewirkt  wor- 
den war,  davon  habe  ich  mich  hinreichend  überzeugt.  Von  dem  Kehlkopfe  bis  zu 
dieser  Scheidewand  hin  sind  die  Knorpelringe  der  Luftröhre  ziemlich  breit  und  dick : 
in  dem  ganzen  Abschnitte  aber,  in  welchem  sich  die  Scheidewand  befindet,  und  an 
welchem  dieser  gegenüber  die  obere  und  die  untere  Seite  der  Luftröhre  eine  schwa- 
che Längsfurche  bemerken  lassen,  sind  die  Ringe  beinahe  nur  halb  so  breit  und 
ausserdem  viel  dünner.  Auch  sind  nicht  alle  Ringe  dieses  Aischnittes ,  wie  es  an 
denen  des  andern  oder  vordem  Abschnittes  der  Fall  ist,  ganz  vollständig  und  ge- 
schlossen, sondern  einige  von  ihnen  erschienen  nur  als  unterbrochene  oder  offene 
Ringe,  und  sind  mitunter  an  ihrem  einen  Ende  in  zwei  kurze  Aeste  getheilt.  Die 
Scheidewand  aber  enthält  eine  einfache  Reihe  von  senkrecht  stehenden  Knorpelstrei- 
fen, und  von  diesen  erscheinen  die  meisten  als  Strebepfeiler  im  Innern  eben  so  vie- 
ler ganzen  Ringe,  mit  denen  sie  an  ihren  beiden  Enden  verschmolzen  sind,  die  übri- 
gen hingegen  als  ein  mehr  oder  weniger  einwärts  gekrümmtes  Endstück  eben  so 
vieler  offenen  Ringe,  so  dass  mitunter  ein  solcher  Ring  beinahe  die  Form  einer  ara- 
bischen 9  erlangt  hat.  Uebrigens  ist  die  Scheidewand  ungefähr  eben  so  dick,  wie 
die  untere,  hingegen  etwas  dünner,  als  die  obere  Wandung  des  Luftröhrenstammes, 
und  an  ihrem  vordem,  sehr  dünnen  und  nur  häutigen  Rande  bogenförmig  tief  aus- 
geschnitten *). 

§.    58.     Ueber  die  Lungen  habe  ich  nur  wenig  anzuführen.    Ihre  Lage,  Be- 
festigung, Gestalt  und  innere  Zusammensetzung   verhielten   sich    schon    bei  den  Em- 


1)     Meckel's  System  etc.,  Tbl.  VI,  Seite  361  bis  363  und  Seile  405. 

^)  Biagi  scheint  in  der  Beschreibung,  die  er  von  der  Sphargis  gegeben  hat,  dir  Scheidewand  inner- 
halb der  Luftröhre  nicht  Erwähnung  gethan  zu  haben.  Wenigstens  ist  in  dem  Auszuge,  den  die  Isis  aus 
den  Bologner  Annalen  ertheilt  bat  (Jahrgang  1843,  S.  542),  darüber  Nichts  geäussert  worden. 


198 

bryonen  von  Cbelonia  und  Testudo  eben  so,  wie  bei  den  Ervvacbsenen  derselben 
Gattungen.  Ihr  Umfang  aber  war  verbältnissmässig  viel  kleiner,  weil  die  Zellen- 
räume ihrer  Substanz  im  Allgemeinen  eine  verbältnissmässig  viel  geringere  Grösse 
hatten,  weshalb  denn  auch  die  ganze  Masse  der  Lungen  viel  fester  war.  Doch  zeig- 
ten sich  bei  dem  Embryo  von  Cbelonia  die  Wände  der  einzelnen  Zellenräume  nicht 
zusammengefallen,  sondern  standen  massig  weit  von  einander  ab,  und  waren  wabr- 
sheinlich,  als  das  Thier  noch  lebte,  mit  einer  geringen  Quantität  einer  klaren  wäss- 
rigen  Flüssigkeit  angerdllt').  Im  Ganzen  war  bei  diesem  Embryo  die  Substanz  der 
Lungen  lange  nicht  so  fest  und  dicht,  wie  bei  reifern  Embryonen  von  Säugetbieren. 
Dagegen  hatten  bei  den  Embryonen  von  Testudo  die  Lungen  eine  eben  so  grosse 
Festigkeit,  wie  bei  reifern  Früchten  von  Säugetbieren,  indess  bei  erwachsenen  Exem- 
plaren von  Testudo  die  Lungen  weniger  fest  und  dicht  sind,  als  bei  den  Seeschild- 
kröten. Der  Grund  davon  lag  darin,  dass  fast  alle  ihre  Zellenräume,  namentlich  die 
nach  der  Oberfläche  hin  gelegnen  kleinern,  einzeln  Tür  sich  betrachtet,  so  zusammen- 
gezogen waren,  dass  ihre  Wandungen  sich  beinahe  durchaus  berührten,  daher  auch 
eine  verbältnissmässig  beträchtliche  Dicke  hatten.  Sehr  wahrscheinlich  aber  war  die- 
ser zusammengezogne  und  feste  Zustand  der  Einwirkung  eines  ziemlich  starken 
Weingeistes,  in  dem  der  Embryo  eine  längere  Zeit  gelegen  haben  mochte,  zuzu- 
schreiben; denn  in  einem  ähnlichen  Zustande  befanden  sich  auch  alle  seine  übrigen 
Eingeweide  mit  alleiniger  Ausnahme  des  Magens. 


Siebentes    Kapitel. 
Von   den  Harn-   und  Geschlechtswerkzeugen. 


§.  59.  Die  Nieren  hatten  bei  den  reifern  Embryonen  und  Jungen  der  Schild- 
kröten eine  ähnliche  Gestalt,  Lage  und  relative  Grösse,  wie  bei  den  Erwachsenen. 
Die  Furchen  und  Erhöhungen  aber,  die  besonders  an  der  obern  (dem  Rücken  zu- 
gekehrten) Fläche  dieser  Organe  vorkommen  und  ihr  ein  ähnliches  Aussehen  geben. 


^)     Bei  fast  reifen  ScblaDgenembryoneD    habe    ich   ia   der  Höhle   der  Luoge  eine  ziemlich  grosse  Quan- 
tität von  solcher  Flüssigkeit  gefanden.     Siehe  meine  Enlwickelungsgeschichte    der  Natter,  Seite  153. 


199 

wie  es  die  Oberfläche  des  grossen  Gehirns  bei  dem  Menschen  besitzt,  schienen  mir 
um  so  bedeutender  (nämlich  die  Furchen  um  so  tiefer  und  die  Erhöhungen  um  so 
vorspringender)  zu  sein,  je  jünger  eine  Schildkröte  war.  Ihre  Zahl  schien  bei  den 
Jungen  nicht  geringer,  als  bei  den  Alten  zu  sein.  (Tab.  IX,  Fig.  7,  d,  Fig.  8,  c, 
Fig.  9,  a.) 

In  Betreff  der  Harnblase  hätte  ich  nur  Angaben  zu  machen,  die  sich  auf 
noch  nicht  bekannte  specifische  Verschiedenheiten  dieses  Organs  beziehen.  Einfach 
oval,  überhaupt  von  einer  ähnlichen  Form,  wie  in  der  Gattung  Chelonia,  und  dabei 
nur  massig  gross,  fand  ich  sie  bei  Sphargis  coriacea  und  mehreren  Arten  von  Trio- 
nyx  (namentlich  bei  Tr.  aegyptiacus,  gangeticus,  ocellatus,  subplanus  und  granosus). 
Herzförmig  aber,  mit  einer  mehr  oder  weniger  tiefen  Einbuchtung  an  ihrem  vordem 
Ende  und  zugleich  von  einer  bedeutendem  Grösse,  als  bei  jenen  erstem  Schildkröten, 
traf  ich  sie  an  bei  Pentonyx  capensis,  Platemys  Spixii,  Terrapene  tricarinata  und 
Testudo  mauritanica.  —  Gelegentlich  will  ich  auch  des  Umstandes  Erwähnung  thun, 
dass  bei  einer  Tesludo  mauritanica,  deren  Rückenschild  eine  Länge  von  2"  5'"  hatte, 
die  Harnblase  zum  grossen  Theil  von  einem  harten,  aber  zerreiblichen  Concremente 
angefüllt  war,  dessen  Gewicht  2^/^  Gran  betrug  und  das  nach  einer  chemischen  Un- 
tersuchung, die  von  dem  Herrn  Apotheker  Hensche  zu  Königsberg  angestellt  wurde, 
fast  nur  allein  aus  Harnsäure  bestand.  Denn  es  wurden  aus  1 V3  Gran  des  Con- 
crements,  nach  der  Methode  von  Fritzsche,  mittelst  concentrirter  Schwefelsäure 
1,30  Gran  Harnsäure  erhalten.  Ammoniak  Hess  sich  in  ihm  nicht  auffinden.  Sehr 
auffallend  musste  die  Gegenwart  eines  solchen  Concrementes  in  der  Harnblase  sein, 
da  mit  dieser  die  Harnleiter  eben  so  wenig,  wie  bei  andern  Schildkröten,  in  einem 
unmittelbaren  Zusammenhange  standen. 

Sogenannte  Afterblasen  (Bursae  anales,  nach  Bojanus),  die  sich  gleichfalls, 
wie  die  Harnblase,  in  die  Kloake  münden,  fand  ich  unter  den  zergliederten  jungem 
Schildkröten  nur  allein  bei  Emys  europaea  und  E.  lutaria.  Bei  beiden  waren  sie, 
wie  die  Harnblase,  schon  gehörig  ausgebildet :  namentlich  war  ihr  Verhalten  auch  in 
Hinsicht  der  Grösse  schon  ähnlich,  wie  bei  den  Erwachsenen. 

§.  60.  Von  den  Wolff'schen  Körpern  traf  ich  nicht  blos  bei  den  Em- 
bryonen von  Testudo  und  Chelonia,  sondern  auch  bei  mehrern  jungen  Schildkröten 
noch  bedeutende  Ueberreste  an.  Bei  dem  Embryo  von  Chelonia  waren  diese  Organe 
langgestreckt,  massig  breit,  ziemlich  dick  und  gegen  beide  Enden,  besonders  aber 
gegen  das  hintere,  stark  verschmälert.  (Tab.  IX,  Fig.  7,  e.  e.)  Nach  vorne  und 
nach  hinten  gingen  sie  über  die  Nieren,  mit  deren  unterer  Fläche  sie  durch  Zellge- 
webe  dicht   verbunden    waren,    etwas   hinaus,    und    ihr  hinteres  Ende  selbst  reichte 


200 

bis  an  die  Kloake,  indess  die  Nieren  von  der  Kloake  etwas  abstanden.  Dagegen 
hatten  sie  eine  merkwürdig  grosse  Breite  bei  dem  Embryo  von  Testudo,  waren  da- 
für aber  nur  sehr  dünn  und  stellten  zwei  unregelmässig  ovale  Tafeln  dar,  die  fast 
so  breit,  als  die  JNieren  waren,  über  die  sie  nach  vorne  etwas  hinausgingen,  indess 
sie  nach  hinten  sich  nur  eben  so  weit,  wie  jene  Organe,  erstreckten  und  die  Kloake 
nur  mittelst  ihrer  Ausführungsgänge  erreichten.  (Tab.  IX,  Fig.  8,  a.)  Bei  beiden 
Embryonen  aber  bestanden  sie  der  Hauptsache  nach  aus  vielen  sehr  zarten ,  stark 
geschlängelten  und  sehr  nahe  bei  einander  liegenden  Kanälen,  die  in  jedem  dieser 
Organe  deutlich  in  einer  Reihe  hinter  einander  in  einen  ebenfalls  nur  dünnen ,  aber 
viel  festern  Ausführungskanal  übergingen,  der  neben  einer  sehr  viel  weitern  Vene 
an  dem  äussern  Rande  des  Organes  entlang  lief,  und  hinten ,  neben  dem  Harnleiter 
der  Niere,  in  die  Kloake  überging.  (Tab.  8,  e.) 

Auch  bei  allen  jungen  Schildkröten,  welche  in  der  Einleitung  zu  diesem  Werke 
namhaft  gemacht  worden  sind,  waren  noch  Reste  der  Wolff'schen  Körper  vorhan- 
den ,  und  es  Hessen  dieselben  bei  den  meisten  noch  deutlich  eine  Zusammenzetzung 
aus  einem  besondern  Ausführungsgange  und  zarten  geschlängelten  Kanälen  erkennen, 
die  in  jenen  Gang  unter  ziemlich  rechten  Winkeln  ausliefen.  Der  Länge  nach  waren 
sie  meistens  den  Nieren  gleich,  mit  deren  unteren  Fläche  sie  immer  in  einer  innigen 
und  dichten  Verbindung  standen,  und  in  ihrer  Form  hatten  sie  eine  mehr  oder  we- 
niger grosse  Aehnlichkeit  mit  der  oben  beschriebenen  eines  Embryo's  von  Chelonia. 
(Tab.  IX,  Fig.  9,  c.)  Im  Allgemeinen  aber  waren  sie  um  so  schmäler  und  dünner, 
je  grössere  Fortschritte  die  Jungen  in  ihrer  Entwickelung  gemacht  hatten.  Am 
kleinsten  fand  ich  sie  bei  dem  weiblichen  jungen  Exemplar  von  Pentonyx  capensis, 
bei  dem  sie  schon  den  Eierstöcken  an  Länge  und  Dicke  nachstanden ,  auch  ihre 
Ausführungsgänge  schon  durch  Resorption  verloren  hatten,  und  daher  mit  der  Kloake 
nicht  mehr  zusammenhingen. 

§.  61.  Die  meisten  jungen  Schildkröten,  welche  ich  einer  Zergliederung  unter- 
werfen konnte,  waren  weiblichen  Geschlechts.  Ihre  Eierstöcke  waren  langge- 
streckt, mehr  oder  weniger  spindelförmig,  von  zwei  Seiten  (vom  Rücken  und  Bauche 
her)  mehr  oder  weniger  abgeplattet,  an  der  Oberfläche  ganz  glatt,  und  im  Innern 
dicht.  In  Verbindung  standen  sie  durch  eine  äusserst  schmale  Falte  des  Bauchfelles 
mit  der  untern  Seite  der  Wolff'schen  Körper,  neben  deren  Innern  Rändern  sie  ihre 
Lage  hatten.  (Tab.  IX,  Fig.  7,  g,  Fig.  8,  b.)  Mit  ihrem  einen  Ende  hatten  sie  eine 
Richtung  nach  vorn ,  mit  dem  andern  nach  hinten.  Ihr  Umfang  war  bei  den  am 
meisten  entwickelten  Jungen  zwar  etwas,  doch  nicht  um  Vieles  grösser,  als  bei  den 
reifern  Embryonen.      Eier   konnte   ich    in  ihnen   deutlich   nur   bei  Pentonyx  capensis 


201 

erkennen.  Uoberhaupt  aber  entstellen  und  reifen  bei  den  Schildkröten  die  Eier  al- 
lem Anschein  nach  erst  ziemlich  spät:  dafiir  spricht  auch  der  Umstand,  dass  ich 
ihre  Durchmesser  bei  einem  Trionyx  granosus,  dessen  Rumpf  3"  9'"  lang  war,  höch- 
stens nur  Vio"S  und  bei  einer  Chelonia  Midas,  deren  Rumpf  eine  Länge  von  2'  3'' 
hatte,  höchstens  Vj'"  gross  fand.  Eine  durch  Furchen  und  leistenartige  Erhöhungen 
hervorgebrachte  Unebenheit ,  wie  sie  bei  manchen  Thieren ,  z.  ß.  bei  den  Vögeln 
und  Krokodilen,  die  gleichfalls  dichte  (nicht  hohle)  Eierstöcke  besitzen,  zu  einer 
gewissen  Enlwickelungszeit  an  der  untern  Fläche  dieser  Organe  vorkommt,  ehe  in 
ihnen  die  Eier  eine  beträchtliche  Grösse  erlangt  haben,  ist  weder  bei  Jüngern  noch 
bei  altern  Schildkröten  jemals  von  mir   bemerkt  worden. 

Die  Eierleiter  erschienen  bei  den  reifern  Embryonen  als  zwei  etwas  platt- 
gedrückte Kanäle,  die  zwar  viel  dicker,  als  die  AusRihrungsgänge  der  Wo  1  ff 'sehen 
Körper  waren,  doch  im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Leibe  eine  nur  geringe  Dicke 
hatten,  indem  sie  selbst  an  ihrem  hintern  Ende  darin  kaum  den  Harnleitern  gleich 
kamen.  (Tab.  IX,  Fig.  7,  f,  und  Fig.  8,  d.)  Ihren  Verlauf  machten  sie,  wie  bei 
andern  Thieren,  am  äussern  Rande  der  Wo  Iffschcn  Körper  neben  den  Ausführungs- 
gängen dieser  Körper,  doch  getrennt  von  ihnen,  wenigstens  in  ibrem  hintern  Theile, 
durch  die  beiden  paarigen  Venae  renales  advehentes.  Angeheftet  waren  sie  an  die 
Wol  ff 'sehen  Körper  durch  zwei  sehr  schmale  Falten  des  Bauchfelles.  Nach  vorne 
gingen  sie  über  diese  Organe  weit  hinaus ,  lagen  vor  denselben ,  eingehüllt  vom 
Bauchfell,  dicht  unter  der  Rückenwand  des  Leibes  an  dem  äussern  Rande  der  Lun- 
gen, und  verloren  sich,  immer  dünner  geworden,  vor  der  Mitte  der  Rumpfliöhle  in 
dem  Bauchfell.  Windungen  oder  selbst  nur  stärkere  Schlängelungen  waren  an  ihnen 
nicht  vorhanden.  —  Im  Ganzen  eben  so  verhielten  sie  sich  bei  den  Jungen  ver- 
schiedner  Schildkröten,  und  hatten  selbst  bei  denjenigen,  welche  in  der  Entwicke- 
lung  am  weitesten  vorgeschritten  waren,  eine  verhältnissmässig  nicht  gar  viel  grössere 
Dicke,  als  bei  den  Embryonen.  Doch  Hessen  sie  bei  den  Jungen  sich  nach  vorne 
etwas  weiter  verfolgen,  und  lagen  bei  denselben  mit  ihrer  vordem  Hälfte  nicht  ei- 
gentlich am  äussern  Rande  der  Lungen,  sondern  vielmehr,  weil  sich  die  Lungen 
beim  Beginn  der  Athmung  auch  nach  aussen  oder  seitwärts  ausgedehnt  hatten,  über 
diesen  Organen.  —  Sogar  bei  den  erwachsenen  Exemplaren  von  Trionyx  granosus 
und  Chelonia  Midas,  deren  ich  schon  oben  (in  diesem  Paragraphen)  erwähnt  habe, 
fand  ich  die  Eierleiter  noch  fast  gerade  gestreckt  und  von  einer  nur  sehr  geringen 
Dicke.  Bei  der  Chelonia  waren  sie  selbst  in  der  Nähe  der  Kloake  nur  etwas 
über   V2'"  <iick. 

§.  62.      Die    männlichen    Exemplare    junger    Schildkröten,    die    ich    auf  ihre 

26 


202 

Geschlechts  Werkzeuge  untersuchen  konnte,  gehörten  den  Arten  Terrapene  tricarinata, 
Emys  lutaria  und  Platemys  Spixii  an:  auch  war  das  jüngere  Exemplar  von  Emys 
europaea  ein  männliches. 

Bei  dem  Jungen  der  ersten  Art  war  der  Hode  sehr  stark  abgeplattet,  besass 
eine  sehr  ovale  Form,  und  hatte  im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Leibe  eine  nur  ge- 
ringe Grösse.  (Tab.  IX,  Fig.  9,  e.)  Eine  ähnliche,  aber  etwas  mehr  gestreckte 
Form  hatte  er  auch  bei  der  Emys  europaea.  Bei  den  andern  Jungen  war  er  unre- 
gelmässig-spindelförmig ,  überhaupt  in  seiner  Form  ähnlich  den  Eierstöcken  junger 
Schildkröten,  und  verhältnissmässig  etwas  grösser.  (Tab.  IX,  Fig  10,  c.)  In  seiner 
Lagerung  und  Befestigung  aber  verhielt  er  sich  bei  allen  diesen  Jungen  ganz  so, 
wie  der  Eierstock  bei  andern  jungen  Schildkröten.  Ob  in  ihm  schon  Samenkanäle 
vorkamen,  Hess  sich,  weil  mit  Ausnahme  von  Emys  europaea  die  Thiere  schon 
Jahrelang  im  Weingeist  gelegen  hatten,  nicht  mehr  entscheiden:  doch  auch  bei  jener 
konnte  ich  kein  Anzeichen  von  ihnen  deutlich  bemerken. 

Von  einem  Kanäle,  der  iu  seiner  Beschaffenheit,  seiner  Lage  und  seinem  Ver- 
laufe dem  Eierleiter  weiblicher  Exemplare  ähnlich  gewesen  wäre,  Hess  sich  nicht 
die  mindeste  Spur  a'uffinden.  Kommt  ein  solcher  auch  bei  den  Schildkröten  vor,  wie 
dies  der  Analogie  nach  wahrscheinlich  sein  dürfte,  so  wird  er  dem  Obigen  zufolge 
schon  früher,  als  das  Junge  sein  Ei  verlässt,  vollständig  aufgelöst,  l)  —  Dagegen 
fehlte  bei  keinem  der  männlichen  Jungen  der  Ausführungsgang  des  Wolff'schen 
Körpers,  obgleich  namentlich  das  Junge  von  Platemys  in  seiner  Entwickelung  weiter 
gediehen  war,  als  irgend  eines  der  untersuchten  weiblichen  Jungen,  mit  Ausnahme 
des  von  Pentonyx  capensis:  vielmehr  hatte  bei  allen,  besonders  aber  bei  Platemys 
Spixii,  der  Ausführungsgang  des  Wolff'schen  Körpers  eine  absolut  und  relativ  be- 
deutend grössere  Dicke,  als  selbst  bei  denjenigen  weiblichen  Exemplaren,  bei  welchen 
der  Wolffsche  Körper  verhältnissmässig  noch  am  grössten  war.  Dieserhalb  aber 
und  weil  von  andern  Wirbelthieren,  namentlich  den  Schlangen,  erwiesen  ist,  dass 
bei  den  männHchen  Exemplaren  dieser  Thiere  der  angeführte  Gang  zum  Samen- 
leiter wird,  dürfte  es  wohl  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  auch  bei  den  Schild- 
kröten der  Samenleiter  der  übrig  gebliebene  und  weiter  entwickelte  Ausführungsgang 
des  Wolff'schen  Körpers  ist.  — Der  übrige  oder  derjenige  Tbeil  des  Wolff'schen 
Körpers,  welcher  der  Hauptsache  nach  aus  zarten  gewundnen  Kanälen  besteht,  war 
bei  der  Terrapene  und  dem  Jüngern  Exemplar  von  Emys  europaea  noch  beträchtlich 


1)    Wie  bei  der   mäonlichen  Natter  das  Analogen    des    Eierleiters    allmählich  schwindet,    habe  ich  in 
meiner  Entwickelungsgescbichte  dieser  Schlange  angegeben.  (Seite'^lO  und  211.) 


203 

gross.  (Fig.  9,  c.)  Schon  viel  schmäler  zeigte  er  sich  bei  Emys  liilaria,  und  eine 
noch  geringere  Breite  hatte  er  hei  Platemys  Spixii.  (Fig.  10,  a.)  Doch  Hessen  sich 
in  dcmsclhen  auch  hei  der  zuletzt  genannten  Schildkröte  noch  einige  zarte  gewundne 
Kanäle  erkennen,  die,  wie  die  eigenthilmlichcn  Kanäle  des  Wo Iff'schen  Körpers 
andrer  jungen  Schildkröten,  ehenfalls  noch  eine  gelbliche  Farbe  hatten.  In  den  Hoden 
schienen  diese  Kanäle  nicht  überzugehen,  doch  liess  sich  darüber  keine  volle  Gewiss- 
heit erlangen.  Das  vordere  spitz  ausgezogene,  und  nur  aus  dem  Ausführungsgange 
bestehende  Ende  des  Wolff'schen  Körpers  befand  sich  dicht  am  vordem  Ende  des 
Hoden,  das  ebenfalls  in  eine  Spitze  auslief:  doch  gingen  diese  Enden  der  bei- 
den Organe  nicht  in  einander  über,  sondern  lagen  einander  nur  dicht  an.  (Fig.  10.) 
Es  Hess  sich  überhaupt  also  durch  Beobachtungen  kein  Aufschluss  gewinnen,  wie 
und  woher  sich  hei  den  Schildkröten  der  Nebenhode  bildet. 

§.  63.  Die  Klitoris  war  bei  den  reifern  Embryonen  und  Jungen  im  Verhält- 
niss  zu  dem  ganzen  Leibe  sehr  viel  grösser,  dagegen  dieRuthe  um  Vieles  kleiner, 
als  bei  den  Erwachsenen.  Ich  muss  daher  es  für  sehr  wahrscheinlich  halten ,  dass 
diese  Geschlechtsglieder  hei  den  männlichen  und  weiblichen  Exemplaren  der  einzel- 
nen Schildkrötenarten  zu  der  Zeit ,  da  sie  das  Ei  verlassen ,  so  ziemlich  dieselbe 
Grösse  haben.  Auch  kommt  dann ,  allem  Anschein  nach ,  bei  den  männlichen  und 
weiblichen  Exemplaren  der  einzelnen  Arten  keine  wesentliche  Verschiedenheit  in  der 
Form  der  genannten  Organe  vor. 

Wie  hinreichend  bekannt,  stellen  bei  den  Schildkröten  die  Klitoris  und  die 
Ruthe  im  Allgemeinen  ein  rinnenförmiges  Organ  dar.  Nach  den  Untersuchungen 
ferner,  die  Job.  Müller  über  die  Ruthe  dieser  Thiere  angestellt  hat,  ist  dieselbe 
der  Hauptsache  nach  aus  zwei  symmetrischen  und  neben  einander  liegenden  fibrösen 
Körpern  zusammengesetzt,  die  zusammen  eine  Rinne  bilden  und  sich  an  der  Spitze 
der  Ruthe  vereinigen.  Der  Anfangstheil  dieser  Rinne  ist  bekleidet  von  cavernöseni 
Gewebe,  und  aus  emem  gleichen  Gew  ebe  besteht  auch  die  ganze  Eichel :  jenes  und 
dieses  aber  sind  durch  zwei  venöse  Kanäle,  die  zu  beiden  Seiten  der  Ruthenfurche 
liegen,  mit  einander  verbunden  i).  Die  beiden  venösen  Kanäle  setzen  also  mit  dem 
caverjlösen  Gewebe  einen  Theil  zusammen,  der  einem  der  Länge  nach  gespaltenen 
Corpus  cavernosum  urethrae  entspricht,  wie  es  bei  den  Hypospadiaeen  vorkommt. 
Aehnlich  beschaffen  aber  ist  bei  den  Schildlcröten ,  so  weit  ich  darüber  aus  eignen 
Erfahrungen  urlheilen  kann,    auch    die    Klitoris.      Die  Anschwellung  nun,  welche  an 


1)     lieber  verschiedne  Typen   in  dein  Bau  der  erectilen    männlichen  Geschlechtsorgane  bei  den  strauss- 
artigcn  Vögeln  etc.     Berlin  1838.     Seite  28  und  29 

36' 


204 

dem  Ende  der  Ruthe  und  der  Klitoris  eine  gespaltene  Eichel  vorstellt,  ist  bei  den 
verschiednen  Arten  der  Schildkröten  gar  sehr  verschieden :  auch  ist  die  Verbindung 
dieser  Geschlechtsglieder  mit  der  Wandung  der  Kloake  nicht  bei  allen  Arten  gleich. 
Was  zuvörderst  das  letztere  Verhältniss  anbelangt,  so  sind  von  der  Klitoris  die 
fibrösen  Körper  in  der  Regel  so  ziemlich  ihrer  ganzen  Länge  nach  an  die  Kloake 
angeheftet,  oder  gleichsam  in  die  Wandung  der  Kloake  eingefügt.  Eine  bedeutende 
Ausnahme  von  dieser  Regel  aber  findet  sich  bei  der  Sphargis  vor:  denn  bei  der- 
selben ist  die  ansehnlich  lange  Klitoris  nur  an  ihrer  Wurzel  mit  der  Kloake  ver- 
wachsen. (Tab.  IX,  Fig.  13.)  Was  aber  anderseits  die  Eichel  anbetrifft,  so  stellt 
dieselbe  sowohl  an  der  Ruthe,  als  auch  an  der  Klitoris,  gewöhnlich  zwei  massig 
lange,  mehr  oder  weniger  vorspringende,  der  Form  nach  ganz  einfache  und  einander 
symmetrische  Anschwellungen  dar,  die  kurz  vor  dem  Ende  der  beiden  fibrösen  Kör- 
per ihre  Lage  haben  und  an  der  Rinne  des  Gliedes  mit  einander  verschmolzen  sind. 
(Tab.  IX,  Fig.  13  und  14,  b.)  Eine  merkwürdige  Abweichung  von  dieser  Form 
aber  zeigt  die  Eichel  in  der  Gattung  Trionyx.  Ihre  beiden  Seitenhälften  nämlich 
bilden  hier  zwei  spindelförmige  Wülste ,  von  denen  ein  jeder  an  seinen  beiden  Enden 
frei  vorspringt.  Die  vordem  freien  Enden  scheinen  jedenfalls  ziemlich  lang  zu  sein: 
die  hintern  freien  Enden  aber  sind  bei  Trionyx  ferox  nur  sehr  kurz,  bei  Trionyx 
granosus  etwas  länger,  und  bei  Tr.  ocellatus,  Tr.  subplanus  und  Tr.  aegyptiacus 
(Tab.  IX,  Fig.  1 5,  b.  b.),  wie  die  vordem,  ziemlich  lang.  In  eine  ähnliche  Spitze 
laufen  aber  auch  die  verschmolzenen  Enden  der  fibrösen  Körper  des  Geschlechts- 
gliedes aus,  und  es  entsteht  dadurch  der  Schein,  als  endigte  sich  in  der  Gattung 
Trionyx  die  Eichel  mit  drei  Spitzen.  (Fig.  10.)  Endlich  hätte  ich  noch  zu  bemerken, 
dass  ich  bei  einem  männlichen  Trionyx  subplanus  alle  diese  drei  Spitzen,  in  welche 
das  Geschlechtsglied  nach  hinten  auslief,  nicht  nach  hinten  gerichtet,  sondern  nach 
oben  und  vorn  umgebogen  fand,  dass  hingegen  bei  andern  Arten  von  Trionyx 
die  erwähnten  drei  Spitzen  eine  gerade  Richtung  nach  hinten  hatten. 


205 


Achtes    Kapitel. 
Von  eigenthüjiilichen  drüsenartigen  Organen  der  RumplliÖlile. 


64.  In  den  Gegenden,  wo  bei  den  Schildkröten  die  Flügel  des  Bauchschildes 
an  die  Rückenwaiid  des  Leibes  befestigt,  oder  doch  gegen  dieselbe  hingekehrt  sind, 
liegen  bei  mchrern  von  diesen  Thieren,  welchen  Geschlechtes  sie  auch  sein  mögen, 
2  oder  4  blasenartige,  oder  schlauchrdrmige  Drüsen,  die  sich  durch  eben  so  viele 
besondre  Ausrührungsgänge  au  der  Bauchseite  des  Rumpfes  münden.  Bei  dem  Ab- 
trennen des  Bauchschildes  werden  sie  öfters  zerstört,  und  thcils  deshalb,  theils  auch 
weil  sie  eine  sehr  versteckte  Lage  haben ,  sind  sie  bisher  ganz  übersehen  worden : 
wenigstens  ist  mir  nicht  bekaiuit,  dass  ihrer  schon  in  irgend  einer  Schrift  Erwäh- 
nung geschehen  ist.  Mir  selber  fielen  sie  zuerst  bei  Pentonyx  capensis  auf,  und 
dies  geschab,  nachdem  ich  bereits  die  n^eisten  jungen  und  erwachsenen  Schildkröten, 
über  welche  ich  frei  verfügen  konnte,  völlig  zergliedert  hatte,  weshalb  ich  nun  ge- 
nöthigt  bin ,  mich  bei  meinen  Angaben  über  die  in  Rede  stehenden  Organe  nur  auf 
wenige  Arten  dieser  Thiere  beschränken  zu  müssen.  Gesehen  habe  ich  dieselben 
bei  Pentonyx  capensis,  Trionyx  subplanus,  Emys  lutaria,  Em.  europaea,  Chelonia  Mi- 
das,  Chelonia  imbricata  und  Sphargis  coriacea.  Mündungen  ihrer  AusPührungsgänge 
aber  habe  ich  unter  den  Schildkröten  des  von  mir  dirigirten  zoologischen  Museums, 
die  ich  nicht  zergliedern  durfte,  bei  Cistudo  amboinensis,  Emys  punctularia,  Emys 
Picquotii,  Trionyx  japonicus  und  Tr.  ocellatus  bemerkt.  Dagegen  konnte  ich  keine 
solche  Mündungen  bei  Testudo  geometrica,  Test,  mauritanica,  Terrapene  tricarinata 
und  Terrapene  pensylvanica  auffinden.  Hieraus  jedoch  mag  ich  noch  nicht  folgern, 
dass  bei  den  zuletzt  genannten  Arten  die  Drüsen  fehlen :  denn  es  liegen,  wie  ich  bei 
andern  Arten  bemerkt  habe,  die  Mündungen  derselben  mitunter  so  versteckt,  oder 
sind  bei  nur  geringer  Grösse  durch  das  Sekret  derselben  so  verklebt,  dass  sie  sich 
nur  auffinden  lassen,  wenn  man  mit  dem  Messer  die  Ausführungsgänge  verfolgt.  — 
Zwei  Paar  Drüsen  habe  ich  gesehen  bei  Chelonia  Midas,  Ch.  imbricata,  Trionyx  sub- 
planus und  Pentonyx  capensis,  nur  ein  Paar  aber  bei  Emys  europaea,  Em.  lutaria  und 
Sphargis  coriacea,  obgleich  ich  bei  ihnen  nach  einem  zweiten  Paare  aufmerksam 
gesucht  habe. 

§.  65.  Es  liegen  die  jetzt  zu  beschreibenden  Drüsen,  vertheilt  auf  beide  Sei- 
tenhälften des  Körpers,  ausserhalb  des  Bauchfelles  und  der  Fascia  superficialis  interna 
der  Rurapiliöhle,  so  jedoch,  dass  sie  an  ihrer  Innern  Seite  von  der  genannten  Fascie 


206 

bekleidet  sind.  Auch  gehen  über  diese  ihre  innere  Seite,  wenn  sie  eine  längliche 
Form  haben,  Intercostalgefasse  und  ein  Intercostalnerve  hinweg,  um  sich  weiter  ge- 
gen den  Rand  des  Rückenschildes  und  zu  der  Bauchseite  des  Rumpfes  zu  begeben. 
Mit  ihrer  äussern  Seite  aber  liegen  sie  entweder  nur  den  Rippen,  oder  auch,  wenn 
nämlich  zwischen  den  Rippen  Zwischenräume  vorkommen ,  ausserdem  noch  dem  Un- 
terhaut-Bindegewebe  des  Rückens  an.  Ferner  liegen  sie  unter  dem  Rücken  möglichst 
weit  nach  aussen  hin,  so  dass,  wenn  zwei  Paare  vorkommen,  das  vordere  Paar  an 
die  Musculi  pectorales  minores,  das  hintere  Paar  an  die  Muse,  obliqui  abdominis, 
wo  diese  Muskeln  vom  Rücken  ihren  Ursprung  nehmen,  dicht  angrenzt,  wenn  aber 
nur  ein  Paar  vorhanden  ist,  dieses  an  die  Muse,  pectorales  minores  angrenzt.  In 
Hinsicht  ihrer  Vertheilung  und  Ausbreitung  verhalten  sie  sich  je  nach  den  Gattun- 
gen der  Schildkröten  etwas  verschieden.  In  der  Gattung  Trionyx  liegen  die  beiden 
Drüsen  einer  jeden  Seilenhälfte  ziemlich  nahe  bei  einander,  namentlich  bei  Trionyx 
subplanus  ungefähr  in  der  Mitte  der  Rumpfhöhle  gegenüber  dem  Zwischenraum  zwi- 
schen den  beiden  einander  benachbarten  Flügeln  des  Bauchschildes,  oder,  näher  noch 
angegeben,  zwischen  den  Enden  der  vierten  und  Pünften  Rippe.  Gleichfalls  liegen 
sie  bei  Pentonyx  capensis  nahe  bei  einander,  und  zwar  zwischen  den  Flügeln  des 
Bauehschildes,  die  hier  weit  nach  oben  hinaufreichen,  unterhalb  der  Enden  der  zwei- 
ten bis  sechsten  Rippe.  Bei  andern  Schildkröten  aber  liegen  sie  viel  weiter  aus- 
einander, nämlich  die  vordere  Drüse  vor  dem  vordem,  die  hintere  Drüse  hinter  dem 
hintern  Flügel  des  Bauehschildes,  so  dass  in  dem  Falle,  dass  die  Rippen  an  ihrem 
äussern  Ende  nur  schmal  sind,  die  vordem  zwischen  der  zweiten  und  vierten,  die 
hintere  zwischen  der  sechsten  und  achten  Rippe  ihre  Lage  hat.  Eine  solche  Lage- 
rung der  Drüsen  fand  ich  namentlich  bei  Chelonia  Midas  und  Chel.  imbricata. 

Der  Form  nach  fand  ich  die  Drüsen  bei  Trionyx  subplanus  völlig  kugelrund, 
bei  Emys  lutaria  und  Em.  europaea  beinahe  bohnenförmig,  bei  Pentonyx  capensis 
kurz -oval  und  von  zwei  Seiten  ein  wenig  abgeplattet,  in  der  Gattung  Chelonia  läng- 
lich-oval oder  ellipsoidisch ,  von  aussen  und  innen  ziemlich  stark  abgeplattet,  und 
mit  dem  einen  Ende  nach  vorn,  mit  dem  andern  nach  hinten  gerichtet  (Tab.  V, 
Fig.  1,  i.i. ),  bei  Sphargis  coriacea  beinahe  von  der  Form  eines  Kartenherzens  und 
massig  stark  abgeplattet.  (Tab.  IX,  Fig.  3.)  —  Verhältnissmässig  am  grössten 
fand  ich  diese  Orgaue  bei  der  Sphargis,  denn  bei  einem  Exemplar,  dessen  Rücken 
eine  Länge  von  l'^ji"  hatte,  waren  sie  5"'  lang:  demnächst  aber  besass  Pentonyx 
capensis  die  grössten  Drüsen:  denn  bei  einem  Exemplar  dieses  Thieres,  dessen 
Rückenschild  1"  3'"  lang  war,  hatte  eine  jede  der  4  Drüsen  etwas  mehr,  als  3'" 
Länge.     Am  kleinsten  dagegen  fand  ich  sie  bei  Trionyx  subplanus:  denn  bei  einem 


207 

Exemplar,    dessen  Rücken  eine  Länge  von  3"   11'"  hatte,    betrug  die  Achse  einer 
jeden  kaum  nur  1  '/j  '"• 

Wie  schon  erwähnt,  kann  man  diese  Organe  schlauchförmig  oder  blasenförmig 
nennen.  In  der  Wandung  derselben  nun  aber  lassen  sich  3  verschiedene  Schichten 
unterscheiden.  Die  äusserste  Schicht  besteht  sehr  deutlich  aus  quergestreiften  Mus- 
kelfasern, von  denen  die  oberflächlichsten  einen  convergirenden  Verlauf  gegen  den 
Ausführungsgang  haben  und  eine  ziemlich  zusammenhängende  Lage  ausmachen,  die 
liefern  aber  sich  mit  jenen  unter  verschiedenen  Winkeln  kreuzen.  Ziemlich  dick, 
wie  überhaupt  am  dicksten,  wurde  diese  äusserste  Schiebte  bei  Trionyx  subplanus 
und  Pentonyx  capensis  gefunden,  hingegen  nur  sehr  dünn  bei  Emys  lutaria  i).  Die 
mittlere  Schicht  besteht  aus  Bindegewebe,  die  innerste  aber  ist  eine  nur  wenig  dicke 
Scbleimliaut  mit  einem  Plattenepitbeliura.  Bei  manchen  Schildkröten,  namentlich  bei 
den  Seeschildkröten,  desgleichen  in  der  Gattung  Trionyx  und  bei  Emys  europaea 
sbd  die  beiden  letztern  Häute  weisslich  oder  gelblichweiss ,  bei  Emys  lutaria  aber 
ist  die  innerste  dunkelbraun,  die  mittlere  etwas  grau,  und  bei  Pentonyx  capensis 
sind  beide,  besonders  aber  die  mittlere,  reichlich  mit  schwarzen  theils  rundlichen, 
theils  sternrdrmigen  Pigmentzellen  versehen,  und  deshalb  von  beinahe  ganz  schwar- 
zer Farbe.  Verschieden  auch  verhält  sich  die  innerste  Haut  dieser  Drüsen  in  Hin- 
sicht ihrer  Ausbreitung.  Bei  Emys  lutaria  und  Em.  europaea  ist  sie  ganz  glatt  und 
eben,  bei  Trionyx  subplanus  mit  einigen  wenigen  sichelförmigen  und  nur  niedrigen 
Falten  versehen.  Bei  andern  Schildkröten  aber  hat  sie  Falten  geschlagen,  die  in 
einander  so  übergehen,  dass  sie  Maschenräume  umschliessen  und  dem  Innern  der 
Drüsen  ein  ähnliches  Ausseben  geben,  wie  es  die  Lungen  der  Amphibien  darbieten. 
Bei  Pentonyx  capensis  sind  viele  von  diesen  Räumen  ziemlich  weit  und  ziemlich  tief, 
indess  andre,  die  von  niedrigem  und  überhaupt  viel  zartem  Falten  gebildet  worden 
sind,  innerhalb  jener  grossem  vorkommen:  im  Ganzen  aber  verhalten  sie  sich  so, 
dass  in  der  Mitte  jeder  Drüse  noch  eine  verhältnissmässig  recht  grosse  freie  Höhle 
übrig  bleibt.  Bei  den  Seeschildkröten  hingegen  ist  in  der  Mitte  der  einzelnen  Drü- 
sen eine  solche  freie  Höhle  kaum  noch  zu  bemerken:  vielmehr  ist  bei  ihnen  aus 
der  Wandung  der  Drüsen  durch  Bildung  immer  neuer  Falten  ein  ähnliches  sehr  eng- 
maschiges, sehr  zusammengesetztes  und  beinahe  schwammartiges  Gewebe  entwickelt 
worden,  wie  es  bei  ebendenselben  Schildkröten  die  Lungen  gewahr  werden  lassen. 


')  Ohne  Zweifel  enthalten  die  Driisen  zu  verschiednen  Zeiten  eine  verschiedentlich  grosse  Menge  ih- 
res Sekretes,  und  danach  wird  dann  auch  ihr  Umfang  und  die  Dicke  ihrer  Wandung  veränderlich  sein ;  hier- 
auf aber  konnte  ich  in  den  obigen  Angaben  natürlich  nicht  Rücksicht  nehmen. 


208 

Von  jeder  der  beschriebnen  Drüsen  geht  ein  sehr  enger,  dünnwandiger  und 
massig  langer  Ausfilhrungsgang  nach  unten  hin,  um  sich  an  der  Oberfläche  des  Lei- 
bes zu  münden.  Auf  seinem  Wege  schlägt  er  sich  bei  denjenigen  Schildkröten, 
bei  welchen  die  Flügel  des  Bauchschildes  das  Rückenschild  erreicht  haben,  bogen- 
förmig um  den  Rand  des  ihm  zunächst  gelegenen  Flügels  herum,  doch  nicht  bei 
allen  diesen  Schildkröten  um  den  gleichen  Rand.  Bei  Pentonyx  nämlich  laufen  in 
jeder  Seitenhälfte  die  Gänge  der  beiden  Drüsen  zwischen  den  beiden  Flügeln  des 
Bauchschildes  hindurch:  dagegen  nehmen  sie  in  den  Gattungen  Emys  und  Chelonia 
jederseits  die  Flügel  des  Bauchschildes  zwischen  sich ,  und  sind  in  diesem  letztern 
Falle  mitunter  (namentlich  in  der  Gattung  Chelonia)  länger,  als  in  dem  erstem. 
Bei  Sphargis  coriacea  aber,  deren  Bauchschild  nur  sehr  kurze  Flügel  besitzt,  liegen 
sie  von  denselben  weit  entfernt,  verlaufen  auch  nicht  bogenförmig,  sondern  ziemlich 
gerade,  und  haben  eine  noch  geringere  Länge,  als  selbst  bei  Pentonyx  capensis. — 
Die  Mündungen  der  Ausfiihrungsgänge  sind  entweder  rundlich  oder  spaltförmig,  je- 
denfalls aber  nur  sehr  enge  und  daher  nur  bei  einem  genauem  Nachsuchen  aufzu- 
finden. Verbal tnissmässig  am  grössten  habe  ich  sie  bei  Pentonyx  capensis  gefunden. 
Was  ihre  Lage  anbelangt,  so  befinden  sie  sich  in  der  Gattung  Trionyx  in  einer 
massig  grossen  Entfernung  von  den  Seitenrändern  des  Rumpfes  an  der  ganz  platten 
und  ebnen  Fläche,  die  jederseits  zwichen  dem  Vorderbein  und  Hinterbein  unter  den 
Flügeln  des  Bauchschildes  von  dem  dickem  Theile  der  Hautbedeckung  gebildet  wird, 
liegen  jederseits  näher  bei  einander,  als  bei  andern  Schildkröten,  und  sind  leicht 
aufzufinden.  In  den  Gattungen  Cistudo,  Emys  und  Pentonyx  liegen  die  Mündimgen 
der  hintern  Drüsen  unter  den  hornigen  Marginalplatten  des  achten  Paares ,  die  Mün- 
dungen der  vordem  aber  entweder  unter  den  Marginalplatten  des  dritten  Paares ,  so 
bei  Emys  Picquotii,  Emys  punctularia  und  E.  lutaria,  oder  unter  denen  des  vierten 
Paares,  wie  namentlich  bei  Cistudo  amboinensis  und  Pentonyx  capensis ,  jedoch  nur 
höchst  selten  in  diesen  Platten  selbst,  was  der  Fall  an  den  Mündungen  der  hintern 
Drüsen  bei  Emys  punctularia  ist,  sondern  etwas  weiter  nach  innen  gegen  die  Beine 
entweder  in  einem  kleinern  unregelraässig  dreiseitigen  Schildchen  (Cistudo),  oder  in 
der  weichem,  die  Beine  umgebenden  Haut.  Auch  in  der  Gattung  Chelonia  liegen 
sie  etwas  nach  innen  von  den  hornigen  Marginalplatten  des  vierten  und  achten  Paares, 
aber  ganz  versteckt  zwischen  den  kleinen  Hornplatten,  die  in  diesen  Gegenden  vor- 
kommen. Ganz  versteckt  auch  liegen  sie  in  einiger  Entfernung  von  den  Seiten- 
rändern des  Rumpfes  bei  Sphargis  coriacea,  hier  aber  zwischen  den  kleinen  warzen- 
förmigen Erhöhungen ,  mit  denen  der  Rumpf  sowohl  an  seiner  obern ,  als  auch  an 
seiner  untern  Seite  dicht  besetzt  ist. 


209 

Im  Innern  der  Drüsen  bemerkte  ich  bei  verschiednen  Schildkrölen,  die  schon 
eine  längere  Zeit  in  Weingeist  au(1)c\vahrt  waren,  eine  Flüssigkeit,  die  in  Hinsicht 
der  Consistenz  mehr  oder  weniger  einer  massig  dicklichen  Sahne  ähnlich ,  doch 
meistens  auch  mit  kleinen  weichen  und  unregelraässig  geformten  Körnern  gemischt  war, 
und  eine  mehr  oder  weniger  weisse  oder  gelbliche  Farbe  hatte.  Bei  einer  jungen 
Chelonia  Midas  aber  befand  sich  statt  jener  Körner  in  allen  4  Drüsen ,  abgelagert 
an  einer  Stelle,  eine  massig  grosse  Masse  einer  starren,  spröden,  fast  farblosen  und 
halbdurchsichtigen  Substanz,  die  sich  wie  ein  fast  ausgetrockneter  Leim  ausnahm, 
und  ohne  Zweifel  eben  so ,  wie  jene  erst  erwäluiten  weichen  Körner  bei  andern  Schild- 
kröten nur  ein  durch  den  Weingeist  bewirkter  und  sehr  erstarrter  Niederschlag  war. 

§.  66.  Wozu  die  beschriebenen  Drüsen  dienen  mögen,  darüber  kann  ich  nicht 
einmal  eine  blosse  Verrauthung  äussern,  will  aber  in  dem  Folgenden  angeben,  wozu 
sie  wohl  nicht  dienen  dürften.  Bekanntermassen  kommen,  abgesehen  von  den  Ba- 
trachiern,  auch  bei  vielen  andern  Amphibien  Drüsen  vor,  die  sich  an  der  Oberfläche 
des  Körpers  münden,  aber  je  nach  den  Familien  und  Ordnungen  dieser  Thiere  in 
sehr  verschiedenen  Gegenden  des  Körpers  ihre  Lage  haben.  Bei  den  Krokodilen  be- 
finden sich  solche  Organe  an  der  Kehle  i),  bei  vielen  andern  Sauriern  an  der  innern 
Fläche  der  Hinterschenkel,  bei  den  Schlangen  und  Blindschleichen  in  der  Wurzel 
des  Schwanzes.  Zum  Einsalben  und  Schlüpfrigmachen  der  Hautbedeckung  aber  kann 
ihr  Sekret,  sowohl  bei  allen  diesen  Amphibien,  als  auch  bei  den  Schildkröten,  nicht 
dienen,  weil  nämlich,  nach  der  Grösse  der  Drüsen  zu  schliesen,  davon  im  Ganzen 
nur  wenig  bereitet  wird,  weil  ferner  alle  diese  Drüsen  sich  nur  an  der  untern  Seite 
des  Körpers  münden,  der  Rücken  also  von  der  Flüssigkeit  derselben  nicht  erreicht 
werden  kann,  weil  ausserdem  bei  den  Schlangen  und  Eidechsen  wegen  der  Lage 
ihrer  Drüsen  von  dem  Sekret  derselben  auch  nicht  die  Bauchseite  des  Rumpfes  be- 
feuchtet werden  kann,  und  weil  ohnehin  bei  der  Mehrzahl  der  genannten  Amphibien 
die  Haut  zumal  der  Bauchseite  so  überaus  glatt  ist,  dass  sie  keiner  Befeuchtung 
bedürfte,  um  bei  der  Ortsbewegung  des  Thieres  das  Hingleiten  des  Leibes  über  den 
Boden  zu  begünstigen.  Andrerseits  aber  ist  es  von  mehrern  jener  Amphibien  bereits 
bekannt,  dass  das  Sekret  ihrer  so  eben  erwähnten  Drüsen  einen  starken  Geruch 
verbreitet,  so  bei  den  Krokodilen  einen  moschusartigen,  bei  den  Schlangen  aber 
einen  ganz  eigenthümlichen  und  für  den  Menschen  sehr  widerlichen.  Aus  diesem 
Grunde  sprach  ich  daher  vor  einigen  Jahren  die  Vermuthung  aus,  dass  für  diese 
Thiere  das  Sekret   ihrer  Drüsen  den  Zweck  haben  dürfte,    unter   den   gewöhnlichen 

')     Auch  bei  Cistudo  amboinensis  kommen   an   der  Kehle    zwei    SpaltöETauagen  vor :    diese    aber  rühren 
nur  in  zwei  sehr  kleine  Höhlen,  am  die  einige  kleine  Driisenbälge  bernmliegeD. 

27 


210 

• 
Lebensverhältnissen  dazu  beizutragen,  dass  sich  die  Geschlechter  einander  aufsuchen 
könnten  ').  Und  eben  denselben  Zweck  war  ich  geneigt,  auch  von  den  hier  be- 
schriebenen Drüsen  der  Schildkröten  zu  vermuthen.  Aber  als  völlig  unstatthaft  ergab 
sich  diese  Vermuthung,  als  ich  ein  erwachsenes  weibliches  Exemplar  von  Emys  eu- 
ropaea,  das  in  seinen  Ovarien  sehr  grosse  und  zum  Abgehen  ziemlich  reife  Eier 
trug,  in  den  ersten  Tagen  des  Juni,  bald  nachdem  es  getödtet  worden,  untersuchte, 
zu  einer  Jahreszeit  also ,  da  diese  Thiere  brünstig  sind.  Denn  statt  bei  ihm  die 
Drüsen  in  einem  Zustande  von  Turgescenz  anzutreffen,  wie  ich  erwartet  hatte, 
waren  sie  gegentheils  so  auffallend  klein ,  dass  ich  sie  nur  mit  Mühe  finden  konnte. 
Eine  jede  nämlich  war  nur  3  Linien  lang,  und  es  verhielt  sich  ihre  Länge,  die  1 V3 
Linie  betrug ,  zu  der  des  ganzen  Rückenschildes  wie  1 :  25 ,  anstatt  dass  bei  dem 
jüngsten  Exemplar  von  Emys  europaea,  das  ich  zergliedern  konnte,  und  das  in  der 
Einleitung  unter  Nr.  3  aufgeführt  worden  ist,  sich  dieses  Verbältniss  beinahe  wie 
1  :  9  herausstellte.  Auch  enthielten  die  Drüsen  bei  jenem  Exemplar  nur  eine  sehr 
geringe  Menge  einer  fast  wässrigen  Flüssigkeit,  indess  sie  bei  diesem  von  einem 
milchweissen  dicklichen  Sekrete  strotzten.  • 


Neuntes    Kapitel. 
Von    dem    Gefässsystem. 


§.  67.  Das  Herz  fand  ich  nicht  blos  bei  den  untersuchten  jungen  Schild- 
kröten, sondern  auch  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  mit  seiner  Spitze  durch  ein 
kurzes  und  recht  dickes  fibröses  Band  an  den  Herzbeutel  angeheftet.  Dagegen  Hess 
sich  bei  dem  Embryo  von  Testudo  keine  Spur  von  einem  solchen  Bande  auffinden. 
Noch  andre  dergleichen  Bänder,  wie  sie  bei  erwachsenen  Schildkröten  zwischen  den 
beiden  genannten  Körpertheilen  vorzukommen  pflegen,  fehlten  bei  den  Embryonen 
und  Jungen  gänzlich.  —  Die  äussere  Form  des  Herzens  verhielt  sich  ähnlich,  wie 
bei  den  Erwachsenen:  nur  schienen  mir  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  sowohl  die 
Vorkammern,  als  auch  die  Kammer  im  Verbältniss  zu  ihrer  Länge  etwas  weniger 
breit  zu  sein,  als  bei  den  Erwachsenen.  In  der  dünnen  Scheidewand  der  Vorkam- 
mern befand  sich  bei  dem  Embryo  von  Tesludo  eine  rundliche,  dem  Foramen  ovale 
der  Säugethiere  entsprechende  Oetfnung,    deren  Durchmesser  ungefähr  halb  so  gross 


*)    Entwickelungsgeschiclie  der  Natter,  Königsberg  1839.     S.  161. 


211 

war,  als  die  der  ganzen  Scheidewand,  und  die  also  eine  ansehnliche  Grösse  hatte. 
Linkerseits  vom  hintern  Rande  derselben  und  in  der  Nähe  der  Herzkammer  gring 
eine  halbmondförmige  Klappe  ab ,  die  wegen  ihrer  nur  geringen  Breite  nicht  einmal 
das  iiintere  Drittel  dieser  OefTnung  bedecken  konnte  und  auch  sehr  dünn  war.  Bei 
dem  Embrj'o  von  Chelonia  lag  die  Oellnung  der  Scheidewand  weiter  nach  vorne, 
und  stellte  einen  von  oben  nach  unten  verlaufenden ,  ziemlich  langen  und  ein  wenig 
bogenrdrmig  gekrümmten  Schlitz  dar,  der  mit  seiner  Convexität  nach  vorne  gekehrt 
war  und  eine  nur  massig  grosse  Breite  hatte.  Ein  dicht  hinter  ihr  von  der  Scheide- 
wand ausgehender  und  langer,  wiewohl  nur  schmaler  klappenartiger  Vorsprung  konnte 
sie  von  der  linken  Seite  her  verschliesseu :  ein  solcher  um  sie  herumgehender  Wulst 
aber,  wie  er  bei  den  Säugethieren  an  dem  Foramen  ovale  vorkommt,  fehlte  sowohl 
bei  diesem  Embryo,  als  auch  bei  dem  von  Testudo.  —  Bei  dem  Jüngern  Exemplar 
von  Sphargis  bemerkte  ich  an  der  Stelle  jener  spaltförmigen  Oeifnung  nur  noch  ein 
äusserst  kleines  rundliches  Löchelchen.  Bei  den  Jungen  von  Platemys,  Chelonia, 
Emys  europaea,  Em.  lutaria,  Trionyx  gangeticus,  Tr.  aegyptiacus  und  Tr.  ocellatus 
war  die  Scheidewand  der  Vorkammern  schon  völlig  geschlossen:  auch  Hess  sich  bei 
ihnen  nicht  mehr  erkennen,  wo  sich  früher  in  der  Scheidewand  eine  Oeifnung  be- 
funden hatte.  —  Die  Klappe ,  die  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  an  derjenigen 
Oeifnung  vorkommt,  durch  welche  sich  alle  Körpervenen  in  die  rechte  Vorkammer 
münden,  mit  der  Eustachischen  Klappe  des  Menschen  verglichen  werden  kann,  und 
jene  Mündung  von  vorne  her  überdeckt,  war  selbst  bei  den  Embryonen  von  Che- 
lonia und  Testudo  schon  völlig  ausgebildet.  Eben  dasselbe  war  der  Fall  auch  in 
Betreff  der  unvollständig  bleibenden  Scheidewand  der  Herzkammern. 

§.  68.  Die  Lungenarterie  und  dieAorta  verhielten  sich  im  Allgemeinen, 
wie  bei  den  Er\vacbsenen.  Nur  war  eine  Verschiedenheit  in  der  Weite  der  beiden 
Aortenbogen  bei  dem  Embryo  von  Testudo  noch  gar  nicht  bemerkbar,  bei  den  übri- 
gen in  der  Entwickelung  begriffenen  Schildkröten  zwar  schon  vorhanden,  doch  weniger 
auffallend,  zumal  bei  dem  Embryo  von  Chelonia  und  den  Jungen  von  Sphargis. 
(Tab.  IX,  Fig  4.)  Die  Arteria  coeliaca  ging  bei  diesen  letztern  von  dem  linken 
Bogen  erst  da  ab,  wo  er  sich  mit  dem  rechten  zu  der  Aorta  abdominalis  verband, 
bei  dem  Embrjo  und  den  Jungen  von  Chelonia,  wie  auch  bei  dem  Embryo  von 
Testudo  ein  wenig  weiter  nach  vorne,  und  noch  viel  weiter  nach  vorne  bei  den 
beiden  Jungen  von  Erays  europaea,  doch  nicht  verhältnissmässig  so  weit,  wie  bei 
den  Erwachsenen.  Auch  war  bei  den  beiden  zuletzt  genannten  jungen  Thieren  und 
dem  Embryo  von  Testudo  der  hintere  oder  derjenige  Theil  des  linken  Aortenbogens, 
welcher   sich    hinter   dem   Ursprung    der   Art.   coeliaca   befand,    im    Verhältniss    zu 


212 

dem  übrigen  Theile  nicht  in  so  bedeutendem  Grade  dünner,  wie  bei  den  Erwachsenen 
derselben  Arten.  Die  beiden  Botallischen  G ä n g e  waren  bei  allen  jungen  Schild- 
kröten deutlich  vorhanden  (Tab.  IX,  Fig.  4,  k.  k.),  aber  auch  schon  grösstentheils 
oder  selbst  völlig  verschlossen.  —  Die  Arteria  oraphalo-mesenterica,  die  der 
Norm  gemäss  in  die  Art.  mesenterica  überging,  kam  bei  dem  Embryo  und  den  Jun- 
gen von  Chelonia,  wie  auch  bei  den  beiden  Exemplaren  von  Sphargis  und  dem  Jün- 
gern Exemplar  von  Emys  europaea  von  dem  Dottersacke  mit  2  gleich  starken  Aesten 
her,  die  dann  den  Dünndarm,  wo  er  mit  dem  Dottersack  zuzammenhing,  von  beiden 
Seiten  umfassten,  und  von  hier  aus  noch  eine  ziemlich  grosse  Strecke  in  dem  Ge- 
kröse verliefen,  ehe  sie  zusammenflössen  Und  sich  mit  dem  genannten  Stamme  ver- 
banden. Bei  dem  Embryo  von  Testudo  aber  konnte  ich  nur  eine  einfache  Arterie 
der  Art  erkennen,  vermuthe  jedoch,  dass  sie  auch  bei  ihm  gedoppelt  war.  Schon 
völlig  resorbirt  war  dies  Gefiiss  bei  den  Jungen  von  Terrapene ,  Platemys,  Trionyx 
und  Pentonyx.  —  Die  Arteriae  umbilicales  verliefen  bei  dem  Embryo  von 
Chelonia  nicht  sowohl  zu  beiden  Seiten  der  Harnblase,  als  vielmehr  unter  derselben, 
also  zwischen  ihr  und  der  Bauchwandung  zu  beiden  Seiten  der  Mittelebne  des  Kör- 
pers in  einer  nur  massig  grossen  Entfernung  von  einander.  Auch  bei  dem  Jüngern 
Exemplar  von  Emys  europaea,  bei  dem  übrigens  die  rechte  ungerähr  um  ein  Drittel 
weiter,  als  die  linke  war,  lagen  sie  fast  ihrer  ganzen  Länge  nach  unter  der  Harn- 
blase, dabei  aber  im  Ganzen  ziemlich  weit  von  einander  entfernt.  Bei  den  jungen 
Sphargis  verlief  die  rechte  Arterie  neben  der  Harnblase:  die  linke  aber  ging  auf 
eine  höchst  abweichende  Weise  unter  dem  hintern  Drittel  der  Blase  schräge  nach 
rechts  und  vorne  hin,  und  lief  dann  zwischen  der  rechten  Arterie  und  der  Blase 
weiter  nach  vorne  fort.  Bei  dem  Embryo  von  Testudo  verliefen  sie  ähnlich ,  wie 
bei  den  Säugethieren ,  zu  beiden  Seiten  der  Harnblase.  Bei  den  Jungen  von  Che- 
lonia Midas,  Ch.  virgata,  Emys  lutaria,  dem  altern  Exemplar  von  Em.  europaea  und 
bei  Platemys  waren  die  Nabelarterien  grösstentheils  oder  auch  selbst  gänzlich  ver- 
schwunden. 

§.  69.  Von  den  beiden  Cardinalvenen,  die  ich  bei  sehr  jungen  Embryonen 
der  Emys  europaea  bemerkt  hatte,  war  bei  den  fast  reifen  Embryonen  der  Chelonia 
und  Testudo  so  wenig,  wie  bei  jungen  Schildkröten,  eine  Spur  mehr  zu  bemerken. 
Dagegen  boten  alle  grössern  Körpervenen,  so  weit  ich  sie  bei  Thieren,  die  schon 
längere  Zeit  im  Weingeist  gelegen  hatten,  verfolgen  konnte,  dieselben  Verhältnisse, 
wie  bei  den  Erwachsenen  dar.  —  Die  Vena  omphalo-mesenterica  ging  ganz 
in  der  Nähe  der  Pfortader  in  die  Vena  mesenterica  über,  und  war  nicht  blos  bei 
den  Embryonen  von  Testudo  und  Chelonia,  sondern  auch  bei  dem  Jüngern  Exemplar  der 


213 

Sphargis  noch  ziemlich  weit,  hingegen  bei  dem  altern  Exemplar  und  bei  den  Jungen  von 
Chelonia  und  Emys  europaea  von  einer  nur  unbedeutenden  Weite.  Bei  den  übrigen  jun- 
gen Schildkröten  Hess  sich  von  ihr  gar  keine  Spur  mehr  auffinden.  —  Von  der  Nabel- 
gegend aus  verlief  nicht  blos  bei  dem  Embryo  von  Chelonia,  sondern  auch  bei  den 
Jungen  von  Chelonia  und  Sphargis,  eine  ansehnlich  weite  Vene  auf  der  Bauchwand 
zur  untern  Fläche  des  linken  Leberlappens,  und  schloss  sich  in  massig  grosser  Ent- 
fernung von  dem  vordem  Rande  desselben  ganz  deutlich  der  Vena  hepatica  dieses 
Lappens  an.  Wohl  ohne  Zweifel  war  dies  die  Vena  umbilicalis,  Tür  die  dann 
also  ein  besondrer  Ductus  venosus  fehlte.  Nach  eben  demselben  Lappen  geht  aber 
auch  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  eine  Vene,  die  in  der  linken  Seitenhälfte  des 
Körpers  von  dem  hintern  Beine  und  dem  Becken  herkommt,  auf  der  Bauchwand  ihren 
Verlauf  macht,  in  die  linke  Vena  hepatica  eindringt,  und  von  Bojanus  die  linke  Nabel- 
vene genannt  worden  ist.  Ich  möchte  daher  sehr  vermuthen,  dass  diese  Körpervene 
bei  den  Embryonen  der  Schildkröten  zu  der  eigentlichen  Nabelvene  in  dem  Verhält- 
nisse eines  Astes  zu  seinem  Stamme  steht.  Bei  dem  Embrjo  von  Testudo  liess  sich 
keine  Vene  auffinden,  die  von  dem  Nabel  aus  zu  dem  linken  Leberlappen  gegangen 
wäre:  wohl  aber  traf  ich  bei  ihm  einen  massig  breiten  und  stark  abgeplatteten  haut- 
artigen Streifen  an,  der  links  von  dem  Dottersacke  durch  die  Nabelöffnung  in  die 
Bauchhöhle  drang,  auf  der  Bauchwandung  liegend  eine  massig  grosse  Strecke  nach 
vorne  verlief,  und  sich  dann  unter  einem  sehr  spitzen  Winkel  in  zwei  Aeste  theilte, 
die  in  die  Brücke  übergingen,  welche  die  beiden  Leberlappen  mit  einander  verband. 
Auch  nach  einem  mehrere  Tage  fortgesetzten  Aufweichen  dieses  Streifens  im  Wasser 
konnte  ich  nicht  ausflndig  machen,  ob  er  im  Linern  der  Länge  nach  hohl  war:  in- 
dess  will  es  mir  wegen  seiner  Lage  und  Verbindung  als  wahrscheinlich  vorkommen, 
dass  er  die  Vena  umbilicalis  war,  die  nebst  dem  in  ihr  enthaltenen  Blute  durch  eine 
sehr  lange  Einwirkung  des  Weingeistes  eine  starke  Verdichtung  und  Erhärtung  er- 
litten hatte. 

8.  70.  Wie  bei  andern  Wirbelthieren ,  sendet  auch  bei  den  Schildkröten  das 
Herz  anfänglich  nur  einen  einzigen  Gefässstamm  aus ,  und  die  Aeste  dieses  Stammes, 
einfache,  in  mehrern  Paaren  vorkommende  Kanäle,  die  bogenPörmig  in  den  Seiten- 
wänden des  Halses  und  Kopfes  aufsteigen,  vereinigen  sich  noch  innerhalb  des  Halses 
wieder  zu  einem  Stamme,  und  zwar  in  der  Art,  dass  dieser  Stamm,  oder  die  Aorte, 
in  dem  Halse  gleichsam  mit  zwei  einander  gleichen  Wurzeln  seinen  Anfang  nimmt. 
Dagegen  sendet  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  das  Herz  zwei  Gefässstämme  aus, 
von  denen  der  eine  als  Arteria  pulmonalis  durch  zwei  Aeste  den  Lungen  Blut  zu- 
führt, der  andre,  die  Aorta,   sich    in   zwei   lange  bogenförmige  Aeste  theilt,  die  zu 


214 

beiden  Seiten  der  Speiseröhre  nach  dem  Rücken  aufsteigen,  dann  aber  ungefähr  in 
der  Mitte  des  Rumpfes,  also  weit  hinter  dem  Halse,  sich  zu  einer  Aorta  abdomi- 
nalis vereinigen.  Auch  sind  diese  beiden  Wurzeln  der  Aorta  nicht,  wie  in  sehr  jun- 
gen Embryonen,  in  ihrem  Verhalten  einander  gleich,  sondern  von  einander  sehr  ver- 
schieden, indem  die  rechte  einen  starken  Gefässstamm  aussendet,  der  sich  in  zwei 
gleiche  Aeste  theilt,  von  denen  ein  jeder  sich  in  eine  Carotis  und  Arteria  subclavia 
spaltet,  hingegen  die  gewöhnlich  dünnere  linke  Wurzel  in  einiger  Entfernung  von 
der  Stelle,  wo  sie  mit  der  rechten  vereinigt  ist,  die  Arterien  für  den  Magen,  den 
Darm  und  die  Leber  abgiebt.  Auf  welchen  Vorgängen  nun  die  Umwandlung  jener 
frühern,  nur  bei  sehr  jungen  Embryonen  vorkommenden  Form  des  arteriellen  Systems 
in  diese  letztern,  bei  den  erwachsenen  Schildkröten  wahrnehmbaren  beruht,  wäre 
zwar  noch  erst  durch  anatomische  Untersuchungen  zu  ermitteln,  doch  lässt  sich  unter 
Berücksichtigung  der  Beobachtungen,  welche  von  Bär  am  Hühnchen,  und  ich  an  der 
Natter  und  an  Säugethieren  über  die  Metamorphose  des  arteriellen  Systemes  gemacht  ha- 
ben, mit  ziemlicher  Wahrscheinlichkeit  annehmen,  dass  bei  den  Schildkröten  die  fragliche 
Umwandlung  dieses  Systemes  in  folgender  Weise  vor  sich  gehen  werde.  Aus  einem 
jeden  der  Gefässbogen  des  hintersten  oder  fünften  Paares  wächst  ungefähr  an  der 
Mitte  desselben,  bald  nachdem  die  Lungen  entstanden  sind ,  für  die  ihm  benachbarte 
Lunge  ein  Ast  hervor,  und  es  bildet  sich  darauf  die  untere  Hälfte  des  Bogens  zu- 
sammen mit  diesem  Aste  zu  einem  Aste  der  Lungenarterie,  die  obere  Hälfte  aber, 
diejenige  also,  welche  mit  einem  Bogen  des  vierten  Paares  im  Zusammenhange 
steht,  zu  einem  Ductus  arteriosus  aus.  Zugleich  spaltet  sich  der  Stamm,  von  wel- 
chem säramtliche  Gefässbogen  ausgehen,  von  einem  Punkte  aus,  der  zwischen  dem 
Bogen  des  vierten  und  fünften  Paares  liegt,  seiner  ganzen  Länge  nach,  so  dass  für 
das  fünfte  Paar  ein  besonderer  Stamm  entsteht,  der  sich  als  den  Stamm  der  Lungen- 
arterie darstellt.  Die  Gefässbogen  des  ersten  und  zweiten  Paares  vergehen,  mit  Aus- 
nahme ihrer  Anastomosen.  Ihre  unteren  Anastomosen  aber,  nebst  den  zunächst  hinter 
ihnen  gelegnen,  welche  sich  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Bogenpaar  befinden, 
entwickeln  sich  zu  den  Gesichts-Carotiden  (Carotides  faciales),  indess  die  oberen  Ana- 
stomosen nebst  dem  Bogen  des  dritten  Paares  sich  zu  den  Hirn  -  Carotiden  (C,  cere- 
brales) ausbilden.  Ferner  vergehen  die  obern  Anastomosen  des  dritten  und  vierten 
Paares,  und  es  rücken  diese  Bogen  oben  allmählig  immer  weiter  auseinander:  die 
untern  Anastomosen  dieser  beiden  Paare  aber  werden  immer  mehr  ausgesponnen 
und  zu  den  Carotides  communes  ausgebildet.  Das  vierte  Bogenpaar  selbst  nimmt 
am  meisten  an  Weite,  wie  auch  bedeutend  an  Länge  zu,  und  entwickelt  sich  nebst 
dem  ganzen   hinter   ihm   gelegnen  Theile    der   embryonalen   Aortenwurzeln   zu    den 


215 

beiden  Aortenbogen.  Früher  indess,  als  die  obern  Anastomosen  zwischen  dem  dritten 
mid  vierten  Bogcnpaare  vergehen,  und  nachdem  sich  der  aus  dem  Herzen  kommende 
ursprünglich  einfache  Gefässstamm  in  zwei  Längshälften  getheilt  hat,  erfolgt  in  der- 
jenigen Hälfte,  welche  mit  dem  vierten  und  dritten  Bogenpaare  in  Verbindung  ge- 
blieben ist,  gleichfalls  eine  Spaltung,  wodurch  nun  aus  dieser  Hälfte  die  Anfangsstücke 
der  beiden  Aortenbogen  gebildet  werden.  Die  Spaltung  aber  geht,  wie  bei  den 
Schlangen,  von  vorne  her  schräge  in  der  Art  vor  sich,  dass  die  beiden  Carotiden 
mit  dem  rechten  Aortenbogen  im  Zusammenhange  bleiben.  Ist  nun  auch  diese  Spal- 
tung erfolgt,  so  wachsen  die  beiden  Carotiden,  wie  bei  den  Schlangen,  aus  dem 
rechten  Aortenbogen  so  hervor,  dass  für  sie  ein  gemeinschaftlicher  kurzer  Stamm 
entsteht.  Was  aber  noch  die  beiden  Arteriae  subclaviae  anbelangt,  von  denen  bei 
den  erwachsenen  Schildkröten  eine  jede  mit  der  Carotis  ihrer  Seite  aus  dem  oben 
erwähnten  Stamme  hervorgeht,  so  ist  es  bei  den  Schildkröten  wegen  der  Theilung 
ihrer  Aorten  nicht  recht  denkbar,  dass  sie  bei  diesen  Amphibien,  wie  bei  den  Säuge- 
thieren,  aus  dem  vierten  Gefässbogenpaare  hervorwachsen.  Vielmehr  will  es  mir  am 
wahrscheinlichsten  vorkommen,  dass  sie,  wie  bei  den  Vögeln,  aus  den  Gefässbogen 
des  dritten  Paares  hervorwachsen. 


Schlussbemerkungen. 


Am  Ende  dieses  Abschnittes  will  ich  noch  einige  Worte  über  denGehörlaby- 
rinth  der  Schildkröten  anführen. 

Ich  untersuchte  auf  denselben  ein  junges  und  ein  erwachsenes  Exemplar  von 
Chelonia  Midas,  indem  ich  an  Köpfen,  die  der  Länge  nach  halbirt  waren  (und  die 
übrigens  schon  eine  längere  Zeit  im  Weingeist  gelegen  hatten),  von  der  Innern  Seite  aus 
die  theils  knöcherne,  theils  knorplige  Wandung  desselben  aufbrach.  Was  ich  fand, 
stimmte  einestheils  mit  den  Angaben  überein,  welche  Windischmann  über  das 
Gehörorgan  einer  Art  von  Testudo  bekannt  gemacht  hat  '),  anderntheils  aber  lässt 
es  sich  zu  einer  weitern  Ausführung  dieser  Angaben  benutzen. 

Für  die  häutigen  Theile  des  Labyrinthes  sind  zwei  Höhlen  vorhanden,  eine 
grössere  mit  drei  in  sie  auslaufenden  Gängen  für  den  Sack  des  Vorhofes  und  die 
3  halbzirkelförmigen  Kanäle,  und  eine  etwas  kleinere  für  die  Andeutung  der  Schnecke. 
Die  erstere  liegt  in  demjenigen  Theile  des  Schädels,  welchen  Cuvier  nur  allein  fiir 


*)    De  penitiori  anris  in  Ampbibiis  structura  (Lipsiae    1831).     Seite  19,  20,  44  —  47. 


216 

das  Felsenbein  gehalten  hat,  und  zu  ihr  führt  von  aussen  her  ein  eirundes  Fenster. 
Die  letztere  liegt  nach  unten  und  hinten  von  jener  in  demjenigen  Knochen,  welcher 
von  C  u  V  i  e  r  Os  occipitale  externum  genannt  worden  ist,  und  enthält  in  ihrer  äussern 
Wandung  ein  ziemlich  grosses  rundes  Fenster,  das  durch  eine  Membrana  tympani 
secundaria  verschlossen  ist  *).  Beide  Höhlen  sind  durch  eine  unrcgelmässig  bicon- 
cave  knöcherne  Scheidewand,  die  in  ihrer  Mitte  eine  Oeffnung  hat,  unvollständig  von 
einander  geschieden.  Die  Achse  des  Saccus  vestibuli  liegt  ziemlich  der  Achse  des 
Kopfes  parallel.  Der  mittlere  weitere  Theil  dieses  Sackes  sendet,  wie  bei  andern 
Thieren,  nach  oben  einen  massig  langen  Kanal  aus,  der  sich  in  den  vordem  und 
hintern  halbzirkelformigen  Kanal  theilt,  von  denen  darauf  der  erstere  in  das  vordere, 
der  letztere  in  das  hintere  Ende  des  Sackes,  zu  einer  Ampulle  angeschwollen,  über- 
geht. (Tab.  IX ,  Fig.  11,  a.  und  b.)  Dicht  hinter  jenem  gemeinschaftlichen  Ur- 
sprünge der  genannten  beiden  halbzirkelförmigen  Kanäle  sendet  die  obere  Wandung 
des  Sackes  den  dritten,  oder  den  äussern  halbzirkelförmigen  Kanal  ab,  und  dieser 
verläuft  dann  eine  ziemlich  grosse  Strecke  beinahe  dicht  auf  der  obern  Wandung  des 
Sackes  nach  hinten,  ehe  er  sich  nach  aussen  umbiegt,  um  zu  dem  vordem  Ende  des 
Sackes  zurückzukehren.  (Fig.  11,  c.)  Die  untere  Wandung  des  Sackes  geht  in 
einen  unregelmässig  kegelförmigen  und  an  der  Spitze  abgestumpften  Fortsatz  über, 
der  mit  deinem  dünnern  Ende  nach  unten  und  etwas  nach  hinten  gerichtet  ist,  an 
seiner  nach  innen  gekehrten  Seite  zwei  neben  einander  liegende  massig  tiefe  Gruben 
bemerken  lässt,  und  im  Verhältniss  zu  dem  Sacke  ziemlich  gross  ist.  (Fig.  11,  e.) 
Zwischen  der  Basis  dieses  Anhanges  und  dem  übrigen  Theile  des  Sackes  kommt  nur 
vorne  und  aussen  eine  Einschnürung  vor,  die  aber  nicht  sehr  tief  ist.  —  Alle  so 
eben  beschriebne  Theile  sind  ziemlich  knapp  von  der  Knochen-  und  Knorpelsubstanz 
des  Kopfes  eingeschlossen.  Die  Wandung  des  Sackes  ist  zum  grössern  Theile  nur 
massig  dick  und  blos  häutig.  Der  Anhang  des  Sackes  aber  hat  eine  bedeutend  dicke 
Wandung,  besitzt  also  eine  im  Verhältniss  zu  seinem  Umfange  nur  enge  Höhle: 
auch  ist  er  nicht  blos  von  einer  häutigen  Beschatfenheit,  sondern  enthält  auch  in  der 
Innern  [der  Schädelhöhle  zugekehrten]  Längshälfle  seiner  Wandung  eine  knorpel- 
artige Platte.  (Tab.  IX,  Fig.  12.)  Wo  sich  an  der  innern  Seite  des  Anhanges 
die  hintere  der  beiden  erwähnten  Vertiefungen  befindet,  lässt  diese  Platte  eine  massig 
grosse  Lücke  bemerken,  die  von  den  häutigen  Theilen  des  Anhanges  ausgefüllt  wird : 
dort  aber,  wo  die  vordere  jener  Verliefungen  vorkommt,  ist  die  Platte  nur  ver- 
dünnt und  etwas  eingebuchtet.     Zwischen   den  beiden   so   eben  bezeichneten  Stellen, 


')    Das  Os  occipitale  exteroum  enthält  übrigens  auch  einen  Tlieil  des  hintern  halbzirkelfdrmigeD  Kanales. 


217 

wie  auch  in  ihrem  schmälern  und  am  Ende  abgerundeten  untern  Theile  besitzt  sie 
eine  beträchtliche  Dicke.  Das  Gewebe  dieser  Platte  ist  von  derselben  Beschaffenheit, 
wie  dasjenige  des  festern  und  elastischen  Antheiles  der  halbzirkeirdrmigen  Kanäle, 
besteht  nämlich  aus  äusserst  feinen ,  einander  dicht  anliegenden  und  mit  einander 
fest  verklebten  Fasern,  enthält  aber  zwischen  den  Fasern  keine  solche  Knorpelzellen, 
wie  z.  B.  in  den  Ligamenta  intervertebralia  der  Säugethiere  vorkommen.  —  Die 
Kalkkrystalle,  die  in  grosser  Menge  nebst  einer  wenig  dicklichen  Flüssigkeit  in  der 
Höhle  des  Sackes  enthalten  waren,  hatten  sich  besonders  in  dem  Anhange  desselben 
und  in  den  Ampullen  der  halbzirkelformigen  Kanäle  angehäuft,  so  dass  sie  in  ihnen 
sehr  leicht  zerreibliche  Concremente  darstellen,  und  bestanden  in  kantigen  Säulen 
mit  abgestumpften  Enden,  deren  Länge  höchstens  0,00035"  betrug. 

Der  andere  häutige  Theil  des  Gehörlabyrinthes,  den  Windischmann  wohl 
mit  Recht  für  eine  Andeutung  der  Ohrschnecke  höherer  Thiere  ausgegeben  hat, 
stellte  sich  als  ein  ovales,  von  innen  und  aussen  etwas  abgeplattetes,  und  durchweg 
häutiges  Säckchen  dar,  dessen  Wandung  allenthalben  eine  nur  massig  grosse  Dicke 
hatte.  (Tab.  IX,  Fig.  11,  b.)  Durch  einen  kurzen,  nur  massig  dicken  und  in  der 
Mitte  etwas  eingezogenen  hohlen  Stiel,  der  ebenfalls  durchweg  häutig  war  und  eine 
noch  etwas  dünnere  Wandung  besass,  hing  dieses  Säckchen  innig  mit  dem  an- 
dern oder  schon  beschriebenen  Theile  zusammen,  und  zwar  mit  dessen  Anhange,  wo 
an  der  Innern  Seite  desselben  die  hintere  oder  tiefere  der  beiden  erwähnten  Gruben 
vorkam.  Die  Höhlen  beider  Theile  aber  gingen  nicht  in  einander  über:  denn  wenn 
ich  in  das  Schneckensäckchen  Luft  einblies,  drang  dieselbe  nur  bis  zu  dem  Vorhofs- 
sacke hin,  nicht  aber  in  ihn  ein :  auch  konnte  ich,  nachdem  jenes  kleinere  Säckchen 
dicht  an  diesem  grössern  abgeschnitten  worden  war,  an  dem  letztern  keine  Oeffnung 
entdecken.  —  Durch  die  Höhle  des  Schneckensäckchens,  die  mit  einer  dünnen  Flüs- 
sigkeit gefüllt  war,  lief  gleichsam  als  Achse  aus  der  Nähe  des  Stieles  nach  dem 
andern.  Ende  ein  dünner  weisser  Faden  hin,  der  seitwärts  einige  einfache  Aeste  an 
die  Wandung  des  Säckchens  absendete,  die  sich  dann,  wie  jener  Faden  selbst,  an 
ihrem  Ende  in  der  Wandung  weiter  verzweigten.  Alle  diese  Zweige  verhielten  sich 
so,  dass  sie  netzartige  Geflechte  zusammensetzten.  Deutlich  auch  zeigte  der  Faden 
mit  seinen  Aesten  und  Zweigen  eine  Zusammensetzung  aus  zarten  und  dicht  beisam- 
men liegenden  Längsfasern.  Ueberhaupt  also  berechtigte  er  zu  der  Annahme,  dass 
er  ein  Nerve  sei. 

Der  Gehörnerv  war  in  2  starke  Aeste  gespalten,  ehe  er  in  den  Labyrinth  ein- 
drang. Beide  Aeste  aber  gingen  zu  dem  Vorhofssacke,  und  breiteten  sich  dann,  wo 
sie  diesen  erreicht  hatten,  auf  der  nach  innen  gekehrten  Wandung  desselben  so  aus, 

28 


218 

dass  jeder  eine  massig  grosse  rundliche  Scheibe  bildete.  Die  eine  Scheibe  lag  in 
der  Nähe  der  Ampulle  des  vordem  halbzirkelförmigen  Kanales  (Fig.  1 1 ,  g.),  und 
sendete  sowohl  zu  dieser  Ampulle,  als  auch  zu  der  des  äussern  oder  horizontalen 
Kanales  einen  massig  breiten  Strahl  oder  Zweig  hin.  Die  andere  Scheibe  lag  nach 
hinten  und  unten  von  der  erstem,  nämlich  an  der  Basis  des  kegelRirmigen,  dem  Vor- 
hofssacke angehörigen  Anhanges,  dicht  über  der  vordem  Grube  dieses  Anhanges 
(Fig.  11,  f.),  und  sendete  3  starke  Strahlen  aus.  Der  eine  Strahl,  der  übrigens 
der  längste  war,  begab  sich  nach  hinten  und  etwas  nach  oben  zu  der  Ampulle 
des  hintern  halbzirkelförmigen  Kanales;  der  zweite  lief  an  der  Innern  Fläche  der 
Knorpelplatte  herab,  welche  sich  in  der  Wandung  des  Anhanges  des  Vorhofssackes 
befand;  der  dritte  ging  an  der  äussern  Seite  eben  desselben  Knorpels  nach  unten 
und  hinten  in  die  Lücke,  die  sich  in  diesem  Knorpel  befand,  und  verbreitete  sich 
mit  mehrern  Zweigen  in  den  häutigen  Theilen ,  von  denen  die  Lücke  des  Knorpels 
ausgefüllt  war.  Eben  so  wenig  aber  als  Windischmann  bei  einer  Testudo,  ver- 
mochte ich  bei  der  Chclonia  einen  Zweig  des  Gehörnerven  aufzufinden,  der  sich  zu 
dem  Schneckensäckchen  begeben  hätte. 

Auf  dem  Schneckensäckchen  verlief  der  ansehnlich  dicke  Nervus  facialis  durch 
eine  ziemlich  grosse  Höhle ,  die  sich  für  beide  in  dem  sogenannten  Os  occipitale 
externum  befand,  und  war  durch  Bindegewebe  mit  diesem  Säckchen  nach  der  ganzen 
Länge  desselben  innig  vereinigt.  (Fig.  11,  i.)  Als  ein  Zweig  von  ihm  erschien 
mir  der  Faden,  der  durch  das  Säckchen  theils  hindurchlief,  theils  sich  in  demselben 
stark  verbreitete.  Denn  nicht  blos  konnte  ich  den  erwähnten  Faden  nur  bis  zu 
dem  Nervus  facialis  verfolgen ,  sondern  es  waren  seine  Fasern  auch  eben  so  scharf 
begrenzt  und  in  ihrem  ganzen  Verlaufe  von  einem  eben  so  gleichförmigen  Ansehen, 
wie  die  Fasern  dieses  Nervenstammes  selbst,  indess  die  Fasern  der  Verzweigungen 
des  Gehörnerven  theilweise  weniger  scharf  begrenzt  waren  und  [in  Folge  der  Einwir- 
kung des  Weingeistes]  in  ihrem  Innern  einfache  Reihen  kleiner  und  von  einander 
abstehender  Fetlkügelchen  bemerken  Hessen. 

Von  einer  solchen  keulenfö'rmigen  und  gegen  den  Scheitel  hingerichteten  Aus- 
sackung des  häutigen  Vorhofes  oder  des  ursprünglich  einfachen  Ohrbläschens,  wie 
ich  sie  bei  sehr  jungen  Embryonen  der  Emys  europaea  bemerkt  hatte  (Abtheilung 
1,  §.  8),  konnte  ich  weder  bei  der  jungen,  noch  bei  der  erwachsenen  Chelonia  Midas 
eine  Spur  auffinden.  Wenn  also  auch  bei  dieser  Art  von  Schildkröten  eine  solche 
Aussackung,  wie  es  wohl  wahrscheinlich  sein  dürfte,  in  einer  sehr  frühen  Zeit  des 
Lebens  vorkommt,  geht  dieselbe  in  einer  spätem  wieder  ganz  verloren. 


Dritte     Abtheilung. 


Beschreibung 

des 

Erabryo's  von  Emys  europaea 

ungerähr  aus    der  Mitte    des  Fruchtlebens. 


28' 


Erstes    Kapitel. 

Beschreibung  der  Eihäute,  sowie  der  Lage  und  der  äusseren 
Beschaffenheit  der  Embryonen. 


§.  1.  JNachdem  ich  schon  alle  Hoffnung  aufgegeben  hatte,  die  Beobachtungen 
über  die  Entwickelung  der  Schildkröten,  deren  Ergebnisse  in  den  beiden  ersten  Ab- 
theilungen dieses  Werkes  niedergelegt  sind,  noch  einigermassen  vervollständigen  zu 
können,  auch  der  Druck  dieses  Werkes  bereits  begonnen  hatte,  erhielt  ich  in  der 
ersten  Hälfte  verwichenen  Junimonats  von  einem  meiner  Kollegen,  dem  Medicinal-Rath 
und  Professor  Seerig,  3  Eier  von  Emys  europaea,  die  in  dessen  Wohnung  Tages 
vorher  von  einem  unlängst  eingefangenen  Exemplare  dieser  Thierart  gelegt  worden 
waren.  Weil  sie  noch  ganz  frisch  waren,  und  die  Schildkröte  möglicherweise  be- 
fruchtet sein  konnte,  brachte  ich  sie  in  Verhältnisse,  die  zu  einer  weitern  Entwicke- 
lung derselben  geeignet  zu  sein  schienen.  Ich  legte  sie  nämlich  in  ein  mit  grobem 
Sand  gefülltes  Kästchen,  stellte  dieses  in  einem  nach  Süden  gelegenen  Zimmer  so 
auf,  dass  es  einen  grossen  Theil  des  Tages  von  der  Sonne  beschienen  werden  konnte, 
und  gab  einem  Diener,  weil  ich  bald  nachher  auf  mehrere  Wochen  verreisen  wollte, 
den  Auftrag,  den  Sand,  der  die  Eier  umgab,  massig  feucht  zu  erhalten.  Als  ich 
nach  Königsberg  wieder  zurückgekehrt  war ,  öffnete  ich  um  die  Mitte  des  Septembers 
die  Eier  und  fand  zu  meiner  Freude  in  zweien  einen  lebenden  Embryo,  der  beinahe 
bis  zu  der  Mitte  der  Entwickelung,  die  eine  Schildkröte  während  ihres  Eilebens  durch- 
zumachen hat,  gelangt  war,  und  der,  wenn  ich  seine  Beine  oder  den  Schwanz,  ohne 
dass  das  Amnion  verletzt  wurde,  mit  einer  stumpfen  Nadel  berührte,  diese  Körper- 
theile  schwach  bewegte.  Das  dritte  Ei  aber  enthielt  nicht  einmal  eine  Spur  von 
einem  Embryo.  —  Da  in  Ostpreussen  die  Schildkröten  angeblich  in  der  Regel  schon 
gegen  Ende  des  Augusts  aus  ihren  Eiern  ausschlüpfen,  so  war  die  Entwickelung 
jener  beiden  Embryonen  ungewöhnlich  langsam  vorgeschritten.  Die  Ursache  davon 
aber  lag  wahrscheinlich  darin,  dass  die  Umgebung  der  Eier  nicht  immer  feucht  ge- 
nug gewesen  war.  Denn  in  allen  befand  sich  eine  verhältnissmäsig  viel  grössere 
Menge  von  Luft,  als  namentlich  in  den  bebrüteten  Eiern  der  Vögel  jemals  vorkommt, 


222 

und  es  hatten  also  die  Eier  zu  viel  von  ihrem  natürlichen  Inhalte  durch  Verdunstung 
verloren.  Auch  war  diese  Luftmenge  am  grössten  in  demjenigen  Ei,  welches  keine 
embryonale  Entwickelung  eingegangen  war,  am  kleinsten  hingegen  in  demjenigen, 
welches  den  grössern  Embryo  enthielt. 

§.  2.  Die  in  den  Eiern  enthaltene  Luft  befand  sich  nicht,  wie  in  den  Vogel- 
eiern, zwischen  dem  blos  häutigen  und  dem  kalkhaltigen  Theile  der  Schale,  sondern 
zwischen  dem  Eiweiss  und  der  Schale :  auch  kam  sie  nicht  blos  an  dem  einen  Ende 
der  Eier  vor,  sondern  war  nach  der  ganzen  oder  doch  fast  ganzen  Länge  der  einen 
Seite  derselben  ausgebreitet.  —  Das  Eiweiss  war  weit  über  die  Hälfte  verkleinert, 
theils  durch  Aufnahme  in  den  Dotter,  theils  durch  Verdunstung.  — 

Der  Dottersack  hing  nicht  durch  einen  besondern  Stiel,  dem  Ueberbleibsel 
eines  Ductus  vitellarius,  mit  dem  Darm  zusammen ,  sondern  ging,  wie  bei  der  Nat- 
ter, unmittelbar  in  ihn  über,  und  dieser  befand  sich  an  dem  spitzwinklichen  Ende 
einer  ausserhalb  der  Nabelöffnung  gelegenen  Schlinge  des  Dünndarms.  Eine  Oeff- 
nung  zwischen  beiden  Organen  kam  nicht  mehr  vor:  dagegen  schien  der  Dottersack 
nicht  auch  dem  Embryo  gegenüber  geschlossen  zu  sein,  sondern  Hess  daselbst  noch 
eine  ziemlich  grosse  ellipsoidische  OefFnung  bemerken,  deren  grösster  Durchmesser 
der  Achse  des  Eies  parallel  war,  und  deren  Rand  noch  einen  Sinus  terminalis  ent- 
hielt. (Tab.  X,  Fig.  3,  c.)  Ob  jedoch  eine  solche  Oeffnung  auch  schon  vorkam, 
ehe  das  Ei  aufgebrochen  wurde,  oder  ob  nicht  der  von  dem  Sinus  terminalis  ein- 
geschlossene Raum  von  einem  dünnen  und  gefässlosen  Theile  des  Dottersackes,  ei- 
nem sogenannten  Dotterhofe,  ausgenillt  gewesen  war,  und  ob  nicht  dieser  Theil  bei 
dem  Abtrennen  des  sehr  zähen  Eiweisses  demselben  gefolgt  und  mit  ihm  entfernt 
worden  war,  wie  dies  in  den  Hühnereiern  zu  einer  gewissen  Zeit  der  Bebrütung 
sehr  leicht  geschieht  *),  muss  ich  dahin  gestellt  sein  lassen.  Von  der  Innern  Fläche 
des  Dottersackes  gingen  in  grosser  Anzahl,  wie  dies  auch  an  dem  Dottersacke  der 
Vögel  und  Schlangen  zu  einer  gewissen  Zeit  des  Fruchtlebens  der  Fall  ist,  blalt- 
artige  Fortsätze  ab ,  die  in  ähnlicher  Weise,  wie  die  Platten  in  dem  dritten  Magen 
des  Rindes  und  anderer  Wiederkäuer,  nahe  bei  einander  lagen,  massig  grosse  Zwi- 
schenräume zwischen  sich  Hessen,  ihren  freien  Rand  der  Mitte  des  Dotters  zukehrten, 
ähnlich  einer  Manschette  gekraust  waren,  eine  sehr  verschiedene,  doch  höchstens  nur 
eine  wenig  mehr,  als  eine  Linie  des  Zollstabes  betragende  Breite  besassen,  und 
sämmtlich  eine  Richtung  von   der  Gegend   aus ,    wo   der    Dottersack   und    der  Darm 


')     Zur  Eotwickelangsgeschichte  der  Thiere,  Beobachtuag  und  Reflexion  vun  C.  E.  voa  Baer.  Theil  I, 
Seite  79. 


223 

zusamnieuhingen ,  gregen  die  erst  erwähnte  weite  Oeffnung  des  Dottersackes  hatten. 
Eigentlich  ahcr  waren  diese  Fortsätze  sehr  weiche  und  daher  leicht  zerreissbare 
Falten  der  innern  Hautschichte  des  Dottersackes,  die  zwischen  ihren  beiden  Platten 
ein  zartes  Netzwerk  von  Blutgefässen  einschlössen,  aussen  hingegen  mit  Dottersub- 
stanz belegt  waren.  —  Die  ganze  innere  Haut  des  Dottersackes  hatte,  wie  in  den 
Eiern  der  Vögel,  Eidechsen  und  Schlangen,  eine  hochgelbe  Farbe,  indess  die  äussere 
Haut,  die  zwar  dünner,  als  jene,  doch  viel  fester  war  und  an  der  Bildung  der  so 
eben  beschriebenen  Falten  keinen  Antheil  genommen  hatte,  eine  weissliche  Farbe 
besass.  —  Das  Amnion  umgab  den  Embryo  ziemlich  knapp.  Eine  seröse  Hülle 
Hess  sich  nicht  mehr  auffinden. 

Eingeschlossen  in  seinen  Amnion  lag  der  Embryo  auf  dem  Dottersacke,  und 
zwar  ganz  so,  wie  der  Embryo  der  Vögel,  Eidechsen  und  Schlangen,  zu  einer  ge- 
wissen Zeit  des  Fruchtlebens,  ungefähr  in  der  Mitte  der  Länge  des  Eies  und  mit 
seiner  Achse  die  des  Eies  kreuzend.  Merkwürdigerweise  aber  wich  er  in  seiner 
Lage  von  den  Embryonen  jener  Thiere  insofern  bedeutend  ab,  als  er  dem  Dotter- 
sacke nicht  die  linke  Seite,  sondern  schräge  theils  seine  Bauchseite,  theils  auch  die 
rechte  Seite,  der  Schalenhaut  hingegen  theils  den  Rücken,  theils  die  linke  Seite  zu- 
gekehrt hatte.  (Tab.  X,  Fig.  2.)  Von  dieser  abweichenden  Lagerung  habe  ich  an 
beiden  Embryonen  mich  hinreichend  deutlich  überzeugt.  Auch  kann  die  angeführte, 
treu  nach  der  Natur  entworfene  Abbildung  davon  ein  Zeugniss  ablegen.  —  Die 
Allantois  ging  vom  Nabel  aus  zuerst,  wie  bei  dem  Hühnchen,  rechts  an  der  vor- 
liegenden Schlinge  des  Darmes  vorbei,  wendete  sich  dann  aber  gegen  dasjenige 
Ende  des  Eies  hin,  welchem  die  rechte  Seite  und  der  Rücken  des  Embryo's  zuge- 
kehrt war,  so  dass  sie  demnach  sich  über  jene  Darmschlinge  und  die  linke  Seite 
des  Embryo's  herüberschlug.  Sie  bedeckte  die  ganze  der  Eischale  zugekehrte 
Seite  des  Amnions,  und  erstreckte  sich  über  diese  Hülle  nach  allen  Richtungen 
massig  weit  hinaus,  so  dass  sie  zum  Theil  auch  unmittelbar  auf  den  Dottersack  zu 
liegen  gekommen  war,  besonders  aber  hinter  dem  Rüken  des  Embryo's,  oder  rechts 
von  diesem.  Im  Ganzen  jedoch  war  sie  nur  massig  gross,  indem  sie  weder  bis  an 
die  beiden  Enden  des  Eies  reichte,  noch  auch  einen  um  das  Amnion  und  den  Dotter- 
sack herumgelegten  Gürtel  darstellte.  (Fig.  3,  b.)  Allem  Anscheine  nach  vergrössert 
sie  sich  also  bei  den  Schildkröten  nicht  verhältnissmässig  so  rasch  und  so  bedeu- 
tend, wie  namentlich  bei  den  Vögeln.  Von  einer  tropfbaren  Flüssigkeit  war  nur 
eine  geringe  Menge  in  ihr  enthalten,  weshalb  sie  auch  sich  hatte  stark  abplatten 
und  eine  Kuchenforra  annehmen  können.  Ihre  der  Eischale  zugekehrte  und  dieser 
dicht  anliegende  Wandung  war  massig  dick:    dünner   war  hingegen  —  was  jedoch 


224 

auch  bei  den  Vögeln,  Eidechsen  und  Schlangen  der  Fall  ist  —  die  dem  Amnion 
und  Dotiersack  anliegende  Wandung. 

§.  3.  Von  den  beiden  Embryonen  war  der  eine  etwas  grösser  und  hatte  über- 
haupt sich  etwas  weiter  entwickelt,  als  der  andere:  bei  beiden  aber  hatte  die  Bil- 
dung eines  Rückenschildes  und  eines  Bauchschildes  schon  ihren  Anfang  genommen. 
—  Die  Länge  des  kleinern  Embryo's  betrug,  gemessen  vom  Scheitel  bis  an  das 
Ende  des  Schwanzes,  fast  9  Vg  Linien  des  Pariser  Masses :  davon  waren  zu  rechnen 
SVg  auf  das  Rückenschild,  3  auf  den  Schwanz,  beinahe  3  auf  die  in  gerader  Rich- 
tung gemessene  Entfernung  des  Scheitels  vom  Rückenschilde.  Die  grösste  Breite 
des  Kopfes,  die  sich  da  befand,  wo  die  Augen  lagen,  betrug  2 '/j,  die  grösste  Breite 
des  Rückenschildes  %'^L  Linien. 

§.  4.  Der  Kopf  war  an  Masse  ungefähr  halb  so  gross,  als  der  Rumpf,  also 
im  Verhältniss  zu  dem  Rumpfe  beträchtlich  gross,  doch  bei  dem  grössern  Embryo 
weniger,  als  bei  dem  kleinern,  auch  bei  beiden  weniger,  als  bei  ungefähr  gleich 
weit  entwickelten  Hühnchen.  Das  Verhältniss  zwiscb'en  beiden  Körperabschnitlen 
war  etwa  dem  gleich  weit  entwickelter  Säugethiere  ähnlich.  Ein  Scheitelhöcker 
war  noch  bei  beiden  Embryonen  vorhanden,  und  es  hatte  derselbe  bei  dem  grössern 
eine  etwas  grössere  Höhe,  als  bei  dem  kleinern.  Der  Gesichtstheil  hatte  sich  im 
Verhältniss  zu  dem  andern  oder  demjenigen  Theile  des  Kopfes,  welcher  das  Gehirn 
enthielt,  dem  Umfange  nach  erst  wenig  ausgebildet,  und  daher  war  der  Kopf  im 
Verhältniss  zu  seiner  Breite  noch  sehr  viel  kürzer,  als  bei  den  Erwachsenen,  so 
wie  an  seiner  ganzen  vordem  oder  vom  Scheitel  bis  zur  Nasenspitze  reichenden 
Seite  sehr  stark  bogenförmig  gekrümmt.  Die  Augen  ragten  weit  aus  dem  Kopfe 
hervor  und  hatten  eine  sehr  ansehnliche  Grösse:  ihr  Umfang  war  viel  bedeutender, 
als  bei  Säugethieren,  dagegen  etwas  geringer,  als  bei  Vögeln  von  einer  ungefähr 
gleichen  Entwickelungsstufe.  Ein  oberes  Augenlied  war  schon  vorhanden,  hatte  aber 
erst  eine  sehr  geringe  Breite,  und  deckte  daher  das  Auge  nur  sehr  wenig.  Von 
einem  untern  Augenliede  liess  sich  kaum  eine  Andeutung  finden.  Die  äussern  Nasen- 
löcher lagen  nahe  bei  einander  und  erschienen  als  zwei  kleine  Punkte,  von  denen 
jeder  auf  der  Spitze  einer  ebenfalls  nur  kleinen  warzenförmigen  Hervorragung  lag. 
(Tab.  X,  Fig.  7.)  Unter  den  Nasenlöchern  kam  auf  dem  Uebergange  zur  Mund- 
höhle ein  sehr  kleiner  warzenförmiger  und  stumpf  abgerundeter  Vorsprung  vor,  der 
die  Spitze  der  Schnauze  darstellte  und  sich  an  dem  frischen  Embryo,  dessen  Haut- 
bedeckung im  Allgemeinen  noch  halb  durchsichtig  war,  durch  seine  Undurchsichtig- 
keit  und  weisse  Farbe  sehr  auszeichnete.  Der  Unterkiefer  reichte  noch  lange  nicht 
bis   an  jene   Spitze   der  Schnauze  hin ,    wie   er  denn   überhaupt   im  Verhältniss  zu 


225    

dem  ganzen  Kopfe  noch  sehr  klein  war.  In  massig  grosser  Entfernung  von  den 
Winkeln  der  kurzen  und  breiten  Mundspalte  befanden  sich  zwei  sehr  flache,  massig 
grosse  und  in  ihrem  Grunde  von  einer  zarten  Haut  gebildete  rundliche  Gruben. 
Diese  Haut,  die  eine  nach  innen  von  ihr  liegende  Höhle  deckte,  war  das  Trommelfell. 
Der  Hals  war  sehr  kurz,  besonders  bei  dem  kleinern  Embryo,  und  es  grenzte 
theils  deshalb,  theils  auch  weil  der  Kopf  gegen  die  Bauchseite  des  Rumpfes  stark 
herabgebogen  war,  bei  jenem  Embryo  die  Kehlgegend  noch  beinahe  dicht  an  den 
Rumpf  an.  Länger  war  die  obere  Seite  des  Halses,  und  es  befand  sich  bei  beiden 
Embryonen,  ■wo  sie  in  den  Kopf  überging,  noch  ein  ziemlich  starker  Nackenhöcker. 
Der  Rumpf  erschien  bereits  von  oben  und  unten  ziemlich  abgeplattet,  und  war  im 
V'erhältniss  zu  seiner  Länge  sehr  viel  breiter,  als  bei  demjenigen  am  weitesten  ent- 
wickelten Embrjo  einer  frühern  Periode,  welchen  ich  in  der  ersten  Abtheilung  dieses 
Werkes  beschrieben  habe.  Doch  war  er  an  der  Bauchseite  noch  nicht  ganz  platt, 
wie  bei  den  jungen  und  erwachsenen  Exemplaren  von  Emys,  sondern  noch  stark 
gewölbt,  und  dieserhalb,  obgleich  der  Rücken  eine  geringere  Wölbung  hatte,  als 
bei  den  Erwachsenen,  verhältnissmässig  höher,  als  bei  diesen:  besonders  aber  war 
dies  der  Fall  bei  dem  kleinem  der  beiden  Embryonen  (Fig.  8).  Die  Nabelötfnung 
hatte  noch  eine  beträchtliche  Weite,  befand  sich  aber  in  einer  solchen  Entfernung 
von  dem  hintern  Ende  des  Rumpfes,  dass  sie  ungefähr  auf  der  Mitte  der  Länge 
desselben  vorkam  (Fig.  7  und  8),  was  im  Vergleich  mit  ihrer  Lage  bei  den  Säuge- 
thieren  sehr  befremden  musste,  da  sie  bei  gleich  weit  entwickelten  Säugethieren 
sehr  viel  mehr  nach  hinten  liegt.  Wahrscheinlich  stand  dies  Verhältniss  damit  in 
Beziehung,  dass  die  Leber  einen  geringern  Umfang,  hingegen  die  Harnblase,  oder 
vielmehr  der  Stiel  der  Allantois,  eine  grössere  Länge  erreicht  hatte,  als  bei  gleich 
weit  in  der  Entwickelung  vorgeschrittenen  Säugethieren.  —  Zur  Bildung  eines  Rücken- 
und  Bauchschildes  waren  schon  die  ersten  Schritte  gethan  worden.  Diese  bestanden 
darin,  dass  sich  an  dem  grössern  Theile  des  Rumpfes  die  Hautbedeckung,  namentlich 
die  für  die  Lederhaut  bestimmte  Substanz,  um  vieles  stärker  verdickt  hatte,  als  an 
andern  Theilen  des  Leibes:  denn  ausser  den  Rippen,  die  jedoch  nur  eine  geringe 
Breite  hatten,  und  einer  höchst  dünnen  Nackenplatte,  waren  für  die  Skeletstücke, 
welche  bei  der  erwachsenen  Emys  europaea  das  Rücken-  und  Bauchschild  hauptsäch- 
lich zusammensetzen  helfen,  noch  nicht  die  mindesten  Andeutungen  vorhanden.  Es 
kam  hier  also,  doch  nur  vorübergehend,  ein  ähnliches  Verhältniss  vor,  wie  bei  den 
Schildkröten  aus  der  Gattung  Trionyx  an  einem  grossen  Theile  ihres  Rücken-  und 
Bauchschildes  für  immer,  da  bei  ihnen  diese  Gebilde  lebenslänglich  theilweise  nur  in 
einer  verdickten  Haulbedeckung  bestehen.    Deutlicher  aber  auch,  als  bei  irgend  einem 

39 


226 

andern  früher  untersuchten  Exemplare  von  Schildkröten ,  ergab  sich  hier ,  dass 
die  Entwickelung  des  Rücken-  und  Bauchschildes  dieser  Thiere  von  der  Hautbedeckung 
ausgeht.  —  Die  Anschwellung  der  Hautbedeckung,  welche  bei  den  Embryoneu  als 
eine  Skizze  oder  ein  Vorbild  des  künftigen  Rückenscbildes  betrachtet  werden  konnte, 
stellte  eine  schüsseiförmig  ausgebuchtete  Tafel  dar,  die  bei  dem  kleinern  Embryo 
(Fig.  9.)  länglich  oval  und  vorn  am  breitesten,  bei  dem  grössern  aber  fast  scheiben- 
förmig rund,  nämlich  beinahe  eben  so  breit,  als  lang  war.  Bei  beiden  Embryonen 
ferner  hatte  diese  Tafel  an  ihrem  ganzen  Rande  die  grösste  Dicke,  und  bildete  an 
demselben  gleichsam  einen  schmalen  und  massig  dicken  Wulst  j  der  die  Anlage  des- 
jenigen Theiles  war,  auf  welchem  sich  die  Marginalplatten  entwickeln  sollten.  In 
einer  andern  Hinsicht  aber  verhielt  sich  diese  Tafel  bei  beiden  Embryonen  ver- 
schieden. Bei  dem  grössern  nämlich  sprang  sie  mit  ihrem  Rande,  indem  sie  mit  dem 
benachbarten  Theile  der  Hautbedeckung  eine  Falte  bildete,  allenthalben  etwas  vor, 
jedoch  nur  wenig,  gleich  einem  schmalen  Gesimse,  am  Nacken  und  denjenigen  bei- 
den Stellen,  wo  sich  später  die  Skeletstücke  des  Bauchschildes  an  die  des  Rücken- 
schildes anschliessen ,  viel  stärker  hingegen,  gleich  einem  ziemlich  weit  hinausragenden 
Dache,  sowohl  über  den  Vorderbeinen,  als  auch  über  den  Hinterbeinen  und  der 
Schwanzwurzel.  Bei  dem  kleinern  Embryo  aber  sprang  sie  nur  über  den  Beinen 
massig  weit  vor ,  noch  weniger  weit  über  der  Schwanzwurzel ,  kaum  merklich  an 
den  Verbindungen  des  Rückenschildes  mit  dem  Bauchschilde,  und  gar  nicht  am  Nacken : 
denn  an  dem  Nacken  ging  sie  massig  steil  abfallend  in  die  Hautbedeckung  desselben 
über.  Demnach  bildet  sich  der  vorspringende  Randtheil  des  Rückenschildes,  und 
zwar  durch  eine  Faltung  der  Hautbedeckung ,  zuerst  über  den  •  vier  Beinen ,  zuletzt 
am  Nacken,  indem  sich  gegen  diesen  hin  die  beiden  über  den  Vorderbeinen  entstan- 
denen Falten  immer  mehr  verlängern,  bis  sie  zuletzt  zusammenfliessen ,  so  wie  dies 
etwas  früher  auch  über  der  Schwanzwurzel  mit  den  beiden  Falten,  welche  sich  über 
den  Hinterbeinen  gebildet  hatten,  geschehen  war.  —  Noch  ist  übrig,  ein  anderes 
und  zwar  sehr  wichtiges  Verhältniss  des  Rückenschildes  anzugeben.  Dieses  Schild, 
das,  wie  bereits  erwähnt,  bei  beiden  Embryonen  fast  nur  erst  in  einem  angeschwol- 
lenen Theile  der  Hautbedeckung  bestand,  ging  nach  vorne  nicht  etwa  nur  so  weit, 
wie  die  Rumpfhöhle,  sondern  reichte  über  dieselbe  schon  eine  ziemlich  grosse  Strecke 
hinaus:  denn  nicht  blos  bedeckte  es  die  Schulterblätter  und  mit  zwei  seitlichen 
Vorspriingen  selbst  die  Wurzeln  oder  obersten  Theile  der  Vorderbeine,  sondern 
reichte  auch  [wie  sich  bei  der  Zergliederung  ergab]  so  weit  auf  den  Hals  hinauf, 
dass  von  ihm  die  3  hintersten  Halswirbel  ganz  bedeckt  wurden.  Gleichfalls  ging 
es  auch  nach  hinten  über  die  Rumpfliöhle  hinaus;    denn    es    bedeckte   nicht   blos  die 


227 

knorpligen  Anlagen  der  Hüftknochen  und  die  Wurzeln  der  Hinterbeine,  sondern 
erstreckte  sich  auch  bis  zu  dem  drillen  Schwanzwirbel  hin.  Demnach  wird  das 
Rückenschild  vorgebildet,  indem  sich  nicht  blos  an  der  obern  Seite  des  Rumpfes, 
sondern  zugleich  auch  an  der  obern  Seite  des  hintersten  Theiles  des  Halses  und 
des  vordersten  Theiles  des  Schwanzes  die  Hautbedeckung  bedeutend  verdickt. 

Die  erste  nur  allein  in  einer  Anschwellung  der  Hautbedeckung  bestehende  An- 
lage des  Bauchschildes  bildet  sich  so,  dass  sie  anfangs  zwei  in  der  Mittellinie  der 
Bauchwand  gesonderte  Seitenhälflen  darstellt:  denn  nicht  blos  befindet  sich  in  der 
Mitte  dieser  Anlage  des  Bauchschildes  die  Nabelöffnung,  sondern  es  ist  zu  einer  ge- 
wissen Zeit  auch  vor  und  hinter  der  genannten  Oeffnung  die  Hautbedeckung  in  der 
Mittellinie  der  Bauchwand  viel  dünner,  als  seitwärts  von  derselben,  so  dass  dann 
vor  und  hinter  dem  Nabel  eine  massig  tiefe  Längsrinne  vorkommt.  Dies  war  na- 
mentlich der  Fall  bei  dem  kleinern  Embryo,  bei  dem  die  angegebenen  Rinnen  auch 
ausserdem  nur  eine  massig  grosse  Breite  hatten.  (Fig.  7.)  Bei  dem  grössern  Em- 
bryo dagegen  fehlten  solche  Rinnen,  weil  sich  bei  ihm  die  beiden  Seitenhälflen  der 
als  Bauchschild  erscheinenden  Hautverdickung  bereits  dicht  an  einander  angeschlossen 
hatten.  Rechts  und  links  setzte  sich  die  Anschwellung  der  Haut  von  der  Bauch- 
seite aus  in  einen  ziemlich  breiten ,  aber  nur  wenig  langen  Streifen  nach  oben  fort, 
um  in  das  Rückenschild  überzugehen  (Fig.  8.),  und  diese  Streifen  grenzten  vorne 
beinahe  dicht  an  die  Wurzeln  der  Vorderbeine  an,  lagen  dagegen  von  den  Hinter- 
beinen ziemlich  weit  entfernt.  Sie  bezeichneten  diejenigen  Theile  des  Bauchschildes, 
in  denen  sich  die  Flügel  der  Skeletstücke  desselben  bilden  sollten,  und  gewährten 
ein  ähnliches  Aussehen,  wie  die  Hautbedeckung  der  erwachsenen  Exemplare  aus  der 
Gattung  Trionyx.  —  Vorne  und  hinten  sprang  das  Bauchschild  nicht  faltenartig 
vor,  reichte  auch  nicht  so  weit,  wie  das  Rückenschild,  mit  dem  es  bei  den  erwach- 
senen Exemplaren  von  Emys  europaea  beinahe  eine  gleiche  Länge  hat,  und  war 
überhaupt  verhällnissmässig  viel  kürzer,  als  bei  den  Erwachsenen.  Hinten  reichte 
es  noch  lange  nicht  bis  zu  dem  After  hin,  vorne  ging  es  nur  um  ein  Geringes 
über  das  Herz  und  die  Schlüsselbeine  hinaus. 

Die  Epidermis  war  auf  dem  Rücken-  und  Bauchschilde  im  Ganzen  zwar  etwas, 
doch  kaum  merklich  dicker,  als  an  andern  Theilen  des  Körpers.  Dessenungeachtet 
hatte  sie  sich  am  Rückenschilde  bereits  in  eben  so  viele  Felder  abzutheilen  begon- 
nen, als  an  demselben  bei  den  Erwachsenen  grössere  Hornplatten  vorkommen,  also 
in  5  mittlere  oder  unpaarige  in  einer  Reihe  hintereinander  gelegene,  und  in  4  Paar 
seilliche.  An  dem  Rande  eines  jeden  solchen  Feldes  war  die  Epidermis  am  dick- 
sten, und  daher  in  einem  sehr  schmalen  Streifen  nach  aussen  ein  wenig  aufgewulstet. 

29* 


228 

Zwischen  je  2  Feldern  aber  bildete  sie  eine  sehr  schmale,  wie  überhaupt  kaum 
merkbare  Furche  und  war  hier  am  dünnsten,  weshalb  sie  auch  daselbst  bei  einem 
Versuche,  sie  von  der  Lederhaut  abzuziehen  [nachdem  die  Embryonen  einige  Zeit 
in  schwachem  Weingeist  gelegen  halten],  immer  zerriss.  In  ihrer  allgemeinern  Form 
waren  die  erwähnten  Felder  denen  der  Erwachsenen  ähnlich,  dagegen  in  ihren  Di- 
mensions-Verhältnissen diesen  sehr  unähnlich.  Besonders  erschienen  die  5  mittlem 
im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Körper  viel  breiter  und  viel  kürzer,  als  bei  den  Er- 
wachsenen :  auch  waren  sie  im  Verhältniss  zu  den  4  Paar  seitlichen  viel  grösser. 
(Fig.  8  und  9.)  An  dem  Rande  des  Rückenschildes  Hessen  sich  nur  wenige  und 
auch  nur  schwache  Furchen  als  Andeutung  einer  Theilung  der  Epidermis  für  die 
Marginalplatten  erkennen.  Am  Bauchschilde  aber  war  eine  solche  Theilung  noch 
gar  nicht  wahrnehmbar. 

Die  Beine  waren  noch  sehr  kurz  und  dünn,  aber  in  den  Ellenbogen-  und 
Kniegelenken  schon  gebogen.  Auch  waren  schon  alle  Zehen  deutlich  zu  erkennen, 
ja  im  Verhältniss  zu  den  Ober-  und  Unterschenkeln  grösser,  als  bei  den  Erwachse- 
nen. Unter  einander  fand  ich  die  Zehen  eines  jeden  Beines  ihrer  ganzen  Länge 
nach  durch  eine  dicke  Hautfalte  verbunden.     Nägel  fehlten  noch  gänzlich. 

Der  Schwanz  hatte  im  Verhältniss  zu  dem  Rumpfe,  wie  überhaupt  zum  ganzen 
Körper,  eine  viel  grössere  Länge,  als  bei  den  Erwachsenen,  war  aber  nur  massig 
dick.  Von  den  Seiten  erschien  er  zwar  etwas,  doch  im  Ganzen  nur  sehr  wenig 
abgeplattet. 

Eine  Bildung  von  Schuppen  hatte  noch  nirgend  begonnen.  Auch  fehlten  am 
Kopfe  noch  Andeutungen  von  Hornschildern.  Desgleichen  war  am  Unterkiefer  die 
Epidermis  nicht  merklich  dicker,  als  etwa  an  den  Seiten  des  Kopfes.  An  dem  vor- 
dem Theile  des  Oberkiefers  aber  erschien  sie  viel  dicker,  besonders  an  der  Spitze 
desselben,  wo  sie  einen  kleinen  warzenförmigen  und  kreideweissen  Auswuchs  bildete, 
der  eine  geringe  Menge  von  kohlensaurem  Kalk  enthielt  und  einige  wenige  sehr 
kleine  Luftbläschen  entweichen  Hess,  als  er  mit  verdünnter  Salzsäure  in  Berührung 
gebracht  worden  war. 


Zweites    Kapitel. 
Beschreibung  der   innern  Beschaffenheit   der   Embryonen. 


§.  4.  Beschaffenheit  verschiedener  Gewebe.  Die  Epidermis  be- 
stand allenthalben  aus  einfachen ,  mehr  oder  weniger  abgeplatteten ,  farblosen  und 
dicht  zusammengedrängten  Zellen,  die  in  mehrern,  als  nur  einer  einzigen  Lage  vor- 
kamen, als  grössten  Durchmesser  höchstens  0,0005"  hatten,  und  einen  verhältniss- 
mässig  recht  grossen  Kern  besassen,  in  dem  ein  kleiner,  aber  scharf  begrenzter  rund- 
licher Kernkörper,  sehr  selten  zwei  dergleichen  Körper  vorhanden  waren.  Die  Leder- 
haut Hess  rundliche  und  an  Grösse  den  Zellen  der  Epidermis  ähnliche  Zellenkerne 
erkennen ,  die  in  massig  grossen  Abständen  von  einander  entfernt  lagen ,  und  von 
denen  immer  mehrere  in  einer  einfachen  Reihe  hintereinander  in  die  Substanz  eines 
klaren  Fadens  eingebettet  waren,  der  zwischen  je  zweien  von  ihnen  öfters,  doch 
nicht  in  der  Regel ,  etwas  dünner  und  gleichsam  eingeschnürt  erschien.  Eine  Fase- 
rung aber  Hess  sich  in  diesen  Fäden,  die  Nichts  andres,  als  in  der  Entwickelung 
begriffene  Bündel  von  Bindegewebe  waren,  noch  nicht  erkennen.  Besonders  deutlich 
im  Rücken-  und  Bauchschilde  hatten  sie  eine  solche  Lagerung,  dass  sie  in  einigen 
wenigen  Schichten  vorkamen,  dass  sie  ferner  in  jeder  Schicht  parallel  neben  einander 
verliefen,  und  dass  die  der  einen  Schicht  sich  mit  denen  der  zunächst  folgenden 
unter  rechten  Winkeln  kreuzten.  —  Abgesehen  von  einer  solchen  regelmässigen 
Lagerung,  verhielten  sich  auf  dieselbe  Weise  auch  die  Fäden,  welche  für  das  tiefer 
gelegene  Bindegewebe  bestimmt  waren. 

Die  Muskeln  waren  schon  angelegt,  und  es  Hess  sich  in  ihnen  auch  schon 
hinreichend  deutlich  eine  Faserung  bemerken.  In  den  dem  Willen  unterworfenen 
Muskeln,  namentlich  in  den  Brust-  und  Bauchmuskeln,  die  ich  darauf  näher  unter- 
suchte, waren  die  Fäden  etwas  dünner,  dessenungeachtet  aber  etwas  fester  und  starrer, 
als  die  des  Bindegewebes  im  Allgemeinen.  Auch  zersplitterten  sich  viele,  als  sie 
zerrissen  wurden ,  was  an  den  Fäden  der  Lederhaut  und  des  Bindegewebes  nicht 
der  Fall  war.  Eine  Querslreifung  aber  war  an  ihnen  nur  hie  und  da,  wie  auch 
nur  erst  sehr  schwach  angedeutet.  Zellenkerne  Hessen  sich  an  ihnen  gleichfalls 
bemerken:  es  waren  dieselben  aber  kleiner,  als  an  den  Fäden  der  Lederhaut,  lagen 
auch  in  viel  grösseren  Entfernungen,  von  einander  und  sprangen  über  die  Fäden, 
denen  sie  angehörten,  meistens  sehr  stark  nach  aussen  vor. 


230 

Die  Knorpel  hatten  schon  eine  ziemlich  grosse  Festigkeit,  weshalb  sie  auch 
schon  ziemlich  leicht  sich  bioslegen  Hessen.  Ihre  Zellen  hatten  eine  rundliche,  oder 
ovale ,  oder  ellipsoidische  Form ,  vmd  die  rundlich  geformten  hielten  bis  0,00055, 
seltener  sogar  bis  0,0006"  im  Durchmesser.  Die  Zwischenräume  zwischen  diesen 
Zellen  aber  waren  nur  geringe ;  denn  höchstens  kamen  sie  dem  dritten  Theile  der  Durch- 
messer derselben  gleich.   Die  Grundsubstanz  der  Knorpel  wac  schon  ziemlich  brüchig. 

§.  5.  Skelet.  Die  Chorda  dorsalis  war  im  Verhältniss  zu  den  Wirbel- 
körpern ungerähr  so  dick,  wie  bei  Schlangen,  Eidechsen  und  Vögeln  auf  gleicher 
Entwicklungsstufe,  also  etwas  dicker,  als  bei  ähnlich  weit  entwickelten  Säugethieren. 
An  beiden  Enden  war  sie  zugespitzt:  vorne  reichte  sie  etwas  über  die  Gehör- 
labyrinthe hinaus,  hinten  bis  an  das  Ende  des  Schwänze^.  Scheide  und  Kern  waren 
an  ihr  deutlich  zu  unterscheiden. 

Im   Uehrigen    bestand   das  Skelet   hauptsächlich    aus  Knorpel.     Kalkerden   aber 
waren  noch  nirgend  in  ihm  abgelagert. 
A.     Schädel. 

Die  vordere  und  hintere  Hälfte  der  Hirnschale  gingen  noch  in  der  Gegend 
des  nachherigen  Türkensattels  unter  einem  Winkel,  der  jedoch  nur  ein  sehr 
stumpfer  war,  in  einander  über,  und  es  kam  also  noch  eine  sogenannte  Kopf- 
beuge vor,  die  jedoch  nur  noch  sehr  schwach  war.  Im  Ganzen  aber  bildete 
die  untere  Fläche  der  Basis  cranii  in  ihrem  Verlaufe  von  dem  hintern  bis  zu  dem 
vordem  Ende  des  Kopfes  einen  massig  starken  Bogen.  —  Die  obere  Wandung  oder 
das  Gewölbe  der  Hirnschale  war  bei  dem  kleinern  Embryo,  allem  Anschein  nach, 
nur  häutig:  denn  von  einer  Knorpelsubstanz  für  die  Stirnbeine  und  Scheitelbeifie 
konnte  ich  bei  ihm  noch  nicht  die  mindeste  Andeutung  finden.  Bei  dem  grössern 
Embryo  aber  liess  sich  in  dem  obern  Rande  der  Augenhöhle  ein  schmaler  und  sehr 
dünner  bogenförmiger  Knorpelstreifen  erkennen,  der  nichts  anders,  als  eine  erste 
Anlage  fiir  das  Stirnbein  sein  konnte.  Dagegen  waren  bei  beiden  Embryonen  die 
Seitenwandungen  und  die  untere  Wandung  der  Hirnschale  schon  ^rösstentheils  knorp- 
lig. —  Für  das  Felsenbein  befand  sich  in  jeder  Seitenwandung  eine  Knorpelmasse, 
die  von  der  äussern  oder  Innern  Seite  angesehen  ein  sphärisches  Dreieck  mit  sehr 
abgestumpften  Winkeln  darstellte,  mit  dem  einen  Winkel  nach  unten,  mit  der  Basis 
nach  oben  gekehrt  war,  in  der  Nähe  ihrer  Basis  die  grösste  Dicke  hatte ,  von  da 
aber  nach  ihrem  untern  Winkel  hin  immer  dünner  wurde,  und  an  ihrer  äusseren 
Seite  eine  ziemlich  tiefe  Grube  mit  einer  Oeifnung  besass,  welche  Grube  von  dem 
einen  Ende  eines  dünnen  knorpligen  Stabes,  der  das  künftige  Gehörknöchelchen 
bezeichnete  (§.  8.),  ausgefüllt  wurde.    Mit  den  benachbarten  Knorpeltheilen  war  die 


231 

beschriebene  Masse  nur  durch  Haut  und  Bindegewebe  vereinigt,  nirgend  aber  mit 
denselben  verschmolzen.  Der  hinter  dem  schon  angedeuteten  Türkensaltel  gelegene 
Theil  der  untern  Wandung  der  Hirnschale,  in  welchem  Theile  sich  später  die  Kör- 
per des  Hinterhauptbeins  und  des  Keilbeins  bilden,  also  der  tafelförmige  Theil  von 
der  Belegungsmasse  des  Kopfstückes  der  Rückensaite,  stellte  eine  dünne  Knorpel- 
platte  dar,  die  hinten  imd  vorn  am  breitesten,  gegen  ihre  Mitte  nicht  unbedeutend 
verschmälert  war.  Sie  war  also  jederseits  gleichsam  ausgeschnitten ;  in  ihre  beiden 
Auschnitte  aber  griffen  die  Felsenbeine  ein.  Nahe  ihrem  hinteren  Ende,  also  hinter 
den  Felsenbeinen,  sendete  sie  2  paarige  schmale  und  massig  hohe  plattenartige  Fort- 
sätze, die  Anlagen  für  die  Seitentheile  des  Hinterhauptbeins  aus,  die  über  dem 
Gehirn  zusammenstiessen.  Die  3  dicken  Fortsätze,  in  die  ursprünglich  dieser  be- 
schriebene Theil  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite  nach  vorn  ausläuft,  welche 
Fortsätze  ich  die  Schädelbalken  genannt  habe ,  Hessen  sich  zwar  noch  als  solche 
erkennen,  waren  aber  ebenfalls  durchweg  verknorpelt,  und  hatten  sich  in  Hinsicht 
ihrer  Form  schon  bedeutend  verändert.  Der  unpaarige  oder  nach  oben  gerichtete 
Balken,  der  die  Lehne  des  Türkensattels  darstellte,  war  nicht  nur  ziemlich  hoch, 
sondern  auch  ziemlich  dick  und  ansehnlich  breit,  und  lag  eingeschlossen  in  einer 
noch  breitern,  wie  überhaupt  recht  grossen  Querfalte  der  harten  Hirnhaut.  Die 
paarigen  Balken  des  Schädels  hatten  sich  bereits  beinahe  nach  ihrer  ganzen  Länge 
dicht  an  einander  angeschlossen:  denn  nur  ganz  hinten  kam  zwischen  ihnen,  und 
überhaupt  in  der  Basis  cranii,  eine  Lücke  vor,  die  jedoch  nur  massig  gross  war, 
übrigens  eine  fast  ellipsoidische  Form  hatte,  mit  ihrem  grössten  Durchmesser  quer 
gelagert  war  und  eine  ziemlich  grosse  Tiefe  besass.  In  der  Lücke  befand  sich 
unten  als  Ausfüllung  eine  sehr  dünne  Schicht  von  Bindegewebe,  auf  dieser  Schichte 
aber  die  ziemlich  grosse  Glandula  pituitaria.  Bis  zu  der  angegebenen  Lücke  hin 
reichte  von  hinten  her,  unter  dem  unpaarigen  Schädelbalken  forllaufend,  die  in  eine 
massig-  lange  Spitze  ausgezogene  Scheide  der  Chorda  dorsalis,  was  nicht  wenig 
mich  befremdete,  weil  ich  diesen  Körpertheil,  ausser  bei  dem  Amphioxus,  bisher  bei 
keinem  Wirbeltbiere  und  auch  nicht  bei  den  Jüngern  Embryonen  von  Emys  euro- 
paea,  welche  in  der  ersten  Abiheilung  dieses  Werkes  beschrieben  sind,  so  weit 
nach  vorne  reichend  gesehen  hatte.  Die  einander  dicht  anliegenden  Theile  der 
paarigen  Scbädelbalken  Hessen  sich  ihrer  ganzen  Länge  nach  noch  leicht  und  voll- 
ständig von  einander  trennen,  indem  sie  nur  durch  Bindegewebe  mit  einander  ver- 
einigt, noch  aber  nicht  verschmolzen  waren.  Ferner  hatten  sich  diese  Theile  der 
paarigen  Schädelbalken,  die  anfangs  zwei  nur  wenig  dicke  Stränge  darstellen,  schon 
in  ziemlich  hohe  und  senkrecht  stehende  Tafeln  umgewandelt,  die  zusammengenommen 


232 

eine  ziemlich  dicke,  zwischen  den  Augen  und  den  Geruchsorganen  [den  Säcken  der 
Schneiderschen  Schleimhaut]  stehende  Scheidewand  darstellten.  Auf  der  Grenze 
zwischen  dem  Auge  und  dem  Geruchsorgane  einer  jeden  Seitenhälfte  befand  sich, 
wie  bei  Abelen  Vögeln  und  Grälhenfischen,  an  dieser  Scheidewand  eine  senkrecht 
herablaufende  und  dreiseitig -prismatische,  jedoch  nur  massig  grosse  Leiste,  die  eine 
unmittelbare  Fortsetzung  der  Knorpelsubstanz  derselben  war.  Nach  oben  aber  hatte 
sich  jede  Seitenhälfte  dieser  Scheidewand  durch  immer  weiteres  Wachsthum  in.  die 
Breite  in  zwei  dünne  Knorpelblätter  fortgesetzt,  die  sich  unter  einem  Bogen  nach 
aussen  gewendet  hatten,  und  von  denen  das  eine  über  dem  Auge  derselben  Seite 
ein  zwar  ziemlich  grosses,  doch  im  Ganzen  nur  massig  breites  Dach,  das  zweite 
über  dem  Geruchsorgan  derselben  Seite  ein  ähnliches,  aber  viel  kürzeres,  wie  über- 
haupt viel  kleineres  Dach  bildete.  —  Zwei  andre  Fortsätze  der  Belegungsmasse  der 
Rückensaite  gingen  da,  wo  die  3  Schädelbalken  hinten  zusammentrafen,  also  da,  wo 
sich  später  der  Türkensattel  ausbilden  sollte ,  wie  ein  Paar  Flügel  zu  beiden  Seiten 
des  Gehirns  in  die  Höhe  und  umfassten  die  mittlere  Masse  desselben.  Bei  dem 
kleinern  Embryo  konnte  ich  sie  nur  bis  zu  der  halben  Höhe  der  knorplig-häutigen 
Hirnschale  verfolgen,  bei  dem  grössern  aber  reichten  sie  viel  höher  hinauf,  kamen 
jedoch  über  dem  Gehirn  nicht  zusammen,  sondern  Hessen  über  demselben  einen  ver- 
hältnissmässig  ziemlich  grossen  Raum  zwischen  sich.  Unten  waren  sie  nur  massig 
breit,  nach  oben  aber  nahmen  sie  an  Breite  immer  mehr  zu,  und  verloren  sich 
dann,  immer  dünner  geworden,  so  unmerklich,  dass  sich  ihr  oberes  Ende  nicht 
genau  bestimmen  liess.  Mit  ihrem  hintern  Rande  grenzten  sie  an  die  Knorpelkapseln, 
welche  sich  zu  den  Felsenbeinen  umwandeln  sollten,  nach  vorn  aber  gingen  sie  mit 
ihrem  untern  Theiie  unmittelbar  in  die  bereits  erwähnten  knorpligen  Augendächer 
über.  Deutlich  waren  dies  diejenigen  Knorpelblätter,  welche  bei  jungen  und  er- 
wachsenen Schildkröten  von  den  absteigenden  Hälften  der  Seitenwandbeine  bedeckt 
werden,  und  deren  ich  schon  an  einer  anderen  Stelle  dieses  Werkes  (Abtheilung  II, 
§.  5.)  Erwähnung  gethan  habe.  Ausserdem  konnte  es  aber  auch  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dass  diese  Theiie  ihrem  Ursprünge  und  ihren  Lagerungsverhältnissen 
nach  den  hintern  Keilbeinflügeln  andrer  Wirbelthiere  entsprechen.  Dem  Angeführten 
zufolge  war  also  von  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite  unter  dem  Gehirn  eine 
im  Ganzen  nur  flache  Schale  gebildet,  auf  der  dieses  Organ  ruhte.  Ihre  Form  war 
sehr  unregelmässig,  namentlich  auch  in  Hinsicht  ihres  Randes.  Hinten  besass  sie 
einen  Ausschnitt  fiir  den  Durchgang  des  Rückenmarkes,  seitwärts  zwei  weit  tiefere 
Ausschnitte  zur  Aufnahme  der  Felsenbeine.  Hinter  den  Felsenbeinen  sendete  sie 
zwei   massig   breite   flügelartige    Fortsätze   aus,    die    sich    zu   den  Seitentheilen   des 


233 

Hinterhauptbeins  entwickeln  sollten,  vor  den  Felsenbeinen  aber  sendete  sie  zwei  viel 
grössere  Flügel  nach  oben  aus,  die,  wie  bereits  bemerkt,  den  hintern  Keilbeinflügeln 
andrer  Wirbelthiere  entsprachen.  Vorne  war  sie  am  flachsten,  bildete  hier  zwei  Au- 
gendächer, und  ging  dann  in  die  Nasendächer  und  die  Nasenscheidewand  über.  Ganz 
am  vordem  Ende  dieser  Schale  befanden  sich  zwei  Löcher  fiir  den  Durchgang  der 
Riechnerven,  weiter  nach  hinten  zwei  andre  für  den  Durchgang  der  Sehnerven,  noch 
andrer  Löcher,  die  in  ihr  vorkamen,  nicht  zu  gedenken.  Die  Löcher  für  die  Sehner- 
ven befanden  sich  in  einer  ziemlich  tiefen  Grube  der  Hirnschale,  die  zur  Aufnahme 
des  Chiasma  der  Sehnerven  bestimmt  war:  der  vordere  Rand  dieser  Grube  aber,  so 
wie  die  Seitenränder,  waren  etwas  aufgevvulstet. 

An  der  Darstellung  der  Hirnschale  nimmt  bei  den  verschiedenen  Wirbclthieren 
diejenige  Partie  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite  ,  welche  dem  Kopfe  angehört, 
nach  erfolgter  Verknorpelung  einen  verschiedentlich  grossen  Antheil.  Bei  allen  zwar 
bildet  sie  im  Verein  mit  den  Knorpelkapseln  der  Ohrlabyrinthe,  welche  Kapseln  wohl 
jedenfalls  unabhängig  von  ihr  entstehen,  die  Basis  der  Hirnschale,  seitwärts  aber 
wächst  sie ,  um  von  unten  her  das  Gehirn  zu  umfassen,  verschiedentlich  weit  in  die 
Höhe.  Die  geringste  Verschiedenheit  kommt  in  der  angegebnen  Hinsicht  an  demje- 
nigen Theile  von  ihr  vor,  welcher  sich  hinter  den  Ohrkapseln  befindet:  denn  dieser 
breitet  sich  in  der  Regel  so  aus,  dass  er  hinter  den  genannten  Kapseln  ein  Paar 
Flügel  bildet,  die  zuletzt  über  dem  Gehirn  zusammenstossen  und  mit  einander  zu 
einem  Bogen  verschmelzen.  Vor  den  Ohrkapseln  aber  breitet  sich  die  Belegungs- 
masse der  Rückensaite  seitwärts  und  nach  oben  hin  bei  den  Schlangen  fast  gar 
nicht,  bei  den  Vögeln  und  Säugethieren  nur  massig  stark,  und  bei  den  Schildkröten 
in  einem  so  hohen  Grade  aus,  dass  sie  bei  den  zuletzt  genannten  Thieren  auch  vor 
den  Ohrkapseln  zwei  das  Gehirn  umfassende  Flügel  darstellt.  Am  meisten  aber  brei- 
tet sich  die  Belegungsmasse  der  Rückensaite  um  das  Gehirn  bei  den  Plagiostomen 
und  einigen  Gräthenfischen,  wie  z.  B.  bei  dem  Hechte,  aus,  indem  sie  bei  ihnen  im 
Verein  mit  den  Knorpelmassen ,  welche  die  häutigen  Ohrlabyrinthe  umgeben,  zuletzt 
eine   das  Gehirn  vollständig  einschliessende  Kapsel  .darstellt   '). 

•)  Nähere  Aogabeo  über  die  verschiedentlich  grossen  knoriiligen  Theile  der  Hirnschale  verschiedener 
Fische  findet  man  in  Reichert's  Entwicklungsgeschichte  des  Kopfes  der  nackten  Amphibien  (Königsberg 
1838,  Kapitel  VI),  besonders  aber  in  dem  Lebrbuche  der  vergl.  Anatomie  von  Sieboldt  und  Stannius, 
Theil  II.  (Berlin  1845)  §.  9.  und  10.  —  Bei  den  HaiBschen  und  Rochen  bildet  die  Knorpelsubstanz,  welche 
die  häutigen  Ohrlabyrinlbe  einschliesst,  mit  der  übrigen  Knorpelsubstanz  der  Hirnschale  eine  einzige  Masse. 
Der  Analogie  nach  ist  es  jedoch  wahrscheinlich,  dass  auch  bei  diesen  Fischen  um  die  häutigen  Ohrlabyrinthe 
anTänglich  zwei  besondere  und  unabhängig  von  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite  entstandne  Knorpelkap- 
seln vorkommen,  dass  aber  späterhin  diese  Kapseln  mit  der  Knorpelsobstanz,  in  welche  sich  die  Belegungs- 
masse der  Rückeasaite  umwandelt,  ringsum  verschmelzen. 

30 


234 

Von  den  Knochen  der  Hirnschale  entwickeln  sich  aus  der  verknorpelten  Bele- 
gungsmasse der  Rückensaite,  wie  ich  schon  in  andern  Schriften  angegeben  habe  '), 
der  Körper  und  die  Seitentheile  des  Hinterhauptbeins,  desgleichen  der  Körper  des 
hintern  Keilbeins,  nur  selten  dagegen  ein  Körper  für  das  vordere  Keilbein.  Ausser- 
dem aber  entwickeln  sich  aus  ihr,  wie  ich  erst  später  bemerkt  habe,  auch  die  Schuppe 
des  Hinterhauptbeins  (namentlich  bei  dem  Schweine,  dem  Huhn,  der  Taube,  dem  Sper- 
ling, dem  Blennius  viviparus  ^)  und  die  aufsteigenden  Flügel  der  Keilbeine.  Eine 
früher  von  mir  gemachte  Aeusserung,  dass  sich  diese  Keilbeinflügel  aus  Knorpelplat- 
ten, die  unabhängig  von  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite  entstanden  wären,  ent- 
wickelten, beruht  auf  einem  Irrtbume,  zu  dem  ich  durch  ein  sonderbares  Verhältniss 
bei  der  Natter  verleitet  wurde.  Bei  diesem  Thiere  nämlich  beginnt  die  Bildung  der 
Scheitelbeine  und  Stirnbeine  an  ähnlichen  Stellen ,  als  wo  bei  andern  Thieren  die 
aufsteigenden  Keilbeinflügel  ihre  Entstehung  nehmen,  und  deshalb  vermeinte  ich,  jene 
Knochen  der  Natter  eigentlich  für  Keilbeinflügel,  die  allmählig  das  Gehirn  sogar  oben 
umfassten,  halten  zu  können.  Später  aber  habe  ich  bei  Säugethieren ,  Vögeln  und 
Gräthenfischen  gesehen,  dass  die  Knorpelpartieen,  aus  welchen  sich  die  aufsteigenden 
Keilbeinflügel  entwickeln ,  Ausläufer  oder  Fortsätze  der  Schädelbalken  und  des  tafel- 
förmigen Theils  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite  sind.  Unabhängig  von  dieser 
Masse  bilden  sich  hingegen  wohl  jedenfalls  die  Scheitelbeine  und  Stirnbeine.  Und 
zwar  entstehen  diese  Knochentafeln  meistens,  wie  bekannt,  zwischen  blos  häutigen 
Theilen  des  Kopfes.  Bei  denjenigen  Gräthenfischen  aber,  bei  welchen  die  Belegungs- 
masse der  Rückensaite  im  Verein  mit  den  Ohrkapseln  zuletzt  das  ganze  Gehirn  um- 
schliesst ,  wie  z.  B.  bei  dem  Hechte ,  entstehen  sie  allem  Anscheine  nach ,  wie  die 
Nasenbeine,  auf  einem  Theile  jener  Masse,  und  dienen  hier  nicht,  wie  es  bei  andern 
Wirbelthieren  der  Fall  ist ,  zur  Ausfüllung  einer  Lücke  in  der  Hirnschale.  Auch 
giebt  sich  ein  solches  Verhältniss,  wenn  gleich  nur  in  Betreff  der  Scheitelbeine,  bei 
den  Schildkröten  zu  erkennen,  indem  bei  denselben  diese  Knochen  zweien  von  der 
Basis  cranii  aufsteigenden  und  früher ,    als  sie,  vorhandnen  Knorpelflügeln  aufliegen. 

Was  die  nicht  zu  der  Hirnschale  gehörigen  Knorpel  des  Kopfes  anbelangt,    so 


')  Dritter  Jahresbericht  des  Dalurwissenschaftiichen  Seminars  zu  Königsberg,  nnd  Eotwickelangs- 
Geschichtc  der  Natter. 

2)  Nach  Spöndli  (lieber  den  Primordialschädel  der  Säugethiere  und  des  Menseben,  eine  Inaugural- 
Dissertation.  Zürich  1846)  soll  bei  dem  Menschen  nur  der  unterhalb  der  Protuberantia  occipitalis  gelegene 
Theil  der  Schuppe  des  Hinterhauptbeins  im  knorpligen  Zustande  vorgebildet  sein  (Seite  38),  was  dahin  zu 
deuten  sein  dürfte,  dass  der  über  der  Protuberanz  gelegene  Theil  ganz  unabhängig  von  der  Knorpelmassc 
entsteht,  aus  welcher  sich  jener  erstere  entwickelt,  also  unabhängig  von  der  verknorpelten  BeleguDgsmasse 
der  Rückensaite.  Möglicherweise  mag  ein  solches  Verhältniss  auch  bei  manchen  Säugethieren  vorkommen. 


235 

kamen  bei  den  beiden  Embryonen  der  Emys  für  die  Flügel-  und  Gaumenbeine  zwei 
kleine  Knoipelstreifen  vor,  die  zwar  im  Ganzen  nur  schmal,  doch  in  ihrer  hintern 
Hälfte  ungefähr  doppelt  so  breit,  als  in  der  vordem  waren,  und  die  von  hinten  nach 
vorne  stark  convergirten,  doch  selbst  ganz  vorne  nicht  zusammenstiessen.  Ein  jeder 
war  etwas  bogenförmig  gekrümmt,  mit  dem  concaven  Rande  nach  aussen  gerichtet, 
und  an  diesem  Rande,  wie  bei  den  Schlangen,  mit  einem  nach  aussen  und  vorne  ge- 
kehrten, doch  nur  sehr  kleinen  Fortsatze  versehen  (Holzschnitt  I,  c).  Nach  aussen 
von  einem  jeden  dieser  Streifen  und  in  einiger  Entfernung  von  ihm,  lag  ein  andrer 
schmaler  und  einfacher  Knorpelstreifen,  der  aber  mit  seinen  Flächen  senkrecht  stand, 
und  der  für  den  Oberkieferknochen,  das  Jochbein  und  wahrscheinlich  auch  für  das 
Os  quadrato  - jugale  bestimmt  war.  Nach  hinten  war  er  etwas  aufwärts  gekrümmt, 
und  mit  seinem  hinteren  Ende  befand  er  sich  in  der  Nähe  desjenigen  Knorpels,  aus 
welchem  sich  das  Quadratbein  entwickeln  sollte,  berührte  aber* denselben  noch  nicht: 
auch  war  er  in  seinem  hintern  Theile  noch  nicht  viel  breiter,  als  in  seiner  Mitte. 
Ob  für  die  Zwischenkiefer  besondre  Knorpelstückchen  vorkamen,  vermochte  ich  nicht 
gehörig  zu  ermitteln:  allem  Anscheine  nach  reichten  die  beiden  Knorpelstreifen, 
welche  für  die  Jochbeine  und  die  Oberkiefer  bestimmt  waren,  bis  an  das  vordere 
Ende  des  Kopfes  und  berührten  hier  einander.  Auf  dem  hintern  Theile  der  Nasen- 
dächer Hessen  sich,  wenigstens  bei  dem  grössern  Embryo,  zwei  sehr  kleine  Knorpel- 
platten erkennen,  die  für  die  sogenannten  Ossa  frontalia  anteriora  bestimmt  waren. 
Jede  Seitenhällle  des  Unterkiefers  bestand  zum  grössern  Theile  aus  einem  länglichen 
und  ziemlich  drehrunden  Knorpel,  der  sich  bis  in  die  Nähe  des  Kinnwinkels  er- 
streckte, an  seinem  hintern  Ende  stumpf  und  abgerundet  war,  in  massig  grosser 
Entfernung  von  diesem  Ende  die  grösste  Dicke  hatte,  dann  aber  nach  vorne  verjüngt 
und  zugespitzt  auslief  (Holzschnitt  U  und  HI,  b).  Die  äussere  Seite  dieses  Knor- 
pels ,  der  dem  Meckel'schen  Knorpel  der  Säugethiere  entsprach,  war  umfasst  von  ei- 
nem etwas  kürzern  Knorpel,  der  einen  massig  breiten  Streifen  darstellte,  zu  einer 
Rinne  zusammengekrümmt  erschien,  und  die  Grundlage  aller  Knochenstücke  des  Un- 
terkiefers, mit  Ausnahme  des  Gelenkstückes,  bezeichnete.  Auf  dem  hintersten  Theile 
des  beschriebenen  Achsenknorpels  stand  aufgerichtet,  und  zwar  in  einer  etwas  schrä- 
gen Stellung  nach  oben  und  hinten,  ein  sehr  viel  kleineres  längliches  Knorpelstück, 
das  an  seiner  äussern,  wie  an  seiner  Innern  Seite  etwas  abgeplattet,  allenthalben 
ziemlich  gleich  breit,  im  Verhältnisse  zu  seiner  Länge  aber  überhaupt  nur  massig 
breit  war  (Holzschnitt  ü,  a).  Mit  seinem  obern  Ende  war  dieses  Knorpelstück, 
das  sich  zu  dem  Quadratbein  entwickeln  sollte,  an  die  knorplige  Ohrkapsel  leicht 
angeheftet.    Nach  aussen  war  es  beinahe  vollständig  bedeckt  von  dem  vordem  Theile 

30* 


236 

einer  länglichen  und  beinahe  dreimal  grössern  Knorpelplatte,  die  gleichfalls  der  knorp- 
ligen Ohrkapsel  anlag,  und  die  sich  als  die  Grundlage  des  Os  tympanicum  kund 
gab  (Holzschnitt  HI,  a).  Dieselbe  war  mit  ihrem  einen  Ende  nach  vorne,  mit  dem 
andern  nach  hinten  gerichtet,  an  beiden  Enden  abgerundet,  an  ihrem  nach  unten  ge- 
kehrten Rande  etwas  concav,  an  dem  obern  Rande  schwach  convex,  in  ihrer  hintern 
Hälfte  hohl  oder  blasenförmig,  und  in  der  vordem  Hälfte  an  dem  convexen  Rande 
nach  aussen,  wie  ein  menschliches  Ohr,  umgekrempt,  im  Ganzen  also  schon  ähnlich 
dem  Os  tympanicum  der  Erwachsenen,  wenn  gleich  von  aussen  und  innen  stark  ab- 
geplattet, mithin  nur  sehr  wenig  geräumig.  Die  weit  offene  Höhle  der  vordem 
Hälfte  desselben  war  ganz  ausgefüllt  von  dem  stark  angeschwollenen  äussern  Ende 
des  Gehörknöchelchens. 

B.     Wirbelsäule  und  Rippen. 

Der  Atlas  und  Epistropheus  hatten  schon  eine  ähnliche  Form  und  Zusammen- 
setzung, wie  bei  reifen  Embryonen  der  Schildkröten.  Der  eigentliche  Körper  des 
erstem  Hess  sich  von  den  übrigen  Theilen  desselben  schon  leicht  ablösen,  stand  da- 
gegen mit  dem  Körper  des  Epistropheus  in  einer  festen  und  sehr  innigen  Verbindung, 
und  war  an  seinem  vordem  Ende  abgerundet.  Jene  übrigen  Theile  des  Atlas  aber 
bestanden  in  zwei  knorpligen  Bogenschenkeln,  einem  unter  dem  Körper  gelegenen 
kleinen  Knorpelstückchen,  zwei  wenig  langen  von  den  Bogenschenkeln  zu  diesem 
Knorpelstückchen  herabgehenden  bandartigen  Streifen,  und  einer  dicht  vor  dem  Kör- 
per des  Atlas  aufgerichteten  sehr  dünnen,  wie  überhaupt  nur  sehr  kleinen  hautartigen 
Scheibe,  die  von  der  Chorda  dorsalis  durchbohrt  war.  —  Die  Körper  der  Wirbel 
im  Allgemeinen  waren  an  ihrer  obern  Seite  mehr  oder  weniger  concav.  Die  Sub- 
stanz, durch  welche  je  zwei  zusammengehalten  wurden,  hatte  eine  ähnliche  knorpel- 
artige Beschaffenheit,  wie  die  der  Wirbel  selbst,  nahm  aber  im  Weingeist  eine  weiss- 
üche  Farbe  an,  und  stellte  sich  hierauf  an  der  Oberfläche  der  Wirbelsäule  als  ein 
sehr  zarter  weisslicber  Querstreifen  dar.  Die  Bogenscbenkel  aller  Wirbel  waren 
nur  schmal,  und  standen  über  dem  Rückenmarke  paarweise   noch  aus  einander. 

Die  Rippen  erschienen  als  unmittelbare  Fortsätze  der  Rumpfwirbel:  denn  zwi- 
schen diesen  beiderlei  Knorpeltheilen  war  weder  ein  Gelenk,  noch  selbst  einmal  ein 
weisslicber  Querstreifen  zu  bemerken.  Diejenigen,  welche  die  8  mittlem  Paare  aus- 
machten, zeichneten  sich  vor  den  übrigen  schon  sehr  durch  eine  grössere  Länge 
aus;  doch  waren  sie  im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Körper  des  Embryo's  noch  um 
vieles  kürzer,  wie  auch  weit  schwächer  gekrümmt,  als  bei  den  Erwachsenen  (Tab. 
X,  Fig.  5.),  zumal  bei  dem  kleinem  Embryo.  ]Nach  aussen  reichten  diese  längern 
Rippen  bis  in  die  Nähe  des  Randes  der  Hautverdickung,  welche  jetzt  für  sich  allein 


237 

ein  Rückenschild  darstellte:  keine  aber  reichte  in  den  wulstarligen  Saum  oder  die 
Falte  dieses  Schildes  hinein ;  auch  reichte  noch  keine  über  die  Rumpfliöhle  seitwärts 
hinaus.  Die  Rippen  des  achten,  und  noch  mehr  die  des  neunten  Paares  hatten 
schon  eine  Richtung  nach  hinten  angenommen.  (Fig.  5.)  Alle  Rippen  waren  sehr 
dünn,  beinahe  cylindrisch,  und  an  ihrem  äussern  Ende  stumpf  zugespitzt.  Ein  sol- 
cher mit  den  äussern  Enden  der  meisten  Rippen  je  einer  Seitenhälfte  innig  verschmol- 
zener knorpelartiger  Längsstreifen,  wie  man  ihn  als  Anlage  zu  einer  Seitenhälfte 
des  Rrustbeins  bei  jungen  Embryonen  von  Säugethieren  und  Vögeln  findet,  war 
entschieden  nicht  vorhanden.  Uebrigens  war  die  fibröse  Haut,  welche  bei  jungen 
Schildkröten  zwischen  allen  Rippen  einer  jeden  Seitenhälfte  ausgespannt  gefunden 
wird,  nicht  blos  schon  angelegt,  sondern  sogar  verhältnissmässig  weit  dicker,  als  bei 
jenen :  ihre  Fasern  aber  enthielten  noch,  wie  die  der  Lederhaut,  grosse  und  nahe  bei 
einander  liegende  Zellenkerne.  Ansehnlich  dick  war  auch  die  Fascia  superficialis 
interna  der  Rumpfböhle. 

G.     Knorpel  der  Gliedmassen. 

Das  Schultergerüste  war  noch  verhältnissmässig  sehr  klein  und  wenig  ausgebil- 
det. Die  3  Stücke  einer  jeder  Seitenhälfte  desselben  erschienen  als  ziemlich  gleich 
lange  und  ziemlich  gleich  dicke  Streifen,  die  eine  Cylinderform  hatten.  Das  obere 
und  das  vordere  untere  Stück,  also  das  Schulterblatt  und  das  Acromion  nach  Cu- 
vier,  bildeten  zusammen  eine  einzige  nirgend  unterbrochene  Masse,  gingen  aber 
unter  einem  etwas  grössern  Winkel  in  einander  über,  als  bei  den  Erwachsenen. 
Dagegen  bildeten  die  beiden  untern  Stücke  einen  viel  kleinem  Winkel,  als  bei  den 
Erwachsenen.  —  Beide  Seitenhälften  des  Schultergerüstes  standen  unten  noch  weit 
auseinander;  ihre  obern  Enden  aber  hatten  zu  einander  und  der  Wirbelsäule  nebst 
den  Rippen  eine  solche  Lage,  wie  bei    den  Erwachsenen. 

Der  Knorpel  für  ein  jedes  Os  innominatum  des  Beckens  bestand  in  einer  ein- 
zigen nirgend  unterbrochenen  Masse.  Diejenigen  Theile  desselben,  welche  sich  in  das 
Schambein  und  Sitzbein  umwandeln  sollten ,  stellten  sich ,  wie  der  für's  Darmbein 
bestimmte,  als  schmale  und  allenthalben  ziemlich  gleich  dicke  Streifen  dar,  waren 
aber  an  ihrem  der  Mittelebene  des  Körpers  zugekehrten  Ende  schon  untereinander 
verschmolzen.  Das  Foramen  obturatorium  hatte  die  Form  eines  länglichen  Dreiecks, 
und  war  mit  seinem  Scheitel  gegen  das  Darmbein  gekehrt.  Beide  Seitenhälften  des 
Beckens  hatten  sich  unter  der  Harnblase  schon  mit  einander  durch  eine  Symphyse 
innig  vereinigt.  Der  vordre  Rand  des  Schambeinbogens  war  geradlinigt,  sprang 
also  noch  nicht,  wie  bei  den  Erwachsenen,  in  seiner  Mitte  mit  einer  Spitze  weit 
nach  vorne  vor. 


238 

Ueber  die  Beine  hätte  ich  Nichts  weiter  anzufiihren,  als  dass  sich  in  ihnen 
schon  Andeutungen  von  Gelenken  hefanden,  dass  ihre  Knorpelstücke  schon  vollzählig 
zu  sein  schienen,  und  dass  die  Oher-  und  Unterschenkel  auch  im  Verhältniss  zu  den 
Zehen  eine  geringere  Länge  hatten,  als  bei  den  Erwachsenen. 

F.  Zungenbein. 

Die  4  Hörner  des  Zungenbeines  waren  schon  ziemlich  lang,  und  beide  Paare 
standen  zu  einander  in  ähnlichen  Grössenverhältnissen,  wie  bei  den  Erwachsenen. 
Dagegen  war  der  Körper  des  Zungenbeines,  der  in  seinem  ausgebildeten  Zustande? 
verglichen  mit  den  Hörnern,  ansehnlich  gross  ist,  im  Verhältniss  zu  den  Hörnern  noch 
sehr  kurz  und  auch  sehr  schmal.  Ueber  die  vordem  Hörner  sprang  er  nach  vorne 
noch  fast  gar  nicht  vor. 

G.  Hautskelet. 

Von  Knorpeln  für  das  ßauchschild  konnte  ich  nicht  die  mindeste  Andeutung 
auffinden,  obgleich  ich  darnach  mit  möglichster  Vorsicht  suchte,  indem  ich  die  Bauch- 
wand des  Rumpfes  in  sehr  dünne  Schichten  theilte  und  diese  einzeln  unter  einem 
zusammengesetzten  Mikroskop  betrachtete.  —  Von  solchen  Knorpeln  für  das  Rücken- 
schild, welche  dem  Hautskelette  hätten  beigezählt  werden  können,  Hess  sich  nur  ein 
einziger  auffinden,  nämlich  die  Nackenplatte,  doch  war  diese  äusserst  dünne,  obgleich 
schon  ziemlich  breit.  —  Eine  zu  der  Nackenplatte  hingehende  blatlartige  Fortsetzung 
der   Fascia   costalis    war   noch    nicht   im    Mindesten   angedeutet.       (S.    Seite    107.) 

§.  6.  Muskeln.  Die  Masse  der  Fasern,  welche  für  die  Musculi  cucuUares, 
Muse,  sacro-spinales  und  Muse,  extensores  caudae  bestimmt  waren,  erschienen  unter 
einer  massig  stark  vergrössernden  Loupe  als  zwei  einfache  Stränge,  die  sich  vom 
Kopf  bis  auf  den  Schwanz  erstreckten.  —  Die  Retractores  capitis  et  colli  stellten 
schon  ziemlich  starke  Stränge  dar,  die  sich  beinahe  bis  zu  der  Beckengegend  ver- 
folgen Hessen. 

Der  Muse,  latissimus  dorsi  (Tab.  X,  Fig.  5  h.)  lag  gänzlich  vor  der  zweiten 
Rippe  und  in  einer  kleinen  Entfernung  von  ihr,  stellte  beinahe  ein  Dreieck  dar,  und 
war  an  seiner  äussern  Seite  und  seinem  obern  Ende  in  innigster  Berührung  mit  der 
verdickten  Hautbedeckung  des  Rückens. 

Diejenige  platte  Muskelschichte,  welche  ich  mitDumeril  für  den  Muse,  pecto- 
ralis  minor  halte  (s.  Abschnitt  ü,  Kap.  8.),  ging  in  der  Nähe  einiger  vordem  län- 
gern Rippen  von  der  Hautbedeckung  da  ab,  wo  diese  die  Seitenwand  des  Rücken- 
schildes bildete,  und  verlief  von  da  aus  nach  unten  und  nur  wenig  nach  innen  zu 
dem  hintern  Schlüsselbein. 

Der  von  Bojanus  Muse,  subclavius  genannte  Muskel,  der  übrigens  bei  beiden 


239 

Embryonen  nur  sehr  schwer  aufzufinden  war,  entsprang  vor  der  zweiten  Rippe  in 
der  Nähe  des  äussern  Endes  derselben,  ging  von  da  schräge  nach  oben,  vorn  und 
innen  zu  dem  obern  Ende  des  Schulterblattes,  und  hatte  also  eine  ähnliche  Lage  und 
Befestigung,  wie  bei  ganz  jungen  Schildkröten. 

Die  Muse,  pectorales  majores  waren  selbst  im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Kör- 
per der  Embryonen  nur  sehr  klein,  und  lagen,  wie  die  Schlüsselbeine,  noch  weit 
auseinander. 

Für  die  Bauchmuskeln  bestimmte  Fasern  waren  zwar  zu  erkennen,  doch  Hessen 
sich  diese  Muskeln  nicht  einzeln  unterscheiden. 

§.  7.  Gehirn.  Bei  beiden  Embryonen  hatte  es  ziemlich  dieselbe  Grösse  und 
Form.  In  Hinsicht  der  letztern  war  es  äusserlich  und  innerlich  in  hohem  Grade 
ähnlich  einem  so  weit  entwickelten  Gehirn  von  Schlangenembryonen,  wie  es  in  mei- 
ner Entwickelungs-Geschichte  der  Natter  auf  Tafel  VI.  unter  Fig.  9  bis  12  abge- 
bildet ist,  weshalb  ich  auch  unterlassen  habe,  von  ihm  Abbildungen  zu  geben. 

Die  Hemisphären  des  grossen  Gehirns  waren  im  Verhältniss  zu  andern  Theilen 
desselben,  insbesondere  aber  zu  dem  Vierhügel,  noch  auffallend  klein,  von  den  Seiten 
ziemlich  stark  abgeplattet  und  mit  ihrem  vordem  Theile  stark  nach  unten  herabge- 
krümmt. Vorne  gingen  sie  in  kurze  und  überhaupt  nur  kleine  Riechnervenkolben 
über.  Ihre  Höhlen  waren  nur  sehr  klein,  dagegen  die  Wandungen  im  Verhältniss 
zu  den  Höhlen  ansehnlich  dick.  Ein  Corpus  striatum  war  in  ihnen  noch  nicht  zu 
erkennen.  —  Das  hinter  den  Hemisphären  gelegene  Zwischenhirn  war  im  Verhält- 
niss zu  denselben  noch  beträchtlich  gross,  etwas  breiter,  als  lang,  und  an  seiner  obern 
Seite  mit  einer  ziemlich  grossen  runden  Oeffnung  versehen,  deren  Rand  sich  etwas 
aufgewulstet  hatte.  Von  Sehhügeln  Hess  sich  kein  deutliches  Anzeichen  auffinden. 
Der  Hirntrichter  war  im  Verhältniss  zu  seiner  Länge  ansehnlich  dickl  Die  Glandula 
pituitaria  hing  mit  ihm  nur  lose  zusammen,  war  massig  gross  und  hatte  eine  ovale 
Form.  .  Der  Vierhügel  hatte  eine  bedeutende  Grösse  und  stellte  bei  dem  kleinern 
Embryo  an  seiner  obern  Seite  noch  eine  ganz  einfache  Wölbung  dar,  indess  er  bei 
dem  grössern  Embryo  an  dieser  Seite  schon  eine  schwache,  ihn  in  zwei  Hälften 
theilende  Längsfurche  bemerken  liess. 

Das  verlängerte  Mark  war  noch  weit  offen  und  bildete  eine  lange,  ziemlich 
tiefe,  gebogene  und  von  vorn  nach  hinten  immer  schmäler  werdende  Rinne.  Von 
einem  kleinen  Gehirn  war  erst  eine  schwache  Andeutung  vorhanden. 

Die  weiche  Hirnhaut  war  im  Verhältniss  zu  dem  Gehirn  ziemlich  dick.  Im 
Zusammenhange  mit  ihr  befand  sich  über  der  Oeffnung  des  Zwischenhirns  eine  ab- 
solut und  relativ  sehr  kleine  rundliche  Glandula  pinealis:  ein  Plexus  choroideus  aber, 


240 

der  sich  durch  jene  Oeffnung  in  das  Gehirn  hineinbegeben  sollte,  hatte  sich  kaum 
erst  zu  bilden  angefangen,  und  erschien  als  eine  kleine  warzenartige  Erhöhung  der 
weichen  Hirnhaut.  Ueber  der  Oeffnung  des  verlängerten  Markes  war  diese  Haut 
der  Länge  nach  massig  stark  zusammengeschoben  und  Hess  an  ihrer  innern  Seite 
acht  auf  beide  Seitenhälften  vertheilte  Querfalten,  oder  vielmehr  verdickte  Streifen 
bemerken,  die  paarweise  massig  weit  von  einander  abstanden  und  in  jeder  Seiten- 
hälfte ziemlich  dicht  auf  einander  folgten. 

§.  8.  Sinneswerkzeuge.  DieZunge  war  schon  ziemlich  dick  und  ähn- 
lich geformt,  wie  bei  den  Erwachsenen,  wenn  gleich  im  Verhältniss  zu  ihrer  Breite 
etwas  kürzer,  übrigens  an  ihrer  Oberfläche  glatt  und  eben. 

Das  Auge  war  nicht  kugelrund,  sondern  elHpsoidisch,  und  mit  seinem  grössten 
Durchmesser  im  Allgemeinen  von  hinten  nach  vorne  gerichtet.  Der  Sehnerv,  der 
nicht  mehr  hohl  war,  drang  weit  unter  der  Mitte  der  innern  Wandung  des  Auges 
in  dieses  hinein ;  auch  lagen  die  Hornhaut  und  die  Pupille  noch  weit  nach  unten. 
Der  Abstand  also,  den  an  dem  untern  Theile  des  Auges  die  Hornhaut  von  dem  Seh- 
nerven bemerken  Hess,  war  im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Umfange  dieses  Organes 
nur  ein  geringer.  Die  Hornhaut  war  wenig  gewölbt  und  im  Verhältniss  zu  dem 
ganzen  Auge  nur  sehr  klein :  auch  war  sie  noch  weit  dünner,  als  die  nur  massig 
dicke  Sclerotica,  zumal  in  ihrem  mittlem  Theile,  der  nur  ein  sehr  zartes  Häutchen 
darstellte.  Die  Aderhaut,  die  an  Dicke  der  Sclerotica  gleich  kam,  war  schon  allent- 
halben ziemlich  stark  geschwärzt,  auch  vorne  schon  zu  einem  Strahlenkörper,  wenn 
gleich  nur  schwach  und  kaum  merkbar,  gefaltet.  Die  Iris  zeigte  eine  noch  viel 
grössere  Schwärze,  als  die  Aderhaul,  und  besass  eine  solche  selbst  au  ihrer  äussern 
Seite,  die  bei  den  Erwachsenen  gelb  ist,  war  aber  nur  sehr  schmal  und  lag  der 
Hornhaut  dicht  an.  Die  Netzhaut  war,  wie  bei  jungen  Embryonen  andrer  Wirbel- 
thiere,  weit  dicker,  als  die  Aderhaut  und  Sclerotica  zusammengenommen,  selbst  in 
der  Nähe  der  Iris.  Eine  von  deren  untern  Wandung  gebildete  und  vom  Sehnerven 
gegen  die  Iris  hin  verlaufende  Falte,  wie  sie  bei  jungen  Embryonen  mancher  andern 
Wirbelthiere  vorkommt,  auch  bei  derEmys  in  einem  noch  frühern  Entwickelungsstadium 
bemerkt  worden  ist  (Seite  28  und  39),  konnte  ich  nicht  auffinden,  vielleicht  jedoch 
nur  deshalb  nicht,  weil  ich  die  Augen  erst  untersuchte,  nachdem  die  Embryonen 
einige  Tage  in  Weingeist  gelegen  hatten.  Der  Glaskörper  schien  kaum  mehr,  als 
den  doppelten  Umfang  der  Linse  zu  haben.  Die  Linse  war  kugelrund.  Ihre  Kap- 
sel lag  der  Hornhaut  dicht  an,  und  hing  mit  derselben  massig  fest  zusammen.  — 
Die  Augenmuskeln  Hessen  sich  bereits  gut  unterscheiden. 

Die  äussern  Nasenlöcher   erschienen  als    zwei   sehr  kleine  Punkte    auf  der 


241 

Spitze  zweier  kleinen  Wärzchen,  die  in  massig  grosser  Entfernung  von  der  Schna- 
belspilze ihre  Lage  hatten.  Die  innern  Nasenlöcher  oder  Choanen  waren  weiter, 
als  jene  äussern,  und  hallen  eine  solche  Lage,  wie  bei  den  Erwachsenen.  Die  Ge- 
rueiisoraane  selbst  bestanden  in  zwei  kleinen  Säckchen  einer  ziemlich  dicken  Schleim- 
haut,  die  sich  von  ihrer  Umgebung  leicht  abtrennen  Hess.  Von  Riechmuscheln  war 
noch  kein  Anzeichen  vorhanden,  sondern  es  waren  die  angegebenen  Säckchen  an 
ihrer  innern,  wie  an  ihrer  äussern  Fläche  ganz  platt  und  eben.  Von  der  linken 
und  rechten  Seite  war  ein  jedes  so  stark  abgeplattet,  dass  seine  Wandungen  einan- 
der berührten.  Von  einer  dieser  Seiten  aber  angesehen  bot  es  beinahe  die  Form 
von  einer  Längshäifte  eines  Ovals  dar  (Holzschnitt  IV).  Sein  abgerundetes  Ende 
war  nach  oben,  seine  Basis  nach  unten  gekehrt,  und  die  Ecken  der  Basis  führten 
zu  einem  äussern  und  innern  Nasenlochc. 

In  dem  Gehörorgan  liessen  sich  schon  ein  kleiner  häutiger  Vorhof  von  un- 
regelmässig rundlicher  Form,  eine  sehr  kleine  nach  unten  gegangene  fast  kegelför- 
mige Aussackung  dieses  Vorhofes  als  Andeutung  einer  Schnecke,  und  drei  halbzir- 
kelförmige,  aber  im  Verhältniss  zu  ihrer  Dicke  nur  sehr  kurze  häutige  Kanäle  unter- 
scheiden. Die  Knorpelsubstanz,  welche  alle  diese  Theile  einschloss,  stellte  nur  bei 
dem  kleinern  Embryo  noch  eine  einfache,  wenn  gleich  ziemlich  dickwandige  Kapsel 
dar;  bei  dem  grössern  aber  hatte  sie  sich  nach  innen  schon  so  vermehrt,  dass  sie 
die  genannten  häutigen  Theile  dicht  umgab,  und  die  Zwischenräume,  die  sich  zwi- 
schen denselben  befanden,  fast  vollständig  ausfüllte.  Das  kleine  keulenförmige  Säck- 
chen, welches  bei  Jüngern  Embryonen  aus  dem  bei  ihnen  einfachen  häutigen  Ohrbläs- 
chen, oder  der  Anlage  für  den  häutigen  Ohrlabyrinlh,  nach  oben  aufstieg,  war  deut- 
lich zu  erkennen,  massig  gross  und  mit  überaus  kleinen  Kalkkrystallen  angefüllt. 
Es  befand  sich  dasselbe  ausserhalb  der  Knorpelmasse  des  innern  Ohres,  lag  mit  sei- 
ner dickern  Hälfte  über  dieser  Masse,  mit  der  dünnern  an  der  dem  Hirn  zugekehr- 
ten Fläche  derselben,  und  drang  mit  seinem  fadenförmigen  untersten  Theile  durch 
die  angegebene  Knorpelraasse,  um  sich  zu  dem  häutigen  Vorhof  zu  begeben.  Kalk- 
krystalle  kamen  innerhalb  des  Ohrlabyrinlhes  an  einigen  Stellen,  aber  nur  in  sehr 
kleinen  Haufen  vor.  —  Eine  rundliche  Oelfnung,  entsprechend  dem  eirunden  Fenster 
in  dem  Gehörorgan  des  Menschen,  war  in  der  Knorpelniasse  des  innern  Ohres  schon 
deutlich  vorhanden.  Gedeckt  und  geschlossen  war  dieselbe  von  dem  einen  Ende 
eines  stabförmigen  Knorpels,  der  verhällnissmässig  kürzer  und  dicker,  als  das  ihm 
entsprechende  Gehörknöchelchen  der  Erwachsenen  erschien,  und  an  beiden  Enden 
eine  fast  linsenförmige  Anschwellung  besass,  von  denen  diejenige,  welche  die  erst 
erwähnte  Oeffnung  des  innern  Ohres  verschloss,  ungefähr  um  ein  Drittel  kleiner,  als 

31 


242 

die  andere  war.  Sehr  auffallend  war  mir  diese  Form  um  deshalb,  weil  bei  den  Er- 
wachsenen das  Gehörknöchelchen  nur  an  seinem  innern  Ende  angeschwollen  ist:  unter 
dem  Mikroskop  aber  konnte  ich  deutlich  erkennen,  dass  bei  den  Embryonen  die 
äussere  Anschwellung  nicht  etwa  aus  einer  dem  Stäbchen  anhängenden  Zellgeweb- 
masse  bestand,  sondern  eine  knorpelartige  Beschaffenheit  hatte.  Die  letztere  oder 
äussere  Anschwellung  füllte  die  offene  Höhle  der  vordem  Hälfte  des  Os  tympanicum 
ganz  aus,  mit  ihrer  äussern  schwach  gewölbten  Seite  aber  lag  sie  dem  Trommelfelle 
an,  und  hing  mit  demselben  ziemlich  fest  zusammen.  Das  Trommelfell  selbst  war 
verhältnissmässig  etwas  kleiner,  als  bei  den  Erwachsenen,  aber  so,  wie  bei  diesen, 
von  der  Hautbedeckung  überzogen.  Die  Trommelhöhle  war  absolut  und  relativ  nur 
sehr  klein,  weil  sich  das  Quadratbein  und  das  Os  tympanicum  dem  Umfange  nach 
erst  wenig  entwickelt  hatten.  Der  Ausgang  der  sehr  kurzen  Eustachischen  Trompete 
erschien  in  der  Mundhöhle  als  eine  massig  grosse  Spaltöffnung. 

§.  9.  Verdauungsorgane.  Von  einer  solchen  kleinen  und  in  die  Schä- 
delbasis eingedrungenen  Aussackung  der  Schleimhaut  der  Mundhöhle,  wie  ich  bei  Jün- 
gern Embryonen  der  Emys  bemerkt  hatte  (Seite  29),  Hess  sich  keine  Spur  mehr 
finden. 

Die  Speiseröhre  war  im  Verhältniss  zu  ihrer  Länge  schon  ziemlich  dick. 
—  Der  Magen  war  verhältnissmässig  kürzer,  weiter,  über  die  Speiseröhre  fast 
nach  allen  Seiten  stärker  vorspringend,  und  überhaupt,  abgesehen  von  seiner  Krüm- 
mung, einer  länglichen  Birne  ähnlicher,  als  bei  den  Erwachsenen.  (Holzschnitt  V,  b.) 
In  seiner  Lage  und  Richtung  aber  verhielt  er  sich  so,  wie  bei  den  Erwachsenen. 
Die  an  ihm  auffallende  Kürze  gab  sich  eigentlich  nur  an  der  Pars  pylorica,  oder 
seinem  hinter  der  Leber  quergehenden  Theile  kund,  und  stand  offenbar  in  einer  Be- 
ziehung zu  der  massig  grossen  Breite,  welche  die  Rumpfliöhle  bis  dahin  nur  erst 
erlangt  hatte.  Es  hätte  sich  also  dieser  Theil  des  Magens  nicht  blos  absolut,  son- 
dern auch  im  Vergleich  zum  übrigen  Theile  desselben  noch  sehr  verlängern  müssen, 
wenn  die  Embryonen  sich  hätten  weiter  ausbilden  können.  Die  innere  Fläche  der 
Wandung  des  Magens,  die  im  Verhältniss  zu  der  Höhle  desselben  nur  massig  dick 
war,  Hess  mehrere  von  der  Schleimhaut  gebildete  niedrige  oder  leistenförmige  Längs- 
falten bemerken,  und  halte  ein  sammetartiges  Aussehen.  Prall  ausgedehnt  war  der 
Magen  von  einer  in  ihm  vorhandenen  klaren  und  farblosen  Flüssigkeit,  die  nur  sehr 
wenig  Eiweiss  enthielt. 

Der  Darm  war  im  Verhältniss  zu  der  Länge  des  Rumpfes  sehr  viel  kürzer, 
als  bei  den  Erwachsenen,  und  Hess  noch  keine  Windungen  weiter  erkennen,  als  eine 
ziemlich   lange    Schlinge,  die  zum  grössten  Theile    ausserhalb   der   Nabelöffnung   lag 


243 

(Fig.  5,  d,  und  Fig.  7,  f.),  und  bei  dem  grössern  Embryo  ausserdem  noch  eine  sehr 
kleine  fast  kreisförmige  Windung  ganz  in  der  Nähe  des  Pylorus.  An  seinem  An- 
fange war  er  schwach  angeschwollen  und  daher  durch  eine  massig  starke  ringrormige 
Einschnürung  von  dem  Magen  abgegrenzt.  Von  jener  etwas  dickern  Stelle  aus  blieb 
er  sich  dann,  einen  Dünndarm  darstellend,  bis  ungefähr  zu  seinem  letzten  Drittel 
allenthalben  an  Dicke  gleich :  sein  letztes  Drittel  aber  war  im  Ganzen  etwas  dicker, 
obgleich  ebenfalls  dünner,  als  die  Speiseröhre,  und  bezeichnete  schon  deutlich  einen 
besondern  Dickdarm.  Die  Schleimhaut  des  ganzen  Darms  war  im  Verhältniss  zu 
den  nur  geringen  Querdurchmessern  desselben  ansehnlich  dick,  weshalb  denn  auf 
Querdurcbschnittcn  selbst  des  hintern  Darmstückes  eine  von  ihr  umgebene  Höhle 
kaum  zu  erkennen  war. 

Das  Gekröse,  das  im  Ganzen  eine  nur  geringe  Breite  hatte,  erschien  im  Ver- 
hältniss zu  derselben  ansehnlich  dick. 

Die  Leber  (Fig.  5,  b)  war  sehr  blutreich,  im  Verhältniss  zu  dem  Umfange 
der  RumpfTiöhle  viel  grösser,  als  bei  den  Erwachsenen,  obgleich  lange  nicht  so  gross, 
wie  bei  Säugethieren  auf  einer  ähnlichen  Entwickelungsstufe,  und  deutlich  in  zwei 
Seitenhälften  oder  Lappen  getheilt,  von  denen  der  rechte  ungefähr  den  doppelten 
Umfang  des  linken  hatte.  Die  Scheidung  in  zwei  Lappen  war  aber  nur  durch  einen 
schmalen  und  massig  tiefen  Einschnitt  bewirkt,  der  an  der  hintern  Seite  der  Leber 
in  der  Mittelebne  des  Körpers  vorkam,  anstatt  dass  nach  vollendeter  Ausbildung  die 
beiden  Lappen  durch  eine  schmale  und  ziemlich  lange  Brücke,  die  aus  Haut  und  Le- 
bersubstanz besteht,  zusammengehalten  werden.  Im  Verhältniss  zu  ihrer  Breite  war 
ferner  die  Leber  nicht  so  abgeplattet,  wie  bei  den  Erwachsenen,  sondern  in  den 
senkrechten  Durchmessern  entsprechend  der  noch  verhältnissmässig  grössern  Höhe  der 
Rumpfliöhle  viel  stärker  oder  dicker.  An  ihrer  vordem  Seite  liess  sie  einen  tiefen 
und  überhaupt  recht  grossen  Ausschnitt  bemerken,  der  von  dem  Herzbeutel  und  der 
Herzkammer  ausgefüllt  wurde.  —  Eine  Gallenblase  war  schon  vorhanden,  auch  schon 
mit  grüner  Galle  angefüllt,  aber  von  einem  verhältnissmässig  viel  geringern  Umfange, 
als  bei  den  Erwachsenen.  Zum  grössten  Theile  lag  sie  in  die  Lebersubstanz  einge- 
senkt. Ihre  Form  war  die  eines  Ovals.  Der  Gallengang  mündete  sich  nahe  dem 
Pförtner.  Dicht  neben  ihm  befand  sich  die  nur  sehr  kleine  Bauchspeicheldrüse? 
die  in  der  bogenförmigen  Krümmung  des  Dünndarms,  also  ebenfalls  sehr  nahe  dem 
Pförtner,  ihre  Lage  hatte. 

Die  Milz,  die  über  dem  Anfange  des  Dickdarms  in  demjenigen  Theil  des  Ge- 
kröses, welcher  die  beiden  Schenkel  der  Darmschlinge  zusammenhielt,  gelagert  war, 
liess  sich  ihrer  sehr  geringen  Grösse  wegen  kaum  erkennen. 

31* 


244 

§.  10.  Athemwerkzeuge.  Der  Stamm  der  Luftröhre  stellte  sich  als  ein 
drehrunder  Faden  dar,  der  beinahe  bis  zu  dem  Herzen  hinreichte,  und  im  Verhält- 
niss  sowohl  zu  seiner  eigenen  Länge,  als  auch  zu  der  Dicke  der  Speiseröhre,  deren 
unterer  Wandung  er  fest  anhing,  nur  sehr  dünn  war  (Fig.  4).  Die  Höhle ,  die  in 
ihr  vorkam ,  doch  selbst  unter  dem  Mikroskop  sich  nur  undeutlich  erkennen  Hess, 
konnte  im  Verhällniss  zu  der  Wandung  nur  überaus  enge  sein.  Der  Kehlkopf  war 
ebenfalls  nur  dünn,  wie  überhaupt  verbältnissmässig  nur  sehr  klein,  doch  in  der 
Nähe  seines  vordem  Endes,  wo  er  die  grösste  Dicke  hatte,  beinahe  noch  einmal  so 
breit,  als  der  Stamm  der  Luftröhre.  Die  beiden  Aeste  der  Luftröhre  waren  noch 
etwas  dünner,  als  der  Stamm,  hatten  im  Verhällniss  zu  diesem  eine  nur  massig 
grosse  Länge  und  gingen,  die  Speiseröhre  von  unten  umfassend,  sehr  divergirend  aus 
einander.  Knorpelringe  waren  weder  in  den  Aesten,  noch  auch  in  dem  Stamme  der 
Luftröhre  auf  irgend  eine  Weise  angedeutet:  in  dem  Kehlkopfe  aber  zeigten  sich, 
als  ich  ihn  in  Berührung  mit  Wasser  etwas  gepresst  hatte ,  zwei  auf  seine  Seiten- 
hälften vertheilte  und  etwas  von  einander  abstehende  hellere,  unregelmässig  vierseitige 
Flecke,  von  denen  ich  vermuthe,  dass  sie  in  der  ersten  Bildung  begriffene  Knorpel- 
plättchen  enthielten.  Die  Lungen  waren  in  jeder  Hinsicht  einander  gleich,  hatten 
eine  nur  geringe  Grösse,  und  waren  noch  etwas  kürzer,  als  das  Herz.  Mit  ihrem 
vorderen  Ende  lagen  sie  zu  beiden  Seiten  der  Speiseröhre:  von  da  aber  ging  eine 
jede  in  einem  Bogen  nach  oben  und  hinten  ,  wobei  sich  die  linke  auf  den  weitern 
vordersten  Theil  des  Magens,  die  rechte  auf  den  rechten  Lappen  der  Leber  legte. 
Vom  Rücken  und  Bauche  her  waren  die  Lungen  ziemlich  stark  abgeplattet,  in  der 
Nähe  ihres  vorderen  Endes  am  breitesten,  gegen  das  stumpf  zugespitzte  hintere  Ende 
allmählig  verschmälert,  und  an  ihrem  der  Aorta  zugekehrten  Rande  schwach  aus- 
geschweift. An  dem  äussern  Rande  aber  war  eine  jede  mit  3  massig  tief  gebenden 
Einschnitten  versehen,  so  dass  der  letztere  Rand  einige  auf  einander  folgende  Lap- 
pen bildete,  von  denen  der  vorderste  am  grössten,  der  hinterste  am  kleinsten  war. 
(Fig.  4,  d.)  Die  Rückenwand  des  Leibes  berührten  die  Lungen  nur  mit  ihrer  hin- 
tern Hälfte,  ohne  jedoch  mit  derselben  verwachsen  zu  sein,  befestigt  aber  war  eine 
jede  durch  ein  schmales  Haltungsband  an  die  Speiseröhre  und  die  Aorta.  Ferner 
stellte  jede  Lunge  einen  Beutel  dar,  dessen  Wandung  eine  im  Verhältniss  zu  der 
Höhle  ziemlich  grosse  Dicke  hatte,  und  deutlich  aus  zwei  verschiedenartigen  Schich- 
ten zusammengesetzt  war.  Die  äussere  Schichte  hatte  eine  solche  Beschaffenheit,  wie 
in  andern  Körpertheilen  das  Bindegewebe  (§.  4.).  Die  innere  aber,  die  noch  wei- 
cher, als  jene  erstere  war,  bestand  aus  nahe  bei  einander  liegenden  unregelraässig 
rundlichen   Zellen,    die    durch    ein    formloses   Bindemittel   zusammengehalten   wurden. 


245 

Ausserdem  zeichnete  sich  die  letztere  noch  dadurch  aus,  dass  sie  einige  wenige  Fal- 
ten und  Icistenarlige  Vorsprünge  bihiele,  die  alle  im  Verhältiiiss  zu  ihrer  Höhe  nicht 
unbelrächllich  dick  waren.  Einige  waren  lialbkreisRirmig,  und  diese  entsprachen  den 
Einschnitten  des  äussern  Randes  der  Lunge,  erstreckten  sich  aber  von  ihnen  aus  bis 
heinahe  gegen  den  Innern  Rand  hin,  andere,  die  noch  niedriger  waren,  halten  eine 
schräge  Richtung,  und  noch  andere  verliefen  an  der  obern  und  untern  Wandung 
nach  der  Länge  derselben.  Im  Ganzen  aber  setzten  sie  ein  unregelmässiges  und 
nur  aus  wenigen  Maschen  bestehendes  Netzwerk  zusammen. 

Schon  bald  nach  ihrem  Ursprünge  haben  also  bei  den  Schildkröten,  wie  über- 
haupt bei  den  Amphibien,  die  Lungen  eine  ganz  andere  Beschaffenheit,  als  bei  den 
Vögeln  und  Säugethieren.  Aber  auch  bei  ihrer  weitern  Entwickelung  stellen  sie 
Säcke  dar,  deren  innere  Fläche  dadurch  ansehnlich  vergrössert  ist,  dass  sich  von 
denselben  leisten-  oder  plattenartige  Fortsätze  erhohen ,  sich  unter  einander  netzartig 
verbunden  und  aus  ihren  beiden  Flächen  ähnliche  netzartig  verbundene  Fortsätze  her- 
vorgetrieben haben;  dieser  Vorgang  aber  sich  mehrmals  wiederholt  hat,  bis  zuletzt 
die  Wandung  der  Lungen,  je  nach  den  verschiedenen  Arten  der  Schildkröten,  ein 
mehr  oder  weniger. kleinzelliges  schwaramartiges  Gefiige  erlangte.  Die  Fortsetzung 
des  Bronchus  innerhalb  der  Lunge,  welche  Fortsetzung,  als  einfacher  Kanal  betrach- 
tet, bei  den  verschiedenen  Schildkröten  mehr  oder  weniger  weit,  am  weitesten  aber 
bei  den  Seeschildkröten  nach  hinten  reicht,  scheint  mir  nicht  durch  eine  Verlänge- 
rung des  Bronchus  selbst,  sondern  dadurch  bewirkt  zu  sein,  dass  die  Höhle  der  an- 
fangs ganz  einfach  sackartigen  Lunge,  indem  deren  Wandung  eine  schwammartige 
Beschaffenheit  erhielt,  relativ  immer  mehr  verengt  wurde.  Für  diese  Ansicht  spricht 
auch  der  Umstand,  dass  bei  Trionyx  ferox  die  Querdurchmesser  des  Bronchus  sehr 
viel  grösser  innerhalb,  als  ausserhalb  der  Lunge  sind.  Die  Knorpelringe,  oder  über- 
haupt die  Knorpelstüeke,  welche  auch  innerhalb  der  Lunge  an  dem  Bronchus  vor- 
kommen, und  die  ich,  beiläufig  bemerkt,  schon  bei  einem  fast  reifen  Embryo  von 
Chelonia  sehr  deutlich  erkennen  konnte,  mögen  erst  ziemlich  spät  entstehen,  nament- 
lich dann  erst,  wenn  schon  die  schwammartig  gewordene  Wandung  der  Lunge  eine 
im  Verhältniss   zu    ihrem  Umfange  nur  enge  mittlere  oder  Haupt -Höhle  umschliesst. 

Die  Glandula  thymus  schien  mir  im  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Körper 
der  Embryonen  etwas  grösser  zu  sein,  als  bei  den  Erwachsenen,  hatte  aber  eine 
ähnliche  Form  und  dieselbe  Lage  vor  der  Theilung  der  Aorta,  wie  bei  den  Erwach- 
senen. 

§.  IL  Harn-  und  Geschlechtswerkzeuge.  Die  Wolff'schen  Kör- 
per (Tab.  X,  Fig.    5,    G.    und  Fig.  b,  a)    reichten  noch   vom  Herzen    bis   zu    dem 


246 

Becken,  waren  aber  selbst  in  ihrer  Mitte  im  Verhältniss  zu  ibrer  Länge  nur  massig 
breit  und  massig  dick,  liefen  gegen  beide  Enden,  besonders  gegen  das  vordere,  ver- 
jüngt aus,  und  batten  eine  schwach  ockergelbe  Farbe.  Die  eigenthümlichen  Gerässe, 
aus  denen  sie  der  Hauptsache  nach  bestanden,  kamen  in  grosser  Zahl  vor,  hatten 
allenthalben  eine  ziemlich  gleiche  Dicke,  waren  aber  im  Verhältniss  zu  ihrer  Länge 
nur  dünn  zu  nennen ,  und  machten  in  der  Tiefe  dieser  Organe  viele  und  starke 
Windungen. 

An  der  nach  unten  und  innen  gekehrten  Seite  der  Wolff'schen  Körper,  dicht 
an  dem  obern  Rande  derselben  und  zu  beiden  Seiten  der  Aorta,  lagen,  wie  bei  an- 
dern Wirbeltbieren ,  die  keimbereitenden  Geschlechtswerkzeuge  (Fig. 
6,  b).  Diese  hatten  eine  weisse  Farbe  und  die  Form  von  Spindeln,  waren  mit  dem 
einen  Ende  nach  vorn,  mit  den  andern  nach  hinten  gerichtet,  und  sassen  den  Wolff'- 
schen Körpern  dicht  auf.  Bei  dem  grössern  Embryo  waren  sie  ungefähr  halb  so 
lang,  als  die  so  eben  genannten  Organe,  selbst  in  ihrer  Mitte  nur  sehr  dünn,  und 
überhaupt  sehr  lang  gestreckt,  bei  dem  kleinern  Embryo  aber  relativ,  wie  absolut, 
etwas  kürzer,  in  der  Mitte  dicker,  und  im  Ganzen  weit  weniger  schlank.  Wahr- 
scheinlich also  würden  sie  bei  jenem  sich  zu  Eierstöcken,  bei  diesem  zu  Hoden  aus- 
gebildet haben. 

Auf  der  nach  oben  und  aussen  gekehrten  oder  convexen  Seite  eines  jeden 
Wolff'schen  Körpers,  beinahe  gleichweit  von  beiden  Rändern  desselben  entfernt, 
lag  bei  beiden  Embryonen  ein  blendend- weisser  Faden,  der  über  die  ganze  Länge 
dieses  Organs  verlief,  sich  noch  eine  kleine  Strecke  über  dasselbe  nach  hinten  zur 
Kloake  fortsetzte,  an  seinem  vordem  Ende  stumpf  abgerundet  war,  und  nirgend 
Schlängelungen  bemerken  Hess.  Bei  dem  wahrscheinlich  weiblichen  grössern  Embryo 
war  er  allenthalben  gleich  dick,  bis  dicht  an  die  Kloake  leicht  zu  verfolgen  und  über 
den  Wolff'schen  Körper,  obgleich  er  mit  demselben  gleichsam  verklebt  erschien, 
doch  allenthalben  deutlich  hervorragend.  Bei  dem  kleinern  Embryo  aber,  der  wahr- 
scheinlich männlichen  Geschlechts  war ,  hatte  dieser  Faden  nur  in  seinem  vordersten 
Drittel  eine  ähnliche  Dicke ,  wie  bei  dem  erstem  Embryo :  denn  von  jenem  Drittel 
aus  wurde  er  nach  hinten  immer  dünner,  so  dass  sein  über  den  Wolff'schen  Kör- 
per hinausragender  Theil  (der  wenigstens  eine  viermal  geringere  Dicke,  als  der  vor- 
derste Theil  hatte),  ungeachtet  der  ihm  verbliebenen  blendend- weissen  Farbe,  nur 
ziemlich  schwer  erkennbar  war,  und  es  mir  zweifelhaft  blieb,  ob  er  nicht  dicht  vor 
der  Kloake  sich  endigte.  —  Eine  Höhle  Hess  sich  in  den  erwähnten  Fäden  nicht 
deutlich  erkennen,  aber  der  Analogie  nach  dürfte  es  wohl  keinem  Zweifel  unterliegen, 
dass  dieselben  dickwandige  Kanäle  waren.    Die  eigenthümlichen  Gefässe  der  Wolff- 


247 

sehen  Körper  standen  mit  ihnen  nieht  in  einem  unmittelbaren  Zusammenhanf,'e,  so 
dass  sie  halten  als  die  Ausriihrunfjs^än<,'e  derselben  betrachtet  werden  können  :  denn 
als  ich  sie  durch  leises  Ziehen  bei  dem  grössern  Embryo  von  den  Wolff'schen 
Körpern  abgetrennt  halte,  waren  an  ihnen  keine  Reste  von  jenen  Gelassen  hängen 
geblieben. 

Zwischen  jedem  Wolff'schen  Körper  und  der  Kloake  liessen  sich  [am  deut- 
lichsten unter  dem  Mikroskop  bei  IßOmaliger  Vergrösserung]  noch  zwei  andre  Ka- 
näle unterscheiden,  die  von  jenem  Körper  zu  der  Kloake  hingingen.  Sie  lagen  dicht 
neben  einander  zwischen  dem  beschriebenen  Faden  und  dem  noch  zu  beschreibenden 
Harnleiter,  waren  auch  mit  denselben  innig  verklebt,  hatten,  einzeln  genommen,  eine 
etwas  grössere  Dicke,  als  jener  Faden  selbst  bei  dem  grössern  Embryo,  und  erschienen 
nicht  blendend -weiss,  sondern  [nachdem  die  Embryonen  einige  Zeit  in  wässrigem 
Weingeist  gelegen  hatten]  sehr  schwach  gelblich.  Auf  dem  Wolff'schen  Körper 
selbst  war  es  mir  nur  möglich  den  einen  A'on  ihnen  eine  ziemlich  grosse  Strecke  zu 
verfolgen ;  er  hatte  hier  aber  eine  solche  Zartheit  und  Weiche ,  dass  ich  mir  keine 
Gewissheit  darüber  verschaffen  konnte,  ob  in  ihn  die  eigenlhiiralichen  Gefässe  des 
W  0 1  ff 'sehen  Körpers  übergingen  oder  nicht.  Nach  den  Resultaten  indess,  die  sich 
aus  den  Untersuchungen  von  Schlangen  und  noch  hohem  Wirbelthieren  ergeben  ha- 
ben, darf  ich  annehmen,  dass  der  eine  von  diesen  beiden  Kanälen  der  Ausführungs- 
gang  des  Wolff'schen  Körpers,  der  andere  eine  Vene  (eine  v.  renalis  advehens)  war. 

Es  fragt  sich  nun,  welche  Bedeutung  die  blendend-weissen  Fäden  oder  vielmehr 
Kanäle  haben  dürften,  welche  bei  beiden  Embryonen  den  Wolff'schen  Körpern  an- 
lagen und  über  die  ganze  Länge  derselben  verliefen.  Dass  sie  bei  dem  grössern 
Embryo,  wenn  dieser  wirklich,  wie  höchst  wahrscheinlich,  weiblichen  Geschlechtes 
war,  sich  zu  den  Eierleitern  ausgebildet  h;iben  würden,  kann  nach  den  bisherigen 
Erfahrungen  an  altern  Schildkröten  und  andern  Thieren  keinem  Zweifel  unterliegen. 
Dagegen  hätten  sie  bei  dem  kleinern  Embryo  sich  weder  zu  Eierleitern,  noch  auch 
zu  Samenleitern  entwickeln  können:  denn  bei  diesem  waren  ihre  hintern  Hälften 
offenbar  in  einer  Rückbildung  begriffen.  Wie  ich  nun  aber  schon  vor  einigen  Jahren 
bei  den  Schlangen  gefunden  habe  i),  gehen  bei  den  männlichen  Individuen  dieser 
Wirbelthiere  zwei  paarige  Organe,  die  sich  bei  ihnen  auf  den  Wolff'schen 
Körpern  bilden  und  sich  einige  Zeit  in  jeder  Hinsicht  ganz  so  verhalten,  wie  bei 
andern  Individuen  derselben  Tbierarten  die  in  der  Entwickelung  begriffenen  Eierlei- 
ter ,    nachher  durch  Resorption  spurlos  verloren ,    indem  sie   von   hinten  nach  vorne 


1)     Entwickclungs-Geschiclile  der  A'atler,  S.  210  und  211. 


248 

mehr  und  mehr  schwinden,  worauf  alsdann  die  Ausfiihrungsgänge  der  Wolff 'sehen 
Körper  sich  in  die  Samenleiter  umbilden.  Hiernach  darf  es  wohl  also  für  gewiss 
gehalten  werden ,  dass  auch  bei  dem  kleinern  Schildkrötenembryo ,  wenn  er  länger 
gelebt  hätte,  die  beiden  an  den  Wolff'schen  Körpern  haftenden  weissen  Fäden 
oder  Kanäle  endlich  völlig  verschwunden,  dagegen  die  Ausfiihrungsgänge  jener  Kör- 
per in  die   Samenleiter  umgewandelt  sein  würden   '). 

Die  Nieren  waren  bei  beiden  Embryonen  zwar  schon  vorhanden,  doch  noch 
sehr  klein.  Sie  lagen  einander  genau  gegenüber  zu  beiden  Seiten  der  Aorta  an  der 
obern  Seite  der  Wolff'schen  Körper,  wo  eine  jede  sich  in  einer  nur  geringen 
Entfernung  von  dem  hintern  Ende  und  dicht  neben  dem  innern  Rande  eines  solchen 
Körpers  befand.  Ihre  Länge  verhielt  sich  zu  der  Länge  der  Wolff'schen  Körper, 
selbst  bei  dem  grössern  Embryo,  nur  wie  2  :  7,  in  ihrer  Form  aber  hatten  sie  eine 
Aehnlichkeit  mit  Oliven,  doch  waren  sie  etwas  gestreckter,  als  solche.  Mit  dem  ei- 
nen Ende  waren  sie  nach  vorne,  mit  dem  andern  nach  hinten  gerichtet,  und  das 
letzlere  Ende  setzte  sich  in  einen  Stiel  fort,  der  etwas  kürzer,  als  die  Niere  selbst, 
aber  im  Verhältniss  zu  derselben  beträchtlich  dick  Avar,  an  der  obern  Seite  der  Ka- 
näle, welche  von  je  einem  Wolff'schen  Körper  zur  Kloake  gingen,  seine  Lage 
hatte  und  ebenfalls  in  die  Kloake  überging.  Dieser  Stiel  war  die  hintere  Hälfte 
eines  Harnleiters.  Die  vordere  Hälfte  des  Harnleiters  lag  in  der  Niere  selbst  und 
stellte  für  sie  gleichsam  eine  Achse  dar.  Der  übrige  Theil  der  Niere  aber  bestand 
aus  3  Längsreihen  sehr  kleiner  ovaler,  röthlich  gelber  und  hohler  Körperchen  [den 
Anlagen  zu  den  Harnkanälen],  die  unter  rechten  Winkeln  in  den  Harnleiter  übergin- 
gen, so  wie  aus  einem  weichern,  diese  Körperchen  zusammenhaltenden  Blastem ,  das 
im  Verhältniss  zu  ihnen  in  ziemlich  grosser  Masse  vorkam. 

Die  Harnblase  (Fig.  5,  f.  und  Fig.  b,  e.)  war  in  ihrer  Mitte  nur  wenig 
weiter,  als  an  den  Enden,  und  im  Ganzen  beinahe  spindeirörmig ,  also  noch  nicht, 
wie  bei  den  Jungen  und  Erwachsenen,  nach  vorne  stark  ausgeweitet. 

Aus  dem  After  ragte  ein  massig  grosses  Geschlechtsglied  hervor,  das  bei 
beiden  Embryonen  dieselbe  Form  und  dieselbe  Grösse  hatte ,  also  bei  dem  grössern 
Embryo    nicht    einen   stärkern    Umfang ,    als   bei   dem   kleinem   besass.     (Fig.  b,  g. 


'■)  Auch  für  die  niÜDnlithen  Säugclhiere  ist  unlängst  durch  Kobelt  erwiesen  worden,  dass  bei  ihnen 
zwei  paarige  Organe  vorkommen,  die  sieb  zu  einer  frühern  Zeit  des  Fruchtlebens  in  jeder  Hinsieht  eben  so 
verhalten ,  wie  bei  gleich  weit  entwickelten  weiblichen  Embryonen  die  uachherigen  Eierleiler,  dass  aber 
diese  Organe,  während  sich  die  Ausfiihrangsgänge  der  Wolff'schen  Körper  in  d'ie  Samenleiter  umwandeln, 
alle  Bedeutung  für  das  Geschlecht  verlieren  und  daher  ihrem  Untergänge  verfallen. 
Doch  sollen  sie  nur  selten  gänzlich  verschwinden,  sondern  gewöhnlich  in  einem  rudimentären  Zustande  aus- 
dauern.  (Kobelt:  Der  Neben    Eierstock  des  Weibes.  Heidelberg  1847.  S.  8  —  13.) 


249 

Fig.  7,  g  und  Fip;.  8,  (i.)  Im  Verhällniss  zu  seiner  Länge  war  es  anselinlieli  dick,  doch 
an  der  Wurzelliälfte  etwas  dünner,  als  an  der  andern  Hälfle,  die  eine  an  ihrem  Ende 
ahgerundete  Eichel  darstellte.  Sein  Ende  war  nach  oben  aufgebogen,  und  seine 
obere  eoncave  Seite  Hess  eine  massig  tiefe  und  massig  breite  Längsrinne  bemerken, 
die  sich  in  die  Kloake  hinein  und  an  der  untern  Wandung  derselben  bis  zu  der 
Mündung  der  Harnblase  fortsetzte. 

§.  12.  Herz.  Bei  keinem  der  beiden  Embryonen  Hess  sich  zwischen  diesem 
Körpertheile  und  dessen  Beutel  ein  Band  vorfinden,  selbst  nicht  an  der  Spitze  dessel- 
ben ,  wo  ein  solches  schon  bei  ganz  jungen  Schildkröten  vorzukommen  pflegt.  Die 
Lage  des  Herzens  in  der  Leibeshöhle  war  eine  ähnliche,  wie  bei  den  Erwachsenen, 
wenn  gleich  es  von  unten  her  'durch  die  Schlüsselbeine  und  Brustmuskeln  noch  nicht 
bedeckt  wurde,  da  jene  Körpertheile  noch  nicht  von  beiden  Seiten  her  sich  an  ein- 
ander angeschlossen  hatten.  Auch  in  Hinsicht  der  Gestalt  verhielt  es  sich  ähnlich, 
wie  das  Herz  der  Erwachsenen,  nur  waren  sowohl  die  Vorkammern,  als  auch  die 
Herzkammer  verhältnissmässig  weniger  breit,  und  es  betrug  im  Ganzen  seine  grösste 
Breite  kaum  so  viel,  als  seine  Länge.  Die  beiden  Vorkammern,  von  denen  die  linke 
zwar  etwas,  doch  nicht  um  Vieles,  der  rechten  an  Umfang  nachstand,  waren  äusser- 
lich  durch  eine  massig  starke  Einschnürung  von  einander  abgegrenzt,  halten  eine 
ähnliche  Gestalt,  wie  bei  den  Erwachsenen,  und  Hessen  an  der  innern  Fläche  ihrer 
nur  dünnen  Wandung  ein  engmaschiges  Netzwerk  zarter  leistenartiger  Vorsprünge 
bemerken.  Die  Oeffnung,  durch  welche  die  Höhle  des  Venensacks  in  die  rechte  Vor- 
kammer überging ,  war  nur  sehr  klein.  Ob  schon  Klappen  an  dieser  Oeffnung  vor- 
kamen, konnte  ich  nicht  deutlich  erkennen.  Die  Scheidewand  der  beiden  Vorkam- 
mern bestand  nur  erst  in  einer  balbmondrormigen ,  selbst  in  der  Mitte  nur  massig 
breiten  Falte  der  innern  Haut  des  Herzens,  welche  Falte  hauptsächlich  der  obern  ge- 
meinschaftlichen Wandung  der  beiden  Vorkammern ,  an  der  sie  ihre  grösste  Breite 
hatte,  angehörte,  und  mit  ihren  Enden  die  untere  Wand  der  Vorkammern  erreichte. 
Das  eirunde  Loch  war  also  noch  beträchtlich  gross.  Eine  Klappe  fehlte  noch  für 
dasselbe.  Die  Herzkammer  hatte  eine  ähnUche  Gestalt,  wie  bei  den  Erwachsenen. 
Ihre  Wandung  aber  war  im  Verhältniss  zu  dem  Umfange  enorm  dick  und  bestand 
zum  grössten  Theil ,  abgesehen  nämlich  von  ihrer  nur  dünnen  äussersten  Faser- 
schichte, ähnlichermassen,  wie  bei  den  Schildkröten,  aus  sich  kreuzenden  und  mit  ein- 
ander so  verbundenen  Muskelfaser -Bündeln,  dass  davon  ein  schwammartiges  Gewebe 
zusammengesetzt  wurde,  dessen  absolut  und  relativ  sehr  kleine  Zellenräurae  unter 
einander  in  Höhlenverbindung  standen.  Dagegen  war  die  von  dieser  schwammigen 
Wandung  umschlossene   gemeinsame  Höhle  nur  überaus  klein,    anstatt  dass   bei    den 

32 


250 

erwachsenen  Exemplaren  von  Emys  europaea  die  Höhle  der  Herzkammer  beträchtlich 
gross,  die  Wandung  aber  nur  massig  dick  und  weit  weniger  schwammartig  beschaf- 
fen ist.  Die  beiden  Muskelsäulen,  welche  bei  den  Erwachsenen  an  der  untern  und 
obern  Wandung  der  Herzkammer  von  hinten  nach  vorne  verlaufen  und  eine  unvoll- 
ständige Scheidewand  darstellen,  waren  auch  bei  den  Embryonen  deutlich  vorhanden, 
doch  nicht  blos  sehr  schmal,  sondern  auch  sehr  kurz. 

§.  13.  Blutgefässe.  Die  Beschreibung,  welche  ich  von  den  Blutgetassen 
geben  will,  wird  nur  sehr  unvollständig  ausfallen.  Denn  \\eil  ich  nur  zwei  Embryo- 
nen zur  Untersuchung  hatte,  und  ich  an  diesen  mich  besonders  über  die  Beschaffen- 
heit ihres  Skelettes  und  ihrer  Eingeweide  unterrichten,  wie  auch  von  ihnen  mehrere 
Abbildungen  entwerfen  wollte,  mochte  ich  sie,  als  s*e  noch  frisch  und  ihre  Gefässe 
mit  Blut  gefüllt  waren,  nicht  sogleich  öffnen  und  so  stark  beschädigen,  wie  es  nö- 
thig  gewesen  sein  würde,  um  ihrer  tiefer  gelegenen  GePässe  ansichtig  werden  zu  kön- 
nen. Ich  zeichnete  mir  daher  damals  nur  auf,  was  sich  über  diejenigen  Gcfasse  be- 
merken Hess,  welche  an  der  rothcn  Farbe  ihres  Inhaltes  schon  durch  die  Hautbe- 
deckung hindurch  erkennbar^  waren.  Die  tiefer  gelegnen  Gefässe  aber  untersuchte  ich, 
so  weit  es  möglich  war,  erst  später,  nachdem  die  Embryonen  schon  einige  Zeit  in 
verdünntem  Weingeist  aufbewahrt  gewesen  waren. 

Die  Arterien  verhielten  sich  an  ihrem  Ursprünge  aus  dem  Herzen  schon  eben 
so,  wie  bei  den  Erwachsenen.  Die  beiden  Bogen  der  Aorta  waren  in  Hinsicht  der 
Dicke  einander  ganz  gleich.  Zu  der  unpaarigen  Aorta  abdominalis  vereinigten  sich  die- 
selben gegenüber  der  Mitte  des  venösen  Antheiles  der  Vorkammer  des  Herzens,  also 
sehr  weit  nach  vorne,  und  hatten  daher  auch  eine  verhältnissmässig  nur  wenig  er- 
hebliche Länge.  Da  nun  aber  bei  den  erwachsenen  Exemplaren  von  Emys  europaea 
die  Stelle,  an  der  die  beiden  Bogen  in  die  Aorta  abdominalis  übergehen,  weit  hin- 
ter dem  Herzen  liegt,  so  hätten  sie  später  nicht  blos  absolut,  sondern  auch  relativ 
immer  länger,  dagegen  die  Aorta  abdominalis,  indem  sie  weniger  an  Länge  zunahm, 
scheinbar  immer  kürzer  werden  müssen. 

Der  gemeinschaftliche  Stamm,  mit  welchem  die  Kopf-  und  Arm-Arterien  aus  der 
rechten  Aorta  entsprangen ,  war  überaus  kurz  und  kaum  erst  angedeutet.  Die  Ar- 
teria coeliaca  und  Arteria  mesenterica  gingen  ganz  dicht  neben  einander  aus  dem 
hintern  Ende  des  linken  Aortenbogens,  also  ganz  nahe  an  dem  Anfange  der  Aorta 
abdominalis  hervor,  indess  bei  den  Erx^achsenen  diese  Arterien  weit  entfernt  von 
dem  genannten  Gefussstamm  aus  jenem  Bogen  entspringen.  Es  wird  demnach  der 
linke  Aortenbogen  späterhin  besonders  hinler  der  Ursprungsstelle  der  erwähnten  Ar- 
terien allraählig  ausgesponnen.     Die  Arteria  omphalo-mes«nterica,  die  von  der  Arte- 


251 

teria  mcsenlerica  abging,  theilte  sich  gleich  nach  ihrem  Ursprünge  in  2  Acste,  die 
das  Gekröse  und  den  vordem  Schenkel  der  aus  der  Nabeiöirnung  heraushängenden 
Darmschlinge  umfassten.  Die  beiden  Arteriae  umbilicales  verliefen  an  der  untern 
Seile  der  fast  spindellorniigen  Harnblase  einander  parallel  und  in  einer  nur  geringen 
Entfernung  von  einander. 

Cardinalvenen  Hessen  sich  nicht  auffinden.  Die  beiden  vordem  Hohlvenen  und 
die  hintere  Hohlvene  gingen  in  einen  ziemlich  weiten  Sinus  über,  der  dicht  dem  Her- 
zen auflag,  und  dessen  Höhle  sich  durch  eine  nur  geringe  Oetfnung  in  den  rechten 
Vorhof  mündete.  Die  einfache  Vena  omphalo-mesenterica  war  ziemlich  weit,  lief 
an  der  untern  Seite  des  hintern  Schenkels  der  Darmschlinge  schräge  nach  vorne  und 
links  hin ,  begab  sich  dann  nach  oben  zu  dem  der  Darmschlinge  angehörigen  Theil 
des  Gekröses,  und  ging  endlich  nahe  der  Plbrtader  in  die  Vena  mesenterica  über. 
Auch  die  Vena  umbilicalis,  die  ich  an  den  frischen  Embryonen,  als  sie  noch  Blut 
enthielt,  verfolgte,  war  unpaar  und  ziemlich  weit,  jedoch  weniger  weit,  als  die  Na- 
bel-Gekrösvene.  Von  der  AUantois  aus  ging  sie  durch  den  Nabel  zur  linken  Sei- 
tenhälfte der  ßauchwand,  lief  dann  auf  dieser  Wand  links  von  der  noch  weiten 
Nabelöffnung ,  aber  sehr  nahe  derselben ,  nach  vorne ,  wendete  sich  darauf  in  einem 
massig  starken  Bogen  unter  der  Leber  etwas  rechts  hin,  und  schien  endlich  an  dem 
vordem  Rande  des  linken  Leherlappens  in  massig  grosser  Entfernung  von  der  Mittel- 
linie des  Körpers  in  eine  Lebervene  überzugehen.  Bei  einer  nähern  Untersuchung 
aber  ergab  sich  nachher,  dass  sich  das  GePass  nicht  an  jenem  Rande  der  Leber  en- 
digte, sondern  sich  an  ihm  nur  umbog,  und  dass  es  sich  an  der  vordem  oder  con- 
caven  Seite  der  Leber,  in  der  die  Herzkammer  ruhte,  nach  oben  fortsetzte,  so  je- 
doch ,  dass  es  seiner  Länge  nach  zum  Theil  in  die  Substanz  der  Leber  gleichsam 
versenkt  Avar.  Dieser  letzte  Theil  des  Gefässes,  der  endlich  in  die  hintere  Hohl- 
vene überging,  mag  indess  kleine  Zweige  aus  der  Leber  aufnehmen  und  so  noch  auch 
als  eine  Vena  bepatica  dienen.  Eine  der  rechten  Seitenhälfte  angehorige  oder  zweite 
Nabelvene  war  bestimmt  nicht  vorhanden.  Es  kommt  also  auch  bei  den  Schild- 
kröten ,  was  sich  schon  aus  früheren  Untersuchungen  als  ziemlich  gewiss  ergeben 
hatte  (Abschnitt  2,  §  68),  wie  bei  andern  Wirbetlhieren,  nur  eine  einzige  Nabel- 
vene vor.  —  Diejenigen  Venen,  welche  sich  an  den  noch  lebenden  Embryonen  schon 
von  aussen  durch  die  Hautbedeckung  erkennen  Hessen,  verhielten  sich  folgendermas- 
sen.  Auf  der  zweiten  Hirnmasse,  oder  dem  Vierhügel,  verlief  in  der  Mittelebene 
des  Kopfes  von  vorne  nach  hinten  ein  ziemlich  weiter  Sinus  perpendicularis,  der  von 
den  Hemisphären  des  grossen  Gehirns  mit  zwei  Aesten  entsprang,  und  darauf  hinter 
dem  Vierhügel  sich  in  zwei  schräge  nach  unten  und  hinten  gehende  Sinus  transversi 

32* 


252 

theilte.  Die  beiden  letztern  schienen  nach  unten  hin  vor  dem  vordem  Rande  der 
Felsenbeine  herabzulaufen,  um  sich  zu  der  Grundfläche  der  Hirnschale  zu  begeben. 
Deutlich  aber  sendete  eine  jede  von  ihnen  nach  hinten  einen  kürzern  und  etwas  en- 
gern Sinus  aus,  der  dicht  über  dem  Felsenbeine  seine  Lage  hatte,  einen  massig  star- 
ken, mit  seiner  Convexität  nach  oben  und  hinten  gekehrten  Bogen  darstellte ,  hinter 
dem  Felsenbeine  in  die  Vena  jugularis  überging,  und  vor  seinem  Ende  einen  von 
der  Medulla  oblongata  (und  dem  kleinen  Gehirn  ?)  herkommenden  Ast  aufnahm.  Von 
dem  Gesichtstheile  des  Kopfes  entsprang  jederseits  vor  und  unter  dem  Auge  ein 
massig  starker  Ast,  der  darauf,  nachdem  er  aus  dem  Unterkiefer  einen  Zweig  auf- 
genommen hatte,  unter  dem  Ohr  nach  hinten  verlief,  und  gleichfalls  in  die  Vena  ju- 
gularis überging.  Der  so  eben  genannte  Venenstamm  entsprach  der  Vena  jugularis 
externa  des  Menschen:  denn,  wie  diese,  verlief  auch  er  unter  der  Haut  des  Halses 
nach  dem  Rumpfe  hin.  Am  Rücken  lagen  in  der  verdickten  Hautbedeckung  zwei 
Reihen  zarter  Venenzvveige  ausgebreitet,  die  auf  die  beiden  Seitenhälften  des  Kör- 
pers vertheilt  waren,  in  einiger  Entfernung  von  der  Mittelebne  desselben  in  die 
Tiefe  drangen,  und  sich  wahrscheinlich  an  die  Intercostalvcnen  anschlössen.  An  der 
obern  Seite  des  Schwanzes  verliefen  sehr  oberflächlich  zwei  zarte  einfache  Venen, 
die  sich  nach  der  Länge  desselben  erstreckten,  auf  die  beiden  Seitenhälften  desselben 
vertheilt  waren,  und  nur  massig  weit  von  einander  abstanden.  Zwei  andre,  aber 
ein  wenig  dickere  und  nicht  völlig  so  oberflächlich  gelegene  Venen  verliefen  rechts 
und  links  am  Schwänze  und  ungefähr  gleich  weit  von  der  obern  und  untern  Seite 
desselben  entfernt  von  hinten  nach  vorne.  Indess  vermuthe  ich,  dass,  ehe  bei  den 
Embryonen  nach  der  Oeffnung  der  Eier  der  Blutumlauf  ins  Stocken  gerathen  war, 
statt  dieser  erwähnten  4  Gefässe  des  Schwanzes  eigentlich  4  Reihen  kleiner  und 
einander  sehr  naher  Gefässzweige  der  Haut  vorkamen,  von  denen  die  einer  jeden 
Reihe  durch  Anastomosen  unter  einander  zusammenhingen,  dass  aber  bei  dem  Ab- 
sterben der  Embryonen  das  Blut  sich  besonders  in  diesen  Anastomosen  anhäufte,  dage- 
gen aus  den  feinern  Endzweigen  mehr  oder  weniger  vollständig  verschwand.  An 
der  untern  Seite  des  Schwanzes  schimmerte  nach  der  ganzen  Länge  desselben  eine 
ziemlich  starke  und  nur  massig  tief  gelegene  Vena  caudalis  hindurch.  In  dem  Rande 
der  Hautfalte,  welche  die  Zehen  eines  jeden  Fusses  verband,  verlief,  den  Buchten 
dieses  Randes  folgend,  eine  einfache  Vene,  deren  beide  Enden  zu  dem  Unterschenkel 
aufstiegen.  In  Verbindung  aber  mit  dieser  Grenzvene  standen  sehr  zarte  dendriti- 
sche Venenzweige,  von  denen  je  einer,  wie  bei  jungen  Eidechsen-  und  Vogelembryo- 
nen, zwischen  zwei  Zehen  in  der  Haulfalte  aufstieg,  um  sich  an  andere  Venen  des 
Beines  anzuschliessen. 


253 

Ganz  so,  wie  bei  den  Vögeln,  Eidechsen  und  Schlangen  zu  einer  gewissen 
Zeit  des  Fruohtlcbens ,  verlief  von  den  vielen  Zweigen  der  Arteria  oniphalo-me- 
senterica,  welche  in  die  Tiefe  des  Dottersacks  eingedrungen  waren,  je  einer  in  dem 
freien  Rande  von  einer  der  Falten,  welche  sich  aus  der  innern  Haut  dieses  Sackes 
gebildet  hatten.  Von  einem  solchen  Zweige  aber  ging  ein  zartes  Gerässnetz  aus, 
das  zwischen  den  beiden  Blättern  der  Falte  ausgebreitet  war,  und  sich  nach  aussen 
an  einen  Zweig  der  Vena  oraplialo-mesenterica  anschloss,  der  an  dem  äussern 
Rande  der  Falte  zwischen  den  beiden  Hautschichten  des  Dottersacks  seinen  Verlauf 
machte.  Die  einzelnen  Zweige  der  genannten  Venen  hingen  fast  sämmtlich  mit  dem 
(§.  2)  schon  erwähnten  Sinus  terminalis  zusammen,  verliefen  nur  schwach  geschlän- 
gelt unter  der  Oberfläche  des  Dottersackes,  gingen  hie  und  da  je  zwei  unter  einem 
sehr  spitzen  Winkel  in  einander  über,  und  verbanden  sich  zuletzt  zu  einigen  we- 
nigen Aesten.  Der  ellipsoidische  Sinus  terminalis  des  Dottersacks  war  absolut  und 
relativ  nur  sehr  dünn,  und  Hess  zwar  nirgend  eine  Unterbrechung  bemerken,  war 
aber  nach  dem  einen  Pole  des  Eies  hin  noch  dünner,  als  in  seinem  übrigen  Theile.  — 
Was  endlich  die  Blutgefässe  der  AUantois  anbelangt,  so  waren  dieselben  in  der  äus- 
sern (der  Schalenhaut  zugekehrten)  Wandung  dieser  Blase  baumförmig  sehr  stark 
verzweigt  (Fig.  1.)  und  verliefen  in  der  Art,  dass  je  ein  Ast  der  Nabelarterien  von 
einem  Aste  der  Nabelvene  begleitet  wurde,  sämmtliche  arterielle  Aeste  aber  etwas 
oberflächlicher,  als  die  venösen,  lagen. 


Erldfirniiff  der  Abbil(liiiifi:en. 


Erste   Tafel. 

(Sic  betrifft   nur  die  Erays  europaea.) 

Fig.  1.     Sieben  Zellen  des  Dotters  ans  einem  unlängst  gelegten  Ei. 

Fig.  2.     Eine  Zeile  des  Keimes  aus  demselben  Ei  mit  vier  andern   in  ihrem  Innern. 

Fig.  3.     Zellen  aus  der  Leibeswand  eines  sehr  jungen  Embryo's. 

Fig.  4.  Kopie  des  mittlem  Theiles  einer  Zeichnung,  die  von  Ba  er  in  M  ü  1 1  er 's  Archiv  (.Jahrgang 
von  1834)  gegeben  hat.  Sie  stellt  einen  Querdurchschnitt  durch  einen  sechstägigen 
Embryo  dar;  a.  Durchschnitt  des  Wirbelstanimes  mit  der  VVirbelsaile;  a.  b.  Rückenplatten  ; 

b.  c.  Bauchplatten  ;  c.   c.  plastisches  oder  muköses  Blatt  der  Keimhaut. 

Fig.  5.  Ein  sehr  junger  Embryo  nebst  dem  Fruchthofe  so  gelegt ,  dass  die  obere  Seite  beider 
übersehen  werden  kann.  Die  Vcrgriisserung  ist  znülfmalig  im  Durchmesser.  Kopf  und 
Hals  sind  massig  stark  nach  unten  gekrümmt,  a.  Der  Kopf;  b.  diejenige  Gegend  des 
Körpers,  wo  die  ersten  Täfelchen  erscheinen,  welche  das  Rückenmark  und  die  Rücken- 
saite   rechts    und   links    umfassen    und   die   ersten  Andeutungen   von   Wirbelbeinen   sind  ; 

c.  hinterer  Thcil  des  Rumpfes  ;  d.  eine  von  dem  serösen  Blatte  des  durchsichtigen  Hofes  ge- 
bildete Falle,  welche  schon  eine  kleine  Kopfkappe  darstellt,  aber  nur  erst  von  unten  und 
vorn  den  Kopf  bedeckt ;  .e.  durchsichtiger  Hof;  f.  Gcfiissbof ,  aus  dem  schon  das  Blut  bei- 
nahe gänzlich  verschwunden  war,  so  dass  es  nur  noch  einige  Flecke  und  Streifen  bildete. 

Fig.  6.  Ein  Querdurchsehnitt,  der  an  einem  andern,  aber  eben  so  weit  entwickelten  Embryo  gleich 
hinter  dem  Halse  durch  den  Rumpf  gemacht  worden  ist:  a.  a.  Die  Rückenplatte;  b.  b. 
die  Bauchplallen ;  c.  Rückenmark;  d.  Rückensaite;  e.  Darmrinne;  f.  f.  seitliche  Theile 
des  Schleiniblattes  der  Keimhaut,  die  für  den  Dottersack  bestimmt  sind. 

Fig.  7.    Ein  eben  so  weit  entwickelter  Embryo,  wie  der  in  Fig.  5.  abgebildete,  aber  stärker  ver- 

grössert  und  von   der  rechten   Seite  angesehen.     Kopf  und  Hals  sind  etwas  aufgebogen 

worden,      a.   Auge;    b.   erste,    e.    zweite,    und   d.    dritte    Hirnzelle;     e.    Gehörbläschen; 

f.  künftiger  Unterkiefer;  g.  Herz;  h.  h.  die  beiden  vom  Fruchthofe  zum  Herzen  gebenden 

■    Venenstämnie  ;  i.  ein  kleiner  Theil  des  Amnions. 

Fig.  8.  Der  Kopf  und  Hals  desselben  Embryo's,  nachdem  sie  aufgebogen  waren,  von  der  untern 
Seite  angeschen.  Die  Zeichnung  wurde  gemacht,  als  diese  Theile  noch  ganz  durchsichtig 
waren,  indess  die  oben  beschriebenen  Abbildungen  5,  6  und  7  erst  dann  entworfen  wurden, 
als  die  Embryonen  durch  die  Einwirkung  des  Wassers,  in  das  sie  gelegt  waren,  an  Durch- 
sichtigkeit schon  sehr  verloren  hatten,  a.  Die  vorderste  Hirnzelle;  b.  b.  die  Augen; 
c.  der  künftige  Hirntrichter;  d.  die  künftigen  Unterkiefer  oder  die  Visceralbogen  des  ersten 
Paares;  e.  der  Herzkanal;  f.  f.  und  g.  g.  die  vier  venösen  Gefässe,  die  dem  Herzkanale 
aus  dem  Gefässhofe  das  Blut  zuführen. 

Fig.  9.  Ein  etwas  älterer  Embryo  von  der  rechten  Seite  bei  ungefähr  20inaliger  Vergrösserung 
angesehen.  Kopf.  Hals  und  Rumpf  befinden  sich  in  natürlicher  Krümmung.  Ausschatlirt 
sind  nur  das  Gehirn,  das  Rückenmark  und  die  Rückensaite,  indess  alle  übrige  Theile  nur 
durch  Contouren  angegeben  sind.     a.  Ein  Tbeil  der  serösen  Hülle;  b.   b.  b.  der  nur  erst 


256 

allein  vorhandue  Theil  des  Amnions,   oder  die  Kopfkappe;  c.  derjenige  Thell  des  serösen 
Blattes  der  Keimhaut,  aus  welchem  sich  später  die  Schwanzkappe  gebildet  haben  würde; 

d.  Hirn;  e.  Rückenmark;  f.  Rückensaite;  *  Gehörbläschen;  **  Auge. 

Fig.  10.  Derselbe  Embryo  von  der  untern  Seite  angesehen.  Die  Kopfkappe  ist  ganz  entfernt  wor- 
den, desgleichen  die  ganze  Anlage  für  den  Darm,  oder  die  sogenannte  Darmrinne,  a.  Der 
Kopf,  durch  dessen  Wandung  das  Vorder-,  Zwischen-  und  Mittelhirn  etwas  hindurch- 
schimmern, und  an  dem  seitwärts  die  Augen  beraerklich  sind;  b.  der  hintere  Theil  des 
Halses,  in  dem  sich  das  Herz  befindet ;  c.  der  fast  kahnförmige  Rumpf,  durch  dessen  Wan- 
dung die  Tjpfelchen  hindurchschimmern,  welche  sich  zu  beiden  Seiten  des  Rückenmarkes 
und  der  Rückensaite  befinden,  und  die  Anlagen  zu  den  Wirbelbeiuen  bezeichnen  ;  d.  die 
Rückensaite,  die  hier  so  vorgestellt  worden  ist,  als  wenn  sie  durch  die  übrige  Substanz 
der  Rückenwandung  stark  durchschimmerte,  was  in  der  Wirklichkeit  nicht  in  so  hohem 
Grade  der  Fall  war;  e.  e.  das  hindurchschimmernde  Rückenmark. 

Fig.  11.  Ein  Theil  eines  eben  so  weit  entwickelten,  aber  etwas  weniger  vergrösserten  Embryo's 
vom  Rücken  her  angesehen,  nebst  einem  Theile  des  Fruchthofes,  a.  Der  hintere  Theil 
oder  das  Randstück  der  Kopfkappe,  wo  das  Amnion  und  die  seröse  Hülle  unter  einem 
sehr  spitzen  Winkel  in  einander  übergehen.  Durch  ihn  schimmert  der  Hinterkopf  und 
der  Anfang  des  Halses  hindurch,  und  hinter  ihm  ist  der  Eingang  in  die  Höhle  der  Kopf- 
kappe zu  sehen;   b.   durchsichtiger  Hof;   c.  c.  Gefässhof;   d.  hintere  Hälfte   des   Halses; 

e.  Rumpf.     An  d.  und  e.  sind  die  Täfelchen  zu  erkennen ,   welche  das  Rückenmark  und 
die  Rückensaite  seitwärts  umfassen. 


Zweite    Tafel. 

(Sie  bezieht  sich  ebenfalls    nur  allein  auf  den  Embryo  von  Eiuys  europaea.) 

Fig.  1.  Ein  Embryo  ungefähr  15  Mal  vergrössert.  Von  dem  Beutel,  in  welchem  das  Herz  liegt, 
ist  die  ganze  linke  Hälfte  weggeschnitten;  von  dem  Amnion  ist  nur  an  der  rechten  Seiten- 
hälfte des  Embryo's  ein  Theil  übrig  gelassen  worden:  der  Darm  ist  ganz  entfernt,  a.  a. 
Das  Herz  in  natürlicher  Lage;  b.  b.  ein  Theil  des  Amnions;  c.  Allantois  ;  d.  d.  Beine; 
e.  Ohrbläschen  ;    f.  die    hautartige  sehr  dünne  Decke  des  künftigen  Sinus  rhomboidalis. 

Fig.  2.  Der  etwas  stärker  vergrösserte  Kopf  desselben  Embryo's  von  vorn  gesehen,  a.  Hindurch- 
schimmerndes Mittelhirn;  b.  Zwischenhirn;  c.  Vorderhirn;  d.  d.  Augen. 

Fig.  3.  Von  demselben  Embryo  der  vorderste  Theil  der  Rückensaite  mit  ihrer  Belegungsmasse. 
a.  Rückensaite;  b.  tafelförmiger  Theil  der  Belegungsmasse;  c.  c.  die  paarigen  Balken 
des  Schädels.     Die  Ansicht  ist  von  der  untern  Seite  dieser  Theile  genommen. 

Fig.  4.  Ein  senkrechter  Längendurchschnitt  des  Kopfes  desselben  Embryo's.  a.  a.  Die  das  Gehirn 
umgebende  Wandung  des  Kopfes;  b.  b.  b.  Wandung  des  Gehirns;  c.  Eingang  aus  der 
Höhle  des  Gehirns  in  das  Auge;  d.  Eingang  aus  derselben  Höhle  in  das  Ohrbläschen; 
e.  sackartige  Ausstülpung  der  Haut  des  Mundes,  hinter  der  sich  die  künftige  Glandula 
pituitaria  bildet;  f.  Rückensaile;  g.  unpaariger  von  der  Belegungsmasse  der  Rückensaite 
gebildeter  Schädelbalken;  h.  Oberkieferfortsatz;  i.  Kehle. 

Fig.  5.  Ein  senkrechter  Querdurchschnilt ,  der  durch  den  Rumpf  desselben  Embryo's  ungefähr  auf 
der  Mitte  zwischen  den  vordem  und  hintern  Extremitäten  gemacht  worden  ist.  a.  Rücken- 
mark ;  b.  Rückensaite;  c.  Aorta;  d.  Amnion;  e.  e.  Wolf  f  sehe  Körper;  f.  Darmrinne. 

Fig.  G.  Ein  eben  solcher  Durchschnitt,  der  an  einem  nur  wenig  altern  Embryo  durch  diejenige 
Gegend  des  Rumpfes  gemacht  worden  ist,  von  der  die  Vorderbeine  ausgehen,  a  bis  f. 
wie  in  der  vorigen  Figur ;  g.  Durchschnitt  des  Vorderbeins. 

Fig.  7.     V^orderer  Theil  des  Darmkanals  aus  dem  unter  Fig.   1.  dieser  Tafel  abgebildeten  Embryo 


257 

von  der  liokea  Seite  angesehen,    a.  Speiseröhre;  b.  Magen;    c.  Anfang  des  Dünndarms; 

d.  ein  Stück  des  noch  offenen  Theiles  des  Darms. 
Fig.  8.    Dasselbe  Präparat  von  der  untern   Seite  angesehen;  a.  bis  d.  wie  in  der  vorigen  Figur. 
Fig.9.u.  10.  Das  Herz  desselben  Embryo's  von  der  linken  und  rechten  Seite  angesehen. 
Fig.  11.  Ein  Stück  des  Rumpfes  desselben  Embryo's  von  der  untern  Seite  angesehen,  nachdem  die 

Wolff'schen   Körper  entfernt  worden  sind.     a.    Durchschimmernde  Rückensaite;  b.   b. 

durchschimmerndes  Rückenmark;   c.  c.  durchschimmernde  Tüfelchen,  welche  jene  Theile 

von  beiden  Seilen  umgeben  und  Anzeichen  von  Wirbelbeinen  sind. 
Fig.  12.  Ein  Stück   des  Wolff'schen  Körpers   aus  demselben  Embryo,    a.  a.  Theile,  aus  denen 

später  eben  so  viele  Kanäle  werden  ;  b.  künftiger  Ausführungsgang  des  Organs. 
Fig.  13.  Ein  älterer  Embryo  sechsmal  vergrössert.     Das  Amnion  ist  an  der  Stelle,  wo  es  von  der 

Bauchwandung  abging,  ringsum    abgeschnitten,   von  dem  Beutel  aber,  in  dem  das  Herz 

lag,  ist  nur  die  linke   Hälfte   entfernt  worden,     a.    Herz;  b.  linker  Cuvier'scher  Gang; 

c.  Leber;  d.  Anfang  des  Dünndarms;  e.  Gekröse;  f.  der  mit  dem  Darm  zunächst  zusam- 
menhängende und  zur  Bildung  des   Dottersackes  bestimmte   Theil   des  Schleimblattes  der 

Keimhaut;  g.  Allantoide. 
Fig.  14.  Einige  eben  so  stark  vergrösserte  Eingeweide  desselben  Embryo's  von  der  rechten  Seite 

angesehen,    a.   Herz;   b.   rechter  Cuvier'scher   Gang;   c.  Leber;    d.    Speiseröhre;    e. 

rechte  Lunge;  f.  Magen;  g.  Anfang  des  Dünndarms. 
Fig.  15.  Dieselben  Theile  von   der  untern   Seile  angesehen,     a.   Aortenwurzel;  b.   Kammer  des 

Herzens;  c.  die  künftigen  Vorkammern ;  d.  d.  Cuvier'sche  Gänge;  e.  Leber;  f.  Ausftih- 

rungsgang  der  Gallengefässe ;  g.  Dünndarm. 
Fig.  16.  Das  Herz  desselben  Embryo's  so  gedreht,   dass  man  zum  Theil  auf  die  obere,  zum  Theil 

auf  die  linke  Seite  desselben  sieht,    a.  bis  c.  wie  in  der  vorigen  Figur. 
Fig.  17.  Der  hintere   Tbeil    des  Rumpfes  und  der   Schwanz  desselben  Embryo's  von  der  untern 

Seite  angesehen,    a.  a.  W  o  I  ff 'sehe  Körper  ;  b.  Allantois  ;  c.  c.  Hinterbeine. 
Fig.  18.  Ein   Querdurchschnitt  des  Rumpfes   desselben  Embryo's  gleich   hinter  den  Vorderbeinen. 

a.    Rückenmark;    b.    Rückensaite;    c.   c.  Wolff'sche    Körper;   d.    d.    Seitenwände  des 

Rumpfes. 

Dritte  Tafel. 

Fig.  l.  Der  durchsichtige  Fruchthof  der  Keimhaut  aus  einem  erst  wenig  entwickelten  Ei  von 
Emys  europaea,  zwölfmal  im  Durchmesser  vergrössert.  a.  a.  Die  Rückenplatten  des  in 
der  Entstehung  begriffenen  Embryo's;  b.  die  Rückenfurche;  c.  die  erste  Anlage  der 
Kopfkappe  oder  überhaupt  des  Amnion's. 

Fig.  2,  S.u.  4.  Verschiedne  durch  Essigsäure  durchsichtiger  gemachte  und  stark  vergrösserte  Zellen 
aus  dem  mittlem  Theile  desselben  durchsichtigen  Fruchthofes. 

Fig.  5.    Ein  noch  stärker  vergrösserter  Kern  aus  einer  solchen  Zelle  mit  2  Kernkörpern. 

Fig.  6.  Die  Nackenplatte  einer  jungen  Emys  europaea  (des  altern  Exemplars)  von  ihrer  obern  Seite 
angesehen  und  zweimal  vergrössert.  Nach  dieser  Seite  hin  ist  sie  mit  einer  grossen 
Menge  kleiner  Höhlen  versehen  ,  von  denen  aber  die  wenigsten  nach  aussen  geöffnet,  die 
meisten  durch  eine  zarte  und  ganz  platte  Knochenlamelle  geschlossen  sind.  Ist  aber  die 
Nackenplatte  getrocknet  worden,  wie  dies  der  Fall  an  der  hier  abgebildeten  war,  so  sen- 
ken sich  jene  dünnen  Decken  der  Höhlen  etwas  ein  und  stellen  dann  kleine  flache 
Gruben  dar. 

Fig.  7.  Eine  getrocknete  Rippe  desselben  Exemplars  von  Emys  europaea,  eben  so  stark  vergrös- 
sert und  von  drei  verschiednen  Seiten  abgebildet.  A.  Hinlere  Seite;  a.  der  Hals  oder 
untere  Schenkel  der  Rippe;  b.  die  Anlage  zu  einem  obern  Schenkel;  B.  obere  Seite; 
C.  untere  Seite. 

33 


258 

Fig.  8.  Der  Bogen  eines  Rurapfwirbels  nebst  seinem  Dornfortsatze  aus  derselben  jungen  Emys 
europaea  von  der  linken  Seite  angesehen  und  zweimal  vergrössert. 

Fig.  9.  Ein  Embryo  von  Tesludo  (graeca?)  von  der  untern  Seite  angesehen  und  zweimal  ver- 
grössert. Kopf.  Gliedmassen  und  Schwanz  befinden  sich  in  natürlicher  Lage.  Amnion, 
Aliantois  und  Dotiersack  sind  in  der  Nähe  der  Nabelöffnung  abgeschnitten  worden, 
a.  Amnion;  b.  Dottersack;  c.  Aliantois,  d.  die  von  der  Hautbedeckung  gebildete  Scheide 
des  in  den  Rumpf  zum  Theil  hineingezogenen  Halses;  e.  der  Schwanz. 

Fig.  10.  Derselbe  Embryo  von  der  obern  Seite.  Kopf.  Haisund  Schwanz  sind  aus  ihren  natürlichen 
Lagen  gebracht;  die  Gliedmassen  aber  sind  in  ihren  natürlichen  Lagen  gelassen.  Von 
der  linken  Hälfte  des  Rückens  sind  die  Hautbedeckung  und  das  Unterhaut-Bindegewebe 
entfernt  worden,  a.  Die  Nackenplalte ;  b.  das  obere  Ende  des  Schulterblattes;  c.  die 
zweite  Rippe;  c*.  die  neunte  Rippe  ;  d.  ein  Dornfortsatz;  e.  oberes  Ende  des  Darmbeines  ; 
f.  Haulbedeckung  des  Halses;  g.  ein  starker  Muskel,  der  vom  Hinterkopfe  kommt,  mit 
seinem  hintern  oder  breitern  Ende  bei  dem  Embryo  an  das  Unterhaut-Bindegewebe  des 
Rückens,  bei  den  Erwachsenen  aber  an  die  innere  Fläche  des  Rückenschildes  angeheftet 
ist,  und  nach  Meckel  den  Muse,  cucullaris  vorstellt;  h.  der  Musculus  latissimus  dorsi, 
dessen  schmäleres  Ende  an  den  Oberarm,  dessen  breiteres  Ende  aber  hier  an  den  vordem 
Rand  der  zweiten  Rippe  befestigt  ist;  i.  linker  Muse,  sacrospinalis,  dessen  hinlere  Hälfte 
aber  an  dem  Embryo ,  der  durch  den  Weingeist  sehr  stark  erhärtet  war ,  sich  nicht 
so  deutlich  erkennen  Hess,  wie  es  hier  in  der  Abbildung  angegeben  ist ;  k.  Musculi  inter- 
spiuales ;  I.  Muse,  extensor  caudae;  m.  und  n.   Muskeln  für  das  Hinterbein. 

Fig.  11.  Die  dritte  linke    Rippe    des  Embryo's  der  Testudo  von    ihrer  hintern  Seite  angesehen. 

a.  Andeutung  ihres  obern  Schenkels;  b.  der  untere  Schenkel  od.  sogenannte  Hals  der  Rippe. 
Fig.  12.  Eine  Rippe  des  Hühnchens  vom  8ten  Tage  der  Rebrütung.  a.  Oberer  Schenkel  oder  Rip- 
penhöcker ;  b.  unterer  Schenkel  oder  Rippenhals  und  Rippenkopf. 

Fig.  13.  Eine  Rippe  des  Hühnchens  vom  Uten  Tage  der  Bebrütung.  a.  und  b.  wie  in  der  vorigen 
Figur. 

Fig.  14.  Die  zweimal  vergrösserten  Knochenstücke  des  Bauchschildes  von  dem  Embryo  der  Testudo 
in  ihrer  natürlichen  Lage  auf  der  Hautbedeckung  und  dem  Unterhaut-Bindegewebe  des 
Bauches,  a.  KuochenstUcke des  ersten  Paares;  b.  Knochenstücke  des  zweiten  Paares  ;  c.  un- 
paariges Knochenstück  ;  d.  Knochenslücke  des  dritten  und  e.  Knochenstücke  des  vierten 
Paares ;  f.  Nabelöffnung. 

Fig.  15.  Die  dritte  rechte  Rippe  einer  jungen  Emys  lutaria  von  ihrer  obern  Seite  angesehen  und 
dreimal  vergrössert,  um  zu  zeigen,  wie  die  Lagerung  der  nachgewachsenen  schwammigen 
Knochenmasse  der  Rippe  sich  zu  der  ursprünglich  festen  und  fast  glasartigen  Knochen- 
scheide des  Rippenkuorpels  verhält,    a.  a.   die  schwammige  oder  lockere  Knochenmasse ; 

b.  b.  die  festere  Knochenmasse. 

Fig.  16.  Dieselbe  Rippe  in  zwei  Querdurchschnitten,  um  noch  deutlicher  das  Lagerungsverhältniss 
jener  beiden  Massen  zu  zeigen.  Die  ausschattirte  Stelle  bezeichnet  den  Knorpelcylinder 
der  Rippe. 

/Vierte  Tafel. 

Fig.  1 .  Das  Rückenstück  des  Rumpfes  eines  ziemlich  reifen  Embryo's  von  Chelonia  Midas  in  na- 
türlicher Grösse.  Die  Hautbedeckung  ist  zum  grössern  Theil  entfernt  worden,  a.  Die 
Nackenplatte  des  Rückenscbildes ,  welche  die  zwei  hintersten  Halswirbel  bedeckt :  b.  der 
noch  sehr  kleine  Dornforlsatz  des  dritten  Rückenwirbels  [zwist'hen  den  Dornfortsätzen 
der  Rückenwirbel  sind  die  Ligamenta  interspinalia   und  Musculi  interspinales  zu  sehen]; 

c.  Wirbel  des   Schwanzes;  d.  der  Körper  der  zweiten,  und  d.*  der  Körper  der  achten 


259 

Rippe  der  linken  Seifenhäifle;  e.  Musculi  sacrospinales  ;  f.  ein  Theil  der  Hautbedeckung 
mit  ihren  Hornplatten. 

Fig.  2.  Die  Knochen  des  Bauchschildcs  aus  demselben  Embryo  in  natürlicher  Grösse  und  natürli- 
cher Lage  auf.  der  Hautbedeckung  und  dem  Unterhaut-Bindegewebe  des  Bauches  darge- 
stellt, a.  Unpaariges  Knochenstück ;  b.  Knochenstücke  des  ersten,  c.  des  zweiten,  d.  des 
dritten,  e.  des  vierten  Paares;  f.  NabelöfTnung. 

Fig.  3.  Ein  junges  Exemplar  von  Sphargis  coriacea  auf  dem  Bauche  liegend  und  in  natürlicher 
Grösse  abgebildet.  Von  der  Ilautbedeckung  des  Rückens  ist  an  der  linken  Seitenhiilfte 
des  Rumpfes  der  grössere  Theil  übrig  gelassen ;  die  rechte  Seite  des  Rumpfes  aber  und 
auch  ein  kleiner  Theil  der  linken  ist  davon  enthlösst  worden,  a.  Nackenplatte;  b.  Dorn- 
fortsatz des  vierten  Rückenwirbels;  c.  erste  Rippe;  d.  neunte  Rippe;  e.  oberes  Ende  des 
rechten  Schulterblattes;  f.  oberes  Ende  des  rechten  Darmbeins;  1.  M.  M.  cucullares,  die 
zu  der  Nackenplatte  gehen  und  an  die  untere  Fläche  derselben  befestiget  sind;  2.  Musculi 
interspinales;  3.  Musculi  sacrospinales;  4.  verdickte  und  stark  gefaserte  Tbeile  der 
Fascia  costalis,  die  den  Schein  von  kleinen  Muskeln  gewähren;  5.  ein  starker  Muskel, 
der  vom  Hinterkopfe  kommt,  mit  seinem  hintern  oder  breitern  Ende  hier  an  das  Unter- 
haut-Bindegewebe des  Rückens,  bei  den  erwachsenen  Seeschildkröten  aber  an  die  innere 
Fläche  des  Rückenschildes  angeheftet  ist,  und  nach  Meckel  den  Muse,  splenius  capitis 
vorstellt;  6.  ein  Muskel,  der  von  Boj  an  usM.  subclavius  genannt  worden  ist;  7.  der  Muscu- 
lus latissimus  dorsi,  dessen  schmäleres  Ende  an  den  Oberarmknochen,  dessen  breiteres 
Ende  aber  hier  an  den  vordem  Rand  der  zweiten  Rippe  befestigt  ist.  Durch  ihn  ist  der 
vorher  genannte  Muskel  grösstentheils  bedeckt. 

Fig.  4.  Ein  Theil  des  Hinterleibes  desselben  Thieres  von  oben  angesehen,  nachdem  die  Hautbe- 
deckung und  das  Zellgewebe  des  Rückens  und  Oberschenkels  entfernt  worden  ist.  a.  Dorn- 
fortsälze;  b.  Ligamentum  interspinale;  c.  Muse,  sacrospinalis ;  d.  oberes  Ende  des  Darm- 
beins ;  e.  M.  M.  extensores  caudae ;  f.  verdickte  Stellen  der  Fascia  costalis  des  Rumpfes ; 
g.  M.  transversus  abdominis  ;  h.  M.  quadratus  lumborum ;  i.  M.  obliquus  internus  abdo- 
minis;  k.  vorletzte  Rippe;  I.  m.  n.  Muskeln  des  Hiüterbeins. 

Fig.  5.  Die  grösstentheils  noch  knorpligen  Stücke  des  Bauchschildes  aus  demselben  Thiere  von 
ihrer  Innern  Seite  angesehen.  Sie  sind  in  ihrer  natürlichen  Lage  auf  der  Hautbedeckung 
und  dem  Unterliaut-Bindegewebe  des  Bauches  dargestellt,  a.  der  vordere  und  b.  der  hin- 
tere Knorpelstreifen  je  einer  Seitenhälfte. 

^  Fünfte  Tafel. 

Fig.  1.  Eine  junge  Chelonia  virgata  in  natürlicher  Grösse.  Die  Hautbedeckung  des  Rückens 
ist  dem  grössern  Theile  nach  entfernt  worden,  a.  Musculus  cucullaris ,  der  vom  Hinter- 
kopf zur  Nackenplatte  geht ;  b.  b.  Muse,  splenius  capitis ;  c.  Nackenplatte,  deren  mittlerer 
hinterer  Fortsatz  ein  kurzes  sehniges  Band  zu  dem  Dornfortsatze  des  zweiten  Rumpfwir- 
bels sendet;  d.  oberes  Ende  des  Schulterblattes;  e.  Muse,  latissimus  dorsi,  der  an  den 
vordem  Rand  der  zweiten  Rippe  (f.)  angeheftet  ist ;  g.  g.  Musculus  sacrospinalis ;  h.  Mus- 
culi intcrspinales ;  i.  i.  die  vordem  von  den  4  Drüsen  der  Rumpfhöhle  ;  k.  k.  Muse, 
transversus  abdominis;  I.  Muse,  obliquus  abdominis;  m.  m.  Muse,  quadratus  lumborum; 
D.  Muse,  extensor  caudae;  o.  oberes  Ende  des  Darmbeines. 

Fig.  2.  Ein  junges  Exemplar  von  Trionyx  ocellatus  in  natürlicher  Grösse.  Der  Hals  ist 
zum  grössten  Theil  eingezogen,  a.  Nackenplatte;  b.  b.  Rippen;  c.  e.  Dornfortsätze, 
die  sich  schon  an  einander  angeschlossen  haben ,  wie  auch  mit  den  schon  gehörig  ausge- 
bildeten obern  Schenkeln  der  8  mittlem  Rippenpaare  in  inniger  Berührung  stehen;  d.  vor- 
derer Theil  des  linken  Muse,  sacrospinalis;  e.  oberes  Ende  des  Schulterblattes,  von  dem 

33* 


260 

ein  kleiner  Muskel,  der  von  Bojanus  fälschlich  henannte  M.  subclavius,  nach  aussen  an 
die  zweite  Rippe  geht;  f.  oberes  Ende  des  Darmbeines;  g.  Muse,  extensor  caudae. 

Fig.  3.  Eine  junge  Terrapene  tricarinata  zweimal  vergrössert  dargestellt.  Der  Hals  ist 
zwischen  die  Schilder  ganz  hineingezogen,  a.  Nackenplatte  ;  b.  zweite  schon  bedeutend 
breit  gewordene  Rippe,  von  der  das  obere  Ende  des  Schulterblattes  schon  bedeckt  worden 
ist;  c.  Dornfortsatz  des  zweiten  Rumpfwirbels;  d.  vorletzte  oder  neunte  Rippe ;  e.  oberes 
Ende  des  Darmbeines;  f.  Muse,  extensor  caudae. 

Fig.  4.  Eine  junge  Platemys  Spixii  in  natürlicher  Grösse  dargestellt.  Wie  in  den  vorigen 
Figuren,  ist  die  Hautbedeckung  des  Rückens  zur  grössern  Hälfte  entfernt  worden,  a.  a.  a. 
Massig  stark  ausgebildete  seitliche  Ergänzungsplatlen  (Marginalplatten)  des  Rückenschildes; 
b.  die  Nackenplatte;  c.   eine  unpaarige  über  dem  Kreuzbein  liegende  Ergänzungsplatte; 

d.  eine  hinter  dieser  über   dem  Schwänze  liegende  Ergänzungsplatte  des  Rückenschildes  ; 

e.  e.  Dornfortsätze ;  f.  f.  die  etwas  hervorragenden  Enden  der  beiden  linken  Flügel  des 
Bauchschildes. 

Fig.  5.  Der  hintere  Theil  des  Leibes  von  demselben  Thiere.  Linkerseits  sind  die  Hautbedeckung, 
das  Zellgewebe  und  die  knöchernen  Marginalplatten  entfernt  worden ,  um  zu  zeigen  ,  wie 
die  achte  und  neunte  Rippe  über  die  Rumpfhöhle  und  den  Oberschenkel  hinausgewachsen 
sind.  a.  Sechste  Rippe;  b.  neunte  Rippe;  c.  die  unpaarige  über  dem  Kreuzbein  liegende 
Ergänzungsplatte;  d.   Hinterbein;  e.   Schwanz. 

'   iSechste   Tafel. 

Fig.  1 .  Ein  im  vergrösserten  Maassstabe  abgebildeter  Wirbel  aus  dem  Rumpfe  eines  reifen  Em- 
bryo's  von  Blennius  viviparus.  a.  Wirbelkörper  ;  b.  Oeffnung  in  demselben,  die  von  der 
hindurchgehenden  Rückensaite  ausgefüllt  war;  c.  Bogenschenkel ;    d.  Querfortsatz. 

[Fig.  2.  bis  5.  Senkrechte  Querdurcbschnitte  von  Wirbelkörpern  zweier  Schildkröten.  Die 
Durchschnitte  sind  durch  die  Mitte  der  Wirbelkörper  gemacht  und  vergrössert  abgebildet 
worden.  Das  Schattirte  bezeichnet  die  Knochensubstanz.  Die  Höhlen,  die  in  dieser  Sub- 
stanz, wo  sie  schon  in  massig  dicker  Lage  vorkam,  bemerkbar  waren,  sind  nicht  angedeu- 
tet worden.  Von  der  Rückensaite  sind  der  Kern  und  die  Scheide  nicht  besonders  unter- 
schieden und  bezeichnet  worden.] 

Fig.  2.  Querdurchschnitt  des  sechsten  Rumpfwirbels  aus  einem  fast  reifen  Embryo  von  Chelonia 
Midas.  a.  a.  Die  Knorpelslränge  in  dem  mittlem  Theil  des  Wirbelkörpers ;  b.  b.  die 
äussere  Knochenschicht  des  Wirbelkörpers;  c.  die  Fortsetzungen  dieser  Schicht  um  die 
Knorpelstränge;  d.  Rückensaite;  e.  Knochenschicht  um  dieselbe;  f.  ein  Raum,  der  mit 
Knochenmark  angefüllt  ist. 

Fig.  3.     Körper  des  dritten  Halswirbels  einer  jungen  Sphargis.    a.  bis  f.  wie  in  der  vorigen  Figur. 

Fig.  4.    Körper  des  sechsten  Rumpfwirbels  aus  demselben  Thier.    a.  —  f.  wie  in  Figur  2.  und  3. 

Fig.  5.  Körper  eines  Schwanzwirbels  aus  demselben  Thier.  a.  äussere  Kuochenschicht; 
b.  Rückensaite  nebst  der  innern  Knochenschicht;  c.  Knorpel. 

Fig.  6.  Der  Atlas  einer  jungen  Sphargis  von  der  vordem  Seite  dargestellt,  a.  Bogenschenkel ; 
b.  accessorisches  Knochenstück  oder  Schlussstück  des  Atlas ;  c.  c.  fibröse  Bänder  zwi- 
schen demselben  und  den  Bogenschenkeln ;  d.  eine  Knorpelplatte  mit  einer  Oeffnung  in 
der  Mitte;  e.  das  Os  odontoideum,  das  durch  die  Oeffnung  jener  Platte  zum  Theil  sichtbar 
ist,  und  in  dem  sich  noch  ein  Ueberrest  der  Rückensaite  befindet. 

Fig.  7.  Atlas  einer  jungen  Chelonia  virgata.  a.  —  d.  wie  in  der  vorigen  Figur.  Die  beiden 
fibrösen  Bänder  sind  schon  sehr  verkürzt ,  dagegen  die  Bogenschenkel  nach  unten  gegen 
das  Schlussstöck  mehr  verlängert. 

Fig.  8.    Ein  senkrechter  Längsdurchschnitt  durch   die  Körper  des   dritten  und  vierten  Halswirbels 


261 

einer  jungen  Sphargis,  weniger  stark  vergrossert,  als  der  in  Fig.  3.  abgebildete  Quer- 
durchschnilt.  a.  a.  Rücliensaite ;  b.  b.  mittlerer  Tlieil  des  Wirbels ,  in  dem  schon  die 
Verknöeherung  begonnen  hatte  (die  beiden  von  der  Rnochenmasse  gebildeten  Röhren 
sind  hier  nicht  besonders  durch  eine  Scbattirung  hervorgehoben) ;  c.  c.  die  noch  völlig 
knorpligen  Enden  der  Wirbelkörper.  Die  Grenze  zwischen  beiden  Wirbelkörpern,  die  durch 
eine  weissliche  Linie  bezeichnet  war,  ist  hier  durch  eine  schwarze  und  verhUltnissmässig 
etwas  dünnere  bogenförmige  Linie  angegeben. 

Fig.  9.  Ein  senkrechter  Querdurchschnitt  durch  den  zweiten  Rumpfwirbel  einer  jungen  Chelonia 
virgata.  Der  Schnitt  ist  ganz  in  der  N.'ihe  des  noch  knorpligen  vordem  Endes  des  Kör- 
pers dieses  Wirbels,  wo  er  an  den  ersten  angrenzte,  gemacht  worden,  a.  Dornfortsatz; 
b.  b.  Bogenschenkei ;  c.  Körper  des  Wirbels;  d.  Riickensaite ;  e.  e.  die  Stellen,  wo  die 
Rippen  abgingen.  Der  dunkle  Saum  an  dem  Dornfortsatze  und  den  Bogenschenkeln  be- 
zeichnet die  Knochenkruste  dieser  Theile  und  ist  in  Hinsicht  seiner  Dieke  möglichst  genau 
angegeben. 

Fig.  10.  Ein  eben  solcher  Durchschnitt  durch  den  vierten  Rumpfwirbel  desselben  Thieres.  a.  bis  e. 
wie  in  der  vorigen  Figur.  Die  Knochenkruste  des  Dornfortsatzes  ist  hier  an  der  obern 
Seite  desselben  etwas  dicker,  und  springt  rechts  und  links  schon  stärker  vor, 

Fig.  11.  Ein  Längsdurchschnitt,  geführt  in  der  Mittelebne  derselben  jungen  Chelonia  durch  den 
Dornfortsatz  und  Bogen  des  dritten  Rumpfwirbels.  Das  Schattirte  bezeichnet  die  Knochen- 
kruste, a.  Vorderes  Eude  des  Dornfortsatzes;  b.  der  noch  knorplige  Theil ;  c.  hinteres 
Ende  des  Fortsatzes ;  d.  die  untere  Seite  desselben  oder  vielmehr  des  Rogens,  von  welchem 
der  Dornfortsatz  als  eine  theilweise  Anschwellung  erscheint. 

Fig.  12.  Ein  eben  solcher  Durchschnitt  durch  den  Bogen  und  Dornfortsatz  des  fünften  Rumpf- 
wirbels,   a.  bis  d.  wie  in  der  vorigen  Figur. 

Fig.  13.  Das  Bauchschild  eines  jungen  Trionyx  gangeticus  von  seiner  obern  Seite  angesehen.  Die  Ver- 
grösserung  ist  zweimalig,  a.  Erstes  oder  vorderes  paariges  Knochenstück:  b.  unpaariges 
Stück  ;  c,  u.  d.  zweites  u.  drittes  paariges  Stück  mit  den  Flügeln  ;  e.  viertes  paariges  Stück. 

Fig.  14.  Eine  andre  Abtheilung  des  Skelettes  desselben  jungen  Trionyx  von  ihrer  obern  Seite  an- 
gesehen. Sie  ist  in  natürlicher  Grösse  abgebildet,  a.  Der  siebente  Halswirbel;  b.  c.  und 
d.  die  3  ersten  Rumpfwirbel  mit  ihren  Rippen;  e.  die  Nackenplatte,  die  von  oben  her 
den  hintersten  oder  achten  Halswirbel  bedeckt.  Von  den  obern  Schenkeln  der  zweiten 
und  dritten  Rippe  sind  erst  schwache  Andeutungen  vorhanden. 

Fig.  15.  Das  zweimal  vergrösserte  Bauchschild  einer  jungen  Emys  europaea  von  der  obern  Seite 
angesehen,    a.  bis  e.  wie  in  Figur  13. 

Fig.  16.  Ein  vergrösserter  Querdurchschnitt  einer  längern  Rippe  von  einer  jungen  Chelonia  virgata. 
a.  Der  eine  Achse  darstellende  und  cylindrische  knorplige  Theil  der  Rippe.  Auf  der 
übrigen  Fläche  des  Durchschnitts  bezeichnet  der  dunkel  gehaltene  Theil  die  Knochen- 
substanz; die  heilern  Stellen  aber  bezeichnen  Höhlen  in  dieser  Substanz,  die  mit  Knochen- 
mark angefüllt  waren. 

Fig.  17.  und  18.  Ein  Querdurchschnitt  durch  den  schmälern  und  breitern  Theil  einer  längern 
Rippe  von  einer  jungen  Terrapene  tricarinata.  a.  Knorpel  der  Rippe;  b.  Knochenmasse 
mit  ihren  Höhlen,  die  alle  Knochenmark  enthielten. 

Fig.  19.  Ein  Querdurchschnitt  durch  den  schmälern  Theil  einer  Rippe  eines  jungen  Trionyx 
ocellatus.  a.  Knorpel;  b.  Knochenmasse  mit  ihren  Höhlen,  die  auch  einen  Saum  an  den 
Seitenrändern  dieses  Theils  darstellt. 

Fig.  20.  Ein  eben  so  stark  vergrösserter  Querdurchschnitt  durch  den  breitern  Theil  derselben 
Rippe.  Der  Knorpelcylinder  ist  hier  schon  ganz  verschwunden.  Die  weissen  Stellen  be- 
zeichnen Höhlen  der  Knochenmasse,  die  mit  Knochenmark  angefüllt  waren,  die  kleinen 
schwarzen  Flecke  aber  Höhlen,  die  nur  ein  lockeres  Bindegewebe  enthielten,  a.  a.  Der 
dichtere  Theil  der  Knochenmasse ;  b.  b.  der  schwammige  Theil  dieser  Masse. 


969 

Fig.  21.  Ein  vergrösserler  Querdurchschnitt  durch  den  breitern  Theil  einer  Rippe  von  einer  jungen 
Platemys.  Auch  hier  ist  die  Bedeutung  der  weissen  Stellen  und  der  dunklen  Flecke,  wie 
in  der  vorigen  Figur,    a,  a.  und  b.  b.  wie  in  derselben  Figur. 

Fig.  22.  Baucbschild  einer  jungen  Cbelonia  virgata  in  natürlicher  Grösse  und  natürlicher  Lage 
auf  der  Hautbedeckung  und  dem  Unterhaut-Bindegewebe  des  Bauches,  a.  Unpaariges 
Knochenstück;  b.  Knochenstuck  des  ersten,  c.  des  zweiten,  d.  des  dritten,  e.  des  vierten 
Paares. 

Fig.  23.  Bauchschild  einer  jungen  Platemys  von  der  obern  Seite  und  in  natürlicher  Grösse  abge- 
bildet, a.  bis  e.  wie  in  der  vorigen  Figur;  f.  ein  kleiner  platter  Knorren,  der  durch 
fibröses  Gewebe  mit  dem  Becken  verbunden  war. 


Siebente    Tafel. 

Fig.  1 .  Rückenschild  von  einer  jungen  Pentonyx  capensis  in  natürlicher  Gröse  von  der  obern 
Seite  abgebildet.  Die  längern  Rippen  sind  beinahe  bis  an  ihr  äusseres  Ende  so  breit 
geworden,  dass  sie  sich  an  einander  angeschlossen  haben.  Einige  Marginalplatten  sind 
über  die  Rippenenden  schon  herübergewachsen,  andere  noch  nicht,  a.  Nackenplatte; 
b.  zweites,  und  c.  neuntes  Rippenpaar. 

Fig.  2.  Das  Bauchschild  desselben  Thieres  von  der  untern  Seite  angesehen.  Zwischen  den  ver- 
schiedenen Knochenstücken  desselben  befinden  sich  noch  3  Lücken,  a.  b.  und  c. 

Fig.  3.  Die  innere  Seite  des  vordem  Theiles  des  noch  mit  seinen  Hornplatten  bedeckten  Rücken- 
schildes von  einer  erwachsenen  Emys  punctuiaria  verkleinert  dargestellt.  Die  Abbildung 
ist  hauptsächlich  wegen  der  abweichenden  Lage  desjenigen  Muskels,  welchen  Bojanusden 
M.  subclavius  genannt  hat,  gegeben  worden,  a.  Nackenplalte  ;  b.  erste  Rippe;  c.  zweite 
Rippe  ;  d.  Insertionsfläche  des  M.  latissimus  dorsi  durch  eine  punctirte  Linie  angegeben  ; 
e.  Stelle,  wo  das  Schulterblatt  eingelenkt  war;  f.  M.  subclavius  nach  Bojanus;  g.  M. 
scalenus  posticus;  h.  h.  M.  sacrospinalls. 

Fig.  4.  Die  innere  Seite  des  Rückenschildes  einer  erwachsenen  Emys  europaea  verkleinert  dar- 
gestellt. Es  ist  diese  Abbildung  gemacht  worden,  um  zu  zeigen,  wie  weit  die  Rippen 
über  die  Rumpfhöhle  hinausgeben,  a.  Nackenplatte;  b.  erste  Rippe;  c.  zweite,  d.  neunte, 
und  e.  zehnte  Rippe;  f.  f.  Marginalplatten,  noch  mit  Hornplatten  an  ihrer  äussern  Seite 
bekleidet;  g.  g.  eine  Linie,  welche  anzeigt,  bis  wie  weit  gegen  die  Ränder  des  Rücken- 
schildes bin  das  Bauchfell  angeheftet  war,  wo  sieh  also  auch  die  Grenze  der  Rumpfböhle 
befand. 

Fig.  5.  Ansicht  der  Rückenwand  des  Rumpfes  eines  Trionyx  ferox  von  der  Innern  (antern)  Seite. 
Das  Ganze  ist  um  die  Hälfte  verkleinert.  Von  der  Hautfalte,  die  den  Rücken  besäumt, 
ist  die  hintere  Hälfte  ganz  vollständig ,  die  vordere  hingegen  nur  so  angegeben  worden, 
als  wäre  ihr  unteres  Blatt  zum  grössten  Theil  entfernt  worden.  1.  Nackenplatte; 
2.  erste  Rippe;  3.  die  Stelle,  wo  vor  der  ersten  Rippe  das  Schulterblatt  am  Rückenscbilde 
eingelenkt  ist;  4.  zweite  Rippe;  5.  neunte  Rippe;  6.  zehnte  Rippe;  7.  Querfortsatz  des 
ersten  Kreuzbeinwirbels;  a.  Hinterer  Theil  des  Halses;  b.  b.  b.  Muse,  retractor  capitis 
et  colli ;  c.  Muse,  subclavius  nach  der  irrigen  Deutung  des  Bojanus;  d.  Muse,  quadra- 
tus  lumborum ;  e.  e.  der  Schwanz,  noch  bekleidet  von  seinen  Muskeln.  Von  einigen  an- 
dern Muskeln  ist  durch  punctirte  Linien  nur  die  Insertionsfläche  oder  auch  Insertionslinie 
bezeichnet  worden.  Es  sind  dies  folgende  Muskeln :  f.  Muse,  spinalis  cervicis  major; 
g.  Muse,  spinalis  cervicis  minor  oder  profundus;  h.  Muse,  latissimus  dorsi;  i.  ein  Muskel, 
der  von  der  Nackenplatte,  immer  breiter  und  dicker  werdend,  fast  senkrecht  nach  unten 
zum  vordem  Theil  des  Bauchschildes  geht,  und  der  mir  bei  den  Schildkröten  aus  der 
Gattung  Trionyx  nur  ein  abgesonderter  Theil   des  Muse,  latissimus   colli  zu  sein  scheint; 


263 

k.  k.  Mujc.  pectoralis  minor;  I.  I.  Muse,  transversus  abdominis;  m.  m.  M.  obliquus 
internus  abdominis;  n.  M.  glutaeus;  o.  ein  Muskel,  der  vom  Rückenschilde  zu  der  obern 
Hälfte  der  vordem  Seite  des  Darmbeins  geht;  **  eine  durch  Kreuze  angegebne  Linie,  welche 
die  Grenze  bezeichnet,  bis  wie  weit  das  Bauchfell  und  die  Rumpfliöhle  gegen  die  Ränder 
des  Rückenschildes  hinreichen. 
Fig.  6.  Innere  Seite  des  Rüekenschildes  einer  Chelonia  imbricata  um  die  Hälfte  verkleinert.  1  bis 
7.  wie  in  der  vorigen  Figur,    a.  Hintere  Halswirbel   von  verschiedenen  Muskeln  bedeckt; 

b.  b.  Muse,  retractor  capitis  et  colli;  c.  M.  subclavius;  d.  d.  M.  sacrospinalis  (auf  der 
einen  Seite  nur  durch  Punkte  angedeutet,  auf  der  andern  ausschattirt) ;  e.  M.  quadratus 
lumboram;  f.  M.  scalenus  anticus;  g.  AI.  spinalis  eervicis  (der  M.  cucuUaris  ist  durch 
den  Hals  verdeckt);  h.  M.  splenius  capitis;  i.  M.  scalenus  posticus  :  k.  k.  M.  latissimus 
dorsi ;  1.  1.  M.  pectoralis  minor;  m.  M.  transversus  abdominis;  n.  M.  obliquus  internus 
abdominis  ;  o.  M.  glutaeus. 

Achte   Tafel. 

Fig.  I .  Die  Leber  einer  Sphargis  coriacea,  die  vor  nicht  langer  Zeit  das  Ei  verlassen  haben  konnte, 
in  natürlicher  Grösse  von  ihrer  untern  Seite  und  im  Verein  mit  einigen  Venen  abgebildet, 
a.  Die  Leber  selbst;  b.  der  Stamm  der  hintern  Hohlvene;  c.  c.  zwei  Venen,  die  auf  der 
Bauchwand  des  Rumpfes  ihren  Verlauf  machen  und  theils  aus  derselben,  theils  auch  aus 
der  Harnblase  Blut  aufnehmen ;  d.  eine  Vene,  die  ebenfalls  auf  der  Bauchwand  von  hinten 
nach  vorne  verlief  und  wahrscheinlich  die  eigentliche  Vena  umbilicalis  war. 

Fig.  2.  Speiseröhre,  Magen  und  ein  Theil  des  Dünndarms  aus  derselben  Sphargis  in  natürlicher 
Grösse  von   ihrer  untern  Seite  abgebildet,      a.   a.   Die  ganze  Speiseröhre;    b.   Magen; 

c.  Dünndarm. 

Fig.  3.  Dasselbe  Präparat  von  der  obern  Seite  angesehen,  a.  a.  a.  Die  Speiseröhre,  von  der  aber 
das  vordere  Ende  nicht  dargestellt  ist;  b.  b.  der  Magen;  *  der  Pförtner;  c.  der 
Dünndarm. 

Fig.  4.  Der  Magen  derselben  Schildkröte  von  der  obern  Seite  angesehen ,  nachdem  von  seiner 
obern  Wandung  ein  grosser  Theil  abgeschnitten  worden  ist.  a.  a.  Speiseröhre;  b.  Magen; 
c.  Cardia;  d.  eiue  Scheidewand  in  dem  Magen. 

Fig.  5.  Speiseröhre,  Magen,  Dünndarm  und  Leber  einer  etwas  altern  Sphargis,  in  natürlicher 
Grösse  und  Lage  von  der  untern  Seite  abgebildet,  a.  a,  a.  Speiseröhre;  b.  b.  Magen; 
c.  c.  ein  Theil  des  Dünndarms;  d.  Leber. 

Fig.  6.  Der  Magen,  der  grössere  Theil  der  Speiseröhre  und  ein  kleiner  Theil  des  Dünndarms  des- 
selben Präparates  in  natürlicher  Lage  von  der  obern  Seite  abgebildet,  a.  a.  a.  Speise- 
röhre; b.  b.  Magen;  c.  c.  Dünndarm;  *  die  Stelle,  wo  sich  der  Pförtner  befindet. 

Fig.  7.  Dieselben  Theile  von  derselben  Seite  abgebildet,  nachdem  die  Schlinge  des  darmartigen 
Pfbrtnertheiles  des  Magens  auseinander  gezogen  worden  war ,  um  die  sackartige  weitere 
Hälfte  mehr  übersehen  zu  können,    a.  a.  Speiseröhre  ;  b.  b.  b.  Magen. 

Fig.  8.  Dasselbe  Präparat  von  der  obern  Seite  dargestellt,  nachdem  von  der  obern  Wandung  der 
weitern  Hälfte  des  Magens  ein  Theil  abgeschnitten  und  entfernt  worden  ist.  a.  a.  Speise- 
röhre; b.  b.  Magen;  c.  eine  Scheidewand  im  Innern  der  weitern  Magenhälfte. 

Fig.  9.  Ein  Theil  des  Darmkanales  aus  einem  fast  reifen  Embryo  von  Chelonia  Midas  in  natür- 
licher Grösse,    a.  Speiseröhre;  b.  Magen;  c.  Dünndarm. 

neunte    Tafel. 

Fig.  1 .  Der  Kehlkopf  und  die  Luftröhre  einer  jungen  Sphargis ,  von  der  auf  der  achten  Tafel  der 
Magen  unter  Nr.  2  bis  4.  abgebildet  ist ,   in   natürlicher  Grösse  von  der  obern  Seite  dar- 


264 

gestellt,  a.  Kehlkopf;  b.  vordere  Hälfte  der  Luftröhre;  c.  hintere,  ein  wenig  abgeplattete 
und  im  Innern  der  Länge   nach  mit  einer  Scheidewand  versehene  Hälfte  der  Luftröhre; 

d.  d.  Aeste  der  Luftröhre,  die  dicht  an  den  Lungen  von  diesen  getrennt  worden  sind. 
Die  beiden  mit  einem  *  bezeichneten  Linien  geben  die  Stelle  an ,  wo  in  dem  Stamme  der 
Luftröhre  die  Scheidewand  beginnt. 

Fig.  2.  Einige  Knochenstücke  des  Bauchschildes  einer  Sphargis  coriacca ,  die  etwas  älter  war, 
als  das  Exemplar ,  von  dem  das  Bauchschild  auf  der  vierten  Tafel  abgebildet  worden  ist. 
Es  sind  diese  Theile  in  natürlicher  Grösse  und  von  ihrer  obern  Seite  abgebildet  worden, 
a.  a.  Knochenstücke  des  ersten,  und  b.  b.  Knochenstücke  des  zweiten  Paares. 

Fig.  3.  Die  vordere  von  den  Drüsen  der  Rumpfhöhle,  die  sich  an  der  Oberfläche  des  Leibes  mün- 
den, aus  demselben  E.xemplar  von  Sphargis  coriacea.  Es  ist  die  Drüse  zweimal  vergrös- 
sert  und  von  ihrer  nach  innen  gekehrten  Seite  abgebildet  worden,  a.  Die  Drüse  selbst ; 
h.  ein  Theil  (ungefähr  die  Hälfte)  des  Ausführungsganges,  der  aus  der  nach  Aussen  ge- 
kehrten Seite  der  Drüse  hervorging. 

Fig.  4.  Ein  Theil  des  arteriellen  Systems  aus  derselben  Sphargis,  zweimal  vergrössert.  a.  a.  Die 
Aorten,  wo  sie  aus  dem  Herzen  entspringen  ;  h.  der  Stamm  für  die  Arterien  der  Vorderbeine, 
des  Halses  und  des  Kopfes;  c.  c.  die  Biegungen  der  Aortenbogen  ;  d.  der  hintere  gerade 
Theil  des  rechten  Aortenbogens;  e.  Magenarterie;  f.  Darmarterie;  g.  Stamm  der  Aorta; 
h.  Lungenarterie;  i.  i.  die  beiden  Aeste  derselben  ;    k.  k.  Ductus  arteriosi  Botalli. 

Fig.  5.  Kehlkopf  und  Luftröhre  von  einem  jungen  Trionyx  aegyptiacus,  etwas  vergrössert  dar- 
gestellt, a.  Kehlkopf;  b.  Stamm  der  Luftröhre;  c.  linker,  und  d.  rechter  Ast  der  Luft- 
röhre. Beide  Aeste  sind  dicht  an  den  Lungen  abgeschnitten  und  in  ihren  natürlichen 
Krümmungen  dargestellt  worden. 

Fig.  6.  Ein  vergrösserter  Embryo  eines  Schweines ,  der  deshalb  abgebildet  worden  ist,  um  zu 
zeigen,  dass  bei  den  Säugetbieren  die  Rippen  und  die  Querfortsätze  der  Lendenwirbel  zu 
einer  gewissen  Zeit  des  Fruchtlebens  in  ihrer  Grösse  und  ihrem  Verhältniss  zu  den  Wir- 
beln einander  höchst  ähnlich  sind.  Die  ausschattirlen  Theile  stellen  die  Wirbel  mit  ihren 
Rippen  und  Querfortsätzen  dar. 

Fig.  7.  Verschiedene  Eingeweide  eines  fast  reifen  Embryo's  von  Chelonia  Midas  zweimal  vergrös- 
sert.    a.  Dickdarm;   b.  Harnblase:   c.  Kloake;    d.  d.   die  Niere  der  linken  Seitenhälfte; 

e.  e.  der  linke  Wolff'sche  Körper;  f.  f.  Eierleiter,  von  dem  aber  der  vorderste  Theil 
nicht  abgebildet  ist;  g.  Eierstock. 

Fig.  8.  Einige  Harn-  und  Geschlechtswerkzeuge  eines  fast  reifen  Embryo's  von  Testudo  zweimal 
angesehen,  a.  Der  Wolff'sche  Körper  der  rechten  Seitenhälfte  von  seiner  untern  Seite 
vergrössert;  b.  Eierstock;  c.c. Niere;  d.d.  Eierleiter;  e.  Ausführungsgang  des  Wolff- 
schen  Körpers ;  f.  Harnleiter. 

Fig.  9.  Einige  Harn-  und  Geschlechtswerkzeuge  aus  einer  jungen  Terrapene  tricarinata  viermal 
vergrössert.  a.  Die  rechte  Niere;  b.  Harnleiter  derselben;  c.  Wo  1  ff  scher  Körper; 
d.   Ausführungsgang  desselben  ;  e.  Hode. 

Fig.  10.  Einige  Körpertheile  aus  einem  jungen  Pentonyx  capensis  zweimal  vergrössert.  a.  Ueber- 
rest  des  rechten  Wolff  sehen  Körpers;  b.  verdickter  Ausführungsgang;  c.  Hode. 

Fig.  11.  Die  häutigen  und  knorpelartigen  Theile  des  Gehörlahyrinths  aus  einer  erwachsenen  Che- 
lonia Midas  zweimal  vergrössert.  Es  haben  diese  Theile  der  linken  Seitenhälfte  des 
Kopfes  angehört  und  sind  von  ihrer  Innern  (der  Schädelhöhle  zugekehrten)  Seite  abgebildet, 
a.  Der  hintere,  h.  der  vordere,  und  c.  der  äussere  oder  horizontale  halbzirkelförmige 
Kanal;  d.  der  Sack  des  Vorhofes;  e.  der  fast  kegelförmige  Anhang  desselben  ;  f.  undg.  die 
scheibenförmigen  Ausbreitungen  des  Gehörnerven  auf  diesem  Sacke;  h.  das  Säckchen,  welches 
die  Ohrschnecke  der  Säugethiere  repräsentirt ;  i.  eiu  Theil  des  Stammes  vom  Nervus  facialis. 

Fig.  12.  Die  korpelartige  Platte  aus  dem  kegelförmigen  Anhange  des  in  Fig.  11.  abgebildeten  Prä- 
parats zweimal  vergrössert.     a.  Die  Lücke,  und  b.  die  Einbuchtung  in  derselben. 


265 

Fig.  13.  Die  Klitoris  einer  jungen  Sphargis  von  der  rechten  Seite  angesehen  und  viermal  vergrns- 
sert.  a.  a.  Der  Körper  der  Klitoris;  b.  die  Eichel;  c.  die  Oberfläche  der  Haut  der 
Kloake. 

Fig.   14.  Dasselbe  Organ  von  der  oLcrn  Seite  angesehen,     a.  Der  Körper;  b.  die  Eichel. 

Fig.  ]5.  Die  Klitoris  eines  jungen  Trionyx  acgyptiacus  von  der  obern  Seite  angesehen  und  sechs- 
mal vcrgrössert.     a.  Der  Körper  der  Kliloris  ;  b.  b.  die  beiden  Seitenhälften    der  Eichel. 

Fig.  16.  Die  hintere  Hälfte  desselben  Organs  von  der  rechten  Seite  angesehen,  a.  a.  Die  rechte 
Seitenhälfte  der  Eichel ;  b.  b.  die  Spitzen,  in  welche  die  linke  Seitenhälfte  der  Eichel 
ausläuft  ;   c.  die  Spitze,  in  welche  der  Körper  der  Klitoris  nach  hinten  ausläuft. 

Fig.  17.  Durchschnittsflächen  des  Bogens  und  Dornfortsatzes  des  dritten  und  vierten  Rumpfwirbels 
einer  jungen  Chelonia .  auf  die  Peters  in  seiner  Dissertation  Bezug  genommen  hat. 
Der  Schnitt  war  durch  die  Wirbelsäule  nach  der  Länge  derselben  so  geführt  worden, 
dass  er  nicht  allenthalben  genau  die  Mittelebne  getroflen  hatte.  A.  Vierter,  B.  dritter 
Rumpfwirbel ;  a.  a.  untere  Fläche  der  Wirbelbogen  ;  b.  die  mit  einem  eingeschrumpften 
Knorpel  angeftillte  Höhle  des  Innern  des  Wirbelbogens ;  c.  der  Dornfortsatz;  d.  eine 
sehwach  vertiefte  dreieckige  Stelle  zwischen  den  beiden  zusammenstossenden  Wirbeln, 
die  links  von  dem  Schnitte  verblieben  ist,  und  an  den  Fasern  von  dem  Musculus  sacro- 
spinalis  der  rechten  Seitenhälfte  befestigt  waren. 


'^Zehnte    Tafel. 

(Die  Abbildungen  auf  dieser  Tafel  beireffen  nur  die  Einys  eoropaea.) 

Fig.  1.  In  dieser  Figur  sind  der  Dottersack  und  die  Allantois  eines  Embryo's,  der  ungefähr  bis 
zu  der  Mitte  des  Fruchtlebens  gelangt  war,  um  das  Doppelte  vergrössert  abgebildet  worden. 
a.  Der  Doltersack  mit  seinen  Gefässen  von  derjenigen  Seite  dargestellt,  an  welcher  der 
Embryo  seine  Lage  hatte ;  b.  die  Allantois  mit  ihren  arteriellen  Gefässen  (die  venösen 
Gefässverzwcigungen  sind  nicht  dargestellt  worden).  Die  letztere  Eihaut  bedeckt  voll- 
ständig das  Amnion  und  den  Embryo,  dessen  linkes  Auge  durch  sie  hindurchschimmert, 
ist  aber  in  dieser  Abbildung  nicht  gänzlich,  sondern  nur  ihrem  grössern  Theile  nach 
zn  sehen. 

Fig.  2.  Hier  ist  aus  demselben  Ei  der  Dottersack  (a)  mit  seinen  Gefässen  von  derjenigen  Seite 
dargestellt  worden,  welche  dem  Embryo  abgekehrt  war,  oder  ihm  gegenüberlag;  b.  der 
Sinus  terniinalis  des  Dottersacks  ;  c.  eine  nicht  vom  Dottersacke  bedeckte  Stelle  der 
Oberfläche  des  Dotters. 

Fig.  3,  Der  Embryo  desselben  Eies  freigelegt,  aber  dem  Dottersacke  noch  aufliegend.  Die  Ge- 
fässe  des  Doltersacks  a.  a.  sind  nicht  dargestellt.  Das  Amnion  ist  vollständig  entfernt 
worden.  Von  der  Allantois  b.  ist  nur  ein  kleiner  Theil  übrig  gelassen.  Der  Embryo 
befindet  sich  in  ganz  natürlicher  Lage,  nur  war  der  Schwanz,  als  sich  der  Embryo  noch 
in  dem  Amnion  befand,  nicht  so  ausgestreckt,  sondern  lag  mit  seinem  Ende  dem  Rumpfe 
dichter  an.  An  dem  Rücken  waren  die  künftigen  Platten  desselben  schon  als  eben  so 
viele  Felder  angedeutet:  doch  Hessen  sie  sich  noch  nicht,  als  der  Embryo  ganz  frisch  und 
seine  Substanz  noch  etwas  durchscheinend  war,  ganz  deutlich  erkennen.  Theils  deshalb, 
theils  auch,  um  die  Form  des  Rückens  im  Ganzen  gehörig  erkennen  zu  lassen,  habe  ich 
sie  in  dieser  Figur  nicht  andeuten  mögen. 

Fig.  4.  Die  viermal  vergrösserten  Atbemwerkzeuge  desselben  Embryo's  von  ihrer  untern  Seite 
angesehen,  a.  Die  vordere  Hälfte  der  Speiseröhre;  b.  der  Kehlkopf;  c.  die  Luftröhre; 
d.  die  Lungen. 

Fig.  5.    Derselbe  Embryo   von  der   linken    Seite  angesehen  und  zweimal   vergrössert  dargestellt. 


266 

In  der  Mittelebne  des  Körpers  ist  die  Hautbedeckung  des  Rumpfes  der  Länge  nach  durcli- 
schnitten  und  darauf  von  der  ganzen  linken  Seite  des  Rumpfes,  wie  auch  von  dem  hin- 
tern Theiie  des  Halses  abgelöst  und  entfernt  worden.  Mit  ihr  ist  aber  auch  linker- 
seits zwischen  dem  Vorderbein  und  Hinterbein  der  übrige  Theil  der  Bauchwandung  des 
Rumpfes  entfernt  worden,  so  dass  die  Eingeweide  der  Rumpfhöhle  zum  grössern  Theiie 
enthlösst  daliegen.  Die  Rippen  hingegen,  die  häutigen  Theiie  zwischen  denselben,  und 
die  Rückenmuskeln  sind  nicht  fortgenommen.  Doch  haben  nur  die  8  mittlem  oder  län- 
gern Rippen  abgebildet  werden  können,  weil  die  vorderste  und  die  hinterste  zu  klein  wa- 
ren, als  dass  sie  bei  einer  Seitenansicht  des  Embryo's  hätten  deutlich  dargestellt  werden 
können,  a.  a.  Durchschnittsfläche  der  ein  Rückenschild  bildenden  Verdickung  der  Haut- 
bedeckung ;  b.  die  Leber;  c.  der  Magen;  d.  die  aus  der  Nabelöffnung  heraushängende 
Darmschlinge;  e.  ein  kleiner  Theil  der  Allantois ;  f.  die  Harnblase;  g.  der  untere  Theil 
des  Wolff'schen  Körpers;  h.  der  Musculus  latissimus  dorsi.  Uebrigens  sind  die  Ein- 
geweide der  Rurapfhöhle  etwas  auseinander  gezogen  worden,  und  es  erscheint  in  der  Ab- 
bildung der  Rumpf  etwas  dicker,  als  er  es  in  der  Wirklichkeit  war. 

Fig.  6.  Harn-  und  Geschlechtswerkzeuge  ebendesselben  Embryo's,  bei  viermaliger  Vergrösserung 
von  ihrer  untern  Seite  dargestellt,  a.  Wolff  scher  Körper;  b.  Eierstock;  c.  Eierleiter 
und  Ausführungsgang  des  Wolff'schen  Körpers;  d.  hinterster  Theil  des  Darms  ;  e.  Harn- 
blase ;  f.  der  den  After  zunächst  umgebende  Theil  der  Hautbedeckung ;  g.  das  aus  dem 
After  hervorragende  Geschlechtsglied. 

Fig.  7.  Ein  etwas  kleinerer  Embryo  von  Emys  europaea,  der  viermal  vergrössert  dargestellt  ist, 
von  der  Bauchseite  angesehen,  a.  a.  Das  nur  von  einem  verdickten  Theiie  der  Haut- 
bedeckung gebildete  Bauchschild ;  b.  ein  kleiner  übrig  gelassener  Theil  des  Amnions, 
der  wie  ein  Kranz  die  Nabelöffnung  umgiebt;  c,  ein  kleiner  Theil  der  Allantois;  d.  ein 
kleiner  durch  die  Nabelöffnung  sichtbarer  Theil  der  Leber ;  e.  ein  Theil  des  Stammes 
der  Nabelgekrösveue ;  f.  die  aus  der  Nabelöffnung  heraushängende  Darmschlinge ;  g.  das 
aus  dem  After  hervorragende  Geschlechtsglied. 

Fig.  8.  Derselbe  Embryo  von  der  rechten  Seite  angesehen,  a.  Das  äussere  kolbenförmig  an- 
geschwollene und  durch  das  Trommelfell  hindurchschimmernde  Ende  des  Gehörknöchel- 
chens ;  b.  Bauchschild  ;  c.  ein  Theil  des  Amnions,  der  aber  grösser  ist,  als  der  in  Fig.  7 
dargestellte;  d.  Geschlechtsglied. 

Fig.  9.  Derselbe  Embryo  vom  Rücken  augesehen,  a.  Auge;  b.  die  Gegend,  wo  das  Trommel- 
fell liegt. 


267 


Erklärung^  der  Holzschnitte  auf  Seite  253. 


(Alle  diese  Holzschnitte  beziehen  sich  auf  den    grössern  Embryo,  der  in  der  dritten  Abtheilung  beschrieben 
ist,  nud  stellen  verschiedne  Körpertheile  desselben  viermal  vergrössert  dar.) 

Fig.  I.  Der  Knorpel  für  das  rechte  Gaumen-  und  Fliigelbein.  a.  Die  vordere  Hälfte  für  das 
Gaumenbein ;  b.  die  hintere  Hälfte  für  das  Fiügelbein ;  c.  ein  Fortsatz  der  letztern  Hälfte. 

Fig.  II.  a.  Der  Knorpel  fiir  das  rechte  Quadratbein ;  b.  der  Achsenknorpel  der  rechten  Hälfte  des 
Unterkiefers. 

Fig.  III.   a.  Der  Knorpel  für  das  Paukenbein  der  rechten  Hälfte;  b.  wie  in  Fig.  2. 

Fig.  IV.  D.1S  von  der  Schleimhaut  der  linken  Nasenhöhle  gebildete  Säckchen.  a.  Vorderer,  b.  hin- 
terer Ausgang  desselben. 

Fig.  V.  Ein  Theil  des  Darmkanals,  a.  Hintere  Hälfte  der  Speiseröhre ;  b.  Magen ;  c.  c.  Anfang 
des  Dünndarms. 

Fig.  VI.  a.  Die  Niere ;  b.  der  Harnleiter. 


Verbesserunge 


n. 


Seite  VII  Zeile 

7  lies: 

vorgeschrittenero  statt 

vor- 

Seite 121  Zeile 

5  lies: 

geschrittenen. 

— 

129 

— 

16     — 

— 

XI 

— 

33 

— 

seines  st.  ihres. 

— 

132 

— 

36    — 

— 

19 

— 

30 

— 

•künftige  St.  kräftige. 

— 

136 

— 

16    ~ 

— 

25 

— 

3 

— 

hinteren  st.  hintere. 

— 

141 

— 

6    — 

— 

36 

— 

28 

— 

zwei  paarige  st.  zweipaarige. 

— 

— 

— 

30    — 

— 

40 

— 

20 

— 

andern  st.  mittlem. 

— 

143 

— 

21     — 

— 

49 

— 

10 

— 

in  St.  bei. 

— 

145 

— 

1     - 

— 

53 

— 

3 

— 

verschmelzen  st.  verschmol- 

— 

151 

— 

8    — 

zen. 

— 

165 

— 

27    — 

— 

55 

— 

13 

— 

dem  St.  den. 

— 

186 

— 

1    — 



56 

— 

4 

— 

an  st.  in. 

— 

190 

— 

17    — 

— 

59 

— 

1 

— 

eine  so  ansehnliche  st. 
ansehnliche. 

eine 

191 

13    — 

— 

— 

— 

12 

— 

bei  st.  an. 

— 

198 

— 

10    — 

— 

73 

— 

35 

— 

fest  St.  fast. 

— 

80 

— 

6 

— 

kleinern  st.  kleinen. 

""" 

199 

— 

35    — 

— 

96 

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8 

— 

Jüngern  st.  jungen. 

— 

206 

— 

22    — 



102 

— 

1 

— 

denn  st.  dann. 

— 

212 

— 

20    - 

— 

105 

— 

34 

— 

reptils  St.  reptilis. 

— 

222 

— 

13    — 



106 

— 

9 

— 

diesen  st.  dieser. 

— 

— 

— 

21    — 



HO 



11 

— 

erschienen  st.  erscheinen. 

— 

251 

— 

26    — 



111 

— 

18 

— 

Platten  st.  Platte. 

Auf 

Seite 

210 

sind    in 



113 



9 

— 

Wirbel  st.  wirbeis. 

streichen  die  Wörter 

nun  statt  eine, 
solchen  st.  solcher. 
Mündung  st.  Wandung. 
Scheibe  st.  Scheide, 
welchem  st.  welchen, 
eine  st.  die. 

welche  den  st.  welchen  der 
Schilde  st.  Schilder, 
deren  st.  denen, 
dorsi  st.  colli, 
ganzen  obero  st.  ganzen, 
aufgeschnitten  statt  ausge- 
schnitten, 
vorhandenen  st.  vorhandene, 
dem   Embryo   st.   den   Em- 
bryonen, 
unteren  st.  unterer, 
vordere  st.  vordem. 
Jungen  von  st.  jungen, 
dieser  Uebergang  st.  dieser, 
dünnern  st.  dünnen, 
sonach  st.  so  noch, 
den   Zeilen    10   und  11   zu 
:   die  1%  Linie  betrug. 


Tab.  I. 


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Grundriss  der  Physiologie  des  Menschen. 

Für  das  erste  Studium  und  zur  Selbstbelehrung. 

Von  Dr.  G.  Valentin. 

Mit  zahlreichen  in  den  Te.\t  eingedruckten  Holzschnitten. 

In  einem  Bande,     gr.  8.     Fein  Velinpap.     geh.     Preis  2  Thlr.  8  Ggr. 


Handwörterbuch    der    Physiologie 

mit  Rücksicht  auf  physiologische  Pathologie. 
In  Verbindung  mit  mehren  Gelehrten  herausgegeben 

von  Rudolph  Wagner, 

Professor   in   Göltingen, 

Mit  Kupfern  und  in  den  Text  eingedruckten  Holzschnitten.     In  Lieferungen  von  8  —  12  Bogen.  Preis  jeder  Lfrg.  1  Thlr. 

Erschienen  sind:  Lieferung  1  —  17. 


Lehrbuch     der     Ophthalmologie. 

Von  Dr.  C.  G.  Theod.  Ruete, 

Professor  der  Medicin  in  Oüttingen. 

Mit  zahlreichen  in  den  Text  eingedruckten  Holzschnitten.     —     gr.  8.    Fein  Velinpap.     geh.     Preis  4  Thlr. 


Die  Wirbelthiere  Europa's. 

Von 

A.  GrafKeyserling  und  Prof.  J.  H.  B 1  a  s  i  u  s. 

Erstes  Buch  : 

Die  unterscheidenden  Charactere. 

gr.  8.    Fein  Velinpap.     geh.     Preis  2  Thlr.  8  Ggr. 


Im  Verlage  von  Friedrich  Vicweg  und  Sohn  ist  ferner  erschienen: 


Ueber  die  Morphologie  und  die  Verwandtschaftsverhältnisse 

der  wirbellosen  Thiere. 

Ein  BeiCrag  zur  Charakteristik  und  Classification  der  thierischen  Formen, 
Von  Dr.  Rudolf  L  c  u  c  k  a  r  t. 

8.     Fein  Vclinpap.     geh.     Preis  1  Thir.  8  Ggr. 

Beiträge  zur  Kenntniss  wirbelloser  Thiere 

mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Fauna  des  norddeutschen  Meeres. 
Von  Dr.  Heinrich  Frey  und  Dr.  Rudolf  Leuckart. 

Mit  zwei  Sleintafeln.     gr.  4.     Velinpap.     geb.     Preis  4  Thlr. 

Der     feinere     Bau     der     Nebennieren 

beim  Menschen  und  den  vier  Wirbelthierclassen. 

Dargestellt  von 

Dr.  Alexander  Ecker, 

Professor  zu   Basel. 

Mit  2  Stcintafeln.     gr.  4.     Fein  Velinpap.     geh.     Preis  2  Thlr. 

Entwickelungsgeschichte    des   Kaninchen-Eies. 

Gekrönte  Preisschrift,   ausgesetzt  von  der  physikalisch -mathematischen  Klasse  der  königl. 
•  preufs.  Akademie  der  Wissenschaften  im  Jahre  1840. 

Von    Dr.  Th.  L.  W.  Bischoff, 

ordentl.  FrofesBor  in  der  Andtoinie  und  l'liysiulogii;  in  Giefsen. 

Mit  16  Steintafeln,     gr.  4.    Fein  Velinpap.     geh.     Preis  6  Thlr. 


Entwickelungsgeschichte  des  Hunde-Eies. 

Von  Dr.  Th.  L.  W.  Bisch  off, 

ordeatl.  Professor  in  der  Anatomie  und  Physiologie  in  Giefsen. 

Mit  15  Steintafeln,     gr.  4.     Fein  Velinpap.     geh.     Preis  5  Thlr. 
Die  bis  jetzt  bekannten  Arten  aus  der 

Familie     der     R  e  g  e  n  w  ü  r  m  e  r. 

Als  Grundlage  zu  einer  Monographie  dieser  Familie 
Von    W.  Hoffmeister. 
Mit  Zeichnungen  nach  dem  Leben  von  A.  Hoff  meist  er. 
gr.  4.     Fein  Velinpap.     geh.     Preis  2  Thlr. 

System     der     Asteriden. 

Von 

Dr.  Joh.  Müller  u.  Dr.  Fr.  Herrn.  Troschell. 
Mit  12  Kupfertafeln,    gr.  4.    Fein  Velinpap.    geh.    Preis  9  Thlr. 

Die  Thier-Chemie 
oder  die  organische  Chemie  in  ihrer  Anwendung  auf 

s  i  o  lo  g  i  e    und    P  a  t  h^o  l  o 

Von  Justus  Liebig. 
Driite  umgearbeitete  und  vermehrte    Auflage. 
8.     Fein  Velinpap.     geh.    Erste  Abtheilung :  Preis  I  Thlr.  8  Ggr. 

Zur  vergleichenden  Physiologie  der  wirbellosen  Thiere 

Eine  physiologisch  chemische  Untersuchung 
von  Dr.    Carl    Schmidt. 

gr.  8.    Fein  Velinpap.     geh.     Pjeis  12  Ggr. 


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