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GRUNDRISS
DER
GERMANISCHEN PHILOLOGIE
UNTER MITWIRKUNG VON
K. von AMIRA, O. BEHAGHEL, D. BEHRENS, H. BLOCH, A. BRANDL, O. BREMER,
E. EINENKEL, V. GUDMUNDSSON, H. JELLINGHAUS, KR. KALUND, FR. KAUFF-
MANN, F. KLUGE, R. von LILIENCRON, K. LUICK, J. A. LUNDELL, J. MEIER, E. MOGK,
A. NOREEN, J. SCHIPPER, H. SCHUCK, TH. SIEBS, E. SIEVERS, W. STREITBERG
B. SYMONS, F, VOGT, PH. WEGENER, J. TE WINKEL, J. WOLF
HERAUSGEGEBEN
VON
HERMANN PAUL
ORD. PROFESSOR DER DEUTSCHEN PHILOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN
DRITTE VERBESSERTE UND VERMEHRTE AUFLAGE
STRASSBURG
VERLAG VON KARL J. TRÜBNER
1913
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URGERMANISCH
VORGESCHICHTE DER ALTGERMANISCHEN
DIALEKTE
VON
FRIEDRICH KLUGE
DRITTE VERBESSERTE UND VERMEHRTE AUFLAGE
STRASSBURG
VERLAG VON KARL J. TRÜBNER
1913
Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten.
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Druck von M. DuMont Schauberg, Straßburg.
Germany
MEINEM LIEBEN FREUNDE
ALBERT BACHMANN
IN HERZLICHER VEREHRUNG
GEWIDMET.
VORWORT.
Die erste Ausgabe der vorliegenden Arbeit erfolgte im Oktober
1889. Als ich vor fast 30 Jahren mit den Vorarbeiten dazu be-
gann, konnte ich nicht ahnen, daß sie mehrere Jahrzehnte lang
Lehrenden und Lernenden nützen würde. Seit 1889 sind zahl-
reiche indogermanistische und germanistische Sprachlehren er-
schienen, so daß jetzt das Urgermanische nicht mehr als eine
terra incognita betrachtet werden kann. Aber auf dem weiten
Gebiet ist ein breiter Raum für Meinungsverschiedenheiten und
damit auch ein breiter Raum für die verschiedenartigsten Hilfs-
mittel. Es konnte gar nicht in meiner Absicht liegen, über alle
Hypothesen, die in der Fachliteratur erörtert worden sind, zu be-
richten. Weiß doch der Fachmann, in welchem der sonstigen
Lehrbücher andere Meinungen gefunden werden können. Die
vorgermanische und die urgermanische Zeit setzt sich eben nur
aus Hypothesen zusammen, und so wird man im vorliegenden Buch
immer nur eine Auffassung vertreten finden. Ich muß also darauf
gefaßt sein, daß der subjektive Charakter vieler Anschauungen,
die ich vertrete, manchem Fachmann anstößig sein wird. Ich konnte
mich aber nicht entschließen, jede neueste Meinung auch gleich
für die richtigste zu halten. Man mag mir meine Selbständigkeit
als Hartnäckigkeit deuten; aber wer das Buch in seiner neuen
Gestalt liest, wird leicht feststellen, daß ich stets bemüht gewesen
bin, alte Anschauungen aufzugeben, wo sie mir unhaltbar schienen.
Aber ebenso ernsthaft bin ich bemüht gewesen, die altvertrauten
Probleme durch eigene Arbeit zu fördern.
Dafür spricht auch die Tatsache, daß dieser mein Grundriß-
beitrag, der in der ersten Gestalt 100 Seiten umfaßte, jetzt als
ßuch von fast 300 Seiten vorliegt. So umfangreich das Buch nun
geworden ist, so hätte es doch leicht zu einem dicken Bande
auswachsen können, wenn ich mich nicht zurückgehalten hätte.
Wer bedenkt, daß über die reduplizierten Präterita oder über
die schwachen Präterita und früher auch über die Auslautsgesetze
dicke Bücher oder Abhandlungen mit stark differierenden An-
schauungen veröffentHcht sind, wird mir die mir eigene Kürze
und Knappheit nicht zum Vorwurf machen. In ein Handbuch,
wie das vorliegende, gehört nur Sicheres oder Wahrscheinliches.
Der Germanist wird manches für wahrscheinlich halten, was dem
Indogermanisten vielmehr unwahrscheinlich ist, und auch umge-
VIII Vorwort.
kehrt. Ich bin vielleicht mehr als andere Germanisten bemüht
gewesen, mit den Kategorien der indogermanischen Sprachver-
gleichung einen Kompromiß zu schließen. Aber wer so verfährt,
läuft Gefahr, in beiden Lagern anzustoßen.
So konnte mein Buch im wesentlichen bleiben, was es vor
25 Jahren war. Aufbau und Gliederung sind geblieben. Aber
es fehlt nicht an neuen Paragraphen und an Zusätzen, in denen
ich neueren Beobachtungen anderer gerecht werden möchte.
Für Anfänger ist das Buch nicht bestimmt ; es stellt erhebliche
Anforderungen an den Benutzer; so war es schon mehr als zwanzig
Jahre damit bestellt. Es hat trotzdem Erfolge aufzuweisen, und
diese verdankt es doch wohl dem Umstand, daß es aus der gram-
matisch so sehr bewegten Zeit der 70 er und 80 er Jahre des vorigen
Jahrhunderts herausgewachsen ist, in der meine eigene Ausbil-
dung und meine erste Facharbeit wurzelten. Aber ich bin den
alten, liebgewordenen Problemen immer treu geblieben und werde
ihnen, wenn das Schicksal mir's vergönnt, auch fernerhin treu
bleiben. So soll das neue Jahr nunmehr endlich — und zwar
recht bald — das erste Heft meines altgermanischen Wörterbuchs
bringen. Ich darf das hier bereits ankündigen, weil ich dem Be-
nutzer dieses Buches Aufschluß darüber schulde, warum jetzt die
große lateinische Lehnwörterliste fehlt, die in den beiden früheren
Auflagen eine Rolle spielte — sie soll nunmehr dem altgermanischen
Wörterbuch einverleibt werden. In diesem Werke werde ich dann
auch Gelegenheit haben, manche Wortprobleme, auf denen sich
dies Buch aufbaut, individuell zu behandeln. So darf ich den Be-
nutzer meines «Urgermanisch» schon jetzt darauf hinweisen.
Wenn der Leser sich überzeugen wird, daß für die Korrektur
des Druckes gesorgt ist, so haben mir liebe Freunde die Sorge
abgenommen. Schon zehn Jahre bin ich so fürsorgliche Hilfe
gewohnt, daß ich aus ganzem und vollem Herzen sagen kann,
daß ich ein schweres Schicksal doch leicht trage. Wenn ich
den treuen Helfern, die mich nun schon manches Jahr ver-
wöhnt haben, herzlichen Dank abstatte, bleibt mir schließlich
noch die angenehme Pflicht, Herrn Dr. Ernst Ochs für die Ab-
fassung eingehender Wort- und Sachregister zu danken: er hat
seine Aufgabe mit wirklichem Verständnis, aber auch mit Lust
und Liebe ausgeführt.
Januar 1913.
F. Kluge.
Inhalt. IX
INHALT.
Seite
I. Einleitung. Das Germanische und die Nachbarsprachen . . i
Urverwandtschaft S. i. Keltisch und Germanisch S. 5. Ger-
manen und Römer S. 9. Sprachliches über die lateinischen Lehn-
worte S. 18. Ältester germanischer Lautcharakter S.30. Griechische
Beziehungen S. 35. Altslavische Beziehungen S. 37. Dunkle
Lehnbeziehungen S. 45.
II. Konsonantismus 48
Die Lautverschiebung S. 49. Ausnahmen der Lautverschiebung
S. 53. Der grammatische Wechsel und Verners Gesetz S. 55.
Die urgermanischen Spiranten S. 58. Die indogermanischen Guttu-
rale S. 61. Die unverschobenen Konsonanten S. 67. Konsonanten-
gruppen S. 76. Metathesen S. 81.
III. Wort- und Satzakzent 82
Die indogermanische Betonung und ihre Wirkungen S. 83.
Der germanische Hauptton S. 86. Der germanische Nebenton
S. 92. Der germanische Satzakzent S. 96.
IV. Vokalismus 106
Die indogermanischen und germanischen Vokalentsprechungen
S. 106. Der Wurzelablaut S. 112. Der Suffixablaut und die
Mittelvokale S. 117. Ausbildung des germanischen Vokalismus
S. 120. Chronologisches S. 127.
V. Auslautsgesetze 130
Die urgermanische Zeit S. 131. Gemeingermanisches S. 133.
VI. Ost- und Westgermanisch 138
Ostgermanisch S. 138. Nordisch-Westgermanische Überein-
stimmungen S. 139. Das westgermanische Auslautsgesetz S. 142.
Synkope S. 147. Die westgermanische Konsonantendehnung
S. 148. Die westgermanischen Halbvokale S. 150.
VII. Konjugation 154
Das <?-Präsens S. 155. Das /«/-Präsens S. 160. Das Perfekt
S. 163. Der Aorist S. 167. Präteritopräsentia S. 170. Verbal-
adjektiva S. 172. Das schwache Verbum S. 179. Personal-
endungen S. 184. Die Modusbildung S. 188. Passivum S. 189.
Jüngere umschreibende Tempora S. 190.
VIII. Deklination 191
Kasussuffixe S. 191. Ablaut und Akzent S. 198. Vokalische
Stämme S. 200. Konsonantische Stämme S. 204. Pronominal-
Inhalt.
Seite
und Adjektivdeklination S. 208. Pronominalstämme S. 211. Die
ungeschlechtigen Pronomina S. 217.
IX. Nominale Wortbildung 220
Flexionstypen S. 220. Konsonantische Suffixe S. 222. Be-
deutung der Suffixe S. 225. Kompositionssuffixe S. 227. Kose-
formen S. 228. Komposition S. 228. Nominalpräfixe S. 233.
Komparation S. 241. Adverbia S. 246. Zahlworte S. 249.
Schluß: Wort- und Sachregister 262
Erklärung einiger Abkürzungen. XI
ERKLÄRUNG EINIGER ABKÜRZUNGEN.
AfdA, = Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur 1876 fF.
Angl. = Anglia. Zeitschrift für englische Philologie hrsg. v. R. P. Wülcker
1878 ff.
Beitr. = Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur
hrsg. V. H. Paul und W. Braune 1874 ff.
Bezz. Beitr. = Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen hrsg. von
A. Bezzenberger 1877 ff.
ESt. = Englische Studien. Organ für englische Philologie hrsg. v.
E. Kölbing 1877.
IF. = Indogermanische Forschungen. Zeitschrift f. indogermanische
Sprach- und Altertumskunde hrsg. v. K. Brugmann und W. Streit-
berg 1892 ff.
KBeitr. = Beiträge zur vergleichenden Sprachforschung auf dem Gebiete der
arischen, keltischen und slavischen Sprachen hrsg. v. A. Kuhn
und A. Schleicher 1858 ff.
KZs. =: Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete
des Deutschen, Griechischen und Lateinischen hrsg. v. A. Kuhn
1852 ff.
MU. = Morphologische Untersuchungen auf dem Gebiete der indo-
germanischen Sprachen v. H. Osthoff und K. Brugmann 1878,
QF. = Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der
germanischen Völker hrsg. v. B. ten Brink, W. Scherer und
E. Martin 1874 ff.
ZfdA. = Zeitschrift für deutsches Altertum hrsg. von M. Haupt i84iff.
ZfdPh. = Zeitschrift für deutsche Philologie hrsg. v. F. Höpfner und
J. Zacher i868ff.
ZfdW. = Zeitschrift für deutsche Wortforschung hrsg. v. F. Kluge 1901 ff.
I. Einleitung.
I. EINLEITUNG.
Das Germanische und die Nachbarsprachen.
Kap. I. Urverwandtschaft.
§ I. Indogermanisch. Das Germanische ist ein selbständiges
Glied innerhalb der idg. Sprachgemeinschaft: die Übereinstimmung
im Sprachbau ist ein untrüglicher Beweis für die Verwandtschaft
der germ. Einzelsprachen in ihrer Gesamtheit mit zahlreichen
Sprachen des alten Asiens und des alten Europas, von Indien
bis nach Irland. Die Übereinstimmung, die sich auf Lautgebung,
Formensystem und Wortschatz erstreckt, ist so umfassend und
dabei so durchsichtig klar, daß die vergleichende Sprachwissen-
schaft, die sich mit den idg. Sprachen beschäftigt, die Einheit-
lichkeit der in Frage kommenden Sprachen so scharf erkannt
zu haben glaubt, daß ein vollständiges System des gemeinsamen
Grundbesitzes unter dem Schlagwort «Indogermanische Grund-
sprache» heute feststeht. Muß auch die Erkenntnis der idg. Grund-
sprache immer lückenhaft bleiben, so darf die Wissenschaft der
Einzelsprachen von einer idg. Grundsprache als einer feststehenden
Tatsache ausgehen. Und das heute umso eher, als wir in Brug-
manns Grundriß der vergleichenden Grammatik der idg. Sprachen
und in der Kurzen vergleichenden Grammatik der idg. Sprachen
von demselben Verfasser eine Kodifizierung der Resultate besitzen,
die in nunmehr loojähriger Arbeit für die Erkenntnis der gemein-
samen Grundsprache gewonnen sind.
Fast jedes Kapitel des vorliegenden Buches operiert mit den
Tatsachen der vergleichenden Grammatik und mit dem Begriff der
idg. Grundsprache. Es bedarf daher hier keines Beweises dafür,
daß das Germanische in die idg. Sprachgemeinschaft hineingehört.
Hier kann nur die Frage nach der speziellen Stellung des Ger-
manischen innerhalb der idg. Sprachgemeinschaft aufgeworfen
werden. Rechnet doch die Sprachwissenschaft schon lange mit
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. I
2 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
der Möglichkeit, daß einzelne Glieder der großen Sprachfamilie
in einem näheren Verwandtschaftsverhältnis stehen können, wenn
man jetzt allgemein Indisch und Iranisch, Slavisch und Litauisch,
Lateinisch und Keltisch als nächstverwandte Gruppen zusammen-
faßt. Läßt sich also eine nähere Verwandtschaft des Germanischen
mit irgendeiner andern idg. Sprache erweisen.?
Diese Frage ist umso schwieriger zu beantworten, als das
Germanische in charakteristischen Einzelheiten nahe Berührungen
mit der Mehrzahl der idg. Sprachen aufweist. So hat schon Joh.
Schmidt, Verwandtschaftsverh. S. 50 mit Recht auf einige Worte
hingewiesen, die bloß als germ. und arisch zu erweisen sind: got.
hairus ind. gdru-\ ahd. triogan avest. druzaiti apers. drug ind.
druh\ got. aigan ind. tg\ ahd. wunsc ind. vänchä 'Wunsch'; got.
aühsa ind. uksdn avest. u)(^san (kymr. ych) 'Ochse'; got. manna
ind. manu-\ got. qens ind. jam-; got. ßj an ind. piy; ahd. hreftan
ind. grathäy\ angls. folde ind. pxthivt (dazu kelt. Letavia nach
Thurneysen); an. hverr ind. caru- 'Kessel' (: kelt. qorio-).
Anmerkung. Für die sprachliche Stellung des Germanischen innerhalb der
idg. Sprachfamilie kommt ein Gesichtspunkt in Betracht, der sich in den letzten
20 Jahren immer mehr Geltung verschafft hat : das Germanische gehört zu den
<:<?«/z^w-Sprachen der idg. Sprachfamilie und nicht zu den ja/^z/z-Sprachen. Es
handelt sich hier um die palatale Gutturalreihe, die in einer östlichen Sprachen-
gruppe nicht als reine Verschlußlaute erhalten geblieben ist, während eine im
wesentlichen westliche Gruppe die Verschlußlaute beibehält. Dieser Gegensatz läßt
sich veranschaulichen etwa durch lat. ceniutn gr. ^Kaxöv = avest. satem ind.
fata-; lat. decem gr. b^Ktt = avest. dasa ind. däga; lat. /^«rz/ = avest. /ßj« ind.
päfu\ lat. socer gr. ^Kupöc; = ind. gvägura- 'Schwiegervater' (vgl. unten §43 ff.).
Die Hauptvertreter der satem-^'^xQ.ch&n sind Indisch, Iranisch und Slavolettisch.
Die Hauptvertreter der ^m/z.rw-Sprachen sind Griechisch, Lateinisch, Keltisch,
und dazu gesellt sich auch das Germanische.
§ 2. Gemeineuropäisches. Das Germanische hat seine
nächsten Verwandten innerhalb der idg. Sprachen Europas. Diese
unterscheiden sich von der arischen Gruppe Asiens durch lautliche
und durch lexikalische Züge, und darin stimmt das Germanische
zum Griechischen, Lateinischen, Keltischen und Slavischen, aber
nicht zum Indischen und Iranischen.
Während die arische Gruppe (Indisch und Iranisch) die idg.
Urvokale e durch ä ersetzt, halten sie sich in den europäischen
Sprachen des Indogermanischen — einschließlich des Germa-
nischen — in regelrechter lautgesetzlicher Übereinstimmung. So
stehen den ind. Wurzeln ad bhar sac die gr. Verba ^öo|Liai qpepu)
^TTOjLiai und die lat. edo fero sequi gegenüber, und hiermit stimmen
L Das Germanische und die Nachbarsprachen. 3
ahd. essan heran sehan = asächs. etan heran sehan überein : e ist
der lautgesetzliche Vertreter des idg. e im Germanischen wie im
Lateinischen und Griechischen. — Ebenso ist idg. i im Germa-
manischen, Griechischen, Lateinischen erhalten, aber im Indischen
und Iranischen zu ä geworden ; vgl. ind. jäni- 'Weib' mit got. qens^
lat. mensis gr. |Lir|V mit got. mena 'Mond' (aber ind. mäs)^ lat. se-men
mit got. se-ps 'Saat*, ind. räjan- 'König' mit lat. rix {reg-)^ ind.
samt- 'halb' mit lat. semi-.
Auch das europäische / ist im Germanischen erhalten, steht
aber zum Teil einem arischen r gegenüber; vgl. z. B. ind. gravas
mit gr. kX^o^ und germ. hlewa- (in run. Hlewa-gastiz)^ ind. ric
mit gr. XeiTTUJ lat. linquo und got. leiJva\ auch ind. vfka- 'Wolf mit
gr. XuKO^ lat. lupus got. wulfs.
Von hoher Bedeutung für eine nahe Zusammengehörigkeit der
europäischen Indogermanen ist der Wortschatz. Besonders fällt
die Ausbildung einer landwirtschaftlichen Terminologie, die dem
Arischen fremd ist, ins Gewicht. Im Indischen und im Iranischen
fehlen die verbreiteten europäischen, auch im Germanischen er-
haltenen Verbalwurzeln ar 'pflügen', me 'mähen', mdl 'mahlen', se
'säen', oq 'eggen', mlg 'melken'. Nomina wie agro- 'Feld', swlk p^kä
'Furche', woghni- woghnsno- 'Pflugschar', gfno- 'Korn', r&phä 'Rübe,
Rettig', kromüso- 'Zwiebel', hhägo- 'Buche', salik- witwä 'Weide',
porko- 'Schwein', empi- hht- 'Biene', kfsn- 'Hornisse', wepsuä wopsü
'^e.s^&\g(e)rano- gjw- gru- 'Kranich', (s)trozdu- 'Drossel' u. a. sind
für das Europäische charakteristisch und finden sich auch im Ger-
manischen. Sonst seien noch Einzelheiten aufgeführt wie awo-
'Großvater', ghdmon- 'Mann', hhardha- 'Bart', wfdho- 'Wort', mori
mari 'Meer', sal(d) 'Salz', ghosti- 'Fremdling', teutä 'Volksstamm',
klni- klnä- 'Hügel', öli^nä 'Elle', kr(^)pi' 'Schuhwerk', l^gh 'liegen',
oinos 'einer', aljos 'anderer*.
Anmerkung. Alle angeführten Worte kommen auch im Germanischen vor;
wegen kr(S)pi- 'Schuhwerk' in gr. \(.pr\Tz[c, lat. carpischim lit. kurpe vgl. an. hriflingr
spätangls. (h)rifeling.
Während die europäischen ^und / — weil schon grundsprachlich
— nichts für eine europäische Ursprache einer arischen Sprach-
einheit gegenüber erweisen, zeugen solche Lautkriterien zusammen
mit der angedeuteten Ausprägung eines europäischen Wortschatzes
jedenfalls für engere Berührung der europäischen Dialekte unter
einander, vielleicht geradezu für nähere Sprachverwandtschaft.
Fick, der in seiner wertvollen Schrift Die ehemalige Spracheinheit
4 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
der Indogermanen Europas, Göttingen 1873, mit Scharfsinn den
indogerm. Wortschatz durchmustert — unsere Zusammenstellungen
haben diesem Buche manches entnommen — stellt die Europäer
als geschlossene, verwandtschaftlich eng verbundene Einheit
den Ariern gegenüber, nachdem ein Jahr früher Joh. Schmidt (Die
Verwandtschaftsverhältnisse der idg. Sprachen, Weimar 1872)
die Stammbaumtheorie abgewiesen und eine Theorie kontinuier-
licher Übergänge (Wellentheorie) aufgestellt hat. Joh. Schmidt
erkennt überall Übergänge, Nachbardialekte gehören stets enger zu
einander, jede Sprache bildet das Mittel zwischen ihren Nachbarn.
Diese Theorie beruht auf zahlreichen evidenten Tatsachen, welche
die Bedeutung geographischer Berührungen zum erstenmal auf-
geklärt haben. Aber durch Joh. Schmidts Theorie wird die Stamm-
baumtheorie keineswegs abgetan, wie 1876 Leskien (Deklination
im Slavischlit. und Germanischen) zeigte. Ein strikter Beweis für
die Notwendigkeit der Annahme einer näheren Verwandtschaft
der europäischen Sprachen gegenüber dem Arischen ist allerdings
noch nicht erbracht und wird sich kaum je erbringen lassen; vgl.
Brugmann in Techmers Zs. i, 226 und Kretschmer Einltg. in die
Gesch. d. gr. Spr. S. 93.
§ 3. Engere Verwandtschaft. Das Germanische — als Ein-
heit gefaßt — hat im Kreise der idg. Sprachen am Latein, wie
es scheint, einen näheren Verwandten als etwa am Slavischen
oder Keltischen. Zwar gibt es im Wortschatz spezielle Überein-
stimmungen zwischen Germanisch und Slavisch (unten §27); aber sie
sind unscheinbar und wenig charakteristisch, zum mindesten hat der
Glaube an eine nahe Verwandtschaft von Germanisch und Slavisch
kaum irgendwelche Vertreter mehr, seitdem die § i Anm. be-
handelte Gliederung der idg. Sprachen in ^^;^/^^;;^-Sprachen und
satem-Spra-chen als Ergebnis der neueren Anschauungen feststeht :
das Slavische ist eine satem-Spra.che , aber das Germanische
gehört zu den ^^;2/^^-Sprachen. — Mit dem Keltischen be-
stehen schon charakteristischere Übereinstimmungen, wie § 4ff-
zeigen wird. Aber sie beruhen zum Teil auf der doch wohl nicht
zu beanstandenden Tatsache, daß das Latein, das seinerseits mit
dem Keltischen nahe verwandt ist, auch als Nächstverwandter des
Germanischen zu gelten hat.
Besonders charakteristisch sind bestimmte Tatsachen im Bereich
der lat.-germ. Wortbildung. Der Typus von lat. virtütem senec-
tütem juventütem stimmt in ganz auffallender Weise zu dem Typus
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 5
von got. mikildüps gamaindüps ajukdüps^ und dieser Typus zeigt
anderwärts nur geringe Spuren. Wichtiger ist vielleicht der Wort-
bildungstypus für Zusammensetzungen, der durch lat. biennmm pro-
verbium aequinoctium einerseits und got. atapni gawaürdi andanahti
(§ 281) anderseits repräsentiert wird; auch hier zeigen die übrigen
idg. Sprachen keinerlei nennenswerte Parallelen. Die Überein-
stimmungen in Wortzusammensetzungen wie lat. communis und
got. gamains oder wie lat. hospes für *hostipotis und das aus einem
germ. gastfaps entlehnte altslav. gospodi können wohl nicht auf
Zufall beruhen. Jedenfalls zeigt der lat. Wortschatz die auffäUig-
sten und zahlreichsten Übereinstimmungen mit dem Germanischen:
lat. taceo sileo = got. paha sila, lat. capto sapio = ahd. /^eßu
seffti^ lat. düco = got. iiuka, lat. sa/lo 'salze' = got. salfa^ lat.
augeo = got. auka^ lat. acüs = ahd. ecka^ lat. annus = got. apns,
lat. tempus = got. peihs, lat. haedus = got. gaits^ lat. collis ==
angls. 4^// 'Hügel', lat. collum = got. hals^ lat. malus (aus *masdos)
= ahd. mast^ lat. homo == got. guma^ \a.t paucus = ahd./ö^^ lat. malus
(für '^smalos) = got. smals^ lat. longus = got. laggs. Für derartige
lautgetreue und formell korrekte Gleichungen, zu denen etwa noch
lat. z^elh 'du willst' = got. wileis 'du willst' als bedeutungsvoll
hervorzuheben ist, liefern andere idg. Sprachen keine genauen Ent-
sprechungen. Lat. Worte können aus dem Germanischen am
leichtesten gedeutet werden, wenn z. B. lat. sponte 'Antrieb' durch
das Wurzelverb ahd. spanan 'antreiben' aufgeklärt wird. Germ.
Worte können durch das Latein am leichtesten aufgehellt werden,
wenn z. B. ahd. r'eht (= lat. rectus) aus dem lat. Primärverb rego
und got. hana 'Hahn' (eigtl. 'Sänger') aus dem Primärverb lat. cano
und got. wadi 'Pfand' (vgl. got. reikizn reiks) alsNominalabstraktum
mit y^-Suffix zu einem Primärnomen lat. vas Gen. vadis 'Bürge*
Aufklärung erhalten. Es handelt sich in derartigen Einzelheiten,
die allerdings sehr zahlreich sind, nicht um beliebige Zufälligkeiten :
es sind Worte und Begriffe ohne einen speziellen Kulturinhalt, d. h. es
handelt sich hier um Übereinstimmungen, bei denen Kulturübertra-
gung, Entlehnung oder Wanderung von Worten ausgeschlossen ist.
Kap. 2. Keltisch und Germanisch.*)
§4. Lexikalische Berührungen. Der Verwandtschaftsgrad
von Kelten und Germanen ist schwer zu bestimmen. Der Wortschatz
*) Eine eingehendere Behandlung dieser Probleme bei Bremer, Ethnographie
der germ. Stämme (Pauls Grdr. III ^ 787) ;Much, Deutsche Stammeskunde (Göschen)
S. 41 ff-; Kretschmer, Einleitg. in die Gesch. d. griech. Sprache S. 118.
6 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
liefert nur zweideutige Kriterien, läßt Erklärung durch nachbar-
liche Berührungen so gut zu wie solche durch nähere Verwandt-
schaft. Für einige gemeingerm. Worte steht Entlehnung aus dem
Keltischen fest. Der keltische Übergang von idg. e (lat. reg-em)
in t beweist für germ. rtk- 'König' (got. reiks) und rtkja- 'Reich'
(vgl. den Cimbrennamen Mallortx) vorhistorische Entlehnung aus
urkelt. rtg- (altir. ri Gen. rig) vor der germ. Lautverschiebung
(Osthoff, Perfekt S. lo) und ahd. ambaht ist gewiß gleichzeitig aus
kelt.-lat. ambactus entlehnt, dessen kelt. Ursprung durch Thur-
neysen, Keltoroman. S. 30 über jeden Zweifel gehoben ist (Präfix
amb ist nicht germ., got. andbahts aber ist nur umgedeutet). —
Neben solchen Gleichungen finden sich nun auch Übereinstim-
mungen im Wortschatz, bei denen die Annahme von Urverwandt-
schaft und von Entlehnung gleiche Berechtigung hat ; es sind Worte,
welche die germ. Lautverschiebung mit durchgemacht haben: germ.
aipa- 'Eid' = altir. oeth (Grdf. oito-)\ germ. gtsla- 'Geisel' = altir.
giall (Grdf. gheislo-)\ altir. luige 'Eid' = got. liugan 'heiraten'
(Wz. leugh)\ gallolat. dünum (urkelt. dünos) = germ. /üna-; bret.
treb 'Dorf = germ. porpa-\ altir. brig- = germ. bürg- (Grdf.
bhtgh) ; kelt. Hercynia (aus *perkunia) = got. fairguni Much ZfdA.
XXXII 462 ; gallolat. marga = ahd. mBrgil\ gallolat. tsarno- (altir.
iarfi) = germ. zsarna-; altir. luaide 'Blei' = ahd. löt\ altir. lethar =
ahd. ledar\ gall. (Pausan.) marka (altir. marc) 'Pferd' = germ. marha- ;
gall. reda 'Wagen' = germ. ridan 'fahren'; keltiber. (Plin. Hist.
Nat. XXXIII 40) viria = an. v^rr angls. wzr; germ. um- = gall.
(Macrob. Sat. VI 4, 23) ürus ; germ. wisundwesand war auch urkeltisch.
Bei derartigen Worten sucht man vergebens nach festen Kri-
terien zur Entscheidung der Frage, ob Urverwandtschaft oder ob
nachbarlicher Austausch die Gemeinsamkeit solcher Wortmate-
rialien bedinge. Daneben besitzt das Germanische eine zweite
Schicht von Worten, welche von den kelt. Entsprechungen nicht
durch die Lautverschiebung getrennt sind : angls. temsian 'sieben'
ndl. tems 'Sieb' stimmen zu einem kelt. ^tamisio- Thurneysen,
Keltoroman. S. 80; got. kelikn = gall. ke/ünonKBeitr. 2, 108; kymr.
tetk 'Zitze' aus */ifta = angls. Htt 'Zitze' ; angls. crcEt = altir. crei
'Wagenkasten'; vgl. noch ahd. krunib mit altir. cromm. Diese
zweite Schicht enthält mehrere Worte, die sich auf Wagen-
kunst beziehen, während die ältere Schicht mehr kriegerische
Terminologie aufweist. Aber wahrscheinlich sind diese Lehn-
worte erst durch lat. Vermittlung germanisch geworden.
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 7
Eine besondere Hervorhebung verdienen noch einige südliche,
lat. Lehnworte im Germanischen, die nach neuerer Annahme nur
durch kelt. Vermittlung zu uns gekommen sein können. So ist
got. alew nach Much Beitr. 17, 34 und Solmsen IF. 5, 344 das lat,
olivum^ aber durch kelt. Vermittlung; so hat Much Beitr. 17, 33
got. peikabagms ^.xiSXdX.ffcus durch ein ^tXi. pikos hindurch zurück-
geführt. So wird noch got. sipöneis 'Schüler' von Much aus der
kelt. Wz. seq sep als Entlehnung gedeutet.
Wenn wir nun auch nicht fehl gehen, indem wir in großem
Umfang Entlehnung aus dem Keltischen ins Germanische an-
nehmen, so scheint für andere Übereinstimmungen doch auch die
Annahme geboten, daß Kelten und Germanen gemeinschaftliche
altindogerm. Erbmaterialien infolge ihrer nachbarlichen Berührung
gleichmäßig bewahren, wo keiner von dem andern entlehnt zu
haben braucht: altir. sei 'Weg' = got. sinps\ altir. etaim 'erreiche'
= g&vm. finpan\ oXtiv. ßd (gall. vidu-) 'Baum' = ahd. witu] altir.
rddim 'spreche' = got. rödja\ altir. rün 'Geheimnis' = got. rüna\
got. Spill dins urgerm. sqedlo-Yorgerm. sqetlö- == altir. scel 'Geschichte';
altir. oetk 'Eid' = got. aips; altir. liuge 'Eid' dazu got. liugan
'heiraten'; altir. orbe 'Erbe' = got. arbi\ ir. mug (aus mogus)
'Diener' resp. altgall. maqos 'Sohn' (altir. macc) = got. magus\
rheinfränk. hess. mocke 'Mutterschwein' = altir. mucc (aus *mukku-)
'Schwein'. — Ferner altir. menicc (aus *menekki-) 'häufig' = got.
manags (KBeitr. II 171, dazu wohl noch altir. mit 'große Menge'
aus '^man-ti- ?) ; ahd. dicchi = altir. Img (aus *ä'gu-) ; altir. oecÄ aus
*poikos = ahd. feh 'verhaßt, feindlich' ; beachte kymr. rhydd 'frei'
== got. freis 'frei' gegen ind. priyd- 'lieb' (Revue Celt. II 327).
Ferner altir. scdth 'Schatten' = got. skadus. Vgl. noch d'Arbois
de Jubainville, Geltes et Germains 1886.
Ebenso beweiskräftig und zahlreich sind Worte, welche dem
Germanischen mit dem Italokeltischen gemeinsam sind : \-aX. porca
= hd. furche = kelt. pxka (Thurneysen, Keltoroman. S. 74); lat.
piscis = altir. iasc = got. ßsks ; Wz. b/tlö in lat. ßös altir. bldl/i
got. blöma; lat. celo = altir. celim = ahd. /iilu; lat. crtbrum = altir.
criathar = angls. hridder (Grdf. kreithr-) ; lat. cornu = altir. carn
= got. haürn; lat. väles = altir. y<i//>^ angls. ze;^^ 'Poesie' ; lat. caecus
= altir. caeck = got. haihs\ lat. v^rus = altir. f/r = ahd. war;
lat. fodio 'grabe' kymr. bedd 'das Grab' ahd. b^t(t)i 'Ackerbeet'
(Franck, EtWb. s. bed)\ lat. vasius = altir. /äs = ahd. wuosti\
lat. aqua = got. aJva = kelt. -apa ; lat. lacus = altir. loch = angls. lagu.
8 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
§ 5. Grammatische Übereinstimmungen. Eine ebenso
wichtige wie auffällige Berührung zwischen Latein-Keltisch-Ger-
manisch besteht nach Thurneysen (Revue Celt. VI 312) in den
Akzentgesetzen (s. unten Kap. 18. 19): übereinstimmend lassen
diese Sprachen alte Ultimabetonung fallen und führen Betonung
auf der ersten Wortsilbe durch (im Lateinischen hat dieses Gesetz
eine jüngere Einschränkung durch das Dreisilbengesetz erfahren);
speziell zum Keltischen stimmt das Germanische im wesentlichen
in der Unbetontheit der Verbalpartikeln beim Verb, wo das La-
teinische ursprünglich eine abweichende Betonung gehabt hat.
Das Nähere darüber s. § 81. In altir. bnt lat. fio asächs. biu
zeigt sich dieselbe Sprachengruppe in Übereinstimmung; vgl.
auch die Präfixe lat. com- altir. com- germ. kam- in altfränk.
ham-idü und daneben eine Präfixgestalt ko in lat. co-hibeo co-hors
co-actus neben got. ga in ga-qiman ga-rüni, woran nach Stokes,
Wortschatz S. 85 auch das Keltische mit einem ^ö-Präfix Anteil
hat. Bedeutungsvoll ist schließlich auch die Übereinstimmung
von Präposition und Präfix lat. ad altir. ad got. at.
§6. Keltogermanische Personennamen. Ein weiterer wich-
tiger Punkt, der die nahe Berührung zwischen Germanen und
Kelten erweist, ist die Bildung von Eigennamen. Zwar zeigt das
Germanische hier auch Berührung mit dem Indischen und dem
Griechischen. So hat Kögel (Literaturbl. VIII 108) idg. wesu-
durch einen Hinweis auf ahd. Wisumär gr. EuKXer|<^ ind. Vasubhüti-
kelt. Visurtx (Tomaschek BB. 9, 93) erwiesen; idg. ekwo- 'Roß'
steckt in angls. Eömser gr. M7TTT0|LiebuJV ind. Agvamedha- kelt.
Epopennus\ vgl. idg. wlqo- in ahd. Wolf-ger gr. AuKÖcppiuv; idg.
kluto- in ind. Qrutamagha- gr. KXuTO)Liribri<; angls. Hlophere kymr.
Clotri.
Anmerkung. Speziell zum Indischen stellt sich idg. sntyo- in got. Suniafrid ind.
Satya-vrata-, idg. priyo- in ahd, Frt-bald ind. Priya-medha-, idg. pelu- in rüg.
Feletheus ahd. Filu-mär ind. Puru-medha-. Zum gr. K\eFo- in KXeöHevo? stellt
sich nach Burg (Die älteren nord. Runeninschriften S. 19) das run. Hlewa-gastiz.
Aber von solchen weiterreichenden Bildungselementen für
Nomina propria abgesehen, teilt das Germanische eine Reihe
anderer nur mit dem Keltischen, ohne daß Italer und Inder daran
teil nehmen : katu- in gall. Catu-volcus -rix -märus ahd. Hadu-
-rih -mär\ teuto- in gall. Teutomatus ahd. Diotrih\ segho- seghi-
in gall. Sego-vax -märus germ. Segi-merus\ esu- in kelt. Esu-
nertus ahd. As-birin -ulf\ endlich dhagho- in kelt. Dagovassus
angls. DcBgbald -frid. Auch zweite Kompositionselemente sind
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. g
dem Keltischen und Germanischen gemeinsam : möro- : mero- (Ost-
hoff Beitr. XIII 431) in kelt. Adiatu- Ctmo- Nemeto-märus altgerm.
Segi- Chatku-merMS ; rtg- : rtk- in kelt. Orgeto- Dubno- Vercingeto-rtx
ahd. Fridu- Diot-rth\ wolko- in gall. Catuvolcus angls. Cenwealh.
Diese Zusammenstellungen, die auf Ch. W. Glücks wichtiger
Schrift Die bei Caesar vorkommenden kelt. Namen (München 1857)
beruhen, beweisen im ganzen gewiß eine nahe Zusammengehörig-
keit von Kelten und Germanen, die wir am richtigsten mit Joh.
Schmidts Kontinuitätstheorie erklären. Einzelnes beruht wohl auch
darauf, daß die Germanen Gebiete okkupierten, auf denen zuvor
Kelten seßhaft waren. So erklärt sich ja auch die auffällige Über-
einstimmung von Völkernamen : ahd. Hessi = brit. (Caesar) Cassi
Müllenhoff ZfdA. 23, 7 und Braune IF. 4, 344; kelt.-lat. Brigantes
eigtl. 'monticolae' = germ.-lat. Btirgundi(ones) ; über germ. Walkoz
= lat. Volcae d'Arbois Rev. Celt. 2, 287. Über die speziell deut-
schen Ortsnamen kelt. Ursprungs zu handeln, ist hier nicht der
Ort; darüber s. Bacmeister, Alemannische Wanderungen.
Kap. 3. Germanen und Römer.
§ 7. Germanisch-römische Beziehungen. Es ist selbst-
verständlich und wird zudem hinlänglich bezeugt, daß die Ger-
manen bei ihren intensiven Berührungen mit den Römern auch
Fühlung mit dem römischen Idiom gewannen. Arminius verstand
lateinisch, ut qui romanis in castris ductor popularium meruisset
Tac. Ann. II 10; ein des Lateins kundiger Germane wird auch
Ann. II 13 erwähnt. Aus diesen und andern von Budinski, Aus-
breitung der lat. Spr. S. 152 beigebrachten Zeugnissen ergibt sich
Kenntnis des Lateins schon für die Frühzeit der germanisch-
römischen Berührungen. Budinski verweist noch auf des Plinius'
Panegyricus 56, wonach die Rechtspflege des Kaisers Trajan in
Germanien teilweise ohne Dolmetscher geschehen sein muß.
Die römischen Heere waren voll germ. Elemente; unter den
julisch-claudischen Kaisern bestehen germ. Kohorten und Leib-
wachen ; an zahlreichen geschichtlichen Ereignissen auf italischem
Boden haben Germanen einen Anteil. So kommt es, daß uns
zahlreiche germ. Eigennamen überliefert sind, welche uns formell
und stofflich einen Einblick in den germ. Sprachzustand im Be-
ginn unserer Zeitrechnung gewähren. Allerdings ist auch das
Eigennamenmaterial beschränkt : wir vermissen Dynastiennamen,
10 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
Patronymica, Spitz- und Kurznamen. Der erste sichere Kurzname
zusammen mit dem Vollnamen begegnet bei Vopiscus im Leben
Aurelians (Scr. Hist. Aug. II p. 15) Gothorum ducem Cannaban sive
Cannabaudem ; Charietto bei Amm. ist der Bildung nach wohl Kurz-
name (vgl. Heinzo Cuonzo)^ ist aber ohne Vollnamen überliefert.
Ein Zeugnis für Doppelnamen gibt der Germane Serapion^ der
eigentlich Agenarichus hieß, Amm. 16, 12. Der erste Neckname
erscheint bei Prokop B. G. I 18 OuicTavboq BavbaXdpio<;. Die Ur-
sache für den immerhin beschränkten Umfangt) der altgerm. Namen
in der römischen Überlieferung dürfte in der auffälligen Latini-
sierung liegen, die den germ. Namen durch Römer oder durch
Germanen zuteil wurde. Auf Inschriften der Stadt Rom (Corp.
Inscr. Lat. VI 2) — um nur diese zuzuziehen — begegnen mehr-
fach lat. Namen von germ. Sklaven und germ. Gardisten (Mommsen,
N. Arch. f. alt. d. Gesch. 8, 351 und Rosenstein, Forsch, z. d. Gesch.
24, 376) wie Bassus, Macer, Valens, Hilarus, Nereus, Alcimachus,
Linus, Nobilis, Paetinus, Phoebus, Posthumus, Severus, auch Ti.
Claudius Chloreus (Corp. Inscr. VI 2, 4337 — 4344, 8802 — 8810).
Von geschichtlichen Persönlichkeiten trägt des Arminius' Bruder
Flavus einen römischen Namen, ebenso der Bataver Claudius Civilis.
Nur sehr vereinzelt begegnen germ. Namen, «deren Inhaber bei
der Erteilung des römischen Bürgerrechts in üblicher Weise die
Namen der erteilenden Kaiser den ihrigen vorgesetzt haben» (KBeitr.
III 205) ; Dr. Brandis in Jena macht mich auf Corp. Inscr. Lat. III
Nr. 4453 aufmerksam, wo ein rex Germanorum Namens Septimius
Aistomodius mit seinen beiden Brüdern Septimii Philippus et Helio-
dorus erscheint: die Brüder haben lat. Namen, der König neben
dem lat. Cognomen seinen echt germ. Namen. Bei dieser Ver-
wendung von lat. Namen fällt es uns auf, daß sich bisher in der
altgerm. Überlieferung noch kein sicherer Nachklang eines lat.
Namens gefunden hat, während das Romanische zahlreiche germ.
Namen aufweist.
Krieg und Militär, Rechtspflege und Handelsverkehr sind die
Faktoren, die eine Berührung von Germanisch und Latein not-
wendig bedingen; wir dürfen daher die gegenseitige Beeinflussung
der Sprachen seit der Zeit des C. Julius Caesar datieren.
*) Die Belege für das hier und im folgenden zu nennende Namenmaterial
der antiken Überlieferung bei Werle, Die ältesten germ. Personennamen (Straß-
burg 1910) und bei Schönfeld, Wb. der altgerm. Personen- und Völkernamen
(Heidelberg 191 1).
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. ii
§ 8. Einfluß des Handels. Caesar spricht von römischen
Kaufleuten bei den Ubiern und Sueben (B. Gall. IV 23), und Ta-
citus bezeugt bei manchen germanischen Stämmen römischen
Handel (O. Schrader, Handelsgesch. S. 82 ff.).
a) Ein beliebter Handelsartikel war gewiß der Wein. «Zwar
in Caesars Zeiten schlössen sich die Germanen noch ab gegen
die fremden Weine (BG. II 15; IV 2), aber schon nicht mehr als
Tacitus schrieb (Germ. 23), und dann kam durch das Geschenk
des Kaisers Probus (Vopiscus Prob. 18) der Weinbau nach Deutsch-
land, und wieder nach nicht gar langer Zeit wurden die geprie-
senen Rebberge der Mosel deutsches Eigentum» Wackernagel
ZfdA. 6, 262. Bedenkt man noch, wie intensive Bekanntschaft
germ. Söldner im Süden bereits sehr frühe mit dem Wein machten
— Appian B. Civ. II 64 ist ein klassisches Zeugnis dafür — so
werden wir nicht zögern für lat. vtnum = got. wein 'Wein' eine
der frühesten germ. Entlehnungen anzunehmen; und wir dürfen
zugleich vermuten, daß diejenigen altgerm. Lehnworte, die sich
auf Weinkultur beziehen, nicht viel später bei den Germanen in
Aufnahme kamen; vgl. lat. calix (ahd. kelih), bicärium (asächs.
bikeri)^ mustum (ahd. most\ lörea (ahd. lürra)^ vindemiae (ahd. win-
timma)^ pressa (ahd. fressd)^ cellärium (ahd. kelläri)^ iräjectorium
(ahd. trahtäri\ acetum (ahd. ennth)^ miscere (ahd. miskan)\ ein
Schwab, kammerz aus camerata behandelt das DWb. unter Ka-
merte. Hier erklärt sich auch got.-germ. kaupön 'kaufen' aus
lat. caupo. Daß der römische Handelsverkehr auf germ. Boden
nicht immer in den besten Händen war, zeigen z. B. die scurrae
als Händler bei Amm. XXIX 4; daher auch asächs. mangön
'handeln' aus lat. mango 'Händler' (Schrader, Handelsgesch. S. 99).
b) Aus Tac. Germ. 5 ergibt sich, daß römische Münzen unter den
Germanen zirkulierten und wir haben damit einen Anhalt, die
Entlehnung von lat. monita (ahd. munisa)^ siliqua (ahd. silihha)^
assärius (got. assärjus\ denärms (angls. dinere)^ "^tremissis (angls.
trimis)^ aureus (an. eyrer) zeitlich zu fixieren, und wir begreifen
zugleich die germ. Neubildung der Münzbezeichnung ahd. cheisu-
ring angls. cäsering aus lat. Caesar. Dazu kommt die Entlehnung
für Bezeichnungen von Maßen und Gewichten wie mtlia (ahd.
mild) oder wie pondo (got. pund)y modius (ahd. mtUti).
c) Auf Schiffahrt und Fischfang an der Nordsee, sowie am
Rhein und an der Donau deuten die entlehnten ancora (angls.
oncor\ sagena (ahd. s^gma), nävis (schweiz. naue)^ remus (mhd.
12 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
riente)^ plectrum (angls. pliht\ stroppus (angls. stropp)^ ponto (angls.
punt). — Das rhein. (ahd.) salmo geht auf spätlat. salmo (Auson.)
zurück; der Alse hat den lat. (kelt?) Namen alausa bei Auson.
In England findet sich entlehntes trücta (angls. trüht). Hierher
stellen wir auch die Entlehnung von vtvärmm (ahd. wiwäri),
§ 9. Militärischer Austausch, a) Im germ. Kriegsapparat
fiel den Römern eine Nomenklatur auf, die aus der Soldaten-
sprache auch in die Literatur Eingang fand. Varritus bei Amm.
— abweichend in Bedeutung und Laut von dem barditus bei
Tacitus, vgl. die Literatur bei Baumstark zu Germ. 3 — das
Kriegsgeschrei bedeutend, ist noch unerklärt, huch framea, seit
Tac. mehrfach bezeugt (AfdA. VII 213), harrt noch der Erklärung.
Die germ. Überlieferung kennt weder framea noch varritus noch
barditus. Lat. bandum 'signum, vexillum' (Paul. Diac. bei Diez
s. banda) — zweifellos germ. Ursprungs — wird durch Prokop
B. Vand. II 2 (tö crr||ueiov, 6 öri ßdvöov KaXoOai *Puu|Liaioi) für
das Spätlateinische bezeugt (vgl. got. bandwa). Ein germ.-got.
carrägo 'Wagenburg' (für '^carrhägo eigtl. carrohägo> gebildet wie
angls. bord-haga 'Schildburg') überliefern Amm. 31, 7, Trebellius
Gallien. 13 und Claud. 8. Wir werden wohl nicht fehl gehen,
einige gemeinromanische Lehnworte als etwa gleichzeitige Ent-
lehnungen aus dem Germanischen zu fassen, obwohl lat.-griech.
Zeugnisse dafür fehlen ; sie werden wie framea und bandum
eigentlich der Soldatensprache angehört haben: gemeinroman.
brando 'Schwert', helmo 'Helm', gonfanone (ital. gonfalone) 'Fahne',
mariscalco 'Hufschmied', sperone 'Sporn*.
b) Anderseits drangen in den ersten Jahrhunderten auch zahl-
reiche Worte der staatlichen, städtischen und militärischen Be-
griffssphäre ins Germanische ; man denke an Caesar (got. kaisar)^
mtlitäre (got. militön)^ signum 'Feldzeichen' (angls. segen)^ draco
'Kohortenzeichen' (Pogatscher QF. 64, 43). Römisches Städte-
wesen gibt Anlaß zur Übernahme von Worten wie vtcus (angls.
wie) und portus (angls. port 'Stadt') ; angls. ceaster 'Stadt' aus lat.
castra deutet darauf hin, daß dauernde Kriegslager zu festen
Plätzen wurden. Auch lat. colönia konnte übernommen werden
(vgl. den Ortsnamen Köln). Hierher gehört wohl auch die Ent-
lehnung von lat. sträta (ahd. stränna). Zu erwähnen ist auch die
Übernahme von hortus in angls. ortgeard und von vtvärium in
ahd. wiwäri 'Weiher'.
c) Einzelne Entlehnungen gehören speziell zur Reit- und
L Das Germanische und die Nachbarsprachen. 13
Wagenkunst. Bekannte Entlehnungen sind got. asilus = lat. asinus
und ahd. mül= lat. mülus. Mhd. mdr 'Pferd' ist das lat. maurus
als Beiwort des Pferdes. In westfäl. päge 'Pferd' scheint ein lat.
equus pagänus zu stecken. Lat. burdus steckt in ahd. burdihhtn
und ndl. bordezel. So ist auch sagmärius (ahd. soumäri) und
schließlich paraveredus (ahd. pferid) zu uns gekommen. Ferner
lat. carrus carrüca canthus strigilis (ahd. karro karrüh^ mhd. kanz-
wagen strigT)\ ahd. sambüh 'Sänfte' scheint ein gall.-lat. sambüca
zu sein.
d) Wir wissen aus der antiken Überlieferung (vgl. Baumstark
zu Germ. VI), daß es den Römern auffiel, daß die Germanen ihre
Schilde bunt bemalten; wir haben damit wohl einen Anhalt, die
Übernahme von germ. Farbenbenennungen ins Romanische zu
erklären: gemeinroman. blanco brüno grtsio blävo falvo (ital. bianco
bruno grigiobiavo falho). Den Römern fiel auch die germ. Haarfarbe
auf: daß die Römerinnen Perücken aus blondem Germanenhaar
liebten, zeigen Stellen wie Ovid Amores I 14^^. Das gemein-
roman. blondo, für das man häufig germ. Ursprung vermutet hat,
dürfte die intern germanisch unbezeugte Benennung der Haar-
farbe gewesen sein; zur Sache vgl. Baumstark zu Germ. IV, wo
Sueton im Leben des Caligula c. 47 nachzutragen ist. Wie den
Römern die germ. Haarfarbe auffiel {rutilus oder nach Galen I
p. 168, XV p. 185 7Tuppö(;, nicht HavGoq), so konnte den Germanen
auch die röm. Haartracht auffallen, sie konnten lat. crispus (angls.
cyrsp) übernehmen, auch lat. capillus (vgl. got. kapillön 'scheren') ;
und germ. kalwa- 'kahl' entstammt aus diesem Gesichtspunkt eher
dem lat. calvus (= ind. kulva- avest. kaourva)^ als daß mit Hilde-
brand DWb. s. kahl Urverwandtschaft von hd. kakl mit aslav. golü
'nackt, bloß' anzunehmen wäre.
§ 10. Die Tierwelt der germ. Gebiete fiel den Römern
ebenso sehr auf wie den Germanen die südliche.
a) Seit Caesar lernten die Römer das germ. alces und dann
das kelt.-germ. ürus und vison kennen. Das nach Diez (EtWb.
unter ganta) auch im Romanischen bezeugte germ. ganta nennt
Plinius NH X 53 (das Belegmaterial für ürus vison ganta s. bei
O. Keller, Tiere des class. Alt. 53. 303), und aus seinem Bericht
ersehen wir, warum das germ. Wort nach Rom vordrang.
b) In der ersten Hälfte des 5. Jahrhs. treffen wir germ. taxo
(eigentlich ßahso w-Stamm) und biber bei lat. Autoren (vgl. den
Laterculus des Polemius Silvius in Mommsens Ausgabe der
14 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
Monumenta). Der römische Name des Damwilds lat. dama stellt
sich ein bei den Germanen. An südlichen Tieren werden Esel
und Maultier^ Pfau und Strauss wohl am frühesten mit ihren
lat. Namen benannt. Auf Einfluß der südlichen Geflügelzucht
deutet die Entlehnung von mütäre, pituita^ vimen, pullärium. Mit
dem oben berührten Bericht des Plinius über die germ. ganiae
erklärt sich wohl auch die frühe Entlehnung von lat. plüma culcita
culcitra pulvtnuni.
§ II. Garten, Haus und Küche, a) Auch lat. Obst- und
Gemüsenamen, desgleichen Bezeichnungen für die verschiedensten
Gewürze, müssen schon in den ersten Jahrhunderten unserer Zeit-
rechnung den Germanen durch Handel und Märkte geläufig ge-
worden sein: piruni cerasus prünum persicum castanea cotonea
(angls. peru^ ahd. kersboum pflüma pfersih kestinna koggan). —
buxum (angls. box). — spelta vicia pisum cicer (ahd. spelza wicka^
angls. piose^ ahd. kihhurd). — caulis rädix näpa porrum unio
Cucurbita (ahd. kol rätth^ angls. nsep^ 3h^. pforro^ angls. jynne cjr/ef).
— cuminum apium pantcum foeniculum mentha sinäpa piper (ahd.
kumin epfi pfenih f'enahhal minza s'enaf pfeffar). Hierher gehört
auch die Entlehnung von lat. plantare als ahd. pflanzön und von
lat. hortus als angls. ortgeard got. aürtigards.
Anmerkung. Gegenüber Hoops, Waldbäume und Kulturpflanzen S. 534 sind
vielleicht Zweifel an der Annahme gestattet, daß am Mittelrhein die verschie-
densten Obstbäume in der Römerzeit schon eingebürgert waren ; denn die sprach-
lichen Tatsachen vertragen sich besser mit der Annahme, daß der römische
Handel mancherlei Obstsorten bis zum Mittelrhein brachte. Nur der Anbau von
Kirschbäumen wird durch Plinius Nat. Hist. 15, 102 für das Rheingebiet er-
wiesen; Tacitus Germ. 26 leugnet Obstgärten für die Germanen. Die Schwierig-
keit des sprachlichen Problems besteht darin, daß die lat. Obstnamen und die
entsprechenden Baumnamen sich zu nahe stehen, als daß die germ. Lautformen
der betr. Lehnworte eine Entscheidung ermöglichten; doch vgl. auch § 18 Anm.
b) Mit dem Import von Obst, Gemüse und Gewürz hängt der
Einfluß der südlichen Küche und die Entlehnung von lat. coquus
(ahd. koh) und coqutna (ahd. kuhhind) zusammen. Auch lat. Ter-
minologie der Bäckerei findet sich ein wie pistor (ahd. pfistür
'Bäcker'), pistrina (ahd. pßstrma), focatia (ahd. fohhanza\ simila
(ahd. semala). Für die Entlehnung von vulgärlat. molina (Amm.
Marc.) erinnert Heyne DWb. s. Mühle an Ausonius Mosella V. 362,
wodurch römische Mühlen im römischen Moselgebiet erwiesen
werden.
c) Durch die Nachricht bei Tacitus Germ. 16, wonach den Ger-
manen Zement und Ziegel unbekannt waren, und bei Amm. Marc.
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 15
XV II, I, wonach domicüia curatius ritu romano constructa in den
Maingegenden standen, die Julian a. 360 niederbrennen ließ, er-
gibt sich ein Termin für die Entlehnung der auf den Steinbau
bezüglichen Nomenklatur wie mürus astracum cellärium postis
ptlärium pälum spicärium sölärmm scindula tegula calx mortärium
puteus Valium turris (ahd. inür estrih kelläri pfost pftläri pfäl
spthhäri soleri scintala ziagal kalk^ angls. mortere pytt weall torr).
d) Man denke an den häuslichen Apparat des Heizens und des
Beleuchtens bei den entlehnten pensile (ahd. pfiasal aus vulgärlat.
*pesle\ und clibanus (angls. cleofa 'Stube') oder an lucerna candela
Charta facula papyrtis (got. lukarn^ ahd. kentilstab karz fackala^
angls. tapur) oder an discus (ahd. tisc) und an mensa (got. mes),
auch an römische Luxusartikel in Bezeichnungen für Schuhwerk
(vgl. ahd. rümscuoha oder rümisce scuoha 'sandalia') wie soccus
und sola (ahd. soc sola) ; vgl. auch angls. sütere aus lat. sütor.
e) Der Verkehr mit römischen Geschäftsleuten — auf itali-
schem wie auf germanischem Boden — den diese Entlehnungen
voraussetzen und der nach § 8 durch hinlängliche Zeugnisse fest-
steht, äußert sich besonders noch in der Übernahme zahlreicher
Gefäßbenennungen usw.: Saccus arca (got. sakkus arkd)^ cista
scrinium (ahd. kista skrin)^ corbis (ahd. korb kurb), scutella (ahd.
scumla)^ catinus (got. katils\ bacctnus (ahd. beckin).
f) Schließlich übernimmt das Germanische Worte für den Sarg
wie cista arca sarcophagus (auch "^kimb 'Totenschiff aus lat. cymba}).
§ 12. Wortübersetzungen. Für die Möglichkeit echt germ.
Worte als Nachbildungen zu lat. Vorbildern zu fassen, stehen
keine unzweifelhaft alten Belege zur Verfügung; vielleicht be-
ruhen angls. f rumgär und ahd. hunteri auf Nachahmung von lat.
primipilus primipilaris und centurio und ahd. anabön auf lat. incus,
Ahd. mana-houbit 'Leibeigener' scheint halbe Entlehnung, halbe
Übersetzung aus dem gleichbedeutenden lat. mancipium zu sein.
Ahd. herro könnte Nachbildung zu senior = frz. seigneur sein.
Der Gotthard verdankt seinen Namen wohl einer Übersetzung von
mons Jovis. Sicher können nur die westgerm. Benennungen der
Wochentage aus lat. Vorbildern erklärt werden : sunnünda'^-sunin-
äarf, mänindaf^ tiwesdaf, wödnesdaf ponaresda-^, /rf/adaf sowie
auch ahd. mittiwohha = media hebdomas (ital. meszedima). Daß
die siebentägige Woche und die Bezeichnung der Wochentage
seit dem Anfang unserer Zeitrechnung im römischen Reich ge-
läufig und unter Constantin mit dem Christentum gesetzlich wurde,
l6 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
darüber vgl. Gundermann ZfdW. I 175 ff. Ist das westgerm. queck-
silber dem lat. argentum vivum nachgebildet?
§ 13. Der Einfluß des Altgermanischen auf das späte Latein
und die romanischen Sprachen liegt um deswillen außerhalb
unserer Betrachtung, weil er im wesentlichen wohl jünger ist als
die hier behandelte urgermanische Zeit. Auch fehlt es zu sehr
an brauchbaren Vorarbeiten, um aus der Fülle der germ. Lehn-
worte im Romanischen eine ältere Schicht herauszuarbeiten. Hier
wollen wir auf das romanistische Problem verzichten und das z. T.
schon erwähnte germ. Sprachgut zusammenstellen, das durch lat.
Vermittlung auf uns gekommen ist; man wird darunter auch
romanisches Wortmaterial wiederfinden. Die Einzelbelege s. bei
Georges.
Caesar alces 'Elentier', ürus 'Auerochs'.
Tacitus bardiius^ framea 'Speer' und glesum 'Bernstein'.
Plinius glaesum 'Bernstein', ganta 'Gans', alces 'Elentier'.
Trebellius Pollio, Ammianus Marcellinus und Vopiscus
carrago 'Wagenburg'; Vopiscus alces 'Elentier'.
Priscian beber 'Biber' (auch in den luvenalscholien).
MarcellusEmpiricus taxonina adeps''DdiQ)i\?>i^\.\! ^geusiaY^2j^.\2
(für ceusia ndl. kies) 'Kinnbein' [gebsia in den Corp. Chr. Gloss.
Cambr. bei Hesseis S. XLII).
Prokop ßdvbov 'Fahne' (als lateinisch).
Sidonius Apollinaris vargus 'Strolch'.
Luxorius baudus 'Gebieter, Herr'.
Venantius Fortunatus harpa 'Harfe', leudus 'Lied', rüna
*Rune\ ganla 'Gans\ßado 'Fladen', co/ea 'Haube', ürus 'Auerochs'.
Eumenius vargus 'Strolch'.
Eunodius bala 'mit Blesse versehen' (Wölfflins Arch. II 477,
IV 601).
Polemius Silvius biber 'Biber', visons 'Wisent', ürus 'Auer-
ochs', taxo 'Dachs', ganta 'Gans' und bigardium 'Gehege'.
Anthimus brado 'Schinken', bridum 'Bratgeschirr', medus 'Met',
södinga Kochgeschirr'.
Was im Latein der germanischen Volksgesetze steckt, über-
gehen wir, erwähnen aber noch Material aus alten Glossaren im
Corp. Gloss. Lat.: garba 'Garbe' V 363**, boltio 'Bolzen' II 582»,
sporonus 'Sporn' II 572 2*, blävus 'blau' II 570*^; furslo 'Hornisse'
(Ahd. Gl. I 334) ist ein germ. horslö'' (vgl. EtWb. Hornisse), Schlettst.
Gloss. 39, 147 froccum 'Rock' unten § 48. Cass. Gl. 130 hanap
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 17
'Napf (Corp. Gloss. Lat. V 583 hanappuni)\ britischa (Baist ZfdW.
10, 211) 'Söller' Corp. Gloss. Lat. V 586; scüria 'Scheuer' Ahd. Gl.
III 2^^. Ein altgerm. feusa 'Speck* (= ind. ptvas 'Speck') be-
gegnet in alten Glossen (Voss. 24, Bern. 236, Napier Herrigs
Archiv 85, 310); warantia (Corp. Gloss. Lat. II p. XIII) aus germ.
wratja (= ahd. rezza 'Färberröte') behandle ich ZfdW. 14, 160.
Dieses zerstreute Material habe ich hier zusammengetragen, um
die Wichtigkeit der in lat. Quellen steckenden germ. Sprachrpate-
rialien zu veranschaulichen.. Wie notwendig eine eingehende
Untersuchung ist, will ich hier noch an einem wertvollen Sprach-
denkmal zeigen, in dem germ. Sprachgut von hoher Altertüm-
lichkeit steckt, an den von Holtzmann Germ. 8, 404 — 413 exzer-
pierten Reichenauer Glossen. Dieselben sind neuerdings Gegen-
stand eingehender romanistischer Forschungen geworden (vgl.
Vollmöllers Jahresberichte XI i, 82); unsere Zählung verweist
auf die Ausgabe derselben durch Stalzer. Die Sammlung wird
noch dem 7. Jahrh. ihr germ. Sprachgut verdanken; das germ.
Sprachgut selbst ist dialektisch nicht charakteristisch genug. Wir
stellen das Material hier zusammen.
Alt sind rös 'Rohr' 2007. 235 a mit der Nebenform rosa 40a. 73 a
ohne Rhotazismus; es ist das got. raus. An das Gotische er-
innert ferner das u in fulcus 'Schar' 277, htisa 'Hose' 1038 und
besonders in dem interessanten 'talpas muli qui terram fo-
diunt' 1572a, das mit engl, mole 'Maulwurf als Kurzform zu einem
Kompositum wie ahd. moltwerf zu fassen ist. Ohne westgerm.
Konsonantendehnung tritt brunia 'Brünne' 112g d^Mi Mnd danea 'area'
117 a (auch II 76.?), das die Grundform zu ahd. tenni bildet. Wertvoll
ist die unter § 48 behandelte Vertretung von germ. hr- durch
roman. fr- mfruncetura 'Runzel' 1369a, das mit din, hrukka 'Runzel'
auf germ. hrunkjanhmdtxiXQt^ und in frata 'Honigwabe' 2597. 675 a
= mhd. rase.
Maskulina der «-Deklination enden diVil -us m helmus 'Helm' 705a,
mastus 'Mast' 2339, baucus (für baugus) 'Ring' yidi^ fulcus 'Schar'
2'J7,mulus 'Maulwurf 1572a, havus 'Haken'613. 1695a; spidus'Brsit-
spieß' 1357 (vgl. ^ß^^ spitu Corp. Gloss. Lat. V 518 ^^) ist vielleicht
germ. spittiz als /^-Stamm; stulus 'Stoppel' 1486 a ist vielleicht ver-
wandt mit angls. st'ela 'Stengel' (got. *stuia- = germ. *stola-}).
Ferner uuaäius 'Pfand' 570. 1227a. Neutra sind wohl heribergum
'castra' 304 a, gaförium 'Gelegenheit' 1846. 308 a, drappum 'pallium'
1645. Feminina sind ^«5d! 'Hose' 1038, brunia 'Brünne' iS2g,garba
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 2
i8 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
'Garbe' 379. 3103, danea 'Tenne' 117 a, cufia 'vitta' 3 2 i,/m/^ 'Honig-
wabe' 2597. 675 a, uuapca 'Wespe' 580. 1669a. An «-Stämmen be-
achte man die maskulinen y«;^^ 'Schweißtuch' 2214 (= got. /^a;««
'Schweißtuch'), scantio 'Schenke' 1208 für scancio und matio 'Stein-
metz' 1273. 319a. Der Latinisierung hat sich ros 'Rohr' (zweimal)
entzogen ; sollte rosa Neutr. Plur. zu *r6sum sein ? Lautlich fällt
der Mangel an Umlaut in danea scancio matio {hadire iii8a zu
hatjan) ins Gewicht. Die hochdeutsche Lautverschiebung fehlt
in fräta = mhd. rase, in spidus für germ. spitus^ in matio (ahd.
steinmezzo)\ in dem Ztw. anetsare — anetiare 'zwingen' 1227. 1606.
2183. 2515. 42a. 214a. 269a. (= ahd. anazzen 'anreizen') steckt
romanische Assibilierung (germ. anatjan) wie in scantio für scancio.
Kap. 4. Sprachliches über die lateinischen Lehnworte.*)
§ 14. Altersbestimmung der lat. Lehnworte. Das Alter
der lat. Lehnworte läßt sich um deswillen schwer bestimmen, weil
die germ. Sprachen auch nach der hier zu behandelnden Periode
andauernd lat. Lehnmaterial übernehmen, das mit dem Christen-
tum durch Klöster, Kirchen und Schulen Eingang findet. Die
Scheidung der älteren von der jüngeren Lehnschicht läßt sich
aus interngerm. Sprachmitteln nur in geringem Umfang reinlich
vollziehen. Das einzige und wesentliche Kriterium aus dem Ger-
manischen ist die Tatsache, daß die alte Lehnschicht durch die hoch-
deutsche Lautverschiebung {d.h.d. pfeffar pßanza ziagal zabal) hin-
durchgegangen ist. Soweit also lat. Worte im Hochdeutschen und
zwar mit den Zeichen der hochdeutschen Lautverschiebung auf-
treten, hat man daran den Anhalt, daß die Entlehnung spätestens im
4. oder 5. Jahrh. stattgefunden hat; denn etwa zwischen 450—500
vollzieht sich die 2. Lautverschiebung (Beitr. 35, 153). NatürHch
müssen solche Lehnworte nun nicht erst im 4./ 5. Jahrh. aufge-
nommen sein. Die Tatsache, daß ein Teil derselben schon in
Ulfilas' Sprache geläufig war (vgl. z. B. got. asilus kaisar pund
sakkus wein usw.), beweist die Einbürgerung von lat. Lehnworten
vor der Mitte des 4. Jahrhs. Insofern nun einschlägige Worte
wie got. asilus kaisar pund wein nach der obigen Erörterung in
1) Literatur: Franz, Die lat. roman. Elemente im Ahd. (Straßburg 1884);
Pogatscher, Zur Lautlehre der griech. lat. und roman. Lehnworte im Alteng-
lischen (Straßburg 1888); Later, De latijnsche Woorden in het Oud- en Middel-
nederduitsch (Utrecht 1903) ; Burckhardt, Zu den lat. Lehnwörtern der andd. Spr.
(Göttingen 1905), Grandgent, An Introduction to Vulgär Latin (Boston 1908).
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 19
begriffliche Gruppen gehören, die auch literarisch erst später be-
zeugte Worte umfassen, werden wir für solche Gruppen im großen
und ganzen den Schluß ziehen müssen, daß sie schon vor 300
bei Germanen eingebürgert waren; denn jene got. Worte {pund
wein usw.) — weil durch die Auslautsgesetze hindurchgegangen —
haben schon vor Ulfilas eine organische Entwicklung innerhalb
des Germanischen durchgemacht, und da die Goten nicht erst
im Gebiet der unteren Donau oder gar im Innern Rußlands in
den Besitz von lat. Kulturworten gelangt sein werden, wird man
zu dem Schluß gedrängt, daß sie die Lehnworte, die dann zum
Teil auch ins Finnische übernommen worden sind (finn. viina
'Wein', punta 'Pfund') schon im 2. nachchristlichen Jahrh. in ihren
Sitzen an der unteren Weichsel besessen haben, ehe sie nach
Südosten vordrangen. Jedenfalls ist es unwahrscheinlich, daß
die Goten ihre lat. Lehnworte selbständig und von den übrigen
Germanen unabhängig im untern Donaugebiet direkt aus dem
Latein entnommen haben, und die Tatsache, daß Worte wie got.
kaisär pund wein mes sakkus sinäp Krekös usw. nachmals bei den
Westgermanen geläufig sind und doch aus einer früheren Periode
stammen müssen, nötigt zu dem Schluß, daß die älteste lat. Lehn-
schicht sich durch die ersten drei nachchristlichen Jahrhunderte
hindurch schnell über alle Germanen verbreitet hat.
Bestätigt wird diese Datierung noch durch die Tatsache, daß
die Masse der lat. Lehnworte im Angelsächsischen (z. B. cyse
'Käse', disc 'Schüssel', esol 'Esel', draca 'Drache', mylen 'Mühle',
pipor 'Pfeffer', pund 'Pfund', scbcc 'Sack', sealtian 'tanzen', win
'Wein' usw.) mit denjenigen im Althochdeutschen übereinstimmt,
was zu dem Schluß berechtigt, daß die Angelsachsen sie aus der
kontinentalen Heimat mit nach England genommen haben, wodurch
jedenfalls das 5. Jahrh. ausgeschlossen wird. Insofern nun die
got. wie die westgerm. Entlehnungen aus dem Latein an den
germ. Auslautsgesetzen Anteil haben, kommen als Zeitalter der
älteren Entlehnungen hauptsächlich die ersten nachchristlichen
Jahrhunderte in Frage.
Anmerkung. Das zufrühst beglaubigte Lehnwort aus dem Latein ist ein germ.
carru-z 'Karren', insofern dies durch das in den ersten nachchristlichen Jahr-
hunderten mehrfach überlieferte lat. carrago 'Wagenburg' (§ 9) belegt wird.
Für sicher kann diese Vermutung aber nicht gelten, weil das erste Kompositions-
glied auch vom Keltischen aus in das Germanische gedrungen sein kann, vgl.
Carro-dünum als kelt. Ortsnamen.
Innerhalb dieser Zeit fehlen nun zwar die germ. Sprachkriterien,
20 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
aber es gibt dafür solche aus dem Latein. Das wichtigste chro-
nologische Beweiskriterium ist die Tatsache, daß die lat. Lehn-
worte im Germanischen durchaus die Quantität und Qualität des
hochlat. Vokalismus und noch nicht die jüngeren Lautneigungen
des Vulgärlateins haben (vgl. unten § i6).
Die rein gutturale Aussprache des lat. c vor ^ und ^ (ahd. kel-
läri lat. cellärium^ ahd. kista lat. cista^ ahd. wicka lat. vicia^ got.
akeit lat. acitum) ist immerhin auch für die Altersbestimmung in
Anschlag zu bringen; aber erst im 7. Jahrh. vollzieht sich in
Gallien, im 6. Jahrh. in Italien die Palatalisierung (beachte an.
Sikley 'Sicilia' und Serker 'Saraceni' als späte Entlehnungen). Die
Assibilierung von / vor j fehlt den germ. Entlehnungen (angls.
pytt aus puteus^ ndd. merte 'März' = lat. Martins) ; die Grenzbe-
stimmung ergibt sich aus der got. Urkunde von Neapel (vom
Jahre 55 1)? wo lat. cautio als kawtsjö erscheint. Im allgemeinen
wird also in den Lautverhältnissen das Hochlatein der besseren
Zeit widergespiegelt. Und daraus ergeben sich die ersten nach-
christlichen Jahrhunderte als das Zeitalter unserer Entlehnungen.
Damit wird es sich auch vertragen, wenn unsere Lehnworte
doch auch vulgärlat. Lauterscheinungen aufweisen wie Verkür-
zungen in Vortonsilben {prärium sölärium für öräriwn sölärium^
secürus für secürus § 16^). Auch vulgärlat. Worte kommen unter
den lat. Entlehnungen vor, wie moltna (für mold)^ facula (für fax),
conucula (für cölus)^ cuprum (auch im Edikt. Dioklet. für aes cy-
preuni)^ stupila (für stipula) ; vulgärlat. sind auch die späten sträta
und spelta\ vgl. ahd. mulina fackala kunkala kupfar stupfala strä^sa
sp'elza. In ihnen würde ein gewisser chronologischer Anhalt ge-
geben sein, wenn wir nicht annehmen müßten, daß derartige erst
spät, zum Teil erst im 4. Jahrh. bezeugten Worte lange vor ihrem
literarischen Erscheinen schon in der Vulgärsprache üblich ge-
wesen wären.
Aber das Vulgärlatein, das die Germanen von den Romanen
hörten und übernahmen, trägt teilweise den Stempel höherer
Altertümlichkeit als das Vulgärlatein, das den roman. Sprachen
zugrunde liegt. Denn die von den Germanen entlehnten Caesar
pondo caseus clibanus u. a. haben keine Entsprechung in den
roman. Sprachen oder in dem für die germ. Entlehnungen be-
sonders wichtigen Gallien. Das gilt allerdings auch noch von den
Wochentagnamen Solls dies und Saturni dies (= angls. Sunnan
dcEg Scetern dceg)^ die in den roman. Sprachen durch christliche
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 21
Bezeichnungen {dominica sabbatuni) ersetzt sind; und die spätlat.
Woche (Gundermann ZfdW. I 175) dringt doch wohl erst im
3. Jahrh. durch. Auch der Vokalismus der lat. Entlehnungen des
Germanischen ist älter als der vulgärlat. Vokalismus der roman.
Sprachen, wenn das Germanische z. B. das ä von äsinus und das
ä von sträta deutlich unterscheidet. Aus dem allem ergibt sich
mit Sicherheit ein relativ hohes Alter für die ältere Lehnschicht
aus dem Latein.
Aber das chronologische Problem ist nicht sprachlich, sondeirn
kulturgeschichtlich endgültig zu ergründen. Wenn Tacitus vom
Kurs römischer Münzen bei den Germanen berichtet, so ergibt
sich daraus ein Anhalt für die Bestimmung der Lehngruppe von
lat. Münznamen (§ 8^): sie müssen schon im i. Jahrh. bei uns
bekannt gewesen sein. Unser Sprachproblem ist also wesentlich
ein kulturgeschichtliches Problem.
§ 15. Heimat der Lehnbeziehungen. Auch diese Frage
macht die größten Schwierigkeiten. Wo hat das Latein seinen
Einfluß auf das Germanische ausgeübt und ausüben können.? Auch
diese Lokalisierungsfrage läßt sich rein sprachlich nicht völlig
erledigen. Wenn wir aber die kulturgeschichtliche Seite dieses
Problems beiseite lassen, sind vom sprachlichen Standpunkt aus
folgende Erwägungen hier am Platz. Eine junge Lehnschicht deutet
wohl speziell auf die Ostgoten im Zeitalter Theodorichs des Großen,
nämlich Worte wie ahd. Berna aus Verona^ Rabana aus Ravenna^
und damit wird eine dialektische Gruppe markiert, in der lat. v
nicht nach alter Weise durch w^ sondern durch b vertreten wird.
Wenn wir uns aber an die älteren Schichten halten, so
fehlen darin dialektische Züge völlig. Anderseits ist durch nichts
wahrscheinlich, daß z. B. die im Gotischen auftretenden Lehn-
worte wie wein kaisar pund asilus auch von den Goten direkt
aus dem Latein entnommen sind. Eine strikte Beweisführung ist
für die ersten nachchristlichen Jahrhunderte allerdings ausge-
schlossen. Aber folgendes ergibt sich aus dem lat. Lehnmaterial.
Eine kleine Gruppe haftet auf dem oberdeutschen Gebiet (lat.
pistor oberd. pfister). Aber das Hauptzentrum war nicht sowohl
der Oberrhein als vielmehr der Mittelrhein i^Karch aus carruca
ist am Mittelrhein üblich, fehlt aber in der Schweiz) und beson-
ders der Niederrhein. Das Niederländische ist reich an spezifi-
schen Entlehnungen [pullärium mndl. polre^ nucärium mndl. noker)\
einzelnes davon teilt Niederdeutschland.
22 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
Und wenn wir die alte Bezeichnung des Samstags als Saturni
dies in England Holland Westfalen finden, obwohl sie sich nicht
mehr im Altfranzösischen zeigt, so haben wir dafür doch wohl
den Niederrhein als Entlehnungszentrum zu vermuten. Und nun
verstehen wir auch, daß das Angelsächsische an so vielen kon-
tinentalen Entlehnungen Anteil haben kann ; wir begreifen auch,
daß im Angelsächsischen Lehnworte begegnen, die wir sonst im
Germanischen nicht antreffen wie meretrix in der Lex Salica
meletrix angls. miltestre, clibanus angls. cleofa', die Mehrzahl der
angls. Lehnworte aus dem Latein entstammt eben der kontinen-
talen Heimat der Angelsachsen, wie denn das auch dem Angls.
ceaster zugrunde liegende lat. castra in Flandern als Ortsname
{Kaster) begegnet.
Aber noch wichtiger ist es, daß wir bei solchem Herde auch
wohl spezifische Lehnworte aus dem Latein im Altnordischen
verstehen: lat. aureus (sc. nummus) mag vom Niederrhein nach
Norden (an. eyrer) vorgedrungen sein und die Zwischenglieder
wären verloren gegangen. So wird auch an. Sikley 'Sizilien'
(gleichsam germ. Sikilawia) auf dem Seewege nach Norden be-
kannt geworden sein.
Nicht unwesentlich ist bei der Lokalisierung der Entlehnungen
die Geographie der lat. Worte resp. ihre Ausbreitung im Roma-
nischen. Freilich läßt sich damit nicht viel beweisen. Denn wenn
z. B. lat. cäseus im Romanischen noch auf italienischem und
spanischem Boden bewahrt geblieben, so folgt daraus doch kaum
etwas für die germ. Entlehnung. Seltsam ist, daß einige lat.
Worte, die speziell auf spanischem Boden heimisch waren, ger-
manisch geworden sind vgl. laurex ahd. lörihhtn^ manhim angls.
mentel^ thieldo ahd. zeltäri. Aber wie ist diese Übereinstimmung
zu deuten.? Sind sie über Gallien zu uns gewandert.?
Anmerkung. Das ganze chronologische und geographische Problem hat auch
Bedeutung für das Latein. Nicht nur weil seine Weltmacht durch solche Ent-
lehnungen, die zum Teil bei Kelten und Griechen und Albanesen wiederkehren,
gekennzeichnet wird. Das Latein erhält auch gelegentlich Aufschlüsse aus den
germ. Lehnworten : so lassen sich nur aus germ, Sprachmitteln die sonst unbe-
kannten Quantitäten in lat. cltbanus 'Ofen' (angls, cleofa), ünio 'Zwiebel' (angls.
ynne), fäscia 'Bündel' (ahd. fäsci), lorea (ahd, lürrd) bestimmen. Mannigfacher
als solche Schlüsse auf hochlateinische Quantitäten sind Schlüsse auf das Vulgär-
latein vom Germanischen aus möglich : sicürus für secürus, orärium für drärium,
Solarium für solar ium § i6i>; Synkopierungen von Mittelvokalen: tabla für
tabula, facla für facula, tegla für tegula, stupla für stupula stipula (§ l6 «) ;
Einzelheiten wie dracco für draco, meletrix für meretrix.
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 23
§ 16. Vokalismus der lateinischen Lehnworte, a) Die
lat. Vokalquantität bleibt im Germanischen, wenn der lat. Akzent
im Germanischen bleibt. So in äsinus cämera dräco tabula mödius
cicer piper vtcia püteus (ahd. ^sil kämera trähho zabal mütti kih-
hura pfeffar wtcka 3ing[s. pjytt) einerseits und in däma pälus strata
tegula mörum Roma ptlum vtnum pltima prünum mürus mülus
(= ahd. tarn pfäl strässa ziagal mürboum Rüma pfil wtn pflüma
mür müt) anderseits. In bezug auf solche Tonvokale stimmen
die germ. Vokalquantitäten (auch vor Doppelkonsonanz) so völlig
mit den lat. Quantitäten überein, daß man auf Grund davon
unbezeugte Quantitäten des Lateins vom Germanischen aus fest-
stellen darf. Im Latein ist das 0 von lorum und das i von pisum
nach W. Meyer-Lübke (Wiener Stud. 16, 317) unbekannt, aber die
Entlehnung als ahd. Iura und angls./2^^ beweist für lat. ö resp. i\
angls. cleofa 'Stube' ist lat. clibanus. Ahd. fäski^ dessen Länge
vollständig gesichert ist, weist auf lat. fäscia, andd. plästar^ dessen
Länge durch das moderne Westfälische gesichert ist, auf lat.
emplästrum. Abweichend von dem Gesetz der Kongruenz der
lat.-germ. Quantitäten bei identischem Akzent sind nur ahd.
spenula als Lehnwort aus lat. sptnula i^spinula wird verlangt) und
das durch mhd. Reime bestätigte ahd. Pfät (Ahd. Gl. III 206i<>) 'Po'
aus lat. Pädus i^Pädus wird verlangt). In allen übrigen Fällen
ist der Vokalismus der Hochtonsilben kongruent, und Abweichungen
von dieser Regel beruhen im allgemeinen auf junger Entlehnung
wie in ahd. krüzi = lat. crucem, ahd. scuola == lat. scöla.
b) Von den Vortonvokalen des Lateins erscheinen i und d
durchweg germanisch verkürzt; doch kann diese Kürzung nicht
auf einer german., sondern muß auf einer vulgärlat. Lautregel
beruhen. Konsequent ist 6 im Vorton verkürzt, so in bolihis
söidrium (= ahd. büli^ söleri)\ e erscheint germ. verkürzt in
secürus ahd. sihhüri und in Mmina mhd. imi. Lat. ä wird vor-
tonig gekürzt in pändrium ahd. pfäneri^ bleibt aber in päv6nem\
das ä von lat. rädicem und Sätürnus wird teils als Kürze, teils
als Länge bewahrt. Das Alter des Kürzungsgesetzes wird bewiesen
durch got. aüräli aus lat. örärium (Beitr. 35, 569) und das wohl
dem Got. entstammende ahd. Ber(a)na aus lat. Verona. Diesem
Kürzungsgesetz steht ein anderes Gesetz gegenüber, wonach lat. t
im Vorton auch germanisch erhalten bleibt; so m vtvdrium pflärium
spicärium = ahd. wfwäri pftläri spthhäri. Die Anlautsverkürzung
got. Agusius ^^ \zX.. Augustus ist vulgärlateinisch; \dX. foeniculum
24 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
und caerefölium zeigen ^ im Vorton in dihd, fenakhal und kervola.
Aber e im Vorton ist geschwunden in lat. ceriäsia = alem. ehrtest^
excurfus = ahd. scurs ; auch in mer{e)tricem (angls. miltestre) und
el(e)phantus (angls. elpend). In ahd. Span = lat. Hispänus und in
angls. msegwlite = lat. imägo ist vortoniges 1, geschwunden.
c) Konformität mit vulgärlat. Sprachgesetzen zeigt sich auch für
unbetonte Mittelvokale wie in lat. fäcüla stüpüla tabula strägülum :
die westgerm. Entsprechungen beruhen auf vulgärlat. /^^/^ ^/^^/^
täbla sträglo (= asächs. fakla, ahd. stupfala für '^stupfla^ ahd. zabal
für '^zabl^ angls. strsegl). Aber lat. äshttis (= ital. asino) bewahrt
im Germanischen (got. asilus ahd. esil) seinen Mittelvokal im
Gegensatz zu frz. äne aus *asno ; aber pensUis ist als p^sle zu ahd.
pfiasal geworden.
d) Beachtenswert ist, daß im Westgermanischen Suffix -aco mit
-tco wechselt; vgl. lat. monacus (angls. munuc) mit der Nebenform
monicus in ahd. munih^ astracum (ndd. astrak) mit der Nebenform
astricum in ahd. estrih\ m\a.t parracus {angls. pearroc) rmt parricus
(ahd. pferrih). Bei diesem Suffix ist Synkope des Mittelvokals
german. nicht nachweisbar, vgl. lat. siltqtia maitua caltcem persuum
= ahd. silihha menihha kelih pfirsih.
e) Noch muß der langen lat. Mittelvokale gedacht werden, die
entsprechend der Behandlung des Akzents im Germanischen unbe-
tont werden. Suffix -ärius -ärium zeigt auch im Germanischen
sein ä ; auch acitum = got. akeit und secürus = ahd. sihhüri be-
wahren die Länge des Mittelvokals. Gleiches gilt von ahd. kuh-
htna emih pfuliwi{n) ke^gtn bekktn kumfn mulina kemtn^ deren t
einem lat. e oder t in Mittelsilbe entspricht. Daher werden auch
got. sinäp und aüräli mit ä anzusetzen sein und die im West-
germanischen einem jüngeren Kürzungsgesetz erlegenen ahd.
munin tribm ketina bulin sind got. als *muneit ^tribüt ^katein
^buleitus vorauszusetzen. Man hat also auch karrüh sambüh mit
bewahrter lat. Quantität für das Althochdeutsche anzunehmen.
f) Von speziellen Vokalerscheinungen ist noch hervorzuheben,
daß lat. au sich mit germ. au deckt; man hat fürs Germanische
nicht von einem vulgärlat. ö auszugehen. Jedenfalls wird di-
phthongisches au vom Germanischen verlangt für lat. caulis causa
laurus claustrum maurus laurex (ahd. köl kösa lörberi klostar mör
lorihhtn zeigen junges o für germ. au). Lat. sagnia wird auch
germanisch als sattma behandelt in ahd. mhd. soum 'Last eines
Saumtieres'.
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 25
g) Lat. (^ und ce werden meist wie lat e behandelt. Singular
ist Caesar = got.-germ. kaisar. Im übrigen vgl. westgerm. tkon
(nhd. eichen) = lat. aequare ; ahd. pftna = lat. poena ; Graecus = got.
Kreks.
h) Lat. e wird in lat. Tonsilben, die auch germ. betont bleiben,
überwiegend /, so in vehim creta dpa tigula (ahd. wfl^ mndl.
krtte^ angls. cipe, angls. tzgle) ; ebenso in lat. Tonsilben, die germ.
den Hauptton verloren haben wie in acetum got. akeit^ boletus
ahd. btilin aus germ. bultt^ moneta ahd. nmnig für germ. munit^
sagena ahd. segtna^ candela ahd. kentil- aus germ. kandtl (aber
angls. condel beruht auf kandel und nicht auf kandtl). Daneben
stehen einige Fälle, in denen lat. e als e (ahd. ea ia) erhalten
bleibt wie in remus tegula (ahd. riemo ziagal) ; dazu got. mes aus
vulgärlat. mesa = lat. mensa. Schwanken zeigt sich in theca tegula
pensile^ deren e im Germanischen sowohl durch e wie durch t
vertreten ist.
i) Lat. ö ist in Tonsilben durch germ. ü vertreten für Roma
morum got. ahd. Rüma^ ahd. mürberi. Im Suffix zeigt sich
ü für ö für vtnitörem ahd. winzüril\ falls asächs. kesür von Kögel
richtig mit ü angesetzt wird, ist lat. Caesar bei den Germanen
auch als Caesör Caesörem üblich gewesen.
k) Lat. i und ü ist als i und ü^ lat. e und 0 als e und 0 über-
nommen und mit den entsprechenden germ. Kurzvokalen zusam-
mengefallen, ohne daß sich etwas vom Germanischen aus über
die Qualität der lat. Vokale ermitteln ließe. Wichtig aber ist es,
nochmals hervorzuheben, daß lat. Kürzen und lat. Längen keine
Berührungen im Germanischen haben. Insofern sich nun die lat.
Vokalquantitäten und -Qualitäten schon im 3. nachchristlichen
Jahrhundert verschieben, dürfte dies für die Mehrzahl der germ.
Entlehnungen der letzte Termin der Übernahme sein.
1) Das y von lat. Worten griech. Herkunft ist u in pjxzs, das
in angls. box als buxe-m behandelt ist ; Syrus 'der Syrier' ist got.
Saür (vgl. ahd. surlo surro 'Zwiebel' eigtl. 'syrische' ?). Lat. papyrus
(angls. tapur) und bütyrum (angls. buture) zeigen auch germ. ti
für /, ebenso cypreum aes, das als cuprum (hd. kupfer angls. copor
siebenbürg, koffer) entlehnt wurde. Lat. bytina (gr. TTUTivr)) ist
ahd. butin. Aber lat. lync-e-m ist ahd. link Plur. linchä vgl. ital.
lince, Schuchardt deutet got. skip 'Schiff* eigtl. 'Gefäß* aus lat.
scyphus 'Becher'. Lat. amygdala ist als vulgäres amangdola zu
ahd. mandalnug geworden.
26 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
§ 17. Der Konsonantismus der lateinischen Lehnworte.
Im allgemeinen decken sich die lat. und die germ. Laute. Vor
allem entsprechen den lat. Tenues durchaus germ. Tenues, die
aber im Hochdeutschen durch die zweite Lautverschiebung hin-
durchgegangen sind.
a) Lat. h im Anlaut ist durchweg stumm gewesen; vgl. die
Übernahme von hortus (got. aürtigards)^ hemina (mhd. imi)^ hircus
(ahd. irah).
b) Lat. s muß bei der Entlehnung im An- und Inlaut durch-
aus eine tonlose Aussprache gehabt haben; hätte es je tönende
Aussprache gehabt, so würde man got. z und westgerm. r wenig-
stens im Inlaut für lat. .y antreffen, aber das zeigt sich in keinem
einzigen Falle. Vgl. got. kaisar asilus mes = lat. Caesar asinus
mensa und ahd. keisur esil käsi kösa kirisa = lat. Caesar asinus
cäseus causa ceresea.
c) Die lat. Gutturale erscheinen im Germanischen als Gutturale,
ohne Spuren von Palatalisierung ; vgl. got. kaisar aürkjus unkja
lukarn karkara = lat. Caesar urceus uncia lucerna carcer. Die
übrigen germ. Dialekte haben auch noch lat. cellärium cerasus
cista baccinum vicia übernommen; vgl. dhd. kelläri kersboum kista
becktn wicka. Jung sind asächs. tins = lat. census und krüzi = lat.
crücem^ sowie angls. yntse aus lat. uncia, — Lat. qu wird als ein-
faches k behandelt in coquus co quere und coqutna = ahd. koh
kohhön kuhhtna.
d) Lat. t zwischen Vokalen zeigt in den meisten roman. Sprachen
vielfach Erweichung zu d^ das weiterhin sogar verstummen kann ;
aber asächs. sträta 'Straße', mndl. krite 'Kreide' — ketene 'Kette'
zeigen noch das / von hochlat. sträta creta catena gegenüber ital.
strada^ frz. craie — chaine. Gleiches gilt auch von dem intervoka-
lischen c des Lateins.
e) Für tj erweisen angls. pytt stryta an. belte ndd. merte die
reine /-Aussprache ohne Assibilierung für lat. puteus strüthio bal-
theus martius. Eine jüngere Stufe repräsentiert schon das spätere
Gotisch (6. Jahrh.) mit dem assibilierten kawtsjö in der Neapler
Urkunde = lat. cautio.
f) In lat. Tonsilben verklingen Nasale wie im Vulgärlatein so
auch in germ. Lehnworten für lat. mensa pensum pensile insula
(auch spensum in ahd. spzsa). Hierher auch got. Kustanteinus aus
lat. Constantinus und ahd. küski aus lat. conscius ? Bewahrte Nasalie-
rung in angls. pinszan stimmt zu französ. pens er, das als gelehrte
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 27
Entlehnung aus dem Latein gilt. Ist asächs. Uns = lat. census
ebenso zu beurteilen?
g) Unerklärt ist der Eintritt von / für r in lat. mörum prünum
scirpus = ahd. mülboum pßüma scihif. In got. aüräli liegt Dissi-
milierung aus lat. ördrium vor.
h) Lat. ph der Schriftsprache dringt in der Vulgäraussprache
als / ein vgl. got. skip aus lat. scyphus und angls. elpend aus lat.
elephantus.
i) Lat. V ist durchweg als w vertreten z. B. für vallum vtnum
pävo = angls. wea/l win päwa. Das b der deutschen Entsprechung
von Verona und Ravenna gehört wohl erst der got. Zeit um 500
n. Chr. an (mhd. Berne Rabene). Aber nur in ganz jungen Lehn-
worten wie ahd. brif fers aus lat. breve versus wird lat. v als f
behandelt. Die Entlehnung von spätlat. paraveredus fällt zwischen
beide Epochen : vgl. ahd. pf^rtd für '^pferiwrtd und ahd. pferifrtd.
k) Lat. Geminaten bleiben im Germanischen bewahrt nach
kurzem Wurzelvokal ; vgl. die germ. Entsprechungen von Saccus
soccus gentma penna turris porrum carrus stuppa vallum cattus.
Auch vortonige Geminaten des Lateins bewahrt das Germanische
für carrüca celldrium b ac cfnum = Sihd. karrüh kelläri becktn\ vgl.
auch got. annö aus lat. annöna. Für lat. draco und lacus hat es
vulgäre dracco laccus gegeben, die auch das Germanische reflektiert
(mhd. tracke lacke).
1) Die Entlehnungen gehen durch die westgerm. Konsonanten-
dehnung hindurch: und zwar bei Suffix -itis und dem damit
zusammengefallenen -eus z. B. apium westgerm. appj ahd. epfi.,
solea westgerm. sullj angls. sj/ll, puteus westgerm. puitj angls. pytt^
vicia ahd. wicka^ unio westgerm. unnja angls. j/;^»^. Vor r zeigen
ahd. kupfar aus cuprum, nhd. Kepfer aus caprea^ vor / ahd. stupfala
aus stuppla für stup(u)la und ahd. fackala für fakkla = vulgärlat.
fac(u)la Konsonantendehnung.
§ 18. Die lateinischen Endungen und die germani-
schen Auslautsgesetze. Von der höchsten Bedeutung für die
altgerm. Lautgeschichte ist das Verhalten der lat. Flexion hin-
sichtlich der germ. Auslautsgesetze; es ergibt sich, daß überall
feste Regeln anzuerkennen sind für Divergenzen, die auf den
ersten Blick unerklärlich sind.
a) Die männlichen ö-Stämme des Lateins werden im Gotischen
charakterisiert durch got. astlus und sakkus =■ lat. asinus Saccus ;
aus dem Althochdeutschen kommen Übertritte in die /-Deklination
28 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
in Betracht: Plur. tisci stecht müli pfäli dürfen aus «-Flexion
(got. ^diskus *mülus *pähis) gedeutet werden ; das betonte ü von
ahd. chtirz scurz muß auch auf u in der Ableitung beruhen,
während angls. sceort mengl. skori ein o, nicht ein u in der lat.
Endung erweist; ahd. sihhüri neben sihhür beruht auch auf
alter «-Flexion (got. *stkürus). Daß die westgerm. Sprachen
die «-Formen nicht mehr in vollem Umfang zeigen, hängt mit
ihren jüngeren Auslautsgesetzen zusammen.
b) Eine völlig abweichende Behandlung erfahren die neutralen
ö-Stämme des Lateins bei germ. Entlehnung: got. wein akeit
saban aüräli = lat. vtnum acetum sabanum örärium zeigen keine
Spur von «-Flexion (got. faihii). Diese divergierende Behandlung
von Maskulinum und Neutrum läßt sich nicht aus den identischen
obliquen Kasus, sondern nur aus der Verschiedenheit des Nom.
Sing, erklären; und zwar sind den germ. wtn aktt saban öräli
vulgärlat. Formen vmo aceto sabano orärio zugrunde zu legen,
während für got. asilus und sakkus nicht vom Obliquus asino sacco^
sondern vom Nom. Sing, asinus Saccus auszugehen ist.
Anmerkung. Man beachte, daß die Feminina ahd. karra k'ersa pflüma und
angls. pere pise auf vulgärlat. carra cerasa prüna pira pisa und nicht auf die
hochlat. Neutra carrum cerasum prünum pirum pisum zurückgehen ; so sind
lat. castra in angls. ceaster und lat. milia in ahd. 7nila als Feminina behandelt.
c) Diese Konformität der Lehnworte mit den Auslautsgesetzen
wird noch bestätigt durch die Behandlung der lat. Feminina auf
ä\ sie zeigen alte Apokope des ä^ womit zugleich Übertritt unter
die germ. Neutra verbunden ist: instruktiv sind got. mes lukarn
aus lat. mensa lucerna ; dazu got. ^fäski 'Binde' (Dat. Plur. fask-
jam) gleich ahd. fäski aus lat. fäscia. Im Westgermanischen
treffen wir an Stelle von lat. Femininen auf a Neutra wie
ahd. zabal tarn fenstar saf oder wie angls. mynet aus lat. tabula
däma fenestra sapa moneta ; an Stelle von ursprünglichen Neutren
sind Maskulina geworden ahd. ziagal muni^ und angls. gimm
ombor oncor. Es ist nun nicht ausgeschlossen, daß neben den
Nominativformen mehrfach auch der ganze Flexionstypus des
Lateinischen bei der Übernahme mitgewirkt hat zur Erhaltung
des lat. Femininums wie bei arca cista moltna coqutna camera
sträta (ahd. arka kista mulina kuhhtna kamara strafet) ; angls.
mynet N. lat. moneta, aber ahd. munimct Fem. lat. monHam } Ebenso
angls. gimjn M. neben ahd. gimma F. Eine solche Doppelheit
von Grundformen sehen wir vielfach bei der Übernahme von lat.
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 29
/-Stämmen und konsonantischen Stämmen. Für Fälle wie angls.
munt cealc pic ahd. chelih *lerih retih kann nicht von den lat.
Nominativen mons calx pix calix larix rädix ausgegangen werden,
und das Fehlen des Umlauts im Angelsächsischen beweist,
daß vulgärlat. monte calce pice usw. zugrunde liegen. Auf e in
der Endung weisen auch angls. torr aus turrem (nicht aus Htrris)^
angls. ahd. post aus postem (nicht aus postis) ; dagegen weist ahd.
churb auf corbis neben chorb aus corbem.
dj Daß auch bei den mask. <?-Stämmen des Lateinischen (got.
asilus sakkus) nicht ausschließlich von der Nominativform auszu-
gehen ist, bleibt möglich ; es findet sich kein unzweideutiger
Beleg im Gotischen für echten germ. «-Stamm; denn zu den Gen.
Plur. got. aürkje katile^ zu denen man allgemein die Nominative
*mirkezs und "^kätils ansetzt, dürfen vielleicht als Nominative
"^aürkjus ^katilus (vgl. aggile zu aggilus) angesetzt werden. Unser
Kupfer (DWb. s. v.), das im Neuhochdeutschen als Mask. mund-
artlich erscheint, dürfte vielleicht auf lat. *cuprus Mask., dagegen
die verbreitete Form mit ö als Tonvokal (angls. copor) auf das
Neutrum ctipro hinweisen.
§ 19. Lehnsuffixe. Bei dem gewaltigen Einfluß des Lateins
auf die germ. Sprachen fällt es nicht auf, wenn das lat. Denomi-
nativsuffix -ärius ins Germanische Eingang gefunden hat und
zwar zugleich mit Lehnworten wie monetärius asächs. muniteri^
toloneärius angls. tolnere (dazu die Nachbildung got. mötäreis)^
molinärius ahd. asächs. miilinäri. Das ins Germanische aufge-
nommene Suffix fehlt innerhalb des urgerm. Wortschatzes und
innerhalb des Eigennamenmaterials, auch in der Liederedda (ein
dunkles Wort auf -are ist tjügare in der Völusp.); im Beowulf
finden wir nur sceawere 'Spion*, in den ältesten angls. Glossen
tebleri echteri flitere stryndere hearpere\ im Heliand außer muniteri
lat. monetärius nur noch driogeri fiscäri gardäri. Das Gotische
zeigt -äreis nur in einigen gelehrten Buchworten wie laisäreis
sökäreis bökäreis daimönäreis und in liupäreis wulläreis mötäreis.
Aber für jüngere ahd. Bildungen wie fiscäri vgl. got. fiskja, ahd.
luginäri vgl. got. liugnja\ auch got. hairdeis gegen ndd. herder.
Nicht von gleicher Produktivität ist lat. -ärium als Lehnsuffix
im Germanischen gewesen. Es ist aus Worten wie vtvärium ahd.
wiwäri^ cellärium ahd. kelläri^ aquärium ahd. ahhäri^ bicärium ahd.
b'ehhäri erwachsen; zunächst stellt es sich ein bei andern Lehn-
worten wie ahd. karkäri lat. carcer^ ahd. trahtäri lat. trajectöriunty
30 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
ahd. kohhäri lat. cucurum. Diese Bildungsweise zeigt sich dann
noch in got. waggäri N. 'Kopfkissen' und in ahd. saccäri
'Scheiterhaufen', Uwäri 'Hügel', kaftäri 'Bienenkorb'. Für das
Alter der Entlehnung zeugt got. aüräli = lat. örärium sowie die
Sippe got. waggareis angls. wongere und ahd. halsäri angls. healsre\
angls. wudere 'Holzschuh' hat sich nach swiftlere lat. subtaläre
gebildet.
Noch bei zwei andern Suffixen liegen auffällige Berührungen
mit dem Latein vor. Wir haben im Germanischen das Suffix
-tn(a-) bei Gefäßnamen und bei Bezeichnungen für das Junge von
Tieren; für beide Bedeutungen finden sich lat. Prototype, aber
sie genügen nicht, Entlehnung der Bildungsweise zu kennzeichnen.
— Als Diminutiv finden wir im Westgermanischen ein mit tn erwei-
tertes -inklin(a-) ; der Anklang an lat. unc(u)lus spricht mit Rück-
sicht auf das unverschobene k für Entlehnung. Aber die Ent-
scheidung ist schwer zu fällen.
Kap. 5. Ältester germanischer Lautcharakter.
§ 20. Zeugnisse und Beurteilung derselben. Der Ein-
druck, den die Sprache der Germanen auf die Römer machte,
wird gelegentlich von antiken Schriftstellern erwähnt. Nirgends
ahnt man, daß urverwandtschaftliche Beziehung die Germanen
mit den Italern und Griechen verbindet. Sie selbst wie ihre
Sprache gelten in dem gleichen Grade als barbarisch wie etwa
später die Hunnen oder wie die Stämme Afrikas. Insbesondere fiel
den Römern die Rauheit der germ. Aussprache auf: Montium altis-
siiki Taunus et Retico, nisi quorum nomina vix est eloqui ore romano
Mela III 3. — Quid memorem Bructeros? quid Chamavos ? quid
Cheruscos Vangionas Alamanos Tubantes } bellicum strepunt nomina
et immanitas barbarice in ipsis vocabulis adhibet horrorem Nazarii
Panegyr. Constant. 18; und Julianus Apostata vergleicht den Ge-
sang von Volksliedern bei den rechtsrheinischen Germanen xoi^
KpuJY^oi^ Tüuv xpaxu ßoüüVTiuv öpviGujv im Eingang seines Miso-
pogon.
Wenn wir nun die Frage erheben, wodurch der germ. Laut-
charakter den Römern so schwer und zugleich so unangenehm
erschien, so dürfte folgende Erwägung hier am Platze sein. Einzelne
germ. Laute der Urzeit waren den Römern unaussprechbar. Das
gilt zunächst von den durch die Lautverschiebung bedingten
h resp. X und von p. Auch nahmen die Römer an den tönenden
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 31
Spiranten ^ d b des Germanischen Anstoß. Das Punctum saliens
dürften jedoch Konsonantenverbindungen wie yj: ft pt "^s fs yjt
fn sl wl wr gw hw tw dw pw gewesen sein : germ. Namen wie
A{n)\tumeroz (ZfdA. 9, 246) oder Chauci (= yßuxos ZfdA. 3, 189)
waren klassischen Organen unbequem, unaussprechbar, solche
Worte wurden von den Römern nostrifiziert {Actumerus Ckauci),
wie überall bei fremdsprachlichen Berührungen Lautsubstitutionen
auftreten. Zeitworte Wießa^an 'sc\vNtigQn\ßwa\an 'waschen', fan^an
'fangen', Nomina wie got. ßei/pö (vorgot. *pzxwön), ßwakl (ßwax^a-)
'Bad', hliftus 'Dieh^ ßlaühis 'Flucht' usw. — vix est eloquiore romano !
Wollen wir uns eine klare Anschauung darüber bilden, welches
der germ. Lautzustand zur Zeit der Berührung mit den Römern
war, so bestätigen uns die von den alten Autoren überlieferten
Eigennamen und Stoffnamen, daß in der Tat — wie soeben ver-
mutet wurde — der echt germ. Lautcharakter bereits völlig aus-
gebildet war.
§ 21. Die Lautverschiebung — dieses wichtigste Kriterium
des Germanischen — war völlig durchgeführt, und so war auch
im wesentlichen jene lautliche Härte und Rauheit der Sprache
gegeben, von der Pomponius Mela und Nazarius wissen. Wir
müssen allerdings von Völkernamen wie Cimbri Teutoni Nemetes
Veneti^ auch von Stoffworten wie alces absehen, die wohl keltische
resp. römische Lautsubstitutionen zeigen können (Müllenhoff Altert.
II 114 ff. und unten § 33 Anm. 2).
a) Idg. k erscheint als ch — % (ZfdA. 9, 246) in Cherusci Chatti
Chauci Chamavi Chasuarii Xapovjöe^ {^Xi.Hgrdar Zeuss 152) Xapio-
Yaicro<; Xapioiuripoq Chariovalda\ lat. Autoren schreiben dafür auch
c (Catti) und so ist Silva Caesia nach Müllenhoff Nordalb. Stud.
I 209 der Hesiwald nördlich der Ruhr mit dem Dorf Hesangi und
dem Bache Hesapa, Der Waal (westgerm. Wahat) heißt bei Caesar
Vacalus^ bei Tacitus Vachalis, welche Schreibungen also auf germ.
h (x) deuten. Spiritus asper ergibt Attuarii Vell. Paterc. und
"AaTifTOi — 'ApioTaicro? Dio Cass.
b) Das echtgerm. f in Frisiones Canninefates Fosi Fenni Agutt-
90UPÖ0V TouXiqpoupbov (auch/rd!W^«?); unklar ist Gepides Gepedes
= angls. Gifedas langobard. Gibidi Much ZfdW. i, 324.
c) Für germ. / zeugt Tac. Nerthus = an. Njgrdr (vgl. ind. tiTtu-
als Götterattribut .^), Mars Thingsus Scherer, Sitzgsb. d. Berl. Acad.
1884, XXV; aber t als röm. oder kelt. Lautsubstitution zeigen
Catunierus Catualda.
32 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
d) Verners Gesetz resp. der grammatische Wechsel war zur
römischen Zeit durchgeführt vgl. Suffix -ing -ung in Tulingi Ter-
vingi Silingi Juthungi Greutungi aus -nko ; d aus ß =■ t steckt in
-cpoupbov 'Furt' (urverwandt mit lat. portus 'Hafen') und in Bur-
gundiones (kelt. Brigantes)\ besonders wertvoll ist Hermun-duri
neben Thuringi Zeuss 102 ** ; w aus gw hw erscheint in -avia
(aus "^a^wja *a\wm zu got. aka) in Scadin-avia angls. Sceden-ig
und in Austr-avia.
e) Für tönendes z fehlt ein Beweis [glesum -YaicTo^ -gcesus
wurden von den Germanen mit z ausgesprochen).
i) b d g stehen konform den späteren Lauten in Teutoburgiensis
Asciburgium Inguio- Vangiones Burgundiones {Cauca)landensis
-qpoupbov Suebi Langobardi Scadinavia Segi- Sugambri (zu ahd.
gambar 'kühn').
g) Echt germ. Tenues stecken in Istaevones, AouTria<; 'Lippe',
Twihanti ndl. Twente, Batavia ndl. Betuwe ^ Chattuarn angls. Hcet-
ware.
Daß die Lautverschiebung bei der sprachlichen Berührung von
Germanen und Römern schon vollzogen war, lehren auch die lat.
Lehnworte im Germanischen, von denen kein einziges die urgerm.
Lautverschiebung aufweist (vgl. germ. kaisar pund sträta muntt
usw.). Got. rapjö kann, als Entlehnung aus lat. ratio gefaßt, nur
durch Anlehnung an rapjan und germ. fitil aus lat. petilus nur
durch Anlehnung an föt 'Fuß' erklärt werden, und got.-germ.
Krekös 'Griechen' mag Lautsubstitution zeigen. Nach meinem
EtWb. s. v. zeigt Hanf ahd. hanaf angls. hcenep als das früheste
nachweisbare Lehnwort im Germanischen aber Lautverschiebung
im Verhältnis zu gr. Kdvvaßig, das seinerseits zu Herodots Zeit
ins Griechische aufgenommen wurde, und so fasse ich germ. hanapi-
als Lehnwort aus der Zeit vor den römischen Beziehungen.
§ 22. Der Vokalismus der von den Römern überlieferten
germ. Elemente läßt auch darüber keinen Zweifel zurück, daß
der germ. Vokalismus zur Römerzeit bereits galt.
a) Für idg. 0 erscheint a in Tonsilben vgl. Lango(bardi) = lat.
longus ; xapio- = got. harja- aus korio- (altir. cuire) ; land {Cau-
calandensis) aus londho-. Aber in unbetonten Silben, besonders
in der Kompositionsfuge, steht noch 0 {Chariovalda Ingitiomerus
Deudorix Marcomanni Langobardi und inschriftlich Aistomodius
Strubiloscalleo); Amm. Marc, hat bereits in got. Namen ä {Ala-
ricus Alatheus Ariaricus usw.) gegen nicht-got. ö {Gundomadus
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 33
Chonodo-marius Hariobaudes Vadomarhis Mallobaudes Teutomerus
usw.); doch auch Alamanni.
Anmerkung. Bremer IF. 14, 363 hält allerdings das 0 der Kompositionsfuge
für einen Keltismus, denn frühzeitig tritt auch a in der Kompositionsfuge mehr-
fach auf, z. B. inschriftlich Alaterviae Alagabiae Requalivahanus Vagdavercustis.
b) Germ, i zeigen Suebi -merus glesum Tac. (Plinius glaesum
ZfdA. 23, 23); ferner laeius 'Höriger'; für altes e erweist Zeuss
761 das jüngere ä in dem Namen des Alemannen Chonodomarius
bei Amm. Marc, (bei Jul. Apost. Xvoöo)udpiO(;) ; Müllenhoff ZfdA.
7, 529 kennt ä noch in dem Namen des Marcomannen BaXXo|Lidpi05
(um 170), des Quaden raioßo|Lidpiog (um 213) und der Alemannen
Vadomärius Fraomärius (4. Jahrh. Amm. Marc.) ; diese und andere
Belege s. auch bei Bremer Beitr. 11, 18. Aber in Maroboduus
muß man wohl einen kelt. oder keltisierten Namen vermuten.
Auffällig ist, daß in lat. Lehnworten e im Westgermanischen nie
als ä erscheint; lat. ^ ist in germ.-lat. Tonsilben offenes germ. e
= ahd. ia (Möller KZs. 24, 510), wie die Behandlung von lat. mensa
remus beta tegula zeigt ; dafür tritt bei germ. Akzentverschiebung
i ein vgl. got. akeit = lat. acetum und dazu die Behandlung von
lat. boletus moneta catena sagena im Westgermanischen.
c) Lat. ä wird in keinem einzigen Falle wie idg. ä behandelt
(vgl. pälus siräta cäsetis pävo Säturnus assärius usw.). Unsicher
ist die Beurteilung von got. Rümöneis = lat. Römäni Möller KZs.
24, 508, wo noch an Dänubius = ahd. Tuonouwa^ bräca == ahd.
bruok erinnert wird ; Bremer IF. 4, 22 fügt noch Silva Bäcenis
(bei Caesar Bell. Gall. VI 10) = ahd. Buohhunna hinzu. Wahr-
scheinlich trägt hier kelt. Vermittlung die Schuld an der Ab-
weichung von der Regel, wenn lat. Römänt durch got. Rümöneis
vertreten wird.
d) Germ, ur (= idg. f) zeigt sich früh in Teutoburgiensis Asci-
Quadriburgium Burgundiones sowie in Aouir- TouXi-qpoupöov (vgl.
ahd. bürg fürt).
e) Germ, un = idg. ^^-Sonans steckt in Burgundiones Segimun-,
dus Juthungi Greutungi\ eine Grundform onx scheint unbezeugt;
ob man aus der Behandlung von lat. pondo montem = angls.
pund munt einen Schluß auf urgerm. onx {^-mondus) machen
darf, ist sehr zweifelhaft. Möller setzt KZs. 24, 510 urgerm. ö
für diese Fälle voraus mit seiner Formulierung: «Lat. e und ö
fallen derselben Wandlung zu i und ii anheim vor n^ m + Kon-
sonant und vor folgendem f> ; dadurch kommt Symmetrie in
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 3
34 I- Das Germanische und die Nachbarsprachen.
die Behandlung des Vokalismus; vgl. pondo-pund^ montem-munty
moltna-multn^ modius-mudjuz^ corbis-kurb : korb^ gemma-gimm usw.
Vgl. aber § 123 b.
f) Idg. e erscheint in den germ. Elementen der antiken Über-
lieferung als e^ wo in jüngerer Zeit nach § 133 nur noch i gilt;
wie ahd. gimma auf lat. gemma^ so beruhen ahd. sigi irmin auf
alten segi ermin\ solche alte e stecken in Segimerus Segimundus
Herminones Gepides^ Veneti 'Winden', Fenni 'Finnen' (Leffler
NTidskr. 2, 157. 274). Aber vor ng erscheint t in Inguaeo In-
guiomerus Thingsus 'AcTTiTTOi MapouiYTOi AaKpiTTOij ebenso in
unbetonter Silbe vor n in Herminones Scadin-avia. Neben diese
Zeugnisse stellt nur Vellej. Paterc. Sigimerus,
g) Idg. eu erscheint in Greufungi (vgl. § 129).
h) Germ, ai erscheint meist als ae z. B. in Caesia [silva)^ Boi-
haemum Ingaevones Frisaeo ZfdA. 23, 22 und ZfdPhil. 21, 5.
i) Ablaut zeigt sich zwischen Hermun-duri : Herminones^ Juthungi
Greutungi : Tulingi Tervingi im Suffix.
k) Sonst ist in Mittelsilben ( Venedi Veleda Seges-tes) altes e für
jüngeres i beachtenswert; aber auch Amtsia für eigtl. Amesia}
§ 23. Dafür daß auch der germ. Akzent schon im Beginn unserer
Zeitrechnung gegolten hat, zeugt die frühe Existenz der Allittera-
tion. Müllenhoff weist ZfdA. 7, 527 an Familienbenennungen nach,
daß schon vor Tacitus' Zeit Allitteration bestanden hat: Segestes
Segimerus Segimundus l.e'^iQafKOC,; Thusnelda Thumelicus ; Vannius
Vangio; Viduarius Vidrodorus usw.; desgl. Inguaeones Herminones
Istaevones usw. Da somit die Glieder einer germ. Familie schon
in römischer Zeit durch allitterierende Namen ausgezeichnet wurden,
hat gewiß auch damals schon allitterierende Poesie geherrscht,
und der germ. Akzent ist die Grundlage der Allitterationstechnik.
Dazu kommt ein lautliches Kriterium: idg. ö erscheint als öt, in
unbetonten Silben aber als o\ Lango(bardi) Xapio(TaiCTO(;-|aripog)
für vorgerm. longho- korio-^ und diese doppelte Behandlung setzt
den germ. und nicht den indogerm. Akzent voraus.
§ 24. Noch bleibt das Verhalten der Endungen zu betrachten.
Der Parallelismus, den die germ. Elemente der antiken Über-
lieferung hinsichtlich der Flexionsform mit der lat. Sprache zeigen,
läßt uns ohne Zuhilfenahme der § 18 entwickelten weiteren Kri-
terien schließen, daß die späteren Auslautsgesetze noch nicht
gewirkt haben. Die lat. und die germ. ö-Stämme laufen parallel :
glesum (Tac.) Segimirus usw. — /-Stamm ist Albis = an. Elfr aus
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 35
Albiz (Bugge NArk. II 210) sowie *alcis Plur. alces (Caes. BG)
= an. elgr aus vorgerm. alkis ; ürus Nerthus Segimundus können
mit den entsprechenden an. ^^-Stämmen identisch sein, ebensogut
aber alte «/<?-Stämme vertreten. — Konsonantische Stämme wie
rik- erscheinen in der älteren Zeit auf -rix [Boiortx Mallorix Deu-
dortx u. a.), wofür erst später -rtcus (Theudertcus) eintritt.
Die Kompositionsfuge in Zusammensetzungen (unten § 222) zeigt
in der Römerzeit keine einheitliche Behandlung. Altererbter Fugen-
vokal gilt {iir Inguio-merus Chario-mirus Aisto-mödius Strubilo-scalleo
Boio-rix Boio-haenmmLango-bardi Marco-manni\ zu dem ;^- Stamm
Teuiones gehört wohl Deudo-rtx\ zu 2-Stämmen vgl. Segi-merus
und den Völkernamen Armi-lausi (zu an. ermr 'Arm') ; vgl. auch
Asci-burgium (eigtl. 'Eschenstadt' resp. 'Eschengebirge') zu dem
Stamme aski- [asckim Dat. Plur. Hildebr. V. 63) ; Unterdrückung
eines Mittelvokals in der Kompositionsfuge wird wohl anzunehmen
sein für Sait-chamiae und für Chas-uarii\ auch für Aouir-cpoupbov
(Ptol.) für zu erwartendes Lupio-furdus oder Lupi-furdus und für
Amsi-varii neben Amisia. Auffällig noch carrägo 'Wagenburg*
für *carro-hägo.
Anmerkung. Tatsächlich überlieferte Flexionsformen fehlen in der antiken
Überlieferung bis auf die § 215 behandelten Dative Pluralis Aßims, Vatvims und
Saitchamims,
Kap. 6. Griechische Beziehungen^).
§ 25. Gotisches. Der einzige germ. Stamm, der in historischer
Zeit nachweisbar unter griech. Spracheinfluß gestanden hat, sind die
Goten. Aber es ist charakteristisch, daß die Griechen bei den
Goten nach gemeingerm. Weise Krekös (= lat. Gräecos) heißen.
Dazu stimmt, daß die Römer bei Ulfilas nicht nach griech. Weise
(*Puj|Liaioi), sondern nach lat. Weise {Rümöneis) heißen. Dies ge-
nügt uns wohl als Beweis dafür, daß der lat. Einfluß in den germ.
Sprachen älter ist als etwaige griech. Entlehnungen. Es begegnen
aber in der Bibelsprache des Ulfilas wie in den übrigen got. Sprach-
resten bedeutsame Spuren eines griech. Einflusses, der zwar erst
dem 4. Jahrh. angehört, aber doch noch den Stempel der altgerm.
Sprache trägt.
Aus der lebendigen Berührung von Goten und Griechen auf
dem Balkan stammen einige geographische Bezeichnungen mit
*) Literatur: Raumer ZfdA. 6, 401; Schulze Sitzungsber. d. preuß, Akad. 1905,
S. 726; Kluge Beitr. 35, 124.
36 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
kleinen lautlichen Veränderungen: Makidöneis gr. MaKeööve^,
Akaja gr. *Axaia, Antiökja gr. 'AvTioxeia, Apeineis gr. 'Aörivei,
Kaürinpö gr. Kopiv9o(;; hierher wohl auch ^Fynike 'Phönizien'
gr. OoiviKri in dem Adj. fynikisks 'phönizisch'. Dem lebendigen
Verkehr entstammt auch got. drakme gr. öpax|Lir| und wohl auch
got. aipisttile gr. dTTiCTToXri.
Das Christentum und sein Missionar Ulfilas bürgerte eine Reihe
kirchlicher Worte ins Gotische ein wie aggilus diabulus apaüstulus
aipiskaüpMs gr. d-neXo<; öidßoXog dTr6crToXo<s eTTicrK07T0(;. Im got.
Kalender begegnet papa (oder papas) 'Geistlicher' aus gr. TTaird^
'Geistlicher'. Den Stempel der Einbürgerung tragen auch got.
Worte wie aiwaggeljö aikklesjö aus gr. euaYT^^iov eKKXrjaia. Vgl.
meine Elemente des Gotischen § 140.
§ 26. Westgermanisches. Spuren griech. Spracheinflusses
zeigen auch die westgerm. Sprachen. Das aus gr. KupiaKOV 'Kirche'
stammende westgerm. kirika gilt durch ganz Deutschland wie
durch England (ahd. kirihha asächs. kirika angls. cirice). Über
ganz Deutschland herrscht ein dem got. papa = gr. 7TaTrd<s 'Geist-
licher' entsprechendes ahd. pfaffo mndd. pape 'Geistlicher'. In
Mitteldeutschland wie in Oberdeutschland weit verbreitet ist ahd.
sambasfag mhd. sambentac^ das gleich got. sabbatödags = gr. adßßa-
Tov ist. Im bayr.-österr. Dialekt gilt das durch die 2. Lautver-
schiebung hindurchgegangene Pfinztag 'Donnerstag' aus gr. TTe|LiTTTr|
'Donnerstag', und daran reiht sich die Bezeichnung mhd. (bayr.)
erntac 'Dienstag', die auf gr.^Apeuj^ f)|Liepa zurückdeutet. Solche
charakteristischen Lehnworte westgerm. Sprachgebiete sind von
der untern Donau durch got. Missionare um die Wende des 4.
und 5. Jahrhs. nach Deutschland vorgedrungen und haben auf hoch-
deutschem Boden daher auch die 2. Lautverschiebung {ohd. pfaffo
kirihha sambantag pfinztag) mitgemacht. Zwar ist zu jenen Worten
nur got. papa 'Geistlicher' tatsächlich bezeugt, aber auch für die
andern Worte ist die Herkunft vom Balkan gesichert, weil teil-
weise Übereinstimmung mit dem Slavischen besteht: wie der Geist-
liche aslav. popü heißt, so stimmt ahd. sambagtag mit aslav. sabota
und westgerm. kirika mit aslav. crüky 'Kirche'. Der griech. Einfluß,
den diese Wortgruppe verrät, erstreckt sich aber wohl auch auf
andere christliche Worte der westgerm. Sprachen, wenigstens
deutet der altertümliche Lautcharakter von ahd. tiuval (angls. deofot)
eher auf got. diabulus und damit auf gn öidßoXo(S als auf das ent-
sprechende lat. diabulus., und dann wird wohl auch ahd. asächs.
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 37
engil (angls. enget) eher auf got. aggilus und damit auf gr. dTfeXoq
weisen als auf lat. angelus. Die westgerm. Lautformen für den
Begriff 'Bischof haben auch ein höheres Alter als eine lat. Ent-
lehnung aufweisen würde, und so wird angls. bisceop ahd. biscof
wohl got.-griech. Ursprungs sein {aipiskaüpus = gr. eTricTKOTTO^). So
beruht ahd. asächs. Krist wohl auf got. Xristus und damit auf
gr. Xpi(TT6(; und nicht auf lat. Christus. Bei den griech. Entlehnungen
innerhalb der westgerm. Sprachen handelt es sich um christliche
Terminologie und um ein frühes germ. Christentum.
Kap. 7. Altslavische Beziehungen.*)
§ 27. Urverwandtschaft. «Die unmittelbare Zusammenge-
hörigkeit des Deutschen und Slavolettischen ist schon im Jahre 1837
von Zeuss (D. Deutschen u. d. N. S. 18 ff.), ebenso von J. Grimm
GDS 1030 und mit den Mitteln der neueren Wissenschaft von
Schleicher gestützt worden (Kuhns Beitr. I 12, 107J». So 1872
Joh. Schmidt Verwandtsch. S. 4ff., wo die Stichhaltigkeit der bis
dahin vorgebrachten Gründe einer eingehenden Kritik unterzogen
wird. Mit Recht lehnt Joh. Schmidt alles Vorgebrachte ab mit Aus-
nahme des Zusammentreffens got. wulfam disldiV. vlükomü lit. vil-
kams\ dieses Zusammentreffen des /^^-Suffixes im Dat. Plur. ist
denn auch das einzige Übereinstimmende, das A. Leskien (Die
Deklination im Slavolit. u. Germ. Leipzig 1876) im Bereich der
Deklination zwischen Slavolettisch und Germanisch anerkennt.
Anderweitiges trägt Joh. Schmidt S. 7 zusammen: besonders
wichtig sind die Zahlworte got. ainlif twalif püsundi lit. venölika
dvylika aslav. tysqSta (s. unten § 300). Brugmann erinnert noch an
den Wandel von sr in sir^ worin das Germanische mit dem Slavischen
zusammenzutreffen scheint, und an die nahen Berührungen, welche
die Funktion des Adjektivsuffixes -isko im Germanischen und im
Slavolettischen zeigt (Techmers Zs. I 234. 248).
Weiter kommen wichtige Übereinstimmungen im Wortschatz
in Betracht. Wir stellen im Anschluß an Joh. Schmidts wertvolle
Listen S. 36 (vgl. auch Kretschmer, Einleitg. in die Geschichte d.
griech. Sprache S. 109) hier einige Worte zusammen, bei denen
die Möglichkeit näherer Verwandtschaft offen ist (die germ. Worte
zeigen Lautverschiebung, soweit möglich): an. berr aslav. bosü lit.
») Auf die baltischen Sprachen (vgl. Hirt Beitr. 23, 349) kann in diesem Ka-
pitel nur ausnahmsweise Bezug genommen werden.
38 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
bäsas ; ahd. chnetan aslav. gnetq, ; got. dals aslav. dolü 'Tal' ; ahd. ^Ibin
'Schwan' aslav. lebedi\ ahd. g/at aslav. g/aäükü \\t.glodüs\ ahd. /touwu
aslav. ^öZ'^ 'schmiede' ; ahd. ckmwu aslav. i^&^ 'kaue' (Wz. giw})\
got. bairga aslav. brtigq, ; ahd. eiscön aslav. iskati lit. jeszköti; ahd.
/?W^^ aslav. /i^% 'lüge'; 'got.stöls 'Stuhl' aslav. stolü 'Thron, Sessel';
an. elgr 'Elch' aslav. losi\ ahd. sträla aslav. strHa\ ahd. rippi
aslav. r^^rö 'Rippe'; got. qairnus aslav. zrüny\ got. ^^2/^ aslav.
r^/«; angls. brigdel aslav. brüzda 'Zügel'; angls. ^/«7 aslav. bUdü
'blaß'.
Es verdient noch hervorgehoben zu werden, daß einige Be-
rührungen speziell mit dem Nordgermanischen bestehen: nord-
germ. alu{p) 'Bier' aslav. olü lit. alüs\ angls. ryge an. rugr (aus
'^rugiz) aslav. r^i^ lit. rugys ; an. pidurr lit. ietervas aslav. tetr6vi\
auffällig ist an. Mjglner 'Thors Hammer' neben aslav. mlünij 'Blitz'.
Anderseits zeigt das Germanische ein paar Berührungen speziell
mit dem Preußisch-Litauischen; vgl. got. ainlif tw alz f mit lit. venö-
lika dvylika\ got. haims 'Dorf mit lit. kemas 'Dorf preuß. caj>mis\
got. galeiks mit lit. lygus preuß. polygu 'gleich' ; angls. clyppan
ahd. chläftara lit. glöbti 'umarmen' ; germ. lesan lit. lesti 'Körner
auflesen'; ahd. wecki lit. vagis\ got. falla Wt. pülu 'falle'; ahd. mäsca
lit. mezgu 'stricke* ; ahd. harmo lit. szermu 'Wiesel' ; vgl. Joh. Schmidt,
Verwandtsch. S. 43.
Aber so viel Einzelheiten man auch beibringen mag, in denen
Slavolettisch und Germanisch miteinander übereinstimmen, so be-
steht doch bei vielen derselben der Verdacht der Möglichkeit
von Entlehnungen hinüber und herüber. Es handelt sich vielfach
um Wortgleichungen mit kulturellem Inhalt, also um die Möglich-
keit von Wanderung und Entlehnung. Die § 3 beigebrachten
Übereinstimmungen zwischen dem germ. und dem lat. Wortschatz
sind beweiskräftiger für die Möglichkeit einer näheren Verwandt-
schaft zwischen Germanisch und Lateinisch. Aber, wie schon
bemerkt worden ist, eine nähere Urverwandtschaft zwischen Ger-
manisch und Slavisch hat heute kaum noch Vertreter, seitdem
man die Gliederung des Indogermanischen in cen^um-Sprachen
und safem-Sprachtn. für durchschlagend hält ; denn das Slavische
stellt sich mit dem Baltischen zu den safem-Sprachen, während
das Germanische zu den cenfum-Sprachen gehört.
§ 28. Lehn Worte. Die Lehnworte, die das Altslavische aus
dem Germanischen übernommen hat, habe ich in der i. Aufl.
dieses Grundrisses I 320 und in der 2. Aufl. I 361 behandelt. Das
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 39
Problem ist zuerst von Miklosich, Die Fremdwörter in den slav.
Sprachen (Denkschr. d. kais. Akad. d. Wiss. zu Wien Bd. 15) be-
handelt, neuerdings auch von Uhlenbeck im Arch. f. slav. Philol.
XV 481 ff. und von Hirt Beitr. 33, 330ff., insbesondere auch von
Peisker, Die älteren Beziehungen der Slaven zu Turkotataren
und Germanen, Stuttgart 1905. Wir halten uns hier durchaus an
das überlieferte Altslavische, ohne auf altgerm. Entlehnungen im
Polnischen, Russischen, Cechischen Rücksicht zu nehmen.
Zur Lautlehre der altgerm. Lehnworte des Altslavischen (vgl.
Hirt Beitr. 33, 339) kommt in Betracht, daß germ. ä gern als ö
erscheint : gobtzü gosti gospodi gonoziti gotovü kotüü ocitü osilü
sotona got. gabigs gasts *gastfaßs ganasjan gatewjan katils akeit
asilus satana\ auch im Suffix ag\ münogü got. manags und chq-
dogü ahd. hantag. Vereinzelt a in chabiti got. haban^ sakulü zu got.
sakkus^ navi zu got. naus 'Toter'. — Got. ä erkennt man in Ukari
ZM got. lekeis und mytart got. mötäreis^ woran sich c^sart (vgl.
angls. cdsere) anschließt. — Die Vertretung von germ. 0 schwankt,
wobei wohl der got. Lautwandel von <^ zu ^ mit eine Rolle spielt:
u in buky germ. bokö^ duma zu got. döms^ plugü zu asächs.//<?^
und y in myto got. mota und sytü got. söps. — Germ, ü als y in
chyzü got. hüs und tynü asächs. tun. — Germ, ai erscheint als S in
c^sari chl^bii b^diti m^niti (got. kaisar hlaibs baidjan^ ahd. meinan). —
Germ, au in bugü lukü skutü useregü kupiti kusiti nuta (ahd. boug
louh scön or-ring koufen, got. kausjan^ ahd. nöi). — Für germ. eu
scheint die got. Lautgestalt iu maßgebend in bljudo Ijubü Ijudü
Stuzdi = got. biuds Hubs *liudeis ßiudisks. — Aslav. Nasalierungen
erscheinen in ö^do c^ta useregü klad^zl künegü pin^gü sklezi (vgl.
ahd. y^^W, got. kintus^ ahd.hring, got. *ka/diggs, ahd, kunzng p/emng
scilling) ; vgl. auch qborükü chqdogü chrc^^ti sc^bota mit ahd. ambar
hantag ^ got. pramstei^ ahd. sambantag.
Für den Konsonantismus spielt das Verhalten der germ. harten
Reibelaute eine besondere Rolle. Für germ. /wird/ substituiert
in plükü gospodi postü = ahd. /o/c^ got. *gast-/aps, ahd. fasta.
Germ, h erscheint als ch in chqdogü chorqgy chabiti chlibü chlakü
chyzü chlümü (vgl. got. handugs hrugga haban hlaibs halks hüs^
asächs. holnt). Für germ. / scheint d zu stehen in ö^do und
vrazida. Germ, s steckt in cisari (got. kaisar) und useregü (got.
*ausa-hriggs)\ aber die z von chyzü und gonoziti deuten, wie
Hirt S. 343 richtig bemerkt, auf germ. z und nicht auf die j von
got. hüs und ganasjan. Germ, k erscheint als k in klad^zi künfgü
40 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
kupiti kusiti und bei Palatalisierung als ä in crSmil mUi vrüöi oder
als c in cSsart ceta ocitü crüky.
Was nun das Verhalten der Endvokale und speziell der Flexions-
endungen betrifft, so zeigen die aslav. Entlehnungen manche
Konformität. So entspricht den Neutren der ö^/^-Deklination, die
in der runischen Zeit auf -a {horna 'Hörn') endeten, das ö von
Neutren wie vino äeäOy aber ü \n plükü chyzü {pcttü}). Wenn aber
got. Maskulina wie biups stikls im Altslavischen als bljudo und
stiklo erscheinen, so liegt hier nicht der got. Nominativ, sondern
der got. Akkusativ mit dem ursprünglichen «-Ausgang i^biuda
'^stikld) vor. Denn die Normalvertretung der got. Maskulina der
ö;-Deklination war ü in bHgü bugü chqdogü chl^bü chlümü dlügü
glumü gobizü gorazdü gotovü gradü künegü Ijubü Ijudü lukü münogü
ocitü skotü slSmü vragü usw. Für die Feminina der ^/^-Deklination
und der ^^^-Deklination, die sich hier nicht säuberlich scheiden
lassen, zeigt sich der Ausgang a in cr^da istüba sirHa trqba vra-
zida und der Ausgang >' (Mahlow S. 151, Möller Beitr. VII 487) in
buky crüky brady loky svekry chorqgy plosky ; aber das Endungs-a
in myto (got. möta) ist sehr auffällig. Für germ.-got. /-Stämme
(got. gasts faps lists naus aus ^gastiz ^fadiz ^listiz ^nawiz) vgl.
gosti gospodt listi navi\ wenn aber gradü dem got. 2-Stamm gards
gegenübersteht, so ist an got. gardawaldands zu. erinnern, und
das Wort garda ist gemeingermanisch ein «-Stamm (vgl. lat. hortus
St. horto-). Fälle von ^-Deklination sind unsicher; in Betracht
kommen oszlü got. asilus und vielleicht auch kotilü (got. '^katilus ?)
und vrütü (got. '^aürtus Lehnwort aus lat. horttis).
Noch ist zu erwähnen, daß einige slav. Suffixe germ. Herkunft sind ;
sie haben von Lehnworten aus wie mytari 'Zöllner' = got. mötäreis
oder wie vrazida 'Feindschaft' = got. wargipa weitergewuchert.
Aus dem germ. Material im Slavischen lernen wir einige Worte
kennen, die innerhalb des Germanischen unbezeugt sind: aslav.
kladezi 'Brunnen' aus got. ^kaldiggs zu an. kelda = finn. kaäio ;
aslav. useregü aus got. ^ aus akrzggs} aslav. drüzükü aus got.* daürzus
(germ. durzu-z). Beachtenswert ist noch, daß die älteste germ.
Lehnschicht wegen einiger lat. Elemente wie aslav. vino sakü
ocitü ostlü c^sarl vrütü u. a. erst nach der Übernahme der lat.
Lehnworte ins Germanische dem Slavischen zugeführt sein kann.
Betrachtet man derartige Lehnworte, die wohl zumeist im
3. — 5. Jahrh. aus dem Germanischen und teilweise speziell aus
dem Gotischen in das vorliterarische Slavisch gedrungen sind,
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 41
nun auch auf ihren kulturellen Inhalt, so ergeben sich folgende
Bereiche für die Begriffe, die damals vordrangen:
a) Staatlich-kriegerische Begriffe: aslav. künegü künezt 'Fürst'
westgerm. /^^«^/^^ ; d.%\2M.gospodt'Y{.^xx' go\..*gast-faßs\ disXdiY. c^sari
got. kaisar (angls. cäsere)\ disXdi^. Ijudije 'Leute' ahd. Imtz; aslav.
plükü 'Kriegsschar' westgerm./6>/^; a.s\a.v. m^ci 'Schwert' got. me^ezs;
aslav. drady andd. barda ; aslav. sUmü 'Helm' germ. helma J. Schmidt
KBeitr. V 467; aslav. choragy 'Fahne' got. hrugga\ disldiv. briinja
got. brunjö\ a.s\a.v. bugzl 'Armband' westgerm. baug; a.s\3iY. useregu
'Ohrring' ; aslav. chomqtü nhd. kamen 'Kummet' ; aslav. trqba 'tuba'
ahd. trumba ; aslav. tynü 'Mauer' westgerm. tun ; aslav. gradü got.
gards\ aslav. dunia got. ddms\ aslav. vragü 'Feind' — vrazida
'Feindschaft' got. wargs — wargipa ; aslav. drüzükü 'kühn' germ.
durzu-z (= gr. GpacTix;).
b) Begriffe des Handels und Verkehrs: aslav. kupiti kupovah
germ. kaupjan kaupöjan ; aslav. skl^zi got. skilliggs ; aslav. pinegü
westgerm. "^paning ; aslav. ceta 'obolus' got. kintus ; aslav. skotü
'Vieh' got. skatts ; aslav. myto 'Zoll' — mytarl 'Zöllner' got. möta —
mdtäreis\ aslav. nuta 'Rind' ahd. nön\ aslav. (iborü{kü) ahd. ambar
angls. ambor\ aslav. kotUü got. katils\ aslav. kUblü ahd. kubilt\
aslav. sakulü 'Tasche, Sack' got. sakkus\ aslav. sttklo 'Glas' got.
stikls ; aslav. ocUü got. akeit.
c) Worte für Ackerbau und Viehzucht, Feld und Wald, Haus
und Hof: aslav. nuta 'Rind' germ. nauta-\ aslav. plugü 'Pflug'
andd. plög\ aslav. örSda 'Herde' got. hatrda\ aslav. chrütü 'Hund'
angls. hroßhund\ aslav. chrqstt 'Käfer' got. pramstei\ aslav. lukü
'Lauch* germ. lauka-\ aslav. buky 'Buche' ^di.buohha\ aislsLY. brostz
'Färberröte' germ. wratja (ahd. rezza); aslav. chlümü 'Hügel' an.
holmr\ aslav. br^gü 'Ufer' ahd. berg\ a.s\a.y. c/iy zu got. Ms; aslav.
vrüiogradü got. aürtigards ; aslav. istüba 'Zelt' ahd. stuba ; aslav.
örimü 'Zelt' ähd. chräm (aus '^krenia-)} aslav. ö^do 'Kind' ahd.
kind\ aslav. chlsbü 'Brot' got. hlaiba-\ aslav. olü 'Bier' angls. ealu\
aslav. bljudo 'Tisch, Schüssel' got. biuda- ; aslav. klad^zi 'Brunnen*
got. *kaldiggs.
d) Worte für Künste und Fertigkeiten : aslav. iskari 'Arzt' got.
likeis (aslav. Mü 'Medizin'); aslav. buky 'Buchstabe' got. bdka\
aslav. kiinjiga 'Buchstabe' got. *kunninga} aslav. Itsii 'List' got.
lists\ aslav. chqdogü 'erfahren' got. handugs\ 3.s\z.y, plpati 'tanzen'
got. plinsjan ; aslav. gotovü lit. gatavas 'bereit' zu got. gataujan ;
aslav. gobizü 'ergiebig' got. gabigs.
42 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
e) Kirchlich-religiöse Begriffe : aslav. /öj///^" 'fasten' got,fasian\
aslav. chabiti se 'sich enthalten' got. gahaban ; aslav. gonoziti 'er-
retten' got. ganasjan\ aslav. crüky 'Kirche' westgerm. *kirika\
disXdiY. popii 'Geistlicher' got. papa\ aslav. almuzino 'Almosen' ahd.
almuosan\ aslav. sabota 'Samstag' ahd. sambas-tag.
Kap. 8. Germanischer Einfluß auf das Finnische.
§ 29. Nachdem schon der Schwede Joh. Ihre im Vorwort zu
Gloss. Suiogothicum, Upsala 1769 und der Däne Rask in seiner
Preisschrift Om det gamle nordiske eller isl. Sprogs oprindelse,
Kopenhagen 1818, nahe Berührungen zwischen dem gotisch-
nordischen und dem finnisch-lappischen Wortschatz aufgedeckt
hatten, zeigte F. Dietrich 185 1 in Höfers Zs. f. d.Wiss. d. Sprache
III 32, daß das Lappische unter die ältesten Erkenntnisquellen
für das Germanische zu stellen ist, und W. Thomsen hat dann
in seinem gelehrten und bewunderungswürdig orientierenden Buche
Über den Einfluß der germ. Sprachen auf die finnisch-lappischen,
Halle 1870 alles gründlich erörtert und zusammengefaßt, was er
über die Beziehung des Germanischen zum Finnisch-Lappischen
ermittelt hat. Thomsen erweist im Finnischen eine älteste Schicht
von Entlehnungen aus dem Germanischen, deren Charakteristikum
die Bewahrung der vollen Endungen ist, und schließt daraus,
daß die Völker des finn. Stammes wahrscheinlich in den ersten
Jahrhunderten unserer Zeitrechnung in Mittelrußland oder eher
in den jetzigen Ostseeprovinzen in der unmittelbarsten Berührung
mit Germanen gewohnt haben. Die altgerm. Lehnworte im Finni-
schen erstrecken sich auf: i. Staats- und Kriegswesen; vgl. finn.
kuningas urwestgerm. kuningaz (auch ins Slavolettische gedrungen
§ 28 a); finn. ruhtinas urwestgerm. druhtinaz) airut 'Bote' got.
airus\ arpa 'Botschaftsstock' an. gr.
2. Kulturprodukte und Fertigkeiten: kulta 'Gold' got. gulpa-\
kaltio 'Brunnen' an. kelda (aus *kaldj6) ; rengas 'Ring' ahd. kring
aus *hringaz\ paita 'Hemd' got. paida\ kinnas 'Fausthandschuh*
an. skinn\ vantus 'Handschuh' an. vgttr\ patja 'Kissen' got.
badi\ naula 'Nagel' got. nagljan\ satula '^2X\.^\ \ akana 'Spreu'
got. ahana\ haasia 'Gestell z. Trocknen des Heus' an. hes.
3. Fauna und Flora: nauta 'Rind' an. naut\ lammas 'Lamm'
got. lamb\ kana 'Huhn' got. hana\ havukka 'Habicht' ahd. ha-
buh\ haikara 'Reiher' ahd. heigaro\ valas 'Walfisch' an. hvalr\
turska 'Dorsch' 2lV\.. porskr\ mato 'Wurm' got. mapa\ vorma 'Wurm*
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 43
an. ormr. — matara 'Labkraut' an. madra\ liina 'Flachs' got. lein\
ruis 'Roggen' angls. ryge\ kaura 'Hafer' ahd. habaro.
4. Auffällige Einzelheiten sind die Entlehnung von finn.y« 'und'
asächs. ja und finn. sama 'derselbe' got. sama\ beachtenswert
ist noch die Entlehnung der Zusammensetzung finn. napakaira
^Bohrer' ahd. nabager.
Anmerkung i. Daß das Germanische die Grundsprache für diese Entlehnungen
ist, ersehen wir u. a. auch daraus, daß einzelne derselben früh auch in andere
Sprachen aufgenommen sind, die dem Germanischen geographisch benachbart
waren : ins Slavische wie kuningas (lit. kuningas) und laukka (aslav. lukü), ins
Romanische wie vantus 'Handschuh' (frz. ganf) und riulta 'Sandbank' (ital. greto
'Ufersand').
Die Frage, ob dialektische Herkunft der einzelnen Entlehnungen
zu erweisen oder ob gemeingerm. Substrata anzunehmen sind,
ist offen; Thomsen nimmt urostgerm. Entlehnungen an und be-
obachtet sowohl mit dem Gotischen wie mit dem Nordischen
Berührungen (S. 106): mit dem Gotischen bringt er das a von
Femininis wie finn. akana (got. ahana)^ multa 'Staub' (got. muldd)
usw. zusammen; zum Nordischen, allerdings zugleich auch zum
Westgermanischen, stimmt das u von Femininis wie finn. arkku
panku und das r von napakaira (ahd. nabager)^ wofür got. z {*naba-
gaiza-) vorauszusetzen ist. Zum Westgermanischen stimmt kuningas
(an. konungr) = ahd. asächs. kuning.
Anmerkung 2. Die Frage nach der Herkunft der germ. Lehnworte im Fin-
nischen hat Setälä (Zur Herkunft und Chronologie der älteren germ, Lehn-
wörter in d. ostseefinn. Sprachen 1906) einer neuen Erörterung unterzogen, deren
Ergebnisse erS. 45fF. zusammenfaßt: die meisten Lehnworte weisen auf keinen
bestimmten germ. Dialekt hin, sondern auf den germ. Urzustand; die Zeit um
Christi Geburt ist als die Periode der ältesten finn.-germ. Berührungen anzu-
setzen (vgl. Anm. 3) ; daß die alte germ. Sprachform, aus welcher diese Lehn-
wörter herstammen, eine Sprachform gewesen ist, die entweder dem Gotischen
oder dem Nordgermanischen vorangegangen ist, darüber können wohl alle einig
sein, aber eine scharfe Grenze zwischen einer urgerm. Sprachform und einer
frühen Stufe des Gotischen oder Urnordischen ist wenigstens auf Grund einzeln-
stehender, aus ihrer Umgebung herausgerissener Lehnwörter schwer zu ziehen;
auch sicher got. Entlehnungen kommen vor, wobei meist von einer vorliterarischen
Stufe des Gotischen auszugehen ist.
Worin der eminent sprachgeschichtliche Wert der germ. Lehn-
worte im Finnisch-Lappischen besteht, hat Thomsen gezeigt : sie
erweisen Endungen, welche sich vielfach mit den konstruierbaren
urgerm. Grundformen decken. In bezug auf die Endungen steht
die Sprache der ältesten Runeninschriften zunächst: finn. armas
'lieb, teuer', kernas 'willig', sairas 'krank' oder Maskulina wie
44 I- Das Germanische und die Nachbarsprachen.
rtihtinas 'Fürst', kuningas 'König'. Auf den urgerm. «-Akkusativ
(runisch staina zum Nom. *stainaz) gehen einige finn. Worte auf
Ä zurück, denen germ. Mask. der «-Deklination zugrunde liegen:
satula 'Sattel' (vgl. an. sgdul Akk. zu spdull), antura 'Schlitten-
baum' (an. gndurr M.), murkina 'Frühstück' (got. maürgins\ arina
'Herd' (ahd. (rin M. 'Tenne'), havukka 'Habicht' (ahd. habuh M.),
laukka 'Lauch', /«?^//« 'Fähre' (ahd.^02), rauma 'Strom' {d\idi. strouni)^
vuokra 'Zins' (got. wokrs). Entsprechend dem runischen Neutrum
horna zeigt das Finn. kulta 'Gold', viina 'Wein', riutta 'Sandbank*
(angls. greot Neutr.) ; dem runischen Neutr. arbija 'Erbe' (= got.
arbi) entsprechen Reflexe neutraler /«-Stämme in patja 'Polster',
lattia 'Fußboden' (got. badja- 'Bett' und ^flatja- 'Fußboden').
Anmerkung 3. Wenn das charakteristische Endungs-« zu dem Verhalten der
ältesten Runeninschriften stimmt, so ist jetzt der Nachweis Setäläs S. 23 wichtig
geworden, daß auch die in dem römischen Eigennamenmaterial (§ 22 a) vorliegende
Grundstufe 0 in einer ältesten finn. Lehnschicht vorkommt : ansos 'Balken', jukko
'Joch', juusto 'Käse', pelto 'Feld' usw.
Auch das Verhalten der i- und ^^-Stämme entspricht den Er-
wartungen : finn. kaunis 'schön' und Huris 'teuer' urgerm. skauniz
diuriz\ finn. ruis 'Roggen' urgerm. ruyiz (an. r^^^r = angls. r;'^^) ;
finn. vantus 'Handschuh' urgerm. wantuz (an. vgttr).
Die femininen ö-Stämme des Germanischen enden in den finn.
Lehnentsprechungen teils auf 0, teils auf a, teils auf w. runo
'Gedicht', tanko 'Stange', tauko 'Tau' — multa 'Staub', paita
'Hemd', panka 'Spange' — arkktt 'Kasten'.
Besondere Erwähnung beansprucht das Fortleben von neu-
tralen OS- ^^-Stämmen in den finn. Entlehnungen. Dieselben
enden auf as^ das somit dem gr. 0^ von ^kNOZ, und dem lat. us
von genus entspricht: lammas 'Lamm' (vgl. den Plur. ahd. lembir
= angls. lombru) ; für ahd. malz laut bort machen finn. mallas
lannas porras alte neutrale öi-- Stämme wahrscheinlich, obwohl
das Germanische solche hier nicht bestätigt (doch vgl. ahd. bret
Plur. britir und dazu die Ableitung ahd. briiisa 'Pritsche'). Viel-
leicht deckt sich kinnas 'Handschuh' als ursprünglicher <?.y-Stamm
mit an. skinn 'Leder'.
Auch in bezug auf die Mittelvokale zeigen die germ. Lehn-
worte im Finnischen eine bedeutungsvolle Altertümlichkeit : akana
'Spreu' (ahd. agana^^ arina 'Herd' (ahd. erin)^ satula 'Sattel' (ahd.
satut)^ antura 'Schlittenbaum' (an. gndurr\ havukka 'Habicht' (ahd.
habuh)^ autuas 'beatus' für *audugaz (an. audugr), kakkula 'Zug-
strang' (an. skgkull) ; aber tursas 'Meerungeheuer' gegen ahd. duris.
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 45
So ergeben sich auch gelegentlich aus jenen Entlehnungen
wertvolle Kriterien zur Bestimmung der urgerm. Formen. Die
finn. Form saipio 'Seife' dürfte mit oberdeutsch seipfe aus urgerm.
saipjön erklärt werden; finn. ahjo 'Esse' repräsentiert ein germ.
asjö = 2\i^. essa\ für finn. kulju 'Pfütze' bezeugt alemann. ^^7/^
'Pfütze' eine westgerm. Grdf. gullju = urgerm. guljo; den got.
Ä-Stamm hma 'Lösegeld' setzen unsere Hülfsmittel als Neutrum
an, aber das entlehnte finn. lunnas 'Lösegeld' macht ein Mask.
wahrscheinlicher; für finn. z'/V/^/^ö 'Woche' weist Möller KZs. 24, 500
auf angls. wice.
Kap. 9. Dunkle Lehnbeziehungen.
§ 30a. Lehnworte. Die lat. und kelt. Lehnworte der gemein-
germ. Vorzeit haben noch andere altgerm. Lehnworte unbestimm-
barer Herkunft neben sich.
Eine kleine Anzahl urgerm. Worte deckt sich lautkorrekt mit
Entsprechungen anderer idg. Sprachen, wenn z. B. got. alew 'Öl'
mit lat. oliva und got. silubr 'Silber' mit aslav. sirebro überein-
stimmt. Derartige Wortgleichungen beweisen nur ein hohes Alter,
aber nicht einen gemeinsamen idg. Ursprung aus gemeinsamem
Erbe. Der kulturelle Inhalt spricht für Wanderung und Ent-
lehnung. Bei got. silubr spricht die Abweichung vom idg. Wort-
typus für eine nicht-idg. Sprache. Gleiches gilt von der Über-
einstimmung angls. hcEuep aus "^hanapiz = gr. Kdvvaßi<s 'Hanf
trotz der Differenz n:nn. Das griech.Wort gilt als Lehnwort, das
germ. Wort ist vor der i. Lautverschiebung entlehnt. Die Heimat
sucht man bei den Skythen; jedenfalls verrät das Wort ein nicht-
indogerm. Aussehen. So trägt got. paida 'Rock' neben gr. ßaiiri
Telzrock, Ziegenfell' (Thumb ZfdW. 7, 261) das Kennzeichen
der I. Lautverschiebung, aber der Anlaut (§ 30 b) macht idg.
Ursprung zweifelhaft, und gr. ßaiir) scheint mit Rücksicht auf
Herodot IV 64 von den Skythen ausgegangen zu sein. Got. smakka
= aslav. smoky wird nicht als indogerm. gelten dürfen, ohne daß
klar ist, welche Sprache von der andern entlehnt hat.
Zeigt die eben besprochene Wortgruppe im Germanischen die
Wirkungen der i. Lautverschiebung und anderer urgerm. Laut-
gesetze im Vergleich zu verwandten Worten anderer idg. Sprachen,
so gibt es auch eine kleine Wortgruppe, die innerhalb des Ger-
manischen auf eine dunkle Sprachmischung deutet. Wenn got.
46 I. Das Germanische und die Nachbarsprachen.
kaupatjan 'ohrfeigen* unverschobenen Konsonantismus n^\it.nhaubip
'Haupt' (vgl. lat. caput) und got. faihö 'Betrug' verschobene Laut-
form neben angls. bepstcan 'betrügen' zeigt, so tragen die ver-
schobenen Wortformen das Aussehen von Erbworten. Aber woher
stammen dann die unverschobenen Wortformen ? Solcher Dualis-
mus zeigt sich noch, wenn angls. cnoll neben ahd. nol (für hnol)
'Spitze' gilt. Nicht anders ist das Verhältnis von angls. pceßpan
'treten' und ahd. vadön 'gehen'.
Zu den ältesten germ. Lehnworten rechne ich auch die reiche
Sippe der germ. Bezeichnungen für 'Krug', in der sich die mannig-
faltigsten lautlichen Berührungen zeigen : im Wortinnern wechseln
ö und u sowie kk : k : f = s : w : "^'^ vgl. krokka : krukka an.
krukka angls. crocca — kruka angls. cruce ndl. kruik ndd. krüke —
kroga : kruga mittelengl. crös mndl. croes mhd. krüse — krö)(x<^ : kruga
angls. crohha crög ahd. chruog chrugula. Sichere außergerm. Be-
ziehungen älterer Verwandtschaft fehlen völlig.
§ 30b. Anlauts-/. Als untrügliches Kennzeichen fremden,
nicht erbwörtlichen Ursprungs hat sich der /-Anlaut im Germa-
nischen bewährt, seitdem man erkannt hat, daß das reine b^ das
einem germ./ zugrunde liegen muß, kein idg. Laut war. Zunächst
wird dies bestätigt durch lat. Lehnworte wie got. pund^ angls.
pipor plante^ dann auch durch griech. Lehnworte wie got. papa
'Geistlicher', asächs. pinkusti 'Pfingsten' und bayr. pfinztag 'Don-
nerstag' (§ 26). Anlauts-/ zeigt sich dann aber auch in mehreren
Fremdelementen von dunkler Herkunft wie got. paida 'Rock' (§ 30a)
und peikabagms 'Palmbaum' ; got. plinsjan 'tanzen' steht zwar in
einem Verwandtschaftsverhältnis zu aslav. plesati 'tanzen', ist aber
sicher kein germ. Erbwort. Vielleicht gehört es in den fernen
Osten, denn ahd. pfad angls. pceß klingen zu nahe an avest. pap
'Weg', und man darf daran erinnern, daß slav. süto 'hundert' =
finn. sata 'hundert' aus dem arischen Asien stammt. Got. puggs
ahd. pfung angls. pung 'Beutel' ist kein westliches Kulturwort,
denn der Umstand, daß es auch im Mittelgriechischen als TüOUTfO?
vorkommt, deutet auf den Osten hin. Anderseits gehört ahd. pfluog
angls. plög zu einem rhätischen plövum^ das Plinius, Naturgesch.
18, 172 im Zusammenhang mit der Tatsache erwähnt, daß zu seiner
Zeit der Räderpflug in Rhätien erfunden worden sei; und das
rhätische plövum scheint zusammenzuhängen mit dem aus dem
kelt. Oberitalien stammenden plaustrum 'Wagen' und ploxemum
'Wagenkasten'.
I. Das Germanische und die Nachbarsprachen. 47
Bei so vielen Zeugnissen dafür, daß der /-Anlaut im Germa-
nischen den Charakter der Entlehnung birgt, wird man wohl auch
Worte wie got. plat 'Lappen' und praggan 'bedrängen' für un-
germ. halten müssen. Bei ahd. pfarra 'Pfarre' macht der christ-
liche Inhalt Entlehnung zur Gewißheit, wenn auch das Quell-
wort noch nicht gefunden worden ist. Auch für ahd. pferrih
= angls. pearroc 'Pferch', für ahd. pfoso = angls. posa 'Beutel',
für ahd. pfuol = angls. pol 'Pfuhl' usw. fehlen etymologische An-
knüpfungen, die über die Herkunft der germ. Worte Aufschluß
gäben. Aber Entlehnungen sind es sicherlich, und wir müssen
für die gemeingerm. Urzeit, die sich über viele Jahrhunderte er-
streckt, die Möglichkeit verschiedener Kultureinflüsse offenlassen,
auch wenn wir sie heute noch nicht näher fixieren können.
48 II. Konsonantismus.
II. KONSONANTISMUS.
Das idg. Lautsystem umfaßte die Gutturale k und g als Ver-
schlußlaute, kh und gh als Aspiraten, -q als Nasal, und zwar unter-
schied man drei verschiedene Gutturalreihen; vgl. Brugmann Grdr. P
§ 59Ö — 694. — Dann die Dentale ^ und </als Verschlußlaute und
th und dh als Aspiraten, s und z als Spiranten und n als Nasal.
— Ferner den Labial / als Verschlußlaut, ph und bh als As-
piraten, m als Nasal. — Schließlich die Liquiden r und / und
die Halbvokale j und w.
Das germ. Lautsystem kennt als Gutturale die Tenuis k und
die Spiranten y und ^, als Dentale die Verschlußlaute t und d
und die Spiranten s und z, d und /, als Labiale die Verschluß-
laute/ und b und die Spiranten /" und b\ dann die Nasale 'q n m^
die Liquiden r und / und die Halbvokale j und w.
Die genauere Bestimmung der Gutturale im Germanischen
gibt § 49.
Die Dentale des Germanischen scheinen sämtlich alveolar ge-
wesen zu sein; vgl. Braune IF IV 342.
Die Labiale (vgl. Wilmanns DGr.^ § 93) waren eigentl. labio-
labial, doch ist f früh labiodental geworden, worauf got. ahd. finf
für eigtl. fimf deutet.
Die Nasale waren im Germanischen dunkel gefärbt, wie sich aus
der Entwicklung von un um aus dn dm (^ m § 105) ergibt und aus
dem anglofries. Lautgesetz, wonach an am zu dn 6m werden.
Auch die Liquiden r und / waren dunkel; das folgt aus der
Vertretung von idg. /--^r und l-dl durch germ. ur ul (§ 105) und
in den westgerm. Sprachen hat sich besonders in Konsonanten-
verbindungen von r und / + Konsonant das dunkle Timbre ge-
wahrt, das sich in angls. Brechungen und oberdeutschem Umlauts-
mangel kund gibt.
IL Konsonantismus. 49
Kap. 10. Die Lautverschiebung.
§ 31. Die indogermanischen Aspiraten. Es bestanden in
der idg. Grundsprache harte {kh th pJi) und weiche {gh dh bh)^
und zwar nahmen die letzteren einen großen Raum im idg. Laut-
system ein, während die harten Aspiraten relativ selten waren. Diese
Aspiraten sind alle als solche im Altindischen bezeugt; teilweise
auch im Altgriechischen, wo x 0 cp als harte Aspiraten auch für die
idg. weichen Aspiraten gelten. In der Mehrzahl der idg. Sprachen
werden die idg. Aspiraten entweder durch die betreffenden Spi-
ranten oder durch die betreffenden Verschlußlaute vertreten.
Das Germanische hat Spiranten durchgeführt und zwar:
a) Die idg. Mediae aspiratae gh dh bh sind zu den Spi-
ranten ^ d b geworden, wofür aber nach § 42 auch tönende Ver-
schlußlaute eintreten können; orthographisch werden allerdings
diese Spiranten und Verschlußlaute gleichmäßig durch g d b dar-
gestellt; doch ergibt sich der Lautunterschied deutlich aus § 36:
got. guma aus idg. ghdmon- (lat. homo)\ got. ligan aus Wz. legh
(g^* ^^X^ÖJ S^t. laigön aus der idg. Wz. leigh (gr. Xeixw ind. rih)\
got. gasts aus idg. ghostis (lat. hostis)\ got. gaits aus vorgerm.
ghaid- (lat. haedus)\ got. agis aus idg. aghes (gr. d'xo«;). — got.
midjis an. midr aus germ. midja-z = idg. medhyos (ind. mädhya-
lat. medius) ; an. mjgdr 'Met' aus idg. medhu (ind. mddhu gr. |Lie0u) ;
got. daühtar gr. GuyaTrip; got. daur gr. 0upa. — asächs. klioban
aus der idg. Wz. glubh (gr. fXuqpuu); asächs. nebal ahd. nebul aus
idg. nebhdlä (gr. veqpeXri lat. nebula ind. ndbhas)\ got. bairan bäuan
beitan zu den ind. Wz. bhar bhü bhid(gr. qpepiu cpOu) lat. ferofui
findd)\ an. vefa ahd. weban zu der ind. Wz. vabh\ angls. beofäp
ahd. bibit aus idg. bhibhaiti (ind. bibkiti)\ asächs. Hof angls. ISof
zur ind. Wz. lubh,
b) Die idg. Tenues aspiratae werden in derselben Weise
zu tonlosen Spiranten verschoben (vgl. KZs. 26, 88) und fallen
insofern mit den idg. Tenues zusammen, als diese auch nach § 32a
zu tonlosen Spiranten verschoben werden : ahd. feim ind. phina-
'Schaum'; ahd. rtha ind. r^kha- 'Reihe'; ahd. huof ind. gaphä-
'Huf; got. Ivapö ind. kvath\ got. wipön ind. vyath\ got. skapjan
gr. 6.(5Yx\^x\c^\ nhd. liederlich gr. dXeuöepo«;; nhd. hinken ind. khang\
got. höha 'Pflug' ind. gdkha- 'Zweig' ; angls. fipa 'Fußheer' zu ind.
panth- 'Weg'; an. meipr 'Stange' ind. mithi-\ ahd. rad aus germ.
rapa- = ind. rdtha-\ ahd. flado aus germ. flapan- zu gr. TrXdGavov;
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 4
50 II. Konsonantismus.
g^rm. felßu 'Feld' zu md. pj'thü- 'breit'; über ge.tm. fallan = \dX.
/allere vgl. Et. Wb. unter fallen; ahd. hadara 'Lumpen' zu ind.
fithird' 'locker'; got. frapjan gr. cppdZ^iu aus Wz. phrat phrad\
ahd. glnääa zu ind. näthd- 'Hülfe'; an. m/ ''Dach' gr. ^peqpo^ idg.
rSph, — Diese Regel von der Verschiebung der Tenues aspiratae zu
tonlosen Spiranten erleidet Einschränkung a) durch das Vernersche
Gesetz, wonach nach § 36 tonlose Spiranten tönend werden
müssen und ß) nach § 35b in der idg. Verbindung skh sph stk^
die im Germanischen als sk sp st erscheinen.
Anmerkung. Der Anlaut von got. haban^ den ich mit Rücksicht auf lat. habere
Y^jL, 26, 88 auf Tenuis aspirata (Wz. khabh) zurückgeführt habe, fällt sicher nicht
unter die Regel der Tenues aspiratae, da got. haban als Durativum zu got. hafja
(unten § 194) = lat. capio gehört und lat. habeo besser mit got. gabei 'Reichtum'
zu einer idg. Wz. ghabh zu ziehen ist.
§ 32. Die indogermanischen Verschlußlaute, a) Die ton-
losen k tp des Indogermanischen werden zu tonlosen Spiranten x / /
(die literarische Vertretung von x ist Ji). Beispiele für den An-
laut; got. kaum lat. cornu\ ahd. hlinen gr. KXivr|; got. hilan lat.
ciläre\ got. hairtö lat. cord-\ hd. halm gr. KÖcXaiuo^ lat. culmus^,
hd. hals lat. Collum (Grdf. kolso-m)\ a.ng\s. peccan lat. legere; angls.
pynne lat. tenuis; angls. ßunorian lat. tonäre; got. preis lat. tres
gr. Tpei<;; got. fötus lat. pes gr. tto\J(; (ind. päd); ahd. fruo gr.
TTpuji; got. fill lat. pellis; got. ßsks lat. piscis. — Beispiele für
den Inlaut: got. bropar ind. bkrätf-; got. teiha lat. dico; ahd. loh
lat. lücus aus idg. loukos; got. tiuha lat. düco; got.faihu ind. pdf u;
got. iaihun gr. öexa; ahd. nevo ind. ndpät; ahd. swehur lat. socer;
ahd. zahar gr. 6dKpu; got. aha lat. aqua.
b) Die idg. tönenden Verschlußlaute g d b werden zn k t p
verschoben: angls. peccan lat. legere; got. qino gr. Y^vri (ind. gnä);
got. akrs gr. (XYpo^ ind. djra-; asächs. ahd. werk gr. ^pyov; got.
^;22?^ gr. Yovu; got. qiman ind. ^ä;;^; ahd. thunkön lat. iingere. —
got. hairtö lat. ^ör^- gr. Kapöia; got. sitan lat. sedere ind. j«^;
angls. jze;*?/^ 'süß' gr. fjöug ind. svädü-; got. /z£;<35 lat. ^^^ö gr. öuo
ind. dvä; got. 0;/ lat. ad; got. tamjan gr. öttjuauj; got. 2/^;/ gr.
IÖO|Liai ind. ad.
c) Bezüglich des vorgerm. b (Beitr. 20, 325) ist hervorzuheben,
daß es nur sehr wenige verbreitete Worte mit idg. b im Anlaut
gibt; etwas öfter ist urgerm./ = vorgerm. b im Inlaut: ndd. slap
(got. sUpan 'schlafen') zu aslav. slabü 'schlaff' (lat. labi 'gleiten');
got. ßaürp lat. tribus kelt. treb- in Atrebates; mndd. lippe andl.
lepor lat. labium; angls. slipor lat. lübricus. Über/ für q aus idg.^ze»
IL Konsonantismus. 51
s. § 46. In einigen der Provenienz nach unsichern vorhistorischen
Lehnworten (§ 30) begegnet die vorgerm. <^-Stufe zugleich mit germ./ :
got. paida (gr. ßaiTr|), angls. hcenep (gr. KCtvvaßK^). Sonst findet sich
gemeingerm. p noch in einigen jüngeren, meist lat. Lehnworten
wie got. pund (lat. pondd)^ angls. pipor (lat. piper). Griech. Ur-
sprungs sind got. papa 'Geistlicher' sowie hd. Pfingsten und
Pfinztag oben § 26. — Über germ. st und sk aus vorgerm. zd
und zg vgl. § 40 und § 70.
§ 33. Chronologisches. Der Verlauf unserer bisherigen
Darstellung entspricht der mutmaßlichen Chronologie der ge-
meingerm. Lautverschiebung. Bei der weitverbreiteten Um-
wandlung der Mediae aspiratae in tönende Reibelaute dürfen
wir vielleicht sogar die Vermutung aufstellen, daß dieser erste
Verschiebungsprozeß (Paul Beitr. I 199) bereits vorgermanisch,
d. h. während des Zusammenhanges mit andern idg. Sprachen
stattgefunden hat. Doch ist diese Annahme nicht zwingend, und
man kann anderseits für interngerm. Verschiebung eine Chrono-
logie aufstellen, wonach der erste Verschiebungsakt in der Aspi-
rierung der Tenues (idg. k t p zw. urgerm. kh tk ph) zu suchen
wäre; es könnten dann die neuen tonlosen Aspiraten mit den
altererbten zusammengefallen und weiterhin gemeinschaftlich dem
Übergang in tonlose Spiranten erlegen sein, wie etwa gleich-
zeitig die tönenden Aspiraten zu tönenden Spiranten geworden
wären.
Unsere Behandlung der lat.-röm. Beziehungen (Kap. 5) hat in
gleicher Weise wie die Lautgebung der germ. Lehnworte im Finni-
schen (§ 29 und § 48 Anm. i) und im Slavobaltischen (Kap. 7) ergeben,
daß im Beginn unserer Zeitrechnung die Lautverschiebung mitsamt
dem Kap. 12 zu behandelnden Vernerschen Gesetz völlig durch-
geführt war. Das einzige got. Krikös ahd. Kriahha = lat. Graecos,
das bei der von Paul dafür in Betracht gezogenen Möglichkeit
(Beitr. I 197) für sehr junge Verschiebung der idg. Medien sprechen
könnte, ist nicht beweiskräftig, da das anlautende germ. k eben-
sogut Substitut für den lat. Verschlußlaut g sein kann (das Alt-
germanische hatte im Anlaut nur y). Die nachbarlichen Beziehungen
zwischen Kelten und Germanen fallen schon vor die Zeit der
Lautverschiebung {Volcae = germ. Walhöz § 4); darum hat die
Lautverschiebung erst in der germ. Urheimat gewirkt; die Iden-
tität von angls. hcenep = skyth. Kdvvaßiq und got. paida = skyth.
ßaiTr) weist vielleicht auch auf solche Chronologie hin. Neuer-
4*
52 II. Konsonantismus.
dings vermutet Much Beitr. XVII 63 das 3. vorchristliche Jahrh.
als den Zeitraum, in dem die i. Lautverschiebung durchgeführt
wurde, Kossinna Beitr. XX 297 vielmehr das 4. Jahrhundert: beide
Annahmen datieren die Lautverschiebung wohl zu spät.
Anmerkung i. Ältere und neuere Theorien über die Ursachen der germ,
Lautverschiebung erörtert und vermehrt Feist Beitr. 36, 307 ff. Für das Alter
der Lautverschiebung ist noch hervorzuheben, daß sie als Hauptcharakteristikum
des Germanentums doch wohl schon in das 2. vorchristliche Jahrtausend zu
verlegen ist; denn auch die charakteristische Ausbildung des Urgriechischen und
des Urindischen war sicher schon im 2. Jahrtausend v. Chr. abgeschlossen,
und Gleiches wird wohl auch für das Uritalische und das Urkeltische zu gelten
haben.
Anmerkung 2. Das germ. Sprachmaterial der antiken Überlieferung setzt der
Datierung der Lautverschiebung scheinbare Schwierigkeiten entgegen, die zum
Teil durch unvollkommene Wiedergabe von germ. Lauten zu erklären sind,
wenn z. B. Catumerus Catuvolcus Catuvalda für zu erwartendes Chathumerus
usw. erscheinen. Freilich kann der Römer in solchen Fällen durch Einmischung
von kelt. Elementen (vgl. den Völkernamen Catu-rtges) zu seiner Schreibung
geführt worden sein. Anderseits zeigt die röm. Überlieferung vereinzelt wirklich
unverschobene Lautform, wenn z, B. der Völkername Teutoni dem got. piudanos
'Könige' entspricht: der germ. Völkername muß schon im 2. vorchristlichen
Jahrtausend zu benachbarten Kelten gedrungen sein und dort seine ältere un-
verschobene Lautform festgehalten haben. In andern Fällen wird schwer zu
entscheiden sein, ob ältere kelt. Lautform oder unvollkommene Lautschrift an
scheinbaren Schwierigkeiten Schuld ist : der germ. Völkername Nemetes (eigtl.
'Hainbewohner' zu asächs. nimid= gall. nemeton 'Hain') hat wohl eher kelt.
Lautgestalt, als daß an / für th zu denken wäre. Aber die Bezeichnung der
Slaven als Veneti substituiert wohl t für germ. th (vgl. ahd. Winida mit/ gegen-
über angls. JVinedas, das zu der bei Plinius bezeugten Schreibung Venedi stimmt);
doch kann auch der weitverbreitete kelt. Völkername Veneti die Schreibung
Veneti bei Tacitus veranlaßt haben. Übrigens erscheint auch der alte Völker-
name der Charuden mit grammatischem Wechsel als Charudes und in Überein-
stimmung mit angls. Hcerede auch als Charuthes (Much Beitr. 17, 204; Bugge,
Runenstein v. Rök S. 80).
Anmerkung 3. Daß die kelt. Lehnworte, die ins Germanische gedrungen
sind (oben § 4 ff.), teilweise die germ. Lautverschiebung mitgemacht haben, hat
als Beweis dafür zu gelten, daß die Germanen die Ausbildung ihrer sprachlichen
Eigenart als geographische Nachbarn der Kelten erlangten. Zu dem Völkernamen
Volcae = germ. Walhoz gesellt sich noch ein in der Glosse Chorthonicum
Walholant (Ahd. Gl. III 610, 4) steckende germ. Namensform Chorthoni, die
nach Stokes, Sprachschatz S. 63 mit der alten Bezeichnung der Brittanier als
TTp€TTavoi (für urkelt. Qftanös) zusammenhängt.
Anmerkung 4. Ein germ. Lehnwort im Keltischen beweist Lautverschiebung
schon für das 2. vorchristliche Jahrhundert, wenn das zuerst bei Lucilius be-
zeugte bräces bräcae 'Hose' mit Schrader ZfdW. i, 239 als echt germanisch an-
zusehen ist : das germ. Wort war in den letzten vorchristlichen Jahrhunderten
den Kelten schon geläufig.
II. Konsonantismus. 53
Kap. II. Ausnahmen der Lautverschiebung.
§ 34. Vorgerm. Störungen. Wo die im Kap. 10 vorgeführten
Regeln durchbrochen werden, liegen entweder kleinere Sonder-
regeln vor oder es sind die scheinbaren Anomalien aus Differenzen
zu erklären, welche aus der Zeit vor der Lautverschiebung
datieren.
a) Vorgermanische Störungen: vielfach läßt sich Wechsel der
idg. Verschlußlaute beobachten, derart daß in der Ursprache
Mediae und Tenues nebeneinander bestanden haben müssen. Seit
Zimmer QF 13, 287 nimmt man vielfach sekundäre Entstehung
von idg. Medien aus idg. Tenues in nasaler Umgebung an. Feste
Regeln über diesen Wechsel lassen sich nicht gewinnen ; für das
Germanische werden Differenzen der Dialekte untereinander und
nach außen hin auf diese Weise verständlich : got. taikns zu teihan
(die idg. Wz. d%k mit der Nebenform d^g vgl. lat. dignus)\ angls.
fdcen 'Betrug' neben got. faihö (idg. pik mit der Nebenform /%•);
asächs. drukno 'trocken' neben angls. dryge (idg. Wz. dhrük neben
dhrüg)\ germ. manßjan (ahd. mendan) aus einer idg. Wz. mant
(aber mit Erweichung ind. mand) 'sich freuen'; angls. huntian
'jagen* zu got. hinpan 'fangen'; mhd. stumpf Mnd. stumbel. Es sind
somit eine Reihe sicherer Fälle vorhanden, bei denen Nasalierung
mitspielt. Doch gibt es auch gleichartige Fälle ohne Nasalierung,
wofern got. hatis 'Haß' zu gr. köto^ und mhd. hader gehört (idg.
Wz. kot kod)\ vgl. ahd. nas aus germ. nata- mit gr. V0Tep6(; 'naß'
(idg. Wz. not nod) ; angls. düfan 'tauchen' und deop 'tief ; an. kroke
und hrtiga 'Haufen'. Vgl. Brugmann Grdr. P %70i.
b) Zu den vorgerm. Störungen zählen wir diejenigen schein-
baren Abweichungen der normalen Konsonantenentsprechung, die
in der Sonderentwicklung der verwandten Sprachen bedingt sind;
vor allem kommt hier das im Griechischen und im Indischen
beobachtete Hauchdissimilierungsgesetz in Betracht, wonach eine
Wurzel nicht mit Aspirata an- und auslauten kann: got. biudan
entspricht dem ind. budh gr. ttuO, insofern alle drei regelmäßig
aus idg. Wz. bhudh entwickelt sind ; ebenso beruhen got. bindan
ind. bandh gr. TrevGepo^ auf der idg. Wz. bhendh ; got. deigan ind.
dih gr. TeTxoq lat. figulus auf der idg. Wz. dhtgh\ ahd. driogan
ind. druh auf idg. dhrügk\ ahd. buog ind. bähü- gr. TTfJxu? auf idg.
bhäghü-\ ahd. gebal aui GrdL ghebhald gr. K€9a\r| Fick BBeitr. II 265.
Außer diesen und ähnlichen von Grassmann KZs. 12, 81 erkannten
54 n. Konsonantismus.
scheinbaren Ausnahmen der Lautverschiebung bei doppelter Aspi-
rata in der Wurzel wären noch mehrfache Einzelgesetze der
übrigen idg. Sprachen zu erwähnen, durch welche das Lautver-
schiebungsgesetz scheinbar gestört wird; so ist z.B. im Indischen
h für g in einigen Fällen eingetreten : ind. duhitdr aber gr. ©uyairip,
ind. mähi {majmdn) aber gr. jueY« an. mjgk KZs. ii, 177. Über
derartige Einzelgesetze der verwandten Sprachen ist auf Brug-
manns Grundriß I zu verweisen.
§ 35. Germ. Störungen, a) Zu den internen Störungen der
germanischen Lautverschiebung gehören die gemeinindoger-
manischen Konsonantenverbindungen kt pt tt und sk st sp : das
zweite Element dieser Verbindungen bleibt unverschoben, in ktpt
tritt Spirans xt fi ein (die Verbindung // ist besonders zu be-
handeln); vgl. got. ahtau gr. öktüu; got. nahts gr. vukt-; ahd. sehto
'der Sechste' gr. eKT0(;; got. raihts lat. rectus\ ahd. nift{ild)
lat. neptis ind. naptt\ got. hliftus gr. KXe'rTTr|(;; got. fimfta gr.
TrejUTTTO^.
b) Beispiele für idg. sk st sp = germ. sk st sp: lat. västus ahd.
wuosti] \dit. piscis got. fisks\ \dit. hostis got. gasts\ lat. specio ahd.
spehdn\ lat. sponti- 'Antrieb' ahd. spanan 'antreiben'.
Für idg. skh sth sph gilt germ. sk st sp\ ahd. spaltan nach P. v.
Bradke = ind. sphöt sphut 'spalten'; ahd. sptirnan ind. sphur\
angls. spöwan ind. Wz. sphä\ got. skaidan aus idg. sqhait (gr.
(5y^Xs)S)\ ahd. stän star ind. sthä sthird-\ ahd. stollo ind. sthünä
'Säule' ; ahd. first ind. pj-sthd- 'Gipfel'.
c) Wir schließen hieran die Behandlung von idg. ks ps^ die im
Germanischen als hs und fs erscheinen: got. taihswa = lat. dexter\
got. saihs = lat. sex\ ahd. wahs idg. woksü- (gr. öHu^); ahd. ahsa
'Achse' aus idg. aksä (lat. axis)\ got. aüksa aus idg. uksn- (ind.
uksdn')\ ahd./a/is 'Haar' (ind. paksd-). Ähnlich wird /vor ^ zu ^;
vgl. Suffix sni in got. anabüsns aus vorgerm. -bhütsnis für bhüdhsnis
(zu got. biudan)\ got. usbeisns aus "^-bhitsnis (zu got. beidan) für
bhtdhsnis\ auch angls. wräsen (ahd. reisan) aus *wroitsna (zu angls.
wridan) ; ferner ahd. brösma 'Brocke' aus "^bhroutsmen- iüvbhroudsmen-
(angls. breotan)\ ahd. rosamo aus ^rutsmen- für rudhsmen- {Wz. idg.
rüdk); angls. ondre'sn 'timor' aus -etsni (eigtl. /^, daraus .y.y; über
den Wandel von j.y in i- § 65). — Germ, fs in ahd. lefs 'Lippe'
geht auf vorgerm. leps für eigtl. lebs- (vgl. leb in angls. lippa andl.
lepor) zurück; ebenso ahd. ahsala neben uohhasa auf idg. aksld
für eigtl. ag{e)s-. So beruht das ps von lit. vapsa 'Wespe' = ahd.
IL Konsonantismus. 55
wafsa wohl auf der idg. Wz. webh 'weben'. Vgl. gr. dHivr| neben
got. aqizi aus einer idg. Wz. ag.
d) Die idg. Lautverbindung // wird urgerm. vor Konsonanten
vereinfacht zu p vor n in got. sibun = idg. septn- (§ 300).
Über die Anlautsverbindung idg. // = vorgerm. p vgl. § 69 a.
e) Germ, ht ft beruhen jederzeit auf idg. kt pt\ in allen Fällen,
wo / als Suffix an eine Wurzel auf Gutturale und Labiale tritt,
war vorgerm. kt pt gesetzlich : got. waiirhts 'gewirkt' aus idg.
wxkto-s Wz. wj'g (gr. IpYOv) ; got. daühtar aus idg. dhukter (: gr.
GuYOiTrip). Daher got. -gifts zu giban^ saühts zu siukan, raihts
(lat. rectus) zu lat. regere, got. gaskafts zu skapjan, brähts pühts
baühts usw. zu briggan pugkjan bugjan usw.
Eine Ausnahme bildet got. gahugds sowie die schwachen Praete-
rita asächs. habda sagda^ die auf einem älteren Gesetz (idg. gh + A
bh -\- t = idg. ghdh bhdh) zu beruhen scheinen.
f) Idg. / + /hat im Germanischen Verschiebung zu .y^ erfahren;
eine früher angenommene Mittelstufe // ist von Braune IF IV 341
widerlegt. Vgl. got. gawiss zu witan (aus wit-to-s) ; got. gaqiss
zu qipan (Grdf. gwetti)\ got. Jvassaba zu hatjan (idg. Grdf. qotto
idg. Wz. qod)\ weiteres über ss § 62b.
Anmerkung, Ein von Brugmann P § 527 aufgestelltes Gesetz «/ + >^ im Wort-
innern ergibt germ. sk-» gründet sich auf Fälle, bei welchen ebensogut das germ.
sk aus idg, t -V sk gedeutet werden kann : an, beiskr 'bitter' kann aus idg. bhoii-ko-s,
aber auch aus idg. bhoit-sko-s, ahd. rase 'schnell' entweder aus idg. rot-ko-s oder
rot-sko-s (altir, rethim 'laufe') gedeutet werden.
Kap. 12. Der grammatische Wechsel und Verners Gesetz.
§ 36. Erweichung der tonlosen Spiranten. Während
die indogerm. Grundsprache nur einen tonlosen Reibelaut {s)
besitzt, weist das Germanische infolge der Verschiebung der
idg. Tenues und Tenues aspiratae {t-th p-ph k-kJi) noch die
Reibelaute xfß auf; dieselben gelten ursprünglich gesetzlich
an allen Stellen des Wortkörpers, haben aber unter dem Ein-
fluß der vorgerm. Betonung, die nach § JQ im Urgermanischen
noch herrschte, teilweise eine sekundäre Verschiebung zu den
tönenden Spiranten {^ d b z) erfahren. «Die nach Vollzug der
germanischen Lautverschiebung vorhandenen vier harten Reibe-
laute h p f s sind außer in den Verbindungen ht hs ft fs sk st sp
erweicht, wenn der nächst vorhergehende Sonant nicht nach der
idg. Betonung den Hauptton trug.» Diese von Paul Beitr. 6, 538
aufgestellte Formulierung der berühmten Entdeckung Verners
56 II. Konsonantismus.
KZs. 23, 97 sei zunächst nach der Richtung hin illustriert, daß
wir Beispiele anführen, in denen die tonlosen Spiranten bei vorger-
manischer Akzentuierung des zunächst vorhergehenden Vokals
haften geblieben sind : got. faihu ind. pägu ; got. taihun ind. dd(fa
gr. Ö^Ka; got. brößar ind. bkrät^-^ ahd. nevo ind. ndpät\ got. ßmf
ind. pänca gr. irevie; got. wulfs ind. vfka- gr. X0kO(J. Die im Indi-
schen bewahrte idg. Betonung läßt sich also auch im Germanischen
erkennen, sobald eine Silbe auf einen tonlosen Spiranten ausgeht:
got. qipu-s aus idg. gwetu-s\ got. haha- 'Hals' aus *kölso- (lat.
colluni)\ got. neJvs 'nahe' aus niqo-\ ahd. föh löfi = lat. paucus
lücus usw.
Ist die von einem tonlosen Reibelaut geschlossene Silbe ohne
Akzent gewesen, so entsteht daraus tönender Reibelaut, weswegen
idg. pater swekrü kasö zu germ. fader swer^rü hazo führen und
zwar durch die Mittelstufe '^faper "^swe^rzi '^hasö hindurch. Vgl. auch
asächs. edor 'Zaun' aus germ. edozo- für eßosö- = ind. atasd- 'Ge-
büsch' (Beitr. 25, 571). Die so entstandenen tönenden Spiranten
können nach § 42 mit Medien g d b (resp. nach § 148 mit r)
wechseln: got. hund aus hundö- = hunpö- == gr. eKaiöv ind. gatd-\
got. hardus aus '^harpü- = gr. KpaTU(^; got. jugga- für juK\d- aus
*juwn\6- (ind. yuvagd- lat. juvencus) ; ahd. swigar ind. gvagrü ; an.
j//^r 'Wölfin' mdi.vTki-\ got. tigus gr. beKciq; got. ßridja ind. txtfya-;
%Q>t. fidwor ind. catvdras\ angls. snoru^=m^. snmä\ angls. hara
'Hase' = ind. gagd-. Diese und andere Belege bei Verner a. a. O.
Beispiele für die Erweichung von//x "= ^^S- t^ P^ ^^ sind wohl
an. fold ind. pTthivf Beitr. 9, 193 ; angls. hreddan ind. grathdy und
angls. and 'und' ind. atha Beitr. 10, 443, 444; an. mgndull zu ind.
manthd\ ahd. nagal ind. nakhd\ mhd. ^Ä^^/ avest. y^^ö/ij; 'Berg'.
Vgl. KZs. 26, 88.
Anmerkung. Über Sievers' Gesetz, wonach hw mit w wechselt, s. § 46 und
über einen grammatischen Wechsel von jj mit j (an. Frigg: got. frijon) und
«/zc mit ze; vgl. § 58.
§ 37. Wechsel von tonlosen und tönenden Reibe-
lauten. Da nach § 75 der vorgerm. Akzent variabel war, d. h.
innerhalb gewisser Formensysteme nach festen Normen wechselte,
so können Wortstämme resp. Verbalwurzeln im Auslaut bald ton-
lose, bald tönende Spiranten aufweisen, a) Diesen Wechsel nennt
man seit Holtzmanns Ad. Gr. 1878 grammatischen Wechsel, insofern
er innerhalb der verbalen Stammbildung auftritt : ahd. ziohan zöh
zugumes gizogan^ zzhan zeh zigumes gizigan, dthan gidigan^ angls.
seopan seap sudon gesoden, forleosan forleas forluron forloren^
IL Konsonantismus. 57
dreosan gedroren. Der hier zutage tretende Wechsel im Wurzel-
auslaut ist durch das Vernersche Gesetz erklärt; den darnach
vorauszusetzenden idg. Akzentwechsel zeigt das Indische, darüber
s. unten § yj. Daß auch die Faktitiva im Verhältnis zu den pri-
mären Verben grammatischen Wechsel zeigen (angls. Icedan zu
Izßan^ got. frawardjan zu wairpan usw.), ist auch durch die ind.
Akzentuation gerechtfertigt Verner KZs. 23, 120. Auch Doppel-
formen wie got. pahan : ahd. dagen und ahd. frähen : fragen er-
klären sich durch alten Akzentwechsel.
b) Derselbe Wechsel von tonlosen und tönenden Spiranten ist
auch für die nominale Stammbildung bedeutsam; vgl. an. ylgr
(ind. vfki-^ mit got. wulfs (ind. vfka-) ; ahd. swigar (ind. fvagrü-)
mit ahd. swehur\ an. haugr 'Hügel' mit got. hauhs 'hoch'; Mate-
rialien s. Stammbildungslehre passim. Da auch innerhalb der Dekli-
nation Akzentwechsel die einzelnen idg. Formen trennte (gr. irööa :
TTOÖoq, ind. mdnus Lokativ manäu^ sdna- Ablativ sanät u. a.), so
kann ein und dasselbe Nomen innerhalb des Germanischen gram-
matischen Wechsel aufweisen § 218.
c) Unsere bisherigen Belege sind alle dem Wurzelauslaut ent-
nommen ; dasselbe Gesetz gilt aber auch von allen tonlosen Spi-
ranten in Suffixen; nur läßt sich die strenge Regel hier nicht
erkennen, weil hier zahlreiche Analogiewirkungen eingetreten
sind; zugunsten einer Uniformierung sind nach dem Eintritt der
germ. Akzentgesetze entweder Formen eliminiert oder ursprünglich
geregelte Doppelformen unverständlich geworden; z. B. sollten
ursprünglich oxytonierte Maskulinstämme wie gr. Kpaxuq ind. sünu-
im Germanischen tonloses ^ als Nominativcharakter haben; aber
alle Nominative des Singulars haben im Germanischen z gehabt
nach dem Muster der paroxytonierten wie *wulfaz (= ind. vfkas).
Diese Erscheinungen gehören in die Formenlehre (Kap. 43. 46).
d) Außer dem Wortin- und -auslaut scheint gelegentlich auch der
Wortanlaut von dem Vernerschen Gesetz betroffen zu werden,
wie Bugge Sv. Landsm. IV 2, 48 und Beitr. 12, 399 erkannt hat.
Zahlreich sind anlautende bl statt und neben ^: \\d. ßecken ndd.
blecken'^ oberd. ßach md. blach (hess. blacke 'flache Hand', Schweiz.
^/«^^^ 'großes Brett') ; hd.fladen Schweiz, ^/«^^^r 'Kuhfladen' ; ahd.
blos 'superbus' = ßösltkho (got. flauts)\ angls. dyhtig neben f>yhtig\
angls. dim neben asächs. thim 'finster* ; angls. deorc neben deorc
mittelengl. therke 'finster'. Hierher wohl auch got. ga- als Präfix
= lat. CO- (neben com-) unten § 283. Wahrscheinlich rührt der
58 II. Konsonantismus.
grammatische Wechsel im Wortanlaut zum Teil aus dem Gebrauch
von Worten als zweiten Kompositionsgliedern her.
§ 38. Störungen. Es erübrigt noch, zu konstatieren, daß
germ. ht ft hs fs ss sk sp st durch das Vernersche Gesetz nicht
betroffen werden; mit ind. uksdn- vgl. ahd. okso\ mit ind. astdu
gr. ÖKTUJ vgl. got. ahtau ahd. ahto\ ahd. nift ind. naptl-\ wichtig
sind germ. dohtr- ind. duhUf und got. liuhaß : liuhtjan idg. Uukot- :
Bechtels Annahme, wonach idg. st im Germanischen zu zd durch
das Vernersche Gesetz geworden sein soll (ZfdA. 21, 214), ist durch
Kögel Beitr. 7, 192 widerlegt. Kögels Vermutung, wonach idg. // im
Germ, st und mit grammatischem Wechsel ss werden soll (Beitr. 7,
171), ist nach Beitr. 9, 150 nicht stichhaltig.
Anmerkung. Nachdem Rud. v. Raumer (Gesamm. sprachwissenschaftliche
Schriften) S. i fF. der Phonetik eine hohe Bedeutung zuerkannt, hat man
neuerdings, zumal seit Scherers Behandlung der Lautverschiebung zGDS ^ 32,
durch lautgeschichtliche Parallelen wie durch theoretische Erwägungen die Pro-
bleme aufgeklärt. Während die phonetische Behandlung der idg. Verschlußlaute
einfach und ohne besondere Schwierigkeit war, schwankte die Auffassung von
i<^g« S"^ = germ. g, idg. dA = germ. d, idg. dA = germ. d. Scherer setzte tönende
Reibelaute als Übergangsstufe. Paul hat das Verdienst (Beitr. I 145) die sprach-
lichen Beweise für diese Auffassung ausführlich vorgeführt und die Existenz der
tönenden Reibelaute in großem Umfang für das Altgermanische erwiesen zu
haben. Braune lieferte Beitr. I 513 eine weitere Stütze für die Theorie der
tönenden Reibelaute aus dem "Wechsel j : z und einer genauen Betrachtung des
grammatischen Wechsels, der zuerst von Holtzmann Ad. Gr. I 346 erkannt zu sein
scheint. Verner fand KZs. 23, 97 die Lösung des Problems des grammatischen
Wechsels, beseitigte damit die hauptsächlichste Ausnahme der Lautverschiebung
und lieferte zugleich ein weiteres Beweismoment für die Theorie der tönenden
Reibelaute, die ten Brink Angl. I 515 aus der angls. Lautgeschichte stützte.
Kap. 13. Die urgermanischen Spiranten.
§ 39. Idg. s. Aus dem Indogerm. hat das Germanische nur
einen tonlosen Reibelaut ererbt, das s. Innerhalb des Germa-
nischen erfährt das idg. s eine Einbuße durch den grammatischen
Wechsel i^hazo angls. hara neben ahd. haso^ *auzö ahd. öra neben
got. ausö^ ahd. snura = ind. snusa).
a) Beachtenswert ist, daß die indogerm. und auch die jüngere
germ. Verbindung sr im Germanischen zu str wird: ahd. ström
altir. sruaim zur idg. Wz. sru (ind. sru gr. pu) 'fließen'; angls.
streawberie lat. frägum aus idg. sräghw IF IV 309; angls. Eostre
(germ. Austrd) Trühlingsgöttin' zu lit. auszra = ind. usrä 'Morgen-
röte' ; mndl. deemster 'finster' aus germ. pimistra- für idg. iemesro-
II. Konsonantismus. 59
zu lat. tenebrae = ind. tamisrä\ got. swistr Dat. Sg. = ind. svasri
'der Schwester' zum Stamme svasar-, der deshalb im Germanischen
als swestr- (ahd. swester) erscheint (vgl. andd. swiri 'Schwester-
sohn' aus swesio-?)\ ahd. stredan lat. fretum aus einer idg. Wz.
sret Fick GGA 1894, 245. Auffällig an. strodenn Partiz. zu serda.
Hierher got. gilstr 'Steuer' (^u gildan) aus ^gelsr für "^gelssro-
*ghelttro- ; ebenso angls. föstor (Grdf. fostra-) zu fedan Beitr. 9, 1 50.
b) Über die idg. Sprachen verbreitet ist die Erscheinung, daß
verschiedene Worte bald mit, bald ohne s im Anlaut auftreten :
ahd. spehön lat. specio aber ind. Wz. pag 'sehen' ; got. ^ßakjan
lat. Wz. teg 'decken' gr. (TieY^iv lit. stögas ind. sthag\ lat. tundo
ind. tud got. stautan ; ahd. hinchan gr. cTKdZiuj ; ahd. sleo aslav. Uvü
'link'; an. prgstr 'Drossel' lit. siräzdas\ ahd. stehhan ind. Wz. tig
tij\ ahd. sceran gr. Keipuj 'schere'; ndd. schuft 'Schulterblatt' ind.
füpti- BBeitr. I 341 ; dihd.latta altir. slat 'Latte'; ahd. lam ind. sräma.
Innerhalb des Germanischen begegnen mehrfach ähnliche Doppel-
formen: Island, frekla 'Sommersprossen' nhd. gesprenkelt', ahd.
stior an. pj6rr\ a.ng\s. protu ndd. fries. strote; an. nef ahd. snabul;
angls. n^ss an. snps; mhd. tznk ndrrhein. slink; angls. hrympele
'Runzel' an. skrukka\ angls. meltan ahd. smelzan\ an. melr schwed.
smälg 'dünnes Gras' mhd. smelhe smelwe (Grdf. idg. s-melqo-)\ fries.
skokka PI. 'Garben' engl, shock = ndd. hocken. Vgl. Joh. Schmidt,
Vokal. II 284; Möller KZs. 24 460; EStud. III 157; Siebs KZs. 37,
277 und Hollander, Prefixal s in Germanic 1905. Daß der .r-Anlaut
nicht immer das Ursprüngliche sein muß, lehrt ind. parnd- = lit.
sparnas 'Flügel' nach § 69 a.
§ 40. Tönendes z setzt Osthoff KZs. 23, 87 für die idg.
Grundsprache in bescheidenem Umfang voraus, a) Die idg. Ver-
bindung zg zd verschiebt das Germanische der Hauptregel gemäß
zu sk st\ vgl. ahd. m&sca an. mgskve (gemeingerm. mesqen- schwN.)
aus idg. mezgen = lit. mazgas\ mhd. meisch angls. mdsc aus vor-
gQrm.maizgo- = disXdiW. mizga\ ahd. Wascun zmX^X. Vosegus; ferner
ahd. nest aus mzdo- {xnd. ntid- lat. nfdus); Bhd. mast{boum) zu lat.
malus aus mazdo- KZs. 25, 313; ahd. geist mast nach v. Bradke
KZs. 28, 295 = ind. hiias midas aus idg. ghaizdos mazdos\ an.
lesta zu lat. laedo fidg. Wz. laizd?) ; got. asts gr. ÖZ;o^(ö(TÖoq) aus idg.
ozdo-\ ahd. gersta lat. hordeum {ghfzd Beitr. 8, 523); 2in. ßrpstr
lat. turdus {trzd?) lit. sträzdas\ mhd. vist lat. pedo (idg. V^z.pezd)
Fick BBeitr. 7, 94; got. aistan ind. ti Bartholomae BBeitr. 12, 91.
b) Erhalten blieb der idg. 2-Laut in vorgerm. zgh zdh = germ.
6o II. Konsonantismus.
zg zd\ Grdf. ntazghos N. = germ. mazg{az) vgl, an. mergr ahd. marg
(aslav. mozgü avest. mazga-)\ idg. mizdho- (ind. mtihd- gr. )nicr06-q)
mizdhä (aslav. mizdd) got. ntizdd\ got. ^/^i^^j lat. ^^^/^ Osthoff
KZs. 23, 87; got. huzd lat. <:«5/ö.f (Grdf. kuzdh). Ähnlich urgerm.
zd in ahd. ort brort an. (?ö^ö^r broddr (altir. ^r^/ 'Stachel' aus bruzda)^
angls. heord an. haddr^ got. razda. Auffällig im Heliand (C) V. 1647
165 1 1654 3261 3284 3288 hord horth neben hord 2490.
q) z ist im wesentlichen nur gotisch, die übrigen Dialekte haben
R resp. r (§ 148), soweit nicht Ausgleichungen oder sonstige Ge-
setze gewirkt haben. Durch antike Überlieferungen wird an. geir
angls. ^ir 2Mi gaiza- {lat. gaesum), a.ng]s. g/s^r auf g/eza- (lat. glesum)
zurückgeführt. Sonst sind Parallelformen mit s und r Beweise für
urgerm. z: ahd. öra aus *auz6n (got. auso); ahd. beri (ndl. bes
got. basi) aus *bazja-\ ahd. elira angls. ^^/t'r gegen ndl. ^/f got.-span.
aliso\ ahd. irri got. airzeis ind. irasydti\ ahd. marren got. marzjan\
ahd. barren 'starr sein' neben ^ör.y/ 'Borste'. Beachte den be-
weisenden i?-Umlaut in an. ^/;/r ^r «;/r<3; gegen angls. ^//ör deor
ahd. nioro\ an. e'^r angls. ze'*^'^ 'Meer' vgl. Bugge Tidskr. f. Filol. 7, 320.
d) Die Verbindung zn steckt in got. razn an. rann angls. cern
(und rcBsn) ; an. hrgnn 'Meer' angls. hcern aus *kraznd-. Im West-
germanischen und Nordischen ist dieses zn zu ;2;^ angeglichen in
altangls. hrcsn 'Meer' und rcen 'Haus' (und zwar erst nach dem
Eintritt der angls. Tonerhöhung von a zu cb). Für rzn aus rsn
zeugen ahd. hornün aus germ. horzn- und mlat. furslo für hurslo
(oben § 13) ndl. horzel aslav. srüsenü 'Hornisse', ahd. hirni (aus
"^hirznjo-) ndl. hersen (ind. ftrsdn-). Vgl. Beitr. VIII 521.
e) zm wird urgerm. bereits zu mm assimiliert (unten § 60): got.
im aus *immi "^izmi idg. esmi^ ferner in got. imma pamma für
ursprgl. *izme "^pazme = vorgerm. i-smed to-smed s. unten § 60
und § 234. Wenn aber dem ind. mämsd- 'Fleisch' ein got. mimza-
(i. Cor. 8, 13) entspricht, so deutet wohl auch asächs. thim 'dunkel'
wegen ind. tamasd- auf ein got. '^pimza- : mz hat also urgermanisch
noch bestanden.
Anmerkung i. In d^n einzelnen Dialekten läßt sich Angleichung von z an
vorhergehende r und / sowie s und n öfters beobachten : angls. se//a s&lla aus
*sdlizo 'besser', wyrsa 'schlechter' für ^wirsizo ; Icessa 'weniger' aus *laisizo ;
an. minne 'weniger' aus *mlnnlze, hreinne 'reiner' aus *hrainize\ vgl. noch
angls. pisse neben pisre. In diesen Fällen ist die Angleichung erst nach der
Synkope vollzogen.
Anmerkung 2. Das Gotische bewahrt urgerm. rz in airzeis und marzjan^
wo die übrigen Dialekte gesetzlich rr haben. — In jüngeren Dialekten zeigt sich //,
wo einmal germ. zl gegolten haben muß, ohne daß sich etwa durch gotische
II. Konsonantismus. 6i
Beispiele oder sonstige Garantien das Alter der Angleichung erweisen ließe ;
darüber Beitr. VIII 524.
§ 41. Die tonlosen Spiranten des Germ, gehen durchaus
auf vorgerm. Tenues (oder seltener auf Tenues aspiratae) zurück;
im Wortinnern weisen sie zudem stets auf die vorgerm. Akzen-
tuierung des zunächst vorhergehenden Vokals hin. Beispiele:
got. hafja lat. capio\ got. faihu lat pecu; got, ßa/ia lat. faceo;
got. fraihnan lat. precor\ got. peibö 'Donner' aslav. tqca\ got.
fimf ind. pänca ; got. haihs lat. caecus ; ahd. fdh lat. paucus. —
Got. ßragjan an. prall aus idg. Wz. t{h)rek{h) ; ahd. rävo 'Sparren'
aus '^rip{h)en- (eine idg. Wz. reph in gr. ^pecpoq 'Dach').
§ 42. Die tönenden Spiranten des Urgermanischen, welche
entweder durch das Vernersche Gesetz § 36 aus tonlosen urgerm.
Reibelauten oder aus idg. Mediae aspiratae § 31a entstanden sind,
sind größtenteils gemeingerm. zu Medien geworden. Darüber
vgl. Paul Beitr. I 147. Anlautend sind h und d nur noch als Ver-
schlußlaute bezeugt, ja für anlautende Spiranten i und d spricht
überhaupt kein historisches Zeugnis außer vielleicht nach Wimmer,
Run. 2 108 der Ursprung der Rune / aus lat. D\ wir kennen nur
tönende Verschlußlaute b und d im Anlaut, hier sind die tönenden
Spiranten rein hypothetisch, aber sichere Postulate der Theorie
der Lautverschiebung.
Ganz dasselbe gilt von h und d nach den gleichartigen Nasalen ;
also nur mb^ nd für eigtl. mt^ nd. Als germ. Grundformen sind
daher anzusetzen bindan aus '^i'endan^ dumbaz (got. dtimbs an.
dumbr) aus "^dumba-z usw. Auch inlautende Id und zd (für eigtl.
Id zd) gelten für das ganze germ. Gebiet: got. kalds an. kaldr
westgerm, kald aus germ. kaldaz für eigtl. *kaldaz und got. huzd
diVi.hoddrdLMSgGrm. huzdaivx eigtl. '^huzda\ r^ bewahrt das Nordische
{gard bord) gegen got.-westgerm. rd (got. baürd gards)\ post-
vokalisch bewahren das Gotische und das Nordische die Spiranten
t d\ im Altnordischen zeigt sich in Übereinstimmung mit dem
Angelsächsischen und Altniederdeutschen in- und auslautendes b.
Y hat im Anlaut gemeinwestgerm. spirantische Funktion, desgl.
im In- und Auslaut.
Kap. 14. Die indogermanischen Gutturale.*)
§ 43. Die indogermanischen Gutturalreihen. Außer den
bereits behandelten Regeln, wonach Verschiebungen der idg.
*) Vgl. Zupitza, Die germ. Gutturale, Berlin 1896.
62 II. Konsonantismus.
Gutturale eingetreten sind, bedürfen noch zahlreiche Erschei-
nungen, welche das Germanische charakterisieren, der Bespre-
chung. Besonders ist der Zusammenfall der drei indogerm, Gut-
turalreihen (oben S. 48) im Germanischen hervorzuheben: die
germ. h k g können auf alle idg. Gutturalreihen zurückgehen:
%o\.. juk (ind. yugd-), ahd. chuo angls. cü (ind. gäm), got. kaürus (ind.
gurü- gr. ßapu^) beruhen auf idg. Wurzeln mit velarem g^ während
k in got. akrs (ind. djra-), kunnan (ind. Wz, jaii), kinnus ik auf
palatalem g beruht; so ist h in got. haidus (ind. ketü-), ahd. href
(ind. krp-)^ naht (ind. nakt-), hahsa (ind. kdksa-) ein idg. Velar;
dagegen steckt ein idg. Palatal in dem h von got. hu7td (ind. fatd-),
got. hliuß (zur ind. Wz. fru)^ an. hjarse (ind. firsdn-)^ got. aika-
(ind. dfva-), got. swaihra (ind. fvdfura-)^ ahtau (ind. astdti) usw.
Im allgemeinen kann demnach die genaue Herkunft der germ.
Gutturale nur aus den verwandten Sprachen, besonders dem Slavo-
lettischen. Armenischen und Indoiranischen erkannt werden; wir
können hier nicht darauf eingehen, wie die letztgenannten Sprachen,
die man nach § i Anm. i unter dem Namen '^«/^»^-Sprachen' zu-
sammenfaßt, über die germ. Gutturale Aufschluß geben ; darüber vgl.
Brugmann I § 596 ff. Nur die Fälle sollen hier zur Sprache kommen,
in denen der idg. Unterschied der reinvelaren und der labio-
velaren gegenüber den palatalen Gutturalen im Germanischen
noch zutage tritt. Während die idg. Palatalreihe durch nichts
innerhalb des Germanischen charakterisiert wird, zeigen die velaren
Reihen des Indogermanischen im Germanischen wie im Südeuro-
päischen und Keltischen Labialisierungen, indem sie nicht bloß
durch k h g^ sondern auch durch kw hw gm und p f b repräsentiert
werden : wo immer im Germanischen sekundäre Labialisierungen
vorliegen, ist von idg. Velaren auszugehen. Dabei ist selbstver-
ständlich von Fällen wie got. ai/va- 'Pferd' = ind. dfva- (idg.
ek'^wo-) oder von got. keits 'weiß' zu ind. gvetd- 'weiß' oder von
got. kapo 'Schaum' zu der ind. Wz. kvath abzusehen : die germ.
kw hw können zuweilen echtes uridg. w aufweisen, was mög-
licherweise für lat. aqua got. aka oder für got. afhapnan Jvassaba
höta köpan u. a. gilt.
Anmerkung. Das Gutturalproblem ist für die germ. Sprachen weniger wichtig
als für die übrigen idg. Sprachen : infolge des Zusammenfalls mehrerer Reihen
liefert das Germanische keine entscheidenden Kriterien, wenn Diflferenzen zwischen
den idg. Sprachen bestehen. Denn keine idg. Sprache zeigt die mutmaßlichen
Grundverschiedenheiten noch durchweg in ihrer ursprünglichen Reinheit, wenn
z. B. preuß, pecku 'Vieh' dem ind. pägu^ aslav. svekrü 'Schwiegervater' dem
II. Konsonantismus. 63
ind, fvdgura-, lit. akmü 'Stein' dem ind. dgman- und lit. klausyii 'hören' der ind.
Wz. frus gegenüberstehen. Germ. Entsprechungen solcher Fälle würden sich mit
beiden Möglichkeiten vertragen, wenn es auch wahrscheinlich oder so gut wie
sicher ist, daß man das Germanische hier besser mit dem Indischen zu ver-
gleichen hat.
§ 44, Labialisierung im Anlaut. Die Entwicklung zu kw
gw ghw treffen wir auch im Griech., Latein, und Kelt. (Brugmann
a. a. O.). Im Germ, ist sie im Anlaut eingetreten vor idg. e i
QF 32, 8 und nach Möller Beitr. 7, 482 auch vor idg. df, während
sie vor idg. ö ü unterbleibt. Chronologisch ist wichtig, daß die
Labialaffektion während des Bestehens des idg. Vokalismus statt-
gefunden hat; denn nur vor germ. a = idg. a tritt sie ein, nicht
auch vor germ. a = idg. 0. Gleiches gilt von germ. ö: germ. ö
= idg. ä hat Labial äffe ktion vor sich, bei germ. ö = idg. ö unter-
bleibt sie: idg. gfwo- {ind. jwd-) got. qiwa-\ idg. genä (ind. gna)
got. qinö\ idg. geni- (ind. jäni-) got. qens'., got. qiman idg. Wz.
gem\ ahd. querdar 'Köder' zu gr. ßopd .? ahd. querchala (lat.
gurgtild)\ angls. cwidu 'Harz' ind. jdtu-\ got. qairnus lit. glrna\
ahd. quelan quäla idg. Wz. gel (lit. gelti) ; angls. hwer 'Kessel' ind.
carü- ; an. hvel angls. hweol aus idg. kekro- (ind. cakrd-) ; angls.
hwösta 'Husten' idg. käs (ind. käs)\ nach Bezzenberger BBeitr. 5, 175
gehört got. kara zu ahd. queran. Wohl auch in got. qißus (und
lausqißrs) liegt q aus g vor. Hier erklärt sich Wechsel von k
und kw usw. in got. preihan an. pryngva\ got. lew 'Gelegenheit*
zu ligan\ got. skohs 'Schuh' zu skewjan 'gehen'; got. brükjan zu
lat. fruor für '^frugvor\ got. battgjan neben angls. bywan aus
*bauwjan (Orrm bstwenn aus "^beawian für ^^bauwön) ; ahd. ntgan und
got. hneiwan für *hneigwan (Wz. knigk in lat. contveo). Beachte
ahd. sagen 'sagen' zu der idg. Wz. seq in got. spül aus *sqetlon.
§ 45. Labialisierung im Inlaut. Im Inlaut lassen sich feste
Regeln über diese Labialisierung für das Germanische nicht mit
Sicherheit ermitteln; wahrscheinlich haben hier jedoch die gleichen
Regeln gewirkt wie im Anlaut, sind aber infolge des Suffix-
ablautes verdunkelt oder verwischt. Belege: got. leikan saikan
siggwan sigqan stigqan igqar naqaps riqis. Aus dem Altnordischen
vgl. klgkkva 'stöhnen', pryngva 'dringen', nykr (ahd. nicchessa)^
dekkr 'dunkel', mjgrkve 'Dunkelheit', ekkvenn 'geschwollen'. Die
westgerm. Sprachen beweisen die Labialaffektion im Inlaut nur
in seltenen Fällen durch Geminationserscheinungen (§ 158); aber
in Fällen wie ahd. ancho 'Butter* (lat. unguen altir. imb\ ahd.
thunkön (lat. tinguere) läßt sich im Westgermanischen kein Kriterium
04 n. Konsonantismus.
für ^finden; für m^ liefert das Altfriesische nach Leffler, Om v-om-
Ijudet S. 24 volle Beweise {siunga — got. siggzvan). In zahlreichen
Fällen fehlt überhaupt innerhalb des Germanischen (und sonst)
jegliche Spur von Labialaffektion; für germ. ligjan juka- mikan
biugan daga- brükan bergan können meist nur auswärtige Formen
wie aslav. legc^ ind. j/ugd- ugrd- bhug-nd- dagdhd- (Wz. dah) bhundkti
aslav. br^gc^ den Charakter des Gutturals beweisen ; ob in Fällen
wie ahd. troum zu triogan, zoum zu ziohany. an. laun zu Ijüga
auf yw (ind. drugdhd- zu Wz. druh^ aslav. lügati) gedeutet und
damit Velar erwiesen wird, ist unsicher; vgl. noch an. Ijöme
mit ind. Wz. ruc ruk. Für die Verbindung germ. hi und hs läßt
sich mit germ. Mitteln der Ursprung des Gutturals nie direkt
erweisen : für tohtr- ahtau naht- rehta- oder sehs können nur andere
idg. Sprachen den Ursprung des Gutturals aufklären.
§ 46. Labiale für Gutturale. Durch sekundären Laut-
übergang (Hildebrand DWb. V 5 und Bechtel, Sinneswahrneh-
mungen S. 74) sind die gemeingermanischen qw hw gw noch
vorhistorisch zu p f b geworden ; vielleicht ist es richtiger,
diesen Prozeß vor die Lautverschiebung zu legen und eine Ent-
wicklung von idg. q über kw zm p = germ. f anzunehmen. Assi-
milierende Einflüsse benachbarter labialer Konsonanten und Vo-
kale dürften den Übergang bewirkt haben (Beitr. 11, 560): w inner-
halb des Wortkörpers scheint gewirkt zu haben in got. fidwör
aus *petw6res = "^qetwöres (lat. quatiuor^ ind. catvdras) ; anlau-
tendes w hat gewirkt in got. wulfs aus '*"wulpe = *wdlqe- (ind.
vfka-, aber die Wölfin ist an. ylgr = ind. vTki-). Vgl. ferner ahd.
zwtvo (neben zw'ehd) aus "^dweipen- "^dweikwen- (angls. getwsefan got.
tweifls)\ got. sweiban 'aufhören' zu ahd. swtgen (idg. Wz. swiq^\
^ot. tibizwaxi^h^n an. ux ups nordixi^s. oeksan (Grdf. idg. uqeswä);
got. wairpan ind. vTJ aslav. vrtgc^ Beitr. 9, 193 ; asächs. wöpian
'weinen' = lat. vägtre 'wimmern' ; ahd. f'eraha zu lat. quercu-s
(*perku-)\ engl, wisp neben ahd. wisc (Grdf. wiskwe-) Beitr. 11,
561 ; got. twalif lit. dvylika\ got. fimf aus "^pempe idg. penqe Fick
KZs. 21, 44; angls. f&le aus ge^rm.felu- w org&rm. pelu (qelw-) ent-
spricht dem ind. cdru- 'schön' Beitr. 11, 561. Unklar ist ahd.
forspon neben forscon ; aber ahd. zorft (neben asächs. torht) wird
von Zupitza (Gutturale S. 17) auf eine idg. Wz. derp zurück-
geführt. Beachte auch an. kvikvende — ind. jdgat- 'lebendig'. —
Über anlautendes sp s. § 69*=.
Nach u zeigen sich dieselben Erscheinungen — Labiale an
II. Konsonantismus. 65
Stelle von Gutturalen — allerdings weniger sicher; hier scheinen
Doppelformen nebeneinander herzugehen wiegot. aühns ahd. ovan\
ahd. hovar mhd. hoger 'Buckel'; angls. süpan sücan; angls. cre'o-
pan ahd. kriohhan\ aschwed. sufl sughl 'Vorkost'; angls. hopian
'hoffen' neben hyht 'Hoffnung' ; got. raupjan zur ind. Wz. ruj {rüg).
Idg. qt erscheint germ. als ft (und ht) in ahd. stiftan (angls.
stihtan) ; mhd. swiften 'beschwichtigen' zu swigen ; an. leiptr 'Blitz'
zu mhd. weterleichen.
§ 47. Sievers' Gesetz. Für das an Stelle von hw (aus x^^)
nach Verners Gesetz zu erwartende ^w {gw) zeigt das German.
nach Sievers Beitr. 5, 149 w\ dieses w ist somit grammatischer
Wechsel zu hw\ ahd. gisewan giliwan und angls. gesiwen als
Partizipia zu Wz. sehw 'sehen', Wz. lihw 'leihen', Wz. s^hw 'seihen'
(angls. seohhe aus '^sehwöri) ; angls. hweowol aus "^hweywol ind. cakrd-\
ahd. zäwa 'tinctura' zu zehön (Wz. Wiw)\ ahd. iwa angls. eoh 'Eibe';
ahd. dw'erah dwerawer ; mhd. schelch schelwer (an. skjalgr) ; mhd.
smelhe smelwe\ angls. midfyrwe zu got. fairkus (aber diVi.firar aus
'^firhjöz^ nicht *firhwjöz) ; angls. horh horwes, holh holwes, earh earwe
Sievers Beitr. 9, 232. Hierher 2ing\s.feawe\ ^hd.föhe vgl. Xdit.paucus
(idg. pauqos)\ auch ahd. swalwa für *swalgwa = gr. üiXkOiuv.
Vokalisierung des so entstandenen w zeigt sich in got. jiuleis
(aus yeywljd-) zu angls. geohhol\ an. hjöl angls. hweoli^ViS, '^hwetdo-
= ^hweywlo-) ind. cakrä- ; got. siuns aus ^seywni- zu Wz. sehw 'sehen' ;
ahd. ouwa aus "^aujö "^aywjö zu got. aha,
Anmerkung. Sievers' Regel muß wohl anders formuliert werden, weil jedes
aus labiovelarem gh entstandene gw nur als w erscheint, ohne daß der vorgerm.
Akzent eine Rolle spielte. Das Germanische kennt überhaupt keine guten und
sicheren Beispiele für gw (außer in der Verbindung ngw z. B. got. siggivan).
Für den Anlaut vgl. ahd. warm für *gwarma- = ind. gharmd- lat. formus.
Für den Inlaut vgl. got. snaiws = lit. snegas russ. snigü\ angls. streawberie
= \aX.. frägum (Grdf. srägho-)\ angls. *ean 'Lamm' (in geean 'trächtig') = lat.
agnus (Grdf. aghno-)\ ahd. nioro gr. veqppö?; got. hneiwan lat. coniveo (idg.
Wz. kntgh).
§ 48a. Spiritus as per. Beachtenswert ist bezüglich des ger-
manischen h noch, daß es frühzeitig — sicherlich schon während
der Römerzeit § 21 a — zum Spiritus asper geworden; die
römische Schreibung als ch {Chario-) beweist nichts dagegen
(Kern, Germ. Woorden S. 5). Caesar schreibt Vacalus^ aber
Tacitus Vachalis = nhd. Waal', sonst wechseln CAafti und Catfi.
Anmerkung 1. Auch das Finnische in seinen germ. Entlehnungen (oben § 29)
bestätigt für eine frühe Zeit die Aussprache des /i als Spiritus asper: haasia
Grundriß der germ. Philol. Urgermantsch. 5
66 IL Konsonantismus.
'Gestell zum Heutrocknen' (an. kes), haahla 'Kesselhaken' (ahd. hähald), haikara
'Reiher' (ahd. heigaro)^ hartia 'Schulter' (an. herdar)^ hunaja 'Honig' (ahd.
honag), huokea 'leicht' (an. hoegr), hurskas 'fromm' (an, horskr). Nach Thomsen,
Einfluß S. 65 zeigt sich daneben auch Anlauts-^ an Stelle von Anlauts--^ in
kailas 'schräg' (ahd. hald), kana 'Huhn' (got. hana), kansa 'Volk' (got. hansa)'.
darin vermutet Thomsen Substitution von k für älteres x und verwirft die Mög-
lichkeit, daß solche Entlehnungen aus der Zeit vor der i, Lautverschiebung
stammen.
§ 48 b. Das Romanische zeigt in den ältesten germ. Lehn-
worten (Meyer-Lübke I 38 und Mackel S. 135) hl und hr bXs ß
und fr in irz.flanc aus *hlanca, freux = hröc^ froc (mlat. froccus
oben S. 16) = asächs. hroc (Gl. II 716*'*), ßou = hlao und frimas
= hrim\ dazu der afrz. Eigenname T^ööz'««/ 2MsChlodowing\ über
lat.-germ./r«/^ 'Honigwabe' aus germ. hräta — mhd. rage und
über lat. fruncetura 'Runzel' zu an. hrukka vgl. oben § 13.
Anmerkung 2. In frühmlat. Quellen zeigt sich /auch sonst als Vertreter eines
germ. h z, B, mafalus neben machalus 'Speicher', lefa neben leha 'Mutterschwein',
mufula neben mocha 'Handschuh', naufum neben nauchum 'Leichenbinde',
Die Beurteilung dieses / ist unsicher.
§ 48 c. Als Spiritus asper verklingt h frühzeitig in der Kom-
positionsfuge: got.-lat. carrago 'Wagenburg' aus ^carr-hagon (vgl.
angls. bord-hagd)\ an. einardr zu hardr\ ahd. lihmo an. Itkame angls.
licoma gegen angls. lic-homa ; an. grv-endr 'linkshändig' zu hgnd\
run. Haukopuz aus "^haug-haßuz^ an. Nißupr gegen angls. Nip-had
(aus ^Nlp-haduz)\ an. ülfüd aus *wu//-/iugd; an. Gunnarr = angls.
Güphere ; über got. püs-undi an. püs-hundrad Lex Sal. thüs-chunde
s. § 300. Weiteres s. ZfdA. 3, 142; Beitr. 14, 585. Auch der
Umstand, daß das Runenzeichen h dem phonetisch stummen lat. h
entstammt, spricht gegen rein gutturalen Lautwert.
Anmerkung 3. Wegen seiner leichten Aussprache erliegt germ, h öfter der
Angleichung an folgendes r oder n ; vgl. angls. hyrra 'höher' aus "^hyhra, heanne
aus *heahne, an. ndrre 'näher' aus *ndhre = angls. nearra a.\is*neahra. Doch
ist der Prozeß nicht gemeingermanisch.
Anmerkung 4. Verbreitet ist ein allerdings nicht konsequentes Verklingen
von ^ vor j- Verbindungen in verschiedenen germ. Dialekten; vgl. got. waürstw
für ^waürhstw, ahd. forscon für *forhskdn, ahd. bolstar zu belg für *bolhstra-,
ahd. lastar für germ. lahstra-, ahd. zeswo = got. taihswa^ ahd. mist = got.
maihstus, ahd. niusan =got. niuhsjan, altangls. thtsl 'Deichsel' = ahd. ihi{h)sala\
angls. wcBStm asächs. wastom zu weaxan. Aber vgl. auch ahd. ahsala asächs.
ahsla angls. eaxl aus Grdf. *ahslo- (lat. äla wegen axilla entstanden aus *axla).
Anmerkung 5. Das h in asächs. hatol beruht wohl auf Anlehnung an hettian,
die eigentliche Wortform zeigt angls. atol (zu lat. odisse 'hassen'). Sekundär
ist auch das h von ahd, helfant = angls. elpend aus lat. elephantus.
§ 49. Die Aussprache der Gutturale im Altgermanischen
läßt sich einigermaßen näher bestimmen. Zunächst ist h urger-
II. Konsonantismus. 67
manisch zu den dunkelfarbigen Konsonanten zu zählen, besonders
in den Verbindungen hs und ht^ die im Althochdeutschen auf
oberdeutschem Boden umlauthindernde, also sehr dunkle Aus-
sprache gehabt haben. Im Angelsächsischen tritt vor h -f- Kon-
sonant ^-Brechung ein vgl. angls. eahta ahd. ahto^ angls. feax ahd.
fahs. Im Gotischen kann das Unterbleiben der Tonerhöhung von
germ. e zu i (germ. etan got. itan) vor h z. B. in faihu {dihd.ßhu),
taihun (ahd. zehan) nur aus der dunkeln Aussprache des h erklärt
werden. Wir dürfen schließen : wo h die Funktion als gutturale
Spirans bewahrt hat, ist es dunkle, nichtpalatale Spirans ge-
wesen, und zwar auch nach hellen Vokalen; die schweizerische
Aussprache in recht und richtig war auch urgermanisch. Und
diese selbe rein gutturale, nicht palatale Aussprache hatte auch
^, insofern es nach der hochdeutschen Lautverschiebung in Schweiz.
ich mich dunkel geblieben ist. Die Palatalisierung der anglofries.
Dialekte ist eine jüngere Sonderentwicklung. Denn man wird auch
noch in der Verwandlung von Gutturalen in Labiale (idg. q
= germ. /", idg. g = germ. p § 46) ein Zeugnis für das dunkle
Timbre der Gutturale haben. Für germ. g ist dunkle Aussprache
gesichert in der Gemination, insofern oberd. brück muck für nhd.
Brücke Mücke umlautslos sind. — Es darf dabei nicht vergessen
werden, daß nach § 43 die drei Gutturalreihen des Indogerm. im
Germ, zusammenfallen ; hier ergibt sich, daß auch die Palatale dunkel
geworden sind.
Kap. 15. Die unverschobenen Konsonanten.
§ 50. Die Nasale der idg. Grundsprache bleiben gemeingerm.
im wesentlichen unverändert: got. namö gr. övO|Lia lat. nömen\
asächs. nimid 'Hain' gr. vejuo^; ahd. manön lat. monere\ got. ^ä-
munds lat. mentem^ mana- ind. manu- 'Mensch'. — Got. ains lat.
ünus\ got. qinö gr. f^vri ; got. sunus ind. sünü-\ got. nahts gr.
vuKT-6(; lat. noct-is. — Got. mizdö gr. )Liicr96q; ahd. müs lat. müs
gr. )Liö?. — Ahd. lang lat. longus\ ahd. dankön lat. tongere\ ahd.
(ngi lat. angustia\ ahd. thunkön lat. tingere.
Das idg. m erleidet Einbuße durch Übergang in «:
a) Vor germ. d resp. d: got. skanda zu skaman\ ahd. sant aus
germ. sanda- = gr. d)LiotGo^ (aber bayer. sampt aus germ. samada-)\
got. sun-drö ahd. sun-tar 'allein, einzeln' neben got. sim-U 'einst'
(§ 300); angls. an. sund 'das Schwimmen' zu Wz. swem (an. symja
got. swimman)\ got. hund lit. szimtas 'hundert' (§ 300); got. taihun
5*
68 II. Konsonantismus.
ahd. zehan aus idg. d^knit dekomt (§ 300) ; an. samkunda 'Gelage'
zu koma 'kommen'. Aber die Verbindung -mp- hat durchweg ihr
m bewahrt; vgl. got. gaqumps ahd. kumft zu kuman 'kommen',
got -numts für "^numfts (ahd. firnumft). Somit ist nhd. rand und
ranft nach Möller Beitr. 7, 477 alter grammatischer Wechsel
randu : rampu.
b) Im Wortauslaut wird »? zu « in got. pan-a = ind. tarn lat.
is-tum, got. Jvan-a = ind. kam. So steht auch in run. worahtö ta-
widö das auslautende -ö als -6n für eigtl. -6m^ ebenso got. dage
gibö für germ. darben ^ebön = idg. dhoghem ghebhöm\ s. darüber
die Auslautsgesetze § 137.
c) Vorhistorisches n erleidet in unbetonter Silbe nach i Wandel
zu /, doch teilweise unter Schwanken der Dialekte: lat. asinus
got.-germ. asilus\ lat. catinus got. '^katilus ahd. kennil, doch auch
ahd. '^che^^i(n)\ ahd. ?l§"27gr. exivog; ahd. chumil\2X.cumtnum\ ahd.
wirtil aslav. vräteno\ mhd. kuchel lat. coquina^ aber auch ahd.
chuhkina. Beachte die Doppelformen asächs. heban : himil ; angls.
Wöden Wedelgeat (mhd. Wuoten Wüetelgoi) ; ahd. tougan angls.
dygel\ ahd. tougal und got. himins verdanken ihr / resp. n dem
Einfluß ihrer Nebenformen.
d) Einigemale geht n durch assimilatorische Einflüsse in m über,
wenn ein Labial im Wortkörper steckt; auch hier zeigt sich ein
Schwanken der Dialekte: ahd. farm angls. fearn 'Farnkraut'
= ind. parnd-\ angls. botm neben an. hotn = ind. budhnä-\ angls.
wetma 'Mitgift' zu gr. ^'övov ; angls. fäm ahd. feint = ind. phina- ;
ahd. muoma = an. möna andd. *mdna; mhd. pfriem angls. preon.
Anmerkung. In anord. padan hedan (= angls. panon heonan) sowie in angls.
heofon asächs. h'ehan (= got. himins) und angls. geofon asächs. getan (zu an.
geime) liegt Dissimilierung der Nasale vor.
§ 51. Urgermanische Nasalvokale. Einbuße erleidet n
noch durch Verklingen vor germ. %= h^ wobei zunächst Nasal-
vokal eintritt: äy^ wird durch das angls. ö (und mit Umlaut ce e)
erwiesen in fön hon urengl. föhan höhan aus *fähan Viähan^
bröhte pöhte aus "^brähte "Spähte und dieses öh für anh ist auch afries.
(afries. brockte thöchte vgl. van Helten, Altostfries. Gramm. § 42).
Die in der eddischen Abhandlung 'um stafrößf bezeugten Nasal-
vokale (Holtzmann Ad. Gr. I 57) wie ere (aus germ. jühize)^ fser
{dMsfähiz), pH (= 2^^. fthald) usw. behandeln Lyngby Tidskr. II 317
und Bugge NArk. II 230; aus einem schwedischen Dialekt werden
die gleichen Nasalvokale bestätigt durch Noreen NArk. III iff. Sonst
II. Konsonantismus. 69
zeigt sich nur Ersatzdehnung (nicht Nasalvokal), und die nasale Prove-
nienz eines langen Vokals läßt sich nur bei grammatischem Wechsel
(-hing) erkennen (vgl. got. hührus mit kuggrjan^ got. ßrethan = an.
ßryngva, ahd. dihan aus ßthan vgl. das angls. Partiz. gepungen)\
auch zeugen ahd. bringan dunkan für ursprünglichen Nasal in
brähta dühta aus brähta pühta. In allen diesen Fällen ist urger-
manisch — bis über die Dialektspaltung hinaus — unzweifelhaft
Nasalvokal anzunehmen, also fähan jühizö ßhlö brähtd\ vgl. noch
angls. pöhcE ahd. däha aus '^panhön^ an. hsell angls. heia und höh
aus germ. hanh-. Durch etymologische Gründe wird urgerm. Na-
salierung erwiesen für got. peihs 'Zeit' (= lat. tempus QF. 32, 21
vgl. auch ahd. ding) wxidigoi. peikö 'Donner' (zu aslav./^CöJ 'Regen').
Vgl. unten § 127.
Anmerkung. Innerhalb der römischen Überlieferung war Nasalierung noch
richtig vorhanden, da der Völkername Tencteri und der burgund. Personenname
Hanhavaldus (= ahd. Häholt) mit Much, Haupt Zs. 35, 363 hierhergehören. Von
germ. Lehnworten im Finnischen wird dies bestätigt durch finn. tanhu 'beider-
seits bezäunter Weg' (aschwed, iä aus germ. tanhu) und durch finn. hanho
'Henkelbecher' (zu germ. hanhan got. hähan) ; vgl. Brate, Äldre Vestmannalagens
Ijudlära S. 4 und Setälä, Zur Herkunft und Chronologie S. 30, der aber auch
auf finn. haahla 'Kesselhaken' = ahd. hähala aufmerksam macht.
Während das Gotische und Hochdeutsche die Nasalvokale im
urgerm. Umfang fortführen resp. durch lange Vokale vor h er-
setzen, hat das Nordische und die sächsischen Dialekte neue
Nasalierungen auch vor den Spiranten .y / und / eingeführt, und
diese Nasalierungen werden auch durch lange Vokale ersetzt;
doch wird an durch 0 vertreten im Angelsächsischen sowie teil-
weise im Altsächsischen : germ. anperaz ist angls. öder asächs. öthar
(und äthar) afries. 6ther\ ahd. amsala angls. ösle\ germ. fanpja-
asächs. fäthi angls. fcethi fede\ germ. nanpjan asächs. näthian
angls. nedan. Wird hier durch ö aus an eigentlicher Nasalvokal
vorausgesetzt, so werden wir auch sonst Nasalvokal als Zwischen-
stufe anzunehmen haben, so für angls. asächs. üs = got. uns^
angls. wyscan ahd. wunskan. Vielleicht vertritt an. ö für un einen
Nasalvokal z. B. in ösk 'Wunsch', ös (oss) 'uns'; ebenso an. e für
in in an. me7 = ahd. mindil. Im Altsächsischen ist die Regel für
den Nasalverlust nicht klar bei ahd. ab and kind mondän = asächs.
äband kind m^ndian.
§ 52. Die Liquiden. Die idg. / und r treten im Germa-
nischen auf in völliger Übereinstimmung mit den idg. Sprachen
Europas: gr. KaXeuu ahd. hal6n\ lat. Collum got. hals\ lat. velit
70 II. Konsonantismus.
gut. wili\ lat. molo ahd. malu\ gr. ttoXO %o\. filu\ lat. «//«j got.
aljis\ gr. Xmapeiu got. bileiban. — gr. Kapbia got. hairtö'^ lat. vir
got. z£;«/r; lat. fräter got. brößar\ lat. gränum got. kaürn\ lat.
^Är^ got. marei\ lat. «^^r got. «^rj; lat. ^ör;^« got. kaum. Über
nordwestgerm. i?-r aus 2 s. unten § 148. Wechselbeziehungen
zwischen r und / sind für die urgerm. Zeit nicht nachweisbar.
Beide idg. Liquiden erleiden innerhalb des Gemeingermanischen
keinerlei Einbuße, nur daß vielleicht germ. steian = gr. aiepeoiaai
durch Einfluß von helan für st'eran steht (vgl. Osthoff Beitr. 13,
460) und got. ligra-^ eigtl. suffixgleich mit sitla- (für eigtl. ligla-)^
dissimiliert ist. Sie haben aber auch keinerlei wesentlichen Zu-
wachs (germ. / aus ;/ s. § 50c). Ein in andern idg. Sprachen
wiederkehrender scheinbarer Ausfall von wurzelhaftem r nach
Labialen muß auf unbekannte Ursachen zurückgehen: ahd. sprehhan
spehhan angls. sprecan specan\ ahd. waso mndd. wrase\ hess. spenge
westfäl. sprenge 'spärlich' ; angls. weccan wreccan 'wecken' (nord-
fries. wreakan 'wach'); an. z;/;ir/ angls. wrixl {2ihdi. w'ehsaT)\ an. vä
z'r« 'Winkel'; got. wähs mittelengl. wrong\ dingXs. psetig prsetzg\
mittelengl. picchen priken 'stechen' ; angls. specca mhd. spreckel
'Flecken'; ahd. spahha angls. sprcBC\ an. veit aschwed. vreter
'Streifen' ; an. veina 'wiehern' aschwed. vrenskas 'wiehern' ; mhd.
wecholter : recholter 'Wachholder'. Bei idg. dakru 'Träne' = asächs.
"^tahur und trahan 'Träne' hat wohl Dissimilierung dakru für
drakru gewirkt.?
Anmerkung i. Ähnlich scheinen sich nhd. Schrank südfränk. schank, an. skokkr
an. skukka angls. scrincan 'einschrumpfen', mhd. stumpf strumpf, hess. stunz
strunz zu einander zu verhalten.
Anmerkung 2. Bei / sind parallele Erscheinungen aus alter Zeit nicht bezeugt;
jüngeren Datums sind die Doppelformen alemann, glufegufe ; md. plumpe pumpe;
s p int Splint \ mittelengl. splott j/^?// 'Flecken'; mittelengl. placche pacche 'Flick'.
§ 53. Die Halbvokale. Im Gegensatz zu andern idg. Sprachen
zeigt das Germanische nur einen y-Laut; im übrigen bestehen 7
und w in Übereinstimmung mit den meisten idg. Sprachen : got.
juk 'Joch' \dit. jugum ind. jugam; got. jus 'ihr' ind. j/uyäm; got
fuggs 'jung' Xdit. juvencus Ind.jyuvafds; got. frija- 'frei' ind. przjyd. —
Got. wz/z lat. veäi; got. waz'r lat. mr; got. waz lat. vae; got. waürd
lat. verbum'j got. widuwö 'Witwe' lat. vidua ind. vidhdvä'^ got. aiws
lat. aevum\ got. awistr 'Schafstall' zu lat. ovis\ got. awö 'Groß-
mutter' zu lat. avus'., an. tivar ind. deväs.
Im Anlaut nach Konsonanten ist wurzelhaftes i als Konsonant
im Germanischen völlig unbekannt; es gibt keine germ. Wurzeln,
II. Konsonantismus. 71
die den ind. cyu tyaj syand u. a. entsprechen, und Formen wie
ind. syü-tä- 'genäht' (zu got. siujan) kennt das Germanische auch nicht.
Germ, w hatte durchweg bilabiale Aussprache : engl, water wild
wind bewahren die urgerm. Aussprache, die zugleich die idg.
Aussprache gewesen ist. Wenn lat. Lehnworte der ältesten Zeit
wie got. wein 'Wein' und gaweisön 'besuchen' aus lat. mnum resp.
vtsere und angls. päwa ahd. pfäwo aus lat. pävo Kongruenz zwischen
germ. w und lat. v zeigen, so wird lat. v sich mit dem germ. w
in der Aussprache wohl gedeckt haben. Aber eine doch wohl
erst dem 5./6. Jahrh. angehörige Lehnschicht der roman. Sprachen
ersetzt den germ. w-Anlaut durch gw (frz. g^ in mlat. guardäre
{frz. garder) aus germ. wardön ; mlat. guadium (kz. gage) zu got.
wadi; mlat. vantus 'Handschuh' (frz.gant) zu an. z^pffr (finn. vantus)\
mlat. warantia (frz. garance) zu ahd. rezza 'Färberröte' (germ.
wratja). Aber im Inlaut gilt diese Regel nicht; vgl. ital. biavo zu
ahd. bläwer und frz. epervier zu ahd. sparwäri.
Germ, w erscheint urgerm. im W^ortanlaut auch vor / und r (wo
es späterhin vielfach verklungen ist): got. wratön 'gehen'; wröhs
'Anklage'; wripus 'Herde'; wrikan 'verfolgen'. — Angls. wryncel
'Runzel' ; wrstna 'Hengst' ; zvritan 'schreiben' ; wröt 'Rüssel' ;
wrenna 'Zaunkönig' ; mittelengl. wraulen oberd. (schweiz.) raueln
bayr. raulen 'schreien' (von Katzen); mittelengl. wrong 'ungerecht',
mittelengl. wra 'Winkel' (altdän. vrd})\ mittelengl. wriste (angls.
wyrsi) 'Handrist'; angls. wrenc 'List'. — Asächs. wrisi 'Riese';
ahd. rezza 'Färberröte' aus Grdf. *wratja (mlat. warantia) ; an. rot
'Wurzel' aus ^wräd=^ lat. räd-tx. — Got. wlits\ angls. wlacu wlisp
wlonc wldtian wlöh.
Anmerkung i. Germ, w kann vor Vokalen auch mit idg. u wechseln : got.
twa = lat. äuo, ahd. swalwa =: gr. öiXkOuuv.
Anmerkung 2. Über die nach Gutturalen auftretenden w vgl. § 44/46.
§ 54. Verlust von w. Innerhalb der germ. Dialekte zeigt das
Westgerm, zusammen mit dem Nord, oft Verlust von w^ den das
Gotische noch nicht kennt. Das Althochdeutsche zeigt in Anlauts-
verbindungen Ausfall von w vor u resp. uo: dem angls. hwosta
'Husten' entspricht huosto für *h(w)uosto ; doch ist im Alemannischen
{wueSte) das Verklingen von h älter, und so konnte w ebenso-
wenig verklingen wie in ahd. wuosti oder wuol. Dem angls. swite aus
"^swöti entspricht ahd. suoni mhd. süe%e^ doch zeigt sich noch ver-
einzelt ahd. swuo^i\ ahd. dwahan sw$rien Prät. duog suor und
dwuog swuor. Zu dwingan swimman heißen die Part, im ältesten
72 II. Konsonantismus.
Althochdeutschen (Braune § 107 Anm. i) gidungan == bidungan
Musp. 61; ahd. Partiz. ünsiimman Ahd. Gl. I 308 zu swimman. Die
germ. Verbalwurzel qem bildet die Abstrakta ahd. kunft = got
gaqumßs und asächs. kumi= got. qums. Im Altenglischen schwindet
w vor w, aber nicht vor ö\ vgl. angls. tti aus *twü für twa
§ 300 und ^^^ für *h(w)ü = hwö\ dsunden OET (Erf. Corp. Gloss.)
= dswunden^ dazumhd. gesunde(n) MF 37, 19; auch verklingt angls.
w nach d im Auslaut in Id (vgl. ahd. lewes)^ hrd = got. hraiw. —
Vereinzelt ist noch ahd. so für '^swö und ahd. sus für '^swiis zu
got. jze;«. Unsicher ist, ob ahd. tuoh mit ind. dkvajd- 'Fahne' zu-
sammenhängt.
Übrigens gilt die gleiche Regel vom Verklingen des w vor un-
betontem u im Wortinnern: ahd. nahhut angls. nacud entspricht
dem got. naqaps. Zu anord. ngkkve vgpve und got. gatwö ühtwo
gehören eigtl. die Akk. ahd. nahhun wadun gannün ühtün^ wozu
dann die Nominative ahd. nahho wado ganna ühta angls. ühte ge-
bildet sind; so stellt sich 2iS\di.wahta neben %Q\..wahtwö\ so ent-
spricht das ndd. swäle (andd. swala Ahd. Gl. II 724, 24) dem hd.
Schwalbe vc^di. swalwe: germ. swalwdn-\ so bildet ahd. sparo mit
angls. spearwa ursprgl. ein Paradigma: ^om..sparwo Akk. spar{w)un.
Vgl. angls. ea aus ^ahu für '^ahwu = got. aka und beachte angls.
nicor aus nikuz- für niquz- neben ahd. nicchessa aus *niqisjö-.
Instruktiv ist noch die Flexion von angls. magtt mcscge(s) Plur.
mcECgas magum aus mag(w)u Plur. magwös sowie angls. sacu Obliq.
scBcce aus sak{w)u Akk. sakwo.
Ausfall vory erfährt w gemeingerman. nach Mahlow 30 in stojan
aus stöwjan (got. stöjan ahd. stuen)\ in got. töja Dat. Sg, aus
urgerm. tö{w)jai (vgl. an. tckjd)\ für e vermutet Mahlow das Gleiche,
indem er ahd. ei aus urgerm. ewja- (: idg. öwjo gr. ujov), ahd.
kreia (neben kräwd) aus *krewja- erklärt. Den gleichen Verlust
von w erkennt Mahlow 30 noch in got. hardja-^ sutja aus *hardwj-
*suiwj- (Grdf. hardu- swötu-)^ ferner in dihd.fatureo aus *fadur(w)ja
= ind. pitxvya-,
§ 55a. Inlautendes/. Nach Sievers-Hübschmann KZs. 24, 362
(Beitr. 5, 129) wechselt postkonsonantisch / mit i nach langer Silbe
{-joy aber -id) uridg. Das Germanische hat diesen Wechsel auf-
gehoben und überall y lautgesetzlich eingeführt: im Germanischen
ist nicht bloß idg. medhyo- (ind. mädhya- gr. |Lie(T0-) zweisilbiges
'^midja- (got. midja-\ auch germ. got. nipja- aus idg. neptyo- Ost-
hoff Perf. 464; ja dreisilbiges idg. tretw- 'dritter' (ind. tfttya- avest.
IL Konsonantismus, 73
pritia Hübschmann KZs. 24, 354) ist germ.-got. pridja-. Für kon-
sonantisches j in der Verbindung ndj spricht die mehrfach be-
zeugte Tatsache, daß d schwindet (allerdings bestehen Neben-
formen mit erhaltenem d^ offenbar unter dem Einfluß der Neben-
form nd%)\ angls. synn ahd. suntea aus urgerm. sun(d)jd- (Nom.
'^sundi); got. sunja- zu angls. söß (ind. satyä- zend. haipya- Hübsch-
mann KZs. 24, 345 idg. sis-tjö-)-^ angls. wrenna 'Zaunkönig' aus
'^wran(d)jan (ahd. wrendo Ahd. Gl. III 458, 32); asächs. henginnia
'Zustand des Hängens' zum Partizip vorgerm. kankent-i\ ahd.
hevianna 'Hebamme' deute ich als uraltes Partizipium kdpyontyä-
'die Hebende' (zu got. hafjan)\ ahd. lungunna: andd. Plur. lun-
gundian Ahd.Gl. II 718; vielleicht verhält sich ahd. wunniax an.
ynde = asächs. suntea angls. synn\ an. synd^ so daß nach Stammb.-L.
§ 126 vovg&rm. W9n(e)tya- swdn{e)tya- vorauszusetzen wären. Man
beachte noch mhd. virgunt zu got. fatrguni} got. brunjö ahd. brunia
zu altir. bronn 'Brust' aus bhrondh-} ahd. zinna zu zand an. tindr}
Vielleicht finden hier ahd. pfentinc pfenninc und ahd. trennila angls.
trendel ihre Erklärung, indem Gvnndvfotte pandjo-: pandio-, trandjo- :
trandio- vorauszusetzen wären; über got. bisunjane s. Beitr. 10, 444.
In diesen Fällen, deren Mehrzahl keinerlei Zweifel zuläßt, ist 7
auch nach langer Silbe nicht vokalisch, sondern konsonantisch
gewesen (Brate BBeitr. ii, 196). Das gleiche wird erwiesen durch
die im Ahd. häufige Konsonantendehnung (s. unten § 157) nach
langer Silbe : horren gilouppen irlössen usw. aus '^hörjan '^giloubjan
^irlüsjan § 157. Konsonantisches/ nach langer Silbe wird endlich
auch durch den von Mahlow AEO S. 28 erkannten Ausfall von w
in got. stöjan aus "^stöwjan, töja- aus "^töwja- (ahd. ei aus *^/ für
'^ewjo- : *öwjo- in gr. üjov) erwiesen. Im Westgermanischen ergibt
sich aus den Geminationserscheinungen, daß j nach kurzer auf r
schließender Silbe Vokal wird {nerian^ doch fränk. nerren).
§ 55b. Durch Kontraktionserscheinungen schwinden die
idg. y und w im Germanischen nur in geringem Umfang, weswegen
Gesetz und Chronologie dafür kaum mit Sicherheit zu ermitteln
sind. Vgl. got. bairös aus idg. bheröwes (ind. bhärävas)} an. söl
'Sonne' neben lat. söl einerseits und got. sauil gr. deXio? ander-
seits.? an. störr 'groß' ind. sthavird- 'fest'? angls. töl 'Werkzeug'
aus '^töwel} Germ, jünga- 'jung' aus *jünga- verkürzt für *juwunga-
(idg. yuw^kö- ind. yuvafd-) sowie ahd. öheim (angls. e'am) aus germ.
awunh- idg. awdnko- (lat. avunculus) und got. *fidurda aus idg.
getw^thO' behandelt Mahlow AEO S.43.
74 II- Konsonantismus.
y-Schwund infolge von urgerm. Kontraktion dürfte stecken in
(got.)-germ. priz aus *ßrijiz 'drei' aus idg. treyes (ind. trdyas\
gasttz 'Gäste' aus "^ghostejes^ germ. friz 'frei' aus ^prijes (ind.
priyä-s)\ germ. hauziz (got. hauseis) aus '^kousejesi\ got. bairau aus
*beraju = idg, bherojm nach Paul Beitr. 4, 378. — Got. ^«.f/^ Gen.
Plur. (vgl. angls. leoda aus *leuäin) zeigt ^ aus ^/^;« kontrahiert
(vgl. got. suniwe). Ein gelegentliches Schwanken der /-Deklination
in die «-Deklination findet vielleicht durch ähnliche Annahmen
eine Erklärung: zu got. haimi-m Nom. Plur. haimös {dz = djes})\
zu got. wegi-m Nom. Plur. wigos {os = öjes?); zu den z-Stämmen
auf fni (got. laiseins) lauten die Nom. Plur. got. -einös {laiseinös)
= ahd. -fnä {höhtnä festtnä) ; wahrscheinlich wechselten nach ähn-
lichen Normen wohl auch got. aiwi- : atwö-, saiwi- : saiwö-. Beim
schwachen Verbum spielen die Kontraktionen eine Rolle, indem
idg. -ojesi -ajesi -ejesi im Germanischen eben durch Kontraktionen
zu dz{i) aiz(i) iz{i) verschmolzen sind (unten Kap. 41).
§ 56. Durch Vokalisierung erleidet w nach idg. Gesetzen
Einbuße resp. Zuwachs durch Entstehung aus u resp. Um-
wandlung zu u : vgl. germ. swin 'Schwein' zu sü 'Sau' ; angls. ofor
'Fischotter' zu wceter 'Wasser'; an. sofa 'schlafen' zu svefn\ got.
fidwör :fidur-\ mhd. ürte 'Zeche' zu wirt\^ an. soppr svgppr 'Ball';
angls. sulh kent. swulung (Grdf. swlk-) ; an. sorta 'schwarze Farbe'
zu svartr\ angls. dol neben dwola\ angls. dwses : dysig\ angls.
sund 'das Schwimmen' aus Wz. swem\ angls. äsolcen zu mhd.
swelken\ angls. äcollen zu mhd. quellen; ahd. gidungan zu dwingan.
Über die Assimilierung von nu nw zu nn s. § 59. Beachtenswert
ist w als Konsonant in germ. twa 'zwei' gegen gr. buo (aber
bFiubeKa) lat. duo zend. dua (ind. dua und dva) ; anderseits germ.
niuja- 'neu' gegen ind. ndvya- nävtya- (lat. Novius\ got. siuja = ind.
sivyä-mi^ got. frauja ind. pürviä- usw.
§ 57. y für w. Einige idg. w erscheinen im Germ, als y (Bugge
Beitr. 13, 504), ohne daß sich eine strenge Lautregel erkennen
ließe; folgende sichere Fälle zeigen diesen Wandel in der Laut-
folge 'Uwu- und -uwi-: ahd. Jugund angls. geogop zu 'got. junda
aus *juw9ntä = lat. juventa re.s^.juvenis ind. yuvdn-; asächs. ahd.
jügiro 'jünger' aus "^yurnis- § 285; asächs. bruggia aus *bruwt- (an.
brü altgall. brzva 'Brücke' = ahd. bräwa 'Braue'); asächs. muggia
aus "^muwt- (= an. my gr. |Lima); angls. sugu aus "^suw = sü
'Sau' ; got. sugil (Runenname) angls. sygel sigel 'Sonne' aus *suwil
(= ind. süar) neben '^söwil (got. sauil). Ebenso verhält sich
II. Konsonantismus. 75
asächs. nigtm angls. nigon 'neun' aus *niwun zu ahd. niwan lat.
novem s. § 300.
§ 58. Verschärfungen von y und ze;. Diese Konsonanten er-
scheinen im Germanischen bald einfach, bald in einer Verschärfung,
die Holtzmann Isid. 129 Ad. Gr. I 109 erkannt hat. So haben wir
im Got. waja- bajöps fawai awö^ ferner die Stämme triwa- kniwa-^
anderseits glaggwus bliggwan waddjus twaddje. Und zu got. glagg-
wus triggws stimmt an. glgggr tryggr, anderseits steht dem an.
hgggva ahd. houwan asächs. hauwan angls. heawan^ dem an. dggg{v)
ahd. tou asächs. dau angls. deaw, dem an. ugla (aus ^^uggwaldn)
ahd. üwila 'Eule' gegenüber. Also entspricht den ostgerm. hagg-
wan glaggwus daggwa- uggwalön- j-z^^^^ze;««- im Westgermanischen
hauwan glauw dauw uuwalö {uwalo) skuuwan- {sküwan-).
Ähnliche Verschärfung vor j zeigen got. twaddje an. tveggja ;
got. waddjus an. veggr\ got. iddja 'ich ging'; an. Frigg\ dem an.
egg (got. ^addj = krimgot. ada) entspricht ahd. as. ez^ dem got.
twaddje ahd. zweio. Die ostgerm. Lautentwicklung war ursprgl.
twaggje — haggwan = an. tveggja — hgggva^ das Gotische hat
sekundär das ursprgl. ggj durch ggj in ddj gewandelt (Joh. Schmidt
KZs. 23, 294, Braune Beitr. 9, 545). Die urgerm. Grundformen
schreiben wir jetzt am deutlichsten mit Braune ibid. twajje hawwan.
Die wahrscheinliche Ursache dieser urgerm. Verschärfung ist
die idg. Betonung des unmittelbar vorhergehenden kurzen Wurzel-
vokals nach QF. 32, 127; vgl. got. iddja 'ich ging' mit ind. äyänt
'ich ging' (unten § 174); got. daddja aus ^dajjö = ind. dhdyämi\
mit got. twaddje vgl. den Genetiv Dualis ind. dvdyös.
Dagegen waren auf dem Suffix betont und entbehren die Ver-
schärfung Fälle wie got. bajöps 'beide' aus vorgerm. bhoyöt-\
got. qiwa- = ind. jtvä- 'lebendig' ; germ. frija- 'frei' = ind. priyd-
'lieb'.
Insofern der vorgerm. Akzent das Auftreten der Verschärfung
regelt, ist hier auch eine Art von grammatischem Wechsel möglich
von jj : j und ww : w; vgl. an. Frigg aus "^frijjö zu frijön 'lieben',
an. sngggr 'schnell' zu got. sniwan 'eilen', an. hgggva neben got.
hawi 'Heu*, an. tryggr zu trur\ got. kijans Part, zu *kiddjan. Dem
ind. dvi- 'Schaf entspricht ahd. ou aus *awwiz^ aber angls. eowu
an. dr ist germ. awiz.
Anmerkung. In got. waddjus neben angls. wdg^ in ahd. reia neben rM, auch
in angls. blcege nhd. biete neben blicke steckt ein Lautgesetz, wonach germ. -a/Yy-
zu -ajj- wird.
76 II. Konsonantismus.
Kap. i6. Konsonantengruppen.
A. Geminaten.
Nur in geringem Umfang läßt sich der Ursprung der zahl-
reichen urgerm. Geminaten ermitteln. Die j und w^ die in spä-
terer, d. h. westgerm. Zeit dehnenden Einfluß auf vorhergehende
Konsonanten üben, haben in der urgerm. Zeit nicht dieselbe
Wirkung gehabt: derjenige Konsonant, der im größten Umfang
für die meisten gemeingerm. Geminaten verantwortlich gemacht
werden muß, ist n^ das durch Angleichung nachweislich vielfach
eingebüßt hat.
§ 59. Geminiertes n selbst hat mehrfachen Ursprung, zumeist
aus nw nti\ got. minniza 'weniger' aus ^minwis- zu lat. minuo gr. )ai-
vuuu ; an. punnr ahd. dunni neben lat. ienuis (ind. tanü-) ; got. mann-
aus ^manzü- (ind. manu-) ; got. kinn-us 'Kinn' aus idg. genw- (ind.
hdmi gr. fevu- QF. 32, 46; KZs. 24, 428); ahd. tanna ind. dhänvan-
'Bogen' Schrader Sprachvergl.^ S. 104; daher kann ahd. senawa
'Sehne* nicht aus idg. senwä^ sondern nur aus "^senawa- (vgl.
ind. snävan-) entstanden sein. — Selten entsteht nn aus ndn:
ahd. httnno 'centurio' für *kundno zu kund 'hundert' ; ahd. sinnan
'gehen' zu sind sentan 'senden' Beitr. 8, 185. — Außerdem ent-
steht nn^ wenn n im Wurzelauslaut und n im Suffixanlaut zusam-
mentreffen: got. kun-mi-m (zu der idg. Wz. gnö gdn) = ind.
jä-nt-mäs aus idg. gpn-nd-mes ; hierher got. brin-nan und rin-nan
neben angls. bryne 'Brand' und ryne 'Lauf.
§ 60. Geminiertes r und m. Unklar sind noch immer die
gemeingermanischen rr und mm\ vgl. got. fairra 'fern', qairrus
'sanft', wamms 'Makel'; swimman könnte mit Rücksicht auf an.
symja aus '^swem-nan gedeutet werden. In ahd. hamma 'Schenkel'
(gr. Kvri|ur| altir. cnäini) ist mm nach v. Firlinger KZs. 27, 559
aus n + m (Grdf. kan-mä) zu erklären, wie der got. Dativ Plur.
hanam für '^hanammiz aus *hanan-miz. — In got. im 'ich bin',
pamma imma 'dem, ihm' muß urgerm. mm aus zm als lautgesetz-
liche Vertretung gedeutet werden (ind. asmi gr. ei)Lii, ind. tas-
niäd asmäd).
Übrigens ist rn gemeingerm. durchaus statthaft : got. kaum kaürn
paürnus qairnus\ asächs. harn torn ßrni\ angls. styrne (lat. str^-
nuus) murnan spurnan wyrnan. Wechsel von rr : rn begegnet in
oberd. sterro : fränk. sterno asächs. sterro angls. steorra an. stjarna
II. Konsonantismus. tj
got. stairnö 'Stern'; in got. andstaurran 'murren' ahd. stornen\
in got. qairrus neben älter nhd. körnen 'ködern'; in ahd. w'erra
werna ; beachte angis. fearn 'Farnkraut' = ind. parnä- 'Flügel'
wegen der Akzentuation. — mn scheint auch im Germanischen
möglich, allerdings kann die seltener auftretende Verbindung für
in stehen, so daß got. stibna angls. stefn älter als ahd. stimna
wäre (Grdf. idg. stebhnä}). Aber völlig fehlt germ. mw.
§ 6i. Germ. // hat einen durchsichtigen Ursprung:
a) durch mehrere etymologische Gleichungen wird Entstehung
aus idg. In gesichert: got. wtilla ind. ürnd 'Wolle'; got. fulls ind.
pürnd- (lat. plenus altir. län) ; ahd. w'ella aslav. vlüna (lit. vilnis)
'Welle'; ahd. stollo ind. sthünä 'Pfosten' aus idg. sthdlnä; ahd. stilli
aus Idg.sthelnu (ind. sthänü- 'unbeweglich') ; ahd. kallöm ind. gTnämi.
Wahrscheinlich ist germ. // zumeist aus ursprgl. In zu erklären,
also got. falla aus *fal-na-^ wallan aus "^wal-na- usw.; angls.
hyll 'Hügel' aus '^hulli- = lat. collis aus idg. kdlnis (vgl. lit. kalnas
'Berg'); got. fill iyaX. pellis) aus ^pel-no-\ beachte angls. swellan
neben swyle 'Anschwellung'. Im Urgermanischen fehlt überhaupt
die Kombination In ; daher muß idg. In unter allen Umständen —
ohne Rücksicht auf die Akzentuation — zu // geworden sein.
b) Durch andere Etymologien wird nach Sievers IF IV 335 Ur-
sprung von // aus germ. dl erwiesen (nicht aus //, wie Eschmann,
Ad linguae germ. historiam symbolae S. 17 gewollt hat); vgl. mlat.
(Lex Sal.j mallus = got. maßl; hd. stall zms "^sihadklo (eigtl. 'Standort')
= lat. stabulum\ ahd. wallön neben wadaldn\ got. spül aus idg.
sq-etlö-m = altir. scel zu Wz. seq unten § 69^. Auch die Lautgruppe
dl fehlt gemeingermanisch.
§62. Geminierte Spiranten (abgesehen von ss) kennt die
gemeingermanische Zeit nur selten.
a) Für ff und hh dürften keine sicheren Beispiele aufzubringen
sein, wenn man nicht einigen onomatopoietischen Verben wie
angls. ceahhetian cohhettan *sihhian (mittelengl. sighen) oder ahd.
juhhazzen kahhazzen mhd. wuchzen kicken urgerm. Alter beilegen
will. // ist gemeingerm. in got. aippau 'oder', das als junge Kom-
position aus germ. eh-pau aufzufassen ist; vgl. ahd. mitthönt got.
mippanei\ vielleicht sind für got. atta 'Vater', an. spotta 'spotten',
an. motte 'Motte', angls. Icetta 'Latte' urgerm. Formen mit // an-
zusetzen (ahd. Ätto spottÖ7t motta lattd).
b) SS ist die einzige urgerm. geminierte Spirans und hat durch-
weg deutlichen Ursprung; sie beruht entweder
78 II. Konsonantismus.
a) auf idg. ts : andd. wissun aus *witsnt Osthoff Perf. 397, got.
missö 'wechselseitig' (zu ind. mithds Adv.) aus idg. mitsäm mi-
th(e)säm\ nach Joh. Schmidt Plur. S. 379 an. eisa 'glühende Asche'
aus "^aidhs- vgl. gr. aiGoq; oder
ß) zumeist auf idg. t(d) + t\ alle auf idg. dentale Verschlußlaute
und Aspiraten ausgehenden Wurzeln nehmen im Germanischen
wie im Lateinischen und Keltischen bei /-Suffix ss an ; eine Mittel-
stufe st ist ausgeschlossen. Belege sind got. hassaba 'scharf zu
katjan^ gaqiss 'Übereinstimmung' zu qipan^ twis-stass zu standan^
gawiss zu witan u. a. Das z von got. andawleizn 'Gesicht' neben
wlits und angls. wUtan für -ssn- (§ 64) scheint nicht auf altem
grammatischem Wechsel zu beruhen, sondern junge sekundäre
Anlehnung zu sein.
§ 63. Geminierte Tenues fehlen der idg. Grundsprache,
aber der germ. Inlaut hat sie in großem Umfang; daß sie se-
kundären Ursprungs sind, ergibt sich aus Wurzelverwandten
mit einfachem Wurzelauslaut. Es ist dabei zu beachten, daß kk
pp tt auf germ. Wurzeln mit auslautendem k h oder g^ t p d^
f p b zurückgehen können ; die gemeinsame Dehnung der Guttu-
ralreihen ist kk^ die der Dentalreihe //, die der Labialreihe pp. Wahr-
scheinlich liegen Angleichungen von n an vorhergehende idg.
Verschlußlaute vor (Bezzenberger Gott. Gel. Anz. 1876, S. 1374):
got. bilaigdw. asächs. likkoian 'lecken' (gr. XixveOiu); angls. /nV^Ä
'Herold' zu ind. pragnä- 'Befragung' und lat. precor\ ahd. ziga
: ziccht; an. kid: ahd. chizzt\ 3.n. ßrüga: asächs. thrukkian\ ahd.
fliogan :flucchi\ ahd. ziohan : zocckön; ahd. ntgan : nicchen\ ahd.
trüha : truccha\ an. hrüga: angls. hrycce {Jtreac)\ angls. ^^// neben
höd 'Hut' ; ahd. smoccho 'Rock' zu smiogan.
§64. Ausnahmen. Daneben hält sich jedoch «nach Verschluß-
lauten und Spiranten auch sehr häufig, ohne assimiliert zu
werden: ahd. Uhan aus germ. laihn- (ind. riknas), got. aühns (gr.
iTTVog) apns rahnjan u. a.; angls. swefn (ind. svdpna- gr. uttvo^),
täcen fdcen beacen u. a. Wahrscheinlich ist diese Doppelbe-
handlung aus Akzentwechsel zu erklären, so daß angls. tdcen
auf Grdf. doigno-^ angls. isecan (aus ^taikkjan) auf vorgerm. doignejo
zurückzuführen wären. Die häufige Assimilierung im Innern der
Verbalstämme spricht für Suffixbetonung {^-nd nü-), aber für die
Akzentuierung der Nomina vgl. ind. riknas svdpna- sowie die
tonlosen Spiranten von got. aühns ahd. ovan., got. apns. Freilich
bleibt an. botn = ind. budhnd- (: gr. TTu6jLir|v) auffällig; aber got.
II. Konsonantismus. 79
fraihnan kann als Parallelbildung zu brin-nan (angls. mur-nan
spur-nan) § 162 verstanden werden. Doch macht noch asächs.
th'egan aus germ. pegna- (: gr. T€KVOv) Schwierigkeiten.
§ 65. Vereinfachung der Geminationen nach langer
Silbe (vgl. Beitr. IX 152) sind mehrfach zweifellos: ss wird ge-
meingerm. zu .f in angls. hxs 'Befehl' aus *haisi- (für "^haissi-
= *kaztä-) zu haitan ; angls. füs für "^funsa- (= "^funsso *funtto) zu
fundian (über got. gilstr aus "^gelstro für *gelssro = *ghelt-tro s.
oben § 39*); angls. ^s ahd. äs germ. esa- aus *issa- Grdf. etto- zu
Wz. et 'essen' (vgl. lat. isus zu edere)\ ahd. muosa 'mußte* für
'^mossa = *mdtfa; got. anabüsns aus *-büsni- für "^büpsni- = *bhütsni-\
got. usbeisns aus '^btssni- für *bipsni- = *bhttsm- oben § 35c;
ferner angl. brosnian zu breotan und ebenso angls. formolsnian
'verwittern* zu ind. m^tsna- 'Staub'. Über die Erweichung von .y
zu s in got. andawleizn (eigtl. wlttsna-) s. § 62 ß.
Anmerkung. Ein vorgerm. Fall von Verkürzung langer Konsonanten liegt
vielleicht vor in goxm. f'epro- 'Feder' aus *petro- für *pettro-(ynA. pat-tra-) de Saus-
sure Memoires de la Soc. 6, 246; angls. heorpa ahd. herdo 'Fell' ind. krtii-\
asächs. wurd 'Geschick' ind. vj'tti-; ahd. fuotar aus ^pät-tro- zu gr. TraT^oiaai;
wohl auch mhd. luoder 'Lockspeise' aus idg. lät-tro- (zu ahd. ladon 'locken,
laden'); got. hairpra angls. hr'eper aus "^kerttro *kreiiro zw. lat. cord-gx, Kapb-(a?
Sonst vgl. über vorgerm. tt = germ. ss § 35.
B. Anlautende und inlautende Konsonantengruppen.
§ ^. Das Germanische kennt im Anlaut manche Konsonanten-
verbindung wie km hm gm tm pm dm (tn pn dn) pm fm bm nicht,
weil das Indogermanische entsprechende Anlautsgruppen nicht
kannte ; wo etwa im Indischen oder Griechischen solche Anlaute
vorkommen, sind sie durch Systemzwang oder Anlehnung zu er-
klären. Vgl. R. M. Meyer ZfdA. 38, 46.
Daß // als idg. Anlaut möglich war, lehren got. pliuhan plaqus
(unten § 148). Aber germanisch fehlt jede Spur von anlautendem
dl und tl\ daß idg. dl im Anlaut möglich war, möchte man aus ind.
dräghtyas- 'länger' zu dirghd- 'lang' = gr. öoXixö? schließen. Aber
es läßt sich nicht ermitteln, ob idg. dhl und dl ins Germanische
anlautend vererbt wurden und wie sie vertreten sind.
§ 67. Idg. sklskmskn erscheinen im Germanischen nach Johans-
son Beitr. 14, 289 als sl sm sn\ mit lat. claudo 'schließe' wird
ahd. slioggau auf eine idg. Wz. sklud zurückgeführt; mhd. slanc
'schlank' mit Rücksicht auf angls. hlanc 'mager' auf idg. skieng.
8o II. Konsonantismus.
Auch im Inlaut kennt das Germanische die genannten Konso-
nantengruppen nicht.
§ 68. Die idg. Anlautsverbindung mr- scheint im Germanischen
anlautend durch br (für mbrT) vertreten nach Osthoff MU V 85
und Johansson KZs. 30, 445; vgl. angls. brcegen 'Hirn' mit gr.
ßpeX|Liö^ aus *mrogh- *mregh-.
§ 69. a) Falls // ein indogerm. möglicher Anlaut gewesen ist,
muß vorgerm. Erleichterung zu ^ angenommen werden; vgl. got.
fairzna = ind. pärsni- gegen gr. iTTepva ; ahd. varn = ind. parnä-
'Blatt' gegen gr. TTiepi^ 'Farnkraut' (Wz. pet 'fliegen'); ahd. vesa
= lat. pisum gegen gr. TTTiCTdvri; ahd. velawa gegen gr. TiTeXea
'Ulme'. So wäre eine idg. Anlautsgruppe kt(ghdh) = ind. ks vor-
germ. zu k (gh) erleichtert; vgl. got. haims mit ind. ksima-\ got.
guma lat. homo mit gr. xöiwv 'Erde' ind. ksam-.
b) Ob es eine idg. Anlautsgruppe ks gab und ob sk ihr germ.
Vertreter war, ist schwer zu entscheiden; vgl. ind. ksubh mit
ahd. scioban} ind. ksud mit ahd. scionsan} ind. ksirä- 'Milch' mit
got. skeirs}
c) Beachtenswert ist, daß sq als Anlaut germ. nicht zu erweisen
ist. Ein Beispiel legt den Verdacht nahe, daß dafür sw einge-
treten ist: an. svgppr 'Schwamm' = gr. (TcpoYTO? aus idg. skhwongo-}
In einem andern Beispiel erscheint vielmehr sp : got. spül falls für
"^sqedla- = kelt. sqetlo- in altir. scel 'Geschichte'. Vgl. noch an. spjöt
'Spieß' zu skjöta Wz. sqeudt
Anlautendes sr wird wie inlautendes sr behandelt vgl. § 39 a.
§ 70. Die an- und inlautenden germ. Verbindungen sk st sp
sind verschiedenen Ursprungs. Im Anlaut stehen sie sowohl für
idg. sk st sp als auch nach § 35b für idg. skh sth sph (in got.
skaidan gr. CTxi^iuj, ahd. stän ind. sthä^ angls. spöwan ind. spkä). Im
Inlaut gelten die gleichen Entsprechungen: 3hd. ßrst indi. pTsß(^'\
got. ist gr. ^CTTI ind. dsti\ angls, weste lat. västus.
Außerdem aber können inlautende germ. sk st nach § 40 a auf
zg zd beruhen (germ. nesta- 'Nest' aus idg. nizdo-, germ. masqan-
aus idg.Ä>2ö52§-<2-); vielleicht war diese Entsprechung auch anlautend
möglich, wofür jedoch sichere Belege fehlen.
Germ, sp kann nach § 69c auf eigtl. sq beruhen (got. spül altir.
sceT), Anlautendes sq fehlt völlig, aber im Inlaut war sq möglich,
vgl. got. wrisqan und an. mgskve 'Masche'.
Germ, str kann nach § 39 a auf eigtl. sr beruhen.
Germ, st in got. brunsts ansts ahd. kunst runst asächs. giwunst
IL Konsonantismus. 8i
wird vielfach aus dem nn (aus nw § 59) der zugehörigen Verba
abgeleitet; aber eher beruht es auf Analogie einiger Grundtypen,
wozu wir got. ansts zählen, das auf einer germ. Wz. ans uns
beruhen kann (ahd. unnan für unzan}).
Kap. 17. Metathesen.
§ 71. Konsonantenaustausch von dem Typus akefo ateko ist
in gemeingerm. Zeit sehr selten ; es zeigt sich kaum ein Fall, in
dem alle Dialekte zusammentreffen. Doch dürften mehrere Bei-
spiele in die ältere germ. Zeit zurückreichen. Vgl. ahd. m^h
andd. etik aschwed. etikia (aber Schweiz, auch ächis) aus ateco
aceto lat. acetum\ angls. ticcen ahd. chizzt\ ahd. ziga (für '^tigö
= *gitö) zu geis DWb.; angls. weleras got. wairilös\ ahd. elira erila\
bayr. ziimpfel (aus '^tump^ neben angls. pintel 'penis' ; mhd. kitzeln
engl, to tickle (Wz. tiq qit)\ henneb. zipf ahd. pfifft^ aus *tipuita
lat. pituita\ md. kane andd. naco 'Nachen'.? mhd. biihel = hübel>
ahd. (Notker) neimen für meinen} ahd. nagaber Gl. II 6 aus nabager
(mhd. nabeger und nagber).
§ 72. Vorgerm. Metathesen. Neben diesen sporadischen
Fällen begegnen Metathesen von n^ die aus der idg. Grundsprache
übernommen sind (vgl. Joh. Schmidt KZs. 23, 288) : ahd. nabulo
gr. ö|LicpaXö(;; ahd. naba lat. umbo\ ahd. chnebil \ chembil\ angls.
cnäwan : cunnan (got. kun-ßs) steht dem ind. jnä : Jan (gr. fvvjxöc;
lat. i-gnotus) parallel; ahd. chnuat got. knöps neben ahd. chin-d
erinnert an gr. yvujtÖ(; 'Verwandter' zu Wz. yev (ind. jnäti-) ; vgl.
noch ahd. hamma mit gr. Kvrjiiiri (altir. cndini)^ ahd. nagal mit
lat. unguis^ got. namö mit altir. ainm.
§73. r-Metathesen zeigt das Germanische reichlicher; zumeist
ist idg./* § 105 die Ursache von r-Metathesen im Germanischen:
germ. ar ur können auch zu hoch- und mittelstufigem ra re ro
als Schwundstufe (idg. t) gehören, vgl. § 108 : lat. gränum hd. korn\
lat. crätes got. haurds\ lat. corpus ahd. href\ angls. bord : br'ed\
angls. pr'ep-prop : porp ; angls. cornuc ahd. chranuh ; ahd. garba
(ind. gräbhd-) zu idg. Wz. ghrebh (ind. gvbh); an. röV aus *ze;r£?/
(lat. räd-tx) ahd. würz; ahd. scarbön : screv6n\ Sihd. /orscön : frähen
frägin\ ahd. ^^rj^ zu angls. hrade\ angls. cearcian : cracian ahd.
chrahhön ; ahd. Trasan ind. dJiT^nü- ; angls. styrne (aus *sterni) lat.
strenuus\ sehr auffällig ist an. strodenn Partiz. zu serda\ angls.
^r^/ aus ^bhrüto- zu Wz. bherw \dX. ferveo\ d^n. priipr aslav. tvrüdii
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 6
82 III. Wort- und Satzakzent.
'hart' ; nhd. zwerg zu trügen ; got. frauja ind. pürvid- 'erster' —
ahd. frö ind. pürva- 'erster' (vorgerm. Grdf. pj'wjo- pfwo-)\ ahd.
dröen angis. preawian aus praw- zu lat. torvus ; got. straujan und
ahd. strö aus straw = stj'-w (gr. aiop ind. siar).
Wahrscheinlich sind angls.^r^'^<?r: got. hairpra^ got.fruma : angls.
forma anders zu beurteilen ; die Grdf. des ersteren ist wohl k[e)r-
(e)fro-\ wegen got, fr-mna vgl. hind-uma inn-uma unten § 291.
Metathesen bei / sind auch auf vokalischen Zitterlaut zurück-
zuführen : \dit. plenus altir. Idn (aus *pl6no-) = ge,TVCi.fulla- aus "^pdl-nö-
'^plnö- (ind. pürnd-)\ altir. Idm 'Hand' aus *pldmä^ aber dihd. /olma
(vgl. lat. palmd) aus *pdlmä- *plmä-\ lat. clödus claudus aber got.
halts\ lat. läna für *wlänä = ahd. zc;ö//ä (aus *wplnd *wlnd);
angls. foide 'Erde' aus ^pdlthwd- ^plthwd- idg. Wz. pleth (ind.
prdtkaSy dih&v prfhivi-)\ auch ahd. zc;*?//^^ gegen aslav. vlüna.
III. WORT- UND SATZAKZENT.
§ 74. Die Betonung reguliert den Satz- und den Wortrhythmus.
Der Wortakzent verteilt das Silbengewicht in einer Weise, daß
der ganze Entwicklungsgang der germ. Sprachen dauernd dadurch
bestimmt wird: mit dem Akzent stehen die Verkürzungen der
Endsilben, die sg. Auslautsgesetze im Zusammenhang, die germ.
Alliteration und der jüngere Endreim ebenfalls. Insofern der Wort-
akzent die Rhythmik der Silben im Wort bestimmt, wäre hier nun
die Frage zu erledigen : wo im Wort liegt die Silbengrenze für
die urgerm. Zeit.? Eine Antwort auf diese Frage liegt in der
Behandlung der Reime im Altnordischen, wo die Silbenteilung
hund-um^ dag-ar^ mgnn-um^ fang-enn^ all-e usw. lautet; und
angls. Reime finden auch nur so ihre Erklärung. In der jüngeren
Zeit des Westgermanischen wäre ahd. ta-ge, hun-de^ man-ne^ al-le
zu trennen. Rein sprachliche Kriterien für die Urzeit scheinen
zu fehlen. Aber vielleicht ist die westgerm. Konsonanten-
dehnung § 157 so zu deuten, daß einmal aus sib-ja sib-bja, aus
sit-jan sit-tjan geworden ist. Vielleicht deutet auch die hoch-
deutsche Tenuesverschiebung (/ zu ff^ t zu n, k zu xx) darauf
hin, daß etwa im 4. Jahrhundert zunächst für Deutschland eine
Verschiebung der Silbengrenzen eingetreten ist. Während im
Gotischen noch saiw-al-a getrennt war, tritt urdeutsch "^se-wla
als Silbentrennung auf; und indem der Silbenanlaut wie der Wort-
anlaut behandelt wird, schwindet w^ es tritt sela ein. Das Vernersche
III. Wort- und Satzakzent. 83
Gesetz nimmt auf die Silbentrennung Bezug : ist *fap-er zu ^fad-er
oder vielmehr ^fa-per zu '^fa-der geworden ? Ich glaube nicht, daß
sprachhistorische Erwägungen dieses Problem lösen können, wenn
man die Beweiskraft der Skaldenreime nicht in Anschlag bringen
will. Allerdings dürfen auch germ. Lehnworte im Romanischen
in Betracht gezogen werden : das germ. flota 'Flotte' (angls. im
8. Jahrh. bezeugt) wird rom. flotta^ das eher auf flot-a als auf
flo-ta beruht.
Im Satzrhythmus haben wir zwischen betonten und unbetonten
Worten zu unterscheiden. Einzelne Worte kennen wir im Bereich
der idg. Sprachen nur als Atona, dahin gehören Enklitika wie
lat. que (gr. xe ind. ca) = got. uh. Die Mehrzahl aller Worte kann
im Altgermanischen betont oder unbetont auftreten: Worte, die
an und für sich einen Akzent haben, können im Satz unbetont
werden, je nach ihrer Stellung.
Kap. 18.
Die indogermanische Betonung und ihre Wirkungen.
§ 75. Seit Bopps Akzentuationssystem 1854 hat der griech.-ind.
Akzent ein Anrecht darauf, für altertümlicher zu gelten als der
germ. Aber erst mit der Entdeckung Verners KZs. 23, 97 (1875)
ist die Tatsache allgemein anerkannt, daß der altind. Akzent im
großen und ganzen prinzipiell dem urindogerm. Akzent am nächsten
steht. Seit Verners Entdeckung hat man dies in zahllosen Einzel-
heiten bestätigt gefunden. Danach gestaltet sich der idg. Wort-
akzent als ein durchaus freier: er ist nicht durch die Quantität
der Ultima oder der Paenultima und durch kein Dreisilbengesetz
wie im Griechischen und Lateinischen reguliert, er ist auch nicht
an erste Wortsilben wie im Germanischen gebunden — der idg.
Akzent kann jede beliebige Silbe eines beliebiglangen Wortes
treffen, einerlei ob Wurzel oder Suffix, ob langen oder kurzen
Vokal; er ist zugleich wandelbar, er wechselt wie in gr. irobeq
— TTobüuv, ind. i-mi — i-tnds^ ind. dura- Kompar. ddvtyams : und
zwar hat der Akzentwechsel als wort- und formbildender Faktor
im Indogermanischen eine große Bedeutung gehabt.
§ yö. Verner hat den Beweis erbracht, daß die Erscheinung
des grammatischen Wechsels (Kap. 12) im idg. Akzentwechsel
eine unzweifelhafte Erklärung findet, woraus sich ergibt, daß der
germ. Akzent eine relativ junge Erscheinung ist und daß der uridg.
6*
84 in. Wort- und Satzakzent.
Akzent einst auch im Germanischen gegolten haben muß. Wo im
Inlaut nach Kap. 12 tonlose Spiranten oder tönende Spiranten
für tonlose stehen, ist die vorgerm. Betonungsweise bestimmbar.
So deutet got. fädar auf vorgerm. pater, ahd. swigar auf vorgerm.
swekrti, ahd. snüra auf vorgerm. snusti^ got. fidwör 2^u{ md. catväras^
got. hdrdus auf gr. KpaTuq, an. ylgr auf ind. vxkt-.
§ ']"]. Verner, der für viele Einzelworte seine Entdeckung
verwertet hat, war auch der erste, welcher die systematische
Verwendung des idg. Akzents für Formreihen erwies:
a) Er zeigte, daß der grammatische Wechsel im Stammauslaut
der Faktitiva auf die Betonungsweise von ind. Faktitiven wie
säddyämi veddyämi hinweist: germ. laizjö aus *loisejö^ ndzjö aus
"^nosejö^ sdndjö aus ^sontejo^ Ididjö aus "^loitejö usw. ; es ist eine durch-
gängige Erscheinung, daß die germ. Kausativa im Wurzelauslaut
tönende Spiranten für tonlose verlangen, vgl. an. hldegja zu got.
hlahjan^ westgerm. nerian zu nesan usw.
b) Verner entdeckte den Zusammenhang des grammatischen
Wechsels im starken Verbum mit der idg. Betonung: der Akzent-
wechsel im Perfekt, ind. bibhida : bibhidüs^ tiitöda : fufudüs, pa-
päta : paptüs usw. erklärt den grammatischen Wechsel ahd. sluoh :
shiogun, asächs. sah : sägon^ ahd. zeh : zigun, leh : liwun, flöh :
ßugun, quad : quätun^ ward : wurfun usw.
c) Verner zeigte, daß gewisse Suffixe mit idg. t im Germanischen
^-Suffixe werden, wofern vorgerm. Suffixbetonung gegolten : got.
tamida- aus idg. domitö- (ind. damitä-)^ got. satida- = idg. soditö-
(ind. säditd-) ; wie das Partizipialsuffix/^ indogermanisch betont war,
so zumeist auch das Suffix ti der Verbalabstrakta ; ein idg. Suffix
efä wird durch Bildungen wie ind. krürdtä got. hailipa erwiesen.
d) Das Vernersche Gesetz gestattet Schlüsse auf die Betonung
der Flexionssuffixe, wofern diese tönende resp. tonlose Spiranten
enthalten : Gen. Sg. dages aus ^da'^eso^ ahd. nahtes aus *noktes (Paul
Beitr. 6, 550), Nom. Sing, da^az aus ^dhöghos^ wulfaz aus ^wfkos
usw. ; dabei ist natürHch zu beachten, daß keine individuellen
Beweise möglich sind — wir können also nur behaupten, daß das
Suffix des Nom. Sing, az meist unbetont, des Gen. Sing. es(o)
dagegen meist betont war ; es gab natürlich Schwankungen, z. B.
Nom. Plur. 6z : 6s oder beim Verbum 2. Sing. iz(i) : is(i), 3. Sing.
id(i) : ip(i) usw., worüber Paul Beitr. 6, 546. 548 ff. des näheren
handelt.
§ 78. Für die idg. Komposita gelten Akzentregeln, welche vom
III. Wort- und Satzakzent. 85
Ton der Simplicia unabhängig sind. Das Genauere darüber ist
nicht ermittelt, wird sich auch vielleicht für alle Einzelfälle über-
haupt nicht ermitteln lassen. Im Germanischen lassen sich die
Wirkungen des Kompositionsakzents an dem Charakter von in-
lautenden tönenden oder tonlosen Spiranten, also am Vernerschen
Gesetz erkennen. In Betracht kommt besonders das Präfix germ.
tüz- aus vorgerm. dus- (ind. dus^) QF. 32, 132, desgl. germ. uz-
aus idg. us-^, die beide vorhistorisch wesentlich unbetont waren.
Im Angelsächsischen besteht Präfix ed- neben ed-^ ahd. ita- neben
Isidors ith-^ wodurch idg. Akzentwechsel für die idg. eio- ^//-Kom-
posita erwiesen wird. Ähnlich steht es mit den Suffixworten : got.
owairßa- ^falßa- neben angls. '^weard an, ^faldr.
§ 79. In folgenden Fällen ist der Anlaut des zweiten Kompo-
sitionselements den Wirkungen des Vernerschen Gesetzes ver-
fallen: Hernmn-duri zu Thuringi\ ahd. meg^i-rahs (angls. meteseax
asächs. met-sas) zu sahs Schmeller BWb. ^ I 1670; ahd. gabissa
zu vesa\ angls. s ing äl zm häl} beachte ahd. anavalz 'Amboß* angls.
anfilt\ mndl. aenbelt ^dsv. ambolt. So gehört wohl auch angls. cE-rende
(ahd. ä-runti) zu angls. ä-sendan. — Das erste Kompositionselement
zeigt im Inlaut der Zusammensetzung andere Verschiebung als
im Simplex: 2ing\s. fyßerfete zu got. fidwor (vgl. ind. cätiis-pad-
zu caiür-) Beitr. 6, 394 ; an. fimbul-tyr zu ftfl- Weinhold ZfdA. VI
318; got. naudi (+ bandi) zu naußi- Joh. Schmidt AfdA. VI 126;
an. Vingpör zu Veorr\ ahd. (Otfr.) endidago zu enti\ angls. ander-
gylde nach Cosijn Tijdschr. v. ndl. Taal- en Letterkunde i, 155 zu
ößer\ angls. Tondbeorht z\i t6ß\ angls. eagorstream neben ear-geblond
[ear aus *eahor}). Beachte germ. haßu- als hadti- in run. (Strand)
Hadu- laikaz'Buggt: Aarbog. 1884, 85 und in angls. Niß-had. Im
Inlaut des zweiten Kompositionselementes zeigen grammatischen
Wechsel got. "^fadi- (= brüßfadi-) = ind. -l pati- {göpati-) z\i pdti-
QF. 32, 25; an. eim-yrja zu ysja KZs. 26, 84; got. awiliud zu
liuß-äreis\ got. unleds eigtl. 'besitzlos' zu angls. /^/'Grundstück'
Dietrich ZfdA. 13, 27; angls. ctswind zu swide\ angls. ongnora zu
nosu nasu\ neweseoda zu seod 'Beutel'. Das Resultat, das diese
und ähnliche Fälle ergeben, ist ein vages, insofern die genaue
vorhistorische Akzentstellung z. B. in Hermtmduri got. awiliud
(doch auch lat. leudus bei Venant. Fortun.) nicht zu ermitteln ist.
Für Fälle wie angls. fyßerfete ahd. gabissa got. unleds britßfaßs
läßt sich der idg. Akzent allerdings gewinnen {qeturpöd kapist).
86 III. Wort- und Satzakzent.
Kap. 19. Der germanische Hauptton.
§ 80. «Das Germanische hatte noch nach dem Eintreten der
Lautverschiebung den freien indogermanischen Akzent.» Dies
ist das chronologische Resultat von Verners Entdeckung. Wir
haben oben § 23 gezeigt, daß der jüngere germ. Akzent bereits
im Beginn unserer Zeitrechnung geherrscht haben muß : die Allit-
teration in den Namen einer Familie wie der des Arminius (^^-
gestes Segimerus Segimundus Segithancus) sowie die oben § 23 a
behandelte Vokalisation der germ. Eigennamen lehren, daß zur
Zeit des Tacitus der idg. Akzent im Germanischen nicht mehr
galt, wie ja auch der grammatische Wechsel schon durchgeführt
war. Die Behandlung des Akzents der lat. Lehnworte kann für
die Datierung der germ. Akzentverschiebung nach keiner Seite
verwertet werden, da die lat.-roman. Lehnworte auch in jüngeren
historischen Perioden sich meist der germ. Akzentuation unter-
geordnet haben. Das Germanische hat schon in vorhistorischer
Zeit den freien idg. Akzent aufgegeben und ein eigenes System
dafür durchgeführt: die durchgängige Betonung der ersten Wort-
silbe: idg._pafer zu */aäer zm fdder \ idg. swekrü zu '^swer^rfi zu ahd.
swigar\ idg. qetwöres zu "^fedwörez zu got.fzdwdr\ idg. aikdme 'wir
haben' zu *aigume zu got. germ. äigum ; idg. soditö zu got. sätips ;
idg. domitö zu got. tdmißs ; idg. duswirö-s zu tuzweri-z zu got. '^tüzwers ;
so erhält die ursprünglich unbetonte Perfektreduplikation im Ger-
manischen den Akzent: idg. lelödnt 'sie haben gelassen' got. läi-
lötun\ idg. rerödhnt 'sie rieten' got. räirddun\ idg. bhrütipoti-s
kmtöpotis = got. brüpfaps hündafaps. Mit dieser Formulierung
des germ. Akzentgesetzes — «Betonung der ersten Silbe jedes
Wortes» — vertreten wir die vielfach verlassenen Anschauungen
Lachmanns (1832) Kleine Schriften I 366.
§ 81. Wir haben oben bereits erwähnt, daß hier das Germa-
nische mehrfach Berührungen mit dem Keltischen und dem Ur-
lateinischen aufweist, wobei wir an Thurneysens Aufsatz Rev.
Celt. VI 312 angeknüpft haben; die slav.-lett. Sprachen bewahren
teilweise noch heute den freien idg. Akzent abgesehen vom Letti-
schen, das auch rein mechanisch die erste Wortsilbe betont (beachte
z. B. russ. snochä 'Schwiegertochter' = ind. snusä ahd. snura ; russ.
svekröv 'Schwiegermutter' = ind. gvagrü- ahd. swigar\ russ. zend 'Weib'
= gr. fuvri ind. gnd; russ. cetyre 'vier' = ind. catvdras got.ßdwör). Wir
haben es hier nicht sowohl mit einer gleichzeitigen oder gemein-
III. Wort- und Satzakzent. 87
samen Akzentverschiebung zu tun als vielmehr mit einer jener
großartigen Bewegungen, die auf einem Punkte beginnen und
stets voranschreitend verwandte Stämme ergreifen. Bei dieser
Auffassung können wir die abweichende Behandlung in einzelnen
Fällen wohl verstehen. Im großen und ganzen zeigen sich Über-
einstimmungen : lat. päter ir. äthir got. fädar aus idg. pater^ lat.
mäter ir. mdthir ahd. müoter aus idg. mäter^ lat. neptis ir. nicht
ahd. nift-ila aus nept-i usw. oder lat. cecidt air. memaid got. läildt\
lat. de-di ahd. te-ta\ lat. *tnimicus aus *in-amtcus^ '^inerntis aus
*in-armis,
§ 82. In einem Punkte weicht das Germanische gänzlich vom
Lateinischen ab, nämlich bezüglich der verbalen Partikeln. Das
Urlateinische betonte die Verba auf der Partikel, die auch im
Indischen im Hauptsatz betont ist : lat. cöncido dccolo cöndo edo ;
vgl. Zimmer, Gurupujak. S. 79. Im Gegensatz dazu läßt das Ger-
manische die Verbalpartikel akzentlos entsprechend dem ind.
Nebensatz; mit dem Germanischen stimmt im wesentlichen nach
Thurneysen Rev. Celt. 6, 312 auch das Altirische überein (abge-
sehen von der Imperativbetonung): also got. (germ.) gaqiman
gadäban duginnan fr akünnan fr ahtnp an Msvf.\ beachte auch ahd.
irfürren irteillen irlöuben ir lösen zu ürfür ürloub urteil ürlöst
(Otfr. II 6, 54 a) sowie got. andwaürdjan zu dndawaurdi. Eine
Spur der im Lateinischen geltenden Regel vermute ich für das
Gotische, wo die Partikel vom Verb durch ein Enklitikon (« uh)
getrennt werden kann in Fällen wie gä-u-Jva-sebi diz-uh-ßan-sat u. a.
KZs. 26, 68. Noch ist Bezzenbergers Deutung (BBeitr. 5, 67) ahd.
folgen aus ^fola + S^'^ (• asächs. fuUgdngan) zu erwähnen, woran
sich noch angls. fülwian 'taufen' aus ^fulwihjan^ ferner got. gafülla-
weisjan und dingXs. fyls tan füllcss tan Sisächs. flllestian a,hd.fölleisten
angls. fultumian anschließen ; hierher auch ahd. git aus urgerm.
gd-id (= gr. eiCTi ind. iti idg. Wz. «" 'gehen') }
Wir haben hiermit den Hintergrund gezeichnet für die germ.
Akzentuation, zu deren einzelnen Gesetzen wir nunmehr übergehen.
§ 83. a) Im Simplex trifft der neue germ. Akzent die
erste Wortsilbe, einerlei wo der vorgerm. Akzent geruht hat:
idg. dekomt 'zehn' ahd. zihan^ idg. wfkos ahd. wülf^ ind. snuM ahd.
snüra, ind. pitdr ahd. fdter, ind. gvagrA ahd. swigar^ idg. sontejö
ahd. sentu 'sende', idg. widnt got. witun 'sie wissen', ind. damitd-s
got. tdmißs, ind. j^uvafd-s 'jung' got. jüggs^ ind. svädü ahd. süoggi
angls. swe'tej ind. fatdm gr. ^kutov got. /lund. Die Formulierung
88 III. Wort- und Satzakzent.
Scherers ZGDS* 151 «im einfachen Worte trägt das materielle
Element desselben — die Wurzelsilbe — den Hauptton» trifft
tatsächlich meist zu; aber vom genetischen Standpunkt aus paßt
sie nicht auf Fälle wie got. s-ind = ind. s-änti 'sie sind', angls.
s-öd = ind. s-ät-^ got. s-ünjis 'wahr' = ind. s-atyd- 'wahr' aus der
idg. Wz. es 'sein' ; got. t-ünpus 'Zahn' = ind. d-at- Wz. Sd 'essen' ;
got. kn-iu tr-iu zu ind. jän-u där-u\ ahd. swtn zu sü\ ahd. kr-anuh
gr. "fep-otvo<;; got.fr-uma 'erster' (gebildet wie hind-uma inn-umd)
zu faür-a ; angls. hn-itu 'Niss' gr. KOV-ib- ; got. gr-edus 'Hunger*
zu ahd. g'er-ön 'begehren'. Am energischsten protestiert die Re-
duplikation im Germanischen gegen Scherers Formulierung und
beweist mit Paul Beitr. 6, 544 mechanische Betonung der ersten
Wortsilbe.
b) Die Reduplikation des Perfekts — sie kann nirgends
im Indogermanischen durch ein Enklitikon vom Verb losgelöst
werden — ist im Altindischen durchaus unbetont, übernimmt
aber im Germanischen (wie im Urlateinischen vgl. *peperci aus
'^peparct^ "^cectdi aus '^cecaedt usw. sowie im Urkeltischen vgl. altir.
cuala = "^küklova 'habe gehört', leblaing memaid bei Windisch
KZs. 23, 201) den Akzent überall da, wo sie erhalten geblieben:
got. hdihait angls. he-hi aus '^hehait^ got. räiröp angls. reo-rd aus
*rer6d^ got. Idilöt angls. kort usw. aus '^leldt\ ahd. t'eta (doch s. § 174)
gegen ind. dadhdii bibhida cakdra tutöda usw. — Auch sonst trägt
überall im Germanischen die Reduplikation den Akzent; so in
Präsensbildungen wie ahd. se-sto-t (gr. laiaxi), bi-be-t (ind. bi-bhe-ti)
und got. rei-rai-p unten § 167, ferner in Nominibus wie ahd.
wi-wint fi-f ultra.
Für die Betonung des Augments fehlt es im Germanischen an
Material ; das einzige got. i-ddja = ind. d-yä-t 'er ging' (idg. e-ye-t
zu V^z.ye 'gehen') stimmt zu unserer Formulierung.
§ 84. Nominal komposition. Der Akzent trifft im zusammen-
gesetzten Nomen das erste Element auf der ersten Silbe: ahd.
Hiltibrant Hddubrant sünufatarung güdhamo chünincrtchi wentilseo^
an. midgardr rekstoll vdlhgll jgtunheimr\ die Betonung Segestes
Segimerus Segimundus^ die oben § 80 erschlossen wurde, kann
als frühester Beleg für den Kompositionsakzent gelten. Die Un-
betontheit der zweiten Kompositionsglieder führte schon in vor-
historischer Zeit zur Bildung neuer Suffixe aus selbständigen
Worten (ältester Beleg lat. -varii in Amsivarii Chäsuarii Chdttuarii
Bdmarii\ -^skapi- -^döma- ■^haidu-)\ vgl, unten § 277.
III. Wort- und Satzakzent.
§ 85. Partikeln in der verbalen Zusammensetzung sind
unbetont: got. duginnan frakünnan ahd. firtüott ßrld$san obld^%c,n.
«In ihnen liegt nur Zusammenrückung, Verschmelzung vor, eine
Verschmelzung, die im Gotischen noch nicht vollzogen ist» {ga-u-
laubjats) Scherer ZGDS ^ 82 ; und zwar hat sich diese Zusammen-
rückung vollzogen nach dem Eintritt des germ. Akzentgesetzes
(Hermann KZs. 33, 531), weil sonst der Akzent auf das Präfix ge-
fallen wäre. Da nun aber im Indischen die Verbalpartikel betont,
das Verbum aber unbetont ist, muß man annehmen, daß die
Partikel unbetont, das Verb aber betont war vor der Zusammen-
rückung.
Die Regel von der Unbetontheit der Verbalpartikeln vor Verben
äußert sich im Westgermanischen in der Vokalgestalt der Präfixe
(westgerm. gi ff neben gä frd usw.). Auch ist die Apokope der
Präfixvokale in asächs. togian (: got. at-äugjan angls. cet-ywait)
KZs. 26, 69, mittelengl. taunen aus *cEt-eawnian (ndl. t-oonen mfrk.
Zonen) und asächs. ge-t-ökon aus asächs. at-aukön zu beachten.
Vgl. angls. r^fnan aus ar-^fnan Paul Beitr. VI 553 ; angls. blinnan
= got. a/-linnan aus germ. ab-imnan 'aufhören' (vgl. ahd. bi-/innan)-,
ahd. spreiten gleich got. us-bräidjan\ ahd. b-armen 'erbarmen' =
angls. of-earmtan ZfdW. 8, 29.
§ 86. Verbalpartikeln in Nominibus sind betont:
a) in Substantiven (Lachmann 366 ff.): ahd. bibot 'Befehl' zu
bibiotan^ frd-iät zu firtüon^ gdscaft zu giscepfan^ zürgang zu zir-
gdngan^ angls. öndgit zu ongttan^ got. dndabeit zu andbeitan^ dnda-
halt zu andhditan^ dndahafts zu andhdjjan^ dndanumts zu and-
niman\ ahd. dnagin neben angls. onginnan\ angls. secelma 'Frost-
beule' zu acdlan ; wohl auch angls. drende 'Botschaft' zu äsendan
'absenden' und rv^id. vrdsüme 'Versäumnis' zn versümen\ wertvoll
ist auch das bisher nicht beachtete Verhältnis von angls. wiper-
cwide ^cora ^saca ^winna ^steall zu wip-cwedan ^ceosan ^sdcan
owinnan ^styllan, Beispiele für Nomina zu schwachen Verben sind
ahd. urteil zu irtälen^ ürloub zu irlöuben^ dntseida zu intsdgin^
ürlost 'Erlösung' zu irlösan = got. üslauseins^ dntreiti 'Ordnung',
angls. öndleofen (= got. dndawizns).
b) in Verbaladjektiven resp. Partizipien, wie wieder durch die
vollere Lautform der Präfixe und andere lautgeschichtliche Kriterien
(auch handschriftliche Akzentzeichen bei Otfrid und Notker) er-
wiesen wird.
a) Adj. der Möglichkeit resp. Notwendigkeit. Im Gotischen
90 III. Wort- und Satzakzent.
beweist die vollere Präfixform den Akzent von ändanems dndasits
neben andniman andsitan ; dazu stimmen angls. ändfenge ändgdtte
dndscste neben onfön ongitan onsittan ; vgl. noch asächs. dndhiti
'verlobt' zu andhitan und aus dem Althochdeutschen dntsämc
dntläBBic neben intsizzan intldnnan.
Im Altenglischen beweist betontes or = unbetontem ä den
Akzent von örcncswe örg^te neben äcnäwan ägitan. — Germ, bi-
ßarbi- steckt in ahd. bitherbi angls. b{pyrfe\ vgl. angls. önsc^ge =
ahd. dnaseigi^ ahd. ürdruzzt 'verdrießlich' zu irdrtossan.
ß) Einige altertümliche Partiz. Praes. Activi zeigen Präfixbe-
tonung ; wider (für unbetontes wid) ist beweisend in angls. wider*
hliniendi 'innitens' Epin.-Gl. 537, widerwinnende Germ. 23, 389b,
widerhycgende Andr. 1074. 1174. lul. 196. El. 952. Güdl. 635; sub-
stantiviert erscheint das Partiz. in widerfeohtend 'Feind' Andr.
1185 Jul. 664. Im Indischen gilt im Partiz. Präs. echte Komposition,
aber nicht Präfixbetonung (Whitney § 1085).
Y) Part. Perf. Pass. haben auch noch oft den alten Akzent auf
dem Präfix, wie sich KZs. 26, 73 aus der Etymologie angls. /täVö^
'verachtet' für ^frä-cüd zu angls. forcünnan = got. frakünnan 'ver-
achten' ergeben hat. Got. ändapähts 'andächtig' neben andpägkjan
'erinnern' zeigt die betonte Form des Präfixes. Im Altenglischen
erscheint volltoniges wider- für unbetontes wid in einigen alter-
tümlichen Passivpartizipien wie widermeten widerbrecen OEGloss.
463*^. 519^^; sonst begegnen vereinzelte widercweden widercoren
widersacen.
Beachte noch angls. ünderpeoded Metr. 17^^ als metrisch ge-
sichert. In den altkentischen Glossen 168. 399. 994 begegnet
änfünden dncwäwen neben onfindan oncwäwan\ auch dnbtdende
Blickl.-Hom. zu onbidan.
Aus dem Althochdeutschen stimmt ante hund 'Qo&tYi. 35 a 'gnarus,
expertus' zu got. ändapähts und d^ngXs. fräcop (= got. *frä-kunps)^
ündertän Boeth. 33. 39a. 195a Ps. 46'* zu angls. ünderpeoded. Be-
achtenswert ist, daß für die Bedeutung 'vollkommen' im Deutschen
verschiedene Synonyma mit betontem Präfix/wr^ auftreten : asächs.
thürhfremid WeX. 3283, ahd. durnoht^oeXh. (oft), dürhscaffen Boeth.
149; gleiche Betonung gilt wohl auch für die synonymen M«r»Ä-
thigan Tat. = dhurahkund Isid. = volwahsan Isid. Wichtig ist
wieder ünderskeiden Kateg. 41 = 249, wozu das in alten Glossen
(Jun. 201) auftretende giüntarskeidan 'distinctus'. Vereinzelt Notk. I
480 ündernomen^ Boeth. 30 misselungen^ Ps. 26^ ümbefaren^ misse-
III. Wort- und Satzakzent. 91
sezzit usw.; ferner gamissalihhöt Gl. Hrab. 960b; beachte auch
ürloubit Würzb. Beichte 20, 24 neben ünarloubit\ übartrunchan
Ahd. Gl. I 80 1^. — Diese germ. Reste der Präfixbetonung im Part.
Perf. Pass. stehen im Zusammenhang mit der verwandten Akzent-
regel im Indischen und Griechischen (ind. prdbhxta- präntta- vibhüta-
gr. dTToßXrjTog eTriiLiacTTog ^|acpuTO(; L. Schröder KZs. 24, 121).
Übrigens hielt Lachmann, dem einige der beigebrachten Belege
entnommen sind, die Akzentuation üntarskeidan üntartän usw. für
»wunderbare Fehler« oder für »Schreibfehler«. Vgl. KZs. 26, 73.
Wahrscheinlich ist daher im Gotischen swikunps fräwaurhts
iiswaurhts üskunps üswiss u. a. (ahd. ür-alt zm uzdlan}) zu betonen.
§ 87. Es bleibt noch eine Ausnahme jüngeren Datums zu
besprechen, die das Hauptgesetz von der Betonung der ersten
Wortsilbe scheinbar aufhebt. In der Nominalkomposition geben
die offenen Präfixe ga-frä- und meist auch bt- den ihnen gebüh-
renden Hauptton an die folgende Wurzelsilbe ab (nur einige
isolierte Komposita wie ahd. frätät fräsen angls. gömen gömel
KZs. 26, 70 bestätigen das Gesetz vom Hauptton). Diese Regel
hat Lachmann S. 367 für das Althochdeutsche erkannt, das ge-
samte Westgermanische bestätigt sie, aber das Gotische hat —
wahrscheinlich wenigstens — in einigem Umfang noch Präfix-
betonung in der Nominalkomposition der Hauptregel gemäß
gehabt.
So stehen den älteren Typen ahd. fräsen frä-vali gd-bissa
asächs. bi-het angls. frse-beorht gö-mel die jüngeren firsen givesahi
angls. behdt formdre gegenüber; angls. gea-tol ahd. gi-zäl adj.
'schnell' (: got. gagätilon) ; got. gagämainjan beruht auf gämains
= ahd. gimeini; got. ga-gäleikön aus gdleiks neben sonstigem
galik{az) an. glikr. Akzentverschiebungen sind anzunehmen für
ahd. firnümft (ünfernumest) firlüst (got. frälusts) farthült virgift
(got. frägifts) giböt firböt gibtir usw. asächs. forgäng.
Allen diesen Fällen ist der Rhythmus v:.|x gemeinsam, d. h. das
Stoffwort war ohne jede Tonhöhe infolge der Kürze des Präfixes,
es war somit jeder Verstümmelung preisgegeben (angls. geatwe
frcEtwe gomol fracop-frcecüp). — Nur bei Positionslänge kann
jüngerer Nebenton auf das Stoffwort fallen (ahd. gäskaft noch bei
Notk. und nhd. Grimmelsh. gästad). So kommt in die westgerm.
Sprachen das Prinzip, die Nominalkomposita mit gä frä bi auf
der Wurzelsilbe zu betonen — ein Bestreben, das durch den
Nebenton der Trikomposita § 94 (angls. ün-forciip daher forcüp,
92 III. Wort- und Satzakzent.
ahd. ünbidMi daher Otfr. bithirbi^ angls. güßgetäwe daher getdwe
usw., ahd. üngiüh daher gilih gegen got. gdleiks) befördert wurde.
Am häufigsten findet sich im Westgermanischen noch betontes bi
(Lachmann S. 367) : asächs. bismer bihet (angls. biot aber Genes.
V. 2761 ist *wördbehät zu lesen), ahd. btheiz biderbi bigihti,
Kap. 20. Der germanische Nebenton.
Während für das Gesetz vom Hauptakzent die Erkenntnis mit
Hülfe umfassender Kriterien leicht gewonnen ist, ist es mit den
größten Schwierigkeiten verbunden, etwas Zusammenfassendes
über den Nebenton zu sagen. Nachdem Lachmann mit dem
Kriterium der Otfridischen Verstechnik unter Zuziehung der Not-
kerischen Akzentuierung für den ahd. Nebenton Hervorragendes
geleistet, gewann Sievers 1887 durch lautgeschichtliche Ver-
gleichung der altgerm. Dialekte untereinander für die westgerm.
Grundsprache wichtige Resultate.
§ 88. Die Haupttatsachen, aus denen wir den vorliterarischen
Nebenton erschließen können, sind zweifach: a) negativ: kein
durch Synkope geschwundener Vokal kann nebentonig gewesen
sein ; völlige Unbetontheit ist vorhistorisch für alle auf Grund der
Auslautsgesetze synkopierten Vokale anzunehmen; also waren
unbetont die Endungsvokale in wulfa{z) gasti(z) daupu(z) biridi
berandi. Unbetont ferner alle später synkopierten Mittelvokale
wie in ^hauzidö (angls. hyrde), "^hairizö (ahd. herro), "^langitö (ahd.
lenzd) oder in Kompositis wie '^likhamö (ahd. lihmd). Auch kein
Vokal, welcher anomale Wandlungen erfahren hat, kann neben-
tonig gewesen sein, z. B. nicht das ^ ^ in ahd. salböta habeta oder
in lioboro, auch nicht das u in angls. cefpunca (Grdf. -pankÖ).
b) positiv: als nebentonig haben alle nicht-Haupttonsilben zu
gelten, die die Vokalentwicklung der Haupttonsilben zeigen (ahd.
öheim arbeit ärwei^ drmüoti wermuota) oder von Notk. undWillir.
akzentuiert werden und durch Otfrids Verstechnik als neben-
tonig erwiesen werden, oder solche, welche in der Allitterations-
poesie in Versschematen vorkommen, wo Nebenakzent unbedingt
erfordert wird.
Folgende Regeln gelten für den Nebenton.
§ 89. Aus den Auslautsgesetzen ergibt sich, daß ä i ü (ö e)
— die syn- oder apokopierten Vokale — in den Endungen nicht
nebentonig gewesen sein können: einhebig waren also ddfa(z)
III. Wort- und Satzakzent. 93
wülfa(z) gdsti(z) ddußu(z); birizi biridi berome berandi\ dd-^ami(z)
wülfami(z) ^dstimi(z) Dat. Plur.; süniwiz N. Plur. 'die Söhne';
ndmini(z) lat. nomini{s)\ '\ümini{z) lat. homini(s). Gleiches gilt
von den dem Auslautsgesetz unterstehenden 6 im offenen Aus-
laut: einhebig sind urgerm. wördö 'die Worte' (auch instr. 'mit
dem Worte') = angls. word ahd. wort.
Wenn nun ä i und ü in daga wulfa gasti daupu wordö-wordu
nicht nebentonig fürs Urgermanische resp. Urwestgermanische
anzusetzen sind, ergibt sich, daß die zweite Wortsilbe nicht neben-
tonig, sondern unbetont ist. Dazu stimmen nun mehrere Kom-
posita des Rhythmus vL|x, die auf der Wurzelsilbe des zweiten
Elements keinen Nebenton haben können : westgerm. wer-old (aus
*wer-alduz) 'Welt', gä-mäl 'alt' (angls. gömel),mhalß (angls. mhold),
fräkunß (angls. frdcoß)^ twälif (angls. twelf)^ hwtlik (angls. hwßc
ahd. welth)^ swültk (angls. swylc)^ gä- fra-tewöz (angls. geatwe
frcBtwe)^ ahd. btderbi (Willir. biderbe)\ Otfr. (Salom. 4) zwivalta.
§ 90. Auch vom Rhythmus ^|x gilt Gleiches; asächs. hdgu-
stold aus "^hdgustald-^ angls. Unferd aus *tinfrißu(z)^ angls. süllung
(aus ^swulh-lang Sweet Angl. 3, 151); ahd. zürdel 'impatiabilis'
deute ich aus *iuz-ßola(z) vgl. ahd. dolen. Daß im älteren West-
germanischen -£|x ohne Nebenton ist, lehren noch ahd. Otfr.
einfolt für einfalt angls. fültum löngsum fyrwett weofod herepop
öllung aus "^fulteam *ldngsom *ßrwitt *wihbeod "^hdripap '^öndlong,
§91. Für den Rhythmus -i | ^^ ergibt sich das Fehlen eines Neben-
tons für die Wurzelsilbe des zweiten Gliedes in ahd. lih7iio aus
*lfk-hamo^ angls. heardra aus *heardhara^ angls. göndra aus *gönd-
hara^ ahd. kätaro aus *kdd-haro; ahd. hiutu aus ^hiu-dagu (nicht
hiudagu)\ ahd. würzala aus *wiirtwalu (nicht würtwälu). Auch
dieses Resultat bestätigen die westgerm. Synkopierungsgesetze,
die in dem Rhythmus -^^x mittleres äiü beseitigen; das im West-
germanischen synkopierte i von got. hausida (ahd. hörta), von
urgerm. hairizö (ahd. herrd), langitö (ahd. knzo)^ wrunkita (ahd.
runzd) kann nicht nebenbetont gewesen sein.
§ 92. Bisher sind nur kurze Mittelvokale oder Endvokale be-
handelt (-^^) und das Fehlen eines Nebentons konstatiert. Für
den Kompositionsakzent hat sich ergeben, daß die Wurzelsilbe
des zweiten Kompositionselementes nicht notwendig einen Neben-
ton haben muß. Das Gleiche gilt in einigen Fällen auch für Kom-
posita des Rhythmus -^ | -^ : ahd. (Otfr.) irachar (aus *dirwakr),
angls. öretta aus örhdttta (nicht aus ""orh^ttd), angls. dcumba (nicht
94 ni. Wort- und Satzakzent.
aus *äcbmba)^ angls. stfpunca (nicht aus "^dbpbnco). In dem Schema
^ I -X sehen wir bezüglich der Suffixe ein Schwanken. Ahd.
nordruoni beruht auf nörproni^ aber angls. norperne muß völlig
unbetonte Mittelsilbe gehabt haben; ahd. dmema beweist mit ei
(für e) Nebenton gegen angls. cBmette\ aus lautgeschichtlichen
Gründen haben ahd. armuoti heiniuoti Nebentöne. Die in der
Flexion mehrsilbigen angls. aren gylden können im Gegensatz
zu ahd. irtn güldtn^ angls. earfop gegen ahd. arbeit keinen Neben-
ton gehabt haben; für ahd. (Otfr.) süntono ginädono Gen. Plur.
erweist Wilmanns ZfdA. i6, 114 das Fehlen eines Nebentons auf
der Mittelsilbe; dazu vgl. angls. sealfedon aus '^sälbödun; Otfr.
winmnne Beitr. IV 535.
§ 93. Eine positive, alle Fälle umfassende Regel für die Stellung
des Nebentons ist noch nicht gefunden. Es scheint, daß nur lange
Silben nebentonig sein können, und in dem zuletzt behandelten
Schema dürfte sich das Schwanken vielleicht erklären, wenn man
annähme, daß -^-^w, aber -^— ^ zu betonen wäre. Aus dem Gotischen
wäre an die lautliche Bedeutung schwerer Mittelsilben in äinnöhun
(zu ainana)^ dinummehun (zu dinammd)^ jaindre (aus "^jaina-drt)
usw. zu erinnern. Am instruktivsten ist außer angls. weorplue:
weorplecör die von Fleischer ZfdPh. XIV 166 konstatierte Neigung
Notkers (Boeth.), eine lange Ableitungssilbe beim Antritt einer
leichten Flexionsendung zu betonen, beim Antritt einer schweren
Endung dieser den Nebenton zu übertragen : fettäh aber gevettachöt,
wirdige aber wirdigör^ sdlige(n) aber sdliger sdligör^ gieinöte aber
giiinotiu gieinotir. War dieses Gesetz urgermaniseh, so würde
etwa dübonb 'der Tauben' (Gen. Plur.) für angls. dufena Otfr dtibonb,
nörpröniz aber Plur. nörprönjäi für die Differenz ahd. nördriioni:
angls. norperne vorauszusetzen sein.
Notk. und Will, geben Akzentzeichen nur schweren Suffixen,
aber diesen keineswegs konsequent, so daß Notk. einünga und
einunga^ leidünga und leidunga gebraucht, ebenso kelthnisse und
kelthnisse. Nebenakzente tragen die Suffixe von edelingen wende-
lingä menniskind Notk. ; Willir. hat silberine Pfenning 0 glthnisse
küninginno (auch düsunt arbeit). Aus der Reimtechnik Otfrids u. a.
ergibt sich driinti blintilmgon süntarlngon hüarilmaz. Für Willir.
pfe'nningos&iztde,v spätere Ausfall des n (Pfennig kunig)ndiChS\&vQVS
Beitr. 4, 534 ein nicht-nebentoniges Suffix voraus; nach demselben
Gelehrten kann auch ahd. -anti -inti -bnti im Part. Präs. nicht einen
festen Nebenton gehabt haben {rihtintl u. a. s. MS. Denkm. ^ 401).
III. Wort- und Satzakzent. 95
Durch die allitterierende Verstechnik wird im Beow. Beowulf
Hröpgar Hygelac ohne Nebenton (Sievers Beitr. 10, 223) bezeugt,
aber daneben flektiert Beowülfe(s) Hrdpgäre{s) Hygeläce{s) usw.
mit Nebenton erwiesen; die Suffixe -Itc -sum -dorn -f esst msw. er-
scheinen unflektiert im Beowulf sehr häufig ohne metrisch ge-
sicherten Nebenton, gleiches gilt von Kompositis auf -rof -wudu
'Sele -stede -wine usw. ; unflektierte ünriht dghwylc hringnett haben
metrisch keinen Nebenton (aber dghwylcne). Im Hei. stehen Hk-
hamo mündboro ünreht mödseto langsam lidltk infald herdörn^ auch
-^craft, -^werk usw. an Versstellen, welche keinen Nebenton er-
fordern. Notk. und Will, lassen sehr häufig selbständige Suffixe
unakzentuiert {lüssam nietsam einvalt wärheit sämolih usw.j, be-
zeichnen auch ünreht lichamo ündanches ünmaht u. a. nur mit
einem Akzent. Hieraus ergibt sich, daß zumal Komposita des
Schemas - | - nicht notwendig einen Nebenton haben müssen,
und da § 90 gezeigt ist, daß die Lautgeschichte keinen Nebenton
in solchem Schema verträgt, so kann es nur ein jüngerer Neben-
ton sein, der etwa in ünreht arbeit dheim vorliegt; es ist kaum zu
bezweifeln, daß dieser Nebenakzent den mehrsilbigen Flexions-
formen entstammt; also aus ünrehtes ärbeiti 6heime(s) usw.
Außer diesem Einfluß des Akzentwechsels in der Flexion
ist aber noch ein anderer Faktor für den Eintritt von Neben-
akzenten maßgebend gewesen. Tatsächlich begegnet neben ahd.
lihmo aus "^likhamo allerwärts auch lihhamo (Notk. Boeth. Ifchdma
Fleischer, Hei. Itkhamo und likhamo), das sich aus Einfluß seitens
des Simplex hämo erklärt: es ist das Streben der Sprache, daß
das zweite Element seinen natürlichen Hauptton in der Zusammen-
setzung durch einen Nebenton ersetzt; dadurch wird der Laut-
charakter des zweiten Elementes geschützt, die Zusammensetzung
verliert den Zusammenhang mit ihren Einzelgliedern nicht. So
treffen wir im Hei. heritogo indago irdhgun mödkära thiodgumo
ördfrumo wdrsago usw., im Beow. wtnreced Hringdene Healfdlne
dndsäca biorsele ("aber dryhtsele) ländfriima scydwlga drdäge usw.
Otfr. akzentuiert (Lachmann 393) dltquena edilthegan wöroltthiot
usw. ; Notk. und Will, bestätigen den Kompositionsakzent, zeigen
aber zugleich, daß derselbe nicht obligatorisch ist.
§ 94. Tritt vor eine Bikomposition x | - oder x | -^ ein ein-
silbiges weiteres Kompositionselement, so erscheint der Rhythmus
-L I x:l für den eigtl. zu erwartenden Rhythmus -i | x_: eine weitere
Bestätigung der Regel § 93 : angls. rihiwts aber ünrihtwh^ frd-cop
96 III. Wort- und Satzakzent.
aber ünforcuf>^ got. ändasets aber ünandshks ; ahd. frätat aber
angls. mänford^dla; angis. beot (aus *bi-hät) aber '^wördbehat
(Genes. 2761); angls. geatwe aber güßgetäwe ; ahd. gäskaft aber
angls. förßgesceaft; ahd. bitherbi aber ünbitherbi (Otfr. II 2, 22. IV
5, 15; 26, 51) == angls. ünbepyrfe (Jul. 97. 217); übrigens werden
solche Fälle zur Ausbildung einer neuen Simplexform {dingX. forctiß
getdwe gesceaft ahd. biderbi) geführt haben ; wir dürfen vielleicht
annehmen, daß damit die Unbetontheit der Präfixe ^ä//-« bi auch
in Nominalkompositis des Westgermanischen zusammenhängt. —
Tritt an das Schema -^ | >^ ein weiteres Kompositionselement, so
übernimmt letzteres den Nebenton (-^x | ^) : angls. lichoma aber
luum-lice ; angls. örlege aber örleghwil^ öretta aber öretmäcgas ;
ahd. biscbfz.hev bisketuom, ärzat aber ärzetuom^ arbeit aber arbeit-
sam (Luther erbeit aber erbtsam): «Wir finden die Neigung, die
erste und dritte Silbe ohne Rücksicht auf die Art der Zusammen-
setzung zu betonen» Lachmann Kl. Schriften I 400, wo reichliche
Belege aus den Notk. Texten. Aus dem Angelsächsischen vgl.
die metrisch gesicherten unrihtlue^ rihtwislice ünmurnlice ünscom-
Rce eädmodlice ömbihtßegnas u. a.
§ 95. Fassen wir das Resultat dieser Darlegung zusammen, so
ergibt sich i) daß zweisilbige Worte — Simplicia wie Komposita —
nicht notwendig einen Nebenton haben müssen; 2) daß mehr-
silbige Worte einen Nebenton haben können; 3) daß die Wurzel-
silben zweiter Kompositionsglieder nicht eo ipso nebentonig sind;
4) daß dritte Silben gern den Nebenton übernehmen, zumal solche
mit langer Quantität. Dabei ergibt sich aber aus zahllosen Doppel-
formen und Dialektverschiedenheiten, daß der Nebenton häufig
zwischen zweiter und dritter Wortsilbe schwankt. Paul erinnert
an nhd. mutiges pferdl mutige Verteidigung und an gütlichen dus-
gleich : gütlicher vergleich. Ähnlich könnte der altgerm. Nebenton
gewechselt haben.
Kap. 21. Der germanische Satzakzent.
Für die Betonung im Satze fehlen sichere Kriterien zwar nicht
im Westgermanischen und im Nordischen, dafür aber von einigen
Fällen der Enklise abgesehen gänzlich im Gotischen. Die Gesetze
der alliterierenden Metrik ermöglichen einen Einblick in den
altgerm. Satzakzent, und Riegers Entdeckungen ZfdPh. VII i ff.
haben für das Westgermanische das Wichtigste ermittelt. Für
das Althochdeutsche ermöglichen Otfrid, Notker und Williram
III. Wort- und Satzakzent. 97
durch ihre akzentuierten Texte Einsicht in den ahd. Satzakzent,
aber da sie Haupt- und Nebenakzente, Enklise und Proklise,
Pausabetonung und Satzbetonung nicht streng durchführen und
scheiden, so ist die Rekonstruktion der gemeingerm. Regeln sehr
erschwert. Wir wagen im folgenden einen Entwurf, der die
Haupterscheinungen zusammenfassen soll, dabei aber der Gefahr
entgehen will. Einzelsprachliches aufzunehmen.
§ 96. Partikeln. Das enklitische idg. qe 'und' (ind. ca gr. re
lat. qtie) ist auch im Gotischen {^-uK) enklitisch; da es im Ger-
manischen seinen Vokal eingebüßt hat, ist uralte Enklise sicher.
Falls der Akzent von ind. ätha {ddha) 'und, auch' als idg. zu gelten
hat, ist für asächs. angls. and 'und* junge Tonlosigkeit (wegen
d für /) zu vermuten; Notk. (Boeth.) hat ünde^ Will, schwankt
zwischen Betonung und Nichtbetonung.
Die germ. Negation ni ist proklitisch, kann in der Alliterations-
poesie nicht alliterieren und wird von Otfr. Notk. Willir. nicht
akzentuiert. Man beachte, daß ind. nd stets betont ist. — Notk.
hat im Gegensatz zu unbetontem ne 'nicht* betontes nt (Osthoff
Beitr. 8, 312). — Für got. nih 'und nicht' darf urgerm. mit Pausa-
akzentuation ne-h aus *ne-qe angenommen werden (idg. qe ind. ca
kann sich nur an Tonworte anlehnen).
Im Altindischen ist nü 'jetzt' stets betont, das Griechische
unterscheidet die enklitische Partikel vu vom Zeitadverb vöv (ind.
nün-am). Bei Notker lautet das Zeitadverb nü^ als Partikel herrscht
im Althochdeutschen unbetontes nu : ahd. wola-nu wolaga-nu^ got.
sai-nu ahd. sinu (Notk. sihno Will, sind) angls. heonu 'ecce'. Im
Gotischen kann nu enklitisch zwischengeschoben werden (Luk.
20, 25 usnugibip). Die Zeitpartikel nü wird gern durch ein En-
klitikon gestützt: got. (Rom. 7, 6; Galat. 4, 9; 2. Kor. 8, 11;
Ephes. 2, 13) nü sai 'vuvi', angls. nüpa (aus nü + /^) ; beachte
got. naüh ahd. noh aus *nü-qe (oder vgl. ind. nü-kaniT).
Ein urgerm. pau hat in got. pauh angls. peak ein enklitisches
qe oder kam angenommen, pauh ist jedoch nach Ausweis von ahd.
döh wegen der Vokalkürzung als nicht-volltoniges Wort anzusehen.
Jenes pau ist in got. aippau (ahd. edo) enklitisch einem andern
Worte angefügt; aber auch dieses germ. eppau (aus *ehpau vgl.
asächs. eftho und Meringer Beitr. 12, 211) ist, wie die Konsonanten-
kürzung in ahd. edo an. eda lehrt, als Wort von geringer Akzent-
stärke zu betrachten. — Notker verwendet unbetontes 7ta als enkli-
tische Fragepartikel für negative Sätze {newästdu na} ZfdPh. 14, 1 39).
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 7
98 HI. Wort- und Satzakzent.
Die germ. Relativpartikeln got. ei an. es er sem (angls. ße ahd.
der dar) schließen sich enklitisch an den Artikel an: got. ßat-ei
angls. ßcBt-ße ßcstte Tat. Otfr. thm-dar Notk. dan dir — dan der^
angls. ßäße ahd. dieder. — Enklitische Pronominalpartikel ist noch
germ. hun : ^in (lat. cmique ind. betont cand) zur Bildung verall-
gemeinernder Pronomina: got. ni hdshun (ind. na käs cand) dins-
hun mdnnahun\ an. hverge enge hvarge niange\ asächs. hwergin.
Verallgemeinernd ist got. -^uh{/uazuk karjizuhvgX. 2i\t\r: . cdch 'jeder')
angls. -^wega in hwsetwega^ was vielleicht ein Genet. eines u-
Stammes — wegu — ist (vgl. an. vegar).
Ein deiktisches Element id steckt in got.-germ. sai (ind. sa id)
nach Osthoff Beitr. 8, 311; und dieses sai tritt (doch nicht im
Gotischen — aber got. nü + sai 'vuvi') deiktisch an den Artikel
in der lautgesetzlich verkürzten Form -se^ dem got. sai 'ecce'
zugrunde liegt; vgl. an. run. sa-si sti-si ßat-si ßeim-si ßa-si ßau-si
und ahd. de-se neben de^ Gen. Sg. Musp. 103 des-se zu d'es^ Plur.
ahd. de-se asächs. the-se zu the 'die' ; darüber s. bes. Bugge Tidskr.
f. Philol. 9, III, sowie, unten § 239; got. '^sd sai^ '^'sö sai usw.
sind unbezeugt. Dafür zeigt das Gotische sa-h 'dieser', dessen h
dem lat. c in hi-c hun-c hujus-ce usw. entspricht.
Ein Pronominalenklitikon steckt in got. mi-k = gr. k.\xi y^ (ind.
tudm ha). — Die Vokativpartikel angls. lä — auch Interjektion
— ist unbetont; sie lehnt sich häufig an vgl. angls. eala wäla.
Tonlos ist auch die Vergleichungspartikel swa., die vielfach
enklitisch angelehnt wird; vgl. auch ahd. diso angls. eal-swa\
angls. gese engl, j/^j aus *ge-swa^ angls. ne-se 'nein' aus "^ne-swa;
proklitisch ist es in angls. seßeah (got. sweßauJi) sowie in ahd.
(Otfr. 1 27 s« III 20^0 IV \^?\ 1583^ sowerso mhd. swer {OxKx. sower
I 1*2^) und angls. swxder n^^^n swähzvstderswä\ mittelengl. whö-se
aus angls. swähwdswä.
§ 97. Präpositionen. Im Altindischen sind sie betont (ab-
gesehen von Avyayibhäva wie pratikämdm pr atidos dm anusvadhdm
usw.); die griech. Präpositionen haben ihren alten Akzent nur
bei Anastrophe, während sie vor dem Nomen den Akzent ganz
einbüßen (gk KaKÜJv) oder proklitischen Gravis (diTÖ uttö usw.) er-
halten. Im Germanischen präsentieren sich die Präpositionen als
akzentlos durch Vokalerscheinungen, die eigentlich nur ganz un-
betonten Silben zukommen: ahd. 2/ asächs. /^ (angls. // OET) aus
*ta\ ahd. durh angls. ßurh aus germ. ßerh (got. ßairk)\ angls. öd
aus *^/ "^üß *unß (: got. und) ; auch weist die Lautverschiebung in
III. Wort- und Satzakzent. 99
ahd. ab ob und ur gegen ind. dpa üpa gr. otTiO utto auf Unbetontheit
der Präposition; beachte einen grammatischen Wechsel zwischen
angls. asächs. mid und mid^ ahd. ubur und got. ufar (ind. updri
gr. UTtep), got. und und angls. öd aus %;«/, got. and aus vorgerm.
anta-, und wir werden für die urgerm. Zeit Schwanken einiger
Präpositionen zwischen Betontheit und Unbetontheit annehmen
müssen. In den literarischen Perioden überwiegt die Unbetont-
heit: in der alliterierenden Dichtung sind Präpositionen nicht
alliterationsfähig.
Einen vereinzelten Fall anomaler Betonung der Präposition,
die dadurch alliterationsfähig wird, zeigt im Hei. und in der angls.
Poesie innan: Hei. 606. 3294 innan breostun (asächs. Genes. 84,
auch angls. Genesis B 715); Domesdäg i innan bearwe\ Andr. 1237.
1549 inna7i burgum (dafür bürgum on innan Beow. 1968. 2452;
Güdl. 1341 ; Jul. 691; Elene 1057); innan healle Dan. 719 — innan
ceastre Andr. 1176. Diese Ausnahme widerspricht so sehr der
allgemeinen Regel von der Proklise der Präposition, daß dafür
eine besondere Erklärung versucht werden muß: jedenfalls ist
innan eine junge Präposition, entstanden aus inne on [inne on
healle Beow. 642, inne in rcBcede Mod. 17; vgl. on breosttim inne
Metr..25, 45); vgl. Litt.-Bl. 1895, 333-
Eine andere Ausnahme ist es, wenn in alten Quellen midi miti
in der volleren, also doch wohl auch akzentuierten Lautform vor
Nominibus steht: ahd. miti Deotrihhe — miti wäbnumY{\\^^hx. 19.
26. 68 und im Cott. des Heliand midi Josepe 757, midi thtnun
wordun 143, midi swerdu 747-
Otfrid kann betonen übar stnaz höubit^ üntar demo löube^ übar
einan kling an i^QAt,nsX.t\vs. S. 46 ff.).
Im Heliand wird proklitisches wid vor andern Atonis gebraucht,
aber bei unmittelbar folgendem Akzentwort steht das doch wohl
volltonige widar: widar winde^ widar kettiandun, widar wridun^
widar fiandun^ aber wid themu winde, wid de wridun, wid thea
fiund usw. — Das Angelsächsische hat als Präposition das pro-
klitisch entstandene wid mit der betonten Nebenform wider \ aber
angls. cEt und in haben nicht den Vokalismus der Atona; angls.
od aus *üp *üp *unp (: got. und) zeigt die Vokalkürzung der unbe-
tonten Silben ; auch angls. on (für *an), of (für cef) u. a. sind
lautgeschichtlich Atona. — Im Griechischen gilt bei Anastrophe
betonte Präposition (9€ujv diro, toutou irepi usw.). Notker im Boeth.
unterscheidet nach Braune Beitr. 2, 147 vortoniges äne 'ohne' {Hb
7*
loo III. Wort- und Satzakzent.
äne töd) von nachgesetztem, zweifellos volltonigem äno {allero
chrefto äno, vgl. ina äno Hei. 1489). Die germ. Alliterationspoesie be-
stätigt den Akzent der Präpositionen bei Anastrophe; vgl. Beow. 19
Scedelandum in, iio mäncynne fr dm, 17 15 möndreamum fröm, 2358
Frislondum ön, Genes. 1052 eastlondum in, 1392 wölcnum ünder,
1491 wsegprea ön, 2231 röderum ünder, 2^^g göldburgum in, 2844
swigle ünder (ebenso Crist 399, Wyrd 62, Möd. 14, Phönix 2. 97.
362, Panther 10, Rätsel 23^^, Güdl. 1337; Edda hgllu f, bedjum ä
usw.). Isolierte Form scheint ahd. (Willir.) dlli^-äna 'immer' (neben
an, ane Präp., ane,' ana Adv.).
Bei Voranstellung der Präposition treten Avyayibhäva ein, die
als Komposita im Indischen, Griechischen und Lateinischen ein-
fache Akzentuation aufweisen; vgl. ind. abhi-jnü prati-kämäm
yathä-vagdm oder gr. rrpoxvu eKTTOÖiüv irapaxpni^ot eHaiqpvri«; (em-
(Txepiü eTTiiribeg TrapaTTcXu dviiKpu?) oder wie lat. ////<:<? (für '^in-sloco)
öbviam invtcem interdiu u. a. Das Lateinische mit seinem vor-
historischen Kompositionsakzent zeigt, welche Behandlung des
Akzentes das Germanische aufweisen muß bei altem Avyayibhäva:
nhd. übermorgen mhd. Sgester weisen auf ahd. übarmorgane ige-
stron, deren Akzent in ahd. Zeit nicht bezeugt ist; ist die Rück-
erschließung sicher, so können diese Adverbia nur durch die
Bildung der Avyayibhäva erklärt werden. Unsicher ist die Be-
urteilung der vielleicht hierher gehörigen got. dndaugiba dndaugjö,
ahd. fürenomes 'besonders', Otfr. ümbikirg (aber stets umbiring
= Hei. 2945 umbihring) 'ringsherum', ijtlachenes 'intrinsecus', angls.
öndlong (öllung) 'entlang', instcBpe{s) 'sofort', widersynes, örceapes u.a..
Ob auf ähnliche Weise die Bildung und Akzentuation in lat.
interea interim antehac posthac usw. zu erklären ist, kann zweifelhaft
sein. Im Germ, haben wir ähnliche Komposita, aber mit schwanken-
der Betonung; vgl. Notker <3''^r-«';^^ aber andiu, dar-mite aber mit
thiu, dara-ziw dih&Y zediu. Otfrid verwendet amVersschlufS afterthiu,
aber im Versinnern meist afterthiu, ebenso innanthes und innanthes
(Bodenstein S. 74 ff.). Notker II 134, 4. 233, 10 hat innan des,
Williram innedes, wozu Parziv. 703, 10 und der Reim indes: gesindes
Wernhers Marienl. (Fundgruben II 199, 3) stimmt. Im Heliand
^ndi^nv^ix dftarthiu 304. 1709. 2395. 2755. 3186. 3195. 3208. 3287.
3325. 4613 und innanthes 4040. Angls. siddan (an. sidan) beruht
auf "^sip-pan (vgl. got. panaseips)', angls. sefterdam Menol. 128 —
sefterdon Phon. 238, Psalm 144 ^^ Dazu ahd. mitthont =^ got. mip-
pan. Aber auch angls. todön fordön, ahd. bediu zediu. Ahd. unta^
III. Wort- und Satzakzent. ioi
(daraus mit Synkope ahd. mhd. unz) als Konjunktion entspricht
dem asächs. ünthat (vgl. antat)^ got. und ßatei (aber got. tmte wohl
aus und peT). Daß got. faürßis 'vordem, früher' (dius faür -{- ßis
entstanden, vgl. nhd. vordem) Erstbetonung gehabt hat, dafür
spricht spätahd. mhd. vördes (bei Williram 38, 7 vördes und Iwein
36. 1304. 3028. 7975) aus ahd. vöra des. Ebenso mhd. i-des 'vor-
dem' z. B. Parziv. 186, 9. 354, 25. 688, 19. — In mhd. Reimdichtung
ist vür sich gern auf der Präposition betont (Stosch ZfdW. I 330)
z. B. Parziv. 804, 21; Walther 24, 8; Trist. 2269.
Die Personalpronomina lieben im Westgermanischen die
volleren Lautformen der Präpositionen vor sich. Notker betont
im Boethius dn mir, an in., obwohl sonst an nicht regelmäßig
betont wird, und verwendet unakzentuiertes zuo in zuo mir, zuo iro
gegen sonstiges ze\ Williram hat zu herrschendem an die dnne
mir (mik), dnne dir {dih)\ in Otlohs Gebet begegnet inni mir
(neben in mir)\ Hei. 3073 dftar mt, 2425 äftar tht (ob auch 4697
midi thi> wie thärmidi)\ im angls. Psalter 55^ begegnet ze'^^^r mi
gegen sonstiges wiß\ auch angls. Rätsel 41,86 ünder me\ Crist
322, 332 äfter him. Aus mittelengl. Reimdichtungen beweisen
Reime wie to me: Rgme Owl 1672, bi me'. time Hörn 550, mitte
{= mid ße)\ sitte Hörn 644. Im Neuhochdeutschen finden sich
ähnliche Reime, z. B. bei Hans Sachs zuder (— zu dir) : bruder.
Otfrid hat vereinzelt dfter mir I 27 ^^, üntar iti III 13 *^. Und Willi-
ram, der ab als Präposition nicht mehr kennt, hat noch ein dbe mir.
Es läßt sich hieraus folgern, daß die Präpositionen vor dem en-
klitischen Personalpronomen betont waren (Rieger ZfdPh. 7,32),
wie sie es noch im Neuenglischen und zum Teil auch im Neu-
hochdeutschen sind. Beachte gr. 7Tp6(; |ue, TTp6<; (Je, ei^ |li€ und
nach Thurneysen (vgl. Lit.-Bl. 14, 420) auch altir. di-m 'von mir',
för-m 'auf mich'.
§ 98. Pronomina. Für die altind. Enklitika im stm mä — mi
tvä — te näu — nas väm — vas (gr. |i^ (Te) fehlen im Germanischen nach-
weisbare Enklitika von eigener Lautform. Lautliche Zeugnisse
für Unbetontheit der Pronomina sind unsicher ; in Betracht kommt
das westgerm. (vielleicht urgerm.) l für e in ik mik miz sik ; das
z für s (ind. ti^äm yi^ätn) in got. ßize für ^ßaizi (angls. ßära got.
blindaize) und in angls. ßc^re aus ^ßaizjai (ind. tdsyäi) ; das mm
für zm in got. ßamma (ind. tdsmäd)^ imma (ind. asmäd) ; das m für
mm in ahd. imo demo\ jüngere Lautkriterien zeigen mittelengl.
t US it aus unbetonten ic üs hit\ ahd. wir aus *wiR (got. weis\
102 III. Wort- und Satzakzent.
ahd. ir gegen got. jus ; das run. ek für eka (Grdf. egöm). Vor
allem haben wir literarische Zeugnisse für den Satzakzent der
Pronomina, die nur in kleinem Umfang alliterationsfähig sind.
Die persönlichen Pronomina treten häufig enklitisch auf: angls.
wen'ic Beow. 338. 442, far'ic Germ. 23, 394; über Enklise von ek
ßü im Altnordischen s. Noreen § 455; über westgerm. pü {ic ist
danach urwestgerm. gestaltet, angls. tc nhd. eich) als betonte
und tonlose Form vgl. die Fälle der Enklise bei Paul Beitr. 6,
549; angls. wenstu Sievers Beitr. 9, 273. Die altfränk. Dialekte
scheinen her und er (Ludwigsl.) als Doppelformen ursprünglich
ebenso zu verwenden. Otfrid (QF. 48, 50) läßt die Personalprono-
mina meist unbetont. Im Boeth. akzentuiert Notker st chdd-, aber
-chtt siy ih wein-, tu weist- aber -wein ih, -weist tu (ähnlich Willir.).
Für den Begriff 'wir zwei, wir beide' vgl. Otfr. III 16, 46 ^ uns
zwein^ angls. ünc b<^m, üncer twega (auch bigra uncer Gen. 1914,
bdm ine Crist 357), an. V^lusp. YitX'g. ykkar beggja, — Die ahd.
Betonung iro irü imb usw. (aber Notk. Boeth. und Willir. stets
imo) erklärt sich mit Lachmann Kl. Sehr. I 380 aus Enklise wie
gr. ecTTi neben lern und somit aus den unbetonten Formen ind.
asyäs asyäi asmäd usw., nicht mit Scherer ZGDS* 152 aus einem
Beharren der idg. Urbetonung (ind. asyäs asyäi asmäd) ; für ahd.
unsth iuwih gilt dieselbe Erklärung.
Das unbestimmte Personalpronomen westgerm. man ist in der
angls. Poesie und im Heliand (auch Hildebrandsl. V. 37. 51. 52)
nicht hebungsfähig genug, um die Alliteration zu tragen, wird
auch von Otfr. Notk. und Willir. nicht betont.
Für die urgerm. Betonung der Demonstrativa (s. auch unten
§ 240) sprechen ahd. hiutu Mnaht hiuro asächs. Hei. hiudu hindag
'heute' (got. *hija daga und himma dagd) sowie an. hingat pdngat
und hinneg ßdnneg 'hierher' (ersteres aus hinn veg) ; ferner nach
Rieger 30 angls. Beow. ßy-dögore ßys-dögor, Crist on ßäm dcsge,
Hei. 4600 an thim dagun — 2408 an themu dage\ Otfr. III 16, 44^
in then dag usw., schließlich angls. ßydcEges idcsges (beachte lat.
hodie quomodo hujusmodi u. a.) ; Beow. 197. 790. 806 Crist 1097.
1372 on pam dcsge; on pä ttd Judith 307 ; Beow. 736 ofer ßä niht ;
Beow. 1675 on ßä healfe, 1797 ßjf dögore.
Angls. ßes^ bei Voranstellung zumeist wenig betont, bei Post-
position wie in der Edda aber betont, zeigt Alliterationsfähigkeit
Beow. 790. 1395; Crist 22 und sonst.
Der idg. Pronominalstamm to- (N. Sg. so) — im Rigveda stets
III. Wort- und Satzakzent. 103
betont — hat im Germanischen keinen schweren Akzent, viel-
leicht überwiegend Unbetontheit. Ob und in wieweit die kom-
plizierten Akzentuierungsgesetze Notkers und Otfrids (ZfdPh. 14,
143; QF. 48, 55) urgermanisch sind, läßt sich nicht sagen, da die
alliterierende Poesie versagt: Otfrid und Notker kennen auch
geringere Akzentstufen, die von der Alliterationspoesie nicht ver-
wertet werden müssen. Aus ihrem Bereich ergibt sich ein Akzent-
grad wohl nur bei Postposition wie an. Edda hüna ßeira^ rdnna
ßeira^ günina peira usw. oder Beow. gründwong pöne^ freodowong
ßöne^ wselhlem pöne^ göldweard ßöne. Bei Zwischenstellung dürfte
der Artikel stets unbetont gewesen sein : Notk. selbe? tan here^
dlle die liute^ einen die mennisken\ Otfr. dllo thio ziti\ angls. Andr.
begen ßä gebröpru (Dat. bdm ßäm gebrößrum) ; also auch got. bd
p6 skipa und diese Betonung erklärt auch, wie mittelengl. böthe
'beide' aus angls. ba -{- ßä oder ahd. bede aus be + de (unten § 300)
entstehen konnte. Neben dem unbetonten ind. sama 'irgend einer'
darf wohl auch germ.-got. sums als unbetont angesetzt werden
(betontes süme im angls. Boeth. bei Rieger 32); im Beow. ist sum
nicht alliterationsfähig (außer 2157); aber mittelengl. sümthing
sümdel.
Das Possessivum hat einen höheren Ton als das Personalpro-
nomen bei Otfr. (QF. 48, 52); auch die Alliterationspoesie be-
stätigt es durch häufige Postposition {leode mine^ hldford ßfnne
usw.); die Possessiva sind auch häufiger alliterationsfähig als
andere Pronomina (nifne gefrage^ ßurh mine hond^ ymb ßtnne stfi) ;
bei Zwischenstellung dürfte früh Unbetontheit gegolten haben
{Otfr. mit dllen unsen kreftin): aber auch sonst ist Proklise wie
Enklise der Possessiva geläufig (Hei. 3194 ist hirron mfnumu zu
lesen vgl. V. 3197); beachte Enklise beim Vokativ asächs. frö
mtn angls. wine mtn (aber Beow. 2047 auch min wine). — Selb
hat einen höheren Akzent als zugehörige Personalia : angls. he-self
ßü-self^ asächs. ina selbon^ mt selbon. — An Einzelheiten seien
erwähnt angls. dngeßinga 'quoquomodo*, dnigmon ndnßing ndn-
wuht ndnmon (engl, nöbody nöthing) äghwylc s^ghwä ahd. ioman
(vgl. iomer) iowiht\ beachte angls. ndthwylc an. nbkkurr.
§ 99. Zahlworte. Für das Westgermanisch-Nordische gilt das
Gesetz, daß Kardinalzahlen vor ihrem Nomen stets einen höheren
Ton tragen: Beow. seofon-mht {t.ng\. sdnnight)\ dingXs. f^owertyne-niht
(engl, förtnight); beachte engl, iwöpence thrcepence twelfmonth
u. a. — Hei. sibun wintar^ umbi thria naht^ obar twd naht Rieger
104 m« Wort- und Satzakzent.
ZfdPh. 7, 20; Otfr. dhto dagon^ zwäif thegana Piper Beitr. 8, 229;
entsprechend an. (Vgl.-kv.) siau vetr^ (Thrymskv.) dtta rgstum^ dtta
nöttum^ stau missere (Gudr.). Wenn wir dieses Gesetz auch für das
Gotische annehmen, ergibt sich wohl auch der Akzent für die
Dekadennamen got. fidwör tigjus , fimf tigjus (an. ßrir tiger Atlam.,
um fjönim tegum Grimn. 23. 24): das Westgermanische, in wel-
chem die Benennung 'Dekade' zum Suffix herabgesunken, erklärt
sich nur aus dieser Betonung: ahd. drisuc sehszuc angls. prittig
sixtig dMS prt-tigu sehs- tigu {ßri -tigu enthält/rf = ind. ^rf als Neu-
trum.?). Im Gegensatz zu diesen multiplikativ gebildeten Kardi-
nalien haben die Dvandva-Bildungen 13, 14 usw. Doppelakzent
(level stress), den das Englische noch heute zeigt : angls. fiftßne
sixtßne (aber ßftig sixtig) ; so akzentuiert Notk. zwar zweinzec
zenzec^ aber sehzen ntunzene I 618, daher auch mit Auflösung
(Graff 5, 628) drin zhiin I 619. Willir. hat überwiegend sezzoch
ähzoch u. a. ohne Nebenakzent. Über die Parallelerscheinungen
der verwandten Sprachen vgl. Wheeler Gr. Nominalakzent S. 41. — •
Die Zahladverbia 'zweimal' 'dreimal' betonen im Westgermanischen
bei Juxtaposition das Zahlwort: dingXs. twelf sidum (Phoen.); Hei.
sibun stdun ; Otfr. dria stunta, einlif stuntön ; Willir. sümstunt
driestunt = nhd. (vgl. DWb.) dreistunt\ ahd. auch fiorstunt finf-
stunt sibunstunt usw. ; nhd. dreimal manchmal beruhen auf ze drin
mälen^ ze mdnigen malen usw. ; danach ist wohl auch got. prim
sinpam^ fimf sinpam, sibun sinpam zu akzentuieren, in Überein-
stimmung mit den oben vermuteten fidwor tigjus^ fimf tigjus
usw. — Für den germ. Akzent beachte auch angls. bütü bdtwa
(Dat. bdmtwäm)^ das auf Enklise von 'zwei' beruht. — Isoliert ist
an. einneg (aus einn veg) 'auf dieselbe Weise'.
§ IOC. Nomina. Im Altindischen gilt für Vokative im Satz-
anfang das Gesetz, daß zugehörige Genetive oder Adjektive ak-
zentuell mit ihnen eine Einheit bilden : s/lno sahasah oder sdhasah
silno 'Sohn (Vok.) der Kraft' oder vigve deväh^ vdsö sakhex&%^. sdkhe
vasö 'guter Freund' (Whitney § 314). Die gleiche Regel treffen
wir in der Alliterationspoesie wieder, wenn z. B. im Hei. 2420.
3098 helag dröhtin^ auch frö min^ hirro min betont wird als Vo-
kativ; vgl. Beow. 2047 min wine^ aber 457. 530. 1704 wine min.
Vielleicht schließt sich an diese auffällige Erscheinung das all-
gemeine Akzentgesetz des Germanischen an, wonach auch got.
fimf tigjus^ sibun tigjus zu betonen ist: überall wo zwei gram-
matisch aufeinander bezogene Nomina nebeneinander stehen.
III. Wort- und Satzakzent. 105
trägt das voranstehende den höheren Akzent: angls. indre peoden^
wiges heard^ wine Scyldinga usw.; andd. Hei. wörd godes — gödes
word^ dröhtines engil^ lengron hwtla usw. ; ahd. Otfr. ther güato
man, götes boto^ der liobo drost usw. Notker bezeugt den höheren
Ton der vorangehenden Bestimmung bei man [nechein man^ etelich
man I 543, win man I 523) Fleischer ZfdPh. 14, 295, wozu angls.
dnigmon^ nänmon^ ahd. toman stimmen; Willir. hat ümbe mitten
dag (vgl. nhd. Mittag). Daß diese Akzentuation — ein rein me-
chanisches, kein logisches Prinzip — der lebendigen Sprache
zukam, beweisen Komposita, die auf Juxtaposition beruhen:
got. baürgswaddjus (aus baürgs -f- waddjus\ asächs. hrinkurni
dldfader ädalkuning lös- söd- späh-word\ ahd. quecbrunno mitti-
wecha briitigomo nähgibür\ beachte nhd. Mittag ahd. zi mit-
temo tage\ nhd. Mitternacht dihd. zi jnitterti naht \ nhd. Weihnachten
aus mhd. ze den wihen nahten\ engl, midnight aus angls. cet midre
niht^ engl, midsummer aus angls. oit midite sumor\ nhd. Viertel
aus ahd. dan fiorda teil] nhd. Jungfrau aus ahd. jüncfrouwa\
engl, leman aus mittelengl. lefman angls. (Akk.) leofne monnan\
engl, daisy aus angls. dceges-eage\ angls. wideferhd töwfdanfeore\
engl, dlways angls. ealneweg ealneg. Schon im Altindischen finden
sich zusammengewachsene Bildungen vjiq pürvedyüs 'gestern', /^.y-
pati- 'Hausherr', sapta-Tsdyas 'die 7 Weisen', sapta-gfdhräs 'die
7 Geier', madhydm-dina 'Mittag' ; vgl. auch gr. Aiö^KOUpoi, lat. Jüp-
piter postridie meridie u. a. bei Brugmann I § 1043 (H i § 24 über
die Bildung und den einfachen Akzent bei Juxtapositionen). Be-
achtenswert ist für das Germanische, daß die Gradadjektiva all
mikil manag im Westgermanischen meist bloß vortonig sind.
Die Hauptregel — Betonung des voranstehenden Nomens —
ist durch so immenses Material aus dem Westgermanischen und
Nordischen gesichert, daß wir uns mit den voranstehenden Be-
legen begnügen können; vgl. Rieger ZfdPh. 7, igff. ; Sobel QF.
48, 26ff. ; Piper Beitr. 8, 226 ff. Es sei noch bemerkt, daß im
Althochdeutschen — durch Otfrids Akzentuierung erwiesen —
eine Akzentverschiebung beginnt, die für die deutsche Sprach-
geschichte wichtig ist; mit dieser haben wir uns aber bei der
Darstellung der urgerm. Verhältnisse nicht zu befassen.
§ loi. Verbum. Im Altindischen gilt die Hauptregel, daß das
Verbum tonlos ist (abgesehen vom Satzanfang und vom Neben-
satz); das Griechische zeigt Spuren dieser Regel (J. Wackernagel
KZs. 23, 457) Im Germanischen finden sich keine Lauterschei-
io6 IV. Vokalismus.
nungen, die mit Sicherheit in dieser Erscheinung ihre Erklärung
finden. Mit einiger Wahrscheinlichkeit gehören folgende Fälle
hierher: germ. im 'ich bin' und sind 'sie sind' entsprechen den
unbetonten ind. asmi santi (wegen mm = idg. sm und d = idg. /),
nicht den betonten ind. dsmi sdnti; angls. dfd dfd steht für eigent-
liches did; angls. sindon wolde sceolde haben im Mittelenglischen
(Orrm.) die Lautentwicklung der Atona {stunden wöllde shöllde^
nicht sinden wolde shölde)\ ebenso zvdron. In alter Unbetontheit
finden wohl auch ihre Erklärung die auffälligen Kontraktionen
in ahd. gef stet hat quit git [lät] aus ursprünglichen gaid staid
habaid qipid gibid {lätid). — Willir. betont ist sint häufig nicht.
— Nach dem Zeugnis der alliterierenden Poesie (Rieger ZfdPh.
7, 24) hat das Germanische jene wohl uridg. Akzentregel dahin
ausgebildet: das Verbum hat einen niedrigeren Akzent als die
Nomina und Adverbia desselben Satzes : Beow. fand ßä ßdr inne^
eode ßä to setle^ setton him tö heafdum ; aber es finden sich auch
zahlreiche Fälle mit Betonung des Verbs im Satzanfang [gyrede
hine Beowulf Beow. 1442^, heold hyne syddan Beow. 142^,
789b, onfök ßissum fülle, äräs ßä bt rönde^ glidon ofer gärsecg^
setton sdmede^ gritte Geata leod^ egsode eorl usw.). Belege für die
Unbetontheit im Satz resp. Versinnern sind überflüssig; im Hei.
ist das Verb im Satzanfang meist unbetont {that menda that bärn
godes^ warp an thena sio innan\ selten betont {wil imu aninnan
hugi). Neben Präpositionaladverbien hat das Verbum auch einen
geringeren Akzent : Beow. ßä com in gän^ him bi stödon. Verba
sind schwächer betont als zugehörige Infinitive ; so im Angelsäch-
sischen bei hätan l^tan'. also secgan hyrde i^eo-w. 391^ eow hit
secgan). Hilfsverba haben bei Stoffverben natürlich keinen Ton:
Otfr. lesan scalt^ wolia irstän. Ähnlich steht es mit Hauptsätzen
wie ich hörte (dass)^ welche tonlos sind ; der Heliand hat vielfach
tho gifragn ik that im Auftakt, ebenso im Beow. hyrde ic ßcEt-^
ebenso mynte ßcet-^^ cwcsß pcst^^ bced ßcet-^ Rieger 25.
IV. VOKALISMUS.
Kap. 22. Die indogermanischen und germanischen
Vokalentsprechungen.
§ 102. Die indogermanischen Kürzen. Das Indogerma-
nische hat folgende Kurzvokale besessen: i ü a Ö e 9. Nur 0 und 9
erfahren im Germanischen eine Artikulationsänderung. Die übrigen
Vokale i ü ä e bleiben im wesentlichen erhalten.
IV. Vokalismus. 107
a) Idg. l = germ. i\ asächs. angls. witun 'wir wissen' gr. iö]Li€V
ind. vidmd. — run. gastiz lat. hostis. — got. gastim ahd. g^stim
lat. hosti-bus. — ahd. asächs. fisk \^\., piscis. — got. is lat. is 'er'. —
got. ita lat. id 'es'. — ahd. witu 'Holz' zu altgall. vidu- 'Holz'. —
ahd. bibet 'er bebt' ind. bibheti 'fürchtet sich'. — ahd. witawa
lat. vidua 'Witwe'. — ahd. zwir lat. bis 'zweimal'. — ahd. suas^isto
gr. fibicrTO(;. Einbuße erleidet das i innerhalb des Urgermanischen
in beschränktem Maße durch Übergang in ^ § 123.
b) Idg. ii = germ. //: an. uxe ind. uksdn- 'Ochse'. — got. u/ar
ahd. ubar ind. updri. — got. jtik lat. jugum 'Joch'. — ind. grutd
ahd. Hluduwtg. — ahd. turi ind. düras gr. 0upa 'Tür'. — ahd. biitun
ind. bubudhüs. — ahd. snura ind. snusd. — got. nu ind. nu. —
got. tuz- ahd. zur- gr. h\}<;- ind. dus-. — In großem Umfang tritt
urgerm. ö für eigtl. ü ein durch sg. ö-Umlaut oder Brechung vgl. § 1 23b .
c) Idg. ä = germ. ä: an. aka gr. dY€iv. — ahd. a/tsa lat. axis. —
got. barizeins zu lat. far 'Spelt'. — got. ahs lat. acus. — asächs.
eggja got. *agja = lat. aci'es, — ahd. ana 'Großmutter' zu lat. anus.
— got. anan zu gr, dve|UO<;. — got. arJvazna 'Pfeil' lat. arcus. —
got. awö 'Großmutter' zu lat. avus. — got. af 'gr. dTTO. — ahd. salaha
lat. Salix. — got. salta lat. sallo. — got. alan lat. alere. — got.
l^g''^ gr- öoiKpu. — got. gabei 'Reichtum' zu lat. häbeo. — got. smals
'gering' = lat. malus (für *smalos) 'schlecht'. — got. apns 'Jahr'
lat. annus.
In gemeingerm. Zeit erleidet dieses ä keine Einbuße ; für die
Geschichte der Einzeldialekte ist der z-Umlaut von ä zu jf, teil-
weise auch Erscheinungen von /^-Umlaut für die Umgestaltung des
Vokalismus wichtig, was jedoch nicht in den Rahmen dieses
Buches hineingehört.
d) Idg. ö = germ. ä: ahd. räd lat. rofa. — ahd. /ar/t lat. porcus.
— got. gards lat. hortus. — ahd. asächs. lang lat. longus. — got.
awistr 'Schafstall' zu lat. ovis 'Schaf. — got. ahtau ahd. asächs.
ahto gr. ÖKTÜu lat. octo 'acht'. — got. ahd. asächs. naht lat. noctem
'Nacht'. — got. gasts ahd. asächs. gast lat. hostis. — got. -faps
'Herr' zu lat. potiri gr. TiocTiq TUOTVia. — got. tamjan lat. domäre.
— got. hlaf 'stahl' gr. KeKXoqpa. — got. pata gr. t6. — got. ba lat.
quod. — ahd. spanan 'antreiben' zu lat. sponte 'Antrieb'. Vgl. noch
§ 104 c. — Dieses germ. ä wird dem unter c) besprochenen germ.
^vollständig gleich behandelt; doch ergibt sich die ursprüngliche
Verschiedenheit beider daraus, daß idg. qa- germ. als hwa-, aber
idg. qo- germ. als ha- erscheint nach Möller (oben § 44).
io8 IV. Vokalismus.
e) Idg. e = germ. e\ angls. asächs. etan lat. edere 'essen'. — ahd.
asächs. heran gr. q)ep6iv lat. ferre 'tragen'. — ahd angls. f'elQl)
lat. pellis 'Fell'. — ahd. asächs. s'ehs lat. sex gr. ^H. — ahd. swehur
gr. ^KUpog. — ahd. spehön idg. Wz. spek in lat. specio. — ahd.
gebal 'Schädel' gr. KeqpaXrj. — ahd. tenar gr. Gevap. — ahd. s'ef!
gr. ^'öo<; zu der idg. Wz. sed 'sitzen'. — ahd. mein 'Met' gr. |ue6u. —
angls. nefa lat. nepos. — ahd, fersana gr. TTxepva. — ahd. zeso zu
lat. dexter gr. öeHi6<;. — ahd. gelo lat. helvus. — ahd. z'ehan asächs.
tehan lat. decem gr. öeKa. — Das germ. e geht vielfach in i über,
worüber § 122. — Über den genaueren Lautwert dieses <?, das
wir im Gegensatz zu dem jüngeren Umlauts-^ stets e schreiben,
vgl. § 130 b.
f) Idg. 3 = germ. u wird von Sievers Beitr. 16, 236 angenommen,
für Tonsilben mit Unrecht. — Für angls. dyde 'tat' aus dzidi —
als Perfekt zu Wz. dö 'tun' — ist die Annahme eines idg. p in
der Reduplikation unmöglich, da das Germanische wie überhaupt
das Indogermanische sonst stets echtes e in der Reduplikation
des Perfekts besitzt. Angls. sfyde kann zu gr. cttOuj (Ttu\o(; ge-
hören. Ob idg. ppter für ind. pifd 'Vater' = gr. irairip vorauszu-
setzen ist oder vielmehr ein idg. pater, ist für das Germanische
belanglos ; vgl. ind. sthiti- = got. sfa/s. — In welchem Umfang es
ein idg. p in Tonsilben gegeben hat, ist unsicher. Wahrscheinlich
aber hat das Urgermanische in großem Umfang ein p (in der Um-
gebung von Nasalen und Liquiden) gehabt, worüber § 105 ; doch
sind die Ansichten darüber geteilt, ob dieses p auch der idg. Grund-
sprache zukommt.
Diesem unsichern p steht ein sicheres p der idg. Grundsprache
gegenüber in der Umgebung von Nasalen und Liquiden, wo das
Germanische u (resp. 0 § 123b) zeigt: idg. tpnu 'dünn' (ind. fanü-
gr. Tavu-) an. punnr. — idg. gJiPmon- (lat. homo) got. guma ahd.
gomo. — idg. tplay got. pulan 'dulden'. — idg. gpru 'schwer' gr.
ßapO got. kaüru.
§ 103. Die indogermanischen Längen. Zu den idg. Kürzen
i ü ä ö e besitzt das Indogermanische parallele Längen t ü ä 6 i^
wovon nur ä eine Umwandlung in urgerm. Zeit erfährt.
a) Idg. 2 = germ. 2: ahd. biliban gr. Xlirapeuj. — got. wileima
lat. veltmus. — ahd. stt 'ihr seid' lat. sitis. — an. sime gr. Tjad«^. —
ahd. wtda gr. iiea. — ahd. rtm 'Zahl' altir. Hm. — Dieses t erhält
sich in den altgerm. Sprachen uneingeschränkt, fällt aber völlig
zusammen mit einem jüngeren t = idg. ei § 104 a.
IV. Vokalismus. 109
b) Idg. ü = germ. m\ got. brükjan dazu lat. früges idg. Wz.
bhrüg(w). — ahd. stlgu lat. sügo 'sauge' aus idg. süghö. — asächs.
bür 'Gemach' idg. Wz. bhü. — ahd. müs lat. müs 'Maus'. — angls.
brü gr. öqppög. — ahd. sü lat. süs 'Schwein'. — ' got. füls \\t. püti
'faulen'. — ahd. ütiro ind. üdhar- 'Euter'. — got. rilna altir. rün
'Geheimnis'. — ahd. sür lit. suras 'salzig'. — ahd. asächs. nü gr. vOv.
— ahd. zun altgall. -dünum. — angls. ßü lat. tu. — Das germ. ü
bleibt in den alten Dialekten, sofern nicht jüngerer 2-Umlaut wirkt.
c) Idg. ^ = germ. 6\ a.ng\s. brödor möäor asächs. bröthar mödar
lat. fräter ntäter. — an. bögr gr. TTdxu«;. — angls. böctreow 'Buche'
lat. fägus. — angls. swöte Adv. 'süß' gr. hhxic, (lat. suävis für
*suädvis). — asächs. wosfi aXtir. fds lat. västus. — Dieses ö erfährt
in jüngeren Perioden teils Umlaut (angls. de e^ an. ce) teils Di-
phthongierung (ahd. ud).
d) Idg. ö = germ. ö (Beitr. 8, 334, 522): angls. röw 'Ruhe' gr.
^pujr|. — ahd. frö fruo gr. Tipiui 'früh'. — got. knops 'Geschlecht'
gr. yvu)t6(; 'Verwandter'. — ahd. knödilen (knuodelen) 'erkennbar
werden' gr. yiyvüuCTkuj. — Zu lat. nomen 'Namen' gehört mndd.
nömen aus '^nömjan. — got. weitwößs gr. eiöFuüt; 'wissend'. — ahd.
intuoma 'Eingeweide' neben lat. abdömen, — an. öss 'Mündung'
lat. ÖS 'Mund'. — ahd. kö (kuo) idg. gö- (in ind. gä-m 'Kuh'). —
got. flödus 'Flut' zu gr. ttXujtö«;. — got. gibö Genet. Plur. zu gr.
Gedujv. — Über germ. berö = gr. 96puj s. § 136; über got. tuggön-
im Verhältnis zu lat. Jündn{ein) vgl. § 227 ; über ahd. suonro aus
germ. sw6tizd(n) = gr. fjöiujv vgl. § 285. — Dieses germ. ö hat
genau dieselben Schicksale wie germ. 6 aus idg. ä: beide sind
völlig zusammengefallen, verraten aber ihre Verschiedenheit bei
vorhergehendem Velar genau wie germ. a aus idg. <? und ä § 102 d.
e) Idg. e = germ. e: got. se-ps 'Saat' lat. se-men aslav. s^me
apreuß. semen. — got. neßla 'Nadel' gr. vfj-cri^. — got. *tuzwers
lat. verus. — got. deps 'Tat' gr. Ti-0r|-|Lii. — got. menöps 'Monat'
lit. min^ lat. mensis. — got. qemum brekum setum nemum lat.
vinimus frigimus sedimus imimus. — Das Nord.- Westgermanische
hat ä für dieses germ.-idg. e eingeführt (vgl. ahd. sät tat = got.
seps deps) § 147.
§ 104. Die indogermanischen Diphthonge ei ai oi und
eu au ou. Ob es idg. auch ei 6i äi und iu öu äu gegeben hat
und in welchem Umfang, das ist eine noch unerledigte Frage ; auch
weist das Germanische nicht durch interne Erscheinungen auf solche
Langdiphthonge hin, weshalb wir dieselben unberücksichtigt lassen.
HO IV. Vokalismus.
a) Idg. ei = germ. /: ahd. Uhu gr. XeiTTUJ. — ahd. zthu gr.
beiKVUfbii. — ahd. bitu gr. TieiGiu. — ahd. sitgu gr. aieixtu. — got.
deigan zu gr. TeTxo<;. — got. weitwöps gr. eibiuq. — an. tivar
'Götter' idg. deiwös (ind. divds). — ahd, gisal altir. giall aus Grdf.
gheislo-, — Über die Entstehung dieses germ. f, das mit dem t
§ 103* im Germanischen völlig zusammengefallen ist, vgl. § 122. —
Vor folgendem r scheint idg. ei nicht zu /, sondern zu e (durch
Brechung) geworden zu sein § 126.
Idg. eti = germ. eu: germ. beudan (got. biudan angls. beodan)
gr. iTe\jOo|aai. — germ. peudö 'Volk' (vgl. den Völkernamen Teu-
toni) aus idg. teutä (altir. tüatU). — germ. leußera- (mhd. liederlth)
'liederlich' gr. e\eu6epo^ (idg. leutheros). — ahd. fiohta 'Fichte'
gr. TreiJKr|. — got. hliuma zu gr. KXeFo(S idg. Wz. klü kleu. — got.
liuhaß zu Wz. leuk in gr. XeuKO^. — Das urgerm. eu erscheint in
den Einzelsprachen als iu eo io nach § 129.
b) Idg. ai = germ. ai: germ. slaiwa- gr. Xaio^ (ahd. sleo QF.
32, 35). — got. wraiqs gr. paißoc. — got. "^ais (aiz) idg. ais ayos
(lat. aes). — got. aiws gr. aiüuv (lat. aevum). — got. haihs lat. caecus.
— ahd. eit 'Scheiterhaufen' zu gr. aiGuj. — got. aistan lat. aestimäre.
Idg. au = germ. au: germ. Austro- (angls. Eastre) lat. auröra
aus idg. ausrä ausös. — got. aukan lat. augere. — germ. fauha-
(ahd. foh) lat. paucus.
c) Idg. oi == germ. ai: got. /ai/is gr. iroiKiXog. — ahd. eig 'Ge-
schwür' gr. 0iÖ0(S. — got. bairais gr. qpepoK;. — got. wait gr. oiba.
— got. baiß gr. ireTTOiGa. — got. laik gr. XeXoiTra. — ahd. teig gr.
TOixo^. — ahd. swei? aus germ. swaita- zu lat. südor aus idg. swoido-.
— got. ains altlat. oinos (= lat. ünus). — got. gamains lat. com-
munis.
Idg. ou = germ. au: got bauß: gr. eiXr|Xou9a. — ahd. /o/i aus germ.
lauha- = lat. lücus idg. löuqos. — got. raußs aus *roudhos = lat.
rüfus. — angls. seaw 'Saft' aus germ. sauwa- = lat. sücus 'Saft'
aus gemeinsamer Grdf. souqö-s. — got. gaurs 'betrübt' ind. ghörd-
aus idg. ghourö-. Der Wandel von idg. oi und ou zu germ. ai und
au stimmt zu dem Gesetz § 102 d, wonach idg. ö zw germ. ä wird.
§ 105. Die indogermanischen Nasale und Liquiden als
Vokale. Brugmann hat diese idg. Konsonanten für die gemein-
indogerm. Grundsprache auch als Vokale l f W- V' angenommen,
wovon Y (auch /) im Indischen als Vokal besteht; vgl. den epoche-
machenden Aufsatz Brugmanns in Curtius' Studien 8, 287 und
seinen Grundriß I § 445 ff. 518 ff. 531. Er setzt mit idg. /• resp. / als
IV. Vokalismus. iii
Vokal die idg. Grundformen an für ind. vfka- 'V^ oW ^ pxthivi- 'Erde',
pYCchämi 'fordere', txsü- 'dürr'.
Dagegen setzt Joh. Schmidt in seinem Buche «Sonanten-
theorie» dafür vielmehr idg. pr pI an, also wdlqo- pdlthzv- usw. für
Brugmanns wlqo-plthw-. — Die Beweisführung beider liegt wesent-
lich aufSerhalb des Germanischen. Innerhalb des Germanischen
dürften dl dr als nächste Vorstufen für die geschichtlichen Ver-
tretungen ul ur anzuerkennen sein. So führen got. wulfs asächs.
folda a.hd. forscön zunächst aui^wp/qo- *pp///iw- *pprksqü usw., wobei
wir vom Standpunkt des Germanischen unentschieden lassen
könnten, ob ihr pI oder pr noch ältere /* oder / als Vokale waren,
wenn nicht Ablautserscheinungen (angls. dorä: bred § loS«^) es
wahrscheinlich machten, daß dem ind. T als Reduktion von ar und
von ra auch in irgend einer Stufe der vorhistorischen Grund-
sprache ein X als Reduktion von er und von re entsprochen hat.
Die von Brugmann angesetzte Nasalis Sonans {n rp.) der idg.
Grundsprache ist in keiner idg. Einzelsprache erhalten geblieben ;
für die Fälle, wo Brugmann v- und rp, ansetzt {ktpio-m 'hundert',
dekrjtt 'zehn', d'fif- 'Zahn'), setzt Joh. Schmidt ebenso pn und pm
als idg. Grundformen an. Hier liefert das Germanische kein Argu-
ment für Brugmanns Ansatz, insofern im germ. Ablaut (§ io8d)
wohl en (em), aber nicht auch ne (nie) zu un (um) reduziert wird.
Doch gibt es vorgerm. Zeugnisse einer derartigen Reduktion,
indem z. B. der idg. Negation ne (germ. ni) ein reduziertes germ.
un-, lat. in-, ind. a- an-, gr. d- dv- entspricht; vgl. auch got.
kunps 'bekannt' zu Wz. gnö (Schwundstufe gv) in lat. notus. Wenn
wir also auf Grund von Ablautserscheinungen Brugmanns Ansätze
von X l V^ V^ als idg. Vokale in irgend einer ursprachlichen Stufe
gelten lassen, so eignen wir uns Schmidts Ansicht in dem Sinne
an, daß das Germanische vielmehr zunächst auf reduziertes d in
solchen Fällen hinweist. Wir belegen die einzelnen Ansätze.
a) Idg. /• pr = germ. ur (or): an. ^urr ind. /x^zi- 'dürr*. — got.
7naürgjan aus idg. mxghü- (gr. ßpaxu?). — Und. forscöm md.pxcchdmi.
— ahd. mord aus idg. mfto- neben lat. morti- 'Tod' aus *mxti-. —
nhd. Hörn lat. cornu aus idg. kxno-. — ahd./«r// XaX.porca aus *pxk-.
b) Idg. / pI = germ. ul (ol) : angls. wul/ ind. vf^a- 'Wolf. —
asächs. /olda ind. pxthivU 'Erde'. — angls. füll idg. plnös pplnös
(ind. pürnd-). — angls. hyll aus *hulli- (für *hulni-) = lat. collü
(idg. klnis).
c) Idg. V pn = germ. un: ahd. mund lat. mentum 'Kinn' aus idg.
112 IV. Vokalismus.
ni'^to-. — got. tunßus 'Zahn' idg. dii^t- dant- (lat. dent-em, ind. dat-). —
angls. lungor 'schnell' idg. l'^ighrös (gr. eXacppog QF. 32, 22).
d) Idg. 7(1 3m = germ. um\ ^ot.gaqumßs idg. g7p,ti- gdmti- {^z.gvem
'kommen').
Also ist u der Vertreter der Vokalreduktion im Germanischen;
der Wechsel von u mit ö fügt sich unter die Regel § 123 b.
Zu den kurzen Y l W' V- werden auch entsprechende Längen für
die idg. Grundsprache angesetzt (Brugmann Grundriß I § 531).
Im Germ, scheinen ar und al die Entsprechungen von /' und /
vor Konsonanten zu sein: ahd. walm idg. wlmi- (ind. ürmi-). —
ahd. scart idg. skfto-. — ahd. garba idg. ghfbhä 'Handvoll' (idg.
Wz. ghrebU). — got. barn 'Kind' aus idg. bhf-no-m (eigtl. Partiz.
Pass. 'das Geborene' zu Wz. bher 'gebären'). — ahd. arm lat. armus
ind. trmd- aus idg. fmö-s. — got. hardus gegenüber gr. Kpaiu^.
— ahd. tharm zu Wz. ßre 'drehen'.
§ 106. Allgemeines. Der germ. Vokalismus zeigt seine
Eigenart in dem Wandel von idg. ö (auch in oi ou) zu germ.
ä und von idg. ä zu germ. 6, sowie in der Entwicklung von idg.
T l W- V- z\i dr dl dm dn und in der Vertretung von d durch u {p). Die
idg. Quantitätsverhältnisse sind im Urgermanischen ungestört ge-
blieben, wie die behandelten Vokalentsprechungen zeigen. Doch
ist zu beachten, daß das Germanische vor Nasal oder Liquida
und Verschlußlaut (oder Spirans) keine langen Vokale duldet;
daher steht nach Osthoff Perf. 84 germ. ^winda- ^wenda- 'Wind'
für idg. we-nto-^ ahd. fersana für idg. p^rsnä (ind. pärsni-) resp.
ptersnä (gr. iriepva), ahd. herza für idg. kird- (ind. härdi gr. Kr|p),
got. viimz für idg. memso- (ind. mämsd-) ; vgl. noch got. ams aus
idg. omso- (gr. a)]LiO(;). Daneben bleibt aber vor sk st zg zd ebenso
vor ht ft und ^.y alte idg. Länge im Germanischen durchaus be-
wahrt : asächs. thrtsti lat. trtstis ; ahd. wuosti aus ^wöstu "^wästu (altir.
fäs) ; angls. öst 'Ast' aus ^ozdo- \ asächs. mäsca aus urgerm. mesqen-
(vorgerm. mezgen-) Holthausen Beitr. 11, 551; vgl. angls. rüst
'Rost', hwösta 'Husten', mist 'Nebel', ßistel 'Distel', list 'Leiste',
ahd. krüsci nuosc. Vor den gleichen Konsonantenverbindungen
sind Diphthonge möglich (ahd. irost löset deisc fleisc usw.).
Kap. 23. Der Wurzelablaut.
Das Germanische teilt mit allen idg. Sprachen einen geregelten
Vokalwechsel, den man zunächst für Wurzelvokale «Ablaut» nennt.
Derselbe ist für Wort- und Formenbildung in der idg. Ursprache sehr
IV. Vokalismus. 113
bedeutsam gewesen. Das Germanische macht in der Flexion der
Verba einen festen Gebrauch davon, doch zeigen sich auch beim
Nomen (§ 220) zahlreiche Ablautspuren. Innerhalb des Indo-
germanischen scheint eine große Fülle von Regeln für die Ver-
teilung der einzelnen Stufen bestanden zu haben. Hier ver-
zichten wir auf eine Darstellung der für das Germanische
teilweise unwesentlichen Ablaute. Unwesentlich sind einzelne
idg. Ablaute im Germanischen dadurch geworden, daß innerhalb
des Germanischen die Urvokale idg. ö und ä sowie 0 und ä zu-
sammenfielen. Es trat dadurch innerhalb des Germanischen eine
Vereinfachung, zugleich aber auch eine Verwischung der alten
Ablaute ein.
§ 107. Ablaut S '. ö. Indem für idg. ö im Germanischen
ä eintrat, änderte sich die germ. Gestaltung des Ablauts. Ehe
wir die einzelnen Stufen systematisch durchnehmen, mögen einige
germ. Beispiele den idg. Ablaut e : ö belegen: an. fjgrdr (aus
*ferdu-z) got. faran ferja forum aus idg. per pör\ got. sitan sat
situm angls. söt (vgl. altir. suide aus "^södia) 'Ruß' aus der idg. Wz.
sM söd 'sitzen'; asächs. ahd. f'egdn 'fegen' ^o\. fagrs 'schön'
gafehaba 'passend' an. fäga asächs. fögian 'fügen' aus idg. Wz.
pSkpök ; got. ligan : lag : lew 'Gelegenheit' — lewjan 'verraten' : ahd.
luog 'Wildlager' ; ferner ahd. giscehan : giscah got. skewjan : sk6hs\
got. brikan brak brekum ahd. bruoh ; got. ntitan mat ahd. mä^a an.
m6t\ Wz. dSq döq in mhd. zechen got. taujan tewa t6{w)ja-\ Wz.
k^l köl in got. hilan hal helum hölön. Mit Hülfe von Ergänzungen aus
andern idg. Sprachen lassen sich alle vier Vokalstufen in zahl-
reichen Wurzeln nachweisen. Es verdient aber hervorgehoben zu
werden, daß nicht alle Wurzeln in diesen vier Stufen bezeugt
sind; die Verbalwurzeln kennen meist nur e ä e\ für ^/- und eu-
Wurzeln ist die i- und ^-Stufe unmöglich.
§ 108. Schwundstufe. Für den ^:<y-Ablaut kommt zunächst
in Betracht die niedrigste Vokalstufe oder die Tiefstufe, welche
in unbetonter Silbe ihre Stelle hat.
a) Hier tritt die größtmögliche Vokalreduktion ein und zwar
völliger Vokalschwund ; vgl. got. s-ind 'sind' zu is-t 'ist' (idg. Wz.
es)\ angls. söd ahd. sand 'wahr' eigentlich 'seiend' aus s-ont- als
Partizip zu der idg. Wz. es 'sein' und dazu noch got. sunjis (ind.
satyd-) aus idg. stit-jfö-. — got. t-unpus 'Zahn' lat. d-ent-cm eigent-
lich 'Essender' als Partiz. zu der idg. Wz. Sd 'essen' ; got. gr-edus
zu ahd. g'er-ön 'begehren' ; got. tr-iu 'Baum' zu gr. öopu ; got.
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 8
114 IV. Vokalismus.
kn-iu zu lat. genu gr. yovu ; angls. hn-iiu gr. KOV-ib- ; got. fr-uma
zvi faür\ ahd. chr-anuh gr. Yep-avo(^; germ. sp'ell aus idg. sqetlö-
zu der idg. Wz. .y^^ 'sagen'.
b) Dieser ^-Schwund in den unbetonten Silben der idg. Grund-
sprache, der immer für Unbetontheit des synkopierten Vokals
spricht, zeigt sich vor allem noch in den ei- und <?/^-Wurzeln,
deren niedrigste Stufe i und ü in der Wurzelsilbe ist. Diese a"
und ü stehen daher urindogerm. von Haus aus in unbetonter
Silbe; so z. B. in den germ. Partizipien mit idg. Suffixbetonung
got. büdans Mtans zu den idg. Wurzeln bheudh bheid.
c) So sind r l m n bei ^-Wurzeln durch den Schwund des
^-Vokals vokalisch geworden, eine fundamentale Entdeckung,
durch welche Brugmann 1876 (Curtius' Studien 8, 287. 361) eine
neue Auffassung der idg. Vokalverhältnisse inaugurierte. Die
germ. Lautentsprechungen der idg. X l W' V sind in § 105 auf-
geführt; germ. ur (or) — ul (ol) — um — un erscheinen im e-
Ablaut (got. wairpan hilpan finpan) im Part., wo ursprünglich
Suffixbetonung galt : got. waürpans hulpans funpans.
d) Diese idg. Vokale T l V} V = germ. tir ul tmi un gelten
nicht bloß, wenn in der Mittel- und Hochstufe der Wurzel der
Vokal e \ ö {e '. a) der Liquida resp. dem Nasal vorhergeht (idg.
wert wft usw.), sondern auch ebenso, wenn er ihnen folgt: got.
baürd zeigt /'-Stufe zu ahd. bret\ ahd. forscön (für ^forh-skon)
zu fragen; an. horskr zu angls. hrade\ angls. folde (ind. pTthivi-)
zu ind. präthas 'Breite' (ahd. ßadd). Doch ist hervorzuheben, daß
/' im Germanischen durch ru [rd) vertreten wird im Ablautsystem
von Verben wie got. brikan : brukans^ trudan : trap\ ahd. sprehhan
: gisprohhan^ trehhan\ gitrohhan^ brestan \gibrostan^flehtan\giflohtan^
{w)rehhan '. gi{w)rohhan^ triff an : troffan, brettan:gzbrottan, hrespan
: irhrospan^ dreskan : gidroscan\ an. gnesta : gnostenn. Die Stellung
des r in diesen tiefstufigen f-Formen beruht auf Analogie der
Mittel- und Hochstufe; doch bleibt an. strodenn zu serda un-
erklärt.
§ 109. Eine zweite Tiefstufe ist bei ^-Wurzeln beob-
achtet: der Vokal schwindet nicht völlig, sondern bleibt als un-
betontes e (eigentlich d) = germ. e; in den zahlreichsten Fällen
dürfte dieses e einfach übernommen sein aus der Mittelstufe.
Es herrscht im Partizip : die Partizipia got. gibans itans zeigen
die gleiche Vokalstufe wie b^tans zu beitan^ büdans zu biu-
dan, resp. wie funpans spunnans zu finpan spinnan. Dieses e
IV. Vokalismus. 115
hat eigentlich seine Stellung nur zwischen Verschlußlauten und
Spiranten. Aber e findet sich germ. als Tiefstufe auch nach
Liquiden ; vgl. die Partizipien ahd. gilesan {gileran) ginesan gilegan
u. a., wo nach den herrschenden Anschauungen vielmehr idg.
d = germ. u zu erwarten wäre.
Die ez- eu-Wurze\n haben als zweite Tiefstufe z ü: got. ana-
büsns zu biudan ; ahd. {Ji)lüt 'laut' zu der idg. Wurzel kleu (gr.
kXu-tÖ(S); ahd. blügo zu an. bljügr\ ahd. ütiro zu asächs. *eodar\
andd. üp 'auf got. iup; angls. rüst 'Rost' zu der idg. Wz. reudk
'rot' (vgl. an. rjödd). — Aber idg. z ist im Germanischen mit
idg. ei zusammengefallen, es lassen sich daher im Germanischen
die zweite Tiefstufe und die Mittelstufe nicht mehr unterscheiden.
Mit einiger Sicherheit hat idg. z als Ablautstufe zu idg. ei zu
gelten in got. -beisns aus "^bhztsni- zu Wz. bheidh\ an. tigenn zu
gr. öeiKVUiuii; wohl auch in got. skei-rs skei-nan skei-ma. — Als
zweite Tiefstufe zu x (= germ. ur) gilt ^ (= germ. ar)\ ahd.
garba zu der idg. Wz. ghrebh (ind. gTbh)\ ahd. scar-t zu scer-an
(also Grdf. ghfbhä skj-tö-). Unsicheres ist bisher über tfi ^ als Ab-
laut zu em en vorgebracht; ihre Vertretung im Germanischen ist
noch nicht klar.
§ HO. Mittelstufe. Während die beiden Tiefstufen in ur-
sprünglich unbetonten Silben ihre Stellung gehabt haben, gilt für
die Mittelstufe eigentlich Betonung; das Germanische legt mit dem
grammatischen Wechsel im Verbum dafür Zeugnis ab: got. filhan
aber Ydxt. fulgins^ ahd. werdaw. Part, wortan^ lesan: Favt. gi/eran^
siodan (aus *seußan): Part, gisotan^ ahd. sntdan (aus vorgerm.
snSito-)'. FdiVt. gisnitan. e z eu sind die germ. Mittelstufen der drei
^-Ablaute.
§ III. Die Hochstufe ist idg. 0, in betonter wie in unbetonter
Silbe erscheinend ; vgl. gr. öebopKtt zu b€pKO|Liai (löpaKOv), xeKXocpa
zu KXeTTTiu, 7T6TTOv0a ZU TievGoq ; lat. toga socius zu tego sequor. Als
f^^-Wurzel beachte gr. eiXrjXouGa zu ^Xeij(e)(TO)Liai (riXuOov). Inner-
halb des Germanischen zeigt sich a als ^-Ablaut im Perfekt wie
got. warp fanp halp bait baud usw.
§ 112. Dehn stufe, i zeigt sich als Ablaut zur Mittelstufe e
innerhalb des Germanischen nur, wo der Verdacht einer uridg.
Ersatzdehnung besteht: got. nemun gebun mit idg. Ersatzdeh-
nung aus *ne-nm-un *ge-gb-tin § 171; got. ga-qems mit idg.
Dehnung aus * qe-qm-i- *ge-gnt-i- — m^.jdgmi- QF. 32, 134. Gleiche
idg. Ersatzdehnung dürfte anzunehmen sein für an. vdr 'Frühling'
8*
ii6 IV. Vokalismus.
(lat. vir) aus vorgerm. wer- für *wesr-\ got. -wirs (lat. verus) aus
'^wes-rö-s (zu ahd. wesan EtWb unter wahr)\ vgl. idg. patir poimin
aus *pat^rs *poimen-s (gr. Tratrip TTOi|nriv).
§ 113. <^ als Ablaut zu Mittelstufe ^ist sehr selten: mhd. schuor
zu schern\ ahd. luog 'Wildlager' zu F art güegan {idg.Wz. l^gk);
got, föttis zu \dX. ped-em\ angls. dögor Tag' (an. dagr 'Tag') zu lit.
d?^j^/^ 'brennen'.
§ 114. Neben dem Ablaut mit e als Mittelstufe finden sich
einige Fälle von Ablaut, der sich wesentlich zwischen i : 6 (gr.
pr|YVU)Ui: ^pptuya) bewegt und nur selten eine Tiefstufe mit germ.
ä aufweist : got. se-ßs aber sai-so-un ; ahd. knäen : knuodelen ; ahd.
gitä-n : tuo-n, ahd. iä-t: tuo-m\ ahd. ^^/^ö zu angls. höc neben angls.
haca und ahd. kräko neben an. krökr ; ahd. spuoen : aslav. sp^Ja
(dazu ahd. spä-rön 'sparen'); vgl. noch angls. rö-por zu lat. re-mus\
ahd. räwa : ruowa\ got. ^^/^ mit dem Kompar. angls. sdella\ got. j er
gr. üjpa. In diesen Fällen dürfte ö Mittelstufe sein und e eine
Tiefstufe, weil die Verteilung von e und 6 hier der sonstigen
Verteilung von Mittel- und Tiefstufe entspricht. Möglicherweise
hat dieselbe Auffassung auch zu gelten für got. letan laüöt mit
dem Ablaut ä in got. latjan ; für got. Ukan taitok mit dem Ablaut
ä in an. taka.
§ 115. Daneben gibt es Fälle von idg. Ablaut 0 : ^ --= germ.
ä\ö\ vgl. got. aleina gr. ibXevr) ; got. namö lat. nomen (mndd.
nömen 'nennen'); nhd. Ast (gr. oto<^ angls. öst\ lat. opus ahd.
Moban\ got. dags \fidurddgs fidg. Wz. dhegh in lit. degti 'brennen').
Für den parallelen Ablaut e : e vgl. got. ^mö : ^ens (ind. jäni-)
'Weib' ; got. inu : ahd. äno\ got. taihun : -tehund\ mhd. sweher\swäger\
ahd. sweran : swäri\ got. /r^^^ö: ahd. trägt \ lat. ^^r2 ahd. gestron
an. / ^^r.
Anm. Einige Verbalwurzeln schwanken zwischen / ; ^ vgl. gr. ^Zo|Liai lat.
j^^^j 'Sitz' — ahd. sizzan aber himilsäzzo 'Himmelsbewohner', ahd. h'elan : lat.
celäre, ahd. sp'ehön : spähi (lat. suspicio), got. fraihnan : ahd. fragen.
§ 1 16. Der a-Ablaut hat als feste Mittelstufe ^, als Hochstufe
a = germ. 6\ Tiefstufe dazu ist im Germanischen ä. Hierher ge-
hört der Verbalablaut got. faran for farans\ vgl. mit gr. ayeiv
lat. agere das an. aka 6k ekenn. — Hochstufe ä bei ^-Wurzeln
steckt in gr. XeXr|0a ^k.^x\^o. Te9r|Xa XeXriKa usw. Innerhalb des
Germanischen ist dieser Ablaut ä : ä lautgesetzlich mit dem idg.
Ablaut ö\ ö zusammengefallen, so daß das Germanische nicht
ausreicht, einen selbständigen Einblick in den ^-Ablaut zu ge-
IV. Vokalismus. 117
währen. Daß die df- Wurzeln gemeinindogerm. in der Tiefstufe
eigentlich Vokalreduktion resp. Synkope gehabt haben, dafür
sprechen manche Zeugnisse außerhalb des Germanischen ; inner-
halb des Germanischen beachte angls. nösu neben näsu (lat. näsus
angls. nöse) mit a \ ä\ aber es herrscht durchaus ä als germ. Tief-
stufe vgl. got. fadar gr. Ttatrip (gegen got. bröpar lat. fräter).
Kap. 24. Der Suffixablaut und die Mittelvokale.
§ 117. Dieselben Ablautserscheinungen, die in den Wurzelsilben
auftreten, zeigen sich auch in den Suffixsilben. Dem Wechsel
gr. q)6po-|uev 9epe-Te oder X\jko-(; XuKe entspricht got. baira-m
bairi-ß, wttlfa-m Dat. Plur. wulfi-s Gen. Sg. Innerhalb der Dekli-
nation beachte die u:eu : ö«-Stämme in got. sunu-s suniw-e sunau-s
oder die i : ei : ^/-Stämme in got. ansti-m anstei-s anstai-s. Bei
der idg. ö-Deklination wechseln 6 \ e \w got. daga-m dagö-s dagi-s
dagL Bei den ;^-Stämmen (Osthoff Beitr. 3, i) wechseln n:en:on
in got. aühs-n-i aühs-in-s aühs-an-s (Nebenform ön in got. augö
augöna). Die r-Stämme zeigen T:r\erm got. broß-ru-m bröp-r-e
bröp-ar. Beachte got. inu : gr. dveu : ahd. äno (dies aus germ.
iftau) mit dem Suffixablaut u : eu '. ou. — Das Suffix nt der pri-
mären Präsenspartizipia hat nur in vorhistorischer Zeit Ablaut
Vt \ ont gekannt: Zeugnis got. t-unp-us ahd. z-and. Die Lautstufe
-und- aus -dnt- zeigt das Germanische noch in dem auf s-dnt-
'seiend' beruhenden got. stmjis 'wahr' aus '^sundja- = ind. satyä-
und got. bisunjane 'ringsherum' eigtl. 'der Herumwohnenden' Gen.
Plur. zu *sunjan- aus *sundja- (§ i8oa). Beachte auch den Suffix-
ablaut ahd. zehan : got. taihun (Grdf. dekonit : dektjit). — In einer
Kategorie zeigt sich ein idg. Suffixablaut germ. jön : tn : die Ad-
jektivabstrakta des Typus got. managein- decken sich mit dem
lat. //^«-Typus in Partizipialabstrakten wie lat. ratio statio nätio
(zu ratus Status nätus)\ vgl. unten § 261. Ebenso verhält sich
Suffix Jan : in in angls. fricca 'Herold' (Grdf. vorgerm. preknjön-)
: ind. prafnin- 'Frager' zu pragnd- 'Frage'. Innerhalb der Kon-
jugation vgl. run. tawidö : got. tawide-s (ahd. nfritu-n mit nie-
drigster Vokalstufe im Suffix s. unten Kap. 38). Beachte got.
s-ind : bair-and. Der Ablaut im Optativsuffix ji : t (KZs. 24, 303)
zeigt sich in got. sia-i aus idg. siet gegen ahd. sft (lat. s-f-tis)
Joh. Schmidt Vokalism. II 413.
Innerhalb des Germanischen hat sich der Suffixablaut (Paul
Beitr. 6, 227) durchaus nicht immer in seinen ursprünglichen
Ii8 IV. Vokalismus.
Normen gehalten. So zeigt das Germanische nicht mehr eine
Verteilung der e : ö-Formen bei den neutralen ö^-Stämmen auf
die einzelnen Kasus (lat. genus generis gr. fevo^ Y^veo^ usw.);
es flektiert vielmehr beide Formen durch, verteilt sie nur zu-
weilen auf die Dialekte. Aus einem Paradigma wie lat. caput
: capitis entstehen an. haufud angls. heafod : ahd. hotwit asächs.
höhid\ vgl. asächs. hacud \ ahd. hehhit\ asächs. racud \ angls. reced\
an. stgpull : angls. stypel\ angls. warod : ahd. werid\ angls. gicel
: an. jgkull\ got. wairilö : angls. weleras (aus germ. weral6s)\
ahd. elira 'Erle' : angls. alor\ ahd. üwila : angls. M{w)le\ ahd.
Modal : angls. edel\ got. ubizwa : ahd. obasa\ got. naqaps : an.
nekkvedr (aus '^naqidaz)\ an. morgunn myrgenn got. maürgins ahd.
morgan] ahd. magan \ megin\ asächs. hetan \ himil\ ahd. enit \
anut\ ahd. elbi$ : an. glpt (aus ^^albut)'^ ahd. ^^/// aus *apili neben
angls. cBdele aus ^apali\ ahd. menigtn (aus '^manigm-) : managt neben
manag \ diSx^. f remidi \ framadi neben got. framaps \ asächs. heban:
got. hijnins haben Suffix -ono- : -eno-\ so steht ahd. morgan neben
got. maürgins^ ahd. nebul aus "^nebhdla- neben gr. vecpeXr) (an.
niflheimr)^ got. naqaps neben an. nekkvedr aus *naqidaz, got. mikils
neben gr. )U€YdXr| ; zu angls. Wödan gehört der Genet. mittelengl.
Wednesdai (aus * Wodines-dag). Wohl gehören hierher auch angls.
hrcegl neben ahd. hregil und an. hagl : hagall = angls. hcEgl
hagol\ auch angls. sncBgl =^ n\idi. (dial.) Schnegel.
§ II 8. Erwähnung verdient das Fehlen von Mittelvokalen, wo
dieselben zu erwarten wären ; dieses Fehlen ist als Schwundstufe
aufzufassen; alle Fälle, welche hier in Frage kommen, sind aus
vorgerm. Ablaut zu erklären. Vgl. gr. 0UYdTrip : got. daühtar
(aus ^^dhukter) ; gr. d|ua0o<; (bayr. sampt) : angls. sand\ gr. Kd-
Xa|Liog : ahd. halm ; got. naqaps : air. nocht\ got. gibla zu gr. Kecpa\r| ;
ahd. anado : anio angls. onepa : onda; ahd. akir : got. a/is; got.
liukap: ahd. liokt; ahd. le/s : ahd. lefur; ahd. irri 'zornig' zu ind.
irasydti 'er zürnt'. Hierher asächs. for-mo : got. fr-uma und got.
hair-pra : angls. hr-eder. Bei Ableitungen vgl. got. asn-eis zu
asan-s^ got. liuht-jan zu liuhap^ ahd. nift: nevo (idg. neptf : nepdt)\
got. namn-jan zu namin-s namo; an. ^// aus *ah-ti- = ind. ö^p//-
s. § 302.
§ 119. Das Indogermanische besaß einen eigenen unbetonten
Mittelvokal p (ind. i gr. a), der im Germanischen durch ^/ ver-
treten wird: \nd. jä-nt-mds got. kun-nu-m{\dg. gi^-nd-mes) ; got. -uma
{hind-uma inn-uma) aus idg. dmo (lat. inf-imus) § 291 ; got. berum
IV. Vokalismus. 119
aus idg. bherdme (ind. -ima gr. -a|U€v). Ahd. nabulo ist vorgerm.
nobhdlo- (vgl. gr. ö|LicpaX6^), ahd. nebul vorgerm. nebhdlä (aber an.
nifl- aus ^nibil- entspricht dem gr. veqpeXri).
Anmerkung. Dieses u aus vorgerm. 9 steht nur vor oder nach Liquiden und
Nasalen. In got. berup beruht das u wohl auf Einfluß von herum berun. Das
u in got. waldufni fraistubni usw. deutet darauf hin, daß / resp. b für m ein-
getreten ist.
§ 120. Nachdem wir die auswärtigen Beziehungen der germ.
Mittelvokale erledigt haben, bleibt die Frage zu erörtern: wie
werden die alten Mittelvokale intern germanisch behandelt.^ Hat
etwa die Stellung in der unbetonten Silbe auf die Lautgestalt
gewirkt }
Idg. e als Mittelvokal ist urgerm. e^ woneben sich eine jüngere
Entwicklung l einstellt, e zeigt sich im Gen. Sg. germ. da-^es aus
*da'^eso\ nach Paul Beitr. 6, 550 auch in ahd. mannes nahtes\ aber
im Wortinnern tritt i für e ein wie in ahd. egiso aus idg. aghes-,
ahd. heilisön zu vorgerm. koiles-. e hat sich noch vor r gehalten:
ahd. fater angls. fceder gr. iraiep-a ; germ. ttber (aus *tiperi) gr.
UTiep; ahd. ander angls. öder\ run. after ahd. after angls. cEfter\
angls. wcEter aus idg. woder\ angls. hwcEper gr. 7t6t6PO<;.
Sonst herrscht im Germanischen i für e als Suffixvokal: ahd.
^lina gr. ibXevri ; ahd. eibin \ aslav. lebedi\ got.-germ. gumin gr.
7T0i|Lievi (lat. homini) ; got. *gudini aus vorgerm. ghutent\ got.
hauhipa diupipa aus idg. kotiketä dheubetä\ ahd. birit aus "^berid
*bered*beredi (idg. bhereti)\ ahd. mihhil aus *megelos (: gr. luejaXo-.)
Idg. es erscheint im Germanischen als iz im Nom. Plur. run.
dohtriz (angls. dehter); ahd. ttiri aus *duriz\ angls. fet aus "^fötiz :
gr. TTOÖe^ ; ahd. k^lbir als *kalbiztt für "^golbhesö ; ahd. sigiron ge-
hört zu idg. seghes' 'Sieg'.
§ 121. In Bezug auf idg. 0 ist zu bemerken, daß es den Wandel
in a mit den aus § 132 sich ergebenden chronologischen Modifika-
tionen durchgemacht hat ; also -a für idg. -om in finn. huotra telta
raippa (Thomsen 88) run. horna staina ; ebenso idg. -os (gr. XOxoq)
= germ. -az finn. -as {armas kernas) und run. -az {pewaz holtingaz
haitinaz)\ für eine germ. Grundform da'^oz fehlt intern jeder
Anhalt. Nach § 147 hat sich 0 nur vor labialem und zum Teil
auch vor dentalem Nasal erhalten: urgerm. Dat. Plur. da-^om
(= an. dggutn ahd. iagum got. dagain)\ ahd. berumis gr. qpepOjLiev;
ahd. hanun 'den Hahn' aus *hanon. Bei gedecktem Nasal zeigt
sich ä in got. bairand \ ahd. berant (idg. bheronti)\ vgl. auch das
Partizip ahd. b'eranti mit gr. cpepovT-.
I20 IV. Vokalismus.
In einigen dunkeln Fällen scheint mittleres i für eigentliches
ä zu stehen: run. mininö (Bugge Aarb0ger 1884, 80) gegen got.
nteinana ; angls. ^nne 'einen' aus *aininö^ gegen got. ainana ; in
diesen beiden Fällen kann sekundärer Übergang von ^ in /
kaum zweifelhaft sein ; daher got. pmdinassus zu ßiudans.
Anmerkung. Ob idg. 0 sonst in unbetonten Silben im Nordischen und West-
germanischen als u möglich ist, bleibt zweifelhaft. Man möchte für an. haufud
angls. heafod nord.-westgerm. u = vorgerm. 0 (got. ä) vermuten; ebenso für ahd.
habuh 'SiXi. heafoc nach got. ahaks. Nach van Helten Beitr. 15, 462 war dieses
nord.-vv^estgerm. u gesetzlich vor Endungs-«.
Kap. 25. Ausbildung des germanischen Vokalismus.
Die nach den Kap. 22 zusammengefaßten Gesetzen entstandenen
urgerm. Vokale erleiden durch sekundäre jüngere Gesetze eine
Weiterbildung, durch welche die spätere Buntheit und Eigenart
des germ. Vokalismus entsteht. Hierher gehören Tonerhöhungen,
Brechungen, Vokalisierungen, Epenthesen, Nasalierungen.
§ 122. Erhöhung von e zu i war nach § 104 in dem idg. Di-
phthong ei = germ. t (Mittelstufe U ist unbezeugt) eingetreten:
gr. XeiTTUJ ahd. Hhu, gr. öeiKVuiui ahd. zthu. Dieselbe Erhöhung
von ^ zu ^ findet statt:
a) vor gedecktem Nasal: dihäi. ßmf gr. irevTe; ahd. sind altir.
set aus Grdf. sento- ; ahd. imbi zu gr. e|HTri^ 'Mücke' ; ahd. bintan
gr. TievGepo^; ahd. lindi lat. lenius\ ahd. zvint lat. ventus\ ahd.
gimma minza entlehnt aus lat. gemma mentha ; daher i statt e in
^■-Wurzeln wie ahd. brinnan spinnan findan springan singan u. a.
b) vor i (j) im Suffix : asächs. middi lat. medius ; ahd. nift lat.
neptis (zu ahd. nevo lat. nepos)\ ahd. hirti zu heria 'Herde'; asächs.
himil ZM heban\ ahd. mihhil z\i gr. juefCxXo-; ahd. irrt zu lat. errare\
ahd. igil gr. exivo^; daher gilt l für ^in y^-Präsentien wie asächs.
liggiatz sittian (gr. Xex ^ö in Xexo? eZ!o|uai); desgl. in ahd. birit
nimit zu beran neman. Über diese Tonerhöhungen vgl. die
gründliche, abschließende Untersuchung von Leffler NTidskr. Ny
Räkke IL
c) In unbetonten Worten entsteht germ. i aus e\ vgl. ahd. mit
in angls. mid in aus eigtl. *;;2^^ und "^en (vgl. gr. juerd und ev) ;
ahd. ni 'nicht' aus idg. ne (lat. ne-fas ne-scio); ahd. ih angls. ic aus
ursprgl. ek (vgl. lat. ego gr. v^\i}). Da Enklitika auch als Ton-
worte auftreten können, zeigen solche Worte auch e neben /;
vgl. angls. mec 'mich' gegen ahd. mih\ an. med gegen ahd. mit.
IV. Vokalismus. I2I
d) In unbetonten Silben erscheint nach § 120 i^ für e^ nur daß
vor auslautendem r und .y das alte e beharrt. Wo durch das
alte Auslautsgesetz e urgerm. geschwunden ist, ist es als e und
nicht als i geschwunden; darüber vgl. § 139. Auch das e im vul-
gärlat. Wortauslaut bei Entlehnung ist germ. als e übernommen
und als e (nicht als i) gemäß den Auslautsgesetzen geschwunden;
vgl. angls. munt aus lat. monte- 'Berg', torr aus lat. turre- 'Turm',
pic aus lat. pice- (nicht aus pici-).
e) Urgerm. bleibt ^bei^ im Suffix, dXso fehu {2,S2lq\\s. fehii) 'Vieh',
felu {d^n.fjgl) 'viel', medzc (an. mjgdr) 'Met',/^r^/^ 'TrepuCTi' {2Si.fjgrd)\
vgl. auch an. miglk: got. miluks und an. hjgrtr\ angls. heorot. Aus
dem Althochdeutschen beweisen swehir (gr. eKup6(;) und ebur 'Eber'
im Gegensatz zu miluh 'Milch' und hirm 'Hirsch' mit jüngerem i.
§ 123. Unter Brechung (oder <3;-Umlaut) verstehen wir den
meistens durch suffigiertes 0,-6 bewirkten sekundären Übergang
von i zvi e und von ü zu ö. Der Wandel von idg. i zu germ. e
ist sehr selten, gesetzlich vor r in asächs. wer 'Mann' lat. vir
'Mann', sowie in asächs. herod (ahd. hera) 'hierher' neben asächs.
hinan 'von hier' und in angls. pere 'Birne' aus lat. pira ; dann vor
der Spirans h in asächs. tweho ahd. zweho 'Zweifel' aus *dwtqen-
(: ahd. zwivo)^ in asächs. wehsal (aus vorgerm. wikslo-) zu lat.
vicis. Die Gleichung ahd. hehera = gr. KiCTCTa (aus '^kikjd) 'Häher'
ist unsicher, aber angls. higre 'Häher' beweist ein vorgerm. i. Ob
die ahd. Vogelnamen speht und weho ursprgl. 1 gehabt haben,
läßt sich nicht mit unsicheren Etymologien erweisen. — Ferner
gilt gemeingerm. e für vorgerm. i in angls. nest aus idg. nizdo-
(lat. ntdus) ; ahd. z> im Nom. lautet im Genetiv es (vgl. den Nom.
Sg. er).
Anmerkung i. Der a-Umlaut von echtem i hat den größten Umfang im
Hochdeutschen und im Nordischen ; aus dem Ahd. Mhd. vgl. Beispiele vor ch
wie Lech (lat. Lictcs), mhd. blech (mndd. blik) b'ech b'echer und ahd. w'ehha 'Woche' ;
Beispiele vor ss und ff haben nur beschränkte Geltung (fränk. wessa 'wußte'
und alem. sce/ 'Schiff', aber gemeinahd. pfeffar aus lat. piper) ; Beispiele vor
ck sind der Flußname Neckar (lat. Nicro-y Nom. Nicer) und mhd. lecken^ sowie
zecke 'Holzbock', qu'ec 'lebendig' und sp'ec 'Speck'. Näheres bei Braune Ahd.
Gramm* § 31 Anm. i. Die beiden sächs, Dialekte stimmen mit dem Hoch-
deutschen nur überein in dem aus lat. Signum entlehnten angls. s'egn 'Feld-
zeichen' = ahd. s'egan, wozu asächs. s'egnon 'segnen' und in dem aus lat. sinäpi
'Senf entlehnten ahd. j^«a/= angls. s'enep\ wahrscheinlich gehören diese Fälle
deswegen gar nicht unter den a-Umlaut oder die Brechung; denn die beiden
sächs. Dialekte haben sonst keine übereinstimmenden Fälle dafür (Anm. 2).
Anmerkung 2. Von den beiden sächs. Dialekten steht das Anglsächs. dem
gemeingerm. Urzustand am nächsten, wenn es liccian 'lecken' gegenüber asächs.
122 IV. Vokalismus.
likkdn und lekkofi, sowie spie 'Speck' neben asächs. sp'ek besitzt ; vgl. auch angls.
siician gegen ahd. stehhon (zu lat. instigäre)^ sowie angls. sticca = ahd. st'ecko.
So steht auch das asächs. bikeri dem ahd. b'ehhäri und asächs. quik = angls.
civic dem ahd. quec gegenüber.
Anmerkung 3. Vor dem aus R = z {% 148 a) entstandenen r zeigt umgekehrt
das Anglsächs. a-Brechung, während das Ahd. am alten / zunächst festhält. Dem
ahd. Urnen steht angls. leornian und dem an. viseitn 'verwelkt' oxi^s. forweoren
'verwest' gegenüber; vgl. auch angls, med 'Lohn' für *meRd = gr. lUiöGöc; und
he 'er' gegenüber ahd. ir, we 'wir' = ahd. wir, ge 'ihr' = ahd. ir (für *jir) : die
urengl. Grundformen dafür waren *heR *weR *jeR. Im Asächs. stimmt meda
'Lohn' für *meRda (doch vgl. § 126 Anm.).
Anmerkung 4. Das Altnordische zeigt erhebliche Abweichungen vom West-
germanischen im Bereich der «-Brechung: Kock Beitr. 23, 544 beschränkt die
Belege auf kurze Wurzelsilben z. B. hedan nedan gegenüber ahd. hinana nidana,
anderseits fiskr 'Fisch' = asächs. fisk. Beachte an. glede = angls. glida.
Die Brechung von ü zu ö nimmt einen großen Raum im Ger-
manischen ein; es ist dabei einerlei, ob idg. ü zugrunde liegt oder
ob germ. ii für 3 sich in der Umgebung von Liquiden (aus idg.
T i durch ^r ^/ hindurch) entwickelt hat. Bei ä resp. ^oder 0 der
folgenden Silbe wird urgerm. u in der Wurzelsilbe zu 0, vgl. idg. ü
in ahd. tohter ind. duhitdr- gr. 0UY(XTr|p; ahd. noh aus idg. nu 'jetzt'
+ qe 'und'; ahd. bodam gr. 7TU0|Liriv; ahd.yc»/? {^t.xvs\. joka- aus "^juka-)
gr. ZiuYÖv. Dazu die Partizipia von ü : ^^^- Wurzeln ahd. gizogan
firloran gegen Prät. Plur. zugun firlurun.
Idg. X § 105 wird durch or statt durch ttr im Germanischen ver-
treten, wenn a oder^ in der Ableitung steht: asächs. iorhtmdi. dxstä-\
ahd. zvolfmd. vfka-\ ahd.yb/ \n^.pi%rnä-\ ahd. dorf 2MS ^ixbo-\ daher
ahd. giholfan aber hulfun^ wortan aber wurhm^ scolta aber sculun.
Ausnahmen von der Regel der «-Brechung des ü zeigen
sich im Altsächsischen, Angelsächsischen und Altnordischen gern
bei an- oder inlautendem/ und w, wenn / mit im Spiele ist:
asächs. angls. wulf {2^1. ülfr) = ahd. wolf, angls. wul/(an. ult) = ahd.
wolluy angls. wuldor == got. wulßra-^ asächs. angls. füll (an. fullr)
= ahd. fol^ asächs. fugal angls. fugol (an. fugl) = ahd. fogal.
Auch vor m wird in den sächs. Dialekten u bevorzugt: angls. guma
asächs. ^^^wö = ahd. gomo und angls. cuman asächs. kuman = ahd.
koman\ hierher angls. trum 'fest, stark', sowie angls. frumbearn
frumcynn Jrumgdr neben an. fmmgjgf frumvgxtr (unten § 301).
Auffällig ahd. sumar= angls. sumor = an. sumarr und ahd. asächs.
angls. sum = an. sumr (Pron.), sowie ahd. luba 'Liebe' = angls. lufe
(got. hibo). Beachtenswert sind aber auch angls. /<?/r und wolcen.
Auch vor n ist die «-Brechung nicht überall durchgedrungen;
vgl. angls. pmtor 'Donner' = ahd. donar; asächs. wunon wonön
IV. Vokalismus. 123
'wohnen' ; an. hunang angls. huneg = ahd. honang asächs. hoheg ;
angls. sunu Gen. suna = an. sunr Gen. sonar. Außerdem an.
brune 'Bra.nd\ fune 'Feuer', rune 'Fluß' und angls. dunian 'dröhnen',
grunian 'grunzen' usw. ; aber asächs. thona 'Ranke' = ahd, dona.
Das Ahd. ist in der Durchführung der «-Brechung am konse-
quentesten ; vgl. erbinomo (angls. yrfenuma), donar (angls. ßunor)^
wonen (angls. wunian)^ honang (an. hunang)^ wolf (asächs. wulf),
wolla (mndd. wtUle), fogal (asächs. fugat).
Anmerkung 5. Über die ß-Brechung von u handelt Kock Beitr. 23, 511 mit
spezieller Berücksichtigung des Altnordischen.
Anmerkung 6. Differenzen zwischen den altgerm. Dialekten wie ahd. fuhs :
angls. /ox, ahd. /u/is : angls. lox, ahd. duhs: angls. /^öx, ahd. /url: asächs. /orä,
ahd. kus : angls. coss erklären sich wohl aus ursprgl. z^-Stämmen, wie ahd. /«;-/
angls. /ord = lat. portus 'Hafen' lehrt. Die Differenz rührt her von einer Flexion
wie an. sunr Gen. sonar.
§ 124. Epenthese von i wird neuerdings meist geleugnet;
Scherer zGDS* 472 und Joh. Schmidt Vok. 2, 472 vertreten dieselbe
wohl mit Recht. Wenigstens wird für folgende Fälle gern Epenthese
angenommen : angls. an. dr 'Ruder' (finn. aird) = germ. azrö- aus
* erjä- (gr. Tpirjpric;) ; ahd. meinen aus Wz. man ; got. hraiw aus ^kravjas-
= ind. kravis- gr. Kpeaq; got. daila aus '^deljö- aslav. dHü\ zhd. feilt
gr. TTUjXeojuai. Eine strikte Regel für die germ. Epenthese ist noch
nicht gefunden (über aslav. ör^vo dälü vgl. Amelung ZfdA. 18, 213).
Germ. ^^-Epenthese ist nicht nachgewiesen; in dem au von got.-
germ. augo (aus idg. oq- ok- in lat. oculus gr. öcTCTe ind. aksdn-)
erkenne ich Einfluß von Seiten des germ, atisö auzö 'Ohr'.
§ 125. Es scheint urgerman. in einigen noch näher zu be-
stimmenden Fällen anlaytendes we über wo zu wä geworden zu
sein (ein ähnlicher verdunkelnder Einfluß von w auf e ist zu ver-
schiedenen Zeiten und auf verschiedenen Gebieten bezeugt); aber
bei / oder j der Endung bleibt dann e bestehen. Vgl. ahd. wald
(neben wildi 'wild') aus *weltu-\ nhd. warm neben gr. 6ep|Liö(; (gegen
ahd. wirmen?)\ ahd. zc'^^.y (neben zvichsen) aus "^wekso-] ahd. wahsan
gr. oteHuj; ahd. wafsa = lat, vespa\ ahd. wagan neben altir. fin aus
ursprgl, wegno-. Aber germ. wera- ist lat. vir\ ahd. wehha ist germ.
wlkö., ahd. wehsal ist vorgerm. wikslo- nach § 123.
§ 126. Eine auffällige Neuerung im germ. Vokalismus ist das
Auftreten eines gemeingerm. 6^, das von dem idg. e durchaus ver-
schieden ist; im Nordischen und Westgermanischen fallen beide
nicht zusammen (idg. e = nord. westgerm. ä § 147, aber junges
i = an. angls. asächs. S ahd. ^ ea ia)\ nur im Gotischen lassen sich
124 IV. Vokalismus.
die beiden i nicht scheiden resp. in ihrem Unterschied erkennen.
Es findet sich in Lehnworten wie got. Kreks mes aus lat. Graecus
mensa\ ahd. pfiesal aus lat. pens(i)lem; ahd. biesa aus lat. beta\
ahd. ziagal aus lat. teg(u)la\ ahd. Rian aus lat. Raetia\ ahd. (Gl.
ni 6ii, 15) Trieren 'Trier' = lat. Triveros. Für einheimische Worte
kommt in Betracht: a) die Verbindung er als «Brechung» für eer aus
idg. eir^ das sonst germ. f ist; got.-germ. kir 'hier' aus vorgerm. keir
(vgl. ahd. he-ra : dära = her : dar), got. fira Sihd.ßara 'Seite', ahd.
zeri ziara 'decus', scero scearo 'schnell'. — b) ^ erscheint in redu-
plizierten Perfekten wie ahd. feng fei wel zu fähan fallan wallan
oder angls. din. lethetw. a. ; ihre Entstehung aus den zugrunde liegenden
reduplizierten Formen (wie got. fatfäh laüöt haihait) ist unklar,
doch ist junge Kontraktion wahrscheinlich. Der lautliche Unter-
schied der beiden germ. e ist nicht mit Sicherheit ermittelt (Janko
IF. 20, 229 und van Helten IF. 23, 92). — c) Im Westgermanischen
entsteht e aus iz in asächs. meda angls. med got. niizdö (aslav.
mtzda 'Lohn') und in asächs. angls. he 'er' aus '^hiz.
Anmerkung. Volltoniges e wechselt mit i : angls. iir neben ahd. ziari, angls.
wir ahd. wiara, asächs. her hir ; mhd. Kriemhilt Krhnhilt (Bohnenberger Beitr.
24, 221). Wenn aber den angls. me 'mir' und we 'wir' die asächs. 7ni und wi
entsprechen, so ist angls. 7ne wegen des Akk. Sing. 7nec 'mich' wohl auf *niez,
aber angls. we wegen ahd. wir wohl auf "^wiz zurückzuführen ; asächs, linon
'lernen' zeigt auch i für iz.
§ 127. Nasa 1 vokale entstehen urgerman. inlautend nur vor
h und zwar äh th üh für anh inh unk = anh inh unh\ vielleicht
gleichzeitig dürfte die Genesis auslautender Nasalvokale § ii'ji^hornä
*stainä) anzusetzen sein, die allerdings nur hypothetisch sind. In
den meisten Dialekten tritt Ersatzdehnung»ein: äh th üh {ahd. fähan
hähan fihila got. peihs peiJvo)\ aber durch das übereinstimmende
Zeugnis des an. Grammatikers der Snorra Edda Holtzmann Ad. Gr. 57
(ed. Dahlerup, Samfund XVI p. 25), sowie der von Noreen NArk. 3, i
behandelten neuschwed. Dialekte und des angls. Vokalismus (Sievers
Angls. Gr.2 § ^^) ist die Existenz nasalierter {i nef kvedenn) Vokale
für das Urgermanische über jeden Zweifel erhaben. Urgermanisch
konnten sie nur vor h stehen : an. fer 'er erhält' angls. fehst aus
'^fähiz\ an. 'era 'das jüngere' aus '^jühizön (zu nhd.yV^/^^ KZs. 23,
127); an. pel 'Feile' aus "^piMd (mit dem Punkt bezeichnet der Edda-
traktat die Nasalvokale), ä gilt urgerman. noch in angls. bröhte
pöhte pöhcB töh wöh cehtan höh-hckla (an. hckll Grdf. hähila- Ark. 3,
20). Näheres oben § 51.
§ 128. Vokalisierungen. w wird im Wortinnern vor Kon-
IV. Vokalismus. 125
sonanten zu u\ es ist dabei gleichgültig, ob idg. w zugrunde liegt
oder ob es sekundär durch ^w (§ 46) aus altem Guttural idg.kw ghw
entstanden ist: got. siuja ind. sivyä-mi\ got. frauja md. ptlrvjyd-\ got.
niujis ind. ndvya- (lat. Novius)\ got. qiujan zu qiwa-. — Ferner got.
mawi Gen. maujös (aus ^ma^wl als Femininum zu magus) oder got.
siuns (aus * se^w-m-s) Sievers Beitr. 5, 149; an. tjyja 'Zweifel' aus ur-
sprgl. '^twiujön '^twr\wi6n (: ahd. zwehd). Gemeingermanisch tritt t
und ü für/ und w ein, wenn durch Apokope eines äj und w in den
Auslaut traten; daher got. triu kniti Gen. triwis kniwis\ got. gawi
badi aber Dat. gauja badja\ ahd. ^^«/^ kneo betti hirti aus *skadw{a)
*knew{a) *badj{d) '^hirdj{a).
§ 129. Besondere Behandlung erheischt noch das idg. eu.^ das in
keinem alten Literaturdialekt des Germanischen erhalten geblieben
ist. Die urgerm. Existenz dieses Diphthongs folgt aus den von
antiken Autoren überlieferten germ. Eigennamen wie Greuthungi
Reudigni Eudoses AeubopiH Teutoburgiensis Teutomeres\ inschrift-
lich bezeugt Leubaccus Leubius Leuboricus. Dazu kommen die
in Runenschriften erhaltenen leub leubwini (Wimmer Runenschr.'^
108, 135, 224). Dieser urgerm. Diphthong erleidet im Germa-
nischen Wandel zu eo (Brechung) und iu (Umlaut); vgl. angls. beo-
dan dreogan deore (in den ältesten Texten steupf csder greut), aber
bei Ableitungs-«^/) asächs. biudid driugid diuri\ ahd. leoht: liuhtan^
deota : diutisc. Gemeingerman. scheint m als sekundäre Entwick-
lung aus eu noch einzutreten vor Labialen und Gutturalen : an.
fliuga riuka biuga siukr — driupa kliufa Ihifr dmpr, oberd. (ahd.)
fliugan riuhhan biugan siuh — triuffan kliuban Hub tmf sniumo
Braune Beitr. 4, 557; auch im Schlcsischen herrscht leub teuf aus
Imb Huf Weinhold Dialektforschg. 63. Für dieses iu^ das nicht
durch /-Umlaut erzeugt ist, tritt angls. eo ein (vgl. angls. ßeo-s
freond heodcBg deofol = ahd. diu friunt hiutu Huval) ; das Fehlen
von m vor Labialen und Gutturalen im Angelsächsischen beweist
also nichts gegen das urgerm. Alter des iu. Bezeugt ist angls.
(Epin. Gl.) treulesnis asächs. (Hei.) treulös treuhaft. — Möglicher-
weise ist in Entsprechung von eo : iu das urgerm. äü früh zu äö
vor Dentalen sowie vor r h und im Auslaut geworden: ahd. östrun
aus "^aostrun = angls. iastron (aus "^ccostrun *aostrun).^ ahd. giböt
aus "^gibaod =^ angls. gebead (aus "^gibccod *gibaod usw.); aber es
fehlen sichere Kriterien für das urgerm. Alter von ao.
§ 130. Die Qualität der germ. Tonvokale ist durch folgende
Erwägungen zu ermitteln:
126 IV. Vokalismus.
a) Das germ. ä — einerlei ob aus idg. o oder aus idg. ä ent-
standen — scheint hell gewesen zu sein; dafür spricht die anglo-
fries. Tonerhöhung zu cc\ zudem zeigt es in Tonsilben keine
Wechselbeziehungen zu ö, nur daß im Anglofriesischen vor Nasalen
der dumpfe Laut auftritt. Dagegen zeigt ä im Nord.- Westgerma-
nischen Beziehungen zu e unter dem Umlaut.
b) Germ, ^war sicher geschlossen; es ist in dem idg. Diphthong
ei an das 2. Element des Diphthongs angeglichen ; es zeigt ferner
mit dem i viele Berührungen, indem dies im Gotischen konsequent
dafür eingetreten ist und im Urgermanischen nach den Regeln
§122 dafür eintreten mußte. Dann ist im Angelsächsischen das
germ. e nachweislich geschlossen, während das Umlauts-^ im
ältesten Angelsächsischen davon als offenes e (geschrieben ae)
verschieden war (vgl. meine Engl. Sprachgeschichte § 96). Wenn
man einem solchen urgerman. geschlossenen e gegenüber im Alt-
hochdeutschen vielmehr offenes e findet, so ist dies durch ^-Umlaut
oder Brechung zu verstehen. Germ, brekan mit geschlossenem e ist
im Althochdeutschen infolge der dunkeln Färbung des Konsonanten
resp. des folgenden Vokals zu offenem e geworden, anderseits im
Gotischen noch mehr geschlossen worden {brikan)\ zwischen
ahd. e^^an mit offenem e und got. itan vermittelt germ. etan mit
geschlossenem e. Wenn im Althochdeutschen das Umlauts-^ ge-
schlossen worden ist, so beruht das auf dem Fortbestehen des
umlautwirkenden Faktors: baddj wird über betti mit offenem e
zu betti mit geschlossenem e durch die Fortdauer des Umlauts,
aber der Weg von a zu geschlossenem e ging naturgemäß (wie
im Angelsächsischen) über offenes ^, das für das älteste Althoch-
deutsch durch Schreibungen mit ae (Braune Ahd. Gramm. § 26
Anm. 4) erwiesen wird.
c) Germ, e erscheint im Gotischen mit geschlossenem Lautwert,
der sich durch die häufige Schreibung ei verrät. Aber in den
übrigen altgerm. Sprachen zeigen sich keine solchen Berührungen
mit ^, und zudem haben die nord.-westgerm. Sprachen dafür ä ein-
geführt, das sich bis ins 3. Jahrh. zurückverfolgen läßt. Zur Zeit,
als die lat. Lehnworte ins Germanische eindrangen (§ 14) bestand
das idg.-got. i (§ 103) nicht mehr im Westgermanischen, denn
sonst hätten wir zu erwarten, daß ein lat. Lehnwort mit e den
german. Wandel von got.-germ. e zv. ä mitgemacht hätte, wofür es
aber kein einziges Beispiel gibt. Somit ist urgerm. e offen gewesen
und im Gotischen nach der Neigung dieser Sprache zu den Extrem-
IV. Vokalismus. 127
vokalen geschlossen worden, wie geschlossenes e zu i wurde.
Und das offene urgerm. e ist früh im Nord.-Westgermanischen ä
geworden. — Über das zweite germ. e vgl. § 126.
d) Germ. 6 war ursprünglich offen. Ein geschlossenes 6 fehlte
dem Germanischen, das den geschlossenen ö-Laut in Tonsilben
von lat. Lehnworten wie Roma mörus lörea vtnitörem durch ü (ahd.
Rüma mülberi lürra wtnzür-il^ ersetzt. Doch ist in offener Endung
für ö früh geschlossener Laut eingetreten, das Nord.- Westgerma-
nische zeigt u (darüber wie über aslav. crüky raky s. unten § 136.
145 und Möller Beitr. 7, 484 sowie oben § 7). Es hat nirgends Be-
rührung mit ü^ außer im Gotischen, dessen Neigung ja zu den
Extremvokalen geht; der einzige Fall, wo im Nord.-Westgerma-
nischen ü dafür eintritt, ist im unmittelbaren Wortauslaut in an.
sü got. so, angls. hü tu für germ. hwo twö und angls. cti (ahd. kuo).
Berührung mit ä vgl. in got. ßo angls. anord. ßd. Im Althoch-
deutschen und Alfsächsischen bleibt das aus gedecktem 0 verkürzte
0 von Endungen, geht aber im Angelsächsischen und Altnordischen
in a über (ahd. tago angls. daga). Nach Möller KZs. 24, 508 ist
0 noch durch die ahd. Diphthongierung zu oa als offen zu erkennen.
e) Germ, ö ist durchweg aus eigtl. ü entstanden (idg. 0 war
schon früher zu a geworden); es steht entweder für idg. /^ (ahd.
gibotan angls. geboden zu der idg. Wz. bhudh) oder für 3 bei liquider
Umgebung (ahd. angls. gold aus germ. golpa- für '^ghdlto-*ghlto-^. Im
Gotischen tritt u dafür ein, was für geschlossenen Lautwert spricht;
im Angelsächsischen hat es geschlossenen Lautwert. Berührungen
mit a zeigen sich nirgends in Tonsilben. Wenn also im Althoch-
deutschen 0 offen war, so kann das durch Brechung aus ge-
schlossenem Wert entstanden sein.
f) Germ, i und ü waren Extremvokale, sie wandeln sich nirgends
in e resp. 6\ nichts deutet auf offenen Lautwert.
Kap. 26. Chronologisches.
Während der germ. Konsonantismus seine wesentlichsten Wand-
lungen, speziell die Lautverschiebung, in vorchristlicher Zeit er-
fährt, zeigt sich die Ausbildung des germ. Vokalismus keineswegs
mit dem historischen Auftreten der Germanen abgeschlossen; viel-
mehr finden sich reichliche Spuren, die beweisen, daß gerade der
Wandel der Vokale noch im Fluß begriffen war.
§ 131. Daß in urgerm. Zeit die ä und 6 der idg. Grundsprache
noch verschieden gewesen sind, erkennt Möller Beitr. 7, 483 an
128 IV. Vokalismus.
der nur vor hellen Vokalen eintretenden Labialisierung von Velaren,
die sich auch vor idg. ä (aber nicht auch vor idg. 6) im Germa-
nischen zeigt: angls. hwösta 'Husten' aus idg. käs-ton- (aber andd.
kö 'Kuh' aus idg. gö-). Spuren dieses urgerm. ä findet Möller
KZs. 24, 508 noch in keltischen Lehnworten wie Dänubius (ahd.
Tuonoiiwa) und möchte auch annehmen, daß lat. Römäni den
Wandel von ä zxx ö (got. Rümöneis) mit durchgemacht hätte;
hierher nach Bremer Idg. Forschgn. 4, 22 auch das bei Caesar Bell.
Gall. VI 10 überlieferte {silva) Bäcenis = ahd. Btwhhunna und nach
Schrader ZfdW. i, 239 gall. bräces 'Hose' = angls. bröc. Aber
unklar ist das Endungs-« in lat. bräca ganta^ wenn es nicht auf
Substitution beruht, ö erscheint im Germanischen niemals in lat.
Lehnworten als Vertreter für lat. ä (vgl. sträta rädix pävo § 14).
In finn. Entlehnungen zeigt sich das germ. ö als uo in huotra nuora
ruotas Thomsen 51 (über germ. 6 in slavischen Lehnworten vgl.
plugü Dunavi buky Möller Beitr. 7, 487).
§ 132. Das idg. ö war urgermanisch-vorhistorisch auch noch von
dem idg. ä verschieden ; nach Möller Beitr. 7, 483 tritt vor idg. ä^
aber nicht vor idg. ö Labialisierung der Velare ein. Wie der
Wandel von idg. ä zu germ. ö von den Germanen erst in Deutsch-
land vollzogen ist (vgl. Dänubius ahd. Tuonouwa)^ so ist auch der
Wandel von idg. ö zu a erst in Deutschland geschehen. Anteil
daran hat lat.-gall. Mosa ahd. Masa angls. Masu, lat.-gall. Vösegus
nhd. Wasgau {aber ahd. Wascöno /ant Ahd.Gl.lll 610^ ist dieGascogne,
das Baskenland), lat.-gall. Volcae ahd. Wa/M, Moguntiactim ahd.
Magunza, lat.-gall. Boihaemum mhd. Beheim (aus * Baihaim). Aber
got. aUwa- ist nicht unmittelbar aus lat. oletim resp. oliva zu er-
klären, da das Germanische in lat. Lehnworten 0 {coquus corbem
posteni) durchaus beibehalten hat (oben § 16) und auch alte Orts-
namen wie Borbetomagus und Bonna ihr 0 bewahren.
Anmerkung i. Der von Much erkannte germ. Ursprung der bei Plinius über-
lieferten Bezeichnung des Eismeeres als niare Cronium liegt in einem kelt.
*cronos 'Walfisch', das eine vorgerm. Lautentsprechung für angls. hran 'Walfisch'
sein muß: es handelt sich also um eine uralte Entlehnung aus dem Germani-
schen (in der Römerzeit hätte dem angls. hran nur ein latinisiertes *chranus
entsprechen können).
Über idg. 0 = germ. 0 in unbetonten Silben {Chariovalda
Langobardi), das in den ersten Jahrhunderten n. Chr. erhalten
blieb, vgl. oben § 22 a. Dazu stimmen nach Setälä (oben § 29
Anm. 3) die ältesten Entlehnungen im Finnischen wie jukko 'Joch',
juusto 'Käse', pelto 'Feld'. Allerdings zeigt mannigfaches Material
IV. Vokalismus. 129
der Römerzeit doch auch schon a in unbetonten Silben; wenn bei
einem Teil solcher unbetonter a auch die Entstehung aus 0 nicht
zu erweisen ist, so ist die Tatsache doch an und für sich sicher;
vgl. etwa Requalivahanus Nahanarvali Adrana Vacalus.
Anmerkung 2. Die Forderung der Annahme, daß idg. o'm. unbetonten Silben sich
länger halten konnte, ergibt sich auch aus den Dativen ahd. tagum wortum =
angls. dagum wordum, die auf urgerm. dago-m wordo-m beruhen; desgleichen auch
aus den Akk. der w-Stämme ahd. hanun angls. galgu(n), die germ. hanon galgon
mit u erweisen. Das Gotische hat die germ. dagom wordom hanon wie jedes
andere unbetonte 0 m. ä verwandelt : got. dagam waürdam hanan.
Über das germ. eu (finn. keula 'Steven') und seine Chronologie
vgl. § 129. — Für die Existenz von idg. ei (germ. i = idg. ez) fehlt
jeder Anhalt im Urgermanischen; weder aus den finn. Lehnworten
noch sonst intern bietet sich die Möglichkeit, die Existenz des
idg. ei im Urgermanischen zu erweisen. Die Beurteilung von ahd.
I^m 'Rhein', das kelt. Ursprungs ist (altir. r/an 'Meer' Thurneysen,
Handbuch d. Altir. S. 34), ergibt keinen endgültigen Beweis für
eine Grdf. Reinos^ weil auch Substitution (germ. i für gall. e) vor-
liegen kann.
Die Entstehung von germ. ur aus idg. T scheint sich wohl auch
erst vollzogen zu haben, als die Germanen Nachbarn der Kelten
waren. Man möchte dies schließen aus der oben § 33 Anm. 3
behandelten Gleichung altgerm. Chorfhoni= gall.TTpeTTavoi: beiden
liegt für die erste Silbe ein ursprgl. kxt- zugrunde.
§ 133. Der germ. /-Umlaut von e (germ. i § 122) ist im
ersten nachchristlichen Jahrhundert noch nicht eingetreten oder
durchgeführt: Segimerus Segimtmdus = ahd. Sigimär Sigimunt;
hierher Hermi(n)ones für *Erminones neben ahd. irmin-\ dann
auch finn. teljo = ahd. äü/a. Aus internen Kriterien ergibt sich
aus ahd. nifi ~ lat. neptis^ sowie aus ^hd. gi/t gisciht gisiht ginist
neben g'eban giscehan sehan ginesan der Beweis, daß der ^'-Umlaut
von ^ zu / vor der Wirkung der Auslautsgesetze d. h. etwa vor
dem 4. Jahrh. stattgefunden haben muß.
Anmerkung i. Gegenüber der beträchtlichen Zahl von röm. Belegen für e
macht Collitz (Journal of Engl, and Germ. Philol. 6, 253) den Versuch, die Über-
lieferung Sigimerus bei Vell. Paterc. als echt germanisch und die sonst herrschen-
den Segimerus als Gallisierungen (altgall. Segovassus) hinzustellen. Da aber für
Fenni und Venethi die Annahme von Keltisierungen ausgeschlossen ist, so ergibt
sich schon hieraus e als echt germanisch. Bestätigung hierfür ist ja auch die finn.
Entlehnung teljo.
Vor gedecktem Nasal galt in der Römerzeit e^ nicht das jüngere
i\ Fenni 3ing\s, Finnas; gr. "Evog = nhd. /nn; nur erscheint -eng
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 9
130 V. Auslautsgesetze.
bereits als -ing (Inguaeones Inguio-mirus Thingsus — Tulingi
Tcrvingi)\ aber doch noch finn. rengas = germ. hringaz 'Ring'.
In Mittelsilben bestand zur Römerzeit noch e^ wo später i er-
forderlich wurde : Venethos = angls. Winedas an. Vindar aus * Wi-
nip6z\ vgl. die Namen Segestes und Veleda sowie Nemetes oben
§ 22 k. Doch zeigt sich auch schon mittleres i für e in Erminones
und wohl auch in Scadin-avia.
Einige ältere Lehnworte aus dem Lateinischen machen daher den
germ. Wandel von ^ zu 2 mit: a.hd. iksüt \at. exi/ium ; angls. gimm lat.
gemma, angls. minfe lat. mentha. So wird lat. meretricem (durch eine vul-
gärlat. Mittelstufe meltrtce) zu urangls. '^miltrigge = angls. miltestre\
jung noch ahd. piligrim, aber noch jünger ahd. pelHs und pfersih.
Auch an den Brechungen nehmen die lat. Lehnworte teil ; vgl.
angls. box aus lat. buxum^ angls. torr aus lat. turrem, ahd.^ köpf
aus lat. cuppa, ahd. most aus lat. mustum usw. Man wird daher
das Alter der Brechung demjenigen des ^-Umlautes von germ. e
chronologisch gleichsetzen müssen.
Anmerkung 2. Das e von asächs. wer 'Mann' = lat. vir 'Mann' galt schon in
der Römerzeit : ich folgere dies aus dem durch asächs. gum-kust angls. gum-cyst
'virtus' bestätigten ver-custis 'virtus', das in dem Namen der inschriftlich mehr-
mals bezeugten Göttin Vagda-vercustis steckt, die wohl als Entsprechung der
röm. Virtus gedacht ist (das Element vagda- scheint auf einen Völkernamen zu
deuten, wie der Anklang an die gall. Vocontii oder an lit. Vbketis 'Deutscher'
nahelegt). Über die Kompositionsfuge von ver-custis vgl. § 222 b; zu der Per-
sonifikation Vercustis = Virtus vgl. germ. Nerthus als Entsprechung von ind.
nj'tü- 'Held' (eigtl. 'Heldenhaftigkeit').
Anmerkung 3. Auch das Alter der ö-Brechung von ^ zu ^ (§ 123) reicht in
die Römerzeit zurück: das wird erwiesen durch die außergotische Lautform
(angls. Goian = an. Gotar) als Cotones bei Tac. (das von Plinius gebrauchte
Gutones beruht auf der echtgotischen Dialektform) ; über die mannigfaltigen Ge-
staltungen des Gotennamens vgl. Schönfeld Wb. d. altgerm. Personen- und Völker-
namen S, 120. Ob die altgerm. Göttin Hludana mit ü oder mit ü anzusetzen ist,
läßt sich nicht entscheiden.
Aus lat. Austr-avia Seadin-avia sowie aus der Behandlung von
lat. cavea als *kauja könnte man schließen, daß die § 128 erörterte
Vokalisierung von w jüngeren Datums sei; die germ. Sprachen
erweisen -*aujö (etwa in Scadin-aujo) ; aber möglicherweise ist lat.
-avia nur Lautsubstitution.
V. AUSLAUTSGESETZE.
Das Germanische hat, wie zuerst Westphals Entdeckung von
got. Auslautsregeln KZs. 2, 161 ff. gezeigt hat, ursprünglich die
vollen Endungen besessen, die wir z. B. im Griechischen oder im
V. Auslautsgesetze. 131
Indischen kennen und als gemeinindogerm. voraussetzen müssen:
got. Wulfs aus '^wulfaz (gr. Xuko^ ind. vfkas)^ got. gasts aus *gasHz^
got. tawida aus * tawided^ got. wulfe aus * wulfem, got. baira aus
*^^r<? (gr. cpepuj). Hatte Westphal eine wesentlich gotische Norm
zur Beurteilung der Auslautserscheinungen aufgestellt, so zog
1868 Scherer die übrigen germ. Dialekte in Betracht. Durch
die runologischen Entdeckungen von Bugge, Wimmer u. a.
erhielt die neben Scherer aufstrebende kombinatorische Rück-
erschließung der germ. Grundformen, die von Schleicher ausging,
überraschende Bestätigung, die mit Thomsens durchsichtiger
Behandlung der germ. Lehnworte im Finnischen wiederum be-
deutend erhöht wurde. Kern wies in den Glossen zur Lex Salica
S. 86 aul die Bewahrung von u in angelsächsischen Endungen von
«-Stämmen {sunu magu) hin, 1870 dann Bugge auf die angelsäch-
sischen /-Stämme mit bewahrtem Ausgang (wini — wine^ sigi —
sige, kygi — hyge^ stedi — stede Aarb. 1870, 205). Nachdem
A. Leskien 1872 auf der Leipziger Philologenversammlung das
gemeingerm. konsonantische Auslautsgesetz Vortragsweise erörtert
hatte, brachte 1876 Braunes Aufsatz «Über die Quantität der althoch-
deutschen Endsilben» (Beitr. 2, 125) den Beweis, daß und in
welchem Umfang gedeckte Längen der germ. Grundsprache in
Endungen des Ahd. noch erhalten sind. Fortan traten — wie
Kerns und Bugges Hinweis es nahegelegt hatte — die westgerm.
Sprachen in den Vordergrund ; 1877 brachte der vierte Band der
Beiträge zwei Abhandlungen von Paul und Sievers; 1878 lieferte
Sievers durch zusammenhängende Würdigung sämtlicher Dialekte
den Beweis eines urgerm. und eines westgerm. Auslautsgesetzes ;
und ihm gebührt damit das Verdienst, nachgewiesen zu haben, daß
die westgerm. Sprachen teilweise andere Auslautsgesetze ver-
langen als die ostgerm.; das Westgermanische zeigt z. B. aus-
lautendes i in angls. asächs. m^ti st^di wini ahd. turi^ während
das Gotische und das Nordische in solchen Fällen das i nicht
mehr aufweisen. Daraus ergibt sich mit Sicherheit, daß urgerm.
stadiz winiz Akk. stadi(n) wini(n)^ gastiz Akk. gasti(n)^ urgerm.
duriz usw. ohne Vokalverlust anzusetzen sind.
Kap. 27. Die urgermanische Zeit.
Alle durch Konstruktion gewonnenen Resultate decken sich mit
unanfechtbaren historischen Zeugnissen : der älteste germ. Sprach-
132 V. Auslautsgesetze.
Charakter zeigt für die ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung
die vorgerm. Endungsvokale noch nicht synkopiert oderapokopiert.
§ 134. Die Sprache der ältesten Runen {hlewagastiz holtingaz
hagustaldaz dagaz erilaz haitinaz pewaz horna usw.) hat kein
vokalisches Auslautsgesetz erfahren nach den Entdeckungen Bugges,
Wimmers u. a. (die gesamte Literatur s. bei Burg, Die ältesten
nord. Runeninschriften, Berlin 1885 und bei Noreen Altisl. Gramm.
S. 334)-
Die vollen Endungen, die in zwei- und mehrsilbigen Worten
der Synkope erliegen, sind im Gotischen in einsilbigen Worten
erhalten geblieben; diese erleichtern daher die Rekonstruktion
der zwei- und mehrsilbigen : got. so ßo (Art.) erweist für Nom-
Akk. giba eine Grdf. gebd\ got. ßo Nom. Plur. für waürda Ent-
stehung aus urgerm. wordd\ got. kas für wulfs Entstehung aus
"^wulfaz. Ähnlich beweist ahd. si für got. will (= lat. velit) eine
Grdf. wilt.
Außerdem wird häufig die ältere Grundform bei angefügten
Enkliticis im Gotischen gewahrt: got. Jvamma aber hamme-h^
ainana aber ainnö-hun^ Jvana aber kanö-h^ Jveila aber keilö-hun.
§ 135. a) Die Entdeckungen Thomsens über die finn.-germ.
Beziehungen beweisen eine echt germ. Zeit, in der die vollen
Endungen noch bestanden: finn. kuningas 'König', ansas 'Balken',
rengas 'Ring', armas 'lieb', kernas 'gern', kaunis 'schön', Huris
'teuer' usw. haben ihre vollen Endungen mit den germ. Grund-
formen kuningaz ansaz hringaz usw. übernommen.
b) Die germ.-lat. Beziehungen (oben § 18) fallen in eine Zeit
mit vollen Endungsvokalen: got. mes pund lukarn fäski aüräli
aus lat. mensa pondö lucerna fäscia drärium setzen germ.-vulgärlat.
mesa pundo lukerna fäscia örärio voraus ; got. wein saban akeit
ahd. chupfar beruhen auf vulgärlat. vtno aceto sabano cupro ; ahd.
zabal mias munin beruhen regulär auf den Grundformen tab(u)la
me(n)sa moneta ; angls. munt cealc pic post torr ahd. chorb ent-
sprechen vulgärlat. monte calce pice poste corbe torre (= Akk.
montem calcem corbem usw.), und angls. bytt ahd. churb sind lat.
buttis corbis\ got. asilus sakkus = lat. asinus Saccus und an.
kgttr = spätlat. cattus. Die lat. Lehnworte im Altgermanischen
sind somit ein sicheres Zeugnis dafür, daß in den ersten nach-
christlichen Jahrhunderten das Germanische noch wesentlich die
vollen ungekürzten Endungen der idg. Grundsprache besessen hat.
Die germ. Eigennamen und Appellativa der antiken Überliefe-
V. Auslautsgesetze. 133
rung zeigen Übereinstimmung mit den germ. Grundformen : Nerthus
= an. Njgrdr aus *Nerpuz (= ind. nttü- f) ; Albis = an. elfr Bugge
NArk. II 209 aus *albiz\ lat. "^alcis (Plur. aices) = urgerm. alyiz
(an. elgr)\ brütis für *brüthis (Braune Beitr. 32, 38) = got. brüßs
für '^brüßiz'^ Vercustis (§ 133 Anm. 2) neben angls. gumcyst\ lat.
ürus — an. ürr aus *üruz; lat. Segimundus = an. Sigmundr aus
^Sigimunduz\ wohl auch vulgärlat. *^/^5{7 i^dX. glesuni) = urgerm.
glezain) = mndd. ^/«r 'Harz'. Gegenüber diesen vokalischen
Stämmen beachte man besonders noch den konsonantischen Stamm
n^ 'König' in den germ. Eigennamen Boiorix Mallortx Cruptortx
(Tacit.) AeuöopiH BairopiH (Strabo), wofür erst im 4. und 5. Jahrh.
Namen auf -ricus wie Theudoricus eintreten.
Auf Grund dieser geschichtlichen Zeugnisse fällt die Fortdauer
der vollen Endungen noch in die nachchristliche Zeit. In der
zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts zeigt die Sprache des Ulfilas
bereits, daß das Gotische die vollen Endungen nach festen Ge-
setzen aufgegeben hat; für die übrigen germ. Dialekte sind —
von den Runen und der Lex Salica abgesehen — keine frühen
Termine zu gewinnen; vermutungsweise mag die Periode der
Auslautsgesetze etwa mit dem 2. Jahrh. beginnen; das früheste
Zeugnis ist der Dat. Plur. Uatuims aus ^w^twi-miz § 215.
Kap. 28. Gemeingermanisches.
§ 136. Einen frühesten Auslautswandel hat 0 erfahren, das
ungedeckt war. Während ö als offener Vokal (§ I30d) anzu-
setzen ist auch für unbetonte Silben wie in germ. minöß- (§ 145),
ist es geschlossen worden in germ. b'erö für *bero^ sowie in germ.
peudö für *peudg (got. ßiuda aus vorgerm. teutä) ; so ist auch idg.
wfdhä oder wj-dkö (lat. verbd) germ. wordo für *word6. Dieses 6
charakterisiert sich durch seinen nord.-westgerm. Vertreter u
gegenüber got. a\ s. § 150. Gedecktes ö in Endungen bleibt aber
durchweg offen.
§ 137. Der älteste konsonantische Lautwandel im germ. Wort-
auslaut ist der auch im Griechischen begegnende Wandel von
Endungs-w in n : got. ßan-a aus idg. tom (ind. tarn lat. istum) ;
got. in-a aus idg. im (ind. im-am 'diesen', im 'ihn, sie'); daher
auch urgerm. wolfan wolfon aus idg. w{qom Akk. Sg. (zu got.
wulfs)\ urgerm. Gen. Plur. wolfen aus idg. wlqem (ind. -äm)\
germ. wordon = lat. verbum Grdf. wxdhom. Hierdurch ist die
134 V- Auslautsgesetze.
Zahl der auslautenden n im Germanischen gewachsen, da es
schon alte idg. n im Wortauslaut gab (urgerm. namön semon:
lat. nömen simen). Alle alten und neuen n im Wortauslaut ver-
klingen mit Nasalierung der vorhergehenden Vokale (Leskien
Germ. 17, 376): urgerm. hornä aus *hornan^ wolfi aus *wolfen,
yehö aus '^yebön^ namö aus '^namön^ tawidö 'ich machte' aus
^tawidon. Diese Nasalvokale (§ 127) — auf keinem germ. Gebiet
vorhanden — sind vorauszusetzen, weil die nach dem Abfall von
Dentalen (got. berun für '^berunß) in den Auslaut getretenen Na-
sale niemals in urgerm. Zeit verklingen; um die Bewahrung des
n in got. berun tawidedun zu erklären, ist ein Laut notwendig,
der zwar nasalisch, aber von dem n verschieden ist. Daher sind
urgerm. Akkus, wie dagä hornä runo gasti ansti anzusetzen.
Wir können nicht einfach daga horna gasti sunu ansetzen, weil
nach § 139 in Grdf. wie dayasa 'des Tages', wasa 'ich war',
anda 'und' u. a. die alten Runeninschriften, welche horna staina
u. a. (mit a aus an) beibehalten, das reine Auslauts-^ bereits
apokopieren ; eine Ausnahme macht das proklitische ek aus "^eka
(= idg. egom), falls nicht idg. eg (vgl. idg. tu ind. tuam) = lit. asz
zugrunde liegt.
§ 138. Urgerm. Abfall der auslautenden d t ist nach Leskien
(Germ. 17, 374) die erste wirkliche Auslautskürzung; die durch
dieses Gesetz in den Auslaut tretenden Vokale unterliegen allen
vokalischen Auslautsgesetzen: got. germ. bairai aus idg. bheroit^
got. ahd. will germ. will aus "^welit (= lat. veUt aus '^velit) got.
berun aus idg. bhernt\ run. dalidun (statt ^^dailidun) mit -idun aus
-idunß\ got. tawida 3. Sg. aus -ed, got. iddja aus urgerm. ijjed
= ind. dyät. — Aus der Deklination vgl. got. hamme-h aus idg.
kosnied (ind. kdsmäd)} — Isolierte Formen sind got. mena aus
'^men6{ß) Joh. Schmidt KZs. 26, 346; ahd. zan (zehan) aus urgerm.
tanß i^tehand) = iäig. dont [dektiit '10') Mahlow 158; angls. hcEle
ealo Platt Beitr. 9, 368 aus "^haleß *aluß\ ahd. nevo aus germ.
nefö{d) = ind. näpät\ angls. gefea (: ahd. gif'ehd) = got. faMps\
gotJva = lat. quod ind. kad\ got. taihun gegen ahtautehund 'achtzig'.
§ 139. Reines (nicht nasaliertes) ä e ö m Endungen schwindet.
Schon die ältesten Runeninschriften, die horna staina arbija (=
got. haürn stain arbi) mit ursprünglich nasaliertem Vokal be-
wahren, zeigen kein altes ä e ö des idg. Auslauts mehr. Runisch
endet der Gen. Sg. der maskulinen «-Stämme auf -as für -asa
{Godagas). Die i. 3. Sg. Perf. lautet runisch nam was mit Ve.rhist
V. Auslautsgesetze. 135
von ä e\ daher ist für idg. woittha 'du weißt' (gr. oi(T0a ind.
vitthd) germ. waist eingetreten. Vgl. ferner germ. berom birip
aus älteren *berome "^berede^ berum beruß aus älteren "^berume
*beru(ie\ run. waritü got. ^writü 'wir beide ritzten' mit der Endung
-9we (Ind. -ivd)'^ Imperat. far aus "^fare (vgl. lat. funde gr. tutttc);
Vokat. wulfoMS *wulfe (\dX. lupe gr. \\iY.^\fimf zyxs woicg^rm. pempe
penqe 'fünf (lat. quinque gr. irevre) ; got. germ. mik germ. mek aus
*me-ge (gr. d|LX€ ye); so ist ^ apokopiert noch in dem Enklitikon
qe (got. -k -uh), ferner in got. sa-h sö-h (aus *sö ke — "^sd ke
'dieser, diese' mit der deiktischen Partikel ke von lat. hujus-ce)^
dann auch in dem Enklitikon qene (ind. cand) = got. -/lun resp.
westgerm. -ftn in angls. hwergen. Dieses Gesetz von der Apo-
kope der ä e schafft wohl auch die Präpos. (got.) and und aus
*anda *unda ; dagegen ist got. ana 'an' gegen das verbreitete an
(an. d angls. on) durch völlige Tonlosigkeit der Apokope ent-
zogen oder, wie Joh. Schmidt KZs. 26, 28 ff. meint, ist got. ana
(statt an) wie anda- neben and^ ahd. oba- gegen got. uf eigentlich
Kompositionsform für Nomina. Die Partikel angls. and 'und'
stpht für *anda (ind. atka adhd). Das run. (Varnum) jah enthält
das idg. qe 'und' = lat. que 'und'. Vgl. § 140 Anm.
§ 140. Ein weiteres vokalisches Auslautsgesetz der vorrunischen
Zeit hat i im Auslaut dritter Silben abgestoßen (Sievers Beitr.
5, 155): run. halaiban aus "^hlaibani Lokativ Sg. ; daher auch
ahd. bibem 'ich bebe' aus urgerm. bibaim = ind. bibhemi\ got.
bairand gt.gen ind. bhdranti\ got. «;^ö^^r angls. under^MS idg. '^dheri
(avest. adairi vgl. Joh. Schmidt KZs. 26, 34) ; got. ufar run. ubar
angls. ofer aus urgerm. über ober für idg. uperi (ind. updri) ; germ.
ferud (an. fjgrd) = gr. TrepuCTi. Urgerm. aluß haUp m^nöp als
Lokat. Sg. zu den kons. Stämmen alup- haUp- mendß- (umlautslos
Dat. Sg. angls. ealod mönad) anzusetzen ist möglich ; gleiches
würde für urgerm. sunawi (Lok. Sg. zu sunu-) = sunau (got.
sunau angls. suna) gelten können, resp. für urgerm. sunew-i
= urnord. suniu (an. syne) vgl. run. (nach Bugge) Kunimu{n)diu.
Anm. Wie aus den beigebrachten Belegen hervorgeht, ist ? im unmittelbaren
Wortauslaut nicht als T, sondern noch als ? apokopiert ; vgl. got. uns = angls. üs
aus germ. uns{e). Daß / im urgerm. Auslaut möglich war, lehrt die Behandlung
des vulgärlat. ^ im Wortauslaut nach § 122 d. Die Apokope von i in uteri zu
über fällt in die Zeit vor der Wirkung des i auf vorhergehendes e (§ I22'>).
So zeigt ahd. noh (== got. natih) aus idg. nu qe 'und jetzt' sogar a-Brechung
in der Tonsilbe, ebenso angls. ofer = ind. updri idg. uperi.
§ 141. Die nach § 137 im Auslaut entstandenen Nasalvokale
136 V. Auslautsgesetze.
verlieren den Nasalklang: run. horna staina arbija aus *hornä
^stainä *arbjä\ rünq Akk. Sing, aus *rünÖ^ sowie die Präterita
Sg. tawidö worahto faihido. Nasalverlust zeigen auch die ins
Finnische entlehnten Neutra urgerm. golpa lina födra wtna (finn.
kulta liina huotra viind) u. a. nach Thomsen S. ']"j. Die Behandlung
der lat. Lehnworte wie vtnum acetum spricht nicht dagegen, in-
sofern hier direkt von vulgärlat. vino aketo usw. auszugehen
sein wird. Hat Kossinna AfdA. 3, 207 mit seinem Hinweis auf
-wlsö in Idistaviso recht, so wäre für den Verlust der auslautenden
n m {wisö aus *wisön) damit ein chronologischer Anhalt gegeben.
b) Im Gotischen bleibt nach Leskien Germ. 17, 375 alte Länge
bei Verlust des Nasalklanges {tuggo namo managei^ Gen. Plur. dag^
gibö usw.) erhalten, anderseits gilt aber auch ä für J, so im Akk.
gibüy im Nom. hana^ im Prät. nasida 'ich rettete'. Im Westgermani-
schen ist ebenso eine doppelte Vertretung (durch 0 und a § 145)
vorhanden. Mit Recht nimmt Leskien auf Grund von slav. Analo-
gien an, daß der Nasalklang früher bei den kurzen Vokalen,
später bei den langen Vokalen geschwunden sein wird. Urgerm.
ö»* ist überall von urgerm. 0 gesetzlich unterschieden geblieben:
wir dürfen dies als geschlossenes <?, jenes {p aus ö^) aber als offen
für die jüngere Entwicklung voraussetzen, also *X^bo NSg. —
aber ^X^bg Akk. Sg. 'die Gabe' ; *taujo 'ich tue' — aber tawidg
'ich tat'.
Hiermit sind die Auslautsgesetze erschöpft, die bereits in vor-
runischer Zeit gewirkt haben ; die Runeninschriften legen Zeugnis
ab für die hier angenommenen Erscheinungen.
§ 142. Wir fügen auf Grund des run. dohtriz hinzu, daß für
die run. Zeit e in unbetonter Silbe vor tönendem z zMi geworden
ist, also urgerm. manniz 'Leute', nahtiz 'Nächte', tanßiz 'Zähne',
duriz 'Tüv\ fariz 'du fährst'; ebenso in birid 'er trägt' (Lyngby
Tidskr. f. Filol. 6, 38 ff.).
Nachweislich ist e erhalten geblieben vor r (got. ahd. ubar angls.
ofer aus "^uber = idg. uperi^ germ. anpera- 'anderer' = got. anpar
angls. öder ahd. ander, ahd. fater angls. fceder) und vor ^ in ahd.
ivolfes Wortes \ vgl. oben § 120.
§ 143. Die gemeingerm. Auslautsgesetze wirken aber noch
länger und zwar weit hinaus, nachdem die Dialekte sich bereits
differenziert hatten. Es ist ein Prozeß, der immer kontinuierlich
bei den Germanen weiter wirkt. Die Spaltung in Ost- und West-
germanisch vollzieht sich, während die Auslautsgesetze immer
V. Auslautsgesetze. 137
neue und das ganze Germanisch treffende Kraft zeigen. Es tritt
nämlich die Differenzierung in der Behandlung des auslautenden
z ein, wonach das Westgermanische es im Auslaut verklingen
läßt, während Gotisch und Skandinavisch es beibehalten resp.
durch r ersetzen: westgerm. da'xa aus ^da-^az, ^asii aus "^-^astiz,
sunu aus "^sunuz^ duri aus *duriz\ föHoMS *f6tiz (gr. iTOÖe^) usw.
Diese Differenzierung der Dialekte ist keineswegs ein Hemmnis
der Gemeinsamkeit weiterer Auslautsstörungen. Ich erinnere an
die gemeinwestgerm. Auslautsgesetze, die im Angelsächsischen
wirken nach dem Eintritt des Umlauts, während sie im Deutschen
lange vor der Periode der Umlaute, aber auch nach der Periode
der hd. Tenuisverschiebung in Kraft waren.
§ 144. Der letzte Zug der gemeingerm. Auslautsstörungen
besteht im Abstoßen des auslautenden ä: run. horna gemeingerm.
hörn, run. siaina gemeingerm. stain ; im Westgermanischen treten
Nominative ein wie da^ wulf^ dem Akkusativ gleich. Dieses
Gesetz wirkt im Ostgermanischen auch auf die Nom. da^az wulfaz,
was zu got. dags wulfs und an. dagr ülfr führt. — Das Gesetz
von der Apokope des a wirkt nach § 18 c auch auf die entlehnten
lat. mensa lucerna. Nach dem Eintritt eines speziell got. Auslauts-
gesetzes wirkt gemeingerm. noch folgendes Gesetz.
§ 145. Die Längen im o und g sowie e im Wortauslaut (einerlei
ob sie immer im offenen Auslaut gestanden haben oder ob da-
hinter Nasal oder Dental verloren sind) verfallen der Verkürzung
zu i ti q und 9 sowie e. Belege für altes t sind Feminina wie
got. mawi piwi haißi Saürini (Sievers Beitr. 5, 136); ferner will
= idg. velfi (gegen ahd. si 'er sei'), beri aus ^birt(d)\ angls. sec
'suche' Imperat. aus '^söki für *sökt\ angls. Lok. dcEgi Sievers
Beitr. 8, 324 aus urgerm. dagf (Grdf. dhoghe-i). — Belege für ur-
germ. ü sind unsicher ; vielleicht idg. Nom. Sg. swekrü snusü gernü
= ahd. swigar snura (§ 149) quirna aus *swe'^r(u) *snuru *qern(u)} —
Für urgerm. S ist Kürzung zu Ö im Auslaut anzunehmen ; durch p
lassen sich die sich völlig entsprechenden got. ä = westgerm.
nord. u (vgl. got. bairam dagam = nord. westgerm. berum dar\um)
vereinigen: germ. ber$ wird b'erö (got. baira sonst bertc)^ germ.
fatQ wird fatö (got. fata sonst fatu\ germ. -^ebo wird ^ebö (got.
giba sonst -^ebu) ; vgl. u in finn. arkku panku Thomsen 79. Über
slav. y als Entsprechung für auslautendes germ. 0 in Lehnworten
vgl. § 28. — Germ, p im Auslaut, sei es aus 6{d), 6(n) oder westgerm.
auch aus ö(z) entstanden, erfährt Kürzung zu p^ wofür jedoch got.-
138 VI. Ost- und Westgermanisch.
angls. a eintritt : idg. nepöt ahd. nevo angls. nefa^ menöt got. mena
ahd. mäno angls. möna^ han6{n) got. hana ahd. hano\ got. namö
ahd. namo\ got. blindös ahd. dlinfo; got. ßtzös asächs. fkero; auch
ahd. äio neben got. ßös. — • Belege für e aus e im Auslaut sind
an. /lane 'der Hahn' aus *^ane^ an. sag^e 'er sagte' aus *safde(ct)j
angls. kt^le 'Held' aus '^hale(p).
VI. OST- UND WESTGERMANISCH.
Kap. 29. Ostgermanisch.
§ 146. Die Anschauungen über die Verwandtschaftsgrade der
altgerm. Dialekte untereinander haben geschwankt und schwanken
noch heute. Während J. Grimm das Ahd. mit dem Got. nahe
zusammenbrachte, stellte Schleicher das Ahd. mit den übrigen
westgerm. Sprachen zusammen, isolierte aber das Nordische.
Holtzmanns Ad.Gr. basiert auf der Anschauung, daß Gotisch und
Nordisch einander zunächststehen. Die heute vorherrschende
Anschauung von einer Zweiteilung der altgerm. Dialekte in Ost-
und Westgermanisch hat Geltung gewonnen durch Scherers mehr
andeutende als ausführende Behandlung der Frage ZGDS ^ passim;
dazu vgl. Zimmer ZfdA. 19, 393. Der wohl begründete Angriff
Joh. Schmidts auf die Stammbaumtheorie überhaupt (oben § 2)
führte diesen Gelehrten zu einer allerdings einseitigen Beleuch-
tung der Verwandtschaftsfrage (Vokal. II 451), indem er den tat-
sächlich bestehenden überraschenden Berührungen zwischen Angel-
sächsisch und Skandinavisch besondere Aufmerksamkeit widmete.
Als das stichhaltigste Kriterium für eine ostgerm. Sprachgruppe,
welche Gotisch und Skandinavisch umfaßt, gilt allgemein die § 58
behandelte Entwicklung von urgerm. jj ww zu ggj ggw : an. egg
tveggja Frigg got. glaggwö triggws bliggwan an. hgggva gegen
urgerm. ajja- twajje Frijjo glawwö trewwa- blewwan haw-
wan usw. Weiterhin ist für das Gotisch-Nordische die Vokal-
synkope got. dags an. dagr., got. mats an. matr (germ. da'^az
matiz) charakteristisch; das Westgermanische (vgl. § 151) kennt
in solchen Fällen keine Synkope, sondern nur Apokope i^dar^a
*banki wird zu *^«y "^bank). Überhaupt ist die westgerm. Sprach-
gruppe durch selbständige eigenartige Auslauts- und Synkopie-
rungsgesetze charakterisiert. Sonst ist die dem Ostgermanischen
fremde Ausbildung eines Abstraktsuffixes -haidus (ahd. man-heit
angls. mcegp-häd) Zimmer ZfdA. 19, 414 dem Westgermanischen
VI. Ost- und Westgermanisch. 139
gemein, desgl. der Verlust der alten Bildung der 2. Sg. Perf. auf /
(got. gaft namt)^ wofür die westgerm. Dialekte die parallele Op-
tativform (ahd. gäbt nämi aus got. gebeis nenteis) gebrauchen.
Den ostgerm. Sprachen fehlen die Verba ahd. bin asächs. bium
angls. beom und ahd. tuon angls. dön\ einen flektierten Infinitiv
kennen nur die westgerm. Sprachen (angls. tö faranne ahd. zi
faranne). Auf Einzelheiten des Wortschatzes wie westgerm. makön
'machen' und anderes von Zimmer ZfdA. 19, 452 ff. zusammen-
gestelltes Material ist kein besonderer Wert zu legen. Kleinere
Züge, die für die ost- oder für die westgerm. Sprachgruppe
zeugen, kommen gelegentlich im Verlauf unserer Darstellung
zur Sprache.
Reden wir nun heute stets von Ost- und Westgermanisch, so
ist damit nicht sowohl ethnographische Verwandtschaft als sprach-
liche Kontinuität gemeint. Denn obwohl der Unterschied von Ost-
und Westgermanisch sich kaum vor dem 2. nachchristlichen Jahrh.
entwickelt haben kann, sind die Germanen schon zu und zweifels-
ohne auch vor Caesars Zeit in zahlreiche Stämme gespalten gewesen :
die Spracheinheit oder besser -einheitlichkeit beweist nichts für
nähere Blutsverwandtschaft. Auch hört die Einheitlichkeit der sprach-
lichen Entwicklung keineswegs mit der Spaltung in Stämme auf.
Die gemeingerm. Runen und die deutschen Namen der Wochentage
(Scherer ZGDS^ 8) müssen sich in nachchristlicher Zeit von einem
Punkte ausgebreitet haben über alle Germanen, und diese Ein-
heitlichkeit kulturellen Lebens zu einer Zeit, wo die Germanen in
zahllose Stämme zerfielen, ist ein instruktiver Fingerzeig dafür,
was wir unter «gemeingermanisch» zu verstehen haben. Die ge-
meingerm. Auslautsgesetze dürften sich zwischen 200 — 300 n. Chr.
entwickelt haben, also zu einer Zeit, wo von einer ethnologischen
Einheit schon längst nicht mehr die Rede sein kann. Vgl. Kossinna
IF. 7, 289.
Kap. 30. Nordisch-westgermanische Übereinstimmungen.
Die eben dargelegten Anschauungen schließen — bei dem durch
zahlreiche sprachliche Tatsachen gebotenen Festhalten an der
Theorie von der Spaltung des Germanischen in Ost- und West-
germanisch — die ebensogut beglaubigte Kontinuität zwischen
Skandinavisch und Westgermanisch 'nicht aus. Wenn wir von den
durch Joh. Schmidt Vokal. 2, 45 1 behandelten Berührungen zwischen
140 VI. Ost- und Westgermanisch.
Angelsächsisch und Nordisch hier absehen, so sind folgende weiter-
reichende Entsprechungen von Belang.
§ 147. a) Das Nordische teilt mit dem Westgermanischen den
Übergang von idg. e in ^, während das Gotische an e festhält
(dafür krimgot. t). Zur Zeit von Caesar und Tacitus galt Suebi (dafür
ahd. Suäbd) und Segimerus (dafür ahd. Sigimär). Daß um 200 n. Chr.
sich in Deutschland der Wandel von ^ in ^ vollzogen hat, dafür
werden oben § 22 b beweisende Eigennamen beigebracht. Auf den
ältesten nord. Runeninschriften findet sich kein idg. e mehr be-
wahrt; im Finnischen, das got. e in miekka 'Schwert' und niekla
'Nadel' = got. mikeis und neßla noch verrät, finden sich urnord.
Lehnworte mit ä (finn. maanan paanu an. mdna spann Thomsen
S. 43). Im Westgermanischen vollzieht sich der Wandel vom
3. Jahrh. an, doch so, daß das Fränkische (Bremer Beitr. 11, 19)
noch teilweise bis ins 6. Jahrh. das e kannte. Dabei ist zu be-
achten, daß kein e eines lat. Lehnworts {acetum tegula mensa
catena moneta usw.) den Wandel von ^ in ^ durchmacht; offenbar
deckten sich lat. e und idg.-germ. e nicht.
Während in Tonsilben nord.-westgerm. ä das idg.-got. e vertritt
(an. lata asächs. lätan = got. letan^ an. sldpa asächs. släpan = got.
siepan, lat. semz- ahd. sämi-quec^ gr. fJTpov ahd. ädra)^ hält sich
das völlig unbetonte e nach Sievers Beitr. 9, 561, resp. wird bei
Kürzung zu e nach Paul Beitr. 4, 421; vgl. an. fader aus germ.
fader idg. pafer; got. hausides mit an. heyrder angls. hyrdest asächs.
Monac.-Hel. (Paul Beitr. 4, 420) weldes 821, habdis 2956, mahtes
2953. 3063, sendes 4097, ahd. (Isid.) chiminnerödes\ über ahd. unser
(Braune Beitr. 2, 140) im Vergleich zu an. värr s. unten § 253 ;
über an. hvi = got. he s. Paul Beitr. 4, 474; über ahd. -mes in
gebumes s. § 197. Beachte e für germ. i noch in an. heyrde 'hörte'
aus germ. hauzide^ hane 'Hahn' und mäne 'Mond' aus germ. hane
mene, fjarre 'fern' aus "^ferre^ angls. hcele 'Held' aus "^hale neben
dem Obliq. angls. hceled aus "^halep-,
b) Germ. 0, das nach dem § 136. 145 behandelten Gesetz im
urgerm. Wortauslaut oder in Endungen vor m (auch n) steht, er-
scheint westgerm.-nord. als u^ während das Gotische ^hat: angls.
gifu an. gjgf aus "^X^bu (= got. giba) aus urgerm. -^ebd'^ angls.
fatu an. fgt aus "^fatu '^fatö (got. *fata) ; ahd. tagum an. dggum
aus '^da^om (= got. dagam) Paul Beitr. 4, 363. Auch einige u in
Mittelsilben sind dem Nordisch -Westgermanischen gemeinsam,
wo das Gotische a hat: an. mjgtußr angls. meotod — got. mitaps.
VI. Ost- und Westgermanisch. 141
§ 148. a) Stimmhaftes z = got. z [s) erscheint im Nordisch-
Westgermanischen als R. Im Urnordischen ist R sowohl durch
die Runeninschriften als auch durch den davor auftretenden 2-Um-
laut (Bugge Tidskr. f. Filol. 7, 320) gesichert; nord. r und R unter-
scheiden sich ursprünglich nur durch das Timbre : das alte r wurde
mit Ä-Timbre hervorgebracht, das neue R (aus z) mit /-Timbre
(Verner AfdA. 4, 341, Hoffory NArk. I 41). Für die westgerm.
Sprachen ist dieser phonetische Unterschied der beiden r-Laute
nicht mehr sicher nachweisbar. Chronologische Data für den nor-
disch-westgerm. Rhotazismus fehlen; auch ist ungewiß, ob die
ältesten Runen schon R oder noch z (= Y) enthalten. Kein lat.
Lehnwort zeigt im Germanischen Rhotazismus; vgl. § 17 b. Beispiele
für nordisch-westgerm. R\ an. geirr ahd. gSr; an. ver angls. w^r;
an. ker ahd. kar (got. kas); an. heyra ahd. horran (got. hausjan).
Westgerm, r für z noch in asächs. edor 'Zaun' = altind. atasä-
'Gebüsch' und in ahd. l'effur 'Lippe' neben ahd. lefs. In der germ.
Verbindung rz erscheint naturgemäß rr in ahd. marren = got.
marzjan^ ahd. irri = got. azrzezs, ahd. durri 'dürr' (= got. paürstis).
Anmerkung i. Urgerm. 0 muß vor der Wirkung der westgerm. Synkope vor-
ausgesetzt werden, wenn angls. wyrsa =■ asächs. wirsa nach Ausweis von got.
wairsiza = ahd. wirsiro und angls. l<kssa 'weniger' aus einer Grdf. laisizo s -\r z
haben zusammenfließen lassen. Auch zeigt angls. sella 'besser' (aus einer Grdf.
solizo) eine Angleichung, die wohl eher aus z als aus r zu erklären ist ; ähnlich
an. heill (Dat. heille) N. 'Heil' für *heilz- (§ 229).
Anmerkung 2. Germ, z ist im Westgerman. scheinbar spurlos verschwunden,
wenn rzn durch eine Mittelstufe rrn zu rn geworden ist: ahd. hirni 'Gehirn* für
germ. hirznja- zu ind. firsdn-, ahd. /lornug 'Hornisse' aus einer Grdf. horznut
zu lat. cräbro (für '*cräsrö)\ vgl. Beitr. 8, 521.
Anmerkung 3. Germ, zn und nz werden im Nordischen und Westgermanischen
zu nn angeglichen: an. rann = got. razn, an. hrgnn = angls. hcern 'Woge*
aus einer Grdf. hrazn-\ ahd. angls. unnan 'gönnen' für *unzan zu got. ans-ts
'Gnade'; aber angls. leornian = ahd. Urnen (gegenüber asächs. ünon Anm. 5)
aus einem Grundwort *liznai- bewahrt z wohl unter dem Einfluß von angls.
l^ran = ahd. leran.
Anmerkung 4. Eine urgerm. Angleichung von zm zu mm muß aber schon für
die vorgot. Zeit angenommen werden, wenn got. im 'ich bin' (= ahd. dim) aus
*izmi (= ind. asmi) und got. pamma 'dem' aus *pazma dem ind. tasmäd ent-
spricht.
Anmerkung 5. Germ, z kann unter Umständen mit Ersatzdehnung verstummen:
asächs. meda 'Lohn' ^ got. mizdo , asächs. linon 'lernen' = ahd. Urnen zu
got. lais (doch vgl. Anm. 3), asächs. angls. he 'er' für */«z, asächs. wi = angls.
we neben ahd. wir (got, weis).
b) Das // des Got.-German. erscheint nord.-westgerman. im An-
laut als fl\ got. pliuhan = a.n. ßjj'a ahd. fliohan\ got. plaihan piaqus
142 VI. Ost- und Westgermanisch.
= mhd.ßiken flach. Derselbe Wandel erscheint inlautend in ahd.
driscüfli{'. an. preskoldr), in an. innyfle angls. mit Umstellung innelfe
ahd. innuovili (: ahd. innödli) Sievers Beitr. 5, 531. Daneben zeigt
sich nord.-westgerman. im Inlaut auch der Wandel von // in hl\
vgl. an. n^l 'Nadel' aus *nählu = got. nepla\ an. böl 'Haus' aus
'^bopl (Hei. bodlos angls. botr)\ an. stdl 'Heuschober' ahd. stadal\
an. m^la ahd. mahalan got. mapljan\ an. vdlad 'Elend' zu angls.
w^dl 'Armut' (vgl. Noreen Altisl. Gramm. § 228).
Anmerkung i. Inlautend zeigt sich westgerman. ein neues -pl- für germ. -tl-
in ahd. s'edal asächs. s'edal (angls. seid und -sedel) ■= got. sitls 'Sitz' ; damit verwandt
ist ein Fall von germ. -tn- : an. botn ist ahd. bodam = angls. bodem (Lit.-Bl. 8,
114); vgl. KZs. 26, 96.
Anmerkung 2. Wenn anlautendes // (got. pliuhan) in den außergot. Dialekten
durch fl (ahd. fliohan) vertreten ist, so besteht für angls. mapuldor 'Ahorn' mit
Rücksicht auf ahd, mag§altar die Möglichkeit eines gemeinsamen Grundstammes
matla-, so daß inlautendes tl hier mit // gewechselt hätte ; über die Möglichkeit
von Anlauts-// im Westgermanischen für ursprgl. // vgl. ZfdW. 8, 29.
Kap. 31. Das westgermanische Auslautsgesetz.
Die urgerm. Auslautserscheinungen sind Kap. 28 chronologisch
behandelt ; es ist daselbst schon hervorgehoben, daß weitere Aus-
lautsgesetze den sämtlichen germ. Sprachen gemeinsam sind, aber
chronologisch verschieden gewirkt haben ; die meisten Berührungen
hat das Nordische mit dem Westgermanischen.
§ 149. Die ursprünglich nicht nasalierten t ü o ms. Auslaut
verfallen der Verkürzung zu i ü\ ahd. will lat. velit für *veltt\
urgerm. y^^^^^V^^ Sievers Beitr. 5, 136 wird westgerm. ^udini (vgl. got.
Saürini)\ urgerm. sökt 'suche' (Imperat.) wird '^sökl\ das so ent-
standene i des Auslauts wird im Westgermanischen genau wie
altes i im Auslaut behandelt. — Gleiches gilt von ü = westgerm.
u\ germ. qernü 'Mühle' (asl. "^zirny Schmidt Vokal. II 24) west-
germ. qernu\ germ. swe^rü (ahd. swigar aus * swigru) = aslav.
svekry ind. gvagrü-\ germ. snuzü (ahd. snura für "^snuru) = lat.
nurus. Nord.-westgerm. u für urgerm. 0 erscheint in "^beru germ.
bero 'ich trage', "^-^ebtc germ. ^ebo 'die Gabe', *fatu germ. fatd
'Gefäße' usw. Ob dieses u aus ö für 0 entstanden, ist unsicher;
da jedoch das ganze Kürzungsgesetz — nur chronologisch ver-
schieden — genau auch im Gotischen gewirkt hat (got. mawi
piwi Saürini — wili beri) und sonst zwischen nord.-westgerm. u und
got. a {dagum got. dagam^ berum got. bairam) eine Grundform o
vermitteln kann, so dürfte an. gigf aus *y^'^?^ (angls. gifti) und
VI. Ost- und Westgermanisch. 143
got. gzda eine Grundform *fedo vermitteln; auch */af(? = got. */a^a
angls. /afu. Sonst wäre auch Übergang von 0 über z2 zu west-
germ. u denkbar, was durch slavische Entlehnungen wie crüky
raky u. a. (Möller Beitr. 7, 487) vorausgesetzt werden dürfte. Finn.
Lehn Worte [arkku panku got. arka *spagga) zeigen das nord.-
westgerm. u. — Dieses nord.-westgerm. Verkürzungsgesetz hat vor
der Apokope von if ^7 § 152 gewirkt, denn die alten i tl ^werden
— wie schon angedeutet — von dem Apokopierungsgesetz § 152
genau so behandelt wie auslautende i und ü. Anders im Gotischen:
im Gotischen hat erst die ^-Synkope — gast{s) mat{s) aus *gasti{z)
'^mati{£) — gewirkt und erst später ist auslautendes t {^ mamf^ piwf)
zu i {mawi piwi) verkürzt worden.
§ 150. Der zweite Punkt der nord.-westgerm. Übereinstimmungen
besteht — wie eben angedeutet — in dem Wandel einzelner 0
zu u^ während das Gotische a hat (Paul Beitr. 4, 363. 450). Vor
Nasalen vgl. urgerm. dar^om (got. dagani) == da^um ; urgerm. nahtom
(got. nahtam) = nahtum ; urgerm. berom 'wir tragen' (got. bairam)
= b'erum\ urgerm. blindommo (got. blindammd) daraus asächs.
blindumu (angls. blindum ahd. blintenm)\ germ. hanon Akk. Sg.
'den Hahn' ahd. hanun (angls. galgu Ruthw.). Gleiches u aus 0
gilt auch in ahd. biru gr. qpepiu, angls. /ia;/^ aus "^fato (vgl. got. /0),
angls. gifu 'Gabe' aus *y^'^^ (• got. s6). Die so entstandenen west-
germ.-nord. u fallen mit den urgerm. u zusammen; das got. a
{baira 'ich trage', waürda 'Worte', giba 'Gabe') allein erweist den
verschiedenen Ursprung. — In gleicher Weise ist g vor n in un-
betonter Silbe zu Q geworden, das im Gotischen später mit allen
übrigen 0 zusammenfiel, insofern diese auch geschlossen wurden.
Aber ahd. zungün an. tungu (dazu angls. foldu bei Caedmon) ist
tungün für ^tunggn (vgl. lat. Jündn-em). Dieser Wandel von gn
zu 6n (weiter zu ün) ist erst eingetreten, nachdem der Nominativ
tunggn sein n verloren hatte.
§ 151. Allen westgerm. Sprachen ist früh der Verlust von aus-
lautendem z gemeinschaftlich — ein frühester Punkt der Dialekt-
spaltung, der sich noch während der Zeit der gemeingerm. Aus-
lautsgesetze vollzog: urwestgerm. ^asti gegen run. gastiz\
urwestgerm. dohtri (angls. dehter) gegen run. dohtriz\ urwestgerm.
da'^{a) gegen run. dagaz\ urwestgerm. ßew(d) gegen run. ßewaz\
ahd. wili 'du willst' = got. wileis (lat. veUs\ ahd. bäri 'du trugst'
= got. bireis, ahd. g^sti = got. gasteis. Das Alter dieser 2-Apokope
ist unsicher. Die Malberg. Glossen der Lex Salica stehen noch
144 VI. Ost- und Westgermanisch.
auf dem urwestgerm. Standpunkt, indem sie die Auslauts-2 nicht
mehr kennen, aber die Auslauts-^ i ü noch nicht apokopieren:
focla 'Vogel' für '^fogla{z)^ chunna 'Hund' {\3X'^hunda{z)^ lammi 'Lamm'
aus '^lambi(z) = angls. lemb^ tualepti (an. tylpt) aus '^tualifti{z)^ steorci
(angls. styrc) aus *steor-ki(z). Die deutschen Runeninschriften zeigen
— im Gegensatz zu dem ßewaz dagaz holtingaz gastiz usw. der
nord. Inschriften — endungslose Nominative wie Wodan (für
urgerm. Wödanaz) und Leubwini (für urgerm. Leub(a)-winiz) auf
der Nordendorfer Spange, Leub (für "^Leubaz) auf der Spange von
Engers. Sonst könnte eine genaue Untersuchung der Eigennamen
auf -rix -gastis, jünger -rtcus -gastus (oben § 24) Licht auf die
Periode der Auslautsgesetze werfen [Boiorfx AeubopiH BaiTOpiH
Mallortx Cruptortx bei Strabo und Tacitus Rieger ZfdPh. 6, 335,
dafür erst später -ricMs -pixo^). Kaum ist der Schwund einiger
auslautender r (lat. presbyter archiater papaver) durch den Abfall
des westgerm. R (angls. preost ahd. arzät angls. popcEg) bedingt ;
von den Entlehnungen ins Westgermanische hinein wird also die
chronologische Frage des i?-Schwundes kaum Aufklärung er-
langen können.
Anmerkung i. Für das Alter des Verklingens eines auslautenden z erinnert
Bremer IF. 14, 366 an die bei Tacitus bezeugten germ. Namen Catvalda Chariovalda,
da die Eigennamen auf germ. -wald immer stark deklinieren; dann muß es
schon im i. nachchristlichen Jahrh. germ. Gebiete gegeben haben, die das
nominativische z verloren hatten.
Anmerkung 2. Auslautendes r für germ. z hat sich westgerm. nur noch bewahrt in
ahd. mir dir = got. ?ms pus, in ahd. wir ir == got. weis jus, in ahd. er = got.
is, in ahd. hwer = got. k^as ; ferner in Komparativadverbien ahd. nähor : got.
sniumundos\ auch in ahd. zwiror neben zwiro 'zweimal' (germ. twizwöz = an.
iysvar) § 303.
§ 152. Nach dem Wirken der bisher behandelten Auslautsge-
setze beginnen die westgerm. Apokopierungen, die Sievers Beitr. 5,
loi richtiggestellt hat. Nur die Ä-Apokope ist älteren Datums,
desgl. die ^-Apokope in dritter Silbe. Es bleiben also übrig die
i und u in zwei- und mehrsilbigen Wörtern. Alle / und u werden
im Wortauslaut nach langer Silbe (resp. nach der Auflösung ^^
statt -) apokopiert, halten sich aber nach kurzer; es ist dabei
gleichgültig, ob urgerm. m n oder z darauf folgte oder oh i ü o
zugrunde liegen. Danach stehen ahd. gast angls. gest für ^-^asti
(run. Nom. Sg. gastiz Akk. *gasti) ; ahd. bank angls. benc aus *bankz
(an. bekkr aus *bankiz) ; Beispiele von ursprünglicher Dreisilbigkeit
liefern angls. hcenep mcEgep für ältere '^hanapi{z) '^magapi{z) Beitr.
37, 471. — Von der konsonantischen Deklination fallen hierher
VI. Ost- und Westgermanisch. 145
der Dat. Sg. und der Nom. (Akk.) Plur. : ahd. bürg angls. byrg
aus *bur\i{z) ; ahd. man angls. men aus *manni(z) ; ahd. naht angls.
niht aus *nahti(z) vgl. gr. vuKTi vuKteg; angls. meder mceder aus
*mödri gr. |Lir|Tpi. — iz war urgerm. die Endung von Kom-
parativadverbien: ahd. min aus *minni(z)^ std aus '^sißi{z)^ wirs
aus *wirsi(z) usw.
Bei kurzsilbigen Stammformen bleibt i und wird nicht apo-
kopiert: /-Stämme sind ahd. hugi wini asächs. meti siedi wliti
angls. byre ryne Bugge Aarbög. 1870, 205; dazu das Neutr. ahd.
meri (= lat. mare)\ der Nom. Plur. ahd. ttiri Sievers Beitr. 5, m
und angls. hnyte hnite\ vgl. angls. bere aus *bariz^ ege aus *afZ2.
Treten diese i in den Auslaut mehrsilbiger Wörter, so kann
wieder Apokope eintreten: ahd. asächs. winz 'Freund' aber Friduwin
Liobwin^ angls. ryne Sih&v ymb-ryn cyn-ryn.
Germ, t = westgerm. z ist apokopiert in angls. sß^c sie 'suche'
(Imperat.) gegen sele 'verkaufe' ; ebenso in ahd. gutin aus *^udim
Beitr. 5, 136 (run. ßurüßhild auf der Friedberger Spange aus
^hildi ^hildi).
§ 153. ii erfährt im Auslaut nach langer Silbe westgerm. Apo-
kope : asächs. angls. hand aus '^handu{z)^ asächs. angls. scild aus
^skildu{z)\ ahd. asächs. lust luft aus *lustu{z) *hiftu(z)\ asächs.
angls. flod (got. flödtis) ; daneben zeigen die kurzsilbigen Stämme
auslautendes u in ahd. fridu sigu hiigu situ fihu filu angls. magu
sunu. Treten kurzsilbige ^^-Stämme als zweite Glieder in Kompo-
sita, so kann wieder Synkope eintreten : ahd. Friduwin aber Sigi-
frid Winifrid, Hadubrant aber Walthad^ angls. Haßoldc aber
Wulfhceß Niß-had, Be.lege für das aus 0 entstandene ü\ angls.
Word 'Worte' aber fätu 'Gefäße', bän 'Knochen' Plur. aber geöcu
'Joche' ; heall 'Halle' aber gifu 'Gabe', lär 'Lehre' aber czvalu
'Tod' feinen parallelen Lautwandel 6 \nü vollziehen germ. so twö
bö hwo kö im Nordischen und Angelsächsischen ; vgl. an. stl angls.
tu bü hü cü Mahlow AEO S. 61 und Beitr. 8, 336). — Im Alt-
hochdeutschen zeigt sich «-Apokope im N. Sg. der ««^-^-Abstrakta
{scouwung Isid. Bened.) Joh. Schmidt KZs. 19, 283; über «-Apokope
in den ahd. Langsilblern wts halb stunt s. Paul Beitr. 12, 553 ;
über ahd. hüs darf neben tagu ibidem.
Anmerkung. Im Althochdeutschen hat das Gesetz von der /- und «-Apokope
erst nach der hochdeutschen Lautverschiebung gewirkt: westgerm. (= angls.)/«/«
skipu haben durch die hd. Lautverschiebung lange Wurzelsilbe bekommen und
dann erst Apokope erfahren ; daher ahd. fafi (für *faSSu), seif (für *sciffu) auch
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 10
146 VI. Ost- und Westgermanisch.
im Nom. Akk. Plur. Ein instruktives Zeugnis bietet ahd. kuhma 'Topf aus lat.
cucuma : die Synkope ist nicht etwa lateinisch oder vulgärlateinisch, denn dann
hätte o in der Tonsilbe entstehen müssen; auch wäre inneres -kin- wohl nicht
zu -X'w- verschoben worden. Daher westgerm, pakida urd. thahhida ahd. dahta,
wie urd. sandida ahd. santa. Daher auch ahd. haS bah (= asächs. h^ti l>fkt)
lautgesetzlich aus *ha33i *bahhi, ahd. grif (= asächs. angls. grifii) lautgesetzlich
aus *grifß, ahd. /^«/ 'Hüfte' (angls. hype) aus */^?<!//? durch Apokope entstanden;
vgl. ahd. baS 'besser' aus *baB8i(^) für westgerm. bati(z). Wir erklären die Tat-
sache, daß im Althochdeutschen weitergehende Apokope als im Altsächsischen
und Angelsächsischen stattfindet, eben mit dem Umstand, daß im Althochdeutschen
die Zahl der langsilbigen Stämme durch die hd. Lautverschiebung viel größer
geworden ist, als sie ursprünglich war.
§ 154. Neben dieser Apokope kennt das Westgermanische
auch eine gemeinschaftliche Kürzung der Diphthonge ai au zu
e ö\ vgl. angls. nime ahd. n'eme aus '^nemai(d) = got. nimai\ ahd.
blinte angls. blinde gegen got. blindai\ ahd. tage aus urgerm.
dagai (vgl. gr. oiKoi); angls. hätte aus *haitadai (got. haitada)\
angls. p^re aus "^paizjal (: got. ßizat).
Für auslautendes au = westgerm. 0 vgl. got. aktau aippau mit
ahd. ahto Mo ; wie dem ahd. tago Gen. Plur. und hano Nom. Sing,
die angls. daga und hana entsprechen, so ist auch dieses ö angls.
zu ä geworden, vgl. eahta eppa und angls. suna = got. sunau\
hierher ahd. äno aus vorgerm. enou vgl. gr. dveu und an. gn aus
*änu (: got. inuJi) ; auch angls. fela = got. filaus ?
§ 154 b. Auffällig ist die westgerm. Behandlung des ursprünglich
nasalierten langen ö^\ es erscheint gekürzt als a (dafür angls. ce e)
in ahd. herza zunga angls. heorte tunge aus *hertd^ '^tungö'^ (got.
hairtö tuggo)^ in ahd. horta angls. hyrde aus '^hauzidö'^\ in ahd.
g'eba Akk. Sg. angls. gife aus ^^ebö"^^ anderseits aber als 0 in ahd.
geböno (Endung eigtl. -öni)^ hano (Grdf. -ön)^ lango (got. laggo)^
vgl. angls. eallunga mit got. unweniggö.
Hat hinter o urgerm. ein d (p) gestanden, so steht ahd. 0 (angls.
a) im Auslaut wie in ahd. mäno nevo d'emo aus vorgerm. menöt
nepdt tosmöd.
Ist hinter dem langen 6 im Urwestgermanischen ein z geschwunden,
so erscheint dafür ö (angls. a) in ahd. blinto N.A.Fem. Plur. = got.
blindos^ ahd. (Hymn.) g'ibo angls. giefa — got. gzbös 'Gaben' ;
asächs. thero = got. pizös. Aber ahd. gebä (= got. gibos) hat
sekundäre Länge unter dem Einfluß von geböno geböm und ahd.
tagä mit ä ist unsicher bezeugt, könnte statt auf got. dagös aber
auch auf got. dagans weisen.
VI. Ost- und Westgermanisch. 147
Kap. 32. Synkope.
§ 155. Das westgerm. Auslautsgesetz trifft nicht bloß endende
Vokale, sondern auch mittlere; und zwar werden mittlere i und
ii in dreisilbigen Worten nach langer Tonsilbe synkopiert, halten
sich aber nach kurzer. So erklären sich die Präterita angls. sende
hyrde kyste (aus "^sandidö '^hauzidö *kussido) gegen nerede fremede\
desgl. ahd. santa hörta kusta gegen nerita fremita. Daher haben
asächs. diurda hönda märda ^aM? als Normalentsprechungen zu den
gleichgebildeten got. diupipa hauhipa weihißa zu gelten. /-Synkope
zeigen noch ahd. herro aus *hairiro^ lenzo runza aus "^langitö
"^wrunkita^ ferner angls. cildru aus *kilßiru. Diese Synkopierung
der mittleren i setzt voraus, daß keine Art von Nebenton auf der
Mittelsilbe gelegen haben kann ; der Nebenton konserviert alle
Mittelvokale (s. oben Kap. 20). Auch ä e öm Mittelsilben erfahren
gemeinwestgerm. Synkope nach langer Tonsilbe; diese Synkope
ist dem Gotischen völlig fremd: ahd. aftro fordro andre für *af'
t(a)ro '^ford{e)ro '^andU)re\ angls. häleg Plur. hdlge gegen moneg
Flur, monege ; angls. morgen Dat. morgne ; angls. sdwol Akk. säwle^
deofol Gen. deofles^ engel Gen. engles ; angls. rixian aus *rzkisdn ;
aber angls. eafora hämora nicera näcodes meotodes gänotes usw.
Das Althochdeutsche bewahrt dieses Synkopierungsgesetz bei
weitem nicht in der Reinheit wie das Angelsächsische ; isolierte
Fälle sind wohl ahd. runza westgerm. wrunkita ; herro aus *heriro
'der ältere', erro = got. airiza\ vgl. Sievers Beitr. 5, 70, Paul
Beitr. 6, 144 ff. Dabei ist mit Paul hervorzuheben, daß ein kurzer
unbetonter Vokal nur in offener Silbe synkopiert werden kann,
also nur etwa das i von got. gasan-di-dai^ nicht das von got. ga-
sandißs — d. h. das westgerm. Synkopierungsgesetz tritt später
auf als die ^-Synkope. Finden sich in der spezifisch westgerm.
Synkopierungsperiode zwei synkopierbare Vokale, so wird der
nebentonige Vokal erhalten und der völlig unbetonte erleidet
Synkope : ahd. k^lbir beruht auf *kdlh\ru^ aber angls. cealfru auf
*kdlburü. Über die Bedeutung des Nebentons für die Mittelvokale
und die Synkope unbetonter Mittelvokale ist auf das Kap. 20 bei-
gebrachte Material zu verweisen.
§ 156. Erwähnung verdient noch die oben § 85 behandelte
Synkope von unbetonten Präfixvokalen im Westgermanischen.
Wenn asächs. tögian (= got. at-augjan)^ wozu mittelengl. taunen
aus "* cEt-iawnian und ndl. taunen stimmen, ein anlautendes ä ver-
148 VI. Ost- und Westgermanisch.
loren hat, so können wir diese Erscheinung sehr wohl unter das
westgerm. Synkopierungsgesetz bringen; beachte noch andl. (Gl.
Lips.) gi-t-ökön 'adjicere' aus "^at-aukön^ sowie ahd. barmen 'er-
barmen' neben angls. of-earmian (ZfdW. 8, 29) ; Pauls Deutung von
angls. rsefnan aus *ar-äfnan (Beitr. 6, 553) zeigt dieselbe Erschei-
nung. Dazu stimmt an. granne aus got. garazna 'Nachbar'. Die
bekannten ahd. Präfixerscheinungen (s. Braune Ahd. Gr. § /off.)
beruhen auch auf eigentlicher Synkope ; wir dürfen daher neben
hochtonigem frä- vortoniges /tj. für das Westgermanische an-
setzen.
Kap. 33. Die westgermanische Konsonantendehnung.
§ 157. Eines der wichtigsten Charakteristika der westgerm.
Dialektgruppe ist der geminierende Einfluß von j w r l n m auf
vorhergehende Konsonanten. Mehrere lat. Lehnworte haben
dieses Gesetz mit durchgemacht (angls. pytt = lat. puteus^ ahd.
^pfi milli = lat. apium milium^ ahd. cullantar = lat. coriandrum
usw., ahd. kupfardiMS lat. cuprum^ ahd. sHipfala aus vulgärlat. stupla,
dhd.facchala aus vulgärlat./«^/^, ahd. ecchildMS aciale^ angls. 47// aus
solea). So wird das Gesetz nicht vor dem 3. Jahrh., aber aller
Wahrscheinlichkeit nach — ebenso wie die Kap, 31. 32 behan-
delten Synkopierungsgesetze — vor der Auswanderung der Angel-
sachsen nach England gewirkt haben. Ob in dem Namen der
germ. Göttin Nehalennia der älteste Typus der movierten Fe-
minina wie got. Saürini und ahd. kuningin{na) und damit ein frühe-
ster Beleg für die westgerm. Konsonantendehnung vorliegt (Kauff-
mann Beitr. 16, 217), ist unsicher, weil der Name noch nicht sicher
gedeutet ist. Wenn aber Braune IF. IV 348 in dem bei Tacitus
bezeugten hess. Ortsnamen Mattium (jetzt Metze) den frühesten
Beleg für die westgerm. Gemination erkennen möchte, so ist der
Fall um deswillen nicht ganz sicher, weil hier auch urgerm. //
(wie in got. skattjd) vorliegen kann ; denn das Etymon des Namens
ist nicht zu bestimmen. Daß die westgerm. Konsonantendehnung
auch in dem vulgärlat. Wortmaterial der Reichenauer Glossen
(beachte bes. danea 'Tenne' und brunia 'Brünne' unbezeugt ist,
wurde bereits oben § 13 erwähnt. Die frühesten sicheren Zeug-
nisse liefert die Lex Salica {adchrammire neben adchramire).
Im Westgermanischen hat j im Inlaut immer konsonantische
Funktion gehabt (§ 55), woraus stets Gemination des vorangehenden
Konsonanten entspringt.
VI. Ost- und Westgermanisch. 149
a) bei kurzer Tonsilbe: got. aljun asächs. $llian\ got. wilja
asächs. willio\ got /la/ja asächs. ^el/m; got. satjan asächs. seUmn;
got. lagjan asächs. leggian\ vgl. angls. smißpe ahd. smittha aus
*smißßja\ angls. hlihhan = got. hlahjan\ beachte noch aus dem
altfränk. Ludwigsl. (a. 881) ellian gisellio willio.
b) Für lange Tonsilbe liefert das Oberdeutsche bis in die
heutigen Mundarten hinein zahlreiche Beweise (Paul Beitr. 7, 109) :
ahd. (Musp.J suannan lössan arteillan^ auch ftrra aus lat. feria ;
mhd. diupe 'Diebin', geitze Tflugsterz' aus westgerm. diubbja
gaittja (nhd. Schweiz, büetse grüeise usw.) oder nach Konsonanten
mhd. wülpe 'Wölfin', rinke 'Schnalle'. Daher ursprünglich die
Doppelformen ahd. wem Dat. Sg. weizze^ wini Dat. Sg. wtzze
(Scherer AfdA. 3, 64). Für das Angelsächsische ist aber der-
artige Gemination bei langer Tonsilbe nur bei ngj und Igj durch
jüngeres gg erweislich : angls. hrincge spyncge sencgan auch bylcge
(Schweiz, rinke bulke)\ wichtig ist angls. öretta (got. '^ushaitjd) mit
Verkürzung der Mittelstufe. Beachte aus dem Mittelfränkischen
nach Paul Beitr. 7, 124 r&ken reiken sceken^ auch siebenbürg, sceken
ohne Lautverschiebung aus *sökkjan. Die geographische Ver-
breitung der Affrikata in nhd. beizen heizen reizen Rinke Weizen
u. a. bleibt noch genauer zu fixieren.
§ 158. Die dehnende Kraft des w zeigen angls. teohhian 'an-
ordnen' aus Grdf, tehwön (vgl. got. tewa 'Ordnung'), angls. seohhe
'Seihe' aus "^slkwö^^ (zu ahd. sthan Part, angls. gesiwen)\ ahd. acchus
nacchut got. aqizi naqaps. Anderes Material bei Kögel Literatur-
blatt 1887, 109. Die dehnende Kraft des w ist noch nicht näher
bestimmt; ob ahd. sehan Ithan aha auf got. saiJvan leiJvan aJva
mit ZV beruhen und warum die Dehnung unterbleibt, darüber
lassen sich Vermutungen aufstellen, aber es fehlt noch an der
Beweisführung. Vgl. noch angls. ceahhettan aus '^kahwatjan zu
angls. cegan aus ^kaujan "^kar^wjan}
r hat Dehnung vor sich in ahd. acchar swepfar wacchar angls.
bitter snottor (neben angls. acer swipor biter snotor) ; mhd. zachem
'weinen' ahd. Plur. zachari zu ahd. zahar angls. tcehher : tear.
l erzeugt Dehnung in ahd. apful gottkolön angls. geohhol hweohhol^
auch frühnhd. Gemachel neben Gemahl. Für Konsonantendehnung
vor m vgl. angls. mdädum Plur. mddmas. Über n als Ursache von
Gemination vgl. Kauffmann Beitr. 12, 520; vgl. angls. bituichn
mittelengl. betuhhen zu got. tweihnai\ sonst läßt sich «-Einwirkung
nur in alten «-Stämmen mit Geminata im Stammauslaut vermuten ;
150 VI. Ost- und Westgermanisch.
vgl. ahd. snecco rocco tropf 0 snepfo angls. frogga und bei lang-
silbigen Stämmen wie ahd. häcco kräpfo "^snäcco stritloiipfo gi-
släpfa. Es bestehen zahlreiche Doppelformen mit und ohne
Geminata vgl. mhd. rabe rappe^ knabe knappe^ ahd. troffo tropf 0
u. a. Diese Doppelformigkeit erklärt sich aus alter Flexion wie
got. aüksa Gen. Plur. aühsne^ d. h. Gemination konnte ursprünglich
nur in einigen Formen eintreten, andere mußten einfache Kon-
sonanz bewahren.
Kap. 34. Die westgermanischen Halbvokale.
§ 159. Für den Halbvokal j gilt im Westgermanisch-Nordischen
nach Paul Beitr. 7, 160 das Gesetz, daß es vor i verklingt, so
daß ligjan für diese Gruppe liggju lt\iz lr\id Plur. liggjum lr\id
liggjand flektiert hätte (vgl. angls. liege ligep licgap asächs. liggiu
ligid liggiad). Dieses im Westgermanischen vor dem Konsonanten-
dehnungsgesetz wirkende Gesetz will Mahlow AEO S. 43 in die
urgerm. Zeit verlegen, um got. ligip ligan aus "^ligip '^ligjan zu
verstehen (got. bidan : bidjan^ got. sitan sonst sitjan usw.). Da
sichere isolierte Zeugnisse mit unzweideutiger Lautgestalt fehlen,
lassen wir die Chronologie des Gesetzes unentschieden; wo es
wirkt, zeigt das Westgermanische keine Konsonantendehnung.
Für das Verhalten der y^-Stämme, welche teils mit teils ohne
Konsonantendehnung im Westgermanischen erscheinen, liegt die
Sache sehr kompliziert. In Formen wie Gen. Sg. kunjis Dat.
Plur. (Paul Beitr. 7, 113) *kunji-m könnte früher Ausfall von j
vor i (aus urgerm. e) eingetreten sein, und so wäre der Mangel
an Gemination in ahd. beti neben betfi^ in mhd. ribe neben ahd.
rippi^ angls. mene ahd. menni^ mndl. vene 'Sumpf ahd. fenni
(got. fanja-), angls. dile ahd. tilli^ angls. pile ahd. dilli^ mhd. wehe
weitze erklärt; vgl. ahd. bmi (nie *binni). Betrachtet man aber
angls. hyse Plur. hyssas^ mete mettas u. a., so ergibt sich, daß
zwischen 2-Stämmen {mati-) und y^-Stämmen {saggja- angls. secg)
eine weitergehende Berührung bestanden haben muß : wahr-
scheinlich haben bei kurzsilbigen Stämmen die Nom. Akk. Sg.
westgerm. gleich gelautet (urwestgerm. husi mati — sar\i ribi).
So erklären sich vielleicht ahd. Neutra auf i ohne Konsonanten-
dehnung wie ahd. bini, ndd. feen = angls. fenn^ asächs. meni
= ahd. menni (nhd. Beet Luther Riebe) und für nhd. Gau Heu
wäre got. gawi Dat. gauja^ hawi Dat. hauja auch den westgerm.
Grundformen gleich. Daß das Auslautsgesetz im Westgermanischen
VI. Ost- und Westgermanisch. 151
vor dem Eintritt der Konsonantendehnung gewirkt hat, ergibt
sich außerdem mit Kauffmann Beitr. 12, 539, Streitberg Beitr.
14, 184 aus den Doppelformen, die infolge eines dehnenden r
und / entstehen: ahd. acchar ahhar angls. cEcer^ ahd. apful afful\
Sievers Beitr. 10, 496. 508 erweist angls. biter bitter^ snotor snottor\
beachte ahd. chupfar angls. copor. Ihr urwestgerm. Paradigma
war akx Gen. Dat. akkre{s\ apl Gen. Dat. apple{s) usw. Vgl. bes.
ahd. affoltra angls. apuldre mit westgerm. Synkope aus apldro
apl{u)dr. Hierher gehören auch die von Sievers Beitr. 12, 486
behandelten ahd. kuni- eli- als erste Kompositionsglieder. In
welchem Umfang auf Grund dieses Gesetzes für die westgerm.
Sprachen Ausgleichungen für die y^-Stämme anzunehmen sind,
ergibt sich leicht.
§ U59b. Der Halbvokal w unterliegt gern dem Verklingen
und zwar:
a) im Westgermanischen und Nordischen gemeinsam nach Paul
Beitr. 7, 162 (vgl. oben § 54) vor u im Inlaut: während ur-
germ. naqida- (an. n&kkvedr) zu ahd. nacchut führt, wird urgerm.
naqoda- durch *naqud zu *naktid = angls. nacod ahd. nahhut\
daher ahd. Akk. Sg. nahhun wadtm gmnün ühtün (danach dann
die Nom. nahho zvado ganna ühta angls. ühte) zu an. ngkkve vgßve
got. gatwö üktw6\ daher ahd. wahta gegen got. wahtwa\ asächs.
swala ndd. swäle Ahd. Gl: II 724=4 gegen ahd. swalwa\ ahd. sparo
neben angls. spearwa got. sparwa ; angls. ea aus '^ahti für *ah{w)u
= got. a/i>a ; beachte angls. nicor (aus "^nihiz-) neben ahd. nicchessa
aus "^niqist. Zahlreiche Ausnahmen von dem westgerm. Kon-
sonantendehnungsgesetz Kap. 33 finden durch die in diesem
Kap. 34 behandelten Gesichtspunkte ihre Erklärung; instruktiv
ist die angls. Flexion magti mcücgeis) Plur. mcscga{s) Dat. Plur.
ntagtini\ angls. sacu scECce aus *sak{w)u *sakwd und angls. Ises
mstd (vgl. ahd. mätaT) aus *lses{w)tt '^m6ed{w)u mit dem Obl. Istswe
msedwe. Im Grunde ist diese Lautregel eins mit der oben § 56
behandelten, wonach ahd. gidungan kunft dMi'^gidwungan ^qumfti-
beruht.
b) Wahrscheinlich gilt noch eine zweite Regel im Westger-
manischen (nicht auch im Nordischen) für Verklingen von w:
es verklingt (Holtzmann Ad. Gr. I 327) nach langer Silbe wie in
singan sinkan stinkan = got. siggwan sigqan stigqan\ vgl. angls.
ine = got. igqis\ ahd. dringan = an. pryngva (: got. ßreihan oben
§ 44); asächs. mirki für *mirqi = an. myrkr (vgl. an. mjgrkve
152 VI. Ost- und Westgermanisch.
'Dunkelheit' aus "^mergi)-, ahd. anko 'Butter' aus *anqo = lat.
unguen\ ahd. tmc 'Schlange' aus *unqi- =^\z!i. angtds\ ahd. wtda
poln. wiiwa 'Weide'; ahd. lentin 'Lende' aslav. lfdvije\ dingXs. gdd
— got. gaidw ; ahd. ^rahhar 'früh wach' für '^^rwahhar (über ahd.
ang-weizzaivx* angw-eizza germ. angu-ait wg\. Schmidt Vokal. I 8i).
Hierher noch ahd. selida = got. salipwa^ ahd. obasa = got. ubizwa^
ahd. fiadön zu got. fijaßwa^ ahd. wurhto = got. waürstwja. —
Nach dieser Regel vom Verstummen des w hinter Doppelkon-
sonanz erklären sich auch der angls. Akk. scecce für '*sakk{w)a
zu sacu und der angls. Plural mcscgas für '^magg{w)os zu magu.
Beachte noch asächs. folda für germ. foldwö{n) zu ind. pfthivt- ;
aus idg. patxvyo- (ind. pit'fvya- gr. Tüdipuu«;) stammt ahd. fatureo
fetiro.
Anmerkung i. AufFälligerweise hat das Angelsächsische (Beitr. 12, 378X mehr-
fach, insbesondere nach der Kompositionsfuge im Anlaut von zweiten Wort-
gliedern, w nach Konsonanten festgehalten, wo das Althochdeutsche es hat
verklingen lassen: angls. acweorna 'Eichhorn' = ahd. W/zA^rw ; 2LXi^'s,. wyrtwalu
= ahd. wurzala (zu got. walus 'Stock'); angls. burgware Romware = ahd.
burgära Romära (Plur.); angls. Eadwacer = ahd. Otacchar. Auffälliger sind
noch angls. windwian 'schaufeln' = ahd. winton und nordhumb. genehwla
'nahen' (zu got. ncha Adv. 'nahe'). Ganz singulär ist frühangls, quiquae (Epin.
Gl. 464) neben gewöhnlichem cwice 'Quecke' und die Anglia VI 176 festgestellte
Flexion angls, mdd Obl. mcedwe.
§ 159 c. Das Urwestgermanische besaß nach der Durchführung
der Auslautsgesetze teilweise neue Halbvokale, wenn r und /,
m und n nach Konsonanten in den Auslaut traten. Allerdings
ist das Prinzip der Auslautsgesetze eine Kürzung der Zweisilbig-
keit zur Einsilbigkeit, wenn daga(z) zu dag^ horna zu hörn wurde ;
daher wird man wohl auch annehmen dürfen, daß pegna(z) 'Degen'
durch die Auslautsgesetze zunächst zu einsilbigem ßegn^ fagra(z)
'schön' zu einsilbigem fagr, äpma(z) 'Atem' zu einsilbigem äßm
wurden. Ist doch auch westgerm. ktcnnj(a) 'Geschlecht' im Angel-
sächsischen einsilbiges cynn und westgerm. nattj(a) 'Netz' im
Angelsächsischen einsilbiges nett geworden, aber ahd. kunni nezzi
sprechen für die Möglichkeit einer neuen Zweisilbigkeit. — Im
Frühangelsächsischen kann Einsilbigkeit noch vorliegen in alten
Schreibungen wie libr 'Leber', segl 'Segel', hc^sl 'Hasel', daher
kann auch einsilbiges botl mit einsilbigem bolt wechseln. Noch
lange bestehen im Angelsächsischen einsilbige Formen wie hrcefn
'Rabe', stefn 'Stimme', botm 'Boden', fcedm 'Umarmung', sedm
'Atem'. Aber im allgemeinen besteht doch eine Tendenz, der-
VI. Ost- und Westgermanisch. 153
artige r l m n \m Auslaut zu einer vollen Silbe zu entwickeln;
vgl. besonders das Althochdeutsche und Altsächsische mit Formen
wie ß'egan 'Degen', fagar 'schön', s'egal 'Segel', hungar 'Hunger',
wintar 'Winter'. Die frühesten Belege für derartige sekundäre
Vokalentfaltung reichen in den Anfang des 6. Jahrhs., wenn Prokop
einen Langobarden MXÖiYKTaX und einen Ostgoten OuXiYlcraXo«;
nennt (über germ. Namen auf -gisclus vgl. Schönfeld Wb. unter
Arnigisclus). Für das Westgermanische wird man wohl auch die
Entfaltung von Mittelvokalen teilweise schon in das 6. Jahrh. zu
verlegen haben ; aber wahrscheinlich ist zunächst Eintritt von sil-
bischem l ni ■t} T etwa für pegn fagT hmgx wintf vorauszusetzen.
Der sich neu entfaltende Mittelvokal war fast immer a (daraus
angls. cE e) ; aber bei m erscheint im Asächs. gern 0, im Ahd. u :
asächs. medom 'Kleinod' (angls. mäddum)^ ahd. ätum 'Atem'. Das
Genauere über solche Sekundärvokale s. bei Bülbring Ae. Ele-
mentarb. § 443 ff. und Braune Ahd. Gramm. § 65.
Anmerkung 2. Das Westgermanische und besonders das Althochdeutsche
haben eine große Fülle sekundärer Mittelvokale auf diesem Wege erhalten, so
daß es oft Schwierigkeiten macht, alte germ, und neue westgerm. Mittelvokale
streng auseinander zu halten. Es verlohnt sich daher, hier einmal die Beweise
für echte und feste Mittelvokale zusammenzustellen, da speziell vom ahd. Stand-
punkt aus die Rekonstruktion des Urgermanischen in diesem Punkt fast unmöglich
ist. Von einem idg, Standpunkt aus wird Mittelvokal gesichert für ahd. n'ebul
'Nebel' gr. veqp^Xri resp. ahd. sw'ehur = gr. ^KUpö<; und Fehlen eines Mittel-
vokals für ahd. ahsala asächs. ahsla durch lat, äla für *axla (wegen lat. axilla)
und für ahd. lungar = gr. dXaqppö?. Durch das Finnische werden echte Mittel-
vokale erwiesen für ahd. agana satul = finn. akana satula, anderseits Fehlen
eines alten Mittelvokals für ahd. habaro = finn. kaura 'Hafer', ahd. nädala (got.
neplci) = finn. niekla, ahd. hähala = finn. haahla, ahd. nagal = finn. Jiau/a
(vgl. got. nagljati). Daher beweisen finn. haikara 'Reiher' und inatara 'Färber-
röte' für ahd. heigaro und an. madra echte Mittelvokale. Die westgerm. Kon-
sonantendehnung kann als Indizium für Fehlen des Mittelvokals gelten in ahd.
apful für *applu- statt *aplu- (vgl. ahd. affoltrd), stupfala statt *stuppla- aus
*stupla- (vulgärlat. stupila statt siipula), ahd. kupfar statt "^cuppra- aus *cupro-
(lat. cuprtan) neben mittelrhein. koffer ndl. koper angls. copor, ahd. opfaron
'opfern' aus "^oppron für *opron (= lat. operäre). So können ahd. zabal ziagal
pfiesal nicht auf lat. tabula tcgula pensilis beruhen, sondern müssen zunächst auf
vulgärlat. tabla tegla pesle weisen. Aber der sicherste Beweis steckt im allge-
meinen in den ostgerm. Sprachen und speziell im Gotischen, das diese sekun-
däre Vokalentfaltung gar nicht kennt : got. wintrus = ahd. asächs. wintar, got.
hührus = ahd. asächs. hungar, got. mapl = ahd. mahal, got. maipms =: angls.
mdddum. Zudem stimmt das Gotische mit den finn. Lehnworten zusammen:
got. maürgins = finn. murkina, finn. ruhtinas 'Fürst' zu got. dratihtinassus.
Allerdings muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß Suffixablaut mit
eventueller Nullstufe in Frage kommt (ahd. hregil gegen angls. hrcegl aus *hragla-)'
154 VII. Konjugation.
VII. KONJUGATION.
Das Germanische bewahrt von dem großen Formenreichtum, den
die indogerm. Grundsprache besessen hat, geradezu das meiste
nicht mehr. Keine deutliche Spur weist vom Germanischen aus
auf das alte Futur mit -sjö (ind. dek^yämi 'werde zeigen' = gr.
beiHuJ ?), den j-Aorist (gr. ^^Xuipa zu Y^ucpiu) und andere alte Erb-
formen. Anderseits weist das Germanische nur sehr wenig Formen
auf, die altererbt sein müssen, ohne in einer andern idg. Sprache
sicher nachweisbar zu sein; dahin gehört nur die Bildung des
schwachen Präteritums § 175 und als Einzelheit noch die ahd.
Endung -mes als Primärsuffix der i. Person Pluralis § 197.
Trotz dieser großen Verluste hat die Konjugation im Germani-
schen ein wesentlich anderes Aussehen angenommen, als in irgend
einer andern idg. Sprache. Indem der Formenbestand sich auf
Präsens und Perfektum resp. Präteritum beschränkte, normierte
der Ausgleichungstrieb der Sprache das Verhältnis dieser beiden
Tempora. War von Haus aus die Präsensbildung sehr mannig-
faltig, aber die Perfektbildung sehr strenge — so tritt jetzt eine
streng einheitliche Präsensbildung neben das streng normierte
Perfekt. Zur wesentlichen Triebkraft der Konjugation wird so der
Ablaut erhoben, indem das Normalpräsens mit Mittelstufe und
ursprünglicher Wurzelbetonung neben das abstufende Perfekt tritt.
In direktem Zusammenhang steht mit dem Ablaut die Akzentua-
tion und damit die Wirkungen des Vernerschen Gesetzes.
Der Ablaut ist bedingt durch die ererbte Wurzelgestalt. Der maß-
gebende ^-Ablaut fügt sich an die gr. Schemata TrevGo^ ireTTOvOa
TTeiraOma, eXeucroiLiai eiXrjXouGa riXij0ov, ireiGuj TreTtoiBa TreiriOuTa
usw. Das Germanische hält hierin naturgemäß die idg. Ablautsregeln
Kap. 23 völlig ein unter den lautgesetzlich bedingten Modifika-
tionen. Störungen der Ablautsreihen sind vor dem 3.-4. nach-
christlichen Jahrhundert kaum möglich ; dann zeigen sich zunächst
nur Übertritte von ^z- Verben unter die ^-Verba (ahd. kl'enan Wz. kU^
germ. bidjan Wz. Md).
Mit mehr oder weniger Konsequenz unterliegt der alte gram-
matische Wechsel jungen Störungen. Im Gotischen zeigt ihn
kein ablautendes Verb mehr, bald haben die harten Spiranten ge-
siegt {^finpan wairpan)^ bald die weichen {Jmeiwan skaidan bairban
bileiban).
Im Altnordischen haben sich noch umfänglichere Spuren des
VII. Konjugation. 155
grammatischen Wechsels erhalten, aber nur in Verben auf -ahan
wie flä klä slä pvä zeigt er sich noch regelmäßig, während sonst
überall Störungen eingetreten sind. Das Angelsächsische und Alt-
hochdeutsche haben ihn noch am konsequentesten, doch auch
nicht ohne Störungen; so ist angls. wriden miden Part, zu wridan
midan ; ärisan einerseits und findan anderseits zeigen Aus-
gleichungen nach verschiedener Richtung. Aus dem Ahd. vgl.
rtdan Fartgiridan; neben hwervan swelhan treten werban swelgan\
ahd. sceidan und got. skaidan ergänzen sich zu skaipan Partiz.
skaidanaz.
Kap. 35. Das ö-Präsens.
Wie alle idg. Sprachen unterscheidet auch das Germanische
mi- und ^-Präsentia. Unter dem ö-Präsens versteht die verglei-
chende idg. Sprachwissenschaft Stämme auf 0 : e mit ö in der
I. Pers. Sing. Ind.; vgl. gr. cpepu) (pepo-)Liev cpepe-xe, lat. tundö
iundu-nt tundi-tis^ ind. bhdvä-mi bhävä-mas bkdva-tha, got. batra
(aus '^bero) baira-m bairi-p usw. Das ;«2-Präsens fügt die Personal-
endungen nicht an ein thematisches 0 : e^ sondern unmittelbar an
die Wurzel resp. eine durch konsonantisch anlautendes Suffix
erweiterte Wurzel und die i. Pers. Sing, wird auf mi gebildet
z. B. es-mi 3. Sg. es-ti Plur. s-ntes s-enti. Es gibt mehrere Arten
von ^-Bildungen, die durch Akzent, Ablaut oder konsonantische
Elemente charakterisiert sind. Im folgenden verweisen wir mög-
lichst auf die feststehende Zählung der indischen Grammatiker.
§ 160. Der Haupttypus, der in allen idg. Sprachen überwiegt
und im Germanischen zur Alleinherrschaft gekommen ist, verlangt
mittlere Ablautstufe bei Wurzelbetonung z. B. idg. bherö bheudhö
deiko dgo usw. (i. Klasse des Ind.); im Slavisch-Litauischen sind
Akzentstörungen eingetreten (aslav. bereti vezeti Leskien Sl. Archiv
V 509). Indogerm. Erbformen waren im Indikativ bherö bheresi
bhereti bkeromes bherete bheronti und im Optativ ein Stamm bhero-i-.
Im Germanischen, das in dieser Präsensbildung seinen Normaltypus
ausgebildet hat, zu welchem fast alle anders gebildeten Präsentia
nach und nach übergehen, wird die ursprüngliche Wurzelbetonung
durch zahlreiche Fälle von tonloser Spirans im Wurzelauslaut
erwiesen (bei mittlerer Wurzelstufe): got. teiha ßeiha preiha weiha
leipa sneipa reisa — tiuha pliuha hiufa driusa kiusa fraliusa —
finpa hinpa pinsa filha pairsa saika hlifa qipa lisa ganisa wisa
pwaha hlapa falpa fäha häha und zahlreiche Präsentia anderer
56 VII. Konjugation.
germ. Dialekte beruhen auf Grundformen der gekennzeichneten
Art.
§ i6i. Ein damit verwandter Nebentypus ('Aoristpräsentia*
Osthoff Beitr. 8, 266) zeigt niedrigste Wurzelstufe bei Betonung
des Mittelvokals 0 \ e (6. ind. Klasse tudd-mi). Aus der Gestalt
der Personalendungen wird die vorgerm. Betonung Kap. 42 wahr-
scheinlich gemacht. Im Germanischen erscheint niedrigste Wurzel-
stufe in got. trudan (QF. 32, 40) an. knoda; in an. koma sofa
angls. rtpan (Sievers Beitr. 8, 84; 9, 277; Noreen Svensk. Landsm.
I 693); ahd. tretan kn'etan qu'eman angls. swefan ripait sind nach
dem Haupttypus umgeformt. Auf Suffixbetonung weisen hin an.
vega (J. Schmidt AfdA. VI 127) aus Wz. w^k\ got. hneiwan bileiban
sweiban ahd. sniwan sigan wegen der vorgerm. Wurzeln kmghw
Itp swiq smghw s^q (ahd. wehan nigan sind dem Haupttypus ge-
nähert). In dem ii von germ. stlpan hlkan sügan angls. brtican bügan
hat Osthoff Beitr. 8, 282 'Aoristpräsentia' erkannt (angls. bügan
aus Wz. bhuk in ahd. bühil 'Hügel', angls. sügan aus Wz. suq).
— Wegen ahd. sntwit = gr. vicpei beachte auch avest. snaezaiti
sowie gr. veicpei lat. ninguit. Ahd. swedan swtdan — mhd. kresen
krisen werden mit Beseitigung des grammatischen Wechsels hierher
gehören. Beachte noch ahd. (oberd.) bahhan gegen gr. cptÜTU),
an. taka gegen got. tekan^ ahd. watan gegen lat. vädo — in
welchen Fällen der schwerere Vokal wohl zum Haupttypus, der
kurze Vokal zum Aoristpräsens stimmt. In mehreren Verben, die
in anderen idg. Sprachen ihr Präsens nach der 6. ind. Klasse
bilden, zeigt das Germanische den Haupttypus; vgl. got. wairpa
mit aslav. vrigci\ ahd. milchu (gr. d|ue\YUj) mit altir. mligim aslav.
mlüza\ got. kiusa mit ind. jusdmi\ got. liuga 'lüge' mit russ. Igy
(aus '"^lüga Leskien Sl. Archiv V 510); angls. delfan mit aslav.
dlüba\ angls. ceorfe mit gr. Ypacpuj Möller Beitr. 7, 532; ahd. triugu
mit ind. druhämi avest. druzämi. Ahd. stehhan (scheinbar Normal-
typus der ^-Reihe) ist idg. sttgö (mit -jö gr. CTTiZiu)), hat jedoch
seinen alten /-Ablaut aufgegeben (vgl. Osthoff Beitr. 8, 142, wo
auch got. bida aus idg. bhidhö zu vergleichen ist); ahd. wahsu
ist auch Normaltypus gegen ind. uksämi avest. ttyjämi. Aber
germ. wtkan wtqan 'weichen' (gegen ind. vijdmi) kann Mittel-
oder Tiefstufe haben.
§ 162. no- : ne- als Präsenscharakter (lat. sperno contemno gr.
bdKVU) irivuj öd|nvu) ind. mtnämi pptämi usw.) hat sich im Ger-
manischen nur selten in seiner alten Funktion erhalten: got.
VII. Konjugation. 157
fraihnan mit dem Perfektumyrd;^ (aber mdi. pxcchämiz.y!^^t. pTsämi) ;
gut. keinan (Part, uskijans) QF. 32, 143 ; nach Paul Beitr. 9, 583
auch ahd. bacchan (aus '^baknan s. § 63) neben dem Perf. buoh (Normal-
typus ist dafür eingetreten in mndl. vrien aus '^fr'ehan^ ahd. bahhan).
Sonst ist das präsensbildende n durchweg zur Verbalwurzel
gezogen ; niedrige Präsensvokalstufe zeigen noch angls. spur-nan
mur-nan QF. 32, 145 und nach Franck Tijdschr. v. nederl. Taal- en
Letterkunde 2, 20 mndl. ron-nen beghon-nen. Präsentische Normal-
stufe des Wurzelvokals ist sekundär eingeführt in got. brin-nan
(aber angls. bryn-e 'Brand'), got. rin-nan (aber angls. ryn-e 'Lauf);
got. skei-nan (aber skei-ma skei-rs)^ ahd. swi-nan (angls. swi-ma
'Schwindel') ; ahd. kt-nan (aber kt-mo) ; ahd. grt-nan (aber an.
gri-ma})', an. gi-na angls. gi-nan neben ahd. gUn (lat. hiäre)\
ahd. sinnan für "^sntnan} Ein großer Teil dieser Präsentia glich
dem Haupttypus und hielt sich, wobei jedoch n in alle Verbal-
stufen eingeführt wurde. Ursprünglich kam jedoch diesen Prä-
sentien wohl stets niedrigste Wurzelstufe zu: t {ski-nan gt-nan
usw.) kann natürlich als idg. t niedrigste Wurzelstufe sein ; i zeigt
sich in ahd. chl'enan (vgl. altir. gle-nimT) aus Wz. ^/i' (angls. cld-m
cl^-man). Nach unserer Erörterung § 59 ff. besteht der Verdacht,
daß alle Verbalstämme auf // und nn (ahd. fallan = lit. pülu^
wallan spannan\ beachte angls. spinel 'Spindel' zu spinnait) ur-
sprünglich präsentisches n hatten. Für aslav. sta-na 'stehe' herrscht
ahd. stä-m.
§ 163. ö-Präsentia mit infigiertem Nasal (ind. sincdmi vinddmi
zu Wz. sie vid) sind im Germanischen nicht erhalten geblieben
mit Ausnahme von standan aus vorgerm. sthantö (vgl. das got.
Prät. stöp-um). Vielleicht ist noch der scheinbar wurzelhafte Nasal
in ahd. chlimban swintan wegen an. klifa und ahd. swtd 'ruina'
ursprünglich nur präsentisch. Für Nasalinfix anderer idg. Sprachen
hat das Germanische fast durchweg den Normaltypus eingeführt.
Vgl. lat, Vinco fingo praehendo lambo linquo findo tundo fundo mingo
gegen got. weiha deiga gita ahd. laffu Uhu btsm stöuu gium angls.
mtge\ gegen aslav. s^dq- l^ga stellen sich got. sita liga (sowie
westgerm. sittjti liggjti)^ gegen ind. dangdmi got. tahja^ gegen lat.
ninguere ahd. sniwan.
§ 164. Die y^-Präsentia der 4. ind. Klasse (ind. hfsyämi yüdh-
yämi) zeigen im Indischen Wurzelbetonung mit niedrigster Wurzel-
stufe ; diese Präsensklasse ist auch in andern idg. Sprachen reich
vertreten ; vgl. lat. capio sapio in Übereinstimmung mit got. hafja
158 VII. Konjugation.
ahd. s^ffu. Auch im Germanischen hat diese Präsensbildung vor-
historische Wurzelbetonung gehabt ; das wird nach dem Verner-
schcn Gesetz durch die inneren tonlosen Spiranten von got. hafja
(= lat. capio), skaßja (idg. Wz. sk&th in gr. 6.(5yx\^x\% 'schadlos')
bestätigt ; vgl. got. hlahja frapja^ außerdem ahd. s^ffu aus germ.
safjö (= lat. sapid).
Allerdings scheinen dingXs.fricgean (Wz. fr^^h) und picgean (Prät.
peaJi) Suffixbetonung vorauszusetzen, wofern nicht Einfluß von
angls. licgean aus anzunehmen ist. Auch im Germanischen gilt
ursprünglich niedrigste Wurzelstufe für diese Präsensklasse, wie
ahd. wurken neben werk gr. Ipyov und bitten got. bidjan neben
gr. TTeiGuj (Beitr. 8, 142) erweisen; diese niedrigste Wurzelstufe
ist in Verben wie asächs. liggian und sittian mit der Mittelstufe
zusammengefallen, zeigt sich aber noch in Verben wie got. bugjan
und pugkjan^ ahd. swizzu = ind. svidyämi und in ahd. gurt(j)u
= got. *gairda 'gürte' (QF. 32, 148), die jedoch zu den schwachen
resp. halbschwachen Verben übergetreten sind.
Diese primären y<9-Präsentia sind nämlich überhaupt dem Verfall
preisgegeben, weil sie sich lautlich mit den schwachen Verben
auf -Jan berühren, die auf ursprünglichen Präsentien auf -ejö be-
ruhen (§ 192). Unter den schwachen Verben auf -jan führt das
Germanische alte y^-Präsentia der 4. ind. Klasse weiter.
Anmerkung. Nach Möller Beitr. 7, 532 kann auch mittlere Ablautstufe stehen:
asächs. wirkian gegen got. waürkjan^ got. wahsjan gegen avest. uy^saimi, ahd.
tuen gegen got. da-ddjan = ind. dhd-yäjm\ vgl. germ. wopjan hröpjan sokjan,
ahd. spuoen angls. spöwan aber aslav. spejq.
In Übereinstimmung mit den verwandten Sprachen zeigt sich
ein y^-Präsens in got. hafja lat. capio^ got. waia saia aslav. v^ja
sija\ got. da-ddjan ind. dhä-yämi\ got. paürsja ind. tfsyämi\ ahd.
swizzu ind. svidyämi Scherer zGDS. ^184; got. ahjan gr. ö(ycro|nai;
got. siuja ind. stvyämi\ an. spyja ind. stMvyämi\ an. berja aslav.
borjq\ angls. cennan ind. jdyämi\ ahd. chnäen chräen druoen angls.
röwan spöwan aslav. znaja graja traja r^ja speja ; got. arjan ahd.
erien lit. ariii aslav. orj^} ; vgl. noch ahd. fzant zu ind. pi-yat-.
Abweichend ist die germ. Präsensbildung von der anderer idg.
Sprachen in folgenden Fällen: sitjan (gr. e2[o|Liai) gegen aslav.
sed(} ind. stdämi (ind. sddämi = got. sita)\ ligjan gegen aslav.
legq\ bidjan gegen lat. ftdo gr. TreiGo) Beitr. 8, 140; dynne 'töne'
(aus *dhunj6) gegen ind. dkvdnämi\ ahd. würgen gegen aslav. vrizct\
got. waia (aslav. v&ja) gegen ind. vä-mi gr. d-ri|Lii; ahd. chnäen
(aslav. znajq) gegen ind. jä-nä-mi.
VII. Konjugation. 159
Das Germanische liebt den Haupttypus gegen anderweitige
y<?-Präsentia : got. qima gegen gr. ßaivuu lat. venio\ ahd. triogan
gegen ind. drühyämi\ angls. sw'efan gegen aslav. süpljq, ; ahd. kinchti
gegen gr. aKd^uj ; got. speiwa gegen ind. sthivyämi (an. spyjd) ;
got. sitan ligan bidan gegen germ. sitjan ligjan btdjan ; ahd. brühhan
gegen got. brükjan\ ahd. wahsan gegen got. wahsjan\ got. swaran
gegen ahd. swerien\ ahd. liogan gegen aslav. lüza (ahd. lugt
'Lüge' aus '*lugtni- weist auf ein Präs. *lugjan). Beachtenswert
ist got. ahd. swimman gegen an. symja.
Schließlich werden noch einzelne Verba, die teilweise schwach
geworden sind, durch verbale oder nominale Zubehör innerhalb
des Germanischen als ursprünglich starke /ö-Präsentia erwiesen:
neben primären Nominibus zeigen sich schwache Verba (mit angls.
starken Präteriten) in ahd. bäen (vgl. ba-d)^ dräen {drä-t angls.
ßrdwan)^ kräen {krä-t angls. crdwan)^ näen {nä-t)^ mäen {ma-d
angls. mdwan)^ spuoen {spuo-t angls. spöwan)^ gluoen (gluo-t angls.
giöwan), kluoen gruoen bluoen ahd. touwan {tö-d to-t an. deyja st. V.);
got. hatjan 'wetzen' mit dem alten st. Partiz. hassa-ba ; got. arjan
schw.V. — aber ahd. erian st. V. ; ahd. gurtan schw. V. QF. 32, 148
= got. gairdan st. V. ; got. ßaürsjan neben pairsan ; ahd. spennen
neben spanan^ ahd. hüllen mullen neben helan malan. Zu angls.
besnyppan vgl. an. snodenn\ got. hleibjan ahd. hlippen schw.V. neben
2i}ci6.. Itban stV. ; ^^kz\i?>. qutdian schw.V. aber an. /^z.7'</<a5 st.V. ; an.
lyja Part. lüenn\ ahd. bläen (angls. bldwan) Part, gibläan. Un-
sicherer ist die Hergehörigkeit von got. taujan ahd. fernen dewen
bewen flewen angls. cigan hegan stregan sowie sellan tellan cweccan
reccan dreccan.
§ 165. Die idg. Konjugation besaß noch zahlreiche andere
Präsensbildungen auf 6^ von denen das Germanische nicht die ge-
ringste sichere Spur aufzeigt. So fehlt dem Germanischen völlig
der reduplizierte Präsenstypus von lat. bibo (ind. pibämi)^ lat. gigno^
gr. |Lii|Livuj, lat. se-r-o si-st-o\ dem gr. tti-ttt-uu entspricht ahd. gi-
fman 'fallen' mit dem Normaltypus pedö (Wz. ped). — Es fehlen
ferner sichere Spuren vom Präsenssuffix -sko (gr. ßdcTKUü ind.
gäcchämi). — Die Präsensbildung auf -tö (gr. tutttuj) hat eine ge-
ringe Spur in ahd. fleh-tan (lat. plec-td) gegen gr. irXoKri hinter-
lassen (aber vgl. got. hlifa nach dem Normaltypus gegen gr.
KXeTTTU)). Eine vereinzelte Bildung auf -ijö scheint in ahd. missen
aus *mit-tiö Mnd furh-ten {got. fatirh-tjan) mit dem Vrit. forah-ta
Partiz. forah-t zu stecken. Für got. aipan und waldan steht tö-
i6o VII. Konjugation.
Präsens nicht ganz fest (weil unsicher ist, ob altir. flai-th und
lat. valeo oder aslav. vladc^ zunächst steht). Mit den griech. Prä-
sentien auf -dvuj- -aiviu (Kepbaiviu irepaivw Xajußdvuj |Liav9dvuj)
berühren sich ahd. giwahinnen Prät. giwuoh Osthoff Beitr. 8, 264;
angls. onwcEcnan oitwöc Sievers Angls. Gr. § 392; vielleicht ur-
sprünglich auch got. rahnjan 'rechnen' und ahd. rahanen 'rauben'
(Wz. raq in lat. rapioT). An Stelle von gr. uqpaivuü hat das Ger-
manische den Normaltypus ahd. weban. — Reduplizierte /^-Prä-
sentia besaß das Indogermanische nur wenig; vgl. gr. vi(T(T0)uai
aus *vi-vcr-yo)Liai ; aslav. dezda aus *de-d-j6\ so auch ahd. wiumman
aus *zvi-wm-jan (neben ahd. wem-ön wim-idön).
Kap. 36. Das »«/-Präsens.
Gegenüber den ö-Präsentien mit dem Themavokal 0 : e steht
eine themavokallose Bildungsweise mit der i. Person Sg. Ind. auf
-mi (die Personalsuffixe sind im übrigen mit denen der ^-Präsentia
identisch); sie zeigt den bei allen unthematischen Flexionen so
beliebten Akzentwechsel und Ablaut: ind. i-mi i-ti \ i-mäs i-thd;
ds-mi ds-ti : s-mds s-thd usw. Diese Klasse, die in den Literatur-
sprachen Europas nur geringe Spuren hinterlassen hat, stellt sich
für die urgerm. Zeit folgendermaßen dar:
§ 166. Einfache Wurzelpräsentia (2. ind. Klasse) — vgl. gr.
€i|Lii i-|uev — zeigt das Germanische nur noch restweise. Ablaut
zeigt sich nur in got. is-t Plur. s-ind Optat. ahd. s-ts (= lat. s-fs)^
Part, s-anß in angls. söd ahd. (Otfr. II 4, 16) sand zu Wz. es 'sein' ;
dazu ahd. b-irum aus "^irum "^iz-um für "^'es-dmen (Joh. Schmidt
KZ. 25, 592); weiteres § 169.
Weitere //«/-Formen sind die westgerm. Verba ahd. gern gäm,
Stern stäm^ tuom (ahd. gern aus '''gd-inii = gr. eijui lit. eiml ind. emz;
gäm für idg. yemi resp. ko-yemi unter dem Einfluß von gern ganga\
über Wz. je vgl. Schade Ad.Wb. s. jän)\ ahd. stäm nach gäm-yemt
für idg. sthä-mi; ahd. tuom = ind. dhä-mi aus idg. dho-mi; der
Optat. ahd. ste- ge- kann auf abgeläutetem .y/^-/- yä-i- beruhen § 200.
Got. wil-ei-s wil-ei-ma ist nach Scherer ZfdA. 19, 158 und Joh.
Schmidt Vok. II 468 alter /-Optativ zu einem /«/-Präsens (lat.
vel-t-s zu volo^ vgl. lit. pa-velmi) ; vielleicht ist ahd. ni churi 'noli'
nach Scherer zGDS 194 mit ahd. wili gleich zu beurteilen.
In dem angls. Optativ cyme aus germ. kum-t- hat Sievers Beitr. 8,
80 eine alte /«/-Form (vgl. ind. gdn-mi^ ebenso apers. avest.) ent-
deckt; sonst herrscht ö-Präsens got. qima ahd. quimu.
VII. Konjugation. i6i
Normaltypus wie in germ. qemait ist für ursprüngliches mi-
Präsens eingetreten in angls. swefan (an. sofa) gegen ind. svdpimi,
got. anan (Präsens allerdings unbezeugt) gegen ind. dnimi^ ahd.
riusu 'weine' gegen lit. rdudmi ind. rödimi v. Firlinger KZs. 27,
435. Auch Wz. ed 'essen' (ind. ddmi aslav. Smi lit. edmi lat. est)
zeigt im Germanischen als Verb das Normalpräsens etan; für ind.
märjmi stimmt ahd. milchu 'melke' zu gr. d|LieXYUJ ; für ind. ddrmi
gilt Normalpräsens got. gatatra; für ind. vä-mi gr. dFii|Lii hat das
Germanische wejö (got. waia = aslav. v^ja).
§ 167. Reduplizierte Präsentia der 3. ind. Klasse {ind. ju-/tü-mi
Wz. /lu, bi-bhi-mi Wz. ^///, gr. öiöuj|Lii Wz. dö^ "iCTTriiui Wz. stha,
Ti-0r|-)uii Wz. dhi., \x\)X\ usw.). Diese Bildungsweise ist im Germa-
nischen nur in erstarrten Resten erhalten, wobei die RedupHkation
stammhaft geworden ist; die betr. Präsentia sind in die Flexion
von schwachen Verben übergetreten : ahd. biben Prät. bibeta beruht
auf einem redupl. Präsens ahd. bi-be-m bi-be-s bi-be-t usw. aus
germ. bi-bai-m bi-bai-s bi-bai-d = ind. bi-bhi-mi usw. (Wz. bM
'beben') Beitr. 34, 558; dazu stellen sich nach Beitr. 8, 342 wohl
auch die zwei synonymen Verba: got. rei-rai-s rei-rai-p (got.
reiran reiraida ist schwach geworden) und das schwache Verb
ahd. zittarön 'zittern', das auf germ. ti-trö-m ti-trö-s ti-trö-d beruhen
kann (idg. Wz. drä drö>). Ahd. se-stö-m wird Beitr. 8, 513 dem
gr. i-aTr|-)Lii (idg. si-sthä-mi Wz. sthä) gleichgestellt. Vielleicht
weist noch got. geigan geigaida auf ein germ. ^t-^ai-m fz-fai-s
usw. (Wz. gM in mhd. git). Ein weniger sicheres Zeugnis
für Präsensreduplikation ist angls. higian 'eilen*, das auf germ.
ht-^ai-m hi-^ai-s usw. beruhen kann (idg. ki-kdi-mi Wz. k% in
ahd. hi-r-lih 'eilig' und lat. ci-to 'schnell'); ahd. hesken wäre
vielleicht ein vorgerm. ki-skai-mi (Wz. sk%})\ ahd. wihen 'wiehern',
falls aus germ. hwi-hwai-m, ein vorgerm. qi-qai-nti (Wz. q%)}
§ 168. n&- : nd' als Präsenscharakter mit »^/-Flexion = 9. ind,
Klasse (lat. incli-n&re asper-näri conster-näre Fröhde BBeitr. 3,
305, gr. öd|U-vri-)Hi öd|Li-va-)Liev, ind. krt-nd-mi kri-ni-mds). Nach
§ 178 gehört got. kunnu-m 'wir wissen' = ind. jä-nt-mds zu Wz.
idg. gdn gnö (i. Sing, gf^-nd-mi^ i. VI. g^i-np-m^s). Ferner dürften
innerhalb des Germanischen unter den schwachen Verben auf -ön
einige alte «^-w/-Präsentia stecken und zwar — da nach Osthoff
Beitr. 8, 298 die nä-mi-Verba. innerhalb des Germanischen gern
schwach geworden sind — diejenigen, welche zugleich stark und
schwach innerhalb des Germanischen erscheinen: angls. murnan
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. I '
i62 VII. Konjugation.
st.V. — ahd. ntornen schw.V., angls. spurnan st. V. (ahd. Otfr. spurni
Konj. Prät.) — ahd. spornön schw.V.; got. keinan st.V., aber Prät.
auch kein6da\ got. ufkunnan Prät. ufkunpa Partiz. ufkunnaips und
kunnan kunnaida neben kann Braune § 195 Anm. 2. 199 Anm. i ;
an. gina st.V. neben ahd. ginön schw.V. = aslav. zi-na Osthoff
MU. 4, 41. Mehrfach deuten Faktitiva auf derartige starke Verba,
die zur schwachen Flexion übergetreten sind ; vgl. got. usgeisnan
usgeisnöda mit usgaisjan\ ahd. Urnen lernön mit lerran.
Hierher gehören auch ahd. kallöt an. kailad v. Firlinger KZs. 27,
190 = ind. gt-nd-ti {y^z. gir)\ dhd. follöt 'er füllt' = ind. pf-nä-fi;
angls. hleonad ahd. hlinet = lat. clinä-t (aber gr. kXivuj Osthoff MU.
4, 39). Nach Osthoff a. a. O. gehören zahlreiche schwache Verba
mit Geminata im Stammauslaut hierher : ahd. locchön zocchön Ucchön
aus idg. luk-nä-mi dtik-nä-mi ligh-nä-mi} Und daraus hat Osthoff
mit vollem Recht das m in ahd. salbö-m habe-m für eine Spur
der alten starken ;;2?-Konjugation erklärt (Beitr. 8, 298). Übrigens
sind einige auswärtige ;f^-;;^/-Präsentia im Germanischen durch
den Normaltypus vertreten ; vgl. ahd. bindan weban zeran mit ind.
badh-nd-mi (avest. jedoch bandämi) ubk-nd-mi dr-nd-mi\ anderseits
fällt angls. hlosnian gegen ind. grösami auf.
Anmerkung. Von der 5. ind. Klasse {no-mi: nu-mäs; vgl. gr. beiK-vö-|Ui) be-
wahrt das Germanische keine unzweideutige Spur. Auf ind. dhj's-no-mi weist
vielleicht mndd. dam Höfer Germ. 23, 3; mit ind. va-nv-änti (: vanomi) kann
got. winnan, mit ind. rittvanti (: ri-no-mi) got. ri-nn-an zusammenhängen.
Sonst herrscht der Haupttypus an Stelle auswärtiger «z^-Bildungen : got. teiha
gr. beiKVU)Lii; got. friusa ind. prus-no-mi\ got. steiga ind. stigh-no-mt.
Schwach scheint angls. earnian ahd. arnon gegen gr. äp-vu-|LAai 'erwerbe*
(auch ahd. l'ecchdn aus *Ugh-nu- wegen gr. \ix-v6Ü-uj ?). Möglicherweise ist die
Präsensklasse auf gr. -vu|Ui im Germanischen in die auf -vri|uii aufgegangen, weil
beide im Plur. germ. auf -nuni -nup mit mittlerem u ausgingen.
Von der 7. ind. Klasse bewahrt das Germanische ebensowenig feste Spuren
wie das Griechische und Lateinische ; für ind. bhi-nä-dmi bhi-n-dänti (\2X.find0)
hat das Germanische den Haupttypus got. beiia\ desgl. für ind. vr'näjmKy^z. vfj)
got. wairpa\ für ind. ri^dcmi (lat. linqud) got. leiba\ für ind. pfndcmi (auch
pj'ncämt) got. filha ; für ind. undbhmi ahd. weban.
§ 169. Eine besondere Besprechung erheischt das Präsens des
Verbum substantivum im Germanischen, das mit den Schwester-
formen der übrigen idg. Sprachen auf Wz. es mit «^/-Flexion beruht.
Im Ind. Sg. bestanden idg. esmi — esi für essi (ind. dsi avest. ahi
gr. €1 Hübschmann KZs. 26, 606) -— esti\ got. im is ist sind regulär.
Im Westgermanischen mischte sich damit ein germ. biju btz btd
(= \zX.fio altir. biu Beitr. 8, 339) = angls. beo bis bid mit der Vokal-
VII. Konjugation. 163
kürzung der Enklitika; vgl. ahd. bist (mit dem / der Präterito-
präsentia Braune § 379 Anm. i); aus dieser Mischung von ^biju
und *im erklären sich asächs. bium und ahd. bim. Die 3. Plur. got.
sind aus unbetontem idg. senti (ind. sänti santi gr. eiai für *evTi)
ist gemeingerm. (angls. sind ahd. sint)\ für die i. 2. Fl. ist germ.
izum izud (für idg. sme sthe resp. S9me sdthe) vorauszusetzen,
und das ahd. b-irum b-irut erklärt sich aus der Mischung dieser
Formen mit jenem Stamm bija- nach Kern Taal- en Letterk.V 89.
Die got. Formen sijum sijup sind unerklärt. Angls. eart ard (§ 43)
Plur. earon arun beruhen auf urgerm. ar-ß(d) arun{ß), die Joh.
Schmidt KZs. 25, 595 mit lit. yrä 'ist' (eigtl. 'existentia') in Zu-
sammenhang bringt. Über den Optativ s. § 200. Der zugehörige
Infinitiv ist gemeingerm. w'esan (ind. vdsana-m Wz. vas^^ doch angls.
auch beon aus *bijan. Auch die übrigen Formen werden durch
w'esan ergänzt. Folgende Tabelle veranschaulicht die urwest-
germanisch vorhandenen Formen:
Singular Plural
im biju — irum bijum arum
is(t) bfs{t) arp irud biß arup
ist biß — sind bijand arun,
Kap. 37. Das Perfektum.
§ 170. Das reduplizierte Perfektum der idg. Sprachen
zeigt bei Akzentwechsel Ablautserscheinungen in der Wurzelsilbe :
ind. bibhida bibhidüs, bubödha bubudhüs\ gr. TreiTOiGa 7T€7neuTa.
Im Singular herrscht die höhere Vokalstufe der Wurzel bei ur-
sprünglicher Betonung, im Plural niedrigste Stufe bei Betonung
der Personalendungen (der Optativ schließt sich an den Plural an);
aber alle Perfektformen gehen von der Wurzel, nicht vom Präsens-
stamm aus. Also vgl. z. B. ind. Präs. kf-nö-mi Perf. cakdra PI. ca-kf-
md ca-kr-üsy Präs. bhinddmi bhinddnti Perf. bibhida PI. bibhidüs xlsvj.
Das Germanische stimmt zu diesen idg. Zügen zunächst, indem nach
dem Vernerschen Gesetz (KZs. 23, 104) derselbe Akzentwechsel
im Germanischen gegolten und seine deutlichen Spuren hinter-
lassen hat; gerade im Perfekt zeigt sich der grammatische Wechsel
am deutlichsten : got. ßarf ßaürbum — aih aigum ; ahd. sneid snitum^
reis rirum^ zöh zugum, kos kurum usw. Ferner ist identisch die
Abstufung resp. der Ablaut der betonten und unbetonten Wurzel-
silbe: got. bait bitum (ind. bibhida bibhidüs\ bauß budum (ind.
bubödha bubudhüs), warp waürßum (ind. vavdrta vavrttis) usw.
II*
i64 VII. Konjugation.
§ 171. Verlust der Reduplikation. Auffällig weicht das
Verhalten der Reduplikation im Germanischen von dem idg. Ur-
typus ab. Im wesentlichen fehlt dem Germanischen die Redupli-
kation ; vgl. ind. bibhida mit got. bait^ ind. vavdrta mit got. warp^
ind. sasdda mit got. sat. Es erhebt sich die Frage, ob das Ger-
manische hier sekundär ist, und das ist in der Tat der Fall.
Wo immer im Germanischen Perfektreduplikation erhalten ge-
blieben ist, ist e der Reduplikationsvokal, auch bei «-Verben wie
hlaupan stautan usw., resp. bei /-Verben wie haitan. Aber im
Latein treffen wir tutudi ptipugi und dazu stimmt das Irische und
das Indische im Gegensatz zum Griechischen (ireqpeuYa eiXrjXouGa
usw.). Doch stimmt ind. babhtwa zu ahd. biruwun (Otfr.), das auf
He-züw für ^be-büw beruht. Vielleicht hat das Germanische mit dem
Reduplikations-^* eine Altertümlichkeit bewahrt.
Für den teilweisen Verlust der Reduplikation im Germanischen
haben wir auszugehen von dem merkwürdigen Ablaut got. sat setum
— qam qemum, der dem Gesetz von der niedrigsten Wurzelstufe im
Plural entgegen ist; für das Indogermanische sind se-zd-nt ge-gm-nt
als Grundformen zu erwarten, und derartige Formen finden sich
auch in den ostindogerm. Sprachen: die ^-Wurzeln mit einfachem
Konsonanten imAn-undAuslaut zeigen im Indischen und Avestischen
zahlreiche Formen wie ind. pa-pt-imä ja-gm-imä. Dieser redupli-
zierte Typus hat einen Sekundärtypus mit e i^petnt für ^pe-pt-nt^
*sedni für * se-zd-nt). Welches der lautgesetzliche Bereich der beiden
Typen ,ist, darüber gibt Osthoff Perf S. i ff. Vermutungen (vgl.
idg. wer- (lat. ver) 'Frühling' = an. vdr schott. wer 'Frühling' neben
idg. wesr- ; lat. verus ahd. wärzM's, idg. wero- für '^wesro- zu ahd. wesan ;
lat. stdö aus '^si-zd-6). Das Germanische hat den reduplizierten
Typus gänzlich aufgegeben und den ^-Typus zur ausschließlichen
Herrschaft gebracht (got. qemun nemun gebun). Vereinzelt e im
Sing, in dem gemeingerm. et 'ich aß' nach Jessen Tidskr. f Filol. I
205. Danach gab es eine Zeit, wo etwa gegöme gemnt — sesöde
sednt bestanden, und es wäre denkbar, daß die scheinbare Redu-
plikationslosigkeit solcher Pluralformen zunächst auf den Singular
eingewirkt hätte, so daß göme gemnt — söde sednt = got. qam qemun
— sat setun entstanden wäre; dann wäre dieser reduplikationslose
Typus weiterhin für den ganzen ^-Ablaut {bait-bitum bauß-budum
warp'Waürpum) maßgebend geworden. — Übrigens beruht das
germ. e von ahd. tätun asächs. dädun auf langem Reduplikations-
vokal: idg. Grdf dhe-dh-nt (vgl. gr. dKTiKoa eYpriYopa usw. und ind.
VII. Konjugation. 165
jägära jagTväs) — aber auch dhe-dh-nt (= asächs. d'edun)^ welche
Formen übrigens auch durch das Fehlen des Wurzelvokals
wichtig sind.
Dieser Abfall der Reduplikation dürfte eigentlich wohl nur da
eingetreten sein, wo Singular und Plural durch Ablaut getrennt
waren. Das war jedoch keineswegs überall der Fall. Es ist noch
nicht genügend erklärt, warum das Germanische in großen Kate-
gorien den Perfektablaut nicht kennt: got. för forum — haihald
haihaldum — haihait haihaitum — lailöt lailötum usw. Dieser ab-
lautslose Perfekttypus ist stets mit der Reduplikation verbunden,
mit Ausnahme allein der kurzsilbigen Verba vti^färan säkan slähan.
Sonach zerfallen die germanischen Perfekta in ablautende ohne
Reduplikation (nur ^-Ablaut), in ablautlose ohne Reduplikation {för
förtim)^ in reduplizierende ohne Ablaut.
Im Verhältnis zum Präsens zeigt das Perfekt Ablaut bei den
fe^- Wurzeln (ahd. neman nam — werdan ward got. letan lailöt). Von
den Ä- Verben zeigen nur die kurzsilbigen ^-Wurzeln {faran för)
Ablaut; alle übrigen zeigen keinen Ablaut, also got. haldan haihald,
haitan haihait^ aukan aiauk, böpan kaiJvöp.
§ 172. Die reduplizierten Perfekta. Warum die Klasse
got. (Jialdan) haihald haihaldum innerhalb des Perfekts keinen Ab-
laut entwickelt, darüber läßt sich vom Germanischen aus nichts
beweisen. Vom idg. Standpunkt aus vermutet Osthoff im Perfekt
Sing. Verkürzung von idg. älx zu germ. älx und im Perfekt Plur.
idg. langvokalisches /. Dann wäre anzunehmen, daß Verba wie
got. hlaupan haitan Ivöpan nach dem Muster von got. haihald hai-
haldum ihren Perfektablaut aufgegeben hätten. Wahrscheinlich
dürften angls. reord neben got. rairoß^ angls. leort neben got. lailöt
angls. weold neben got. "^waiwald^ angls. weolc neben got. '^waiwalk^
angls. weoll neben got. *waiwall^ angls. weop neben got. *waiwöp
als uralte abgeläutete, sich ergänzende Doppelformen gelten, so
daß urgerman. etwa reröd — rerdtm^ lelöt — leltun^ wewald —
weuldun, wewalk — weulkun^ wewall — weullun^ wewöp — weupun
vorauszusetzen wären. Anderseits stehen angls. heold heow regulär
für '^hehald "^hehöw.
Daß übrigens der Unterschied zwischen reduplizierten und
nicht reduplizierten Präteriten sekundär ist, dürften einige zer-
streute Reste lehren; vgl. an. sveipa Prät. sveip\ an. hlaupa Prät.
Plur. hlupu\ got. taitök taitökum an. tök tökum\ got. wöhs angls.
weohs\ angls. heof zu heofan\ angls. wöc weoc zu wcscnan Sievers
i66 VII. Konjugation.
Angls. Gr. § 392; angis. spön speon\ angls. hliod (Beow.) ahd. (Gl.
Ra.) gihliad (falls nicht mit Graff I 63, Holtzmann Ad. Gr. 254
Schreibfehler für gihluad) und ahd. Prät. iar zu ^rren ^rian (Part.
giaran) für germ. dr\ angls. gang (Beow.) Prät. zu gangan.
Im Westgermanischen entwickelt sich aus den ererbten Per-
fekten mit Reduplikation ein neuer Typus mit innerem z (r); vgl.
got. saizlep zu slepan^ an. sera 'säte' aus *sezöw. So dürfte ahd.
sliaf aus "^slep auf *sl'ezep^ ahd. skiad aus "^skep auf '^sk'ezaip zurück-
gehen; vgl. ahd. screröt aus *skrezaud zu scrötan^ ahd. bl'erun aus
'^bl'ezot zu bluonnctn^ ahd. biruwun Opt. biruwtn aus *bezuwun für
*bebüwun = ind. babhüvus. Das innere r solcher westgerm. Formen
hat zum Teil von den mit ^ anlautenden reduplizierenden Verben
seinen Ausgang genommen (Osthoff Beitr. 8, 540).
Anmerkung i. Wir stellen hier eine Liste der reduplizierenden Verben aller
germ. Sprachen zusammen und zwar von dem got. Bestände ausgehend; die im
Gotischen unbezeugten geben wir in got. Lautform: alpan *bannan (angls.
bonnan) blandan fallan f alpan fähan gangan haldan prangan saltan *skaldan
(ahd. skaltan) staldan waldan *wallan (ahd.) ^w alt an (ahd. walzan). — aikan
fraisan haitan laikan maitan *skaipan (got. skaidan) swaipan (an. sveipa)
"^taisan (ahd. zeisan) plaihan. — *audan (an. Part, audenn) aukan *ausan
(an. ausd) *bautan (an. Part, bautenn') *hagg'wan (an. hgggva usw.) hlaupan
*hnaupan (angls. hneapan) stautan. — bnauan *gnauan (an. gnüa) *bauan
(an. büa ahd. büan), snauan (an. snüa). — *bega7i (ahd. bägan), blesan *besan
(ndl. basen Litt.-Zeitg. 17. 4. 1892) *bredan (ahd. brädan), *gretan (an. grata),
*frahwetan (ahd. ßrwäsfgan) letan *skepan (ndd. skäden Beitr. ii, 552) slepan\
*blean *klean *knean *krean *mean *prean = angls. bläwan cldwan cndwan
cräwan nidwan präwan; got. saian laian waian. — blötan flokan *hrdpjan
hwdpan *hwdsjan (angls. hwesan) swogjan (angls. swogan) *wdpjan (angls. wepan)
*wrdtan (angls. wrbtan); *bldan *ßdan *groan *hldan *rdan *spdan = angls.
blöwan flöwan grbwan hlowan röwan spbwan.
Anmerkung 2. Im letzten Jahrzehnt ist die Entstehung des (?-Typus von let
het usw. der Gegenstand mancher und umständlicher Erörterungen und Er-
klärungen geworden (Literaturnachweise Beitr. 32, 447). Aber eine allgemein
anerkannte Lösung des Problems ist noch nicht erzielt, und so darf ich neben
den neueren Theorien meine ältere Ansicht (vgl. auch QF. 32, 95) hier ohne
Änderungen wiederholen, bis einmal eine Übereinstimmung zwischen denjenigen
eintritt, die über die Frage streiten. Ich möchte jedenfalls auf dem alten Stand-
punkt beharren, daß dieses Problem kein indogermanisches, sondern ein intern
germanisches ist. Für den zt? -Typus entnehme ich die Gewißheit dafür aus ahd.
asächs.yf^r neben zweisilbigem fiwar (== got. fidzuor §300). Welche Art Kom-
plikation bei Mehrsilbigkeit wie hehaldun lelotmt eintreten kann, lehrt ahd.
hiutu, dessen lautliche Entstehung aus hiu -j- tagu sich durch keine gute Parallele
erhärten läßt. Wenn ahd. zh'i ziari 'prächtig' wegen angls. asächs. tir auf einen
neutralen öj- Stamm germ. t'ehas- =:\qX. decus zurückgeführt werden dürfte, würde
sich für hehald vielleicht die Möglichkeit einer lautgesetzlichen Umgestaltung
VIL Konjugation. 167
(ter aus tehar) ergeben. Auch wird das z von got. saizlep und das r von an.
sera für die Entstehung des ^-Typus mit in Betracht kommen.
§ 173. Es erübrigt noch, einen Hauptgesichtspunkt darzulegen,
der die spezifisch germ. Perfektentwicklung bestimmt: im Ger-
manischen hat das Präsens als dominierendes Tempus den Verbal-
stamm und speziell den Perfektstamm beeinflußt, der ursprünglich
nur von der Verbalwurzel abhängig war. Es haben sich erhalten
got. fraihnan frah — standan stop — keinan Part, kijans^ ahd.
wahinnen wuoh^ bacchan buoh, angls. onwcecnan onwöc, aber überall
sonst besteht das Bestreben, den präsentischen Nasal wurzelhaft
zu machen; daher 2ing\s. frignan frcsgu, mhd. standen stuont^ kinen
kein. Dieses Bestreben hat schon in urgerm. Zeit geherrscht, wie
die Verbalstämme gemeingerm. brinn- rinn- skin- ßresk- wask-
fleht- nach der Erörterung § 162 lehren. Hierdurch hat das Perfekt
seine alten charakteristischen Unterschiede vom Präsens einge-
büßt; und indem die Vokalstufe des Präsensstammes fast durch-
aus die Mittelstufe geworden war, trat jetzt der Ablaut als form-
beherrschender Charakter des Verbums immer deutlicher hervor.
Während das Griechische und Lateinische bei einer Fortführung
der alten Präsenstypen nur in bescheidenem Maße den Ablaut
durchführen, hat das Germanische trotz des Aufgebens der Perfekt-
reduplikation das Perfektum ausreichend eben durch den Ablaut
charakterisiert; und wo der Ablaut nicht zur Entfaltung kam,
erhielt die alte Reduplikation die Funktion, Präsensstamm und
Perfektstamm zu scheiden.
Auf der anderen Seite läßt sich freilich nicht leugnen, daß
auch das Perfekt die übrigen Verbalformen oft beherrscht hat:
die Ausbildung eines Normaltypus für das Präsens läßt sich teil-
weise nur durch Regulierung vom Perfektum aus erklären. Wenn
für ind. rindkti germ. lihwid(i) eintritt, so kann das Perfektum
laihwe li(g)wun(p) dazu beigetragen haben, nach bekannten
Mustern ein Normalpräsens neu zu bilden, und so dürfte der
festgeregelte germ. Verbalablaut vielfach entstanden sein.
Kap. 38. Der Aorist.
§ 174. Die Augmenttempora der uridg. Zeit fehlen im Slavi-
schen, Italischen, Keltischen und auch im Germanischen. Dieses be-
sitzt nur noch einen einzigen Augment-Aorist : idg. e-ye-t (ind. d-yä-t)
'er ging' in germ. ijje{d)\ vgl. got. iddja nach der Auffassung
QF. 32, 124; KZs. 24, 432 (got. iddjedun gleich angls. iodun Sievers,
i68 VII. Konjugation.
Zum angls. Vokalismus S. 51). Augmentlos ist das reduplizierte
Imperfekt idg. (e)di-dhe-m^ dem nach Bezzenberger (ZfdPh. 5, 475)
ahd. ie-ta aus germ. di-dö-n (vgl. gr. TiGr||Lii, auch ind. dd-dhä-mi)
entspricht. Ein augmentloses Imperfekt dürfte auch angls. fBeow.
1009. 1295. 13 16) gang sein.
Spuren sigmatischer Aoriste ohne Augment erkennt man in
ahd. scri-run 'sie schrieen' zu scrtan (got. *skri-zun) und einigen
ähnlichen Formen (KZs. i, 573; 25, 599); Osthoff Perfekt 397
deutet asächs. ahd. wissun aus idg. wit-snt als alten ^-Aorist. —
Augmentlose Aoriste auf -em vermutet Möller EStud. 3, 161 für
an. olla fr&ra kera und für angls. funde asächs. funda.
Anmerkung. Abgesehen von der eben vertretenen Auffassung von got. iddja
als altem Augment -Aorist, die allerdings von Collitz (zuletzt 1912 Das schwache
Präteritum S. 142) beanstandet wird, scheinen mir alle übrigen Annahmen von
ursprünglichen Aoristen mehr oder weniger zweifelhaft. Insbesondere wird die
Deutung von ahd. teta nach griech. dxiGriv wohl aufzugeben sein, da nach Walde
(Et. Wb. unter /ä«^) das lat. * dedi in con-didi per-didi dem ahd. teta zunächst steht.
§ 175. Das schwache Präteritum. Während diese Spuren
ausgestorbene idg. Typen im Germanischen reflektieren, ist ein
Aoristtypus im Germanischen besonders lebenskräftig, ohne daß
sich außerhalb des Germanischen Parallelformen dazu mit Sicher-
heit nachweisen lassen. Es ist der Typus der schwachen Präterita,
der zumeist durch d repräsentiert wird — das germ. Dental-
präteritum.
Die Flexion desselben schließt sich in bezug auf die Personal-
endungen im Singular an den Aorist (Scherer zGDS^ 202), nicht
an das eigentl. Perfektum an; die Urformen haben gelautet im
Singular dö{m) (run. tawidö ahd. salböta angls. sealfode), dez (got.
-des)^ de(d) (got. da an. de) und im Plural dd-m(e) — du-m(e) (ahd.
töm und tum)^ ded{e)\dud{e)^ dön{d) \ dun{d) Sievers Beitr. 9, 561.
— Die Existenz von 0 : ^-Ablaut wird auch durch ahd. suoktös
'du suchtest' und alemann, suohtön 'wir, sie suchten' erwiesen
nach Scherer zGDS* 203undKögelZs.f.d.Gymn. 34, 407. Die ^-Stufe
steckt außer in got. -des -da noch in an. -der -de sowie in angls.
hyrdes(t) asächs. weldes ahd. chiminnerödes (oben § 147). Daneben
besteht als niedrigste Ablautstufe -du- (mit u = idg. p) in ahd.
suohtun angls. söhtun usw. Vielleicht waren -dorn -ded -dun die
ursprünglichen Pluralendungen, die aber unter dem Einfluß der
starken Perfektformen u angenommen haben.
Im Gotischen hat dieses Suffix im Dual und Plural die seltsame,
den andern altgerm. Dialekten völlig fremde Erweiterung -dedu
VII. Konjugation. 169
-deduts, -dedum -dedup -dedun. Wahrscheinlich ist die ursprüng-
liche Form der 2. Pluralis -did i^nazided) gewesen und diese hätte
noch -up nach dem Perfektum an sich genommen; dann hätte
nasididuß den Anlaß zu einer weitgehenden Neubildung gegeben;
vgl. Kögel Z. f. d. Gymn. 34, 407.
Dieses Element -dö- : -de- : -du- ist gewiß schon im Vorgerma-
nischen ein aoristbildendes Element gewesen und hat ursprünglich
Wurzelverben wie abgeleiteten Verben gleichmäßig angehört.
Seine vorgerm. Gestalt ist wahrscheinlich töiteitd gewesen; auf
/ dürften hinweisen got. kunßa aus "^gn-tet, wohl auch an. olle
'regierte' aus '^wülße(d) '^wl-te-t (vgl. val-da nach § 165 zu lat. val-ed).
Mit dem Suffixablaut dö : de : du war nach Sievers Beitr. 9, 562
urgermanisch auch Wurzelablaut verbunden, daher die Doppel-
formen angls. westsächs. sceolde wolde dorste — nordhbr. scalde
walde darste^ asächs. war{a)hta ahd. worahta, asächs. ahd. mohta
got. ahd. mahta. Wichtig ist noch der Ablaut in ahd. brähta (aus
*branhfa) zu bringan. Weiterhin ergibt sich die Annahme von Akzent-
wechsel (Sievers ibid.) : daher got. kun-pa (aber mundo) aus *gn-fe-t,
an. olle aus *wl-tet. Vielleicht erklärt sich so auch der grammatische
Wechsel, der besteht zwischen got. hausjan nasjan laisjan pahan
einerseits und ahd. hörran nerian lerran dagen anderseits und in
anderen Fällen mit Sievers Beitr. 9, 563.
Anmerkung. Innerhalb der verwandten idg. Sprachen finden sich keine Spuren
eines besonderen /-Präteritums, so daß die Vorgeschichte desselben völlig im
Dunkeln liegt. Es gibt zahlreiche Vermutungen, die man jetzt bei CoUitz, Das
schwache Präteritum und seine Vorgeschichte (1912) S. I/28 dargestellt findet.
Unsere obige Formulierung betrachtet das Problem von einem intern germ.
Standpunkt aus, ohne sich in Polemik über idg. Theorien einzulassen.
§ 176. Der Bereich dieser Dentalpräterita ist beim starken
Verbum innerhalb des Germanischen sehr eingeschränkt; sie sind
an den Reduplikationsperfekten zugrunde gegangen; geblieben
sind sie bei Wurzelverben nur, wenn zugleich /ö-Partizipia be-
stehen ; kein germ. Verb mit «ö-Partizip hat ö'ö-Aorist, es sei denn,
daß man ahd. brungan neben bräht als altertümlich ansieht. Es
kommen nach Paul Beitr. 7, 136 folgende Kategorien in Betracht:
a) Zu Präsentien auf -jö § 164 finden sich Aoriste : got. baühta
waürhta pühta pähta brühta ahd. hoc-ta forah-ta asächs. söhta =
angls. söhte.
b) Zu nicht-y^-Präsentien beachte got. brähta zu bringan (asächs.
br^ngian angls. brengan ist jünger als bringan, gebildet nach
asächs. th^nkian usw.); ahd. bigonda zu biginnan (auffällig sind
I/o VII. Konjugation.
die doch wohl uralten Partiz. ahd. brungan bigunnan) ; got. brühta
zu westgerm. brükan Paul Beitr. 7, 149.
c) Es kommen einige schwache Präsensbildungen in Betracht: st.
Präsentia fehlen zu asächs. wekkian angls. weccan Prät. asächs.
wahta angls. weahte und angls. ßeccan Prät. ßeahfe {wakjan und
ßakjan sind Kausativbildungen) ; angls. röhte sealde tealde usw. ;
von andern schwachen Verben vgl. asächs. hebbian hab-da (angls.
hcBfde) ; asächs. seggian sagda (angls. scegde) ; asächs. libbian libda
(angls. lifde) Paul Beitr. 7, 136; asächs. lagda satia u. a. sind
jüngste Neubildungen Möller Beitr. 7, 479. Das Angelsächsische
kennt noch mehrfach mittelvokallose Präterita zu schwachen Verben,
die teilweise eigentlich gewiß starke Wurzelverba waren: tealde
sealde reahte cweahte dreahte u. a. zu tellan sellan reccan cweccan
dreccan. Über ahd. missen missa vgl. Sievers Gott. Gel. Anz.
1880, 414.
d) Es kommen ferner sämtliche Präteritopräsentia in Betracht: got.
skulda wilda mahta kunpa paürfta ahd. dohta (beachte got. aihta
angls. dhte neben dem alten Part, aigana- aigina-). Beachte got.
wissa ahd. wessa wissa 'wußte' aus vorgerm. wittöm und ahd.
muosa aus germ. mösön für ^mössön vorgerm. möttöm.
§ 177. Die abgeleiteten oder schwachen Verba, deren Parti-
zipialcharakter ausschließlich idg. to ist, haben im Germanischen
nur einen ^-Aorist entwickelt, der das für die idg. Grundsprache
nicht nachweisbare Perfekt ersetzt; dabei gehen Partizip und
Aorist immer nebeneinander her: ahd. nerita ginerit^ salböta gi-
salböt usw. Und es kann kaum fraglich sein, da das Perfekt der
schwachen Verba eine junge sekundäre Schöpfung ist, daß das
Nebeneinanderbestehen von starkem Aorist und /^-Partizip in
worhtö — worhta-^ kunßö — kunßa- usw. die Veranlassung war, daß
zu den schwachen Partizipien got. nasips salböps usw. parallele
Aoriste neu gebildet wurden.
Diesen Verben hat sich findan in den sächs. Dialekten ange-
schlossen, vgl. asächs. funda Heliand MC 2017 = angls. funde
(2. Pers. fundest bei Grein Prosabibl. I 75, 84 und Psalmen Th.
16^); offenbar hdl fundun im Plural den Übertritt veranlaßt (vgl.
nhd. wurde für ward nach wurden).
Kap. 39. Präteritopräsentia.
§ 178. Das Urgermanische hat neben dem gemeinindogerm.
Präteritopräsens *wöida '^wöittha '^wöide 3. Plur. '^widnt einige
VII. Konjugation. 171
andere ausgebildet, von denen die verwandten Sprachen keine
Spur zeigen. In Betracht kommen got. kann ßarf gadars — skal
man mag ganah; gamöt dg; aih lais; daug\ davon sind lais und
ög nur im Gotischen, die übrigen aber zumeist in allen germ.
Sprachen vertreten. Ein weiteres Präteritopräsens liefert das
Westgermanische in ahd. an. Alle zeigen bei perfektischer Flexion
präsentische Bedeutung und verbinden die perfektische Bedeutung
mit de- ^«^-Aoristen. Die Ausbildung dieser Gruppe läßt sich aus
Kap. 36 teilweise wenigstens begreifen. Die alten idg. »//-Präsentia
fielen nämlich innerhalb des Germanischen in einigen Formen mit
Perfektformen zusammen, sobald die Reduplikation als Perfekt-
zeichen ausgestorben; vor allem fielen die Optative zusammen.
Germ, durz-i- (got. gadaürsei-) kann echt germ. Perfektform sein,
darf aber auch als Optativ eines /^//-Präsens aufgefaßt werden,
zumal Wz. dh^s im Indischen Formen der 2. Präsensklasse bewahrt.
Got. kun-nu-m wird durch die Identität mit ind. ja-nt-mds zu jä-
nd-mi (ind. Wz. jnoi) auf ein echtes idg. Präsens gn-nd-mi Plur.
gn-nd-mes (vgl. de Saussure, Memoire S. 274 Anm. 2) zurückgeführt.
Für das ndd. dam (Konj. dürne) steht präsentischer Ursprung nach
Höfer Germ. 23, 3 durch ind. dhfs-nd-mi fest; ind. dliTs-nu-mds
= got. '^daürznum asächs. *durnun. Für ahd. an-unnum (vielleicht
urgerm. unz-nu-m Wz. ans in ans-ii- 'Gnade' und got. anses
'Halbgötter') macht das doppelte n wie in ahd. kan kunnum präsen-
tischen Ursprung wahrscheinlich. Zu germ. aigan vgl. das aller-
dings medial flektierte »//-Präsens ind. ige. Dazu beachte man die
Partizipia mit Präsenssuffix got. witands (und weitwöps § 179),
got. kunnands = ind. jä-ndni^ got. magands skulands paürbands.
Diese Auffassung der germ. Präteritopräsentia (beachte auch
aslav. v6mi 'ich weiß') erklärt die präsentische Bedeutung etwa
von kunnan durzan u. a. und läßt es begreiflich erscheinen, daß
das Germanische eine ziemliche Anzahl von Verben des Typus
wait^ das noch dazu vielleicht als Vorbild mitgewirkt hat, ent-.
wickelt und ausgebildet hat; und wenn unsere Erklärung der
germ. Präteritopräsentien aus alten Präsentien des w/'-Typus (got.
magan nach Mahlow 166 zu aslav. moga für *mogk-mi}) das richtige
trifft, so ist es doch auch nicht ausgeschlossen, daß etwa got.
man mit lat. memini gr. )Lie|Liova (PI. fie|Lia|Liev) echt perfektischen
Ursprungs ist; für got. aigan wird perfektischer Ursprung viel-
leicht durch das alte Perfektpartizip andd. ^xo (aus *aig-us-o}
"^aigusjo ?) empfohlen. Und wie lat. 6di növi memini und gr. eoiKa
172 VII. Konjugation.
|ae)Liova yeTUDva beibuj ind. cikiia 'weiß' lehren, kann es in der
idg. Urzeit vielleicht mehr echte reduplizierte Präteritopräsentia
gegeben haben als das eine reduplikationslose gr. oiöa ind. vida.
Die Präteritopräsentia, die also mit perfektischer Form prä-
sentische Bedeutung verbinden, sind zumeist abstufend: got.
wait witum^ skal skulum, kann kunnum usw. Ausnahmen sind
gemeingerm. aik aigum und möt mötum\ mag magum^ für das
Osthoff Beitr. 15, 219 ursprüngliche Abstufung mög magtun ver-
mutet, entwickelt im Westgermanischen einen jüngeren Ablaut
mag mugum\ aber die Abstraktbildung mahti- 'Macht' spricht
dafür, daß a wirklich die niedere Wurzelstufe war.
Präteritale Bedeutung wird durch Dentalpräterita wiedergegeben;
vgl. got. mahta skulda kunßa usw. § I76d.
Kap. 40. Verbaladjektiva.
§ 179. Am frühesten hat das Germanische die Partizipia Per-
fekti aktivi aufgegeben; es haben sich nur ein paar Substan-
tivierungen erhalten, in denen das idg. Suffix iis : wöt erhalten
ist: got. ßai berusjös 'Eltern' (wohl eigtl. nur Fem. ^bherüst
'die geboren Habende' Beitr. 36, 224) ; got. weitwöd- 'der Zeuge'
aus idg. weid wöt- gr. eiöOT- (ind. vid-üs) eigentlich 'wissend'
(oder besser 'gesehen habend' zu lat. videre = got. wüan
'sehen'.?) und andd. exo 'Besitzer' (Möller KZs. 24, 447) — falls
für "^eg-sio — angls. egsa gehören zu den Präteritopräsentien
als isolierte Formen einer älteren Schicht. Noreen IF. 4, 324
sieht diese Bildung auf -usan (oder -wisan^ -wasan) auch in den
nord. Adjektiven (Stammbildgsl. § 21 5j auf -si\ an. prä-si 'auf-
recht', hugsi 'nachdenklich', dän. tavs 'schweigend'; doch scheint
mir ihre Hergehörigkeit zweifelhaft, sie treten mehr mit Präsens-
funktion auf.
Daß die Präteritopräsentia in historischer Zeit nur Präsens-
partizipia bilden (got. kunnands magands, auch witands munands
aigands), erklärt sich aus dem überwiegend präsentischen Ur-
sprung dieser Verbalklasse. Beachte ahd. trunkan 'potus'.
§ i8oa. Die Partizipia Präsentis, im Idg. auf -/^Z- gebildet,
erscheinen im Germ, mit -nd-^ auch bei jüngerer Substan-
tivierung; sie flektieren als konsonantische Stämme, soweit nicht
Übergang in die schwache Deklination oder /«-Stämme erfolgt.
Substantivierungen, welche der konsonantischen Deklination folgen,
sind z. B. got. frijönds fijands^ angls. wigend. Das zugehörige
VII. Konjugation. 173
Femininum idg. -nt-i (Akk. -ni-yäni) hat im Germanischen den
Anlaß dazu gegeben, daß die Partizipia in den Dialekten — mit
dem Aussterben der konsonantischen Flexion — als y^-Stämme
flektiert werden: got. giband-ei Fem., sowie ahd. nemanti und
angls. gifende.
Anmerkung i. Von alten wz-Präsentien zeigen sich altertümliche Reste der
Suffixabstufung -nt- neben -oni- : got. sunjis 'wahr' für urgerm. sundja- = ind.
satyä- 'wahr' gehört als Weiterbildung zu dem Präsenspartizip der Wz. es 'sein',
die in angls. sod'wohx' vorliegt (vgl. gr. ouaa = dor. ?a(J(Ja für idg. sonii-.sntyä-).
Hierher die Substantivierung got. tunpus = ahd. zand 'Zahn' neben lat. dent-em
= gr. öbövT-a 'Zahn' als älteres Präsenspartizip dnt- : don^- zu der idg. Wz. ed
'essen' (Zahn eigtl. 'Essender') vgl. die Präsensform ind. ädmi lit. ednii und
aslav. janii 'ich esse'. Wenn got. hulundi F. 'Höhle' (als 'Bergende' zu ahd.
h'elan) hierher gehört, muß es ein bisher nicht nachgewiesenes w/-Präsens zur
Voraussetzung haben. Auf Grund von dem durch got. bisunjane (Beitr. 10,444)
enthaltenen Substantiv *bisundja 'Nächster', das letztlich auf das idg. Partizip
sni 'seiend' zurückgeht, hat wohl auch got. nehundja 'Nächster' als Ableitung
zu einem -«/-Partizip zu gelten, und man gelangte damit zu dem ^/-Präsens
einer idg. Wz. neq (vgl. got. neban 'nahe'). Daß asächs. fiund 'Feind', für das
Einfluß von friund 'Freund' (mit Diphthong iu) unmöglich ist, auch zu den
-«/-Partizipien gehört und dann im Suffix eine Ablautvariante zu ahd. fiant
darstellt, ist nicht ganz sicher.
Anmerkung 2. Präsenspartizipien treten frühzeitig auch substantiviert auf,
wie got. frijotids 'Freund' und ßjands 'Feind', asächs. wtgand 'Kämpfer', waldand
'Herrscher', heliand neriand 'Heiland'. In der Deklination solcher Substantiva
zeigt sich noch vielfach die alte konsonantische Deklination.
§ i8ob. Der Aorist auf dö : de hat kein Partizip entwickelt. —
Die Augment- Aoriste, welche im Germanischen nach § 174 Spuren
hinterlassen haben, weisen keine sicheren Partizipia auf, da die
in Betracht kommenden Belege auch zu w/-Präsentien gehören
können: got. digands Joh. Schmidt KZs. 19, 268; AfdA. 6, 125
(QF. 32, 107).
§ 181. Perfektische Passivpartizipia. Die idg. Sprachen
haben dafür die beiden Suffixe -to und -no\ beide Bildungsweisen
zeigen Suffixbetonung und bei Wurzelverben Schwundstufe der
Wurzelsilbe. Es läßt sich nicht ermitteln, wie die Verteilung
der beiden Bildungsweisen von Haus aus geregelt gewesen ist;
denn die Einzelsprachen gehen in der Anwendung der beiden
Suffixe verschiedene Wege, so daß sich der Urzustand im allge-
meinen nicht mehr erkennen läßt. Im einzelnen zeigen sich Diffe-
renzen wie ind. nagnä- 'nackt' : altir. nocht 'nackt' (das zugehörige
Wurzelverb fehlt allerdings), aber auch Übereinstimmungen wie
ind. gnitd- gr. kXutö? lat. inclutus angls. hloß- (in dem Eigen-
174 VII. Konjugation.
namen Hlop-here) zu der idg. Verbalwurzel klu 'hören', ind. jnatd-
gr. YVUJTÖg lat. nöttis got. kunps zu der idg. Wurzel gnö 'erkennen'
und ind. pürnd- 'voll' lat. plenus got. fulls lit. pilnas zu der idg.
Wurzel ple (vgl. lat. implettis). Übereinstimmung des Germanischen
mit andern idg. Sprachen ist für das ;/ö-Suffix selten nachweisbar:
angls. pegn eigtl. 'Knabe' = gr. xeKVOV 'Kind' eigtl. 'das Ge-
borene' (zu der griech. Verbalwz. tek). Für das /^-Suffix bestehen
Berührungen zwischen Germanisch und Lateinisch in asächs. ald
= lat. a/tiis und in got. ^a/fs = lat. captus\ für lat. rectus
== got. raihts sollte man mit Rücksicht auf ind. xj^^- 'gerade,
recht' idg. t in der Wurzelsilbe erwarten. Im allgemeinen
weicht das Germanische zumeist von den übrigen verwandten
Sprachen ab : asächs. ökan 'schwanger' neben lat. auctus^ got. sal-
tans 'gesalzen' neben lat. salsus^ got. brukans 'gebrochen' neben
lat. fractus^ got. taihans taühans neben lat. dictus ductus usw.
Schließlich läßt sich innerhalb des Germanischen selber beob-
achten, wie sich verschiedene Bildungsweisen ablösen: so bildet
die idg. Verbalwurzel bher 'tragen, gebären' die germ. Partizipial-
bildung got. barn 'Kind' (eigtl. 'das Geborene') neben got. ga-
baürans 'geboren' und hierzu setzt got. baürpei 'Bürde' als Par-
tizipialabstraktum noch ein mit ind. bhxtd- 'getragen' überein-
stimmendes Partizipium voraus; so stand einmal neben dem
Partizipium ahd. gimalan 'gemahlen' ein altes /^-Partizipium, das
noch in got. muldä 'Staub' steckt.
§ 182. Das /ö-Partizip. a) Das Suffix -to kommt in allen
idg. Sprachen den abgeleiteten Verben zu und so erscheint es
auch gemeingerm. ; vgl. got. nasips salböps habaips mit ind. da-
mitd- trsitd- usw. oder mit lat. amätus auditus.
b) Dasselbe Suffix findet sich bei denjenigen starken Verben
im Germanischen, welche ein Dentalpräteritum anstatt des Perfekts
besitzen ; vgl. got. *brähts (doch ist ahd. brungan vielleicht alter-
tümlicher als ahd. bräht) zu brähta^ waürhts zu waürhta^ bauhts
zu baühta usw. § 176.
c) Die Präteritopräsentia haben aus dem gleichen Grunde to-
Partizipia, aber in adjektivischer Bedeutung : got. kun-ps paürfts
skulds mahts binaühts.
d) Am verbreitetsten ist -to als Suffix starker Verbalwurzeln
in isolierten Adjektiven, die von Verben losgelöst sind oder
zugehörige Verba verloren haben : got. kalds (zu an. käla^ Wz.
gel in lat. gelv)^ alds zu alan^ daups (zu an. deyja\ asächs. torht
VII. Konjugation. 175
(zu gr. bepKO|uai), got. raihts zu lat. rego^ ahd. lüt 'laut' zu ind.
gru 'hören' (vgl. Stammbildungslehre § 221/3).
e) Im Sinne der griech. Verbaladjektiva auf -to vgl. got. unat-
gähts 'unzugänglich', unsahts 'unbestreitbar'.
§ 183. Das ;^ö-Partizip. Während das Suffix -io innerhalb des
German. bei Wurzelverben an Umfang eingebüßt hat, hat sich
das Suffix -no dafür ausgedehnt: jenes ist von der Hauptklasse
der starken Verba völlig ausgeschlossen und dieses beherrscht
die starke, wie jenes die schwache Konjugation des Germani-
schen. Seine ursprüngliche Gestalt -no zeigt sich german. nur noch
in Adjektiven partizipialen Ursprungs (§ 181) ; doch beachte
ahd. gi-tä-n zu tuo-n, angls. ge-gd-n zu gä-n und ind. bhugnd- zu
bhuj, pan-nd- z\i pad^ htnd- zu ha. Vgl. noch aslav. da-nü 'gegeben',
po-zna-nü 'bekannt', o-d^-nü 'bekleidet'. Für dieses -no^ das auch
in den Substantivierungen (§ 181) germ. barna- 'Kind' (eigtl. 'das
Geborene') und in germ. pegna- = gr. TeKVOV steckt, herrschen
im Germanischen erweiterte Suffixformen vor (vgl. aslav. nesenü
'getragen', peöenü 'gebacken', pletenü 'geflochten', grebenü 'ge-
graben' mit der germ. Suffixgestalt -ina unter c).
a) Die maßgebende germ. Gestalt des Suffixes ist -ana (aus
-ond) : got. gibans ahd. gigeban^ got. funpans ahd. funtan asächs.
fundan usw. ; beachte got. w-ans = ind. ü-nd- Osthoff MU. 4, 369.
b) Die angls. anord. Endung -en fasse ich als germ. -enaz:
angls. gifen an. gefenn aus *yebenaz^ angls. boren an. borenn aus
'^borenaz\ angls. feigen an./egenn aus */ayenaZj angls. slcsgeit an.
slegenn aus ^slayenaz usw.
Anmerkung. Das Problem, wie sich ahd. funtan wortan in Bezug auf den
Endvokal zu angls. funden worden an. fundenn ordenn verhält, ist noch nicht
endgültig gelöst. Die übereinstimmende Umlautslosigkeit der Partizipia im Angel-
sächsischen und Nordischen verträgt sich nicht mit der unter c behandelten
Suffi.xgestalt -in. Kock Beitr. 23, 484 erörtert das Problem zu einseitig vom nord.
Standpunkt aus und berücksichtigt nicht genug die Übereinstimmung mit dem
Angelsächsischen. Aber das älteste Angelsächsisch der Epinaler Glossen (Sievers
Beitr. 8, 325) kennt nur Partizipia auf -aen : faerscribaen 52, gibeataen 140,
athrungaen 176, afigaen 414, gibaen 525, asolcaen 531, suollaen \oi%^ forslaegaen 814
(während binujnin 104 und forslegin 744 unter c fallen).
c) Eine seltenere germ. Nebenform -ina (aus -eno., Nebenform
iM-eno) ist im Altfriesischen lebendig; vgl. ehlepenz\ihläpa^estenden
zu stonda, kernen 'gekommen' usw. (Günther, Verba im Altostfriesi-
schen S. 8. 17. 21). Dazu beachte run. haitinaz 'geheißen' zu haitany
sowie got. fulgins gafulgins zu filhan ; got. aigin N. 'Eigentum'
als Substantivierung zu einem germ. aigina = angls. stgen 'eigen*
176 VII. Konjugation.
neben dgen. Hierher noch angis. cymen (= afries. kernen) zu cuman^
geßrebwen zu präwan. Beachte die Übereinstimmung von afries.
epen aschw. ypin gegenüber asächs. opan ahd. offan^ wozu aller-
dings das Wurzelverb nicht nachweisbar ist (vgl. Beitr. 6, 240;
8, 328; 23, 503).
d) Eine Nebenform mit mittlerem u hat sich im Angelsächsischen
erhalten in Partizipien wie forweoren durheoten wreodenihilt) —
wahrscheinlich eine sekundäre Entwicklung des eigentlichen -ana
zu -on^ 'Un.
§ 184. Im Westgermanischen wird das unbetonte Präfix ga-
bei unkomponierten Verben in Passivpartizipien notwendig. Die
Regel ist am strengsten im Althochdeutschen, am wenigsten
strenge im Angelsächsischen durchgeführt. Vgl. die Partizipien ahd.
gihouwan asächs. gihauwan^ ahd. ginoman gisalböt^ asächs. gilegid
gisendid\ zusammengesetzte Verba können kein gi- annehmen:
ahd. binoman untarnoman biliban (nhd. ge-bliebeft) ; daher auch
ahd. vr-e^nan angls. fr-eten als Partizip, aber im Heliand (5680)
gi-t-ögid zu iögian = got. at-augjan. Bei trennbarer Partikel heißt
es ahd. abaginoman (ausnahmsweise ana hangan Tat. 94*). Mit
betontem Präfix ahd. giüntarsceidan oben § 86.
Doch hat das Deutsche noch einige Partizipien ohne ga-. So
heißt zu 'finden' das Part, fast immer ahd. funtan fundan (ver-
einzelt z. B. ga-fundan Ahd.Gl. I 27^9), Hei. fundan Singh. funden.
— zu 'bringen' ahd. bräM und brungan angls. b7'6ht. — zu 'kommen'
ahd. queman quoman = asächs. cuman angls. cumen. — zu 'heißen'
asächs. hetan 'nominatus', aber ahd. giheman (doch keman Tat.
13^). — zu 'werden' ahd. wortan und giwortän. — zu 'treffen'
ahd. troffan und gitroßan angls. drepen dropen. — Vereinzelt
Otfr. I 12^3 boran für giboran\ preitit Ahd.Gl. I 74621 ; hapan
'elatus' I 13232. — asächs. writan Hei. 5789 und Abec. Nordm. ;
asächs. kennid Hei. 5130 = angls. cenned Beow. 12. Über das
Althochdeutsche vgl. Braune § 323 und über das Asächs. Holt-
hausen Elementarb. § 421. Eine Darlegung der angls. Materialien
fehlt. Partizipien mit adjektivischer Funktion nehmen kein ga- an ;
vgl. ahd. trunkan 'ebrius', femit 'pinguis', eigan 'proprius', asächs.
fagan 'laetus' ; angls. fctied hroden forod\ ahd. (Hildebr.) wuntan
= angls. wunden-^ asächs. ökan angls. eacen\ hierher ahd. (Tat.)
sd scaffan 'praegnans' und asächs. armscapan angls. earmsceapen
(mhd. wanschaffen wintschaffen). Dem ahd. offan entspricht afries.
epen aus ^upin. Daher stehen in Zusammensetzungen Partizipia
VII. Konjugation. 177
gern ohne ga- z. B. Hei. hurnidscip neglidskip = angis. ncegledcnearr \
angls. bunden-^ wundenstefna^ collenferhd^ asächs. erthungan neben
githungan, ahd. unwahsan fulboran.
§ 185. Verbaladjektiva der Möglichkeit und der Notwendigkeit
bildet das historische Germanisch kaum noch; ursprünglich sind
in urgerm. Zeit solche auf -i und -ni gebildet, die aber dann zu
Adjektiven mit einer von den zugehörigen Verben losgelösten
Bedeutung geworden sind. Nur für das Suffix -i hat das Altnor-
dische eine reiche Verwendung : drstpr ^tr sätr kvsemr gsetr scerr
stdedr fcerr usw. stehen noch deutlich im Zusammenhang mit den
Verben drepa eta sitja koma geta sverja standa fara usw. Das
Westgermanische hat fast nur adjektivische Verwendung derartiger
Bildungen; vgl. ahd. antfengi^ nämi ginämi antnämi^ angls. gedefe
zu gedafan^ ydfynde zu findait, bryce zu brücan^ onssege (ahd.
anaseigi) zu onsstgan. Bei Zusammensetzung mit Präfixen hat
sich näherer Anschluß an das Verb bewahrt ; vgl. angls. ypfynde
orgedte {dgitan)^ got. unandsöks 'unbestreitbar', unqeps 'unaussprech-
lich', andanems 'angenehm', an. audfengr (Schlütery«- Suffix S. 8 ff.).
Andd. antheti 'verlobt' hat die Funktion eines Part. Perf. Pass.
§ 186. Auf -ni finden sich nur Adjektiva, die ihre verbale
Funktion aufgegeben haben, ursprünglich waren es Verbaladjek-
tiva der Möglichkeit oder der Notwendigkeit (vgl. ind. preni- 'lieb-
reich', türni- 'eilend', lat, lenis segnis). Vgl. ahd. scö-ni 'schön'
eigentlich 'anschaulich' zu scouwön^ tar-ni 'heimlich' (angls. dyrne)
zu mittelengl. mndl. dären 'verborgen sein', gruo-ni 'grün' zu
angls. gröwan^ (h)rei-ni 'rein' eigentlich 'siebbar' zu ahd. (h)rt-tara
'Sieb', asächs. leh-ni 'vergänglich' zu Ithan^ got. analaugniba 'ver-
borgen' zu liugan^ anasiuns 'sichtbar' zu saikan^ ahd. gisceini
'sichtbar' zu sci-nan sct-mo.
§ 187. Verbaladjektiva der Geneigtheit, der Neigung und des
Hanges auf -ula -ala (vgl. lat. bibulus credulus qnerulus sedulus
tremulus garrulus). Aus dem Gotischen vgl. sakuls 'streitsüchtig',
slahuls 'zum Schlagen geneigt', skapuls = ahd. scadal\ ferner an.
svikall = angls. swicol 'dolosus' ; ferner an. gjgfull 'freigebig',
pagall 'schweigsam', vpkull 'wachsam', spurull 'neugierig', svipall
'wandelbar'. — Angls. flugol 'fugitivus', hlagol 'zum Lachen ge-
neigt', sldpol slaepol 'schlafsüchtig', forgitol 'vergeßlich', södsagol
'wahrheitsliebend'. — Asächs. hattd 'feindselig', wankal 'wandel-
bar'. — Ahd. sprungal 'gern springend', mal 'edax', äg'mal 'ver-
geßlich', unf'ehtal 'inermis'.
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 12
78 VII. Konjugation.
§ i88. Der germ. Infinitiv auf -an (got. bairan nasjan usw.),
wozu in ahd. tuo-n gä-n stä-n eine kürzere Nebenform tritt, be-
ruht auf einem alten Akk. ana-n = vorgerm. ono-m Zimmer ZfdA.
19, 434. Mit got. itan 'essen' wird das neutrale Substantivum
gr. döavov ind. ädana- sowie ahd. e^^an 'Speise, Futter' verglichen.
Mit got. bindan vgl. ind. bdndhana- N. 'das Binden', mit got. sitan
ind. ni-sädana- N., mit ßlkan ind. upapdrcana-^ mit got. leihan ind.
ricana- ; ferner neutrale Verbalnomina wie ind. pdcana- virnöcana-
jivana- hdvana- sävana- und ahd. magan (neben megin) N. 'Kraft*
neben dem Infinitiv magan.
Da die Infinitive überall sonst sekundäre Entwicklung von
Verbalnominibus sind, dürfte diese Erklärung der germ. Infinitive
das Richtige treffen. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß
— die Richtigkeit unserer Erklärung vorausgesetzt — der Infinitiv
ursprünglich vom Präsensstamm völlig unabhängig war, so daß etwa
germ. s'etan zu Präs. sitjo^ germ. lihwan zu lat. linquo, germ* bindan
zu ind. badhndmi usw. gehört hätte ; so gehören im Lateinischen
zu facio capio sapio die Infinitive (ohne j) facere capere sapere.
Aber tatsächlich steht im Germanischen (vgl. besonders got. hafjan
gegen lat. capere^ ahd. seffan gegen lat. sapere) der Infinitiv mit
dem Präsensstamm in Zusammenhang ; vielleicht hat er mit seiner
festen Bildungsweise dazu verholfen, den germ. Normaltypus des
Präsens auszubilden, wozu nach § 173 auch die germ. Perfekt-
bildung das ihrige beigetragen haben wird.
Von der großen Fülle der idg. Infinitivbildungen, die durch
eine oder mehrere Sprachen als alt erwiesen werden, hat übrigens
das Germanische keine Spur mehr bewahrt; so fehlt dem Ger-
manischen der idg. Infinitivausgang auf -esai (lat. tundere)^ auf
-edhyai (ind. vahadhyäi 'zu fahren'), auf -menai (gr. i|uevai ^ö|U€vai
iö)Lievai).
§ i88b. Die Infinitivbildung der schwachen Verba zeigt den
gleichen Typus, nur mit kleinen Abweichungen. Die schwachen
Verba der i. Klasse haben in Übereinstimmung mit dem Präsens-
stamm auf -ja Infinitive wie got. hausjan nasjan = asächs. hörian
nerian. Aber bei den schwachen Verben der 2. und 3. Klasse
kommen Schwierigkeiten in Betracht. Die got. ahd. Infinitive
von schwachen Verben auf -ön (got. ahd. salbon) repräsentieren
wahrscheinlich nicht den Urzustand: die anglofries. Infinitive auf
-ian (angls. sealfian cleopian hneappian) sind mit Sievers Beitr.
16, 260 in Übereinstimmung mit asächs. Infinitiven aus dem He-
VII. Konjugation. 179
Hand wie halojan ladojan samnojan skauwojan theonojan auf gerra.
Typen salböjan lapöjan samnojan zurückzuführen. Der gemein-
same Grundtypus für die Infinitive von schwachen Verben der
3. Klasse (got. haban = ahd. haben) ist schwer zu bestimmen:
sie endigten ursprünglich wohl auf -ajan^ so daß asächs. hebbian
seggian durch Synkope aus germ. habajan sagajan hervorge-
gangen wären.
§ 189. Das Gerundium, dem Westgermanischen eigentümlich,
ist auf -anja- gebildet und erscheint zumeist im Dat. mit dem
Präp. tö ti z. B. tö älösannea Hei. (C) 523, te seggennea Hei. (M) 1839;
der Genetiv sweriannias begegnet Sachs. Beichte 8, 28 ; vereinzelt
mit in und/ona z. B. ahd. zn liuhtanne edo in scouwönne^ in zapaloitne,
fona sinkanne (über die ahd. Nebenform auf -anni z. B. zi quethanni
vgl. Kögel Ker. Gl. S. 142); vgl. noch ndd. helciannias Gramm. 4, 105.
Kap. 41. Das schwache Verbum.
§ 190. Das Germanische besitzt in ziemlich scharfer Scheidung
zwei Verbaltypen, die in den verwandten Sprachen mit weniger
großen Differenzen zusammengehen. Der idg. Urzustand scheint
der folgende gewesen zu sein : neben den primären Präsens-
klassen existierten Verba, die im Indischen in die 10. Präsens-
klasse aufgegangen sind; sie endeten im Präsens auf -ijd -öp
oder -djd mit Betonung der Mittelvokale e ö & oder aber des
thematischen Vokals 0 : e. Diese Verba waren zumeist sekundär,
verbalen oder nominalen Ursprungs. Es gab jedoch auch schein-
bar Primitiva, die auf die bezeichnete Art ihr Präsens und zu-
gleich ihren Verbalstamm bilden konnten ; Primärverba fehlen zu
lat. tacet = got. pahaip^ lat. silet = got. silaip^ auch zu ahd. harin
hlosen swtg^n luogen und auch zu spehön mahhön scouwdn oder
hörran\ vgl. auch ahd. wecchu hr^ttu ind. väjäyämi grathdyämi dX^
Verba mit kausativem Aussehen. Für ahd. dolen hlosen und
scouwdn erweisen Nominalbildungen wie ahd. gidult asächs. hlust
und ahd. scöni primären Charakter. Aber zweifellos sind die
meisten Verba dieser Typen abgeleitet. Über verbale Derivata,
besonders über Kausativa s. § 192.
Die Denominativa zeigen naturgemäß eine mannigfaltige
Stammentwicklung, da die nominale Stammbildung in der idg.
Grundsprache reich war. Zum Teil haben sich Deverbativa und
Denominativa durch den Akzent unterschieden. Aber dieser
Unterschied ist für die Lautgestaltung von germ. Verben gleich-
12*
i8o VII. Konjugation.
gültig. Aus germ. Mitteln selbst scheint sich sonst ein Akzent-
wechsel erweisen zu lassen : got. pahan ahd. dagen^ ahd. (Bened.-
Regel) frähen — sonst fragen^ ahd. hlosen an. hlora 'lauschen*,
ahd. f'ehön fegön 'schmücken, reinigen' ; wohl auch got. hausjan
nasjan wasjan laisjan raisjan drausjan wröhjan gegen ahd. hörran
nerian werian lerran rerran trörran ruogan Paul Beitr. 7, 147; eine
Vermutung über den Ursprung dieses grammatischen Wechsels
bei schwachen Verben gibt Sievers Beitr. 9, 561.
§ 191. Berührung der ja- und ^^-Konjugationen des
Germanischen begegnet nur in geringem Umfang; vgl. got. iamjan
gegen lat. domäre gr. öa|udiu, ahd. hären gegen got. hazjan^ got.
hatan hatjan\ ahd. haben asächs. hebbian\ ahd. sagen asächs. seg-
gian^ ahd. leben asächs. libbian^ ahd. hogen angls. hycgan\ ahd.
dröen angls. preagan\ ahd. ftant neben got. fijai-\ angls. hette^id
(got. hatjan) zu hatian got. hatan\ dieses und anderes Material
bei Sievers Angls. Gr. § 415. 416. Nach Mahlow 13. 42 und Kögel
Beitr. 9, 517 war das ursprüngliche Paradigma dieser schwachen
Verba auf -jan -ajan durch ein Synkopierungsgesetz geregelt:
1. Pers. habjö (aus "^habajÖ) = angls. hebbiu secge\ 2. 3. Pers. habais
habaiß [ai = aß) = ahd. habes habet usw.; Plur. 2. Pers. habaiß
(ahd. habet) aus '^habajid und "^habajaß == asächs. hebbiad angls.
secgad\ die asächs. angls. Infinitive secgan hycgan — seggian
huggian dürften älter sein als die entsprechenden ahd. sagen hogen.
Neben diesen kurzsilbigen Verben auf -(a)jan 3. Sg. ~aiß aus
idg. -ajö -ajeti besteht ein anderer Typus auf idg. -ejo in der
Hauptmasse der schwachen «/-Verba; e dürfte mit Mahlow 149
durch got. armaiö {faheßs}) etwa in got. arman armaida wahr-
scheinlich werden. Ihre Flexion stimmt vielfach gesetzlich mit
der von hab(a)jan zusammen vgl. got. armais armaip wie habais
habaip\ andere Formen waren durchaus verschieden; im allge-
meinen vgl. Kögel Beitr. 9, 516. Idg. -äjö und -öjö steckt in den
denominativen Verben auf -ön\ got. salbön zu germ. salbö-, karön
zu karö-, ahd. klagön zu klaga Amelung ZfdA. 21, 238. Wegen
der gemeingerm. Flexion (i. Pers. salböjö = angls. sealfie\ 3. Pers.
salböp aus '^salbd{j)ip = got. salbö p angls. sealfap ahd. salböt\
2. Pers. Plur. salböp (got.) aus '^salböjip und "^salböjap = angls. seal-
ß'ad; 3. Sg. Optat. salböjai = angls. sealfie ahd. salböe\ 3. PI.
salböjain = angls. sealfien asächs. tholojan ahd. salböjen\ Inf. sal-
böjan = angls. sealfian asächs. tholojan\ Part, salböjand- = angls.
sealfiende asächs. wacojandi) vgl. besonders Kögel Beitr. 9, 505.
VII. Konjugation. i8i
Die idg. Verba auf -ejö besitzt das Germanische als y^-Verba ;
über die Deverbativa vgl. § 192. An Denominativen kommen Ab-
leitungen aus Adjektiven in Betracht wie got. fulljan qiujan 'voll,
lebendig machen' aus *fuUejö ^qiwejo = idg. plnejö giwej6\ auch
ahd. frewen festen starken garawen usw.; ferner Ableitungen aus
Substantiven wie got. namnja aus idg. nomn-ejö. Einige Verba
auf -Jan weisen auf germ. /-Stämme zurück : got. dailjan matjan
wenjan — hrainjan gamainjan vgl. Scherer ZGDS * 183. Die Be-
deutung der jö (= /70) -Verben ist durchweg die faktitive 'froh
machen, einen Namen machen, losmachen' usw.
§ 192. Stammbildung der Faktitiva.
I. Kausativa auf idg. -ejö {-ejesi -ejeti Msvf. mit höherer Ablaut-
stufe der Wurzel z. B. sodejö Wz. sed^ loghejö Wz. legh, bhoidejo
Wz. bhid^ bhoudhejö Wz. bhüdh usw.). Innerhalb des Germanischen
tritt -jö (für eigentliches -ijö) ein, wodurch vielfach Berührungen
mit den § 164 behandelten starken Präsentien entstehen. Zusammen-
hang mit der im Indischen erscheinenden Akzentuation {sädäyämi =
got. satja^ äddyämi == ahd. ezzu, svedäyämi = ahd. sweizzti) zeigt
der grammatische Wechsel gegenüber den Primitiven; vgl. got.
fra-wardjan 'vernichten' v\Qb&n fra-wazrpan 'umkommen'; anord.
hldegja 'lachen machen' zu got. hlahjan 'lachen'; asächs. ledian
'leiten' zu lidan 'gehen'; ahd. ginerian 'erretten' neben ginesan
'genesen'; ahd. hengan 'aufhängen' neben hähan 'hangen'; weitere
Beispiele für Faktitiva mit grammatischem Wechsel sind asächs.
lerian (got. lais 'ich weiß'); ahd. trören 'abwerfen' (got. driusan
'fallen'); ahd. reren 'fallen lassen' [risan 'fallen'); mhd. vroeren
'frieren machen' {vriesen 'frieren'); vgl. Verner KZs. 23, 120. Ur-
sprünglich sind die Kausativa aus der Wurzel gebildet, ohne
irgendwie vom Präsens abhängig zu sein; doch hat das Germani-
sche kein Zeugnis von Evidenz hierfür (Spuren werden gleich
angedeutet). Vielmehr herrscht für Kausativa innerhalb des Ger-
manischen völlige Abhängigkeit von dem Präsensstamm, der ja
allerdings meist Verbalstamm geworden ist; vgl. ahd. sceinen
'zeigen' zu der germ. Wz. skt wegen scinan\ got. brannjan zu
der germ. Wz. br'en wegen brinnan\ got. rannjan zu der germ.
Wz. r'en wegen rinnan\ got. kannjan zu der germ. Wz. kun (idg.
gdn gnö) wegen kunnan\ eine zweifelhafte Spur alter Formation
steckt wohl noch in got. sandjan gegen ahd. sinnan (aus *sentnd
*sntnö wegen got. sinßs altir. set}). Kausativa zu Verben, die in
geschichtlicher Zeit nur schwach flektieren, setzen alte starke
i82 VII. Konjugation.
Verba voraus: ahd. sweizzen zu swizzen, wecken zu wahhen,
kleinen zu hlinin^ got. usgaisjan zu usgeisnan^ ahd. lerren zu
Urnen § i68; beachte got. gatarhjan (: ind. dargäyämi) zu der
idg. Wz. fl^(?ry^ (gr. öepKO)iiai). Einige alte Kausativa haben nur
kausativische Form, ohne je Primitiva besessen zu haben: ahd.
wecku hrettu = ind. väjdyämi grathdyämi\ angls. ß^cce ßenne cenne
haben die Bedeutung ihrer vorhistorischen Primitiva (lat. tego ind.
tanömi jänämiT)\ auch zu got. tandjan 'anzünden' mit dem Medial-
verb tundnan 'brennen' fehlt eine starke Verbalwz. tend tenp.
Ablaut in schwachen Verben ist selten; vereinzelt sind ahd.
Störren gegen angls. styrian^ ahd. anabören gegen ahd. burien.
Von Kausativen denominativen Ursprungs zeigen got. daupjan
zu diups^ ahd. giwennen zu giwon (an. vanr)^ angls. fremman ahd.
frummen, angls. blendan zu blind Ablaut (ZfdW. VII i68). Gram-
matischen Wechsel zeigen an. vigja 'heiligen' zu got. weihs^ got.
gafahrjan zu fagrs^ angls. n^gan 'nahen' aus "^negjan zu got.
neJvs^ got. "^ga-anpjan zu andeis Germ. 8, l ; got. huggrjan zu
hührus\ got. söpjan (angls. dsedan 'sättigen') zu saps 'satt'; ahd.
scinten zu an. skinn (aus ^^skinpa-). Doch zeigt die Mehrzahl der
Denominativa weder Ablaut noch grammatischen Wechsel (germ.
lausjan zu latisa-^ got. nehjan ahd. nähen^ ahd. chunden^ got.
weihjan ahd. wihen). Beachtenswert sind noch ahd. irteilen neben
urteil^ irfürren (angls. äfyran) neben ürfür, irlöuppen neben ürloub^
irlössen neben ürlosi, irmdrren neben ürmäri, angls. wipstyllan
neben wipersteall^ got. andwdurdjan neben dndawaurdi: das be-
tonte Präfix nominaler Zusammensetzungen verliert in zugehörigen
denominativen Verben den Akzent, soweit es alte Denominativa
sind. Aber in jüngeren Denominativen derselben Bildungsweise
richtet sich die Betonung nach dem Nomen (ahd. dntwurti dazu
dntwurte7t^ angls. öndswaru dazu öndswerian).
§ 192 b. Durativa mit ö;/-Typus in ahd. w'eren 'währen' zu
ahd. wesan^ got. haban zu hafjan (lat. capid) mit grammatischem
Wechsel wie in ahd. dagen 'schweigen' neben got. pahan (= lat.
tacere). Hierher got. witan Prät. witaida 'schauen' = lat. videre^
got. silan Prät. silaida = lat. silere. Das Germanische teilt diesen
Verbaltypus mit dem Latein (vgl. die lat. ^-Präsentia sedeo jaceo).
So entspricht got. pulan Vv'iX. pulaida der starken Verbalwz. lat. tollo
und tuli, die auch durch das //-Abstraktum ahd. gidult vorausgesetzt
wird; vgl. got. liban Prät. libaida mit dem st. Ztw. got. biliban (gr.
Xmapeuj), ahd. hangen neben hähan. Weitere Beispiele ZfdW. VIII 28.
VII. Konjugation. 183
§ 193. Inchoativa (Egge American Journ. of Philol. 7, 38)
wie got.fullnan 'voll werden', andbundnan ' sich. \öse.n\ 2in. kvikna
'lebendig werden, aufleben', angls. druncnian 'trunken werden'.
Das Gotische bildet sie 2M.{-nan -nöda für gemeingerm. -anön-anöda\
a und i werden im Gotischen in drei- und mehrsilbigen Wort-
formen bei schwerer Endung gesetzlich synkopiert; vgl. mikildüps
gamaindüßs für *mikiladüßs *gamainidüßs, kaupasta für "^ kaupatida^
'*' ainnöhun für *atnanöhun oder ^aininöhun^ jaindre für *jainadre^
auhmista für * auhumista. Die Verba auf urgerm. -anon sind Ab-
leitungen des Passivpartizips auf -ana (idg. -ono § 183) vgl. got.
gaskaidnan andUtnan ushtknan usgutnan\ dazu kommen adjek-
tivische Ableitungen wie gablindnan gadaubnan ushauhnan Braune
§ 194. Übereinstimmung mit got. gabatnan gafullnan paürsnan
gawaknan u. a. zeigen an. batna fullna porna vakna Zimmer ZfdA.
19, 416. Aus dem Westgermanischen vgl. angls. eacnian zu eacen^
druncnian zu druncen, ahd. wesanen 'welk werden' und adjekti-
vischen Ursprungs angls. gefcestnian fsetnian.
Ein einfacherer Inchoativ-Typus zeigt sich bei Adjektivablei-
tungen wie zhd.fülen 'faul werden', grämen 'grau werden', gruonen
'grün werden', quehhen 'lebendig werden', tunklen 'dunkel werden',
warmen 'warm werden', weihhen 'weich werden'; substantivischer
Herkunft sind die Inchoativa ahd. tagen 'Tag werden' und äbanden
'Abend werden'. Das Alter dieser Bildungsweise ergibt sich so-
wohl aus Ablautserscheinungen wie ahd. toben neben toub 'un-
sinnig' und mhd. sochen 'krank werden' neben mhd. siech als auch
aus der Übereinstimmung von mhd. röten 'rot werden' (mit Ablaut
zu rot) mit lat. rubere und aslav. rüd^ti 'rot werden' (idg. Adj.
roudho-s 'rot').
§ 194. Intensiva auf -atjan und -ön -alön -arön -aqön.
a) Got. swögatjan lauhatjan kaupatjan ; angls. hleapettan hoppettan
spornettan bealcettan cohhettan cancettan gyrrettan\ ahd. slagazzen
sprungezzen fuolezzen flogezzen usw. Kögel Beitr. 7, 183 vergleicht
die griech. Verba auf -dZiuj, so daß got. lauhatjan auf *loukadjö
(vgl. gr. XeuKttb- lat. lücidus ?) zurückzuführen wäre.
b) Auf -ö mit Hochstufe der Wurzelsilbe ; vgl. got. bilaigön zu
gr. Xeixuj (lat. lingo)^ got. wlaitön zu angls. wlitan, got. Ivarbön zu
hairban\ ahd. streihhön zu strthhan^ greiffdn 'tasten' zu griff an ^
screiön zu scrian, sprangön 'sprudeln' zu springan^ beitön zu bitan,
brastön zu br'estan^ wagön zu wegan, scarbön 'zerschneiden' zu
angls. sceorfan.
184 VII. Konjugation.
c) Auf -alön -ilön\ shd.krankolön skrankolonzaboldnspratolönklin-
gildn kizzilön usw., angls. fyrclian ticelian spearnlian steartlian
tearflian twinclian und die Denominativa angls. wordlian cneowlian
handlian gefystlian nestUan ahd. siohhalön und bei Otfrid dawolön
zu Wz. dau 'sterben'.
d) Auf -arön ; vgl. ahd. zwizzarön flogarön släfarön chouwarön
sowie angls. flicorian flotorian ßotorian.
e) Auf -aqön -iqön (vgl. got. *bidaqa 'Bettler', falls bidagwa ver-
schrieben): ahd. hörahhön 'horchen' zu hörren\ angls. bedecian
'betteln' (zu got. *bidaqa)^ ceorcian zu ceorian^ fercian murcian
grüncian smercian (für "^ smeorcianT) becarcian ästyfecian (an. stüfr
styfä) äswefecian\ mittelengl. talken 'schwatzen' zu teilen^ runken
zu rounen^ schtrken zu schtren^ lurken zu louren^ skulken zu skoulen,
granken zu grönen^ dwalken zu dwellen^ walken 'gehen' zu angls.
weallian 'wallen', stalken 'schreiten' (vgl. angls. stealcung 'das
Schreiten') zu angls. styllan ; ferner mndl. htirken, an. kveinka. De-
nominativ sind angls. gearcian yldcian cearcian — becarcian ?
Kap. 42. Personalendungen.
§ 195. Von Haus aus hat das Germanische in Übereinstimmung
mit andern idg. Sprachen in allen Temporibus und Modis ver-
schiedene Personalendung für je 3 Personen in den ursprünglichen
drei Numeris besessen. Der ursprüngliche Reichtum an Personal-
endungen aber nimmt im Lauf der Zeit immer mehr ab. Schon
im Gotischen zeigt sich Reduktion des alten Bestandes im Passivum,
indem die 3. Person Plur. auch die Funktion der i. und 2. Pers.
Plur. mit versieht, die ursprünglich ganz andere Endungen hatten
(§ 202); so hat im Sing, die 3. Pers. (bazrada) auch die i. zu ver-
treten, die urgerm. berai hieß. Im Angelsächsischen ist der Plural
im Indikativ und Optativ Präs. und Prät. durch alle Formen gleich-
lautend, ursprünglich aber hießen nur die 3. Pers. so: angls. bäron
'wir, ihr, sie trugen' ist eigentlich nur 3. Pers. = got. berun 'sie
trugen'. Im Altnordischen hat die 2. Pers. Präs. /e/lr 'du fällst'
(= got. */allzs) auch die 3. Person (got. '^fallip) zu vertreten. Im Spät-
althochdeutschen (Alemannisch) ist nement 'sie nehmen' auch gleich
'ihr nehmt'. Also einzelne Personalendungen sterben aus, indem
andere Personen ihre Funktion ausdehnen.
Der Reichtum der Erbformen war deswegen so groß, weil die
idg. Grundsprache für jede Person zwei Endungen besaß: eine
sogenannte primäre und eine sekundäre ; die primären Formen ge-
VII. Konjugation. 185
bührten wesentlich dem Indikativ des Präsens, die sekundären
allen Optativen und den historischen Temporibus. Ursprünglich
bestand eine enge Konformität zwischen den beiderlei Endungen,
etwa primär als -mi -st -ii 3. PI. -nti — sekundär als -m -s -t -nt
darzustellen. Eine weitere Reduktion des Formenbestandes äußert
sich nun noch so, daß die primären Endungen eintreten, wo von
Haus aus sekundäre bestanden, und umgekehrt.
§ 196. Singular. Erste Person. Über das primäre -mi und
-ö vgl. Scherer ZGDS^ 173. Das Germanische hat überwiegend -o
= got. -a westgerm. -u\ vgl. got. batra ahd. biru altmerc. beoru
aus germ. bero = gr. cpepoi ; got. tiuha ahd. ziuhu aus germ. ieukd
= lat. äztco ; got. tei/ia ahd. zf/tu = lat. äfco (idg. b/ie'rö deukö deiko).
Außer in got. im und asächs. bium ahd. bim 'bin' § 169 zeigt
sich das alte m der mi-Yoxm. (gr. öibujjui TiGr||Lii) nur noch west-
germ. in ahd. tuom gam stäm und habem salböm sowie in angls.
(merc. northumbr.) dorn {beom fleom Vespas. Ps. 138, 7).
Die Sekundärendung ist idg. -m = germ. -n\ run. tawidö aus
^tawidön^ ahd. nerita aus '^nazidön\ über die aoristische Flexion
der schwachen Präterita vgl. § 175. Außerdem got. iddja für *iddjen
idg. e-ye-m = ind. d-j/ä-m. Für got. bairau an. bera als i. Pers.
Optat. ist Kontraktion aus *beraju(m) aus idg. bheroym nach Paul
Beitr. 4, 378 die einzige haltbare Erklärung.
Zweite Person. Suffix war primär -si\ sekundär ^ gemein-
indogerman.; got. bairis aus *berezi*beresi = ind. bhdrasi ttidäsi\
der Spirant ist tönend gewesen nach an. -r, tonlos nach ahd. -is^
angls. -es Paul Beitr. 6, 549. — Die Sekundärendung bewahrt der
Aorist got. naside-s (aus vorgerm. U-s)\ ferner der Opt. Präs. got.
bairais ahd. beres gr. q)epoi5 ind. bhdres\ der Optat. Aor. und Perf.,
sowie der Optat. im »^/-Präsens: got. ber-ei-s aus urgerm. beriz^
nasidideis wileis ahd. sis. Im Optat. scheint s im German. tönend
gewesen zu sein: got. wileis = ahd. wi/i angls. wile; got. bairais
= angls. b'ere usw. Über got. bereis = ahd. bäri angls. bskre siehe
weiter unten.
Anmerkung. Der Imperativ ist german. endungslos : got. hilp ahd. hilf angls.
help. Die idg. Endung war € in gr. q)^pe äY€ TUirre ; das 'S ist urgerman. als S
(nicht als T, vgl. § 140 Anm.) apokopiert; ahd. hilf steht unter dem Einfluß von
hilfu hilfis hilft.
Dritte Person. Suffix indogerman. primär-//, sekundär-/: angls.
-id -ed aus urgerm. -ißi^ ahd. -// aus urgerm. -^edi (got. -iß)\ vgl. ind.
bhdrati tuddti. Die Sekundärendung fiel gemeingerman. ab im
Aor. nasida aus -tV, im Optat. got. bairai ahd. angls. b'ere aus
i86 VII. Konjugation.
urgerm. -aid = idg. -oit (ind. bhdrit gr. qpepoi); got. ahd. wili
= idg. veli-t (lat. z'^///); ahd. st = vorgerm. sz-t (lat. sif).
§ 197. Plural. Erste Person. Primär- und Sekundärsuffix
sind nicht ganz sicher ermittelt. Wahrscheinlich ist das idg. primäre
-^mes ibheronies) german. mit Synkope in dritter Silbe durch -miz
zu -mz -mm -m geworden (vgl. got. hanam aus "^hananmiz) : got.
bairam an. herum.
Nach Scherer ZGDS^ 191 (Kögel Beitr. 8, 126) gilt im Althoch-
deutschen ursprünglich -mes als Primär- und -m als Sekundärsuffix.
Das .y von ahd. -mes beweist nach Beitr. 6, 547, daß der Akzent
vorgerman. auf dem e geruht haben muß; unbetontes urgerm. e
bleibt nach § 147 erhalten; also verhält sich germ. m{i)z : mes
= idg. -^mes : -mis (idg. bhero-mes aber i-mis) vgl. dor. -|Lieg ind.
-mas^ d. h. es gab idg. -mes bei den Ä>2/-Verben, sofern sie die
Personalendung betonten, und das Althochdeutsche hat ja auch
sonst mehr Reste der ;;^2-Konjugation bewahrt als die übrigen
Dialekte. In diesem Falle hat eine idg. betonte Endung lautlich
unverändert bleiben müssen.
Das Sekundärsuffix idg. -men (Joh. Schmidt, Jen. Lit.-Ztg. 1878
S. 179) wurde urgerm. -m\ dazu zeigen got. bairaima bereima eine
junge, vielleicht allerdings gemeingerm. Erweiterung, die auch
in ahd. b'erem an. berem stecken kann, falls g die eigentliche An-
fügung war; doch vgl. § 200 Anm.
Zweite Person. Das Indische unterscheidet primär -tha und
sekundär -ta : ind. bhdratha (= idg. bherethe) und Optativ bhdrita
(= idg. bheroite)^ Imperf. äbharata (== idg. ebherete) ; das Griechische
hat nur -te promiscue. Im Germanischen mußten beide Formen
zusammenfallen, und so hat das Gotische Ind. bairip^ Opt. bairaip^
Perf. beru-ßj Opt. berei-p^ Aorist nasidedu-p. Außerhalb des Go-
tischen schwankt der Mittelvokal der ^-Verba im Präsens; das
Althochdeutsche der Monseer Fragmente zeigt in Übereinstimmung
mit dem Gotischen die Endung -// {quidit 'dicitis') Joh. Schmidt
KZs. 23, 359. Demnach ist birid qipid usw. (== gr. cpepere idg.
bherefe) als gemeingerm. anzusetzen ; und ahd. gebaf asächs. gebad
angls. gifap stehen unter dem Einfluß der 3. Pers. Plur.; bei angls.
berap ist noch die tonlose Spirans zu beachten.
Dritte Person. Sie hat indogerm. Primärsuffix -nti^ Sekundär-
suffix -nt\ got. bairand ahd. berant aus urgerm. berand(i) = idg.
bheronti ind. bhdranti dor. 9epovTi. Im Angelsächsischen kann
farad (Sievers Angls. Gr. § 360) aus ^faröp für "^faranp auf ein
VII. Konjugation. 187
germ. -anp{i) hinweisen, so daß abermals wie in gifed der Akzent
der Aoristpräsentia (ind. tuddmi) zur Geltung käme. Ob für asächs.
faradfarat die gleiche Erklärung anzunehmen wäre, ist unsicher.
— Die Sekundärendung mußte gemeingerm. ihren Dental ver-
lieren: daher got. berun aus *bhernt\ nasidedun aus -nt\ im Opt.
*bheroint ist zunächst '^berain eingetreten, und daraus wurde got.
hairaina^ ebenso Perf. bereina — nach dem Muster der i. Pers.
Präs. bairaima Prät. bereima. Die westgerm. Dialekte vertragen
die got. Grundform, weisen aber eher mit an. bere b^re direkt
auf germ. berain(d)^ berin{d).
§ 198. Dual. Seine Endungen machen Schwierigkeiten. In
der I. Pers. ist got. bair-ös im Verhältnis zu ind. bhdr-ä-vas un-
klar; es wird Kontraktion vorliegen; Primärendung scheint nach
dem Ind. ein idg. -wes zu sein : got. bairos aus germ. b'eröz für
*b'erduz für *berdw{e)s. Dazu sekundär -we z. B. idg. bheroiwe
(= aslav. -vS\ woraus got. ^bazraiwa^ und daneben -we im Aor.
und Perf.: got. beril für eigtl. berü (QF. 32, 91) aus '^beruwe =
bher-d-we (ind. -ivd)^ run. (Stein von Järsburg) waritu für ^writü
aus "^writuwe 'wir beide ritzten'.
Anmerkung. Wahrscheinlich hängt die idg. Endung -we(s) zusammen mit
dem idg. Pronominalstamm we- 'wir beide' in got. wit 'wir beide' (vgl. unten
§ 254). Wahrscheinlich ist die Primärendung -wes frühzeitig an die i. Pers.
Sing. Präs. auf -o {bhero) getreten: idg. bhero-wes ist die wahrscheinlichste
Grundlage für got. bairos \ vgl. Brugmann IF. 24, 165. 314.
Das Gotische hat für die 2. Dualis primär und sekundär die
Endung -ts {baira-ts bairai-ts beru-ts) wohl aus germ. -tiz -tes,
eine dem Anschein nach ursprünglich primäre Endung. Dieser
Form, von der sich in den übrigen germ. Sprachen keine Spur
erhalten hat, steht wohl ind. -ihas {bhdra-thas) zunächst, wenn
man annehmen darf, daß das got. / (an Stelle des nach § 31 b zu
erwartenden d resp. /) bei wZ-Präsentien mit tonlosem Reibelaut
im Stammausgang eingetreten wäre, so daß etwa dem ind. s-thäs
'ihr beide seid' (= lat. estis 'ihr seid') eine germ. /.y-Form ent-
spräche (vgl. got. waist = gr. oiaGa).
§ 199. Perf. Ind. Sing. Dieser hat seine eigenen Endungen,
während die übrigen Perfektformen ebenso wie die Aoristformen
sich der allgemeinen Sekundärendungen bedienen. Auch im Grie-
chischen und Indischen geht der Sing. Perf. eigene Wege, und
dazu stimmt das Altgermanische ; vgl. gr. oiba oiaOa oiöe = ind.
v^da vittha vida = got. wait waist wait resp. bar bart bar. Das
idg. -tha der 2. Perf. Sg. ist im Germanischen nur als / bewahrt
i88 VII. Konjugation.
(doch vgl. § 169 angls. ar-ß 'du bist* aus *ar-ika) ; darüber vgl.
KZs. 26, 91. Dafür zeigen alle westgerm. Dialekte die ent-
sprechende Optativform auf -iz als Indikativform : ahd. bäri = got.
bireis, ahd. nämi = got. nemeis, ahd. zugi aus germ. tw^tz^ vgl.
den Optativ lat. velis = got. wileis = ahd. andd. wilt.
Kap. 43. Die Modusbildung,
§ 200. Der idg. Konjunktiv fehlt dem Germanischen gänzlich ;
eine Spur ist das Imperativisch gebrauchte got. ögs Joh. Schmidt
KZs. 19, 291 (ZfdPh. 5, 355).
I. Der idg. Optativcharakter ist nach Joh. Schmidt KZs. 24,
303 ablautendes -ze- -yi- : -t- z. B. im Optat. Präs. der idg. Wz. es
'sein' : s-ie-m s-ie-s s-ie-t Flur, s-f-men s-i-fe stnt. Das Germanische
hat die starken Formen aufgegeben (vgl. lat. sim sts sit für altlat.
siem sies siet) und kennt nur f und zwar:
a) Im Perfektum got. ber-ei-s Plural ber-ei-ma ber-ei-ß ber-ei-na\
ahd. wurt-t- Plural wurt-t-m wurt-i-t wurt-t-n.
b) Im Dentalpräteritum got. nasided-ei-s nasided-ei-ma usw., ahd.
nerit-t-s nerit-t-m.
c) Bei den Präteritopräsentien z. B. got. skul-ei-na gadaürs-ei-na
ßaürb-ei-na = angls. scylen dyrren ßyrfen ahd. scultn gittirrin
durftn usw.
d) Bei einzelnen zerstreuten Resten der »^/-Konjugation got.
wil-ei-ß lat. vel-t-tis^ ahd. ge-m stem aus ga-t-m sta-i-m (vgl. ind.
stheyäm gr. cTiairiv lat. stem Müllenhoff ZfdA. 23, 16). Über germ.
kutn-i- (angls. cyme^ zu qeman vgl. oben § 166. Dem lat. simus
sitis entspricht ahd. stm stt\ das got. sijais sijainia sijaiß usw.
= an. ser sem sed Joh. Schmidt Voc. II 413 scheint auf idg. siem
sies siet = lat. siem sies siet ind. siäm siäs siät usw. zurückzu-
deuten, allerdings unter Einwirkung des Haupttypus, indem idg.
siet zu got. "^sia ^sija durch bairai beeinflußt wurde (ebenso angls.
seo neben si).
Anmerkung. Das a in got. bairaima bairaina und bere'wia bereina scheint
eigtl. nur den ersten und nicht auch den dritten Pers. des Plurals zuzukommen.
Es gilt als ursprgl. selbständige Optativpartikel, wird aber besser mit Wiedemann,
Lit. Handb, S. 109 mit der Annahme erklärt, daß im Indogerm. -jne und -we
Sekundärsuffixe der i. Plur. und Dual gewesen seien.
2) Der Haupttypus der Optativbildung herrscht im Präsens der
ö-Flexion, wo oi (aus eigentlichem 0 -{- f) = germ. ai den Optativ-
charakter ausmacht: idg. bher-oj-dm bher-oi-s bher-oi-t Plur. bher-
oimen bheroite bherojdnt = ind. bhär-e-s bhdr-e-t gr. q)epOi^ qpepoi
VII. Konjugation. 189
= got. bairais bairai Plur. bairaima bairaip bairaina ahd. beres
b'ere Plur. b'ereni b'eret berat usw. Vom got. Mediopassiv gilt das
gleiche: got. bair-ai-zau bair-ai-dau bair-ai-ndau.
§ 201. An Imperativformen fehlt allen germ. Dialekten die 2.
Fers. Sg. auf idg. -dhi der ;^^/-Flexion, weil die wZ-Flexion auch
sonst sehr eingeschränkt ist (gr. kXööi i0i ind. i-hi bo-dhi usw.).
Von der 3. Fers. Sg. Flur, auf idg. -etu -ontu (ind. bhdratu bkdrantu)
bewahrt nur das Gotische verdunkelte Reste in atsteigadau Matth.
27*2 Mark. 15^2^ lausjadauyi.-a.\X\i. 27*2, Uugandau i. Kor. 7». Scherer
zGDS* 199 akzeptiert die Meinung Bopps (vgl. Gramm. 2, 254),
der die medialen Formen des Indischen auf -tarn -ntäm (ind. bhdra-
täni bhärantäm) vergleicht.
Die herrschenden germ. Imperativformen der 2. Fers. Sing, und
Flur, haben Apokope von e erfahren: den idg. bhere (ind. bhdra
gr. qpepe lat. tunde) und bherete (ind. bhärata gr. qpepeie) ent-
sprechen got. bair und bairiß ; übrigens ist im Germanischen die
2. Flur. Imper. mit der entsprechenden Indikativform identisch,
wie auch die i. Flur. got. bairam und die 2. Dual got. bairats
mit den Indikativformen übereinstimmen.
Eine erstarrte Imperativform innerhalb des Westgermanischen
ist wohl angls. wuton titon = asächs. witzm, das als Rest eines
W2- Verbs zu witan 'gehen' gehören könnte. Unerklärt ist der
Ursprung von got. hiri Flur, hirjiß Dual hirjats 'komm, kommt
hierher'.
Kap. 44. Fassivum.
§ 202. Von dem idg. Fassivum bewahrt das Germanische nur
noch wenige trümmerhafte Fräsensformen : das Nordische und
das Westgermanische zeigen nur noch von dem einzigen Verb
haitan je eine präsentische Verbalform des Fassivs. Reicher ist
es im Gotischen vertreten, aber auch schon durch Formenüber-
tragungen und Formenverluste arg gestört. So fehlt schon im
Gotischen völlig der alte Dual (vgl. ind. bhärävahe bhärethe bhdreti
im Indikativ). Und das idg. bheroftfai der 3. Flur. (ind. bkdrantu
gr. cpepovTai) übernimmt in got. bairanda zugleich die Funktion
der I. und 2. Flur., so daß das Gotische wie überhaupt das Ger-
manische für gr. q)epö)Lie6a 9epeTr|V und für ind. bhdrämahe bhd-
radhve keine Spur von Entsprechungen bewahrt. Wahrscheinlich
hatte im Germanischen die 3. Fers, im Flur, zunächst nur dife
Funktion der i. Flur, übernommen. Denn im Gotischen, das für
igo VII. Konjugation.
gr. qpepoiLiai und ind. bhdri als i. Sing, keine Entsprechung hat,
erscheint offenkundig die 3. Person (idg. bhereiai = gr. cpepetai
ind. bhärate) auch als i. Person. Die 2. Pers. idg. bheresai (gr.
(p^peai ind. bhdrast) zeigt sich noch als got. bairaza^ indem das
thematische e der idg. Grundform wie in der 3. Pers. (idg. bheretai
= got. bairadd) unter dem Einfluß der Pluralform {bairanda)
durch a ersetzt ist.
Das Gotische bewahrt außer diesen Indikativformen noch die
parallelen Optativformen bairaizau bairaidau bairaindau. Wenn
man als idg. Grundformen der 3. Sing. Plur. bheroito bherointo
= ind. bhdreta gr. cpepoiTo cpepoiVTO annehmen darf, sollte man
^beraid ^beraind als germ. Entsprechungen erwarten.
Anmerkung. Ein zugehöriger Partizipialtypus auf -omenos in gr. q)epö|nevo(;
= ind. bhäramänas, den das Latein in Substantivierungen wie alumnus aututmius
vertumnus bewahren soll, hat im Germanischen keine Reflexe.
§ 202 b. Innerhalb des Westgermanischen zeigt nur noch das
Verb 'heißen' eine passivische Form: Ettmüller Lex. Ags. 447.
475 und Grein, Ablaut S. 37 haben die angls. Präsensform hätte
'er heißt' (auch 'ich heiße') als ein passivisches got. haitada er-
kannt, so daß haitadai (nicht haitidai nach gr. cpepexai) als ur-
germ. Form zur Bestätigung von got. bairada hinzutritt; ob das
einmalige angls. heette (Rätsel 17^°) noch auf "^haitidai hindeutet,
ist unsicher. — Das Verb haitan hat im Altnordischen nach
Scherer zGDS* 197 und Bugge Aarb. 1871 S. 188 noch eine alte
Passivform bewahrt in heite^ welche Form Sievers Beitr. 6, 561
aus urgerm. haitai deutet und dem ind. bhdre (gegen gr. qpepOjLiai)
gleichstellt. — Übrigens hat angls. hdtte (Plur. hdtton) sekundär
auch Präteritalfunktion angenommen in Übereinstimmung mit
mndl. mndd. ndd. (westfäl.) hette 'hieß' (Germ. 18, 307), das gewiß
auch dem got. haitada entspricht. Vom Germanischen aus er-
kennen wir als Passivpräsens mit Sicherheit also i. haitai 2. hai-
tazai 3. haitadai — Plur. haitandai (für alle Personen).
Kap. 45. Jüngere umschreibende Tempora.
§ 203. Das Alter des umschriebenen Perfekts mit haben ist
gemeinwestgermanisch, vorliterarisch. Im Althochdeutschen wurde
nach Jac. Grimm Gr. 4, 150 zumeist im Plural eigan^ im Sing.
haben verwendet : ih haben vuntan — wir eigun vuntan. Das wird
so zu verstehen sein, daß urdeutsch eigentlich nur das Zeitwort
eigan als Hülfsverb gebraucht wurde: also urd. ih eh vuntan.
VIII. Deklination. 191
Aber als eh eht eh (= got. aih aiht aih) im Singular ausstarb, trat
haben zunächst im Singular ein, um schließlich eigan ganz zu
verdrängen. Dem ahd. haben im periphrastischen Perfekt ent-
spricht asächs. hebbian angls. habban an. hafa in gleicher Funktion ;
nur dem Gotischen fehlt dieses Perfekt, dessen Ausbildung an
dem roman. //^^^r^-Perfektum eine etwa gleichzeitige Parallele
hat. Im Angelsächsischen treffen wir noch die Flexionsfähigkeit
des Partizips bei dem Hülfsverb habban.
Wie dieses Perfektum schon in den ältesten westgerm. Quellen
begegnet, so auch das Passivum mit sein., das dem Gotischen
abermals noch fremd ist : ahd. diu maraha ist farprunnan Musp. ;
Perfekt ahd. was giwortan = angls. wces geworden.
Das Futurum, dessen Funktion im Altgermanischen das Präsens
mit besitzt, kann durch Umschreibung mit skulan zum Ausdruck
gelangen.
VIII. DEKLINATION.
§ 204. Den ursprünglichen Reichtum an Flexionsformen, den
die idg. Grundsprache besessen hat, bewahrt das Germanische
nicht. Innerhalb der Substantivdeklination äußert sich das Aus-
sterben alter Formen am wesentlichsten im Fehlen des alten
Duals, der beim Verb und Pronomen sich weit länger hielt; kein
echter Dual hat sich beim Substantiv erhalten. Aber man glaubt
seme einstige Existenz im Urgermanischen erschließen zu dürfen
aus jüngeren Formen, die auffällig sind. Für isländ. tjogu 'zwanzig'
nimmt Möller KZs. 24, 429, für afries. alder ebenderselbe Beitr.
7, 486 ursprünglichen Dual an; vielleicht sind got. pai fadrein
und angls. twegen^ auch angls. nosti dum breost (synkopiert aus
Hriostti) mit Rücksicht auf die Bedeutung als alte Duale aufzu-
fassen; Platt Anglia 6, 175 denkt noch an angls. sculdru als Plural
zu sculdor. Brate Beitr. 13, 42 glaubt im Altschwed. noch Duale
zu erkennen. Joh. Schmidt Pluralbildgn. S. 6 erklärt an. angls.
Und 'Lende' aus einem alten Dual *landhwi.
Kap. 46. Kasussuffixe.
§ 205. Der Nominativ Sing, hat idg. s als Suffix, das ur-
germ. als z (oben § 37 c) anzusetzen ist. Zur Römerzeit bestand
dieses z durchgängig, wie sich aus der Konformität got. asilus
aus lat. asinus^ lat. Segimerus aus urgerm. Seyimeroz ergibt;
diesen j-Laut bewahren finn. Lehnworte wie armas kernas viisas
sairas und kaunis tiuris oder wie kuningas paarmas rengas ruis
192 VIII. Deklination.
(Thomsen 86, 96, 98). Bei den ältesten Runeninschriften ist unent-
schieden, ob noch z oder bereits R anzunehmen ist {-gastiz oder
-gasHR} holtingaz oder holtingaR} die erhaltenen 2-^-Nominative
der ältesten Runen s. bei Noreen An. Gr. § 366) ; got. dags gasts
sunus (neben ainzu Jvazuh Jvarjizuh sumzuJi) = an. dagr gestr sunr.
Im Westgerm, mußte z : R nach § 151 verklingen: nach Bremer
IF. 14, 366 schon im i. Jahrh. {Chariovalda Catvalda). Um 500 in der
Lex Salica focla für "^fogla-z^ skimada = an. skimudr^ tualepti aus
"^twalifii-z ; sonst gelten nach dem Wirken der westgerm. Auslauts-
gesetze ahd. tag wolf gast sunu usw. Nur das Ahd. bewahrt das r in
einsilbigen Pronominalformen wie {h)we-r (Ablaut zu got. kas),
von wo aus es sich ausdehnt {de-r blint-er usw.).
Anm. Das feste o im ahd. Nomin. Akkus, der 7£/^-Stämme ahd. melo geh
erklärt sich aus germ. m'elw{a) in der Weise, daß die hochdeutschen Grund-
formen m'elau "^elau mit sekundärem a für melaw- ^elaw- = melw ^Uw stehen.
Konsequent fehlt das nominativische z allen Neutris. In der
0 : ^-Deklination ist m Nominativzeichen (ind. am lat. um gr. öv),
das aber schon auf den ältesten Runeninschriften dem urgerm.
konsonantischen Auslautsgesetz gemäß (oben § 141) fehlt: run.
horna = gemeingerm. hörn aus idg. kxno-m. Auch die neutralen
i- und ^^-Stämme bildeten ihre Nominative ohne z\ urgerm. mari
'Meer' = lat. mare ; got. faihu = lat. pecu ; angls. cwiodu ind.
jätu. Die neutralen os- ^^-Stämme entbehren auch überall im
Idg. ein besonderes Nominativzeichen.
Nominative Sing, ohne z bilden ferner im Germanischen — in
Übereinstimmung mit den verwandten Sprachen — i. die femi-
ninen ^-Stämme, welche urgerm. auf 0 ausgehen: ^ebo 'die Gabe'
(got. giba an. gjgf angls. gifu oben § 149).
2. Die femininen y^-Stämme, deren idg. Nom. Sing, nach Joh.
Schmidt Verwandtschaftsv. 6 auf t ausgehen konnte (jetzt Plural-
bildgn. S. 73); das Urgermanische verlangt nach Sievers Beitr. 5,
136 2 als ursprünglichen Ausgang für got. mawi bandi piwi frijdndi\
Thurneysens Ansatz idg. bJiTghntt KZs. 28, 146 wird durch ahd.
Burgund Nom. Propr. aus ^bur^undt bestätigt; das r in an. j//^r
(aus "^wlkt = angls. wylf) ist junge Anfügung (Möller Beitr. 7, 546).
3. Ebendaselbst nimmt Möller S. 544 bei einigen femininen
^^-Stämmen Nom. Sing, auf ^ ohne ^ oder z an: ahd. swigar angls.
sweger beruhen auf vorgerm. swekrü (nicht *swekrüs)^ ahd. quirn
angls. cweorn auf '^gernü (nicht ^gernüs), ahd. snura auf *snusti\
vgl. ind. gvagrü-s aslav. zrüity (Joh. Schmidt Pluralb. S. 54 ff.).
VIII. Deklination. 193
4. Die idg. «-Stämme zeigen statt des nominativischen idg. 5
Dehnung des vorhergehenden Vokals: gr. 7T0i)ir|V zu Troi|Liev-
wie TTaTrjp zu Traiep-. Im Germanischen ist das n der ;2-Stämme
im Nom. Sing, nach dem Auslautsgesetz verklungen: got. tuggö
hairtö nianagei aus urgerm. tungo'' hertö** managi»^\ bei den
Mask. ist n bereits vorgerm. nicht überall mehr vorhanden ge-
wesen (lat. homo ind. rdjä) ; vgl. an. hane aus urgerm. hane\ doch
scheinen ahd. kano angls. hona daneben auf urgerm. hang^^ worauf
auch got. hana beruhen könnte, zu weisen.
Der idg. Nominativ TTaTrjp zeigt sich in an. fader (vielleicht
auch angls. fceder)^ während ahd. fater die ursprüngliche Akku-
sativform (idg. paterni) sein dürfte; über das idg. e in Endungen
des Nord.-Westgermanischen s. oben § 126.
Im Idg. herrschte vielfach nominativische Dehnung z. B. Nom.
Sg. pöd Akk. Sg. pödtP' Dat. Sg. pedi usw. ; vielleicht beruht angls.
hcele auf urgerm. hale{p) Beitr. 9, 368.
Es ist wahrscheinlich, daß die einsilbigen konson. Stämme ihre
Nominative auf z (got. baürgs reiks usw. an. madr fötr) bildeten ;
doch sind die an. Feminina wie nött geit mjglk usw. ohne z
wichtig.
§ 206. Der Akkusativ endet bei allen Deklinationen indoger-
manisch auf m mit der einzigen Einschränkung, daß bei allen
Neutren Nom. und Akk. identisch sind. Dieses m ist im Ger-
manischen erst zu n (vgl. got. pan-a ahd. de-n) geworden und
nachher verklungen (oben § 137); also run. staina = gemeingerm.
stain\ idg. dhogho-m ist germ. über *da-^a zu *^«y geworden.
Idg. ghebhäm germ. X^^o (vgl. got. pö ho ainöhun)\ idg. stutum
germ. got. run. sunu\ got. run. angls. magu 'den Jüngling, Sohn'.
Bei den konsonantischen Stämmen ist für tn idg. tp, eingetreten
(gr. a in Troöa, lat. em in pedem)\ got. fötu an. föt aus *pöd-7ii\
got. tunpu aus *dont-iii\ angls. nosu nasti aus *näs-iii; angls. duru
aus ^dhür-tp,'^ got. handu aus "^komt-rp,'^ angls. hnutu aus *knud-7ii\
angls. studu aus '^stüt-7ii\ angls. hnitu aus *knid-7p, (gr. Koviöa);
an. mgrk aus germ. marku. Die zweisilbigen konsonantischen
Stämme scheinen m nicht zu um entwickelt zu haben; sie bleiben
erhalten und entwickeln im Singular keine Formen von «-Stämmen:
got. fadar aus idg. pater-m} got. hanan aus idg. kanon-m} got.
menöp\ {fahep)\ got. fijand weitwöd^ angls. hcelep haben offenbar m,
nicht rp, verloren; möglicherweise gilt dasselbe auch für einige
einsilbige Stämme: Akk. Sing. got. baürg naht.
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. '3
194 VIII. Deklination.
§ 207. Im Genitiv des Singulars erscheinen mehrere Suffixe;
das 'Sya der «-Stämme des Ind. fehlt dem Germanischen ganz.
Das Germanische hat dafür ein -s aus -so (slav. ^e-so Möller
Beitr. 7, 500), das vielleicht eigentlich aus der Pronominaldekli-
nation stammt. Der Themavokal ist germ. a (run. Gödaga-s Ansu-
gisala-s angls. pce-s 'des' und frühangls. metudae-s selae-s hrofae-s
geacae-s hraefnae-s fuglae-s, woraus normal -es in dag es wulfes)
und e (got. dagi-s ßi-s = ahd. tage-s de-s). Das s ist durchaus
stimmlos : urgerm. da^as(a) wulfas(a) oder dafes{o) wulfes(o) ; vgl.
run. Gödagas; an. dags ahd. tages. Allerdings zeigt das Gotische
bei angefügtem Enklitikon vielmehr s (an Stelle von s) in piz-ei
piZ'Uh Jviz-uh anpariz-uh\ dieses z ist aber vielleicht sekundär
für s eingetreten.
Sonst erscheint os es als idg. Genitivcharakter; es erhält sich
nach Paul Beitr. 6, 548 in ahd. naht-es mann-es (aus *nokt-es
*manu-es)\ reguläre Synkope zeigen die gleichfalls der konsonanti-
schen Deklination angehörigen Genitive got. mans baürgs bröprs\
auf urgerm. iz (aus idg. es) als Genitivendung beruhen angls. bec
aus "^bokiz^ byrg aus *bur^iz, an. merkr aus *markiz. Außerdem
bildeten alle «-Stämme ihren urgerm. Genitiv auf iz^ wobei in
dritter Silbe frühe Synkope des i eintrat: urgerm. hanan(i)z
kanin(i)z = got. hanins an. hana angls. hanan ahd. henin. Bei
den M-Stämmen war idg. sunow-es nach dem Auslautsgesetz für
die dritte Silbe urgerm. zu '^sunauz^ ebenso idg. anstoj-es zu
*anstaiz geworden ; vgl. got. sunaus anstais an. sonar angls. suna.
Die ^-Maskulina bildeten urgerm. gasti-s(o) = got. gastis an, gests
angls. wines. — Vielleicht ist ohne Suffix der Genitiv der r-Stämme
iycidi. pitür) gebildet gewesen: angls. bröpor bröpur feadur = an.
bröpur fgpur. — s als Genitivzeichen vermutet Leskien, Decli-
nation S. 7. 29 in got. sunau-s = ind. sunö-s, in got. anstai-s : ind.
fuci-s. Die Feminina auf ä = germ. ö enden im Genitiv germ.
auf -öz: got. gtbös an. gjafar.
§ 208. Unter dem germ. Dativ verstehen wir formell den idg.
Lokativ auf /. Dieses i ist den Auslautsgesetzen gemäß in 2. Silbe
geschwunden, im Nordischen und Englischen Umlaut hinterlassend
bei allen langsilbigen konsonantischen Stämmen: germ. fadri
(gr. Traipi lat. patri) — got. fadr an. fedr neben ahd. fater angls.
fceder aus germ. fader(i) = idg. pateri\ angls. breder aus *bröpri^
aber ahd. bruoder aus *bröper(i)\ germ. manni angls. men ahd.
man got. mann. In dreisilbigen Formen ist i frühzeitig apokopiert.
VIII. Deklination. 19$
so daß das Nordische und Englische keinen Umlaut zeigen:
*hanan(i) *hanin(i) = got. hanin an. hana angls. hanan ahd. henin\
daher auch '^sunaw{i) *suniw(i) = got. sunau angls. suna run.
*sumu an. syne ahd. suniu\ /-Stämme hatten urgerm. Lokative
wie *gastij-i ^gastt resp. *ans-taj-i ^anstai\ auf urgerm. gastt
weist an. gest\ urgerm. anstai = got. anstai. Bei den idg. e : 0-
Stämmen ergeben sich urgerm. Lokative dar\e-i da-^t (angls. dcegi
Sievers Beitr. 8, 324) oder da'\o-i dagai (ahd. tage)} — Bei den
femininen ^-Stämmen trat urgerm. ä -\- i = ai ein: got. gibai =
angls. gife.
§ 209. Eine idg. Ablativ form auf ed zeigen die ö-Stämme:
urgerm. da-^e(t) = got. daga (vgl. got. /^ /vS kamm^-h)\ entsprechend
ind. vtkät^ altlat. facillunted.
§ 210. Urgermanisch endet ein Instrumentalis aufp: a) bei
den maskulinen und neutralen ö-Stämmen (vgl. angls. hu asächs.
hwo ahd. hud)\ ahd. tagu worin aus urgerm. da^o wordd\ die loka-
tivisch gebrauchten Dative ahd. dorf hüs angls. häm usw., welche
zu ^-Stämmen gehören, haben u nach langer Silbe verloren,
b) bei den femininen ö-Stämmen : ahd. g'ebu aus *y^'^<?, an. fjgdr
aus *fedru ^f'epro\ ahd. halb wis aus *halb(u) *wis(u) in Ver-
bindungen wie ze d'ero selbün wis.
§ 2X1. Ältere Anschauungen, wonach slavolett. Instrumental-
bildungen wie lit. nakti-mi sünu-mi und aslav. patt-mi vlüko-nti
für den Singular auch im Germanischen Reflexe besessen hätten,
hat Osthoff IF. 20, 163 widerlegt: die fraglichen Formen wie
angls. nosum heafdum miolcum usw. sind normale Pluraldative
auf -m. Ein altes Kasussuffix könnte vielleicht auch in got. andau-
giba zu andaugi sowie in den andern got. ^öt-Adverbien § 292
stecken.
§ 212. Plural. Der Nominativ hat indogerm. das Suffix es =
germ. iz. Es zeigt sich in dieser Gestalt bei den konsonantischen
Stämmen; es erliegt den Auslautgesetzen, macht sich aber englisch-
nordisch durch Umlaut bemerkbar : run. dohtriz an. datr ; urgerm.
fötiz (gr. TTobeq) = an. fetr angls. fet\ urgerm. frijöndiz = got.
frijönds dingXs. frynd ahd. /rinnt] urgerm. nahtiz (gr. vuKTCq) =
angls. niht an. n^tr-, urgerm. manniz = got. mans an. menn ntedr
angls. men ahd. nian\ urgerm. tanßiz = angls. tid axi. tenn\ urgerm.
duriz = ahd. turi (aus idg. dhures) sowie angls. hnite gr. Koviöe^,
angls. hnyte aus *hnut-iz bewahren als kurzsilbig im Westgermani-
schen ihr /. Zweisilbige konsonantische Stämme zeigen im Westger-
13*
igö VIII. Deklination.
manischen keinen Umlaut, da i in dritter Silbe früh synkopiert
wird: *men6ß(i)z = got. menöps an. mdnadr angls. m6nad\ *ha-
Uf{i)z = angls. hcsled. Die «-Stämme endeten indogerm. auf
•w-eSf ew-es\ vgl. idg. manu-es = germ. manniz angls. men\ idg.
gen-u-es (gr. y^vu-) = germ. kinniz an. kinnr kidr\ aus idg.
sunewes (vgl. ind. sündvas gr. -eFe?- = -eeg -ei^) wird durch frühe
Synkope in dritter Silbe *suniuz *sunjuz = got. sunjus an. syner.
Ebenso von /-Stämmen idg. -ej-es = germ. -fz: got. gasteis an.
gester angls. geste. Bei den (^-Stämmen ergab sich idg. 6s durch
urindogerm. Kontraktion (Osthoff MU. 2, 113): germ. 6s (angls.
dagas) und 6z (got. dag6s an. dagar) ; über s\zs. Paul Beitr. 6,
548; für afries. dagar nimmt Möller Beitr. 7, 505 einen urgerm.
Ausgang -6ziz aus -6s-es an. Die Feminina der ä- : ^-Deklination
haben germ. nur die Endung -6z (got. gib6s an. gjafar angls. ^//<?).
— Die Neutra der 0- : ^-Deklination enden urgerm. auf o : barnd
'Kinder' = got. barna an. bgrn angls. bearn\ westgerm.-nord. ist
u (angls. fatu) der eigentliche Ausgang, er erliegt jedoch teilweise
den Auslautgesetzen (angls. word für ^^wordu).
§ 213. Der Akkusativ Pluralis endet indogerm. 2M{-ns (in alt-
preuß. deiwa-ns 'Götter', nautins 'Nöte', kret. TÖvg XuKOvg) ; dafür
germ. -nz in got. dagans gastins sununs (vgl. kanz-uh und anßa-
ranz-u ?) = an. daga geste sunu. Die konsonantischen Stämme ent-
wickeln -2?^ zu germ. -unz ; vgl. got. fotuns gr. irobaq ind. padäs
{\dg.pöd-'(is)^ got. tunßuns idg. dönti^s dp'(is (gr. obovxag ind. datds)\
got. broßruns aus "^bhrätr-vs ; got. wintruns zu dem germ. Stamm
wintr-\ got. handuns zu dem Plur. an. hendr\ beachte zu den
Ä/^-Stämmen ahd. öirö ^irVö die Akk. Plur. urgerm. arn-unz b'ern-
unz (daher die «-Stämme an. gm bjgrn sowie angls. earn). Im
Altnordischen haben die konsonantischen Stämme den Nominativ für
den Akkusativ angewendet ; im Westgermanischen sind durchweg
Nominativ und Akkusativ geeinigt, indem der Akk. ausstarb. Anlaß
dazu mochte der Umstand geben, daß die Neutra der ö-Deklina-
tion und die Feminina der ^-Deklination im Plural Nom. und Akk.
nicht unterschieden: got. waürda gib6s Nom. Akk. Plur; freilich
sucht Kern Beitr. 31, 272 für das Urengl. im Plur. der «-Stämme
einen Unterschied zwischen Nom. und Akk. festzustellen. — Viel-
leicht haben sich in den auffälligen Formen angls. brößru wintru
sculdru applu alte ursprüngliche Akk. '^br6ßr-unz "^wintr-unz "^skuldr-
unz *apl-unz erhalten; daher angls. dum = *dur-unz ^dhur9ns}
§ 214. Der Genitiv Pluralis setzt vom Germanischen aus
VIII. Deklination. 197
eine idg. Grundform (darüber Osthoff MU. 2, 113) im für das
Suffix voraus ; es hat im Germanischen seinen Nasal regulär ver-
loren ; vgl. got aühsn-e suniw-e bröpr-e baürg-e mann-e. Auch die
Maskulina und Neutra der ö-Deklination enden auf -e\ got. dage
waürde (wobei dage auf eigentliches "^dhoghe-em zurückzuführen
ist). Mit got. suniwe aus idg. sunew-em deckt sich angls. esa 'der
Götter' zu 6s- (germ. Stamm ansu-) aus *ansi(w)e sowie ahd. (Mers.
Zaub.) cunio 'der Kniee' aus vorgerm. gdnew-em (vgl. gr. yovu).^
— Nur die ^-Feminina haben im Gotischen ö in gibö (eigtl. ^ghe-
bhä-imt). Das im Nordischen allein auftretende -a [daga sona föta)
scheint nur die Endung got. ö {gibd) zu repräsentieren, ebenso
ahd. ö in tago g'eböno.
§ 215. Der Dativ Pluralis endet urgerm. in seiner ältesten
erreichbaren Urgestalt auf -miz (= aslav. -mt). Vielleicht liegt
diese Urgestalt -miz noch vor in dem inschriftlich bezeugten Dat.
Plur. Saitchamimis^ falls diese Lesung richtig ist (Schönfeld Wb.
d. altgerm. Personennamen S. 3). Dieses -miz schimmert in einer
zweisilbigen Form twai-miz (= an. tveimr angls. twsem) durch.
Da die überwiegende Mehrzahl der Dative des Plurals drei-
silbig war, trat frühe Synkope zu -mz ein [deabus Vatvims Kern,
Germ. Word. S. 32 und deabus Aflims Much ZfdA. 31, 355 ; dafür
mit Assimilierung got.-germ. -m (vgl. got. bairam = gr. q)epojU€<;) :
got. dagam (urgerm. da'^ont) anstim sunum usw.
Konsonantische Stämme konnten das Suffix mit dem Mittel-
vokal idg. 9 = germ. u anfügen, also got. menößum aus *men6t-
9mis^ got. bajöpum aus *bhoydt-dmis\ got. f 6 tum aus "^pöd-dmis^ got.
tunpum aus "^dut-dmis. Bei den r-Stämmen got. bröprum ist -rum
entweder T-'^is oder r-dmis. Daher laufen die ursprünglichen
konsonantischen Stämme Gefahr, zur «-Deklination überzugehen.
Die «-Stämme bildeten *gumonmiz zu *gumommiz = got. gu-
mam um ; doch scheint in angls. earnum an. grnum bjgrnum viel-
mehr -n-dmiz (Grdf. ar-n-dmis ber-n-dmis) zu stecken. Der anomale
Dativ got. nahtam beruht entweder auf Nachbildung von d^d^^^w oder
mit Joh. Schmidt KZs. 26, 18 auf ind. naktabhyas (alter «-Stamm).
Eine besondere Bemerkung sei noch über den Dat. Plur. der
y^-Stämme gemacht ; er hat urgerm. die Endung -im(i)z für 'je-m(i)z
-je-mlz: ahd. hirtim Paul Beitr. 6, 221 ; für die Feminina ergibt sich
-i-mz durch Vatvims 'Vatviabus', Aflims 'Afliabus', Saitchamim(i)s
'Saithamiabus'.
Anmerkung. Über die westgerm. Pluralbildung auf -iru -oru vgl. unten § 229.
igS VIII. Deklination.
Kap. 47. Ablaut und Akzent.
§ 216. Wie das idg. Verbalsystem, so besaß auch die idg.
Nominaldeklination im Akzent und zugleich im Vokalablaut ein
wesentliches Charakteristikum zur Unterscheidung der Formen.
Das Indische und das Griechische zeigen vielfach den uralten
Akzentwechsel (z. B. Akk. pädant Lok. padi gr. TToba TTobi). Nach
Osthoff MU. II 12 bestand auch bei vokalischer Flexion alter
Akzentwechsel; dafür seien aus dem Indischen einige Reste auf-
geführt : sanät zu sdna-^ samand zu sdmana-, madhyd zu mädhya-^
upaki zu üpaka-^ mandu (+ adhi) zu manu- sowie der Vokativ
sdntya zu satyd-.
§ 217. Das Germanische zeigt nur sehr spärliche Reste von
festem Akzentwechsel und Ablaut in bestimmten Kasus; zu ahd.
altar gehört mit grammatischem Wechsel der Dat. in-aldre Braune
§ 163 Anm. 6; zu ahd. einlif zwelif gehören die Obliqui got.
ainlibim twalibe twalibim\ singulär ist der alte Ablaut Gen. Plur.
an. kvenna Möller Beitr. 7, 507 zu kona (ind. gnd a.\tk. ben)\ Sievers
Beitr. 9, 232 weist grammatischen Wechsel nach in angls. horh
horwes\ vgl. an. fjgr N. Dat. Sg. fjgrve.
§ 218. Sonst finden sich zahlreiche Spuren innerhalb des Ger-
manischen, welche auf vorgerm. Akzentwechsel in der Deklination
hinweisen, ohne daß er sich auf einzelne Kasus verteilen ließe.
Während die meisten konsonantischen Stämme feste tonlose Spi-
ranten haben (angls. gös müs lüs wlöh furh sulh prüh usw.), zeigt
angls. studu studu Sievers § 282 noch grammatischen Wechsel.
Von /^-Stämmen kommen in Betracht ahd. haso: angls. hara;
got. auso: ahd. 6ra\ an. here hegre\ angls. müga müwa\ mhd. lohe
an. loge\ ahd. anado anto (angls. onepa ondd)\ angls. ^dre ahd.
ädara ; beachte an. hjarse gegen ind. gtrsän-. Meist beharren ur-
germ. tonlose Spiranten (angls. hrüse ahd. rosa).
Von vokalischen Stämmen vgl. ahd. chortar quartar mit angls.
cordor\ got. aühns mit aschwed. ughn\ ahd. glas isl. gler\ got.
fairzna 2i\i^. fersana\ got. razn angls. rcBsn\ got. haürds ahd. hurd\
got. anz an. ds 'Balken' ; ahd. ruoba ruova ; ahd. beri got. basi ndl.
bes\ got. tagr ahd. zahar\ got. hührus ahd. hungar\ got. bagms
ahd. boum (aus *ba'^wmö-} doch s. § 46); got. blöpa- ahd. bluot\
got. rausa- = ahd. rör\ got. ubizwa ahd. obasa\ got. aqizi ahd.
akus\ angls. wind ind. vdta-\ ahd. htwf md. gaphd-.
Von Adjektiven kommen in Betracht ahd. eivar eibar^ frabali
fravali^ tüvar tübar\ got. ganöhs ahd.gmuog; ahd. scelah an. skjdlgr
VIII. Deklination. 199
(: mhd. schelwer)\ ahd. dweraher dwerawer\ ahd. bar gegen lit.
bäsas\ vgl. noch got. ßaürsus ahd. durri.
§ 219. Ablautserscheinungen bezüglich der Mittelvokale werden
im Germanischen bezeugt durch ahd. anado anto angls. onepa onda
(Grdf. anöton antön)\ ahd. sant \ gr. d)na0og (ahd. ^samat in bayr.
sampt)\ gr. Sutdirip ind. duhitdr-: got. daühtar\ ind. agiti- 'achtzig'
an. (nach Brate) seit 'Achtzahl' (aus '^ah-tt)\ an. synp aus "^sunidi
aber ahd. sunte (Grundformen sitneti suntyds) ; angls. wynn asächs.
wunnia neben din.ynde (aus "^wunldja- zu got. wunan an. una 'sich
ergötzen'); ahd. Höht: got. liuhap\ got. naqaßs: altir. nocht 'nackt';
got, hairßra: angls. hr-eßer\ ahd. quer-dar: gr. bep-e-tpov. Ahd.
hregil beruht auf "^hragila-^ aber angls. hrcegl auf ^hragla-\ vgl.
auch mhd. snegel 'Schnecke' mit angls. sncBgl. Sonstigen Ablaut
im Mittelvokal zeigen einige konsonantische Stämme : halep- halip-
halup- in angls. hceleid) ahd. helid an. hgldr\ ahd. hirm hirz^ anut
enit^ an. glpt: ahd. ^/^/f. Synkope des Wurzelvokals zeigt sich in
ind. snävan- gegen ahd. senawa\ ind. vräta- 'Schar' angls. werod\
angls. hnitu gegen gr. Kovibe^; ahd. chranuh gegen gr. Yepavo<;;
angls. hr-'eper gegen got. hair-pra\ got.fr-uma gegen angls. /<?r-w«.
§ 220. Sonstiger Ablaut zeigt sich a) bei konsonantischen
Stämmen, wobei es hier gleichgültig ist, ob im historischen Ger-
manischen dafür etwa vokalische Stämme eingetreten sind : angls.
nas-u nos-u (lat. när-es); got. tunp-us ahd. zand\ got. brusts asächs.
hriost. An «-Stämmen kommen in Betracht ahd. rehho angls. racu\
angls. hn'ecca an. hnakke; ahd. sega saga\ ahd. mado modo\ malta
molta\ got. qinö an. kona\ angls. hrüse ahd. rosa\ ahd. wtho : w'eho\,
angls. pl'iga plaga 'Spiel'; ahd. stühha angls. stocu\ ahd. balcho
an. bjalke\ ahd. scincho nhd. dial. sQhunken\ ahd. chr'eta chrota
i^chratd) ; ahd. giwuno an.vane; ahd. zw'eho zwivo (idg. Grdf. dwfqen-) ;
ahd. kuohho engl. cake\ zxv. fluga zhdi. fliuga. Von konsonantischen
Stämmen beachte noch ahd. gif'eho \go\.. faheps.
b) Vokalische Stämme : angls. ceorl cearl^ mos meos^ worn wearn,
rodor rador\ angls. sceofl pistel ahd. scüvala distil\ ahd. bini bini^
chortar quartar^ ruowa räwa^ zädal zädal^ got. sauls ahd. sül\ an.
prsell ahd. drigil\ got. winja ahd. wunna\ mhd. kreh ndl. krijt\,
asächs. dröhiin ahd. trühtin. Zumal zwischen germ. und außer-
germ. Worten besteht häufig die Differenz des Ablauts : germ.
sünu- =■ ind. sünü- ; germ. hüdi- 'Haut' lat. cutis ; got. wair ind.
vtrd-\ ahd. w'ella aslav. vlüna\ angls. beorc ind. bhürja-\ ahd. riomo
gr. ^öfia; got.y?5/^5 altir. /aj/^ (aus *{p)eisko-)\ gr. üuXevTi got. äleina\
200 VIII. Deklination.
gr. TTiüXo? dihd. /o/o; lat. nömen got. namö\ zhd.ßrst (angls. /<?örj/?)
ndl. forst ind. pr^thd- ; ahd. href lat. corpus ; got. ^»wä lat. hämo
(hemo) ; ahd. ^»ö/* ind. gaphd-.
Zu einigen ursprünglich ablautenden Stämmen hat das Ger-
manische nur eine Ablautstufe bewahrt ; das gilt für got. fötus
hairtö augö ahd. turi u. a.
§ 221. Schließlich seien die Adjektiva mit Ablautserscheinungen
hier zusammengetragen. Innerhalb des Germanischen vgl. ahd.
röt got. gariuds mhd. rot {got. ßlu 2ing\s. feala)\ an. bljügr zu ahd.
blügo\ an. mjükr got. muka-\ got. baitrs ahd. bittar\ ahd. giwon
an. vanr\ ahd. muruwi marawi\ got. mikils angls. mycel (aus '^mukil)\
^ngXs.fcsgerfäger; 2ing\s. glcsd gl6td\ got. dwals ahd. /o/. Außer-
dem got. qiwa-'. md.jtvä-\ zhd.heitar'. ind. ciird-\ got. filugT.T^o\\i\
got,fulls: \3.t. plenus \ got. kalts lat. clödus. Hierher auch alemann.
chltn und laub für mhd. kleine und /^V/ (Schweiz. Idiot. III 650. 958).
Kap. 48. Vokalische Stämme.
§ 222. Die idg. Sprachen bilden ursprünglich ihre Stämme
vokalisch oder konsonantisch auslautend. Von vokalischen Stämmen
kommen in Betracht 0 : e^ i : ei : oi^ u : eu : ou und ^-Stämme ;
über die Stufen des Mittelvokals im allgemeinen s. Kap. 24; ihre
Verteilung im Urgermanischen ist unfest, indem die Dialekte viel-
faches Schwanken zeigen; darüber ist bei der Lehre von den
Kasussuffixen (Kap. 46) die Rede gewesen.
Der Auslaut vokalischer Stämme hat in den idg. Sprachen von
Haus aus eine feste Stellung in der Kompositionsfuge. Auch
die altgerm. Dialekte liefern noch viele Beweise für die ursprüng-
lichen Fugenvokale. Nicht nur finden sich in der Römerzeit
Eigennamen wie Boio-rtx Mallo-rix Chario-merus Chario-valda
Striibilo-skalleo Lango-bardi Marko-manni- — Segi-merus Segi-mtmdus
Armi-lausi — Catu-merus Catu-volcus\ sondern auch noch im
Gotischen überwiegen die Mittelvokale in himina-kunds guda-
faürhts gasti-göps grundu-waddjus. Auch das Althochdeutsche
zeigt noch Erla-bald Erla-frid Erla-win usw., sowie mittila-gart
mihhila-möt. Von 'finn. Entlehnungen aus dem Germanischen ge-
hört hierher marha-minta 'Pferderiemen' (zu germ. minßla- = ahd.
mindal angls. midi an. mel KZs. 26, 328) sowie der Ortsname
Haria-valta. Hierher auch das aslav. Lehnwort vrüto-gradü 'Garten'
aus einem got. *aürta-garda- = angls. ort-geard (überliefert nur
got. aürti-gardi-). Auf den älteren Runeninschriften finden wir
VIII. Deklination. 201
Hadu-laikaz Hagu-staldaz Wödu-rtdaz und daneben auf dem Stein
von Tune auch witada-hlaibe 'Amtsgenosse' in Übereinstimmung
mit got. witoda-laisareis.
Anmerkung i. Die femininen Stämme auf idg. ä = germ. 0 haben im Bereich
der idg. Grundsprache nach Brugmann Grundriß II i, 82 keine einheitliche Fugen-
gestalt gehabt ; vgl. etwa gr. NiKÖ-|Liaxo? neben vkri oder laoipri-Yevri^ zu jiioipa,
'A\Kd-0oo(; zu dXKr|. Im Gotischen gibt es kein o in der Kompositionsfuge,
sondern nur «, z. B. in airpa-kunds hleipra-stakems heila-hairbs mota-staps.
Für das Althochdeutsche stehen ö-Feminina als erste Wortglieder in fira-tag
nasa-helm scama-lih suona-tag zoolla-meit usw. Ein germ. ö-Stamm steckt auch
in finn. napa-kaira 'Bohrer' = ahd. naba-ger, woneben aber die sehr auffälligen
ahd. nabu-ger asächs. nabu-ger angls. nafu-gär (Gröger, Kompositions fuge S. 68).
Anmerkung 2. Das Angelsächsische zeigt das a der Kompositionsfuge in den
ältesten Glossen als ae (Sievers Beitr. 8, 324): Epin. Gl. "^fo fulae-trea, 248 uuodae-
uisilae, 831 diiuergae-dostae, 895 bradae-leac, Oi'jt gundae-suelgiaey 1045 uuandae-
uuiorpae, 857 nectae-galae (neben necti-galae Epin. Gl, 26, 673) ; vgl. auch noch
/ als Fugenvokal in gecyndilic Ep. 480 und ti in haeguthorn 19. 956.
b) Gegenüber dem älteren Typus, der Bewahrung der Stamm-
vokale in der Kompositionsfuge zeigt, gibt es einen jüngeren ver-
kürzten Typus ohne Stammvokal wie in got. gud-hüs (für *guda-Ms)
und frei-hals (für *frija-hals). Das entlehnte aslav. gospodt 'Herr'
weist auf ein got. *gast-fadi- (daneben überliefert got. gasti-göps).
Schon in der Römerzeit findet sich der verkürzte Typus : carrago
'Wagenburg' für '^carr{o)-hagö^ dessen Ursprung ich durch angls.
bord-haga 'Schildburg' erwiesen habe ; über ver-custis 'virtus' für
*vero-custis vgl. oben § 133 Anm. 2; hierher auch Ermun-duri
neben Ermana-ricus ; Saith-chamiae für "^Saithi-chamiae (eigtl. 'die
Zauberhemdigen') ; Boi-hemum (mhd. Biheim) neben Boio-haemum ;
gr. AouTT-qpoiJpbov für *AoiJ7Ti(o)-q)Oupbov. Wenn mit Amm. Marc.
barritus statt des Taciteischen barditus zu lesen sein wird, so
hat man für ein erstes Wortglied schon an an. bar-dage 'Schlacht'
(zu an. berja 'kämpfen') erinnert und dann dürfte -ritus wohl als
rithus für chrithtis aufgefaßt werden ; an. hrid F. 'Kampfsturm'
könnte auf ein an. *bar-hrid hindeuten (zum Verstummen des k
in der Kompositionsfuge vgl. carrago § 48 c).
Anmerkung 3. Im Nordischen und Angelsächsischen ist unter Umständen ein
Fugenvokal-/ frühzeitig geschwunden, ohne Umlaut zu hinterlassen : an. kvän-fang
kvdn-lauss sowie angls. som-civic gegenüber lat. semi-vtvus = ahd. sämi-qu'ec ;
vgl. auch angls. contware neben cent^ angls. rug-ern 'Roggenemte' neben ryge,
angls. äglica zu ahd. eigi-leihhi 'phalanx'; frühangls. scult-hceta 'Schultheiß' zu
scyld\ frühangls. Sd-berct neben S(b\ hierher auch angls. Ealhmund gegen
gr. 'AXk{voo<; ? Dem gegenüber fallen ahd. Zusammensetzungen wie sämi-qu'ec
resp. dulti-tago giburti-tago brüti-gomo eigi-leihhi me^yi-rahs auf. Für die ahd.
Kompositionsfuge vgl. die gründliche Untersuchung von Gröger, Die ahd. und
202 VIII. Deklination.
asächs. Kompositionsfuge 191 1 sowie die Dissertationen von Sänger, Der Vokal
in der Kompositionsfuge in den ältesten ahd. Sprachdenkmälern 1910 und
Bader, Die ahd. Fugenvokale in den ältesten Eigennamen 1909. Über das Alt-
nordische vgl. Kock Arkiv 12, 251 und Noreen Altisl. Gramm. § 63. Über das
Gotische verzeichnet Braune Got. Gramm. §88a Anm. 4 die nötige Literatur.
Anmerkung 4. Für das Verhalten der yVz-Stämme in der got. Kompositionsfuge
macht Kremer Beitr. 8, 416 einen Unterschied zwischen kurzsilbigen und lang-
silbigen: einerseits alja-leikos lubja-leis wadja-bokos, anderseits arbi-numja
püsundi-faps. Der westgerm. Eigenname Agi-ulfus (5. Jahrh. bei Schönfeld
Wb. d. altgerm. Personennamen S. 4) gehört zu asächs. eggia = lat. acies. Kurz-
typus und Volltypus nebeneinander begegnen im Beginn des 5. Jahrhs. bei dem
Burgunderprinzen Hari-tilfus Hanha-valdi filius. Über ya-Stämme im Altnor-
dischen vgl. Sievers Beitr. 12, 486. Für das Westgermanische liegt die Synkope
des Stammvokals vor der westgerm. Konsonantendehnung (Sievers Beitr. 12, 489) :
ahd. eli-lenti gegen got. alja-leikos \ asächs. beni-wunda zu got. banja F. 'Wunde';
ahd. Brutii-hilt für *Brunja-hUd(is) ; asächs. kuni-burd'Gtsc\i\tc\\V neben kunni.
§ 223 a. Vor allem ist zu konstatieren, daß die ^^-Deklination mit
der konsonantischen mehrfache Berührungen hat; solche entstehen
im Akk. Sing., indem idg. w, durch dm zu um u^ u wird; gleiches
gilt vom Akk. Plur. idg. Tfis = germ. unz; und das idg. Dativsuffix
des Plur. mis, durch p an konsonantische Stämme gefügt, ergab
urgerm. -um wie für die ^^-Stämme. Hieraus ergibt sich für eine
jüngere Periode fast allerwärts mehr oder weniger starke Sprengung
der alten konsonantischen Deklination. Folgende «-Stämme, die
allerdings sämtlich im Germanischen noch Spuren der konsonan-
tischen Deklination zeigen, dürften auf solche Weise entstanden
sein: got. fötus handus iunpus wintrus an. gm bjgrn angls.
duru nosu.
Die «-Deklination verliert anderseits einige Worte, welche sich
den konsonantischen Stämmen anschließen: ind. manu- führt im
Germanischen durch manw- (z. B. im Dat. Sing, man-u-i Nom. Plur.
man-u-es) zu mann- (angls. men ahd. man) ; auch idg. genu- 'Kinn'
(ind. hdnu- gr. Y^vuq) wird zu kinn- (Nom. Plur. an. kinnr kidr).
Anmerkung I. Beachtenswert ist, daß in urgerm. Zeit viele mask. Eigennamen
als «-Stämme deklinierten : urnord. * Kunimunduz (Dat. Sing. Kunimundiu); aru
Arenbjqrn Gen. Arenbjarnar, Asmöpr Gen. Asmbpar, Geirropr Gen. GeirraPar,
Nipopr Gen. Nipapar, Sigmundr Gen. Sigmundar, Sigurdr Gen. Sigurdar,
Pornibpr Gen. Pormopar, Vglundr Gen. Vglundar; angls. Wihtgär Gen. Wiht-
gära. Da sich zahlreiche notorische «-Stämme gern in zweiten Wortgliedern
finden wie warduz (an. vgrdr), fripus 'Friede', harduz 'kühn', hapuz 'Krieg',
darf man auch für die urgerm. Zeit Eigennamen auf -uz in großem Umfang
annehmen : Sigimunduz Sigifripuz Sigiwarduz Hariogaizuz Wel(h)anduz usw.
Im ältesten Angelsächsisch sind Namen wie Alcfripu Ecgfripu inschriftlich
noch bezeugt.
VIII. Deklination. 203
§ 223 b. Sehr gering an Zahl waren urgerman. die neutralen
/^-Stämme : got. faihu = ind. pägu lat. pecu^ sowie got. qairu =
lat. veru N. 'Spieß' (Streitberg IF. 24, 174); hierher gehörtauch
m'edu 'Met' (allerdings im Anord. Angls. Ahd. nur als Mask. be-
zeugt) = gr. |Lie0u ind. mddhu N. 'Süßtrunk'. Dem ind. Neutr.y«/»
'Harz' entspricht im Angls. der neutrale ze;«-Stamm cwiodu 'Harz'.
Gr. öotKpu (ind. dgru N. 'Träne') verrät im Germanischen keine
Spur des neutralen /^-Stammes (got. tagr ist neutraler ^-Stamm
und ahd. zahar mask. /-Stamm). Dem lat. Neutr. cornü steht run.
horna (kelt. Kdpvov) gegenüber. Das Verhältnis von ind. jdnu
gr. fovu (lat. genu) und ind. däru gr. bopu zu germ. knewa-
trewa- ist nicht durchsichtig ; doch beachte aslav. drivo (St. dr^ves-)
'Baum'.
Anmerkung 2. Ein defektes Neutrum der «-Deklination liegt vor in got. ßlu
'viel' (mit dem Gen. filaus 'um vieles'), das durch Substantivierung auf ein im
Germanischen nicht mehr nachzuweisendes Adjektiv zurückgeht (das griech.
Adj. TToXO-c; entwickelt auch nicht alle Formen der «-Deklination).
§ 224. Neutrale /-Stämme sind für das Germanische nicht nach-
weisbar außer mari- 'Meer' (lat. mare) = ahd. merz (auch in got.
mari-saiws) ; vielleicht hat got. föjt (Gen. funins) vorgerm. pdni
gelautet.
§ 225. Die mask. «-Deklination gibt zu einer Bemerkung Anlaß
über eine noch unerklärte Tatsache. Vielfach gehen <?-Stämme
in «-Stämme über, die Gründe dafür sind unermittelt (teilweise
liegt gewiß Anschluß an begriffsverwandte Worte vor); vgl. gr.
öjLiqpaXoq aber ahd. nabalo\ ferner ahd. elaho angls. eolh\ angls.
heorr an. hjarre\ an. brunnr ahd. brunno\ an. mdlmr ^ot. malma\
an. gömr ahd. guomo^ ahd. karl karlo, reh reho^ siern st'erno usw.
(auffälliger noch sind «-Erweiterungen zu konsonantischen Stämmen
ahd. ^giso zu got. agis^ got. mann-an- zu mann-^ an. hjarse zu ind.
giras u. a.).
§226. Zu den Adjektiven mit vokalischem Stamm ist zu bemerken,
daß die »-Stämme urgerm. im Begriff sind unterzugehen und zwar
infolge ihrer feminalen Bildung auf -yd- (Nom. Sg. i\ wodurch Über-
tritt in die /-Deklination nahe gelegt wird (vgl. lat. tenuis KZs. 6, 88
aus *t9nu-^ ind. tanvt zu tanü-s Schmidt KZs. 26, 371); vgl. auch
Mahlow 30, Bechtel ZfdA. 29, 367 : idg. tdnu- wird durch ßunw-
zu ^punn-i = ahd. dunni srngls. Pynne; aus idg. mdru- entsteht ahd.
muruwi. Anderseits werden durch die westgerm. «-Apokope
Übertritte in die «-Deklination bedingt: got. hardus ahd. hart
204 ^^^^' Deklination.
(und h?rti)\ *fastuz wird angls. fcest (aber ahd. ßsti) Behaghel
Germ. 23, 275 und Stammbildgsl. § 197 ff.
Die adjektivischen ^-Stämme, wozu auch die erweiterten »-Stämme
gehören, haben in der Flexion zahlreiche Berührungen mit der
Flexion der y^-Stämme (got. midja-mma frija-na hrainj-amma und
hrainj-ana) ; infolge davon gibt das Westgermanische die /-Formen
überall auf und führt die /«-Flexion durch (ahd. reini gimeini suoni
durri dtmni usw.).
Kap. 49. Konsonantische Stämme.
§ 227. Im historischen Germanisch haben die Neutra den ge-
ringsten Umfang. Ohne nachweisliche Spur konsonantischer Flexion
bewahrt das Germanische ein urindogerm. Neutrum sowel suel
(ind. süar N. lat. sdt) in got. sauil an. söl mit der Nebenform
got. sugil (aus '^suwil) angls. sygel sigel\ ferner got. haubiß an.
haufud = lat. caput\ got. milip = gr. |ueXi(T); angls. wceter an.
vatr aus idg. woder urgerm. water \ an. vdr N. = lat. ver ind.
vasar-\ ahd. t'enar angls. üder gr. Gevap ouOap. Aber ahd. füir
ist wohl neutraler os- ^.?-Stamm (idg. pües}). Konson. Deklination
zeigt bloß angls. ealo (Gen. ealod) Platt Beitr. 9, 368.
§ 228. Nur neutrale /^-Stämme lassen sich als urgerm. in einigem
Umfang erweisen, obwohl auch sie in den literarischen Perioden
des Germanischen wenig zahlreich sind ; nur das Ostgermanische
kennt noch eine verhältnismäßig größere Anzahl, im Westgerma-
nischen fehlen sie beinahe ganz. Zu den neutralen ;2-Stämmen
gehören wesentlich Körperteilbenennungen ; got. hatrto augö ausö
ahd. wanga an. lunga nyra eista gkkla. Durch Genusdifferenzen
innerhalb der Dialekte erweisen sich als hergehörig an. müle
= ahd. müla^ an. nyra ahd. moro^ ahd. galla angls. gealla^ an.
vange ahd. wanga^ angls. hracu ahd. rahho^ ahd. scö^a scöno^ scincho
scincha^ scollo scolla ; ferner an. hjarse M. wegen ind. gtrsän- N.,
angls. molda (M. T) wegen ind. mürdhän- N. (Stammbildungslehre
S. 37). — Ferner Neutra auf Suffix -men [smen) : got. namo (lat.
ndmen)\ an. sima N. (= ind. stman- N.) ; an. heima 'Haus'; lat. semen
lümen gr. pOjua avest. sraoma ind. sthäman- machen ursprünglich
neutrales Genus wahrscheinlich für ahd. sämo asächs. Homo ahd.
riomo got. hliuma Stoma ; asächs. s'elmo M. = aslav. sUme N. ;
hierher wegen Genusdifferenz noch ahd. bluomo bluoma^ asächs.
brösmo ahd. brösma u. a.
VIII. Deklination. 205
Sonst kommen außer den bekannten got. Worten, wozu ich
an. hvela 'Rad', leika bjüga hnoda füge, noch Einzelheiten in Be-
tracht, wobei wieder Genusdifferenzen innerhalb der Dialekte den
Weg weisen: ahd. sunno sunna (got. sunnö FN. Mahlow S. 156);
got. stairnö ahd. sterno\ ahd. wolcha wolchan\ ahd. drunno aitigls.
burne) ahd. rehho angls. racu\ asächs. spado angls. spadu\ an.
mgskve ahd. mäsca\ ahd. gidingo gidinga^ giloubo gilouba, spuolo
spuola, gasoffo gasoffa^ r'ebo r'eba\ ahd. falawisca diVi. fplske. Angls.
ühte (= got. ühtwö F.) als Neutrum und Femininum gebraucht
dürfte auch hierher gehören. Got. funins ahd. ütiro sind zu neu-
tralen «-Stämmen gebildet vgl. ind. üdhan-\ ahd. ancho M. = lat.
unguen N. ; got. wato N. = ind. üdan- N. Von alten Neutris haben
in jüngerer Zeit n stammhaft gemacht an. vatn nafn hrogn sowie
angls. wolcen geofon (: an. geinte). Vgl. Joh. Schmidt, Plural-
bildungen 92.
§ 229. Noch zahlreicher waren urgerm. die neutralen os- es-
Stämme des Indogermanischen. Allerdings zeigen sich in den
literarischen Perioden des Germanischen nur sehr geringe Spuren
konsonantischer Deklination; der Nom. Akk. Sing, allein ist mit
intern germ. Mitteln als auf -az -iz ausgehend zu erschließen. Auch
hier sind Genus- und Flexionsschwankungen beweisend für den
urgerm. Typus. Weiterhin zeugen auch die übrigen idg. Sprachen
für das Germanische. Ich habe zahlreiches Material Anglia V 85
und Stammbildungslehre § 84 zusammengetragen. Die ältesten
Formen zeigen finn. kinnas lammas lannas mallas porras (§ 29)
= an. skinn ahd. lamb lant malz bort. Im Westgermanischen hat der
Nom. Sing, teilweise auf t(z) gelautet; vgl. Lex Sal. lammi = angls.
lemb. In der westgerm. Dialektgruppe bildete sich aus der Deklination
der OS- ^j-Stämme ein eigener Pluraltypus heraus (angls. lombru
cildrudhd.k^lbirhuonir\xsvf.),diQv innerhalb der spezifisch deutschen
Dialektgruppe produktiv geworden ist. Beachtenswert ist an.
hens Plur. 'Hühner' (ahd. huonir). Vereinzelt ist die westgerm.
/r-Form auch in den Sing, gedrungen; vgl. ahd.«^/r, angls. hryder^
wohl auch ahd. füir\ das erste Kompositionselement in dem ahd.
Ortsnamen Albires-bah war vielleicht ein Neutr. ^alb 'Schwan'.
Hierher vielleicht auch angls. xfre., falls aus *aiwizai (wegen
gr. aiei aus "^aiwesi); vgl. ZfdW. 9, 317.
Anmerkung i. Charakteristisch für die neutralen <7j-Stämme ist von einem
idg. Standpunkt aus mittelstufiger Wurzelvokal wie in gr. Y^voq ?T0? \(.\ioc,
ILi^voq vd(po(; TT^vGo? und äolisch Kp^TO(; 0^pao(;; vgl. auch gr. ß^vGoq neben
ßa60^ und ind. prdthas neben prthü- 'breit'. Unzweideutige Mittelstufe des
2o6 Vlll. Deklination.
Wurzelvokals zeigt das Germanische in den hierher gehörigen got. peihs = lat.
tempus^ angls. cild 'Kind', ahd. rind^ bret Plur. britir.
Anmerkung 2. Wo die verwandten Sprachen neutrale «^j-Stämme besitzen,
muß innerhalb des Germanischen infolge der durch die Auslautsgesetze bedingten
Störungen der alte konsonantische Flexionstypus überall aufgegeben werden,
doch schimmern die Grundformen noch meist deutlich durch ; vgl. got. agis mit
gr. äxog, got. riqis mit gr. Ipeßo?, got. sigis mit ind. sähas, an. setr Gen. setrs
= ahd. s'e^ N. 'Sitz' mit gr. ?bO(;, ahd. ahir = angls. ear mit lat. acus.
Anmerkung 3. Schwundstufe im Suffix, das dann als bloßes s (z) erscheint,
zeigt sich in got. ais = ahd. er 'Erz' in Übereinstimmung mit lat. aes ; vgl. auch
got. a/is Plur. ahsa 'Ähre' gegenüber lat. acus und ahd. ahir; got. PeiAs Gen.
peihsis 'Zeit' = lat. tempus, got. weihs Gen. weihsis N. 'Dorf, Flecken' (urver-
wandt mit lat. vicus M.).
Anmerkung 4. Die neutralen ^i'-Stämme lauten als erste Kompositionsglieder
schon in vorgerm. Zeit auf einfaches 0 = a aus, wie die Übereinstimmung von
run. Hlewa-gastiz zu gr. KXeö-Sevo? (: kX^o? 'Ruhm') lehrt. Daraus ergibt sich
vielleicht die Möglichkeit, den Übertritt von öj-Stämmen in die «-Deklination
für das Ostgermanische zu erklären; vgl. got. lamb N. 'Lamm' gegenüber ahd.
Umbir = angls. lombru 'Lämmer'. Hierher wohl auch got. hraiwa-dübo 'Turtel-
taube' zu angls. hr(kw\ vgl. Brugmann Grundriß II i, 88.
Anmerkung 5. Im Angelsächsischen deutet z-Umlaut auf ursprüngliche En-
dung i{z) für den Nom. Sing, in fl^sc 'Fleisch', hlcew 'Grabhügel', hr&w 'Aas',
hdl 'Heil', Idn 'Lehen', cild 'Kind', lenib 'Lamm' (neben lomb). Über Spuren
konsonantischer Flexion in merc. ccelf Plur. calfur vgl. Weyhe Beitr. 31, 78.
Über die öj-Stämme im allgemeinen vgl. von Unwerth Beitr. 36, i fF.
§ 230. Im Indogermanischen gab es ursprünglich bei einigen
konsonantischen Neutris Mischdeklination (darüber Joh. Schmidt,
Pluralbildungen); r- und ;^-Stamm wechselten ursprünglich in
got. watö angls. wcEter\ Schmidt S. 202 erklärt ahd. ütiro 'Euter'
als Mischform aus idg. üdhn- und üdhr--^ hierher wohl auch
angls. dögor adän. dcegn (vgl. ind. akan- ahar-)^ falls hier nicht
Wechsel von os- und ;/-Stamm vorliegt wie wahrscheinlich auch
in ahd. ndg Plur. nosir angls. nyten. Ob angls. ryge : asächs. roggo
ursprünglich Neutra waren, ist unsicher.
§ 231. Alte r-Stämme sind die ererbten idg. Verwandtschafts-
namen (Stämme fadr- mödr- brößr- dohtr- swestr-, dazu vielleicht
ursprünglich noch mhd. dichter angls. tdcor = ind. devar- gr. öärjp.^).
Der idg. Nom. pater ist hur durch an. fader (vielleicht auch angls.
fisder) aus *fader bezeugt. Über die Stammform mit -er (z. B.
im Dat. Akk. ahd. fater angls. fceder aus vorgerm. pateri resp.
paterm) sowie über die ^^-Formen got. bröprtim bröpruns ist bereits
§ 213. 215 gehandelt.
Anmerkung. Im Nom. Sing, entspricht an. fader dem gr. irarrip, aber angls.
sweostor (aus idg. swesor) dem lat. soror lit. sesu KZs. 32, iii. Der Gen. Sing,
an. fgdur = altmerc. feadur erinnert an ind. pitür. — Der Nom. Plur. ahd.
VIII. Deklination. 207
muoter tohter entspricht nicht dem run. dohtriz = an. dHr^ sondern dem gr.
laär^peq; ebenso beruht der Dat. ahd. bruoder (gegen angls. breäer zm% *broprt)
auf germ. brdper(t). Auch im Slav. herrscht der Stamm mater- in allen Kasus.
Zu den ;2-Stämmen ist bereits bemerkt, daß urgerm. auch ein
paar Berührungen mit der «-Flexion bestanden; auch über den
Zuwachs an ^/-Stämmen aus andern Stämmen ist schon gesprochen.
Es bedürfen einer kurzen Bemerkung einige idg. feminine ^-Stämme,
welche im Germanischen zu femininen ^«-Stämmen auf unklare
Weise (Möller Beitr. 7, 514, Joh. Schmidt Pluralbildungen 74) er-
weitert sind: idg. swekrü got. swaihrdn-\ idg. plthü 2ing\s. foläan-;
idg. d^ghu got. tuggön-. Beachtenswert ist noch die germ. Sonder-
ausbildung der idg. Stämme auf -yön-.^ die im Germanischen meist
auf -/;/- (got. managein-) enden, aber gelegentlich doch auch auf
-Jon- enden können : got. rapjön- : ahd. redin-a ; got. brunjö : ahd.
bruni-a^ urgerm. "^aipjön (ahd. fuotar-eida) : got. aipein-; idg. bh^-
työn-\ got. baürpein-\ darüber Paul Beitr. 7, 108.
§ 232. Mehrere Dentalstämme verlieren in dem suffixlosen
Nominativ Singularis ihren auslautenden Dental nach § 138: tanß-
menöp- fahep- ebanp- halep- bilden im Nominativ dentallose Formen
wie ahd. zan mäno nefo gif'eho angls. möna nefa gefea (aus ^gifcehd)
skfen hcele (ahd. HaloT)\ daraus sind fast überall Störungen der
alten konsonantischen Flexion resultiert (meist Übertritte in die
schwache Deklination; vgl. daher auch gall. gnabat 'Sohn* Corp.
Gloss. Lat. V 600 ^^ mit ahd. knabo > und angls. teona asächs. tiono
neben fries. iianut-T). Über Ablautserscheinungen bei konsonanti-
schen Stämmen s. Kap. 47.
§ 233. Zu den Übertritten aus der //-Deklination in die kon-
sonantische (oben Kap. 46) -kommen scheinbar noch einige Ab-
weichungen von den verwandten Sprachen: angls. gät kons. St.
= lat. haedus\ angls. sulh eigtl. swulh aus einem idg. kons. St.
swlk = lat. sulcus (doch auch gr. auXaH); angls. furh kons. St.
aber lat. porca\ angls. gös kons. St. aber ind. hansä- (gr. x^v);
angls. bröc aber lat. bräca.
Der einsilbige Stamm idg. gow ist im Germanischen erhalten
in einer Form, welche auf den idg. Akk. göm (ind. gäm) zurück-
geht; idg. gdm = got. *kö (vgl. idg. fäm = got./^); dafür westnord.-
engl. *kü (vgl. germ. /wp hwg = angls. tu hü Mahlow AEO S. 61 ;
Beitr. 8, 336) aber asächs. ahd. *k6\ vgl. Akk. Sg. an. kü angls.
cü ostnord. aschwed. adän. asächs. kd ahd. chuo\ diese Form ist
der Ausgangspunkt für einen neuen Stamm kü : kö geworden (ein
*kau = gr. ßoF- ind. gö- findet sich im Germanischen nicht).
2o8 VIII. Deklination.
Kap. 50. Pronominal- und Adjektivdeklination.
Innerhalb des Germanischen bestehen zwischen den Pronominibus
und den Adjektiven gegenüber den Substantiven in der Dekli-
nation vielfache Unterschiede, die teilweise urindogerm. sind und
im Ind. ganz besonders reiche Parallelen haben.
§ 234. Singular, a) Im Dat. Sg. Mask. Ntr. erscheint got. -mma
{ßa-mma i-mma) für älteres -zme idg. -smed (vgl. got. ka-mmi-hun
ainu-mme-hun karja-mme-h = ind. kasmäd tasmäd altpreuß. stesmu).
b) Das Femininum zeigt im Dativ eine Grdf. paizjai für angls.
pskre an. peire^ im Genitiv eine Grdf. ßaizjöz für angls. pstre an.
ßeirar\ die hierin zutage tretenden Suffixe -zjai -zjöz decken
sich mit den Suffixen in ind. ta-syäs ta-syäi\ got. pizös pizai =
ahd. äera {dem) sind lautlich nicht ganz klar, ebensowenig *ßaiz6s
(aus blindaizös zu folgern), wenn man nicht gesetzlichen Verlust
von j annehmen will.
c) Im Dat. Sg. an. peim angls. p^m steckt vielleicht vorgerm.
toi-smei oder toi-smin (ind. ta-sme ta-smin) oder toi-mi = aslav.
tämi (vgl. auch ZfdA. 16, 148).
d) Im Singular bedarf noch der Nom. Akk. Ntr. der Hervor-
hebung: idg. fo-d ko-d i-d (ind. ta-d i-d-am lat. quo-d i-d usw.);
der Dental ist abgefallen lautgesetzlich in got. Jva^ aber durch
angefügtes Enklitikon geschützt in got. pat-a it-a = ahd. da-^ <?-f
angls. pcB-t hi-t.
Plural. Nach Joh. Schmidt KZs. 25, 5 gebührt dem Maskulinum
i als Pluralzeichen, also z. B. to-i-. Der Nom. Plur. dazu ist
endungslos: ind. te = got. pai gr. toi. Der zugehörige Genitiv
war idg. toi-sem (nach ind. tesäm aslav. Uchü apreuß. steison) =
angls. pdra an. peira got. (bHnd)aize\ danach gebildet das Fe-
mininum angls. pdra an. peira. Im Dat. Plur. got. paim an. peim
angls. pstm pdm ahd. dem steckt idg. toimos nach lit. tems aslav.
ti^mü. Das Fem. Plur. steht im Germanischen unter dem Einfluß
des Mask.; vgl. got. paim gegen ind. tä-bhyas^ got. pizö gegen
ind. täsäm.
§ 235. Alle bisher nicht besprochenen Formen stimmen eigent-
lich mit der Substantivdeklination überein: z im Nom. Sg. got.
is kas\ s im Gen. Sg. got. is pis kis\ im Fem. Sg. Nom. got.
so wie giba aus ^gibo, im Akk. pd (vgl. got. keilö-kun ainö-hun
harjö-h) ; Fem. Plur. Nom. Akk. pös wie gibös, Ntr. Plur. pö wie
waürda aus ^wordQ\ Akk. Plur. Mask. pans ins wie wulfans gastins.
VIII. Deklination. 209
— Besonders hervorzuheben ist noch der Akk. Sg. Mask. idg.
to-m (wie bei der Substantivdeklination gebildet), daraus germ.
pan-^ wofür got. pana aus ^pand^ bana aus *hwanö (vgl. hanö-h^
ainnö-hun aus *ainind-hun, harjanö-K) ; das angls. pone hine hwone
scheint auf *pan6n *hwanön hinzudeuten. Ahd. ina-n wena-n haben
neuere Erweiterung nach der Adjektivdeklination erfahren. Ablaut
haben ahd. d'e-n we-n, dgl. an. pann Akk. (und pess hwess Gen.) Sing.
§ 236. Die unter § 234 besprochenen urindogerm. Charakte-
ristika der pronominalen Deklination gebührten ursprünglich allen
Pronominibus auf / und 0. An die eigentlichen Pronomina schließt
das Indische zahlreiche, den Pronominibus der Bedeutung oder
der Abstammung nach nahestehende Adjektiva, die in mehr oder
weniger Formen dem pronominalen Paradigma folgen: anyä- 'ander',
üttara- 'höher', ika- 'ein', vigva- sama- simä- sdrva- 'all, jeder',
nima- ardhä- 'halb', ptirva- 'vorder', prathamd- 'erster', caramd-
'letzter' und mehrere andere Adjektiva (näheres über das Alt-
indische bei Macdonell, Vedic Grammar § 403); ebenso avest.
anya vtspa aeva. Danach wird man mit Sievers Beitr. 2, 109 für
diese halbpronominalen Adjektiva teilweise pronominale Flexion
für die idg. Grundsprache anzunehmen haben. Das Litauische
hat in Übereinstimmung mit dem Germanischen die Flexion auf
alle Adjektiva ausgedehnt (Sievers Beitr. 2, 109). Aber im Latein
zeigen bekanntlich Adjektiva wie ttnus sölus tötus üllus uter alter
usw. teilweise pronominale Kasusbildungen, so daß man durch
die Übereinstimmung von Indisch und Latein zu der Annahme
gezwungen ist, daß der Übertritt der Adjektiva in die Pronominal-
deklination von einer kleinen, schon im Indogermanischen vor-
handenen Gruppe pronominaler Adjektiva mit der Bedeutung
'ander, jeder, all' ausgegangen ist.
§ 237. Im Germanischen treffen wir Übereinstimmung von
Pronominal- und Adjektivdeklination in folgenden Formen: got.
blindamma nach pamma^ blindana nach pana\ blindai nach pai\
blindaize nach '^paize (dafür pize)\ blindaim nach paim\ Fem.
blindaizös nach *paizös (dafür pizös) ; blindaizo nach *paiz6 (dafür
pizS). Dazu kommt Ntr. blindata nsich pa/a. In allen diesen Formen
ist sekundärer Anschluß der eigentlich der Nominalflexion fol-
genden Adjektiva an die Pronominaldeklination sicher. Mit den-
jenigen Kasus, in welchen Nominal- und Pronominaldeklination
im übrigen übereinstimmten (Nom. b/inds aus *b/tndaz, Gen. blindis
aus ^blindeso^ Fem. blinda aus-^ -äm^blindösdMS-äs^^iT, Flur. b/inda
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 14
210 VIII. Deklination.
aus -d), hat das Germanische keine Änderungen vorgenommen,
abgesehen vom Akk. Sg. blindana nach pana (idg. tom\ idg. wlko-nt).
Auffällig ist der got. Dat. Sg. Fem. blindai (wie gibai) gegen
pizai izai\ dafür nach der Pronominaldeklination ahd. blintero
angls. an. blindre. Das Ntr. der Adj. schwankt im Gotischen
zwischen blind und blindata\ Angelsächsisch und Altsächsisch
kennen die ata-Yoxm bei Adj. nicht; aber an. blint (aus blindata) =
ahd. blintas. Im Althochdeutschen schließen sich die Adjektiva
noch in weiteren Formen an die Pronominaldeklination an: ahd.
blintir nach *ther (welches als Atonon zu der verkürzt ist wie
*wir = got. weis zu wtr)^ blintiu nach thiu.
b) Das Alter des Übertritts der Adjektiva in die Pronominal-
deklination läßt sich relativ bestimmen: alte Substantivierungen
flektieren nach der idg. Nominaldeklination und noch nicht nach
der Pronominaldeklination. Hierher gehören Substantiva wie
ahd. kind (: lat. genitus)^ ahd. th'egan (: gr. tekvov), ahd. barn
(eigtl. 'das Geborene'), ahd. gold (: ind. härita- 'gelb'), auch got.
mulda 'Erde' (eigtl. 'die Gemahlene'), got. gu-p 'Gott' (eigtl. 'das
angerufene Wesen'). Hierher gehören auch Präsenspartizipia wie
got. frijönds 'Freund' und fijands 'Feind' gegenüber adjektivisch
flektierten Pluralen wie ahd. (Hildebrandsl.) seoltdante 'Seefahrer*
und sceotante 'Schützen'.
b) Für das Alter des Übertritts der Adjektiva zur Pronominal-
deklination ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß derselbe
zuerst im Nom. Plur. der mask. ö-Deklination eingetreten ist.
Denn im Latein und im Griechischen sind für die parallelen
Formen in der gesamten Nominaldeklination, d. h. nicht nur bei
Adjektiven, sondern auch bei Substantiven der ö-Deklination,
Formen der pronominalen Deklination maßgebend geworden, da
im Griechischen nicht nur iToXXoi sondern auch XuKOi und im
Latein nicht nur plent sondern auch lupt aus der Pronominal-
deklination erklärt werden müssen. Mit Recht folgert dann
Brugmann-Thumb (Griech. Gramm. * § 267) aus der weiteren
Übereinstimmung, die mit altir. fir (aus *viroi = lat. virf) und
mit aslav. v/üci lit. vilkaz (= lat. iupi gr. XuKOi) besteht, daß der
Übertritt der Nominaldeklination zur Pronominaldeklination im
Nom. Plur. der mask. ö-Stämme schon vorgermanisch begonnen
haben müsse. Jedenfalls führte der Weg zu den Substantiven zu-
nächst über die Adjektiva, und so würde das Germanische einen
älteren Zustand als die übrigen europäischen Sprachen aufweisen.
VIII. Deklination. 211
Kap. 51. Pronominalstämme.
§ 238. Als Demonstrativum (mit der jüngeren Funktion als
Artikel) verwendet das Germanische die idg. Doppelstämme to-
so- und tio- sio-. Der idg. Stamm to- (ind. ia- gr. tö-) hatte von
jeher einen Nominativ Mask. so (ind. sa gr. 6) — Fem. sä (ind.
sa gr. d r|)» denen got. sa sd und an. sd sü entsprechen. Im West-
germanischen entspricht ein Nom. Mask. se im Altsächsischen und
Angelsächsischen, dessen Vokal unerklärt ist. Aber er scheint alt
zu sein, insofern asächs. ahd. the (auch durch ahd. blinter als alt er-
wiesen) Substitut für si unter dem Einfluß des germ. Stammes
pa- pe- sein dürfte. — Dieser Stamm herrscht im %o\.. pa-na pa-mma
pi-s sowie in pai pize paim usw. — Der Dat. Sing, angls. pdm
asächs. thim entspricht dem aslav. Hmi} Vgl. got. pata an. pat
angls. pcet asächs. that ahd. da9 mit ind. iad gr. t6(ö).
Unklar ist die ahd. Form dei (vgl. auch dei-su) im Nom. Plur.
Neutr. und das parallele an. pau.
Beachtenswert sind Ablautsdifferenzen got. pa-na angls. po-ne:
ahd. de-n, ahd. de-s : 2iV\g\s. pcE-s (asächs. thas Heliand C 2156,
sonst thes). Adverbial gebrauchte Wortformen des Stammes /an-
weist das Germanische mancherlei auf. Davon ist ahd. ihö als
Zeitadverb 'da, dann' jedenfalls der adverbial gebrauchte Akk.
Sing. Fem. (= got. po)^ wie lat. tum 'damals' der entsprechende
Akk. Sing. Mask. aus dem idg. Stamm to- ist. Über got. pan
'damals' vgl. § 295, sowie über got. par 'dort* § 296. Ob das .s
in asächs. thus 'so' auch als Wortform gedeutet werden muß,
bleibt unsicher; man könnte auch an Entstehung des auslautenden
s aus -5<?, -sai denken, das im nächsten Paragraphen erörtert wird.
Der idg. Doppelstamm sio- tio- besteht im Indischen, wo er
meist einsilbig, aber auch zweisilbig auftritt (Nom. syd Mask. —
syd Fem.), die übrigen Formen werden aus dem Stamm tyd- ge-
bildet (vgl. lit. cza 'hier' aus tja-); der altpers. Stamm /m- 'welcher'
beruht auf einer zweisilbigen Grundform tio- (Nom. altpers. hya
aus syä) und diese zweisilbige Grundform sio- tio- hat auch im
Westgermanischen Spuren hinterlassen und zwar im angls. Fem.
seo aus *siu germ. si^ = ind. sy&\ danach ahd. asächs. thiu für
*siu unter dem Einfluß der obliquen mit th anlautenden Kasus-
formen. Der idg. Stamm tio- steckt noch in ahd. dia (Akk. Sg.
Fem.) aus *//^", ahd. diu (Instrum. Neutr.) sowie in ahd. die dio
diu (Nom. Plur. Mask. Fem. Neutr.) aus *//«/ ^piös *pi^ ; ferner im
14*
212 VIII. Deklination.
Instrumental ahd. diu. Vgl. Scherer ZGDS* 363, van Helten Beitr.
16, 286. Somit war die Urflexion folgendermaßen:
Sing.N.jd5 got. sa an. sä sq got. s6 an. sü
si angls. si si^ angls. seo
thi ahd. asächs. the ßi$ ahd. diu
G. ßesgot.ßisdhd.desdiS'ichs.tkes pezöz asächs. thero got. ßizös
pas angls. pcBS paizjös angls. ßsere
D. pamme got. pamma p'ezai got. ßizai
paim(i) angls. psem pezo ahd. theru
pemg ahd. th'emo paizjai angls. pskre
Akk. pang got. pana angls. pone pö got. pö angls. an. pd
Plural pai got. Pai angls. pd piö ahd. ^^^
piai ahd. ^<?«.? /^£r got. pös
Akk. /ä«2 got. /^//.y angls. pd piöz ahd. ^/V>
Gen. paizö angls. /ir^
/^■s(? got. pizo ahd. Z^^^-rö
Dat. paim(i)z got. paim 2ing\s.pskm
§ 239. Dieser. Das Gotische hat den Artikel /«- mit einem
deiktischen Pronomen -h (= lat. -ce in kic hujusce) zusammen-
gesetzt, wobei nur das erste Element flektiert: got. sah söh
patuh usw.
Die übrigen altgerm. Sprachen setzen den Stamm pa- mit dem
deiktischen got. sai *ecce' zusammen, das wir in got. nü sai 'vuvi'
und auch in paruk sai Lukas 7, 12. 37 antreffen (ähnlich wird im
Angelsächsischen Id 'ecce' enklitisch an pcst pces gefügt : pcetld
pcssld usw.). Nordische Runeninschriften zeigen das erste Element
flektiert in sdsi Fem. süsi Neutr. patsi, Akk. Mask. pansi Fem.
pdsi, Dat. Sing, paimsi, Plur. Ntr. pausi. Über diese Formen vgl.
Bugge Tidskr. f. Fil. 9, iii. Im Althochdeutschen treffen wir
Musp. V. 103 den Gen. Sing, des-se als einzigen Rest des Ursprüng-
lichen (eigtl. p'es + se). Durch andere Formen schimmert die
alte Flexion des i. Elementes nur ungenau hindurch; am meisten
noch im Angelsächsischen, wo aber das -e des enklitischen -se
apokopiert ist; vgl. Plur. pds für ""pd-se neben/«'; Instr. Sing.
pjfs für *py-se neben py ; Akk. Fem. Sing, pds für *pd-se neben
pd. Der angls. Nom. Mask. Sing, pes stimmt somit zu asächs. ahd.
these und das Fem. angls. peos zu asächs. tkius. Danach ergibt
sich als alter Formenbestand mit Sicherheit folgendes Paradigma :
VIII. Deklination. 213
Nom. Sg. sase (run. säst) patse VMn. ßaisi söse run. süsi
tkese (ahd. dese) thiö-se asächs. thius 2Si^^.peos
Genit. M.N. ßes-se ahd. desse
Dativ M.N. paim-se run. peimsi
Akk. Sg-pane-semn. paust patsexMn.patsi pö-ser\xn.pdsi?ing\s.pds
J^om.VX. paise angis. pds pauserxm.pausi pös-se angls. pds
ahd. dese
Diese noch erkennbare Flexion ist nun im Westgermanischen
dadurch gestört, daß man zunächst die Flexion auch noch am
Wortende zum Ausdruck brachte, wo ja sonst der eigentliche Sitz
der Flexion zu sein pflegt; so trat wohl zunächst im Gen. Sing,
ahd. d'esse-s angls. pisse-s Doppelflexion (nach Art des gr. TOicy-
becTCTi) ein; auch mochte die ahd. Pluralform these doppelt-
flektiert aussehen. Neubildung mit Doppelflexion scheinen ahd.
deasa und im Neutr. Plur. deisu zu sein. Schließlich starb die
Flexion des i. Elements ab, und es zeigte sich nur noch die
Endung flektiert in angls. pissum pisre^ Fem. Gen. Dat. pisse (aus
*pisRe) und im Gen. VXmt. pissa (aus *pisRd)\ ebenso in ahd. d'esemo
d'esan usw.
Anmerkung. Das Neutr, ahd. thizzi = asächs, thit (angls. pis für pit -\- seT)
weist auf das im Hei, bezeugte th'et (für thai) gemäß ahd. asächs. thes themo
thera th'eru. Das deiktische Element von ahd. thizzi deckt sich mit got. ja jai
'wahrlich' : also ahd. thizzi für westgerm. pittj{ä) aus germ. th'et -\- ja.
§ 240. Ein anderer deiktischer Pronominalstamm ist hi-, von
dem nur wenige flexivische Spuren erhalten sind und zwar nur
bei Zeitbestimmungen : got. himma daga 'heute' — und hina dag
'bis heute* — und hita 'bis jetzt' ; ferner ahd Mnaht und mhd.
hiure 'heuer' und (ZfdA. 23, 208) hibendene 'heute Abend' ; ahd.
(Beitr. 12, 376) hiutu aus "^hiu t(a)gu für hij^ da^ö.
Auf dem gleichen Pronominalstamm hi- beruhen noch Lokal-
adverbia wie ahd. hinan = angls. heonan = an. (mit Dissimilierung)
hedan ; ferner germ. her 'hier' got. hidri (an. hedrd) 'hierher' angls.
hider 'hierher' — ahd. h'era (für *hi-rg) 'hierher'.
Dieser germ. Pronominalstamm hi- wird mit lat. ci- in eis citra
und mit aslav. si = lit. szis altpreuß. schis 'dieser' verglichen.
§ 241. Ein deiktischer Stamm swa- 'dieser' steckt in dem
Adverb got. swa angls. swa und in dem damit zusammenhängenden
ahd. sus (für *swus}) und ahd. so für so (eigtl. *swö}) in ahd.
soHh sulih 'solcher' wegen angls. swylc (neben swa 'so') aus *swulic}
§ 242. Für jener hat das Germanische einige lautverwandte
214 VIII. Deklination.
Stämme, die sich jedoch nicht wohl einheitlich auffassen lassen.
Got. jains 'jener' hat äi in der Tonsilbe ; angls. g^on Cur. Pastor.
443 ^^ fasse ich als geön (germ. jöna- oder jina-) ; angls. (Epin.
Gloss. 1041) biginan = sonst bigeonan weisen auf /V;/^-; hinwieder
muß angls. geönd auf jön- jin- beruhen. Das erst bei Otfrid auf-
tretende ahd. j^ner — gener (Notk. euer) hat nach Franck ZfdA. 25,
223 Umlauts-^, ohne daß sich ein Grund für Umlaut zeigte ; dazu
ahd. enönt 'jenseits'. Wie sich die sicher zu erschließenden 70/«^-
jina- und jdna- zueinander verhalten, ist nicht zu erkennen. Sollte
Komposition eines flektierten Stammes ja- anzunehmen sein, wie
bei nhd. dieser (sa-sai, so-sai usw.j.? Das Germanische scheint
ein verstärkendes nai in ahd. danne wanne inne (gegen got. pan
han inn) zu besitzen.
§ 243. Pronomen personale der 3. Person: got. Stamm i- (lat.
is id\ ergänzt im Nom. Sg. Fem. durch si (aber Akk. ija = lat.
eani). Im Ahd. gilt derselbe Stamm, doch ist der Stamm si- (vgl.
ind. sim Obl. Sg. Plur.) im Nom. Akk. Fem. {siu-si sia) sowie
im Nom. Plur. {sie sin sid) eingedrungen; vgl. auch altir. e si
ed\ ind. id-äm im-äm (ob got. imma == ind. asmät zu idg. e- T). —
Während das Angls. dafür den Stamm hi- durch alle Kasus hat,
treffen wir ihn im Altsächs. nur im Nom. Sing. Mask. he^ sonst
im Sing, aber is imo ina und im Plural sia iro im.
§ 244. Relativum ist got. saei sdei ßatei, der Artikel mit der
Relativpartikel ei. Im Ahd. ist der Artikel zugleich Relativum.
Das Angelsächsische gebraucht gleichfalls den Artikel, häufig in
Verbindung mit der Relativpartikel de {sede seode pcette). Das Alt-
nordische bedient sich der Partikeln sem und es mit voraus-
gehendem sd SU pat. — In got. jabai 'wenn' steckt ein idg. ^^-Kasus
eines alten Relativpronomens yo (in md.j/a-s = gr. 0-5 'welcher'),
ebenso in angls. gif= ahd. ibu 'wenn' (für yibu wie ahd. ir 'ihr'
für *;Vr § 253).
§ 245. Interrogativstamm ist idg. qo- {qe-) vgl. ind. ka- gr.
TTO-; entsprechend substantivisch got. kas fvö fva, ahd. wer wan,
angls. hwd hwcet^ an. hvat\ alle ohne Pluralformen und auch im
Sing, reduziert. Daneben gr. iroTepo^ lat. uter ind. katarä- 'wer
von beiden' = got. hapar angls. hwceder und mit Ablaut ahd.
hw'edar (an. hvadarr kvdrr)\ ferner got. karjis 'wer' (lit. kurs
aus ^^kurjas). Adjektivisch werden gebraucht got. kileiks angls.
hwilc aus *qe-ltgo- und ahd. hwelth aus '^qo-ligo- (vgl. lit. lygus 'gleich').
Von hwa- muß als urgerm. Instrumental auch hwo = angls. hü
VIIL Deklination. 215
(für '^hwü Beitr. 8, 336) und asächs. hwö 'wie' erwähnt werden,
sowie got, Jvaiwa ahd. hweo (gebildet wie ind. evä 'so* und iva
'wie' ?) ; angls. hwi 'warum' = asächs. hwt 'warum' ; angls. hwan
hwon in tohwon 'wozu'.
§ 246. Für selbst gilt got. silba 2in. sjalfr ^ngXs. seolf seolfa
ahd. selb s'elbo. Da lit. pats 'selbst' dem ind. pdtis 'Herr' (got.
-faßs) entspricht, liegt dem germ. Pronomen möglicherweise ein
Wort für 'Herr' zugrunde.
§ 247. Identitätspronomen entsprechend dem gr. ö|Li6-g = ind.
samä-s 'derselbe' ist got. sa sama an. samr angls. som ahd. der
samo (vgl. angls. swd some 'ebenso'). Aus diesem sama- 'der-
selbe' (vgl. ind. samanä Adv. 'zusammen') stammen die Adverbia
got. samaß samana 'zusammen'. — Im Angelsächsischen herrscht
daneben se ilca aus *f-lika-\ auf das kürzere Pronomen weist
auch angls. tdcsges 'desselben Tages' hin (Angl. V Anz. 85); doch
findet sich von diesem Stamme t 'derselbe' sonst keine Spur.
§ 248. Indefinit ist got. sums an. sumr angls. ahd. sum 'irgend
einer' aus idg. sdmo- = ind. sama- (unbetont) 'irgend einer' (gr.
d|UÖ-9ev 'irgend woher'); dieser Stamm spmo- ist zweifelsohne
verwandt mit dem Zahlwort sem 'eins' § 300 und wohl auch mit
dem § 247 behandelten idg. somo- 'ein und derselbe'. Zudem er-
scheint im Gotischen auch /i^as indefinit als 'irgend jemand', dazu
negiert mit der Indefinitpartikel als ni Ivashmi 'niemand' und ni
ainshun 'niemand, kein'.
§ 249. Außerdem werden verallgemeinernde Indefinita durch
Anfügung von Enklitiken an Pronomina gebildet, a) -uh 'und' in
got. kazuh karjizuh entspricht dem lat. que in quisque ; got. Jvapar-
uh = lat. uterque 'jeder von beiden' ; diese Bildung für 'jeder*
durch -uh kennt nur das Gotische (beachte ind. käs ca 'irgend-
wer').
b) Das Suffix -hun bildet im Gotischen mit der Negation den
Begriff 'niemand' ni mannahun^ ni ainshun\ das Suffix ist durch
Enklise (vgl. lat. quicunqtie) hindurch aus einem selbständigen
Wort entstanden, das im Indischen als die Hervorhebungspartikel
cand erscheint {nd . . . kds cand 'nicht irgend einer, keiner*,
kds cand 'jeder beliebige'). In der Gestalt yin (mit gramm.
Wechsel) erscheint dasselbe Enklitikon in ahd. w^rgin asächs.
hwergin angls. hw^rgen 'irgendwo' (asächs. ni-hw^rgin 'nirgends')
neben got. här 'wo*. Und mit dieser Form yin bildet das An.
hvatke 'was auch immer', hverge 'wer auch immer' (zu got. karjis)\
2i6 VIII. Deklination.
dem got. ainshun entspricht so an. enge^ an. mange ist gleich
got. mannahm, an. vetke weist auf got. "^ni-waihthun.
c) Das gemeinwestgerm. Pronomen man fügt sich zu dem
kollektivischen Gebrauch von ind. manu- mdnus- (im Singular
= 'die Menschen, die Menschheit'; vgl. ind. pürü Singular =
'Mensch, die Menschen, Volk'). Denselben kollektivischen Ge-
brauch des Singulars findet Behaghel Germ. 23, 261 bei Otfr.
1114^/0/ mannes 'voll von Menschen' und III 6* düsunt mannes;
vgl. auch mhd. niht mannes 'keiner der Menschen' Reinmar d.
Alte V. 140 und was mannes 'wer der Menschen' Konr. Fleck,
Flore V. 3533.
§ 250. Für 'anderer' erscheint got. aljis (lat. alius gr. aWog) ;
westgerm. noch in ahd. eli-lenti asächs. elilendi 'ausländisch' angls.
eilende elßeodig usw., sowie in asächs. ellior angls. ellor 'anders-
wohin' (got. aljar 'anderswo'), asächs. elkor ahd. elihhör. Ob das
umlautslose Adverb ahd. alles 'anders' mit dem altgall. allo- in
dem Völkernamen Allo-broges zusammenhängt, ist unsicher. —
Daneben ursprünglich nur von zweien gebraucht got. anpar ahd.
ander angls. öper an. annarr = lit. äntras. Übrigens got. anpar :
ind. anyd- = lat. alter', alius \ offenbar hat als idg. antero-s und
aljos zu gelten, so daß das Germanische den idg. Bestand re-
präsentiert; im Lateinischen einerseits und im Ind. anderseits
wären Ausgleichungen nach verschiedenen Richtungen eingetreten;
vgl. § 290.
§251. Possessiv a. Für 'mein, dein, sein' wird Suffix -tna (§ 274)
(wie in ind. m&kina- 'mein', später auch ind. tävakina- äsmäkina-
yauSmäkzna- und mämakfna-) verwendet : *minaz (vielleicht aus idg.
meytno-s)^ '^ptnaz (idg. eigtl. tu-tno-s)^ '^smas (eigtl. *sw-ino-s>).
Von idg. mejo ('lat. meus), tewo- (lat. tuus)^ swo (ind. sva-) usw.
zeigt das Germanische keine Spur. — Die Plurale und Duale
der ungeschlechtigen Pronomina bilden ihre Possessiva auf ero\
an. V'dr ahd. uns-er got. unsar, got. izwar ahd, iuwer^ got. igqar
angls. incer^ an. okkar angls. uncer. Außerhalb des Germanischen
gehören zu dieser Bildung nach Hübschmann Armen. Stud. S. 92
die Genitive der Personalpronomina, die zugleich Possessiva sind,
armen, me-r 'unser', dze-r 'euer' u. a., ferner nach Brugmann
(Thurneysen) Grundr. II 184 altir. ar 'unser', far-bar 'euer'. Das
an. vär-r 'unser' ist genau so wichtig wie der Gen. Plur. vär
gegen ahd. unser ^ als Beweis für den Satz, daß unbetontes germ.
e {j= an. d in vdrr) im Althochdeutschen erhalten bleibt; es geht
VIII. Deklination. 217
aus von idg. we- im Nom. Plur. we-i 'wir' = ind. vay-äm got.
weis, wozu der Dual aslav. vi asächs. wi-t ind. vätn.
Kap. 52. Die ungeschlechtigen Pronomina.
§ 252. Singular. Das Pronomen 'ich' lautete idg. egom —
run. "^eka in der enklitischen Form ka (kaiti-ka) ; das urnord.-run.
ek (= aschwed. anorw. jak westgerm. ik) kann keinen Vokal im
Auslaut verloren haben, beruht also auf idg. eg (beachte ind.
tvam = lat. /», ind. vay-dm aus idg. wei) ind. id-am lat. id = lit.
asz 'ich'. Das i des westgerm. ik gegen germ. ek beruht auf der
Unbetontheit des Pronomens wie in asächs. mid gegen gr. laeidt,
asächs. in gegen gr. dv, asächs. ni neben lat. ne-scio.
Der zugehörige Akkusativ war idg. me (gr. )Lie lat. me ind.
unbetont mä^ betont mäm) ; me wurde im Germanischen erweitert
zu mek (angls. mec) entweder im Anschluß an ek oder eher
durch Anfügung einer enklitischen Partikel wie gr. y€ in ^y^T^
IjueYC (vgl. ind. tuam ha>)\ ob die angls. Nebenform me auf idg.
me zurückgeht, ist unsicher. Asächs. mik ahd. mih sind unbe-
tonte Lautformen zu angls. mec.
Im Dativ got. mi-s ahd. mi-r asächs. mt angls. me erscheint ein
dem Germanischen eigentümliches z als Kasussuffix. Als urger-
manisch wird mez zu gelten haben, wobei Apokope eines Endungs-
vokals {roT) denkbar wäre. Angls. mi hat dasselbe e wie angls.
med gegenüber got. mizdo. Aber asächs. mt erinnert an asächs.
lindn aus *liznön.
Als Kasusbildung ist ebenso unklar das Suffix des Genitivs got.
meina an. angls. min aus urgerm. mtno\ das genaue Verhältnis
zum Possessivpronomen mina- ist nicht bestimmbar.
Das idg. Pronomen personale der 2. Pers. Sing, war iü (im Ind.
zu tu-am erweitert) = germ. pü. Der zugehörige Akkusativ war
idg. twe mit konsonantischem ze;, vgl. apers. ^väm Akk. zu tuam^
avest. ^wäm zu tuem gr. a^ (aber doch auch ind. tuäml). Im Ger-
manischen steht der Akk. Sing. (got. ßuk und mehr noch ahd.
dih) wie der Dativ (got. ßus und mehr noch ahd. dir) und der
Genitiv (got. ßeina ahd. dfn) ganz im Abhängigkeitsverhältnis zu
den Parallelformen der i. Person.
Dasselbe gilt vom Reflexivum (got. seina sis sik an. sin sir
sik ahd. stn sih), das dem lat. se gr. t aslav. s^ sebs zunächst steht
und mit ind. sva lat. suus aus *sevos verwandt ist.
2i8 VIII. Deklination.
Anmerkung. Zu den in andern idg. Sprachen auftretenden Kasusformen wie
ind. mama tava lat. mihi tibi gr. |lioi TOI ind. te hat das Germanische keine Parallel-
formen.
§ 253. Plural. Die i. Person besaß urindogerman. einen No-
minativ we-i (= ind. vayäm mit angefügtem deiktischem Sekundär-
element am) = urgerm. wf, das in got. weü (= an. ve'r ahd. mit
der Vokalkürzung der Atona w^-r) um das z des Nom. Plur. er-
weitert ist (vgl. gasti-z). Der hierin enthaltene Pronominalstamm
idg. w^- (vgl. unten § 254 beim Dual) bildete urgerman. noch den
Genitiv we-ra = an. vär Leskien, Deklination S. 155; über das
hierin enthaltene Possessivsuffix idg. ro s. § 251. Das e von ahd.
unser iuwer (angls. user eower) Braune Beitr. 2, 140 beruht wohl
auf Übertragung von jenem germ. wer (an. vdr) 'unser', es hat
sich nach § 147 in unbetonter Silbe auch im Westgermanischen
halten können. — Im Obliquus herrscht im übrigen gemeingerman.
nicht der idg. Stamm w^^ sondern U7ts aus idg. ns-\ dieses ns- ist
urverwandt nach de Saussure Memoire S. 25 mit ind. nas aslav.
ny lat. nos (gr. viüiv) und auch mit gr. d)Li-|ue-<; aus *dcr-jLi6. Die
Bildung des Dat. Akk. aus urgerm. uns (= idg. ns) ist nicht deut-
lich; überall zeigt sich Einfluß seitens des Singulars (got. mis
ahd. miK), so daß es schwer ist, die unbeeinflußten Formen zu
rekonstruieren. Klar ist ahd. tmsih angls. üsic (ndd. ösch ösek ver-
kürzt seck^ andd. *üsik) nach ahd. mih usw. gebildet. Die urgerm.
Akkusativform scheint uns{e) gewesen zu sein.
Die 2. Person hat im Plural indogerman. den Stamm j/u; vgl.
ind. yü-y-am yu-smän usw., gr. U|Li|Lie(j für *yu-sme-s\ daneben
eine enklitische Kurzform Gen. Dat. Akk. ind. vas lat. vos (aslav.
vy)^ von der das Germanische keine Spur aufweist. Der Stamm
yü' (ind. yüy-äm lit. jus) steckt in got. jus ; die jüngeren an. er
angls. ge ahd. ir für Grdf. jiz stehen unter der Einwirkung der
I. Person. — In den obliq. Kasus zeigt das Germanische einen Stamm
ezw-^ der durch eine Mittelstufe ezgw- mit gr. CTqpuje 'ihr beide'
zusammenzuhängen scheint; das innere zw ist im Westgerma-
nischen zu ww angeglichen. Das Westgermanische (angls. eow ahd.
m iu) beruht auf einer Grdf. eww{e)^ wie westgerm. uns auf '^üns{e)\
ahd. iuwih ndd. jöck angls. eowic sind vom Singular beeinflußt.
— Der Dat. got. izwis an. ydr (Bugge Kz. 4, 252) einerseits —
angls. eow ahd. eu iu anderseits ist gebildet wie bei der i. Per-
son; und dasselbe gilt von got. izwara an. ydvar ahd. iuwer angls.
eower aus urgerm. iww^rd.
VIII. Deklination. 219
§ 254. Dual. Wie beim Verb, so besaß das Germanische beim
Personalpronomen einen Dual für die i. 2. Person. Aber er hat
sich rein nur im Gotischen und Nordgermanischen erhalten, während
er in den jüngeren südgerm. Sprachperioden nur noch in plura-
lischer Funktion und reduziert auftritt. Aber auch schon im
Gotischen ist der idg. Erbbestand reduziert. Nirgends im Ger-
manischen finden sich Spuren der alten enklitischen Obliquen
ind. näu väm^ gr. vub, aslav. nama vama. Dann wird der germ.
Dual dadurch als sekundär charakterisiert, daß seine Flexion in
den obliquen Kasus genau mit der Pluralflexion übereinstimmt;
wenigstens besitzt im Indischen der Dual der Personalia Formen,
die von den entsprechenden Pluralformen verschieden sind.
Die gemeingerm. Stammformen sind i. Person unk-, 2. Person
inq-\ vgl. got. ugkis igqis = an. okkr ykkr = angls. unc ine nord-
fries. tmk junk im Gen. Dat.; doch weist das Nordische und Angel-
sächsische auf eine Endung ohne i gegenüber dem Gotischen hin
ebenso wie beim Plural. Auswärtige Zubehör zu diesen Stämmen
unk- inq- hat sich nicht gefunden. Die Bildung der zugehörigen
Nominative ist eigenartig; in der i. Person treffen wir ein mit
aslav. v(i 'wir beide' verwandtes got. wit an. vit angls. mit nord-
fries. wat asächs. wit^ in dem man das we- von idg. wei 'wir'
= got. weis (§ 253), aber auch das we im Personalsuffix der
I. Person Dualis (ind. bhärävas — bhdreva § 198 Anm. i) wieder-
erkennt. In der 2. Pers. gilt an. it angls. git nordfries. gat^ das
sich wohl nach wit sekundär gerichtet hat, aber man darf wohl
germ.-got. jut (vgl. ind. yuväm) 'ihr beide' voraussetzen ; ähnlich
entspricht dem got. pus 'dir' ein ahd. dir usw. Das / von got.
wit und *jut leitet Scherer ZGdS* 253 aus {wi)twa {ju)twa 'wir,
ihr zwei' ab (vgl. got. uk für -uhw = lat. que) und dafür könnten
die verwandten Dualformen lit. miiäu juäu sprechen ; aber man
sollte vielmehr das Zahlwort ba- 'beide' in der Zusammensetzung
erwarten. Im Angelsächsischen können die Akkusative unc ine
nach den Nominativen wit git zu uneit incit erweitert werden,
während sonst bei den geschlechtslosen Pronominibus Nomin. und
Akkus, sich nicht beeinflussen.
Früh haben die Duale das Zahlenverhältnis noch durch den
Zusatz von 'zwei' oder 'beide' markiert; vgl. an. ykkur beggja
Völ.-kv. 36^, anord. vit Bäder und angls. ine bdm^ ineer twega^
unc bdm, une twdm sehr oft und vgl. auch Hei. 5592. So hat
Otfrid III 22" unker zweio als einzigen Rest des Duals im Alt-
220 IX. Nominale Wortbildung.
hochdeutschen. Aber späterhin — seit dem Ende des 13. Jahrhs.
— tritt bayr. es enk als Plural auf, und dies ist das alte {j)it *ink.
Indem der Zusatz des Zahlwortes nach und nach notwendig wurde,
konnte das duale Pronomen Pluralfunktion annehmen. Und das
gilt noch vom südwestfäl. it git Obliq. ink 'ihr, euch'; auch vom
neueren Isländischen.
IX. NOMINALE WORTBILDUNG.
Kap. 53. Flexionstypen.
Die germ. Wortbildung macht von der idg. Nasalierung keinen
Gebrauch, was sich daraus erklärt, daß innerhalb des Verbums die
Nasalierung im Germanischen keine Bedeutung mehr hat (oben §112
und 168). — Die im Indischen erscheinende Nominalbildung durch
Vxddhi aus primären Nominibus ist wahrscheinlich nur in kleinem
Umfang urindogermanisch gewesen ; ^ zeigt sich im Germanischen
als Vxddhi in einigen denominativen Nominibus; vgl. mhd. swäger
zu sweher^ got. megs zu magus\ auch got. -tekund zw. taihun} — Der
Akzent als nominalbildendes Prinzip zeigt sich urgerman. nicht
häufig mehr wirksam; auf dem Adj. got. hauhs beruht an. haugr
'Hügel' KZs. 23, 100. Sonst zeigen sich noch vielfache Spuren,
daß der Akzent abgeleitete, mit Suffixen versehene Sekundär-
bildungen gegenüber den Primärworten auch im Urgermanischen
charakterisiert hat; einzelnes wird alsbald zur Sprache kommen.
§ 255. Die germ. Wortbildung zeigt zwei verschiedene Typen.
Eigentlich lebenskräftige Suffixe haben stets feste, durch Auslauts-
gesetze unzerstörbare Konsonanten in sich; über diese vgl. Kap. 54.
Daneben gibt es eine Art Wortbildung, welche durch nichts als
die Flexionstypen im Germanischen charakterisiert ist. Vom idg.
Standpunkt aus sind die Flexionstypen germ. wulfaz da-^az fastiz
sunuz usw. nicht suffixlos; wir haben hier aiu vom idg. Stand-
punkt aus als Suffixe zu bezeichnen, aber hier kann auf intern
germ. Gebiet nicht mehr von Suffixen, sondern nur noch von
Flexionen geredet werden. Hier soll nun in der Kürze angeführt
werden, welche Flexionstypen im Urgermanischen lebenskräftig
waren.
§ 256. Das a- der ^-Deklinationen ist als Wortbildungselement
noch bei Verbalnominibus wie an. hlaup angls. hle'ap ahd. lauf
oder ahd. asächs. werk (gr. ?pY-o-v) erkennbar; besser in Fe-
mininen wie ahd. keifa zu helfan, fräga zu fragen. Auch Ad-
IX. Nominale Wortbildung. 221
jektiva werden zu Verben mit dem «-Suffix gebildet (got. siuks
zu siukan, ahd. bleik zu blihhan). Aber diese Typen sind wenig
lebensfähig.
§ 257. i ist in zahlreichen Völkernamen produktiv: ahd. Hüni
Wilzi angls. Dene Engte Myrce Nordhymbre got. Makidöneis
Rümöneis Saüreis Tyreis\ jüngeres Substitut ist das § 277 behan-
delte Suffix -varii.
Anmerkung. Vermutungsweise gebe ich hier eine neue Deutung von mhd.
Niöelunge, das nach neueren Anschauungen synonym mit mhd. Burgunden ist.
Wie angls. Nordhymbre zu dem Flußnamen Humbor gehört, so kann auch zu
dem im 2. Jahrh. bezeugten Flußnamen Nemaningus oder Nemaninga (ahd.
Miniminga = nhd. Mümling; vgl. Röm.-Germ. Korrespondenzbl. III 9) ein
Ethnikon germ. Nemaningiz gebildet werden, und aus einer solchen Form könnte
vielleicht durch doppelte Dissimilierung ein eigtl. ahd. *Nibilingi gebildet sein,
das unter Anlehnung an die Ethnika auf -inga zu Nibilinga resp. Nibilunga
geworden wäre. Zu den Dissimilierungen vgl. me. nevenen nemlen 'nennen'
an. nafn 'Name' und an. hifenn 'Himmel' = ahd. himil. Der Mümling war
vielleicht die Grenze der Burgunder, von denen also auch ein östlicher Teil
Nemaningiz d. h. 'Mümlingsleute' genannt sein konnte. Das Alter solcher
/-Bildungen ergibt sich wohl aus dem alten Völkernamen Nemetes für germ.
Nemethiz, das eigtl. wohl 'Hainbewohner' bedeutet und zu asächs. nimid =
altgall. nemeton 'Hain' gehört.
In der älteren Zeit werden auf i auch primäre Verbalabstrakta
gebildet wie got. wröhs runs muns slahs plaühs angls. cyle ece
ryne bryne. — Für Verbaladjektiva findet sich /-Suffix vgl. § 185.
§ 258. y^-Suffix ist in alter Zeit im 2. Glied von Zusammen-
setzungen verbreitet § 281, wir treffen es sonst zur Bildung von
movierten Femininis wie got. ßiwi zu ßius^ mawi zu magus, fri-
jöndi zu frijönds. Jüngeres Substitut dafür ist -injö- § 268. —
Ferner werden sekundäre Nominalabstrakta auf -ja gebildet: got.
reiki andbahti zu reiks andbahts^ piubi zu piubs\ ferner aglaiti zu
*aglaits^ biuhti zu biuhts, barniski zu barnisks.
§ 259. Das n- der /^-Deklination ist in größerem Umfang als
die rein vokalischen Suffixe produktiv in alter Zeit geblieben.
Man bildet Nomina agentis auf diese Weise: ahd. boto zu biotan,
angls. wiga 'Krieger' zu wigan^ got. nuta 'Fischer' zu niutan\
auch Denominativa wie got. spilla zu spül. Auch alte Verbal-
abstrakta wie angls. geleafa zu gelyfan, fnora 'das Niesen' zu
*fneosan treten vereinzelt auf. — In zweiten Kompositionsgliedern
findet sich dieses «-Suffix § 281.
§ 260. Das -es -os der § 229 behandelten Neutra war urgerm.
noch produktiv; vgl. got. hatis zu hatan, skapis zu skapjan^ agis
222 IX. Nominale Wortbildung.
zu agan. Es scheint auch einige alte Adjektivabstrakta gebildet
zu haben: an. 7/^27/ angls. hxl (aus '^hailiz) Glück' zu an. ^^///angls.
hdl\, an. myrkr N. 'Dunkelheit' zu myrkr 'dunkel', angls. dyp 'Tiefe'
zu deop.
§ 261. Das tn- der managin-Y^d.ss^ bildet alte Adjektivabstrakta
wie got. hlütrei mikilei bairhtei. Die Bildungsweise ist identisch
mit den zu /^-Partizipien gehörenden Partizipialabstrakten des
Typus von lat. sta-iio ra-tio na-tio fac-tio fic-tio ; vgl. lat. trans-
latio (zu transferre) mit got. baürpei 'Bürde' (zu dem Partizipium
ind. bhxtä-) und lat. nötio mit ahd. kundi mhd. künde. Die gemein-
same Lautgestalt des Bildungselementes war -iön- : -m-; vgl.
ZfdW. X 64.
Kap. 54. Konsonantische Suffixe.
Neben die älteste Schicht von einfachen Wortbildungselementen,
welche später zu Flexionselementen werden, stellt sich in allen
idg. Sprachen eine jüngere Schicht, in welcher feste Konsonanten
als Charakteristika vor die Flexionstypen treten. So ist f—ya
(in ind. vrkf an. y^gr 'Wölfin') durch n erweitert in ind. pätni
gr. TTÖTVia. Der Ausgangspunkt der zum Suffix gehörigen Kon-
sonanten läßt sich teilweise noch erkennen; so ist das eben be-
sprochene Suffix -nya (Nom. Sg. -nf) ausgegangen von /«-Stämmen
wie z. B. ind. rdjnt 'Königin' zu räjan. Aber vom spezifisch germ.
Standpunkt aus läßt sich der Ursprung der urgerm. konsonanti-
schen Suffixe nicht mehr erkennen; ihr Ursprung fällt in vorgerm.,
in die urindogerm. Zeit. Das Germanische bevorzugt konsonantische
Suffixe, da sie durch Auslautsgesetze nicht zerstört werden konnten;
vielfach fanden sich beide Typen im Germanischen nebenein-
ander: got. piwi 'Dienerin' 2sv<^s. peowen^ angls. mäge ahd. mägin,
got. fr ij 6 ndi 2ih(^. friuntin^ got. asilus ahd. esilin. Von Adjektiven
seien genannt: got. sunjis sunjeins^ ahd. war wärtn^ Höht Hehtzn,
angls. bldw blsewen) ferner ahd. werd wirdic^ reht rihtic\ desgl.
an Abstrakten: got. hauhei hauhipa^ mikilei mikildüps, managet
managdüps^ hlütrei hlütrißa, gaurei gauripa.
Weiterhin ist für das Germanische von Belang, zu konstatieren,
daß Suffixe mit Mittelvokal lebenskräftiger sind als solche ohne
Mittelvokal. So ist das -nt in ind. pdtnt rdjnt innerhalb des Ger-
manischen unfruchtbar im Vergleich zu der ablautenden Neben-
form -ent {-pnf germ. -unf) ; vgl. got. Saürini ahd. gutin kuningin
usw.; so ist ahd. -ado produktiv (Stammbildgsl. § 118), während
IX. Nominale Wortbildung. 223
das einfache -do -to (ahd. huos-td) tot ist ; das Abstraktsuffix idg.
-tä ist bei weitem nicht so zahlreich vertreten im Germanischen
wie das damit identische -etä (Stammbildgsl. § 120, 121).
§ 262. Suffixe mit Labialen fehlen im allgemeinen, abge-
sehen von dem ^«-Suffix, das unten § 292 a besprochen wird.
Jedenfalls gibt es produktive «^-Suffixe; vgl. ahd. kt-mo zu kinatty
sä-mo zu säjan^ wahsnio zu wahsan^ sct-nto zu sctnan^ gismagmo
zu smeckan\ vgl. noch angls. gli-ma slü-ma glö-nta si-ma leo-ma,
§ 263. Suffixe mit Gutturalen, k erscheint als Diminutiv
(§ 269) in got. ahaks angls. hafuc cornuc rudduc sowie in alten
Kosenamen wie burgund. Gibica. — Ein germ. Suffix -aha zeigt
sich in got. Adjektiven unbarnahs stainahs waürdahs, in denen
die Bedeutung 'versehen mit' für das Suffix zutage tritt. Dazu
stellen sich ahd. Kollektiva auf -ahi § 270. — Dieselbe Bedeutung
eignet dem damit identischen Suffix -aga in Adjektiven wie got.
gredags 'hungrig', ahd. bluotag 'blutig', muotag 'mutig' usw.
Ein erweitertes Suffix -inga -unga bildet Substantiva und zwar
a) maskuline Dynastiennamen wie Karolingi Merovingi Gund-
badingi\ Einwohnerbezeichnungen wie Wulpingi 'homines de
Wulpia' ZfdA. 2, 4; angls. Centingas Lindisfarnealondingas (Wanley
Catal. S. 252) Eoforwicingas\ lat.-germ. Northalbingi\ Patronymika
wie angls. [Hygeläc) Hrepling^ {Finn) Folcwalding^ [Wulf) Won-
reding 'Sohn des Hredel Folcwald Wonred'. — Nomina agentis
vgl. § 267.
b) Verbalabstrakta zu schwachen Verben, dem Gotischen fremd,
aber den übrigen Dialekten gemeinsam. Vgl. ahd. ladunga zu
ladön^ scouwunga zu scouwön und von -///^^-Bildungen die aus
dem Salfränkischen stammenden afrz. losenge 'Schmeichelei', haenge
'Haß', laidenge 'Kränkung', costenge (Diez Et. Wb. I 198). — Viel-
leicht hängt hiermit die Adverbialbildung auf -ingo (got. unweniggd
'unverhofft') § 292 c zusammen.
§ 264. Suffix mit Dentalen. / hat in Koseformen § 278 eine
diminutive Bedeutung. — Das auf idg. -ti beruhende Suffix -//
(got. gabaür-ßs gaqum-ps nau-ßs) resp. -di (got. de-ßs se-ßs
vgl. mahts lists) bildet Verbalabstrakta zu starken Verben; über
Zahlabstrakta unten § 302. — Germ, -ißa (aus -etä) bildet Adjektiv-
abstrakta wie got. hauhißa hlütrißa weihißa mildipa\ dazu stellen
sich aslav. vrazida 'Feindschaft' zu vragü 'Feind' (= got. wargißa
zu wargs\ finn. autio 'Einöde' (aus *außid6)^ mlat. höntha 'Schande'
(frz. honte) == ^i'&z.o^is.hönda^x^^X.. faida = zhd. fehida. Ein aus idg.
224 IX. Nominale Wortbildung.
'tu erweitertes germ. *-^/«- bildet Verbalabstrakta zu schwachen
Verben auf -<?« wie goi. gaunößus gabaürjöpus dingXs.huniad langaä.
— Das Suffix -da = idg. -to zur Bildung von Partizipien ist § 182
behandelt. — s im. Suffix ist lebendig nur in dem mit dem Suffix
-ödu verwandten Suffix -inassus in got. ßiudinassus hörinassus
gudjinassus drauhiinassus lekinassus.
Anmerkung. Über das idg. Superlativsuffix -tho, das auch für die Bildung der
Ordinalzahlen verwendet wird, vgl. § 287. 301.
n im Suffix zeigt sich in den Femininbildungen auf -z«/ wie
ahd. gutin friuntin esilin (§ 268), in primären «/-Abstrakten zu
starken Verben wie got. taikns siuns anabüsns usbeisns^ wozu sich
Abstrakta wie got. laiseins naiteins gameleins (sowie asächs. döpi
'Taufe', hrört 'Bewegung' und ahd. egt digt r^stt usw.) — ßulains
pahains — mitons frijöns zu schwachen Verben fügen.
Über die Suffixe -no und -ni zur Bildung von Partizipien und
Verbaladjektiven vgl. § 183 und 186.
Es erübrigt Suffix -tna-^ das Stoffadjektiva wie got. silubreins
gulpeins staineins und auch Adjektiva moralischer Bedeutung wie
got. sunj eins galaub eins pistikeins h\\dtt\ es wird zur Bildung der
Possessiva got. meins ßeins seins § 251 verwendet. Bei Substan-
tiven hat -tna nach § 269 diminutive Funktion : got. gumein qinein.
§ 265. Halbvokale im Suffix, -wa ist Adjektivsuffix für
einige Farbenadjektiva § 275. — -jan bildet denominative Nomina
agentis wie got.ßskja timrja kasja haürnja. — -ja bildet Adjektiv-
abstrakta wie got. hauhisti frumisti vgl. ahd. steinahi 'steinichte
Stelle' zu got. stainahs^ ist aber zumeist als Kompositionssuffix
§ 281 geläufig: got. gaskohi gawaürdi garüni andanahti faüra-
filli usw.
§ 266. Liquiden im Suffix: -ila bildet Nomina agentis (§ 267)
wie ahd. butil bitil tregil. — Für Nomina instrumentorum wie ahd.
slmnil zugil meinnil vermute ich germ. -ila für -ello -edlo = vorgerm.
-etlo, also germ. Grdf. skludetlö duketlö maidetlö (vgl. got. spill aus
vorgerm. sqetlö oben § 69). — Mit -ula werden die § 187 behan-
delten Verbaladjektiva der Neigung wie got. slahuls skapuls sakuls
an. gjp/u/l vpkiiit gebildet. — Das Lehnsuffix -drja ist § 19 behandelt.
§ 266b. Lehnbeziehungen. Im allgemeinen handelt es sich
innerhalb der germ. Wortbildungslehre im wesentlichen um ererbte
Typen der germ. Urzeit. Es muß hier jedoch noch ausdrücklich
hervorgehoben werden, daß die germ. Wortbildungstypen auch
fremdländischen Einfluß erfahren haben, anderseits darf hier aber
IX. Nominale Wortbildung. 225
auch noch ausdrücklich festgestellt werden, in welchem Umfang
germ. Wortbildungstypen auf Nachbarsprachen eingewirkt haben.
Mit den lat. Lehnworten der röm. Kaiserzeit stellten sich im
Anschluß an Lehnworte (asächs. muniteri lat. monetärius^ ahd.
mulinäri lat. tnolmärius) Neubildungen (§ 19) ein wie got. bokäreis
laisäreis liupäreis ntötäreis^ und dieser Typus ist im Westger-
manischen sehr fruchtbar geworden (beachte besonders angls.
fullere lat. ftillo^ cäsere lat. Caesar). Vom Germanischen aus drang
dann unser germ. Lehnsuffix ins Slavische, indem sich an Ent-
lehnungen wie aslav. mytari = got. mötäreis Neubildungen an-
schlössen wie Ukari 'Arzt' gegen got. lekeis., cisari 'Kaiser' gegen
got. kaisar. Wenn das Gotische hier für das Slavische maßgebend
geworden ist, so zeitigen auch got. Abstraktbildungen auf -ipa
wie diupißa hailipa weihipa Nachbildungen, indem etwa aslav.
vrazida 'Feindschaft' = got. wargißa (aslav. vragü = got. wargs)
Vorbild für die bei Leskien Gramm, d. altbulg. Sprache S. 86
verzeichneten aslav. Adjektivabstrakta/rÄZ^/öT^ 'Gerechtigkeit' und
krivtda 'Ungerechtigkeit' (zu den Adj. pravü 'recht' und krivü
'krumm, unrecht') geworden ist. Aber die aus dem Salfränkischen
ins Altfranzösische übernommenen /;/^«-Abstrakta afrz. kaenge
*Haß', losenge 'Schmeichelei', laidenge 'Kränkung' usw. (§ 263 b),
sind im Französischen kaum je produktiv geworden.
Kap. 54b. Bedeutung der Suffixe.
§ 267. Nomina agentis werden nach § 259 auf -« gebildet
wie ahd. boto zu biotan\ öfters auf -jan § 265 wie angls. scyifa
ahd. scuszeo zu scman; gleiches gilt von denominativen Bildungen
wie got. s/>ii/a 'Bote' zu spzll oder angls. ßjma 'Flüchtling' zu
ße'am 'Flucht', got. ßskj'a 'Fischer' zu ßs^s, gudja 'Priester' zu
gup. Für Denominativa, die komponiert sind, gilt im Gotischen
germ.y^-Suffix wie in gupblöstreis 'Opferer' zu *bl6str, faüramaßleis
'Vorsteher' zu mapl (fatiramapli). — Dem Gotischen fremd, aber
dem Nordisch-Westgermanischen geläufig ist -il wie in ahd. bitil
'Werber', tribil 'Treiber', fragil 'Träger' und -ing wie in angls.
flyming 'Flüchtling'. Das jüngste Suffix für Nomina agentis ist
das § 19 behandelte lat. Lehnsuffix -ärius.
§ 268. Durch Motion werden Feminina aus Maskulinen ge-
bildet und zwar nach § 258 auf -jo wie in got. ßiwi mawi frijöndi
zu pius magus frijönds, dann auf -injd wie got. Saürini 'Syrierin' ;
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 1$
226 IX. Nominale Wortbildung.
älteste Beispiele in der Römerzeit Matronennamen wie Chaimineae
Chathuf rafineae Mahlineae Vacalineae Ansericeneae Ulauhineae
Cuchineae usw. — Eine andere Bildung zeigen ^«-Feminina
neben ^«-Maskulinen wie got. swaihrö neben swaihra, garaznö
neben garazna, arbjö neben arbja. — Dem älteren Angelsächsischen
eignet Suffix -icge (eigtl. -iagia in AlaesiagiaT) z. B. in dryicge
neben dry, hunticge neben hunta und -istrce in sangestre webbestre.
§ 269. Diminution ist mit verschiedenen Suffixen verbunden:
a) / ist charakteristischer Konsonant in got. Attila 'Väterchen',
mawilö 'Mädchen', barnilö 'Kindchen', magula 'Knäbchen'.
b) Suffix -tna^ das Junge oder Kleine von Lebewesen bezeichnend :
ahd. gemin^ fulin 'Füllen', gamastn murmunttn zikktn^ dazu alt-
noT^. yxin Liden IF. 19, 341.
c) -inkltn in ahd. huoninklin esilinklin eninkltn usw.
d) -ing-ling in a.n.yrmängr'k\. Schlange', w/,f//«§-r 'Mäuschen' usw.
e) k als charakteristischer Konsonant in Vogelnamen: got. ahaks,
angls. hafoc cornoc und rttddoc.
§ 270. Kollektiva. Die verbreitetste Bildung mit /^-Suffix
und^Ä-Präfix vgl. § 283. Im Althochdeutschen existieren Kollek-
tiva auf -ahi^ eine Örtlichkeit bezeichnend, wo ein bestimmter
Baum oder Strauch usw. reichlich wächst: ahd. eihhahi boumahi
riotahibinmahi -^isvj.; ferner Kollektiva auf -fö'/; vgl. ahd. gzswzstrfde
(asächs. gisustritkt), ahd. pfeittdi 'Kleider', juhhtdi 'Gespann'. —
Über suffixlose Kollektiva wie angls. gebrödru gedohtru vgl. § 283.
§ 271. Patronymika werden germ. auf -ing gebildet: angls.
Wödening 'Sohn des Wöden', Hreßling 'Sohn des Hredel' ; vgl. § 263.
§ 272. Verbalabstrakta. Zu den § 256. 257 aufgeführten
Flexionstypen treten die idg. Suffixe -ii und -ni § 264 für Wurzel-
verba. Für abgeleitete Verba zeigt sich -// kaum, wohl aber -ni
(in got. salböns naseins ga-höbains). Im Westgermanischen überwiegt
-öpu und -unga für Abstrakta zu schw. Verben (ahd. scouwdd —
scouwunga^ opfaröd — opfarunga).
§ 273. Nominalabstrakta. Von Substantivierungen abge-
sehen, kommen neutrale /^-Bildungen für Substantivabstrakta wie
got. reiki neben reiks^ andbahti neben andbahts^ ßiubi neben piubs,
wadi nehen\2.\.. vas Gen. vadis in Betracht; dann Adjektivabstrakta
auf -in wie got. braidei diupei managei hauhei mikilei gödei § 261,
und die /^^-Bildung wie got. diupipa mildipa weihipa § 264.
§ 274. Stoffadjektiva, die in lat. aureus argenteus gr. xp^CTeog
eine andere Bildung haben, bildet das Germanische auf -?«« ; vgl.
IX. Nominale Wortbildung. 227
got. eisarneins gtUßeins silubreins usw. Die damit verwandten
Bildungen der Possessiva got. meins ßeins seins (§ 251) gehören
zu lat. Bildungen wie dtvtnus femininus lupinus taurtnus.
§275. Farbenadjektiva werden auf -wa gebildet: ahd. gräo
bläo angls. haso baso usw. ; vgl. lat. helvus gilvus fulvus flavus
sowie ind. gyävä- 'braun' — aslav. sivü 'grau' und aslav. slavo
neben ahd. salo^ lat. helvus lit. zelvas neben ahd. gelo^ lit. pälvas
2iS\zM. plavo neben ahd./^^/ö und lat. flavus kelt. blavo neben ahd.
bläo. Sekundäre Farbenadjektiva enden auf -tna\ angls. wäden
hxwen ahd. weitin tüsin losctn.
§ 276. Adjektiva der Abstammung bilden die altgerm.
Sprachen auf -iska wie in got. judaiwisks fpnikisks ahd. frenkisc
angls. wylisc denisc\ vgl. aslav. rumiskü 'römisch', X\\.. prusiskas
'preußisch*.
Kap. 55. Kompositionssuffixe.
§ 277. Wir bezeichnen hiermit ursprüngliche Kompositionen,
deren zweite Elemente zu Suffixen geworden sind. Die Ent-
stehung solcher Suffixe aus selbständigen Worten hat wohl den
germ. Akzent zur Voraussetzung : so lange der variable idg. Akzent
herrschte, konnte wohl kaum ein selbständiges Wort Suffix werden,
und wir vermissen diesen Kompositionstypus daher auch in den
älteren Stufen der meisten idg. Sprachen. Und innerhalb des Ger-
manischen nehmen diese Bildungen zusehends mehr und mehr
Raum ein. Aus der Römerzeit, für welche der spezifisch germ.
Akzent bereits gegolten hat, ist -varii als Völkernamensuffix über-
liefert: Amsivarii Chasuarii Chattuarii^ auch Ripuarii (zu lat. rtpa
'Ufer') = ahd. Riphera Ahd. Gl. III 132, 37 (dazu der rhein. Orts-
name Reiffers cheid)\ vgl. auch angls. burgware Römware = ahd.
burgära Römära (Beitr. 12, 379); das -varii ist als Simplex im
Germanischen unbezeugt.
Das Gotische hat bei weitem nicht so viel Kompositionssuffixe
wie das Westgermanische. Das westgerm. -haid als Suffix (ahd.
manheit angls. wifhäd Zimmer ZfdA. 19, 415) erscheint im Goti-
schen nur als selbständiges haidus\ das westgerm. -dorn (ahd.
meistartuom asächs. kesurdöm angls. biscopdöm an. jarldömr) ist
auch als Suffix dem Gotischen fremd; gleiches gilt von den Ab-
straktsuffixen -skapi (an. vinskapr angls. friondscipe ahd. friunt-
skaf) und -skaftu. Von den später so verbreiteten adjektivischen
Kompositionsbildungen finden sich im Gotischen nur erst Ansätze für
15*
228 IX. Nominale Wortbildung.
-Hka {wairaleiks laßaleiks sildaleiks) und -sams (lustusams). Danach
ergibt sich, daß gemeingerm. die Kompositionsbildungen erst in
ihren Anfängen waren. Die jüngeren Perioden zeigen in stei-
gendem Maße die Verwendung selbständiger Worte als Suffixe;
diese gehören daher wesentlich in die Geschichte der Ausbildung
der einzelnen Dialekte.
Kap. 56. Koseformen.
§ 278. Wir müssen hier darauf verzichten, das Gebiet der
Eigennamen zu betreten, in dem die Koseformen eine große Rolle
spielen. Hier sollen nur sonstige Bildungen von mutmaßlich ur-
germ. Alter vorgeführt werden ; freilich ist nur die Lautform das
Kriterium, auf das wir den Verdacht auf Kosebildung gründen:
meist sind Geminationserscheinungen der Anhaltspunkt. Germ.
appon- (got. attd) scheint Koseform zu idg. pater, andd. *m6na
(auch ahd. muoia) zu germ. möder- zu sein ; ahd. muoma 'Tante'
ist Kurzform zu angls. mödrie\ angls. fapu 'Tante' scheint für
*fapor-swesd 'Vaterschwester' zu stehen, wie ahd. basa nach Bugge
Beitr. 13, 175 auf *badurswesö 'Vaterschwester' zurückgeht (auch
ahd. wasa scheint damit identisch); über solche Bildungen zu
Verwandtschaftsworten vgl. Bugge Beitr. 13, 175. In Betracht
kommen noch ahd. gotto = angls. godfceder^ wohl auch ahd. eid-um
angls. dP'Um (zu Eid) im Vergleich mit engl, brother-in-law.
Noch scheinen einige Kurzformen von Tiernamen hierher zu
gehören: angls. crabba zu ahd. krebin} mhd. wanze = wantlüs}
nhd. Spatz zu Sperling} ahd. snecco zu angls. sncEgel} angls. frogga
zu hd. frosch. So dürfte an. valr abgekürzt sein aus angls. wealh-
hafoc^ und ahd. heimo erweckt den Verdacht ähnlicher Abkürzung.
Hierher ahd. hunno = got. hundafaps ind. faia-patis}
Kap. 57. Komposition.
Die Fähigkeit der Wortzusammensetzung war gemeinindoger-
manisch. Aber die Festigkeit von altgerm. Kompositis ergibt sich
sowohl aus der Fülle von Eigennamen, die in der Antike als
germanisch überliefert sind {Segimerus Langobardi Scadinavia Asci-
burgiuni)^ als auch aus der Übernahme von festen germ. Kompo-
sitis in die Nachbarsprachen; vgl. lat. carrago 'Wagenburg' aus
germ. carr-hagö (vgl. angls. bordhaga 'Schildburg'); finn. napa-
kaira 'Bohrer' = ahd. naba-ger\ finn. marha-minta 'Pferderiemen'
IX. Nominale Wortbildung. 229
zu ahd. mindal aus ^minpla- (angls. midi) ; aslav. vrütogradü 'Garten*
aus gut. *aürta-garda- (überliefert ist atirti-gardi-)\ aslav. gos-
podf 'Herr' = got. *gast-/aßs (urverwandt mit lat. hospes aus *kosti-
potis) ; aslav. useregü 'Ohrring' = got. '^ausa-hriggs. Im Altroma-
nischen zeigt sich frühmlat. haribergum = ital. albergo und mlat.
mariscalats (ital. mariscalcd) = germ. marh-skalk. — Aus der
Sprache der ältesten Runeninschriften lassen sich hagu-staldaz
und witada-hlaibe nachweisen.
§ 279. Zahlreiche Komposita zeigen als Stammform im ersten
Kompositionselement eine andere Form als im Simplex; vgl. got.
midjun-gards zu ntidja- (ind. madhydmdina zu mädhya-})\ got.
ala(-mans^ -brunsts) zu alls\ mana('Seßs) gegen got. mann- (aus
*WÄ«ze;-) ahd. mana-houbit \ ebenso ahd. khunawithi got. kuna(-wida)
'Fessel' zu idg. gonu gdnu 'Knie' ? im Heliand steht überwiegend
himil : h'ebankuning.
Wieweit der Stammvokal {a i u) in der Kompositionsfuge ur-
germ. und urwestgerm. erhalten geblieben ist, dafür ist oben § 222
zu vergleichen. Innerhalb der literarischen Überlieferung seien
hier einige auffällige Erscheinungen aus dem Westgermanischen
erwähnt. Umgelautete Adjektiva treten als erste Kompositions-
glieder umlautslos auf in mhd. bös-heit kuon-heit trdc-heit zu boese
küene trcEge. Alte adjektivische «-Stämme, die ja im Westgerma-
nischen in y^-Stämme übergehen, haben im Urwestgermanischen
in der Kompositionsfuge noch das alte u gehabt; daher zeigen
sich Spuren von Rückumlaut: angls. swete aber swötstenc, ^nge
aber angsum^ asächs. ^dili aber adal-kunni.
Genitive als erste Kompositionsglieder sind urgerm. selten; in
Betracht kommen als früheste Schöpfungen die dem Lateinischen
nachgebildeten Benennungen der Wochentage wie ahd. Donarestac
angls. Wödnesdceg (ihr Alter s. § 12); vgl. noch got. baürgs-
waddjus\ aus dem Althochdeutschen gehören wohl hierher mit
Genitiven der «-Deklination lihhin-amo erin-grion (letzteres zu aro
vgl. angls. earngeat) ; mhd. fncEntac\io\A auch aus ^mdnintac {Lunae
dies) sowie sün-giht sünne-wende (aus *sunnin-).
Über die im Westgermanischen auftretenden Kompositionen,
die auf ursprünglicher Juxtaposition beruhen (angls. feowertig
ahd. fiorzug gegen got. fidwör tigjtis)^ vgl. die § 99 — 100 aufge-
führten Materialien.
Dunkel ist die Behandlung alter neutraler os- ^j-Stämmc in der
Komposition. Ein beweiskräftiges Zeugnis gibt germ. ßüs-hund
230 IX. Nominale Wortbildung.
'looo' = aslav. tys^Sia zu idg. iüs (ind. tavds- tuviS-) nach Bugge
ßeitr. 13, 327. Sonst kann got. j/^^/Wöw« alten Typus aufweisen;
desgl. angls. eeger-geolu zu äg, aber auffällig angls. hriphyrde zu
hryper.
Wenn wir von den durch die oben § 79 behandelte Lautver-
schiebung bedingten Kompositionselementen, soweit sie von
den Simplicibus abweichen, hier absehen, finden wir im ersten
Gliede alte Ablautsformen innerhalb des Indogermanischen; vgl.
angls. ncEspyrel ncBsgristle (gebildet wie lat. nas-turtium) zu nosu ;
an. ik-orne zu eik\ zu ahd. mdno (aus idg. menot) 'Mond' ge-
hört ahd. ntAnod-siuh angls. mönap-seoc, -fallen. Von dem alten
idg. Stamm ghom 'Land' haben sich asächs. gam-bra und gam-ban
'Steuer* als Komposita erhalten. Zu germ. augö"^ 'Auge', das durch
Anlehnung an germ. auzö'"^ 'Ohr' aus idg. oqen- entstanden ist,
gilt als erstes Kompositionsglied eine Form germ. awi- (aus
*a^wz- Kögel Litt.-Bl. 8, iio) in ahd. awi-zoraht ouzoraht. Zu
germ. auz6'>^ gehört wohl auch eine germ. Nebenform auzi- ausi-
(lat. auris\ welche Leskien in dem entlehnten aslav. use-regü
'Ohrring' vermutet. Zu angls. sulh vgl. die Nebenform swulh-
in kent. swulung (aus "^swulhlong) vgl. gr. auXaH (Sweet Anglia 3,
151). Zu idg. US- aus- usrä- ausrä- usw. 'Morgenröte' (angls. EostrcB
bei Beda) gehört angls. earendel 'Morgenstern' = ahd. Ör-{w)entil.
Der idg. Stamm n&w 'Schiff' erscheint als erstes Kompositions-
element in an. nau-st 'Schiffsstation' (vgl. ahd. ewi-st 'Schafstall'
und ind. gö-sthä- 'Kuhstall' § 280).
§ 280. Das Altgermanische bewahrt manche uralte Komposita,
welche in jüngerer Zeit das Aussehen von Zusammensetzungen
verloren und das Aussehen abgeleiteter Primitiva angenommen
haben, i) Ist die lautgesetzliche Zerstörung des ursprünglichen
Lautcharakters des zweiten Kompositionselementes die Ursache
der Verdunkelung der alten Komposition ; vgl. got. püsundi nach
§ 300 aus "^ßüs-hundi = /^^-/^^i^z// 'Vielhundertheit'* ein Primitivum
germ. sta- 'Standort' (ind. gö-sthd- 'Kuhstall') steckt nach Pott in
ahd. ewi-st 'Schafstall' (aus *awi-sta-) und nach Bezzenberger in
an. nau-st 'Bootsschuppen' (aus idg. "^nau-sta-) zu an. nör ind. ndus
(Schmidt Pluralbldg. S. 346). Außer jüngeren Fällen wie ahd.
wurzala gegen angls. wyrt-walu^ ahd. burgära Römdra gegen
angls. burgware Römware bleibt für lautgesetzliche Störungen alter
Kompositionsformen auf Beitr. 12, 378 zu verweisen. 2) Kann das
Aussterben altererbter Simplicia die Verdunkelung der Komposita
IX. Nominale Wortbildung. 231
bedingen; dazu kommt meist, daß der Ausgang der Zusammen-
setzungen an bekannte Suffixe erinnert; so hat Schweizer-Sidler
KZs. 2, 367 das got. sin-teins 'täglich', worin das Sprachgefühl
leicht das bekannte Ableitungssuffix -eins vermuten konnte, mit
Recht dem ind. dina- aslav. dini 'Tag' gleichgestellt, das im Ur-
germanischen verloren ging; vgl. an. ga-mall (aus ^^gd-mdl) 'be-
jahrt' (eigtl. 'bezeitet') zu got. mel 'Zeit'. So dürfen auch an.
ga-ntan (vgl. ein-man), got. fazr-ina (vgl. inilo) eigtl. Komposita sein.
§ 281. Nur einen Punkt will ich hier noch zur Sprache bringen,
der im Germanischen eine gewisse Bedeutung hat, ohne im Indi-
schen zutage zu treten; doch stimmt das Germanische in diesem
Punkte mit dem Latein überein.
Es werden nämlich im Altgermanischen gern zweite Komposi-
tionsglieder durch Flexionstypen ausgezeichnet, die den Simpli-
cibus fehlen. Zu germ. bürg- gehören Quadri- Asci-burgium —
ein urgerm. Prinzip, für Konkreta ja- mit neutralem Genus als
Kompositionssuffix anzuwenden (lat. jugum : conjugium, fun-
dus : latifundium^ verbum : proverbium^ mürus : pomoerium, annus :
biennium,nox:aequinoctium gr. jLiecrovuKTlOV) ; vgl. got. aßn : at-aßniy
nahts : andanahti\ angls. gedr : missere ZfdA. 13, 576; ahd. uro:
müs-ari sparw-ari^ hdr : scäp(k)äri, weg : altwicki, sunna : drisunni,
wtg : einwtgi\ daher auch got. gaskalki 'Mitknecht'; vgl. mlat.
faldistölium 'Fauteuil' zu stöl 'Stuhl'.
Ein anderes Kompositionssuffix ist -n- (d. h. schwache Dekli-
nation): an. hamr aber likame^ angls. pdd aber hop-pdda^ ping
aber intinga (aus "^incpingd) ahd. gidingo\ angls. trum zb&v zvyrt-
truma, ahd. frosi aber gruntfrosio^ an. stafr aber rddstafe^ ahd.
iac aber suonatago (sogar Christ aber Antichristo Musp.); got. leik
aber manleika^ daür aber augadaüro^ auch angls. eastanwinda
neben wind und angls. ongnora 'Enge der Nase zwischen den
beiden Augen' zu nosu 'Nase'.
Feminine ;<;-Bildung zeigen got. piudangardi F. zu gards und
püs(h)undi F. zu hund Bugge Beitr. 13, 327.
Komposita, die auf Adjektiva ausgehen, nehmen in derselben
Weise /«-Bildung am Wortende an; auch adjektivische Bahuvrihi-
Bildungen (vgl. lat. animus — exanimis, somnus — exsomnis, arnta—
semiermis). a) ahd. zürwäri mitiwäri zu germ. wera- 'wahr' (lat.
verus)\ angls. seienge zu long (lat. longus)\ ahd. gitriuwi zu got.
triggwa-\ mit grammatischem Wechsel gehören hierher angls. wö«/-
wsere (ahd. man-dwärt) und gelenge zu a.ng\s. ßwäes töh. b) Bahuvrihi-
232 IX. Nominale Wortbildung.
Adjektiva sind ahd. frömuoti diomuoti zu muot^ an. bld-eygr zu
auga^ angls. fyperfite zu föt^ ortydre zu tüddor, got. ingardeis
ufaißeis (oder ingards ufaißs) zu *garda- aipa-. Sonst begegnen
auch zahlreiche Bahuvrihi-Komposita ohne ja-(i-ySvS.^yi wie angls.
eapmöd fyperföt orsorh. — Das Gotische hat \mY)^\'g\x fidurdögSy
eine Ablautsform zu dags.
§ 282. Von den idg. Kompositionsarten sind am frühesten die
Additionskomposita ausgestorben; erhalten geblieben sind nur
Zahlen wie %o\.. fidwörtaihun fimftaihun '14, 15' (lat. undecim gr.
buJÖeKa usw.); dazu noch je einmal belegte asächs. gisunfader
angls. suhtergefcederan äßumswerian (Verwandtschaftsdvandva sind
altgerm. ersetzt durch Bildungen wie an. fedgar mckdgar fedgen
mcedgen systken\ vgl. got. fadrein berusjos). Eigennamen wie Angli-
saxones angls. Weder-Geatas sind erst jungen Datums ; vgl. Storch,
Angls. Nominalkomp. S. 5.
Völlig fremd sind dem Urgermanischen Komposita wie ind.
mandäd-vira- 'Männer erfreuend', es sei denn, daß die von Falck
Beitr. 14, 42 behandelten altnord. Komposita doch uralt wären.
— Alte Avyayibhäva wie ind. yathävagäm sind bei der Lehre
vom Akzent Kap. 21 § 97 zur Sprache gekommen. — Sonst kennt
das Germanische alle Kompositionsarten, die auch in den ver-
wandten idg. Sprachen vorkommen, i) Bahuvrihi- Adjektiva wie
got. hauh-hairts 'hochmütig', hrainja-hairts 'reinherzig', lausa-
waürds laus-handus laus-qiprs twalibwintrus \ got. unlefs eigtl.
'besitzlos', unwamms 'fleckenlos'. 2) Tatpurusa sind sehr gewöhn-
lich : got. fötu-baürd fötu-bandi gudhüs gußblöstreis manamaür-
prja manasips matibalgs usw. ; mit Flexion im ersten Kompositions-
element vgl. got. baürgswaddjus. 3) Urgerm. Karmadhäraya sind
— wenn man von der Komposition mit Präfixen absieht — nicht
sehr zahlreich gewesen; erst mit dem Westgermanischen treten
sie wirksam auf, scheinen also jüngeren Ursprungs zu sein, indem
sie durch sekundäre Zusammenrückung unter dem Einfluß des
Satzakzents entstanden sein können (oben § 100): asächs. aldfader
lösword ahd. jungfrouwa quecbrunno u. a. Eine auffällige Zu-
sammensetzung zweier Substantiva (nach Art des nhd. Königin-
mutter gr. XuKctvOpuJTTG^ iaTp6|uavTi(;) scheint in got. piu-magus
angls. frea-dryhten wine-dryhten peow-mon wif-mon ahd. gom-man
tkegan-kind zu stecken ; angls. carlfugel cwenfugel hysecild heortbucca
vgl. Storch, Angls. Nominalkomposita S. 9. 16. Ähnlich ist wohl das
Adjektiv asächs. widbred zu beurteilen; auch angls. earmcearig>
IX. Nominale Wortbildung. 233
Kap. 57b. Nominalpräfixe.
§ 283. Das Germanische verwendet eine Fülle von Präfixen
in der Wortbildung; die Mehrzahl derselben sind zugleich Verbal-
präfixe. Nur wenige sind ausschließlich nominal. Wir ordnen sie
alphabetisch.
Ä ein westgerm. Nominalpräfix (= got. idg. *^), der Verbal-
komposition wohl fremd. Es zeigt sich
i) in Substantiven mit privativer Bedeutung wie ahd. ä-maht^
mhd. ä-kraft 'Ohnmacht', mhd. ä-smac 'schlechter Geschmack', ahd.
ä-kust 'Schlechtigkeit' (Ggs. angls. cyst 'Vortrefflichkeit'), ä-wizzi
'Unverstand', ä-g'en 'Vergessenheit' (vgl. noch angls. se-mynd). Als
Verstärkung im üblen Sinne beachte ahd. ä-swik 'Betrug', ä-bulgi
'Neid' und angls. se-ßrytt 'Verdruß'.
2) in Substantiven mit der Bedeutung 'Abfall, Schmutz, Über-
bleibsel, Wertloses' wie ahd. äkambi angls. dcumba^ ahd. äswing
äsweif äscröt äfihili äleiba, angls. secyrf 6ewyrp (= ahd. ä-werf)
stscedäa^ ahd. ä-fermt 'Unreinigkeit' angls. eefyrmd\ hierher wohl
auch ahd. ä-mad 'Öhmd, Grummet', auch äwahst 'Unkraut'. Unklar
ist ahd. ä'Weistn 'cadaver' (zu ahd. weisunt 'Luftröhre' = angls.
wdsend wsbsend engl, weasand 'Luftröhre'.?).
3) in Substantiven wie angls. se-rist 're-surrectio', ahd. ä-mad
'Öhmd, Grummet' eigtl. 'Wiedermahd' mit der Bedeutung 'wieder' }
Dazu angls. se-spryng se-wylm 'Urquell' ahd. ä-dank.
4) in Adjektiven mit Privativbedeutung: angls. ämöd 'amens',
ae-wsede 'unbekleidet', Pfeile 'ohne Fell', eecnösle 'degener, ignobilis',
xgylde 'unbestraft', sewene 'hoffnungslos', Ernenne 'menschenleer',
semelle 'unschmackhaft', semyrce 'egregius', äblsece sthiwe^ ahd.
a-faro 'farblos', ahd. äwicki 'weglos', äieilo 'unteilhaftig', äherzi
'excors', mhd. äschaffen 'ungestalt'; ahd. <J-jf <?rn 'disseptus' ; lango-
bard. a-ww«^ 'schutzlos'; eigenartig ist angls. ^-/^«^^ 'langweilig,
verdrießlich'. Alt ist angls. seswind 'iners' neben swide aus swinp-^
dunkel ahd. äriup 'grausam'.
Anmerkung. Verbal wäre zu beachten angls. d-risan zu ce-rist\ angls. dbylgd
zu dbelgan; SiXigls, dca/an neben ck-celma 'Frostbeule' und angls. dsendan neben
a-rende 'Botschaft'; ahd. äg'eg ädank zu angls. dgitan dpencean.
AB [ab^ hat in Adjektiven Privativbedeutung: got. afguds 'gottlos',
afhaims 'nicht daheim, abwesend', an. aflinta 'gliedlos', angls.
afhende 'abhanden'; angls. cefgrynde ahd. abagrunti scheint aus
einem Adjektiv gebildet.
234 I^- Nominale Wortbildung.
Es ist Verbalpräfix in angls. ofdyncan mit csfdonca 'Neid',
ofunnan mit cEf-est ahd. abanst 'Neid', ahd. dblä^ zu ob-lässan;
angls. {Bfwyrdla = an. auvisle Arkiv 5, 120. Unklar ist ahd. abgot.
Zur hd. Lautgestalt des unbetonten ab- beachte einerseits ahd.
ob-lä33(^n^ anderseits das Verhältnis von ahd. (ir)barmen und
(ir)bunnan zu angls. of-earmian und of-unnan sowie das auf af-
weisende mndd. ent-varmen 'erbarmen'. Dazu noch angls. blinnan
für eigtl. *ab-linnan (ZfdW. VIII 29).
ADA in ahd. atahaft 'continuus' .?>
AFAR als Präfix wie als Präposition im Got. 'nach' bedeutend:
a) in den Verben afargaggan afarlaistjan 'nachfolgen', b) in den
Substantiven afardags 'folgender Tag', afarsabbatus 'Nachsabbat'.
Im Althochdeutschen ist es Nominalpräfix in avarUra avarburt
avarhäcco avarsprähha avarsturz und im Adjektivum avarkalawer.
ANA ist im Gotischen Verbalpräfix in anabiudan anafilhan ana-
qipan mit den Verbalabstrakten anabüsns anafilh anaqiss\ vgl.
anamahts anaminds und die Verbaladjektive analaugns 'verborgen',
anasiuns 'sichtbar'.
Die Bedeutung des Präfixes im Gotischen ist Verstärkung wie
in anabiudan anafilhan anakumbjan anahneiwan anaprafstjan.
ANDA ist im Gotischen Nominalpräfix mit der verbalen Neben-
form and\ vgl. andanumts-andanems zu andniman^ andahait zu
andhaitan^ andabeit zu andbeitan, andahafts zu andhafjan. Ent-
sprechend angls. ondgit zu ongitan, ondsacu zu onsacan ; vgl. angls.
ondleofen i^andalibains) mit got. andawizns, ahd, antläs zu inilä^nan^
antsegida zu intsagen. Auch im deverbativen Nomen agentis zeigt
sich anda- (vgl. got. andastapjis andastaua angls. andsaca 'Wider-
sacher') und in Verbaladjektiven got. andaseis andanems ahd.
antfengi antlänn^c antsänntc. — Über die Lautgestalt des Präfixes
s. § 86.
Die Grundbedeutung ist 'gegen, wider'; vgl. got. andalauni
'Gegenlohn' ; die Bedeutung 'Antwort' zeigen got. andahafts anda-
waurdi ahd. antwurti antlengl angls. andswaru asächs. antswdr\
Worte mit der Bedeutung 'Gesicht' (eigtl. 'Gegenblick'?) sind got.
andawleizn andaugi angls. ondwlita ahd. antluzzi antlutti. — Zeitlich
wird anda- mit der Bedeutung eines Paralleltermins gebraucht in
ahd. ant-tago 'Gegentag der nächsten Woche' (vgl. Schade Ad.
Wb. I 21) und in angls. (Beow. 219) and-tid 'Gegenzeit am folgen-
den Tage' (aber in got. andanahti 'Abend' eigtl. 'Vornacht'
schimmert noch die Bedeutung von lat. ante durch). — Einige
IX. Nominale Wortbildung. 235
Adjektiva zeigen anda- wie ahd. antfahs angls. ondfeax^ angls.
ondwrdd ondwis ondlong.
AT (= lat. ad) zunächst Präposition ; es erscheint als Verbalpräfix
gemeingermanisch in got. ataugjan angls. cEtywan asächs. tögian
ahd. zoucken 'zeigen'; sonst ist es verbal im Althochdeutschen
unbezeugt.
Seine Bedeutung ist 'hinzu, herbei' in got. atbairan atgaggan
atgiban athaitan atstandan attiuhan aiw6pjan\ vgl. noch die got.
Verbalabstrakta atgaggs und atwitains\ ferner angls. cEtfeng =
ahd. a^fengi (Gl. Jun.) 'Anfang', angls. cBtsteall 'Ansturm', csthrine
cEthlyp. An Verbaladjektiven vgl. angls. cBtgräpe. Isoliert ist ahd.
a^ger angls. cetgdr [cEtgfere) 'Lanze', got. at-apni 'Jahr' = apn\
hierher das dunkle ahd. annasi 'Gerät'.?
BA in got. ba-rüsnjan 'verehren'.?
Bi hat als Verbalpräfix die Bedeutung 'um, herum' in got.
bibindan bigairdan bigraban bismeitan bisitan biwindan usw. ; auch
in got. bi'Sunjane Beitr. X 444. Meist ist im Nomen die sinn-
liche Bedeutung verblaßt: ahd. bisprähha 'Verleumdung', biswih
'Betrug', bi-smer 'Spott' usw.
Beim Verb hat bi Privativbedeutung in angls. beheafdian 'ent-
haupten', beyrfeweardian 'enterben', daher angls. befeallen behroren
bedroren 'beraubt'.
Dis dem Gotischen eigen, den übrigen germ. Sprachen fremd,
vielleicht aus lat. dis entlehnt; als selbständige Präposition un-
bezeugt; nur Verbalpartikel, a) Bedeutung des Scheidens, daher
gern mit Verben des Scheidens verbunden : disdailjan 'verteilen',
dishniupan 'zerreißen', distairan 'zerreißen', distahjan 'zerstreuen',
diswilwan diswinpjan. Auch ein Verbalabstraktum dis-wiss 'Auf-
lösung' zu "^dis-widan. b) Bedeutung des Bewältigens (= lat. ob-
nhd. be-)'. dtsdriusan 'befallen', dishaban 'behalten', dissitan 'er-
greifen' (alle transitiv mit dem Subjekt »Furcht, Staunen«).
DU ausschließlich got. Verbalpräfix, mit der Präposition du
identisch: duginnan duwakan durinnan duginnan.
EB in got. ibdalja 'Tal' (umgedeutet ahd. ebantat) und nach
Sievers Angls. Gr. § 43 Anm. 4 auch in angls. eofot 'Schuld'
(got. *ib-hait) und eobolsian (eigtl. ^ef-hälsian)^ efdyne 'Abhang';
auch in ahd. eba-hewi angls. if(h)ig 'Efeu' (got. *ibhauja-)}
ED mit den Nebenformen ida — ahd. i^a, mit grammatischem
Wechsel sporadisch angls. ep ahd. /M, wohl mit lat. itetum ver-
wandt und 'wieder, nochmals' bedeutend.
236 IX. Nominale Wortbildung.
1) Adjektivpräfix; vgl. ahd. itniuwi angls. edniowe {t^knmwilsid.)^
ahd. itboran 'wiedergeboren', angls. edcucu 'wieder lebendig',
edgeong 'wieder jung' ; aber an. idgnögr 'reichlich', angls. edmsele
ahd. itamdli 'festlich' lassen die Bedeutung des Präfixes dunkel.
2) Substantivpräfix: angls. edle'an ahd. italön, an. idgjgld 'Er-
satz', got. id-reiga 'Reue' (gebildet wie altir. aithrige 'Reue' mit
Präfix aith 'wieder'), angls. ed-roc 'das Wiederkauen' ; ahd. itwdgi
angls. edwealla edwylle edwinde 'Strudel'; angls. edcwide edgift
edhwyrft edwenden edsceaft edcyrr edwyrping edlsecung edcenning
edpingung. Übereinstimmend, aber mit unklarer Bedeutung des
Präfixes got. idweit angls. edwit ahd. itawts afries. ethwit 'Schimpf,
Schmach'; dunkel auch ahd. itgart (Gl. III 532) 'saeculum', itslaht
(Schlettst. Gl. 26, 44), itgruod 'recidiva febris'. Vgl. noch mndd.
etgrode 'Ohmd' mndl. etgras fries. ethgrow ethmel etwit. Die Verba
got. idreigon^ angls. edrocian (= ahd. itarucchen)^ ahd. itaniuwön
sind denominativ; unklar ist die Lautform des Präfixes in asächs.
iduglönön (etwa für '^idu-galaunönt).
FI in got. fi-Hgri N. 'Versteck' {ligrja- ist Kompositionsform
zu ligra-).
FiR Nominalpräfix in got. fairweitl 'Schauspiel', angls. fyrwet
'Neugier', ahd. firiwizzi 'Wunder' ; zweifelhaft ob got. fair-ina
'Beschuldigung, Ursache' zu inilö 'Entschuldigung, Anlaß' (KZs.
XXVI 84); auch 2Xidid. fer-kal 'Riegel' ist dunkel. Verbalpräfix
in got. fairgreipan fairhaitan "^fairlaistjan (in unfairlaistips)
fairrinnan fairwaürkjan fairweitjan.
FOLLA in got. fullafahjan fullaweisjan fullafrapjan^ ahd. folla-
ziohan. Nominalpräfix westgerm. in angls. ful-tum (aus "^ful-team
Sweet Angl. III 151), dihd. fol-i eist 'Hülfe'. Denominativ scheint
zu sein angls. fulwian 'taufen' {^fullawihjan) aus ful + wih 'heilig'
Ehrismann Germ. 37, 435.
FRA hat im Gotischen die Bedeutung i) 'weg, fort' m frabugjan
fradailjan fragiban fraletan ; vgl. ahd. freidi asächs. frethi{g)
'profugus, defugus' ; und 2) 'geringschätzig, übel' als Verbalpräfix
in fraqipan frakunnan frawaurkjan frawilwan ; daher pleonastisch
in Verben mit übler Bedeutung wie fralewjan fraqistjan. Her-
gehörige Verbalabstrakta sind ahd. (Notk.-Boeth.) /;-«;/«/ 'Sünde',
frawds 'anathema', fraseg (Notk. Ps. 7746- 48) 'aerugo'; ein Nomen
agentis ahd. (Hrab. Gl. 63, ig) framano\ ein altes Verbaladjektiv
angls. fracod 'verachtet' = got. frakunßs (frakunnan 'verachten')
vgl. KZs. 26, 74. Hierher ahd. frafali angls. free feie aus fra-
IX. Nominale Wortbildung. 237
fdli (vgl. angls. /^/^) .-^ 3) Im Angelsächsischen ist /r^ als Stei-
gerungspräfix lebendig: frcehrcEde 'sehr schnell', frcefxtt 'sehr
fett', frcBnixre frcBmicel frcEofestlice^ auch freabeorht freagleaw\
entsprechend ahd. frdbald 'procax'. Im Altslavischen ist pri
Steigerungspräfix z. B. in pri-cistii 'sehr rein'. 4) Reste sind ahd.
(Gl. I ^12^) fravildi 'campestria', ahd. /r^/^/ 'Verdienst' aus "^fra-
iht Möller KZs. 24, 447 und asächs. frataha angls. frcetwe aus
*fra-tewdz KZs. 26, 75 und angls. freawräsen. Hierher got. fraiw
an. frjö 'Samen' nach Osthoff Beitr. 20, 95 .?
FRAM 'voran' in got. framgähts 'Fortschritt', framaldrs 'vorge-
rückten Alters', ohd.framspuoiframfartframdiht 'Gelingen, Glück' ;
aber ahd. fram-bäri 'praestans, excellens' ist wohl jüngeres Sub-
stitut für eigtl. fra-märi 'sehr berühmt' (vgl. angls. fore-msere)}
FRi nur in goi. frisahts 'Bild, Rätsel' (zu ahd. sagin}) \ nach
Joh. Schmidt KZs. 26, 24 zu gr. irepi. Dazu wohl auch ahd.
*fri-si6n 'deuten' (zu gr. eiricTTainai 'verstehe') in ahd. dntfristön
'übersetzen' )
GA fwohl urverwandt mit lat. co-^ der Nebenform von lat. com-
Bugge Beitr. 12, 413) nur im Nordischen selten und fast ausge-
storben (nur noch in granne = got. garazna, glikr = got. galeiks^
gnögr = got. ganöhs\ nach Bugge Arkiv 2, 239 noch in gredder
zu angls. gereordian 'speisen'J. — Über die Betonung des Präfixes
s. § 86: urgerman. galt wohl allgemein im Nominalkompositum
Betonung des Präfixes (vgl. ahd. gdskaft, angls. geatwe = got.
*ga-tew6s KZs. 26, 328). — i) ga bildet «persönliche Gesell-
schaftsbegriffe», Substantiva zur Bezeichnung der Genossenschaft
oder Gemeinschaft: a) das Substantiv bleibt unverändert: angls.
gesid gebeor zu sid beor^ ahd.gzbür zu bur; got. gaman 'Mitmensch'.
b) Das Substantiv nimmt schwache Flexion an foben § 281): got.
gahlaiba {ahd. gz/eibo) zu hlaifs^ gadaila zu dails^garazna {diW. granne)
zu razn^ gawaürstwa zu waurstw^ gaarbja gabaürgja gadauka ga-
laista gasinpa ahd. ginamno gimasso gibüro gistallo gis^llio giv^rto
gilanto asächs. gib^ddw gibenkio angls. gepofta gerüna (ahd. gzruno)
geredra. — 2) ga bildet Kollektiva; a) das Substantiv (im Plural)
bleibt unverändert: angls. gebrödor 'Brüder', gedohtra 'Töchter',
asächs. giswester 'Schwestern', asächs. gisunfader 'Vater und
Sohn', got. ganipjös 'Vettern' (nur Plural); mhd. gevrhmt 'Ver-
wandte' und geliebe 'Liebespaar'. Hierher stellen wir die ö-Adverbia
ahd. gitago 'täglich' — gijäro 'jährlich' — gimanno 'viritim'. Ferner
die verallgemeinernden Pronomina im Westgermanischen angls.
238 IX. Nominale Wortbildung.
gehwd asächs. gihwe 'quisque', angls. gehwceder ahd. gihw'edar 'uter-
que' und ahd. giw^lih asächs. gihwilik angls. gehwylc. b) Das Sub-
stantiv nimmt neutrale y^-Deklination an: got. gaskohi angls. gescy
ahd. giscuohi^ ahd. gidigini giknihti zu d'egan kneht, gibirgi gifildi
zu b'erc f'eld^ gisidili gifidiri. 3) ga bildet Adjektiva mit der Be-
deutung 'versehen mit etwas' : got. gasköhs mhd. geschuoch 'be-
schuht', got. gaguds 'fromm', angls. geleaf ahd. giloub 'belaubt',
ahd. gibart angls. gebeard, ahd. gifahs angls. gefeax mhd. gehär^
mhd. geman gezan gehorn gesnabel gezagel, ahd. gif'edar 'gefiedert',
gih'erz 'beherzt', angls. gemöd 'mutig', ahd. gimäl 'bemahlt', gilob
'rühmlich'; got. gariuds eigtl. 'gerötet' deutet auf ein Neutr. '''riuda-
'Röte', das zu gr. ^peuGo^ 'Röte' gehört. Die Adjektiva angls.
gefearh geean gecealfh^d&uttn 'trächtig'. Got. gawiljis 'denselben
Willen habend' zu wilja. 4) Auffällig ahd. gizwerc gibret gizelt
'Zwerg, Brett, Zelt'. 5) Über ga als Präfix der Partizipia Perf. Pass.
vgl. oben § 184.
Anmerkung. Die Vorsilbe ga kann nicht eintreten resp. wird wieder aufge-
hoben, wo ein neues Wortglied vor eine ^«-Komposition treten sollte ; vgl. angls.
un-m<kne neben gemcene, ahd. nöt-stallo neben gistallo, run. witada-hlaibe neben
got. gahlaiba^ got. un-wiss 'ungewiß' neben *gawiss 'gewiß'. Hierher auch ahd.
ein-boran niuwi-boran neben giboran, asächs. arm-scapan ahd. so-scaffan neben
2k%'ä.<^%. giscapan ohdi. giscaffan. Vgl. Beitr. 37, 159.
HAM in altfränk. hamedii {= ahd. gieidun)\ vgl. ferner Bugge und
Osthoff Beitr. 12, 418; 13, 428.
MIDI (eigtl. Präposition) übernimmt in junger Sprachstufe die
Funktion des Präfixes ^a- z. B. in ahd. mitigengo angls. midwyrhta\
angls. midwist ahd. mitiwist. Auffällig schon got. mipgasinpa
'Reisegefährte'.
Ni in altangls. nihold; verwandt mit ni in ahd. nest a.us idg. ni-zdo-s
Pott Forsch. P 148.
6 ein seltenes Nominalpräfix im Westgermanischen, zwischen
den Bedeutungen 'zurück, wieder, nachher' schwankend; angls.
öheald iöhylde) = ahd. uohald 'proclivis, praeceps'; ahd. uokalawer
'recalvaster', ferner ahd. uowahst angls. öwc£stm\ ahd. uakunft\
ahd. uaqu'emo 'Nachkomme' ; ahd. mhd. ^^ö;;^«^ 'Nachmahd, Grummet' ;
ahd. uoquimilo uokumil{ing) 'racemus'; mhd. (Germ. 19, 426) uosennel
'Aufsatz, Flicken' — ahd. uostaft 'Flicken'; angls. ögengel 'obex*
— öwebb. Unklar angls. öleccan 'schmeicheln' und ahd. (Tat.)
uozarnen 'spernere'. Das Verhältnis von angls. öfor 'Ufer' und
ahd. ur-far 'Hafen' ist mehrdeutig.
OB in salfränk. obgrävio 'Untergraf (und angls of-festre 'zweite
IX. Nominale Wortbildung. 239
Amme'?) deutet auf gr. uttö got. uf 'unter', wozu got. ufmeljan
'unterschreiben', ufstraujan 'unterbreiten', ufhnaiwjan 'unter-
ordnen', ufligan 'unterliegen'. Als Steigerungspartikel erscheint
oB in angls. ofgeorn 'zu begierig', an. ofamikell. Verbalpartikel ist
ut im Gotischen; ferner in ahd. obas'ehan mit dem Abstraktum
obasiht^ obagangan obastän obalickan (asächs. ofliges 'Obliegen');
asächs. ofsitiian (Hei. M 1306) 'besitzen'. Unklar angls. ofost 'Eile'
aus *of-est>
oz mit der Nebenform uz: das Gotische hat natürlich us [uz)
mit den Ausnahmen urrinnan urreisan usw., in denen eigtl. z-\- r
zu rr angeglichen ist; doch bleibt immerhin auffällig, daß «^ auch vor
stimmhaften Elementen im Gotischen stimmlos ist {usgiban usgag-
gan)\ Ausnahmen nur uz-on 'starb' und uzeta 'Krippe'. Im Altnordi-
schen herrscht ^r, im Angls. ör, im Ahd. ur. Vgl. an. er-endr 'tot' zu
angls. orod 'Atem' (aus ^uz-anp zu got. anan 'atmen'); an. erlgg
asächs. urlagi 'Schicksal'. Vgl. Lehmann, Das Präfix uz- (Kiel 1906).
Die Bedeutung des Präfixes ist verschieden: a) privativ vgl. got.
uswena 'ohne Hoffnung', an. ervsenn angls. orwena (ahd. urwänz);
ahd. i(,rwihi got. usweihs 'unheilig' ; mhd. urliuge 'Krieg' als Gesetz-
losigkeit (got. /zugan 'heiraten' zu altir. Zuge 'Eid'); ahd. urmznni
'nicht denkend an', urtrzuwi 'treulos', urhirzi 'herzlos', urlenti 'ver-
bannt', ursorc 'sorglos'; angls. ör;«d?Vhoffnungslos', orsäwle 'unbe-
seelt', orleahtre 'tadellos', orige 'aus den Augen fort, unsichtbar'
= ahd. urougi.
b) steigernd: ahd. urmäri 'sehr berühmt' {urguol 'insignis'.?),
uralt 'sehr alt' (angls. oreald).
c) in Verben und den zugehörigen Verbalnominibus liegt dem
Präfix die Bedeutung 'heraus, hervor' zugrunde ; vgl. got. ushaitan
'herausfordern, reizen' (ahd. urhein 'Herausforderung' — angls.
öretta ahd. Hildebr. urhetto 'Krieger'); got. usgraban 'herausgraben';
vgl. ahd. urspring urrunst urhab \ zu got. zisanan gehört als Nomen
angls. orod 'Atem' aus *uz-anp.
SIN im Got. Ahd. Asächs. Angls. (dafür an. s{)\ vereinzelt ahd.
sina, angls. sionu-. Es bedeutet 'andauernd, immerwährend' (von
der Zeit). Aus dem Gotischen vgl. sin-teins sin-teind 'täglich', nach
Schweizer-Sidler KZs. II 367 zu ind. dina- aslav. dini 'Tag', a) Der
Begriff der zeitlichen Dauer steckt in asächs. ahd. sinhiwun angls.
sinhiwan 'Gatten', angls. sznrstden sinscipe 'Ehe', sinfrea 'Gatte'
vgl. altir. se-tig 'Gattin'; dazu die Pflanzennamen angls. singrene
sinfulle. An Adjektiven vgl. asächs. sinsköni angls. sinceald ahd.
240 IX, Nominale Wortbildung.
sinleot\ angls. singal 'andauernd' zu häÜ Partizipia wie angls.
sinßyrstende an. sidrekkandi enthalten den Begriff der Steigerung.
b) In einer Gruppe zeigt das Präfix die Bedeutung der räumlichen
Ausdehnung: ahd. sinßuot mhd. sinwäc asächs. sinw^ldi\ daher
der Begriff 'rund' gern das Präfix annimmt: an. sivalr ahd. sinawel
sinw'erbal angls. sinhwurfol sionuwealt usw.
SU im Ind. weit verbreitet (= gr. eu ?), vgl. auch altir. so-. German.
nur in Sugambri vgl. ahd. gambar 'tapfer*; kaum noch mit Bugge
KZs. 20, 34 in got. swikns (zu ind. yajnd- 'Opfer').
swi in got. swikunps angls. sweotol (aus *swi-tal) 'offenbar'; auch
in an. sveviss? angls. swceheald} und ahd. swibogo}
Tuz eigtl. Adjektivpräfix = ind. dus- gr. öuq- altir. do-\ vgl. ahd.
zurtriuwi 'treulos', zurwäri 'suspiciosus', angls. torbegete\ be-
achte ahd. zurdel 'impatiens', falls ich es richtig aus germ. tuz-ßol
zu ahd. doUn 'dulden' deute. Dann auch in Substantiven wie ahd.
zurwän zurlust.
Twis nur in got. twisstass F. neben dem Vb. twis-standan ; wohl
= lat. bis § 302.
UN Negativpräfix == ind. a- an- und gr. d- dv- lat. in- (redu-
ziert aus der idg. Verbalnegation ne = got. ni und verwandt mit
ahd. äno got. inuh 'ohne'): zunächst in Verbaladjektiven wie got.
unkunßs lat. ignötus gr. dYVUJTO^ ind. djnäta-\ dann besonders
Adjektivpräfix vgl. got. tmhails unhrains unliufs\ gern in Litotes
vgl. angls. undyrne unröt unlytel. Dann auch Substantivpräfix got.
unfiuda angls. unrSed unpeaw unrim.
UND Verbalpräfix in got. undrinnan ; ob got. und-redan das angls.
on-drädan ahd. inträtan ist.? (Pogatscher Angl. Beibl. 1903 S. 182
deutet angls. ondrstdan wohl richtiger aus got. *and-redan).
unJda Verbalpräfix in got. unpapliuhan 'entfliehen' sowie in angls.
odberan odferian odywan odfleogan odgyran. Dazu nach Jac.
Grimm zu Andr. 1106 angls. üdgenge 'entfliehend', dem Bugge
NArk. II 222 an. unningi 'flüchtiger Sklave' gleichstellt ; angls.
üdwita 'Gelehrter'. Das Althochdeutsche verbindet die Bedeutung
des Verbalpräfixes mit int = anda->
WANA in angls. wonhäl ahd. wanaheil 'schwächlich', ahd. wana-
wizzi 'unsinnig'.
WE in an. vesall und veill nach Bugge NArk. II 226 aus ^we-säl-R
'^we-hail-R.
f)ERH steht im Westgermanischen verstärkend vor Adjektiven
wie ahd. duruhguot 'sehr gut', duruhdicki 'percreber', duruhlütar
IX. Nominale Wortbildung. 241
'praeclarus', duruhwts duruhnaht duruhchund\ angls. purhbeorht
purhbitter ßurhhdlig usw.
Kap. 58. Komparation.
§ 284. Die idg. Sprachen haben mehrere Arten der Komparativ-
bildung. Davon fehlt im Germanischen eine dem ind. tara- : gr. repo- :
Taxe- entsprechende Bildung der Komparativa (gr. ^XiiKuiepog q)i\-
repo^ ind. ämdtara- = gr. ajjLiOTepGg) ; doch hat sich die damit ver-
wandte ^rö-Bildung des Komparativs in Resten auch germ. erhalten
(§ 290); das vereinzelte germ. anßera- als eigtl. Komparativ zu dem
Superlativ ind. anyä- 'andrer' (s. unten § 301) kommt nicht mehr in
Betracht. — Der ind. Superlativbildung auf tama- (ugrdtamd)- ent-
spricht im Lateinischen die Bildung von optimus^ im Germanischen
fehlt eine Entsprechung (doch s. über angls. furdum § 301 Anm.);
aber die verwandte Superlativbildung auf idg. 3mo hat sich rest-
weise auch germ. erhalten.
Die im Germanischen auftretenden Komparationsarten haben
auch in den übrigen idg. Sprachen Anknüpfung. Wie in allen
idg. Sprachen ist auch im Germanischen die Superlativbildung
abhängig von der Komparativbildung. In den idg. Sprachen be-
gegnet ein Komparativelement -is (mit ablautenden Nebenformen
-yes -yos^ die dem Germanischen völlig fremd sind), woraus durch
Anfügung eines Mö-Suffixes -istho als Superlativsuffix entsteht.
Im Germanischen entspricht -iz im Komparativ mit der Super-
lativbildung -ista und dies ist die im Urgermanischen überwiegende
Komparation gewesen.
Anmerkung. Von einem intern germ. Standpunkt aus ist die Gleichsetzung
von germ. swotizon 'süßer' = gr. f]b{ujv (Thurneysen KZs. 33, 553) doch wohl
fragwürdig; denn die Komparativadverbia § 293 weisen für das Germanische
auf einen Urtypus hin, dem der Charakter der w-Deklination fehlte. Nach allen
Analogien ist es wahrscheinlich, daß das Germanische die schwache Deklination
der Komparative nicht geerbt, sondern relativ spät nach intern germ. Normen
entwickelt hat. Zudem weicht die got. Femininbildung batizei vünnizei maizei
in auffälliger Weise vom Griechischen ab. Bedenken erregt vielleicht auch noch
der Umstand, daß das Germanische mit dem Griechischen überhaupt keine
Belege für (?«-Nominative bei «-Stämmen gemeinsam hat. Sind alle diese Be-
denken begründet, so hat nur -is als idg. Komparativsuffix für das Germanische
zu gelten, und das ist ja auch durch das Superlativsuffix -is-tho an und für sich
wahrscheinlich.
§ 285. -iz6n als Komparativsuffix (daneben besteht eine zuge-
hörige Adverbialbildung auf -iz § 293). Der tönende Spirant des
Suffixes erklärt sich aus der von Verner KZs. 23, 127 beobachteten
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. l6
IX. Nominale Wortbildung.
Übereinstimmung im Akzent der Komparative des Indischen,
Griechischen und Slavischen (ind. dirghä- Komp. dräghiyams-, gurü-
Komp. gdrtyams gr. fjöu^ : fibiov, dXaxO^ : IXacTcrov usw.).
Daß mit der Komparativbildung dieser Weise Wurzelbetonung
verbunden ist, dafür zeugt nach Verner ib. noch got. jühiza an.
(kre (Grdf. junhizön) neben dem Positiv germ. junga- (got. juggs)%
Paul LtBl. I 6 stellt dazu ahd. althro : elthiro neben alt^ womit an.
ellre = got. alpiza völlig übereinstimmen. Hierher gehört auch
die Komparation fries. Ussa (angls. Istssd)^ aber Superl. lerest
(angls. Iseresta). Dagegen fällt der grammatische Wechsel in an.
endr 'früher' zu lat. antea auf; doch wäre immerhin möglich, daß
die Adverbialbildung von der Adjektivbildung in der Akzentuation
abwich.
War Akzentwechsel zwischen Positiv und Komparativ möglich,
so dürfen wir auch Ablaut dabei erwarten. Eine Spur von Ablaut
finde ich Beitr. 8, 524 in angls. selra sella aus "^sölizön als Kom-
parativ zu got. seh. Im Althochdeutschen findet sich sidör neben
sidör. Dem ahd. wirsiro entspricht an. verre aus *warsizdn } Der
isolierte Komparativ got. iusiza 'besser' verträgt sich mit der Theorie.
Diese Komparativbildung idg. -ison = germ. -zzön ist ursprüng-
lich nicht von dem zugehörigen Positiv abhängig, sondern geht
immer von der Wurzel aus; vgl. ind. ydmyams- zum Vosiii-v yuvafd-
(altir. öa zu öac = umbr. Jörne Bechtel BB. 7, 4). So erklärt sich
auch ahd. {T a.t,) jugiro, Hei. Gott. ii$o jugro: es scheint nach
Bugges Gesetz Beitr. 13, 504 aus *juwtza (: ind. jdviyaißs-) ent-
standen zu sein. Dieser Bildung gegenüber ist das altertümliche
got. jühiza an. cere^ weil vom Positiv junga- aus yuwdnkö- aus-
gegangen, doch als Neubildung anzusehen. Gegen gr. juieiiuv zu
ILiivOiu schließt sich die germ. Komparation minnizon- näher an
das zugehörige Verb (gr. juivuiu lat. minud) an: got. minniza für
urgerm. mi-nw-ison-. Eine alte Wurzelkomparation hat Osthoff
Beitr. 13, 431 in got. maiza zu Wz. me m mirs (me-ro-s) erkannt.
So stellt sich zu Wz. ple das an. ßeire (zu got. ßlu, gr. TrXeiuuv
TToXug, altir. Ha). Ein dem gr. jieZÜujv zu ineY«? entsprechender
Komparativ zu mikil fehlt.
§ 286. Das Gotische bewahrt dieses Suffix am treuesten. Die
übrigen altgerm. Sprachen reflektieren diesen Urtypus noch mit
Umlautserscheinungen, Synkope des Mittelvokals und mit Rhota-
zismus. Im Althochdeutschen treffen wir Umlaut und Rhotazismus
{lengiro beBSiro ergiro eltiro usw.); aber von Synkopierungen hat
IX. Nominale Wortbildung. 243
sich nur das substantivierte hirro für '^heriro aus *hairizdn erhalten
(andere Reste bei Braune § 261 Anm. 3). Im Angelsächsischen
treffen wir Umlaut, Synkope und Rhotazismus z. B. in lengra
'länger', yldra 'älter', hyrra 'höher' ; in drei Fällen ist das z nach
eingetretener Synkope dem vorhergehenden /oder 5 angeglichen:
sella scella aus *sdlizo^ wyrsa aus *wirsizo^ Isessa aus ^laisizo. Im
Altnordischen gelten die gleichen Begleiterscheinungen wie im
Angelsächsischen z. B. lengre 'länger' ; Assimilierungen des alten
z zeigen an. hreinne 'reiner' aus *hrainize^ minne 'minder' aus
*minnize. — Übrigens dürfte der Komparativ mit kurzer Wurzel-
silbe wie got. batiza im Altnordischen eigtl. nicht umlauten und
im Angelsächsischen, Altsächsischen nicht synkopieren; aber da
die Mehrzahl der /^«^«-Komparative lange Wurzelsilben haben,
heißt es analogisch an. betre angls. betra (daneben richtig an.
batre angls. betera).
§ 287. Das germ. Superlativsuffix -ista- entspricht dem gr. -ictto-
(fiöiCTToq KaKKTToq) und dem ind. -istha- {svädistha- vdristha-) ; das
zugrunde liegende idg. -istho- enthält das komparativische Element
is erweitert um ein superlativisches -tho-^ das bei den Ordnungs-
zahlen wiederkehrt (§ 301). In fries. lerest zu lessa (angls. Iseresta
neben Isesestd) zeigt sich grammatischer Wechsel gegen afries.
lessa angls. l^ssa (asächs. les 'weniger') : also germ. laiziston gegen
den Kompar. laisizon. So steht neben angls. wyrsa 'schlechter'
(aber afries. wirra an. verre) der Superl. wyrresta : also germ.
wirsizo aber wirzisto. Ich habe für diese Erscheinung Beitr. 8,
520 an die Suffixbetonung in den altind. Superlativen jyesthd-
davüthd- kanisthd- erinnert. Aber im allgemeinen gilt die Norm,
daß der Superlativ zum Positiv stimmt. Ablaut und grammatischer
Wechsel haben in der Adjektivsteigerung der historischen Perioden
keinen Platz. Vgl. got. hardus hardiza hardista^ a.hd. jung jungiro
jungisto^ ahd. alt eltiro ^Itisto. Somit gehen im historischen Ger-
manisch die Steigerungen nicht mehr von der Verbalwurzel, sondern
durchweg vom Positiv aus. So teilt im Nordischen und West-
germanischen der Superlativ die Begleiterscheinungen des Umlauts
und der Synkope mit dem Komparativ.
§ 288. Neben der älteren Komparation auf -izön- -ista- steht
im Germanischen eine jüngere auf -özan- -östa-. Die Verteilung
der beiden Bildungsarten ist unklar, klare Regeln sind nicht zu
ermitteln. Wie die uralten Komparationsanomalien in § 289 lehren
und die historischen Perioden bestätigen, fehlte die öz- : östa-
16*
244 ^^- Nominale Wortbildung.
Komparation von Haus aus den idg. Sprachen (der Anklang an lat.
minorem^ auch an lat. meliörent gilt als zufällig), aber sie gewinnt
in den altgerm. Sprachen immer mehr an Umfang. Wie sie ent-
standen ist, ist auch nicht klar. Für sie ist nur von Mahlow AEO.
S. 46 eine lautlich haltbare Erklärung aufgestellt: nach dem
Muster neh Komp. nehis habe sich zu den Adverbien auf -0 ein
Komparativ auf -6is gebildet, letzteres sei zu -ös kontrahiert wie
salböima zu salböma Joh. Schmidt KZs. 26, 390.
§ 289. Es gibt einige Komparationsanomalien, die allen germ.
Sprachen gemeinsam sind oder sonst als alt sich erweisen lassen.
Die Anomalie dieser Komparationen besteht darin, daß der Positiv
nicht zur gleichen Wurzel gehört wie die Steigerungen; meist
zeigen sich auch in den verwandten idg. Sprachen ähnliche Ano-
malien bei Adjektiven derselben Bedeutung.
"^öda- : batizon- : batista- = got. göäs batiza batista^ ahd. guot bes^iro
benisto^ angls. göd betera befsta, an. gödr betre beztr.
Ittila- : minnizon- : minnista- = got. leitils minniza minnista^ ahd.
luzzil minniro minnisto^ an. litell minne minztr.
: laisizon- : laizista- = angls. l^ssa Iseresta {Idsta), afries.
lessa leresta.
managa- iflaizon- : flaista- = an. margr fleire flestr,
mikila- : maizon- : maista- = got. mikils maiza maista, ahd. mihhil
mero meist, angls. mycel mära msest,
ubila- : wirsizon- : wirzista- = got. ubils wairsiza {wairsistd), ahd.
ubil wirsiro wirsisto, angls. jyfel wyrsa wyrresta.
Eine andere Anomalie der Steigerungen äußert sich darin, daß
der Positiv nicht als Adjektiv, sondern nur als Adverb auftritt.
So gehört zu got. airiza airista das Adverb, air 'frühe'; zu an.
ürre angls. fyrra 'ferner' das Adv. an. fjarre angls. feor\ zu ahd.
furisto 'der erste' das KAn. fora\ zu den Adverbien an. sunnan
nordan (austan vestan) gehören an. sydre syzir^ nyrdre nyrztr usw.
= angls. nyrdra zu angls. nord 'nordwärts'.
§ 290. Das idg. Komparativsuffix -tero- (gr. Y^^KUiepo^ ind«
ämdtara-) hat sich im Germanischen bei Adjektiven nicht mehr
lebendig erhalten; es gehören dazu nur noch die Pronomina got.
anpar 'der andere' und bapar 'wer von beiden' § 245. 301. Da-
neben hat es im Indogermanischen ein kürzeres Komparativsuffix
-ero- gegeben, das bei Lokal- und Temporaladverbien in kleinem
Umfange lebendig ist. Hierher gehören ahd. innaro zu inne^ obaro
(angls. ufera) zu oba^ fordaro zu angls. ford\ vgl. auch asächs.
IX. Nominale Wortbildung. 245
aMro (angls. eafora aus germ. aiurön) 'Nachkomme' und fordro
'Vorfahr' als Substantivierungen. Ferner angls. nidera zu nidan.
Diese im Germanischen früh absterbende Bildung hat Verwandte
in ind. ddhara- 'der untere', dpara- 'der spätere' (vgl. damit asächs.
abaro 'Nachkomme'), lat. inferus superus usw. Beachtenswert ist
noch als alte Komparativbildung ahd. winisiar 'links' neben gr.
dpi(yTep6(;, lat. sinister (neben gr. öeHiiepog lat. dexter).
Anmerkung. Das Komparativsuffix ist germ. -uron- (angls. eafora 'Nach-
komme', furdur 'weiter') aus -sro-\ in ahd. für dir 'weiter' zu ind. pratardm
'weiter' steckt wohl ein Lok. furperi mit der Suffixgestalt -ero-, Tm got. anpar
(aslav. vütoru) ist lit. äntras eine Nebenform ohne Mittelvokal.
§ 291. Zu den Komparativen auf -ero- stellen sich meist Super-
lativa auf -uma- im Germanischen, also auch meist mit lokaler
und temporaler Bedeutung verbunden. Wir treffen dieses Suffix
auch in der Bildung der Ordinalia der idg. Sprachen an. Außer-
halb des Germanischen sind Bildungen zu vergleichen wie ind.
caramd- 'letzter', paramd- 'fernster'. Uralt ist ein Superlativ me-
dhdntO' (= avest. madema^ ind. dafür madhyamd- nach mddhya-), das
im Germanischen substantiviert erhalten geblieben ist (got. miduma
'Mitte', aber ahd. metamo Adj. 'mediocris'). Auch got. fr-uma
'erster', dessen asächs. angls. Nebenform formo forma die kürzere
Suffixgestalt -mo bewahrt, gehört hierher als Steigerung zu got.
faüra\ dazu noch angls. furdum = ind. prathamd- § 301 Anm. —
Das Althochdeutsche hat ein isoliertes Adverb hitamun 'demum',
das nach Franck IF. 5 Anz. S. 283 mit lat. citimus identisch ist,
was auf die Urbetonung wie in ind. caramd- paramd- weisen würde.
Mit got. hinduma stimmt angls. hindema überein. Vgl. noch got.
innuma auhuma aftuma iftuma. An got. hleiduma 'links' erinnert
das substantivierte ahd. z'esamo sowie mhd. z'esem 'rechts' (germ.
tehswuman-). Angls. Icetemest sidemest weist auf ein altes ^latuman-
*sißuman-^ got. spedumisis auf *speduman-.
Anmerkung. Im Gotischen haben die «wa-Bildungen wie fruma innuma
auhuma usw. nach Braune Got. Gramm. § 139 komparativische Geltung: gegen-
über dem superlativischen Wert der entsprechenden Bildungen im Latein (in-
fimus inümus) und im Indischen {caramd- paramd-') bedarf diese Erscheinung
noch der Erklärung.
b) Dieses Suffix -uma- wird durch -ista- weiter gebildet in got.
hindumists aftumists auhumists frumists spedumists angls. innemest
(got. innuma) nidemest midmest (afries. medemest) sidemest Icetemest \
angls. ymest = got. auhumists. Ferner angls. nordmest südmest
eastmest westmest. — Ähnlich ist im Lat. -isso- aus -istho- (vgl.
246 IX. Nominale Wortbildung.
lat. ossa lautgesetzlich aus *ostha = ind. asthän- 'Knochen') durch
emo zu -issimus erweitert worden.
Nur das Gotische und Angelsächsische (und Altfriesische)
kennen diese Superlativbildung.
Kap. 59. Adverbia.
§ 292. Adjektivadverbia der Art und Weise.
a) Das Gotische besitzt eine den übrigen germ. Sprachen un-
bekannte altertümliche Adverbialbildung auf -ba^ das an Adjektiv-
stämme gefügt wird : abraba ainfalpaba azetaba bairhtaba baitraba
balpaba frödaba gabaürjaba gagudaba garedaba gatilaba hauhaba
Jvassaba raihtaba sunjaba swiknaba swikunpaba triggwaba ubilaba
— analaugniba anasiuniba andaugiba arniba gatemiba — agluba
glaggwuba harduba manwuba. Osthoff KZs. 23, 93 verbindet diese
Bildungsweise mit aslav. Abstrakten auf -ba wie zülo-ba 'Schlech-
tigkeit' zu zülü 'schlecht'. Vielleicht aber liegt vielmehr ein idg.
M-Kasus vor, wie man wohl auch für got. ja-bai und für i-ba
(für yi-ba) § 244 einen alten <5^-Kasus annehmen muß.
b) Dem Gotischen mit anderen germ. Sprachen gemein ist eine
Adverbialbildung auf -ö aus -6n vorgerm. -am, nach Osthoff KZs.
23, 90 mit Bildungen wie lat. coram perperam zu vergleichen.
Neben Adjektiven stehen die got. Adverbia galeikö sinteinö sniu-
mundö ühteigö usdaudö wairaleikö\ auch für sprautö 'schnell' ist
ein Adjektiv vorauszusetzen. Der u-^X.dSixv^ glaggwus hWdi^X glaggwö .
Identische Bildungsweise zeigen an. gjarna ggrva illa vida und
wohl auch angls. longe eade softe georne gearwe. Wahrscheinlich
steckt dieselbe Bildung in den hd.-ndd. Adverbien auf -0 (ahd.
asächs. lango gerno asächs. swtdo diopo ädro efno hedro garo).
Für westgerm. Adverbialbildungen zu Adjektiven auf -i gilt noch
die Regel, daß die Adverbia Rückumlaut haben; \^. wüciA. swäre
schöne träge späte vaste neben swcere schcene trcege spcete veste.
Erklärt wird diese Erscheinung damit, daß solche Adjektiva von
Haus aus meist ^^-Stämme sind; vgl. got. glaggwö zu glaggwus.
c) Dem got. Adverb unweniggö 'unverhofft' entsprechen angls.
änunga eallunga dearnunga usw. asächs. wissungo (ahd. gähingün
italingün)\ nach demselben Prinzip bildet das Westgermanische
auch Substantivadverbia wie ahd. stälingün ruckilingün angls.
eclinga fseringa. •
d) Einzelheiten: zu ^öda- gehört got. waila asächs. angls. wel
ahd. wola\ zu an. mikell an. mjgk aus "^mekg (gr. |LieYa ind. mdki)\
IX. Nominale Wortbildung. 247
zu angls. lytel angls. lyt. — Auf-f« -tm oder 3M{-j6m könnten geendet
haben angls. sene 'einmal', hsedre 'heiter', hwene 'wenig' zu an
hddor hwön\ vgl. noch an. lenge zu langr.
§ 293. Komparativadverbia auf urgerm. -iz aus vorgerm. -is
(wie in lat. magis)\ Grundformen airiz aupiz andiz firriz laisiz
söliz wirsiz samftiz tu^iz sipiz = angls. ^r yp end fyrr laes scel
wyrs seft tylg sip\ Grundformen batiz minniz haldiz = ahd. ba
min halt\ QiX^i. framiz garwiz langiz nehwiz = an. fremr g&rr lengr
n^r. Im Gotischen haben die Adverbia hauhis airis haldis framis
neJvis unter dem Einfluß von hauhiza airiza usw. / wieder her-
gestellt, während in mins (aus '^minniz)^ wairs (aus ^wairsiz) und
-seips (aus *seipiz) die lautgesetzlichen Formen vorliegen. Hierher
angls. fyrn asächs. furn aus '^furniz ? Über ahd. Jurdir s. § 290 Anm.
Daneben finden sich jüngere Adverbia auf -6z: got. aljaleikös
sniumundös an. sjaldnar sjaldar = angls. seldnor seldor^ angls.
near ahd. nähör. Im Althochdeutschen gilt die Regel, daß zu
Positivadverbien auf -0 (aus g verkürzt) die Komparativ- und Super-
lativadverbia auf -ör -öst ausgehen, auch wenn die adjektivische
Steigerung auf -iro -isto gebildet ist : zu lang hngiro l^ngisto —
f^sti festiro festisto gehören die Adverbia lango langör langöst —
fasto fastör fasiöst
§ 294. Superlativadverbia gleich der flexionslosen Neutral-
form des Sg. : got. aftumist f rumist maist an. lengst first nsest bazt
mest — optast vidast framast angls. msest seidost ahd. erist b (fielst
hartöst (vgl. lat. minimum gr. TrXeTcTTOv). Über angls. furdum s.
§ 301 Anm.
§ 295. Zeitadverbia. Auf -n enden Zeitadverbia aus Prono-
minalstämmen: got. pa-n 'damals', /va-n 'wann', suma-n 'einst', ahd.
sama-n 'zugleich' ; dazu ahd. selta-n an. sjalda-n 'selten' (got. silda-
leiks) ; angls. ponne hwonne ahd. danne wanne sind Erweiterungen
zu got. pan han (über ne aus '^nai s. § 242). In ahd. asächs. thö (angls.
pd) 'dann' liegt wohl der Akk. Sing. Fem. got. p6 vor, wie ähnlich
im Latein der Akk. Sing. Mask. tum und der Akk. Sing. Fem.
/<zw adverbial gebraucht werden. Dementsprechend wird in asächs.
ddro ofto ferro sano got. ufta fairra eine vorgerm. Endung -am
stecken; abweichend angls. oft eft feor asächs. eft sän fer. Sin-
gular ist an. / gstr 'gestern' (lat. hert). Sonst kommen Avyayt-
bhävakomposita in Betracht wie lat. postridie gr. cr-r|)a€pov auO-
rinepov, ind. aiidmas 'heuer', paredyavi 'morgen', pürvedyüs
'gestern', aparedyüs u. a. mit Pronominibus als erstem Wortelement
248 IX. Nominale Wortbildung.
in echter Komposition; vgl. ahd. hi-naht^ hm-tu aus *hiu-kiu
*hiu-tku = "^hiu-tagu 'heute', mhd. Mure 'heuer' aus *hiu-järu und
nach ZfdA. 23, 208 mhd. hibentene 'heute abend' sowie angls.
idceges pysdögor.
§ 296, Ortsadverbia der Ruhe zeigen -r: got. hä-r (bestätigt
wird ä durch ahd. wer-gin asächs. hwer-gin) pa-r he-r jaina-r
alja-r ahd. dä-r wa-r (ahd. sä-r neben sä-nö) ; man vergleicht ind.
kd-r-hi 'warum' {tärhi 'damals', prätdr 'frühe', pünar 'wieder')
sowie lit. ku-f 'wo' und visur 'überall' lat. cu-r\ zunächst steht
armen, u-r '\jQt . — Vereinzelte Bildung ahd. dorot 'dort'.
§ 297. Ortsadverbia auf die Frage 'woher' zeigen im Gotischen
ein Suffix -pro in Jva-prö 'woher', pa-prö 'dorther', jainpro 'dort-
her', aljaprö dalaprö iupaprö ütaprö innapro allaprö fairraprö.
Vielleicht enthält got. sun-drö 'allein, gesondert' eine Spielart des
gleichen Typus, falls das idg. ssm- sem- 'eins' (§ 300) darin steckt.
Ein anderer Typus steckt in got. innana hindana aftana iupana
üfana ahd. obana innana asächs. nidana ferrana forana oianaostana
westana anord. aptan handan heiman — aus tan norpan sunnan
vestan. Daneben von dunkler Entstehung ahd. danän hinan usw.
Verkürzter Typus ist ahd. da-na hi-na heimi-na (an. heiman) 'von
Hause her' und rüma-na 'von weitem' ; vgl. außerdem an. hva-dan
pa-dan he-dan, die durch Dissimilierung aus *hvanan "^panan *hinan
(§ 50 Anm.) hervorgegangen sind.
§ 298. Ortsadverbia auf die Frage 'wohin' : got. ha-dre 'wohin',
jain-dre 'hierhin' — an. pa-dra he-dra\ dazu mit abweichender
Suffixgestalt angls. pce-der — pi-der hi-der hwi-der (verwandt ist
das Suffix ind. id-tra yä-tra puru-ti'ä deva-trd lat. ci-tra sowie
nach Hübschmann armen, an-dr 'dorthin'); dazu wohl auch an.
aus-tr ves-tr zu "^aus- *wes-. Ein ^-Suffix steckt in ahd. thar-öt
war-öt her-od = asächs. tharod hwarod h'erod\ auch in got. ka-p
{piskad-uh) alja-p dala-p und jain-d (auch pad-ei)\ got. samap
= angls. samod 'zusammen' heißt eigentlich 'auf dieselbe Stelle
hin' (zu sama- 'derselbe' § 247). Joh. Schmidt vergleicht KZs.
19, 274 aslav. tada 'dorthin', kada 'wohin'. — Ein dunkler ge-
kürzter Typus steckt in ahd. dara wara h'era. — Das / in angls.
eas-t wes-t 'nach Osten, Westen' ist wohl identisch mit dem Dental
in got. Jva-p jain-d.
§ 299. Präpositionaladverbia. Aus den Behandlungen der-
selben durch Paul Beitr. 4, 468; 8, 219 und Schmidt KZs. 26, 20
ergibt sich nur soviel als sicher, daß sie um einen Ableitungs-
IX. Nominale Wortbildung. 249
vokal länger als die Präpositionen waren. Es sind zahlreiche
Störungen eingetreten. Im Gotischen zeigt sich kein Unter-
schied, derselbe ist am stärksten im Althochdeutschen ausgeprägt.
Wahrscheinlich repräsentieren folgende Paare eine urgerm. Laut-
verschiedenheit von Präposition und Adverb: ahd. mit Präp. —
miti Adv., ubar Präp. — tibiri Adv., gagan Präp. — gegini
Adv., widar — widiri^ nidar — nidiri^ an. umb — angls. ymbe^
asächs. an — ana (an. ä — got. and), got. af angls. of — ahd.
aba. So ist wohl auch die vollere Lautgestalt von bi neben bi
und von ahd. zuo neben zi zu beurteilen. Aber früh sind Über-
griffe der Adverbialform eingetreten; so sind angls. iö und ahd.
umbi eigentlich Adverbien, vertreten aber durchaus auch die Prä-
positionen. So hat das Hildebrandslied miti Deotrtchhe — miti
wäbnum V. 19. 26. 68 (aber mit 37. 54) und tö deru hiltiu, td
samane V. 6. 65 (neben ti 27. 54) mit präpositionaler Verwendung
der Adverbien; vereinzelt auch im Heliand midi 143. 747. 757
— tö 3665. 5952 für sonstiges mid und ti.
Kap. 60. Zahlworte.
§ 300. Kardinalia. Sie sind teilweise flexionsfähig. Die Ordi-
nalia i — 4 sind erbweise in den meisten idg. Sprachen deklinabel.
Aber nach Schmidt Pluralbildgn. 292 waren die Kardinalia 5 — 10
von Haus aus indeklinabel, so im Lateinischen und Griechischen
und z. T. noch im vedischen Indisch; aber im Germanischen
stellt sich die Möglichkeit ein, diese Zahlen nach der /-Deklination
zu flektieren, ebenso die Zahlworte für 11 und 12.
Halb. Das Germanische hat eine dem ind. sämi- gr. ^\x\- lat. simi-
entsprechende Benennung in asächs. sämquik angls. sömcucu ver-
kürzt aus eigtl. "^sömcwicu (mit Synkope von idg. semi- zu säm')\
daneben ahd. sämiquec sämitöt. Neben dieser Kompositionsform
herrscht als Simplex halba- (aus vorgerm. kolpö-s zu der ind. Wz.
kip 'ordnen, teilen' .?), das aber in jüngeren Bildungen (angls. healf-
diad ahd. halbtot) auch in Zusammensetzungen erscheint.
Bruchzahlen werden urgerm. gebildet nach dem Typus von
angls. nigon teodehealf gedr Chro. Einleitung und a. 855 ; doch galt
wohl schon urgerm. auch der durch Verkürzung entstandene
Typus von ahd. ander halp 'i^/a*, dritto halp '2*/a' = angls. öder
healf 'i*/a', ßridda healf '2^/2'. Im Altnordischen sagt man hdlfr
annarr^ hdlfr pride. Verwandt ist die Bildung von an. half-fertogr
'35 Jahre alt', half-nircedr '85 Jahre alt'.
250 IX. Nominale Wortbildung.
Zwei Drittel. Eine isolierte Bezeichnung dafür ist angls. twstde
**/g' ; sonst wie gr. rd bvjo juepri "^\^ auch angls. twegendselas '^/g', mhd.
diu zwei teil '^j^' ; so immer, wenn der Nenner um eins größer als
der Zähler ist.
Eins. Europ. oino-s = lat. ünus (altlat. oinos) altir. öen preuß. ains
lit. venas (vgl. gr. oivr] 'eins auf dem Würfel'). Es entspricht germ.
aina-z = got. ains. Dafür fehlen im Germanischen andere Be-
nennungen der Einzahl wie gr. 010^ avest. aez^a resp. ind. ^ka-.
Das Adj. aina- flektiert wie die Pronominaladjektiva (§ 236),
wie auch lat. unfus unt nach illtus Uli usw. pronominal flektiert.
Beachtenswert ist eine alte umgelautete Akkusativform des Mask.
Sing, angls. 6&nne aus ^aininö, das Litt.-Bl. VI 59 mit run. mininö
verglichen wird. Seiner Bedeutung nach ist aina- ein Singulare-
tantum; doch zeigt sich im Althochdeutschen auch pluralische
Flexion neben einem Pluraletantum z. B. in einen buochon Otfr. Und
im Angelsächsischen ist häufig dnra gehwylc 'jeder einzelne' sowie
äne 'einige'.
Von dem idg. Stamm sem : sdm (resp. sm- im Fem. smt) in gr. el?
)iia ev und in lat. semel stammt gotisch simle 'einst', das vielleicht
für eigtl. ^sim-ble mit grammatischem Wechsel auf den Bildungs-
typus von lat. simplus dupltis (gr. öiirXoq) zurückweist; dafür
angls. (vgl. § 303) ^ne später ^nes^ noch später und selten dnes
'einmal' = ahd. eines. Vielleicht steckt auch in got. sundrö ahd.
suntar 'allein, einzeln' das Zahlwort in der Schwundstufe von
gr. d-7TaH und ind. sa-kft 'einmal' (vgl. oben § 297).
Anmerkung. Schwer zu beurteilen ist der Verwandtschaftsgrad der westgerm.
Adverbia mit der Bedeutung 'immer' (angls. simle asächs. simbla ahd. simbale
resp. angls. simles ahd. simbles simbales resp. angls. simblon asächs. simlu7i ahd.
simbalum) neben dem doch wohl zugehörigen lat. semper 'immer'. Den west-
germ. Adverbien muß wohl ein Substantivum zugrunde gelegt werden. Wie sich
got. simle 'einst' zu der Sippe verhält, läßt sich nicht entscheiden.
Zwei. Idg. duo- (gr. öOo lat. dud) fehlt im Germanischen; dafür
herrscht im Germ, ein idg. dvö-. Urgerm. ist der Gen. *twajje
= got. twaddje an. tveggja ahd. zweio asächs. tweio (Grdf. dvöj-em
mit Pluralendung gegen ind. dual, dväy-ös)'., urgerm. ist auch
der Dat. got. twaim an. tveim{f) ahd. zweim asächs. twem angls.
tw3em aus *twaimiz = vorgerm. dwoi-mes. Der in got. twaddje
twai-m erscheinende Stamm *twaj- "^iwai- (= idg. dvoi- in ind.
dvidhä 'zweifach' und gr. ÖOioi) erscheint noch im ahd. Neutr.
zwei aus urwestgerm. *twajju^ in got. iwai an. tvei-r und in
ahd. zwi-ne. Dem idg. dvö (gr. öuo) entspricht das Neutrum
IX. Nominale Wortbildung. 251
gut. twa angls. twd\ aber angls. tu ist nach Beitr. 8, 336 eigtl.
'^twü für '^twö = idg. dvö (vgl. gr. öFüübeKa). Ahd. zwei als Neutr.
stellt sich zu dem gemeingerm. Genitiv twajje^ aber asächs. twe
angls. twä scheinen dem alten Dual ind. dve = aslav. düvi für
das Neutr. zu entsprechen. Ist das Femininum an. tv^r ahd. zwä
ein germ. twez (altir. di)}
Anmerkung. Der Übertritt der sinngemäß ursprünglich dualen Deklination
unseres Zahlwortes in ein adjektivisches Pluralsystem got. twai Dat. twaim
Akk. iwans usw. läßt sich nicht klar erfassen, weil der alte Dual im Germani-
schen aufgegeben ist. Das Zahlwort zwei entzieht sich im Ostgermanischen der
Adjektivdeklination für den Gen. Plur. (got. twaddje an. tveggja); das entspre-
chende ahd. zweio reiht sich bald in die Deklination der Adjektiva {zweiero)
ein, ebenso angls. twega mit der jüngeren Nebenform twegra. Vgl. noch van
Helten IF. 18, 87.
In Zusammensetzungen ist 'zwei' germ. twi- (gr. öi- lat. bi-
ind. dvi-)\ ahd. zwi-valt angls. twifeald.
Für beide hat das Germ, den idg. Stamm bho- (ind. u-bhä gr.
ö)Li-qpuJ lat. am-bo aslav. o-ba lit. a-bu) verwandt und zwar flexivisch
mit zwei übereinstimmend ; got. ba : twa^ an. beggja : tveggja, angls.
bd : twd usw. Das Nordisch- Westgermanische hat an das Zahl-
wort den Artikel geschweißt, weil derselbe syntaktisch meist
folgte (got. ba pö skipa 'beide Schiffe' Luk. 5 ' und angls. begen
ßd gebröpm asächs. bidie thie gibröder = gr. d|Liq)6T€poi oi döeXqpoi) ;
so deutet Koch Engl. Gr. II § 271 mittelengl. böthe (zuerst bdde
Chro. II 24. II 37) aus angls. bd pd, und Sievers empfiehlt Beitr.
10, 495 den gleichen Ursprung für ahd. be-de durch einen Hin-
weis auf die Genusverschiedenheit in schwäb. bi-d bue-d boa-d,
die allerdings eher nach zwene zwo zwei geformt sind. Meringer
KZs. 27, 236 deutet an. bd-per aus "^bai + pai-R^ Akk. bdpa aus
^banz *panz (über die Unbetontheit des Artikels s. oben § 98).
In asächs. be-thiti ahd. be-diu bei-diu steckt der neutrale Dual *bai
= ind. ubhi. — Isoliert ist die Bildung von got. bajöps aus vor-
germ. bhoyöt-, für dessen Dental eine sichere Herleitung fehlt.
— Im Angelsächsischen beachte bdtwd bütü, selten begentwegen,
Dat. auch bdmtwdm Genes. 562 (vgl. ital. ambedue).
Drei. Idg. tri- = ind. tri- aslav. tri- gr. Tpi- lat. tri- entspricht
dem germ. pri- : die urgerm. Flexion war *prtz (aus *trejes), Akk.
*prinz^ Dat. *primiz, Gen. *priji» resp. *ßrijj6'* (== got. ßrije resp.
an. priggja ahd. drto van Helten Beitr. 30, 243) für Mask. Fem. ;
N. Akk. des Neutr. war urgerm. prij$ = got. prija an. prjü ahd.
driu angls. prio. — Das uralte Feminin ind. tisrds ir. teoir fehlt
252 IX. Nominale Wortbildung.
im Germanischen. — Von Haus aus stand das germ. Zahlwort
nicht im Bereich der Adjektivdeklination, unter die es im West-
germanischen geraten ist. — Kompositionsform war pri- z. B. in
ahd. drifald angls. prifeald.
Vier. Idg. qetwT- qetür- {qtwx- qtür- qtrü-) Joh. Schmidt KZs. 25, 43
erscheint im Germanischen mit Labial: Grdf. ^petwöres == got.
fidwör (krimgot. fyder) ; vgl. ind. catvdras russ. (:etyre gr. xer-
rapeq usw.
Der innere Dental zeigt sich außer im Gotischen noch in sal-
fränk. fitter-tüschunde Jac. Grimm GDS 552, in aschwed. fjceper-
skötter -skipter Rydqvist II 559 und in angls. fyper-fete -scyte usw.
und andern altschwed. und altengl. Kompositis (Beitr. 6, 394. 576).
Nur im Gotischen hat das Simplex den Dental bewahrt. Das
Nordisch-Westgermanische zeigt dafür nach QF. 32, 102 Beitr.
8, 517 im Simplex die Lautentwicklung eines idg. qeqwT- qequr-^
welches wahrscheinlich irgendwie aus idg. qtwY- (etwa durch die
Mittelstufe qwx- in lat. quar-tus Joh. Schmidt KZs. 25, 49 und
mit Ergänzung des Anlauts von idg. qe-twr-) herstammt; auf
"^qeqwr *qeqttr beruhen germ. fewor- f'eyur- ; die Y-Fori^i zeigt
sich in ^\a^\. fjogor dLSchvied. fjughur Neutr., sowie in di\t\s\. ßogorra
aschwed. fiugharra Gen. ; sonst herrscht skandinav.-westgerm. die
Form mit gesetzlich verlorenem y (got. *fiwör) = an. fjörer angls.
feower andd. fiwar. Die mutmaßliche urgerm. Flexion war Mask.
"^fedwöriz '^fe{y)w6riz^ Gen. '^f'edureV' *f'eyure^ Dat. *fedw6rim '^feiy)-
wörim Neutr. "^f'edur *f'eytir. — Von der idg. Femininbildung ind.
cdtasras avest. catanhrö altir. cetheoir fehlt jede Spur im Ger-
manischen.
Beachtenswert ist die Kompositionsform mit hartem Reibelaut
in angls. fyper-scyte fyper-fete (abweichend got. fidur-dögs)^ die
durch die Betonung ind. cätur-anga cdtus-päd Beitr. 6, 394 (oben
§ 79) erklärt wird.
Fünf. Idg. penqe = ind. panca gr. Trevie lit. penkl breton. pemp
usw. entspricht einem vorgerm. pempe germ. fimf (auslautendes
/ aus p = q infolge von Angleichung an den Anlaut nach Osthoff
MU I 94).
Sechs. Idg. seks = lat. sex ist das germ. sehs ; die idg. Grundformen
sweks (— kymr. chwech) und weks (in gr. FeH und in apreuß.
uschts 'sechster') fehlen dem Germanischen gänzlich. Der Umlaut
von angls. six beruht auf einem flektierten westgerm. sihsi (dafür
ahd. sehsi statt seksi).
IX. Nominale Wortbildung. 253
Sieben. Idg. septip, sepUm = ind. saptd gr. eiTTd lat. Septem. Für
das Germanische ist flektiertes septm- vorauszusetzen (vgl. got. ahd.
niun aus "^nevn- für "^nevn)^ das über sepm- zu sein- führen mußte.
In der Lex Salica finde ich das idg. septm septhn noch als septun
für seftun\ so trat für das flektierte sebn- (§ 66) dann sebun ein
= angls. seofon ahd.| (mit «-Umlaut des e zu i) sibttn\ flektiert
angls. (Beow.) syfone = ahd. sibuni. Für den Verlust des inneren
Dentals beachte angls. ^fen gegen an. aptan 'Abend' und asächs.
forn 'vormals' aus idg. prtnöm (zu ind. pratnä 'vormalig').
Acht. Idg. oktö oktöu = lat. octo gr. öktu) ind. astdu ; es entspricht
germ. got. a/itazi ahd. a^to angls. eakta, flektiert ahd. ahtowi
Ahd.Gl. I 73262 mhd. ähtewe ehtewe ehte sowie auch mittelengl. ehte
(neuengl. eight) aus *£Ehte>
Neun. Idg. «^^/^ (mit der für das Germanische nicht in Betracht
kommenden Nebenform envdn = armen, znn). Im Germanischen
hielt sich das auslautende n wie in szbun '7' {tehun '10') wohl unter
dem Einfluß der zugehörigen Ordinalia. Konsonantisches w hat
noch ahd. (Otfr. II 4^ VDF) niwan (Scherer ZGÜS^ 583), dessen
an unter dem Einfluß von ahd. z'ehan steht; nach Bugges Regel
Beitr. 13, 504 kann f für w (oben § 57) eintreten, und es ergibt
sich dann ein germ. neyun = angls. neogon ; das i des entsprechen-
den angls. nigon asächs. nigun (afries. niugun) erklärt sich aus
einem flektierten westgerm. niyuni neben unflektiertem neyun.
Ahd. niun mit /-Umlaut beruht auch auf dem Einfluß eines flek-
tierten niuni. Got. niun mit ahd. niun stellen ein idg. nevn- (wohl
flektiert) für eigtl. nevdn nevfi dar.
Zehn. Idg. äe'Aiii t {aislav. deset- lit. deszimt) Mahlow AEO S. 158
wird mit Dentalverlust nach den Auslautsgesetzen (§ 138) zu germ.
tehun (got. tathun)\ ahd. zehan = asächs. tehan vertritt ein idg.
dikomt. Der Umlaut von angls. tyn beruht auf flektiertem "^tehuni,
während mittelengl. te'n aus angls. */<?<?« das alte tehun resp. tehan
vertritt.
II — 12. Got. ainlif twalif^ an. ellifu tolf^ angls. senleofan twelf^
asächs. ellevan tw^lif., ahd. einlif zw^lif'. wahrscheinlich repräsen-
tiert der Zwiespalt an. ellifu : tolf, angls. Senleofan : twelf., asächs.
illevan : tw^lif eine urgerm. Verschiedenheit, die allerdings noch
nicht aufgeklärt ist. Das Element ahd. -///(mit grammat. Wechsel
in got. ainlibim twalibim) beruht auf "^lipe (resp. ^l'epe wegen
asächs. illevan angls. änlefan}) für *liqe^ das im Lit. {venülika
dvßika usw.) die Zahlen 11 — 19 bildet; seine Bedeutung ist um-
254 IX. Nominale Wortbildung.
stritten; daß es eigtl. 'lo' bedeutete, ist nicht beweisbar; eher
bedeutete es adverbial 'drüber', also 'einer drüber', 'zwei drüber',
so daß dekrut davor zu ergänzen wäre; vgl. ind. tringati trdyas
pards '33' und angls. nigoda healf '8V2' für eahta nigoda healf.
13 — 19. Dvandvakomposita goi. ßdwortatkun ßmftaihun ahd.
driz'ehan niunzehan usw., angls. fiftyne eahtatyne = an. fimtdn
nitjdn ; dazu mit doppelter Flexion ahd. föne dien anderen drin
2/;^/;^beiGraff3, 628. Für Zwischenzahlen '18, 19' resp. '28,29' usw.
ist Subtraktionsbenennung urgerm.: ohd. eines min danne ßmfzug^
mhd. (bayr.) zweiminzweinzec, angls. twd Ises twentig oder dnes wona
tw entig \ an. einu{m) fdit i fimm tige^ tveim fdtt i Hu tigu usw.
20 — 60. Diese Zehner werden german. durch ein Substantiv mit
der Bedeutung beKd? = "^te^uz gebildet, welches nach Brugmann
Grdr. II 2 § 15 an ind. dagdt- gr. beKaö- anzuknüpfen ist; got. tigunt
aus idg. deknitmis durch Mittelformen '^t'e^itmmiz ie^um{i)?: got.
twai^ preisy fidwor tigjus = an. prir^fjörer tiger. Infolge des § lOO
behandelten Akzentgesetzes entstand im Westgermanischen durch
Verwachsung der Nebeneinanderrückung sekundäre Komposition:
ahd. dri-mgfior-zugfimf-zugding\s.ßf-tig six-tig. — Für '20' herrscht
skand. tjogu (aschwed. adän. tiughu)^ worin Möller KZs. 24, 429
einen Dual vermutet (auch isl. tuttugu)\ damit dürfte auch zu-
sammenhängen krimgotisch (Busbeck) stega mndd. stige (nhd. steige
stiege ist ndd. md. schwäb. bayr., auch ndl. fries.) gotländ. stäig\
besteht Zusammenhang mit idg. wik^ti 'zwanzig'.^
Zu den Übereinstimmungen des Germanischen mit den ver-
wandten Sprachen gehört auch eine Flexionserscheinung, die
Besprechung verdient. Im Altindischen können die Zehnerbe-
nennungen (wie vingati pancagdt '50', ähnlich auch teilweise gatdm
'100' und sahdsram 'looo') adjektivisch im Singular neben dem im
gleichen Kasus stehenden Plural des Gezählten gesetzt werden.
Dieselbe Regel kennt das Angelsächsische, wenn wir im Beow.
379 prittiges manna^ Genes. 1307 8 fiftiges^ ßrittiges elngemeta an-
treffen ; und wenn daneben fiftiges daga^ fiftiges wintra im Dat.
fiftigum dagum oder fiftigum daga^ fiftigum wintrum oder fifti-
gunt wintra (Sievers Beitr. 9, 265) herrschen, so ist diese dop-
pelte Behandlungsweise meines Wissens noch nicht aufgeklärt.
Man beachte auch angls. im Dativ feower hunde wintrum (oder
wintra). So teilt also das Angelsächsische mit dem Indischen
die Möglichkeit, die Zehnerbenennungen (incl. hund) als Singulare-
tantum zu flektieren. Im Althochdeutschen sind zweinzug drimg
IX. Nominale Wortbildung. 255
usw. indeklinabel; ebenso in got. sibuntehund ahtautehund usw.,
nur daß Luk. IS*^ {in niuntehundis jah niune garaihtaizi) ]er\e. alte
Regel noch deutlich erkennbar ist.
70 — 120. Im Indogermanischen schwankt die Zehnerbildung ;indo-
german. ist w^kfiiti 'zwanzig'; sonst vgl. avest. /r/- capware- pancH-
satent (ind. tringdt- catväringdt- lat. quadraginta gr. T€(T(TapdK0VTa
usw.). In Beziehung zu der avest. oder griech. Zehnerbildung steht
die Bildung von got. sibun- taihun-t^hund. Es scheint ein idg.
d(i)kmto-m resp. d(e)kmfa {dekmta- {d)komta) 'Dekade' gegeben zu
haben (wegen des e vgl. ind. säpia N. 'Siebenheit' zu saptd). Das
idg. Zahlwort '^krjitö- 'hundert' ist augenscheinlich ö^(^j^??2/ö- also *Zehn-
heit', wobei 'von Dekaden' zu ergänzen ist (darüber Bugge BBeitr.
14, 72).
Den got. sibuntehund taihuntehund entsprechen im Althoch-
deutschen verkürzte sibunzo ahtozo zehanzo\ dafür im Heliand
antahtoda und im Angls. hundseofontig hundeahtatig usw. Die Er-
klärung dieser offenbar jüngeren Wortgebilde steht nicht fest.
100. Das Germanische besitzt neben dem Dezimalsystem ein
damit verquicktes Duodezimalsystem, das in dem Großhundert gipfelt.
Es finden sich im Latein Spuren eines Sexagesimalsystems (vgl.
nhd. Schock)^ daher sexaginta und sexcenti als unbestimmte Rund-
zahlen; auf eine besondere Bedeutung der '120' im Latein weist
Rud. Hirzel Ben der Sachs. Gel. Ges. 1885 S. 26; auch im Alt-
persischen entdeckte Cantor Mathemat. Beitr. 361 Spuren des Sexa-
gesimalsystems. Das altgerm. Duodezimalsystem äußert sich nie
rein; denn es fehlen alte Zeugnisse für ndd. groetken nhd. Gross
(aus Grosshundert} Schmeller BWb.'' I 1129) == 'zwölf Dutzend'
(auch die dafür auftretende Bezeichnung 'Großdutzend' scheint
jungen Datums). Das germ. Großhundert ist eine Verquickung
von Dezimal- und Duodezimalsystem, gilt also überall '120' und
knüpft — auch im Mittelirischen kommt nach Thurneysen (Ir. Texte
herausgeg. v. Stokes und Windisch III i, S, 123) cet als '120' vor —
an jenes lat.-pers. Sexagesimalsystem an. Daher haben die Zehner
bis 60 und von 70 — 120 verschiedene Bildungsweisen. Dement-
sprechend heißt '100' got. taihunte htmd diVi. tiutiu angls. hundteontig
ahd. z'ehanzug — nicht rundweg hund = ind. gatä lat. centum gr.
iKttTÖv lit. szlmtas M. für * szlmtam N., da das Lit. das Neutr. über-
haupt eingebüßt hat (idg. kmtöm Brugmann in Curtius Stud. 9, 326
aus eigtl. tkmtö- aus dSkmtö- 'Zehntheit' sc. von Dekaden). Das aus
12 Dekaden bestehende Hundert — Adelung kennt Wort und
256 IX. Nominale Wortbildung.
Begriff 'Großhundert' noch aus deutschen Mundarten — scheint
überall neben dem rein dekadischen Hundert bestanden zu haben;
so unterscheiden die Goten nach Holtzmann 1857 Germ. 2, 424
Groß- und Kleinhundert, indem sie ^taihuntews 'dezimal' gebrauchen
{fimf hundam taihuntewjam bröpre 'TTevTaKoaioi^ dbeXqpoT^* i. Cor.
15,6). Daneben bewahrt das Nordische die Zählung nach dem Groß-
hundert teilweise noch heute: man unterscheidet tircett hundrap:
iölfrcett hundraß Vigfusson Dict. s. hundrap und Rydqvist 2, 567. Im
Angelsächsischen beweist die Zählung hundseofonüg hundtweif tig^
im Fries, tolftich^ im Ahd. zehanzo zehanzug für das alte Groß-
hundert. — Beachte in der Lex Salica tualepti (= an. tylpt) eigtl.
'Zwölfheit' = '120', also 'Großhundert' wie ind. dagati- 'Dekade',
aber auch 'Hundert' und nach Pott Et. Forsch. IP 218 sind die
altind. Benennungen sasti- saptati- agiti- navati- eigtl. 'Sechsheit,
Siebenheit' usw.; aber idg. deki^ti 'Zehnheit' ist im Slavolett. für
'10' herrschend geworden {d.%\2M.desettX\\..deszimtis'^x^v&.dessimpts).
Da das Großhundert auf dem deutschen Kontinent noch nicht
gebührend beobachtet ist, mögen hier zwei Zeugnisse aus alten
Rechenbüchern Platz finden. In Nicol. Deter's Arithmetica Nova
(Hamburg 1654) heißt es: «ein Grosshundert istö Steige als Bretter,
Dehlen,Wagenschoss, Latten, Posen, Wallnüsse, SchuUen, Rüchen,
Klippfisch, Kese usw. — Ein Kleinhundert ist 5 Steige.» — Renners
Kompendium Arithmeticum (Braunschweig 1706) S. 70: «Ein gross
Tausend hält 10 Hundert, aber das Hundert 6 Steige oder 2 Schock».
S. auch über 'Grossdutzend, Grosshundert, Grosstausend' (dazu
über Pfund = 120 Stück) die Wörterbücher wie Adelung, Heinsius,
Krünitz. Stellenbrecher Allgemein. Taschenbuch scheint das große
Tausend als 10X120 und als 12X120 zu kennen. Über 12 als
Grundzahl für gerichtliche Bußen in den germ. Volksrechten vgl.
die Literatur bei H. Brunner Sitzgs.-Ber. d. Berl. Akad. 1889
S. 1039.
Anmerkung, Ältere Zeugnisse für das Großhundert in England {the long
hundred — für Eier und Nüsse noch jetzt üblich) stellt W. H, Stevenson Arch.
Review IV 313—328 zusammen. Die Belege beginnen erst mit der normannischen
Eroberung.
Für mehrere Hunderte gab es zwei Arten der Benennung; ent-
weder entsprechend dem altind. trt{ni) gatä{ni), saptd gatä{ni)
= avest. hapta satä got. prija hunda, sibun hunda ; oder Kompo-
sition bei femininer ^'i/^-Bildung ind. sapta-gatt für gr. eTTTaKOiTia
lat. septingenti (im Lat.-Griech. sind aus den eigentlichen Femininis
IX. Nominale Wortbildung. 257
auf i : ja flektierte Adjektiva lat. -ginti -ginfa gr. -Kaxioi -Kaxiai
neu entsprungen). Von dieser idg. Bildung auf kmtt knityä bewahrt
das Germanische eine Spur im Zahlwort tausend.
1000. Gut. püsundi (Bugge Beitr. 13, 327) für *püs-hundi ist eine
Zusammensetzung mit hund, das in der Zusammensetzung ein fem.
y^-Stamm wurde (vgl. ind. pancagati satgatt gr. -Kaxiai -KOCTia) ;
beachte got. piudangardi F. zu gards M. ; Übertritt zum Neutr.
(gr. -KttCTia, dazu -Kacrioi) zeigt Nehemia 7, 19 twa püsundja. Das
Slavische harmoniert mit got. -htmdi ind. -gati, wie sich alsbald
aus der femininen /^-Bildung urslav. tysesta tysasta ergeben wird ;
das innere h ist germ. gesetzlich geschwunden (vgl. an. likame
angls. (Cur. Fast.) licuma ahd. Ithmo aus ^lik-hamo § 48) ; es zeigt
sich noch häufig im Altnordischen, bes. in püs-hundrap (z. B.
Agrip 53 '), aschwed. (run.) pushundrap — vgl. Vigfusson s.püsund
und Rydqvist 2, 568 ; besonders schwer wiegt salfränk. (Lex Salica)
ihüs-chunde (Jac. Grimm GDS ^ 385), das allerdings von v. Helten
Beitr. 25, 515 beanstandet wird. Diese Deutung empfiehlt sich
auch mit Rücksicht darauf, daß das Tausend an die duodezimale
Bedeutung von Hundert anknüpfen kann (Adelung kennt das 'große
Tausend' 1200; vgl. auch Vigfusson). Für die Auffassung von püs
ist thyuphadus der Lex Visigoth. wichtig; vgl. ind. tuvi- 'viel'
{thyuphadus = ind. tuvi-pati-} Schade Ad.Wb.); formell ist es nach
Bugge Beitr. 13, 327 ein öJ-Stamm '^tüs, eine Ablautsform zu ind.
tavds 'Kraft' {tuvistanta- ttivismat-). Eine Grundbedeutung 'Viel-
hundertschaft' hat schon Scherer ZGdS* 457 wegen ind. tuvi- ver-
mutet. Wahrscheinlich war daher vorgerm. tüs-kiflii iüs-komtt
eigtl. eine unbestimmte Rundzahl (gr. inupioi )iupioi), wie denn
Vigfusson an. püsund nur als fiupioi gelten läßt. Mit diesem vor-
germ. tüs-kriitt iüsktiityä 'Vielhundertheit' vertragen sich nach
einer Mitteilung Leskiens — teilweise auf ein abgeläutetes tüs-
komtt (= aschwed. pusand finn. tuhantt) deutend — preuß. tusimta
aslav. tysfSta tysasta. Die aus dem Germanischen zu erschließende
Akzentuation tüs-krp,ti wird durch lit. tükstantis und russ. tysjaöa
'1000' bestätigt nach VernerKZ. 23, 118. Annahme von Entlehnung
der slavolett. Synonyma aus dem Germanischen ist ebensowenig
notwendig wie Annahme von Entlehnung des germ. Wortes aus
dem Slavischen, falls tüs -\- kruto- die gemeinsame Grundform ist ;
nur falls ind. tavisd- 'kräftig' ein urgerm. püsa- als erstes Wort-
glied sicherte, müßten die slav.-lett. Worte Entlehnungen aus dem
Germanischen sein. Übrigens hat weder gr. inOpioi noch lat. mtlia
Grundriß der germ. Philol. Urgermanisch. 17
258 IX. Nominale Wortbildung.
'1000' noch ind. sahdsra- 'lOOO' (zu jaī5 'Kraft' ?) im Germanischen
irgend eine Beziehung.
§ 301. Ordinalia. Die idg. Ordinalia werden durchgängig aus
dem Stamm der Kardinalia und zwar als adjektivische Superlative
gebildet. Eine Sonderstellung nehmen im Germanischen (wie
mehrfach außerhalb des Germanischen) nur die Ordinalia zu eins
und zwei ein.
1. Der Stamm aina- moviert kein Ordinale. Das dafür geltende
asächs. formo angls. forma (weiter gebildet angls. fyrmest aus
furmist § 291 b) beruht mit dem gleichbedeut. lit. plrmas auf idg.
pXmO' mit Superlativsuffix -mo- (aber lat. primus aus "^prtsmos steht
abseits) ; die erweiterte Suffixform -dmo- (vgl. got. innuma aftuma
§ 291) zeigt got. fr-uma aus '^pr-dmo- (: gr. 7Tp-6)Lio^ 'erster' und
das zugehörige Adv. umbr. promom^ aber auch gr. TTpd|Li0(s). Merk-
würdig ist die Differenz von angls. forma 'erster' gegenüber einer
Kompositionsform frum- 'erster' in angls. frum-bearn frum-cenned
frum-gär frum-wcEstm (vgl. auch an. frum-burdr frum-gjgf frum-
vgxtr Kock Beitr. 23, 512); aber got. fruma-baur 'Erstgeborener'
steht in Übereinstimmung mit fruma 'erster'. Zugrunde liegt dem
got./r/^M«undangls./<?r;«ÄderPräpositionalstamm//*vongot.yb;?^r^
gr. Trdpo? TTpo. Auf gleicher Grundlage//* beruht ein idg, Superlativ
pTvo- pTvyo- 'erster' = ind. pürva- pürvyä- altpers. paruva avest.
paourva aslav. prüvü. Daraus ist durch Substantivierung hervorge-
gangen got.frauja angls. frzgea 'Herr' aus *pfzyo- und ahd.frö angls.
fre'a aus germ. frau-n- für '^frawn- = idg. pTz^o-. — Diesen älteren
Superlativbildungen gegenüber findet sich im Nord.-Westgerma-
nischen als jüngere, aber stammverwandte Bildung von superlativem
Charakter an. fyrstr angls. fyresta ahd. furisto ; noch jünger ist
angls. seresta ahd. eristo zu dem got. Komparativ airiza.
Anmerkung. Eine verblaßte Superlativform von hoher Altertümlichkeit ist
das Adverb ^u^?,. für dum aus vorgerm. prthsmom odi&x prtptnom; vgl. ind.
prathamd- avest. fratema- 'erster'. Weist got. frtimadei 'Vorrang' auf ein ver-
wandtes *frumada 'erster', das mit Mt'-Suffix aus got. fruma 'erster' gebildet
ist? Dann wäre von urgerm. protho- und pr-pmo- auszugehen. — Zugehöriger
Komparativ ist angls. furdur aus vorgerm. pft)rom (ahd. für dir ist pfterei als
alter Lokativ dazu?).
2. Das Ordinale zweiter wird im Arischen zum Kardinale (als
ind. dvittya- avest. Qwitia-) gebildet, wohl unursprünglich und zwar
nach dem Ordinale 'dritter' (ind. tj-ffya-). Im Germanischen gilt
dafür ein pronominaler Komparativ idg. dntero-s (vgl. gr. öeu-iepo^
wegen der Komparativform), das einen abweichenden Superlativ
IX. Nominale Wortbildung. 259
alyO'S in lat. alius gr. dWo? got. aljis besitzt (dafür trat im In-
dischen anyd- unter dem Einfluß von dntara- ein wie im Lateinischen
alter für '^anter unter dem Einfluß von alms). Vgl. got. anpar
an. annarr angls. öder ahd. ander 'zweiter' mit ind. dntara- aslav.
vütorü lit. antras. So wird im Altirischen aile (= lat. alius got.
aljis usw.) als 'zweiter' verwandt; ebenso lat. alter. Vgl. § 250.
3. Der idg. Stamm tri- 'drei' bildet sein Ordinale mit einem
superlativischen tia in ind. tj'tiya- avest. ßritia- (vgl. ind. dvittya-
avest. ^zvitia- 'zweiter'), in lat. tertius und in aslav. tretifi lit. treczas.
Das entsprechende germ. ßridjan- (got. ßridja ahd. dritto) kann
auf vorgerm. tretio- (aslav. trettß) oder auf tritio- (avest. Grund-
form) beruhen. Vgl. auch § 55 a.
4. — 12. Die Ordinalia von 4. — 12. zeigen in den idg. Sprachen
mannigfache Bildungen ; vgl. ind. turtya- 'vierter' (aus idg. kttirio-)^
gr. eßbo)Lio^ aslav. sedmü 'siebenter', gr. öyöoo<; aslav. osmil 'achter',
lat. nönus aus *nevenos 'neunter'. Es überwiegen superlativische
Bildungen (resp. solche mit superlativischem Aussehen) ; vgl. Suffix
-tka in ind. caturthd- (ferner saptamd- 'siebenter', lat. septimus decimus).
Das im Germanischen herrschende tan- ßan- dan- stimmt zu ind.
-tha. — Der 4. ist angls. feorda ahd. fiordo aus '^feurpan-^ idg.
qetwftho- (aslav. cetvrütü lit. ketviftas) ; vgl. wegen der Akzentuation
russ. äetvertyj gegen ind. caturthd-. — Der 5. war idg. penqtho-s
= lit. penktas ^.sX-dM.p^tü gr. Tre|LiTTT0<g ; entsprechend germ. fimftan-
in got. fimfta ahd. finfto angls. fifta. — Zu idg. seks wurde ein
altes Ordinale sektho- = gr. ^KTOq und germ. sehtan- in an. se'tte
ahd. Tatian sehto Sievers-Osthoff MU. 4, 329 gebildet; got. saihsta
ahd. s'ehsto beruhen auf Einfluß seitens der Kardinalzahl wie lat.
sextus. — Zu 'sieben' zeigt das Ordinale gr. ^ßboiiio^ lat. septimus
lit. sekmas altpreuß. sepmas aslav. sedmü ind. saptamd- eine ältere
Bildungsweise als lit. septintas altind. saptdtha-, dem got. sibunda
ahd. sibunto (Grdf. septdnthös) und mit grammatischem Wechsel
(also Grdf. septöntko-) angls. seofoda entspricht. — Ordinale zu
'acht' mit dem Suffix -tho ist got. dhiuda und mit grammatischem
Wechsel angls. eahtoda ahd. ahtodo] die ältere Bildung von lat. octä-
vus resp. von aslav. osmü'dLohtQv' fehlt im Germanischen. — Das Or-
dinale got. niunda ahd. niunto (angls. nigoda aus *niwunßan-) ist
jüngere Bildung als lat. nönus aus *nevenos\ vgl. ind. navamd- und
gr. ^varoq. — Das Ordinale got. taihunda (vgl. aslav. des f tu lit. de-
szimtas gr. öeKaiG^) hatte eine Nebenform te^unßo = angls. teogoda
asächs. t'egutho. Die weiteren Ordnungszahlen werden auf -ßan
17*
26o IX. Nominale Wortbildung.
gebildet wie ahd. einlifto zwflifto = lit. v'enuliktas dvyliktas^ wofür
aber im älteren Litauischen (Wiedemann Handb. S. 102) vielmehr
v'enas l'ekas^ antras l'ekas^ so daß möglicherweise auch für das
Germanische ursprünglich ähnliche Formation anzunehmen wäre
(etwa fornio libo} oder ähnlich?). — Beachtung erheischen die
zu lat. tertius decimus stimmenden Ordinalia got. fimftataihunda
'der fünfzehnte' und ahd. dritto z'ehanto 'dreizehnte' Jac. Grimm
Germ. I 2.
Die Ordnungszahlen der Zehner sind jüngere Superlative wie
ahd. zweinzugosto dripigösto angls. twentigda prittigda feowertigda
usw. Daneben gibt es im späteren Angelsächsischen eine kürzere
Bildungsweise für die betreffenden Ordinalia auf -tega -tiga\
schon Chro. 7Ö3 on dam feowertegan dcEge, Chro. 1086 on ßdm
twentigan geare^ die vielleicht mit ind. vingd- tringä- pancägä- zu-
sammenzustellen sind.
§ 302. Zahlabstrakta hat das Altnordische bewahrt; sie sind
mit Suffix -ti (§ 264) gebildet wie ind. sasti- saptati- agtti- navati-
dagatz- avest. y^swaisti- eigtl. 'Sechsheit, Siebenheit' usw., aber für
'60, 70, 80' usw. gebraucht. Die entsprechende Parallelbildung des
Altnordischen hat Einer-Bedeutung: an. ßmt seit sjaund niund
tylpt\ sttt 'Runengeschlecht' eigtl. 'Achtheit' ist germ. ahti-Zy nach
Brate = ind. agtii-. Vielleicht hat salfränk. (Lex Salica) tualepti
(an. tylpf) noch die Zehnerbedeutung '120'. Vgl. aslav./^^// = ind.
pankti- 'Fünfheit, Pentade' und aslav. sesti deveti desetz '6, 9, 10'.
Ein gemeingerm. Zahlabstraktum te'fu-z 'Dekade' erscheint in der
Bildung der Grundzahlen für die Zehner S. 253, ist aber sonst
unbezeugt; an. tzund ist jüngere Neubildung.
§ 303. Multiplikativadverbia. Für 'einmal' fehlt die dem
lat. .y^;«^/ entsprechende Bildung, die im Gotischen als szmle{% 300)
die Bedeutung 'einst' angenommen hat. Angls. sene 'einmal' und
ahd. eines (jüngere Form bei Notker einist) 'einmal' scheinen sjch
in urgerm. ainjaiz : ainjais zu vereinigen, bleiben aber genetisch
unklar. — 'Zweimal' (lat. bis aus ^dvis gr. bi<; ind. dvis) scheint
in got. twis-stass 'Zwiespalt' zu stecken, von wo aus es auch in
das Verbum twis-standan gedrungen sein könnte ; dazu mit einer
germ. Grdf. twzz ahd. zwirör zwiro (und angls. twiwa tuwwa)\ an.
tvisvar und ahd. zwirör für '^zwirwör scheinen sich mit ahd.
zwiro in einem urgerm. twiswöz : twizwöz zu vereinigen (§ 151
Anm.). — 'Dreimal' ist ahd. driror asächs. thriwo angls. priwa
= an. prysvar (gemeinsame Grdf. "^ßrizwöz : priswöz) : das S von
IX. Nominale Wortbildung. 261
asächs. thriwo (angls. priwa) steht für iz wie in asächs. Itnön
'lernen' = ahd. Urnen (darüber vgl. oben § 148 Anm. 5). Außerhalb
des Germanischen vgl. ind. tris gr. Tpi^ (lat. ter für *ters = *fHs). —
Für 'viermal, fünfmal, sechsmal' hat das Germanische in Überein-
stimmung mit den übrigen idg. Sprachen von Haus aus keine pri-
mären Multiplikativadverbia (doch vgl. noch \dit. qtiaterund'md. catür
'viermal'); dafür finden sich Umschreibungen wie got. ßmf sinßam,
sibttn sinßani (aber auch ainamma sinßa^ iwaim sinpam^ prim
sinpam Braune Got. Gramm. § 149); ahd. ßors fünf sihmsfunt (sLUch
stuntöm) Braune Ahd. Gramm. § 281.
Grundrifs der germ. Philol. Urgermanisch. 18
INDEX.
I. Germanisches Wortverzeichnis, II. Außergermanisches Wortverzeichnis,
III. Sachverzeichnis,
Die Zahlen bezeichnen die Seiten.
Die Einordnung geschah durchweg nach dem bürgerlichen Alphabet;
also auch / und -& z=z ih, ce z= oe, co = o, indisch dh- steht unter den
^-Worten, usw.
Präfixe und Suffixe suche man im Sachverzeichnis.
I. Germanisches Wortverzeichnis.
d an. 249
dbagrimti ahd. 233
dband ahd. 69
abändert ahd. 183
dbaro asächs. 245
dblä,'^ ahd. 234
ähulgi ahd, 233
acchus ahd. 149. 198
ächis Schweiz. 81,
dcumba angls. 93. 233
dcweorna angls. 152
adalkunni asächs. 229
ädank ahd. 233
cecelma angls. 89. 233
decnösle angls. 233
decyrf angls. 233
Cßdre angls. 198
(Efen angls. 207. 253
Gßfest angls. 234
Cßfhende angls. 233
&,fre angls. 205
dßfyrmd angls. 233
cegen angls. 175
Cßlenge angls. 231. 233
d&mynd angls. 233
aenbelt mndl. 85
(Ene angls. 247. 250. 260
cerende angls. 85. 89. 233
Cßs angls. 79
ceswind angls. 85. 233
cetgdr angls. 235
CßtgrcEpe angls. 235
(Eprytt angls. 233
(Ett an. 199. 260
afardags got. 234
äff ultra ahd. 151
aflima an. 233
Aflims 197
afierthiu ahd. loo
äfyran angls. 182
Agenarichus 10
dgez ahd. 233
dgezzal ahd. 177
agis got. 221
Agiulfus westgerm. 202
dgldßca angls. 201
Agustus got. 23
ahaks got. 223
aht'r ahd. 205. 206
ahj'an got. 158
ahs got. 206
ahsala ahd. 54. 153
aigan got. 2. 191
aigin got. 175
aifva- got. 62
ainshun got. 98. 215
özj- got. 206
aistan got. 59. iio
Aistomodius lo. 32. 35
aifpau got. 77. 97. 146
dkust ahd. 233
Albiresbah ahd. 20 5
^/5z.y 35. 133
«/^^.y lat.-germ. 133
Alcfripu angls. 202
ald asächs. 174
alder afries. 19 1
ald fader asächs. 232
dleiba ahd. 233
alew got. 7. 45
alles ahd. 216
alor angls. n8
.^/^^ nhd. 12
a7jo ahd. 98
altar ahd. 198
alfan got. 159
althro ahd. 242
Index.
263
alps got. 223
aliwicki ahd. 231
dmad ahd. 233
amhaht ahd. 6
ambolt dän. 85
dniund langobard. 233
anabö^ ahd. 15
anabüsns got. 54. 79. 115.
234
anado ahd. 118. 198. 199
analaugniba got. 177
anasiuns got. 177
ancho ahd. 63. 152
a«^ angls. 56. 97.
ajtdanahti got. 23 1. 234
andanems got. 90. 177
andasets got. 96
andastaua got. 234
andawleizn got. 78. 79
andbahts got. 6
dndMti asächs. 90. 177
andtid angls. 234
aneisare lat.-germ. 18
angsttm angls. 229
angweizza ahd. 152
«nwo got. 27
<J«ö ahd. 100. 116. 117.
146. 240
anscs got. 17 1
ansts got. 141. 171.
anidago ahd. 234
dntfrütön ahd. 237
AnU'christo ahd. 231
dntinga angls. 246
am^/ ahd. 118
aqizi got. 55. 149
arhjQ got. 226
ArenbJQrn an. 202
driup ahd. 233
arjan got. 159
Armüausi 35
arniba got. 246
arnön ahd, 162
arsrf^ ahd. 144
^z^ an. 198
Asbirin ahd. 8
dscerri ahd. 233
äschaffen mhd. 233
Asciburgium 35. 231
asüus got. 13. 68
Asmöpr an. 202.
af«m got. 118
atafni got. 231. 235
dpum angls. 228
dfumswerian angls. 232
a//a got. 77. 228
^z;/!z7a got. 226
aiidfengr an. 177
augadaürö got. 23 1
atihns got. 65. 78
ailhsa got. 2
mirtigards got. 14. 26. 41
auvisle an. 234
avarkalawer ahd. 234
dweisin ahd. 233
dwicki ahd. 233
awizoraht ahd. 23 O
aze/o got. 75, 107
a^fengi ahd. 235
B.
bdßwenn mittelengl. 63
bahhan ahd. 156. 157.
167
baitrs got. 200
bajops got. 75. 251.
bandwa got. 12
bardage an. 201
bar d aus 12. 201
barmen ahd. 89. 148. 234
Aar« got. 112. 174
barren ahd. 60
barritus 201
öa^a ahd. 228.
Äflj^« ndl. i6b
öa^/ gct. 198
da^rtf an. 243
baugjan got. 63
batird got. 114
baürgswaddjiis got. 229.
232
baürPei got. 207. 222
i^t/<r ahd. 103. 251
bedecian angls. 184
j5^^^ nhd. 150
beghonnen mndl. 157
beheafdian angls. 235
behhdri ahd. 29. 122
beiskr an. 55
-beisns got. 1 1 5
bepcßcan angls. 46
Berna ahd. 21. 23. 27
berusj'ös got. 172. 232
5« ndl. 60. 198
besnyppan angls. 159
betuhhen mittelengl. 149
biben ahd. 161
bigardncm lat.-germ. 16
j biginnan ahd. 169. 170
I bikeri asächs. II. 122
^Z«z' ahd. 3. 150. 199
biscof ahd. 37
bisketuom ahd. 96
bisprähha ahd. 235
bisunjane got. 117. 173.
235
bitherbi ahd. 90, 92. 93.
96
^/wzw asächs. 8. 163
bjalke an. 199
bjqrn an. 196. 197. 202
bj'üka an. 205
blacke hess,, Schweiz. 57
blaeder Schweiz. 57
bldbwen angls. 222
^/^z> nhd. 75
blei'h ahd. 221
blendan angls. 182
blinnan angls. 89. 234
blügo ahd. 115, 200
bodam ahd. 142
bolstar ahd. 66
öört/ angls. 81. iii
bordezel ndl. 13
bordhaga angls. 12
{ bosheit mhd. 229
I ic/M«r mittelengl. 103. 251
j botl angels. 142. 152
! botm angls. 68
boum ahd. 198
I box angls. 123. 130
204
Index.
brcpgen angls. 8o
brastön ahd. 183
brdwa ahd. 74
hred angls. Ili
briost angls. 19 1. 199
bringan ahd. 169. 170.
174. 176
britisa ahd. 44
britischa lat.-germ. 17
bröc angls. 207
öror/ ahd. 60
brösma ahd. 54. 204
brosnian angls, 79
brother-in-law engl. 228
brücan angls. 156. 159.
169 f.
brunia ahd. 73. 207
Briinihild ahd. 202
brunno ahd. 203. 205
brütis lat.-germ. 133
bryce angls. 177
bryne angls. 76
5/^ angls. 1^5
bi'igan angls. 156.
buli^ ahd. 23 — 25
b7ilke Schweiz. 149
bunnan ahd. 234
Buohhunna ähd. 33. 128
burgdra ahd. 227
ßurgund(wnes) 9.32. 33.
192. 221.
burgware angls. 152
burien ahd. 182
^läzfii angls. 104
buiure angls. 25
bywan angls. 63
carrago lat.-got. 12. 35.
66. 201
cdsere angls, 225
cdsering angls, 1 1
Catualda 3 1 . 52
Catum^rus 31. 52
ceahheitan angls. 149
c^-a/c angls. 29
cearcian angls. 184
ceaster angls. 12. 22. 28
Cenwealh angls. 9
c^or/ angls. 199
Charietto 10
Charudes 52
rÄzisf ahd. 78
chldftara ahd. 38
chlimban ahd. 157
iTÄ/m alem. 200
chnebil ahd. 81
Chorthonicum 52. 129
chräm ahd. 41
chreta ahd. 199
chriesi alem. 24
chruog ahd. 46
churz ahd. 28
^rzVzif*? angls. 36
£•/«>« angls. 157
cleofa angls. 15. 22. 23
clyppan angls. 38
cwo// angls. 46
cohhettan angls. 77. 183
collenferhä angls. 177
Contware angls. 201
copor angls. 25. 29. 151
cordor angls. 198
cöj-,? angls. 123
crabba angls. 228
crohha angls. 46
«^' angls. 127. 145. 207.
cullantar ahd. 148
cweccan angls. 159. 170
cweorn angls. 192
cwi{o)dti angls. 63. 192
cyrsp angls. 13
D.
daddja got. 75. 158
dagen ahd. 57
^aÄa ahd. 69
^azjrj/ engl. 105
dankön ahd. 67
danne ahd. 214. 247
ddren mndl. 177
ifar?i mndd. 162. 17 1
dawolön ahd. 184
deemster mndl. 58
dclfan angls. 156
Z)^«^ angls. 221
deorc angls. 57
dichter mhd. 206
</zw. angls. 57
d?««^ ahd. 69
dio7nuoti ahd. 232
dishaban got. 235
diswiss got. 235
diupe mhd. 149
dcegn adän. 206
dögor angls. 206
^o^z" asächs. 224
dräen ahd. 159
dr(Epr an. 177
drausjan got. 180
dreccan angls. 159. 170
dreisHmt nhd. 104
drifald ahd. 252
drigil ahd. 199
driogan ahd. 53
drirör ahd. 260
drüctifli ahd. 142
dfrzVifo >%a^ ahd. 249
dri^uc ahd. 104. 254
dröhtin asächs. 199
druncnian angls. 183
druoen ahd. 158
dryicge angls. 226
dunni ahd. 203
duris ahd. 44
dürnoht ahd. 90
^wrrz ahd. 141. 199. 204
ffwrz^; angls. 191
duruhnaht ahd. 241
^WCB^ angls. 74
^^/Ä/z^ angls. 57
^^^ angls. 222
Ealhmund angls. 201
^a/o angls. 134 f.
earendel angls. 230
earmcearig angls. 232
^ar^ angls. 163
/a,yif angls. 248
eastanwinda angls. 231
Index.
265
ebahewi ahd. 235
ehantal ahd. 235
ebur ahd. 119. I2I
ecchü ahd. 148
eclinga angls. 246
edcucu angls. 236
edel angls. 1 18
tdes mhd. lOi
edor asächs. 56. 141
edroc angls. 236
eftho asächs. 97
i gester mhd. 100
egg ja asächs. 107
egi ahd. 224
egiso ahd. 203
e'gsa angls. 172
ei ahd. 72. 75
eich nhd. 102
eichen nhd. 25
eigileihhi ahd. 201
eihhahi ahd. 226
eimyrja an. 85
f/w/i- ahd. 260
^z«/// ahd. 198. 253
mtz an. 78
eivar ahd. 198
^z^; ahd. 1 10
ek run. 134. 217
elaho ahd. 203
f/^'/^ ahd. 38. 199
Elfr an. 34
eliL-nti ahd. 202. 216
f//^ör asächs. 216
elpend angls. 24. 27
eis ndl. 60
elj)eodig angls. 216
elthiro ahd. 242
fjididago ahd. 85
^nrf/- an. 242
enge an. 98. 2 16
enk bayr. 220
<?«öM^ ahd. 214
entvarmen mndd. 234
eobolsian angls. 235
eoh angls. 65
Eömder angls. 8
Eostre angls. 58. 230
roK-'M angls. 75
epen afries. 176
epfi ahd. 148
erachar ahd. 93. 152
erbtsam frühnhd. 96
erian ahd. 166
er in ahd. 44
eringrio^ ahd. 229
Ertmmduri 201
erntac mhd. 36
erthungan asächs. 177
estrih ahd. 24
etgrode mndd. 236
ethwit afries. 236
f2£//.r/ ahd. 230
exo andd. 171, 172
eyrer an. 1 1, 22
e^ih ahd. Ii. 8l
F.
fadrein got. 191. 232
fceger angls, 200
f(kle angls. 64. 237
f(je,r an. 68
/i?^^ angls. 204
fdßtnian angls. 183
fagan asächs. 1/6
faheps got. 193. 199
/azÄy got. 46. 53
fairina got. 236
fairweitl got. 236
fairzna got. 80. 198
fakla asächs. 24
fallan ahd. 38. 50, 157
/a'/w angls. 68
fano lat.-germ. 18
farh ahd. 107
fäsci ahd. 22. 23. 28
fdski got. 28. 132
fapu angls. 228
fatureo ahd. 72. 152
faiirpis got. 10 1
/<?a/a angls. 200, \g\. fela
fia-we angls. 65
fedgar an. 232
fUgön ahd. 113
/M ahd. 7
/t"Ä^« ahd. 180
feili ahd. 123
/<?z>w ahd. 49. 68
fei^^it ahd. 176
/d7fl! angls. 146
fe'll ahd., angls. 108
Fenni lat.-germ. 34. 129
feower angls. 252
fe,rs ahd. 27
feusa lat.-germ. 17
fiadon ahd. 152
ßdurddgs got. .532. 252
fidwtr got. 64. 74. 84.
252
fihala ahd. 68
fijan got. 2. 173
filigri got. 236
Filumdr ahd. 8
fimbultyr an. 85
findan sächs. 170
j'^ör asächs. 166
fittertüschunde salfränk.
252
fiund asächs. 173
fjcBpersköiter aschwed.
252
fjqr an. 198
fjqrd an. 121. 135
fj^rär an. 113
flach mhd. 142
flado ahd. 114
y?CEj-c- angls. 206
flehtan ahd. 159
fleire an. 242. 244
y?/ow angls. 185
flogezzen ahd. 183
flö^llhho ahd. 57
fluga an. 199
flyma angls. 225
flyming angls. 225
fnora angls. 221
ftgian asächs. 1 1 3
foh ahd. 61. 65. HO
fohhanza ahd. 14
Folcivalding angls. 223
fold an. 56
folda asächs. iil. 152
266
Index.
folde angls. 2. 82. 114.
207
fölgin ahd. 87
folieist ahd. 236
fölleisten ahd. 87
fglske an. 205
f6n got. 203. 205
forcup angls. 91
forgdng asächs. 91
forgüol angls. 177
forma angls. 82. 245. 258
forn asächs. 253
forscon ahd. 66. 81. in.
114
forspon ahd. 64
forst ndl. 200
forpgesceaft angls. 96
föstor angls. 59
/o^ angls. 123
frdbali ahd. 198. 236
fracoä angls. 90. 91. 93.
95- 236
frcefddtt angls. 237
frcetwe angls. 91. 93. 237
frähen ahd. 57. 180
fraihnan got. 156. 167
fraiw got. 237
fratnano ahd. 236
framhari ahd. 237
fra7ndiht ahd. 237
framea lat.-germ. 12
frdse^ ahd. 91
frdtdt ahd. 89. 91. 96.
236
frapjan got. 50
frauja got. 82. 125
frawd^ ahd. 236
freadryhten angls. 232
freawrdsen angls. 237
/r^Ä/" ahd. 237
freidi ahd, 236
freihals got. 201
y^^zi- got. 7
f remidi ahd. 1 1 8
fressa ahd. 1 1
fricca angls. 78. I17
fricgean angls. 158
Friduwin ahd. 145
^''^^.r an. 75
frisahts got. 237
frtund asächs. 173
froccum lat.-germ. 16
frogga angls. 228
frutna got. 82. 258
frumadei got. 258
f rumhur dr an. 258
frumgdr angls. 15. 258
frummen ahd. 182
fugal asächs. 122
/wz> ahd. 204. 205
fulhoran ahd. 177
f Ulcus lat.-got, 17
fulgins got. 1 1 5
/?^//^ got. 174. 200
fultum angls. 236
fultumian angls. 87
fulwlan angls. 236
fuotareida ahd. 207
für dir ahd. 245. 258
furäum angls. 241. 245.
247. 258
furenomes ahd. lOO
furhten ahd. 159. 169
furisto ahd. 258
füs angls. 79
fyrcUan angls. 184
fy per feie angls. 85. 232.
252
Q.
gdbei got. 50. 107
gafahrjan got. 182
gaft'illaweisjan got. 87
gagaleikon got, 91
gagamainjan got. 91
gaguds got. 238
gahugds got. 55
gaidw got, 152
^a//a ahd. 204
^a/w ahd. 160. 188
gamains got. 1 1 0
gamall an. 23 1
gaman an. 231
gamhan asächs. 230
gangan angls. 160. 166.
168
garha lat.-germ. 16. 17;
ahd. 81. 112. 115
gariuds got. 200. 238
gascaft ahd. 89. 91. 96
^a^^arf' Grimmeishausen 9 1
gat nordfries. 219
gdt angls. 207
gaiarhja7i got. 182
gauntpus got. 224
gaurs got. HO
gaweisdn got. 71
gawiss got. 55
^«53^ ahd, 72. 151
geatol angls. 91
geatwe angls, 91. 93. 96.
237
gehal ahd. 53
geban asächs. 68
geheor angls. 237
gedefe angls. 177
geian angls. 65
gefearh angls. 238
gefystUan angls. 184
gehwd angls. 238
geigan got. 16 1
geime an. 20 5
Geirropr an. 202
geitze mhd. 149
geizzin ahd. 226
geliehe mhd. 237
Gemachel frühnhd, 149
^^««f'Äwza nordhumbr. 152
geohhol angls. 149
geönd angls. 214
Gepides 31. 34
getdwe angls. 92
getenge angls. 231
gezagel mhd. 238
gihart ahd. 238
Gihica burgund. 223
^z/ angls. 214
gife^^an ahd. 159
gij'dro ahd. 237
^z7öJ ahd. 238
^7^/r got. 59. 79
Index.
267
gina an. 162
gindda ahd. 50
ginatnno ahd. 237
ginan angls. 157
gismagmo ahd. 223
gisunfader asächs. 232.
237
gisustrithi asächs. 226
git angls. 219, südwestfäl.
220
git mhd. 161
gitoktn andl. 148
giwahinnen ahd. 1 60.
167
giwennen ahd, 182
gizal ahd. 91
glßd angls. 200
gldßr angls. 60
glär mndd. 133
gluoen ahd. 159
gold ahd. 210
gomel angls. 93
gomo ahd. 122
gondra angls. 93
Goiones 130
Gotthart 1 5
gotto ahd. 228
goukoldn ahd. 149
granken mittelengl.
184
granne an. 148. 237
gr edder an. 237
gredus got. 88. 113
grtnan ahd. 157
groetken ndd. 255
Gross nhd. 255
grünt fr osto ahd. 231
grtioen ahd. 159
gtidhüs got. 201. 232
^Zif/<? alem. 70
^«7/<? alem. 45
gunia got. 80. 108
gtiomo ahd. 203
gurt(j)u ahd. 158. 159
^m/ got. 210
güPgetäwe angls. 96
^1// angls. 213
H.
haban got. 50. 182
habaro ahd. 153
hadara ahd. 50
hader mhd. 53
Hadumär ahd. 8
Hadurzk ahd. 8
hcßdre angls. 247
ACE/ angls. 206
Ä^/<? angls. 134. 135- 138.
140. 193. 196. 199
hcBnep angls. 45. 51
/tCB^ angls. 79
Äa//^ got. 174
hafuc angls. 223
hagoL angls. iiS
hähala ahd. 66. 69, 153
haims got. 80
hairfra got. 79. 82. 118
hairus got. 2
haitika run. 217
Ä<z/^ ahd. 195
halbtdt ahd. 249
half-nirdßär an. 249
hdlfr annarr an. 249
ZTa/ö ahd. 207
Äa/^ ahd. 247
Äa//.y got. 82.
hamedii altfränk. 8. 238
Hamen nhd. 41
hamma ahd. 76. 81
Äawa got. 66. 138
hanappU7n lat.-germ. 17
Äawtf an. 193
hangen ahd. 182
Hanhavaldus 69. 202
Äara angls. 56. 58
Harndfus 202
harmo ahd. 58
Äar^ ahd. 203
Äa^fö ahd. 58
haso angls. 227
hatol asächs. 66
haugr an. 57. 220
hauhisti got. 224
Haukopuz run. 66
hausjan got. 169
hazjan got. 180
hiafod angls. n8. 120
hiardra angls. 93
het>an asächs. 68. 118.
120
heba7zktining asächs. 229
hebbian asächs. 170. 179.
180
heäan an. 68. 213. 248
hedra an. 213. 248
hegre an. 198
h'ehera ahd. I2i
Ä^Mz/f ahd. 118
heigaro ahd. 66 ^
heill an. 222
heiinan an. 248
heinio ahd. 228
heitar ahd. 200
At/Za angls. 69
helan ahd. 1 73
hengan ahd. 181
henginnia asächs. 73
heonu angls. 97
heortbucca angls. 232
hera ahd. 121. 213
her der ndd. 29
herdo ahd. 79
Herminones 129. 130
herdd ahd. (asächs.) I2I.
248
Äerro ahd. 15. 147. 243
Ä« an. 42. 66
Hesiwald 31
h'esken ahd. l6l
hettend angls. 180
hevianna ahd. 73
hibendene mhd. 213. 248
ÄzV/r^ got. 213
hfgian angls. 161
hinchan ahd. 49. 59. 159
hinneg an. 102
ÄtW got. 189
Äzr/zÄ ahd. 161
Äzr«/ ahd. 60. 141
hitamum ahd. 245
hiure mhd. 248
268
Index.
hiutu ahd. 93. 102. 166.
213. 248
hjarre an. 203
hjarse an. 62. 198. 203.
204
hlanc angls. 79
hleiprastakeins got. 20I
Hlewagastiz run. 3. 8.
132. 206
hlifa got. 159
hltppen ahd 159
hlö^gja an. 84. i8l
hlera an. 180
hlosen ahd. 173. 180
hlosnian angls. 162
Hlo^here angls. 8. 174
Hludana 130
hnecca angls. 199
hnoda an. 205
ÄfJt: angls. 116
hocken ndd. 59
hogen ahd. 169. 180
/zo7z angls. 69
hoha got. 49
holöji got. 113.
honag ahd. 66. 123
hoppdda angls. 231
hdrahhon ahd. 184
Äor^ asächs. 60
Hqräar an. 31
ÄorÄ angls. 198
hornü^ ahd. 3. 60. 141
hör skr an. 114
hovar ahd. 65
Ära angls. 72
hracu angls. 204
hrcegl angls. 199
hraiwadübo got, 206
Ära?« angls. 128
hreddan angls. 56
Är^ ahd. 81. 200
hreini ahd. 177
hreinne an. 243
hreßer angls. 79. 199
hrettan ahd. 2. 182
Ä^-/^ an. 201
hriflingr an. 3
hrttara ahd. 177
hriphyrde angls. 230
hr^nn an. öo. 141
hrof>hund angls. 41
hryder angls. 205
Äw angls. 72. 127. 145.
195. 214
hühel mhd. 56. 81
hugsi an. 172
hührus got. 69
hüllen ahd. 159
hulundi got. 173
i^w^tz ahd. 221
hunno ahd. 76. 228
huntad angls, 224
hiinteri ahd. 15
huof ahd. 198. 200
huosto ahd. 71. 223
Ä?^r^ ahd. 198
hurken mndl. 184
hiirnidscip asächs. 177
hvadan an. 248
Ivaiwa got. 2 1 5
Jvarßs got. 214. 215
Ivassaba got. 55. 62. 78.
159. 246
Jvapar got. 214. 244
hapo got. 62
/u^zV.f got. 62
hve'l an. 63
hverr an. 2
hwcetwega angls. 98
hwedar ahd. 214
hwelih ahd. 214
hwine angls. 247
hweohhol angls. 149
Ä'Z£//o/ angls. 63. 65
Äw^y angls. 63
hwergin asächs. 215. 248
hwösta angls. 63 . 7 1 . 112,
128
hyht angls. 65
hyll angls. 5. 77. ill
I.
iha got. 246
ibu ahd. 214
idccges angls. 102. 215.
248
zi/^a got. 75. 134. 167.
168. 185.
idreiga got. 236
/ g(Er an. 247
igil ahd. 68
ihsüt ahd. 130
ikorne an. 230
'lUiyioaX 153
z>«5z" ahd. 120
zVwz mhd. 23. 26-
inc[it) angls. 219
z;z^(?.r mhd. lOO
inlachenes ahd. lOO
/«« nhd. 129
innan asächs., angls. 99
innanthes ahd. lOO
inne ahd. 214
innodli ahd. 142
innyfle an. 142
intinga angls. 231
inträtan ahd. 24O
intuotna ahd, 109
z'wwÄ got, 146
zraÄ ahd, 26
irbarmhi ahd. 234
irbunnan ahd. 234
zVrz ahd. 60. 118. 120
z';^ an. 219, südwestfäl. 220
italingün ahd. 246
itamäli ahd. 236
itarucchen ahd. 236
itnniwi ahd. 236
ZM^ got. 1 1 5
iupapro got. 248
iusiza got. 242
iwwer ahd. 216. 218
J.
/a asächs. 43
jabai got, 214. 246
jains got. 214
jarldömr an. 227
jener ahd. 214
jiuleis got. 65
/öV:,^ ndd. 218
Index.
269
JQltull an. 118
jügiro ahd., asächs. 74.
242
jugund ahd, 74
jnhhtdi ahd, 226
jühiza got. 242
/l^w^a- 73
yww/lr nordfries, 219
7«^ got. 218
K.
kala an. 174
kallSm ahd. 77
kamnierz schwäb. 1 1
kam md, 81
kannjan got. 181
i^«r ahd. 141
kara got. 63
karlo ahd, 203
karra ahd. 28
kdtaro ahd. 93
kaupatjan got. 46. 183
kaürtis got, 62. 108
kaivtsjö got,-lat, 20, 26
keinan got, 157. 162, 167
kelikn got. 6
kentüstah ahd. 15. 25
kesür asächs. 25
khunawithi ahd, 229
ktchen mhd. 77
/&7(?^ ndl, 16
*/>a«^ got, 75
/^/wß? ahd, 69. 210
kinnr an, 202
kinmis got, 76
kl'enan ahd, 154. 157
knabo ahd. 150, 207
^«zw ahd. 114
>^öjf6'r mittelrhein., sieben-
bürg. 25. 153
Königinnnttter nhd. 232
koper ndl. 153
>&o// ahd. 130
körnen nhd. 77
^V'/r an. 132
ko^an ahd. 14
kräko ahd, 1 1 6
^r^/üT ahd, 72
^r^^5^ got. 35-51
Kriemhilt mhd. 124
/fer?;V ndl. 199
kriohhan ahd. 65
Krist asächs. 37
krtte mndl. 25, 26
i^rz^-^^ ndd. 46
krzcmb ahd. 6
-^msz" ahd. 23. 26
kuhma ahd. 146
kundt ahd. 222
kunnan got. 162
ktmps got. 81. III
kuohho ahd. 199
^wi-^z' ahd. 2 b
Ktistanteinus got. 26
kvdnlauss an. 201
kvemka an. 184
kvikna an. 183
kvikvende an. 64
L.
/a angls. 72, 98. 212
/ö&r angls, 15 1
Icßssa angls. 60, 141. 242,
243
Äz?/2fa: angls. 77
laetus lat.-germ, 33
laffu ahd. 157
lam ahd. 59
latjan got, 116
/ff^/a ahd. 59-77
/aw^ alem. 200
lauf ahd. 220
ledian asächs. 181
leffur ahd. 141
iVfs ahd, 54. 118, 141
leha lat.-germ. 66
lehnt asächs. 177
leifvan got. 3. 63. 162,
177. 178
let'ptr an. 65
leman engl. 105
lend angls., an. 191
lenge an. 247
lentin ahd. 152
lenzo ahd. 147
lerest{a) fries, 242. 243
les asächs. 243
Leubwini run. 144
Uw got. 63, 113
liban ahd. 159
libbian asächs. 170
liederlich nhd, 49. i lO
ltfi(hina)?no ahd. 93, 95.
229
likkoian asächs, 78
link mhd, 59
Itnon asächs, 124. 141.
217, 261
liogan ahd, 159
liotno asächs. 204
lippe mndd. 50
Urnen ahd. 122. 141, 162.
182
liugan got, 6, 7, 239
liuhap got, 199
Ijöme an, 64
löge an. 198
lörihhtn ahd. 22. 24
/ö;c angls. 123
AovnqpovQÖov 20 1
/z^Z^a ahd. 122
htngor angls. I12, 153
lungunna ahd, 73
hioder mhd, 79
/z/ö^ ahd, 113. 116
/??rra ahd. II. 22
lyja an. 159
M.
machahis lat -germ. 66
mdädum angls. 149, 153
7nadra an. 153
^ÄCerf angls. 151, 152
mcegep angls, 144
7n(kgwlite angls, 24
mcBntac mhd, 229
magan ahd. 178
mag in ahd. 222
tnagti angls. 151
magtis got. 7
mahalan ahd. 142
270
Index.
maha got. 242
Makidöneis got. 22 1
Mallortx 6. 35. 133. 144.
200
vialma got. 203
tnalta ahd. 199
malz abd. 205
man (west)germ. 102. 216
tnanags got. 7. 39
manahotibit ahd. 15. 229.
rnänfordo&dla angls. 96
inange an. 216
manna got. 2. 76. 203
indnodsnih ahd. 230
mapuldor angls. 142
marawi ahd. 200. 203
marisaiws got, 203
Maroboduus 33
marren ahd. 60
?/za^(? angls. 59
mastiboum) ahd. 59
viaiihalgs got. 232
matjan got. 18 1
Mattium 148
matirgins got. 118
maürgjan got. 1 1 1
ma^^altar ahd. 142
?;2/,:f angls, 124'
w<?^a asächs. 122
medemest afries. 245
megin ahd. 178
7«<?^^ got. 220
meinan ahd. 39. 123
meisch mhd, 59
■mei^^il ahd. 224
w?<f7 an. 69. 200
meltan angls. 59
;«^;2ü! got. 3. 134.138.230
mendan ahd. 69
/;z(?«(? angls. 150
menihha ahd. 24
menops got. 109. 193
/«<fo^ angls, 199
meotod angls. 140
Merovingi 223
z«^,y got. 19. 25. 26. 28
me^^irahs ahd. 85. 201
?«zVf angls. asächs. 99
midfyrive angls. 65
vtiduma got, 245
■mikils got. 118
mila ahd. il. 28
milchti ahd. 156. 16 1
müiß got. 204
miUestre angls. 22. 24,
130
■minite an, 243
mirki asächs. 151
missen ahd. 159. 170
missdre angls. 231
missö got. 78
miti ahd. 99. 249
mipgasinfa got. 238
Mittag nhd. 105
mitthont ahd. 77. loo
mittiivohha ahd. 15
mJQk an. 246
Mjqlner an. 38
mjükr an. 200
mocke rheinfränk. hess. 7
/«o^o ahd. 199
molda angls. 204
monfwdere angls. 231
7ndr mhd. 13. 24
mgskve an. 205
m.6tastaßs got. 201
niulda got. 174. 210
nii'ile an. 204
mulinäri ahd, 29
mullen ahd. 159
Mümling nhd. 221
munih ahd. 24
muniteri asächs. 29
wz/^zif angls. 29. 121
muoia ahd. 228
muoma ahd. 228
murclan angls. 184
murnan angls. 157.
161
müsari ahd. 23 i
mutii ahd. 1 1
mü-wa angls. 198
mycel angls. 200
m,yrkr an. 222
N.
nahager ahd. 43. 201
nahulo ahd. 119. 203
7iaigan angls. 182
nccgledcnearr angls. 177
ncEsp'ßrel angls. 230
nagaher ahd. 81
nagal ahd. 153
ndmi ahd. 177
nauchum lat.-germ, 66
nat'ih got. 135
naus got. 39. 40
naust an. 230
naußs got. 223
?e^*iz^/ ahd. 153
«^/ an. 59
Nehalennia 148
nSlvundja got. 173
Nemaningtis 111
Nemetes 52. 130. 221
nemlen mittelengl. 221
Nerthus 130. 133
«<?.r^ ahd, 238
Nihelunge mhd. 221
nicchessa ahd. 72. 15 1
«z churi ahd. 160
«2/7 ahd. 129
nigan ahd, 63
nigun asächs. 75. 253
nih got. 97
nihold angls. 93
nimid asächs. 67
Nipufr an. 66. 202
nobody engl. 103
noh ahd. 97
noker nindl. 21
n^kkve an. 15 I
;/o/ an. 142
ndmen mndd. 109. 116
nor au. 230
Nordhymbre angls. 221
nordruoni ahd. 94
Northalbingi lat.-germ.
223
nosu angls, 191. 199
notstallo ahd. 238
Index.
271
n$^ ahd. 206
nußa angls. 97
nyräre an. 244
nyten angls. 206
o.
obaro ahd. 244
obasa ahd. 1 1 8
obgr&vio salfränk, 238
od angls. 98. 99
öder healf angls. 249
oäidßdan angls. 240
ofer angls. 135
ofjfan ahd. 176
ofgeorn angls. 239
ögengel angls. 238
dgs got. 188
oheiin ahd. 73
ükan asächs. 174. 176
okkar an. 216
olle an. 169
ollung angls. 93
oncor angls. ii. 28
onda angls. 118
ondresn angls. 54
ongnora angls. 85. 231
onsdßge angls. 177
onu'cecnan angls. 160. 167
opfarön ahd. 153
(>r an. 42
ora ahd. 58
orcTKEwe angls, 90
orendr an. 239
öretia angls. 149. 239
orgedte angls. 90, 177
orige angls. 239
orm-öd angls. 239
<^rn an. 196. 197. 202
orsorh angls. 232
origcard angls. 12. 14.
200
ortydre angls. 232
or'ii'ina angls. 239
ösch ndd. 218
Otacchar ahd. 152
oter angls. 74
Oll ahd. 75
onzorahi ahd. 230
ovan ahd. 65
dwcBsttn angls. 238
Ovioavdog i o
OvhyiaaXog 1 53
P.
pacche mittelengl. 70
pdge westfäl. 13
papa got. 36
pearroc angls. 47
peikdbagms got. 7. 46
pere angls. 28. 121
Pf dt ahd. 23
pfarra ahd. 47
pfeffar ahd. I2i
pfeiiidi ahd. 226
pfpiih ahd. 14
pfenninc ahd. 73
pfertd ahd. 27
pferrih ahd, 24. 47
pfiasal ahd. 15. 24
i^z^f^ ahd. 81
pfinztag bayr.-österr. 36.
46. 51
pfistür ahd. 14
pfoso ahd. 47
p/ung ahd. 46
^/c angls. 29. 121. 132
pinsian angls. 26
pi(o)se angls. 14. 28
pistikeins got. 224
plaga angls. 199
pldstar andd. 23
plinsjan got. 41. 46
popccg angls. 144
/ör/ angls. 12
^ö>f/ angls. 29
Prion angls. 68
prdost angls. 144
pumpe md. 70
/•>/// angls. 20. 23. 26.
27. 148
qalru got. 203
y/«j got. 2. 3. 63. 116
^z«^ got. 50. 63. 116
qiujan got. 181
qi-wa- got. 75
quecbrunno ahd. 232
quecksilber westgerm. 16
quehhen ahd. 183
qiielan ahd. 63
querchala ahd. 63
querdar ahd. 63
quidian asächs. 159
R.
Rubelte mhd. 27
racM angls. 199. 205
ra^ ahd. 49
rikfnan angls, 89.j;i48
rahanen ahd. 160
rahnjan got. 160
i?a«// nhd. 68
ra^'^ got. 32
raulen bayr. 71
raz^o ahd. 61
rd^va ahd. 199
ruT^e mhd. 17. 18. 66
rebo ahd. 205
reccan angls. 159. 170
r^^<?^ angls. 118
recholier mhd. 70
redina ahd. 207
re/^ö ahd. 203
r^/a ahd. 75
Reiff er scheid nhd. 227
reiki got. 226
reiran got. l6l
rf2sa ahd. 17. 41. 71
.^zaj ahd. 124
^/■<fd^ frühnhd. 150
rlha ahd. 49
Ritt ahd. 129
rzw^tf mhd. 149
rinnan got. 162
ripan angls. 156
Riphera ahd. 227
riqis got. 206
riu^u ahd. 161
rodor angls. 199
rocken mittelfränk. 149
272
Index.
roggo asächs. 206
rönnen mndl. 157
rosa ahd. 198. 199
rosamo ahd. 54
roten mhd. 183
röw angls. 109
rümana ahd. 248
Rümoneis got. 33. 35. 128
rümscttoha ahd 15
rüna got. 7
runken mittelengl. 184
runza ahd. 147
ruova ahd, 198
rüst angls. 1 1 5
ryge angls. 43. 44. 206
ryne angls. 76
s.
Sdherct angls. 201
sacu angls. 151. 152
sagen ahd. 63
sah got. 98
sai got. 98
Saitchamiinis 197. 201
sakkus got. 15
sakuls got. 177
^a//ö! got. 107
samana got. 215
samaf got. 248
samöa^tag ahd. 36. 39. 42
samcucu angls. 249
sdmiquec ahd. 140, 201.
249
samkunda an. 68
sampt bayr. 67. 118 199
^a^zß? ahd. 113
sandjan got. 181
jawö asächs. 247
sant ahd 67.
j«r ahd. 248
saiul ahd. 153
Saür got. 25
Saürmz gOt. 222. 225
scadal ahd. 177
Scadinavia 32. 34. 130
scäp(h)äri ahd. 231
scarböjt ahd. 183
jcar^ ahd. 112. 115
sciawdrc angls. 29
sceort angls. 28
schank südfränk. 70
schirken mittelengl. 184
Schock nhd. 2^5- 25b
schone mhd. 246
schuft ndd. 59
schunken nhd. (dial.) 199
sciluf ahd. 27
scincha ahd. 204
sc inten ahd. 182
scioban ahd. 80
scolla ahd. 204
j-^o«/ ahd. 177. 179
scouwön ahd. 179
.y^öj^ s^l^d' 204
screiön ahd. 183
screvön ahd. 81
sculdor angls. 191. 196
scurz ahd. 24, 28
scu^^üa ahd. 15
sealtian angls. 19
.y/a7£/ angls. 1 1 0
j-<?c^ ndd. 218
je;^«^ ahd. 5. 158
segan ahd. 121
segen angls. 12, 121
seggian asächs. 55. 170.
179. 180
segina ahd. ii. 25
s'^hto ahd. 54. 259
seipfe oberd. 45
seid angls. 142
silla angls. 60. 116. 141
242. 243
sellan angls. 159. 170
s'elmo asächs. 204
seltan ahd. 247
senaf ahd. 14
senawa ahd. 76, 199
senep angls. I2i
sennight engl. 103
seohhe angls. 65. 149
serda an. 1 14
Serker an. 20
s'estöm ahd. 161
s&fs got. 3
.r/^/^ an. 259
shock engl. 59
yz'dw« ahd, 253
std ahd. 145
siddan angls. 100
sldör ahd. 242
sighen mittelengl. 77
Sigim^rus 34. 129
sigiron ahd. 1 1 9
sigislaun got. 2 30
Sigicrpr an. 202
^zH/?^ an. 20. 22
silba got. 215
südaleiks got. 228
silubr got. 45
.jiVwa an. 204, angls. 223
sünbalum ahd. 250
>s-zw/e got. 250. 260
singäl angls. 85. 240
sinhiwun ahd. 239
sinnan ahd. 157. 181
stnrcßden angls. 239
sinteins got. 231. 239
sinwac mhd, 240
.s-m/a got. 74
sivalr an. 240
skäden ndd. 166
skaidan got. 54. 80
skapjan got. 49
.yÄ-JzVi- got. 80. 115. 157
sMwj'an got. 113
skimudr an. 192
j-,^?^ got. 25. 27
skjdlgr an.. -6 5. 198
^/&ö>^.j got. 63. 113
skqktill an. 44
slanc mhd. 79
slap ndd, 50
j'/m^ ndrrhein. 59
smakka got. 45
smelhe mhd. 59. 65
sm'^lzan ahd. 59
smerctan angls. 184
smittha ahd. 149
s?noccho ahd. 78
snabttl ahd. 59
Index.
273
sncegl angls. I18. 199
snaiivs got. 65
sn'ecco ahd. 228
snegel mhd. 199
snura ahd. 142. 192
sochen mhd. 183
scehen mittelfränk. 149
s(£,rr an. 177
sofa an. 156. 161
sömcwic angls. 20I
sorta an. 74
sö-scaffan ahd. 238
söi angls. 113
50/ angls. 73. 88. 113.
173
söpjati got. 182
spadu angls. 205
spähi ahd. 1 16
Span ahd. 24
spanan ahd. 54. 107
sparo ahd. 151
sparön ahd. Ii6
sparwari ahd. 231
5/a^2 nhd. 228
i;/»eV mhd. 121
sp'e'hön ahd. 108. I16
spenge hess. 70
s pennen ahd. 159
sp^nula ahd. 23
j/z// got. 63. 77. 80. 224
j;/>z7/a got. 221
spinel angls. 157
j/m/ md. 70
j/i^a ahd. 26
.f/yö7 an. 80
sporonus lat.-germ. 16
Spott mittelengl. 70
spotta an. 77
spreiten ahd. 89
spuolo ahd. 205
spicrnan angls. 162
Spuruli an. 177
spyncge angls. 149
stadal ahd. 142
statrnö got. 205
stalken mittelengl. 184
J/a// hd. 77
stä?n ahd. 160. 188
Star ahd. 54
st'icko ahd. 122
j^(?^a krimgot. 254
Siehhan ahd. 156
siehhön ahd. 122
steinahi ahd. 224
st'elan 70
sterno ahd. 203
Stiege nhd. 254
stimna ahd. 77
.f/ce<?/- an. 177
stöjan got. 72
i-^ö//o ahd, 54. 77
Störren ahd. 182
sireawherie angls. 58. 65
.f^rö ahd. 82
strodenn an. 59. 81. I14
siropp angls. 12
studu angls. 198
.f/2//r an. 184
stühha ahd. 199
stumbel mhd. 53
stttmpf mhd. 53. 70
j^z^ws hess. 70
Stupf ala ahd. 148. 153
stypel angls. 1 1 8
styrc angls. 144
styrne angls. 76. 81
sufl aschwed. 65
Sugambri 32. 240
sugil got. 74. 204
suhtergefcederan angls.
232
sül ahd. 199
sulih ahd. 213
sullung angls, 93
suman got. 247
sumar ahd. 122
si'tmdH mittelengl. 103
su7ns got. 103. 215
stind angls. 74
sundrö got. 67. 248. 250
süngiht mhd. 229
Suniafrid got. 8
sunjis got. 113
sunno ahd. 205
sunte{a) ahd. 73. 199
suontago ahd. 231
jz^rzo ahd. 25
.JMJ ahd. 213
sütire angls. 15
svipall an. 177
svqppr an. 74. 80
siväger mhd. I16. 220
.ywa/^ ndd. 72. 151
sweger angls. 192
swehur ahd. 50. 108. 12 1
sweiban got. 64
sweotol angls. 240
sw'€pfar ahd. 149
.yte'feV mhd. 98
swete angls. 50. 87
swicol angls. 177
swid ahd. 157
swiften mhd. 65
swigar ahd. 84
s-wima angls. 157
swin 74. 88
swipor angls. 149
swizzu ahd. 158. 182
swulung kent. 74. 230
swylc angls. 213
swyle angls. 77
syll angls. 27. 148
synn angls. 73
synp an. 199
systken an. 232
T.
täcor angls. 206
tcehher angls. 149
täen ahd. 158
j?a^r got. 198. 203
tahja got. 157
taikns got. 224
/a^a an. 156
talken mittelengl. 184
tamj'an got. 107
tandjan got. 182
tanna ahd. 76
iapur angls. 15. 25
taujan got. II3
taunen mittelengl. 89. 147
274
Index.
tavs dän. 172
tearfllan angls. 184
tegutho asächs. 259
tellan angls. 159. 170
temsian angls. 6
ienar ahd. 108. 204
Tender i 69
ieohhiait angls, 149
Teuioni 52. iio
t^wa got. 149
f>aäa7i an. 68. 248
pauh got. 97
pai'irp got. 50
^aürsjan got, 159
peccan angls. 170
th'egankind ahd. 232
/^'/Ä^ got. 5. 69. 206
peilvö got. 61. 69
^<?/ an. 68. 124
picgean angls. 158
piäurr an. 38
thim asächs. 60
Thingsus 31. 34. 130
p'istel angls. 199
plubi got. 221
piudisks got. 39
pjorr an. 59
//zö asächs. 247
pormöpr an. 202
potorian angls. 184
pra?nstei got. 39. 41
preist an. 172
preagan angls. 180
Pridja got. 56
thriwo asächs. 260. 261
protu angls. 59
prüpr an. 81
pryngva an. 151
thunkön ahd. 50. 63, 67
ihi'irhfretnid asächs. 90
purüphüd run. 145
püszmdi got. 230. 231.
257
pysdögor angls. 248
pyuphadus lat.-got. 257
tiantit- fries. 207
ticcen angls. 81
Uns asächs. 26. 27
tlr angls. 124. 166
tut angls. 6
tiund an. 260
tiuval ahd. 36
tlvar an. iio
tj'ogtc isländ. 191. 254
tüb^n ahd. 183
togian asächs. 89, 147.
176. 235
toi ahd. 200
töl angls. 73
tolftich fries. 256
tolnere angls, 29
Tondbeorht angls, 85
toonen ndl. 89
torht asächs. 174
torr angls, 15. 29. 121.
130. 132
tracke mhd. 27
tregil ahd. 224. 225
trennila ahd. 73
Trieren ahd. 124
trigö got. 116
trimis angls. 1 1
triogan ahd. 2. 64. 156,
159
triu got. 88. 113
trören ahd. 18 1
troiim ahd. 64
trüha ahd, 78
trüht angls. 12
^'<;^ angls, 72. 127. 145,
251
tübar ahd. 198
tundnan got. 182
tunpus got. 112, 173
tuoh ahd. 72
ifz^öwi ahd. 116
tuwwa angls. 260
tvisvar an. 260
itvcede angls. 250
tioalif got. 64. 253
twegen angls. 191
tweho asächs. 121
twelftnonth engl, 103
Tivente ndl, 32
twisstandan got. 260
twopence engl. 103
tyj'a an. 125
tylg angls. 247
^j/^/ an. 144. 256. 260
tysvar an. 144
u.
übermorgen nhd, lOO
ubt'zwa got, 64. 152, 198
wrf<?r angls. 204
üdwita angls. 240
tifmeljan got. 239
2/:^Ä« aschwed, 198
ugla an. 75
7imbi ahd. 249
timbikirg ahd. lOO
unandsöks got. 96. 177
imatgähts got. 175
tcnbepyrfe angls. 96
unbiderbi ahd. 92. 96
z/wc ahd. 152. — angls.
219
tind got. 98. 99
i'indertän ahd. 90
unfehtal ahd. 177
Unferd angls. 93
itnforcüp angls. 91. 96
z^«,^ nordfries. 219
unleps got. 232
tinmdene angls. 238
tinnan ahd. 81. 171
itnq^ps got. 177
unsahis got. 175
uns^r ahd. 216
z/«/^ got, lOI
unwahsan ahd. 177
untvamms got. 232
7/W3 mhd. 10 1
7ioban ahd. 116
uohald ahd, 238
uohhasa ahd. 54
uornad ahd. 238
Jtose^^el mhd. 238
7/^j an. 64
tirhab ahd 239
urlmge mhd. 239
Index.
275
urlösi ahd. 87. 182
iirmdri ahd. 182
urminni ahd. 239
ürte mhd. 74
urivihi ahd. 239
tcsbeisns got. 54. 79. 224
usgaisj'an got. 162, 182
ushatihnan got. 183
usluknan got. 183
wj!z>ö ahd. 206
2^/0« angls. 189
z^a: an. 64
z^se^a got. 239
V.
vadön ahd. 46
Vagdavercustis 130. 133.
201
valhgll an. 88
z/a/r an. 228
7;a«tf an. 199
vdr an. 115. — 216
vargus lat.-germ. 16
varn ahd. 80
varritus 12
Vatvims 197
v'elawa ahd. 80
Veleda 130
z/^«<f mndl. 150
Venethi 52. 129. 130
Vengpör an. 85
verre an. 242. 243
le^a ahd. 80. 85
vesall an, 240
z/*?^/^? an. 216
xv^y« an. 182
vinskapr an. 227
virgunt mhd. 73
visenn an. 122
T^/j^ mhd. 59
V{)lundr an. 202
vordem nhd. 10 1
vor des mhd. loi
vgrdr an. 202
r'(>/7/* an. 151
vrdsüme mhd. 89
vrenskas aschwed. 70
z'reV« mndl. 157
vroeren mhd. 181
z^z/r jzVÄ mhd. loi
w.
?F<za/ ndl. 31. 129
wa^fi got, 5. 17. 226
wa^fö ahd. 151
'W(Bcnan angls. 165
wdbdeji angls. 227
wdbdl angls. 142
wcer angls. 60. 141
wcBter angls. 204 — 206
ivdg angls. 75
waggäri got. 30
■wahs ahd. 54
wahsan ahd. 123. 156.
158. 159
wahta ahd. 151
waia got. 158. 161
wairilös got. 81. 118
•wairpan got. 64. 162
ivaldan got. 159
^FaMa ahd. 128
walken mittelengl. 184
■wallön ahd. 77
walm ahd. II2
wankal ahd. 177
wawj got. 175
I wanschaffen mhd. 176
1 wanze mhd, 228
! wdrtn ahd. 222
I waja ahd. 228
j wat nordfries. 219
watan ahd. 156
waürdahs got. 223
waürstw got. 66
1 weasand engl. 233
j w'eban ahd. löo. 162
I webbestre angls. 226
' weccan angls. 170. 182
I Weder-GMtan diXigXs. 22)2
I IVednesdai mittelengl.
; 118
weho ahd. 121
wehsal asächs. 121
weihMn ahd. 183
Weihnachten nhd. 105
weihs got. 206. — 222
weitwöps got. 109. HO.
172. 193
wiofod angls. 93
weV asächs. 130
wtr schott. 164
wer in ahd. 182
werid ahd. 118
7verk asächs. 50, 220
werod angls. 199
werra ahd. 77
whöse mittelengl. 98
ivicka ahd. 20. 26. 27
wtdbred asächs. 232
wifmon angls. 232
wiga angls. 221
w'igend angls, 172
•wihin ahd. 16 1
w'iho ahd. 199
Wihtgdr angls. 202
wimidön ahd. 160
Winida ahd. 52
-lüinistar ahd. 245
■winnan got. 162
■wintar asächs. 153
wintimma ahd. ii
wintön ahd. 152
wintschaffen mhd. 176
winzüril ahd. 25. 127
7£/2'r angls. 6. 124
wirtil ahd. 68
w?j ahd. 195
Wij/> engl. 64
wissungo asächs, 246
TFijMmdr ahd. 8
wit got. 187. 217. 219
witan got. 168. 170 — 172.
182. 187
wiß angls. 89. 99
wiper angls. 89. 90. 99
witu ahd. 107
witun asächs. 189
wiumman ahd. 160
toiwint ahd, 88
u'laitön got. 183
wolcha ahd. 205
276
Index.
Wolfg^r ahd. 8
•wollameit ahd. 201
■wöpian asächs. 64
•wrdsen angls. 54
wreakan nordfries. 70
wrenna angls. 73
wröhjan got. 180
wröhs got. 221
wrong raittelengl. 70
wudere angls. 30
wuesie alem. 71
H^üetelgös ™^d. 68
■wuldor angls. 122
Wulfhcep angls 145
wulfs got. 3. 56. 57. 64
wulla got. 77
Wulpingi 223
-ivunsc ahd. 2
wuosti ahd. 7. 54. 112
wurde nhd. 170
■würgen ahd. 158
wurhto ahd. 152
wurzala ahd. 93. 152
wut07i angls. 189
wylisc angls. 227
tf{;>/rja angls, 60. 1 41. 243
X.
Xristus got. 37
Y.
yd/ynde angls. 177
^^j engl. 98
_y/^r an. 56. 57. 64. 84.
192
ymhryn angls. 145
y?nest angls. 245
ynde an. 199
ynne angls. 14. 22. 27
ypin aschwed. 176
yrfenuma angls. 123
yrmlingr an. 226
yp angls. 247
yxin an. 226
zabal ahd. 24. 132. 153
zabolön ahd. 184
zachern mhd. 149
zädal ahd. 199
zan ahd. 134. 173. 199.
207
zäwa ahd. 65
zechen mhd. 113
zecke mhd. 121
I ztltdri ahd. 22
zesem mhd. 245
ziagal ahd. 153
2mrz' ahd. 166
zikktn ahd. 226
Zinna ahd. 73
z?^/ henneb. 81
zittarön ahd. 161
zocchön ahd. 162
zö«<?« mittelfränk. 89
20/-/^ ahd. 64
zoucken ahd. 235
20«;« ahd. 64
zun ahd. 109
zurdel ahd. 93. 240
zürwäri ahd, 231
zweho ahd. 121. 125. 199
zwelif ahd. 198. 253
Zwerg nhd. 82
zwzr ahd. 107
zwiror ahd. 144. 260
zwivalt ahd. 251
zz£/iz/ö ahd. 64. 121
II. Außergermanisches Wortverzeichnis.
A.
ahü lit. 251
a^lti- ind. 118. 199.
260
äcru ind. 203
opz;«- ind. 62
ddana- ind. 178
ae^ct) 1 23
agnus lat. 65
ahan ind. 206
atVt 205
al(üv HO
aithrige altir. 236
256.
a^wtT lit. 63
alber go ital. 229
a//wj lat. 259
Ä?.>ed&oog 201
'Alxivoog 201
dA;i:üft)»' 65. 71
Allobroges altgall. 216
alter lat. 216. 259
a//?/j lat. 174
alumnus lat. 190
a}.ia§og 199
ambedue ital. 251
äfxfxeg 218
af.i6§ev 215
a«^r armen. 248
ctVet; 117
dnimi ind. 161
ahtras lit. 216. 245. 259
anyd- ind. 209. 241. 259
ardhd- ind. 209
OLQvvfiai 162
ar/»a finn. 42
astäu ind. 58
atasd- ind. 56. 141
a7Äa ind. 56. 97
Atrebates kelt, 50
aug^re lat, iio
a^Aa^ 207. 230
Index.
^n
autio finn. 223
auiumnus lat. 190
a^lvr) 55
Bäcenis Silva 33. 128
ßaixrj 45-51
bdndhana- ind. 178
ßaqvi; 62. lOS
hdsas lit. 199
hen altir. 198
bhürj'a ind. 199
hihulus lat. 177
^zj- lat. 240. 260
Z»«« altir. 162
hlavo kelt. 227
Boihaemum lat.-gall. 34.
35. 128. 201
bor ja aslav. 158
bräcae (bräces) lat.-gall.
52. 128. 207
ßga^vg i i i
ßgs/^/uög 80
Brisantes kelt. -lat. 9
brtva altgall. 74
c.
cdch altir. 98
caecus lat. 61. iio
Caesia Silva lat.-germ.
31. 34
calvus lat. 13
cand ind. 98. 215
faphd- ind. 49. 198
carpisclum lat. 3
Carrodünum kelt. 19
cäturanga ind. 252
cdtuspdd- ind. 85. 252
catväras ind. 56. 64. 84.
86. 252
cesari aslav. 39. 41. 225
c^t mittel ir, 255
ce/yre russ. 86
yjiivaisti avest. 260
chwech kymr, 252
cÄjVzw aslav. 39-41
ciketa ind. 172
ftrsdn- ind. 141. 198.
204.
citimus lat. 245
<:zYö lat. 161
<:zVra lat. 213. 248
clödus lat. 200
Collum lat. 50. 56
cointnünis lat, IIO
condidt lat. 168
conxveo lat, 63. 65
cornü lat. 203
corpus lat. 200
costenge afranz. 223
0 äbro lat. 141
frathdy ind. 56
fravas ind. 3
Cronium mare 128
frutd- ind. 173
<:i;(^/.y lat. 199
fvafru ind. 56. 57
gvdfura- ind, 63
fvetd- ind, 62
fyävd- ind. 227
cza lit. 211
D.
dddhdmi ind. 168
^ä>^^ 206
ddxQV 203
öafzdco 180
darfdyämi ind. 182
ff^^^z lit. 116
ösidco 172
deiwans altpreuss. 196
8£}<dg $6
ÖSQSTQOV 199
dtQxo/A.ai 175
dessimpts preuss. 256
devar ind. 206
dezdq aslav. 160
dhvdndmi ind. 158
dignus lat. 53
fffwi aslav, 231
Jtoa;H:ovßot 105
5t';rAo? 250
dh'tnus lat. 227
^oAt;CoV 79
Grundrifs der germ. Philol. Urgermanisch.
^o'ßu 113
dr^vo aslav. 203
druhämi ind. 156
drüzükü aslav. 40. 41
duhitdr ind. 54. 55. 58.
122. 199
<f«wa aslav. 39. 41
dvitiya ind, 258. 259
dvylika lit. 253
^fztfr armen. 216
E.
/ altir. 214
laaaa dor. 173
ixtpog 68
iöavoj' 178
sycoys 217
e^a- ind. 209
sXacpQog 112
slsv^egog 49. iio
Epopennus kelt. 8
EQsßog 206
sgecpog 50- 61
eQev§og 238
fjoyov 50. 220
lßa)?7 109
Äsunertus kelt. 8
^j^wj lat, 79
^XQOv 140
exanimis lat. 231
facillumed altlat, 195
/aaö lat, 168, 178
/az</a mittellat. 223
faldistölium mittellat.
231
/ar lat. 107
farbar altir, 216
ferveo lat, 81
^r altir. 210
/azVÄ altir, 160
ßavus lat. 227
frägum lat. 58. 65
/r^/a lat.-germ. 66
fratema avest. 258
fretum lat. 59
19
278
Index.
frocciis mittellat. 66
fruor lat. 63
furslo mittellat. 16. 60
Q.
gage frz. 71
gant frz. 71
garance frz. 71
garder frz. 71
^tf«w lat. 114
ysvvs 76. 202
Gepides 3 1
ysQavog II4- ^99
^za// altir. 6. HO
^/üö/i lit. 38
gnabat gall. 207
gonfalone ital. 12
j/dvv 114. 197
gospodi aslav. 5. 39 "4 1«
201. 229.
g Ost ha ind. 230
yQacpco 156
H.
haahla finn, 66. 69. 153.
haenge altfranz. 223
haikara finn. 153
hanho finn. 69
hansa ind. 207
hdnu- ind. 202
cba^ 250
Äaj/a lat. 60
I gr. 217
Yjdicov 241
«r? 250
sxvQog 2
himina lat. 23
Am lat. 247.
s^ofxai 158
ÄzV: lat. 212
latrjfxi 161
o/^oV 215
Äo«/ftf frz. 223
hordeum lat. 59
o? 214
hospes lat. 5
huiustnodi lat, 102
v(paiv(o 1 60
taj/& altir. 199
lazQOfxavrig 232
«7/zVö lat. 100
inclutus lat. 173
m« armen. 253
inier diu lat. lOO
iterum lat. 235
zW ind. 215
J.
jdgmi- ind. 115
/aV«- ind. 63. 192. 203
j'ivana- ind. 178
y'öz^zV umbr. 242.
yii^z^ lit. 219
K.
i^a^/a aslav. 248
kdksa- ind. 62
xdXafxog 118
>&aVÄi ind. 248
^ßj- ca ind. 215
PCSIQCO 59
>&^ifM ind. 62
khang ind. 49
klausyti lit. 63
Kksoisvog 206
xXsTcxrjg 54
xXvxög 115. 173
xvYjfxrj 76. 81
Hovidsg 199
XQazvg 56. 57. 84
ksam- ind. 80
k§^ma- ind. 80
>&w lit. 248
^«rj lit. 214
kvath ind. 49
L.
/atfc?ö lat. 59
laidenge altfranz. 223
Aaiog I I 0
lannas finn. 205
lebedi aslav. 38
/e^ö^ aslav. 157
kelyo) 183
lekari aslav. 225
/ewzJ lat. 177
/tf«/«^ lat. 120
Letavia kelt. 2
Xsvxog HO
/w altir. 242
A4;fV£vct) 162
Licus (lat.) 121
Xi7taQ£CO 108. 182
/fM^<? altir. 6. 7
losenge altfranz. 223.
225
lübricus lat. 50
lücidus lat. 183
lücus lat. 1 10
/z/^tf altir. 239
lunnas finn. 45
lygus lit. 214
M.
madema avest. 245
?waÄi ind. 54. 246
mdktna ind. 216
mallus mlat. 77
malus lat. 5. 107
mdmsd- ind. 60. 1 1 2
manu- ind. 2. 202. 216
marhaminta finn. 200.
228
mariscalco ital. 229
märjmi ind. 161
Viatara finn. 153
maurus lat. 13
(xeyag 118 — 120. 246
^gAt 204
(ÄSfxova 171« 172
mensis lat. 109
fisoovvxxiov 231
^£ra 120
m^thi- ind. 49
?«^Mj lat. 216
(xifxvco 1 59
minuo lat. 76
[xivvw 242
Index.
279
(llO^Ös 122
mizda aslav. 60
Moguntiacum 128
Mosa lat.-gall. 128
müdu lit. 219
livia 74
mytari aslav. 39
N.
na ind, 97
nakhd ind. 56
napakaira finn. 201. 228
napti- ind. 58
«a/zo lat. 222
naiila finn, 153
nemeton altgall. 221
vtfpih] 119
neptis lat, 129
r^at? 109
iV/tf^r (lat,) 121
nidä- ind. 59
«zrfi^j lat. 59. 121
Nxxofxaxog 201
nisadana- ind. 178
viooouai 1 60
«ö^Ä^ altir. 118. 173. 199
nömen lat. 109. 116. 200
nönus lat. 259
«(5j lat. 218
w<5/zö lat. 222
nötus lat. III. 174
Noviiis lat. 74. 125
«1/ ind. 97
nü-kam ind. 97
o.
6ac altir. 242
öfl?e«Ä aslav. 175
wXsvt] 116. 119. 199
w/xog 112
6[i(pa),6g 1 1 9
6<pQvg 109
ojja lat, 246
oaoofxai 158
o^vff 54
oCo? 59
[12
65
108
pdfM ind. 2. 50. 62. 203
paksd- ind. 54
pancä^d ind. 260
panth- ind, 49
paourva avest. 258
parnd- ind. 59. 68. 77.
jidgog 258
pärmi- ind. 80.
/a/j lit, 215
paucus lat. 5. 61
pavelmi lit. 160
^-r^;cv? 53. 109
^e^o lat. 59
Tieid^oi 158
/tf//tV lat. 50. 77,
/tfwj^ bret. 252
pensile lat. 25 f. 124
jisv^sQog 53. 120
perperam lat. 246
j(>e^l aslav. 260
Ttevxf] HO
phena- ind. 68
(pcbyco 156
jiijtrco 159
pivas ind. 17
nXd&avov 49
plaustrum kelt,-lat. 46
plavo aslav. 227
plenus lat. 174
.-rAo;«»; 159
plövum rhät.-lat. 46
ploxetnum kelt,-lat. 46
plükü aslav, 39—41
jioixiXog HO
TTwAoff 200
jroAvff 200. 203. 242
pomoerium lat, 231
porca lat, 207
porras finn. 205
portus lat. 123
postridie lat. 247
:7rov}'}'os' mgriech. 46
poznanü aslav. 175
jiQa.f.iog 258
pratardm ind. 245
prdthas ind. 205
pravida aslav. 225
prent- ind. 177
UgeTtavoi gall. 129
primus lat. 258
priyd- ind. 75
jr^cot 50. 109
promom umbr. 258
TiQoixog 258
Pfsämi avest. 156
PfStha ind, 80
prthivi' ind. 56, 114
prthü- ind. 50. 205
prusiskdi lit. 227
TCTsXsa 80
itxsQig 80
TiTSQva 80. 108
Jtxiodvt] 80
pürnd- ind. 77. 82
^wr?^ ind. 216
pürva- ind. 82
pürv^dyi'is ind. 105. 247
pürvyd- ind. 125
Q
quartus lat, 252
quater lat. 261
quattuor lat. 64
<7K<f lat. 97
quisque lat. 215
R.
Raetia lat. 124
r4;n? ind. 222
rdudmi lit. 16 1
recana- ind. 178
rikha- ind. 49
r^mus lat. 116
rengas finn. 130. 132.
192
rethini altir. 55
r^;>? lat. 3
Qaißog HO
^v/m 199. 204
rt'/« altir. 108
Rlpuarii lat, 227
28o
Index.
rübire lat. 183
rün altir. 109
s.
sädäyänii ind. 18 1
sdhas ind. 206. 258
sahdsra- ind. 258
ja/&r/ ind. 250
sallo lat. 5. 107
sapio lat. 178
>r^//a ind. 255
saptätha ind. 259
ja/a finn. 46
satyä- ind. 117
schis altpreuss. 213
segnis lat. 177
semel lat. 250, 260
semen lat. 3. 204
orjfisQov 247
^gw/- lat. 3. 249
semper lat. 2 50
sescenti lat. 255
j^JÄ lit. 206
j«?7/(f altir. 239
sexaginta lat. 255
sextus lat. 259
^i aslav. 213
Sicilia lat. 2p
jf^ö lat. 164
simplus lat. 250
oxäJioi 59. 159
j/az'ö aslav. 227
sleme aslav. 204
snaezaiti awest. 156
snegü russ. 65
snochä russ. 86
snusä ind. 56. 58
socius lat. 115
JÖ/ lat. 204
j-^Ä^ ind. 80
sponti- lat. 54. 107
sraoma a.vest. 204
azeysiv 59
steison altpreuss. 208
OTSQSouai 70
stesmu altpreuss. 2o8
sthäman ind. 204
str^.nuus lat. 76. 81
süar ind. 204
jwiTMj lat. HO
südor lat. iio
jMirf^ altir. 113
sulcus lat. 207
süplj'q aslav. 159
JW/ö slav, 46
jz/a ind. 217
svekröv russ. 86
svekrü aslav. 62
öFcos 218
T.
/ö5Ca aslav. 69
tarn ind. 133
/aw lat. 247
tanhu finn. 69
taväs ind. 257
T£ 97
tichü aslav. 208
i&gula lat. 124
zExvov 174. 175. 210
/<?/;ö finn. 129
ifewzf aslav. 211
tempus lat. 69. 206
tenuis lat. 76. 203
/<fr lat. 261
teter-vas lit. 38
d^evaQ 204
^eQjuog 123
d^vydzrjQ 49. 54. 55
2?za- altpers. 21 1
ting{u)ere lat. 50. 63
roioöeoot 213
tondre lat. 50
torvus lat. 82
TQirjQYjg 123
^«aw Äa ind. 217
tudami ind. 156. 187
/«;« lat. 211. 247
^M«^ö lat. 59
turdus lat. 59
tusimta preuss. 257
TV71TCO 159
tysesta aslav. 230. 257
u.
uy^saimi avest. 156. 158
üdhan ind. 205
uHdn- ind. 54. 58
Ä«a- ind. 175
unguen lat. 63. 205
upaparcana- ind. 178
updri ind. 135
Mr armen, 248
ürmi- ind. 112
Uschis altpreuss. 252
useregü aslav. 39—41.
229. 230
V.
x;(i<fö lat. 156
z;a<? lat. 70
vägtre lat. 64
z'a/ifö lat. 160, 169
vdnchä ind. 2
z^aj lat. 5. 226
vasar ind. 204
z/^to ind. 198
vätes lat. 7
vaydm ind. 217. 218
z^ewaj- lit. 250
venas lekas lit. 260
Veneti lat.-kelt.-germ,
52. 129
ventus lat. 120
venüHka lit. 253
z/gr lat. 164
vertumnus lat. 190
Z'<?rM lat. 203
verus lat. 116. 164
z/^j-^a lat. 123
vtras ind. 199
vispa avest. 209
Visurtx kelt. 8
vlada aslav. 160
z'/m« aslav. 210
vlüna aslav. 199
Volcae lat.-gall. 51. 52.
128
Vosegus lat.-gall. 59.
128
Index.
28l
vragü aslav. 41
vrazida aslav. 40. 41.
223. 225
vreteno aslav. 68
vrki- ind. 56. 57. 84
vrüiogradü aslav, 200.
229
vrütü aslav. 40
vyath ind. 49
w.
witwa poln. (europ.) 3.
152
Y.
yas ind. 214
yatra ind. 248
yavlyams- ind. 242
viÄfxsg 218
yrä lit. 163
yuvafd- ind. 73. 87
z.
zelvas lit. 227
zena russ. 86
züloba aslav. 246
III. Sachverzeichnis.
A.
ä (germ.) 32. 39. 63. 69. 92 f. 107.
113. 115—117. 123. 126. 134.137.
147. 153- 165.
— (idg.) 63. 106. 107.
ä (germ.) 33. 39. 68. 124. 128.
— (idg.) 33. 63. 108 f. 112 f. 116.
— (nordwestgerm.) 33. 109. 123. 126.
140.
Ablativ 195.
Ablaut 111— 120. 154. 160. 163 — 169.
172. 181 — 183. 198 — 200. 209.
211. 214. 230. 242. Vgl. Suffix-
ahlaut.
Abstrakta 84. 117. 138. 145. 172.
174. 221—227. 260.
Abstufung 163. 172.
Ackerbau 3. 41. 46. 256,
Additionskomposita 104. 232.
Adj'ektiva 10$. 172. 174, I76f. 181.
^183. 198. 200. 203 f. 221 — 223.
227. 229.231.233.236.240—246.
j" Vgl. Verbaladjektiv a.
Adjektivdeklination 209 f. 251 f.
Adverbia lOO. 104. 106. 144 f. 211.
213. 215 f. 237 f. 241 f. 244. 246
bis 250. 260 f.
Affrikata 149.
•aga Suffix 223.
ai (germ.) 25. 34. 39. HO. 146.
— (idg.) 109 f.
Akkusativ Pluralis 196 f.
— Singularis 28 f. 40. 44. 129. 134.
137. 178. 193. 202. 207. 209
bis 211. 247.
Akzent, germanischer 8. 23. 33 f. 57.
83. 86-106. 182. 227.
— indog. 56. 75. 77 f. 83-86, 160
169. 179 — 181. 198. 220. 242,
Alefnannisch 71. 149. 184.
Allitteration 34. 82. 86. 92 — 106.
Altfranzösisch 225.
Altfriesisch 64. 67 f. 126. 175. 196.
Althochdeutsch 67. 71. 82. 85. 9of.
102. 105. 121 f. i26f. 131. 145.
153- 155. 176. 186. 190. 192. 210.
249.
Altnordisch 60 f. 68 f. 82 f. 96. 103.
121 — 123. I26f. 140-145. 151.
177. 184. 260.
Altsächsisch 61. 69. 122. 127.
Altschwedisch 1 9 1 .
Altslavisch 195. 225. 237. 246. Vgl.
S lavisch.
Analogie 57. 81. 114. 243.
ana- Präfix 234.
Anastrophe 98 — lOO.
anda- Präfix 89 f. 234.
Angelsächsisch 19. 22. 60 f. 67—69.
72f. 82. 85. Sgf. 99. 121 — 127.
145. 148 f. 152. 165. 167. 170.
175 f. 184 f. 190 f. 196. 201. 206.
215. 226. 254.
282
Index.
Angleichung 141.
Anlantswechsel 57 — 59.
Anomalie 197. 2431.
Aorist 154. 167— 171. 173. 185. 187.
Aoristpräsentia 156. 187,
Apokope 89. 92. 125. 132. 134 f.
137 f. 143-146. 185. 189. 194.
203.
ä' Präfix 233.
Arisch 2. 3. 164. 258.
Arisch- germanische Berührungen 2.
-ärium, -drius Suffix 24. 29 f. 40.
225.
Armenisch 2 16. 248.
Artikel 98. 103. 211, 214. 251.
Artikulation 106.
Aspiraten, harte 27. 48. 40. 53 f.
56. 61. 78. 80. 187.
— weiche 48. 49, 51. 53. 58—60.
65. 78.
Aspirierung 51.
Assimilation 60. 64. 66. 68. 78. 197.
ä- Stämme siehe 0- Stämme.
d- Stämme 17. 28. 40. 43 f. 192, 194
bis 196. 201.
Atona 83. 97—106. 210. 2 17 f.
au (germ.) 24. 39. iio. 123. 125.
146.
— (indog.) 109 f.
Augment 88. 167 f. 173.
Ausgleichung 155. 216.
Auslautsgesetze 19. 27 — 29. 34. 42
bis 44. 82. 92f. 121.129—148.
150—152. 193 f, 206. 220.
Avestisch 164. 258,
Avyayibhdva 98. lOO. 232. 247.
B.
80.
b (germ.) 32. 48 f. 6]
B 31. 48 f. 61.
Bahuvrthi 231 f.
-ha Suffix 246.
Baukunst 12. 15.
Bäume siehe Pfianzemiatnen.
bayerisch 220.
Beowulf 29. 95 — 106. 254.
Bezzenberger 87.
bh-Kasus 246,
bilabial 48. 71.
bi- Präfix 91. 96. 235.
Bopp 83.
Braune 58. 75. 131.
Brechung 48. 67. 110. 121—123.
125 — 127. 130.
Bruchzahlen 24g i.
Brugmann i. 37. iio. 114.
Bugges Gesetz 74. 242. 253.
c.
centum- sprachen 2. 4, 38.
ch siehe Ä.
Christentum 18. 36 f.
Chronologie 18. 21. 25. 51 f. 127-130.
136. 139. 142-145. 148. I50f. 202.
210. 259.
ColHtz 169.
D.
d (germ.) 32. 48 f. 61. 73. 76.
ä 31. 48f. 61. 77.
Dativ Fluralis 2iS- 37« 7^. 93- 119.
195. 197.
— Singularis 179. 194 f. 2o8. 210.
254.
Defektiva 203.
Dehnstufe I15.
Dehnung 20 fF, 193; vgl. Ersatzdeh-
7iung.
deiktisch 98. 135. 212 f. 218.
Deklination 17 f. 27—29, 34 f. 37.
39. 43—45. 72. 94f. ii7f. 123.
191-222. 249,
Deklinations Schwankung 74, 203.
205. 207.
Demonstrativa I02f. 211 — 214.
Dentale 48. 78. 125. 134. 168 f. 207.
223.
Dezimalsystem 255.
Diminutiva 11},. 226.
Diphthonge 109f. II2, 123. 173.
Diphthongierung I09. 127.
Dissimilation 68. 70. 213. 221.
-f/öm Suffix 95. 227.
Doppelakzent 104.
Index.
283
Doppelformen 57. 68. 149— 15 1. 165.
169.
Dreisilbengesetz 8. 83.
Dual 168. 187. 189. 191. 216. 219f.
250 f. 254.
Duodezimalsystem 255. 257.
Durativa 182.
Dvandva 104. 232. 254.
e (germ.) 25. 108. 115. 119. 123. 126.
I34f. 147. 165.
— (indog.) 2f. 34. 63. loi. 106. 108.
113. 119 — 121. 129. 136.
e (germ.) 33. 109 f, 123f. 126. 137.
140. 186. 216—218. 220.
— (indog.) 2f. 23. 25. 33. 63. 108 f.
116.
Edda 29. I02. 124.
ei (indog.) 109 f. 113 — 115. 126.129.
Eigennamen 8 — 10. 31—35. 125.
133.. 144. 200. 202. 228. Vgl.
Ge schlecht sna7tien.
Englisch 71. lOl. 104. 256.
Enklitika 83. 87f. 97—106. 120. 132.
135- 163. 194. 208. 212. 215. 217
bis 219.
Epenthese 123.
Epinaler Glossen 175. 201.
Ersatzdehnung 69. 115 f. 124. 141.
193.
Erweiterung 168. 175. 207. 247.
es-Stäm?ne 44. 118. 166. 192. 204
bis 206. 221. 229 f.
<"« 34. 39. I09f. 113 — 115. 125. 166.
Europäischer Wortschatz 3. 250.
Extremvokale 126 f.
/ (germ.) 31. 39. 48. 50. 54 f. 66.
77. 80. 119.
Faktitiva 57. 84. 162. 181 f.
Farben 13. 227.
Fauna siehe Tiernamen.
Feminina 192 f. 203. 208, 221. 256.
Fick 3.
Finnische Worte^ aus dem Germani-
schen entlehnt 19. 42 — 45. 65. 69.
Fische siehe Tiernamen.
Flora siehe Pflanzennamen.
Flußna?nen 31 ff. 121. 129. 221.
Formübertragung 189.
Frageworte 97, vgl. Interrogativa.
Franz 18.
fra- Präfix 91. 236.
Fugenvokale 200 — 202.
Futurum 154. 191.
Q.
g 49. 51.
y (germ.) 31. 48 f. 51. 61. 65. 67.
74 f. 80. 138.
ga- Präfix 8. 57. 91. 96. 176. 237 f.
Gartenbau 14.
Gefässnamen II. 15. 30. 41. 46.
Geminaten 27. 63. 67. 75-79. 149.
162. 228. v^. Konsonantendehnung.
Genetiv Pluralis 197. 208. 216.
— Singularis 84. II7. 119. 194.
229.
Genusdifferenzen 2%. 204 f.
Gerundium 139. 179.
Geschlechtsnamen 32. 34. 223.
Glück, Ch. TV. 9.
Goten 19. 21. 35—37. 40. 130.
Gotisch 43. 60 f. 67. 75 f. 82. 87. 89.
91. 94. 97. 123. I26f. 129. 132.
136. 153. 168. 183. 189. 225.
Götter ZI, 34f. 58. 75. 123. 130.
133. 144. 148. 197. 201.
Grammatischer Wechsel 56 — 58. 69.
75. 78. 99. 115. I54f. 163. 180
bis 182. 215.
Grassmann 53.
Griechisch 49. 52 f. 63. 79. 83. 91.
97—100. 105. 162. 164. 203. 210.
241. 256.
Griechischer Einfluss auf die Ger-
manen 35 — 37.
Griechisch-germanische Berüh-
rungen 8.
Grimmeis hausen 91.
GrÖger 201. .
284
Index.
Grosshundert 255!.
Gutturale 2b. 31 f. 48. 61—67. 78.
125. 223.
H.
h 17, 26. 3of. 39. 48, 50. 54f. 65
bis 69. 71. 77. 80. I24f. 257.
-haidus Suffix 138. 227.
halbschwache Verba 158. 169.
Halbvokale 48. 70—75. 148— 153.
Handel und Verkehr il. 15. 41.256.
Handwerk und Kunst d, 13. 15. 41 f.
Hauch dissimilier ung- 53.
Häuserbau 15.
Heimat der Germanen 5 1 f.
Heldensage 202. 221.
Heiland 95 — 106. 229. 249.
Hildebrandslied 196. 210. 249.
Hilfsverba 106. 190 f.
Hochstufe 114 -116. 181. 183.
Holtzmann 56. 58, 75.
Ho ups 14.
I.
l (germ.) 23. 25. 34. 92 f. 107. 1 19 bis
121. 123. 125. 130. 135. 144. 147.
— (indog.) 63. 106 f. 114. 121 f.
t (germ.) 25. 108. 110. 115. 124.
127. 137. 142. 188.
— (indog.) 63. 108. 115.
-ila Suffix 224 — 226,
Imperativ 87. 160. 185. 188. 189.
-%n{a) Suffix 30. 224. 226.
Inchoativa 183.
In de finita 215.
Indeklinabilia la^^), 255.
Indikativ 185,
Indisch 49. 5 2 f. 79. 83. 88— 91.
97f. 100. I04f. HO. 157. 164. 179.
189. 198. 2o8f. 211. 215. 220.
243- 254.
Indisch -germanische Berührungen
2. 8.
Indogermanische Grundsprache i .
51. 53. 59- 62—64. 79. 108. iio.
112. 154. 170. 179. 184. 191. 209.
Infinitiv 106. 178 f.
Infix 157.
-inga Suffix 223. 225 f. 246.
•inklin{a) Suffix 30. 226.
Instrumental 195. 212. 214.
Intensiva 183 f.
Interjektion 98.
Interrogativa li^.
Irisch 87. 164. 255.
-isko Suffix yj. 22^.
isolierte Formen 91. 134. 147, 174.
242. 248. 251.
i-Stämme 29. 34. 40. 44. 74, 117.
146. 150. 177. 181. 192. 194. 196.
203 f. 220f. 249.
Italisch 52. 167.
iu (germ.) 125. 173.
y 48. 70, 72—75. 120. 125. 138. 148
bis 150. 208.
-jä-Stämme 45. II 7. 192, 207. 221.
-jo-Stämme 44. 150—152. 158, 169.
i72f. 181. 202. 204. 224. 231. 257.
Juxtaposition I04f.
K.
k (germ.) 39!. 48. 50f. 62. 67. 78.
223.
Kardinalzahlen 103 f. 249—258.
Karmadhäraya 232.
KasussuffixeS4.1dl— 197.217— 219.
Kausativa 84. 170. 179. 18 1 f.
Keltisch 52. 62 f. 78. 86—88. 167.
Keliisch-germajiische Berührungen
6—9. 46. 5lf. 129.
Kern 131.
Kögel 180.
Kollektiva 216. 226. 237.
Komparativ 144 f. 241—245. 247.
258.
Komposita 84 f. 88—96. loo. 104 f.
151. 176, 214. 225. 227—241. 247.
249. 251 f. 254.
Kompositions fuge 32. 35. 66, 152.
200-202.
Konjugation 1 5 4 — 1 9 1 .
Konju7tktionen 97. lOi. 135«
Index.
285
Konju n ktiv 1 8 8 .
Konsonantendehnung (westgermani-
sche) 17. 27. -jz. 76. 82. 148-153.
202.
Konsonantenkürzung 79. 97. loi.
224.
Konsonantenverbindungen 31. 48.
50. 54f. 58 — 60. 64. 66 — 69. 73-
79-81. 112. 141 f.
Konsonantische Stämme 35. 133.
I44f. 172 f. 193 — 199. 202 f, 204
bis 207. 254.
Konsonantismus^ germanischer 30
bis 32. 39. 48—82.
— indogermanischer 48,
— (vulgär)lateinischer 26 f. 66. 71.
Kontinuitätstheorie 4. 9.
Kontraktion 73. 106. 185. 187 f. 196.
244.
Körperteile 50. 191. 204.
Koseformen 223. 228.
Kriegswesen 6. 1 2 f , 4 1 f .
Küche 14.
Kurzformen 10. 17. 228.
Kürzung 152. siehe Verkürzung,
l (germ.) 3. 27. 48. 60 f. 68—71. 77.
122. 149.
Labiale 48. 62. 64. 67. 70. 78. 122.
125. 223.
Labialis ierung 62 — 64. 107. 109.
128.
Labiovelare 62. 64 f.
Lachmann 86, 91 f, 96.
Landwirtschaft siehe Ackerbau.
Langdiphthonge 109 156.
Lateinisch 63. 78. 83. 86—88. 100.
162. 164. 167. 171, 178. 209 f. 222.
245.
Lateinisch-germanische Beeinflus-
sungen 9 — 37.
Lateinisch-germanische Verwandt-
schaft 4 f. 8. 30. 38. 182. 231.
Lautlehre 23 ff. 48—82. 106 — 153.
Lautsubsiitution 31 f. 39. 51 f. 65 f.
128 — 130.
Lautverschiebung^ germanische 30
bis 32. 37. 45 f. 49—55. 64. 86.
98. 127.
— hochdeutsche 18. 26. 36. 67. 82.
137. 145-
— vorgermanische 51. 53.
Leffler 120.
Lehnpräfix 235,
Lehnsufßxe 29 f. 40. 225.
Lehnworte, germanische im Finni-
schen 42—45. 65. 128. 132.
— im Keltischen 52. 128,
— im Lateinischen 12 f.
— im Romanischen 10, I2f. 16—18.
43. 66. 83. 223. 229.
— im Slavischen 36. 38—43. 257.
Lehnworte im Germanischen, dunkle
32. 45—47- 51-
— griechische 36 f. 46. 51,
— keltische 6 f. 9. 19. 52. 129.
— lateinische 10—37. 40. 46. 51. 71.
86. 124. 130, 132. 141. 148. 225.
Leskien 4. 37.
Lettisch 37. 62. 86.
level stress 104. '
Lex Salica 22. 131. 133. I43f. 148.
192. 205. 253. 256f.
-Itc Suffix 95. 228.
Liquidae 48.69f. 108. iio. 112. 114 f.
122. 127. 148 f. 224.
Litauisch 155. 209. 255. 260.
Litauisch-germanische Berüh-
rungen 38.
Litotes 240.
Lokativ 194 f. 258.
/ Sonans /^2>. 82. 111. 114. 152 f. 165.
Luther 96. 150.
M.
m (germ.) 48. 60. 67 f. 76. 80. lOl.
119. 122. 133. 141. 153. i92f. 223.
AI ah low 7 2 f.
Malberger Glossen siehe Lex Salica.
Maskulina 193.
Mass und Gewicht ii. 15. 254 — 256.
Matronennamen 226.
286
Index.
Mediae siehe Verschlusslaute und
Aspiratae.
medial 182. 189.
Mediopassiv 189.
Metathese 81 f.
Miklosich 39.
Militär siehe Kriegswesen.
Misch b ildu ngen 4 5 f. 162.
Mischdeklination 74. 206. vgl. Z)<f-
klinationsschuankungen.
Mittelstuf e 11^— 116. 154 — 158. 167.
205.
Mittelvokale 22, 24, 35. 44. 92 — 94.
117—120. 130. 140. 147. 153. 170.
179. 192. 197. 199, 222. 245.
-mi-Verba 139. 155. 160—163. 17 1.
173. 185 — 189.
Modusbildung 188 f.
Möller 128,
movieren 221. 225. 258.
m Sonans Ulf. il4f. 153. 193.
Multiflikativa 104. 260 f.
Münzen II. 21. 41.
N.
n (germ.) 48. 60. 67—69. 76 — 78. 81.
94. 122. 134. 141. 149. i56f. 161.
Nasale 48. 53. 61. 67-69. 108. iio.
112. 114. ii9f. 126, 129.148—150.
167.
Nasalierung 26. 39. 68 f. 124. 134.
136. 220.
Nebensatz 87. 105.
Nebenton 91 — 96. 147.
Negation 97, iii. 120. 215, 240,
Neubildungen 170. 213, 258. 260.
Neutrum. 192 f. 203 — 206. 2o8. 210.
247- 255.
ng hj) 48.
Niederländisch 21, 157.
Nomina agentis 221. 224 f. 234,
Nominalpräfixe 233 — 240.
Nominativ Pluralis 84. 93. II9. 195 f.
208. 210.
— Singularis 27- 29. 43 — 45. 57.
72 f. 84. 93. 137. 143 f. 191-193.
205—207.
Nordgermanisch 38. 43. 139 — 142.
Noreen 124.
•no Suffix 175 f.
Notker 81. 89 — 105.
n Sonans 33. 48. 111. 114 f. 152 f.
196.
n-Stämme 18. 40. II7. 129. 150. 172.
193 f- 197 — 199. 203—207. 221.
231. 241.
Nullstufe 153. 163,
o.
Ö (germ.) 25. 33. 107. 122 f. 127. 134.
140. 143. 147.
— (indog.) 32, 34.44.63. 106f, HO.
112 f. 115. 119. 128 f.
ö (germ.) 39. 63. 69. 93. 109. 127.
133. 136 f. 142 f. 145 f. 185.
— (indog.) 63. 109 f. 116.
oi (indog.) 109 f.
onomatopoietisch 77.
6- Präfix 238.
Optativ 117. 139. 160. 163, 171. 185.
188. 190.
Ordinalzahlen 249, 253. 258 — 260.
Orrm 63. 106.
Ortsnamen 9. 226.
'OS'Sttämme siehe -es-Stä7nme.
0-Stämme 28f. 34. 40. 43 f. II7. 192.
195 f. 203. 206. 210. 220.
Ö-Stämvie siehe ä-Stämme.
Ostgermanisch 43. 75. 136. 138 bis
140. 153. 206.
Osthoff 59. 156. 162.
-6-Suffix 246.
Otfrid 85. 89—106. 219.
ou (indog ) HO.
p (germ.) 45—48- 50 f- 78.
Palatale 2. 62.
Palatalisierung 26, 40. 67.
Partikeln 97 f. 135. 188. 2l4f. 217,
vgl. Verbalpartikeln.
Partizipia Perfekti 90 f. I14f. 122.
169-176. 183. 191.
Index.
287
Partizipia Präsentis 73. 90. 94. 117.
171-173. 190. 210.
Passiv \n — '^ll' 184. 189—191.
Patronymika 223. 226.
Paul 51. 55. 58. 117.
Peisker 39.
periphrastisch siehe umschreibend.
Perfekium 154. 163-168. 170. 178.
i87f. I90f.
Personalendungen 84. I19. 139. 156.
160. 163. 168 f. 184-188.
Personalpronotnina lOlf. 122. 124.
187. 214. 217-219.
Personennatnen siehe Eigennamen.
Personifikation 130.
Pflanzennamen 14. 28. 41. 43. 45 f.
226. 239.
Phonetik 58.
Plural 165. 168 f. 205.
Pluraletanturn 2 50.
Poesie, altgermanische 34,
Pogatscher 18.
Position 91.
Positiv 242 — 244.
Possessiva 103. 216 — 2 18. 224. 227.
Postposition 102 f.
Präfixe 59. 87. 89-92. 147. 176 f.
182. 233-240.
Präpositionaladverbia 106, 248 f.
Präpositionen 98 — 101. 135. 249.
258.
Präsens 154— 163. 167. 170 f. 178 f.
181. 185. 188. 190.
Präteritum^ schwaches 146 f. 168 bis
172. 174.
Präteritopräsentia 1 6 1 . 1 63 . 1 70 bis
172. 174. 188.
Preussisch 38. 257.
Primitiva 179. 181 f. 230.
Privativa 233, 235. 239.
Proklitika 97 — 106. 134.
Pronomina 98. lOl— 103. 211 — 220.
238. 244. 247 f. 258.
Pronominaladjektiva 209. 214 — 216.
250.
Pronominaldeklination 192, 194.
208-210.
0.
Qualität (von Vokalen) 125 — 127.
Quantität 20 — 25. 112. vgl. Deh-
nun g ^Ersatzdehnung ^ Verkürzung.
R.
r (germ.) 48. 60. 70f. 73. 76. 80 bis
82. HO, 119. 121. i24f. 136. 141.
144. 149. 166. 185.
R 60. 122. 141. 144.
Rechtssprache 6 f. 239. 256. vgl. Sitt-
liche Begriffe.
Reduktion iii — 113. I17. 157.
Reduplikation 86. 88. 108. 159 bis
161. 163-167. 169. 171 f. 228.
Reduplizierende Verba 124. 166.
Refiexivum 217.
Reibelaute (germ.), harte 30. 39.
48-53. 55-61. 77 f. 84. 155. 158.
198.
— weiche 31 f. 39. 49—52. 55 — 61.
84. 156.
Reichenauer Glosseti 17. 148.
Reim 82 f. loof.
Reitkunst 6. 13.
Relativa 98. 214.
Religiöse Begriffe 42. 47. vgl. Chri-
stentum^ Götter^ Matronennamen.,
Sittliche Begriffe.
rhäiisch 46.
Rhotazismus 14 1. 242.
Rhythmus 82 f. 91. 93. 95.
-r%x in Eigennamen 35. 144.
Romanisch 66. 71. 19 1.
Romanische Worte., aus dem Germa-
nischen entlehnt 10. 12. 16. 66.
71. 83. 223. 229.
Römer siehe Lateinisch.
r Sonans (r) 33. 48. 81. 111. Ii4f.
122. 129. 153. 174.
r-Stämme II 7. 193 f. I97. 206.
Rückumlaut 229. 246.
R- Um laut 60.
Runen 61. 66. 74. 139. 141.
Runisch 43 f. 68. 125. 131 f. 134.
144. 192. 212.
288
Index.
s (germ.) 26. 32. 37. 39. 48. 58 f.
66 f. 80. 121. 136. 185 f. 194.
Sachs, Hans loi.
satem-Sprachen 62.
Satzakzent 82 f. 96—100. 232.
Scherer 58. 88. 123. 131.
Schiffahrt II.
Schlesisch 125.
Schmidt, Joh. 2. 4. Q. 37. iii. 123.
Schwäbisch 251.
schwache Verba 74. 158 f. 16 1 f.
168—170. 174 f. 178—184. 223 f.;
Schwedisch 68. 124. 252.
Schweizerisch 67. 149.
SchwundsiufeWM. Il8.i73.206.250.
Setälä 43 f. 69.
Sexagesimalsy Stern 255.
Sievers'' Gesetz 65.
sigmatisch 154. 168.
Ä7d^ 82 f. 152 f.
Silbentausch 213.
Singular 168. 187. 217 f.
Singularetantum 250. 254.
sittliche Begriffe 224.
J/^ 50. 54. 58 f. 79 f. 112.
Skythen 45.
Slavisch 62. 86. 136. 155. 167; vgl.
Altslawisch.
Slavische Worte, entlehnt aus dem
Germanischen 36. 38 — 42. 257.
Slavisch-germanische Verwandt-
schaft 2 — 4. 37 f.
Soldaten 9 ff., vgl. Kriegswesen.
sp 50. 54. 58. 80.
spanisches Latein 22.
Spiranten siehe Reibelaute.
Spiritus asper 31. 65 f.
Sprachmischung 45 f.
^^ 55. 58 f. 77—79. 121.
•S"^ 50. 54. 58 f. 78. 80. 1X2. 243.
Staat siehe Kriegswesen.
Stammbaumtheorie 4. 138.
Stammbildung, nominale 57. 179.
198 — 208. 229 — 232.
— verbale 56. 179 ff.
starkeVerba 84. 105 f. 113. 155—179.
181. 223 f.
Steigerung 237. 239—247.
Stoffadjektive 224. 226.
Substantivierung 172 — 175. 190. 203.
210. 243. 245. 258.
Subtraktionsbenennung 254.
Suffixablaut 34. 63. 117—120. 153.
169. 173. 222.
Suffixe 57. 84. 88. 94 f. 104. 138.
173. 175. 191—197. 215. 220—228.
231. 241 — 248. 259 f.; vg\. Lehn-
suffixe.
Superlativ 241. 243—247. 258 — 260.
Synkope 22. 24. 92 f. 114. 117. 132.
138. 141. 143. 146—148. 151.
179 f. 183. 186. 194, 196 f. 199.
242 f.
Synonyma 46. 161. 203.
Syntax 87. 96 — 106. 251,
Systemzwang 79. 114. 247.
t (germ.) 48. 50. 55. 78. 134.
Tatpurusa 232.
Tenues siehe Verschluss laute und
Aspiratae.
P 31. 39- 48. 50. 55- 61. 68. 79.
141 f.
Themavokal 155. 160, 179. 190. 194.
Thomsen, W. 42 f. 66.
Thurneysen 8. 86 f.
Tief stufe II 3 — II 7.
Tiernamen 12— 14. 30. 41 f. 121. 223,
226. 228.
Timbre 48. 67. 141.
ti-Suffix 84. 223. 260.
Tonerhöhung 60. (y-J . 120. 126.
tO'Suffix 84. 173 f. 222.
U.
ü (germ.) 23. 25. 64 f. 72. 92 f. 107 f.
Ulf. 118— 123. 125. 144 f. 147.
— (indog.) 63. 71. 106 f. 114. 122.
M (germ.) 25. 39. 72. 109. 124. 127.
137. 142.
— (indog.) 63. 108 f.
Index.
289
Ulfilas 18 f. 36.
Umlaut 48. 60. 67. 107. 109. 121.
125. 129. 137. 141. 175- 194 f.
201. 206. 242. 253.
Umschreibungen igof. 261.
-ung Suffix 145. 223. 226.
un- Präfix 91 f. 240.
u-Stämme 28 f. 35. 40. 44. I17. 131.
192. 194. 196 f. 202—204. 207.
220. 229. 246.
uz- Präfix 85. 90. 239.
V.
-varii Suffix 88. 221. 227.
Velare 62—64. 128.
Verbaladjektive 89 f. 172—177. 234.
Verbalendungen siehe Personal-
endungen.
Verbalpartikeln(-präfixe) 8. 85. 87.
89-92. 148. 176. 233 ff.
Verkürzung 20. 22 — 24. 97. 112. 137.
140. 142. 146. 162. 165. 201.
248 f. 255; vgl. Konsonantenkiir-
zung.
Verners Gesetz 32. 50—52. 55—58.
Verschärfung^ ostgermanische 75.
138.
Verschluss laute (germ.), harte 32.
48. 50 f. 53. 59. 78 f.
— weiche 49. 56.
Verwandtschaftsnamen 206 f. 228.
232. 237.
Viehzucht siehe Ackerbau und Tier-
namen.
Vögel siehe Tiernamen.
Vokalisierung 65. 74. 124 f. 152.
VokalismuSj germanischer 32 — 34.
92. 107 — 130.
Vokalismus ^ indogermanischer 63.
106. 108.
— (vulgär)lateinischer 20 — 25. 121.
127.
Vokativ 98. 103 f. 135.
Völkernamen 9. 31. 36. 52. 221. 227.
Vortonigkeit 20. 22 — 24.
vrddhi 220.
Vulgärlatein 20 — 30.
w.
w 48. 62—65. 70- 77. 81 f. 123. 125.
149. 151 f. 217.
Wechsel (indog.), der Verschlusslaute
53.
— des Anlauts 59.
Weinbau ii.
Westgermanisch 19. 24. 36 f. 61. 63.
71. 73. 82. 91—96. loi. 103—105.
123 f. 126 f. 131. 136-153. 166.
176. 179. 190. 216. 227.
Westphal 130 ff.
Williram 94 — 106.
Wimmer 13 1.
Wochentage 15. 20. 22. 36. 139. 229,
Wortbildung 57. 112. 159. 181 — 184.
220-261.
W Ortübersetzung 15 f. 229.
wo-Stämme 192. 224. 227.
Wurzeln 163. 167. iSi. 242—244.
z.
2 (germ.) 26. 32. 39. 48. 58—61. loi.
112. 136. 141. 143 f. 166 f. 188.
191 f. 195.
Zahlworte 103 f. 215. 219. 232.
249-261.
Zimmer 53.
PD
1006
K57
1913
Kluge, Friedrich
Urgermanisch, Vorges-
chichte der altgermanischen
Dialekte 3. verb. und verm,
Aufl.
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