1 4
iA
|
1 7
1 H
141
‚1
ll
|
*
Anne l * N j
{ I. 8 1 117 . ! 1
1 N \ 1
Nan 11 in u 1177 vi |
t \ r * ' y 8 22 . i
BER a ul: N NI; *
4 N * N N
5 r " (8434 Hm
7 \ > Er ö 7 )
. 1 1 7
* 7 1 7 4 1 * N +
. 1 * EFT N
en, 13 7
5 1
|
|
)
|
zı a2 11 21031731 2
14 5
1 ‘ 114
I 117
.
1
I
I
1 5
1 1
1 * I
N nl N
it ia N
||
11 ' a ih 13 N ı
4 | 1. 3 iM’ a — 101
\ . Dit ‘ N ii i . H
1 ; 9 f * 1
| i ri ee 110
’ 2 ’ I Bla
1 5 . = 144
0 N 1 1
N
1 1111111! 1
1110
1111164 1
ö A
|
)
Nn
N
Pr}
*
De * .
e
.
Unterricht
in der
Obſtbaumzucht
zum Gebrauche
für die
Landjugend in © e ohmen,
verfaßt von
A
Jakob Bamberger,
Baron von Wimmer'schen Wirthſchaktsſekretär, wirklichem Mitgliede der k. k.
pair. öbonom. Geſellſchakt und des Schakzüchter-Vereins, Geſchäktsleiter
hes pomologiſchen Vereins im Känigreiche Göhmen und korrefpondirendem
Mitgliede der k. k. Landwirthſchakts - Geſellſchakt in Stexermark.
Herausgegeben
— a:
* von dem
pomologischen Vereine
auf Koſten
der er, 1 öfon. Rn
* Fa 7 = u -
2 Fe | 25 z
== 5 3 a yt 1 Di a I a > . ® g 1 — en
f
>
Mit bildlichen Darſtellungen auf 4 Tafeln. Ver
Prag, 1835.
Druck und Papier von Gottlieb Haaje Söhne.
2
e
Motto:
Im Wirken für kommende Geſchlechter iſt das wahre Leben.
An die Kinder.
3 Unsere väterliche Regierung wünſcht, lieben
Kinder, euch auch darin unterrichtet zu ſehen, wie
man einen Obſtbaum aufzieht, weil ſie überzeugt iſt,
wenn ihr einmal wiſſen werdet, wie mühſam es iſt,
einen Baum ſo weit zu bringen, bis er Früchte trägt,
und wie angenehm es iſt, Früchte von Bäumen zu
eſſen, die man ſelbſt aufgezogen hat, daß ihr dieſe
Beſchäftigung lieb gewinnen und den Obſtbaumen nicht
nur ſelbſt keinen Schaden zufügen, ſondern auch nicht
dulden werdet, daß ihnen von Andern Schaden zu—
gefügt werde. |
Vielen von euch iſt es gewiß nicht bekannt, daß
man einem Baume Schaden zufügt,
wenn man ihm feinen Pfahl wegnimmt.
Einen ſolchen Pfahl gibt man deswegen dem
jungen Baume, weil er einem Kinde gleicht, das
ohne Stütze nicht allein ſtehen kann; wird nun einem
ſolchen Baume dieſe ſeine Stütze genommen, ſo wird
sch
IV
er von jedem Winde hin und hergeworfen und am
Ende abgebrochen, Wenn ihn aber der Wind auch
nicht abbricht, ſo leidet er doch ſehr dabei, weil die
heftige Bewegung ſeines Stammes ſich auch ſeinen
Wurzeln mittheilt, und dieſe dadurch geſtört werden,
Nahrung einzuſaugen und neue Wurzeln zu bilden,
weun dieſe Störung eine längere Zeit dauert, richtet
ſie den Baum zu Grunde
Dem Baume wird auch Schaden zugefügt
wenn in ſeine Rinde Einfchnitte, al hacht
werden.
Nicht mit Unrecht hat man die Kinder im Ver⸗
dacht, daß dieſe Beſchädigung von ihnen herrühre,
weil ſie mit ihren Tafchenmeſſern ſo gerne ſchnitzeln,
und wenn ihnen auf dem Wege gerade ein Obſtbaum
zur Hand ſtehet, ſich nicht lange beſinnen, und in die
Rinde desſelben Buchſtaben, Namen und andere der:
chen einſchneiden. Allein wir wollen gerne glauben,
daß es nicht die Abſicht eines ſolchen Kindes iſt, den
Baum zu verderben, ſondern daß es nicht weiß, daß
der Baum gegen eine ſolche Verletzung ſehr empfindlich
iſt, indem dadurch ſeine regelmäßigen Berrichtungen
geſtörſt werden und er zu Grunde gehen kann.
Häufig fügen die Kinder den Obſtbäumen auch
dadurch einen beträchtlichen Schaden zu, daß ſie, im
Vorbeigehen vor einem Baume, auf welchem Früchte
hängen, ſolche (oft noch unreif) abreißen
V
wollen, und wenn ſie ſolche nicht erreichen können,
einen ganzen Aſt eines ſolchen Baumes
abbrechen,
dadurch wird der Baum eben ſo, wie bei den Ein⸗
ſchnitten in die Rinde verletzt.
Ein eben fo empfindlicher Schaden, den die Kin⸗
der den Obſtbäumen zufügen, iſt:
Das Aufſuchen und Zerſtören der Vogel—
* nefter, und das Abfangen der Vögel,
y wunit fie in müßigen Stunden ſich fo gerne beſchäfti—
gen vermuthlich, weil ſie auch nicht wiſſen, daß ein
8 grofer Theil dieſer Vögel am liebſten von Raupen
- alle Arten ſich nähret, von welchen Raupen viele un;
fern Obſtbäumen und ien Früchten viel Schaden zu⸗
fügen.
Ä Wenn ihr 7 alles aufmerkſam ſeyn werdet, was
auf eurem Wege um euch her vorgehet, ſo werdet
ihr bald bemerken, daß die Vögel aller Art, ja ſelbſt
Krihen und Dohlen nicht ausgenommen, am liebſten
ſich auf den Bäumen aufhalten. Wir wiſſen wohl,
daß viele von ihnen den Kirſchen, Weichſeln und Pflau—
men ſehr nachſtellen, wir ſehen aber auch, daß ſie den
Aepfeln und Birnen nichts thun, und im Winter iſt
doch pon allem dem nichts, ja nicht einmal ein Laub
auf dem Baume zu ihrem Schutze vorhanden, und
dennoch iſt ſtets der Baum ihr Lieblingsaufenthalt.
Beobachtet aber dieſe Vögel genauer, ſo werdet
ihr ſehen, daß einige Gattungen derſelben, namentlich
VI
die Finken, Meiſen und Sperlinge, vorzüglich jenen
Bäumen zuſprechen, die mit Raupenneſtern oder mit
Raupeneiern verſehen find, welche fie theils ſelbſt ver:
zehren, theils im Schnabel ihren Jungen zutragen.
Daraus werdet ihr erkennen, daß der weiſe
Schöpfer gewiſſen Gattungen von Vögeln
die Raupen als Nahrung zugewieſen hat.
Wenn ihr daher dieſe Raupen fo ſehr überhand neh-
men ſehet, daß ſie nicht nur die Früchte eines Jahres,
ſondern die Bäume ſelbſt vernichten, ſo liegt die
Schuld vorzüglich in der Verminderung der
Vögel, theils in dem Abfangen oder Schißen
derſelben, theils auch in dem Aufſuchen ihrer Meter,
und beſonders in dem Zerſtören ihrer Brut. Ver
von euch, meine Lieben, möchte nun noch künftihin
den weiſen Abſichten unſers gütigen Schöpfers zuwi—
der handeln, und Vögel vernichten, in welchen er uns
die thätigſten Feinde der Raupen geſchaffen hat, und
wer möchte fo undankbar ſeyn, gegen die liebevolle
Mühe derjenigen, welche Obſtbäume pflanzten, deren
Schatten und Früchte uns an heißen Tagen erquicken.
Bevor wir daher euch lehren, wie man es ans
fange, ſich ſeine Obſtbäume ſelbſt zu ziehen, müßt
ihr euch feſt vornehmen:
Erſtens: Keinen Pfahl, an welchem ein Obſtbaum
befeſtiget iſt, weder auszuziehen, noch um;
zubrechen.
vu
Zweitens: Keine Einſchnitte in die Rinde der Obft-
bäume zu machen.
Drittens: Kein Obft im unreifen Zuſtande abzu;
| reißen und zu genießen, und eben ſo wenig
einen ganzen Aſt von einem Obſtbaume abzu⸗
brechen.
Viertens: Im Frühjahre und während des Som—
mers keine Gattung Vögel, weder zu fangen,
noch zu tödten, ihrer Brut nicht nachzuſpüren
und keine Vogelneſter auszunehmen.
3 BR
E eb N |
Ä
10
PP! ˙ FETTE
. —
—
ner
Bon der Obſtbaumzucht überhaupt.
1
Unter Obſtbaumzucht verſteht man die Kunſt, ſolche
Bäume aufzuziehen, die ſchöne und gute Früchte tragen.
Die Holzäpfel⸗ und Holzbirnbäume gehören auch zur
Obſtbaumzucht, wenn fie dazu aufgezogen werden, um
durch die Kunſt vorbereitet zu werden, ebenfalls ſolche
fchöne und gute Früchte zu tragen. |
In was biefe Kunſt beſteht, werdet ihr ſpäter im §. 73
erfahren.
F. 2.
Die Früchte „ welche die Obſtbaumz ucht uns liefern
ſoll, ſind:
Die Aepfel, die 3 die fügen und ſauern
Kirſchen, die Zwetſchken und Pflaumen und die
wälſchen Nüſſe, dieſe werden im Allgemeinen Obſt ge⸗
nannt. | ur
Unter Obſt zählt man zwar auch die Pfirſchinge und
die Aprikoſen, ſodann die Weintrauben, die Himbeere, Sta:
chelbeere und Johannisbeere und auch die Haſelnüſſe, allein
dieſe Obſtgattungen ſind deßwegen von dem gegenwärtigen
Unterrichte ausgeſchloſſ ſſen, weil wir hier bloß von der Zucht
ſolcher Früchte reden wollen, die auf hoch ſtämmigen
Bäumen wachſen, während die Pfirſchinge und Aprikoſen
in der Regel nur auf niedrigen Bäumen, die man Zwerg⸗
bäume nennt, wachſen, die Weintrauben und das übrige
1
2
Beerenobſt gar nicht auf Bäumen, fondern auf Neben
und Sträuchern waͤchſt.
Von dem Nutzen, den die Obſtbaumzucht
gewährt.
$. 3.
Der vielfache Nutzen, den uns das Obſt ſowohl im
friſchen, als getrockneten Zuſtande gewährt, fol uns eben
ſo beſtimmen, Obſt zu bauen, wie wir unſere Brodfrucht
und unſere Gemuͤſe ſelbſt bauen; denn der Landmann muß
es ſich zum Grundſatz machen, für das, was er ſelbſt
erzeugen kann, kein Geld auszugeben; deßhalb mäffen wir
die Obſtbäume, die wir pflanzen wollen, ſelbſt aufziehen;
wir erſparen dadurch nicht nur das Geld, das man oft⸗
mals für Bäume ausgibt, die ſo ſchlechte Früchte tragen,
daß es gar nicht der Mühe werth war, ſie auszuſetzen,
ſondern wir werden bei ſolchen ſelbſt gezogenen Bäumen
ſtets nur die ſchönſten Stämme und jene Sorten zum
Ausſetzen auswählen, die bei uns beſſer fortkommen, weil
ſie an unſern Boden und an die Eigenthümlichkeit unſerer
Witterung ſchon gewöhnt ſind.
Von der Obſtbaumſchule überhaupt.
F. 4.
Der Ort, wo ſolche Bäume aufgezogen werden, heißt
im Allgemeinen die Baumſchule, dieſe beſteht jedoch aus drei
Abtheilungen.
3
In der erſten Abtheilung werden jene Baͤumchen
aus dem Saamen gezogen, die ſpäter veredelt werden ſollen;
man nennt dieſe Abtheilung die Saamenbeete.
In die zweite Abtheilung werden die in den Saa⸗
menbeeten gezogenen Bäumchen, wenn ſie in einem Alter von
2 bis 3 Jahren bis zu einer ſolchen Größe herangewachſen
find, daß fie veredelt werden konnen, hieher überſetzt, um,
wenn ſie Wurzeln gefaßt haben, veredelt zu werden; man |
nennt deßhalb dieſen Theil die Veredlungsſchule.
In der dritten Abtheilung werden ſolche Bäum⸗
chen aus dem Saamen gezogen, von welchen einige Gattungen
gar keiner Veredlung bedürfen, andere aber erſt dann ver⸗
edelt werden, nachdem fie ſchon als hochſtämmige Bäume
in Gärten oder Alleen ausgeſetzt ſind. Dieſe dritte Ab—
theilung werden wir zur Unterſcheidung von der erſten
Abtheilung die Saamentafeln nennen.
Welche Saamengattung in der einen oder der andern
Abtheilung angebaut werden ſoll, werdet ihr ſpäter $. 21
erfahren.
Von der Wahl des Grundes zur Baumſchule,
Der Grund zu einer ſolchen Baumſchule ſoll eben,
trocken, und überhaupt von guter Beſchaffenheit ſeyn. Er
ſoll nicht in der Nähe hoher Bäume und Mauern liegen,
um den Luftzug nicht zu hindern, und um nicht von ihnen
beſchattet zu werden. Hat man keinen ebenen Grund,
und iſt man gezwungen, zwiſchen ſolchen zu wählen, die
eine Abdachung haben, ſo vermeide man jene Lage, welche
die Mittagsſonne hat, weil dieſe den Boden zu ſehr aus—
trocknet, wodurch das Aufgehen des Saamens erſchwert wird.
*
Von der Herrichtung des Grundes.
§. 6.
Sobald der Grund zur Baumſchule gewählt iſt, haben
wir vor allem zur Einzaͤumung desſelben zu ſchreiten, um
das Vieh jeder Art davon abzuhalten; die beſte Einzäu⸗
mung iſt die mit trockenen Reiſern, d. h. mit ſogenannten
Zaunſtöcken; lebendige Zäune find hier deßhalb nicht gut,
weil theils ihr Laub dem Ungeziefer zum Aufenthalte dient,
theils auch ihre Wurzeln dem Grunde der Baumſchule
Nahrung entziehen. In Gegenden, wo das Holz theuer
iſt, kann man den Baumſchulgrund mit einem 4 Fuß brei⸗
ten und eben ſo tiefen Graben umgeben, doch ſoll die
Erde aus dieſem Graben nicht innerhalb, ſondern außer⸗
halb des Baumſchulgrundes gelegt werden; nur wenn ihr
beim Auswerfen dieſes Grabens beſſere Erde als in der
Baumſchule findet, werfet ſolche innerhalb des n
grundes, um ſolchen damit zu verbeſſern.
€
g. .
Iſt die Einzäumung geſchehen, ſo wird die erſte
und die dritte Abtheilung, welche dazu beſtimmt
ſind, Saamen aufzunehmen, abgeſteckt, das heißt,
es werden die vier Seiten einer jeden ſolchen Abtheilung
nach der Gartenſchnur Taf. I. Fig. 1 mit hölzernen Pflöcken
bezeichnet, und der Grund auf 12 Zoll tief umgegraben
oder umgehackt, wenn es aber der Grund geſtattet, um⸗
geſtochen.
Zum Umhacken nimmt man bei feſtem oder ſteinigtem
Boden die Kreuzhaue Taf. I. Fig. 2, bei weniger feſtem
Boden die Haue Taf. I. Fig. 3, und im lockern Grunde
zum Umſtechen die Stechſcheid Taf. I. Fig. 4
5
$.8
Es möge nun der Grund mit dieſem oder jenem Ge—
räthe umgegraben werden, wird man ſtets darauf zu
ſehen haben, daß gleich bei dieſer Arbeit alle Steine,
Wurzeln und alles Unkraut beſeitigt werden, und daß der
Grund allenthalben in einem pulveriſi rten Zustande ſich
befinde.
Iſt der Grund von ſo feſter Beſchaffenheit, daß er
beim Umgraben oder Umſtechen nicht leicht in dieſen lockern
Zuſtand verſetzt werden kann, muß man ihn mit leichter
Erde vermiſchen.
Iſt der Grund leicht und mager, ſo muß man ihm
eine gute Erde beimiſchen. Dieſe Verbeſſerung des
Grundes iſt in der erſten und dritten Abtheilung deß⸗
wegen nothwendig, damit der Saame ſchneller zum Kei⸗
men gebracht werde. Mit der zweiten Abtheilung aber,
die wir die Veredlungsſchule nennen, braucht man es
nicht ſo genau zu nehmen, weil es nicht gut iſt, die jun⸗
gen Bäumchen hier an einen guten Grund zu gewöhnen,
um ſie nicht zu verzärteln.
Dieſe zweite Abtheilung ſoll bis zu a Zeit, wo
man fie braucht, mit Kraut, Rüben und andern Wurzel—
gewächſen bebaut werden, weil dieſe Pflanzen fleißig
behackt werden müſſen, wodurch der Grund ſtets locker
erhalten wird.
$. 9.
Die beſte Zeit zu dieſer Arbeit iſt vom Monate Juli
bis Anfangs Oktober. Wenn jedoch zwiſchen dem Umgra⸗
ben der Saamenbeete und dem Legen des Saamens eine
ſo lange Zeit verſtrichen wäre, daß der Grund mittlerweile
wieder feſt geworden, oder gar mit Gras bewachfen wäre,
6
fo muß ſolcher kurz vor dem Saamenlegen wieder aufge⸗
lockert, und das Unkraut beſeitigt werden.
Von den verſchiedenen Saamengattungen.
$. 10.
Die Baumfrüchte, die wir erzeugen wollen, unters
ſcheiden ſich durch ihren Saamen in Kern⸗, Stein⸗
und Schaalenobſt.
Unter Kernobſt zählen wir alle jene Früchte,
welche Kerne als Saamen in ſich enthalten, wie die
Aepfel und Birnen.
Unter Steinobſt zählen wir wegen der ſehr harten
Schaale die Kirſchen und Weichſeln, die Zwetſchken und
Pflaumen, und unter Schaalenobſt die wälſchen Nüſſe.
—
Von den Eigenſchaften dieſer Saamengattungen.
§. 11. |
Der Saamen vom Kernobft:
a) und zwar die Kerne von Holzäpfeln und Holzbirnen
liefern Bäume, die wieder Holzäpfeln und Holz⸗
birnen tragen, man nennt ſie deßwegen Wildlinge
und bleiben es ſo lange, bis ſie durch die Kunſt
dahin gebracht werden, ſolche gute Früchte zu tra⸗
gen, die wir wuͤnſchen und benöthigen.
b) Die Kerne von guten Aepfeln und Birnen liefern
Bäume, deren Früchte zwar nicht ſo gut ſeyn
werden, als jene, aus welchen der Saame genom⸗
men wurde, die aber doch ſtets ſo bedeutend beſſer
ſind, als die Holzäpfeln und Holzbirnen „daß ſie
manchmal gar keiner Veredlung bedürfen; indeſſen
7
werden auch dieſe Bäume, fo lange fie nicht ver-
edelt werden, immer noch Wildlinge genannt.
Der Saamen vom Steinobſte,
a) und zwar die Steine von guten oder ſchlechten
Kirſchen und Weichſeln liefern gleichfalls Wildlinge,
deren Früchte aber manchmal beſſer ſind, als jene,
| welche den Saamen geliefert haben.
b) Die Zwetſchken⸗ Steine liefern ebenfalls Bäume
mit einer ähnlichen oftmals beſſern Frucht, als
jene, aus welcher der Saamen genommen wurde.
Der Saamen vom Schaalenobſte.
Die wälſchen Nüße haben dieſelbe Eigenſchaft wie die
Zwetſchken⸗Steine, fie liefern Bäume mit derſelben Frucht
wie der Saamen.
Die verſchiedenen Eigenſchaften dieſer Saamengattun⸗
gen machen es nothwendig, für jede Gattung desſelben
eigene Beete in der Baumſchule anzulegen.
Von der Auswahl des Saamens.
§. 12,
Das erſte Erforderniß eines guten Saamens iſt, daß
er von ſolchen Früchten genommen werde, welche auf
dem Baume vollkommen reif geworden ſind. |
Wählet daher bei Aepfeln und Birnen die Kerne
von ſogenannten Sommerobſt, das heißt, von ſolchen
guten Früchten, die entweder im Sommer oder zeitlich im
Herbſte reif und eßbar werden; die Aepfelkerne müſſen voll,
glatt, und die Kernhaut hübſch braun ſeyn. Die Birnkerne
müſſen ebenfalls voll, glatt und ſchwer ſeyn; ihre Haut iſt
zwar in der Regel ſchwarz, doch gibt es einige edle Birn—
gattungen, deren Kerne braun ſind, dieſe können gleichfalls
zum Ausſäen verwendet werden. Nur wenn ihr euch ſolche
8
Kerne von guten Früchten nicht verſchaffen koͤnntet, dann
neymet euch die Kerne von Holzäpfeln und Holzbirnen.
$. 13,
Alle Kirſchenſorten zerfallen in zwei mee
nemlich in ſüße und ſaure Kirſchen.
Zu den Süß-Kirſchen gehört die kleine Vogel- oder
Wald » Kirfche, von welcher es gelbe, blaßrothe und
ſchwarze gibt. Unter die Weichſeln oder Sauerkirſchen
gehört auch die wilde Königsweichſel.
Von dieſen beiden Gattungen habet ihr euch die
Steine als Saamen zu verſchaffen, jedoch ſo, daß die
Hauptausſaat von den Steinen der Süßkirſchen gemacht
werde, weil die Bäume derſelben geeigneter ſind, zu allen
Gattungen von Süß⸗ und Sauer ⸗Kirſchen veredelt zu
werden, als jene der Sauerkirſchen, von welchen aber
nur die Steine der Königsweichſeln, in gutem Boden oft⸗
mals einen Baum mit ſo guter Frucht hervorbringen, daß
man ihn gar nicht zu veredeln braucht.
Solltet ihr euch die Vogelkirſchen als Saamen nicht
verſchaffen können; ſo könnt ihr auch die Steine von ver⸗
edelten Süßkirſchen zum Saamen verwenden.
F. 14.
Die Tauglichkeit der Zwetſchkenſteine erkennt man
dadurch, daß man ſie in ein Gefäß mit Waſſer wirft,
diejenigen, welche oben aufſchwimmen, werden, als zur
Saat nicht geeignet, beſeitigt, weil angenommen wird,
daß ſie einen fehlerhaften Kern enthalten, der nicht keim⸗
fähig iſt; man verwendet daher nur die zu Boden gefal⸗
lenen Steine als Saamen. Auch die Steine ſolcher Zwetſch⸗
ken, die zu Muß (Powidla) verwendet wurden, duͤrfen nicht
zum Saamen genommen werden, weil ſie durch das Kochen
ihre Fähigkeit zum Keimen verloren haben.
9
Da die Zwetſchkenſteine Bäume liefern, die ohne
Veredlung wieder dieſelben Zwetſchken tragen, ſo ſoll
man Steine von ſolchen Zwetſchken zum Saamen nehmen,
die in einer wärmeren Gegend gewachſen ſind, z. B. in
ſolchen Berglehnen, die der Mittagsſonne zugekehrt ſind,
weil ſie hier beſſer ausgereift ſeyn werden.
$. 15.
Bei den wälſchen Nüſſen beſteht die Eigenſchaft eines
guten Saamens darin, daß die Nüße groß ſind, einen
vollen Kern und eine dünne Schaale haben.
Uiber die Aufbewahrung des Saamens.
8 $, 16.
Jeder Saame ſoll, ſo wie er reif iſt, ſomit noch vor
dem Winter ausgeſäet werden, weil die Winterfeuchte
ſehr viel dazu beiträgt, ſein Keimen im nächſten Frühjahre
zu befördern.
Da jedoch oftmals Fälle eintreten, die uns daran
hindern, oder die es auch gar nicht räthlich machen, den
Saamen noch im Herbſte anzubauen, wie z. B. in ſolchen
Jahren, wo durch trockne Witterung die Mäuſe ſehr über⸗
hand genommen haben, und zu beſorgen iſt, daß ſie den
angebauten Saamen angreifen könnten, ſo wollen wir euch
mit der Art bekannt machen, wie man die verſchiedenen
Obſtſaamen über den Winter bis zur Zeit ihres Anbaues
im Frühjahre ſo aufbewahret, daß ſie keinen Schaden
leiden. g
§. 17. 5
Die Kerne der Aepfeln und Birnen werden, wenn ſie
es bedürfen, rein gewaſchen, und an der Luft fo abge⸗
trocknet, daß fie nicht an einander hängen bleiben, es
10 „
wird ſodann jede Gattung für ſich in ein leinenes Saͤck⸗
chen in der Mitte des Gewölbes, eines trocknen Kellers,
oder in eine trockene Kammer, welche nicht geheitzt wird,
aufgehängt.
6. 18.
Die Steine der Pflaumen und Zwetſchken, der Kir⸗
ſchen und Weichſeln werden am beſten in Töpfen zwiſchen
Sägeſpänen oder Sand aufbewahrt, wobei immer eine
Lage Sägeſpäne oder Sand mit einer Lage Steine ab⸗
wechſelt. Könnt ihr euch keine Sägeſpäne verſchaffen, ſo
nehmet feinen Sand dazu; die Töpfe werden ſodann mit
Brettchen zugedeckt, die ihr mit einem Bohrer ſo durchlö—
chern müſſet, daß keine Maus, wohl aber die Luft hinzu
treten kann, damit die Steine nicht dumpfig und ſchimm⸗
licht werden, in welchem Zuſtande ihre Keimfähigkeit zwei⸗
felhaft iſt.
Keimt der Saame während dem Winter, was im
Frühjahre genau zu unterſuchen iſt, ſo müßt ihr den Topf
zerſchlagen, damit ihr den Saamen, ohne die Keime zu
beſchädigen, herausnehmen könnt, um ſolchen mit den
Keimen vorſichtig zu legen.
$. 19.
Die waͤlſchen Nüſſe aber ſollen ſtets im Herbſte, fo
wie ſie abgenommen werden, ſammt ihrer grünen Schaale
gleich in das für ſie beſtimmte Beet gelegt werden, denn
dieſe grüne Schale dient ihnen als Schutz gegen den Maͤuſe⸗
fraß, und befördert das Keimen.
§. 20.
Geſtattet es die Zeit, jo werdet ihr ſehr gut thun,
auch die Kirſchen⸗ und Weichſelſteine noch in demſelben
Jahre zu legen; in dieſem Falle leget die Steine mit
|
|
11
ihrem Fleiſche, ihr werdet dadurch auch ihr Keimen bes
fördern.
Wohin die verschiedenen Saamengattungen ange—
baut werden.
§. 21.
Wir haben euch nun zu ſagen, welche Saamengat—
tungen in die 1. Abtheilung, und welche in die 3. Abtheilung
angebaut werden.
In die erſte Abtheilung
kömmt der Saame von
1. Aepfeln,
2. Birnen
anzubauen, weil die davon emporwachſenden Wildlinge
ſpäter in die Veredlungsſchule überſetzt werden müſſen,
um dort veredelt zu werden.
In die dritte Abtheilung
kömmt der Saame von
3. Krſchen,
4. Weichſeln,
5. Zwetſchken oder Pflaumen,
6. Waͤlſchen Nüſſen
anzubauen, weil die Kirſchen und Weichſeln erſt dann
veredelt werden, wenn fie jchon in Gärten und Alleen
ausgeſetzt ſind, oftmals aber unveredelt ſchon ſo gute
Früchte tragen, daß ſie gar keiner Veredlung bedürfen.
Die Zwetſchken und wälſchen Nüſſe aber, welche
ſtets wieder dieſelbe Frucht hervorbringen, können gar nicht
veredelt werden.
12
Wie tief die verſchiedenen Saamengattungen
gelegt werden.
$. 22.
Die Tiefe, in welcher ein Saame unter die Erde ge⸗
bracht werden ſoll, nimmt mit ſeiner Größe zu oder ab,
d. h. großer Saame wird tief, kleiner Saame hingegen
ſeicht gelegt.
Nach dieſer Regel werden: 5
Die Aepfel⸗ und Birnenferne. . . 1% Zoll
„ Kirſchen⸗ und Weichſelſteine . 2 1
„ Zwetſchkenſtei ne
„ wülſchen Nüſſe
tief gelegt werden müſſen.
Von der Ausſaat.
§. 23,
Wenn der Grund zur Aufnahme der verſchiedenen
Saamengattungen jo vorbereitet iſt, wie wir euch bei §. 7
und 8 gelehrt haben, ſo werdet ihr zuerſt jenen Saamen
anbauen, welcher in die erſte Abtheilung gehört; dieſer
beſteht nach d. 21 in den Aepfel⸗ und Birnenkernen.
Es wird zu dieſem Behufe für jede dieſer beiden Saa⸗
mengattungen ein eigenes Beet gemacht, ſo daß auf
dem einen Beete lauter Aepfelkerne, auf dem andern
aber lauter Birnenkerne angebaut werden.
Die Größe dieſer Saamenbeete richtet ſich uch der
Größe der ganzen Baumſchule; iſt dieſe z. B. 40 Klafter
lang und 10 Klafter breit, ſomit 400 JJ Klafter oder
½ böhm. Strich groß, fo iſt es genug, wenn ein jedes
ſolches Saamenbeet 2 Klafter lang und eben fo breit, ſo—
mit TI Klafter groß iſt. Auf einem ſolchen Beete ſtehen
viele hundert Bäumchen. |
13
Damit dieſe Beete regelmäßig gemacht werden, müſſen
ſolche mit der Gartenſchnur Taf. I. Fig. 1 abgeſteckt werden.
b. 24.
Dieſes Saamenbeet kann übrigens ſo lang und ſo
breit ſeyn, als es der vorhandene Raum geſtattet, ſoll
aber ſtets mehr Raum enthalten, als der vorhandene Saame
erfordert, weil man mit dem Anbau dieſes Saamens alle
Jahre fortfahren ſoll, um ſtets neue Pflanzen zum Nach⸗
ſetzen zu haben. |
e 8 28
Die Beete der Aepfel- und Birnenkerne werden durch
einen 2 Fuß breiten Fußſteig von einander getrennt; die
Erde aus dieſem Fußſteige wird auf das eine oder das
andere Beet geworfen, und mittelſt eines Rechens mit ei⸗
fernen Zinken wie Taf. I. Fig. 5 fo gut vertheilt und ab⸗
gerecht, daß das Beet wieder vollkommen geebnet iſt.
0 §. 26.
Auf einem ſolchen Beete werden nach der Schnur
mit der Haue Taf. I. Fig. 3, Rinnen, 1) Zoll tief und eine von
der andern 10 Zoll entfernt, gemacht, und immer zwiſchen
vier Reihen ein Fußſteig von 2 Fuß Breite feſtgetreten.
F. 27.
In dieſe Rinnen wird der Saamen ſo gleichmäßig
eingeſtreut, daß ein Kern vom andern wenigſtens 2 Zoll
entfernt liegt; dieſer wird ſodann mit guter klarer Gar⸗
tenerde zugedeckt; wenn die Erde in den Beeten nicht ſehr
gut iſt, müßt ihr, bevor der Saamen angebaut wird,
gute klare Gartenerde in die Rinnen einſtreuen, wodurch
der Saamen ſchneller zum Keimen gebracht wird.
$. 28.
Sobald eine ſolche Abtheilung von vier Reiben ange⸗
baut iſt, werden die einzelnen Reihen mit Erde zugedeckt,
14
man fol jedoch nicht alle Erde, die aus der Rinne aus⸗
gehoben wurde, auf den Saamen legen, ſondern nur ſo
viel, daß die Saatreihe mit dem übrigen Beete gleich iſt.
Die übrig gebliebene Erde bleibt neben der Reihe liegen,
um, wenn ſpäter die Erde in der Rinne f ich gefeßt hätte,
ſolche damit auszufüllen. '
$. 29.
Die 2 Fuß breiten Wege zwifchen den Saamenbeeten
dienen dazu, um das Unkraut oder Gras, welches ſpäter
auf den Beeten zum Vorſchein kömmt, von allen Seiten
ausziehen zu können, ohne daß man nöthig hätte, deß⸗
wegen auf den Beeten ſelbſt herumtreten zu müſſen.
$, 30.
Habt ihr auf dieſe Art die Saamenbeete der erſten
Abtheilung bebaut, ſo kömmt nun die Reihe an die Saa⸗
mentafeln der dritten Abtheilung, in welche der
Saamen von Kirſchen, Weichſeln, Zwetſchken und
wälſchen Nüſſen anzubauen kömmt.
Auch hier ſoll jede Saamengattung eine eigene Ab⸗
theilung erhalten, welche Abtheilung wir künftighin Tafeln
nennen wollen. Dieſe Tafeln müſſen ebenfalls wie bei
den Saamenbeeten der erſten Abtheilung mehr Raum ent⸗
halten, als der vorhandene Saamen erfordert, weil auch
hier alle Jahre etwas Saamen nachgebaut werden ſoll, um
ſtets neuen Nachwuchs zu haben.
F. 31.
Da die Saamengattungen, die auf den Tafeln dieſer
dritten Abtheilung angebaut werden, Bäume liefern
ſollen, die hier ſo lange ſtehen bleiben werden, bis ſie geeignet
find, als Standbäume in Gärten oder Alleen ausgeſetzt
zu werden, ſo werdet ihr die Nothwendigkeit einſehen, daß
dieſen Saamengattungen mehr Platz eingeräumt werden
15
müſſe, als jenen Saamengattungen in der erſten Abthei—
lung, damit ſie während ihres Wachsthums ordentlich
gepflegt werden, und ſowohl ihre Wurzeln, als auch 50
Krone ſich gehörig ausbilden können.
Dem zufolge werden die Saamenreihen hier 3 Fuß weit
von einander gemacht, und in den Reihen die Steine der
Kirſchen und Weichſeln 3 Zoll, die Zwetſchkenſteine 4 Zoll
u die Nüſſe 6 Zoll von einander eingelegt.
3 Von der Pflege der jungen Pflanzen im
erſten Jahre.
$. 32.
In ſolchen Saamenbeeten, die im Herbſte angelegt
wurden, pflegen ſich im Winter Mäufe einzufinden, die
den Saamen angreifen und verzehren, man muß daher auf
dieſe Gäſte ſehr aufmerkſam ſeyn, und ſobald man ſich
von ihrer Gegenwart in den Beeten überzeugt hat, alles
anwenden, um ſie zu entfernen oder abzufangen. Wenn
die gewöhnlichen bekannten Mittel zur Entfernung oder
Vertilgung derſelben nicht ausreichen; ſo werdet ihr durch
folgendes Verfahren ſicher den Zweck erreichen.
§. 33,
Sobald man ſich überzeugt hat, daß Mäuſe in die
Saamenbeete gedrungen ſind, ſo leget einige Haufen friſchen
Pferdemiſt in der Nähe außerhalb derſelben, und tretet
dieſe Haufen feſt zuſammen; durch dieſes Zuſammentreten
wird dem Pferdemiſt die ihm eigenthümliche Wärme bewährt,
dieſe Wärme verbreitet einen Geruch, dem die Mäufe -
nachgehen, und ſich in dieſem Haufen über Nacht aufhalten.
Zeitlich früh läßt man ſie von Kindern mit Beſen verſehen
umſtellen; während einer mit einer Miſtgabel den Haufen
16
bis auf den Grund auflockert, müſſen die Umſtehenden die
Mäuſe, die herauslaufen, tödten; ſo wird bei allen Hau⸗
fen verfahren, die dann zuletzt wieder in Ordnung gebracht
werden, um dieſes Verfahren den nächſten Morgen und
ſo lange zu wiederholen, bis keine Mäuſe mehr ſich ein⸗
finden. |
§. 34.
Ein anderes, ſehr erprobtes Mittel ift folgendes:
Sobald der Saame gelegt iſt, wird ſolcher ſtark mit
feuchtem Flußſand beſtreut, und dann erſt mit der
leichten Gartenerde bedeckt; die Mäuſe, welche kommen
den Saamen anzugreifen, verlaſſen ſolchen auf der Stelle,
ſobald ſie mit dem Saamen, den feinen Sand in's Maul
bekommen.
§. 35.
Viel Schaden verurſacht den Saamenbeeten auch das
Flügelvieh, welches weder durch Zaun, noch durch Graben
abgehalten wird, indem es beides überfliegt; bedeckt daher
die Saamenbeete, ſo lange die Keime noch zart
ſind, nur leicht mit Fichten⸗ oder Tannenzweigen, oder
ihren Nadeln.
F. 36.
Bei ſolchen Saamenbeeten, die ſchon im Herbſte ange⸗
legt wurden, deren Keime aber noch nicht zum Vorſchein
gekommen ſind, wird die Oberfläche derſelben durch Schnee,
Regen und Winde im Frühjahre eine Kruſte erhalten
haben, welche das Durchdringen der jungen Keime ſehr
erſchwert; man muß daher zeitlich im Frühjahre dieſe
Kruſte ſehr vorſichtig zertheilen und auflockern, damit die
jungen Keime nicht beſchädigt werden; dieſe Arbeit wird
am zweckmäßigſten mit der Gabelſeite der Jätehaue Fig. 6
verrichtet.
17
$. 37.
Ein fehr leichtes Mittel, die Bildung einer ſolchen
Kruſte zu verhindern, und zugleich dem Grunde die Feuch⸗
tigkeit zu bewahren, beſteht darin, die ganze Fläche der
Saamenbeete im Herbſte mit den Nadeln der Tan⸗—
nen und Fichten, in Ermanglung derſelben auch mit Säge⸗
ſpänen, einen halben Zoll hoch zu bedecken, die dann im
Frühjahre auch liegen bleiben können.
F. 38.
Das Auflockern der Saamenbeete im Frühjahre fol
jedoch nur dann erſt geſchehen, wenn keine Nadıtfröfte
mehr zu beſorgen ſind, weil wir aus Erfahrung wiſſen,
daß dieſe Nachtfröſte auf Pflanzen im friſch gelockerten
Boden weit nachtheiliger wirken, als auf jene im nicht
gelockerten; ſind aber die Keime ſchon empor gewachſen
und noch Nachtfröſte zu beſorgen, ſo müſſen ſie ſtets des
Abends mit Stroh, Reiſer oder ſonſt etwas leichtem, was
ſie nicht drückt, z. B. Sägeſpänen, bedeckt werden, und des
Morgens ſo lange bedeckt bleiben, bis die Luft ſich voll⸗
kommen erwärmt hat; am beſten eignen ſich hiezu, wie
ſchon geſagt, die Nadeln von Fichten, Tannen und Kie⸗
fern, welche, da ſie ſehr leicht ſind, nicht weggenommen
zu werden brauchen.
| 8.39
Sobald keine ſolche Nachtfröfte mehr zu befürchten
ſind, unterlaſſet nicht die Saamenbeete wenigſtens einmal
im Frühjahre, und zwar des Morgens, zu begießen, bei
großer Trockenheit im Frühjahre wird ein öfteres Begießen
ihnen ſehr erſprießlich ſeyn.
6. 40.
Die Saamenbeete müſſen von allem Graſe und Un⸗
kraute rein gehalten werden; in den Beeten der erſten
2
18
Abtheilung muß ſolches nach einem Regen, oder nachdem
man ſie zu dieſem Zwecke eigends begoſſen hat, mit den
Fingern ausgezogen werden, weil die Reihen zu nahe an
einander find, um ſolches mit der Haue, ohne die Pflan⸗
zen zu beſchädigen, verrichten zu können. Auf den Saa⸗
mentafeln der dritten Abtheilung aber, wo die
Saatreihen 3 Fuß weit von einander ſind, könnt ihr das Unkraut
mit der Haue oder mit der Jätehaue verrichten, ſobald
ihr jedoch mit dieſer oder jener Haue in der Nähe der
Pflanze kommt, müßt ihr Acht geben, damit ihr keine
Wurzeln zerhaut, und keine Pflanze beſchädigt.
F. 41.
Dieſes Lockerhalten und Reinigen der Saamenbeete in
der erſten, und der Saamentafeln in der dritten Abs
theilung muß ſo oft wiederholt werden, als ſich Gras
zeigt, und der Grund ſo feſt geworden iſt, daß man mit den
Fingern nicht leicht in denſelben dringen kann. Mitten
im Sommer bei großer Hitze aber darf dieſe Auflockerung
des Grundes nicht geſchehen, weil er dadurch ſehr aus⸗
trocknen würde; in dieſem Falle wird blos das Unkraut
mit der Haue nur ſehr leicht ausgehackt.
Behandlung der jungen Pflanzen im zweiten
Jahre.
41.
In den Saamenbeeten der erſten Abtheilung
werden in den erſten ſchönen Frühlingstagen an den Stämm⸗
chen alle jene Seitenäſtchen vom Boden aufwärts bis zu einer
Höhe von 6 Zoll, welche ſich im vorigen Jahre gebildet
haben, glatt weggeſchnitten, und alle jene Knospen, welche
ſich von nun an bis zu dieſer Höhe an den Stämmchen
19
entwickeln, jedesmal mit dem Finger von oben nach unten
abgeſtoßen; durch dieſes Abſtoßen wird das den jungen
Bäumchen ſo ſchädliche Beſchneiden erſpart, und die Stelle,
an welcher künftig die Veredlung vorgenommen wird, glatt
erhalten, wodurch das Veredlungsgeſchäft ſehr erleichtert
wird. In den Saamentafeln der dritten Ab⸗
theilung wird an den Pflanzen in dieſem zweiten Jahre
nichts geſchnitten.
In dieſen Saamenbeeten wird der Grund auch im
zweiten Jahre ſo oft gelockert und von Unkraut gereiniget,
als es nothwendig iſt.
Von der Herrichtung des Grundes zur Ver—
edlungsſchule.
$. 43.
Wir ſind nun am Ende des zweiten Jahres, und
müſſen daran denken, die zweite Abtheilung der Baum⸗
ſchule, die wir die Veredlungsſchule nennen, in den
Stand zu ſetzen, die zwei Jahre alten Pflanzen aus den Saa⸗
menbeeten der erſten Abtheilung im nächſten Früh⸗
jahre, oder wenn ſie noch zu ſchwach wären, im nächſten
Herbſte aufzunehmen, wie wir euch dies ſchon im Aten F.
geſagt haben.
44.
Wir haben euch im 8. §. geſagt, daß dieſer Theil der
Baumſchule, ſo lange er für die Bäumchen nicht gebraucht
wird, mit Hackfrüchten bebaut werden ſoll, damit der
Grund mittlerweile recht durchgearbeitet und locker erhalten
werde.
Dieſe Bearbeitung des Bodens iſt jedoch nicht hinrei—
chend für die Bäumchen, die, weil fie hier fo lange ſtehen
2 *
20
bleiben, bis fie als hochſtämmige Bäume zum Ausſetzen in
Gärten und Alleen geeignet ſind, mit ihren Wurzeln
tiefer gehen, als ſie es bisher gethan haben. Es muß
daher, ſobald die Hackfrüchte herausgenommen ſind, alſo
noch in demſelben Herbſte, der Grund auf 1½ Fuß tief
rigolt werden.
§. 45.
Rigolen heißt den Grund ſo umgraben, daß die obere
Erdſchichte unten, und die untere oben zu liegen komme.
Dieſen Zweck wird man jedoch nur dann vollkommen errei⸗
chen, wenn man bei dieſer Arbeit eine gewiſſe Ordnung
beobachtet, welche zugleich die Arbeit ſelbſt ſehr erleich⸗
tert. Die folgende Figur ſoll euch das diesfällige Ver⸗
fahren verſinnlichen.
25 24 9
26 23 10
27 22 11
=
= 1
En) — ——— — —14ꝶ4Üãä ü———— — ——̃ 7+:2᷑ ——
=
5 — — . —— —
3
ey
— ,,,,
x
Br:
Fe
—— ——
1
209 20 13
oe
„ „ „„ „ „ „ rr F eee Nene. 2 Free
17 16
— TEE * 2
|
f f
1 I Be
E a — ——ũKä— — nun 1
21
Angenommen die Fläche von a b iſt A Klafter
breit, und von b+ c b 6 Klafter lang, fo wird die
Breite in 8 Theile, jeder Theil 3 Schuh breit, und die
Länge in 4 Theile, jeder Theil 9 Schuh lang nach der
Schnur mit der Haue ſo abgetheilt, daß die ganze Fläche
in 32 länglichte Vierecke abgetheilt erſcheint, wovon ein
jedes 9 Schuh lang und 3 Schuh breit ſeyn wird; nun hebt
der Arbeiter die Erde aus der Abtheilung Nro. 1 in der
oben angegebenen Tiefe von 1½ Fuß heraus, und legt ſie
auf den Platz aa. Iſt die erſte Abtheilung rein, fo
geht er an die Abtheilung Nro. 2, von welcher er die
Erde in die Abtheilung Nro. 1 wirft; wenn er nun ſo
fortfährt, ſo wird in der erſten Reihe die letzte Abtheilung
Nro. 8 leer bleiben, in welche wieder die Erde aus der
Abtheilung Nro. 9 geworfen wird. In dieſer zweiten
Reihe wird zuletzt die Abtheilung Nro. 16 leer bleiben,
in welche wieder die Erde aus Nro. 1, welche bei a a
liegt, geworfen wird. |
Wenn nun bei Nro. 17 wieder angefangen wird, wie
bei Nro. 1, ſo wird die Erde aus dieſer Abtheilung auf
den Platz b b hingelegt, um damit die Abtheilung Nro. 32,
welche zuletzt leer bleibt, auszufüllen. 6
Wenn jedoch beim Rigolen ſich zeigen ſollte, daß der
untere Grund ſchlechter als der obere iſt, ſo muß man
beim Zurückwerfen der aufgegrabenen untern Erdſchichte,
ſolche mit der obern miſchen.
§. 46.
Sobald das Rigolen beendigt iſt, wird die ganze
Fläche mittelſt des Rechens abgeebnet, und in zwei Ta⸗
feln abgetheilt, damit die Aepfel⸗ und Birn⸗Wildlinge
jede Gattung eine ſolche Tafel für ſich erhalte, die groß
genug iſt, um nicht nur die bereits vorhandenen zweijährigen
228
Wildlinge, ſondern auch noch die nachgezogenen Wildlinge
ſpäterer Jahre aufzunehmen. Geſtattet es der Raum, ſo |
find die beiden Tafeln durch einen 4 Fuß breiten Weg zu
trennen.
—
Von der Zeit zum Verſetzen der fungen Bäum⸗
chen aus den Saamenbeeten in die Ver⸗
edlungsſchule.
$. 47.
Die übliche Zeit zum Verſetzen der jungen Bäum⸗
chen iſt gewöhnlich im Her bſte, allein bedenkt man die
Unfälle, die ein ſtrenger Winter einer ſolchen jungen
Pflanzung, die noch nicht Wurzel faſſen konnte, treffen
kann, jo iſt es rathſamer, das Verſetzen erſt im F rüh⸗
jahre vorzunehmen, nur darf dieſe Arbeit in keine naſſe
Zeit fallen, und ſoll erſt dann vorgenommen werden, wenn
der Grund ſo gehörig abgetrocknet iſt, daß er ſich nicht
ballt, oder gar an der Schaufel hängen bleibt.
Von dem Ausheben der jungen Bäumchen aus
den Saamenbeeten der erſten Abtheilung.
$. 48.
Das Ausheben der jungen Bäumchen aus
den Saamenbeeten der erſten Abtheilung ſoll
mit ſolcher Vorſicht vorgenommen werden, daß die noch
zarten Wurzeln gefchont und nicht unndthigerweiſe beſchä⸗
digt werden; deßhalb ſoll man dieſe Arbeit nicht mit einer
Haue, ſondern mit dem Stechſcheit Taf. I. Fig. 4 auf folgende
Art vornehmen.
Den Tag vor dem Ausheben der Bäumchen werden
dieſe Saamenbeete ſtark begoſſen; dieſes Begießen hat zum
0
23
Zweck, damit beim Ausheben die Wurzeln der Bäumchen
ſich leichter von der Erde losmachen. Beim Ausheben
wird die Erde nach der Länge der Pflanzenreihen / Schuh
von den Bäumchen entfernt, ſo tief mit dem Stechſcheit
ausgehoben, als die Wurzeln reichen; darauf werden dieſe
Wurzeln mit der Spitze des Stechſcheites unterhölt, d. h.
unter ſich von der Erde losgemacht; bei dieſer Arbeit wird
man es nicht verhindern können, daß manchmal eine Wurzel,
die etwas tiefer gegangen iſt, als die übrigen, mit dem
Stechſcheite abgehauen werden muß. Iſt die Erde nun auf
zwei Seiten, nämlich von vorne und unter den Bäumchen
geöffnet, ſo wird man mit dem Stechſcheite auf der ent⸗
gegengeſetzten Seite mit einem Stich mehrere Bäumchen
auf einmal ohne alle Mühe ausheben.
Dir
Das Ausheben der jungen Bäumchen aus den
Saamentafeln der dritten Abtheilung.
$. 49.
Wenn auf den Saamentafeln der dritten Ab⸗
theilung aller Saamen aufgegangen wäre, würden die
Pflanzen daſelbſt viel zu dicht bei einander ſtehen, und ſich in
ihrer Ausbildung wechſelſeitig hindern, man muß daher von den
Kirſchen und Weichſeln ſo viele Pflanzen ausziehen, daß
die zurückbleibenden wenigſtens 12 Zoll von einander ent⸗
fernt zu ſtehen kommen; bei den Zwetſchken und wälſchen
Nüſſen werden ſo viele ausgezogen, daß die zurückbleiben⸗
den Pflanzen wenigſtens 18 Zoll von einander abſtehen.
6. 50.
Das Ausheben dieſer überflüſſigen Pflanzen geſchieht
übrigens ganz auf dieſelbe Weiſe, wie dies im vorgehen—
den §. 48 beſchrieben wurde, nur mit dem Unterſchiede,
daß hier beim Ausheben noch eine größere Vorſicht noth—
24 |
ift, damit dabei die Wurzeln der ftehenbleibenden
Pflanzen nicht beſchädigt werden; zu dieſem Ende dürfen
nur die auszuhebenden Bäumchen den Tag vorher ſtark
begoſſen werden; beim Ausheben ſelbſt aber wird es zweck-
mäßiger ſeyn wenn zwei Perſonen gegen einander von
beiden Seiten der Pflanze ) Schuh davon entfernt das
Stechſcheit in den Boden einſtechen, und zu gleicher Zeit
den Grund mit den Pflanzen etwas heben, während ein
Dritter die Pflanzen oben von der Erde befreit und dann
ſie ſanft herauszieht. |
$. 51.
Die ausgehobenen Baͤumchen werden geſammelt, bis
mehrere beiſammen ſind; damit aber indeſſen ihre Wurzeln
nicht vertrocknen, werden ſolche mit Stroh oder Erde bee
deckt. Uibrigens ſoll man nicht mehr Bäumchen heraus⸗
ziehen, als man noch an demſelben Tage verſetzen kann.
N $. 52. |
Die Bäumchen aus den Saamentafeln der er
ſten Abtheilung kommen in die zweite Abtheilung, welche
wir die Veredlungsſchule nennen, wie wir euch dies
im $. 4 ſchon gefagt haben; die Baͤumchen aus den Saamen⸗
tafeln der dritten Abtheilung werden wieder auf
denſelben Tafeln ausgeſetzt, und zwar: auf jenen Platz,
den man nach $. 30 dazu beſtimmt hat, im naͤchſten Jahre
auf gleiche Art mit Saamen zu bebauen, ſo daß die er⸗
ſten verpflanzten Bäumchen ſich an jene Reihen anſchließen,
aus welchen fie ausgehoben wurden; wodurch die Bäume
von gleicher Gattung und gleichem Alter immer beifammen
ſtehen werden. |
25
Von dem Beſchneiden der jungen Bäumchen
beim Verſetzen.
§. 53.
Die jungen Bäumchen müſſen vor dem Uiberſetzen an
den Wurzeln und an den Stämmchen beſchnitten werden;
von dieſem Beſchneiden hängt größtentheils das künftige
Gedeihen derſelben ab. Die Inſtrumente, deren man ſich
dazu bedient, ſind: die Baumſäge Taf. I. Fig. 7 und das Gar—
tenmeſſer Taf. I. Fig. 8. Dieſes letztere muß ſehr ſcharf gehal⸗
ten werden, damit beim Schneiden keine Faſern erzeugt
werden.
F. 54. ii
Das Beſchneiden geſchieht auf folgende Art: Man
nimmt das Bäumchen ſo in die linke Hand, daß die Spitze
desſelben der Erde, die Wurzeln aber dem Geſichte zuge—
kehrt find. Man wird bei den Aepfel⸗, häufiger aber bei
den Birnbäumchen unter den kleinen Seitenwurzeln in der
Mitte eine lange ſtarke Wurzel bemerken, welche Wurzel
Pfahl⸗ oder Herzwurzel heißt, die ſich gebildet hat, um
das Bäumchen im Boden zu befeſtigen; dieſe Wurzel vers
kürzet auf 1 bis 2 Zoll. Dieſes Verkürzen iſt deßhalb
nöthig, weil dieſe Wurzel das Anſetzen und die Ausbil⸗
bung der Seitenwurzeln hindert, welche für den Baum
viel wichtiger ſind, weil ſie ſeichter liegen, daher mehr und
beſſere Nahrung dem Baume zuführen, als die Pfahlwur⸗
zel, die mit ihrer Neigung immer tiefer zu gehet, zuletzt
auf unfruchtbaren Grund gerathet, und den Baum zu
Grunde richtet.
Da das Ausheben der Bäumchen ſelten ſtatt findet,
ohne daß nicht eine oder die andere Wurzel abgeriſſen,
oder ſonſt auf eine andere Art verletzt wird, ſo müſſen
alle ſo beſchädigten Wurzeln bis auf den geſunden Theil
26
eingeſtutzt werden; wenn einzelne Wurzeln bedeutend län⸗
ger wären als die übrigen, ſo müſſen ſie ſo verkürzt
werden, daß ſie mit den übrigen Wurzeln eine gleiche
Länge haben, weil man aus Erfahrung weiß, daß die
Krone des Baums ſich nach ſeinen Wurzeln richtet, ſomit
ein ungleiches Wurzelwerk eine ungleiche Krone bilden
würde. Wenn unter den Wurzeln ſolche wären, die ſich
über einander kreuzen, oder nahe neben einander liegen,
muß man eine davon wegſchneiden, weil ſie ſonſt ſich
wechſelſeitig hindern würden.
Da trotz aller Vorſicht doch die meiſten Wurzeln, na⸗
mentlich die feinen, beim Ausheben an ihren Enden abge⸗
riſſen werden, ſo muß man dieſen Riß mit dem Meſſer
glatt wegſchneiden, weil ein ſolcher Riß an den Wurzel⸗
enden Faſern erzeugt, die ſpäter faulen. Alle Schnitte
an den Wurzeln werden ſo ſchief gemacht, daß, wenn
man das Bäumchen auf ſeine Wurzeln ſtellt, von oben
angeſehen an dieſen Wurzeln kein Schnitt zu ſehen ſeyn
darf. |
$. 55.
Sind die Wurzeln gehörig beichnitten, ſo kehrt man
das Bäumchen um, und beſchneidet auch ſein Stämmchen,
indem man ſolches auf 2 bis 3 Augen des vorjährigen
Triebes nach Verhältniß ſeiner Stärke einſtutzt, d. h.
ſchwache Stämmchen werden kürzer, ſtärkere Stammchen
hingegen länger geſchnitten.
$. 56.
Dieſes Verkürzen oder Einſtutzen des Stämmchens |
muß ebenfalls fchief, und zwar fo geſchehen, daß der
Schnitt dem Auge gegenüber beginnt und / Zoll oberhalb
des Auges endet. |
27
§ 57.
Die jungen Nußbäumchen aber dürfen nur in ihren
Wurzeln, nicht aber an den Stämmchen beſchnitten wer—
den, weil ſie dieſes Beſchneiden nicht vertragen; es werden
ihnen blos die Seitenäſtchen glatt am Stämmchen wegge⸗
ſchnitten. |
$. 58.
Die ſo vorbereiteten Bäumchen werden dahin gebracht,
wo ſie eingeſetzt werden ſollen, demnach kommen die Aepfel⸗
und Birnbäumchen in die Veredlungsſchule, und die
Kirſchen⸗, Weichſeln⸗, Zwetſchken⸗ und Nußſtämmchen zu
den Saamentafeln, wo ſie mit ihren Wurzeln in ein
Gefäß mit Waſſer geſtellt werden, damit beim Setzen der—
ſelben die Erde ſich leichter an den Wurzeln anſchmiege.
$. 59.
Wir müſſen euch nun auch die Urſachen angeben,
warum die Bäumchen beim Uiberſetzen ſowohl an ihren
Wurzeln, als an den Stämmchen beſchnitten werden.
Durch das Ausziehen wird eine jede Pflanze, ſomit
auch das Bäumchen, in ihren mannigfaltigen Verrichtun⸗
gen geſtört; dieſe Störung dauert ſelbſt nach dem Verſetzen
noch ſo lange fort, bis die Pflanze wieder Wurzel gefaßt
hat, d. h. bis ſie ſich auf ihrem neuen Standort wieder
eingewöhnt hat; während dieſer Zeit aber würden die ge⸗
ringen Säfte, welche die Wurzeln einzuſaugen vermögen,
nicht hinreichen, die ganze Pflanze oder das ganze Bäum⸗
chen zu ernähren, deßhalb geſchieht das Beſchneiden des
Stämmchens, wobei man ſich auch nach den Wurzeln rich—
tet, denn ein Stämmchen, das ſchlechte Wurzeln hat, wird
ſtärker eingeſtutzt. |
28
Von dem Setzen der jungen Bäumchen in die |
Veredlungsſchule.
$. 60.
Wir haben euch im 44. §. geſagt, daß der Grund
zur Veredlungsſchule deßhalb anderthalb Fuß tief rigolt
werden muß, weil die Bäumchen hier ſo lange ſtehen
bleiben werden, bis ſie als hochſtämmige Bäume zum Aus⸗
ſetzen in Gärten und Alleen geeignet ſind. Aus dieſer
Urſache iſt es auch nothwendig, ſie weiter aus einander
zu ſetzen. Ihr werdet die Aepfel- und Birnbäumchen jede
auf eine eigene Tafel ausſetzen.
6. 61.
Eine ſolche Tafel ſoll größer ſeyn, als es die vor⸗
handenen Bäumchen erfordern, damit ihr auch für die
Wildlinge der folgenden Jahre noch Platz habt.
$. 62.
Auf den Tafeln werden die Bäumchen in Reihen zu
3 Fuß von einander und in der Reihe ein Bäumchen vom
andern 11, Fuß entfernt eingeſetzt. — Damit die Reihen
alle in einer geraden Linie laufen, wird für eine jede
ſolche Reihe die euch ſchon bekannte Gartenſchnur auf das
Beet geſpannt, und längſt dieſer Schnur mit dem Stech⸗
ſcheite die Erde ſo tief und breit herausgehoben, als es
die Tiefe und Umfang der Wurzel der Bäumchen erfordern.
Die Schnur bleibt fo lange geſpannt, bis die Bäumchen
geſetzt ſind. Die Bäumchen werden mit ihrem Schafte an
die Schnur geſetzt; damit euch aber die Wurzeln dabei
29
nicht hindern, müßt ihr für fie auch hinter der Schnur
Platz machen.
$. 63.
Habt ihr ſo den Standort für das Bäumchen zurecht
gemacht, ſo hebt mit der linken Hand dasſelbe etwas in
die Höhe; damit ihr mit der rechten Hand unter den
Wurzeln ſo viele gute lockere Erde ausbreiten könnet, daß
ſie nirgends hohl liegen; hierauf breitet die Wurzeln nach
allen Richtungen aus, daß nirgends mehrere bei einander
liegen, und bedeckt ſolche abermals mit ſolcher guten Erde;
während dem Bedecken mit Erde ziehet das Bäumchen eini⸗
gemal in die Höhe, jo, als wenn ihr ſolches heraus zie—
hen wollet. Durch dieſes in die Höheziehen und wieder
Nachlaſſen, werden ſich die Wurzeln allenthalben mit
Erde umgeben. Sobald das Bäumchen vollends geſetzt iſt,
ſo tretet mit dem Fuße die Erde an den Wurzeln ſanft an.
F. 64.
Beim Setzen der Bäumchen gebt darauf acht, ſie nicht
tiefer zu ſetzen, als ſie früher in den Saamenbeeten
geſtanden ſind, denn ſie werden hier in dem friſch rigolten
Grunde ſpäter ohnehin tiefer ſtehen, ſobald ſich dieſer
Grund geſetzt haben wird.
9. 65.
Iſt eine Reihe geſetzt, ſo wird die Schnur wieder
für die zweite Reihe geſpannt; damit alle Reihen 3 Fuß
von einander gemacht werden, müßt ihr euch 2 Stückchen
Holz, jedes von 3 Fuß Länge ſchneiden, und nach dieſem
Maße von beiden Seiten die Schnur ziehen.
30
Von dem Setzen der jungen Bäumchen in die
Saamentafeln der dritten Abtheilung.
F. 66.
14
Das Ausſetzen dieſer aus den Saamentafeln ausgehobe⸗
nen überflüßigen Kirſchen- und Weichſel⸗, dann Zwetſchken⸗
und Nußbäumchen, unterſcheidet ſich von dem Ausſetzen der
bisher beſchriebenen Aepfel- und Birnbäumchen in nichts
weiter, als daß man die Zwetſchken und wälfchen Nüſſe
in der Linie 11% Fuß von einander ſetzt.
$. 67.
Soll das Setzen raſch von Statten gehen, jo gehören
3 Perſonen dazu; die erſte nimmt ſo viel Bäumchen aus
dem Gefäß mit Waſſer, als ſie im linken Arm halten
kann. Sie reicht ſolche Stück für Stück der Zweiten, die
vor dem geöffneten Graben mit dem Geſichte gegen die |
Schnur gekehrt, kniend ſolche fest, ihre Wurzeln gehörig
ausbreitet, und überhaupt alles das verrichtet, was in
dem vorhergehenden §. geſagt wurde. Die dritte Perſon
bedeckt die Wurzeln der geſetzten Bäumchen vollends mit
Erde, und ebnet die Grube, die übrig gebliebene Erde
bleibt liegen, um fie ſpater, wenn die Erde in den Gra⸗
ben ſich geſetzt hat, zum Ausfüllen derſelben zu verwenden.
$. 68.
Unterlaſſet nicht, alle friſch geſetzten Baͤumchen zu |
begießen, damit die Erde ſich ſogleich an die Wurzeln
beſſer anſchmiege; nach dem Begießen werfet etwas lockere
Erde um die Bäumchen herum, damit ſich von dem Waſſer
keine harte Kruſte bilden könne.
j
|
1
N
31
Von der Pflege der in die Veredlungsſchule über—
ſetzten Wildlinge im erſten Jahre.
6. 69.
Wenn die Verpflanzung im Herbſte ſtatt gefunden
hat, ſo muß man im folgenden Frühjahre, ſobald die Erde
aufgethaut iſt, alle Reihen durchſehen, ob keine Fehler
oder Beſchädigungen ſichtbar ſind. Findet ihr einige
Bäumchen durch den Froſt emporgehoben, andere wieder
durch Mäuſe oder andere Thiere beſchädigt, ſo müßt ihr
ſolche ausziehen, die Brauchbaren davon wieder einſetzen,
die ſtark Beſchädigten aber durch andere aus der Saamen⸗
ſchule erſetzen. |
$. 70.
Sobald keine Nachtfröſte mehr zu beforgen find, wird
die nächſte Arbeit ſeyn, den Grund, ſo wie er von der
Winternäſſe abgetrocknet iſt, ſo behutſam aufzulockern, daß
die Wurzeln der Bäume dabei nicht beſchädigt werden.
Kömmt ſpäter Gras und Unkraut zum Vorſchein, ſo
laſſet dieſes nie überhand nehmen, am allerwenigſten ſol⸗
ches in den Saamen ſchießen, es entzieht den Bäumen die
Kraft, und vermehrt nur euere Arbeit; ihr müßt euch da⸗
her gewöhnen, das Gras oder Unkraut ſtets herauszu—
ziehen, welches nach einem Regen ſehr leicht von Statten
geht. |
Dieſes Gras oder Unkraut gebt auf Haufen, um es
daſelbſt verfaulen zu laſſen, ihr erzeugt dadurch einen
Dünger, den ihr, wie wir euch ſchon geſagt haben, ſehr
gut brauchen werdet.
Uibrigens iſt das Auflockern des Grundes im Früh⸗
jahre nicht genug, ihr müßt ſolchen zu Johanni und im
Herbſte noch einmal behacken, damit Johanni Regen und
die Winterfeuchtigkeit beſſer eindringen können.
32
g. 71.
Während des erſten Sommers werden vom Mai an
gefangen, alle Augen oder Triebe, welche in der Höhe
eines halben Fußes vom Boden aufwärts an dem Stämm⸗
chen zum Vorſchein kommen, mit dem Finger abgeſtoßen;
dieſe Arbeit muß ſo oft wiederholt werden, als ſich neue
Auswüchſe zeigen, damit das Stämmchen in dieſer Höhe
für die Veredlung, welche im darauf folgenden Jahre
ſtatt findet, glatt erhalten werde, wie wir en im $. 42
gelehrt haben.
Oberhalb der Höhe eines halben Fußes aber laſſe et
alle Triebe ungeſtört fortwachſen, nur wenn ihr bemerken
ſolltet, daß das Stämmcheu wenig oder gar keine Seiten⸗
triebe macht, dafür aber ſtark in die Höhe ſchießt, ſo
müßt ihr den Gipfel etwas abzwicken, um dadurch den
Saft zurückzudrängen, damit ſich Seitenäſte bilden.
Dieſe Seitenäſte ſind den jungen Stämmchen deßhalb
nöthig, weil ihre Blätter Nahrung aus der Luft aufnehmen,
und dadurch den Schaft verſtärken helfen; man nennt deß⸗
wegen dieſe Seitentriebe Saftleiter.
Sollten Wurzel + Ausſchläge zum Vorſchein kommen,
das ſind ſolche Triebe, welche nicht aus dem Schafte,
ſondern aus den Wurzeln emporwachſen, ſo müßt ihr ſie
ſtets rein bis auf die Wurzeln abſchneiden.
b. 72.
Alle Bäume, ſowohl in der Veredlungsſchule, als in
den Saamentafeln muͤßt ihr gegen das Benagen der Haſen
ſchützen. Iſt einmal ein ſolches Bäumchen von Haſen
angefreſſen, ſo geht es gewöhnlich zu Grunde; iſt euer
Garten gegen den Zutritt der Haſen nicht gehörig geſchützt,
ſo müßt ihr jedes Bäumchen im Herbſte mit Stroh oder
Teichſchilf umwinden.
—
33
Von der Veredlung der Obſtbäume.
§. 73.
Veredeln heißt einem Baume eine beſſere Eigenſchaft
beibringen, als in ihm vorhanden iſt. Wenn wir daher
einen Obſtbaum veredeln, ſo wollen wir damit bezwecken,
ihm die Fähigkeit zu verſchaffen, beſſere Früchte zu tra⸗
gen, als er in ſeinem natürlichen Zuſtande getragen
haben würde, und daß er ſolche Früchte trage, die wir
wünſchen. |
Einem Wildlinge (ſo nennt man alle Bäume, die aus
dem Saamen gezogen werden) wird dadurch die Eigen⸗
ſchaft beigebracht, beſſere Früchte zu tragen, daß man ihm
ein Reis (einen Theil eines einjährigen Zweiges) eines
edlen Baumes, oder auch nur ein Aug eines ſolchen Rei⸗
ſes aufſetzt, und damit verbindet.
Wir nennen deßwegen ſolche Bäume edel, und die
Reiſer davon Edelreis, weil ſie auch durch ein ähnliches
Verfahren dahin gebracht worden ſind, edle Früchte zu
tragen. Durch das Verwachſen dieſes aufgeſetzten Reiſes
oder Auges mit dem wilden Stamme wird die Veredlung
zu Stande gebracht, ſo daß der Theil des Baumes unter⸗
halb der Stelle, wo das Reis oder Aug aufgeſetzt wurde,
als wild, jener oberhalb desſelben aber als edel zu betrach⸗
ten iſt.
Wie die verſchiedenen Veredlungsarten heißen.
N §. 74.
Die verſchiedenen Veredlungsarten heißen:
1. Das Okuliren (auf deutſch aͤugeln).
2. „ Kopuliren oder Zuſammenfüͤgen.
3. „ Propfen in dem ganzen Spalt.
I
4. „ Propfen in dem halben Spalt.
5. „ Pfropfen in der Rinde.
§. 75.
1. Okuliren oder Aeugeln wird deßhalb ſo ge⸗
nannt, weil man aus dem Edelreiſe ein Auge ausſchnei⸗
det, und ſolches an dem Schafte, oder auch an den ein⸗
zelnen Zweigen des wilden Baumes zwiſchen das Holz
und die Rinde einſetzt. Dieſe Veredlungsart wird zu
zwei verſchiedenen Zeiten vorgenommen, wegen dieſer ver⸗
ſchiedenen Zeit hat dieſe Veredlungsart auch zwei verſchiedene
Namen, nemlich:
a) Das Okuliren mit dem treibenden Auge,
b) Das Okuliren mit dem ſchlafenden Auge.
Die erſte Okulirart wird deßwegen das Okuliren
mit dem treibenden Auge genannt, weil das einge⸗
ſetzte Auge noch in demſelben Jahre einen Trieb machen muß.
Die zweite Okulirart wird deßwegen das Okuliren
mit dem ſchlafenden Auge genannt, weil dieſes Aug
in demſelben Jahre, wo es eingeſetzt wird, zwar anwächſt,
aber nicht austreibt, ſondern erſt im darauf folgenden
Frühjahre zu treiben beginnt, folglich in dem erſten Jahr
ſchläft.
§. 76.
2. Kopuliren heißt, einen Theil eines ſolchen |
Edelreiſes mit dem Schafte oder einem Zweige eines
wilden Bäumchens durch zwei gleiche Schnittflächen ſo
zuſammenfügen, daß die beiden Flächen ganz genau anein⸗
ander liegen, in welchem Zuſtande ſie verbunden werden.
Ne
3. Pfropfen in den ganzen Spalt heißt,
den eingeſtutzten Schaft oder Zweig eines wilden Baumes.
ſo ſpalten, daß in dieſem Spalt, je nachdem der Schaft
35
oder Zweig ſtark iſt, ein oder zwei Reiſer eingeſetzt wer—
den können. |
§. 78.
4. Das Pfropfen in den halben Spalt
unterſcheidet ſich von dem Pfropfen in den ganzen Spalt
nur dadurch, daß hier nicht die ganze Schnittfläche des
Schaftes oder Zweiges, ſondern nur die Hälfte desſelben
geſpalten wird, in welchen rs man gewöhnlich nur ein
Reis einſetzt.
| §. 79.
5. Pfropfen in der Rinde heißt, das Edelreis
zwiſchen dem Holze und der Rinde des abgeſtutzten Stämm—
chen oder Zweiges ſo einſchieben, daß dadurch nach dem
Verbinden keine merkliche Erhöhung der Rinde wahrge-
nommen wird.
$. SO.
Man hat zwar noch andere Arten, die Wildlinge zu
veredeln, allein die hier beſchriebenen ſind die gebräuch⸗
lichſten.
Welche Veredlungsart den Vorzug verdient.
§. 81.
1. Zwiſchen dem Okuliren mit dem treibenden
Auge und dem Okuliren mit dem ſchlafenden Auge
verdient die letzte Art deßhalb den Vorzug, weil bei dem
Okuliren mit dem treibenden Auge es ſich ſehr häufig
ereignet, daß das eingeſetzte Auge ſo ſpät auszutreiben
beginnt, daß dieſer Trieb in demſelben Jahre nicht mehr
gehörig ausreifen kann, daher in einem etwas ſtrengen
Winter zu Grunde gehet; bei dem Okuliren mit dem ſchla—
fenden Auge aber das eingeſetzte Auge nur anzuwachſen
3 *
36
braucht, welches im darauf folgenden Frühjahre gleich beim
Aufſteigen der Säfte zu treiben beginnt, ſo daß dieſer
Trieb den ganzen Sommer zu ſeiner Ausbildung für
ſich hat.
Verunglückt ein ſolcher Okulant dennoch, ſo kann diese
Veredlung durch das Okuliren mit dem treibenden
Auge im darauf folgenden Frühjahre erneuert werden.
2. Das Copuliren kann wegen” feiner Vorzuͤglich⸗
keit mit keiner andern Veredlungsart verglichen werden;
ſie iſt die einfachſte Art, und man darf das Verfahren
nur einmal zuſehen, um es gleich zu kennen, ſie iſt
unter allen Veredlungsarten am wenigſten mühſam und
künſtlich, folglich die ſicherſte, deßhalb empfehlen wir euch
dieſe Veredlungsart als die vorzüglichſte und beſte.
3. u. 4. Zwiſchen dem Pfropfen in den ganzen
und in den halben Spalt verdient bei jungen Bäumen
die letztere Art den Vorzug, doch können wir euch dieſe
beiden Veredlungsarten nur bei alten Bäumen empfehlen,
welchen eine ſolche ſtarke Verletzung, wie dieſe beiden Ver
edlungsarten nothwendig machen, weniger ſchadet als
5. jungen Bäumen, für welche das Pfropfen
in der Rinde viel paſſender iſt, ſofern die Rinde derſelben
noch rein und nicht ſchuppig iſt, und ſich leicht vom Holz
ablöſen läßt.
Bevor wir euch jedoch mit dem Verfahren bei einer
jeden dieſer Veredlungsarten bekannt machen, müſſen wir
euch darauf aufmerkſam machen.
|
|
37
Vorſichten bei der Wahl der 9
nöthig ſind.
§. 82. h
Im Allgemeinen follen die Edelreiſer nicht von fehr
alten oder kraͤnklichen, ſondern von gefunden, kräftigen
und fruchtbaren Bäumen, und zwar von jener Seite
der Krone geſchnitten werden, welche der Mittagsſeite
zugekehrt iſt, weil hier das Holz und die Augen des Rei⸗
ſes beſſer ausgereift ſeyn werden.
Dieſe Edelreiſer dürfen nicht älter als ein Jahr ſeyn,
folglich ſind es ſolche Triebe, die im vorigen Jahre
gewachſen find, und die man deßhalb Sommerſchoße uennt.
Beim Schneiden dieſer Reiſer im Frühjahre unterſucht
genau ihren Kern, legt zur Probe einige derſelben in ein warmes
Zimmer, wird dieſer Kern ſchwarz, ſo iſt es ein Zeichen,
daß ſie vom Froſt gelitten haben, und ſind ſolche Reiſer
zur ne nicht mehr tauglich.
§. 83.
Gleich beim Schneiden der Reiſer muͤßt ihr auf den
Gebrauch Rückſicht nehmen, den ihr von dem Obſte einſt
machen werdet. Da ihr dasſelbe gewöhnlich zum Haus⸗
gebrauche und den Uiberfluß zum Verkaufe verwendet, ſo
iſt es rathſam, nicht lauter Reiſer von ſolchen Bäumen
zu ſchneiden, deren Früchte zu einer Zeit reif und ge⸗
nießbar werden, ſondern nehmt euch von ſolchen Früchten,
die theils ſpäter auf dem Baume reif werden, theils auch
erſt lange liegen müſſen, bis ſie genießbar werden. Dieſe
verſchiedenen Sorten nennt man nach der verſchiedenen
Zeit ihrer Reife, Sommerobſt, Herbſtobſt und
Winterobſt. 8
Unter Sommerobſt gehören die Sorten, welche
vom Juli bis Anfang September auf dem Baume reif
38
werden, und ſo wie ſie abgenommen ſind, | gleich gegeſſen
werden können.
Herbſtobſt heißen jene Sorten, welche im Sep⸗ |
tember und Oktober auf dem Baume theils reif werden,
theils erſt eine kurze Zeit 3 vn bis fie genießbar
werden.
Winterbbſt aber nennt man jene Sorten, die man
bis ſpät im Herbſte, manchmal auch bis zum Eintritt
eines kleinen Froſtes auf dem Baume läßt, und dann
abgenommen, mehrere Wochen, ja manche Sorten mehrere
Monate liegen laſſen muß, bis ſie eßbar werden.
Zu welcher Zeit die Reiſer geſchnitten werden
ſollen.
§. 84.
Zum Okuliren mit dem treibenden Auge
nehmt einjährige Reiſer, d. h. ſolche, die im vorigen
Jahre gewachſen ſind, und ſchneidet ſie, wenn ſie in Saft
getreten find. |
§. 85.
Zum Okuliren mit dem ſchlafenden Auge
nehmet diesjährige Triebe, die in eben dem Sommer
gewachſen ſind, wo ihr okuliren wollt, und deren Augen
bis zu der Zeit, wo dieſe Veredlung vorgenommen wird,
ſchon vollkommen ausgebildet ſeyn werden.
Sie werden dann erſt geſchnitten, wenn man ſie braucht, |
nehmlich im Juli oder Auguſt. Zu beiden Dfulirarten |
nehmet immer die Augen aus der Mitte des Reiſes, welche
gewöhnlich die beiten find.
ä §. 86.
Zum Kopuliren, ſo wie zum N ah in
den ganzen und halben Spalt, können die Reiſer
39
zwar den ganzen Winter hindurch geſchnitten werden, da
man jedoch dieſe Veredlungsarten erſt dann vornehmen ſoll,
wenn keine ſtarke Fröſte mehr eintreten, und das Kopuliren
bis an den Mai dauern kann, ſo iſt es rathſam, die Reiſer
nicht früher zu ſchneiden, als bis man ſie braucht.
$. 87.
Wenn jedoch zum Pfropfen Reiſer früher geſchnitten
werden ſollen, als man ſie braucht, müſſen ſolche im feuchten
Sand im Keller aufbewahrt werden; laßt ihr euch aber
die Reiſer von anderswo kommen, oder ihr ſchickt einem
Andern ſolche Reiſer, ſo müſſen ſie in feuchten Lehm geſteckt
und mit feuchten Moos umgeben werden, damit ſie auf dem
Wege weder vertrocknen, noch vom Froſte leiden. In dieſem
Zuſtande können ſie 14 Tage lang brauchbar erhalten
werden.
§. 88.
Zum Pfropfen in der Rinde müſſen die Reiſer
zur Zeit, wo ſie in Saft ſind, geſchnitten werden, weil
dieſe Veredlungsart nicht eher vorgenommen werden kann,
als bis der Baum ſo in Saft iſt, daß die Rinde ſich vom
Holze leicht ablöſen läßt.
§. 89.
Beim Schneiden der Reiſer, gleichviel, ob zu dieſer
oder jener Veredlungsart, gewöhnt euch an, immer die
Reiſer eines Baumes zuſammen zu binden, und ſolche mit
dem Namen der Frucht, die der Baum trägt, von welchem
ihr ſie geſchnitten habt, zu bezeichnen, damit ihr nachher
beim Veredeln dieſe Bezeichnung wieder an dem veredelten
Bäumchen anbringen könnet, dadurch werdet ihr ſtets wiſſen,
wie viele Bäumchen ihr von jeder Sorte veredelt habt, was
ihr auch ſtets wiſſen ſollet, damit ihr nicht mehr Bäume
mit einer Sorte veredelt, als ihr wollet oder brauchet.
. —— — —
40
Von der Zeit, zu welcher die verſchiedenen Ver⸗
1.
edlungsarten vorgenommen werden.
. $. 90.
a) Das Okuliren mit dem treibenden
Auge wird vorgenommen im Fruͤhjahre vor der
Zeit, wo der Baum in Saft tritt, und kann fort⸗
geſetzt werden bis Ende Juni. Da das eingeſetzte
Auge gleich anwachſen, und einen Trieb machen
muß, ſo wird, wenn dieſer Trieb nicht zum Vor⸗
ſcheine kommt, es ein Beweis ſeyn, daß das Auge
nicht angewachſen, folglich die Veredlung nicht
gelungen iſt; ein ſolches Bäumchen kann Lasten
ſpäter durch.
§. 91.
b) das Okuliren mit dem ſchlafenden Auge
wieder veredelt werden, weil dieſe Occulirart mit
balben Juli beginnen, und bis Ende Auguſt dauern
kann, doch müßt ihr zu dieſer Zeit die Bäumchen
unterſuchen, ob ſie bei Saft ſind, weil dieſer bei lange
anhaltender Trockenheit oftmals den Bäumchen fehlt,
und er überhaupt auch deßhalb zum Occuliren uöthig
iſt, damit die Rinde vom Holze ſich gut ablöſen
laſſe, und das eingeſetzte Auge vor dem Vertrocknen
bewahre; daraus müßt ihr die Lehre ziehen, daß
man bei einer lange anhaltenden Trockenheit gar
nicht okuliren ſoll. |
9. 92.
2. Das Kopuliren kann von dem Augerblic
an beginnen, wo das Laub abgefallen iſt, und bis in Monat
Mai hinein dauern, nur bei Kirſchen und Weichſeln hoͤrt
man damit früher auf, weil dieſe zu jener Zeit ſchon in
41
die Blüthe treten. Bei ſtarken Froften aber darf niemals
kopulirt werden.
$. 93.
1 4 Das Pfropfen in den ganzen und
A7 Spalt kann den ganzen Winter hindurch und
bis zu der Zeit im Frühjahre, wo eine Bewegung der
Säfte im Bäume eintritt, vorgenommen werden, bei ſtarken
Fröſten 1 iſt auch dieſe Veredlungsart zu unterlaſſen.
§. 94.
5. Das Pfropfen in der Rinde kann im Früh⸗
jahre erſt da vorgenommen werden, wenn das Bäumchen
ſchon im Saft iſt, weil erſt da die Rinde ſich vom Holze
gut ablöfen laſſe.
Von den verſchiedenen Werkzeugen und Bedürf—
niſſen zum Veredeln.
8. ,
Zum Okuliren, Kopuliren, und Pfropfen
in der Rinde bedarf man ein Meſſer nach der Zeichnung
Taf. I. Fig. 9, welches Meſſer man allgemein das Occulier⸗
meſſer nennet, und welches ſehr ſcharf gehalten werden muß.
Das der Klinge gegenüber befindliche Beinchen dient dazu,
um damit die Rinde vom Holze abzulöſen; würde man die
Rinde mit dem Meſſer vom Holze ablöfen wollen, könnte
man leicht Holz oder Rinde unnöthiger Weiſe beſchaͤdigen.
Zum Pfropfen in den ganzen und halben
Spalt braucht man ein Meſſer wie Taf. I. Fig. 10.
6. 96.
Zum Verbinden der Veredlungsſtellen braucht man
Baſt oder Bänder.
42
Baſt wird genannt der innere weiße faferichte Theil
der Rinde des Linden- oder Akazienbaumes. Dieſe Rinde
muß man ſich entweder ſchon im Herbſt, ſobald die Blätter
dieſer Bäume abgefallen ſind, oder auch im Frühjahre,
wenn die Saftbewegung im Baume begonnen hat, verſchaffen.
Man zieht zu dieſem Ende die Rinde von dem Baum⸗
ſchafte ab, legt ſolche ins Waſſer, und läßt ſie ſo lange
darin liegen, bis ſich die innere weiße Fläche, welche den
eigentlichen Baſt enthält, als Faſer leicht ablöſet, alsdann
wird der Baſt in Streifen von beliebiger Breite abgezogen,
und bis zum Gebrauche an einem trockenen Orte, wohin
jedoch keine Sonne ſcheinen darf, aufbewahret.
Einige Tage vor dem Gebrauche werden dieſe Streifen
ins Waſſer gelegt, um die Biegſamkeit wieder zu erhalten.
Solchen Baſt findet man auch häufig bei den Kaufleuten, die
verſchiedene Waaren in Decken, die aus ſolchem Baſt ver⸗
fertiget ſind, gepackt vom Auslande erhalten.
§. 97.
Könnt ihr euch keinen Baſt verſchaffen, ſo müßt ihr
zum Verbinden der Veredlungsſtelle leinene Bändchen nehmen,
welche ½ Zoll breit und von verſchiedener, etwa von 12,
15 bis 20 Zoll Länge ſeyn müſſen, weil auch die Wild⸗
linge nicht alle gleich ſtark ſind. |
6. 98.
Zum Kopuliren müßt ihr immer folche Bänder nehmen,
weil die beiden zuſammengefügten Theile feſt mit ein⸗
ander verbunden werden müſſen, deßwegen werden dieſe
Bändchen auf einer Seite mit Pfropfwachs dünn übers
ſtrichen, damit ſolche die Veredlungsſtelle beſſer zuſammen⸗
halten, und beim Verbinden nicht verrückt werden; ſolche
Bänder werden Kopulirbänder genannt.
N
j
43
| §. 99.
Um 1 Pfd. ſolchen Pfropfwachſes zu bereiten, nimmt
man 9 Loth gelbes Wachs
9 — Terpentin
7 — Unſchlitt
7 — gutes Pech oder Kalifonium, welches alles
in einem glaſirten Topfe beim Feuer zerlaſſen und gut
unter einander gerührt wird.
§. 100.
Wenn man viele Kopulirbänder braucht, wird man
ſich ſolche ſehr ſchnell und gut auf folgende Art bereiten
können.
Man nimmt ein Brertchen von 12 bis 15 Zoll Breite
und beliebiger Länge, und wickelt ein ganzes Stück eines
ſolchen leinenen Bandes um die Breite des Brettes ſo,
daß alle Bänderbreiten an einander anliegen; das erſte
und legte Ende des Bandes wird mit zwei kleinen Nägelchen
an den Kanten des Brettchens befeſtiget, hierauf wird das
zerlaſſene Pfropfwachs mit einer alten Bürſte auf die Bän⸗
der der einen Seite des Brettchens aufgeſtrichen, und wenn
dieſe abgetrocknet ſind, geſchieht dasſelbe auch auf der
anderen Seite des Brettchens. Wenn nun auch dieſe Seite
trocken iſt, werden die Bänder auf den beiden Kanten des
Brettes mit einem ſcharfen Meſſer durchgeſchnitten, wodurch
man die Bänder alle auf einmal erhält.
$, 101.
Ferner braucht man zum Kopuliren einen Teller von
Holz, den man zwar den Kopulirteller nennt, der aber auch
bei anderen Veredlungsarten in der Baumſchule gute Dienſte
leiſtet. Taf. II. Fig. 11, verſinnlicht euch dieſe Vorrichtung; fie
beſtehet aus dem Teller a, der ohngefähr einen Fuß im
Durchmeſſer und eine Einfaſſung oder Rand von 1½ Zoll
44
Höhe haben fol. In der Mitte dieſes Tellers befindet
ſich eine runde Oeffnung, durch welche ein Pfahl p geſteckt
wird, welcher Pfahl unten zugeſpitzt iſt, und in der Ent⸗ |
fernung von 6 zu 6 Zoll durchgebohrt iſt, um einen klei⸗
nen Pflock c durchſtecken zu können, auf welchem der Kos
pulirteller in jener Höhe ruhet, die uns bequem iſt. Auf
dieſen Teller legt man alles, was man bei der Veredlung
braucht. |
Iſt man an einer Stelle mit der Veredlung fertig, fo
faßt man den Pfahl oberhalb des Tellers, und ſteckt ihn
da wieder in den Boden, wo man ihn braucht.
$. 102.
Zum Verbinden der Pfropfſtellen hat man bisher Moos
und Weidenruthen verwendet. Da man jedoch beobachtet
hat, daß ſich in dem Moos Ungeziefer aufhält, ſo iſt man
davon abgekommen, und es iſt zweckmäßiger, die eingeſetzten
Pfropfreiſer mittelſt eines fetten Lehms zu befeſtigen, was
wir euch fpäter deutlicher erklären werden. |
|
m — — —
Welche Wildlinge okulirt, kopulirt oder gepfropft
werden ſollen. |
$. 103.
Alle junge Bäume in der Baumſchule follen nur durch |
das Okulieren oder Kopuliren veredelt werden, wovon
jedoch die Kirſchen⸗ und Weichſelbäume ausgenommen find,
weil dieſe nicht in der Baumſchule, ſondern erſt dann,
wenn ſie in Gärten oder Alleen ausgeſetzt ſind, veredelt
werden ſollen, wie wir euch dieß im 21. §. gelehrt haben.
Das Pfropfen in der Rinde iſt nur bei erwachſenen
noch jungen Bäumen zu empfehlen.
45
Das Pfropfen in den ganzen und halben Spalt aber
gehört nur für ganz alte Bäume.
‚Z— 3
Von dem Verfahren bei den verſchiedenen Ver⸗
edlungsarten.
§. 104.
Beim Okuliren mit dem ſchlafenden Auge.
Da wir euch im 81. S. das Okuliren mit dem ſchla⸗
fenden Auge als vorzüglicher wie jenes mit dem treibenden
Auge empfohlen haben, ſo beginnen wir auch mit jener
Veredlungsart zuerſt.
| Nachdem man von dem Okulirreis die Blätter ſammt
einem Theil der Blattſtiele abgeſtutzt hat, nimmt man das
ſo abgelaubte Reis feſt in die linke Hand, und hält ſolches
mit den Augen aufrecht ſtehend zwiſchen dem Daumen und
dem Zeigefinger, ſo daß der Zeigefinger der linken Hand
ſtets unter jenem Auge ſich befindet, welches man aus⸗
ſchneiden will. Beim Ausſchneiden des Auges wird das
Okulirmeſſer / Zoll oberhalb des Auges eingeſetzt, und
von da angefangen das Auge mit etwas von Holz
ſo lange ausgeſchnitten, daß ſich unter dem Auge ungefähr
noch einmal ſo viel Rinde als oberhalb derſelben befindet.
Taf. II. Fig. 12 verſinnlicht euch die Lage der beiden Hände beim
Ausſchneiden der Augen, Taf. II. Fig. 13 iſt ein ſolches ausge⸗
ſchnittenes Auge von Außen anzuſehen, welches Auge man
ſeiner Form wegen Schild nennt, und Taf. II. Fig. 14 zeigt
euch ein ſolches Auge von Innen angeſehen, in deſſen Mitte
das Holz zu ſehen iſt, welches mit der Rinde ausgeſchnitten
wurde. Dieſe Augen werden deßwegen mit etwas Holz
ausgeſchnitten, weil beim Ausſchneiden des Auges ohne
Holz das Auge ſelbſt inwendig leicht verlezt werden koͤnnte.
46
§. 105. 7
Jedes Auge ſoll gleich wie es ausgeſchnitten wird, in
den Wildling eingeſetzt werden, nicht aber wie es manche
zu machen pflegen, daß ſie das ausgeſchnittene Schild ſo
lange zwiſchen den Lippen halten, bis fie den Wildling zur
Aufnahme des Auges vorbereitet haben.
§. 106.
Wir haben euch fchon in dem 71. §. auf die Noth⸗
wendigkeit aufmerkſam gemacht, alle jene Triebe, welche
an den Wildlingen oberhalb eines halben Fußes von der
Erde zum Vorſchein kommen, mit der Hand von oben nach
unten abzuſtreifen, um für die künftige Veredlung eine
glatte Stelle zu erhalten. Damit haben wir euch den Ort
angezeigt, wo künftig die Veredlung des Wildlings vorge⸗
nommen wird, alſo einen halben Fuß vom Baden aufwärts
iſt der Ort zum Okuliren.
§. 107.
In dieſer Höhe wird mit dem Okuliermeſſer an den
Wildling Taf. II. Fig. 15 ein Querſchnitt a⸗h fo breit gemacht,
als das Schild iſt, von der Mitte dieſes Querſchnittes an
wird dann ein Schnitt nach unten bis e gemacht, der eben
ſo lang ſeyn muß, als das Schild iſt; damit dieſe Schnitte
nicht laͤnger und breiter werden als das Schild iſt, legt
man dieſes Schild an die Rinde des Wildlings an, und
merkt ſich die Länge und Breite desſelben. |
Dieſe bei a, b bis e aufgeſchnittene Rinde wird mit
dem Beinchen, welches ſich an dem Okulirmeſſer befindet,
von dem Holze fo weit abgelöſt, daß das Schild mit dem
aufwärts ſtehenden Auge in dieſe Oefnung eingeſetzt, und
mit der abgelöſten Rinde bedeckt werden kann. Ein ſolches
Be, Auge zeigt euch der Wildling Taf. II. Fig. 16. So⸗
ald das Auge eingeſetzt iſt, wird dasſelbe mit Baſt, oder einem |
5
47
leinenen Bändchen unterhalb und oberhalb des Auges nicht
zu feſt, jedoch ſo mit dem Wildlinge verbunden, daß das
Bändchen allenthalben gut anliegt, und nichts als der abge—
ſtutzte Blattſtfel mit dem Auge zwiſchen dem Verbande
ſichtbar bleibt, wie euch dieß die Taf. II. Fig. 17 verſinnlicht.
$. 108.
Sobald wir uns überzeugt haben, daß das Auge ange⸗
wachſen iſt, was man daran erkennet, wenn 2 bis 3 Wochen
nach dem Okuliren das Auge friſch und nicht zuſammen—
geſchrumpft iſt, wird das Band aufgemacht und etwas
lockerer gebunden, damit der Schaft und das Auge in ihrem
Wachsthume nicht gehindert werden.
In dieſem lockeren Zuſtande bleibt der Verband bis
zum nächſten Fruͤhjahre, wo, ſobald das Auge zu treiben
angefangen hat, das Band abgenommen und wieder anders⸗
wo verwendet werden kann.
§. 109.
Wir haben euch im 21. und im 103. F. geſagt, daß
die Kirſchen⸗ und Weichſelbäume nicht in der Baumſchule,
ſondern wenn fie ſchon in Gärten und Alleen ausgeſetzt
worden, veredelt werden ſollen; ſolche Bäume, nachdem fie
auf ihrem neuen Standplatz Wurzel gefaßt haben, ſollen
durch das Okuliren in der Krone und zwar eben⸗
falls mit dem ſchlafenden Auge in den einzelnen Zweigen
veredelt werden. Es werden nehmlich die einzelnen Zweige
der Krone 2 Zoll vom Schafte entfernt, an einer glatten
Stelle. auf dieſelbe Art okulirt, wie wir euch dies im 104.8.
beſchrieben haben. Hat das eingeſetzte Auge im darauf
folgenden Frühjahre zu treiben begonnen, ſo wird der
Zweig oberhalb der Okulirſtelle abgeſchnitten, und die
Schnittfläche mit dem im 99. §. beſchriebenen Pfropfwachſe
verſchmiert.
48
Das Okuliren mit dem treibenden Auge
6. 110. N
Das Okuliren mit dem treibenden Auge ift von dem
Okuliren mit dem ſchlafenden Auge nur in der Zeit ver⸗
ſchieden, in welcher dieſe oder jene Veredlungsart vorge-
nommen wird, wie wir euch dieſes im §. 90 gefagt haben,
nur der Unterſchied findet Statt, daß, ſobald beim Oku⸗
liren mit dem treibenden Auge das edle Auge einen Zweig
getrieben hat, der Theil des Baumſchaftes oberhalb dieſes
Zweiges fo ſchraͤg abgeſchnitten werden ſoll, daß dieſer
Schnitt ober der Okulirſtelle ende; dieſe Schnittfläche muß
ſogleich mit Baumwachs verſchmiert werden.
Das Kopuliren.
§. 111.
Die bisherige Art zu kopuliren beſtand darin, wenn
Wildling und Edelreis von gleicher Dicke waren, beide durch
zwei gleiche ſchräge Schnittflächen, wie Taf. II. Fig. 18 a⸗b
zuſammen zu fügen, und wie Taf. II. Fig. 19 zu verbinden.
Bei dieſer Veredlungsart müſſen die zwei Schnittflächen ſo
genau auf einander paſſen, daß auf allen Punkten Holz
auf Holz und Rinde auf Rinde genau aufliegen. |
Iſt dieſes bewerkſtelliget, fo hängt noch das Gedeihen
dieſer Veredlung von dem guten Verbinden ab. Man muß
mit dem Daumen und dem Zeigefinger der linken Hand
das Edelreis an dem Wildling feſthalten, und mit der
Hand das mit Baumwachs beſtrichene Bändchen um die
Kopulirſtelle einigemal ſo vorſichtig kreuzweiſe herumwickeln,
daß beim Anziehen des Bändchens und Feſtbinden desſelben
das Edelreis nicht im geringſten aus ſeiner Stelle ver⸗
ſchoben wird.
49
$. 112.
Da jedoch gewöhnlich der Wildling ſtaͤrker iſt, als
das Edelreis es ſeyn kann, und es auch gar nicht noth-
wendig iſt, daß beide von gleicher Stärke ſeyen, indem
wir aus Erfahrung wiſſen, daß das Kopuliren eines ſtarken
Wildlings mit einem ſchwachen Reis eben ſo gut gedeihet,
wie mit dem Reis von gleicher Dicke, ſo werdet ihr künftig⸗
hin beim Kopuliren wie folgt verfahren.
Taf. II. Fig. 20 ſtellt den zu veredelnden Wildling dar,
welcher 6 Zoll hoch vom Boden in der Richtung von a gegen
b ſchief abgefchnitten wurde, und der mit dem daneben befind⸗
lichen Edelreis Taf. II. Fig. 21. kopulirt werden ſoll; dieſes
Edelreis wird knapp an dem uuterſten Auge in einer Länge von
1½ Zoll ſchief zugeſchnitten. An dem Wildlinge Taf. II.
Fig. 20 wird bei a in einer gleichen Länge von 1% Zoll, und
ſo breit als die Schnittfläche beim Edelreis iſt, die Rinde von
unten nach oben bis auf dem Holze weggeſchnitten. An
dieſem langen Schnitt wird nun das Edelreis mit dem
zugeſchnittenen Theil ſo angeſetzt, daß das unterſte Auge
des Reiſes der Schnittfläche des Wildlings zugekehrt ſich
befindet, und beide Theile werden ſo verbunden, wie wir
euch dieß im $. 111 beſchrieben haben, und wie die Taf. II.
Fig. 22 euch zeiget.
§. 113.
Iſt aber der Wildling ſehr ſtark, wie Taf. II. Fig. 23
ihn darſtellt, fo wird ſolcher zwar ebenfalls von a gegen b
ſchräg abgeſchnitten, es wird aber ſehr gut ſeyn, wenn an
dem oberen Schnittende bei b ein wilder Trieb c, oder
in Ermanglung desſelben ein Auge ſich befindet, welcher
Trieb oder welches Auge geſchont werden muß, um als
Saftleiter dem Stämmchen aus dem Dunſtkreiſe Nahrung
zuzuführen, damit das Holz bei der Schnittfläche nicht ver⸗
4 4
50
trockne, und wodurch das Anwachſen des Edelreiſes an dem
Wildlinge beſchleuniget wird.
} §. 114,
Iſt das Edelreis mit dem Wildlinge zuſammengewachſen,
ſo werdet ihr im folgenden Herbſte oder im nächſten Früh⸗
jahre die ſchiefe Fläche des Wildlings Taf. II. Fig. 23. wie
es die Querlinie von a gegen c zeigt, wegſchneiden.
ie bla.
Zu allen ſolchen Arbeiten, wo das Gartenmeſſer Taf. J.
Fig. 8. zu ſchwach iſt, nehmet die Baumſäge Taf. I. Fig. 7
nur dürft ihr nie vergeßen den Sägeſchnitt mit dem Garten⸗
meſſer glatt nachzuſchneiden und alle Schnitte an den Bäumen,
gleichviel, ob an den wilden oder veredelten Theilen mit
Baumwachs zu verſchmieren, weil ſolche Schnitte, wenn
ſie der Sonne, der Lnft und dem Regen ausgeſetzt ſind,
Springe bekommen, in welche der Regen eindringt, und
woraus in der Folge Faͤulniß entſtehet.
§. 116.
Wenn ältere Bäume, die entweder in ihrer Jugend
gar nicht veredelt worden ſind, odern dere Veredlung miß⸗
lungen ift, oder auch wenn ſchon alte veredelte Bäume
mit ſchlechten Früchten zum Tragen beſſerer Früchte durch
das Kopuliren veredelt werden ſollen, ſo werden die ein—
zelnen Zweige der Krone kopulirt, und dieſe bis auf 6 Zol
vom Schafte, oder wenn es Gabelzweige find, bis auf €
Zoll von der Gabel zurückgeſchnitten. |
reis kopulirt. Man nennt dieſe Veredlungsart das Kopu
liren, in der Krone, und ſie wird vorgenommen zeitlich in
Frühjahre bevor der Baum in Saft tritt. Wenn dam
ſpäter an den kopulirten Zweigen unter der Kopulirſtell
51
Triebe zum Vorſchein kommen, müßt ihr ſolche gleich bei
ihrem Erſcheinen abdrücken oder abſchneiden, man nennt
ſolche Triebe mit Recht Räuber, weil ſie dem Kopulirreis
den Saft entziehen.
Das Pfropfen in den ganzen Spalt.
9. 117.
Nachdem wir euch in dem §. 103. geſagt haben, daß
das Pfropfen nur bei alten Bäumen angewendet wer—
den ſoll, wollen wir euch mit dem Verfahren dabei bekannt
machen. Taf. II. Fig. 24. ſtellt einen ſolchen alten Baum dar.
Ein ſolcher alter Baum wird nur in ſeinen Zweigen
gepfropft, welche ſoweit gegen den Schaft oder gegen die
Hauptzweige zurückgeſchnitten werden müßen, wie dieß die
Querlinien a andeuten. Ein ſolcher abgeſtutzter Baum ſieht aus
wie Taf. III. Fig. 25. Auf dieſe Art eingeſtutzte ſtarke Zweige
erhalten jeder 2 Pfropfreiſer, wie dieß bei Taf. III. Fig. 25.
b zu erſehen it, ſchwache Zweige hingegen nur ein Edel—⸗
reis wie bei e
6. 118.
Nachdem man die Neifer jener Sorte, die man auf
dem alten Baum pfropfen will, geſchnitten hat, werden an
einem ſolchen Reis die mittleren 3 Augen, welche gewöhn⸗
lich die vollkommenſten ſind, beibehalten, der übrige Theil
aber weggeſchnitten. a
Von dem unterſten Auge angefangen, wird das Reis
in einer Länge von 1 bis 1 ¼ Zoll von beiden Seiten keil—
förmig zugeſchnitten. Dieſes keilförmige Zuſchneiden geſchieht
auf jenen beiden Seiten des Reiſes, wo ſich unten kein
Auge befindet. Taf. III. Fig. 26. iſt ein ſolches Reis mit
ſeinem keilförmigen Zuſchnitte der bei a anfängt.
52
9. 119. 0
Der abgeſtutzte und mit dem Garten- Meſſer glatt
nachgeſchnittene Zweig, wird mit dem Pfropfmeſſer Taf. I.
Fig. 10. in der Mitte ſo tief und vorſichtig geſpalten, daß
dieſer Spalt nicht tiefer gehet, als der keilförmige Zuſchnitt
des Pfropfreiſes lang iſt. Iſt dieſer Spalt gemacht, wird
das Meſſer herausgezogen, damit ſich aber der Spalt nicht
wieder ſchließen könne, ein kleiner Keil von Holz in die
Mitte des Spaltes eingeſteckt; in dieſe durch den Keil
offen gehaltene Spalt wird nun ein Reis mit ſeinem keil⸗
förmigen Zuſchnitte an der Seite des Zweiges ſo eingeſetzt,
daß die Rinde des Reifes mit der Rinde des Zweiges
genau an einander paſſen. Auf gleiche Art wird das zweite
Reis dem erſten gegenüber in den Spalt eingeſetzt, und dann
der Keil herausgenommen. Da die Fig. 25. zu klein
iſt, um euch das Pfropfen deutlich zu machen, ſo ſtellt Taf.
III. Fig. 27, ein Stück eines ſolchen ſtarken Zweiges dar,
auf welchem bei a der ganze Spalt bu. e die beiden ein⸗
geſetzten Reiſer zu ſehen ſind.
§. 120.
Wenn die aufgeſetzten zwei Pfropfreiſer gefangen haben,
das heißt, wenn ſie beide angewachſen ſind, muß nach ein
oder zwei Jahren einer von ihnen und zwar der ſchwächere
Trieb weggeſchnitten werden, wenn aber auch beide gleich
ſtark wären, muß man dennoch einen Trieb davon entfernen,
weil dadurch der ſtehen bleibende ſich zu einem flärferen
Zweige bildet, und weil man ſonſt auch Gefahr läuft, daß
beide Triebe durch einen heftigen Wind den Zweig ſpalten
könnten.
b. 121.
Bekommt ein ſchwacher Zweig nur ein Pfropfreis, jo
wird dasſelbe eben auch an der Seite des Zweiges ſo ein⸗
53
geſetzt, daß Rinde auf Rinde genau an einander paſſen,
und von außen durch das eingeſetzte Reis weder eine Ver—
tiefung, noch eine Erhöhung entſtehet.
5.1232,
Wollt ihr zu eurer Uibung einen Wildling in der
Baumſchule durch das Pfropfen veredeln, ſo müßt ihr ihn
vorher bis auf drei oder vier Zoll hoch vom Boden abſägen,
und den Sägeſchnitt glatt nachſchneiden. Ein ſtarker Wild⸗
ling kann auch vier bis ſechs Zoll hoch ſeyn, ein ſchwacher
Wildling aber muß kürzer ſeyn.
§. 123.
Die aufgeſetzten Pfropfreiſer pflegt man durch Papier⸗
ſtreifen, welche mit dem §. 99 beſchriebenen Pfropfwachs
beſtrichen find, feſtzuhalten, und ſolche überdieß noch mit
Moos zu umgeben, welches man mit Waidenruthen ver⸗
bindet; allein dieſer Verband iſt viel zu umſtändlich, und
auch dadurch nachtheilig, daß ſich in dem Moos Ungeziefer
aufhält, welches gleichſam zu einem Neſte für die Raupen
wird. |
Zweckmäßiger und einfacher iſt es, die Pfropfſtelle
früher mit Waidenruthen zu verbinden, und dann aus einem
fetten Lehm große Kugeln zu machen, und damit einen
Theil des Edelreiſes, die ganze Schnittfläche und ſo weit
herab, als der Spalt reicht, vorſichtig einzuhüllen, wodurch
nicht nur die aufgeſetzten Reiſer feſt gehalten, ſondern auch
Sonne, Regen und Luft von der Veredlungsſtelle abgehalten
werden.
Um das Abſpringen dieſes Lehms zu verhindern, wird
ſolcher vorher mit Gerſtenſpreu angeknettet, wodurch er
mehr Bindung erhält. Dieſe Lehmkugeln können ohne Nach⸗
theil bis in den Sommer hinein an der Veredlungsſtelle
bleiben, beim Wegnehmen derſelben aber müßt ihr vorſich⸗
54
tig ſeyn, damit die kaum angewachſenen Reiſer nicht wieder
locker gemacht, oder gar abgebrochen werden. |
Das Pfropfen in den halben Spalt.
§. 124.
Das Pfropfen in den halben Spalt W ſich
von dem Pfropfen in den ganzen Spalt nur dadurch, daß
der abgeſtutzte Zweig oder Wildling mit dem Pfropfmeſſer
Taf. I. Fig. 10., nur zur Hälfte geſpalten wird, wie euch
dieß die Taf. III. Fig. 28., zeigt. In dieſen Spalt wird
ſtets nur ein Edelreis und zwar ebenfalls nur an der Seite
des Zweiges eingeſetzt, wie dieß bei Taf. III. Fig. 29, zu
erſehen iſt. Das Edelreis wird eben ſo keilförmig zuge⸗
ſchnitten, wie zum Pfropfen in den ganzen Spalt, und in
dem übrigen Verfahren iſt auch kein Unterſchied. Man ſoll
nur ſolche Zweige oder Wildlinge in deu halben Spalt pfro=
pfen, welche zwar ſtark, aber doch nicht ſo ſtark ſind, daß
man ihnen zwei Pfropfreiſer aufſetzen kann
Das Pfropfen in der Rinde.
§. 125.
Das Pfropfen in der Rinde kann an allen ſolchen
Bäumen vorgenommen werden, deren Rinde friſch iſt, und
ſich vom Holze gut ablöſen läßt.
Wollt ihr den Wildling in der Baumſchule
auf dieſe Art veredeln, ſo wird er in der Höhe von ſechs
Zoll vom Boden wie Taf. III. Fig. 30., abgeſchnitten,
und von dieſer Schnittfläche herab in der Rinde bis a ein
Einſchnitt von ungefähr ein Zoll Länge gemacht, und mit
dem Beinchen an dem Okulirmeſſer die Rinde durch die
ganze Schnittlänge und fo breit von dem Holze abgelöſt,
damit zwiſchen der Rinde und dem Holze das zugeſchnittene
Edelreis inn werden kann.
55
§. 126. 0
Dieſes Edelreis Taf. III. Fig. 31, wird auf drei
Augen verkürzt, und dem unterſten Auge gegenüber bei a
ein Querſchnitt bis in das Mark gemacht; von dieſem
Querſchnitte an wird das Reis in einer Lange von einem
Zoll ſo fein zugeſchnitten, daß dieſer zugeſchnittene Theil
zwiſchen der Rinde und dem Holze ſo eingeſchoben werden
kann, daß dadurch keine merkliche Erhöhung der Rinde ver⸗
urſacht wird. Das ſo bereitete Reis wird nun in der abge⸗
löften Rinde des Wildlings Taf. III. Fig. 30, fo weit ein⸗
geſchoben, daß der Querſchnitt a desſelben auf die Schnitt⸗
fläche b knapp aufſitze, wie dieß bei Taf. III. Fig. 32,
erſichtlich iſt. Der Verband mit dem Kopulirbändchen
geſchieht ganz wie bei Taf. II. Fig. 22, nur mit dem
Unterſchiede, daß bei dieſer Veredlungsart das Band nicht
ſo feſt zuſammengezogen werden darf. Die Schnittfläche des
e muß ſogleich mit Baumwachs verſchmiert werden.
9. 127.
Sollen erwachſene Baume in der Rinde gepropft wers
den, ſo geſchieht dieß in den einzelnen Zweigen, welche bis
zu einer ſolchen glatten Stelle eingeſtutzt werden, wo die Rin⸗
de ſich vom Holze gut ablöſen laſſe. Das Verfahren beim
Einſetzen der Reiſer iſt dasſelbe wie bei den Wildlingen in
der Baumſchule.
An ſolchen eingeſtutzten durch das Pfropfen in der Rinde
veredelten Zweigen werden jene Schoße oder Triebe, welche
unterhalb der Veredlungsſtelle zum Vorſcheine kommen, ſo
lange geſchont, bis das Pfropfreis angewachſen iſt, weil
dieſe Schoße oder Triebe dazu dienen, dem Zweig Nahrung
zuzuführen, in dem Maaße aber, als das Edelreis an Stärke
zunimmt, werden dieſe Schoße nach und nach weggeſchnitten.
Würde man dieſe wilden Triebe gleich beim Pfropfen weg⸗
56
ſchneiden, und das Edelreis nicht fangen, jo könnte ein folcher
Zweig leicht vertrocknen. |
Von der Behandlung der veredelten Bäume.
Im erſten Jahre.
§. 128. |
In demſelben Jahre, wo die Veredlung Statt gefunden
hat, wird an dem veredelten Bäumchen nichts weiter gemacht.
Man giebt bloß jedem Bäumchen einen Pfahl, an welchen
der junge edle Trieb, der ſehr hoch aufſchießt, locker ange⸗
bunden wird, damit ihn der Wind nicht abbricht, und wodurch
er zugleich eine gerade Richtung erhält, was deßwegen ſchon
ſehr wichtig iſt, weil dieſer Trieb den künftigen Stamm des
Baumes bildet.
6. 129.
Sobald der Grund wieder feſtgeworden iſt, was beſon⸗
ders durch das Herumtreten beim Veredeln geſchieht, muß
er durch das Graben wieder aufgelockert werden. Dieſes
Graben darf jedoch erſt einige Wochen nach dem Veredeln
geſchehen, damit die Edelreiſer nicht berührt und in ihrem
Anwachſen nicht geſtört werden.
Dieſes Graben muß auch im Herbſt mit beſonderem
Fleiße wiederholt werden, damit Schnee und Regen leichter
in den Boden eindringen.
Beim Graben und Umhacken gebet Acht, daß ihr weder
die Bäumchen, noch die jungen Triebe verletzet.
Im zweiten Jahre.
§. 130.
Gleich im Fruͤhjahre, bevor das Baͤumchen in den Saft
tritt, werden von den ſchon edlen vorjährigen Seitentrieben
57
die ſtärkſten glatt weggeſchnitten, die ſchwächeren aber bleiben
als Saftleiter ſtehen, welche den Stämmchen Nahrung zu—
fuͤhren, und dadurch den Schaft verſtärken helfen. Sie werden
erſt dann weggeſchnitten, wenn fie die Stärke einer Gans⸗
federkiele erreichen. Wenn ein ſolches Stämmchen 3 — 4
Seitenäſte als Saftleiter behält, iſt es hinreichend, und man
ſchneidet dann ſtets im Frühjahre, bevor die raſchere Saft—
bewegung eintritt, die ſtärkſten weg. Würde man dieſe länger
ſtehen laſſen, ſo würden ſie oftmals ſtärker als der Stamm
ſelbſt werden, ihr Wegſchneiden würde eine zu ſtarke Wunde
verurſachen, die dann ſchwer verheilt. Auch in dieſem Jahre
iſt der Grund zu Johanni und im Herbſte umzugraben, und
ſo oft es nöthig iſt, das Unkraut zu vertilgen.
Im dritten Jahre.
§. 131.
Das Umgraben des Grundes im Frühjahre und das
Vertilgen des Unkrautes, ſo oft es nothwendig iſt, wird
auch im dritten Jahre vorgenommen.
6. 132.
Zu Ende dieſes dritten Jahrs wird gewöhnlich der
Stamm eine Höhe von 6 Fuß erreichen, in dieſer Höhe
muß man auf die Bildung ſeiner Krone denken.
§. 133.
Im guten Grunde und bei fleißiger Behandlung ſind
ſolche Bäume, nachdem ſie 4 — 5 Jahre in der Vered⸗
lungsſchule geſtanden, ſchon geeignet, in Gärten oder
Alleen verſetzt zu werden; bei dieſem Verſetzen wird durch
das Einſtutzen der Zweige die Krone gebildet; wenn ſie
aber noch länger in der Baumſchule ſtehen bleiben ſollten,
ſo muß man ſchon hier das Einſtutzen der Zweige vornehmen.
58
Man laßt d dem Baume ſolche 4 bis 5 Zweige ſtehen,
die ſo viel als möglich gleich weit von einander abſtehen,
ſtutzt dieſe nach Verhältniß ihrer Stärke auf 2 bis 3
Augen ein, und ſchneidet alle übrigen Zweige glatt am
Schafte weg. }
Starke Zweige werden auf 3, ſchwache auf 2 wo
eingeſtutzt. Durch das Einſtutzen der Zweige auf 2 bis 3
Augen werden dieſe Augen Triebe machen, welche die
Krone des Baumes bilden.
9. 134.
Von nun an darf man unterhalb der Krone keine
Triebe mehr dulden, ſoudern man muß ſolche gleich wie
e zum Vorſcheine kommen, mit dem Finger abdrucken,
und nicht erſt warten, bis ſie ſo lang geworden ſind, daß
man ſie abſchneiden muß.
Solche Schnitte, wenn ſie auch verheilen, laſſen
immer Merkmale zurück, und verunſtalten den Baumſchaft.
— —I—
Von der Behandlung der in den Saamentafeln
der dritten Abtheilung aus dem Saamen
gezogenen Bäume.
§. 135.
Wir haben euch im F. 21 gefagt, daß Kirſchen,
Weichſeln, Zwetſchken und wälſche Nüſſe in der dritten
Abtheilung, welche wir Saamentafeln genannt haben,
zwar aufgezogen, aber daſelbſt theils nicht veredelt wer⸗ |
den, theils auch keiner Veredlung bedürfen. Was nun
die Pflege derſelben während dieſer Zeit betrifft, da habt
ihr Folgendes zu beobachten. |
99
Im erſten Jahre.
§. 136.
In dieſem Jahre werden fie behandelt wie die Wild
linge jener Gattungen, welche veredelt werden, d. h. es
wird der Grund von Unkraut ſtets rein gehalten, und
wenn er rein geworden, wieder behutſam aufgelockert,
welches Auflockern aber niemals bei einer anhaltenden
Hitze geſchehen darf, übrigens darf an den jungen Pflan⸗
zen nichts geſchnitten werden.
Im zweiten Jahre.
9. 137.
In dieſem Jahre bleibt die Bearbeitung des Grundes
dieſelbe, wie im erſten Jahre. Je öfter das Unkraut ver:
tilgt und der Grund aufgelockert wird, um ſo ſchneller
werden die Bäumchen heranwachſen, zumal da ſie hier
weiter aus einander ſtehen, als jene 2 Saatſchule,
daher ihre Wurzel mehr Raum haben, ſich auszubreiten.
An den Bäumchen ſelbſt wird in dieſem Jahre noch
nichts geſchnitten, nur bei den Kirſchen und Weichſeln
findet eine Ausnahme ſtatt. Bei dieſen darf man keine
ſtarken Seitentriebe dulden, weil, wenn ſie länger ſtehen
bleiben, dem Baume durch ihr ſpäteres Wegſchneiden eine
ſtarke Wunde beigebracht wird, an welche der Harzfluß
erſcheint.
Dieſer Harzfluß beſteht darin, daß an der verwun⸗
deten Stelle der Saft des Baumes ausfließt, daſelbſt ver—
härtet, und in dieſem Zuſtande wie Gummi ausſieht. Diefer
Saftverluſt verſetzt den Baum in einen krankhaften Zuſtand,
an welchem er zuletzt eingehet.
60
Im dritten Jahre.
F. 138.
So wie nun die Wurzeln ſich mehr ausbreiten koͤnnen,
werden auch aus den Augen des Stämmchens Triebe ſich
bilden, welche, wenn man ſie ſtehen ließe, zu ſo ſtarken
Zweigen heranwachſen würden, daß ſie bald ſtärker als
der Schaft des Bäumchens ſelbſt ſeyn würden.
Dahin darf man es aber nicht kommen laſſen, ſon⸗
dern im Frühjahre, bevor das Bäumchen in Saft tritt,
werden alle ſo ſtarken Seitentribe glatt am Stamme weg⸗
geſchnitten, wobei das Meſſer von unten nach oben geführt
wird, nur einige ſchwache Triebe werden als Saftleiter
ſtehen gelaſſen, damit ſie dem Schafte Nahrung zuführen
und ihn verſtärken helfen. Dies gilt beſonders von den
Kirſchen und Weichſeln, dann Zwetſchken. Die wälſchen
Nüſſe machen ſolche Seitentriebe ſeltener.
Die fleißige Bearbeitung des Grundes bleibt dieſelbe
wie im vorigen Jahre.
Im vierten Jahre.
§. 139.
Im Frühjahre dieſes Aten Jahres, bevor die Baum:
chen in Saft treten, werden abermals die ſtarken vorjäh⸗
rigen Seitentriebe weggeſchnitten, und wieder einige der
ſchwächeren als Saftleiter ſtehen gelaſſen. Die Bearbei⸗
tung des Grundes bleibt auch in dieſem Jahre dieſelbe.
F. 140.
Bei den Nußbäumen wird es ſelten nothwendig ſeyn,
ſolche Seitentriebe auszuſchneiden, weil ſie meiſtens ſchon
ohne ſolche gerade in die Höhe wachſen.
Wenn indeſſen ſolche dennoch zum Vorſcheine kommen,
61
fo ſollt ihr fie ſchon als Knospe abdrücken, und nicht erſt
warten, bis ein Trieb daraus wird.
Im fünften Jahre.
§. 141.
Im guten Grunde und bei fleißiger Bearbeitung des—
ſelben, werden die Bäumchen, namentlich die Kirſchbäume,
in dieſem öten Jahre 9 zu einer Höhe von 6 Fuß
gelangen.
In dieſer Höhe wird der Herztrieb auf einige Zoll
zurück eingeſtutzt, d. h. abgeſchnitten. Dieſes Abſchneiden
hat zum Zwecke den Saft zurück zu drücken, wodurch die
oberſten Augen gezwungen werden, Triebe zu machen,
welche in der Folge die Zweige der Krone bilden ſollen.
Dieſes Einſtutzen geſchieht ſtets im Frühjahre, bevor
der Baum in Saft tritt, es wird daher das Einſtutzen
dieſer volle 5 Jahre alten Bäume erſt im Frühjahre des
öften Jahres vorgenommen werden dürfen.
An den Zweigen ſolcher Bäume darf jedoch nichts
geſchnitten werden.
b §. 142.
Sollten aber ſolche Bäume wegen ihres ſchwachen
Wachsthums noch länger an ihrem Standorte in den
Saamentafeln ſtehen bleiben müſſen, was auch der Fall
ſeyn kann, wenn man entweder keinen Platz hat, um
ſie zu verſetzen, oder keine Gelegenheit ſie zu verkau—
fen, ſo muß man daran denken, ſolchen Bäumen ſchon
hier eine ſchöne Krone zu verſchaffen; dieſe Krone
erhalten ſie dadurch, daß die einzelnen Zweige derſelben
auf 2 bis 3 Augen eingeſtutzt (abgeſchnitten) werden, daß
ferner einem ſolchen Bäumchen höchſtens 4 — 5 ſolcher
Zweige gelaſſen, die übrigen aber glatt am Schafte weg⸗
62
geſchnitten werden, und daß die ſtehen gelaſſenen und ein-
geſtutzten Zweige nicht etwa auf einer Seite des Schaftes,
ſondern allenthalben um den Schaft herum gleich weit
von einander abſtehen, wodurch eine ſchöne Krone l
wird.
6. 143.
Dieſes Einſtutzen der Zweige zur Bildung der ie
des Baumes darf an den Nußbäumen nicht vorgenommen
werden, weil ſie das Beſchneiden nicht vertragen.
Vom Obſtgarten.
6. 144.
Wir haben euch bisher gelehrt, wie ihr ſchöne und
geſunde Bäume ſelbſt aufziehen könnet; da jedoch der
Zweck eines ſolchen Baumes iſt, daß er ſchöne, gute und
viele Früchte trage, um uns für unſere Mühe zu beloh⸗
nen, der Obſtbaum aber, wenn er auf ſeinem Standpunkte
in der Baumſchule ſtehen bliebe, dieſen Zweck nicht erfüllen
könnte, indem die Bäume da zu nahe an einander ſtehen,
daher ſich nicht ausbreiten können, ſo folgt daraus die
Nothwendigkeit, daß ſolche Bäume, wenn fie die im 8.
142 angegebene Größe erreicht haben, dahin verſetzt wer⸗
den ſollen, wo wir fie brauchen, um entweder alte kränk⸗—
liche oder ſchon abgeſtorbene Bäume zu erſetzen, oder um
neue Obſtgärten anzulegen, oder auch um Straßen und
Wege damit zu bepflanzen.
§. 145.
Beim Ausſetzen junger Bäume müßt ihr vor 7
andern den Grund, wohin ſolche Bäume verſetzt werden
ſollen, unterſuchen. Bevor wir euch jedoch mit den Eigen⸗
ſchaften bekannt machen, die ein ſolcher Grund haben ſoll,
63
müßt ihr euch den Grundſatz merken, daß der Grund,
wohin ein Baum aus der Baumſchule geſetzt
werden ſoll, ſtets beſſer ſeyn muß, als der
Grund, worin der Baum aufgezogen wurde.
Es liegt ſchon in der Natur, daß der Uebergang vom
Schlechteren zum Beſſeren den Pflanzen beſſer gedeihet, als
umgekehrt. |
Von der Wahl des Grundes zum Obſtgarten.
6. 146.
Der Grund und Boden und ſeine Lage iſt nicht
überall gleich; an manchen Orten findet man mehrere Fuß
tief gute Erde, an andern Orten beträgt fie wieder nur
einige Zoll Tiefe, unter welcher dann Stein, Schiefer,
Sand oder Lehm gefunden wird, hie und da iſt die Lage
des Grundes tief und naß, anderswo wieder hoch und
trocken, der eine Grund hat eine Abdachung gegen die
Mittagsſeite, der andere wieder gegen die Mitternacht.
Ihr werdet einſehen, daß ein ſo verſchiedener Grund nicht
allen Baumgattungen gleich zuträglich ſeyn kann. Wir
haben daher beim Anlegen eines Gartens vor allem arts
dern zu unterſuchen, welche Obſtgattung für dieſen oder
jenen Grund die paſſendſte ſey.
Der Aepfelbaum erfordert einen gebundenen Thon—
boden, der geeignet iſt, guten Weizen zu tragen. Diefer
Boden iſt ihm deßwegen nöthig, damit ſeine Wurzeln, die
nicht tief liegen, von der ſtarken Sommerhitze und von
ſtarken Fröſten nicht leicht erreicht werden, er liebt einen
| ebenen, etwas feuchten aber nicht naßen Grund, und wird
vorzüglich gedeihen, wenn er in einer gegen Abend und
Mitternacht geſchützten Lage gepflanzt wird.
*
64
Der Birnbaum liebt einen tiefen trockenen Thon; ö
boden, am beſten wird er da gedeihen, wo unter dem
Thon ſich Lehm oder Thonſchiefer befindet. Eine Unter⸗
lage von Sand oder Kies iſt ihm ſchädlich. Uibrigens
wird er auch an Lehnen, die nicht gegen Mitternacht liegen,
gedeihen, wenn der Grund die hier Kelche ER
ſchaften hat.
Die Kirſchen- und Weichſelbäume kommen
beinahe in jedem Grunde und in jeder Lage fort, doch
werden ihre Früchte nur in einer warmen Lage ſchmackhaft,
weßhalb fie vorzüglich an ſolchen Lehnen, die gegen Mit⸗
tag und Abend liegen, gepflanzt werden ſollen. An Leh⸗
nen, die gegen Mitternacht und gegen Sonnenaufgang
liegen, leiden ihre Blüthen zu ſehr von den Frühjahrs⸗
nachtfröſten.
Der Nußbaum erfordert zu feine Gedeihen einen
tiefen Thonboden, der hoch gelegen iſt. In tiefen Lagen
und überhaupt in Thälern erfriert er.
Der Zwetſchken baum liebt einen feuchten, en
und ſchweren, aber nicht naſſen Boden. P
5. 147.
Wollt ihr einen Obſtgarten im freien Felde anlegen,
und den Grund zwiſchen den Bäumen auch noch zum Ge⸗
treidebaue verwenden, ſo dürft ihr in einem ſolchen Gar⸗
ten weder Kirſchen noch Weichſeln pflanzen, weil dieſe
Früchte zu einer Zeit reif werden, wo das Getreide noch
auf dem Felde ſtehet, welches durch das Abnehmen des
Obſtes ſehr beſchädiget wird. N
b. 148.
Für diejenigen Gegenden Böhmens, welche eine kalte
Lage haben, werden Aepfel und Weichſeln paſſen, weil
65
fie härter find, daher einen ſtrengen Winter leichter
ertragen, als Birnen⸗, Nußbäume und Kirſchen.
§. 149.
Zu Pflanzungen an Straßen und Wegen wählet vor⸗
zugsweiſe Kirſchen und Weichſeln; in tiefen, etwas
feuchten Lage Zwetſchken, in hohen trockenen Lagen Nuß⸗
bäume; weil ihr dieſe Baumgattungen, die entweder gar
nicht, oder erſt ſpäter an Ort und Stelle veredelt werden,
mit weniger Mühe aufziehet, und daher die häufigen Nach⸗
beſſerungen, welche ſolche Straßenpflanzungen nothwendig
baben, leichter beſtreiten könnet.
6. 150.
* Habt ihr in ſchon beſtehenden alten Gärten und Alleen
abgeſtorbene Bäume durch neue zu erſetzen, ſo ſetzt nie
die alte Obſtgattung, die früher da geſtanden iſt, ſondern
immer eine andere, die ganz gewiß beſſer gedeihen wird,
als wenn ihr nach einem abgeſtorbenen Apfelbaume wieder
einen jungen Apfelbaum hinſetzt.
haar 6. 151.
* Auch iſt es ſehr gut in die Grube eines ſolchen Bau⸗
mes nicht wieder dieſelbe Erde, die ausgehoben wurde,
ſondern eine fremde gute Erde zu geben.
Von der Herrichtung des Grundes zu einem
Obſtgarten.
6. 152.
Bei der Anlage eines neuen Obſtgartens iſt es noth⸗
wendig, daß die Bäume in geraden Linien wie Tafel 3,
Fig. 33 - a gleichweit von einander ausgeſetzt werden.
5
66
Die Luft kann da allenthalben durchftreichen und auch die
Sonne die Früchte beſcheinen und zur Reife bringen; oder
man ſetzt ſie in Verband wie Fig. 33 a b, ſo daß immer in |
der Mitte von 4 Bäumen a einer b zu ſtehen kömmt.
Dieſe letzte Art einen Garten anzulegen, hat deßhalb den
Vorzug, weil auf einer gegebenen Fläche mehr Bäume
ſtehen können, ohne ſich wechſelſeit ig zu hindern, und end⸗
lich können in einer ſolchen Pflanzung Sturmwinde nicht
ſoviel Schaden machen „weil der Wind gebrochen wird.
Wie weit die Bäume von einander abſtehen ſollen,
hängt von der Obſtgattung ab, die ihr pflanzen wollet.
Wollt ihr z. B. lauter Aepfelbäume ausſetzen, ſo müſſen
die 9 ihr möget die Reihen nach der Länge oder
Breite anſehen, wenigſtens 4 Klafter von einander ſtehen,
weil die Zweige der Aepfelbäume ſich ſehr ausbreiten;
Birnbäume hingegen brauchen nur eine Entfernung von
3 Klaftern, weil ihre Zweige mehr in die Höhe als in
die Breite gehen. Eine gleiche Breite erfordern auch die
Zwetſchken.
Kirſchen und Weichſeln erfordern denſelben Raum
wie die Aepfeln, wenn f ie im ebenen guten Grunde ſtehen
auf Lehnen können fie 3 Klafter von einander ſtehen, di
Nußbäume aber müſſen 5 Klafter von einander gepflanz
werden. Iſt jedoch der Grund gut, und die Lage hoch
fo werden fie eine Entfernung von 6 Klaftern brauchen
Beabſichtiget ihr aber den Grund des Obſtgartens aud
zum Getreidebau zu benützen, fo müßt ihr, um dazwiſche |
alle Arbeiten bequem verrichten zu können, die Baumreibeil:
ohne Unterſchied der Obſtgattung 5 bis 6 Klafter von ein
ander anlegen, und dürfet keine ſolche Obſtgattungen pflanzer
welche früher abgenommen werden müſſen, als das Ge
treide reift, weil durch das Abnehmen derſelben viel Ge
5 67
treide zuſammengetreten wird, wie wir euch ſchon im
§. 147 geſagt haben.
$. 153.
Wenn jedoch kein Getreide unter den Bäumen gebaut
werden ſoll, und der Grund die erforderliche Eigenſchaft
hat, ſo iſt es klüger, Aepfel, Birnen und Zwetſchken
untereinander auszuſetzen, und zwar ſo, daß z. B. nach
einem Aepfel⸗ ein Zwetſchkenbaum, dann ein Birn⸗ und
wieder ein Zwetſchkenbaum geſetzt wird, oder daß Aepfel⸗,
Zwetſchken⸗, Birn⸗ und Zwetſchkenreihen mit einander
abwechſeln. Dieſe Pflanzungsart hat den Vortheil, daß
die Bäume nicht ſo weit von einander abzuſtehen brauchen,
wodurch ihr auf eine gegebene Flaͤche mehr Baͤume aus⸗
ſetzen könnet.
§. 154.
Sobald ihr die Obſtſorten beſtimmt habt, die ihr aus⸗
ſetzen wollt, müßt ihr zur Eintheilung des Grundes ſchrei—
ten. Dieſe Eintheilung wird dadurch gemacht, daß man
zuerſt die Baumreihen abſteckt, indem man am Anfange
und am Ende einer jeden Reihe einen geraden Baumpfahl
aufſtellt, und dann in den Reihen den Standpunkt eines
jeden Baumes nach der Klafter, abermals durch einen
Baumpfahl bezeichnet. a 5
Wie dieſe ſämmtlichen Pfähle geſtellt werden, daß
der ganze Garten in allen Richtungen gerade Gaſſen
bildet, werden wir euch lieber durch einen Gärtner zeigen
laſſen als beſchreiben. Ihr werdet dieſes vom Sehen
geſchwinder begreifen, als durch eine Beſchreibung dieſes
Verfahrens.
68 5
7
Von den Baumgruben.
§. 155.
Nachdem ein ſolcher Garten durch Baumpfähle abge⸗
ſteckt und der Standpunkt eines jeden Baumes bezeichnet
iſt, wird der Umfang einer jeden Baumgrube im Viereck
mit einer Kratze oder Haue um den Pfahl herum bezeich⸗
net, und die Grube ausgeworfen.
Eine ſolche Baumgrube, gleichviel für welche Obſt⸗
gattung ſie beſtimmt iſt, muß wenigſtens 4 Schuh lang,
4 Schuh breit und 3 Schuh tief ſeyn; ſollen jedoch in
ſchon beſtehenden Gärten abgeftorbene Bäume herausge⸗
worfen, und neue dafür geſetzt werden, ſo müſſen die
Gruben wenigſtens eine Klafter lang, eben ſo breit und
4 Schuh tief gemacht werden, damit man ſoviel von den
alten Wurzeln des Baumes, als nur möglich heraus⸗
ſchaffen kann. ®
Beim Ausgraben der Erde muß die obere frudiihgte |
Erde und die Raſenſtücke auf die eine Seite der Grube,
und die untere ſogenannte unfruchtbare Erde auf die andere
Seite gelegt werden.
Es iſt fehr gut, wenn dieſe Gruben ſchon im 8
gemacht werden, damit über den Winter Schnee und Regen
den Untergrund der Grube mürbe und fruchtbar machen.
Sollte die Erde aus der Baumgrube von ſchlechter Be⸗
ſchaffenheit ſeyn, ſo hat man waͤhrend dem Winter Zeit,
eine beſſere zufuͤhren zu laſſen. |
aa WB
Von der Zeit zum Verſetzen der Bäume.
$. 156.
Die Obſtbäume werden entweder im Herbſte oder im
Frühjahre verſetzt.
69
Das Ausſetzen der Baͤume im Frühjahr hat den
Vortheil, daß zu dieſer Zeit in der Regel keine ſo heftige
Fröfte mehr eintreten, welche bis zu den Wurzeln des
friſchgeſetzten Baumes eindringen, und den Setzling heben
können, ſondern durch die bald darauf eintretende Früh—
lingswärme der Baum nach dem Einſetzen zu treiben be-
ginnt, während der im Herbſte ausgeſetzte den ganzen
Winter über ohne äußere Lebenszeichen und faſt unthätig
ſich verhält, daher ſich durch eine fo lange Zeit auf fei-
nem neuen Standorte nicht einwurzelt.
Allein man kann ſich von dem Ausſetzen im Früh—
jahr nur dann ein gutes Gedeihen verſprechen, wenn man
im Stande iſt, jeden friſch geſetzten Baum mit einigen
Kannen Waſſer einzuſchlemmen, was auch noch ſpäter bei
anhaltender Trockenheit wiederholt werden müßte, ſonſt
würde er ſchwerlich gedeihen.
Da nun beſonders bei größeren von Bächen oder
Brunnen entfernten Obſtbaumanlagen, und beim Ausſetzen
langer Straſſen⸗Alleen und Hutweiden, das Herbeiſchaf—
fen des Waſſers zu beſchwerlich, oft ganz unthunlich iſt,
da ferner die Zeit zwiſchen dem Aufthauen des Bodens
und dem Beginnen der Saftbewegung im Baume im Früh—
jahr viel zu kurz iſt, um mit dem Ausſetzen der Bäume
beſonders jener, welche wie die Kirſchen und Weichſeln zeitli—
cher ausſchlagen, bis dahin fertig zu werden, fo ziehet man es
vor, das Verpflanzen der Bäume im Herbſte vorzunehmen.
Der im Herbſt ausgeſetzte Baum genießt während
dem Winter durch die eintretenden Nebel, Regen und
Schnee eine Feuchtigkeit, welche eben ſo, wenn nicht noch
wohlthätiger auf ihn wirkt, als das Einſchlemmen im
Frühjahr, weil durch dieſe Winterfeuchtigkeit die lockere
Erde ſich an den Wurzeln beſſer anſchmiegt und letztere
ſchneller im Frühjahr zur Thätigkeit bringen.
70
Bei dieſen Herbſtpflanzungen hat man aber zu be⸗
obachten:
1) daß man keinen Baum fruͤher aushebt und überſetzt,
als bis ſein Laub von ſelbſt abgefallen iſt, weil
wir aus Erfahrung wiſſen, daß der Baum, ſolange
das Laub nicht abfällt, ſeine Verrichtungen noch nicht
beendigt hat. |
2) Daß die Baumgruben wenigſtens ſchon im vorherge⸗
henden Sommer gegraben werden, damit der Grund
derſelben, durch Luft, Licht, Wärme und Regen mürbe
gemacht werde. Bei Frühjahrspflanzungen wird die⸗
fer Zweck erreicht, wenn die Gruben im vorherge-
henden Herbſt gemacht werden.
3) Daß man den geſetzten Baum etwas feſter, als wir
es bei der Frühjahrspflanzung §. 177 gelehrt haben,
eintrete, damit die Winterfröͤſte den Baum Kan fo
leicht een können.
4) Daß man den im Herbſte ausgeſetzten Baum nur in
ſeinen Wurzeln nicht aber in ſeiner Krone beſchneide,
weil ein ſtarker Froſt auf die Schnittflächen nach⸗
theilig einwirken könnte; das Beſchneiden der Krone
darf erſt im Frühjahr und zwar bevor der Baum
in Saft tritt, vorgenommen werden.
$. 197.
Wenn jedoch im Herbſte zeitlich ſolche Fröſte ein⸗
treten, welche das Ausheben der Bäume ohne Beſchädi—
gung ihrer Wurzeln nicht mehr geſtatten, ſo erfolgt das
Ausheben und Verſetzen derſelben im Fruhjahre. In die⸗
ſem Falle beeile man ſich mit dem Ueberſetzen, damit
der ausgeſetzte Baum, wenn er wegen großer Cntfer-
nung vom Waſſer und wegen Mangel an Zeit nicht
eingeſchlemmt werden könnte, noch die Winterfeuchte
genieße. Bei dieſen Frühjahrspflanzungen müſſen
71
die zuerſt in Saft tretenden Bäume auch znuerſt geſetzt
werden. Dem zufolge werdet ihr erſt die Kirſchen- und
Weichſel⸗, dann die Birn- und Aepfel, und zuletzt die
Zwetſchken⸗ und Nußbäume ſetzen müſſen.
Vom Ausheben der Bäume zum Verſetzen.
$. 158.
Bevor ihr die Bäume aus der Baumſchule aushebet,
wählet die ſchönſten gradgewachſenen Stämme, die wenig⸗
ſtens 6 Fuß bis zu ihrer Krone haben, und bezeichnet
ſolche entweder mit Weidenruthen oder mit Stroh, damit
nur die bezeichneten ausgehoben werden, die fchwächeren
bleiben in der Baumſchule ſtehen, wo ſie bald an Stärke
zunehmen werden, da ihre Wurzeln nunmehr ſich beſſer
ausbreiten können. Zum Ausheben verwendet wo möglich
nur das Stechſcheid Tafel 1 Fig. 4, und nur dann, wenn
ihr damit nicht ausreicht, die Haue Tafel 1 Fig. 2, daß ihr
beim Ausgraben der Bäume mit ſolcher Vorſicht zu Werke
gehen werdet, daß dabei die Wurzeln nicht unnöthiger
Weiſe beſchädigt werden, haben wir euch ſchon im §. 48
geſagt, und empfehlen es euch auch beim Ausheben dieſer
Bäume
9. 159.
Wollt ihr einen Garten mit früh und ſpät reifenden
Obſtgattungen ausſetzen, ſo ſetzet alle gleich reifenden Sor⸗
ten zuſammen, woraus der Vortheil erwächſt, daß in dem
Maaße, als Früchte abgenommen werden, ſich auch die Auf⸗
ſicht vermindert, während, wenn die Sorten gemiſcht ausge⸗
ſetzt ſind, man oftmals wegen ein Paar Bäume den gan⸗
zen Umfang eines Gartens bewachen muß; damit aber mit
den einmal ausgehobenen Bäumen keine Verwechslung ſtatt
72
findet, fo hebet auch die Bäume in der Baumſchule in der⸗
ſelben Ordnung aus, nehmlich alle gleichreifenden Fruͤchte
zuſammen.
§. 160.
Ihr ſollt nicht mehr Baͤume auf einmal ausheben, als
ihr an demſelben Tage ausſetzen könnet. Die ausgehobenen
Bäume werden in ſolchen Bündeln mit Weiden oder Stroh
zuſammengebunden, daß ein Mann ein ſolches Bündel
leicht tragen kann, und werden da eingeſchlagen, wo man
ſie ausſetzen will.
Einſchlagen heißt, die Wurzeln der Bäume ſo voll⸗
kommen mit Erde bedecken, damit weder Sonne noch
Luft ſie austrocknen können. Sobald die Anzahl der Bäume
ausgehoben iſt, die wir für dieſen Tag brauchen, werden
ſolche dahin getragen, wo ſte ausgeſetzt werden ſollen,
dort ſoll ein Gefäß mit Waſſer in Bereitſchaft ſtehen, in
welches die Baumbündel mit ihren Wurzeln hineingeſteckt
werden, und ſo lange darin ſtehen bleiben, bis man ſie
zum Verſetzen braucht.
Jene Bäume, welche in dieſem Gefäße nicht Platz
haben, müſſen indeſſen eingeſchlagen bleiben, oder mit
Stroh bedeckt werden, und ſo wie aus dem Waſſergefäße
einige Bündel Bäume zum Verſetzen herausgenommen werden,
werden andere wieder hineingeſtellt, damit die Wurzeln
ſämmtlicher Bäume feucht in die Baumgruben kommen.
§. 161.
Beim Ausheben der Bäume beobachtet ja genau die
Vorſicht, ihre Wurzeln ſo wenig als möglich zu verletzen,
umgrabet ſie daher zuerſt von allen Seiten ſo vorſichtig,
daß fie zuletzt nur ausgezogen werden dürfen; hängt der
Baum irgendwo mit der Wurzel feſt, ſo ſuchet lieber mit
den Händen nachzuhelfen, als ſolchen mit Gewalt abzu⸗
73
hauen oder abzureißen, denn es konnte leicht ſeyn, daß
gerade dieſe eine ſeiner ſchönſten Wurzel war.
Von dem Beſchneiden der Wurzeln.
§. 162.
Wir haben euch ſchon im §. 53 geſagt, daß die jun⸗
gen Bäumchen beim Verſetzen beſchnitten werden ſollen;
dieſe Regel gilt auch jetzt beim Verſetzen der nun hoch—
ſtämmig gewordenen Bäume, denn auch diesmal entſcheidet
das zweckmäßige Beſchneiden über das künftige Gedeihen,
die Schönheit und Tragbarkeit des Baumes.
6. 163.
Wenn ihr beim Ausheben der Bäume noch ſo vorſichtig
waret, ſo werdet ihr es doch nicht haben verhüten können,
daß nicht hie und da eine Wurzel gewaltſam abgeriſſen
werde. Alle ſolche abgeriſſene Wurzeln müſſen mit den
Gartenmeſſer an ihren Enden glatt abgeſchnitten werden,
weil der Riß an den Wurzeln Faſern erzeugt, welche
gerne faulen. Die flärferen Wurzeln werden eingeſtuzt,
die Pfahlwurzeln aber, welche häufiger an Birnbäumen ſich
finden, werden bis auf 1 — 2 Zoll Länge abgeſchnitten,
zum Abſchneiden der ſtarken Wurzeln nehmet die euch
ſchon bekannte Baumſäge; der Sägeſchnitt muß aber ſtets
mit dem ſcharfen Gartenmeſſer nachgeſchnitten werden.
Befinden ſich mehrere ſtarke Wurzeln ſo neben einander,
daß ſie ſich in der Bildung von Haarwurzeln wechſelſeitig
hindern würden, ſo wird die ſtärkſte weggeſchnitten; beim
Wegſchneiden einiger Wurzelu ſehet darauf, damit die
einzelnen Wurzeln an dem Schaft herum gehörig vertheilt
find, und daß die feineren Wurzeln geſchont werden,
ändem dieſe vorzüglich dazu beſtimmt find, im Anfange
74
dem Baume Nahrung zuzuführen; ihre Spitzen werden
bloß mit dem Meſſer glatt abgeſchnitten (geſtutzt). Alle
ſolche Wurzeln, welche unverhältnißmäßig länger ſind als
die übrigen, werden auf gleiche Länge mit dieſen eingeſtutzt.
Alle Schnitte an den ſtarken Wurzeln werden ſo ſchräg |
gemacht, daß, wenn der Baum aufgeftellt wird, alle
Schnittflächen ſo auf dem Boden aufliegen, daß von oben
keine ſolchen Schnittflächen zu ſehen ſind.
Iſt der Baum in ſeinen Wurzeln beſchnitten, ſo
kömmt die Reihe an ſeine Krone.
Vom Beſchneiden der Krone.
§. 164.
Wir haben euch im §. 141 geſagt, daß die volle fünf
Jahre alten Bäume im Frühjahre des ſechſten Jahres am
Herztriebe eingeſtutzt werden ſollen, wodurch die oberſten
Augen gezwungen werden, Aeſte zu machen, aus welchen
in der Folge die Krone des Baumes gebildet wird. Haben
ſich nun im ſechsſten Jahre dieſe Aeſte gebildet, und wird
der Baum im Frühjahre des ſiebenten Jahres ausgeſetzt,
fo werden vier bis fünf dieſer leſte auf zwei Augen ein⸗
geſtutzt, die übrigen aber ganz weggeſchnitten; beim weg⸗
ſchneiden der überflüßigen Aeſte ſehet darauf, daß die ſtehen
bleibenden allenthalben um den Schaft herum gehörig ver-
theilt find, wodurch der Baum eine ſchöne Krone erhält.
§. 165.
Das Einſtutzen der Aeſte hat zum Zwecke, den Saft
auf die ſtehen gelaſſenen Augen zurückzudrücken, wodurch
dieſe ſchneller Zweige treiben. Dieſes Zurückdrücken des
Saftes dient auch noch dazu, um neue Wurzeln zu bilden,
die der friſch geſetzte Baum zu ſeiner Erhaltung nöthig hat.
75
b. 166.
Wenn ihr aber ſolche Bäume verſetzet, welche älter
als ſechs Jahre fund, und deren Aeſte ſchon in der Baum—
ſchule zu dem Zwecke eingeſtutzt wurden, um daſelbſt eine
Krone zu bilden, wie wir euch in dem $. 142 angegeben
haben, ſo werden ſolche Kronen beim Verſetzen des Baumes
nicht wieder eingeſtutzt, ſondern es werden nur die Spitzen
oder einzelnen Zweige abgeſchnitten; wenn jedoch dieſe
Zweige ſtark und lang geworden wären, ſo müßt ihr ſolche
gleich beim Verſetzen des Baumes auf vier bis fünf Augen
einſtutzen; ſind einzelne Zweige der Krone in der Krone
hineingewachſen, ſo müßt ihr ſie wegſchneiden, denn die
Krone ſoll wo möglich iuwendig ganz frei von Zweigen
ſeyn, damit Sonne und Licht überall hinkommen können,
um das Ausreifen des Holzes und der Früchte zu befördern.
§. 167.
Beim Verſetzen der Nußbäume werden nur die Wur⸗
zeln, nicht aber die Kronen derſelben beſchnitten, weil dieſe
das Beſchneiden nicht vertragen. Wenn jedoch einzelne
Zweige die Krone verunſtalten ſollten, ſo ſollen ſie ganz
weggeſchnitten werden.
Von den Baumpfählen.
9. 168.
Jeder friſch geſetzte Baum braucht einen Pfahl, an wel⸗
chen er angebunden wird, nm ihn aufrecht zu halten, und
gegen Sturm und Wind vor Erfchütterung zu bewahren.
Ein ſolcher Pfahl kann von jeder Holzgattung ſeyn, ſo
fern er nur gerad gewachſen iſt, jedoch ſind junge Tannen
die dauerhafteſten; er muß wenigſtens neun Schuh lang,
76
zwei Zoll ftarf ſeyn, und wird vor dem Setzen von feiner
Rinde befreit, weil dieſe den Inſekten zum Aufenthalte dient.
Wenn von beiden Enden eines ſolchen Pfahles eins
ſtärker als das andere wäre, ſo kömmt das ſtärkere Ende
in die Grube.
6. 169.
So weit der Pfahl in die Grube kommt, und noch
etwas darüber hinaus ſoll er angebrennt ſeyn; durch dieſes
Anbrennen verkohlt ſich ſeine Außenſeite, welche dadurch
gegen Wurmfraß und Fäulniß durch einige Jahre geſchützt
wird.
§. 170.
Sollten Bäume an Straßen und Wegen gepflanzt
werden, wo die Baumpfähle haufig durch böſe Menſchen
ausgezogen zu werden pflegen, ſo muß man das Ausziehen
derſelben ihnen dadurch erſchweren, daß man den Theil
der Baumſtange, der in die Grube kömmt, zwei Querhölzer
ein Schuh von einander entfernt, annagelt, welche die Form
eines doppelten Kreutzes bilden, wie dieß die Taf. III.
Fig. 34., bei a zeigt. Einen ſolchen Baumpfahl wird man
eher abbrechen als ausziehen können.
6. 171.
So wie man nun beim Abſtecken eines Gartens zuerſt |
bie ſämmtlichen Baumpfähle aufftellen fol, um den Stand»
punkt eines jeden Baumes zu kennen, damit man da für
ihn die Grube machen laſſen kann, eben fo müßen vor dem
Ausſetzen der Bäume die Baumpfähle in der Grube wieder
feſt aufgeſtellt werden, damit man beim Setzen der Bäume
nicht mehr nöthig hat, die Aufmerkſamkeit auf die gerade
Richtung der Reihen zu wenden. Um die Pfähle in den
Gruben aufſtellen zu können, muß man zuerſt von der
|
|
|
77
unterſten unfruchtbaren Erde, welche nach §. 1. auf der
einen Seite der Grube liegt, ſo viel in die Grube hinein—
werfen, damit ſie wenigſtens bis zur Hälfte gefüllt wird.
Dieſes nennt man das Ein werfen der Gruben. In
die ſe Erde wird nur der Pfahl hineingeſetzt, und die Erde
um ihn herum etwas feſt getreten, damit er ſtehen bleibt.
Werden jedoch Pfähle mit den Querhölzern geſetzt, ſo
kommen ſolche zuerſt in die Grube, und dann wird die
Erde darauf geworfen und feſtgetreten. |
$. 172.
Das richtige Aufftellen dieſer Pfähle ift eine eben fo
künſtliche Arbeit, als das Abſtecken eines Gartens, und
wird euch durch einen Gärtner praktiſch gezeigt werden.
Wenn nun die Pfähle nach allen Richtungen in ſchnur⸗
graden Linien ſtehen, ſo wird zum Ausſetzen der Bäume
geſchritten. m
Das Ausſetzen der Bäume.
| $. 173.
Obſtbäume ſollen fo tief geſetzt werden, daß ihre Wur⸗
zelkrone nach dem Einſchlemmen höchſtens mit 4 — 6 Zoll
Erde bedeckt iſt. Dem zufolge ſollen die Bäume auch etwas
höher geſetzt werden, als ſie in der Baumſchule geſtanden
ſind, weil die lockere Erde in der Grube in der Folge ſich
mit dem Baume ſetzt, damit ſie dann nicht zu tief zu ſtehen
kommen.
Dieſes gilt im Allgemeinen von allen Obſtbäumen,
welche in ebenen Grund geſetzt werden, denn wir wiſſen
aus Erfahrung, daß Wärme und Feuchtigkeit in einer ſolchen
Tiefe leichter zu den Wurzeln dringen, und das Wachstum
ſolcher Bäume befördern.
78
§. 174. |
Werden jedoch Bäume auf einen abſchießigen Grund
oder gar an ſteilen Berglehnen geſetzt, ſo müßen ihre Wur⸗
zelkronen wenigſtens mit acht Zoll Erde bedeckt ſeyn, damit
bei ſüdlichen Lehnen die Sonne die Wurzeln nicht vertrockne,
und wenn durch ſtarke Regengüße die Erde herabgeſchwemmt
wird, die Wurzeln nicht zu ſchnell von der Erde ent⸗
blößt werden können.
$. 175.
Nach dieſen Grundſätzen werdet ihr bei dem beſchrie⸗
benen Eiawerfen der Gruben zu beurtheilen haben, wie
viel Erde noch in die Grube hineinzuwerfen fe, DER
der Baum geſetzt werden kann.
Sehr haufig muß man dabei auch die Form der Wur⸗
zeln berückſichtigen. Manche Wurzeln laufen geradaus
(wagrecht), manche wieder gehen in die Tiefe (ſenkrecht).
Bei den erſteren werdet ihr mehr Erde unter die Wurzeln
haben müßen, während ihr bei den letzteren hie und da,
wo gerade eine Wurzel hiukekchr, noch Erde herausnehmen
werdet.
§. 176.
In jedem Falle müßt ihr darauf bedacht ſeyn, daß un⸗
mittelbar unter den Wurzeln, ſo wie auf dieſelben nur
gute Erde zu liegen komme. |
$. 177. 5
Zum Setzen eines Baumes gehören zwei Perſonen;
der Eine ſetzt den Baum, der Andere wirft mit der Schaufel
die nöthige Erde zu. |
Der den Baum fest, kniet auf dem linken Fuß vor
dem Baumpfahl, ſetzt mit der linken Hand den Baum ſo, |
daß der Baumpfahl den Baum gegen Abend deckt, mit der
79
rechten Hand muß er die ſaͤmmtlichen Wurzeln fo aus—
breiten, daß keine weder eingebogen zu liegen komme, noch
eine andere berühre, und ihnen allenthalben lockere Erde
unterlegen, damit ſie nirgends hohl liegen, ſodann läßt er
ſich von der zweiten Perſon gute Erde gegen den Schaft
des Baumes zuwerfen, die er mit der offenen rechten Hand auf⸗
fängt, und ſie nach und nach durch die Finger auf die
Wurzelkrone des Baumes fallen läßt, wodurch die ſämalt⸗
lichen Wurzeln von lockerer Erde bedeckt werden. Während
dieſem Bedecken der Wurzeln muß der Setzer den Baum
einigemal ſanft in die Höhe ziehen, als wolle er ihn heraus
heben, wodurch die Wurzeln allenthalben mit klarer Erde
ſich umgeben; ſind einmal die Wurzeln bedeckt, ſo wird
die Erde an dieſelben mit dem Fuße etwas feſt angedrückt,
und ſodann die Grube mit der übrigen Erde gefüllt, und
dieſe um den Schaft herum ſchüſſelförmig geebnet,
welches Ebnen man „Scheiben machen“ nennet.
F. 178.
Sind alle Bäume geſetzt, und die Scheiben (Schüſſel)
gemacht, ſo wird ein jeder Baum mit zwei Kannen Waſſer
begoſſen, welches Begießen man „den Baum einſchläm⸗
men“ nennet.
Man gibt jedoch einem jeden Baum zuerſt nur eine
Kanne Waſſer, die man langſam auf die Scheibe ausgießt;
iſt man for bei allen Bäumen herumgekommen, fo fängt man
beim erſten Baume wieder mit der zweiten Kanne Waſſer
an. Sobald ſämmtliche Scheiben begoſſen find, wird jede
mit einigen Schaufeln klarer Erde überſtreut, wodurch ver⸗
hindert wird, daß ſich auf ihrer Oberfläche keine harte
Kruſte bildet.
Dieſes Einſchlämmen iſt weſentlich woven
zum Gedeihen des Baumes.
| 6. 179.
Einige Tage nach dem Einfchlämmen werden die ö
Bäume an den Pfählen nur leicht angeheftet, damit ſie
ſich ſetzen können; würde man fie feſt an die Pfähle ans
binden, ſo würde ſich die Erde in der Grube allein
ſetzen, der Baum aber an dem Pfahle hängen bleiben, wos
durch die Wurzeln unter ſich hohl blieben, und der Baum
eingehen würde.
Nach einigen Wochen, wenn die Bäume ſich ſchon ge⸗
ſetzt haben, werden ſolche ordentlich d. h. jeder Baum zwei⸗
mal angebunden. Zum Anbinden der Baͤume an die Pfähle
nimmt man junge Weidenruten; damit jedoch bei Sturm
und Winde der Baum an dem Pfahle ſich nicht abreibe,
müſſen die Weidenruten ſo gebunden werden, daß ſie erſt
den Pfahl allein, und dann den Baum umſchlingen, wodurch
ſie ſich zwiſchen dem Baume und dem Pfahle kreuzen, wie
es euch die Taf. III. Fig. 34., bei b verſinnlichet.
Von der Pflege der ausgeſetzten Bäume.
Im erſten Jahre.
§. 180.
Im erſten Jahre habt ihr die Scheiben (Schüſſeln)
von Unkraut rein zu halten. Die Triebe, welche am
Schafte des Baumes zum Vorſcheine kommen, abzudrüden
oder glatt abzuſchneiden, und den Schnitt mit Baumwachs
zu verſchmieren. Wenn durch Winde die Bänder, womit |
die Bäume an die Pfähle befeſtiget find, locker vedr ganz
abgeriſſen worden wären, müßt ihr ſolche ausbeſſern, oder 4
neue Bänder anlegen. 4
Wenn Stürme, oder der Muthwille der Menfchen die
Baumpfähle aus ihrer geraden Richtung gebracht, oder gar |
81
umgeworfen haben, müßt ihr fie wieder gerad richten oder
aufſtellen, beim Aufſtellen trachtet ſie wieder in das frühere
Loch zu bringen, denn, ſchlagt ihr den Baumpfahl auf einen
neuen Platz ein, ſo könntet ihr leicht dadurch einige Wur⸗
zeln des Baumes verletzen, und ihr würdet damit dem
Baume mehr Schaden zugefügt haben, als der Pfahl nützt.
Im Herbſte werden die Scheiben (Schüſſeln) um den
Baum herum mit der Haue aufgelockert, damit die Winter⸗
feuchte leichter zu den Wurzeln dringen könne.
Endlich muß der Schaft eines ſolchen Baumes vor Ein-
tritt des Winters mit Stroh, Teichſchilf oder Reiſern von
Nadelhölzern ſo hoch umgeben werden, damit er vor dem
Benagen der Haſen geſchützt ſey.
$. 181.
Wenn während dem Sommer ein Baum hie und da
eingegangen wäre, wird ſolcher noch im Herbſte ausge⸗
graben, die Grube wieder ſo groß gemacht, als ſie früher
war, und ſolche über den Winter offen gelaflen, damit ſich
Feuchtigkeit darin ſammle.
In dem zweiten und den folgenden
Jahren.
§. 182.
Im Frühjahre bevor die Bäume in Saft treten:
1) werden die abgängigen Bäume ausgeſetzt und ein⸗
geſchlämmt. |
2) Ferner alles dürre Holz in der Krone, und alle vom
Winde abgebrochenen Aeſte glatt weggeſchnitten, und
die Schnittfläche mit Baumwachs verſchmiert.
8) Wenn in der Krone eines Baumes ſolche Zweige
ſich gebildet hätten, die entweder andere Zweige
6
nahe berühren, oder durch das Hineinwachſen in die
Krone ſolche verunſtalten, müſſet ihr ſolche Zweige
ſtets im Frühjahre wegſchneiden. |
4) Uiberhaupt müßt ihr darauf ſehen, daß die Kronen
eurer Bäume nicht wie Beſen ausſehen, ſondern daß
ihre Zweige allenthalben ſo weit von einander ab⸗
ſtehen, daß überall Luft und Sonne einwirken können.
Eine ſolche Krone, wenn ſie auch weniger Zweige
und Aeſte hat, wird mehr und ſchönere Früchte
tragen, als ein anderer Baum, der deren noch
einmal ſo viel hat.
F. 183.
Die Seitentriebe, die an dem Schafte der Bäume zum
Vorſcheine kaͤmen, welche man Waſſerſchoße nennt, die je—
doch äußerſt ſelten an jungen Bäumen, wohl aber häufig
an älteren Bäumen ſchon als Vorzeichen einer Krankheit
vorkommen, und ſolche Triebe, welche aus den Wurzeln
des Baumes hervorwachſen, welche Wurzelſchoſſe, oder
Wurzelausläufer genannt werden, dürft ihr nickt dulden,
weil ſie kein Obſt tragen, und dem Baume viel Nahrung
entziehen.
| 6. 184.
Das Umgraben der Baumſcheiben im Fruͤhjahre nnd
Herbſte, das Reinhalten derſelben von allem Unkraute wäh⸗
rend dem Sommer, iſt auch in dieſem wie in allen fol:
genden Jahren eine der weſentlichſten Arbeiten, die ihr
nicht vernachläßigen dürft. Das Umgraben der Scheibe
im Frühjahre hat zum Zwecke, den über den Winter feſt
gewordenen Grund aufzulockern, damit die Frühlingsregen
leichter eindringen; es wird jedoch mit dieſem Umgraben
im Frühjahre auch noch ein anderer Zweck erreicht. Man
hat nemlich beobachtet, daß mehrere Raupengattungen die
N
83
Gewohnheit haben, ihre Eier in den Grund um den Baum
herum zu legen, welche nun durch dieſes Umgraben vernichtet
werden. Durch das Umgraben der Scheiben im Herbſte
wird der Winterfeuchte der Zutritt zu den Wurzeln er⸗
leichtert.
§. 185.
Im trockenen Sommer werdet ihr euren Bäumen da⸗
durch eine große Wohlthat erweiſen, daß ihr ſie wenigſtens
einmal begießet, und in ſchneereichen Wintern ſchaufelt
tüchtige Schneehaufen um ſolche herum, was den Bäumen
eben ſo gut bekömmt, wie das Begießen im Sommer.
$. 186.
Unterlaſſet nicht von Zeit zu Zeit nachzuſehen, ob eure
Bäume gehörig angebunden ſind, ob nicht hie und da ein
Band zu feſt gebunden iſt, daß dasſelbe in der Rinde des
Baumes einſchneidet, einen jeden ſolchen Fehler müßt ihr
augenblicklich verbeſſern.
Ihr werdet in manchen Gärten finden, daß man, um
das Einſchneiden des Bandes in die Baumrinde zu vermeiden,
zwiſchen das Band und die Rinde Moss verbindet. Dieſes
Verfahren ahmet nicht nach, weil ſich in dieſem Moos Un⸗
geziefer aufhält, welches man dann nicht leicht vertilgen
kann.
9. % 18 7. |
Wenn ſich in der Rinde des Schaftes oder der Zweige
Sprünge zeigen ſollten, ſo müßt ihr ſolche ſtets gegen den
Herbſt verſchmieren, damit ſich kein Ungeziefer darin auf—
halten könne. Zum Verſchmieren nehmet einen fetten Lehm,
den ihr vorher mit Gerſtenſpreu gut abknetet. Eben fo
wenig dürft ihr weder an der Rinde des Schaftes noch an
jener der Zweige ein Moos, eine ſchuppenartig ſich ablöſende
6 *
84 |
Rinde dulden, welches ihr ſtets mit der Baumkratze Taf. III
Fig. 35, rein abkratzen müſſet. |
$. 188. |
Sind nun eure Obftbaume tragbar geworden, fo müßt
ihr die Früchte derſelben genau unterſuchen, um euch zu
überzeugen, ob ihr auch jene Früchte erzielt habet, die ihr
habt erzielen wollen. Findet ihr einige ſchlechte Sorten
darunter, fo müßt ihr fie im Frühjahre, bevor der Baum
in Saft tritt, abwerfen.
$. 189. |
Abwerfen heißt, die Zweige der Krone bis auf 6 — 7
Zoll vom Schafte zurückſchneiden. Wo dieſe Aeſte Gabeln
bilden, werden ſie bis auf 5 — 6 Zoll von der Gabel
zurück geſchnitten. !
Wenn jedoch der Aſt, an welchem fich eine folche Ga⸗
bel befindet, noch ſchwach im Holze wäre, ſo müßt ihr die
ganze Gabel wegſchneiden; die eingeſtutzten Zweige oder
Aeſte werden dann im Frühjahre mit Reiſern beſſerer Sor;
ten kopulirt, und dabei ſo verfahren, wie wir es euch im
§. 116 gelehrt haben. Solche Zweige können auch gepfropft
werden, wie wir es euch bei §. 118 geſagt haben, doch
gebet dem Kopuliren immer den Vorzug.
$. 190.
Damit die jungen Triebe ſolcher Kopulanten oder Pfröpf⸗
linge vom Winde nicht abgebrochen werden, müßt ihr kleine
Stäbe an den Aeſten oder Zweigen der Krone befeſtigen,
und an dieſen Stäben die jungen Triebe anbinden.
9. 191.
Wenn an den Aeſten unter der Veredlungsſtelle wilde
Triebe zum Vorſcheine kommen, werden ſolche, ſobald die
Veredlung gelungen iſt, nach und nach weggeſchnitten;
8⁵5
würdet ihr fie ſtehen laſſen, fo würden fie ſonſt dem
edlen Trieb den Saft entziehen, ihn überwachſen, und den
Zweck des Veredelns ganz vereiteln, weil auf dieſen Trieben,
wenn ſie einmal ſtark werden, wieder die alten Früchte,
die ihr habt verdrängen wollen, zum Vorſcheine kommen.
Iſt jedoch ein ſolcher Kopulant oder Pfröpfling nicht
angewachſen, dürft ihr den wilden Trieb nicht wegſchneiden,
weil dieſer dem Zweige wieder Nahrung zuführen muß,
um ihn für eine ſpätere Veredlung in Saft zu ch
§. 192.
Wenn eure Kopulanten alle gut anfchlagen, fo werden
fie im zweiten und dritten Jahre fo viele Triebe machen,
daß, wenn fie alle ſtehen blieben, die Krone ganz verwachſen
und viel zu dicht ſeyn würde; ihr müßt daher alle jenen
Triebe beſeitigen, welche zu nahe bei einander ſtehen, damit
Luft und Sonne einwirken und das Holz gehörig ausreifen
konne.
$. 193.
Zu allen Arbeiten in der Krone der Baͤume braucht
man eine bequeme Leiter, um damit überall hinreichen, und
alle zum Veredeln nöthigen Gegenſtände darauf legen zu
können. Eine ſolche Leiter ſoll auch mit einer Stütze ver⸗
ſehen ſeyn, damit man beim Veredeln in der Krone nicht
nöthig hat, die Leiter an die ſchwachen Zweige des Baumes
anzulegen, wodurch dieſe beſchädigt werden.
Uiber das Abnehmen und Aufbewahren des
Obſtes.
$. 194.
Wir haben euch im §. 83 gefagt, daß es nicht rathſam
iſt, lauter Früchte zu ziehen, die zu einer Zeit reif und
86
genußbar werden, damit man durch eine längere Zeit hin⸗
durch friſches Obſt theils ſelbſt genießen, theils auch an
Andere verkaufen könne. Da jedoch die Haltbarkeit des
Obſtes hauptſächlich von der Art abhängt, wie ſolches ab⸗
genommen und aufbewahret wird, und nur durch eine zweck⸗
mäßige Aufbewahrung des Obſtes von dem Obſtbau ein
großer Nutzen zu erwarten iſt, ſo müßt ihr euch dabei
folgendes merken.
§. 195. |
Es iſt eine allgemeine Regel, daß das Obſt niemals
bei einer naſſen Witterung oder ſo lange ſolches von Thau
oder Reif naß iſt, ſondern im vollkommen trockenen Zu⸗
ſtande abzunehmen iſt.
6. 196.
Dasjenige Obſt, welches wir im §. 88 Sommer- und
Herbſtobſt genannt haben, iſt zwar von keiner langen Dauer,
und muß deshalb bald verzehrt werden; wenn jedoch das
Herbſtobſt nicht zu zeitlich und mit ſolcher Vorſicht abge⸗
nommen wird, daß es weder gequetfcht noch geſchlagen
und überhaupt nicht beſchädigt, und nicht auf einander aus⸗
geſchüttet wird, kann es immerhin eine längere Zeit hin⸗
durch im guten Zuſtande ſich erhalten, nur dürft ihr nicht
unterlaſſen, ſolches fleißig zu unterſuchen, und die etwa an⸗
brüchig oder ſchon faul gewordenen Stücke gleich zu beſei⸗
tigen, damit ſie nicht mehrere anſtecken.
§. 197.
Weit mehr Aufmerkſamkeit jedoch müßt ihr dem Ab⸗
nehmen und Aufbewahren des Winterobſtes ſchenken.
Dasſelbe darf beim Abnehmen durchaus nicht verlezt werden.
Jede einzelne Frucht muß mit der Hand abgebrochen, und
ſanft in den mit etwas Stroh belegten Handkorb, den ihr mit
87
auf den Baum nehmen müßt, gelegt werden. Eine vom
Baume abgefallene Frucht, ſelbſt wenn fie aufs Gras ges
fallen wäre, iſt nicht mehr zum Aufbewahren geeignet, und
darf mit dem übrigen Obſt nicht vermengt werden, denn
wenn auch im erſten Augenblicke keine Spur von Verletzung
an ihr zu ſehen wäre, fo wird fie ſpaͤter doch ganz gewiß
auf jener Seite, auf welche ſie gefallen iſt, faulen.
Beim Abnehmen vermengt nicht Aepfeln mit Birnen,
ſondern nehmet jede Gattung für ſich ab.
Das abgenommene Obſt gebet zuerſt in größeren Haufen
auf den Boden; damit beim Ausſchütten dasſelbe nicht ver:
letzt werde, breitet vorher etwas Kornſtroh aus.
Das Aufſchütten in Haufen iſt deswegen nöthig, damit
das Obſt ſich etwas erwärme und ausdünſte, wodurch es
beſſer und dauerhafter wird. Bevor Fröſte eintreten, muß das
Obſt vom Boden in den Keller oder in eine Kammer ge⸗
ſchafft werden.
Soll das Obſt daſelbſt ſich lange im guten Zuſtande
erhalten, ſo darf der Keller oder die Kammer nicht
feucht, noch zu warm ſeyn, und man muß während dem
Winter an nicht zu kalten trockenen Tagen während den
Mitagsſtunden friſche Luft einlaſſen können.
Das Obſt wird daſelbſt nicht mehr auf Stroh, ſondern
auf Bretter, und da nur ſo hoch gelegt, daß höchſtens drei
bis vier Früchte übereinander zu liegen kommen; hat man
Raum genug, fo legt man die großen Früchte zufammen
und die kleinen auch, wo nicht, ſo muß man die großen
unten und die kleinen oben auf geben.
$. 198.
Die wälſchen Nüſſe erfordern zu ihrer Aufbewahrung
eine ganz andere Behandlung. Dieſelben ſollen eigentlich
ſo lange auf dem Baume bleiben, bis die grüne Schaale,
88
welche ſie umgiebt, von ſelbſt ſich öffnet, und die Nuß ent⸗
weder von ſelbſt oder durch die kleinſte Erſchütterung herab⸗
fällt. Da jedoch dies oftmals zu lange dauert, ſo kann
man ſie im Spätherbſte mit Stangen vom Baume abſchlagen.
Die Verletzung, welche dabei die grüne Schale leidet, braucht
nicht beachtet zu werden, weil die Nüſſe ohnehin von dieſer
grünen Schale befreiet werden müſſen, wenn ſie aufbewahrt
werden ſollen. Leget daher die abgeſchlagenen Nüſſe nicht
zu hoch über einander auf den Boden; nach einigen Wochen
wird ihre grüne Schale ſich von ſelbſt öffnen, und die
Nüſſe leicht herauszunehmen ſeyn. Um fie vollkommen zu
reinigen, werfet ſie in einen Schaff mit Waſſer, kehret ſie
mit einem ſtumpfen Beſen tüchtig durch, und laſſet ſie dann
auf einem luftigen Boden oder in einer geheitzten Stube
gut abtrocknen. Damit ſie aber während dem Trocknen
nicht ſchimmlicht werden, müſſen ſie dünn aus einander ge⸗
legt, dann öfters uͤberworfen, und mit einem nee wieder
gut ausgebreitet werden.
Sind ſie einmal gut abgetrocknet, ſo könnt ihr ſie in
einem Sack an einem trockenen Orte aufhängen.
Wir haben hier bloß von der Aufbewahrung des Obſtes
im friſchen Zuſtande geſprochen; daß man einige Gattungen
Aepfel und Birnen, und alle Zwetſchken und Pflaumen im
getrockneten Zuſtande aufbewahrt, und dadurch einen weit
größeren Nutzen aus der Obſtzucht erhält, iſt euch von euren
Eltern bekannt, ihr dürfet das Verfahren dabei nur genau
beobachten, um es euch eigen zu machen. |
$. 199.
Aber auch das faule Obſt kann noch ohne große Mühe
einen ſehr guten Nutzen geben, indem ihr daraus einen vor⸗
trefflichen Eſſig bereitet, der weit beſſer iſt, als der Biereſſig.
89
Alles theilweiſe oder ganz gefaulte Obſt, gleichviel ob
es Aepfeln oder Birnen ſind, wird gut zerquetſcht, in einen
Standen geworfen, der ſo wie euer Waſſerſtanden mit
einem Deckel verſehen ſeyn muß, ſchüttet einige Maas
warmen Eſſig mit ſo viel warmen Waſſer vermiſcht hinein,
daß es einem dünnen Brei ähnlich wird, rührt das ganze
gut durcheinander, deckt es zu und überlaßt es der Ruhe,
damit es in Gährung kommt. Soll dieſe Flüſſigkeit in
Gährung kommen, ſo bedarf ſie eine gleichmäßige Wärme,
die während der ganzen Gährung nicht Een wer⸗
den darf.
Iſt einmal der Eſſig gebildet, was man bald an dem
ſaueren Geruch, der ſich um den Standen verbreitet, wahr⸗
nehmen wird, ſo ziehet man die reine ſauere Flüßigkeit ab,
und giebt fie dann in ein reines Fäßchen, welches vorher
mit heißem Eſſig ausgebrüht wird, oder auch in Flaſchen.
— —
Von den Krankheiten der Obſtbäume.
§. 200. |
Wir haben euch gelehrt, wir ihr euch ſchöne und ge⸗
ſunde Obſtbaͤume aufziehen könnet, und muͤſſen euch nun
auch ſagen, daß die Obſtbäume auch Krankheiten unter⸗
worfen ſind, die wir trotz allem Fleiße doch nicht verhüten
können. Mit einigen dieſer Krankheiten, die wir zu heilen
im Stande ſind, wollen wir euch bekannt machen.
er Dramn,
$. 201.
Eine Krankheit, die beinahe bei allen Obſtbäumen
am häufigſten vorkömmt, iſt der Brand. Man erkennt
ſogleich ſein Daſeyn an den ſchwarzen Flecken, welche
90
an der Rinde des Stammes oder der Zweige zum Vor⸗ N
ſchein kommen. |
Durch genaue Beobachtungen haben wir gefunden, |
daß dieſe Brandflecke nicht während dem Sommer, fondern |
vom Herbſt bis zum Frühjahre, und nicht im Holze, ſondern
an der Rinde zum Vorſchein kommen, und erſt dann, wenn
dem Uibel nicht Einhalt gethan wird, tiefer eindringen,
und auch das Holz ergreifen. |
Daß Kirſchen⸗ und Weichſelbäume gewöhnlich an jener
Stelle brandig werden, an welcher ſie den Harzfluß
bekommen (von dem wir euch ſchon erzählt haben!
führt uns auf die Vermuthung, daß irgend eine nachthei⸗
lige Einwirkung von außen während der Holzbildung die
Urſache dieſes Uibels ſey. Iſt der Brand noch in der
Rinde, ſo ſchneidet man dieſelbe bis aufs Holz ſo weit
weg, als der Fleck ſchwarz iſt, und verſchmiert die Stelle
ſogleich mit fettem Lehm. Iſt der Brand aber ſchon
ins Holz gedrungen, muß auch dieſes, ſo weit es ſchwarz
oder braun geworden iſt, ausgeſchnitten werden; mit dem
Meſſer werdet ihr aber wenig richten, ihr müßt daher mit
Hilfe eines Stemmeiſens und des Hammers das kranke
Holz ausmeiſeln, und die entſtandene Lücke mit ſolchem
Lehm ausfüllen; damit jedoch durch Sonne und Regen
dieſer Lehm nicht vertrockne, wodurch er nothwendiger
Weiſe herausfallen müßte, ſo umgebet die ganze Stelle mit
Stroh oder Papier, welches mit Weiden oberhalb und
unterhalb der ausgemeiſelten Stelle befeſtiget werden muß. N
Ware jedoch der Brand ſchon fo tief in dem Stamme |
eingedrungen, daß ſolcher über die Hälfte feiner Stärke
ausgemeiſelt werden müßte, ſo grabet lieber einen ſolchen 5
Baum ganz aus, und ſetzet einen jungen an ſeine Stelle,
denn ein ſtarker Wind würde ihn ſicher da, wo er ſtark
91
ausgemeiſelt wurde, abbrechen, und eure Arbeit würde
ganz umſonſt ſeyn.
Der Froſtſchaden.
$. 202.
Der Froſt kann zu drei verfchiedenen Zeiten den Obſt⸗
Baͤumen und ihren Früchten verderblich werden, nemlich
1) Zeitlich im Herbſte.
2) Im Winter.
3) Im Frühjahre. |
Der Froſt im Herbſte überrafchet den Baum in
dem Augenblicke, wo die eingeſogenen Säfte zu verdichten
beginnen, welche dadurch erſtarren. Da nun dieſe Ver⸗
dichtung oben bei den Zweigen beginnt, und unten in den
Wurzeln endet, ſo leiden bei einem ſolchen Froſte am fühl⸗
barſten die Zweige und unter dieſen vorzüglich die jüngſten
Triebe, als die ſchwächſten Theile des Baumes. Alle ſolche
erfrorene Triebe müffen, fo weit der Froſt gehet, abgefchnitten
werden.
Der Froſt im Winter ſtört dieſelbe Verrichtung
auch in dem Schafte des Baumes, und die Folge davon iſt,
daß der Baum anfängt zu kränkeln und zulezt abſtirbt.
Ein ſolcher Baum fängt zwar im Frühjahre an zu treiben,
aber man ſieht es gleich an den Trieben an, daß es dem
Baum an Kraft fehlet; man kann ihm zwar dadurch zu
Hilfe kommen, daß man ſeine Krone lichtet, d. h. daß man
ihn von einem großen Theile ſeiner Zweige befreit, und
die ſtehen gelaſſenen ſtark einſtutzt, allein von Dauer iſt
ein ſolcher Baum doch nicht. b
Der Froſt im Frühjahre, namentlich zur Zeit
der Blüthe, hat auf den Baum ſelbſt keinen nachtheiligen
Einfluß, kann aber den Verluſt des Obſtes nach ſich ziehen;
92
ſtehen ſolche Bäume entfernt von Wohn: und Wirthſchafts⸗
gebäuden, ſo kann dieſem Schaden dadurch vorgebeugt werden,
daß man zwiſchen den Bäumen nicht zu weit von einander
Haufen von brennbaren Stoffen, als: trockenem Miſt, Hobel⸗
ſpäne, Quecken, trockenem Laub, Fichten und Tannenreiſern
macht, dieſe etwas anfeuchtet, und ſie dann des Morgens
früh vor Sonnenaufgang ſo anzündet, daß ſie nicht
brennen, ſondern nur rauchen; dieſer Rauch muß ſo ſtark
verbreitet und ſo lange unterhalten werden, daß er alle
Obſtbäume gegen die Sonnenſtrahlen fo lange deckt, bis
ſich der Dunſtkreis ganz erwärmet hat, denn nicht der Froſt
allein, ſondern die erſten Sonnenſtrahlen, die nach einem
Nachtfroſte auf die gefrorenen Pflanzen fallen, verbrennen
fie; kommen nach einem noch fo ſtarken Nachtfroſte vor
Sonnenaufgang Wolken zum Vorſcheine, welche die
Pflanzen vor den Sonnenſtrahlen ſchützen, ſo iſt das Rauchen
ganz entbehrlich. Der gefährlichſte Froſtſchaden iſt
das Glatteis, wenn nämlich nach einem Regen gleich ein
ſtarker Froſt eintritt, wodurch das Waſſer ſogleich geftiert und
Bäume und Zweige gewöhnlich auf einer Seite mit glattem
Eis bedeckt werden. Hält ein ſolches Glatteis bei ſteigendem
Froſte einige Tage an, ſo ſoll man das Eis vom Stamme
behutſam abſchlagen, und durch das Schütteln des Baumes
dasſelbe von den Zweigen zum Abfallen bringen. Hie und
da beſtehet der Gebrauch im Herbſte, den ganzen Baum⸗
ſchaft mit einer Maſſa von Lehm, Kalk und Aſche, zu einem
dünnflüßigen Brei gemacht, zu beſtreichen, in dieſem An⸗
ſtrich glaubt man Schutz gegen ſtarke Fröſte und auch gegen 0
Raupen zu finden; allein dieſes Verfahren iſt dem Baume
ſehr nachtheilig, weil es ſeine Ausdünſtung unterdrückt.
93
Das Moos.
5 $. 203
Wenn Bäume an einem feuchten Orte ftehen, oder
wenn ſie nicht öfter abgeputzt werden, ſo ſetzt ſich an dem
Stamme und an den Zweigen desſelben Moos an; dieſes
Moos, das oftmals grau, manchmal wieder gelb und
grün ausſieht, iſt ein Pflanze, welche ſammt ihrer Wurzel
flach auf der Rinde aufliegt, und deren Schädlichkeit darin
beſtehet, daß es die Ausdünſtung des Baumes hindert, ſo—
mit die Holzbildung ſtört und dem Ungeziefer zum Auf⸗
enthaltsorte dient.
Da man ein kleines Uibel leichter beſeitigen kann, als
ein großes, ſo gebietet die Klugheit, nicht erſt zu warten,
bis der Baum ganz mit Moos überzogen iſt, ſondern das,
was jedes Jahr davon zum Vorſcheine kommt, rein abzukratzen.
Zum Abkratzen desſelben verwendet man die Baumkratze
Taf. III. Fig. 35, an welcher man zuerſt einen kurzen
Stiel anſetzt, um damit bequem den Schaft und die un⸗
terſten Zweige des Baumes zu reinigen; für die entfern-
ten Zweige muß man dann einen längeren Stiel daran
befeſtigen.
Die Unfruchtbarkeit.
§. 204.
| Wenn der Baum ein Alter von 10 bis 12 Jahren
erreicht hat, ſo iſt er ſo ausgebildet, daß wir von ihm
erwarten können, daß er Früchte trage; thut er dieſes
von nun an durch eine längere Zeit nicht, ſo können wir
annehmen, daß irgend eine ſtörende Urſache vorhanden ıft, .
welche dieſen nicht natürlichen Zuſtand, den wir mit Recht
eine Krankheit nennen können, herbeigeführt hat.
Der Baum kann aus drei Urſachen unfruchtbar ſeyn.
94
Erſtens: Wenn er in einem zu guten Boden ſtehet; in
dieſem Falle treibt er gewöhnlich nur ins Holz und
ſetzet keine Fruchtknospen an.
Zweitens: Wenn er in zu magerem Boden ſtehet, wo
er nicht genug Nahrung findet, ſeine Blüthen zu
erhalten und zur Frucht auszubilden. |
Drittens: Wenn er mit Reiſern von einer Sorte ver-
edelt wurde, welche ſelten Früchte trägt, oder
wenn dieſe Reiſer von einem Baume genommen
wurden, der ebenfalls unfruchtbar iſt.
Steht der Baum in zu gutem Boden, ſo rührt die
Unfruchtbarkeit von dem zu raſchen Zufluſſe der Säfte her.
Hier iſt das einzige Mittel, dieſen Saftzufluß zu mäßigen,
was auf folgende Art geſchieht.
Um den Obſtbaum herum wird zeitig im Frühjahre
die Erde bis auf die Wurzelkrone herausgehoben und knapp
ober derſelben um den Stamm herum zwei ringförmige
Einſchnitte, einen von dem andern eine Hand breit und
bis auf das Holz tief gemacht, und die Rinde zwiſchen
dieſen beiden Einſchnitten bis auf das Holz abgeſchält.
Taf. II. Fig. 24 bei b b ſtellt einen ſolchen ringförmigen
Ausſchnitt ſammt der abgelöſten Rinde dar. Sobald die⸗
ſes geſchehen iſt, wird die ausgehobene Erde wieder auf
die Wurzelkrone geworfen, und der vorige Zuſtand wieder
hergeſtellt. Dieſes Verfahren hilft gewöhnlich ſchon beim
erſtenmal, wo nicht, muß man im nächſten Frühjahre die
Wurzelkrone abermals aufdecken, und die Rinde noch eine
Hand breit mehr abſchälen, jedoch muß dieſer abgeſchälte
Theil ſtets wieder mit Erde bedeckt werden.
Steht der Baum in zu magerem Grunde, ſo kann
man ihm wohl eine Zeitlang dadurch helfen, daß man
auf und um die Wurzeln herum die ſchlechte Erde aus⸗
95
hebt, und eine beſſere dafür hingibt, allein durch dieſes
Auflockern der Erde um die Wurzeln herum werden dieſe
um ſo ſchneller ſich ausbreiten und wieder in den ſchlechten
Grund kommen. Am beſten iſt es, einen ſolchen Baum
ganz auszuheben, und eine andere Obſtgattung dahin zu
pflanzen, welche mit einem weniger guten oder auch
ſchlechten Boden vorlieb nimmt.
Iſt die Unfruchtbarkeit von einem andern Baume hie⸗
her übertragen worden, wovon man ſich genau überzeugen
muß, dann iſt keine andere Hilfe möglich, als den Baum
in ſeiner Krone wieder neuerdings zu veredeln.
Von den Feinden der Obſtbaumzucht.
Die größten Feinde der Obſtbaumzucht ſind die Haſen
und die Raupen.
$. 205.
Man hat bisher geglaubt, daß der Haſe nur dann,
wenn der Boden mit hohem Schnee bedeckt iſt, aus Man⸗
gel anderer Nahrung den Baum angreife und die Rinde
verzehre; einige ſchneeloſe Winter aber haben uns die Ui—
berzeugung verſchafft, daß der Haſe Krautſtrünke und
Rapsfelder verſchont und die Baumrinde als Nahrung
vorgezogen habe. Dies führt uns auf die Vermuthung,
daß die Baumrinde Stoffe enthalten müſſe, die ihm ſehr
zuträglich find; wir müſſen daher vor Eintritt des Win-
ters alle freiſtehenden Obſtbäume fo hoch mit Stroh, Teich—
ſchilf oder Dornen umgeben, daß, wenn auch Schnee fällt,
der Haſe den Schaft nicht benagen könne. Sollte dennoch
dieſes Benagen ſtattgefunden haben, müßt ihr dieſen Theil
zeitlich im Frühjahre gut verſchmieren. Sind junge Bäume
96
ſtark benagt worden, fo hebet fie aus und ſetzet andere |
dafür, |
Von den Raupen überhaupt.
$. 206.
Unter den vielen Raupengattungen, welche den Obſt⸗ N
bäumen Schaden zufügen, wollen wir euch nur diejenigen,
welche bei uns am häufigſten vorkommen, beſchreiben,
und zugleich die Mittel angeben, wie ſie zu vertilgen ſind.
Zu dieſem Ende müſſen wir euch mit der Art, wie die
Raupen entſtehen, bekannt machen. |
Die Raupen entſtehen aus Eiern, welche die weib-
lichen Schmetterlinge legen; aus dieſen Eiern kriechen
kleine Räupchen aus, die ſogleich Nahrung ſuchen, und in
dem Maaße, als ſie dieſe finden und von der Witterung
begünſtiget werden, ſich langſamer oder ſchneller zu voll⸗
kommenen Raupen ausbilden. Hat die Raupe ihre voll⸗
kommene Ausbildung erreicht, verwandelt ſie ſich in eine
Puppe. | f
Dieſe Puppe entſtehet dadurch, daß die Raupe ihre
Haut nach und nach abſtößt und eine Hülle daraus bildet,
innerhalb welcher ſie ſich in einen Schmetterling verwan⸗ .
delt. Der Name Puppe entſtand von ihrer Aehnlichkeit in
der Form mit einer ſolchen Puppe, womit kleine Kinder i
ſpielen. Bei manchen Raupengattungen geſchieht dieſe Ver⸗
wandlung in der Erde; es ſpinnt ſich die Raupe an einem 1
Faden vom Baume, oder ſie kriecht herab, und verkriecht i
ſich in der Erde, gewöhnlich um den Baum herum, wo
ſie als Puppe ſo lange ruhig liegen bleibt, bis die Zeit zu
ihrer Verwandlung in einen Schmetterling heran kommt.
Aus dieſen Puppen kriechen dann männliche und weib⸗
liche Schmetterlinge heraus, von denen nur die Männchen
97
nicht, aber die Weibchen fliegen können. Dieſe Weib⸗
chen, nachdem ſie ſich begattet haben, legen Eier, aus
welchen (wie wir euch im Eingange geſagt haben) die
Raupen auskriechen.
Dies iſt im Allgemeinen die Entſtehungsart der Rau⸗
pen. Sobald ihr euch dieſes gemerkt haben werdet, wer—
den euch die folgenden Beſchreibungen verſtändlicher ſeyn.
Der Ba umweißling.
F. 207.
Das Weibchen dieſes Schmetterlings Taf. IV. Fig. 1 legt
von der zweiten Hälfte des Monats Juni bis
Ende Juli, bisweilen auch früher, je nachdem das Wetter
der Entwickelung günſtig, auf der Oberfläche der Blätter un⸗
ſerer Obſtbäume dicht bei einander bei 200 gelber kugel⸗
förmiger Eier, aus denen ſchon im nächſten Monate Au⸗
guſt und bei wärmerer Witterung auch noch früher die
kleinen Räupchen auskriechen und über das Blatt ein Gewebe
bereiten, das ihnen Schutz gegen Froſt und Näſſe gewährt,
weil ſie in dieſem Gewebe überwintern, aber mit den
erſten Strahlen der Frühlingsſonne kriechen die einzelnen
bereits erſtarrten Raupen aus demſelben, und ſuchen die
Knospen der Bäume auf. Mit der Entwickelung der
Blätter nehmen auch die Raupen an Umfang zu, und in
dem Verhältniſſe ihres Wachsthumes wird auch das Win⸗
terhaus zu dem Ende erweitert, um in demſelben die
Nächte zuzubringen, ſich gegen die Morgenkuͤhle zu ſchützen,
oder an regneriſchen Tagen in einem Knäuel zuſammenzu⸗
bleiben, bis die Sonne die Atmosphäre erwärmt hat, oder
die vom Regen und Thau befeuchteten Blätter abgetrocknet
ſind, wo ſie dann von Zweig zu Zweig kriechen, und die
Blätter mit Zurücklaſſung des Stiels verzehren. In die⸗
7
98
ſem gefelligen Zuſtande bleiben aber die Raupen nur fo
lange, bis ſie völlig ausgewachſen find, wo dann jede für
ſich ihre Nahrung ſuchet. 1
In dieſem aufgewachſenen Zuſtande umſpinnen fie ſich
nicht mehr in Geſellſchaft, ſondern ſie verſammeln ſich nur
bisweilen in den Winkeln der Zweige.
Die ausgewachſene, über einen Zoll lange Raupe
Taf. IV. Fig. 2, die in ihrer Jugend beinahe einfärbig
und ſchwärzlich ausſieht, tft unter den Luftlöchern zu bei⸗
den Seiten der Länge nach mit einer großen Anzahl lan⸗
ger, weißer und unter ſich gekrümmter Haare beſetzt; etwas
längere in minderer Anzahl bekleiden den Rücken, und
dieſe ſind mit ſchwarzen Haaren vermiſcht, und bilden einen
der Länge nach herablaufenden Streifen, noch zwei hoch⸗
gelbe, aber mehr ins Rothe fallende Streifen von ähnli⸗
chen Haaren find an den beiden Seiten befindlich. Die
Raupe iſt mit 8 Paar Füßen verſehen, wovon die vorderen
3 Paar Bauchfüße gelblich braun und das letzte Paar
abermals ganz ſchwarz iſt. Uibrigens iſt dieſe Zeichnung
nicht bei allen gleich, und öfters in Höhe und Tiefe der
Farbe bei den einzelnen Raupen verſchieden. |
Zur Zeit der Verwandlung in eine Puppe befeftiget
ſich die Raupe mittelſt eines kleinen Gewebes am Hinter⸗
leibe, und mittelſt einiger Fäden, die fie um den Leib zwi⸗
ſchen dem dritten und vierten Gelenke ſchlingt, an Zwei⸗
gen, Aeſten und Wänden, um ſich gegen das Herabfallen
zu ſichern; ſie wird in dieſem Zuſtande allmählig kürzer
und dicker, und ſtreift mittelſt öfters wiederholten Seiten⸗
bewegungen die über dem Halſe aufgeſprungene Haut ab, um
ſich als Puppe darzuſtellen, wobei der Umſtand bemerkens⸗
werth iſt, daß die abgeſtreifte Haut den Faden 'um den
Leib nicht zerreißt, und daß derſelbe auch die Puppe vor
dem Herabfallen ſichert.
99
Die Puppe, Taf. IV. Fig. 3, iſt verſchieden von
Farbe, bald rein, bald ſchmutzig weiß, bald zitrongelb,
und mit ſchwarzen, ebenfalls verſchieden geſtalteten Puuk⸗
ten verſehen.
In 14 Tagen, alſo in den Monaten Juni und Juli,
erſcheint der Schmetterling, deſſen Flügel durchaus gelb—
lich weiß und mit ſchwarzen Adern verſehen find.
Dieſer Schmetterling paart ſich auf der Stelle, und
14 Tage nach der Paarung ſucht ſich das Weibchen ſchöne
grüne Blätter aus, auf denen es ſeine Klümpchen gelber
Eier legen und anleimen kann.
Die gewöhnliche Vertilgung dieſer, durch ihre Menge
faſt alljährlich den Obſtbäumen ſchädlichen Raupenart be⸗
ſchränkt ſich größtentheils:
1) Auf das ſorgfältige Abnehmen der in die Augen
fallenden Raupenneſter, welches Geſchäft aber nicht,
wie es ſo häufig geſchieht, erſt für den nächſten
Winter aufgeſpart werden darf, ſondern vom Mo⸗
nate Auguſt angefangen, wo die Raupenbrut nur
noch einzelne zuſammengerollte Blätter bewohnt, bis
zum Frühjahre aus dem Grunde fortgeſetzt werden
muß, weil dieſen und andern Raupenarten auch der
ſtärkſte Froſt weniger, als regneriſches und ſchnell
abwechſelndes Wetter ſchaden kann; gegen dieſe
ſchützen ſie ſich nemlich durch die Erweiterung und
Verdichtung ihrer Gewebe. |
2) Auf das Zerſtören der Raupen im Frühjahre, wo
ſolche, wenn fie einmal ihr Winterquartier verlaſſen
haben, ſich des Abends oder bei regneriſchem, un⸗
günſtigem Wetter in den Aſtwinkeln verſammeln,
und mittelſt eines am Ende einer Stange befeftig-
ten Strohwiſches oder Lappens zu Dutzenden ver⸗
nichtet werden können.
7 *
100
Die Ringelraupe.
$. 208.
Der Schmetterling diefer Raupe erfcheint bei uns ge-
wöhnlich im Monate Juli. Taf. IV. Fig. 4 gibt euch ein
treues Bild eines ſolchen Schmetterlinges; er iſt von
braungelber Farbe und ſeine Flügel haben dunkelbraune
Querſtreifen. Das Weibchen dieſes Schmetterlinges un-
terſcheidet ſich von dem Männchen nur durch ſeinen ſchwar⸗
zen Unterleib. Das Weibchen legt zu jener Zeit in we⸗
nigen Stunden zwei bis drei hundert Eier, gewöhnlich um
die ſchwachen Aeſte der Obſtbäume herum, und zwar ſo |
ringförmig auf einander, daß wenn dieſe Eier einmal vers
trocknet find, das ganze einem Ringe ähnlich fieht, der fo |
hart wird und ſo feſt auf dem Holze aufſitzet, daß er nur
mit Mühe davon getrennt werden kann. In dieſem Ringe,
den euch Taf. IV. Fig. 5 verſinnlichet, ſieht man deutlich,
wie ein Ei an das andere angeſetzt iſt, welche durch einen
klebrichten Schleim, mit welchem der Schmetterling die
Eier umgiebt, an einander und an dem Holze feſtgehalten
werden. |
Im Frühjahre, fobald die Wärme und die Entwicke⸗
lung der Knospen eintritt, kriechen aus dieſen Eiern kleine
Räupchen aus, die einen ſchwarzen Kopf haben und braun
von Farbe ſind, weil man ihre farbigen Streifen der Fein⸗
heit wegen noch nicht ſieht. In dieſem jugendlichen Zuſtande
leben ſie gewöhnlich in den Aſtwinkeln der Bäume, wo ſie
klumpenweis mit den Köpfen ſtets aufrecht ſehr lebhaft ſich
bewegen, einzeln den Tag über ihren Fraß ſuchen, indem
ſie die jungen Blätter bis auf den Blattſtiel abnagen und
dann gegen Abend oder bei kalter Witterung wieder in ihr
gemeinſchaftliches Neſt zurückkehren, welches ſie zum Schutze
gegen Froſt und Näſſe einſpinnen.
101
In dem Maße, als fie nach und nach größer werden,
hört ihre Neigung in Geſellſchaft zu leben auf, und jede
ſorgt dann für ihre eigene Erhaltung. Taf. IV. Fig. 6
zeigt euch eine ſolche vollkommen ausgewachſene Raupe.
Ihr Kopf iſt blau ins Graue ſpielend, mit zwei ſchwarzen
Flecken, dann einem weißen Streifen verſehen. In dieſer
Zeit ſind ſie ſehr gefräßig, ſo daß ſie in kurzer Zeit ganze
Bäume kahl freſſen.
Wenn ſie ihr völliges Wachsthum erreicht haben, zer⸗
ſtreuen ſie ſich ganz, und jede ſucht hierauf an Garten⸗
mauern, hohlen Baumſtämmen und dergleichen einen ſchick⸗
lichen Platz zum Verpuppen.
Vorher webt ſie ſich aus ihrer eigenen Seide ein
länglicht einförmiges durchſichtiges Gehäufe, welches fie
mit einem ebenfalls aus ihrem Körper ausgeſchiedenen
ſchwefelhaltigen Staube beſtäubt. In dieſem ſchwefelgelben
Geſpinſte ſtreift ſie zum letztenmale ihre Haut ab, und
erſcheint als eine dunkelbraune, ungefähr / Zoll lange
Puppe, wie ſie Taf. IV. Fig. 7 darſtellt, aus welcher
dann in der Folge der oben beſchriebene Schmetterling
auskriechet. Den Verheerungen dieſer großen und gefräßi⸗
gen Raupenart dürfte am ſicherſten dadurch begegnet werden:
1) Daß man im Herbſte und Winter die Aeſtchen und
kleinen Zweige, auf denen ſich die wie ein Arm⸗
band feſt anliegenden grauen Eierchen befinden,
aufſuchet, ſolche mit dem Aeſtchen abſchneidet und
verbrennet.
2) Daß man im Frühjahre die Aſtwinkeln und Zweige
der Bäume, beſonders an der Sonnenſeite, wo ſich
die Raupen bei Tage klumpenweis befinden, ſorg⸗
fältig aufſuchet, und mittelſt einer Stange, deren
oberes Ende mit einem wollenen Lappen oder mit
Stroh umwickelt iſt, zerquetſcht, oder wenn ſie
102
bereits auf dem Baume zerſtreut herumkriechen, fie
einzeln vertilget. |
3) Daß man während ihrer Verwandlung an den Gar⸗
tenmauern und in den Höhlungen der Bäume die |
in den gelblichweißen Gehäuſen befindlichen Puppen
zerſtört. |
Die Spannraupen.
$. 209.
Unter allen Raupen find die Spannraupen, von wel⸗
chen es mehrere Gattungen gibt, die gefährlichfien Feinde
unſerer Obſtbäume, denn während andere Raupen bloß
die Blätter der Bäume zu ihrer Nahrung wählen, daher
iht früher zum Vorſchein kommen, als bis dieſe ſchon
entwickelt find, erſcheint die Spannraupe ſchon auf dem
Baume, wo noch kein Blatt zu finden iſt, greift die noch
geſchloſſenen Blüthenknospen an, und hat den Obſtertrag
ſchon vernichtet, bevor wir kaum noch eine Blüthe geſehen
haben.
Den Namen Spannraupe oder Spanner hat ſie deß⸗
wegen erhalten, weil ſie ſtatt der Füſſe uur vorn und
hinten Gehwarzen hat, die dem Mittelleibe ganz fehlen.
Wenn ſie nun von einem Orte zum andern ſich fortbe⸗
wegen will, jo muß fie die hintern Gehwarzen zuerſt
vorſchieben, bevor ſie die Vordergehwarzen vorwärts
beweget, dadurch erhebt ſich der Mittelleib bogenförmig,
daher die Benennung Spanner.
In der Mitte des Monats Mai oder Anfangs Juni,
hat dieſe kaum 1 Zoll lange Raupe Tafel IV Figur 8,
welche in ihrer Jugend mit ihrem Wachsthum auch ihre
Farbe öfters verändert, ihre vollkommene Ausbildung
erlangt. In dieſem Zuſtande ſpinnt ſie ſich an einem
103
Faden vom Baume herab, verfriecht fich in der Nähe des—
ſelben in die Erde und macht ſich daſelbſt ein kleines Behält—
niß, in welchen ſie ſich in eine Puppe verwandelt.
Dieſe Puppe Tafel IV Fig. 9 iſt gelbbrauner Farbe
und hat die Geſtalt einer kleinen Bohrmuſchel, als ſolche
iſt ſie auf der einen Seite ſtumpf und auf der andern
ſpitzig zulaufend.
Gegen Ende Oktober hin kommen aus dieſen Puppen
die männlichen und weiblichen Schmetterlinge zum Vor:
ſchein, und zwar zuerſt die männlichen Schmetterlinge, die
wie Tafel IV Fig. 10 und Tafel IV Fig. 11 auszuſehen
pflegen, und einige Tage ſpäter erſt die weiblichen,
welche wie Tafel IV Fig. 12 mehr einer Baumwanze aͤhn⸗
lich ſehen. Da dieſe weiblichen Schmetterlinge nur äußerſt
kurze, zum Fliegen gar nicht taugliche Flügeln haben,
ſo kriechen ſie auf dem Stamme des Baumes bis in die
Krone hinauf.
Nach Sonnenuntergang ſuchen die beflügelten Maͤnnchen
die Weibchen allenthalben auf, um ſich mit ihnen zu begatten.
Einige Tage nach dieſer Begattung legen die Weibchen Eier.
Man hat beobachtet, daß ſie ſolche während dem Kriechen
legen, und daß ſolche durch einen Schleim, der ſie umgibt,
an der Rinde des Baumes oder der Zweige feſtgehalten
werden. Dieſe Eierchen ſind ſo klein, daß man ſie mit
freiem Auge kaum bemerkt, weßhalb ihr Aufſuchen und
Vernichten unmöglich iſt.
Im Frühjahre, ſobald die Knospen anſchwellen,
kriecht aus jedem Ei eine ganz kleine lichtbraune Made
aus, die um Nahrung zu ſuchen, ſich in die Blüthenknospe
einbeißt, und die Blüthe vernichtet.
Man erkennt dieſe Zerſtörung erſt, wenn die Blüthen-
knospen ſich öffnen, an den gelben Blüthenblättern. Bieten
ihnen die Blüthen nicht hinreichende Nahrung mehr, ſo
104
greifen fie zuerſt die zarten und ſpäter auch die rohen
Blätter an, und da ſie bei Zunahme ihres Wachsthums
immer mehr und mehr Nahrung brauchen, ſo freſſen ſie
die Bäume ganz kahl. Bieten ihnen zuletzt auch die Obſt⸗
bäume keine Nahrung mehr, ſo verlaſſen ſie ſolche und
ſuchen andere Bäume und Sträucher auf, bis ſie endlich
ihr Wachsthum vollendet haben, wo ſie dann ſich vom
Baume herabſpinnen und verpuppen, wie wir euch dieſes
im Eingange geſagt haben. |
Da diefe Raupen einzeln nnd zerſtreut ihre Nahrung
ſuchen, und ſich niemals auf irgend einem Platz verſam⸗
meln, wie dies die andern Raupen thun, ſo iſt das Ab⸗
klauben und Vernichten derſelben unmöglich. Es mußte
daher ein anderes Mittel zu ihrer Vernichtung aufgefunden
werden und dies konnte kein anderes ſeyn, als zu verhüs
ten, daß ſich der männliche Schmetterling mit dem Weib⸗
chen vereinigen könne, wodurch verhindert wird, daß dieſe
Weibchen Eier legen, ſomit keine Vermehrung derſelben
mehr ſtatt finden kann.
Man verhindert dieſe Vereinigung durch folgendes
einfaches Mittel:
In der Höhe eines halben Schuhes vom Boden win⸗
det man Papierſtreifen von 6 Zoll Breite um den Stamm
herum, und befeſtiget ſolche unten und oben mit Weiden⸗
ruthen. |
Damit jedoch alle dieſe Streifen allenthalben fo gut
auf der Rinde des Baumes aufliegen, daß auch nicht das
kleinſte Inſekt zwiſchen der Rinde und dem Papierſtreifen
durchkriechen könne, muß die Rinde an jener Stelle glatt
abgeputzt, alle Unebenheiten beſeitiget, und alle Vertiefun⸗
gen oder Sprünge mit feuchtem Lehme ausgefüllt werden.
Habt ihr kein Papier, ſo nehmet Strohbänder, die
aber, während ihr ſie um den Stamm wickelt, gedreht
105
werden müſſen, wodurch ſie dauerhaft werden. Das
Stroh iſt ſogar noch beſſer als das Papier, weil es der
Feuchtigkeit beſſer widerſtehet, und durch ſeine Erhöhung
dem Weibchen mehr Schwierigkeit verurſachet, darüber
wegzukriechen. |
Dieſe Papierftreifen oder Strohbänder, die man Schuß»
bänder nennet, beſtreichet mit Wagenſchmiere.
Da jedoch dieſe an der Luft vertrocknet, und dadurch
ihre Klebrigkeit verliert, ſo iſt es nothwendig, in die
Wagenſchmiere etwas Syrup und Rübsöböl, aber ja kein
Leinöl zu miſchen. Dieſes Beſtreichen muß den ganzen
Herbſt hindurch ſo oft wiederholt werden, als die Wagen⸗
ſchmiere ihre Klebrigkeit verloren hat.
Die Weibchen, die nun aus der Puppe auskriechen,
und auf den Baum kriechen wollen, bleiben an dieſen
Schutzbändern kleben, von wo fie dann bei Tag es
0 nommen und vernichtet werden.
Dieſe Schutzbaͤnder bleiben den Winter hindurch an
den Bäumen, und werden im Frühjahre abermals beftris
chen und bis im Mai im klebrigen Zuftande ale wo
ſie dann abgenommen werden können.
Dieſes Mittel iſt blos auf die Zerſtörung der Weib—
chen berechnet, man hat aber auch Mittel, die männlichen
Schmetterlinge zu vernichten.
| Alle Nachtſchmetterlinge haben die Gewohnheit, dem
Lichte zuzufliegen, wenn man daher zur Zeit ihres Erſchei⸗
nens des Abends Laternen mit brennenden Kerzen an die
Bäume hängt, ſo werden ſie von oben hinein dem Lichte
zufliegen und ſich die Flügeln verbrennen. l
In ſolchen Gärten, die entfernt von eueren Wohn⸗
und Wirthſchaftsgebäuden find, iſt es zweckmäßiger, ſtatt
der Laternen Feuer anzumachen, nnd ſolches die ganze
gute Wurzeln haben, zu ſehr ſchönen und brauchbaren
Bäumen herangezogen werden können, fo wollen wir euch
lehren, wie ihr ſolche behandeln müſſet.
Da, wo ihr einen ſchönen Wurzelſchößling von
Zwetſchken, Kirſchen oder Weichſeln findet, grabet die
Erde um ſie herum ſo tief auf, bis ihr dahin kommt, wo
dieſer Schößling auf der alten Wurzel aufſitzt; hat den
Wurzelſchößling ſelbſt eigene Wurzeln gebildet, ſo wird er
da, wo er auf der alten Wurzel aufſitzt, abgeſäget, ſodann
nach §. 55 eingeſtutzt und in die dritte Abtheilung der
Baumſchule, welche wir die Samentafel nennen, einge⸗
ſetzt und eingeſchlemmt. |
Hat aber ein ſolcher Wurzelſchoͤßling keine eigene
Wurzeln, ſo ſchneidet ihn doch ab, und werfet ihn weg,
und ihr werdet den Baum von einem Schmarotzer befreit
haben.
Inhalt.
Von der Obſtbaumzucht überhaupt. . .»
Von dem Nutzen, den die Obſtbaumzucht gewährt
Von der Obſtbaumſchule überhaupt .
Von der Wahl des Grundes zur Baumfchule .
Von der Herrichtung des Grundes.
Von den verſchiedenen Saamengattungen g
Von den verſchiedenen Eigenſchaften dieſer Saamen—
Gattungen 5 e
Von der Auswahl des Enns A
Ueber die Aufbewahrung des Saamens .
Wohin die verſchiedenen Saamengattungen hat
werden. 2 4 .
Wie tief die ihedenen Saanergattungen gelegt
%%% mm! m
Von der Ausſaat
Von der Pflege der 5 Wiegen im echte Babe
Behandlung der jungen Pflanzen im zweiten Jahre
Von der Zeit zum Verſetzen der jungen Bäumchen
aus den Saamenbeeten in die Veredlungsſchule
Von dem Ausheben der jungen Bäumchen aus den
Saamenbeeten der erſten Abtheilung. .
Das Ausheben der jungen Bäumchen aus den Saa—
mentafeln der dritten Abtheilung .
Von dem Beſchneiden der jungen Bäumchen beim Ver⸗
jeben .
107
oa
S N N N
S NM
108
Von dem Setzen der jungen Bäumchen in die Vered—
lungsſchulle g
Von dem Setzen der jungen Bäumchen in die Saa⸗
mentafeln der dritten Abtheilung.
Von der Pflege der in die Veredlungsſchule überfeg-
ten Wildlinge im erften Sabre ı .
Von der Veredlung der Obſtbäume : g
Wie die verſchiedenen Veredlungsarten beißen
Welche Veredlungsart den Vorzug verdient .
Welche Vorſichten bei der Wahl der Edelreiſer nöthig
unn
Zu welcher Zeit die Reiſer Resch WN onen
Von der Zeit, zu welcher die verſchiedenen Vered⸗
lungsarten vorgenommen werden. +
Von den verſchiedenen Werkzeugen und Berdefnife
zum Veredelnn
Welche Wildlinge okulirt, kovulirt oder gepfröhpſr wer⸗
den ſollen 2 .
Von dem Verfahren 185 den serie
Veredlungsarten.
Beim Okuliren mit dem ſchlafenden Auge
Das Okuliren mit dem treibenden 1 0
Das Kopuliren .
Das Pfropfen in den echt Spalt
Das Pfropfen in den halben Spalt
Das Pfropfen in der Rinde
Von der Behandlung der veredelten Bann im erſten
Jane 5 |
Im zweiten Jahre
Im dritten Jahre 4
Von der Behandlung der in den Stamenfafti *
dritten Abtheilung aus dem Saamen gezogenen
Bäume . 5 b wär :
Im erſten Jahre :
Im zweiten Jahnernre e 2
Im dritten Jahre. . re
Im vierten Jahre 1% iR
Im fünften Jahre
S W NM
e
SW NM
SVV
103
104
110
111
117
124
125
128
130
131
135
136
137
138
139
141
Vom Obſtgarten
Von der Wahl des Grundes zu Obſtgarten
Von der Herrichtung des Grundes zu einem Obſt—
///
Von den Baumgruben .
Von der Zeit zum Verſetzen der Bäume
Vom Ausheben der Bäume zum Verſetzen
Von dem Beſchneiden der Wurzeln e
Von dem Beſchneiden der Krone.
Von den Baumpfählen
Das Ausſetzen der Bäume
Von der Pflege der ausgeſetzten Bäume im Eulen
Jahre a 5 A . 5
In dem zweiten und den ende Jahren
Uiber das Abnehmen und Aufbewahren des Obſtes
Von den Krankheiten der Obſtbäume
Der Brand De Pe
Der Froſtſchaden . %%% U
Das Moos a
Die Unfruchtbarkeit ;
Von den Feinden der Obſbbanmzucht 8
Von den Raupen überhaupt
ling
Die Ringelraupe 5 5
Die Spannraupe 5
„ NN N N NN NN N W N
N N N
194
203
204
209
1
N
—
ur
* SN 1
*
——— —
n
—
*
8
at Zn ne Ba I, DE an Zu
* U
gi
— 2 er
—
be
5
i
$
|
|
a
|
8 . 5
8 * = a 5
3 8 in een .
e a e b ; Re En 3
je
as
aD 2 er
—
——— — — —ä—ä — —
— — ——
“|
|
|
|
.
.
En,
—
3
&
ni
en ERTL a — — nn
>
— . . EI et ET
“
\
|
(|
19.29
Pr 8 *
— m iu 5 Fo
we z u 4 d K
2 > er 3 ;
N x . vn ee . 8 7 1 1 en co »# ’ . fi —
2 * 1 7 * 140 = 1 | « * u N 8 k — % + 4
. 2 2 9 „ * 1 1 1 p * 0 \ > * 0
* N * 4 Fr 4 T jr * u * 1
t Air; 2 „ ER x 5 ß - a ur E k 7 2 > 2
1 * 7 i IR 1 g 1 f x . j an
4 £ x p P > N el 2 a —
* = Pr N 1 1 — 1 af “
x D * \ „ * I -
5 1 — 1 8 — 8 « “ 1 „
f 4 Nr * 5 5 4 1 \ Ne, 1 U —
a N 0) 2 5
) ß e J \ N
= - * * u „ r X . , = ”
. A N „ 5 N 5 * 5 0
ö 1 8
=‘ 5 U 1 1 * „
v- * 1 7 » d 1
1 * Y 1 .
— y 2
” 1
— x h K fi „ * \ x - N X ’ 7 4
/ 1 i 2 g 7 f N
* 1 { mw : A D
ö a 2 2
. Im, . 8 .
\ zu. 2 * N 1 1 5 2 - 0 ü f
\ - \
+ . * *
2 5 i 2 5 \ .
1
* £ N | 0 x
* en d = 2 1 . 1 ah
4
2.) \ - „ 1 5 . !
2 N *
5 * a 0 -
» * * 2 r
t P 1 * 2 \
B 1 7 1 N —
g 1
4 5 N \ 0
5 — N 0 ‘
* Bier Au A
4 f + x
* 1 x
ö
{ N f
. 1
— 1 ' 8
5 0 1 } 1 5
’ 1 g f *
1 * N
n
* 1 N
h L i 1
* e 5 1 7 g 0
1 x
D } v
B „ 1
* U 2
} 2 9 5 }
„ x 5
j . Et i
‘ 8 \
U 4 h
\ 4 \
7, 3 f d N 1
0 1 4 . —
= 4 Hi - '
— \ ; j
9 = l 8
- 4 *
. ’ A g
1 9 . 5
N 2 — \ * * 2
3 N
1 „ 7 ? 1 * x
A 9 1 * u
| a 8 . x 2 e \ . I \ 2
. „ 2 f * J
N 0 . N wi 8 »
U > x
* * * N ‘
l
. - 2 F RER 5 0 3 RER 5
2 : 0
K u A 4
33 5 ) u: 3
* * $
IR
8 0 V „ 2 *
b — * — ‘
* b f
* . 8 ; * .
31 5 N
— a y 2 —
8 - 8 ;
N 5
1 2 5 8 0 =
— 0 - -
5 8 3 ;
K 2% . er Mr r a 2
A ! n 5 \ N 2
* 4 N
* * - f 7 > 1
a X
*
Di
—
aa
*
ar
2
—
1
7
) N m
0009234156 _
inte %