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URKUNDEN UND ACTENSTÜCKE
ZUR GESCHICHTE
DES
KURFÜRSTEN FRIEDRICH WILHELM
VON BRANDENBURG.
AUF VERANLASSUNG SEINEll HOCHSELIGEX MA.IESTÄT DES KAISERS
FRIEDRICH ALS KRONPRINZEN VON TREUSSEN.
SECHSZEHNTER BAND.
ERSTER THEIL.
BERLIN.
DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER.
1899.
URKUNDEN UND ACTENSTÜCKE
ZUII GESCHICHTE DES
KUREÜKSTEN FRIEDRICH WILHELM
YON BRANDENBURG.
SECHSZKHNTER BAND.
ERSTER TIIEIL.
STÄNDISCHE VERHANDLUNGEN Dl.
(l'UEUSSEN. II. BAND, EllSTEI! TIIEIE.)
HERAUSGEGEBEN
VON
KÜRT BREYSIG.
BERLIN.
DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER.
1899.
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Inhaltsverzeichnis.
Seite
II. Der grosse Landtag von 1061 bis 1603 1— 42ä
Acten (zweite Hälfte)
6. Bis zur Erklärung der Complanatiou (16. März bis
9. Mai 1662) 3—123
7. Bis zur Abreise Schwerius (12. Mai — 7. Juli 1662) 124—16!)
8. Bis zur Ankunft des Kurfürsten (9. Juli — 23. October
1662) 170-249
9. Bis zur Verabschiedung des Landtages (28. October
1662—1. Mai 1663 250-425
Verbesserungen.
Band XV.
S. 11 Z. 7 V. 0. lies „Unwürdeu" statt „Unwürdigen". — S. 15 Z. 19 v. o. 1.
„abhängigen" st. „souveränen". — S. 31 Z. 2 v. u. 1. „Voigt" st. „Mülverstedl". —
S. 3G Z. 8. V. u. tilge „Skalichs". — S. 49 Z. 6 u. 7 v. o. I. „an die Pairs des Hofes,
d. h. an den aus seinen Standesgenossen bestehenden Theil des GerichtskoUegiums"
St. „an einen Pairshof . . . Gerichtshof". — S. 49 Z. 21 v. u. nach „festgesetzt"
ein/Aischieben „jährlich 30000 Gulden und". — S. 71 A. Z. 2 v. u. I. 139 st. 139a. —
S. 115 Z. 9 V. 0. ist nach „um" einzuschieben „durch", Z. 10 v. o. 1. „die
adliche" st. „der adlichen". — S. 120 Z. 19 v. u. 1. 1605 st. 1606. — S. 134 A. Z. 5
V. u. ist nach „ihnen" einzuschieben „von". — S. 191 Z. 22 v. o. vor 1609 ein-
zuschieben „von". — S. 207 Z. 9 v. o. 1. „Freischulzen" st. „Freischützen". —
S. 263 Z. 10 V. 0. ist „im" nach „Freien" einzuschieben. — S. 266 Z. 17 v. u. 1.
„Sehesten" st. „Sehasen". — S. 285 A. 1 ist dahin zu verbessern, dass die Z. 12
V. u. erwähnte kurf. Duplik erst auf die Replik der Oberstände ertheilt worden ist
und zwar am 12. April 1641. — S. 290 Z. 15 v. u. 1. „Herzberg" st. „Hirschberg". —
S. 317 Z. 6 v. u. 1. „Bordingsführung". — S. 339 Z. 7 v. u. 1. „Sehesten" st. „Seheisten".
— S. 343 Z. 2 V. u. 1. „Erbfolge" st. „Erfolge". — S. 349 Z. 11 v. u. 1. „Convocations-"
st. „Corporations-" — S. 359 Z. 10 v. u. 1. „Erhebung". — S. 361 Z. 6 v. o. hinter
Landtmarschall ist ein Komma zu setzen, so dass der Titel zu „Ostaw" gehört. —
S. 363 Z. 21 V. 0. ist „Noth" nach „im" (Z. 20) zu schieben. — S. 363 Z. 2 v. u. 1.
„destinatos" st. „distinatos". — S. 424 Z. 5 und 12 v. o. 1. „Hoe" st. „Hol". —
S. 552 Z. 1 V. 0. 1. „will" St. „weil", Z. 2 „bemühen". — S. 560 Z. 6 v. u. 1, „noch" st.
„nach". — S. 562 Z. 5 v. u. 1. „passiret" st. „cessiret". — S. 566 Z. 19 v. u. 1.
„Pestübels" st. „Postulats". — S. 575 Z. 17 v. o. 1. „hoffe ich, dass E. Ch. D. ich
gründliche Nachricht werde geben können. Dass E. Gh. D. sich resolvieret,". —
S. 578 Z. 9 v. 0. 1. „ich auch hiebei" und „mir" st. „wir", Z. 12 v. o. 1. „Brehmen"
st. „Preussen" und „neulich" st. „nämlich"; Z. 18 v. o. 1. „eben" st. „aber" und
„Erudition" st. „Condition"; Z. 6 v. u. 1. „neulich •* st. „nämlich". — S. 589 Z. 11
V. u. 1. „scharfe" st. „schroffe". — S. 592 Z. 3 v. o. 1. „niemalen" st. „jemalen". —
S. 600 Z. 1 V. 0 1. „Eheliebsten" st. „Frau", Z. 2 v. o. 1. „seiner Frau Schwester und
der verwittibten Frauen von Olssa, Major von Ostaueu", Z. 11 v. o. 1. „Blanken" st.
„Blämken". — S. 609 Z. 1 v. u. 1. „scharfe" st. „schroffe". - S. 674 Z. 2 v. u. 1.
„Laurentius Milewsli" st. „Laas-Milesli". — S. 680 Z. 2 v. u. 1. „ungezeichnete" und
„von" st. „an". — • S. 682 Z. 6 v. u. 1. „uns" st. „das". — S. 684 Z. 15 v. o. 1.
„müssen" st. „möchten". — S. 693 Z. 10 v. u. nach „dass" ist einzuschieben: „dieses
zu E. Ch. D. Besten geschehe. Dieses ist gewiss dass,". — S. 694 Z. 10 v. o. 1.
„Temperament" st. „Temperent". — S. 695 Z. 9 v. u. 1. „Rige" st. „Rüge [flipe]". —
S. 696 Z. 5 V. u. 1. „Löbenicht" st. „Libenicht". — S. 703 Z. 5 v. o. 1. „novandi" st.
„novadi". — S. 743 Z. 12 v. o. 1. „Landräthe" st. „Landstände".
Verbesserunsjen.
Band XVI. 1.
S. 6 Z. 6 V. u. 1. „Bürgerschaft" st. „Bürg-schaft". — S. 15 Z. 14 v. u. 1. „denen"
st. „denn". — S. 23 Z. 7 v. u. 1. „längerer". — S. 35 Z. 18 v. o. 1. „Wehlauischen". —
S. 43 Z. 2 V. u. 1. „Baczko". — S. 67 Z. 21 v. o. ist das Komma zu tilgen. — S. 78
Z. 1 V. u. 1. „und" St. „uns". — S. 79 Z. 14 v. u. 1. „Görtzke" st. „Görzke". — S. 80
Z. 19 V. 0. 1. „geschieht" st. „geschickt"; Z. 21 v. o. 1. „abzustatten". — S. 81
Z. 19 V. 0. 1. „Görtzke". — S. 99 Z. 9 v. o. 1. „höchlich". — S. 101 Z. 11 v. o. 1.
„Oletzko". — S. 108 Z. 8 v. u. 1. „Polen" st. „Posen". — S. 119 Z. 8 v. o. nach
„man" ist einzuschieben „nicht". — S. 121 Z. 3 v. u. 1. „Contradictiones". — S. 193
Z. 12 V. 0. 1. „die Sache" st. „den Sinn". — S. 204 Z. 10 v. o. 1. „zahlen". — S. 243
Z. 15 V. 0. I. „vorgewesene gefährliche Zeiten". — S. 277 Z. 15 v. u. 1. „Privi-
legium"; Z. 5 V. u. 1. „Hoverbeck" st. „Hekerbeck". — S. 327 Z. 12 v. u. 1. „wäre"
St. „welcher". — S. 330 Z. 8 v. o. 1. „1454" st. „1554". — S. 332 Z. 4 v. u. 1,
„symbolicum". — S. 336 Z. 7 v. o. 1. „(seil." st. „se" und „templo) tum". —
S. 343 Z. 14 V. 0. 1. „die mittelbaren". — S. 356 Z. 5 v. o. 1. „Band" st. „Land". —
S. 361 Z. 2 v. 0. 1. „notifica-". - S. 373 Z. 12 v. o. 1. „Ramsen". — S. 374 Z. 12/13
V. 0. 1. „Item ist". — S. 390 Rand 1. „1663" st. „1662"; Z. 13 v. u. 1. „Tettau" und
„Rödern". — S. 395 Z. 14 v. o. !. „Kaiauen". — S. 404 v. u. 1. „Zeidler". —
S. 409 Z. 17 v. 0. 1. „in" st. „und". — S. 411 Z. 8 v. o. 1. „und" st. „nur".
i
IL
Der grosse Landtag vou 1661 bis 1663.
(FortsetzuDg und Scliluss.)
Mater, z. Gesch. d. G. Kiirfiirsten. XVI.
3
6. Bis zur Erklärimg der Complanation.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 16. März 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 12. [22.] März.) Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Stand der Bewilligungsfrage. Wilddiebe. Kirche. Bornstedt. Finanz- und Aemter-
sachen.]
E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 28. Februar habe ich mit allem 1662.
iinterthänigst geziemenden Respect empfangen und bin bekümmert, dass
E. Ch. D. ich nochraaln keine Gewissheit von der Stände vereinigtem
Bedenken überschreiben kann, daran die Städte zu der beiden Ober-
stände eigenem höchsten Verdruss allein schuldig sein. Gestern vor
Mittag bin ich in die Oberrathstube gangen und habe den Oberräthen
beweglich zugeredet, sich des Werks mit besserm Eifer anzunehmen,
damit E. Ch. D. nicht endlich zu Ungnaden über solchen hochverdriess-
lichen Verzug möchten gebracht werden. Sie schickten darauf auch allso-
fort den Ober-Secretarium Kalown zu den Ständen und Hessen ihnen hart
zuereden, dabei bedingend, dass sie an aller Ungelegenheit, so aus solcher
Verzögerung herkäme, unschuldig sein wollten. Die Oberstände haben
darauf ihre Willfährigkeit hoch contestiret und berichtet, dass sie so
gleich der Städte erwarteten, um mit denenselben die Sach zu über-
legen und ihres Orts Alles zum Schluss zu befordern. Als sie aber von
einander gingen, vernahm ich, dass sich dieselbe noch nicht ergeben
hätten, und hoffe ich vor Abgang dieser Post noch ein Mehres zu be-
richten. Die Ritterschaft, derer ein gutes Theil zeither meiner jüngsten
unterthänigsten Relation sehr gewanket, hat sich nunmehr auf beweg-
liches Zureden den Landräthen, ausser was ich von den 50000 Rthlrn.
geschrieben, conformiret. Werden nun die Städte nochmaln Verzögerung
suchen, will ich die Oberstände an ihrer Zusage erinnern, ihr absonder-
1*
4 II. Der grosse Landtag von 1G61 bis 1663.
lieh vereinigtes BedenkeD einzugeben, so sie auch wohl allbereit würden
gethan haben, wenn die Städte ihnen nicht allzeit Hoffnung Hessen, sich
mit ihnen zu vergleichen, dannenhero sie vermeinen, es werde vor
E. Ch. D. besser sein, dass Alles conjunctim geschähe. Es komme nun
das Bedenken ein, auf was Art es wolle, so wnll doch E. Ch. J). gnädig-
sten Verordnung gemäss ich mich bezeigen und dasselbe zuforderst
E. Ch. D. allsofort unterthänigst übersenden, aber auch allhie mit den
Oberräthen die Sachen durchgehen und, wie weit wir es allhie, doch
Alles uuvorgreiflich, bringen können, versuchen. In der mir mitgegebenen
Instruction aber, wie auch darauf erfolgten Rescriptis sind unterschie-
dene Dinge enthalten, derentwegen ich ihnen dieselbe vorzuzeigen billig
angestanden; sie haben auch nicht in mich gedrungen, sondern sich ver-
gnügt, dass ich ihnen den Inhalt daraus angedeutet. Ebenmässig will
ich auch nicht nachgeben, dass der Landtag differiret werden soll, wie-
wohl man, wann die Sachen in dessen nach Berlin gesandt werden und
nichts tractiret wird, schwerlich wird verhüten können, dass nicht die
Meisten, so ihre Güter in der Nähe haben, herausreisen. — Wie ich bis-
hero in den Sachen die Wilddieberei belangend fleissig und emsig ge-
wesen, also werde ichs noch ferner aufs Beste treiben, gestalt ich mit
dem Herrn Jägermeister Hallen, der itzo hier ist, dass er dem Werke
die Hand mitbieten möchte, geredet. — Wegen des Orts, da die Kirche
füglich stehen kann, soll E. Ch. D. ein Abriss gesandt, auch Bericht ge-
than werden, wohin der Schlachthof, denn an den Ort wird sichs damit
nicht schicken, zu verlegen sei. Sonst W' erden allhier zwei desseins zur
Kirche gemacht, und weil doch vor Winters mehr als das Fundament
schwerlich wird geleget werden können, so bitte ich unterthänigst, E. Ch. D.
wollen dieselbe, ehe Sie das Ihrige zur Perfection bringen lassen, in
Gnaden erwarten, es soll zu diesen grosser Fleiss geschehen. Vielleicht
ist noch etwas darin, so E. Ch. D. auch nicht übel anstehen und zu dero
dessein mitgebrauchet werden möchte. Was E. Ch. D. wegen des Herrn
Bornstedts gnädigst befohlen, will ich gehorsamst in Acht nehmen und
ihm die Instruction und Creditiv zustellen und unterlasse ich nicht, fleissig
zu erinnern, dass die Mittel gegen seine Ankunft angeschafft werden.
Dasjenige, so E. Ch. D. in einem absonderlichen Rescript von Unter-
suchung der Aembter und dass die Pfandverschreibungen und was dem
anhängig ist, allemal mitgeschicket werden sollen, gnädigst befohlen, habe
ich schon vorhero bei den Oberräthen oft erinnert; sie haben mir auch
in specie von Riesenburg Versicherung gegeben, dass es also damit gehalten
Bewilligung'. Wilddiebe. Kirche. Äemter. Roth. Städte. 5
worden, und will Ich ferner desshalb Anregung thun, wobei ich dieses in
Unterthänigkeit beizubringen habe, dass die Frau Jasski als Pfandiu-
haberin des Ambts Riesenburg, wie sie nach Danzig kommen, von ihren
Freunden, einen so schädlichen Contract einzugehen, abgemahnet worden,
sie auch darauf anhero geschrieben und gebeten, dass ihr noch möchte ein
Mehrers verwilliget werden; daher dann die Oberräthe vermeinen, E. Ch. D.
zuträglich zu sein, dass Sie den Contract confirmire. Ich kann zwar
nicht davon urtheilen, ob er E. Ch. D. schädlich sei oder nicht; aber
dieses muss ich in gehorsamster Schuldigkeit vorstellen, dass der Ort
im Oberlande ist, da nicht allein Alles ruiniret und fast kein Mensch
mehr verhanden, besondern sich auch ein Jeder scheuet etwas daselbst
aus besorgender Gefahr, wann es zu auderweiter Unruhe, so Gott guädig-
lich verhüte, kommen sollte, wäeder anzufangen^).
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 21. März 1662.
(Praes. Colin a.d. Spree 16. [26.J März.) Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Roth. Erklärung der Städte.]
Gleich ietzt kommt der Rittmeister MoEgomerv aus Warschau und 1662-
21. Mät
berichtet, dass Roth schon von dannen; was I. F. Gn. demselben vor
Ordre ertheilet, ersehen E. Ch. D. aus Beikommendem. Er saget auch,
dass Roth mit dem Herrn Ho verbecken geredet, welcher Solches ohne
Zweifel berichten wird. Ich habe allsofort mit dem Herrn General-
Major Görtzken geredet, Parteien auf alle Strassen zu schicken, welches
er allsofort verordnet. Ein Bürger aus dem Kneiphofe hat mir schon
vor drei Tagen gesaget, die Bürgerschaft war sehr kleinmüthig, weil
Roth nichts ausgerichtet. Sonsten hat der Rittmeister nichts vom Reichs-
tage zu sagen gewusst^).
Wie gestern die Städte Königsberg in der Oberrathstube gewesen
und ihnen zugeredet worden, sie sollten sich den anderen Ständen con-
formiren, haben sie gesaget, die beide Oberstände wären gar einig mit
ihnen, dass die Accise nicht ehe ge williget werden sollte, bis Alles ab-
gethan, und ob ihnen zwar aus besagter Stände schriftlicher Erklärung
') Als Antwort auf diese Relation ergieng das Rescript vom 13. (23.) Alärz 1662
(ungezeichnetes Concept von Jenas Hand), abgedruckt bei Orlichlll S. 147.
-) üeber Roths Beziehungen zu Polen in diesen Tagen vergl. das Schreiben
Hoverbecks an Schwerin vom 22. März 1662 (ürk. und Actenst. IX S. 325 Anm. 1).
ß II, Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
ein Andres gezeiget, so seind sie doch darauf bestanden. Ich habe
Solches dem Herrn Landvogt schriftlich zu wissen gethan, damit sie es
resentiren möchten; er hat mir beigehendes darauf geantwortet, und als
ich ihm repliciret, dass nicht allein die Frage wäre ratione quanti, son-
dern auch ratione temporis, lässt er mir sagen, ihr morgendes schrift-
liches Bedenken würde es weisen, dass sie auch darin discrepirten. Ich
hoffe auch, dass es sich also befinden werde, und auf solchen Fall werde
ich die Oberräthe bitten, es gebührlich zu ahnden, dass sie solche Lügen
vorgebracht.
21. März
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 21. März 1661.
(Praes. CöUn a. d. Spree 16. [26.] März.) Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Uneinigkeit zwischen Ratb und Bürgerschaft. Erklärung der Städte über Willigung
und Verfassung.]
1662. . . . Die ^) Uneinigkeit zwischen dem Rath und der Bürgerschaft
hat bei dieser Gelegenheit wohl keine andere Ursach als dass jener
diesen der Abschickung nach Warschau nicht fugen, noch ihnen in der
Contradiction der Souveränität beipflichten wollen, desweg von der Bürger-
schaft gar harte und bedrauliche Reden gegen den Rath geführet worden.
Bei solcher Beschaffenheit nun sehe ich wohl kein Mittel, wie sie zur
Einigkeit zu bringen, denn 1) kann ich nicht glauben, dass E. Ch. D.
die Bürgerschaft vor einen Stand erkennen und ihnen also ä part wegen
der Souveränität zuereden lassen wollen, 2) haben E. Ch. D. in einem an
mich abgelassenem Rescript gar übel empfunden, dass sich säramtliche
Stände auf ihren Consens zu der Souveränität fundiret. Sollte man
nun einen Vergleich zwischen dem Rath und der Bürgerschaft treffen
wollen, würde man sie persuadiren müssen, in die Souveränität zu con-
descendiren: wie aber Solches E. Ch. D. Intention entgegen läuft, also
habe ich mich auch dafür mit allem Fleiss gehütet und nur allezeit
solche rationes angeführet, dass den Ständen nicht gebühre zu contra-
diciren. Mit einer gemeinen Bürgschaft auf die Art zu sprechen, würde
nur das Werk mehr hindern, als befördern; halte demnach vielmehr da-
für, dass E. Ch. D. zwar anitzo hiezu zu schweigen, künftig aber der-
gleichen unerhörte Widerspänstigkeit mit Limitirung ihrer gar zu grossen
1) Mittheilungen über Pfandforderungen und über Schwerins Bemühungen, für
Bornstedts Unterhalt Rath zu schaffen, gehen voran.
Rath und Bürgerschaft. Erklärung der Städte. 7
Freiheit auf Landtagen, dazu sie nicht befugt, sondern von Zeit zu Zeit
eingeschlichen, und andern Dingen mehr zu strafen, auch bei solcher
Occasiou dahin zu trachten haben, dass E. Ch. D. etwas mehr Rechtens
zu der Rathswahl bekommen, und auch also der Rath dadurch desto
besser in den Schranken gehalten werden könne.
P. S.
Die Landtagshandelung . . . belangend, ist am vergangenen
Sonnabend eine Conferenz zwischen der Landschaft und den Städten
Königsberg gehalten, da dann zugleich die Städte ihr Bedenken in beeden
Punkten, als 1) wegen des Instruments der Regierungs Verfassung und
2) wegen der Accise schriftlich eingegeben. Bei dem Ersten wollen sie
sich gar nicht einlassen, bei dem Andern aber haben sie mit dieser
Condition gewilligt, wann vorhero die gravamina abgethan und die iiber-
schickte assecuratio privilegiorum extradiret. Die Landschaft hat ihnen in
beeden hart contradiciret, giebt auch dem Rath das Zeugniss, dass sie mit
demselben wohl übereinkommen wollte; allein die Gerichte und Zünften
sein so widerspänstig, dass es mit ihnen auf keinerlei Wege zu bringen.
Jedennoch haben die Städte bis auf heuten Bedenkfrist gebeten, darauf
aber die Landschaft sich categorice erkläret, die Städte möchten ein-
kommen oder nicht, so wollten sie als morgen ihr vereinigtes Bedenken
übergeben. Der Städte Bedenken habe ich noch nicht zu sehen bekom-
men können; erhalte ich sie aber nicht ehe, so werden solche von der
Landschaft mit eingereichet und E. Ch. D. zugesandt werden. Will
demnach hoffen, dass nunmehr die Accise ehests werde eingefiihret wer-
den, und ist dies die Ursach, damit sich diejenige, so mir hiebevor zu
einem Vorschuss Vertröstung gethan, itzo entschuldigen, weil sie ver-
meinen, es werde nun nicht nöthig sein, in dem die Accise ehests ihren
Anfang gewinnen wird. Sonst habe ich von Andern erfahren, dass der
Herr Hoverbeck schon zu Warschau angelanget sei, und wiewohl ich
nicht zweifle, er werde Alles, was allda passiret, referiren, so habe ich
dennoch zum Ueberfluss hiebei gehorsamst übersenden wollen, was mir
von dannen zukommen ').
') Die Antwort auf die Relationen vom 21. März d. d. Colin a. d. Spree 17. [27.]
März 16G2 (ungezeichnetes Concept von Jenas Hand) findet sich abgedruckt bei
Orlich III S. 149. Ebenfalls auf diese Relation hin erfolgte etwas später die schon
in der Weisung vom 24. März in Aussicht gestellte (ebenda S. 150) Uebersendung des
Generalreverses mit dem Rescripl d. d. Colin a. d. Spree 28. März (7. April) 1662 (un-
g II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Die Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 21. März
1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 16. [26.] März.) Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Entschädigung der Domanialunterthanen. Die Kirche. Mittel für Bornstedt.]
1662. . . . Unterdessen aber, ehe und wann die Stände zur Resolution ge-
Ll.Marz. |j,,j^ßj^^^ ist nicht abzusehen, wie vorhin schon unterthänigst angezeiget, dass
zu andern Mitteln als denen bisherigen, damit der Speisung in den Quar-
tiren entzwischen der Soldat unterhalten werden [sie], zu gelangen; damit
aber E. Ch. D. Untert hauen, welche itzo vor anderea solche Last des
Quartiers und Speisung tragen müssen, nicht darunter gar verzweifeln,
sondern so lang, als sie können, nebenst dem Soldat ihr Leben geduldig
toleriren mögen, haben wir sie versichert, dass aus denen laudirten
Mitteln künftig ihnen dagegen Compensation geschehen solle, worauf
denn sie ihr Letztes nun zutragen. Es ist zu mehrmalen denen Land-
ständen remonstriret worden, dass ihre Einwilligung und laudum nicht
sufficient werde sein können, E. Ch. D. Schaden, den Sie an Ihren Do-
mänen und respective an den kleinen Städten, auch Bauren durch die
Protrahirung des laudi und die Ungleichheit der Last empfangen, zu er-
setzen. Nun haben sie ja ein vereinigtes Bedenken unter Händen und
ist zu hoffen, dass sie in diesen Tagen sich damit angeben werden, mit
welchem dann das ganze Werk sich wird beschleunigen müssen.
Wegen Erbauung und Anstalt zu einer Kirchen vor E. Ch. D. und
die reformierte Gemeine all hier wnrd uns der schuldigste Gehorsam die
vorgeschriebene Anstalt dazu mit unterthänigstem Fleiss zu machen ob-
liegen und in deme, wenn was mehr nöthig, E. Ch. D. fernere gnädigste
Verordnung vorleuchten.
Um die Mittele, Wagen und Pferde vor den Deputatum zu den
moscowitischen Tractaten sein wir bei aller Dürftigkeit der Kammer in
schuldigster Bemühung schon begriffen, erwartende, was mit seinem An-
kommen von allen erforderten Stücken seiner Ausstattung E. Ch. D.
eigentlichen anbefehlen werden.
gezeichnetes Concept von Jenas Hand), abgedruckt bei Orlich III S. 151. Die erste
von den darin chiffriert mitgetheilten Nachrichten Hoverbecks wird, da sie sich mit
keiner der Urk. und Act. IX S. 320 — 335 mitgetheilten Relationen deckt, hier auf-
gelöst: „und schreibt er in einem andern (S. 152, Z. 7 v. u.), dass Fürst Radzivill
wie auch er bei gegenwärtigen Conjuncturen, wohl nöthig hielten, dass wir uns, so-
bald es mügiich, in eine gute Verfassung setzeten". Für die nun folgende Stelle ist
nur das Rescript vom 28. März 1662 (ebenda S. 336) zu vergleichen.
Domanialuuterthanen. Reformierte Kirche. Bornstedt. Resolution a. cI. Gravamina. 9
E. Ch. D. Herkunft in eigener hoher Person kann so geschwinde
nicht sein, als wie dieselbe wir in recht eiferiger und getreuer Devotion
wünschen, und die gewisse Hoffnung machende, dass zu itzo befindender
und jiingsthin gehorsambst denudirter Indigenz reicher Ersetzung des
Allerhöchsten reicher Segen mit E. Ch. D. ins Land zugleich kommen,
auch das Pestübel sich vollends legen werde.
Schweriu an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 24. März 1662.
(Praes. Cölhi a. d. Spree 19. [29.] März). Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Die kurfürstliche Resolution auf die Gravamina. Abänderungsvorschläge. Revers.
Landrecht.]
Als E. Ch. D. dero gnädigste Resolution über der Stände grava- 1662.
. . . . 24 März
mina im abgewichenen Januario eingesandt, zeigten die Herren Oberräthe "
mir damaln an, dass sie nöthig fänden, noch einige Erinnerungen dabei
zu thun, wollten auch solche zu Papier bringen und E. Ch. D. unter-
thänigst überschicken. Wie ich mich folgends drauf erkundigt, ob
solches geschehen, haben sie sich in ihrer Meinung geändert und ver-
meinet, sie wollten die Resolution lieber also, wie sie einkommen,
übergeben, gestalt ich solches Alles damals unterthänigst referiret.
Nachdem nun die Stände wegen Extradirung solcher Resolution un-
aufhörlich angehalten, habe ich abermaln bei den Oberräthen Anregung
gethan, ob sie dann endlich wieder auf die Gedanken gerathen, dass Ein
und Anders darin zu mitigiren wäre, gestalt sie darauf etwas aufge-
setzt und mir gleich itzt kurz vor Abgang dieser Post zugeschickt,
daher ich dann kein ausführliches unterthänigstes Bedenken darüber ein-
schicken kann. Der erste, zweite und dritte Punkt können ohnmaassgeb-
lich also bleiben, bei dem vierten wäre wohl etwas zu ändern, bei dem
fünften haben sie ausgelassen das Wort Regierungsverfassung, darauf
E. Ch. D. sich in ihrer Resolution beziehen. Es hat aber solches nicht
viel auf sich, insonderheit, weil E. Ch. D. die Stände mit ihren unter-
thänigsten Erinnerungen darüber erstlich zu vernehmen sich gnädigst er-
bieten. Bei dem sechsten wäre nur anstatt des Worts Regierung S. Ch. D.
zu setzen, denn meines unterthänigsten Ermessens daran gelegen, dass
solche confirmationes von E. Ch. D. selbsten geschehen. Der siebente ist
gut eingerichtet; bei dem achten aber werden E. Ch. D. finden, dass
sehr viel darin geändert werden müsste, jedoch wird es zu E. Ch. D.
]^Q II. Der grosse Landtag von 16G1 bis 1663.
Dienst gereicheu, dass man Alles so gelinde mache, als immer möglich.
Wegen des Statthalters können unvorgreiflich, nachdem disponiret, dass
dieser Statthalter Zeit seines Lebens verbleiben solle, diese Wort hinzu-
gesetzt werden: „dass E. Ch. D. wünschen möchten, dass die künftige
Zeiten so beschaffen wären, dass sie nicht uöthig hätten, einen anderen
Statthalter wiederzubestellen, womit E. Ch. D. Gerechtsame genugsam
salviret und doch nicht eben so platt gesagt wird, dass es nothwendig
sein müsse. Was aber vom Landtage darin disponiret ist, kann ich gar
nicht rathen, dieses aber wird unverfänglich sein, dass E. Ch. D. sich
erbieten, einen Landtag, wenn Sie urtheilen. dass es des Landes Notli-
durft erheische, auszuschreiben. Bei dem 10. sein viel particularia, da-
von ich so eigentlich nicht informiret bin und also nicht weiss, obs
E. Ch. D. zuträglich, solches Alles also stehen zu lassen. Bei den
9., 11., 12., 13., 14. und 15. Punkten habe ich Nichts zu erinnern,
nur dass bei dem letzten zu annectiren: „E. Ch. D. wollten hoffen, es
würden die Stände nunmehr nicht allein die Summa benannt, sondern
auch unterthänigst vertrösteter Maassen die Accise eingeführt haben",
oder was E. Ch. D. sonst noch vor Ausfertigung dieser Resolution für
Nachricht erlangen und hinzuzusetzen nöthig ermessen werden^).
Es wird auch wohl bei dieser Post ein Concept eines Reversais
mitgeschicket werden, denn solches bei Verwilligungen allzeit gebräuch-
lich. Sie haben gar viel harte conditiones darin haben wollen, die ich
ihnen abdisputiret, weiss aber noch itzt nicht, ob es so wird einge-
richtet werden, dass E. Ch. D. damit zufi'ieden sein können; was aber
immer thunlich, zweifle ich nicht, werden E. Ch. D. wohl eingehen, da-
mit die Stände dadurch aus dem schrecklichen Argwohn wieder gebracht
werden mögen.
Hiernächst muss ich gehorsamst melden, dass die Oberräthe E. Ch. D.
gnädigstem Befehl gemäss etliche Personen zu Revidirung des Land-
rechts in Unterthänigkeit fürgeschlagen und deshalb am 20. Januarii
Relation abgestattet'^), aber darauf noch zur Zeit keine gnädigste Resolu-
tion erhalten. Weil nun dieses Werk, so E. Ch. D. ohn einiges Bedenken
thun können, von den Ständen sehr desideriret wird, so bitten sie noch-
maln unterthänigst, E. Ch. D. wollten sich so gnädigst erweisen und
solchen Befehl abgehen lassen.
0 Vergl. unten die Resolution des Kurfürsten vom 11. April 1662.
2) S. Bd. I S. 716 f.
Reversal. Laudrecht. Accise. Bewilligung. Roth. H
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 24. März 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 19. [29.] März.) Eigenhändige Ausfertigung, P. S.
Ausfertigung R. 6. RR. 1.
[Beschleunigung der Wiedereinführung der Accise. Der Czaar. Roth.]
Als ich vorcjestern von einem der Landräthe vernahmb, dass die beide 16^^-
. . 24. März.
Oberstände zwar ehester Tage ihr vereinigtes Bedenken wegen der Re-
gierungsverfassunge eingeben, mit der Accise aber noch warten würden,
bis sich die Städte auch resolvirten, weil ihnen dieselbe noch immerhin
Hoffnung gaben miteinzuwilligen, so bin ich gestern vor Mittage in die
Oberrathstube gegangen und allda proponiret, dass E. Ch. D. mir bei der
Post ein scharfes Rescript zugeschicket und ernstlich anbefohlen, dass die
Accise, weil die Stände ihr Wort nicht hielten, allsofort und ohne einige
Verzögerung, die Stände möchten auch sagen, was sie wollten, wieder
eingeführet werden sollte. Hierauf seind nun die Oberräthe sehr be-
stürzet worden und haben alsobald zwo aus dem Landrath zu sich
kommen lassen und E. Ch. D. Resolution ihnen angezeiget, welche dar-
auf gross Lamentiren gemachet und vermeinet, damit würde Alles, was
schon gethan, wieder über einen Haufen geworfen, endlich aber auf
vieles Remoustriren sich erboten, dass sie sich äusserst bemühen wollten,
damit ihre Einwilligung noch heute vor Abgang der Post geschehen
möchte, wie ich dann auch des Nachmittages dessen bin versichert
worden, und hoffe also, dass E. Ch. D. dessen noch vor Abgang dieser
Post sollen verständigt werden.
Gleich jetzt schicken die Oberräthe zu mir und lassen mir sagen,
dass zwei Landräthe bei ihnen gewesen und berichtet, dass der Rath
aus den Städten sie um Gotteswillen gebeten, nur noch zwei Tage mit
ihrer Erklärung einzuhalten; sie hofften, die Bürgerschaft auch noch zur
Einwilligung zu disponiren. Weil sie nun davor hielten, dass E. Ch. D.
zuträglicher wäre, wenn es coniunctim geschehe, so baten sie, solche
moram bei E. Ch. D. unterthänigst zu entschuldigen, dabei sancte ver-
sprechende, wenn die Städte in den zwei Tagen nicht einkommeu wür-
den, so wollten sie ohn fernere Verzögerung die Einwilligung thun.
Als ich auch gleich jetzt vernehme, dass Roth gestriges Tages
wieder kommen sein soll, so habe ich die Oberräthe bitten lassen den
Magistrat aus dem Kniephofe, dem schon zuvorn angedeutet ist, Rothen
nicht allhie wieder aufzunehmen, ernstlich und bei Vermeidung höchster
12 II. Der grosse Landtag von 1G61 bis 1663.
Ungnade anzubefehlen, Rothen allsofort herauf zu liefern. Was darauf
erfolgen wird, soll E. Ch. D. mit Nächstem kund gethan werden.
P. S.
Auch durchleuchtigster, gnädigster Kurfürst und Herr, ist gestern
ein Mensch bei mir gewesen, welchen S. Fürstl. Gn. in Kurland nach
Kopenhagen zu Ihre Majest, in Dennemark verschicken. Derselbe be-
richtet, dass der Herzog gewisse Nachricht hätte, dass der Czaar in
eigener Personen mit 100000 Mann zu Felde ziehen und in Polen gehen
wolle und dass er abermal mit den Kosacken sonderliches dessein für-
hätte. Ich fragte, ob dem Verlaut nach viel schwedische Völker aus
Schonen in Liefland ankommen, darauf er aber grosse Versicherung gab,
dass daran nicht das Allergeringste sei.
Roth ist im Bischofthum Ermland gewiss wieder angelangt und
hat der Oberstlieutenant aus Braunsberg gleich diese Stunde anhero ge-
schrieben, dass er ihn zu ertappen verhoffe; ich habe auch eben den
Herrn Generalwachtmeister Görzken und Herrn Christ Hillen bei mir ge-
habt und mit ihnen überlegt, wie alle Wege berennet werden mögen.
So ist auch dem Herrn Obersten Bellicum angedeutet, auf alle Kähnen
und Schuten, so ausm Haff kommen, fleissige Acht zu haben, ob er
etwan zu Wasser herkommen möchte, denn man vermuthet gar stark,
er werde sich wieder hieher begeben. Nunmehr muss ich der Meinung
sein, weil er einmal die Stadt verlassen und davon geflohen, dass man
kein Bedenken habe, einen Fiscal mit Schützen herunter zu schicken,
ihn, wann er kommt, abholen zu lassen und es dahin zu stellen, ob
sich die Bürgerschaft mit Gewalt dawider setzen werde, auf welchen
Fall E. Ch. D. desto mehr befugte Ursach haben, die Bürgerschaft solches
Frevels wegen zu bestrafen. Es ist sonst gewiss, dass die in seiner
Nachbarschaft wohnende Bürgere, als das Geschrei, er würde nach Hofe
geholet werden, erschollen, sich einander, ihn zu beschützen angemahnet.
W^as aber E. Ch. D. in dieser Sach gethan haben wollen, wird nothwen-
dig an die Cberräthe ausführlich müssen geschrieben werden, denn ausser
dem wird nichts dabei geschehen ').
^) Als Antwort auf die Relationen vom 24. ergieng das Rescript d. d. Colin a. d.
Spree 20. (30.) März 1662 (ungezeicbnetes Concept von Sturms, Schluss von Jenas
Hand), abgedruciit bei Orlich III S. 149 f.
Russische Politik. Roth. Accise. Rathswahl. 13
Die Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 24. März
1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 19. [29.] März.) Ausfertigung.
[Uebersendung der ständischen Entschuldigungsschrift und Entwürfe für eine Accise-
assecuration und eine Beantwortung der Gravamina. Verhandlung mit der Ritterschaft.]
Sie übersenden die Exculpation der Oberstände der Verzögerung des Land- 1G62.
tages wegen, einen Entwurf zur Acciseassecuration des Kurfürsten und ein Pro- 24. März,
jekt zur Antwortsresolution auf die Gravamina. „Es hat aber wollgemeldter
Herr Oberpräsident denen Landräthen, wie ungnädig E. Ch. D. den Verzug in
der Einwilligung der Accise oder anderen Mittel zu dem offerirten Subsidio
nehmen und dass die gesambte Stände hierin gegen gegebene Parol handelten,
vor Augen gestellet, worauf sie auf die Einrichtung der Accise, die Städte
möchten zutreten oder nicht, in zwei Tagen einzureichen festiglichen versprochen
und zu dem Ende hernach gewisse Reversales, wie hievorn gewöhnlichen und
wie sie, die Landräthe, desfalls einige unvorgreiflliche Erinnerungen beibracht,
desiderieren." . . .
Die Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 24. März
1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 19. [29.] März.) Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Aufschub der Königsberger Rathswahl.]
Sie antworten 1), dass zwar auf die sonst gewöhnliche Zeit, den Sonn- 1662.
tag Reminiscere, die Kur dieses Jahres nicht fortgesetzet sei, jedoch aber" ' '^^^"
die Räthe von allen dreien Städten sich desfalls behöriger Maassen an-
gegeben haben, mit hinzugethauer Anführung, dass, ob sie ihres Orts
zwar, wie schuldig, bereit wären die Kur anzustellen, der Novanten
wenig itzo sich befinden; hingegen wären sie mit denen Landtagsaffairen
occupiret und wollte ihnen auch bei diesem jetzigen schlechten Zustand
an den Spesen ermangeln, derowegen sie es anstehen zu lassen nöthig
erachtet, auch darumb gebeten. Wann dann solches Anstehen hier und
im ganzen Lande nicht ungewöhnlich, E. Ch. D. juribus auch nichts
derogiret, als ist die Kur aufgeschoben worden und bleibet bis auf die
gesetzte Zeit Reminiscere, geliebts Gott, instehenden Jahres, alsdann mit
schuldigster Beobachtung E. Ch. D. hohen Jurium, fürnehmlichen mit Ver-
^) Auf das Rescript vom 6. (16.) März 16G2 (ungezeichnetes Concept von Jenas
Hand), abgedruckt bei Orlich III S. 147.
14 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
änderung der Eidesformulare, welche auf dero itzigen souveränen Etat
gerichtet werden müssen, zu verfahren.
Erklärung der Städte^). Praes. 25. März 1662.
Kön. 668 IL
[Protest gegen die Bewilligung der Accise durch die Überstände aus rechtlichen und
wirthschaftlichen Gründen.]
1662. Aus dem der vom Herrenstand . . wie auch der von der Ritterschaft
25 März.
' . . den 8. März in der Oberrathsstube ohne vorhergegangene Communi-
catiou mit den Städten gethanen mündlichen und hernach schriftlich über-
gebenen Anbringen, wie auch dem des folgenden Tages darauf auf der
Oberrathsstube erfolgten Protocoll haben die von Städten nicht mit ge-
ringen Schmerzen vermerket, dass S. Ch. D. ihrem gnädigsten Herrn vor-
gebildet, als käme die Verzögerung der Landtagshandlungen von Nie-
mand anders als denen von Städten her, angemerkt sie, die andern beiden
Stände, sich bereits so woU in puncto des directi dominii als der frei-
willigen Beisteuer eines gewissen quanti et modi geeiniget und es nur
an dem wäre, dass die von Städten zu ihnen treten und zu besserer
Facilitirung desselben von denen kurfürstlichen Herrn Plenipotentiariis
darzu angemahnet werden möchten, zu welchem Ende denn auch sie
denen von Städten bereits fertige Sachen, nämlich eine Einrichtung der
noch uiemalen gewilligten Accise zugefertiget und in dero Zustimmung
so eifrig dringen, als vorhin in keiner Sache geschehen. Nun weisen
bis dahero Landtagsacta und deren Präsentata mit mehrerm aus, ob
denen von Städten eine grosse Verzögerung mit Fuge beigemessen werden
könne, wollen auch nicht hoffen, dass bei einer so mächtigen Verände-
rung des Staats sie einem Menschen verdenken werden, dass sie bei
denen von E. E. L. angezogenen Meinungen und Conditionen so festiglich
verbleiben und zu nichts Ferneres sich auslassen können, es wäre denn
vorhero denenselben ein sattes Genüge geschehen, allen Gravamina abge-
holfen, sie bei ihren Privilegien in Religion- und Profansachen, Freiheiten,
Gerechtigkeiten, kölmischen Rechten, kurfürstlichen Verabscheidungen,
wirklichen Handvesten, Jurisdiction und Obrigkeit, Statuten, Ordnungen,
') Schon in einem früheren Bedenken (pr. 10. März 1662) hatten sie erklärt, sich
über eine Willigung erst dann auslassen zu können, wenn die Bedingungen vom
3. Dec. 1661 (s. Bd. I S. 670ff.) erfüllt seien. Vergl. auch u. S. 48 Anm. 1.
Protest der Städte gegen die Bewilligung der Oberstände. 15
Gebräuchen und alten Gewohnheiten erhalten und darüber de novo ver-
sichert worden. Dass aber die . . beiden Stände bald darnach anders Sinnes
worden und zu einer andern dem vorigen ganz und gar zuwider [laufen-
den Erklärung] sich bewegen lassen, Solches befrembdet die von Städten
nicht wenig, sondern müssen sich des billig beschweren und darüber seufzen,
können auch daraus nichts Anderes abnehmen, als dass nur Alles dahin
gemeinet, dass, obwoll die von Städten eine und zwar freie Stimme haben,
sie dennoch und endlich, was die zwei Stände schliessen, Gott gebe, es
sei zu Auf- oder Untergang der Städte, sie redeten und brächten auch
darwider bei, was sie könnten und wollten, starks [sie] und iramediate
eingehen, belieben und halten müssten, wie solches bereits denen von
kleinen Städten fast gar zu klärlich zu verstehen gegeben worden; wozu
denn dieses noch mehr denen von Städten nicht geringes, sondern hohes
Nachdenken machet, dass die . . beide Stände in währenden diesem
Landtage sich nicht allein Oberstände nennen, welches die von Städten
im vorigen Landtage ihnen nicht also gestanden, sondern in gewissem
Respect dem Titel nach geschehen lassen, wenn nur nicht, wie es sich
ansehen lasset, einige prärogativa juris hiedurch aufgebürdet werden
möchte, sondern, dass sie auch ehe und wann sie derer von Städten
Bedenken und Schluss in vorgefallenen Punkten ordentlich, als Landtags
Gebrauch nach, offenbaret und einhellig geschlossen, solches an die kur-
fürstliche Plenipotentiarien gebracht und die von Städten auf ihre Mei-
nung zu bringen, ja woll gar dero decision wie in puncto des Ufbots
und Hülfleistung geschieht, zu submittiren sich bemühet.
Ob nun denn von Städten ihre freie Vota oder Bedenken und Schluss
gegönnet oder ob nicht einige Beeinträchtigung der freien Stimme hie-
durch gesuchet würde, stellen sie männiglichen unparteiisch zu urtheilen
anheim. Gott, der aller Menschen Herzen kennet, wird uns zeugen, dass
wir nicht weniger als die andern zwei Stände des hochlöblichen Kur-
hauses der Markgrafen zu Brandenburg und sonderlich unserm gnädigsten
Kurfürst und Herrn von Anfang dero kurfürstlichen Regierung bis hie her
nicht anders als treulich und redlich gemeinet [sie], auch bei deroselben
in schuldigem Gerhorsam ufgesetzet, was uns am Liebsten gewesen, wie
Solches die vorige acta vom Landtage de anno 1609 und folgende be-
zeugen.
Es sind aber die Städte, darin viel armes Volk und der meiste
Theil viel dürftige Leute enthalten, durch das oft und viele Geben und
durch das leidige Kriegeswesen so hart erschöpfet und untergekommen,
16 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
dass nicht allein in kleinen Städten viel im Elende herumb und umbs
Brod betteln gehen und ihre Häuser mit dem Rücken und auf den
Speichern Gras wachsen sehen müssen, sondern wie auch die Städte
Königsberg dabei gefahren, solches weisen so viel geschlossene Mälzen-
brauerhäuser, Speicher, Budengewerke und Alles aus, (indem, da Mancher
vor diesem von 12 Säcken gebrauet, jetzo kaum von sechs Säcken zu
brauen und noch woll solches nicht zu gelassen vermag) dass ihnen mehr
zu geben zu schwer und unmöglich fallen will.
Dennoch aber würden sie hinwider nicht ermüden, sondern sich auch
woll zu einem gewissen Quanto herauslassen, wann nur noch einiger
Anblick von Hoffnung der gnädigsten Erhörung in ihren billigen ])esi-
deriis wäre.
Dass sie aber in den von den andern zwei Ständen de novo ver-
wnlligten und abgefassten modum der Accise condescendiren sollten,
dazu wird sie hoffentlich kein Mensch bewegen, weil sie dessen gar zu
gewiss, dass die Accise kein einziger anderer Mensch entrichtet, als der-
jenige, der seine Lebensmittel aus dem Gewinn durch Kaufen und Ver-
kaufen und sonsten mit Manufacturen suchet, welches in Städten ge-
schiehet, und die Zeit hero leider allzuviel erfahren, wie hart und sehr
dieselbe die Städte gedrucket, arme Leute gemacht, me grosse Ungleich-
heit bei derselben gehalten, wie dieselbe mehrentheils und [am] Aller-
meisten über die Städte gegangen und denenselben dabei ihre Nahrung
entzogen, gehemmet und gesperret worden, ja ihnen noch dazu zu ihrem
völligen Untergang die pretia rerum zu setzen angemuthet werden will.
Zwar vermeinen die andern . . Stände, dass die Accise nicht der-
jenige, der sie ausleget, sondern der ultimus consumens entrichte, allein
wenn den beiden . . Ständen belieben möchte, eine Probe anzustellen
und von ihrem Getreidig, Flachs und allen andern Waaren, so sie zur
Stadt bringen, die Accise davon vor den Verkauf auszulegen und zu
entrichten und zu sehen, ob derjenige, der ihnen die Waren abkaufet,
die Accise auch bezahle, sie würden gar ein ander Gefühlen von dieser
Sachen haben und gewiss erfahren, dass die Accise über sie, die es aus-
geleget, ergehe und obgleich weiter eingewendet werden möchte, dass
der Bürger die Accise auf die Waren schlaget und sich also bezahlet
machet, so verhält sich doch dieses gar anders.
Denn gleichwie die bürgerliche Nahrung auf Gewinn und Verlust
fundiret ist, also wird auch der Bürger, ob gleich keine Accise ist, wo er
nur immer kann, einen Gewinn auf seine Waaren, weil es seine Lebens-
Die wirthschaftlichen Nachtheile der Accise für die Städte. 17
mittel sein, suchen. Gewinnet er nun darauf und darf keine Accise geben,
so hat er es zu gemessen, muss er aber Aceise geben, so giebt er von sei-
nem Verdienst, consequenter von seinen Lebensmitteln hinweg, verlieret er
aber auf seine Waaren, so verlieret er nicht allein die Accise, sondern auch
seine Lebensmittel, ja seine ganze Wohlfahrt. Und obwoll zwar . . einge-
wendet werden will, es sei dieser modus der allerleidlichste und zuträg-
lichste, so mag Solches woll auf ihrer Seite sein, weil sie von den meisten
Victualien zu ihres Tisches Noth das Wenigste geben. Wann sie aber
auch von einem jeden Ochsen, Schw-ein, so bei ihnen geschlachtet, von
Butter, Käse und was sonsten in ihrem Hofe verzehret wird, imgleichen
von allem W'ildpret und was sie immer mehr verzehren und womit sie
sich bekleiden, die Accise allemal nach der Probe ihrer Haushaltung, so
genau, wie man es von den Städten erfordert, entrichten sollten, würden
sie vielleicht ein Anderes sagen und lieber ein ander Ungemach als dieses
über sich ergehen lassen. Derowegen sie auch nicht hoffen wollen, weiln
die andern beiden Stände darin gewilliget und so bald deswegen unter
sich einig worden und gleichsam ein conclusum gemachet, dass sie
wider ihren Willen solche einzugehen sollten können genöthiget werden,
welches in Wahrheit eine schädliche Sequel geben würde, angemerkt in
casibus privilegiatis et in libero cujusvis arbitrio constituentibus sie so
wenig, als die andere Stände überstimmt [werden] oder Zwang leiden
können. Quod . . oranes tangit, ab omnibus debet approbari, bevorab da die
Sache, darüber man tractiret, nicht Vielen uti collegio und ex communi
totius provinciae aerario, sondern uti singulis gemein sein wird, in
welchem Fall niemalen omnium et singulorum consensus vor nöthig er-
messen, also dass majoris partis consensus den geringern widersprechen-
den Theil weder mit seinem Schluss binden, noch einig PräJudicium
zufügen kann, zumalen, weilen sie nicht weniger als die andern zwei
Stände ein Glied und Stand der Landschaft machen, hierumb auch die
andern Stände tamquam pares nicht bemächtigt sein, ihnen der Accise
halber etwas wider ihren Willen aufzulegen. Par siquidem in parem
nullum habet imperium. Derowegen die von Städten nochmalen dienst-
freundlichen bitten, es wollten die andern beiden Stände zu dergleichen
höchstschädlicher Trennung, Spaltung und Neuerung nicht Ursach geben,
auch es dafür nicht halten, als wenn die von Städten hiedurch sich ihnen
gänzlichen entziehen wollten, augemerkt sie, so viel der erste Punkt der
Beantwortung aufs Protocoll anlangt, mit den andern zwei Ständen einig
und zufrieden. Und wie aus notorischer Dürftigkeit der Städte die kur-
Mater. z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 9
Jg II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
fürstlicheu Herren Plenipotentiarii keinen Vorschuss denenselben anmuthen
dörfen, also achten sie unnöthig, sich darauf zu erklären, wie sie auch
der Beilage A und der Landesdefension ') nicht widersprechen bis auf die
Worte „mit dieser Erklärung und Separation etc.", weil solches einer Com-
planation zu submittireu bedenklich und nachtheilig sein werde, welches
sie per expressum ausbedungen haben wollen. Im Uebrigen sind die
von Städten, wie sie Jederzeit zu Abwendung besorglicher Gefahr, Scha-
den und Nachtheil des Vaterlandes gern retten und ersetzen geholfen,
also auch nochmals, wenn die von E. E. L. vorgeschlagene Conditiouen
vorhero würklich laut dem hiebevor geeinigten Bedenken adimpliret und
alsdann in distributione collectae eine durchgehende Gleichheit proportio-
nabiliter getroffen und hinfüro in Acht genommen wird, ihr Gebührendes
pro ratione ratae dem unverrückten Herbringen gemäss abzustatten erbötig,
sonst aber im Uebrigen [der Meinung], dass sie sich bei ihren Privilegien,
alten Herkommen, Freiheiten und Gerechtigkeiten zu conserviren und mit
W' achsamer Sorgfältigkeit, damit sie nicht zu Grunde gerichtet und an
den Bettelstab getrieben werden möchten, abzuwenden bemühen . . .
Bedenken der Oberstände. Praes. 27. März 1662.
R. 6. RR. 1. — Kon. 668 IL
[Ablehnung des Vorschusses. Bitte um Entlassung der Truppen. Allgemeiner Aufbot.
450000 Thlr. Accise]
1662. Die Bewegungen in Polen sind nicht so bedrohlich — wollte man jedes
27. März. jyj^l_ ^.g^ii ijort Unruhen sind, armieren, so müsste man ohu Unterlass in Waffen
stehen. Obwohl sie den Gerüchten, als würden die Truppen zum Zwang der
Landeseinsassen unter den Fahnen gehalten, nie Glauben geschenkt, so müssen
sie doch darauf bestehen, dass die 'geworbenen Völker entlassen und die Dienst-
pflichtigen und Wibranzen herangezogen werden, „Dieselben sind in Krieges-
diensten nunmehr also geübet, dass, wenn sie in guter Ordnung reguliret werden,
unter einem preussischen Landesobristen und tüchtigen Officirern nicht weniger,
als die geworbene Völker, nutzbare Dienste thun können." Für den Nothfall
kann ein allgemeiner Aufbot stattfinden, worüber sie in einem besonderen Be.
denken ihre Vorschläge machen. — Die Accise bewilligen sie im Betrage von
450 000 Thlr,, doch müssen zuvor die Bedingungen, die sie vor Anerkennung
des directum dominium gestellt, erfüllt, eine Assecuration über die Unpräjudi-
cierlichkeit der Accise ausgestellt und die Gravamina abgestellt werden-).
1) Vergl. das Bedenken vom 27. März 1662 über das Aufgebot (u. S. 51 Anm. 1),
2) In einem beigelegten „Untertbänigsten Memorial" fordern die Oberstände fol-
gende Revers-Versprechungen. ,1) Dass die verwilligte Accise nicht länger als drei
Bewilligung der Oberstände. Reversalien. 19
Falls die Städte, die erklärt haben nicht in die Accise willigen zu können,
bei ihrer Weigerung bleiben, so können sie sich zu keinem Quantum verpflich-
ten, sondern wollen nur abliefern, was die Accise unter ihrer Verwaltung nach
der Acciseordnung trägt, ad eos usus, wo zu es in dem vereinigten Bedenken
destinieret ').
Geeinigtes Bedenken der Stände-). Pr. 27. März 1662.
R. 6. RR. 1. — Kön. 668 II.
[Entgegnung 3) auf das Verfassungsiustrumeut: Formalia. Allgemeine
Einwendungen. Consens der Stände. Confirmatio privilegiorum. Defectus in pri-
vilegiis. Zeitpunkt der Privilegienbestätigung. Eidesformeln für die Beamten. Libri
symbolici. Reformirte. Ariauer, Menoniteu, Juden. Consistorialjurisdiction. Visi-
tationen. Geistlicher Zank. Patrouatsrecht. Inspectoren. Universität. Statthalter.
Bauptleute. Landtage. Oberappellationsgericht. Bofhalsgericht. Hauptämter. Ober-
räthe. Köllmer. Fiskalische Prärogative. Ausgelassene Privilegien. Regiments-
notel. Testament. Streitigkeiten mit den Ständen. Krieg und Friede. Festungen.
Miliz. Schätzung. Aemtercontracte. Fräuleinsteuer. Minorennität des Herzogs.
Responsa Regia von 1616 und 17. — Ablehnende Haltung der Städte. Bitte das
Instrument fallen zu lassen, die Gravamina zu erledigen.]
Aller christlichen Regierungen höchste Glückseligkeit besteht nebst
der wahren Erkänntnus und Furcht Gottes einig und allein darin, dass
Jahre stehen und weder zu Krieges-, noch Friedenszeiten continuiret, sondern nach Aus-
gang derselben Jahre die Stände zu Abhörung der Kostenrechnung auf einen Landtag
verschrieben werden sollen. 2) Dass, so lange die Accise währet, S. Ch. D. den Ständen
keine andere Coutributiou, Auflagen, noch Beschwer anmuthen wollen. 3) Dass die
Accisegelder und verwilligtes Quantum nicht anders, als ad destinatos usus, worzu es
die Stände deputiret, nämlich 300000 Rthlr. zu Einlösung einiger verpfändeten Aembter,
100000 Rthlr. zu Sr. Ch. D. freien Disposition und 50000 Rthlr. zu Behuf einiger
Landesangelegenheiten angewendet werden sollen. 4) Dass die Administration, wie
es in der Acciseordnung specificiret, einzig und allein bei den Ständen verbleiben
solle. 5) Wenn Kriegeszeiten und andere casus fortuiti einfielen und die Accise in
drei Jahren so viel nicht austragen könnte, dass die Stände und dero Posterität an
kein Quantum gebunden sein sollen. 6) Dass die Stände durch diese Freiwilligkeit
zu Auszahlung der kurfürstlichen Kammerschulden, viel weniger zu Verpflegung der
Soldatesca sich nicht obligiren. 7) Letzlich, dass diese Willigung, so dieses Mal aus
unterthänigster Devotion vor dem Landtagsschluss eingerichtet, der Posterität und
den Landesfreibeiten im Geringsten nicht präjudiciren solle."
') Die Landräthe hatten ihr Bedenken hierüber am 14., die Ritter am 16. März
1662 den andern Ständen überreicht, üeber das der Städte s. o. S. 14ff. und S. 14 Änm. 1.
2) Dem Stücke liegen die Specialbedenken der Landräthe (pr. 27. Jan. 1662) und
der Ritterschaft zu Grunde. Ueber das Verhalten der Städte s. u. S. 48 Anm. 1.
2) Das Stück ist im Originale betitelt: „Unterthänigste Deduction der Freiheiten
und Gerechtigkeiten dieses Landes, worinnen dieselbe dem extradierten Instrument
der neuen Regieruugsverfassung zuwider.'' Ueber das Instrument s. Bd. I S. 646 Anm. 1.
9«
20 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Unterthanea ihre vorgesetzte Obrigkeit mit liebreicher Furcht ehren, die
Obrigkeit hergegen ihre ünterthanen mit Gott und Recht liebendem Eifer
nach ihren Fundamentalverfassungen regieren.
So ist es in Preussen immer gehalten worden zwischen des Kurfürsten und
ihren Vorfahren; sie selbst haben durch Annahme des directi dominii einen
Beweis ihrer Freude gegeben. ... Sie haben darauf festiglich gehoflfet, es
werde nunmehr Sr. Ch. D. ohne fernere Weitläufigkeit in die bedingte
abolitionem gravaminum und Assecuration gnädigst verwilligen; nach-
dem E. Ch, D. uns gar ein ungewöhnliches Instrumentum Regiminis in
forma decretoria durch dero Herren Plenipotentiarien ausgeben lassen, so
müssen wir uns zum Höchsten bestürzen, dass weder unsere so unge-
färbte unterthänigste Bezeugungen, noch die dem Instrumente entgegen-
gesetzte zwiefache Generalremonstrationes vom 3. und 14. Decembris ')
verflossenen Jahres in verhofften Gnaden nicht aufgenommen, sondern
wir sind auch noch darzu mit diesem Vorwand, als ob gedachte unsere
Erklärungen von Sr. Ch. D. Intention gar zu weit abgetreten, zu einer
Specialdeduction genöthigt worden.
Es haben zwar die Herrn Plenipotentarii E. Ch. D. das Formale obge-
dachten Instruments in dem den 9. Decembris ausgegebenen ProtokolP)
sofern einzuziehen gesuchet, dass es nur ein Tractat super methodo confir-
mandi privilegia sein sollte und haben E. E. Landschaft die Hoffnung ge-
macht, E, Ch. D. wäre durch ein solches resolvirtes Instrument den Ständen
ichtwas zu benehmen nicht gemeinet, angemerket aber der ausdrücklichen
Worte mit welchen das Instrument für eine immerwährende, beständige
und unverbrüchliche Regierungsverfassung ausgegeben worden, hat E. E. L.
einen Weg wie den andern, so woll schrift-, als mündlich dieser vergeb-
lichen Arbeit sich zu überheben demüthigst gebeten und in solchem Vor-
satz zu verharren haben wir auch die grosseste Ursach, iu sonderlicher
Betrachtung, [dass] wir dadurch E. Ch. D. keinen nützlichen Dienst thun,
noch der Sachen Endschaft befordern könnten, sondern vielmehr unsere
wollgegrüudete Privilegia, Gerechtigkeiten, Freiheiten und Gewohnheiten
in Streit ziehen und tamquam ab ovo zu wiederholen und zu asseriren ge-
ursachet werden, dann auch so sind weder die Landräthe ichtwas von des
Vaterlandes Freiheiten, Besten und Gerechtigkeiten besage der Recessen in
Religion und Profansachen zu vergeben oder streitig zu machen nicht be-
^) Erklärungen der Stände auf das Verfassungsinstrument pr. 3. und 14. Dee.
1661 (Bd. 1 S. 670 ff. und S. 698 ff.).
2) Protokoll der Oberrathstube pr. 9. Dec. 1661 (Bd. I S. 691f.).
Formalia der Verfassung. Allgemeine Einwände. 21
fuget, noch die von der Ritterschaft weiter als ihre lustructiones sie an-
weisen, sich einzulassen gemächtiget, sondern allerseits sind schuldig und
verbunden durch ihre sowoll Ambts-, als natürliche und Erbeide die Frei-
heiten und Gerechtigkeiten des Landes in ihrer Sicherheit, so viel mög-
lich ist, zu erhalten und ohne Veränderung und Neuerung der Nachkom-
men so zu lassen, wie sie dieselben von ihren Vorfahren bekommen
haben. In dieser Betrachtung bleiben die Städte Königsberg nebenst
denen kleinen Städten bei dem vorigen zu Bartenstein ausgegebenen
General bedenken und können sich in keine Specialausfiihrung auslassen.
Weil aber dennoch dessen ungeachtet in eine Specialerklärung ge-
drungen worden, als wollen die beiden Oberstände auch hierinnen ihren
schuldigen Gehorsamb gerne bezeugen, wenn sie nur versichert sein
mögen, dass dasjenige, was sie auf E. Ch. D. gnädigsten Befehl zu Be-
haubtung ihrer wollhergebrachten Freiheiten, Rechten und Gerechtigkeiten
in tiefster Demuth und Bescheidenheit vortragen müssen, für keine Wider-
setzlichkeit oder coutradicendi studium, sondern vielmehr für eine unter-
thänigste Vorstellung dessen, was vielleicht von gedachten unsern Freiheiten
E. Ch. D. entweder vorenthalten oder bei der grossen Menge ihrer schweren
Regierungsgeschäfte entfallen sein möchte, auf- und angenommen werden.
In diesem wird uns ausserhalb allem Zweifel bei E. Ch. D. satt-
samen Schutz halten 1) die wollgegründete Antiquität, die unsern und
allen geschriebenen Juribus die Kraft des Bestandes giebt und die Ge-
wohnheiten zu einem Recht macht, welches ein solch neues Instrument
nicht an sich hat, als deme unmöglich ist, dass es alle energiam und
vim antiquarum legum, so durch die lange Gewohnheit erläutert wird
und oft ihren Verstand ex temporibus promulgationis, circumstantiis et
recepta praxi haben müssen, sollte exprimiren können und dannenhero
dadurch die alten Jura nur geschwächet, verdunkelt und corrumpiret
würden sein . . .
2) So sind auch ohne das unsere Freiheiten und Jura unter dem
Scepter E. Ch. D. und Dero landesfürstlichen hohen Obrigkeit, als von
welcher alle unsere Rechte ihren Ursprung und Kraft nehmen und in allen
Stücken Deroselben hoher Direction, Confirmation und Executiou mit unter-
würfig sind. Dann haben wir auch niemals ihrer uns dergestalt überhoben,
dass wir nicht unserer gnädigen Herrschaft hätten auf Dero gnädigstes
Ansinnen (non obstantibus juribus et privilegiis) aus Freiwilligkeit nach
Vermögen an die Hand gegangen, also dass wir solche in den vornehmbsten
Stücken und oft mehr ein ornamentum als emolumentum sein lassen.
22 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
3) Weswegen sich auch unsere Wenigkeit nicht dahin zeucht, als
wollten wir bei dieser unterthänigsten Behauptung mit Sr. Ch. D. in
Uebung Dero landesfürstlicher Hoheit concurriren oder incompeteutia jura
uns anziehen. Wir lassen S. Ch. D. vielmehr sattsamb versichert, dass
der Ruhmb unserer Vorfahren bei uns nimmer werde erleschen, die
nämlich von der Zeit an, da sie sich unter die Regierung Dero hohen
markgräflichen und kurfürstlichen Hauses Brandenburg begaben, in unter-
thänigster deutscher Treue die Hoheit ihrer Herrschaft und ihre löbliche
Regierung allerwege beizubehalten sich höchst angelegen sein lassen und
indem sie zwei Mal in hundert Jahren zu Erlangung der Regierung und
Besitz dieser Lande Sr. Ch. D. hohen Vorfahren sich unterthänigst bedient
erwiesen, ihr Gut und Blut (zumalen bei Zeiten des ersten brandenbur-
gischen Herren) aufrichtig daran gesetzet, uns, ihnen nachzufolgen, rühm-
liche Exempel hinterlassen, umb so viel desto mehr, weil auch bei erhalte-
nem directo dominio E. Ch. D. in diesem Instrumento ihre landesväterliche
Zuneigung blicken lassen und dero getreuen Stände bei ihren wollherge-
brachten Rechten ungekränkt und unbeschädigt wissen wollen und dieses
ist uns anstatt einer bevvussten Ursach, warumb wir glauben müssen, dass
auch eben dieses Instrument nicht aus E. Ch. D. ungnädigem Concept wider
Dero getreue Landstände , sondern aus Irrthum Eines oder des Andern,
welcher von unsern Rechten und Gewohnheiten keine genaue Wissenschaft
gehabt, gefasst sei. Bei solcher Zuversicht gegen E. Ch. D. wollen die
beeden Oberstände unsere geliebten Vorfahren von Dero hochlöblichem
glorwiirdigen markgräflichen und kurfürstlichen Hause so theuer und woll
erworbene . . . Freiheiten, deshalben wir als ihre Nachkommen noch in
Unterthänigkeit und Treue gegen E. Ch. D. beständig coutinuireu, Dero-
selben zur gnädigen Beibehaltung allerdemüthigst in vorgezeigtem Unter-
schied, wie weit solche jura von dem neuen Instrumente so woll in genere,
als in specie abgehen, sine ullo novandi vel contradicendi animo bloss
und allein zur begehrten Nachricht zu Füssen legen.
In Genere. 1) Zu S. 37 und 39'). Bei Erwähnung der Trennung von
Polen, der Auflichtung des directum dominium und der Regierungsverfassung
ist nicht von dem Consens der Stände die Rede, der doch ,,das einzige ist,
daraus des Vaterlandes Recht auf Seiten der Stände seine einzige Hülfe . . . nimbt,
das auch ratio, jus et praxis zur Genüge behauptet". Es sind ja die Ver-
fassungsgesetze die rechte Befestigung aller Regierung, als welche von
1) An Stelle der im Original verzeichneten Seitenzahlen des Manuscripts sind hier
die des Druckes (Wiehert Ztschr. f. pr. Gesch. XI S. 36ff.) eingesetzt.
Generelle Verfassungsverletzungen: der Consens der Stände. 23
meusclilicher Societät, wie sie zu Anfangs bei Zusammenthuung zur
Regierung nach den Umbständen der Zeit und Gelegenlieit jedes Landes
beliebt, in Schrift gefasset, oder durch Gewohnheiten bestätiget, pro
basi et fundaraento reipublicae (worin auch alle Realität landesfürstlicher
Hoheit beruhet) pflegen gehalten zu werden, qua labefactata corruit quae
superstructa est respublica, oder zum Wenigsten würde wegen der Disso-
nanz, so über Verenderung dieser Rechte und unaufhörliche Neuerung
sich in Religion und Prophansachen würde eräugen müssen, dieses Land
bei Ch. D. und Dero liohen Nachkommen in immerwährende Unruhe
und in casu devolutionis in eine andere abermalige ganz verderbliche
Aenderung gerathen müssen. Es ist von undenklichen Zeiten her der
Gebrauch gewesen, dass wann etwas im Landes- . . Sachen hat sollen . .
vorgenommen werden, der Stände consensus zuvorher hat müssen requi-
riret werden. Der Vertrag des Hochmeisters mit Wladislaus Jagiello von 1436
(Privil. p. 12 f. 1 „Quod nostri praelati"), das Privilegium Casimirianum (Priv.
p. 16 f. 1 § „Item omnes"), die Sponsio Reciproca (Priv. p. 16 f. 2 § „Proinde
nos"), das mit Zustimmung der Stände ausgegebene Truchsessische Privilegium
wegen der Magdeburgischen Lehen von 1487 (Priv. p. 78 f. 2, rubrum des Ver-
trages und § 6), der ewige Frieden von Krakau von 1525 (Priv. p. 34 f. 2 §
„Item debent", p. 35 f. 2 „Item quod regnum tarn Ordinis"), die Solennis Appro-
batio der Stände (Priv. p. 37 ss.), das neue Gnadenprivileg von 1540 (Priv.
p. 49 f. 1 „die vielgedachte Unsere ünterthanen", f. 2 die Unterschrift), die
Regimentsnotul von 1542 (Priv. p. 56 f. 1), die Confirmatio Privilegiorum Terr.
Pruss. von 1573 (Priv. p. 92 f. 2), der bei der Belehnung Joachim Friedrichs
eingeholte Consens der Stände (Priv. 141 f. 1 § „Quas quidem conditiones" in
dem Respons. Reg. von 1609), das Decretum Sigismunds III. von 1609 (Priv.
p. 106 f. 2 § „Quod in causis"), die Assecuration Sigismunds III. von 1612
(Priv. p. 128 f. 2), Reversale von 1612 (Priv. p. 126), das mit Zustimmung der
Stände erlassene Diploma appellationis von 1614 und alle nachfolgenden Recesse
und Responsa von 1616 und 1617, das Preussische Landrecht von 1620 sind
Beweis dafür ^). Die Landtage sind nur eingeführt um den Consens der Stände
zu Stabiliren, die "Wehlauischen Pacta selbst garantiren den Ständen alle ihre
Rechte und Freiheiten^).
In längere Ausführung legen die Oberstände sodann den Nutzen eines stän-
dischen Regimentes dar. Alle christlichen Potentaten befragen ihre Stände.
Der Allerhöchste Gott hat E. Ch. D. so viel Land und Leute untergeben,
dass es unmöglich, dass Sie an allen Orten die Regieruno; allein führen
^) Bei den meisten dieser Citate sind die die Vorlage betreffenden Stellen in
extenso eingerückt. Sie hier zu reproducieren erschien unnöthig.
■) S. Bd. I S. 487 Anm. 1.
24 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
können. Sie müssen in wichtigen Sachen sich anderer Leute getreuen
Raths gebrauchen. Warum wollen dann E. Ch. D. nicht vor anderen in
Dero getreue Stände hierin die gnädigste Confidenz tragen? Dieselben
sind von dem höchsten Gott darzu geordnet und ihr Einrathen kann
nicht anders als gesegnet sein; sie sind hierüber von undenklichen Jahren
her .... aufs Kräftigste privilegiret; sie haben die beste Wissenschaft
von des Landes Zustand, worauf der hohen Herrschaft Wollfahrt beruhet,
und sind am Meisten daran interessiret; waim sie der Landesherrschaft
nicht treulich rathen, würden sie selbst den grössten Verlust daran
haben. Singuli decipere possunt et decipi, nemo omnes, neminem
omnes fefellerunt. Ein ganzes Land kann seiner lieben Herrschaft nicht
heucheln. Der Kurfürst kann ein viel ruhigeres Gewissen haben, wenn er die
Stände befragt; schlägt dennoch einmal ein Unternehmen zu einem widrigen
Ende aus, so kann er „sich alsdann mit ruhigem Gemüthe zufrieden geben und
dem höchsten Gott stille halten". Wann es aber nach gött- und weltlicher
Ordnung mit den Ständen nicht überleget und folgends misslinget, so er-
hebet sich Klagen und Seufzen bei den armen Uuterthanen, welches
doch eine jede christliche Obrigkeit gerne verhütet.
Sonder Zweifel wird E. Ch. D. vorgebracht, dass sich oft Fälle zu-
tragen zu berathen, da das Interesse der Herrschaft von dem Interesse des
Landes separiret und dass alsdann die Stände aus natürlicher Liebe mehr
auf die Wohlfahrt des Vaterlandes als auf die Hoheit der Herrschaft sehen.
Darumb müssen sie in solchen Fällen andere Räthe darzu gebrauchen,
aber E. Ch. D. geruhen gnädigst zu erwägen, dass eben darumb nicht
allein die Herren Oberräthe, sondern auch die Landräthe auf Dero
Hoheit, Ehre und Reputation beeidiget, dass der Landesherrschaft nicht
angemuthet werden kann, was Dero wahrhaften Hoheit im Geringsten
zuwider ist. Alle Stände haben geschworen E. Ch. D. treu und hold
zu sein und das Interesse der hohen Herrschaft ist mit der Wohlfahrt
des Landes . . genau verbunden . . . Zudem haben die Stände ge-
schriebene Jura und Privilegia vor sich, dass sie in mächtigen Sachen
Sr. Ch. D. nichts anderes rathen noch anmuthen können, als was ihre
höchstlöblichen Vorfahren von undenklichen Jahren und sie selbst aufs
Kräftigste confirmiret. Die Regierungsverfassung würde leicht von des Kur-
fürsten Nachkommen und im Devolutionsfalle von Polen selbst umgestossen
werden können.
2) Die Confirmatio privilegiorum (S. 37, 39) ist zwar eingeschoben,
aber so undeutlich, verändert und unvollkommen, dass sie gar nicht der alten
Gebräuchlichen Art zu confirmiren ähnlich ist. Herzog Albrecht hat in seinem
Privilegien-Bestätigung. Ausgelassene Privilegien. Zeit der Priv.-Bestätigung. 25
Testament (Priv. pag. 73 § „Königl. Maj.") zur Genüge dargetlian, wie viel an
ihr gelegen ist. Wie sie abzufassen ist, haben die Stände schon in dem von
ihnen übergebenen Project^) gezeigt. Wie nöthig sie ist, zeigen die folgenden
I' Ausstellungen.
3) So ist auch das Instrument unvollkommen, daher, dass es einen
sonderlichen defectum in unsern privilegiis machet, ihrer viel und
die vornehmbsten auslasset und also unser ganzes Privilegienbuch mutiret. ■
Ausgelassen sind: die Regimentsnotul, Markgraf Albrechts Testament und
» alle königlichen Privilegia, Pacta, Recessus, Decreta und Responsa. Solches
ist zuwider allen und jeden Landesverfassungen, denn alle diese Privilegia
sind zu dem Ende dem Lande gegeben, dass sie ewig bestehen und giltig
sein sollen. Sie sind durch so viel sponsiones, approbationes, reversales
I und confirmationes pacta reciproca geworden, worauf das Band der Herr-
schaft und ünterthanen beruhet, welches in Ewigkeit nicht aufgehoben
werden kann. Ja es würde folgen, wenn solche Rechte aus den Augen
' gesetzet sollten werden, dass alle unsere wollhergebrachte Gewohnheiten
und Rechte auf ein Mal dahin fallen müssten, das gleichwohl ohne haubt-
. sächliches Verbrechen keinem Lande begegnen kann, zu geschweigen der
; herrlichen unbeweglichen Bestärkung die sie haben.
» -4) „So wird die Confirmatio nnserer P rivilegien bis zur Zeit,
. wann die Herrschaft allbereit zur Regierung kommen, ausge-
■ stellet." Dem ist zuwider: das Testament (Priv. p. 80): „Ehe aber und zuvor den
i mitbelehueten Erben vermöge des aufgerichteten Vertrages dies Land eingeräumet
[wird], sollen sie diese Land und Leute genugsamb mit Briefen und Siegeln ver-
sichern", die übliche Observanz nach Georg Friedrichs Confirmation voa 1565
(Priv. p. 58), Kurfürst Hans Sigismunds Confirmation von 1609 (Priv. p. 111), die
angenommeneu Reversalen (Priv. p. 127), das Diploma Invcstiturae von 1611
(Priv. p. 123 § „ea ratione ut"). Ferner haben die Könige von Polen als Ober-
herren allezeit die Privilegia dieses Landes beschworen, wie es denn überhaupt
von keinem christlichen Potentaten geweigert wird.
5) Endlich so werden auch in genere unseren Verfassungen zuwider
in demselben die gewöhnlichen juramenta geändert und Niemand ausser
den Landräthen (S. 58) • — wiewoll auch dasselbe in dunkeln und verän-
derten Formalien bestehet — auf die jura patriae mit zu sehen verbunden ;
denn Landssverfassungen sind ja bei aller Regierung der Zweck, wor-
nach alle Regierungsverwaltungen sollen gerichtet werden. Wann nun
vornehme Bediente, durch welche die Verwaltung geschiehet, die jura-
menta auf die Verfassungen nicht weisen, würde Jeder absonderlich nach
1) Vom 16. Nov. 1661 (s. Bd. I S. 634ff.).
26 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
seinem Gutbedünken verfahren und man also ganz vom Zweck ab-
kommen, womit alle Verfassungen endlich dahin fallen müssen, wo doch
ein ewigwährender Zunder der Misshelligkeit zwischen der lieben Lan-
desherrschaft und den Unterthanen würde geleget werden, deshalben
unsere Jura und Gewohnheiten dagegen heilsamen Vorschub gethan. Die
Decreta de ao. 1609 (Priv. p. 103 § „Ipsi vero", ibi § „Et quod jura",
p. 107 § „Officium"), die formula juramenti Consiliariorum, dem Kur-
fürsten Jochim Friedrich geleistet, erweisen es. Desgleichen ist der
Herreu Oberräthe Eid (S. 45) allerwege auf die Landesverfassungen auch
mitgerichtet gewesen und ist solches so viel mehr nöthig, als viele ihre
Ambtsverrichtungen circa solche Verfassungen versiren.
Specialeinbrüche: in Bezug auf Religionswesen (zu S. 41) beklagen
sie, dass in Recessierung unserer Kirchenbücher die Formula Concordiae,
die bischöfliche Wahl und die Preussische Kirchenordnung von 1567 und
68, welche allerseits in diesen Landen angenommen, gänzlich ausgelassen.
Dann auch, dass gesaget wird, dass aller dieser (zuverstehen den Preussi-
schen Gottesdienst und Kirchenordnung betreffende) Sachen halber E. Ch.D.
absonderliche Edicta publiciren lassen wollten. Hierbei wird E. Ch. D.
gleichfalls in tiefster Demuth vorgestellet, welchergestalt in ecclesiasticis
gleich als in andern Estatshändeln zu allen Zeiten im Gebrauch ge-
wesen, dass die hochlöbliche Herrschaft dero getreue Stände bei allen
Fällen gnädigst concurrieren lassen. Wir befinden, dass unsere gnädige
Herrschaft in Religionsachen den Ständen und der Geistlichkeit viel zu-
geeignet und nichts sine consilio und praescripto der Theologorum dieses
Landes und Einw^illigung der Stände gethan haben. Das weisen aus die
unterschiedlichen Kirchenorduungen und Constitutiones synodales (ausser
der verworfenen von 1558) [dass sie], von den Geistlichen gemacht und
angenommen, von der Herrschaft aber gut befunden und publiciret worden.
Vide maxime der Bischöfe Epistola publicatoria der ersten Kirchenordnung
de a. 1525 . . ., das Mandatum promulgatorium Constitutionum Synodalium
Evangelicarum . . ., das ganze Publicationsmandat Markgraf Albrechts ....
Hierzu kommt, dass die Bischöfe selbst mit gutem, einhelligen Rath
aller Stände dieses Herzogthums erwählt werden sollen, vide Regiments-
notul § „Sintemal" (Priv. p. 51 f. 2), den confirmirten Recess de a. 1566
§ „Ehe solchen" (Priv. p. 60 f. 2). Daraus denn abzunehmen, dass die
Stände an dem bischöflichen Regiment in so weit interessiret und zu
ihrer Ordnungen Vollenziehung ihr Consens erfordert wird, zu geschwei-
gen wie sich dieses ganze Land auch an dem bischöflichen Ambte inter-
Eide. Kirchenbücher. 27
essieret, als worauf das ganze Kirchenwesen hier zu Lande gegründet ist.
Vidc Wahlordnung dicto tit. 2. 3, Recess a. 1566 § „Es sollen auch",
item § „Wer sich aber", item § „Würde sich auch". Es hat zwar E. E.
Landschaft aus gewissen Ursachen das bischöfliche Ambt und Jurisdiction
auf Inspectoren transferieren,^! dabei aber die Jurisdiction der Bischöfe
an ihnen (den Inspectoren) nicht schwinden lassen, weder ihres haben-
den Rechtens an dero wollen sich begeben, vielmehr von Zeit zu Zeit
vorbehalten, vide Decret. a. 1616 § „Quod attinet Inspectores" (Priv.
p. 144 f. 2).
S. 41 werden unsere ^libri symbolici so weit angenommen, als sie ■
keine Gefährlichkeit wider die von E. Ch. D. angenommene Lehr und
Bekänntnüss in sich begreifen. Es gestehet E. E. Landschaft gar gerne,
dass wie in weltlicher Regierung, also auch in geistlicher E. Ch. D.
unser gnädigster Landesfürst und Herr das Oberhaupt und also custos
primae et secundae tabulae sind, weswegen wir Alles das, so von unser
hohen Obrigkeit zu Beförderung Gottes Ehre und dem Wandel nach
seinem Worte verordnet, auch das landesfürstliche Einsehen in alle Das,
so darwider gehandelt wird, absonderlich aber, dass E. Ch. D. so gnä-
digst dieses Land bei seiner Religion und angenommenen libris symbo-
licis ungeirret . . lassen, können wir nicht anders als zu unterthänigstem
Gehorsamb, Dank und Ruhm aufnehmen. Es kann ja keine grössere
Glückseligkeit jemals einem Lande zugewandt werden, als wenn solches
in der erkannten und bekannten Wahrheit in Religion und Ceremonien
uugekränkt gelassen und darin der Seelen Heil und Wahrheit befördert
wird. Hingegen ist auch nichts schmerzlicher, als in diesem Stück sich
etwas in den Weg geleget sehen und daran den geringsten Eintrag zu
verspüren, nihil namque in rebus humanis religione praestantius. Es
hat Gott dieses Land und alle umb die Ostsee gränzende Länder in einem
Nun gleichsam durch miraculum mit dem wahren Licht des reinen
Wortes Gottes durch die Lehre Lutheri erleuchtet und ist auch solches
durch gnädigen Schutz der hohen Herrschaft wider so grosse Anfech-
tungen, die sie vielmals gehabt, kräftiglich beschirmet. Allermeist aber
schützet uns die Fundamentalverfassung, damit dieses Herzogthumb für
anderen wohl versehen ist. Es ist männiglichen, der nur die geringste
Nachricht von unsern Kirchenhistorien hat, bekannt, wie eigentlich und
allein dieses Land . . . auf die reine ungeänderte Augsburgische Confession
und Lutherische Lehre vom heiligen Geist erleuchtet worden, ist zugleich
das Herz des in Gott seligen Herrn Markgraf Albrechts auch zu derselben
28 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
wahren Erkenntniss gebracht, dass er mit Luthero der Religion halber
persönlich conferiret und sich in der Religion von ihrae weisen lassen,
worauf auch Lutherus die Epistel an die Herren deutschen Ordens, dass
sie falsche Keuschheit meiden, geschrieben und der löbliche Regent hat
auch sambt den beiden Bischöfen und Ständen Gottes Wort nach der
reinen Lehr Lutheri alsobald im ganzen Lande einhellig fortzupflanzen
und auf dem Landtage zu Königsberg a. 1525 gewisse Artikul der Ce-
remonien und Kirchenordnungen, durch die Bischöfe abgefasset, introdu-
ciren lassen. (Constitutione« Synodales a. 1530. Ordina de externo
Dei cultu religionis decjue articulis ceremoniarura a. 1544. . . .) Die
Praxis bezeugets ebeumässig, dass diese einhellig angenommene Lehre
hier zu Lande allein gelitten worden, denn die Reformirten so bald her-
nach sich bei uns geäussert, mit unsern Geistlichen unter dem Namen
Sacramentirer strittig worden, in Colloquio Rasteburgensi publice condem-
niret . . ., nachdeme zuvor des seel. Herrn Lutheri Gutdünken hierüber
geholet (davon vide Sendbrief Dr. M. Lutheri ab a. 1532 . . .). A. 1558,
als abermal einige verdächtige Lehrpunkten durch Antrieb etzlicher von
Hoff bestelleten Geistlichen vermittelst Publicierung einer Kirchenord-
nung in Lehr und Ceremonien autoritate principis eingeführet werden
wollen, wie woll diese Sache nicht geringen Beistand gehabt, sind sie
ebenmässig solennissime verworfen und sambt der Kirchenordnung abge-
than. Der librorum symbolicorum Introduction ist dessen unwidersprech-
lich Zeugnuss, nämlich das Corpus doctrinae, welches von Hand zu Hand
in diesem Lande durch die hochlöbliche Herrschaft bestätiget und zum
Fundamentalkirchengesetz gemachet worden, 1) durch den Recess de ao.
1567 (Priv. p. 89) „Und dieweil . . ." 2) Marggraf Friedrichs Confirmation
von 1573 (Priv. p. 97) „Zuforderst aber" ... 3) Kurfürst Joh. Sigismunds
Confirmation de a. 1609 (Priv. p. 110 und 111). 4) Ch. D. eigenhändige
Confirmation a. 1642. 5) Markgraf Albrechts Vorrede über das Corpus
doctrinae de a. 1567: „Demnach wollen Wir . . ." 6) die Vorrede der bei-
den Bischöfe über die einhellig angenommene Kirchenordnung de a. 1598
„Was nun . . ." 7) Das Lublinische Privilegium de a. 1569. (Priv.
p. 30) ... 8) Die königlichen Responsa de a. 1616 und 17 (Priv. p. 144
und 152). . . .
Nun ist zwar dieses von Seiten der hohen Herrschaft tam ab utili,
quam a directo dominio ein theuer bekräftigtes Privilegium, Dero Landen
und Leuten wollbedächtig gegeben, welches nicht umbgestossen werden
kann, aber von Seiten der Stände und Landeseinsassen ist es ein Ge-
Libri symbolici. Rechte der Reformierten. 29
lübde, dem allerhöchsten Gott gethan, da sie einhellig vor sich und ihre
Nachkommen angelobet und verprochen zu ewigen Zeiten beständig bei
dem Corpore Doctrinae und darin enthaltenen reinen Lehre (weil sie in
ihrem Gewissen durch den Geist Gottes versichert, dass dieselbe den
prophetischen und apostolischen Schriften ganz gemäss) ungeändert zu
verbleiben. Es ist gewiss, dass darin des Zwinglii und Calvini irrige
Lehre aus Gottes Wort widerleget und dieselbe refutatio corruptelarum
ist von der hochlö blichen Herrschaft allezeit ebenso woll, als der andere
Inhalt gemeldten Corporis Doctrinae kräftig coufirmiret worden.
Sollten nun S. Ch. D. bei dieser Veränderung des directi dominii
zuerst den Anfang machen, aus dem Corpore Doctrinae herauszuthun,
was einige Gefährlichkeit und Beschuldigung wider die reformirte Be-
känntuuss in sich begreift, so würden dero Nachkommen eodem jure
die Widerlegung an sich selbst und was der reformirten Religion zuwider
heransthun und zuletzt in casu devolutionis würde der König und die
Krön durch solchen Einbruch sich eben derselben Macht gebrauchen,
Alles, was in dem Corpore Doctrinae, ja woll gar in der Augsburgischen
Confession der römisch-katholischen Religion zuwider ist, aufheben und
würden die armen Landeseinsassen dergestalt mit ihrem Corpore Doctri-
nae und einhellig angenommenen Religion in den allererbärmlichsten
Zustand gerathen, welches unaussprechliche Elend und Seelengefahr
S. Ch. D. als ein christlicher Landesvater von ihren gehorsamen Unter-
thanen, so der allerhöchste Gott Dero Regierung anvertrauet, abzuwenden
und sie bei dem . . . Corpore Doctrinae . . . annoch ferner zu ewigen
Zeiten ungeändert und vollkommen zu erhalten gnädigst geruhen werden.
S. 42 wird im Instrument gesetzet S. Ch. D. wollen auf den Frei-
heiten und sonsten im Lande für sich und ihre Glaubensgenossen
Kirchen und Schulen auf ihre Kosten erbauen lassen und dass sie dessen
vollbemächtiget werden, unterschiedene rationes angeführet. . . . Dar-
auf ist in Unterthänigkeit zu antworten: ausser dem, dass sonst aller
Theologorum und Politicorum Regul dahin gehet, dass sich Christen se-
cundum illud ad Hebraeos 13 v. 9 nicht mit frembdeu Lehren umbtreiben
lassen sollen, weil es ein köstlich Ding ist, dass das Herz fest werde und
dass die forma rei publicae, welche einerlei Religion und Regel [hat], die
best fundirte ist, können die Einwohner dieses Herzogthumbs Preussen
dem allerhöchsten Gott nimmer genugsamb danken, dass da ihre Vor-
fahren hiebevor in dem Finsternüss des Babstthumbs gestecket, er dieselbe
aus lauter Gnaden und Barmherzigkeit zu dem Licht der wahren evange-
30 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
lischeo Religion gebracht. ■ • . Das Corpus Doctrinae von 1567 und das
Privilegium Lublinensc von 1569 haben diese Zugehörigkeit zur reinen luthe-
rischen Lehre noch befestigt; von den folgenden Königen, Markgrafen und
Kurfürsten sind beide Stücke bestätigt worden, und ist E. E. Landschaft, ob
sie gleich eine geraume Zeit hero nach dem gnädigstem Verhängniss des
allerhöchsten Gottes unter römisch-katholischer und reformirter Herrschaft
hohem Schutz und Regierung gelebet, durch götliche Gnade und dersel-
ben hohen Potentaten . . . Zusage bei der einhellig angenommenen lu-
therischen Religion ungehindert bishero erhalten, auch wann dieselbe durch
frembde Lehre, insonderheit durch die reformirte Religion angefochten
und einige Personen sich zu derselben bekennen wollen, ist denenselben
auf E. E. Landschaft Anhalten bald Anfangs alle Hoffnung abgesprochen
und nebenst der römisch-katholischen allein die lutherische angenommene
Religion exclusis omnibus aliis gelitten und erhalten worden. Solches be-
zeuget 1) der Recess de a. 1567 (Priv. p. 89), 2) der Recess. Commiss. de
a. 1612 (Priv. p. 131), 3) Responsum Regium de a. 1617 (Priv. p. 144),
4) Recess de a. 1617 p. 152) ... 5) Unterschiedliche Rescripta König
Sigismunds HL an die Herren Oberräthe und Stände dieses Herzogthumbs
von 1614, . . . von 1615. . . . Die Gründe, die im Instrument angeführt sind,
Aviderlegen sie folgendermaassen : 1) Die Religionsübung des Kurfürsten zu be-
schränken, haben sie sich niemals unterwunden; sie gehorchen ihm ebenso gern,
als wenn er ihrer Religion angehörte, aber Ziel und Maass haben sich des Kur-
fürsten Vorfahren selbst gesetzt; an deren Versprechungen ist der Kurfürst ge-
bunden. 2) Der Behauptung, dass die Reformirten sich zur Augsburgischen
Confession bekennen, ist von den Lutheranern alle Zeit widersprochen worden.
Vor allen Dingen achten die beiden Oberstände nöthig, unterthänigst zu
bitten, E. Ch. D. wollen nicht glauben, dass sie Deroselben hohen Person
das exercitium religionis zu impugnieren suchen, noch dass die Reformierten
aus einiger Feindschaft und Verbitterung von solcher Freiheit der Reli-
gion im Lande ausgeschlossen werden, vielweniger dass die Lutheraner
dieselben hassen oder verfolgen sollten. Sie sind öfters ihre natürliche
Blutsfreunde und Anverwandten, denen sie von Herzen alles Gutes
gönnen und nichts inbrünstiger wünschen, als dass sie der höchste
Gott in dem rechten Erkenntnüss der einhellig angenommenen evangeli-
schen Warheit erleuchten wolle, weil sie aber noch secundum commu-
nem sententiam et Judicium orthodoxorum Theologorum in unterschie-
dene articulis fidei dissentieren . . ., können die Stände aus schuldiger
Liebe zu dem reinen W^orte Gottes und des Vaterlandes Freiheit salva
conscieutia nicht bewilligen, dass die reformirte ebenso woU, als die ein-
Rechte der Reformierten. 31
hellig angenommene Religion in diesem Lande berechtigt sein solle.
4) Wer im Lublinischen Privilegio unter denen, welche nicht zur Augs-
purgischen Confession gehören, verstanden werde, solches ist im Recess
de a. 1612 klärlich ausgeleget. Die Juden gehören dahin nicht, sondern
es ist denselben im Recess de a. 15G7 (p. 89) das Land ganz und gar
verboten. Das Corpus Doctrinae ist mehrentheils wegen des Osiandri,
Zwinglii und Calvini Irrthiimer, damit dieselben in diesem Lande nicht
einreissen und die Augspurgische Confession rein und lauter beibehalten
werden möge, aufgerichtet und darüber das Lublinische Privilegium aus-
gebracht worden. 5) So hat E. E. Landschaft aus unterthänigstem Re-
spect gegen E. Ch. D. hohe Person von ihren allein habenden Rechten
soviel ohne sonderbare Contradiction fahren lassen, dass auch in Abwe-
senheit E. Ch. D. das exercitium reformatae religionis allbereit eine ge-
raume Zeit her zu Schloss öffentlich getrieben wird, dannenhero E. E.
Landschaft Ursach nehmen muss, diese Hoffnung zu fassen, dass E. Ch. D.
den Ständen nicht mehr Zuthätigkeit gegen die Reformierten zumuthen
werden, als dero Orten, wo sie mit unter die Augspurgischen Confessions-
verwandten gezählet werden, in casu siraili von Rechts wegen widerfahren
kann. Was das aber sei, ist aus dem Art. 7 Pacis Germano-Sveticae
zu ersehen und können die Reformierten sich nicht beschweren, dass
ihnen durch solche Exclusion Unrecht geschehe. Sie haben in diesem
Laude solch Recht uiemalen gehabt, eben als wenn die Frembden und
Ausländer sich beklagen wollten, dass sie in Preussen nicht zu Aembtern
befordert werden können. Wie der Indigenat, also ist auch die Freiheit
der lutherischen Religion ein Privilegium und jus quaesitum dieses
Landes et qui jure suo utitur nemini facit injuriam. E. Ch. D. haben,
Gott sei Dank, Mittel tausend genug, ihre reformierte Diener ohne
Bedruckung der lutherischen Religion in dero anderen Landen, auch
woll anderweit in diesem Lande zu begnadigen, gestalt vor diesem
unterschiedene Reformierte gute Hauptmannsbestallungen genossen, ob sie
gleich keine Dienste dabei thun dörfen, wann aber dieselbe Freiheit den
Reformierten zugeeignet w^erden sollte, die nach Inhalt aller Landesver-
fassungen den lutherischen Einzöglingen allein zustehet, würde es bei
den armen Landeseinsassen nichts Anderes als Thränen und Seufzer ver-
anlassen können. Was würde es vor Streit erregen zwischen widerwer-
tigen Lehrern und Zuhörern im ganzen Lande, wann eine Religion so
woll berechtigt sein sollte, als die andere? Wer würde über solche
Streitigkeiten in Kirchen und Schulen richten? Die Reformierten sollen
32 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
den hiesigen Consistoriis nicht unterworfen sein. Es würde nichts ge-
wisser als der Untergang der alten privilegierten und einhellig angenom-
menen lutherischen Religion darauf erfolgen können, welches doch der
allerhöchste Gott nach seiner unendlichen Barmherzigkeit durch E. Ch. D.
gnädige Erleuchtung in Gnaden verhüten . . . wolle.
S. 41. Da von Arianern, Ministen und Juden gehandelt, wird
im Instrument gemeldet „doch wollen Wir hiedurch Keines Gewissen
constringiret haben". Wo es den Verstand hat, dass dieselben Leute
eben woll als andere im Lande gelitten und berechtiget sein sollen, so
würde es eine höchst schädliche Libertät aller und jeder Ketzereien nach
sich ziehen in dem Lande, da die höchst löbliche Herrschaft und die
Stände jeder Zeit mit so grosser Sorgfalt dahin getrachtet, dass die ein-
hellig angenommene lutherische Religion exclusis omnibus aliis rein und
lauter bis ans Ende der Welt allein beibehalten werden möchte, wie in-
sonderheit in der Regimentsnotul und Testament zu ersehen. Solcher
Gewissensfreiheit ist ausdrücklich zuwider in diesen Landesverfassungen
1) Recess de a. 1567 p. 89 . . . 2) Das Lublinische Privilegium, Recess
de a. 1612 u. folgende. 3) Das Instrument gestehet selbst, dass dieses
gotteslästerliche Lehren, dardurch der Name Gottes geunehret werde.
Darumb gebühret christlicher Obrigkeit die Gotteslästerer von sich zu thun.
S. 43 wird beider Consistorien Jurisdiction, soweit dieselbe von
E. Ch. D. concediret worden, bestätiget. Hierauf hat E. uuterthänigste
Landschaft in gebührendem Respect zu erinnern und demüthigst zu
bitten, dass auch ihr Interesse hierunter nicht periclitiren möge, weil
ihnen, den Consistorialen, bischöfliche Jurisdiction, an welcher die
Stände communication, wie oben gesaget, interessiret, concediret, zumaln
auch unter ihnen viel, welche nicht geringe Jura Patronatus haben, ge-
funden werden.
(Zu S. 43 f.) Desgleichen müssen sie auch bei der angeführten
Visitation erinnern, dass allhier der Visitatoren consueta decidendi
potestas ausgelassen. Dass aber Solches auf den Fall der nöthigen Visi-
tation denen hiezu Deputierten gebühre wird erwiesen durch die Wahl- und
Visitationsordnung Tit. 4 § „Und nachdem die Visitation", item Tit. 6
§ „Wir müssen aber nicht allein", item § „Darumb sollen auch" et seq.,
juncta Regimentsnotul, Testament, Recess de a. 1567, Decret. a. 1616
§ „Visitationes ecclesiasticas". Die Kirchenordnungeu sind ihnen die
Instructiones gewesen, die wie obgemelt von den Ständen allemal ver-
fertiget, genehm gehalten und von der hohen Herrschaft gnädigst publi-
Andersgläubige. Juden. Consistorien. Visitation. 33
ciret worden, welches die Stände itzo, da sie mit der gnädigen Herr-
schaft und Dero consiliariis ad latus in religione dennoch differieren, so
viel embsiger beizubehalten. Im Gegentheil aber thut dies Instrument
per indirectum uns von allen unserer Religion dienlichen Ordnungen ab-
leiten und an widrige und daher unerbauliche Instructiones anweisen,
wie dann die a. 41 schon dessen ein offenbar Exempel ist. Getrösten
uns deswegen unterthänigst zuverlässig, dass E. Ch. D. bei Vergönnung
unserer Religion auch die Mittele, dadurch sie beibehalten werden kann,
uns nicht benehmen lassen werden.
(Zu S. 42 und 48.) Reformierte und Lutheraner sollen sich aller
anzüglichen Reden gegen einander enthalten. Wenn nur nicht auf-
richtige lutherische Prediger hiedurch abgeschrecket werden, ihre Lehre
aus Gottes Wort gründlich zu behaupten, die irrige aber zu widerlegen
und die Zuhörer von Irrthumb abzumahnen, sonsten wäre es wider das
Responsum de a. 1616 (Priv. p, 144) § „Mandata ab Illustrissimo.
Principe".
(Zu S. 49.) Niemand soll sich des Juris Patronatus oder prae-
sentandi gebrauchen, als denen es verschrieben. Allhier ist ausgelassen:
oder die von undenklichen Jahren in rechtmässigem Besitz sind, denn es
kann ein Privilegium oder Verschreibung leicht verloren werden, in Feuer-
oder Kriegeszeiten von Händen kommen. Darumb sind die possessiones
ebenso hoch berechtiget als die Privilegia selbst. Privil. Casim. de a. 1454.
Sonsten sind in Religionsachen unterschiedene nöthige Stücke aus-
gelassen: als die Bestallung der lutherischen Bischöfe oder an deroselben
Stelle der Inspectoren, worin E. E. Landschaft salvo jure suo interims-
weise gewilliget, dass darin allezeit nach Inhalt des Recess de a. 1566
(Priv. p. 60) und nach dem Respons. de a. 1616 (Priv. p. 144) § „Quod
attinet inspectores" verfahren werden möge.
So müssen wir auch occasione der Geistlichen Rechte erinnern, dass
das Instrumentum unsern Religionsrechten auch in dem entgegen, dass
es der Akademien als dem Pflanzgarten reiner Lehrer und Prediger
das jus praesentandi zurück hält, zuwider ihren habenden Privilegien
(Privileg. Academ. a. 1577)') ibi: „Geben, verstatten, verleihen Wir . . .",
Respons. a. 1616 § „Academiae Regiomontanae . . .", Priv. Sigismundi
Augusti a. 1560, ibi „Ac simul damus ac concedimus . . ." Sollte nun
') Amol dt, Historie der Königsbergischen Universität I [1746] S. 73 erwähnt
sie nicht.
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 3
34 II- Der gi'osse Landtag von 1661 bis 1663.
diesem zuwider die Professores zumalen Theologiae und orientalium lingua-
rum von Hoffe, wie zeithero geschehen, der Akademie ferner vorgestellet
werden, würde das Misstrauen wider dergleichen Professores zu stetem
Streit Anlass geben und der geistliche Frieden nimmer zu hoffen sein.
S. 49 gedenket das Instrument, dass alle Desiderata bei der Aka-
demien vollzogen, da doch obgedachte und alle andere Mängel noch un-
erkläret, weniger abgeschaflfet sind. Es verschweiget auch die dritte
Particularschule zue Tilsit.
In forma regiminis. S. 45 wird im Instrument angeführet: „Es
sei denn, dass Wir und Unsere Nachkommen Unserem Preuschen Estat
zuträglicher befinden einen Statthalter zu setzen." Hierauf ist nöthig
Sr. Ch. D. unterthänigst vorzustellen, dass dieses Land a. 1454 freiwillig
ex pacto et sponsione reciproca an die Krön Polen gekommen und in
solcher Freiheit haben unter andern Privilegien des Landes Einsassen
sich dieses Recht ausdrücklich bedungen und vorbehalten, dass alle
wichtige Sachen dieses Landes nicht durch Frembde, sondern mit Rath
und Bewilligung der Landstände geschlossen werden sollen, wie solches
das Priv. Casimirianum de a. 1454 (Priv. p. 14) § „Item omnes causas
notabiles" klärlich bezeuget. Insonderheit sind in demselben Privilegio
die Landeseinsassen festiglich versichert, dass in Abwesenheit Sr. K. M.
fürnehme adeliche Personen nicht anders als mit Rath der Stände be-
stellet werden sollen, zu welchen das Land anstatt Sr. K. M. seine Zu-
flucht nehmen könne, (Priv. p. 14) § „Nobiles vires pro illius tuitione".
Diese Gerechtigkeit des Landes ist von Zeit zu Zeit cum consensu ordinum
verbessert worden. In Pace perpetua de a. 1525 (Priv. p. .34) „Ita de-
nique" wird verheissen dass I. K. M. in casu caducitatis das Land mit
Einem, der die deutsche Sprache verstehet und der im Herzogthumb woll
gesessen, versorgen wollen. — 1) A. 1542 in der Regimentsnotul ist
verordnet mit Einwilligung der Stände, dass die vier Regimentsräthe in
Abwesenheit der hohen Herrschaft alle Zeit dieses Landes Statthalter
sein sollen: § „Wann wir ausser Landes verreisen", § „WMr wollen
auch, dass die geordneten Regenten" (Priv, p. 55) dieses ist ein hochbe-
theuertes Privilegium und von Kön. Maj. aufs Kräftigste confirmiret.
2) Beide Recessus de a. 1567 behaupten eben dasselbe. 3) Markgraf
Albrechts Testament de a. 1567 leget es klärlicher aus, was vor Leute
in Privilegio Casimiriano und in pace perpetua gemeinet, die in casu
caducitatis dieses Landes Statthalter sein können: (Priv. p. 76) § „Und
nachdem der vorige Vortrag . . . ." 4) A. 1609 wird in Actis et De-
Universität. Statthalter. Kanzler. 35
cretis verordnet, dass iu absentia principis die Herren Regimentsräthe
die Administration führen (Priv. p. 104) § „Contingit aliquando". Und
wann alle diese Privilegia nicht vorhanden wären, so ist doch dieses
allein genug zu Bestätigung des Landrechtens, was Sr, Ch. D. hochlöb-
liche Vorfahren a. 1611 theuer deswegen versprochen haben: (Priv.
p. 114) § „Si quando etiam". 5) Solches ist auch von Kön. Maj. con-
firniiret (Priv. p. 118) und abermal wiederholet im Recessu de a. 1616
(Priv. p. 146), Recessus de a. 1617 (Priv. p. 154). Wenn gleich das utile
dominium an die Krön Polen gekommen wäre, hätte doch mit Recht
die Administration des Landes keinem Andern als den Regimentsräthen
aufgetragen werden können, weil I. K. M. die Regimentsnotul und Testa-
ment nicht allein confirmiret, sondern auch verheissen a. 1611 (Priv.
p. 123), die Stände in casu caducitatis beständig dabei zu erhalten; die
Stände haben auch in den Reversalen a, 1611 ihnen Solches ausdrück-
lich ex pacto vorbehalten (Priv, p. 127) und die Krön hat per recogni-
tionem reversalium darin gewilligt (Priv, p, 128), 6) Die Wehlauischen
Pacta selbst bestätigen alle Jura und Privilegia dieses Landes, also auch
insonderheit die Regimentsnotul, und wo die Wohlauischen Pacta nicht
violiret werden sollen, kann ohne Bewilligung der Stände in absentia
principis die Administration dieses Landes keinem Andern, als den Re-
gimentsräthen aufgetragen werden,
(Zu S, 45,) Oberräthe sollen von den vier Haubtämbtern genom-
men werden, item das Kanzlers am bt soll aus den Haubtämbtern oder
durch andere Preussische adeliche Subjecta bestellet werden. Dieses ist
woll richtig, wann vermöge den Actis und Decretis de a. 1609 (Priv.
p. 103) Keiner zu dem Kanzlerambt tüchtig befunden und Beides nach
den Landesverfassungen verstanden wird. Wann aber nach Inhalt des
Instruments die Freiheiten der reformierten Religion so woll gültig im
Lande sein sollte, als die einhellig angenommene lutherische Lehre, so
streitet obige Meinung wider die Jura patriae, insonderheit wider den
Recessum de a. 1576 § „Alle verdächtige Personen", wider den Recessum
de a. 1612 und wider den Recessum de a. 1617 (Priv. p. 144) § „Qui vero
ad" und würde also ausgelassen sein, dass keine Andere in die Ober-
rathsstuben und Aembter gesetzet werden, als die sich zu dem einhellig
angenommeneu Corpore Doctrinae bekennen. Das ist ein sonderliches
Privilegium, so von undenklichen Jahren hero privative den Lutheranern
gegeben, welches auch sine facto eorum keinem Anderen mit Recht zu-
gewendet werden kann,
3*
36 II- Per grosse Landtag von 1661 bis 1663.
(Zu S. 34 desMsr.').) Dass die Oberräthe Macht haben die Haubt-
leute zu suspendiren. Allda ist ausgelassen 1) Praevia causae cogni-
tione. 2) Dass die Abdankung mit Gnaden geschehe. Recessus de a. 1566
(Priv. p. 62) § „Es wollen auch Fiirstl. Durchl.", Testament (Priv. p. 77)
§ „Doch sollen Unsere" und nach dem Respouso de a. 1617 (Priv.
p. 149).
(Zu S. 51.) Es soll kein Landtag ohne expressen Befehl ausge-
schrieben, weniger einige Zusammenkunft auf dem Lande, noch in den
Städten verstattet werden. Darauf wäre in Unterthänigkeit zu ant-
worten: hiebevor hat ein jeder Beleidigter bei dem Oberherrn seine Noth
klagen können, Resp. 1605 (Priv. p. 93) § „Si qua vero in re juribus",
und hat es an Landtagen nicht ermangeln mögen. Wenn nun durch
diese Veränderung des directi dominii die jura patriae nicht verringert
werden sollen, traget E. E. Landschaft annoch das unterthänigste Ver-
trauen, S. Ch. D. werden gnädigst geruhen, den Städten stata tempora
zu verstatten, dass sie laut der entworfenen Assecuration zusammen
kommen und de salute patriae deliberieren mögen. Sonsten ist es in pri-
vilegiis, insonderheit im Recessu de a. 1617 (Priv. p. 149) woll fundiret,
dass die Landräthe, zwei, drei auch mehr, auch von der Ritterschaft
uugefordert etzliche zusammenkommen und das Landesrecht der Herr-
schaft fürtragen können. Denn in re licita et honesta mag den Ständen
mit Fug keine Zusammenkunft verboten werden. Die Städte kommen
auch vielfältig in angelegenen Sachen zusammen und das ist den Stän-
den von der hohen Herrschaft niemals geweigert worden.
S. 59 sagen Ch. D., sie haben Dero getreue Stände, Erinnerungen,
was sie zu der Oberappellationgerichts-Verfassung und Criminalord-
nung zu sagen, vernommen. Hiebei ist in genere unterthänigst zu er-
innern: 1.) dass es Sr. Ch. D. selbst nachtheilig und den Landesver-
fassungen ganz zuwider ist, wenn dergleichen Ordnungen anfänglich ohne
Rath und Bewilligung der Stände aufgerichtet, eingeführet und hernach
allererst der Stände consensus ex post facto erfordert wird, denn wie
leicht es ist bei Abfassung und Aufrichtung einer Ordnung gute Erinne-
rung zu thun, so schwer fällt es den Ständen, wenn die Verfassung all-
bereit zu ihrer Gültigkeit gebracht und publicieret ist, hierin nothwendige
Aenderung zu erhalten. Dahero das Recht dieses Landes offenbar in
^) Hier scheint ein Irrthum vorzuliegen. S. 47 (des Drucks) ist nur von Suspen-
dierung der membra kirchlicher Collegien die Rede.
Hauptleute. Landtag. Oberappellations- und Hofhalsgericht. 37
h^icli hält, dass die hohe Herrschaft keine Satzungen oder Ordnungen
ohne Vorwiösen, Rath und Beliebung E. E. Landschaft einführen, machen,
aufrichten und gestatten wollen, welcher Grundgesetze und wollherge-
brachter Gerechtigkeit sich die Stände so woll in diesen, als allen künf-
tigen Verordnungen in aller Unterthänigkeit getrösten und vorbehalten.
2) Dass der hohen Herrschaft reserviret, solche Verordnungen bei Begeben-
heit zu verändern, zu verbessern und zu vermehren und dabei abermal
ausgelassen „mit Consens E. E. Landschaft", welches doch die Landes-
verfassungen eigentlich erfordern, 3) Dass billig, da von den Personen,
welche zu gemeldten Gerichten bestellet werden sollen, gehandelt wird,
beizufügen wäre, dass dieselben nach Inhalt des Recessus de a. 1567
und aller Laudesverfassungen der einhellig angenommenen Lutherischen
Lehre zugethan sein sollen. — In specie ist bei der Oberappellationge-
richtsverfassung, vor welche sonst Sr. Ch. D. unterthänigst zu danken,
diese clausula in fine „welche aber auf unsere landesfürstliche Hoheit,
allgemeine Verfassung und unsere oecouomiam nicht zu extendiren"
woll einer guten Explication, so den Laudesfreiheiten nicht entgegen,
hoch benöthiget, damit nicht hierüber in folgenden Zeiten, wenn dieses
Reservat zu weit extendiret würde, zwischen der hohen Herrschaft und
Dero getreuen Ständen einige Irrung vorgehen dörfe, zumal deswegen
annoch keine Vereinigung getroffen, wo dann dergleichen Sachen nach
geendetem supremo dominio in diesem Laude ihre Endschaffc erreichen
sollen.
S. 70 und 71 sollen die vom Herrenstande, Ritterschaft und Adel
und alle kurfürstlichen Officirer, Bediente und Interessenten in causis
criminalibus so woll conveniendo als reconveniendo bei dem neu consti-
tuirten peinlichen Hoffhalsge rieht ihr forum ordinarium und primam
instantiam haben und auf vorgangene Citation zu erscheinen schuldig
sein. Bei der Criminalgerichtsordnung ist salvo ulteriori jure vor dieses
Mal demüthigst anzuführen: 1) weil dieses peinliche Gericht in favo-
rem derer vom Herrenstande, Ritterschaft, Adel und anderer kurfürst-
licher hoher Officirer und Bedienten angestellet, dass dannenhero keine
andere Sache, als welche hiebevor an das Hoffhalsgericht gehöret, nämlich
wenn ad poenam corporis inflictivam und nicht ad palinodiam, depreca-
tionem oder ad mulctam fisco applicandam geklaget wird'), dahin absol-
viret werden mögen, auch keiner der sonsten in criminalibus einem an-
^) S. die Ordnung für das Hoffhalsgericht in der Verfassung (Wiehert S. 63 ff.).
38 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
dern Gerichte unterworfen per saltum dahin gezogen werden solle.
2) Dass einem Jedweden, der durch ein Urtheil ratione fori oder, das
sonsten ein damnum irreparabile auf sich hätte, graviret von dem Hof-
halsgericht iutra fatalia legitima der zehen Tage an das Kurfürstliche
hochadeliche Hofgericht, tanquam ad commune et directum forum, und so
es der Sachen Wichtigkeit erfodert, insonderheit, wann das factum nicht
notorium wäre oder der Beklagte nicht in recenti crimine ergriffen, ferner
an das kurfürstliche Oberappellationgericht zu appellieren und seine Un-
schuld durch alle Instantien zu deducieren frei und offen stehe. Denn ob-
zwar in peinlichen Sachen keine Weitläufigkeit zu verstatten, so ist doch
andrerseits die Praezipitanz, als eine noverca justitiae, noch vielmehr zu
vermeiden und viel sicherer zehen Schuldige loszusprechen, als einen Un-
schuldigen zu verdammen. — 3) Dass wann vom Hoffhalsgericht ein
Endurthel, tamquam in prima instantia, gesprochen und nicht davon appel-
liret, dennoch solch Urthel nebeust den Acten ante executionem ad ju-
stificandum dem Kurfürstlichen Hofgericht eingeschicket und die justifi-
catoria darüber erwartet werden, wie es hiebevor gehalten und es der
Sachen Nothdurft erfordert, damit, wann etwas in einem Gerichte über-
sehen, solches dennoch in favorem innocentiae bei dem anderen corrigeret
werden möge. — 4) Weil zwischen dem Hoff- und zwischen dem Hoffhals-
gericht keine Discrepanz sein kann, sondern, was das Obergericht justi-
ficiret, vor Recht, hingegen, was das Untergericht hiebevor gesprochen und
justificando korrigiret worden, vor Unrecht gehalten werden muss, dass
dannenhero solche Sachen, wann davon au das Oberappellationgericht nicht
appelliret, auch nicht weiter an die Herrschaft zu bringen, sondern des
Hofgerichts justificatoria und Endurtheil exequiret werden solle. Sonsten
würde die peinliche Verordnung in diesem Punkt der Oberappellationge-
richtsverfassung, welche ausdrücklich davon disponiret, entgegenlaufen. —
In diesem Allem können die Stände sich des Hofgerichts als ihres woll-
fundirten fori ordiuarii so woll in denen Sachen, welche primae instantiae
als auch per appellationem dahin von Alters und gemäss den Landes-
verfassungen gehören, keines Weges begeben, sondern sie werden noch
anderweit, was bei diesen specificirten Gerichten als auch sonsten zu
Beförderung und Aufwachs der lieben Justiz gereichen kann, nach Inhalt
des vereinigten Bedenkens in puncto gravaminum ') einzubringen und zu
erinnern ihnen demüthigst vorbehalten.
1) Vom 26. Nov. 1662, s. o. S. 662 f.
Hauptämter. Oberräthe. Hauptleute. KöUmer und Freie. 39
(Zu S. 58-) Wann ein Haubtamt vacant wird, soll einer der an-
deren Haubtleute oder der sonsteu am bequemsten darzu befunden wird,
surrogiret werden. Solches ist zuwider der Regimentsnotul (Priv. p. 54),
[den] Actis et Decretis de a. 1609 (Priv. p. 103) § „Primo quidem".
Und sonsten vielfältig ist der Herren Oberräthe hohes Ambt sehr
beschnitten, dass sie fast nichts ohne Bericht nach Hoffe fürnehmen,
auch nicht die erledigten Pfarrdienste noch die vacireude Stipendia an
tüchtige Subjecta conferiren mögen. Solches ist wider die Regimentsnotul
(Priv. p. 55) § „Wir wollen auch," ibi: „Was die Oberräthe . . ." und
werden E. Ch. D. unterthänigst erinnert und demüthigst gebeten, dass der
kurfürstlichen preussischen Oberrathstuben, welche 1) ohne Präjudiz der
Laudesverfassungen nicht vergeriugert werden kann, an ihrer Macht und
Autorität nichts benommen, noch entzogen werde; 2) in abseutia princi-
► pis die Herren Oberräthe bei dem jure praesentandi verbleiben und in
privatis instructionibus ihnen nichts auferleget werden möge, was den
juribus patriae zuwider läuft; 3) dass die Abtheilung ihrer Verrichtung
nicht Einem allein zueigne, was ex lege allen ingesambt zustehet und
L sie darüber leicht in Misstraueu und Uneinigkeit gesetzet werden können,
wie Solches die Herren Oberräthe als patres patriae sonder Zweifel
besser deducieren werden.
S. 73 und 74 sollen die Haubtleute nicht mit der oeconomiae,
sondern mehrentheils mit Justizsaclieu zu thun und nicht Macht haben,
Jemand ohne expressen Befehl auf das kurfürstliche Haus aufzunehmen.
Hieraus ist zu besorgen, dass den Ambtschreibern mehr getrauet werden
dörfte, als den Hauptleuteu, und könnten durch solchen Anfang in den
Aembtern, da keine sonderbare Justizsaclien vorgehen, künftig die Haupt-
leute gar abgeschaffet werden, welches doch fürwahr Sr. Ch. D. schädlich
und insonderheit dem Adel, der sonst keine beneficia ausser diesem, so
dem Adel ausdrücklich reserviret, die auch zu dem Ende ihre Kinder in
adelichen Tugenden zu der Herrschaft Diensten erziehen lassen, in die-
sem Lande zu geuiesseu hat, sehr nachtheilig sein möchte.
S. 74 seind die köllmische Leute, Freien, Schulzen und
Krüger von der Landschaft ausgeschlossen und dero Privilegia nicht
confirmiret worden, item werden dieselben bei Verarrendirung der
Aembter unter die Bauern gerechnet. Deme ist zuwider 1) Markgraf
Albrecht Friedrichs Confirmatio Privilegiorum de a. 1573 (Priv. p. 92)
ibi „Wie Wir dann alle Einwohner ..." 2) Kurfürst Johann Sigis-
munds Confirmation a. 1609 (Priv. p. 110). 3) Churf. D. eigenhändige
40 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Confirmation de a. 1642. 4) A domiuo directo sind gemeldter Leute Pri-
vilegia allezeit confirmiret. Sie sind mit unter die Stände gerechnet
als unter dem Titul famati, in Confirmat. Act. et Decret. de ao. 1609
(Priv. p. 98) „nomine nobilitatis . . .", in Diplomate Regio de a. 1614
(Priv. p. 133). 5) Es haben solche Leute eben so weil ihre kölmische
VerSchreibungen, theils von Orden, theils vom markgräflichen und kur-
fürstlichen Hause Brandenburg und kann mit denselben von Rechts wegen
nicht anders als nach Inhalt der Privilegien verfahren werden. 6) Der
Gewohnheit nach werden ihre Gravamina der Ritterschaft angehangen.
Sie werden gegen bevorstehende Landtage in den Aembtern sambt den
Ständen zusammen gefordert. Sie halten ihre Ritterdienste und Warpen-
wägen zu des Landes Besten und geben ihre Landtagszehrung mit der
Ritterschaft. 7) Wann diese Leute von der Landschaft ausgeschlossen
werden sollten, würde Solches nicht allein ihnen zum höchsten präjudi-
cierlich sein, sondern es würden auch die Stände selbst in Sorge stehen
müssen, dass, was bei dieser Estatsveränderung an den Freien und Cöll-
mern geschiehet, künftig an einem und andern von ihren Mitgliedern
geschehen dörfte ').
(Zu S. 76.) Wann ex officio in adelicheu Sachen eine Commission
anzuordnen, wollen S, Ch. D. nach Dero Belieben qualificirte Subjecta dazu-
gebrauchen. Respoudetur: Solches ist offenbar wider die Acta und Decreta
de a. 1609 (Priv. p. 107). Respons. 1616 (Priv. p. 146) § „Modo visitat."
S. 77 behält Ch. D. ihr Praerogativam fisci in allen Sachen vor.
Unsere Landesverfassungen wissen von keiner praerogativa fisci, sondern
die Decreta de a. 1609 § „Quantum ad potestatem" (Priv. p. 102 f. 2)
w'ollen ausdrücklich potestatem ejus in jure dicendo non aliam esse, nisi
omnium jure agentium similem. Sie sind anderen gleich ad solitam juris
et Processus formam verbunden. Sie haben zw'ar eine geraume Zeit
hero durch unterschiedene praejudicata eingeführet, dass Sie nee agendo,
nee excipiendo anderswo, als für dem Hofgericht ihr forum haben. Es hat
aber allemal, bei allen Landtagen, allermeist aber a. 1641 E. E. Land-
schaft darwider gesprochen, insonderheit weil man gewahr worden, dass
mittelst dieser angemaasseten Prärogativ die actiones fiscales sehr facil
und gemein worden, dannenhero E. Ch. D. nochmals unterthänigst zu
bitten, es auch in diesem Punkt bei dem Buchstaben angezogenen Decreti
') Der letzte ganze Absatz (entnommen aus R. 6. RR. 3.) fehlt in dem Exemplar
in R. 6. RR. 1. Die übrigen Abweichungen brauchen als unwesentlich hier nicht an-
gemerkt zu werden.
Adcliche Sachen. Praerogativa fisci. Ausgelassene und beschränkte Privilegien. 41
(worauf sich E. Ch. D. selbst in dem Landtagsabschiede de a. 1641
circa hunc casum gezogen haben) bewenden zu lassen.
S. 44 wird im Instrument gemeldet „so haben Wir Alles und Jedes
was nöthigaus vorigen Verfassungen genommen". Aber es ist nicht
alles, was die Landesfreiheiten betrifft, diesem Instrument einverleibet,
zum Exempel allein in den Actis und Decretis de a. 1609 der § „Licita
deinde sit" (Priv. p. 106), der § „Bona jure caduco", der § „Instruc-
tiones privatas", § „Quantum ad potestatem officialium fisci", § „Quod
ad Stipendium militare"^) und unsäglich viel andere Landesfreiheiten,
davon ist im Instrument ganz nichts enthalten.
Und wenn gleich Alles darin angezogen wäre, so ist doch alle Neue-
rung insonderheit in materia privilegiorum et pactorum sehr gefährlich
und kann E. E. Landschaft von obgemelten . . Privilegiis . . . illaesa
conscientia nicht abstehen, noch ihren Nachkommen hierdurch praejudi-
cieren. So viel nun das Testament und Regimentsnotul betrifft,
obzwar dieselben viel particulares dispositioues und legata, theils auch
solche Verordnungen in sich begreifen, welche sich auf gegenwärtige
Zeiten so (wie das Instrument meldet) nicht mehr schicken, absonderlich
die Theilung des Herzogthums, welches doch schon längst aufgehoben,
darin enthalten, so kann doch E. E. Landschaft, deswegen, dass einige
Dinge darin geändert, nicht von den Privilegiis an sich selbst, daran sie
und ihre Nachkommen so fest verbunden, abstehen und sich desselben
begeben. Was mit Rath und Bewilligung der Stände geändert, dessen
wird sich E. E. Landschaft nimmermehr gebrauchen. Zum Exempel die
Theilung des Herzogthumbs Preussen ist in Diplomate Investiturae de
a. 1611 und durch die Reversalen (Priv. p. 127) „Cum consensu ordine"
gehoben und das wird von E. E. Landschaft in praejudicium der hohen
Herrschaft nimmermehr angezogen werden. Unterdessen bleibet doch
das Testament als ein ewig währendes Privilegium der Stände in seinen
esseutialibus fest und unverbrüchlich, eben wie bei der ersten Verände-
rung, als dieses Herzogthumb vom Orden abkam, und von der Krou
Polen dem Markgraf Albrecht mit Consens der Landschaft zu Lehn ver-
liehen wurde, blieben die Privilegien der Stände, als das kölmische, das
Privilegium Casimirianum und alle Vorschreibuugen vom Orden, unge-
achtet grosse Veränderungen in pace perpetua vorgangen, E. E. Land-
schaft allerseits in salvo, wie die Verneuerung der Privilegien bezeuget
1) Privilegia Bl. 105b, 106a, 106b und 107a.
42 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
(Priv. p. 38). Als die andere Veränderung in Preussen vorgieng und
dieses Herzogthurab a. 1611 der kurfürstlichen Linie, Kurfürsten Johann
Sigismund, verliehen worden, blieben nicht weniger alle Privilegia des
Landes, ausdrücklich die Regimentsnotul und Testament, gänzlich in salvo
und wurden noch so viel fester confirmiret, wie solches das Responsum
de a. 1605 (Priv. p. 141) § „Privilegia juraque", die Cautio Legatorum de
a. 1611, die Confirmatio Regia und die Reversalen (Priv. p. 127) genug-
samb bezeugen. Eben also kann es unvorgreiflich auch itzo ohne Prä-
judiz der hohen Herrschaft und der Landstände gehalten werden. Was
an den Privilegien durch die Wehlauischen Pacta ausdrücklich gehoben
und geändert, dessen sind die Stände unterthänigst erbötig sich durch
Reversalen zu verzeihen, was aber nicht ausdrücklich gehoben, das bleibet
ja billig fest und unbeweglich. Hingegen wird von Seiten der hohen
Herrschaft beigebracht, dass S. Ch. D. nicht simpiiciter in uovis pactis
zugesaget, die Privilegia des Landes beizubehalten, sondern cum con-
ditione, quantura uon derogant pactis Velaviensibus. Daraus denn billig
die Frage erörtert werden muss, worin dann die Privilegia des Landes
den W^ehlauischen Pacten derogiren. unvorgreiflich, nirgends anders in,
als was die onera feudalia, die Veränderung des supremi domiuii und
von Seiten der Stände die Appellation und Provocation ad S. R. M. be-
treffen thut. Was aber in denselben Diplomati bus ausser gemeldten
Stücken den Landstäuden von der Krön verliehen, dessen haben sie sich
ja billig uon obstaute illa mutatioue ungeändert zu erfreuen und festzu-
halten. Sonsten, wann Sr. Ch. D. durch diesen § „Quantum non derogant"
das Recht gegeben wäre, über die Privilegia des Landes sine consensu
ordinum zu disponieren, so hätte die Krön fürwahr mehr w^eggegeben,
als sie nie gehabt, noch selbst haben würde, wann Preussen ratione utilis
et directi Dominii an die Krön gekommen wäre. Solches aber ist nicht
zu vermuthen, denn die Privilegia des Landes von der Krön so fest con-
firmiret und bestätiget, dass dieselben in casu caducitatis nicht hätten
umbgestossen werden können. Und wenn auch schon aufs Deutlichste
und per expressum Solches geschehen wäre, würden insonderheit diese
Stände darwider zu sprechen haben, als wider einen actum per se nullum,
denn ex regula juris naturae et gentium, res inter alios acta tertio nicht
präjudicieren kann und dass Niemand mehr Recht auf Jemand anderes
zu bringen vermag, als w'as er selbst gehabt. E. Ch. D. werden sich
gnädigst erinnern, dass bei Markgraf Friedrichs Zeiten hochlöblicher Ge-
dächtnüss zwischen ihm und den Ständen dieser Clausel halber unter-
Der Weblauer Vertrag und die Privilegien. Streitigkeiten. Vertragsrecht. 43
schiedone Controversien Vorgängen. Denn daselbst wird in der Confir-
mationsnotul § „Und wiewohl" ausdrücklich gesagt „Wie wohl wir Willens
gewesen . . . .". In literis S. R. M. ad consilium Regium d. 10. Julii
1616 setzet Königl. Maj. die Jura patriae zum Richtschnur ihrer dama-
ligen Regierungsaction: „eaque omnia . . ." ').
(Zu S. 82.) Bei vorhergehenden Streitigkeiten mit den Ständen
wollen Ch. D. Einige aus ihren Räthen wählen und den Ständen soll er-
laubet sein einige Personen aus Preussen zu kiesen, so die Sache
entscheiden. Solches läuft erstlich wider das Privileg. Casimirianum
(Priv. p. 14) § „Item omnes causas notabiles", da soll Alles durch
preussische Räthe entschieden werden, 2) Regimentsnotul (Priv. p. 53)
soll die Regierung zu ewigen Zeiten durch keine andere, als preussische
Oberräthe bestellet und versehen werden. Frembde Räthe sollen sich in
preussische Sachen nicht mischen. Recessus de a. 1612 (Priv. p. 131)
§ „In Universum", Recessus de a. 1616 (Priv. p. 146) § „In tractandis
publicis negotiis", Recessus 1617 (Priv. p. 142) § „De externis" und die
Wehlauischen Pacta ^) haben ja Sorge getragen, dass in causis privatis ad
summum tribunal niemand anders als Indigenae bestellet werden sollen.
Wie könnten denn die Publica, daran viel mehr und das Höchste gelegen
ist, den Landesverfassungen zuwider Frembden in die Hände gegeben
werden.
De re militari. S. 82 gereichet es Sr. Ch. D. zu unsterblichem
Ruhmb Dero Hoheit, dass Sie nach aller Möglichkeit dahin trachten wollen,
Dero untergebene Land und Leute in Friede und Ruhe zu erhalten,
und dass sie allemal, wann dieses Land über Verlioffen feindlich auge-
fallen werden sollte, die Kriegesverfassung mit gutem Rath Dero getreuen
Stände austeilen wollen. Hieran ermangelt aber annoch, dass S. Ch. D.
ohne der Landschaft Bewilligung wegen dieses Herzogthumbs mit andern
Potentaten kein Verbündniss aufrichten, keine Hülfe zusagen, Recessus
de a. 1566 (Priv. p. 62) und ex sana consequentia Selbsten Recessus kein
geworben Volk ins Land führen, noch ohne der Stände Bewilligung werben
lassen wollen. (Assecuratio Electoralis de a. 1633^).) Weil auch diesem
Lande nichts nöthiger, als [dass] das Verbündniss mit der Krön Polen be-
ständig; erhalten werde, würden S. Ch. D. Dero kurfürstlichen Nachkommen
') Privilegia BI. 147a (in der Vorlage ist eine falsche Seitenzahl angegeben).
-) Abgedruckt bei Baizko V S. 296 ff.
3) S. Allgemeine Einleitung, Bd. I S. 196.
44 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
hohen Stuhl so viel mehr befestigen, wenn sie nach dem demüthigsten
Vorschlage Dero getreuen Stände geruhen würden, wie Sie nunmehro
ratione directi dominii in der Krön Stelle getreten, nach dem Exempel
derselben ad imitationem der Reversalen a. 1436 (Priv. p. 13, item p. 12),
item ex renovatione pacis perpetuae (Priv. p. 43) Dero Kurfürstliche Nach-
kommen und unterthänigste Stände ad majorem observantiam Pactorum
Velaviensium zu verbinden.
(Zu S. 83.) Die neuen Festungen sind nicht mit den Ständen be-
rathschlaget, sondern ohne E. E. Landschaft Bewilligung angeleget, contra
die Regimentsnotul (Priv. p. 55) § „Nachdem". Es sind auch derselben
etzliche gar zu kostbar, also dass sie der hohen Herrschaft und dem
Lande mehr Schaden als Nutzen bringen können.
S. 83 sollen die Festungen mit Gouverneuren und Commendanten
versehen werden, die im Lande possessionat seind. Diesem sind zu
wider 1) die Acta et Decreta de a. 1609 (Priv. p. 103) § „Capitan."
2) Respons. de a. 1605 (Priv. p. 141) § „Nominatim ne ad". 3) Privileg.
Casim. (Priv. p. 14) ibi: „Dignitates . . ." 4) De a. 1641 Responsum
Electorale.
(Zu S. 83.) S. Ch. D. wollten die Miliz mit Zuziehung der
Stände nach itzigem üblichen Kriegsgebrauch einrichten. Respondetur:
es haben S. Ch. D. und Dero Vorfahren, so woU auch die Könige in
Polen sich allemal gnädigst und kräftigst verbunden, alle wichtige
Sachen in Krieges- und Friedenszeiten nicht anders als mit Rath, Zu-
ziehung und Consens Dero getreuen Stände zu führen. Denn wo eine
Sache nöthig, dass sie mit Bewilligung der Landschaft angestellet werde,
so ist es gewiss die Kriegesverfassung. Dieselbe ist die allerwichtigste,
so die Wollfahrt des Landes und der Einsassen angehet. Derowegen
alle Landesverfassungen, insonderheit das Privileg. Casimir. (Priv. p. 14),
die Acta und Decreta de a. 1609 und alle Privilegia einhellig dahin
schliessen, dass in solchen wichtigen Händeln Alles mit Bewilligung der
Stände fürgenommen und geschlossen werden solle. Es kann aber der
Kriegesestat wegen des Landes Situation, kleinem Begriff, Unvermögenheit,
angrenzenden Benachbarten und unzählig viel Ursachen mehr in diesem
Lande, wo es nicht in kurzer Zeit in sich selbst verderben soll, auf
keine geworbene Kriegsvölker gegründet werden. Daunenhero E. E. Land-
schaft unterthänigst hoffet, S. Ch. D. werden die Ordinarmilice nach In-
halt des Landes Verfassungen durch einen eingeborenen Landesobristen
sambt behörigen Unterofficirern bei den Dienstpflichtigen und Wybranzen
Festungen. Miliz. Contributionen. 45
hinwieder einrichten. Auf den äussersten Nothfall hat E. E. Landschaft
sich im Geeinigteu Bedenken ') zum allgemeinen Aufbot freiwillig erkläret,
auch die beeden Oberstände sich allbereit auf gewisse Bedinge darüber
vereiniget, damit S. Ch. D. die unterthänigste Treue ihrer gehorsamen
Unterthanen auch zur Zeit der Noth in allen Stücken verspüren und in
Dero beständige Devotion so viel festere Confidenz setzen mögen. Was aber
die von den Ständen treulich widerrathene Zerreisung [sie] der Ordinar-
miliz und Untersteckung der Dienstpflichtigen und Landvölker Sr. Ch. D.
und dem Lande vor unwiderbringlichen Schaden veranlasset, dass mögen
diejenigen verantworten, die E. Ch. D. bei verwichenen Kriegeszeiten un-
nöthiger Weise, sonder Zweifel zu ihrem selbsteigenen Nutzen, unbefugt
darzu gerathen haben.
S. 84 erklären sich E. Ch. D. gnädigst, dass Sie dero getreuen Stän-
den keine Schätzung aufdringen wollen. Dafür haben die Stände un-
terthänigst zu danken, weil aber ihnen noch in gar zu frischem Gedächt-
niss schwebet, wie hart sie bei diesen verwichenen Kriegeszeiten ohne
einige Wllligung angegriffen, stehen sie — leider! — in grosser Furcht
und Gefahr, dass durch solchen kläglichen Eingriff der Landesfreiheiten
den armen Nachkommen ein schweres praejudicium zugezogen werden
könne. Dahero E. E. Landschaft der festen Hoffnung lebet, S. Ch. D.
werden nicht allein Dero getreue Stände absonderlich assecurieren, dass
solcher gefährlicher Einbruch zu ewigen Zeiten in keine Sequel gezogen
und die Stände auch bei grossester Noth ohne ihre Einwilligung mit
keiner Auflage und Contribution beleget, diejenige aber, was gewilliget,
nirgends anders zu, als ad destinatos usus, gewendet und nicht über die
bestimbte Zeit gehalten werden solle. E. Ch. D. können leicht glauben
wenn die Stände die Noth des Landes wahrhaftig erkennen und es bei
erheischender Kriegesgefahr nicht zu ändern stehet, dass E. E. Landschaft
nicht unterlassen werde, zu Abwendung der Kriegesgefahr ihrer Landes-
herrschaft freiwillig zu Hilfe zu kommen, damit sich ihr Vaterland und
alle das Hirige helfen retten. W^ider ihren Willen aber können die
Stände mit Recht nicht gezwungen werden, auch bei grossester Noth
einige Contribution einzugehen und abzustellen. Denn wenn die Noth
zuvor von den Ständen nicht erkannt werden sollte, ob sie erheblich sei
oder nicht oder ob die Gefahr nicht auf eine andere Art abzuwenden, so
würde E. E. Landschaft die rechtmässige Freiheit im Contribuieren, welche
1) Praes. 27. März 1662 (s. u. S. 49 ff.).
46 11. r)er grosse Landtag von 1661 bis 1663.
eben auf die Noth gerichtet, zur Ungebühr benommen werden, wider
die klaren Landesverfassungen als die Acta et Decreta de a. 1609 (Priv.
p. 105) „Contributiones", item Cautio de feudo (Priv. p. 114) § „Tributa
nova".
S. 84 sollen alle [Aembter-] Contracte examiniret und die Un-
billigkeit darinnnen in Consideration genommen werden. Ällhier wäre
die Clausula „salva tamen cujusque contractus natura et corapetenti juris
remedio" nöthig gewesen gemäss dem Testament.
(Zu S. 85.) Die Fräuleinsteuer eben, wie andere Contributionen,
beruhet gänzlich auf der Freiwilligkeit der Stände. Testament (Priv.
P-76).
In casu minorennitatis. S. 86 soll man sich zuforderst nach
dem richten, was der verstorbene Kurfürst durch sein Testament des-
halben verordnet. Hierin tragen die Stände das uuterthänigste Vertrauen,
die hochlöbliche Landesherrschaft werde nicht anders verordnen, als was
den Landesverfassungen gemäss ist und zu Dero getreuen ünterthanen
Aufwachs und Bestem gereichet. Sonsten ist es woll aperti juris, dass
Privilegia und Pacta sine consensu eorum, quorum interest, durch Testa-
ment und letzten Willen nicht können aufgehoben und geändert werden,
(Zu S. 86 und 87.) In wichtigen Sachen sollen die preussischen
Vormünder ohne Bewilligung derjenigen Vormundschaft, welche über
die Kur- und anderen Reichslande bestellet, nicht vornehmen und voUen-
ziehen. S. 87 sollen auch die Oberräthe dem nachleben, wie es die
Reichsvormuudschaft mit Wiederbestellung eines Statthalters vor gut und
nöthig befinden möchte. Dergestalt würde das Land Preussen dependiren
von ausländischen Fürsten und Käthen. Dasselbe würde nicht allein
den kurfürstlichen Erben und dem ganzen Lande zu grosser Gefahr und
Schaden gereichen, sondern es läuft 1) fürnehmlich wider das Privile-
gium Casimirianum (Priv. p. 14), 2) Testament (Priv. p. 77), 3) Respons.
de a. 1612 (Priv. p. 131), 4) Resp. de a. 1616 et 17 [Priv. p. 142 bff.].
[Zu S. 86.] Vormünder sollen nicht Macht haben, etwas zu vergeben
oder zu verschreiben. Solches ist wider das Testament, da sie berech-
tiget in eo casu die erledigte Lehn auf gebührlich Suchen der Lehns-
leute zu verleihen und zu vergeben; (Priv. p. 77) § „Und wollen, dass
Unserer ..."
Eins ist noch unterthänigst zu erinnern, weil diese deductio privi-
legiorum sich etzliche Mal beruffet auf die Responsa Regia und Re-
cessen de a. 1616 und 17 und aber in mündlicher Conferenz von den
1
Domänen-Contracte. Fräuleinsteuer. Minorennität. Responsa von 1616 und 1017. 47
kurfürstlichen Herren Plenipotentiariis öfters verlautet, als wann S. Ch. D.
an dieselben nicht gebunden; sie wären durch ein ander Responsum Re-
o-ium, so 7A\ Krakau datiret sein solle, suspendiret und könnten die Stände
sich also darauf nicht beruffen. Hierauf ist in aller Demuth zu antworten
1) Alle Privilegia des Landes sind a. 42 ') von Sr. Ch. D. gnädig.st con-
firmiret also auch dieselben von a. 1616 und 17 und kann itzo nicht
mehr gefraget werden, ob sie rechtmässiger Weise ausgebracht oder
nicht. Es ist genung, dass dieselben einmal von der hohen Herrschaft
genehm gehalten und approbiret, 2) I. K. M. haben dieselben nicht
allein p. 155 sondern auch neulich bei der letzten Belehnung a. 1649 in
genere kräftig confirmiret'), 3) Dieselben Responsa und Recessus sind
theils ad instantiam Serenissimi Principisi selbst, theils in praesentia Lega-
torum, also auditis partium coutroversis, publice ausgegeben worden und
haben ihre völlige Kraft erreichet. Wie sollten dann dieselbe durch ein
einseitiges Responsum Cracoviense ^), da die Stände ganz nicht darüber
gehöret, können umbgestossen werden. 2) Wann gemeldtes Responsum
Cracoviense eine Suspension der vorigen Privilegien in sich hielte, hätte
dasselbe billig den Ständen intra legitimum tempus publiciret werden
und gebührend verfordert werden sollen, damit ex controversico partium
eine rechtmässige Verabscheidung darin ergangen wäre. 5) Es ist in
angezogen Responsis nichts Neues enthalten, als was den alten Landes-
verfassungen gemäss ist. Sie begreifen nur eine gründliche Erklärung
derselben und weil die alten Privilegia bisweilen von frembden Räthen
so der Landesconstitutionen nicht kündig, übel ausgedeutet, sind dieselbe,
was ihre eigentliche Meinung sei , hierin ausgeleget worden. 6) S. Ch. D.
haben sich derselben responsorum in vielen Stücken selbst gebrauchet und
dieselbe in passibus utilibus wider die Stände anziehen lassen. 7) Po-
sito, non concesso, dass die Responsa von Seiten Sr. Ch. D. ganz nicht
gültig, so sind dieselben doch unwidersprechlich von Seiten der Krön
Polen, so dieselben gegeben, ganz kräftig und bündig. Weil nun S.
Ch. D. durch diese neuen Pacta ratione supremi dominii in die Stelle
der Krön Polen getreten, so werden Sie auch dasjenige, was die Krön
') Vielleicht ist 1640 und das Schreiben des Kurfürsten an die Stände vom 25. Dec.
1640 gemeint (Bd. I S. 284); eine besondere Bestätigung der Privilegien von 1642
hat mir nicht vorgelegen. Vergl. auch Baczko V S 151 IF.
2) S. die Einleitung zu Abschnitt I (Bd. 1 S. 232).
^) Abgedruckt bei Baczko V S. 272 ff. Vergl. Allgemeine Einleitung, Bd. I
S. 189.
48 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Polen zugesaget und versprochen aus kurfürstlichen Gnaden festiglich zu
halten geruhen.
So viel ist, was die beiden Oberstände auf E. Ch. D. Begehren
diesem Instrument der Zeiten Beschaffenheit nach zu Dero Information
in unterthänigster Bescheidenheit aufsetzen sollen. Was die von grossen
und kleinen Städten sich zu erklären absonderlich gemeinet, ist aus bei-
gefügtem Bedenken'), mit welchen sie bei den Oberständen einkom-
men, zu ersehen, dass sie nämlich ingesambt, ausgenommen Bürger-
schaft der drei Städte Königsberg, welcher nunmehro die E. Gerichte
Kneiphof und Löbenicht adstipulieren und ihrer vorigen in Geringteren
Bedenken ausführlich enthaltenen Contradiction nochmalen inhäriren, sub
certis hisce conditionibus in das supremum et directum Dominium ge-
williget, wann erstlich die von den Ständen projectirte Assecuration zu
völliger Endschaft gebracht, 2) den übergebenen Gravaminibus wirklich
abgeholfen und dann endlich sie per certos commissarios Regios autori-
tate comitiali deputatos ihrer Eide entbunden worden. Ob nun wohl
die anderen beiden Stände unerwartet der Adimplirung solcher ausbe-
dungenen Conditionen fortgefahren und ihre unvorgreifliche Erklärung
über das neue Instrument denen von Städten eröffnet; so können doch
dieselbe, W'iewohl sie nicht minder als die anderen beiden Stände gethan,
auch ihre vielfältige Erinnerung darwider beizubringen hätten, ohne
merklichen Präjudiz ihrer allen habenden Privilegien, Rechten und Ge-
rechtigkeit, worüber sie so viel königliche und kurfürstliche Confirma-
tiones und Assecurationes haben und darin noch fest stehen, sich vor
Adimplierung solcher Conditioiien im Geringsten nicht auslassen, sondern
lassen es dieses Punktes halber bei dem zu Bartenstein den 3. Decem-
ber 1661 übergebenen Geeinigteu Bedenken bewenden ^).
') Vom 10. März 1662. Zu dem von ihnen darin eingenommenen Standpunkt
hatten die Städte schon zuvor die Oberstände hinüberziehen vpollen. Sie hatten sie
(19. Febr. 1662) ermahnt gegen das Instrument zu protestieren und zugleich die Grava-
mina, insbesondere die Bellicumsche Sache zu betreiben. Die Oberstände hatten in
Bezug auf die Gravamina zugestimmt, hatten aber den Vorschlag der Städte, die
Sendung nach Warschau nunmehr ins Werk zu setzen, abgelehnt, waren in Bezug
auf die Verfassung bei ihrer Meinung geblieben und hatten auch das Verfahren der
Stadt bei Abbruch des Schanzhäuschens missbilligt (die Oberstände an die Städte
24. Febr. 1662, vergl. den Bericht Schwerins vom 28. Febr. 1662 Bd. I S. 751). Die
Städte hatten darauf mit einem gänzlich ablehnenden Bedenken (pr. 10. März 1662,
identisch mit dem o. S. 14 citierten, vergl. auch Bd. I S. 775 Anm. 1) geantwortet.
') S. Bd. I S. 670 ff.
Protest der Städte gegen die Verfassung. Allgemeines Aufgebot. 49
Ob nun wohl ein weit Mehreres zum Special beweis der Incompatibi-
lität dieses Instruments mit unsern Verfassungen hätte können ange-
führet werden, so werden dennoch auch aus dieser unterthänigsten De-
duction E. Ch. D, gnug ersehen, wie so gar nicht in diesem Instrument
super methodo confirmandi privilegia gehandelt ist, sondern dass die
essentialia selbst aller unser Privilegien angefochten werden. Demnach
gelanget an E. Ch. D. unser unterthänigstes und demüthiges Flehen, Sie
geruhen in allen Gnaden dieses Instruments halber in Dero getreue
Landstände weiter nicht zu dringen. Sie bezeugen nochmaln für Gott,
dem Herzenkündiger aller Menschen, dass sie E. Ch. D. directo dominio
ihrer vielfältigen unterthänigeu Submission gemäss, sich zu opponiren
oder derselben zu derogieren nicht gemeinet, sondern erwarten nunmehr,
dass . . . E. Ch. D. die unterthänigst vorgetragene Gravamina abzuschaffen
und die entworfene Assecuration Dero getreuen Landständen auszugeben,
gnädigst geruhen wollen. Dieses unterthänigste Ansuchen bestehet . . .
in der öffentlichen Billigkeit, Solches ist ja bei allen Landtagen üblich
gewesen und wird Beides E. Ch. D. Hoheit und Nutzen nicht den ge-
ringsten Nachtheil . . . zuziehen. Dero getreuen Unterthanen aber wird
hiedurch eine würkliche Versicherung geschaffet, dass sie und ihre Nach-
kommen unter E. Ch. D. Oberherrschaft in süsser Ruhe und gewünschetem
Frieden werden leben können . . .
Denkschrift der Stände'). Pr. 27. März 1662.
R. 6. RR. 1. — Kön. 668 II.
[Der allgemeine Aufbot.]
„. . . Wann die ordinär Landesdefension, welche auf Darreichung der Nacht- 1662.
gelder und abgehandelter Maassen auf Sr. Ch. D. gnädigsten Auszahlung beruhet, "'• ^^^'^•
wegen der geschwächten und ganz unterbrachten Ritterdiensten nicht verschlagen
und über alles Verhoffen die Feinde dieses Landes mit gar zu grosser Macht
eindringen sollten", würde ein allgemeiner Aufbot zu organisieren sein. Dafür
machen sie folgende Vorschriften. 1) Der Kurfürst möge bedenken, dass zwei
Drittel des Herzogthums ihm unmittelbar gehören; dass er verbunden ist, das
Land aus seinen Mitteln und Domänen zu vertheidigen. „Die Stände sind ver-
1) Dem Bedenken vom 27. März 1662 (s. o. S. 18 f.) beigelegt. Es geht in allem
Wesentlichen auf ein Bedenken des Herrenstandes und der Landräthe zurück, das
der Bitterschaft schon dreiviertel Jahr früher übergeben worden war. Diese hatte
Einiges hinzugefügt, die Städte aber hatten die Vorbehalte gemacht, die in Art. 11
und 12 aufgeführt sind, (Bedenken pr. 12. Juli 1661, Bedenken derer von der Ritter-
schaft und Adel pr. 21. Juli, der Städte pr. 28. Juli 1661.)
Mater, z. Gescb. d. G. Kurfürsten. XVI. 4
50 II- Dsr grosse Landtag von 1661 bis 1663.
möge ihrer Verschreibungen . . . uiclit mehr schuldig, als mit ihren Diensten von
ihren verliehenen Gütern gegen Abstattung der gewöhnlichen Nachtgelder auf
erheischenden Nothfall fertig zu erscheinen und über dieses haben S. Ch. D.
auf dem Marienwerderischen Landtage a. 1626 ex pacto gegen die Zahlung
einer gewissen Summe Geldes, so E. E. Landschaft in Dero Rentkammer ein Mal
vor alle abgetragen, die Unkosten der Defension allein über sich genommen."
Der allgemeine Aufbot ist deshalb ein freiwilliges Werk und darf den Ständen
nicht zum Präjudiz gereichen , oder gar ein Ordinarius miles daraus gemacht
werden. 2) Er darf nur in Fällen äusserster Noth einberufen werden, nachdem
er von einer Convocation bewilligt oder in Fällen plötzlichen üeberfalls wenig-
stens von dem kleinen Consilium berathschlagt ist. Wenn in einem andern Fall
das Aufgebot ergeht und die Landeseinsassen erscheinen nicht, so dürfen sie
deswegen nicht des Ungehorsams beschuldigt, noch bestraft werden. 3) „Damit
in solcher Freiwilligkeit sich Niemand einiger Ungleichheit zu beschweren, ist
nöthig, dass das ganze Land und alle Aemter . . . auf einmal zugleich aufgeboten
und an einem . . . Rendezvous zusammen verschrieben, auch dieselbe ohne
grosseste Noth ohne Erkänntniss der Deputierten von allen Ständen \vider ihren
"Willen nicht getrennet werden mögen. 4) Weil der allgemeine Aufbot grössten-
theils auf die Herren, Rittere und Adel ankommen und denselben fürnehmlich
obliegen will, ihre Treue und Liebe gegen die Herrschaft und das Vaterland
durch ihre Waffen . . . erweislich zu machen, als ist es billig, dass ein jedweder
derselben, so nicht unter 20 und nicht über 50 Jahr alt ist, wann er nicht
Krankheit oder grossester Unvermögenheit halber behindert, mit alle seinem
Gesinde und wehrhafter Mannschaft, so viel er aufbringen kann, aufs Beste als
möglich bewehrt und beritten sich selbst bei dem Aufbot gestelle. 5) Ob nun
zwar kein Zweifel, dass ein Jedweder zu Rettung seines Vaterlandes mit so
vielen Leuten als er immer aufbringen kann, freiwillig aus adelichem Gemüthe
erscheinen werde, so will es doch nöthig sein ... da sich einige finden möch-
ten, welche lieber das Ihrige in Acht nehmen, als das Vaterland retten wollten,
einige durchgehende Verordnung zu machen, dass ein Jedweder von Adel, der
nicht über 20 Hüben hat, dennoch selbst ander oder selbst dritten zu erschei-
nen, die aber viel Hüben besitzen zum Wenigsten je von 20 besetzten Hüben
einen guten Reuter, oder die, so ganz unvermögend sind, einen guten Dragoner
mitzubringen schuldig sein sollen, worinnen auch der adelichen Wittfrauen und
Unmündigen Güter, auch alle, so einige Landgüter besitzen, begriffen ... 6) Die
adelichen jungen Cavalliers, so sich noch nicht gesasset, sollen unter dem
Ambt, wo ihre Eltern zuletzt gewohnet, mit ihren Dienern sich zu gesteilen
schuldig sein ... 8) Ein jedweder kurfürstlicher Bedienter kann seine Mann-
schaft unter den Aufbot schicken in dem Ambt, da er seine Güter hat.
9) Fremde, Pfandsinhaber, Arrendatores, auch kurfürstliche Bediente, so keine
eigene Güter haben und die ihre Gelder auf Interesse ausgethan, sollen ebenso
woll mit ihrem Gesinde ... zu erscheinen schuldig sein. 10) Welcher von
Adel erscheinen kann und auf gebührliches Erfordern . . . sich nicht gestellet,
derselbe soll seine adelige Dignität verloren haben, jedoch seinen Kindern un-
schädlich. 11) Wann dann der Adel dieses Landes in gar geringer Anzahl und
Das allgemeine Aufgebot nach ständischen Vorschlägen. 51
derselbe durch langwierige Kriegsbeschwer erschöpfet . . . hingegen die Städte
Königsberg nicht allein ein fürnehmes Glied des Landes, sondern auch an Ab-
wendung der feindlichen Gefahr an den Gränzen und an der Wohlfahrt des
Landes Einsassen wegen Handel und Wandel und sonsten merklich interessiret,
die Stadt auch nicht besser geschützet werden kann, als wenn die Gränzen vor
feindlichem Einbruch woll bewahret werden, als ist kein Zw^eifel, die Städte
Königsberg werden . . . den allgemeinen Aufbot zum Wenigsten mit 1000 guten
Dragonern oder Fussknechten verstärken. Wo die Feinde zu mächtig werden
und an unterschiedenen Orten nach der Stadt Königsberg, als nach dem Herzen,
dringen sollten, so werden auf gnädigste Verordnung Sr. Ch. D. oder Dero con-
stitiiierten Generals nicht allein die 1000 Mann, sondern so viel es uöthig be-
funden wird, sich zeitig genug nach Königsberg hin wenden und die Sicherheit
derselben Stadt aufs Beste befestigen. 12) Die kleinen Städte hätten Dragoner
auszurüsten so viel sie können, aber je zum Wenigsten von 10 Hundert von
Vermögen nach dem Schlossregister je einen guten Dragoner.
Auf diesen 11. und 12. Punkt erklären sich die von Städten, dass ... die
. . . Städte . . . dem Lande zu Hülfe kommen sollten, wollten nicht allein die
Rechte und Gewohnheiten, sondern auch der Städte äusserste Dürftigkeit nicht
zulassen. Der unsägliche Schade, so auf viel Millionen sich erstrecket, wel-
chen die Städte Königsberg durch den Krieg in Litthauen und Russland, ^vie
auch in diesem Herzogthumb und in Verheerung der Stadtdörfer, durch Vor-
enthaltung des Pfundzolles, durch die stetige Einquartierung, unerträgliche Gou-
tribution , Accise, Anlage und Anderes bishero erlitten und noch leiden muss,
hat dieselbe so untergebracht, dass sie kaum 50 Mann, geschweige 1000 Dra-
goner sollten erhalten können . . . können sich also in die Defension des Landes
. . . nicht mischen, weil sie keine Lehn-, sondern Stadtgüter und Gründe haben.
— Mit dieser Erklärung') . . . können die beiden Oberstände nicht zufrieden
sein, sondern . . . zweifeln nicht, S. Ch. D. werden in dieser Discrepanz solche
Mittel gnädigst zu finden geruhen, dass kein Stand vor dem andern graviret . . .
werden möge.
13) Die kurfürstlichen Freien, Deutsche, Cöllmer, Krügere und Schulzen
sind schuldig. Jedweder zum Wenigsten mit einem Pferde von 10 guten Hüben
als ein Reuter, von geringeren aber als ein Dragoner . . . sich zugestellen, bei
Verlust ihrer Güter, welche dem Allgemeinen Landkasten auf solchen Fall zu-
zuwenden.
[14] Weil die kurfürstlichen Paurdörfer ohne das von 10 Hüben zur Ordi-
närdefension einen Vibranzen halten, wäre nöthig, dass mit E. Ch. D. gnädig-
stem Belieben dieselben über das, eben wie diejenigen von Adel, so Ritterdienste
halten, thun müssen, noch von 10 besetzten Hüben auf den Nothfall . . . einen
tüchtigen Dragoner gesteilen.
^) Gegen den nun folgenden Passus glaubten die Städte ausdrücklich Einspruch
thun zu müssen „weil Solcheä einer Complauation zu submittiren bedenklich und
nachtheilig sein würde, welches eie per expressum hiermit ausbedungen haben wollen'"
(Bedenken pr. 2d. März 1662, s. o. S. 18).
4*
52 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
15) Die Wildnüssbereiter, Jäger, Wahrten und Schützen, welche gute Dienste
thun können und täglich im Gewehr geübet werden, sind schuldig ... mit ihren
bewehreten Knechten ... zu erscheinen.
16) Wer von obigen ... bei erheischender Noth . . . aussen bleibet, der-
selbe soll nicht allein bei Fortgang des Aufbots geholet, sondern es soll auch
bei erfolgendem Landtage von den gesambten Ständen seiner verwirkten Strafe
halber, wie oben angeführet, gebührend erkannt werden. Es kann auch kein
Urlaub von Jemand Anders ertheilet werden, als von dem Kreisobristen oder
dem Haupt selbsten und das nicht ehe, als aus denen im Kriege gültigen Ur-
sachen.
17) Ein jedweder Haubtmann wird seine Ambtseinsassen auf das Rendez-
vous führen und dieselben commandieren, wenn er aber alt, unvermögend oder
im Kriege nicht erfahren, alsdann wird der Adel eine kriegserfahrene Person
unter sich selbst erwählen, so nebenst dem Hauptmann oder au dessen Stelle
das Commando über die Ambtseinsassen zu führen [hat].
18) Ein jedes Ambt wird unter sich capables Obriste, Lieutenants, Ritter-
meister und Unterofficirer nach ihrer Anzahl erwählen.
19) Den Sambländischen Kreis hätte unvorgreiflich der Landvogt zu
Schacken nebst Herren Obristen Heinrich von Wallenrodt, den Natangischen
Herr Haubtmann von Brandenburg nebst Herrn Obristen Botho Heinrich Frei-
herrn von Eulenburg, den Oberländischen Herr Haubtmann von Osterode als der
älteste Haubtmann nebst Herrn Obristen Georg von Schöneych zu commandiren.
20) Wann der allgemeine Aufbot zusammen, würden S. Ch. D. gnädigst ge-
ruhen aus obgemeldten drei Oberofficirern oder nach Dero gnädigsten Belieben
einen anderen preussischen kriegserfahrenen hohen Officirer dem ganzen Lande
zum General und Haubt vorzustellen.
21) Weil aber ein ganzes Land und alle seine Mannschaft einem Haubt
allein nicht untergeben werden kann, als ist es nöthig, dass demselben von
wegen Sr. Ch. D. ein preussischer Oberrath, dann aus allen Ständen ein Land-
rath, einer von der Ritterschaft und einer von den Städten, welche E. E. Land-
schaft zu deputiren, zur Direction und Kriegsrath adjungiret werde, mit dero
Rath, Bewilligung und Zuziehung alle wichtige Anschläge von dem General
oder Haubt vorzunehmen, welche fünf Personen auch das ganze Werk im
Namen Gottes zu Sr. Ch. D. und des Landes Wohlfahrt zu dirigiren und zu
führen haben.
21) Wann das Commando also bestellet, werden Se. Ch. D. gnädigst ge-
ruhen zu dem Aufbot behörige Artiglerie mit guter Ausrüstung, Munition, auch
Musqueten und Gewehr vor die unbewehrte Mannschaft aus dem preussischen
Zeughaus ausgeben zu lassen.
23) Wie der allgemeine Aufbot in der Landeseinsassen Freiheit und Liebe
bestehet, also muss auch durch denselben der arme Land- und Paursmann,
so zu Hause bleibet, in dem marche nicht beschweret werden, sondern es ist
ein jedweder Officirer und Gemeiner schuldig sich und die Seinigen vier Wochen
laug zu proviantiren, damit ausser der Grassweide oder Rauchfutter dem Lande
durch den Aufbot kein Schaden zugeführet werde.
1
Das allgemeine Aufpfebot nach ständischen Vorschläffen. 53
24) Die Unkosten, so ausser diesem bei dem Uff bot nötliig und täglich
erfordert werden, müssen auf Gutfinden der Herren Directoren oder Krieges-
rätlic . . . aus dem Allgemeinen Landkasten genommen werden.
25) Wie der allgemeine Uff bot ... in gute Verpflegung gestellet, disci-
pliniret und zu des Landes Bestem reguliret werden soll, hat E. E. Landschaft
von allen Ständen annoch bei diesem Landtage zuvor erfahrene eingesessene
Kriegsofficirer in ihrem Vorschlage zu hören und darauf gewisse Verordnung
nnd Kriegsarticul unvorgreiflich aufzusetzen.
26) Wann es sich zutraget, dass der allgemeine Aufbott mit der Ordinar-
defension der Dienstpflichtigen und Wlbranzen sich conjungiren muss, hat der-
jenige, welcher von Sr. Ch. D. zum General und Haubt des allgemeinen Auf-
bots vorgestellet, den Landesobristen und dessen Völker billig zu comman-
diren . . .
[27] Damit der allgemeine Aufbott nicht zum Schein, sondern bei erhei-
schender Landesnoth mit Kraft und Nachdruck gebrauchet werden könne, ist
es rathsamb, dass derselbe Aufbot alle Jahr in jedem Ambte auf einen Tag ir-
gend auf Michaelis nach dem Angst zusammen kommen, drei Tage bei einander
bleiben und durch die Officirer exerciret werden möge. Alle drei Jahre
aber müsste der Aufbott in einem jeden Kreise zusammen gebracht, reguliret
und exerciret werden, damit die hohe Herrschaft und das Land wissen könne,
worauf sie sich auf allen Fall Avegen des Aufbots zu verlassen.
28) Der Aufbot soll zu Sr. Ch. D. und des Vaterlandes Diensten aul
äussersten Nothfall innerhalb der Gränzen des Landes gebrauchet und so balde
die hohe Landesnoth aufhöret, allsofort ein Jedweder nach Hause gelassen Averden,
30) Letzlich bittet E. E. Landschaft in unterthänigstem Gehorsamb, E. Ch. D.
geruhen zu Aufmunterung der Tapferkeit sich in Gnaden dahin zu erklären,
dass Sie diejenigen ihre getreue Unterthanen so extraordinarie in dieser Frei-
willigkeit dem Vaterlande zum Besten sich angreifen und stattliche Dienste
tliun werden, zum Recompens ihrer Tugend und Kosten mit gewöhnlichen
Landesdignitäten und Caduken bei erster Vacanz vor Andern belohnen und be-
gnadigen wollen. Wann dieses geschieht, so ist kein Zweifel, dass . . . eine
gute Anzahl ehrliebender Leute freiwillig zusammenkommen. . . .
S. Ch. D. werden augenseheinlich empfinden, dass Sie nächst göttlicher
Hülfe nicht besser, als auf die Liebe und Treue ihrer standhaftigen gehorsamen
Unterthanen sich verlassen ... Es ist eben dieselbe Mannschaft und kriegser-
fahrene Officirer im Lande, die bei verwichenen Kriegszeiten E. Ch. D. gute
Dienste gethau haben . . .
Die Oberrätlie an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 28. März
1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 23. März [2. April].) Ausfertigung. R. 6. RR, 1.
[Schriftliche und mündliche Erklärungen der Stände.]
Es haben nunmehro die gesammte Landstände eine Schrift, unter- 1662.
thänigste Deduction der Landesfreiheiten, worin denenselben das
54 II- t)er grosse Landtag von 1661 bis 1663.
extradirte neue instrumentum regiminis entgegen intituliret, gestrigen
Tages mit aller schuldigen Bescheidenheit uns eingereichet, dabei ob
ihrer treuen Devotion und Pflichten unterthänigste Contestation gemacliet,
sich versicherende, E. Ch. D. werden diese ihre Schrift nicht anders als
in kurfürstlichen Gnaden annehmen, und dass sie, die Stände, selbte
Schrift bloss und allein zur begehrten Nachricht sine ullo novandi vel
contrahendi animo zu E. Ch. D. Füssen gehorsamst legen, gnädigst ver-
merken. Wie sie nun dabei abermalen den Verzug entschuldiget und
uf die Wichtig- und Weitläuftigkeit der Sachen denselben geleget, also
haben bei E. Ch. D. auch wir gehorsamst zu excusiren, dass erwähnte
Deductiou itzo fort nicht mit gehn können, weilen es in solcher Enge
der Zeit abzuschreiben, unmöglichen gefallen; bei nächstkünftiger Post
aber soll es, geliebts Gott, unfehlbar erfolgen. Als nun im Namen der
gesammten Stände Solches proponiret, ward vom directore des Landraths
hinzugethan, wasmaassen die beede Oberstände ausser denen Städten noch
eine andere Schrift einzugeben hätten, derohalben dann den Städten ab-
zutreten injungiret werden möchte. Wie die Städte abgetreten, fuhr der
Director fort und berührete, in welcher Meinung von den gesammten
Ständen uf gewisse Beding ein gewisses subsidium und dessen modum
zu erklären hievorn wäre versprochen worden. Ob nun wohl sie noch
in der Erwartung E. Ch. D. gnädigsten gewürigen Resolution uf solche
Bedinge wären, so hätten sie doch dieselbe Bedinge, nämlich und be-
voraus die Assecuration wiegen des ganzen Hauptwerks, dann die re-
versales wegen der Accise, so viel mehr zu facilitiren und zu befordern
ihre gehorsamste Erklärung . . .^), einreichen wollen; wäre zwar ihr
sehnliches Wünschen gewesen, dass die Städte hätten zugleich conde-
scendiren mögen, alles Remonstrirens aber ungeachtet wären sie nicht
dazu zu bringen gewesen, sondern hätten sich mit Uebergebung der
. . . allegirten Schrift') von ihnen in soweit separiret. Wegen der
eingereicheten Deduction konnte nun ihnen, den gesammten Ständen, zu
diesem Mal mehr nichts geantwortet werden, als dass zuerst dieselbe
durchgelesen werden müsste; hieneben hielten wir unseres Ortes vor ge-
wiss, es würde zu E. Ch. D. gnädigsten contento fallen, dass die beede
Oberstände ihre gehorsamste Erklärung wegen des quanti und modi pro
subsidio eingereichet und würden hingegen sie sich unterthänigst zu ver-
sichern haben, dass E. Ch. D. solche ihre gehorsamste Freiwilligkeit in
1) Pr. 27. März 1662 (s. o. S. 18 f.).
2) Pr. 25. März 1662 (s. o. S. 14ff.).
Zurechtweisung der zögernden Städte in der Oberrathstube. 55
allen kurfürstlichen Gnaden und gnädigster Erhörung ihrer billig massigen
Desiderien erkennen werde. Wie aber von E. Ch. 1). würde genommen
werden, dass die Städte von ihrer zu verschiedenen Malen gethanen
Verheischung, wenn denen Ständen nurt die freie Hand würde gelassen
werden, dass sie sofort einmüthig so ein subsidium, daran E. Ch. D.,
wie sie nie von derselben mit ihrer Treue, Devotion und Pflichten ab-
gesetzet noch abzusetzen gemeinet, gnädigst abnehmen würden, verwilli-
gen wollten, unverhoffeter Maassen resiliret, halten sie unschwer zu er-
achten, denn nicht allein so viel Zeit und Arbeit, sondern auch unser
Credit, in deme E. Ch. D. allemal eines bessern Gehorsams von uns
vertröstet worden, verloren, zugleich auch so ein unermesslicher und un-
ersetzlicher Schade, der uf E. Ch. I). Domänen und bäuerliche Unter-
thanen redundiret, von ihnen verursachet worden. Dahero denn über
diesem und anderweit Mehrem sie, die Städte, noch in sich gehen, das-
jenige, was bei ihrer Beharrung zu besorgen, von sich abwenden und
denen andern beeden Ständen sich conformiren sollten. Hierauf haben
die Städte ihre unverrückliche, schuldigste Treue und Devotion mit
Mehrem anführen, und dass wider Landtagsgewohnheit von den andern
beeden Ständen wollte procediret werden, doliren wollen. Sie hätten
ihre Schrift nicht zu dem Ende, dass dieselbe in die Oberrathstube
sollte übergeben werden, sondern pro übertäte votorum. worüber sie
noch zu consiliiren, ihnen, den beeden Ständen, hingegeben. Unter-
dessen, ob sie ihnen, den beeden Oberständen, zwar praerogativam or-
dinis gönueteu, so wären sie, die Städte, doch mit ihnen in iure gleich
und macheten einen Stand vor sich, welchem nach sie dann auf die
maiora a numero personarum, omuium nempe et singulorum, quos tangit,
zu verstehen, wie in laudandis contributionibus gewöhnlichen, gingen
und. ob sie ratione subsidii et raodi coniunctim mit den Oberständen
nicht schlüssig werden könnten, wollten sie doch E. Ch. D. a part, wenn
Alles, was in denen geeinigten Bedenken gebeten, abgethan und der
Landtag zum erwünschten Schluss gebracht sein wird, ihre gehorsamste
Freiwilligkeit zu dero gnädigstem Vergnügen erweisen, gestalt denn von
solch ihrer Freiwilligkeit, beharrlicher Devotion und von aller Sache vor
sie ihre eingelegte Schriften redeten, sie aber itzo an diesem hohen Ort
sich weiter mündlichen einzulassen nicht hätten. Was nun darauf zu
repliciren gut funden, ist ihnen der Länge nach fürgestellet, von denen
Landräthen aber geschlossen worden, die Städte möchten noch ermah-
neter Maassen sich eines bessern bedenken, sonsten sie, die Landräthe,
56 II. Der grosse Landtag von IGfil bis 16G3.
bereit fertig, die Einrichtung der Accise, unerwartet ihrer, der Städte,
Willigung zu übergeben. Da nun, gnädigster Kurfürst und Herr, die
Sache so weit gebracht, hoffen wir balde zu E. Ch. D. gnädigstem Zweck
es noch weiter zu bringen, auch dass endlichen die Städte sich finden
werden, weilen sie so viel belehret, dass E. Ch. D. habende höchste Ge-
walt und Gerechtsame allein durch schuldigste Submission, Treue und
Willigkeit ihrer pflichtgehorsamen Unterthanen sich selbsten in höchst
angestammeter Güte und Müdigkeit zu überwinden gewohnet, sie, die
Städte, aber von ihrer Verheischung, welche nun zu einer Schuld und
Verpflichtung worden, sich nimmer zu entbrechen vermögen. Wir wer-
den auch von weiterem behörigen Nachdruck nicht desistiren, uf die
Einrichtung und das würkliche Exercitium dringen, unter dem aber auch,
was E. Ch. D. wegen der Assecurationen und abolitionem [sie] gravamiuum
weiter zu resolviren gnädigst geruhen werden, in schuldigstem Gehorsam
erwarten.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 28. März 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 23. März [2. April].) Ausfertigung. K. 6. RR. 1.
[Verfassungsbedenken aller Stände. Bewilligung der Accise durch die Oberstände.
Streit der Oberstände mit den Städten, Eingreifen Schwerins. Dank und Ässecuration
des Kurfürsten.]
1662. E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 10. Martii ist diesmal sehr wohl
28. März. ^^ statten kommen, denn als eben die Oberräthe selbst in denen Ge-
danken gestanden, es würde E. Ch. D. ohn Zweifel lieb sein, dass man
noch eine Zeit lang die Einwilligung diff"erire, als dass solche absque
consensu civitatum geschehen sollte, die beede Oberstände sich auch
leicht bewegen lassen werden, dass sie noch eine Zeit lang den Städten
nachgesehen hätten, habe ich das Rescript produciret, darauf dann er-
folget, dass die Stände insgesammt in der Oberrathstube erschienen.
Und haben sie zwar in dero sämmtlichen Namen anfänglich das allge-
meine Bedenken auf die Regierungsverfassung überreichet, so bald aber
Solches geschehen, sein der Städte Deputirte abgetreten, gleich sie vor-
her mit diesem Beding, dass sie nur der Ofiferirung obbemeldter Schrift
beiwohnen, und wann die andern Stände etwas Mehres thun würden,
sich absentiren wollten, hereinkommen. Darauf nun übergaben die beede
Oberstände die Einwilligung der Accise') und klagten dabei höchlich.
1) Bedenken pr. 27. März 1662 (s. o. S. 18f.).
Schwerins Schilderung von der Auseinandersetzung mit den Städten. 57
dass, wie sehr sie ihnen auch angelegen sein lassen, die Städte zu glei-
cher Einwilligung zu dlsponiren, hätte doch solches Alles nichts verfan-
gen wollen; baten danebst, dass die daher entstandene mora, weil sie
es gut gemeinet, bei E. Ch. D, aufs Beste unterthänigst entschuldigt
werden möchte, wobei sie sich dann gewisslich solcher devoten Bezei-
gungen gebrauchet, dass es E. Ch. D., wenn alle Umstände beschrieben
werden könnten, gewiss zu gnädigsten Gefallen gereichen würde. Noch
mehr aber ist Solches von ihnen geschehen, wie nach genommenem Ab-
tritt und geschehener Unterredung unter uns die sämmtliche Stände
wieder hereingefordert wurden. Denn als da die Städte auf geschehener
Verweisung, dass sie sich von den andern Ständen separirten und ihre
gethane Zusage ausser Augen setzten, nochmalen die Schuld dessen auf
die beede Oberstände wälzen wollen, dass dieselbe nicht so lang warten
mögen, bis nach geschlossenem Landtage die Städte sich mit. ihnen ver-
einigen können, haben die beeden Oberstände Einer nach dem Andern
(welches gar anmuthig anzuhören war) ihnen ins Gesicht gesagt, wie
und welcher Gestalt sie, die Städte, von ihnen nun eine geraume Zeit
her alle Tage so freundlich gebeten, ersuchet und ermahnet worden, dass
E. Ch. D. sie keine Ursach zur Ungnade geben und diese Accise mit
einwilligen möchten, ja, sie sagten auch (welches ich nimmer, wenn ichs
nicht mit meinen Ohren gehöret, geglaubet hätte) zuletzt, sie wollten
hiemit für den kürfürstlichen plenipotentiariis nochmaln repetiren, was
sie ihnen, den Städten, so oft in ihrer Zusammenkunft angedeutet
hätten, dass der Fluch und Unsegen über diejenige kommen sollte,
welche zu dieser Verzögerung und E. Ch. D. Ungnade Erweckung Ursach
geben, und dass die Städte den Ständen darauf geantwortet, sie wären
damit zufrieden, welches auch die Städte in unser aller Gegenwart noch-
maln bekräftigt, diese Deutung aber hinzugefügt, weil, ehe und bevor
E. Ch. D. in ihre vorgeschlagene conditiones gewilliget, sie mit gutem
Gewissen keine Einwilligung zu thun vermöchten und sie also nicht
Schuld an der Verzögerung wären, so könnte solcher Fluch über sie
nicht kommen. Und als die Städte die andere beede Stände gar hart
angriffen und sie beschuldigten, dass sie sich einer Botmässigkeit über
die Städte anmaassen und dieselbe zu solcher Einwilligung forciren
wollten, nahm ich das Wort und zeigte ihnen au, wie zwar die Ober-
stände ihrer Schuldigkeit nach alle Mittel gebrauchet, sie zu einem
gleichmässigen zu disponiren, allein sie hätten sich dabei keiner Gewalt
angemaasset und ihnen ihre Libertät gelassen; es schiene vielmehr aus
58 ^I- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
ihrer eingegebenen Schrift und itzigem mündlichen Vertrag, dass sie sich
einer unziemlichen Gewalt über die beeden Oberstände unterfangen und
ihnen ihre Freiheit, E. Ch. I). aus unterthänigster Devotion etwas einzu-
willigen, benehmen wollten, in dem sie nicht allein bisher durch alle
Mittel zu hindern gesucht, dass die beede andere Stände ohn sie nichts
thun sollten, sondern ihnen dasselbe auch itzo auf erzählte Maasse ver-
wiesen und übel gedeutet; thate dabei allerhand ernste Vermahnungen
hinzu, damit sie noch in sich gehen und vor Abgang der Post eine an-
dere Resolution fassen, und wir nicht E. Ch. D. es unterthänigst zu refe-
riren Ursach haben möchten. Und gleichwie anitzo klärlich an den Tag
gekommen, dass kegen E. Ch. D. sich die beede Oberstände gehorsamst
und devot erwiesen, sie aber ganz unverantwortlich zurück träten, da
sie doch bisher sich äusserst bemühet, uns in den Zweifel, als wenn
obgedachte Oberstände mit ihnen ganz einig wären, zu bringen, also
würde auch ohn Zweifel endlich an des Tages Licht kommen, wer unter
ihnen die Gemüther so verwirre und dadurch E. Ch. D. so viel Wider-
wärtigkeit verursache, denn E. Ch. D. hätten Nachricht, dass die ge-
meine Bürgerschaft gar begierig sei, E. Ch. D. unterthänigst zu begegnen,
beklagten nur, dass Ein oder Ander ihnen die Sachen anders, als sie an
ihnen selbst sein, fürbrächten, und dies that ich zu dem Ende, weil
Viel aus der Bürgerschaft gegenwärtig waren. Wiewohl auch von den
Ober- und Laudräthen ganz ernste Vermahnungen beigefüget wurden,
sich ihnen annoch zu conformiren, so blieben sie doch bei ihrer Mei-
nung und sagten endlich, dass sie an ihre Principalen Alles fideliter
referiren wollten. Es riefen aber die beede Oberstände Einer so wohl
als der Ander ihnen zu, sie möchten thun, was sie wollten; sie, beede
Stände, wollten sich folgenden Tages, als heut, zusammen setzen und
die Acciseordnung, wie sie publiciret werden soll, verfassen; es stünde
ihnen frei, ob sie zu ihnen treten w'ollten oder nicht.
Dieses, gnädigster Kurfürst und Herr, ist kürzlich der Verlauf, so
gestern etwan zwei Stunden lang mit den Ständen in der Oberrathstuben
vorgefallen, daraus dann und aus der Städte eingegebenen Schrift*), so
die Oberräthe überzusenden an sich genommen, E. Ch. D. klärlich sehen
und mit Händen greifen werden, dass E. Ch. D. ich bisher die Wahrheit
unterthänigst berichtet, dass es nur an den Städten ermangelt habe.
Ich wollte mich wohl vermessen, wann ichs mit den beeden Oberständen
1) Pr. 25. März 1662 (s. o. S. 14 ff.;.
Rescript an die Oberstände. Assecuration. 59
allein zu thun hätte, dass E. Ch. D. in allen Dingen vollnkommentliches
Contentement erlangen sollten.
Weil nun dieses ein notabler actus ist, dergleichen in vielen Zeiten
hier im Lande wohl nicht mag gehöret sein, so halte ich dafür, es werde
zu E. Ch. D. Dienst bei folgenden Occasionen merklich gereichen, wann
Sie ein gar gnädigstes Rescript an die beede Oberstände abgehen
Hessen, ihre unterthänigste Devotion darin sehr rühmten und sie dero
Kurfürstliche Hulde und wie Sie ihnen in allen billigen Dingen gnä-
digste Satisfaction geben wollten, in Gnaden versicherten.
Wollten E. Ch. D. auch die von den Ständen überschickte Asse-
curation itzo füruehmen, dasjenige, was deroselben entkegen, heraus-
lassen und das Uebrige in gnädigsten Worten ausfertigen, auch Solches
auf die beede Oberstände allein richten, würde E. Ch. D. es gar gewiss
sehr zuträglich sein, dann deswegen geschieht bei allen occasionibus
Instanz und erkennen sie selbst, dass sie Dinge hereingebracht, so sie
nie gehabt; sie hätten solche auch nicht eben, als wenn sie ihnen uoth-
wendig werden müssten, gesetzt, sondern als eine pur lautere Gnade ge-
beten, sein auch wohl zufrieden, dass E. Ch. D. es übergehen. E. Ch. D.
werden dennoch Ein und Anders darin finden, so gar wohl sein kann,
und wird ihnen alsdann sehr angenehm sein und sie zu mehrer Will-
fährigkeit aufmuntern, wann sie spüren werden, dass ihr Concept so gar
nicht aus den Augen gesetzt ist. Dieses aber, gnädigster Herr, habe
ich wohl gespüret, lieget ihnen hart an, dass E. Ch. D. sich dahin gnä-
digst erklären mögen, dass es ihnen an ihren privilegiis unpraejudicir-
lich sein soll, dass die Brombergische Traktaten ohn ihr Vorwissen ge-
schehen. Weil nun E. Ch. D. sich zeither gnädigst erkläret, dass Sie in
allen wichtigen Dingen, die dieses Land concerniren, die Stände dazu
ziehen wollen, sie auch nunmehr die Souveränität schon erkannt, so
halte ich ohnmassgeblich dafür, E. Ch. D. könnten ihnen hierunter gnä-
digst willfahren, stelle aber Alles E. Ch. D. gnädigsten Belieben anheim.
Im Uebrigen will ich mir itzo äusserst angelegen sein lassen, dass die
Accise ehests wirklich allhie introduciret werde; E. Ch. D. aber haben
sich hiebel gnädigst zu entschliessen, welches von beiden Sie wählen
wollen, entweder die beeden Oberstände zu versichern, dass der Städte
Contingent ihnen nicht aufgebürdet werden solle, oder aber den Ober-
räthen zu befehlen, dass sie der Städte Contradiction ungeachtet die
Accise in den Städten einführen sollten. Weil das Meiste aus den
Mühlen genommen wird, und E. Ch. D. dieselbe zugehören, bin ich der
60 II- t)er grosse Landtag von 1661 bis 1668. ,
Meinung, das Letzte würde wohl sein können, denn ob zwar Etliche
versetzet, so cessiret doch nunmehr die hiebevorn von mir allegirte
Ration, warum die Accise nichts mehr getragen, weil das Land nunmehr
solche gewilligt, und dasselbe den Unterschleif nun wohl nicht zugeben
wird. Die kleinen Städte haben sich zwar aus Furcht den Königs-
bergern associiret, indem wir aber mit den andern solche Contracte ge-
habt, haben sie sich gegen den Obersecretarium Kalown verlauten lassen,
sie würden sich wohl bald eines Anderen bedenken, dass es also auf
Königsberg allein wohl ankommen wird.
28. llärz.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 28. März 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 23. März [2. April].) Eigeubäudige Ausfertigung. R. 6.
RR. 1.
[Kritik einer zu Gunsten der Städte schönfärbenden Relation der Oberräthe.]
1662. Ich habe gleich jetzt die Relation gelesen, so die Herren Ober-
räthe an E. Ch. D. wegen des gestrigen actus abgehen lassen, sie aber
damalu noch nicht gesehen; muss mich verwundern, dass Alles so favora-
biliter vor die Städte eingerichtet, und insonderheit hinein gesetzet, sie
hätten eine absonderliche Einwilligung versprochen. Ich versichere E. Ch. D.
uuterthänigst und auf meine Pflicht, dass, wie ichs referiret, sich also
die Sache verhalte, und ich darunter Niemandes zu Liebe oder zu Leide,
sondern die blosse Wahrheit referire. Die Städte haben zwar gesaget,
dass, wenn Alles abgethan, worunter sie auch eine abermalige Relaxi-
rung a iuramento per commissarios verstehen, so wollten sie sich gegen
E. Ch. D. auch dankbar erweisen; ein Mehrers aber ist nicht geschehen.
Ob sie nun dieses noch hinein rücken oder auch die Relation gar ändern
werden, wird künftig zu vernehmen sein. Morgen, geliebts Gott, wollen
wir der Stände Schrift durchlesen und soll dieselbe E. Ch. D. mit künf-
tiger Post, geliebts Gott, überschicket werden^).
') Als Antwort auf diese Relation ergieng das Rescript d. d. Potsdam 3. (13.) April
1662, abgedruckt bei Orlich III S. 153.
I
Schönfärberei der Oberräthe. Accise. Canitz. Derschow jr. 61
Scliwerin au den Kurfürsten. Dat. Königsberg 31. März 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 26. März [5. April].) Eigenliändige Ausfertigung.
R. 6. RR. 1.
[Wiedereinführung der Accise. Noth eines Obersten. Derschow jr.]
Ich thue jetzt nichts, als stetes und unaufhörlich an der Introdu- 1662.
31 März
cirung der Accise zu treiben; im Fall, wie ich hoffe, das Reversal
wegen der Accise nun einkoramt, so hoffe ich, es soll dieselbe allsofort
nach Ostern angehen. Im Fall auch E. Ch. D. gnädigst belieben werden,
der Stände Assecuration vorzunehmen und davon Etwas, so in einigerlei
Weise den Ständen Satisfactlon geben kann, einzuschicken, so halte ich,
es werden die Stände unerwartet der anderen Conditionen auch Etwas
thun; aber zur Accise haben sie gar keine Lust. Der Herr Landhoffmeister
reiset ins Oberland, vermeint, dass doch in der Marterwoche und Ostern
nichts geschehen werde und will in der Osterwoche wieder hie sein. —
Der Oberste Canitz ist wieder bei mir gewesen und hält noch fleissig
an um gnädigste Erlaubnuss einen Herren zu suchen, weil er keine
Lebensmittel habe. E. Ch. D. haben zwar geschrieben, es sollte ihm
gereichet werden, was ihm versprochen; es ist ihm aber nichtes ver-
sprochen, wie er Solches selbst gestehet, und, wenn es auch geschehe,
so würde er doch nichts darauf bekommen, wie er Solches selbst er-
kennet. Weil er sich nun erbeut, die Stunde, dass E. Ch. D. ihn wieder-
fodern würden, zu erscheinen, so hielte ich unmassgeblich davor, E. Ch. D.
könnten ihn mit dem Beding gnädigst erlauben. — Wegen des D. Der-
schown Sohn ist der Befehl, so der Herr Hoverbeck berichtet erfolgen
würde, nicht eingekommen; es kostet dieses E. Ch. D. nichtes, und ich
kann dieses mit Wahrheit sagen, dass es ein Mensch ist, da was Son-
derliches aus werden wird, und also billig zu verhüten, dass er keine
andere Herrschaft suche. Der Herr Lisola hat an mich geschrieben und
recomraendiret mir, beigeschlossenes E. Ch. D. zu überschicken.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 31. März 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 26. März [.5. April].) Ausfertigung.
R. 6. RR. 1.
[Bedenken der Stände über die Verfassung. Verhalten der Oberräthe. Eriilärung der
überstände. Schwierigkeit die Verfassung durchzusetzen.]
Vorgestern habe ich den ganzen Vor- und Nachmittag mit den 1662.
Herren Oberräthen in der Oberrathstuben zugebracht, um der Stände^ '^''
62 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Schrift wegen der Regierungsverfassung durchzugehen und bei einem
jeden Punkt zu deliberiren, was E. Ch. D. unterthänigst und unvorgreif-
lich an die Hand gegeben werden könnte, wie Sie bei einem und andern
Punkt ohn Abbruch dero Hoheit den Ständen gnädigst zu willfahren,
item, wie in den meisten Punkten die Oberräthe sich angelegen sein
lassen sollten, die Stände zu vermahnen, dass sie von unbilligen Dingen
abstehen möchten. Weil aber die Oberräthe nicht allein bei den mei-
sten Punkten, in specie des Statthalteramts halber viel Difficultäten ge-
macht, besondern auch dabei zweifelten, ob man die Stände würde dazu
bringen können, dass sie sich über das Instrument einliessen, und zu
dem Ende fürschlugen, E. Ch. D. möchten specifiren, was sie unter den
Worten quatenus juri supremi dominii non derogant, verstünden, so
nahm ich Gelegenheit, ihnen dergestalt ernstlich und beweglich zuzu-
reden, sich hierunter als geschworne Diener zu bezeigen und nicht in
den Verdacht, als wann sie die Stände in ihrer Meinung stärkten, zu
bringen, dass ich mich versichert halte, wann E. Ch, D. in hoher Person
zugegen gewesen wären, Sie würden ein Mehrers nicht desideriret haben.
Ich deutete ihnen klärlich an, dass ich schon längst verschiedene re-
scripta bekommen, kraft deren E. Ch. D. mir anbefohlen, ihnen anzu-
zeigen, dass Sie gnungsam aus allen Dingen abnehmen könnten, dass
den Oberrätheu selbst dies Werk nicht gefiele, und es dannenhero mit
solchem Nachdruck und Eifer bei den Ständen nicht trieben, wie sie
billig sollten. E. Ch. D. aber würden sich nicht länger also aufhalten
lassen, sondern wann dero bisher gebrauchte Gnade und Güte nichts
verschlüge, andere Mittel zur Hand nehmen und sich bei Ihrem erlangten
Recht wohl mainteniren. Dass E. Ch. D. etliche gewisse Stücke, darin
Sie nur die Souveränität zu exerciren hätten, specificiren und desfalls
von den Ständen reversales nehmen sollten, darauf möchten sie sich nur
die geringste Gedanken nicht machen, E. Ch. D. thäten allbereit ein
üebermässiges, dass Sie das Instrument herausgegeben, darin Sie fast in
allen Punkten ihre erlangte Souveränität liraitirten, erböten sich auch
noch ferner, die Stände mit ihren andern desideriis in Gnaden zu hören.
Falls sie nun Solches nicht mit uuterthänigstem Dank annähmen, würde
die Posterität über sie schreien, E. Ch. D. aber den Oberräthen, wie und
welcher Gestalt sie die Souveränität exerciren sollten, befehlen und sich
alsdann keines Weges einige Limitationes vorschreiben lassen. Und
weil sie wegen des Statthalters zum Meisten difficultirten, zeigte ich
ihnen aus den pactis, welchermaassen der König und die Krön sich vor-
Die Gravamina der Stände gegen die Regierungsverfassung. 63
behalten, in casum caducitatis denselben allhie zu setzen; über dem
wüssten sie gar wohl, wie der Krön frei gestanden, pro lubitu commis-
sarios anhero zu schicken, die sich grösserer Gewalt augemaasset, als
E. Ch. D. jemaln einem Statthalter vergönnen würden. Endlich sagte
ich, sie möchten doch bedenken, dass E. Ch. D. hochseligster Herr Vater,
ehe er noch die Huldigung zu Warschau gethan und die Regierung er-
langet, den vorigen Landhofmeister Creizeu, damaligen Obermarschall,
den Königl. commissariis aus der Carosse nehmen und vom Schlosse
führen lassen, ungeachtet die Krön dazumal im höchsten Flor gewesen,
was würden E. Ch. D. dann wohl anitzo thun, wann Sie einige VVider-
sätzlichkeit verspüren sollten. Versicherte sie dabei hoch, dass, wenn
man E. Ch. D. Gnade länger missbrauche, E. Ch. D. gar gewiss zu an-
dern Mitteln schreiten würden. Ich verspürte auch zwar, dass sie sehr
verschlagen wurden; ob sie aber das Werk anders angreifen werden,
stehet zu erwarten. Der Schluss war, sie wollten folgenden Morgen die
beede Oberstände zu sich kommen lassen und ihnen aufs Beste zureden.
Bei dieser Gelegenheit erinnerte ich auch, dass sie Ursacli hätten, die-
jenige Gerichte in Königsberg, so von ihrer Resolution wegen der Sou-
veränität vermöge der Stände eingegebenen Schrift resiliret, für sich
kommen zu lassen, ihnen desfalls scharfen Verweis zu geben und anzu-
deuten, dass E. Ch. D. Ihren Unterthanen nimmer nachgeben würden,
sich also kegen dieselbe zu bezeigen. Sie versprachen es werkstellig zu
machen; obs erfolgen wird, werde ich mit Nächstem unterthänigst refe-
riren können. Kurz hernach, da ich von ihnen gegangen, Hessen sie mir
durch den Obersecretarium Kaloweu sagen, dass sie nach fernerer
üeberlegung des Werks befunden, wann sie den Ständen dergleichen
Dinge andeuten sollten, dieselbe leicht Anlass nehmen möchten, die
Accise aufs Wenigste zu verzögern; ob ich nicht für gut hielte, damit
innezuhalten. Ich Hess aber sagen, würden sich die Stände dergleichen
unternehmen, hottte ich, E. Ch. D. würden wohl Mittel haben, sich dabei
zu mainteniren; dies Werk müsste abgethan werden und käme E. Ch. D.
die Protraction gar beschwerlich für. Darauf Hessen sie mir gestern nach
Mittag vermelden, dass, ehe und bevor sie zu den Oberständen schicken
können, hätten sich dieselbe angegeben und fürgetragen 1) ihnen Nach-
richt von allen Landtagen »u communiciren, was den Städten allemal
wegen ihrer geforderten Schuld wäre geantwortet worden, 2) eine Spe-
cification auszuantworten, was die Städte bei diesem Kriege kegen das
Land contribuiren sollen, 3) was die Hülfgelder wohl ohngefähr möchten
(54 II' Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
getragen haben, so sie noch geniessen, 4) die Stände wegen heran-
nahenden Fests eine Zeit lang zu dimittiren, und 5) vor allen Dingen es
dahin zu richten, damit Stände nicht angehalten werden möchten, sich in
Tractaten wegen des instrumenti einzulassen, sintemal sie dasselbe durch-
aus nicht thun könnten. Weil ich aber bei der vorgestrigen Conferenz, wie
gemeldet, klärlich verspüret, dass die Oberräthe mit dem modo der Re-
gierungsverfassung selbst nicht einig, so komme ich fast in die Gedanken,
dass dieser letzte Punkt den Ständen also an die Hand gegeben worden.
Nachdem ich nun, gnädigster Kurfürst und Herr, aus E. Ch. D. gnä-
digsten rescriptis nicht anders abnehmen kann, dann dass ich auf
solche und dergleichen Art allhie negotiiren soll, es sich aber leicht zu-
tragen könnte, dass man sich allhie einige Hoffnung machen und sich
desto mehr opiniastriren und wohl gar von einem und andern resiliren
wollte, so bitte E. Ch. D. ich unterthänigst, Sie wollen mir in Gnaden
wissen lassen, ob ich auf solche Art soll continuiren, und ob E. Ch. D.
nicht achten würden, wann die Stände sich unterstehen sollten zu sagen,
man wollte sie um ihre Libertät bringen, und müssten sie sich dabei
zu erhalten suchen, und ob E. Ch. D. nochmaln der Meinung sein, im
Fall die Stände bei ihrer Opiniastritet verharren, dem Werk einen rechten
Nachdruck zu geben. Denn widrigen Falls, da E. Ch. D. dessen Bedenken
hätten, und dass gegenwärtige Conjuncturen Ihro Solches nicht zulassen
werden, Sie befinden, halte ich unmaassgeblich viel besser zu sein,
mehrern Glimpf und Sanftmuth zu gebrauchen, als vergeblich auf solche
Weise mit ihnen zu sprechen. Wann aber E. Ch. D. eine solche Reso-
lution gefasset, so will ich nicht allein continuiren, besondern immer
weiter gehen, damit sie auf allen Fall nicht sagen können, man hätte
nicht alle gradus gebrauchet. So viel die Regierungsverfassung betrifft,
will E. Ch. D. dieses wohl versichern, dass ausser dero hohen Gegenwart
dieselbe mit Hin- und Wiederschickeu in zwei Jahren nicht so wird ein-
gerichtet werden können, dass die sämmtliche Stände dieselbe in der
Güte sollten annehmen wollen, daher ich dann hiebevor die Schickung
der Stände nacher Berlin wohlmeinend vorgeschlagen und halte nochmaln
dafür, dass, wann E. Ch. D. bei der desfalls gefassten Resolution geblie-
ben, Sie würden nicht allein die Accise längst gehabt haben, sondern
auch sonst aus den schweresten Punkten herdurch sein. Weil ich aber
vernehme, dass E. Ch. D. gnädigst gemeinet sein, anhero zu kommen, so
hoffe ich negst göttlicher Hülfe, es werde dero hohe Gegenwart etzlicher
Leute Einbildung bald niedertreten.
I
Alternative für die Ständepolitik. Dank an die Oberstände. Verfassung. 65
Der Kurfürst an die Oberräthe. Dat. Colin a. d. Spree 24. März
1662.
Concept, gezeichnet und geschrieben von Somuiz.
[Dank des Kurfürsten für die Willigung der Oberstände. Befehl zu sofortiger Ein-
richtung der Accise.]
Der Kurfürst will den Oberständen seinen Dank für die Bewilligung der 1662.
Accise durch ein besonderes Schreiben ') zu erkennen geben. Wenn die Städte ' ^^^ '
Königsberg bei ihrer Widersetzlichkeit verharren, ist mit der Einrichtung keinen
Augenblick zu säumen, „allermaassen, wann es noch bis auf den 1. nächstkom-
menden Monats Mai damit anstehen sollte, sowohl der Miliz alldort, als auch
Unseren Domänen höchst schädlich sein würde".
Die Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 4. April
1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 30. März [9. April].) Ausfertigung.
[Sie fordern eine weitere Verfassung zur Feststellung der Grenzen zwischen den alten
Privilegien und den neuerdings declarierten Souveränitätsrechten des Kurfürsten.
Accise. Bitten der Stände. Verweigerung der Osterdimission. Pennalismus an der
Universität.]
Sie überreichen die Deduction der beiden Oberstände über die Verfassung. 1662.
Es hat aber Se. Exe. der Herr Oberpräsident, als er diese Deduction '
mit uns durchgangen und der Stände Intention, dass sie weiter über ge-
meldter Regierungsverfassung sich gar nicht einzulassen, sondern, dass
bei dieser ihrer Schrift es terminiren möge, gemeinet, begriffen, hingegen
E. Ch. D. an ihue gnädigst erklärete Entschlüssung uns gar beweglich
vorgestellet, wie nemlichen E. Ch. D. fast ungnädigen Verdruss über sol-
chem der Landstände procedere geschöpfet, dahero E. Ch. D. endlichen,
so sich die Landschaft nicht zur schuldigsten Gebühr weisen lassen, son-
dern ferner auf ihrer bisherigen Meinung bestehen wollte, darauf es auch
ankommen lassen, und uns als Dero Dienern und Käthen eine gewisse
Verfassung, wonach wir . . . E. Ch. D. Souveränität exercieren sollen,
befehlen würden. Obwohl sie die ständischen Privilegien durch die kurfürst-
liche Assecuration für hinlänglich gesichert halten, so meinen wir doch un-
seres gehorsamen Theiles, wie bei einer Consolidation in casu devolu-
tiouis an die Krön Polen (dene Gott zu ewigen Zeiten verhüte) das Land
einer neuen Verfassung würde höchst vonnöthen haben, dass auch bei
') Es ergieng am selben Tage, abgedruckt bei Orlicb III. S. 150 f.
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsteu. XVI. 5
66 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
dieser E. Ch. D. Consolidatioa höchstnöthig seie, durch eine Verfassung
gnädigst zu erklären, was eigentlichen die Reservation sei, worin die
Landesprivilegia dessen supremi dominii juribus nichts derogieren sollen.
Derowegen denn wir nach allem unserm Vermögen dieses Werk noch
weiter in schuldigsten Pflichten angreifen und bearbeiten sollen, seind
auch des unterthänigsten Vertrauens, E. Ch. D. werde selbiger unser Be-
arbeitung solch' einen Ausschlag und Beschluss, der nicht weniger in
Dero landesfürstlicher Güte als in Ihren höchsten juribus et pactis sich
gründet, in hohen kurfürstlichen Gnaden geben und unser gnädigster
Kurfürst und Herr in unverwirkten Hulden verbleiben.
Indessen und hieneben treiben wir auf die Einrichtung der Accise
mit schuldigstem Fleiss und Eifer, worin auch die beide Oberstände das
Ihrige prästiren. Die Städte aber bleiben nur bei ihrem Erbieten, wenn
Alles glücklich oder nach ihrem unterthänigstem Bitten und desideriis
mit dem Landtage abgethan und beschlossen alsdann zu einer wirklichen
Willigkeit gehorsambst zu schreiten.
Die Stände bitten insgesanibt um Erledigung der Verfassungsfrage und
ihrer Gravamina. Eine Dimission des Landtages zu Ostern haben sie, die Ober-
räthe, nicht bewilligt ^).
Dobersinsky an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 4. April
1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Das einzige Remedium gegen alle Uebel ist des Kurfürsten Gegenwart. Kriegs-
nachrichten.]
1662. In ungezweifelter Hofnung, dass E. Ch. D. meine treu-unterthänigste
4r Äüril
' Berichte in Gnaden aufnehmen, erkühne mich abermals deroselben in
unterthänigster Demuth vorzustellen, wie dass gegenwärtiger Landtag
annoch vom gewünschtem Schluss gar sehr entfernet ist, theils weil das
zu Bartenstein extradirtes [sie] Instrument gar nicht will angenommen
werden, und man dahero die ganze Zeit über (ungeacht des Freiherrn von
Schwerins Exe. unermüdeter Arbeit) nicht ein einzigen Punkt zur voll-
kommener Richtigkeit hat bringen können, theils weil unterschiedene
von den Ständen unter dem Vorwand der bevorstehenden Feiertage und
1) In einem Postscriptum erinnern sie an ihre Relation vom 21. Febr. d. J., in der
sie über die Beschwerden der Universität über den herrschenden Pennalismus berichtet
hatten, und bitten neuerlich um Beantwortung.
Dobersinskys Rathschläge. Kriegsnachrichten. 67
dem Exempl zu Folge, welches ihnen der Landhofmeister durch seine
Abreise gegeben, sich von hinnen auf eine Zeit begeben, auch besorglich
bei ihrer Wiederkunft mit andern Gedanken, als sie hier gelassen,
schwerlich werden erscheinen wollen. Wann dann dieses Alles daher
rühret, dass die Meisten von seltsamen Ombragen sich haben einnehmen
und die Städte Königsberg mit verfiihrischen Einbildungen bethören
lassen, auch keinen andern Effect nach sich ziehen kann, als dass das
ganze Werk zu E. Ch. D. höchstem Nachtheil in suspenso verbleiben
und der Benachbarten und Anderer auf sothanen Missverstand gerichtete
reflexiones nur schärfen möchte, als bin ich annoch, wie allezeit, der
unterthänigster unvorgreiflicher Meinung, dass diesem Uebel und andern
unzähligen, (die absonderlich in der Administration der Oeconomie wegen
der grossen Autoritet und Jalousie der Oberräthe täglich zunehmen)
nicht anders als durch E. Ch. D. hohe Gegenwart und durch dergleichen
Mittel und Wege, die ich allbereit vorhin E, Ch. D. aus treu meinen-
dem unterthänigstem Herzen eröfnet, mit Nachdruck könne begegnet
werden.
Sonsten, gnädigster Kurfürst und Herr, will allhier verlauten, dass
der Reussnischer Palatin Czernitzky sich mit unterhabender Armee
gegen die preussnische Grenze gewendet und in der Mazow seine Quartier
genohmen hätte. So lassen auch S. K. M. von Polen, dero Residenz
in Marienburg mit allem Fleiss gegen dero Ankunft anfertigen, welches
ich unterthänigst berichten sollen.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 4. April 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 30. März [9. April].) Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Die Souveränität. Die Verfassung und die Mittel zu ihrer Durchsetzung. Religions-
sachen.]
E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 17. Martii habe ich mit unter- 1G62.
thänigst geziemendem Respect wohl erhalten; und gleich wie ich nicht ' P"
zweifle, es werden E. Ch. D. der Stände Erklärung wegen der Accise
allbereit empfangen haben, also ermangelts hierunter, so viel die Ober-
stände betrifft, itzo an nichts mehr, als an E. Ch. D. Reversal, welches, «
ich hoffe, bei morgende Post einkommen werde, darauf die Introduction
der Accise so fort für sich gehen soll. Was die eigentliche Ursach des
Zwistes zwischen dem Rath und der Bürgerschaft sei, werden E. Ch. D.
5*
ß3 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
aus meiner vorigen unterthänigsten Relation ersehen haben. Dass aber
E. Ch. D, Souveränität ich allhier als ein jus liquidissimum so wohl
publice, als privatim nach allem Vermögen verfochten und wohl nimmer
geschwiegen, wann man dasselbe einiger Invalidität beschuldigen oder
der Stände Consens als ein substantiale requisitum erfordert wissen
wollen, Solches werden meine gehorsamste relationes genugsam darthun.
Der Effect, welcher darauf erfolget, ist E. Ch. D. auch zur Gnüge gnä-
digst bekannt. Dieses kann E. Ch. D. ich mit Wahrheit berichten, dass,
wie ich in dieses Land kommen, weder Ihre Fürstl. Gn. prince Radzivill,
noch einziger ander E. Ch. D. hiesiger Diener, so ihren Respect auf
E. Ch. D. allein gesetzet, ihnen einige Hoffnung machen wollen, dass die
Stände jemaln der Souveränität in der Güte submittiren würden. Und
weil E. Ch. D. damaln, als diese Erklärung von den Ständen wegen der
Souveränität zu Bartenstein geschehen, weder mir noch den Oberräthen
auf unsere desfalls abgelassene unterthänigste relationes nicht einst ge-
antwortet, die Oberräthe aber, in dem sie eine gnädigste Danksagung,
dass sie ein Werk, so vor desperat gehalten worden, so weit gebracht,
erwartet, sich darüber sehr verwundert, so hab ich ihnen zu mehrer
Bezeugung, wie fest E. Ch. D. diese Souveränität gestellet und pro in-
disputabili et liquidissimo jure hielten, deutlich gesagt, E. Ch. D. wären
vielmehr übel zufrieden, dass wir so lang über diesen Punct zugebracht
und dass wir uns mit den Ständen darüber eingelassen, item dass
E. Ch. D. mir verwiesen hätten, dass die Stände in ihren Schriften sich
auf einen consensum berufen.
Weil ich nun spüre, dass E. Ch. D. in den Gedanken stehen, als
würden sich die Stände daran vergnügen, dass die Souveränität an
Seiten der Krön Polen ihre Richtigkeit hat, als finde ich mich in mei-
nem Gewissen verpflichtet, E. Ch. D. hierin die Wahrheit gehorsamst zu
hinterbringen, und fehlet demnach daran so sehr, dass Alle ingesammt,
so wohl diejenige, welche die Souveränität noch diese Stunde nicht er-
kannt, als auch dieselbe, so sich solcher mit gewisser Condition unter-
worfen, beständig davor halten, es könne dieselbe nicht eher ihren Effect
haben, bis sie erstlich von der Krön per commissarios ihrer Pflicht er-
lassen und zum Zweiten von E. Ch. D. ihnen die Assecuration ausge-
stellet worden.
Als nun itzo der Stände vereinigtes Bedenken über die Regie-
rungsverfassung herausgeschicket wird und ich leicht ermessen kann,
dass E. Ch. D. darauf eine Resolution, wie das Werk ferner allhie an-
Schwerins Anschauungen über Souveränität und Verfassung. 69
zugreifen, fassen werden, erkenne ich mich ebener Gestalt verbunden,
deroselben mein unterthänigstes Gutachten ohn Maassgebung gehorsamst
zu überschreiben. Und damit ich Solches mit desto besserm Grund
thun möge habe ich unter den Oberräthen und Ständen mit denjenigen,
von denen ich, dass sie dieses Werk gern zu E. Ch. D. gnädigstem Con-
tentement befordern wollen, versichert bin, geredet und viel Tage über-
leget, wie es anzustellen, damit das Werk zu seiner Richtigkeit kommen
möge, welche mich dann hoch versichert, wann gleich E. Ch. D. die Re-
gieruugsverfassung nach allen ihren itzig eingegebenen notatis einrich-
teten, dass dennoch die allhie versammlete Stände solche nicht anneh-
men würden, weil sie 1) dessen von ihren Heimgelassenen keinen Be-
fehl hätten, ihre Instruction sie auch dahin, dass Alles im vorigen
Stande gelassen werden sollte, anwiese, die Stände auch 2) in der
festen Meinung stünden, dass dergleichen Verfassung nicht gemachet
werden könnte, es wäre dann vorher Alles und Jedes, was darin decer-
niret werden sollte, mit den Ständen gebührlich überleget. Diesemnach
und insonderheit, da ich wohl gewiss bin, dass E. Ch. D. in allen no-
tatis den Ständen nicht fugen können, und dass Sie gleichwohl dieses
Werk gern zur Endschaft gebracht wissen wollen, halte ich unvorgreif-
lich das beste und fürträglichste Mittel zu sein, dass E. Ch. D. in hoher
Person anhero kommen; ausser dem sehe ich wahrhaftig nicht, wie diese
Leute allhie und vornehmlich die Städte zur raison zu bringen, Falls
nun E. Ch. D. sich dazu bald resolviren, wird nicht undienlich sein, all-
sofort anhero zu befehlen, dass der Adel in den Aembtern aufs Neue
verschrieben und ihnen anbefohlen werde, den Deputirten andere In-
struction, so zu E. Ch. D. contentement gereichen könnte, zu ertheilen;
dabei zugleich den Oberräthen befohlen werden müsste, allen Fleiss bei
solchen Zusammenkünften anzuwenden, dass der Zweck erreichet werde,
welches dann fürnemlich in den vier Hauptämbtern, hernach im Rasten-
burgischen, Eilauschen, Bartensteinschen und Balgischeu, an welchen
vier Orten der meiste Adel ist, am Nöthigsten sein würde. Im Ober-
land, hoffe ich, soll Alles ohn Schwierigkeit zu E. Ch. D. gnädigster Ver-
gnügung ausschlagen. W^ann aber dieses vorhero nicht geschieht, so
werden E. Ch. D. bei ihrer Ankunft zu dero Verdruss von den hiesigen
Deputirten nur damit, dass sie keinen Befehl von ihren Heimgelassenen
hätten, aufgehalten werden. Sollten aber E. Ch. D. so bald nicht kom-
men und etwan Dero Reise bis gegen den Herbst verschieben müssen,
so wird auch diese Zusammenkunft nicht ehe, als kegen solche Zeit an-
70 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
gestellet werden müssen. Und können E, Ch. D. , so bald die Äccise
hier wirklich introduciret ist, ein gnädigstes Rescript an die Stände
abgehen lassen, darinnen ihnen angezeigt wird, weil E. Ch. D. das
üebrige, so noch an diesem Landtage restiret, in Dero hohen Gegenwart
abzuthun gemeinet, so wollten E. Ch. D. sie bis zu Dero, Gott gebe,
glücklichen Ankunft dimittiret und bis dahin den Landtag differiret haben.
Würden aber E. Ch. D. diese Reise gar nicht herein thun können,
möchte etwa das ander Mittel sein, dass E. Ch. D. die Deputirte der
Stände nach Berlin, oder da Sie dieselbe nicht vollends dahin be-
gehrten, sie nach der Neumark auf ein oder ander Ambt oder in Hinter-
pommern nach Rügenwalde verschrieben, auf welchen Fall doch nöthig
sein würde, dass sie vorhero in den Aembtern zusammen kommen.
Sofern aber E. Ch. D. auch dieser Vorschlag nicht gefiele, möchte
der dritte dieser sein, dass E. Ch. D. anitzo das instrumentum allda, so
viel sie können, nach Anleitung der Stände Notaten einrichten, solches
unvollnzogen hereinschickten und es alsdann in Aembtern und Städten
den hinterlassenen Ständen fürtragen Hessen, damit dero Deputirte In-
struction bekämen. Solches allhie zu acceptiren, und dass darauf die
Huldigung angesetzt würde. Auf solchen Fall aber, weil es alsdann
viel Mühe und Arbeit erfordern wird, ich unterthänigst bitte, dass
E. Ch. D. gnädigst geruhen wollten, noch einen Dero Räthen, welchem
E, Ch. D. Intention recht bekannt, anhero zu schicken, dann ausser dem,
so etwan auf den Unterhalt desselben Pferde gehen würde, soll E. Ch. D.
es nichts mehr kosten, weil wir wohl zusammen speisen können. Da
auch E. Ch. D. dieses nicht anstehet, und nach überlegter Sach befunden
wird, das es E. Ch. D. Estat keinen Nachtheil oder Unsicherheit geben
kann, wann gleich das Werk allhie ohn der Stände guten Willen fest
gestellet wird, bleibt dies Einzige noch übrig, dass E. Ch. D. die Regie-
rungsverfassung mit ernstem Befehl hereinschicken, solche anzunehmen
und sich derselben zu accommodiren, wobei, gnädigster Herr, ich noch
dieses in Unterthänigkeit erinnern muss, wenn ich mich, dass es endlich
dahin kommen werde, vernehmen lasse, dass sie allzeit antworten, sie
würden E. Ch. D. sich zwar mit keiner Thätlichkeit widersetzen, ein Jeder
aber würde sich vorsehen, seinen Willen darin nicht zu geben, sondern viel-
mehr seinen dissensum zu bezeugen, damit sie ihr Recht in integro erhielten.
Und alsdann wird wohl wegen der Huldigung nicht geringe Schwierig-
keit entstehen, da dann auch zu überlegen sein wird, ob man sie in den
Aembtern zu verschreiben, oder aber einen jedweden vasallum ä part zu
Verschiedene Mittel der Ständepolitilj. Reformierte Kirche. 71
Ablegung seines Eides zu citiren habe, welches dann meines Ermessens
bei dem Adel zu practiciren; bei den Städten aber dörfte wohl mehr
Schwierigkeit vorfallen. Sollten dann auch E. Ch. D. bei diesem letzten
Mittel die daraus entstehende Difficultäten dergestalt erwägen, dass Sie
so wenig diesen, als vorbedeutete Fürschläge gebrauchen wollten, so kann
E. Ch. D. ich dennoch nicht rathen, dass Sie den Landtag hier länger
continuiren lassen, sondern würde nothwendig durch ein gnädigstes re-
scriptum auf eine andere Zeit differiret werden müssen, dann je länger
dieses Werk offen stehet und sie bei einander bleiben, je mehr Gelegen-
heit haben sie, ihre consilia zu Hintertreibung E. Ch. D. Intention zu-
sammen zu bringen.
Im üebrigen erinnere mich unterthänigst, dass E. Ch. D. gnädigst
befohlen einen Aufsatz zu schicken, wie der Piinct der Erbauung der
reformirten Kirchen einzurichten, habe dero wegen beigefügtes unmaass-
gebliches Concept gehorsamst überschicken wollen, darin meines weinigen
Ermessens E. Ch. D. Befugniss genugsam in Acht genommen, die Stände
auch solches mit unterthänigstem Dank anzunehmen ürsach hätten. Ich
besorge jedennoch, sie werden damit nicht zufrieden sein, denn sie
wollen behaupten, dass in diesem Lande keine andere Religion als die
Lutherische, auch die Catholische selbst nicht, ohn ihren Consens ge-
litten werden dörfe, und dass Solches kein Werk sei, so zur Hoheit ge-
höre, sondern von Anfang in der Stände Hände gewesen, maassen sie
Solches noch viel härter wider die Krön, als E. Ch. ü. mainteniren
würden. Zu Behauptung ihrer Intention gebrauchen sie sich unter
andern beikommender Resolution'). Ich weiss nicht, ob hievon im
Archiv zu Berlin Nachricht vorhanden, aber allhie findet sichs in den
Landtassactis.
Die Oberstände an die Städte. Pr. 5. April 1662.
R. 6. RR. 3. — Kön. 668. IL
[Zurückweisung des Vorwurfes einseitigen Vorgebens. Sie haben das Zögern der
Städte nicht als einzige Ursache der Hinziehung des Landtages bezeichnet. Der Titel
Oberstände. Die Accise. Schuldforderung der Städte an der Landschaft. Ersatzpflicht
der Städte für das von ihneu während des Kriegs zu wenig Gezahlte.]
Die städtische Schrift vom 25. März 1662 will nicht allein die Ober- 1662.
stände insimuiiren, als wann sie ratione methodi wider Landtagsgewohn- ^' P"
^) Johann Sigismunds vom 28. Mai 1616.
72 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
heit gehandelt, als wenn sie gedächten, die Städte in ihrer freien Stimme
zu beeinträchtigen, sondern auch die Oberstände in ihrer wohlherge-
brachteu Dignität graviren und fiirnehmlich in einigen Essentialibus ihren
Freiheiten und Gerechtigkeiten grossen Theils derogieren, dannenhero die
vom Herrenstande und Landräthe wie auch die von der Ritterschaft und
Adel ihnen solche unverdiente Beschuldigungen und Zumuthungen zwar
tief zu Gemüthe ziehen und dieselbe zur Nachricht der Posterität kürz-
lich von sich ablegen müssen. Sie sind aber gar nicht gemeinet sich
deswegen mit denen von Städten in einiges Litigiren einzulassen, viel-
wcniger das hochnöthige gute Vernehmen zwischen den Ständen als
vereinbarten Gliedern aufzuheben, sondern vielmehr denen von Städten
allen übel gefasseten Wahn zu benehmen und sie durch bessern Bericht
zu Beförderung des allgemeinen Vaterlandes Wohlfahrt auf rechten W^eg
zu bringen, einig und allein zu dem Zweck, damit sie annoch wo mög-
lich mit uns zusammen treten und der gnädigsten Landesherrschaft ein-
hellig bei dieser kümmerlichen Zeit mit einem freiwilligen Subsidio zur
Hand gehen mögen.
Anfänglich geschiehet denen Oberständen darin ganz ungütlich,
dass ihnen von den Ehrb. Städten vorgerücket wird, als wenn sie oline
vorhergegangene Communication mit denen von Städten, den 8. Martii
sich in der Oberrathstuben angegeben und der hohen Herrschaft fürge-
bildet, als käme die Verzögerung der Laudtageshandlungen von Nieman-
den anders als denen von Städten her. Da müssen die von Städten
zurückgewiesen werden in die Landtagesacten und zwar in die Schrift,
so sie den Oberständen den 18. Febr. nach mündlicher Proposition über-
geben, die Conference, so mündlich darüber gepflogen, und in die schrift-
liche Erklärung der beiden Oberstände, so ihnen den 24. Februarii extra-
diret. Wann sie dieselben Schriften lesen, werden sie gewisslich nicht
urtheilen, dass die Herren Oberräthe ohne vorhergehende Communication
angetreten worden. Wie oft haben die Stände durch ihre Deputierte die
von Städten freundlich ersuchen lassen, ob sie nicht mit ihnen conjunc-
tim bei denen kurfürstlichen Herrn Plenipotentiarien umb Ausgebung der
Ässecuration und Abthuung der Gravaminum anhalten wollten. Es ist
in der einen Materie mehr als 6 Mal geschehen, auch letzlich ihnen zwei
Mal angedeutet, weil die Erklärung von ihnen gar zu lange verschoben,
dass die Oberstände solches allein verrichten würden. . . .
Ob aber die Verzögerung der Landtagshandlungen Niemand als den
Städten beigemessen, ist zu ersehen aus demselben Protokoll, so den
Yertheidigung der Oberstände gegen die Vorwürfe der Städte. 73
8. Martii eingegebn. Daselbst ja ganz klar zu befinden, dass solcher
Ursachen der Verweilung nicht eine, sondern viere angeführet werden
und der Städte gar mit Wenigem gedacht wird. Zwar können wir nicht
in Abrede sein, dass die Separation der Bürgerschaft von den Ständen
bei diesem Landtage nicht wenig Difficultät veranlasset und müssen uns
fast die Gedanken machen, dass es eine Ursache mit sei, warumb die so
billig projectirte Assecuration von der gnädigsten Landesherrschaft nicht
vollentzogen ... Es haben aber die beiden Oberstände nichts desto we-
niger die von Städten deswegen nicht graviret, sondern vielmehr sie in
der Güte zu gewinnen alle Mittele und Wege gesuchet. Dahero es woU
diese Ursache nicht sein kann, warumb die von Städten sich also über die
Oberstände beklagen, dann wann es au dem Methode gelegen, so könnte
es unter den Ständen in continenti corrigiret werden. Es ist einig und
allein die Verwilligung der Accise, welche den Städten laut ihrer Schrift
gar zuwider, dass sie andere Entschuldigungen per indirectum suchen
sich derselben zu entledigen und die Gelegenheit fassen, sich mit denen
Ständen zu zwiesten, damit sie nur dadurch Zeit gewinnen, anderweit
ihre Intention zu befördern, der Stände Willigung zu eludiren und ihnen
einen höchstschädlichen Hubenschoss auf den Hals zu bürden.
Sie legen dar, dass sie genugsam mit den Ständen de modo, qnanto et
tempore deliberiert, und weisen die Behauptung, als führten sie den Titel Ober-
stände zu Unrecht, energisch zurück. Die Besorgniss der Städte, dass die Con-
ditiones für das directum dominii nicht erfüllt und die Gravamina nicht abge-
stellt werden würden, theilen sie nicht. Sie ersuchen die Städte um weitere
Verhandlungen über die Accise.
Es ist aber allhier nicht die Frage ob eines oder das andere in der
Accisordnung, zu hoch angeschlagen, ob etzliche Dinge, als Fleisch, Wild-
pret oder dergl. in die Taxe gebracht, so nicht dahin gehöreten, denn
hierüber würden sich die Oberstände mit denen von Städten, wenn sie
nur deswegen ihre monita fürbringen wollten, leichtlich vergleichen und
wie bei diesem Landtage vielfältig geschehen in solchen Stücken, denen
Ehrb. Städten woU accomodiret haben, es kombt einig und allein hier-
auf an, ob die Accise ein gleich durchgehendes Mittel sei, da Einer so
woU als der Andere, nachdeme er viel verzehret, das Seinige zutragen
muss. Es folgt eine längere Deduction der alten Argumente für die Auffassung,
die diese Frage bejaht. Für den Fall, dass dennoch ein Hubenschoss durch-
gesetzt würde, werden die Oberstände zur Herstellung gebührender Gleichheit
beim Kurfürsten eine andere billige Taxierung des Grund und Bodens in Kö-
nigsberg beantragen.
74 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Die Städte werden ferner ermahnt, sich in Sachen des allgemeinen Aufbots
zu fügen. Ihre Schuldforderung ^) kann erst, wenn die Originalurkunden pro-
duciert werden, gezeigt werden. Indess ist schon jetzt die Zahl der Zinsen zu
beanstanden, nach dem Grundsatz quod usurae ultra alterum [tantum peti et
exigi non possint.
Es geben aber die von Städten . . . selbst Gelegenheit an die Hand . . .,
dass sie [die Oberstände] itzo nach aufgewandten Kriegeskosten noch so
viel mehr Fug und Anlass haben, mit den Städten Königsberg eine billige
Liquidation anzulegen. Dann es denen von Städten woU nicht geborgen
sein kann, welchergestalt die Oberstände sambt den kleinen Städten
bei diesem sechsjährigen Kriege von a. 1655 bis 61 zur Defension des
Landes eine unsägliche Summa an Gelde und Getreidigs hergeben
müssen, also dass sie fast nichts als das liebe Leben behalten, hingegen
die Städte Königsberg des Schutzes von solchen Armeen vielmehr, als
das arme Land genossen und sie dennoch zur Erhaltung derselben ihre
Monatgelder nicht abgetragen, dahero dem Lande die Last viel schwerer
und unerträglicher worden und nunmehro von dem kurfürstlichen Com-
missariat E. E. Landschaft eine Consignation ^) extradiret, was die Städte,
wann sie dem Lande an Contribution von Hüben nach Proportion ihres
Anschlages gleich kommen sollen, von a. 1655 bis 61 restiren, welches
*) Die alte Schuldforderung der Städte Königsberg an die Landschaft (s. Bd. I S. 340,
Anin. 2), nun noch durch Berechnung der Zinsen für die inzwischen verlaufene Zeit
angewachsen auf 1 179575 Mark 54 Gr. (Anlage zu dem städtischen Bedenken vom
10. März 1662.)
^) Die Städte Königsberg werden darin auf 13577 Hüben veranschlagt, davon
für „1656 Febr. — Mai ä 3 '/2 und 74 Schi. Haber; Juni — August ä 42 Gr. und
2 Stof Haber; Sept.— Nov. a 30 Gr. 1656 Dec. — 1657 Juni k 3 fl. 1 Schi. Haber;
Juli— Sept. a 2^/^ fl. thut von der Hube 16 Rthlr. 51 Gr. und 8 Schi. 6 Stof Haber.
Bei Sr. Ch. D. Anwesenheit. Sa. 224925 Rlhlr. 57 Gr. und 110657 Schi. 22 Stof
Haber oder 1844 Last 12 Schi. 22 Stof. — 1657 Dec. zu 30 Gr. 1658 März, Mai,
Sept. zu 20 Gr.; Oct. zu 60 Gr.; Nov., Dec. zu 50 Gr. und V4 Haber. 1659 Jan.
75 Gr. und IV2 Viertel Haber; Febr. 60 Gr. und V/o Viertel Haber; März, April 60 Gr.
und IV2 Viertel Haber; Mai 30 Gr.; Juni 40 Gr.; Juli— Sept. 45 Gr.; Oct. 45 Gr.,
V4 Haber. 1660 Jan.— März 120 und V2 Schi. Haber; April, Mai 75 Gr. 74 Haber,
4 Stof Korn; Juni 75 Gr., 4 Stof Korn; Juli — Nov. zu 60 Gr.; Dec. 25 Gr. und
IV2 Schi. Haber. 1661 Jan. 25 Gr. und IV2 Viertel Haber; Febr.— Mai zu 30 Gr.
Thut bei Sr. F. Gn. Zeiten 21 Rthlr. 10 Gr. von der Hüben und 67.2 Schi. Haber
und 12 Stof Korn, Sa. 286 625 Rthlr. 50 Gr. und 98250V2 Schi. Haber nebst 4073
Schi. 4 Stof Korn.
Station: 472 Schi. Korn, 47, Schi. Gerste, 5 Schi. Haber ä 1655, 56, 57, 58
und 59, thut 6IO96V2 Schi. Korn oder 1018 Last I672 Schi., 6IO96V2 Schi. Gerste
oder 1018 Last I672 Schi., 67885 Schi. Haber oder 1131 Last 25 Schi. Darzu kom-
Schuldfordenmg der Städte. Kriegskosten-Gegenforderung. Hülfsgelder. 75
sich auf ein hohes und zwar über 500 000 Rthr. und viel Tausend Last
Getreidigs belaufen thut. Als wollen die Oberstände ... sie freundlich
gebeten haben, sie wollen sich zugleich auch über solcher Prätension
resolviren, damit hierin gute Richtigkeit gemacht . . . werden möge.
Es ist auch billig zu beklagen, dass die Ehrb. Städte Königsberg
es in ihrem andern Bedenken vom 10. März^) allsofort so übel aufneh-
men, dass die von der Ritterschaft und Adel wegen Aufhebung der
Hülfgelder freundliche Erinnerung gethan. Unstrittig ist es dennoch,
dass dieselben Hülfgelder mutato nomine in der That und Wahrheit
eine rechte Anlage sein, da der Bürger zwar die erste Auslage thut,
aber es bald wieder auf die Waaren schlägt und der letzte Consuraeut
men noch 2 fl. Fleischgeld ä 1G55 und 58, thut 9051 Rthlr. 30 Gr. Summa Sum-
marum 520602 Rthlr. 47 Gr. 1086 Last 9 Schi. 24 Stof Korn, 1081 Last I6V2 Schi.
Gerste 4613 Last 8 Schi. 2 Stof Haber.
Ohne das Ranchfutter, die Servicen, Marchkosten, Logierung und
Speisung, die zwar monatlich vor einen Reuter gerechnet zu 2 Rthlr., vor einen
Dragoner V/o, vor einen Fussknecht V/2 Rthlr. bezahlet worden, welche aber gegen
die Theurung des Bieres, Brots auch andern Victualien, wie auch wegen der Weiber,
Kinder und Gesinde, die vor einen Monat mit unterstellet werden müssen, nur vor
halbe Bezahlung gerechnet werden können. NB. Weil wegen des Brandes und der
Wüsteneien in dem Lande und den kleinen Städten in etzlicheu Monaten ein Vieles
abgangen und nur von besetzten contribuiret worden, müsste auf solche Art wegen
der befreieten und möchten bei diesen Städten dieses auch in Acht genommen werden."
^) Die Ritterschaft hatte in ihren Bedenken vom 24. Febr. gefordert, dass die
Hülfgelder in den Städten Königsberg aufhören möchten, sobald die Accise eingeführt
werde. Darauf hatten die Städte (in den Bedenken vom 10. März 1662) geantwortet:
„Die Restitution des so lange Jahre entbehreten Pfundzolles, welcher gleichsamb der
Städte Königsberg Herz ist, ohne welchen sie sonderlich bei diesen kümmerlichen
Zeiten, da alle Stadtintraden dahinten bleiben, kaum das Leben haben, will noch
nicht erfolgen, sondern man gedenket ihnen auch noch die von ihnen selbst zu Aus-
zahlung der kurfürstlichen Schulden erdachte und ohne Jemandes als ihren selbst-
eigenen Schaden und Nachtheil die Zeit hero ergangene Hülfgelder, welches woU einem
Dorfe geschweige einer ganzen Stadt vermöge so vieler Rechtsgelehrten und Politi-
corum Meinung ohne Jemandes Hinderung freistehet, aus Händen zu bringen und
gedenket man nicht mit einem Worte, dass eben durch eine ganze E. Landschaft die
Städte Königsberg in solche Schuldennoth gerathen und wie denenselben durch er-
folgende Zahlung wieder zu helfen seie, deswegen sie nochmaln hochnothdrünglich
bewogen worden, deswegen denen gesambten Ständen eine Specification dessen, was
sie von ihnen zu fordern haben, zu übergeben und auf Mittel, wie dieselbe abzu-
tragen sein möchten, noch in währendem Landtage bedacht zu sein, (s. 0. S. 74,
Anm. 1) anzulangen. Wann solches erfolgen möchte, wären die Städte Königsberg
der Hülfgelder woU gerne überhoben und haben sie keine Freude sich selber zu tail-
liren und zu schätzen, sind aber auch nicht gemeinet, sich über dem, was sie mit
allem Recht ganz wohl befugt, in einiges Disputat einzulassen."
76 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
die Last endlich tragen muss. Nun wollen die Oberstände denen von
Städten gar nicht disputieren, was ihnen ex fundatiooe, privilegio oder
ex consuetudine gebühret. Dieses wissen sie gar zu gut, dass den Städten
keiuesweges zustehet, eine solche Zusammenlage unter sich zu machen,
dadurch die andern Stände zum Wenigsten per indirectum mitgedrücket
werden. Es ist ja die holie Herrschaft so gütig, dass sie nach Inhalt der
Landesverfassungen keine neue Zölle oder Imposten sine consensu eorum,
quorum interest, anlegen wollen ... so kann ja viel tausend Mal weniger
eine Stadt, so mit dem Lande auf ein Recht gegründet oder wie ihre
Schrift meldet, ein Dorf unter sich solche Hülfgelder anlegen, dardurch
das ganze Land, so in der Stadt Handel und Wandel treiben, uufeilbar
mitgedrücket wird. Die Städte haben es wohl gemerket, dahero sie die
Hülfgelder mit Zulass der hohen Herrschaft angestellet, auch sich davon
Rechnung zu thun anerboten und obligiret. In quem finem? Sonder
Zweifel, dass sie sich mit der hohen Herrschaft Autorität verantworten
könnten, denn wenn sie es vor sich selbst Macht gehabt oder berech-
tiget gewesen wären, so hätten sie ja die hohe Herrschaft deswegen
nicht ersuchen dörfen. Aber ob es recht sei, die Mitglieder also aus-
zuschliessen und dem armen Landmann ohne der Stände Einwilligung
so eine heimliche Contribution, welche sich aus befindlicher Rechnung
über viel Mal hunderttausend belaufend thut, bei des Landes ohne das
unerträglichen Beschwerden unter der Hand aufzubürden, solches wird
einem jeden Unpassionirten, auch denen von Städten selbst, zu ermessen
anheimb gestellet. . . . Die Oberstände können ihr Recht an solche
Hülfgelder nicht vergeben, noch der Städte einseites Responsum de
a. 1631 zu Nachtheil der Landesfreiheiten auslegen lassen, sondern
hoffen, es werden die von Städten bei vorhabender Liquidation hierüber
mit dero Mitgliedern gute Richtigkeit zu treffen belieben und ins Künf-
tige, wann sie Mittel unter sich bedürfen, dieselbe also zusammen legen,
dass der Landmann dadurch nicht beschweret werden möse.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 7. April 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Die Einfütirung der Accise. Auseinandergehn der Stände. Der Revers. Verzögerungen.
Roth. Versorgung Braunsbergs mit Getreide.]
^1662. Gleich wie die Introduction der Accise für dies Mal an nichts
mehr gehaftet, denn dass den Ständen das von E. Ch. D. begehrte Re-
Hülfsgelder. Verzögerung der Accise-Eiurichtung. Reversal. 77
Versal ausgeantwortet werden möchte, gestalt dann dieselbe allhie zu
bleiben, dadurch aufgehalten worden, dass Solches mit vorgestriger Post
gewiss einkommen würde, weil sie sonsten Alle kegen das Osterfest auf
ihre Güter zu reisen Willens gewesen, also hab ich mich gewiss, dass
dasselbe meiner Hoffnung zuwider nicht mitkommen, sondern dass
E. Ch. D. in dero gnädigstem Rescript vom 20. Martii allererst Abschrift
von dergleichen Reversalen gnädigst begehren, sehr betrübet; nicht allein
darum, dass die Noth allhie so gross ist, so E. Ch. D. ich mit Wahrheit
nimmer genugsam beschreiben kann, inmaassen dann ich vom General-
wachtmeister Görzken und allen andern Officirern, ja den gemeinen Sol-
daten selbst täglich überlaufen werde, die auch nunmehr öffentlich sagen,
wann es nicht anders würde, wollten sie mit hellem Haufen davon
gehen, besondern auch vornehmlich darum, dass sich die Städte noch
diese Stunde äusserst bemühen, die Ritterschaft, so fürwahr mit unsäg-
licher Mühe zu dieser Einwilligung gebracht worden, wieder davon ab-
zuziehen, maassen sie sich noch neulich dieser nachdenklichen Worte
kegen itzbesagte Ritterschaft gebrauchet, sie würdens in Ewigkeit kegen
ihre Posterität nicht verantworten können, dass sie durch dergleichen
Einwilligung sich selbst um ihre Freiheit brächten, weil es noch nie ge-
schehen, dass E. Ch. D. von ihnen etwas ehe gewilliget worden, bis ihre
gravamina abgeschaffet wären, anstatt deren Abthuung man ihnen viel-
mehr eine alle ihre privilegia übern Haufen stossende neue Regierungs-
verfassung zugeschickt hätte.
So bald die Post war angelanget, schickten die Landräthe herauf
und Hessen sich wiegen des Reversais erkundigen; als sie aber ver-
nommen, dass Solches nicht mit überkommen, sein sie allsofort auf ihre
Güter gereiset. Sie haben zwar keine Permission dazu, viel weniger ist
der Landtag suspendiret, haben auch versprochen, sich bald nach den
Feiertagen wieder allhie einzufinden, aber unterdessen ist gleichwohl so
viel Zeit verloren, dass, da man sonst die Accise allsofort hätte ein-
führen können, solches nun eher nicht wird geschehen, bis sie sich alle
hier wieder eingestellet.
Was die reversales betrifft, werden E. Ch. D. aus mitkommendem
Dero eigenem Landtagsabschied von Anno 1641 aus den gezeichneten
Worten ersehen, dass Sie damaln den Ständen dergleichen ertheilet. Bei
hiesiger Kanzlei meinet man, es sei in der Märkischen Kanzlei ausge-
fertigt und hätten sie keine Nachricht hievon. Was aber Anno 1655
vor ein Reversal ausgegeben, davon ist hiebei Abschrift vorhanden; dann
78 11. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
stehet auch ein Reversal in dem gedruckten Preussischen Privilegien-
buche, wobei ich aber nothwendlg unterthänigst erinnern muss, dass,
wie dergleichen reversales allemal nach Gelegenheit der Zeit und Um-
stände eingerichtet werden, also die Stände sich auch schwerlich ver-
gnügen werden, wann dieses itzige nur bloss nach den vorigen ausgefer-
tigt und ihre in dem überschickten enthaltene conditiones alle zurück
gesetzet werden sollten, Dannenhero ich aus schuldigster, unterthänigster
Treue gehorsamst rathe, falls ihnen selbst zur Verzögerung nicht An-
lass gegeben werden soll, dass E. Ch. D. gnädigst belieben wollen, von
den überschickten conditionibus, so viel immer möglich, darin zu ge-
denken.
So viel die Resolution der gravamina concerniret, bitte ich unter-
thänigst, E. Ch. D. wollen nicht in Ungnaden vermerken, wenn ich ge-
horsamst anitzo melde, dass sich desfalls in E. Ch. D. gnädigstem Re-
script einiger Irrthum findet, in dem darin gedacht wird, es wäre wie
eben dasjenige Exemplar, so E. Ch. D. ich zuforderst herausgesonden [sie],
wieder zurück geschickt worden. Und damit E. Ch. D. gnädigst sehen
möffen, dass ich hierunter recht berichte, so überschicke Ihro ich das-
selbe Exemplar, so Sie mir zugefertigt, wieder hiebei und weil solches
des Kammerkanzellisten Butendacks Hand ist, w^elcher ja nicht hier,
wird man leicht daraus abnehmen können, dass sich der angezogene
Verstoss also verhält, welches ich dergestalt umständlich nicht melden
würde, wann dergleichen Verzögerungen nicht zu E. Ch. D. höchsten
Schaden und Nachtheil gereichten. Diejenige unter den Ständen, so sich
unwillig erweisen, werden wohl auf die Beschleunigung des Landtags
nicht dringen, sondern es ist ihnen sehr angenehm, dass sie ihren Mit-
stäuden vorstellen können, dass es an Seiten E. Ch. D. ermangelt. Sie
hoffen auch dabei festiglich, dass die Sachen in Polen zu besserm
Stande gelangen werden, alsdann sie ihnen nichts Gewissers einbilden,
dann dass Alles in vorigen Zustand wieder gerathen soll, und dass man
in Polen herzlich gern sehen möchte, dass die Stände klagten. Solches
mögen E. Ch. D. für eine sichere Wahrheit glauben. Wann auch die
Polen mit den Preussen zu reden Gelegenheit haben, ist dieses ihre ein-
zige Versicherung, dass Polen den Ständen nichts vergeben hätte,
sollten ihnen nur selbst nichts vergeben; E. Ch. D. wäre in den pactis
nur allein, dass sie den König nicht mehr pro superiori erkennen dörften,
gegeben; im Uebrigen müsste Alles im vorigen Wesen bleiben. Diese
uns dergleichen Discourse muss ich alle Tage hören und will demnach
I
Gravamina. Polnische Intriguen. Roth. Braunsberg. 79
E. Ch. D., als Dero der Preussen hartes Procediren ohn das gnungsam
bekannt, gnädigst urtheilen lassen, wie schwer es hier daher gehet, mit
den Leuten überein zu kommen, und wie ungütlich mir die Leute zu
Berlin thun, die zu meiner höchsten Verkleinerung öffentlich sagen: Ich
thue allhier nichts.
Belangend Rothen, ist nun eine geraume Zeit hero ein verschla-
gener Mensch gebrauchet, welcher sich in der Gegend seiner Wohnung
den ganzen Tag aufhält und auf sein Thun Acht giebt. Er berichtet
aber, dass er aus der Stadt Kneiphof nicht, sondern nur in die Kirche,
aufs Rathhaus und zu einem Prediger gehe, also, dass es wohl sehr
langsam daher gehen wird, ehe man E. Ch. D. gnädigstes anbefohlenes
Intent erreichen möchte. Interim hoffe ich, es werde E. Ch. D. nicht
entkegen sein, dass der angestrengte Process wider den Rath, ihres Un-
gehorsams halber, continuiret werde und das um so vielmehr, weil
entweder Roth mit ihrem Vorwissen nach Warschau gezogen und sie
also selbst strafbar, oder aber er hat ohn ihr Vorwissen die Reise
fürgenommen, und also haben sie LJrsach, ihn als ihren Diener zu be-
strafen.
P. S.
Auch, durchlauchtigster Kurfürst, gnädigster Herr, weil E. Ch. D.
so oft befohlen, dahin zu trachten, dass Braunsberg mit Getreide ver-
sehen werden möge, der Herr Generalwachtmeister Görzke und Herr
Obriste Hille auch desfalls tägliche Erinnerung gethan, so habe ich nicht
nachgelassen, in der Oberrathstube alle Tage anzumahnen, bis die Ober-
räthe endlich acht Last creditiret und eben itzo dahin schicken; gleich
wie es aber ein gar Weniges, und über dem viel ander Mangel daselbst
ist, also sehe ich wohl keinem Rath, wenn die Accise nicht bald ein-
geführet und dadurch E. Ch. D. Domänen liberiret und eine solche gute
Disposition gemacht werde, dass man aus der Accise auch etwas zu an-
dern Ausgaben nehmen könne.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 7. April 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Ernennung eines Consistorialdirectors. Kirchliches und Militärsachen. Kalckstein.]
E. Ch. D. werden sich in Gnaden erinnern, was Sie mir neulich 1662.
wegen D. Derschous, dass derselbe zum directore im consistorio allhie
80 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
möchte bestallet werden, gnädigst anbefohlen. Nun habe ich darauf
D. Derschou an mich erfordert und E. Ch. D. gnädigsten Befehl ihm an-
gedeutet, dabei aber insonderheit vorgestellet, dass Sie hinfüro dero jura
episcopalia besser, als bishero geschehen, respiciret wissen wollten, dazu
er sich dann nebst unterthänigster Danksagung vor E. Ch. D. bezeigte
Gnade gehorsamst anerboten. Habe darauf auch E. Ch. D. gnädigsten
Willen den Herren Oberräthen hinterbracht und die vorige Bestallung
aufsuchen zu lassen von ihnen begehret, und als sie mir sagten, dass
deren keine vorhanden, desiderirte ich, dass sie Etwas aufsetzen möchten,
wornach sich D. Derschou bei Bedienung dieser Charge zu achten hätte;
vernehme auch, dass sie desfalls ehests etwas einschicken werden.
Weil aber hieran sehr viel gelegen sein wird, so zweifle ich nicht,
E. Ch. D. werden dasjenige, so die Oberräthe aufgesetzt, wohl erwägen
und Alles dergestalt einrichten lassen, damit Derschou mit keiner Un-
wissenheit sich künftig entschuldigen könne. Meines unvorgreiflichen Er-
messens möchte wohl nicht undienlich sein, dass ihm zugleich in der
Bestallung anbefohlen würde, alle Vierteljahr ein richtiges Protocoll der
Sachen, so im consistorio vorfallen, und wie sie verabscheidet worden,
also wie es ausm Oberappellationsgericht geschickt, einzuschicken, auch
sonsten E. Ch. D. von wichtigen und importirenden Sachen, sobald selbe
verlaufen, unterthänigsten Bericht absustatten. Dieses Letztere möchte
vielleicht den Oberräthen nicht gefallen, weil sie dafür halten, dass
alle andere collegia E. Ch. D. durch sie informiren müssten: wenn man
auch versichert wäre, dass sie Alles und Jedes an E. Ch. D. wieder brin-
gen würden, möchte Solches wohl, in Betrachtung es an andern Orten mehr
also practiciret wird, nicht unbillig sein. W^eil aber E. Ch. D. bisher au
diesem Mangel ein gross Missgnügen getragen, so wird aufs Wenigste
so lang, bis sie sich hierin anders comportiren, billig auf solche Art zu
continuiren sein. Es wird auch wohl nicht schaden, dass zu Berlin der
Eid aufgesetzt, solcher den Oberräthen, ihn von Derschown ablegen zu
lassen, zugefertigt und von demselben unterschrieben E. Ch. D. wieder
zugeschickt würde; bin auch der Meinung, dass E. Ch. D. hinfüro
es allemal mit allen und jeden hiesigen Bedienten also zu halten
hätten. ...').
Ob ich sonst zwar nicht zweifele, E. Ch. D. werden zeither die
Maass des Platzes zwischen A. B. C. D., darauf die Kirche stehen soll.
1) Es folgt ein Passus über eine Ehedispensationssache.
Bestellung eines Consistorialclirectors. Reformierte Kirche. Goeze. 81
wohl gesehen haben, weil es, nach dem Maassstab, so in dem ersten
Abriss zu finden, genommen worden, so berichte ich doch hicbei noch-
maln gehorsamst, dass die Länge 156 und die Breite 90 Fuss ausser-
halb der Maur ist, und wünsche von Herzen, dass E. Ch. D. sich ehests
wegen des Abrisses gnädigst entschliessen möchten, damit der Anfang,
je ehe, je lieber, gemachet würde. Allhie gehets mit den Abrissen etwas
langsam fort, ungeachtet ich täglich daran treibe, daher dann E. Ch. D.
endlich nicht zuwarten haben werden; denn ich besorge sehr, es möchte
mit der Zeit, wenns nun nicht fortgesetzt wird, gar wieder ins Stecken
gerathen. Hiebei kann E. Ch. 1). nicht bergen, dass das Lutherische
Ministerium zu Ambsterdam an das hiesige geschrieben, wie E. Ch. D.
aus der Copei gnädigst ersehen werden; solch Schreiben ist ihnen durch
den Postmeister insiuuiret w^orden; sie seien aber gar stille damit, und
haben auch I). Dreiern davon nichts wissen lassen, derselbe hat ihm
fürgenommen, sie ehests hierum zu befragen.
Was sonsten gnädigster Herr, E. Ch. D. wegen des Obersten Gözen
in der Mümmel befohlen, und wie es mit den Acten wegen seiner Be-
schuldigung gehalten werden solle, daraus hab ich so fort mit Herrn
Generalwachtmeister Görzken geredet und ihm E. Ch. D. gnädigsten Be-
fehl angedeutet. Er hat mir aber gesagt, dass 1) der auditeur itzo nicht
hier, sondern in andern Geschäften verschickt wäre, 2) war er der Mei-
nung, dass bei dem Kriegsrecht auf solche Art, wie E. Ch. D. determi-
uiren, nicht verfahren würde, und hielt dafür, wann E. Ch. D. zu dero
Information aus den actis Nachricht begehrten, dass das Beste sein würde,
dass Sie solche einem Rechtsgelehrten übergeben . . . Dass schliesslich die
Oberräthe au E. Ch. D. Immediatunterthanen sollten Vertröstung ge-
than haben, ihnen deswegen, so sie itzo vorschössen, Erstattung wieder-
fahreu zu lassen, davon wollen sie nichts wissen. Als ich aber . . . ihnen
angewiesen, dass E.Ch. D. Solches durchaus nicht anders verstehen könnten,
gaben sie zur Antwort, sie verstünden es nur von den kleinen Städten,
so ebenfalls E. Ch. D. Unterthanen wären. E. Ch. D. aber haben grosse
Ursach, nicht nachzugeben, dass dergleichen Verlag von demjenigen, so
künftig einkömmet, erstattet werde, denn Solches wird doch nicht am
Allerweitesten reichen und das Beste sein, wann die Accise allererst im
Schwange gebracht, dass mau alsdann noch Ein und Anders bei den
Ständen suche, weil es vorhero gar gewiss vergebliche Arbeit sein
wird. Und will ich nöthige Erinnerung thun, dass von den einkom-
menden Geldern hiezu nichts angegriffen werde; es möchte aber meines
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 6
32 11- L)er grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Ermessens nicht undienlich sein, dass E. Ch. D. zu Berlin selbst die
Ausgabe formirten und herein befiehlen, darüber nichts auszugeben, auch
alle Monat von Einnahm und Ausgabe einen Extract einzuschicken.
Endlich, gnädigster Herr, ist der Herr Appellationgerichtsrath Ostow
zu mir kommen und hat mir beigeschlossenes des Gen. Lieutenants
Kalckstein Supplicatum^) mit den Beilagen übergeben, sehr bittend,
weil bemeldter General numehr zu andern Gedanken geriethe, auch sich
dahin expresse erkläret, nicht mehr aufn Landtag zu kommen, und, so
bald er des Arrests erlassen, nacher Berlin zu reisen, ich möchte diese
Supplication zu gnädigst gewieriger Resolution befördern. Ich habe zwar
vielfältige Anregung gethan, dass diese Sach ordentlich verhöret und
darin nach den Rechten verfahren werden möchte, habe es aber dahin
zu bringen nicht vermocht. Es thut sich auch, je länger, je mehr, her-
für, dass die Ritterschaft, insgesammt sich des Werks nicht annehmen
will, es auch diejenige, so es am Heftigsten getrieben, itzo viel besseren
Kaufs geben; dannenhero ich fürchte, man werde den Arrest, sonderlich
wann er cautionem de non offendendo praestiret, nicht länger continuiren
können. Ob aber E. Ch. D. begehren, dass er nach Berlin kommen
solle, kann ich nicht wissen, und stehet bei derselben die Resolution;
aber der unmassgeblichen Meinung bin ich, dass E. Ch. ü. wohl den
plenipotentiariis gnädigst befehlen könnten, beede Parte vor sich zu
fordern, um sie also, dass die Offeudirte vergnügt würden, und an ihren
Ehren unverletzt blieben, zu vergleichen; jedoch dass E. Ch. D. Ihren
Anspruch gegen ihn, dass er dergleichen an einem solchen Ort fürgenom-
men, reservirten und ihm dabei, sich dieses Landtags zu enthalten, an-
befehlen Hessen. Es wird aber Alles in E. Ch. D. gnädigsten Gefallen
gestellet ^).
1) S. a. S. 83 ff.
^) Als Antwort auf die Relationen Schwerins vom 4. und 7. April ergieng das
Rescript d. d. Potsdam 3. (13.) April 1662 (ungezeichnetes Concept von Jenas Hand),
abgedruckt bei Orlich III S. 154.
Kontrolle der Accise. Kalcksteins Arrest. 83
Albrecht von Kalckstein an den Kurfürsten. 0. D.
Copie. R. 6. RR. 1.
[Bitte um Entlassung aus dem Arrest. Betheuerung seiner Unschuld. Bitte um ein
anderes Forum.]
Alldieweil uff mein so rechtliche als uuterthänigste schon vor vielen 1662.
Monaten übergebene Gesuch mit E. Ch. D. Erhörung ich noch nicht sou-
lagieret worden, auch von der Regierung den Consens E. Ch. D. persön-
lich mich zu präsentieren und ferner auf meine Niederlausnitzische Güter
die bishero mit Schaden verzogene Angelegenheit zu redressieren er-
halten liabe, so kann, gnädigster Kurfürst und Herr, bei Beküramerung so
langen und perpetuierlichen gravamini zu meinem eisersten Schimpf und
Nachtheil solche E. Ch. D. hier zu reproducieren, dero hohe Milde auf
ordentlich Recht und Gericht wahr und dehmüthigst zu implorieren und
mich dahin zu berufen nicht umbhin. Maassen denn, gnädigster Kurfürst,
in standhafter gehorsarabster Treue und Form ich Solches nochmals
hiebei nicht allein sollicitire, sondern auch zugleich mit unterthänigstem
Vertrauen und Flehen vorbaulich in diesem meinem extremen Leid-
wesen zugleich mich entschuldiget und auf den gesetzlosen Nothfall ver-
wahret haben will, dass E. Ch. D. mir zu keinen Ungnaden noch minder
aber zu Violierung einiges Arrests deuten noch deuten lassen wollen,
wann bei fernerer Verlängerung die Regierung über Verhoflfen den Arrest
continuieren Hessen, entweder zu E. Ch. D. selbst, meinem natürlichen gnä-
digsten Oberherru mich gehorsambst zu exculpieren und insinuieren mich
aufmachen möchte oder in Denegierung an das ordentliche Recht bege-
ben, so E. Ch. D. hoffentlich bei gnädigster und rechtlicher Erwägung, dass
gleichwohl solcher Interims angefangener und sodann continuirter Arrest
ohne alle Rechtserkeuntniss und Citation weder in forma, noch wegen
Landrechtens in materia und bei kundbarer Possession uff meine Person
stehen kann, auch dass meine bisherige Devotion, Respect und Tollerans,
dessen, indeme er mir in E. Ch. D. hohen Namen angedeutet worden,
mich nicht rechtlos machet, wie ich denn auch über dieses des unbe-
weglichen, unterthänigsten Vertrauens lebe, Ihre kurf höchste Macht
mich des ordentlichen Rechts auch keinesweges werden wollen verlustigen
und soviel weniger werden praecipitiren lassen, jemehr E. Ch. D. solche
niemals anders als gegen Männiglich, sonderlich dero Unterhabenden mit
weltkündigem Ruhm in huldreichster Clemeuz und heiligster Gerechtig-
keit reichlich blicken und erscheinen lassen. E. Ch. D. werden vielmehr
6*
84 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
mein so lang gewähretes Betrübnüs, dabei bezeigte unbeharrliche Devo-
tion mir so viel Gnad und Glauben würken lassen, dass in tiefster
Herzensdemuth ich mich gehorsamst sogar zu dero Füssen lege, nach
Derer und Ihres Landes Satzungen zu leben, auch darnach zu richten
und richten zu lassen, dass ich williger Abbruch an meinem Leben zu
leiden, als vorsätzlich E. Ch. D. Geboten contraveniren wollte, ja lieber
mein Leben quitiren, ehr-, recht- und gehörlos in Ungnad des allergiitig-
sten Herren und diesem Kummer, so mir per se instar carceris, der
langen Zeit halber aber loco poenae gewesen und noch ist, mich immer-
hin länger innerlich mortificiren und äusserlich verderben sollte. E. Ch. D.
gnädigster Kurfürst und Herr wollen doch mildiglich ein gnädiges Aug und
Ohr uff meine Devotion, Betrübnis, voriges und jetziges, von der Natur
selbst (so ihre Erhaltung und Rettung suchet) abgenöthigte, demüthigste
Inständigkeit mir gnädigst copiam juris und ordentliche Defension ver-
leihen, auch zu dessen bessern Behuff einen wolerfahrnen Rechtsge-
lehrten und Advocatum ex nunc gegenst meine Widrige kraft Landtrecht
Hb. 1. Tit. 12. § 3 zumalen verstatten, weil dieser mir unglücklich zu-
gestossene Fall in meine Existimation dringet, meinen widrigen, gefähr-
lichen, unbekannten Process rege machen und mich vielleicht überrumpeln
wollen, fürnehmblich aber in dem [sie] in ihrer vermeinten Antwort
mich anzöglich bis an das Herz und Gemüth gerühret, damit in defensione
und guten Rechtens Ergänzung ich nichts versehen, nirgends Verstössen,
beides, meinen Feind, als die Unerheblichkeiten der Antwortschrift an
das Licht [stellen kann], hingegenst die, so an dieser Weiterung un-
schuldig, und welche freundlichere Briefe und Grusswechselungs halber
laut Landrecht lib. 6. Tit. 9. art. 4. hinzu nicht gezogen werden können,
unverunruhiget behalten mögen werden.
Wann, gnädigster Kurfürst und Herr, nach diesem Fürschlag und
Meinung, wie das Landrecht christlicher Liebe und Ehrbarkeit willen lib. 1.
Tit. 9. §3. geboten, man mich bald zu Rede setzen lassen, hätte nicht
allein meine offenherzige Erklärung sie begehren [sie] und sie satisfaciren
sollen, dass in genere et specie ihrer keinen ich vor bescholtene, son-
dern vor ehrliche, gute Leute gehalten und halte, auch niemals anders
Sinnes und Willens gewesen, da in motu et calore wo ein Eiferwort
entfahren, darauf die vermeinte ungültige ganze Zeigenaussage sich
gründet, wäre es ja, weil es ex calore, und nicht ex animo iniuriandi
pro non dicto et non facto zu halten per 1. 48. d. R. 1., sondern hätte
mau mir auch so beschwerlich den Eifer nicht vorrücken, noch ihnen
Kalcksteins Arrest. Oberstände und Städte. Acciseeinrichtung. 85
von mir opponiret werden dürfen, oder noch mit Mehrerm es zu er-
warten hätten, dass unförmlich geklaget, dass E. Ch. D. Jurisdiction nicht
concurrens, dass process extraordinär und ex officio, wo Klag und Kläger
sind, nicht gehen, dass die Art Landtages und Rechtssachen zu führen
nicht zu confundiren, item zu geschweigen, dass das Exempel ungleich jene
Dissidirende 1) in loco praesentes, 2) in continuo ex recenti actu 3) münd-
lich 4) sich submittiret und solches Alles 5) noch dazu vor dem Land-
recht vorgangen. Man nicht muss nach Exempel, sondern Gesetzen richten,
und die Kläger Forum des Beklagten nehmen, und da sie sich nicht
eines Bessern bedenken mich vor E. Ch. D. Hofgericht und nicht Criminal-
richtern, de quo protest., weshalber ich auch sonderlich der vielen An-
züglichkeiten halber, weil in meinem hohen Alter mir die Ruhe nicht
gelassen werden will, mir alle beneficia juris vorbehält und hoffe, E. Ch. D.
meine Innocens und billigen Gesuch [berücksichtigen], gnädigster Massen
auch die Sache dergestalt fassen werden, dass der Herren Plenipotentia-
riorum Thun . . . auch emergiren möchte . . . und dannenhero aus
Gnaden und Recht mir mein forum und jus lassen wollen; werde hin-
wieder bis in meine Grube ich mich ohne gesparet bemühen, zu ver-
bleiben E. Ch. D. treu gehorsamster Diener und Knecht . . .
Die ObeiTäthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 7. April
1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Schrift der Oberstände. Acciseeinrichtung.]
Sie überschicken die Schrift, die die beiden Oberstände den Städten über- 1662.
geben haben. ') Es ist solche Schrift mit uns communicieret und weil '^' ^P"'
wir nichts E. Ch. D. Nachtheiliges, noch sonsten ichtwas Tadelhaftes
darinnen befunden, von den Oberstäuden deneo von Städten den 5. hujus
übergeben worden. Wegen Beschleunigung der Acciseeinrichtung haben
wir sie nochmals ernstlich ermahnet, sie haben auch versprochen sobald
die in Unterthänigkeit gesuchte Reversales ihnen werden zugestellet sein,
ohu einzige Verzögerung die Einrichtung werkstellig zu machen.
0 Pr. 5. April 1662, s. u. S. 71ff.
86
II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663,
Die Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 7. April
1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Kalckstein und die Ritterschaft.]
Es besorgen sich die Deputirto von der Ritterschaft und Adel, dass,
wenn vor Schliessung des Landtages die Sache wider den Gererallieute-
nant Albrecht von Kalckstein in puncto iniuriarum ihre Endschaft
nicht erreichen und ihnen keine völlige Satisfaction geschehen sollte, die-
selbe in ein Stecken gerathen dürfte, weswegen denn auch die Landräthe
sich bei uns angegeben und uns in Anmerkung des von Kalcksteins laug-
wiirigen Arrestes die Sache praevia satisfactione entweder selber beizu-
legen, oder zu verstatten, dass Solches durch ihre Interposition geschehen
möchte, ersuchet und gebeten. Der modus satisfaciendi könnte ihres Er-
achtens solchergestalt zu Werk gerichtet werden, dass Kalckstein entweder
miind- oder schriftlich sich erklären müsste, dass er weder in genere
noch in specie ihrer Keinen vor bescholtene, sondern vor ehrliche, gute
Leute gehalten und halte, auch niemals anders Sinnes und Willens ge-
wesen, da in motu et calore wo ein Eiferwort entfahren, wäre es, weil
es ex calore und nicht ex animo injuriandi, pro non dicto et non facto
zu halten, und dass er sich zu aller Freundschaft erbiete; wie dann
diesfalls eine gewisse formula seiner Erklärung könnte abgefasset werden.
Wir zweifeln nicht, es werde Kalckstein solch' vorgeschlagenes Mittel,
welches er selber in beigefügter seiner Supplication scheinet an die
Hand zu geben, willig annehmen, stellen es aber zu E. Ch. D, gnädigstem
Gefallen, wie Sie es hierinnen wolln gehalten wissen und erwarten dero
gnädigste Resolution in Unterthänigkeit.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 11. April
1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Revers. Mittel die Köuigsberger zur Annahme der Accise zu bewegen. Bierschank,
indulta moratoria, Ritterbank. Apotheke. Wilddieberei.]
1662. E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 24. Martii sammt dem Reversal
11. April, ^jjj Schreiben an die beede Oberstände habe ich verwichenen Sonnabend
mit gehorsamsten Respect erhalten und zweifle nicht, E. Ch. D. werden
aus meiner vorigen, unterthänigsten Relation in Gnaden ersehen haben,
Kalckstein. Revers. Die Städte Königsberg. 87
dass die Stände, weil das reversale bei voriger Post ausblieb, alle aufs
Land gereiset, jedoch mit der gewissen Zusage, dass sie den 17. dieses,
so künftigen Montag sein wird, gewiss wieder hier sein wollten. Weil
ich nun selbst in den Fürchten stehe, es möchte ihnen dieser Revers
nicht allerdings Vergnügung thun, so stelle zu E. Ch. D. gnädigstem Be-
lieben, im Fall Sie den andern, dessen in E. Ch. D. gnädigstem Rescript
erwähnet wird, noch nicht abschreiben lassen, ob Sie solchen auf bei-
kommende Art') einrichten und übersenden wollen. Die Wort „E. Erb.
Landschaft Unsers Herzogthums Preussen" müssen daher nothwendig
drin stehen, und also nicht allein auf die Oberstände, sondern auch die
Städte mit extendiret werden, denn wir sustiniren allhier, dass Alles,
was E. Ch. D. nebst den beeden Oberständen gut finden, die Städte mit
belieben und sich accommodiren und also Alles per maiora geschlossen
werden müsste, und ob sie zwar contradiciren, muss man doch ein solch
nützlich Werk vor E. Ch. D. zu behaupten nicht unterlassen. Ueberdem
haben E. Ch. D. bei dieser Post gnädigst befohlen, dass die Accise über-
all ungeachtet des Widersprechens dennoch introduciret werden sollte.
Wann dannenhero das Reversal auf die zwei Oberstände allein lautet,
werden die Städte Solches nur mit zu ihrem Behelf nehmen. Sollten
nun E. Ch. D. in dem andern Revers, der bei künftiger Post vertröstet
ist, sich eben solcher Worte gebraucht haben, wirdts nicht undienlich
sein, dass er noch einmal umgeschrieben werde.
Sonsten kann E. Ch. D. ich wohl in ünterthänigkeit festiglich ver-
sichern, dass an den Städten Königsberg so viel gearbeitet ist, dass
sie sich gar gewiss, wann sie in einigerlei Weise wären zu gewinnen
gewesen, fügen würden. Es ist wohl ohn Zweifel, dass sie zur Accise
daher keine Lust haben, aus Furcht, wann die drei Jahr vorbei, dass
solche länger continuiren werde; aber sie entschuldigen itzo ihre Ver-
weigerung damit, dass von E. Ch. D. bis auf diese Stunde keine Reso-
lution auf ihre gravamina einkommen. Dannenhero wird, jedoch ohne
Maassgebung das beste Mittel sein, dass E. Ch. D. dieselbe nunmehr
zwar unter dero hohen Hand vollnzogen übersenden, weil es wegen Volln-
ziehung damit gar eine andere Beschaffenheit hat, als mit der Regie-
rungsverfassuug, als welche sie vermeinen, nicht eher vollnzogen werden
könne, bis sie erst darüber gehöret. Wann auch E. Ch. D., meinem all-
bereit gethanem unvorgreiflichen Fürschlage gemäss, die von den Ständen
1) Vom 7. (17.) April 1662, s. u. S. 94f.
yg II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
übersandte Assecuration fürnehmen und versuchen Hessen, ob nicht auch
in derselben etwas wäre, so E. Ch. D. ihnen ertheilen könnten, würden
Sie gewiss alle Stände damit sehr erfreuen und die Städte auch da-
mit zur Einwilligung bringen; jedoch können E. Ch. D. die Restric-
tion, quatenus juri supremi dominii non repugnant, w^ohl hiueinsetzen
lassen. Ich will zum Ueberfluss, weil es E. Ch. D. also gnädigst ge-
fället. Ein und Andern aus dem Magistrat zu mir kommen lassen,
welches ich in geraumer Zeit nicht gethan, zumal ich in der That ver-
spüret, je höflicher man ihnen begegnet, je mehr sie sich opiniastriret
haben.
Auf die drei Mittel, so E. Ch. D. die beede Oberstände zu bene-
ficiren gnädigst fürschlagen, muss ich dieses gehorsamst erinnern, dass,
so viel den Bierschank auf den Freiheiten betrifft, allbereit desfalls
gewisse Verabscheidungen von E. Ch. D. vor die Städte vorhanden und
ihnen darin Macht gegeben, wann die vom Adel Bier hereinschicken,
dass sie es wegnehmen mögen. Der freie Kornhandel möchte den Land-
sassen wohl sehr zu statten kommen, aber die Städte verlassen sich,
dass es impracticable sei, weil die Schiffe nirgends anders als allhie zu
Königsberg, da sie es gnung verwehren können, ankommen. Halte sonst
wohl davor, dass E. Ch. D. in diesem Stücke dem Adel wohl gnädigst
gratificiren könnten.
Mit den indultis moratoriis aber möchte es wohl ziemliche Diffi-
cultäten geben, weil die Gerichtsordnungen vermögen, dass auf der-
gleichen, wann es schon erhalten wird, nicht gesehen werden solle,
üeber das ist gewiss, dass der Adel mehr auf den Rathhäusern zu for-
dern, als sie in den Städten schuldig sein, und seind die Adelichen
unter sich selbst am Meisten schuldig. Aus der Beantwortung aber, so
die zwei Oberstände neulich an die Städte gethan, und E. Ch. I). die
Herren Oberräthe mit jüngster Post zugeschicket haben, werden E. Ch. D.
am Besten sehen können, worin sich der Adel über die Städte beschwert
findet, dass sie nämlich nicht gleiche Last mit ihnen tragen. Und weil
E. Ch. D. Solches selbst zu statten kommt, dass darin Gleichheit ge-
halten werde, möchte es wohl am Besten sein, dass sie sich hierunter
ihrer gnädigst annehmen. Sonst hat der Adel auch noch geringe Dinge,
davon sie allbereit E. Ch. D. anzuflehen gesprochen, als die Wiederbe-
stellung der Ritterbanke und dergleichen, darauf sie dann vertröstet,
damit sie desto mehr bei guten Willen erhalten werden können. Das
Schreiben will ich ihnen, so bald sie sich wieder einfinden, insinuiren,
Bierschank. Moratorium. Mahnung des Königs sich zu unterwerfen. 89
welches sie sonder allen Zweifel mit unterthänigstem Dank und Freuden
aufnehmen werden.
Was mir aus Littauen gestern zuekommen, habe ich hiebei gehor-
samst mitschicken wollen.
Johann Casimir an die Oberräthe und die Stände. Dat.
Warschau 12. April 1662.
(Pr. 20. April.) Copie. R. 6. RR. 3. — Kön. 668 II.
[Mahnung, jede Opposition gegen die Verträge aufzugeben und dem Kurfürsten zu
huldigen. Commissar zur Abnahme des Eventualeides.]
Joannes Casimirus, Dei Gratia Rex Poloniae etc. etc. Magnifici, Ge- 1662.
.... 12 April:
nerosi Nobiles, Spectabiles et Famati, sincere et fideliter nobis dilecti.
Quandoquidem grandi illo belli nuperimi turbine ad atrocem Republica
devoluta tempestatem non alia efficaciori ratione, quam initis cum Sere-
nissimo Electore Brandenburgico novis foederibus ad pacatum reinduci
eam posse existimaveramus statum.
Ita Ducatu Prussiae per dicta foedera eamque ob causam ejus Sere- '
nitati Electorali ejusque masculis descendentibus jure supremi directique
dominii cum summa et absoluta potestate habendi, tenendi, regendi et
possidendi concesso ac statibus, ordinibus, officialibus et omnibus duca-
tus illique subditis a prioribus juribus nobis et Serenissimis antecesso-
ribus et Reipublicae staute jure feudali praestitis, relaxatis et absolutis,
cum saluberrimum hoc nostrum publicae populorum saluti impensum re-
medium secutus generalis ac unanimis omnium Regni Ordinum etiam
judicasset esse, ratificasset legeque publica robarasset consensus, nos
quoque tam sancte quorumcumque tandem ministerio coalitum opus
sacrosancte observandum Regiis nostris Reique publicae diplomatibus
abunde Sinceritates et Fidelitates Vestras docuimus.
Acerbo proinde gravique accepimus sensu nunc quorundam innixas
turbarum studio mentes eam sibi Reipublicae adeo invidere tranquilli
tatem, ut praetenso defectu consensus ordinum ducalis Prussiae pactorum
imminuere praesumant autoritatem laedereque fidem publicam non eru-
bescant, ignarae eam quandoque esse temporum rationem, ut qaae ad
solennitatem humanorum actuum alias requiruntur, majori excludantur
pietate, ubi suprema lex, populorum salus, id postulat. Neque enim
est, quod iniquum Sinceritates et Fidelitates Vestrae eo pacto sibi eve-
90 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
nisse existimare aut conqueri possint, cum non in aliam domum trans-
lato sed eidem familiae firmato dominio ea forma regiminis data est,
quae libertatibus et juribus earum conveniens recentiorum pactorum
tenore continetur satisque cautura, iiec Sinceritatibus et Fidelitatibus
Vestris dubitaudum est, in casu caducitatis redeunte ad Nos Remque
publicam supremo directoque dominio omuia praefata jura, libertates et
privilegia Sinceritatum et Fidelitatum Vestrarum a Nobis Reque publica
integre observanda fore, pacta vero moderna nisi gravi poenisque foedere
dicto saucitis obnoxio scelere, dignitatis Nostrae Regiae ac fidei publicae
insigni injuria mutari violarique non posse. Monitas ea propter Sinceri-
tates et Fidelitates Vestras volumus, ne in praesenti statuum et ordi-
num ducalis Prussiae conventu quicquam pactis nuperrimis publicaeque
fidei injuriosum sentiant, verum ulteriori tergiversatione et protestatione
seposita juxta pactorum et legis publicae mentem novo se juramento
Serenissimo Electori Brandeburgico uti supremo et directo Domino
obstringant.
Nos deinde ad recipiendum a Sinceritatibus et Fidelitatibus Vestris
nobis et Reipublicae in casum caducitatis praestandum juramentum et
homagium ad requisitionem Suae Serenitatis Electoralis commissarium
nostrum missuri sumus.
Benigne interim Sine, et Fid. V. requirentes, ne iuutili et perni-
ciosa ulteriori mora suam et publicam velint audeantque tranquillitatem,
sed ut rem in eum, quem pacta requirunt, deducant statum, prout jam
uberrime Sine, et Fid. V. rescriptis et diplomatibus Nostris Regiis mouitae
fuere . . . . ^)
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 14. April 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Die Verfassung. Unterhandlung mit dem Königsberger Rath. Polnisches.]
1662. E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 28. Martii sammt dem andern
' Revers hab ich bei vorgestriger Post mit uuterthänigstem Respect wohl
empfangen. Weil nun in demselben der sämmtlichen Stände gedacht
wird, auch sonst das Uebrige mehrentheils, so ich jüngst erinnert, darin
1) Vergl. zu diesem Schreiben den Brief Hoverbecks an Schwerin (Urk. und
Acten St. IX S. 339 f.)
Verfassung. Unterredung mit Hans Weger. 91
oder auch in dem an die säramtliche plenipotentiarios ergangenem Re-
script enthalten, so hoffe ich, es werde nunmehr damit wohl gnung sein.
Künftigen Montag werden die Stände der Abrede nach sich wieder allhie
einfinden, da denn sofort von wirklicher Introducirung der Accise geredet
und der Revers extradiret werden soll.
Zu anderer Handelung wegen der Regierungsverfassung kann
man itzo publice mit den Ständen nicht ehe Anlass haben, bis entweder
ein neu Exemplar nach Anleitung der Stände Erinnerungen oder zum
Wenigsten die Resolution über die gravamina einkommt. Unter dessen
will ich gleichwohl alle Tage dazu anwenden, um mit ihnen privatim
dasjenige, so E. Ch. D. mir itzo gnädigst befohlen, zu reden, welches
Alles ihnen auch ohn Zweifel gut Contentement geben wird, dann so viel
der Herren Oberräthe angemaassete Autorität belanget, habe ich wohl
so viel verspüret, dass sie sich, wenn ihnen nur so viel, als diejenige,
welche ein so gross Herzogthum in fernerer Abwesenheit der Herrschaft
regieren sollen, haben müssen, gelassen wird, gern zufrieden geben
werden. Zu den Ständen hab ich allzeit in den terminis gesprochen,
dass Alles, was E. Ch. D. wegen der Oberräthe änderten, nicht die
Stände oder ihre privilegia, sondern bloss und allein E. Ch. D. Hoheit
concernire, und ihnen das Exempel, dass sie neulich einen zum Tode
verdammeten Menschen ohn E. Ch. D. Vorwissen perdonniret, fürgestellet
und angewiesen, dass es solche und dergleichen Dinge sein, die E, Ch. D.
nicht leiden, auch mit gutem Gewissen nicht nachgeben könnten, da ich
dann wohl gemerket, dass sie Solches sehr improbirten, gestalt auch
unter den Oberräthen selbst einige sein, denen solche Dinge nicht an-
stehen. Die Stände haben sich sonst bei ihren Discursen allzeit dahin
vernehmen lassen, dass E. Ch. D. sie Alles das, so der König und Krön
Polen jemaln gehabt (denn was E. Ch. D. hiebevor zugestanden, Solches
wird ausser allem Zweifel gesetzt) gern lassen wollten; sie mögen ihnen
aber nicht ausreden lassen, dass die Regierungsverfassung weiter gehe.
Und wenn E. Ch. D. solche zurück nehmen und sich dahin gnädigst er-
klären, dass Sie nicht anders, als die Krön befugt gewesen, und wie
dieselbe aufn Fall der Caducität die Stände zu regieren versprochen,
verfahren wollten, werden sie ohn allen Zweifel damit wohl zufrieden
sein. Dass aber E. Ch. D. in den Gedanken stehen, als wäre in den
Brombergischen pactis nicht enthalten, dass die Appellation nicht in
Preussen noch mit Preussen bestellet werden dürfte. Solches wird, wie
ich besorge, aus den pactis anders erscheinen, und E. Ch. D. Geheimer
92 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Rath und Hinterpommerscher Kanzler, Herr Somniz, sich noch zu ent-
sinnen wissen, dass wir über diesen Punct viel Zeit zugebracht und
ein Anders zu erhalten nicht vermocht.
E. Ch. D. gnädigstem Befehl zu gehorsamster Folge hab ich Einen
aus dem Rath der alten Stadt, namens Hans Weger, der sonst noch
den grossesten Credit, wiewohl er itzo so gross nicht mehr ist, als er
gewesen, bei der Bürgerschaft hat, zu mir kommen lassen und mit dem-
selben über drei Stunden geredet, und nach Anleitung E. Ch. D. Rescripts
ihm gezeigt, was den Städten Königsberg hieraus entstehen könne, wenn
sie sich dergestalt ihrer Schuldigkeit entziehen. Anfänglich hat er, wie
sie allzeit bei dergleichen Occasionen thun, von ihrer uuterthänigsten
Treue und Devotion, und dass sie Gut und Blut bei dem Hause Bran-
denburg aufsetzen wollten, und diejenige, welche sie bei E. Ch. D. deui-
grirten, noch beschämet werden sollten, hohe contestationes gethan und
darauf der beeden Oberstände Procediren, dass es wider Landtagsmanier
und der Städte Libertät liefe, auch ihr Erbieten, dass solches in effectu
nichts auf sich hätte, sehr durchgezogen, insonderheit auch, dass die
Städte ohn ihre gänzliche Ruin die Accise, als wodurch sie nur allein
graviret würden, nicht eingehen könnten, weitläufig deduciret. Als ich
nun hierauf zur Gnüge replicirte und sagte, dass Niemandes Relation,
sondern ihre eigene Schriften und die Separation von den beeden Ober-
ständen in puncto der Einwilligung sie denigrirte, und wenn die zwei
Oberstände wider Landtagsgebrauch gehandelt, hätten sie es andeuten,
auch einen bessern modum, als die Accise, fürschlagen sollen, brach er
damit heraus, ehe und bevor die Resolution über die gravamina ein-
käme, ihnen ihr Antheil am Pfundzoll restituiret und die Assecuration
extradiret wäre, könnten sie nicht willigen; es liefe wider ihre privilegia
und Freiheit. Wegen des Pfundzolls gab ich zur Antwort, sie möchten
nur froh sein, wann E. Ch. D. dasjenige, so die Städte zur Ungebühr ge-
hoben, nicht repetirten; er aber berief sich auf die Possession. Ich gab
ihm zu verstehen, was E. Ch. D. den beeden Oberständen zum Besten
und den Städten zum Nachtheil optimo iure thun könnten; er antwortete
ohn Vermerkung einiger Consternation ungescheut, sie müssten Solches
erwarten, zog in specie wegen des Kornhandels an, es würde den Städten
eine grosse Ehre sein, wann der Adel ihre Mitbürger werden weiten, er
hätte sonst in den alten Tournierbüchern gelesen, dass, wer ein vom
Adel sein wollte, der müsste sich aller Kaufmannschaft begeben. Ich
halte dafür, dieser Punct ihnen noch wohl Nachdenken verursachen soll,
Unterredung mit Hans Weger. 93
werde weiter einige, ihnen dergleichen Discurs fürzuhalten, zu mir er-
fordern und mich äuserst angelegen sein lassen, ob ich die Städte zu
bessern Gedanken bringen könne. Wird die Resolution über die gra-
vamina dergestalt eingerichtet sein, dass sie darin einige Satisfaction
bekommen, habe ich dazu gute Hoffnung, im widrigen aber muss man
nur damit durchgehen, und die Accise einführen, wie ich ihm dann, dass
solches geschehen werde, ausdrücklich gesagt, auch bei dieser Gelegen-
heit letztlich gefraget, was die Ursach der Zwietracht mit der Bürger-
schaft sei, da er mich dann hoch versichert, dass ihm von nichts Anders
wissend, als dass die Bürgerschaft fest darauf bestehet, der Rath solle
ihre Resolution wegen Erkennung der Souveränität wieder zurückziehen,
welches er hoch beklagte, insonderheit aber, dass die Kneiphöfische und
Löbenichtsche Gerichte von ihnen wieder abgetreten. Was im Uebrigen
E. Ch. D. nachzufragen, mir in Ziffern gnädigst anbefohlen, davon will
ich mit Ehestem unterthänigsten Bericht einschicken, befürchte aber,
es werde nicht Alles nach E. Ch. D. Coutentement sein.
P. S.
W^as, gnädigster Kurfürst und Herr, E. Ch. D. geheimer Rath, der
Herr Ho v erb eck, in polnischer Sprach anhero geschrieben und mich
ersuchet, es E. Ch. D., nachdem es allhie übersetzt, zuzuschicken, Solches
werden E. Ch. D. hiebei zu empfangen haben, auch aus den beeden
Briefen von Danzig Ein und Anders vernehmen können ....')
') Es folgt noch ein Passus über Personalien. Als Antwort auf diese Relation
ergieng das Rescript d. d. 10. (20.) April 1662 (ungezeichnetes Concept von Jenas
Hand), abgedruckt bei Orlich III S. 155 f., wo S. 156 in der Datuinszeile statt 11. April
10. zu lesen ist. Vergl. dazu auch Hoverbecks Bericht vom 12. April (ürk. und
Actenst. IX S. 338f. und seine Briefe an Schwerin (ebenda S. 339 Anm. 1).
I
94 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Projekt zu einem kurfürstlichen Revers für die Stände^).
Dat. Colin 7. April 1662.
Reinconcept nach Schwerins Entwurf-). In Colin a. d. Spree corrigiert und
datiert. R. 6. RR. 1.
[Die Unverbindüchkeit der Accisewillignng für die Zukunft und ihre Beschränkung
auf drei Jahre.]
.J^^^^', • • • Verreversieren Wir Uns diesemnacli hiemit, dass diese ffethane
17. April. ...... .
unterthänigste Ein willigung und sonderlich, dass solche noch vor Land-
tagsschluss geschehen, Unsern getreuen Ständen und Ihren Nachkommen
wohl hergebrachten Freiheiten und Privilegien nicht uachtheilig noch
präjudicierlich sein, dieselbe Accise auch, von welcher Niemands weder
auf dem Lande noch in den Städten befreiet sein soll, nach der Ein-
richtung wie es die abgefassete Verordnung, so von Uns bestätiget
und^) in den Druck gegeben werden soll, administrieret, nach Endi-
gung solcher 3 Jahren dieselbige weiter nicht continuiret und wäh-
render Zeit von gemeldten Unsern getreuen Ständen keine Contri-
bution noch andere Extraordinär - Anlage begehret auch allemal richtige
Rechnung von Einnahme und Ausgab abgeleget werden soll*).
^) üeber die weiteren Schicksale dieses Vorschlags bis zu seiner Ratificierung s.
das kurfürstliche Rescript vom 14. April (Orlich III S. 156), den Bericht Schwerins
vom 2. Mai, das Rescript vom 28. April (weiter unten).
-) In der Handschrift von Schwerins Schreiber, nach Kanzleivermerk als „ander-
weiter" bezeichnet. Er wurde mit einem begleitenden Rescript vom gleichen Tage
(abgedruckt bei Orlich III S. 155) an Schwerin überschickt.
^) Die gesperrten Worte sind in Colin durchstrichen.
*) Am Rande stehen noch folgende Bemerkungen Schwerins: NB. wenn S. Ch. D.
die -^ Thlr. für voll für sich annehmen und den Ständen in ihre Bitte -^ Thlr.
450 50
für ihnen zu behalten nicht willigen wollen, wird wohl nöthig sein, dass Sie ein
gnädigstes Schreiben an die Stände abgehen lassen, dass sie sich dessen begeben
und S. Ch. D. ihnen vergönnen, wann sie einige Landschulden hätten, eine an-
dere Anlage zu machen, oder es müsste zum Wenigsten an die Plenipotentiarios
geschrieben werden, sie dazu zu disponieren, denn, wie Sr. Ch. D. bekannt, haben die
Stände nicht mehr als ^- Thlr. gewilligt, hoffe aber sie werden sich hierin wohl
schicken.
Neben den beiden gesperrten Stellen steht am Rande „S. Ch. D. können kein Be-
denken haben sich auf diese Verordnung zu beziehen, dann dieselbe kann ohne dero
Approbation nicht eingeführet werden".
In der That ist dann aber doch die folgende Fassung als definitive den Ständen
überreicht worden: „Wir Friedrich Wilhelm . . vor uns, unsere Erben und nach-
Schwerins Revers-Entwurf. Definitive Fassung. 95
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 18. April 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 13. [23.] April.) Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Resolution auf die Gravamina und Assecuration. Leschgewang.]
Von den Landständen ausser denen beeden von Tettou ist noch 1662.
Niemand hier; man vermuthet aber der übrigen alle Stunden und soll
alsdann das Erste sein, die Einrichtung der Accise zu befördern. Und
nachdem E. Ch. D. mir gnädigst anbefehlen, aller Müglichkeit uacli dahin
zu sehen, dass auch die Städte hiezu gebracht werden mögen, und dann
dieses zu befördern kein besser Mittel ist, als die resolutionem gra-
vaminum et assecurationem privilegiorum auszustellen, so will ich
hoffen, es werde das Erste förderlichst erfolgen, und habe wegen des
andern mich unternommen, zu versuchen, ob nicht aus der Stände
kommende Herzogen in Preussen hiermit Urkunden und bekennen, als unsere getreue
Stände vom Herrenstande, Landräthe, Ritterschaft, Adel und Städten ... bei annoch
währender Landtagshandlung und vor erfolgtem Schluss aus unterthänigster Devotion
und freiwillig eine Summe von 450000 Rth. und daneben verwilliget, dass solche
Summe durch eine von ihnen gleichfalls freiwillig beliebte Accise innerhalb dreien
Jahren auf- und zusammengebracht werden solle, dabei aber und bei dergleichen
Verwilligung jedes Mal bräuchlich und Herkommens, dass die Herrschaft desshalben
der Landschaft gnädigste Versicherung und Reverse ausstelle, solchem nach so rever-
sieren wir uns und versichern kraft dieses unsere getreue Stände, dass die von ihnen
verwilligte Accise über die gesatzte drei Jahre nicht bleiben, sondern nach Ver-
fliessung derselben gebührliche Rechnung auf unsere gnädigste Verordnung durch der
Stände Deputierte abgenommen werden solle.
Imgleichen wollen wir zeitwährender solcher Accise unsern vorgenannten ge-
treuen Ständen keine andere Contribution Auflage noch Lasten anmuthen, die ver-
willigte Summe auch nirgends anders wohin als zu unsern und des Landes Ange-
legenheiten anwenden, gestalt wir dann gnädigst zufrieden und geschehen lassen,
dass unter unserer als des Landesfürsten Direction die Administration der Accise
einig und allein bei unseren getreuen Ständen, diese drei Jahre über verbleibe.
Ferner und endlich so soll diese Bewilligung vorgedachten unsern getreuen Ständen
und dass sie solches aus sonderbarer unterthänigster Devotion vor dem Landtags-
schluss gethan, Dero Posterität und denen Landesfreiheiten im Geringsten nicht
präjudicieren. (Copie der Ausfertigung vom 28. März 1662, R. 6. RR. 3. — Kön.
668 II.)
Ein Dankschreiben für die Bewilligung der Accise wurde am 24. März 1662
an die Oberstände erlassen. In der sehr devot abgefassten Antwort bedanken sich
die Oberstände , und bitten um endliche Ausfertigung der von ihnen entworfenen
Assecuration ihrer Privilegien. Sie erbieten sich auch — wie 1612 gegen Polen
geschehen — in einem Reverse ausdrücklich, das directum et supremum dominium
anzuerkennen. (Die Oberstände an den Kurfürsten 25. April 1662.)
96 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Project etwas ohn E. Cli. D. Nachtheil beibehalten werden könne, so
man den Ständen zu übergeben hätte, schicke dannenhero beigehendes
Concept mit unterthänigster Bitte, E. Ch. D. wollen in keinen Ungnaden
vermerken, dass ich Solches ohn Befehl aufgesetzt, zumal es doch in
dero gnädigsten Gefallen stehet, ob Sie es wollen vollnziehen oder nicht;
muss sonst wohl dafür halten, wann die restrictiones darin bleiben, dass
E. Ch. D. es wohl also können ausfertigen lassen; obs aber den Ständen
vollnkommene Vergnügung geben werde, kann ich wohl vor gewiss nicht
sagen. Dessen aber bin ich wohl versichert, dass ihrer viel unter den
Ständen damit content sein und sie Alle insgesammt nunmehr glauben
werden, dass man das Werk zur Endschaft befördern wolle. Bitte dem-
nach uuterthänigst, E. Ch. D. wollen in Gnaden geruhen, entweder dieses
vollnzogen wieder zurück zu senden, oder aber dero gnädigste Willens-
meinung auf meine unterthänigste Relation vom 4. dieses, wie das Werk
weiter geführet werden soll, in Gnaden zu eröifnen. Wenn gleich
E. Ch. D. dies Project vollnzogen anhero schicken, werde ichs doch nicht
eher, bis Alles seine Richtigkeit hat, extradiren und den Ständen nur
Abschrift davon zukommen lassen.
P. S.
Auch, gnädigster Kurfürst uud Herr, hat der Oberster Leschge-
wang mich sehr gebeten, bei E. Ch. D. uuterthänigst zu intercediren,
dass er wegen seiner Güter den Consens, den er vermittelst seiner unter-
thänigsten Supplication gehorsamst suchet, bekommen möge. E. Ch. D.
gehet hieran nichts abe und des Obersten Brüder haben dawider zu
sprechen kein Ursach, weil er so viel in die Güter gewandt hat. Ist
Einer auf itzigem Landtage gewesen, der vor E. Ch. D. wegen der Sou-
veränität gesprochen, so hats dieser Oberster Leschgewang gewiss gethan,
so gar dass er auch darüber Händel bekommen, wie E. Ch. D. ich, ge-
liebts Gott, wenn ich wieder zur unterthänigsten , persönlichen Auf-
wartung komme, gehorsamst erzählen werde').
') Als Antwort auf diese Relation ergieng das Rescript d. d. Colin a. d. Spree
14. (24.) April 1662, abgedruckt bei Orlich III S. 156.
Resol. a. d. Graviamina. Assecuration, Lescbgewang. Poln. Comraissarien. 97
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 20. April 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. 6, RR. 1.
[Die polnischen Commissare und die Huldigung. Bitte um Instruction.]
E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 3. April habe ich unterthänigst 1662.
wohl empfangen und habe zwar allsofort das beigeschlossene an den
Herrn Hoverbeck übersandt, weil mir aber E. Ch. D. gnädigst erlauben,
meine unvorgreifliche Erinnerungen dabei zu thun, so habe ich ihm ge-
schrieben, die Commissarien mttssten nicht anderer Gestalt kommen,
als allein den Eventualeid von den Ständen aufzunehmen, dann ob die
Stände zwar allezeit und unaufhörlich urgiret haben, dass sie durch die
Commissarien ihrer Pflicht noch erlassen werden möchten und es mir
also sehr danken würden, wenn ich ihnen diese E. Ch. D. Resolution
entdeckete, so kann ich doch nimmer rathen, dass E. Ch. I). "sich dazu
verstehen, weil Sie sich dadurch aus den pactis geben würden. Es wird
auch numehr ümb so viel weniger nothig sein, weil der König ein sol-
ches Schreiben, wie die Beilage besaget, an die Stände abgehen lassen,
wovon der Herr Hoverbeck ohn Zweifel wird berichtet haben, wie und
welchergestalt ich ihm dazu mit Uebersendung eines Conceptes Anlass
gegeben, welches zwar in etwas verändert, aber dennoch gut gnug ge-
worden, und lässt sich der Passus, da von der Stände Privilegien und
Regierung geredet wird, also auslegen, dass E. Ch. D. davon kein Nach-
theil haben sollen. Das Schreiben ist ihnen heute in der Rathstube
offeriret, publice verlesen und nochmaln communiciret worden. Es wird
mit Gottes Hülfe guten Effect thun, und habe ich an Herrn Hoverbecken
geschrieben, dass wir darauf den actum der Huldigung vor E. Ch. D.
zuerst verrichten und hernach erst die königliche Commissarien rufen
würden.
Was E. Ch. D. mir wegen dero vorhabenden Reise nacher Carlsbad
schreiben, werde ich zwar in Geheim halten, E. Ch. I). mögen aber
sicherlich glauben, dass schon längst hergeschrieben, dass E. Ch. D. nach
Eger wollten. Der allergütigste Gott verleihe, dass Sie den gewünschten
Zweck von solcher Reise erlangen mögen. Indessen bitte ganz unter-
thänigst, E. Ch. D. wollten gnädigst befehlen, dass nicht allein die
Assecuration, Resolutio der gravaminum und die Regierungsverfassung,
welche nun ganz kurz sein kann, überschicket, besondern mir auch
dabei deutlich befohlen werde, wann etwan dabei noch einige Dinge
Schwierigkeit machten, darin wir den Ständen vor E. Ch. D. Wieder-
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 7
98 II- Dßf grosse Landtag von 1661 bis 1663.
kunft nacher Berlin keine Resolution geben könnten, ob man sie alsdann
bis dahin dimittiren sollte, weil ich nicht sehe, was man mit ihnen
allhie ausrichten würde, oder, da Alles von ihnen angenommen und bis
auf völlige Vollenziehung Alles richtig würde, ob man alsdann einen
terminum zur Huldigung ansetzen sollte, welcher doch ohne Zweifel bis
nach E. Ch. D. Wiederkunft, damit den Ständen Alles in debita forma
ausgerichtet werden könnte, ausgesetzet werden müsste, und ob ich auf
solchen Fall so lange hie bleiben oder mich hinwiederum nach Berlin
begeben soll; was E. Ch. D. hierin gnädigst verordnen werden, demselben
werde ich gehorsamlich nachleben. — Dafern der Bischof von Ermland
herkommen sollte, werde E. Ch. D. gnädigsten Befehl ich in Acht neh-
men, habe sonst nichtes davon vernommen, und hat er sich bisher sehr
affectioniret vor E. Ch. D. erwiesen, wiewohl er eine eiferige Creatur der
Königin Tst. — Wegen Reparirung des Schlosses habe ich den Herren
Oberräthen E. Ch. D. gnädigsten Befehl eröffnet; sie wollen auch dazu
Anstalt machen; zur Unterhaltung des Hofstaats aber, sagen sie, sei
keine Möglichkeit.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 20. April 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 16. [26.] April.) Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Verhandlungen über die Einführung der Accise.]
1662. E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 3. dieses hab ich bei gestriger
''"'Post mit unterthänigstem Respect empfangen, und ist nicht ohn, dass
E. Ch. D. Revers wegen der Accise schon eingekommen. Allein E. Ch. D.
werden aus meiner vorigen, unterthänigsten Relation auch gnädigst ver-
nommen haben, dass, weil solcher nicht zu rechter Zeit kommen, und
die Stände darauf währenden Osterfest über weggereiset, auch sich noch
bis auf diese Stunde gar wenig wieder eingefunden, vor dieses Mal die
Introducirung der Accise nicht eingeführet werden können. Diesen Morgen
aber werden wir in der Oberrathstube zusammen kommen und versuchen,
wie weit wir es mit ihnen bringen können, davon dann E. Ch. D. vor ab-
gehender Post mit Mehrem unterthänigster Bericht abgestattet werden soll.
Wegen der Assecuration habe E. Ch. D. ich ein unvorgreiflich Con-
cept gehorsamst überschicket. Wenn nun E. Ch. D. dasselbe gnädigst
belieben und es mit der Resolution der gravaminum überschicken, die
Stände sich auch damit vergnügen und nicht noch Eins und Auders er-
iunern wollen, wird die Regierungsverfassung desto leichter zu adjustireu
Asseciiration. Uebergabe des Reverses. 99
sein und solcher grossen Weitläufigkeit, weil in der Assecuration die
confirmatio privilegiorum schon enthalten, nicht bedörfen. Mit Kalck-
steinen soll E, Ch. D. gnädigstem Befehl gemäss verfahren werden, und
wird er es für eine grosse Gnade annehmen, wenn E. Ch. D. dero Inter-
esse, wie Sie in dero gnädigstem Rescript erwähnen, wollen fallen lassen,
dann ich habe Nachricht, dass er Solches nicht einst hoffet, weil er an
einem Ort, da E. Ch. D. hohen Respects halber summa securitas hätte
sein sollen, und an diejenige Personen, die auf E. Ch. D. gnädigste Ver-
schrei bung allda versammelt gewesen, sich höchich vergriffen. Dem
Herrn Obersten Kaniz habe E. Ch. D. gnädigsten Befehl angedeutet, und
danket er zwar unterthänigst vor die hohe Gnade, dass er sich an dero
Hofe aufhalten solle, er vermeinet aber, dass er kein Hofmann sei und
bittet nochmaln unterthänigst, ihn zu erlauben, auch Vorschreiben zu
geben, dass er in des Kaisers Dienst kommen möge, mit hoher Be-
theurung, so bald er hören würde, dass E. Ch. D. seiner benöthiget, ohn
Erforderung zu kommen, weil er wohl wüsste, dass er niemaln einen
bessern Herrn bekommen würde; er will aber doch noch zuvor E. Ch. D.
unterthänigst aufwarten. So wird auch der Vogt von Fischhausen es
vor eine sonderbare Gnade erkennen, dass E. Ch. D. sich dero gnädigsten
Versprechens wegen seines Brüdern erinnern.
P. S. (Vom 21. April.)
Auch, durchleuchtigster, gnädigster Kurfürst und Herr, haben wir
Inhalts meiner gestern datirten unterthänigsten Relation selben Tages in
der Oberrathstuben E. Ch. D. Reversal den Ständen extradiret, und dabei
die Städte erinnert, weil E. Ch. D. ihnen die Gnade gethan und ihrer,
ungeachtet sie nicht mitgewilliget, dennoch in demselben erwähnet, so
möchten sie Solches erkennen und numehr zu den andern Ständen treten.
Nach genommenem Abtritt dankte der Landvogt mit gar devoten Worten
vor das Reversal, erinnerte aber dabei 1) dass das Geld ad destinatos
usus verwandt werden sollte, 2) dass unter dem Wörtlein „Direction"
ihnen in der Administration kein Eingriff geschehen möge, 3) dass die
50000 Rthlr. vor sie bleiben möchten. Bei den beeden ersten Puncten
haben sie sich auf unsere Remonstration ziemlich erwiesen, wegen des
dritten aber sehr gebeten, an E. Ch. D. unterthänigst zu schreiben, da-
mit ihnen solche 50000 Thaler zu ihrer Schulden Abtragung gelassen
werden möchten, dabei anzeigende, dass, ob sie zwar die Acciseordnung
herauszugeben schon fertig wären, damit solche in den Druck kommen
7*
^QQ IL Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
und eingefüliret werden möchte, die Städte dennoch nur noch einen Tag
damit einzuhalten sehr gebeten, weil sie gute Vertröstung gegeben, dass
sie sich mit ihnen conformiren wollten. Die Anwesende von Städten
haben Solches auch bekräftigt, mit angehängtem Wunsch, dass sie die
Bürgerschaft disponiren möchten, dazu sie gleichwohl mehr Hoffnung als
jemals zuvor, anitzo hätten. Sollte nun dieses nicht geschehen, wird
dennoch mit Introducirung der Accise fortgefahren werden.
Das Schreiben an die beede Oberstände ist ihnen auch bei dieser
Gelegenheit extradiret, so sie mit grossem, unterthänigstem Danke an-
genommen. So habe ich auch den Oberräthen E. Ch. D. Concept wegen
Erbauung der reformirten Kirchen communiciret, welches ihnen ziem-
liche Vergnügung gegeben, jedoch vermeinen sie, es würden E. Ch. D. noch
unterthänigst zu erbitten sein, dass Sie nach den Worten: „mit ihrem
Vorwissen", auch hinzusetzen Hessen: „und ihrem guten Willen" ; zogen
dabei an, wie E. Ch. D. dadurch einen unsterblichen Ruhm bei allen
Lutherischen würden erwerben, in dem Sie damit die Stände der Gefahr
befreieten, wann etwa die Krön, welches Gott in allen Gnaden verhüte,
zur Succession kommen sollte, dass dieselbe nicht auch pro lubitu
katholische Kirchen, Klöster und Schulen bauen Hesse. Ich habe
ihnen zwar alle Hoffnung benommen, dass dieses Concept nicht würde
geändert werden; sie sagten aber, dass sie sich unterreden und mit
mir deshalb weiter Conferenz halten wollten. Bei dieser Gelegenheit
erwiesen sie sich in allen Dingen viel geneigter, als ich noch je-
maln gespüret, begehrten auch von mir, mich mit ihnen zusammen zu
thun, die Regierungsverfassung fürzunehmen und zu versuchen, ob die-
selbe also einzurichten wäre, dass E. Ch. D. und die Stände damit zu-
frieden sein könnten. Ich antwortete, E. Ch. D. würden solche meinem
Vermuthen nach ehests wieder herein schicken, dahero es wohl nicht
nöthig sein möchte. Darauf sie gar sehr baten, unterthänigst zu erinnern,
dass selbe nicht vollnzogen, sondern conceptsweise hereinkäme, wollten
sich allerseits zum Höchsten bemühen, dass die Stände herbeigebracht
werden sollten ').
^) Die Antwort (ungezeichnetes Concept von Jenas Hand) vom 16. (26.) April 1662
ist abgedruckt bei Orlich III S. 156 f. Ferner ergieng ein Rescript des Kurfürsten
mit der Weisung, die Oberstände von ihrem Begebren, 50000 Thlr. von dem Accise-
ertrage sogleich für ihre Bedürfnisse zu verwenden, abzubringen. Es geschah. (Der
Kurfürst an Schwerin und die Oberräthe 17. [27.] April, Protokoll der Oberrathsstube
vom 24. April 1662.)
Reformlrte Kirche. Resolution auf die Gravatnina. 101
Kurfürstliche Resolution auf die ständischen Gravamina'). Dat.
Colin a. d. Spree 11. April 1662. (Praes. 8. Mai 1662.)
Ungezeichnetes Concept von Jenas Hand^). R. 6. RR, 1. — Kön. 668 II.
[Des Kurfürsten bisherige Bemühungen. Mahnung wegen unnöthiger Gravamina.
Dr. Dreier. Kirchendisciplin. Reformierte. Kirche zu Pillau. Casus devolutionis.
Universität. Fürstenschulen. Hospital. Zuchthaus. Gefangene der Tartaren. Stän-
dische Theilnahme an auswärtigen Verhandlungen. Commissariat. Oontributionsreste.
Statthalter. Die „auswärtigen" Räthe des Kurfürsten. Schlossfreibeiten. Zölle. Än-
theil Königsbergs am Pfundzoll. Justizwesen. Vereinfachung des Processes. Bürger-
liche Assessoren beim Oberappellationsgericht. Officiales fisci. Pfandcontracte.
Advokaten. Hauptleute. Die gewesenen Hauptleute von Oletzki und Orteisburg.
Mahnung an die Stände. Gerichte der kleinen Städte. Stadtschlüssel. Die Folgen
des Krieges kein Gegenstand gerechtfertigter Beschwerden. Milizestat. Heiligung
der Feiertage. Revision des Landrechts. Dank für die Willigung.]
... als haben Sie [S. Ch. D.] sofort nach erlangetem Frieden dieses 1662.
ihre grösste Sorge mit sein lassen, damit vermittelst göttlichen Bei-" • -^P"'
Standes aller Müglichkeit nach Dero Herzogthumb Preussen in guten
Wohlstand hinwiederumb gesetzet, was bei währenden Kriegeszeiten
nicht etwan dergestalt, wie es sich gebühret, in Acht genommen, besser
beobachtet, den übrigen Mängeln und Gebrechen gesteuret und Alles zu
einer guten und nöthigen Consonanz gebracht werde. Zu welchem p]nde
Sie Dero Armee abgedanket, die Contribution und Anlage nebst dem
Supplemento aufgehoben, auch der Accise halber auf vorhergegangene der
Stände uuterthänigste Erklärung und Anerbieten eben dergleichen in
Gnaden gewilliget, dass nicht zu zweifeln, es werden Solches die ge-
sambten gehorsamen Stände mit unterthänigstem dankbaren Gemüthe
erkennen. Es sind auch I. Ch. D. noch ferner des gnädigsten Willens
in dieser Ihrer landesfürstlichen Sorgfalt zu continuieren und denen-
jenigen Beschwerden, welche die Stände mit Recht und Billigkeit gra-
vamina nennen können, abzuhelfen. Dabei Sie sich aber gleichwoll
gnädigst und unfehlbar versehen, dass, da hinfüro dero getreue Stände
in Angelegenheit des Landes etwas an- und vorzubringen, sie nicht solche
Dinge vorstellen werden, welche entweder aus Eines oder des Anderen
Privataffecten herrühren oder auch von der unwidertreiblichen Vorsehung
des Allerhöchsten entstanden sein.
') Vom 12. .Juli 1661 s. Bd. I S. 521 ff. dort unter der Bezeichnung „Bedenken der
Stände über die übrigen Punkte der kurfürstlichen Proposition".
-) Jena hat zuerst Schwerins Entwurf vom 6. Oct. 1661 (s. Bd. I S. 585 Anm. 2)
durchkorrigirt, dann ein neues Concept geschrieben, das sich doch zum grössten Theile
102 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
1)^) Dr. Dreiers wegen sind sogleich Commissionen eingesetzt, um beiden
Tlieilen Stillschweigen aufzulegen. Als sich der Streit unlängst erneuert hat,
ist das wiederum geschehen. Der Kurfürst besorgt weiteren Streit nicht, wird
aber nöthigen Falls den Kirchenfrieden zu erhalten wissen. Das Tractiren der
Schulfragen auf den Kanzeln soll von allen Theilen unterlassen werden'-).
2) Was die zerfallene Kirch endisciplin anbetrifft, so sind wohl genug
Gesetze und Verordnungen vorhanden, werden aber nicht beobachtet. Der Kur-
fürst ist damit einverstanden, „gewisse Commissarien zu deputiren und dieselbe
mit erforderter gehorsamster Einrathung und ohnmaassgeblichen Vorschlägen
der Stände gnädigst zu instruiren, damit die bei dem Kirchenwesen sich ereig-
nenden Mängel redressiret werden mögen".
3) Der Kurfürst wird dafür sorgen, dass der Lutherischen Religion durch die
Reformirten nicht der geringste Eintrag geschehe. Die Kirche in Pillau, die
der Kurfürst aus eigenen Mitteln aufgebaut hat, ist beiden Religionsverwandten
zur Abhaltung des Gottesdienstes und der heiligen Communion „umb mehrer
Einigkeit willen" zur Verfügung gestellt. Der Kurfürst vertraut darauf, dass
die Stände daraus seine Güte gegen die Lutherische Religion erkennen und
„in dessen Betrachtung sich bescheidener erweisen". Als eine grosse Bitterkeit
ist es anzusehen, dass die Städte Königsberg die Reformierten von dem Bürger-
rath auszuschliessen sich unternehmen wollen. Sie können diese ihre Meinung
mit keinem Jota behaupten.
4) Für die Erhaltung des jetzigen Status in Religionssachen in casu devo-
lutionis würde der Kurfürst Sorge tragen, ebenso 5) für die Universität und
die drei Fürstenschulen sorgen. Die zur künftigen Kirchen- und Schulvisitation
verordneten Commissarien würden dahin instruiert werden. 6) Das Hospital
kann nur soviel Arme aufnehmen, als es vermag; die Stände mögen aber auf
an jenen anschliesst. Die erheblichsten Abweichungen von dem Schwerin'schen Ent-
wurf sollen im Folgenden notiert werden.
*) Die Numerierung weicht von der der Gravamina ab.
^) An Stelle dieses Verbotes hatte Schwerin vorgeschlagen zu schreiben: „S. Ch. D.
halten am Rathsambsten, dass Dero getreue Stände sich dieses Werks nicht theilhaftig
machen, besondern diesen Schulstreit, also wie es in allen anderen Landen geschieht,
ansehen mögen, das ist die Gelehrten so lange disputiren lassen, bis sie des Werks
müde werden, dieweil Solches dem Kirchenwesen gar unnachtheilig ist und solches
bisher durch die Gnade Gottes und Sr. Ch. D. landesväterliche Vorsorge in seinem
Wohlstande unverwirkt geblieben, und besorgen S. Ch. D. nicht unbillig, dass wann
die Stände dieses noch ferner vor ein Uebel halten und nicht unberühret lassen werden,
es möchte von der Art der Uebelen sein, welche je mehr sie genähret, je ärger sie
ausschlagen, sonsten aber negligendo an ihm selbst fallen. Es wollen aber dennoch
S. Ch. D. Dreiern befehlen, dass er sich derjenigen Quästiones, welche Anlass zu
diesem Streit gegeben, hinfüro enthalten solle. Nichts weniger aber soll denen Predi-
gern, vornehmblich aber . . dem Schröter in der Alten Stadt hart anbefohlen werden
sich des schändlichen . . . Schmähens, Lästerns und Anführung der Schulfragen zu
enthalten . . . ."
Kirchliche Fragen. Commissariat. Statthalter. Oberräthe. 103
Begründung neuer Hospitäler denken. „Auch würde woll höchst nöthig sein
dass zumalen bei jetzigen undisciplinirten Zeiten ein wollformirtes Zuchtliaus
in der Stadt Königsberg angestellet werde, in welchem nicht allein die umb-
streichende starke Bettler, sondern auch andere Unartige und Ungehorsame zur
Besserung gebracht und verwahret werden können." Die Regierung wird an-
gewiesen werden, das Hospital zu visitiren.
7) Der Kurfürst hat aus eigenen Mitteln verschiedene von den Tartaren
Gefangene ausgelöst, auch sonst für ihre Befreiung gesorgt und wird damit
fortfahren. Die Stände mögen dazu beisteuern.
8) Was bei dem 8. Desiderio (Profansachen) angeführet, das sind
zum Theil passierte Dinge, zum Theil unfundierte Beschwerungen. Es
haben sich auch die gehorsamen Stände ingesambt zu versichern, dass
sie zu vorfallenden des Herzogthumb Preussen betreffenden Handlungen
gnädigst erfordert werden sollen und vermeinen I. Ch. D. nicht, dass die
Stände über ein Commissariat, welches annoch währen solle, sich zu
beschweren Ursach, weil dasselbe so weit schon geändert, auch nun etz-
liche Monat hero keine Besoldung darauf gereichet. Es wollen auch
I. Ch. D. die gnädigste Verordnung thun, dass die bei dem Commissariat
gewesene Bediente vollkommene Rechnung ablegen und wenn sich nun
daraus befinden möchte, dass noch einige alte Contributionsreste, ab-
sonderlich bei den kleinen Ständen, ausständig, so wollen I. Ch. D. dess
halber nicht eben in Dero getreue Unterthanen dringen lassen, es wäre
denn Sache, dass darüber den Officirern Obligationes ausgestellet, welche
nicht unbillig als andere Contracte zu consideriren. Und demnach die
getreue und gehorsame Stände zur Gniige sich versichert wissen, also
versichern I. Ch. D. sie hiemit nochmals, dass wann einige und die an-
dere wichtige Sache, welche Dero Herzogthumb Preussen absonderlich
anbetrifft, gehandelt oder geschlossen werden sollte, Sie darüber jedes
Mal Dero getreuen Stände unterthänigsten ohnmaassgeblichen Einrath
vernehmen wollen und auf eingenommenen ihren gehorsam bsten und
vernünftigen Gedanken in der Sache verfahren und wider des Landes
Bestes nichts schliessen.
So viel die Bestallung eines Statthalters betrifft, da werden
I. Ch. D., wo Sie es nicht nöthig befinden, keinen bestellen und ohne Dero
gehorsamen Stände woll meinende unterthänigste Erinnerung dergleichen
Unkosten und Spesen ersparen. Es können aber auch I. Ch. D. bei diesem
Punkt ferner unangezeiget nicht lassen, dass Deroselben die Art zu reden,
dass die preussischen Oberräthe mit den auswärtigen und frembden
Käthen in causis statum Prussiae concernentibus concurrieren müssen,
]^Q4 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
sehr befrembdet vorkombt, müssen fast dafür halten, dass hierbei ein
Irrthumb vorgangen. Dann wie I. Ch. D. bei allen Ihren bestallten
Collegiis gute Ordnung halten und also auch Dero Oberräthe in ihren
ordinariis functionibus durch einige andere nicht irren lassen, also können
Höchstgedachte I. Ch. D. nicht woll 'glauben, dass die Stände dahin zielen
sollten, dass wann I. Ch. D. in Dero Herzogthumb Preussen sein und
Dero Oberräthe für sich fordern liessen, Sie Dero Geheime Räthe, wel-
chen die allergeheimsten Sachen von allen I. Ch. D. Landen und ganzen
Estat anvertrauet und wissend abtreten lassen sollten, sind aber im
Uebrigen erbötig, Alles und Jedes, was von denen Ständen aus Befugniss
deroselben angeführt und beigebracht werden kann, so weit dasselbe
dem suprerao et directo dominio nicht entgegen und zuwider, vollkom-
mentlich in Allem zu halten und zu observieren.
9) Ganz unvermuthet kombt es Sr. Ch. D. vor, dass die Städte
Sr. Ch. D. Ziel und Maass geben wollen, was Sie für Handtierung auf
Dero Freiheiten treiben lassen wollen und hätte den Ständen woll an-
gestanden, gedachte Städte mit einem solchen unziemlichen und fast unbe-
sonnenen Anmuthen abzuweisen, aufs Wenigste sie zu besserem Respect
anzumahnen, indeme sie diejenigen Handwerker, so mit Sr. Ch. D. Rollen
versehen, Böhnhasen zu nennen sich nicht entblöden dörfen. Es scheinet
aber dass derselbe Scribent bei den Städten, so dieses vermeinete Gra-
vamen zu Papier gebracht, sein Handwerk selbst nicht recht gelernet
und so wenig den Respect gegen die hohe Obrigkeit [kennt], als dero-
selben Recht, die Handwerker mit Rollen zu versehen.
10) Von Erhöhung des Zolls in der Pillau oder bei der Pfundkammer
in Königsberg, womit S. Ch. D. Hir eigen Einkommen in regard der so
freien Commercien nur schwächen würden, ist Deroselben nichts bekannt
und wird anderweit den Ständen vor Augen gestellet, wie weit S. Ch, D.
mehr dann die Stände au den Commercien und deren Aufnehmen inter-
essiret. Zu Labiau hat der Zoll seine Gewissheit und muss darin nicht
excediret werden. Wäre etwas geschehen, so haben es die Parte ihrem
Stillschweigen zuzuschreiben, sonsten es an der Aenderung nicht hätte
ermangeln dürfen. Wegen der Loysenschanz ist keine Klage einkommen
und soll daselbst gleichfalls Niemands Unrecht begegnen. Wenn aber
Sr. Ch. D. von Einem und dem Andern noch einige Specification zukom-
men wird, wollen dieselbe gebührliche Remedierung thun.
11) Den Städten Königsberg hat der Kurfürst den ihnen zuvor concedirten
Antheil am Pfnndzoll entzogen, weil sie den Bedingungen, die daran geknüpft
Schlossfreiheiten. Zölle. Königsberger Antheil. Justizwesen. X05
waren, kein Genüge gethan haben, ja er hat noch eine Summe, die sie zur
Ungebühr bekommen, von ihnen zu fordern^). Der Werth der Klapperwiesen
soll ihnen wieder erstattet, alle Hinderung der Gewerbe, falls sie näher be-
zeichnet wird, und alle Dieberei soll abgestellt werden.
12) Der Kurfürst ist zur Heilung aller Schäden im Justiz wesen bereit,
muss aber beklagen „dass solches Übel in alle "Wege ex visceribus der grava-
minirenden Stände Selbsten herfürwachse". Die alten und neuen Hofgerichtsord-
nungen sind wohl abgefasst, eine Commission zur Abstellung weitern Uebel-
stände ist nur durch die Pest in ihren Arbeiten gestört worden. Der Kurfürst
wird gern von der Landschaft Vorschläge über Verbesserung und Vereinfachung
des Processes, der „nunmehro denen Advocaten mehr dann den Parten dient", ent-
gegennehmen, „sintemal mehr dann bekannt, wie die gerechteste Sache zum öfteren
mit solchen formalitatibus aufgehalten oder auch woll gar verloren werde" . . .
Dass aber hiebei und in specie bei der Bestallung des Oberappellation-
gerichtes die Städte Königsberg eine übel fundirte Klage führen, Solches
befrembdet S. Ch. D. nicht wenig, denn obzwar S. Ch. D. nicht ver-
sprochen die drei Assessores ex civico ordine aus den Städten Königs-
berg zu nehmen, sondern behalten sich desfalls freie Hände, selbige aus
dem Lande Ihres Gefallens zu nehmen, so befindet sichs doch für itzo,
dass die gegenwärtige alle drei aus diesen Städten sein. Dannenhero
fast zu schliesseu wäre, dass sie in die Gedanken gerathen wollten, dass
nun auch S. Ch. D. eben diejenige Personen, welche ihnen gefielen, dazu
constituieren sollten, worinnen aber S. Ch. D. Ihr kein Ziel vorschreiben
lassen können. Wann auch mehr besagte Städte Königsberg nicht bald
in sich gehen, ihre vorige Bezeugungen bereuen und sich also, wie es
gehorsamen Unterthanen zustehet und gebühret, gegen S. Ch. D. [ver-
halten], wird Diese woll noch weiter von ihnen weichen und diese
Gnade Dero gehorsamen Unterthanen im Lande widerfahren lassen. Die
Abwechselung der Personen haben S. Ch. D. Ihr reserviret und nicht als
ein Privilegium den Ständen ertheilet und haben S. Ch. D. vor dieses
Mal erhebliche Ursachen gehabt, worumb sie umb desto besserer Be-
stellung der Justiz einige Personen über das reservirte Triennium conti-
nuiret haben. Wann in specie wird angezeiget werden, worin die offi-
ciales fisci excediret, wollen Se. Ch. D. darin gebührende Remedierung
') Bei Schwerin steht statt dieses ersten Satzes: „Den Städten ist bekannt, dass
S. Ch. D. ein viel Mehreres von denen selben zu fordern, so Alles aus richtigen
Liquidationen bestehet. Wenn nun dieselbige das Ihrige werden abgetragen haben,
wollen S. Ch. D. ihnen dasjenige, was sie mit Fug am Pfundzoll behaubten können,
auch abstatten lassen."
106 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
thun. Im Uebrigen ist die praerogativa fisci so woll ex jure communi,
als den Rechten dieses Landes genugsamb fundiret und bekannt. Die
eingeführte Criminalgerichtsverfassung und Edictum perpetuum de duellis
ist gött- und weltlichen Rechten gemäss, auch hiebevor von den Ständen
selbst vielfältige Ansuchung darumb geschehen. Würden aber die Stände
etwas beibringen, so diesen löblichen und christlichen Zweck desto besser
befördern könnte, wollen S. Ch. D, sie in Gnaden hören.
Der Pfandcontracte halber soll Keinem Widerrechtliches zugemuthet
werden, nur gegen zu hohe Zinsberechnung und andere Uebelstände ist ein-
geschritten worden, was dem Kurfürsten ebenso wie jedem Privatmann zu-
steht. Ein neues Lehnrecht ist nicht constituiert worden; „wann aber S. Ch.
D. Dero Lehn richtig registrieren, dabei gute Ordnung halten lassen und
desfalls einen oder andern Specialbefehl ertheilen, wird Solches die Stände
nicht afficieren". Es soll eine Verordnung über die Kanzleigebühr ergehen,
dass Niemand wider das Herkommen erschweret Avird, wie dann auch
S. Ch. D. es mit den Advocatis also halten lassen wollen, wie es vor
diesem gewesen und desfalls keine Neuerung veranlassen, können auch
woll geschehen lassen, dass diejenige Advocaten, so nicht officiales fisci
sein, privatis contra fiscum absque special! mandato bedient sein mögen.
Den Haubtleuten, wie es ohne das ihr Eid und Pflicht vermag, soll
ferner injungieret werden, der Justiz in den Aembtern fleissig abzu-
warten, und wissen S. Ch. D. keinen, der incompatible Chargen hätte.
Denen gewesenen Haubtleuten zu Oletzki und Orteisburg ist gar
kein Unrecht, sondern vielmehr, dass ihrer übelen Administration und
anderen Verhaltens halber nicht schärfer mit ihnen verfahren, Gnade
geschehen, welches S. Ch. D. in Consideration ihrer Eltern und Ver-
wandten gethan, und wissen sich auch sonst S. Ch. D. nicht zu erinnern,
dass Sie Jemand captivieren lassen, der es nicht genugsamb meritiret
und der es nicht noch genug ürsach hätte, Sr. Ch, D. Gütigkeit zu preisen.
Und weil den sämbtlichen Ständen die actlones derjenigen Personen, wor-
auf allhier gezielet werden mag, gnugsamb bekannt, so verwundern sich
S. Ch. D. nicht wenig, dass die Importunität derselben mehr bei ihnen
verfangen, als der Respect, den sie Sr. Ch. D. billig zutragen sollen, bei
ihnen consideriret worden. Sie wissens alle und werdens auf den Fall
der Noth der Wahrheit zu Steuer bekräftigen müssen, dass so viel daran
fehle, dass S. Ch. D. Gefallen an Jemandes Unglück haben und ohne
Verschulden auch den allergeringsten Menschen captivieren lassen sollten,
dass vielmehr derselben, die dergleichen meritiret, im Lande nicht wenig
sein, mit welchen Se. Ch. D. in Hoffnung der Besserung durch die Finger
Pfandcontracte. Hauptleute. Kleine Städte. Kriegsfolgen. Miliz. 107
gesehen. Und wie S. Ch. D. in diesem Punkt allein vor dem höchsten
Richter responsable sein, sich auch durch dessen gnädigen Beistand also
bezeugen wollen, dass Sie Ihr Gewissen rein behalten, so wollen Sie viel-
mehr von Dero Ständen gewärtig sein, dass sie solche Personen, derer
Verbrechen ihnen genugsam bekannt, abweisen und ^ sich solcher ihnen
nicht zustellenden gravaminum enthalten werden , gleichwie S. Ch. D.
nicht gesonnen, auch dem Allergeringsten das Seinige zu entziehen, be-
sondern vielmehr einen Jedweden bei seinen habenden Rechten und Ge-
rechtigkeiten kurfürstlich zu schützen. — Also wollen Sie auch gnädigste
Verordnung ergehen lassen, dass den kleinen Städten in ihren Ge-
richten von den Aembtern kein Eingriff geschehen solle. So viel aber
die Abnehmung der Stadtschlüssel betrifft, ist Solches an allen Orten
und Enden der Welt bei Kriegeszeiten gebräuchlich und wird ihnen dem-
nach Solches auch nicht fremd vorkommen.
Wenn die Stände alle und jede Miserien, so bei Kriegen verlaufen,
in diesem gravamine anziehen wollen, haben sie derer mehr ausgelassen
als erwähnt und wenn denn einige Remedirung zu hoffen, wollten
Se. Ch. D. auch gerne Ihres Ortes hinzutragen, was sie dabei befunden.
Es halten aber Se. Ch. D. davor, dass so woll Sie als die Stände besser
thun werden, dem allerhöchsten Gott inniglich zu danken, dass er diesem
Elende so bald durch den Edlen gewünschten Frieden abgeholfen, denn
die wollverdiente Straffen mit vielem Querulieren zu exaggerieren und
dadurch Gottes Zorn mehr zu erwecken. Dass bei kriegischen Zeiten
und sonderlich, wenn der Feind im Lande, leges et privilegia nicht ob-
serviret w^erden können, haben S. Ch. D. so woll in diesem, als allen
anderen Dero Landen bei gewesenen Kriegen zu Ihrem höchsten Schaden
erfahren müssen. Andere benachbarte Oerter, da auch viel auf Libertät
gehalten wird, bezeugens noch heutiges Tages, dass Solches nicht zu
evitieren. Wann auch bei diesem Kriege, als einer schweren Strafen
Gottes, Alles in seinem guten Esse erhalten und Niemand gekränket
werden dürfte, würde derselbe vor keine göttliche Strafe mehr gehalten
werden können. . . . Und weil die Stände selbst erkennen, dass die
Ordinärdefension nicht zureichend ist, so wollen S. Ch. ü.^) den Miliz-
^) Im Concept Schwerins folgen hier die Worte: , Ausser Intercessionen, welche
sie doch verhoffentlich Indignis nicht ertheilen werden."
^ Statt der nun folgenden Worte heisst es bei Schwerin: „gleichwie Sie sich
allbereit dahin gnädigst anerboten mit unterthäuigstem Einrathen der getreuen Stände
die Defension also einrichten, dass man sich nächst göttlichem Beistand darauf ver-
108 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
es tat und die Defension des Landes dem jetzigen Zustand nach ein-
richten lassen und dabei der Stände Einrathen vernehmen.
14) Dieser Punkt wegen Heiligung der Sonn- und Feiertage und
Abstellung alles übermüthigen Lebens hat seine gute Richtigkeit und
wollen S. Ch. D., weil es die Ehre Gottes betrifft, hiervon weder Dero
Bediente, noch die Professoren bei den Academien, noch auch sonsten
Jemanden, wer der auch sein möchte, eximiren.
Zur Revision des Landrechts haben die Oberräthe schon Com-
missare vorgeschlagen, die demnächst damit beauftragt werden sollen.
15) Das Anerbieten der Stände, dem Kurfürsten noch vor Endi-
gung des Landtages mit einer gewissen Summe unter die Arme zu greifen,
ist von ihm mit gnädigstem Danke acceptiert worden.
Der Kurfürst verbleibt den Ständen sammt und sonders mit kurfürst-
lichen Gnaden und Hulden stets wohl beigethan.
Die Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 21. April
1662.
Ausfertigung.
[Willigkeit der Oberstände, Zögern der Städte in Sachen der Accise.]
1662. Sie haben den Landtag gestern durch eine Ansprache von dem augenblick-
21. April. ii(.]jeii Stande der Angelegenheit unterrichtet. Die beiden Oberstände haben
erklärt „wie woll sie durch eine fernere gnädigste Erklärung einiger Umbstäude
in den Reversales sich zu bewahren nöthig erachten wollten, wären sie doch
bereit die Einrichtung der Accise morgen oder übermorgen gehorsambst einzu-
reichen". Die Städte haben noch um einige Tage Bedenkzeit gebeten. Das
Schreiben des Königs von Posen ist in Gegenwart der Stände erbrochen und
gelesen worden. Die Städte werden dadurch vermuthlich zu schleunigerer Be-
schlussfassung bewogen werden.
lassen könne, wobei alsdann ein und anders, was von den Ständen allbie angezogen,
in Acht genommen werden soll."
^) Das Stück ist in der Ausfertigung vom Kurfürsten unterschrieben und mit In-
siegel versehen worden. Es ward an Schwerin und die Oberräthe mit einem beglei-
tenden Rescript am 11. April 1662 übersandt.
Feiertage. Landrecht. Willigung. Accise-Einrichtung. 109
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 25. April 1662.
(Praes. Leipzig 21. April [1. Mai].) Eigeühändige Ausfertigung.
[Aufschub der Acciseangelegenbeit.]
Gestern Vormittage haben wir der Abrede gemäss die Stände in 1662.
v') Anril
die Oberrathstuben ') kommen lassen, da dann durch den Herrn Vogt"
von Fischhausen ausgebracht worden, die beide Oberstände wären bereit,
ihrer Zusage nach die Accise zu übergeben, weil aber die Städte sie
abermahlen sehr hoch gebeten, dass sie nur noch ein paar Tage damit
anstehen möchten, so stelleten sie es zu unserem Belieben, ob wir mit
der Accise fortfahren oder die Dilation verstatten wollten. Weil nun
E. Ch. D. befohlen, allen möglichsten Fleiss anzuwenden, dass die Städte
bei den übrigen Ständen verbleiben mögen, so haben wir, ehe die Reso-
lution ertheilet, die Städte allein vor uns genommen und ihnen beweg-
lich zugeredet, absonderlich auch vorgehalten, E. Ch. D. wären anjetzo
schon übel mit ihnen zufrieden, weil alle Verzögerung von ihnen her-
käme; würden sie nun das Werk noch länger aufhalten und würde doch
nichts daraus, so hätten sie leicht zu urtheilen, dass auch die Ungnade
noch härter und schwerer fallen würde. Die vom Magistrat antworteten,
sie hätten alle diese Tage nicht aliein grossen Fleiss bei der Bürger-
schaft angewandt, besondern wolltens auch gerne noch weiter thuu, da-
mit E. Ch. D. ihnen mit Gnaden gewogen bleiben möchten, und wiesen
uns selbst an, mit den Anwesenden von der Bürgerschaft zu reden,
welches auch geschehen. Dieselbe ist nun wohl willig zu dem quanto,
aber vor der Accise haben sie einen so grossen Abscheu, dass es wohl
schwer daher gehen dürfte, sie in Güte dahin zu bringen. Dann sie
scheuen sich nicht, zu sagen, sie hättens nun erfahren, wie schwer es
daher ginge, sich von der Accise wieder loszumachen; künftig würde es
noch schwerer fallen. Wir haben ihnen remonstriret, dass durch den
Hubenschoss es eine wahre Unmöglichkeit wäre, das Geld aufzubringen.
Sie haben endlich versprochen, nochmalen mit der Bürgerschaft fleissig
aus der Sache zu reden, und ist ihnen auch versprochen worden, wenn
einige Stücke in der Accise wären, so sie zu hart drücketen, sollte Sol-
ches moderiret werden. Mit künftiger Post soll, geliebts Gott, E. Ch. D.
unfehl barlich berichtet werden, dass die Accise entweder mit der Städte
oder auch ohne ihren Willen übergeben ist.
') üeber diese Verhandlung ist auch ein Protokoll ausgegeben worden. (Vom
24. April 1662.)
110 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 25. April 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Acciseverhandlungen. Resolution. Die Oberräthe und ihre Stellung. Königliches
Schreiben. Erklärung der Städte iäber die Accise.]
1662. ß Oll, j) gnädigstes Rescript vom 11. dieses habe ich gestern mit
f)'^ Anril
unterthänigstem Respect empfangen. Weil nun die Stände seither kegen
das vorige Reversal nichts eingewandt, bedarf das letztere nunmehr
nicht extradiret werden.
Was die Acci seein rieht ung an ihr selbst betrifft, werden E. Ch. D.
aus meiner letzten, unterthänigsten Relation gnädigst vernommen haben,
aus was Ursachen man noch den Städten, sich zu bedenken, eine geringe
Zeit verstattet. Darauf haben wir uns vorgestern früh um 8 Uhr in der
Oberrathstube zusammen gethan, zu den Ständen geschickt und begehren
lassen, sich abgeredeter Maassen bei uns einzufinden und die Accise zu
übergeben. Darauf der Landvogt und Landrath Redern selbst zu uns
gekommen und berichtet, dass sie Alle mit einander ausser den Städten
beisammen wären; zu denen hätten sie bereit geschickt und Antwort
erhalten, dass sie sich um 10 Uhr einstellen wollten, wären eben noch
mit der Bürgerschaft im Werk wegen Einwilligung der Accise begriffen,
bei welcher Gelegenheit wir gedachten beeden Landräthen fürstelleten,
dass die Städte bei ihrer Verweigerung dieses sehr anzögen, als sei die
Accise nur auf lauter solche Dinge gerichtet, dadurch der Adel geschonet,
die Städte aber graviret würden. Sie erklärten sich aber allsofort, dass
ihnen lieb sein sollte, wenn die Städte nur dieses fürbringen und im
Uebrigen die Accise einwilligen würden, wären willig und bereit, sich
hierunter aller billigen Decision zu unterwerfen, könnten uns aber wohl
versichern, dass der Mangel da nicht wäre, besondern dass die Städte
die Accise gar nicht beliebten und an andern Orten desfalls wohl andere
Ursachen fürwendeten. Wir forderten hierauf die kleine Städte für uns
und hielten denen für, was für schwere Ungnade sie zu erwarten hätten,
wenn sie sich unterständen, sich dieses Schlusses wegen der Accise zu
entbrechen, vermahneten sie demnach ernstlich von den Städten Königs-
berg abzustehen und sich den beeden Oberständeu zu associiren. Sie
brachten darauf sehr beweglich für, wie übel sie daran wären und wie
sie sich selbst nicht zu rathen wüssten; an der einen Seiten sähen sie
E. Ch. D. Ungnade für Augen, an der andern würden sie von den Städten
Königsberg mit gar starken persuasionibus zurückgehalten, hätten auch
Accise-Einrichtung. Resolution auf die Gravamina. Oberräthe. 111
noch keinen Befehl von ihren Principalen, in die Accise zu willigen,
sondern wären von denen selben auf das Vermögen und Kopfgeld in-
struiret. Wir sagten ihnen aber, man würde sich an ihre Contradiction
nicht kehren, sondern mit dem Werke fortfahren. Um 10 Uhr schickten
wir wieder zu den Ständen, erhielten aber zur Antwort, dass die Städte
vor Mittag nicht könnten fertig werden, daher wir ihnen die vierte Stunde
nach Mittag zu uns zu kommen angedeutet; sie Hessen sich aber auch
um dieselbe Zeit entschuldigen.
Wir sein darauf gestriges Tages um neun Uhr in der Oberrathstube
wieder zusammen kommen und haben so fort zu den Ständen geschickt,
da wir dann die Antwort erhalten, dass die Städte um 10 Uhr mit ihrer
Resolution kommen würden. Und ob wir zwar um 10, nochmaln 11,
ferner 12 zu ihnen geschickt, so ists doch allzeit bei der Entschuldigung
blieben, dass Städte noch nicht fertig wären, und als wir bis über ein
Uhr vergeblich beieinander blieben, haben wir ihnen andeuten lassen,
dass wir ihrer um vier Uhr nach Mittag erwarten wollten, davon E. Ch. D.
den Verlauf in beigefügtem postscripto in Gnaden ersehen können.
Die Resolution über die gravamina habe ich mit dem Rescript
an die Oberräthe übergeben; den Effect dessen werde ich allererst mit
Nächstem berichten können, dann sie sich bei der Verlesung sonst nichts
herausgelassen, dann dass der eine Punkt ganz geändert wäre.
Dass sonst E. Ch. D. dahin bedacht sein, wie die Oberräthe in
den Schranken gehorsamer Diener verbleiben und ihre Autorität nicht
weiter, als E. Ch. D. Hoheit es zulasset, erstrecken mögen, Solches wird
deroselben mit Fug' Niemand verdenken können, die Stände, ja die Ober-
räthe selbst sich auch wohl endlich darin schicken müssen. Nachdem
sie auch anitzo keinen Rücken haben wie zuvor, so sehe ich nicht, was
E. Ch. D. hindern kann, damit durchzudringen, muss aber dieses gehor-
samst erinnern, dass in den vorigen Zeiten die Verordnungen daher mehr
aus den Augen gesetzt worden, und die Oberräthe sich vieler Dinge an-
gemaasset haben, dass von Hofe aus den Befehlen kein Nachdruck ge-
geben, und wann einmal etwas befohlen, hernach weiter nicht nachge-
fraget, auch vielen Dingen nachgesehen worden, die sie wohl mit keinen
privilegiis behaupten können, besondern sich allein darauf verlassen, dass
man zu Hofe keine Acht darauf habe, wie E. Ch. D. Solches selbst dar-
aus gnädigst abnehmen werden, dass noch vor diesem letzten schwedi-
schen Kriege Sie es durch scharfe, nachdrückliche Verordnungen weiter
gebracht, als jemals dero hochlöbliche Herren Vorfahren gethan haben.
112 I^- D^r grosse Landtag vou 1661 bis 1663.
Wann ich die Gnade haben werde, E. Ch, D. wieder in Person unter-
thänigst aufzuwarten, werde ich die particularia hievon zeigen, und wie
dergleichen Dingen vorzukommen, anzeigen können. Meines unvorgreif-
lichen Ermessens möchte dies das Beste sein, dass E. Ch. D. in der Re-
gierungsverfassung in Allem, was oekonomische und dergleichen Dinge,
so bisher viel Schwierigkeit verursachet, angehet, dero beliebendem
gnädigstem Befehl Alles reservirten. Wegen der Oberräthe Praedicats
möchte es wohl die grosseste Schwierigkeit geben, denn sie sich schon
etlich Mal beschweret, dass sie neulich in der Regierungsverfassung nur
Statthaltende und zumal in Abwesenheit des Statthalters und sonsten
Regierungsräthe geheissen, da sie doch in den pactis Statthalter und
Regenten tituliret würden. Ich kann auch wohl nicht absehen, wie es
will gehindert werden, dass nicht ein Jeder, so wohl inner, als ausser
Landes sie Regimentsräthe titulire, und zweifle ich, wenn es E. Ch. D.
schon öffentlich verböten, ob es nachbleiben würde, weil derselbe Titul
allhie bei Jedermänniglichen so gebräuchlich, dass es wohl nicht ehe,
dann mit Langheit der Zeit wird geändert werden können. Im Fall
nun E. Ch. D. dafür halten, dass das Wort Regimentsräthe deroselben
nachtheilig sein sollte, so stehet zu Ihrem gnädigstem Belieben, ob Sie
etwan das Wort Statthaltende und Regierungsräthe gar auslassen und
Sie bloss allein Oberräthe heissen wollen, dann weil das Wort Re-
gierungsrath hier nicht gebräuchlich gewesen, halten sie es für eine
Neuerung.
So viel das Königliche Schreiben an die Stände belanget, habe
ich, noch ehe Herr Hoverbeck nach W^arschau kommen, Sr. Fürstl. Gnaden
Prinz Radzivilln ein sehr wohl eingerichtetes Concept zugefertigt und
gebeten, bei der Occasion, da der Grosskanzler die 1000 Ducaten be-
kommen sollen, es für sich fürzuschlagen, ein solch Schreiben anhero
abgehen zu lassen. S. Fürstl. Gnaden haben mir auch geantwortet, dass
der König und Grosskanzler dazu willig gewesen, wollten es, weil sie
verschickt würden, dem Herrn Hoverbeck zur Beförderung hinterlassen,
was aber hernach dazwischen kommen, dass, wie berichtet, der König es
nicht vollnziehen wollen, kann ich nicht wissen. Es ist gleichwohl den-
noch also eingerichtet, dass, wie ich allbereits gemeldet, die verba: „Ea
forma regiminis data est* etc., genugsam expliciret und auf das Itzige
und Gegenwärtige gezogen werden können; überdem sein gewiss solche
Clausuln darin, die allhie V'ielen das Maul gestopfet haben. Bisher
hab ich auch im Geringsten nicht gespüret, dass sie einiges Frohlocken
Oberräthe. Königliches Schreiben. Accise. 113
darüber gemachet, sondern es hat vielmehr bei den Städten grosse Con-
sternation verursachet. Die Ursach, warum ich dies Schreiben gern be-
fördert gesehen, ist, dass Alle aus dem Magistrat, so mit mir gesprochen,
mich hoch versichert, wann die Bürgerschaft nur das grosse Kronsiegel
unter einer Schrift, darin sie ihrer Pflicht erlassen werden, sähen, würden
sie sich wohl anders accommodiren.
Weil nun E. Ch. D. in vergangenem Jahre gar wohl aufgenommen,
dass ein solch Schreiben ausgebracht, welches aber, weil es unter dem
kleinen Kronsiegel gewesen, von der Bürgerschaft nur für ein Kammer-
siegel gehalten worden, so hab ich nicht gezweifelt, dass E. Ch. D. dieses
auch nicht angenehm sein sollte, wie ich dann wohl gewiss versichert
bin, dass es allbereit, so viel bei dergleichen harten Leuten geschehen
kann, guten Effect gehabt. Die Stände haben in Willen, es zu beant-
worten, aber das stehet schon fest, dass keine Antwort, bevor E. Ch. D.
solche unterthänigst übersandt, abgehen soll. Es soll auch endlich wohl
gar dabei bleiben.
P. S. (vom 28. April.)
Auch, gnädigster Kurfürst und Herr, haben sich die Stände insge-
sammt gestern Abend um fünf Uhr in die Oberrathstube eingefunden,
da dann der Landvogt mit einer gar zierlichen Oration, worin er des
Herzogthums Preussen unterthänigste Treue und Devotion gegen das hoch-
löbliche Haus Brandenburg weitläuftig deduciret, die Accise übergeben
und dabei höchlich geklagt, dass die Städte nach allem angewandten
Fleiss sich weder ratione quanti noch modi mit ihnen vereinigen wollen,
immaassen die Städte nicht mehr, als ihre ratam zu 300000 Rthlr. ver-
willigt, welche der sämmtlichen Städte rata in drei Jahren kaum
60000 Rthlr. machen würde ^). Wir haben darauf die Stände abtreten
und die Städte zu uns allein hereinkommen lassen, da ihnen dann von
uns Allen und einem Jeden insonderheit so beweglich und mit so nach-
denklichen Worten bis zu sieben Uhr zugeredet worden, dass ich wahr-
haftig nicht glaube, dass ein Mehrers zu diesem Zweck von Jemand er-
dacht werden kann. Und kann ich nicht anders sagen, als dass die
Herren Oberräthe hiebei grossen Eifer verspüren lassen; allein dieses
^) In der Relation der Oberräthe vom 28. April wird noch ferner berichtet, dass
die Stände um die Assecuration und Abolition der Gravamina angehalten; „die Abo-
lition werden wir nach der Complanation erst ausgeben, umb die Assecuration haben
wir in unterthänigstem Gehorsamb unseres Theils auch zu bitten".
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 8
J-[4 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Alles, und da wir ihnen auch für Augen gestellet, dass E. Ch. D. den
Städten Königsberg allein mit den Hülfgeldern ein Mehrers gewilligt, als
was die sämmtliche Städte anitzo E. Ch. D. geben wollten, hat doch
bei diesen Leuten nicht das Allergeringste gewirket, sondern sie sein
bloss und allein bei ihren gewöhnlichen Klagten, dass sie ein Mehrers
nicht thun könnten, geblieben; es wäre auch ein freiwilliges Donativ,
worin ihnen keine Summe könnte fürgeschrieben werden. Weil es nun
unmöglich ist, dass die von den beeden Oberständen versprochene Summ
aus der Accise aufm Lande allein erfolgen kann, wann schon diese ge-
ringe Summ der Städte aus andern Mitteln dazu gebracht wird, so hab
ich die Oberräthe angeredet, dass sie namens E. Ch. D. hierunter eine
Complanation thun und es dahin erklären sollten, weil die Städte nur
in modo und quanto dififeriren und gleichwohl nebst den andern Ständen
gewilligt, dass eine Contribution erfolgen soll, dass sie auch schuldig
wären sich den Andern zn conformiren, welches die Oberräthe auch für
billig ermessen, insonderheit, weil die beede andere Stände dahin zielen
und es dem Herkommen gemäss erachtet. Hierauf nun soll sofort die
Acciseordnung gedrucket und Alles bester Maassen beobachtet werden ').
Die Oberrätlie au den Kurfürsten. Dat. Königsberg 25. April
1662.
(Praes. Leipzig 21. April [1. Mai].) Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Zögern der Königsberger. Festhalten an der vollen Summe von 450000 Thlr.]
1662. Sie haben den Städten 2) erklärt, dass durchaus keine Verzögerung ihres
25. April. Beschlusses mehr geduldet werden könnte. Sie erhalten zur Antwort, dass die
Königsberger Bürgerschaft, die die Sache nochmals ad refereudum genommen,
noch am 25. sich zu erklären versprochen habe. Darauf haben die Oberräthe
nochmals 2 Tage Aufschub gewährt. Am 24, ist den Ständen in der Ober-
rathstube erklärt worden (in Gemässheit des kurfürstlichen Rescripts vom 7.),
') Die Antwort (un gezeichnetes Concept von Jenas Hand) vom 25. und 28. April
(5. und 8. Mai) ist abgedruckt bei Orlich III S. 157ff., wo S. 157 Z. 7 v. u. statt
28. April 25. zu lesen ist.
2) Die Oberstände hatten inzwischen schon Anstalten gemacht, die Accise wirk-
lich ins Werk zu setzen: unterm 25. April fragte der Landvogt Hans Dietrich
von Tettau an, ob ihm der Kurfürst erlaube, die ihm von den Oberständen ange-
botene Administration der Accise zu übernehmen.
Verhandlungen über die Accise. 115
dass der Kurfürst den Ständen nicht verstatten könne, von den 450000 Thalern
50000 zu ihrer Disposition zurückzubehalten, er müsse auf der vollen Summe
bestehen.
Die Oberstände an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 25. April
1662.
(Praes. Leipzig 21. April [1. Mai].) Ausfertigung.
[Bitte um Ausstellimg der Verfassungsassecuration. Anerbieten einen ständischen
Gegenrevers auszustellen.]
Sie geben in warmen Worten ihrer Freude darüber Ausdruck, dass die 1662.
Eintracht zwischen ihnen und dem Landesherrn wieder hergestellt ist. Sie -^pi'i'-
wissen „bei dieser schönen Gelegenheit" keine andere Bitte dem Kurfürsten zu
Füssen zu legen, als die um Bewahrung ihrer alten Rechte und Ausstellung
der schon entworfenen Assecuration. Sie würden in diesem Falle bereit sein
auch ihrerseits, wie es 1612 dem König von Polen gegenüber geschehen ist,
sich „durch gewisse Reversalen zu Aufhebung aller Besorglichkeit gegen E. Ch.
D. als unsere natürliche Erb- und Oberherrschaft unterthänigst verbüudlich zu
machen".
Bedenken aller Stände. Praes. 27. April 1662.
R. 6. RR. 3. — Kön. 668. II.
[Die Accise. Quantum. 50000 Thlr. für die Landschaft. Execution. Ausdehnung.
Ständische Administration. Acciseverfassung. Bedingungen. Erklärung der Städte.
Schuldforderuug der kleinen Städte. Einquartierung.]
Die Städte bleiben bei ihrer Separation; die Oberstände verpflichten sich 1662.
nicht zu irgend einem Quantum, sondern zu dem einkommenden Ertrage. ^^" -^P"'*
50000 Thlr. werden vorbehalten zur Abzahlung von Landesschulden und „zu
Behuf des Landes". Zur Accise sollen alle Einwohner des Landes, ausge-
nommen die Priester und Capläne, herangezogen werden. Auch diese Exemtion
soll sich nur auf 30 Scheffel Korn und 15 Scheffel Malz jährlich für Jeden er-
strecken „und zu Verhütung alles Unterschleifes einem Jeden so viel Geld als
zur Veraccisierung oberwähnten Korns und Malzes erfordert wird nemlich 7 Fl.
vom Acciseinnehmer jedes Orts gewährt und nachmals bei dem Landkasten nach
Proportion monatlich verrechnet werden". Die Accise soU sich auf alle Consum-
tibilia und Sumtuosa, „die allhier im Lande verthan werden, gerichtet, auch
das Supplementum in etzlichen Stücken der a. 1655 abgefasseten Acciseordnung
zu Hülfe genommen, dabei aber zugleich auch alle anlagbare Auflagen, welche
den Handel beschweren . . können, verhütet werden". Die alten Bedingungen
werden nochmals in Erinnerung gebracht. Die ständische Administration darf
weder bei den Kreisen, noch bei dem Hauptkasten, „wie woll vor diesem ge-
116 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
schehen'^, behindert werden. Die Zahl der Deputierten soll, den bisherigen Er-
fahrungen gemäss, eingeschränkt werden. Der Kurfürst möge die beigelegte
Acciseverfassuug') bestätigen.
Die Oberstände erbitten inständigst die Abolitio gravaminum und die Asse-
curatio privilegiorum. Sollte dies Verlangen nicht erfüllt werden, so könnte
die Ritterschaft ihrer genauen Instructionen wegen sich noch in Bezug auf die
"Willigung nicht für gebunden ansehen.
Die Gesambten von Städten aber erklären sich, dass wie schwer es
ihnen auch immer mehr, welches dem höchsten Gott bekannt ist, fallen
wird, sie dennoch in ihrer grössten Dürftigkeit S. Ch. D. hiemit in das
Anfangs von der Ritterschaft und Adel benannte Quantum der 1350000
Mark nebenst den andern Ständen pro rata abzutragen, condescendiren
wollen, dergestalt, wann die von den Gesambten Landständen vorge-
schlagene Conditiones laut dem Geeinigten Bedenken*) adimplieret, sie
als dann hierzu das erste Jahr das Kopfgeld über sich ergehen lassen,
das andere Jahr vom Vermögen und endlich das dritte Jahr, wann die
Summe zu ihrer Quot über Verhoffen nicht austragen sollte von Gründen
und Hüben geben wollen der unterthänigsten Zuversicht, S. Ch. D. in
Dero ganz vereinete getreue Unterthanen weiter nicht dringen, sondern
damit gnädigst vergnüget sein werde.
Die von kleinen Städten erinnern hiebei und reservieren ihnen ihre
bei künftiger Bezahlung der Landschulden bereits a. 1641 auf damaligem
Landtage eingebrachte^) und in ihren aufm Königsbergischen und Barten-
steinischen Landtage a. 1661 referierte rechtmässige Schuldforderungen
zu decretiren, ingleichen dass die ihnen annoch auf dem Halse liegende
und je länger, je mehr die Bürgerschaft enervirende Soldaten, Sr. Ch. D.
gnädigstem Versprechen gemäss, als eines von den urgentissimis grava-
minibus abgeschaffet werden und sie also aufs Ehiste des — Gott Lob! —
erlangeten Friedens in eflfectu auch zu geniessen haben und die auf
selbige Soldaten in 11 Monaten dem ganzen Lande zum Besten aufge-
wandte Unkosten vermöge Sr. Ch. D. ihnen gnädigst ertheileten Assecu-
ration von den ersten gewilligten und gefälligen Contributiongeldern ab-
gestattet werden ....
^) Sie findet sich als besondere Denkschrift unter dem Titel „Accis- Verfassung"
(R. 6. RR. 1).
^) Vom 19. Juli 1G61 (über die vor Anerkennung des directum dominium vom
Kurfürsten zu erfüllenden Bedingungen, s. Bd. I S. 534 ff.).
') Specialia Gravamina der kleinen Städte pr. 26. Juni 1641 (s. Bd. I S. 259ff.).
Anerbieten der Städte. Kirchbau. Complanation. 117
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 2. Mai 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 27. April [7. Mai].) Ausfertigung. R. 6. RR. 1.
[Kirchenbau. Complanation.]
E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 14. April sammt dem Dessein 1662.
2. Mal
zu der reformirten Kirche habe ich mit unterthäuigstem Respect em-
pfangen und werde nicht unterlassen, fleissige Erinnerung zu thun, dass
E. Ch. D. an die Herren Oberräthe abgegangenem gnädigstem rescripto
gemäss verfahren werde ^) . . .
Diese Woche, geliebts Gott, soll die Complanation^) durch einen
schriftlichen Abscheid noch vorgenommen und die Städte, dass sie die
Accise mitzugeben schuldig, verurtheilet werden. Sie lassen sich sonst
vernehmen, dass, ehe sie die Accise einrichten wollten, wollten sie weder
brauen noch backen, und stehet also zu E. Ch. D. gnädigsten Verordnung,
ob Sie wollen, dass man den Ständen weichen oder Alles mit Nachdruck
fortsetzen solle. Dass man den Städten weichen sollte, insonderheit
anitzo, da E, Ch. D. die zwei Oberstände auf Ihre Seite haben, kann
ich zwar nicht rathen, jedoch ist dieses gewiss, dass, wenn mau keinen
Nachdruck bei der Sache gebrauchen wollte, es viel besser sein würde,
ihnen Recht in ihrer Meinung zu geben, weil sie nur immer stolzer
werden, dass sie mit ihren Oppositionen dergestalt hindurchgehen. Es
giebt ihnen einen grossen Muth und gloriiren sie nicht wenig damit,
dass, da das ganze Land die Souveränität erkennt, sie allein in ihren
Städten vor den König und die Krön als ihren Oberherrn bitten lassen.
Weil ich aber Solches zu unterschiedenen Malen gehorsamst erinnert,
und keine Antwort darauf erfolget ist, so hoffe ich, E. Ch. D. werden
dessen erhebliche Ursachen haben und zu seiner Zeit solche Anstelkuig
machen, dass ihnen dergleichen Ungehorsam nicht vor voll ausgehen
möge ^).
^) Es folgen weitere Bemerkungen über den Kirchenbau.
-) Am gleichen Tage berichten die Oberräthe, dass sie nunmehr zur Compla-
nation schreiten wollen. Die von den Oberständen ausgearbeitete Acciseverfassung,
die sie in Abschrift überreichen, gedenken sie zu acceptieren und im Druck zu publi-
cieren; nur was in dieser Verfassung „circa administrationem, auch in Bezug auf einige
Consumptibilien wie Salz und Heringe übergangen" ist, wollen sie ergänzen.
^) Ein Postscript ist hier ausgelassen.
118 tl- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 2. Mai 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 27. April [7. Mai].) Eigenhändige Ausfertigung.
R. 6. RR. 2.
[Fassung der Assecuration.]
1662. Aus E. Ch. D. gnädigstem Rescript vom 14. April habe ich gehor-
samst ersehen, dass E. Ch. D. das übersandte Project der Assecuration
nicht angestanden und dass Sie dasselbe noch ändern wollen. Nun
werde ich zwar immer unterlassen, Allem dem, was E. Ch. D. verordnen
werden, mit getreuem Eifer nachzusetzen, ich befinde mich aber in meinem
Gewissen verpflichtet, E. Ch. D. unterthänigst und treulich zu rathen,
dass Sie es in den Worten so genau nicht nehmen wollten, weil Sie,
Gott lob, die Sache selbst haben, das ist, dass die Stände nicht mehr
nach Warscho gehen können, woher E. Ch. D. und dero Vorfahren alle
Ungelegenheit entstanden. E. Ch. D. Intention ist sehr löblich und gut,
dass Alles klar stehen soll. E. Ch. D. aber sehen, wie es leider in der Welt
jetzt überall beschaffen und dass man um böser Nachbaren willen öfters
etwas eingehet, dazu man sonst nicht käme. Es ist gewiss Alles so ge-
setzet, dass E. Ch. D. dennoch zu Ihrem Zweck kommen können. Ob
ich zwar gebeten, E. Ch. D. möchten zugleich davon ein Original über-
schicken, so habe ich doch die Hoffnung nicht gehabt, dass die Stände
also mit zufrieden sein würden, und stehet demnach zu E. Ch. D. gnä-
digstem Belieben, ob Sie ein Original oder nur zu erst ein Concept über-
schicken wollen. E. Ch. D. werden gewiss sich wohl befinden, wann
allhie das Werk mit gutem Willen der Stände abgethan, und sie Dero-
selben gehuldiget haben, und wird Vieler Wunsch dadurch zu Schanden
gemachet werden').
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 5. Mai 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Regierungsverfassung. Die Städte. Domänensachen.]
1662. E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 16. April habe ich vorgestern mit
gehorsamsten Respect erhalten. Es ist allbereit der Anfang gemacht,
5. Mai.
1) Durch Rescript vom 28. April (7. Mai) an die Oberräthe (ungezeichnetes Con-
cept von Jenas Hand) erklärte sich der Kurfürst einverstanden mit dem Assecurations-
entwurf.
Ässecuration. Regierungsverfassung. Städte. Domänen. 119
zwischen E. Ch. D. Regierungsverfassung und der Stände gethanen
Erinnerungen ein Mittel zu treffen, und soll Solches E. Ch. D, bald über-
schicket werden. Weil aber der Herren Oberräthe Gedanken mit den
meinigen nicht in Allem übereinstimmen, muss ich sie zwar mit ihrem
Aufsatz gewähren lassen, werde aber E. Ch. D. gnädigstem Befehl nach
ein absonderlich Bedenken überschicken. An der Acciseeinrichtung wird
itzo fleissig gearbeitet und ist das Patent aufgesetzt, wäre auch schon
gedruckt, wenn man über etlich wenige puncta, so sich aber nun bald
geben sollen, mit den Ständen noch Unterredungen pflegen müsste.
Von den Städten vernimmt man zwar, dass sie unter einander
deliberiren, wie sie bei E. Ch. D. sich auch iusinuiren wollen, und ists
wohl gewiss, dass sie ihr Voriges verbessern werden, auf was Art
aber Solches geschehen soll, kann man noch nicht erfahren. Zur Accise
aber (welches E. Ch. D. ich wohl unterthänigst fest versichern kann)
werden sie sich nimmer verstehen. Ich habe alle diese Tage her mit
den Vornehmsten und den Städten gesprochen, die mir Alle einhelliglich
gesagt, wann sie schon selbst es sehr nütz- und zuträglich befunden, so
dürfte ihrer Keiner, so lieb ihm das Leben, wagen, es der Bürgerschaft
vorzutragen oder zu rathen, welche einen schweren Fluch auf diejenige
gesetzt, so sich dazu verstehen werden. Wann man sie convinciret, dass
dieses das beste und zuträglichste Mittel, die quotam beizubringen, wäre,
so wissen sie nichts anders zu antworten, als vestigia nos terrent; sie
hätten sich der vorigen, so ein Jahr gewilligt, nicht wieder entschlagen
können, dahero diese dreijährige wohl in perpetuum bleiben würde. Dem
aber ungeachtet wird man sie nicht eximiren.
Uebrigens wissen E. Ch. D. sich gnädigst zu erinnern, dass Sie Be-
fehl ergehen lassen wegen der Abrechnung mit Kalcksteinen, damit
Karsou wieder zur Kammer gebracht werden möge. Auf mein viel-
fältiges Ermahnen ist auch eine Rechnung aufgesetzt, worin die Schönai-
chische Erben und Kalckstein nach der Kammer Meinung E. Ch. D.
schuldig bleiben, weil es aber über all mein Urgiren zu keiner Endschaft
kommt, so bitte ich unterthänigst, E. Ch. D. wollen anderweiten Befehl
an die Oberräthe ergehen lassen, dass sie die Sach zur Richtigkeit
bringen, weil deroselben daran gelegen, dass Karsou repariret und in
Aufnehmen gebracht werde, dabei zu E. Ch. D. grossen Nutzen wird
können gedacht werden, dass sie mit den andern Untersuchungen auch
fortfahren, und was seither darin geschehen, referiren sollen. — Ich ver-
nehme auch, dass sie mit dem Obersten Schönaich einen Contract wegen
Mai.
120 !!• Dß"" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
seiner praetendirenden Gelder auf das Ambt Orteisburg aufgerichtet,
welch ich zwar nicht gesehen, aber zweifle nicht, E. Ch. D. werden den-
selben, wann er Ihro zugeschickt wird, wohl examiniren lassen, damit
insonderheit wegen der Zinsen nichts Praejudicirliches und kegen E. Ch. D.
hiebevorigen Verordnungen Laufendes darin gesetzt werde ^).
Protokoll der Oberrathstube. Praes. et publ. 8. Mai 1662.
R. 6. RR. 2. — Kön. 668 II.
[„Complanatio wegen des Subsidii."]
1662. Auf der gesambten Stände E. E. Landschaft den 27. April einge-
reichtes schliessliches Bedenken in puncto subsidii wird wegen Sr. Ch. D.
auch schliesslichen erkläret, wie folget:
S. Ch. D. zu Brandenburg etc. etc., unser gnädigster Herr, haben
Ihr E. E, Landschaft von allen Ständen in puncto des freiwilligen Sub-
sidii unterthänigstes schliessliches Bedenken vortragen lassen und darin
ersehen, dass zwar die Stände eines Subsidii sich gehorsambst geeiniget,
in modo aber annoch discrepant einkommen. Wann dann aber S. Ch.
D. Inhalts der Landesverfassungen in solchen differentiis der Stände die
Complanation zustehet und die beede Oberstände in modo einig, auch
solche Wege, welche allen Begriffen nach die erträglichste erwählet und
anstatt eines Quanti') auf eine dreijährige Accise geschlossen, die Städte
aber drei modos ... ins Mittel bracht und also ein Theil der Stände
gegen zweene stehen will, womit das ganze Werk nach so langem un-
gewöhnlichen Tractieren und Verweilen nur noch weiter aufgehalten wird,
als will Sr. Ch. D., als dem Oberhaubt und Handhabern aller Ordnungen
und Gesetze zustehen, selbst wie es Herkommens und eigentlichen in
den Landesverfassungen enthalten ist, darein zu greifen, die Discrepanz
zu complanieren und Alles zu einer Billig- und Einigkeit zu richten,
sintemalen in Erwägung der von den Städten ins Mittel gebrachten
modorum unschwer gefunden worden, wie aus zween derselben gar ein
Weniges und nichts Zureichliches würde zu hoffen sein, der dritte aber,
1) Die Antwort (ungezeichnetes Concept von Jenas Hand) vom 2. (12.) Mai ist
abgedruckt bei Orlich III S. 159 f.
") Dass dem Kurfürsten das Fallenlassen der bestimmten Summe genehm sei,
wurde den Oberständen durch eine besondere Assecuration der Bevollmächtigten
— Schwerins und der Oberräthe — versichert. (Vom 4. Mai 1662.)
Die Erklärung der Complanation. 121
auf welchen das Meiste würde geleget werden, denen Ständen wegen der
so vielen desolierten Ländereien und bisherigen schweren Kriegeslast,
wordurch die Besitzer der Hüben von allem Vermögen kommen, uner-
träglich, ja unmöglich fallen wollte, woraus dann weitere Uneinigkeit,
böses Vernehmen und Misstrauen unter den Ständen selbsten, auch end-
lich gegen S. Ch. 1). auszubesorgen. Da nun Solches als der gewisseste
Vereterb und Behinderung gemeiner Wollfahrt, Ruhe und Sicherheit
S. Ch. D. aus landesväterlicher Sorgfalt zu verhüten für nöthig erachten,
so wird hiermit pro complauatione aus höchster landesfürstlicher Voll-
kommenheit wie deroselben mehr erwähnten Landesverfassungen nach
zustehet, schliesslichen erkläret und verordnet, dass die Accise auf drei
Jahre nach Anhalt derselben Verfassung eingehoben, nunmehro ohne
weitem Verzug introduciret und zum Zweck des subsidii bestermaassen
gerichtet werden solle, wornach sich die gesambten Stände ^u richten
und sich hierdurch conformiret zu erachten haben. S. Ch. D. aber
werden darüber nachdrücklich zu halten wissen, im Uebrigen auf der
Stände desideria zum Schluss des Landtages nunmehro sich gnädigst
anstellen ').
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg- 9. Mai 1662.
Ausfertigimg. R. 6. RR. 2.
[Die Complaaation. Gewaltthat des Grafen Schlieben. Einquartierung der Reiterei
in einzelne kleine Städte.]
Alldieweil theils von den Ständen auf ihre Güter verreiset gewesen, 1662.
hat man zu der hiebevor erwähnten Complanation nicht eher als
gestrigen Tages schreiten können, da dann die sämmtliche Stände um
10 Uhr in die Oberrathstube erfordert wurden und liessen sich zuforderst
9. Mai.
^) Die Städte haben gegen die Einführung der Accise eine ganze Reihe von Pro-
testen erlassen. (Der Gesaminten von Städten nothwendige Erinnerung und demüthige
Bitte in puncto der ihnen angemutheten Accise [an den Kurfürsten] pr. 13. Mai, Noth-
wendige Verwahrung und Bittschrift derer Gesammten von Städten denen von der
Ritterschaft, wie auch denen vom Herrenstande übergeben 27. Mai, Nothwendige Be-
antwortung der drei Städte Königsberg auf das den 31. Mai ihnen zugekommene kurf.
Rescript nebst der Einrichtung und Taxa der eingerichteten Accise anderweit in
tiefster Demuth [dem Kurfürsten] übergeben 3. Juni, der drei Städte Königsberg noth-
■wendige Contradictions wegen Complanation der Accise denen anderen zwei Ständen
übergeben 6. Juni 1662.) Yergl. auch die Berichte Schwerins vom 16. Mai 1662 ab
(unten S. 129 ff.).
122 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
drei von den Landräthen anmelden, welche fürbrachten, dass sich die
Städte abermal vernehmen Hessen, sich mit den Ständen zu vergleichen,
und gaben demnach zu bedenken, ob es nicht besser mit der Compla-
nation, bis man sähe, wessen sie sich erklären würden, innezuhalten.
Nachdem nun die Städte mit dergleichen dilationibus schon längst
dies Werk ohn Zweifel zu E, Ch. D. höchstem Verdruss removiret, hat
man hierunter nicht willigen können, sondern man ist dabei blieben,
dass nach so vielen vergeblichen Vermahnungen nunmehr mit der Com-
planation verfahren werden müsste, begehrten darauf, dass sie insge-
sammt hereinkommen sollten. Wie sie nun erschienen, wurd ihnen
zuerst die resolutio ad gravamina extradiret, und dabei das damalige
übersandte Rescript, weil es gar gnädig gewesen, fürgelesen und darauf
Ursachen angezeigt, warum man mit der Complanation verfahren müsste.
Darauf ward vom Obersecretario Kalown die in Schriften verfassete Com-
planation ihnen Allen fürgelesen und bezeigten sich die Städte dabei
überaus bestürzt und murmelten sehr unter sich. Nach genommenem
Äbtritt dankte der Landvogt pro extraditione resolutionis gravaminum
in Hoffnung, dass solche zu der Stände Vergnügung gereichen würde
und begehrte copiam des abgelesenen Rescripts. Wegen der Compla-
nation aber deutete er an, dass die Städte sich darüber sehr beschweret
fünden und dafür hielten, es könne solche nicht statt haben, und weil
sie sich nochmaln anerboten hätten, zu versuchen, ob sie sich mit den
übrigen Ständen vergleichen könnten, bäte er ihnen noch ein paar Tage
Dilation zu verstatten und die Complanation nicht ehe zu extradlren.
Auf das Letztere wurd ihm geantwortet, dass man zwar in zwei Tagen
dieselbe nicht extradiren wollte, es sollte aber solche ihre vollnkommene
Kraft behalten; die Stände möchten sich erklären, wessen sie wollten.
Die copia rescripti ward ihnen versprochen, und werde E. Ch. D. ich
mit Nächstem berichten können, ob sie sich hierauf besser oder schlim-
mer bezeigen werden.
Hiernächst kann ich nicht unberichtet lassen, welcher gestalt der
junge Schlieben, so sich einen Grafen nennet, sich neulich nach Klo-
bitten mit vielen Polen begeben und daselbst des Obersten Golzen, Mar-
schall Kreizen und Major Klizings Verwalter, so sie in dem Gute Klo-
bitten wegen der Oberburggräfin Truchsessin Erbschaft als Grossmutter
ihrer sämmtlichen Frauens alldo haben, herausgejagt, nachdem er die-
selbige vorher wohl abschmieren lassen und ihnen dabei zugerufen, er
Hesse nicht sie, sondern ihre Herren also prügeln. Er ist damit wieder
Obstruction der Städte. Schlieben jun. Kavallerie. 123
weggezogen und hat 12 Polen auf dem Gute hinterlassen. Ich habe den
Herren Oberräthen gerathen, sie sollten das Gut in sequestre nehmen
und den Polen, sich zu den Ihrigen zu begeben, andeuten lassen; obs
geschehen wird, stehet mit Nächstem zu vernehmen, — Die Processe
seiner vorigen Verbrechen halber stehen noch immer so hin; habe den
advocatum fisci gar oft daran erinnert; er entschuldigt sich aber, dass
das Hofgericht ihm nicht behiilflich sein wolle. Es ist wohl gewiss sehr
ärgerlich, dass dieser junge Mensch einen Frevel nach den andern in
E. Ch. ü, Landen verübet und nichts dabei geschieht.
Als auch im Uebrigen der Hauptmann von Johannisburg anhero
berichtet, dass unterschiedene polnische Compagnien vom Czarnecky da-
selbst auf der Grenze stünden und vorgäben, nach dem Bischofthum
Ermland zu gehen, habe ich beim Herrn Landhofmeister erinnert, eine
Disposition mit der Reuterei also zu machen, dass nunmehr dieselbe,
so bisher bei E. Ch. D. Unterthanen gelegen, in Bartenstein, Schippenbeil
und andern angrenzenden Städten einquartiret werden möchten, welches
er gut befunden und also verordnet; zweifle nicht, der Herr General-
Wachtmeister Görzke, der auf etliche Tage verreiset ist, werde auch
damit einig sein ').
') Die Antwort (Concept gez. von Jena) vom 5. (15.) Mai ist gedruckt bei Or
lieh III S. IGO.
7. Bis zur Abreise Schwerins.
Sdiwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 12. Mai 1662.
(Praes. Cöln a. d. Spree 7. [17.] Mai.) Ausfertigung.
[Erklärung der Stände auf die kurfürstliche Resolution.]
1662. Vor dieses Mal weiss ich nichts Anders zu berichten, als dass wir
■ gestriges Tages die sämbtliche Stände für uns erfordert und denselben
angedeutet, weil nunmehr die gebetene Dilation verstrichen, sie möchten
berichten, ob sich die Städte nunmehr mit den übrigen Ständen confor-
miret hätten. Hierauf hat der Herr Landvogt mit überaus beweglichen
Worten angeführet, dass die Stände anstatt der gehoft'ten Freude eine
unaussprechliche Betröbniss bei Verlesung der Resolution über die Gra-
vamina überkommen, in dem dieselbe wider alle ihre privilegia, Ver-
fassungen und E. Ch.D. nunmehr so oft gethanen gnädigsten Versprechen
liefe. Es wären darin nur etwan zwei gravamina erledigt und dabei
noch keine Verordnung, dass die Exekution darauf erfolgen sollte, also,
dass sie auch darin noch nichts mehr hätten, als zuvor; theils der für-
nehmsten wären gar nicht berühret, theils zu mehrer ihrer Aggravirung
und höchstem Nachtheil widerleget, als wenn sie nicht dazu befugt wären.
Mit dem ersten gravamine wegen D. Dreiers exemplificirten sie es und
führten dabei eine solche bittere und erschreckliche Klage über den zer-
rütteten Zustand der Kirchen in Preussen, dass ich nicht weiss, wie sie
es jämmerlicher betreiben können, wenn ihnen das exercitium religionis
genommen und alle Kirchen geschlossen würden, so gar, dass es mir
unmöglich gefallen, mich zu enthalten, dass ich ihnen nicht in die Rede
mit diesen Worten fiel: sie möchten sich wohl fürsehen, dass sie mit
einer solchen unnöthigen Klage anstatt der schuldigen Dankbarkeit vor
den geruhsamen Zustand ihres Kirchenwesens, welcher in dieser Glück-
seligkeit alle andere evangelische Kirchen überträfe, nicht Gottes Zorn
Beschwerden der Stände über die kurfürstliche Resolution. J25
über sich reizten. Worauf sie gebeten, man möchte sich erklären, ob
man dieses pro ultima E. Ch. D. resolutione halten, oder ob man dem
Landtagsgebrauch nach ihre Replik darauf annehmen wollte; so viel der
Städte Einwilligung belangte, nachdem die Bürgerschaft gesehen, dass
die gravamina nicht abgethan, hätten sie nicht eins darüber deliberiren
wollen. Nach genommenem Abtritt haben wir ihnen diese Resolution
gegeben, dass von E. Ch. D. wir zwar keinen Befehl hätten, über diese
Resolution weitere Handlung zu pflegen, hätten auch gehoffet, die Stände
würden darin vollnkommliches Vergnügen gehabt haben; wann uns aber
bekannt, dass E. Ch. D. gnädigst gemeinet, die Stände in allen billigen
Dingen zu hören, so zweifelten wir nicht, E. Ch. D. würden in Gnaden
geschehen lassen, dass, wenn sie noch etwas beizubringen hätten, Sol-
ches angenommen würde; damit aber mit Schriftwechselungen die Zeit
nicht vergeblich verloren würde, möchten sie per deputatos in der Ober-
rathstube erscheinen, damit man sich mündlich über die puncta desto
besser vernehmen könnte. Diese Resolution haben wir darum nehmen
müssen, weil wir die gewisse Nachricht gehabt, dass, wenn man dieses
pro ultima resolutione ausgeben würde, die Ritterschaft von ihrer reso-
lutione resiliren und sich zu den Städten schlagen wollte. Ich habe
zwar gar sehr gebeten, den Ständen scharf zu verweisen, dass sie solche
verdriessliche, unnöthige Klagen über den zerrütteten Kirchenstand
machten, hätte auch wohl gehoffet, weil die Herren Oberräthe alle zu-
gestanden, dass sie vielmehr Gott für den friedlichen Zustand zu danken
und zu wünschen hätten, dass es nur dabei verbleiben möchte, es würde
geschehen sein. Allein es ward in der Antwort dessen mit keinem
Worte gedacht, und weil eben selben Tages des Obersten Korfs Leich-
begängniss gewesen, habe ich daselbst Gelegenheit genommen, den
Ständen ihren Unfug zu remonstriren, da ich dann wohl spüren können,
dass diese Specialklage bloss den Städten zu Gefallen geschehen, welche
durch ihre Prediger zu dergleichen Animosität instigiret werden. Die
zwei Oberstände haben sich allsofort über den modum, die gravamina in
der Oberrathstuben durchzugehen, resolviret, die Städte aber bis auf heut,
dass sie es mit der Bürgerschaft reden könnten, Dilation gebeten, und
kommen wir gleich itzo zu dem Ende wieder zusammen, davon E. Ch. D.
mit künftiger Post ferner unterthänigster Bericht wird geschehen können ^).
') Die Antwort des Kurfürsten (ungezeichnetes Concept Jenas) vom 9. (19.) Mai
(die bei Orlich III S. 160 f. fehlt) weist Schwerin an, den Ständen , gebührende Re-
126 II- Dei" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 16. Mai 1662.
(Praes. Cölu a. d. Spree 11. [21.] Mai.) Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Conferenz mit den Deputierten der Stände zur mündlichen Begleichung der Grava-
mina. Dreier. Universität. Die Städte und die Accise. Schreiben der holländischen
Lutheraner.]
1662. E. Ch. D, werden aus meiner vorigen unterthänigsten Relation vom
12. dieses mit Mehrem gnädigst ersehen haben, welcher Gestalt man
den Ständen das Mittel einer Conferenz, die gravamina durchzugehen,
fürgeschlagen, und wie Solches wegen der Städte auf eine Bedenkfrist
genommen worden. Als man nun die Stände folgenden Tages als den
13. fürgefordert, brachten sie an, dass, ob zwar solche Conferenz ein
Neues wäre und wider die Observanz der Landtagshandlungen liefe, die
beede Oberstände sich dennoch damit nochmaln erklären wollten, solche
E. Ch. D. zu unterthänigsten Ehren mit anzutreten. Nur bedungen sie
dabei, dass nichts Verfängliches fürgehen und sie wider ihren Willen
und, ehe sie mit den Heimgelassenen Alles überleget, zu keiner Reso-
lution genöthiget werden möchten. Die Städte, so in grosser Anzahl
gegenwärtig waren, brachten hierauf für, sie hätten zwar gehoffet, die
andern beede Stände würden sich hiezu nicht verstehen, sondern bei
der schriftlichen Verhandlung es verbleiben lassen; daher dann ihre
Principalen sich desfalls einzulassen, ihnen keinen Befehl gegeben. Weil
sie aber itzo über Verhoflfen ver^oürten, dass die andern Stände sich
hiezu verstünden, so zweifelten sie nicht, ihre Principalen würden zu
Verhütung mehrer Separation sich hiezu auch endlich wohl bequemen,
baten nur um Dilation bis auf den folgenden Montag. Wir redeten
ihnen nun allerseits zu und bedeuteten sie wohl, dass wir durch diese
Conferentien gar nichts Praejudicirliches suchten, sondern nur Zeit ge-
winnen und auf diese Weise das Werk beschleunigen wollten. Sie
gaben auch gute Hoffnung, dass sie sich dazu verstehen würden.
Gestern sein Se. Fürstl. Gnd., die am verwichenem Sonnabend wieder-
anlangten, nebst den Oberräthen und mir früh um acht Uhr in die
Oberrathstube gangen und haben sofort zu den Ständen geschickt, welche
aber bis um zehn Uhr nach den Städten gewartet, da sie dann endlich
monstrationen zu thun, damit sie ins Künftige dergleichen unnöthige lamentationes
nicht machen, vielmehr sich zu einem vereinigten und guten Schluss anschicken".
Sie sollen Dinge vorbringen, die weniger auf private passiones und mehr auf die
landesherrliche Superiorität Rücksicht nehmen.
Berathung der Gravamina. Dreier. Universität. 127
insgesammt kamen und nach abgelegter Gratulation zu Sr. Fürstl. Gnd.
Wiederkunft abermal fürbrachten, dass sie sich eiustelleten, allein baten
sie, man möchte von ihnen keine andere Erklärung über die puncta der
gravaminum, als die sie in ihrem vereinigtem Bedenken übergeben, be-
gehren; was man ihnen aber in E. Ch. D. hohen Namen zu weiterer
Erläuterung fürtrageu würde, wollten sie fideliter an ihre Heimgelassene
referiren. Es ward ihnen aber darauf angedeutet, dass dieses nicht die
Eigenschaft der Conferentien sei; sie müssten eben so wohl an ihrem
Ort mit dazu reden und, was sie weiter bei einem und andern Punct
zu desideriren, eröffnen, damit man also durch Hin- und Widerreden
versuchen könnte, ob nicht temperamenta zu finden. Hierauf suchten
die Stände auf Begehren der Städte einen Abtritt und kamen nach langer
Unterredung wieder herein, da die beeden Oberstände die fürgeschlage-
ner Maassen gethane Conferenz acceptirten, die Städte aber durch den
Altstädtschen Bürgermeister selbst ausbringen Hessen, ihre Principalen
hätten ihnen expresse verboten, sich auf solche Art einzulassen, sondern
sie sollten nur bloss unsere Fürschläge anhören und davon Relation thun.
Weil nun dieses das Werk nicht befordern kann, haben wir, dass sie
davon gangen, müssen geschehen lassen und sein zur Sach mit der
übrigen Stände Deputirten geschritten, deren aus dem collegio der Land-
rätlie zwei, als der Landvogt Tettou und Landrath Redern und aus der
Ritterschaft drei, Einer von Schlubutt, Brumse und Hauckewiz, verordnet
gewesen. Die Zeit war bereits sehr verflossen, daher wir nicht mehr
als zwei puncta durchgehen können.
Bei dem ersten wegen D. Dreiers opiniastrirten sie sich überaus
sehr und baten gar beweglich, E. Ch. D. möchten sich dahin überwinden
und ihn honesto modo translociren, weil es unmöglich, dass Friede, so
lange er im Lande bliebe, erhalten werden könnte. Es ward ihnen aber
sehr darauf zugeredet und ihnen ausdrücklich gesagt, dass sie sich darauf
nur keine Hoffnung zu machen hätten, sondern müssten sich daran ver-
gnügen, wann E. Ch. D. die Ruhe des kirchlichen Zustaudes befor-
derten, beeden Theilen silentium imponirten, also dass Niemand Ursach
über zerstörten Kirchenfrieden zu klagen haben würde. — Bei dem an-
dern desiderirten sie, dass der Academie ihr jus praesentandi nicht
confirmiret und die erledigte Stelle in facultate theologica mit einem
unverdächtigen professore nicht wieder besetzt würde, wie Solches ihr
desiderium aus ihrem veinigteu Bedenken, so schon vorm Jahre einge-
geben, mit Mehrem zu ersehen ist. Heut werden wir bis Mittag wieder
128 II- Dß*" grosse Landtag von 1G61 bis 1663.
in der Oberrathstube mit ihnen zusammen sein und die puncta weiter
durchgehen, also dass ich vor Abgang der Post nicht wieder heraus-
komme, weniger den Verlauf berichten kann; es soll aber mit nächster
Post geschehen.
Wegen der Accise haben wir auch noch alle Tage neue Hoff-
nung bekommen, dass sich die Städte anders erklären würden, ge-
stalt sich dann die Stände so wohl, als wir allerseits publice et pri-
vatim darunter höchlich bemühet, ihnen auch versprochen, dass, wenn
einige puncta in der Accise wären, so sie drückten, man sie darin suble-
viren wollte. Weil aber dieses Alles nichts verfangen, sie auch sich
nicht einst [sie], wie viel sie wohl ä part anstaat ihres Coutingents durch
eigene, erfundene Mittel beizubringen vermeinen, heraus lassen wollen,
so hat man ihnen nunmehr die Complanation voUnzogen zugeschickt,
und wird die Acciseordnung itzo gedrucket. — In den Städten lassen
sie sich verlauten, sie wollten ihnen wohl so viel Handmühlen schaffen,
dass sie ihr Korn auf die Mühlen zu schicken nicht nöthig haben würden;
wird demnach wohl die hohe Nothdurft erfordern, dass E. Ch. D. ein
scharfes Rescript an die Oberräthe abgehen lassen, hierauf fleissig Acht
zu haben und Solches nicht zu verstatten, weil es nicht allein in frau-
dem der Accise, sondern auch E. Ch. D. Mühlgefälle gereichet. Ich kann
nicht anders urtheilen, als dass die Städte nur darum das Werk schwer
zu machen suchen, weil sie hoffen, es werden E. Ch. D. die Mittel so
sehr cntbrechen, dass Sie das Volk, so sie ein gravamen omnium grava-
minum heissen, würden gehen lassen müssen, denn sonst erbieten sie
sich gar sehr, wie sie E. Ch. D. zu Einlösung der Aembter mit unter die
Arme greifen wollten.
Als ich auch vernommen, dass das consistorium E. Ch. D, ein Schreiben
von der lutterischen Gemeinde zu Sardam an das hiesige Ministe-
rium zuschicken werde, habe ich in Unterthänigkeit ohnmaassgeblich zu
erinnern, ob E. Ch. D, wollten anhero antworten, dass man Ihro zufor-
derst das Schreiben, so das Lutherische Ministerium von Ambsterdam
anhero geschickt, extradiren sollte, und dass es Ihro sehr fremd fürkäme,
dass man das Eine so gemein machet und das Andere supprimiret.
Wollen E. Ch. D. dabei anziehen, dass sie sich sehr verwunderten, dass
sie über solche Proceduren in Holland sich beschwerten, da doch unter
E. Ch. D. Gebiet in den Städten Königsberg täglich dergleichen gegen
die Reformirte fürginge, denn die Schotten, so oft sie nur ihren Handel
wollen fortsetzen, von ihnen gepfändet werden, würden sie um so viel
Accise. Holländische Lutheraner. Städte. Assecuration. 129
mehr in dieser ihrer unbilligen Klagte convinciret werden. Ich halte
dafür, dass nicht undienlich sei, wann E. Ch. D. dies Schreiben durch
dero Residenten Copes in Holland communiciren Hessen^)
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 16. Mai 1662.
(Praes. Cöhi a. d. Spree 11. [21.] Mai.) Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Gründe des Widerstandes der Städte. Schwerin bittet um grössere Concessionen an
die Stände.]
E. Ch. D. gnädigsten Befehl wollte ich sehr gerne gehorsamen und 16G2.
mein unterthänigstes, unmaassgebliches Bedenken, wie Sie es mit den
Städten anzustellen, gehorsamst überschreiben, wann ich ausser E. Ch.D.
hohen Gegenwart etwas ersinnen könnte, so sie zu anderen Gedanken
bringen möchte; allein wo noch einziges Mittel auf der Welt vorhanden,
dadurch sie zu raison gebracht werden möchten, so wird es dieses sein.
Jedoch kann ich keine Vertröstunge geben, dass, wann sie nicht ein
Mehrers erhalten, als wie bis dato geschehen, sie sich auch alsdann in
E. Ch. D. Kegenwart sollten besser anschicken; dann sie stehen so feste
und unbeweglich auf ihren Meinunge, dass ichs wohl nimmer glauben
würde, wenn ichs nicht täglich mit höchstem Verdruss ansähe. Sie
lassen sich jetzt verlauten, sie wüssten gewiss, dass ich bessere In-
struction hätte und wollte nur ein Mehrers von E. Ch. D. erhalten, da-
mit ich Dank verdienen möchte; wann sie nur zu E. Ch. D. kämen,
wollten sie alle Satisfaction erhalten.
Wann E. Ch. D. gewiss zu kommen gedenken, so halte ichs selbst
sehr gut, dass E. Ch. D. noch einige gute resolutiones zurücke halten,
damit Sie bei ihrer Kegenwart die Stände damit selbst erfreuen und
obligiren mögen. Zu dem Ende war die Assecuration auch so einge-
richtet, dass ich wohl versichert bin, dass sie noch nicht mit vergnüget
sein werden, und hätte darum wohl wünschen mögen, dass sie über-
kommen wäre; es hätte doch dieselbe ihnen etwas Contentement geben
werden [sie]. Sonsten, gnädigster Kurfürst und Herr, halte ich, je länger,
je mehr, nöthig, dass E. Ch. D. dahin trachten, dass die Stände zu
besserem Vertrauen mögen gebracht werden ; denn so viel ich von Sr.
F. Gn. vestehe, gedenket man zu Warscho die wohl noch durchzutreiben;
1) Die Antwort (Concept Jenas) vom 12. (22.) Mai ist abgedruckt bei Orlich IIT
S. 160f., wo S. 160 Z. 2 V. u. statt 8. Mai 16. Mai zu lesen ist.
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 9
130 II- Dßi" giosse Landtag von 1661 bis 1663.
weil Solches aber ohne Krieg nicht geschehen kann, so werden E. Ch. D.
ohne mein unterthänigstes Erinnern dero höchsterleuchtetem Verstände
nach selbst wohl bedenken, wie hoch und viel deroselben daran gelegen,
dass Sie bei solchen befürchteten Trubeln, da Sie selbst unzweiflich
auswärtige Feinde mit haben würden, inwendig Alles in guter Sicherheit
und Zufriedenheit haben. Ich werde in Kurzem bei Ueberschickung der
Regierungsverfassung mit Mehrem meine uuterthänigste Meinung über-
schreiben^).
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 19. Mai 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Polnische Nachrichten und Königsberg.
1G62. Von |: Fürst Radzivill vernehme ich, dass das Vertrauen in Polen
19 Mai
gegen Kurbrandenburg allzeit coutinuieret, insonderheit bei der Conföde-
rirten Armee und Lubomirski, allein dass dagegen die Königin in Polen
und ihre Creaturen Capitalfeinde von Kurbrandenburg sein und alle Con-
silia zu dessen Schaden richten. Die Succession werde noch immerhin
stark getrieben ; wann Friede mit Moskau wird, vermeint Fürst Radzivill
werde die Königin mit dem dcssein durchdringen. Ich halte auch ge-
wiss, dass Königsberg:] hie von einen Wink hat, sonsteu würde man nicht
so erschrecklich verhärtet sein.
19. Mai.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 19. Mai 1662.
(Praes. Cöln a. d. Spree 14. [24.] Mai.) Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Aussichten. Polnisches. Fortsetzung der Conferenz mit den Oberständen.]
1662. E. Ch. D. gnädigstes Rescript vom 2. Mail habe ich mit unterthanig-
stem Respect erhalten und gleich wie ich nicht unterlassen, die Herren
Oberräthe alle Tage zu erinnern, ihren Aufsatz wegen der Regierungs-
verfassung zu verfertigen, also haben sie mir auch Versicherung ge-
geben, dass sie daran arbeiten, gestalt sie mir itzo sagen lassen, dass sie
mir ehests Tages solchen zuschicken wollen; so bald ich selben bekomme,
will ich ihn mit meinem unmassgeblichen Project gehorsamst über-
1) In einem Schreiben vom 15. Mai 1662 bittet Fürst Radzivill den Kurfürsten
dringend, nach Preussen zu kommen.
Polnisches. Regierungsverfassung. Der König. Gravamiua. 131
senden, — Wann die Assecuration dergestalt von E. Ch. D. übersandt
wird, dass sie den Ständen, vornehmlich den Städten in einigerlei Weise
Satisfaction giebt, so habe ich zu hoffen, dass nächst göttlicher Hülfe
noch Alles gut werden und sonderlich die Städte, so noch immerhin in
ihrem vorigen Wesen continuiren, sich anders bezeigen werden. Falls
aber darin viel geändert, besorge ich gar sehr, dass es nur die Gemüther
noch mehr verhärten werde. E. Ch. D. sein aus der Stände Schriften
ihre desideria gnungsam bekannt, und muss E. Ch. D. ich hiemit unter-
thänigst versichern, dass sie darauf, man sage ihnen auch für, was man
wolle, noch fest bestehen. Sie scheuen sich auch nicht, zu sagen, dass
von E. Ch. D. die Difficultäten nicht herkommen, weil sie sich versichert
halten, dass E. Ch. D. sie aus ihren Verfassungen zu setzen nicht be-
gehren, daher ich dann die Assecuration also eingerichtet, dass sie zwar
von ihnen noch nicht also wird angenommen werden, jedoch ihnen in
einigerlei Mass Satisfaction geben könne, und ist doch E, Ch. D. wegen
derer darin enthaltenen Restrictionen nichts vergeben. — Den Herrn
Obersten Hillen, der itzo hier ist, will E. Ch. D. gnädigstem Befehl nach
vernehmen, wiewohl S. Fürstl. Gnd. nun selbst hier sein und auf Alles
schon gnungsame Ordre stellen werden, und will ich nicht unterlassen,
mit dem Bischof von Ermland, der noch sehr schwach darniederliegt,
gute Correspondenz zu halten.
An den Herrn Kanzler Somniz habe ich unterschiedene Sachen ge-
schrieben, wenn E. Ch. D. etwa dasjenige meinen, so ich von des Königs
in Polen Reise nach Preussen gedacht, so hat sich Solches itzt geän-
dert, wiewohl sie noch nicht recht schlüssig worden, wohin der König
sich eigentlich wenden soll. Was ich davon und andern Sachen mehr
erfahren w-erde, will ich allemal in ünterthänigkeit fleissig überschreiben.
Aus meiner vorigen unterthänigsten Relation, gnädigster Kurfürst und
Herr, werden E. Ch. D. in Gnaden ersehen haben, dass wir allhie den
Anfang mit den beeden Oberständen zur Conferenz gemachet. Nun
haben wir uns des andern Tages um acht Uhr ingesambt in die Ober-
rathstube wieder eingefunden und die Stände zu uns erfordern lassen;
sie schickten aber einige ihres Mittels zu uns und entschuldigten sich,
dass sie von den beeden vorigen Puncten noch mit dem corpore nicht
Unterredung pflegen können; überdem müsste die Ritterschaft mehren-
theils beim Begräbniss der Frau Kalcksteinin erscheinen, daher wir das
Mal unverrichteter Sachen von einander gehen müssen. Den folgenden,
17. dieses, kamen wir abermal in die Oberrathstube zusammen und
9*
132 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Hessen die Continuation der Conferenz begehren, worauf wiederum ein
Theil der Landräthe und Ritterschaft erschienen und berichteten, dass
sie nicht allein wegen des vorigen Tages gehabten Begräbnisses mit den
andern die Sach noch nicht überlegen können, sondern sie müssten, ehe
sie sich weiter einliessen, versuchen, ob Herr D. Dreier und die mi-
nisteriales zu vergleichen stünden, und weil dieselbe wegen des Festes
der Himmelfahrt nicht ehe als heut erscheinen könnten, möchten wir so
lang in Ruhe stehen. Wir haben sie nun sehr dehortiret, das Werk so
weitläuftig nicht zu machen und mit den sämmtlichen Prediger hieraus
zu reden, weil wir versichert sein, dass die Bitterkeit so gross, dass
anstatt der verhoffenden Einigkeit vielmehr Streits durch dies Mittel
entstehen werde, wie ich mich dann noch itzt bemühe, durch die Ober-
räthe, welche mit mir hierunter eins sein, die Stände von diesem Vor-
haben abzubringen, üeber dem begehrten wir, sie möchten zu Gewin-
nung der Zeit mit uns in den übrigen Puncten fortfahren. Auf das Erste
antworteten sie, dass sie alle Behutsamkeit dabei gebrauchen wollten,
und remonstrirten, dass es gleichwohl hochnöthig sei, dass man die
Versöhnlichkeit mit ihnen tentirte, dann, wann D. Dreier nicht weg sollte
und kein Friede unter ihnen gemacht würde, würde gar gewiss der
vorige Streit zum höchsten Aergerniss des Landes wieder erwachsen ;
indessen aber könnten sie unserm Begehren nach in den übrigen Puncten
mit uns nicht fortfahren, weil solches Confusion gäbe, und diese puncta
vorhero abgethan werden müssten. Dannenhero besorge ich, dass auch
dieses Mittel, so wir die Sach zu beschleunigen angefangen, langsam von
Statten gehen wird; an fleissigem Treiben und Erinnern soll es sonst
nicht ermangeln.
RadziviH an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 23. Mai 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 18. [28.] Mai.) Ausfertigung.
[Protest der Städte gegen die Einführung der Accise. Prätentionen der Landräthe.]
1662. Die drei Bürgermeister der Städte Königsberg und zwei Deputierte der
23. Mai. kleinen Städte haben bei ihm um Audienz nachgesucht und haben ihn gebeten,
er möge beim Kurfürsten gegen die factische Einführung der Accise intercedie-
ren. Er hat ihnen Gegenvorstellungen gemacht, sie aber nicht überzeugt').
1) Schon in einem Bericht vom 9. Mai sprach sich Fürst RadziviH sehr verzagt
über die Möglichkeit der Einführung der Accise in den Städten aus, er könne nicht
Obstruction. Protest und Klage der Städte. Landräthe. 133
Sie haben das Complanationsrecht des Kurfürsten nicht anerkennen wollen, auch
ferner um Befreiung von der Einquartierungs - und Verpflegungslast gebeten.
Noch viel mehr als die Widerspenstigkeit der Städte hat indessen ihn sowohl
wie den Oberpräsidenten verwundert, dass die Landräthe in den Verhandlungen
sich neuerdings bemühen, ihre Rechte auszudehnen, „dem supremo dominio
aber nicht den geringsten Zuwachs gönnen". Sie fordern nicht allein „stata
tempora, sambt der Freiheit, wenn es ihnen beliebet zusammen zu kommen,
vor sich und die Landschaft, sondern auch vor die Herren Oberräthe das jus
praeseutandi episcopos oder superintendentes, ingleichen inspectores, professores
und andere ihnen anständige Personen zu den weltlichen Aemtern"').
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 23. Mai 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 18. [28.] Mai.) Ausfertigung.
[Weitere Verhandlungen mit den ständischen Deputierten über die Gravamina.]
Am vergangen Sonnabend sein der Stände Deputirte wieder zur Con- 1662.
ferenz kommen, da sie dann Anfangs den Verzag entschuldigten, weil ^- "'^^•
sie wegen einer solchen hochwichtigen Sache, als des D. Dreiers wäre,
nicht ehe dazu gelangen können; sie hätten mit den Ministerialen ge-
redet, welche sich zwar ihrem Bericht nach aller Moderation gebrauchet,
ihnen, den Ständen, aber doch angezeigt, dass, wenn D. Dreier nicht
an einen andern Ort gebracht würde, oder auch, dass er wider ihre libros
symbolicos gelehret, bekennet, so würden alle Vermahnungen, Befehl und
Verheissungeu, die er selbst thun möchte, vergeblich sein. Sie hätten
drei Tage Bedenkfrist gebeten, nach deren Verlauf sie ihre Nothdurft
schriftlich beibringen wollten; mit D. Dreiern hätten sie noch nicht ge-
redet, es sollte aber auch ehester Tage geschehen. Ich habe sonst unter-
schiedliche Mal von dieser Sach mit ihm gesprochen und besorge selbst,
wann er sich nicht anders, wie er kegen mir gethan, erklären wird, dass
auf diese Art schwerlich aus der Sach werde zu kommen sein; denn er
will sich nur dahin erbieten, dass er, so viel möglich, der Andern
Schwachheit und, dass sie das Werk nicht recht verstehen, schonen
wolle, sich aber solcher Propositionen ganz zu enthalten, könnte er nicht
absehen, wie es ohne schädliche Weitläufigkeiten geschehen könne, „angemerket ihnen
(den Städten) die Thür aller Orten zu klagen und zu lamentieren erst recht geöifuet
werden möchte".
') Die Antwort (ungezeichnetes Concept von Jenas Hand) vom 19. (29.) Mai ist
abgedruckt bei Orlich HI S. 162 if.
234 II- Döi" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
thun, wollte lieber an einen andern Ort ziehen. Was zum Meisten
unter seinen Propositionen, derer 17, sein, getadelt wird und darüber
sie sich überaus sehr ärgern, Solches bestehet in diesen beeden Puncten:
1) dass Gott ein Ursacher der Sünden sei per accidens und 2) dass die
Papisten eben so wohl können selig werden, weil sie den rechten aposto-
lischen Glauben haben, welches Letztere zumal allhie so hoch empfunden
wird, dass auch diejenige, so sonst seine Partei wohl halten und nicht
begehren, dass er von hinnen ziehen soll, in denen Gedanken stehen,
wann solche Predigten hier getrieben würden, dürften ihre Kinder sich
leicht zum Papstthum wieder wenden, gestalt sie dann schon sehr do-
liren, dass die Jesuiten allhie so viel evangelische Kinder in ihre Insti-
tution bekommen, auch dazu ein Haus erbauen.
Bei den gravaminibus hat die Materie von der reformirten Re-
ligion die meiste Zeit weggenommen, da ich denn E. Ch. D. Project
extradiret; an ihrem Orte lasen sie alle textus gegen die reformirte Re-
ligion ab und zogen dabei an, dass die Landräthe darauf einen Eid thun
müssen, dakegen nichts zu verstatten. Es ist ihnen aber die Nothdurft
remonstrirt, und haben sie es mit den Andern zu überlegen angenom-
men. Wenn, gnädigster Kurfürst und Herr, E. Ch. D. sich so weit über-
winden wollten, dass nur noch etwas möchte ins Project gebracht werden,
dass es mit ihrem guten Willen geschehen, so hätte ich wohl zu hoffen,
dass Alles wohl ablaufen sollte. Widrigen Falls aber muss ich selber
besorgen, dass sie ein gross Lärm hievon machen werden. — Bei diesem
Punkt klagten sie auch sehr über den von Oelssniz, dass er seinen Pre-
diger, das hochwürdige Abendmahl auf zweierlei Art zu administriren
obligirt, ihm und den Seinigen müsste ers nach Brauch der reformirten
Religion, den Andern aber auf Lutherische Art reichen. — Wegen des
Bürgerrechts haben sich die Stände deutlich erkläret, dass, wann die
Städte kein absonderliches Privilegium desfalls hätten, sie ihnen hierin
keinen Beifall geben könnten, denn in den gedruckten privilegiis und
pactis wäre nichts davon enthalten. — Wegen der Juden, Arrianer und
Menisten desiderirten die Stände mandata, dass dasjenige, was E. Ch. D.
gnädigst resolvirt, zu Werk gerichtet werden möchte. — Für die Uni-
versität intercedirten sie überaus beweglich, dass dieselbige besser als
bishero in Acht genommen und die professores nach ihren statutis prae-
sentiret werden möchten.
Gestern, den 22. dieses, sein die Stände kegen 10 Uhr wieder zu
uns kommen, und als wir Resolution auf die zuvorn erwogene puncta
Reformierte. Universität. Obstruction. Oberräthe. 135
begehret, haben wir aus ihrer Antwort wohl vermeriien können, maas.sen
wir auch schon Nachricht davon gehabt, class die Städte Königsberg, als
welche gar eine scharfe, schriftliche Protestation bei den Ständen dieser
Conferenz halber eingegeben, durch einige ihrer Confidenten bei der
Ritterschaft das Werk etwas schwer und stutzig gemachet, in dem sie,
ehe sie weiter fortfahren wollen, anzogen, dass sie keine mündliche Re-
solution bringen könnten, sondern Alles durch die drei Stände gehen
lassen müssten und endlich ihre Nothdurft schriftlich einbringen wollten.
Wir haben ihnen darauf abermaln zu Gemüth geführet, wie das Werk
dadurch nicht befordert, sondern nur verzögert würde, und wenn sie
Lust hätten, weitläuftige Schriften zu verfertigen, würde es E. Ch. D. auch
nicht, dergleichen zu thun, an Leuten ermangeln. Und wie wohl wir
keine Resolution auf die vorige puncta bekommen, sein sie dennoch im
L'ebrigen fortgefahren, da dann bei Allem, was dies Mal fürgangen, das
Allermeiste die Herren Oberräthe und deren Autorität und sonderlich
das jus praesentandi der Hauptleute betroffen. Ich habe mir nun ange-
legen sein lassen den Ständen zu zeigen, dass Solches kein gravamen
des Landes sein könnte, weil es E. Ch. D. Diener beträfe und Sie denen-
sclben wohl befehlen möchten, wie man sich bei ereugenden Vacantien
zu verhalten. Sie replicirten aber weitläuftig hierauf, dass hierunter der
Stände Interesse gar sehr versire, weil, wann sie sich des einen, so in
ihren privilegiis enthalten, begeben, zugleich alles Andere löcherig
machten; über dem sei den Ständen daran gelegen, dass E. Ch. D. solche
Hauptleute bestelleten, so die Justiz zu administriren wüssten. Weil
nun E. Ch. D. solche subjecta nicht bekannt wären, so könnte es nicht
anders sein, dann dass sie deroselben von ihren allhiesigen Räthen für-
geschlagen würden. Wir haben ihnen aber hierauf keine andere Reso-
lution gegeben, als dass E. Ch. D. sich desfalls erklären würden. Sie
begehrten hiebei, dass sie das Fest über möchten dimittiret und in den
Aembtern der Adel verschrieben werden, damit sie Relation thun, und
die Deputirte mit besserer Instruction wieder versehen werden möchten.
Es ist ihnen aber Beedes abgeschlagen worden, denn obwohl vor gänz-
lichem Schluss des Landtages die Zusammenkunft in den Aembtern
noch einst wird geschehen müssen, so ists doch für diesmal noch viel
zu früh gewesen.
Gleich itzo werden wir wieder zur Conferenz schreiten und in
den gravaminibus fortfahren; wenn solche ganz durchgangeu, soll E. Ch.
D. unterthänigster, ohnmassgeblicher Bericht und Bedenken zugefertigt
25. Mai.
136 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
werden, worin man in Einem oder Anderen den Ständen noch weiter
fugen können.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 25. Mai 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Proposition über die Accise; Erklärung der Städte darüber. Polnisches. Die kleinen
Städte.]
1662. Vorgestern, war der 23. dieses, sein wir abermal um acht Uhr in
der Oberrathstube zwar zusammen kommen, die Stände aber Hessen
durch Einen der Landräthe und Einen von der Ritterschaft bitten, nicht
übel zu nehmen, dass sie sich für diesmal zur Conferenz nicht einfinden
könnten, weil sie eben mit D. Dreiern aus bewusster Sache redeten und
sich diesen Streit zu componiren angelegen sein Hessen. Wir frugen sie,
wie er sich bezeigte, sie antworteten beederseits, er wäre noch zwar
nicht zum Schluss kommen, aber bis dahin hätte er ihnen gutes Con-
tentement gegeben und sich grosser Moderation gebrauchet.
Um elf Uhr Hessen wir die Stände insgesammt und unter ihnen die
Städte, so auch in grosser Anzahl erschienen, für uns erfordern, da ihnen
angedeutet ward, welcher Gestalt nunmehr wegen der Accise Alles
seine Richtigkeit hätte, und die patenta, so E. Ch. D, mit voriger Post
zugeschicket worden, gedruckt wären und nunmehr affigiret werden sollten,
wurden dabei vermahnet, sich allerseits gebührend darnach zu erweisen,
allen ünterschleif zu verhindern und dahin zu trachten, dass E. Ch. I).
den Effect davon empfinden möchten. Nach genommenem Abtritt accom-
modirten sich die Landräthe und Ritterschaft in Allem gehorsamst, nur
baten sie, weil es so wenig Tage vor dem Fest wäre, möchte mau den
Tag zur ersten Einnahm aufn Mittwoch nach Pfingsten setzen, weil doch
in den heiligen Tagen nichts dabei geschehen könnte. Die Städte Hessen
ausbringen, sie wären in procinctu (wie ihre formalia lauteten) mit der
hiesigen Bürgerschaft, auch mit ihrer Resolution einzukommen, woraus
wir gute Hoffnung schöpften, dass sie sich endlich accommodiren würden,
aber es vermehret sich, wie E. Ch. D. hernach gnädigst vernehmen werden,
lieber ihre Opiniastrite.
Nach Mittag selben Tages um drei Uhr kamen wir wieder zusam-
men, da wir dann die übrige gravamina, so aber alle die leichteste ge-
wesen, ganz durchgangen, und brauchten die Deputirte nicht allein aller
Bescheidenheit und Moderation, besondern versprachen auch bei ihrer
Accise. Gravamina. Wachsender Widerstand der Städte. 137
schriftlichen Erklärung, die noch noth wendig in specie wegen der Städte,
als welche nicht liiebei gewesen und nicht anders denn schriftlich han-
deln wollen, aufgesetzt werden müsste, sich also zu erweisen, dass E.
Ch. D. deroselben Devotion daraus zu verspüren haben sollten. Wie wir
sie fragten, was der Beschluss endlich mit D. Dreiern gewesen, rühmten
sie ihn auch gar sehr, dass er sich recht moderat erwiesen, beklagten
nur, dass er sich dahin nicht erbieten wollen, die propositiones, darüber
der Streit wäre, fahren zu lassen. Er hätte sich auch erboten, in ihrer
Gegenwart mit den andern amice zu conferiren, dieselbe aber wollten
sich dazu nicht verstehen, hielten ihn pro convicto und hätten eine gar
harte Schrift eingegeben, die sie nicht eins zeigen möchten, darin sie
begehrten, dass D. Dreier das Vorige abjuriren, ecclesiae depreciren und
hernach doch ausm Lande gehen sollte, und wüssteu sie also selbst nicht,
was weiter bei der Sach zu thun sein würde.
Gestern Vormittag um zehn Uhr schickten die Herren Oberräthe zu
Sr. Fürstl. Gnd. und mir und Hessen begehren, weil die Bürgermeister
aus den drei Städten, die sonst nimmer bei den andern Deputirten in
Person erschienen, selbst in der Oberrathstube gewesen und ihnen eine
nachdenkliche Proposition gethan, wir möchten zu ihnen kommen und,
was zu antworten, deliberiren. Als wir zu ihnen kamen, vernahmen
wir, dass die drei Bürgermeister angebracht, welchermaassen die Bürger-
schaft sich durchaus der Accise nicht unterwerfen wollte, hätten sich
dabei gar nachdenklicher Reden gebrauchet, sammt ein Aufstand und
grosse Ungelegenheit hieraus entstehen dürfte, sie würden zum Könige
schicken, könnten nicht leiden, dass zwölf Landräthe und etlich wenige
Deputirte von der Ritterschaft, etwas, dawider so viel tausend Bürger
wären, willigen sollten.
Nach gehaltener Deliberation und da sie hinein gefordert wurden,
erzählete der Herr Kanzler der Länge nach, wie es mit diesem Landtage
daher gangen, und wie von Seiten der Städte selbst die Accise ins
Mittel gebracht, ermahnete sie, zu andern Gedanken zu schreiten, gar
beweglich, läse ihnen auch aus dem gedruckten Privilegienbuche für,
dass E. Ch. D. diese Complanation gebühre und dieselbe rechtmässig ge-
schehen wäre. Als ich aber befand, dass dieses ihr verwegenes An-
bringen einer schärferen Fürstellung bedürfte, hielt ich ihnen für, wie
übel ihnen, als Magistratspersonen, welche die Bürgerschaft im Zaum
und gebührendem Gehorsam halten sollten, anstünde, und wie schwer
gegen E. Ch. D. sie es zu verantworten haben würden, dass sie des ge-
138 II- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
meinen Pöbels unbesonnenes Anbringen auf sich nehmen und dergleichen
Dinge allhier fürbringen dürften. E. Ch. D. könnten dieselbe, so sich
itzo auf einen andern König beriefen , nicht anders als für Rebellen
halten; ihnen sollte hiemit angedeutet sein, dass Solches nicht ungeahndet
bleiben würde; dass die Bürgerschaft zur höchsten Ungebühr und straf-
barer Weise über tausend Menschen stark auf einmal ins Rathhaus kom-
men und darin rechtschaffen tumultuiret, Solches wollte ich hiemit, dass
es künftig verantwortet werden sollte, ad notam nehmen, weil sie sich
auch dadurch ihrer zugelassenen, aber circumscribirten Zusammenkunft
verlustig gemachet. Die Börgermeistere wälzten Alles von sich auf die
Bürgerschaft, sagten, sie wären geuöthigt worden, dieses fürzutragen. Sie
erwiesen sich auch überaus bestürzt; zu der Accise aber könnten sie
auch nicht rathen, sondern sustinirten, dass es ein Verderb dieser Stadt
wäre, und wiewohl ihnen tam publice quam privatim öfters an Hand
gegeben worden, sie möchten dann endlich eine Summ, die sie geben
wollten, benennen, vielleicht würden E. Ch. D., wenn solche zureichend,
in Gnaden geschehen lassen, dass sie dieselbe von sich aufbrächten.
Ob nun zwar hin und wieder spargiret wird, dass sie für sich alle Jahr
40000 Rthlr. geben wollten, so haben sie doch bis auf gegenwärtige
Stunde nicht das Allergeringste davon beigebracht, sondern sie bleiben
noch immerhin bei ihrem generalen Erbieten, wann die gravamina abge-
than und die assecuratio privilegiorum erfolget sei, dass sie alsdann ihr
quantum in 300000 Thaler erlegen wollten. Schliesslich ward ihnen
angesagt, sie möchten thun, was sie wollten, die Accise sollte eingeführet
und wohl mainteniret werden, womit man sie dimittirte ').
Im Uebrigen reisen die meisten Stände itzo auf ihre Güter, das
Fest allda zu halten, werden sich aber in bevorstehender Pfiugstwoche
allhie wieder einfinden.
^) üeber die Stimmung der Königsberger Bürgerschaft berichtete iler Statthalter
unterm 26., dass sie bei Hauptgeld und Vermögenssteuer bleiben wolle und dass fast
täglich vier bis fünfhundert Mann nach den Rathhäusern laufen, um dort gegen die
Accise zu schreien und zu protestieren. Am 30. Mai bat er wieder dringend um des
Kurfürsten persönliches Eingreifen. In demselben Bericht theilt Radzivill mit, dass
er den Städten eine günstigere Fassung der Accisetaxe versprochen habe, für den
Fall ihrer Einwilligung. Die Oberstände hatten nämlich die Hauptlebensbedürfnisse
Heringe, Salz, Butter, Käse ganz übergangen, andere Waaren aber dem Handel zum
Naclitheil mit Abgaben belegt, so alle Kramwaaren, Laken, Gold, Silber, die man
sonst den Consumptibilien nicht zurechnete. Am 2. Juni meldete der Statthalter,
dass er die Accise im ganzen Land und so auch in Königsberg per rescriptum pu-
bliciert habe.
Unruhe der Bürger. Bürgermeister. Publication der Accise. 139
Und weil wegen E. Ch. D. hochgeliebten Gemahlin, Churfl. Durchl.
Meiner gnädigsten Frauen, ich zu Kiauten nöthige Sachen zu verrichten
habe, will ich mich morgenden Tages auch dahin begeben und, wills
Gott, fort nach Pfingsten wieder hier sein, der unterthänigsten Hoffnung
lebend, weil ich damit nicht das Allergeringste versäume, E. Ch. D.
werden es in keinen Ungnaden vermerken.
Unter dem Datum, eigenhändig: Gnädigster Herr, in Polen siehet
es ärger aus als jemalen und dürfte es daselbst bald zu einem öffent-
lichem, innerlichem Kriege kommen; meines Ermessens aber werden
E. Ch. D. sehr wohl, dass Sie keinem Theil ihre Inclination verspüren
lassen ^).
P. S.
Auch, durchlauchtigster, gnädigster Kurfürst und Herr, melde ich
gehorsamst, dass, wie bei dem Anbringen der Städte Königsberg auch
ein Deputirter von Bartenstein gewesen, derselbe befraget worden, ob er
auch wegen der kleinen Städte dieses der Städte Königsberg An-
bringen approbiret, worauf er sich aber entschuldigt, dass Solches der
kleinen Städte Meinung nicht sei; S. Fürstl. Gnd. haben demnach die-
selbe des folgenden Tages fordern lassen, allda ich ihnen nach Anleitung
E. Ch. D. gnädigsten Rescripts vom 25. Aprilis eine Proposition gethan:
Sie haben sich darauf sehr devot und wohl erkläret und nur gebeten,
dass ihnen bis auf den ersten Junii Dilation möchte verstattet werden;
sie wollten alsdann verhoffentlich mit gewieriger Erklärung von ihren
Principalen einkommen. Die Dilation ist ihnen zwar auch hierauf ver-
stattet, jedoch mit der ausdrücklichen Bedingung, sie möchten sich als-
dann erklären, wie sie wollten, so würde es doch bei der Accise ver-
bleiben; würden sie sich wohl resolviren, so hätten sie des Dankes mit-
zugeniessen, wo nicht, würden sie doch Alles mitthun müssen.
Von derjenigen Protestation, so die Städte bei den Oberständen
übergeben, werden E. Ch. D. hiebei Abschrift gnädigst zu empfangen
haben.
^) Auch Dobersinski machte in einem besonderen Schreiben d. d. Königsberg
25. Mai den Kurfürsten auf die in Polen bevorstehenden Unruhen aufmerksam mit
der Mahnung, der Kurfürst möge aus diesem Grund den Landtagsschluss möglichst
beschleunigen und zu diesem Behufe nach Preussen kommen.
140 !!• Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 6. Juni 1662.
(Praes. Colin a. d. Spree 2. [12.] Juni.) Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Allgemeines Gutachten über die Lage. Assecuration. Dreier. Militaria. Polnisches.
Protest der Städte Königsberg gegen die Coraplanation und seine Zurückweisung.]
1662. E. Ch. D. gnädigste Rescripta, das eine vom 12. an mich alleine
und das andere vom 19. Mail an I. Fl. Gn. und uns sämmtlich gerichtet,
habe ich mit allem schuldigstem, gehorsamsten Respect erhalten und
dero gnädigste Willensmeinung daraus unterthänigst vernommen. Nun
verwundere ich mich wohl nicht, dass E. Ch. D. über der Stände lang-
samen Verfahren und der Städte Königsberg continuirlichen Widersätz-
lichkeit die Geduld vergehet, hoffe vielmehr, E. Ch. D. werden gnädigst
dabei erwägen, was vor Verdriesslichkeit ich bei solcher Beschaffenheit
habe, allein, gnädigster Herr, ich hoffe auch daneben unterthänigst, E.
Ch. D. Werdens in keinen Ungnaden aufnehmen, wann ich meinen Pflich-
ten gemäss zu E. Ch. ü. Dienst und Besten, welches, wie es Gott im
Himmel bekannt, mein einziger Zweck ist, hiebei eins und andere gehor-
samst erinnere. Anfänglich nun, gnädigster Herr, ist es wahrhaftig an-
jetzo mit den beiden Oberständen dahin gebracht und an den kleinen
Städten zweifele ich auch nicht mehr, wie ich dann auf dieser meiner
Reise bei Unterschiedlichen Solches verspüret, dass, wenn nicht böse
Leute Gelegenheit ergreifen, sie wieder wendig zu machen, ich an einem
guten Schluss nicht zweifele. E. Ch. D. werden sich gnädigst erinnern,
wie hoch Sie mir bei meiner Abreise anbefohlen, auch Solches zu unter-
schiedenen Malen durch dero gnädigste Schreiben wiederholet, ich sollte
allen Fleiss anwenden, dass die andern Stände von den Städten Königs-
berg getrennet würden. Solches ist nun gelungen, aber gewiss mit un-
glaublicher, schwerer Mühe, jedoch hat man zufoderst alle ersinnliche
Mittel gebrauchet, die Stadt auch zur raison zu bringen, und dadurch
ist die Schickung nach Warschau ohne gewaltsame Mittel gehindert, die
souverainite erkannt, die Accise introduciret, sehr viel in den gravami-
nibus gehoben und viele andere Dinge zu E. Ch. D. Vortheil geschehen,
wozu die Stände vor diesem nicht gebracht werden können. Die beide
Oberstände leiden desfalls von den Städten sowohl mündlich als schrift-
lich viele unleidliche Verweise, als wenn sie das Land um ihre Freiheit
und privilegia gebracht. Diese der beiden Oberstände gehorsamste Be-
zeugung haben E. Ch. D. noch neulich gar gnädigst erkannt, in dem Sie
ein gnädiges Schreiben an sie abgehen lassen. Sollte ihnen nun nach
I
Rückblick auf Schwerins Politik. Die Assecuration. 141
Einhalt E. Ch. D. gnädigstem Befehl, ehe sie Ursache dazu gegeben, zu-
gesprochen und angedeutet werden, dass E. Ch. D. die Assecuration
noch nicht einschicken wollten, so würden sie gewiss, weil sie vermeinen,
dass sie anjetzo bei E. Ch. D. in gar gnädigem Concept stehen, in fremde
Gedanken gerathen und sehr bestürzet werden, und würde es der Stadt
Königsberg eine grosse Freude und gewünschtes Mittel sein aufs Neue
grosse Verwirrung und Diffideuz zu machen. E. Ch. D. haben zu unter-
schiedenen Malen geschrieben, die Assecuration sollte erfolgen; weil
ihnen nun Solches angedeutet, so bin ich wohl recht von Herzen beküm-
mert, was man desfalls vorwenden soll; war sie gekommen, so hätte es
gewiss das Werk zu E. Ch. D. grossem Nutzen trefflich facilitiren werden
[sie]. E. Ch. D. bitte ich unterthänigst, Sie wollten das gnädigste Ver-
trauen zu mir setzen, dass ich lieber sterben wollte, dann E. Ch. D.
Hoheit verkleinern lassen. Ich habe nicht gescheuet, mächtiger Potenta-
ten Ungnade auf mich zu laden, in dem ich vor E. Ch. D. Hoheit ge-
eifert, was sollte mich denn bewegen, dass ich E. Ch. D. ünterthanen
scheuen sollte? Und wenn ich schon zu zaghaft dazu wäre, oder andere
Respecten hätte, den Ständen nicht recht zuzusprechen, so seind I. FI.
Gn. hie, welche fürwahr vor E. Ch. D. Reputation, Hoheit und Dienste
solchen Eifer bezeugen und so punctuel darin sein, dass sie mich meiner
Schuldigkeit wohl erinnern oder auch E. Ch. D. davon Bericht thun wür-
den. Allein, gnädigster Herr, wenn E. Ch. D. in dem modo agendi, wo-
von anjetzo nur die Frage ist, gnädigst fugen und noch zur Zeit mit
dem Herkommen zufrieden sein und ihnen die resolutiones zufoderst
copialiter zustellen lassen, oder auch, wenn sie schon originaliter extra-
diret, dennoch die Stände mit ihren unterthänigsten Erinnerungen gnä-
digst hören, so gehet deroselben Hoheit nichts ab, sondern E. Ch. D. ver-
mehren nur dadurch das unterthänigste Vertrauen ihrer Ünterthanen und
befestigen Ihre Macht, und diesen modum habe ich in allen E. Ch. D.
Landen practisiren sehen, wird auch überall also gehalten. Jetzt zwar,
gnädigster Herr, möchte es wohl zu thun sein , dass ihnen auf einmal
angedeutet werden könnte, wobei es bleiben sollte, weil aber E. Ch. D.
ohn Zweifel lieber etwas Beständiges haben, als dass die Stände künftig
sagen sollten, es wäre Alles ipsis invitis geschehen, und wären sie wider
ihren Willen gezwungen worden, so lasse E. Ch. D. dero höchsterleuch-
tetem Verstände nach ich urtheilen, ob deroselben, Ihren Nachkommen
und dero hochlöblichstem Kurhause damit gedienet sein würde; denn
der Nachbarn Begierde zu diesen Landen ist E. Ch. D. bekannt. Mein
142 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
getreuer Rath ist, gnädigster Herr, class E. Ch. D. sich noch zur Zeit
gegen die Stände nicht anders denn aller landesväterlichen Gütigkeit
verspüren lassen, Geduld mit ihrer Schwachheit und Misstrauen haben
und darauf nicht achten, dass die Stände öfters auch wohl unnöthige
Erinnerungen thun. Es soll doch nächst göttlicher Hülfe E. Ch. D. Hoheit
also stabiliret werden, dass es E. Ch. D. selbst erkennen und empfinden
werden. Ich bin wohl versichert, dass, wann E. Ch. D. selbst hie
wären, alle Umstände der Genüge nach vernehmen, und mit was unter-
thänigstem Respect und Beweglichkeit die Stände numehr ihre desideria
vorbringen, Sie würden besser mit ihnen zufrieden sein ; ja, ich besorge,
gnädigster Herr, wann der höchste Gott wieder Unruhe allhie verhängen
sollte, E. Ch. D. würden alsdann die Nothwendigkeit, dass die Stände
ein festes Vertrauen zu Ihr setzen, so hoch ermessen, dass Sie alsdann
ihnen bessere Conditionen, als es jetzo nicht nöthig, eingehen möchten.
E. Ch. I). gedenken in dero gnädigstem Rescript, Sie wollten die Asse-
curation nicht ehe schicken, bis die Sache allhie zu Ende gebracht; nun
weiss ich nicht, gnädigster Herr, worin wir jetzt, wenn die Stände ihre
Erinnerungen bei den gravaminibus schriftlich werden beigebracht haben,
so ehester Tage geschehen wird, fortfahren können; denn auf die Regie-
rungsverfassunge haben sie, wie E. Ch. D. bekannt, ihre Erinnerungen
längst eingeschicket, und ob ich mich zwar damaln allsofort unterthä-
nigst erboten, abermalu ein Concept zu machen und E. Ch. D. gehor-
samst zuzuschicken, so habe ich doch darauf keine Resolution erhalten,
bis jetzt zuletzt mir befohlen worden, nebst der Oberräthe Bedenken
auch mein unmaassgebliches Gutachten einzuschicken, worauf sie mir
kurz vor den Feirtagen ein Exemplar zustellen und aufs Beste recom-
mendiren lassen. Als ich nun Solches mit I. Fl. Gn. durchgelesen und
beiderseits befunden, dass sie darin ihre Hoheit gar sehr extendiren und
E. Ch. D. zu nahe treten, habe ichs ihnen wieder zugeschicket und sagen
lassen, E. Ch. D. würden Solches hoch empfinden. Ob sie es nun än-
deren werden, erwarte ich mit Ehestem zu vernehmen. Auf solche Art
trage ich wohl Bedenken, es E. Ch. D. zuzuschicken ; an meinem Aufsatz
sollte es sonst nicht ermangeln, wiewohl ich der gänzlichen Meinung
bin, dass ausser E. Ch. D. hohen Gegenwart unmöglich sein wird Alles
und Jedes so zu fassen, dass man heraus kommen könne. Und das ist
die Ursache gewesen, gnädigster Herr, warum ich die Schickung der
Stände vorgeschlagen; bin auch wohl versichert, wenn E. Ch. D. bei dero
ersten Resolution geblieben, da sie Solches beliebet, die Sachen würden
Assecuration. Verfassung. Dreier. Armee. Polnisches. 143
jetzt anders stehen, und das ist noch die einzige Ursache, gnädigster
Herr, und nichtes anders, warum ich bei solcher Beschaffenheit anjetzo
unterthänigst rathe, dass, wenn E. Ch. D, Bedenken tragen, den Landtag
bis zu Dero, Gott verleihe, glücklichen Ankunft ganz zu differiren, wie
dann wohl gewiss die Stände davor halten würden, E. Ch. D. wollten
Alles in Ungewissheit stecken lassen, E. Ch. D. dann anhero schrieben,
weil Sie den Landtagesabscheid, Assecuration und Resolution der grava-
miuum also einrichten lassen wollten, wie es dabei sein Verbleiben haben
sollte, und Sie bei einem und anderem Punct nähere Information be-
dürften, so sollte ich auf der Post heraus kommen und obiges Alles noch
vor E. Ch. D. Ankunft wieder zurücke bringen; indessen sollte man all-
hie an der Revision der Landrechtes und Verfertigung der Listruction
zu den Kirchenvisitationen arbeiten; wollten E. Ch. D. auch begehren,
dass Jemands von den Oberräthen und den Landräthen mitkäme, würde
es E. Ch. D. gewiss so viel zuträglicher sein. Jedoch wann E. Ch. D.
etwas Anders resolviren und anhero befehlen werden, will ich mir Alles
mitgefallen lassen und darin allein meine Ehre suchen, dass E, Ch. D.
gnädigstem Befehl ich gehorsamst nachlebe und den Ausschlag dem
höchsten Gott befehle.
Dem Herrn D. Dreier soll E. Ch. D. gnädigster Befehl angezeiget
werden; auf der Kanzel möchte er sich solcher Dinge wohl enthalten,
aber in seinen Schriften und disputationibus ist es nicht zu hoffen, wie
ich Solches, wenn ich mit ihm daraus rede, genugsam verspüre.
Was E. Ch. D. an L Fl. Gn. rescribiret. Solches haben sie mir ge-
zeiget, und werde ich sowohl darin, als auch in allen anderen Dingen zu
E. Ch. D. Dienst L Fl. Gn. gehorsamst assistiren. Die Officirer mögen
wohl mit Gelde ein Zeit her schlecht versehen gewesen sein; was aber
den Unterhalt betrifft, hat es daran wohl Niemandem gemangelt, und
habe ich die Gemeinen überall wohl gekleidet gesehen; ist auch Alles
gut Volk.
Gestern ist ein Secretarius von Danzig bei mir gewesen, welcher
dem Herrn Kanzler Somnizen wohl bekannt ist; derselbe bekannte mir,
dass bei vergangenem Reichstage er bei die Senatoren herum gehen
müssen, zu sollicitiren, dass E. Ch. D. Eibingen nicht bekommen möch-
ten, bäte aber sehr, ihn nicht zu melden. Wie ich ihn fragete, ob sie
in Danzig keine Anstalt machten, weil die Schweden dem Verlaut nach
so stark armirten, darauf sagte er, sie hätten davon andere Nachricht,
dass nichts daran wäre, und dass sie keine Mittel hätten; klagte dabei
144 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
sehr über den Polnschen Hof, dass ihuen nichtes gehalten würde, und
sie dannenhero sehr verzaget wären, weil ihnen alle Mittel entbrechen.
Was gestern in der Oberrathstuben mit den Städten Königsberg
vorgegangen, und was sie vor eine leichtfertige Schrift eingegeben '), so sie
aber nebst einem scharfen Verweist und harter Bedräuung wieder zu-
rücke bekommen [sie]. Es war ein sehr starker Ausschuss von Rath, Ge-
richten und Zünften, in der Schrift war ausdrücklich enthalten, dass sie
sich wegen der geschehenen Complanation zum Könige wenden müssten;
weil derselbe den legem gemachet, so müsste er auch von ihm interpre-
tiret werden. Der Antwort werden sie sich wohl nicht gross rühmen ;
dieses vermuthe ich aber, dass sie wohl ehestes eine Summe wegen
dieser Stadt willigen dürften, damit sie nur mit der Accise befreiet
bleiben dürften, und wäre wohl zu wünschen, dass wir E. Ch. D. Willens-
meinung darüber wissen möchten. Es fallen auf beiden Seiten Bedenken,
denn wenn man die Summ nicht annimmt, und die Stadt auch nicht in
die Accise williget, so wird es mit der Execution schwer daher gehen
und viel Confusion nach sich ziehen, wie dann schon jetzt auf ihren
Windmühlen wohl vier Mal so viel gemahlen wird, als auf E. Ch. D.
Malzmühlen, wie mir Solches der Mühlmeister gestern gezeiget; wird
die Accise auch hie erlassen, so wird sie auch aufm Lande desto weiniger
bringen und grossen ünterschleif verursachen. Wenn E. Ch. D. gewiss
resolviret sein, selbst herein zu kommen, so wollte ich lieber rathen, dass
es bei der Accise auch allhie bliebe, dann wenn schon anfangs es nicht
allerdings von statten ginge, so würde doch E. Ch. D, hohe Kegenwart
Alles zur besserer Richtigkeit befodern können^).
9. Juni.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 9. Juni 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Auseinandersetzung mit den Oberräthen über ihre in der Regierungsverfassung zu
stipulierenden Rechte. Gerüchte über die Massnahmen der Städte in Accisesachen.]
1662. E. Ch. D. werden aus meinen hiebevorigen unterthänigsten Relationen
unter andern in Gnaden ersehen haben, was ich von der Herren Ober-
räthe mir zugekommenen Aufsatz die Regierungsverfassung betreffend ge-
horsambst gemeldet; sie haben mir denselben vorgestrigen Tages wieder
0 Die drei Städte an den Kurfürsten präs. 3. Juni, wie schon vorher praes.
13. Mai 1662.
-) Die Antwort (Coucept Jenas) vom 2. (12.) Juni ist abgedruckt bei Orlich III
S. 165.
Königsberger Protestschrift. Rechte der Oberräthe. Städte. 145
7Aigeschicket und bin ich daraus gewahr worden, dass sie zwar eins
und ander von meinen Erinnerungen in Acht genommen und verändert,
habe aber dennoch gar viel befunden, so E. Ch. D. nicht gefallen würde.
Daher ich dann mit Sr. Fürstl. Gn., nachdem ich vorhero aus der Sach
mit Deroselben geredet, gestern in die Oberrathstube gegangen und die
Oberräthe desjenigen, so ich ihnen zum Oefteren vorgestellet, erinnert:
dass zwar E. Ch. D. ihnen allen gebührenden Respect in diesem Lande
lassen und verschaffen würden, aber E. Ch. D. könnten nicht leiden,
würdens auch nimmer eingehen, dass sie sich solcher Prädikaten und
Gerechtigkeiten anmaasseten und zueigneten, die Dero landesfürstlichen
Hoheit derogierten. Sie, die Oberräthe, sollten auch nicht dafür halten,
dass sie alsdann ihre Autorität stabilieret hätten, wann sie sich auf das
alte Herkommen oder diese und jene Schrift berufen und solches ihnea
invito principe arrogieren wollten, sondern sie würden alsdann glückseelig
und geehret sein, wann E. Ch. D. ein vollnkommenes gnädigstes Ver-
trauen zu ihnen tragen und sie sich darvon vergnügen würden, wie
E. Ch. D. sie hiernächst qualificierteu. Sie haben mir darauf geantwortet,
wann die Sach bei ihnen stände, dass E. Ch. D. gnädigstem Willen sie
sich herzlich gern hierunter conformieren wollten, allein sie bezeugten
mit Gott, dass die Stände auf keinem Punkte härter bestünden, als dass
die alte Verfassung wegen der Oberräthe in ihrem vigore verbleiben sollte,
baten dabei, ich möchte ihnen speciatim zeigen, welches ich anstössig
zu sein vermeinte. Solches hab ich gethan und gewiesen, was E. Ch. D.
nicht erdulden und noch sonst hineingesetzt haben wollten. In Sonder-
heit betheuerte ich ihnen sehr hoch, dass E. Ch. D. sich nimmer und in
alle Ewigkeit der Macht, einen Statthalter zu setzen, sich [sie] begeben
würden. Sie begehrten darauf Dilation unter einander davon zu delibe-
rieren und bin ich das Mal darauf von ihnen gangen.
In den Städten, gnädigster Kurfürst und Herr, wird auf den Rath-
häusern gar fleissig gearbeitet und wollen Etliche gute Hoffnung geben,
dass sie eine erkleckliche Summ willigen werden. Es wird auch gesaget,
dass sie unter sich dissentieren, ein Theil beliebet eine gewisse Summe
einzuwilligen, das ander Theil findet gut die Accise zu continuieren.
Mater, z. Gesch. d. G. KurfÜTsten. XVI. 10
146 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Die Stände an Johann Casimir^). Dat. Königsberg 12. Juni
1662.
Copie. R. 6. RR. 3.
[Ihr früheres Zögern. Ihre Zustimmung zur Uebertragung des directum dominium
auf das königliche Diplom hin. Ihre Entrüstung über die Zweifel an der Festigkeit
der Verträge. Bitte um Sendung eines Kommissars. Gute Wünsche.]
1662. Satis nuuquam depraedicare possumus, quod Sacra R. M. V. Regio plane
' animo adfectiique plusquam paterno eam continuo noa dedignetur adhi-
bere curam atque sollicitudinem, quo jurium privilegiorumque nostrorum
securitati omnino consulatur, novorum pactorum Velaviensium tenore
nihil derogetur, quin potius pro communi et rerum et animorum tran-
quillitate pondus novum roburque superaddatur. Excrevit quidem con-
ventus hicce provincialis praeter intentionem nostram et tot rationura
difficultatumque concursu hinc inde saepe distractus adhuc nunc exitu la-
borat suo, ita ut exinde ad priores Sacrae R. M. V. litteras humillimum
submittere responsum huc usque integrum non habuerimus. Sed quando
S. R. M. Vestra vel tantillum secura volvi ac revolvi patietur, qua ratione
dictis pactis et publicae et privatae salutis nostrae et nunc et olim ver-
tatur ac sita sit tota conditio, nihil mirabitur sane, quod alter vel alter
rerum forte non satis edoctus animo huc usque quasi haeserit suspensus,
immo aequissiraum pronunciabit, quod ordines paritor omnes et singuli
pro majori pactorum et status lirraitudine patriae jura a majoribus pacta
ac concredita anhelo studio et condebita fide tutari in causisquo statum
Prussiae concernentibus ordinum consensum praetereundum non esse, ea
qua fas fuit, subjectionis devotissimae observantia non tantum ex anti-
quorum inter Serenissimos gloriosissimae memoriae Reges D. Vladislaum
Jagellonem, Casimirum, Sigismundum et ordinis Teutonici magistros
toties iteratorum pactorum tabulis, sed et ex ipsa Privilegii Casimiriani
mente ac ore deducere sedulo incubuorint. Moram hinc inde omnem,
consiliorum quam tanta gravitas ineluctabili necessitate expressit, S. R.
M. V. et quisque rerum nostrarum non ignarus non censebit, nisi excu-
satissimam fauteque concedet, cum consilia mora valescant, cum cuucta
nisi nihil properantibus clara evadant atque certa, quod et conventus
huius tractatus, antequam maturescere potuerit, justum temporis tractum
') Antwort auf den Brief des Königs vom 12. April 1662 (s. o. S. 90f.). Vorbe-
reitet durch den Entwurf der Landräthe und des Herrenstandes (pr. 10. März 1662).
Die Stände an den König: Zustiiumung zum Weh]auer Vertrag. 147
suo quoque jure sibi exposcere atque vindicare debuerit. Eo ipso autem,
quo pactorum Velaviensium ex diplomate, ex binis regni constitutioni-
bus et totidem Sacrae R. M. V. ad nos exaratis llteris inclaruit validitas,
eo, quo Sacrae R. M. V. regnique Poloniae incluti nee non Serenissimae C.
El. augustissimo nomine, ordinum privilegiis per ea pacta nihil derogatum
iri, sed omuia sarta, tectaque esse et fore, manifeste inuotuit, supremo
et directo in Serenissimam S. Cels. El. transcripto dominio taudem assen-
tiri ordines omnes (non habita ratione dissensus Cniphoviensium et
Löbnicensium, una cum communitate Regiomontana Scabinorum, qui in
publicis regni comitiis etiamuum desuper audiri cupiunt) salvis privilegiis
suis eaque conditione, ut privilegiorum assecuratio, cum gravaminum
abolitione quam primum extradatur, nequicquam morati sunt, quin et
nihil, nisi quod de justissimo et optimo principe unquam desiderari potest,
sibi ubique persuasissimam habentes, assecurationem illam, gravaminum
non leviter prementium abolitione omnigena conjunctam ocissime jam ex-
pectent, quam spem iufallibilera eo magis assertam confirmatamque gestant,
dum Sacra R. M. V, nuperrimis ad Dominos Consiliarios supremos re-
gentes ordiuesque insimul ducatus huius omnes literis Varsaviae die
12. aprilis currenti anno et generali Regni Poloniae Conventu proxime
elapso datis majorique regni sigillo insignitis nitro citroque declarare ac
manifestare voluerit, quod ordinum consensus Velaviensibus pactis non
nisi temporis ratione (qua saepius pro populi salute alia atque alia cum
pietate quadam excluduntur) exclusus fuerit, quod Ser. Celsitudinis El.
supremo et directo dominio ea plane regiminis forma, quae juribus liber-
tatibusque ordinum conveniens, data sit, quod in caducitatis vel devo-
lutionis casu jura, libertates et privilegia omnia non nisi ubique sint per-
mansura salva atque integra, quodque ea pacta sine gravi scelere regiaeque
dignitatis ac fidei publica insigni injuria mutari violarique non possint.
Hinc cum tanta magis magisque pateant et edantur, Sacrae R. M. V. insimul
et Serenissimae S. C. El. supremae benignitatis, nee non firmissimi foe-
deris evidentissima documenta, Sacra R. M. V. pro ea, qua praepollet,
prudeutia facile coniiciet, qua iniuria malevolorum livor nobiscum sugil-
lare adausus sit, quod alter vel alter maleferiatus ad concitandam plebem
dissidia serere, de pactorum certitudine dubitando rei publicae tranquilli-
tatem interturbare gestiat adeoque sibimet ipsi eam invidere non eru-
bescat, quin et legem publicam laedere volle praesumat. Satis profecto
quisque nostrum novit, quid de pactis vel foederibus sacrosancte initis,
iterum atque iterum roboratis, regnique constitutionibus invisceratis sen-
10*
148 I^- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
tiendum quidve regiae curae totiesque repetitae admonitioui (cuius non
possumus non per omnia esse memores et observantissimi) iure dan-
dum sit.
Et quandoquidem tarn arduo negotio ultima tandem sit imponenda
manus, pro Regio sane munere et adfectu nunc aget Sacra R. M. V. idque
ordines suo officio flagitant ac jure, et quidem pro ipsa saepius citatorum
pactorum ratione et robore, ut commissarii comitiati autoritate constituti
huc quantocius se conferaut, qui ordines priorum juramentorum nexu in
publico conventu exsolvant, regiam totiusque reipublicae regni sigillo
munitam assecurationem, ita nimirum, ut tarn stantibus pactis Velavien-
sibus securitati huius ducatus quoquoversus caveatur et ad normam re-
versalium de ao. 1436, ut et renovationis perpetuae pacis ao. 1529 cle-
mentissime perspiciatur, quam devolutionis casu, quod ordines Omnibus et
singulis iuribus, immunitatibus suis in offenso ubicunque constitutionum et
privilegiorum tarn Teutonico ordine, Sereninissimis regibus et regno Polo-
niae, quam celsissima domo Brandebuvgica obtentorum vigore tuto libereque
gaudere debeant, nee non, quod secundum iura antiqua et assecurationem
regiam ao. 1612 datam ordinum consensus in causis Prutenicis posthac
quocunque sit obtentum nequaquam excludi queat ante omnia in solenni
forma insinuent, ordines tum Serenissimae S. Celsitudini El. novo jura-
mento et quidem ex privilegiorum nostrorum praescripto obligari atque
religiöse obstringi faciant et, quidquid ad actum tam solennem tamque
augustum spectare potest, ac rite una opera absolvant. Erit hoc jurium
nostrorum indemnitate et omnium ordinum auxia exspectatione indignissi-
mum. Erit devotioni, qua pro Serenissimae S. C. ejusque domus Electoralis
subjectione et maiorum exemplo et proprio officii humillime debito omnes
et singuli sumus perpensissimi, convenientissimum. Et calidissimis suspiriis
supremum numen continuis precibus implorare et exorare non defatigabi-
mus, cum Sacrae R. M. V. et regum gloriosissimae memoriae praedecessorum
regnique Poloniae in ducatus huius ordines cum innumero numero colla-
torum beneficiorum magnitudinem demereri et indignis encomiis efferre vel
tantillum saltem grati animi tessera adumbrare, nee nostra nee totius suffi-
ciat aetas posteritatis, ut Sacra R. M. V. cum incluto regno Poloniae tem-
porum rerumque regni praesenti difficillimo statu faciles, felicissimosque
sortiat successus augustissimisque rebus ubique gestis perpetuae homi-
num recordationi supersit, prosit et pro ea, quae cum Serenissima domo
Brandenburgica saeculum ultra intercessit et arctissime coaluit, amicitiae
necessitudine toties memorata pacta Velaviensia temporis longaevitate et
Bitte um einen polnischen Kommissar. Erklärung der Städte. 149
rerum vetustatc ipsa seraper nova numquam immoriturae firmitatis ca-
piant mutua stuclia atque iDcrementa.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg- 12. Juni 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Verhandlung mit Königsberg der Accise wegen. Die Oberräthe. Feste Haltung der
Oberstände. Accise.]
Nachdem am vergangen Freitag die Post schon zugeschlossen ge- 1GG2.
wesen, haben S. Fiirstl. Gnd. die drei Bürgermeistore aus den hiesigen
Städten zu sich auf dero Gemach erfordern lassen, da ich dann denen-
selbeu fürstellen müssen, was grosse Ungelegenheit der Stadt daraus ent-
stehen, und wie viel sie auch 7ai verantworten haben würden, wenn sie
die Bürgerschaft nicht auf andere Wege brächten, sich, wie die kleine
Städte auch nunmehr gethan, zui* Accise willig verstünden und die
Bürgerschaft von der verspürten Opposition abmahneten, da dann nichts
vergessen worden, was bei dieser Sach ihnen immer zu Gemüth geführet
werden kann. Allein sie repetirten ihr Voriges; die Accise wäre eine
Ruin der Stadt und würde dadurch dieselbe vollends desoliret werden.
In dem wir also mit ihnen redeten, schickten die Herren Oberräthe zu
uns, mit Vermelden, dass die Bürgerschaft sich bei der Oberrathstube
angegeben, worauf ich mit Sr. Fürst). Gnd. hereinging, und hat darauf
die Bürgerschaft durch eine lang studirte und auswendig gelernete Ora-
tion') den Verweis, so sie heut acht Tage bekommen, ziemlich scharf
wieder von sich zurückgegeben und insonderheit diese drei Stücke, dass
man von Rebellion, Lust zum Blutvergiessen und pflichtvergessenen Scri-
benten geredet, sehr exaggeriret, und dass es ungewöhnlich wäre, ihnen
als getreuen Unterthanen solche Dinge zu sagen, welches in der Ober-
rathstube nie erhöret sei; zogen dabei an, dass die edle Bürgerschaft
(wie die formalia waren) nunmehr die letzte Ader ihres Vermögens wollte
springen lassen und E. Ch. D. in den drei Jahren 200000 fl. Polnisch
entrichten, mit Bitte, nicht weiter in sie zu dringen, und von der Accise
abzustehen ').
') Der Städte Königsberg Erklärung pr. 12. Juni 1662.
-) Ein anderes Anerbieten hatten die kleineu Städte wenige Tage vorher gemacht.
Nach dem Bericht Radzivills und der Oberräthe vom 9. Juni forderten sie für den
Fall der Willigung in die Accise; Befreiung von aller Einquartierung jetzt und für
J50 II- Dß'' grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Als sie nun einen Abtritt genommen und die zwei zugegen ge-
wesene Oberrätlie, Herr Landhofmeister und Herr Oberburggraf (denn
der Herr Kanzler und Herr Obermarschall sein eben nach dem Ambte
Tilsit, den Wasserschaden zu besehen, verreiset) dafür gehalten, dass
dasjenige, so sie der Oberrathstube zum Lob zu sagen vermeinet, zu
ihrer, der Oberräthe, grossen Beschuldigung, als wenn sie ihnen nicht
eben so wohl hiebevoru ihren L^nfug verwiesen, bei E. Ch. D. gereichen
könnte; wurd gut gefunden, diesen Punct bis zu der andern beedeu
Wiederkunft, weil sie es Alle anginge, zu praeteriren und in dessen nur
ihnen wegen der Offerte Resolution zu geben. Darauf der Herr Ober-
burggraf, wie sie wieder hereinkamen, ihnen andeutete, weil das Meiste
der gethanen Rede die sämmtliche Oberräthe afficirte, so wollten sie
selben Punct, bis sie wieder beisammen sein würden, aussetzen, was
aber die Offerte beträfe, hätten sie, wohl wünschen mögen, dass sich
die Bürgerschaft dergestalt möchte erboten haben, dass E. Ch. D. sie es
hätten hinterbringen dürfen. Dieses Erbieten aber wäre in Vergleichung
dessen, was das übrige verdorbne Theil des Landes thäte, für eine solche
wohl couservirte Stadt so schlecht und gering, E. Ch. D. auch despectir-
lich, dass sie sich nicht unterstehen dürften, an E. Ch. D. es unterthänigst
zu referiren: dannenhero ihnen nochmaln angedeutet sein sollte, sich nach
Inhalt der Complanation der Accise zu submittiren und darin keine Hinde-
rung zu thun, im Widrigen würden sie ihnen selbst nur Ungelegen heit
übern Hals ziehen. — Gleich wie nun, gnädigster Kurfürst und Herr,
das Meiste, so von ihnen fürgebracht, auf die Rede, so ich am ober-
wähnten Montage gegen sie geführet, gerichtet gewesen, also habe ich
Gelegenheit ergriffen, dasjenige, w^as ich damaln gesagt, nochmaln zu
bestärken, E. Ch. D. Gerechtsamkeiten ihnen recht deutlich für Augen
zu stellen und, was sie dagegen angezogen, also zu widerlegen, dass sie
für diesmal nichts darauf repliciret. Weil sie aber in ihrer Antwort
angezogen, man hätte sie für Rebellen gescholten, so hab ich ihnen
wieder gesagt, dass Niemand en particulier sei für einen Rebellen ge-
scholten worden; aber dieses hätte ich dazumal ihnen angedeutet und
Solches müsste ich auch nochmaln thun, dass, wenn E. Ch. D. Ihr von
alle Zeiten, Ersatz der für die Truppen ausgelegten Zehrungskosten aus den Accise-
gefällen und Anderes mehr. In dem Rescript vom 4. (14.) Juni ward dies Anerbieten,
ebenso wie das der Konigsberger rundweg abgeschlagen. — Zur Beförderung der
Acciseangelegenheit schlägt der Fürst-Statthalter am 6. Juni dem Kurfürsten vor die
Assecuration nunmehr auszugeben.
Oberräthe. Zurückweisung der Städte. Accise. Allgemeines. 151
Gott erlangtes Recht des supremi domiuii von einigen dero Unterthanen
wollte in Zweifel gezogen und angefochten werden, so würden Sie den-
selben für einen Rebellen halten; danneuhero ichs ihnen zur Warnung
gesagt, dass sie mit dergleichen Schriften nicht kommen möchten, darin
sie sich auf fremde, auswärtige Obrigkeit beriefen. Ja, wenn einige aus-
wärtige Potentaten, welches doch von Niemanden geschähe, dies E. Ch. ü.
Recht in Zweifel ziehen sollten, so würdens E. Ch. D. nicht anders als
pro denunciatione belli annehmen; daraus sie leicht schliessen könnten,
ob nicht diejenige Ursach zum Blutvergiessen geben würden, die sich
dergleichen Dinge unterstünden. — Ich kann nun zwar, gnädigster Herr,
nicht eben wissen, ob dieses bei der Bürgerschaft guten oder bösen Effect
haben werde, aber wenn ich E. Ch. D. gnädigste rescripta, was Sie mir
in diesem Punct in Gnaden befehlen, betrachte, so hab ich mich ver-
pflichtet befunden, auf solche Art gegen die Bürgerschaft zu sprechen,
verhoflfend, E. Ch. D. werden es gnädigst aufnehmen, auf welchen Fall
ich nicht unterlassen will, also weiter zu continuiren, und mich an die
nachtheilige, in den Städten darüber wider mich fallende Discurse nicht
kehren.
Als die Städte Königsberg die Schrift, so von uns ihnen zurück
gegeben worden, auch bei den beeden Oberstäuden einreichen wollen,
ist sie ihnen gleichfalls wieder mit einem guten Verweis und Verwar-
nung, E. Ch. D. nicht zu Ungnaden zu bewegen, zugestellet worden. —
Mit der Accise wird inzwischen fortgefahren, und weil die Bürgerschaft
ihr Malz auf ihre Mühlen vor der Stadt bringen lasset, habe mit Sr.
Fürstl. Gnad. schon überlegt, wie Solches könne verwehret, oder auch
daselbst die Accise genommen werden. Welchergestalt die kleinen Städte
sich allbereit zur Accise erkläret, werden E. Ch. D. bei voriger Post
gnädigst vernommen haben; Dieselbe kann ich nochmaln unterthänigst
versichern, dass ich mich, wann es die Städte Königsberg nicht hinderten,
wohl getrauete, nächst göttlicher Hülfe Alles allhie zu dero gnädigstem
Vergnügen zu verrichten, was aber, gnädigster Herr, für remedia, nach-
dem Alles, was bisher angewandt, vergeblich gewesen, darin zu ge-
brauchen, solche kann ich, wie ich wohl bekennen muss, nicht absehen.
Sie haben sich unter andern bei dieser letzten Autwort dieser Worte
ausdrücklich gebrauchet: sie hätten gute Nachricht, wie mau sie bei
E. Ch. D. zu denigriren suche, aber sie hofften, E. Ch. D. würden ins
Land kommen und alsdann sehen, dass ihnen Unrecht geschähe, und
würdens diejenige noch zu verantworten haben, die E. Ch. D. ihre Noth
152 II- E)er grosse Landtag von 1661 bis 1663.
nicht hinterbracht hätten, wie sie sich dann gewisslich in den Städten die
Hoffnung machen, dass E, Ch. D. mit ihnen gar wohl zufrieden, auch
ihnen, wenn Sie hier wären, ihr Theil am Zoll wiedergeben, sie der
Accise befreien und ihnen wieder zur Nahrung verhelfen würden ').
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 13. Juni 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Unterredung mit dem Kanzler über die Competenzen der Oberräthe. Protestschrift
der Königsberger, der Stadtschreiber.]
1662. Als der Herr Kanzler und der Herr Obermarschalk ^) nach Tilsit
■ verreisen wollen, habe ich von dem ersten in seinem Hause Abscheid
genommen und bei solcher Gelegenheit nicht allein all dasjenige wieder-
holet, was ich weinig Tage vorher in der Oberrathstuben wegen des von
ihnen gemachten Aufsatzes mit ihnen sämptlichen geredet, besondern
noch ein Mehreres, insonderheit was seine Person angegangen, hinzuge-
than und dass ihnen das Meiste würde imputieret werden. Er hat darauf
erschreckliche Schwüre gethan, dass er vor seine Person Alles, wie es
E. Ch. D. begehren, einrichten wollte, allein es wäre nicht allein unmüg-
lich bei den Ständen durchzutreiben, besondern es wäre auch E. Ch. D.
höchst schädlich, dass man ihnen die Augen so zeitig öffnete, da doch
E. Ch. I)., wann schon dergleichen Dinge nicht mit Namen genennet
würden. Alles nach Wunsch erlangen und von Niemands gehindert werden
könnten. E. Ch. D. hätten vor Jahren contra legem expressam einen
Statthalter gesetzet und hätten desfalls keine Widerwärtigkeit gehabt,
so könnten sie es alle Zeit machen, nur sollte man doch nicht expresse
sagen, was man thun wollte, denn die Diffidenz bei den Ständen, dass
') Ueber die allgemeine Stimmung berichtet der Fürst -Statthalter am 13. „Man
spüret bei der ganzen |: Landschaft und E. Ch. D. vornehmsten Dienern eine un-
aufhörliche Begierde, sich in dem alten Stand ihrer Freiheit zu conservieren und
zwar nur zur Bestätigung ihrer Privatautorität und ihres eigenen Nutzens, wie es
dann in den Aembtern ganz übel hergehet, weil weder den Justiz- noch
ökonomischen Sachen :| der rechte Nachdruck gegeben wird, sondern
bald Diesem, bald Jenem zulieb die Malversationen verschwiegen und
verborgen bleiben und weiss der Herr Oberpräsident von solchem Allen mehr als
zuvieL
2) Kospoth und Kreytzen (s. Bd. I S. 471 Anm. 1).
p
Kanzler. Protestschrift der Königsberger. Stadtschreiber. 153
man sie umb alle Freiheit bringen wollte und ihr voriger Zustand wäre
noch zu gross und in gar zu frischen Angedenken. Ich habe ihm nun
hierauf, gnädigster Herr, soviel zugeredet, dass ich mich versichert halte,
wann es E. Ch. D. augehöret, Sie würden damit zufrieden gewesen sein.
Er hat auch wohl versprochen, sein Bestes zu thun, damit meine Er-
innerungen in Acht genommen würden, allein ob die Stände dazu zu
bringen, würde man erfahren, vermahnte mich hoch und bei meinen
Pflichten, ich möchte E. Ch. D. unterthäuigst schreiben, wie übel es ge-
than wäre, wenn man sich mit den Worten aufhielte, da doch E. Ch. D.
die Sache selbst nach Wunsch hätten und künftig so wohl in Religion-,
als profan Sachen Alles pro lubitu würden thun können.
Weil ich auch vernehme, gnädigster Herr, dass hie in der Stadt
eine Schrift aufgesetzet werde, in der sie behaupten wollen, dass so
lange sie E. Ch. D. noch nicht vor ihren Oberherren erkannt und in die
Souveraiuite consentiret, könnten sie sich gar wohl auf den König von
Polen berufen und könnten desfalls mit Nichten einiger Rebellion be-
schuldiget werden, so bitte ich unterthänigst E. Ch. D. wollten gnädigst
befehlen, wie man sich auf solchen Fall verhalten soll. Ich werde in-
mittelst beim Rathe arbeiten, dass solche Schrift zurücke bleibe, denn
derselbe siehet es ohne das uugerne. Wie sich der Stadtschreiber, der
sonst eine scharfe Feder gebrauchet, aber jetzt ein weinig intimidieret
worden, hievon entschuldigen wolle, hat die Bürgerschaft mit grossem
Ungestümb ihn gezwungen dieselbe Schrift, so er schon abgefasset und
ihnen zu gelinde gewesen, wieder zurück zu nehmen und eine andere
aufzusetzen.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 15. Juni 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Königsberger Protestschrift, das Verlangen nach dem Erscheinen eines polnischen
Kommissars.]
Die Städte Königsberg haben die Schrift^), deren ich neulich er- 1662.
wähnt, zwar eingegeben, allein die Bürgerschaft ^) hat nicht erhalten kön-
1) Pr. 12. Juni 1662 (s. o. S. 149 Anm. 1).
^) Schon am 8. (18.) Juni ergieng an den Fürsten -Statthalter die Weisung, die
Bürgerschaft dieser Schrift wegen vor sich zu laden, ihnen ihr Unrecht vorzuhalten
und gänzliche Unterdrückung der Schrift zu fordern. Sollte das nicht verfangen, so
habe er die Schrift confiscieren, durch den Gewaltiger verbrennen, die Rädelsführer
und Autoren zur Haft bringen zu lassen. (Concept gezeichnet von AI. de Dona.)
154 n. Der grosse Landtag von Kißl bis 1663.
neu, dass die schroffe Verantwortung herein gekommen, sondern ist die-
selbe vom Rath ganz und gar ausgelassen und nur der Offerte von den
200000 fl. poln. gedacht und der Accise widersprochen worden. Es wird
aber dennoch damit fortgefahren ^). Die Stände insgesambt haben auch
ein Concept eines Schreibens an den König übergeben. Weil es aber
noch einige Dinge in sich begreifet, welche E. Ch. D. nicht nachgeben
können, so wollen wir ihnen Solches, ehe es noch E. Ch. D. überschicket
wird, vorhalten, als dass sie bitten der König soll bei diesem Landtage
Kommissarien schicken, der sie ihrer Pflichte erlasse [Sic]. Die Städte
dringen so heftig auf dieses Schreiben, sonsten sollte es wohl gar dabei
bleiben. Im Uebrigen erwarte ich E. Ch. D. gnädigste Resolution auf
meinen unterthäuigsten unvorgreiflichen Vorschlag, wie aus dieser Sache
zu kommen und kann noch kein ander Mittel absehen, wie E. Ch. D. zu
Dero Zweck gelangen mögen. Gott weiss es allein, dass ich nichts An-
deres denn E. Ch. D. Bestes und Befestigung Dero Staats suche, welchen
ich fleissig anrufe, dass Er E. Ch. I). heilsame consilia verleihen und in
seinen allmächtigen Schutz nehmen wolle"').
') Am selben Tag wurde ein Geeinigtes Bedenken der Landschaft übergeben, in
dein sie sich erbot, die Rückstände einer besonderen und ausserordentlichen Bewilli-
gung, die man schon im Jahre 105(5 im Betrage von '20000 Thalern der Kiufürstin
dargebracht hatte, trotz der Noth der Zeiten neuerdings aufzubringen. Der Kurfürst
wurde gebeten, zunächst der Rentkammer einen Bericht über die Höhe dieser Rückstände
aufzutragen. In die Aemter aber möge ein Ausschreiben über die neue Auflage er-
gehen, die im Betrage von 15 Groschen von der Hube und vom Hundert gewilligt
worden war. Schon zuvor hatten die Stände die Kurfürstin von diesem ihrem Vor-
haben unterrichtet, worauf von dieser ein huldreiches Antwortschreiben ergangen war.
(Die Stände an die Kurfürstin Luise 11. Mai, diese an die Stände 28. Mai, Geeinigtes
Bedenken praes. 15. Juni 1662.) Vergl. über diese Angelegenheit auch Bd. I S. 386
Anm. 1.
-') Zwei Tage zuvor war ein anderweites Geeinigtes Bedenken über die Kirchen-
visitation übergeben worden, über das später im Zusammenhang mit der Entscheidung
des Kurfürsten berichtet werden soll (pr. 13. Juni 1G62).
Städtische Schrift. Schreiben der Staude uud der Bürger an den König. 155
Die beiden Gerichte der Städte Kneii^hof und Löbeniclit und
die ganze Bürgerscluift der drei Städte Königsberg an den
König von Polen. Dat. Königsberg 17. Juni 1662.
Spätere Copie. Kon. 668 IL und 680.
[Ihre Entrüstung über die Zustimmung der Räthe und der Altstüdtischen SchofiFen.
Zur Souveränität. Klage, dass ihr Protest nicht iu das Antwortschreiben der Stände
aufgenommen wurde. Bitte um Iliife. Rechtsgründe für die Nullität der Uebertragung
des supremum dominium. Ihre Absicht, sich überhaupt nicht von Polen zu trennen.
Bitte um Hilfe.]
Serenissime ac potentissime Rex domine, domiue longe clementissitne! 1662.
Dici vix polest, qiianto animi moerore, duo Scabinorum collegia civitatis, ■'^^^^•
scilicet Cniphofieusis et Löbnicensis, una cum universa communitate trium
civitatum Regiomoutanarum intellexeriut, quod spectabiles consulatus
trium civitatum, juxta Scabinatum Veteroppidanum (qui tarnen omues
antea, sicut cordatos et tidcles civitatis patres decet, iu iioc tarn arduo
mutationis et translocatiouis directi supremique dominii negotio com-
munitatem iofallibilibus et evincibilibus, ex legibus nostris fundamenta-
libus et ducatus huius juribus depromptis argumeutis de jure suo fide-
liter informaveruüt animosque illis feceruut, imo cum iisdem in avita
et patria libcrtate una et vivere et mori toties promiserunt), praedicta
duo collegia totamque communitatem plane deseruerint seque duobus
coeteris ordinibus dorainorum scilicet cousiliariorum provincialium et no-
bilium in praedicta mutationis et translationis directi dominii causa ad-
junxerint. Et quamvis supra memorati spectabiles consulatus in eodem
scripto, quo illis coeteris praefatis duobus ordinibus adstipulantur, iisdem
statim ab initio expressis vcrbis exprobreut, quod praeter omnera spem
et opinionem nulla urgente causa et necessitate a suis prioribus funda-
mentis et deductionibus juris iudeque concepta sententia justa et opi-
nione decesserint et serenissimum electorem pro directo et supremo do-
mino agnoverint, nihilo minus tamen postea quasi exprobrationis factae
immemores eundem cum illis errant errorem et coeteris duobus ordinibus
sese associando secessum plane inexcusabilem faciunt a tota communitate,
a cuius partibus quam maxime stare debuissent, praetendentes ad inter-
positam a duobus praefatis Scabinorum collegiis totaque communitate
de jure pluralitatis et justitia causae suae protestationem, se nihil mo-
veri votorum pluralitate, dum vota non numeranda, sed ponderanda siut.
Atque ita hi XL vel L numero homines jura suffragiorum tarn amplissi-
156 II- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
mae et potentissimae civitatis regiomontanae contra omne jus et fas con-
traque oranem veterem consuetudinem sibi unis vindicarunt, coeteris
excliisis, in hoc tarnen (pro quo etiam beneficio Deo immortales habe-
mus gratias, quod spiritus sui sancti gratia spectabiles consulatus eo
deducere voluerit,) sese ex parte civium partronos exlübueruut, quod
illorum protestationem et contradictionem de verbo ad verbum (quasi
vero)') omnium ordinum scripto, in quo Serenitatem Electoralem pro
sumrao et directo domino agnoscunt, inseri fecerint et ita Serenitatis
Suae Electoralis Dominis plenipotentiariis insinuari curaverint. Et quam-
quam certum sit ex eiusmodi dissensionibus (et secessionibus) nihil aliud
quam perniciosissimam dissidentiani et omnium rerum confusionem oriri
necessura esse, tarnen hoc conqueri saltem nobis licet, mutare vero non
est integrum. Licet enim nostra ex parte omnis opera atque diligentia
fuerit adhibita, quae concordiam bonamque confidentiam reducere potuisset,
licet, inquam, spectabiles consulatus toties a praedictis Scabinorum col-
legiis totaque communitate officiose multisque precibus fuerint requisiti
/Ec rogati, ut sententiam mutarent, nostrisque partibus adhaererent, sum-
mumque libertatis nostrae negotium in foro regio conjunctis viribus
tuerentur atque defenderent, frustra tarnen id omne fuit, imo tantum
abfuit, ut officiosis et justissimis nostris persuasionibus contemtis per
omnia in contrarium irent, Uti enim plerumque fieri solet, ut dato uno
inconvenienti sequantur plura, ita hie factum esse re ipsa experti sumus;
nam cum de conjuncta omnium ordinum responsione ad Sacrae R. M.
Vestrae literas sub dato Varsoviae 12. Aprilis anni currentis in conventu
nostro ageretur, rogavimus spectabiles consulatus, ut expresse in iisdem
literis responsoriis nostrae contradictionis atque protestantionis in puncto
translationis supremi dominii factae mentionem facerent, quod tamen
facere illi detrectarunt dicendo, ut ipsimet hac in re, ut nobis visum
fuerit, nobis prospiceremus. Quoniam igitur hac ratione, omni alia ope
destituti tamquam oves errantes in deviis sine pastore in praecipitiumque
acti sumus, factum inde est, ut per inevitabilem necessitatem coacti
(turpissimam siquidem servitutem et religionis innovationem semper prae
oculis habentes) ad ipsam S. V. Majestatem totamque rem publicam
Poloniae, qua par est, humillima atque devotissima subjectione respon-
sorias nostras separatim mitteremus et ita ipsimet custodes legum et
privilegiorum fieremus, nihil dubitantes quin S. R. V. Majestas eas pro
^) Auch im Text in Klammern.
Die Bürger gegen die Räthe und gegen die Aneriiennung der Souveränität. 157
consueta Sua regali dementia non modo benigne admissura, sed nos quo-
que justiösimis nostris desideriis cleraentissime exauditura nee unqnam
ejusmodi periculosissimam et perniciosissimam patriae nostrae alienatio-
nem contra expressam nostram voluntatem contraque omne meritum sit
admissura. Et quidera ipsas literas S. R. M. Vestrae bis sub dato Var-
saviae 12. Aprilis currentis anni quod attinet, certe aliter fieri non po-
tuit, quam ut inter legen dum magna nobis suboriretur laetitia conside-
rando, quod S. R. M. Vestra nos semper suos sincere et fideliter dilectos
appellat neque aliter quam suos subditos clementissime tractet atque
habeat, quales etiam semper profecto fuimus, adhuc sumus et, quoniam
nulla nostra culpa praeterita dissidia inter Sacram R. V. M. et Electo-
rem Serenissimum fuerunt exorta, nos quoque in aeternum titulo et fi-
delium subditorum regiomm honore nostra sponte privari non patiemur.
Argumenta vero in literis regiis contenta nunc quoque debitatamen hu-
millima et subjectissima reverentia paucis eodem ordine, quo ab ipsa
Sacra R. V. M, posita sunt, nudi [?] quamvis Minerva, a patribus deserti
deliberabimus.
Quod igitur I. dicitur turbatam rempublicam Poloniae non alia effi-
caciori ratione quam initis cum Sereniss. Electore Brandeuburgico novis
foederibus ad pacatum reduci statum potuisse, ad id devotissima subjectione
respoudemus, minime contra naturam esse, ut quilibet sibi prae aliis
bene velit, sed hoc naturalis ratio et aequitas non admittit; cum sit
alterius injuria et damno, suum commodum promovere quam naturalem
aequitatem, in simili fere casu notissima historia jam olim Francisci I.
et Caroli V. comprobavit. Unde
IL palam est, concessionem illam seu translationem directi dominii
cum summa et absoluta potestate factam injustam et irritam esse. Pugnat
enim talis concessio expresse cum pactis et privilegiis nostris, uti hoc
videre est ex spontanea deditione sub d. rege Casimiro anno 1454 facta,
ubi haec habentur verba: „promittentes pro nobis, haeredibus et succes-
soribus nostris ac universo regno Poloniae, quod praedictas terras et
dominia omnesque in illis commorantes et imposterum commoraturos
affectione regali prosequemur nee illos aut terras praedictas a corpore
et integritate regni nostri Poloniae alienari, sequestrari, scindi patiemur."
Item paulo post: „omnes causas notabiles, dictas terras concernentes cum
communi consiliariorum spiritualium et secularium nobilium et civitatum
majorum consilio praedictarum terrarum terminabimus, tractabimus et de-
finiemus." Et in responsione reciproca sequentia leguntur: „promittentes
158 II- D^r grosse Landtag von 1661 bis 1663.
(ordines Prussiae) pro nobis, heredibus et successoribus nostris sub fide
honore et onere per nos praestiti juramenti, quod Illustrissimo Principi
obediemus fideliter et constanter, perpetuo et in aevum, juribus nostris
semper salvis, nee ullo tempore nos a Corona Poloniae, cuius sumus
corpus individuum, scindi, sequestrari aut alienari permittemus aut con-
sentiemus." Quoniam autem, uti ex allegatis juribus constat, ipsa con-
cessio seu translatio directi dominii Injusta et nulla est, merito etiam
omnia ea, quae translationis gratia facta sunt, irrita et invalida erunt
juxta communem juris regulam: accessorium sequitur suum principale,
item: jura quae non licet facere, neque fieri posse credendum est.
III. Ex quo fundamento porro ad ea, quae a Sacra R. V. Mte. de
relaxatione juramenti,
IV. de facta translati directi dominii intimatione adducuntur, solide
respondere licet, scilicet omnia ea tum demum de jure vim aliquam et
robur habitura fuisse, si ipsa translatio jure et illorum omnium, quorum
interest, consensu facta fuisset.
VI. Ex praedictis igitur facile patet, quam immerito et indigno
nomine illi, qui nihil aliud quam jus suum legitime prosequuntur, homines
irrequieti pacisque osores vocentur, praesertim cum omnium populorum
jure is, qui jure suo utitur, neraini injuriam facere dicatur, neque
VII. dum hoc agunt, sibi ipsi totique reipublicae tranquillitatem
invident, nisi quis forte falso servitutem pacem vocare vclit. Nam pro-
fecto nimis caro ea quies constat, quae cum jactura libertatis certissi-
moque periculo religionis rcdimi debet, et liberae et generosae mentes
tanti poenitere non emunt. Tantum etiam
VIII. abest, defectum consensus ordinum Prussiae ceu inanem tan-
tum praetextum pactorum iufirmandorum gratia a nobis allegari, ut
potius pro summo piaculo haberemus sine justissima et praegnanti causa
hac ratione summo nostro post Deum Domino ac Regi vcl in minimo,
nedum in hoc tam magni momenti negotio contradicere aut displicere.
Aliud sane supra allegata jura testantur, scilicet defectum consensus non
praetextum, sed verissimam atque gravissimam nostri dissensus causam
esse, adeo ut cum hoc unico jure suffragii seu consensu tota basis om-
nium nostrorum jurium ac privilegiorum stet vel cadat.
IX. Nee est, quod Sacra V. R. M. de lluxa fide regia ac publica tan-
topere sit sollicita atque anxia, neque enim fluxae fidei esse quis dici po-
test, qui impossibilia non praestat, quia ad impossibilia nemo obligatur;
quae vero contra legis et jura sunt, pro impossibilibus habentur, adeo
Rechtsgründe für die Hinfälligkeit der Souveränität. 159
iit uec ipsa juramenta vincula iniqnitatis esse debeant. Pejus ergo ser-
vatur, quod male et in angustiis quidem est promissuin. Et quamvis
X. simplicitas nostra objiciatur nobis, quod adeo ignari simus, ut
quantam vim temporis ratio habeat, ignoremus, aequo tarnen anirao hanc
objectionem non solum ferimus, sed optamus quoque ut coeteri hanc
pernitiosam prudentiam dediscant. Quia vero justitia illam etiam nobis-
cum ignorat, neque umquam eam vini temporis esse permittit, ut id,
quod alterius est, sine facto suo contra jus et fas auferri possit, tum
etiam leges et privilegia nostra non modo pacis sed et maxime belli
tempora respiciunt, quia talibus temporibus potissimura populorum libertas
periculo solet esse exposita. Sed utinam
XL quod de mera saltem et simplici aliqua solennitate lis esset,
facile sane conveniremus, verum cum consensus noster in rebus Pruteni-
cis essentiale requisitum sit, neque raagis ali([uis actus in negotiis Pru-
tenicis sine omniura ordinum consensu celebratus validus dici potest,
quam aliquis, qui anima caret, homo dicatur, satis liinc ejus necessitas
patet. Hoc vero
Xir. quemadmodum omnes uno ore sponte fatemur populi scilicet
salutem supremam esse legem, ita etiam alterum asserere nulli dubita-
mus, nimirum salutem populi in nulla re magis quam in libertate cou-
sistere, quae etiam hanc ob causam non immerito vita civilis et res
inaestimabilis vocari consuevit, adeo ut in tantum salutem civiliter vivere
intelligamur, in quantum libertate fruimur. Quod etiam
XIII. libertas, religio et omnia privilegia nostra uua cum mutatione
directi dominii etiam mutentur, hoc est, imminuantur, vel potius fun-
ditus tollantur, hoc clare testantur acta publica provincialia moderna
praeprimis vero nova formula regiminis, item nuper extradita abolitio
gravaminum (rectius privilegiorum), item violenta et iniqua complanatio
in puncto contributionis, vulgo Accise, et ejusmodi sexcenta alia, ex qui-
bus Omnibus constat, quam justissimam et gravissimam contradicendi
et conquerendi causam habeamus quod mutatio et translatio dominii
directi supremique dominii sine nostro, ceu quorum tantopere interest,
consensu facta sit, ne quid addamus de diris maledictionibus testamenti
Serenissimi Alberti Marchionis in iunovationem permittentes annexis.
Neque refert,
XIV. quod non in omnino extraneum dominum domininium direc-
tum translatum sit leges namque nostrae simpliciter omnem alienatio-
nem et a corpore regni Poloniae separationem prohibent. Unde etiam
160 li- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
XV. parum ad rem facit clausula salvis scilicet per omnia nostris
privilegia novis pactis adjecta, quia potissima pars pactorum essentialis,
scilicet unanimis omnium ordinum Prussiae consensus deficit, coeterum
ut taceamus quam egregie (si Diis placet) conditio illa sit adimpleta, id
quod saepius allegata acta publica praesentis couveutus provincialis
pluribus evincunt, potissimum vero novum illud regiminis instrumentum,
quod domini plenipotentiarii vi novorum pactorum, uti dicunt, nobis ob-
trudere couantur,
XVI. Cautionem quod attinet iu casum caducitatis ratione jurium
ac privilegiorum nostrorum clementissime permissam exinde quidem ani-
mum 1. r. mtis. vere paternura cum humillima gratiarum actione agnos-
cimus, sed quia fieri potest, ut casus caducitatis plane non vel post C
demum seu plures annos contingat, an iuterea neglectis et posthabitis
Omnibus nostris privilegiis mancipiorum instar nos haberi patiamur? De
quo certo quin fieret, toties allegati novi regiminis instrumentum, aucta
vectigalia in portu Pillaviensi et arce Labiaviensi introductio reformatae
religionis, violenta et iujusta complanatio in puncto contributionis, vulgo
Accise, aliaque multa indicia dubitare amplines nos non sinunt, His ergo
XVII. aliisque summis incommodis atque periculis, si in tempore
legitimo modo obviam eamus, poenam certe aliquam justam incurrere
non possumus, cum id quod lege permittente fit, poenam non mereatur.
Quapropter
XVIII. neutiquam sperare volumus, Sacram R. M, V. pro regali ejus
dementia et justitia hoc nostrum factum, quod scilicet novo juramento
Serenissimo Electori nos obstringere detrectamus, aliter interpretaturam,
multo minus nos ad extremum nostrum interitum et perniciem contra
omne jus et fas ullumque nostrum meritum coacturam, sed potius que-
madmodum etiam subjectissima devotione hoc a Sacra R. M. contendimus,
omne illud, quod ad conservationem privilegiorum, libertatem et redinte-
grationem nostram pertinebit, contra omnes et singulos nostros adver-
sarios defensuram ac tuituram. Tantum igitur
XIX. abest, ut commissarium desideremus, qui in casum devolutionis
nomine Sacrae R. V. M. homagium a nobis recipiat, quam potius vi legum
nostrarum fundamentalium velut fideles subditi sub M. Vestrae regnique
Poloniae imperio et regimine salvis per omnia privilegiis nostris in per-
petuum perdurare et considere peroptamus nee ullo tempore a Corona
Poloniae, cuius sumus pars individua, nostra sponte nos avelli patiemur
ac permittemus. Et licet forte
I
Gegen die Abtrennung von Polen überhaupt! IGl
XX. fiat, ut ob tarn pium fidelitatis propositum, ob tarn siucerum et
constantem erga clementissiinum dominum ac regem regnumque Poloniae
amorem et subjectissimam affectionem, ob tarn laudabile libertatem, re-
ligionem atque privilegia tuendi Studium adversa quaeque et nobis dura
ab advcrsariis nostris obveniant, parati tam sumus omnia geueroso mas-
culo potius tolerare animo, quam quicquam turpiter contra pietatis ac
honestatis committere officium. Si enim
XXI. res ad eum, quem nova pacta (juxta dominorum pienipoten-
tiariorum in novo instrumento regimiuis coutentam interpretationem) re-
quirunt, statum deducenda esset, actum certe nobiscum esset cumque tota
nostra übertäte religione omnibusque nostris privilegiis et juribus, quare
ut extrema liaecce mala praecaveantur ingensque illa calamitas atque
miseria a nobis posterisque nostris avertatur in tempore ad Sacram R.
M. V. regnumque magna fiducia confugimus eamque tamquam clemen-
tissimum et a natura ipsa ad bonitatem justitiam mansuetudinemque
inclinatum regem et dominum nostrum per Dei misericordiam et sanc-
tissimam justitiam liumillime rogamus obtestamurque, quod videlicet nos
ceu fideles ejus subditos in nostris privilegiis atque juribus clementissime
conservare, redintegrare atque tueri dignetur neque amplius nos adeo in-
digne et miseris modis excruciari ipsique libero baroni de Schwerin tam
barbare se tractare non permittat. Utpote qui nuper contra spectabiles
dominos nostros consules et nonuUos vires consulares civitatis Regiomon-
tanae furibundo plane animo haec verba evomere non erubuit, se nimirum
omnes eos, qui ad Sacram R. V. M. suum refugium haberent, pro perfidis,
perjuris, rebellibus et seditiosis liominibus, quique innocentem sanguinem
profundendi occasionem quaererent habere; imo Serenissimum Electorem
Brandeuburgicum, dominum suum clementissimum, perinde curare regem
Poloniae ac Turcarum imperatorem esseque nunc absolutissimum dominum
ac potentissimum, qui non ultra se tam indigne a subditis suis habere pa-
tietur, seque in mandatis habere durius adhuc nobiscum procedenti, si con-
tumaces esse perseveraremus. 0 impia et crudelissima verba! prolata con-
tra unctum Domini suumque benefactorem clementissimum regem, contra
fidelissimum populum, qui in omnibus periculis et necessitatibus postha-
bitis omnibusque suis bonis atque fortunis adeo constanter in fide ac obse-
quio, erga Serenissimum Electorem perduravit, ut nunc praeter miseram
et egentem vitam nihil habeat reliquum. Itane ergo cum illo agere con-
venit? profecto hac ratione non liberi ingenuique homines ac nobiles sed
pessimae conditionis mancipia dediticiique servi tractari solent, cum tarnen,
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfiirsteu. XVI. W
162 II- Dei" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
quantum uobis constat, directum dominium hac conditione reservata, ut
scilicet Serenissimus Elector consensum nostrum saltem requirat, translatum
sit, neutiquam vero, ut illum vi metuve extorqueat, Serenissimo Electori sit
permissum. Cum itaque ejusmodi extrema hodie apud nos in continuo sint
usu et adhuc quotidie cumuleotur omniaque vi et minis agantur, humil-
lime confidentes S. R. V. Majestatem serio rogamus, ut nos veluti liberos
homines et R. V. Majestatis fideles subditos oculis misericordiae clemen-
tissime intueri extremasque atque immeritas injustissimasque angustias
nostras tanquam clementissimus noster rex dominus supremus et pater
patriae regio cordis affectu perpendere non dedignetur neque subjectissi-
mam nostram obedientiam, amorem, constantiam atque fiduciam rebellio-
nem interpretari, sed potius vice versa in justissimis querelis nostris et
desideriis clementissime exaudire in avita et patria übertäte tueri sub
potenti suo regnique Poloniae patrocinio atque imperio potenter conser-
vare neque alienationem nostri injustam immeritam atque vi extortam,
quae nil nisi meram spirat servitutem, in quam etiam numquam con-
sensimus nee unquam cousentire possumus ulla ratione ac modo per-
mittere velit. Quae urgentia ac regia beneficia nos fideles Sacrae R. M. V.
regnique Poloniae subditi cum oblatione omnium bonorum atque adeo
proprii nostri corporis et sanguinis, etiam ad extremam nostram perse-
cutionem fidelissime atque humillime compensare studebimus. Nulli enim
rei araplius intenti sumus, quam apud Sacram V. R. M. coronamque Po-
loniae obsequiosisima devotione juribus nostris per omnia salvis constanter
atque fideliter usque ad extremum vitae nostrae spiritum perseverare.
Hisce S. R. V. Majestatem divinae protectioni ad coustantem corporis Sa-
nitätern, diuturnum regium Imperium omnisque generis felicitatem, nos
quoque regiae vestrac clemeutissimae tutelae humillime ac subjectissime
commendantes . . .
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 20. Juni 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R, 6. RR. 2,
[Pönalmandat gegen die Königsberger. Vereidigung der Accisebedienten.]
1662. Aus E. Ch. D. gnädigstem Rescript vom 2. Juni habe ich gehorsambst
Juui. ersehen, dass E. Ch. D. meinen gethanen unterthänigsten Vorschlag zum
Theil in Gnaden beliebet und mich nacher Hofe erfodern, werde mich
demnach meiner unterthänigsten Schuldigkeit noch ehestes auf die Reise
Bitte der Bürger um Hilfe. Pönalmandat. Roth jun. 163
begeben, vorher aber noch versuchen, ob ich in einem und andern Punkt
noch bessere Erklärung erhalten könne. Mit der Accise hat es Gott lob
nun in Allem seine Richtigkeit, nur dass die Städte Königsberg noch
nicht daran wollen. Gestern habe ich noch Einen aus der alten Stadt
bei mir gehabt, welcher mir gleichwohl in Vertrauen sagte, der Rath
bemiihete sich noch sehr die Bürgerschaft zu der Accise zu disponieren.
Sie haben ein Pönalmandat bekommen, die Patente in der Stadt zu affi-
gieren, worüber sie anjetzo deliberieren. Gestern haben der Laudvogt
Tetto, Redern, der Oberst Freih. zu Eulenburg, Leschgewang und die
andere Accisebediente ihren Eid in der Oberrathstuben abgeleget. Etz-
liche vermeinen, dass die Städte noch 100000 fl. zu den vorigen 200000 fl.
bieten und Jemands nach Berlin schicken wollen, ruffen je länger je
mehr, E. Ch. D. fragen nicht nach der Accise. Ausser dem ist aber jetzt
wohl kein ander Mittel, weil das Land wüste ist ... .
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 26. Juni 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Die Klage der Königsberger Bürgerschaft in Warschau. Unterredung mit den Bürger-
meistern. Widerspenstigkeit einige Adlicher gegen die Accise.]
Nachdem es verlauten wollen, dass die Städte Königsberg sollten 1662.
nach Warschau geschicket haben, habe ich eine Person, von der ich" ' ^^^'
öfters der Städte secreta erfahren, an einen Ort kommen lassen, allda
ich unvermerket mit ihm reden könnte, der mir dann bald die particu-
laria davon gesaget und dass es die Bürgerschaft vor sich wider den
Willen des Magistratus gethan und des Rothen Sohn, welcher sich sonst
am Hofe zu Warschau aufhält und eine Zeit her allhie bei seinem Vater
gewesen, eine Klagde mitgegeben. Ich habe dieses als fort L Fürstl. Gn.
hinterbracht, der in selbigem Moment eben die Nachricht von dem
Obersten Ilillen erhalten und darauf schlüssig worden, also bald einen
Courier an Herrn Hoverbeck abzufertigen, wie auch ein paar Stunden
hernach geschehen und haben I. F. Gn. vor sich, die Herren Oberräthe
a part und ich auch, ihm alle nothdürftige Information und an die Hand
gegeben, wie er die Sache beeifern sollte. Hierauf haben I, F. Gn.,
weil sie eben dem Kriegesrathe in des Obersten Götzen Sache beiwohnen
müssen, mich zu den Oberräthen geschicket mit ihnen zu überlegen,
was bei der Sache zu thun. Da denn anfänglich gut gefunden worden,
11*
Iß4 II- t)^'' grosse Landtag von 1661 bis 1663.
die drei Bürgermeister heraufzufodern und von ihnen die Beschaffenheit
zu vernehmen. Dieselbige nun haben es also fort zugestanden, dass sie
auch Nachricht davon bekommen und zwar daher, dass die Bürgerschaft
das Rathssiegel begehret. Als sie nun wissen wollen, zu was Ende,
wäre ihnen augezeiget, sie müssten ihre Noth zu Warschau klagen. Der
Magistrat hätte ihnen nicht allein das Siegel verweigert, besondern ihr
Beginnen scharf verwiesen und dieses hart verbotten, hätten auch ge-
hoffet, sie würdens unterlassen haben, nochmalen hätten sie doch erfah-
ren, dass es abgegangen. Die contenta wüssten sie nicht eigentlich, be-
gehrten sich der Sachen nicht theilhaftig zu machen und darumb w^ollten
sie lieber nicht Eines wissen, was in dem Schreiben enthalten. Wir
haben nun mit Fleiss ihnen nicht mehr hievon zureden wollen, damit
wir zuforderst mit I. F. Gn. überlegten, was bei der Sachen zu thun,
so gleich jetzt geschehen soll. Ich fürchte sonst wohl nicht, dass man
sich zu Warschau bei jetziger Beschaffenheit unterstehen werde, sich des
Werkes anzunehmen, hoffe vielmehr dass man sie abweisen und die
Bürgerschaft dadurch zu anderen Gedanken wird gebracht werden. In-
dessen wird doch diese Verwegenheit gebührlich müssen beeifert werden,
dem Rath ward bei dieser Gelegenheit nochmaln wegen der Accise be-
weglich zugeredet und hielt ich Holländern ') vor, wie übel es von ihm
gethan, dass er neulich selbst auf dem Rathhause gesaget, die Accise
wäre ihre Ruin und wann die eingewilliget würde, müsste er zu Fuss
aus der Stadt gehen und dass viel Bürger, welche sich gern ac-
commodieren wollten, sich hierüber sehr scandalisieret hätten. Er ge-
stand Alles ein, und in dem er bald darauf sagte, vor sein particulier
wollte er lieber Accise als vom Vermögen geben, ward ihm gezeiget,
wie er hie anders als aufm Rathhause redete, welches mit einem Roth-
werden beantwortet ward. Sie geben dieses Mal bessere Vertröstung,
als sonsten jemalen geschehen, und haben versprochen bald Resolution
einzubringen. Auch sollen in etzlichen Aemptern einige von Adel sich
unterstehen, wider die Einwilligung der Deputierten sich zu opponieren.
Sobald man aber gewisse Nachricht davon haben wird, soll gute An-
stalt dakegen gemachet werden. Ich schicke diese Woche meine Pferde
voran, damit ich desto geschwinder folgen möge.
^) Königsberger Bürgermeister.
Beschwerdeschrift der Königsberger. Rathlosigkeit Radzivills. 165
Fürst Radzivil 1 au den Kurfürsten. Dat. Königsberg 26. Juni
1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Rathlosigkeit des Fürsten. Bitte um klare Verhaltungsmaassregeln.]
Er weiss nicht, auf welchen Vorgang das Rescript vom 9. Juni sich be- 1662.
zieht , denn dergleichen Dinge sind in der letzten Zeit vielfach vor sich ge- ^^' J^^^^i-
gangen; er erinnert insbesondere an den Vorgang in der Oberrathstube. Er
beklagt, dass auf alle Relationen über diese Vorfälle ihm keine Weisungen zu-
gegangen sind, aus denen deutlich zu ersehen ist, welches Verfahren der Kur-
fürst eingeschlagen wissen will. „So bin ich nicht in geringen Sorgen gewesen,
wie diesem Uebel also zu steuern sein möchte, dass E. Ch. D. ein völliges
Conteuto daran hätten. Und ist diese meine Beküramerniss daher nicht wenig
vermehret worden, dass fast rumor publicus in der Stadt ist, die Städte stünden
schon fest zu Hofe und wüssten gar Avohl, worauf sie allhier sich so hart be-
zeigen dürften. Wie dann noch dieser Tagen einer von den Landräthen zu
mir kommen und mir hinterbracht, dass die Städte sich fest darauf verliessen,
E. Ch. D. würden mit ihnen a part tractieren." Er hat alle Mühe angewendet,
welche „die Wichtigkeit der Sachen und dieser Leute Obstination" erfordert, hat
ihnen ihnen ihren Unfug und des Kurfürsten landesväterliche Zuneigung vor-
gehalten und was Unglück und Gefahr sie ihnen selbst über den Hals ziehen
werden. „Sollte aber, wie ich fast sehr befürchten muss, dieses keinen andern
Success haben, als alles Das, was vorher ihnen zugesprochen worden und dann
vor E. Ch. D. Ankunft noch einige Thätlichkeiten gegen sie bezeuget werden
sollten, so bitte ich E. Ch. D. ganz gehorsambst, sie wollten mir desfalls klär-
liche und genaue Ordre zukommen lassen, wie ich es eigentlich angreifen soll,
in Betrachtung, dass dergleichen Dessein in einer solchen volkreichen Stadt
nicht ohne Gefahr sein und ich gerne bei E. Ch. D. ohne Verantwortung bleiben
und Alles nach Dero gnädigen Willen machen wollte .... Daferne nun
E. Ch. D. bei Dero Resolution verbleiben, dass bei continuierender Widersetz-
lichkeit der Bürgerschaft Einige zu Haft sollen gebracht werden, so bitte
E. Ch. D. ich ganzfleissig, mir zu schreiben, weil die Bürgerschaft in dieser Sache
ganz einig und alle vor einen Mann stehet, ob es E. Ch. D. gleichviel ist, dass
ich Einen oder den Andern, der nur Wissenschaft von diesen Sachen hat, in-
haftieren lasse oder ob Derselben etwan gewisse Personen benannt sein, denen
ich nachtrachten lassen soll und dann, wann ich keinen so bald auf den Frei-
heiten ertappen könnte, ob ich von denen so unter den Deputierten der Bürger-
schaft auf dem Landtage und bei den Versamblungen auf dem Schloss zu er-
scheinen pflegen, einige arrestieren lassen solle, wie wie mir denn auch sehr
lieb sein würde, Avenn E. Ch. D. dieser Sache halben die Ordres zu gleich an
die Oberräthe mit dirigieren wollten, welche ich doch so lang bis das Werk zu
thun wäre, an mich halten wollte." Er macht zum Schluss seine Meinung
16(3 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
geltend, wie viel glatter Alles verlaufen wäre, wenn der Kurfürst die Asse-
curation hätte ausstellen wollen').
Der Kurfürst an den Fürsten-Statthalter. Dat. Colin a. d. Spree
^ 27. Juni 1662.
(Ungezeichnetes Concept von Jenas Hand.) R. 6. RR. 2.
[Militärische Vorsichtsniaassregeln.]
1662. Ehe weitere Maassnahmen gegen die Köuigsherger angeordnet werden, will
27. Juni, der Kurfürst erst des Statthalters Rath und Schwerins Vortrag abwarten. In-
zwischen soll der Fürst dafür sorgen, dass die Festungen mit Mannschaft,
Munition uud Proviant genugsam versehen werden, die Soldateska wohl unter-
halten wird, Avenn auch der Civilstaat auf einige Zeit Abgang leiden sollte,
Dragoner und Reiter beritten gemacht werden. Er soll das Getreide auf den
Aemtern zurückhalten lassen und Kundschaft einziehen, warum polnische Heer-
theile in das königliche Preussen gerückt sind und wo diese Truppen stehen.
Er soll endlich in Erfahrung zu bringen suchen, wer den Brief an den König
verfasst hat.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 30. Juni 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Das Schreiben der Königsberger. Der junge Roth. Vortheil des Schreibens. Die
Entstellungen von Schwerins Reden darin. Schwerins unvoreingenommene Gesinnung
gegen die Städte. Weigerung der Bürgerschaft, die Accise einzurichten.]
1662. Er nberschickt die Copie des Schreibens der Königsberger an den König-).
30. Juni, jj.}^ habe nicht nöthig geachtet zu bitten, die gethane Communication
>) Auf die beiden Relationen vom 26. erfolgte das Rescript vom 23. Juni (3. Juli)
(Concept von Jenas Hand), das die Weisung enthielt, den Magistrat zu veranlassen,
seinen Dissens in Sachen der Warschauer Schickung schriftlich niederzulegen. Dies
Document soll dann sofort an Hoverbeck gesandt werden. Im Uebrigen hielt der
Kurfürst dafür, dass man nicht allein hinter alle actiones der Bürger kommen und
erfahren könne, auf wen sie sie sich eigentlich verliessen, sondern auch Eines und
das Andere verhütet worden wäre, wenn der in Abwesenheit des Fürsten ergangene
Befehl gegen den alten Roth befolgt worden wäre. Auf den Vorschlag des Statt-
halters und der Oberräthe (vom 4. Juli), zur Feststellung der Schuldigen eine Depu-
tation bei allen Bürgern herumzuschiciien, um den Antheil eines Jeden an der
Warschauer Sendung festzustellen, ergieng am 10. der Bescheid, der Kurfürst wolle
zwar gerne zwischen Schuldigen und unschuldigen unterscheiden, halte aber für
zweckmässiger, wenn die gesammte Bürgerschaft aufs Rathhaus gefordert und dort
Jeder zu einer Erklärung mit Namensunterschrift angehalten werde.
2) Vom 17. Juni 1662, s. o. S. 155 ff.
Vorsichtsmaassregeln. Königsberg u. Warschau. Roth j. Städtisches Schreiben. 167
iü Geheimb zu halten, damit die Bürgerschaft nicht insolenter würde,
wann sie wiissten, dass man Nachricht davon hätte und doch dazu still
schwiege. Der N. hat mich erschrecklich gebeten ihn nicht zu melden,
damit er nicht in Gefahr seines Lebens käme. Wer es ist werde E. Ch.
D. ich künftig unterthänigst melden. Der Herr Ho verbeck schreibt mir
indessen aus Warschau, dass der junge Roth daselbst angelanget und
Dienst daselbst suche, auch zu dem Ende katholisch werden wolle und
hätte viel Schwätzens daselbst gehabt, wie man allhie wider die privi-
legia handelte und insonderheit die lutherische Religion zu exstirpieren
suchete, aber er gedenket nichts, dass er daselbst das Schreiben soll
übergeben haben. Ich habe sonst nun weiter alle Nachricht erlanget,
wie es daher gegangen. Ich wünschte zwar von Herzen, dass E. Ch. D.
diesen Uebermuth gebührlich straften mögen, kann aber nicht rathen,
dass vor E. Ch. D. Ankunft etwas Thätliches vorgenommen werde aus
vielen erheblichen Ursachen. Es wird aber E. Ch. D. bei Dero An-
wesenheit an Mitteln nicht fehlen, Alles gebührlich zu ahnden. Wann
mau am polnischen Hofe nicht resolviert hat, die pacta zu brechen, wel-
ches ich gleichwohl nicht glauben kann, so wird dieses Schreiben E. Ch.
D. zum Vortheil gereichen, weil sie darin gestehen, dass die beiden
Oberstände nebenst dem Magistrat der dreien Städte E. Ch. D. vor ihren
Oljerherren erkannt, welches man im polnischen Hofe bisher noch nicht
glauben wollen. Was ich sonst kegen sie geredet, haben sie, die Sache
nur gehässiger zu machen, ganz anders und gar invidiose und calum-
niose angezogen. Ich habe nicht gesaget, dass E. Ch. D. so weinig nach
dem Könige frageten, als nach dem Türkischen Kaiser, sondern wie sie
dreuten E. Ch. D. vor dem Könige zu verklagen, sagte ich, nach be-
schworenen pactis könnten sie E. Ch. D. so weinig vor dem Könige von
Polen als dem Türkischen Kaiser verklagen, hofle demnach unterthänigst
E. Ch. D. werden mir gnädigst zutrauen, dass ich nichts Unverantwort-
liches geredet, wie denn I. F. Gn. und die sämptliche Herren Oberräthe
Alles genehm gehalten und gerühmet, was ich geredet. Gott weiss es,
dass ich keine passiones kegen die Städte habe und von Herzen gerne
auf den Knien bei E. Ch. D. unterthänigst deprecieren wollte, wenn sie
nur noch in sich gehen und sich bekehren wollten. Wegen der Accise
haben die Bürgerschaft auf des Rathes Vorstellung geantwortet, wann
sie gewusst, dass sie ihnen davon sprechen würden, wollten sie nicht
eins hierauf gekommen sein, würden auch nicht wieder kommen, wann
sie ihnen desfalls etwas weiter ziimuthen wollten. Also würde man es
168 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
hier fortsetzen müsseD so gut man kann. Der Herr Wegener, E. Ch. ü.
Factor, ist der erste aus den Städten, der die Accise entrichtet hat und
hat der Bürger Dreuen nicht geachtet. Dieses wäre zu wünschen, dass
man ein Mittel kegen die Vielheit der Handquerlen ^) haben könnte.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 4. Juli 1662.
(Praes. Cölhi a. d. Spree 29. Juni [9. Juli].) Eigenhändige Ausfertigung. R. 6.
RR. 2.
[Gute Stimmung der Oberräthe. Abreise.]
1662. Dass ich noch allhie bin, ist allein aus Begierde zu E. Ch. D. Dienste
4. Juh. geschehen, weil ich an die Herren Oberrätlie und sie nebeost mir an
Etzliche [sie] von der Landschaft stark gearbeitet, dass sie sich in einem
und andern Stücke besser accomodieren möchten und ein guter Schluss
des Landtages erfolgen könnte. Die Herren Oberräthe haben sich auch nun
dergestalt heraus gelassen, dass ich hoffen wollte, man würde mit ihnen
zurechte kommen können. Allein bei den Anderen dörfte es noch grosse
Difficultäten geben. Die Städte haben gestern bei Uebergebung ihres
Bedenkens auf die Gravamina erschreckliche Worte geredet, insonderheit
bei dem Punkt der Religion, wie ich von allem demselben in Kurzem
E. Ch. D. unterthänigste Relation abzustatten verhoffe, indem ich morgen
geliebts Gott aufbreche und meine Pferde schon voran geschicket habe,
wünsche indessen von Grund meines Herzens, dass der Allerhöchste E.
Ch. D. consilia gesegnen, Sie bei glückseliger friedlicher Regierung und
bei beständiger Gesundheit erhalten wolle.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Pillau 7. JuH 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Consequeuzen des polnischen Schreibens.]
1662. Wie ich schon zu Königsberg in der Kutschen gewesen, ist der
7. Juli. jjg^.j. j^q\q eilig laufen kommen und berichtet, dass ihm so eben eines
gesaget der junge Roth wäre wieder gekommen und ein Königliches
Schreiben mitgebracht mit dem Kronsiegel, worin der König der Stadt
Protection versprochen. Nun will ich zwar wohl nicht hoffen, dass der
König dergleichen Dinge thun sollte, es wäre denn gewiss, dass Schwe-
den und Frankreich den Krieg dieser Orten resol viert hätten. Auf allen
^) = Handmühlen.
Oberräthe. Abreise Schwerins. Königliches Schreiben. Oberstände. 169
Fall aber so sehen E. Ch. D. wie viel mehr es nöthig ist, dass Sie Dero
Aufbruch beschleunigen, wobei ich unterthänigst rathe, dass E. Ch. D.
Dero ressentiment, so Sie hierüber ohne Zweifel haben werden, in Ge-
heimb halten mögen oder E. Ch. D. werden nur der Stadt einen Vortheil
damit thun. Es seind noch viele ehrliche Leute darin, die ein grosses
Missgefallen an diesem Werk haben; wann sie aber erfahren sollten, dass
ihnen gedreuet würde, wie denn schon gesaget E. Ch. D. kämen mit viel
Volk herein, so möchten sie, ehe Solches geschehn, noch andere desperate
Mittel beginnen . . . Mit I. F. Gn. habe ich sonst ein und ander Mittel
überleget, wie nicht allein die beiden Rothen, besonderu auch andere,
die das Schreiben befodert und deren Namen mir vertrauet worden,
könnten ertappet werden '). Ich werde eilen so viel wie immer möglich . . .
Die beiden Oberstände an den Kurfürsten. Dat. Königsberg
7. Juli 1662.
R. 6. RR. 2.
[Treuversicberung. Bitte um die Assecuration und günstigen Bescheid auf die
Gravamina.]
„E. Ch. D. haben Dero gehorsambste beede Oberstände dieses Herzog- 16G2.
thumbs Preussen bei dieser guten Gelegenheit abermal ihre unterthänigste Treu '^- J""-
in beständiger Devotion vorstellen und umb Beibehaltung Dero kurfürstlichen
Huld und Gnade in tiefster Demuth anflehen sollen, sich festiglich getrauende alles
dessen, so sie in ihrem unterthänigstem billigen Suchen bei diesem währenden
Landtage, sonder Zweifel wegen E. Ch. D. Abwesenlieit und aus Mangel gnüg-
lioher Vollmacht Dero Herren Plenipotentiarien annoch nicht erhalten können,
nunmehr von E. Ch. D. gnädigst erhört zu werden und zwar so bald E. Ch. D.
ans mündlicher Relation Dero hocliverordneten Oberpräsidenten, des Freiherrn
von Schwerin besser und glaubwürdige Nachricht von dem Zustand, Recht und
Verfassung dieses Landes mit Mehrem eingezogen haben ..."
Sie erinnern an ihre Zugeständnisse, an die „Submission" unter das supre-
mum et directum dominium und die "Willigung, bitten um Vollziehung der
Assecuration und Genehmhaltung ihres Bedenkens über die Gravamina und ver-
sichern ihre standhafte Treue.
^) Den Tag darauf schreiben die Oberräthe: „Wie denn occasione dieses könig-
lichen Schreibens Schöppemeister Roth heute die Gemeinden in der Kneiphöfischea
Kirchen zusammen geholt und ihnen dem Bericht nach juramentum fidelitatis vor den
König und die Krön angemuthet, welches aber gänzlichen recessieret worden." (Die
Oberräthe an Ho verbeck 8. Juli 1662.)
8. Bis zur Ankunft des Kurfiteten.
Protokoll der Oberrathstube. Praes. et publ. (den drei Bürger-
meistern der Städte Königsberg) 9. Juli 1662.
R. 6. RR. 2. — Kön. 668 II.
[ZurechtweisuDg der Bürtierraeister. Das Schreiben der Bürgerschaft an den König.
Der Bund in der Kneiphöfischen Kirche.]
1662. Es ist leider am Tage, wie bei stehendem Landtage einige unruhige
Köpfe bei den Städten Königsberg gefährliche secessiones zu suchen sich
gelüsten lassen, von den andern Ständen und kleinen Städten in puncto
supremi dominii in ducatu Prussiae sich abgesondert, negst deme noch
andere Widerwärtigkeiten erregen, auch endlichen im Namen der Kneip-
höfischen und Löbenichtschen Gerichte, dann der gesambten drei städti-
schen Gemeinden ein weitaussehendes Schreiben an die Königliche Ma-
jestät in Polen abgefasset und abgehen lassen. Als nun darauf eine
königliche Antwort ausbracht, ist darob so viel Redens entstanden, dass
die Regierung, unter den Grund zu kommen, die Herren Burgermeister
zu sich erfordern zu lassen, verursachet worden. Dieweilen dann, wie
hievorn die Herren Bürgermeister ihren, der gesambten dreistädtischen
Räthe und des Altstädtischen Gerichts dissensum und Missfallen, auch
öffentliches Widersprechen und Untersagen solches Beginnens an dieser
hochfeierlichen Stelle contestiret, als nun noch darauf beharren, und aber
in dem erwähnten und an Seine Königliche Majestät abgangenen Schreiben
oben in inscriptione die Wort befindlichen ad impetratam ordinum ma-
gistratus nostri licentiam, so hat die Regierung, so viel mehr von der
Sachen Grund zu haben, nöthig erachtet, und obw^ohl die Herren Bürger-
meister betheuerlichen ausbracht, dass Solches falsch wäre, und sie nie
einige Licenz zu dem Beginnen verstattet, so ist doch ihnen fürgestellet
worden, dass der Regierung die ümbstände solches Beginnens alle zu
Zurechtweisuni]^ der Bürgermeister. Städtisches Schreiben. Bund der Aufrührer. 171
wissen nöthig, als wer der Urheber des Werks sei, der Concipist, wer
die GemeiudeD convociret und an welchem Ort, und was mehr der Umb-
stände zu betrachten. Dannenhero dann sie als treue Unterthannen Sr.
Ch. D. und dero hochverpflichteter Magistrat dessen nichtes, was ihnen
von der Sachen wissend, bei ihrem Gewissen zu verhehlen hätten, be-
sonders auch noch weitere Ungelegenheiten zu verhüten, dass durch solche
unzulässige , ja verbotene und im Rechten hochverpönete conventicula
nicht ein grösser Feuer angezündet werde. Es wäre zwar in dem mehr
erwähnten Schreiben nichts anders als eitel seditios Werk und, dass
Sr. Ch. D. jetziger Estat labefactiret werden möge, iutendiret, in der könig-
lichen Autwort aber wurde solcher Estat mehr stabiliret und hätten die
seditiosi an solchem Antwortschreiben weniger denn nichts gewonnen,
Seine Königliche Majestät würde solch Schreiben wohl expliciren und Sr.
Ch. D. desfalls Satisfaction geben. Dieses allein, da sonst in dieser
königlichen Antwort uf der unruhigen Leute ihre petita auch nicht uf
Eines resolviret, ist zu beklagen, dass der Name des königlichen Schrei-
bers durch laxiores interpretationes bei dem gemeinen Mann, der es nicht
verstünde, und sichs nurt von den Ufwieglern überreden Hesse, solche
impressiones mache, die sie zu solchem Beginnen, welches ihnen doch
Am allermeisten schädlichen sein wird, reizeten. Dann dass S. Ch. D.
bei aller ihrer Clemenz und Güte gegen ihre Unterthanen, von diesen
ungehorsamen Ufrürerischen zu einer hohen und gerechten Indignation
gebracht, darüber auch leicht der Unschuldige benachtheilet, besonders
der gute Name dieser Städte in aller Welt so schnöde und ohne alle
Ursache beschmutzet werden dörfte.
Bevorab da das letzte ärger denn das erste werden wollte, indeme
man heutiges Tages erfahren, wie bei gestrigm conventiculo in der Kneip-
höfischen Kirchen die Ufrührer einen Bund zu stiften sich unterfangen
wollen, eine dazu eingerichtete Eidesformel abgefasset und, da dieselbte
noch nicht geschworen wäre, morgenden Tages Solches werkstellig zu
machen, fürhätten. Derowegen denn die Herren Burgermeister vermahnet
worden, mit allen Kräften solchem Übeln Beginnen zu steuren und zu
wehren, die conventicula zu verbieten und zu solchem Ende die loca
publica zu sperren und verschliessen.
Demnach in dieser Meinung den Herren Burgermeistern die Propo-
sition geschehen, haben sie zwar, was an alle dem Beginnen zu ihrer
Exculpation diente, dagegen beigebracht und gebeten, die ihnen vorge-
lesene Schrift des Bundes copialiter, wie auch die Proposition ex proto-
172 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
collo schriftlichen, uf dass sie sich darauf schriftlichen erklären mögen, j
auszugeben, wolltens an die gesambte Räthe bringen und mit der Er- "
klärung einkommen.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Danzig 10. Juli 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. G, RR. 2.
[Zweckmässigkeit eines vorläufig gelinden Verfahrens.]
1662. Das Schreiben, so der König an die Bürgerschaft gethan, wird E.
" '■ Ch. D. ohne Zweifel mit dieser Post zukommen. Ich kann es zwar nicht
anders begreifen, dann dass es der König unterschrieben, ohne dass er
gelesen oder erwogen, was darin stehet und dass daher das praejudicium
leicht zu reparieren stehen wird. Inmittelst aber wird E. Ch. D. nicht
verdacht werden können, desfalls sich zum Allerhöchsten zu beschweren.
Mit Königsberg aber etwas anfangen, ehe E. Ch. 1). selbst da sein wer-
den, kann ich nimmer rathen. Könnten aber I. F. Gn. Rothen mit guter
Manier beim Kopfe kriegen, Solches wäre nicht zu scheuen und weil
sich die beiden Oberstände und kleine Städte von Königsberg separiret,
dieselbe aber sich äusserst bearbeiten sie wieder auf ihre Seite zu ziehen,
unter der Ritterschaft auch wahrhaftig Etzliche sein, die nach nichts
mehr verlangen und welche mit höchster Mühe von ihnen abgezogen
werden, so stehet zu E. Ch. ü. gnädigstem Belieben, ob sie nicht ein
gar gnädiges Schreiben an sie insgesambt wollen abgehen lassen und sie
einer gewierigen Endschaft des Landtages versichern. Es müsste aber
Solches bald geschehen, dann ich wohl verspüret, dass so bald sie mit
ihrem vereinigten Bedenken fertig, das sie alsdann Dimission bis zu Er-
langung der Assecuration und anderweiten abolitio gravaminum suchen
werden, wie denn auch gewiss vor E. Ch. D. sehr zuträglich sein wird,
dass sie nicht bei einander bleiben, auch vor E. Ch. D. Ankunft nicht
wieder zusammen kommen mögen. Ich gehe sogleich jetzt fort und
werde eilen, so sehr es möglich.
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königs-
berg 11. Juli 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Das polnische Schreiben. Das Verbündniss der Verschworenen.]
1662. Nachdem sie am 6. von dem Königlichen Schreiben gehört, haben sie sich
11. Juli, sofort bemüht, davon Abschrift zu erhalten. Aber vergebens, weil „Roth und
Gelindes Verfahren! Polnisches Schreiben. Bund der Aufrührer. 173
sein Anhang, da es die Räthe nicht eher, als bis sie das Original des Königl.
Antwortschreibens gelesen zu publiciren resolviren wollen, ihnen, den Räthen,
das Lesen auch die Abcopei versaget und hingegen die Bürgermeister und
Räthe mit harten Worten angegriffen. Da aber folgenden Tages der Roth ')
zu anderen Gedanken gebracht sich bei dem Altstädtischen Bürgermeister mit
dem Original und einer Abcopei angegeben, beides collationiret und unterdessen
eine deutsche Version desselben Königl. Schreibens umbgetragen worden, haben
wir die Bürgermeister vor uns erfordert in ihre Wissenschaft von dem Allen
was vorgegangen gedrungen und eine Abcopei des Schreibens begehret." Sie
haben Abschrift und die deutsche Version die von dem eigentlichen Sinn des
Originals ziemlich abweicht, an Schwerin und Hoverbeck geschickt^). „Wir
erachten, dass die unbefugte Supplicanten oder vielmehr Uffrührer an solchem
Königlichen Schreiben wenig oder nichts gewonnen 3), undt dass es dem ge-
meinen Volk eine ombrage machet, als wenn S. K. M. noch hier was zu
sagen, auch in diesem Schreiben wohl etwas gesaget hätte."
Am 9. erhielten sie Kunde von einem Bündniss der Bürger'') und eine
Schrift darüber: „Wir Hessen abermalen die Bürgermeister bald für uns kom-
men^), stelleten ihnen nebenst den vorigen Händeln Abschickungen und Con-
venticuln diesen fürhabenden Bund vor, sie aber bestürzten darob gewaltig,
wollten bei ihrem Gewissen es betheuern, auch erhalten, dass sie davon die
geringste Nachricht nicht hätten." — In einem Postscript bitten sie den Kur-
fürsten dringend, nach Preussen zu kommen"^).
') Auch an ihn allein war ein königliches Schreiben ergangen, abgedruckt bei
Baczko V. S. 483.
^) Das Schreiben des Königs an die beiden Gerichte und die Bürgerschaft vom
30. Juni 1662 ist abgedruckt bei Baczko V. S. 482f.
^) Sie mussten das um so eher annehmen, als Hoverbeck ihnen in einem Schrei-
ben vom 1. Juli mittheilte, dass der König am 30., also am Tage der Absendung
seiner eigenen Antwort, den Empfang eines Schreibens der Königsberger in Abrede
gestellt habe.
*) In der Kneiphöfischen Kirche (Protokoll der Oberrathstube vom 9. Juli), dort
hatte am 8. eine Versammlung der Missgestimmten stattgefunden, die den Bund be-
schlossen und die Eidesformel abgefasst hatte. Sie sollte am 10. beschworen werden.
Die Formel ist abgedruckt bei Baczko V. S. 483 f. In einem städtischen Copial-
bande wird sie „Verbündniss wider die ausländische Räthe" genannt. (Kön. Arcb.
Nr. 668. II.) — Die Bürgermeister waren aufgefordert worden, „die Conventicula zu
verbieten und die loca publica zu sperren und zu verschliessen".
5) S. das Protokoll vom 9. Juli 1662 o. S. 170 fif.
^) In einem Schreiben vom 11. theilte Radzivill den Kurfürsten des Weiteron mit,
dass die Königsberger „itzunder ein Stück Geld zusammen legen und wollen das selbige
nach Warschau und an den Conföderierten schicken". Der Kurfürst rescribierte dar-
auf unter dem 7. (17.) Juli, der Statthalter solle sich des Geldes bemächtigen.
174 n. Der grosse Landtag von 1G61 bis 1663.
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königs-
berg 11. Juli 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Anrufung der Oberstände. Roths Persönlichkeit.]
1662. Sie haben die Hauptämter aufgefordert, die "Widerspenstigen vor sich zu
11. Juli, fop^ei-ij uij(j ihnen Vorhaltungen zu machen. Die beiden von den Vier eben
Anwesenden, der Landvogt von Schacken und der Hauptmann von Tapiau, haben
darauf den Gegenvorschlag gemacht, dies in einer feierlichen Versammlung
der Oberstände in der Oberrathstube zu thun. Sie haben das abgelehnt, „da
zu besorgen stehe, sie (die "Widerspenstigen) möchten etwas Hartes heraus-
stossen, dass Avir zur Erhaltung Ew. Ch. D. Hoheit und Reputation als fort an-
dere Mittel zur Hand nehmen müssten, die wir noch zur Zeit gerne verhüten
wollen", die Oberstände möchten auf eigene Hand gütlich verfahren „nicht
allein mit Vorstellung der Gefahr und des aus solcher Aufruhr besorglichen
Unheils und gänzlichen Untergangs des Landes, insonderheit der hiesigen Städte,
sondern auch mit Beschreibung der Person, welche sie aufzuwiegeln suche.
Man möchte nur betrachten, was Roth für einen Namen habe; es sei kund,
dass er ein Bankerottirer sei und sich durch allerhand verzweifelte Anschläge,
sollte gleich Alles zu Boden gehen, zu retten suche. Ueber dieses sei er
seines schweren Verbrechens halber allbereit gerichtlich belanget und werde
durch Furcht der Strafe wie auch durch Rachgier und andere böse Affec-
ten, die er mit der Lieb gegen des Vaterlandes Freiheit zu bemänteln sich
bemühet, zu allerhand desperaten Beginnen angereizet. Deswegen man sich für
solche und dergleichen Leute, die wenig oder nichts zu verlieren hätten, zu
hüten hätte"')-
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königs-
berg 11. Juli 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Schreiben der Stände an den König.]
1G62. Sie überschicken das Schreiben der Stände an den König, das am 12. Juni
1. Juli, abgefasst wurde und ihnen zugieng, damit die Absendung genehmigt werde. Sie
haben diese zu ertheilen einige Bedenken gehabt, weil der Dissens der zwei
') In einer weiteren Relation — der fünften dieses Tages — macht Radzivill den
Kurfürsten darauf aufmerksam, dass die Gemeinden fortwährend bestrebt sind, die
drei Räthe zu sich herüberzuziehen, dass man dieser nicht ganz sicher sein kann,
dass endlich das ganze Land mit den Königsberger Bürgern einig ist in dem Streben
nach Erhaltung der alten Privilegien, wenn auch nicht ein Jeder ihren modus agendi
gut heissen kann. (Radzivill an den Kurfürsten 11. Juli 1662.)
Die Oberstände und Roth. Die Stände an den König. Accise. Schlossfreiheiten. 175
Gerichte und drei Gemeinden darin ausdrücklich constatiert und die Abnahme
eines Eventualeides für den König nachgesucht wird. Dennoch schlagen sie
vor, keinen Einspruch dawider zu erheben, da im Uebrigen der Wehlauer
Vertrag und die Souveränität des Kurfürsten unumwunden anerkannt wird und
die Abschickung königlicher Kommissarien wohl noch eine Zeit hintangehalten
werden kann.
Bürgermeister und Räthe der drei Städte Königsberg an den
Kurfürsten. Praes. 12. Juli 1662.
R. 6. RR. 2.
[Klagen über die Accise und die Schlossfreiheiten. Der Hergang bei Absendung des
Schreibens an den König.
Sie resumiren den Inhalt des Protokolls vom 9. Juli, betheuern ihre treue 1G62.
und gehorsame Gesinnung, beklagen aber die Zwangseinführung der Accise ^^' '^"^^•
aufs Höchste. Sie werden dadurch und durch die Beeinträchtigung, die ihnen
durch die Duldung der Schotten und Holländer auf den Schlossfreiheiten zu-
gefügt wird, aufs Schwerste geschädigt. Sie haben ihre Mitbürger immer zur
Geduld ermahnt, „weil aber die Lehensmittel durch dergleichen harte Be-
drückung bei ganz daniederliegendem Handel und Wandel denenselben ent-
brechen Avollen und wie sie sich zu Anfang dieses Estats Veränderung, da noch
allererst Alles in fieri gewesen, zu Fortgang desselben nichts Gutes versehen
können, haben sie uns entdecket, wie sie es länger nicht ausstehen könnten,
sondern das Mittel zur Hand ergreifen müssten, welches ihnen die pacta und
Recessen dieses Landes an die Hand gegeben, nämlich bei L K. M. und der Krone
Polen über dergleichen Drangsalen sich zu beschweren, welches denen Herrn
Oberräthen auch kund gethan worden. Ob wir nun woll dieselben nochmalen
mit Fleiss ermahnet, noch etwas damit in Ruhe zu stehen, so haben wir doch
nach der Zeit erfahren, als die beeden Gerichte im Kneiphof und Löbenicht
nebst E. E. Burgerschaft dieser Städte eine unterthänigste Schrift an L K. M.,
worinnen derselben sie ihre Noth klagen, abgehen lassen und darauf eine
gnädigste Antwort erhalten haben, auch noch im Werke begriffen sein, wie sie
solch ihr Intent, welches zu nirgends anders als zu Gottes Ehre und ihrer Frei-
heiten Erhaltung ihrem Vorgeben nach anzusehen, bei L K. M. und der Krone
Polen fortsetzen wollen. Uns, die wir von dergleichen Abfertigung, noch Er-
haltung des königlichen Rescripti nicht die geringste Wissenschaft gehabt, son-
dern welches wir mit unserem höchsten Bezeugen mehr von E. Ch. D. zur
Regierung verordneten Herren Oberräthen wegen einiger obhandenen Verbund-
niss als sonsten jemanden anders zuerst erfahren, hat Ambts halber obliegen
wollen, hierüber ein wachendes Auge zu haben und selbte zu allem Gutteu
anzumahnen, welches aber nach geschehner ihrer Entschuldigung, dass sie zu
keinem Bösen , wofür sie Gott bewahren sollte , sondern zu E. Ch. D. Besten
und Erhaltung ihrer wohlhergebrachten Freiheiten sich vereinbaret und von
solchem Project abzutreten mehr nicht verschlagen wollen, als dass auch noch
176 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
E. Altstädtisches Gericht, aus Ursachen, weil sie in ihren desideriis nicht erhöret
worden, zu denen Anderen getreten und insgesambt sich ferner vernehmen lassen,
die Ihrige, umb Alles zu dieser Stadt Wohlfahrt in gutte Richtigkeit zu bringen,
an I, K. M. und die Krön abzuschicken. Wir bezeugen hiemit öffentlich für
Gott und E. Ch. D., unsern gnädigen Landesvater, dass wir uns in diesem gan-
zen negotio von Anfang bis hieher in unverfälschter Treu und Standhaftigkeit
dermaassen bezeuget und verhalten, wie wir Solches für dem Richter alles
Fleisches, für E. Ch. D. und der Nachwelt mit unerschrockenem Muth zu ver-
antworten uns woll getrauen, haben auch bis dahero, was zu Erhaltung
E. Ch. D. Hoheit immer mehr gereichen mag, nichts unterlassen, wollen es auch
ferner nicht unterlassen.
Wir bitten aber nochmalen umb der Barmherzigkeit Gottes und Christi
Wunden , es wollten E. Ch. D. den geringsten Anblick dero churfürstlichen
Hulde und Gnade, damit sie vorhin je und allwege uns gnädigst zugethan ge-
wesen und, wie wir in Unterthänigkeit hoffen, annoch gnädigst zugethan sein,
uns wieder zukommen zu lassen, und in der That dasjenige erweisen, was sie
so theuer und hoch versprochen, nämlich, dass E. Ch. D. unsere privilegia ver-
mehren und nicht vermindern wollten, und in gnädigster Erwägung dessen
obigen und andern im geeiuigten Bedenken der Länge nach enthaltenen unsern
gravaminibus dermaleins würklich abhelfen, uns in unsern Freiheiten, Rechten,
Gerechtigkeiten erhalten und, dass dawider keine Eingriffe in keinerlei Weise
geschehen sollen, uns kräftigster maassen gnädigst versichern."
Erinnerungen der Stände auf die kurfürstliche Resolution
(vom 21. April). Praes. 13. Juli 1662.
R. 6. RR. 2.
[D. Dreier; Forderung einer Generalsynode. Protest gegen die Gleichberechtigung
der Reformierten. Königsberg und die Reformierten. Juden. Mennoniten, Arianer.
Universität. Fürstenschulen. Präsentationsrecht des Senats. Zuchthaus. Hospital.
Auslösung der tartarischen Gefangenen, Beitrag zum Heidelberger Kirchbau. Consens,
nicht Einrathen der Stände bei äusseren und inneren Abmachungen erforderlich.
Geworbene Völker. Nur bewilligte Contributionen. Antheil der Amts- und Korn-
scbreiber an der Contributionserhebung. Statthalter. Fremde Räthe. Privatinstruc-
tionen der Oberräthe. Kleines Cousilium. Präsentation der Hauptleute und anderen
Beamten. Wiedereinrichtung eingezogener Aemter. Freie Zusammenkünfte der Ober-
stände. Königsberger Klagen. Mängel in der Jurisdiction. Revision des Landrechts.
Oberappellationsgericht, Lehn- und fiskalische Processe, bürgerliche Stellen. Pfandbe-
freiung. Deponierte Gelder. Officiales fisci. Criminalgerichtsordnung. Duelledict.
Registrierung der Lehen. Amtsjustiz. Die Hauptleute von Oletzko und Ortelsburg.
Kriegsetat. Generalaufgebot. Ritterdienst. Hospitationes coactivae. Bitte um die
Assecuration. Eventuelle Ungiltigkeit der Willigung.]
1662. Sie danken für die Anhörung ihrer Beschwerden und den Bescheid der
darauf ergangen ist. Wie ungerne sie Sr. Ch. D. mit diesem Vortrage ver-
Entschuldigung der Räthe. Gravamina: Dreier. 177
driisslich sein wollten, so behutsamb sind sie auch darin verfahren und
liaben nichts ohne gebührende Bescheidenheit ohne offenbare Noth und
ohne beständiges Absehen auf S. Ch. D. und des Landes Bestem ange-
führet. Wann alle diese Motiven Sr. Ch. D. selbst von so langen Zeiten
und von so vielen Landtagen her nicht beiwohneten, könnte vielleicht
bei Sr. Ch. D. dieser Verdacht entstehen, gleich als wenn E. E. Land-
schaft aus Privataffecten Eines oder das Andere und von geringen Dingen
Gravamina cumulierte oder dass [sie] allerdings was von der unwidertreib-
lichen Vorsehung Gottes entstanden, Sr. Ch, D. hohen Person beimessen
wollten. Numehr aber S. Ch. D. das Elend und den schlechten Zu-
stand dieses armen Landes mit eignen Augen gesehen haben und an-
noch sehen, sind sie in ihrem Gewissen umb so viel desto mehr ver-
sichert, dass alles das, was sie in ihren habenden Rechten und Gerechtig-
keiten gemäss so woll in Religion- als Profansachen zur gnädigsten
Remedierung angefiihret haben, von Sr. Ch. I). christlichem und tugend-
liebenden Eifer nicht werde ungnädig ausgedeutet werden. Und weil
S. Ch. D. hierzu allbereit einen guten Anfang gemachet, auch Dero ge-
treuen Stände noch weiter in ihrem rechtmässigen Ansuchen zu hören
und zu helfen sich gnädigst anerboten, tragen sie das unterthänigste Ver-
trauen zu E. Ch. D., dass sie auch in keinen Ungnaden vermerken
werden, wann sie in denen Stücken, worinnen ihnen noch zur Zeit durch
die ausgegebene Abolition keine zureichende Hülfe geschehen, ferner de-
müthigst anhalten mit unterthänigster Erinnerung continuireu und zu
abhelfender Hand vortragen werden.
Ad 1. Dass zwar . . . E. E. Landschaft nichts Angenehmeres wieder-
fahren könne als dass der unseelige Streit D. Dreiers mit dem
Ministerio . . . , welcher in Zeit von 16 Jahren durch so viele unter-
schiedene solenne von Ew. Ch. D. deputirte Commissiones und inter-
ponirte silentia nicht hat können gehoben werden, durch so eine nach-
drückliche abermalige impositionem silentii könnte gestillet und hin-
geleget w^erden. Weil aber schwerlich zu hoffen, dass hierdurch dieser
langgewünschte Zweck könne erreicht werden, maassen Solches nicht
allein hiebevorn vergeblich versuchet, sondern auch von den streitenden
Parteien selbst nicht pro sufficient geachtet wird, indem D. Dreier ein
CoUoquium, das andere Theil aber, welches durch die Censuren ein
erstanden Recht wider D. Dreiern vorwendet, die revocatiouem oder
remotionem vorgeschlagen haben, würde E. E. Landschaft auch annoch
der Meinung woll sein, dass dem armen Lande am Allerbesten durch
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 12
J78 11^- ^^^ grosse Landtag von 16G1 bis 1663.
die Translocation ü. Dreiers könnte geholfen werden. Nachdem sie
aber gewahr geworden, dass S. Ch. D. starke Ursachen auch diesem
Vorschlage entgegen setzen , muss E. E. Landschaft nothwendig auf
solchen Fall . . ., damit endlichen die Sache aus dem Grunde gehoben
werde, kein Theil auch einiger Uebereilung oder nicht verstatteten satt-
samen Gehörs sich zu beschweren habe, das Mittel, welches im Recess
von a. 1566 p. 61 f. 1 gehalten und von keinem Theil ausgeschlagen
werden kann, zu ergreifen und Se. Ch. ü. unterthänigst anzuflehen, dass
sie einen Generalsynodum aus den Pfarrherren des ganzen Landes auf
Dero Residenz annoch bei währendem Landtage zu berufen und die
ganze Sache zu ihrer Entscheidung hinzugeben gnädigst geruhen wollen,
doch also dass die Synodales damit nicht zuviel Zeit und Unkosten
verloren werden, nur die vornehmbsten D. Dreiers Dogmata in Gegen-
wart der Stände examiniren, ob sie wider die Lehre der angenommeneu
Preussischen Kirchenbücher in sensu oder phraseologia streiten fleissig
untersuchen und bei dem was sie recht zu sein finden werden, sein
gänzliches Bewenden haben möge. Auf dass aber auch ins Künftige
solchem Kircheustreit begegnet werde, ist bei diesem Punkt zu wieder-
holen, was hiebevorn E. E. Landschaft . . angeführet hat [Inspectoren und
die Univ^ersität betreffend] ') . . .
Ad 3. Sie danken für die Schutzversicherung, wann aber S. Ch. D.
auch die reformirte Religion einzuführen und das publicum exer-
citium derselben gleich der Lutherischen zu berechtigen . . . gemeinet ist,
so würde diese Verordnung nicht eine Abolition dessen, was in hoc
puncto E. E. Landschaft gebeten und Se. Ch. D. versprochen haben, son-
dern ein neues Gesetz wider unsere Religionsverfassung sein und schnur-
stracks nicht allein wider das Lublinische Privilegium p. 90 f. 2, ibi
„sed penitus prohibeantur . . .", wider die Decreta de a. 1609 p. 101 f. 2,
die Recessus de a. 1612 p. 131 f. 1, das Responsum de a. 1616 p. 144 f. 1,
Recess de a. 1617 p. 152 f. 1 „nihil novi" und wider Kurfürsten Georg
Wilhelms hochseeligster Gedächtnüss bei der damaligen Aufrichtung der
reforrairten Begräbnüss eigene Erklärung d. d. Königsberg den 11. Febr.
1630, woselbst hochgedachte S. Ch. D. ausdrücklich sich vernehmen
lassen, dass Ihre Meinung niemals gewesen auch noch nicht sein, einiges
exercitium reformatae religionis einzuführen, und ist zu besorgen, dass
ins Künftige viel schädliche Consequentien daraus entstehen und das
1) S. die Bedenken der Stände vom 12. Juli, 26. Nov. 1661, 27. März 1662 (Bd. I
S. 523, 656 f., II S. 32fi'.) und vom 13: Juni 1662 (s. u. Abschnitt II 9).
Dreier. Generalsynode. Reformierte. .luden. Arianer. Mennoniten. 179
Land gar leichtlich in eine ganz widrige rerum faciem gesetzet werden
dörfte, deswegen dann in E. E. Landschaft Vermögen nicht stehet in
praejudicium ihrer Posterität in eine solche hochgefährliche Veränderung
zu verwilligen, sondern muss vielmehr nothwendig wider Alles, was dar-
wider de facto eingefiihret werden möchte, pro salvanda diligentia und
conscientia sua aufs Feierlichste in gebührender Bescheidenheit und De-
muth sich bewahren, tragen dabei das unterthänigste Vertrauen zu Sr.
Ch. D., Sie werde als ein christlicher und hochverniinftiger Regent bei
sich beherzigen, dass . . ., was sie von Dero hochlöblicheu Vorfahren als
ein theures Depositum empfangen haben, ... zu vergeben nicht berech-
tiget sind. Weil auch die von Städten bei diesem Punkt bebaubten,
was sie in ihrem jure civitatensi, davon sie die Reformierten, auch alle
Schotten und Holländer jure speciali ausschliessen auf alle Zeit, wie
Solches mit vielen unterschiedenen praejudicatis, als mit dem Visitations-
abschiede de a. 1619, item denen Beilagen sub A und B erweisen')
libere ausgeschlossen haben, durch kurfürstliche Rescripta, darinnen den
Reformierten das Bürgerrecht und der freie Handel verstattet wird, be-
uachtheilet, auch mit Puenalmandaten, darumb dass sie ihr jus quaesitum
in contrarium mit gebührender Bescheidenheit vorschützen und sich da-
nach halten, beleget werden, als kann auch E. E. Landschaft nicht umb-
gehen, für sie, als ihrem Mitgliede, bei Sr. Ch. D. einzukommen und
demüthigst zu bitten, sowoll sie . . . zu hören und ... in sie ferner nicht
zu dringen, als auch das ganze Land bei der reinen Lutherischen Reli-
gion zu erhalten und alle dawider stieitende publica exercitia im Lande
so woll als in den Städten, insonderheit in der Pillau und im Oberlande
gnädigst abzustellen.
Ad 4. Da der Kurfürst erklärt die Juden im Laude nicht dulden zu wollen,
so möge er verordnen, dass Ariauer und Manisten im Handel und Wandel
nicht zu weit greifen, sondern allein summ weis mit den einheimischen
Bürgern und Kaufleuten verkehren, durchaus aber allhier weder auf dem
Lande noch in den Städten, Vorstädten und Freiheiten sich nicht häus-
lich niederzulassen oder bürgerliche Nahrung zu treiben, denjenigen
aber so allhier die Zeit her sich aufgehalten haben, in gewisser Zeit
das Land zu räumen durch ein öffentliches [Edict] aufgeleget werde ^).
') Kurfürstliche Rescripte an die drei Räthe vom 22. Jan. und an den Rath der
Altstadt vom 1. Febr. 1611,
2) Für die geplante Kirchenvisitation hatten die Stände schon zuvor nach iuter-
curialem Schriftwechsel der Oberstände (pr. 27. April, 4. Mai 16G2, von den Städten
12*
180 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Ad 5. Allhier ist ausgelassen, dass S. Ch. D. auch zugleich alle
erledigte Professionen ad praesentationem Senatus Academici er-
setzen, der Professoren Salaria in behörige [Ordnung zu bringen], den
Alumnis ihre stipendia und der Communität, auch den dreien Fürsten-
schulen . . . ihren gebührenden Unterhalt reichen lassen wollen. Weil
der Senatus Academicus behaubtet, dass er von der ersten Fundation an
alle Zeit das jus praesentandi imnoer gebrauchet, auch viel schädliche
Sequelen, welche aus der Präsentation zweier erfolgen könnte anführen,
als bittet E. E. Landschaft ganz unterthänig, S. Ch. D. geruhen die Aka-
demie bei ihrem Recht gnädigst zu schützen und die praesentatos ent-
weder selbst oder in Abwesenheit durch die preussischen Oberräthe zu
confirmiren.
Ad 6. Ein Zuchthaus anzurichten achtet E. E. Landschaft hoch-
nöthig zu sein und ist der unvorgreiflichen Meinung, dass zu demselben
ein guter Anfang könnte gemachet werden, wann die gesunden und star-
ken Leute, welche im Hospital vorhanden, zu gewissen Handwerken,
die daselbst müssen aufgerichtet und getrieben werden, angewiesen und
das Geld, so aus ihrer Arbeit gelöset wird, nebenst den Legatis, welche
hiezu von unterschiedenen Leuten vermachet werden, angewendet würde.
Das Uebrige, so zu völliger Bestellung desselben erfordert werden könnte,
desgleichen auch was in unterschiedenen vorgangenen auch noch gegen-
wärtigen Hospitalsuntersuchungen animadvertiret und an guter Admini-
stration desselben Oekonomie desideriret werden möchte, könnte denen
zum Kirchenwesen deputirten Commissariis in instructione zu desto
besserer Anstalt mitgegeben werden.
Ad 7. Für die Gefangenen in der Tartarei sind die Oberstände bereit
von dem Quantum, das sie sich von der Willigung vorbehalten haben, etwas
herzugeben. Es sollen „davon nicht allein die zum heidelbergischen Lutheri-
schen Kirciieubau geMälligten 200 Rthlr. abgestattet werden", sondern auch die
offenbar Dürftigen unter den Gefangenen ausgelöst werden.
Ad 8. Sie danken für das Zugestandene, bitten aber noch (1.) dass zu
allen dieses Herzogthumb betreffenden Handelungen nicht allein der
Stände Erinnern und Einrathen, sondern auch ihr vorhergehender Consens
scheint kein Bedenken übergeben worden zu sein) einen Instructionsentwurf vereinbart
und dem Kurfürsten übergeben (geeinigtes Bedenken pr. 13. Juni 1662, s. o. S. 154
Anm.). Einige Zeit darauf war dann das Instrument mit einigen wenigen Abänderungen
wieder nach Königsberg zurückgesandt worden mit der Weisung, es den Ständen zur
Begutachtung zu übergeben. (Der Kurfürst [Conc. Schwerins] au Statthalter und Ober-
räthe 25. Aug. [4. Sept.] 1662.)
Universität. Hospital. Gefangene. Ständische Rechte. Statthalter. 181
erfordert werde. Dann Dieses ist alle Mal von der ersten Zeit an, da
dieses Herzogthumb mit der Krön Polen zu tractiren angefangen ein
solenne requisitum gewesen und in allen pactis, conventionibus . . . genau
attendirct und per Regia decreta . . . confirmiret worden, dannenhero
S. Ch. D. unterthänigst zu bitten, dass nicht allein alle kirchliche publici
actus, die zwischen Sr. Ch. D. und den Ständen aufgerichtet worden,
, . . nach dieser solennen Form concipiret und eingerichtet werden,
(2.) dass auch dem zufolge S. Ch. D. hinfüro ohne vorhergegangene
Einwilligung dero getreuen Stände . . . nach dem Buchstaben des Recessus
de a. 1566 p. 81 f. 2. § „Wo sich auch etc." keinen Krieg noch Bünd-
nüss mit frembden Potentaten und Respubliquen dieser Lande halber
annehmen und aufrichten, auch (wie solches die sana consequentia der
Worte daselbst erfordert), einige Hülfe zusagen, kein geworben Volk ins
Land führen noch im Lande werben lassen, maassen Solches auch Sr.
Ch. D. Herr Vater . . . a. 1633 erkannt . , . haben.
(3.) Dass auch . . . keine Contributiones ohne der Stände auf
öffentlichem Landtage vorhergehende Bewilligung ausgeschrieben und an-
gesetzet, sondern vielmehr E. E. Landschaft, dass hinfüro dergleichen
nicht mehr geschehen solle, mit sattsamer Assecuration versehen und
(4.) dann dass wegen der bisherigen Contributionen es dafür gerichtet
werde, dass nicht allein die gewesene Commissariatsbediente, sondern
auch die Ambt- und Kornschreibere, als welche mehrentheils die
Contingente eingetheilet haben, für gewissen aus allen Ständen depu-
tierten und von Sr. Ch. D. confirmirten Commissarien zur Rechnung ge-
fordert werden mögen.
(5.) Ob zwar S. Ch. D. die Bestellung eines Statthalters auf
einen Fall der Notli restringiren, so kann E. E. Landschaft dennoch nicht
umbgehen die hierwider streitenden Landesverfassungen anzuführen und
demüthigst zu bitten, dass Se. Ch. D. hinfüro ohne einzige Convocation . . .
keine andere Statthaltere, als die . . . Regimentsnotul . . . Testament . . .
au die Hand geben in die Regierung des Herzogthumbs Preussen be-
stellen, (6.) hingegen es aber gnädig dahin richten wollen, dass hinfüro
in preussischen Sachen keine frembde Räthc gebrauchet, zu keinen
Zeiten die preussischen Regimentsräthe in ihren ordinariis functionibus , . .
durch keine Privatinstructiones . . .
(7.) Da aber der Sachen Wichtigkeit mehr Raths erfordern würde,
dass alsdann das kleine Consilium . . . beruffen werden möge.
(8.) Desgleichen auch dass sie bei ihrem jure praeseutandi.
182 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
welches ihnen bei allen erledigten Hauptmannschaften und anderen
Landesdignitäten die Regimentsnotul p. 55, f. 1 in princip., das Testa-
ment p. 77 f. 1 § „Wir geben auch«, das Deret de a. 1609 p. 103 f. 2. §
„Quoties autem" und das Respons. de a. 1617 p. 149 f. 1 § „Ad officia
quaevis" und sequent. zueignen, gnädigst gelassen und dabei geschützet
werden, in sonderlicher Betrachtung sie am Besten diejenigen im Lande,
welche aus dem Herrenstande und Adel der reinen lutherischen Lehre
zugethan und zu den vacirenden Aerabtern am tüchtigsten sein, kennen,
Sr. Ch. D. und dem ganzen Lande daran am Meisten gelegen, dass die
erledigten Aembter, als aus welchen die Oberrathstube endlich bestellet
werden muss, mit solchen subjectis, welche künftig mit Nutzen des
Herren und Landes weiter befördert werden können, besetzet werden,
(9.) wobei noch dieses mit anzufügen, dass S. Ch. D. gnädigst geruhen
wollen, die eingezogene Aembter dem Herrenstande und Adel bei
künftiger besser bestelleten und liberirten Oekonomie gnädigst zu rela-
xieren.
(10.) Nicht weniger ist auch diese in gegenwärtiger Abolition
unattendierte unterthänigste Bitte zu wiederholen, dass so woU den
Landräthen als auch denen von der Ritterschaft, wann sie unberuffen
mit gebührender Bescheidenheit und optima intentione Sr. Ch. D. oder
in Dero Abwesen Dero preussischen Herren Oberräthen etwas supplicando
vorzutragen zusammenkommen . . . übel genommen, weniger gewehret und
pro conventiculo gehalten werde . . . und . . . wird hier wiederholet . . .
dass S. Ch. D. alle drei Jahre einen Landtag gnädigst verstatten wolle.
(12.) Was den Indignat betrifft so ist derselbe gleichfalls ganz prae-
teriret . . .
Ad 9, 10, 11. Die Städte Königsberg halten ihre Klage aufrecht, „behaubten
auch, dass die Freiheiten auf keiner Stadtnahruug niclit fundiret, mit Sr.
Ch. D. Herrn Grossvatern Verabscheidung de a. 1618, woselbst enthalten, dass
Churf. Gnaden das Bierbrauen, Kaufschlagen und andere bürgerliche Nahrung
auf den Freiheiten zu treiben gänzlichen abschaffen und dieselben, so sich
solcher Neuerung unterstehen mit gebührender Straffe belegen wollen, item
Verabscheidung de a. 1621. Dass nun solchen gnädigsten Verabscheidungen
mit würklicher Execution nicht nur kein Genügen geschiehet, sondern diese
ganze Stadt noch mehr als vorhin jemals geschehen, itzo damit bedrücket wird,
darüber haben die Kaufleute, Malzenbräuer und Gewerke sich höchlich zu be-
schweren, indem frembde Händler, Sippen Holländer, Schotten, Krämer, Wein-
schenker und dergl. auf kurfürstlichen Freiheiten geduldet und darzu ihnen
ihr eigen Rauch zu halten verstattet Avird, den angezogenen Verabscheidungen
so woll, als auch der zwischen den Ehrbaren Räthen und Zünften der Kauf-
Oberräthe. Domänen. Landtage. Scblossfreiheiten. Justiz. 183
leute und Malzenbräner getroffenen und von der hohen Herrschaft confirmirten
Transaction de a. 20, der Billigkeit und den Rechten zuwider."
Ad 12. Allen denen gnädigen Bezeugungen, mit welchen sich Se.
Ch. D. . . . auslassen, hat E. E. Landschaft noch dieses anzufügen für
uöthig erachtet. (1.) Dass alle so weil bei dem Hoffgericht als an-
deren Stadt- und Landgerichten vorhandene Mängel, welche wider die
formam processus, unser Landrecht und die unterschiedene Constitutiones
eingerissen und allhier nicht können specificiret werden, denen zur Re-
vision des Landrechtens allbereit deputirten Commissariis zu redressiren
mitgegeben, die Revision aber an sich selbst ehe nicht, als wann sie
zuvorhero mit den Ständen communiciret worden, gleichwie Solches auch
bei dem Laudrecht geschehen, auch bei aller Aenderung und Ver-
besserung desselben der hochlöbl. Kurfürst Johann Sigismund in seiner
Confirmatiou und Publication Solches zu thuu versprochen, publiciret
werde.
(2.) Für die Einführung des Oberappellationgerichtes muss
zwar E. E. Landschaft Sr, Ch. D. unterthäuigst danken, dabei aber auch
in aller Demuth erinnern, gleichwie dasselbe nicht allein ein beneficium
und Privilegium des Landes , sondern auch zugleich eine Landesordnung
ist, davon der Städte Rath und Bewilligung nicht ausgeschlossen werden
kann, dass bei Erwählung alle Zeit auf die Stände und Landesver-
fassungen, in specie auf den confirmirten Recess de a. 1567 p. 89 f. 1 §
„Und dieweil" circa finem da alle so woll geistliche und weltliche Aembter,
denen welche der . . . lutherischen Lehre zugethan , zugeeignet sind, in
Abwechselung aber der Personen auf die in der Appellationsverfassung
enthaltene drei Jahre gesehen werden möge. Wo ja aber itzo und zu
Anfangs zu besserer Beförderung der Justiz ein oder zwei Personen über
drei Jahre verbleiben müssen, dass sie dennoch nicht länger in einem
Stück als 6 Jahre beibehalten und demnach solche Perpetuirung mit
Zuziehung der Stände auf den Landtagen oder zum Wenigsten mit den
Herreu Oberräthen, als welche die geschickten Leute am Besten kennen
in Deliberation gestellet werden möge. Dass aber den Städten Königsberg
bei diesem Punkt vorgehalten wird, als wollten sie in Bestellung des
Oberappellationgerichts Sr. Ch. D. vorschreiben, wen Sie zu Assessoren
desselben erwählen oder diejenigen Personen darzu constituiren sollen,
welche ihnen gefielen, Solches, wie es ihnen nimmermehr in Sinn
kommen, sondern desfalls Sr. Ch. D. billig Dero freie Wahl lassen, also,
weil dennoch dem civico ordini die Sachen, so in civitatibus und prima
]84 II- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
instantia vorgelien, am Besten bekannt sind, kann dieser Stand davon
nicht ausgeschlossen werden.
(3.) Insonderheit ist hierbei woll zu bewahren, dass die causae
privatorum cum Principe in Lehn- oder auch sonst anderen Sachen,
da die landesfiirstliche Hoheit und die allgemeine Landesverfassungen
mit einlaufen oder auch wann in ökonomischen Sachen ein Haubtmaun
seiner Ambtsadministration halber zur Verantwortung gezogen werden
soll (welche alle hiebevorn ihre supremam instantiam in foro Regio ge-
habt, nunmehr aber von Sr. Ch. D, auch der Cognition des Ober-
appellationgerichts entnommen sind) ihre Provocation ad pares curiae,
wie dieselbe in decreto de a. 1609 enthalten, ungehindert nehmen möge.
(4.) Dass auch künftig die bürgerlichen Stellen im Hofgericht mit
Rechtsgelehrten, Doctoribus oder Liceutiatis besetzet und die Häuser der
ambtstragenden Personen auf kurfürstlichen Freiheiten von den Pfänden
liberiret, (5.) desgleichen auch die bei den Gerichten hin und wieder
deponirte Gelder aufs Ehiste restituiret werden mögen.
(6.) Weil die Zeit hero unterschiedene confusiones in jurisdictione
eingerissen und Einer oder der Andere a foro ordinario et competenti ad
incompetens gezogen worden, die Officiales fisci auch sich mehrer
Praerogativ, als ihnen die Landesverfassungen verstatten anmaassen, da
doch die Decreta de a. 1609 § „Quantum ad potestatem" p. 16 f. 2 aus-
drücklich wollen : „potestatem eorum in jure dicendo non aliam esse nisi
omnium jure agentium similem." Sie sind Anderen gleich ad solitam
juris et processus formam verbunden. Sie haben zwar eine genaue Zeit
hero durch unterschiedene praejudicata eingeführet, dass sie nee agendo
nee excipiendo anders als für dem Hoffgericht ihr forum haben dürfen.
Es hat aber allemal bei allen Landtagen allermeist aber a. 1641
E. E. Landschaft darwider gesprochen, insonderheit weil man gewahr
worden, dass mittelst dieses angemaasseten Prärogativ die actiones
fiscales sehr facil und gemein worden. Dannenhero S. Ch. D. nochmals
unterthänigst zu bitten, es gnädigst dahin zu richten, dass hinfüro einem
jedweden privato sein Forum gelassen und mit den officialibus fisci bei
dem Buchstaben angezogenen Decreti (worauf sich E. Ch. D. selbst in
dem Laudtagsabschiede de a. 1641 circa hunc casum gezogen haben)
sein Bewenden haben möge.
(7.) Bei der Criminalgerichtsordnung ist salvo ulteriori jure
vor dieses Mal demüthigst anzuführen') . . .
^) Die nun folgende Stelle deckt sich buchstäblich mit dem Passus „Bei der
Lebnssachen. Fiscale. Duelle. Lehnrecht. 135
(8.) Weil S. Ch. D. unter Anderem auch Dero getreue Stände unter
dem Edicto perpetuo zu hören gnädigst erkläret haben, als finden sie
folgende Stücke für dieses Mal zu erinnern und zu ändern hochnöthig,
1. dass das Edictum weiter nicht als allein auf die rittermässige Per-
sonen, als welche für anderen den Duellis ergeben, nicht aber auf ge-
meine Leute, dann dieselbe ordinaria juris via leichter coerciret werden
können, appliciret werde, 2. dass nicht eine jedwedere levis ofifensio
alsobald edictal und minimal gemachet werde, sondern dass zuvorhero
praevia denunciatione einer aus den Herren Oberräthen, als nämlich der
Herr Obermarschall, zwei aus den Hauptämtern und zwei aus dem
Appellationgericht auf kurfürstliche Edictalverordnung niedersitzen und
ob die causa nicht edictal, so hätten sie die Sache selbst summariter
hinzulegen und nach Befindung abzustraffen; wäre sie aber edictal
gefunden worden, dass sie alsdann dem Beleidigten assistentiam fisci
zugeben und sie alsofort ad forum edicti, nämlich ans Criminalhofhals-
gericht hinweisen möchten. 3. Obzwar causa duellorum publica sein
soll und Jedwedem ex populo anzugeben freistehet, so wäre doch vorhin
absonderlich der Wirth, da solcher Handel vorgelaufen, oder, da es in
keinem Hause, sondern etwan im Felde oder auf öffentlicher Strasse ge-
schehen wäre, dann in dessen Jurisdiction es geschehen und endlich
gar jedes Ortes Obrigkeit ad denunciatiouem zu obstringiren ; 4. endlich
dass auch für allen in diesen Sachen auf die erste Beleidigung gesehen
und dieselbe so nachdrücklich, damit dem beleidigten Theil die exceptio
defensionis seines Leibes oder guten Namens, die natürlich ist, oder auch
der probabilis justus dolor benommen sein möge, abgestraffet werde.
(9.) Ob zwar S. Ch. D. von keinem neuformirten Lehnsrecht
nicht wissen, so ist dennoch wohl dabei zu praecavieren , dass auch
unter dem Namen einer Einregistrierung der Lehn keine in dieses
Landes Rechten und Gewohnheiten unbekannte renovatio investiturae
eingeführet und der Consensus zum Verkauf Magdeburgischer und Lehn-
güter, weil sie ohne das gemäss den Landesverfassungen nicht kann
versaget werden, im Abwesen Sr. Ch. D. von den Herren Oberräthen
unweigerlich denen, welche sie suchen, ohne Steigerung der Kanzlei-
gebühr allhier ausgegeben werde.
Criminalgerichtsordnung . . ." (zu S. 70 und 71, Punkt 1) bis 4)) bis zu den Worten
„. . . disponiret, entgegenlaufen'' in dem Bedenken der Stände vom 27. März 1G62
(s. 0. S. 37 f.).
186 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
(10.) Bei gnädigst versprochener Beförderung der Ambtsjustiz
ist vor dieses Mal zu erinnern, dass Solches mit Nachdruck geschehe.
(11.) Wegen der beiden gewesenen Haubtleute von Oletzko
und Orteisburg ist E. E. Landschaft Meinung, nicht sie oder Jemand
anders zu justificiren, viel weniger — da Gott vor sei! — S. Ch. ü. zu
beschuldigen, als ob Sie dieselbe unschuldig condemniret hätten, sondern
bloss und allein, dass in processu nicht debite mit ihnen verfahren und
dass der Cognition die Straffe, wie rechtmässig die auch immer seie,
nicht hätte vorgehen sollen und umb deswegen wäre nochmaln bei
Sr. Ch. D. unterthänigst zu bitten, dass denenselben ordentlich Recht
gepflogen und hinfüro kein Hauptmann oder sonst Gesessener von Adel
oder Bürger, wann er nicht in recenti capitali crimine ergriffen, noch
sonsten de fuga suspectus ist, mit Arresten, Suspensionen oder anderen
straffmässigen Proceduren übereilet werden möge maassen ausdrück-
lichen im Decret de a. 1609 p. 105 f. 1 § „In omnibus" versehen: „Quod
suprema potesta juris processu procedere, non autem vi vel sub prae-
textu quocumque cuiquam bono adimere debeat."
Ad 13. Die Straffen, welche der höchste Gott über dieses Land
seiner Sünden halber geführet, hat E. E. Landschaft mit Quereleu nie-
malen exaggeriert, sondern hat bloss und allein die Fehler, welche da-
neben eingeschlichen, zu redressiren und den ungewöhnlichen Kriegs-
estat, welcher nach aufgehobener göttlicher Straffen billig auch aufhören
sollen, aufzuheben in aller Unterthäuigkeit gesuchet. Solches ist nicht
allein das Commissariat, sondern auch die Veränderung der gewöhn-
lichen Landesdefension und wollfundierten Kriegskommando, die gewor-
bene und noch stehende Völker und endlich die neu erbaueten Festungen.
Dass nun diese effectus belli nach erhaltenem Frieden auch aufhören
mögen, darumb haben Dero getreue Stände in ihren unterthänigsten
gravaminibus gebeten und eben dieses Bitten achtet E. E. Landschaft
nochmaln mit gebührender Bescheidenheit zu wiederholen hochnöthig,
gestaltsamb sie denn umb so viel desto mehr, weiln in der Abolition
aller dieser Stücke nicht mit einem Worte gedacht wird, annoch unter-
thänigst S. Ch. D. anzuflehen, dass Sie gnädigst geruhen wollen, nicht
allein den noch übrigen Rest der geworbenen Völker abzudanken und
die unerträgliche Einquartirung vom Laude, insonderheit aber von den
kleinen Städten, welche sie nunmehr in die 13 auf einander folgende
Monate allein getragen und beinahe von allem, ihren Vermögen gebracht
sind, gnädigst zu befreien oder da ja Solches wegen der Benachbarten
Amtsjustiz. Hauptleute. Armee. Festungen. Aufgebot. 187
gefährlichen Armatur noch so balde nicht geschehen könnte, dass den-
noch S. Ch. D. den Unterhalt derselben auf Dero getreue Stände nicht
ankommen lassen wolle.
Dieses Alles wird umb so viel füglicher und ohne Gefahr des
Landes geschehen können, wann zum (2.) S. Ch. D. zugleich die neu-
erbauete Festungen so woll im Lande, als die welche bei den Städten
Königsberg auf ihre Klapperwiesen gebauet ist und von ihnen zum
grossen Bedruck ihrer Freiheit und Handels angezogen wird, gänzlich
abzuschaffen und anstatt der geworbenen Völker die Ordinärlandesmiliz
nach den Landesverfassungen einzurichten und unter einem Landes-
obristeu, der possessionat und des Landes Einzögling seie, zu stellen,
auch die Freien, Krügere, Schützen, Kölmer, damit sie die Dienste des
Landes desto besser abwarten und versehen mögen, von den Schaar-
werken, welche die Zeit hero der Krieg über sie geführet hat, zu be-
freien und den Dienstpflichtigen so woll ihre hintersteilige Nachtgelder
reichen zu lassen, als auch dass ihnen bei künftiger Aufwartung dieselbe
unweigerlich gereichet werden solle, zu versichern gnädigst geruhen
werden. Sollte aber die Ordinarlandesdefension nicht zureichen, so haben
die beide Oberstände allbereit ein uuvorgreifliches Reglement des General-
auf bots Sr. Ch. D. in Unterthänigkeit übergeben, habens auch mit schul-
digem Dank zu erkennen, dass es von Deroselben in Gnaden aufgenommen
und bitten demüthigst es gnädigst dahin zu richten, dass auch die hierin
dissentirende Städte als Mitglieder des Landes ä proportion das Ihrige
zu solcher Zeit, wann der Feind noch nicht im Lande ist und von den
Gränzen abgehalten werden muss, beitragen mögen und im Uebrigen
das ganze Werk nach dem unterthänigst übergebenen Vorschlage in
Zeiten so einrichten, dass es auf den Fall der Noth ohne Hinderniss
zur Action gebrauchet werden könne. Womit aber die von Städten
nichts zu thun, sondern ihre Städte nach Möglichkeit vertreten wollen.
Weil auch bei verflossenen Kriegeszeiten ihrer Viele im Lande ihre
Ritterdienste, welche sie unter ihre gehörige Officirer zu zwei und mehr
Malen in natura gestellet oder auch mit Gelde gut gemachet, verloren
haben und Niemand, wo dieselben hingekommen sind, erfahren können,
als werden S. Ch. D. unterthänigst gebeten, dass ihnen gleichfalls hier-
über von denen zur Untersuchung des Commissariats verordneten Com-
missariis wider die Officirer gebührend Recht gepflogen werde.
(3.) So ist auch was die hospitationes coactivas betrifft unter-
thänigst zu erinnern, dass auch hierüber fürs Künftige einige zureichende
188 IL Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Versicherung gemäss der Stände habenden Rechten von Sr. Ch. D. aus-
gegeben werde.
Ad 14. Sie danlvcn für die Erl^läruug und warten mit Verlangen auf die
Verwirlilichung.
Ad 15. Diesen Punkt beschleusst E. E. Landschaft mit der unfehl-
baren Hoffnung, dass von Sr. Ch. D. nunmehro alle so woll im Geeinigten
Bedenken, als ii bergebenen Memorial enthaltene Desideria nebenst der
entworfenen Assecuration als wesentliche conditiones ihrer unterthänigsten
Verwilligung ^) werden erhöret werden.
') Eine schon längst versprochene kleinere Beisteuer sollte gegen Ende des Jahres
aufgebracht werden. Die Stände hatten 1656 der Kurfürstin bei ihrer ersten Reise
nach Preussen 20000 Thlr. überreichen wollen und da sie die Summe nicht baar zu
erlegen vermochten, eine Obligation darüber ausgestellt. (S. o. S. 154 Anm. 1.) Am
11. Mai 1662 (das Specialbedenken der Landräthe wurde der Ritterschaft am selben Tage
präsentiert, man war also sogleich schlüssig geworden) wurde ein Schreiben an die
Kurfürstin abgesandt, in dem man sie die Verzögerung zu entschuldigen bat und ihr
mitgetheilt, dass die Stände „die abermalige und endliche Anstalt verfüget, dass auf
nächstkommenden Martini oder vier Wochen hernach aufs Längste der Rest, so der
Pr. Rentkammer auf solche Summe nicht abgeliefert und in den Aembtern unabge-
tragen annoch stocket". Die Kurfürstin antwortete dankend (d. d. Cöln a. d. Spree
28. Mai 1662). In einem Geeinigten Bedenken (pr. 14. Juni 1662) ward dann noch
der Kurfürst gebeten, dass die Kosten, die von dieser Summe von der Rentkammer
anderweit verwendet seien, der Kurfürstin wieder zugeführt und die Quittungen dar-
über der Landschaft ausgehändigt werden mochten. Es möge bei Zeiten ein Aus-
schreiben in die Aemter erlassen werden um die Restanten einzufordern. Diese aber
sollen zu Vermeidung aller Confusion lieber an den Hauptkasten in Königsberg und
nicht in die Rentkammer eingeliefert werden. Wer die dazu bewilligten 15 Gr. von
der Hube nicht bezahlt, soll — ohne dass damit die Landschaft sich ein Präjudiz be-
schaifen wissen will — doppelt so viel geben, „welches duplum dann die erstfolgen-
den Tage nach Ausgang der vier Wochen nach Martini durch die Ambts- und Stadt-
obrigkeit exequiret und dem Landkasten zu gut beigeschaffet werden soll. Jedoch
muss E. E. L. hiebei uuterthänigst bitten, E. Ch. D. geruhen die gnädigste Verordnung
zu thun, dass so woll wegen dieses Donativs, als auch wegen der Landtagszehrung
die abgeschickte Amtsexecutores gebührende Bescheidenheit gebrauchen , in termino
executionis sich bei den Restanten in ihren Gütern angeben, mit nothdürftigem Essen
und Trinken zufrieden sein und in Entstehung oder Verweigerung der Zahlung mit
der Auspfändung vermöge Landrechtens a paratioribus den Anfang machen, welches
Pfand, wann es innerhalb 14 Tagen von dem Eigenthümer nicht gelöset, praevia taxa
der Ambtsgeschworenen, an denjenigen, der das Meiste davor giebet, zu Gelde ge-
schlagen, die Schuld dem Landkasten abgetragen und der üeberschuss dem Proprie-
tario wiedergekehret werden kann. Würde sich auch Jemand über Verhoffen solcher
rechtmässigen Ambtsaus])fändung widersetzen, derselbe wird billig vom kurfürstlichen
Mandatario fisci in casu hoc special!, sonsten eines Jeden ersten Instanz und fori
ordinarii ohne Nachtheil, bei dem Hoffgericht belanget und die verwirkete Straffe salva
Einquartierung. Altstädtisches Gericht. Warschau. Roth. 189
Dieses ist nebst göttlicher Hülfe das einzige Mittel, wodurch S.
Ch. D. alle noch übrige Schwierigkeiten unter den Ständen heben, das
Band der Einigkeit in gutem Vertrauen fester knüpfen und den lang-
w^ierigeu Landtagsverhandlungen den gewünschten Schluss ertheilen
können, so wie im Gegentheil, da Solches über alles Verholten nicht
geschehen sollte, E. E. Landschaft alle Hoffnung zu künftiger Glückseelig-
keit verlieren und aus allem Vermögen und Mitteln ihre unterthänigste
Verwnlligung ins Werk zu setzen oder zugesagter Maassen zu conti-
nuiren unfehlbar gesetzet werden müsste. Wie nun dieses eine unver-
diente Ungnade wäre, also ist sie eines Besseren in festem Vertrauen
gewärtig und werden nimmermehr ermüden in beständiger Aufrichtigkeit
und Treue zu verbleiben etc. etc. ').
Der Statthalter an den Kurfürsten. Dat. Königsberg- 14. Juli
1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Abfall der Altstädtischen Schöffen. Geldsendung nach Warschau. Intervention der
Landräthe. Zurückdrängvmg Roths. Wohlvcrhalten des Magistrats.]
Das Altstädtische Gericht ist zu den Missvcrguügten übergetreten. Es 1G62.
verlautbart, dass Deputierte, deren Namen dem Statthalter noch nicht bekannt ^^- ^^^i-
sind, heute oder morgen mit vielem in den Städten gesammelten Geld nach
Warschau abgehen sollen, und zwar Öffentlich. Er hat den Bürgermeistern die
Verantwortung dafür zugeschoben. Die Landräthe haben mit einem städtischen
Ausschuss conferirt, aber nichts erreicht. Man hat sie vielmehr aufgefordert
mit den Städten gemeinsame Sache zu machen. Die Stände haben ihr Respon-
sum -) auf die abolitio gravaminum eingeüefert, Avorin sie auf ihren alten postu-
latis bestehen. Der Statthalter hat erfahren, „dass gestern die Kneiphöfer auf
die Abschickung an l. K. M. bei jetziger (vermuthlich schon geendigter) War-
schauschen Couvocation auf Neue sehr gedrungen. Weiln aber dem alten
Rothe die freie Sprach und das öffentliche Reden, seit das Altstädtische Gericht
zu den andern gestossen und dessen Schöppenmeister das Wort führt, meist
geleget worden und sie sich allerseits nicht einigen können, als ist ihr De-
portione fiscalis dem Landkasten zuerkannt." Sollte nachher immer noch etwas an
den 20000 Thlrn. fehlen, so wird die Landschaft es aus den 50000 Thirn., die sie
sich von der Accise vorbehält, ersetzen.
') Vorangegangener Schriftwechsel: Bedenken der Landräthe pr. 13., der Ritter 19.,
der Städte 29. Juni 1662.
^) E. E. Landschaft uf die ausgebene Kurf. Abolitionem Gravaminum vereinigte
unterthänigste Erinnerungen. Praes. 13. Juli 1662. (S. o. S. 176 ff.)
190 IT- Der grosse Landtag von 1661 bis 1G63.
liberieren allemal ohne Frucht und endlichen Schluss abgangen. So viel Ruhmh
muss ich dem Collegio der gesambten Räthe dennoch beilegen, dass es sicli
bei diesen letzten Verwirrungen in den Schranken des Gehorsambs und Re-
spects beständig erwiesen, auch nicht unterlassen, der Gemeine deutlich vor-
zutragen, was man im Namen E. Ch. D. durch dessen Mitarbeit an solche öfters
gelangen lassen" ').
Statthalter und Oberrätlie an den Kurfürsten. Dat. Königsberg
14. Juli 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Scheitern des Bundes. Neue Sendung nach Warschau.]
16G2. Die Bürgermeister haben Folgendes berichtet. Die Gerichte und Gemeinen
14. Juh. }j-^])gjj erklärt, .,dass sie nie in den Bund gewilliget, denselben auch sofort ab-
gethan hätten", die fürgewiesene Absclirift sei nichts mehr als ein Concept.
welches etwa projectiret, dem aber sofort bei erster Verlesung widersprochen
worden , „hingegen sich dessen auch aller Convocationen enthalten, ... bei E.
Ch. D. Gut und Blut ufzusetzen, wenn nurt sie in ihren gravaminibus erhöret
und ihrer Privilegien genugsamb versichert würden, bereit sein wollten . . "
Gerichte und Gemeinden haben die Räthe gedrängt „ins Eheste und in weni-
gen Tagen zu resolvieren, ob sie zu ihnen treten wollten , dann sie möchten
zu ihnen treten oder nicht, wollten sie dennoch nach Warschau noch diese
Wochen abschicken, gestalt sie denn Solches bereit voran durch einen expressen
Courier I. M. und den Herren Senatoren zu wissen gemachet. Sie mussten
sich der Gelegenheit gebrauchen, der aditus zu Königl. Maj. wäre ihnen itzo
offen und sie könnten sich nicht davon abgeben, weiln sie hier keiner Erhörung
sich zu trösten hätten". — Die Räthe haben als Antwort auf das Protokoll
ein Schreiben an den Kurfürsten überreicht, in dem sie erst ihre Treue ver-
sichern, nachher aber die alten Gravamina vorbringen. Eine wirkliche Antwort
wird nicht ertheilt, die Bürgermeister haben nicht gewagt, das Protokoll der
Gemeinde mitzutheilen -).
') In einem zweiten gleichzeitigen Schreiben führt Radzivill aus, dass „der pol-
nische Hof die gegenwärtige Confusionen in allhiesigen Städten bloss zu dem Ende
favire und beschütze, umb E. Ch. D. damit zu schrecken und dieselbe vivente Rege
zu Beförderung der neuen Election, welche die Königin nimmer aus dem Sinn lasset,
desto leichter zu bringen". Der Kurfürst möge unter den polnischen Grossen Anhänger
gewinnen, insbesondere die beiden Kanzler und anderseits auch mit den Conföderirten
ein Einverständniss gewinnen.
^ Am 14. (24.) Juli erging auf die beiden Relationen der Bescheid, dass
ein Gutachten über die Gravamina ausgearbeitet werden solle, die Stände sollen
interimsweise dimittiert werden. Die Antwort der Stände an den König von
Polen ferner soll so abgeändert werden, dass sie ihrem Missfallen an dem Ver-
balten der Königsberger Ausdruck geben, dass sie nicht um Commissarien bitten,
I
Räthe. Bund. Sendung nach Warschau. Gegenmaassregeln. 191
Der Statthalter an den Kurfürsten. Dat. Königsberg- 20. Juli
1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Dimission der Stünde. Verhalten der Königsberger und Gegenmaassregeln.]
Die Bürgerschaft hat durch den Magistrat für ihren Deputierten nach 1662.
Warschau ') einen Reisepass erbeten und ist abschlägig beschieden worden. Die ^^' J"'i-
Oberstände haben nicht weiter auf Absendung des Schreibens an den König
von Polen gedrungen, sondern um Dimission gebeten. Sie ist bis zum 24. August
ertheilt worden. Einige von der Ritterschaft und von den Städten haben Wei-
terungen machen wollen. Das Schreiben Hoverbeck's vom 15. lässt erken-
nen, dass das letzte Schreiben des Königs durch Geld expracticiert und ohne
rechtes Wissen des Königs und des Grosskanzlers abgelassen ist und dass der
Irrthuni durch ein zweites Schreiben wieder gut gemacht werden soll.. — Die
Königsberger haben sehr gegen ihn , den Statthalter, lamentiert, dass er ihren
Deputierten zurückhalte. Man will ihn bei der Krone Polen denuntiieren. Der
Statthalter hat ausser den Reitern auch einige Rotten zu Fuss, die man aber
in der Stadt, um Schrecken zu erregen, für 3000 Mann ausgegeben-) bat,
Nachts patrouillieren, den Langerfeld'scben Krug am Pregel besetzen und einige
weil die doch kommen werden, dass die Klagen über Bedrückung fortfallen. Ein
zweites Rescript von demselben Tage befahl dem Fürsten, die Königsberger Abgeord-
neten sammt ihrem Convoy aufzuheben und zu diesem Zweck die Strassen nach dem
Ermland zu besetzen. Am 18. meldete der Fürst, dass er nach Besetzung der Fes-
tungen mit Infanterie, der Grenzhäuser mit Dragonern nur ,580 Pferde übrig behalte
und sich für zu schwach halte um den Ständen mit Gewalt entgegenzutreten; er
habe für .5000 Thlr. Getreide für die Garnison gekauft. — Das zweite Rescript (con-
cipiert von Meinders, gezeichnet Jena) vom 14. (24.) schärfte dem Statthalter noch-
mals ein alle vorhandene Mittel, auch die für den Civilstaat bestimmten, für die
Truppen aufzuwenden, kein Getreide in den Aemtern verkaufen zu lassen.
Schon am 4. (14.) war der Statthalter angewiesen worden, eine Liste der ver-
fügbaren Mannschaft einzuschicken, am 11. (21.) der Aufbruch des Kurfürsten mit
einigen Truppen als bevorstehend signalisiert.
^) Schon am 18. Juli 1662 hatten Statthalter und Oberräthe berichtet, dass die
Königsberger „abermalen nach Warschau geschicket und noch mehr nachzuschicken
Fürhabens Der alte Roth neben seinem Sohn und dem Löbenichtschen
Schüppenmeister Scbimmelfennig sein zu Deputierten ernannt." oOOO oder 4000 Thlr.
sollen dafür zusammen gebracht sein. Sie wollen sich von der hiesigen jungen
Bürgerschaft bis an die ermländische Grenze begleiten lassen, „von dannen sie her-
nach, wie ich von Etlichen berichtet werde, die zu Wormditt und Guttstadt liegende
Husaren umb eine Convoy ferner zu ersuchen gesonnen." Die Stände beharren auf
ihrer Fassung des Antwortschreibens.
^) In Wahrheit hatte der Statthalter nur 6 Compagnien Infanterie auf der Fried-
richsburg und der Schlossfreiheit disponibel. (Liste vom 20. Juli 1662.)
192 I^- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Bürger, die sich verspätet und dadurch Verdacht auf sich gezogen hatten, an-
halten lassen. Darauf haben die Kneiphöfer — angeblich aus Furcht vor einem
nächtlichen Einfall — drei Compagnien auf den Wällen vertheilt, Posten vertlieilt
und Stücke aufgepflanzt. — Vorgestern spät sind die drei Bürgermeister zu ihm
gekommen und haben versichert, sie hätten vergebens die Verstärkung der
Wachen zu hindern gesucht, andererseits aber die Zusicherung von dem grössten
Theil der Bürgerschaft erhalten, dass sie sich, solange kein Angriff der Kur-
fürstlichen erfolge. Er hat ihnen sein Wort gegeben, dass dies niclit ge-
schehen solle, bei irgend welcher Störung der Ruhe aber energisches Eingreifen
angedroht. Die Bürgermeister selbst wollen Nachts Ronde gehen, um „das
unbändige und theils berauschte gemeine Volk desto besser in den Schranken
der Gebühr zu halten". Grossen Eindruck auf sie hat die Warschauer Nach-
richt und die Mittheilung eines Schreibens gemacht, in dem der in Ermland
Kommandirende ^) dem Statthalter seine friedlichen Absichten versichert hatte ■).
— Am Tag darauf hat der Statthalter den in die Oberrathsstube geforderten
Deputierten der drei Räthe nochmals ins Gewissen geredet.
In einem zweiten eigenhändigen Schreibeü fügt der Stattlialter noch die
Nachricht hinzu, dass eine Schildwacht der Kneiphöfer, die sich zu nahe an
den Graben der Friedrichsburg gewagt, gefasst und durchgeprügelt worden ist.
Gerüchtweise verlautet, dass sie einen Cavalier aufführen wollen, um die Festung
zu bedrohen. Es ist Befehl ergangen, dies durch Geschützfeuer zu ver-
hindern^).
') Der junge Czarnecki, Sohn des Oberbefehlshabers.
-) D. d. Wormditt 19. JuU 1662: „Was die flüchtige Königsberger anlanget, als
sollte ich dieselbe unter mein Patrocinium nehmen, so ist mir Solches niemaln in
Sinn kommen. Vielmehr habe ich auch ohne Zuthun meiner Oberen die zwischen
I. K. M. . . und Sr. Ch. D. stehende Verbündnuss und Freundschaft in genauer Obacht."
^) Die unter dem 20. Juli 1662 vom Statthalter übersandte ^Liste der Völker,
welche wirklich in Sr. Ch. D. Diensten im Herzogthumb Preussen stehen" enthält
ausser den bei Droysen III 2'-^ S. 519 Anm. 651 abgedruckten Zahlen noch folgende
Uebersicht über die Dislocation der Truppen: „(Die Infanterie ist theils alibereit wie
folget verlegt, soll auch ferner wo nöthig verlegt werden.) In Braunsberg 700 M.;
Frauenburg 80 M. ; in der Pillau ohne die Ordinari- Garnison, welche in 450 M. be-
stehet, von dem Leibregiment 300 M. ; in Fischhausen die -1. Compagnie vom Leib-
regiment 160 M.; in der Friedrichsburg die 80 M. von der ßellicumschen Compagnie
und drei Compagnien von den Eulenburgischen, in Allem 380 M.; in der Memel zu
dem ordinär Besitz, welcher 300 M. stark 2 Comp, von den Eulenburgischen thut in
Allem 500 M.; in der Louisenschanz des Obristen Hallen Comp, von 80 M. Auf der
Freiheit von I. F. Gn. und dem Obristen Nettelhorst 200 M.; zu Defension des Til-
sitschen ist noch eine Comp, von dem Eulenburgischen Reg., welche im Fall der Noth
nothwendig wird in die Friedrichsburg geführt werden müssen. — Die Cavallerie ist
durchs ganze Land jetz verlegt, damit Sr. Ch. D. Unterthanen nicht mögen zu sehr
gedrücket werden. Im Fall der Noth haben sie ihr Rendezvous zu Wehlau. — Die
Dragoner stehen 1 Comp, in dem Fischhausischen und giebt Achtung auf den Strand
und battiret denselben. Die andern 3 Comp, liegen verstreuet von Oletzko an bis
I
Rüstung der Kneiphöfer. Schickung nach Warschau. 193
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg
21. Juli 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Roth. Indirecte Verhandlung mit der Gemeinde.]
Die Stände wünschten , dass während der Dimissionszeit Zusammenkünfte 1662.
in den Aemtern angeordnet würden. Der Statthalter hat sie hiervon mit grosser ^^- '^^^^'
Mühe abgebracht. — Roth hat, nachdem er die Unmöglichkeit, nach Warschau
durchzukommen, eingesehen, „dem gemeinen Mann vorgestellet, man AvoUte die
Stadt überfallen und ausplündern, dahero denn er an den Magistrat begehret,
dass die Bürgerschaft ufziehen, gewisse Plätze besetzen und mit starken Wachen
alart sein, auch die Stücke auf die Wälle geführet werden sollen". Der Magi-
strat hat dies der Regierung gemeldet, den Sinn aber nicht ganz hindern können;
er hat indessen eine Bürgerwache zugestanden, die ohne Trommelschlag auf-
ziehen soll. Auf der Hauptwache sind Nachts ein paar Rathsmitglieder. Die
Räthe haben um Abführung der Truppen gebeten, es ist ihnen geantwortet
worden, das könne nicht geschehen, es sei denn, dass „die Gemeine Wach-
ten abstelle, der Warschauischen Reise sich verziehe, des Rothen Person auch,
dass er nicht entgehen könne, sich versichere". Die Gemeinde hat durch den
Magistrat dagegen nochmals um den Pass bitten und im Verweigerungsfalle
erklären lassen, „die Gemeinde wollte den Roth und die Andern mit
500 Mann convoyieren und würde ihnen alsdann eine Convoye von den Con-
foederierten oder denen im Bisthumb liegenden Czarnecki'schen Völkern ent-
gegen kommen". Die Regierung hat die Eitelkeit dieser Hoffnungen ihnen nach-
gewiesen. Den Pfarrern ist verwiesen worden, von der Kanzel über Be-
drückungen zu sprechen. Die drei Pfarrer der Städte haben ihre Treue
betheuert.
Der Kurfürst an die beiden Oberstände. Dat. Frankfurt a. d. Oder
24. Juli 1662.
Ungezeichnetes Concept von Jenas Hand, Schwerin unterbreitet. R. 6. RR. 2.
[Vertrauen des Kurfürsten zur Treue der Oberstände.]
Es hat Uns Unser . . . der Freiherr von Schwerin nicht allein Euer 1662.
. . Schreiben von 7. huius weil eingeliefert, sondern dabei auch umb- " ' ^^ '"
Neidenburg und im Fall der Noth sollen sie verlegt werden: zu Tilsit aufs Schloss
60 M., zu Ragnit aufs Schloss 40 M. (die Wybranzen soll der Hauptmann auch auf-
fordern), auf Oletzko 50 M., auf Lyck 30 Mann, auf Johannisburg 80 und die Wy-
branzen, soviel ihrer sein; auf Orteisburg 40 M. sambt den Wybranzen; Neidenburg,
Soldau, Osterode, Mohrungen, Preussisch-Mark , Holland bleiben unbesetzet. Doch
werden S. F. Gu. sehen, dass Sie Labiau aufs Weinigste mit 40 Wybranzen be-
setzen können."
Mater, z. Gesch. d. G. KurfUrsten. XVI. 13
194 II- t)ei" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
stäüdlich referiret und geriihmet, wie devot Ihr Euch bishero gegen
Uns erwiesen, Wir haben auch niemalen andere Gedanken von Euch
gehabt, als dass Ihr mit unausgesetzter Treu fest und beständig Euch
an Uns halten würdet, dannenhero es Uns desto lieber gewesen, die
abermalige Versicherung dessen aus angeregtem Schreiben zu ersehen
und ob es sich zwar mit dem Schluss dieses Landtages über Verhoffen
etwas verweilet, so wollen Wir dennoch solchen Verzug keines Weges Eue-
rem Fürsatz, sondern vielmehr anderer allezeit dazwischen eingefallener
Verhinderung zuschreiben, wie Wir Uns dann auch gewiss versichert
halten, Ihr werdet das unterthänigste Vertrauen gegen Uns tragen, dass
Wir bishero nichts mehr gewünschet, dann diesen Landtag mit all-
gemeiner Vergnügung zu schliessen und dass die Langsamkeit des ge-
wünschten Schlusses von der Sachen Wichtigkeit und Unserm fernen
Abwesen, wie auch anderen in den Weg gekommenen obstaculis her-
rühre, gestalt Wir denn numehro gemeinet sein, die Sachen mit Ernst
fürzuuehmen und Euch ehistens eine solche Erklärung zukommen lassen
wollen, woraus Ihr Unser landesväterliches Gemüth zu vermerken Ursach
haben werdet, in gewisser und fester Hoffnung, Ihr werdet inmittelst in
Eurer bishero bezeugten unterthänigsten Devotion continuiren, auch Andere
von allerhand unverantwortlichen und weitläuftigen Gedanken und Für-
nehmen abmahnen und dadurch dieses Werk zu einem gemeinnützigen
Ausgang zu Eurem selbsteigenen und des ganzen Landes Wohlfahrt be-
fordern werdet, damit gegen Unsere Ankunft daselbst, welche Wir in
wenig Zeit vermittelst göttlicher Verleihung werkstellig zu machen ge-
meinet, Alles seine Richtigkeit habe und Wir mit Unsern getreuen
Unterthanen in Fried und gutem Vertrauen nach Unserm Wunsch leben
mögen . . .
Der Statthalter an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 25. Juli
1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Halsstarrigkeit der Gemeinde. Mahnungen der Prediger. Verhandlungen der Polen
mit dem Statthalter und Roth.]
1662. Die Gemeine will von der Schickung an den königlichen . . . Hof
^0. Juli, (^ungeachtet auch die Frediger von den Kanzeln und unter denselben
sonderlich der M. Lölhöven in der Alten Stadt sie von ihrer Empörung
zu dem schuldigen Gehorsamb ermahnen) nicht ablassen.
I
Oberstände. Roth und Czarnecki jr. 195
Die Mamiscliaft der Kneipliöfer ist nicht allzustark. Am vergangenen
Sonntag haben zwei polnische Officiere mit Roth und seinem Sohn eine lange
Conferenz gehabt. Nachdem der Fürst in Erfahrung gebracht, dass der eine
Czarneckis Fähnrich sei, hat er ihn zu sich kommen lassen. Der Fähnrich
theilte ihm mit, er wäre meist der Ursachen halber anhero gekommen
mich zu ersuchen, dass ihre Compagnie aus Braunsberg und Frauen-
burg, als zu Ermland gehörig, die gebührende Contribution, dann auch
in ihrem Rückmarsch nach Polen einen kurfürstlichen Commissarium den
Pacten gemäss bei sich haben möchte. Dieses letzte Begehren war
leichter zu bewilligen, denn das erste zu versagen, sintemalen ich be-
sorgen musste, dass er hierunter Ursach zu einigem Querulieren nehmen
würde. Ich gab ihm gleichvvoU keine andere Antwort, als dass ich nicht
weniger Courtoisie von ihnen, als E. Ch. D. Garnisonen von den con-
föderierten Völkern begegnet wäre; vermuthen und gewärtig sein könnte,
welche sich dergleichen Präteusionen willig und gern begeben, womit er
bald stillgeschwiegen und zufrieden gewesen. Wie aber Keiner von
ihnen des Rothen zu gedenken den Anfang machte und ich dem Fähn-
rich dieses Mannes Bosheit erzählete, bekannte mir derselbe, dass er sie
umb eine Convoy schon vor acht Tagen ersuchen lassen: es wäre ihm
aber von Leutenant Czarnecki und ihm selber, der mehr als dieser
junge Cavalier bei der Compagnie zu commandiren hätte, rund ab-
geschlagen, wobei er mich weiter versicherte, dass sie ohne des Königs
Befehl dergleichen nichts thun würden und ob sie schon bei dem Roth
hier in seiner Behausung gewesen, wäre es nur zufälliger Weise ge-
schehen, weil selbige nahe am Thore . . . und sie sich eines bequemen Gast-
hauses ... bei ihm erkundiget. Gestern aber ist der junge Roth mit
oft berührtem Fähnrich, dem bald darauf die Kneiphöfer ein Fässchen
Alekant und etwas Gewürz zur Verehrung ins Losament geschicket, in
der katholischen Kirche wieder zusammen gewesen.
|: Ueberhaupt sucht der polnische Hof dem Kurfürsten bei Frankreich und
Schweden zu schaden. Er, Radzivill, hält die Landstrassen den Bürgern, die
keinen Pass haben, geschlossen und will danach trachten, Roth am "Wegreisen
zu hindern, und hat dazu auch noch Cavallerie an die Stadt heran gezogen.
— Es ist aber unmüglich, dass durch dergleichen Mittel, wann in dem
Haubtwerk zu der Preussischen Stände Befriedigung nicht bald etwas
Nützliches verrichtet und der übrige grösste Theil in beständigem Ge-
horsam erhalten wird, wie lange bestehen mögen. — Der Festung fehlt
es an Bier; es mangelt an Geld für die Cavallerie. :|
13'
196 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg
25. Juli 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Aufregung der Kneiphöfer. Vergebliches Hüfsgesuch bei den Polen. Rohdes
Agitationen.]
1662. Die Kneiphöfer kommen im Juukerliof zusammen, trotzdem die Räthe ver-
l5. Juli, spi'ochen haben, alle Versammlungen zu verhindern. Trotz des Verbots zieht
ihre Wache mit rührendem Spiel und fliegender Fahne auf. Sie haben den
jungen Czarnecki um 3 Compagnien zu Fuss und 2 Compagnien Husaren ge-
beten. Ein polnischer Leutenant hat eine abschlägige Antwort gebracht. Von
Roths Plänen erfahren die Bürgermeister nicht mehr als alle anderen Leute ^).
Die Altstädter und Löbenichter sind nicht so hitzig Avie die Kneiphöfer.
Roth „fingiret täglich was Neues, fürnemblicheü des polnischen Hofes
faveur in dieser Sachen den Gemeinden imprimierend gleichsam, selbiger
etwas monstri würde herfür bringen. Dann verfället er weil auf die
Conföderirte oder noch andere, wie er Diesem und Jenem das Maul zu
füllen vermeinet. Nun will er die Accise entzwischen stellen, gleichsamb
E. Ch. D. mit Gew^alt dieselbe exigiereu wollte, welche gleichwoll die
Gemeinde alle einmüthig verschworen zu willigen bei ihrem Höchsten,
was sie beschweren könnten. Unter solchen Dingen malet er dem un-
verständigen Pöbel soviel vor, dass sie dessen überredet sein, als wann
kein treuerer Patriot als Rohde im Lande zu finden^).
^) Bürgermeister und Räthe der drei Städte wurden durch Rescript vom 14. (24.)
Juli 1662 belobt für die erwiesene Devotion. „Und weiln Uns genugsamb bekannt,
wie besagte Bürgerschaft Uns jedes Mal so treulich affectionnieret gewesen, so wissen
Wir gewiss, dass wann ihr nur die falsche imd widrige Impressiones benommen
würden, sie die ersten sein würden, welche über dergleichen hochschändliche Ver-
führer klagen und sich von ihnen absondern werden. Es ist Uns dieser Unserer
guten Stadt Aufnehmen allezeit zum höchsten angelegen gewesen. Wir haben auch
noch keine grössere Sorg, als welcher gestalt die zerfallene commercia wieder restabi-
liret werden möchten, und weiln man anitzo im Werk begriffen den Landtag durch
Ausfertigung der desiderierten Stücke glücklich und zu allgemeiner Vergnügung zu
schliessen, so befehlen Wir Euch gnädigst, die Bürgerschaft treulich zu verwarnen,
dass sie solchen Schluss mit dergleichen Dingen nicht aufhalten und sich vielmehr,
als treuen und devoten Unterthanen zustehet, gegen Uns bezeugen." Bürgermeister
und Räthe der drei Städte antworteten darauf, sie dankten für die Gnade und bäten
zugleich, doch alle Beschwerden, insonderheit die Accise, abzustellen (Schreiben an
den Kurfürsten vom 25. Aug. 1662).
^) Aus weiteren Berichten desselben Datums ist zu entnehmen, dass der Statt-
halter inzwischen noch Dragoner und Reiter in die Stadt gezogen hat und dass ein
kneiphöfischer Stadtkapitän dem Roth den Gehorsam verweigert hat. Der Statthalter
Roths Demagogik. Königliches Schreiben. Die Räthe. 197
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg
28. Juli 1662.
Aiisfertig-ung. R. 6. RR. 2.
[Das königliche Schreiben. Weigerung der Bürgermeister Roth zu verhaften. Stim-
mung der Gemeinde. Bitte um Zurijckziehung der Truppen und um Copie des könig-
lichen Schreibens. Bescheid. Die drei Stadtpfarrer. Die Cernirung. Nichterhebung
der Accise].
. . . haben wir die Bürgermeister der hisigen Städte Königsberg den 16G2.
25. dieses vor uns erfordert und das königliche Schreiben vom 20. " " " ''
dieses ') . . . ihnen vorlesen lassen , auch dasselbe ihnen in die Hände
gegeben, damit sie des Reiches Insiegel erkennen sollten, mit angehäng-
ter Vermahnuug zu Continuierung in beharrlicher Devotion gegen E.
Ch. D. und dass sie, der Magistrat, sich des Rothen Person . . . ver-
sichern oder ja zum Wenigsten die Gemeine von ihm abziehen sollten.
Sie haben mit Versiclierung ihrer bisherigen und zukünftigen Treue geantwortet.
Des Rothen Person sich zu versichern stünde nicht in ihren Händen,
könnte auch ohne grosses Unwesen nicht werkstellig gemachet werden.
Sie wünscheten von Herzen, dass Roth viel Tausend Meilen von ihnen
wäre. Die Gemeine belangend, wären vielen derselben die Augen schon
eröffnet und sähen woll, dass Roth viel zu weit gangen, deswegen sie
sich auch von ihm absonderten. Es würde sich Alles woll geben und
würde das Unwesen woll von ihm selber fallen, baten, dass die Soldateska
so umb die Stadt verleget, möchte abgeführet werden, so würde die
Bürgerschaft, so sich einer Ueberrumpelung und Plünderung besorgte,
die Wachen, derer sie schon überdrüssig, woll einstellen, suchten auch
eine Abschrift königlichen Schreibens.
fragt an, ob er Roth aus der Bürger Jurisdiction in Arrest nehmen soll (in dem Re-
script vom 21. Juli nach Schwerins Entwurf [s. u. S. 199] hat er dann detaillierte Vor-
schriften zur Verhaftung Roths erhalten). Das Schreiben des Königs von Polen vom
20. Juli, in dem der König sein Festhalten an den Verträgen betont, alle Missdeu-
tungen früherer Schreiben ablehnt, ist er im Begriff zu publicieren. (Das Schreiben
ist abgedruckt bei Baczko V. S. 484; die Adresse ist falsch, es war an die Ober-
räthe und an die Stände zugleich gerichtet.) Ueber die Erlangung des Schreibens
vergl. Hoverbecks Bericht vom 21. JuU 1662 (Urk. und Act. IX. S. 370). Am
28. wird berichtet, dass die Bürgermeister versichert haben, es stünde nicht in ihrer
Hand Roth in ihre Gewalt zu bringen, am 1. August, dass die Rathsdeputierten
wiederum — vergeblich — um Zurückziehung der Truppen und sodann um Auf-
schiebung der Accise bis zur Fortsetzung des Landtages gebeten.
1) S. 0. S. 196 Anm. 2.
;^gg II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Das erste Begehren wurde abgelehnt; „wenn man sich wegen der Ab-
schickung nach Warschau, dass dieselbe sollte eingestellt werden, erklären
würde, sollten sie allsofort abgeführet werden". Das Schreiben soll erst den
Ständen, dann ihnen abschriftlich mitgetheilt werden. Die Bürgermeister ver-
sprechen es „mit dienlicher Remonstration" an die Bürgerschaft i) zu bringen.
Die drei Pfarrer haben von Ungehorsam abgewehrt.
P. S. (Des Statthalters allein.) Ueber die Auffassung des polnischen
Hofes von den preussischen Angelegenheiten braucht man nicht verwundert
zu sein, „es ist zu muthmaassen, dass diesen dergleichen und andere
Opinionen noch mehr folgen dörften, weil ein Jeder von unserem Zu-
stande nach seinem Gutdünken in die Welt schreibet. Inmittelst wird
kein Mensch auf den Strassen vor der Stadt beleidiget, noch Jemand
aufgehalten, der einen Schein, wer er sei und wohin er reist, vorzeiget.
Das Landvolk passiret hin und her ungehindert, wenn nur kein Un-
verdächtiger [sie] auf ihren Wagen sitzet, wie dann der junge Roth zwei
Mal also fortzukommen tentiret und schon vor dem Brandenburgischen
Thor gewest sein soll. Ich hab dem Magistrat gestern abermal wieder-
holet . . . [folgen die obigen Vorschläge], selbige aber getrauen [sie]
nicht Solches zu erhalten,
Umb die Eröffnung der Malz- und anderen Mühlen wird immer solli-
citiret, jedoch mit dem Beding, keine Accise bis Landtagsbeschluss zu
bezahlen, gestalten auch selbige in den Kreisen von den adelichen
Mühlen fast nirgends begehret, noch eingenommen wird und ist dem-
nach ausser Zweifel, dass die ganze Landschaft ihre Willigkeit ungeachtet
der Einrichtung so lang zurückhält, bis sie auch von E. Ch. D. in ihren
desideriis gnädigste Erhörung bekommen.
Der Kurfürst an den Statthalter und die Oberräthe. Dat.
Colin a. d. Spree 21. Juli 1662.
Concept von Sturms Hand, korrigirt und gezeichnet von Schwerin. R. 6. RR 2.
[Landtagsabschied. Anweisungen für die Verhaftung Roths. Unnachsichtige Erhebung
der Accise.]
1662. Es ist daran zu zweifeln, dass das von ihnen übersandte Projekt zu einem
31. Juli. Landtagsabschiede bis zum 24. August durchgegangen und fertig gestellt werden
^) In einem eigenhändigen Brief vom 27. schreibt Radzivill, die Bürger seien
durch die Nachricht von der bevorstehenden Reise des Kurfürsten und von dem Ab-
rücken der Czarneckischen Völker etwas kleinmüthiger geworden. Als dann bekannt
geworden, dass die Post nichts von des Kurfürsten Aufbruch gebracht habe, sind sie
„wiederum rasend worden".
Cernierung Königsbergs. Mühlen. Roths V^eihaftung. 199
kann. Es wird ihnen anheim gestellt, den Termin für die Wiederzusammen-
kunft der Stände hinausziisclüeben, „damit gegen ihre Ankunft Alles fertig sei
und ihnen ausgeantwortet werden könne". Alles Billige soll gewährt werden.
. . , j: Und weil auch endlich der Rath selbst zugestanden, dass
Roth und etliche wenige assecti (?) dieses Werk angesponnen und
anuoch fomentirten, als haben Ew. Ld. und Ihr es nunmehro dahin zu
richten, damit dieselben quovis modo zur Haft gebracht und alsdann
rechtlich wider sie verfahren werde, wobei dann Ew. Ld. und Ihr dem
Rathe remonstrieren könnet, dass dieses das einzige Mittel wäre, wo-
durch die Andern, so sich nicht wenig ihrer Misshandlung theilhaftig
gemacht, bei Uns wiederumb ausgesöhnet werden könnten. Wir wollen
auch hoffen, weiln der König von Polen numehro in dem letzteren
vom 20. Juli abgelassenen Schreiben gezeiget, dass das vorige von
Rothen gerühmte Schreiben nur expractisiret sei, es werde die Bürger-
schaft, daferne sie nicht gar den Namen getreuer Unterthanen verlieren
wollen, solcher gottlosen Leute, welche die ganze Stadt in Unglück
stürzen könnten, sich nicht annehmen ... So wollen Ew. Ld. und Ihr
dieses Ihre einzige und fürnehmste Sorge sein lassen, damit der Roth
sammt seinen assectis inhaftiret w^erde, wie Wir dann nicht zweifeln,
wann es nur recht wird angegriffen werden, es wohl gelingen werde.
Und sollte ja wieder Verhoffen die Bürgerschaft sich widersetzen, so
müssen wir es endlich dahin gestellet sein lassen. Solches ihren vorigen
Verbrechen zuschreiben und auf die Bestrafung desto mehr bedacht sein.
Die Art, wie diese Leute zu bekommen, wollen Wir Ew. Ld. und
Euerem Gutfinden anheimb stellen. Wir halten unter Anderem auch da-
vor, dass man zugleich, wann dieses vorgenommen werden soll, die [sie]
Rath, Gericht und Zunft hinauf fodert und wann denn kegen diejenigen,
so die Inhaftirung thun sollen, etwas vorgenommen würde, man die-
selbe dakegen anhalten könnte. Es könnte auch einer von Ansehn mit-
geschicket werden, der den Tumultuierenden zuredete und anzeigte, dass
es Unser Befehl sei. Inmittels wollen Ew. Ld. und Ihr Alles und Jedes,
was Sie und Ihr von Rothen und seinen assectis vernehmet, zu Papier
bringen lassen, damit man sich dessen künftig desto besser bei dem
Process bedienen könne. :|
Bei der Accise wollen Ew. Ld. und Ihr numehro desto fester be-
harren, auch denen Windmüllern vor denen Städten andeuten lassen,
daferne sie einiges Korn ohne Accise mahlen werden, dass Wir Uns
dessen Allen an sie erholen wollen und da sie es nicht in ihren Gütern
200 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
haben, sie es mit ihrem Leibe bezahlen sollen, gestalt dann auch Ew.
Ld. und Ihr zu verordnen habet, damit alles Getreidig, so die Bürger-
schaft ausser denen Städten auf Andere Mühlen schicken wird, hinweg-
genommen werde, dem Magistrat aber, wie auch andern vom Lande, so
sich etwan dar einfinden möchten, können Ew. Ld. und Ihr fest ver-
sichern, dass AVir ihre beständige Treue und Devotion nicht unerkannt
sein lassen werden, zu welchem Ende Wir auch Uns mit Ehestem, ge-
liebts Gott, auf die Reise nacher Preussen begeben und deren Lande
zeigen wollen, wie Wir nichts mehres desideriren, dann dass solches in
vollen Flor und Aufnehmen wieder gebracht werde.
Der Kurfürst an den Statthalter. Dat. Colin a. d. Spree 21. Juli
1662.
Concept von Sturms Hand, korrigiert und gezeichnet von Schwerin. R. 6. RR. 2.
[Zur Verhaftung Roths. Acciseerhebung.]
1662. Der Kurfürst ist mit seinen Vorsichtsmaassregeln durchaus einverstanden;
31. Juli. Yi^f.]^ der Verhaftung sollen die Gefangenen gleich nach Memel geschickt werden.
Alldieweilen auch der junge Czarnecki sich also affectionnieret erwiesete,
so wollen Ew. Ld. demselben versichern, dass Wir mit würklicher Dank-
barkeit Solches zu vergelten nicht vergessen werden, wie dann Ew. Ld.
demselben wohl etwas Namhaftes versprechen mögen, wann er durch
die Seinigeu von denen Rädelsführern, im Fall sie aus Königsberg weg-
kämen, anhalten und Uns überantworten lassen wollten.
Ueber die Accise wollen Ew. Ld. ernstlich halten, auch in alle
drei Kreise herumbzuschicken und sehen lassen, ob auch dieselbe ein-
gerichtet sei und so es etwa an einem oder andern Orte ermangelt, die-
selben Uns namhaft machen.
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg
1. August 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Beunruhigendes Gerücht. Begehren der Königsberger Räthe: Strassenverlegung, Ac-
cise. Bescheid der Oberräthe. Mängel bei der Accise. Ständisches Schreiben an den
König. Die Schickung nach Warschau. Polnische Zettelungen.]
1662. Es ist dieser Tagen durch des Reinhold Nauwarken Schützen ein
^^" falsch Gerücht hie ausgesprenget worden, ob sollten in dem Ponartischen
Walde nahe bei dieser Stadt etzliche Stück Geschütz vorhanden sein
Czarnecki jr. Beunruhigendes Gerücht. Verlangen der Räthe. 201
wider die Stadt zu gebrauchen, welches bei dieser ohne das argwöhni-
schen Bürgerschaft allerhand widerwärtige Impressiones verursachet, in-
sonderheit weil selbiger Schütz gerichtlich . . . Solches ausgesaget. Wir
haben alsofort dem Nauwarken anbefohlen den Schützen anhero zu
stellen, w-elches auch geschehen und ist derselbe allhier in Verhaft,
giebet aber vor er habe solches von Soldaten gehöret. Ob er nun
Solches von ihm selber erdichtet oder als ein einfältiger Kerl von An-
deren überredet worden, wird die fernere Untersuchung geben. Indessen
siehet die Bürgerschaft, dass sie sich von einem einfältigen Kerl haben
was aufbinden lassen, welcher anitzo vor Gericht gestellet und nach
Befindung soll abgestraffet werden.
Den 28. Juli gaben sich Deputierte von den hieigen [sie] Käthen . . .
bei uns an, baten 1.) dass die von uns ihnen ertheilete Resolution (so hierin
bestünde, dass die umb diese Stadt auf die Strassen verlegte Truppen
sollten abgeführet werden, wenn man Versicherung thuu würde, dass
die Abschickung nach Warschau sollte eingestellet werden und man sich
deswegen des Rothen Person würde versichern) ihnen ex protocollo
möchte extradiret werden, 2.) dass die Accise bis zum völligen Schluss
des Landtages möchte ausgestellet werden.
Den ersten Punkt belangende, haben wir uns erinnert, dass sie, die
Deputirte vom Rath, ihr mündliches Beibringen vom 18. passato, darin
der Bürgerschaft Widersetzlichkeit abgemalet, ihrem V^ersprechen nach
schriftlich eingeben sollten und alsdann fernerer Resolution sollten ge-
wärtig sein. Worauf sie gestriges Tages uns zwar eine Schrift so sie
ein Protocollum genannt übergeben. Weil wir aber in Verlesung der-
selben Schrift befunden, dass nicht das mündliche Anbringen der De-
putirten so sehr darin enthalten, als dass man habe gesehen auf die
Entschuldigung der Bürgerschaft ihrer Attentaten, die Handlungen dar-
innen confundiret, theils ausgelassen, hergegen hineingesetzet, was nicht
vorgegangen, als haben wir ihnen selbige Schrift mit gebührender Re-
monstration zurückgegeben. Das begehrte Protokoll, weil selbiges in
wenig Worten würde bestehen, würde, in Anmerkung selbiges ad instan-
tiam der Zünfte wider alle Gewohnheit begehret werde, nicht dürfen
extradiret werden. Sie sollten nur ihren Pflichten gemäss die Bürger-
schaft von ihrer unbefugten Schickung nach Warschau ab- und zu schul-
diger Devotion gegen E. Ch. D. anmahnen, welches sie dann auch noch-
mals bester Maassen zu thun versprochen.
Den andern Punkt die Accise belangende: alldieweil dieselbe von
202 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
den sämbtlichen Landständen ausserhalb der einigen Stadt Königsberg
wäre bewilliget, von E. Ch. D. aus gar erheblichen Ursachen bekräftiget
worden und auf der Execution bestehe, könne davon keinesweges abge-
treten werden. Mit solchem Bescheide haben wir sie von uns gelassen.
Weil sie aber unter Anderm beigebracht, dass man mit der Accise
in sie nicht dringen könnte, weil dieselbe auf dem Lande annoch zum
Effect nicht wäre gebracht worden, haben wir alsofort die Kastenherren,
welche wir eben deswegen verschrieben hatten, vor uns erfordert, umb
zu vernehmen, woran es gelegen, dass die Accise annoch zu keinem würk-
lichen Effect gebracht wäre worden, welche zwar anfänglich erwähneten,
dass theils im Lande sich damit entschuldigten, dass sie die Accise mit
der Condition, dass alle Gravamina zuvor abgestellet wären, ihren Depu-
tierten zu willigen in instructione mitgegeben hätten, welche Deputierte
ihnen aber noch zur Zeit keine mündliche Relation in den Aemtern ab-
gestattet hätten. Diese Entschuldigung aber kunnten die Kastenherren
nicht billigen, sondern gestunden selber, dass die Accise nicht auf solche
Condition gewilliget, sondern vielmehr, dass man damit E. Ch. D. habe
entgegen gehen wollen, die abolitionem gravaminum dadurch zu facili-
tiren. Die Behündernüssen und eräugende Mängel bei der Accise, wie
auch wegen Remedirung derselben Gutachten, haben wir ihnen anbe-
fohlen aufzusetzen und ohne Säumniss dieselbe einzugeben, damit alle
obstacula an die Seit geräumet und Niemand zu seiner Entschuldigung
ichtwas zu prätendiren haben möge. ^)
^) Noch vor Empfang dieses Schreibens am 4. Aug. (25. Juli) 1662 war ein Re-
script des Kurfürsten abgesandt, in dem er mittheilt, dass er seine Abreise beschleu-
nigen werde, und nochmals befiehlt, Roth zu verhaften. „Dahero Wir dann an Ew.
Ld. freundohmlich gesinnen, Euch aber gnädigst anbefehlen, Alles wohl zu über-
legen und gewisse Personen zu einer solchen Zeit, da man sich am Wenigsten Zu-
laufs des Volks zu vermuthen nach seinem Hause abzuordnen, auch einen Bedienten
von Qualität zugleich in die Gegend des Orts in einer Karosse zu schicken, der auf
den Fall, wenn etwa die Bürgerschaft zuliefe, ihnen gütlich zuspräche, dass sie sich
nicht unterstehen sollten. Solches zu verwehren, weil es Unser ernster und beständiger
Befehl wäre, den Inhaftierten auch kein Unrecht widerfahren, sondern nach Recht
wider sie procediret werden sollte, zu welchem Ende dann auch solchen Bedienten
ein offenes Patent, worin dieses Alles enthalten, mitgegeben und auch eine Straffe
wider alle diejenige, so sich hierin opponiren würden, angedeutet werden könnte.
Sollte aber . . . von der Bürgerschaft etwas Thätliches wider die Bedienten vorge-
nommen und sie mit Gewalt, dem sie nicht widerstehen könnten, verwehret werden,
so hätten sie zwar nach gethaner Bedräuung, was denen, so dieses verhindert, daraus
entstehen würde, auch Verzeichnung ihrer Namen sich wiederumb zurücke zu begeben,
Ihr aber Unsere Oberräthe sollt auf solchen Fall unterdessen mit Poenalmandatis wider
Accise. Sendung nach Warschau. Polnische Zettelungen, 203
. . . Wir besorgen aber, es möchten die Stände zu keiner Aende-
rung ihres Schreibens [an den Königj zu bringen sein, auf welchen Fall,
wie wir uns zu verhalten haben mögen, geruhe E. Ch. D. . . . Resolu-
tion uns zu ertheilen.
Die Gerichte und Gemeine der hiesigen Städte . . . beharren noch
auf der Abschickung nach Warschau und sind keinesweges davon abzu-
bringen, zu welchem Ende sie allbereit 4000 Rthlr. bei den Zünften
liegen haben, die Fuhrleute sind schon bedungen und stehen Wagen
und Pferde fertig zu der Reise. Es sind zwar die Strassen umb die
Stadt mit etzlichen Truppen verleget: wir besorgen aber, dass durch
keine Wachsamkeit die Reise werde können behindert werden, weil man
sich heimlich durchzuschleichen bemühet und obgleich die Personen
möchten eingehalten werden, so stehet doch zu besorgen, dass Roth
durch Schreiben an seinen Bruder, einen Jesuiten, allerhand Unheil zu
machiniren nicht unterlassen werde.
Sie bitten den Kurfürsten zu kommen.
P. S. Vernehmen wir, dass nicht wenig Polen unter dem Prätext
ihrer Privatverrichtungen allhier aus- und einreisen, welche glaubwürdigem
Bericht nach mit Rothen heimlich zusammen kommen. Wann wir denn
besorgen, es möchte durch dieselbe ichtwas Präjudicierliches E. Ch. D.
machiniert werden, bitten sie um Instruction.
Der Statthalter an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 1. August
1662.
Eigenhändiger Brief. R. G. RR. 2.
[Innerliches Einverständniss der Oberstände mit den Städten.]
, . . Mir dünket, dass Alles ein woU überlegtes und angelegtes 1662.
Werk ist, indem die zwo [sie] Oberstände, welche pro forma E. Ch. D.
die Souveränität und Accise bewilliget haben, denen Städten, welche sich
1. Auff.
die Stadt bei Verlust der Gerichte fortfahren und Euch daran durch Bedräuung nicht
verhindern lassen. Wüssten aber Ew. Ld. und Ihr ein ander bequemes Mittel diese
Leute zu bekommen, so stellen Wir Solches Ew. Ld. und Euch anheimb . . ." Die
Pfarrer sollen belobt werden; „diweil Wir aber zugleich berichtet worden, dass ein
Theil der Kapellanen sowohl auf den Kanzeln als auch sonsten gar das contrarium
thun und die Bürgerschaft noch immer weiter animiren, so werdet Ihr deshalb glei-
chergestalt genaue Information einziehen und zu einer neuen Verordnung davon Be-
richt thun".
204 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
ZU keinem von den beiden Stücken verstehen wollen, nicht allein durch
die Finger sehen, sondern auch durch ihren Comporteraenten so viel zu
verstehen geben, dass dieser Stadt procedure ihnen nicht unangenehm
ist, so dass sie nur das eingegangen sind, was sie gewusst haben, dass
die Städte nicht bewilligen werden. Aus der Accise auf dem Laude
wird nichts und die grossen Herren, ob sie schon geschworen haben,
sehen es gerne. Denn aller der bösen Leute Absehen ist, dass E. Ch.
D. alle Mittel etwas zu tentiren mögen benommen werden. Der Adel
saget, wir wollen nicht ärger tractiret werden als die Bürger; weil sie
die Accise nicht zallen wollen, so wollen wir es auch nicht thun, und
die Bürger sagen, weil man auf dem Lande nichts zallet, warum sollen
wir dazu gezwungen werden. Wegen der Souveränität schiebts auch
Einer auf den Andern und wenig Leute meinen es redlich. Wo E. Ch.
D. länger ausbleiben werden, so wird der Sache nicht mehr zu helfen
sein. Doch stelle ich Alles in E. Ch. D. gnädiges Belieben^).
4. Ausr.
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königsberg
4. August 1662.
(Pr. Cölhi a. d. Spree 30. Juli [9. August]). Ausfertigung. R, 6. RR. 2.
[Berufung des kleinen Consiliums. Berufung der Unternehmungen der Bürgerschaft.
Zweimalige Verwarnung der Räthe.]
1662. Nachdem wir vernommen, dass die hiesige Königsbergische Gericht
und Zünften zu gänzlicher Einstellung ihrer vorhabenden Reise nach
Warschau und dannenhero entstandenen, unbesonnenen Attentaten nicht
zu bringen, haben wir die vier Hauptämpter nebenst den hiesigen dreien
Bürgermeistern zu uns erfordert, ihre Meinung und rathsame Gedanken
zu vernehmen, wie solchem Üebel zu steuern und das daraus besorgliche
Unheil abzuwenden sein möge.
Ob es nun zwar nicht gewöhnlich, in annoch währendem Landtage
das kleine consilium, wie es genennet wird, zu verschreiben, so hat
dennoch die Wichtigkeit der Sachen wie auch die besorgliche Gefahr,
die nicht allein den hiesigen Städten, sondern auch dem ganzen Lande
das ausserste Verderben andräuet, dieses Mittel uns an die Hand gegeben.
1) Ein Rescript vom 8. Aug. stellte darauf dem Statthalter frei, Reiter und Dra-
goner wieder fortzuziehen von der Stadt, nachdem er schon am 27. Juli gemeldet
hatte, dass die Czarneckischen Trupen aus dem Ermland zurückgezogen und die
Bürger dadurch etwas kleinmüthiger geworden seien.
f
üeble Gesinnung der Oberstünde. Kleines Consilium. Bürgermeister. 205
Die Burgermeister, ob sie zwar der Städte Bestes zu suchen ver-
pflichtet, haben dennoch auch E. Ch. D. einen Herren -Eid geschworen,
sich auch also verhalten, dass man in ihre Treue und Devotion gegen
E. Ch. D. keinen Zweifel zu setzen habe. Wie nun die Erforderte,
(ausgenommen der Vogt zai Fischhausen, welcher wegen tödtlicher Krank-
heit seiner Ehefrauen, und der Hauptmann uf Tapiau, der schwerer Lei-
besunpässlichkeit halber nicht erscheinen können) den 1. huius sich ge-
horsambst eingefunden, ist ihnen die Proposition, (derer Inhalt Ew. Ch.
D. aus der Beilage in Gnaden zu vernehmen geruhe) in der Oberrath-
stuben gethan, darauf auch sowohl das königliche an uns Oberräthe und
die sämmtlichen Stände, als auch E. Ch. D. gnädigste Schreiben und
zwar das eine an die beiden Oberstände den Hauptämbtern, das andere,
an die hieige Räthe der dreien Städte Königsberg haltende, denen Bür-
germeistern gebührendermaassen eingeantwortet worden.
Sie beklagten sämbtlich die entstandene Unruhe, bedanketen sich
für die Sorgfalt zu Abwendung des besorglichen Unheils, so daraus er-
wachsen könnte, erboten sich, zu Verhütung fernerer Besorglichkeiten ihr
weiniges Bedenken beizubringen und nach Vermögen sich dahin zu be-
mühen, dass solches Unwesen gänzlich gestillet und hingeleget werden
möge. Nur baten sie, dass die andern beede Hauptämbter, oder auch
die andern Land-Räthe, so sich in der Nähe befinden, schleunigst möchten
verschrieben werden, welches wir auch bewilliget. Die Burgermeister
konnten dem, was proponiret ward, nicht widersprechen, nur des Schrei-
bens halber, das an den Czarnecki sollte abgegangen sein, bezeugten sie
höflich, dass Ihnen nichts davon wissend, sie auch nicht davon gehöret
hätten, könnten auch eine solche Unbesonnenheit nicht glauben. Ward
ihnen aber, dass man deswegen gewisse Schreiben vorzuzeigen hätte,
beantwortet.
Die Abschickung nach Warschau wollten sie etzlichermaassen suchen
zu bescheinigen, dass die Zünfte nur dahin sehen, ihren dissensum zu
bezeugen und Ihrer Königlichen Majestät Declaration darüber zu erhalten.
Worauf ihnen aber von den anwesenden Hauptämbtern geantwortet: Sol-
ches wäre allbereit geschehen, sie die Zünfte hätten ihren dissensum in
ihrem Schreiben an Ihre Königliche Majestät zur Genüge bezeuget, dar-
auf auch Ihrer Königlichen Majestät Declaration erhalten und konnte man
nicht absehen, was man durch die vorhabende Abschickung zu suchen
gemeinet. Die Schuld dieses Unwesens könnte nicht anders als grossen-
theils der Bürgerschaft zugemessen werden, indem man ganz unnöthig
206 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
solche Aufziehuiig auf die Wachen ungewöhnlicher VV^eise angestellet,
und wüssten selber nicht, wider wen. Man könnte leicht ermessen, was
dieses Beginnen für widerliche impressiones bei E. Ch. D. verursachen
könnte. Bäten uns derowegen, dass dieselbe müglichstermaassen ver-
hütet werden möchten, welches wir ihnen auch, so viel ohne Verschmä-
lerung E. Ch. D. Hoheit und Respect geschehen könnte, versprochen.
Folgenden Tages, war der 2. huius, gaben sich Deputirte aus den
hiesigen dreien Käthen bei uns an, beibringende der Gerichte und Zünfte
Erklärung auf das königliche an uns Oberräthe und sämbtliche Stände
ergangene Schreiben, welche vornehmlich hierin bestünde.
Es hätte die Bürgerschaft bei dieser ihrer Bedrängnüss nicht durch
ein, nicht durch zwei, sondern durch vielfältige Schreiben ihre Noth an
Ihre Königliche Majestät bringen müssen.
Wann sie dann nicht w-üssten, ob Seine Königliche Majestät sie for-
dern oder Commissarien schicken oder was sie thun werde, müssten sie
Königlicher Majestät Resolution erwarten, indessen könnten sie sich nicht
aus ihrer Stelle rühren. Bäten dahero, dass die Strassen umb die Stadt
freigelassen und die Soldaten möchten abgeführet werden.
Wir haben dieses der Gemeine Beginnen hart verwiesen, mit ange-
hängter Bedräuung, es werde der Gemeine, dass man Verbrechen mit
Verbrechen cumulire, schwer zu verantworten fallen, sie sollten sich er-
klären, dass die Reise nach Warschau würde eingestellet werden. Wann
man uns dessen versichern würde, wie auch wegen des Rothens, dass
er zu solcher Abschickung nicht sollte gebrauchet werden, sollten die
Soldaten alsofort abgeführet werden. Worauf sie sagten, sie könnten
Solches nicht thun, könnten nicht mehr ausbringen, als ihnen anbefohlen
wäre.
Den 3ten huius erforderten wir die drei Bürgermeister zu uns, be-
gehrten zu wissen, was man auf das königliche wie auch auf E. Ch. D.
gnädigstes Schreiben sich erkläret. Man wäre abermal in Erfahrung
kommen, dass die Bürgerschaft im Kneiphöfischen Junker- Garten bei-
sammen wäre, worauf sie zur Antwort gaben, sie hätten der Bürgerschaft
alles Ernstes die Zusammenkünfte verboten, sie hätten auch versprochen
sich deroselben zu enthalten, es wäre auch wider die Transaction de a.
1620. Es würden vielleicht die Kneiphöfischen Bürger nur allein wegen
des königlichen Schreibens, so ihnen gestriges Tages wäre vorgetragen
worden, beisammen sein, E. Ch. D. gnädigstes Schreiben würde ihnen
morgen publiciret werden.
Verwarnung tier Büigermeister. Verweis für die Oberrüthe wegen der Accise. 207
Was gestern von den Deputirten allhie wäre vorgebracht worden,
dasselbe wollten sie allerdings nicht gestehen, sondern sagten ausdrück-
lich, es hätten die Deputirte die Sache nicht recht eingenommen. Es
wären nicht viel Schreiben an die Königliche Majestät, wie man es aus-
gebracht, sondern kaum eines und das andere und nur privato nomine,
keines aber sei publico nomine im Namen der Gerichte und der Gemeine
au den König abgangen, wie Solches der Altstädtische Schöppmeister
zeugen würde. So wollten sie auch von den königlichen Kommissarien
das Geringste nicht wissen, es wäre nicht ein Wort davon gedacht worden.
WMr haben sie mit guter Ermahnung zu beharrlicher Devotion von
uns gelassen, trauen auch der Bürgermeisterer Relation mehr als der
Deputirten.
Die Landräthe sind anitzo in deliberatione begriffen, wie solches
Unwesen abzuwenden. Das beste Mittel aber hiezu ist E. Ch. D. hoch-
ansehnliche Präsenz, welche allein vermag die verrückten Glieder in
vorigen Stand zu setzen und Alles zu beruhigen.
Dero, Gott gebe, glückliche Anherkunft wir von Herzen wünschen,
empfehlen dieselbe hiemit göttlicher Manutenenz zu beständigem, kur-
fürstlichen Wohlergehen gehorsambst und treulich verbleibende . . .
Der Kurfürst an den Statthalter. Dat. Colin a. d. Spree
28. Juli 1662.
Concept, gez. Schwerin. R. 6. RR. 2.
[Für die nachlässige Einziehung der Accise sind die Oberräthe verantwortlich.]
... So wollen Wir von Unseru Oberräthen durchaus ferner nicht 1662.
gewärtig sein dass sie desfalls [der Acciseerhebung wegen] einige Diffi- ^^"
cultäten vorwenden, sondern im Fall dieselbe in Stocken geräth, die
Verantwortung bei ihnen suchen. Wir wissen gar woll, dass gar Wei-
nige alldort sein, die Uns mit willigem Herzen dienen und Unser Inter-
esse mit Eifer fortsetzen. In dieser klaren Sach aber kommt es auf die
Willfährigkeit nicht an, sondern es muss ein Jeder durch Unsere Regie-
rung zur Beobachtung seines Ambts ernstlich angehalten werden. Und
mögen Uns Ew. Ld. diejenigen Oerter nur nennen, woselbst die Accise
difficultiret würde, so wollen Wir schon solche Anstalt machen, dass
Andere sich daran spiegeln sollen . . .
7. Aug-.
208 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Der Kurfürst an den Statthalter und die Oberrätbe. Dat.
Colin a. d. Spree 28. Juli 1662.
Coucept, gez. Schwerin. R. 6. RR. 2.
[Monitum für die Kastenherren. Schreiben an den Rath von Kneiphof. Abolition
der Gravamioa. Zeitpunkt der Landtagseröffnung und der Abreise des Kurfürsten.]
1662. . , . Sonst vernehmen Wir nicht mit geringer Bcfrömbdung, dass
e.s sich noch au der Accise stosse und Wir nach lang und vielfältig Uns
gethaner Zusage daraus noch nichts erheben können. Derowegen Wir
an Ew. Ld. hiermit freundlich gesinnen, Euch aber gnädigst anbefehlen
nicht allein an alle Aembter schriftliche Verordnung förderlichst ergehen
zu lassen, besondern auch die Kastenherren vor Ew. Ld. und Euch aber-
maln zu erfordern und ihnen anzudeuten, dass Wir zwar des beständigen
Vorsatzes seien, dieselben in ihrer Administration im Geringsten nicht
zu turbiren, besondern darin den Reversalen praecis nachzuleben, im
Falle Wir aber ferner die geringste Nachricht erhalten sollten, dass des-
falls noch einige Opposition vorginge, so würden Wir gedrungen, wegen
Nichthaltung der Stände und gemeldter Kastenherren Versprechens solche
Leute zu bestellen, welche Uns die Accise alsdann wohl beibringen wür-
den. Wir wollten Uns aber dessen nochmaln zu ihnen gnädigst versehen,
dass sie ... Uns zu einiger anderen Anordnung keine Ursach geben.
Falls die beiden vorigen Rescripte noch nicht ausgeführt sind, sollen sie
dem Rath der Stadt Kneiphof das beifolgende Schreiben überreichen und
„ihnen darbei andeuten, dass im Fall sie unserer höchsten Ungnade ent-
gehen, die Stadt vor Ungelegeuheit bewahren und dieselbe bei ihren
Privilegien erhalten wollten, so sollten sie den aufrührerischen Rothen
hergeben und sich durch dessen Vorenthaltung seines höchst strafbaren
Verbrechens selbst nicht theilhaftig machen. Wann auch weiter Polen
in die Stadt kommen und mit Rothen conversicren sollten und Ew. Ld.
und Ihr davon gewisse Nachricht hätten, so werden Ew. Ld. dieselben
alsdann zu sich nöthigen und aufm Schloss verwahrlich beibehalten lassen
und desfalls an den König schreiben.
Was Wir in beikommendem Rescript') wegen Abolierung des grössten
Theiles der gravaminum an Ew. Ld. und Euch . . . gelangen lassen, Sol-
ches werden Sie und Ihr nicht allein ehist w^erkstellig, sondern auch
Solches sowohl in denen Städten als aufm Land ehist bekannt machen,
0 An Statthalter und Oberrätbe vom 28. Juli (7. Aug.) 1662 s. u. 8. 221 Anm. 1.
Verweis für die Kastenherren. Kneiphof. Gravamina. 209
damit also ein Jeder erfahre, wie Wir gewiss sein ihnen alle billige
Satisfaction widerfahren zu lassen. . . . hoffen Wir anjetzt dennoch,
nachdem Wir Uns diese Sachen ausführlich vortragen und bis dahero
daran fleissig arbeiten lassen, dass darin kein Mangel sein werde. So
werden Ew. Ld. und Ihr es bei dem benannten Tage nur bewenden lassen.
Der Kurfürst hofft um dieselbe Zeit von Berlin aufbrechen und wenn die zweite
AboUtion durch die Stände gegangen ist, in Königsberg ankommen zu können.
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königs-
berg 8. August 1662.
Ausfertigung. R. G. RR. 2.
[Vorschläge der Landräthe. Ihr Erbieten nach Warschau zu schicken; Poenalmandat;
Versammlung der Bürgerschaft. Schreiben der Oberräthe an den König. Bescheid
der Oberräthe.]
Die Landräthe haben mündlich ein Bedenken vorgebracht. Erstlich 1662.
baten sie die Sache dahin zu richten, dass uff die Urhebere dieses Uu- "^'
Wesens gesehen, zwischen denselben und den Verführeten ein Unterschied
gemachet werden, dann auch, dass der Unschuldige mit dem Schuldigen
es nicht entgelten möge. Ueber dieses, weil die Städte sich anklagen,
dass sie in keinem Stück erhöret würden, baten sie, dass die abolitio
gravaminum und die assecuratio privilegiorum möglichster Maassen be-
fordert werden möchte. Weil man auch vernehme, dass zu solchem
Unwesen nicht geringen Anlass gegeben habe das königliche an hiesige
Zünfte abgelassene Schreiben, als würde hochnöthig sein, allda am Kö-
niglichen Hofe die Vorsehung zu thun, dass hinfüro nichts dergleichen
expracticiret werden möge. Zu Hintertreibung der Abschickung nach
Warschau, dafern die Gerichte und Zünfte nochmals darauf beharren
würden, wären sie erbötig auf E. Ch. D. gnädigste Bewilligung Je-
manden aus ihrem Mittel dahin abzuschicken und ihren dissensura
wider der Städte Vorhaben zu bezeugen. Dieses hielten sie auch hiezu
gar erspriesslich zu sein, dass wir an S. K. M. ehestes schreiben möchten,
dass die Auswirkung solcher Schreiben verhütet, auch dafern sich Je-
mand der Zünfte halber angeben würde, demselben kein Gehör ver-
stattet, sondern abgewiesen werden möchte.
So vermeinten sie auch, dass die Abführung der Soldaten von den
Strassen umb diese Stadt die Bürgerschaft, welche die Verlegung der
Strassen für eine Bloquade gleichsam hielte, sehr besänftigen würde.
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfiirsteu. XVI. . X4
210 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Doch müsste hierin auf E. Ch. D. Hoheit, wie auch auf des Landes
Sicherheit gesehen werden. Die Hoheit E. Ch. D. würde genugsamb
conserviret, weil die Abschickung allbereit behindert, die Convocation in
Polen auch ihre Endschaft schon erreichet, wenn die Abführung auf lu-
tercession der Landräthe und genügsame Erklärung der Bürgerschaft ge-
schehen möchte. Des Landes Sicherheit würde beobachtet, w^enn sie sich
erklären würden, dass sie aller Correspondenz mit frembden Völkern sich
äussern und enthalten wollten. Die Abschickung könnte ihnen auch
durch ein starkes Poenalmandatum auf etzliche tausend Dukaten ver-
boten werden.
Die Accise belangende thaten sie diesen Vorschlag, dass sie erstlich
von ihrem unrechtmässigen condictamine abzubringen und einem Jeglichen
nach seinem Belieben sein Getreidigt mahlen zu lassen freistehen möchte,
dann dass das Getreidigt auf Freizettel möchte gemahlen werden, solcher-
gestalt, wann es bei der Accise sein Bewenden haben würde, laut dem
Freizettel die Accise sollte entrichtet werden.
Scliliesslich befänden sie rathsamb zu sein, dass die Räthe, Gericht
und Gemeine anhero zu uns in Gegenwart der Landräthe möchten er-
fordert werden, den Gerichten und der Gemeine ihre unbesonnene Pro-
ceduren scharf verwiesen, was ihnen darauf stünde, vor Augen gestellet,
sie von der Abschickung nach Warschau ernstlich abgemahnet werden
möge, sich des Rothen nicht zu gebrauchen, auch der Correspondenz mit
frembden Völkern sich zu äussern. Sie, die Landräthe würden alsdann
ihr Missfallen an solchem der Bürgerschaft Beginnen zu bezeugen nicht
unterlassen.
Sie, Statthalter und Oberräthe, haben die Landräthe über die Vergeltung,
die der Kurfürst nehmen würde, beruhigt, auch erklärt, dass die abolitio und
die Assecuration sicher ertheilt werden würden. Auf den Vorschlag, an den
König') zu schreiben, sind sie eingegangen, haben einen Entwurf gemacht, ihn
1) Ueber das Verhältniss des Königs zum Kurfürsten in diesen Tagen vergl. das
Sctireiben Johann Casimirs an Friedrieb Wilhelm vom 5. Aug. 1662 (Pufendorf IX
§47). Die Verbesserung Droysens (III. 2^ S. 519 Änm. 655) ist nicht ganz ver-
ständlich. Erstlich hat Baczko (V. S. 485), gegen den er sich richtet, weder an der
angegebenen Stelle noch sonst irgendwo den Brief abgedruckt, sodann ist die Ver-
besserung Droysens selbst falsch. Die Stelle lautet in dem von dem Könige eigen-
händig unterschriebenen und durch ein Insiegel bekräftigten Schreiben (R. 6. RR. 2.) :
„tum Nostra quoque, quam prae se ferunt hactenus, reverentia." Die gesperrten
Worte sind unterstrichen. Die von Droysen als richtig citierten Worte finden sich
in dem Originalschreiben überhaupt nicht. Pufendorf (IX § 47) schreibt bis auf
Verwarnung der Burger. Landräthe. Oberräthe an den König. Accise. 211
dem Director des Landrathskollegiums zu lesen gegeben und schicken ihn jetzt
ein ^). Das Anerbieten nach Warschau zu schicken haben sie mit Dank angenom-
men. „Der Vorschlag aber wegen des Poenalmandati wäre uns bedenklich, weil
ihr der Bürgerschaft Ungehorsamb in notorietate bestünde, die sich wohl rühmen
dürften, sie hätten allbereit 61 Poenalmandata bekommen. So könnte auch mit
ihnen, als die allbereit die Waffen ergriffen, kaum jure oder durch Schriften ge-
handelt werden." Die Besetzung der Strassen haben die Oberräthe nur unter
den alten Bedingungen aufheben wollen. Den Vorschlag, es sollten Accisefrei-
zettel ausgegeben werden, haben sie abgelehnt, „weil die Bürgerschaft, wenn
sie viel schuldig wäre, desto schwerer zur Accise zu bringen. Wir
schlugen diese Condition vor, dass man die Accise erlegen sollte, würde
aber E. Ch. D. ein gewisses Quantum von den Städten Königsberg an-
nehmen, könnte das, was erleget, davon abgekürzet werden. Die Bür-
gerschaft vor uns zu erfordern, wäre nicht thunlich, sie wäre nicht in
solchem Stande, dass man gütlich mit derselben reden könnte. Wir
stelleten es ihnen anheimb, ob sie Jemanden ihres Mittels committiren
wollten, der Bürgerschaft ihr unbesonnenes Beginnen zu verweisen und
zum schuldigen Gehorsamb anzumahnen, doch dass Solches von Uns nicht
herkäme, welches sie auch willig annahmen.
die irrelevante Umstellung von hactenus ganz esact. Dahin ist auch ürk. u. Actenst.
IX S. 379 Anm. 1 zu verbessern.
') . . . „Consulum quidem fides intemerata. Plebs vero tribunitiis cujusdam
Rothii hominis desperabundi concionibus ac turbulentia agitatur consiliis et ne cri-
mini desit velamentum, praetexitur libertatis ac privilegiorum ratio, cum tarnen du-
rantibus adhuc conciliis provincialibus exemplo omnium ordinum temerarios hosce
contuberniorum ausus maxime improbantium debito modo quaerere sit integrum gra-
vaminum abolitionem. Nee de ea dubitandum, cum jam maxima pars abolita et
transmissa, caetera vero quae restant brevi subsequentur. Quoniam vero occasione
certarum litterarum, quas ... in alienum sensum detorquent, non obstante luculenta
Regiae mentis declaratione, insolentius agunt publicamque turbare tranquillitatem
non desinunt, absente Serenissimo officii nostri existimavimus et boni
quoque publici causa S. K.M. Vestram humillimo animi affectus rogare, ut ejus-
modi turbatoribus in posterum omnis aditus praecludatur nee Regiae patescant aures,
sed ut ad observationem pactorum et debitam praestandam oboedientiam remittantur.
Quod uti foederis ac communis ratio quietis postulat, ita S. R. M. Vestram petitis
hisce nostris aequissimis, facilem locum clementissime concessuram humillime confi-
dimus . . . heisst es in dem Entwurf der Oberräthe, mit Einschluss der von Jenas
Hand angebrachten Correcturen und Zusätze (zu letzteren gehören auch die oben ge-
sperrten Worte).
14^
212 11- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Der Kurfürst an den Statthalter. Dat. Colin a. d. Spree
29. Juli 1662.
Concept gez. Schwerin. R. 6. RR. 2.
[Nauwarks Schütze. Bedingungen für die Zurückziehung der Truppen und nochma-
lige Verhandlung über die Accise. Acciseerhebung. Verhältniss zu Polen.]
Gegen des Nauwarks Schützen soll scharf procediret werden, damit em
Exempel statuirt wird. Wann auch die sämbtHche Bürgerschaft anloben
würden, dass sie sich der Schickung und Schreiben nach Warschau be-
geben, auch Rothen und seine assectas extradiren wollten, so könnten
Ew. Ld. nicht allein die Reuter und Dragoner hinwiederumb wegnehmen,
besondern auch Vertröstung thun, dass wegen der Accise noch wohl auf
andere Art mit den Städten tractiret werden könnte und sie sich auch
sonsten Unserer Gnade in viele Wege zu versichern hätten. Ausserhalb
dem aber wollen Ew. Ld. ferner, wie Sie augefangen fortfahren, auch
sich nicht scheuen, alle diejenige angreifen zu lassen, welche die Bürger
durchzuhelfen sich unterstehen möchten, sie sein von den Conföderierten
oder des Czarnecki Völkern.
. . . Und w^eil die Accise von den Ständen gewilliget, so kann nu-
mehr der Mangel nicht mehr an den Ständen sein, sondern Ew. Ld.
haben sich an die Bediente zu halten und denselben bei hoher Straffe
anzubefehlen, dass sie darunter nichts versäumen sollen.
Die Judicia des Königl. Polnischen Hofes müssen Wir an seinen
Ort gestellt sein lassen und wird man zu seiner Zeit noch wohl erkennen,
was Unrecht man Uns damit thue. Unterdessen wollen Ew. Ld. nicht
unterlassen, sowohl selbst öfters an den König und Königin zu schreiben
und L Maj. zu Gemüth zu führen, dass man Uns dergestalt tractire, be-
sondern auch Unserm Gesandten daselbst dem von Floverbeck fleissig zu
communiciren, was da vorgehet, und dabei erinnern, es dahin zu richten,
dass sich die Bürgerschaft darin betrogen fände, als wann man am pol-
nischen Hofe das letzte Schreiben nur pro forma abgehen lassen und
man die Pacta zu vidiren gedächte . . .
Nauwarks Schütze. Blockade. Äccise. Polen. Neue Trappen. 213
Der Statthalter an den Kurfürsten. Dat. Königsberg
8. August 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Das Gerücht von des Kurfürsten Ankunft. Mitzubringende Truppen. Acciseerhebung.
ünzuverlässigkeit der Amtshauptleute. Vermittlungsversuch einiger Landräthe. Schwie-
rigkeiten von Roths Verhaftung. Hinausschiebung der LandtagseröfFnung.]
Soviel beginnet dennoch das Geschrei Dero Hereinkunft zu wiriven, 1662.
dass Mancher schon gelinder als vor wenig Wochen redet und bessere '^"^
Worte giebet') ... Anlangend sonsten die Zahl der Völker, welche
E. Ch. D. mit hereinzunehmen gedenken, so zweifle ich nicht, dieselbe
werde hierunter eine solche Moderation zu brauchen gnädigst belieben,
dass sie ohne Bedrückung des Landes insonderheit der Ritterschaft sub-
sistiren könne, weil daraus widerigen Falls eine unausbleibliche Materi
zu neuen Klagten entspringen wird. Er schlägt vor, das Leibregiment
zu Fuss, „weil es in 1200 M. bestehen soll und die Garde zu Pferde
mitzubringen, und dadurch „allen ferneren Jalousien" vorzubauen, ange-
merket E. Ch. D. hohe Person und der daher rührende Respect in diesem
Dero Herzogthumb nächst Gott mehr als viel Regimenter verrichten und
Nutzen schaffen, beneben über dieses |: jüngst schon berichteter Maassen
500 Reuter und 400 Dragoner im Felde ohne die Garnisonen zu ge-
brauchen sein werden.
Von den Einkünften der neuen Accise und denjenigen, die sie be-
zahlen oder in ihren Mühlen richtig einnehmen lassen, kann ich noch
nichts Gewisses melden, denn sowohl der Adel als die kleine Städte,
wie die Beilagen des Magistrats zur MemeP) und Tilsit bezeugen, sich
solcher fast durchgehend eximiren ungeachtet der geschehnen Einwilli-
gung und aller ergangenen Publicationen und Rescripten. Was aber von
den Bäckern aus hiesigen Städten an Getreidig in die benachbarte Mühlen
zu Defraudation der Accise geschicket wird, das hat man dieser Tagen
') Am 4. noch hatte die Bürgerschaft erklärt, nicht nachgeben zu können, und
zugleich die Aufhebung der „Bloquade" verlangt. (P. S. zum Bericht des Statthalters
vom 4. Aug. 1662.)
-) „Weil aber I. Ch. D. Ihr gnädigst gefallen lassen, den annoch währenden Land-
tage bis zum 24. dieses zu suspendiren, als haben E. F. D. wir untertbänigst und
demüthigst anzuflehen, E. F. D. geruhen gnädigst, dieses Werk bis dahin und der
Stände des Landes ferneren Zusammenkunft zu verschieben" heisst es darin ohne jede
weitere Begründung, (ßath und Gericht zu Memel sambt der Gemeine an den Fürsten-
Statthalter vom 4. Aug. 1662.)
214 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
anhalten und beschlagen lassen, wie wohl Solches mehr Klagen und
Ungeduld als Gehorsamb bei den Insassen verursachet und kann die
Nothdurft an Brot zum täglichen Auskommen aus Mangel des Mehls
kaum mehr augeschaffet werden, ]: worüber ich mich am Meisten einiges
Tumults der populace befahren muss. :j
Die Beibehaltung des Getreides, so diese Ernte in E. Ch. D. Aembter
und Höfen gesamblet werden möchte ist zwar nach Dero gnädigen Wil-
lensmeinung anbefohlen, ob aber die Parition von den Haupt- und Ambt-
leuten erfolgen wird, davor darf ich nicht caviren, weil ich aus der Er-
fahrung weiss, dass in solchen Fällen der Civilestat dem militärischen
vielfältig vorgezogen worden.
An die allhiesige Bürgerschaft lassen wir heut, durch einige allhier
anwesende Landräthe, welche zu ihnen auf das Rathhaus als vor sich
und aus eigener Bewegnüss gehen werden, zum Ueberfluss setzen und
sie ermahnen, dass sie gegen Oeffnung der Mühlen und Aufhebung der
umb die Stadt stehenden Wachten, die ihrigen sambt der Schickung
nach Warschau gleichmässig einstellen, wie nicht weniger sich des Rothen
versichern und zu der Accise bis auf E. Ch. D. anderweit gnädigste
Erklärung bequemen wollten.
Da aber sie alle bisher gebrauchten Persuasionen länger ausschlugen,
werde ich mich derjenigen Mittel wider gedachten Rothen, ungeacht er
sich sehr eingezogen hält und ihm in seinem hinter dem Thurm an der
Honigbrück gelegenen Haus als vom Schloss zu weit abgelegen ohne
Gefahr und besorglich Misslingen nicht woll beizukommen, mit möglich-
ster Vorsichtigkeit gebrauchen . . . ')
P. S. ... Soviel im Üebrigen den 24. Aug. zu der Stände Wie-
derzusammenkunft betrifft, haben wir mit dem Baron von Eulenburg als
Directore des Landraths schon abgeredet, es dahin zu richten, damit das
CoUegium umb die Prolongation des Termins selber anhalte, angemerket
die Ernte gegen selbige Zeit erst recht einzufallen pfleget, und wenn
Solches von uns käme nur neue Ombragen daraus entstehen möchten.
') Von Roths Agitationen meldet ein eigenhändiges Schreiben Radzivills vom
gleichen Datum: „Der Roth hat ausdrücklich gestern gesaget, dass E. Ch. D. nicht
kommen könnten, man solle sich davor nur nicht fürchten. Er wusste, E. Ch. D.
konnte hier nichts zu leben mehr aus der Accise haben, und wenn man die nicht
bewillige, so müssten E. Ch. D. draussen bleiben. Der Mensch ist ganz rasend und
suchet seine Ruin."
I
Amtsgetrekle. Zusammentritt d. Landtags. Nauwarks Schütze. Königsb. Mühlen. 215
Der Statthalter an den Kurfürsten. Dat. Königsberg
11. August 1662.
Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Bestrafung des Schützen. Bitte der Konigsberger Räthe um Freigebung der kuV-
fürstlichen Mühlen. Von der Accise kommt nichts ein.]
. . . Soviel nuu des Nauwarken Schützen betrifft, soll selbiger diesen 1G62.
Morgen nach dem Spruch des Peinlichen Halsgerichts, seine Lügen vor ' "^'
der Residenz öffentlich widerrufFou und hienach eine Ruthe in der Hand
haltend von dem Scharfrichter durch die drei Städte geführet und aus
solchen verwiesen werden. — Wegen des Rothen und seiner Verhaftung
bin ich mit den Herren Oberräthen allbereit in unterschiedlichen Confe-
renzien zusammengewesen und weilen dessen wällige Extradierung von
der Bürgerschaft ganz nicht zu verhoffen, als denken wir den allerprak-
tikabelsten Mitteln nach, wie er ehist ohne grossen Tumult ergriffen und
nach Memel gebracht werden könnte, wovor ich dann insonderheit alle
mögliche Sorgfalt trage . . .
Sonsten haben uns die Bürgermeister aufs Neue umb Eröffnung der
hiesigen Malz- und einer anderen E. Ch. D. zuständigen Mühl im Neu-
häusischen, welche den hiesigen Bäckern verarrendiret ist, inständig er-
sucht und auch durch mein eigen Interesse, weil eine gedachte Malzmühl
von E, Ch, D. eines gewissen Vorschusses halber verpfändet worden,
desto eher darzu bewegen wollen. Wie ich ihnen aber geantwortet, dass
das privatum dem publico weichen müsste und sie beneben auch von
den Herren Oberräthen den Bescheid bekommen, dass nicht allein die
kurfürstliche Mühle im Neuhäusisclien den Bäckern, sondern mehr andere
im ganzen Lande vielen vornehmen Leuten aus gewissen Contracten ein-
geräumet wären, darinnen man gleichwohl zum Nachtheil der Accise
nichts verstatten könnte, seind selbige trostlos davon gegangen und
bleibet demnach unser Zustand in beschwerlichen schlechten terminis,
die zu deren Abhelfung E. Ch. D. hohe Gegenwart umb so viel mehr
erheischen und verlangen, als meines Erachtens nicht rathsamb, in sol-
cher gefährlichen Zerrüttung der Sachen länger zu leben und fortzufahren.
Das Acciswesen und dessen Einkünfte belangend ist davon bis dato
das Geringste nicht eingekommen und da schon endlich etwas erfolgen
möchte, so werden doch ohne Zweifel die Stände und Oberkastner den
Scrupul haben, dass E. Ch. D. noch nicht verordnet, wofür die Gelder
216 II- Dpi" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
verwandt und auf wessen Assignation sie ausgezalilet werden sollen,
welchem vorzubauen ich Deroselben gnädigem Belieben anheimb gestellet
sein lasse . . .')
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Köuigsberg-
11. August 1662.
Praes. Colin a. d. Spree 6. (16.) August. Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Conferenz der Landräthe mit der Bürgerschaft. Günstige Erklärung der Altstädti-
schen Gerichte. Unentschlossenheit der üebrigen. Roths Unwillen.]
1662. In einer Conferenz, die anwesende Landräthe mit den Bürgern gestern ab-
11- Aug. gehalten haben, hat der Altstädtische Schöppenmeister mit vielem der Bür-
gerschaft beständige Treue, Devotion und Gehorsam contestiret und
durchaus nicht, als ob sie zun Waffen gegriffen, zustendig sein wollen.
Sie hätten sich ja in keine Postur gestellet, nurt als ein Geschrei unter
sie gebracht, es würden die Reuter zusammen geführet, umb sie zu
überfallen und auszuplündern, ihre Bürgerwachen ohne Drummelschlag
ausserhalb dem Kneiphof ufgeführet, und weiln noch die Truppen umb
die Stadt herumb stünden, müssten sie dennoch die Stadt, um alle ün-
gelegenheit zu verhütten, mit nothdürftiger Wachten versehen. Nechst
deme wegen des nach Polen abgelass'euen Schreibens und fürhabender
Schickung, hätte er, Schöppmeister, sie, die Landräthe, in die Landtags-
acta geführet, worinnen der dissensus wegen der neuen Pacten und dass
noch zur Zeit sie sich nicht von Polen hätten abgeben können, sondern
umb aus der Sachen endlichen zu kommen uf mehr erwähnte Schickung
bedacht sein, voran aber solch ein Schreiben abgehen lassen müssen.
Sie hätten es zwar lang genug ufgeschoben, ob etwa die assecuratio pri-
vilegiorum et abolitio gravamiuum, wie viel Mal verheissen, kommen
möchte. In Ausbleibung dieser so nöthigen Stücke aber wäre das Schrei-
ben abgangen und bei fernerer Difficultierung derselben, hätten auch die
Altstädtische Gerichte der übrigen Bürgerschaft beizutreten Ursach ge-
1) Auf diesen Punkt ertheilte das Rescript vom 8.(18.) Aug. 1662 folgende Ant-
wort: „Wegen Einnahme der Accise und Assignationen vermeinen wir diese Weise
am besten zu sein, dass die Kastenherrn das Geld an den Landhofmeister und Ober-
burggrafen zugleich liefern, dieselbe aber solches Geld in eine verschlossene Lade,
worzu Jedweder von ihnen beiden einen eigenen Schlüssel habe, legen und sie beider-
seits Niemand nichts als auf Ew. Ld. Assignation abfolgen lassen sollen. Es könnten
aber ermeldte Unsere beide Oberräthe Jemanden von Uusern Bedienten, der getreu
und mit Rechnungssachen umbzugehen wüsste, darzunehmen. "
Landräthe. Altstadt. Gericht. Unentschlossenheit der Bürger. Roths Unwillen. 217
nommen, denn anstatt der Ässecuratiou das instrumentum regiminis
kommen, anstatt der abolitio gravaminum sie mehr und mehr sich be-
schweret sehen müssen. Dass sie aber umb Polnische Hülfe und Völker
sich bemühet oder desfalls an den Czarnecki oder auch an die Conföde-
rierten in Polen geschrieben haben sollten, sei ein unerfindliches und nie
ihr Fürsatz gewesen; sollte dessen Jemand überführet werden, selbten
wollten sie als einen Rebellen und Verräther des Vaterlandes halten und
abgestrafet wissen. Die Warschauer Sendung aufzugeben haben sie abge-
lehnt. Es haben darauf die Landräthe noch eines und das andere ihnen repe-
riret, dass endlichen auch die Altstädtische Gerichte uf ein Interim von der
Schickung abzustehen erkläret.
Die Vorstellungen der Landräthe bezüglich der Accise beantworteten sie
mit der Bitte, die Landräthe möchten für Aufhebung der Mühlensperre inter-
cediren. Die Landräthe wiesen dies Ansinnen zurück und machten der War-
schauer Schickung wegen noch Folgendes geltend.
Besonders hätten sie woll zu erwogen, wann K. M. sie endlich ab
und zur schuldigen Gebühr weisen würden, zumalen wenn die anderen
Stände ihren dissensum Königlicher Maj. kund thun werden, so würden
sie alsdann vom Könige und der Krön verlassen stehen. Bei E. Ch. D.
aber würde dann ihnen die Gnade verschlossen sein. Als nun die Land-
räthe hiemit ihren Abschied genommen ist ihnen balde im Namen der
Bürgermeistere und Räthe Hans Weger uf dem Fuss nachkommen und
hat eröffnet, wie die Bürgerschaft unter sich discrepant worden und nu-
mehro die Sache der Importanz finden, dass sie darüber noch morgen
zusammenkommen und in mehrere Deliberation Alles nehmen wollten,
Roth wäre auch in die Worte ausgebrochen, sie möchten schicken oder
nicht, er wolle sich fortmehro damit zufrieden geben . . .
Der Kuifürst au den Statthalter und die Oberräthe. Dat.
CöHu a. d. Spree 4. August 1662.
Ungezeichnetes Concept von Schwerins Hand. R. 6. RR. 2.
[Bescheid auf das Bedenken der Landräthe. Die Accise auf den kurfürstlichen Mühleu.
Versammlung der Bürgerschaft im Schloss, gleichzeitige Verhaftung Roths.]
Wir haben aus Ew. Ld. und Eurer Relation vom 8. Aug. st. n. mit 1662.
Mehrem ersehen, wohin der Landräthe Bedenken zu Hinlegung des Tu- ^^- '^"&-
mults in Unserer Stadt Königsberg ziele. Gleichwie Wir nun befinden,
dass derselben Vorschläge zu Conservierung Unserer Hoheit, Erhaltung
des Friedens und Verhütung fernerer Ungelegenheit gereichet und sonst
218 11. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
sonst dabei Alles vernünftig überleget, gestalt denn Ew. Ld. und Ihr
allbereit aus Unserem Vorigen schon werdet ersehen haben, dass Wir
die unschuldige Verführte umb etzlichel* weiuigcr aufrührerischer böser
Leute Beginnen wüllen nicht zu straffen begehren, so wollen Wir alle
solche ihre Vorschläge hiemit genehm halten, ausser was sie von einer
Mitabschickung aus ihrem Mittel auziehn, dann Wir es viel besser zu
sein ermessen, dass sie vielmehr ein solches Schreiben, wie das, so Ihr
. . . aufgesetzet, welches Wir Euch nach einer weinigen Veränderung zu
schleunigster Abschickung hiemit remittiren, auch abgehen lassen, wie
denn solches, wann es nach demselben sensu eingerichtet wird, wohl zu-
gleich mit fortgeschicket werden kann.
Wegen der Accise können Ew. Ld. und Ihr Euch kegen die Städte
nochmaln dahin erklären, dass sie zwar noch zur Zeit auf Unsern Mühlen
ohne baare Erlegung der Accise mahlen können, wann es nur mit der
' Zusage geschiehet, dass es künftig von ihnen gut gethan werden soll.
Wir befinden sonst kein Bedenken, dass die Bürgerschaft nicht sollte
vor Ew. Ld. und Euch gefordert werden, würde auch unter anderen dazu
dienen, dass dasjenige, wovon Wir hiebevor Verordnung gethan, mit desto
besserer Sicherheit während solcher ihrer Erscheinung exequiret werden
könnte . . .
Radzivill an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 17. August
1662.
Eigenhändiger Brief. R. 6. RR. 2.
[Scheitern des ersten Versuchs auf Roth. Schwierigkeit der Lage.]
1662. Der erste Anschlag mit dem Rothen, ob schon er sehr wohl ist be-
l'-Aug. gi^ßiißt yjj(^} überleget w^orden, ist nicht angangen, dieweil er [an] dem
Tage aufs Rathhaus nicht gekommen ist, da ich ihm habe sollen an-
tasten') lassen, denn er ist gewarnet worden; von wem ist schwerlich
zu rathen, aber E. Ch. D, können wohl gedenken, dass solche Sachen
schwerlich können verschwiegen bleiben, welche man in der Oberrath-
stube hat überlegen müssen und durch preussische Officirer ins Werk
stellen. E. Ch. D. vorgeschlagenes Müttel hat nicht können exequiret
werden mit Anhaltung der Bürger im Schlosse, denn sie schücken nur
diejenige hinauf, nach welchen sie gar wenig fragen, zum Andern, wann
^) In der Vorlage steht antagsten.
Geuehraig. d. Vorscbl. d. Landräthe. ITaftbefehl. Scheitern d, erst. Versuchs. Rüge. 219
man ihm öffeutlich aus der Stadt liollea wollte, so müsste ich aufs We-
nigste ein "^aar Tausend Musquetirer zu solcher Execution haben und
mich erstlich durch ihre Thorwachen durchschlagen und ein gross Alarm
machen, in währender Zeit aber sollte sich der böse Bube so verstecken,
dass mau ihm nicht sollte finden können. Darumb so hat sich Solches
nicht practiciren lassen wollen, sondern ich suche mit Lüste ihm zu be-
kommen, wo es immer geschehen kann, wollte aber E. Ch, D. mir be-
fellen, dass ich ihm mit richtige Gewalt antasten sollte, so bitte ich
noch ein Mal umb schieinige Order, auch ob ich soll lassen das ge-
schnittene Korn in die Stadt einbringen und wie ich mich weiter bei
dieser gefährliche Conjunctur comportiren soll. Das erinnere ich noch
ein Mal darbei, dass E. Ch. D. Gegenwart überaus hochnöthig ist.
Indem der pollnische Hof weit weg ist, könnten E. Ch. D. viel Guttes
ausrichten. Fürwahr, es sieht hier ganz gefährlich aus, ich bitte ganz
unterthänig, doch ohne Maassgebung, E. Ch. D. wollen eine gnädige
Reflexion darauf thun und hiemit verbleibe ich E. Ch. D. treugehor-
samster Oheimb und Diener . . .
18. Auff.
Der Kurfürst an den Statthalter und die Oberräthe. Dat.
Colin a. d. Spree 8. August 1662.
Concept Sturms gez. Schwerm. R. 6. RR. 2.
[Rüge wegen Hinausschiebung von Roths Verhaftung. Die Wiedereinberufung.]
[Auf die Relation vom 11. August.] . . . und gereichet Uns zu gnä- 1662.
digstem Gefallen, dass die Landräthe der Bürgerschaft auf dem Rath-
hause so tapfer zugeredet haben, wollen auch nicht zweifeln, sie werden
es Alles mit Ernst gemeinet haben, dass aber so wenig Effect darauf
erfolget, müssen Wir dahin gestellt sein lassen. Wir vermeinen aber,
wenn Ew. Ld. und Ihr Unsrer desfalls an Sie und Euch seithero ergan-
genen Verordnung und gnädigstem Befehl nach, die Bürgerschaft selbst
vor sich hätten kommen lassen, darauf ein viel besserer Effect erfolget
sein würde, zumalen, wann man unterdessen des Kneiphöfischeu und
Löbenichtschen Schoppenmeisters sich bemächtiget hätte. Dann wie viel
Böses solche Leute bei der Bürgerschaft thun, ist auch aus diesem we-
nigen Exempel genug zu sehen, weil die Altstädtische (deren Schöppen-
meisters Moderation und gute Devotion Uns vielfältig gerühmet worden)
abermals von denen Andern sich separiret haben. Dem Kurfürsten ist die
220 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Prorogation genehm; würde aber dadurch Argwohn erregt, als wolle der Kurfürst
die Sache hinzuziehen suchen, so kann es bei dem bestimmten Tase bleiben.
Der Kurfürst an den Statthalter und die Oberräthe. Dat.
Colin a. d. Spree 11. August 1662.
Concept von Sturms Hand, corrigiert und gezeichnet Schwerin. R. 6. RR. 2.
[Generalsynode. Die Resolution auf die Gravamina.]
1662. ... Es nimmt Uns aber Wunder, dass Unsere Resolution wegen
"■ D. Dreiern Ew. Ld. und Euch nicht genügsam zu sein deuchtet, an-
gesehen Wir dieselbe aus Ew. Ld. und Euerem eigenen uns überschickten
unmaassgebigen Bedenken genommen haben. Dass Wir aber darbei ge-
füget, dass die Theologi so von solcher Streitigkeit urtheilen sollten,
nicht partialisch sein müssten, verhoflfen Wir, dass es sowohl Ew. Ld.
als auch Euere Meinung sonder Zweifel sein werde, weil es wider alle
Billigkeit laufen würde, dass diejenigen Richter sein sollten, so sich all-
bereits partialisch gemacht. Doch daferne Ew. Ld. und Ihr etwan einen
bessern Modum wüsstet oder ersinnen könntet, wollen Wir darvon Ew.
Lbd. und Euren unvorgreiflichen Vorschlag erwarten.
Die Resolution über die übrigen Gravamina schicken W^ir hiebei^):
und weil Wir verhoffen, dass die Stände nunmehro ihr vollkommenes
Vergnügen daran haben werden, weil dasjenige, so nicht allsofort abge-
than nur zu Einholung fernerer Nachricht ausgesetzet worden und Wir
indessen die Zeit nicht unnützlich wollen vorbeigehen lassen, haben Wir
es also vollzogen, seind aber gnädigst erbötig, wann die ausgesetzte
Punkte ihre Richtigkeit erlanget haben, sodann solches Alles in eine
vollständige Resolution bringen zu lassen und weiln Wir auch aus Ew.
Ld. und Eurer Relation ersehen, als wann die Stände durch Unsere
überschickte Resolution ihre vollkommene Satisfaction nicht haben wür-
den, so werden Ew. Ld. und Ihr mit Ehestem berichten, worinnen Ew.
Ld. und Ihr dieselben noch nicht vergnüget zu sein vermeinet, so wollen
Wir uns sodann ferner gnädigst darauf erklären. Indessen tragen Wir
zu Euch, Uuseru Oberräthen, das gnädigste Vertrauen, Ihr werdet den
Ständen mit solchem Nachdruck zusprechen, dass sie sich alles unnö-
thigen Scrupulirens enthalten . . . und also ihre eigene Ruhe befodern sollen.
0 Die ersten Tbeile waren am 28. Juli (7. Äug.) 1662 an den Statthalter und
die Oberräthe abgegangen.
I
Generalsyuode. Gravamina. Aufschub des Landtags. Kneiphof. 221
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königs-
berg- 22. August 1662.
(Praes. 17. [27.] August.) Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Vertaguuo; der Reassumtion. Post. Abänderungsvorschläge zu der Abolitio grava-
minum. Muthlosigkeit und ünbotmässigkeit des Kneiphöfischen Rathes.]
. . . Dieweileu aber bis in diese letzte Tage vor der Reassumtion 16G2.
nichts einkommen, wohero wir bei Ankunft der Stände ihnen nichts -'"• ^"S-
würden zu proponieren, weniger denen vielen langwiirigen Vertröstungen
nach ichtwas an obbemelten Stücken auszugeben wissen, so haben war
ferner und mehrere Schwürigkeiten zu evitiren und dass nicht bei der
Versammlung die Deputirten als in otiis et nihil agendo über dem Verzug
allerlei ratiocinia machen oder gar von Anderen sich verleiten lassen
möchten, zu weiterer Limitirung der Reassumtion resolviren und den
Termin bis uf den 14. September aussetzen müssen, worzu dann wir
Uns der betrübenden Gelegenheit des wieder eräugenden Pestübels, welches
leider in wenig Tagen in 12 Häusern in Kneiphöfischer Langgassen, auch
einigen in der Altstadt ganz unversehens sich funden uns gebrauchet.
Zu den ihnen unterm 28. Juli übersandten Resolutionen^), anstatt abo-
litionis gravaminum machen sie eine ganze Reihe mildernder Abänderungsvor-
schläge.
P. S. Zur Entgegennahme des kurfürstlichen Schreibens an den Rath der
Stadt Kneiphof-) hatten sie diesen für heute vorgeladen. Es ist aber nurt
der Bürgermeister mit zween aus des Raths Mittel, wider Unsere eigent-
liche Erheischung erschienen, umb Unsere Proposition anzuhören . . .
und haben wollen entschuldigen, dass nicht alle erschienen, weilen es
bei der Bürgerschaft ein frembdes Nachdenken erweitern dürfte, indeme
nie die Räthe anders denn durch Deputierte erschienen . . . dahero sie
gebeten, wie es bishero Herkommens, ihnen als Deputierten E. Ch. D.
gnädigsten Willen zu eröffnen, . . . und möchte doch nicht zu einem
Ungehorsamb diese ihre Bitte und Beisorge zugeleget werden. Es ist für
morgen ein neuer Termin angesetzt worden^).
') Vom 7. August, s. o. S. 220 Aura. 1. Es erscheint nicht nothwendig, die Genesis
kurfürstlichen Resokition, die in ihrer definitiven Gestalt erst am 1. Mai 1663 ausge-
geben wurde, im Einzelnen zu verfolgen.
■-') S. 0. S. 208.
^) In einem vom gleichen Tage datierten Bericht, der polnische Angelegenheiten
behandelt, verweist der Statthalter lediglich auf die obige Relation (Radzivill an den
Kurfürsten 22. Aug. 1C62).
222 11- Der grosse Landtag von 1G61 bis 1663.
Der Kurfürst an den Statthalter und die Oberräthe. Dat.
Colin a. d. Spree 14. August 1662.
Concept von Sturms Hand, corrigiert und gezeichnet von Schwerin. R. 6. RR. 2.
[Preisgebung der Coinplanation den Königsbergern gegenüber. Roths Verhaftung.]
1662. . . . Daher Wir dann wohl Ursach hätten auf kein neues Tempe-
- • Aug. pament mehr zu gedenken, sondern vielmehr die so oft verwiirkte Straffe
über sie ergehen zu lassen. Wann Wir aber Uns erinnern, dass nicht
alle Unsere gehorsamen Bürger hieran schuld sind ... so haben W^ir
nach lang und reiflich überlegter Sache Uns noch hierzu in Gnaden re-
solviren wollen, dass Wir endlich Uns mit einem gewissen Quanto von
den Städten Königsberg vergnügen und ihnen den modum und Aufbrin-
gung desselben gänzlich anheimgeben wollen, wenn nur solches Alles
ohne Schwächung Unserer Reputation und Kränkung Unseres Rechtens
zugehen könnte. Solchem nach vermeinen Wir, dass es etwan auf fol-
gende Art und W'eise anzustellen sein möchte, dass Ew. Ld. und Ihr
einen oder andern Vertrauten aus den Magistraten an Hand zu geben
hättet, sie möchten nur vorerst ein Quantum willigen (welches dann zum
Wenigsten auf 300000 fl. zu nehmen) und dass sie indessen nur aufs
Wenigste acht Tage lang von der Contradiction der Accise abstünden
und entweder dieselbe entrichteten oder aufs Wenigste Zettul gäben, dass
dieselbe gut gethan werden sollte, welches Alles denn, so wenig es auch
in so kurzer Zeit sein mochte, W^ir an der offerirten Summe Uns decur-
tiren lassen wollten. Daferne sie nochmals solche Mittel selbst aus der
Accise aufbringen oder sonsten beischaffen wollten, Solches wollten Wir
ihrem Belieben anheimstellen. Jedoch ') müsste hiebei auch dieses be-
dungen werden, dass sie zugleich von der Abschickung nach Warschau
und der Contradiction Unserer Souverainite abstünden, dakegen ihnen
alle Versicherung zu geben wäre, dass sie auf solchen Fall, wie obge-
dacht, mit der Accise nicht beschwert werden sollten. Ew. Ld. und Ihr
werdet Euren möglichsten Fleiss anwenden, dieses also zu dirigieren . . .')
') Der Passus von „Jedoch" bis zum Absatz ist am Rande von Schwerin hinzu-
gefügt.
^) Dagegen ward an den Statthalter allein geschrieben, wann er verspüre, dass
diese Erhöhung durchaus nicht durchzusetzen sei und „die Handlung deswegen ge-
hemmet oder gar rückgängig gemacht werden sollte", sollten davon 30 — 50000 fl. ab-
gelassen werden. (Der Kurfürst [Concept Jenas] an Radzivill 14. Aug. 1662.)
Aufgabe der Complanatiou. Neuer Haftbefehl. 223
"Wir sehen zwar wohl, dass denen andern Ständen dieses fremd
vorkommen, auch wohl einige Confusion in denen nahe an Königsberg
gelegenen Orten verursachen werde. Wir wollen aber doch gleichwoll
nicht, dass dadurch denen andern Ständen einiges Präjudiz, als wann
sie ein mehres geben sollten, als sie verwilliget haben, zuwachsen solle.
Und Wir zweifeln nicht, dass wer die Ruhe des Landes liebet, diesel-
bige diesen wenigen Inconvenientien proferiren werde . . .
Daferne aber wider alles Verhoffen auch dieses bei ihnen nicht ver-
fangen sollte, so müssen Wir Alles Gott und der Zeit anheim geben,
den Ausgang aber und was sonst weiter daraus entstehen wird,- denen
beimessen, welche Schuld daran haben und bei Unserer Gott verleihe
glücklichen Ankunft es durch andere Mittel zu ändern oder zu redressiren
suchen.
Wir vertrauen aber, es werde die Bürgerschaft durch diesen Vor-
schlag zu andern Gedanken gebracht werden, auch nach solchen Unsern
gnädigsten Bezeigungen sich nicht widersetzen, wann Roth sollte zur
Haft gebracht werden. Dahero dann Wir vermeinen (im Fall es unter-
dessen nicht schon geschehen) dass wann Ew. Ld. und Ihr einige Ver-
änderung der Gemüther bei der Bürgerschaft spüren, man alsdann desto
ehr mit dessen Captivierung nach der von Uns hiebevor überschriebenen
Meinung fortfahren solle, worbei Wir aber dieses ausdrücklich geschrieben,
dass er nicht durch solche Gewalt, wordurch ein grösser Unheil zu be-
fürchten, abgeholet, sondern civile Bediente darzu gebrauchet werden
sollten, jedoch dass dieselben so viel Leute bei sich hätten, dass Roth
und seine domestici sich ihnen nicht opponiren könnten. Daferne aber
ein Zulauf der Bürger darüber entstehen und es von denselbigen ver-
wehret werden sollte, dass sie alsdann sich wieder zurück zu begeben
hätten. Alles nach Inhalt vorigen an Ew. Ld. und Euch ergangenen Re-
scripti, da Wir dann auf solchen Fall Uns gegen die Autores solcher
Opposition zu rächen desto mehr Ursach haben würden. Sollte aber
auch der Magistrat sich hierzu verstehen, dass sie selbst den Rothen bei
arctissima custodia halten und ihm alle Conversation abschneiden lassen
wollten, so seind Wir damit auch gnädigst zufrieden. Und haben Ew.
Ld. und Ihr alsdann Uns gewisse Personen vorzuschlagen, welche seine
judices sein sollen.
224 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Statthalter und Oberräthe an eleu Kurfürsten. Dat. Königs-
berg 25. August 1662.
Praes. 20. (30.) August. Ausfertiguug. R. 6. RR. 2.
[Verhandlungen mit dem Kneiphöfisehen Rath über Roths Verhaftung.]
1662. ... In dem publico, da wir weder uf den einen noch den andern
i^- Weg wider Rothen zu verfahren unmüglich fanden, in deme seine Woh-
nung zu weit und tief in der Stadt gelegen, da durch so viele Porten
hin und zurück zu gehen, in deme bei Erforderung der Bürgerschaft nurt
gewisse Deputati erscheinen und selbige noch woll die besten hätten sein
mögen, derer Gegenwart in der Stadt bei fürhabendem Werk nöthiger
unten denn oben sein können. Bitten derow^egen . . . Ew. Ch. D. geruhe
. . . uns zu excusiren, bei Dero erwünschter Gegenwart wird es leichter
zu remonstriren, denn itzo zu schreiben sein.
Am 23. haben sie dem vollzählig versammelten Rath das kurfürstliche
Rescript übergeben. Der Rath erbat und erhielt einen Tag Bedenkzeit. Nach
deren Ablauf erklärten der Bürgermeister und Vasolt, sie könnten keine Reso-
lution finden, sie hielten es „pro causa communi'' [aller drei Städte nämlich].
Wenn Roth des Verkehrs mit Czarnecki oder den Schweden überführt werden
könnte, so würden ihm die meisten Gemüther entfremdet werden; sie aber
könnten ihn nicht selbstständig verhaften. Auf ^^ele^lei Gegenreden der Ober-
räthe, sagten sie, sie möchten sich gern seiner bemächtigen, nur müsste ein
Ankläger da sein. Auf weiteres Zureden erklärten sie, die Angelegenheit mit
ihrer Bürgerschaft berathen zu wollen. Sie werden ihre Antwort vermuthlich
mit dieser Post einsenden. „Man vernimbt . . . , dass täglich einige der Bürger-
schaft von Rothen secedieren."
P. S. Sie holen noch weitere Verhaltungsmaassregeln für bestimmte Fälle
in der Rothschen Sache ein.
Der Kurfürst an Statthalter und Oberräthe. Dat. Colin a. d.
Spree 21. August 1662.
Concept von Jenas Hand, gez. Schwerin. R. 6. RR. 2.
[Roths Gefangennahme. Besetzung der Professuren.]
1662. (Auf die Relation vom 25. Aug.) Der Kurfürst will abwarten, ob man
31. Aug. j]^j^-^ jj^ (jgj. Angelegenheit der Verhaftung Roths Gehorsam leisten wird. „Und
ob wir wohl hiebevor rescribiret, dass man bei Captivierung des Roth keine
gewaltsame Mittel gebrauchen und dadurch bei verspürtem Zulauf der Bürger
ein Unglück verhängen solle, so seind wir doch gnädig zufrieden, dass, wenn
der Magistrat ... die starke Hand zu solchem Zweg begehret, Ew. Ld. und Hir
Der Kneipliof uml Roth. Verhaftung. Professuren. Aufgeriebener Versuch. 225
ihnen dieselbe . . . znkommen lassen mögen." An der Grenze und ausserhalb
der Stadt soll Wache gehalten werden, damit Roth nicht entkommt^).
(Auf die Relation vom 22. Aug.) Die Commendation der Professoren ist
nicht vergessen; „wir seind aber nicht wenig verwundert, dass die professores
so viel Schreiens hievon machen und dennoch, migeachtet drei professores itzo
verstarben, noch mit keiner einzigen Commendation eingekommen". Deshalb
wird der Kurfürst selbst für Besetzung dieser Stellen sorgen. Eine Reihe
anderer Vorschläge wird noch beschieden-).
Der Statthalter an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 1. Sep-
tember 1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. G. SS.
[Plan zu Roths Verhaftung. Seine Meinung über Königsberg und Roth. Roth und
der Adel.]
Radzivill war schon im Begriff gewesen, Rotli durch seine Truppen aufheben 1662.
zulassen; er hatte einem Oberstlieutnant, der 300 Knechte dazu nehmen sollte, 1- Sept.
schon dazu Befehl gegeben. Auf das Schreiben des Kurfürsten aber, das die
Intercession beim Rath anordnete, nahm er davon Abstand, verhehlte aber nicht,
dass man mit diesem Mittel schAverlich zum Ziel gelangen würde. Er fürchtet
sogar, die Civilbeamten könnten dabei Schimpfliches erleiden, „zur Verringe-
rung" der Autorität des Kurfürsten. Ueberdas, wenn sie ihn in seinem
Hause finden, so wird er sie gewiss nicht einlassen, denn er versperret
0 Ueber diese Cernieruug der Stadt beklagt sich Königsberg zu dieser Zeit beim
Kurfürsten aufs Bitterste: Die Stadt sei, nachdem sie am 16. Juli eine Supplication
an den Kurfürsten übergeben, die zweifelsohne gar nicht in seine Hand gelangt sei,
am 17. „mit Soldaten also berennet und eingesperret, dass Niemand, er sei auch, wer
er wolle, ohne habenden Pass zu oder aus der Stadt kommen kann." Es sei eine
rechte und eigentliche Blockade. Der Kurfürst antwortete darauf gar nicht, sondern
ordnete nur an, man solle den drei Städten mittheilen, dass er nunmehr „in procinctu"
sei, nach Preussen aufzubrechen. (Bürgermeister und Räthe der drei Städte Königs-
berg an den Kurfürsten 25. Aug. 1662, der Kurfürst an Statthalter und Oberräthe
[Concept, korrigirt von Jenas Hand, gez. Schwerin] 25. Aug. [4. Sept.] 1662.)
^) Auch in den nächsten Tagen schreitet die Angelegenheit nicht fort, worauf
dann von Seiten des Kurfürsten der Bescheid erfolgt, dass er „gänzlich entschlossen"
sei, in dieser Sache keinerlei weitere Verordnung zu erlassen, sondern falls Roth
nicht gutwillig ausgeliefert wird, die Entscheidung bis zu seiner Ankunft in Kö-
nigsberg auszusetzen. Wenn bis dahin der Kneiphöfische Magistrat keinen Gehorsam
geleistet hat, soll der Sache „schon ein anderer Nachdruck" gegeben werden. Den
unerlaubten Versammlungen des Adels soll weiter nachgeforscht und von ihnen kei-
nerlei Supplication angenommen werden. (Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten
29. Aug., der Kurfürst [Concept, korrigirt von Jenas Hand, gez. Schwerin] 25. Aug.
[4. Sept.] 1662.)
Mater, z. Gesch. d. G. Kiirfiirsten. XVI. 15
226 II' Dß"" gi'osse Landtag von 1661 bis 1663.
sich allezeit, und wo man im auf der Strasse antreffen sollte, so wird
der Pepel eine geringe Anzall von iimbewarten Leuten verachten und
ihm nicht folgen lassen wollen.
Alle die Wohlthaten und hohe Gnade, die E. Ch. D. denen Stätten
erzeugen wollen, günne ich ihnen von Herzen", aber Radzivill meint,
dass man damit warten müsse, bis Roth ausgeliefert sei. Bis dahin wird
das Volk mehr ihm, ais dem Kurfürsten folgen. Die Abschückung nach
Warschau wollen sie nicht nachbleiben lassen, viel weniger von der Sou-
veränität was vi^issen. In den Mühlen haben wir wollen mallen lassen,
wenn sie sich nur wollen reversiren in einer gewissen Zeit die Accise
zu bezallen, und in Fall die Accise nicht sollte bestehen, so wollte es
man von dem quanto, welches sie bewilligen werden, abziehen. Aber
alles dieses hat nichts helfen wollen, wird auch, so lange der Roth den
Meister spillet, nichts ausgerichtet werden. Darumb ist meine geringe
Meinung, doch ohne einzig Maassgeben, allezeit gewesen, dass E. Ch. D.
nachdem der Roth wäre eingezogen und nicht ehr das geschehen, der
Stadt ihre gnädige Erklärung hätten zukommen lassen oder aufs Wenigste,
dass ihr Solches sub conditione versprochen wäre, nemblich wo sie den
Rothen extradieren sollen und von ihm abstehen.
. . . „Ich könne den Rotheu nicht, habe ihn auch nimmer ge-
sehen, aber das kann ich E. Ch. D. vor gar gewiss versichern, dass
E. Ch. D. keinen ruigen Stand in Preussen nicht zu hoffen haben, so-
lang dieser Bube nicht wird gestraffet werden. Der Pepel wird ihn
nicht schützen, wenn er wird in den Händen sein, und E. Ch. D. werden
sich doch durchaus dieses Menschen quovis modo bemächtigen müssen.
Hätten etliche von denen Herren Oberrathen meinen Rath zu Bartenstein
folgen wollen und diesen Dieb bei dem Kopf nehmen lassen, so war es
zu dem Unheil nicht gekommen. Aber man Hess mir sagen, es wäre
nicht gutt, dass man ab executione anfienge. Itzunder meinet man an-
ders, aber es ist zu spät; resoluta und Soldaten- Consilia flogen auch
bisweilen zu gelingen.
Gestern waren Etliche von dem Adel und wollten mit den Rothen
conferieren, aber der Landhoffmeister und Obermarschalk haben sie dar-
Yon abgehalten^) ..."
') Der Kurfürst antwortete hierauf dem Statthalter und den Oberrathen zusammen
mit der Aufforderung, den Kneiphöfischen Rath gütlich und unter Versprechung seiner
Gnade zur Auslieferung Roths zu bewegen, dem Statthalter allein aber mit der chiff-
rierten Weisung, Radzivill werde, falls der Rath die Auslieferung Roths verweigere,
Rehaudlung Königsbergs. Eotb. Confereuz der Oberräthe mit den Städten. 227
Aus dem Protokoll der Räthe der drei Städte Königsberg.
Dat. 5. September 1662.
R. 6. SS.
[Conferenz mit den Oberräthen. Zögern der Bürgerschafts-Deputierten. I) Souveränität.
2) Schreiben an den König, o) Steuerbewilligung. 4) Bewaffnung der Bürgerschaft.
5) Bitte um Verzeihung des Kurfürsten. G) Roths Arrest auf dem Kneiphöfischeu
Rathhaus.]
lü dato^) sind in consessu der ehrbaren dreien Räthe, die ehrbaren 1662.
Gerichte, wie auch die Aelterleute der Zunft und Gewerke erschienen, '^' ^^ '
und vom altstädtschen Bürgermeister ausgebracht worden, welcher Ge-
stalt die ehrbaren Räthe ausser allem Zweifel setzeten, dass denen ehr-
baren Gerichten und sämbtlichen Zünften und Gewerke von ihren De-
putirten schon etlicher Massen wird referiret worden sein, was gestriges
Tages durch S. gestr. Herr], den Herrn Cancellarium vor eine Propo-
sition an sie geschehen und abgegeben worden. Weil dann selbige mit
allen Umbständen und Motiven an diesem Ohrt dem Herkommen gemäss,
billig wiederholet werden muss, damit es zu der sämbtlichen Interes-
senten Wissenschaft kommen und darüber in jedwederen Collegiis dieses
hochwichtige Werk in weise Deliberation gezogen und wohl überleget
werden möchte, so hat man sie sambt und sonders anhero betaget, und
soll ihnen demnach unverhohlen sein, welcher Gestalt vorgestriges Tages
im burgermeisterlichen Aembte der alten Stadt angedeutet worden, dass
S. gestr. Herrl. der Herr Cancellarius freundliche Ansuchung thun Hesse,
es wollten die Herrn Burgermeister, wie auch die beiden Herrn Schöppen-
meistere Altenstadt und Löbenicht, nebst einem gewissen Ausschuss der
Gemeine in 13 Personen stark sich folgenden Tages umb 9 Uhr bei dem
Herrn Cancellario in seine Behausung einfinden, daselbst ihnen etwas
Nothwendiges proponiret werden sollte, worauf auch allsofort dasselbe zu
Werke gerichtet und bestellet worden. Als nun gestriges Tages um
9 Uhr auf dem Altstädtschen Rathhause die Deputirten (ausser E. E.
Gerichte der Stadt Kneiphof) sich eingestellet und die Erinnerung ge-
schehen, dass die Zeit da wäre fortzugehen, haben die Deputirten aus
der Bürgerschaft anfangs difficultirt und nicht mitgehen wollen, vorweu-
„selbst am Besten ermessen können, auf was Art und Weise man sich des Rothen
Person bemächtigen könne". (Der Kurfürst [Concept Jenas] an Radzivill und die
Oberräthe und an den Statthalter, Colin a. d. Spree 28. Aug. [7. Sept.] 1662.)
^) Am selben Tage wurde dem Kurfürsten über die Conferenz berichtet (Statt-
halter und Oberräthe an den Kurfürsten 5. Sept. 1662).
15*
228 II- De grosse Landtag von 1661 bis 1663.
dende, weil aus E. E. Gericbtsmittel der Stadt Kneiphof Niemand ge-
fordert, könnten sie ohne dasselbe nicht hinauf gehen, nachdem aber
ihnen zu verstehen gegeben worden, dass hierunter ein Irrthumb vorgangen,
der Herr Burgermeister im Kneiphof auch alsofort durchgeschicket und
bitten lassen, dass einer von den Herrn des Gerichts im Kneiphofe hierzu
sich auch einfinden wollte und ihnen folgen, haben endlich die anwe-
sende Deputirte sich weisen lassen und sind in Gottes Namen fortgan-
gen; als sie nun bei Sr. Gestr. H. dem Herrn Cancellario in seiner Behau-
sung erschienen, sind sie allsofort admittiret worden, und S. Gestr. H.
den Herrn Ober Burggrafen und Herrn Ober Marschall anwesend gefunden,
da dann der Herr Cancellarius auf dem Bette krank liegend, sich Anfangs
bedanket, dass wir auf dero Erfordern erschienen wären, und darauf ver-
meldet, welcher Gestalt sie nicht allein, vermöge des Eides und Pflichten,
damit sie zufoderst Gott, dann Sr. Ch. D. und dem Lande verbunden, son-
dern auch aus natürlicher Zuneigung gegen ihr geliebtes Vaterland und
diese Stadt angetrieben worden, allen Verderb, Schaden und Nachtheil,
so viel an ihnen, zu verhüten und abzuwenden. Weil sie dann mit be-
kümmertem Gemüthe die Zeit hero erfahren müssen, dass zwischen Herrn
und Unterthanen ein so grosses Misstrauen entstanden, also da solchen
Gefährlichkeiten nicht in Zeiten vorgebeuget und gleichsam in prima
herba unterdrucket werden sollte, leichtlich ein solches Feuer entstehen
könnte, welches ohn endlichen Verderb und Untergang dieses armen
Landes und guten Stadt nicht werde können gelöschet werden, derowegen
sie bewogen worden, nochmals diese Zusammenkunft anzustellen und die
Puncta, darinnen Sr. Ch. D. bishero zu nahe getreten und Sie nicht wenig
offendiret worden, vorzunehmen und zu versuchen, ob sie durch solche
freundliche und wohlmeinende Unterhandlung das Misstrauen und das
daraus entstandene Unwesen uflfheben und gutes Vernehmen zwischen
Herrn und Unterthanen wiederrumb stiften und aufrichten könnten, da-
mit alles besorgende Unheil, so diesem Lande leider über dem Haupte
schwebet, verhütet und hintertrieben werden möchte.
Das Erste nun, worüber S. Ch. D. unser gnädigster Landesfürst gar
einen ungnädigen Missfallen empfinden, ist, dass die beiden Gerichte
Kneiphof und Löbenicht und die ganze Gemeine zu Königsberg dem er-
langten supremo et directo dominio Sr. Chr. D. dermaassen widersprochen,
dass sie, nachdem die beiden Oberstände nebenst den Ehrb. Käthen der
dreien Städte Königsberg und dem Ehrb. Gericht der Altenstadt, wie
auch die gesambten von kleinen Städten bei währendem Landtage ge-
Zögern der Bürgerschaft. Die Souveränität. 229
sehen, dass die in ihren Landtages -Bedenken angezogene rationes von
Sr. Ch. D. nicht attendiret werden wollen, sondern sie ob dem erhaltenen
supremo et directo dominio verharreten und auf keinerlei Weise und
Wege sich davon abzugeben beständig entschlossen, haben sie zur Ver-
hütung grösseres Unglücks, so dieses arme Land betreffen möchte, end-
lich cediret und sich veranlasset, das angeregte supremum et directum
dominium S. Ch. D. weiter nicht zu disputiren, sondern dasselbige certis
conditionibus nachgegeben, dass sie, wie gedacht, in ihrer Meinung einen
Weg wie den andern verharret und Sr. Ch. D. sich darin mit aller Hef-
tigkeit opponiret. Nun könnten sie als treue Patrioten nicht absehen, wie
die beide Gerichte und die Königsbergische Gemeine bei so beschaffenen
Umständen dieses Werk sollten hintertreiben können, angemerket, dass S.
Ch. D. sich darin so fest fundiret, dass sie mit keinen rationibus, sondern
mit Degen und Kugeln werden davon abgebracht werden müssen. Ch.
D. hätten dennoch vor sich die zwischen beiden Potentaten anfangs zu
Wehlau, nachmals zu Bromberg wiederholete Pacta, welche von beiden
Potentaten beschworen, von den senatoribus regni, die damals in grosser
Anzahl zugegen gewesen, unterschrieben worden. Durch auswärtige Po-
tentaten, als L Rom. Kais. Maj. und der Krön Frankreich, welche durch
dero ansehnliche Botschaften das Werk negotiiret und schliessen helfen,
[sei] Versicherung gethan worden, dass selbige Pacta von beiden Theilen,
steif und fest gehalten werden sollen, es wären selbige Pacta folgeuds
auf unterschiedlichen Reichstagen von den sämbtlichen Ständen der Krön
Polen durch die öffentliche Reichs -Constitutiones confirmirt worden. Es
hätten auch Ihre Königl. M. Sr. Chr. I). durch dero unterschiedliche
Schreiben versichert, bei den Pactis und aufgerichteten Verbündnüss zu
verbleiben, welches auch höchstgedachte L Köu. M. bei währendem Land-
tage durch dero unterschiedliche Schreiben an die Stände dieses Herzog-
thumbs wiederholet. Was könnte nun wohl bei so beschaffenen Umb-
ständen Sr. Ch. D. schmerzlicher vorkommen, als dass, da der mehrer
Theil ihrer Unterthanen das directum dominium nachgegeben, die beiden
Gerichte und die Gemeine durch ihre beharrliche Coutradiction ihr gleich-
samb in den Äugapfel gerissen, dahero denn wohl zu besorgen, dass,
da man also weiter dabei verharren sollte, anders nicht als ein blutiger
Krieg (so aber Gott in Gnaden verhüten wolle) daraus entstehen kann
und wüirde alsdann dieses unser armes Vaterland nicht nur von einem,
sondern unsäglich vielen Feinden überschwemmet werden, da würde S.
Ch. D. zu dero Defension ihre Kriegesmacht haben, von anderer Seiten
230 II- D^r grosse Landtag von 1661 bis 1663.
würden Polen und Littauen mit hellen Haufen einbrechen, die kaiserliche
Macht würde in diesen Krieg sich einmischen und Schweden nicht aus-
bleiben, in was Jammern, Noth und Elend dieses arme Land, wann es
mit so vielen Feinden überhäufet, gerathen würde, ist leichtlich zu er-
achten, wenn Alles mit Morden, Brennen, Plündern und Rauben ver-
derbet und untergehen wird, wie viel tausend unschuldige Kinder im
Mutterleibe, wie viel tausend unerzogene Kinder, die nicht ja noch nein
sagen können, wie viel Wittiben und andere viel tausend unschuldige
Leute, die hierzu keiu Rath noch That gegeben und itzo darüber seufzen,
würden mit entgelten müssen, die würden das Ach und Wehe über die-
jenige, die so ein Unglück zu Wege gebracht, schreien und würde diese
Stadt, die bei den vorigen Kriegen sich'conserviret, jetzo, da das Land
verwüstet, recht herhalten müssen, da ein Jedweder von den Feinden
in Hoffnung eines guten Raubes der Erste wird sein wollen. Darauf die
Vermahnung geschehen, dass die beiden Gerichte und die Gemeinen in
diesem Punkt des directi et supremi dominii, welchen sie zu hintertreiben
viel zu ohnmächtig und zu schwach wären, ferner nicht difficultiren, son-
dern zu Gewinnung Churf. Huld und Gnade denen andern Ständen sich
accommodiren wollten. Und obwohl hierauf von Sr. Gestr. H. dem Can-
cellario begehret worden, dass die Anwesenden sich über diesen Punkt
erklären wollten, so ist doch Solches, weil man darauf nicht instruiret,
sondern nur ad audendum erschienen waren, abgelehnet worden, worauf
Sr. Gestr. H. weiter fort gefahren und zum anderen Punkt geschritten:
2) wie das S. Ch. D. gar ungnädig empfinden, nachdem sie erfahren,
dass die beiden Gerichte und die Gemeine über voriges unverantwort-
liches Beginnen, da sie ein so weit aussehendes und S. Ch. D. höchst
afficirendes Schreiben nach Warschau geschicket, darin sie das supre-
mum et directum dominium Sr. Ch. D. streitig machen und Sr. Kön. M.
Vorschläge geben, selbiges über einen Haufen zu werfen, noch weiter
fortgefahren und gewisse Personen ernennet, selbige mit einer abgefasseten
Instruction naher Warschau abzufertigen, daselbsten wieder S. Ch. D. und
dero erhaltenes supremum dominium Commissarien auszubitten. Wie nun
diese aufgenommene Reise vergebens und umsonst, indem die beiden
Gerichte und die Gemeine viel zu schwach dieses Werk zu hintertreiben,
würden nur damit vielmehr Ungnade auf sich wälzen. Der Vorvvand
wegen ihrer Privilegien, Rechten und Gerechtigkeiten kann sie nicht
entschuldigen. Das ganze Land hat eben wohl ihre statliche Privilegia,
die ihnen wohl so lieb als den Städten Königsberg die ihrige sein und
Schreiben an den König. Steuerbewilligung. 231
nicht gerne selbige verlieren wollten, sie sehen aber nicht, weil es nun-
mehro nicht zu ändern, wie sie an ihren habenden Rechten und Gerech-
tigkeiten, wenn S. Ch. D. sie mit der von E. E. Landschaft unterthä-
nigst gebetenen Assecuration versicherten, bei dem directo dominio ge-
fähret werden sollten. Sind darauf ermahnet worden die Reise einzustellen,
bis S. Ch. D. Dero gnädigste Erklärung, welches erst geschehen würde,
thun und einschicken wird, dass sie alsdann mit den andern Ständen
zusammen setzeten und nicht inconsultis ordinibus, wenn es nicht ge-
schehe, vor sich negotieren sollten, sondern conjunctim mit mehrerm
Nachdruck fortsetzen würden, dass die Krön Polen durch solche Pacta
benachtheiligt zu sein vermeineten, wie sie es wohl theils gegen den
Rotheu zu Warschau möchten erwähnet haben; stehet es dann derohalben
den beiden Gerichten und der Gemeinde zu Königsberg zu, dieses Werk
streitig zu machen? Die odia und pericula auf sich zu nehmen? Es ist
die Krön Polen des Verstandes, dass sie die Königsbergischen als ein
ohnmächtiges Instrument nicht bedürfen, wenn sie sich dazu selbst nicht
nöthigen würde.
3) Wie nun Sr. Ch. D. durch dieses, was bishero erzählet, nicht
wenig offendiret worden, also befrembdlich ist es Deroselben vorkommen,
dass, da die gesambten Stände, Sr. Ch. D. unterthänigst unter die Arme
zu greifen, aus Freiwilligkeit ein Subsidium gewilliget, die beiden Ober-
stände auch zu Auftreibung desselben kein bequemers und bessers
Mittel, als die Accise erfinden können, welches S. Ch. D. auch beliebet,
die Städte aber und insonderheit Königsberg solchen Modum bishero
nicht eingehen wollen, aus dem Vorwand, gleichsam sie dieser Modus
einzig und allein drücke; dahero dann dieses Werk zu Sr. Ch. D. grossen
Schaden und Nachtheil, den Sie an Ihren Unterthanen empfinden, bishero
stecken blieben. Damit aber auch hierinnen dermaleins S. Ch. D. wissen
möge, wessen sie sich von Dero Unterthanen zu erfreuen haben möchten
und das Werk seine Endschaft erreiche, so hielten sie nicht ungerechten
zu sein, diesen Vorschlag zu thun, welchen denn sonder allen Zweifel
die Stadt Königsberg anzunehmen ferner kein Bedenken tragen würden:
wenn nämlich die Accise nur bloss und allein auf Bier, Brod, Wein und
Methe, w'as hier im Laude cousumiret wird, geleget werde, wie der Auf-
satz aufweiset, und dass die Administration derselben den Städten ge-
lassen werde, selbige Accise auch länger nicht als ein Jahr währen soll,
darüber S. Ch. D. Reversales ertheilen wollen. Und weil der Namen der
Accise so gehässig wäre, so könnte man es eine Anlage oder ein ver-
232 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
doppeltes Hülfgeld neuneü. Worauf die Vermahnung geschehen, ohne
fernere Difficultäten, weil es so ein Mittel sei, das durchgehend einen
Jeden etwas drücke, nicht aber so sehr empfindlich wäre, als wenn man
vom Vermögen geben würde, selbigen Modum einzugehen. Da aber über
alles Verhoffen sie sich zu diesem Modo nicht verstehen wollten, so
zweifelten die Herren Regimentsräthe nicht, dass sie zu dem versprochenen
Quanto der 200000 Thlr. noch ein Ansehnliches zulegen würden und das-
selbe in drei Jahren erlegen und also einen gnädigen Landesfürsten und
Herrn wiederumb zu gewarten haben möchten.
4) Wie hoch empfindlich es auch S. Ch. D. aufgenommen und sich
darüber offendiret befunden, dass die Bürgerschaft unter dem Schein und
Vorwand der Rache zu den Waffen gegriffen und sich wider I. Ch. D.
aufgelehuet. Und ob sie zwar zu ihrer Entschuldigung beibringen, dass
Solches wegen der Völker, mit welchen die Strassen beleget worden, ge-
schehen, gleichsamb selbige die Thore einnehmen und die Wälle be-
setzen wollten, so kann doch solches unverantwortliche Vornehmen damit
nicht beschönigt werden, weil man von Churf. Seiten niemals diese In-
tention gehabt, sondern sei darumb geschehen, weil man zu unterschiedli-
chen Malen der Regierung hinterbringen lassen, sie müssten die Reise nach
Warschau fortsetzen und sollte sie Niemand daran behindern, dass man
solchem frechen Anerbieten so nicht zu geringer Verkleinerung S. Ch. D.
gereichet, zu steuern, die Völker auf die Strassen geleget, diejenige,
so solche Reise wider Sr. Ch. D. Verbot fortzusetzen sich vorgenommen,
zu hindern und dass man zugleich sich dadurch auch des Rothen Person
versichern möchte. Wie nun hieraus ein grössers Unheil zu befahren und
hingegen diese gute Stadt aus aller solcher Ungelegenheit gerathen
möchte, so wollten sie auch hierin einige Vorschläge gethan haben, da-
durch die Churf. Ungnade gehoben und die Völker von der Strassen
weg geschaffet werden könnten und beständen selbige darauf: wann
nämlich die Bürgerschaft aus unterthänigstem schuldigem Gehorsam
gegen S. Ch. D. den Anfang machen thäte und die Wache wie bishero
geschehen, da mau mit Drummeln und Fahnen aufgezogen, einstelle, oder
da man sie nicht gänzlich einstellen wollte, dass man solche so weit
einzöge, als wann es eine verdoppelte Wache wäre und dass Solches in
aller Stille geschehe, so bald nun von Seiten der Bürgerschaft sowohl
die Wache dergestalt abgeschattet und die Reise nach Warschau er-
klärter Massen eingestellet, sollten alsofort die Stege und Wege geöffnet
und die Völker gänzlich abgeführet werden.
Bewaffnung der Bürgerschaft. Bitte um Verzeihung. Roth. 233
5) Und weil an solchen unterthänigen nicht genug an S. Ch. D. zu ge-
winnen [sie], so hielten sie es 5*«"^ nicht ungerathen zu sein, dass die Städte
Königsbergen, ehe und bevor S. Cli. D. anhero käme, dass sie deroselben
gewisse Personen entgegen schickten und dasjenige, was bishero vorge-
laufen und dadurch S. Ch. D. so sehr offendiret worden, unterthänigst
entschuldigten und demüthigst bäten, dass S. Ch. D. solches Alles, was
vorgegangen, aus heroischem Gemüthe vergessen, die Ungnade schwinden
und fallen lassen und sie als Dero jederzeit gewesene getreue Unterthanen
hinwiederumb zu voriger landesfürstlicher Hulde und Gnade kommen und
gelangen lassen. Oder aber, da sie Solches nicht durch eine Abschickung
thun möchten, so könnte Solches mit einem unterthänigsten demüthigsten
Schreiben verrichtet werden, nicht zweiflend, dass sie damit das kurfürst-
liche Herz wohl würden gewinnen, darzu die Herren Regimentsräthe an
ihrem Ort das Ihrige auch thun und sich angelegen sein lassen wollten,
wie das ganze Werk zu so einem guten Zweck zu richten, wann sie guten
Rath folgen und in Zeiten die vorgeschlagene Mittel accipiren und selbige
nicht aus Händen gehen lassen möchten, darzu sie nochmals mit vielen
Motiven und beweglichen rationibus ermahnet und dabei versichert worden,
dass S. eil. D. in allen ihren geführten Beschwerden, sovvolil in Religion-,
als Profansachen, wie sie dieselbige in ihren übergebenen Memorialen
angezogen, ihnen gnädigste Satisfaction geben würden.
6) Weil auch der kneiphöfische Schöppenmeister Roth die einzige
Ursach alles dieses bisherigen Unwesens, was zwischen Herren und Un-
terthanen vorgelaufen gewesen, und damit wider Gott sein Gewissen und
S. Ch. D. gröblich vergriffen, also dass S. Ch. D. dieses des Rothen so
unverantwortliches Verüben ernstlich abzustraffen vorgenommen, damit
nun aber auch er, Roth, alle solche angedräuete Strafen von sich ab-
wenden möchte, dass er, weil S. Ch. D. von E. E. Rath der Stadt Kneiphof
gnädigst begehret, dass sie selbigen dero Rechten ohne Präjudiz ausfolgen
lassen sollten, so sie aber mit ihrem so wohl mündlich als schriftlichen
geschehenem Berichten abgelehnet, wobei es aber höchstgemeldte S. Ch.
D. nicht würde bewenden lassen, dass er, wie gedacht, sich gutwillig auf
das Kneiphöfische Rathhaus begeben und daselbst etliche Wochen ver-
bleiben und gewärtig sein, dass S. Ch. D, den W^eg ordentlichen Rechtens
wider ihm vornehme, da er dann Gelegenheit haben wird, S. Ch. D. mit
einer unterthänigsten und demüthigsten Supplication anzufallen, darinnen
sein grosses Verbrechen erkennen und bei Sr. Ch. D. mit einem demüthigeu
Fussfall umb Gnade bitten wird können, nicht zweifelnd, dass S. Ch. D.,
234 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
wenn sie hören und sehen würden, dass einige Reue bei Rothen vor-
handen, Sie sich einen gnädigen Herrn gegen ihm erzeigen werden.
Wie sie nun aus wohlmeinender Intention als treue Patrioten dieses
unsers Vaterlandes diese Vorschläge gethan, dadurch sie vermeinen, dass
alles Unglück, so über dieses arme Land und diese Stadt schwebet ver-
mittelst göttlichen Beistandes könnte gehoben und abgewendet werden, so
setzete sie keinen Zweifel, es werden die anwesende Deputirte nicht
allein vor ihre Person solches Alles wohl erwägen, sondern auch den
Ihrigen alles dasjenige, was proponiret worden, bestermaassen hinterbrin-
gen, und sie mit allen dienlichen remonstratiouibus dahin bewegen, dass
sie gutem Rath folgen, sich aus diesem weitaussehenden Werk heraus-
wickeln, das Misstrauen als die einzige W^urzel alles dieses Unwesens
ausreuten und sich zu allerunterthänigsten und schuldigsten Parition
und Gehorsam bequemen.
Widrigenfalls, da diese ihn so wohlmeinende Intention nicht sollte
angenommen werden, so wollten sie vor Gott und der ganzen Welt hier-
mit contestiren, dass sie an allem dem unsäglichen Unglück, so diesem
Lande und der Stadt hieraus entstehen möchte, unschuldig sein wollen.
Der Statthalter an den Kurfürsten. Dat. Königsberg 8. Sep-
tember 1662.
Ausfertigung. E. 6. RR. 2,
[Roths Umtriebe. Vorsicht gegen die Schweden.]
1662. Ob wir wohl zufolg E. Ch. D. jüngsten gnädigsten Rescriptis nicht
■ f' ■ unterlassen, der allhiesigen Bürgerschaft dasjenige beweglich zu remon-
strieren, was zu Introduction der Accise oder eines gewissen quanti, Ein-
stellung der polnischen Reise, des Rothen Versicherung und sonsten zum
Besten gereichen kann, sie auch hingegen der Erhörung in ihren desi-
deriis vertröstet und soviel an uns gern alle Difficultäten, die E. Ch. D.
bei Dero, Gott geb, glücklichen Ankunft in Preusseu längeren Verdruss
verursachen möchten, zuvor aus dem Weg räumen wollten, so will je-
doch unser wohlmeinendes Erinnern, Warnen und Bedrohen bei denen
Meutmachern, bevorab dem Roth und seinem Anhang wenig fruchten,
sondern nur Alles negative beantwortet und was die Herren Oberräthe,
tanquam privati, zu Facilitierung der Geschäften etwa proponieren, ex
protocollo schriftlich gefordert und dardurch die Langwierigkeit gesuchet
Roths Umtriebe. Vorsicht gegen Schweden. 235
werden'), wie dann auch gedachter Roth in den Versamblungen, da
solche unsere Vorschläge der Gemeine eröffnet und ihre Erklärung dar-
über erfordert worden, sich abermaleu unterschiedlicher auf die Freiheit
zielender Persuasioueu, vornehmlich, dass man von der Schickung au
den polnischen Hof nicht abstehen sollte, befliessen und die Bürger,
deren schon viel wegen der Accisse wohl disponieret gewesen, zur Stand-
haftiskeit und Verfolsfuns desjenigen ermahnet, was ihre Jura und Pri-
vilegieu vermöchten und mitbrächten, wordurch er denn bald wieder
umbstösset, was wür mit Mühe und Sorgfalt zu unterbauen und die Ge-
müther zu gewinnen getrachtet haben. So soll er auch Etlicher Meinung
nach hierunter auf die Wiedereröffnung des Landtages sehen, umb zu
erwarten, wofür alsdann die andern Stände inclinieren und w'as man
ihnen über die gesambte Gravamina vor Satisfaction geben werde. Die
drei Bürgermeister vermuthen zwar von besagter Bürgerschaft innerhalb
wenig Tagen eine bessere Erklärung, ich aber darf sie sobald nicht
hoffen, wiewohl daher die Herren Oberräthe den Versuch des Rotheu
Captivation solange anstehen zu lassen und zuvor alle gütliche Mittel zu
tentieren noch rathsamb erachten, dem ich insoweit acquiescieren muss,
von Herzen verlangend, dass E. Ch. D. endlich mit gnädigstem Vergnügen
aus dem Irrgarten der jetzigen Preussischen Affairen glücklich kommen
und Alles wohl beruhigen mögen.
Da fortwährend "Warnungen einlaufen, sieht er sich wohl vor gegen eine
etwaige Invasion der Schweden.
Die Oberräthe au den Kurfürsten. Dat. Königsberg 15. Sep-
tember 1662.
(Praes. Goltzo 10. [20.] Sept.) Ausfertigung. R. 6. KR. 2.
[Stimmungsbericht.]
Auf ihre an die drei Städte gerichtete Ermahnung haben sie noch keine 16G2.
Antwort, weil die Zünfte in ihren Meinungen sehr missheilig und sich P*'
nicht einigen können, . . mögen auch nicht zu hart in sie dringen, weil
zu Rectificierunof der verrücketen Gemüther und zur Buss und Bekehruuo:
^) Dies Begehren, das von den Zünften ausgieng, wurde abgeschlagen. (Statt-
halter und Oberräthe an den Kurfürsten 8. Sept. 1662.) Dabei war ein Protokoll
von dieser Zusammenkunft vorhanden: das vorige Stück (s. o. S. 227), das freilich
vermuthlich vom Magistrat und nicht von den Oberräthen ausgegeben worden war.
236 II- D^*" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
ihnen eine und die ander Dilation zu gönnen, bevorab da die Hoffnung
eines gutten Ausganges die Besorglichkeiten dem einkommenden Bericht
nach in etwas überwieget^). Theils wollen ihre Erklärung bis zu E. Ch.
D., Gott gebe, glücklichen Anherokunft aussetzen. Andere wollen, dass
man sich noch vor E. Ch. D. Hereinkunft also erklären solle, dass man
einen gnädigen Herren haben und die Mühlen mögen eröffnet werden.
Alle aber haben die assecurationem privilegiorum und abolitionem gra-
vaminum^) zu ihrem Zweck, welche auch bei bevorstehender Reassum-
tion des Landtages hochnöthig sein will.
Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten. Dat. Königs-
berg 29. September 1662').
Praes. Stargard 22. September. Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Gütlicher Versuch zur Verhaftung Roths.]
1662. Nach einer und anderer Beisorge, so in Privatprocessen bei den
" ■ ^P ■ Praeliminarien und Formalitäten, die curiose Pacta pflegen in Acht zu
nehmen oder auch woll nach langer unnöthiger Furcht, da Roth den Ge-
meinen Mann und andere mit allerhand Erdichtungen intimidiret, auch
gar dementieret, hat gestern der Kneiphöfische Rath*) zum Process des
Rothen einen Anfang gemachet ^), Roth aber sich ihrem Gehorsamb ent-
zogen, wie Beedes aus der Fiscal hiebeigeschlossener Relation^) erhellet.
^) Schon drei Tage vorher hatte berichtet werden können, dass sich die Gemüther
in Königsberg auf die Nachricht von des Kurfürsten Abreise hin etwas beruhigt hätten.
(Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten 12. Sept. 1662.)
-) Der Kurfürst theilte darauf hin mit, dass letztere schon abgeschickt seien, dass
er auch erbötig sei, weitere Erinnerungen der Stände in Bezug darauf entgegenzu-
nehmen. (Der Kurfürst an Statthalter und Oberräthe [Conc. Jenas] 11. [21.] Sept. 1662.)
^) Die vorangehende Correspoudenz, die nicht allzu erheblich ist, ist hier fortge-
lassen worden.
*) Der Rath der Stadt Kneiphof hatte es in einem langen Schreiben an den
Kurfürsten abgelehnt, Roth auszuliefern, weil ein Process gegen ihn schwebe und
allein der Rechtsweg beschritten werden dürfe. (Bürgermeister und Räthe der Städte
Kneiphoif und Königsberg an den Kurfürsten 31. Aug. 1662.)
^) Den Officiales fisci war am 26. befohlen worden, auf dem Kneipböiischen Rath-
hause die Auslieferung Roths nochmals zu verlangen. Die Oberräthe waren am 26.
der Ansicht, dass der Rath, der am 25. freilich noch zögerte, diesem Verlangen nicht
mehr, wie bisher, ausweichen könne. Tags darauf berichtet Radzivill, einige Zünfte
hätten sich schon von Roth abgewandt. (Statthalter und Oberräthe an den Kurfürsten
26. Sept., der Statthalter an den Kurfürsten 27. Sept. 1662.)
^) Aus dieser ergiebt sich Folgendes: Roth wurde am 28. vom Bürgermeister vor-
Oct.
Stimmung. Gütlicher Versuch der Verhaftung. Befehl zur Gefangennahme. 2B7
Der Kurfürst an Stattlialter und Oberräthe. Dat. Neugard
23. September 1662.
Ungezeichnetes Concept von Jenas Hand. R. 6. RR. 2.
[Befehl, Roth zu verhaften.]
(Auf die Relationen vom "26.^) und 29. Sept.) . . . Gleich wie wir nuu ^1662.
nicht zweifehl, es würde der Rath, daferne sich ein Bürger an ihm, wie
sich Roth an uns vergriffen, denselben sofort zur Captur bringen lassen,
also nimmt es uns desto mehr Wunder, dass da ihme noch die sonder-
bare Gnade geschiehet und ihme freigelassen wird, gedachten Rothen zur
Verwahrung zu bringen, er zur Zeit ein Mehres nicht bei der Sache thun
wollen.
Da sich nun der Kurfürst mit dergleiclien unwirksamen Maassnahmen nicht
genügen lassen kann und Justiz geübt werden muss, so wird er sich, falls Roth
entkommen sollte, an diejenigen halten, die daran schuld sind. Deshalb wird der
Statthalter ersucht, den Oberräthen befohlen, den Roth zur Haft zu bringen').
Kurfürstliche Assecuration. Dat. Colin a. d. Spree 5. Sep-
tember 1662.
Publ. Königsberg 11. Oktober. Reinconcept. R. 6. RR. 2. Kön. 668 H.
[„Assecuratio Privilegiorum" : 1) Mitwirkung der Stände in Krieg und Frieden. 2) Even-
tualsuccession Polens. 3 — 6) Bestätigung der Privilegien und alten Ordnungen. 7) För-
derung der Landeswohlfahrt. 8 — 9) Indiciura parium curiae. 10 — 11) Obligatorische und
Huldigungslandtage. 12) Bestätigung der Privilegien durch jeden neuen Herrscher.]
Wir Friedrich Wilhelm . . . bekennen und thun kund hiermit vor 1662,
uns, unsere Erben und nachkommende Herzoge in Preussen, gegen Je-,^g^^^"
gefordert, erschien aber nicht. Als ihm dann durch den Amtsdiener Arrest angesagt
wurde, hat er diesen als unrechtmässig zurückgewiesen. Die Fiskale haben darauf
den Rath aufgefordert, Roth verhaften zu lassen. (Die Officiales fisci an den Kur-
fürsten 28. Sept. 1662.)
^) Am 3. October wird berichtet, dass Roth an das Hofgericht appelliert hat, dass
aber trotzdem die Fiskale angewiesen sind auf Verhaftung zu dringen, am 9. schreibt
Radzivill, dass er dies nicht erlangt habe, am 10., dass er die Sache auf gütlichem
Wege bis zu des Kurfürsten Ankunft hinziehen wolle, inzwischen aber Sorge trage
durch Wachen etc., dass Roth nicht entkomme. Zugleich wird von fortwährenden
Tergiversationen des Kneiphöfischen Käthes gemeldet. Am 12. fragt Radzivill an, wie
er dem Befehl vom 23. Sept. (wiederholt unterm 30. Sept.) Roth zu verhaften (noch
vor des Kurfürsten Ankunft) nachkommen solle, am 13. berichtet er, dass noch nichts
geschehen sei. Der kurfürstliche Befehl ward erneuert. (Statthalter und Oberräthe
an den Kurfürsten 3., 10. Oct., Radzivill an den Kurfürsten 9., 10., 12., 13. Oct.
der Kurfürst an Radzivill, Lauenburg 4. [14.] Oct. 1662.)
238 II- D^'' grosse Landtag von 1661 bis 1663.
dermänniglich: nachdem wir von der königlichen Majestät und Krön
Polen durch die anfängliche am 19. Septembris 1657 zu Wehlau aufge-
richtete und folgends am 6. November selben Jahres zu Bromberg be-
stätigte und von allen Theilen eidlich beschworne, auch auf der im Ju-
nio ao. 1658 zu Warschau angestelleten Convocation und dann im sel-
bigen Jahre auf dem Reichstage von allen Reichsständen einmüthiglich
beliebte pacta das supremum dominium dieses Herzogthumbs Preussen
erlanget, dass E. E. Landschaft von allen Ständen gemeldten unsers
Herzogthumbs uns auf allgemeinen Landtage demüthigst und uutcrthä-
nigst ersuchet und gebeten, weil sie obgedachten Friedenshaudlungen
nicht zugegen gewesen, auch zu denselbigen dazumal wegen der gefähr-
lichen Kriegesunruhe nicht haben können gezogen werden, wir geruheten
sie in kurfürstlichen Hulden und Gnaden, wenn sie uns als ihrem na-
türlichen Oberherren den neuen Eid leisten würden, zu versichern, dass
solche Aenderung, welches ohne ihre Vorbewusst und Einrathen obbe-
sagter Ursachen halber geschehen, ihren wohlhergebrachten Freiheiten
und Gerechtigkeiten nicht präjudiciren, noch denenselben zum Nachtheil
in einige Sequel gezogen, sondern sie vielmehr bei allen ihren wohlher-
gebrachten Privilegien von uns und unsern kurfürstlichen Nachkommen
geschützet und erhalten werden sollen.
Wann dann diese uuterthänigste Bitte in höchster Billigkeit beruhet,
wir uns auch dabei bestermaassen erinnern, wie unsere getreue ünter-
sassen von allen Ständen dieses Herzogthumbs Preussen hiebevor bei uu-
serm kurfür.stlichen Hause und insonderheit zu diesen schweren Kriegszeiten
ihr Gut und Blut mit standhafter Treue und ruhmwürdigster Willfährig-
rigkeit bei uns aufgesetzet, als tragen wir kein Bedenken, E. E. Land-
schaft von allen Ständen für uns, unsere Erben und nachkommende
Herrschaft gnädigst zu versichern, dass diese Handlung der Wehlauischen
Pacten, welche wir mit unsern getreuen Ständen, wegen damaliger Krie-
gesgefahr nicht überlegen können, ihren Freiheiten zu keinem Präjudiz
gereichen und gemeldter actus von uns oder unsern Nachkommen in keine
Sequel gezogen, sondern bei allen Handlungen, so dieses Herzogthumb
Preussen betreffen, zu Krieges- und Friedenszeiten 1) allemal von unserer
treuen Stände Rath und Gutachten gefordert, und ausser dessen hinfüro
kein Schluss noch Veränderung gemachet werden soll.
2) Wir wollen auch aus landesväterlicher Gnade und Liebe gegen
unsere treugehorsame Stände uns bei Ihrer Königlichen Majestät und der
Krön Polen äusserst angelegen sein lassen, dass dieselbige, sobald dieser
Mitwirkung der Stände. Polnische Erbfolge. Bestätigung aller Privilegien. 2B9
Landtag seine Erledigung erreichet haben wird, autoritate comitiali ge-
wisse commissarios anhero senden, welche nicht allein von E. E. Land-
schaft das Eventualjuramentum empfangen, sondern sie auch dabei kräf-
tiglich assecuriren und versichern mögen, dass in casu devolutionis, wie
derselbe in pactis Velaviensibus beschrieben wird, das directum dominium
dieses Landes Preussen hinwieder an Ihro Königliche Majestät und die
Krön Polen und bei derselbigen zu ewigen Zeiten verbleiben sollte, wie
auch nicht weniger, dass E. E. Landschaft von allen Ständen bei allen
ihren Privilegien so wohl in Religion-, als Profansachen völlig erhalten
und ohne unserer getreuen Stände Consens und Einwilligung wegen dieses
Herzogthumbs Preussen Zustandes von höchstermeldter königlicher Maje-
stät und der Krön Polen keine Handel ung oder Veränderung vorgenom-
men, noch geschlossen und der actus der Wehlauischen Pacten in keine
Sequel gezogen werden solle.
3) Und damit auch ferner E. E. Landschaft gänzlich gesichert sein
möge, dass wir gar nicht gemeinet sein, das erhaltene supremum et di-
rectum dominium, nachdem es nunmehro mit dem utili consolidiret ist,
einigerleiweise zu extendiren oder uns dessen anders zu gebrauchen, als
wie es von königlicher Majestät und der Krön Polen bishero geschehen
oder geschehen können:
4) als geloben und versprechen wir, als dero natürlicher Erb- und
Oberherr, vor uns, unsere Erben und nachkommende Herrschaft bei kur-
fürstlicher Würde, Treu und Glauben in beständiger Form, als Solches
immer geschehen kann, dass wir E. E. Landschaft von allen Ständen
und einem Jeglichen insonderheit bei allen und jeden dieses Landes er-
langten und einverleibten Privilegien, Pacten, Recessen, Deere ten und
Responsen, Gerechtigkeiten und Freiheiten in Religion und Profansachen,
insonderheit bei der einhellig angenommenen Lutherischen Religion, nach
Inhalt der Augspurgischen Confession, wie dieselbe Kaisern Carolo dem
Fünften in anno 1530 übergeben, derselben Apologiä und wiederholeten
preussischen corpore doctrinae und Kirchenordnung, derselben Kirchen
und Schulen geruhig und unangefochten bleiben lassen, hingegen alle
andern Religionen, so denenselben und sonderlich dem Lublinischen pri-
vilegio zuwider, abgethan und nicht introducirt wissen wollen,
5) (jedoch dass solches Alles gegen uns und unsere Religion zu kei-
nem Nachtheil angezogen werde; soviel aber das Widerlegen oder strei-
tigen Punkten [sie] betrifft, wenn es nur mit christlicher Bescheidenheit
geschieht, soll Solches nicht verboten sein) sie auch bei allen löblichen
240 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
alten Ordnungen, Gebräuchen, Herkommen und Gewohnheiten, Pfand-
und andern Verschrei bungen, Contracten, Hab und Gütern, Handfesten,
Brief und Siegeln, Immunitäten, Gerichtbarkeiten, Possessionen, Leibge-
dingen und Begnadigungen, so E. E. Landschaft in genere und in specie
von Ordenszeiten hero bis zu dieser Stunde vom Orden, königlicher Ma-
jestät und Krön Polen, oder auch von unsern hochlöbliehen Vorfahren,
Markgrafen und Kurfürsten zu Brandenburg seel. Gedächtniss, und von
uns Selbsten oder auf unsern Befehl von unsern preussischen Oberräthen
und derselben Unterthanen woll fuudirten Bericht erlanget, gebrauchet
und besessen, in allen ihren Punkten und Clausuln unverbrüchlich und
unverändert, ohne einige Exception schützen und erhalten wollen, derge-
stalt, dass auf keinerlei Art oder Weise zu Krieges- oder Friedenszeiten
dawider gehandelt, noch Jemandem dawider zu handeln gestattet, sondern
sobald über Verhoflfen etwas demselben zuwider eingebrochen, 6) Solches
unverzögert auf unserer getreuen Stände unterthänigstes Erinnern abge-
stellet, nach den von uns mit unsern Ständen aufgerichteten Landesver-
fassungen und Gewohnheiten eingerichtet [werden soll].
7) Weiter geloben wir auch hiemit zum Kräftigsten, dass wir ge-
meiner Land und Leute aller und jeder unserer getreuen, lieben LTnter-
thanen Heil, Nutz, Wohlfahrt und Aufwachs, nicht weniger als unseren
selbsteigenen, wie ein Vater des Vaterlandes durch alle gnädigste landes-
väterliche Vorsorge befördern und fortstellen, dagegen aber ihr Unheil,
Schaden und Nachtheil höchsten Vermögens wehren, hindern und ab-
Avenden helfen, auch mit einem Jeden unserer Untersassen bei vorfal-
lenden Sachen nach Gleich und Recht für eines Jeden ordentlichen foro
ohne einige Vergewaltigung verfahren lassen wollen.
8) Ueber dieses Alles verwilligen wir ferner in Gnaden, dass wenn
einige Misshelligkeiten vorfielen, welche entweder natura sua vor ein Ju-
dicium parium curiae gehöreten, (9) oder auch sonsten in den andern be-
stelleten judiciis nicht abgethan worden oder werden könnten, dass wir
alsdann zu mehrer Bezeigung unserer Milde und dass wir einem Jeden
gern gleich durchgehend Justiz widerfahren lassen wollen, auf Begehren
ein solches Judicium parium curiae bestellen wollen, wie davon weitläu-
figer in dem Landtagsrecess vom . . . disponiret worden, und wie solche
judices auf solche Sache und deren Gerechtigkeit allein beeidet, also wollen
wir es auch bei deren Ausspruch bewenden und denselben exequiren
lassen,
10) In causis publicis aber, wenn ja einige vorfallen möchten, sollen
Alte Ordnungen. Pares ciiriae. Obligatorische und ITuldigungs-Landtage. 241
unsere treiigeliorsambste Stände anstatt der Provocation an ihre könig-
liche Majestät und die Krön Polen bei den Landtagen, die wir, so oft
es die Nothdurft und Angelegenheit erfordern wird, oder wir auch ver-
spüren werden, dass unsere getreuen Stände des Landes Besten halber
etwas an uns zu bringen haben, ausschreiben wollen, ihre Nothdurft und
Angelegenheit uns unterthänigst fürtragou, dafern auch ihren Freiheiten
und Landesverfassungen einige Einträge geschehen, dieselbe mit aller
Bescheidenheit an uns bringen und die Abstellung der allgemeinen und
absonderlichen Beschwerden demiithigst suchen können, die wir dann
als dero gütigster Oberherr und Landesvater nach den Landesverfassungen
einzurichten und Alles in gewünschten Stande zu setzen, uns werden
möglichst angelegen sein lassen.
[11] Und damit unsere getreue Stände dieser unserer kurfürstlichen
Assecuration sich zu ewigen Zeiten zu erfreuen haben mögen, sollen
unsere Erben und Nachkommen, so bald ein Fall und Veränderung ge-
schehen sein wird, und sie also die Regierung dieses Herzogthumbs an-
treten, einen allgemeinen Landtag auszuschreiben und, wenn ihnen als
natürlichen Oberherren von unsern Land und Leuten der Erbeid abgeleget
wird, zugleich alle eingeschlichene Beschwerde abzuschaffen, E. E. Land-
schaft genügsame Versicherung ihrer Freiheiten und Landesverfassungen
zu geben und dieselbe 12) in der allerbesten Form, Art und Weise zu
bestätigen, gehalten und verbunden sein, damit E. E. Landschaft desto
mehr Ursach haben möge, unserer Huld und Gnade, so lange die Welt
stehet, im Besten eingedenk zu sein und unserm kurfürstlichem Hause
hinwiederumb alle unterthänigste Treue und Gehorsamb standhaftig zu
erweisen. Wie dann dagegen unsere getreue Stände zu allen Zeiten bei
uns und unsern Nachkommen treu und beständig halten und unsere Suc-
cessoren vor dero einige Oberherren unterthänigst erkennen und im Uebri-
gen denen Wehlauischen pactis, als welchen und den dadurch erlangten
Rechten sonsten nichts derogiret, sondern hierdurch vielmehr bestätigt
wird, sich alle Zeit gehorsambst accommodiren sollen und wollen.
Urkundlich und zu wahrer Bekräftigung dessen Allen, haben wir
dieses eigenhändig unterschrieben und mit unserm kurfürstlichen Kam-
mersecret bedrucken lassen. ')
') Bei diesem Stück liegt ein Concept, das (in Jenas Handschrift) die Bemerkung
trägt: „Dieses Concept ist von ... Schwerin den 13. April 1662 aus Preussen über-
schickt worden." Vergl. auch o. S. 94 f.
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. IQ
242 II' Der grosse Landtag von 1C61 bis 1663.
Kurfürstliche Erklärung^). Dat. Colin a. d. Spree
11. [21.] August, public.') Königsberg 11. October 1662.
R. 6. TT. — KÖD. 668 II.
[Auf die Erinnerungen der Stände in Bezug auf die abolitio gravaminum : Kirchliches.
Universität. Fürstenschulen. Zuchthaus. Statthalter. Oberräthe. Justiz. Lehns-
recht. Armee. Versprechen sie in fi'iedlichen Zeiten aufzulösen.]
1662. Ad 1, et 2.) S. Ch. D. haben allbereit dero preussischen Regierung
fll Oct) g'^ädigst committiret, nicht allein gewi.sse Pastores zu dem vorgeschlagenen
Colloquio zu benennen, sondern auch ein project aufzusetzen, wie dabei
zu verfahren; also dass dieser Punkt damit seine Erledigung erlanget; ob
sonsten bei dem Kirchenwesen noch einige fernere Bedienungen per In-
spectores anzuordnen nöthig sein wird, Solches wird die Vorstandsvisi-
tation ausweisen, wonach man sich künftig achten und ferner, was zur
Erhaltung Kirchen und Schulen nöthig, verordnet werden kann; gestalt
dann S. Ch. D. die Instruction zu der vorhabenden Visitation zu dero
gnädigsten Revision und Ratification erwarten. ^)
3) Wegen Maintenirung derer also genannten Lutherischen Religion
haben S. Ch. D. sich allbereits öfters dergestalt erkläret, dass desshalb wohl
ein Mehres nicht desideriret werden kann. Sollte aber desfalls noch
etwas Weiteres von den Ständen erfordert werden, so sind Sr. Ch. I).
das gnädigste Erbieten, ihnen darunter noch mehrere und vollkommenere
Versicherung zu ertheilen, wie dann die Stände im Geringsten nicht zu
fürchten haben, dass durch das Exercitium der Reformirten Reli-
gion den Lutherischen einiger Eintrag oder Behinderung geschehen soll.
Der 4. Punkt ist der preussischen Regierung gleicher Gestalt bereits zur
Execution zu stellen anbefohlen worden, und wird der 5. Punkt wegen der
Praesentation der Professoren seine gute Erledigung in dem Land-
tagsrecess erhalten; dergestalt dann auch S. Ch. D. wegen der Stipen-
diorum, Unterhaltung der Communität und der drei Fürstenschulen,
wie nicht weniger, wegen Aufrichtung des Zuchthauses beim sechsten
Punkt und dann beim 7. wegen Redimirung derer preussischen Gefangenen
*) Der Titel der Vorlage lautet: „Fernere Sr. Ch. D. . . . Erklärung über die von
den Ständen am 13. Juli 1662 (s. o. S. 176 ff.) auf die Ihro zugefertigte abolitionem
gravaminum (vom 21. April 1662, s. o. S. 101 ff.) abermalen eingekommen unterthä-
nigste Erinnerungen."
2) So nach Kon. 668 III.
^) Vergl. dazu u. S. 244 ff. und weiter unten die kurfürstliche Erklärung (über
die Gravamina) vom 1. Mai 1663, Anm. zu Punkt 1.
Kirchliches. Universität. Statthalter. Oberrätlie. Justiz. Lehnsrecht. 243
in der Tartarei, der preussischen Regierung die Vollmacht gnädigst com-
mittiret.
Was im 8. Punkt von den Ständen weitläufig und in vielen sub-
dividirten Punkten angeführet, soll gleicher Gestalt in dem unter Händen
habenden Landtagsrecess seine Erörterung erlangen, und ist allbereit der
Regierung anbefohlen, mit Äbhörung der Contributionsrechnung gebotener
Maassen zu verfahren.
Was wegen des Statthalters angeführet, tragen S. Ch. D. das
Gnädigste Vertrauen zu dero Ständen, sie werden sich damit gehorsamst
vergnügen, dass S. Ch. D., wo sie es nicht nöthig befinden, keinen be-
stellen und ohne dero gehorsame Stände wohlmeinende unterthänigste
Erinnerung dergleichen Unkosten und Spesen sparen wollen, weil S. Ch.
D. dabei einig und allein des Landes Wohlfahrt zum Zweck haben; denn
es ohne einige Widerrede ist und ein Jedermann bekennen wird, dass
die vorgewesenen gefährlichen in Sr. Ch. D. Abwesenheit eine hohe Person
zur Beschützung des Landes erfordert, und weil ins künftige die Noth-
wendigkeit nicht weiniger erfordern könnte, so werden die Stände selbst
sich hierunter vernünftig begreifen, aus Allem aber haben sie sich zu
versichern, dass von denselben weder etwas wider ihre Privilegia ge-
handelt noch auch die Oberräthe in ihren Ordinar-Functionibus ver-
hindert werden sollen.
Wegen Erledigung des 9. 10. und 11. Punkts haben S. Ch. D. glei-
cher Gestalt dero gnädigste Resolution der preussischen Regierung über-
schrieben, wie denn auch beim 12., was die Justiz betrifft, sowohl
beim Ober-Appellation-, Hof- und Criminal-Gerichte, wie auch wegen des
Edicti perpetui dergestalt der Stände desideriis in Gnaden deferiret
worden, dass sie daran verhoffentlich ein unterthäuiwstes Vers-nüsen
haben werden, und haben S. Ch. D. Solches allhier zu wiederholen un-
nöthig ermessen, weil es den Verordnungen selbst inseriret werden soll.
Was sonsten hierbei wegen eines absonderlichen Lehenrechts besorget
wird, wollen S. Ch. D. die Stände nochmals hiermit gnädigst versichert
haben, dass sie diesfalls ausser Sorge und Gefahr seien, und in den
Lehen nichts Neues vorgenommen werde, sondern die natura der Lehen,
also wie sie von Alters gewesen und annoch ist, verbleiben und auch
wegen der Belohnung nichts Neues gemachet werden soll, dass auch
die Hausleute hinfüro inaudita causa nicht mit Schimpf Verstössen wer-
den sollen, ist Sr. Ch. D. gnädigste Erinnerung, wie denn auch sonsten
gegen Niemand, wes Standes der auch sei, er wäre dann in recenti
16*
244 II- Der grosse Landtag von 16G1 bis 1663.
crimine ergriffen oder auch de fuga suspectus, mit Arrest de facto ver-
fahren werden soll.
Was den 13. Punkt belanget, kann den Ständen nicht mehr, als
S. Ch. D. selbst verlangen, dass sie die übrige wenige Miliz abdanken
mögen. Es verhoffen auch S, Ch. D., der höchste Gott werde den ge-
troffenen Frieden erhalten und die besorgende Unruhe dämpfen, und
wollen S. Ch. D. alsdann keinen Tag versäumen, sich und ihr Land der
Beschwer zu befreien. Indessen wollen sie aus den von den Ständen
ihr gewilligten Mitteln die Unterhaltung thun lassen, also dass sonsten
von Niemand einige Unterhaltungsgelder gefordert oder genommen werden
sollen. Was weiter bei diesem Punkt angeführet, bekombt im Landtags-
recess und sonsten seine gute Erledigung und soll die gebotene Nach-
frage von den ausgebliebenen Ritterdiensten durch die zur Abhörung der
Commissariatsrechnung verordneten Commissarios geschehen. Der 14.
Punkt hatte, so viel S. Ch. D. dabei zu thun vermögen, seine Richtig-
keit und werden dieselben ferner darüber halten und alles zum Effekt
bringen lassen, und weil S. Ch. D. sich nunmehr nach der Stände un-
terthänigsten Bitten so gnädigst und willfährig in allen Stücken erkläret,
so tragen sie auch hinwiederumb das gnädigste Vertrauen zu denselben,
sie werden nicht allein die Beitreibung der Accise selbst eifrig befördern,
besonders sich auch in allewege gegen S. Ch. D., wie es getreuen Un-
terthanen eignet und gebühret, erweisen und damit denselben Anlass
geben, dero kurfürstliche Huld und Gnade, womit sie ihnen bereits zu-
gethan, zu erweitern und in andere Wege ferner darzuthun, urkundlich
unter Sr. Ch. D. eigenhändiger Subscription und vorgedrucktem Insiegel.
Kurfürstliche ErklärnngO. 0. Dat. Piibl. 14. October 1662.
KöD. 668 IL
[Zur ferneren^) Beantwortung der Gravamina. Synode. Visitation. Zuchthaus. Handel
auf den Schlossfreiheiten. Labiauscher Schleusen-Zoll. Königsberger Zollantheil. Con-
tributionsrechnungen. Landrecht. Deponierte Gelder. Duelle. Aemter-Justiz.]
Umb den Kirchenstreit und Uneinigkeiten zwischen dem Königs-
bergischen Ministerio und D. Dreiern endlich abzuthun, lassen S. Ch.
^) Der Titel der Vorlage lautet „Uff E. E. L. von allen Ständen gehorsamste fer-
nere Erinnerung in puncto abolendoruin gravaminum wird auch wegen Sr. Ch. D.
ferner erkläret."
2) Wohl zur Ergänzung der Erklärung vom 11. Aug., publ. 11. Oct. 1662. Vergl.
0. S. 242 Anm. 3 und S. 154 Anm. 2.
Armee. Auflösungsversprechen. Synode. Visitation. Zuchthaus. Sehlossfreiheit. 245
D. ihr gnädigst gefallen, wie gehorsamst von E. E. L. vorgeschlagen,
auf eineu Synodum im Laude es zu uchmcn, zu welchem Ende dann
einige Pastoren so dazu gebrauchet werden sollen zuforderst zu benennen,
auch der Modus, wie man dabei zu procediren gedenket, vorhero unver-
fänglichen zu delineiren.
2. Wegen der Kirchen Visitation erinnern sich S. Ch. D. in Gnaden
dass im Landtage anno 1641 ein Entwurf davon aufgesetzet, welchen Sie
nun auf gegenwärtige Zeit zu accomodiren gemeinet, zu dem Ende den-
selben den Ständen hierbei heraus geben lassen und darob ihre, der
Stände unvergreifliche unterthänigste Gedanken erwarten, auch einige
Personen, so zur Visitation zu gebrauchen, sonder Maassgeben zu ihrer freien
und gnädigsten Resolution fürgeschlagen wissen wollen, und bei dieser
Visitation sollen auch die Mängel bei der Universität und denen Fürsten-
schulen beobachtet und zu nöthiger Redressirung gebracht werden.
3. Wie nöthig dieses Orts ein Zuchthaus zu erbauen, also sind S.
Ch. D. woll zufrieden, dass E. E. L. von allen Ständen ein gewisses un-
vergreifliches Bedenken abfassen und wollen alsdann S. Ch. D. einigen
geschickten Leuten aus ihren Bedienten und denen Ständen das ganze
negotium committiren, welche dann sich der Anleitung anderer in an-
deren Orten fundirten und florirenden Zuchthäuser zu gebrauchen und
dieses allhier einzurichten.
4. S. Cl). D. ist auch nicht unbekannt, dass denen auf der Freiheit
wohnenden, wenn sie das Bürgerrecht nicht erlanget, nicht erlaubet sei,
aus und in die Schiffe und von dem frembden Mann sonsteu einkom-
mende Kaufmannswaaren zu kaufen, zu verkaufen und zu handeln, wo-
bei sie es auch, in Hoffnung, dass die Städte Königsberg endlich zum
schuldigen Gehorsam kehren werden, nochmals bewenden lassen. Im
Uebrigen aber sind S. Ch. D. des gnädigsten Vertrauens, man werde
unter diesem Prätext oder was auch wegen der Fuscher gemeldet wor-
den, dasjenige Recht, was auf dero Freiheiten Sr. Ch. D. zustehet, nicht
schwächen w^ollen.
5. Am Labiau'schen Zoll ist S. Ch. D. Meinung garnicht, dass
hierdurch die Litthauer wider das Herkommen beschweret sollen werden,
haltens aber dennoch nicht unbillig zu sein, dass zu Ersetzung der
grossen Spesen, so auf den Bau der Schleusen zu Labiau und Tapiau
und auf die Unterhaltung derselben angewendet worden und noch ange-
wendet werden müssen, etwas genommen werde, sintemal dem durch-
fahrenden frembden Mann zu gut und zu Beförderung der Commercien,
246 II- I^^i" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
welches dann ein Jeder itzo mit sehr grosser Commodität, Vortheil und
Besparung vieler Unkosten gegen die vorigen Beschwerlichkeiten, ehe die
Schleussen erbaut waren, empfindet, dieser kostbare Bau ausgeführet
worden.
6. Wegen der Städte Königsberg Anpart Zolles wollen S. Ch. D.,
weilen zwar hievor dann und wann die Sache fürgenommen, aber die
Decision immer diiferiret und ausgesetzet worden, dass sie, die Städte,
absouders deshalb bei S. Ch. D. sich angeben und endlichen Bescheid
nehmen sollen.
7. Der bisherigen Contribution halber wollen S. Ch. D. und meinen
es eigentlich, dass nicht allein die gewesene Commissariatsbediente, son-
dern auch die Ambt- und Korn-Schreiber, als welche mehrentheils ihr
Contingent eingetheilet haben, für gewissen von allen Ständen deputirteu
und von S. Ch. D. confirmirten Commissarien zur Rechnung gefordert
werden sollen. Gestalt dann E. E. L. gewisse Commissarien zu deputiren
und zu benennen, denen alsdann die Abhörung derselben Rechnungen, wie
auch die Untersuchung der prätendirten Ritterdienste, nämlichen, dass sie
von den ausgebliebenen Ritterdiensten Nachfrage thun, zugleich aufzugeben.
8. Demnach zur Revision des Landrechts S. Ch. D. gewisse Com-
missarien deputiret, als hat denselben E. E. L. anzuliegen, dass sie das
Werk förderen und als möglichen beschleunigen mögen, so bald nun selbe
Commissarii mit ihrer Arbeit fertig, sollen ihre Bedenken und Erinne-
rungen denen Ständen alsdann communiciret und was dieselbe dabei
weiter erinnern möchten, zu Sr. Ch. D. gnädigsten Ratification genommen
werden.
9. Mit denen Leuten, deren deponirte Gelder aus den Gerichten
gehoben und darüber richtige Verabscheidungen vorhanden sind, wollen
S. Ch. D. Handlung anstellen lassen umb einen Jeden zu befriedigen.
10. Bei denen Erinnerungen, so die Stände bei dem edicto per-
petuo gethan, wollen S. Ch. D. ihnen in soweit in Gnaden deferiren, dass
weilen durch einen sonderbaren Missverstand es bis dahero davor gehalten
worden, dass dem Ritterstand vergönnet gewesen ihre Querelen per du-
ellum gegen einander auszuführen und dahero fürnehmlichen ihrentwegen
das perpetum Edictum promulgiret worden, dass demnach auch inson-
derheit sie und ihnen gleichwürdige vornehme Personen nur mit diesem
Process gemeinet sein sollen, andere gemeine Leute aber die sich der-
gleichen unterstehen möchten dennoch nicht weniger hart gestrafet, aber
nicht eben durch dergleichen judices gerichtet werden sollen.
Zölle. Commissariat. Landrecht. Depots. Duelle. Aemterjustiz. Der Kneiphof. 247
11. So seind S. Ch. D. auch gnädigst zufrieden, dass wenn nicht
ein duellum oder auch fürnehmlich ein Todschlag erfolget, das Ausfor-
deren oder andere vorgewesene Querelen nicht ehe edictal gemachet
werden sollen, bis zuforderst Solches von der Regierung erkannt und dem
Fiscali anbefohlen.
12. Gleichergestalt lassen S. Ch. D. ihr dasjenige, was die Stände
de denunciatione duellorum und wegen der Satisfaction des beleidigten
Theils erinnert, gar wohl gefallen, auch dass solches Alles in das edic-
tum in forma eingeriicket werde.
13. Weilen die Stände wegen übel administrirter Justiz in den
Aembtern grosse Klagen führen, soll eine Verordnung in alle Aembter
ergehen, dass die Hauptleute hinfüro besser verfahren und sich also be-
tragen sollen, damit S. Ch. D. nicht Ursach haben mögen auf fernere
einkommende Klagten über das, was vorhin solchen Falls in den Rechten
verordnet, besondere ernste Auimadversion ergehen zu lassen.
Die Oberräthe an den Fürsten Radzivill. Dat. Königsberg
23. Oktober 1662.
Ausfertigung, gez. Walleurodt und Kainein. R. 6. SS.
[Fortgesetzter passiver Widerstand des Kueiphofischen Rathes gegenüber der geplanten
Verschärfung von Roths Arrest.]
Zu gehorsamster Folge Sr. Ch. D. gnädigsten Befehligs^), haben wir ig62.
balde bei unserm Wiederkommen den Kneiphöfischen Rath durch ihre
Deputirte die Anzeige gethan, dass S. Ch. D. zu Besicherung des Arrestes
und Rothen alle Correspondenz und Kundschaft zu verschneiden, unge-
achtet des Allen, was sie gegen den Herrn Kanzler, als seine Relation
vom 21. dieses E. Fürstl. Gnaden wird fürgestellet haben, sinceriret,
auch nachgehends uns sinceriren wollen, einen ihrer Offiziere in dem
Losament bei ihme Rotheu, dann 3 Musketirer uebenst ihrer der Kneip-
höfer Wache gesetzet wissen wollten, auch nicht darüber zu handeln ge-
meinet, sondern es also anbefohlen hätte, welches denn wir mit einigen
Remonstrationen und Rechtsgründen ausführlichen gemachet.
Es wird aber Solches als eine neue Proposition uf ein Hiuterzug
') Am 15. hatte der Kurfürst dem Statthalter befohlen, dass er, falls es mit der
Verhaftung Roths noch nicht weiter gekommen sei, auch weiterhin darin nichts thun
solle, bis der Kurfürst selbst sich mit ihm darüber besprochen haben würde. (Der
Kurfürst an Radzivill, Weihersfrei [sonsten Neustädtchen], 5. [15.] Oct. 1GG2.)
248 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
von deu Deputirten genommen, so insoweit wir geschehen Hessen, dass
dennoch als gestern nach der Vesper eine Resolution einbracht werden
sollte. Inmaassen nun sie vorhin sinceriret und betheuret, dass alles so
sicher bei dem Arrest des Rothen, dass er gar nicht correspondiren könne,
bestellet und desfalis nichts zu befahren wäre, also wollten sie noch
mehr Wort davon machen und itzo noch wegen nicht kategorischer Re-
solution moram excusiren, weilen wegen des feierlichen Tages und Be-
suchung der Kirchen den Rath in pleniore zusammen zu bekommen ihnen
unmöglich gewesen. Wie wohl nun wir es nicht auf ihr Deliberiren und
Erklären ausgesetzet, haben wir dennoch auch diese Excusation gutt sein
lassen wollen, ihnen aber injungiret, heute zeitig Vormittags hierunter
ihren schuldigsten Gehorsamb einzubringen. Es hat sich aber heute eben
mit ihrer Resolution verweilet, dass wir darumb drei Malen interpelliren
lassen, demnach wir in Erfahrung bracht, wie ihrem des Raths Betheuren
zuwider, dennoch der Fahrenheit öfters, sein W^eib aber zum öftersten
Rothen besuchete, ja stündlich ab- und zuginge, der Ranisch aussem
Kneiphof ingleichen von der Wache admittiret w^erde und dahero so viel
mehr in sie zu dringen Ursach hatten. Als abermalen mora excusiret
werden wollte, ist von uns ihr Deputirter mit einem guten Verweis zu-
rückgefertiget und dem Rath in einer Viertelstunden mit der Erklärung
einzukommen angedeutet worden und bis dahin wollten wir noch ihrer in
der Rathstube abwarten. Die Zeit aber verlief bis an ein Uhr und wurde
nicht einbracht, unterdessen durch abermalen hingeschickten Kanzelisten
berichtet, dass der Rath aussem Kneiphof auf Altstädtschem Rathhause in
vollen Deliberiren zusammen wäre und sollte hastig die Resolution folgen.
Nach fernerem langen Warten, schickten wir abermahlen dahin, es hat
aber der Kanzelist sie bereit nicht mehr zusammen fundeu, sondern vom
Bürgermeister im Kneiphofe den Bescheid erhalten, es wäre unmüglichen
gewesen die Resolution einzubringen, es müsste noch zuerst mit dem
Kneiphüfischen Gericht geredet werden.
Dieweileu dann wir uns auf erw'ähntes Sinceriren, zumahlen bei ein-
brachter wideriger Nachricht garnicht verlassen, noch den sogestalten
Arrest vor einen genugsamb gesicherten Arrest halten, Sr. Ch. I). auch diesen
Verlauf nicht bergen dörfen, als haben wir ihrer so lang verzögerten Re-
solution nicht erwarten, sondern E. Fiirstl. Gn. dieses gehorsamblichen
berichten sollen, derselben ohu Maassgeben heimbstellende, wie Sr. Ch.
D, Sie dieses ufs Bequemste nach Erforderung der Sachen beizubringen
in Gnaden beruhen wollten.
Widerstand des Kneiphof gegen die Verschärfung von Roths Arrest. 249
Unserm unverfänglichen Ermessen nach, wissen wir bei der Sachen
nichts mehr zu thuu, noch zu rathen. Denn ob Sr. Ch. D. auch E. Fiirstl.
Gn. es gleich gefiele, dass dem Kneiphöfischen Rath durch ein Churf.
Rescript es angedeutet, das Rescript zugleich mit dem Officierer und den
drei Musketirern, die sofort bei Rothen bleiben sollten, herunter ge-
schicket und also Sr. Ch. I). gnädigst gutt fundene Verordnung ohne wei-
teres Warten des Rathes Cunctiren und Resolviren zum Effect gebracht
werde. Man siehet, dass der Rath von der Gemeinde und dem Gericht
also iutimidiret, dass sie das rechte Ende in der Sachen nicht zu finden
wissen. Mit so einen Befehlig und sofort beigebender Anstalt der Churfl.
Wache aber würden sie, Rath und Gemeinde, zugleich sehen, woran sie
es hätten, wesfalls denn wir weitere Sr, Ch. D. gnädigsten Befehlig in
schuldigstem Gehorsamb erwarten, alles in E. Fiirstl. Gn. hocherleuch-
tetes Gutachten gehorsamblichen und sonder Maassgeben stellende und
verbleibende . . •')
') Am 18. October war der Kurfürst mit seiner Gemahlin und seinem Hofstaat
auf seiner Yacht in Pillau angelangt, wo ihn der Statthalter und verschiedene Offi-
ziere und Einheimische, Edelleute und Andere, empfingen. Er stieg unter Geschütz-
donner und einer dreifachen Salve der Garnison ans Land. Er wartete dann dort bis
zum 24. October, weil ein Sturmwetter die Uebersetzung der Hofstaatsbagage und der
kurfürstlichen Trabantengarde, die über die Nehrung gegangen waren, einige Tage
verhinderte. Am 19. fanden sich die Oberräthe, Landschafts-Deputierte der Ritter-
schaft und der Städte und die Hofgerichtsräthe ein. Sie wurden nacheinander vom
Kurfürsten und seiner Gemahlin in Audienz empfangen, „woselbsten sie mit zierlichen
Haranguen des ganzen Landes Freude und Vergnügen über Sr. Ch. D. glückliche An-
kunft in unterthänigster Devotion contestiret, und darauf von Sr. Ch. D. Selbsten gnä-
digst beantwortet und aller landesväterlichen Liebe und Gnade versichert, auch die
Deputierten an die kurfürstliche Tafel behalten wurden." Am 24. brach der Kurfürst
bis Fischhausen auf, kam am 25. Mittags zu Spittelhof an, wo die Garde des Fürsten-
Statthalters, 4 Compagnien zu Pferd und 4 Compagnien Dragoner, „aufs Beste mon-
tiert und bekleidet, über 1000 Mann stark in Bataillion hielten". Am Pass bei Spit-
telhof wurde der Kurfürst nochmals von den Oberräthen und andern Collegien, wie
von den Deputierten der Landschaft begrüsst und hielt dann in einem feierlichen Zuge
von 24 Theilen, der von der Leibgarde des Statthalters zu Pferd, von 4 Comp, zu
Pferd und 4 Comp. Dragoner eröffnet wurde, seinen Einzug in die Stadt. Dem Zug
entgegen kamen aus der Stadt 2 Comp, von junger Mannschaft zu Pferde, ,aufs Köst-
lichste ausgeputzt" und 1 Comp. Dragoner „in rothe Liberey" gekleidet, die dem kur-
fürstlichen Train vorangingen. So nach einem offenbar sogleich nach dem Einzug
ausgegebenen Flugblatt. (Kurzer Bericht von Sr. Ch. D. ... glücklichen An-
kunft in Dero Herzogthumb Preussen und gehalteneu Einzug in Dero
Residenz-Stadt Königsberg 1662; vergl. auch Theatrum Europaeum IX
[1672] 634 f.)
28. Oct.
9. Bis zur Verabscliiediing des Landtags.
Der Kurfürst an den Obrist-Lieutnant Raesfeld. Dat. Königs-
berg 28. Oktober 1662.
Concept von Meinders Hand, gez. B. Radzivill. R. 6. SS.
[Ordre für den Tag der Verhaftung Roths.]
1662. S. Ch. D.-^) befehlen Dero Obrist-Lieutenant Raesfeld in Gnaden, dass
er ümb die Zeit und Stunde, als es ihm Generalwachtmeister Görtzke
andeuten wird, mit zwei Compagnien von dem Eulenburgischen Regiment
uebenst denen 50 Commandirteu von Braunsberg den Miihlberg herunter
durch die Krunauer Grube und durch das Altstadtsche Thor nach der
Honigbrücke gehen, dasselbe Altstadtische Thor woll besetzen, auf die
Honigbruch etwan sechzig Mann commandiren und dem Obristen Hille
den Weg nach den Schiffen, welche auf dem Pregel sein werden und
wohin Roth gebracht werden soll, versichern, die Schiffe auch in Zeiten
mit guten Offizieren und Soldaten besetzen und alles dergestalt in Be-
reitschaft halten solle, damit, sobald Roth aufs Schiff gebracht wird, er
denselben auf der Freiheit ans Land bringen und folgends ferner aufs
Schloss liefern lassen solle.
Nicht weiniger soll er sich der Neuen Brücke nach dem Friedläudi-
schen Thore durch 4 Rott Musketirer versichern und vor allen Dingen
sich bemühen, dass das Altstadtsche Thor, ehe er dahin kombt, nicht
möge geschlossen werden, welches er mit einem kleinen Vortrupp von
guten Musketiren leichtlich wird verhindern können. [Kanzleivermerk:]
Wegen Haltung guter Ordre, auch wie er sich im Fall einiger Wieder-
setzlichkeit zu verhalten inseratur gleich wie an den Obristen Hille.
^) Ueber die Verhaftimg selbst haben mir keinerlei urkundliche Nachrichten vor-
gelegen. Vergl. Theatrum Europaeum IX (1672) GS-lff., Pufendorf I S. 588f.
Baczko V S. 348f., Droysen III 2- S. 480 und S. 520 Anm. 659.
\
Befehle für den Tag der Verhaftung Roths. 251
Der Kurfürst an den Obristen und Commandeur Johann Hille.
Dat. Königsberg 29. Oktober 1662.
Concept von Meinders' Hand, gez. B. Radzivill. R. G. SS.
[Ordre zur Verhaftung Roths.]
Nachdem S. Cli. D. der Nothdurft ermessen') des Kneiphöfischen 16G2.
Schöppenmeisters Rothens sich besser zu versichern und dessen Person " '
zu des ganzen Landes Beruhigung aus der Stadt in mehrdere [sie] Ver-
wahrung bringen zu lassen,
als befehlen S. Ch. D. dero Obristen und Commandeur Johann Hillen
in Gnaden, dass er umb die Zeit und Stunde als es ihm von wegen S.
Ch. D. durch den Generalwachtmeister Görtzke wird angedeutet werden,
mit 3 Compagnien vom Eulenburgischen Regiment durch das Schmiede-
thor nach des Rothens Haus gehen, selbiges Schmiedethor woll besetzet
lassen und sich darnach des Rothen bemächtigen, zugleich auch an das
Honnigthor einige Mannschaft schicken und solches der Gebühr besetzen
lassen, auch dadurch besagten Rothen nach dem Pregel, auf die daselbst
vorhandene und mit Musketieren besetzte Schiffe bringen, denselben nach
der Freiheit ans Land setzen und ihm anhero aufs Schloss liefern soll.
Bei Verrichtung dieses hat er zuvorderst, wenn er mit den Völkern
hingehet. Niemand, wer der auch sein mögte, den geringsten Gewalt
oder Widerwillen zufügen zu lassen, vielweiniger der Soldatesque einigen
Muthwillen, Raub, Plünderungen oder andere Excesse zu gestatten, son-
dern diejenige, so sich dergleichen unterfangen mögten, alsofort ohne
einzige Consideration durch behörige Zwangs- und Verbotsmittel davon
*) Noch am 25. war an Radzivill, die — wiederholte (s. den Bericht der Ober-
räthe vom 23. Okt. 16G2 o. S. 247 f.) — Weisung ergangen, er solle, da Roth von dem
Kneiphöfischen Rathe nicht genügend beaufsichtigt sei und trotz dessen Versicherung
mit verdächtigen Personen verkehre, einen Officier und drei oder vier Musketiere be-
ordern, „dass sie in das Haus, da Roth verwahrlich gehalten wird, gehen und nebenst
des Raths Leuten Fleiss und Acht haben, damit Niemand zu ihm gelassen werde".
Der Kneiphöfische Rath bekam eine entsprechende Nachricht. (Der Kurfürst an Rad-
zivill, Amtshaus Fischhausen 25. Oct. , an den Magistrat zu Königsberg -Kniphoff
24. Oct. 1662.) — Am 26. war dann noch dem Schöppeumeister Roth auf sein Ge-
such gestattet worden, sich dem Kurfürsten unter dessen Schutz und Geleit persönlich
vorzustellen. Von dieser Erlaubniss, für die allerdings nur der einleitende Befehl vor-
liegt (der Kurfürst an den Obristen Nettelhorst, Königsberg, 2G. Okt. 1662, Concept,
aber mit Kanzleivermerk über die erfolgte Ausfertigung) und von der also nicht fest-
gestellt werden kann, ob sie dem Schöppenmeister selbst eingehändigt worden ist,
scheint Roth keinen Gebrauch gemacht zu haben.
252 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
abzuhalten, auch wenn es anderer Gestalt nicht zu verhüten, sie auf der
Stelle niedermachen zu lassen.
Imgleich soll er auf alle Fenster, Thüren und Advenüen des Rothen
Hauses gute Acht geben lassen, damit er nicht entkommen müge, auch
die Magde und Gesinde mit ernster Warnung von allen Geschrei und
Tumult abhalten, was er auch an Briefen bei Rothen oder sonst in
seinem Gemach und Schreibladen finden kann, zu sich nehmen und mit
herunterbringen.
Gleich wie er nun dieses mit allen muglicheu Glimpf und Be-
scheidenheit ins Werk zu richten, also hat er gleich woll denjenigen,
welcher Sr. Ch. D. sich hierunter freventlicher Weise widersetzen, oder
diese ihm aufgetragene Commission zu verhindern suchen mögten, An-
fangs mit guten Worten, folgends mit Bedrawungen und endlich mit der
That und wurklichen Gegenwehr zu begegnen und auf alle thunliche
Wege dahin sich zu bemühen, damit er Rothens Person in seine Gewalt
bringe und ihn anhero aufs Schloss liefern müge. Dafern er auch einige
Thor verschlossen finden würde und dieselbe auf gutlige Erinnerung
nicht alsofort aufgemacht werden wollten, soll er dieselbe entweder mit
Petarden oder sonsten auf alle mügliche Weise eroffnen lassen. Würde
endlich bei dieser Execution sich ein oder andere Difficultat ereugen,
oder solche auf bessere und leichtere Manier als obgemeldt ins Werk ge-
richtet werden können, so stellen solches Alles S. Ch. D. dem Obristen und
dessen Bekannter guten Couduite und Dexterität anheimb und wird der-
selbe auf alle Manier und Wege dahin sich zu bearbeiten haben, damit
er mehrgedachten Rothen in Haft bringen und aufs Schloss liefern möge.
Der Kurfürst an den Obrist-Lieutenaut Souteland. Dat. Königs-
berg 29. Oktober 1662.
Concept von Meinders' Hand, gez. B. Radzivill. R. 6. SS.
[Ordre für den Tag der Verhaftung Roths.]
1662. S. Ch. D. zu Brandenburg unser gnädigster Herr befehlen dero Obrist-
■ ^ ' Lieutenant Souteland in Gnaden, dass er morgendes Tages, wenn es von
des hiesigen Herrn Statthalters Fürstl. Gnaden ihm wird anbefohlen
werden, mit denen ihm zugefügten Trabanten nach dem Schmiedethor
gehen und sich dessen bester Massen versichern, auch solches gegen
Befelile für den Tag- der Verhaftung Roths. 253
menniglich maintcniren und dann ferner dem Obristen Hille in Execution
des ihm aufgetragenen Desseins nach äusserster Möglichkeit assistiren soll.
Der Kurfürst an den Kommandanten der Schanze Friedriclis-
burg. Dat. Königsberg 29. Oktober 1662.
Concept von Meinders' Hand, gez. B. Radzivill. R. 6. SS.
[Ordre für den Tag der Verhaftung Roths.]
S. Ch. D. zu Brandenburg unser gnäd. Herr befehlen dero Obristen 1662.
. . 29 Oct
und Commaudanten der Schanze Friedrichsburg, dem von Bellicum, allhie
in Gnaden, dass wenn er morgen auf dem Schlossthurm allhier eine rothe
Fahne sehen wird, er sich daran nicht kehren, sobald er aber zwei rothe
Fahnen aufgestecket sehet, wonach er dann alle Zeit ohnverkürzet gute
und fleissige Achtung geben soll, die Stücke gegen den Kneiphof und
die dazu gehörige Spiker richten und solche darauf spielen lassen solle.
Protokoll^) der Verhöre mit Hieronymus Roth. Actum 3.,
4. und 6. November 1662.
Reinschrift; die Antworten Roths von Sturms Hand-). R. 6, SS.
[Zögern der Bürgermeister dein Gerichte beizuwohnen. Vermahnung Roths. Verhöre.]
Protocollum. Actum. Freitages den 3. November auf der kurfiirst- 1662.
liehen Residenz zu Königsberg hora 9. antemeridiana, praesentibus
Sr. Fiirstl. Gn. zu Anhalt, Sr. F. Gn. Prinz Radzivill, Herrn Landhof-
meister Wallenrodt, Herrn Ober-Burggraf Kainein, Herrn von Eulenburg,
Herrn Landvogt zu Fischhausen, Tettau, Herren Oberappellationsgerichts-
räthen Ostau und Wegenern, Herren Burgermeistern Kenckel, Holländer
und Jetken, Herrn Förster, Stadtschreiber zu Holland, Herrn Kaiauen
und Secretariis Meinders und Sturm.
') Der Uebersichtlichkeit halber werden diese Stücke in etwas anderer Anordnung
wiedergegeben, als das Original sie aufweist. In diesem sind die — vorher festge-
setzten — Frage- Artikel von jedem Tage gesondert gesehrieben und dann folgt jedes
Mal das Protokoll des Verhörs ohne die Fragen, also nur die Präliminarien und die
Antworten Roths enthaltend. Die Stücke tragen die Aufschrift „Responsio Rothi ad
articulos praecedentes" und das Datum des betreffenden Tages. — Gleichfalls der
Uebersichtlichkeit und zugleich der Raumersparniss wegen ist hier von dem sonst
üblichen Druck abgewichen und für die Fragen ein kleiner Letterntypus gewählt
worden, obwohl es sich bei ihnen ebenfalls um Abdruck in extenso handelt.
-) Die Originalprotokolle von Sturms und Meinders' Hand liegen bei.
254 II- Der grosse Landtag von 16G1 bis 1GG3.
S. Fürstl. Gn. zu Anhalt proponirten, dass weiln S. Ch. D. zu
Brandenburg gnädigst verordnet, den Kneiphofischen Schöppenmeister
Rothen ') über gewisse Artikel zu befragen, man solches anetzo werk-
stellig machen möchte.
Worauf die drei Bürgermeister baten, weiln sie zu einem solchen
Actu nicht instruiret, die Gemeinde auch, bei welcher sie bereits genug-
sam verhasset, es ihnen sehr übel nehmen würde, man mögte sie dimit-
tiren, bis sie es dem Magistrat, welcher eben versammlet, angedeutet.
Wie ihnen aber darauf fürgestellet, dass man keine Vota, noch Be-
denken von ihnen begehrete, sondern S. Ch. D. dieses nur zu dem Ende
angeordnet, damit allen ordinibus kund und wissend sein mögte, was in
der Sache fürginge, und es zu ihrem eigenen Präjuditz gereichen würde,
wann sie sich selbsten davon entziehen würden, wiewohl es ihnen sonsten
frei stünde zu thun, was sie gut finden, also resolvireten sie sich nebest
den anderen Herren Commissariis nieder zu sitzen und wurden darauf
von S. Fürstl. Gnd. zu Anhalt die Artikul dem Herrn Kaiauen zugestellet,
mit Befehl, Rothen welcher zugleich hinein geführet w-ard, darüber mit
seiner Antwort zu vernehmen, welches er auch gethan, ihm aber zuvor
die Vermahnung . . . vorgelesen.
„Es ist euch Hieronymo Rothen, ohne weitläuftigeres Anführen be-
kannt, was für Weiterungen sich eine Zeit hero in denen Städten Königs-
berg und absonderlich in der Stadt Kneipbof zugetragen und dass solches
Alles euch beigemessen worden, ihr auch ohne allen Zweifel dessen fax
et tuba gewesen.
Dieweil nun diese Sache von solcher Importanz, dass dadurch nicht
allein Sr. Ch. D. preussischer Staat verwirret und gehorsame Unterthanen
irre gemachet, sondern auch ausserhalb dem Herzogthum eine und die
andere Nachrede entstanden, überdas auch dergleichen gefährliche Händel
von euch in der That und würklich vorgenommen worden, dass S. Ch. D.
nicht vorbei gekonnt, sich eurer Person versichern zu lassen und dadurch
allen aufwieglerischen Beginnen vorzukommen, wodurch anders nichts ge-
suchet, als S. Ch. D., Dero Herzogthumb Preussen und desselben Staat in
gefährliche und zerrüttende Weitläuftigkeit zu bringen, so hätten Sie
wohl darauf guten Fug, Recht und Macht gehabt, in derogleichen Staats-
1) Welche Anschauung der Kurfürst in diesen Tagen — vor dem Verhöre —
von Roths Angelegenheit hatte, lässt sich seinem eigenhändigen Schreiben an Schwerin
entnehmen (vom 3. Nov. 1662, Urk. u. Actenst. IX S. 838ff.).
Verhör Roths. Bürgermeister. Vermahnung Roths. Gegen die Souveränität. 255
Sachen wider euch, als einen notorischen Aufwiegler und turbatorem des
Landfriedens und da nichts andres, als eine offenbare perduellio begangen,
verfahren zu lassen. Sie haben sich aber aus angeborner Clemenz und
Müdigkeit und zu ihrer eigenen desto besseren Beruhigung gnädigst ent-
schlossen, dieses gegenwärtige Judicium zu verordnen, und es ist nun an
dem, dass ihr auf diejenige Artikul, welche euch deutlich und ordentlich
werden vorgelesen werden, antworten und litem pure und ohne einige
Exception oder Tergiversation contestiren sollet, darbei ihr denn auf das
Beste und Fleissigste vermahnet werdet, eure Wissenschaft zu eröffnen
und keine x^usflüchte zu suchen, damit man nicht verursachet werde,
die Wahrheit, welche allbereit genugsam am Tage, durch andere schärfere,
doch rechtliche Mittel aus euch zu bringen. Ihr werdet also euch selbst
begreifen und gedenken, dass es eine Sache ist, dabei S. Ch. D,, Dero
höchstes Recht, Regierung, Staat und was mehr zu des Landes Besten
gehöret, interessirt sei." Sequitur responsio Rothens ad articulos.
1. Ob er nicht ausdrücklich gesagt, S. Ch. D. sollten und müssten die
Souveränität nicht haben?
Wie solle er zu solchen ungesalzenes Reden kommen? Nein, das habe
er nicht gesaget, was sollte er solch' ein Mann sein, wie würde ihm das
anstehen.
2. Ob er nicht zu gleicher Meinung die Bürgerschaft in denen Städten
Königsberg zu bringen sich bemühet?
Er wäre ein Schöppenmeister, müsste dasjenige thun und anbringen,
was die Bürgerschaft haben wollte und ihm sagte, er käme nicht in
ihre Zünften und müsste reden, was sie ihm in den Mund legeten. Man
hätte ihm Schuld geben von den conventiculis, aber das wäre falsch,
er wüsste wohl, was conventicula auf sich hätten. Sie wären ja freie
Leute, Schöppenmeister und Burgermeister müssten ausbringen, was
ihnen würde mitgegeben. Hätte sich vor diesem gegen Herrn Hoverbeck
deswegen entschuldiget, wäre er nicht Schöppenmeister, so hätte er damit
nichts zu thun, man wüsste ja wohl, was Schöppenmeister und Burger-
meister wären.
3. Wodurch und durch was für Mittel er S. Ch. D. an dero erlangten und
erhaltenen Souveränität zu hindern vermeinet?
Weil das erste nicht wahr wäre, so könne er auch nicht sagen,
durch was Mittel, so könnte er keine Mittel geben, warumb S. Ch. D,
nicht sollten Souverän sein. (Subridens.)
4. Ob er nicht zu solchem Ende mit der Bürgerschaft conventicula ge-
halten?
256 II- I^ß'" grosse Landtag von 1G61 bis 1GG3.
Das könnte kein Mensch wahr machen: Herr Schwerin hätte ihm
dieses auch zugemuthet, es wäre aber Niemand bei ihm gewesen, er
wiisste wohl, was conventicula auf sich haben und wäre ja so jung nicht.
5. Ob er nicht die Bürgerschaft wider S. Cb. D. animiret?
Da solle ihn Gott für behüten, er handelte ja wider Gott, seinen
Eid und Gewissen; negirte es in totum. so handelte er ja wie ein Auf-
wiegeler, sollte er seine Brüder wider ihren Herrn animiren, wo wäre
dann sein Eid und Gewissen.
6. Ob er sie nicht zu denen Waffen zu greifen angereizet?
Gott sollte ihn in Ewigkeit dafür behüten, es wäre nicht geschehen.
Man solle ihn so schlecht nicht ansehen, er wäre ja solcher Gestalt ein
offener Rebelle und werth, dass er geviertheilet würde. Das wären schwere
Fragen, dass man solche von ihm präsumirete, geschweige selbe ihm
vorhalten dörfte und dörfte keinen Advocat haben, wäre allein.
7. Gestalt dann wahr ist, dass sie sich auch wirklich mit bewelirter Hand
zusammeugethan, wider die Gew^obnheit aufgezogen, wider der hohen Obrigkeit
Verbot bei einander verblieben, die Stücke zurecht gebracht und andere Wie-
dersetzlichkeit mehr verübet.
Das ginge ihn nicht an, Hesse den Magistrat dafür sorgen, es zu
verantworten. Er meinete der Rath selbst habe der Bürgerschaft befohlen,
zu den Waffen zu greifen, und alert zu sein, er hätte nichts zu comman-
diren und ginge es ihm nicht an.
8. Ob er nicht dahin sich bearbeitet S. Ch. D. mit anderen Potentaten in
einander zu bringen?
Da solle ihn Gott für behüten, das ginge ihm nicht an.
9. Ob er nicht zu solchem Ende die Souveränität zu disputiren ange-
fangen?
Er nicht, er wäre viel zu wenig darzu. Solches selbst zu thun.
10. Ob er nicht einen Bund mit der Bürgerschaft aufgerichtet?
Er habe eine Vereinigung aufrichten wollen, so aber nicht geschehen,
die hätte darhin gehen sollen, für ihre Freiheit zu reden, so viel zu-
lässige Mittel leiden wollten, welches er auch auf dem Altstädtischen
Rathhause erwähnet. Sonst hätte er kein Böses im Sinne gehabt, wüsste
auch von keiner Bündnüss.
11. Ob er nicht fremde Hülfe gesuchet?
Alle sein Lebtag nicht, was er für ein Potentat wäre, fremde Hülfe
zu suchen. Solche präsumtiones sollte man von ihm armen Teufel nicht
haben.
12. Was das für Hülfe gewesen?
Aufreizung u. Bewaffnung? der Bürger. Unterhandlung mit Czarnecki. 257
Cessat. Er käme in schweren Verdacht, müsste die Last allein tragen
und hätte keine Schuld.
13. Zu was für einem Ende er ein fremd Kriegesvolk in das Herzogthum
Preussen gefordert?
Wann ihm solches erwiesen werden könnte, wollte er sich in Oel
sieden lassen und sein eigen Urtel damit sprechen. Gott sollte es denen
vergeben, die der Herrschaft dergleichen berichteten, was doch ein fremder
General davon judiciren würde, wann er ein solches hörete. Es wäre nur
gut, dass er einmal zur Verantwortung gelassen würde.
14. An welchem Orte in dem Herzogthum er die fremden Völker ge-
brauchen wollen?
15. Worauf er das fremde Kriegsvolk vertröstet?
16. Durch was für Mittel er dasselbe unterhalten wollen?
17. Was fürRecompens und Satisfaction er ihnen für die Hülfe versprochen?
(14 — 17) Alle diese Articul hingen an einander und fielen über einen
Haufen, weil er von keiner fremden Hülfe wüsste. Eine futilität hinge
an der anderen, verwundert sich, dass er einen so grossen Ruhm habe,
als wann er Armeen commendiren und gebieten könnte.
18. Warumb er mit dem jungen Czarnetzky und denen Conföderirten cor-
respondiret?
Wann das wahr befunden würde, sollten sie ihm den Kopf morgen
wegschlagen, und nicht warten bis übermorgen, er kennete den Czarnetzky
so wenig als Czarnetzky ihn.
19) Ob er nicht von ihnen Assistenz begehret?
In Ewigkeit nicht, hätte auch nimmer mit ihm correspondiret. Was
ein General sagen würde, wann ein Kaufmann an ihm schriebe?
20) "Was er mit dem polnischen Fähndrich, welcher den 23. Juli dieses
Jahres für sein Haus gekommen und ihn unter dem Gottesdienst aus der Pre-
digt rufen lassen, geredet und zu thun gehabt?
Es würde ihm kein Mensch solches erweisen, er wäre zwar in der
Kirche gewesen und hätte Herr Etzel zu ihm gesaget, was einige Polen
für seinem Hause machten, welche aber mit seinem Sohn geredet und
wüsste er nicht, was es gewesen.
21) Ob er nicht mit demselben von des Herzogthumb Preussen Zustand
und absonderlich wegen der Stadt Königsberg negotiiret?
Weil er Niemand gesehen, so wüsste er auch von der Handlung
nichts. Es wäre gut, dass die gnädigste Herrschaft, bei welcher derglei-
chen Dinge angebracht würden, auch dem Beklagten ein Ohr vorbehielten.
22) Was solches gewesen?
23) Ob er nicht mit demselbigen wegen einiger Hülfe negotiiret?
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 17
258 II- ßer grosse Landtag von 1661 bis 1663.
(Ad 22 uDcl 23). Cessant.
24) Ob er den Fähndrich nicht beschenket?
25) Was für ein Geschenk es gewesen?
26) Woher er das Geschenke bekommen?
(x4.d 24 — 26). Cessant. Man sollte ihn viertheilen lassen, wann ihm
dergleichen bewiesen werden könnte, wollte nochmals sein eigen Urtel
sprechen.
27) Was er in der katholischen Kirchen-Sacristei gemachet? (Si haec negat,
quaeratur: Ob nicht sein Sohn mit dem Fähndrich in der polnischen Kirchen-
Sacristei gewesen. Si affirmat, muss der 28., 29. und 30. Articul auf seinen
Sohn accomodiret werden.)
Er wäre nicht darin gewesen, was er darinnen zu thun? Sein Sohn
könnte wohl dargewesen sein, glaubte es auch, wüsste aber nicht was
fürgegangen.
28) Ob er nicht in derselben von publicis geredet?
Das wüsste er nicht, was sein Sohn und Andere geredet, mögten sie
verstreiten, er hätte damit nichts zu thun.
29) Mit wem er darvon geredet?
Nescit, wie er das wissen könne?
30) Was es gewesen?
Nescit, wie könne er in seinem Hause wissen, was in der katholischen
Kirche geredet würde.
31) Ob er nicht in dieser seiner Sache sich eines oder mehrer Jesuiten
Correspondenz gebrauchet?
Sein Lebtag nicht, man sollte ihm einen Brief zeigen, der an einigen
Pater geschrieben, alsdann wollte er leiden, er wüsste wohl, was Cor-
respondenzen auf sich hetten.
32) Wie dieselbe heissen?
33) Was er mit denenselben für Anschläge gemacht?
(Ad 32—33). Cessant, dergleichen gebühren keinem treuen Unterthanen.
34) Ob dieselbe Anschläge nicht wider Sr. Gh. D. und dero Estatssicherheit
gewesen ?
35) Wie sie es mit einander anzugreifen gedacht?
(Ad 34 — 35). Er wisse von keinen Anschlägen noch von Jesuiten,
sublata causa tolli effectum.
36) Ob er nicht absonderlich in dem Königreiche Polen Hülfe gesuchet?
Sein Lebelang nicht, man sollte ihn für so einen grossen Meister
nicht ansehen, noch solche praesumtiones von so einem armen Manne
haben. An wem sollte er in Polen wohl Briefe schicken, sie machten ihn
allzugross, wer ihn in Polen kennete?
Jesuiten. Reise nach Warschau. Dortin^e IntKiguen. 259
37) Bei wem er dieselbe gesucliet?
Bei Niemanden sein Leben lang.
38) Wider wem er solche gesuchet und worzu?
39) Ob er sie nicht wider Sr. Ch. D. gesucht?
[I.] Ob er nicht gewusst, dass S. Ch. D. ernstlich und zwar dergestalt ver-
boten, dass Niemand nacher Warschau ziehen solle, er wollte dann für einen
Rebellen gehalten sein?
[IL] Ob er nicht diesem ernstem und scharfen Verbott ungeachtet, dennoch
nacher Warschau gezogen?
[III.] Ob er sich nicht selbst dadurch zum Rebellen gemachet?
(Ad 38 — 39) Cessat. (Ad membr. I) Er hätte sein Lebelang nicht
gehöret oder lesen hören, dass Jemanden verboten sein solle, nacher
Warschau zu reisen, sonderlich in Privatgeschäften und dass sie so ge-
bundene Leute sein sollten, dass sie nicht reisen dörften, wohin sie wollten.
(Ad membr. II) Er wüsste von keinem Verbott, hätte es sein Lebtag
nicht hören vorlesen, das würde ja ein schrecklich Verbot sein. Seine
Lust hätte ihn dahin nicht getrieben, ein Jeder suche seine Rettung, er
wäre ja nicht sicher auf der Strasse gewesen, weil sein Bruder ihm ge-
schrieben, und Hoffnung von einem Dienste gemacht, so hätte er hier
aus dem Rauche ziehen wollen, deswegen könnte ihm keiner verdenken,
dass er einen guten Ort suchete, wo er die übrige Zeit seines Lebens in
Fried und Sicherheit zubringen könnte.
(Ad membr. III) Wie könnte er dadurch ein Rebell werden, er wäre
ja ein freier Mann, möchte ziehen nach Holland, Frankreich, oder wohin
er wollte, weil er hier keinen Frieden haben könnte, müsste er sich ja
anderwärts bergen.
40) Was er zu Warschau gemachet?
Hätte es schon erwähnet; sein Bruder hätte ihm geschrieben, es
würde vielleicht einer von des Königs deutschen Secretariis abdanken,
an dessen Stelle er wieder kommen könnte, welches aber nicht geschehen.
Hätte den Titul eines königlichen Secretarii gesuchet, damit es seinem
Sohn hiernächst etwan zu Statten kommen könnte. Herr Höverbek hätte
ihn zu Warschau gefraget, ob er auch daselbst in publicis was zu thun
hätte, welches er verneinet, auch demselben versprochen, nicht mehr aufs
Rathhaus zu kommen, so er auch gehalten. Er wäre als ein todter Hund,
ein schlechter Mann, hätte weder Kind noch Rind, ausser einen Sohn,
welcher in I. K. M. Diensten, die würden ihn wohl zu Brote helfen.
Was er für Ursache hätte, dergleichen Sachen fürzunehmen?
41) Ob er nicht alldar bei denen Senatoren und sonsten Angestellten an-
17*
260 ^I« Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
gehalten, die Welilauisclie und Brombergisclie Pacta über einen Haufen zu
werfen?
Er wäre mit keinem Senatore bekannt, bei seinem Bruder im Jesuiter
Collegio hätte er einmal den Bischof Hugeisky gesehen, dem er eine
Reverenz gemacht, sonst aber nichts mit ihm geredet.
42) Ob er nicht gewusst, dass solches nicht anders, als durch einen neuen
Krieg, Verwüstung des Herzogthums Preussen und grosser Blutstürzung ge-
schehen können?
Cessat, weil er mit Niemanden correspondiret, hätte er auch nichts
damit zu thun.
43) Ob er gerne gesehen, dass ein neuer Krieg entstanden?
Dafür solle ihn Gott behüten, so müsste er ein Feind seines Vater-
landes und kein frommer Preusse sein. Wehe denen, so Krieg suchten.
44) Ob er nicht dahin sich bearbeitet?
Negat, er hätte keine Lust zu Unruhe, wünschte in der Welt nichts
Liebers, als einen süssen Frieden in seinem Vaterlande.
45) Ob er nicht dahin und dass es nur Sr. Gh. D. und dero Estat darbei
unglücklich ergehen möchte, sein Absehen und Wunsch gerichtet?
Dafür solle ihn Gott behüten, die Seinigen hätten dem Ch. Brandenb.
Hause treulich gedienet, sollte er nun so unartig sein und dessen Schaden
suchen?
46) Wer ihm die Mittel der 4000 Tbl. zu der Warschauischen Reise vor-
geschossen?
Es wären nur 1100 Rthl. gewesen, daraus nun 4000 Rthl. gemacht
würden. Die Mälzenbrauer hätten darzu 600 Rthl. und die Zünften 500
gegeben. Nachgehends wäre ihm über das vom Kneiphofischen Gerichte
1000 fl. und vom Löbenicht'schen 600 fl. gegeben, welche er aber resti-
tuiret, weil die Reise nicht werkstellig gemacht. Die 1100 Rthl. wären
consumiret, ausgegeben und verzehret.
. 47) Ob er vor sich, oder auf Jemandes Befehl nacher Warschau gezogen?
48) Wer es gewesen, der ihm Solches befohlen?
(Ad 47 u. 48) Die ganze Gemeinde und Gerichte hätten wider
seinen Willen zu dieser Schickung vermocht. Er hätte sich darzu nicht
genöthiget, wäre dessen lieber überhoben gewesen und in Ruhe geblieben.
49) Ob er wohl gewusst, dass keinem getreuen Unterthanen gebühret, der-
gleichen wider seinen natürlichen Erbherrn vorzunehmen?
Das Hesse er der ganzen Stadt verantworten. Sie wären ja nicht zu
einem Feinde, sondern zu ihrem Könige gegangen, dem hätten sie als
ihrem Herrn einen theuren Eid geschworen, wann derselbige sie ab-
Krieg. Zweite Warschauer Reise. Schweden. Bedrohung des Raths. 261
gewiesen und gesaget: Kinder gehet nach Hause, so hätten sie es leiden
müssen, es wäre natürlich, Privilegia zu suchen und dannenhero auch
zugelassen, solche per legitima media zu defendiren, solches wäre kein
Krieg, noch Rebellion. Der König hätte wohl für diesen zu denen von
der Ritterschaft gesaget: te nebulones et obedite principi vestro, er hätte
sie ja auch können also abweisen und gehen lassen.
NB. Herr von Eulenburg sagte ad haec verba: duo cum faciunt idem, non
est idem.
50) Ob er nicht in Entstehung der polnischen Hülfe schwedische Hülfe zu
suchen gedreuet?
Wann ihm das könnte wahr gemacht werden, sollten sie ihn in Oel
legen und sieden lassen, man hätte ihn im Sommer schon damit gequälet
und deswegen sich seiner Person versichern wollen, aber nicht überweisen
können.
51) Woher er die schwedische Hülfe bekommen wollen?
Cessat, was ihm Schweden anginge? Er wäre sein Lebtag nicht gut
schwedisch gewesen, wie ihm desfalls von denenjenigen so ihn auf deut-
schen Akademien und sonst gekannt, gutes Zeugniss gegeben werden könnte,
warümb er einen auswärtigen Feind wider sein Vaterland erregen sollte.
52) Mit wem er deshalb correspondiret?
Mit keinem Menschen, er wäre so alt geworden und hätte sein Lebe-
tag weder von Handlungssachen, viel weniger von dergleichen in Schweden
correspondiret, das thäten Verräther und keine ehrlichen Preussen.
53) Ob er nicht den Stadt- Magistrat allhier mit dem polnischen Säbel
bedrauet?
Negat und beruft sich auf den Magistrat.
54) Was dann der Stadt-Magistrat nicht thun wollen, dass er denselben
mit dem Säbel bedrauet?
Cessat, er hätte dem Magistrat als ein Privatus nicht zu gebieten,
wann er aber im Namen der Gemeinde etwas an sie brächte, das ginge die
Stadt an, wüsste sonsten wohl, wie er seine Obrigkeit respectiren solle.
55) Ob er nicht von dem Rath begehret, von Sr. Cb. D. abzutreten, weil
die Gnadenthüre noch offen?
Wie er Solches hätte von dem Magistrat begehren können? Es wäre
zwar wohl discursive geredet, warumb doch ein ehrbarer Rath von der
Gemeinde abtrete und nicht bei derselben bliebe, weil sie nichts Un-
billiges suchten; worauf der Magistrat geantwortet hätte, es wäre noch
Zeit genug. Dieses alles aber wären nur Discurse und keine facta, sie
dörften ja wohl als freie Leute discuriren, man sollte facta auf ihn
262 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
bringen. Gleich wie der Magistrat die Gemeinde ersuchet zu ihm zu
treten, also hätte die Gemeinde darümb den Magistrat angesprochen,
sie wären wie Vater und Kinder und gleichsam in einem Schiffe; das
wäre ja nichts Böses.
56) Was das für eine Gnadenthüre?
Er wüsste von keiner Gnadenthüre.
57) Ob er nicht wisse, dass S. Cb. D. der einzige Ober- und Landesfürst
in Dero Herzogthum Preussen?
Darüber arbeitete man ja auf dem Landtage. S. Ch. D. wäre ihr
Landesherr und gnädiger Fürst, wegen des supremi domiuii aber würde
ja auf dem Landtage gehandelt und wäre noch kein Conclusum gemacht.
Er wäre eine einzelne Person, was die anderen alle thäten, müsste er
mit thun.
58) Ob er nicht die Bürgerschaft von Sr. Ch. D. abgezogen und sie einer
fremden Protection versichert?
Negat, glaubet nicht, dass ein einziger Bürger in der Stadt sei, der
Sr. Ch. ü. nicht sollte treu und gehorsam sein, er würde sehr übel han-
deln, sie darvon abzuhalten.
59) Was das für eine Protection?
Er wüsste von keiner Protection, als von Sr. Ch. D. zu Brandenburg
und Ihrer Kön. M. zu Polen. Ueber die Souveränität würde mit den Ständen
gehandelt, dieselbe wäre nicht in esse, sondern noch in fieri, darüber
würde gearbeitet und würde sich das Conclusum endlich geben.
60) Wer das Schreiben aufgesetzet, Avelches im Namen der Bürger an den
König in Polen geschrieben und geschicket worden?
Sie hätten es zusammen gethan, es wäre causa communis und ginge
die ganze Stadt an. Er hätte etwas concipiret und aufgesetzet, wobei
Andere ihre Erinnerung gethan und es corrigiren helfen; hoffete nicht,
dass sie daran eine Todsünde begangen. Sie wären von den Ständen
selbst veranlasset worden, das königliche Schreiben zu beantworten, hätten
die Stände es ihnen nicht an die Hand gegeben, würden sie es wohl
haben bleiben lassen. Stünde doch davon in den Landtagesactis, sie
wünschten daselbst gelöset zu werden, wo sie gebunden wären; res inter
alios acta könne aliis nicht präjudiciren.
61) Ob er nicht zum öftern die Bürger auf polnischen Succurs und Com-
missarien vertröstet?
Auf Commissarien hätte er sie nicht vertrösten können, weil er
darvon nichts gewusst. Es wären wohl Discursen davon vorgegangen, auch
dabei gesagt, dass einer vorhanden, welcher nicht allein ein königliches
Bearbeitung d. Bürger für Polen. Schreiben an d. König. General Kalckstein. 263
Schreiben hätte, sondern selbst auch Commissarius wäre. Er wüsste aber
nichts Eigentliches davon, wiewoll es sowohl für S. Ch. D. als sie nicht
undienlich sein möchte, dass eine Comraission käme. Wie er hierauf
auf Befehl I. F. Gn. zu Anhalt befraget wurde, wer derjenige sei, der
solche Schreiben hätte, antwortete er, dass ihm Bartel Michel, seines
Behalts gesaget, der Prostofsky wäre es, der nach verrichteter moskowi-
tischer Gesandtschaft dieser Sache halber Commission bekommen würde.
Sein Bruder hätte auch dergleichen etwas vom Herrn v. Eulenburg gehöret,
was aber daran wäre, könnte er nicht wissen.
62) Ob er nicht proponiret, der Stadt-Magistrat solle Völker werben?
Negat, der Magistrat hätte ihm nicht zu pariren; was er demselben
zu befehlen?
63) Worzu dann diese Völker hätten sollen gebrauchet werden? Cessat.
64) Ob er nicht gedacht dieselbe wider S. Ch. D. zu gebrauchen?
Cessat, Gott sollte ihn behüten, wider seinen eigenen Herrn auf-
zustehen! Wie es solchen Leuten zu gehen pflegte?
65) Ob er nicht die Bürger, umb dieselbe an sich zu halten, auf eine
Königl. Commission vertröstet und darbenehest gesaget, wann die Königl. Com-
mission aussen bleiben sollte, er es nochmals wagen und nacher Warschau
ziehen wollte?
Das wäre sein Tage nicht geschehen! Was er sich deswegen zu
wagen hätte? Er hätte der Bürgerschaft oft fürgestellet, sie sollte sich
erklären, ob sie wollten einem ehrbaren Rath beifalleu, so mögten sie
es thun. W^ie er doch die Bürger mit Commissionen aufhalten sollte,
davon ihm nichts wissend.
66) Was das für ein Schreiben wäre, welches er dem General Kalckstein
überantworten wollte ?
Er hätte dem Kalckstein kein Schreiben überantworten wollen, auch
keines gehabt. Was sein Sohn gethan, möchte derselbe verantworten, er
wäre nicht zu Warschau gewesen.
67) Warümb es Kalckstein nicht annehmen wollen?
Das Hesse er Kalcksteinen beantworten und ginge ihm nicht au, er
hätte genug das Seinige zu beantworten.
68) Was in dem Brief enthalten gewesen?
Das könnte man Kalcksteinen fragen, er glaube nicht, dass mehr
darinnen gewesen, als dass der König Kalcksteins Treue von vielen
Jahren hero gerühmet und begehret, darinnen ferner zu continuiren. Das
wären wohl die Complimenten alle gewesen, er wäre ja sonsten auch
seines Wissens königlicher Kammerherr.
264 II' Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
69) Durch wessen Beförderung das Schreiben hergekommen?
Sein Sohn hätte es gebracht.
70) Wo das Originalschreiben wäre?
Wüsste nicht, wo es sein Sohn gelassen, glaubete, er hätte es wieder
mit genommen, ihm wäre es nicht anvertraut.
71) Ob nicht auf sein, des Rothen, Angaben, dieses Schreiben an Kalck-
stein abgegangen?
Dafür sollte ihn Gott behüten, er hätte sich eher des Himmels Falls
versehen, als dass sein Sohn ein solch Schreiben bringen sollte, was
hätte er anzugeben?
Schliesslich bat er den Bürgermeister Holländer, man möchte sich
doch seiner annehmen, damit er sub cautione los käme, er wollte nicht
weichen noch wanken. Respondebat Herr Holländer die Bürger würden
deswegen suppliciren. Roth replicabat, es wäre ja billig, dass der Ma-
gistrat und die ganze Stadt sich seiner annähme. Est remissus ad custodiam.
Actu-m 4. November 1662.
1662. Praesentibus [dieselben wie o. S. 253, ausser Radzivill, Holländer, hinzu-
4, Nov. gekommen sind die Herrn Creutz und Leschgewang.] Ad articulum 1) Ob das
nicht die Souveränität geleugnet hiesse, wenn er ad artic. 59 saget, die Sou-
veränität wäre noch nicht in esse?
Was er darauf antworten sollte, die Stände möchten es beantworten,
sie arbeiteten darümb und machten ihre Conditiones. Sein Recht beob-
achten, sei kein Leugnen, Hand und Siegel der Potentaten wären dar,
die Stände aber beobachteten das ihrige darüber. Da er erinnert wurde,
directe und deutlicher zu antworten, sagte er, die Souveränität könne
er nicht leugnen, Hand und Siegel der Potentaten wären dar.
Ihr habet aber gestern gesagt, die Souveränität sei noch nicht in esse.
Was die Stände beträffe, wäre sie noch zu keiner Perfection gekommen,
sie hätten noch keinen neuen Eid gethan, darümb wäre der alte Eid noch feste.
2) Ob er nicht wüsste, dass [sie] in den Brombergischen pactis deutlich
enthalten, durch den Olivischen Frieden bestätiget und von dem König in Polen
und Senatoren beschworen?
Das wüsste er gar wohl.
3) Ob sich ein Unterthan höher an Sr. Ch. D. vergreifen könnte, als wenn
er die Brombergische Pacta, den Olivischen Frieden und was darinnen enthalten,
in Zweifel ziehe, oder dieselbe auch nur in dem geringsten Punkt ungültig
machen wollte?
Dafür lasse er das ganze Land antworten, er könnte es allein nicht,
die Landtagsacta müssten es ausweisen, er wäre zu wenig darzu.
Anfechtung der Souveränität. Agitation. 265
Monitus, deutliclier zu antworten.
Das Land möchte antworten; möchte dann das ganze Land ihr Recht
nicht beobachten und reden? Einem allein stünde es nicht frei.
4) Ob er nicht eben derselbe seie, der solches sich unternehme, indem er
gesaget, die Souveränität, als welche in pactis und Olivischem Frieden austrück-
lich enthalten, Aväre nicht in esse; er könnte nicht begreifen, dass solche so
feste sein sollte.
Gedanken wären zollfrei, könnte er dann auch mit Gedanken sün-
digen? Was man daraus schliessen wollte?
Ihr sagtet gestern, die Souveränität sei noch nicht in esse.
Das habe er verstanden, weil die Stände mit Sr. Ch. D. sich noch
wegen der Souveränität bearbeiteten und noch keinen neuen Eid gethan.
Wann Solches geschehen, müssten sie alle stille schweigen und wäre
Alles zur Perfection gebracht.
5) Ob er sich nicht mit allem Fleiss und Eifer bemühet, deshalben rationes
und Ursachen zusammen zu suchen?
Das stünde ihm nicht frei, dass er aber als ein freier Preusse seine
Nothdurft zu reden sich bemühete, das stünde ihm ja frei. Doch vor
seine Person als ein Privatus thäte er es nicht, was er aber vor der Stadt
thäte, müsste ihn die Stadt verantworten.
Interrogatur, ob er es im Namen der ganzen Stadt gethan?
Mit denen beiden Gerichten und der Gemeinde habe er agirt, die
müssten ihn schadlos halten, ipsi nee seri nee meti, habe weder Kind
noch Rind; wäre doch die Contradition, ipso absente und da er zu Barten-
stein gewesen, gemacht und bei denen Landtagesacten zu finden.
6) Ob er nicht wüsste, dass derjenige, welcher die Brombergische Pacta
und Olivischen Frieden in Zweifel ziehet, oder ignoriren AvoUte, Sr. Ch. D. pp.
Feind auch wider dero Willen sein müsste?
Das wisse er nicht, so müsste das ganze Land Feind sein, opponireten
sie sich doch alle, man lese die Landtagsacten,
7) Ob sie nicht wider einen solchen, wenn er auswärtig und mächtig, mit
aller Macht zu verfahren, wider einen Unterthanen aber, was die Rechte in
dergleichen Fällen verordnet, zu exequiren?
Wann er gesündiget hätte, müsste er Straffe leiden, er wisse aber
nicht, dass er dergleichen gethan; und was er gethan, Solches hätte er
nicht vor seine Person gethan, was ginge es ihm an, hätte darvon keine
Hufen und nichts zu gewarten,
8) Ob er als Sr. Ch. D. geschworner Unterthan dadurch, dass er die Sou-
veränität nicht in esse hält und Ursachen zusammen suchet, warumb die
Brombergische Pacta und Olivische Frieden nicht bestehen werden, sich an
266 II> I^er grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Iiöchstgedachter Sr. Cli. D. höchsten Person, dero Staat und Sicherheit in dem
höchsten Grad vergriffen?
Wann er es vor seine eigene Person thäte, wäre es ein Vorwitz,
er habe es aber nicht gethan; wann aber das ganze Land die Pacta
nicht schlechter Dinge annähme, sondern ihr Interesse darbei suchte
und beobachtete. Solches müsste das Land verantworten und hätte er
für das ganze Land nicht zu leiden.
9) Ob er nicht zn dem Freiherrn von Schwerin gesaget, S. Ch. D. pp. müssten
die Souveränität nicht haben?
Negat, sondern er hätte gesagt, er fürchtete, die Polen würden es
nicht halten und wäre ihm vom Herrn von Schwerin geantwortet, darumb
hätte er sich nicht zu bekümmern; er hätte es nur gefürchtet. Furcht
wären nur Gedanken, Opiniones.
Herr Kalau hielt ihm darauf des Freiherrn v. Schwerin Schreiben für und
verlass es, w^elches aber von ihm, Rothen, nicht gestanden ward, es wäre des
Herrn von Schwerin ohnerwiesene Denunciation, hätte auch notiret, was
er mit ihm geredet. Dieses hette er wohl gesaget, L Kön. M. hätten
nicht Macht, ohne Consens des Eigeners ein adelich Gut wegzugeben,
viel weniger ein so freies Volk, dergleichen stünde in den Landtagsactis,
ob er dann damit eine Todsünde begangen? L Kön. M. und die Krön
Polen wären so stark an sie verbunden, als sie an jene, das wiese die
reciproca sponsio aus, welche allerseits beschworen. Es könnte so mit ihnen
nicht ümbgegangeu werden; thäten es aber Potentaten, so müssten sie
folgen. Was sie thun wollten?
10) Ob er nicht in dem Schreiben an den König von Polen gesetzet, dass
nun und in Ewigkeit S. Ch. D. pp. die Souveränität nicht haben sollten?
])as stünde nicht darin, es wäre nur ihr jus und allegata darinnen,
sie bäten nur, L Kön. M. möchten sie bei ihren alten Rechten und be-
schworenen Sachen lassen. Ob er Potentaten-Herzen zwingen könnte? Das
stünde nicht in seinen Händen.
Herr Kalau las ihm darauf den Schluss des Schreibens, so die Bürgerschaft
an den König gethan, für.
Solches alles wären petita secundum antiqua pacta, woraus es ge-
nommen und wäre die Schrift nomine civitatis gemacht, die müsse es verant-
worten. Ein geschworener Unterthan möchte ja sein Recht beobachten, sagte
aber der König: „Kinder gehet", so müssten sie gehorsame Unterthanen sein.
Da ihm der Herr v. Eulenburg vorhielte die Worte vi et minis wären hart
und eine grosse Bezüclitigung vor S. Ch. D.; er hätte ihn durch seinen Bruder
zu milderen Consiliis persuadiren lassen.
Souveränität. Schreiben an den König. Competenz eines Sciiöppenmeisters. 267
Er meinete damit nicht S. Ch. D., wäre sonsten für seine Person
nicht einmal sicher auf der Strasse gewesen. Herr v. Schwerin hätte ihm
fiirgehalten, wann er so redete, würde ihm der Kopf für die Füsse geleget
werden. Sollte dann ein freier Preusse nicht seine Nothdurft reden.
Wie ihm die Worte „in quam non consensimus nee consentire possumus"
fürgehalten, respondet :
I. K. R. hätten ja sagen können, sive consentiatis, sive non consen-
tiatis, es muss so bleiben. Worte wären keine Pfeile, ob man solche
Dinge so hoch nehmen wollte. Es wäre ein gemein Gespräch gewesen,
wer wider die pacta redete, würde in die grosseste Ungnade kommen,
wann er darinnen gesündiget hätte, bäte er ümb Gnade. Man wüsste
wohl, dass er nach denen mit dem Herrn v. Schwerin geführten Discursen
nicht in den Landtag gekommen, wäre hernach so hart verfolget, man
hätte ihn bald wollen aus der Stadt haben, bald den Magistrat befohlen,
unter einer hohen Strafe, ihn zu liefern. Wann er nur nicht nach Barten-
stein gekommen, wäre alles gut gewesen; dahero rührete all seine Wider-
wärtigkeit. Hätte mögen gar in Verzweiflung fallen, weil er nirgends, auch
in Polen nicht, Friede gehabt, weilen ihm imputiret worden, dass er den
König mit Sr. Ch. D. wollen an einander henken. Die Angst hätte ihn
sonst nach Warschau getrieben, die Worte, deren er von dem Herrn
V. Schwerin beschuldiget, gehörten nicht hierher sondern ad processum.
11) Ob das nicht facta wären?
Das wäre kein facta, wann er das Wort der Gemeinde redete, so
sie ihm in den Mund legeten und ein freier Preusse für seine Freiheit
redete. Er hätte S. Ch. D. nicht angeklaget, sondern dass in dero Ab-
wesenheit, also mit ihnen umbgangen würde, wäre S. Ch. D. im Lande
gewesen, raögte dessen wohl viel nachgeblieben seio.
Ad articulum 2. 1) Ob ein Schöppeumeister Alles vorbringen und sagen
müsste, w'as die Bürgerschaft haben wollte?
Wann es nichts Unbilliges, nichts wider Gott, die Herrschaft und
das Gewissen wäre.
2) Ob ein Schöppenmeister auf Befehl der Bürgerschaft auch unzulässige
und strafbare Händel vorbringen müsse?
Negat.
3) Ob ein Schöppenmeister, Avann es die Bürgerschaft haben wollte, auch
allgemeinen aufgerichteten Frieden und zwischen Potentaten aufgerichtete und
beschworene Pacta impugniren und dawider reden müsste?
Wann die pacta so geschlossen wären, dass kein Unterthan darwider-
reden sollte, so wäre es strafbar. Wann aber auch der Stände bei den
268 II' I^er grosse Landtag von 1661 bis 1663.
pactis gedacht, so müssten sie auch ihr Interesse dabei beobachten. Nun
wäre in demselben enthalten, dass Unterthanen und Stände darauf
schwören sollten, so müssten dieselben ja auch wissen, was darin ent-
halten. Sie impugnireten die pacta nicht, sie redeten darwider ihr Recht
und wären zu schlecht, gegen Potentaten etwas zu impugniren.
4) Ob er der Bürgerschaft nicht dasjenige, was er zu seiner Verantwortung
wegen des Freiherrn v. Schwerin aufgesetzet, vorgelesen und communiciret?
5) Ob er es nicht darumb zugleich gethan, dass die Bürger wegen der Sou-
veränität er auf seine Meinung brächte?
ad 4 et 5. Negat, was die Bürgerschaft anginge, was seine eigene
Wehetage wären! Die Bürgerschaft wäre selber wohl so klug, dass sie
ihr Recht beobachten könnte, er hätte aller Bürger Herzen nicht in seiner
Hand und würde allzuviel von ihm praesumiret.
6) Ob er sich nicht beschweret, dass die Bürgermeister und Räthe in den
Städten sich nicht, wie er, der Souveränität opponiret?
Er hätte wohl oft gesagt, es wäre gut, dass der Magistrat bei ihnen
bliebe und sie ein Corpus wären. Wie aber der Magistrat darin ihren [sie]
freien Willen gehabt, also hätte ihn auch die Gemeinde. Der Magistrat
hätte ihn allzeit abgewiesen und gesaget, wir seind in einem Schiffe.
7) Ob er nicht daher gesaget, sie wollten nicht scapham scapham nennen?
Hätte es nicht zum Magistrat, sondern einmal zum Oberburggrafen
geredet und zwar occasione der Schrift, welche die Städte übergeben, in
welcher sie angeführet, dass, wann ihnen nicht geholfen würde, müssten
sie den Weg suchen, der im Recess de anno 1617 enthalten wäre. Das
wäre kein Opponiren, wann man für seine Freiheit redete, das würde ja
den freien edelen Preussen nicht benommen sein. Die Stände aquiescireten
ja auch nicht, verlangeten nach königlichen Commissarien und erwartete
man noch allerseits des Schlusses, wiewohl die Stände uon attenta
contradictione civitatum einen Schluss machen wollten.
"Wie ihm fürgehalten worden, dass die Stände Sr. Ch. D. erlangete Souve-
ränität nicht impugnireten,
respondet, dass I. K. M, in dero Schreiben denen Städten nicht allen
Schutz versagten und solches alle irrig machte. Sie müssen endlich An-
deren folgen.
Rogatur, ob er nicht die Bürgerschaft auf eine andere Commission oder
Schreiben vom Könige vertröstet?
Er hätte dergleichen in publice nicht gesaget, bisweilen aber diskurs-
weise auf den Brücken und sonst gedacht, sie müssten sich gedulden,
I. K. M. müssten sie los machen, damit sie einmal aus allen Streit kämen.
Aufreizung der Bürger. Rädelsführer. Facta? 269
8) Ob er wolil wüsste, dass in delictis das mandatum den mandatarium
nicht entschiüdigte?
Äffirmat, ob aber Reden für einen freien Preussen ein delictum wäre?
Mit Reden würde er keinen Schaden thun.
9) Was dann die Bürgerschaft von ihme haben wollen, dass er sagen
sollen und müssen?
Das könnte er nicht wissen, weil der Materien vielerlei, so ein Ehrb.
Rath ihnen fürlegete und sie hernach in den Zünften deliberirten, welches
folgendes durch die Schöppenmeister auf die Rathhäuser gebracht würde.
10) Ob es dann die ganze Bürgerschaft gewesen, die sich Sr. Ch. D. oppo-
niret?
Die Aelterleute brächten es nomine totius collegii aus, es wären wohl
bisweilen des Einen votum so und des Andern anders; pluralitas votorum
aber concludirete und gebe den Ausschlag.
11) Oh es nicht nur etzliche Rädelsführer gewesen?
Kennete davon keinen, Aelterleute müssten ausbringen, was ihnen
gesagt würde und keine Rädlinsführer sein, sondern wären ehrbare Leute.
12) Wer es gewesen?
Weiss von keinen Rädlinsführern.
13) Ob das nicht facta wären?
14) Oder was er denn sonst facta nennete?
15) Ob er durch facta einen rechten wirklichen Aufstand verstanden und
dass sonst keine facta wären, er hätte dann mit gewappneter Hand sich oppo-
niret ?
Ad 13. 14. 15. Es würden facta sein, wann man ihm erwiese, dass
er mit Rädlinsführern umbgangen, die facta werden sonst auf allerhand
Manier verstanden und nicht allein auf Waffen und Thätlichkeit, sondern
auch auf Verrätherei genommen.
IG) Warumb er auf den 2. Articul gestriges Tages directe, specifice und
deutlich nicht geantwortet, er solle es dahero nochmals thun?
Negat, die Bürgerschaft wäre selbst des Verstandes, das Ihrige zu
beobachten, er käme nicht in ihre Zünften, wie dem Magistrat selbst
bekannt und die Bürgermeister es zeugen würden.
Ad artic. 3. 1) Weil nunmehr wahr wäre, dass er sich bemühet, die Sou-
veränität nicht zu erkennen und er allein mit seinem Anhange viel zu weinig
wären, so sollte er deutlich und rund heraus sagen, auf was für Mittel er sich
verlassen.
Auf keine Mittel, als dass sie nur I. K. M. sollen abweisen, dass
sie nach Hause gehen sollten, so kämen sie zur Einigkeit. Dann er wohl
selber gestehen müsste, wann S. Ch. D, supremus dominus wäre, könnte
270 II- Der grosse Landtag von 16GI bis lß63.
es der König nicht sein: Solches wären auch in den Landtagsacten er-
wähnet, dass sie gelöset miissten w'erden, wo sie gebunden, das petitum
möchte nun helfen oder gelten, so viel es könnte.
ad artic. 4. 1) Welche Zusammenkünfte er für conventicula halte?
Diejenige, als wann man in seinem Hause, auf dem Junkergarten
und dergleichen Oerter zusammen käme und mit der Bürgerschaft wider
den Herren etwas berathschlagte , welches ihm nicht zu beweisen sein
würde.
2) Ob das nicht conventicula wäre, welche wider der ordentlichen Obrig-
keit Verbot, oder ohne derselben ausdrücklichen Concession geschehen?
Affirmat, sie hätten sonsten sonderliche transactiones.
3) Ob er nicht nebst noch sechs Andern zu verschiedenen Malen in dem
Bollwerke in der Stille und geheimb zusammen kommen?
Negat.
4) Was sie miteinander geredet?
5) Ob sie nicht mit einander überleget, wie und auf was Weise sie sich
S. Ch. D. pp. opponiren und deroselben dero Regierung schwer machen wollten?
6) Wordurch sie solches zu thun vermeinet? 7) Ob das ehrlichen Leuten
und gehuldigten ünterthanen wohl anstünde? 8) Ob das nicht facta wären?
Ad. 4. 5. et 6. Cessat.
Ad articulum 5. 1) Ob das nicht die Bürgerschaft wider S. Ch. D. pp. ani-
miret Messe, wann er ihnen vorgestellet, die Souveränität wäre nicht in esse, er
könnte nicht begreifen, dass die pacta und der Olivische Frieden bestehen werden?
Solches wären nur seine Gedanken, ob er die Bürgerschaft animiren
könnte, die selbst wohl wüsste, was ihnen zu thun? lieber die Gedanken
hätte ein Jeder sein freies Judicium.
2) Ob er nicht wüsste und es auch aus denen königlichen diplomatibus ab-
lesen hören, dass der König in Polen kraft der Pacten und gehandelten Sou-
veränität die ünterthanen in dem Herzogthumb Preussen ihres Eides erlassen
und dieselbe pure an S. Ch. D. gewiesen?
Affirmat, sed salvis privilegiis et juribus statuare, es sei ja auch nicht
darinnen verbotten, dass ein Jedweder sein Interesse dabei beobachtete.
3) Was der verdienet, welcher sich diesem allen wiedersetzet?
Er hielte dafür, wann Einer seines Rechtens sich gebrauchte, thäte
er Niemand Unrecht; qui jure suo utitur etc., sonsten müsste das ganze
Land Strafe leiden.
Ad articulum 6 et 7. 1) Woher er vermeinet, dass der Rath der Bürger-
schaft selbst befohlen zu denen Waffen zu greifen?
Es wäre einmal gegen Abend solche Angst und Furcht unter die
Leute kommen, weil man gesaget, dass sich ein gross Kriegsvolk gegen
Couveiitikcl. Opposition. Bewaffnung der Bürgerschaft. 271
die Stadt näherte. Die vom Haverberge wären mit Kisten und Kasten
in die Städte geflohen und darauf der Ruf gegangen, man wollte sich
der Stadtthor zu bemächtigen suchen, worauf die Bürgerschaft angefangen
zu wachen; vorhin wäre es nicht geschehen, und hätten von keinen Wachen
gewusst.
2) Wanimb er vermeinete, dass Solches befohlen?
Nescit, ob es der Magistrat eben befohlen, es wäre aber mit ihrer
Wissenschaft geschehen, weil sie mit fliegenden Fähnlein aufgezogen. Es
wäre gleichwohl dem Magistrat die Stadt bei ihrer schweren Verant-
wortung anvertraut.
3) Wider wem dann Solches angesehen?
Er vermeinet wider die Völker, so in die Stadt gewollt, wer das so
eigentlich wissen könnte?
Rogatur, was es dann vor Völker gewesen?
Ohne Zweifel Sr. Ch. D., weil keine andere fremde im Lande. Sie
hätten auch ihre Schildwachten bis an den Haberberg an dem Sandkruge
gesetzet, Niemand hätte gewusst, was es bedeutete.
4) Ob er Solches gebilliget?
Das käme ihm nicht zu, hätte damit nichts zu thun.
5) Ob er es widersprochen?
In simili, er hätte mit der lieben Justiz zu thun.
Rogatur, wer die tägliche Wachten bei seinem Hause angestellet?
Das wüsste er nicht, die Bürger würden es von sich selbst gethan
haben; er hätte Niemand darzu vermocht.
6) Ob ihm nicht als einem Schöppenmeister in alle Wege gebühret, Solches
zu verhüten und die Bürgerschaft davon abzumahnen?
Das gebühre dem Burgermeister, er hätte damit nichts zu thun.
7) Ob es recht, dass Unterthanen ohne ihres Herrn Vorwissen und wider
dessen austrücklichen Verbot zu den Waffen greifen?
Es könnte wohl nicht recht sein, Hesse es aber dem Magistrat ver-
antworten, die w'ürden wissen, wie weit sich ihr Stadtrecht erstreckte,
des Obristen Schöneichs Völker hätten auch durchmarschieren wollen,
welches ihnen nicht verstattet worden.
8) Ob daraus nicht ein grosses Unheil entstehen können?
Das wäre leicht zu vermuthen, wo nicht dergleichen mit Vernunft
begegnet würde; die liebe Bürgerschaft aber wäre fromm, man machte
sie böser als sie wären.
9) Ob solches nicht einem Aufstande gleich?
272 II- Dßi" grosse Landtag von 1661 bis 16G3.
Es wäre einem Aufstand nicht unähnlich, wann sie was Böses für-
zunehmen gesonnen.
10) Ob er auch bei denen in Waffen stehenden gewesen?
11) Ob er auch bewehret gewesen?
12) Was er bei ihnen gemacht?.
Ad. 10. 11 et 12. Negat.
13) Ob das nicht ein factum wäre?
Cessat,
Ad articulum 8. 1) Ob er sich nicht bei Polen bemühet, damit dasselbe
die mit Sr. Gh. D. pp. aufgerichtete pacta nicht halten mochte?
Negat.
2) Ob nicht Solches in dem Sclireiben an den König in Polen ausdrücklieb
enthalten?
Das möchte wohl darinnen sein, er hätte es aber nicht zu beant-
worten, das müsste die Stadt thun; sollte er dafür büssen? I. K. M.
sollten sie abweisen, so würden sie die getreueste Leute sein, sie hätten
noch keinen neuen Eid gethan, wann das geschehen, so sollte man was
sagen. Man sollte in den actis aufschlagen, was für 100 und mehr
Jahren die Städte bei dem Hause Brandenburg gethan, warümb sie dann
itzo also handeln sollten. Der König sollte sie abweisen, so würden sie
Sr. Ch. D. zu Fuss fallen und dieselbe keine treueren Unterthanen haben.
3) Ob nicht wahr, dass wann die Souveränität sollte angefochten werden,
die pacta über einen Haufen gehen müssten?
Das stünde bei den Potentaten, wollten die es halten, so stünde es,
wo nicht, so fiele es über einen Haufen. Man fechte wohl etwas an, es
wäre aber damit nicht alsobald gewonnen; wollten es die Potentaten
halten, so würde es wohl bleiben.
4) Ob nicht derjenige, welcher den Polen Solches vorstellet, nothwendig
Ursach und Anlass zum Kriege geben will?
Das könne er sich nicht einbilden; wer seine Nothdurft redete,
finge keinen Krieg an, wann die Polen es zugesaget, und halten würden,
so könnten sie keinen Krieg darwider anfangen.
5) Ob das nicht offenbare und unläugbare facta?
Wären solche facta, die in meliorem partem zu interpretiren stünden.
S. Ch. D. begehreten ja nicht, dass die Preussen solche mancipia oder
servilia ingenia wären, die nicht für ihre Freiheit sprechen sollten.
Wann der König und S. Ch. D. die pacta allein vor sich gemacht, so
wäre es ein anderes, weil sie aber die Unterthanen und Stände beschweren
sollten, so müssten sie ja davon wissen.
Verhältniss zu Polen. Möglichkeit eines Krieges. Bund. 273
Ad articulum 10. 1) Warumb die Vereinigung, welche er aufrichten wollen,
nicht ihren Fortgang erreichet?
Weil die Bürgerschaft die Vereinigung in die Zünften genommen
und dieselbe überleget, aber sie nicht gut gefunden, deswegen er auch
zufrieden sein müssen, er hätte es sonst gerne gesehen und gesucht,
damit nicht alle Schwürigkeiten auf ihn gekommen, und er das Hundes-
haubt tragen müssen. Zum andern hätte auch die Gemeinde die Ver-
einigung deswegen nicht vollzogen, weil sie gehoffet, der Rath würde zu
ihnen treten, welches nicht geschehen, es wäre ja sonst nichts Neues in
Preussen mit solchen Bündnissen, wären auch wohl mit Consens der
Herrschaft gemacht. Sie wäre nicht contra principem, sondern nur damit
die Bürgerschaft einhelliglich ihre Gedanken eröffnen möchte.
2) Warumb er eine Vereinigung aufrichten wollen?
Damit er das Hundeshaubt nicht allein tragen dörfe und die Bürger
auch begehret hätten eine Schrift aufzusetzen, welche sie in den Zünften
unterschreiben wollten.
3) Wider wem dieselbe angesehen?
Wider die ausländische Räthe, so Preussen von Polen haben ab-
bringen wollen, weil die pacta von keinem Preussen unterschrieben.
4) Wer dann den Bund gemachet?
Er hätte es entworfen, so gut er gekunnt, es wäre nur ein Entwurf.
5) Ob er den Bund nicht gemacht? 6) Si negat, wer es dann sonst gethan?
(5 — 6.) Cessat.
7) Ob nicht der Bund eben die von ihm genannte Vereinigung seie?
Affirmat.
8) Ob getreuen Unterthanen dergleichen Bund ohne Vorwissen ihres Herrn
aufzurichten gezieme ?
Es hätte ja keinen Fortgang gehabt, getreuen Unterthanen gebühre
zwar nicht contra raagistratum einen gottlosen Bund zu machen, meine
aber, dass es recht sei eine Vereinigung für sein Recht einzugehen.
9) Ob nicht solcher Bund eine faction in republica seie?
Affirmat, wann es wider Gott und die Obrigkeit. Wann aber etwas
zu Beibehaltung der Freiheit und der Gerechtigkeit geschehe, wäre Solches
keine faction zu nennen.
10) Wo das Original seie und wer es in seiner Verwahrung habe?
Er hätte das Original entweder Lorenz Heilsberg oder Schrötern
gegeben, das Concept hätte er zerrissen, weil die Sache keinen Fortgang
genommen, wie der Altstädtische Bürgermeister selbst wüsste.
11) Wer es nebst ihm unterschrieben?
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 18
274 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Kein Mensch, es wäre nur ein Project gewesen.
Hierauf ist ihm die Abschrift der Vereinigung fürgelesen worden, welche
er für die rechte erkannt, so von ilim concipiret und aufgesetzet,
12) Ob sie nicht dafür gehalten, dass S. Ch. D. mit Gottes Hülfe und Bei-
stand mächtig genung, dero gehorsame und getreue Unterthanen wider Gewalt
und Unrecht zu schützen.
Affirmat.
13) Warumb sie den Stadt Magistrat nicht auch mit in den Bund genommen?
Dieweil sie nicht mit ihm einer Meinung gewesen, sondern es mit
den Ständen gehalten, sie wären nicht mit ihnen in ein Schiff getreten,
ob sie schon genug darümb gebeten.
14) Warumb derselbe diesen Bund nicht beliebet?
Das würden sie zu verantworten wissen, sie wären nicht ihrer Mei-
nung gewesen, wäre es doch nicht zur Richtigkeit gekommen.
15) Ob das nicht facta seien?
Es wären facta, wann es zu bösem Ende angestellet, weil aber alles
nur zu Conservation ihrer Freiheit angesehen, könnte er es für keine
grosse Todtsünde halten, es wäre kein böser Vorsatz noch Krieg darin.
Zum Beschluss bat er, I. Fürstl. Gnad. zu Anhalt möchten bei
Sr. Ch. D. für ihn intercediren, dass doch seine Blutsfreunde und in specie
sein Stiefsohn und dessen Kinder zu ihm gelassen würden, addendo, er
wüsste, dass Alles noch wohl gehen und S. Ch. D. nach aller Wider-
wärtigkeit die besten Unterthanen an den Preussen haben werde. Re-
missus ad custodiam.
Actum 6. November 1662.
1662. Praesentibus: (dieselben wie am 4. Nov., nur dass der Fürst Radzivill statt
6. Nov. jgg abwesenden Fürsten von Anhalt praesidiert und statt des Bürgermeisters
Jetke der Bürgermeister Holländer anwesend ist).
Ad artic. 11. Er sollte nur recht deutlich antworten, weil er selber wol
wüsste, dass sonst die "Wahrheit auf diese und alle Artikul durch andere Mittel
könnten und endlich müssten [sie] herausgebracht w^erden.
1) Ob er nicht vor die Stadt Königsberg bei Jemand anders Schutz und
Assistenz gesuchet?
Negat, bei keinem Menschen.
2) Wie und welcher Gestalt er selbe gesuchet?
3) Ob er dieselbe nicht wider seinen Landesherrn den Kurfürsten zu
Brandenburg gesuchet?
Ad 2 u. 3. Cessat.
4) Ob er nicht zu unterschiedlichen Malen gedacht, die Gnadenthüre stünde
der Bürgerschaft am polnischen Hofe noch offen, hernach aber würden die pol-
nische Säbel über ihre Köpfe schimmern.
Bund. Polnische Kriegsbülfe. Schöppenmeisteramt. Beide Reisen. 275
Negat, hätte solche Worte nicht geredet, das wären ungesalzene Worte.
5) Ob er nicht darmit zu verstehen gegeben, dass ein fremd Kriegsvolk in
das Herzogthum kommen werde?
G) Woher er das wissen können?
7) "Was er dann von der Bürgerschaft haben wollen, dass dieselbe thun sollte,
als er gedacht, die Gnadenthüre stünde derselben am polnischen Hofe noch offen?
Ad 5. 6. 7. Cessat.
8) Ob er nicht dazumal und hernachmals immerfort vermahnet und ab-
gehalten, damit sie sich als gehorsame Unterthanen Sr. Ch. D. nicht accommo-
direten?
Negat, das stünde in der Bürgerschaft freien Willen, ja er hätte sie
noch wohl vermahnet, wann sie den Käthen beifallen wollten, möchten
sie es thun, damit er das Hundeshaubt nicht allein tragen dörfe, wie
die Bürgermeister Solches selbst wüssten.
9) Warumb er in seiner Antwort auf den 12. Artikul sich beklaget, dass
er die Last alleine tragen müsste?
Es wäre ihm von Jedermann auf dem Landtage und sonsten Schuld
gegeben, dass er fax et tuba aller Händel wäre, wie Solches die Stände
selbst wüssten, das Schöppenmeisteramt brächte ihn in solches Unglück.
10) Ob dann dasjenige, was er als ein Schöppenmeister gethan und bishero
articuliret, auch andere mehr nebst ihm gethan?
Das hätten alle Aelterleute gethan, die müssten ausbringen, was
ihnen nomine ihrer Mitbrüder aufgegeben würde.
1 1) Ob ihr Thun und Rathschläge nicht auf lauter Widersetzlichkeit wider
S. Ch. D. angesehen?
Das hoffe er nimmermehr, dass diejenige, welche ihr Recht beob-
achteten, widersetzliche Leute wären.
12) Ob er nicht zu solchem Ende die Reise nacher Warschau über sich
genommen?
Negat, sondern sich aus dem Rauch zu machen, damit er Friede
hätte, der Reichskanzler würde Solches selbst zeugen, man sollte ihn
viertheilen und rädern, wann er aus anderer Ursache oder anderer Intention
nach Warschau gangen.
Wie ihm vorgehalten, dass er anfänglich geleugnet, mit einigen Senatoren
geredet zu haben und anitzo berufe er sich auf des Reichskanzlers Zeugniss,
welcher ein Bischof und Senator wäre.
Er hätte nur wegen des von ihm affectirten Secretariats geredet,
wozu ihm auch Hoffnung gemacht, wie er vor diesem erwähnet.
13) Ob er ihme nicht selbst ausdrücklich contradiciret, wenn er bei dem
38., 39. und 40. Articul beständig deponiret, er wäre in seinen Privatis nach
Warschau gereiset und hernach so bald darauf ändert und saget, die ganze
18*
276 n. Der grosse Landtag von 1G61 bis 1663.
Gemeinde und Gerichte hätten ihn wider seinen Willen zu dieser Schickung
vermocht?
Die erste Reise habe er in seinen Privatgeschäften nach Warschau
gethan absque ullo mandato, die andere hätte ihm die Gemeinde auf-
getragen und darzu die 1100 Thlr. gegeben. Er hätte solche aber un-
gerne und wider seinen Willen über sich genommen, aber wegen der
Völker, so die Wege besetzet, zurück bleiben müssen, die Gelder wären
theils consumiret, theils noch vorhanden; das Schreiben an den König
hätte sein Sohn mitgenommen, welches er demselben nomine et mandato
civitatis zugestellet, dann der König demselben Befehl gegeben, sich
anhero zu verfügen und von demjenigen, so etwas zu klagen hätte, ihre
suplicationes anzunehmen, wann sie ihm auch gleich nur auf der Gasse
zukämen.
Rogatur, ob sein Sohn vom Könige desfalls einige schriftliche Ordre oder
Creditiv fürzuweisen gehabt.
Respondet, dass der König es ihm nur mündlich befohlen, sein Sohn
hätte es denen Aelterleuten gesaget, welche bei ihm im Hause gewesen
und ihn gewillkommet; es wären ihm Namens der Gemeinde durch Herrn
Bürten, welchen sie darzu am Sonntage nach der Vesperpredigt vermocht,
hundert Dukaten zum Procent offeriret worden, sonsten wären ihme keine
Geschenke gegeben.
14) Ob er die Reise nicht selber vorgeschlagen?
Er hätte sein votum auch darzu gegeben und wäre sonst die Reise
von allen gut befunden worden, weil der König geschrieben, er wolle
sie schützen.
15) Ob er wohl wüsste, was dergleichen variationes für einen Effect nach
sich führeten?
Hätte sich expliciret, wie er es wegen der Reise verstanden.
16) Was er m seiner Schickung nacher Warschau zu verrichten gehabt;
er sollte und möchte Solches zu seinem eigenen Besten nur rund, deutlich und
unbeschränkt heraussagen und Gott und Sr. Ch. D. die Ehre geben.
Ihre Rechte und eigentliche Intention wäre gewesen, sich bei I. Kön. M.
zu beklagen, dass ihnen ihr grossestes Privilegium genommen werden
wollte, nämlich jus suffragii et consensus, hätten solches deduciren wollen,
wider Polen, so hart an sie verbunden, dass sie nicht könnten getrennt
werden, der König auch gesagt, er hätte nicht das Geringste von ihren
Privilegiis weggegeben; hätte sie nun der König nicht hören wollen, so
wäre es darbei geblieben und hätten sie müssen nach Hause gehen.
17) Bei wem er zu Warschau die Sache recommendirete ?
Die beiden Reisen. Geld der Gemeinde. Verwendung. Correspondenz. 277
Hätte die Sache bei Niemanden, als bei I. Kön. M. durch seinen
Sohn recommandiren wollen, welcher gesagt, I. M. wollten sie hören.
18) Was ihm darauf für Bescheid gegeben?
19) Ob es ein schriftlicher oder mündUcher Bescheid?
Ad 18 u. 19. Cessat.
20) Wohin er das Geld, so ihm die Mälzenbrauer und Zünften zur Reise
gegeben, verwendet?
Referiret sich ad praedeposita, hätte es theils verzehret, theils wäre
es vorhanden, theils sich davon bezahlet gemacht.
Rogatur, was man ihm dann schuldig gewesen.
Weil er so hin und wieder fliehen müssen und zwar der Gemeinde
halber, worüber er über 200 Thlr. verzehret, so hätte er es deswegen
innebehalten, wollte ihnen auch das Uebrige nicht wiedergeben. .
21) Ob er nicht davon Einem und dem Anderen zu Warschau Geschenke
gegeben ?
Negat, keinen Schilling.
22) Wer es gewesen, dem er Geschenke gegeben?
Cessat.
23) Was er zum andern Mal zu Warschau anbringen und suchen sollen?
Referiret sich auf das, was vorhero art. 16 deponiret.
24) Wer die Punkte aufgesetzt und für ihm die Instruction gemacht?
Er hätte es aufgesetzet und denen anderen ad revidendum und zu
verbessern gegeben; wäre aber nur der einzige Punkt de jure suffragii et
consensus gewesen, welches das grosseste Privilegiis wäre, (der König
wollte sie hören [sie]) so sie in der Welt hätten, wann solches weg
wäre, wäre es mit Preussen gethan.
25) Ob er sie nicht selber gemacht? 26) Wo sie wären und wer sie hätte?
Ad 25. 26. Cessat.
27) Wo er seine Correspondenzbriefe hätte, welche er bei währender dieser
Widersetzlichkeit gepflogen? (Er kann öfters zu Aussagung der Wahrheit ifnd
zwar mit Fleiss vermahnet werden.)
Er hätte keine gehabt, könnte man ihm Solches beweisen, sollte
man ihn sieden lassen. Es wäre wohl von Braunsberg an seinen Sohn
nach Warschau geschrieben, man w^ollte ihn allhier auf das Schloss
bringen, deshalben sein Sohn sich bei dem Herrn Hekerbeck beklaget,
w^ie im gleichen bei dem Könige, welcher ihm darauf anbefohlen nach
Preussen zu gehen und zu sehen, was daselbst passirete. Sein Sohn
hätte zu Herrn Hoverbeck gesaget, etiam crinem suam habere umbram,
ob sie ihn schon untertreten würden, damit wäre die Sache nicht gehoben.
278 II- I^ßf grosse Landtag von 1661 bis 1663.
28) Ob er auch wohl mit Jesuiten correspondiret?
Negat, er kennete keine Jesuiter, ausser des Kanzlers Beichtvater,
welcher gestorben und des Königs Beichtvater Pater Soll, an welchem
für 2 Jahren vor dem Landtage geschrieben, er möchte ihm doch wissen
lassen, welchen Ends sein Sohn wäre.
29) Wie selbige heissen?
30) Was er mit ihnen correspondiret?
Ad 29 et 30. Referiret sich auf das, was er vorher schon ausgesaget.
31) Ob er wohl einen Jesuiten Namens Carolus Soll kennete?
Affirmat.
32) Ob sich derselbe nicht im Collegio zu Warschau aufgehalten?
Bei I. K. Maj. wobei er seine ordinari Aufwartung gehabt, zu War-
schau wäre er im Collegio gewesen, woselbst er ihn nebst seinem Bruder
gesprochen.
33) Ob er nicht mit demselben correspondiret?
Negat, von einiger andern Sache, als von seinem Sohne, seinem
Bruder hätte er auch wohl von Bartenstein geschrieben und seine Noth
demselben geklaget.
34) Was er mit ihm correspondiret?
35) Wo die Correspondenzbriefe wären?
34. 35. Cessat.
Ad articulum 47 et sequentes quaestiones.
1) Ob er wohl wüsste, dass die Reise nacher Warschau ein factum?
Es wäre zwar ein factum, fünde aber nicht in den pactis, dass es
bei Leib und Lebensstrafe verboten wäre, seine Noth zu klagen.
2) Ob nicht dasjenige, was er da gehandelt, facta wären?
Wären zwar facta, aber keine böse facta, sie schenkten klaren Wein
ein, die anderen Stände brauchten Umbschweife. Sie stünden noch in
den alten Schuhen ihrer Vorfahren, wann sie den neuen Eid abgeleget,
würde es anders heissen.
' 3) Ob es nicht dergleichen facta, Avelche wider S. Ch. D.?
Das meine er nicht, es würde ja noch Zeit zu reden sein, sprächen
doch Freie und Bauren ihre Nothdurft, es könnte wohl sein, dass es
Sr. Ch. D. nicht lieb sein möchte, sie schütteten aber ihre Nothdurft für
S. Kön. M. aus und nicht für Jemand fremdes, der sollte sie abweisen.
Rogatur, warumb er sich dann in diesen Dingen hätte gebrauchen lassen,
weil er gewusst, dass es wider Sr. Ch. D. Wohlgefallen.
Er wäre von der Gemeinde darzu erwählet, litte er dann, so litte
er vor der ganzen Stadt, hoffte auch, es könnte ja S. Ch. D. nicht so
gar zuwider sein, dass man itzo redete, darnach aber schwiege.
Jesuiten. Correspondenz. Warschauer Reise. Rebellion. 279
4) Ob er gleicli das Verbot, dass Niemand in dieser Sache nacher Warscliau
zielien sollte, nicht verlesen hören, ob es ihm nicht sonst genugsam bekannt
gewesen ?
Negat, wiewohl es genugsam abzunehmen gewesen, wie man die
Strassen besetzet, deswegen er auch die Reise nicht thun können; wären
die nicht besetzet gewesen, so hätte er seine Commission verrichten und
die Reise thun müssen.
5) Ob er als ein vernünftiger Mann und gehuldigter Unterthan, auch nicht
ohne Verbot gewusst, dass es Unrecht?
Das könne er nicht wissen, dass das Unrecht wäre, wann man sein
Recht gebrauchte, er wäre von Anderen committiret, und zwar in Dingen,
so den pactis gemäss und davon in den Landtagsactis genug zu finden.
6) Ob es nicht Unrecht, wider seinen Herrn an andern Orten zu ma-
chiniren ?
An fremden Orten zu machiniren wäre Unrecht, das hätte er nicht
gethan, dass sie aber bei dem Könige ihr Recht gesuchet, wäre nicht
Unrecht, der wäre ja nicht ihr Erbfeind, sondern ihr alter Herr.
7) Ob einem jedweden Unterthan, auf die Weise, wie er nacher Warschau
gereiset auch nacher Frankreich, Holland p. zu reisen vergönnt sei ?
Wann es in zulässigen Dingen wäre und Niemand Schaden thäte,
stünde es ihm zu bedenken, ob er es thun wollte oder nicht; ob das
aber eine so grosse Todtsünde wäre zu ihrem König und Vater zu reisen?
8) Ob ein solcher freier Mann, wie er wäre, wider S. Ch. D. nicht könnte
ein Rebell werden?
Affirmat, wann er es darnach machte. Ob er es aber geworden,
sei noch sub judice lis. Ein Rebell sei, welcher contra personam principis
machiniren oder den Staat zu evertireu suche, das werde man ihm nicht
darthun.
9) Ob in delictis nicht ein Jedweder, der dabei ist, für die That und die
facta responsabel?
Affirmat, in propriis delictis.
10) Ob er dahero auch nicht für sich an der Warschauischen Reise und
an allem, was dabei fürgangen, Schuld habe und deshalb Sr. Ch. D. gebührliche
Rechenschaft zu geben?
Hätte sein Votum zur Sache als ein freier Preusse gegeben, ver-
meine aber nicht, dass es eine so strafbare Sache, als wann man zum
Erbfeind gangen; wo es eine Schuld wäre, hätten sie alle Schuld.
11) Ob er wohl wisse, dass, wenn er in seiner Deposition ad artic. 49
solches Alles der Stadt zu verantworten giebet, er sich für seine Person der That
nicht entbreche und ihn ganz und gar nicht entschuldige?
280 II' D^'" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Litte die Stadt, so litte er mit, sollte er aber allein leiden, so litte
er für der Gemeinde. Welches Unrecht, cum nemini officium suum debeat
esse damnosum, sonst würde auch ein Bürgermeister übel daran sein.
12) "Weil es in seiner Antwort gestanden, dass er das Schreiben nacher
Warschau concipiret, oh es wohl bräuchlich, dass ein Schöppenmeister Concepte
mache?
Es wäre kein Verbott, vermeinet es wäre wohl eher geschehen, weiss
sonst nicht, ob es gebräuchlich, es wäre gemeiniglich des Magistrats
Amt, weil derselbe aber von ihnen abgetreten, hätten sie es aus Noth
selbst thun müssen.
13) Ob er nicht, als das Schreiben vom Könige ankommen, zu der Bürger-
schaft gesaget, sie sollten sich daran nicht kehren, es w^äre ad falsa narrata
ausgebracht, und sie auf ein Anderes vertröstet?
Negat.
14) Ob der Bund, den er concipiret und gemacht, die Warschauische Nego-
tiation und was davon dependiret, nicht dergleichen facta wären, durch welche
sich ein Unterthan an Sr. Ch. D,, dero Estat und Sicherheit am höchsten vergriffe?
Er könnte es nicht für böse facta halten, weil der König und S. Ch.
D. darinnen excipiret wären, die Vereinigung auch nur ad deliberandum
gebracht und nicht zur Perfection gekommen.
Rogatur, ob es wohl bei Landtagen gebräuchlich, dass man dergleichen
Vereinigungen machte?
Das wüsste er nicht eigentlich, vielleicht wären desgleichen casus
oder solche Noth nicht vorhanden gewesen, hätte man doch wohl Exempel,
dass sich einige Aemter zusammen verbunden, worauf ihm aber geant-
wortet, dass solches auch nimmer approhiret worden.
Rogatur, ob es wohl gebräuchlich, dass I. K. M. Jemanden, als seinen Sohn,
mit dergleichen Commissionen ohne Creditive und schriftliche Ordre anhero
schickten?
Das wüsste er nicht, er könnte aber seinem Sohne wohl trauen, zu
dem hätte der König, als er gehöret, dass man ihm so polte pilas spie-
lete, gesaget, er sollte hinziehen und sehen, was es wäre.
Der Herr Kanzler hätte ihm, wie er zu Warschau gewesen, auch ge-
saget, er sollte nicht nach Danzig die Flucht nehmen, dann dar würde er
auch nicht sicher sein, sondern nach Riga gehen, wohin man ihm Recom-
mendation geben würde. Das dominium directum wäre zwar Sr. Ch. D.
von ihnen übergeben, sed salvis privilegiis statuum.
Es ward ihm darauf fürgehalten, dass er für diesem geleugnet, mit einigem
Senatore von Publicis geredet zu haben und dass er nur in privatis zu War-
schau gewesen, da er doch dergleichen Discursen mit dem Kanzler geführet.
Schreiben an d. König. Mission v. Roth jr. Assecuratio. Abolitio gravaminum. 281
Der Kanzler hätte es nur occasione seiner Privat-Händel erwähnt,
er wäre sonst nicht Willens gewesen die Flucht zu nehmen.
Rogatur, warümb er sich dann beklaget, dass er nirgend sicher gewesen
und als eine gejagte Hindin fliehen müssen.
Respondet, dass er sich doch hier wieder gestellet, und wann er
entkonamen wollen, wohl Gelegenheit darzu gehabt; bäte endlich seine
Blutsfreunde zu ihm zu lassen et remissus ad custodiam').
Die Stände an den Kurfürsten^). Praes. 4. November 1662.
R. 6. RR. 2. — Kön. 668 II.
[Bitte um unverkürzte Bestätigung der von ihnen entworfenen assecuratio und ab-
olitio gravaminum. Protest gegen die Absonderung der Städte.]
„Bei der höchsterfreulichen Ankunft" des Kurfürsten „lassen die Stände 1662.
dieses ihre erste unterthänigste Bitte sein", der Kurfürst möge in Gnade und ^- ^°^-
Huld gegen seine getreuen Unterthanen verharren und dem Landtage zu einem
erfreulichen Schluss verhelfen. Sie versichern, ihre Intention sei, wie von jeher,
so auch für alle Zukunft, dass des Kurfürsten Nachkommen „sich einer geru-
higen, glücklichen Regierung und die armen Unterthanen der Beibehaltung ihrer
Freiheiten und Gerechtigkeiten zu erfreuen haben möchten". Sie bitten darum,
dass die Assecuration und die abolitio gravaminum, wie sie sie abgefasst, be-
stätigt werde. Auf die ihnen hierüber ertheilte kurfürstliche Resolution^) müssten
sie eigentlich eingehen und deren defectus einzeln nachweisen. Sie begnügen
sich aber auf ihre zahlreichen älteren Schriften zu verweisen. Der Kurfürst möge
sich des Versprechens erinnern, das er ihnen in seinem Rescript, d. d. Cüstrin
IL.Sept. 1662 gegeben habe^), alle ihre Wünsche bei seiner Ankunft zu er-
füllen. Nun möchten die Stände wohl dieses Bedenken einhellig zu des Kur-
fürsten Füssen legen, da „aber die beeden Gerichte, Kneiphof und Löbenicht,
nebenst der ganzen Gemeinde der Städte Königsberg . . . wegen des erhaltenen
supremi et directi dominii von I. K. Maj. und der Krön Polen vorher gehöret
und uff öffentlichem Reichstage ihrer vorigen alten Eide erlassen zu sein . . .
*) Seine Meinung über das Ergebniss des Verhörs mit Roth theilte der Kurfürst
noch am selben Tage seinem Vertrauten Schwerin mit. (Friedrich Wilhelm an Schwerin
6. Nov. 1662, abgedruckt Urk. und Actenst. IX S. 840f.) — Für die Zeit von der
Ankunft des Kurfürsten bis zum Landtagsschluss überhaupt vergl. Pufendorf I
S. 588—590.
2) Vorangegangen war ein Sonderbedenken der Landräthe, das die Ritterschaft
ohne jeden Zusatz angenommen hatte, und eines der Städte (pr. 27., 27. Oct., 2. Nov.
1662).
3) Vom 5. Sept. 1662 (s. o. S. 237 ff.).
*) S. 0. S. 236 Anm. 2.
282 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
begehret und hierbei beständig bleiben", so bleibt den Ständen nichts anderes
übrig als dieser Separation zu widersprechen').
Nov.
Auszug aus dem Protokoll über die kurfürstliche Propositiou
an das Kneiphöfische und das Löbenichtsche Gericht und die
ganze Bürgerschaft der drei Städte Königsberg, vorgetragen
durch den Geheimen Rath v. Jena am 8. November 1662').
Kön. 669 III. 3) — Kön. 668 IL
[Gute Absichten des Kurfürsten. Für den Fall ruhigen Verhaltens und der Aufgabe
der Warschauer Schickung Verzeihung aller Unruhe. Wohlstand Königsbergs. Accise.
Persönliche Ansprache des Kurfürsten.]
1662. Nachdem S. Ch. D. nichts mehr gewünschet, als dass den bei dem
währenden gefährlichen Kriegeswesen eingerissenen Mängeln und Gebrechen
remediret und abgeholfen und Alles, so viel miiglich, redressiret und dass
nebst anderen getreuen Unterthauen, auch dero Stadt Königsberg in ge-
wünschten Flor und Wachsthum wieder gebracht werden möge, sie aber
Solches werkstellig zu machen durch dero höchsten persönlichen Gegen-
wart wegen unab wendlichen Affairen wären verhindert worden, wiewohl
sie dero gnädigste Intention dem ganzen Lande nicht allein durch dero
Statthalters Fürstl. Durchl. und dero Herren Oberräthe zum öftern weisen,
sondern auch ihro mit allem Ernst und Eifer solches alles in der That
und wirklich zu bezeugen angelegen sein lassen, und dann sie nunmehro
durch des Allerhöchsten Hülfe und Beistand allhier angelanget und den
beständigen Fürsatz hatten, dero getreue ünterthanen gnädigst zu hÖFen,
was in einige Unordnung gerathen, wieder zu Recht zu helfen, die hin
und wieder sich eräugende dissonantien in eine gute Harmonie zu bringen
und dann, was der Krieg und Unruhe verrücket, so viel müglich wieder
einzurichten und dabei sich versehen, sie würden auch absonderlich dero
getreue Städte Königsberg und dero Bürger in guter Quiescenz gefunden
und angetroffen haben, so haben sie doch mit sonderbarem Leidwesen
fast so viel erfahren und bei ihrer Anwesenheit nicht sonder Bewegung
befinden müssen, dass die getreue und löbliche Bürgerschaft in unge-
') Der letzte Passus nach dem Sonderbedeuken der Städte, pr. 2. Nov. 1662.
2) Dies Actenstück ist schon abgedruckt im Theatrum Europaeum IX (1672)
S. 636f., wird hier aber wiederholt, da diese Stelle zu abgelegen erscheint, als dass
man darauf verweisen könnte.
^) Die üeberschrift nach Kön. 668 11.
Vermahnung der Bürgerschaft. Versprechen der Verzeihung. 283
wohnlicher Bewegung stehe, unnöthige und unzeitige Gedanken führen,
von dem guten und gebahnten Wege abweiche, sich fast mehr an ein-
zelne passionirte Köpfe hänge, als ihrem gehuldigten Landesherrn folge,
die mit der Krön Polen aufgerichteten und beschworenen Pacta und all-
gemeinen aufgerichteten Frieden in Disputat zu bringen gedenke und so
gestalten Sachen nach sich endlich selbst in solchen Zustand setzen
möchte, welchen sie und alle die Ihrigen hernachmals aber zuspät be-
klagen. Und nun S. Ch. D. nicht die Unterdrückung und den Verderb,
sondern die Conservation ihrer Unterthanen mit allem Ernst suchen, sie
sich auch wohl erinnern, dass sie eben von dem Allerhöchsten in den
beschwerlichen Regenten-Stand gesetzet, das Ihro anvertraute Volk regie-
ren, dasselbe, wenn es irret, zu Rechte führen, die Unschuldigen mit
den Schuldigen nicht treffen und einiger Weniger Bosheit der ganzen
Gemeinde nicht entgelten lassen sollen, danebens bedächten, dass es auch
in dem Volk Israel an derlei aufwieglischen Subjectis nicht ermangelt,
welche, ob sie gleichwohl gewusst, dass Moses ohne Mittel ihnen von
dem Allerhöchsten zu einem Fürsten vorgesetzet und er aus sonderbarer
Liebe vor sich selbst verbannet sein wollen, die Wunderthat des Herrn
ihnen auch täglich in den Augen gelegen, dennoch mit der Regierung
nicht vergnüget sein können und bald hier, bald da sich ihm widersetzet,
aber zu des Volkes grossem Jammer und Elend. Darum so hätten S. Ch,
D. auch vor das nothigst Stück ihres hohen landesfürstlichen Ambtes
erachtet, der löblichen Bürgerschaft heut diesen Tag in dero höchsten
persönlichen Gegenwart aus sonderbarer zu ihnen allerseits tragenden
landesväterlichen Affection und Liebe anzeugen zu lassen, dass weil S.
Ch. ü. wohl wissen, dass die bishero in der Stadt gewesene Inquiescenz
und was daraus Unordentliches mehr erfolget, nicht der ganzen Bürger-
schaft Herz und Vorsatz, sondern weniger unruhiger Leute Werk und
tollkühnes unvernünftiges Vornehmen sei, also erinnerten und ermahneten
sie die ganze löbliche Bürgerschaft ganz gnädigst und landesväterlich,
dass sie von solchem bösen Beginnen also fort abstehen, die mit der
Krone Polen aufgerichteten und beschworenen pacta in keinen gefährlichen
Discurs und disputat zu ihrem schweren Unglück ziehen, so einer vor-
nehmen Gemeinde ganze Wohlfahrt in einiger inquietierten Leute Hand
nicht legen, an keine Warschauische Reise gedenken und ihren Trost und
Schutz einig und allein bei Gott und Sr. Ch. D. suchen, auf welchen
erfolgten Fall S. Ch. D. nicht allein der ganzen Gemeinde, sondern auch
einem Jeden in specie dero kurfürstlichen Gnade und Hulde versicherten
284 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
und danebenst anbieten Hessen, dass sie Alles und Jedes, was passieret,
nicht melir gedenken, sondern Alles und Jedes gnädigst und landesväter-
lich verzeihen und in eine ewige Vergessenheit stellen wollten. S. Ch. D.
ersuchten sie demnach, es wolle die Bürgerschaft ihr eigenes Bestes be-
denken, sich, ihr Weib und Kind und was sie sonst mehr Liebes hätten,
in keine unnöthige Gefahr und Weiterung setzen, sich dergleichen be-
trübter Dinge Ausgänge aus denen Historien erinnern und Sr, Ch. D. gnä-
digstes, sanfmüthiges und christliches Herz nicht gleichsam mit Gewalt
wider sich erwecken und reizen. S. Ch. D. wollten dero Unterthanen nicht
verderben, sondern conserviren, sie wollten sie nicht drücken, sondern
sie bei ihrer Freiheit schützen. Nach Sr. Ch. D. Wunsch und Willen
sollten die Städte Königsberg nicht nur zu vorigem Wohlstand wieder
kommen, sondern derselbe vermehret und vergrössert werden und obwohl
S. Ch. D. die Accise vor das billigst durchgehenste Mittel hielten, dabei
auch die ungnädigste Meinung nicht hätten, dass sie dadurch die Com-
mercia, Handel und Wandel hemmen, oder aber die Administration und
Verwaltung derselben dem Magistrat und Bürgerschaft entziehen und
einem andern in die Hände zu geben begehren, so wollen sie sich doch
auch zu allem üeberfluss dieses Punkts halber also gnädigst und landes-
väterlich sich finden lassen, dass darüber Niemand mit Fug Beschwer zu
führen Ursach haben und behalten solle.
Welches Alles S. Ch. D. ihnen allhier zu dem Ende hätten gnädigst
erhalten lassen, damit ins künftige keiner sich zu entschuldigen oder
Andere zu beschuldigen ürsach haben möge. Hiernächst sagten S. Ch.
D., sie würden ein vernommen haben, was dero Wille und Intention
wäre, sie hätten die Wahl, würden sie sich nun, als getreuen und ge-
horsamen Unterthanen eignet, gegen S. Ch. D. verhalten, so wollten S.
Ch. D. sich gegen sie wiederumb als einen gnädigen Landesvater gegen
seine Kinder finden lassen; wo aber wider gnädigstes Vertrauen und Hoff-
nung Solches von ihnen nicht geschehen möchte, wollten sie vor Gott,
vor der Welt und der ganzen posterität prostestiret haben, dass sie an
dem Unheil, so ihnen, ihren Weibern und Kindern und der ganzen Stadt
daraus entstehen möchte, entschuldiget seien.
Accise. Ansprache des Kurfürsten. Antwort der Bürger. 285
Erklärungen der Gerichte in Kneiphof und Löbenicht und der
gesammten Bürgerschaft auf die kurfürstliche Erklärung. Dat.
16. November 1662.
Kön. 668 II. — R. 6. RR. 2.
[Antwort auf die kurfürstliche Proposition vom 8. Nov. : Die alte Treue und Anhäng-
lichkeit der Städte. Keine böse Absicht bei ihrer Opposition. Gründe dafür. Ein-
willigung in die Souveränität. Bitte um Gnade.]
Wie unsere Vorfahren von Land und Städten dem ersten Herzoge 1662.
dieses Landes Preussen, sonderlich aber diese Stadt dem löblichen Hause * '
Brandenburg zu diesem Land bei damaligen schweren Behandlungen jeder
Zeit getreue Hülfe geleistet, Solches zeigen ihnen zum sonderlichen Ruhm
die zu der Zeit gehaltenen und noch vorhandenen Landtags-Recessen und
die gnädige Vergeltung, so die löbliche vorige Herrschaft diesem Lande
und Städten aus Milde, Güte und Gnade gegönnet und verliehen hat.
Diesen Ruhm und Gnade auch von E. Ch. D. zu verdienen, hat sich diese
Stadt höchst fleissig und in aller Unterthänigkeit jede Zeit angelegen
sein lassen, wie sie denn auch bei der jüngsten Behandlung, so zu Wehlau
und Bromberg zwischen Sr. K. M. und E. Ch. D. aufgerichtet, gewünschet,
ihre unterthänigste Affection und Zuneigung gegen E. Ch. D. zu erkennen
zu geben und zu erzeigen, wann ihr Consens damals, wie alle Zeit ge-
bräuchlich gewesen, dazu wäre erfordert worden, welches sonderlich', die
beede Gerichte Kneiphof und Löbenicht nebst der ganzen gemeinen
Bürgerschaft die Zeit hero standhaftig begehret und gesuchet haben. Sie
müssen aber mit Schmerzen vernehmen, dass E. Ch. D. Solches für eine
Widersetzhchkeit hat deuten und in Ungnade aufnehmen wollen. Sie
wollen es bezeugen, dass ihr Vornehmen nicht gewesen, E. Ch. D. das er-
haltene jus supremi et directi dominii solchergestalt zu streiten, dass da-
durch E. Ch. I). mit Sr. König]. Majestät und der Krone Polen, in einzig
Widerwillen und bluttigen Krieg gerathen sollten, welches sie sich niemals
unterstanden, sie auch darzu sich viel zu geringschätzig halten, sondern
sie haben nur verständiget und durch Vermittelung Königlicher Majestät
in Polen gesichert sein wollen, wie sie bei solcher grossen Veränderung
in ihrem habenden Rechte und bei ihren wohlerlangeten Freiheiten itzo
und ins Künftige erhalten werden mögen, dazu ihnen dann sonderlich
die wohlgegründeten Bedenken der Landräthe, denen vor andern cura
patriae anvertrauet ist, so ihnen im Anfang dieses Landtages ertheilet
worden, der W^eg gezeiget, dem sie auch nicht in böser Meinung und
286 n. Der grosse Landtag von IGGl bis I660.
nicht aus einziger Widersetzlichkeit gegen E. Ch. D. bishero inhaeriret
haben, sonderlich aber sein hierzu sie verursachet worden, dafern wir es
ohne offension E, Ch. D. Hoheit reden dörfen, ihren Freiheiten einen Schild
wieder alle Einbrüche anzulegen, weil sie in E. Ch. D. Abwesenheit mit
nachtheiligen, ihren Freiheiten schädlichen Rescriptis und Poenalmandatis
unschuldig sein molestiret geworden und wenn sie denen nicht alsobald
Folge geleistet, sein sie vor rebelies, perduelles, blutdürstige und un-
besonnene Leute gescholten worden. Was solche Anmuthung ihnen vor
einen Schein der vorgebildeten kurfürstlichen Gnade gemacht haben und
was sie oder ihre Nachkömmlinge vor Freiheit ins Künftige zu hoffen
hätten, haben sie leicht daraus schliessen und ermessen können, weil
man ihnen bald im Anfang dieses veränderten Estats solche Einträge
in ihre Freiheit hat thun wollen, welche ihnen die vorige löbliche Herr-
schaft aus Gnaden gegönnet und E. Ch. D. bishero gnädigst erhalten und
beschützet haben.
Weil sie aber nun von E. Ch. D. bei dero langgewünschten Gegen-
wart bessere Gnadens-Zeichen verspüren, indem sie ihnen aller bishero
erlittenen gravaminum abolotionem und die Beibehaltung ihrer vorigen
Freiheiten aus landesväterlicher Vorsorge, Liebe, Gnade und Hulde gnä-
digst versprochen, theils auch merklich spüren lassen, also will nun auch
diese Bürgerschaft solches gnädiges Versprechen mit unterthänigstem
Dank erkennen und annehmen und demzufolge nunmehro alle Differenz
fahren lassen und nicht allein alles Vertrauen in E. Ch. D. Gnaden
setzen, sondern auch den andern beeden Ständen und unseren Stadt-Räthen
in ihrer Meinung in puncto pactorum et foederum Velaviensium et Brom-
bergensium cediren und E. Ch. D. inhalts derselben Verträge pro supremo
et directo domino vor ihren Oberherren erkennen und annehmen, in
fester Zuversicht, dass E. Ch. D. nach dem Exempel anderer christlicher
Potentaten und Oberherren nebst den Landesfreiheiten auch dieser Stadt
Gerechtigkeiten, Freiheiten und wohlhergebrachten Gewohnheiten inhalts
dem Project, welches die andern Stände und ihre Stadt-Obrigkeit in allem
unterthänigsten Gehorsam zu E. Ch. D. Füssen geleget, ihnen in Gnaden
zu lassen, zu halten und dabei zuschützen gnädigst versichern werden.
Davor werden sie E. Ch. D. in aller L^nterthänigkeit danken und den
höchsten Gott bitten, welcher sie nach seiner göttlichen Verordnung in
diesen Stand und unter Ew. Ch. D. Oberherrschaft gesetzet hat, dass er
auch E. Ch. D. und dero kurfürstliche Erben bei guter Gesundheit lang
leben und [dero] glückliche, friedliche Regierung lange Zeit erhalten wolle
Motivierung der Opposition. Unterwerfung unter die Souverilnität. 287
und diese Stadt unter E. Ch. D. und dero kurfürstlichen Erben hohem
Schutz bis ans Ende der Welt in gutem Frieden und Ruhe mit Beibe-
haltung ihrer Freiheit verbleiben möge.
Hoffen demnach, es werden E. Ch. D. alle gefassete Ungnade und
Unwillen wegen unseres verzögerten Consens nach E. Ch. D. gewöhnlicher
und angeborener Gnade und Hulde von dieser Stadt Bürgerschaft in
Gnaden abwenden und die versprochene Gnade allen und jeden, so dieser
Verzögerung halber beschuldiget werden möchten, wirklich geniessen
lassen. Sie sein hinwiederum erbötig, in gewöhnlicher standhafter Treue
und unterthänigstem Gehorsam E. Ch. D. unterthänigste, getreue und
gehorsame Unterthanen, mit Hintansetzung Leibes und Lebens, Guts und
Bluts zu verbleiben.
Erklärung der Gerichte im Kiieiphof und Löbenicht und der
gesammten Bürgerschaft^). Den andern Ständen übergeben
am 16. Nov. 1662.')
Kön. 669 III und 668 IL — R. 6. RR. 2.
[Darlegung der Gründe ihrer früheren Opposition. Einwilligung in die Anerkennung
der Souveränität.]
Es erinnern sich die Ehrbaren Gerichte der beiden Städte Kneiphof 1662.
und Löbenicht sammt der ganzen gemeinen Bürgerschaft von allen Zünften
und Gewerken dieser Stadt annoch guter Maassen, was bishero auf an-
noch währenden Landtage vor Discrepanze in puncto supremi et directi
dominii zwischen den Ständen und ihnen vorgangen ist, da jene von
ihrem vor diesem wohlgegründeten Bedenken, warum die Wehlau'schen
und Bromberg'schen Pacta nicht könnten angenommen werden, abgewichen,
diese hergegen auf der von den andern Ständen ihnen gezeigten und
vorgebrachten Wege verharret seien, deswegen sie in ihrem jüngsthin
discrepanten Bedenken zur Zeit des reassumirten Landtages zu Barten-
stein ihre wohlgegründeten rationes, warum sie damals mit den andern
^) Die üeberschrift lautet: „Unterthänigste Erklärung und geändertes Bedenken
der Ehrbaren Gerichte etc." und hat in dem Actenband Kön. 668 II den Zusatz „ad
Acta publica zu nehmen", so dass hier also die definitive Fassung der Erklärung der
Bürgerschaft vorzuliegen scheint, während das oben abgedruckte Stück, das sich Kön.
669 III überhaupt nicht findet, wohl die erste später zurückgenommene Version ent-
hält. Der originale Titel dieser ersten Erklärung lautet auch nur „Beantwortung etc."
-) So nach Kön. 668 II; der Band Kön. 669 III hat das falsche Praes. 24. Dec.
1662.
288 n. Der grosse Landtag von IßCl bis 1663.
Ständen in die Wehlau'sclien und Bromberg'schen Verträge noch nicht
willigen und S. Ch. D. pro Supremo et directo Domino annehmen könn-
ten, zur Genüge angezogen haben. Sie hätten auch nicht verhoffet, dass
ihnen der Gang zu Sr. Königlichen Majestät und der Krone Polen sollte
verwehret worden sein, angemerket sie daselbst nicht solcher Gestalt Sr.
Ch. D. das verliehene jus supremi et directi dominii zu streiten Vor-
habens gewesen seien, dass dadurch Sr. Ch. D. mit Königlicher Majestät
und der Krone Polen in einzigen Widerwillen und blutigen Krieg ge-
rathen sollte, welches sie viel mehr abzuwenden, als zu veranlassen stets
gewünschet haben ; sondern sie haben nur verständiget und durch Vermit-
telung Sr. Königlichen Majestät versichert sein wollen, wie sie bei solcher
grossen Veränderung in ihrem habendem Recht und bei ihren wohlher-
gebrachten Freiheiten anjetzt und ins künftige erhalten werden möchten.
Denn sie besorget, ihnen würden allerhand Einbrüche in ihre habende
Freiheit bei dieser Mutation geschehen, weil man ihnen bald im Anfang
dieses geänderten Estaats viel Neues angemuthet hat und, wenn sie dann
nicht alsofort Folge geleistet, hat man sie mit nachtheiligen Rescriptis
und Poenalmandatis molestiret und vor rebelies et perduelles gescholten
und mit kurfürstlicher Ungnade bedräuet. Was dieses bei ihnen vor
einen Schein der versprochenen und vorgebildeten kurfürstlichen Gnade ge-
macht hat, ist leicht zu ermessen und zu schliessen gewesen, dass sie oder
ihre Nachkömmlinge ins künftige wenig Gutes zu hoffen hätten, derowegen
sie ihren habenden Freiheiten einen Schild wider alle Einbrüche bei Sr. Kö-
niglichen Majestät haben anlegen wollen, zumalen weil sie von Ihrer König-
lichen Majestät versichert worden, dass durch diese aufgerichteten Verträge
ihren Freiheiten und Gerechtigkeiten nichts derogiret worden sei. Weil
ihnen aber alle Wege zu solcher Abschickung durch S. Ch. D. benommen
worden seien, hergegen alle Gefahr vorgestellet und kurfürstliche Ungnade
angedräuet würde, auch die grosse Beschwer von diesem ganzen Lande
nicht abgeholfen werden wollte, die andern Landes-Stände unterdessen
alles Unheil, so aus solcher Verzögerung entstehen möchte, dieser Stadt
Bürgerschaft allein zuzumessen sich öfters vorlauten lassen, auch noch
über das S. Ch. D. letztlich nach dero Anherkunft theils durch dero
Herren Cancellarium, theils in dero hohen Person selbst, ihnen alle
Ungnade und den Verlust allgemeiner Wohlfahrt angedräuet haben, so-
fern sie das supremum et directum dominium ferner streiten und von
der Warschau'schen Reise nicht ablassen würden, dannenhero diese
beiden Gerichte und die ganze Bürgerschaft alle angedrauete Ungnade
Anerkennung der Souveränität. Unterwerfung der Opposition. 289
und bevorstehende Gefahr zu verhüten und alle beigemessene Widersetz-
lichkeit von sich abzuthun, sich Sr. Ch. D. zur Bezeugung ihres Gehor-
sams submittiren müssen und wollen nunmehro mit den andern Ständen
in dero abgefasseten Meinung auch condescendiren und in die obge-
dachten pacta ihren erforderten Consens geben, verhoffend, die andern
Stände und diese Stadt-Räthe werden laut ihrem projecto nicht allein
um gänzliche Abolition aller gravaminum mediante inquisitione, sondern
auch umb völlige Ausgebung der Assecuration zu Conservirung des Landes
und der Städte Freiheiten ferner standhaftig bei Sr. Ch. D. anhalten
und diesem Landtage zu aller Einhelligkeit endlich einen gewünschten
Schluss mit aller Sorgfalt befördern helfen.
Der Kurfürst an Schwerin. Dat. Königsberg 17. November
1662.
Ungezeichnetes Concept. R. 6. RR. 2.
[Die Anerkennung der Souveränität durch die Königsberger Opposition.]
Wir haben euer letztes Schreiben woll empfangen und wollen bei 1G6-2.
nachfolgender Post mit mehrem solches beantworten. Inmmittelst lassen * '
wir euch gnädigst uuverhalten sein, dass heute die beede Gerichte
nebenst der ganzen Gemeine mit ihrer unterthänigsten Erklärung auf
die neulich ihnen gethane Proposition eingekommen, wobei sie dann
nicht allein ihren bisherigen dissensum und dass sie nicht ehr den an-
dern Ständen und ihrem Magistrat beigefallen, bereuet, sondern uns auch
als ihrem einigen supremo et directo domino sich in behöriger Demuth
ohne einige Condition submittiret; Wir hoffen ferner glücklichen Ausschlag
aller noch übrigen Handlung').
Kurfürstliche Assecuration. Dat. 23. November, praes. 2. De-
cember 1662.
KÖn. 668 IL — R. 6. RR. 2.
[Justiz. Landfriede. Ständischer Rath für Kriegsfälle und Contributionen.]
. . . Wir wollen^) auch unser getreue Landstände und sonst Jeder- 1662.
23. Nov.
^) In eigenhändigen Briefen hat der Kurfürst kurz vor und einige Zeit nach Er-
lass des obigen Rescripts Schwerin Stimmungsberichte über seine Verhandlungen mit
den Ständen gegeben. (Friedrich Wilhelm an Schwerin 13., 20. Nov. 1662, abge-
druckt Urk. und Actenst. IX S. 841 ff.)
^) Der hier abgedruckte Abschnitt ist nur derjenige Passus der Assecuration, der
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 19
290 II- I^^er grosse Landtag von 1661 bis 1663.
männiglich auf sein unterthänigstes Bitten gnädigst gerne hören, auch
Niemand im Lande den Weg des Rechtens verschliessen lassen, sondern
über Administration durchgehends unparteischen Justiz fest und laudes-
fürstlich halten und die dawider handeln oder sonst den Lauf der Ge-
rechtigkeit hemmen, zu gebührender Verantwortung und Strafe ziehen.
Und gleich wir uns Zeit während unserer Regierung die Erhaltung
des Friedens und der Ruhe mit allem Ernst und Eifer angelegen sein
lassen und zu Erlangung solches heilsamen Zwecks keine Mühe, Gefahr
auch Aufwendung und eigenen Schaden gescheuet oder gefürchtet, also
werden wir auch noch ferner mit Gottes Hülfe bei solcher Intention fest
und unverändert verharren.
Dieweil es sich aber jedennoch aus dem gerechten Verhängnuss des
Allerhöchsten begeben und betragen könnte, dass wir auch wider un-
seren Willen gezwungen würden, in einen offensiven Krieg uns zu be-
geben und uns dabei gnädigst woll erinnern, dass absonderlich in sol-
chen Fällen der Unterthanen getreues Einrathen und Assistenz von
Nöthen und dass so ein Werk ohne Mittel nicht geführet werden könne,
diesem nach so wollen wir uns unseres Herzogthum Preussens halber
in keinen dergleichen Krieg begeben, noch auch zu Friedens- oder Krie-
ges-Zeiten einige Contribution oder andere Anlagen anschlagen, wir
haben dann vorhero ihren getreuen Fürath vernommen und sie darin
eingewilliget, damit also das Wachsthum des Landes befordert und das
respective gnädigstes und unterthänigstes Vertrauen je mehr und mehr
stabiliret werde ').
in der früheren Formulierung der Assecuration (dat. 5. Sept., publ. 11. Oct. 1662,
s. 0. S. 237 ff.) noch nicht enthalten war. Er ist eingeschoben vor den Worten:
„7) Weiter geloben wir" (o. S. 240). Im Uebrigen wiederholt dieses Stück im Wesent-
lichen den Wortlaut des früheren. Um dies Verhältniss hervortreten zu lassen, ist das
Stück hier abgedruckt worden, obwohl es sich auch schon bei Baczko V S. 486 ff.,
als Beil. XII findet.
') Tags darauf wurde den Städten Königsberg mitgetheilt, dass der Kurfürst ihrem
Wunsche nachgegeben und angeordnet habe, „dass die Mühlen allhier wieder eröffnet
werden" und dass auch die kleinen Missstände bei den Mühlen untersucht werden
sollen, über die die Städte sich beschwert haben. (Vergl. o. S. 199f. und S. 215.) In
einem städtischen Copialbande der ständischen Verhandlungen (Kön. 668 II) findet sich
unter der Abschrift dieses Rescripts die Bemerkung: „Sein also die kurfürstlichen
Mühlen vom Julio bis an den December 5 ganzer Monat geschlossen gewesen, zu Sr.
Ch. D. grossen Schaden und hat E. E. Bürgerschaft vom December an ohne Accise
mahlen lassen. Ist also hiemit von denen Herrn Ober- und Regimentsräthen publi-
cierter Complanations-Abscheid (vom 8. Mai 1662, s. o. S. 120 f.) zu der Nachkommen
grossem Nutzen cassieret und gehoben worden. . . ." (Kurf. Rescript vom 29. Nov. 1662.)
Neuer Assecurationsentwurf. Verhör mit Roth. 291
Protokoll über ein Verhör mit Hieroiiymus Roth vom 27. No-
vember 1662.
R. 6. SS.
[Nocbmalige Befragung Roths über diejenigen Punkte, in denen man ihn schuldig
befunden hat.]
Anfänglich gestehet er in resp. ad artic. 1 memhr. 2, dass er gar woll 1662.
wisse, dass die Souveränität in den Brombergischen Pacten deutlich enthalten, 27. Nov.
durch den Olivischen Frieden bestättiget und von dem König in Polen und Se-
natoren beschworen.
Affirmat nochmaln, und verbleibt bei voriger Deposition.
Imgleichen in resp. ad artic. 1 m. 1. Er könne die Souveränität nicht
leugnen, Hand und Siegel der Potentaten Avären da.
Affirmat.
Item in resp. ad art. 5 m. 2. Er wüsste und hätte es aus denen Königli-
chen diplomatibus ablesen hören , dass der König kraft der Pacten und gehan-
delten Souveränität die ünterthanen in dem Herzogthumb Preussen ihres Eides
erlassen und dieselbe pure an S. Ch. D. verwiesen.
Desgleichen hätte ihm auch der Reichs-Kanzler zu Warschau gesaget, in
fine examinis vom G. November.
Affirmat, der Reichs-Kanzler aber hätte hinzugesetzet, salvis privi-
legiis ducatus Prussiae.
Und wäre ein gemein Gespräch gewesen, wer wider die pacta redete, würde
in die grosseste Ungnade kommen, in resp. ad art. 1 m. 10.
Affirmat.
Dem allen uugeachtet, bekennet er, dass er die Souveränität in seinen Ge-
danken niemalen festgehalten, in resp. ad art. 5 m. 1.
Affirmat, und könne er es noch nicht begreifen.
Auch dawider geredet, in resp. ad art. 1 m. 10.
Affirmat, aber nur discursive.
Halte auch dafür, solche Gedanken wären ja zollfrei, resp. ad art. 1 m. 4 et
discursive 9.
Affirmat.
Und die Worte keine Pfeile art. 1 m. 10.
Affirmat, auch keine Karthaunen.
Mit Reden würde er keinen Schaden thun art. 2. q. 8.
Affirmat.
Discurse wären keine facta art. 55. Affirmat.
Die Souveränität wäre nicht in esse, sondern in fieri, resp. ad art. 59.
Affirmat, in esse wäre sie mit den Potentaten, in fieri aber mit den
Ständen.
19*
292
II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Es würde noch darüber gearbeitet, und wäre noch kein Conchisum vor-
handen, ad art. 57.
Affirmat.
Sie wäre noch nicht zur Perfection gekommen, art. 1 m. 1.
Affirmat.
"Was zwischen I. K. Maj. und S. Ch. D. abgehandelt und tractiret, wäre res
inter alios acta, quae ipsis non praejudicare posset, art. GO.
Affirmat.
Ja der König hätte es nicht Macht zu thun, art. 1 m. 9.
Affirmat, denn sie wären nicht des Königs in Polen eigenes Volk,
sondern nur unter seinem Schutz.
Sie aber als freie Preussen, Macht dawider zu reden, art. 2 m. 3, art. 1
m. 14, art. 2 m. 7 pr.
Affirmat.
Wollten auch in Ewigkeit sich nicht darzu verstehen, noch ihren Consens
darein geben, in lit. ad regem.
Affirmat, Solches aber wäre nicht proprio et privato nomine, sed
publico civitatis et ad mandatum illius in dem Schreiben au den König
gedacht.
Sondern sich suchen im alten Stand zu setzen (in foedere) dabei leben
und sterben, ibid.
Affirmat, es wäre aber ja aus dem Bande nichts geworden.
Und ihr Bestes tbun, die pacta mit Polen über einen Haufen zu werfen,
art. 8 n. 2.
Affirmat, es wäre aber nomine civitatis geschehen.
Wie er sich dann auch bemühet, zu solchem End eine Verbündnüss unter
den Bürgern zu stiften und davon ein Concept gemachet, welches aber die
Bürger nicht unterschreiben wollen, art. 10. q. 1.
Affirmat.
Die er sonsten auch durch Vertröstung einer Königlichen Commission auf
den Brücken und sonsten mit seinen Discursen irre gemacht, art. 2 m. 7 in fine.
Er hätte zwar nichts Eigentliches von einer Königlichen Commission
gewusst, sondern nur dafür gehalten, es würde eine kommen müssen.
Die Reise nach Warschau zu solchem Ende gerathen, art, 11. q. 14.
Affirmat.
Und über sich genommen, art. 11. q. 13.
Affirmat, aber wider seinen Willen, hätte lieber gesehen, dass man
einen andern darzu genommen.
Auch darauf 1 100 Reichsthl. empfangen art. 11 q. 13.
Affirmat.
Souveränität. Zettehmgen mit Polen. Aufrührerisches Verhalten. 293
Die Instruction aufgesetzet, art. 11 q. 24.
Affirmat.
Ein Schreiben an den König so voller Unwahrheiten und falscher Klagten
concipiret, art. GO.
Affirmat, es wäre aber ja quilibet interpres verborum suorum und
hätte er es alleine nicht gethan, wenn er daran gesündiget, fiele er Sr.
Ch. D. zu Füssen und bäte umb Gnade.
Solches seinem Sohn mitgegeben, art. 11 q. 13.
Affirmat.
Und diese und dergleichen Proceduren und Widersetzlichkeiten heisset er
jure suo uti art. 5 m. 3, für die Freiheit reden art. 1 m. 11, art. 2 m. 7 pr., sein
Recht beobachten, art. 15 q. 11.
Affirmat.
Zum andern hätte er Tumult, Aufruhr, Misshelligkeiten, factiones, studia
partium und gar Rebellion und Mutination erreget, ist auch der Malcontenten
fax et tuba, secundum communem famam, de qua ipse testatur in resp. ad
art. 1 1 q. 9 gewesen.
Er wäre von Andern dafür gehalten, auch in den Rescriptis so ge-
nennet, hätte aber nur sein Ambt verrichtet und verrichten und aus-
bringen müssen, was ihme die Gemeine aufgetragen, es wäre nur eine
Opinion gewesen.
"Wie theils ex supradictis, theils auch daraus erscheinet, dass er nicht allein
mit einigen zum Ungehorsam und Aufruhr dienlichen Discursen die Bürger auf
den Brücken und anderen Orten irre gemachet, art. 2 m. 7 in fine.
Es hätte ein Jeder ja sein freies iudicium, dardurch dörfte sich
Niemand irre machen lassen, wenn einer nur discursive etwas redete.
Und solche auf allerhand Manier auf seine Seite zu bringen gesucht, damit
er nicht das Hundshaupt alleine tragen müste, art. 10 q. 2, art. 1 1 q. 8.
Er hätte dieses gethan und gesagt, wie der König an die Gemeine
geschrieben und ihnen Schutz versprochen.
Wie er dann bei dem Magistrat gleicher Gestalt oft angehalten, mit ihme
zuzustimmen und nicht von der Gemeinde abzutretten, art. 55 et art. 10 q. 13.
Affirmat nomine der Gemeine.
Welcher ihn aber allemal abgewiesen, art. 2 q. 6. Affirmat.
Weil er nicht mit ihm einer Meinung sein wollen und es mit den Ständen
gehalten, art. 10 q. 13.
Affirmat.
Sondern noch verbotene conjurationes, Vereinigungen und Bündnüsse auf-
richten wollen, wie aus dem von ihm desfalls gemachten Concept zu ersehen,
in welchem er die Bürger verleiten wollen, vermittelst körperlichen Eides sich
zu verbinden, dass sie sich bei ihren alten Stand mainteniren und dabei leben
294 II- D^i" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
und sterben, auch nicht eher ruhen wollten, bis alles in den alten Stand ge-
setzet und also die pacta über einen Haufen geworfen.
Affirmat, hätte er darein gesündiget, so bittet er umb Gnade.
WiewoU er in lit. ad regem, so er concipiret, selbsten gestehet, quod ex
ejusmodi dissensionibus et secessionibus nihil aliud quam pernitiosissima diffi-
dentia et omnium rerum confusio oriatur.
Affirmat.
Dass er auch zu solchem Ende die Reise nacher Warschau thun und des
Königs Protection hierunter suchen wollen, gestehet er in resp. ad art. 59 item
in resp. ad art. 8 q. 2.
Die Gemeine hätte ihn zu der Reise genöthiget, er hätte es nicht
gerne gethan.
Und hat er ausser allen Zweifel desgleichen bei seiner ersten Warschawi-
schen Reise gesuchet, wie dasselbe aus des Reichs-Kanzlers mit ihme geführten
Discursen genugsamb abzunehmen, welcher ihme nicht alleine gesagt, dass die
Krön Polen das supremum dominium Sr. Ch. D. übertragen, sondern ihm auch
Örter wohin er fliehen und an welchen er sicher sein könnte, fürgeschlagen,
auch Rekommandation-Schreiben darzu offeriret haben solle.
Es wäre nur incidenter geschehen, weil der Kantzier vermeinet, er
hätte daselbst Protection gesucht und Fürst Radziwill an den König ge-
schrieben, man mögte ihn als einen bösen Menschen nicht in Schütz
nehmen, welchen er aber nicht gesuchet, sondern nur seiner Privatgeschäfte
halber nacher Warschau gekommen.
Dahin zielet auch was er von des Königs mündlichen Commission an seinen
Sohn in resp. ad art. 11 q. 13 anziehet, gleich sollten I. K. M. demselben,
weil sie vernommen dass man so unrechtfertig mit seinem Vatter umbginge,
committiret haben, sich anhero zu verfügen und supplicationes, auch von denen
so ihm auf der Strasse begegneten anzunehmen.
Affirmat.
Und ist hieraus genugsamb zu schliessen, was sein Sohn für Gedanken
und Intention gehabt, weil er auf solche Manier ins Land kommen, was er
auch mit denen Polen in seines Vattern Hause art. 29 item in der katholischen
Kirche art. 27 et 28 und mit denen von der Gemeine so ihme Präsenten ge-
geben art. 11 q. 13. für Conferenz gehalten haben müsste, welches Rothen ausser
allem Zweifel bekannt ist, und er solches billig offenbaren müsste, dann es
präsumirlich, dass sein Sohn alles mit ihm communiciret, wie er ihm dann auch
den Inhalt des Königlichen Schreibens an Kalckstein art. 68 und andere Dinge
offenbaret.
Sagt, die Conferenz mit den Polen wäre darein bestanden, dass sie
seinen Sohn sicher nacher Warschau durchhelfen sollten: die Bürger
hätten ihme das Präsent gethan wegen überlieferten Königlichen Schreibens,
sonsten wüsste er von nichts.
Warschauer Reise. Sein Sohn. Schreiben an Polen. .295
Drittens hat er sich an Sr. Ch. D. hohen Person zum höchsten vergriffen,
indem, da ihm bekannt, dass obige Proceduren derselben zuwider und nicht
lieb wären, wie er in resp, ad art. 47 q. 3 selbsten gestehet.
Affirmat.
Dennoch dessen ungeachtet sich in diesen Dingen gebrauchen lassen, ob er
auch gleich von dem Freiherrn v. Schwerin und Andern gewarnet worden, sich
daran nicht gekehret, sondern in seinem verkehrten Wesen immer fortgefahren.
Affirmat.
AVie er denn auch viertens S. Ch. D. actiones und Regierung aufs Aerger-
lichste traduciret und fast tyrannisch abgemalet, indem er in lit. ad. regem
setzet, sie wären allhier in den äussersten unverdienten und ungerechtesten
Bedrückungen, alles würde mit Gewalt und Bedräuung gehandelt und wären
die extrema allhier in stetem Gebrauch, sie würden aufs Aeusserste verfolget
und wollten in die allerverachtetste Dienstbarkeit gestossen und zu Schlaven
gemachet werden und was dergleichen anzügliche Reden mehr sein, von welchen
das Schreiben durch und durch erfüllet ist.
Hätte es nicht für sich, sondern nomine civitatis geschrieben, bittet
umb Gnade und dass S. Ch. D. mehr gedenken wollte, an seiner Vor-
fahren treue Dienste, als an seinen Fehler; sein Grossvatter wäre mit
ein gutes instrumentum gewesen die Heirath zwischen Kurfürst Johan
Sigismund und den preussischen Prinzessinnen neben dem Succession-
werk zu befördern; sein Vatter wäre auch allezeit in Gnaden gewesen.
Grosse Herren pflegten geneigter zu sein guter Dienste zu gedenken, als
Fehler zu straffen.
Fünftens beschuldiget er in foedere Sr. Ch. D. getreue Räthe, dass dieselbe
die Stadt Königsberg missgünstiger Weise ^\ide^ ihre Freiheit von der Krön
Polen als ein faules Glied abschneiden wollen, welche Beschuldigung nirgend
als auf S. Ch. D. selbsten redundiret, dawider unauflösliche Verbündnüsse bei
Leben und Sterben und dergleichen extremis machen wollen.
Bittet desfals sowoll S. Ch. D. als die Räthe umb Verzeihung.
Endlich begehet er in rubrica lit. ad regem ein apertissimum falsum,
wenn er I. K. M. persuadiren will, die Stände und der Magistrat hätten ihme
erlaubet, ein solches Schreiben aufzusetzen, da er doch offen in seinen respon-
sionibus gestanden, dass sowoll die Stände, als der Magistrat es nicht mit ihm
gehalten.
Herr Bürgermeister Kenckel hätte gesagt, die Bürgerschaft könnte
das Königliche Schreiben beantworten, weil sie das supremum dominium
nicht agnosciret; die Stände hätten auch der Bürgerschaft per deputatos
sagen lassen, sie mögten es beantworten, welches ihnen der Löbenichische
Schöppeumeister gesagt, das Schreiben aber hätte weder Kenckel noch
die Stände gesehen.
296 !!• Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Kurfürstliche Proposition. Dat. Königsberg 18. November,
publ. 2. December 1662^).
Kön. 668 II.
[Gute Absichten des Kurfürsten. Allzulange Dauer des Landtages. Generalcoutir-
mation und Assecuration. Erledigung der Gravamina.]
1662. Nachdem S. Ch. D.^) . . . kraft derer mit I. K. M. und der Krön
2. Dec. pQie^ aufgerichteten Wehlau'schen Pacten über dero Herzogthum Preussen
nebst dem utili auch das directum et supremum dominium überkommen,
so haben sie ihr keine Sache mehr angelegen sein lassen, dann dass sie
bei solchem erlangten obristen Fürsten-Recht dero getreue Landschaft von
allen Ständen einer rechtschaffenen landesväterlichen Liebe, Hulde und
Gnade und danebenst versicherten, dass höchstgedachte I. Ch. D. auch
bei solch erlangeten supremo dominio jedesmal willig und geneigt wären,
alle und jede dero getreue Ständen und Unterthauen bei allen und jeden
Rechten, Freiheiten und Privilegien, guten, löblichen Gewohnheiten und
allen andern ihnen insgesambt oder absonderlich zustehenden Befugnüssen
zu schützen, zu lassen und dabei Hand zu haben, gestalt sie dann zu
solchem Ende nunmehro allbereit fast vor zwei Jahren einen öffentlichen
Landtag ausgeschrieben, welcher auch bis gegenwärtige Stunde nicht
ohne sonderbare L Ch. D. Beschwer und höchster Ungelegenheit und zwar
ohne einigen rechtschaffenen Effect continuirct worden, also gar dass oft
höchstgemelte I. Ch. D. mit Hintansetzung der andern wichtigen Re-
gierungsgeschäften sich in dero eigenen höchsten Person in dero Herzog-
thum Preussen zu erheben genöthiget, der ungezweifelten Hoffnung, man
würde bei dero eigenen landesfürstlichen Gegenwart und ganz gnädigsten
väterlichen Bezeugung in denen Landtags-Sachen fleissig fortgegangen, die
Zeit und Unkosten besser menagiret und zu einem gewünschten Schluss
sich in die Sachen angeschicket haben.
Aber es hat die Erfahrung bezeuget, dass das Werk hange, alles
ohne Fortgang und Handlung geblieben, die von I. Ch. D. geschehene
Versicherungen nichts fruchten und alles im Dunkel und ungewissen
Stande gelassen werden wolle.
1) Die Proposition ist vom Kurfürsten (am 18. Nov.) eigenhändig unterzeichnet
und (am 2. Dec. 1662), wie es in der Ueberschrift der Vorlage heisst, „vom Herrn
Kanzler in Gegenwart Sr. Ch. D. an die Stände gethan" worden.
-) Ueber das Verhältniss des Kurfürsten zu den Ständen in diesen Tagen ver-
gleiche sein vertrauliches Schreiben an Schwerin (vom 30. Nov. 1662, abgedruckt
ürk. und Actenst. IX S. 843).
Ausantwortung der Generalconfirmation und der Assecuration. 297
Dieweil aber I. Ch. D. umb vieler andern Ursachen auch ihres eigenen
Respects und landesfiirstlichen Ambts willen zum höchsten daran gelegen,
dass der nunmehro so lang protrahierte kostbare Landtag endlich zum
Ende gebracht und derselben darunter, wie bis anhero, also noch ferner
mit Fug und Recht nichts beigemessen werden könne, solchem nach haben
sie zu Bezeugung dero beständigen, gnädigsten landesväterlichen, sanft-
miithioen Gemüthes über die albereit zu verschiedenen Malen, so münd-,
so schriftlich, recht und aufrichtig geschehene und gemeinte, auch origi-
naliter tradirte Versicherung itzo abermal und zum Ueberfluss eine
General-Confirmation nach Anweisung der vorigen, doch dass dieselbe
auf gegenwärtige Zeiten gerichtet, zugleich auch auf Veranlassung der
Stände, eine also genannte Assecuration unter dero kurfürstlichen Hand
und Siegel verfertigen und dergestalt abfassen lassen, als sie vor Gott
in ihrem Gewissen und vor der ganzen ehrbaren Welt versichert sein,
dass E, E. Landschaft, wann sie nicht auf etwas Weiters ihr Absehen
und Reflexion richtet, darinnen als Unterthanen von ihrem Landesherrn
gnugsame Satisfaction gegeben und sie keine tüchtige und rechtschaflene
Ursache behält, noch ferner die Sachen auf die Art zu I. Ch. D. höch-
sten Ungelegenheit und Verdruss zu negotiiren, und wollen hiemit dar-
auf L Ch. D. vorgedachte respective confirmationem und assecurationem
privilegiorum zu Contestirung dero landesväterlichen Actionen E. E. Land-
schaft von allen Ständen in originali extradiret und ausgeantwortet haben,
mit der angehangenen Versicherung, dass gleich, wie sie es ohne Gefehrde
auch fürstlich und aufrichtig meinen, dero getreue gehorsame Unterthanen
auch W'cder zu hintergehen noch einiges Unrecht zuzuziehen begehren,
also nochmals den beständigen Vorsatz und Willen behalten, in denen
übrigen Specialien E. E. Landschaft bei Abthuung der also genannten
gravaminum auch weitere und speciale Erleuterung und billig massige
schleunige Vergnügung zu geben.
Nun haben auch L Ch. D. das gnädigste gewisse Vertrauen, es würde
E, E. Landschaft von allen Ständen auf L Ch. D, persönliche Anwesenheit
eine gebührende Reflexion nehmen und die schuldige contestirte bekannte
Devotion auch in diesem Stücke in der That bezeugen und verspüren
lassen, welches L Ch. D. dero getreuer Landschaft von allen Ständen
gnädigst anzuzeigen für nöthig ermessen und wollen nunmehro also fort
zu Abhelfung der gravaminum schreiten, die Sache zu des Landes Besten
zu Ende zu bringen suchen, und verbleiben derselben, wie auch einen
jeden absonderlich mit kurfürstlicher Hulde und landesväterlicher Gnade
298 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
und Liebe stets beigethan. Signatum unter I. Ch. D. hohen, eigenen
Subscription und Insiegel.
7. Dec.
Schwerin an den Kurfürsten. Dat. Spandau 27. November
1662.
Eigenhändige Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Warnung vor den Städten. Grössere Zuverlässigkeit der Ritterschaft.]
1662. E. Ch. D. sage ich unterthänigsten Dank, dass dieselbe mich nicht
allein mittelst dero gnädigsten eigenhändigen Schreiben dero hohen kur-
fürstlichen Gnade versichern, wie mir das das Höchste ist, so ich unter
aller zeitlichen Gliickseeligkeit suche, so werde ich mir auch nichts Höheres
jemalen angelegen sein lassen, dann mich derselben würdig zu machen.
Hiernägst w^eiss ich nicht, was ich von der wunderbaren Klugheit dessen
von E. Ch, D. genannten Manns urtheilen soll ^), er ist vielmehr zu beklagen,
dass er zu seinem eigenen Verderb dergleichen Dinge beginnt, als dass
E. Ch. D. daher grosse Widerwärtigkeit zu besorgen, dann wann E. Ch.
D. mit den Städten können zurechte kommen, so wird sich das Andere
leicht finden, allein ich bekenne dass ich nicht viel auf ihre gute Wohrte
traue und haben sich gewiss E. Ch. D. damit wohl in Acht zu nehmen,
dass die Ritterschaft auch hart ist und woll alle gerne bei dem vorigen
Stande blieben, solches habe ich gnugsamb verspüret E, Ch. D. auch nicht
verhehlet, aber wann ich auf den Unterscheid gesehen, so habe ich noch
alle Zeit mehr Devotion und Gehorsamb bei der Ritterschaft verspüret, doch
kann sich es nun geändert haben, und muss man die Resolution alle Zeit
nehmen , nachdem man die Sachen kegenwärtig und zuträglich findet,
ich habe noch alle Zeit gute Hoffnung der getreue Gott werde E. Ch. D.
auch aus dieser schweren Sache helfen und künftig beständige Ruhe und
Friede verleihen, welches nebenst getreuer Empfehlung in seinen all-
mächtigen Schutz, von Grund seiner Seele wünschet pp.
Gnädigster Herr, mir deucht es könnte nicht schaden, wenn E. Ch.
D. durch I. Fürstl. Gn. Fürst Radziwill den bekannten Mann ernstlich er-
mahnen Hessen sich anders zu erweisen.
1) Gemeint ist Roth, von dem der Kurfürst geschrieben hatte. (Brief an Schwerin
vom 20. Nov. 1662, abgedruckt Urk. und Actenst. IX, S. 842 f.)
Rath Schwerins. Zusätze der Stände zur Assecuration u. Confirmation. 299
Geeiiiigte Eriimeruiigen aller Stände über die Assecuration^)
imd die coufirmatio privilegiorum des Kurfürsten-). Praes.
12. December 1662').
Kön. 669 III und 668 II.
[Zusätze zur Assecuration: Rath der Stände. Polnische Kommission und Eides-
eutlassung. Ordensrechte. Kirchliches. Domänen- Vergabungen. Krieg und Steuern.
Verschiedenes. Zur Confirmation: Ciausel.]
E. Ch. D. haben dero unterthänigste Stände demüthigst zu danken, 1662.
dass sie in dero hohen gnädigsten Gegenwart ihnen gnädigste Audienz
verstatten und zugleich eine confirmationem privilegiorum cum assecuratione
haben extradiren lassen. Es hat E. E. Landschaft dieselbe ufs fleissigste
in schukligster Treue verlesen und mit ihren Landesverfassungen und
Instructionen gehorsamst überleget und möchten von Grund ihres Herzen
■wünschen, dass sie dieselbe also, wie sie ausgegeben ohne einige Er-
innerung annehmen und E. Ch. D. deswegen im geringsten nicht weiter
anflehen noch flehen noch belästigen dörfen, zumalen ihnen gar wohl
wissend, dass sie dessen in ihren Herzen versichert, dass E. Ch. D. als
ein christlicher, hochlöblicher Potentat keine andere Intention führen
können, als bei erhaltenem supremo et directo dominio der getreuen
Stände bei ihren Freiheiten und Gerechtigkeiten in kurfürstlichen Gnaden
zu erhalten. Weil aber diese Handlung über dem Interesse des Landes
vornemblich die liebe Posterität afficiret und in der ausgegebenen Asse-
curation und Confirmation theils einige Essentialia ausgelassen, theils
auch denselben eingefüget, welche denen Landesfreiheiten nicht wenig de-
rogiren und ihnen das Recht, welches sie unter dem supremo dominio
König]. Majestät und Krön Polen und E. Ch. D. hochlöbliche Regierung
vermöge den Pacten genossen und sich zu erfreuen gehabt, in unter-
schiedenen Stücken sehr beschränket und zweifelhaftig angeföhret worden.
Als hielten es die Stände nach ihrer unterthänigsten Pflicht und Treue
zwar vor das Rathsamste, auch vor den allerbesten Grund, worauf E.
1) Vom 5. Sept. (pr. 11. Okt.) 1662 (s. o. S. 237 ff.), mit dem Zusätze vom 23. Nov.
(pr. 2. Dec.) 1662 (s. o. S. 289 f.).
-) Die Ueberschrift der Vorlage trägt den Zusatz „welche E. E. L. der kurf. Asse-
curation und Confirmation, so den 2. Dec. extradiret, gnädigst beizufügen, in aller
Demutb bittet".
3) Vorangegangen waren Sonderbedenken des Herrenstaudes, der Ritterschaft und
der Städte (pr. 5., 6., 11. Dec. 1662).
300 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Ch. D. dero kurfürstliche Nachkommen nach aller christlichen Potentaten
Exempel, den Thron ihrer höchsten obrigkeitlichen Gewalt festsetzen und
dero arme Unterthanen, wie auch die späte Posterität mit desto freu-
digerem Gemüthe hinführo sich verbindlich machen könnten, wann E.
Ch. D. gnädigst geruhen wollten, den methodum der Landtages-Handlungen,
welche E. E. Landschaft bei Annehmung des supremi dominii unterthä-
nigst fürgeschlagen, in kurfürstlicher Hulde beizubehalten, dass nemblich
E. E. Landschaft vorhero ihrer vorigten Eide, durch gewisse autoritate
comitiali deputirte Commissarios uf öffentlichem Landtage entbunden
in Abhelfung ihrer übrigen gravamiuum gnädigst erhöret und denn, wenn
Solches geschehen und sie in ihre Freiheiten wiedereingesetzet, mit der
demüthigst projectirten Assecuration gnädigst versichert werden möchten.
Weil es aber E. Ch. D. gnädigst gefället, von der Assecuration den
Anfang zu machen und bereits im Werk begriffen sein, den gravaminibus
abhelfliche Mass zu geben, auch mit dero Anherokunft der königlichen
Commissarien E. E. Landschaft gnädigst vertröstet und den Ständen unter-
thänigst gebühren will, E. Ch. D. ratione modi, welchen dieselbe zur
Vereinigung vor den bequemsten erwählten, sich demüthigst zu submit-
tiren, also haben die Stände in unterthänigstem Vertrauen zu dero kur-
fürstlichen Hulde und Clemenz E. Ch. D. folgende unterthänigste Er-
innerungen gehorsamst zu übergeben und in tiefster Demuth zu bitten
nöthig erachtet, E. Ch. D. geruhen gnädigst, diese wohlgemeinte Er-
innerungen, welche dero kurfürstlichen Hoheit und erhaltenem supremo
domiuio im Geringsten nicht derogiren, sondern unfehlbar und wahrhaftig
zu dero kurfürstlichen Nachkommen beständigem Ufwachs, hohen Ruhm
und Bestätigung des bochnöthigen guten Vernehmens zwischen der löb-
lichen hohen Herrschaft und dero getreuen Unterthanen gereichet, in
kurfürstlicher Hulde und Gnade geruhen zu halten und dero unterthä-
nigste Stände durch gnädigste Erhörung ihrer demüthigsten Bitte zu
erfreuen.
In assecuratione
bei Lit. A erinnern die Stände demüthigst, E. Ch. D. wollen gnädigst
geruhen, anstatt der Worte „sondern bei dergleichen" etc. die formulam
zu behalten, wie sie dieselbe allbereit in der ausgegebenen Assecuration
vom 11. October ao. 62 gebrauchet, da sie gnädigst versprochen, dass
der Stände Rath, Guttachten und Einwilligung bei allen Handlungen, so
den Zustand dieses Herzogthumbs Preussens betreffen, erfordert werden
soll, es sei die Noth so gross, wie sie wolle, damit also die Stände ge-
Raul der Stünde. Polnische Kommissarien u. Eidesentlassnng. 301
sichert sein mögen, dass ihr Rath und Einwilligung nicht allein bei der-
gleichen Fällen, sondern auch bei allen landaugehenden, wichtigen Sachen
gemäss dem § causis statum Prussiae concernentibus in act.: et decret:
de ao. 1609 nicht ausgeschlossen werden solle.
B bitten die Stände, unterthänigst beizufügen, dass, ehe die Stände
Sr. Ch. D. den neuen Eid leisten, sie vorhero von denen autoritate comi-
tiali von königlicher Majestät und der Krön darzu verordneten Commissa-
rien ihrer vorigen Eide und Pflichte bei öffentlichem Landtage allhie
legitime entbunden werden sollen.
1) Weil sonsten vielen aufrichtigen Gewissen horror prioris juramenti
im Wege stehen dörfte.
2) Weil sonsten in casu devolutionis und künftigen Zeiten leichtlich
zu ihrem höchstem Nachtheil vorgerücket werden könnte, dass sie sich
von der Krön Polen abgegeben, ehe sie ihrer Eide rechtmässig erlassen
worden.
3) Weil es nach Inhalt dieser Landes- Verfassungen ein essentiale
relaxationis und aller Veränderungen, dass dieselben durch Reichs-Com-
missarien uf allgemeinen Landtage den Ständen intimiret werden müssen,
wenn sich das Land davon abgeben und uf diplomata sehen sollte, hätten
die Stände sich in casu devolutionis gefährlicher Veränderungen ohne ihr
Vorwissen zu besorgen.
C bitten unterthänigst, klärlich beizufügen, dass S. Ch. D. dero er-
haltenes supremum et directum dominum, nachdem es cum utili con-
solidiret, nicht gemeinet anders zu gebrauchen, als wie es Ihre König-
liche Majestät und die Krön Polen bishero rechtmässig gebrauchet, viel
weiniger dasselbige in praejudicium der Landes-Freiheiten uf einigerlei
Art und Weise zu extendiren.
Hergegen bitten sie unterthänigst, die angemasste jura des Ordens,
welche mit ihrem hochbeschwerlichen dominio längst verloschen und ab-
geleget, in dieser gnädigsten Assecuration auszulassen, denn weil das
supremum dominium dieser Lande, so lang es bei Königlicher Majestät
und der Krou Polen gestanden, an gewisse pacta und leges fundamen-
tales verbunden gewesen, welche nicht überschritten werden können und
E. Ch. D. doch wahrhaftig nicht anders gemeinet, als dieses Land ebenso
wohl nach seinen Verfassungen und Gerechtigkeiten zu regiren, so ist
ja viel besser, dass Solches allhie deutlich erkläret und angezeuget werde,
damit nicht zu grossem Nachtheil hierüber zwischen den Nachkommen
Irrung und Misshelligkeit vorgehen möge.
302 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Lit. D ist zu bitten bei den Worten: „Nach Inhalt der Augsp." hin-
zuzuthun „ungeänderten", und dass die formula coucordiae, als welche von
der lutherischen preussischen Kirchen einhellig angenommen, von Ch. D.
Selbsten auch in instructione visitationis ecclesiae ao, 41 einverleibet,
mit benennet werden möge.
E dass der § in parenthesi „jedoch, dass solches Alles gegen uns
und unser Religion" gänzlich ausgelassen oder allein auf das exercitium
reformatae religionis bei Sr. Ch. D. Hoffstadt, wie dasselbe in dero An-
wesenheit bishero allhie gebrauchet worden sine praejudicio restringiret
werden möge,
F bitten die Stände demüthigst, diese Worte auszulassen: „auf un-
sern Befehl und deroselben gethanen wohlfundirten Bericht." Denn wie
die Stände wohl begriffen, dass die hochehrbaren Oberräthe nicht befugt,
von dero kurfürstlichen Domänen etwas zu vergeben oder wegzuschenken,
so tragen sie andrerseits das Vertrauen, E. Ch. D. werden dasjenige, wo-
rüber die hochehrbaren Oberräthe, als dero beeidigte vornehmste Räthe
und Diener contrahiret, oder was dieselbe an Consens in Lehn-, Magde-
burgischen und Cöllmischen Güttern, welche in gewissen Fällen nach In-
halt der Landesverfassungen nicht verweigert werden können, und sousten
in dero hohem Namen verschrieben, gemäss der Regim.-Notul und De-
creten ao. 1609 gnädigst genehm zu halten geruhen, dann sonsten würde
Niemand mit denselben contrahiren dörfen, weil ein privatus nie wissen
kann, ob sie deswegen einen wohlfundirten Bericht gethan. Ist also
wohl billig hierin ein Unterscheid zu machen, worumb E. E. Landschaft
gehorsamst bittet.
G wird demüthigst gebeten, diese Worte auszulassen: „Mit unsern
Ständen aufgerichtet."
H ist unterthänigst zu erinnern, dass S. Ch. D. ohne Rath und Ein-
willigung dero getreuer Stände sich wegen dieses Herzogthums Preussen
in keinen Krieg einlassen, kein Verbündnüss aufrichten, kein Kriegsvolk
im Lande werben lassen noch frembdes in's Land führen wollen, auch
keine neue Zolle anlegen, sondern alle offensive und defensive Kriege,
so oft es die Noth erfordert, mit gutem Rath und Einwilligung ihrer
unterthänigsten Stände anstellen und vornehmen wolle, auch dass durch
die 1500 Mann (welche S. Ch. D. vermöge den Wehlauschen Pacten der
Königlichen Majestät und der Krön Polen zur Assistenz vorheissen) noch
durch andere Kriegsvölker die Stände mit Werbung, Einquartierung oder
Verpflegung nicht belästiget werden mögen.
Kirchliches. Domänen. Kriegs- und Steuerbewilligung. Verschiedenes. 303
Weil E. E. Landschaft des Obigen durch den Recess de ao. 1666
und durch die kurfürstliche Assecuration de ao. 1633 hiebevor ver-
sichert und durch das Letztere die Condition der privilegirten Stände
ohn ihre Schuld und Einwilligung nicht deterioriret werden können.
1 bitten die Stände demüthigst, dass ihnen der Landtags- Recess,
darin vom judicio parium curiae dispouiret werden solle, vorhero com-
municiret und mit ihnen überlegt werden möge; bitten aber gehorsamst,
dasselbe Judicium ex indigenis, nach Inhalt der Landesverfassungen, in-
sonderheit der Acten und Decreten de ao. 1609 und umb besserer Wich-
tigkeit willen projectirter Massen anzustellen.
K bitten und erinnern die Stände unterthänigst, dass mit denen vor-
nehmen Bedienten, welche ex special! beneficio zu Dignitäten erhoben
und als privileglrte nicht ad nutum amovibiles sind, wann sie de mala
administratione oder sousten verdächtig, nach Landes Rechten und nach
Lihalt des responsi de ao, 1617 verfahren und dieselben, so untüchtig in
Gnaden erlassen werden mögen.
L bitten die Stände alle 2 oder 3 Jahr umb stata tempora der
Landtage.
M bitten in unterthänigster Demuth, dass uf solchen Fall, wenn
E. E. Landschaft in künftigen Zeiten über alles Verhoffen bei ihren Frei-
heiten nicht gelassen werden sollte, die Versicherung nach dem Entwurf
der Assecuration § werden aber wir und unsere Erben gnädigst hinzu-
gesetzet werden mögen.
N bitten die Stände unterthänigst, E, Ch. D. geruhen nicht allein
vor ihre Person in Gnaden darin zu condescendiren, sondern auch dero
kurfürstliche Nachkommen in dieser Assecuration zu verbinden, dass, ehe
sie die Regierung antreten, sie die jura und privilegia dieses Landes
nach der Art und Weise wie Ihre Königliche Majestät in Polen, als
supremus dominus hiebevor gethan, mit ihrem Eide zu bestätigen, ihnen
gnädigst gefallen lassen mögen.
Also haben die Könige in Polen zu jeder Zeit gethan; es ist auch
kein hoher Potentat in der Christenheit (der keinen Oberherren erkennet),
welcher nicht die privilegia seiner Lande mit dem Eide bestätiget und
ist gnug, dass die Wehlauschen pacta allein beschworn worden, weil
darin die clausula, quantum non derogant supremo dominio, alle Zeit einer
güttlichen Auslegung bedarf und würde kräftiglich folgen, wenn die Weh-
lauschen pacta aufhören und der casus devolutionis (da Gott vor sei)
sich zutragen sollte, dass der König eben wohl die jura ducatus nicht
304 11- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
würde beschwören wollen, weil Er vermöge den Wehlauschen Pacten
nur angelobet, dieses Land in dem Stande zu lassen, wie er es in casu
devolutionis finden würde.
Lit. 0 erinnern die Stände demüthigst, dass die Worte „und im
Üebrigen den Wehlauschen pactis, als welchen" als zweifelhaftig aus-
gelassen werden mögen, weil die privilegia des Landes dem supremo
dominio, wie dasselbe bei K. M. und der Krön Polen per certa pacta
limitiret gewesen, nicht derogiren, sondern gar wohl bei einander stehen
können.
Nun haben die Stände E. Ch. D. erlangtes supremum dominium mit
unterthänigster Submission agnosciret und sich demselben demüthigt unter-
geben dergestalt, dass ihre gravamina abgethan und sie bei allen und
jeden Freiheiten und Gerechtigkeiten in Religion- und Profan-Sachen
unter E. Ch. D. hochlöblichen Regierung so wohl können geschützet und
erhalten werden mögen, als sie unter dem supremo dominio Königlicher
Majestät und der Krön Polen bishero sind erhalten und geschützet wor-
den; insonderheit, dass durch gnädigste Vollentziehung der unterthänigst
entworfenen Assecuration dasjenige, was in pactis Welaviensibus dunkel
und zweifelhaftig in praejudicium der Landes-Freiheiten angeführet, aus
kurfürstlicher Huld und Gnade zu der Nachkommen Sicherheit erkläret
und befestiget werden möge.
Bei der General-Confirmation der Privilegien, wann vorhero die
unterthänigst gesuchte abolitio gravamiuum ausgegeben sein wird, haben
die Stände E. Ch. D. diese 2 folgende Stücke unterthänigst zu erinnern.
1) Dass die Worte: „Und solcher Versicherung zuwider unser jus
supremae potestatis circa sacra nicht zu extendiren", ausgelassen werden
möchten, weiln dieselbe in folgenden Zeiten leicht einen Missverstand
veranlassen.
2) Dass der § „Jedoch wollen wir durch diese unsere General- und
gemeine Confirmation" ausgelassen oder dergestalt limitiret werde, dass die
Clausula „quantum non derogant" auf die privilegia des Landes weiter nicht,
als ferne sie das supremum dominium an K. Majestät und die Krön Polen
verweisen, welches nunmehro die Welllauschen pacta gehoben, extendiret
werden sollte, und dass die Stände sich nunmehro derselben Gerechtigkeit,
Schutz und Handhabung, so sie hiebevor bei Königlicher Majestät und
der Krön Polen genossen, bei Sr. Ch. D. unfehlbar zu getrösten haben.
Diese unterthänigste Bitte und Erinnerung legen die Stände in tiefster
Demuth zu dero kurfürstlichen Füssen und seind in schuldigster Treu ge-
Aenderuug an der Confirmation; Antrag und Antwort. 305
liorsamst bereit, wenn E. Ch, D. über diese unterthänigen Erinnerungen
noch einigen Zweifel haben möchten, dieselben nach Inhalt der Landes-
verfassungen weiter und klärlich zu deduciren, gestalt sie sich in tiefster
Demuth, dero kurfürstlichen Hulde ergeben und in schuldigster Treu be-
ständig verbleibend E. Ch. D. unterthänigst-gehorsarae gesarambte Stände
dero Herzogthums Preussen.
Kurfürstliche Declaration. Dat. Königsberg 15. December,
praes. 16. December 1662.
Kön. 668 II. — R. 6. RR. 2.
[Antwort auf die Erinnerungen der Stände in Sachen der Assecuration
und der confirmatio privilegiorum'): Beantwortung ihrer Ausstellungen und
Wünsche in allen einzelnen Punkten.]
Gleichwie S. Ch. D. . . . alle dero consilia und actiones zum wieder- 1662.
kommenden Wachsthum und Besten dero Herzogthums Preussen richten ' ^^'
und anwenden und dabei nicht nur mit Worten, sondern in der That
vielfältig beweisen, wie willig und geneigt sie sein, Einer E. Landschaft
und allen Ständen in allen billig möglichen anständigen Dingen und
Desiderien gnädigst und landesväterlich Satisfaction widerfahren zu
lassen, an ihrem höchsten Orte auch nicht das Geringste ermangleten, was
zu Erlangung eines solchen Zwecks nur immer thunlich befunden und
E. E. Landschaft dessen allen in ihrem Herzen und Gewissen zur Gnüge
versichert ist und von höchstgedachter Sr. Ch. D., als ihrem nunmehro
in das 23ste Jahr gewesenen regierenden lieben Landesfürsten und Vater
keine andere Opinion und Meinung haben sollen und können, also hätten
Sie sich woll keines andern versehen, denn dass E. E. Landschaft diejenige
Assecuration und Confirmation, welche im Namen höchstgedachter Sr.
Ch. D. unter dem Dato vom 23. Nov. a. c. denselben den 2. dieses aus-
gereichet worden, mit unterthänigstem Dank ohne fernere Erinnerung würde
gelassen haben, indem beede Stände dergestalt eingerichtet, dass sie als
getreue, gehorsame Unterthanen und welche zu ihrer höchsten landes-
fürstlichen Obrigkeit ein rechtschaffenes Vertrauen führen, in terminis
der Unterthänigkeit verbleiben und mit der höchsten Herrschaft in denen
juribus maiestatis et superioritatis und desselben exercitio zu con-
>) Praes. 12. Dec. 1662 (s. o. S. 299 tf.).
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVl. 20
306 ir. Der grosse Landtag von 1661 bis 16G3.
curriren, nicht ambiren oder begehren, dadurch übermässig assecuriret
und ihrer zustehenden Privilegien halber stattlich und bei kurfürstlichem
Glauben und Treue versichert.
Nachdem aber höchstgedachte S. Ch. D. aus der unter dem Namen
gesambte Stände am vergangenen 13. unterthänigst eingereichten Schrift
wider dero Vermuthen selbst gesehen und gelesen, dass dennoch E. E.
Landschaft auch bei vorgedachter aufrichtiger und landesfürstlicher
und väterlicher Intention abgefassete und extradirte Assecuration und
Confirmation Eines und des Ändern unterthänigst erinnert, und Sr. Ch.
D. Meinung bei theils Punkten so eben nicht recht eingenommen der-
gestalt aber je mehr und mehr Gelegenheit gegeben wird, die nunmehro
zu des Landes und getreuer Unterthanen höchstem Schaden und Ver-
derb und höchstgemelter Sr. Ch. D. grossesten Nachtheil, Verdruss
und Beschwer so lang continuirte aufrichtbare Landtagshandlung auch
weiter hinauszuziehen und das Werk von Zeit zu Zeit zu des Landes
besorglicher, mehrerer Ungelegenheit zu trainiren, darumb so können sie
nicht vorbei, kraft tragenden, höchsten landesfürstlichen Ambts, auch
ganz väterlicher Liebe und Zuneigung E. E. Landschaft von allen Ständen
hiemit nochmals ganz gnädigst und wollmeinend zu erinnern und zu er-
mahnen, dass sie doch durch unnöthiges Skrupuliren oder andere In-
compatibilitäten ihnen selbst und ihrem Landesherrn das Werk nicht
länger schwer, sauer und verdriesslich machen, sondern vielmehr höchst-
gedachter Sr. Ch. D. fürstliche, lobliche und christliche Intention, Liebe
und Affection mit einem rechtschaffenen, untertliänigsten Vertrauen und
reciproken, ungefärbten Liebe bei gutter Zeit urabfangen, auf solche Weise
das Regierungs-Band und ihre .Sicherheit verknüpfen und über sich und
das ganze Land des Allerhöchsten Gnade, Beistand und Segen werden
ziehen und bringen helfen.
Und obwoll S. Ch. D. dahero grosse und hohe Ursach hätten, in diesem
Stücke alln weiteren und mehreren unnöthigen Verzug abzuschneiden,
so wollen sie doch, wie schon bei währenden, diesen beschwerlichen
Laudtagshandlungen zu unterschiedenen Malen in der That erwiesen,
auch für dieses Mal aus angeborner, sonderbarer Patience und Sanfmuth
sich überwinden und noch ferner auch hierinnen männiglich bezeugen
und kundthun, wie Ihro die Conservation dero getreuer Unterthanen das
Vornehmste sei und wie geneigt, gnädigst und real sie gegen dieselbe
bewiesen, eines löblichen Regentens Ambt obliegen und gebührend gegen
Gott und dero anvertrauete Unterthanen mehr denn gewöhnlich beobachten,
Antwort auf die Wünsche der Stände. 307
wie ein güttiger Vater mit seinen Kinde umbgehen und darauf sich zu
ganz väterlicher und endlicher Abhelfung des puncti assecurationis und
absonderlichen Gnaden auf der Stände geschehene unterthänigste Erinne-
rung folgender Gestalt herauslassen und erklären.
A. Soviel nun der Stände erste Erinnerung belanget, wollen S. Ch.
1). es der Stände unterthänigsten Bitte nach bei denjenigen Worten und
Formalien bewenden lassen, wie dieselbe in diesem Punkt in dem den
11. Okt. a. c. extradirten Exemplar der Assecuration deutlich und klärlicli
zu finden.
B. Die andere Erinnerung bei Lit. B betreffend, da mögen S. Ch. D.
eigentlich begreifen, wohin die Stände mit ihren dabei angeführten drei
Ursachen zielen, und obgleich dagegen Neues von den Andern mit
Bestände und Grunde gutt anzuziehen, so halten sie doch Solches nicht
nöthig. Es sind die Sachen an sich selbst und die Formalien, deren
sich S. Ch. 1). gebrauchen, theils in der von Einer E. Landschaft projec-
tirten und den 16. November des verflossenen 1661 ten Jahres zu Bar-
tenstein iibergebenen Assecuration, theils sonsten erhalten.
Dieweiln auch in den Wehlauschen pactis zu Sr. Ch. D. gnädigsten
Belieben gestellet, die Commissarien, wann es Ihr gefallen würde, zu
fordern, über das Einer E. Landschaft von S. K. M. und der Krön Polen
iiu-er Eide zur Gnüge erlassen, so wird nicht viel daran gelegen sein,
ob solche Commissarii vor oder nach geendigten Landtage begehret
werden. Es finden auch S. Ch. D. in den vorigen actis und was die
Stände, daraus wegen der Relaxation des juramenti und dass solche
nothwendig durch commissarios zu verrichten gar nicht, sondern vielmehr
in casu satis notabili gerade das Widerspielen; es werden sich doch
S. Ch. D. hierunter dergestalt gnädigst finden lassen, dass kraft der zuletzt
ausgestelleten Assecuration die Commissarien autoritate comitiali zu rechter
Zeit kommen und dasjenige, was über die bereits geschehenen Relaxation
noch übrig, vollends zum Effect bringen.
Bei Lit. C haben S. Ch. D. des Ordens nothwendig gedenken müssen,
weiln sich die Stände selbst ihrer Privilegien halber auf den Orden be-
rufen und bezogen, S. Ch. D. dessen bei dem vorgewesenen vasallagio
albereit gnugsam berechtiget gewesen, die Stände sich auch nach An-
weisung ihrer Erinnerung keines dessen zu befahren, weiln S. Ch. D. in
dero gnädigst ausgestelleten Assecuration von keinem abusu, sondern
von rechtmässiger Gewalt reden und dieselbe anders nicht verstehen.
Und damit E. E. Landschaft diese Sr. Ch. D. gnädigste Intention noch
20*
30f^ IT- T)er grosse Landtag von 1661 bis 1G63.
mehr in der That verspüren und sehen mögen, so wollen sie in dero
Assecuration, welche den 2. hujus E. E. Landschaft zugestellet, nach
den Worten: „Nunmehro nebst denen herzoglichen auch des Ordens, die
königlichen und der Republique jura competiren" und kraft dieses nach-
folgende Worte hinzugethan haben: „derer wir uns auch nicht anders
gebrauchen wollen, als wie sich derselben der Orden, der König und die
Republique gebrauchet oder legitimo ipsis competente jure gebrauchen
können."
Wann es bei Lit, D die Stände nicht vergnüget, dass gesetzet worden
bei der Augspurgschen Confession, welche Kaiser Carolo dem Fünften zu
Augspurg im Jahr 1530 übergeben, so lassen es S. Ch. D. dahin gestellet
sein, ob die Stände eine andere Augsburgsche Confession wissen, weiln
höchstgedachter Sr. Ch. D. keine andere bekannt, auch, soviel sie sich
erinnern, in denen preussischen actis publicis von keiner anderen etwas
zu finden. Die also genannte formula concordiae ist in keinen vorigen
Assecurationen und coufirmationibus zu finden, von der ganzen luthe-
rischen Kirche niemals einhellig angenommen und agnosciret, vielmehr
von einigen derselben vornehmen Gliedern recusiret, hat bei denen
Evangelischen wenig Nutzen und christliche Liebe gewürket, und hat
derjenige, deme Gottes Willen nachzuleben und wahre Gottesfurcht
zu üben ein rechter Ernst ist, sich woll nach keiner anderen Richt-
schnur mehr als nach Gottes Wort und der Bibel umbzusehen und zu
richten.
Die von denen Ständen angeführete Instruction zur Kirchen -Visi-
tation de ao. 1641 kann gedachte forraulam concordiae nicht symbo-
lisiren, weiln, wie denen Ständen selbst zur Gnüge wissend, solches nur
ein blosses Project, niemals von Sr. Ch. D. approbiret und vollenzogen,
vielweniger von derselben herkommen, dahero dann diejenigen, von wel-
chen diese einzige Erinnerung herkommbt, irren, und Sr. Ch. D. Unrecht
beimessen, als wann die also genannte fornoula concordiae von der-
selben selbst der vermeinten und niemals ad perfectionem gebrachten
Instruction einverleibet worden.
E.) S. Ch. D. hätten sich allhier vielmehr einer unterthänigsten Dank-
sagung als einer solchen Erinnerung versehen, dann indem testantibus
actis E. E. Landschaft noch niemals der also genannten lutherischen
Religion halber so vollkommlich versichert, wie es jetzo durch S. Ch. D.
und durch dero Vermittlung bei der Krön Polen geschiehet, S. Ch. D.
auch denen Ständen gar nicht verdenken, dass sie ihr Gewissen in Reli-
Die Zusätze der Stände zu der Assecuration. 309
gionssachen frei und ungezwungen zu behalten suchen, also werden sie
sich aus der Regul unseres gemeinen Heilandes Jesu Christi beschei-
den, dass sie auch eben sowenig Sr. Ch. D. als ihres Landesherrn und
derselben Glaubens-Genossen Gewissen zu constringiren suchen oder be-
gehren sollen, dahero sie dann die Clausul, welche in der Assecuration
in parenthesi stehet „wider dero christliches Gewissen verwinden, die
Stände dann auch derselben nichts zuzumuthen" nicht auslassen können;
sie wiederholen aber die in der Assecuration E. E. Landschaft wegen
der lutherischen Religion gegebene Versicherung hiemit nochmals und
bezeugen gegen die Stände ihre landesfürstliche Assecuration zur Gniige,
wann sie die lutherische Religion und alle und jede, welche dabei zu
bleiben begehren, ungeirret lassen, in dem exercitio, Kirchen, Schulen,
Ceremonien, Hospitalien, Renten und was sonsten mehr dazu gehöret, nun
und nimmermehr vor sich und ihre Nachkommen E. E. Landschaft hindern
oder Jemand davon dringen und zwingen oder sie sonsten verfolgen oder
verfolgen lassen.
Das corpus doctrinae lassen S. Ch. D. an seinen Ort gestellet, erin-
nern doch dabei E. E. Landschaft ganz gnädigst, dass sich dieselben auf
dergleichen angezogene Approbation eben so sehr nicht zu berufen, und
dass sie die rechte Versicherung der lutherischen Religion und derselben
unbeschränkten exercitii woil einzig allein Sr. Ch. D. zu danken, dero
Meinung dann in der extradirten Assecuration dahin ganz und gar nicht
gehet, sambt wollten sie verbieten, dass die rationes aus dem corpore
doctrinae wider die Schriften oder Lehrpunkten der Reformirten nicht
sollten angezogen werden; dann wünschen und begehren sie, dass, wann
Jemand aus der hl. Bibel und Worte Gottes etwas wider die reformirten
Lehrpunkten mit Grunde nehmen kann, derselbe in Gottes Namen dawider
anführe.
Warum sollten sie sich für Sünder, particular Menschen-fundamentis
zu scheuen oder zu fürchten haben? Es ist aber Sr. Ch. D. gnädigster
Wille dieses, dass ein Jedweder von Gottes Ehre und seinem offenbarten
Worte mit Furcht und Zittern rede, und aus denen theologischen Fragen
zum höchsten Aergernus, zumal der einfältige Christ, kein Gezänk mache
und dabei sich aller Bitterkeit und Schmäheworte enthalte, weil der hei-
lige Geist daran kein Gefallen tragen und dadurch betrübet wird.
F.) S. Ch. I). mögen bei dieser Erinnerung nicht sehen, dass von der-
selben E. E. Landschaft discrepant; dann wie es an sich selbsten wahr,
dass Dienern ohne ihres Herrn Vorwissen und in dessen Namen nichts
310 II- Der grosse Landtag von 16G1 bis 16G3.
vergeben oder verschenken, vielweniger auf allen Fall weiter als auf
Ratification des Herrn contrahiren und handeln können, also hat es auch
mit denen Oberräthen keine andere Beschaffenheit.
Es haben sich auch dieselben eines Mehrern nicht anzumaassen, als
was vermöge ihren Bestallungen und Instructionen ihnen als treuverpflich-
teten Dienern zustehet, dahero dann alle ihre Handlungen darunter zu-
gleich die causae gratiae mitbegriffen werden, vorhero nothwendig einen
wolfundirten und wahrhaften Bericht und Sr. Ch. I). gnädigsten Special-
Befehl erfordern, andere Contracte aber nicht weiter als bis auf Sr. Cli.
D. gnädigste Ratification gültig sein können, auf welche und keine an-
dere Weise dann auch ein jeder privatus erst recht gesichert ist und
hat es im Uebrigen mit den Lehnen, welche nach Inhalt der Landes-
verfassungen ohne der gnädigsten Herrschaft und der Lehnschaft Prae-
judiz hinwiederumb verliehen worden, sein guttes und beständiges Be-
wenden.
G.) Weiln S. Ch, D. in der extradirten Assecuration gnugsame speciale
Versicherungen von sich gegeben und derselben sonst keine andere Lan-
desverfassungen bekannt sind, als welche mit denen Ständen aufgerichtet,
so haben sie diese Worte aus solcher und keiner anderen Intention hin-
eingesetzet.
H.) S. Ch. D. gestehen bei dieser Erinnerung gar gerne, dass sie ihren
vorigen Zustand und Gelegenheit verbessern, dero getreuen Unterthanen
aber nicht verschlimmern wollen, und demnach der König und die Re-
publique auch ohne dergleichen solenne Pacten die derselben zustehende
jura, zumalen an S. Ch. D., als ohne das dem ordentlich regierenden Lan-
desfiirsten übertragen können, ein Mehrers auch, als dem Könige und
der Republique zugestanden, nicht übergeben, noch von Sr. Ch. D. be-
gehret worden, und jetzo von dem Zustande und Befugniss, welche dem
Könige und der Republique vor diesem, und nunmehro Sr. Ch. D. zugleich
gebühren und zustehen, geredet wird und wohin sich nicht alles, was in
vorigen actis zu finden, ziehen lasset, danebenst denen Ständen allerseits
des hochlöblichen Markgrafen und Kurfürsten zu Brandenburg sanfmüthiges,
gerechtes und friedliebendes Herz und Gemüthe nunmehro von mehr dann
100 Jahren hero bekannt, auch als getreue und gehorsame Unterthanen
ihres höchsten Landesherrn Respect zu touchiren nicht begehren werden,
so werden sie sich auch mit der von Sr. Ch. D. ihnen in diesem Stück
gegebenen gnädigsten Versicherung völlig vergnügen lassen.
Wegen der 1500 Mann aber haben sie keine Sorge zu tragen, weil
Die Zusätze der Stände zu der Assecuration. 311
es ohne das darauf stehet, dass S. Ch. D. sich mit dem Könige und der
Krön Polen darüber auf eine andere, annehmlichere Weise vergleichen
möchten.
I.) Die Erinnerung wegen Communication des Landtags-Recesses ist
billig; es haben auch S. Ch. D. keine andere Meinung gehabt, und soll
alsdann auch der modus constituendorum parium mit denen Ständen com-
municiret und festgestellet werden.
K.) Obwoll dieser Punkt in der Assecuration Sr. Ch. D. Ermessen
nach deutlich gesetzet, so habe es doch das Ansehen, als wann derselbe
von den Ständen nicht recht eingenommen. Sr. Ch. D. eigentliche Mei-
nung ist diese, dass sie auch nicht des geringsten Menschen, vielvveniger
die, welche von Sr. Ch. D. zu hohen Aembtern befordert, aus blossem
Verdacht und Angeben, ihres Dienstes zu entsetzen und Ungnade auf sie
zu werfen gedenken, sondern dass sie diejenige, welche zu Chargen be-
fordert und zu denselben untüchtig befunden worden, darumb mit keinen
Ungnaden, sondern mit Gnaden erlassen werden.
L.) So viel die Ausschreiben der Landtage betrifft, da ist desfalls
woll die Nothdurft in der Assecuration zur Gnüge zu befinden, dieweil
S. Ch. D. sich dahin gnädigst erkläret, dass sie, so oft es die Nothdurft
des Landes erfordern möchte, auch ohne unterthänigste Erinnerung E.
E. Landschaft darzu willig und geneigt wären.
Damit aber auch E. E. Landschaft dieser höchstgedachten Sr. Ch. D.
beständigen Intention noch mehr vergewissert werde, so sind sie gnädigst
zufrieden und lassen geschehen, dass dero preussische Regierung mit Zu-
ziehung des kleinen consilii alle 6 Jahre zusammenkommen, die Sache woll
überlegen und solches Sr. Ch. D. nebst dero uuterthänigsten unmassgeblichen
Bedenken gehorsamst berichten, darauf dann S. Ch. D., wann sie nicht
durch einige rechtschaffene Ehehaften verhindert werden, jedesmal einen
Landtag ausschreiben und wegen Restringirung der Landtage der Stände
unvorgreifliche, unterthänigste Meinung bei gegenwärtig annoch währenden
Landtagshandlungen erwarten wollen.
Was die übrige respective unterthänigste Begehren und Erinnerungen
betrifft, so sind es zum Theil unerhörete, ungewöhnliche Dinge, auch
denen bei gewesenen vasallagio passirten actis zuwider und giebt dadurch
E. E. Landschaft fast so viel zu verstehen, als wann sie in Sr. Ch. D.
ihren nunmehro in das 23ste Jahr gewesenen, regierenden Landesherrn
und Sr. Ch. D. annoch unerzogenen, jungen, unschuldigen, kurfürstlichen
Prinzen einiges Misstrauen stelleten, womit [sie] S. Ch. D. billig verschonen
312 II- I^er grosse Landtag vou 1661 bis 1663.
sollen, gestalt sich dann S. Ch. D. dazu auch weder vor sich, noch dero
Nachkommen verstehen können noch werden.
Die Clausul, quantum non derogant etc. ist keine neue, hat auch nicht
ihren Ursprung und Anfang nun allererst in denen Welauschen pactis
bekommen und genommen, sondern sie ist von Seiten des Königs und
Krön Polen ganz gebräuchlich und in vorigen actis nicht ein, sondern
zu verschiedenen Malen mit eben solchen und noch weit importantern und
pugnantioribus formalibus zu befinden.
Dannenhero dann auch E. E. Landschaft keine Ursache gehabt, sich
hierinnen aufzuhalten und davon eine Erinnerung zu machen, zumalen sie
nicht allein in der Assecuration, sondern auch hierinnen in dieser re-
spectiven Resolution und Declaration noch mehr versichert worden.
Womit dann auch diejenige Erinnerungen, welche bei der Confir-
mation geschehen, ihre gutte Abfertigung haben, fiirnehmlich weil auch
nunmehro von E. E. Landschaft woll erkannt werden wird, dass die
Clausul de non extendenda summa potestate circa sacra nicht zu ihrem
Nachtheil eingeriicket worden.
Und dieses ist, was Sr. Ch. D. zu Brandenburg zu noch meh-
rerer breiterer Bezeugung dero ohne das zur Gnüge kund gemachten
landesväterlichen Liebe E. E. Landschaft auf dero unterthänigst einge-
reichte gehorsamste Erinnerungen zur gnädigsten Resolution und Decla-
ration zu ertheilen gnädigst anbefohlen.
Und weiln nun damit ihnen in diesem puncto assecurationis et con-
firmationis privilegiorum, welche bei kurfürstlicher Würde, Treu und
Glauben geschehen, nunmehro so viel Satisfaction gegeben worden, als
sie immer mehr desideriren können, also werden sie nunmehro dabei
völlig aquiesciren, die extradirte Assecuration mit dieser Declaration ohne
weitere Instanz und Erinnerung lassen, in S. Ch. D. nicht weiter dringen
und nunmehro in Gottes Namen zu Abhelfung der gravaminum schreiten,
dabei sich dann S. Ch. D. auch so gnädigst und güttigst finden lassen
werden, dass E. E. Landschaft dero gegen sie gnädigst aflfectionirtes kur-
fürstliches Herz und Gemüth noch weiter zu verspüren und würklich zu
empfinden , womit höchstgedachte S. Ch. D. E. E. Landschaft von allen
Ständen und allen dero getreuen Unterthanen einen glücklichen Beschluss
des alten und gesegneten Eintritt in das nunmehro iustehende neue Jahr
und danebenst als ihr gnädigster hohester Landesfürst von Grund des
Herzens wünschen, dass der Allerhöchste Herrschaft und Unterthanen in
guttem Friede und Ruhe erhalten, den durch das leidige Kriegeswesen
Die Confirmation. Die Oberräthe darüber. 313
eilittenoü Abgang mit seinem vollkommenen, reichen Segen ersetzen, das
respective gnädigste und uuterthänigste Vertrauen recht fest verknüpfen,
alle Diffidenz aus den Herzen herausreissen, die noch übrige Landtags-
handhmgen ferner zu Sr. Ch. D. und des Landes Besten ausschlagen
lassen, das Land für Krieg, ansteckenden Seuchen und Krankheiten, Miss-
wachs und anderen Plagen gnädiglich bewahren und Herrschaft und Un-
terthanen bei gutter Gesundheit und langen Leben, mit demjenigem er-
freuen und beseeligen wolle, was sie hier und dort vergnügen und zu-
frieden stellen kann. Li der festen Hoffnung, dass der Allerhöchste den
Wunsch [sich] werde belieben lassen, verbleiben S. Ch. D. E. E. Landschaft
von allen Ständen und einem Jeden derselben absonderlich mit allen kur-
fürstlichen Gnaden und Hulden stets woll beigethan . . .
Denkscliiift der Oberräthe^). Praes. 14. December 1662.
Uiigezeichnete Ausfertigung. R. 6. RR. 2.
[Ueber die Einwendungen der Stände^) gegen die Assecuration.]
Ad lit. A. Weilen die Stände^) vielleicht in der Meinung, dass das 1G62.
Wort „dergleichen" zu einiger Zeit möchte zu einer restrictiva gedeutet
werden wollen, wird es in Sr. Ch. D. gnädigstem Belieben ruhen, ob alle
solche Beisorge den Ständen zu benehmen, dasselbe Wort auszuthun.
Ad lit. B. In den pactis Welaviensibus ist es zu Sr. Ch, D. gnä-
digstem Belieben ausgesetzet, wenn es deroselben gnädigst gefallen würde,
die commissarios zu erfordern, und ist nicht daran gelegen, ob selbte
vor oder nach geendigtem Landtage kommen, weilen die Relaxation
doch bereit geschehen. Bei der Veränderung zu Herrn Markgraff Albrechten
Zeiten, findet man gar keine Nachricht von polnischen Commissarien, dass
sie sofort nach dem geschlossenen pace perpetua umb der Veränderung
willen ins Land kommen wären. Unterdessen seind die Stände dennoch
versichert, dass sie, die polnische commissarii, kommen werden.
0 Die Ueberscbrift des Originals lautet „Unterthänigstes und unvorgreifliches Be-
denken uf der Stände Erinnerungen circa formulam assecurationis", mit dem Registra-
tur-Zusatz: „Den 14. Dec. 1662 ist dieses Bedenken Sr. Cb. D. von dero preussischen
Oberräthen im geheimen Rath unterthänigst übergeben worden."
-) Bedenken praes. 12. Dec. 1662 (s. o. S. 299 ff.).
^) Schon einige Zeit zuvor hatte der Kurfürst die Hilfe der Oberräthe bei Ab-
fassung der Assecuration in Anspruch genommen, sie hatten ein Projekt entworfen,
das dann von Jena korrigirt wurde (vom 27. Nov. 1662).
314 11. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Ad lit. C. Wie sich die Stände uf ihre privilegia, so vom Orden
herrühren, berufen, also stehet Sr. Ch. D. auch zu, uf des Ordens jura
sich zu beziehen und hätten die Stände zwischen den juribus und usibus
jurium, dann denen abusibus, den Unterscheid zu attendiren.
Dannenhero denn die jura ihnen nicht schädlich sein können und
stehet bei Sr. Ch. D., ob Sie gnädigst geruhete, solches uf der Stände
unterthänigstes Bitten was deutlicher zu erklären.
Ad lit. D. Die Hinzuthuung des epitheti unverändert, dürfte Sr. Ch.
D. nicht bedenklichen fallen.
Wegen der formulae concordiae ist in vorigen Confirmatiouen nichts
exprinairet, selbe ist auch nicht gleich der Augspurgischen Confession zu
extendiren, weilen sie an vielen lutherischen Orten nicht angenommen
worden.
Die Instruction zur Kirchenvisitation de anno 1641 kann sie auch
nicht symbolisiren, weilen es nurt ein Entwurf, der nicht volenzogen,
weniger ins Werk gesetzet worden.
Ad lit. E. Wenn Sr. Ch. D. nicht gefallen wollte, den § Jedoch,
auszulassen, ob derselben nicht gefallen möchte, selbten dennoch allhier
uf einen Vergleich und etwa in den Landtagsrecess remissive, zu mehrer
Erklärung zu weisen.
Ad lit. F. S. Ch. D. haben sich desfalls uf dero Oberräthe Bestal-
lungen zu fundiren; und die Oberräthe haben sich auch nicht ein meh-
rers anzumassen, als was in gewissen Bestallungen und Instructionen
treue verpflichteten Dienern zustehet, dahero in Concessionen, die uf einige
Liberalität anlaufen, Sr. Ch. D. Befehl und woU fundirter Bericht billig
erfordert werden. Die Contracte aber werden uf Ch, D. Ratification, aus
welcher dieselbe ihr robur nehmen müssen, gestellet.
Ad lit. G. Scheinet nichts zu importiren, weilen diese neue Ver-
fassung nicht ohne, nur mit dem Respect uf Polen, den vorigen entgegen
seind, in deme die jetzige Verfassung, die pacta, decreta, Recesse, re-
sponsa und welches eigentlich die vorige Verfassung seind, confirmiret.
Ad lit. H. Da sich die Stände uf den Recess und die Landtage
auch responsa mit Grunde zu beziehen haben, wird zu Sr. Ch. D. gnä-
digsten Erklärung gestellet, ob sie diesen Punkt hier was bereiter ab-
fassen oder auch im Landtages Recess mehr ausführlicher machen wollen.
Der 1500 Mann halber, wollte hier in der Assecuration nicht con-
venienter gedacht werden, würde auch bequemer in dem Recess ausge-
führet werden können.
Die Oberräthe über Confirmation und Assecuration. 315
Ad lit. I. Wegen des iudicii parium wären die Stände in pacem
perpetuam zu weisen, woselbst König!. Majestät in gewissen Fällen vor-
behalten e suis consiliariis zu ihrem Theil die iudices zu wählen. So
auch Sr. Ch. D. izo zu gnädigstem Belieben stehen und gebühren wollte,
ihres Gefallens die Hälfte auch ausser den indigenis zu benennen.
Ad. lit. K. Weilen S. Ch. D. wider Recht und Billigkeit Niemand
zu beschweren gemeinet, würde es auch deroselben gnädigst gefallen
praevia cognitione allemahl verfahren zu lassen. Es wollte aber auch
hier in der Assecuration nicht conveniens materiae sedes sein, sondern
in abolitionem gravaminum oder den Landtags Recess gehören, jedoch
solch ein Fall von dem processo ordiuario ganz zu eximiren sein.
Ad lit L. Von den statis temporibus haben Sr. Ch. D. die Herren Ober-
räthe bereit ihre unvorgreifliche gehorsamste Gedanken hievon unterthänigst
eröffnet und selbte uf, mehrere Jahre und gewisse gradus restriugiret.
Ad lit. M. Dieser Clausul, weil an andern Remedien bei Sr. Ch.
D. und zu jederzeit bei dero Nachkömmlingen nicht zu zweifeln, können
die Oberräthe nicht beipflichten.
Ad lit. N. Die Eidesleistung der kurfürstlichen Successoren ist aus
den actis et decretis de ao. 1609 den Ständen unschwer zu benehmen,
und mögen sich darauf die Stände nicht obstiniren, es wäre dann, dass
so ein casus zu besorgen käme, dass durch einige Behindernuss auch die
pacta Welaviensia etwa nicht beschworen werden sollten.
Ad lit. 0. Mögen die Oberräthe nichts Zweifelhaftiges sehen, wenn
die Clausul conventioni huic non derogautibus nurt gültigst erkläret wird,
wie denn S. Ch. D. dieselbe in den Recess zu bringen gnädigst sich ge-
fallen lassen werden.
In der Confirmation
Ad No. 1. Jus summae potestatis circa sacra nicht zu extendiren,
wird pro clausula salutari erachtet; wie selbe den Ständen gefährlich
scheinen könne, mögen die Oberräthe nicht absehen, besonders wenn es
uf die kurfürstlichen Successoren auch gerichtet würde.
Ad No. 2. Zu Erklärung der Clausul „quantum non derogant", ob
Sr. Ch. D gnädigst gefiele es dahin zu stellen, dass alles dasjenige, was
in den privilegiis, pactis, recessis, responsis und Verfassung die Stände
an die Könige und Krön Polen hierbevor gewiesen, durch die Welau-
ischen pacta aber ufgehoben, und die Stände nunmehro an S. Ch. D.
hingegen gewiesen sein sollen.
316 II- D^r grosse Laudtag von 1661 bis 1663.
Bittschrift der Stände an den Kurfürsten. Praes. 19. De-
cember 1662.
R. 6. RR. 2. — Kön. 668 II.
[Replik auf die Beantwortung der ständischen Zusatz-Vorschlilge zu Assecuiation und
Conti imation.]
1662. Es beklaget E. E. Landschaft von allen Ständen zum höchsten, dass
■ ^*^' sie mit ihrem vielfältigem, unterthänigstem Gesuch E. Ch. D. ') so oft
beschwerlich fallen muss. Sie hat sich aber auch dabei zugleich zu er-
freuen, dass E. Ch. D. dennoch sie mit sonderbarer landesväterlicher Ge-
lindigkeit hören und nicht allein deroselbeu unterthänigste Erinnerungen,
welche sie uf E. Ch. D. den 2. Dezember ausgegebene gnädigste Asse-
curation und Confirmation den 13. ejusdem, unterthänigst überreichet,
in landesväterlicher Hulde an sich nehmen und ihre gnädigste Erklärung
darauf den 16. desselben ihnen wiederumb zufertigen: Sondern auch in
einem und anderen Punkt sich in etwas näher gnädigst auslassen wollen.
Es nimbt E. E. Landschaft Gott, ihr Gewissen, die offenbare pacta
und Fundamental Verfassung, ja die ganze unparteiische ufrichtige ^Velt
zu Zeugen, dass sie in ihrer projectirten Assecuration Sr. Ch. I). nicht
das geringste zugemuthet, wordurch deroselben Hoheit und acquirirtes
supremum dominium könnte benachtheiliget werden. Gott soll sie auch
in Ewigkeit dafür behütten, dass sie sich deroselben wider besser Wissen
und Gewissen opponiren sollte.
Alles, was sie geredet und geschrieben, ist den pactis, welche E.
Ch. D. und die Könige von Polen jederzeit dafür gehalten, und mit E.
Ch. D. supremo dominio in ganz keiner Incompatibilität stehen, gemäss:
Darzu haben sie ihre, sowoll natürliche und Erb- als Ambts-Eide ver-
bimden; das sind sie auch allemal, so oft es von ihnen gefordert werden
sollte, unterthänigst zu behaubten und darzuthun erbötig. Dannenhero
sie, umb so viel desto mehr, ihren unglückseeligsten Zustand bejammern,
wenn sie sehen, hören und lesen müssen, dass von ihrer ungefärbten
Ufrichtigkeit und Treue, solche ungleiche Impression E. Ch. D. an sich
selbst allergütigsten Natur gemacht werden. Wenn zu grossem Nach-
theil ihrer Unschuld, öffentlich von ihnen geschrieben wird, dass sie die
^) Die Aufschrift der Vorlage lautet: „Unterthänigste Bittschrift, welche occasione
der Kurfürstl. Erklärung auf ihre ausgegebene Assecuration und Confirmation d. d.
16. Dec. 1662 (s. o. S. 305 ff.) in Unterthänigkeit Sr. Ch. D. die gesambten Stände ein-
reichen."
Versicherung loyaler Gesinnung. Aufrechterhaltung einzelner Punkte. 317
gebührenden terminos der Unter thänigkeit überschreiten, einige Concur-
rence in denen ihr allein competirenden iuribus majestatis ambiren;
oder auch übermässige Asseciirität suchen, dass sie die Landtagshand-
luug und die Ruhe ihres Vaterlandes vorsätzlich trainiren, unnöthig
scrupuliren und das höchst nöthige unterthänigste Vertrauen und reci-
proque ungefärbte Liebe, zwischen Herrn und Unterthanen ufheben.
Da doch sie in der Wahrheit in ihren Herzen nicht anders als lauter
submisse Gedanken und Worte, für die Sicherheit ihrer Rechten, die E.
Ch. D. zu erhalten so oft und viel, so schrift- als mündlich versprochen
und zugesaget haben und einen ufrichtigen und beständigen Eifer für
das Band der Einigkeit, zwischen ihrer gnädigsten Herrschaft und dero
Unterthanen führen.
Dass aber der höchste Gott dieses Verständnuss, vielleicht aus ge-
rechtem Zorn gegen unser Verbrechen noch zurückehält, das ist allein
die Ursach, dass wir in denen noch übrigen Stücken der Assecuration
nicht erhöret werden mögen.
Es ist zwar an dem, dass Unterthanen ihrer von Gott vorgesetzten
Obrigkeit mit unterthänigstem Respect zuvorkommen und ihre Gnad und
Gültigkeit durch Gehorsamb veranlassen sollen, und wenn dieses nicht
allbereit geschehen wäre, so würde E. E. Landschaft solches annoch mit
allem unterthäuigsten Willen thun, und so viel immer ohne Verlust
ihres Rechtens geschehen mag, E. Ch. D. gehorsambst sich bequemen:
Weil aber die bisherige weitläufige Landtags acta zur Gnüge bezeugen,
wie weit Sie von ihrem ersten Bedenken, E. Ch. D. Hulde und Gnade
zu gewinnen, ab, und in aller Devotion deroselben entgegen gangen
sind, und nunmehr erst die projectirte Assecuration, als uf den Auszug
ihrer Freiiieiten, sich ziehen muss; von derselben aber diejenigen puncta,
welche noch uuabgethan sind, das Fundament unserer Freiheiten, näm-
lich die Sicherheit concerniren, indem fürs erste litera B. E. Ch. D.
1. B. E. E. Landschaft unterthänigste Erinnerung bei der künftigen
Eidesentbindung nicht attendiren.
2. Lit. C. Die exspirirten iura des Ordens an sich behalten.
3. Lit. D. Die formulam concordiae pro libro symbolico nicht an-
nehmen.
4. Lit. E. Die clausulam, „jedoch dass solches" aus dem Punkt von
der Religion nicht auslassen, noch wie solche die Land-Stände zu limi-
tiren gebeten, belieben.
5. Lit. F. Der Oberräthe Ambt nur bloss uf ihre Bestallungen
318 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
und privat instructiones, nicht aber uf die Regiments Notul und andere
Fundamental Gesetze fundiren, auch ihre ausgegebene Contracte ohne
Ratification für ungültig halten.
6. Sub. Lit. H. Der freien Gewalt in hello defensivo sich nicht
begeben, noch wegen der 1500 Mann die Stände sattsamb desinteressiren.
7. Lit. L. Die stata tempora der Landtage so stringiren, dass keine
Gewissheit darauf zu nehmen, auch dass kleine consilium, welches zu
allen Zeiten in allen arduis zusammen kommen kann, uf 6jährige Zeit
aussetzen.
8. Lit. M. N. 0. Das Jurament, pactum, commissarium und die
Elucidation der Clausul „quantum non derogant" gänzlich ausschlagen,
und versagen.
Also kann nunmehro E. E. Landschaft darum, dass die potestas
agendi unter den Ständen ganz ungleich, indem die Landräthe uf Eid
und Gewissen, die Deputirten von der Ritterschaft und kleinen Städte
uf instructiones sich referiren müssen, zur weitern gründlichen Antwort
uf diese E. Ch. D. Erklärung [sich] nicht auslassen, sondern muss unterthä-
nigst und demüthigst bitten, dass, weiln das Weihnachtfest herannahet,
und die Landtagshandlungen ohne das ihre Ferien nehmen müssen, E.
Ch. D. geruhen in Gnade die Assecuration und versprochene Abolition
gravaminum, sowie dieselbe pro ultima von E. Ch. D. gewilliget werden
kann, E. E. Landschaft noch für den Rest herauszugeben und die gnä-
digste Verordnung zu thun, dass zugleich die Deputirten, so woll von
der uf die Assecuration als die Abolition gravaminum ausgegebene
kurfürstliche Resolution, in den Aembtern völlige Relation thun, über
denen Punkten, welche sowoll in der Assecuration als in abolitioue
gravaminum, secundum petita nicht angenommen, völlige instructiones
einziehen und darauf in certo termino, ohne einiger Deputirten Ausbleiben,
zu Reassumirung des Landtages erscheinen, insonderheit, dass die kleinen
Städte ihre Abgefertigten unteilbar und bei nachgehender Straffe abzu-
schicken angehalten werden mögen, damit, wenn das geschehen, E. E.
Landschaft ohne andern Hintei-zug weiter verfahren, und so viel sie
ihres wenigen Orts vermögen, E. Ch. D. und des Landes Interesse zu
gewünschtem Ende befordern möge.
Wie nun E. E. Landschaft nicht zweifeln, E. Ch. D. werden die Be-
schaifenheit der Sachen nach dero wollgegründeten W'issenschaft von die-
ses Landes Gebräuchen erwägen und sich hierunter als des allerbequemsten
Mittels, endlich das Ende zu erreichen, gnädigst begreifen, also sind sie
Nene Zusatz- Vorschläge der Stände. 319
auch einer gnädigsten Erhöruug gewärtig, und verbleiben nach herzlichem
Wunsch, dass E. Ch. D. und dero kurfürstliches Haus dieses ausgehende
Jahr mit Gesundheit schliessen und das neue angehende mit allem selbst-
erwünschlichen beständigem Wollstande, glücklicher Regierung, auch
zeitlichem und ewigem Wollergehen eintreten möge.
Erklärung der drei Städte an die Oberräthe^). Praes. 4. Ja-
nuar 1663.
R. 6. SS. — Kön. 668 III.
[Antwort auf die Mahnung, nunmehr etwas zu bewilligen. Bewilligung eines Sub-
sidiums von 300000 Thlrn. Clausein: noch zu bestimmender P^rhebungsmodus, Erle-
digung der Gravamina, Verwendung zur Domänen-Einlösung nicht für die Armee.]
Was im hohen Namen I. Ch. D. E. E. Herrl. die nächstabgewichene 1663.
Woche an die erforderte und damals anwesende Deputirte der Erb. Räthe ""
der dreien Städte Königsberg gebracht, werden sie sich hochgeneigt zu
erinnern geruhen, welche Proposition in nachfolgendem bestanden. Als
dass I. Ch. D. die Städte Königsberg erinnern Hessen, welcher Gestalt
die beiden Oberstände, nachdeme sie I. Ch. D. das supremum et directum
dominium verwilliget, deroselbigen auch ein gewisses subsidium und
dasselbe durch eine durchgehende Accise zusammen zu tragen eingegan-
gen, selbige auch folgends balde zu Werke gerichtet und im Lande ein-
nehmen lassen. Weil aber die Städte Königsberg damals in puncto su-
premi dominii discrepant gewesen, als hätten sie auch deswegen zu keiner
x4-ccise sich verstehen wollen. Nach dem Mal aber sie jetzt und wegen des
ersten Punkts mit den andern Ständen einig und dadurch auch die Ursach
ihres dissensus wegen der Accise aufgehoben, als wäre I. Cli. I). gnä-
digstes Ansinnen und Begehren an die Städte Königsberg, die Accise
ehistes Tages in der Stadt zu Werk zu richten und gleichwie in dem
0 Der Originaltitel des Stückes (Copie, der Erklärung der drei Städte vom Mon.
Jan. [=Jan. 1663] beigelegt) lautet: „Die den 4. .Jan. 1663 durch der Räthe, Gerichte
und Gemeinden der dreien Städte Königsberg in der Oberrathstube eingebrachte Er-
klärung auf die von den Herren Oherräthen vorhero den 28. Dec. [1662] an sie ge-
thane Proposition."
-) Ueber des Kurfürsten Stimmung den Ständen gegenüber nach Weihnachten
und nach Neujahr vergl. seine vertraulichen Schreiben an Schwerin vom 26. Dec. 1662
und 4. Jan. 1663 (ürk. und Actenst. IX S. 845 und 846 f.).
320 II- T)er grosse Landtag von IGGl bis 1663.
Lande geschieliet, einnehmen zu lassen und solches umb so viel desto
eher, weil die Städte Königsberg durch Verweigerung der Accise und
Tergiversation allbereit I. Ch. D. in grossen Schaden von etzlichen Tonnen
Goldes, in ihren Domänen, in welchen sie die Miliz, die sonsten durch
die Accise hätte sollen verpfleget werden, unterhalten müssen, verursachet
hätten. Wie dann I. Ch. D. auch nicht vermuthete, dass sie noch einige
Weitläuftigkeit und Schwierigkeit deswegen zu machen gedenken wür-
den, weil ihnen auch allbereit ein Project der Accis-Einnahme, dadurch
Handel und Wandel nicht beschweret werden mögte, übergeben und sie
selbes auch angenommen haben sollten; auch albereit genugsamb über-
führet wären, dass die meisten Zünfte (ausser den Mälzenbräuern und
noch einer andern Zünfte) nebenst allen Gewerken auf die Accise incli-
nireten und solches I. Ch. D. hohen Person selbst hinterbracht.
Auf welches, wie die damals anwesende Deputirten sich zu resol-
viren, keinesweges gemächtiget, als haben sie solches an die Ihrigen
nehmen müssen und fideliter hinterbracht, worauf die Erb. Räthe folgendes
Tages denen Gerichten und Gemeinden solches vortragen lassen, welche
solches an ihre Hinterbliebene genommen und gestriges Tages ihre Er-
klärung in folgender Meinung einbracht.
Es wüssten die Städte Königsberg sich wohl zu erinnern, wie dann
auch die öffentlichen Landtagshandlungen solches bezeugten, welcher
Gestalt die andern beeden Stände das supremum et directum dominium
L Ch. D. verwilliget, in den Städten Königsberg aber die beiden Gerichte
als Kneiphoff und Löbnicht, wie auch alle Zünfte und Gewerke aus er-
heblichen und in den Landtagesacten befindlichen Ursachen in dem
puncto supremi et directi dominii discrepant gewest und darinnen zu
gänzlicher Einigkeit nicht gelangen können. Die Stände sämbtlich fort-
geschritten und über der Assecuration der Privilegiorum und Abolition
der gravaminum consultiret und dann allerletzt wegen des subsidii Hand-
lung gepflogen. Da dann zwar die andern beide Stände I. Ch. D. ein
gewisses subsidium unterthänigst verwilliget und zu dessen Zusammen-
tragung eine Accise eingegangen ; welche weil sie die Städte Königsberg
ihnen höchst praejudicirlich und beschwerlich befunden, aus wichtigen
daselbst angeführten Ursachen nicht haben eingehen können, sondern
derselben allewege constanter contradiciret. Doch L Ch. D. ihre unterthä-
nigste Pflicht gleich den andern Ständen zu erweisen, haben deroselben
sie, wann sie wegen ihrer Privilegien versichert und von ihren erklagten
gravaminibus befreiet würden, mit einem subsidio von 300000 Thlr.
Städtische Willigung unter mehreren Vorbehalten. 321
unterthänigst unter die Arme zu greifen und solches durch das bequembste
IMittel, das sie unter ihnen erfinden könnten, in gewisser Zeit zusammen
zu bringen und abzutragen versprochen, weswegen sie sich auf die Land-
tagsacta wollen gezogen haben. Dahero dann die Städte Königsberg nicht
absehen können, wie sie eben deswegen, weil sie in [puncto] supremi et
directi dominii mit den Ständen sich conformiret und geeiniget, auch die
von ihnen allezeit widersprocheue Accise einzugehen, könnten gehalten
werden, sondern leben vielmehr des unterthänigsten Vertrauens, dass
I. Ch. D. vorerst sie ihrer Privilegien versichern und die gravamina
aboliren, indessen aber in sie wegen der hochbeschwerlichen Accise nicht
dringen werde, wie sie dann auch dero gnädigsten Anblick darinnen
verspüret, dass sie bei dero Anwesenheit in dero Mühlen bishero frei
und ohne Accise haben mahlen lassen. Indessen sind die Städte Königs-
berg wie vor deme, also auch noch des unterthänigsten Erbietens ihr
gewilligtes subsidium der 300000 Thlr. I. Ch. D,, sobald oberwähnte puncta
darüber eben jetzo fleissig gearbeitet wird, zu völliger Richtigkeit gebracht
sein werden, durch einen modum, den sie unter sich erwählen wollen,
versprochener Maassen willigst einzusamblen und abzutragen. Dass aber
ferner den Städten Königsberg will beigeleget werden, als hätten I. Ch.
I). selbige durch Verweigerung der Accise in so grossen Schaden gebracht,
in dero Domänen, in welchen sie die Miliz (so durch die Accise hätte
verpfleget werden) erhalten müssen, dessen befinden sie sich gar unschul-
dig, angemerkt sie sich nicht verbündig gemachet, durch das gewilligte
subsidium die kurfürstliche Miliz zu unterhalten, sondern erinnern sich
vielmehr, dass das auf jetzigem Landtage von allen Ständen gewilligte
subsidium nicht die Miliz zu unterhalten, sondern I. Ch. D. verpfändete
Domänen einzulösen und zu befreien, destiniret; wie dann auch die
Landstände in ihrem Bedenken die Defension des Landes betreftend,
diesem Lande schädlich und unerträglich erwiesen, dass zu dessen De-
fension geworbene Völker mit grossen Unkosten sollten gehalten werden,
sondern viel zuträglicher zu sein erachtet, die Landesdefension, wie vor-
deme, also auch folgends durch Laudesiusassen zu bestellen. Wird
also den Städten Königsberg die Schuld einiges verursachten Schadens,
wegen der Verpflegung der Miliz, die sie nimmer versprochen, nicht kön-
nen beigemessen werden. Wie sie dann auch nicht wissen, dass sie
einige Einrichtung der Accise sollten angenommen und darinn verwilliget
haben, sondern haben vielmehr derselben constanter contradiciret. Gleicher
Gestalt auch Niemanden von den Zünften und Gewerken sich dazu ver-
Mater, z. Ge^cb. d. G. Kiirfürstpii. XVI. 21
322 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
stehen will, dass sie jemalen den Ihrigen mitgegeben haben sollten, in
die Accise zu verwilligen. Sollte es Jemand privatim und absque man-
dato gethan haben, kann solches den andern nicht präjudicirlich oder
schädlich sein.
Solches, wie E. E. Herl, die Städte Königsberg zu ihrer Nothdurft
einbringen müssen, also bitten E. E. Herl. sie unterdienstlich, selbiges
nicht ungeneigt aufzunehmen, sondern bei I. Ch. D. an ihrem hochver-
mögenden Orte beforderlich zu sein, dass sie ehest wegen ihrer Freiheit
gnugsamb versichert und in ihren gravaminibus erhöret werden mögten,
damit sie alsdann wegen des versprochenen subsidii und des modi colli-
gendi sich mit den Ihrigen zusammenthun und I. Ch. D. unterthänigste
Satisfaction leisten könnten.
Indessen aber wegen der hochbeschwerlicheu Accise in sie nicht
gedrungen werden mögte ').
Bittschrift der drei Städte Königsberg an den Kurfürsten^),
Praes. 6. Januar 1663.
R. 6. SS. — Kön. 668 III.
[Aufiechterhaltung ihrer Unterwerfung. Bitte um Erledigung der Gravamiua und Er-
theilung der Assecuration.]
1663. Es kann E. Ch. D. unserm gnädigsten Landes- und Stadt -Vatter
■ °" nimmermehr so glücklich und woll ergehen, [sie] wir dero jederzeit ge-
treue ünterthanen wünschen zu diesen angehenden neuen Jahre es dero-
selben noch immer besser und flehen den allerhöchsten Gott herzeiferigst
an, dass er E. Ch. D. mit seiner Gnade von oben herab mildiglich besee-
ligen wolle, damit sie dies neue und viel nachgehende Jahre in ruhigem
Zustande, beständiger Leibesgesundheit und verlangter Zufriedenheit
dero Land und Leute nach des höchsten Gottes Willen und Wohlgefallen
glücklich und wohl regieren möge. Wir müssen aber hiebei von Grund
^) Am Schluss findet sich folgender Zusatz: „Die Deputirten so damals zugegen
gewest, sind folgende: Herr Hans Jacob Lock, Herr Reinhold Polstein, Herr Daniel
Klein, aus der Erb. Räthe Mittel; Herr Johann Langerfeldt, Herr Samuel Bürte, aus
der Erb. Gerichte Mittel; Christian Henning, Fridrich Grube, Daniel Flotwell, von
Mälzenbräuern; Georg Lang, von den Gewerken."
-) Die Originalaufschrift, in dorso, lautet: „Demüthigste Erklärung und Bittschrift,
Bürgermeister, Räthe, Gerichte, Zünften und ganzen Gemeinden der drei Städte Kö-
nigsberg." — Das Präsentatum findet sich nur Kön. 668 JH.
Keine Accise. Beständigkeit der Konigsberger. Bitte um Assecuration etc. 323
unserer Seelen beklagen, dass eben zum Anfang dieses Jahres, da wir
allen bisherigen Missverstand mit dem alten Jahre wegen des erhaltenen
directi et supremi dominii hingelegt zu sein vermeinet, selbiger von
Neuem, Gott sei unser Zeuge, ohne einzige unsere Schuld und Gedanken
wieder rege gemacht und unsere Deputirten heutiges Tages von E. Ch.
I). selbst eigenen hohen Person hat vorgehalten werden wollen, was sie
vor Leute wären, die dasjenige, was sie einmal wohlbedächtig ausgebracht,
retractiren und umbstossen wollten. Wie uns nun dieses herzkränkend
von vorgemelten unsern Deputirten ist hinterbracht worden, haben wir
nicht umbhin gekonnt, solchen ungütlichen Verdacht, welcher uns nimmer-
mehr in den Sinn oder Gedanken gestiegen, von uns ufs Beste abzulegen
und E. Ch. D. ufs Neue dessen, was wir einmal wohlbedächtig des Punkts
des supremi et directi dominii halber uns laut den Landtagsacten er-
kläret, unterthänigst zu versichern und damit E. Ch. D. rechten wahrhaften
gründlichen Bericht von alle deme [erhalten], was in vorigen Tagen bei
denen Herren Oberräthen negotiiret, von denenselben in E. Ch, D. hohem
Namen an uns gebracht und wir daruf gestriges Tages pro resolutione
nostra hochgemelten Herreu Oberräthen wieder zukommen lassen, haben
wir solches in die Feder fassen lassen und E. Ch. D. hiemit in Unter-
thänigkeit sub A überreichen wollen, daraus hoffentlich E. Ch. D. nicht
mit einem Buchstaben befinden werden, dass wir unser Wort zurück-
ziehen und dasjenige, wessen wir uns einmal unterthänigst erkläret,
wieder umbstossen wollen, sondern wie wir, sonderlich die Gerichte
Kneiphoff und Löbnicht nebenst der ganzen gemeinen Bürgerschaft, dieses
jetzo rege gemachten Punkts halber gegeust E. Ch. D. sowohl münd-
lich als schriftlich, auch gegenst eine ganze ehrbare Landschaft uns
erkläret und es von Herrn Barthel Michel Gerichtsverwandten der Stadt
Kneiphof, als welcher damalen das W^ort geführet, an uns gebracht, also
legen wir solches hiemit nochmalen sub B. u. C. zu E. Ch. D. Füssen,
wollen dabei gänzlich verbleiben und nicht im Geringsten davon ab-
weichen. Bitten derowegen um Gottes Willen, es wollten E. Ch. D. nicht
nur allen uns kränkenden Verdacht hinlegen und fahren lassen, sondern
mit Abhelfung unserer gravaminum und Ausgebung der von denen ge-
sammbten Land-Ständen projectirten Assecuration laut dero jüngsten
übergebenen demütigsten Bittschrift diesem langwierigen Landtage seine
Endschaft gnädigst geben und daruf in Ch. Gnaden sich versichert hal-
ten, dass wegen Beitreibung des versprochenen subsidii gegenst E. Ch.
D. wir uns in unterthänigstem Gehorsamb dergestalt bezeigen werden,
21*
324 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
dass E. Ch. D. clarob ein gnädiges Wollgefallen schöpfen und nimmer-
mehr anders erfahren werden, als dass wir seind und verbleiben wollen
etc. etc.
Erklärung der gesaramten Stände^) an die Oberräthe. Praes.
31. Januar') 1663.
Kön. 669 III und 668 III.
[Antwort auf die Duplik des Kurfürsten in Sachen der Assecuration. Neue Aende-
rungsvorschläge, darunter: Polnische Kommissare, polnische Assecuration in casum
devolutionis, staatsrechtlich-historische Deduction über Polens Recht, kirchliche Be-
kenntnissschriften, übergangene Privilegien, Kirchenrecht der Lutherischen und Ka-
tholiken.]
1663. Es erfreuet sich E. E. Landschaft von allen Ständen zum Höchsten,
dass E. E. H. Hl. in Betrachtung ihres hohen Ambts die schweren und
weitläuftigen Handlungen, welche die Zeithero zwischen I. Ch. D. unserm
gnädigsten Landesfürsten und Herrn und E. Erb. Landschaft in puncto asse-
curationis privilegiorum gefiihret worden, unternehmen und einen dritten
Entwurf jüngst verflossenen 15. Januarii den anwesenden Ständen zu wei-
terer ihrer Erklärung ausgeben wollen^). Wiewohl nun das Project wel-
31. Jan.
') Der Originaltitel lautet: „E. Ehrbaren Landschaft von allen Ständen höchst-
nöthige Erinnerungen, auf das von denen Herren Ober- und Regiments-Räthen den
15. Januar] 1663 extradirte Project kurfürstliche Assecuration, übergeben den 30. Ja-
nuarii 1663."
2) Dieses Datum nach Kön. 668 III.
^) Dieser dritte Entwurf unterscheidet sich von dem ersten (d. d. 15. Sept., publ.
Königsberg 11. Oct. 1662, s. o. S. 237if.) iu folgenden Stücken. Alinea 2 (in der
Vorlage findet sich diese Numerierung nicht) lautet: „Wir wollen auch aus landes-
väterlicher Gnade und Liebe gegen unsere treugehorsame Stände dieselbe hiemit ver-
sichern, dass gewisse commissarii, welche, von I. K. M. autoritate comitiali darzu ver-
ordnet, zu der Zeit, wenn sie, unsere Stände, uns den neuen Erbeid ablegen werden,
sich allhier in unser Herzogthum einfinden, dasjenige, was allbereit über die Relaxa-
tion a juramento noch übrig, vollends [folgends?] zum Effect bringen, daneben von
denenselbigen das Eventualjuramentum empfangen, sie auch dabei kräftiglich assecu-
rieren" und nun weiter wie o. S. 239. — In Alinea 3 steht statt der Worte „nach-
dem es nunmehro mit dem utili consolidieret ist" bis „oder geschehen können" fol-
gender Passus: „wider des Landes Besten und dessen wohlhergebrachten Freiheiten
zu extendieren, solchem nach intendieren wir ein Mehrers nicht, denn dass uns, nach-
dem das utile cum directo dominio consolidiret und uns das supremum dominium zu-
stehet, nunmehro nebenst denen herzoglichen und des Ordens, auch die königlichen
und der Republik jura competieren, deren wir uns denn auch nicht anders gebrauchen
wollen, als wie sich derselben der König und die respublica nach Inhalt der Pacten,
welche zwischen dem König, der Republik und uns und dann auch bei der zwischen
Neue ständische Vorschläge zur Assecuration. 325
ches E. E. Landschaft den 16. November 1661 demüthigst denen da-
maligen Herren plenipotentariis in Bartenstein überreichet, so gestellet,
unseren Vorfahren und uns selbst mit unsern preussischen Ständen abgehandelten
Verfassungen gebraucht oder legitimo ipsis competente jure gebrauchen können." Der
Anfang von Alinea 4, der sich an diese Worte sogleich anschiiesst, lautet: „Wir ge-
loben und versprechen auch Solches und darauf als der natürliche Erb- und Über-
herr" u. s. w. wie 0. S. 239. — Zu Beginn von Alinea 5 heisst es nach „angezogen
werde" folgendermassen: „W^ir wollen aber, soviel die Reformierten betrifft, eine
solche gnädigste Moderation besage dem jetzigen Landtags-Recess wirklich bezeugen,
dass daraus unsere getreue Stände noch mehr zu verspüren haben sollen, wie wir die
ihnen hierinnen gegebene Versicherungen wegen der lutherischen Religion denen
Worten nach fürstlich und ehrlich verstehen und derselben Unterdrückung durch die
Reformierte keineswegs suchen." Der Satz „soviel aber der Widerlagen" bis „ver-
boten sein", ist ausgefallen. Die Fortsetzung „sie auch bei allen löblichen" u. s. w.
ganz wie o. S. 239 f. — In Alinea 5 gegen Schluss (S. 240) ist nach den Worten
„ohne einige Exception schützen und erhalten wollen" eingeschoben: „und hat es im
üebrigen mit denen Lehnen, welche nach Inhalt der Landesverfassungen, ohne der
gnädigsten Herrschaft und Lehnschaft Präjudiz hinwiederumb von denen Herrn Ober-
räthen verliehen worden, sein guttes und beständiges Bewenden." — Nach Schluss
von Alinea 6 folgt der erst in dem zweiten Entwurf (d. d. 23. Nov., praes. 2. Dec.
1662, s. 0. S. 289 f.) eingeschobene Zusatz von „Wir wollen" (S. 289 u.) bis „vorhero
ihren getreuen Einrath vernommen und sie darin gewilliget" (S. 290 u.), und dann
heisst es weiter: „gestalt sie dann wegen der Krön Polen versprochenen Hülfe der
1500 Mann keine Sorge zu spüren [?J, weil es ohne dem darauf stehet, dass wir uns
mit dem Könige und der Krön Polen darüber auf eine andere annehmliche Weise ver-
gleichen möchten". Es folgt der Schlusssatz (S. 290u.): „damit also" bis „stabilieret
werde" und darauf Alinea 7 (o. S. 240) „Weiter geloben wir" u. s. w. Der Schluss
von Alinea 7 lautet abweichend: „ohne einige Vergewaltigung verfahren und die In-
stantien nicht confundiret werden." Am Schluss von Alinea 9 findet sich der Zusatz:
„gestalt wir denn auch die Verordnung machen wollen, dass in rebus judicatis bei
allen Gerichten gehörige Execution geschehe, die Justiz nicht retardiret und, wer da-
wider handeln wird, gebührlich gestrafft werde." Dann ist nach Alinea 9 folgender
Abschnitt eingeschoben: „Und demnach ein jedweder fleissiger Privat-Hauswirth seine
Oekonomie zu seinem selbst eigenem Besten und Nutzen bestellet und nach seinem
Belieben die darzu benöthigte Diener annimbt und abschaffet, also haben und behalten
wir auch den festen und hochnöthigen Fürsatz, unser durch allerhand Unordnung
guten Theils zerfallenes Kammer- und ökonomisches Wesen, so viel noch zur Zeit
möglich, hinwiederumb zu redressiren, die fleissigen und getreuen Haushalter und Be-
ambte beizubehalten, mit denen andern aber zu Verhütung unsers und des Landes
grössern Schaden und Nachtheil, ja gänzlichen Ruin und Zerrüttung unserer Domänen
nach deme einem jeden privato und also auch vielmehr uns zustehenden Rechte und
Befugnüs zu verfahren, dabei wir doch die Meinung gar nicht haben, sambt wollten
wir auch nur den geringsten Menschen, viel weniger die, welche von uns zu Ehren-
Aembtern befordert, aus blossem Verdacht und Angaben ihres Dienstes entsetzen und
Ungnade auf sie werfen, sondern wir wollen wider diejenige auf die zu Anfangs er-
wähnte Art und Weise verfahren, welche in wirkliehen üblen Administrationen und
326 ll- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
dass darinnen nicht das Allergeringste, was so viel Zeitverlust verur-
sachet, weniger Sr. Ch. D. wahrhafte Hoheit im Allergeringsten verletzen
könnte, zu befinden und dannenhero wohl gehoffet hätten, es würden die
Sachen durch die hohe Anwesenheit Sr. Ch. D. nicht allein geschwinder,
sondern auch leichter entschieden werden, so müssen sie doch mit höch-
ster Betrübnuss vernehmen, dass nicht allein aller Zeitverlust auf sie ge-
leget, sondern auch alle Schwierigkeit ihrer vorsetzlichen Hartnäckigkeit
und dass [sie] gegen die kurfürstliche zum andernmal wiederholete Assecu-
ration und Declaration nicht wie es ihre schuldige Devotion erfordert, flec-
tiren, beigeleget werden will, nochmehr aber ist dieses Project, welches E.
E. Herrl. Herrl., in der Meinung, als wenn sie Sr. Ch. D. kein besseres E.
E. L. zu gut angewinnen könnten ausgegeben, so gestellet, dass sie bei-
nahe darüber an aller menschlichen Hülfe verzweifeln muss. Es ist E.
Erb. Landschaft in den festen Gedanken, es werden E. E. Herrl. Herrl.
bei allen ihren remonstrationes, so sie in hoc puncto Sr. Ch. D. beibringen
können auf die normam jurium et consuetudinum hujus ducatus, an welche
dero hohes Ambt sub vitio nullitatis verbinden Decreta de ao. 1609 p. 103
f. 2 § instructiones in fine, gesehen und alles was zu Behauptung E. E.
Landschaft so billigen als rechtmässigen Unterthanen Ansuchens hat dienen
können, aus unsern Fundamentalverfassungen treulich angeführet haben.
Dass nun dieselben so wenig S. Ch. D. bewogen haben, hat E. Erb. Land-
sonsten untreu befunden worden, wollen wir mit Gnaden erlassen." — Am Schluss
von Alinea 10 ist folgender Absatz eingeschoben: „Sollten wir ausser Landes sein,
so stehet einem Jedweden auch ausserhalb Landtages jedes Mal frei seine Beschwer
an unsere preussische Regierung zu bringen, welche uns nebst ihrem unterthänigsten
Gutachten solches geborsamlich zu referiren, und auf unsere gnädigste Resolution zu
stellen. Und gleichwie wir daran, wenn unsern getreuen Ständen Beschwer zu führen
rechtschaffene Ursachen gegeben werden sollten, kein Gefallen tragen und dieselbe
förderlichst abzuhelfen wissen wollen, die Stände aber der Landtage halber und, als
wenn dieselbte zu oft und derer zu viel zu der Herrschaft und des Landes Beschwer
gehalten würden, vor diesem Beschwer geführet, wir aber weder desshalben, noch
auch, dass zu wenig gehalten werden möchte, zu einigen redlichen Querelen ürsach
zu geben, sondern jedesmal das allgemeine Beste zu suchen gedenken, so sind wir
gnädigst zufrieden und lassen geschehen, dass unsere pr. Regierung mit Zuziehung
des kleinen consilii (mit welchem es sonsten allerdings bei dem alten Herkommen
bleibet) alle sechs Jahr sich zusammen thun, die Sache wohl überlegen und solches
uns nebst ihrem unterthänigen unmassgeblichen Bedenken gehorsamst berichten, dar-
auf wir dann, wenn wir nicht durch eine rechtschaffene Ehehaft davon verhindert
werden, jedesmal einen Landtag ausschreiben und wegen Restringirung der Landtage
derer Stände unterthänige unvorgreifliche Meinung erwarten wollen." Der Schluss
Stimmt in beiden Entwürfen überein. (Kurfürstliche Erklärung vom 15. Jan. 1663.)
Allgemeine Motivierung dieser Duplik. 327
Schaft einer sonderlichen Strafe Gottes, die ihrer Herrschaft aus diesen Ur-
sachen unverdienten Zorn umb ihrer anderwärtigen schweren Sünde willen
über sie ausschütten will, beizumessen und muss es daher für eine Anzeu-
guug noch grössers Unheils halten, dass ihr diese betrübte Nachricht von
E. E. Herrl. als von denen, welche an diesen Handlungen so viel inter-
essiren, als die Säulen an einem Gebäude, zu desto ungezweifelter Wahr-
heit hinterbracht wird, doch viollen sie dabei nicht zweifeln, E. E. Herrl.
werden dennoch in ihrem Gewissen eines Andern angewiesen sein und
dafür halten, dass E. E. Landschaft diesen ihren ausgegebenen Entwurf
ohne Verletzung ihres Gewissens und ohne Verlust ihres lieben Vater-
landes theuer erworbeneu Freiheiten, wie gern sie auch wollten, nicht
annehmen können.
Dieses hat zwar E. E. Landschaft allbereit in ihrer den 29. Dez. 1662
übergebenen unterthänigsten Bittschrift Sr. Ch. D, in ünterthänigkeit zu
erkennen gegeben und dabei insonderheit gebeten, weil E. E. Landschaft
auf die kurfürstliche Erklärung ihrer andern Assecuration zur weitern gründ-
lichen Antwort aus denen daselbst angeführten Ursachen sich nicht aus-
lassen könnte, S. Ch. D. geruheten zu verstatten, dass zuvorhero die De-
putirte von der Ritterschaft und kleinen Städten ihren Hinterlassenen
de ante actis in den Aembtern Relation thun und über denen noch
übrigen, so wohl in assecuratione, als abolitione gravaminum streitigen
Punkten neue instructioues einholen möchten.
Nachdem aber weder dieser Unterthanen V^orschlag angenommen,
noch die nach der Zeit begehrte und von den sämbtlichen Ständen an-
genommene Conference über mehr gedachter Assecuration ihren Effect er-
reichet, dardurch den Ständen entweder einige Gewalt weiter zu geben,
oder mehrers Licht in der Handlung zu verfahren, welcher gegeben
worden, dieses ausgegebene Project auch weder ein anders, noch ein
mehrers, als was all bereit in der vom 2. u. 6. Dez. 1662 ausgegebenen
kurfürstlichen Assecuration und Declaration enthalten in sich begreifet, als
kann sich E. E. L. annoch nicht entziehen ihres Vaterlandes Recht und
hierunter versirende Wohlfahrt zu beobachten und zur unterdienstlichen
Antwort auf dieses E. E. Herrl. ausgegebenes Project nachfolgende demü-
thigste Vorstellungen zu überreichen.
Ad Lit. A. Für das Wörtlein „wann" bittet E. E. Landschaft „ehe
und wann" aus den hierunter sub M. N. 0. angeführten Ursachen zu setzen.
B. Allhier werden die Landeshandlungen nicht auf der Stände Ein-
willigung, sondern nur Rath und Gutachten eingerichtet.
328 II- DßJ' grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Dabei aber E. E. Herrl. E. E. Landsch. zu erinnern, welcher Gestalt
die kurfürstliche ausgegebene zwei assecurationes und die darauf erfolgte
Declaration unterschiedener terminata gebrauchet. In der ersten Assecu-
ration vom 11. Oktober Ao. 1662 sind alle Handlungen nur auf Rath und
Gutachten der Stände gestellet worden, darauf die Stände alsobald erin-
nert, dass dies Wort „Einwilligung" mangelte.
In der andern Assecuration vom 2. Dez. 1662 haben S. Ch. D. das
Wort „Einwilligung" hinzusetzen lassen, hergegen aber ist anstatt „aller
Handlung" „dergleichen (auf die Wehlauschen pacta reflectirend) Han-
delungen" eingerücket worden.
Hierauf hat E. E. Landschaft abermalen in ihrer unterthänigsten Er-
innerung vom 13. Dez. 1662 gebeten, das Wort „dergleichen" auszu-
lassen, die formulam vom 11. Okt., welche das Wort „alle" gebrauchet, zu
behalten und auf E. E. L. Rath und Einwilligung nicht allein dergleichen,
sondern alle [das] Land angehende wichtige Sachen zu richten. Dieses
hat S. Ch. D. in dero gnädigsten Erklärung vom 16. Dez. 1662 gewilliget
und versprochen, es bei den Formalien vom 11. Okt., soviel die Wort
„alle" betrifft, bewenden zu lassen.
C. Dass S. Ch. D. gewisse comraissarios autoritate comitiali zu ge-
wisser Zeit anhero befordern wolle, nimbt E. E. L. nicht anders, als mit
schuldigster Ehrerbietung an, und ob sie gleich quoad relaxationem in
gebührender Bescheidenheit über dasjenige, was sie allbereits in ihren
vorigten Schriften in dieser Materie weitläuftig angeführet hat, wohl ein-
wenden könnte, dass solche Art der Relaxation unsern Verfassungen und
Gewohnheiten ganz zuwider, indem dieselbe der Stände wohlfundirtcs
jus consentiendi mächtig afficiret und denselben gar nicht necessitiren
kann und dass die relaxatio in diesem casu notabili qui nunquam habuit
parem, ein so grosses Formale, ohne welche die Veränderung des Estats und
des supremum dominium fürgethan, nicht gehalten werden könnte, dannen-
hero auch die Stände in grösster Billigkeit prätendiren könnten, dass ihr
consensus hierunter plane concurriren möchte. Dann die diplomata nur
speciem rescripti haben, rem jam factam notificiren und sine praevia
scientia quorum interest öfters auskommen, ja wenn dieselbe schlechter-
dings bündlich wären, würde auch das, welches die gegenwärtige K. Maj.
in Polen Joh. Casimir ao. 1656 den 20. Septr. in Druck ausgegeben und
durchs ganze Land divulgiren und notificiren lassen, Sr. Ch. D. selbst
höchstschädliche Effecten verursachet haben.
Die constitutiones regni gehen auch weiter nicht, als auf die blosse
Polnische Kommissarien. Casus devolutionis. 329
ConfirraatiüD der Pacten, davon die Relaxation ein actus separatus ist
und hiebevoru in vielen geringen casibus durch königl. coramissarios
hat verrichtet werden müssen. So will dennoch nichts destoweuiger
E. E. L. Sr. Ch. ü. auch gern unterthänigst zur Hand gehen und zu-
frieden sein, dass sie die königl. Commissarien, nur dasjenige, was
S. Ch. D. an der Relaxation noch übrig zu sein erachten, zum Effect
bringen, doch dass S. Ch. D. hiebe! diese nothwendige requisita nicht
hintansetzen möchten.
1. Dass die comitialis autoritas denen commissariis vom Könige
couferiret werde.
2. Dass der Commissarien Verrichtung entweder auf öffentlichem
Landtage, oder in völliger Versammblung der Stände geschehe, damit der
Mangel des consensus, welcher bei den Wehlau'schen Pacten den Ständen
so ein nöthiges und männiglich noch in frischen Gedächtnüs haftendes
praejudicium zugezogen, bei diesem actu pro aliqua parte ersetzet werde.
Sollte aber derselbe auf so frischer That seiner gebührenden Art nicht
vollenzogen werden, so würde die cautio ne fiat imposterum, welche
nicht allein S. Ch. D. selbst in ihrer Assecuration den Ständen praestiren,
sondern auch die K. Maj. und die Krön Polen darzu verbinden wollen,
contrario facta elusoria sein.
3. Dass die königl. Assecuration in casum devolutionis schriftlich
vom Könige und der Krön gewähret werde, dass S. Ch. D. wegen der
neuen Eidesleistung für der Commissarien Ankunft et Intimation ihrer
Verrichtung in die Stände nicht zu dringen gnädigst geruhen wolle.
Nebst deme erkennet auch E. E, L. mit unterthänigst. Dank, dass
S. Ch. D. dero supremum dominium wider des Landes Besten und dessen
wohlhergebrachten Freiheiten zu extendiren nicht gemeinet; wann aber
S. Ch. D. sich des Ordens Recht sine ulla expressione tanquam ex reser-
vato anmaassen, so streitet solches ausdrücklich mit den Landesfreiheiten.
Denn so viel den Orden und dessen Recht betrifft, so sind dieselben
ganz exspiriret, haben auch umb folgender Ursachen Willen exspiriren
müssen, denn 1. hat der Orden im Anfang kein sonderlich Recht ausser-
halb seiner Ordensregul in dieses Land gebracht, das aber, was er nach
der Zeit sich angemasset, ist ex j. belli entstanden und hat über die
heidnische und mit dem Schwert gewonnene Leute j. victoris i. e. ab-
solute geherrschet. Nachdem aber viel von deutschem Geblüte sowohl
adeliche als bürgerliche Personen zu dem Orden ins Land kommen und
häuslich sich niedergelassen, hat ihnen, nachdem sie sich entweder in
330 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
die Städte oder aufs Land gesasset, der Orden unterschiedene Privilegia
sowohl zu Cölm- als Lehn-Recht ex eodera absoluto jure verliehen, dieses
absolute Regiment ist nachmals zu solchen Excess gerathen, dass der
abusus so gross worden, dass den Belehnten und Berechtigten ihre Pri-
vilegia nicht gehalten und Land und Städte zur Verbiindnüs für ihre
Freiheiten und zur Vereinbarung mit der Krön Polen verursachet
worden. Dahero hat die Löbl. Krön Polen jure supremi dominii die zu
ihnen spontanea deditione ao. 1554 kommende Preussen nicht allein
mit ihnen vom Orden bei guten Zeiten und ihnen zum besten verliehe-
nen privilegiis angenommen, sondern sie noch darzu mit stattlichen an-
deren Beneficien und Immunitäten (womit des Ordens absolutum jus
gehoben und das Land certis pactis unter das supremum dominium der
Könige und der Krön Polen gekommen) begnadiget und hat sich die
Krön Polen gar nichts von des Ordens Gewalt und Recht vorbehalten,
sondern sich schlechterdings mit denen, was die spontanea deditio und
reciproca sponsio ihr zugebracht bezeuget.
2. So hat auch der Orden eine geistl. Fundation auch geistl. Recht
und Gewalt gehabt und alle Zeit den Bapst pro fundatore und den Rom.
Kaiser pro protectore gehalten, ist auch in solcher Beschaffenheit bis an
die Zeiten des Hochlöbl. Markgrafen Albrecht geblieben. Dieses geistl.
Lehn und Orden hat dieser hochgedachte Markgraf gänzlich sine omni
reservato abgethan und dasselbe hinwiederumb als ein weltliches Lehn
ad secularem usum von der Löbl. Krön Polen angenommen, nach seinem
seel. Absterben haben sich auch seine löbl. sucessores keines andern und
grössern Rechtens, als ihnen ihr primus acquirens ex prima concessione
erworben, angemasset.
3. Der hochgedachte Markgraf Albr. selbst hat per expressum in pac.
perpet: p. 35 f. 2, § „i quod dux" aller Rechten und Privilegien, die der
Orden von den Bäpsten, Kaisern und Fürsten und Königen zu Polen für
sich jemalen erlangt, bei der damaligen Secularisirung renunciiret und
damit ja aus dem Grunde des Ordens Recht gehoben werde, so hat sich
damalige Maj. Sigismundus L gegen höchstgedachteu Markgraf Albrechten
und das -Land solcher Gestalt verbunden, dass dafern in gedachten pri-
vilegiis nicht was enthalten quod duci Prussiae et terris occasione finium
et aliorum jurium et privilegiorum necessarium esset debebit majestas
regia ejusdem tenoris sub literis et sigillo Maj. Suae ea deuuo concedere,
welches auch kurz darauf ao. 1526 geschehen p. 38 f. 2. Ist also alle
dasjenige, was S. Ch. D. von des Ordens Rechten zum Behuf Ihrer Hoheit
Staatsrechtlich-historische Beleuchtung des polnischea Anspruchs. 331
sich aamassen kann, allbereit in eine andere Form gegossen und die
Regierung dieses Landes mit gewissen pactis, von der damaligen so-
wohl Ober- als Lehns- Herrschaft ohn einzigen reservat angenommen
worden. Quo jure nun S. Ch. D. in das consolidatum et supremum
dominium treten, eodem jure folgen ihr auch alle daran verbundene
jura und pacta und darf sich derselben Sr. Ch. D. nur vigore dicti pri-
vilegii de ao. 1526 sicher gebrauchen, welche sie auch durch Gottes
Hülfe ohne einzigen Hinterzug auf die obliterata jura des Ordens bei
I. Landesfürstl. Hoheit und das Land bei seiner Freiheit und Wohlfahrt
zur Guiige erhalten werden.
Das diploma investiturae de ao, 1611, welches Kurfürst Johann
Sigismund höchstmilder Gedächtnüs vom Könige Sigismundo tertio er-
halten, gehet dahin, nicht dass es ihm ein mehrers Recht, als in pac.
perpetua et subseq. renovatione abgehandelt worden, zueignen wolle,
sondern es exprirairet nur distributive alle jura die vom Orden her in
das vasallagium vigore pacis perpetuae et dictae renovationis geflossen
sind und kann die clausula „sicut ejusmodi terras quondam magistri
generales et ordo habuere" gar nicht ad non expressa in praejudicium
der altern Investitur, die vim contractus hat, und contra ipsum Optimum
legis interpretem gezogen und angeführet worden.
Dass aber die Stände sich auf die privilegia, so sie vom Orden
haben, berufen, geschiehet mit gnädigst. Willen ihrer Hochlöbl. Herr-
schaft, welche allezeit in favorem ihrer getreuen ünterthanen in allen
ihren confirmationibus von Markgraf Georg Friedrichen ao. 1565 an zu
rechnen, derer Privilegien, welche diese Lande von den regierenden
Honmeistern erhalten hat, gedenket.
Wie nun E. E. L. das feste Vertrauen zu Sr. Ch. D. traget, sie
werden hierinnen dero Hochlöbl. Vorfahren Fusstapfen nachsetzen und
diese lege et usu firmatam clausulam nicht aufgeben und auslassen,
1. also bitten sie andern Theils unterthänigst und demüthigst S. Ch. D.
geruhen ihnen und ihrer Posterität zum Schaden die ipso jure et facto
erloschene jura des Ordens aus der Finsternüs nicht wieder herauszu-
ziehen.
Weil auch bei diesem Punkt die Worte „nach Inhalt der Pacten,
welche zwischen dem Könige, der Respublica und uns" das Ansehen führen,
als ob sie allein von den Wehlauschen Pacten redeten, E. E. L. aber
merklich daran gelegen, dass nebenst diesen auch die alten mit den
vorigen Hochlöbl. Königen Sr. Ch. D. Vorfahren und den Ständen dieses
332 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Landes aufgerichtete Pacta [nicht] iu Vergessen bleiben mögen. Als bitten
sie E. E. Henl. es bei Sr. Ch. D. dahin zu richten, dass anstatt der Worte
„und uns" diese Worte „unsere Vorfahren und den Ständen des Landes"
gesetzet werden mögen.
Ad Lit. E. Ob zwar die Stände, wenn sie die unveränderte Augs-
purgsch. Confession de ao. 1530 für der ao. 1531 in unterschiedeneu
Exemplarien ausgekommene und unveränderte, auch deswegen von dem
niirnbergischen Convent ao. 1561 solenniter weggeworfene (videatur
die Vorrede über das Concordieubuch) zu ihren libris symbolicis neh-
men, anders nicht, als wie ins Gemein alle lutherische evangelische
Kirchenbücher jeder Zeit gethan haben, reden, so will doch E. E.
L. hierunter Sr. Ch. D. sich gerne bequemen, und die Differenz beider
Confessionen durch die Zeit disterminiren und mit Sr. Ch. D. die für
die echte und rechte symbolische Confession, welche ao. 1530 Ca-
rolo \^ übergeben, halten. Desgleichen könnte sie auch von der formula
concordiae anführen und behaupten, dass dieselbe von ao. 1579 her, zu
einem Kirchenbuch der preussischen Kirchen einhellig von der Herrschaft
sowohl als von den Ständen angenommen worden. Das beweisen nicht
allein die unterschiedene öffentliche Publicationeu, sondern auch die Kir-
cheuvisitation von ao. 1582 und 1618, woselbst die formula concordiae
in vim instructionis den visitatoribus mitgegeben worden, so ist auch
ihrer Gültigkeit kein essentiale requisitum, dass sie in die assecurationes
und confirmationes privilegiorum hätte mit einverleibt werden sollen,
noch vielweniger, dass sie ao. 1641 in die damalige Visitations-Instruc-
tion nicht hätte wollen genommen werden, denn hat die damalige hohe
Herrschaft mit Einwilligung der gesambten Stände sie in die preussische
Kirche einzuführen, sattsame vollkommene Macht und Gewalt gehabt, ist
auch iu der That eingeführet und symbolisiret worden; so wäre ja nicht
abzusehen, wie diesen wohlfundirten Rechten, welches durch mehr, dann
vierzigjähriger Praescription befestiget worden, durch die ao. 1641 recu-
sirte Approbation, mit Bestände des Rechtens derogiret werden könne;
umb so viel desto mehr, weil S. Ch. D. in die damalige Instruction der
Kirchenvisitation, welche itzo im währendem Landtage den Ständen
anderweit überreichet, desfalls mit diesen Worten sich erkläret: „dieweil
wir dieselbe per formulam concordiae, für ein librum symbolium nicht
halten und wir solche dergestalt einzuführen bei K. Maj. und der Krön
Polen (dieweil deren in keinen pactis, so deswegen aufgerichtet, einige
Erklärung ausdrücklich nicht geschiehet,) zu verantworten nicht getrauet,
Kirchliche Bekenntnissschriften. 333
die Stände aber damit sie sich deren bei der Visitation mit gebrauchen
mögen, so lassen wir es endlich auf ihre Verantwortung dahin gestellet
sein." Haben nun S. Ch. D. jedesmals auf der Stände Verantwortung
gegen Königl. Maj. und die Krön es dahin gestellet sein lassen, warumb
wollten sie itzo doch, da sie sich des Königs und der Krön juris ge-
brauchen wollen und es uf keine Verantwortung in diesem Fall ankommt,
die gesambten Stände auch nochmalen dieses herrliche Buch pro libris sym-
bolicis angenommen und es noch dafür annehmen, es ihnen verweigern?
Es wollen aber die vom Herrenstand und Landräthe, wie auch die
von der Ritterschaft und Adel auch hierinnen zur Bezeugung ihrer un-
terthänigsten Devotion Sr. Ch. D. sich bequemen und zufrieden sein,
dass anstatt einer Specialenumeration ihrer Kirchenbücher post verba
apologiae [die Worte]: „und angenommenen libris symbolicis und Kir-
chenordnungen" gesetzet werden.
Die von Städten aber können sich der formulae concordiae als eines
symbolischen Buchs nicht begeben, und bleiben bei der von ihnen ein-
mal angenommenen Enumeration.
Was aber die clausulam „gleichwohl dass solches", welcher die in
den vorigen beeden ausgegebenen Assecurationen enthaltenen Clausul „je-
doch das" gleich ist, anlanget, so hätte E. E. L. wohl gehoffet, es werde S.
Ch. D. mit ihrer unterthänigsten Erinnerung vom 13. Decemb. 1662 über
diesen Punkt in Gnaden zufrieden sein und ihnen fortmehr nicht mehr
zumuthen, dass sie durch ihren consensum zu einem publico exercitio
Anlass geben sollten die Ursachen seind:
1. Dass in den Fundament-Verfassungen die lutherische evangeli-
sche Religion privative berechtiget ist, das haben sie in ihrer Deduction
auf das instrumentum regiminis zur Gnüge erwiesen und kann allhier
sine nausea nicht wiederholet werden.
2. Dass hieraus unzählig viel höchstschädliche Consequentien, die
in viel andern Stücken mehr die Freiheiten des Landes schwächen wer-
den, entstehen können. Der Indigenat in den Städten das Bürgerrecht
und alle derselben beneficia, als munera publica hangen imraediat mit
an dem consensu und publico libero exercitio und wird die künftige Zeit
unfehlbar lehren, dass auf dieselbe eine Reformation erfolgen wird.
Das vulgatissimum observatum regis ad exemplum, welches bei
unser Vorfahren Zeiten, sowohl in diesem Herzogthum bei Markgr. Albr.
als in der Krön Polen bei König Sigismundi Zeiten in Erfahrung ge-
bracht worden, auch ungezweifelt noch Vielen in frischem Gedächtnüs
334 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
schwebet, würde zum andern Mal auch hinwieder operiren und werden
unsere Nachkommen umb die Gunst ihrer hohen Herrschaft zu gewinnen,
ohne Scheu hinzutreten und endlich der ganzen lutherischen evangelischen
Kirchen Estat reformiren und umbsetzen. Die Fundamental-Landesver-
fassungeu stehen in keiner freien Disposition der Stände, das Land hat
sie ihnen mit theuren Eiden und Pflichten zu conserviren und zu ver-
bessern nicht aber zu vermindern und aufzuheben anvertrauet. Sollten
nun die Stände zu Einführung eines freien exercitii ihren consensum
hingeben, so würden die Fundamentalgesetze von Niemand anders, als
von ihnen selbst gebrochen; Gott und die nachkommende Welt würde
und könnte auch von Niemand anders, als ihnen allen Schaden und
Nachtheil, der daraus entstanden, beimessen, und deswegen Rechnung
von ihnen fordern. Es wird zwar von Seiten Sr. Ch. D. in dero gnädigsten
Erklärung vom 16. Dez, 1662 eingewendet, dass die Landschaft noch nie-
malen der also genannten lutherischen Religion halber so voUkommlich,
als anjetzo durch S. Ch. D. geschiehet, versichert worden und das zwei-
felsohn dahero, weil sie in den actis et decretis de ao. 1609 pro per-
missa potius quam approbata et confirmata ausgegeben wird.
Hierauf antwortet E. E. L., dass sie zwar die decreta von ao. 1609
sacro sancta hält, auch dieses enunciatum zusambt dem facto, welches
den römischen Katholischen ein freies exercitium und zugleich accessum
ad dignitatis erworben, geschehen, und bis zu dieser Zeit praescribiren
lassen, solches aber schlechterdings umb dieser zwo LTrsachen willen:
1. Ihre unterthänigste Affection, dardurch das hochlöbliche Haus der
Markgrafen zu Brandenburg, welches durch der Stände rechtmässige und
wohlfundirte Contradiction dieses Punkts halber gar leichtlich in ihrer
Succession in dieses Herzogthumb hätte können behindert werden, zu
bezeugen.
2. Damit sie ein grösser Uebel, welches ihr von vielen andern
einschleichenden Secten zuwachsen könnte, abwenden möchte, gestalt
nicht allein in denenselben decretis, sondern auch in allen andern nach-
folgenden, die Secten in specie verboten worden.
Dass aber die Stände ihrer einhellig angenommenen lutherischen Re-
ligion halber ein wohlfundirts Recht, auch wider die römisch Katholische
ao. 1609 vorzuschützen vermocht haben, wird aus unsern preussischen
Geschichtbüchern und den Landesverfassungen solcher Gestalt erwiesen:
ehe und wann per pacem perpetuam ao. 1525 dieses Herzogthumb ins
directum dominium der Krön Polen mit guttem Rath, Wissen und Willen
Kirchenrecht der einzelnen Bekenntnisse. 335
der Stände übergeben worden, ist allbereit die lutherische Religion auch
unter dem Honmeisterthumb des Hochl. Markgrafen Albrechten ins Land
eingefiihret worden.
Ao. 1520 sind die damaligen beiden Bischöfe von der bäpstlichen
Religion abgetreten. Ao. 23 u. 24 ist das publicum excercitium mit grossem
Nachdruck eingeführet und das meiste Theil des Landes gleichsam wie in
einem Nue durch Gottes sonderbare Schickung aus dem Bapstthumb ge-
rissen worden; in dieser völligen Procession der freiwillig angenommenen
lutherischen Religion ist dieses Herzogthumb allererst ao. 1525 secularisiret
und durch gemelten pacem publicam et perpetuam dem directo dominio
der Krön Polen, ohne dass der katholischen Religion zu gutt, der König
oder die Krön einige jura conditiones und privilegia vorbehalten hätte,
ganz unbediengter Maassen untergeben worden. Als auch nach der Zeit
aller Oerter die Messen abgestellet, die agenda ecclesiastica eingefiihret,
neue Kircheuordnung aufgesetzet, die Klöster reformiret, die bäpstliche
Indulgentien abgeschaffet und viel andere notable actus reformationis
mit denen noch übrigen Katholischen im Lande hin und wieder vorge-
nommeu worden, hat weder der König, noch die Krön contradiciret, oder
einiges Interesse davon genommen, sondern diesem sonderbaren Werke
des Heil. Geistes seinen ungehinderten Lauf gelassen. [Als] ao. 1569 das
lublinische Privilegium wegen vielfältiger Rotten und Secten, die ins
Land einschleichen wollen, ausgegeben, ist das ganze Land durchgehends
lutherisch gewesen und kann nicht bewiesen werden, dass ein einziger
ßäpstlicher von Consideration mehr übrig gewesen, das gestehet auch
der König Sigismundus selbst, indem er in gedachtem privilegio aus-
drücklich meldet, universos ordines ducatus Prussiae in eam doctrinam
cum consensu ducis consensisse und nichts desto minder hat er der
bäpstlichen Religion nicht mit dem allergeringsten Worte gedacht, son-
dern als in einer Sachen, da er sich kein Recht nehmen könnte, still
geschwiegen und also über 80 Jahr i. e. zweifach über das tempus
praescriptiones die lutherische evangelische Religion der Possession ihres
wohlfundirten Rechtens privative sich gebrauchen lassen.
Ao. 1603 ungefähr zu der Zeit, da Kurfürst Johann Friedrich durch
seine Bottschaften zu Warschau die Succession dieses Herzogthumbs ge-
suchet, haben allererst der König und die Krön die Gelegenheit in Acht
genommen das Interesse der bäpstlichen Religion ex jure directi domiuii
rege zu machen, angefangen, und ein neues exercitium religionis von
hochgedachtem Kurfürsten Johann Friedrich zu der Zeit, da er noch kein
336 II- D^'' grosse Landtag von 1661 bis 1663.
belehnter Herr dieser Lande gewesen, insciis ordinibus durch eine
Transaction de ao. 1605, welche doch nicht ad acta publica kommen,
erhalten. Auf diesen Vergleich und keinen andern Fundament beruhet
die permissa potius quam approbata, wie aber die Stände obgedachten
Vergleich angenommen, das weiset unter Andern selbst die cautio lega-
torum de ao. 1611 p. 114 f. 1 mit diesen Worten: „ac vero ita de eo
se, exstruendo uno aut altero templo (tum convenisset, ut per commis-
sarios suos cum ipsis provincialibus ser. rex ageret, ne quis, tum apud
illos quicquam ad huc perfici potuerit. Nichts desto weniger haben sie
doch ihren dissensum nicht verfolget, sondern aus oben angeregten Ur-
sachen schwinden und die Bäpstlichen dadurch ex manifesto facto ein
jus sich erwerben lassen.
Wann nun S. Ch. T). hieraus weiter schliessen und sagen, weil sie
das supremum dominium und also der Könige in Polen Recht über-
kommen, also können sie auch frei, das in hoc puncto für die ihre Re-
ligion thun und schaffen, was der damalige König Sigismundus ao. 1609
für die seinige ex. j. directi dominii gethan,
so wird hierauf unterthänigst geantwortet, was der König damals
gethan habe, sei 1.) res facti wie oben remonstriret gewesen und aller-
erst ex post facto et successu temporis ein jus geworden.
2.) Habe der König ex j. directi dominii kein Recht haben können,
denn die potestas circa sacra an dem jure territorial! dieses hinwieder-
um b an vasallagio privative hanget.
3.) Wenngleich der König damals das plenum dominium gehabt
hätte, so hätte er dennoch das jus reformandi ex j. supremi dominii et
ea lege juris publici nicht gebrauchen können, denn dem sind entgegen
nicht allein der Stände jus quaesitum und praesciptio longissimi temporis,
sondern auch die pacta und das Privilegium lublinense, kraft welcher
die Könige verbunden seind, die Stände bei der lutherisch evangelischen
Religion kräftigst zu schützen. Wollten aber ex simili S. Ch. D. der-
gleichen jus auch für sich incaminiren, so können die vom Herrenstande
und Landräthe nicht widerstehen, sondern müssen es auf so eine Art
und aus denen Ursachen, wie alsdann, geschehen lassen, sie bitten aber
demüthigst, E. E. Herrl. geruhen dieses alles Sr. Ch. D. vorzustellen und
es ihres hohen Orts dahin zu richten, dass diese clausula „gleichwohl"
entweder nur das exercitium religionis in dieser Sr. Ch. D. Residenz allein,
wie dasselbe bisanhero gebrauchet worden, begreife, oder aber so einge-
richtet werde, dass non obstante dissensu der Stände sie ihre Religion
Kirchenrecht. Domänen-Contracte. Causae gratiae. 337
nicht derogiren lassen wollen; für allen Dingen aber bitten sie zu ver-
hütten, dass solch exercitium den accessum ad dignitates und in den
Städten zum Bürgerrecht nicht nach sich ziehen und das umb dessen
Willen, die Worte in contextu dieses Punkts („wir wollen aber" usque ad
verba „keinesweges suchen") ausgelassen werden mögen. Die von der
Ritterschaft aber beziehen sich, was diesen Punkt betrifft, auf den de-
fectum ihrer Instruction und können sich für geschehener Relation in den
Aembtern und dardurch erhaltenen völligen Instruction weiter nicht aus-
lassen. Und dieser Discrepanz fallen auch die sämmbtl. von Städten mit
bei und wollen alsdann, wann die Ritterschaft mit ihrer Resolution ein-
kommen wird, gleichfalls hierüber sich erklären.
Ad Lit. E. Dass S. Ch. D. E. E. L. bei allen ihren Rechten, Frei-
heiten, Gerechtigkeiten, Gewohnheiten, Concessionen und Contracten, die
sie sowohl vom Orden, Köuigl. M. und Krön Polen als von Sr. Ch. D.
Hochlöbl. Vorfahren überkommen haben, schützen und erhalten wollen,
dafür ist E. E. L, Sr. Ch. D. allerunterthänigsten Dank schuldig. Wann
aber S. Ch. D. der Herren Oberräthe concessiones und Contracte auf vor-
hergehnde Befehl und wohlfundirte Berichte restringiren, so muss E. E. L.
nothwendig besorgen, dass bisherige vielfältige Contracte, welche die
Herren Oberräthe zu Nutzen Sr. Ch. D. mit Privatleuten, die weder von
Sr. Ch. D. eigentlichen Befehl, noch der Herren Oberräthe wohlfundirte
Berichte gründliche Wissenschaft haben können, getroffen, in Zweifel ge-
zogen und die Coutrahenten aus ihren Contracten gesetzet werden möch-
ten. Es können die Stände von der Herren Oberräthe ihrem hohen
Ambte anders nicht sentiren, als dass, weil sie dasselbe ex Providentia
legis führen, sie nimmermehr Sr. Ch. D. Nutzen aus den Augen setzen,
vielweniger von ihren Domänen zu Sr. Ch. D. Schaden etwas vergeben
oder verschenken können, noch werden, und bitten S. Ch. D. unterthänigst
und demüthigst sie geruhen auch hierin ihre bishero ausgegebene Con-
tracten, sondern auch ihre künftige Ambtsverrichtung nach der Regiments
Notul und Decret de ao. 1609 p. 196 f. 1. §. „Instructiones" zu reguliren.
Die causas gratiae kann E. E. L. von Sr. Ch. D. hohen Person nicht
separiren und lassen es zu dero freien kurfürstlichen Verordnung gestellet
sein, wie sie dieselbe entweder eigenhändig, oder auf vorhergehende gründ-
liche Berichte und Specialbefehl durch die Herren Oberräthe dispensiren
wollen.
Wegen des Worts Lehnschaft ist zu erinnern, wofern dasselbe auf
die Agnaten und Mitbelehnten in casu, da ein consensus ad alienan-
Mater. z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 22
338 II- D^r grosse Landtag von 1661 bis 1663.
dum gesuchet wird, appliciret werden sollte, dass es wider unser L. R.
Lib. 7, lit. 3 § laufen und deswegen auszulassen nöthig sein werde; hätte
es aber einen andern Verstand, so bittet E. E. L. umb fernere gnädigste
deutliche Erklärung,
Ad. Lit. G. Damit künftig bei der succedirenden Herrschaft und
denen ministris kein Skrupel, als ob keine andere Landesverfassungen
mehr ausser denen, welche in specie S. Ch. D. mit dero getreuen Stän-
den aufgerichtet, vorhanden, entstehen möge, als bittet E. E. L., dass
S. Ch. D. geruhen möge, diese Worte „nach denen mit unsern Ständen
aufgerichteten Landesverfassungen" entweder heraus zu lassen, oder also
zu setzen „nach denen mit den Ständen sowohl von unsern Hochl. Vor-
fahren, als auch von uns aufgerichteten Verfassungen".
Ad. Lit. H. Es lassen S. Ch. D. sowohl in diesen, als in vorigen
Assecurationen sich vernehmen, dass wenn sie in einen Offensiv-Krieg
gezogen werden sollten, sie ihrer getreuen Stände Recht und Einwilli-
gung nicht circa causas, in welche doch der consensus principaliter und
billig M-irken solle, sondern circa necessaria belli, die aus Contributionen
und andern Auflagen herfliessen müssen, erfordern wollen.
Hiebei muss E. E. L. unterthänigst anführen, welcher Gestalt das
Interesse dieses Landes gar auf keinen Kriegs-Etat (aus denen Ursachen,
welche vormals angeführet und auf Erfordern noch ausführlicher gemacht
werden könnte) gestellet werden kann. Sollte es aber gewaltsamer Weise
verursachet werden, sich in Kriegsverfassung zu setzen, so könnte solches
nicht anders als ein bellum defensivum sein. Denn bella offensiva zu
denunciiren, sintemal dieselbe nirgends anders, als in die nahe Nach-
barschaft gerichtet werden können, ist diesem Lande ganz unmüglich
und nicht davon zu gedenken nöthig. Sollte nun der Stände consensus
secundum benigniorem interpretationem nur ad bella offensiva allein
gezogen werden dörfen, wollten aber in hello defensivo S. Ch. D. das
jus armorum für sich allein behalten, so werden die Stände allezeit ex-
cludiret sein und bleiben müssen und würde E. E. L, consensus, so einem
casui, welcher hiebevor in etzlichen hundert Jahren in diesem Lande
sich nicht zugetragen, auch perforee [sie] raison d'Estat künftig nicht
zu vermuthen, reserviret werden.
Die Könige von Polen selbst massen sich keiner absoluten Gewalt
in diesem Punkt an, sie können krafft der Reichs Constitution p. m. 25
keinen Krieg nisi deliberate ex legitimis rationibus et causis et necessitate
publica praemissis generali et particulari conventibus annehmen und be-
Privilegien. Krieg und Frieden: Vertheidigungskrieg, Casus necessitis. 339
schliessen, ja es würde auch zugleich Sr. Ch. D. gegenwärtige Kriegesver-
fassung, welche E. E. L. mit unter die gravamina urgentissima gestellet
und abzuschaffen, so oft, so viel und demüthigst gebeten hat, dardurch
behauptet und autorisiret werden. Zudem bestehet der Unterscheid
zwischen einem hello offensivo und defensivo mehr in Worten als in der
That. Die tägliche Erfahrung weiset, dass allezeit bellum offensivum
am defensivo hange und dass dieses in jenes sua natura degeneriren muss.
Diesem nach kann E. E. L. nimmermehr ohne Furcht immerwährender
Contribution sein. Denn soll eine Armatur ad bellum defensivum
stehen bleiben, so ist das bellum offensivum ein necessarium consequens,
so admittiret auch zugleich E. E. L. die Ursachen, welche noth wendig
contributiones und andere Auflagen, als ihre wesentliche Wirkungen nach
sich ziehen müssen.
Ueber das dringet der consensus der Stände vielmehr ad bellum
defensivum, aus der von Sr. Ch. D. selbst angeführten Ration, näm blich
weil es ohne ihre Assistenz nicht geführet werden kann. Es ist ohne-
das das Land zu seiner Defension, von denen Hochl. Vorfahren, Sr. Ch. D.
in eine solche Verfassungen gesetzet, dass es einen domesticum und ordi-
narium militem halten muss. Dem zu Hülfe hat E. E. L. noch eben
bei gegenwärtigem Landtage den Generalaufbot vorgeschlagen und in ein
gewisses Reglement zu Sr. Ch. D. Verbesserung abgefasset, derselbe be-
stehet von lauter Mitgliedern des Landes und muss auch ex visceribus
des Landes alimentiret werden. Weil nun solch bellum defensivum nach
den Landesgesetzen selbst auf der Einsassen eigener Belieben und Ver-
mögen ankommet, so würde ihnen ja das grösste Ungleich geschehen,
wenn man sie ohne ihr Wissen und Willen zu einem unbekannten Kriege
aufbieten, armiren und anschicken wollte.
Vom casu necessitatis redet allhier E. E. L. nicht, denn derselbe ist
nicht allein von sich selbst ein gültige Exception, sondern ist auch zu-
gleich in den Landes- Verfassungen , als im decreto de ao. 1609 p. 107.
f. 2 „lustrationes" zur Gnüge versehen; demnach bittet E. E. L. E. E. Herrl.
geruhen es bei Sr. Ch. D. dahin zu richten, dass indistiucte kein Krieg
noch Bündnüs, auch keine Werbungen einiger Krieges -Völker wegen
dieses Herzogthumbs ohne Vorwissen, Rath und Einwilligung der Stände
aufgenommen, angestellet und eingerichtet werden möge. Wegen der
1500 Mann, welche S. Ch. D. ex jure foederis dem Könige und der Krön
versprochen, will zwar S. Ch. D. E. E. L. ihre vorgebauete Sorge beneh-
men und vertröstet sie auf einen andern annehmlichen Vergleich, allein
22*
340 II- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
weil E. E. L. dardurch noch so nicht versichert ist, dass sie auch an den-
selben annehmlichen Vergleich nicht verbunden werden solle, als bittet
sie gleichfalls S. Ch. D. dahin zu bewegen, dass sie E. E. L. durch eine
deutliche Erklärung gnädigst versichern wolle, dass sie auf keinerlei
Weise mit allen denen oneribus, welche S. Ch. D. ex jure foederis an
sich genommen, wie die auch Namen haben, zu thun haben, sondern
von allen und jeden frei und unbelästiget sein und bleiben sollen.
Ad, Lit. I. E. E. L. bedanket sich gegen S. Ch. D. zum unterthänig-
sten, dass sie den Landtages-Recess, worauf sich nicht allein S. Ch. D. in
ihren vorigen Exemplaren der Assecuration, sondern auch E. E. Herrl. selbst
in ihrem Project beziehen, mit dero Ständen [zu] commuuiciren erklären.
Sie können aber nicht umbgehen, dieses noch dabei zu erinnern
und zu bitten, den Recess so einzurichten, dass er loco abolitionis grava-
minum (woselbst auch dieser Punkt von den paribus curiae hingehöret)
sein und auf gegenwärtige unter der Handlung schwebenden Assecuration
gegründet werden möge.
Ad. Lit. K. Es kann E. E. L. nichts Liebers sein, als dass S. Ch. D.
zerfallenes Kammer- und Oeconomiewesen, aufs Eheste so wieder auf-
gerichtet werde, dass sie davon reichen Nutzen empfinden möge; zu dem
Ende auch von Herzen wünschet, dass sie allezeit mit treuen und nütz-
lichen Dienern versehen sein mögen, will auch garnicht hiemit den un-
tüchtigen und untreuen Dienern das Wort geredet haben, sondern weil
demnach die Haubtmannschaften nicht allein Sr. Ch. D. Oeconomie con-
cerniren, sondern auch zugleich Justitien und Ehren-Aembter sind, mit
welchen der Adel und andere benemeriti dieses Landes speciali bene-
ficio privilegiret ist; als bittet E. E. L. die Hauptleute, wenn sie einiger
üblen Administration bezüchtiget werden, nach diesen Qualitäten auch bei
gegenwärtiger Assecuration zu consideriren und mit ihnen Inhalts der
Reg. Notul und responsi de ao. 1617 zu verfahren.
Ad. Lit. L. Auch bei diesem Punkt hat E. E. L. gegen S. Ch. D.
unterthänigst sich zu bedanken, dass sie auch ausserhalb Landtages
dennoch Jedwedem seine Beschwerde frei jedesmal an die preussische
Regierung zu bringen vergönnen.
Diese gnädigste Erklärung aber satisfaciret bei weitem nicht die
stata tempora der Landtage darob E. E. L, bei dieser gegenwärtigen
Veränderung so inständigst zu bitten, die grösste ürsach hat. Bei Zeiten
des mediati dominii vermochte ein jeder privatus vi responsi regii de
ao. 1605 p. 93. f. 2 § „si qua vero" und resp. de ao. 1617. p. 150. f. 2 §
Recess. Kammetwesen. Beschwerden. Stata tempora der Landtage. 341
„convocationem et gravamine" einen Landtag, entweder bei denen Herren
Oberräthen. oder auch gar bei der Kön. Maj. auszuwirken und dürfte [^be-
durfte] man zu der Zeit keine gewisse Zeiten, weil man alle Zeit, so oft nur
Materie zum Landtage sich eräuget, darzunehmen und anwenden können.
Die Herren Oberräthe selbst könnten in certo casu, propria et le-
gati autoritate der Reg. Notul p. 55 f. 1 § „Sintemal sich", test. Markgraf
Albr. p. 78, f. 2 § „werden auch« und decreta de ao. 1609 p. 102, f. 1 §
„de facultate etc." Landtage ausschreiben.
Wenn nun aber S, Ch. D. in dieser sowohl als in den vorigen ihren
Assecurationen und Declarationen die Landtage auf sechsjährige Zeiten
auf die Deliberation des kleinen consilii über die Nothdurft auf Relation
an S. Ch. D. und endlich auf deroselben Ehehaften und Anwesenheit
restringiren, so ist hier nicht allein der Herren Oberräthe Gewalt geho-
ben, sondern es kann auch gar kein Landtag ohne Sr. Ch. D. Gegenwart
gehalten werden. Die Nothdurft des Landes wird auch nimmermehr
zur L'rsach eines Landtages gedeien können, weil S. Ch. D. dieselbe
in ihrer Abwesenheit nicht selbst inne werden, die Stände auch serie
conventiculi nota nicht zusammen kommen können und endlich so sind
die praeparatoria des Landtages so gestellet, dass sie noth wendig viel
Zeit erfordern ehe sie zum Anfange gedeien und dürften leichtlich 10
oder 12 Jahre hinlaufen, ehe ein Landtag ausgewirket würde und obgleich
S. Ch. D. einem Jedw^eden seine Beschwerde der preussischen Regierung
vorzutragen, freilassen, so dienet solches mehr den causis privatorum,
als den publicis, welchen besser nicht, als in actu et conventu publico
abgeholfen werden kann. Derowegen denn E. E. L. sowohl umb dieser
als anderer Ursachen willen, welche sie hiebevor in ihrer unterthänigsten
Erinnerung angeführet, E. E. Herrl. unterdienstl. bittet, sie belieben hoch-
geneigt bei Sr. Ch. D. es dahin zu vermitteln, dass E. E. L. alle drei
Jahr einen gewissen und unwandelbaren Landtag, anstatt höchstbilliger
Satisfaction , für das beneficium, welches sie in diesem Punkt zugleich
mit dem mediato dominio aus unterthänigster Devotion gegen S. Ch. D.
schwinden lassen, erhalten möge.
Sie ist auf allen Fall bei dem puncto gravamiuum, da von dieser
Materie gehandelt wird, unvorgreifliche Mittel, wie die Landtage in
billigmässige Zeiten und Arten zu handeln eingeschlossen werden möch-
ten, ihre unmassgebliche Vorschläge zu eröffnen erbötig.
Ad. Lit. M. N. 0. Sr. Ch. D. ungnädige Declaration über E. E. L.
unterthänigstes und rechtmässiges Gesuch in puncto juramenti, pacti
342 II- D^r grosse Landtag von 1661 bis 1663.
commissorii und clausulae derogatoriae kann E. E. L. anders nicht, als
zum Höchsten betrüben, indem ihr unschuldiges Absehen, welches sie
auf die Sicherheit ihrer Freiheiten, die S. Ch. D. unverbrüchlich zu hal-
ten, so heilig und mannigfaltig versprochen, ohne einiges Nachtheil der
wahrhaften Hoheit gerichtet haben, für ein unerhörtes, ungewöhnliches
und solch ein Beginnen, welches ein höchst schädliches Misstrauen nicht
allein in Sr. Ch. D. dreiundzwanzigjährige, sondern auch in dero unerzo-
genen und unschuldigen Prinzen künftiger Regierung nach sich ziehet,
darzu weder S. Ch. D. noch dero kurf. Nachkommen sich verstehen
können noch werden halten und annehmen. Es müsste E. E. L. ewig
leid und wehe thun, wenn sie in allen diesen dreien Punkten Sr. Ch. D.
das Geringste zugemuthet hätte, welches unerhört, ungewöhnlich wider
dero wahrhafte oberherrschaftliche Hoheit laufende und zu höchst ver-
derblichem Misstrauen zwischen Herren und Unterthanen angesehen wäre.
Sie bezeugen vielmehr mit Gott dem Herzeukündiger aller Menschen und
mit ihrem wohlfandirten und beständigen gutten Gewissen, dass sie bei
ihrer aufrichtigen Treu und Devotion keinen andern Vorsatz jemals ge-
führet hat, als alles Misstrauen aus der Wurzel zu heben und in ein
christliches und beständiges Wohlvernehmen die Hochl. Herrschaft mit
dero getreuen Unterthanen zu verbinden. Unmüglich aber ist diesen
Zweck zu erreichen, wenn die hohe Herrschaft an ihrem gebührenden
Respect und Hoheit von Unterthanen verletzt, oder Unterthanen zuwider
ihren Rechten, Freiheiten und Gerechtigkeiten beschweret und zu recht-
mässigen Klagen verursachet werden. Diese zweene grosse Interesse sind
die Zeit hero durch Zulass des gerechten Gottes zu höchstem Schaden
und Nachtheil des armen Landes separiret worden. S. Ch. D. haben die
Meinung gefasset, E. E. L. opponire ihre Rechte und Freiheiten deroselben
Hoheit; E. E. L. hergegen klaget, dass S, Ch. D. dero Hoheit von den
Rechten und Freiheiten des Landes so desinteressiret und entfernet, dass
sie fürchten muss, endlich sie werde von aller Wohlfahrt abkommen, da-
hero ist es kommen, dass den Ständen, insonderheit denen, welchen dieser
Lande Interesse zu combiniren für andern oblieget, die Arbeit bishero so
schwer und fast unerträglich gemacht worden. Weil sich denn eben dieses
Unheil annoch auch bei diesen 3 Punkten merklich äussert und von Seiten
Sr. Ch. D. gleich ob dieselbe ausdrücklich wider dero Hoheit liefen, be-
hauptet werden will, als kann E. E. L. der Sachen eigentlichen Grund Sr.
Ch. D. durch E. E. Herrl. vorzutragen nicht umbgehen. Und so viel das
juramentum betrifft in unterthänigsten Respect vorzustellen, dass erstli-
Huldigungseid. 343
chen die juramenta, welche die hohe Obrigkeit bei Antretung der Regie-
rung abgeleget, an sich selbst keinem christlichen Potentaten, wie absolut
er auch immer sein mag an seiner Majestät und Hoheit nicht den gering-
sten Abbruch thun. Denn ob sie gleich die Regierung pro objecto haben,
so sind sie dennoch einig und allein zu Gott, dessen Statthalter sie allhier
auf Erden sein und nach dem Exempel Gottes, welcher auch seinem Volk
bei sich selbst ohne Verletzung seiner göttlichen Majestät geschworen
hat; uam jus jurandum cum deo contractum censetur non potestati sed
fraenum auimae injicit und haben diesen Effect, dass die hohe Obrigkeit,
welche die Unterthauen nicht tadeln können, dennoch auf die gewaltige
Hand des Höchsten Gottes sehen und dieselbe fürchten muss.
2) So sind die juramenta aller unmittelbaren Unterthanen jus quae-
situra ex jure gentium, nam omnium gentium ultima fides jus jurandum
est und zwar fürnehmlich der unmittelbaren, denn die unmittelbaren
Unterthanen an ihrer mittelbaren Herrschaft dergleichen Recht so stark
nicht zu prätendiren haben, weil sie ihre Conservation und Sicherheit
durch die Ober- und unmittelbare Herrschaft suchen und befordern können.
Diesem nach ist keine unmittelbare oder auch ex jure haereditario
absolute Herrschaft in der ganzen Christenheit, welche nicht ihre Re-
gierung mit der Eidesleistung antritt, zu finden, das thut der Rom.
Kaiser zweimal, die Könige in Frankreich, Hispanien, England, Ungarn,
Böhmen, Polen, Schweden, Dänemark, alle Herzogen in Italien, viel
Fürsten des Rom. Reichs unter welchen insonderheit Braunschweig grosse
und weitläuftige acta für dem Speierschen Kammergericht gewechselt und
dieser gegenwärtigen Materie zu grossem Licht in öffentlichen Druck ge-
geben hat, ja eben darumb, dass sie schwören, bestätigen sie ihre Ge-
walt und Titul von Gottes Gnaden.
3) So sind auch die juramenta blos und allein zur Sicherheit der
Unterthanen eingeführet worden, die hohe Herrschaft ist ohne das so
hocherhoben, dass ihr die Unterthanen nicht beikommen, oder sie in
ihrer Hoheit gefahren können; Gottes Ordnung und der eingepflanzete
Respect, der allen sowohl christlichen, als heidnischen Unterthanen
gleichsam natürlich beiwohnet, hält sie an sich selbst für heilig und un-
verletzlich, die Natur weiset uns, dass nicht die Starken, sondern nur
die Schwachen Hülfe bedürfen und darumb kommet auch billich den
Unterthanen, als dem schwächsten Theil das Jurament zu statten. Dieses
ist der Juramenten eigentliche Intention und kann kein effectus darwider
derselben gezogen werden.
344 II- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Wenn nun eine cliristliche Herrschaft ohne das gemeinet ist, ihrer
von Gott anvertrauten Unterthanen getreulich sich anzunehmen, sie zu
schützen und bei ihren Freiheiten zu lassen, so kann ihr das juramen-
tum zu keinem Zwange und Nachtheil der Reputation ausschlagen, son-
dern wird das, was sie ohne das zu thun Willens, gerne und ohne Un-
willen mit dem juramento bestätigen. Diejenigen Rechtsgelahrte, welche
für andern der absoluten Herrschaft und ihrer Majestät das Wort aufs
Schärfste reden, können endlich keine so erhebliche Ursache sie von der
Eidesleistung loszusprechen finden, sondern schliessen den ganzen Streit
mit dem Guttachten, dass wie sie kraft ihrer absoluten Herrschaft dazu
nicht können gezwungen werden, als sei ihnen am Besten gerathen, dass
sie dieselbe gerne und willig an sich nehmen und verrichten. Ist das nun
wohlgerathen und wohlgethan, bei dem absoluto imperio, wie viel mehr
wird dieser Schluss bei der pactio nata dergleichen dieses Herzogthumb
und das supremum dominium S. Ch. D. ist, schicken und appliciren
lassen, was S. Ch. D. hiergegen Erhebliches einwenden könnte, möchte
dieses sein, dass sie allbereit die Wehlauschen pacta, darinnen die
Landesfreiheiten sind, beschworen.
Darauf wird uuterthänigst geantwortet, dass S. Ch. D. dem Könige
zwar ein juramentum foederis, nicht aber ein juramentum regiminis ge-
schworen haben. Dieses, weil es E. E. L. allein angehet, hat weder der
König fordern können, noch S. Ch. D. prästiren dürfen, sondern wird nun
allererst in Unterthänigkeit gesuchet.
Folget nun die clausula „würden aber wir", welche E. E. L. dem
Project ihrer Assecuration mit angehangen und sonsten von den Rechts-
gelehrten pactum legis commissoriae genennet wird, von derselben
sentiren S. Ch. D. eben das, was von dem Jurament.
Darauf antwortet E. E. L. in gebührender Submission und Beschei-
denheit
1) dass solche clausulae commissoriae in den pactis und Verfassungen
des Landes gar nicht ungemein, Viadislaus Jagello hat selbige in sein
Privilegium pacis et concordiae p. 12. f. 1. it. in seinen reversales p. 13.
f. 2. beede von ao. 1436 zu setzen sich nicht gescheuet.
Dergleichen hat auch gethan der damalige Hoemeister Paul Ross-
dorff in seinen zu Marienburg ao. 1436 ausgegebenen reversalibus in re-
novatione pacis perpetuae, hats auch gethan König Sigismundus Augustus,
damaliger Grossfürst in Litthauen p. 48. f. 1.
2) So ist dieses pactum auch bei auswärtigen Königen und Potentaten
Huldigungseid. Clausula commissoria. 345
Üblich gewesen; Philippus II. König von Spanien hat den Niederländi-
schen Provinzien, als sie ihm Carolus V. übergeben, mit diesem pacto
beschworen, desgleichen hat gethan Sigismundus als ein König in Schwe-
den, Christian XI. König in Dännemark, Andreas König in Ungarn. Das
allermeiste aber ist
3) dass von Zeiten des Stephani Battoraei an bis auf gegenwärtigen
König Johannem Casimirum alle Könige in ihrer rotula juramenti schwö-
ren: „et si quod absit in aliquibus juramentum violavero, nullam mihi
incolae regni omniumque dominiorum uniuscujusque gentis obedientiam
praestare debebunt".
Hat nun S. Ch. D. den königlichen Charakter über dieses Herzogthurab
aus der Hand des Königs von Polen genommen, so könnte sie denselben
anders nicht, als suo cum onere et commodo empfangen haben und dero-
giret dieses pactum den Königen von Polen an ihrer Majestät nichts (wie
es denn in Wahrheit nicht derogiret, weil es libero utrinque voto einge-
führet worden). So kann es Sr. Ch. D. auch an der ihrigen nichts be-
nehmen, zumalen
4) dieses pactum dahin nicht gehet, dass ein privatus ex gravamine
aliquo particulari sich dessen gebrauchen könne, denn demselben kann
durch das Judicium vel ordinarium vel parium geholfen werden, sondern
es gilt solches in unico hoc casu, wenn die gesammbten Stände des
Landes in den allgemeinen Freiheiten, da Gott vor sei, beschädiget und
von der hohen Herrschaft (die sie zuvorhero darob gebührend zu be-
grüssen und die Remedirung mit unterthänigster Bescheidenheit zu su-
chen schuldig ist) nicht erhöret worden. Wie selten aber dieser casus
bei gnädiger Herrschaft und wohl affectionirten Unterthanen sich zutra-
gen, das weisen selbst die Geschichten der löblichen Krön Polen. 5.) So
rühret auch solches Pactum nicht her aus irgend einem Misstrauen gegen
S. Ch. D. und dero kurf. Posterität. Von Sr. Ch. D. sind sie nicht an-
ders als christlich und löblich regieret worden und von dero kurf. Nach-
kommen hat sie auch keine andere Hoffnung, als dass sie durch Gottes
Hülfe der väterlichen und christlichen Regierung nachahmen, auch un-
fehlbar den väterlichen unsterblichen Ruhm erwerben werden.
Es ist diese Versicherung durch so viele und grosse Exempel nun-
mehr kein neues und fuudirtes Recht, es gehet eines ganzen Landes
und Volkes Wohlfahrt an, die will auf etwas Gewissers, als eine unge-
wisse Hoffnung (weil von Menschen nicht anders, als menschlich geur-
theilet werden kann) gestellet sein. Dannenhero auch dieselbe ohn ein-
346 n. Der grosse Landtag von 1G61 bis 1663.
ziges Misstrauen mit Bestände Rechtens und der Billigkeit von Unter-
thanen ihren Obern zugemuthet werden kann und wenn dieses nicht
sein könnte, so würde daraus folgen, dass keine Succession oder Election
praevio juramento ohne dergleichen Verdacht voUenzogen werden könne.
Was S. Ch. D. von dero getreuen Ständen frembde aufnehmen könnte,
möchte dieses sein, dass sie das Experiment deroselben 23jährigen glück-
lichen Regierung durch eine neue Eidesleistung und bishero ungewöhn-
liches pactum versichern wollen. Es ist zwar der Zustand des Landes
so geändert, dass er beinahe einem ganzen neuen nicht unähnlich
nichts destoweniger, so wollen doch die vom Herrenstande . . . Sr.
Ch. D. gnädigsten Begehren sich gerne bequemen und den angeführten
Einwurf gerne, dass was sie damit intendiren bei sich gelten lassen,
gestaltsam dann sie hiemit gegen Sr. Ch. D. hohen Person das jura-
mentum und das pactum commissorium aus unterthänigster Devotion
schwinden lassen. Sie nehmen nur dagegen zu keinen Ungnaden, dass
sie dero kurf. Nachkommen, weil ihre künftige Regierung und die
Conduite derselben Ministren anders nicht, als unbekannt sein kann,
ohne Verdacht ihrer unterthänigen Treu verbinden mögen und dass die-
selbe in casu aperturae (den Gott zu langen Zeiten noch zurück halten
wolle) dero getreuen Ständen, ehe und wann sie huldigen, das jura-
mentum, welches alle Könige in Polen von Stephane Battori, bis auf
gegenwärtige Königl. Maj. der Krön und allen incorporirten Provinzien
für ihrer Huldigung geleistet, prästiren mögen, dieses kann dero kurf.
Posterität aus obengezogenen Ursachen zu ganz keiner Verkleinerung
ihrer Hoheit gereichen.
Es ist gemein Rechtens, dass die regierende Häupter zuerst schwören
und der Unterthanen privilegia confirmiren, hernacher die Unterthanen
huldigen. Das erfordert auch das Testament Markgraf Albrechts p. 8. f. 1.
Ehe aber und zuvorn die Löbl. Kren Polen (derer Exempel bei unserm
Zustande wir nicht können aus den Augen setzen) hat mit den Königen
zugleich diesen Gebrauch eingeführet, dieses hat auch dem Königl. Theil
Preussen Sigismundus 1 und sein Sohn Sigismundus Augustus durch un-
terschiedene Literas responsoriales in vim privilegii ertheilet, in deme von
ao. 1530 diese ausdrückliche Formalia gebrauchet, quamdiu hoc ipsum
juramentum Maj. Sua non praestiterit, et huic debito suo regio non satis
fecerit, ipsi universi Status et ordines earundem terrarum et civitatum
Prussiae ad servandum juramentum suum non erunt adstricti neque obli-
gati, desgleichen wird auch in den von ao. 1537 gefunden, neminem
Clausula commissoria. Huldigung. 347
praedictorum subditorum suorum sibi parere debere, nisi prius universa
jura, diplomate suo regio confirmaverit. Hiebei möchte vielleicht S. Ch.
D, einwerfen, dass dergleichen juramenta, die Könige von Polen, der Krön
Polen und deren Gliedern, welche part an der Election haben, nicht aber
diesem herzogthumblichen Theile, welches S. Ch. D. beherrschet, prästiren,
aber hierauf wird geantwortet: Die Stände halten dafür, dass sie und
ihre Freiheiten unter diesem jurament die Zeit hero, da das directum do-
minium bei der Krön Polen gestanden, mitbegrieffen sein müssen, weil
1. das dominium und die subjectio in perpetua relatione miteinander
stehen. Zum 2. weiset auch solches die rotula juramenti selbst, welche
in definitionem diese Worte gebrauchet: incolae regni omniumque do-
miniorum cujusque gentis, darunter auch unfehlbar dieses Herzogthumbs
mit begrieffen sein muss und gesetzt, die Könige von Polen hätten die
pr. herzogthümbl. privilegia, bei ihrem directo domino nicht beschworen,
so ist doch das eben der casus nicht, der allhie zu attendiren, sondern
es kommt eigentlich auf den an, wenn die Könige von Polen in casu
devolutitionis das plenum et supremum dominium überkommen, ob sie
alsdann diesem Theil Preussen also zu schwören angehalten werden
können.
Die Antwort hierauf stehet in der Königl. Erklärung Sigismundi
Augusti den Ständen des Königl. Theils Preussen zu Peterkau ao. 1549
ausgegeben, woselbst diese ausdrückliche Worte zu finden: „quoniam in
dubium vertitur, an jus jurandum nostrum statusqe et subditos terrarum
nostrarum Prussiae comprehendat et paulo post, bona fide decrevimus et af-
firmamus, nostram intentionem et mentem tunc, cum juravimus, fuisse,
nee alio sensu a nobis intellectum esse, quam ut ipsum juramentum etiam
ad terras Prussiae pertineret".
W^as nun das Theil Preussen von den Königen von Polen ex su-
premi dominii gewusst, das muss noth wendig auch dies Herzogthumb in
casu devolutionis von denselben zu gewarten haben und durch diese Ra-
tion halten die vom Herrenstand und Landräthe dafür, dass auch Sr.
Ch. D. Nachkommen dergleichen zu thun mit Rechten sich nicht weigern
können. Die von der Ritterschaft aber können auch in diesem Punkt,
denen vom Herrenstaud und Landräthen als eben der oben bei Lit. E.
angeführten expirirten Vollmacht sich nicht conformiren, sondern müssen
denselben auf die gebotene Relation und völlige Instruction ankommen
lassen, denen sich nochmals die von Städten adjungiren und bis dahin
ihre Erklärung verschieben müssen.
348 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Die clausulam clerogatoriam lasset in effectu E. E. L. Sr. Ch. D.
directo dominio zum besten ganz ungekränket, sie hat aber nur dieses
dabei unterthänigst zu erinnern, dass S. Ch. D. gnädigst geruhen wolle,
deroselben sich so, wie König Sigismundus II ao. 1525 bei seinem da-
maligen paciscirten directo dominio gethan, zu gebrauchen.
Der König Sigismundus, damit diese clausula durch ihre Generalität,
weder dem Markgrafen Albr. Hochlöbl. Gedächtnüs, noch denen Ständen
dieses Herzogthumbs einige Ombrage machen möchte, expliciret sich,
durch die ao. 1526 geschehene Yerneuerung der Privilegien (als durch
eine Exception quae firmat regulam in casibus non exceptis) wieweit
die clausula derogatoria gehen sollte, nämblich auf alle die jura und pri-
vilegia, welche ehe in die gedachte Yerneuerung nicht gesetzet worden.
Dieses und nichts mehr, suchet auch E. E. L., dass S. Ch. D. sich spe-
cialiter auslassen wolle, worinnen sie vermeinen, dass den Wehlauschen
Pacten durch die Landesprivilegia, Rechte, Gerechtigkeiten und Ge-
wohnheiten derogiret werde.
Sie ihres wenigen Orts hält dafür, die Landesverfassungen können
dem directo dominio in keinerlei Wege derogiren, weil doch das direc-
tum sowohl, als das utile und per consequens auch das consolidatum et
plenum dominium an die Landesfreiheiten und Verfassungen verbunden,
was in der That und Wahrheit dem directo dominio Sr. Ch. D. eigentlich
derogiren kann, das sind die jura nexus feudalis oder vielmehr die onera
feudalia. Sind die gehoben, so ist das derogans mitgehoben.
Nun ist dasselbe in der That, nicht allein von der Königl. Maj.,
welche durch die Uebergabe des directi dominii das vasallagium peri-
miret hat, sondern auch von E. E. L. die solches durch ihre unterthä-
nigste Submission, laut dem iibergebenen Bedenken angenommen hat,
gehoben worden. Darumb so findet E. E. L. nichts mehr, wo die clau-
sula cum effectu appliciret werden könnte und bittet deswegen, dass S.
Ch. D. dieselbe entweder so erklären, dass den Landesverfassungen da-
durch nicht derogiret werde oder sie gar als allbereit ipso jure et facto
in Sicherheit gesetzte Clausul gnädigst auslassen wolle.
Würden aber S. Ch. D. auch diese Gnade E. E. L. zu erweisen Be-
denken tragen, so bitten die vom Herrenstande und Landräthe wie auch
die von der Ritterschaft und Adel E. E. Herrl. nur dieses bei Sr. Ch. D.
dafür zu erhalten, dass mit Beibehaltung der Clausul, so wie sie in E.
E. Herrl, Entwurf enthalten für das Wort „Recht an" die Worte „directo
dominio" gesetzet werden mögen. Die von Städten aber bitten unterthä-
Clausula derogatoiia. 349
Digst S. Ch. D. geruhen gnädigst diese clausulam derogatoriam auszu-
lassen.
Dieses ist, was aus höchster Noth E. E. L. auf E. E, Herrl. Project
allein zu Beibehaltung ihrer Freiheiten ohne einzige Verletzung kurf.
Hoheit anführen müssen. Es sind hier keine neuerrichtete und in diesen
Landen ungebräuchliche Rechte, sondern alle wohlhergebrachte pacta
und nie in Zweifel gezogene und abrogirte Fundamental -Landesverfas-
sungen, Der allerhöchste Gott wolle Sr. Ch. D. fürstliches Herz so regieren,
dass dero getreue Landschaft in ihrem rechtmässigem Gesuch nicht un-
erhöret bleiben möge. Sie redet schlechterdings von ihren wohlerwor-
benen Rechten in gebührender Bescheidenheit und Submission, anders
nicht, als mit dem Recht und rechtsvernünftigen Gründen.
Sie wissen nunmehr nichts beizubringen, was nicht allbereit über-
flüssig wiederholet worden, sondern müssen nothwendig hiebei acquie-
sciren. Wollen nun S. Ch. D. von dero declarirten Assecuration nicht
gnädigst relaxiren, so wird dardurch das Band, was Herren und Unter-
thanen zusammen hält, schlecht verbunden und das hochnöthige gutta
Vernehmen gar nicht gebauet.
S. Ch. D. werden anstatt freudige, traurige, betrübte und seufzende
Unterthanen regieren müssen, allermeist aber werden diejenige, die die
Zeit hero an diesem Werk gearbeitet und keinen andern Zweck sich
vorgesetzet haben, als dass sie Sr. Ch. D. erworbenes supremum domi-
nium auf die ungefärbte Liebe, Treu und Devotion ihrer Unterthanen
gründen und zum Bestände fest setzen möchten, ihrer sauren Arbeit
keinen andern Lohn, als Ungnade von Sr. Ch. D. und Undank von ihren
Hinterlassenen zu gewarten haben.
Was aber das für einen kläglichen Zustand im Lande von Zeit zu
Zeit verursachen werde, das wird Sr. Ch. D. zu reifem Nachdenken in
Unterthänigkeit heimgestellet; indessen aber bittet E. E. L., es geruhen
E. E. Herrl. sich dessen, w'as dero hohen Ambte in dem Decret de ao.
1609 §. licitas auferleget wird, hochgeneigt zu erinnern und nicht zu
ermüden diese sowohl ihre eigene, als allgemeine Vaterlandes Sache Sr.
Ch. D. mit beständigem aufrichtigem Eifer vorzutragen und allen Kräfften
nach zu befordern. Absonderlich aber wiederholen ihre demüthige Bitte,
die von der Ritterschaft und Städten, E. E. Herrl. belieben hochgünstig
ihr vielgültiges Vermögen dahin zu emplojiren, dass von Sr. Ch. D. ein
gewisser terminus zur Relation aufs eheste verwilliget und angesetzet,
die abolitio gravaminum (so wie dieselbe S. Ch. D. pro ultima den
350 ^f- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Ständen ausgeben können) damit sie auf einmal von diesen noch strei-
tigen Punkten völliger Instruction ohn weitern Hinterzug einholen mögen,
extradiret und zugleich auch in die Aembter wegen der Landtagszehrung
mit sattsamen Nachdruck rescribiret werde, sie sind erbötig ihren Hin-
terlassenen alles mit solcher Aufrichtigkeit und Treue zu hinterbringen,
dass hoffentlich aus dem Effect sattsam ihre unterthänige Devotion gegen
S. Ch. D. zu verspüren sein wird. Solches wird der höchste Gott mit
zeitlichem und ewigem Segen zu ihrem unsterblichen Ruhm belohnen
und dass auch E. E. L. solch hohe Mühwaltung mit schuldigem Dank
erkennen werden, versichern E. E. Herrl. . • .^)
Protokoll über eine Erklärung des Kurfürsten^). Praes.
28. Februar') 1663.
Kön. 669 III. 668 III.
[Bescheid auf die letzten Ausstellungen der Stände in einer Reihe von Einzel-
punkten.]
1663. S. Ch. D. haben sich bei der den 20. und 23. Februarii über dem
28. Febr. pj-^jg^^ (jero gnädigsten Assecuration vom 15. Januar laufendes Jahres
und darauf unterthänigsten Erinnerungen gehaltenen Conference folgender
Gestalt durch dero geheimbte Räthe gegen die Deputirte von den Land-
räthen gnädigst erklären lassen bei Litt. A., dass das Wort esse, wel-
ches die Landstände zu dem Wort wann hinzuzusetzen gebeten, unnö-
thig und überflüssig, alldieweil daselbst nicht de casu fortuito, sondern
allein von gegenwärtiger Assecuration, die gleich unter der Hand den
Ständen auszufertigen stehet, gemeldet wird und darbei S. Ch. D. keine
andere Intention, als dass sie für der neuen Eidesleistung ausgegeben
werden solle, führen.
B. Anstatt der Worte „sondern bei allen" (usque ad verba „Rath
und Guttachten") wollen S. Ch. D. setzen lassen, „sondern bei allen an-
1) Üeber die Stimmung des Kurfürsten in diesen Tagen vergleiche seine vertrau-
lichen Schreiben an den Oberpräsidenten. (Friedrich Wilhelm an Schwerin 19. Jan.,
1. Febr. 1663, Urk. und Actenst. IX S. 847 f.)
2) Der Originaltitel lautet: „Erklärung über das Project der kurf. Assecuration
vom 25. Januar 1663 und derer darauf von den Ständen eingegebene Erinnerung durch
S. Ch. D. geheimbten Räthe den zur meintlichen Conferenz deputirten Landräthen er-
theilet d. 24. Februar 1663."
3) Dieses Datum nach Kön. 668 III., dem in dubio zuverlässigeren Bande.
Erklärung über die Vorschläge der Stände zur Assecuration. 351
dem solchen wichtigen Handlungen, so dieses Herzogthumb betreifen, zu
Krieg- und Friedenszeiten allemal unserer getreuen Stände Rath, Gutt-
achten und Belieben."
C. S. Ch. D. sind durchaus nicht gemeinet, andere Commissarien,
als welche comitiali h. e. regis et regni autoritate abgefertiget sind, an-
hero zu befordern, es werden auch dieselben Commissarien die gebotene
schriftliche Assecuration in casum devolutionis mitbringen und soll der
neue Erbeid von den Ständen nicht anders als bei öffentlicher Versammb-
lung, wie gewöhnlich, auch nicht ehe, als bei Ankunft und Anwesenheit
der Commissarien erfordert werden. Weil aber Solches in die Assecu-
ration eigentlich nicht gehöret, wollen 8. Ch. D. doch durch dero ge-
heimbte Räthe die Landstände hiemit versichert haben.
D. Die jura des Ordens wollen S. Ch. D. gar nicht den Landes-
verfassungen zuwider gebrauchen, nur müssen sie dieselbe, wegen der
deutschen Ordens Protestationen ... in allen actibus zu reserviren
suchen und weil auch diese ration zur Assecuration sich nicht schicket,
als versichern S. Ch. D. hiemit gleichfalls die Stände vor sich und ihre
Nachkommen, dass sie durch Vorbehalt der Ordens Rechte, so wie sie
dieselbe bishero gehabt haben und noch haben, in ihren Freiheiten nicht
sollen gefähret werden.
E. Die formulam concordiae wollen S. Ch. D. 1. in der Assecuration
nicht benennen lassen, 2. den § „gleichwohl" usque ad verba „angezogen
werden" wollen sie allhie auslassen. 3. Was sie aber in dem folgenden
§ „wiewohl" für eine Moderation meinen, soll in dem Recess, welcher
eben so viel gelten und beständig gehalten werden soll, als wann es
von Wort zu Wort mit in der Assecuration gesetzet wäre, gemeldet
werden.
Doch erklären sich S. Ch. D. vorgängig, dass sie vor die reformirte
Religion mit 4 Kirchen im Land (davon der Ort und die Zeit nicht de-
terminiret), dann auch mit 6 Aembtern der Hauptmannschaften und bei
den 3 Gerichtsstuben des Tribunals, Hoffgerichts und Criminalgerichts jeder
2 oder 3 Stellen [für] die reformirte Einzöglinge zufrieden sein wollen,
dergestalt, dass insonderheit die Oberrathstube und Hauptämbter mit lu-
therischen Einzöglingen besetzet, auch wegen der reformirten Religion in
künftigen Zeiten ein Mehrers nicht gesuchet und hierin keine Aenderung
gemachet werden soll, und hierzu begehren S. Ch. D. eigentlich dero
Landständ Consens nicht, sondern beziehen sich desfalls auf ihr habendes
jus supremi dominii, wann es aber den Ständen in casum devolutionis
352 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1G63.
ZU Nutzen gedeieu kann, wollen sie diesen Actum so einrichten lassen,
als ob er mit ihrem Consens vollenzogen wäre worden.
Lit. F. Der Herren Oberräthe Contracten und Concessionen kurf.
Domänen betreffende, wollen S. Ch. D. ins künftige ohne ihren vorher-
gehenden wohlfundirten Bericht und darauf erfolgeten kurf. Befehl nicht
passiren lassen.
2. Das Wort Lehnschaft soll ausgelassen werden.
Lit. 6. Vermeinen S. Ch. D., dass der Stände Erinnerung allhie
überflüssig, weil die mit Sr. Ch. D. Vorfahren Höchstl. Gedächtnüs auf-
gerichtete pacta zur Genüge in vorhergehendem § salviret worden.
Lit. H. S. Ch. D. wollen das Wort offensive auslassen und an dessen
Stelle setzen, dass sie extra casum necessitatis ohne Einwilligung der
Stände sich in keinen Krieg einlassen wollen.
2. Es verstehen auch S. Ch. D. darunter, weil sie ungewilliget keine
Contribution fordern wollen, dass sie auch keine Verpflegung oder Ein-
quartierung den Ständen ohne ihre Willigung auflegen wollen, derowegen
der § wegen der 1500 Mann zur Assistence allhie ohne Präjudiz der
Stände ausgelassen werden soll.
Lit. L Der Recess soll die abolitionem gravaminum in sich halten
und den Ständen vorhero communiciret, auch darüber conferiret werden.
Lit. K. S. Ch. D. wollen mit den untüchtigen Hauptleuten und ihren
Verbrechungen anders nicht, als nach Recht verfahren lassen.
Lit. L. Die stata tempora der Landtage verwiliigen Sr. Ch. D. gnä-
digst auf 6 Jahre und wann sie aus eigenen Ehehaften behindert werden,
denenselben beizuwohnen, wollen sie in dero Abwesenheit durch die
preussischen Oberräthe den Landtag ausschreiben und bis uf dero gnä-
digsten Schluss und Ratification durch dieselbe fortsetzen lassen.
Lit. M. N. 0. Können die angeführte fundamenta der Stände uf
den casum nicht appliciret werden und versehen sich S. Ch. D. aus denen
rationibus, welche sie denen deputirten Landräthen dagegen vorstellen
lassen, dass ihr die Stände hierunter weiter nichts anmuthen werden.
Die kurf. gnädigste Erklärung haben die deputirte Landräthe mit unter-
thänigstem Gehorsam angehöret und weil die rationes, welche sie aus
denen vereinigten Bedenken und sonsten zu Behauptung der Stände letz-
teren Erinnerungen demütigst darwider angeführet, in unterschiedenen
Punkten nicht erheblich geachtet werden, haben die Deputirte solche
kurf. Resolution an ihr collegium ad referendum genommen und die-
selbe uf dero gnädigste Herrschaft hohen Befehl denen andern Ständen ex
Kirchenrecht. Zum Text der Assecuration. 353
protocollo extradiren müssen. Es wollen aber S. Ch. D. der Stände Er-
klärung hierüber nicht anders, als mündlich ins förderlichste vernehmen
und darauf die Assecuration ohne weitere Verzögerung endlich ausgeben
lassen.
Greeinigte Erklärung aller Stände. Dat. 6. März 1663.
Kon. 669 III. und 668 III.
[Antwort auf das Protokoll') in Sachen der Assecuration. Meist zustimmende Be-
antwortung der vom Kurfürsten ertheilten Bescheide auf die Beschwerden der Stände.
Stata tempora der Landtage. Reformierte.]
Bei Lit. A lassen sie es schlechterdings bei dem Protokoll bewenden. 1663.
Lit. B. bitten sie unterthänigst deutlich zu setzen, bei solchen und ' ^^^"
andern wichtigen Handlungen.
Lit. C. u. D. bitten sie demüthigst umb schriftliche Versicherung,
zu ihrer und der Nachkommen Besten.
Lit. E. müssen sie es geschehen lassen, wann S. Ch. D. die formu-
lam concordiae in der Assecuration nicht wollen benennen lassen, sie
können sich aber solches einhellig angenommenen Buchs nicht begeben,
sondern halten dasselbe eben wie die andern Kirchenbücher pro libro
symbolico.
Lit. F. bitten die Stände, dass der Herren Oberräthe ihr Ambt nicht
vergeringert und diejenigen, welche bishero bona fide, gemäss denen
Landesverfassungen, mit ihnen contrahiret, in ihren Rechten nicht ver-
kürzet, dann auch künftig die Ratificationen oder Concessionen nicht
ausser Landes grossen Unkosten gesuchet werden dürfen,
Lit. G. Submittiren sich die Stände unterthänigst.
Lit. H. Wird demüthigst gebeten, dass zu Verhüttung aller Misshel-
ligkeit bei den Nachkommen der casus necessitatis uf den Fall die Stände
nicht zusammen gerufen werden könnten, gnädigst erkläret werden möge.
Lit. I. Hat seine Richtigkeit.
Lit. K. Wollen die Stände denen untreuen Dienern das Wort nicht
reden, sondern lassen es unterthänigst dabei bewenden.
Lit. L. Wird nochmals unterthänigst gebeten, dass die stata tem-
pora der Landtage aus hocherheblichen Ursachen uf drei Jahr gnädigst
gewilliget werden möchte.
Wann S. Ch. D. dieses nicht eingehen, so werden die Stände, ob sie
1) Vom 24. Febr. 1663 (s. o. S. 350 ff.).
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 23
354 II- I^^'' grosse Landtag von 1661 bis 1663.
auch die gerechteste Sache von der Welt hätten, nicht mehr widerspre-
chen, sie haben, was ihnen ist, mit unterthäuigster Bitte und Remon-
stration gethan, sie wollen zu Sr. Ch. D. das feste Vertrauen tragen, ob-
gleich in dieser Assecuration einige puncta nicht deutlich und klar ge-
nug gesetzet, so werden dennoch dieselben in künftigen Zeiten, wenn ja
darüber unter den Nachkommen einiger Zweifel oder Misshelligkeit ent-
stehen sollte, anders nicht, als nach denen Landesverfassungen, welche
sie in genere confirmiret, interpretiren und ausdeuten lassen.
Der Punkt von der reformirten Religion, wie auch Lit. M. N. 0.
sind von solcher Wichtigkeit und den Landesverfassungen dergestalt zu-
wider, dass die Stände hierin weiter, als sie sich im letzten Bedenken
ausgelassen, nicht gehen können, sondern bitten in aller Demuth, wenn
ja S. Ch. D. bei dero gefassten Resolution verharren, sie geruhen gnä-
digst dieselben beiden wichtigen Punkten denen Deputirten von der Rit-
terschaft und kleinen Städten vor dem Schluss ad referendum in die
Aembter auszugeben, damit sie hierauf weiter instruiret werden können,
itzo sind alle instructiones ganz in contrarium ausdrücklich gerichtet und
wenn die Stände hiewieder etwas handeln, oder eingehen sollten, würde
es nichts anders, als Confusion anrichten und doch kein Kraft noch Be-
stand haben können, sie wollen in unterthäuigster Devotion bei der Re-
lation das Ihrige thun, damit in dem, was ohne höchstes Nachtheil der
Landesfreiheiten geschehen kann, Sr. Ch. D. unterthänigst gefüget und
nachgegeben werden. Sollte es aber durch Verhäugnüs des höchsten
Gottes zu wohlverdienter Strafe der Sünden dieses Landes geschehen,
dass S. Ch. D. durch dies unterthänigstes Bitten und in Bedenken ange-
führete höchstgegründete materia dero landesfürstliches Herz in diesen wich-
tigen Punkten nicht wollen lenken lassen, so können die Stände weiter
nichts thun, als in tiefster Demuth des Landes Recht bewahren und da-
bei auch auf solchen Fall in schuldigster Treu und Devotion gegen ihre
hochlöblichste Landesherrschaft beständig verharren; dieses würde nur
uuuöthig sein, dass der V'erwilligung der Stände in der Assecuration bei
dem Punkt von der Religion gedacht würde, weil ihnen solches in casu
devolutionis wenig zu statten kommen und auch in diesen beiden hoch-
wichtigen Punkten ohne vorhergehende Instruction aus den Aembtern denen
Landesverfassungen zuwider keine Verwilligung geschehen kann.^)
^) Am Schluss steht der Zusatz: „Dieses ist unter den Ständen vereiniget und
denen deputirten Landräthen zu unterthänigster Relation pro memoria mitgegeben d.
6. Martii 1663."
14. März.
Stata tempora. Reformierte. Zurückweichen der Stände. 355
Protokoll über eine Erklärung der gesammten Stände^). Act.
U.März 1663 0.
Kön. 669 III und 668 IH.
[Neue Rechtsverwahrung, aber Verzicht auf weitere Verhandlungen. Sondervotum
der Ritterschaft und der kleinen Städte.]
Es hat E. E. L. von allen Ständen die kurf. Assecuration, welche 1663
ihnen vorgestriges Tages gnädigst extradiret^), in aller Demuth verlesen
und haben zwar mit unterthänigster Danksagung daraus ersehen, dass
S. Ch. D. gar nicht gemeinet sein das erhaltene supremum et directum
dominium wider des Landes Besten und dessen wohlhergebrachte Frei-
heiten zu extendiren; mit welcher gnädigsten kurf. Erklärung allein die
Stände sich unterthänigst vergnügen würden, wenn nicht folgends unter-
schiedene Punkten so dunkel und zweifelhaftig darin angeführet [wären],
dass in künftigen Zeiten denen Landesfreiheiteu dardurch leichtlich ein
grosses praejudicium zuwachsen und unter denen Nachkommen höchstschäd-
liche Misshelligkeit darüber entstehen kann. Die Stände haben aus unter-
thänigster Treue gegen S. Ch. D. und ihr liebes A'^aterland alle das Ihrige
dabei gethan, die rationes aus ihren wohlfundirten privilegiis, welche
tam ab utili quam directo dominio confirmiret, demüthigst dagegen ange-
führet und allezeit in unterthänigstem Gehorsam gebeten, dass zu Ver-
hüttung aller künftigen Irrung, dasjenige, was in denen Privilegien ganz
hell und klar gesetzet, auch also deutlich in der Assecuration aus kurf.
Hulde und Gnade angeführet werden möchte. Weil aber die allerdemü-
thigste uuterthänigste Bitte der Stände, insonderheit in puncto religiouis
et juramenti, nicht verschlagen wollen und S. Ch. D. diese Assecuration
pro ultima ausgeben lassen, so müssen die Stände, welche allezeit auf
die Beibehaltung der kurf. Gnade gegen dieses Land ihr Absehen un-
terthänigst gerichtet, in höchster Furcht stehen, ein einiges Wort mehr
dagegen zu sprechen, damit nicht S. Ch. D. die Gedanken fassen, als
wann diejenigen, welche allhie mit grossem Beschwer den Landtag ab-
') Der Originaltitel lautet: ^Protokoll dessen, was E. E. L. durch ihre Deputirte
in puncto assecurationis an Ihr. Fürstl. Gnaden beiderseits Fürsten von Anhalt, Fürsten
Radzivill in Gegenwart der Herren Regimentsräthe, Geheimen Räthe uf der kurf.
Thorstuben im Geheimen Rath mündlich haben ausbringen lassen."
-) Dies Datum findet sich allein Kön. 668 III.
^) Kurfürstliche Ässecuration den löblichen Ständen des Herzogthums Preussen
ertheilet, den 12. März 1663 (als Beil. XIII abgedruckt bei Baezko V S. 489 ff.).
23*
356 ir. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
warten, deroselben gnädigste Resolution vor sich allein entgegen wären.
Sie sind indessen in ihrem Herzen versichert, dass sie bei allen diesen
Handlungen nicht anders gesuchet, als die Freiheiten des Landes in Re-
ligion und Profansachen ohne Präjudiz dero Ch. Hoheit und erlangten
supremi dominii unterthänigst beizubehalten und das Land der Einigkeit
und guten Vernehmens zwischen der hohen Herrschaft und dero getreuen
Unterthanen, nicht allein auf die jetzige, sondern auch künftige Zeiten,
bis ans Ende der Welt dardurch zu bestätigen. Wann es aber also, wie
in der Assecuration gesetzet, stehen bleiben soll und S. Ch. D. die aus
denen Privilegien im vereinigten Bedenken angeführte rationes der Stände
nicht in Gnaden attendiret, so kann nach gesunder Vernunft nichts an-
ders abgesehen werden, als eine stete Discrepanz und Misshelligkeit zwi-
schen denen kurf. Herren Räthen und den Landständen bei Zeiten dero
kurf. Nachkommen. Die Landschaft wird sich berufen uf ihre klare
deutliche Privilegien und Landesverfassungen, die Herren Räthe werden
dagegen setzen die Worte der Assecuration und dadurch einige Limita-
tion behaupten wollen, daraus denn nichts Gewissers, als Ungnade bei
der hohen Herrschaft, Klagen und Seufzen bei den getreuen Unterthanen
veranlasset werden mag. Die Stände können zwar dergestalt in praeju-
dicium ihrer Pflichte und Listructionen darinnen nicht willigen, sie dörfen
ihnen aber nicht unterwinden, weiter etwas dagegen einzuwenden, sondern
es müssen die Deputirten von der Ritterschaft und kleinen Städten in
unterthänigster Devotion laut vorhin übergebenem schriftlichen Protokoll
die Assecuration, wie ihnen dieselbe pro ultima extradiret, ad referendum
in die Aembter nehmen und insonderheit in puncto religionis et jura-
menti von ihren Hinterbliebenen völlige instructiones einholen, sie sind
auch des demüthigen Erbietens bald nach den Osterfeiertagen sich allhie
gehorsamst einzufinden und mit denen gesambten Ständen ihrer Hinter-
bliebenen unterthänigste Erklärung in tiefster Demuth einzubringen, tragen
das unterthänigste Vertrauen, S. Ch. D. werden dies geringe Moment zu
Beobachtung des Landes Freiheiten in Gnaden verstatten und dafern es
dero Ch. D. also gefällig, zugleich ihre endliche gnädigste Resolution
und Entschliessung uf der Stände vereinigte Bedenken in puncto aboli-
tionis gravaminum gnädigst ausgeben, damit alles auf einmal in den
Aembtern referiret und die unterthänigste Erklärung der Stände zugleich
auch hierüber eingebracht werden können.
Sie bitten gehorsamst E. Hochfürstl. Gnaden geruhen dieses demü-
thigste Beibringen sambt der unterthänigsten Treu und Devotion der
I
Assecuration. Gravamina. Dreier. 357
Stände Sr, Ch. D. ufs Beste zu recomraendiien und diesem Landtage eine
erfreuliche Endschaft durch dero hochvermögeude Intercession befordern
zu helfen, solche hochfürstliche Gnade die Stände in schuldigstem Ge-
horsam zu verdienen ihnen demüthigst werden angelegen sein lassen.
15. März.
Erklärung aller Stände an die Oberräthe^). Praes. 15. März
1663.
Kön. 669 III und 668 III.
[Erklärung wegen der Gravamina. Dreier. Visitation. Reformierte. Juden. Sekten.
Universität. Zuchthaus. Verschleppter Recess. Contributionsverwaltung. Königsberg.
Justiz. Armee. Accise.]
Demnach S. Ch. D. auf der Stände eingereichte gravamina eine gnä- 1663.
digste Erklärung d. 11. August 1662 extradiren lassen, darauf E. Herrl.
d. 14. October uf einige puncta eine fernere Erläuterung') im hohen
Namen Sr. Ch. D. ausgegeben und uf beide Declarationcn, was die Stände
weiter dabei zu erinnern, billig unterthänigst angefiihret werden muss;
als hat E. E. L. , welche die Endschaft dieses beschwerlichen Landtages
von Herzen erwünschet, nöthig erachtet, sich uf ihre beide vereinigte
Bedenken und übergebene Memorialien nochmals zu berufen und vor
dasjenige, was abgethan, unterthänigst zu danken, wegen des Ueberge-
benen aber, was noch ermangelt, umb wirkliche Erfüllung demüthigst
anzuhalten und deswegen E. Herrl. Intercession bei Sr. Ch. D. dienstlich
zu ersuchen.
1. Wegen Herrn Doct. Dreiern hält E. E. L. noch dafür, dass dem un-
seeligen Kirchenstreit nicht besser, als durch dessen Translocation abge-
holfen werden könnte, weil aber S. Ch. D. hierinnen nicht verwilligen,
sondern vielmehr den synodum gnädigst approbiret, haben die Stände
ihren unterthänigsten Vorschlag, wie bei dem synodo zu verfahren und
welche Personen dabei zu gebrauchen sub Lit. A demüthigst eingeben
und umb Fortstellung desselben gehorsamst anhalten wollen, dabei aber
nöthig befunden, derer Herren Ministerialen in puncto synodi eingereichtes
Guttachten sub Lit. B unterthänigst beizufügen, darinn diese Sache gründ-
^) Der Originaltitel lautet: „E. E. L. von allen Ständen unterthänigste geeinigte
Erinnerungen uf die kurfürstliche ausgestellte Declaration in puncto gravaminum abo-
litionis 1. Herrl. Herrl. denen Herren Regimentsräthen gehorsamst übergeben d.
15. Martii 1663.«
-) Erstere praes. 11., letztere publ. U. Oct. 1662 (o. S. 242, 244 if.) o. S. 220 Anm. 1.
358 II- Der grosse Landtag voa 1661 bis 1663.
lieber ausgefiihret, ob vielleicht nocb dardurcb S. Cb. D. gnädigst be-
wogen werden möchten, in die Translocation zu condescendiren, oder
zum wenigsten den statum causae an unverdächtige lutherische Univer-
sitäten zu schicken und dardurcb viel unnötbige Unkosten zu besparen.
Ad 2. Haben die Stände in unterthänigsten Dank zu erkennen,
dass S. Ch. D. die bocbnöthige Kirchen- Visitation gnädigst beliebet und
übergeben die Stände nochmals sub Lit. C ihr vereinigtes Bedenken in
puncto visitationis so d. 13. Junii 1662 allbereit eingerichtet, ob dasselbe
irgend verleget sein möchte, darin auch die Personen zu solchem Werk
denominiret und alles auf Sr. Ch. D. gnädigste Ratification beruhet, so
bald nun die denominirten Commissarien von Sr. Ch. D. bestätiget wer-
den, dieselben die instructiones, welche in die Aembter abgehen sollen,
fassen und selbige so viel möglich, nach der extradirten Instruction de
ao. 1641 einrichten, es wird nur unterthänigst gebeten, das Werk zu
fordern, damit die zur Visitation verordnete Commissarien von Sr. Ch. D.
autorisiret werden.
Ad 3. Wird nochmals unterthänigst gebeten, weil das exercitium
reformatae religionis ohne Eintrag oder Behinderung der Lutherischen
nicht eingeführet werden kann, die Stände auch in praejudicium der
Posterität und ohne absonderliche Instruction ihrer Hinterbliebenen von
ihrem Rechten nichts zu vergeben vermögen, dass es in diesem hoch-
wichtigen Punkt nach Inhalt der klaren Landesverfassungen und E. E. L.
vereinigtem Bedenken in puncto gravaminum gehalten, das publicum exer-
citium reformatae religionis im Oberland, in der Pillau abgethan und das
Land sowohl als Städte, bei ihrer wohl hergebrachten Gerechtigkeit bei
Dignitäten und Bürgerrecht in der einhellig angenommenen Religion er-
halten werden mögen. Sollte aber hierin, wie denen deputirten Landräthen
angezeüget, von Sr. Ch. D. einige Veränderung intendiret werden, so müssen
die Stände unterthänigst erwarten, dass solches in die Aembter ausge-
schrieben und die instructiones darüber eingeholet werden.
Ad 4. Wird demüthigst gebeten, dass die patenta wegen der Juden,
Arrianer und Manisten, welche den Ständen communiciret, angeschlagen
und zum Effect gebracht werden mögen.
Ad 5. Haben die Stände nebst unterthänigstem Dank vor die gnä-
digste Erklärung ferner zu bitten, dass die unterschiedene Stellen bei der
Universität, welche die zeithero erlediget nach Inhalt der Landesverfas-
sungen und dem responso de ao. 1661 ad praesentationem senatus aca-
demici mit unverdächtigen geschickten Professoren förderlichst ersetzet,
Kirchliches. Universität. Zuchthaus. Verschleppte. Contributionsverwaltung. 359
und die salaria und stipendia der Academie wirklich gereichet und die
Communität, welche allbereit eine geraume Zeit geschlossen, verordneter
Massen unterhalten, auch zu dem Ende die darzu gewidmete Oerter in
der Vogtei Fischhausen und sonsten von dem subsidio, so die Stände
gewilliget, oder anderweit eingelöset werden mögen.
Ad 6. Die Stiftung eines Zuchthauses, weil darzu Mittel erfordert
werden und itzo sich an allen Orten Mängel eräuget, wird wohl fiiglicher
uf eine andere bequeme Zeit verschoben werden müssen.
Ad 7. Werden Ihr Herrl. Herrl. die Herren Oberräthe gebeten, dass
sie den Ständen ausgeben wollen, was S. Ch. D. wegen der Gefangenen
in der Tartarei eigentlich resolviret, damit die gnädigste Herrschaft des-
wegen nicht Aveiter bemühet werden dürfte.
Ad 8. Wird unterthänigst gebeten, dass kein ander Landtags-Re-
cess ausgegeben werde, als der den Laudesverfassungen und E. E. L. de-
müthigsten petitis gemäss ist, dass auch auf diesen hochwichtigen Punkt
in forma regirainis sowohl als andere, nach Inhalt der Stände vereinigten
Bedenken vom 12. Julii 1661, vom 13. Julii 1662 die Verabschiedung noch
vor dem Schluss des Landtages . . . ausgegeben werden möge.
Ad 9. Auf Erforderung der Herren Oberräthe bei dem 7. Punkt
ihrer Declaration benennen die vom Herrenstande und Landräthe zur
Abhörung der Contribution- und Accise-Rechnung Herrn Vogt von Fisch-
hausen und Herrn Christoff von Schlieben, die von der Ritterschaft und
Adel aus ihren Mitteln Herrn Hans von Gaudecker und Herrn Georg
Ernst von Königseck Majorn, die Städte ihre Bürger- und Schöpmeister,
und zweifeln nicht, es werden dieselben mit nothdürftiger Zehrung von
Sr. Ch. D. wirklich versehen werden, bitten aber dabei, wenn in den
Aembtern die Ambtschreiber und andern Contingenten-Macher und Con-
tributionseinnehmer ihre Rechnung thun und die Quitancen examiniret und
collationiret werden sollen, dass 2 Eingesessene vom Adel des Ambts
sambt denen Bürgermeistern und einem Bürger aus den kleinen Städten
dabei sein mögen, welche gnugsam darthun werden, wie ungleich und
unbillig sie zum öftern die Contingent ausgeschrieben und zu vieler Be-
drückung und Ruin ohne der hohen Herrschaft Befehl dieselbe ausge-
presset und Einer und der Ander zur Ungebühr eximiret worden.
Bei diesem Punkt wird abermal unterthänigst gebeten, weil die
Landesverfassungen gar zu klar, S. Ch. D. geruhen es in dero Abwesen-
heit wegen Administration der Regierung in künftigen Zeiten ohne andern
Statthalter nach dem § „si quando etiam" bei den preussischen Oberräthen
360 II- 1^6'" g''osse Landtag von 1661 bis 1663.
gnädigst bewenden zu lassen, sonsteu es leicht dahin kommen möchte,
dass nicht allein hohe fürstliche, sondern auch wohl andere geringere
Personen zur höchsten Ungebühr denen Herren Oberräthen vorgesetzet
werden dörfen.
Ad 10. 11. Behaupten insonderheit die Städte Königsberg, dass
diese puncta aus den Landtags-Recessen , kurf. Abschieden, alten Ge-
wohnheiten und Gebräuchen bei währendem Landtage und in dem ver-
einigten Bedenken so hell und klar ausgeführet, dass sie auch nichts
mehr hinzuthun, oder sich darüber in einige besonderliche Tractaten
auslassen können, sondern w-eiln dieser Punkt blos in executione und
plenaria restitutione des Pfundzolls und sonsten in einem und dem andern
laut ihrem den 17. Septr. 1661 eingegebenen Memorial bestehet, als er-
warten sie die wirkliche Hülfe, auch in Geduld und bitten unterthänigst,
dass sie in ihrem billichen Ansuchen bei diesem Landtage gnädigst er-
höret werden mögen.
Ad 12. Weil S. Ch. D. bei dem Ober-Appellation, Hoff- und Criminal-
gericht, wie auch wegen des edicti perpetui der Stände desideriis in
Gnaden deferiret, als wird demüthigst gebeten, I. Herrl. die Herren Ober-
räthe wollen solche Erinnerungen, wie dieselbe im vereinigten Bedenken
vom Vd. Julii 1662 enthalten, denen Verordnungen mit Communication
der Stände inseriren, oder da es ihnen gefällig denen Ständen verstatten,
dass sie solche angenommene Erinnerungen auf Ratification der gnädig-
sten Herrschaft einrücken und S. Ch. D. mit solchen Dingen, welche sie
allbereit abgethan, nicht mehr belästiget werden mögen.
Insonderheit nehmen die Städte zu Dank an, dass das edictum per-
petuum sie nicht stringire, sondern dieselbe bei ihren ordinariis judiciis,
welches sie allemal nur gesuchet, gelassen werden sollen. Die Revision
des Landrechts ist nach dem 8. Punkt der Herren Oberräthe insonder-
heit bei jetziger Veränderung zu Verhütung der Weitläuftigkeit der Pro-
cessen und Erörterung unterschiedener zweifelhafter Fälle sehr nöthig;
weil dann S. Ch. D. dieses Werk gewissen Personen aus allen Ständen
und dero fürnehmen Räthen in commissione aufgetragen und E. E. L.
denselben anzuliegen, dass sie solches Werk beschleunigen, als zweifeln
die Stände keineswegs, weil an diesem Werk fürnehmlich der hohen
Herrschaft und dem ganzen Lande gelegen, S. Ch. D. werden geruhen,
die Deputirte bei solcher Arbeit mit gewöhnlicher Zehrung versehen zu
lassen, und die Stände werden alsdann, wenn ihnen gemäss kurf. Er-
klärung solche Revision zu ihrer weitern Erinnerung vor der Publicirung
Königsberger Votum. Höchste Gerichte. Hauptleute. Armee. Aufgebot. 361
communicireten, denen Deputirten eine billigmässige Recompens zuzu-
wenden nicht unterlassen, jedoch, dass denen von Städten per notifaca-
toriam zuvor, wenn irgends S. Ch. D. darzu ihres Mittels denominiret hat,
behörig entdecket werde.
Vor die gnädigste Erklärung wegen der Hauptleute und des Lehn-
Rechtens bei diesem Punkt ist Sr. Ch. D. unterthänigst zu danken und
dabei zu bitten, dass die Consens in Lehn- und Magdeburgischeu Gütern,
welche vermöge den Landesverfassungen nicht verweigert werden können,
nicht ausser Landes gesuchet, sondern zu Verhütung grösserer Unkosten
in absentia serenissimi principis von denen Herren Oberräthen noch ferner
kräftig ausgegeben werden mögen, insonderheit, dass auch, was E. E. L.
in ihrem vereinigten Bedenken vom 13. Juli 1662 bei dem Justizwesen
weiter erinnert und allhier nicht angeführet, gnädigst attendiret und der
Stände Bitten gemäss aus kurf. Hulde aboliret werden möge.
Über der Wiederkehrung der deponirten Gelder bei dem 9. Punkt
der Herren Oberräthe erfreuen sich die Stände umb so viel mehr, als
sie sehen, dass hierzu allbereit wirklich ein Anfang gemacht, bitten aber
dabei demüthigst, dass den armen Leuten, welche das Ihrige bishero mit
grösster Beschwer entrathen müssen, vollend geholfen werden möge.
Ad 13. Wäre wohl herzlich zu wünschen, dass hierinnen ein Mittel
getroffen werden möchte, zumalen der hohen Herrschaft gnädigste Inten-
tion dem Lande zur Guüge bekannt; es können aber die Stände nicht
absehen, dass S. Ch. D. durch Beibehaltung der geworbenen Milice ge-
rathen sei, weder dass durch dieselbe der getroffene Friede erhalten,
noch die besorgende Unruhe nachdrücklich gedämpfet werden könne, da-
hero unterthänigst zu bitten, S. Ch. D. geruhen sich und das arme Land
solcher grosser Beschwerde dermaleins zu befreien und die Mittel so E.
E. L. gewilliget, lieber zu Einlösung einiger verpfändeter Aembter und Ver-
besserung dero Domänen auszuwenden. S. Ch. D. können solchen Ab-
gang der geworbenen Völker, durch die ordinär Dienst-Pflichten und Vi-
branzen ohne einige Unkosten gnugsam ersetzen, die Stände werden
auch ihre unvorgreifliche Meinung gerne eröffnen, wenn bei solcher or-
dinär Defension in wenigen Zeiten einige Mängel und Untiichtigkeit ob-
serviret wie dieselbe durch Bestellung eines kriegserfahrenen Landes-
Obristen und bessere Disciplin zu redressiren. Dafern auch solche or-
dinär Defension nicht zu erreichen sein sollte, haben die Oberstände in
gewisser Mass zum allgemeinen Ufbot und die Städte zu Bewährung
ihrer Ringmauern sich unterthänigst erkläret, wie solches E. E. L. ver-
362 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
einigtes Bedenken, so den 27. Martii 1662 demüthigst übergeben, zur
Gniige ausweiset, woraus S. Ch. D. ihre unterthänigste standhafte Treue
sattsam erkennen und sich gnädigst darauf zu resolviren geruhen werden.
Zuforderst und auf alle Fälle ist Sr. Ch. D. unterthänigst zu danken,
dass ausser denen bewilligten Mitteln, sonsten von Niemand einige Unter-
haltungsgelder vor die Milice gefordert oder genommen werden sollen und
dahero demüthigst zu bitten, dass auch die armen kleinen Städte, Freien,
Cöllmer und Pfanddörfer der schweren Einquartierungslast befreiet und
auch dieselben armen Leute dermaleins des lieben Friedens wirklich ge-
niessen mögen.
Die wenige Deputirte von kleinen Städten, welche die Accise ein-
gegangen, haben es nicht anders gethan, als auf diese ausdrückliche
Conditiou wie ihnen versprochen, dass unfehlbar die Soldaten von ihnen
abgenommen werden sollten, nun werden sie compelliret die Accise ab-
zutragen und die Soldaten bleiben ihnen auf dem Hals, das dritte Part,
was ihnen aus der Accise gegeben werden soll, reichet bei Weitem nicht
an die grosse Beschwer, Service, Vorschuss der Verpflegung und andern
Ungemach, so sie von der Einquartierung erdulden müssen, dardurch die
Meiste fast an ihrer Wohlfahrt desperiren. Sie können ihre grosse Noth,
Elend und Bedrängnüs Niemand als Gott im Himmel und Sr. Ch. D.
klagen und dieselbe nochmals in tiefster Demuth anflehen, sie geruhen
sich ihrer getreuen Unterthanen, welche nunmehro ganz zu Grunde gehen
und mehr in wüsten und niedergefallenen, als in bebaueten Häusern be-
stehen, in Gnaden zu erbarmen und durch Abschaffung der geworbenen
Völker aus kurf. Hulde und Gnade ihre total Ruin zu verhüten, sol-
ches wird der höchste Gott Sr. Ch. D. mit reichem Segen ersetzen.
Was weiter bei diesem Punkt angeführet, und im Landtags-Recess
seine Erledigung bekommen soll, hoffet E. E. L., [dass es S. Ch. D.] gleich-
falls mit dero getreuen Ständen communiciren und secundum petita ein-
richten lassen werde. Der 14. Punkt hat seine Richtigkeit bei der Kir-
chenvisitation.
Ad 15. Und zum Schluss können die beiden Oberstände sambt
den kleinen Städten anders nicht, als die Accise vor ein aufrichtig be-
willigtes Werk halten, darzu ein Jedweder dero Hinterbliebenen ver-
bunden ist, so lange noch einige Hoffnung vorhanden, dass vor dem
Schluss dieses Landtages die gravamina werden abgethan werden, wann
denn nur S. Ch. D. nicht allein einen guten Anfang allbereit gemachet,
sondern noch täglich eine abolitio der übrigen Landesbeschwerden ver-
Armee. Accise. 363
muthet wird. Als ist billig, dass wider diejenigen, welche sich zur Un-
gebühr der Accise entziehen, oder Unterschleif darin gebrauchen, nach
Inhalt der Accisverfassung zur Erhaltung behöriger Gleichheit nach-
drücklich verfahren werde, sollte aber über alles Verhoffen die abolitio
gravaminum vor dem Schluss des Landtages nicht erfolgen, so würde
auch die Accise dahin fallen und die conditionirte Bewilligung in sich
selbst erlöschen und ob zwar die Oberstände sambt den kleinen Städten
verhoffet, es würden nunmehr die Städte Königsberg auch ratioue sub-
sidii zu ihnen treten und ebener Massen in die dreijährige Accise ver-
williget haben, so wollen sich doch dieselbe darzu nicht verstehen, son-
dern berufen sich auf einen andern modum, welchen sie ex certis con-
ditionibus Sr. Ch. D. unterthänigst vorgeschlagen, der auch von der
gnädigsten Herrschaft allbereit so weit angenommen, dass sie mit denen
von Städten ferner darüber zu tractiren veranlasset, sie sind des Erbie-
tens in ferendo communi onere, wenn ihre ausgedungene conditiones
vorhero adimpliret w^orden, sich also zu verhalten, dass so wenig S.
Ch. D. als die andern Stände darüber einige Beschwer zu führen, hof-
fentlich nicht Ursach haben sollen. Damit nun auch diese Discrepanz
dermaleins zur Vereinigung gebracht und das veranlassete subsidium
wirklich abgestattet werden möge, bitten die andern Stände so viel mehr
umb die abolitionem gravaminum, damit die Last von Allen gleich ge-
tragen, oder von Einem sowohl, als vom Andern abgenommen werden
möge. Diese dienstliche Bitte haben die Stände an L Herrl. die Herren
Oberräthe darumb richten wollen, weil S. Ch. D. allbereit unterschie-
dene Punkten abgethan und deroselben Vollenziehung denen Herren Ober-
räthen in die Hände gegeben, damit die gnädigste hohe Herrschaft nicht
zur Ungebühr beschweret werden dörfen. Im Uebrigen aber was nach
Inhalt E. E. L. vereinigten Bedenken und eingegebenen Memorialien noch
nicht aboliret, bitten die Stände gehorsamst E, Herrl. wollen solches Sr.
Ch. D. in unterthänigster Demuth vortragen und vor die Wohlfahrt des
Landes aufs Müglichste intercediren, damit denen billig geführten Lan-
desbeschwerden gnädigst abgeholfen und dieser Landtag dermaleins zu
einer glücklichen Endschaft gebracht werden möge; hierzu wird der Al-
lerhöchste Gott seine Gnade verleihen und wir werden stets verbleiben
E. Herrl. . . .
364 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Auszug aus dem Protokoll der Oberrathstube '). Praes.
19. März 1663.
Kön. 669 III.
[Dreier. Visitation. Lutherische. Reformierte. Universität. Hospital. Verschleppte.
Contributionsverwaltung. Festungen. Königsberger Handel und Gewerbe. Zölle.
Schiedskommission. Hofgericht. Louisenschanze. Armee.]
1663. Bei dem ersten Punkt ist denen Ständen nicht unbekannt, wie so
bald anfangs alle Streitigkeiten hin- und beizulegen, commissiones ge-
ordnet, beiden Theilen silentium imponiret, auch da unlängst der Streit
mit offenen Schriften resuscitiret ist worden, solches reiteriret; es haben
auch S. Ch. D. kein besser zulänglicher Expediens bei sich befunden,
dasselbe auch von unterschiedenen collegiis theologicis, für das einig Zu-
reichende gehalten worden; demnach aber bei währendem Landtage von
denen Ständen ein synodalisch colloquium unterthänigst vorgeschlagen,
so haben sie das dergestalt gnädigst gewilliget, dass von Ständen einige
Personen benennet werden möchten, welche S. Ch. D. darzu habilitiren
auf ihrer Seite Jemand zu verordnen, dabei aber nicht geschehen lassen
wollten, dass dieses colloquium synodale weiter, als was diejenige Dif-
ferencc, welche zwischen Doctor Dreiern und einigen Geistlichen schwebet,
exteadiret werde, sondern dabei praecise verbleiben solle. Unterdessen
aber wollen S. Ch. D. beiden Theilen durch Wiederholung und Schärfung
der vorigen Edicten und Befehligen das silentium uf den Kanzeln nicht
allein ernstlich einbinden, besondern auch das unnöthige Verlästern, Ver-
dammen und Verketzern, nach Einhalt jetztgedachter Verordnung mit
mehrerm Nachdruck verbieten.
2. Die Kirchenvisitation, wie davon auf dem Landtage im Jahr
1641 allbereit ein Concept entworfen, wollen S. Ch. D, so bald revldiren
und den Ständen, ob sie noch dabei einige unterthänigste unmassgebliche
Erinnerungen hätten, ausreichen lassen und so dann darauf dieselbe zum
Stande und Richtigkeit bringen, und nicht allein ihres Theils Jemands
darzu verordnen, sondern auch die von den Ständen darzu unterthänigst
Vorgeschlagenen bestätigen. Und weil sich dabei L Ch. D. gnädigst er-
innern, dass denen Erzpriestern vermöge ihres Ambts Obrigkeit gebühret,
auf die zu ihrem Erzpriesterthumb gehörige Kirchen eine fleissige Auf-
') Der Originaltitel lautet: „ProtocoUum der Conference über die abolitio grava-
minum, extraditum aus der Ober-Rath Stuben d. 19. März, auch eodem die denen Land-
ständen publiciret."
Dreier. Visitation. Lutherisclie. Reformierte. 365
sieht zu haben, solches aber bisanhero aus allerhand Ursachen auch der
vorgevvesenen Unruhe halber nicht dergestalt, wie sichs gebühret, beob-
achtet worden; solchem [nach] wollen I. Ch. D. förderlichst an alle und jede
Erzpriester die nöthige Verordnung ergehen lassen, damit ein Jedweder der-
selben bei Verlust seiner Inspection Gelder, nebst dem Hauptmann jedes
Ambts, zum wenigsten alle Jahr einmal, die ihm untergebene Kirchen vi-
sitire, alle Mängel und Gebrechen, welche sowohl bei denen Pfarrherrn, als
Zuhörern eräugen möchten, notiren, die Kirchenintraden und was sonsten
mehr darzu gehöret, fleissig untersuchen und davon jedesmal, wie und
welcher Gestalt er es befindet, denen Herren Oberräthen, und diese
I. Ch. D. davon unterthänigst berichten, damit alle Missbräuche in Zeiten
abgestellet und was sonsten mehr nöthig beobachtet werden könne.
Ueber die Erzpriester aber behalten die consistoria die Inspection, und
über diese die Oberräthe die Oberaufsicht und damit demjenigen, so in
dieser gleichen Sachen unordentlich vorgehet, desto besser remediret
werde, so wollen I. Ch. D. dero advocato fisci und andern zu den fiska-
lischen Sachen Verordneten gnädigst anbefehlen, dass sie nicht weniger
vor die consistoria gehörige, als andere Sachen in Acht nehmen, die-
selben, wann desfalls keine ordentliche Klage geführet oder den con-
sistoriis angesagt werden sollte, vor sich ex officio denunciiren und wie
in anderm, also auch in diesem I. Ch. D. Interesse beobachten, die Sachen
denunciiren, treiben und ausführen.
3. Und demnach I. Ch. D. der also genannten lutherischen Religion
halber denen Ständen in der den 12. Martii ausgestellten Assecuration
eine vollkommene Versicherung gegeben, also lassen sie es des puncti
religionis halber bei der Assecuration nochmals bewenden, haben auch
allbereit die patenta aufsetzen lassen, in welchen denen Juden, Manisten
und Arrianern sich wesentlich allhie im Lande nieder zu lassen verboten
und untersaget wird, es sollen auch dieselben ehstes Tages publiciret
und angeschlagen werden.
4. Hiernächst ist es auch I. Ch. D. nicht ohne Ursach fremd und
nachdenklich vorkommen, dass die Stadt Königsberg der reformirten Re-
ligion Zugethane der Religion halber von dem Bürgerrecht in der Stadt
auszuschliessen begehren dörfe. Dieweil sie nun deshalben garnicht ge-
gründet, ihnen auch die Nothdurft vorgestellet worden, also versehen
sich S. Ch. D. nicht, dass die Stadt ferner Sr. Ch. D. beschwerlich werde
sein, können auch keinesweges zugeben, dass Jemanden von denen dreien
Religionen wegen der Religion das Bürgerrecht versaget oder verweigert
366 n. Der grosse Landtag von 1G61 bis 1GG3.
werde. Soviel aber die nationes belaaget, lassen es S. Ch. D. bei dem bis-
herigen allergnädigst bewenden, jedoch, dass darunter die beiden Ramsen
und Ritsch nicht verstanden, sondern weil dieselbige von Sr. Ch.D. aus er-
heblichen Ursachen und sonderbaren Recommendation das Bürgerrecht er-
halten, dabei auch ungeirret und vollenkommlich gelassen werden, dafern aber
der Stadt Magistrat ins Künftige einige vorgedachte Personen zum Bürger
auf und annehmen werden, auf solchen Fall behalten S. Ch. D. ein Gleich-
massiges ausdrücklich bevor, sonsten aber und ausserdeme erklären sie
sich aus sonderbaren Gnaden, dass sie ins Künftige Niemand von denen
Personen das Bürgerrecht conferiren oder geben wollen, und bleibet im
Uebrigen den Stadt Magistrat und Gerichten, wie sie es bis anhero her-
gebracht, die Wahl oder Kür jedesmal frei und unbeschränket.
Der Universität hätte besser angestanden I. Ch. D. specimina eru-
ditionis und deligentiae unterthänigst zu zeugen, als sich uf die Art
finden zu lassen. Sie sind aber nichts desto weniger vor sich selbst und
ohne einiger professorum unzeitige Erinnerung geneiget, ihre Sorgfalt
nicht weniger an Redressirung der Academie, als Fürsten-Schulen zu
wenden, sie haben auch allbereit die gnädigste Verordnung gemacht, da-
mit soviel noch zur Zeit müglich die Fischhäusische Einkünfte gereichet
und ausgeführet werden, gestalt denn, damit bei I. Ch. D. Anwesenheit
der Anfang auch womüglich gemachet werden und damit continuiret
werden solle.
Dieweil aber auch Niemand als der, so arbeitet, seines Lohns werth
ist, solchem nach so wollen S. Ch. D. die academiam förderlichst visi-
tiren lassen und zwischen denen fleissigen und denen, welche sich wohl
gar nicht oder selten, ob sie gleich Alters halber daran nicht gehindert,
docendo oder profitendo hören lassen, einen Unterscheid machen und die
Academien nach aller Möglichkeit aufhelfen. Und weiln den Ständen
aus den vorigen actis und absonderlich aus denen vom Jahr 1641 be-
kannt, dass dieselbe an dem von I. Ch. D. Academie aifectirten jure
praesentandi nichts zu prätendiren, überdem auch dieser Punkt von
vielen Jahren abgethau, also lassen I. Ch. D. dero Academie bei dem
jure commendandi nochmals und werden, wenn sie damit wie schuldig
verfahren, nämblich, dass sie bei ereignender Vacanz in der theologischen
Facultät wie auch in der juristischen drei unterschiedene subjecta, in
der medicinischen 2 und in der theologischen gleichfalls 2, zu der vaci-
renden mathematischen Profession aber jedesmal mit einem tüchtigen
Mann unterthänigst commendiren, dabei jedesmal gnädigst schützen. Die
Universität. Ilospital. Verschleppte. Coatribution. Festungen. 367
Extraordinarios Professores setzen und bestellen S. Ch. D. jedesmal nach
dero gnädigsten Willen und Wohlgefallen.
So viel das grosse Hospital belanget, vernehmen S. Ch. D. ganz un-
gern, dass demselben bis anhero soviel vorgestanden und dasselbe in I.
Ch. D. Abwesenheit nicht besser administriret worden. Sie hoffen aber,
dass durch die jetzt im Werk begriffene und visitirende Commission, die
Sachen in einen bessern Stand gerathen und künftig was versehen wieder
ersetzet und ergänzet werden könne. — Damit auch denen in Tartarien
annoch sitzenden armen Gefangenen geholfen werden möge, so wollen I.
Ch. D. in alle Aembter Befehl ergehen lassen, damit diejenigen, welche
aus jedem Ambte von Tartern weggenommen specificiret und hernacher
so viel möglich in der Tartarei Erkundigung und Nachfrage gehalten
werde, ob und wer von denselben allda noch vorhanden und zu ranzio-
niren, wie hoch sich die Rauziou belaufe, da demnächst I. Ch. D., als
welche allbereit vor sich eine gute Anzahl durch Erlegung der Ranzion
entlediget, die Stände auf die noch nöthige Mittel werden unterthänigst
bedacht sein. Demnach auch die Stände einige ihres Mittels unterthä-
nigst benennet, welche der Abhörung der Commissoriats- Rechnung bei-
wohnen sollen, I. Ch. D, auch sowohl in ihrem Namen Jemand befehligen
wollen, so können diese sich zusammen thun, sich eines gewissen Tages
vereinigen, denselben dem Commissoriat notificiren und so denn darauf
in Gottes Namen mit der Abhörung wirklich den Anfang machen, damit
bis zu Ende verfahren und darauf I. Ch. D, nebst dero unterthänigstem
unmassgeblichem Guttachten von der ganzen Sachen ausführlichen schrift-
lichen Bericht abstatten. Soviel aber die dazu bewilligte Zehrungskosten
anlanget, da werden die Stände unter sich bedacht sein, wo dieselbe
ohn I. Ch. D. Zuthun herzunehmen sein, als welcher ohne dem solches
nicht oblieget, sie auch ein überaus grosses auf den nunmehr zwei Jahr
protrahirten Landtag wenden müssen. Im Uebrigen lassen es I. Ch. D.
was die also genannte Concurence I. Ch. D. Geheimbten Räthen (welche
die Landräthe frembde Räthe nennen) mit dero Oberräthe bei der gnä-
digsten Erklärung und Resolution ad gravamina de dato Colin an der
Spree d. 11. April 1662 nochmals allerdings bewenden.
Die Festung in der Pillau und Mümmel versprechen I. Ch. D. alle-
mahl mit solchen subsjectis zu ersetzen, an dero Treu und Aufrichtigkeit
nicht zu zweifeln, die auch, damit man desto mehr Vertrauen zu ihnen
haben möge, im Lande possessioniret sein sollen, und wollen 1. Ch. D.
die Eiuzöglinge, wann sie darzu capabel, nicht präteriren. Was die
368 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Städte Königsberg wider die Freiheit des Handels und Wandels und Bier-
schänkens ertheilet, [soll] mit Fleiss conferiret werden und erklären sich
I. Ch. D. solchem nach gnädigst darauf dahin, dass [Sie] die Städte Königs-
berg bei ihren Rechten wegen des Handels und Wandels, wie auch des
frembden Biers halber vollkömmlich lassen und schützen wollen, wie
solches alles in ihren angeführten Documenten, Landtagshandlungen und
Resolutionen enthalten, doch dass darunter diejenigen, welchen es I. Ch.
D. vergönnet und sie darüber privilegiret, nicht mitverstanden werden.
In puncto der Rollen sind I. Ch. D. gnädigst zufrieden, dass auf eines
oder andern Gewerks Anhalten, der Magistrat Rollen entwerfe und die-
selbe zu I. Ch. D. Revision und Confirmation unterthänigst einschicken
mögen. I. Ch. D. können ihr aber dardurch dero zustehendes hochfürst-
liches Recht nicht in Zweifel ziehen lassen und stehet derselben frei,
sowohl in den Städten als auf den Freiheiten nach dero Belieben Rollen
zu geben, dabei sie doch des Stadt Magistrats gegründete und nöthige
unterthänigste unmassgebliche Erinnerungen Hiro nicht entgegen sein lassen
wollen, damit alles in desto besserer Consonance und Ordnung erhalten
werde und wollen I. Ch. D. wie sie sich auch allbereit dahin im Jahr
1641 gnädigst erkläret, keine Rollen oder Freibriefe als unter dero ei-
genen Hand zu ertheilen.
Und dieweil der Zoll zu Labiau seine Gewissheit hat, als ist es
auch I. Ch. D. Wille ganz und gar nicht, dass darinnen excediret werde;
wenn auch bei I. Ch. D. derhalben unterthänigst geklaget, so wird den
Gebrechen und Mängeln allbereit reraediret sein, und da sich dergleichen
noch befinden möchten, soll es in der That und wirklich durch I. Ch.
D. Verordnung abgestattet werden.
Dasjenige, was eine Erhöhung will genennet werden, geschiehet zu
Wiederbau und Erhaltung der kostbaren Schleusen, als durch dero Ver-
mittelung die Commercirenden erleichtert [werden] ; und wollen I. Ch. D,
sobald sich nur die Zeiten ändern und Litthauen in gute Ruhe gesetzet,
den Städten Königsberg in ihrer habenden Prätension gnädigst assistiren.
Ueber die in der Lovj^sen-Schanz liegende Guarnison, ist bei Ch. D.
bishero kein Beschwer geführet, sonsten sollte denen Excessen und Exor-
bitantien gesteuret sein und wollen L Ch. D. ausdrücklich Ordre ertheilen,
damit die Commercien bei gedachter Schanze weder aufgehalten, noch
sonsten an einigen Exactionen beschweret werden sollen.
Wegen des Pfundzolls und dessen Participation, wie Altstadt Kö-
nigsberg und Kneiphoff den dritten Theil prätendiren, da haben zwar
Handwerk. Zoll. Schleusen. Garnison. Pfundzoll. Schiedskommission. 369
S. Ch. D. die gnädigste Erklärung in dero Resolution ad gravamina de
dato Colin an der Spree den 11. April 1662 eröffnet, dieweil aber vor-
gedachte Städte weiter unterthänigste Instanz gethan und dabei ihren
Zustand anführen lassen, so wollen sich auch I. Ch. D. dieses Punkts
halber dergestalt gnädigst finden lassen, dass auch daraus deroselben
landesfürstliche Liebe und Gnade zu erspüren, gestalt sie dann allbereit
gnädigst befohlen, darüber mit den Städten zu conferiren und die Sache
zur Richtigkeit zu bringen und gleich wie einem Landesfürsten vermöge
der bekannten Rechte frei stehet, auch der privatorum Gründe gegen
gnugsame und billige Satisfaction in die Festungen zu ziehen und solche
Satisfaction, weil die Festungen des ganzen Landes Sicherheit concerniren,
auch von dem ganzen Lande herzugeben und guttzuthun, so haben doch
I. Ch. D. allbereit vor diesem die gnädigste Verordnung ergehen lassen,
dass die vorgedachte Klapperwiesen aus dero eigenen Mitteln sollten be-
zahlet werden, erbieten sich auch dazu nochmalen, oder zu einem Aequi-
valent an einem Stücke Landes und hat es bis anhero an der Interes-
senten unterthänigsten Acception einzig und allein ermangelt.
Und ob wohl L Ch. D. an ihrem Ort nimmermehr rechtmässige Ur-
sach geben werden, dass zwischen deroselben und dero getreuen Ständen
eine dergleichen Irrung entstehe, welche eine Entscheidung benöthiget,
dieweil aber je dennoch die Leute und die Zeiten veränderlich und I.
Ch. D. dasjenige, was sie dero getreuen Stände gnädigst assecuriret, lan-
desfürstlich zu halten gedenken, so haben sie vor nöthig gehalten, dass
uff solchen unverhofften Fall, da die Stände in ihren rechtmässigen pu-
bliken Beschwerden keine gehörige und billige Erhörung, weder bei I.
Ch. D. noch auf dem Landtage erlangen könnten, gewisse Personen er-
nennet und autorisiret werden, welche solche der Stände wider die
Herrschaft publike Beschwerde vernehmen und nachdem der Herrschaft
wegen auch die Nothdurft beigebracht, von den autorisirten Personen
ein rechtmässiger Anspruch geschehe; zu solchem Ende wollen I. Ch. D.
an ihrem. Orte auf den Fall, welchen doch Gott verhüten wird, sechs
ehrliche geschickte untadelhafte Männer, Preussen oder Ausländer, nach
dero eigenem Gefallen und Belieben nennen und soll denen Ständen gleich-
falls frei stehen, sechs ehrliche geschickte untadelhafte Männer, Preussen
oder Ausländer, zu nennen.
Damit auch wegen Gleichheit der votorum es kein Bedenken gebe,
so soll der 13 de Mann durch I. Ch. D. und der Stände Vereinigung und
beiderseits Einwilligung, ein Preuss oder ein Ausländer, erwählet und be-
Mater, z. Gesch. d. O. KuTfürsteii. XVI. 24
370 II- Dsr grosse Landtag von 1661 bis 1663.
nennet werden; diese 13 Männer nun, wenn sie benennet, sollen aller
ihrer Eide und Pflicht öffentlich erlassen, auf die Sache, in welcher sie
erkennen und sprechen werden, durch einen absonderlichen Eid, derge-
stalt verpflichtet werden, dass sie auf Niemand, als auf Gott und die
justitiam animae ihr Absehen richten wollen; so lange sie auch in dieser
Sachen bemühet und auf Reisen und in der Arbeit begrieffen, sollen sie
aus den gemeinen Landesmitteln unterhalten und verpfleget und was sie
sprechen, sofort exequiret werden.
Und gleich wie an gutter Bestellung des Hoffgerichts dem ganzen
Lande merklich gelegen, also soll darzu ins Künftige Niemand bestellet
und angenommen werden, er habe denn respective von dem ganzen col-
legio des Hoffgerichts sich examiniren lassen und ex actis, welche das
Hoffgericht ihm zustellen wird, seine Relation abgestattet und zwar die,
welche bürgerlichen Standes, sollen sich nebenst der Relation, auch dem
examini submittiren, die vom Adel aber mit dem examini verschonet
werden, und nur eine Relation ex actis abzustatten schuldig sein.
Wie und welcher Gestalt eine solche candidati bei dem Hoftgericht
bestehen, solches soll von demselben I. Ch. D. unterthänigst referiret
werden, damit sie sich ihrer Beförderung oder repulsus halber gnädigst
entschliessen und resolviren können und dass dahero, weiln die promo-
vendi vom Bürgerstande auch dem examini unterworfen auf den gradum
doctur. oder licentiaturae nicht, sondern auf die Capacität und Erudition,
obgleich kein gradus dabei, zu sehen.
Es wollen auch L Ch. D. die Anstalt und Verfügung thun, damit die
Häuser, welche zu Bewohnung L Ch. D. Räthe und Bediente gewidmet,
und andere besitzen, wieder hiebei geschaffet werden.
Wegen Abdankung der annoch subsistirenden geworbenen Völker, da
haben L Ch. D. das gnädigste Vertrauen, es werden die Stände bei dem-
jenigen, so ihnen mit Grunde in der Conferenz remonstriret und vorge-
stellet, sie es auch wohl begriffen, acquiesciren und nebst L Ch. D. den
Allerhöchsten Gott umb Verleihung Friede und Ruhe inbrünstig anruffen
und dergestalt diesen Punkt selbst I. Ch. D. und ihrem Wunsch und Ver-
langen nach abhelfen.
Es ist denen Ständen überflüssig bekannt, wie diese wenige Miliz,,
welche gleichw'ohl von Sr. Ch. D. nicht zur Last, sondern für die Sicher-
heit des Landes und der Unterthanen beibehalten werden, dero Domänen
gedrücket und annoch drücket und wie dabei absonderlich die kleinen Städte
vor andern leiden müssen, sie werden auch ferner erkennen, dass eben
Hofgericht. Armee. Kirchensachen. 371
dahero die ein und andere Unordnung entstanden; dass sie sich davon
ganz entzogen und dahero die wenige Soldateska durch das ganze Land ver-
leget werden müssen, I. Ch. D. wollen ihres Orts alles thun, wenn [= was]
zu besserer Einrichtung und Sublevirung der Nothleidenden gereichen mag.
Sie haben aber zu dero getreuen Ständen das gnädigste Vertrauen, dass
sie auch dabei das Ihrige thun, und I. Ch. D., als welche darunter nicht
ihren eigenen Nutzen suchen, getreulich assistiren werden.
I. Ch. D. wollen auch zu mehrer Sicherheit ihrer getreuen Unter-
thanen die angelegte und angefangene Festungen nicht allein aller Nütz-
lichkeit nach zum Stande und Perfection bringen lassen, sondern auch
mit dero getreuen Ständen bedenken und berathschlagen, ob etwan an
einem oder dem andern Orte mehr im Lande nöthig sein möchte Festungen
anzulegen und zu erhalten.
Erklärung^) aller Stände'). Praes. 23. März 1663^.
Kön. 669 m. — Kön. 668 IIL
[Kirchensacheu , Dreier. Visitation. Reformierte. Universität. Oberräthe. Justiz.
Bier. Handwerk. Zoll. Festungen. Judicium parium curiae. Armee. Festungen.]
Uff Sr. Ch. D. unsers gnädigsten Herrn in puncto gravaminum aus- 1663.
gegebenes Project muss E. E. L. mit uuterthänigstem Dank annehmen,
dass sie den zwischen D. Dreiern und dem ministerio der dreien Städte
Königsberg schwebenden Streit, durch ein synodalisches colloquium hin-
zulegen gnädigst sich erklären und gleich wie sie in ihren hierüber ab-
gefassetem, uuterthänigstem und unvorgreiflichem Vorschlage Sr. Ch. D.
Hoheit nicht aus Augen gesetzet, sondern vielmehr gern sehen, dass den-
selben einer oder alle aus den pr. Herren Oberräthen beiwohnen möchte;
als bitten sie auch in gleichmässiger Unterthänigkeit, dass nach der Ge-
heimbten Räthe Veranlassung den Ständen frei stehen möge einen und
andern theologum zu diesem synodo zu befordern, auch im übrigen
denselben also einrichten zu lassen, dass nicht nur ein blosses collo-
^) Der Originaltitel lautet: „E. E. L. ratione gravaminum unumbgängliche Noth-
durft der Oberrath Stuben eingereichet d. 24. Martii ao. 1663."
-) Die Sonderbedenken der einzelnen Curien waren vorangegangen. (Bedenken
der Landräthe pr. 10. Febr., der Ritterschaft pr. 14. Febr., der Städte pr. 28. Febr.
1663.)
^) Dieses Datum nach Kön. 668 III, ein Band, der auch sonst noch einige, nicht
erbebliche, und deshalb hier nicht aufgenommene Abweichungen aufweist.
24*
372 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
quium, sondern ein finalis decidendi potestas den synodalibus committiret
werde.
2. Die Kirchen -Visitation von ao. 41 haben die Stände damalen,
als sie ihren unterthänigsten vereinigten Entwurf abgefasset und ao. 1662
d. 13. Juni zu allererst übergeben und noch neulich den 15. März dieses
Jahres wiederholet haben, reiflich erwogen und was damalen den Success
selbiger Visitation behindert, ihrem wohlgemeinten Guttachten nach über-
leget und das Ihrige, was gegenwärtigen ihren unterthänigsten Vorschlag
practikabel und nützlich machen könnte unmassgeblich dabei erinnert.
Die Stände bitten nochmaln, dass I. Ch. D. in gnädigste Conside-
ration nehmen und die darzu denominirte Commissarien zu bestätigen
gnädigst geruhen wollen.
Der Erz-Priester Ampt wird durch diesen E. E. L. Vorschlag gar nicht
gehemmet, sondern ihre Meinung gehet vielmehr dahin, dass durch diese
solenne Commission ihre Ambts-Verrichtungen gleichsam wieder erneuert
und durch hiezu dienliche instructiones in vorigen guten Gang wieder
gebracht werde.
Es wird der Erz-Priestern ihre ordinaria inspectio über die Kirchen
ihres Sprengeis noch dem consistorio über die Erzpriester und denen
Herren Oberräthen über das consistorium die Jurisdiction dardurch nicht
geschwächet, der Zweck gehet dahin, wie die bisherige Kirchenmäugel
durch eine extraordinär Visitation und Commission corrigiret und das zer-
rüttete Kirchen wesen in futurum gebessert werden möge, worzu sie die
von Sr. Ch. D. gnädigst angebotene assistentiam fisci als ein heilsames
Mittel gutte Verordnung im Schwange zu halten, mit unterthänigstem
Dank annehmen; wann aber denen Consistorien die Autorität und Ver-
richtung aufgetragen werden soll, welche hiebevorn die Bischhöfe und In-
spectoren gehabt, so würden die Stände ihnen ihr Recht an der Wahl
und Einwilligung, was ihnen vermöge dem Recess de ao. 1566 und an-
dern Landesverfassungen zustehet, bei Bestellung der Consistorialen vor-
zubehalten, demüthigst bitten müssen.
Weil die reformirte Religion in der Assecuration der Rom. Katho-
lischen den Landesverfassungen zuwider in praejudicium der einhellig an-
genommenen lutherischen Religion aequipariret und also generaliter be-
rechtiget wird, die Stände aber darin nicht willigen können, sondern
die Deputirte von der Ritterschaft und kleinen Städten solches ad refe-
rendum genommen, würde dieser hochwichtige Punkt nothwendig bis zu
erfolgenden weiteren Instructionen ausgesetzet bleiben müssen, wobei aber
Visitation. Reformierte. Universität. 373
ZU bitten, das publicum exercitium reformatae religionis in der Pillau
und im Oberlande abzuthun; wegen der Juden, Arrianer und Manisten
hat es seine Richtigkeit, S. Ch. D. geruhen nur die gnädigste Verordnung
zu thun, dass die patenta angeschlagen, beobachtet, und den Juden
künftig anhero zukommen, nachdrücklich verboten werden möge.
Ad 4. Wegen des Bürgerrechts der Reformierten, weil die von
Städten beständig behaupten, dass von der Zeit an, da die vorige gnä-
digste Herrschaft sich zu der reformirten Religion bekannt, niemals ge-
bräuchlich gewesen die reformirte Leute zum Bürgerrecht zu befordern, zu-
geschweigen, dass die gnädigste Herrschaft die Collatur des Bürgerrechts
als ein geringes, dem Stadtmagistrat allein zustehendes Werk jemals
sollte begehret haben, auch die beiden Schotten Ritsch und Romsen, so-
viel ihnen wissend, das Bürgerrecht nicht erhalten und dannenhero sie
dafür nicht passiren lassen können.
5. Ob zwar E. E. L. die grösste und erheblichste Ursachen hat S.
Ch. D. demüthigst zu bitten, dass sie die Academie bei ihrem wohlbe-
rechtigtem jure vocandi et elegendi unum zu irgend einer vacanten Pro-
fession zulassen und zu schützen gnädigst geruhen wollten, so müssen
sie dennoch (wo es nicht zu erhalten ist) aus unterthänigstem Respect
gegen S. Ch. D. geschehen lassen, dass anstatt des präsentirens das Wort
commendiren gebrauchet, auch wenn viel tüchtige subjecta vorhanden,
zu einer erledigten Professionstelle zwei Personen commendiret werden.
Wann dieses nur klar und fest gesetzet wird, dass keiner ad ordinariam
professionem bestellet, noch angenommen werden sollte, es sei denn, dass
er vom senatu academico ordentlich und ausdrücklich commendiret. Auch
keine extra ordinarii allhie publice profitiren sollen, es sei denn, dass sie
vom senatu academico in der lutherischen Religion richtig und zu der
Profession geschickt befunden worden.
Das allerzuträglichste und dieser armen Academien am allernütz-
lichsten würde sein, wann S. Ch. ü. alle die extraordinär Professionen
aufheben und ihre bishero gemachte salaria, denen ordinariis gnädigst
zuwenden wollten, da ja auch dieses bei Sr. Ch. D. nicht zu erhalten
wäre, dass dennoch der senatus academicus in locum ordinarium vacantem
nicht eben die exspectirende extraordinarios, sondern wen sie darzu am
geschickligsten finden zu commendiren gehalten werden dörfen.
Umb wirkliche Einlösung der Vogtei Fischhausen und Eröffnung der
Communität ist nochmals unterthänigst zu bitten. Wegen des Hospitals
und Gefangenen in der Tartarei hat seine Richtigkeit.
374 II- t)6i" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
6. Bei Abhöruug der Commissariats-Rechnung ist zu bitten, dass
S. Ch. D. die Zehrungsunkosten darreichen lassen wolle.
7. Ist zu bitten es fest und deutlich zu setzen, dass in pr. Sachen,
gemäss den Landesverfassungen nicht anders als preussische Oberräthe
gebrauchet werden sollen.
8. Ist hochnöthig klärlich zu exprimiren, dass der Indigenat ohne
Ch. D. und der Stände ausdrücklichen Consens nicht vergeben werden
könne. Allhie ist ausgelassen die forma regiminis, dass es dabei sein
Bewenden haben möge, insonderheit, dass in absentia principiis künftig
die Herren Oberräthe allein die Administration führen, und die Dig-
nitäten des Landes uff dero Präsentation von Ch. D. vergeben werden
mögen it:
Ist ausgelassen das Justizwesen bei dem Tribunal Hoffgericht und
Criminaljudicio, dass S. Ch. D. auf dero Freiheiten gemäss der Städte
Königsberg habenden Rechten und erhaltenen Landtagsverabscheidungen
kein Handel und Wandel gestatten wollen, bedanken sich die Städte
Königsberg allerunterthänigst, bitten aber daneben, weil in solcher Ver-
abscheidung der unbefugten Krämer und Schotten uf den Freiheiten, die
theils durch öffentliche Laden, theils durch ihre aufgeschlagene Pack-
kammer die Bürger in den Städten drücken, nicht gedacht wird, die-
selbige abgeschaffet werden möchten, die andern hergegen alle Zeit ge-
halten sein sollen, ihre Waaren allein von den Bürgern dieser Städte
und nicht von den Frembden zu kaufen.
Wegen des Landbiers, auch wegen des Schenkwerks uff den Frei-
heiten, bedanken sich die Städte Königsberg, dass sie bei ihren erlangeten
Verabschiedungen geschützet sollen werden, bitten nur, dass laut der
Verabscheidung de ao. 1635 die annectirte Clausul wegen der Privile-
girten, nicht möge extendiret werden, die beeden Oberstände aber hin-
gegen wegen des Landbiers gestehen ihnen keine Verabschiedung, weil
dasjenige, so auf einseitiges Anhalten auskommen, dem Gegentheil nimmer
präjudiciren kann; halten sich ihres Rechts und der Gewohnheit, können
sich dergestalt nicht binden lassen, sondern wollen in diesem Punkt, wie
hievor allewege und jüngsthin bei dem Memorial in puncto gravaminum
beschehen, als auch jetzo ihrer Contradiction inhärirend, sich feierlichst
ufs Neue dawider bewahret haben.
Bei dem Punkt des Gewerks Rollen und Freibriefe erinnern die
Städte Königsberg, dass ihnen darinnen keine Satisfaction gegeben wor-
den, indem die gnädigste Herrschaft ausser der Confirmation auch die
Oberrütbe. Justiz. Bier. Handwerit. Zoll. Festungen. Judicium pariura curiae. 375
AusgebuDg der Rollen bei den Städten so den vorigen Landtagsverab-
scheidungen zuwider ihr vorbehalten thut. Wann also die Freibriefe
unter Sr. Ch. D. eigener Hand so häufig, als bishero unter der Herren
Oberregimentsräthe Hand ausgegeben werden sollten, hätten die kla-
gende Gewerke geringe Remedirung; wird unterthänigst gebeten, dass die
gnädigste Herrschaft die Freibriefe, weil auf den Freiheiten die Gewerks-
Rollen allbereits eiugefiihret sich gnädigst zu begeben geruhen wollten.
Weil der Punkt des Pfundzolls uff eine mündliche Conferenz in dem
Project ausgesetzet und aber solche nunmehro soweit geschehen, als bitten
Altstadt und Kneiphoff, dass die gnädigste Herrschaft fortmehro sich da-
hin gnädigst erklären wolle, dass sie sich ihrer uralten Possession des-
selben Rechtens am Pfundzoll, dessen sie sich festiglich halten und
wirklicher Geniessung ehestens zu erfreuen haben mögen.
Wegen der neuerbaueten Schanzen, insonderheit die bei diesen Städten
Königsberg bleiben sie dabei, dass S. Ch. D. unterthänigst anzuflehen sei,
dass selbige abgethan werden möchten und erinnert hiebei Kneiphof, dass
sie deuselbigen Platz, die Klapperwiese, nicht entrathen können, auch
dahero auch niemals sich zu einem Aequivalent verstanden, noch auch in
Ewigkeit darzu verstehen können. Weil auch bei der geklagten Erhöhung
des labiau'schen Zolls keine gewierige Erklärung erfolget, als bitten die
Städte Königsberg, weil die Ursach, warumb die Erhöhung geschehen,
durch das, dass die gnädigste Herrschaft zu Reparirung der Schliesen
und andern Wassergebäuden, den alten Zoll zu Labiau nimmet, ufge-
hoben wird, dass derselbige erhöhete Zoll, dadurch die ohne das so
schlechte Commercien vollends zurück getrieben werden, abgeschafft
werden möchte ....
Was die Festungen Pillau und Memel betrifft, bittet E. E. L., dass
nach dem responso de ao. 1641 dieselben mit preuschen indigenis be-
setzet werden mögen, damit es bei der Welt das Ansehen nicht haben
möge, als wann eben die preusche Nation von Sr. Ch. D. so unwürdig
geachtet würde, dass sie solche Plätze zu commendiren nicht geschickt
wären, oder so untreu, dass sie nicht ihnen, sondern Frembden anvertrauet
werden müssten.
So viel das Judicium parium curiae belanget, hat E. E. L. noch zur
Zeit keines andern Schlusses sich vereinigen können, als dass von dem-
selben sechs, von S. Ch. D. sechs, von E. E. L. und alle aus preussischen
indigenis erwählet, zu dem directo aber, weil uothwendig 13 Personen
ad evitandam votorum paritatem gewählet werden müssten, von Sr. Ch. D,
376 II' I^er grosse Landtag von 1661 bis 1663.
und den Ständen conjunctim eine aufrichtige fürnehme Person Ein- oder
Ausländer bestellet und die Unkosten von Sr. Ch. D., wie in actis et
decretis enthalten, darzu gereichet werden, sollte es aber S. Ch. D. bei
diesem der Stände Guttachten nicht wollen bewenden lassen, so stehet
defectus instructionis den Deputirten im Wege und bitten demüthigst,
dass sie diesen Punkt gleichfalls mit den andern beden von der Religion
und Jurament, welche sie sich absonderlich in der Assecuration vorbe-
halten, zur neuen Instruction referendo an ihre Hinterlassene nehmen mögen.
Dass S. Ch. D. die Ambthäuser uff dero Freiheiten den Bedienten zu
gutt von ihren Pfänden lösen wollen, dafür ist E. E. L. unterthänigst dankbar.
Wegen der geworbenen Miliz aber ist nochmals sowohl im Namen
der ganzen Landschaft, als in specie der kleinen Städte, als welche hier-
unter das Allermeiste leiden müssen und ihrer cöUmischen Privilegien,
churf. Assecurationen und königl. Confirmationen, darauf sie fundiret,
gar nicht geniessen, unterthänigst und demüthigst zu bitten, dass die-
selbe abgedanket, oder wenn ja S. Ch. D. aus Beisorge schleuniger Gefahr,
noch eine kurze Zeit solche beizubehalten gemeinet, dass doch zum We-
nigsten dieselbe also reduciret werden, damit sie von den armen kleinen
Städten, freien Cöllmern und Pfanddörfern, woferne sie nicht gar zu
Grunde gehen sollen, gänzlich abgenommen, irgend in die Festungen und
Grenzhäuser verleget und mit geringen Unkosten von Ch. D. Domänen
erhalten werden mögen, die Stände können sich zu keinen Mitteln ver-
bunden machen, sondern bitten umb Einrichtung der dienstpflichtigen Vi-
branzen und vorgeschlagenen Regulierung des Uffbots.
Festungen, wird gebeten, nicht mehr anzulegen, sondern vielmehr
diejenigen, welche nicht an Seeporten, oder sonsten zu Nutzen des
Landes angeleget, ohne Anw'endung weiterer Unkosten vergehen zu lassen.
Dieses ist, was in grosser Eilfertigkeit die Stände uff Sr. Ch. D. instän-
diges Anhalten, auch mitten in der gebundenen Zeit zur unterthänigsten
Antwort sich uff dero Project erklären können; sie bitten nochmaln un-
terthänigst und demüthigst S. Ch. D. geruhen durch ihren sowohl hierauf,
als auf das Memorial der Specialgravaminum folgende gnädigste Reso-
lution nicht eben so bald in solenni forma auszugeben, damit allemal die
Stände ihre Nothdurft dawider in Acht nehmen und also mit guttem und
einhelligem Schluss den Landtagshandluugen abgeholfen werden möge. ')
') Vergl. auch über den Fortgang des Landtages und die Stimmung des Kur-
fürsten seine vertraulichen Schreiben an den Oberpräsidenten. (Friedrich Wilhelm an
Schwerin 2G. Febr., 6., 19., 26. März 1663, ürk. und Actenst. IX S. 849 ff.)
Armee. Festungen. Landräthe. Ermahnung zur Fügsamkeit. 377
Auszug aus dem Protokoll der Oberrathstube. Dat. 2. April
1663.
Kön. 668 III. — 669 III.
[Conferenz mit den Landräthen. Ermahnung zur Fügsamkeit.]
Es haben die Herren Oberräthe denen Herrn Landräthen nicht ver- 1663.
halten können, was massen S. Ch. D. mit der von E. E. L. in puncto ' P" '
gravaminum den 24. Mart. h. a. eingerichteten unumbgängüchen Noth-
durft nicht allerdinge zufrieden gewesen, sondern ihnen den Herren Ober-
räthen gnädigst anbefohlen, den Ständen zu remonstriren, wie gnädigst
und gütigst S. Ch. D. die Stände tractiret, der Landtagshandlung nun-
mehr 2 Jahr mit grosser Geduld abgewartet und den Ständen Zeit mehr
denn genug gegönnet, all ihr Anliegen auszuschütten, dasselbe in Erör-
terung und verschiedene replicationes zu bringen, bevorab, dass nach
dem allem S. Ch. D. auf ihre desideria und gravaraina so gnädigst er-
kläret, als wie dero hochlöbliche Vorfahren gethan, dannenhero denn die
Stände E. E. L. zu einer andern Erklärung zu entschliessen, Sr. Ch. D.
höchsten juri superioritatis et directi dominii in keinerlei Wege zu de-
rogiren hätten und weiter nicht mit verzögerlichen Einwendungen Ihro
beschwerlich fallen sollten.
Wie nun das alles in einer mündlichen Conferenz denen Herren
Landräthen in recenti, als die andere Stände noch nicht sich wieder ein-
gefunden gehabt, fürgestellet, auch in specie von einem oder dem an-
dern Punct ihr Guttachten als treue Patrioten umb des Landes Wollfahrt
willen, welche sie nächst der Ehre des wahren Gottes zu beobachten
und in allen Stücken specifice fest zu setzen, denn so auf alle Poste-
rität zu bringen allein ihr angelegen sein lassen, zu vernehmen gegeben,
also sind sie, die Herren Oberräthe des eigentlichen Versehens, es werden
die Herren Landräthe, wie treulichen alles mit ihnen communiciret worden,
so willig alles nach ihrer Dexterität denen übrigen Ständen fürtragen und
den Schluss des Landtags mit geeinigter endlichen Erklärung woll ver-
gnüglichen beschleunigen helfen.
378 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Geeinigtes Bedenken der Stände, den Oberräthen überreicht.
Praes. 17. April 1663.
Kön. 669 III und 668 III.
[„In puncto gravaminum" : Allgemeine Klage. Synode. Visitation. Reformierte.
Schotten. Universität. Accise-Eechnung. Preussische Räthe. Festungen. Konigs-
bergisches. Pares curiae. Steuern.]
1663. Es müssen die gesambten Stände dieses Herzogtumbs zum höchsten
^'"beklagen, dass ihr unterthänigstes Bedenken, so sie auf Veranlassung
des extradirten Protocolls, am 19. Martii in puncto gravaminum d. 24.
ejusdem eingegeben, von Sr. Ch. D. so gnädig nicht aufgenommen, als
treulich und wohlmeinend von ihnen dasselbe zu Sr. Ch. D. und des
Landes Besten eingerichtet worden. Sie finden in ihrem Gewissen sol-
chergestalt sich nicht überführet, dass sie den Landtag zu verzögern,
viel weniger, dass sie Sr. Ch. D. directo dominio einigermassen zu de-
rogiren suchen sollten. Ihr Zweck ist einzig und allein dahin gerichtet,
wie S. Ch. D. wahre Hoheit wohl gesetzet, das Band der unterthäuigsten
Treue fest und zu gutem Bestände verbunden, alle Misshelligkeiten so-
wohl für die gegenwärtige, als künftige Zeit gehoben und die gegenwär-
tige Handlungen zwischen Sr, Ch. D. und den Ständen allen künftigen
Zweifel und Irrungen zu entnehmen, aufs klärlichste und deutlichste ex-
primiret werden möchten. Demnach aber E. H. H. sowohl in der letzteren
mit denen vom Herrenstande und Landräthen gehaltenen Unterredungen,
als in dem bald darauf den 5. April ausgegebenen Protocoll weitläuftig
und beweglich zu vernehmen gegeben, wie übel S. Ch. D. es dero ge-
treuen Ständen nehmen, dass sie den Landtagshandlungen nicht ein Ende
macheten, und dabei vorgestellet, was für Extremitäten, die das arme
Vaterland ins Verderben stürzen könnten, entweder aus weiterer Verzö-
gerung oder aus fruchtloser Aufhebung und Zerschlagung des Landtages
erfolgen würden.
Als müssen die gesambten Stände sowohl aus schuldigem Respect
gegen ihre hohe Herrschaft, als aus Liebe gegen ihr geliebtes Vaterland,
damit dasselbe von dem besorglichen Unheil und Verderben errettet werde,
so viel sie immer vermögen, nachgeben und folgendergestalt deutlich sich
auslassen.
Ad 1. Dass der synodus nach ihrem unterthäuigsten Vorschlag uf
gnädigste Confirmation Sr. Ch. D. fortgestellet werden möchte. Wüssten
aber S. Ch. D. noch andere mehr bequeme Mittel, wie bei dem synodo
Klagen. Synode. Visitation. Reformierte. 379
besser zu verfahren, wann nur der Kirchenfriede befordert und die ein-
hellig angenommene Lehre nicht unterdrücket werde, muss sich E. E. L.
unterthänigst submittiren.
Ad 2. Die Stände haben auf Sr. Ch. D. gnädigstes Erfordern eine
Instruction abgefasset, wie dieses Mal gewisse Commissarien der Kirchen-
Yisitation am fiiglichsten abgeholfen w-erden möchte. Solches Bedenken
haben sie unterthänigst eingegeben und das ganze Werk uf Sr. Ch. D.
gnädigste Ratification in schuldigster Demuth gestellet. Weil aber S.
Ch. D. solchen wohlgemeinten unterthänigsten Vorschlag nicht annehmen,
sondern eine andere Kirchen-Visitation nach dem Concept von anno 1641
einrichten und solches den Ständen zu ihrer unmassgeblichen Erinnerung
ausreichen lassen wollen, so muss E. E. L. auch, wenn nur das zerrüttete
Kirchen wesen in gutte Ordnung gebracht, das Synodal- und Visitation-
wesen nicht ins Stocken gerathen, sondern die Ehre des Höchsten Gottes
befordert wird, hiebei acquiesciren.
Ad 3. Weil das collegium der Landräthe per modum consilii un-
terthänigst und wohlmeinend gebeten, S. Ch. D. wollen gnädigst geruhen,
den Punkt wegen der reformirten Religion uf einige Moderation zu stellen
und selbigen denen Deputirten zu Einholung mehrer Instruction in die
Aembter mitzugeben, solches aber noch zur Zeit nicht geschehen, son-
dern S. Ch. D. allhie, wie bei der Assecuration in generalitate verblei-
ben, so müssen die Landräthe, damit ihnen jetzo und dermaleins nicht
das geringste beigemessen sein könne, als wenn sie zu Beibehaltung der
landesfürstlichen Hulde und ihres Vaterlandes Ruhe und Sicherheit nicht
alle ersinnliche Müglichkeit angeleget und den andern Ständen nicht vor-
gängig sich bezeuget, unumbgänglich hiemit eröffnen, nachdem bei diesem
Punkt in terminis generalitatis zu verbleiben in Wahrheit allerseits gar
bedenklich fallen will, dass Sr. Ch. D. und dem Vaterlande anderer Ge-
stalt voritzo nicht gerathen werden kann, als wenn S. Ch. D. dero end-
liche Declaration dahin zu verfügen und zu moderiren gnädigst geruhen,
damit irgend eine oder 2 reformirte Kirchen (doch dass das exercitium
in der Pillau und im Oberlande, wie vor diesem unterthänigst gebeten,
dagegen cessiren möge) erbauet, drei Aembter von den combinirten
Aembtern, dann in den beiden subselliis, iudiciis des Tribunals- und
des Criminal-Gerichts und zwar an jedem Orte allda zwo Stellen denen
Reformirten, welche bene meriti und indigenae sein, (jedoch dass die
jura patronatus bei den lutherischen Kirchen anders nicht als von denen
nächst Anwohnenden, der lutherischen Religion zugethanen Hauptleuten
380 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
in Acht geDommen werden) conferiret, solches alles aber zuvor in die
Aembter ad referendum ausgegeben und als die Deputirte von der Rit-
terschaft und Adel, wie auch kleinen Städten cum plenissima, wie an-
derweit in puncto assecurationis, also auch hierinnen insonderheit zu
einem endlichen und glücklichen Landtags-Schlusse zu gelangen instruiret
sein und ehestens allhie wiederumb erscheinen können, gestalt dann diese
der Landräthe Veranlassung denen andern Ständen nicht präjudiciren und
ohne der sämbtlichen Stände einhelligen Consens dies Werk die behörige
Kraft nicht gewinnen kann.
Wesswegen S. Ch. D. dero gnädigste Assecuration dergestalt und in die
Aembter denen Deputirten mitzugeben geruhen werden, dass den (Ständen)
in folgenden Zeiten (auf) keinerlei Art und Weise ein mehrers nicht an-
gemuthet, sondern bei dieser Vermittelung in puncto reformatae religionis
es sein gänzliches Bewenden haben und behalten solle, welches dann
die Landräthe feierlichst hiemit bedungen und vorbehalten haben wollen.
Die Deputirte von der Ritterschaft und kleinen Städten behaupten be-
ständig, dass dieses in ihren instructionibus nicht enthalten und dannen-
hero hierinnen sich nicht auslassen können. Bitten S. Ch. D. unterthä-
nigst zu vergönnen, dass dieser Punkt ordentlich und deutlich zur Re-
lation in die Aembter ausgeschrieben werde und sie darüber neue und
völlige instructiones einholen mögen. Wollen dabei ihres Orts "nichts
ermangeln lassen, ihren Principalen alle die Ursachen, welche sie in der
Landräthe Meinung zu condescendiren bewegen können, getreulichst zu
hinterbringen und möglichsten Fleisses darob zu sein, dass bei ihrer
W^iederkunft der so gewündschte Landtags- Schluss erfolgen möge. Bis
zu dieser Wiederkunft verschieben auch die Städte Königsberg ihre Er-
klärung uf diesen Punkt und wollen alsdann ihr Bedenken nächst den
andern Ständen beitragen.
Ad 4. Wegen der beeden Schotten Ritsch und Ramser, item wegen
des Bürger- Rechts der Reformirten erklären sich die Städte Königsberg
dahin, dass sie uf diesen Punkt, weil derselbe eine nahe Gemeinschaft
und Verwandtnüss mit dem obigen 3ten Punkt hat, sich nicht ehe,
als bis die Deputirte aus der Ritterschaft und kleinen Städten mit neuen
Instructionen von der Relation wieder zurückkommen, auslassen können
und bitten, dass desshalben, weil es ohne merkliche Verletzung ihrer
Freiheit nicht geschehen kann, in sie nicht möge gedrungen werden,
noch dass umb 2 Personen willen, welche weder mit natürlicher Zunei-
gung noch einiger kundbaren Treue gegen die landesfürstliche Herrschaft
Schotten. Universität. Accise-Rechnung. Preussische Käthe. 381
sich niemals verwandt gemacht, die ganze Stadt und dann so viel tau-
send treue Leute, die solches gegen die Herrschaft kund gethan, in Noth
und Gefahr ihrer Wohlfahrt gesetzet werden mögen.
A conversatione civili sind sie nicht ausgeschlossen, wenn sie nur
nicht ein unbilliges und den privilegiis dieses Landes und Städten, wie
auch der uralten Possession und inveterirten Präscription zuwider lau-
fendes von ihnen begehren.
Ad 5. Bei der Universität weiss E. E. L. nichts mehr zu thun, als
allbereit geschehen. Das Interesse des Landes beruhet fürnemblich darin,
dass die Academie bei der lutherischen Religion, auf welche sie fundiret
ist, erhalten werde, das haben sie vielfältig zur Gniige dargethan, S.
Ch. D. auch haben sich gnädigst erkläret, den senatum academicum bei
dem jure commendandi zu schützen. Dem zuwider hat nichts desto
weniger auch bei noch währendem Landtage E. E. L. sehen und erfahren
müssen, dass M. Zeidler absque praevia commendatione rectoris et se-
natus academici dem Doct. Dreyern in professione ordinaria theologica
adjungiret und zum professore theologiae dieser Tage installiret worden.
Dannenhero E. E. L. S. Ch. D. unterthänigst bittet, nicht allein das, was
hierunter in recenti der Universität habenden Rechten zuwider vorgangen,
gnädigst zu remediren, sondern auch hinfüro keinen, der vom senatu
academico nicht commendiret, zur Profession zu bestätigen.
Ad 6. Von der Commissariat- und vorigen Accis-Rechnuug haben
S. Ch. D. allein und nicht das Land einigen Vortheil zu gewarten. Dann,
wann es sich befinden sollte, dass einige Ambtschreiber oder andere Be-
diente dem Lande mehr zugeschrieben, als sie von Ch. D. befehliget und
sie ein Theil solcher Gelder in ihren Nutzen unterschlagen oder sich zur
Ungebühr mit solchen Güttern bereichert, so würden S. Ch. D. solches mit
gutem Fug an sich ziehen können. Das Land hat von demjenigen, was
allbereit weggegeben, doch nichts zurückzugewarten. Die Erinnerung
wegen der Rechnung ist fürnemblich zu Sr. Ch. D. Besten geschehen,
dahero zu hoffen, S. Ch. D. werden auch die wenigen Unkosten willig
darzu reichen lassen.
Ad 7. Dass in preussischen Sachen keine andere, als preussische
Räthe gebrauchet werden sollen, davon disponiren die Landesverfügungen
ganz hell und offenbar, dahero auch unterthänigst zu hoffen, S. Ch. D.
werden es gnädigst dabei bewenden lassen und insonderheit die H.
Oberräthe bei ihrem Ambte gemäss der Regim.-Notui in Gnaden zu
schützen geruhen.
382 If- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Ad 8. Hoffet E. E. L. festiglich, obgleich jetzo keine Aenderung ge-
schiehet, dennoch bei Sr. Ch. D. durch inständige unterthänigste Bitte
die gnädigste Versicherung zu erhalten, dass sie hinfüro gemäss der
kurfürstlichen gnädigsten Erklärung de anno 1641 die Festungen Pillau
und Miimmel mit preussischen indigenis zu besetzen geruhen werden.
Ad 9. Was den Handel und Wandel uf den Freiheiten, Ausgebung
der Rollen und Freibriefe, Landbier, item den Zoll zu Labiau und die
Lovysen- Schanze betrifft, weil selbte nicht eigentlich hieher, sondern
ins Memorial gehören, als bittet E. E. L., dass die Erörterung derselben
sowohl als der andern darin enthaltenen Stücke, weil deroselben viel
gleich sind, nicht in Vergessen gestellet, sondern zugleich mit dieser
abolitione gravaminum möge ausgegeben werden.
Ad 10. Was die Städte Königsberg hiebevorn unterschiedlich wegen
des am Pfundzoll ihnen competirenden Rechtens in Unterthänigkeit ge-
suchet haben, dafür intercediren auch in tiefster Demuth und Beschei-
denheit die andern beeden Stände und leben der ungezweifelten Hoff-
nung, S. Ch. D. werden hierunter nichts wider ihr wohlfundirtes Recht
verstatten, sondern sie dasselbe gnädigst und ruhig geniessen lassen.
Ad 11. Wegen der neugebaueten Schanze behaupten die Städte
Königsberg, dass derselbe Ort, sowohl des frembden Mannes als der
Stadt Nutzen wegen, von der Stadt nicht getrennet und dafür ein Aequi-
valent genommen werden kann, welches S. Ch. D., dass hiedurch der
Stadt ein Mächtiges an ihren Einkünften jährlich entgehet, in dem jetzo
wegen des Orts liegenden Soldaten Niemand sein Gutt dahin legen und
es hazardireu will, gnädigst ermessen können, derowegen S. Ch. D. noch-
malen in Unterthänigkeit anzuflehen wären, weil gedachte Schanze ohne
das die Stadt nicht defendiren kann und mit grossen schweren Unkosten
unterhalten werden muss, S. Ch. D. alles in vorigen Stand setzen und
die Kneiphöffer ihres Eigenthumbs und deren habenden Rechtens gnä-
digst geniessen und sie darin würklich wieder einsetzen lassen wollten.
Ad 12. Hat E. E. L. aus unterthänigster Treue wohlmeinend ge-
beten, dass die pares curiae ausser dem praeside alle aus preussischen
indigenis bestellet werden möchten, und werden es S. Ch. D. selbst
künftig befinden, dass solches zu dero kurfürstlichen Nachkommen Besten
angesehen; weil aber S. Ch. D. darin nichts verwilligen wollen, sondern
auf ihrer Meinung beharren, dass ohne Unterscheid Ein- oder Ausländer
darzu erwählet werden sollen, so hält E. E. L. unvorgreiflich dafür, dass
ehe dieser Sachen halber der Landtags -Schiuss verzögert werden sollte.
Festungen. Königsbergisches. Louisenschanze. Pares curiae. Steuern. 383
man es lieber bei Sr. Ch. D. Erklärung in causis publicis müsste be-
wenden lassen. Die von Städten aber wollen bei diesem Punkte an-
führen, dass in causis civitatum earumque jura concernentibus der civi-
cus ordo nicht excludiret w^erden möchte. Wann aber wegen der 13
Personen ratione praesidentiae Streit vorfallen sollte, hält E. E. L. dafür,
dass solches durchs Loos entschieden werden möge, zu Lehn- und an-
dern Sachen aber, wenn ein vasallus cum principe was auszuführen,
dass die pares curiae ex nobilitate ducatus gemäss den Acten und De-
creten de anno 1609 bestellet und nach Inhalt desselben, wie es auch
bei der Conference verheissen, mit dem judicio verfahren werden möge.
[Ad 13.] Es erinnert sich E. E. L. billig, was S. Ch. D. uf diesem Punkt
in abolitione gravaminum d. 11. Augusti 1662 auch in der jüngst ausge-
gebenen Assecuration resolviret und wie sie in deroselben fürstlichen
Versprechen gemäss den Landesverfassungen keine Contribution oder
Verpflegung, es sei denn, dass E. E. L. uf allgemeinem Landtage selbst
freiwillig darin gewilliget, ausschreiben und ansetzen wollen.
Uf dieses gnädige Versprechen fundiret sich auch in diesem Punkt
E. E. L. und bittet S. Ch. D. unterthänigst und demüthigst, sie geruhen
aus landesfürstlicher Gnade es dahin zu richten, dass die Stände mit
keiner Kriegeslast beleget, die kleinen Städte aber, wie auch Pfandsin-
haber, Freien und Cöllmer von aller Einquartierung und Krieges-Be-
schwerde, welche sie zeithero getragen, befreiet werden mögen.
Weil in puncto subsidii zwischen beeden Oberständen und den
Städten Königsberg noch keine Vereinigung hat können getroffen werden,
als stellen solches die beeden Oberstände Sr. Ch. D. anheim, was sie
hierunter für ein Mittel ergreifen wollen, dass alle Landesglieder gleiche
Arbeit und Fleiss zur Conservation ihres Leibes beitragen mögen. Die
Städte Königsberg bleiben wie vor bei ihrem vorgeschlagenen modo und
quanto, die kleinen Städte aber beschweren sich über die Ungleichheit,
die in der Accise an vielen Orten in dem Lande fürgehet.
Das ist, was E. E. L. von allen Ständen zu Beförderung des Land-
tags-Schlusses thun können, weiter zu gehen stehet in ihrem Vermögen
nicht. Wollen nun S. Ch. D. diese wohlgemeinte unterthänigste Bitte
über alles Verhoffen auch nicht genehm halten, so muss E. E. L. dennoch
unterthänigst und in tiefster Demuth bitten, dass S. Ch. D. ihre endliche
Entschliessung in die Aembter ad referendum hinzugeben geruhen, damit
die Deputirte hierauf sowohl als in puncto assecurationis, ratione reli-
gionis et juramenti völlige Instruction einholen und darauf dieser Land-
384 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
tag cum unanimi consensu eorum, quorum interest geschlossen werden
möge. Der allerhöchste Gotte wolle alles zu einer glücklichen Endschaft
gelangen lassen und E. E. Herrl. zu ihrer Unterhandlung so viel Gedeien
geben, dass S. Ch. D. diese der Stände unterthänigste desiderata mit
Nutzen und Frucht sowohl ihrer selbst als dero getreuen Stände gnädigst
begreifen und annehmen möge. Solches wündschet von Herzen . . .
Die beiden Oberstände an den Kurfürsten. Praes. 23. April
1663.
Kön. 668 III.
[Bitte um Erlassung einiger alter kleinerer Abgaben.]
1663. Durchlauchtigster Kurfürst etc. Wann die beeden Oberstände aus
P" denen Landesverfassungen sich zurück erinnern, wie viel hohe Gnade
das markgräflich-churfürstliche Haus Brandenburg ihren Voreltern umb
der unterthänigen und standhaften Treue willen bei vorigen Zeiten er-
wiesen, können sie desselben nicht anders, als mit unsterblichen Ruhm
gedenken und dahero so viel freimüthiger Veranlassung nehmen, aus
unterthänigster Confidenz auch E. Ch. D. als ihrem natürlichen Erb- und
Oberherrn umb eine sonderliche Gnade für sich und ihre Nachkomblinge
in tiefster Demuth anzuflehen.
Dieses ist die Aufhebung und Erlassung der alten Pflicht von eini-
gem Kron-Pfund Wachs, cölmischen Pfennigen, Pfluggetreid, alte Häuser
zu brechen, neue zu bauen und dergleichen, welche in einigen alten
Verschreibungen adelicher Gutter theils vom Orden und churfürstlich-
markgräflichen Hause Brandenburg enthalten, theils von Freigütern her-
rühren, welche die von Herrenstand und Adel durch Kauf und tauschweise
in folgenden Zeiten an sich gebracht, darüber zwar bei unterschiedenen
Landtagen, in Anziehung der adelichen Freiheiten, welche mehr zu ritter-
mässigen Diensten, als solchen beschwerlichen Pflichten verbunden, Er-
wähnung geschehen, auch E. Ch. D. hierüber anno 1641 und sonsten
sich allemal gnädigst erkläret. Wann aber diese Sachen noch niemals
zu gänzlicher Richtigkeit gediehen und immittelst einige rittermässige
Personen ihrer Mitbrüder in den Äembtern dieser Pflichte halber mo-
lestiret worden, als bitten die beeden Oberstände in unterthänigster De-
muth, E. Ch. D. geruhen ihnen die hohe Gnade zu erweisen und obbe-
nannte Pflichte nuumehro aus ch urfürstlicher Hulde und Milde gänzlich
Erlassung alter Abgaben. Steuerquote Königsbergs. 385
von ihnen zu nehmen und sie und ihre Nachkommen durch eine gnädige
kurfürstliche Assecuration zu versicheren, dass von den Guttern, welche
sie bisliero an sich gebracht und besitzen, obspecificirte Pflichten zu
ewigen Zeiten nicht gefordert werden sollen, damit sie soviel desto besser
ihre Ritterdienste versehen und dero Uuterthanen standhafte Treue, so
sie E. Ch. D. auch bei diesen verwicheneu Kriegeszeiten in schuldigstem
Gehorsam geleistet und noch zu leisten festiglich entschlossen sind, er-
freulich geniessen mögen. Wollten E. Ch. D. zu dieser hohen Gnade
aus angeborner Ciemenz noch eine andere hinzuthun und die alten Con-
tributions-Reste, welche mehrentheils aus Unvermögenheit der Restanten
ins Stocken gerathen, aus gnädigster Consideration, dass die Stände
diese verwichenen Jahre alle das Ihre zu E. Ch. D. Besten unterthäuigst
dahin gegeben, nunmehro gänzlich cassiren und, wie allbereit in aboli-
tione gravamiuum sub dato 11. April 1662 hochlöblich ein Anfang ge-
macht, die beeden Oberstände sowoll als die kleinen Städte, Freien
und Cölmer wegen aller Nachmahnung gnädigst versicheren, würde die
Freude in den Herzen aller getreuen ünterthanen so viel mehr erwecket
werden. Diese allgemeine Gnade, welche das ganze Land angehet, wird
E. Ch. D. zum unsterblichen Ruhm bei der Nachwelt gereichen und zu
desto grösserer Liebe, Treue, Devotion und Gehorsam verbinden.
Erklärung der Städte Königsberg. Praes. (dem Kurfürsten)
25. und (den andern beiden Ständen) 26. April 1663.
Kön. 669 III und 668 III.
[Beitrag Königsbergs zum Subsidium. Accise.]
Durchlauchtigster Kurfürst etc. Dasjenige, was E. Ch. D. durch 1663.
dero Herrn Cancellarium au unsere Herren Bürgermeistere den abge- " ■'^P"'-
wichenen Mittwochen, war der 18. Aprilis, wegen des begehrten subsidii
der 300000 fl. poln. ausbringen lassen, solches haben dieselben mit aller
Dexterität und Treue ohne einzigen Verlust der Zeit noch selbten Nach-
mittage an uns die gesammten Räthe, Gerichte, Zünfte und Gemeinde
der Länge nach referiret, die auch das ganze negotium ferner an sich
genommen und E. Ch. D. darauf diese unterthänigste Erklärung wieder
zukommen lassen, dass, wenn sie zur einen Seiten diese hohe ansehnliche
Anforderung, zur andern aber die grösste Dürftigkeit und Abgang der
Nahrung, darin diese Stadt durch Gottes gerechte Verhängnüss gesetzet
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 25
386 II- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
worden, legen, diese einzig und allein die Ursach gewesen, warumb E,
Ch. D. sie bis dahero nach Wundsch in ünterthänigkeit nicht zur Hand
gehen und mit denen andern Ständen in die von ihnen gewilligte und
die Städte Königsberg fast allein drückende Accise coudescendiren können,
welche auch noch so stark bei ihnen ist, dass, wann nicht die bestän-
dige Liebe und Treue gegen E. Ch. D. und das gutte unterthänigste Ver-
trauen, dass dieselbe diese dero arme und fast agonizirende Stadt durch
dero Stadt- und landesväterliche Vorsorge in etwas zu vorigem Flor und
Aufwachs wieder verhelfen werden, ihnen gewisse Hoffnung machen sollte,
sie auch dasjenige, was sie vorhin aus unterthänigster Affection zugesagt
und versprochen, fast unmüglich werden beitreiben können, alle fernere
ihnen im wege stehenden Difficultäten aber jetzo an die Seite gesetzet
und in der That zu bew^eiseu, dass E. Ch. D. Hulde, Gnade und beharr-
liche Affection in unterthänigsten Gehorsam beizubehalten ihnen lieber
und augenehm sei, als die zeitliche Wohlfahrt und Habseligkeit, so
haben dieselbe sie hiemit nochmalen bei E. Ch. D. aufsetzen und sich
weit über ihr Vermögen angreifende die begehrte 300000 fl. laut ihren
vorigen Bedenken, wohin sie sich brevitatis amore ziehen, versprechen
wollen, doch mit dieser unterthänigsten Bitte, dass E. Ch. D. gnädigst
geruhen wollten, weil so eine ansehnliche Summa in dreien Jahren bei
liegendem Handel und Wandel beizuschaffen die wahre Unmüglichkeit
ist, uns etwa 5 oder mehr Jahre zu Abtragung derselben gnädigst zu
verstatten, da denn die hohe Noth erfordern wollte, weil die kurfürst-
liche Freiheiten mehr als den dritten Theil dieser Städte machen und
in sich begreifen, damit Gleichheit sowohl in modo contribuendi, dessen
wir uns einigen werden, als ferendo onere gehalten worden, dass dieselbe
ohne Exclusion einiger Exempten und Privilegirten zu Erlegung dieser
Summ mitgezogen und, weil auch die Losbecker in der arrendirten
Lauter Mühle bereits die Accise anticipando erleget, dass solches zu
ihrem Theil an dieser gewilligten Summa gekürzet, ingesammt aber wir,
wann wir mit unsern Waaren, etwa in die kleinen Städte auf Jahr-
märkte kommen, weil wir allhie das unserige geben, von der des Orts
im Schwange gehenden Beschwerde oder Accise enthoben und Zeit wäh-
render Contribution von allen andern Uflagen und Beschwerden befreiet
werden möchten. Hiebei aber können E. Ch. D. nochmaln die grösste
Ungleichheit, so beim Zollwesen vorgehet und wodurch diese Stadt ganz
nahrlos gesetzet und der Handel anderswohin deriviret, in Ünterthänig-
keit vortragen und umb gnädigste Remedirung desselben demüthigst an-
Königsberger Steuerbeitrag. Accise. 387
zuflehen wir nicht ümbgang nehmen, angemerkt sich in Wahrheit be-
findet, dass, da vorhin der Pfund-Zoll vor einigen Waaren 2^1^ fl. ge-
geben, itzo bis auf 5 fl., ja von Eisen und Materialien von 3 bis auf
10 fl. zu C. gesteigert worden, imgleichen, da vor 2 Jahren zu Labiau
eine Tonne Salz 1 gr. hernacher 1 drei pölcher, itzo 3 gr. gegeben werden
müssen. Gleiche Beschaffenheit hat es auch mit dem Strom-Geld. Denn,
obgleich der Zoll in der Pillau von den hereinkommenden Waaren ent-
richtet, so wird doch dessen ungeachtet, wenn von hier einige Waaren
nach Danzig oder Elbing gehen, von hiesigen Bürgern so ein starkes
Strom-Geld gefordert, welches dem Zoll beinahe wohl gleichet, welches
wir doch nicht zu dem Ende anführen, ob sollte der frembde Mann, der
sich des Stroms gebrauchet, von solchem Strom-Geld befreiet sein, son-
dern dass ein Unterscheid unter uns und ihnen gemachet und der Handel
nicht so sehr beschweret werden möge. Denn, wo solches geschiehet,
ist die wahre Unmüglichkeit, dass diese arme Stadt zu einigen Kräften
sollte wieder kommen oder auch dies Gewilligte erlegen können, wel-
chem allem oder durch Abschaffung unserer vorigen General- und Spe-
cial-, wie auch dieser gravaminum, zu welchem noch dieses neue stosset,
dass da E. Ch. D. eben im Werk begriffen sein, demselben gnädigst ab-
zuhelfen, wir mit Schmerzen erfahren müssen, dass E. Ch. D. Holz-
Kämmer Przyborowsky ein neues, vorhin ungebräuchliches Schankwerk
von frembden Landbieren anzustellen und mit Holz herabkommende Leute
dahin zu zwingen, dass sie von Niemanden als von ihm Bier nehmen
müssen, im Werk begriffen sein solle, von E. Ch. D. gnädigst vorgebauet
und durch gnädigste Erhörung, deren wir uns in ünterthänigkeit ver-
sichern, abgethan und dieser armen bedrängten Stadt durch gnädigste
Beforderungs Handels und Wandels und Maintenirung des juris deposi-
tarii merklich wieder abgeholfen werden könnte, und wir werden dar-
durch, sonderlich wenn auch I. Ch. D. den nunmehro eine geraume Zeit
in Verhaft sitzenden Kneiphöffischen Schoppen-Meister Rohden auf freien
Fuss wieder zu setzen und uns darinnen gnädigste Erhörung widerfahren
zu lassen geruhen möchten, mehr und mehr verbunden, bei E. Ch. D.
unser übriges Gutt und Blutt aufzusetzen und zu verbleiben ').
') Ueber den Fortgang der Landtagsverhandlungen und das Urtheil des Kurfürsten
darüber vergleiche auch seine vertraulichen Briefe an seinen ersten Minister. (Fried-
rich Wilhelm an Schwerin 17. und 23. April 1G62.)
25'
388 II- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Resolution des Kurfürsten^). Praes. 27. April 1663.
Kön. 669 III.
[Nebenbestimmungen über die Erhebung der Accise.]
1663. Denen Herren Oberräthen übergeben, dessen, was die beedeu Ober-
" ■ P" ■ stände sambt denen kleineu Städten bei der Bewilligung von einem ge-
wissen Quanto 180000 in drei Jahren Sr. Ch. D. aus der Accise abzu-
tragen unterthänigst zu erinnern, zuforderst dass die Separation der
Städte Königsberg vom allgemeinen Landkasten in keine Sequel gezogen
und was zu diesem Mal ihnen nachgegeben, denen Ständen zu keinem
praeiudicio gereiche, denn folgends
1) Dass die Accise allein von Brod und Bier in den Mühlen bei
den Städten Königsberg, was allhier in den Städten gemahlen wird, er-
hoben werde, auf die andere Waaren aber, wie sie Namen haben, keine
Accise noch andere Auflage geschlagen werde.
2) Dass von Brod und Bier die Accise, wie in der Ordnung ver-
fasset, in den Städten Königsberg und uff dem Lande gleich gestellet
und nicht erhöhet, die Hülfgelder aber, welche die Stände sehr drücken,
abgethan werden.
3) Dass kein Mensch von der Accise eximiret, sondern bei den
Freiheiten, Hoffstadt, Aembtern, Guarnisonen, adelichen und unadelichen
Gütern alles richtig abgetragen werde.
4) Dass denen Kasten-Herren von der gnädigsten Herrschaft die
hülfliche Hand geboten mit Befehlen aus der Kanzlei, Exigirung der
Straffen von den Widerspenstigen, Assistenz des advocati fisci und der-
gleichen Nachdruck, ohne welchen die Kastenherren nichts ausrichten
können.
5) Dass die Hauptleute, Ambtsschreiber, Burgermeister in den
Städten, Landschöppen und andere Bedienten ernstlich befehliget werden,
treulich über die Accise zu halten, uff Erfordern der Kastenherren die
Execution zu vollenziehen, an allen Orten den Accis-Bedienten die nö-
thige Postfuhr unweigerlich zu gewähren, alle ünterschleif zu verhüten
und die Quartalgelder einbringen zu lassen, widrigenfalls der Abgang
und daraus erwachsender Schade an der Summa angeschlagen und von
ihnen der hohen Herrschaft gutt gethan werden soll.
') Der Titel der Vorlage lautet: „Churfürstliche gnädigste Resolution über die
von den Käthen, Gerichten und Burgerschaft eingereichten Bittschrift und beigefügten
Memorial über ihre gravamina. übergeben den 27. April ao. 1663.'"
Nebenbestiromungen über die Accise. 389
6) Dass diejenigen, welche sich bishero und zu Anfang dem Schluss
der Stände unbefugterweise widersetzen, und keine Accise von ihren
Mühlen eingebracht, gemäss der Ordnung in gebührende Straffe gezogen
werden.
7) Weiln die Oberstände dasjenige, was dieses verwichene Jahr aus
der Accise uff churfürstliche Assignation abgetragen und den kleinen
Städten von ihrem dritten Part vor die Milice auf Befehl ausgezahlet,
Sr. Ch. D. aus unterthänigster Devotion freiwillig offeriren, dass solches
an dem Quanto der bewilligten 180000 Rthlr. nicht gekürzet werden
solle, behalten ihnen die Oberstände unterthänigst bevor, dass sie von
dem 9. Part, was sie ihnen bei Anfang der Willigung demüthigst vor-
bedungen und was die Accise bei nächstkünftigen Johann ertragen wird,
sowohl wegen ihrer dem publico vorgeschossenen Gelder contentiren, als
auch dasjenige, was sie denen Revisoren des Landrechts gewilliget, ab-
statten und also fidem publicam liberiren mögen.
8) Dass die Accise bei den Städten Königsberg und uf dem Lande
gleich länger nicht, als bis Johann 1666 stehe, zu derselben Zeit aber
von sich selbst ufhöre und kein Mensch mehr daran verbunden sei.
9) Wann alsdann in 3 Jahren die erforderende Summa der 180,000
Rthlr. noch nicht abgetragen, dass die Stände zusammenkommen und
weiter deliberiren, ob sie das residuum durch die Accise oder einen an-
dern bequemen modum abstatten können.
10) Dass die Kastenherren alle Quartal nach Abzug der Accis-ün-
kosten, so viel sie können in die Rentkammer gegen Quitance abgeben
und dieselbe Gelder, nach Sr. Ch. D. gnädigstem Belieben, wo möglich
zu Einlösung der Aembter insonderheit der Vogtei Fischhausen ange-
wendet werden mögen.
11) Dass insonderheit denen Ständen durch die Milice wegen er-
forderter Verpflegung, Einquartierungen oder sonsten Schaden zugefüget
wird, dass solches nach geschehener Verificirung an der Summa gekürzet
und den Beschuldigten aus der Accise gutt gethan werden möge.
12) Dass insonderheit denen Accise-Bedienten Freiheit von Einquar-
tierung und Verpflegung, wie vorhin geschehen, gelassen und S. Ch. D.
über diesen gnädigste Versicherung den Ständen auszustellen geruhen.
390 II- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Protokoll einer mündlichen Erklärung der Oberstäude').
0. Praes').
Kön. 669 III.
[Höhe und Quotisation des Subsidiums.]
1662. Uff obige Schrift") der Städte Königsberg, nachdem sie dieselbe
^■^P erstlich Sr. Ch. D. selbst eingehändiget, ungeachtet man sie erinnert,
dass sie mit denen andern Ständen nach Laudtags-Gewohnheit sich be-
tragen und keine Parti kular-Tractation unternehmen möchten, solches alles
aber bei ihnen nichts verfangen wollen, nachmals auch ein Exemplar
davon denen beiden Oberständeu communiciret, bei solcher Communica-
tion aber ihnen die hochschädliche Trennung und ihre in solcher Schrift
denen andern beiden Ständen in vielen Stücken absonderlich nachtheilig
fallende Anmuthung gar beweglich vorgestellet und sie zum Ueberfluss
zur Einigkeit sowohl in modo contribuendi, als ratione aerarii zu denen
andern Ständen zu treten angemahnet, ufs allerfreundlichste ersuchet und
gebeten, haben sie doch einen Weg wie den andern in ihrer Meinung
beharret mit dieser Erklärung, dass sie uf einen solchen modum ihr
versprochenes Quantum beisammen zu bringen sinnen würden, dass die
andern Stände darin nicht graviret sein sollten, sie könnten aber solch
Werk in einen Schluss zu bringen annoch kaum innerhalb 8 Tagen fertig
werden, haben endlich die beeden Oberstände unumbgänglich resolviren
müssen, solches an S. Ch. D. mündlich zu hinterbringen, damit man
durch neue Schriftwechselung nicht in neue Weitläuftigkeit gerathen
möchte. Worauf H. Landrath von Lettau und von Rädern aus dem
Mittel der Herren Landräthe nebst andern Deputirten von der Ritter-
schaft und Adel abgefertiget und Sr. Ch. D. in pleno consessu derer
beiden Fürsten von Anhalt und Radziwill und dero sämbtlichen Ge-
heimbten Räthe weitläuftig vorgestellet worden, wie die beeden Ober-
stände von Zeit zu Zeit mehr und mehr sowohl bei Sr. Ch. D. hochlöb-
lichen Vorfahren, als bei dero eigenen Regierung ihr einiges Absehen,
Thun und Lassen dahin gerichtet, damit sie ihrer gnädigsten Landes-
1) Der Titel des Originals lautet: „Protokoll dessen, so über Separation der Städte
Königsberg die anderen Stände treuherzig gepflogen, init Erklärung von den beiden
Oberständen Sr. Ch. D. mündlich überbracht worden."
2) Vermuthlich zwischen dem 25. April und dem 1. Mai 1663 übergeben.
^) Doch wohl die Erklärung, praes. 25./26. April 1663 (s. o. S. 385 ff.).
Höhe und Quotisation des Subsidiums. 391
herrschaft von denen Städten Königsberg mit Devotion und Willfährig-
keit unter die Arme greifen mögen, wie sie solches ufs neue nicht allein
in jiingstverwichenem Kriege erwiesen, da sie die Continuation der längst
expirirten Accise in grosser Geduld über sich verhängen lassen, wie sie
von Jahr zu Jahr und fast von Monat zu Monat allerhand contributiones
Sr. Ch, D. unmittelbaren Unterthauen gleich übertragen, ja auch bei ge-
schlossenem Frieden ein und andere Exactiou erleiden müssen, wie sie
ungeachtet dessen allen der Embrassirung des directi et supremi dominii
denen von Städten vorgängig sieh bezeuget, darauf auch ehe und wann
die gravamina abgeschaffet und die Assecuration privilegiorum ausgege-
ben worden, die vom Herrenstande und Landräthe eine Summ von
450000 Rthlr. mittelst der Accise innerhalb 3 Jahren abzustatten und
nur 50000 Rthlr. zu des Landes Behuff davon vorbehalten und zwar
ohne einige Condition, in dem festen Vertrauen, dass sie bei stehendem
Landtage in ihren desideriis erhöret, in ihren Freiheiten und Gerechtig-
keiten besichert sein würden, freiwillig geschlossen, die von der Ritter-
schaft auch zu solcher Summa und selbigem modo condescendiret, die
Accis-Ordnung beiderseits alsofort abgefasset, das Werk eingerichtet und
nunmehro fast jährig die Accise wirklich von ihnen nebst den kleinen
Städten abgeführet, jedoch mit diesem Vorbehalt, dass in währendem
Landtage die abolitio gravamiuum und assecuratio privilegiorum erfolgen
sollte, im widrigen sie bei den Ihrigen solche Verwilligung nicht verant-
worten, auch vor ihre Personen darzu nicht verbunden sein könnten, an-
gemerkt in dem grössten Wohlstande dieses Landes nimmer eine solche
ansehnliche Summa gewilliget, solche und dergleichen Willigungen auch
niemals vor dem Schluss des Landtages, ehe und wann die andern puncta
durchgegangen, erörtert und denen Ständen Satisfaction ertheilet, hie-
bevor geschehen und zu Werke gerichtet worden, hiebei hätten die
Städte sowohl schriftlich, besage ihrem Bedenken, als mündlich in so
vielen Conferencen feierlich bishero contestiret, dass sie zwar in dem
modo denen andern Ständen sich annoch nicht accommodiren könnten,
aber in der That erweislich machen würden, dass sie den andern Stän-
den an Devotion gegen die gnädige Landesherrschaft gar nicht nachgeben
und cediren, sondern denen andern Ständen sich conformiren würden,
sobald sie nur die urgentissima incommoda und gravamina abgethan
sehen würden, ja auch versprochen, allerdings vorm Jahr allbereit von
Bartenstein nicht zu weichen, sondern mit denen andern Ständen sich
zu vereinbaren, wenn nur insonderheit die Accise abgeschaffet sein würde,
392 II- l^ei" grosse Landtag von 1661 bis 1663.
eiuen Weg wie den andern in puncto subsidii mit denen andern Stän-
den sicli keinesweges vereinbaret, sondern von weitem zusehen wollten,
ausser daliin, dass sie unter sich so geraume Zeit hero die Hülf-
gelder eingehoben und den Landmann dardurch in eine neue Con-
tribution unvermerkt impliciret, dass die beeden Oberstände nebst den
kleinen Städten fast jährig nunmehro die Accise wirklich abgefiihret,
durch ihre Absonderung und Entziehung aber auch nunmehro einer und
der ander ufm Lande schwierig und irrig gemachet, also dass nicht allent-
halben die Gebühr darinnen gleich zu tragen und eingebracht worden,
wodurch die Willige ermüdet und fast das Acciswesen ins Stocken
gerathen und der beiden Oberstände Schluss also geschwächet, dass
durch deren Städte Königsberg Refragiren gar leicht das ganze Werk
auch bei denen allerwilligsten sistiret werden dörfte, zu geschweigen,
dass die Städte Königsberg endlich und zwar gestriges Tages über alles
Verhoffen sich von denen andern Ständen durch ihre überreichte Schrift
gar separiret, ihr eigen Quantum von 100000 Rthlr. innerhalb 3 und
mehr Jahren Sr. Ch. D. einzuhändigen beliebet, einen absonderlichen
modum darzu sich vorbehalten, und die Receptur nicht dem gemeinen
Landkasten, sondern ihrem aerario apart zuzuführen, danebenst zur
desto leichtern Aufbringung solcher 100(300 Rthlr die Lauten- Mühle
an sich zu ziehen und, was die Bäcker die Zeit hero au Accise allda
eingetragen, von obigem Quanto zu decourtiren, ja Avas noch mehr ist,
die fällige Accise von den Freiheiten Königsberg zu affectiren und also
an allen Orten und Enden denen beeden Oberständen zu praeripiren und
sie zu prägraviren.
Wenn dann diese Separation eine solche Neuerung nach sich ziehet,
welche nicht allein eine alienationem animorum zwischen denen Ständen
erwecket, eine sonderliche praerogativam redoliret, dergestalt, als wenn
dieselben beeden Oberstände denen Städten Königsberg zu folgen schuldig
und benöthiget, sondern auch Sr. Ch. D. Hoheit selbsten merklich dringet,
die von Sr. Ch. D. bereits beschehene Complanation ufhebet, und ausser
der Accis kein modus von denen beiden Oberständen, so mehr durch-
gehend und in mehr Gleichheit bestehend ist, erfunden, auch von denen
Städten selbst, wenn die beeden Oberstände nicht prägraviret werden
sollen, kein ander Mittel ersinnet werden kann, zu geschweigen, dass
aus unterschiedlichen modis contribuendi andre nicht, als Unrichtigkeit
und Confusion allenthalben erwachsen kann ; als wollten S. Ch. D. solche
Separation, wie sie deroselben nachtheilig und denen Ständen nicht an-
Höhe und Quotisation des Subsidiums. 393
ders als schädlich sein kann, nicht allein gnädigst ufheben, die Städte
Königsberg zur Raison bringen und dahin anleiten lassen, damit sie zAir
allgemeinen Noth, auch allgemeinen Hülle mit gleichen Schultern bei-
tragen möchten, zu mehrer Anmerkung, wenn die Städte Königsberg die
Accise nebenst denen andern Ständen von verwichenem Jahr hero ein-
gegangen und abgetragen hätten, Sr. Ch. D. 400000 Rthlr. zu dero
eigenen Disposition hätten zuwachsen können, vorjetzo aber, nachdem
die Städte Königsberg durch Sr. Ch. D. Verwilligung ein abgetheiltes
Quantum vor sich hätten, ja auch in ihren Händen stünde (wie sie
solches denen beiden Oberständen ausführlich zu verstehen gegeben)
einen solchen modum unter sich zu ergreifen, der ihnen am füglichsten
wäre, jedoch dass die andern Stände dardurch nicht graviret werden
möchten, könnten die beeden Oberstände auch bei solcher Separation
anders nicht als bei ihren anfangs gethanen und von Sr. Ch; D. selbst
mittelst gewissen Reversalen bestätigten Resolution verharren und sich
zu nichts weiterm, als was die Accise innerhalb 3 Jahren bringen wird,
jedoch dass der 9. Pf. denen beiden Oberständen zu des Landes Ange-
legenheit daran auch gekürzet werde, verstehen und verpflichten. Damit
aber S. Ch. D. derer beiden Oberstände standhaften Treue ufs neue sich
zu vergewissern hätten, wollten sie auch hiemit sich dahin ausge-
lassen haben, dass dasjenige, so im verflossenen Jahr an Accise einkom-
men und Sr. Ch. D. abgestattet worden, hinfallen und in keine Abrech-
nung gezogen werden sollte, mit wiederholeter unterthänigster Bitte,
S. Ch. D. wollen nunmehro dahin geruhen, damit die abolitio grava-
minum omnium et siugulorum, wie auch die assecuratio privilegiorum
förderlichst ausgegeben werden möchte, angesehen uf solche Beding die
von der Ritterschaft und Adel, wie vor, als auch hiemit abermal ihre
Willigung der Accis gegründet, anderweit sich keinesweges mit dem
Ihrigen darzu verbunden halten könnten, bei Ausgebung aber und Er-
klärung solcher billigen Desiderien würden die Deputirten desto freudiger
sich nach Hause begeben, die ihrigen zu aller Willfährigkeit desto mehr
geneigt finden, ja mäuniglich würde dardurch neuen Muth, Hoffnung
und Sicherung schöpfen, dass die Stände dieses Herzogthumbs Preussen,
wie bishero, also ferner in Niessung ihrer Freiheit ruhig verbleiben,
ihrer gnädigsten Landesherrschaft treulich unter die Arme zu greifen,
neue Kräfte gewinnen und behalten würden können. In welchem unge-
zweifelten Vertrauen die beeden Oberstände mit denen von kleinen
Städten durch gegenwärtige Deputirte sich und ihres Vaterlandes Wohl-
394 II. Der grosse Landtag voa 1661 bis 1663.
fahrt und Erhaltimg in Sr. Ch. D. Schutz nächst Gott allein, wie schuldig
empfohlen und gänzlich wollen ergeben sein lassen.
Bei diesem Anbringen haben die von der Ritterschaft und Adel
ihre Deputirten auch gehabt.
Uf dieses An- und Beibringen haben S. Ch. D. durch den Herrn
Ho verbeck gar gnädig contestiret, wie sie der beeden Oberstände treue
Wohlmeinung zur Gnüge bishero verspüret und dass sie bei ihrer son-
derlichen Devotion ihnen auch sambt und sonders mit beharrlicher
Gnade beigethan zu bleiben nicht unterlassen würden, indem sie gänz-
lich dahin gemeinet, dero getreuen Stände Bestes allewege, wie dero
eigene Wohlfahrt zu beobachten und zu befordern, welches sie dann
auch dahero bereits in der That erwiesen, dass ob ihnen gleich aus der
beeden Oberstände Verwilligung 400000 Rthlr. (wenn die Städte Königs-
berg mit in die Accise treten würden) zuwachsen können, sie dennoch
ihre ünterthanen beizubehalten sich dergestalt contestiret, dass sie von
denen Städten Königsberg nur 100000 Rthlr. und zwar innerhalb 3 Jahren
zu ihrem Quanto begehren, welche Summ bemelte Städte auch ver-
sprochen, wiewohl nicht unter dem Namen der Accise, dennoch durch
ein solches Mittel, dass sich nicht weiter und anders, als wie die Accise
bei den Oberständen eingerichtet, erstrecken sollte und würde in An-
sehung dieses von denen Städten Königsberg gewilligten Quanti Sr. Ch. D.
so viel lieber auch sein, wenn die beeden überstände sich gleichfalls zu
einem Quanto und jährlich uf 60000 Rthlr. irgend resolviren wollten,
damit Sr. Ch. l). zu dero Estats -Verfassung umb so viel mehr einige
Sicherung und Gewissheit vor sich haben könnte.
Welches Ansinnen ratione quanti die Deputirten, nachdem sie dazu
nicht bemächtiget, den Ihrigen zu hinterbringen an sich genommen,
S. Ch. D. darauf das Wort selbst ergriffen und versprochen, dass die
Städte Königsberg in ihrem angenommenem modo contribuendi, den sie
auf einige consumptibilia schlagen würden, die andern Stände gar nicht
graviren, die abolitio gravaminum auch cum assecuratione privilegiorum
fast ausgefertiget wäre, und den Ständen innerhalb wenigen Tagen zu
ihrer Befriedigung ausgegeben werden sollte, es möchten die Deputirten
sich angelegen sein lassen, obstehendes Quantum von 60000 Rthlr. jähr-
lich und zwar auf 3 Jahre gerichtet, bei den Ihrigen auch in Willigung
zu bringen, wodurch Sr. Ch. D. dero standhaften Treue ufs neue ver-
sichert sein würde. Hierauf ist hinc inde coUoquendo angefühi-et, wie
schwerlich unter dem Namen Consumptions-Gelder die Städte Königsberg
Höhe und Quotisation des Subsidiuius. 395
ohne Bedrückung der andern Stände einen modura einführen und erfin-
den könnten. Gestalt sie denn allerdings die Lauten-Mühle zu ihrem
Behuff an sich zu ziehen und was irgend hievor darinnen von dem
Ihrigen an Accise erleget, au ihrem Quauto zu decourtiren gemeinet, ja
auch die kurfürstlichen Freiheiten zu adscisciren gesuchet.
Es haben aber S. Ch. D. füglich versprochen, dass weder die Lauten-
Mühle, noch die Freiheiten ihnen zu statten gelassen werden, sondern
auf Seiten der Oberstände beruhen sollten, haben auch darauf alsofort
die Verordnung gemacht, dass die Städte Königsberg durch ihre Pleni-
potentiarien alsofort zu denen beiden Oberständen ohn einigen Rapport
oder Hinterzug sich begeben, und mit ihnen, damit durch die Consump-
tion- Gelder ein mehrers nicht als wie die beiden Oberstände durch die
Accise nur auf Brod und Bier zu stellen gemeinet, begriffen werden
mögen, sich zu vereinbaren und solches durch den Secret. Kolauen ihnen
alsofort angedeutet worden, auch zwar dergestalt, dass sie des folgenden
Tages sich darzu einfinden sollten. Uff diese Verordnung gegen die
Städte haben die Deputirten der beeden Oberstände mit den kleinen
Städten ihren Abschied genommen, darauf zu denen Ständen, welche
eben zu dieser Intention in die Oberrathstube erfordert, sich befunden,
sich begeben, des ergangenen Verlaufs treuliche Relation abgestattet,
da dann durch Bearbeitung der Herren Oberräthe und Mitwirkung der
gedachten Deputirten finaliter resolvirct (wiewohl die Deputirte anfangs
selbst uff 60000 Rthlr. nicht incliniret, weil man mit 50000 Rthlr. jähr-
lich abzukommen die Hoffnung gefasset) dass, wenn es nicht anders sein
könnte, dass die begehrte 60000 Rthlr. jährlich und also 180000 Rthlr.
in 3 Jahren mittelst der Accise abgetragen, wann aber die Summa nicht
austragend, alsdann die Stände zu Supplirung des Restes und zu ander-
weit ihrer Angelegenheit wieder zusammenkommen sollten, welches zu
hinterbringen die obgedachte Deputirte abermal abgefertiget und Sr. Ch.
D. weitläuftig von ihnen eröffnet, dass die beeden Oberstäude keine an-
dere Ambition hätten, ja ihre einige Glückseligkeit darinnen setzten,
damit sie vor andern Ständen und andern Sr. Ch. D. treuen Unterthanen
ihre Treue im Werke erweisen, dahero dann, so schwer und unmüglich
es auch fallen möchte, sie die ge willigte Accise annoch uf 3 Jahr con-
tinuiren und was dies verflossene Jahr eingekommen und Sr. Ch. D.
ausgezahlet worden, auch ungerechnet wollten passiren lassen oder, wann
solches Sr. Ch. D. nicht belieblich , sie in 3 Jahren 150000 Rthlr. abzu-
statten sich hiemit anheischig machen, davon aber dasjenige, so bereits
396 I^- ^^^ grosse Landtag von 1661 bis 1663.
abgefordert, in Abrechnung ziehen lassen wollten, ja wenn S. Ch. D. mit
solcher Auerbietuug auch nicht in Gnaden zufrieden, wollten die Ober-
stände das äusserste thun und die begehrte 60000 Rthlr. jährlich mit-
telst der Accise beizuschaffen und solches 3 Jahr (jedoch mit Vorbehalt
dabei sich des 9ten Pfennig) zu continuiren und, was noch mehr ist,
damit an ihnen nichts desideriret, sondern Sr. Ch. D. gnädigstem An-
sinnen gehorsamstermassen in allem nachgesetzet werde, auch dasjenige,
so verflossenen Jahres auf Assignation bereits ausgezahlet worden, hin-
fallen und schwinden zu lassen, sich hiemit verpflichtet haben, mit
diesem Bedinge, damit die Oberstände durch derer Städte Königsberg
erfundenen modum der Consumptions- Gelder nicht gedrücket und in
stehendem Landtage die abolitio gravaminum und assecuratio privilegio-
rum denen sämbtlichen Ständen gnädigst ausgegeben werden mögen.
Anderweit könnten die von der Ritterschaft und Adel bei dieser ihrer
Willigung, nachdem dieselbe allewege uf diese Conditionen gestellet und
im widrigen sie zu nichts ratione subsidii verbunden sein könnten, auch
nicht verbleiben, sondern es würde alles uf Relation bei den Ihrigen
ausgesetzet. Bei welcher Erklärung S. Ch. D. abermal ihre gegen die
Stände tragende Neigung selbst in eigener Person mit gar beweglichen
Worten und gnädigen Bezeugungen ausgeschüttet, sich gnädigst vor diese
Willfährigkeit bedanket und die Stände, auch dero Deputirte aller kur-
fürstlichen Gnade kräftiglich versichert. Es sind aber bei dieser Willi-
gung die kleinen Städte, ob sie gleich in der Oberrathstuben zugegen
gewesen und nicht contradiciret, zurückblieben und den 30. April denen
Oberständen eine Schrift, zweifelsohne aus Veranlassung der Städte Kö-
nigsberg, wiewohl gar wenig von den kleinen Städten zugegen gewesen,
zugestellet, worinnen sie der Accise, welche einige unter ihnen, sie aber
nicht alle und diejenigen wenige auch anders nicht als mit Condition,
nämblich, dass unter andern ihnen die Einquartirung abgehoben werden
sollte, verwilliget, widersprochen, ad referendum zu nehmen gesuchet, da-
bei, dass sie das meiste und gleichsam allein die Accise bishero getragen,
allegiret, selbige Last sich noch ferner besorgten und in dem allen so
viel an den Tag gegeben, dass sie auch ihr peculiare quantum als
50000 Rthlr. in 3 Jahren annehmen und selbiges nach ihrer Gelegenheit
viel lieber einrichten, als zu dem allgemeinen Landkasten das ihrige
einzutragen gehalten sein wollten, sich dabei beschwerende, dass Nie-
mand ihres Mittels der Receptur bishero beigewohnet, sie aber dennoch
auch berechtiget sein möchte, wie eines und das andere dabei gehalten
Höhe und Quotisation des Subsidiums. 397
würde, welche Schrift, nachdem den kleinen Städten niemals zuge-
standen, ihre absonderliche Bedenken abzufassen und sie eine neue Se-
paration dardurch gemachet, in speciem eines neuen Standes affectiret,
wordurch das ganze Werk ratione subsidii ins Stecken gerathen, ja ein
jeder Kreis, ein jedes Ambt auf neue Willigungsarten gerathen dörfte,
S. Ch. D. durch gedachte Deputirte mit obigen und andern Rationeu,
wie ex uuo eo convenienti, so die Städte Königsberg mit ihrer Separa-
tion suscitiret, dieses allein entstanden, dass auch infinita alia, wenn
denen kleinen Städten eine Trennung von denen Oberständen zugelassen
werden sollte, noch zu besorgen stünde, dahero S. Ch. D. ex plenitudine
potestatis solchem Unheil vorzukommen die gebührende Verstattung ver-
fügen würden.
Worauf denen im Geheimbten Rath zugegen gewesenen Herren Ober-
räthen solche Schrift von Sr. Ch. D. übergeben und ihnen anbefohlen,
selbige den kleinen Städten zurückzukehren, ihr Beginnen ihnen zu ver-
weisen und sie zur Ungebühr anzuleiten.
NB.
Dieses Unterfangen, wie es von den Städten Königsberg allem An-
sehen nach herrührend ist, damit sie die kleinen Städte an sich ziehen
möchten, wie es auch von den kleinen Städten selbst herspriuget, welche
ihre eigene Receptur ambiret, ist endlich dahin ausgeschlagen, dass
sie sich den beiden Oberständen accommodiren und in die Accise
mit eintreten müssten. Ob nun wohl wie ob erwähnet von Sr. Ch. D.
verordnet, dass die Städte Königsberg zu denen andern Ständen sich
begeben und in modo eine solche Gleichheit treffen sollten , damit kein
Stand von denen andern graviret werden möchte, haben die Städte
Königsberg sich dennoch nicht gestellet, ihre Particular-Tractaten am
Hoffe contiuuiret und also von den gewöhnlichen Landtagshaudlungen
ganz abgetreten, woraus denn die beiden Oberste gemuthmasset, dass
die Städte Königsberg es nicht bei Brod und Bier durch ihre Consump-
tionsgelder beruhen lassen, sondern es uff andere consumptibilia schlagen
und also die beeden Oberstände prägraviren würden, haben sie abermal
eine Abschickung an S. Ch. D. gethan und ist aus dem Mittel der
Herren Laudräthe, Herr Landvogt und Herr Röder darzu deputiret
worden, mit dieser Instruction, wenn die Städte Königsberg solcher-
gestalt sich von den andern Ständen abreissen und sie in collectando
graviren, ja auch die kleinen Städte abzutreten befugt sein würden, dass
die beiden Oberstände zu keinem Quanto, sondern nur uf die veranlassete
398 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Jahre und auf das, was darinnen nach Abzug des 9. Pf. einkommen
würde, sich obligirt machen und halten könnten, indessen nachgeliende
Bewahrungspuncta von denen beiden Oberständen eingereichet worden.
Memorial für die Deputirten der Ritterschaft^). 0. D.^)
Kön. 669 m.
[Rückständige Abgaben. Accise. Subsidium. Nebenanordnungen.]
1663. Weil das Donativ der kurfürstlichen Gemahlin ^) aus denen hiebevor
^■^ P'anno 1656 verwilligten Mitteln wegen eingefallener Landesruin bei vielen
nicht hat können erhoben werden, über das auch viel andere Schulden
und nothwendige Ausgaben dem Lande zum besten, daran die gesambten
Stände bei jetzt verflossenem Landtage gutte Nachricht erhalten, sich
eräuget und abzutragen hochuöthig, als wird nothwendig mit in Relation
anzuführen und darüber zu deliberiren sein, wie nicht allein das kurfürst-
liche Donativ, sondern auch die andern Schulden und Landesangelegen-
heiten, insonderheit und namentlich der Städte Königsberg liquide An-
forderung, des Herrn Kanzlern und des Herrn Ober-Marschallen Vorschuss,
item die Secret. der Oberrathstuben bezahlet und abgetragen werden
möge.
2) Weil diese Schulden ziemlich hoch steigen, wäre nöthig es dahin
zu richten, dass entweder die Zusammenlage durch ein gewisses von
Vieh, Pferden, Schaf und Ziegen nach dem von den Herren Landräthen
vorgängig übergebenen Bedenken erhoben, oder aber durch ein ander be-
quemers und dieser Zeit ähnliches Mittel zwo Jahr uff Martini unfehl-
bar sub certo executionis modo, der zugleich ex conventione müsste ge-
funden werden, verwilliget und erhoben werde.
Nachdem aber zu besorgen, dass alle Aembter in modo collectandi
nicht leicht übereinstimmen möchten, ist dabei noch dieses zu beobachten,
dass die Deputirte denen Erklärungen, die sie deshalben von ihren Hin-
terlassenen erhalten möchten, die Clausul, den majoribus sich zu accom-
modiren, mit anhangen lassen.
1) Der Titel der Vorlage lautet: „Was die Deputirte von der Ritterschaft in
puncto assecurationis privilegiorum et abolitionis gravaminum an die Ihrige zu bringen."
2) Vermuthlich (nach der Ordnung des benutzten Copialbandes) dicht vor Scbluss
des Landtages, um den 30. April 1663 also.
3) S. u. S. 419 Anm. 1.
Rückständige Abgaben. Accise. Subsidium. Nebenanordnungen. 399
3) Hätten die Herren Deputirte bei der Relation sich auch zu erkun-
digen, ob die Einsassen das subsidium turcicum de anno 1621 und den
kurfürstlichen Pathen-Pfennig anno 24 abgegeben, damit die (^uitancen bei
erfolgender Zusammenkunft wegen der Städte Königsberg Forderung den
verordneten Kastenherren abschriftlich eingebracht werden, worzu ihnen
die Beamten alle möglichste Hülfe leisten müssen.
4) Dass auch inskünftige keiner von der Ritterschaft seine Mühlen
durch diejenige, welche durch die Kastenherren darzu bestellet werden,
frei und ungehindert untersuchen zu lassen und, wenn darin einiger
Unterschleif gefunden und bei ihnen angemeldet worden, denselben also-
bald nach Einhalt der Accis-Ordnung abzustraffen sich weigern, viel
weniger die Untersuchung behindern oder aus einigem Vorwand haben-
der Jurisdiction sich darwider setzen. Wer aber darwider handeln
würde, darüber sollen die Ambts-Insassen einer gewissen Straffe sich
einigen und ihre Vereinigung zur künftigen Execution hinterlassen.
5. Weil Sr. Ch. D. die beeden Oberstände sambt den kleinen
Städten GOOOO Rthr. jährlich drei Jahr nach einander, von künftigen
Johann laufenden Jahres an zu rechnen, unterthänigst versprochen, und
aber zu befürchten, es möchte jährlich das verwilligte Quantum nicht
können aufgebracht werden, als ist von denen Deputirten sowohl der
Ritterschaft als kleinen Städten die Sache dahin zu richten, dass die
Accise nach Ausgang der drei Jahr aufgehoben werde und die Stände
alsdann de novo mit gnädigstem Belieben Sr. Ch. D. wieder zusammen
kommen und, wie das residuum aufs füglichste abzustatten, deliberiren
mögen.
Bei dem Ausschreiben in die Aembter ist zu erinnern, dass Sr. Ch.
D. Meinung wegen der 3 Kirchen, 4 Aembter und 6 Rathsstellen deut-
lich eingeführet und die kurfürstliche Assecuration, welche S. Ch. D. den
Ständen bei währendem Landtage uff den Fall, wenn sie condescendiren
werden, versprochen, nämblich, dass ihnen hinfüro weder von ihr selbst,
noch dero Posterität ein mehrers angemuthet werden solle, schriftlich
eingeschickt werden möge.
2) Dass in denselben denjenigen Deputirten, welche anjetzo dimit-
tiret, mit der Erklärung, die sie in der Relation von ihren Hinterlassenen
erhalten, auf einen gewissen Tag wieder zurückzukommen angedeutet
werde.
3) Dass denen Deputirten zu gutt, welche bei der Dimission nicht
persönlich gewesen, dieses Memorial, welches die Herren Landräthe mit
1. Mai.
400 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
den anwesenden Deputirten concertiret, mit eingeschlossen und den
Hauptleuten an die Hand gegeben werde, dass sie es ante terminum re-
lationis denen, welche sowohl von der Ritterschaft als kleinen Städten
die Landtagsaffairen für diesem abgewartet haben, coramuniciren und es
dahin richten, dass es gebiihrendermassen zur Relation und Erklärung
gebracht werde.
Kurfürstliche Resolution. Signat. Königsberg 1. Mai 1663.
R. 6. TT. — Kön. 668 III.
[Auf die Gravamina der Stände i): Synode. Visitation. Bürgerrecht. Univer-
sität. Hospital. Gefangene. Commissariat. Fremde Räthe. Indigenat. Festungen.
Pfundzoll. Friedrichsburg. Hofgericht. Dienstwohnungen. Armee. Festungen.]
1663. Der durchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Friederich Wilhelm ... I.
Ch. D. haben Ihro die unter dem Namen E.E.Landschaft von allen Ständen
unterthänigst überreichte und also genannte gravamina gehorsambst vor-
tragen lassen und geben darauf nachfolgenden gnädigsten Abscheid, und ist
nun bei dem ersten Punkt den sämbtlichen Ständen nicht unbekannt, wie so
bald anfangs alle Streitigkeiten mit D. Dreiern hin und beizulegen commis-
siones geordnet, beeden Theilen silentium imponiret, auch, da unlängsten der
Streit mit offenen Schriften hinwiederumb resuscitiret werden wollen, solches
reiteriret, es haben auch I. Ch. D. kein besser und zulänglicher Expedient
bei sich befunden, dasselbe auch von unterschiedenen collegiis theologicis
für das zureichendste gehalten worden. Demnach aber bei währendem
Landtage von denen Ständen ein syuodus unterthänigst vorgeschlagen^), so
') Vom 12. Juli 1661 (s. Bd. I S. 521 ff.).
^ In dieser Angelegenheit hatten Herrenstand und Landräthe im December 1662
ein Bedenken folgenden Inhalts abgefasst. Auf die Aufforderung des Kurfürsten, die
Landschaft möge „Vorschläge thuen, welche Personen bei dem gewilligten synodo zu
Hinlegung der Streitigkeiten mit D. Dreiern gebrauchet und was für ein modus pro-
cedendi gehalten werden soll", ist dem Kurfürsten Folgendes vorzuschlagen. Der Kur-
fürst möge zunächst durch Ausschreiben den Hauptleuten befehlen, dass ein jeder in
seinem Amt auf einen Tag nach den Feiertagen alle Erzpriester, Pfarrherrn und
Kaplane auf das Amtshaus vor sich erfordere. Diese sollen dann 2 oder 3 Pfarrer,
„welche aufrichtige, unverdächtige, in theologicis wohl erfahrene und friedliebende
Leute sind", einhellig oder per majora wählen. Diese Deputirte, 50 oder 60 Geist-
liche, sind dann einzuberufen und haben in Gegenwart der Landstände einen Präses
„von den Erzpriestern oder Magistern, der ein geschickter, erfahrener, geistreicher Mann
sein möchte'', zu erwählen, es wäre denn, dass der Kurfürst lieber einen oder zwei
aufrichtige, friedliebende lutherische Theologen „von fremden unverdächtigen Univer-
Synode. Visitation. 401
haben I. Ch. D. dasselbe dergestalt gnädigst gewilliget, dass von denen
Ständen einige Personen für diesmal benennet werden möchten, welche
Ihro Ch. D. darzu habilitiren, auch ihrerseits Jemands darzu verordnen,
dabei aber nicht geschehen lassen wollen, dass dieser synodalische con-
gressus weiter als uf diejenige Differentien, welche zwischen D. Christian
Dreiern und einigen Geistlichen in den Städten Königsberg schwebet,
extendiret werden und zu ferner Verordnung das synodalische Bedenken
Ihro Ch. D. unterthänigst eingeschicket werden soll, unterdessen aber
wollen Ihro Ch. D. beeden Theilen durch Wiederholung und Schärfung
der vorigen Edict und Befehlige das silentium uf denen Kanzeln nicht
allein ernstlich einbinden, besondern auch das unnöthige Verlästern,
Verdammen und Verketzern nach Inhalt jetztgedachter Verordnung mit
mehrerm Nachdruck verbieten, auch ferner auf alle bequeme Mittel be-
dacht sein, damit der Kirchenfried befodert und der Lutherischen Reli-
gion wieder Ihre Ch. D. aus Gestalten gnädigsten Assecuration kein Un-
recht oder Unterdrückung geschehe.
2) Die Kirchenvisitation haben I. Ch. D. nach dem im Jahr 1641
uf damaligen Landtag entworfenen Concept einrichten und dero Regie-
rung extradiren lassen und soll darauf sofort die Special Visitation, wie
folgeuds gemeldet, durch die Hauptleute und Erzpriester vorgenommen
sitäten" verschreiben möchte. Dann sollen sie die strittigen Punkte, wie sie das Kö-
nigsberger Ministerium aufgesetzt hat, und eine Erwiderung, die D. Dreier einzugeben
haben würde, ausführlich berathen. Die beiden Theile können auch nach Befinden
der Synode noch weitere Schriften einreichen, doch soll man nicht weiter als bis zur
Duplik schreiben und sich aller Anzüglichkeiten enthalten. Dann soll die Synode
„sofern es salvis libris symbolicis et illaesa conscientia . . . geschehen kann, die sichere
und gütliche Verhandlung zur Ehre Gottes und Erhaltung des lieben Kirchenfriedens
unter beiden Theilen vornehmen, das irrige Theil zu gebührender Satisfaction, Aqui-
tion und Abstehung von allen Neuerungen anhalten." Ein Beschluss darüber soll dann
abgefasst, von allen Synodalen unterschrieben und in jedem Amte den Geistlichen
zur Unterschrift herumgeschickt werden, „damit ein Jeder, der unverdächtig sein will,
denselben unterschreibe". Beide streitenden Theile aber sollen diesem Beschluss,
nachdem er dem Kurfürsten zur Bestätigung vorgetragen worden ist, „gehorsamst
nachleben und sich aller irrigen Neuerungen, alles Streits und Haders" enthalten bei
Strafe der Amtsentlassung und Landesverweisung. Die Geistlichen überall im Lande
sollen diese Controverse gar nicht erwähnen. Diäten von 3 Mark den Tag für die
Deputierten sollen von allen Kirchspielen aufgebracht werden.
Dieses Bedenken fand die Billigung von Adel und Ritterschaft und wurde als
geeinigtes Bedenken der Landschaft übergeben am 12. März 1663. (Bedenken des
Herrenstandes pr. 16, Dec, der Ritterschaft pr. 20. Dec. 1662, der Städte pr. 27. Jan.
1663 und Notiz bei dem ersten Stück.)
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. XVI. 26
402 n. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
werden, damit die Generalvisitation nach dem extradirten Exemplar
desto mit besseren Nutzen und weinigern Unkosten und Mühe folgen
und geschehen können, und wollen I. Ch. D. sodann zu der Generalvisi-
tation ihres Orts einige gewisse Personen gnädigst verordnen; auch vor
dieses Mal unbeschadet der landesfürstlichen Hoheit gnädigst geschehen
lassen, dass auch von denen Ständen einige zu Ihrer Ch. D. gnädigster Con-
firmation unterthänigst vorgeschlagen werden '). Und dieweil sich dabei
^) Schon im Sommer des vorangegangenen Jahres (s. o. S. 32 f., S. 154 Anm. 2,
S. 178 Anm. 1 und S. 179 Anm. 2) hatten die Stände ein geeinigtes Bedenken über diesen
Gegenstand eingereicht. Sie erinnern in diesem daran, dass sie schon in ihren Gra-
vamina (vom 12. Juli 1661, ad 2, s. Bd. I S. 522) um eine Kirchen-Kommission und
-Visitation angehalten hätten. Die damals in Aussicht gestellten speciellen Vorschläge
legen sie jetzt vor: 1) Damit die Hindernisse, um derentwillen die Kirchenvisitationen
von 1616, 1621, 1632, 1641 und sonst ihren Zweck nicht erreicht haben, vermieden
werden, soll die Königsberger Visitation und die auf dem Lande von verschiedenen
Personen vorgenommen werden. Zu Commissarien schlagen sie dem Kurfürsten zur
Bestätigung vor: Zwei von den Laudräthen, Georg Abel von Tettau, den Vogt von
Fischhausen, und Christoph von Ködern, zwei aus Ritterschaft und Adel, den Obersten
Botho Heinrich Freiherrn von Eulenburg und Johann von Schlubhut, zwei aus den
Städten, zwei Königsberger Bürgermeister, vier Gonsistorialen, nämlich zwei Geistliche,
Magister Bohlius, Pfarrherr in der Domkirche, Magister Dargatz, Pfarrherr in Löbe-
nicht, und zwei Weltliche, Daniel von Wegner und Peter Weger. Zum Präsidenten
möge der Kurfürst einen der Oberräthe bestimmen. — 2) Diese Kommission hat so
bald als möglich, auf Kosten der Landesherrschaft, zusammenzutreten und „ihrer auf-
getragenen Kommission einen Anfang zu machen und allhier bei den Städten so woll,
als auf den Freiheiten alle und jede Mängel, Missbräuche und Unordnungen bei den
Kirchen und Schulen, auch bei dem Consistorio und, was die Universität und das
Hospital betrifft, fleissig bei Lehrern, Zuhörern und sonsten untersuchen, dieselben
woll erwägen und, so viel müglich, Alles und Jedes zur Ehre des allerhöchsten Gottes
in gute Ordnung und Richtigkeit wiederbringen". — 3) Es ist ihnen keine bessere
Instruction zu geben, „als dass sie nächst göttlichem Worte schuldig sein sollen zu
sehen auf das Corpus Doctrinae Prutenicum, Formulam Concordiae, bischöfliche Wahl
und derselben beigefügte Visitations-Artikul, auf die bischöfliche Recessus, Kirchen-
ordnung de ao. 1567 und einhellig angenommene libros symbolicos, auch auf die Jura
et Statuta Academiae, alte Consistorial-Verfassung und Hospital-Fundationes, inson-
derheit auf die leges fundamentales" und das vereinigte Bedenken vom 12. Juli 1661.
— 4) Die Kommissarien sollen nicht auf dem Lande herumreisen, sondern vereinbaren
in Königsberg Visitationsartikel und Instruction für das Land und die kleinen Städte,
die dann in die Aemter geschickt werden. — 5) In jedem Amt werden der Haupt-
mann, der Erzpriester und ein Eingesessener von Adel zu Visitatoren bestellt und
haben nach jenen Instructionen zu visitieren, in den adlichen Kirchen mit dem Inhaber
des jus patronatus, in den Städten mit dem Bürgermeister zusammen. Die kleinen
Mängel haben sie sofort abzuthun, im Uebrigen aber bei jedem Kirchspiel eine Ord-
nung darüber, wie es in Kirchen- und Schulsachen hinfort zu halten, abzufassen und
den 11 Kommissaren zur Revision einzuschicken. — 6) Die Kosten sind aus den Kir-
Visitation. Bürgerrecht. Universität. 403
I. Ch. D. gnädigst erinnern, dass denen Erzpriestern vermöge ihres Ambts
obliege und gebühre auf die in ihrem District gehörige Kirchen eine
fleissige Aufsicht zu haben, solches aber bis anhero aus allerhand Ur-
sachen, auch der vorgewesenen Unruhe halber nicht derogestalt, wie
es sich gebühret, beobachtet worden, solchem nach wollen I. Ch. D. för-
derlichst an alle und jede Erzpriester die nöthige Verordnung -ergehen
hissen, damitein jedweder derselben bei Verlust seiner Inspectiongelder nebst
dem Haubtmann jedes Ambts zum weinigsten alle Jahr einmal die ihme
untergebene Kirchen visitire, alle Mängel und Gebrechen, welche sowoll
bei denen Pfarrern als Zuhörern sich eräugen möchten, notire, die Kirchen-
intraden, und was sonst mehr dazu gehöret, fleissig untersuche und da-
von jedesmal, wie und welcher Gestalt sie es befunden, der Regierung
und diese Ihro Ch. I). davon unterthänigst berichte, hiemit alle Miss-
bräuche in Zeiten abgestellet und was sonst mehr nöthig, beobachtet
werden könne. Ueber die Erzpriester aber behalten die consistoria die
Inspection und über diese die Regierung die Oberaufsicht und damit
demjenigen, so in dergleichen Sachen unordentlich vorgehet, desto besser
remediret werde, so wollen I. Ch. D. dero advocato fisci und andern
zu den fiscalischen Sachea verordneten gnädigsten anbefehlen, dass sie
nicht weiniger diese vor die consistoria gehörige, als andere Sachen in
Acht nehmen, dieselbe, wenn deshalb keine ordentliche Klage ge-
führet, oder den consistoriis angezeiget werden sollte, vor sich ex officio
deuunciren und wie in andern, also auch in diesen I. Ch. D. Interesse
beobachten, die Sachen treiben und ausführen.
3) Der Punkt wegen des Bürgerrechts und der Nationen in denen
Städten Königsberg, hat in dem Landtages- Abscheid allbereit seine ab-
hülfliche Maass erlanget.
4) Der Universität hätte besser angestanden I. Ch. D. als dero nu-
tritio, specimina eruditionis und diligentiae unterthänigst zu zeugen als
sich uf die Art finden zu lassen. Es sind aber I. Ch. D. auch ohne
cbengefällen oder, falls diese unzureichend sind, durch eine „Zusammenlege der Ein-
gewidmeten" zu bestreiten. — 7) Die revidierten Ordnungen sind zur Nachachtung
zurückzuschicken. — 8) Schwierige Fälle, die etwa eine Aenderung der Kirchendisci-
plin erfordern, sollen von den Kommissarien berathen und, wenn nöthig, zu einem
Schluss gebracht werden, aber unter möglichster Vermeidung aller Neuerung. Der-
artige neue Bestimmungen sollen dann dem Kurfürsten und den Ständen zur Geneh-
migung unterbreitet werden (9 und 10 bilden den Schluss). (Geeinigtes Bedenken,
praes. 13. Juni 16G2.) Bedenken der Landräthe und der Ritterschaft waren vorange-
gangen (praes. 27. April, 4. Mai 1662).
26*
404 11- Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
derjenigen professorum unzeitige Erinnerung geneigt, ihre Sorgfalt nicht
■weiniger auf Redressirung der Academien als Fürstenschulen zu wenden,
sie haben auch allbereits die gnädigste Verordnung gemacht, damit, so viel
noch zur Zeit müglich, die Fischhausische Einkünfte gereichet und ausge-
folget werden, gestalt dann darmit bei I. Ch. D. jetziger Anwesenheit der
Anfang auch wirklich gemachet und continuiret werden solle. Dieweil
aber auch niemand als der, welcher arbeitet, seines Lohnes werth ist,
solchem nach wollen I. Ch. D. die academiam förderlichst visitiren lassen
und zwischen denen fleissigen und denen, welche sich woll gar nicht
oder selten, ob sie gleich Alters halber daran nicht verhindert, docendo
oder profitendo hören lassen, einen Unterscheidt machen, und der Aca-
demie nach aller Müglichkeit wieder aufhelfen.
Und demnach denen Ständen aus denen vorigen actis und absonder-
lich aus denen vom Jahr 1641 bekannt, dass dieselbe au dem von der
Academie affectirten jure praesentandi , welches doch derselben niemals
eingeräumet oder gebühret, deshalb auch die Nothdurft in actis vom
Jahr 1616 enthalten, nichts zu praetendiren , über dem auch dieser
Punkt vor vielen Jahren abgethan, also lassen L Ch. D. dero Academie
bei dem jure commendandi, werden auch dieselbe, wann sie damit, wie
sie schuldig verfahren, jedesmals dabei gdst. schützen, wenn näm blich
selbige bei ereigneter Vacanz zu rechter Zeit in der Theologischen, wie
auch in der Juristen Facultät, 3 unterschiedene qualificirte und tüch-
tige subjecta, in der medicinischen 2 und in der philosophischen gleich-
falls 2, in der vacirenden mathematischen Profession aber jedesmals,
wenn derselbe nicht mehr vorhanden, nur einen tüchtigen Mann cora-
mendiren. Womit doch I. Ch. D., das deroselben als dem Landesfürsten,
fundatori, und dem Haubt zustehendes Recht sich nicht begeben, ge-
bühret auch demselben in diesem respect ohn Zweifel, was denen pro-
fessoribus als membris und Dienern vergönnet und zugelassen; als auch
M, Seidler I. Ch. D. über dem von dero Regierung allbereit vor langer
Zeit wegen bekannter Erudition, Gottesfurcht und exemplarischen Lebens
zur Profession theologiae unterthänigst commendiret, derselbe auch dar-
uf confirmiret, die wider L Ch, D. gnädigsten Befehl eingestellete Intro-
duction, auch nuamehro werkstellig gemachet, also hat es auch dabei
sein Bewenden, wie nicht weiniger, dass I. Ch. D. die extraordinarios
professores jedesmal nach dero gnädigsten Willen und Gefallen bestellen
und annehmen.
5) Soviel das grosse Hospital belanget, vernehmen L Ch. D. ganz
Universität. Hospital. Gefangene. Commissariat. Fremde Räthe, Indigenat. 405
ungern, dass demselbigen bis anhero so übel vorgestanden und dasselbe
nicht besser administriret worden; sie hoffen aber, dass durch jetzt im
Werk begriffene und visitirende Commission die Sachen in einen besseren
Stand gerathen und künftig, was versehen, wieder ersetzet und ergänzet
werden könne.
6) Damit auch denen in der Tartarei annoch sitzenden armen Ge-
fangenen geholfen werden möge, so wollen I. Ch. D. in alle Aembter
Befehl ergehen lassen, auf dass diejenige, welche aus jedem Ämbt von
den Tartern weggeführet, specificiret und hernach so viel müglichen in
der Tartarei Erkundigung und Nachfrage gehalten werde, ob und wer
von denenselben noch alldar vorhanden und zu ranzioniren, auch wie
hoch die Ranzion sich belaufen, da denn nebst I. Ch. D., als welche
allbereit eine gute Anzahl durch Erlegung der Ranzon [sie] erlediget,
die Stände auf die noch nöthigen Mittel unterthänigst werden be-
dacht sein.
7) Nachdem auch die Stände einige ihres Mittels unterthänigst be-
nennet, welche die Abhörung der Commissariatrechnung beiwohnen
sollen, I. Ch. D. auch sofort jemandes dazu in ihrem Namen befehligen
wollen, so können sich dieselbe mit einander zusammen thun, sich eines
gewissen Tages vereinigen, denselbigen dem Commissariat notificiren und
so denn daruf in Gottes Namen, derjenigen Instruction nach, welche
ihnen von I. Ch. D. zu solchem Ende zugestellet werden soll, mit der
Abhörung würklich den Anfang machen, damit bis zu Ende verfahren
und darauf I. Ch. D. nebst dero unterthäuigsten unmassgebigen Gutachten
von der ganzen Sache ausführlichen schriftlichen Bericht erstatten und
werden sich die dazu benöthigte Unkosten woll finden.
8) Im üebrigen lassen es I. Ch. D., was die also genannte Con-
currenz I. Ch. D. Geheim bten Räthe, welche die Landstände frembde
Räthe nennen, mit der hiesigen Regierung betrifft, bei denen vorigen
Erklärungen, absonderlich wie dieselbige in actis im Jahr 1615 und
sonsten in I. Ch. D. Resolution de dato Colin an der Spree den 11. April
1662 und absonderlich auch bei demjenigen, was in dem jetzigen Land-
tagesabscheid hiervon enthalten, nochmals allerdings bewenden.
9) Bei dem jure indigenatus lassen es I. Ch, D. und begehren ein
Mehrers dabei nicht, als wie es derselben zugestanden und herkommen,
und dahero, wenn I. Ch. D. ins Künftige jemand das jus indigenatus con-
feriren, wollen sie denen Ständen davon gnädigst part geben, damit es
mit ihren Wissen und guten Willen geschehen möge.
406 II- D^*' giosse Landtag von 1661 bis 1663.
10) Die Festung Pillaw und Miimmell versprechen I. Ch. D. alle
mal, wie bisliero geschehen, auch ferner mit solchen subjectis zu ver-
sehen, an deren Treu und Aufrichtigkeit nicht zu zweifeln, die auch,
damit man mehr Vertrauens zu ihnen haben möge, im Lande possessio-
niret sein sollen, und wollen I. Ch. D. die Einzöglinge, wenn sie dazu
capabel, vor andern Ihro zur gnädigsten Befoderung recommendiret
sein lassen.
11) Soviel die Participation an dem Pfund zoll, welchen die alte
Stadt und Kniephof unterthänigst gebeten, betrifft, dieweil I. Ch. D. sich
allbereit gegen gedachte beide Städte dahin gdst. erkläret, dass sie die-
selbe zu der Participation des also genannten alten Pfundzolls, jedoch
nach Abzug der gewohnlichen onerum, gnädigst verstatten wollen, also
hat auch dieser Punkt nunmehro seine gute Richtigkeit.
[12] Und gleich wie dem Landesfürsten vermöge der bekannten Rechte
freistehet, auch der privatorum Gründe gegen gnugsame und billige
Satisfaction in den Festungsbau zu ziehen, also haben I. Ch. D. allbereit
vor diesem die gnädigste Verordnung ergehen lassen, die also genannte
und in dem Bau der Festung Friederichsburg gezogen Klapperwiesen
aus dero eigenen Mitteln zu bezahlen; dieweil aber die Stadt Kniephoff
bis hero die angebotene Satisfaction noch nicht erlanget, so erbieten sich
I. Ch. D. dazu hiemit nochmals gnädigst oder da sie lieber wollen, ver-
sichern sie die Stadt, dass, wenn I. Ch. D. oder deren Nachkommen die
Festung vergehen lassen werden, das Eigenthumb des Grundes hinwieder-
umb der Stadt Kniephoff unweigerlich zufallen solle. Unterdessen ist an
andern Orten besser und mehrer Bequemlichkeit, ohne Nachtheil der
trafiquirenden und Fischer das Holz zu flössen und aufzunehmen, auch
bei der Festung noch ein ansehnlicher Raum; und wollen I. Ch. D. schon
dergleichen nachdrückliche Ordere stellen, dass das Holz bei der Festung
ohne Schaden vor die Soldaten stehen und bleiben solle.
13) Bei dem Hofgericht, als an dessen guter Bestellung dem ganzen
Lande merklich gelegen, soll ins Künftige Niemand bestellet und ange-
nommen werden, er habe dann resp. sich von dem ganzen Collegio des
Hofgerichts examiniren lassen und ex actis, welche das Hofgericht
ihnen zustellen wird, seine Relation abgestattet, und zwar die, welche
bürgerliches Standes, sollen sich nebst der relation auch dem examini sub-
mittiren, die von Adel aber mit dem examine verschonet werden und nur
die Relation ex actis abzustatten schuldig sein, wie und welcher Gestalt
nun solche candidati bei dem Hofgericht in examine und relatione actorum
Festungen. Pfuudzoll. Friedrichaburg. Hofgericht. DieüstwohnimgeD. Armee. 407
bestehen, davon soll I. Ch. D. unterthänigst referiret werden, damit sie
sich ihrer Befoderung oder Repulses gnädigst entschliesseu und resolviren
können und ist dahero, weil die promovendi vom Bürgerstand auch dem
examini unterworfen, uf den gradum docturae oder licentiaturae nicht,
sondern auf die Capacität und Erudition, obgleich kein gradus dabei,
zu sehen.
14) Es wollen auch I. Ch. D. die gnädigste Anstalt und Verfügung
thuen, damit die Häuser, welche zu bewohnen I. Ch. D. Räthe und Be-
diente gewidmet und andere besitzen, wieder hiebei geschaffet werden.
15) Wegen begehrter Abdankung der annoch subsistirenden gewor-
benen Völker, da haben I. Ch. D. das gnädigste Vertrauen, es werden die
Stände bei demjenigen, so ihnen mit Gründen in der Conferentz remon-
striret und vorgestellet, sie es selbsten auch woll begriffen, acquiesciren
und nebst Ihre Ch. D. den Allerhöchsten um Verleihung Ruhe und Friede
inbrünstiglich anrufen und derogestalt diesen Punkt selbsten I. Ch. D.
und dero Stände Wunsch und Verlangen nach abhelfen. Unterdessen
werden I. Ch. D. ihres Orts alles thuen, was zu besserer Einrichtung und
Sublevirung der Nothleidenden gereichen kann und mag.
16) Weilen auch alle Festungen, entweder an der See oder sonsteu
zu Nutzen des Landes angeleget, also wollen auch I. Ch. D. auf derselben
Proficirung und Conservation mit allen Fleiss bedacht sein, auch mit
dero getreuen Ständen Bedenken und Berathschlagen, ob etwa an einem
und dem andern Ort im Lande nöthig sein möchte, noch einige Festun-
gen mehr anzulegen und zu unterhalten.
Welches I. Ch. D. E. E. Landschaft von allen Ständen, auf die von
ihnen unterthänigste eingerichtete gravamina zum endlichen Bescheid
zu ertheilen gnädigst anbefohlen, denen sie sambt und sonders mit kur-
fürstl. Gnaden stets beigethan verbleiben.
408 II- I^^f grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Kurfürstliche Resolution. Dat. Königsberg 1. Mai 1663.
R. 6. TT. — Kön. 668 III.
[Auf das Memorial der Stände'): Kircheupatronat. Juristische Fakultät. Justiz.
Landräthe. Commissionen. Commissariatsrechnuug. Jagdsachen. Fischerei. Mühlen.
Lehen. Exspectanzen. Medicinalwesen. Maasse. Justiz. Privatklagen. Pferdediebe.
Brauerei.]
1663. I. Ch. D. . . . ist unterthänigst und ümbständlich referiret worden,
'■ was E. E. Landschaft von allen Ständen bei deroselben unterm dato den
26. November des vorlängst verflossenen 1661 ten Jahres, in einem Memo-
rial gehorsambst eingereichet und darüber höchstgdter I. Ch. I). gnädigste
Resolution gebeten und haben sich jetzt höchstgstr. I. Ch. D. darauf fol-
gender Gestalt erkläret.
Und zwar, so viel den ersten Punkt betrifft, dass nämlich an denen
Aembtern nicht an die patronos, sondern an die Geistliche rescribiret
werde, davon ist I. Ch. D. niemals etwas wissend gewesen oder bei dero-
selben, ausser was jetzo geschiehet, Klage geführet worden. So wollen
dannenhero sich in den Sachen informireu, und dergleichen zulängliche
Verordnung ergehen lassen, dass hinfüro dieses Punkts halber, einige Klage
zu führen die Stände keine Ursache haben sollen. Mit Bestellung der
Pfarrer wollen I. Ch. D. es nicht anders gehalten wissen, als wie es recht
ist und sollen demnach alle Prediger, welche Befoderung suchen, zu
vorhero ihre Probepredigten vor der Gemeine halten und derjenige,
welcher von dem mehrern Theil der Gemeine beliebet und wider welchen
sonst mit Recht nicht zu sprechen, es sei auf dem Lande oder Städten,
auf erfolgte I. Ch. D. gnädigste Coufirmation installiret und bestellet
werden.
Was wegen Wiederersetzung derer bei der Juristen Facultät sich be-
findenden ledigen Stellen, und dass die professores juris mit zulangenden
salariis versehen werden möchten, unterthänigst erinnert, das beedes
halten I. Ch. D. für höchst nöthig, und gleichwiedieselbe, so viel den
ersten Punkt betrifft, bei ihrer jetzigen Anwesenheit allbereit der Anfang
gemachet, und D. Wolderum als einen tüchtigen Mann zur professione
juris ordinaria und zwar nebst D. Perbandten, als welcher Alters halber
nicht mehr fort kann, zum primario gnädigst bestellet, als wollen L
Ch. D., soviel die Verbes'serung des salarii betrifft, E. E. Landschaft
unterthänigste Vorschläge und wie sie vermeinen, dass ohne Abgang I.
') Vom 26. Nov. 1661 (s. Bd. I S. 656 ff.).
Kirchenpatronat. Juristische Fakultät. Landräthe. Justiz. 409
Ch. D. DomäneD, den professoribus juris zu helfen, erwarten; es wissen
auch I. Ch. D. nicht anders, denn dass die zu den fiscalischen Sachen
Verordnete auf die Rechte des Landes vereidet.
So viel die Competenz, welche sich zwischen den Oberappellation-
und Landräthen ereiigen will, anbelanget, da wollen I. Ch. D. darauf be-
dacht sein, damit auch dieser Punkt ohne beeder Theile Nachtheile ab-
gethau und geschlichtet werde.
Dass sich auch die Räthe und Gerichte darumb beschweren , dass
ihnen die bei I. Ch. D. Halsgericht Bestalte, welche nicht graduiret, in
dem Rang vorgezogen werden, deswegen wollen I. Ch. D. dero rationes
erwarten und sich dann darnf gnädigst vernehmen lassen.
Es wollen auch I. Ch. D. die gnädigste Anstalt machen, damit die
Landräthe, welche mit Hauptmannschaften noch nicht versehen und einige
andere Bediente, welche einige Zehrungs- und Bestalluugsgelder zu fo-
dern, wo nicht auf einmal, doch nach und nach contentiret werden
mögen.
Wie es auch bishero mit Anordnung der Commissionen und adli-
chen Sachen gehalten worden, dabei lassen es L Ch. D. ferner bewenden
und stehet den adlichen Parten frei, was für Commissarien sie ausbitten
werden. Wann L Ch. D. aber ex officio eine Commission in adlichen
Sachen anzuordnen nöthig ermessen werden, so wolle dieselbe darzu
allemahl, dero gnädigstem Belieben nach, tüchtige unbescholten und qua-
lificirte subjecta, darunter doch diejenigen, welche als Protocollisten da-
bei sein, nicht zu rechnen, nehmen und bestellen, auch den fiscalem,
als welcher ohne dem, als actor oder accusator kein Commissarius sein
kann, zu einen Mitcommissarien nicht verordnen. Denen Pfandsinha-
bern soll verbotten werden, die ihnen mit verschriebene Jurisdiction nicht
zu extendiren.
Hiernächst mag E. E. Landschaft von allen Ständen L Ch, D. als dero
gnädigsten Landsfürsten in Unterthänigkeit zutrauen, dass sie sich über
demjenigen, was allhie angeführet, landesväterlich und herzlich betrübet,
und an demjenigen, was in ihrer Abwesenheit unrecht und gewaltthätig
vorgangen, ein ungnädigstes Missfallen tragen, halten aber nicht nöthig,
was mit mehrern wehmüthig angeführet wird, zu wiederholen. Und
dieweil E. E. Landschaft diese ihre Klage mit dieser unterthänigsten
Bitte beschliessen, dass L Ch. D. die in dem allgemeinen Bedenken ge-
suchte Untersuchung desto fester verordnen möge, L Ch. D. auch, soviel
die Commissariat-Rechnung betrifft, sich allbereit in dero gnädigsten Re-
410 II- Der grosse Landtag von 1G61 bis 1663.
Solution ad gravamina der Stände dahin gnädigst erkläret, auch durchaus
vor Recht und billig halten, dass sowoll diese Rechnung, als auch die in
den Aembtern von denen Beambten begangene Exorbitantien und Unter-
schleife mit allen Fleiss untersuchet werden; als versichern I. Ch. D.
E. E. Landschaft von allen Ständen hiemit nochmalen, dass sie in
diesen Stücken allen dero landfürstl. Ambt beobachten und in der That
bezeugen werden, dass sie an unrechtmässigen und unredlichen Bezeu-
gungen kein Gefallen, sondern ein Abscheu haben. Wenn auch E. E.
Landschaft oder aber einer und der ander bei L Ch. D. Special-Bericht
thuen wird, was für Unterthanen und M^ohin dieselbe verführet, auch
unter was vor Botmässigkeit dieselbe anitzo anzutreffen, so sind L Ch. D.
des gnädigsten Erbietens, wie sie auch auf eines und des andern unter-
thänigstes Particular anhalten, dergleichen allbereit würklich bishero ge-
than, die Nothdurft dabei zu beobachten und die Wiederausfolgung wie-
der zu befodern. Wegen des von denen Oberländischeu Aembtern über
ihr Contingent vorgeschossenen Getreides soll Nachricht eingezogen und
soll dann daruf die Billigkeit verfüget werden.
Wie nicht weiniger von denen zur Jägerei bestallten gründl. Con-
formation eingenommen und wegen der, der Anzeig nach wider Recht
gesetzten Hegesäulen, dann wegen der Neusassen, Bienen und Wildnüss-
bereiter, worumb sie der Haubtleute Jurisdiction entzogen, Nachfrage ge-
than und darinnen eine solche Verordnung gemachet worden, dass sich
deshalb ferner Keiner zu beschweren Ursache behalten soll.
Wenn die Städte Königsberg eine Specialjagdgerechtigkeit beibrin-
gen, so sollen sie dabei gebührlich geschützet werden. L Ch. D. haben
gleichfalls Ihro unterthänigst berichten lassen, dass man sich des also
genannten Samländischen privilegii des Holzes halber bis anhero ziemb-
lich missbrauchet und dass, wenn es so ferner continuiret werden sollte,
dieser Kreis, zumal an Bauholz nothwendig Mangel leiden müsste, des-
halben sie dann zu des Landes Besten zulängliche und nöthige Anstalt dem
saml. privilegio gemäss machen werden; der bisherige Mangel an Brenn-
holz aber ist mehrentheils dahero entstanden, dass einige Jahre hero fast
kein Winter und beständiger harter Frost eingefallen, dahero es dann
kommen, dass das Holz weder geschlagen noch aus den Wäldern wegen
weichen Wetters herausgebracht werden können, und gleich wie L Ch. D.
nach dero gnädigsten Gefallen und wie sie es zu dero Besten befinden,
in ihren Wäldern zu disponiren, also werden sie auch ferner dahin be-
dacht sein, wie deroselben Vortheil dabei je mehr und mehr zunehmen
Commissariat. Jagd. Fischerei. Mühlen. Exspectauzea. Maasse. 411
und vermehret werden möge, wollen auch Erkundigung einziehen lassen,
ob und wie weit Reinhold Klein denen Städten versprochen und zugesagt,
dass ihnen bei währendem Kriege durch die Soldaten von denen Holz-
wiesen, dem Angeben nach, abgenommene Brennholz zu ersetzen und ob
er solches I. Ch. D. allbereit in Rechnung gebracht und sich darauf dem
Befinden nach gnädigst erklären.
Die wider Recht und Billigkeit auf denen Strömen gemachte Wehren
sollen nach geschehener Untersuchung nur wenn es sich berichteter
Massen befinden sollte, abgethan und ferner dabei, was uöthig, ver-
ordnet werden.
Bei der Keutel-Fischerei erinnern sich I. Ch. D. aus den actis zurück
gnädigst, was deshalb im Jahr 1622 auf öffentlichem Landtage vorkom-
men und in dem Landtages Abscheid gesetzet worden und wird vor allen
Dingen nothig sein, dass die dabei vorgehende Unordnung unterdessen
abgestellet werden, bis man Gelegenheit überkommet, mit andern dabei
Interessierten das Werk besser zu überlegen und darin was beständiges
zu verordnen und ist darbei nebenst billig, dass der Landmann von den
arrendatoren im Fischzug nicht übersetzet oder übersteigert werde.
Dass wann keine Zwangmühlen vorhanden, ein jeder nach seinen
Belieben sich einer Mühle, derer er will, gebrauche, ist billig, und werden
L Ch. D. auch in diesem Stück niemand wider Recht beschweren, auch
an die Angrenzenden deshalb die Nohturft gelangen lassen.
Was die Consense in dem Magdeburgischen Lehn betrifft, deshalb
ist zu E. E. Landschaft satisfaction dasjenige, was nöthig, in dem Land-
tages Abscheid zu befinden und hat seine gute Richtigkeit.
In Ertheilung der primarien und expectantien werden L Ch. D. sich
ihres Rechtens schon zu gebrauchen wissen und wissentlich keinen Un-
verdienten Wohlbedienten und Capabeln vorziehen.
I. Ch. D. wollen denen medicis gnädigst anbefehlen, die Apotheken
jährlich zu visitiren, eine gewisse taxam zu entwerfen und dieselbe zur
gnädigsten Confirmation jedesmals einzuschicken.
Dass das Maass, Elle und Gewicht im Lande recht eingerichtet,
halten L Ch. D. auch ihres Orts hoch nöthig und soll solches vor allen
Dingen bei Revidirung der Landesordnung in Acht genommen werden.
Dass die executio rerum judicatarum durch Rescripta und wider
Recht gehindert, die Justizsachen von ihrer ordentlichen Instanz an die
Oberrathstube gezogen und derogestalt verzögert werden sollten, davon
ist I. Ch. D. nichts wissend. Und gleich wie sie ihres höchsten Orts nicht
412 II- Dsr grosse Landtag von 1661 bis 1663.
mehr verlangen als schleunige durchgehende unparteiische Justiz, also
werden sie vor sich cursum justitiae wider Recht nicht hemmen, wollen
auch die gnädigste Versehung thuen, damit solches auch in dero Abwe-
senheit nicht geschehen, sondern ein jedwedes seinen rechtlichen Effect
haben möge.
Des Obersten Kalksteins, Obersten Packmohrs und Litwitzens Sachen
sein bekannt und nicht nöthig allhier weiter zu wiederholen, Göbel und
Finger auch haben vielmehr mit unterthänigstem Dank zu erkennen,
dass I. Ch. D. wider sie auf die vollkommene acta, gesprochene Ur-
theile, auf geschehene ihnen selbst bekannte und procurirte intercessiones
nicht exequiren lassen, als dass sie sich bei den Ständen angeben und
ihre Sache auch in die acta publica bringen lassen. Es befinden auch
I. Ch. D. selbst billig und nöthig, dass einem und dem andern, ge-
stalten Sachen nach, Freijahre, remissiones und andere Wiederauf hel-
fungen geschehen, weswegen sie sich in dem Landtages Abscheid dahin
gnädigst erkläret, dass sie deshalb gewisse Verordnungen verfügen wollen.
Wann nur einer und der ander benennet und ertappet werden kann,
welcher auf dem Lande oder sonsten Pferde stichlet, so soll E. E. Land-
schaft in der That erfahren, dass L Ch. D. solche Diebe, sie sein, wie
sie wollen, nach Anweisung der Rechte abstrafen lassen werden.
Bei dem Krug-Recht werden L Ch. D. jedweden gnädigst schützen,
auch nicht verhängen oder zugeben, dass deme zuwider jemand beschweret
oder in seinem jure de facto turbiret werde. Wollen zu solchem Ende
die Sache untersuchen und darin, wie auch wegen des Bienenhalten, was
recht ist, thuen lassen.
Was die Stadt in specie wegen dess Bierbrauens und Krüge und
dass es denenjenigen, welche es nicht berechtiget, untersaget und ver-
botten werde, halten I. Ch. D. vor billig, es soll auch ihrem unterthä-
nigsten petito in Gnaden deferiret und solches ohne Praejuditz derjenigen,
welche es berechtiget, abgeschaffet werden.
I.Mai.
Justiz. Privatklagen. Zoll und Schifffahrt. Neuer Graben. Seifensiederei. 413
Kurfürstliche Resolution. Dat. Königsberg 1. Mai 1663.
R. 6. TT. — Kön. 668 III.
[Auf Bittschrift und Memorial der drei Städte'): Taxe. Danziger. Schiff-
fahrt. Neuer Graben. Seifensiederei. Bürgerliche Abgaben. Brauen. Mühlsteine.
Tuch. Wolle. Roth. Handel. Korn. Vorkauf. Handwerk. Tuchhändler. Kanne-
giesser.]
Dem durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Friederich Wilhelm 1G6
... ist der Städte Königsberg unterthänigste Bittschrift nebst dem der-
selben beigefügten Memorial gehorsambst vorgetragen worden und haben
höchstgedacht I. Ch. D. sich darauf in Gnaden folgender Gestalt resolviret.
So viel nun die participation des also genannten Pfundzolles, die
Klapperwiesen, die rationes, die Complanation und die Verschliessung
der Mühlen betrifft, diese puncta alle haben ihre abhelfliche Maass theils
in dem Landtages Abscheid, theils aber in der Resolution auf E. E. Land-
schaft von allen Ständen übergebene gravamina erlanget, die verschlosse-
nen Mühlen aber sind allbereit vor etzlichen Monaten durch I. Ch. D.
gnädigste Verordnung wieder eröffnet.
LTnd dieweil L Ch. D. gnädigst schon befohlen, dass die taxa ge-
drücket und öffentlich an dem Licenthause sowoll allhier als zu Labiau
angeschlagen werden soll, also hat auch dieser Punct seine gute Richtigkeit.
Den Danzigern und Elbingern soll kein Aufkauf der Landwaaren
verstattet und deshalb die nöthige Verordnungen publiciret werden.
Wegen der Mümmelischen Schifffahrt wollen L Ch. D. es dergestalt
einrichten, dass darüber die Stadt Königsberg mit Fug Beschwer zu
führen keine Ursache haben solle.
So wollen auch L Ch. D. die Anstalt machen, dass der neue Graben
bei Lapeinen mit Zuziehung und Hülfe derjenigen, welche zu helfen
schuldig, ausgebachert und rein gehalten werde.
Das Recht der Seifensiederei stehet L Ch. D. einzig und allein zu,
und haben dieselbe nach dero eigenen Gefallen damit zu disponiren;
damit aber die Städte Königsberg auch in diesem Stück dero Gnaden
zu verspüren haben mögen, so wollen L Ch. D. sich dahin gnädigst er-
kläret haben, dass, wann die einem und dem andern wegen des Seifen-
siedens ertheilte privilegia, als welche nur auf gewisse Zeit verliehen,
erlöschen und die Jahre verlaufen, sie alsdann dem Befinden nach das
Seifensieden, wie es itzo ist, dergestalt nicht mehr restriugiren wollen.
') Beide (o. D. und Präs., Ende 1662 oder Anfang 1663 übergeben) liegen vor.
Ihr Inhalt ergiebt sich aus der obigen Autwort des Kurfürsten.
414 II. Der grosse Landtag- von 1G61 bis 16G3.
Alle und jede, welche in denen Städten wohnen und bürgerliche Nah-
rung treiben, dieselben sollen von der Nahrung, welche sie treiben, eben
dasjenige geben, was andere Bürger von dergleichen Nahrung geben und
sich dagegen mit keinem Piivilegio oder Exemption zu schützen haben;
im Uebrigen aber bleibt es bei den Landtages- und andern Verabschie-
dungen, Privilegien und Exemptionen.
Was das Lauische depositorium betrifft, deshalb wollen L Ch. D.
sich unterthänigst informiren lassen und hernach das ihrige zu der Städte
und des Landes Besten bei der Sache thuen.
Was wegen des unbefugten Bräues auf dem Lande geklaget, das hat
seine Abfertigung in der Resolution auf E. E. Landschaft von allen Ständen
eingereichten Memorial, und soll dieses Werk noch weiter untersuchet
und dergestalt eingerichtet werden, damit Niemand über Unrecht sich
beschweren könne.
Es lassen L Ch. D. die Städte bei ihrem Recht, dass nem blich auf
den Freiheiten kein Landbier geschenket werde und wollen auch die
nachdrückliche Verordnung thuen, dass, so dawider was geschiehet, nach-
bleibe und eingestellet werde. Doch sind hierunter diejenige nicht zu
verstehen, welchen es L Ch. D. vergönnet und darüber privilegiret.
Zu guten tüchtigen Mühlsteinen soll Anstalt gemachet, der Abgang
und dass so weinig Malz aus L Ch. D. Malzmühleu zurückbekommen
wird, imgleichen die Beschwerden, welche über den jetzigen Mühlmeister
geführet werden, sind zum Theil zu untersuchen allbereit angefangen und
soll noch weiter geschehen, damit dem Befinden nach verordnet, auch
was unrecht befunden wird, abgestellet werde. Es werden aber auch
die Städte, nachdem allbereits vorlängst die Mühlen wieder eröffnet, die
Quirdeln, Ross- und andere Hausmühlen vermöge L Ch. D. gnädigsten
Befehl gänzlich abschaffen und derer sich nicht mehr gebrauchen. Bei
denen Soldaten ist allbereit die Ordere gestellet, dass sie dergleichen Ex-
cesse auf denen Holzwiesen sich woll enthalten werden. Von wegen des
Holzes, welches bei vorigen schwedischen Kriege von denen Bürgern her-
gegeben und dasselbe Reinhold Klein L Ch. D. berechnet, ist allbereit
in der Resolution auf das gesambte Memorial E. E. Landschaft die Noth-
turft zu finden.
Freibriefe zu geben stehet L Ch. D. als dem Landesfürsten frei; sie
wollen sich aber in Exercirung dieses Rechtens derogestalt bezeugen,
dass sie nicht ohne Unterscheid einem jedweden, sondern nur tüchtigen,
und zwar mit dieser Moderation Freibriefe ertheilen. damit dadurch denen
Abgaben. Brauen. Mühlsteine. Freibriefe. Rolle. Tuch. Wolle. 415
übrigen die Nahrung nicht entzogen und benommen werde. E.s soll auch
kein Freibrief gelten, als welcher von I. Ch. D. eigenhändig unterschrieben;
diejenigen auch, welche uf eine andere Art Freibriefe erhalten, nicht
gelitten oder für Meister passiret werden.
In puncto der Rollen sind I. Ch. 1). gnädigst zufrieden, dass auf
eines oder des andern Gewerks Anhalten, der Stadt Magistrat Rollen
entwerfen und dieselbe zu I. Ch. D. gnädigsten Revision und Confirma-
tion einschicken möge. Es erklären sich auch I. Ch. D., damit desto
bessere Ordnung und Consonantz erhalten werde, gnädigst dahin, dass,
wenn sie kraft dero ihr zustehenden lande.sfürstlichen Hoheit, Rollen geben
und ertheilen, sie des Stadt -Magistrats gegründete und nöthige unter-
thänigste Erinnerung ihro nicht lassen entjegen sein, und soll auch keine
Rolle gleich denen Freibriefen, vermöge den Acten vom Jahr 1641 gelten,
also welche unter I. Ch. D. eigenhändigen Unterschrift ausgefertiget.
Was allhier von dem Gewerk der Schneider angeführet wird, das
hat dasselbe auch bei I. Ch. D. absonderlich gesuchet, und gnädigste Re-
medirung unterthänigst gebeten, darauf es auch eine solche gnädigste
Verabschiedung erhalten, daraus es zur Gnüge verspüren, dass I. Ch. ü.
an demjenigen, was passiret, kein Gefallen, sie werden auch noch ferner
das Gewerk bei demjenigen, was dasselbe von I. Ch. D. und dero hoch-
löbl. Vorfahren erlanget und erhalten, alleraal gnädigst schützen.
Und hat derjenige, was die Fischer, Loss- und Festbäcker, Fleisch-
hauer, Tischler, Gläser und andere wegen der Freibriefe klagen, in den
vorigen seine gute abhelfliche Maass erlanget.
Es wollen auch I. Ch. D. die Verordnung machen, dass alle Land-
tücher, welche anhero gebracht, von einigen der Sachen erfahrenen be-
sichtiget und wenn sie untüchtig und anders, denn wie sie sein sollen,
befunden, hinweggenommen und in das Hospital für die Armen gebracht
werden sollen.
Wie nicht weiniger soll wegen Aufkauf der Wolle auf dem Lande
eiue gewisse Verordnung gemachet werden, damit absonderlich die Tuch-
macher auch in diesen Städten viel mehr zu als abnehmen und sich über
demjenigen, was bis anhero vorgangen, nicht mehr beschweren mögen.
L Ch. D. erlassen auch denen Tuchmachern, an den 100 f., welche
sie jährlich für die Walkmühle zu entrichten, ins Künftige jedes Jahr
30 f., bis die Zahl der Tuchmacher hinwieder zunimbt.
Diewoileu die Sache zwischen den Uhrmachern und Martin Dreschern
verglichen, ist dieser Punkt richtig, unbeschadet LCh. D. landesfürstl. Recht.
416 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Dass I. Ch. D. den Rhoden zur gefängl. Verhaft und auf dero Schloss
bringen lassen, dafür hätten die Städte I. Ch. D. vielmehr Ursache un-
terthänigst Dank zu sagen, dann dafern solches nicht geschehen, wären
die Städte durch Rhodens höchstgefährliche machinationes ohne Zweifel
in das grosse Ungeliick gestürzet worden, und dieweil I. Ch. D. in diesem
atrocissimo crimine die Cognition allein gebühret, als haben sich auch
die Städte nicht zu befahren, dass, wenn ihr gnädigster Landesfürst
und Herr sich in solchen und dergleichen Händeln seiner landesfürstlichen
Hoheit rechtmässig gebrauchet, ihnen dadurch auf einigerlei Weise, an
der ihnen verliehenen Jurisdiction praejudicieret worden oder praejudicieret
werden könne; Gestalt dann auch des Rhodens Captivirung zu solchem
Ende nicht vorgenommen, vielmehr I, Ch. D. Intention [nicht] gewesen
oder nochmals ist, denen Städten etwas zu entziehen, was sie rechtmässig
erlanget.
Auf der Städte Memorial.
Mit dem Pfundzoll hat es nunmehro seine gute Richtigkeit.
Wegen des Handels und dass niemand, als welcher Bürger mit denen
Frembden handeln möge, lassen I. Ch. D. bei dem Recht, welches die
Städte Königsberg haben, und sollen diejenigen, welche nicht Bürger
sind und doch mit Frembden handeln, deswegen der Gebühr nach ange-
sehen und die Packkammeru auf den Freiheiten abgeschaffet werden.
Buden und Kramladen bleiben auf denen Freiheiten und mögen in
denselbigen alle und jede Waaren verkaufet werden; es ist auch solches
dem Herkommen und den vorigen Landtagesacten gemäss und weilen die
in den Städten schuldig sind, die Waaren an die auf der Freiheit in
solchen Preis zu verkaufen, damit die auf der Freiheit, was sie ver-
kaufen, ümb eben solchen Preis als die Handelsleute in der Stadt geben
und verkaufen können; also werden sie auch in diesem Stück ihrer
Schuldigkeit nachkommen und durch Uebersetzung der Waaren zu einem
Widrigen selbst keine Ursache oder Anlass geben.
Es soll auch Niemand, als welcher es berichtet, aus dem Lande
Korn zu führen oder zu verschiffen vergönnet oder zugelassen, sondern
wenn es erfahren wird, das Getreid durch L Ch. D. Fiscalen confisciret
und weggenommen werden.
In dem Vorkauf auf dem Lande soll auch Verordnung gemachet
und was etwa vor Unordnung deshalb eingeschliechen, abgestellet werden.
W^as abermalen von denen Freibriefen angeführet, ist oben zur Gnüge re-
solviret, und werden sich auch die Zünfte und Gewerke zu bescheiden
Roth. Handel. Koni. Vorkauf. Handwerk. Vieh. Tuchhäudler. Kannegiesser. 417
wissen, dass alle Innungsbriefe und Rollen mit dieser Klausel ausgefer-
tiget, dass es der hohen Herrschaft jedesmals vorbehalten und freistehet,
die Briefe und Rollen, nach dero gnädigsten Gefallen, zu mehren, zu
verbessern, zu ändern, und gar zu cassiren und aufzuheben.
Der Schneider allhie wiederholtes desiderium ist allbereit vorhero
beantwortet und resolviret, und dadurch auch dasjenige zugleich mit
seine Abfertigung bekommen, was von denen Schustern und Kürschnern
geklaget wird.
Der Fischer ihr unterthänigstes Bitten wollen I. Ch. D. untersuchen
und sie sodann daruf mit gnädigsten Bescheid versehen lassen.
Imgleichen soll wegen der Festbäcker Beschwer, welches sie wegen
Erhöhung der Metze führen, Nachricht eingezogen und sodann daruf
dem Befinden nach, was recht ist, resolviret werden.
Und weil I. Ch. D. sich dahin gnädigst resolviret, dass kein Frei-
brief oder Rolle für gültig gehalten werden solle, als welche von I. Ch.
D. eigenhändig unterschrieben, der Schlossbäcker auch meistentheils
ander Gebäck, als die Los- und Festbäcker, backet, so wird der jetzge-
dachten Los- und Festbäcker führendes desiderium ins Künftige von sich
Selbsten fallen, und wegen angeführter Ursachen sie sich über den
Schlossbäcker nicht zu beschweren haben.
Das Vieh soll auf dem Lande, wenn es das Land und die Städte
Selbsten bedürfen, und dasjenige, was andere dafür geben wollen, gleich-
falls geben, nicht aufgekaufet und nach Elbing zu des Landes und der
Städte Schaden getrieben, auch zu Verhütung dessen zulängliche Ord-
nung gemachet werden.
Dass aber die Fiscale auf den Freiheiten das Vieh anhalten und
dasselbe nicht ehe in die Städte lassen, bis ein Zettul ausgelöset, da-
von ist L Ch. D. nichts wissend, soll auch, wenn etwas Unrechts dabei
befunden wird, abgeschaffet und eingestellet werden.
Die Tuchhändeier und andere, welche noch zu fodern, sollen wo
nicht sofort auf einmal, doch nach und nach richtig gezahlet, und wenn
sie sich angeben, mit richtigen Bescheid deswegen versehen werden.
Was der Kannegiesser Beschwer anbelanget, da gebühret es einer
jedweden Unterobrigkeit vermöge ihres Ambts Aufsicht zu haben, damit
kein falsch Zinn verkaufet, sondern dieselbe, welche auf die Art ar-
beiten oder verkaufen, zu gebührlicher Strafe gezogen werden. Es werden
aber L Ch. D. auch in diesem Stück nichts desto weiniger die nöthige
Ordnung verfügen, dass dergleichen Verfälschung des Zinnes eingestellet
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten, XVl. 27
418 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
werde; und halten hiernägst vor recht und billig, dass ein jedweder,
welcher Meister werden will, die Geburts- und Lehrbriefe gehörigermassen
beibringen; das übrige aber wegen der Handeluug mit den Frerabden,
ist oben Erwähnung geschehen und bleibt es nochnaals dabei. Wegen
der gläsern Flaschen aber halten I. Ch. D. nicht dafür, dass die Kannen-
giesser gegründet.
I. Ch. D. ist von keinem Bohnhasen was wissend; sollten sich aber
auf denen Freiheiten einige Goldschmiede finden, welche von I. Ch. D.
keine gnädigste Concession deshalb erhalten, so würden dieselbe billich
zur Einstellung ihrer Arbeit angewiesen; deswegen nöthig Nachfrage ge-
schehen und was recht ist, verordnet werden solle, damit so viel müg-
lich niemand sich weder in diesem noch sonsten mit Recht 7a\ be-
schweren Ursache haben möge.
Urkundlich mit I. Ch. D. Secret bekräftiget. . . .
Landtagsabscliied des Kurfürsten^). Dat. Königsberg 1. Mai
1663.
R. 6. TT. — Kön. 668 III.
[Subsidium. Competenzen der Regierung. Bauern. Domainen. Reformierte. Fremde.
Leliensachen. Schwur auf den Bromberger Vertrag.]
Nachdem E. E. Landschaft von allen Ständen aus sonderbarer zu L
Ch. D. als dero einigen Obererbherren tragenden unterthänigsten unge-
färbter Liebe und Devotion, auch zu noch mehrer Bezeugung ihrer stand-
haften Treue zwar ein Subsidium auf drei nach einander folgende Jahre
gehorsambst gewilliget, die Städte Königsberg aber mit denen vom Herren
Stande, Landräthen, Ritterschaft und Adel, sowohl ratione modi, als
auch sonsten hierinnen sich nicht vereinigen können; so hätten L Ch. D,
sich wohl dessen Ihro in solchen Fällen zustehenden juris complanandi
absolute zu gebrauchen gehabt; sie wollen aber umb allerhand erhebli-
chen Ursachen Willen dasselbe jedoch ohne Consequenz und Präjudiz vor
diesmal uf nachfolgende Art exerciren.
1) Der Originaltitel des Stückes lautet: „Der Durchlauchtigste Fürst und Herr,
Herr Friderich Wilhelm . . . giebt E. E. Landschaft von allen Ständen folgenden Land-
tagesabscheidt." — Das Stück ist bei Baczko V S. 497 ff. als Beil. XIV in der Haupt-
sache abgedruckt. Da indessen eine ganze Reihe wesentlicher Stellen ausgelassen
sind, und um seiner Wichtigkeit willen wird es hier nochmals vollständig reproduciert.
Böhnhasen. Subsidium. 4^9
Nehmen solchem nach anfänglich das von allen Ständen gewilligte
Subsidium mit gnädigstem Dank auf und an; und weil dasselbe durch
kein anderes, als durch ein Accise- oder Consumtions-Mittel bequemlich
aufzubringen, dasselbe auch allbereit auf dem Lande vor diesem einge-
richtet und bis dato continuiret, so haben die vom Herrenstand, Land-
räthen, Ritterschaft, vom Adel und kleinen Städten dasjenige, was bis
dato aus der Accise auf dem Lande gefallen und bis instehenden Jo-
hannis nochmals fallen möchte aus sonderbarer unterthänigsten Treue
und Affection L Ch. D. gehorsambst zu dero freien Disposition offeriret
und übergeben und darnebenst versprochen, die Summa von 180000
Reichsthalcr von künftigen Johannis anzufangen, die drei nacheinander
folgende Jahre und zwar jedes Jahr mit 60000 Reichsthaler abzuführen
und alle Monat richtig einliefern zu lassen. Soviel aber die Städte Kö-
nigsberg betrifft, da lassen L Ch. D. vor dieses Mal gnädigst geschehen,
dass, nachdem itzgedachte Städte 100000 Reichsthaler oder 300000 Gulden
a part vor sich, die Woche nach Pfingsten damit anzufangen, auf drei
nacheinander folgende Jahre, die versprochene Summa jährlich mit
100000 Gulden abzustatten, unterthänigst verheissen und zugesaget, sie
diese Summa durch ein Accise- oder Consumtionsmittel aufbringen, das-
selbe Mittel auch von denen Städten selbst, doch dergestalt eingerichtet
werde, damit dadurch Niemand, als die in den Städten Königsberg
wohnen oder in denenselben etwas consumiren, keinesweges aber die hin-
aus auf das Land gehende Waaren beschweret werden. Imgleichen sollen
sie dasselbe selbst einnehmen, administriren, vor diesmal, doch ohne
Consequenz und Präjudiz in den allgemeinen Landkasten nicht bringen,
sondern dasselbe monatlich I. Ch. D. unterthänigst auszahlen, und soll
nun diese von E. E. L. von allen Ständen höchstgedachter I. Ch. D. frei-
willig geschehenes unterthänigstes Versprechen denenselben an ihren Pri-
vilegien und Gerechtigkeiten künftig unschädlich und ohne Präjudiz sein,
auch innerhalb dieser dreien Jahren keine andere Contributiou gefedert
oder begehret werden^).
^) In Sachen des Donativs von 20000 Thalern für die Kurfürstin vom Jahre 165G
(s. Bd. I S. 386 Anm. 1, o. S. 154 Anm. 1 und S. 188 Anm. 1) hatte man schon einige
Zeit vor Schluss des Landtages noch die folgenden Schritte gethan. Die Landräthe
schlugen vor, zur endlichen Abtragung dieser Bewilligung zunächst einmal alle Rück-
stände von der schon vorgenommeneu Hebung einzutreiben. Den Kurfürsten müsse
man bitten, nochmals an die Ilauptleute und an die Stadtmagistrate ein Rescript zu
erlassen, nach dem alle Rückstände binnen 6 Wochen zu erlegen seien und für den
Fall weiterer Zögerung mit Exekution zu drohen sei. Ferner soll jeder Insasse des
27*
420 II. Der grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Als nun darauf, allen Unterschleif und Coufusionen zu vermeiden,
auch sonsten die Nothdurft erfodert, dass sich der Accise- oder Con-
sumtionsmittel Niemand entbreche, also wollen I. Ch. D. auch, dass ein
Jedweder, er sei, wer er wolle, habe exemptiones oder nicht, die Accise
oder Consumtionsgelder sowohl auf dem Lande und kleinen Städten als
auch denen Städten Königsberg jedesmal der gemachten Ordnung nach
ohne Abgang entrichte.
Und wie I. Ch. D. wissend, dass deroselben preussischen Regierung
die Sachen allhier im Lande vor andern am besten bekannt, also wollen
sie auch, wie vorhin, nicht weniger ins Künftige bei dero Anwesenheit
dieselbe zu Rathe ziehen und Ihro die preussischen Sachen von derselben,
wie bis anhero geschehen, unterthänigst vortragen lassen und von denen
consiliis, welche den preussischen statum concerniren, nie excludiren,
sondern dieselbe jedesmal dazu ziehen. Auch damit die archiva ergänzet
und in denen expeditionibus keine Unordnung entstehe, so wollen L Ch.
D. die Verordnung thun, damit dasjenige, was deroselben von dero
preussischen Regierung vorgetragen, von L Ch. D. resolviret und eigen-
händig unterschrieben wird mit einem absonderlichen Siegel, welches itzo
verfertiget und dem preussischen Kanzler zu verwahren jedesmal anver-
trauet werden soll, in der preussischen Kanzlei besiegelt und ausgefertiget
werden. Wann sich aber L Ch. D. ausser Landes befinden, wollen sich
dieselbe auf deroselben preussischen Regierung Treue, Fleiss und Wach-
samkeit verlassen und dass dieselbe kraft ihrer Instruction, Bestallung,
Eid und Pflichte, womit sie L Ch. D. und dero Erben verwandt, alles
thun werden, was treuen und gehorsamen ^Räthen und Dienern wohl an-
stehet und gebühret, dahero sie dann auch alle Gnaden Sachen gleich-
falls an L Ch. D. referiren sollen. Imgleichen wenn in Leib und Lebens
oder sonsten andern schweren und ansehnlichen Strafen an Leib, Ehr,
Landes, wes Standes er auch sei, von jedem Pferd und jedem Stück Rindvieh, das
mehr als ein Jahr alt ist, 6 Groschen und von jedem Schaf und jeder Ziege „dem
gemeinen Besten zu gut" 1 Groschen erlegen. Die Städte Königsberg würden nach
Proposition ihres Antheils an der Hüben- und Vermögenssteuer beizutragen haben.
Die Ritterschaft dagegen wollte erst den Erfolg der Einforderung der Reste, die in-
zwischen durch kurfürstliches Ausschreiben in die Wege geleitet worden war, ab-
warten und dann über weitere Maassnahmen deliberieren. Die Städte erinnerten daran,
dass die Städte Königsberg bereits 5482 Thlr. abgetragen hätten, (da im Ganzen nur
8000 Thlr. bei der Kammer eingelaufen waren). Im üebrigen stimmten sie dem Vor-
schlage der Ritterschaft zu. (Bedenken der Landräthe, der Ritterschaft und der Städte,
sämmtlich ohne Praes., etwa Ende März oder Anfang April 1663.) Vgl. auch S. 398,
Accise. Competenzen der Regierung. Lehensachen. 421
Geld oder Gut von denen Verbrechern Gnade gesuchet wird, darüber I.
Ch. D. gnädigste Verordnung und Resolution erwarten.
In solchen Fällen aber da entweder ex Providentia et dispositione
legis, oder auch aus rechtschaffener Gewohnheit die ordinär Strafe in
einigen Fällen zu mitigiren, oder in eine andere extraordinär Strafe, sie
sei an Gelde, oder sonsten zu verwandeln nicht bedenklich, vergönnen
I. Ch. D. dero preussischen Regierung gnädigst, dass sie in diesen Fällen,
aus erheblichen und in Rechten gegründeten Ursachen in I. Ch. D. Namen
dergestalt dispensiren, wie sie es gegen Gott und deroselben zu verant-
worten getrauen.
Imgleichen so seind I. Ch. D. gnädigst zufrieden, dass die Regierung
in Ehesachen, so weit dieselbe nach Anleitung der göttlichen und be-
schriebenen preussischen Rechte, auch redlicher Observanz und Gewon-
heit, dispensabel, dispensiren möge, die sonderliche casus aber, welche
sich gar selten begeben, behalten I. Ch. D. deroselben special Verord-
nung und Decision ausdrücklich bevor.
So wollen I. Ch. D. auch, dass die Consense, Lehngüter mit Schulden
zu belegen oder zu verkaufen, so vielmehr noch neue Investituren, Mit-
belehnung gesambter Hand und Vergebung der caducirten Güter, imme-
diate bei I. Ch. D. gesuchet, durch Bericht au dieselbe gehorsambsts ge-
bracht, und I. Ch. D. darauf erfolgenden gnädigsten Verordnung, und
Resolution nach, verabschiedet oder ausgefertiget werden.
In magdeburgischen Lehnen aber, da dieselbe nur nicht auf der
Apertur stehen, lassen es I, Ch. D. bei dem neuen Gnadenprivilegio
gnädigst bewenden, dass, so aus Nothdurft, oder sonst seiner Verbesse-
rung nach, jemands seine Güter bei seinen wolmögenden Jahren ver-
kaufen, oder verpfänden müsste, oder wollte, deroselben preussische Re-
gierung in I. Ch. D. Namen consentiren möge.
So ofte auch caduca an preussischen und schlechten magdeburgi-
schen Freigütern sich eröffnen, soll die Regierung davon I. Ch. D. unter-
thänigsten Bericht thun, damit Sie sich desfalls gnädigst erklären können,
ob dieselbe entweder dero Aemptern zugeleget, oder aber sonst ver-
möge denen Verordnungen mittelst der Taxa verkaufet werden sollen.
So soll auf solchen Fall die Regierung schuldigstes Fleisses dahin sehen,
dass dieselbe Güter an keine andere Käufer und possessores kommen,
als welche I. Ch. D. anständig, und durch welche denen Zinsern, Pachten,
Pflichten, Diensten und Scharwerken nichts entzogen oder vorenthalten
werden könne.
422 II- Dß*" grosse Landtag Ton 1G61 bis 1663.
Dieweil auch bei dem jüngsten Kriege in denen Aemptern viele
Baurhufen wüste worden, oder sonst in abnehmen gerathen, so wollen
L Ch. D. desshalb eine absonderliche Verordnung machen, wie und auf
was weise einem und dem andern einige Freijahre zu vergönnen, oder
denen Verarmeten einige Remission an denen schuldigen Zinsen und Un-
pflichten zu geben, und beiden sonsten wieder an- und aufzuhelfen,
damit die wüsten Hüben wieder besetzet, und angebauet werden, die
verarmete und abgekommene aber nicht auch davon gehen, sondern
bleiben können, dieweil hierin nicht eine durchgehende Gleichheit ge-
halten werden kann, besondern nothwendig der geschehenen und annoch
wehrenden Verwüstung und Verarmung, wie auch der Oerter und Landes
halber ein Unterscheid zu machen.
Imgleichen wollen I. Ch. D. sich auch absonderlich erklären, wie es
mit denen arendatoribus und mit ihren, ratione casuum fortuitorum,
gesuchten remissionibus zu halten.
Und gleich wie I. Ch. D. zu dero Regierung das gnädigste Vertrauen
haben, dass durch ihren Fleiss, Treu und Fürsichtigkeit, das Kammer-
wesen in I. Ch. D. Abwesenheit, werde können redressiret werden, also
wollen sie auch, dass dasjenige, was zur Cammer kommet, alles wohl
beisammen gehalten, in alle Wege die Ausgaben zur möglichsten Mode-
ration gebracht, und absonderlich auf Schenkungen und Verehrungen
ohne I. Ch. D. Verordnung nichts verwendet werde.
Da aber je zuweilen nach Erforderung I. Ch. D. Staats, Respects
und Ehren halber, einige Ausgaben nicht zu umbgehen, davon I. Ch. D.
wegen Enge der Zeit vorhero nichts berichtet werden kann, hat die Re-
gierung dieselben zur verantwortlichen Mässigung zu richten, und in der
Rechnung mit ihren Abschieden und gnugsamer Fürstellung der Ur-
sachen sothaner Ausgaben belegen zu lassen, und davon I. Ch. D. un-
terthänigsten Bericht zu thun.
Welcher Gestalt aber fort mehr dero preussischer Kammerstaat wieder
zu redressiren, und einzurichten, damit derselbe in eine bessere Ordnung,
als bishero geschehen, gebracht werde und darinnen verbleibe, deswegen
wollen I. Ch. D. sich eines gewissen entschliessen und verordnen, und
hernachmals alle Jahr einen ausführlichen Bericht von dero Regierung
davon erwarten, imgleichen wie, und auf was weise die verpfändete
oder sonst veräusserte Domainen wieder herbei zu bringen, deswegen
soll gleichfalls eine special und absonderliche Verordnung hinterlassen
werden.
Bauern. Arrendatoren. Kammer. Reformierte. Freunde. Pares curiae. 423
Id denen Sachen, welche I. Ch. D. zu dero Regierung Verabschei-
dung gestellet, wird dieselbe billig in Obacht nehmen, da.ss die Sachen,
welche ad forum litigiosum gehören, auch allemal dahin verwiesen, und
darob sein, damit niemand in seinen Rechten verkürtzet oder verseumet
werde, weswegen dann auch zu solchem Ende die collegia justitiae im
Lande, von I. Ch. D. angestellet und bestättiget.
Hiernechst so ist es I. Ch. D. nicht ohne ürsach frembd und nach-
denklich fürkommen, dass die Städte Königsberg die der reformirten
Religion zugethane der Religion halber von dem Bürger-Recht auszu-
schliessen begehren dürften. Dieweil sie aber deshalb gar nicht ge-
gründet, ihnen die Nothdurft fürgestellet worden, I. Ch. D. auch keines-
weges zugeben können, dass jemands von denen dreien Religionen, wegen
der Religion, das Bürger-Recht versaget, oder verweigert werde, also
soll auch hinfüro in denen Städten Königsberg weder Reformirten, Lu-
therischen oder Katholischen, wann dieselbe sonsten untadelhaften Lebens
und Wandels, gegen Leistung der gewöhnlichen bürgerlichen Gebühr und
Pflicht das Bürger-Recht keinesweges versaget, sondern sie darzu un-
weigerlich angenommen werden.
So viel aber die nationes belanget, lassen es L Ch. D. bei dem
bisherigen allerdings gnädigst bewenden, jedoch, dass die beide von der
Nation, welche vor diesem von L Ch. D. aus erheblichen Ursachen und
sonderbarer Recommendation, das Bürger-Recht erhalten, dabei ungeirret,
und volkommentlich gelassen werden. Dafern aber der Städte Königsberg
Magistrate ins künftige jemand von denen Nationen zu Bürgern auf-
und annehmen werden, auf solchen Fall werden L Ch. D., als der Lan-
desfürst, nicht weniger berechtiget und befugt sein, sonsten aber und
ausser dem, erklären sie sich aus sonderbaren Gnaden dahin, dass
sie ins künftige Niemand von denen Nationen das Bürger-Recht con-
feriren und geben wollen.
Im übrigen bleibet denen Stadt Magistraten, und Gerichten, wie sie
es bis anhero hergebracht, die Wahl oder Kühr jedesmal frei, und un-
beschrenket.
Und demnach in der, den 12. Martii, dieses Jahres, E. E. Landschaft
von allen Ständen, ausgestellten Assecuration, einiger parium, und dass
davon in gegenwertigem Landtages Abschiede Versehung geschehen solle,
gedacht. So bleibt es zufoderst dabei, dass in Lehn -Sachen, wann ein
vasallus cum seniore oder domino, etwas auszuführen, die pares curiae
ex nobilitate ducatus bestellt, und von denenselben nach Inhalt des
424 II- r*er grosse Landtag von 1661 bis 1663.
Landes Gewohnheit und Rechten, verfahren werde. Was aber allgemeine
Landes -Sachen anbelanget, obwohl L Ch. D., an ihrem Orte, nimmer
rechtmässige Ursach geben werden, dass zwischen deroselben und dero
getreuen Ständen, eine dergleichen Irrung entstehe, welche einer Ent-
scheidung benötiget. Dieweil aber jedeunoch die Leute, und die Zeiten
veränderlich, und I. Ch. D. dasjenige, was Sie dero getreuen Ständen
gnädigst assecuriret, landesfürstlich zu halten, gedenken; so haben Sie
vor nöthig gehalten, dass auf solchen unverhoffenden Fall, da die Stände,
nach diesem, und ins Künftige, in ihren rechtmässigen Beschwerden,
keine gehörige, und billige Erhörung, von I. Ch. D., weder ausserhalb,
noch auf den künftigen Landtagen erlangen könnten, gewisse Personen
benennet und authorisiret würden, welche solche der Stände wider die
Herrschaft habende publique Beschwerden vernehmen , und nach dem
der Herrschaft wegen, auch die Nothdurft beigebracht, von denen
authorisirten Personen ein rechtlicher Ausspruch geschehe, zu solchem
Ende wollen L Ch. D. an ihrem Ohrte, auf den Fall, welchen doch Gott
verhüten wird, sechs Ehrliche geschickte, untadelhafte Männer, Preussen,
oder Ausländer, nach dero eigenen Gefallen und Belieben benennen, und
soll denen Ständen gleichfalls freistehen, und zugelassen sein, sechs Ehr-
liche geschickte und untadelhafte Männer, Preussen oder Ausländer, zu
benennen. Damit auch wegen Gleichheit der votorum es kein Bedenken
gebe, so sol der dreizehende Mann durch I. Ch. D. und der Stände Ver-
einigung und beiderseits Einwilligung ein Preusse, oder ein Ausländer,
erwehlet und benennet werden; Diese dreizehn Männer nun, wenn sie
benennet, sollen aller ihrer Eide und Pflichte öffentlich erlassen, auf
die Sache, in welcher sie erkennen und sprechen, durch einen absonder-
lichen Eid dergestalt verpflichtet werden, dass sie auf Niemand, dann
auf Gott, und auf die iustitiam causae, ihr Absehen richten wollen.
So lange sie auch in dieser Sache bemühet, und auf Reisen und in der
Arbeit begriffen, sollen sie aus den gemeinen Landes Mitteln unterhalten
und verpfleget, und was sie sprechen, sofort exequiret werden.
Und gleich wie L Ch. D. frei und offen stehet, nach ihrem eigenen
Gefallen, und Belieben, die vorgedachten sechs Männer zu benennen und
zu erwehlen, ein gleichmässiges auch E. E. Landschaft vorbehalten, also
haben sie die Meinung nicht, den civicum ordinem bei solcher Benen-
nung zu übergehen, oder gar zu excludiren, gestallt er dann auch hier-
innen nicht übergangen oder excludiret ist.
Als auch in denen zwischen Ihrer Königlichen Majestät und der
Pares curiae. Schwur auf den Bromberger Vertrag. 425
Krön Polen und I. Ch. D., aufgerichteten und beschwornen pactis aus-
drücklich enthalten, dass auf begebenden und in jetzo gedachten Pacten
mit mehren beschriebenen Fällen diese Brombergische ewige pacta von
beiden Theilen beschworen werden sollen, solchem nach haben L Ch.
D. zu Bezeugung dero gnädigsten landesväterlichen Affection gegen
E. E. Landschaft sich dahin hiemit gnädigst erklären wollen, dass,
wenn zu Beschwerung der Brombergischen Pacten ins Künftige Commis-
sarien abzuordnen und zu schicken, sie dazu auch von dero preussi-
schen Unterthanen und Einsassen einige mit zu Commissarien verordnen
und bevollmächtigen w^ollen, damit sie solchem actui mit beiwohnen,
und von demjenigen, auch wie und was daselbst passiret, desto bessere
Wissenschaft haben und Bericht thun können.
Demnach nun dieser Landtag, ob sich wohl derselbe über Verhoffen
fast lange verweilet, dabei jedennoch, so wohl an Seiten I. Ch. D. , als
E. E. Landschaft von allen Ständen, ein respective gnädigstes und un-
terthänigstes Vertrauen, Liebe und Affection in der That verspüret wor-
den, durch den von L Ch. D. in denen vorgewesenen Sachen landes-
fürst- und väterlich gegebenen Ausschlag durch Gottes Gnade so weit
gebracht und geendiget, als wollen I. Ch. D. demselben nunmehro seine
Endschaft und denen zu demselbigeu Abgeordneten, hinwiederumb zu
denen Ihrigen sich zu verfügen, nunmehro gnädigste Erlaubniss gegeben
haben, mit gnädigstem Begehren, es wollen die Abgeordneten bei ihrer
Anheimkunft und zu der Zeit, welche ihnen durch das besondere er-
folgende Ausschreiben wird benennet werden, den Verlauf und Verrich-
tung aller Sachen des itzigen geendigten Landtages einbringen.
Und dieses ist es, was L Ch. D. denen von Herren Stand und Land-
räten, imgleichen denen Abgeordneten von der Ritterschaft und Adel,
und dann denen von Städten, welchen sie sambt und sonders mit be-
harrlichen kurfürstlichen Gnaden zugethan verbleiben, zum Landtages
Abschied und Beschluss, gnädigst ertheilen wollen.
Urkundlich mit höchstgedachter L Ch. D. Secret bekräftiget.
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JUL13 we'^
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390
U75
Bd. 16
Th.l
Urkunden und Actenstücke
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