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Full text of "Vergleichende slavische Grammatik"

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Oöttinger  Sammltmg  indogermanisoher  Orammatiken. 


Vergleichende 

Slavisehe  Grammatik 


von 


V^cv^CA-O^^^^ 


Dr.  (Wenzel)  Vondr&k. 


I.  Band. 
Lautlehre  and  Stammbildongslelire. 


6ottiii9eii 

Tandenboedi  und  Rapred)t 

1906. 


OalT.>BMhdnwkM«l  v«b  B.A.Htüb,  OBfMini 


Vorwort 


\  Das  Bedtir&is  nach  einer  Grammatik,  die  das  Slavische  mit 

den  anderen  tmd  zwar  insbesondere  mit  den  zimächst  verwandten 

indoeuropäischen  Sprachen  erklärend  zu   vergleichen  hätte,  wird 

allgemein  lebhaft  empfanden.     Das  Slay.,   das  hier  zunächst  in 

Betracht  käme,  wäre  freilich  das  üralay.,  d.  h.  jene  Sprache,  welche 

^  die  Slaven  sprachen,  als  sie  nur  einige  Tausend  Köpfe  zählten  und 

"*  sich  noch  nicht  in  mehrere  sprachlich  abweichende  2iweige  getrennt 

^  hatten.    Das  ürslay.  kann  aber  nur  aus  den  lebenden  oder  wenig- 

K  stens  schriftlich  —  allerdings  meist  nur  unyoUkommen  —  erhaltenen 

;^  slay.  Sprachen  erschlossen  werden.     Wenn  auch  hiebei  das  Alt- 

^  kirchenslay.  als  die  älteste  uns  schriftlich  überlieferte  slay.  Sprache 

^         in  erster  Beihe  steht,  so  darf  man  es  doch  nicht  durchwegs  in  der 

RoUe  des  Urslav.  auftreten  lassen;   in  mehrfacher  Hinsicht  kann 

es  sie  allerdings  übernehmen.    Man  muß  also  in  einer  ygl.  slav. 

Gramm,  in  erster  Beihe  doch  die  yorhandenen  oder  überUeferten 

slay.  Sprachen  berücksichtigen,  wenn  man  nicht  den  Boden  unter 

den  Iiißen  verlieren  will.    Wird  schon  dadurch  die  vgl.  slay. 

Gramm,  teilweise  auch  zu  einer  ygl.  Gramm,  der  slav.  Sprachen 

unter  einander,  so  verdient  sie  diese  Bezeichnung  noch  mehr,  wenn 

man  darin  vielfach  grammatikalische  Erscheinungen  innerhalb  der 

einzelnen  slav.  Sprachen  noch  weiter  verfolgt,  als  man  es  vielleicht 

in  einer  vgl.  slav.  Gramm,  erwarten  sollte.    Wenn  dies  auch  hier 

geschah,  so  haben  mich  dazu  mehrere  Gründe  veranlaßt.    Zunächst 

halte  ich  die  einzelnen  slav.  Sprachen  noch  nicht  für  so  weit 

bearbeitet,  daß  man  aus  ihnen  ohne  weiters  überall  Schlüsse  auf 

das  Urslav.  ziehen  könnte;   der  Nachdruck  kann  demnach  noch 

nicht  auf  dieses  gelegt  werden,  vielmehr  müssen  vorläufig  noch  die 

einzelnen  slav.  Sprachen  selbst  im  Vordergrunde  stehen.    Ich  will 

hier  nur  beispielsweise  den  Laut  e  anfüm^n,  über  dessen  Wert 

im  Urslav.   die  Ansichten  der  Forscher,  wie  wir  sehen  werden, 

diametral  auseinander  gehen.    So  lange  man  die  Geschichte  dieses 

Lautes  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen  nicht  genau  ermittelt  hat, 

kann  man  den  weiteren  Schritt,  der  zum  Urslav.  führt,  nur  mit 

großer  Unsicherheit  versuchen. 

Ferner  zeigt  es  sich  jetzt  schon,  welch'  enorme  Wichtigkeit 
den  slav.  Sprachen,  insbesondere  dem  Serbokroat.  und  Buss.  in 
akzentueller  Hinsicht  zukommt,   da  sich  hier  so  Altertümliches 


:i9 


IV 

erhalten  hat.    Aber  auch  das  Böhmische  läßt  mitunter  aus  seinen 

SuantitätsTerhältnissen  auf  einstige  urslay.  Formen  Schlüsse  ziehen. 
8  werden  nun  Worte,  Formen  aus  diesen  Sprachen  herangezogen, 
und  da  empfiehlt  es  sich  doch,  daß  man  wo  möglich  auch  ibren 
Zusammenhang  mit  den  übrigen  slay.  Sprachen  erfasse.  Nebenbei 
bemerkt,  wurde  hier  diesen  Akzent-  und  Quantitätsverhältnissen 
im  Slay.  eine  größere  Aufmerksamkeit  gewidmet  damit  wenigstens 
die  diesbezügUchen  Hauptprobleme  zur  Darstellung  kämen.  Wir 
stehen  zwar  erst  am  Anfang  dieser  Forschung,  aber  schon  jetzt 
ist  es  klar,  daß  sie  uns  ein  ungeahntes  Licht  auf  so  manche  dunkle 
Punkte  der  ygl.  Grammatik  werfen  wird.  Die  slay.  Sprachen 
müssen  hiedurch  eine  große  Wichtigkeit  in  der  Sprachforschung 
erlangen.  Diese  hätte  ihnen  eigenthch  schon  früher  zugesprochen 
werden  sollen,  selbst  wenn  man  z.  B.  nur  auf  ihre  syntaktischen 
Verhältnisse  Rücksicht  nehmen  wollte. 

Gern  hätte  ich  noch  intensiyer,  als  es  hier  geschehen  ist,  die 
einzehien  slay.  Sprachen,  herangezogen,  aber  der  Umfang  des 
Buches  wäre  zu  sehr  angewachsen  und  in  dieser  Hinsicht  durften 
gewisse  Grenzen  nicht  überschritten  werden.  Am  meisten  mußte 
natürlich  noch  das  Altkirchenslay.  berücksichtigt  werden.  Wird 
bei  einem  Worte  die  Proyenienz  sonst  nicht  nsüaer  bezeichnet,  so 
ist  es  in  der  Begel  altkirchenslay.  (bez.  kirchenslay.,  worüber  in 
der  Einleitung)  und  in  solchen  Fällen  meist  auch  urslay.  Wo  es 
notwendig  ist,  werden  die  fürs  Urslay.  erschlossenen  Worte  und 
Formen,  die  yon  der  Überlieferung  abweichen,  mit  *  bezeichnet. 
BezügUch  der  Abkürzungen  merke  man:  aksl.  »  altkirchenslayisch; 
b.  =  böhmisch  (ab.  =  altböhmisch  und  analog  auch  in  den  weiteren 
Fällen);  bg.  »  bulgarisch;  ka§.  =  kaäubisch;  klr.  siehe  bei  r.; 
kr.  =  kroatisch;  ksl.  =  kirchenslayisch;  ns.  =  niedersorbisch; 
OS.  =  obersorbisch;  p.  =  polnisch;  r.  =  russisch  (gr.  =  groß- 
russisch, klr.  =  kleinrussisch  oder  ruth.  =  ruthenisch,  wr.  — 
weißrussisch);  s.-kr.  —  serbokroatisch  (in  den  ersten  Bogen  ist 
der  Verbindungsstrich  einigemal  unterblieben,  hoflfentlich  wird  in 
diesen  Fällen  das  skr.  nicht  als  ,8anskrit'  gelesen  werden),  sonst 
bezeichnet  s.  —  serbisch  im  Sinne  yon  serbokroatisch,  nur  in  der 
Akzentlehre  ist  es  enger  aufzufassen  (im  Sinne  des  Stokayischen). 
Durch  diese  einfache  und  harmlose  Abkürzung  mit  s.  wollte  ich 
natürlich  keinen  staatsrechtlichen  oder  wie  immer  gearteten  Kon- 
flikt heraufbeschwören:  sie  kam  nur  aus  BequemUchkeit  zur  An- 
wendung. In  Überschriften  und  mitunter  sonst  auch  werden  leicht 
yerständliche  Abkürzungen  wie  z.  B.  poln.,  böhm.  u.  s.  w.  gebraucht, 
sie  bedürfen,  wie  auch  andere,  nicht  der  Erklärung. 

Wien,  den  12.  Oktober  1906. 

W.  Yondr&k. 


Inhaltsverzeichnis. 


Seite. 

Einleitung 1 

I.    Südslav 2 

1.  Balgarisch 3 

Altkirchenslay 3 

2.  Serbokroat 5 

3.  Slovenisch 6 

II.   BuBsisch 6 

III.   Westslavisch 7 

1.  Polnisch 7 

2.  Polahisch 8 

3.  Sorbisch 9 

4.  Böhmisch 9 

Zar  Aussprache  der  slav.  Laute 11 

Einteilung  der  Grammatik 12 

Laaüehre. 
Vokalismus. 

Ursprung  und  Bestand  der  urslav.  Vokale 13 

Reflexe  der  einfachen  Vokale 13 

Beflexe  der  Diphthonge 14 

Kurzdiphthonge 14 

Langdiphthonge 17 

Bestand  und  Einteilung  der  urslav.  Vokale 19 

Lange  und  kurze  Vokale 20 

Die  palatalen  (oder  weichen)  Vokale:  i,  t,  e,  e  {{) 20 

Labialisierte  Vokale 23 

i 24 

Veränderungen  des  i  im  Slaviscben 30 

Berührungen  zwischen  t  und  den  e-Lauten 31 

e 32 

Ursprung  und  lautliche  Geltung 32 

Die  kurzen  «-Diphthonge 39 

Verdumpfung  des  «  zu  o 39 

e  im  Anlaute ^  48 

e 51 

Ursprung  und  lautl.  Entwickelung 51 

Veränderungen  des  e  auf  slav.  Boden 58 

e  im  Anlaut 63 

Veränderungen  des  e  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen    .    .  66 

a 76 

Ursprung  des  Lautes 75 

Veränderungen  des  a  auf  slav.  Boden 79 

o ,--: 80 

Ursprung  des  o , 80 


VI 

Seit*. 

Yerändernngen  des  o  auf  slav.  Boden 84 

Assimilation 87 

0  geht  in  u  über 89 

Labialisieriing  des  o 90 

Dehnungen  des  o 93 

Wechsel  zwischen  o  and  a 94 

u 95 

Ursprung  des  Lautes 95 

Veränderungen  des  u  auf  slav.  Boden 100 

V 101 

Graphische  Darstellung,  lautlicher  Wert  des  y      ....  101 

Umlaut  des  y  zu    i  ' 111 

Veränderungen  des  y  auf  slav.  Boden 112 

Die  nasalierten  Vokale  ?  nnd  q 114 

Sprachgeschichtliches 114 

Inlaut 115 

Auslaut 122 

Wechsel    zwischen    q   und   u   im   ürslav.     liautphysiologische 

Bemerkungen 126 

Die  Nasale  und  ihre  Reflexe  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen   .  131 

Die  Halbvokale  s  und  » 134 

Lautliche  Geltung 134 

Ursprung  der  Halbvokale.    Das  s 136 

Ursprung  des  b 139 

Schwund  der  Halbvokale 144 

Vertretung  der  Halbvokale  durch  volle  (Vokalisation)   ....  144 

Übergang  des  »  in  » 149 

Umlantserscheinungen  bei  den  Halbvokalen 150 

Die  trz>t',  trtt-,  tkt-  und  <fo<-Gruppe 152 

Beflexe  der  Halbvokale  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen    .    .    .  153 

Ablaat 157 

a)  Quantitativer  Ablaut 158 

Dehnstufe  und  Dehnung  überhaupt 164 

b)  Qualitativer  Ablaut      .    .    .  ' 168 

Ablautsreihen 173 

Verteilung  der  Ablautsstufen 174 

VokalassimilaHon  (Umlaat) 177 

Kontraktion 179 

Hiatus 179 

Vokalischer  Anlaat 180 

Auslaut 187 

Akzent  und  Quantität 187 

Intonation  (Silbenakzent,  Tonqualität).    Ursprung  der  gest.  Int.  192 

Ursprung  der  geschleiften  Int 195 

Durch  Intonation  bedingte  Akzentgesetze 197 

Das  Verhältnis  der  slav.  Int.  zur  lit.    MutmaBliche  Begründung 

ihrer  Einwirkung  auf  den  Akzent 205 

Intonation  kurzer  Vokale 208 

Quantitätserscheinungen  allgemeineren  Charakters    .....  212 

Einzelsprachliche  Dehnungen 214 

Serbokroatisch 221 

Slovenisch 232 

Bulgarisch 238 

Russisch 239 

Polnisch 240 

Polabisch 243 

Böhmisch 243 


vn 

Seite. 


Konsonantismus. 


Uraprang  and  Bestand  der  slav.  Konsonanten 260 

Erwcicliang  (Palatalisiernng  oder  Monilliernng)  der  Konsonanten    .    .  255 

Die  Qnttnrale  k,  g,  eh 258 

Veränderangen  der  Gatturale 261 

Gruppe  kt 270 

Einige  Konsonantengrappen  mit  k 271 

Spatere  Erweichang  der  Gutturale 272 

Die  Dentale  ^  rf 274 

Veränderungen  der  Dentale 275 

Assimilation  der  Dentale 278 

Dentale  werden  eingeschaltet 279 

Palatalisierung  der  Dentale 280 

Differenzierung  der  Dentale 280 

Die  Labiale  p,  h,  v  {m) 281 

Das  sog.  /  epentheticum 285 

mj  wird  mh 287 

Aspiration  der  Labiale 288 

Assimilation  der  Labiale 288 

Dissimilation 289 

Die  Uqnidae  r  und  / 289 

Abarten  der  Liquidae  im  81av 289 

Die  ort-,  oU-,  ert-,  eU-  und  die  -tart-f  -toU-  und  -tert-,  -<eft-Grnppe  293 

Buse 310 

Polab 310 

Kalub 811 

Sorbisch 312 

Erweichung  des  r,  /;  das  r 313 

Wandel  und  Stellungsänderung  der  Liquida  r.    Ihr  Verlust      .  317 

liqnidadissimilation 818 

Verlust  des  / 320 

Sporadische  Veränderungen  des  / 320 

Die  Nasale  m,  n,  if  (n  oder  nf) 320 

Veränderungen  des  m 321 

fi 323 

Erweichung  der  Nasale 325 

Andere  Veränderungen  der  Nasale 325 

Die  silbisdien  Uqnidae  r,  /  und  Nasale  91,  t» 326 

Die  silbischen  Liquida  f ,  / 326 

Die  weiteren  Schicksale  des  »r,  »r,  &/,  »/  in  den  einzelnen  slar. 

Sprachen 330 

Die  silbischen  Nasale  ^,  ti 335 

Die  dentalen  Affricatae  e,  dz  (d,  dz)  und  dentalen  Spiranten  «,  z  (i,  £)  343 

Ursprung  dieser  Laute 343 

Wechsel  von  palatalen  und  relaren  Gutturallauten 347 

»  wird  zu  cA 349 

A)  Antevokalisches  «,   a)  nach  Vokalen 350 

b)  antevokalisches  »  im  Anlaut .    .    « 355 

c)  antevokalisches  «  mit  vorhergehendem  Konsonanten  .    .  356 

B)  Antekonsonantisches  s 359 

Allgemeines  über  den  Übergang  des  »  in  eh 362 

Weitere  Veränderungen  des  e,  s  und  8 364 

Die  Mlalalen  Spiranten  i,  i,  j  und  die  palatale  Affricata  c  {6,  i,  £)   .  365 

Ursprung  der  Laute 365 

Phonetische  Bemerkungen     .    .    , 368 

Das  Mazurieren 374 


vin 


B«lt«. 

i  wird  r 377 

Wirkungen  des  .; 378 

Konsonantenasslmilation 378 

I.   Explosivlaute  allein,  mit  Spiranten  und  anderen  Dauerlauten  378 

II.   Assimilation  bei  Spiranten 380 

III.   Nasale  unter  einander 383 

Femassimilation  von  Konsonanten 383 

Metathesis  von  Konsonanten 384 

AMali  auslautender  Konsonanten 384 

Haplolosiie 386 

Sandhiersdieinungen 385 


Stammbildungslehre. 

Einleitung • 389 


I.  Bildung  der 
A)  Mittels 

Seite. 

a)  Die  o-  und  a-Stämme  ...    393 

Suffix  -o- 393 

1)  Maskulina    .    .    .    :    .    393 

2)  Neutrale  Stämme      .    .    397 

Suffix  -a 398 

a-St&mme    zur   Bezeichnung 

männlicher  Personen  .    400 
Suffix  'ip'  und  'ja   (ans   -j^i 
und  -jfi)  und  -•  .    .    . 
„    'ij  oder  -»;,  -ije  oder  -tje 

und  -«,  -tfi  oder  -i;,  -iJ    403 

n   -»»,  -y»  -V»  -»;«» -v«    • 

„    -q;  und  -jqf     .... 
y^    '^J 

,.    -q; 

n    'Hi 

»    -»0-     

„    -aoa-,  'javo'  (-/ovo-  und 

'IjatoA 409 

■       ...  410 

...  411 

...  413 

...  415 

...  416 

...  416 

...  417 


Nominalstämme, 
der  Suffixe. 


401 


404 
405 
406 
407 
407 
408 


-1170-  ('livO') 

-ovo- 

-no- 

^ano- 

-an/o- 

'eno- 

-eno- 


'ino-  {'ina,   -tzna,  'üna)    419 


422 
423 
423 
423 
424 
424 
424 

"teltm 425 

-ehm .425 

-»n/o- 426 

-mo- 428 


'jantnO',   -enino-  .  . 

-OIM>- 

-onjo- 

-tfiio- 

-unjo- 

-yn/a  (Nom.  Sg.  -yfii) 


'ifO- 


Seite. 
429 
429 
429 
430 
430 
430 
431 
431 
431 
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432 
433 
433 
433 
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434 
436 
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438 
439 
439 
439 
439 
439 
439 
439 
439 
440 
440 

-to  (-oto) 442 

-%'o- 443 


Suffix  'imo'     .  . 
-emo-,  51910- 

•mano'  .  . 

-mÄio-   .  . 

'•amo      .  . 

-ro'  .     .  . 

-rjo-  .    .  . 

-aro  .    .  . 

'orjo-     .  . 

-era- ,    .  . 

'4>r0' .     .  . 

'orjo-     .  . 
'Uro-,  4ar0'y 
-uro-,  -urjo' 
-yro-,  -yrjik- 

'iO'f   'SiO'  . 

(^/a)      .  . 

-fro-  .    .  . 

'le      .     .  . 
'li  und  'lija 

4uk  .    .  . 

-alo' .     .  . 

-alfO'      .  . 

-eiO'  .    .  . 

-eff  o-      .  . 

'oio'  .     .  . 

-offo'      .  . 

'Ukh  .     .  . 

-^0'      .  . 

-yfo-.    .  . 

-ybo  .    .  . 

'blo    .     .  . 

•bb'o  .    .  . 

.<Wo-.    .  . 

-ibio-.    .  . 


IX 


Seit«. 

Suffix  'iijO' 444 

„   -(/o- 444 

„  'tuno' 445 

.,  'iueho" 445 

„  'tyrjo- 445 

„  -tvo- 445 

„  'btivo 446 

„  -ato- 446 

„  -asto- 447 

„  'üo- 448 

„  'OvUh 449 

„   -Mto- 449 

„  -atjo- 450 

,,   -oto-,  -e^o- 450 

„   -J>to- 450 

„  'bto' 451 

„   -z^i-  (-»Q 451 

„  'Uto^ 451 

„   -y<o- 451 

„  'äjo' 452 

„  -avU 453 

„  'do' 453 

„  'oda,  -ada  {-Jada)    .  .  454 

„  'tda   .......  454 

„  '»da 454 

„  -edo 454 

„  'udo- 454 

„  -da  (Adverbia)  .  .  .  454 

„  'de  (Adverbia)  .  .  .  454 

„  -qJii,  'qde   (Adverbia)  456 

„  -pO' 455 

„  'ba 455 

„   -Äo- 456 

„   -ce-  {-CO-) 457 

„  'Ce-  {'CO') 457 

„  'OkO' 457 

„   ->Äo- 458 

„  -ace-  {-aco-)     ....  459 

„  -eko- 459 

„  '€€€'    {'€€0')        ....  459 

„  -eee-  (-eco')     ....  459 

„  -oko- 459 

„  'oce-  (-oco-)     ....  460 

„  'iko- 460 

„  'ide  {'ico-) 462 

„  'ice  l-ico') 462 

„  -mA»-,  {'Juko-)      ...  463 

„  'Uce-  (-«CO-)  ....  463 

„  -yko' 463 

„  -yce-  (-yco-)  ....  464 

„   -»A;o- 464 

„  '»ko- 465 

„  'bce-  {'bco')     ....  466 

„  -itko- 468 

„   -»»*o- 469 

„  -unk  i'unk,  -unek),  -unek  470 

„  -go' 470 


b) 


Seite. 

Suffix  'U'  (-Xo-) 470 

„  'Ogo-,  'Jago'    ....  470 

„  -ego- 471 

„  -«&-  (-eiot)  ....  471 

„   -^o- 471 

„  -frfze-  (-^ixo-).  .  .  .  471 

„  -ego'^  'ogo'     ....  471 

»  'igo' 471 

„  -ogO' 472 

„  'C^O' 472 

„  -u^o-,  'jugo-   ....  472 

„  -nie-  iruio')    ....  472 

»  -ygo' 473 

„  'inga- 473 

„   -d«t/*fl- 473 

„   -w- 473 

„  -eho' 473 

„   -'*-  {'io') 474 

„  '090' 474 

„  -aeho' 474 

„  'üiB'  ('üio')     ....  476 

„  -«cÄo-,  'jteho'      .  .  .  475 

„  -«ie-  (-«#£>-)   ....  475 

„   -wo- 476 

„  -tcho- 475 

„   -!#«-  (-lio-) 475 

„  '090' 476 

„  'oeho- 476 

„  -089'  {'OSO-)       ....  476 

„  'U90' 476 

„  -ucho'  ('jucho')    .    .  .  476 

„  -tt«>-  i-uio')     ....  477 

„   -y«o- 477 

„  'yeho' 478 

„  -yie-  i-gso')     ....  478 

„  -wrÄo-,  'bcho'  ....  478 

i-Samme 478 

Suffix  -» 478 

„   -n» 480 

,,  -arib 481 

„  -etib 481 

„   -»«6 481 

„   -n> 481 

„  'h  {'8h) 481 

,,  -li  i'le) 482 

„   -«/» 482 

„  -elb 482 

„  'tb 483 

„  -etb,  -edb 483 

„  '09tb 483 

„  'tvb 484 

„  'i^b 484 

„  'Otbf  'Utb 484 

„  'yatb 484 

„  'Ju9tb 484 

„  'db 484 

„  '^b 486 


Mte. 

Suffix  -jadt 485 

„      -ycb 485 

„      -alfo 485 

„      'izh 485 

„      -oh 485 

4  Die  u-Stämme 485 

Suffix  -nii- 486 

„      -tu 486 

d)  Die  ä-Stlmme 487 

Suffix  -<y,  -for- 489 

e)  Die  Iconsonantischen  Stämme 489 

Die  n-Stämme 489 

Suffix  -«n 489 

„       -jjwi-,  p«- 490 

„       -men- 490 

Suffix  -er-  und  -<ar-  (-te^) 491 

-t 492 

-nt 492 

-^- 493 

-€8' 494 

'jea- 494 

-!*««- 496 

B)  DuFeh  Reduplikation  gebildete  Nomiiialstämme     ....  497 

C)  Durch  Komposition  gebildete  Stämme 499 

Akzentregeln  bei  der  Komposition 504 

II.  Bildung  der  Verbalstämnie. 

Wurzel  als  Stamm 506 

o-  und  «-Stämme 507 

>-St&mme 508 

Zweisilbige  schwere  Basen 509 

Nasalstämme 510 

-to-Stämme 513 

-A>-Stämme 513 

-<o-Stämme *  514 

-Bko-  und  -<Ao-Stämme 514 

Stämme  auf  -<f/o-,  -if/e- 514 

Stämme  der  IV.  Konjugation 515 

„      V.           „               516 

Stamm      „VI.           „               519 

WOFterverzeiehnis 522 

Naehtrftge  und  Beriehtigrungen 532 


Einleitung. 

über  die  verwandtschaftlichen  Verhältnisse  der  einzelnen  slav. 
Sprachen  kann  man  im  allgemeinen  sagen,  daß  dieselben  meist 
auch  der  geographischen  Lage  entsprechen,  d.  h.  die  unmittelbar 
benachbarten  sind  in  der  Regel  auch  mehr  verwandt.  Hierin 
weicht  das  Russ.  in  seinem  Verhältnisse  zu  dem  unmittelbar 
benachbarten  Westslavischen  ab,  indem  es  sich  mehr  dem  Südslav. 
(spez.  Bulg.)  nähert  Da  wir  femer  fast  überall  allmähliche  Über- 
gänge bemerken,  so  ist  eine  Einteilung  in  Gruppen  mit  scharf 
ausgeprägten  Grenzen  schwer,  ja,  mitunter  geradezu  unmöglich. 
Schon  Dobrovsk^  machte  den  Versuch  einer  Einteilung  der 
slav.  Sprachen  in  seinen  berühmten  3>Institutione8  linguae  slavicae 
dialecti  veteris«.  Vindobonae  1822  pag.  Illsequ.  Hier  ging  er 
von  einer  Zweiteilung  aus:  zur  einen  Gruppe  rechnete  er 
Böhm.-Slovak.,  Sorb.  und  Poln.,  die  übrigen,  soweit  er  sie  berück- 
sichtigte, zur  zweiten.  Man  würde  also  von  einer  westlichen,  bez. 
nordwestlichen  und  einer  süd-östlichen  Gruppe  sprechen  können. 
Die  Scheidungsmerkmale  sind  heutzutage  freilich  nicht  mehr 
stichhaltig,  aber  etwas  kann  davon  doch  bleiben. 

Bei  der  Gruppierung  der  slav.  Sprachen  macht  zunächst  das 
Russ.  Schwierigkeiten.  Einzelne  Sprachen,  wie  Böhm.  Poln.  mit 
KaSubisch,  Sorb.  und  das  ausgestorbene  Polabische  lassen  sich 
ganz  gut  als  eine  Gruppe  auffassen,  also  etwa  westslav.;  das- 
selbe gilt  auch  von  Bulg.,  Serbo-kroat.  imd  Sloven.,  die  auch  für 
sich  eine  Gruppe  bilden;  diese  kann  man  südslav.  nennen.  Das 
Russ,  nähert  sich  nun  dem  Südslav.  durch  den  beweglichen  Ak- 
zent, der  in  den  westslav.  Sprachen  fix  ist.  Der  bewegliche 
Akzent  war  zwar  einst  allen  slav.  Sprachen  gemein,  aber  bei  der 
Charakterisierung  der  Sprachen  müssen  auch  solche  nur  noch 
teilweise   erhaltenen  Merkmale    berücksichtigt   werden,    da  man 

Vondrftk,  Vgl.  dav.  Qnmm.  I.  1 


daraus  häufig  schließen  kann,  daß  die  betreffenden  Sprachen  bei 
ihrer  bist  Entwickelung  länger  mit  einander  gingen  und  daher 
offenbar  auch  mehr  verwandt  sind.  Das  sind  also  indirekte  oder 
historische  Merkmale.  Ein  solches  Merkmal  ist  wohl  auch  die 
Bewahrung  des  sog.  epenthetischen  l  in  den  Gruppen  ml,  bl,  pl, 
vi,  z.  B.  r.  zendja,  slov.  zimlja,  serb.  zhnilja  (im  Bulg.  allerdings 
auch  schon  verloren  gegangen). 

Wichtiger  sind  allerdings  die  direkten  oder  physiologischen 
Merkmale,  durch  deren  Aufkommen  in  das  bis  dahin  einheitliche 
Sprachgebiet  eine  fixe  Trennung  gebracht  wird,  während  sich  bei 
den  indirekten  die  Trennungsgrenze  fortschreitend  bewegen  kann. 
Zu  solchen  Merkmalen  gehören  in  unserem  Falle  folgende:  die 
Vertreter  der  Halbvokale  bewegen  sich  in  den  westslav.  Sprachen 
nur  in  der  «-Beihe  (das  Slovak.  bildet  dialektisch  mit  seinem  o 
einen  Übergang,  im  Böhm,  hat  man  nur  irrtümlich  in  gewissen 
Fällen  auch  0  als  der  Vertreter  des  %  aufgefaßt),  dagegen  bewegen 
sie  sich  im  Buss.  und  Südslav.  in  der  Beihe  e—a — o  (dialektisch 
bildet  auch  das  Sloven.  einen  Übergang  zum  Westslav.).  Für  das 
urslav.  tj,  dj  haben  die  westslav.  Sprachen  c,  bez.  z  {dz)  d.  h.  aus 
;  entwickelte  sich  ein  Laut,  bei  dem  das  dentale  Element  (s,  z) 
vorwiegt.  Im  Buss.  und  Südslav.  wiegt  dagegen  ein  palatales 
Element  vor:  russ.  Cy  z  (nur  das  Weißruss.  bildet  hier  mit  seinem 
westlichen  Gebiete  einen  Übergang  zum  Westslav.),  bulg.  H,  zd 
<das  ein  tä,  dz  voraussetzt),  serb.  6,  d  (gj),  ein  Laut,  in  dem  d 
mit  z  verschmolz,  sloven.  c,  j. 

Andererseits  weist  aber  doch  das  Buss.  einige  Merkmale  auf, 
durch  die  es  sich  bedeutend  vom,  Südslav.  unterscheidet.  Es  hält 
genau  die  beiden  Halbvokale  aus  einander,  indem  es  für  h  ein  e, 
für  ^  ein'  o  hat  imd  fällt  insbesondere  durch  die  tarot-,  toloU  und 
teret-,  ^/«^Gruppe  auf,  wofür  im  Südslav.  trat,  tlat,  trit,  tUt  vor- 
kommt. Das  Nähere  wird  darüber  bei  r,  l  mitgeteilt  werden. 
Es.  empfiehlt  sich  daher,  daß  Buss.  von  dem  Südslav.  zu  trennen 
und  als  eine  eigene  Gruppe  zu  behandeln.  Auf  diese  Art  erhalten 
wir  drei  Gruppen:  I)  das  Südslav.,  II)  das  Buss.,  III)  das  West- 
slav. 

I.  Das  Südslav.  kennt  in  der  Begel  nicht  die  Erweichung 
des  d,  t,  n  vor  einem  i  (auch  nicht  vor  e,  e),  was  wir  im  West- 
slav. und  Buss.  finden.  Auch  das  t  hat  keine  solchen  Erweich- 
ungsspuren an  den  vorhergehenden  Konsonanten  hinterlassen,  wie 
wir  sie  im  Buss.  und  Westslav.  bemerken.    Die  Zahl  der  palata- 


lisierteii  Laute  ist  daher  hier  eine  beschränkte  oder  sie  kommen- 
hier  wenigstens  nicht  so  häufig  vor.  Dadurch  fällt  das  Sttdslav. 
den  anderen  Gtruppen  gegenüber  wohl  am  meisten  auf.  Hierher 
^hört  zunächst 

1)  das  Bulgarische,  welches  durch  die  Gruppe  ät  und  zd 
für  urslav.  tj  und  dj  (i^,  d%)  hinlänglich  charakterisiert  ist.  Stpäter 
kamen  dazu  fireilich  noch  andere  hist  Merkmale,  wie  der  Schwund 
der  Deklination  und  des  In£,  der  übrigens  auch  im  Serbokr.  sehr 
bedroht  ist  Nach  der  Behandlung  des  ^,  der  ehemaligen  Nasal- 
Tokale  und  anderer  Eigentümlichkeiten  unterscheidet  man  hier 
Yerschiedene  Dialekte;  darunter  ist  die  ostbg.,  westbg.  und  maced. 
Oruppe  hervorzuheben.  Hier  findet  man  auch  Berührungen  mit 
dem  8-kr. 

Zu  der  Gruppe  der  maced.  gehorte  das  Altkirchenslavi- 
sche,  das  man  auch  Altbulgarisch  nennt  (früher  auch  Alt- 
slovenisch).  Es  ist  jener  bg.  Dialekt,  den  die  beiden  Slaven- 
apostel  Cyrill  und  Method  schriftlich  fixiert  haben,  wodurch  das 
slay.  Schrifttum  begründet  wurde.  Das  Aksl.  gebrauchte  noch 
die  beiden  nasalierten  Vokale  und  die  Halbvokale  nach  den 
Normen,  wie  wir  sie  für  das  Urslav.  ansetzen  müssen.  Dazu 
kommen  natürlich  noch  die  spezifisch  bg.  Merkmale:  it,  zd  für 
tj  und  dj.  Man  nannte  fiilher  die  aksl.  Denkmäler,  deren  Sprache 
die  erwähnten  Eigenschaften  aufweisen  muß,  »pannonisch« ,  weil 
man  damit  eine  falsche  Vorstellung  von  der  Heimat  des  Aksl. 
verknüpfte.  Mitunter  behält  man  den  Ausdruck  ohne  diese  Vor- 
aussetzung bei,  da  er  aber  an  ein  Gebiet  erinnert,  mit  dem  die 
aksl.  Denkmäler  entweder  in  gar  keiner  oder  höchstens  in  einer 
sehr  losen  Verbindung  standen,  so  ist  es  besser,  ihn  ganz  über 
Bord  zu  werfen,  da  er  leicht  zu  Mißverständnissen  Veranlassung 
geben  kann. 

Die  aksl.  Denkmäler  sind  in  zweifacher  Schrift  erbalten:  in  glago- 
litischer, welche  die  arsprünglichere  ist,  und  in  cyrillischer.  Zu  den 
glag.  Denkmälern  gehören:  1)  Codex  Zographensis,  herausgegeben 
von  y.  Jagic  als  »Quattuor  evangeliorum  codex  glagoliticus  olimzogra- 
pbensis  nunc  petropolitanus.  Berolini  1879.  2)  Codex  Marianus,  eben- 
falls von  y.  Jagic  herausgegeben:  Quattuor  evangeliorum  versionis 
palaeoslovenicae  codex  Marianus  glagoliticus.  Berolini.  1883.  Es  ist 
hier  ein  vollständiger  Wortindex,  ein  groJ^er  kritischer  Apparat,  so  daß 
diese  Ausgabe  als  die  beste  unter  allen  aksl.  Denkmälern  bezeichnet 
▼erden  muß.  Diese  beiden  Denkmäler  sind  Tetraevangelien.  Als  ein 
Evangelistarium  oder  Aprakos  erscheint  3)  Codex  Assemanianus  her- 

1» 


ausgegeben  in  lat.  Transskription  von  J.  Crn^ic:  Assemanovo  izborn6 
evangjelje.  Y  Rimu.  1878.  4)  Fsalterium  sinaitioum  herausgegeben 
yqn  L.  Geitler:  Fsalterium.  Glagolski  spomenik  manastira  Sinai  brda. 
TJ  Zagrebu.  1883.  5)  Euchologium  sinaiticum  herausg.  von  L.  Geit* 
1er:  Euchologium.  Glagolski  spomenik  manastira  Sinai  brda.  ü  Zagrebu. 
1882.  Es  ist  liturgischen  Inhalts.  6)  Glagolita  Glozianus  heraus- 
gegeben v.on  V.  Vondrak:  Glagolita  Clozüv.  V.  Praze.  1893.  Es  ent- 
hält Homilien.    Außerdem  haben  wir  noch  einige  glag.  Fragmente. 

In  cyrillischer  Schrift: 

1)  Codex  Suprasliensis  herausgeg.  von  F.  Miklosich:  Monu- 
menta  linguae  palaeoslovenicae  e  codice  suprasliensi.  Yindobonae.  1851. 
Es  enthält  zumeist  Homilien.  Eine  neue  Ausgabe  besorgte  Severjanov 
in  Fetersburg.  2)  das  Sava-Evangelium  oder  »Savvina  kniga«  her- 
ausgegeben von  Y.  Söepkin.  S.  Feterburg.  1903.  Dazu  kommen  noch 
einige  cyrillische  Fragmente. 

Da  die  glag.  Schrift  schwer  zu  lesen  ist,  werden  so  geschriebene 
Denkmäler  in  der  Begel  in  cyrillischer  Transskription  herausgegeben. 

Die  aksl.  Denkmäler  umfassen  die  Zeit  etwa  vom  X — Ende 
des  XI.  Jhd.  Von  dieser  Zeit  an,  also  vom  XII.  Jhd.  bis  etwa 
zum  XIV.  gehen  die  mittelbulg.  Denkmäler,  an  die  sich  dann 
die  neubulgarischen  anschließen.  Vgl.  P.  A.  Lavrov:  Obzor 
zvukovych  i  formal'nych  osobennostej  bolgarskago  jazyka.  Moskva. 
1893.  Dann  andere  Grammatiken,  wie  Kyriak-Cankof:  Gramm, 
der  bulg.  Spr.  Wien.  1852.  Wörterb.  von  N.  Gerov:  Reönik 
na  blgarskyj  jazyk,  Plovdiv.  1895-1904  (5  Bde). 

Aksl.  Grammatiken  haben  wir  von  A.  Leskien:  Handbuch 
der  altbulg.  (altkirchenslav.)  Sprache.  Vierte  Auflage.  Weimar. 
1905.  Dann  von  W.  Vondräk:  Altkirchenslav.  Grammatik.  Berlin. 
1900.  Ein  Lexikon  von  F.  Miklosich:  Lexicon  palaeoslovenico- 
graeco-latinum  emendatum  auctum.    Vindobonae.  1862 — 1865. 

Schon  unter  den  aksl.  Denkmälern  findet  man  solche,  die  uns 
den  Einfluß  einer  anderen  Sprache  deutlich  verraten  (so  Cod. 
Mar.,  Glag.  Cloz.,  Psalt.  sin.).  In  späteren  Denkmälern  ist  dies 
natürlich  noch  mehr  der  Fall.  Die  ursprünglichen  Denkmäler 
kamen  nämlich  in  verschiedenen  Gegenden,  wohin  das  aksl. 
Schrifttum  mit  der  slav.  litiirgie  (bez.  mit  dem  Christentum  über- 
haupt) verpflanzt  worden  war,  zur  Abschrift,  wobei  dialektische 
Merkmale  mehr  oder  weniger  Eingang  finden  mußten.  So  kamen 
mehrere  Gruppen  bestimmt  gefärbter  Denkmäler  zustande.  Man 
kann  im  allgemeinen  alle  jene  Denkmäler,  die  aus  dem  Aksl. 
hervorgegangen  sind,  die  aber  nicht  mehr  die  oben  angegebenen 
Jderkmale  enthalten,   einfach   kirchenslavisch  nennen   (früher 


nannte  man  sie  »nichtpannonisch«).  Dieselben  kann  man  dann^ 
Je  nach  der  Sprache ,  deren  Merkmale  darin  auf  Kosten  des  ur- 
sprünglichen  Aksl.  zum  Durchbruche  kommen ,  in  verschiedene 
Gruppen  einteilen:  mittelbulg.-kirchenslaYisch,  serbokr.-ksl.,  russ.- 
ksL,  böhm.-ksl. 

Es  muß  aber  noch  bemerkt  werden,  daß  das  Ksl.  bei  den 
Südslaven  und  R  bis  in  die  neuere  Zeit  mehr  oder  weniger  das 
sprachliche  Mittel  zu  allen  literarischen  und  anderen  schriftlichen 
Betätigungen  abgab.  Ejs  dauerte  lange,  bis  man  sich  für  die 
betreffenden  heimischen  Idiome  entschied  und  selbst  auch  diese 
Reformen  waren  in  der  Regel  von  heftigen  literarischen  Kämpfen 
begleitet 

2)  Das  Serbo-Kroatische.  Die  Halbvokale  sind  durch  a 
vertreten  (was  wir  sonst  nur  zum  Teil  und  unter  bestimmten  Be- 
dingungen im  Sloven.  finden),  für  urslav.^'  haben  wir  hier  6  und 
für  dj  ein  d  (gj,  selbst  auch  j).  Je  nachdem,  wie  das  Wort  für 
,was'  ausgedrückt  wird,  unterscheidet  man  hier  einen  ito-kavischen, 
^o-kavischen  und  Ara;-kavischen  Dialekt:  der  erste  umfaßt  das 
südUche  und  östliche  Sprachgebiet,  der  zweite  die  Küste  und  die 
dalmatinischen  Inseln  und  der  dritte  den  nordwestlichen  Teil  des 
Gtebietes.  Die  nationalen  Namen  ,Serben*  und  ,Kroaten'  be- 
schränkten sich  ursprünglich  auf  ein  engeres  Gebiet  und  heutzu- 
tage kann  man  nicht  sagen,  daß  sie  in  dem  jeweiligen  dialektischen 
Gebiete  ganz  ansehen.  So  deckt  sich  »gtokavisch«  nicht  ganz 
mit  dem  Gebiete,  den  die  Serben  als  Nation  einnehmen  und 
»iakavisch«  umiSEißt  nur  teilweise  das  Gebiet  der  Kroaten.  Den 
letzteren  wollten  einige  Sprachforscher  auch  das  kajk.  Gebiet  ab- 
sprechen und  es  den  Slovenen,  die  ja  ebenfalls  Kajkavcen  sind, 
zuteilen,  aber  ein  solches  Vorgehen  wäre  nicht  berechtigt.  Das 
öak.  hat  noch  einen  unverschobenen  Wortakzent,  der  sich  zum 
großen  Teile  mit  dem  Russ.  deckt  und  daher  als  urslav.  aufgefaßt 
werden  kann ;  für  dj  hat  es  ein  j  (also  wie  das  Slov.).  Im  Stok. 
ist  der  Akzent  nach  bestimmten  Regeln  verschoben,  für  dj  finden 
wir  hier  ein  d.  Nach  den  Reflexen  des  urslav.  e  unterscheidet 
man  ebenfalls  drei  dialektische  Gebiete,  die  aber  auch  das  Stok. 
erfassen,  nämlich  als^>  (im  Süden,  Hercegovina),  als  e  (östlich), 
als  i  (westlich).  Im  Westen  wurde  der  ;VDialekt  zur  Schrift- 
sprache erhoben,  im  Osten  (Serbien)  dagegen  der  e-Dialekt.  Die 
Unterschiede  sind  allerdings  minimal,  sie  kommen  meist  in  der 
Schrift  zum  Ausdrucke:  hier  cyrillisch,  dort  lateinisch. 


6 

Wir  haben  hier  vortreffliche  Arbeiten  des  Daniöic:  Istoria 
obhka  (Histor.  Formenlehre).  U  Biogradu.  1874.  Weiter:  Srbska 
sintaksa.  1868.  Wichtig  ist  auch:  Rjeönik  knji^evnih  starina 
(Wörterbuch  der  älteren  Sprache).  U  Biogradu.  1863—1864 
(3  Bde).  Seine  »Srpska  gramatika«  ist  in  zahlreichen  Auflagen 
erschienen.  Weiter  muß  auch  P.  Budmanis  Orammatica  della 
lingua  serbo-croata  (illirica).  Yienna.  1867.  angeführt  werden. 
Ein  vortreffliches  Lexikon  mit  Akzentbezeichnung  haben  wir  von 
St  Vuk  Karadiic^  Lexicon  serbico-germanico-latinum.  Yindo- 
bonae.  1862,  in  dritter  Auflage  in  Belgrad.  1898. 

3)  Slovenisch  hat  für  den  einstigen  Nasal  9  ein  0,  wo* 
durch  es  unter  allen  slav.  Sprachen ,  die  die  Nasale  aufgegeben 
haben,  bedeutend  absticht:  röka  ,die  Hand',  serb.  rika,  russ.  ruhd^ 
aksl.  rqka.  Das  urslav.  ^  bekommt  hier  bis  auf  einzelne  dialek- 
tische Gebiete  (Kärnten)  eine  geschlossene  Aussprache  (f),  was 
eine  sekundäre  Erscheinung  ist  Für  dj  haben  w  hier  j:  meja^ 
rojen  (im  kroat«kajk.  medja,  ätok.  meda)  und  für  tj  ein  d:  noöy 
aveda.  Bei  kurzen  Silben  ist  nur  eine  Art  des  Akzentes,  bei 
langen  eine  zweifache  zu  unterscheiden.  ,Was'  heifit  hier  kaj^ 
wodurch  der  Anschluß  an  das  kroat-kajk.  hergestellt  wird. 

In  dialektischer  Hinsicht  kann  man  das  südl.  und  westL 
Gebiet,  wo  unter  dem  langen  Akzente  %  zu  a  wiu'de,  dann  ein 
östL,  wo  es  zu  e  wird  (Anschluß  an  das  Westslav.,  siehe  oben 
und  weiter  unten  bei  den  Halbvokalen),  unterscheiden.  Eine 
halbwegs  befriedigende  Grammatik  haben  wir  hier  nicht,  wohl 
aber  eine  Anzahl  von  kleineren,  so  z.  B.  von  Jos.  Suman: 
Slovenska  mluvnica.  Ljubljana.  1881.  Seitdem  Yaljavec,  der 
so  viel  Mühe  auf  die  Erforschung  des  Slovenischen  (insbesondere 
auch  in  äkzentueller  Hinsicht)  verwendete,  und  Oblak  gestorben 
sind,  scheinen  die  grammatikalischen  Arbeiten  etwas  ins  Stocken 
geraten  zu  sein.  Wohl  müssen  wir  hier  jene  des  unermüdlichen 
P.  Skrabec  speziell  hervorheben.  In  lexikalischer  Hinsicht  sind 
wir  besser  daran.  Der  von  M.  PleterSnik  herausgegebene 
»Slovensko-nemöki  slovar«.  V  Ljubljani.  1894—1895  (2  Teile^ 
mit  Akzentbezeichnungen)  verdient  hier  rühmlichst  hervorgehoben 
zu  werden.  Das  Zustandekommen  einer  entsprechenden  bist. 
Grammatik  sdlte  man  sich  zu  einer  nationalen  Aufgabe  machen. 

II.  Das  Bussische.  Seine  Charakteristik  ist  oben  S.  2 
gegeben  worden:  für  die  Halbvokale  0  und  e,  dann  die  torot^ 
toloU  und  ter€t-f  ^e^^-Gruppe.    Über  0-  im  Anlaut  statt  des  ^> 


e-  der  anderen  slav.  Sprachen  siehe  weiter  unten  bei  e.  Auf 
einem  so  groBen  sprachlichen  Qebiete.  sind  auch  vieie  Dialekte 
zu  erwarten.  Man  kann  hier  3  Grnppen.  unterscheiden:  1)  das 
GroBruäs.,  2)  das  Kleinr.  und  3)  das  Weißross.  Das  Großr.  unter- 
scheidet zwischen  i  und  y  (ak  urspriingliGhe  laute)  und  zerfällt 
zunächst  in  zwei  große  Gebiete:  das  nördliche,  wo  o  seine  Aus- 
sprache Yor  dem  Akzente  behält  (okayjMäna)/  das  südliche,  wo  es 
als  a  ausgesprochen  wird  (akavätma,  auch  in  der  Schriftsprache). 
Das  Nordgrofir.  hat  auch  dort  o,  wo  a  sein  sollte,  es  hat  femer 
altertümliche  Formen  und  wird  langsamer  gesprochen;  hier  kommt 
der  sekundäre  Voll-Laut  vor:  moUmtQa,  veteba,  verjedi  u.  s.  w. 
Im  Eleinruss.  wuide  o  und  e  in  geschlossenen  Silben  gedehnt; 
ersteres  führte,  zu  einem  harten,  letzteres  zu  einem  weichen  i- 
Laut  (über  die  Zwischenstufen  siehe  bei  e).  Wenn  hier  e  zu 
einem  weichen  t.  wurde,  so  werden  wir  diesen  Vorgang  auch  auf 
großr.  Gebiete  antreffen,  g  wird  zu  h.  Vom  philologischen 
Standpunkte  aus  kann  man  wegen  den  oben  angegebenen  Haupt- 
merkmalen nicht  daran  zweifeln,  daß  es  als  eine  russ.  Dialekt- 
gmppe  aufge&ßt  werden  muß.  Ln  Weißr.  wird  unbetontes  e  zu 
ja.  Mit  dem  Elleinr.  hat  es  A  st  ^  und  f^  st  v  gemein,  sonst 
sdüießt  es  sich  in  grammatikalischer  Hinsicht  an  das  Südgroßr. 
an  (hat  also  auch  das  »akanie«,  scheidet  y  von  i).  Im  Osten 
wird  de,M  zu  de,  ie,  im  Westen  aber  meist  zu  dze  und  6e,  wo- 
durch es  sich  an  das  Westslav.  anschUeßt 

Bezüglich  des  R.  liegen  die  Anfänge  zu  einer  bist.  Gram- 
matik vor  und  zwar  von  A.  J.  Sobolevskij:  Lekcii  po  istorii 
russkago  jazyka.  Jzdanie  tretf»e.  Moskva.  1903.  Ein  vortreff- 
liches Lexikon  von  Dal":  Tolkovjj  slovar'  zivago  velikorusskago 
jazyka,  das  jetzt  unter  der  Bedaktion  des  J.  A.  Baudouin  de 
Courtenay  in  dner  neuen  Ausgabe  erscheint.  Kleinere  Lexika 
sind  zahlrdch  vertreten,  wie  von  N.  Len8ti'X)em  (r — d),  N.  R. 
Makarov  (r— f)  u.  s.  w. 

in.  Die  westslavische  Gruppe  ist  oben  S.  2  charak- 
terisiert worden.     Hierher  gehört: 

1)  das  Polnische,  welches  bis  auf  den  heutigen  Tag  nasa- 
lierte Vokale  bewahrt  hat  und  dadui*ch  unter  den  slav.  Sprachen 
eine  besondere  Stellung  einnimmt.  Die  Palatalisierung  der  Kon- 
sonanten hat  hier  ungemein  um  sich  gegriffen.  Es  hat  die 
Gruppen  trot,  Üot  und  tret,  Üet  gegen  böhm.  trat,  tlat  u.  s.  w. 
Der  Akzent  ruht  auf  der  vorletzten  Silbe.    Grammatiken  haben 


8 

wir  von  A.  Malecki:  Gramatyka  j^zyka  polskiego.  Lwöw.  1863. 
Seine  weitere ,  zweibändige  Grammatik:  Oramatyka  hist.-poröw- 
nawcza  j^zyka  polskiego.  Lwöw.  1879.  war  verfehlt.  Eine  nenere 
von  Ad.  Krynski:  Gramatyka  j§z.  polsk.  Warszawa.  3.  Aufl. 
1903.  —  A.  Soerensen:  Poln.  Grammatik.  Leipzig.  1899.  Der 
Anfang  einer  historischen  Grammatik  von  A.  Ealina:  Historya 
jfzyka  polskiego.  Tom  pierwszy.  Formy  gramatyczne  j^zyka 
polskiego  do  korca  XVin  nieku.  Lwöw.  1883.  Das  Werk  ist 
stecken  geblieben.  Für  die  älteste  Periode  ist  wichtig  das  Werk 
des  J.  Baudouin  de  Courtenay:  O  drevne-pol'skom  jazyke  do 
XlV.-go  stolÄtija.  1870. 

Unter  den  Wörterbüchern  haben  wir  Sam.  Bog.  Linde: 
Slownik  jgzyka  polskiego.  Wydanie  drugie.  Lwöw.  1864—60 
in  6  großen  Bänden;  dann  das  von  M.  Orgelbrand  heraus- 
gegebene: Siownik  JQzyka  polskiego.  Wilno.  1861,  in  zwei  Bänden. 
Gegenwärtig  erscheint  ein  neues  vollständiges  Wörterbuch  in 
Warschau. 

Zum  P.  muß  man  auch  nach  wichtigen  Merkmalen  das 
KaSubische  und  Slovinzische  rechnen.  Die  wichtigsten  Ar- 
beiten von  S.  Ramult:  Slownik  j^zyka  pomorskiego  czyli  kaszu- 
bskiego.  W  Krakowie.  1893  und  von  Fr.  Lorentz:  Slovinz. 
Gramm.  St  Petersburg.  1903.  Die  graphische  Wiedergabe  der 
phonetischen  Eigentünüichkeiten  ist  hier  allerdings  überaus  ge- 
künstelt; auch  ist  die  Bedeutung  dieses  Dialektes  in  übertriebener 
Weise  dargestellt  Vgl.  noch  G.  Bronisch:  Kaschubische  Dia- 
lektstudien. Zwei  Hefte,  das  2.  1898.  Daß  das  KaS.  zum  P. 
gehört,  dafür  spricht  eine  Reihe  gemeinsamer  Merkmale,  die  sehr 
wichtig  sind.  Abgesehn  von  den  Nasalen  hat  es  die  Gruppe 
trot,  Üot  und  tret,  tlet  (das  nach  polnischer  Art  auch  weiter  be- 
handelt werden  konnte).  Neben  trot  kommt  hier  aber  auch  taH 
vor,  das  den  Übergang  zu  einem  dem  Polab.  verwandten  Dialekte 
ankündigt,  zumal  es  sich  meist  auf  das  westliche  Gebiet  be- 
schränkt. 

2)  Das  Polabische  selbst  können  wir  daher,  trotzdem  es 
auch  Nasale  kannte  (die  Sprache  ist  schon  ausgesterben)  nicht 
zum  P.  rechnen,  denn  es  hat  die  Dehnung  in  den  erwähnten 
Gruppen,  die  hier  als  UM  und  tort  erscheinen,  dann  trit,  tret 
(aus  Hret),  tlat  (aus  tlet,  vgl  Verf.  Afsl.  PhiL  25,  S.  197—205). 
Merkwürdig  ist  hier  auch  der  Übergang  des  —  meist  betonten  — 
0  in  einen  t-Laut:   ü,  was   uns  an   einen  analogen  Prozeß   im 


9 

Elruss.  erinnert;  hier  führte  allerdings  ein  gedehntes  o  zu  einem 
i-Laut 

Mit  einer  ausführlichen  Arbeit  über  das  Polabische  und  seine 
Denkmäler  ist  Porzezinskij  beschäftigt:  einige  Proben  hat  er 
schon  yerö£Fentlicht  Bis  jetzt  hatten  wir,  abgesehen  von  einzelnen 
Abhandlungen,  eine  systematische  Gramm,  yon  A.  Schleicher: 
Laut-  und  Formenlehre  der  polab.  Sprache.  St  Petersburg.  1871. 
Allerdings  beschäftigt  sie  sich  mehr  mit  den  westlichen  Dialekten. 
Texte  hat  auch  A.  Muka  (Mucke)  veröffentlicht  in  »Slovansky 
Pfehled«,  Jhg.  Vn  S.  11  ff.). 

Dagegen  bildet  3)  das  Sorbische  einen  Übergang  zum  P. 
und  zwar  einerseits  vom  Polab.,  andererseits  vom  Böhm.  Es 
hat  nämlich  entsprechend  dem  Poln.  die  Gruppen  trot,  Üot,  tret, 
tut  (deren  Vokale  im  Obersorb.  weiteren  Veränderungen  unter- 
liegen konnten).  Die  Gruppen  k^,  j^,  ti-  führten  vor  einem  j 
oder  weichen  Vokal  im  Osorb.  za  ks,  pi,  tä  (geschrieben  kr,  pr, 
tr)  und  im  Nsorb.  zu  kä,  pä,  tä.  Vor  harten  Vokalen  geht  in 
kr,  pr,  tr  im  Nsorb.  das  r  in  ^  über,  im  Osorb.  bleiben  sie  aber 
unverändert:  nsorb.  k»aj,  osorb.  kraj  ,Land^  Von  diesen  beiden 
Dialekten  des  Sorb.  schließt  sich  das  Osorb.  mehr  an  das  Böhm., 
das  Nsorb.  mehr  an  das  Poln.  an.  Der  Akzent  ist  wie  im  Böhm, 
auf  der  ersten  Silbe  des  Wortes,  dabei  entwickelt  sich  aber  in 
den  meisten  Gegenden  des  Nsorb.  bei  drei-  und  mehrsilbigen 
Worten  ein  Nebenton  auf  der  vorletzten  Silbe;  dieser  ist  desto 
mehr  ausgeprägt,  je  mehr  wir  uns  dem  Poln.  nähern,  und  zeigt 
uns  daher,  daß  sich  der  poln.  Akzent  eigentlich  aus  einem  Neben- 
ton entwickelt  hat  Wir  haben  eine  ausführliche  Grammatik  von 
C.  E.  Mucke  (Muka):  Hist  und  vergl.  Laut-  und  Formenlehre 
der  niedersorb.  (niederlausitzwend.)  Sprache.  Leipzig.  1891.  Es 
wird  hier  stets  auch  das  Osorb.  verglichen.  Das  Werk  ist  mit 
großem  Meiße  geschrieben,  doch  verliert  sich  der  Autor  nicht 
selten  in  zu  gelehrten  sprachlichen  Abstraktionen,  so  daß  die 
Grammatik  zu  einem  übermäßig  großen  Umfemg  (XVIU  +  615  S.!) 
angeschwollen  ist.  Vgl.  auch  noch:  Pfuhl,  Lausitzisch- wendi- 
sches Wörterbuch.     Budissin.    1866. 

4)  Das  Böhmische^  schließt  den  Kreis  der  west&lav.  Sprä- 


1.  Ein  Kanstprodukt  der  nationalea  Politiker  und  der  Tagespresse 
ist  der  einigermaßen  peioratir  gefärbte  Aasdrack  »Öechec,  »Sechisch-c 
(oder  gar  »Tachechec,   »tschechische),  der  wissenschaftlich  nicht  berech- 


10 

chen.  Da  es  die  Gruppen  traif  tlat,  trU,  tlet  hat  oder  wenigstens 
voraussetzt,  also  mit  einstigen  Dehnungen,  so  schließt  es  sich  an 
das  Polabische  an  und  man  bekommt  den  Eindruck,  als  ob  sich 
das  Sorbisdie  zwischen  beide  Sprachen  nachträgUch  wie  ein  Keil 
hineingeschoben  hätte.  Das  Böhm,  hat  noch  lange  und  kurze 
Vokale  (die  Länge  wird  mit '  bezeichnet,  dätiif  dchri,  mälo,  wrad, 
bei  langem  u  aus  ö  mit  °:  dünC^.  Es  weist  zusammenhängende 
Denkmäler  seit  dem  Ende  des  XTTT.  Jhd.  auf,  einzelne  Sätze 
und  Ausdrücke  auch  schon  aus  den  früheren  Jahrhunderten. 
Die  aböhm.  Denkmäler  reichen  bis  in  die  Zeit  des  Hus  (An- 
fang des  Xy.  Jhd.),  dann  folgen  die  mittelböhm. 

Auf  einer  älteren  Stufe  der  ^ntwickelung  steht  das  Slovaki- 
sehe,  das  an  das  Aböhm.  vielfach  erinnert  Es  hat  nicht  den 
Laut  r,  u  wird  hier  nach  weichen  Lauten  nicht  2u  i  und  a  nicht 
zu  ^e).  Durch  das  o  für  den  Halbvokal,  das  wir  in  einer  Dia- 
lektgruppe finden,  bildet  es  dea  Übergang  zum  Russ.  und  Süd- 
slav.  Auch  noch  durch  andere  Merkmale.  Nichtsdestoweniger 
kann  es  niu*  als  ein  Dialekt  des  Böhm,  aufgefaßt  werden,  da  wir 
auch  in  den  mährischen  Dialekten  genau  die  Ansätze  dazu  be- 
merken. Wenn  sich  auch  gewisse  »Auch-Philologen«  bemühen^ 
es  als  eine  selbständige  Sprache  hinzustellen,  so  haben  sie  sich 
ihre  philologische  Überzeugung  mehr  in  der  politischen  Arena  als 
in  der  Grammatik  geholt 

Das  Böhm,  ist  wissenschafthch  so  bearbeitet  wie  sonst  fast 
keine  der  anderen  lebenden  slav.  Sprachen.  Insbesondere  ver- 
danken wir  es  den  Arbeiten  des  J.  Qebauer,  dessen  monumen- 
tale histor.  Gramm.:  :&Historickä  mluvnice  jazyka  £esk^ho<:  bald 
zum  Abschlüsse  kommen  dürfte.  Bis  jetzt  sind  davon  drei  um- 
fangreiche Bände  .'erschienen;  Aber  Buch  ein  aböhm.  Lexikon 
werden  wir  von  ihm  haben.  Der  erste  Band  liegt  schon  vor: 
»Slovnik  staroöesky«.  Dil  prvnf.  A— J.  V  Praze.  1903.  Der 
Abschluß  dieses  Werkes  erscheint  fast  noch  dringender  als  jener 
der  Grammatik  Wörterbücher  die  mehr  das  Neuböhm,  berück- 
sichtigen sind  von  J.  Jungmann:  »Slovnfk  jazyka  ieskdhoc^ 
1835—1839  (in  5  großen  Bden)  und  P.  S.  Kott:  Öesko-nemecky 
slovhlk  zvlästd  granmiaticko-fraseologick^.  V  Praze.  1878—1893; 


tigt  ist  Das  Volk  der  Deutschen  kannte  nnd  kennt  nur  den  Namen 
aBÖhme«,  »l^öhmisch«,  womit  es  die  Nation  im  Gegensatze  zu  »Deutsch- 
böhme«, tdeutschböhmisch«  bezeichnet. 


ii 

die  sidi  mehrmals  wiederholenden  Ergänzungen  erschweren  hier 
allerdings  das  Nachschlageu. 

Abstrahiert  man  Yon  den  Lauten  und  Formen  jene  Ver- 
ändenmgen^  die  sie  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen  eriitten 
haben,  so  kommt  man'  durdii  diese  Vergleichimg  zu  idealen 
sprachlichen  Fh)dukten,  die  wir  dem  Urslavischen,  d.  i.  jener 
Sprache,  aus  weldien  die  einzelnen  slav.  Sprachen  hervorgegangen 
sind,  zuschreiben.  Das  urslay.  stand  natürlich  dem  litauischen 
näher  als  die  einzelneu  slav.  Sprachen.  Die  wichtigsten  Meric* 
male  des  ürslav.  waren :  1)  Auf  dem  Gebiete  des  Yokalismus  der 
Monophthongismus,  d.  h.  alle  ursprüngUchen  Diphthonge 
wurden  in  Monophthonge  verwandelt,  z.  B.  lit  ^M  ,gehenS  aksl. 
äi,  lit  saüsas  ,trockenS  akslav.  sudn;  2)  auf  dem  Gebiete  des 
Konsonantismus  fällt  im  Slav.  die  Erweichung  der  Gutturalen  k, 
g,  ch  vor  weichen  Vokale  zu  i,  (d)Zj  ä  und  etwas  ^ter  unter 
gewissen  Bedingungen  auch  zu  c,  dz  {z),  8,  auf  z.  B.  lit.  Yok. 
vüki,  dcsl.  vlhöe  ,o  Wolf;  3)  es  duldete  nur  offene  Silben,  was 
auf  ihre  lautliche  G^taltung  mitunter  von  großem  Einflüsse  war; 
vgl  lit  vHkas  ,Wolf ,  aksL  tlhkb;  lit  ratikä  ,HandS  aksl.  (und 
urslav.)  rt^ka.  Aus  diesem  Falle  ersieht  man,  daß  das  ürslav. 
mitunter  vom  Aksl.,  das  vielfach  noch  auf  dieser  Stufe  gebUeben 
ist,  ersetzt  werden  kann. 


Zur  Aussprache  der  slav.  Laute. 

Vokale:  q  i&i  vol  Urslav.,  Aksl.  und  Poln.  als  ein  nasa- 
liertes 0  auszusprechen,  also  wie  etwa  das  on  im  franz.  hng, 
longue.  In  eben  denselben  Sprachen  ist  ^  ein  nasaliertes  e,  alsa 
etwa  wie  das  in  im  franz.  fin.  Dagegen  bezeichnet  ^  und  e  im 
Sloven.  verengte  «-Laute  (die  Differenz  zwischen  beiden  ist 
gering);  ebenso  bezeichnet  hier  p  und  g  verengtes  (oder  geschlos- 
senes) o\  6  im  B.USS.  und  Böhm,  erweicht  die  vorhergehenden 
Konsonanten,  soweit  sie  ak  erweichungsfähig  gelten  (also  etwa  als 
ein  je).  Näheres  muß  bei  diesem  Laute  selbst  nachgelesen  werden. 
Dasselbe  gilt  auch  von  y,  z  und  h;  im  Russ.  bezeichnet  t,  daß 
der  Yorhergehende  Konsonant  erweicht  sei,  und  z,  daß  er  hart 
bleibt 


1.  In  der  Sckriftsprache  bleiben  jedoch  diese  Nüancierungen  unbe- 
zeichnet,  man  bat  hier  also  nar  ein  o  und  e. 


12 

Konsonanten,  ö  ist  wie  c  in  it.  cento  ^hundert^  und  oft  in 
engl,  church  ^Eirche^;  im  Deutschen  wird  es  häufig,  jedoch  nicht 
ganz  richtige  durch  tsdi  wiedergegeben.  Tgl.  Tschechen,  Peitsche, 
böhm.  biö.  c  ist  das  Deutsche  z  in  ^zwenf  etc.  6  liegt  zwischen 
^  und  c.  ä  entspricht  dem  deutschen  seh,  8  immer  ein  scharfer 
9-Laut,  also  wie  8s  in  lassen  (ja  nicht  tönend  wie  in  Rose);  ä 
liegt  zwischen  ä  und  s.  z,  poln.  &  oder  £  ist  gleich  dem  franz.  j 
in  Journal,  z  ist  gleich  dem  deutschen  tönenden  s  in  Sose,  i  liegt 
wieder  zwisch^i  z  und  z.  f  ist  ein  eigener  Laut,  der  nicht  durch 
rsch  wiedergegeben  werden  darf.  ^  (oder  rj)  ist  ein  erweichtes 
r,  das  nicht  die  f^Stufe  erreicht  hat;  ti,  i/i  oder  nj  ist  ein  er- 
weichtes n,  also  wie  gn  in  franz.  campagne;  ebenso  ist  d,  d'  ein 
erweichtes  d  (d  mit  j'  verschmolzen);  analog  auch  l  oder  f  und 
V  oder  Ij. 

Im  Poln.  wird  i  durch  sz,  ö  durch  <^  und  r  durch  rar  wieder« 
gegeben;  femer  bezeichnen  im  Böhm,  die  Striche  über  den 
Vokalen  und  das  Ringlein  über  u  die  Länge:  dorn  ,werde  geben', 
dum  ,Haus^ 

Anderes  wird  bei  den  betreffenden  Lauten  zur  Sprache 
kommen. 


Einteilung:  der  Grammatik. 

Zweckmäßig  läßt  sich  die  Grammatik  in  vier  Teile  einteilen: 
L  Lautlehre,  II.  Stammbildungslehre,  III.  Formenlehre  und 
IV.  Syntax  (Satzbildungslehre).  Diese  Einteilung  wurde  auch 
hier  zu  Grunde  gelegt. 


1» 


Lautlehre. 


Vokalismus. 

Ursprung  und  Bestand  der  nrslay.  Tokale. 

Reflexe  der  einfachen  Vokale. 

Im  aUgemeinen  kanu  bemerkt  werden,  daß  die  kurzen 
Vokale  im  Urday.  zu  einer  geschlossenen,  die  langen  hin- 
gegen zu  einer  offenen  Aussprache  hinneigten.  Das  hatte  zur 
Folge,  daß  sich  die  Qualität  der  Vokale  selbst  vielfach  änderte. 
Ursprachliches  a  wurde  zu  o,  was  eben  auch  die  geschlossene 
Aussprache  verrät,  o  bUeb  zwar,  aber  unter  bestimmten  Be- 
dingungen wurde  es  so  verengt,  daß  es  zu  u,  aus  dem  ein  ^  ge- 
worden ist,  führte  (-08,  -an  im  Auslaute).  Zu  demselben  Besul- 
tate  führte  ein  ursprachliches  u  überhaupt.  Auch  das  e  bUeb 
zwar,  war  aber  auch  mehr  geschlossen,  konnte  daher  unter  be- 
stimmten Bedingungen  zu  h  führen;  das  war  immer  der  Fall  bei 
einem  reduzierten  e  («).  Das  h  ist  auch  der  regelmäßige  Veilreter 
des  ursprachlichen  i.  So  hegt  der  Halbvokal  h  zwischen  e  und 
i  und  h  zwischen  o  und  u.  Der  lu^prachUche  Murmelvokal  (oder 
Schwa)  9  führte  im  Slav.  zu  o.  Von  den  ursprünglichen  langen 
Vokalen  erhielt  sich  i  ebenfalls  als  i;  ^  wurde  zu  i  d.  i.  urslav. 
etwa  *e  oder  ie,  a  bUeb  als  a,  ö  wurde  infolge  der  offenen  Aus- 
sprache zu  a  und  ü  zu  y,  worüber  weiter  unten.  Wie  das  urspr. 
ö  offen  ausgesprochen  wurde,  so  gilt  es  auch  von  ^,  was  wir  aus 
seinem  Übergänge  in  a  nach  Palatalen  ersehen,  z.  B.  aksl.  lezati 
,liegen'  aus  *legHi. 

Man  kanu  also  im  allgemeinen  sagen,  daß  lange  Vokale  im 
Urslav.  offen  ausgesprochen  wurden.  Diese  Eigentümlichkeit  hat 
sich  aber  mit  der  Zeit  geändert   und  wir  werden  in  einzelnen 


14 

slav.  Sprachen  gerade  das  Gegenteil  bemerken,  d.  h.  lange  Vokale 
—  wobei  es  sich  freilich  zumeist  um  neu  entstandene  Längen 
handelt  —  werden  geschlossen  (verengt)  ausgesprochen.    So  wurde 

^  zu  f;  Ö  zu  )fO;  t«  u.  s.  w. 

Über  die  ursprachlichen  silbischen  Laute  r,  h  ^;  9  ^^^  ?? 
h  W'}  V»  I^&nn  hier  nur  gesagt  werden,  daß  sie  zunächst  noch  in 
das  Urslav.  hineingereicht  zu  haben  scheinen,  wenn  sich  auch  in 
der  Mehrzahl  der  Fälle  bald  sekundäre  Vokale  hierbei  entwickelt 
hatten,    fp.  und  ^  führten  zu  nasalierten  Vokalen  (^;  q). 

Reflexe  der  Diphthonge. 

Diphthonge  wurden  im  Urslav.  nicht  geduldet,  sondern 
monophthongiert,  mochte  der  erste  Bestandteil  derselben  kurz 
oder  lang  gewesen  sein  (Kurzdiphthonge  imd  Langdiphthonge). 
Die  Monophthongierung  geschah  meist  so,  daß  sich  der  erste 
Bestandteil  dem   zweiten  näherte  oder  an  ihn  assimiliert  wurde. 

Kurzdiphihonge:  a)  «-Diphthonge  {ei,  oi,  ai,  di,  man 
schreibt  sie  auch  ei,  oi,  ai,  9i). 

ei  wurde  zu  i  (also  offenbar  zunächst  f),  wenn  es  tauto- 
syllabisch  wal*.  Da  das  heterosyllabische  ei  (ei)  zu  hj  (hi)  ge- 
worden ist  (z.  B.  Nora.  Plur.  der  männlichen  i-Stämme:  gosthje 
,Gä8te'  aus  *go8teie8,  gr.  otpeig  aus  *6<pB{i)eg)f  so  muß  auch  im 
tautosyllabischem  ei  das  e  zunächst  an  das  i  assimiliert  worden 
sein,  so  daß  zuerst  daraus  ein  ii  oder  hi  entstand.  Ein  solches 
ei  haben  wil*  z.  B.  im  aksl.  Supinum  i-tb,  lit.  et-tu,  ai.  i4um  ,zu 
gehen*;  aksl.  zima,  lit.  zemh,  ai.  Mman  ,im  Winter*,  gr.  xeifjia 
,Sturm*.    Im  Lit.  erscheint  in  der  Regel  ei,  dameben  aber  auch  e. 

oi  führte  jedenfalls,  wenn  wir  seine  monophthongische  Ent- 
wickelung  in  anderen  Sprachen  berücksichtigen  (z.  B.  im  Lateini- 
schen) zunächst  etwa  zu  einem  oe.  Daraus  ist  dann  im  Slav. 
ein  geschlossenes  9  und  schließlich  ^  entstanden,  z.  B.  2.  Per. 
PI.  Imper.  (urspr.  Opt.)  2kA.  herete  ,nehmet*,  gr.  (fiqot-TB;  aksl. 
meg^y  lit  snegas  ,Schnee*  neben  snaigyti  ,8chneien*.  Im  Lit.  ist 
ai  oder  e?.  Vgl.  lat.  jwena,  gr.Ttotvi^,  lit  kaina  ,Preis',  aksl. 
cena  ,Preis'  urspr.  *quoinä. 

ai  und  9i  führten  zu  demselben  Resultate,  da  das  a  und  9 
zunächst  zu  o  geworden  sind:  aksl.  seit  ,Strick*,  lit.  pd^saitis 
jRiemen*,  ahd.  seid  ,Strick,  Schlinge*,  lat  saeta,  ai.  situ-s  ,bindend*. 

Im  Lit.  führen  alle  diese  i-Diphthoiige  zu  ai  oder  e. 


16 

b)  ti-Diphthonge:  eu,  ow»  au,  »u  (oder  auch  eii,  Oji,  a^,  9u). 
Sie  führen  alle,  falls  tautosyUab.,  zu  u.  Bei  hetero^^llab.  eu  be- 
merken wir,  daß  es  zu  or  wird:  aksl.  nov^  ,neu^  aus  *ne^8,  gr. 
viog.  Man  wird  daher  annehmen  können,  daß  auch  das  tauto- 
syllab.  eu  zunächst  zu  ou  geworden  ist;  daraus  erat  hätte  sich  das 
u  entwickelt  Einigemal  ist  aber  das  u  jotiert  {ju),  weshalb  auch 
angenommen  wurde,  daß  0;^  überhaupt  zu  ju  führte  (im  Gegen- 
satze zu  ou,  woraus  einfach  u  entstanden  wäre),  also  analog  wie 
z.  B.  im  Germanischen.  Allein  in  dieser  DarsteUung  kann  es 
unmöglich  richtig  sein,  weil  im  Slav.  e  zu  i  oder  /  nicht  wird. 
Anders  im  Germanischen,  wo  e  allgemein  zu  i  wurde.  Wir 
müssen  und  daher  nach  einer  anderen  Erklärung  umsehen.  Halten 
wir  an  der  Tatsache  fest,  daß  die  Monophthongierung  in  einer 
Assimilation  des  ersten  Bestandteiles  an  den  zweiten  bestand,  so 
muß  auch  hier  aus  eu  zunächst  ein  ou  entstanden  sein,  aber 
nicht  auf  einmal,  vielmehr  war  die  Assimilation  so,  daß  das  e 
zuerst  etwa  in  der  zweiten  Hälfte  sich  dem  u  näherte,  so  daß 
wir  ein  «cm  («<'«)  erhalten.  Hier  taucht  also  ein  reduziertes  e  auf^ 
das  im  Slav.  zu  h  führte;  dazu  führte  aber  auch  i,  so  daß  der 
ältere  Beflex  eigentlich  ein  i-Laut  war,  also  wie  im  Litauischen. 
Der  reduzierte  Laut  konnte  leicht  schwinden,  namentlich  dann, 
wenn  noch  Parallelformen,  die  ein  urspr.  ou  aufwiesen,  vorhanden 
waren,  z.  B.  bei  der  Deklination  der  u-Stämme.  Auf  diese  Art 
würde  sich  der  Widerspruch  erklären,  daß  dem  ursprachl.  eu 
einmal  ein  u,  das  andere  mal  ein  ju  gegenübersteht.  Durch  diese 
Annahme  wäre  im  Lit.  auch  der  Diphthong  au  erklärt,  wie 
auch  das  slav.  u  nach  j,  das  doch  immer  nur  diphthongisch  war. 
Daß  auch  im  Lit.  ein  reduziertes  e  («)  zu  i  wird,  bemerken  wir 
z.  B.  in  gistu  ,erlösche'  :  gisti  ,erlöschen';  kibti  ,hangen  bleiben*  : 
kebihUs  ,Haken*;  hizdzüe  ,Stänker* :  bezd&i  ,pedere*  u.  s.  w.  Zu 
einer  derartigen  Spaltung  des  Vokals  war  natürlich  bei  einem 
eu  noch  mehr  die  Gelegenheit  vorhanden  und  daher  bemerken 
wir,  daß  im  Lit.  eu  regelmäßig  zu  iau  wird  (vgl.  Wiedemann, 
Das  lit  Praeter.  S.  32,  184 ff.).  Beispiele  für  eu:  aksl.  bljudq 
4ch  wahre,  gebe  acht*,  lit.  baudzü  ,ich  weise  zurecht,  strafeS  got. 
-biuda,  homer.  Ttevx^ofiai  ,ich  frage,  vernehme*,  w.  bheudh-  ,er- 
wachen,  merken,  wahrnehmen*;  aksl.  Ijubb  ^ieW,  got  Huf 8,  w. 
leubho-;  aksl.  Ijudhje  ,Leute*,  lett.  Vaudis,  ahd.  liui  ,yolk*,  w. 
leudh-.  In  diesen  Fällen  trat  Erweichung  ein.  Dagegen  nicht 
z.  B.   in  aksl.  skubq  ,ich  zupfe,  reiße*,   got.  af-skiuba  4ch  ver- 


16 

stoßeS  ai.  ksöbhate  ,er  gerät  in  Bewegung,  schwankt*. 

Man  kann  freilich  gegen  diese  Erklärung  einwenden,  warum  auch 
das  beterosyllab.  eu  nicht  analog  behandelt  wurde,  es  ist  dies  aber  ein 
Einwand,  der  sich  gleichmäßig  gegen  jede  Erklärung,  die  hier  von  eu 
ausgeht,  richtet.  Man  kann  ihm  durch  den  Hinweis  auf  die  verschiedenen 
Bedingungen,  unter  denen  sich  beide  Diphthonge  weiter  entwickeln 
konnten,  wie  auch  auf  ein  verschiedenes  Alter  beider  Prozesse  teilweise 
begegnen.  Mit  dieser  Schwierigkeit  hat  allerdings  die  neue  Erklärung, 
welche  Mikkola  (IF.  16,  S.  95—101)  gab,  nicht  zu  kämpfen,  wohl  aber 
mit  anderen.  Er  meint,  eu  hätte  im  Slav.  nur  u  ergeben,  das  ^ti  wäre 
dagegen  aus  eu,  «u  und  zwar  etwa  durch  die  Übergangsstufe  ''äff(})  ent- 
standen. Das  911  eu  wäre  nun  eine  Ablautsstufe  und  verhalte  sich  zu  eu 
wie  etwa  mhrq  zu  *merti.  Wenn  wir  nun  auch  die  Stufe  «u  oder  gar  eu 
annehmen  wollten ,  so  würden  wir  doch  nicht  zu  einem  slav.  ju  und  lit. 
jau  gelangen.  Da  nämlich  im  Lit.  nach  dem  i  ein  au,  im  Slav.  nach 
demj  ein  u  folgt,  so  hätte  sich  aus  dem  nach  e  oder  e  folgenden  u  ein 
Diphthong  entwickeln  müssen,  was  natürlich  ausgeschlossen  ist.  Dieser 
Schwierigkeit  suchte  auch  Mikkola  durch  die  Annahme  einer  Obergangs- 
stufe Ȋff  zu  begegnen,  allein  wir  fragen  ihn  vergeblich,  wie  so  der  diph- 
thongische Laut  äft  plötzlich  daher  gekommen  ist.  Aus  einem  eU  hätte 
eventuell  noch  im  Slav.  ein  ju  entstehen  können,  wenn  es  sich  bis  in 
jene  Periode,  in  welcher  u  nicht  mehr  zu  h  wurde,  erhalten  hätte,  aber 
ein  tau  im  Lit.  konnte  daraus  nicht  entstehen  und  beide  Prozesse  gingen 
doch  parallel  einher.  Es  wäre  daher  der  Übergang  des  eu  in  Ju  älter 
im  Slav.,  er  fiele  in  eine  Zeit  als  u  noch  zu  ^  wurde  und  so  würden  wir 
hier  ein  jbi  jh  und  schließlich  ein  t  erhalten.  Ein  eu  würde  dagegen 
unbedingt  zu  ou,  u  führen.  So  sind  also  die  Schwierigkeiten,  die  uns 
diese  Hypothese  bietet,  unüberwindlich. 

Ein  ou  wurde  zu  u,  ofifenbar  auch  infolge  eines  Assimila- 
tionsprozesses: aksl.  budüi  ,weckenS  lit  pa-si-haudyti  ^ch  erheben, 
aufbrechen^  ai.  hödkdyati  ,erweckf  aus  *bhoudhiieti. 

au  führte,  nachdem  es  offenbar  früher  zu  ou  geworden  war, 
zu  u:  aksl.  8uch^  ,trockenS  lit.  saüsas,  gr.  avogy  ahd.  8ör9n  ,ver- 
trocknen^,  ai.  aöstus  ,das  Austrocknend 

Dasselbe  Resultat  würde  auch  9u  ergeben.  Im  Lit  führten 
alle  diese  u-Yokale  zu  au. 

Aus  dem  u,  zu  dem  die  «-Diphthonge  führten,  ersehen  wir,  daß  die 
Diphthonge  im  Slav.  erst  später  monophthongiert  wurden.  Ein  langes  ü 
führte  nämlich  im  Slav.  zu  y  und  zwar  selbst  auch,  wenn  es  sich  erst 
auf  slav.  Boden  entwickelt  hat,  z.  B.  im  Akk.  PI.  der  o-Stämme:  roky 
aus  *rokoM,  *rokune,  *roküe.  Das  war  ein  Prozeß,  der  in  die  Zeit  nach 
dem  Umlaute  yo  :je  fallt,  daher  bei  den  /o-Stämmen  mc^,  kraj^  u.  s.  w. 
Vgl.  auch  den  Wandel  des  -eti  zu  -wn,  -y  z.  B.  in  kamy  , Steint 

Nun  war  das  aus  den  fi-Diphthongen  entstandene  u  auch  lang. 
Einerseits  folgt  dies  aus  lautphysiologischen  Gründen,  andererseits  ersehen 


17 

wir  es  aas  den  slav.  Sprachen  selbst,  vgl.  z.B.  b.  üsta,  skr.  tiaia  ,Mund', 
r.  ußtä  (u  ans  au,  9u),  im  B.  und  Skr.  wnrde  also  die  Länge  vor  dem 
ursprünglichen  Wortakzente  bewahrt ,  ebenso  z.  6.  in  b.  kroupa,  skr. 
krüpa,  r.  krupd  »Hagelkorn,  Graupe'.  Andererseits  wissen  wir,  daß  im 
Urslav.  jedes  kurze  ti  zu  %  geworden  ist  und  zwar  anch  jenes,  das  erst 
auf  slav.  Boden  entstand,  z.  6.  -um,  '■un  aus  o«,  -o»  im  Auslaut  der  o- 
Stämme  (Nom.  Akk.  Sg.)  führte  zu  -».  Das  ist  aber  noch  vor  dem  Um- 
laute des  jo  zu  je  geschehen,  denn  wir  haben  anch  bei  den  weichen 
Stämmen  ein  »  aus  urspr.  y&  (-im,  -un)  z.  B.  mqS»  ,Mann*. 

Das  aus  den  u-Diphthoogen  entstandene  u  war  lang  und  ist 
trotzdem  nicht  zu  y  geworden,  da  damals  das  Gesetz ,  nach 
welchem  a  zu  y  wurde ,  nicht  mehr  wirkte.  Daraus  folgt  aber 
die  für  das  TJrslav.  wichtige  Tatsache,  daß  hier  die  Diph- 
thonge Terhältnismäßig  spät  monophthongiert  wurden, 
also  zu  einer  Zeit,  als  schon  mehrere  andere  lautliche 
Prozesse  abgeschlossen  waren. 

Bei  den  t- Diphthongen  folgt  es  übrigens  auch  daraus,  daß 
hier  kj  g^  ch  vor  einem  aus  oi  und  ai  entstandenen  B  {e)  nicht 
mehr  zu  c,  z,  S,  wie  früher  yor  anderen  palatalen  Vokalen,  sondern 
zu  c,  z  (dz),  8  wurden,  was  eben  die  jüngere  Palatalisierung  war. 

Diese  Tatsache  muß  in  der  Lautlehre  richtig  verwertet 
werden  und  sie  ermöglicht  es  uns  auch,  wie  wir  sehen  werden, 
Formen  wie  Dat.  Lok.  duäi  gegen  rybe,  Lok.  Sg.  mqzi  gegen 
roce  u.  s.  w.  zu  verstehen. 

Die  Diphthonge:  kurzer  oder  langer  Vokal  +  fn  oder 
n,  wie  en,  em,  am,  an  u.  s.  w.,  dann  en,  Sm,  an,  am  u.  s.  w. 
führten  in  bestimmten  Fällen  zu  den  nasalierten  Vokalen  ^,  p 
(geschrieben  9),  die  neben  den  Halbvokalen  eine  Eigentümlichkeit 
des  Urslav.  waren.  Z.  B.  aksl.  qgh  ,EohleS  lit  anglia,  preuß. 
anglü,  ai.  afigära;  aksl.  Uifaf,  l^i  ,biegenS  lit  lehkti,  lenkiü 
,biegen',  dazu  auch  Iqkh  ,Bogen^ 

Langdiphthonge,    a)  i-Diphthonge:  Si,  äi,  öj[, 

Si  führte  zu  i,  wobei  es  wohl  zunächst  zu  ei  verkürzt  worden 
ist,  wenigstens  im  Auslaut  (vgl.  äi).  Hierher  gehört  der  Lok. 
Sg.  der  f-Stämme:  aksL^o^^i,  kodizagosth  ,6a8t^,  kostb  ,Knochen^ 
Als  Langdiphthong  hatte  das  ei  eine  gestoßene  Intonation  und 
da  die  t-Stämme  im  Slav.  fast  alle  stammbetont  waren  und  eine 
schleifende  Intonation  hatten,  so  mußte  im  Lok.  der  Wortakzent 
auf  die  Endung  zurückgezogen  werden.  Daher  s.  pidi,  nb6i  zu 
pe6,  no6]  iäeti  zu  dost,  rijidi  zu  rljed,  öak.  noch  nocl  zu  no6,  soll 
zu  80I  u.  s.  w.    Man  vergleiche  auch  im  R. :  na  Rusi  ^m  Russen- 

VoDdr&k,  Vgl.  alav.  OnuDiii.  I.  2 


18 

land',  iTb  ilali  ^n  der  Ferne',  Vb  smisi  ,in  dem  Vermischten'.  Als 
Lokal  fungierte  hier  im  Slav.  auch  die  Stammform  mit  gedehntem 
Stammsuffix  (ohne  Kasussuffix),  vgl.  got  anstai  ,der  GunstS  ahd. 
ensti,  im  Ar.  nur  B  aus  ?(t) :  ai.  dvä,  agnä  zu  dvia  ,Schaf ,  agn{s 
yFeuer'.  Im  Slav.  können  wir  nicht  von  einem  9  das  zu  e,  dann 
i  geführt  hätte,  ausgehen,  weil  nur  das  geschleifte  e  im  Auslaute 
in  }  tiberging. 

Hierher  gehört  ferner  der  sigmatische  Aor.  ohne  Bindevokal 
aksl.  öish  ,ich  las'  aus  *k^tS',  vgl.  ai.  3.  P.  dcäit  zu  ditati  ,er 
nimmt  wahr*. 

ai  führte  zu  i  mochte  es  eine  geschleifte  oder  gestoßene  Int. 
gehabt  haben:  äl  aus  ä  +  ai  im  Dat.  Sg.  der  a-Stämme  aksl. 
rqci  zu  rqka  ,die  Hand^  s.  rüci,  Nom.  ruka  (aus  ^ruka).  Der 
Dat  war  also  schon  im  Urslav.  stammbetont  und  hatte  eine  ge- 
schleifte Int,  aber  wegen  der  geschleiflien  Endung  ist  hier  keine 
Akzentverschiebung  eingetreten.  Dagegen  im  Lok.  Sg.  s.  ruci, 
dialektisch  und  älter  rüci  aus  *rac&  (aksl.  rqce),  wo  also  die 
Endung  eine  gestoßene  Int.  haben  mußte  (-di).  Sie  kam  regel- 
recht den  Langdiphthongen  zu.  Leskien  nahm  dagegen  an, 
daß  im  Dat.  ein  ai,  im  Lok.  dagegen  vielleicht  ein  äi  vorliege 
(Afsl.  Phil.  23,  S.666),  was  nicht  richtig  ist  (wegen  der  Intonation). 
Dagegen  nimmt  Pedersen  auch  für  den  Lokal  ein  ai  an,  wozu 
uns  das  lit.  rafikoje  nötige,  und  selbstverständlich  auch  für  den 
Dat.  Sg.,  indem  er  zeni  mit  gr.  ti^y  vergleicht  (KZ.  38,  S.  326fF.). 
Nun  haben  die  ja-Stämme  in  unseren  Formen  ein  i:  Dat.  Lok. 
Sg.  duäi,  voljü  Man  kann  hier  an  keinen  Üben^est  der  einstigen 
X^Stämme  denken,  da  diese  wegen  ihres  Nomin.  Sg.  (z.  B.  aksl. 
zetnlja  ,Erde,  Land^  lit  &imi  aus  *&emiiB)  von  den  o-Stämmen 
einfach  ins  Schlepptau  genommen  worden  sind.  Das  %  kann  femer 
nicht  aus  einer  etwaigen  Mittelstufe  e  (aus  ai)  hervorgegangen 
sein,  da  ja  dieses  e  ein  offener  «-Laut  hätte  sein  müssen.  Aber 
auch  nicht  aus  dem  späteren,  aus  dem  etwaigen  e  hervorgegangenen 
e,  da  es  im  Lok.  Sg.  gestoßen  betont  gewesen  wäre.  An  einen 
Zusammenfall  der  beiden  Kasus  kann  nicht  gedacht  werden,  da 
sie  ja  auch  akzentuell  geschieden  blieben.  Wir  müssen  daher 
auch  bei  äi  eine  Verkürzung  zu  ai  annehmen,  wobei  die  ursprüng- 
lichen Intonationen  selbstverständlich  gewahrt  blieben.  Aus  ai 
wurde  oi  und  nach  Palatalen  ging  es  in  ei  über,  das  dann  einfach 
zu  -i  führte.  Daß  auch  ein  gestoßenes  äi  im  Slav.  verkürzt 
worden  ist,  wie  wir  aus  dem  Lokal  ersehen,  muß  hier  besonders 


19 

hervorgehoben  werden,  weil  man  immer  mit  der  Annahme  operiert^ 
dafi  nur  geschleifte  Langdiphthonge  verkürzt  worden  sind,  wobei 
man  aich  eben  auf  den  Dat  Sg.  der  a-Stämme  beruft,  um  den 
Oen.  PI.  der  o-  und  o-Stämme  zu  erklären.  Wenn  aber  ein 
Parallelismus  mit  den  Langdiphthongen  -on  und  -Ön  auch  hier 
bestände,  so  müßten  diese  in  beiden  Fällen  verkürzt  werden  und 
wir  könnten  von  *kam(in  zu  kam;/  nicht  kommen,  sondern  würden 
ein  *kafm  aus  *kamon  erhalten. 

Einen  öi-Diphthong  vor  einem  Konsonanten  werden  wir 
weiter  unten  kennen  lernen. 

b)  u-Diphthonge:  iu,  äu,  du.  Davon  kann  mit  einer  ge- 
wissen Wahrscheinlichkeit  nur  Su  im  Slav.  belegt  werden,  näm- 
lich im  Loc.  Sg.  der  u-Stämme :  synu  aus  süniu,  ahd.  suniu,  got 
^unau,  lat  adv.  nodu,  ai.  sünäü.  Als  Lokalform  ftmgierte  hier 
ebenfaUs  wie  bei  den  z-Stämmen  der  Stamm  (mit  gedehntem 
StammsufiBx)  ohne  Kasussuffix.  Auch  hier  hatte  natürlich  der 
Langdiphthong  Su  eine  gestoßene  Int.  In  bestimmten  Fällen 
mußte  also  der  Wortakzent  auf  die  Endung  vom  Stamm  ver- 
schoben werden.  Im  R  wurde  es  so  veraUgemeinert,  daß  der 
Lokal  mit  u,  wo  er  überhaupt  gebildet  wird,  stets  das  u  betont: 
vz  adü  4n  der  Hölle'  dagegen  obh  dde  ,über  die  Hölle';  vb  grobü 
4m  Sarge',  dagegen  vh  gribe,  weiter:  vh  godü  ^m  Jahre',  na  beregu 
^am  Ufer*  u.  s.  w. 

Man  vrird  auch  hier  mit  einer  gewissen  Wahrscheinlichkeit 
annehmen  können,  daß  das  iu  zu  eu  zunächst  verkürzt  worden 
ist,  wobei  die  Int  gewahrt  blieb. 

Langdiphthonge  vor  Konsonanten.  FaUs  es  t-Diph- 
thonge  waren,  konnten  sie  vor  Konsonanten  das  i  verlieren,  vgl. 
aksl.  khtb  ,Dieb'  gegen  tajUi  (taiti)  ,hehlen',  tai  (taj)  ,geheim'  aus 
i8)Ul(',  ai.  täyü^  ,Dieb'. 

Hierher  gehört  wohl  auch  der  Instr.  PI.  der  o-Stämme: 
rokif  aus  ^roköis,  woraus  *rokös,  dann  ^rokos  und  schheßlich 
roky  zu  rokh  ,Termin'  entstand,  vgl.  lit.  vilkais  zu  vükas  ,Wolf , 
gr.  At/xoi^,  ai.  vrkäis.  Bei  ^'o-Stämmen  mußte  aus  dem  y  ein  i 
werden:  mqzi,  kraß  u.  s.  w. 

Bestand  and  Eintellang  der  arslav.  Yokale. 

Im  vorhergehenden  sind  wir  zu  folgenden  urslav.  Vokalen 
gekommen:   i,  e,  e,  a,  o,  u,  y,  die  Nasale  ^  und  q,   die  Halb- 

2* 


20 

vokale  ^  und  h,  wozu  eventuell  noch  ^,  ^,  r,  /  {^,  ^,  f,  J) 
kommen.  Lautphysiologisch  ist  diese  Vokalreihe  freilich  nicht 
geordnet,  weil  wir  sonst  die  beiden  Halbvokale  von  einander 
reißen  müßten.  Trotz  der  vielen  neuen  Vokale  bilden  auch  in 
der  urslav.  Vokalreihe  i  und  u  ihre  äußersten  Pole:  es  sind  näm- 
lich auch  hier  die  am  meisten  geschlossenen  Vokale ,  so  daß  sie 
sich  am  meisten  der  konsonantischen  Artikulation  nähern  und 
tatsäqhlich  auch  in  die  betreffenden  Eons,  {j  und  t;)  leicht  fiber- 
gehen können.  An  das  i  schließt  sich  dann  t,  e,  S,  weiter  auch 
q  an,  während  um  das  u  sich  das  o,  ^,  y  weiter  auch  q  gruppiert» 
Zwischen  diesen  beiden  Gruppen  steht  in  der  Mitte  a  und  ver- 
hält sich  neutral.  Unter  diesen  Vokalen  haben  wir  femer  lange 
uhd  kurze,  dann  weiche  oder  palatale  und  harte  zu  unter- 
scheiden. 

Lange  und  kurze  Vokale. 

Im  Urslav.  hat  es  lange  und  kurze  Vokale  gegeben.  Die 
Quantität  der  einzelnen  Vokale  erkennt  man  mit  Hilfe  der  ver- 
gleichenden Grammatik  und  nach  den  Reflexen  der  Vokale  in 
einzelnen  slav.  Sprachen.  Lang  waren  zunächst  jene  Vokale,  die 
aus  ursprachlich  langen  hervorgegangen  sind,  so  das  a,  das  auf 
ä  und  ö  zurückgeht,  das  y  aus  ü,  und  i  aus  i.  Lang  waren  ferner 
alle  Vokale,  die  durch  Monophthongierung  der  Diphthonge  ent- 
standen sind:  so  u  aus  oii;  au,  9u,  eu,  Su;  i  war  selbst  im  Urslav. 
als  ie  fast  ein  diphthongischer  Laut,  als  solcher  daher  lang;  t  aus 
ei  (9i).  Auch  die  Nasale  müssen,  wie  ihre  Reflexe  in  einzelnen 
slav.  Sprachen  zeigen,  lang  gewesen  sein.  Diese  Längen  gingen, 
wie  wir  sehen  werden,  endlich  und  letztlich  doch  auf  die  einstige 
diphthongische  Geltung  eines  en,  an  u.  s.  w.  zurück.  Kurz  war 
das  e  und  o,  während  die  Halbvokale  ^  und  h  als  halbkurz  gelten 
müssen.  Schließlich  muß  man  auch  fürs  Urslav.,  wie  wir  sehen 
werden,  ein  kurzes  und  langes  r^  l,  ni,  t^  ansetzen. 

Die  palatalen  (oder  weichen)  Vokale:  i,  t,  e,  i  (<;). 

Diese  Vokale  haben  schon  im  Urslav.  das  k,  g,  ch  in  d,  z,  ä 
(das  diphthongische  S  und  i  nebstbei  auch  in  c,  dz,  s)  verwandelt. 
Dieselbe  Wirkung  brachte  auch  ein  heU  klingendes  r;  /  hervor. 
Diese  Erscheinung  ist  zumeist  auf  die  damalige  Artikulation  der 
Gutturallaute  zurückzuführen  und  kommt  daher  hier  nicht  so 
'«ehr  in  Betracht.    Wichtiger  ist  es  für  uns  hier,  daß  vor  diesen 


21 

Vbk.  in  einzelnen  slav.  Sprachen  dann  auch  noch  andere  Kons, 
erweicht  wurden.  Die  Veränderungen  der  Kons,  werden  bei 
diesen  selbst  erörtert  werden,  für  uns  kommt  hier  der  Vokal 
allein  in  Betracht ,  d.  h.  wir  müssen  untersuchen,  welche  Eugen- 
Schäften  er  hatte,  daß  er  die  betreffenden  Kons,  derartig  affizieren 
konnte. 

Die  Tatsache,  dafi  die  Erweichangen  nur  in  einzelnen  slay.  Sprachen 
(r.,  westalar.,  nicht  im  Sadslav.)  auftreten,  führte  za  der  Hypothese,  die 
betreffenden  Vokale  —  man  hatte  hier  vor  allem  das  e  im  Sinne  —  wären 
im  Urslav.  weder  so  weich,  wie  jetzt  etwa  im  P.  und  R.,  noch  aach  so 
hart  wie  jetzt  im  Sfidslav.,  gewesen.  Was  man  aber  unter  einem  weichen, 
bez.  harten  e  zu  verstehen  habe,  darauf  g^ng  man  nicht  näher  ein.  Ein 
weiches  oder  hartes  e  besagt  allerdings  nichts,  es  gibt  vor  allem  ein 
offenes  oder  geschlossenes,  bez.  verengtes  e  und  andere  homogene  Varie- 
täten, aber  kein  weiches  oder  hartes  e.  Wir  mfissen  also  den  Ausdruck, 
insofern  er  auch  schon  eine  Erklärung  enthalten  soll,  meiden. 

Das  charakteristische  Merkmal  unserer  Vokale  ist,  daß  ge- 
wisse Kons,  in  einigen  slay.  Sprachen,  wie  schon  erwähnt,  er- 
weicht werden,  z.  B.  r.  nizkij  juiedrig*  lautet  njizkij  oder  nükij, 
ebenso  b.  nizl^  und  p.  nizki;  ebenso  r.  dereto  als  d'er'evo  ,Baum* 
n.  s.  w.  Nun  werden  wir  aus  dem  betreffenden  Kapitel  des 
Konsonantismus  ersehen,  daß  die  Erweichung  der  Kons,  vor  allem 
in  der  Anpassung  ihrer  Artikulationsstelle  an  jene  des  j  besteht. 
Es  ist  also  zunächst  zu  untersuchen,  woher  dieses  ^  bei  unseren 
Vokalen  auftauchen  konnte.  Da  ist  wichtig  die  Tatsache,  daß 
das  e  im.  P.  und  R.  den  Kons,  erweicht,  nicht  aber  im  B.,  da- 
gegen das  i  auch  im  B.  Daraus  folgt,  daß  es  zunächst  die  ver- 
engte Aussprache,  die  ja  bei  i  ihren  Höhepunkt  erreichte,  ver- 
schuldete. Das  e  mußte  also  in  jenen  Sprachen  geschlossen  ge- 
wesen sein.  Das  war  aber  ein  umstand,  der  nur  eine  Disposition 
zur  Erweichung,  aber  nicht  diese  selbst  direkt  herbeiführte.  Es 
mußte  noch  ein  zweites  Moment  hinzutreten  und  das  bestand  in 
der  Antizipation  der  verengten  Artikulationsstelle  des  folgenden 
Vokals  bei  der  Aussprache  des  betreffenden  Kons.  So  wurde  die 
Zungenstellung  des  engen  e  bei  der  Aussprache  jener  Kons,  der- 
artig antizipiert,  daß  sie  wegen  des  konsonantischen  Verschlusses 
Qor  in  eine  mit  Engenbildung,  d.  i.  in  die  zunächst  verwandte 
des  j  überging,  so  daß  der  Kons,  erweicht  werden  mußte,  wo  er 
erweichnngs&hig  war.  Selbst  auch  bei  Labialen  kam  Erweichung 
vor,  nur  konnte  es  hier  nicht  zu  einer  so  innigen  Verbindung  mit 
dem  j  kommen,  daher  dieses  hier  fast  noch  unterschieden  werden 


22 

kann,  vgl.  poln.  miöd,  miodu  aus  einem  älteren  mied  und  dieses 
aus  einem  urslav.  fned^  ^Honig^.  Eine  andere  Antizipation  der 
Zungenstellung,  spezieU  in  unserem  Falle  die  des  hohen  e  selbst,, 
war  nicht  möglich,  da  es  ja  sonst  zu  keinem  Verschlusse,  alsa 
auch  nicht  zu  einer  Aussprache  des  Eons,  gekommen  wäre. 
Dadurch  wurde  die  Aussprache  des  hohen,  engen  Vokals  teil- 
weise erleichtert,  er  selbst  konnte  aber  nach  erfolgter  Palatali- 
sierung  des  Konsonanten  mehr  offen  werden. 

Bei  i  konnte  ohne  weiters  die  Engenbildung  des  ;  antizipiert 
werden,  da  ja  diese  beiden  Laute  innig  verwandt  sind.  Hier  hat 
auch  die  Erweichung  in  einem  größeren  Umfange  stattgefunden 
(di,  ti,  ni  u.  s.  w.  werden  auch  im  B.  als  di,  H,  ni  ausgesprochen^ 
dagegen  nicht  de,  te,  ne  u.  s.  w.  als  de,  ie,  üe). 

Dasselbe  gilt  auch  von  t». 

Bei  ^  verhielt  sich  die  Sache  anders.  Ursprünglich  war  es 
ein  breites,  offenes  E,  bei  dessen  Aussprache  sich  die  Zungen- 
stellung bedeutend  von  jener  des  i  entfernte,  so  daß  hier  eine 
Antizipation  dieser  Stellung  damals  ganz  ausgeschlossen  war. 
Wohl  aber  konnte  sich  lautphysiologisch  aus  einem  derartigen 
offenen  B  ein  ie  entwickeln,  ein  Vorgang,  den  wir  sonst  auch, 
z.  B.  häufig  in  den  rom.  Sprachen  beobachten  können.  Jetzt  erst 
konnte  sich  vor  diesem  sekundären  %  derselbe  Prozeß,  den  wir 
beim  primären  i  gesehen  haben,  wiederholen,  d.  h.  es  konnte  hier 
zu  einer  Erweichung  führen.  Diese  könnte  hier  aber  auch  anders 
erklärt  werden.  Wir  werden  nämlich  bei  der  Darstellung  des  ^ 
(oder  eig.  ie)  vielfach  annehmen  müssen,  daß  aus  dem  ie  ein  iß, 
je  bez.  j^  geworden  ist  Nun  konnte  natürlich  das  ;  leicht  mit 
dem  Konsonanten  verschmelzen,  d.  h.  ihn  erweichen,  so  daß  wir 
es  hier  mit  keiner  Antizipation  zu  tun  hätten.  Diese  Erklärung 
empfiehlt  sich  vielfach. 

Das  Südslav.  hatte  urspr.  ebenso  ,weiche'  oder,  wenn  man 
will,  ,harte^  Vok.  wie  das  R.  und  Westslav.,  aber  man  kami  an- 
nehmen, daß  wohl  nur  dialeki  Anläufe  zu  solchen  Erweichungen 
vorhanden  waren,  wie  manche  Erscheinungen  in  den  aksl.  Denkm. 
und  einige  Dialekte  dafür  sprechen.  Sie  erreichten  hier  jedoch 
nie  einen  solchen  Grad  und  waren  auch  nicht  allgemein.  Es 
fand  hier  eben  bei  den  engen  Vokalen  in  der  B^gel  keine  Anti- 
zipation der  i  (^yZungenstellung  statt;  auch  bei  e  nicht  Die 
Sprache  gab  allmählich  die  engen  Vokale  auf  ohne  derartige 
Begleiterscheinungen,  wie  wir  sie  im  R.  und  in  den  westslav. 


23 

Sprachen  finden.  Dieses  Aufgeben  der  verengten  Vokale  führte 
hier  auch  zu  den  sogen.  Verhärtungen,  indem  z.  B.  h  zxx  ^  wird, 
was  mitunter  schon  im  Aksl.  beobachtet  werden  kann  z.  B.  vedet^ 
,er  führte  statt  des  urslav.  *vedetb.  So  wurde  auch  aus  dem  engen 
e  allmählich  ein  breiteres  e. 

Diese  Betrachtungen  fahren  uns  zur  Annahme,  daß  die  in  Rede 
stehenden  Palatalisiernngen  nicht  etwa  urslav.  sind,  sondern,  daß  sie 
sich  erst  einzelsprachlich  entwickelt  hatten;  wir  hahen  ja  auch  sogar 
ihren  verschiedenen  umfang  verfolgen  können.  Im  Südslav.  waren  sie 
nie  allgemein.  Ich  kann  daher  nicht  mit  Meillet  ühereinstimmen ,  der 
da  meint:  »Comme  toutes  les  voyelles  prepalatales  (^,  e,  t,  t)  en  slave 
commun,  i  etait  precede  d'une  jodisation,  c^est-a-dire  que  la  position 
des  organes  requise  ponr  la  voyelle  etait  proparee  pendant  Temission  de 
la  consonne  precodentec  (MSL.  12,  8.  28).  Diese  »Jodisationc  setzt  er 
schon  ffir  das  Urslav.  voraus  und  meint,  das  Südslav.  hätte  sie  verloren; 
daß  sie  aber  einmal  auch  hier  bestanden  habe,  beweise  ya  für  i  des  An- 
lautes (z.  B,  ja9t{)  im  Aksl.  Allein  der  Anlaut  ist  hier  gar  nicht  ent- 
scheidend, da  sich  auch  z.  B.  bei  einem  a  im  Anlaute  ein  y  (also  ja) 
entwickeln  konnte,  wie  wir  sehen  werden,  abgesehen  davon,  daß  die  pala- 
talisierende  Wirkung  des  i  auch  anders  beurteilt  werden  kann. 

Labiaiisierte  Vokale. 

Ein  Seitenstiick  zu  den  palatalen  Vokalen  bilden  die  labiali- 
sierteu.  Es  kommt  hier  in  erster  Reihe  der  Vokal  o  in  Betracht. 
Waren  die  palatalen  Vokale  als  ursprünglich  enge,  geschlossene 
Vokale  (mit  Ausnahme  des  i)  aufzufassen,  so  gilt  es  auch  vom 
urslav.  0,  insbesondere  aber  von  dem  einzclsprachlich  entstandenen 
langen  o.  Ein  ö  näherte  sich  also  schon  dem  u  als  der  anderen 
äußersten  Grenze  der  geschlossenen  Vokale,  wurde  infolge  dessen 
mit  größerer  Lippejibeteiligung  gespi*ochcn.  Wurde  nun  diese 
Stellung  bei  der  Aussprache  des  vorhergehenden  Kons,  antizipiert, 
so  kam  es  auch  hier  zu  einer  Engenbildung  (analog  wie  bei  den 
palatalen  Vokalen),  diese  betraf  die  Lippen,  so  daß  statt  des  o 
ein  tfo  erklang.  Das  u  kann  natürlich  dem  Kons,  in  der  Hegel 
keine  bestimmte  Färbung  geben,  wie  es  bei  der  Palatalisierung 
der  Fall  war;  er  bleibt  also  seinem  Wesen  nach  unverändert  und 
das  ist  ein  wichtiger  Unterschied  zwischen  der  Palatalisierung  und 
Labialisierung,  er  ist  durch  die  verschiedenen  Artikulationsstellen 
der  Engenbildungen  bedingt.  Die  Labialisierung  äußert  sich  also 
mehr  am  Vokal,  ihr  Produkt  haftet  an  ihm  und  kann  durch  eine 
Überwucherung  denselben  bedrohen,  alterieren,  ja  auch  ganz  ver- 
drängen, namentlich  dann,  wenn  der  so  diphtliongisch  gewordene 


24 

Laut  eine  geschleifte  Intonation,  be|i  welcher  eben  das  erste 
Element  des  Diphthongs  immer  hervorgehoben  wurde,  hatte.  So 
alteriert  die  Palatalisierung  die  Qualität  des  betreffen- 
den Kons.,  die  Labialisation  höchstens  jene  des  Vok. 
Der  Palatalisierung  mufi  also  auch  beim  Konsonantismus  ein 
Kapitel  eingeräumt  werden,  die  Labialisierung  kann  beim  Voka- 
lismus erledigt  werden.  Aber  im  Wesen  sind  es  gleiche  Prozesse, 
die  sich  im  Slav.  an  den  äußereten  Polen  der  Vokalreihe  und 
zwar  bei  den  am  meisten  geschlossenen  Vokalen  t  (i)  und  u  {u) 
abspielen.  Nur  hier  konnte  es  nämlich  bei  der  Aussprache  von 
Vokalen  zu  Engenbildungen,  die  antizipiert  wurden,  kommen. 

£8  muß  allerdings  auffallen,  daß  bei  dem  einen  Endpunkte  (t)  die 
Antizipation  stattfinden  kann,  wie  wir  sahen,  bei  dem  anderen  aber,  bei 
u  selbst,  nicht.  Das  hängt  jedenfalls  mit  der  Artikulation  des  u  zu- 
sammen. Während  sich  nämlich  die  Artikulation  des  •  und  des  i  (j)  an 
einer  Stelle  im  Munde  konzentriert,  ist  dies  bekanntlich  bei  u  nicht  der 
Fall,  denn  hier  kommen  die  Lippen  und  auch  die  Zunge,  die  in  ihrer 
ganzen  Masse  nach  hinten  gezogen  und  in  ihrem  hinteren  Teile  zum 
weichen  Gaumen  emporgehoben  wird,  in  Betracht.  Im  geringeren  Maße 
kommt  alles  dies  auch  bei  tf  in  Betracht  (die  Rundung  und  größere 
Mundöffnnng  und  auch  eine  Zungenartikulation).  Bei  der  Anticipation 
hätten  nun  alle  diese  Organe  in  Tätigkeit  gesetzt  werden  müssen,  was 
/  offenbar  selbst  auch  bei  der  Aussprache  von  mehr  homorganen  Konso- 
nanten Schwierigkeiten  bereitet  hätte.  Eine  einseitige  Antizipation  aber, 
wie  z.  B.  jene  der  Lippenstellnng,  war  nicht  recht  denkbar.  Bei  o  ge- 
stalteten sich  die  Verhältnisse  freilich  anders  und  für  eine  Antizipation 
viel  günstiger  (siehe  weiter  unten  bei  o). 


Das  slav.  i  ist  der  Reflex  mannigfacher  Laute.  Als  ein  ur- 
sprünglich langer  Vokal  ist  es  zunächst  die  Fortsetzung  1)  eines 
Torslav.  langen  i,  das  wieder  verschiedenen  Ursprungs  sein  und 
z.  B.  auf  p  zurückgehen  kann  und  2)  des  Diphthonges  ei. 

1)  aksl.  öistb  ^inS  s.  eist,  ab.  düt,  lit  skystas,  kystas  ,dünn, 
dünnflüssig^,  darneben  mit  oi:  aksl.  cMiti  ^purgareS  lit.  akdistaa, 
skaistüs  ^eW-,  aksl.  griva  ^Mähne^  s.  grlva,  b.  hHva,  ai.  grivd 
,NackenS  davon  aksl.  grivma  urspr.  ,B[alsband,  Armband^  dann 
als  Zahlungsmittel  eine  Art  Gewicht,  Münze;  aksl.  pirb  ,Gast- 
mahlS  vgl.  alb.  pire  ,Getränk^,  ai.  pUds  ,getrunken<;  hinsichtlich 
der  Tonqualität  würde  auch  s.  pUi,  b.  püi  ,trinken*  für  ein  urspr. 
langes  i  sprechen,  falls  sie  nicht  analogischen  Ursprungs  ist;  aksl. 
sivh  ,cinereusS    s.  slv   ,grauS    l^t.  szyvas  ^schimmelgrau^    preuß. 


25 

sywan  ^gran';  p.  szczyry,  szczery,  b.  6iry  (aus  i6iry)  ,lauter^,  got. 
skeirs  (got.  ei  «-  i)  ,klar,  deutlichS  mhd.  achlr,  as.  «Jrfr;  aksl.  PI. 
neutx.  tri  ,tria',  ai.  ^rl,  tri,  lat  tri-ginta  (Neutr.  PL),  Kt  try4ika 
^dreizehn'  (mit  dem  Neutr.  try)\  aksL  viti  ^winden',  b.  vHi  ae  ^sich 
winden',  b.  vtti,  lit.  vyti  ,windenS  gr.  It4a  jWeide*,  lat.  vUis,  ahd. 
wfda  ,Weide';  aksl  üvh,  s.  ziv,  b.  ziv  ^ebendig^,  lit.  gyvaa,  lat. 
eivos.  R.  düjd  ,Kind'  (PL  cl^i)  gehört  nicht  hierher,  aksL  ditq, 
vgL  auch  r.  sidiU,  aksL  8^(töi  ,8itzen^ 

Hierher  gehört  das  Imperativ-  (eig.  Optativ-)Suffix  des  Du. 
und  PI.  bei  den  athematischen  Verben:  dad-i^i,  dad44a,  dad- 
i-fm,  dcid-irte  ygebet',  Tgl.  1.  ^mus,  got  1.  PL  witeima  (ei  —  l\ 
ahd.  wizzi-mis  zu  got  waü,  ahd.  weiz  ,ich  weiß^  Im  Nom. 
Sg.  F.  ist  auch  häufig  i,  so  aksl.  ei  »diese'  aus  *V%,  lit  san,  vgl. 
lat  ci'tra,  got  ki-mma  ,diesem',  femer  Ut.  j%  ^&  aus  t  mit  dem 
aus  anderen  Kasus  verechleppten  /  (Gen.  Sg.  z.  B.  jds).  Beim 
Part  Praes.  act  aksl.  berqäti,  lit.  degantl  zu  cie^<7«  ,brennendS 
turintl  zu  ^Krf«  ,habend',  ai.  bhärantl  (gr.  q>iQOvaa),  ai.  ^iK/a^f 
^tundens',  got.  bairandei  (ygl.  got.  frijöndi  ,Freundin',  hulundi  f. 
^öhleO-  Beim  Part  Perf.  (Suffix  -?^«8):  aksl.  ne^»^'  »getragen 
habendS  ai.  vidüfl,  gr.  idvia,  litt;^iii^'  zu  vSz^e  »gefahren  habend'; 
beim  Komparativ  (Suffix  -i«5-):^aksL  slazdhäi  ,süßer',  dobrijäi 
»besser^,  vgl.  ai.  evädiyaei,  got  eütizei  »suauior'. 

Daran  reihen  sich  die  Nominative  aksl.  cd^nbji,  lantji  (lamja, 
lanh)  ,EUndin',  dann  männliche  und  weibliche  Nominative  auf  hß, 
iß:  sks\.al^dhß,  ahdiß,  ladhß,  ladi ji  ßchiß^,  tn/«m/i , Blitz*',  sqdiß 
^Richter',  balhß  ,Arzt',  krhtnhdbß  ,Steuermann*,  kbnjiffhdbß  ,Schrift- 
gelehrter*,  äarhdbß  »Maler*  u.  s.  w. 

Was  die  Verteilung  zwischen  -i  und  -&;V  anbelangt,  meint  Zubaty, 
es  käme  in  Betracht,  ob  die  vorausgehende  Silbe  offen  (hogynjt)  oder  ge- 
schlossen gewesen  sei  (sc^bfi);  ferner  auch  die  Tonqualität  (berqiti),  das 
alles  in  den  übrigen  Kasus,  diese  hätten  dann  auch  den  Nom.  beeinflußt; 
so  wäre  aus  t  zum  Teile  auch  -^ß  entstanden  (Afsl.  Phil.  26,  S.  361).  Er 
erklärt  das  Suffix  -y-n/«:  aksl.  rahyt^i  ,Sklavin\  hlagynji  ,Güte'  u.  s.  w. 
aus  -nf  (in  ai.  pAtnl  ,Fran,  Gemahlin*,  gr.  3i6xvia,  lit.  wesch-palni) ,  das 
an  Substantiva  auf  -y  angehängt  worden  wäre.  Die  Erweichung  des  n 
sei  dem  Einflüsse  der  übrigen  Kasus  zu  verdanken,  wie  auch  bei  den 
oben  erwähnten  Partizipial-  und  Komparativformen  (I.  c). 

Auch  in  anderen  Suffixen  finden  wir  nicht  selten  ein  i,  das 
auf  f  zurückgeht  So  z.  B.  in  -itih,  -ina,  -ino,  das  häufig  Posses- 
sivadjektiva  yon  a-  und  anderen  Stämmen  bildet:  aksl.ienin»  ,des 
Weibes'  zu  zena  ,Weib',  vgl.  lat.  caprintte,  peregrinus  u.  s.  w. 


26 

Von  der  Deklination  gehört  hierher  der  Nom.  Akk.  Du. 
der  i-Stärame:  aksl.  nosti  zu  nosth  ^Nacht^  lit.  naktt  (aus  *nakiy), 
ai.  srutt  ,die  beiden  Ströme,  Wege*.  Die  Endung  -mt  deslnstr. 
PL,  welche  nur  bei  den  o-Stämmen  und  bei  den  meisten  konso- 
nantischen Stämmen  nicht  vorkommt,  sonst  aber  überall,  und  lit 
mls  setzen  ein  -mts  voraus  (vgl.  Leskien  Afsl.  Phil.  6,  S.  190): 
aksL  ryhami  zu  ryha  ,Fisch',  kosthtni  zu  kostb  jKnochen',  symmi 
zu  sym  ,Sohn',  ähntmi  zu  dtffih  ,Tag^;  beim  Pronomen:  tenn  zu 
th  ,illeS  naäimi  zu  naäb  junser',  lit  mergomls  zu  meryä  ,Mäd- 
chen^,  avimis  zu  avls  ^Sch^f^,  dangumh  zu  dangüs  ,  Himmeln 

Das  lange  l  konnte  sich  auch  auf  slav.  Boden  dadurch  ent- 
wickeln, daß  in  der  Gruppe  -in  +  Kons,  das  n  ausfiel  und  i 
dafür  zu  %  gedehnt  wurde:  aksl.  zila  ,Ader',  s.  zlla,  b.  züa  aus 
urbaltslav.  glnslä,  gltda,  lit.  gfsla,  gysla;  aksl.  isto,  istese  ,te8ticu- 
lus',  PI.  ,renesS  lit.  inksfae  ,Niere,  testiculus^  preuß.  inxcze  ,NiereV 
aisl.  eista^\  r.  gnida,  b.  hnfda  ,NißS  lit  glinda  aus  *gninda,  let 
gnida. 

Im  Akk.  PI.  der  »-Stämme:  aksl.  kosti  aus  *kost%n8  zu  kostb 
, Knochen^,  ebenso  gosti,  vgl.  got  gastins,  zu  aksl.  gostb  ,Gast^ 

Auch  im  Suffix  -hnikh:  aksl.  dvhröuikb  ,Türhüter*,  vgl.  auch 
lit  Letüvininkas  ,Litauer'  zu  Letuvä  ,Litauen'  haben  wir  zum 
Teile  ein  -inko  zu  suchen  (vgl.  weiter  unten  in  der  Stammbildungs- 
lehre). 

2)  aksl.  Sup.  i'tz  ,zu  gehen^,  lit.  ei-tu,  ai.  i4um  ,zu  gehen'; 
aksl.  lichh  ,überflü8sig,  in  Menge  vorhanden,  was  übrig  bleibt'  und 
das  ist  mitunter  ,ungerade,  unrecht',  s.  Itho  ,ungerade'  aus  *leik8(h, 
vgl.  gr.  leiipavoVf  Xautu);  davon  wohl  verschieden  aksl.  lickh  ,arm, 
böse,  schlecht',  lit  lesas  ,mager';  aksl.  lizq  ,ich  lecke'  zu  lizati, 
lit.  l'eziü  ,ich  lecke',  gr.  Xeixo),  ai.  Ith-  ,lecken';  aksl.  ni  ,nein', 
s.  ni  (aus  *«0>  1^^  ^^^  ,nicht  einmal',  osk.  nei,  lat  nt,  aksl.  ni  — 

1.  Wegen  der  im  Altr.  (Svjat.)  vorkommenden  Porm  jestese  will 
Mikkola  aksl.  üto  von  lit.  inkstas  (aus  *inUto8  wobei  er  eine  Verwandt- 
schaft mit  \h\..  intestinus  voraussetzt)  trennen  und  aus  *b%io  ableiten  (IF. 
16,  S.  98),  allein  das  kann  man  doch  nicht  tun.  Es  ist  zu  bedenken,  daß 
dieselbe  Quelle  auch  die  Form  isto  kennt,  die  somit  gemeinslavisch  war. 
Das  im  Aruss.  vorkommende  jestese  ist  durch  eine  Vokalassimilation  aus 
istete  entstanden.  Wir  begegnen  derselben  im  Aruss.  sehr  häufig.  Vgl. 
skbrhb,  skbTbbb  neben  skbrbb]  zoloba  neben  ztloba;  bayaU,  bagahstvo  (vol- 
hj'nische  Denkmäler  XIII. — XIV.  Jhd.).  Vgl.  auch  sidiib,  siditb  aruss. 
noch  siiUf  shh'ib  u.  s.  w.  zahlreiche  andere  Beispiele  bei  Sobolevskij 
iS.  89-91). 


27 

ni  ,weder  —  noch',  lit  nei  —  net;  aksl.  piäq  ,8chreibe*  zu  ptsati 
(aus  *peik'i(h),  lit  pSsziü  ,ich  schreibe^  ]preuü.  peisäi  ,8ie  schreiben', 
ai  pesaa  ^Gestalt',  pia-  ,8chmückenS  gr.  noiyulog  ,bunt',  got.  filu- 
faihs  ,8ehr  mannigfach';  pri  ,bei',  preuß.  pr^'  ,zu',  Utpre  ,bei,  an, 
zu'.  Mit  lat  prae  sind  diese  Worte  wohl  unverwandt  dignq, 
stignqti  ,kommen,  erreichen',  got.  sieiga  ,ich  steige',  gr.  ateixta 
,ich  gehe';  aksl.  vidh  ,Gestalt,  Aussehen',  s.  vfd,  vida,  bg.  vidit, 
gr.  feidog  (6ak.  aber  vld,  vlda,  das  mit  lit.  vüdas  ,Gesicht'  hin- 
sichtlich der  Akzentqualität  stimmt);  aksl.  zima  ,Winter,  Kälte', 
s.  zima,  r.  zimä,  b.  zima,  lit.  zemä  (Akk.  Sg.  s.  zfmu  stimmt 
überein  mit  lit.  zemq)^  gr.  xhiauv^  X^^f*^  ,Sturm';  aksl.  zidq  ,ich 
warte',  lit.  geidiü  ,ich  trage  Verlangen'. 

Das  1  des  Vok.  Sg.  der  i-Stämme  geht  auf  ej^  zurück:  pqti, 
kosti,  vgl.  lit  nakte,  ai.  mäti. 

Oben  8.  17  haben  wir  erwähnt,  daß  auch  e/  zu  i  führte, 
wobei  es  zunächst  wahrscheinlich  zu  ei  verkürzt  wurde:  Lok.  Sg. 
der  i-Stämme:  aksl.  peäti,  s.  pi6i.  — 

Auf  slav.  Boden  führten  im  Laufe  der  Zeit  mehrere  Laute 
zu  einem  t.  Zunächst  das  e  im  Auslaute,  falls  es  geschleift  be- 
tont war,  so  im  N.  PI.  der  männlichen  o-Stämme  z.  B.  rod  ,die 
Termine'  zu  rokb,  Ut  devai,  takal;  im  Gen.  Sg.  der  t-Stämme: 
pqti,  kosti,  vgl.  lit  naltes,  got.  anstais;  in  der  2.  und  3.  P.  Sg. 
des  Imper.  aksl.  nesi,  vedi,  vgl.  lit.  te-suke,  gr.  naidevoigy  Ttat- 
devot;  im  Dat  Sg.  des  enklitischen  Pron.  mi,  ii,  si,  gr.  aoL 
Über  diese  Fälle  wie  auch  über  die  Endung  -si  in  jesi,  dasi  u.  s.  w. 
und  'äi  in  aksl.  vedeäi  u.  s.  w.  siehe  bei  e. 

Nach  Palatallauten  steht  i  dem  e  gegenüber,  wo  es  ebenfalls 
zunächst  auf  ei  zurückgeht:  im  Dat  und  Lok.  Sg.  der  a-Stämme, 
z.  B.  duäi  gegen  rqce,  rybi;  im  Lok.  Sg.  und  Lok.  PL  der  o- 
Stämme,  wie  mcfzi,  kraß,  morß  gegen  roc^  und  mqzichi,  krajichh, 
morßchh  gegen  rocech^,  me8tich^  u.  s.  w.;  im  Nom.  Akk.  Du.  der 
a-  und  der  neutralen  o-Stämme:  duäi  gegen  rybe,  polji  gegen 
mMd.  Weiter  im  Imper.  PI.  kazite,  glngoljite  gegen  vedite,  ne- 
Bete;  im  Instr.  Sg.  m..u.  n.  der  weichen  Pronominalstämme:  jimh 
gegen  Umh,  im  Dat.  Instr.  Du.  ßma  gegen  tima,  im  Gen.  Lok. 
PL  ßchz  gegen  tichz.  Dat.  PL  ßmz  gegen  timz  und  Instr.  PL 
ßmi  gegen  timi  (auch  diese  Formen  werden  bei  i  erklärt). 

Ein  ß  im  Anlaut  führte  im  Urslav.  ebenfalls  zu  i,  mochte 
das  j  schon  ursprachlich  sein  oder  sich  erst  auf  slav.  Boden  ent- 
wickelt haben.    Die  Übergangsstufe  war  hiebei  jedenfalls  ein  jf. 


Auf  slav.  Boden  hat  es  sich  entwickelt  bei  einem  b  im  Anlaut 
z.  B.  urspr.  ino-  führte  zu  tno-,  woraus  jhno-  und  schließlich 
im  junwsf  wurde.  Dann  imq,  j^i  ,nehmen*,  s.  vgl.  ötHi,  otmem, 
aus  *j'hnuf,  *bnuf  und  dieses  aus  *v[imq,  ^ipii,  vgl.  lit.  iwü,  imti 
^nehmen,  beginnen^  lat.  emo,  vgl.  noch  aksl.  vhz-hmq,  vtzqti 
,nehmen^  Hierher  vielleicht  auch  der  Nom.  Sg.  i-ze  aus  is-,  vgl. 
lat.  is,  lit  ßs  »ei*  aus  is  mit  j  nach  dem  Gen.  Sg.  jö  u.  s.  w. 
Doch  würde  das  slav.  Neutr.  je-,  falls  aus  *jod  und  nicht  durch 
Analogie  entstanden,  für  ein  ursprüngliches  Maskulinum  im  Nom. 
*jo8  sprechen;  das  müßte  durch  *jb  auch  zu  *fh  und  dann  i 
führen. 

Ursprachlich  war  das  j  im  Anlaute  in  aksl.  igo  ^och^  aus 
*jf>ffo  und  dieses  aus  *ßgo,  lat.  juffum,  ai.  yugäm,  gr.  ^vyoV. 

Wie  *jhgo  zunächst  aus  *jbgo  entstand,  indem  nach  einem 
Palatallaut  auch  das  «  zu  b  wurde,  so  auch  bei  y,  das  mit  b  ver- 
wandt war:  auch  y  wird  nach  Palatalen  zu  L  Zunächst  im 
Instr.  PI.  der  o-Stämme:  neben  roky,  mesty  u.  s.  w.  (aus  öis  vgl. 
S.  19)  haben  wir  mqzi,  poljiy  marji  u.  s.  w.  aus  *mqzy,  *poljy, 
*fnorjy  u.  s.  w.  Weiter  aksl.  ätti,  s.  ^Ui,  b.  äüi  ,nähen^  aus 
^sjyti  und  dieses  aus  siiUi,  lit.  »iüti  ,nähen',  got.  siujan. 

Auch  entlehnte  Worte,  in  denen  ein  t  einem  fremden  ü  gegenüber- 
steht, setzen  in  der  Begel  zunächst  ein  y  voraus:  aksl.  kriMb  ,Krenz', 
ahd.  cArüst,  chriuzi  (geschrieben  anch  crüee^  crüci).  Aber  das  slav.  ^ 
macht  dem  deutschen  z  gegenüber  Schwierigkeiten;  JireSek  möchte  es 
daher  lieber  aus  dem  Boman.  ableiten^  (Die  Romanen  I,  S.  37),  doch  auch 
da  müßte  man  einen  Dialekt  nachweisen,  der  hier  wenigstens  einen  «-Laut 
hatte,  da  es  im  Auslaute  als  H  gehört  werden  konnte  (vgl.  das  altdalmat. 
krusi^  krus).  Jedenfalls  muß  hier  ein  langes  ü  gewesen  sein  {vgl.  in  dieser 
Hinsicht  aksl.  rA^zs,  chyza  und  got.  -hüs).  Das  y  ging  nach  r  in  t  über 
wohl  zumeist  unter  dem  Einflasse  des  nachfolgenden  Palatallautes  I.  So 
mag  wohl  so  manches  t  im  Slav.,  das  einem  fremden  o  gegenübersteht, 
die  Zwischenstufe  y  voraussetzen,  indem  aus  dem  ö  zunächst  ein  w,  dann 
y  geworden  ist.  So  in  aksl.  rtwi»  ,Rom*,  aus  röm  wurde  *rüm.  Die 
Bömer  'PtoftaToi  wurden  von  ihren  östl.  Nachbarn,  den  Persem  und  Ara- 
bern anch  Rüm^  den  Türken  Urum  genannt  (JireSek,  Die  Romanen  I, 
S.  36).  Das  ö  als  ü  war  daher  anch  sonst  gar  nicht  ungewöhnlich.  Aus 
rümo  wurde  *rymO'  und   wohl  zunächst  im  Lok.  Sg.  zu  rimi  unter  dem 


1.  Auch  Meillet  sieht  wegen  des  H  in  dem  Worte  (wie  auch  in 
Male}h)  einen  möglichen  Einfluß  des  Romanischen,  desgleichen  bei  Üdovim 
(vgl.  fr&nz,  juify  man  müßte  aber  wohl  auch  im  Slav.  ein  *iüd„  *h/d', 
aftrf-  ansetzen),  konoplja  ,Hanf  (wegen  k)  ital.  canapa  und  hanj'a  ,Bad* 
(frz.  ftatn,  ital.  bayno  aus  balneum)  (MSL.  11,  S.  178  f.). 


29 

Einflasäe  der  nachfolgenden  weichen  Silbe.  Dann  wurde  rim-  aach  in 
den  übrigen  Kaens  allgemein.  Bei  dem  Übergang  des  ry  in  ri,  der  sonst 
auch  beobachtet  wird  (vgl.  Oblak,  Maced.  Studien,  8.87),  war  vor  allem 
die  nachfolgende  Silbe  maßgebend.  In  der  Sav.  kn.  finden  wir  ribi  (st. 
ryM),  ribicb  gegen  ry5y,  ry6c{,  ryht,  ryharm  (§5epkin-b,  Bazsnidenije  etc. 
8.  295—296).  Im  Ab.  anch  kUrü  st.  kUryi  (wegen  l\  ebenso  pric  st. 
pryc  (wegen  c)  u.  s.  w.  (vgl.  Verf.  Aksl.  Gram.  8.  868—369).  Damit  kann 
das  im  Aksl.  einige  mal  vorkommende  krüi,  kr^q  u.  ■.  w.  st.  kryii,  dann 
ribi  Zogr.  marc.  6.  41  in  Einklang  gebracht  werden.  Wenn  ferner  hier 
auch  rikati  vorkommt,  so  könnte  das  «  zunächst  in  den  Präsensformen 
rycq,  rifceii  aufgekommen  sein  (derartige  Formen  kamen  vor,  wie.  uns  das 
Altböhm.  zeigt.  Vgl.  noch  r.  koryitt  gegen  b.  korüt  ,Beute'  u.  s.  w.  Auf 
diese  Art  erkläre  ich  auch  böhm.  tüic  «tausend*  gegen  poln.  fysie^,  russ. 
tysjaca]  das  •  war  im  Böhm,  erweicht  (i),  was  der  Nebenform  ^iysjaea 
aksl.  ty^ia  zu  verdanken  war;  daher  mußte  auch  das  u  zu  t  umlauten. 
Ebenso  im  klr.  dial.  ^ütac,  wo  das«  also  auch  erweicht  ist  (Ogonovskij, 
Stud.  8.  40). 

War  die  Bedingung  der  Palatalisierung  nicht  vorhanden,  blieb  es 
bei  y:  Aneöna-Jakyn,  später  Jakin, 

Manchmal  führte  das  fremde  ö,  o  nur  zu  einem  u  (wohl  in  späterer 
Zeit),  nicht  ö,  so  daß  es  dabei  bleiben  konnte:  Ftiutio-Ptuj.,  Solan  (SaUf 
niki).  So  haben  wir  neben  rimtsk^  auch  rumttkb  (iEte  sq  rumhsky  .  . 
Supr.  108,  17  und  protl-bkovav  b  otb  rumbtka  j^zi>ika  na  grb^eskb  ib.  110 
Z.  11). 

Durch  Dehnung  des  h  entsteht  aui'  slay.  Boden  ebenüalk  ein 
t.  Ihr  steht  dann  die  des  ^  zu  zi  (y)  zur  Seite.  So  haben  wir 
z.  B.  Idbtuf,  kl^i  yfluchen'y  iter.  zaklinati;  ztrjq,  zhreti  ^schauen'^ 
iten  'Zirati  u.  s.  w.  vgl.  dzchnqti  ^tmen'  iter.  vzz'dychati.  Diese 
Dehnung  kann  auch  vor  j  eintreten:  neben  trethj  auch  tretij 
,der  dritte*,  neben  iskrm'hj  auch  iskrbnij  ,proximus*  (vgl.  dobrzj 
neben  dobryj)\  im  Gen.  PI.  der  i-Stämme:  hostbj  neben  kostij; 
im  Nom.  u.  s.  w.  mhntji  neben  mhniji  yBUtz*  u.  s.  w. 

Fremdes  i  wird  im  Slav.  auch  durch  i  häufig  wiedergegeben 
z.  B.  aksl.  tmnidn  ,Mönch'y  ahd.  munih;  aksl.  vino  ,Wein*y  lat 
vinum,  got.  icein  (eine  der  frühesten  Entlehnungen  aus  dem  Lat, 
Paul,  Grundr.  I>  S.  328,  auch  das  Slav.  weist  schon  des  Genua 
wegen  auf  diesen  Ursprung  hin,  vgl.  dagegen  gr.  olvog). 

Fremde  mit  •  anlautende  Worte  entwickeln  manchmal  ein  t  vor 
demselben,  z.  B.  aksl.  itpolin^  jgigas*  neben  Bpolim,  das  jedenfalls  iden> 
tisch  ist  mit  dem  Yolksnamen  Spali  (gens  Spalorum  bei  Jemandes), 
SnoXoi.  Aksl.  isMa  /fxrjyij  tentorium*  (itUba),  ixba  aus  is[t)ha,  vgl.  ahd. 
«iuba  «heizbares  Gemach,  Stube',  and.  Hofa,  lit.  siubä,  preuß.  stubo  (auch 
in  den  roman.  Sprachen:  it.  Hufa^  frz.  ituce).  Das  ist  aber  nicht  spezi- 
fisch slavisch,   vgl.  lit.  iszkada  gegen  poln.  izkifda,  russ.  ikoda  ,8chaden', 


30 

lit.  iszkala  gegen  slav.  ikola  ,8cbule'.  In  einem  Papyrus  aus  dem  V.  Jhd. 
kommt  vor  taxQißag  iscriba  =  scriba^  yQafiiMLXBvg  (Liter.  Centralbl.  1901, 
19.  Okt.  S.  1722). 

Veränderungen  des  i  im  Slavischen.  Als  palat.  Vokal 
hat  das  i  gewisse  vorhergehende  Konsonanten  in  einigen  slav. 
Sprachen  erweicht,  ja  z.  B.  das  d,  t  mitunter  ganz  verändert 
(vgl.  oben  S.  20).  So  wird  im  R.  istocniH  ^Quelle'  als  isto&Aik, 
pidish  jvides*  als  vidiS,  tretij  ,der  dritte'  als  trdij  ausgesprochen. 
Ebenso  im  B.  ani  —  ani  ,weder  —  noch*  als  ani;  divoky  ,wild' 
als  divoky,  ireti  ,der  dritte'  als  trdi.  Im  P.  ebenfalls:  pani  ,die 
Dame'  als  pani,  dagegen  dziki  aus  *diky;  dziumy  ^wunderbar*, 
dchy  yStill'aus  tichy. 

Ebenso  im  Sorb.:  ns.  Sichy,  os.  6ichi  ,still'  aus  ticky;  ns. 
Hwy  ,wild*,  os.  diiwy,  aksl.  div^;  weiter  nizki  spr.  üizki  juiedrig*; 
piwo  ,Biei:^  spr.  pjivo,  bitwa  ,Schlacht*  spr.  bßtva;  müos6  ,Gnade' 
spr.  mjiios6  (Mucke,  S.  190  und  197—201). 

Im  Gegensatze  dazu  steht  die  Entwickelung  des  i  im  Kl  ein  r. 
Aus  der  Darstellung  der  Aussprache  des  y  im  Slav.  (siehe  weiter 
unten)  wird  hervorgehen,  daß  dieser  Laut  sehr  leicht  in  i  über- 
gehen konnte,  was  wir  fast  auf  allen  Gebieten  des  Slav.  beob- 
achten können.  Diese  nahe  Berührung  der  beiden  Laute  brachte 
es  aber  mit  sich,  daß  auch  umgekehrt  das  i  zu  y  werden  konnte. 
Wenn  es  nach  gewissen  Lauten,  die  einen  dumpfen  Klang  an- 
nahmen (z.  B.  nach  S),  geschehen  konnte,  so  ist  es  nicht  auf- 
fallend. Hier  ist  also  der  Wandel  bedingt.  Allgemein  ist  er 
aber  im  Kleinr.,  wo  sich  überhaupt  jedes  i  dem  y  sehr  stark 
genähert  hat. 

Zu  den  Lauten,  die  wegen  der  Änderung  ihrer  Artikulation 
einen  dumpfen  Klang  annahmen,  so  daß  nach  ihnen  das  i  als  y 
oder  ein  u-Laut  lautete,  gehörten  zunächst  die  Konsonanten  S,  z, 
€,  r  (siehe  weiter  unten  bei  diesen  Lauten).  So  bemerken  wir 
im  Ab.  schon  um  die  Mitte  des  XIV.  Jhd.  nach  if,  c,  z  in  ge- 
wissen Denkmälern  durchwegs  oder  mit  Vorliebe  ein  y.  Später 
auch  nach  c,  8,  z,  j  und  f.  Nach  der  Orthographie  der  b.  Brüder 
wurde  nach  c,  s,  z  das  y  zur  Norm:  cyzy  syla  ,fremde  Kraff. 
Die  Aussprache  des  y  nach  diesen  Lauten  bestätigt  auch  der 
Grammatiker  BeneS  Optat.  Desgleichen  auch  Blahoslav,  nur 
sagte  er,  daß  man  auch  iy,  zy,  äy,  ry  schreiben  sollte,  da  auch 
hier  ein  y  gehört  werde.  Ähnlich  auch  jetzt  noch  in  einigen 
Dialekten.    Sonst   ging  im  allgemeinen  dieser  Unterschied  ver- 


31 

loren  und  Dobrovsk^  hat  auch  darnach  die  böhni.  Orthographie 
geregelt. 

Dasselbe  auch  im  P.  nach  den  Lauten  c,  dz,  cz,  szcz,  dz, 
8z,  z,  rz  z.  B.  chlopqf  PI.  zu  cMopiec  ^nabe*,  pieni^dzy  ,Geld*, 
drozdzy  ^Hefe^  uczysz,  uczy  ^doces,  docet';  troszczyd  su^  ,sich 
grämen';  ru8zy6  ,bewegen*,  otworzyd  ^öffnen'  u.  s.  w. 

Ebenso  im  Ns.  nach  z,  S  und  8,  z,  c  und  neuerdings  nach 
j  (Mucke  8.  89—91).  Im  Os.  sind  nur  die  dentalen  Spiranten 
s,  z,  c  absolut  hart,  daher  nur  nach  ihnen  y  st.  i.  Beispiele: 
m.  pSosyä  (os.  pro8y6)  ,bitten',  aksl.  pro8Üi;  cuzy  ,fremd*;  zyma 
»Winter*;  ns.  ciniä  (os.  6ini6)  ,tun',  aksl.  diniti;  ns.  wucy4  (os. 
tcuci6)  ,lehrenS  aksl.  ucüi;  ns.  cygil  (os.  cyhä)  ^Ziegel'  (nach  s 
und  z  kann  natürlich  das  y  mitunter  auch  schon  urslav.  sein: 
syn  ySohn',  aksl.  8ynb  dass.). 

Nach  8,  z  (dz)  und  c  (als  cl)  nur  im  Ns.:  8yja  (os.  Sija) 
jHalsS  aksl.  ^ija;  hß  (os.  HS)  ^nähenS  aksl.  8iti;  äydio  (os.  äidlo) 
,Pfnemen';  cyzyi  (os.  Üzik)  »ZeisigS  aksl.  eizikö;  zycyd  ,gönnen* 
dazu  pözycyS  (os.  poz(i)H£)  ,leihen*;  zyd  (oe.  zid)  ^ude*. 

Im  Ns.  dialektisch  auch  schon  nach  ./;  cijy  (os.  ciji)  »wessen^ 
ksl.  cij  ,wessen';  dw6jy  (os.  dwoji)  »zweifach*,  aksl.  dvoji,  dvoj. 

Auch  im  Ostbg.  fand  Mileti(S,  daß  nach  i,  welches  stark  mittel- 
palatal  artiknliert  wird,  ein  y  f^ehört  wird:  duiyiä  (Anzeiger  der  Wien. 
Akad.  phil.-bist.  Kl.  1899,  Nr.  2  8.  18).  Aber  es  gibt  hier  Dialekte,  in 
denen  das  t  überhaupt  als  y  oder  «  ausgesprochen  wird,  so  z.  B.  im 
Drjanover,  wo  man  godina,  otide  hört.  Das  y  ist  hier  ganz  guttural 
(1.  c.  S.  15).  Das  erinnert  uns  sehr  stark  an  das  Kleinr.  Hier  bleibt 
auch  nach  c,  i  u.  s.  w.  die  harte  Aussprache,  also  cy,  iy  u.  s.  w. 

Berührungen  zwischen  i  und  den  e-Lauten.  So 
innige  Beziehungen,  wie  wir  sie  sonst  bei  diesen  Lauten  an- 
treffen, kommen  im  Slav.  nicht  vor.  Zu  -m^rh  entstand  volks- 
etymologisch -mifh.  So  finden  wir  im  Ab.  Lutomerici  (bei  Kos- 
mas) und  Ltähomirici.  Analogisch  entstand  auch  z.  B.  neben 
pHmirie  und  mir  ,Priede*  später  primärfe  (nach  mira,  mirou 
u.  dgl.),  dann  mier  (vgl.  Gebauer,  Hist.  ml.  I  S.  218—226). 
Zahlreicher  sind  die  Fälle  im  Sorb.  Wie  e  hier  zu  i  wird,  so 
geht  umgekehrt  in  vielen  Worten  i  in  e  über  und  zwar  zumeist 
in  betonter  und  in  der  Regel  zugleich  geschlossener,  seltener  in 
unbetonter  Silbe,  wo  es  dann  (wie  gewöhnliches  i)  in  je  übergeht. 
In  Dialekten  trifft  man  noch  häufig  das  i  daneben  an  (Mucke, 
S.  87—89)  z.  B.  ns.  beric,  os.  birc  ,Gericht8diener',  b.  biric;  ns. 
und  OS.  mir  ,Priede'  ist  so  zu  bemteilen  wie  im  B.,  aksl.  min; 


32 

OS.  slina  neben  slina,  ns.  slina  ,8peichelS  aksl.  alina  und  noch 
einige  andere  Fälle.  Dagegen  gehört  äiroki  ,breit^,  se^  ^Bi^^te^y 
aksl.  Hrok^  nicht  hierher,  denn  hier  handelt  es  sich  zunächst  um 
ein  äy  aus  äi,  vgl.  auch  p.  szerohi  ,breit',  szerz,  szerza  ^Breite'; 
seroki  dial.  auch  in  Mähren.  Ebenso  gehört  eigentlich  nicht 
hierher  es.  khiza,  ns.  chyza  ,Haus^;  os.  khüry,  ns.  chytäy  ytüchtig^, 
aksl.  chytrh. 

Was  die  sorb.  Iterativa  ns.  -biraä,  os.  birtiö  gegen  aksl.  birati 
auflesen',  dann  ns.  meraä,  os.  miraö,  aksl.  mirati  ^sterben'  u.  s.  w. 
anbelangt,  so  gehören  sie  auch  nicht  hierher,  denn  diese  Bildungen 
sind  westslav.  vgl.  auch  aböhm.  biercUi^  mierati,  ebenso  auch  im 
F.  Dagegen  stimmt  z.  B.  ns.  -cynaä,  os.  dinad  überein  mit  aksl. 
-cinati  in  podinati  ,anfangen^ 

Analogisch  gebildete  Iterativa  finden  wir  auch  schon  im 
Aksl.:  neben  pogräxxti  auch  pogribaii,  neben  nalevati  auch  nalivatu 

Man  wollte  auch  die  p.  Iterativa  wie  zbieraö,  umierad,  otwie- 
ra6,  rozkwieraö  u.  s.  w.  aus  zbiraö,  umiraö,  otmrad,  rozkwiraö 
ableiten,  indem  man  sich  darauf  stützte,  daß  die  Umwandlung 
von  i  (y)  in  'e  (e)  vor  r  schon  seit  dem  XY.  Jhd.  eine  allgemeine 
Erscheinung  der  p.  Sprache  sei.  Allein  in  sierata  ,WaiseS  ap. 
sirata,  aksl.  sirota,  dann  szeroki  jbreit',  ap.  szyroki  u.  dgl.  war 
ein  sekundäres  p.  y  (vgl.  auch  poln.  ser,  apoln.  syr,  aksl.  aym  ,Eä8e'). 
Die  p.  Iterativa  wie  zbieraö  u.  s.  w.  haben  auch  ihre  Reflexe  im 
B.  und  Sorb.,  sie  sind  überhaupt  eine  westslav.  Eigentümlichkeit, 
bei  welcher  bei  einigen  Verben  (wie  -bierad)  der  Fräsensstamm 
zu  Grunde  gelegt  wurde,  während  bei  aksl.  birati  der  Infinitiv- 
stamm maßgebend  war.  Letztere  Bildungen  waren  auch  höchst- 
wahrscheinlich älter  und  gemeinslav.  Selbst  noch  im  Ap.  findet 
man  z.  B.  odmira,  odumira  neben  odumyera  (aus  dem  XV.  Jhd. 
vgl.  Afsl.  Fhil.  7,  S.  534).  Es  hat  sich  also  im  F.  das  alte  neben 
dem  neueren  lange  hindurch  behauptet. 


Ursprung  und  lautliche  Geltung.  Während  das  ur- 
sprachliche S,  das  zu  i  wurde,  wie  auch  die  anderen  Vorstufen 
des  e,  wie  wir  sehen  werden,  als  offene  e-Laute  aufzufassen 
sind,  neigte  das  ursprachliche  kurze  e  im  Slav.  entschieden  zu 
einer  geschlossenen  Aussprache  hin.  Es  wird  daher  oft  zu  t,  das 
eigentlich  der  Reflex  des  urspr.  i  war.    Im  Lit.  wurde  hingegen 


33 

das  e  meist  sehr  offen  ausgesprochen ,  weshalb  es  auch  za  a 
werden  konnte,  vgl.  lit  vdkaras  ^Abend',  aksl.  veden;  vasarh 
ßornmex^f  aksL  vesna  ^Frühling^y  gr.  ßioQ.  Diese  Eigentümlichkeit 
hat  das  lit  e  mit  jenem  slav.  i  gemein,  das  auf  i  zurückgeht,  da 
es  auch  unter  bestimmten  Bedingungen  in  a  übergehen  konnte. 

Das  slav.  e  ist  zunächst  das  iu*sprachL  e:  BkaL  berq  ,nehme, 
sammle^  gr.g>iQWj  latfero;  deiiiar»,venenumSlitÄ:0fii^a»,Alpkraut^; 
des^t  ,zehn^,  lit  diszinUia,  diazimt,  lat  deeem;  deshm  (deani)  ,dexter', 
Ut  deszine  ,rechte  Hand^;  jes-  in  aksl.^'e^m«  ^ch  bin',  lit  esmi  (ver- 
altet); jezero  ,SeeS  lit  fö^a«  ,Teich,  kleiner  See';  mezda  ,GrenzeS 
Tgl.  laLmedias;  medh  ,Honig',  htmedüs,  gr.  fii^;  aksl.  ne  ,nichf, 
lit  ni,  got  ni,  lat  ne-  z.  £.  in  ne-scio;  nebo  ,HimmelS  lit  debeAs, 
ahd.  nebul,  gr.  viq>og;  sestra  ,8chwester',  lit  sesu,  got  svistar;  iesth 
jseehs',  lit  szessA;  vetKkt  ,altS  lit  vetuszas,  lat  vetus,  gr.  {ßjhog; 
vezq  jÜbie^  (trans.),  lit  veeü,  lat  vdio,  *zdy  ,testudo'  (als  idva, 
ürnea  u.  s.  w.),  gr.  xiiXg;  eeravh  ,gnisS  lit  gime,  preuß.  genoe. 

Hierher  gehören  auch  mehrere  Suffixe,  z.  £.  das  Nominal- 
suffix -es-:  Gen.  Sg.  neb-es-e,  lit  ddhes-es,  gr.  vighea-oSf  vgl  lat 
gen-er-is;  8u£  -ter-:  Gen.  Sg.  nuhter-e  ,der  Muttei^,  d^i4er'e  ,der 
Tochter*,  lit  mo^ef-s  (aus  mo-ter-es^y  dukUrs;  Suffix  -tero-:  je-ter-h 
,quidam',  vgl.  umbr.  etru,  etre  u.  s.  w.  ,Alter  (IF.  11,  S.  14),  gr. 
Tto-tegogy  (ifAo-reQogy  lat  i-ter-um. 

Hierher  gehört  der  thematische  Vokal  e  des  Präsens:  Sg. 
2.  P.  aksl.  nes-e^i,  nes-e-th,  Dual.  1.  2.  u.  3.  P.  nes-e-vi,  nea-^ta, 
nes'e4e,  PI.  1.  2.  P.  nes-e-rm,  nes-e-te.  In  der  1.  P.  Du.  und  PI. 
war  hier  ursprünglich  ein  o  (vgl.  gr.  1.  P.  PL  Uy^o-fiev^  es  ist 
aber  verdiängt  worden  von  dem  aus  o  durch  Umlaut  entstandenen 
e  der  weichen  Stämme,  z.  B.  kry-je-tm  ,wir  decken'  aus  ^hry- 
j(hfm.  Im  starken  Aor.  hat  sich  dagegen  das  urspr.  o  erhalten, 
weil  hier  keine  weichen  Stämme  mit  dem  Umlaut  zur  Seite 
standen,  daher  nes-o-v«,  nes-o-tm,  während  die  2.  und  3.  Sg.,  Du. 
und  die  2.  PL  wieder  das  urspr.  e  aufweisen:  nese  (aus  *ne8'€'S, 
*neS'e-t\  nes-e-te.  In  der  2.  und  3.  Sg.  Imperf.  ist  auch  ein  e: 
neseie,  nesiaie  (aus  *nes^e8,  ^nesiää)^  dann  in  der  2.  und  3.  Du.: 
neaisäa,  nesiSeie  und  in  der  2.  PL:  nesesäe,  neaiaiete;  im  Part 
Prät  pass.:  nes-e-m  ,getragenS  vedem  ,geführt^ 

Endungen  mit  e:  3.  P.  Du.  ber-e-te  aus  -tes,  ai.  -tas  z.  B. 
bharortas;  ebenso  im  Imperf.  und  Aorist  Später  wird  das  te  hier 
alhnählich  von  -ta  verdrängt  In  der  2.  P.  PL  Ind.  berete,  nesete, 
lit  vizate;  ebenso  im  Imper.  beri-te,  gr.  q)iQOiz€. 

VoBdr&k,  Vgl.  dAT.  Gnunm.  I.  3 


34 

Yok.  Sg.  der  männlichen  o-Sfömme:  skshvlbce,  Mtvükkf  lat. 
lupe,  gr.  XvK€.  Nom.  Yok.  PI.  der  u-Stämme:  synav-e  aus 
*9üne^^'e8,  vgl.  gr.  ^dieg  aus  "^dißeg,  got  sunjus  (aus  *8uniunz), 
ai.  3andi?o».  Nom.  Yok.  PI.  der  männlichen  i-Stämme:  pqtbje 
,Wege^  aus  *p(mtei-^,  tnje  ,dreiS  got  cmsteis,  Preis,  gr.  oq>eig  aus 
($9)e(i()«g,  ^?£iff9  lAt.  ovSs,  tris,  ai.  matdifas,  trdyas.  Nom.  PI.  der 
männlichen  konson.  Stämme:  aksl.  dhne  ,TageS  bei  den  anderen 
n-Stämmen  nicht  mehr  erhalten,  vgl.  lit.  dkmens  (aus  akmeneSf  im 
Slav.  *kamene  nicht  mehr  erhalten),  gr.  Tcoifiev-eg,  mfxov-sg,  lat. 
sennon-es.  Dieselbe  Endung  hat  sich  als  Überbleibsel  der  einstigen 
konson.  Dekl.  erhalten  bei  den  Worten  auf  -enim,  janimi  Nom. 
PI.  grazdan-e  zum  Nom.  Sg.  grazdanim  ^Bürger^,  bei  den  Worten 
auf  -arh  und  td'h:  mytar-e  zu  mytarh  ^Zöllnei^;  dMatde  zu  düatd'h 
,Arbeitei^.  Unter  dem  Einfluß  der  anderen  Kasus  wird  auch  hier 
das  r,  l  mitunter  erweicht:  mytafe,  däcUd'e. 

Derselben  Art  sind  die  Nom.  PI.  mask.  des  Part.  Präs. 
akt  und  Prätakt.  I:  aksl.  vedqSte  zu  vedy  und  ved^äe  zu  vedh, 
schließlich  auch  des  Komparativs:  dobreße,  slazdt^e. 

Yon  der  konson.  Dekl.  gehören  hierher  noch  der  Gen.  Sg. 
dune  ,de8  Tagest  kamene,  imene  ,des  Namens',  slavese  ,de8  Wortes^ 
td^  ,des  Kalbes^  matere  ,der  Muttei',  lit  akmefis  (aus  akmefhes), 
moters  (aus  moteres);  femer  auch  bei  den  ü-Stämmen:  svdcrbve 
,der  Schwiegermutter*,  krzve  ,de8  Blutes*,  vgl.  ai.  sva^rAv-as,  bhru- 
vda.  Der  Lok.  Sg.  bei  beiden  Arten  der  erwähnten  Stämme: 
kamene,  dtn-e,  sloves-e,  na  des^te  (z.  B.  d^va  na  des^e  ,zwölf) 
imd  weiter  auch  svekrbve.  Man  erklärt  diese  Formen  als  endungs- 
lose Lokale  (wie  z.  B.  ai.  uddn  ^  aqua*),  an  welche  die  Post- 
position e  angehängt  worden  wäre.  Ebenso  im  Lit  ra^Ücoj-e  ,in 
manu*. 

Ursprachlich  ist  schließlich  das  e  des  Gen.  Sg.  des  Pron.  pers. 
mene,  tebe  (hier  übrigens  auch  das  e  in  der  Wurzel)  ,mei,  tui*,  vgl. 
av.  mana,  ai.  tdva  (aus  *teue),  im  Slav.  ist  das  b  aus  dem  Dat 
td>i  (vgl.  lat  tibi)  eingedrungen,  das  Lit  hat  hier  noch  das  v, 
allerdings  mit  einer  anderen  Endung:  tav^s.  Nach  tebe  ist  wohl 
auch  sehe  gebildet 

Auf  slav.  Boden  ist  auch  ein  e  aus  o  nach  weichen  Kons, 
entstanden,  z.  B.  Yok.  Sg.  der  a-Stämme:  duse  zu  dusa  ,Seele* 
gegen  rybo  zu  ryba  ,Pisch*;  Nom.  Akk.  Yok.  Sg.  der  neutralen 
o-Stämme:  poVe  ,Feld*  gegen  mesto  ,Ort*;  bei  den  Yerbis  der 
YI.  Klasse    z.  B.   nepbätevati  yVTtola^ßdvetVj    aestimare*    gegen 


35 

cäovati  ^utare^    Dieser  Umlaut  &nd  schon  im  ürslav.  statt. 

Einzelnen  slav.  Sprachen  führten  dann  die  Halbvokale,  ins- 
bes.  b,  ein  starkes  Kontingent  von  ^-Lauten  zu. 

Veränderungen  des  e  auf  slav.  Boden,  e  wird  zu  ». 
Zunächst  vor  i  (j)  und  zwar  in  jedem  Falle,  mochte  das  e  betont 
oder  unbetont  gewesen  sein.  Dieser  Übergang  in  »  —  oder  zu- 
nächst wohl  in  I  —  ist  eben  auf  die  geschlossene  Aussprache 
des  e  im  Urslav.  zurückzuführen.  Bei  der  Aussprache  des  i  —  j 
nähert  sich  der  Zungenrücken  bedeutend  dem  harten  Gbiumen 
(schon  bei  »),  bei  j  derartig,  daß  sogar  ein  Beibungsgeräusch  ent- 
stehen mufi.  Bei  der  Aussprache  des  ei  erstreckte  sich  nun 
<üe8e  Engenbildung  auch  schon  auf  das  e,  sie  wurde  schon  anti- 
zipiert (vgl  damit  z.  B.  böhm.  de)  ,gib',  aböhm.  daj).  Das  war 
um  so  eher  möglich,  als  ja  das  e  eben  geschlossen  (eng)  war. 
Bei  einem  offenen  e  wäre  es  nicht  so  leicht  möglich  gewesen. 

Je  nach  dem  Resultate  haben  wir  hier  zwei  Fälle  zu  unter- 
scheiden: tautosyllab.  imd  heterosyllab.  ei.  Das  erstere  wurde  zu 
*i  M,  das  zu  i  führte  (vgl.  oben  S.  14).  Beim  zweiten  bUeb  es 
dagegen  im  Urslav.  bei  der  Stufe  hj  (hi):  Nom.  PI.  der  männ- 
lichen »-Stämme  aksl.  goetbje  ,6ä8te'  ajos  *gosteißSy  vgl  got  ansteis, 
griech.  att.  *o(peig  aus  *oq>B(i)Bq^  ai.  matätfos  (das  e  war  hier  be- 
tont); aksl.  Nom.  YoL  mask.  trhje  ,drei'  aus  *trHfis  (das  e  war 
betont),  got.  preis,  att  TQBig  (aus  T^e(x)£s)9  ^^  ^^^ß  ^  träyw; 
aksl.  vhjq  ,winde',  lit  veju  ,ich  winde,  wicklet 

Das  auf  diese  Art  darch  Assimilation  entstandene  »  konnte  wie 
jedes  Andere  vor  demj  im  Aksl.  zu  i  werden:  gostife,  trije,  vijq.  Es  war 
dies  eine  Ersatzdehnnng,  wie  wir  sie  z.  B.  auch  bei  den  best.  Adjektivis 
iskrwij  neben  iskrtnbj  fi  nXriaiw',  dohnp  neben  dobnj  6  dya^og  u.  s.  w. 
finden  (j  aus  «,  i). 

Die  Palatalisierung  der  Kons,  besteht,  wie  schon  erwähnt,  in 
der  Anpassung  der  Zungenstellung  an  jene  des  j.  So  ist  es 
begreiflich,  daß  sich  der  eben  behandelte  Prozeß  auch  vor  anderen 
palatalisierten  Kons,  wiederholt  Schon  Sievers  machte  auf  die 
besondere  Neigung  der  palatalisierten  Gutturale,  die  ihnen  vorher- 
gehenden Vokale  heller  zu  färben,  aufmerksam  und  er  wies  auf 
die  Imperative  rhci  zu  rekq,  phd  zu  pekc^,  thci  zu  tekq  im  Gegen- 
satze zu  nesi,  vedi  u.  s.  w.  hin;  ähnlich  bildet  zegq,  die  2.  F.  Sg. 
Präs.  zbzeH,  den  Aor.  ztze  u.  s.  w.  (vgl.  auch  im  Afel.  Phil.  27, 
S.  142,   dann  J.  Schmidt,   Zur  Gesch.  des  idg.  Vokal.  S.  26). 

Zunächst  sind  es  die  erwähnten  Imperative;  dazu  auch  zbdzi, 


56 

zbdz&e  zu  zegq  ^brenne^  Es  muß  hier  hervorgehoben  werden^ 
^aß  dies  nur  zu  einer  Zeit  stattfinden  konnte,  als  die  palatali- 
sierten  Laute  noch  wirklich  weich  waren  {6,  d£).  Dann  handelt 
es  sich  hier  um  unbetonte  Silben,  denn  der  Imperativ  war  hier 
endbetont  (vgl.  weiter  unten). 

SelbBtverständlich  kann  unter  solchen  Umständen  ein  {priyrieati 
gegen  reM^  i^lü{d)zaii  gegen  ieiti  mit  unserem  Prozesse  nicht  derartig 
identifiziert  werden,  daß  in  derselben  Lage  (d.  h.  vor  einem  c,  dz)  ein  e 
(slav.  Q  zu  t  (slay.  t)  wurde  und  umgekehrt,  daß  nach  einem  hohen  Vokal 
6,  t,  sowie  ^  (das  hauptsächlich  auf  ein  baltisch-slay.  t  +  Nasal  zurfick- 
gehen  soll!)  aus  einem  Guttural  ansjbatt  des  zu  erwartenden  Palatals^ 
{c,  i)  sich  ein  d,  di  entwickelt  habe.  So  soll  auch  in  -^ieati  u.  s.  w.  fßr 
-rekifltii^)  eigentlich  eine  gegenseitige  Einwirkung  des  e  auf  der  einen 
und  des  ki  auf  der  anderen  Seite  stattgefunden  habe,  so  daß  eki  ein  -ic- 
anstatt  des  erwarteten  *-&*^  ergeben  hätte  (BeSetar,  Afsl.  Phil.  26,. 
S.  571 — 574).  Ein  ki  kann  hier  nicht  rorliegen,  denn  dann  müßten  wir 
z.  B.  auch  ein  *8iea  st.  «&^  ,caede8*  aus  *9ekja  haben.  Außerdem  ist 
zu  bemerken,  daß  das  %  bei  Iterativis  vor  dem  a  nichts  anderes  ist  al» 
das  t  der  Verba  der  4.  Klasse  (vgl.  'VaüdoÜ  ans  -vadjaü  zu  9odäi;  -naiati 
zu  noM  u.  8.  w.),  bei  -rieati  liegt  aber  kein  derartiges  Verbnm  der  4.  KL 
vor,  wie  uns  ja  auch  r^Ucaii  zeigt.  Wo  ein  kj  {k£j  vorliegt,  handelt  es- 
sich  also  um  ältere  Bildungen,  und  es  konnte  daraus  nur  ein  c  entstehen. 
In  unserem  Falle  gab  es  Iterativa  wie  rikatiy  tikati^  iagati  u.  s.  w.,  d.  h^ 
hier  wurde  der  Infinitivstamm  zu  Grunde  gelegt,  wie  auch  z.  B.  in  -birati 
zu  hbrati.  Andererseits  konnte  aber  der  Präsensstamm  zu  Grunde  gelegt 
werden:  mtraii,  *rikati  (daß  das  Präsens  urslav.  r»£q,  rtceü  u.  s.  w.  hieß,, 
werden  wir  weiter  unten  sehen),  *Ügaii,  Das  t  rief  eine  sekundäre  Pala- 
talisierung  hervor:  rieati,  ii(d)zati  und  da  es  eine  ganze  Beihe  solcher 
Verba  mit  analoger  Palatalisierung,  jedoch  mit  anders  geartetem  Wurzel- 
vokal  hinsichtlich  seines  Ursprunges  gab  (wie  dvizati,  ttrizati  neben  itrigati^ 
klieati,  nieati  u.  s.  w.),  so  wurden  diese  palatalisierten  Konsonanten  auch, 
als  ein  charakteristisches  Merkmal  der  Iterativa  aufgefaßt  vgl.  pr^ali, 
l^ati,  aböhm.  sogar  myeUi  (vgl.  weiter  unten  bei  den  Gutturalen).  Nach 
dem  Vorbilde  wie  mirati,  rieati,  Ügati  (und  wohl  auch  tieati),  wo  im 
Präsensstamme  »  war,  sind  andere  Iterativa  wie  pogribaü,  npUtati  u.  s.  w. 
entstanden,  wo  also  im  Präsens  ein  e  war  ißrebq,  pUi<(}. 

Denselben  Prozeß  müssen  wir  nach  unserer  Theorie  auch  bei 
einem  ursprünglichen  e  vor  einem  i,  z  erwarten.  Und  tatsächlich 
finden  wir  ein  Präsens  vhZbzeH  (mit  z  st  b),  Aor.  poehze,  vgl. 
zorzhze  im  Mar.  Matth.  28,  7,  Part  Prät  pass.  sbibzem;  in  allen 
slav.  Sprachen  basiert  das  Präsens  auf  einem  zibz  {zbg):  r.  zgu^ 
b.  zhu,  p.  zg^  slov.  zgem  u.  s.  w.  Daß  es  auch  in  die  1.  P.  Sg. 
und  3.  P.  PL  eindrang,  ist  ja  begreiflich.  Hierher  könnte  auch 
ar.  rhktt,  rtMi,   b.  iku  u.  s.  w.  gehören,   wahrscheinlicher  ist  es 


37 

mir  jedoch,  daß  es  anders,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  zu  be- 
urteilen ist  Bei  tekq,  tedeSi;  pekq,  pedeH  ist  jetzt  zwar  ein  e  in 
aDen  slay.  Sprachen  voilianden,  aber  es  ist  die  Frage,  ob  es  hier 
Bicht  schon  im  Urslav.  unter  dem  Einflüsse  des  Inf.  restituiert 
ist,  wie  wir  es  auch  im  Aksl.  u.  s.  w.  bei  rekq  bemeiicen.  Ein 
üuderes  Beispiel,  das  hierher  gehört,  ist  aksl.  vtdera,  r.  vcerd 
.^gestern'  gegen  veier^  ,AbendS  dann  aksL  mtdb  neben  medb,  s. 
fnae,  got.  mSki  ,8chwert^  Es  scheint  aber,  daß  die  dem  e  nach- 
folgende Silbe  auch  einen  engen  Vokal  {e,  i,  h,  e  aus  02)  ent- 
halten mußte,  denn  wir  haben  ein  r.  peödth,  s.  piöat  ,Petschaft', 
T.peddU  ,Sorge,  Kummer^  \l  dgl.  wo  es  sich  um  ein  e  unmittelbar 
Tor  dem  Akzent  handelt  und  doch  ist  es  geblieben  (beachte,  daß 
das  dem  a  zu  Grunde  liegende  ^  eine  offene  Aussprache  hatte 
und  infolge  dessen  auch  zu  einem  a  geworden  ist). 

Es  entsteht  nim  die  Frage,  ob  aach  nach  dem  c,  I,  i  das  e  in  » 
4ibergehen  kann?  Hier  sind  doch  die  Verhältnisse  einigermaßen  anders. 
£s  kommt  da  zu  einer  Lösung  der  Engenbildung  und  man  müßte  an- 
nehmen, daß  sie  nicht  so  weit  gediehen  ist,  als  es  der  nachfolgende  Vokal 
•erforderte.  Das  mag  ja  in  einzelnen  Fällen  wirklich  eingetreten  sein, 
aber  so  allgemeine  Begeln  möchte  ich  nicht  aufstellen,  wie  es  Pedersen 
tat.  Er  meint,  in  den  Silben  c«,  S0,  ie  gehe  das  «  in  »  Über  und  zwar 
unmittelbar  vor  einer  betonten  mit  einem  Geräuschlaut  +  einem  sonoren 
Laut  anfangenden  Silbe  (KZ.  38,  S.  420).  Hierher  rechnet  er  ib^q  und 
seine  Formen,  die  wir  eben  anders  erklären  mußten.  Dagegen  kann  p. 
<izUry^  b.  äyri  neben  aksl.  cetyre  ,yier*  auf  diese  Weise  erklärt  werden, 
denn  daß  hier  ein  cbt-  vorhanden  war,  zeigt  uns  das  Ab.  z.  B.  m  ctyrtni 
u.  s.  w.  (Gebauer,  Hist.  ml.  I  S.  168,  natürlich  betrifft  es  auch  ctvrt-^ 
•är-  in  cterty  ,der  vierte'  u.  s.  w.).  Hier  handelt  es  sich  also  um  eine 
Eigentümlichkeit,  die  sich  nur  auf  einen  Teil  des  urslav.  Sprachgebietes 
erstreckte.  Weiter  vielleicht  auch  c^io  st.  und  neben  dem  nrspr.  <esa^ 
(nach  dem  russ.  cegö,  cemü  wohl  cbbo).  Man  erklärt  das  ctso  in  der  Begel 
durch  Anlehnung  an  den  Nom.  Akk.  cb(o.  War  das  Wort  proklitisch,  so 
konnte  cego  bleiben.  Weiter  hck,  hh  ^gegangen*;  Ihzlt,  ieih  ,virga*  r. 
&Z&,  Gen.  Udd  (ühlenbeck  erklärt  es  zwar  ans  abd.  %«/  P.Br.B.  21, 
S.  101,  aber  das  scheint  nicht  richtig  zu  sein).  Dagegen  in  Mo  ,Stim^ 
itiUU  ,wollen\  iend  ,Weib',  iuräüh  (aksl.  Meravb)  ,KranichS  r.  ieMkij  ,grau- 
sam'  wäre  das  e  geblieben,  weil  hier  sonore  Laute  (bez.  zwei  Geräusch- 
laute) vorliegen.  Bei  r.  ceMätb  ,kratzen'  wäre  das  Präs.  ceUt^  maßgebend, 
bei  ceiä  ,Paar'  andere  Kasus  mit  Anfangsbetonung  (er  weist  direkt  auf 
^U  ,gerade  Zahl',  das  als  Gen.  PL  dazu  aufgefaßt  wird,  vgl.  c^b  ili  n^cet» 
,Paar  oder  Unpaar*).  Man  wird  hier  aber  kaum  irgend  welche  Begeln 
statuieren  können. 

Sonst  geht  das  e  äußerst  selten  in  t  über  wie  z.  £.  pbzdeti 
ipedere',  slov.  p92dfti  ^fisten^  b.  bzdüi,  lat.|>ddo  aus  *pezdö.    Da- 


38 

gegen  kann  aksl.  pt8^,  r.  pesh,  Gen.  psa  ^und^  nicht  mit  Bi.pctsu^ 
lat  pecu,  got  faihu,  lit  päcua,  preuß.  pecku  ,Yieh'  zusammen- 
gestellt  wenden,  denn  wenn  auch  der  Wechsel  in  der  Guttural- 
reihe nichts  auffallendes  wäre  (vgl.  sl.  slyäati,  dagegen  lit.  klauaaüy. 
Uamyti  und  preuß.  IdauMon)^  so  stimmt  die  Bedeutungsnüan- 
zierung  nicht 

Insbesondere  darf  man  in  Silben  mit  t^,  tl,  tm,  mi  das  » 
nicht  aus  einem  e  erklären,  wenn  auch  in  anderen  Bildungen  das 
e  zum  Vorschein  kommt,  denn  auch  das  Litauische  hat  hier  kein 
e,  sondern  ein  t,  so  daß  hier  von  r,  l»  n^,  9  auszugehen  ist  So 
z.  B.  aksl.  mtrq,  mtreH  ,sterbe^,  vgl.  lit  mlrsztu,  nUriaü,  mifti 
^sterben'  (mtrhäi  und  lit  mirusi^;  aksl.  pf»nq,  ptmeii  ^spannen^,  lit 
pinüj  pyniau,  pinti  ,flechten';  zimjq  ,emte,  mähe^,  lit  ginit  ^ch 
wehre*. 

Selbst  auch  der  Infinitivstamm  auf  -a-  ist  so  zu  beurteilen: 
hbrati  aus  *brrati  gegen  berq  ,sammeln,  nehmen';  dtrati  gegen 
derq  ^reißen,  schindend  Daß  von  r,  l,  fp>,  t^  auszugehen  ist,  zeigt 
uns  ffmaU  gegen  zenq  jagen',  lit  genü^  gr.  &evBiv^  ai.  hanati  ,er 
schl^  tötef,  urspr.  *gviienfh.  Das  g  gegen  z  kann  nur  au& 
*gi^nati  erklärt  werden,  wobei  das  ^  eine  u-Färbung  angenommen 
hat  und  zu  g^n-  führte. 

Weiter  stüati  gegen  stdjq  ,8treuen,  ausbreiten';  imati  au& 
*flimati,  *tmati  gegen  jeniljq  ,nehmen'  (ebenso  auch  das  Präsens 
imq,  imeÜ  aus  *nimq,  *'qime8i  wie  uns  das  lit  imü,  irnti,  ^miaü 
,nehmen'  zeigt).  Manchmal  ist  auch  in  den  Infinitivformen  das  e 
geblieben:  stenati,  stenjq  ,seufzen,  klagen'. 

Weiter  aksL  ttma  ,Finstemis',  vgl.  Ut  usz-temis  ,Yerfinsterung',. 
ai.  tamisram  ,Dunkel',  Wurzel  tem-. 

Hierher  gehört  auch  das  Präs.  b.  rku,  Part  rka  ,sagen',  ap. 
rzkqc,  rzkomy,  auch  ar.  rtku,  rtdeÜ,  rtka,  womit  Fortunator 
lit  surikti  ,brüllen'  vergleicht  (Afel.  Phil.  11,  S.  570).  Der  oben 
erwähnte  Imperativ  rtci  gehört  also  eigentlich  auch  hierher.  In 
einigen  Fällen  zeigt  nämlich  das  r  und  auch  ^  eine  von  der 
normalen  abweichende  Entwickelung:  es  wurde  daraus  schon  in 
der  lituslav.  Periode  ein  ri,  ni  statt  des  erwarteten  ir,  in  und 
zwar  geschah  dies  unter  dem  Einflüsse  der  Formen  mit  dem 
vollen  Vokal  von  Haus  aus,  also  in  unserem  Falle  war  es  der 
Infinitiv  reäii  und  was  alles  damit  zusammenhing.  Abweichungen 
kamen  aber  selbst  auch  da  wieder  vor:  preuß.  dirbisnan  mattem' 
gegen  lett  dribindt  ,zittem  machen'   und  lit  drebü  ,ich  zittere',. 


drabüs  ^ttrig*  (Brugmann,  Grundr.  I«  S.  472—473).  Hierher 
gehört  weiter  ab.  brdu,  brdeä  u.  s.  w.  aus  brtdq  u.  s.  w.  vgl.  aach 
aksl.  Part  Fräs.  pass.  neprebrtdotm  dniQovrog  ^nfinitns',  Inf. 
ab.  bH8ti,  bristi  (also  aus  *bred4i)  lit  bristi  ,waten',  Prät  bridaü, 
Präs.  bredü,  lett  bridindt  ,waten  lassen';  vgl.  dazu  brod^  ,Fart'. 
Im  lit.  ist  also  die  Verteilung  der  zwei  Yokalstufen  anders. 
Statt  des  erwarteten  *b%rdaü  haben  wir  hier  unter  dem  Einflüsse 
von  bredü  ein  bridaü.  Weiter  aksl.  ntsx^  aus  *vaq,  ntznqti  ^- 
figere'y  tn^-ntzq  ,ßaXXw^  mitto',  das  Sup.  war  *ne8tb  aus  *neztb. 
Wenn  der  Infinitiv  auch  hier  vom  Sup.  beeinflußt  wäre,  wie  sonst 
so  häufig,  so  müßte  er  *nesti  heißen.  Man  setzt  allerdings  ein 
nisti  gewöhnlich  an,  das  wäre  nach  cfn4q,  cvisti,  da  sind  aber  ganz 
andere  Yokalreihen  (vgl.  cvetb  ,BlüteO.  In  unserem  Falle  war 
*ne2  die  Wurzel,  vgl.  noch  dazu  pro-nozüi  ,transfigere'  und  r. 
zanöza  ,Splitterchen^  Hierher  auch  aksl.  noet  jMesser'  aus 
*nozj(h. 

Die  kurzen  e-Diphthonge.  Über  die  Schicksale  des  ef 
ist  oben  S.  14  gehandelt  worden.  Heterosyllab.  eii  wurde  zu  au: 
aksl.  nov^  ,neu^  aus  *neuo8,  vgl.  gr.  viog.  Tautosyllab.  eu  führte 
ebenüedls  zunächst  zu  a^,  wobei  sich  jedoch  mitunter  ein  j  (i) 
entwickelte:  *jou  {iou).  Beide  Eesultate  wurden  dann  monoph- 
thongiert und  ergaben  u,  ju:  aksl.  bljudq  ,ich  wahre,  gebe  acht' 
(vgl.  oben  S.  15). 

Tautosyll.  en,  em  im  Inlaute  (also  en,  em  vor  einem  Konso- 
nanten nur  nicht  vor  j)  führte  schon  im  ürslav.  zu  ^:  aksl.  p^ 
^er  fünfte'  aus  *pen(k)tos,  lit  pefiktcts,  gr.  TtififtTog,  lat  quintus. 

Der  Diphthong  er,  d  erlitt  in  den  urspr.  Verbindungen  iert, 
teU  (wobei  t  einen  jeden  beUebigen  Kons.,  nur  nicht  /  bezeichnen 
kann)  mannigfache  Veränderungen,  z.  B.  aksl.  sreda  ,Mitte,  Mitt- 
woch',  s.  srijida,  b.  streda,  strida,  p.  ärzoda,  r.  seredd  u.  s.  w. 
aus  *8erda,  vgl.  lett.  serde  yMark*,  preuß.  eirsdau  ,unter,  neben'; 
aksl.  drevo  ,Baum,  Holz*,  s.  drljeto,  b.  drevo  (ab.  drevo\  r.  direvo 
u.  s.  w.  aus  *dervo,  vgl.  lit  dervh  ,Kienholz',  gr.  diydgov  aus 
dioögov;  dameben  auch  aksl.  drwo,  drhva  ,Holr  aus  ^dru-o, 
♦dwtfo,  vgl.  gr.  ögv-TÖfiog  ,Holz  fällend'.  Diese  Veränderungen 
sind  analog  jenen  von  tort,  toU  und  werden  mit  diesen  bei  den 
Kons,  r,  l  besprochen.    Ebenso  auch  ert-,  eU-  im  Anlaute. 

Verdumpfung  des  e  zu  o.  Sie  trat  in  den  meisten  slav. 
Sprachen,  allerdings  unter  modifizierten  Bedingungen,  auf.  Ver- 
einzelt schon  im  Aksl.:   vh  vütleotm,   Btjd'Xeifx  Cloz.  884   gegen 


40 

v^  vithleeme  Supr.  340.  25  (siehe  bei  je  aus  jo) ;  b.  dldto,  p.  dlito, 
r.  doloto  aus  *do2to  und  dieses  aus  *deUo,  vgl.  s.  dlijHo.  Es 
wurde  also  durch  einen  nachfolgenden  harten  Kons,  veranlaßt, 
indem  er  auch  nach  vom  wirkte,  wie  er  ja  auch  nach  sich  nur 
einen  harten  Vokal  haben  konnte,  bez.  durch  eine  harte  Silbe 
(vgl.  aksL  dial.  tbtna  aus  ttma  gegen  ttme).  Aber  so  recht  aus- 
geprägt hat  sich  dieser  Prozeß  im  Russ.,  P.  (Eaä.)  und  Sorb. 
Aber  hier  sehen  wir,  daß  noch  ein  anderer  Faktor  dazu  kommen 
mußte  und  zwar  ist  es  insbesondere  im  K  klar,  dem  e  mußte 
nämlich  ursprünglich  ein  PalataUaut  vorhergehen.  Wir  werden 
sehen,  daß  die  Palatale  6,  ä,  z,  j  mit  der  Zeit  im  Slav.  ihre  Arti- 
kulationsstelle am  Gaumen  etwas  höher  verschoben,  so  daß  die 
nachfolgenden  Vokale  einen  dumpferen  Klang  annahmen.  Dadurch 
wurde  der  Übergang  des  e  zu  o  gefördert  Mitunter  bringt  sogar 
nur  der  Palatallaut  die  Wirkung  hervor:  e&di  (»-  jeSöß)  u.  and. 

Aber  auch  nach  anderen  Kons,  konnte  das  e  zu.  o  werden 
und  zwar  selbst  auch  das  aus  h  entstandene.  Das  e  war  urslav. 
geschlossen  (vgl.  oben  S.  21)  und  führte  auf  die  oben  angegebene 
Art  eine  Erweichung  der  vorhergehenden  Kons,  herbei.  Die  nun 
derartig  palatalisierten  Laute  teilten  die  Schicksale  der  schon  von 
früher  her  bestehenden  Palatale  ä,  z,  ö,  j,  d.  h.  auch  bei  ihnen 
rückte  die  Artikulationsstelle  nach  oben.  So  konnte  hier  auch 
das  e  etwas  dumpfer  klingen,  wenn  auch  nicht  so,  wie  nach  den 
Palatalen.  Daher  ist  die  Entwicklung  des  e  hier  meist  abhängig 
von  der  Qualität  des  Vokales  der  nächsten  Silbe  oder  vom  Silben- 
schluß (bez.  vom  auslautenden  Kons.).  Die  Erweichung  des  vor- 
hergehenden Kons,  blieb  freilich  im  Großr.  immer  erhalten,  so 
daß  denh  als  deü,  nebö  als  fieio,  eä66  als  jeicö  auszusprechen  ist. 
Für  ein  unpnlpotiertes  e  wie  in  Üotb  hat  man  im  R.  ein  eigenes 
Zeichen.  Nur  die  Labiale  sind  jetzt  vor  dem  e  mehr  verhärtet: 
bezb  ,ohne^ 

Nach  Sobolevskijs  Ausführungen  (Lekcii  S.  62)  entstand 
nach  palatalisierten  (erweichten)  Kons,  imd  nach  ;  ursprünglich 
aus  «  ein  0  im  Weißr.  und  Großr.,  wenn  sich  das  e  in  der 
Schlußsilbe  befand  oder  wenn  demselben  ein  harter  Konsonant 
folgte,  mochte  es  betont  oder  unbetont  gewesen  sein.  Aber  jetzt 
gilt  als  Norm,  daß  die  betreffende  Silbe  betont  sein  müsse  z.  B. 
Sg.  zend,  zeny  ,Weib^,  aber  PI.  zeny,  zem,  zenatm  d.  i.  z6ny, 
zon,  zönam.  Freilich  finden  wir  häufig  auch  o  aus  e  selbst  in 
unbetonten  Silben  im  Wortinnem  in  den  einzelnen  Dialekten,  waS' 


41 

ab  ein  Oberrest  aus  einer  älteren  Periode  angesehen  werden  muß, 
z.  B.  zond,  krSstnicokb,  dohväeb,  igö,  emü,  pöl8  (also  auch  im 
Wortaualaut),  se^rä  (Schriftsprache  segtrö,  PL  sistry).  In  jenen 
weiß-  und  großr.  Dialekten,  die  das  sog.  ÄkanU  haben  (o  vor  dem 
Akzent  wird  als  a  ausgesprochen),  ging  auch  dieses  sekundäre  o 
in  a  über.  Daß  die  Palatallaute  ö,  s,  iS,  i  und  c  nicht  wie  harte 
Konsonanten  auf  das  yorfaergehende  e  wirkten  d.  h.  daß  sie  seinen 
Übergang  in  o  aufhielten  (z.  B.  oi(eb\  ist  zwar,  wie  Sobolevskij 
meint,  aus  der  noch  erhaltenen  Weichheit  dieser  Laute  zu  er- 
klären, aber  es  muß  so  yerstanden  werden,  daß  sich  hier  ihre 
yerdumpfende  Wirkung  nicht  auf  die  yorhergehenden  Yok.,  sondern 
nur  auf  die  nachfolgenden  ursprfinglich  erstreckte,  denn  sonst  wäre 
überhaupt  der  Übergang  des  e  in  o  auch  nach  diesen  Lauten 
unmöglich.  In  bestimmten  Fällen  mögen  auch  noch  andere 
Gründe,  wie  wir  sehen  werden,  maßgebend  gewesen  sein.  So 
finden  wir  im  Großr.  injal&h  yAufiruhr',  aksl.  m^tef»  ,turbatioS 
smtönytj  ,angrenzend<;  in  ötiet^  Präs.  yon  öesdtb  ,kämmen,  kratzenS* 
brtietb  zu  brechdtb  ,klä£fen,  belfern';  iöebideU  zu  icebeteUt  ,zwit- 
schem';  plüöeth  zu  pUshUh  ,plätschem'  mag  wohl  die  Analogie 
anderer  hierher  gehöriger  Yerba  rückbildend  gewirid  haben. 
Weiter  golovüka  ,Peuerbrand';  pef^n»  ,Ofen'  (»-Stamm)  und  Inf. 
pedb  ,backen',  lei^b  ,der  Brachsen'  (Fisch);  oticb  ,yatei^,  molodich 
,der  wackere  Bursche'  u.  s.  w. 

Nichtsdestoweniger  finden  wir  hier  doch  auch  o:  pkUezh- 
flatezd  ,ZahIung';  ezb^zd  ,IgelS  Hütsja  ,sich  zusammen  rollen'; 
odeza  neben  odeza  ,Eleidung';  lepeska  (neben  lepeäka)  ,Kuchen'; 
idish  (neben  ideäb)  ,du  gehst';  teica  (neben  teäöä)  ,Schwieger- 
mutter'. 

Es  gibt  Ausnahmen:  Wörter  aus  dem  Aksl.,  Wörter  mit 
urspr.  e;  dann  z.  B.  zavSte,  ideU,  zovett,  idett  nach  zovitm,  iderm 
u.  8.  w. 

Man  kann  sagen,  daß  sich  im  XII. — XIII.  Jhd.  ganz  un- 
zweideutige Belege  finden.  Man  findet  zwar  schon  im  Sbomik 
SyjaL  aus  dem  J.  1073  ^ohvika,  was  aber  auch  als  Schreibfehler 
gedeutet  wird.  Aus  dem  XII.  Jhd.  hat  man  Belege  wie  blazam, 
vrüam,  sbvrbSom,  otpuiöom,  osuzom  u.  s.  w.  In  den  westr.  Ur- 
kunden des  XIY. — XV.  Jhd.  findet  man  naäogo,  öotyrisita,  cclorm, 
öogo,  ja  sogar  dajuöo,  uöivSo  u.  dgl.  Auch  in  den  mittelr.  Denk- 
mälern sind  die  Belege  zahlreich:  zom,  krtäöom,  jezo,  dolaveka, 
Sdopeöbskij,   ni  o  kom  zo,  aiöOf   §od^,  prüoä^,  prüoh,   napUotz 


42 

und  and.  (vgl.  bei  Soboleyskij).  Man  gewinnt  daraus  den  Ein- 
druck, daß  dieser  Wandel  zunächst  bei  ^,  z,  s,  M,  j  auftrat  Da 
wird  auch  einfach  o  geschrieben  wie  früher,  so  auch  meist  jetzt 
Nach  anderen  erweichten  Kons,  kommen  zwar  auch  Belege  mit 
0  vor,  aber  so  zahlreich  sind  sie  nicht  Im  Novgor.  Ey.  1270: 
dnbot^  »  dnetb  -»  dirnttb.  In  anderen  späteren  Denkmälern: 
jarotm  «  jar'irm  (1356)  (man  schreibt  nämlich  jetzt  nach  den 
anderen  Kons,  meist  e);  serobro  (XIY),  ozara,  za  marorm,  rubUwb^ 
u.  s.  w. 

Das  Eleinr.  sticht  in  dieser  Hinsicht  ab.  Nach  den  Palatallauten 
finden  wir  hier  zwar  auch  o.*  Sovtij,  nicoho,  (hm%j\  cobit,  voio,  coiovikr 
vcora,  iovkovyj,  moSho,  do  noho,  nach  c,  H^  s  kommt  häufig  o  vor,  nament- 
lich in  den  an  das  p.  Gebiet  angrenzenden  Teilen:  iona.  Darneben 
Maty,  HienUy  Boze,  vie^  cesaty^  cepkij\  scepaty  u.  s.  w.  Nach  anderen  Eons, 
ist  dagegen  das  e  frfihzeitig  zu  einem  mittleren  ohne  Erweichung  —  also 
wie  im  Südslav.  —  geworden:  medu^  Udu.  Allerdings  findet  man  in 
alten,  auf  kleinr.  Gebiete  geschriebenen  Denkmälern  ein  Je,  wodurch  eine 
Weichheit  ausgedrückt  werden  sollte.  Das  kann  aber  auf  zwei  Umstände 
zurückgeführt  werden.  Entweder  ist  es  der  Einfluß  der  großr.  Graphik^ 
oder  aber  gab  es  auch  im  Kleinr.  ein  Gebiet,  auf  dem  das  e  wie  im 
Großr.  behandelt  wurde  (Grenzgebiete),  während  auf  dem  anderen  es  nicht 
der  Fall  war.  Das  letztere  hätte  aber  im  Laufe  der  Zeit  an  Umfang 
zugenommen,  so  daß  jetzt  im  Kleinr.  das  «  im  allgemeinen  erhalten  bleibt. 
Nur  in  Verschlußsilben,  da  wurde  das  e  (wie  auch  analog  das  o)  zu  «  ge- 
dehnt,  dieses  war  geschlossen,  führte  zur  Palatalisierung  des  Kons,  und 
ging  dann  in  ö  über.  Dieses  o  machte  weiter  dieselben  Phasen  durch 
wie  das  aus  ursprünglichen  o  entstandene  gedehnte  ö:  es  wurde  labiali- 
siert  zu  j^,  wobei  aber  der  vorhergehende  Kons,  erweicht  blieb.  Das  «o, 
no  konnte  zu  'ii  oder  '»  führen:  aus  medh  wurde  mirf,  mied,  >nwd^  mjjwd^ 
mjud  oder  fnjid^  bez.  mid.  Nach  P.  Polanskijs  Angaben  kommt  die 
älteste  Stufe  'üo  im  Dialekt  von  Pol  es  je  noch  vor:  zavnoff  (aksl.  zaveii 
aus  zavedk  zu  aksl.  v«dq,  VBsti  ,führen'),  pryvuaz  (aksl.  privezib\  puorce 
(aus  peros  zu  pero  ,Feder*),  darneben  aber  auch  schon  mit  t:  prynuit 
{aksl.  prineih)^  oddaPuik,  Auf  derselben  Stufe  steht  hier  auch  das  urspr. 
Of  das  labialisiert  wurde:  «o,  üo  (Die  Labialisation  S.  43 — i4).  In 
anderen  Dialekten  mud  {med),  prytiiu  {prineslb\  leh*udka^  aber  mit  hartem 
Kons,  das  aus  ursprünglichem  o  entstandene  u:  kwi  {kcii)  ,Pferd\  anup 
,Garbe'  ianöp).  Es  wird  also  sowohl  «  als  auch  o  in  geschlossener  Silbe 
gedehnt  und  in  beiden  Fällen  kommt  es  zu  ö,  nur  bleibt  der  Kons,  vor 
dem  ö  einmal  hart,  das -andere  mal  weich  und  bleibt  es  dann  auch  bei 
der  weiteren  Entwickelung.  Der  Wandel  des  'e  in  'o  tritt  aber  nur  vor 
harten  Kons,  auf,  mögen  diese  die  Silbe  schließen  oder  nicht.  War  da- 
gegen der  nachfolgende  Kons,  weich,  so  ging  der  Prozeß  nur  bis  zur 
Bildung  des  je  vor  sich,  das  e  wurde  unter  dem  Einflüsse  des  weichen 
Kons,  offener  (was  wir  übrigens  auch  bei  jenem  des  mjed  aus  nied  voraus 


4a 

setzen  müssen)  und  wurde  dann  zu  ie  diphthongiert,  also  analog  wie  daa 
ältere  slay.  i.  Infolge  dessen  berührte  es  sich  mit  dem  i  und  so  finden 
wir  in  den  alten  klr.  Denkmälern  dieses  *«  häufig  durch  i  bezeichnet; 
kamhf  ,SteinS  karim,  «idmt  .siebenS  VM&üe  ,Hochzeit',  wie  Sobolevskij 
darauf  mit  Becht  hingewiesen  hat.  In  Dialekten,  die  für  ^  ein  ijfi  be* 
sitzen,  tritt  auch  dieses  an  die  Stelle  unseres  e:  viiifiTle,  Hiam  aus 
iijgfn  aksl.  Mifitft,  also  wie  in  Worten  mit  ursprünglichem  i:  PiiBS,  aksl. 
Ihb  ,Wald*,  sviiet  aksl.  sviU;  in  anderen  Dialekten:  veiiPPe,  iim,  kamiii, 
wie  auch  Tm,  ivü  (Polanskij,  S.  45).  In  Formen  wie  pirre  (Schriftspr. 
pirtf  pirja)  coli.  ,Fedem,  Gefieder^  ÜTVe  ,Wohnung,  Haus^  veÜtPa  ist 
der  Yerschlnfi  der  Silbe  durch  die  Verdoppelung  des  palatalisierten  Kons, 
herbeigeführt  worden.  Die  Doppelkonsonanz  konnte  dann  mit  der  Zeit 
wieder  vereinfacht  werden,  das  vokalische  Produkt  blieb  aber:  pira^ 
vesiPa,  kamifia. 

Im  Polnischen  war  jedes  e  geschlossen  und  erweichte  im 
Gegensatze  zum  Eleinr.  und  in  Übereinstimmung  mit  dem  Großr» 
und  Weißr.  nach  dem  fiiiheren  den  yorhergehenden  Kons.  Diese 
Erweichung  wird  schriftlich  durch  ie  di^;estellt:  niesiecie  ,ihr 
traget',  aksl.  nesete.  Nach  den  Palatallauten  und  nach  weichem 
l  wird  die  Erweichung  durch  ie  nicht  eigens  ausgedrückt,  es 
bleibt  vielmehr  das  e:  moze  ,er  kann',  aksl.  tnozetz;  leci  ,er  fliegt',, 
aksl.  l^titb.  Das  erweichte  e  geht  insbesondere  in  betonter  Silbe 
vor  harten  Eons,  in  o  über;  sonst  bleibt  es  bei  iß,  ß.  Es  wird 
io  geschrieben,  bez.  jo  im  Anlaut;  nach  l  imd  den  eigentlichen 
Palatalen  nur  o:  biar^  ^ch  nehme',  aksl.  berq;  niosia  ,sie  trug',, 
aksl.  neda;  uczynUma,  aksL  udinjena  ,fiacta';  zona  ,Frau',  aksl. 
zena;  uauma  ,docta',  aksL  uöena;  uchwalana  ,coIlaudataS  aksL 
uchvaljena;  plotla  ,sie  flochf ,  aksl.  ple(t)la;  jodta  yTanne',  dial.. 
auch  jedla,  aksl.  jda,  r.  dt  (—  jdt\  b.  jedle^  mitunter  auch  in 
unbetonter  Silbe:  aniol  ,Engel';  koäcial  ,Kirche';  namiot  ,Zelf  ;^ 
poziom  ,Niveau'. 

Vor  erweichten  Kons.,  bez.  vor  einem  weichen  Vokal  in  der 
folgenden  Silbe  bleibt  ie  (e):  bierze  ,er  nimmf,  urslav.  *  bereit; 
niedli  ,sie  trugen',  urslav.  nedi;  pleUi  ,sie  flochten'. 

In  zahlreichen  Fällen,  besonders  vor  Gutturalen  und  Labia- 
len S  bleibt  ie  auch  vor  harten  Kons.,  z.  B.  niebo  ,Himmel',  aksl. 
nebo;  dephf  ,warm',  aksl.  teph;  piek^  ,ich  backe',  aksl.  pekq;  nie- 
siemy  ,wir  tragen',  aksl.   nesemt.     Natürlich   waren   immer   zur 

1.  Hier  wirkte  also  im  Gegensatze  zum  B.  vor  allem  der  harte 
Kons.,  da  ja  nach  den  Gutturalen  und  Labialen,  wie  Ne bring  richtig 
bemerkt,  im  Poln.  sonst  auch  erweichte  Vokale  stehen:  wMki^  teüikiego^ 
nagt:  ffumün^  trumien,  pewUn  u.  s.  w.  (Afsl.  Phil.  27,  S.  301). 


44 

Seite  parallele  Foitneu  mit  berechtigtem  ie  z.  B.  niesiede  und 
das  mußte  auch  gegenseitige  Beeinflussungen  und  Ausgleichungen 
zur  Folge  haben.  Die  Pngotation  von  ie,  io  geht  manchmal 
auch  nach  anderen  Kons,  als  den  Palatalen  verloren,  z.  B.  toesaty, 
r.  vjeajolyj  (geschr.  vesdyj  »  vesSlyj),  aksl.  veseh  ^fröhlich';  Nom. 
Plur.  m.  wesdi;  ezerwony  ,rof,  Nom. PI.  m.  czenooni.  Vgl.  noch: 
uHeä  ,Dorf  7  Demin.  moska;  kieazeA  ^TascheS  kieszoilika;  korzeA 
«Wurzel',  karzonek.  In  der  Nominalflexion  bleibt  io  manchmal, 
nie  aber  in  der  Wortbildung,  z.  B.  tp  piörze  Lok.  Sg.  v.  p%6ro 
,Feder*,  Nom.  PL  m.  zieloni  ,grttn'  zu  zidony,  aber  pierze  ,6e- 
fiedei^.  (Vgl.  H,  v.  Ulaszyn:  Über  die  Entpalatalisierung  der 
urslav.  «-Laute  im  Poln.;  A.  Malecki,  Oramatyka  j@z.  polsk. 
1863.  S.  34,  und  Gram,  bist  por.  S.  129ff.;  Soerensen,  Pohl. 
Gramm.  §  22 — 23.)  Was  die  Zeit  anbelangt,  wann  e  z\i  o  (und 
auch  e  zu  a)  geworden  ist,  meinte  Nehring,  daß  sich  dieser 
Prozeß,  den  man  auch  den  Entpalatalisieningsprozeß  nennt,  im 
XL — XIII.  Jhd.  vollzogen  hätte.  Analog  auch  andere  Forscher, 
von  Ulaszyn  ist  dagegen  der  Ansicht,  daß  zwischen  dem  Ende 
des  Entpalatalisierungsprozesses  der  «-Laute  und  dem  Ende  des 
XII.  Jhd.  noch  ein  Zeitraum  liegen  müsse  und  das  vollständige 
Aufhören  des  Entpalatalisierungsprozesses  wäre  ungefähr  mit  dem 
Schwund  der  Reflexe  der  urslav.  z  und  t  im  P.  zusammengefallen 
(S.  90-91). 

Nachdem  das  'e  zu  'o  geworden  war,  trat  in  Verschlußsilben 
die  Dehnmig  ein,  'o  wurde  zu  'ö,  zumal  wenn  es  betont  war,  und 
wurde  weiter  wie  sonstiges  langes  ö  behandelt,  also  labiaUsiert: 
mjod  (r/iod)  führte  zu  mjüod  (niuod),  mjud  {niud,  geschrieben  miöd) 
yHonig',  dagegen  im  Gen.  u.  s.  w.  mjodu  {niodu,  geschr.  miodu; 
I6d  ,Eis',  Gen.  lodu;  niösl  ,er  trug',  f.  niosla  ,sie  trug';  plitl  ,er 
flocht*  und  ploüa  ,8ie  flocht',  Freilich  gibt  es  zahlreiche  Aus- 
nahmen: dorn  ,Haus',  koA  ,Pferd',  Gen.  PI.  zon  ,der  Frauen',  da- 
gegen gira  ^Berg*,  piöro  ,Feder',  kröla  Gen.  Sg.  von  kröl  ,König'; 
tvröciö  ,zurückkehren',  ktiry  ,welcher*,  iU6ry  ,der  zweite*.  Seltener 
in  unbetonter  Silbe:  icieczör  (Malecki  Gram.  S.  37 f.,  Gram, 
hist-por.  S.  138fil,  Soerensen  §  26).  Vor  weichen  Kons,  war 
es  nicht  zu  o  gekommen.  Als  die  Dehnung  auftrat,  wurde  'e  zu 
'9  gedehnt  und  das  führte  wie  im  Kleinr.  zu  demselben  Resultate 
wie  ein  urslav.  e:  kanieA  (geschrieben  kamieA)  sowie  sAeg  (geschr. 
snieg).  In  Dialekten  in  denen  e  zu  i  geworden  ist,  w*ar  dies 
auch  bei  unserem  ^-Laute  der  Fall:  kamiA  wie  äAig. 


45 

Im  K aS üb i sehen  ist  die  Erweichang  —  wohl  unter  dem  Einflasse 
des  Dentschen  —  vielfach  geschwunden:  tmnja  p.  ziemia  »Erde*;  telony 
,gTftnS  p.  zielany,  dagegen  hjerq^  p.  bior^  ,ioh  nehmet  Der  Wandel  in  o 
entsprechend  dem  P.  liegt  auch  hier  Tor:  ifona,  ionka,  p.  zona  ,Weib'; 
Mgdk  ,Magen',  p.  itfdt^k;  Ibd  (d  im  KaS.  lang)  ,Eis',  p.  I6d;  mjdd,  mjode 
,HonigS  p.  mi6d:  vjec^  ,AbendS  p.  wieetör;  aber  aach  hier  schwindet  in 
manchen  Worten  im  Gegensatz  zum  P.  die  Weichheit:  sddmy  ,der  siebentes 
p.  »i6dmy;  sogtra  ,Sch wester',  p.  siostra;  eotka  ,Muhme,  Tante',  p.  eioika: 
cepio  ,warmS  p.  eieplo. 

Wie  man  sieht,  bleibt  die  Länge  des  ö  unverändert:  I6d,  mjöd^ 
godmtf,  ^eoär.  Vor  weichen  Kons,  kommt  hier  ein  'i  vor:  neben  Nom.  Sg. 
kam  ,St«in',  piom  ,Flamme'  haben  wir  in  der  Deklination  ein  \  nämlich 
kamiiki,  plomiiUt  (Bamult,  Slown.  XXXIII,  18). 

Das  Slovinzische  zeigt  dagegen  noch  die  Weichheit:  cUplS  ,warmS 
p.  eieply;  kUepae  ,klopfea'  p.  kUpa6\  z\en\ja  ,ErdeS  p.  tiemia.  Entsprechend 
dem  P.  u.  8.  w.  finden  wir  auch  hier  den  Wandel  des  palatalisierten  e 
in  o,  aber  es  wurde  im  Gegensatz  zum  P.  als  KArze  labialisiert:  cuo9ae 
,kämmen*,  p.  czesaö  (e  wegen  czmsssz  u.  s.  w.),  iuona  ,Frau',  p.  isona.  Das 
lang  gewordene  o  wurde  dagegen  nicht  labialisiert,  sondern  in  ou  auf- 
gelöst: mjoffd  gegen  mjuodu  .Honig*,  p.  miöd^  aksl.  tnedh,  to^  gegen  lüodu 
,Ei8',  ^.  I6d  (Lorentz,  Gramm.  S.  6B  u.  65).  Es  handelt  sich  hier  offen- 
bar um  zwei  Prozesse,  die  zeitlich  aus  einander  liegen :  mjoffd  datiert  wohl 
aus  einer  späteren  Zeit. 

Analog  wurde  das  gedehnte  e,  wenn  es  nicht  wegen  der  folgenden 
weichen  Silbe  bleiben  mußte,  zu  rt«  ^fts  ein  sehr  verengtes  ^  voraussetzt: 
Jeii  ,IgeP,  p.  jei,  aksl.  >X»,  eib  \ß,  46).  Dasselbe  auch  bei  gedehntem  i: 
gfSjüttiX  ,sflndig*,  p.  grtsnny;  rijeka  ,FlQßchen',  p.  rzeezka. 

Im  Sorbischen  war  auch  noch  das  verengte  e,  das  zur 
Erweichung  führte:  es  wird  je  geschrieben,  nur  nach  den  absolut 
weichen  Kons,  j^  ä,  {6),  z  {d£),  l  bleibt  einfaches  e:  ns.  Uä4ä,  os. 
li6S6  ^egen'  (i  =  geschlossenes  e),  aksl.  leteti;  njibjo  ,Himmel'; 
pjelucha  (jpjädia)  ,WindeP;  ihojiä,  os.  d£6wje6  ,neunS  ekA.dev^t; 
kamje/i  ,Stein^  Dieses  'e  geht  in  'o  über  in  den  unbetonten 
Bildungssilben  des  In-  und  Auslautes.  In  den  Bildungssilben  des 
Inlautes  kann  es  aber  auch  nur  vor  harten  Eons,  eintreten, 
während  vor  weichen  'e  erhalten  bleibt  (Mucke,  Gramm.  §  25). 
Gegen  das  Poln.  ist  hier  der  Übergang  schon  etwas  beschränkt: 
ns.  mdrjo,  os.  morjo  »Meer*,  aksl.  morje  (mor'e);  ns.  tvjacor,  os. 
tcjiöar  ,Abend';  ns.  colo,  os.  öoio  ,Stim*,  aksl.  Selo;  lod  ,Eis',  os. 
I6d;  ns.  {p)coia,  o^p^oia  ^Biene';  zona  ,FrauS  ^jod  (mjöd)  ,Honig^. 
Mitunter  gehen  die  beiden  Dialekte  auseinander:  ns.  grjoMo,  os. 
hrfäUo  ,Ofenkrücke*,  aksl.  greblo;  ns.  rnjod,  os.  m^d  und  mj6d 
,Honig'. 

Als  dieser  Prozefi  abgeschlossen  war,   begann  weiches  e,   da 


46 

68  jetzt  offen  geworden  war,  in  a  überzugehen,  aber  nur  im  Ns., 
das  Os.  kennt  nicht  diesen  Prozeß  (auch  im  B.  beschränkt  es  sich 
nur  auf  einige  Fälle).  Der  Übergang  findet  in  der  Regel  nur  in 
betonter  Stammsilbe  und  nur  vor  harten  Kons,  statt:  ns.  jazar, 
OS.  jezor  ,SeeS  aksl.  jezero;  ns.  pjas6,  os.  njesS  ,tragen*;  ns.  pjac, 
OS.  pec  3&ckofen^,  aksl.  pestb;  ns.  tqjacar,  os.  wjiöor  ,AbendS  aksl. 
veöen.    Das  e  ist  eben  in  das  Fahrwasser  des  e  geraten. 

Während  es  im  Ns.  bei  lod,  mjod  blieb,  ging  das  Os.  zur 
Labialisierung  über  und  nähert  sich  also  auch  hier  wieder  dem 
B.:  Ud,  d.  i.  luod;  mjöd  d.  i.  mjuod  (hier  jedoch  auch  mi^d), 
Gen.  mjeda. 

Die  Erweichung  der  Konsonanten  vor  einem  e  ist 
der  älteste  Prozeß  bei  diesem  Laute  im  Sorb.,  spricht 
also  dafür,  daß  auch  hier  das  e  geschlossen  war. 

Das  Altböhm,  gibt  uns  darüber  wichtige  Au&chlüsse,  daß 
das  urslav.  e  hier,  wenigstens  noch  im  XU.  (oder  in  der  2.  Hälfte 
des  XI.)  Jhd.  auch  geschlossen  oder  verengt  blieb:  ciis  ,Zeit^ 
hat  im  Yok.  Sg.  (^ese,  aksl.  öase.  Das  e  war  hier  eng,  näherte 
sich  dem  i  und  daher  der  Umlaut.  Ganz  dieselbe  Wirkung 
bhngt  das  i  hen'or,  das  also  dem  e  nahe  stand:  Nom.  PL  disi 
aus  casi.  Daraus  ersehen  wir  also  ganz  deutlich,  daß  das  e  ge- 
schlossen war.  Dagegen  Listr.  Sg.  ccLsem,  weil  hier  das  e  auf  h 
zurückgeht  {<kx8^1nt)  und  nicht  eng  war.  Eng  war  dagegen  auch 
das  e  aus  t,  vgl.  Nom.  starec  ,Greis^,  aksl.  startet,  es  wirkt  hier 
wieder  wie  i  z.  B.  Nom.  PL  bra^i  zu  bratr  ,Bruder'.  Dagegen 
Instr.  Sg.  bratrem  aus  bratmint. 

Ein  solches  geschlossenes  e  konnte  zur  Erweichung  des  vor- 
hergehenden Konsonanten  führen,  wenn  die  Zungenstellung  des 
;  als  Übergangsstellung  antizipiert  wurde  (vgl.  S.  21),  wie  wir  es 
bis  jetzt  in  einer  Beihe  von  slav.  Sprachen  bemerkt  haben.  Es 
war  dies  aber  nicht  eine  lautphysiologische  Notwendigkeit.  So 
ist  es  im  B.  zu  dieser  Antizipation  der  Zungenstellung  nicht  ge- 
kommen, d.  h.  die  vorhergehenden  Kons,  n,  d,  t,  l  u.  s.  w.  sind 
nicht  erweicht  worden,  daher  z.  B.  ne  ,nein,  nicht*,  nicht  als  ne 
(nje)  wie  im  B.  u.  s.  w.  auszusprechen;  devet  ,neun*,  teku  ,fließe' 
u.  s.  w.^  Anders  verhalten  sich  jedoch  in  dieser  Hinsicht  die  öst- 
lichen Dialekte  und  das  Slovak.,  die  sich  hier  ausnahmsweise  mehr 


1.  Nur  in  Lehnworten   wie  z.  B.  ä^ekan  (geschrieben  wird  es  dikan) 
fdecanus*.    Dagegen  wurde  re  zu  re. 


47 

an  das  P.  uud  B.  anschließen.    So  wird  z.  B.  im  Slovak.  konju-  1 

giert:  pletiem,  pUtieä,  pletie,  schriftb.  dagegen  pletu,  pletei,  pleie; 
tediem,  vedies,  vedie,  böhm.  vedu,  vedei,  vede  (im  Slov.  ist  in 
diesen  Fallen  auch  das  e  zu  i  gedehnt  worden).  Auch  budem, 
idem  (geschrieben  wird  es  budem,  idem  u.  s.  w.). 

Das  nördl.  Troppauer  Gebiet  unterlag  dem  p.  Einflüsse.  So 
findet  man  hier:  zana  st  zena  ^Weib',  zclezo  st.  zdezo  ,EHsen^; 
sa8^  st.  äest  ^sechs';  vedoä  st.  vedeS  ^du  führst';  ploioä  st  plete« 
,du  fliehst. 

Das  durch  Kontraktion  entstandene  lange  e  war  offen:  dabrS 
aus  dobroje.  Jedenfalls  auch  das  durch  Dehnung  entstandene; 
ab.  rici  darf  mit  seinem  f  nicht  auffallen.  Allmählich  wurde 
jedoch  das  9  verengt  und  zwar  soweit,  daß  es  sowohl  in  harten 
wie  auch  in  weichen  Silben  in  <  tiberging.  Speziell  im  B.  gibt 
es  jetzt  in  der  Volkssprache  kein  langes  e.  Die  Verengung  be- 
gann im  XIV.  Jhd.,  doch  ist  die  Zahl  der  Belege  (in  harten 
Silben)  gering;  das  gilt  auch  noch  vom  XV.  Jhd.  Erst  im 
XVI.  Jhd.  ist  die  Verengung  durchgeführt:  Hd  ^sagen'  aus  riet; 
drive  ,früher^  Axi&drive.  In  der  Volkssprache:  pysoky  ^och^  neutr. 
st  vysohi,  vohynko  ^ensterchen'  schriftb.  okMco,  dynko  ^kleiner 
BodenS  schriftb.  dinko  u.  s.  w.  (das  y  st.  i  hat  hier  nur  einen 
orthographischen  Sinn).  Wie  man  sieht,  hat  die  Schriftsprache 
womöglich  das  alte  i  bewahrt.  Dynko,  prstynek  iL  s.  w.  zeigt  uns, 
daß  aus  einen  engen  e  ein  t  werden  konnte,  ohne  das  es  zu  einer 
Erweichung  des  Kons,  kommen  mußte. 

Da  im  Ab.  das  lange  ^  zu  i?,  0  und  ?  zu  werden  begann  und  zwar 
schon  gegen  das  Ende  des  XIII.  Jhd.,  so  hatte  es  zur  Folge,  daß  um- 
gekehrt langes  e  dialektisch  zu  p  (also  langem  ^)  werden  konnte.  So 
finden  wir  im  Ab.  neben  riei  auch  i^ci  (geschrieben  z.  B.  rzieezy),  neben 
dreve  auch  dr^e  (geschr.  z.  B.  drzymjoe),  Präsens:  revti,  revei,  rSve 
«bitillen*,  daneben  rzyewe;  ebenso  ifenu,  ienei^  üne  u.  s.  w.  Ebenso  Ul 
ging  und  ijW  neben  iel  (weitere  Beispiele  bei  Gebauer,  Hist.  ml.  I, 
S.  143 — 145).  Da  dieses  sekundäre  lange  l  nur  in  den  Silben  für  ftf,  ii, 
zi,  U  und  in  der  fremden  Endung  er  {Ur  z.  B.  ritier  ,Bitter*)  auftritt,  so 
ersehen  wir  daraus,  daß  sein  Aufkommen  dem  Einflüsse  des  alten  langen 
^  zuzuschreiben  ist,  denn  dieses  kommt  gerade  in  solchen  Silben  vor. 
Das  so  entstandene  neue  2  (i«)  hat  sich  in  einigen  mährischen  Dialekten 
sogar  jetzt  noch  erhalten  (z.  B.  im  Wallachischen  liezi  neben  Uzi  ,er  liegt*). 

Im  Mittelslovak.  kommt  jedoch  auch  in  harten  Silben  statt  eines  i 
regelrecht  ein  te  vor:  dohrieho,  b.  dobr^ho-,  dann  auch  nie9i,  vüit,  b.  nSsti, 
viUi  (dial.  niti  eig.  nyst^  vist).  Das  Alter  dieser  Formen  können  wir 
nicht  beurteilen  und   ihre  Erklärung  ist  demnach  schwer.    Wahrsehein- 


48 

lioh  ist  es,  daß  dieser  Prozeß  mit  dem  früher  erwähnten  altb.  nicht 
identisch  ist.  Wir  haben  es  hier  mit  einem  langen  «  zu  ton  und  als 
solches  war  es  ursprünglich  offen.  Aus  einem  solchen  kann  sich  ohne 
weiters  ein  ie  entwickeln  (vgl.  S.  22).  So  könnte  auch  das  slovak.  ie 
auf  diese  Weise  erklärt  werden. 

Während  nuii  das  lange  S  (geschr.  i)  wie  im  R  der  Ver- 
engung entgegen  ging,  wurde  das  kurze  e  immer  o£fener  ausge- 
sprochen. Es  kam  soweit,  daß  nach  den  Palatallauten  in  einzelnen 
Fällen  e  zu  a  werden  konnte:  ab.  noch  zdud  ^Eichel^  zdudek 
,Magen^,  nb.  zalud,  zaludek;  ab.  zddr  ^Kerker',  frz.  gedle,  nb. 
zaldf;  schon  im  Ab.  neben  Sä  auch  sal  ,ging^.  In  den  Dialel^jten 
ist  man  noch  weiter  gegangen:  calo  ,Stim'  st  ödo;  slovak.  rahky 
^eicht^,  b.  lehk^  u.  s.  w. 

Jetzt  ist  im  Nb.  jedes  e  ziemlich  o£fen  und  ein  des  Deutschen 
nicht  ganz  mächtiger  Böhme  verrät  sich  dadurch,  dafi  er  auch 
das  deutsche  e  offen  ausspricht 

Im  Südslav.  führte  das  e  nicht  Erweichungen  herbei  und 
konnte  infolgedessen  auch  nicht  auf  die  angegebene  Weise  zu  o 
werden. 

e  im  Anlaute.  Hier  entwickelte  sich  bei  e  die  Jotation: 
aus  *e8mi  wird  iesrnt,  jestnh  ,ich  bin^  Diese  Präjotierung  kommt 
auch  bei  anderen  Vokalen  vor  und  wird  beim  vokal.  Anlaut 
überhaupt  behandelt  werden.  Hier  sei  nur  erwähnt,  daß  sie  bei 
e  im  Urslav.  wohl  nicht  so  aUgemein  durchgeführt  war,  wie  man 
vielfach  annimmt. 

Anlautendes  je  wird  o  im  Bussischen.  Wir  haben 
Worte,  in  denen  dem  je  (e)  anderer  slav.  Sprachen  im  E.  ein  o 
im  Anlaute  gegenüber  steht,  z.  B.  aksl.  jedtm,  jedim,  bg.  edin, 
b.  jeden  u.  s.  w.,  r.  dagegen  odim.  Und  so  noch  in  anderen 
Fällen.  Trotzdem  ist  Sobolevskij  nicht  geneigt,  diese  Erschein- 
ung als  etwas  spezifisch  russ.  aiifisufassen.  Er  meint,  die  be- 
tre£fenden  Worte  finde  man  fast  alle  auch  mit  o  in  den  einzelnen 
slav.  Sprachen,  nicht  bloß  mit  e  oder  je  (Lekcii,  S.  31).  Es  ist 
allerdings  richtig,  daß  es  schon  von  alters  her  einzehie  Doubletteu 
mit  e  und  o  im  Anlaut  (also  Ablautsstufen)  geben  konnte,  vgl. 
r.  özero  ,See'  und  preuß.  assartm,  dagegen  aksl.  jezero,  ezero,  Ut 
SzercLS,  lett  efars;  r.  osent  ,Herbst',  preuß.  assanie  ,HerbstS  got 
asans  ,Emtezeit^  gegen  aksL  jesent,  esent  ,Herb8t^;  r.  oltcha, 
volhcha,  dial.  elcha,  elocha  ,ErleS  aksl.  ehcha^  jehcha^  b.  dagegen 
auch  mit  o:  oläe  (volie  dial),  p.  olcha,  oUza,  ht  auch  elksnis  und 


49 

alkmis  (aus  alsnis),  preuß.  akkanke  für  nlskande  ^Erle^,  ahd. 
dira,  lat.  ahius;  aniss.  o»^  ^noch^  nordgroßniss.  oico,  darneben 
jesdd  (geschrieben  es^),  nbg.  oite,  aksl.  dagegen  jeiU,  eSte,  aihjeice, 
^Jeszeze,  vgl.  gr.  tü%B  (ans  eoxe,  *eMu)^  ai.  (iccAa  und  lat  usque 
ans  'os^ue  mit  der  o-Stufe  (KZ.  31,  S.  12,  16  und  hier  die  Anm.); 
r.  odbva  neben  jedvd,  bg.  odvaj^  aksl.  e(2»9a,  jedzva,  lit  adiH>9 
JcaumS  In  allen  jenen  Fällen,  in  denen  wir  Parallelformen  nur 
aus  dem  lit  haben,  müssen  wir  dieselben  mit  großer  Vorsicht 
benützen,  denn,  wie  Zubat;^  (AM.  Phil.  25,  S.  364,  Anm.  2) 
hervorhebt,  wechseln  hier  die  Vokale  a  und  e  im  Wortanlaute 
sehr  stark  ab,  was  unter  unverkennbarem  Einfluß  des  Vokalismus 
der  folgenden  Silben  geschehe:  vor  engen,  palatalen  Silben  er- 
scheine meist  e,  vor  breiten,  nicht  palatalen,  meist  a.  Die  ganze 
Erscheinung  wäre  nebstbei  durch  Dialektmischungen  und  andere 
störende  Einflüsse  verdunkelt  Man  vgl.  aszva  *^'vä,  a«^  *egam, 
aber  z.B.  eräis  (auch  arilis),  slav.  orUb  ,Adlei^  neben  äras  (vgL 
auch  Bezzen berger  in  BB.  23,  S.  296 ff.).  Den  zweifachen  An- 
laut illustrieren  uns  auch  Falle  wie:  aksL  lebedh  f.  ,SchwanS  slov. 
bg.  lAed,  r.  Ubedt,  ans  ^elih,  ahd.  Miz  ,SchwanS  dagegen  slov. 
labpd,  s.  labild,  p.  iab^i,  b.  labui  (urspr.  *labqdi)  aus  *olb-,  vgl. 
lat  aUmSf  gr.  a}jq>6g  ,weißer  Ausschlag';  ksl.  laniji  {lanija),  alhniß 
,cervaS  lanh  f.  ,rupicapra^,  r.  lant  ,HirschkuhS  p.  iani,  iania,  laii, 
b.  lane,  lan,  s.  lane,  -eta  n.  ^^hkall/  aus  'otn-,  vgl.  lit  üfiS,  -es 
wohl  aus  *dlnt  ,Hindin^,  lett  alnis  ,E!lentier',  dagegen  urslav. 
denh,  jdenb,  r.  oUnb^  s.  jHen,  p.  jdeA  u.  s.  w.  (das  Ut  änis,  alit 
eUenis,  dlinas,  dlinis  kann  hier  allerdings  nichts  entscheiden,  wie 
wir  gehört  haben). 

Es  bat  also  Doppelformen,  in  den  verBchicdenen  slav.  Sprachen  ver- 
teilt, gegeben,  allein  es  geht  doch  nicht  an,  anzunehmen,  daß  im  B.  an- 
fanglich Formen  wie  jeUnt  und  olsm  u.  s.  w.  neben  einander  bestanden, 
daß  dann  jene  mit  jb-  aufgegeben  worden  w&ren  und  daß  schließlich  das 
O'  anch  dort  eingedrungen  wäre,  wo  von  Haus  aus  nur  e  (jb)  war:  omuie^ 
crfa,  OUna  für  Jemuze,  jeie,  'EXerrj,  wie  die  Sache  in  Listy  fil.  19,  S.  131—132 
erklärt  wird.  Es  ist  ein  zu  mechanischer  Erklärungsversuch,  der  die 
ganze  historische  Entwickelung  des  a-Lautes  und  der  Palatalisierung  im 
R.  übersieht.  Das  o  im  Anlaut  darf  doch  nicht  anders  erklärt  werden 
als  das  o  statt  e  im  Inlaut,  wenigstens  dem  Prinzipe  nach.  Diesem 
Prinzip  ist  übrigens  auch  Sobolevskij  nicht  gerecht  geworden,  da  er 
überall  nur  Doppelformen  sah,  selbst  auch  z.  B.  bei  dem  Worte  russ.  orif'h, 
aksl.  oTbh  u.  s.  w.  ahd.  aro,  got.  ara,  preuß.  arglit  wegen  ns.  Jwel^  herei, 
aber  hier  handelt  es  sich  um  eine  sekundäre  Assimilation  an  die  zweite 
Silbe.    So  weit  kann  man  doch  nicht  gehen.    Ein  ac/i/i»  ,unuR',  also  eine 

ToBdrik,  Tfl.  «lav.  Gnmm,  I.  4 


50 

Form  mit  o,  finden  wir  in  diesem  Falle  nirgends  im  Slav.;  ebensowenig 
oUn»  jHirsch* ;  vgl.  noch  russ.  osgtrz  ,Stör*  gegen  s.  jeseira^  p.  jesiotr, 
preuß.  esMres  ,8törS  lit  erszkeirit  »WalfischS  ernkSiras  ,Stör*. 

Man  kommt  mit  den  angeblichen  Parallelformen  nicht  aus, 
muß  yielmehr  eine  ganze  Reihe  der  o-Formen  erst  auf  r.  Boden 
entstehen  lassen.  Dazu  kommt  noch  ein  anderer  umstand,  den 
Sobolevskij  hier  nicht  recht  gewürdigt  hat.  Schon  Miklosich 
führt  (in  seiner  Vgl.  Or.  I>  S.  76)  aus  Nestor  an:  omuze  für 
jemuze,  oze  für  jeze,  ose  ,ecce'  für  jeae,  ole  für  jde,  de.  Will 
man  da  auch  Parallelformen  in  den  anderen  slav.  Sprachen  dazu 
suchen?  Diese  Erscheintmg  müssen  wir  demnach  als  eine  russi- 
sche Eigentümlichkeit  auf&ssen.  Außerdem  ist  noch  die  Tat- 
sache zu  beachten,  daß  im  B.  dem  e  griechischer  oder  fremder 
Wörter  überhaupt  ein  o  gegenübersteht  und  zwar  schon  seit  dem 
XI.  Jhd.  S.  hat  zwar  mit  Becht  hervorgehoben,  daß  manchmal 
schon  im  Griech.  dialektisch  ein  o  in  solchen  Fällen  vorhanden 
gewesen  sein  muß;  wir  fänden  es  selbst  auch  im  AksL:  Oükiifnam 
Supr.  104,  Z.  3  neben  Eäktimam  ib.*  Z.  5,  u.  s.  w.  Aber  alle 
derartigen  Formen  wie  OlefM  (Jelenä)  gr.  ^Elivtj;  opUerntja  gr. 
eTtirifila;  oksamüb  gr.  k^afiiiog  u.  s.  w.  sind  dadurch  durchaus 
nicht  erklärt.  Man  vgl.  noch  russ.  Oli>gh,  anord.  Helgi;  Oltga^ 
anord.  Helga,  bei  den  Griechen,  denen  der  Name  von  den  Varin- 
gem  selbst  bekannt  war,  ^EXya.  Unter  solchen  Umständen  wird 
man  selbst  auch  in  jenen  Fällen  des  r.  o-  im  Anlaute,  wo  außer- 
slav.  ein  a  oder  o  vorliegt,  in  den  anderen  slav.  Sprachen  dagegen 
ein  e,  je,  auch  im  B.  mit  einer  gewissen  Wahrscheinlichkeit  ein 
je  voraussetzen  können. 

Nach  Jagic  wäre  es  möglich,  daß  auch  in  diesem  Falle,  wie  so 
häufig,  der  Übergang  bei  solchen  Worten  den  Anfang  machte,  wo  Doppel- 
formen vorhanden  waren.  Die  r.  Sprache  wäre  in  der  Bevorzugung  des 
o- Anlautes  nur  etwas  weiter  gegangen  als  die  übrigen  slav.  Sprachen, 
wo  man  schon  sporadischen  Ansätzen  des  o  neben  •  begegne  (Afsl.  Phil. 
15,  S.  426). 

Wie  wir  schon  oben  S.  49  angedeutet  haben,  ist  das  o-  im 
Anlaut  so  zu  beurteilen  wie  im  Inlaut,  d.  h.  es  ist  hier  auch  eig. 
jo  aus  je  geworden.  Dieses  konnte  mannigfachen  ürspnuigs  sein. 
Die  Jotation  wurde  in  den  ar.  Denkmälern  nicht  graphisch  an- 
gedeutet, weil  die  Graphik  dafür  kein  Mittel  hatte;  sie  ging  auch 
in  der  Sprache  verloren,  da  sich  das  j  mit  o  nicht  vertragen 
konnte.    Es  ist  übrigens  möglich,  daß  schon  beim  Übergang  des 


51 

je  zajo  daaj  geschwächt  wurde,  so  dafi  es  zunächst  zu  ib  fährte, 
woraus  dann  o-  entstand. 

Diesen  Prozefi  konnten  aber  Terschiedene  Umstände  alterieren.  So 
l^ab  ee  neben  einem  &\i%  j0go,  jemu  entstandenen  ogo,  omu  auch  noch  ein 
njego,  njemu.  Nach  n  ging  aber  im  allgemeinen  das  «  nicht  in  o  über 
{▼gl.  z.  B.  die  Negation  im).  Oben  haben  wir  nur  dn»ot^  angeführt. 
Diese  und  andere  analogen  Formen  wirkten  auf  das  ogo,  omu  ein  und 
ließen  es  nicht  allgemein  aufkommen.  Auf  diese  Erscheinung  wird  es 
wohl  zurückzuführen  sein,  wenn  Fortunatov»  fürs  Buss.  folgendes  «Ge- 
Mtz'  formuliert:  das  anlautende  urslar./«  gehe  im  Bnss.  in  anlautendes 
0  über  in  der  Stellung  vor  einer  Silbe,  welche  ein  e  und  t  nach  einem 
nicht  weichen  Konsonanten  enthalte  (Afsl.  Phil.  12,  8.  103,  Anm.  1).  Un- 
richtig ist  es  hier  mit  einem  j(  und y  zu  operieren  (Sachmator,  IzTöstija 
I,  S.  713),  wie  es  auch  Meillet  tun  will:  ü  habe  die  Tendenz  gehabt 
zu  Jo  zu  werden:  p.  miod^  miodu  und  zwar  nicht  allein  vor  harten  Kon- 
sonanten, sondern  in  allen  Lagen,  daher  r.  Ueo.  Dem  aksl.  jf«s^o,  Jedbnb 
entspreche  nun  weiter  russ.  Szero^  odin»,  also  vor  einem  weichen  Kon- 
sonanten wäre  JO  zu  o  dissimiliert  worden  unter  dem  Einflüsse  der  nach- 
folgenden weichen  Silbe,  womit  lit.  sakUsnU  aus  ^aMfesnü  verglichen 
werden  könne.  Vor  harten  Konsonanten  bleibe  Je:  Jemü  und  so  wäre 
der  Unterschied  zwischen  urspr.  e  (edint,)  einer-  und  Je  (jemu)  anderer- 
seits gewahrt  geblieben  (MSL.  t2,  S.  29).  Nun  aber  haben  wir  im  Aruss. 
auch  ein  omu  u.  s.  w.  gefunden,  was  nicht  sonderlich  für  diese  Theorie 
spricht. 

Mit  derselben  Schwierigkeit  hat  man  zu  k&mpfen,  wenn  man  mit 
Pedersen  annehmen  wollte,  daß  das  J  schon  in  Je,,,  vor  einem  er- 
weichten Konsonanten  geschwunden  und  das  e  dann  im  Anlaut  ebenso 
behandelt  worden  sei  wie  jenes  der  Fremdworte  {Olbga— Helga),  d.  h.  es 
wäre  zu  o  geworden  (Les  pronoms  demonstr.  de  Tancien  armcnien,  S.  10, 
bez.  312).  Dazu  kommt  noch  eben  dieser  Obergang  des  e  in  o,  der  auch 
nicht  leicht  erklärt  werden  könnte. 

Wo  sich  im  Anlaut  vor  dem  e  —  wegen  des  zu  starken 
Tones,  der  darauf  lag  —  keine  Jotation  entwickelt  hat,  da  kam 
es  natürlich  dann  auch  zu  keinem  o-.  Daher:  idakb,  äakb  ,auf 
diese  Art* ,  evo,  eva,  evatb  ^siehe^ 

e. 
Ursprung  und  lautl.  Entwicklung.  Das  e  ist  entweder 
monophth.  oder  diphth.  Ursprungs ,  da  es  auf  9  oder  oi,  ai  {^i}, 
äi  zurückgehen  kann  (vgl.  oben  S.  14).  Es  ist  henrorgehoben 
worden,  daß  das  i  in  einer  frühen  Periode  des  Urslav.  —  also 
schon  vor  seinem  Obei^ange  in  ^  —  offen  war,  da  es  nach 
Palatallauten  und  zwar  nach  jenen,  die  es  selbst  hervorrief  oder 
die  schon  hier  ursprünglich  waren,  in  a  übergeht:  kri^ati  ,schreien^ 

4» 


52 

aus  *krikHi,  vgl.  nideti  aus  *vidMi;  dajq,  ,ich  warte'  aus  *kejq, 
ai.  cdya-ti  ,er  nimmt  wahr,  beobachtet';  (hhuj-a-ti  fjio}Qaivea&ai 
aus  '*buj'S'4i.  Der  Laut  gehört  also  zu  jenen,  vor  welchen  die 
ältere  slav.  Palatalisierung  des  k,  g,  6h  (in  d,  i,  S)  auftrat  Auch 
im  Auslaute  wurde  das  ^  nach  Palatallauten  zu  a:  aksl.  zenUja 
,Erde,  Land'  aus  *zemiä,  ^zemfi,  vgl.  lit  iSme  aus  zemj^  (vgl. 
lat.  materiis,  fades).  Dieser  Wandel  ist  alt,  er  betraf  noch  das 
e  und  nicht  das  daraus  entstandene  i.  Dieses  wurde  nämlich  im 
Auslaute  ganz  anders  behandelt:  man  vgl.  z.  B.  mati  aus  *fnati^ 
wo  das  €  ebenfalls  eine  geschleifte  Intonation  hatte  wie  Utzime, 
russ.  köza  (nicht  kozd  mit  Akzenteuruckziehung),  krivlja,  äija, 
vereinzelt  nur  duäd,  zemljd  (vgl.  Pedersen  KZ.  38,  S.  326  und 
Meillet  MSL.  11,  S.  348).  Wenn  also  ein  geschleiftes  e  nach 
harten  Konsonanten  zu  i  geworden  ist,  um  so  mehr  hätte  dies 
nach  Palatallauten  der  Fall  sein  müssen.  Das  a  in  zendja,  koza 
und  ebenso  auch  in  kridati  geht  demnach  auf  ein  ^  zurück  und 
dieses  muß  offen  gewesen  sein.  Damach  ist  es  ganz  undenkbar, 
daß  das  ^  schon  von  vorne  herein  geschlossen  gewesen  wäre,  wie 
^achmatov«  behauptet  (Izv^stija  6f  Hft.  4,  S.  269).  Vielmehr 
näherte  sich  hier  das  Slavische,  und  zwar  noch  in  seiner  ältesten 
Phase,  dem  Altind.  Auch  das  Lit  wird  wohl  bei  seinem  e  ur- 
sprünglich eine  derartige  Aussprache  gehabt  haben,  doch  änderte 
sie  sich  mit  der  Zeit 

Dieses  ^,  aus  welchem  später  ^  hervorgegangen  ist,  war  lur- 
sprachlich.  Es  hat  aber  höchstwahrscheinlich  noch  ein  anderes 
monophth.  ^  gegeben,  das  ebenfalls  zu  e  führte,  aber  erst  auf 
slav.  Boden  entstanden  ist  Es  handelt  sich  um  ein  ö  mit  vor- 
hergehendem Palatallaut,  das  zu  ^  umlautete.  Da  aber  im  Ur- 
slav.  d  in  a  überging,  so  kann  es  sich  hier  um  ein  erst  später 
aufgekommenes  ö  handeln.  Wenn  -am  zu  9  wurde  (z.  B.  im 
Instr.  Sg.  ryhc^,  dusq^  lit  rankä,  lett.  rüJcu  u.  s.  w.),  so  war  offen- 
bar -ön  (-öm)  die  VermitÜungsstufe,  allerdings  zu  einer  Zeit,  als 
das  'ön  von  *  kamen  schon  verändert  war.  Es  ist  also  eine  Art 
Verdumpfung  des  S  zu  ö  veranlaßt  durch  das  auslautende  n  (m). 
Andererseits  wirkt  das  -n  (m)  im  Auslaute  in  dieser  Hinsicht  so 
wie  ein  -s,  vgl.  Nom.  Sg.  der  männl.  o-Stämme  rokh  aus  ^rokos 
,Termin'  durch  die  Yermittlungsstufe  *rokus,  weil  sonst  0  nicht 
zu  ^  wird.  Analog  nun  bei  -n  (m)  im  Akk.  Sg.  derselben  Stämme: 
rohb  aus  ^rokom  durch  die  Vermittlungsstufe  *rokun  {*rokum). 
Analog  können  wir  es  nun  im  Gen.  Sg.  der  a-Stämme  erwarten, 


53 

wo  die  Endung  -äs  vorhanden  war  und  zwar  mit  geschleifter 
Intonation,  also  äs  (aus  *ä-e$).  Unter  dem  Einflüsse  des  -8  er- 
warten wir  nun  ein  -os  und  bei  j'a-Stämmen  ein  -josK  -ös  gibt 
im  Auslaut  -y  (entsprechend  dem  -os,  das  zunächst  zu  -us  wurde) 
durch  die  Vermittlungsstufe  -üs  (vgl  PL  Nom.  my,  eig.  ny,  vif 
aus  ^nö8,  ^vös).  So  erhalten  wir  den  Gen.  aksL  rpby,  rqky;  -jös 
unteriag  dagegen,  nachdem  im  Akk.  Sg.  schon  ein  q,  jq  (wie 
auch  im  Instr.  Sg.)  entstanden  war,  dem  Umlaute,  der  längere 
Zeit  hindurch  wirkte  (selbst  noch  im  Aksl.  unterlagen  ihm  mit- 
unter einzelne  Fremdworte)  und  so  entstand  daraus  ein  ji(B\  also 
duiPj  woraus  duU  wurde.  So  würden  wir  die  westslav.  Genitive 
wie  duM  u.  s.  w.  begreifen.  Dieses  ^  konnte  nicht  mehr  in  a 
übergehen,  wohl  aber  möchten  wir  erwarten,  dafi  es  zu  t  geführt 
hätte,  da  es  schleifend  betont  war.  Nur  der  Umstand,  dafi  es 
sich  um  eine  viel  spätere  Bildung  handelt  als  z.  B.  ^nati  aus 
*mate  war,  mag  es  uns  erklären,  daß  es  auch  bei  *duse  zu  diesem 
Wandel  nicht  kam. 

Ganz  analog  verhält  es  sich  auch  im  Akk.  PI.  der  a-Stämme. 
Hier  war  die  EtTdung  -as  (auch  geschleift,  weil  es  aus  *äns 
schon  ursprachlich  entstanden  war,  ai.  äivas,  got  gibös).  Auch 
hier  erhalten  wir  demnach  ryby  und  diiie.  Beim  Femininum  ist 
der  Akk.  auch  an  die  Stelle  des  Nom.  getreten:  ryby  und  duie. 
Wollte  man  hier  dennoch  auch  von  einem  Nom.  ausgehen,  so 
bekäme  man  dasselbe  Besultat:  -äs  aus  ä-es,  lit  raftkos,  tds,  got 
gibös  u.  s.  w.  Im  Südslav.  wurde  nun  nach  dem  Verhältnisse 
roky  :  kraj^  auch  ryby :  dusi  zu  ryby  :  duä^  umgewandelt  und 
dieses  kam  schließlich  auch  im  Gen.  Sg.  zur  Geltung.  Nur  die 
westslav.  Sprachen  und  das  Ar.  haben  noch  i  erhalten  und  es 
drang  hier  auch  nach  dem  erwähnten  Verhältnisse  in  den  Akk. 
PL  der  o-Stämme  ein.  Auf  s.  Boden  war  noch  im  10.  Jhd.  das 
y  in  diesen  Kasus  lang  (schleifende  Länge),  vgl.  in  den  Kiever 
Blättern  süy  III  2  Akk.  PL;  fdicUy  Gen.  Sg.  II  16;  prisnadevy 
Gen.  Sg.  VII  4.  Im  selben  Denkmal  sind  auch  die  Genitive 
auf  Hj  noch  lang:  pic^,  Marije^  (vgl.  Verf.  O  pövodu  Kijevskych 
listö.  S.  18,  22  und  113). 

Das  aus  <h  entstandene  ^  muß  geschlossen  gewesen  sein, 
da  ja  hier  zunächst  der  o-Laut  maßgebend  war,  so  daß  als  Ver- 

1.  Za  den  ya-Stämmen  gerieten  die  ursprünglichen  ^i-Stämme  wie 
aksl.  zemlja,  lit.  ieni^,  da  bei  ihnen  der  Nom.  Sg.  fttr  die  ganze  Deklina- 
tion maßgebend  geworden  ist. 


64 

inittlungsstufe  etwa  ein  oe^  ö  (vgl.  lat  oenos,  oenus)  anzusetzen  ist 
Dasselbe  gilt  auch  von  dem  aus  ai  entstandenen  s,  da  es  ja 
zunächst  auch  zu  oi  führte.  Aber  auch  ai  ist  zunächst  zu  ai 
verkürzt  worden  (vgl.  oben  S.  18),  so  daß  das  Resultat  hier  das- 
selbe war.  Dieser  Umstand  nun  erklärt  es  uns,  warum 
die  Gutturale  gleichmäßig  vor  dem  diphthongischen  ^^ 
mochte  es  auf  oi,  ai  oder  ai  zurückgehen,  behandelt 
wurden:  das  k,  g,  ch  wurde  in  diesen  Fällen  immer  zu  c,  z,  8y 
und  nie  zm  6,  z,  ä,  was  vor  dem  aus  äi  entstandenen  e  gewiß 
hätte  eintreten  müssen,  wenn  es  nicht  verkürzt  worden  wäre.^ 
Daß  die  Laute  c,  z,  b  hier  überhaupt  zum  Vorscheine  kommen,, 
erklärt  sich  aus  dem  späteren  Eintritte  dieser  Palatalisierung:  die 
Monophthongierung  unserer  Diphthonge  ist  nämlich  viel  später 
eingetreten  als  der  Wandel  des  k,  g,  ch  in  c,  z,  s  (erste  Palatali-^ 
sierung).  Für  eine  ältere  Phase  des  Gemeinslav.  haben  wir  dem* 
nach  zwei  Arten  des  e  vorauszusetzen.  Es  fand  aber  ein  allge- 
meiner Ausgleich  statt,  indem  die  offene  Aussprache  siegte. 
Auch  dieser  Prozeß  ist  noch  in  die  Urslav.  Zeit  zu  versetzen. 
Doch  auch  dabei  blieb  es  nicht  Wie  wir  nändich  aus  den  Be* 
flexen  dieses  Lautes  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen  ersehen 
werden,  ist  noch  im  Urslav.  aus  dem  offenen  9  ein  diphthongisches 
te  entstanden,  dessen  e-Element  auch  noch  zur  offenen  Aussprache 
hinneigte.    Diesen  Laut  erst  können  wir  mit  e  bezeichnen. 

Daß  der  Laut  %e  nur  aus  einem  offenen  B  entstehen  konnte,, 
zeigt  uns  in  einem  anderen  Falle  auch  das  Slav.  selbst  Bekannt- 
lich ist  der  Nasal  ^  in  den  meisten  slav.  Sprachen  aufgegeben 
worden.  Im  Ab.  war  der  Reflex  derselben  ein  %  im  R.  ein  ja, 
während  in  den  anderen  slav.  Sprachen,  soweit  sie  ^  nicht  haben,. 
e  dafür  eintritt  Das  kann  wiederum  nur  so  erklärt  werden,  daft 
auch  hier  ursprünglich  ein  offenes,  breites  ^  war,  bei  dem  ganz 
analog  in  den  erwähnten  Sprachen  das  Iota-Element  aufkam. 
Das  offene  i^  ergab  iq  (nasaliertes  a),  woraus  ia  entstand. 

Einen  ganz  analogen  Vorgang  können  wir  auch  in  den  rom.  Sprachen 
heobachten.  Das  offene  «  (^,  schriftlat.  =  i)  wird  hier  ebenfalls  in  der 
Regel  zu  ie  diphthongiert  Das  m  kann  dann  wieder  die  mannigfaltigsten 
Wandlungen  durchmachen:  t^  wird  zu  ^,  oder  i^^  ^,  et;  le  za  ta,  t^,  % 
{Meyer^Lübke,  Rom.  Lautlehre,  1890,  S.  141).  Diese  Reflexe  werden  wir 
Tielfach  auch  im  Slav.  finden.  Ein  f  (aus  schriftlat.  e  und  t)  ist  dagegen 
zu  f ,  t  und  «t  geworden  (S.  85). 

Daß  das  slav.  ie  (c)  auf  ein  offenes  €  zurückgeht,  haSen  wir 
wahrscheinlich  gemacht    Es  handelt  sich  aber  darum,   ob   wir 


55 

schon  im  Urslav.  auch  eiii  ie  voraussetzen  müssen.  Dafür  sprechen 
zunächst  die  Keflexe  des  e  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen,  die 
wir  noch  kennen  lernen  werden.  Dafür  spricht  vor  allem  aber 
auch  der  Umstand,  daß  das  geschleift  betonte  i  im  Auslaut  schon 
im  Urslav.,  wie  wir  sehen  werden,  zu  i  geworden  ist  (der  Nach- 
druck fiel  hier  auf  das  erste  Glied  eines  diphthongisch  aufgelösten 
Lautes). 

Auch  Fortanatov  nahm  an,  daß  die  ^emeinslav.  Sprache  zur  Zeit 
ihrer  Auflösung  hier  ein  £  hatte,  d.  h.  die  Verbindung  von  t  und  e  in 
einer  Silbe,  die  gleichartig  (wenn  auch  ihrem  Ursprünge  nach  nicht 
identisch)  war  mit  dem  iit.  2^';  gemeinslav.  e  wäre  ans  e*  (d.  h.  geschloBse* 
nem  e)  hervorgegangen,  in  welchem  altes  e  (lituslav.  e)  und  der  Diphthong 
oi  zusammengefallen  wären  (BB,  22,  S.  156,  S.  1).  F.  geht  hier  also  von 
einem  geschlossenen  i  aus  und  auch  das  ie  wäre  nach  ihm,  wenn  er  es 
mit  Iit.  ^  vergleicht,  geschlossen  gewesen,  beides  nattirlich  sehr  unwahr- 
scheinlich. Im  F.8chen  Sinne  erklärt  auch  Sachmatov  das  h  Das  idg. 
offene  e  wäre  im  Litnslav.  geschlossen  geworden,  wofür  seine  spätere 
Diphthongierung  spreche.  Wie  wir  aber  gesehen  haben,  spricht  diese 
gerade  ffir  das  Gegenteil  in  dieser  Hinsicht.  Für  8.  gilt  auch  der  Über- 
gang des  l  nach  Palatalen  in  a  als  ein  Zeichen  des  geschlossenen  e. 
Nun  müBte  ein  aus  öt  durch  die  Vermittlungsstufe  äe  entstandenes  i, 
wie  auch  S.  selbst  zugibt,  offen  sein,  was  mit  seiner  Theorie  schwer  in 
Einklang  gebracht  werden  konnte.  Daher  erklärt  er  den  Dat.  Sg.  der 
»-Stämme  anders.  Da  die  weichen  Stämme  %  haben  {duSi)^  das  auf  ein 
aus  01  entstandenes  ei  hinweise,  so  habe  man  es  hier  eigentlich  mit  dem 
Lok.  Sg.  zu  tun;  dieser  wäre  an  die  Stelle  des  Dat.  getreten.  Wie  aber 
der  Lok.  Sg.  auf  oi  {rybi^  duit)  zu  Stande  kam,  wird  nicht  näher  erklärt 
(das  oi  aus  ai?).  Diese  Annahme  ist  wegen  der  Verschiedenheit  des 
Akzentes  im  Dat.  und  Lok.  (vgl.  oben  S.  18)  nicht  sehr  wahrscheinlich. 
Dagegen  meint  auch  8.,  daß  oi  durch  die  Mittelstufe  oe  zu  einem  langen 
u  geworden  sei,  analog  auch  Fortunatov  (Afsl.  Phil.  12,  S.  100),  der  aller- 
dings aus  0  erst  ein  e  entstehen  läßt,  während  sich  nach  S.  aus  beiden 
selbständig  ein  ie  entwickelt  bat. 

Als  ursprüngliche  Geltung  dos  i  setzt  auch  Berneker  ein  ie  an 
(KZ.  37,  S.  372). 

Im  Gegensätze  zu  F.-S.  nimmt  Pedersen  richtiger  an,  daß 
sich  das  e  von  e  (abgesehen  vom  Quantitätsunterschied)  durch 
eine  offene  Aussprache  unterschieden  habe.  Diese  Ansicht  werde 
auch  von  Mikkola  (Berührungen  S.  53—54)  und  Meillet 
(MSL.  9  8.  138,  12  S.  27)  ausgesprochen.  Er  weist  auf  den 
Übergang  des  je  in  ja  nach  Palatallauten  im  Urslav.  hin,  das 
prothet.  j  verwandle  e  (=  idg.  e,  oi,  ai  u.  s.  w.)  in  a  (IF.  5,  43). 
Im  Bg.  hätten  wir  teils  offenes  e,  teils  ja,  im  P.  werde  i  vor 
harten  Dentalen  zu   ia   (e  dagegen  io),   die  Diphthongierung  im 


56 

S-  W  ß  deute  nach  roman.  Analogien  auf  offene  Aussprache 
und  für  das  Ar.  hätte  Mikkola  mit  Hilfe  der  Lehnwörter  im 
Finnischen  offene  Aussprache  des  e  nachgewiesen.  Die  offene 
Aussprache  des  e  aus  idg.  oif  ai  wäre  natürUch,  da  hier  zunächst 
die  Mittelstufe  ai  voraxiszusetzen  sei^,  nachdem  idg.  o  und  a  ur- 
sprünglich in  einem  kurzen  a  zusammengefallen  wären.  Bei  e 
aus  ^  wäre  die  offene  Aussprache  vielleicht  aus  dem  Idg.  ererbt 
(vgl.  QriecL  Grenn.  Albau.,  das  Arische,  wo  es  auch  offen  war), 
während  die  geschlossene  Aussprache  das  lit,  wohl  als  eine 
Neuerung,  und  das  Lat  aufweise.  P.  nimmt  daher  fürs  ürslav. 
eine  monophthongische,  offene  Aussprache  an.  Daß  es  die  Geltung 
von  ie  gehabt  hätte,  bestreitet  er.  In  den  meisten  modernen  slav. 
Sprachen  wäre  e  nicht  mehr  präjotiert  9^&  e,  e^  i,  t.  Im  B.,  auf 
das  man  sich  am  ehesten  berufen  könnte,  wäre  die  Präjotierung 
des  urspr.  e  mit  der  Präjotierung  des  q  (wo  es  nicht  za  a,  d 
führte)  ganz  parallel  (KZ.  38,  S.  329).  Ganz  parallel  ist  sie  aber 
nicht,  man  berücksichtige  nur  den  Vertreter  des  ^  und  <?  z.  B.  im 
Skr.  und  man  wird  hier  gar  keinen  Parallelismus  finden,  da  wir 
hier  für  ^  ein  «  ohne  Präjotierung  haben.  Dagegen  ist  sie  aber 
bei  e  vorhanden.  So  sehen  wir  es  analog  auch  in  anderen  slav. 
Sprachen  und  müssen  zum  Schlüsse  kommen,  daß  die  Präjotierung 
bei  e  schon  urslav.  war.  Sonst  wäre  es  auch  unerklärlich,  wie 
ein  offenes  e  im  Auslaute  bei  geschleifter  Int.  schon  im  Urslav. 
in  i  übergehen  könnte  (vgl.  slav.  nuUi,  lit  moti). 

Da  das  e  eine  diphthongische  Geltung  (als  ie)  hatte,  so  ist 
es  in  die  einzelnen  slav.  Sprachen  in  quantitativer  Hinsicht  als 
eine  Länge  übergegangen  und  teilte  dann  hier  die  Schicksale 
der  urslav.  Längen  überhaupt 

Bevor  wir  zu  den  Veränderungen  des  e  auf  slav.  Boden  über« 
gehen,  wollen  wii*  hier  einige  Beispiele  der  verschiedenen  Arten 
des  e  hinsichthch  seines  Ursprunges  anführen. 

1)  monophth.  e  aus  e:  begfb  ,Flucht^,  bezati  ,laufen,  fliehen', 
lit  bigu,  begti  ^Aufen^  gr.  ^ßofiat  ,ich  fliehe^  q>6ßag  ,Flucht 
Furcht*;  ded^  ,Großvater',  lit  dede  ,OheimS  gr.  nj^hj  ,Großmutter^, 
gr.  Ttid'ig  ,Tante';  deti,  dejati  ,tun,  legen',  lit.  d^i,  fut  d^siu, 
gr.  ci-d^fii^  got  ga-de^B  «Tat,  LageS  urspr.  dhs,  vgl.  ai.  dhäman 
,Satzung',  jambf  jasti,  jedoch  noch  s^iv-esti  ,comedereS  ein  Per- 
fektstamm,  vgl.   gr.  eS-fjÖHog,    lit  est(i)  ,er  frißt*,   lat  Sst;   mS^a 

1.  Das  ißt  aber  nicht  richtig:  wegen  jej  (ji)  aus  >o/,  jaj\ 


57 

^filaßS  merUi  Jessen',  got  mi4  ^eit.  Stunde^,  ahd.  ma4  ^erk- 
ponkt;  Merkmal,  MalS  lat.  mS^iar,  gr.  fJlf^••Tlg  ^At,  Anschlag, 
Klugheit^,  ai.  mäträ  ,Maß';  mes^cb  jMonäU  Mond^  lit  menü,  gr. 
fti^,  fitp^g,  lat  mensis,  got  m^na  ,MoiidS  ai.  mas-  ,Mond^;  pechota 
^FußTolkS  peMt  ,zu  Fuß',  lit  p^zas,  pikzczas  aus  *pid'tio8,  *p?«- 
tias  ,zu  FnSS  p4dä  ,FußtapfeS  ai.  päd-;  sed-  in  sedeii  ,sitzenS 
urBpninglich  ein  reduplizierter  Perfektstainm  i^se-sed);  sem^  ,SanieS 
sejq  ,886^,  lit  s^ju,  gr.  ifjfii.  aus  oiatiiAi  ,werfe,  entsende',  lat  sBnwn; 
severh  ,boreasS  serb.  Bjever  ,Nord',  b.  s&ver  aus  (s)k'euer(h,  lit. 
sziaurys  (nach  Berneker  aus  8(1^)euriO'  IF.  10  S.  146),  vgl. 
got  fJcüra  t<f  ahd.  scür  m.  , Wetterschauer' ;  spefq  ,koniine  vor- 
wärts, habe  Erfolg',  lit  speju,  sp^i  ,Muße,  Zeit  wozu  haben, 
schnell  genug  sein',  lat  apBs,  sperare,  got  spSdia  Kompar.  ,später', 
ahd.  späti  ,spat';  strela  ,Pfeil',  vgl.  ahd.sträla  ,Pfeil';  vejati  ,wehen', 
vMrb  jWind',  vSja,  v^vb  ,Asf ,  lit  vifas  ,Wind',  v^ra  ,Stunnwind, 
Sturm',  ahd.  waen^  gr.  a-firfli;  vera  ,61aube',  lat  vSrus  ,wahr', 
got  tu2'W€rjan  ,zweifeln<;  zverb  ,Tier',  lit  zverk  ,Kaubtiei',  gr. 
%h^y  lat  fera. 

In  den  AVorten  mit  ca,  za,  ia  ist  ebenfalls  ein  urspr.  e  zu 
sehen  (wo  nicht  ein  cja,  zja  oder  *kja,  gja  vorliegt):  co^  ,Zeit^, 
vgl.  preuß.  JOsman  Akk.  Sg.  ,Zeit'  (I  —  urspr.  S)\  ebenso  dajixti 
,warten';  caph  ,Biene'  vergleicht  man  mit  gr.  yLriqnljv  ,Drohne'; 
darb,  cara  ,Zaubei^,  vgl.  lit  keriu,  kereti  ,verzaubem';  p.  zadaS 
81^,  zadzid  si^  ,abominari',  ns.  zadad  se  ,ekeln',  dann  auch  p.  zadny 
,häßlich',  lit  geda  ,Schande',  mhd.  quät,  köt  ,ünrat^. 

Das  e  der  Verba  der  in.  Klasse:  razumeti  ,verstehen',  celeti, 
cHejq  ,heil  werden',  sedeti  ,8itzen',  kricaii  ,schreien',  lit  geretis, 
ger'ej^s  ,sich  freuen,  sich  auf  etwas  zu  gute  tun',  aediti,  sMzu 
,sitzen'. 

Das  e  des  Imperf.:  vedechh,  vedeachb  ,ich  führte'. 

Das  e  des  Kompar.:  dobr^,  nnnozaj  u.  s.  w. 

Das  gedehnte  urspr.  S  im  Aor.,  z.  B.  aksl.  «'m  ,duxi',  vgl. 
lat  vexi,  ai.  dväkiam;  bei  den  Iterativis  wie  u-^netati  zu  gndq 
Juiete',  bei  der  ^ra^'Gruppe  aus  *tert  (ebenso  Üet  aus  *teU). 

Hierher  vielleicht  auch  Uffnb  ,Schatten'  aus  ^temnis  (vgl.  bei 
der  Gruppe  iwn). 

Das  ursprüngliche  9  könnte  auch  der  erste  Bestandteil  des 
Langdiphthonges  ^  sein;  hier  schwand  mitunter  das  i  vor  Kon- 
sonanten. 

2)  diphth.  e  und  zwar  aus 


58 

oi:  beda  ,Not^,  bedüi  ,zwingenS  S^t.  baidja  ^ch  zwinge';  eena 
yPreisS  lit.  kaina  ^Preis^,  gr.  Jtoivri  yEntgelt',  lat  poena,  av.  kaSna 
,Strafe'  aus  *qf*ainä;  otb4^^  ,ÜberbleibseP,  vgl.  lit  Wcü  ^ch  lasse', 
gr.  XeiTiiü  und  loiftog  yübrig';  lipiti  Rieben',  prirUpb  ySalbe',  vgl. 
die  reduzierte  Stufe  gr.  Unoq  ^Fett';  m^M,  , Wechsel',  Ut  malnas 
^Tausch',  got  ga-maina  ^gemein';  mesUi  ,mischen',  lit  maiszßi 
dass.;  megh  ,SchneeS  lit  snegas,  got  snaiws;  sv€t^  ,Lichf,  avitUi 
feuchten',  lit.  szfmlßi;  vetnt  (vidi)  viditi  ^wissen'  eig.  ein  Perfekt- 
stamm, ygl.  gr.  oidoy  got  waü. 

Weiter  der  Lok.  Sg.  der  o^Stämme:  rod,  bozi  u.  s.  w.  vgl. 
gr.  olxoi;  Lok.  PI.  derselben  Stämme:  rocichz^  bezieht  aus  •oisu, 
ai.  vfke^,  gr.  Iv-Koiai.  Die  Pronominalformen:  Instr.  Sg.  m.  n. 
tetnh;  Gen.  Lok.  PL  techz,  Dat  titm,  Instr.  timi,  Dat  Instr. 
Du.  tima.  Das  te-  geht  hier  tiberall  auf  *tai  zurück.  Auch  im 
Nom.  PI.  m.  war  hier  urspr.  *te,  vgl.  gr.  zoiy  doch  ging  es  schon 
im  Urslav.,  wie  wir  sehen  werden,  in  ti  über. 

Im  Imper.  veditm,  vedite  (ein  ursprüngl.  Optativ)  vgl.  gr. 
(pigoifievj  g>iQOite,  lit  3.  P.  Sg.  te-suke  ,er  mag  drehen'. 

Aus  ai:  levb  ,links',  lat.  laevus,  gr.  laiog  aus  laißog;  deverh 
,Schwager',  lit  deverls,  gr.  dätJQ  aus  *daißijQ,  lat  ISvir,  ai.  dSvär- 
(urspr.  ^daiuSr-');  seit  ,Strick',  Ht  pä-saüis  ,Riemen',  ai.  sMuf 
,bindend'. 

Nom.  Akk.  Vok.  Du.  der  a-Stämme:  rqci,  ti,  lit  gere-ji 
,bonae',  te-dvi,  ai.  dsve  ,Stuten',  lat  duae. 

Aus  äi:  Dat  Lok.  Sg.  der  a-Stämme:  rqci,  lit.  Dat  raiikai 
(vgl.  oben  S.  18). 

Veränderungen  des  i  auf  slav.  Boden.  Schon  im  Ur- 
slav.  ist  das  e  im  Auslaute  in  bestimmten  Fällen  zu  i  geworden: 
mati  aus  *mate.  Hierher  gehören  aber  nicht  jene  Fälle,  in  denen 
ein  i  statt  des  e  nach  Palatallauten  erscheint  Es  sind  folgende: 
der  Dat  und  Lok.  Sg.  der  a-Stämme:  duH  gegen  rqci,  rybi; 
der  Nom.  Akk.  Du.  derselben  Stämme:  efu^' (urspr. -at;  ai^dsvi); 
der  Lok.  Sg.  der  o-Stämme:  aksl.  mqzi,  kraji,  morji  u.  s.  w. 
gegen  roci,  miste  u.  s.  w.;  der  Nom.  PI.  kraß,  mqzi,  der  anders 
zu  beurteilen  ist  als  rabi\  roci  u.  s.  w.;  der  Lok.  PL  derselben 
St&nmie:  aksl.  mqzüJiz,  krajichz,  morjichz  gegen  rocichz,  vltcidtz, 
mistichz  u.  s.  w.;  Nom.  Akk.  Du.  der  neutralen  o-Stämme: 
morji  gegen  mi«ti.  Weiter  im  Imper.  aksl.  kazite,  glagolßte, 
phjite  u.  s.  w.  gegen  vedite,  nesite  u.  s.  w.  Über  Instr.  Sg.  jimb 
gegen  timh,   Gen.  PI  jichz   gegen   tickz  u.  s.  w.  wird  bei  i  im 


59 

Anlaut  gehandelt  werden.  Das  i  in  allen  den  erwähnten  fallen 
kann  nicht  erst  aus  dem  urslav.  e  in  der  Geltung  des  ie  hervor- 
gegangen sein,  weil  es  sich  hier  sowohl  um  ein  geschleiftes  (z.  B. 
im  Dat  8g.  duäi)  als  auch  gestoßenes  i  (z.  B.  im  Lok.  Sg.  duO) 
handeln  würde  und  das  könnte  doch  nicht  zu  demselben  Besultate 
geführt  haben.  Noch  weniger  kann  es  aus  dem  älteren  S,  das 
dem  e  vorausging,  entstanden  sein,  da  es,  wie  wir  sahen,  offen 
war  und  daher  in  unseren  Fällen  zu  einem  a  geführt  hätte. 
Unser  i  ist  demnach  alter  als  ^;  ja  sogar  älter  als  e.  Der  Um- 
laut des  jo  zu  je  ist  offenbar  alter  als  die  Monophthongierung 
des  Ojf  und  so  mußte  aus  -joi  ein  jei  und  aus  diesem  ji,  dann  ß 
entstehen.  Neben  *rokoi  gab  es  also  ein  *krajei,  welche  Formen 
natürlich  zu  verschiedenen  Besultaten  führen  mußten.  So  erklärt 
sich  mqü,  kraß,  mqzich,  kraßchz  u.  8.  w.  (vgl.  oben  S.  27). 

Aber  neben  diesem  i  nach  Palatalen  haben  wir  noch  ein 
anderes  im  Auslaute,  das  unbedingt  ein  e  voraussetzt,  wie  z.  B. 
in  matt  ,Mutter^  aus  *fnati  u.  and.;  es  handelt  sich  hier  darum^ 
wann  ein  e  im  Auslaute  in  ein  i  übergehe. 

Schon  Streitberg  hat  vermutet,  daß  das  schleifende  idg.  s 
des  absoluten  Auslautes  zu  slav.  %  wird,  das  gestoßene  dagegen 
als  e  erhalten  bleibt  (£F.  1,  S.  295).  M ei  11  et  nahm  an,  das  S.8 
Gesetz  auch  für  idg.  ai  gelte  (MSL.  8,  S.  239),  was  auch  Feder- 
sen  akzeptiert,  der  den  Wandel  in  eine  Periode  versetzt,  in 
welcher  ursprachl.  -ai  und  ^ai  mit  dem  urspr.  S  im  slav.  i  zu- 
sammengefallen wären.  Das  aus  öi  und  äi  entstandene  e  wider- 
q[)richt  allerdings  der  fiegel  (vgl.  Dat  Sg.  zeni,  also  e  trotz  des 
geschleiften  äji,  aus  dem  das  i  entstanden  ist,  vgl.  gr.  rifÄy)  und 
so  hilft  sich  P.  mit  der  Annahme,  die  Langdiphthonge  wären 
damals  noch  nicht  zu  e  geworden,  als  das  Gesetz  wirkte,  was 
durchaus  unwahrscheinlich  ist  Dieser  Fall  muß  anders  erklärt 
weiden.  Sonst  ist  aber  im  allgemeinen  das  Prinzip  rich- 
tig und  zwar  deshalb,  weil  sich  eine  ganze  Reihe  von 
Fällen  damit  in  Einklang  bringen  läßt  und  weil  es  als 
eine  fast  notwendige  Folge  der  slavischen  geschleiften 
Int  und  der  lautlichen  Geltung  des  urslav.  e  als  ie  er- 
scheint 

Die  Fälle,  in  denen  ein  geschleiftes  e  im  Auslaute  zu  i 
geworden  ist,  sind  folgende: 

Der  Nom.  Sg.  mati,  dziti,  vgl  lit  m6ie,  tnote  yMutter'. 

Nom.  Plur.  der  männlichen  o-8tämme:   rabi,  roci;  im  Lit, 


60 

beim  Subst  auch  geschleift:  takal,  darbal,  das  Adjektivum  hat 
hier  aber  gestoßene  Intonation:  geri-ji,  was  mit  der  griech.  vgl. 
ol'/Ac,  a&QfoTtot.  und  aya&oi  übereinstimmt  Im  Slav.  ist  jedoch 
auch  beim  Adjekt  ein  -/:  dobri.  Man  wollte  nun  auch  im  Slav. 
den  Reflex  einer  gestoßenen  Intonation  hier  gefunden  haben, 
nämlich  im  russ.  Nom.  te,  das  dem  toi  entsprechen  würde 
(Pedersen,  KZ.  38,  S.  327).  Das  ist  aber  unrichtig.  Das  russ. 
t^  ist  ein  aus  den  anderen  Pluralformen  wie  techz^  ütm^  temi 
abstrahierter  Nom.,  der  erst  im  XIII.  Jhd.  auftaucht  und 
da  ist  er  noch  selten;  erst  im  XIV.  Jhd.  wird  er  häufiger 
(Sobolevskij,  S.  185). 

Daß  der  Nom.  hraji^  mc^i  u.  s.  w.  anders  zu  beurteilen  ist,  da  das 
i  nicht  auf  i,  sondern  amfjoi^je;  zurückgeht,  ist  schon  erwähnt  worden. 

Der  Gen.  Sg.  der  j-Stämme:  gosti,  kosti,  ursprachL 
Endung  -ols,  lit  naktes^  slav.  noHi,  got  anstaiSy  ai.  matia. 

Der  enklitische  Dat.  Sg.  mt,  ti^  si  ,mihi,  tibi,  sibiS  vgl.  gr. 
oly  koly  dagegen  hat  rroi,  ifioi  die  gestoßene  Intonation  aus  der 
Enklise  erhalten,  während  im  Slav.  die  geschleifte  blieb ,  obzwar 
die  Formen  enklitisch  sind. 

Die  2.  und  3.  P.  Sg.  Imper.  vedi,  nesi  u.  s.  w.  vgl.  lit  te-sukS, 
gr.  Ttaidsvoig,  naidevoi.  Später  ist  im  Slav.  als  dieser  lautliche 
Prozeß  schon  abgeschlossen  war,  hier  eine  Intonationsänderung 
eingetreten,  indem  die  gestoßene  Intonation  des  Imper.  der  Verba 
der  IV.  Kl.  auch  hier  zum  Durchbniche  kam,  vgl.  serb.  birif 
birimo,  russ.  bert. 

Einige  Schwierigkeiten  bereitet  die  Endung  -si  in  dasi,  jesi 
\L  s.  w.,  also  bei  den  themavokallosen  Verben.  Sie  muß  als  eine 
Medialendung  (-aai  vgl.  preuß.  cus-mai  ,ich  bin^)  aufgefaßt  werden. 
Diese  Endungen  hatten  aber  eine  gestoßene  Intonation  vgl.  gr. 
ip6Q0fiaif  q>iQexai^  so  daß  wir  ein  -86  erwarten  möchten,  wie  wir 
ja  auch  ganz  regelrecht  ein  vede  ,ich  weiß^  haben.  Könnte  man 
nachweisen,  daß  das  im  Aksl.  vorkommende  -H  in  vedeäi,  vidiH 
u.  s.  w.  gemeinslav.  war,  so  wäre  die  Schwierigkeit  behoben.  Dann 
wäre  nämlich  das  ältere,  dem  ursprachl.  si  entsprechende  sh  von 
der  eben  behandelten  Medialendung  sai  (im  Slav.  daraus  zunächst 
soi)  beeinflußt  worden,  so  daß  es  *ia%,  *soi  mid  *äei  ei^ben 
hätte,  woraus  H  entstehen  müßte.  Neben  einem  -^i  hatte  dann 
ein  'Se  natürlich  nicht  bestehen  können  und  wäre  auch  zu  -s» 
geworden.  Nun  weisen  aber  alle  anderen  slav.  Sprachen  mit 
Ausnahme  des  Aksl.  die  Reflexe  eines  -H  aul    Man  kann  also 


61 

annehraeii,  daß  ein  älteres  -Ü  unter  dem  Einüusse  der  3.  P.  Sg. 
-it  auch  zu  äh  in  der  Mehrzahl  der  slay.  Sprachen  geworden  ist. 
Daß  das  sai  eine  gestoßene  Intonation  hatte  zeigt  neben  den 
griech.  ipiqo^ai^  q>iqB%ai  und  das  SlaY.«  urslav.  jui^  aruss.  jesi^ 
daaiy  klruss.  jM,  daai,  serb.jiai  (vgl.  Verf.  O  pävodu  Kijevskych 
listd  S.  11  und  96).  Es  ist  hier  also  regeh-echt  die  Akzentver- 
schiebung eingetreten  und  das  betonte  i  blieb. 

£2m  gestoßenes  e  hat  sich  dagegen  erhalten  im  Nom.  Dual, 
der  a-Stämme:  ryb^,  rqce,  wo  ein  ursprachliches  al  vorliegt,  lit 
rankt,  ai.  dsvi;  vgl.  auch  dwe  ,dual',  lit.  dvi. 

Dieselbe  Endung  oder  ein  ursprachL  al  hegt  vor  im  selben 
Kasus  der  neutralen  o-8tämme:  mestej  Ute  u.  s.  w.;  ai.  yugi^  dvi. 

Weiter  ve  ,wir  beide^  vgl.  gr.  vcJ,  aqpcii  und  das  schon  er- 
wähnte vede  ^ch  weiß'  vgl.  ai.  tuludij  lat.  tutud-i,  also  mit  der 
ursprünglichen  Medialendung  -ai. 

Nach  diesen  Regeln  möchten  wir  nun  auch  im  Lok.  Sg.  der 
o-Stämme  ein  i  st.  des  e  erwarten:  rocty  meste,  da  hier  ein  -oi 
vorliegt,  vgl.  gr.  olxoi  (gegen  oZxoi  im  Nom.  PL);  weiter  im  Dat 
Sg.  der  a-Stämme:  rybe,  rqce  (vgl.  S.  18).  Wir  können  nun 
ohne  weiters  zugeben,  daß  sich  roce  nach  dem  Lok.  ri^be,  rqce 
gerichtet  hat,  zumal  es  ja  bei  den  o-Stämmeu  eine  Anzahl  von 
Woiten  gab,  die  Maskulina  waren.  Die  Neutra  meste  folgten 
dem  Maskulinum,  weil  ja  eine  ganze  Beihe  von  Kasus  ohnedies 
identisch  war.  Schwieriger  ist  die  Sache  beim  Dat  ryf>e,  rqce, 
Pedersen  nahm,  wie  wir  sahen,  an,  daß  die  Langdiphthonge 
später  monophthongiert  worden  sind.  Wir  dagegen  kamen  zum 
Schluß,  daß  sie  zunächst  verkürzt  wurden  und  dann  einfach  die 
Schicksale  der  Kurzdiphthonge  teilten.  Eine  Erklärung  ist  wohl 
in  dem  Umstände  zu  suchen,  daß  der  Dat  serb.  nid  und  Lok. 
ruciy  also  urslav.  rqce  und  rqce,  ein  starres  System  bildet  mit 
dem  Dat  u.  Lok.  der  i-Stamme:  serb.  dat  stvari,  aber  Lok. 
stvdri.  Wie  bei  den  i-Stämmen  die  Endung  dieselbe  ist,  jedoch 
eine  verschiedene  Int  aufweist,  so  blieb  es  auch  ganz  analog  bei 
den  a-Stämmen.  Im  Lok.  Sg.  der  i-Stämme  geht  das  i  auf  ein  ei 
zurück  und  hatte  daher  eine  gestoßene  Int  (vgl.  oben  S.  17). 
Der  Dat  Sg.  lautete  ursprünglich  *kosteiai  entsprechend  dem 
Dat  synovi  der  aus  *8üne\iai  entstanden  ist  Daraus  entstand 
*kodeißi  und  *ko8teiei.  Wie  nun  im  Dat  Lok.  Sg.  f.  des  be- 
stimmten Adjektivs  aus  ^dcbre-jej  (noch  älter  *dobrejeji,  *dobrejei) 
infolge  der  Haplologie  einfach  ein  dcbrej  entstanden  ist,  so  führte 


62 

auch  *ko8teiei  zu  *kostei,  woraus  regelrecht  kosti  entstand.  Die 
Dativendung  -t  oder  vielmehr  noch  das  ältere  -ei  bekam  unter 
dem  Einfluß  des  Dativs  ryb^,  rqce  eine  geschleifte  Intonation. 
Ebenso  auch  das  -ai  im  *8üneuai,  so  daß  das  daraus  entstandene 
-e  zu  i  werden  mußte:  synoviK  Dasselbe  gilt  auch  von  allen 
übrigen  Dativen  wie  crhkhvi,  katneni  materi,  alovesi  u.  s.  w.,  wenn 
man  nicht  annehmen  will,  daß  das  i  der  t-Stämme  wegen  der 
anderen  Berührungen  hier  auch  Eingang  gefunden  hat 

Die  Dativendung  -ai  hatte  nun  ursprünglich  eine  gestoßene 
Intonation  vgl.  gr.  x^'/mi,  dofievai.  Da  infolge  der  Haplologie 
die  Intonation  sich  nicht  ändert,  so  sollte  auch  der  Dat  kosti 
eine  gestoßene  Endung  haben,  wenn  sich  nicht  der  Einfluß  von 
rybe,  rqce  geltend  gemacht  hätte.  Es  gibt  jedoch  auch  Dativ- 
formen, die  isoliert  wurden  und  den  Zusammenhang  mit  dem 
Dativ  verloren:  es  sind  dies  die  ursprüngl.  Dative  von  Verbal- 
substantiven auf -^is^  die  zu  Infinitiven  wurden.  Die  gestoßene 
Intonation  des  i  brachte  es  mit  sich,  daß  der  Wortakzent  eine 
Verschiebung  erfuhr:  r.  nesti,  s.  nhsti,  ,tragen*;  r.  veM,  s.  visti, 
r.  vezti,  s.  visti,  r.  mesH,  s.  nüsti,  r.  rasH,  s.  rdsU,  r.  hljtisti, 
8.  bljusti  (auch  bljust%)\  war  die  Stammsilbe  gestoßen  betont,  so 
wurde  der  Akzent  nicht  verschoben :  s.  blti,  b.  byti^  lit  büti  ,sein, 
werden*;  s.  jesti,  b.  jisti,  lit.  'estif  s.  doli,  b.  d&li,  lit.  dü'ti,  r.  ko- 
löih,  b.  kldti,  lit  köUi  u.  s.  w. 

Wegen  der  erwähnten  Akzentverschiebung  hat  man  den  slav.  Inf. 
als  einen  ehemaligen  Lok.  aufgefaßt,  so  z.  B.  Hirt,  Der  idg.  Akz. 
S.  214—215,  aber  syntaktisch  ist  es  gar  nicht  möglich.  Ebenso  bleibt 
Üer  Gen.  Sg.  ausgeschlossen  und  zwar  hauptsächlich  auch  wegen  der  ge- 
schleiften Intonation  der  Genitivendung  (lit.  szirdes,  aves  aus  -otB).  Es 
bleibt  also  nur  der  Dativ  übrig  und  an  diesen  Kasus  muß  man  auch  aus 
syntaktischen  Gründen  vornehmlich  denken.  Mit  Recht  hebt  Brug- 
mann  hervor,  daß  der  finale  Dativ,  besonders  von  Verbalabstrakta,  seit 
aridg.  Zeit  die  Hauptgrundlage  der  Infinitivkategorie  abgab  (Kurze  vgl. 
Gramm.  §  554,  5).  Hierher  gehören  in  syntaktischer  Hinsicht  noch  die 
slav.  Infinitive  piti,  jasti  z.  B.  eda  ki4o  prinese  emu  jasti  ftijxig  tjysyüev 
a^Tfp  q>ayeTv  Job.  4.  33;  vgl.  auch  den  Inf.  bei  ueiti,  naucUi  u.  dgl.  z.  B. 
ne  hy  na8z>  tako  virovati  naucih  Supr.  383. 12  (,hätte  uns  nicht  so  glauben 
gelehrt*).  Nun  steht  bekanntlich  bei  diesen  Verben  auch  das  Substan- 
tivum  im  Dat.  So  sprechen  sowohl  lautliche  als  auch  syntaktische  Um- 
stände dafür,  daß  der  slav.  Inf.  auf  ^t  ursprünglich  ein  Dativ  Sg.  war. 
Vgl.  auch  ai.  pHäy-e  ,zu  trinken*,  gr.  töfieyat  ,zu  wissen*. 

1.  Wegen  des  Lokals  aynu  bestand  hier  nicht  der  System  zwang  wie 
bei  rybi. 


63 

Ich  will  hier  nur  noch  erwähnen,  daß  man  den  lit.  Inf.  netzti  u.  s.  w., 
der  aach  auf  eine  gestoßene  Intonation  deutet,  Ton  der  Dati rendang  «ia» 
ableiten  wollte.  So  noch  Joh.  Schmidt  (K.  Z.  26,  S.  361),  0.  Wiede- 
mann  (Handbach  der  lit.  Spr.  S.  57).  Die  Möglichkeit  einer  solchen 
Erklärnng  maß  die  lit.  Grammatik  entscheiden. 

Der  Dat.  u.  Lok.  Sg.  des  Pronom.  pers.  mhne,  tebe,  sehe 
ist  nach  dem  Dat  u.  Lok.  rybe  rqce  entstanden,  da  diese  Worte 
zum  Teile  ins  Fahrwasser  der  a-Stämme  gerieten,  vgl.  den  Instr. 
Sg.  fmnojq,  tobojq,  sobojq  mit  rqkojq,  nom.  dual,  ve  mit  rqce  u.  s.  w. 

In  den  Aoristformen  bi,  vidi  u.  s.  w.  konnte  natürlich  das  e 
nicht  in  t  übergehen,  mochte  das  e  auch  geschleift  gewesen  sein 
(vgl  lit  veHe,  gr.  aT^),  weil  dadurch  den  anderen  Formen  gegen- 
über wie  beckh,  bicharm  eine  zu  große  üngleichmäßigkeit  herbei- 
geführt worden  wäre. 

e  im  Anlaut  Hier  können  wir  auch  keinen  Unterschied 
zwischen  einem  monophth.  oder  diphth.  e  bemerken.  Eine  Störung 
in  der  normalen  Entwicklung  dieser  Laute  konnte  nämlich  nur 
durch  das  prothetische  j  herbeigeführt  werden.  Dieses  ist  hier 
aber  in  einer  verhältnismäßig  späten  Periode  des  Gremeinslav. 
aufgetaucht  (wie  auch  analog  bei  einigen  anderen  Vokalen)  und 
zwar  dann  erst,  als  schon  eine  einheitUche  Geltung  der  verschie- 
denen ^-Laute  durchgedrungen  war,  als  es  sich  nämUch  schon 
nur  um  ein  offenes  B  handelte.  Wurde  ein  prothetisches  j  vor- 
gesetzt, so  mußte  daraus  selbstverständlich  ein  ja  werden,  mochte  / 
das  S  welches  Ursprunges  immer  sein.  Aber  dieses  proth.  j  kam 
damals  nur  auf  einem  Teile  des  slav.  Sprachgebietes  auf.  Auf 
dem  anderen  ging  das  e  nun  seinen  weg  weiter  und  wurde  wie 
auch  im  Lilaute  zu  e  (d.  i.  te).  In  den  einzelnen  slav.  sprachen 
konnte  sich  jetzt  nachträglich  ein  prothetisches  j  entwickeln  (wie 
es  sich  auch  z.  B.  bei  i  im  Anlaut  entwickelt  hatte).  So  erhalten 
wir  ein  dreifaches  Resultat:  ja,  e  (dieses  behauptete  sich  insbe- 
sondere in  Zusammensetzungen)  und  j-e. 

Auf  diese  Art  wurde  aus  Sd-  ,essen'  :  aksl.  jamb,  jasti,  in 
Zusammensetzungen  z.  B.  sm-esti  ,comedere',  daraus  können  wir 
ersehen,  wie  spät  die  Ph>the8is  war,  denn  hätte  es  damals  ein  je- 
g^eben,  so  müßte  das  Kompositum  *8hnja8ti  heißen.  R.  istb, 
edatb,  eda  ,speise',  edtim  ,Esser'.  Das  e  bekam  dann  im  P.  B. 
und  vielleicht  auch  im  Skr.  u.  Slov.  ein  prothet  j  :  ab.  jiem, 
jidl,  jiedh,  nb.  jidlo.  Wie  Gebauer  (Hist.  mluvn.  I  S.  95)  be- 
merkt, haben  wir  im  Ab.  im  Part,  nie  jcuU,  sondern  immer  jidl 
(eig.  jedi)  und  im  Slovak.  j'edol,   sodaß  es  sich   hier  nicht  um 


64 

einen  Umlaut  aus  *;a-  handeln  kann.  P.  jed6,  jem,  jadio  neben 
jedio  yCibus',  Part,  jadl,  Plur.  jecUi  (^  ist  hier  in  gewissen  Fällen 
zu  a  geworden,  vgl.  weiter  unten);  s.  jem,  ijem  neben  jedem, 
jesti  jistij  jelo,  kr.  jisti,  jim,  slov.  jem,  jdo,  jestva,  obed. 

Von  derselben  Wurzel  aksl.  jadi  ^rippeS  s.  jctsle,  jasli,  ab. 
jedi,  p.  jiJisla  u.  s.  w. 

Aksl.  jazh  yCanaliSy  stomachus^,  r.  ezb  und  jetzt,  zajazokb 
neben  zajizokb,  klr.  jiz,  zajiz  neben  jaz,  ab.  jez,  nb.  jez  ^Damm, 
Wehr^,  s]ov.jez,jezüi,  s.jäz,jäza,Ah\eiik8.n9l*j  zajaziti  ,verwehren*, 
wohl  verwandt  mit  lit  eze  ^Feldrain,  Gartenbeet,  eine  flache  Stelle 
des  Haffes  am  Ufer',  lett  eza,  preuß.  asy  fimn'  (Afsl.  Phil.  12, 
S.  101 — 102).  Ein  diphthongisches  e  (aus  oi)  liegt  vor:  in 
aksl.  jadt  ,venenum*,  ar.  edt  (vgl.  Afsl.  Phil.  12.  S.  100),  klr.  td, 
8.  Ijed,  jed  ,Gift,  Zorn,  Galle"  (jad  ,Kummer),  ab.  jed  (nie  jad)y 
j\h.jed.  Mit  ed  ,essen'  darf  es  nicht  zusammengestellt  werden  (vgl. 
Fortunatov  Afsl.  Phil.  12  S.  100),  sondern  mit  ahd.  eiz  ,Ge- 
scbwür,  Eiterbeule^  gr.  oidäio  ^^h  schwelle',  arm.  aü  yWange", 
also  *oid-.  potio  ,Tranlr  —  insbesondere  der  vom  Arzt  verab- 
reichte —  kann  zu  poison  ,Gifl'  werden,  aber  die  Speise  an  und 
für  sich  kann  nicht  eine  solche  Bedeutung  annehmen.  Von  oid 
,schwellen'  läßt  sich  dagegen  insbesondere  die  Bedeutung  Zorn 
u.  s.  w.  ableiten,  vgl.  lat.  tumere  ,saepe  dicitur  de  iratis'  und 
tumor  heißt  auch  so  viel  als  jim^  (Porcellini),  Diese  Bed.  war 
gewiß  hier  auch  schon  urslav.,  im  Ab.  haben  wir  auch  jedati  se 
,sich  ärgern'.  Vgl.  auch  deutsch  ,sich  giften'  >=s  ^ch  ärgern', 
Oifthansl  —  ,der  sich  leicht  ärgerf  und  ,Gift  =  ,Wuth'  lu  s.  w. 

Zu  derselben  Wurzel  oid  ,8chwellen*  gehört  auch  aksl.  jadro 
,Schwellung,  Busen^;  aus  vtn-edra  ist  nedra  (aksl.  bulg.  nedrOj 
slov.  nedra,  s.  njedra,  klr.  nidro)  abstrahiert  worden,  dagegen  aus 
f^n-jadra  ein  njadra  (b.  nddra),  r.  njadra  in  Beryndas  Lex. 
Unter  dem  Einflüsse  von  nedra  (mit  hartem  n)  ging  auch  nadra 
in  nadra  über,  vgl.  aksl.  nadra  neben  nedra,  slov.  nadra  neben 
nedra,  kr.  bei  Miklosich  nadra  neben  nidra,  sorb.  nadra,  p.  nadro, 
klr.  nadro.  Die  ZusammeTTgehörigkeit  zu  oid  ,8chwellen'  scheint 
so  klar,  daß  man  die  Bedenken  Fortun atovs  (A&l.  Phil.  12 
S.  102—103)  und  Öachmatovs  (Izvestija  6,  Hft.  4  S.  293 
Anm.  2)  nicht  begreifen  kann.  Auf  oi  geht  auch  zurück  aksl. 
jazva  /oramen,  fovea,  vulnus',  slov.  jazba  ,Höhle',  r.  ezva  (Afel. 
Phil.  12  S.  101)  neben  jazva,  jazba,  b.  jizva  aus  jiezva,  jezva 
jWunde,  Narbe',  vgl.  lit  aiza  ,Spalte',  lett  aiza,  lit  aizßi  ,au8- 


65 

hülsen',  prenß.  eyswo  ^Wunde'.  Hierher  auch  der  in  Höhlen 
wohnende  jazvtct  (aksl.)  yDachs',  s.  jazavae,  slov.  jaaäbtc^  b.  jezvec, 
jtzevecj  slovak.  jazvec. 

Anders  entwickelte  sich  jojj  wenn  also  ein  j  von  Haus  aus 
im,  Anlaut  war.  Das  o  mußte  umlauten  und  aus  /e;  wurde  ein 
}%'.  So  lautete  der  Instr.  Sg.  m.  n.  vom  Pronom  i,  jego  uisprüng- 
lich  *j€jmb,  wie  uns  iemt  aus  *tojmb  zeigt  Daraus  wurde  *jefmb 
und  weiter  jimt.  Ebenso  im  Gen.  Lok.  PL  aus  *jojckb  (vgl. 
üAh)  ein  jiekb,  im  Dat.  PL  jirm,  im  Instr.  FL  ßmi. 

Das  sonst  hier  abweichende  Resultat  ist  der  beste  Beweis 
dafür,  daß  sich  das  i  im  Anlaut  (ebenso  wie  auch  im  Auslaut 
nach  Palatalen)  überiiaupt  nicht  aus  e  oder  gar  t  entwickelt  hat, 
daß  es  vielmehr  alter  ist  als  diese  beiden  Laute.  Sonst  müßten 
wir  ja  im  Anlaut  bei  *joj  dasselbe  Resultat  wie  bei  anlautendem 
(Herhalten,  also  ein  (j)^  und  ja.  Ein  *joj  hat  demnach  die- 
selbe Entwicklung  erfahren,  mochte  es  im  Anlaut  oder 
im  Inlaut  gewesen  sein:  daher  bei  den  anderen  Pronomina 
mit  Palatallauten  z.  B.  naib  ,unser^  im  Instr.  Sg.  m.  n.  naÜtMf 
Gen.  Lok.  PL  naäichzy  Dat  PL  naSitm,  Instr.  noHmii  ebenso 
mojimö  zu  moj  ,mein'  u.  s.  w. 

Daraus  folgt,  daß  das  aksl.  im  ,unus'  neben  jedtm,  jedim 
nicht  direkt  zu  oinos,  unus,  gr.  oiVij  gestellt  werden  kann.  Ein 
*jim,  im  hätte  nur  aus  ^joino-  entstehen  können,  das  lag  aber 
nicht  vor.  Auch  würde  es  dann,  wie  Fortun atov  richtig  be- 
merkt, *  jedem  nicht  jedim,  jedm^  heißen  (vgL  Lsvestija  6,  Hft.  4, 
8.  293).  Es  liegt  hier  vielmehr  die  schwächere  Stufe  *ino-  vor, 
die  im  Slav.  regelrecht  tno-  ergab;  das  liegt  auch  der  weiteren 
Bildung  jedvm  zu  Grunde.  Im  Anlaute  mußte  sich  dagegen 
schon  im  Urslav.  vor  »  ein  j  entwickeln  imd  ^jwm  ergab  dann 
ein  inb.  Dieses  beeinflußte  übrigens  auch  jedtm,  so  daß  die 
Nebenform  jedim  aufkam. 

Auch  das  slav.  iekati  ,suchen'  kann  man  unter  solchen  Um- 
ständen nicht  mit  ahd.  eiscön  ,fragen'  in  Zusammenhang  bringen. 
Mit  Becht  hat  sich  auch  Berneker  (Aisl.  Phil.  26  S.  491) 
gegen  eine  Entlehnung  aus  dem  Urgerm.  (auch  wegen  der  ab- 
weichenden Bedeutung)  ausgesprochen.  Es  wäre  hier  eine  Neben- 
form -8^0-  zu  alcOj  vgl.  pctsq^  lat.  p(iscö.  Nach  ptsati,  piiq  ur- 
sprünglich wohl  *t8katiy  ütq.  Pedersen  stellt  es  zu  ai.  icchämi 
(IR  5.  S.  43). 

Bezüglich   deR   ^  im   Anlaute  meinte    Pedersen,    es    wäre   ganz 

Yoadrfck,  VgL  sUt.  Gnunm.  I.  5 


66 

hoffaungslos,  hier  ein  Lautgesetz  suchen  zu  wollen;  vielmehr  habe  die 
Doppelheit  aksl.  jatU  :  9»n-Mi  ^essen*  zunächst  ein  jMi  und  dann  ein 
allgemeines  Schwanken  zwischen  ja  und  ji  im  Anlaut  heryorgerufen  (KZ. 
88,  S.  312).  Es  ist  richtig,  das  Schwanken  besteht  oft,  aber  es  kann 
durch  die  nicht  gleichzeitige  Praejotierung  der  ^-Formen  auf  verschie- 
denen Teilen  des  slav.  Sprachgebietes  hervorgerufen  worden  sein.  Dann 
konnte  es  sich  allerdings  auch  auf  Worte  mit  urspr.  Ja  im  Anlaut  er- 
strecken, vgl.  aksl.  jaehaii,  jaxdiii  ,fahrenS  r*  jichnU^  jhdiU,  p.  jeeha<^, 
fMu!,  s.jahaii,  B,hei  jizdäi,  bIoy.  jahaii,  ahei  jezdüi,  lit.  j6ti^  joßi  , reiten', 
80  daß  vielleicht  urspr.  hier  ein  ja  vorliegt  Vgl.  auch  ai.  yätni  ,gehe*; 
weiter  slov.  jareb  und  jereb  ,BebhuhnS  slov.  jasika  und  jesika  ,Zitter- 
papper. 

Veränderungen  des  e  in  den  einzelnen  slavischen 
Sprachen.  Aus  den  Reflexen  des  i  in  den  einzelnen  slav. 
Sprachen  ersehen  wir,  daß  man  Ton  einem  urslay.  e  in  der  laut- 
lichen Geltung  des  te  und  mit  einem  offenen  ^- Laute  ausgehen 
muß.  Daher  konnte  es  hier  wieder  zu  einem  o-Laut  kommen; 
nur  dort,  wo  das  e  imter  dem  Einflüsse  des  i-EUements  mehr  verengt 
wurde,  da  konnte  daraus  selbst  ein  i  entstehen,  wozu  sich  übrigens 
Analogien  auch  in  den  rom.  Sprachen,  wie  wir  sahen,  finden. 

Altkirchenslavisch  und  Bulgarisch.  In  den  glag. 
Denkmälern  und  häufig  dann  auch  in  den  cyrill.  wird  der  Buch- 
stabe e  gleichzeitig  auch  für  ja  gebraucht  In  der  glag.  Schrift 
hat  man  für  ja  überhaupt  kein  eigenes  Zeichen.  Daraus  folgt, 
daß  in  dem  bg.  Dialekte  der  beiden  Slavenapostel  das  e  dem  ja 
lautlich  sehr  nahe  stand.  Das  ^-Element  des  te  (6)-Lautes  blieb 
also  auch  noch  weiter  offen  imd  ging  in  a  über.  Noch  heutzu- 
tage wird  im  Dialekt  von  Suchö  (östlich  von  Saloniki,  der 
Heimat  der  beiden  Slavenapostel),  das  e  als  ein  sehr  breites,  dem 
a  schon  nahe  kommendes  ä  ausgesprochen  (Oblak,  Maced.  Stud. 
S.  25).  Aber  auch  das  urslav.  a  wird  hier  nach  c,  z,  ä,  V  so 
ausgesprochen,  also:  cä,  zä^  3ä,  Vä.  Man  kann  also  schließen, 
daß  sich  hier  etwas  sehr  altes,  dessen  Reflexe  wir  in  dem  glag. 
Alphabete  sehen,  erhalten  hat.  Dieser  umstand  ist  bei  der  Frage 
nach  der  fieimat  der  aksl.  Sprache  von  hoher  Bedeutung,  wie  es 
ja  auch  aUgemein  anerkannt  wird.  Sonst  lautet  i  in  den  maced. 
und  westbulg.  Dialekten  meist  me  e,  das  auch  in  i  übergehen 
kann.  In  den  ostbg.  Dialekten  hängt  die  Aussprache  des  e  von 
gewissen  Bedingungen  ab.  Betontes  S  wird  als  ja  ausgesprochen, 
wenn  in  der  nächsten  Silbe  kein  weicher  Vokal  (e,  t,  e)  oder  d-Laut 
folgt,  sonst  als  e;  unbetontes  e  wiixi  als  ^  gehört  In  den  aksl. 
Denkmälern  finden   wir  einigemal  a  st   e,    was  alles  für  die 


67 

offene  Aussprache  des  einstigen  e  spricht.  Besonders  nach  r  wird 
€  als  a  und  umgekehrt  geschrieben  (das  r  vor  i  war  also  schon 
yerhartet);  so  z.  B.  pograb(y%j  für  pogrebaj^j  Psalt  sin.  78.  3; 
pravratiti  ib.  77.  44  st  privr  .  . . ;  vramj^  st  vrimj^  ib.  80.  16 ; 
häufig  auch  triva  (Zogr.  Mar.  Assenu  u.  s.  w.),  jetzt  bg.  travdj 
«.  trdvoj  r.  travd^  b.  trdva  ^Gras';  prSdida  für  pradSda  Euch, 
sin.  17  b. 

Daß  das  e  hier  offen  war,  ersehen  wir  auch  ganz  deutlich 
aus  den  sekundären  Imperativformen:  glagoljate  statt  s^agolßte, 
JrijaUy  pokazaie,  plaöaU  8^,  sw^kUe  u.  s.  w.,  die  nach  dem  Yer- 
hUltnisse  vedi  :  redete  aus  jßagolji  :  glagoljUe  u.  s.  w.  entstanden 
smd.  Das  e  war  damals  also  offen  und  führte  daher  zu  a.  Diese 
Formen  sind  aber  nicht  uralav.;  ab.  pladim  u.  s.  w.  hat  sich 
selbständig  auf  b.  Boden  entwickelt  Eine  zu  gekünstelte  Er- 
klärung dieser  Formen  gab  Sachmatov«  (Izv^ja  6,  Hft  4, 
'S.  290—- 292).  Dazu  verleitete  ihn  seine  Theorie  des  urslav.  e 
überhaupt 

Im  Serbokroatischen  weist  das  östl.  Gebiet  einfach  einen 
€-Laut  auf:  big,  bizati,  das  westL  für  ein  fallend  betontes  e  ein 
ije  :  bljeg^  für  ein  steigend  betontes  ein  ß  :  mfisto ;  vor  Vokalen, 
vor  j  und  dj  ein  t  :  bio  neben  btj'd.  Im  Kroat  und  Öak.  vor- 
wiegend ein  %  (vgl.  auch  Jagic  Afsl.  PhiL  6,  S.  82  f.). 

Einzelne  Ijrscheinungen  sprechen  auch  hier  noch  für  die 
-einstige  offene  Aussprache  des  e.  Diese  hat  sich  insbesondere 
auch  nach  r  (vgl  oben  im  Aksl.)  behauptet,  so  arah  ,Nuß'  für 
AksL  orichz,  vgl.  preuß.  reisia  ,Nuß'  in  buocareisia  (Bruchecker), 
lit  rhzutas,  lett  r!A»fo;   weiter  prama  neben  prema  ^gegenüber^. 

Im  Slovenischen  ist  das  betonte  ^  (auch  wenn  sekundär 
betont)  ein  geschlossenes  §,  woraus  in  den  Dialekten  ^  und  ai 
werden  kann,  z.  B.  kolfno,  äavfka,  mit  verschobenem  Akzent: 
potr^  (Stok.  potreba)j  pov^  u.  s.  w.,  dann  auch  i  und  ie  (in 
Kärnten).  Man  kann  in  dem  geschlossenen  e  nicht  etwas  Urslav. 
sehen,  vielmehr  ist  es  aus  ie  entstanden,  indem  das  {-Element 
zwar  schwand,  aber  dem  e  seine  enge  Aussprache  verlieh,  was 
man  sonst  auch  beobachten  kann.  Daß  das  enge  e  nicht  uralt 
ist,  dafür  spricht  das  im  Elämtnerischen  vorkommende  ie,  das 
doch  nur  auf  ein  offenes  6  zurückgehen  kann.  Gerade  auf  diesem 
Gebiete  haben  sich  auch  noch  andere  ältere  Eigentümlichkeiten 
erhalten  (vgl  z.  B.  die  Gruppe  dt).  Das  e»  scheint  erst  aus  dem 
Terengten  e  hervorgegangen  zu  sein,  weil   wir  eine  analoge  Er- 

5* 


68 

scheinung  auch  in  den  rom.  Sprachen  (ygl.  oben  S.  54)  bemerken» 
können. 

Daß  das  e  ursprünglich  im  Slov.  auch  eine  offene  Aussprache 
hatte,  dafür  spricht  noch  das  Suffix  der  Stoffiuyektiva  -^n  z.  B. 
Ifs^n^  mesqn,  led{n,  avs^n,  polnqn,  vod{n,  zUtt^n  u.  s.  w.  Da 
es  dem  aksl.  "im  entspricht,  sollte  das  e  nach  der  allgemeinen 
Regel  im  Sloy.  geschlossen  sein.  Es  ist  nun  wahrscheinUcher^ 
daß  sich  hier  eine  alte,  ursprüngliche  Aussprache  des  e  unter  dem 
Einflüsse  der  Parallelbildungen  wie  aksL  kozam  u.  s.  w.  erhalten 
hat,  als  daß  ein  SufiBx  -en  mit  einem  geschlossenen  e  dieses  erst 
in  ein  offenes  yerwandelt  hätte.  Dieses  alte  Suffix  -^n  verdrängte 
dann  selbst  auch  das  -an  nach  Palatallauten;  agn{n,  koz^n^ 
sn^n,  rozqn^  kosd^n,  p^d^n  u.  s.  w. 

Das  e  im  Russischen.  Im  Großr.  ist  jetzt  das  e  dem  e 
gleich,  indem  beide  die  lautliche  Geltung  des  je  haben,  wobei 
das  j  auch  die  Erweichung  eines  vorhergehenden  Kons,  aus- 
drücken soll,  z.  B.  m^a  ,Maß'  ist  als  mjira,  delo  ,Geschäft,  Werk^ 
als  djäo  oder  besser  däo  auszuspredien.  Ebenso  im  Anlaut: 
emb  ,es8e^  als  jem.  Nun  findet  man  auch  schon  in  den  ar.  Denk- 
mälern, daß  diese  beiden  Laute  verwechselt  werden.  Allerdings 
sind  die  ältesten  in  dieser  Hinsicht  noch  ziemlich  genau  (im 
Ostrom.  Evang.  findet  man  etwa  nur  eine  Abweichung:  nestt  st 
n^ft).  Man  kann  darin  einen  strengeren  Anschluß  an  die  südslav. 
Vorlagen  sehen. 

Es  wäre  aber  doch  voreilig,  daraus  zu  schließen,  daß  diese 
beiden  Laute  auch  im  Ar.  identisch  waren.  Sie  waren  hier  viel- 
mehr geschieden.  Während  nämlich,  wie  wir  sahen,  das  e  unter 
bestimmten  Bedingungen  zu  o  werden  konnte  (vgl.  S.  40),  ist  dies 
bei  e  nicht  der  Fall.  Wenn  jetzt  im  PL  gnezda  als  fftUzda 
,Nester',  sedla  als  sjödla  ,SatteP,  zvizdy  als  zvjozdy  ,Steme^  und 
cvelb  als  cvjal  ,blüteS  obreb»  als  abrjol  ,£a,nd'  ausgesprochen  wird,, 
so  ist  das  eine  spätere,  durch  die  Analogie  hervorgerufene  Er- 
scheinung. 

Für  die  Verschiedenheit  der  beiden  Laute  im  B.  spricht  noch 
ein  anderer  Umstand.  Während  das  e  im  Klr.,  wie  wir  sahen 
(S.  42),  meist  gebUeben  ist,  ging  hier  das  e  in  ji  über,  wobei  J  wieder 
die  Erweichung  des  vorhergehenden  Kons,  ausdrücken  soll.  Diese 
Tendenz  des  e  zeigt  sich  aber  auch  im  Nordgroßr.  und  zwar 
speziell  im  Novgoroder  Dialekt  Es  muß  also  angenommen 
werden,   daß  das  e  überhaupt  im  Buss.  eine  mehr  geschlossene 


Aussprache  aufwies  als  das  e.  Wie  ist  sie  nun  zu  erklären?  Im 
Elr.  ist  neben  e  auch  das  gedehnte  e  za  i  geworden  (8.  42), 
während  das  e  unverändert  blieb.  Daraus  folgt,  dafi  insbesondere 
•das  lange  e  verengt,  das  kurze  aber  als  ein  mittleres  oder  mehr 
ofienes  ausgesprochen  wurde.  Es  muB  also  auch  das  e,  da  es  zu 
I  führte,  verengt  ausgesprochen,  folglich  auch  lang  gewesen  sein '. 

Die  Länge  dieses  Lautes  könnte  aber  dadurch  erklärt  werden,  daß 
der  nrtlay.  diphth.  Laut  ü  zu  i«,  Je  monophthongiert  wurde.  Das  j  er- 
weichte die  vorhergehenden  Kons.  Das  war  su  einer  Zeit,  als  die  urslav^. 
Verbindungen  dja,  ija  u.  s.  w.  schon  längst  die  spezifisch  r.  Färbung 
z.  B.  «rft»  jdas  Licht*  aus  *»vH;a  angenommen  hatten.  Jetzt  hatte  das 
J  nur  eine  erweichende  Wirkung.  Das  längere  e  wurde  derartig  verengt, 
dafi  es  auf  den  zwei  ron  einander  getrennten  Gebieten  zu  t  wurde;  die 
Ton  früher  her  bestehende  Erweichung  der  vorhergehenden  Kons,  blieb 
natfirlich  unverändert.  Die  ältesten  ganz  sicheren  Belege  f&r  das  t  aus 
i  haben  wir  aus  der  zweiten  Hälfte  des  XUI.  Jhd.  und  aus  dem  XIY.  Jhd. 
z.  B.  cTt/o,  sdvSdüei'by  das  besonders  auffällt.  Seit  dem  XIV.  Jhd.  auch 
als  Merkmal  des  Novgoroder  Dialektes.  Wir  haben  oben  S.  40  gesehen, 
daß  auch  das  e  eng  war  und  infolge  dessen  zur  Erweichung  der  vorher- 
gehenden Konsonanten  fQhrte,  aber  der  Grad  der  Verengung  wird  bei  s 
nicht  so  bedeutend  gewesen  sein  wie  bei  i.  Daher  erklärt  es  sich,  dafi 
zwar  V,  nicht  aber  i  zu  'o  werden  konnte.  Der  Hauptnnterschied  war 
aber  wohl  die  verschiedene  Quantität.  Dort,  wo  er  allmählich  verloren 
ging,  konnten  die  Laute  zusammenfallen,  was  wir  eben  auch  in  den  Denk- 
mälern bemerken.  Die  Quantität  konnte  wohl  am  leichtesten  im  Auslaut 
Terloren  gehen  und  daher  bemerken  wir  in  den  Hss.  ein  Schwanken  z.  B. 
zwischen  dem  Gen.  Uhe  und  den  Dat.  Lok.  iebi  hinsichtlieh  der  e-Laute 
<z.  B.  ^  tehe  st.  ib  iM  und  iz  tebi  st.  «b  tM);  Sbdi  st.  Sbde  Jiier'  u.  s.  w. 

Es  ist  auffallend,  daß  auch  in  den  Hss.,  die  auf  klr.  Grebiet  hin- 
weisen, Verwechslungen  des  e  mit  i  Torkommen,  während  doch  hier  diese 
beiden  Laute  nach  dem  jetzigen  Resultat  geschieden  sind.  Das  kann 
vielleicht  so  erklärt  werden,  dafi  das  Gebiet  des  praejotierten  «  einst  viel 
größer  war  und  sich  auch  teilweise  auf  das  kleinr.  Gebiet  erstreckte,  wo 
es  dann  wieder  Ton  dem  mittleren  «  verdrängt  wurde  (vgl.  S.  42). 

Wir  maßten  nun  annehmen,  daß  das  e  im  R.  ein  geschlossener 
^Laut  war.  Das  kann  aber  nicht  aus  dem  Urslav.  herrühren, 
denn  sonst  würden  wir  nicht  begreifen,  warum  erst  im  XUI.  Jhd. 
daraus  ein  i  werden  konnte ;  diese  Stufe  hätte  sonst  schon  früher 
erreicht  werden  müssen.  Dazu  kommt  noch  ein  anderer  Umstand. 
Das  Suffix  'SfTb  aus  -eno  der  Sto&djektiva  taucht  schon  in  den 
ältesten  r.  Denkmälern  in  der  Form  -jam  auf.     So  im  Ostrom. 

1.  Hierbei  handelt  es  sich  um  eine  monophthongische  Länge, 
4enn  als  »diphthongischer  Laut  war  das  ^  an  und  fQr  sich  ursprünglich 
lang. 


70 

Ev.  kamjam  ^teinernS  trbfyam  ,Domen-';  jadbnjam  ,GerBten-*;^ 
im  Sbomik  y.  J.  1073  kamjanami  u.  s.  w.  (vgl.  Jzv&tija  6,  Bd.  4. 
8.  283).  Jetzt  auch  nur  -jam  :  gUnjanyj  ,tonemS  ovsjdnyif 
»Hafer-S  steüjdnf/j  ^gläsern'  u.  &  w.  Das  ist  offenbar  nur  so  zu 
erklären,  daß  hier  die  urspr.  Endung  -^2»  von  ihrem  Reflexe  nach 
Palatalen  yerdribgt  wurde ,  wie  aksl.  usmjam  yCoriaceus',  r.  ka- 
icmyj  ^edern^  u.  s.  w.  Das  kann  aber  nur  dann  möglich  gewesen 
sein,  wenn  die  Endungen  einander  auch  noch  näher  standen^ 
d.  L  wenn  das  ^  in  em  offen  war  und  sich  dem  ^am  näherte. 
Das  war  also  wohl  die  älteste  Geltung  des  <^  im  B.  und 
daher  die  Verdrängung  des  im  schon  in  den  ältesten  Zeiten.. 
Später,  etwa  nach  der  zweiten  Hälfte  des  XI.  Jhd.  wäre  sie 
nicht  mehr  möglich  gewesen. 

Ein  anderes  Wort,  das  auch  die  älteste  lautliche  Geltung 
des  ^  im  fi.  beleuchtet,  ist  prjdfno  ,gerade^,  prjamöj  ,gerade,  wahr',, 
aksl.  prSmo,  prirm.  Auch  diese  Formen  finden  wir  schon  in  den 
ältesten  r.  Denkmälern,  so  im  Sbom.  v.  J.  1073  prjamb  u.  s.  w» 
Man  macht  hier  zwar  darauf  aufmerksam,  daß  von  prjamo^ 
welches  unter  dem  Einflüsse  von  kamo,  tamo  entstanden  sei,  aus- 
zugehn  ist,  wie  ja  auch  großr.  sjam  aus  s^  unter  dem  Einflüsse 
von  tatm  entstanden  ist  (klr.  sim,  ar.  simo,  slov.  semo),  Analog^ 
auch  das  in  mittelbg.  Denkmälern  häufig  auftretende  samo  st. 
semo  und  zwar  haben  wir  es  schon  im  Supr.  einmal:  samo  95.  27. 
Aber  auch  diese  Beeinflussung  war  nur  dann  möglich,  wenn  die 
beiden  Laute  —  das  ^  und  a  —  einander  näher  standen,  d.  h. 
wenn  das  ^  offen  war. 

Analog  sind  auch  die  ar.  Imperfektformen  wie  bjaachu,  zif^ 
jaaäSf  idjaaie  im  Ostrom.  Ev.  neben  aksl.  beadkb,  ziveackh,  idkbcivh 
u.  s.  w.  zu  eridären.  In  den  r.  Originaldenkmälem  haben  wir 
budjaie,  sjadjaie  u.  s.  w.  (vgl.  Izv&t  6,  Bd.  4,  S.  289). 

Im  Polnischen  wird  i  im  Auslaut  zu  ie  (e).  Im  Inlaut 
und  Anlaut  vor  harten  Konsonanten  zu  ia  (a),  vor  erweichten 
bleibt  ie:  Lok.  Sg.  d^lne  zu  dqb  ,Eiche',  aksl.  d<;^;  toe  mgle  ,im 
NebeP  zu  mgla,  aksl.  mhg^;  Dat  Sg.  wierze  zu  toiara  ,Qlaube',. 
aksL  vkri;  Um  ,WaldS  aJcsl.  lesh;  siano  ,Heu^  aksl.  seno,  umtat 
,er  Verstands  aksl.  umeh,  dagegen  umidi  ,sie  verstanden',  w  iwieUe^ 
4m  lichte'  zu  iwiatioj  aksl.  svSÜo;  to  lesie  ,im  Walde'  zu  Zoa/ 
j<id^  jedziesz  ^ch  fahre,  du  fährsf ,  aksl.  jadq,  jodest;  ebenso  da» 
Iterat  jada6;  dagegen  jem,  jemy  ,ich  esse,  wir  essen'  (offenbar 
nach  jesZf  jede). 


71 

Wenn  es  jetzt  heißt  styszdi  ^e  hörten',  lezdi  ^e  lagen'  zu 
slyszal  ,er  hörte',  leial  ,er  lag',  dagegen  aksl.  dyddb>,  dyMi,  ebenso 
Infi  sbfgzeS,  leieS,  aksl.  dagegen  dyMi,  lezati  etc.,  so  darf  man 
in  dem  p.  e  nicht  einen  älteren  Reflex  des  urslay.  9  suchen.  Es 
liegen  hier  vielmehr  mannig&che  Analogiebildungen  und  Aus- 
gleichungen vor.  Verba  wie  vidzq  ,ich  sehe',  widzisz,  uridzie6, 
widzial,  widzidi  beeinflußten  ein  älteres  *8hfsza6,  ^slyszali. 

Zu  den  Abweichungen  gehört  auch  der  Lok.  Sg.  w  sianie  st 
*8ieme  zu  siano  ,Heu'. 

Im  Inlaute  bleibt  das  e  manchmal,  besonders  vor  Guttu- 
ralen und  Labialen:  dieser  Prozeß  ist  nämlich  so  zu  beurteilen 
wie  der  Übergang  des  e  in  o  (vgl.  S.  43),  d.  h.  es  ist  auch  eine 
Art  Yerdumpfung  des  e-Lautes.  Daher:  änieg  ,Schnee',  chlA 
ßrotj  biegl  ,er  lief;  im  Ap.  war  noch  dziaio  ,opus',  vom  Lok. 
dzide  aus  ist  auch  ein  dzido  entstanden,  das  jetzt  gebräuchlich 
ist  (daneben  dzMo  ,Kanone').  Jetzt  haben  wir  bieda  ,Elend',  aber 
hiada  ,wehe';  daß  es  sekundäre  Differenzierungen  sind,  liegt  auf 
der  fland.  Ursprünglich  war  im  Ap.  nur  hiadaj  aber  unter  dem 
Einflüsse  des  Dat  Lok.  biedzie  ist  auch  ein  bieda  entstanden. 
So  ist  auch  cena  ,IVeis'  zu  beurteilen. 

Die  nur  im  Apoln.  mit  dem  e-Yokalismus  vorkommenden 
Formen  neben  den  lautgesetzlichen  (welche  bis  heutzutage  im 
allgemeinen  Gebrauch  sind):  poteiedad,  adpatpiedaS,  opowiedaS, 
frz0powieda£  ....  neben  pawiadaö,  odpowiadad,  opoteictdaS,  prze- 
powiadaö;  spowiedaö  8%^  neben  spouncidaö  si^  (Ps.  fl.  229  etc.); 
weiter  apoln.  obida,  obietawaö  . . .  neben  obiata,  obiatowiU  und 
zwiestow(i6  neben  zwi^Mtowaö  —  hält  v.  Ulaszyn  mit  Rücksicht 
darauf,  daß  sie  besonders  in  den  ältesten  Literaturdenkmälern 
vorkommen,  mit  Recht  für  Bohemismen  (vgl  ab.  poviedati,  zpo- 
viedatif  obitovati,  zvestovati  (Über  die  Ebitpalatalisierung  u.  s.  w. 
S.  73 f.).  Dagegen*  kann  man  mit  ihm  nicht  übereinstimmen, 
wenn  er  die  poln.  Iterativa  -cierad,  -dzierctc,  "fnieraö  aus  -tirath 
'diratb,  -mirath  ableiten  möchte  (S.  2—3),  weil  er  übersieht,  daß 
wir  schon  im  Ab.  ausschließlich  solche  Iter.  haben.  Unter  dem 
Einflüsse  der  Praesensformen  wie  bierzesz,  bierze,  bierzemy  u.  s.  w. 
behauptete  sich  auch  -bierasz,  -biera  u.  s.  w.  Waren  einige 
solcher  Iterativa  derartig  fixiert,  so  zogen  sie  auch  die  übrigen 
an  (vgl.  oben  8.  36).  So  gibt  uns  das  P.  wichtige  Anhaltspunkte 
zur  Beurteilung  des  einstigen  e.  Das  P.  spricht  also  ganz  ent- 
schieden für  einen  offenen  ^-Laut.    Es  kann  noch  gefragt  werden, 


72 

ob  z.  B.  in  IT  itoietU  das  ie  auf  ia  zurückgeht,  oder  ob  es  der 
direkte  Forisetzer  des  ^  ist  Jedenfalls  müssen  wir  das  letztere 
Toraussetzen,  weil  wir  bei  ursprünglichem  a  etwas  derartiges  nicht 
beobachten. 

Die  Erweichung  der  Eons.,  insbesondere  der  Dentale,  ist 
wohl  so  zu  Stande  gekommen,  daß  das  urslav.  i«  zu  i!?,  /?  ge- 
worden ist,  wobei  dann  das  j  so  wirkte  wie  das  urslav.  j :  dzielö, 
dziaio,  aksL  dÜo;  uridzidi,  widziai^  aksl.  vidMi,  vidäh,  cielisty 
,fleischig',  ciaio  ,Leib',  aksl.  täo  u.  s.  w.  also  ganz  analog  wie 
z.  B.  pr^dza  ,Gam'  aus  urslav.  *pr^ja,  äwieca  Jüciiif  aus  urslav. 
*svS^a,  Analog  haben  wir  es  auch  bei  urslav.  e  beobachtet: 
idz98z  ,geh8t',  aksl.  ideH,  dötka,  aksl.  tetbka  ,amita'.  Dort,  wo 
das  i^  wegen  der  nachfolgenden  weichen  Silbe  nicht  in  ia  über- 
ging, nahm  das  9  eine  mehr  geschlossene  Aussprache  an  und 
näherte  sich  dem  B^flexe  des  urslav.  e.  Nachdem  die  Quantitäts- 
unterschiede verloren  gegangen  waren,  unterschied  es  sich  nur 
durch  eine  bestimmte  Nüanzierung  (vor  Weichlauten,  wo  es  über- 
haupt bUeb). 

In  äroda  ,MittwochS  aksl.  sreda;  brzoza  ,BirkeS  aksl.  br^za; 
irödh  ,QueUeS  aksl.  zräo;  trzoda  jHerde'  (aus  ^czrzoda)^  aksl. 
dreda;  tdok^  ^ch  schleppe',  aksL  vlekq  u.  s.  w.  haben  wir  es  mit 
nrspr.  e  zu  tun. 

Das  EaSubische  geht  meist  parallel  mit  dem  F.:  las  ,WaldS 
poln.  las,  V  lese  (BamuU,  Slown.  XXUI),  aber  auch  lose;  mjara 
,MaßS  p.  miara;  mjasto  ,Stadt',  p.  miasU>;  iari  ,grauS  p.  szari/, 
aksl.  sirh.  Dann  äneg  ,SchneeS  p.  Mieg;  bjida  ,Not',  p.  bkda 
{biada  ,wehe!');  mjesac  ,mischen',  p.  mieszad.  Mit  Verlust  der 
Erweichung:  ee:Aö  ,Schatten',  p.  cief/i.  Vor  i  behauptet  sich  ji: 
mjSi,  p.  micti  ,hatte^;  wumjH,  p.  «m»a^ , kannte'  u.  s.  w.  (S.  XXII). 
Im  Slovinzischen:  Idiäc  ,umherfiiegen',  'p.latad;  mjäsio  ^taAt, 
p.  miasto;  lato  ,Sommer',  p.  lato;  las  ,wald',  p.  las,  ka§.  las; 
mjära  ,MaßS  p.  miara.  Die  sekundäre  Dehnung  dieses  Lautes 
ergab  |(%f  :  Id'^iq  ,fliege  umher^  zu  lätäc;  gvjä'^zdä  ,StemS  p. 
gwiazda,  kaä.  gvdzda,  aksl.  zv^zda. 

Sonst  als  ie,  wenn  es  kurz  ist;  wurde  es  nachträglich  ge- 
dehnt, ging  die  Jotation  verloren  und  das  e  wurde  verengt  («'), 
woraus  vor  Palatallauten  Si  entstand  (vgl.  S.  67):  stf'ieUc,  aber 
sti-eh^  ,schießen',  p.  strzeiiö;  mßßääCf  aber  nifiiq  ,mischenS  p. 
miesza6;  bßßgäc  Raufen',  p.  biegaS;  sAeg  (aber  auch  SfiSsig)  sAiegu 


73 

^Schnee'y   p.  snieg;    rika   JBbiß*,    p.  rzeka;   gr^^i    ^ündig^,   p. 
grzesznjf;  fiföka  ,flüfichen*,  p.  rzeäUcüj  unlaY.  reöbka. 

unbetont  ist  es  als  Kürze  im  Inlaut  durch  e,  im  Auslaut 
durch  ä  vertreten:  C€nä'^  ,SchattenS  p.  defiij  urslav.  *tenhja, 
seAfnS  ydas  Hauen',  p.  sieczenie,  urslav.  se^emje;  Dat.  rqcä  ^der 
Hand',  p.  r^,  aksl.  rqei. 

Im  allgemeinen  können  wir  also  sagen,  daß  hier  der  Stand- 
punkt des  P.  gewahrt  wird,  nur  hie  und  da  sind  weitere  Neue- 
rungen im  Gegensatz  zum  P.  aufgetaucht  Älteres  kommt  hier 
seltener  vor,  wie  z.  B.  das  zuletzt  erwähnte  rqcä,  das  noch  einen 
offenen  ^-Laut  aufweist 

Im  Sorbischen  hat  sich  das  e  in  betonten  Stammsilben 
erhalten  und  zwar  regelmäßig  vor  den  harten,  seltener  vor  den 
weichen  Konsonanten  (Mucke,  Gr.  §  37):  ns.  beg,  os.  beh  ,Lauf, 
aksl.  begrb;  ns.  gnezdo,  os.  hnezdo  ,Nesf ,  aksl.  gn&sdo;  ns.  gr^, 
os.  hr^  ,Stinde',  aksl.  grMit;  ns.  gwezda,  os.  hwezda  ,StemS 
aksL  zvezda;  ns.  j^  ,8prödeS  os.  jiry  ,bitter',  aksl.  jarb;  ns.  jed, 
OS.  ßd  yGiff,  aksL  jcuib;  ns.  u.  os.  mera  ,Maß';  ns.  rec,  os.  rid 
ySprache',  aksl.  rScb.  Das  ^  ist  im  Sorb.  =  Siev.  i^e*  (es  setzt 
an  mit  einem  geschlossenen  i^  und  klingt  aus  in  ein  offenes  e*; 
das  i  wiegt  vor);  das  ist  offenbar  der  älteste  Zustand  unseres 
Lautes  im  Sorb. 

Folgt  in  betonter  Silbe  auf  das  i  eine  weiche  Silbe,  so  wird  aus 
i  ein  geschlossenes  Je  (geschrieben  j^)y  was  mit  einer  £penthese,  von  der 
hier  Mucke  spricht  (§  40)  nichts  zu  tun  hat;  es  ist  eher  eine  Assimi- 
lation: ns.  chn^il,  os.  khny'U  ,HopfenS  aksl.  ehmilb\  os.,  ns»  jtfet^'iz  «Geld*, 
aksl.  phn^.  Doch  kann  man  auch  große  Schwankungen  bemerken:  ns. 
mjMi,  neben  fiUfntV  ,meinenS  os.  mini6,  aksl.  miniti;  ns.  wü^i  «wissen^ 
OS.  tojedidc,  wjedio,  aber  auch  whn^  wü  u.  s.  w.,  aksl.  vidHi, 

In  unbetonter  Silbe  wird  i  in  der  Begel  zu  je  (nur  in  Zusammen- 
setzungen und  Ableitungen  bleibt  i,  wenn  das  Stammwort  noch  vorhanden 
ist  z.  B.  naiHo,  weil  l&o):  ns.  kupjila,  os.  kupjSl  ,Bad',  aksl.  kqpUb;  ns. 
nj4£ela,  os.  njidiAi  ,Sonntag*,  aksl.  nediffa;  ns.  fnjedwjez,  os.  mjidwjM 
^ftr*,  aksl.  fMdv^db-,  ns.  UM,  os.  UM  «fliegen*,  aksl.  ktHi, 

Das  ^  kann  auch  offen  (lO  werden :  ns.  dowjUk^  os.  clouj^k  ,Men8ch', 
aksl.  eiov2A»;  ns.  hohj¥d,  os.  wohj^d  ,Malzeit*,  aksl.  olMh^  ns.  zeUhOy  os. 
Mizo  ,£i8en',  aksl.  Mho,  Insbesondere  im  Auslaut :  ns.  pizdiü,  os.  poz» 
dzS  ,8pät',  Dat.  Lok.  mnß,  iilui'. 

i  wird  t  im  Ns.  Diese  Verengung  ging  von  betonter  geschlossener 
Silbe  aus  (das  i  hat  gedehnte  Aussprache  =s  Siev.  t^):  gniw  ,ZomS  aksl. 
^9»,  danach  gniwny;  kwä  neben  kwU;  Up  (%»)  ,Yogelleim';  nicht  neben 
fiiehi  , Jemand',  aksl.  n&aito\  tpito  ,Gesang',  aksl.  «p^,  danach  tpiwny, 
jptwoi.    Weiter  auch  pariz  parfez  ,Haudegen*,  aksl.  park». 


74 

Im  Os.  wird  ^  vor  y  («)  zu  i:  so  in  der  KomparatiTendang  -üi  aus 
-i/'it,  ^'ii  (ns.  '-4;*0  z.  B.  jasnüi  ,heller*  von  fasny  ,hell' ;  wolij  ,Ö1*.  In 
Dialekten  geht  überhaupt  jedes  urspr.  geschlossene  e  im  In-  u.  Auslaut 
in  t  über. 

So  sehen  wir,  daß  im  Sorb.  der  älteste  Zustand  eines  offenen 
e  auch  noch  bewahrt  wurde ,  wie  bei  big,  heh  u.  s.  w.  Vielfach 
ist  hier  jedoch  das  e  von  e  beeinflußt  worden  und  da  dieses  ge- 
schlossen war  (vgl.  S.  45),  so  wurde  auch  e  verengt,  ja,  in  einigen 
—  allerdings  seltenen  —  Fällen  erreichte  die  Verengung  sogar  die 
«-Stufe  und  zwar  selbst  auch  beim  urspr.  e. 

Bei  der  Bestimmung  des  ^  im  Böhmischen*  kommen  uns 
die  ab.  Denkm.  zu  Hilfe.  Aus  ihrer  Orthogr.  können  wir  schließen,, 
daß  sowohl  im  langen  wie  im  kurzen  e  ein  i-Element  und  ein 
e-Element  vorhanden  war.  Das  Vorhandensein  des  i-Elements 
folgt  daraus,  daß  bei  e  im  B.  nicht  eine  Erweichung  des  vorher- 
gehenden d,  t,  n  stattfindet,  wohl  aber  bei  i:  ni  wird  als  üi  aus- 
gesprochen, di  als  di  u.  s.  w.  Dasselbe  bemerken  wir  bei  e  und 
seinen  Reflexen:  dtte  ,Kind^  (spr.  düi)f  aksl.  det^;  däati  ,machen^ 
(spr.  ddaii).  Das  kann  nur  durch  das  »-Element  hervorgerufen 
worden  sein.  Die  graphische  Darstellung  der  lautlichen  Geltung 
unseres  Vokals  bei  seiner  zweifachen  Quantität  ist  schwer.  Ge- 
bauer entschied  sich  bei  kurzem  e  für  e,  bei  langem  «  für  ie.  Nun 
sprechen  aber  die  lautlichen  Erscheinungen,  wie  wir  sehen  werden, 
dafür,  daß  das  «-Element  im  zweiten  Falle  lang  war.  Ich  würde 
daher  lieber  für  das  kurze  e  ein  ie,  für  das  lange  ein  iß  (bez.  im 
Sinne  der  b.  modernen  Orthogr.  ein  ii)  vorschlagen.  Urb.  war 
allerdings  nur  ii  für  urslav.  e,  die  Kürze  entstand  daraus  nach  spez. 
böhm.  Regeln  wie  überhaupt  auch  bei  den  anderen  urspr.  langen 
Vokalen ;  das  ältere  ie  behauptete  sich  vielleicht  länger  nach  j. 

Das  i-Element  geht  vielfach  verloren  (Schwund  der  Jotation)» 
So  können  wir  im  Ab.  kein  U,  sondern  nur  le  nachweisen  (vgl. 
auch  im  F.  len,  leniwj/;  ap.  lanoäd  aber  auch  lenoäd,  lenowa6  si^. 
Besonders  im  Laufe  des  XIV.  und  XV.  Jhd.  geht  je,  ne,  de^ 
ie  in  je,  ne,  de,  ie  über,  fast  gleichzeitig  auch  ze,  ai,  di  in  ze,  se, 
de,  dann  r^,  ze,  si,  ci  in  re,  ze,  se,  ce.  In  langen  Silben  scheint 
sich  die  Jotation  länger  behauptet  zu  haben,  allerdings  nur  dort, 
wo  die  Verengung,  von  der  wir  gleich  sprechen  werden,  über- 
haupt nicht  früher  auftrat. 

Statt  des  langen  e  (eig.  /?,  Gebauer  ie)  taucht  uns  schon 
Ende  des  XIU.  Jhd.  vereinzelt  ein  i  auf.  Dieses  wird  im  Laufe 
des    XIV.  und   XV.  Jhd.    häufiger   und   um   die    Mitte    des 


75 

Xyi.  Jbd.  ist  es  allgemein:  hHch  ySünde',  aksl.  grechb;  nUra 
^aßS  aksL  m^a  u.  s.  w.  Grebauer  erklärt  dieses  i  aus  ie 
(S.  191,  vgl  auch  S.  204).  Allein  diese  Erklärung  ist  kaum 
richtig;  sie  bringt  eine  gewisse  Verwirrung  in  die  Darstellung  des> 
e  und  e  in  seiner  Grammatik.  Es  ist  viel  wahrscheinlicher,  daß^ 
der  Übergang  des  langen  e  iu  i  mit  der  Verengung  des  langen 
e-Lautes  überhaupt  zusammenhängt  Es  ist  ja  auffallend,  daß 
sie  zeitlich  mit  ihr  so  ziemUch  zusammenfallt  (vgl.  S.  47).  Nur 
scheint  es,  daß  sie  bei  langem  e  früher  begonnen  hat,  da  wir 
Belege  dafür  schon  aus  der  Zeit  um  1300  haben,  dagegen  für  i 
aus  a  (oder  nach  der  b.  Orthogr.  i)  aus  dem  XTV.  Jhd.  Auf 
diese  Art  begreifen  wir  auch  eher,  warum  in  weichen  Silben  statt 
des  langen  6  ein  ie  auftritt,  statt  rid  ein  fiect  (vgl.  S.  47).  War 
aus  dem  iis  ein  /  infolge  der  fortschreitenden  Verengung  des  9 
geworden,  so  ist  das  i  vor  dem  i  verloren  gegangen.  Vor  e  be- 
gann es  dann  auch  gleich  zu  schwinden,  wie  wir  eben  sahen. 
Im  B.  ging  auf  diese  Art  ein  analoger  Prozeß  wie  im  £.  vor 
sich.  Es  ist  demnach  auch  im  B.  die  Verengung  des  e  erst  ein 
Produkt  des  Sonderlebens  der  Sprache.  Im  Slovak.  ist  die 
Länge  (als  ie  geschrieben)  geblieben:  dida  ,Eind',  viera  ,Glaube^ 
im  Gregensatze  zum  kurzen  e:  deti  (spr.  ddi^y  verü  u.  s.  w. 

Wie  schon  erwähnt,  ging  nach  l  die  Jotation  in  vorhist  Zeit 
im  B.  verloren,  indem  das  l  erweicht  wurde.  Das  e  konnte  dann 
auch  (dialektisch)  in  a  übergehen:  älapati  ,treten',  ab.  noch  ilepif 
,vestigium^,  aksl.  aUpati,  dSpljq  ,salire'.  Vgl.  auch  slovak.  bl'ady, 
b.  bledy  ,blaß^;  l'anjf,  b.  lep^  ,link8';  priam,  aksL  pretm  ,rectu8^ 
(vgl.  s.  pramo  und  r.  prjamo),  priamo,  priamosi  u.  s.  w.  zlab- 
neben  zieh  ist  auch  nicht  anders  zu  beurteilen,  wie  wir  bei  der 
^€r^Gruppe  sehen  werden. 


Ursprung  des  Lautes.  Als  ein  urspr.  langer  Vokal  geht 
a  auf  ein  ursprachliches  ä  oder  ö  zurück. 

1)  Ein  a  liegt  vor  in:  aksl.  bajq,  bajati  ,fabulari',  basnb 
,fabula,  incantatio',  serb.  bajixti,  lit  böju,  böti  ,wonach  fragen,  sich 
kümmern^  lat  fäma,  färi,  gr.  (jpöju/  ,ich  sage',  ^ofca  ,Stimme,. 
Sage';  aksl.  bratrh  ,Bruder',  lit  braterelis  Dem.  ,BrüderchenV 
briliSf  preuß.  brdii,  got.  brößar,  lat.  f räter,  gr.  q>QmwQj  q>(faTi]Q; 
aksl  mati,  s.  mati,  b.  mäti  ßfutter',  lit  mate  ,Weib,  Frau',  preuß. 
müii  (nach  Labialen  wird  ä  zu  ä),   lat.  tnäter,   gr.  fiaiijQ;  aksl. 


76 

kah  ,Kot,  Schmutz^,  \sk%.osligo,  gr.  x^X/$  ,FIeckS  si.kälas  ^hwarz'; 
aksl.  kaiVh,  kaaU'h  ^Husten^  aus  *qädio,  lit.  kosulys,  an.  hidi, 
shd.huosto,  ai.  koaate  ,er  hustet';  aksL  statt,  stanq,  b.  stdti,  stanu, 
8.  stati,  stanSm  ^sich  stellen,  consistereS  lett.  sUÜ,  got  stof  ,ich 
Stands  lat.  stä^e,  gr.  i-arfi^fii.  Hierher  auch  aksl.  stam  ^Stand^ 
8.  stän  ,WeberBtuhl,  Wohnung*,  b.  stan  ^Standort,  Wohnung*,  lit. 
9t6n(M  ,StandS  gr.  dor.  dvatävog  ^m  schlimmen  Stande,  unglück- 
lich*, ai.  sthänam  ,Standort,  Platz*;  aksl.  tath  ,Dieb*,  aus  *ta'4is 
oder  eig.  *täitf8  (Schwund  des  i  vor  einem  Konsonanten  in  einem 
Langdiphthong,  vgl.  S.  19)  urspr.  ,die  Verheimlichung*  (Brug- 
mann  Kurze  vgl.  Gr.  S.  334  und  78),  air.  täni,  ai.  tätfüf  ,Dieb*, 
{^.  dor.  TäTaojuai  4ch  bin  beraubt,  ermangele*. 

Hierher  gehört  der  Nom.  Sg.  der  o-Stämme:  aksl.  rqka 
^Hand*,  lit.  rankä,  vgl.  got.  ffiba,  gr.  x^Q^-  Derselbe  Stamm 
taucht  auf  im  Dai  Instr.  Du.  rqka-ma,  rybcHna,  duäoMna,  lit. 
rafikom  stimmt  nicht  überein,  das  ma  würde  halbwegs  dem  av. 
-bya  (uriran.  *byä)  entsprechen;  Dat  PL  rqka-tm,  rybcMm, 
duäorfm,  lit.  rafücoms  (-miis);  Lok.  PL  rqka-ckb,  ryba-ckh,  duäa- 
dl^,  ai.  dsvä-m  (•ei'ffa-Äu);  Instr.  PL  rqka-mi,  ryha-fni,  duSa-mi, 
lit  rafikomia,  got  giböm;  Nom.  Akk.  Vok.  PL  der  neutralen  o- 
Stänune:  aksl.  mistu  ,loci*,  gr.  dcJ^,  lat  dona.  Das  ä  war  be- 
kanntlich identisch  mit  dem  ä  des  Nom.  Sg.  der  a-Stämme  und 
es  handelte  sich  bei  den  neutralen  Formen  ursprünglich  um  Kol- 
lektiva  im  Sing. 

Auch  das  a  der  Yerba  der  V.  Klasse  (-a^i)  geht  auf  ein  ä 
zurück.  So  haben  wir  hier  Denominativa  wie  aksl.  iffraU,  igrajq 
^spielen*  von  tgra  ,Spiel*,  lit  päsakoju  ,erzähle*  zu  päsaka  ,Er- 
zählung*.  Die  Iterativa  wie  b.  prddati,  serb.  predoH,  predäm,  r. 
prjddath,  prjddaju  ,spinnen*  (sonst  meist  mit  sekundärer  o-Beton- 
ung:  byvdju,  byvdtt),  lit  brydau,  br^doti  ,im  Wasser  stehen*  (im 
Lit  haben  die  entsprechenden  Yerba  meist  eine  resultative  Be- 
deutung); drybauy  dryboti;  klybau,  klyboti  u.  s.  w.,  im  Lett  -aju, 
ät  iterativ. 

AksL  arati  ,ackem*,  lat  ar-are. 

2)  In  einer  frühen  Periode  ging  ursprachl.  ö  im  Slav.  in  a 
über:  aksL  damt,  dost,  dasth  u.  s.  w.,  wo  ein  *död'  vorliegt,  Inf. 
dati,  b.  ddtiy  s.  dati  ,geben*,  lit  dü'ti,  du' du  (alt.  dümi  aus 
*dü'dfni,  wie  aksl.  damb  aus  *dödmi),  preufi.  diUwei  ,geben*,  dä$e 
,du  gibst*,  aL  dadöii,  gr.  didwfii;  hierher  auch  aksl.  dct^nb,  da4h 
,vectigal*,  lit  dü'tis  ,Gabe*,  da-rb,  gr.  dü^Vj  lat.  dö^um;   aksl. 


77 

itvor  m.  ,zweiS  Ut.  du  aus  dlt^^  gr.  drcu,  lat  duö,  ved.  dvef;  akd. 
yV^^t  s*  figoda  »Beere',  lit  A'^ra  yBeere*;  aksl.  jar»  Adjekt 
^Frühlings-^  vgl.  gr.  uqog  Jahreszeit,  Jahi^;  aksl.  po-jash  ,GürtelS 
lit  j€k8ta,  gr.  I^u^xog^  av.  yästa  »gegürtet^;  s.  ja^hi^  r.  /a^n»,  p. 
jesUm  und  /m^^,  ab.  jisen,  nb.  jasan,  os.  ja«^  ^Esche^,  lit  ö  m, 
lett.  dms. 

Femer  gehört  hierher  die  aksl.  Präp.  na  ,aur  und  Präfix  no-;  Hirt 
Btellte  es  mit  lit.  nu,  preuß.  im,  no  und  gr.  arm  und  tfra  zusammen  (Abi. 
Nr.  306,  8.  92),  ebenso  bei  Berneker:  lit  fuT,  gr.  &a>,  aksl.  na,  preuß. 
na  ^emäß',  häufiger  no  mit  o  für  a  (Die  preuß.  Spr.  S.  151  und  309). 
Allein  man  muß  das  lit  nu  wegen  der  abweichenden  Bedeutung  (mit 
Gen.  ,Ton  —  herab*)  trennen,  worin  sich  auch  das  preuß.  anschließt  So 
wird  man  dann  mit  Brugmann  (Kurse  vgl.  Gramm.  §  602)  aksl.  na  zu 
ar.  ana  ursprgl.  etwa  ,an  einer  Fläche  hinauf,  hinan*,  gr.  Sra,  dvä,  dp, 
got.  ana  ,an,  auf,  ahd.  ana,  an  und  vielleicht  auch  lat.  an-  in  ariSiSre 
stellen  können;  dazu  würde  auch  lit  andt(e)  mit  Gen.  ,entBprechend, 
gemäß'  gehören.  Allein  als  eine  ablantliche  Variation  wäre  das  slav.  tut, 
wie  6.  vorauszusetzen  scheint,  nicht  zu  erklären.  Wir  müssen  vielmehr 
auch  fürs  Slav.  zunächst  von  einem  ana  ausgehen.  Das  ergab  im  Slav. 
ono,  das  zu  nd  führte,  so  wie  z.  B.  aus  celoviko-  ein  *clöviko',  das  dem 
polab.  clav'tk  zu  Grunde  lag,  entstand  (andere  derartige  Fälle  werden 
weiter  unten  bei  der  tort-,  <«r<-Gruppe  angeführt;  hierher  gehört  auch 
kamy  aus  *kömön  und  dieses  aus  *okomön). 

Aksl.  nagb  ,nacktS  s.  nag,  lit  nü'gas;  ueben  pro  (aksl.  nur 
als  Präfix,  in  den  anderen  slav.  Sprachen  auch  als  Präpos.),  lit 
pra,  got  fror,  lat  pro,  gr.  Ttqo  haben  wir  in  Zusammensetzungen 
mit  Subst.  pra-  aus  *prö,  z.  B.  pra'dM^  ^proavus^,  prthottcb 
»Urvater*,  pravhnukb  ,pronepos'  u.  s.  w.  Auch  im  Lit  pra-  und 
pro  Präp.  mit  Akk.  ,vorbei,  durch',  lat.  pro  (pröd  wahrscheinlich 
nach  retrö{d),  red  und  and.  Brugmann  Kurze  vgl.  Gr.  §610, 1). 
Mit  pro-  und  pra-  vgl.  sq-  in  sq-sedh  ,Nachbar'  und  sb,  q-  in 
qtzkh  und  rz  u.  s.  w.  (vgl.  Verf.  in  BB.  29,  S.  211).  Ganz  analog 
auch  po  .nach'  undpa-  wieder  in  Zusammensetzungen  mit  Subst: 
pam^  ,GedächtnisS  pastorhkb,  pastorbka  »Stiefsohn,  Stieftochter^, 
lit  ebenfalls  pd  mit  Akk.  ,über  —  hin,  entlang'  (auch  mit  Dat 
und  Instr.),  ebenso  pösunis  ,Stiefsohn',  dameben  paszalna  ,Nach- 
frost^,  pcHDokare  ,Zeit  gegen  Abend',  pchvpdas  ,Neid'.  Wegen 
des  Lit  kann  man  nicht  von  einem  *pos  ausgehen  (wie  es  Brug- 
mann 1.  c.  §  613  tut)  —  das  würde  übrigens  auch  im  Slav. 
nicht  zu  po,  pä  führen  — ,  sondern  von  po,  pö.  Dieses  wurde 
dann  mit  s  weitergebildet  und  hegt  vor  im  lit  pä8  mit  Akk.  ,an, 
bei',  ai.  pascdd  mit  Abi.  und  Gen.  ,hinter,  nach',  vgl.  lit  paskul 


78 

Adv.  ^hinterher,  darnach^  und  dieses  *po8^  *pö8  (wie  po  — pö,  pro 
— pro)  liegt  auch  im  Slav.  vor,  allerdings  nur  in  Zusammen- 
setzungen mit  Subst.  (wo  also  *pö8  vor  allem  zu  erwarten  ist): 
aksl.  pazderb,  doch  auch  pozderh^  b.  pazdeH  ^stupa'  (zu  derq 
zupfen,  raufen'),  aksl.  paznoffbh  ,Elaue^  Hierher  auch  aksl.  pozdh 
sp^Vy  Adv.  pozdi  ^tkV't  aus  *po8  +  dz,  das  auch  in  predz  ,voi^ 
aus  per + dz  und  nadz  u.  s.  w.  vorliegt  Vgl.  auch  preuß.  pans- 
dau  ,postea'  (worüber  IF.  2,  S.  215). 

Aksl.  zfuUi  ^kennen,  wissen',  gr.  a-yrtavy  vgl.  auch  lit  zinöii 
.,wissen'. 

Hierher  gehört  yielleicht  auch  die  Konjunktion  aksl.  a  ,nnd,  aberS 
falls  ans  *dd  (Abi.  des  Pronom.  o-,  lit.  o  ,and,  aberS  ai.  ad  ,daranf. 
ferner,  doch*  and  parallel  damit  aksl.  t  ,und'  aas  *i  (falls  dieses  geschleift 
betont  war,  wurde  es  im  Aaslaute  za  t,  ygl.  bei  ^),  ostlit.  «  (das  wäre 
T}  ,and,  aber*  (ygl.  Zubaty  IF.  6,  S.  289  und  Miklosich,  Etjm.  Wtb. 
bei  a,  Brngmann  akzeptiert  es  auch  Kurze  vgl.  Gr.  §  830,  aber  in 
§  914  stellt  er  slav.  i  zu  got.  «t,   gr.  tt,   ebenso  wie  aksl.  U  zu  got.  ^«0. 

Ein  a  aus  ö  liegt  auch  vor  im  Gen.  Sg.  der  m.  und  s.  o- 
Stämme:  aksl.  vlbka  ,des  Wolfes',  mista  ,des  Ortes',  urspr.  -^; 
-eine  Ablativendung  (im  Slav.  ist  der  Ablativ  mit  dem  Genetiv 
überhaupt  syntaktisch  zusammengefallen,  so  daß  der  G^n.  auch 
die  ablativische  Funktion  hat),  lit.  v0co,  got.  Adv.  gcUeikö,  ahd. 
güihho  ,gleich',  lat  cito,  alat  gnaivöd,  gr.  delph.  ßoixto,  ai.  vfkäd; 

im  Nom.  Akk.  Du.  der  m.  o-Stämme:  aksl.  vlbka  ^e  beiden 
Wölfe',  dann  oba  ,beide'  (vgl.  auch  das  oben  erwähnte  dwa  ,zwei), 
lit.  vWcü,  gerü  Igerü'-ju,  gerü'-judu),  gr.  ivxw,  *ea;,  lat  rfno, 
-anibö; 

im  Akk.  Du.  des  Pronomen  pers.  in  der  l.Pers.  na  ,uns 
beide',  gr.  vvi  (zugleich  Nom.),  dann  der  2.  P.  va,  das  auch  als 
Nom.  und  enklitischer  Dativ  gebraucht  wurde.  Diese  Formen 
wurden  dann  der  weiteren  Deklination  zu  Grrunde  gelegt:  Gen. 
Lok.  na-ju,  vchju;  Dat  Instr.  natna,  vama. 

Das  ö  kann  durch  Dehnung  aus  einem  kurzen  o  entstanden 
sein  und  zwar  schon  vorslavisch  z.  B.  im  Aor.  pro4>a9b  (aus 
^'bödBb)  zu  bodqy  bosti  ,stechen',  jedoch  zumeist  erst  auf  slav. 
Boden,  so  bei  iterativen  Verben  wie  -naiaii  aus  *nö8jäti  zu  no8Üi 
,tragen',  razdaii  ,gebären'  zu  rodäi;  so  auch  bei  einigen  Verben 
der  IV.  Kl.  wie  palüi  ,brennen'  zu  poleti;  doch  liegen  auch  hier 
mitunter  ältere  Längen  vor:  aksl.  davüi  ,würgen',  got  af-davjan 
,abniatten^,  af-dauißs  ,erschöpft'  mit  au  aus  öu. 

Später  ist  auch  auf  slav.  Boden  aus  monophth.  ^  (—  9)  nach 


79 

palatalen  Konsonanten  ein  a  entstanden^  z.  B.  aksl.  dyäati  ^hören^ 
gegen  videti  ^hen^;  aksl.  p(hzarb  ,  Brand'  aus  *gSrO',  *zSro  vgl. 
ger  in  aksl.  zeravh  ,glühendS  gr.  S^egfiog  (hinsichtlich  des  an- 
lautenden Konsonanten  vgl.  aksl.  zeUti  ^wünschen'  und  gr.^eiUu), 
dazu  gareti  ^brennen^  lat  fomax. 

Veränderungen  des  a  auf  slav.  Boden.  Hier  muß  zu- 
nächst der  Umlaut  des  a  im  B.  hervorgehoben  werden.  Im  Böhm, 
geht  o  und  d  —  und  zwar  auch  das  aus  ^  entstandene  —  nach 
weichen  (palatalen)  Konsonanten  (es  kommt  hier:  j,  d,  i,  ii^  z,  S, 
c,  e,  r  m  Betracht)  in  ^,  t^  (langes  ^  über  und  zwar  im  absoluten 
Auslaute  oder  vor  einem  ebenfalls  weichen  Konsonanten,  bez.  vor 
einer  Silbe  mit  einem  weichen  Vokal  (e,  i,  lusprüngliches  oder 
aus  h  entstandenes  e)  z.  B.  ab.  duii,  jetzt  duSe^  aksL  d%^  ^Seele'; 
ab.  dyiäly  aksL  dyiahy  dazu  Plur.  ab.  dyieli,  nb.  slyidi  ^e 
hörten^  aksl.  dySali,  Statt  des  ab.  slyätU  sagt  man  aber  jetzt 
tfuch  slyid,  d.  h.  es  wurde  hier  nach  dem  Plural  ausgeglichen. 
Es  üemden  überhaupt  in  dieser  Hinsicht  mannigÜEudie  Ausgleich- 
ungen statt  So  wurden  nach  duäe  alle  anderen  Kasus,  die  auch 
ein  a  enthielten  (vgL  oben  S.  76)  modifiziert,  also  z.  B.  im  Dat 
PL  aksl.  duäatm,  aböhm.  duidm,  dann  duHem,  jetzt  duMm;  im 
Lok.  Fl.  aksl.  duäachz,  ab.  duidch,  dann  duiiech,  jetzt  duHch. 
Doch  kamen  hier  auch  noch  Kasus  vor,  in  denen  der  Umlaut 
lautlich  berechtigt  war,  so  im  Instr.  PI.  aksl.  duiami,  ab.  zunächst 
auch  duiami,  dann  duiimi,  jetzt  dusemi.  Auf  diese  Weise  konnte 
es  sehr  leicht  zu  einer  Ausgleichung  kommen,  wobei  jedoch  die 
alten  Quantitätsverhältnisse  gewahrt  blieben. 

Dieser  XJra]aat  macht  sich  im  Laufe  des  XII.  Jhd.  in  den  Dialekten 
▼on  Böhmen  fi^ltend,  die  Anfänge  reichen  jedoch  wohl  noch  in  die  zweite 
Hälfte  des  XI.  Jhd.  zurück  (dieselhen  kann  man  schon  in  den  stark  mit 
Bohemismen  versetzten  Praii^er  Fragmenten  heobachten,  ygi.  Verf.  »0 
pftvodu  Kijeysk^ch  zl.  u.  s.  w.  S.  60—61,  76).  In  den  mährischen  Dia- 
lekten drang  der  Umlaut  nicht  durch;  wenn  ihn  ab.  in  Mähren  ge- 
schriebene Denkmäler  aufweisen,  ist  es  der  Einfluß  der  aus  Böhmen  her- 
rührenden Originale  und  der  anf  den  Dialekten  in  Böhmen  basierenden 
Schriftsprache  Oberhaupt  (vgl.  auch  1.  c.  8.  61).  Ebensowenig  finden  wir 
ihn  im  Slovak.,  ein  Beweis,  daß  auch  hier  die  Entwickelung  der  (T-,  •- 
u.  s.  w.  Laute  einen  anderen  Weg  ging,  denn  dieser  Umlaut  kann  nur 
ans  der  Eigentfimlichkeit  der  erwähnten  palatalen  Konsonanten  erklärt 
werden.  Daß  hiebei  der  deutsche  Umlaut  ehraß  —  ehrefti  auch  von 
einem  gewissen  Einfluß  hätte  sein  können,  wie  angenommen  wurde  (so 
bei  Gebauer,  Hist.  ml.  I  8.  121),  ist  ausgeschlossen:  schon  die  zeit- 
lichen Abstände  sprechen  dagegen.    Im  Ahd.  ist  dieser  Umlaut  im  IX.  Jhd. 


80 

im  wesentlichen  darchgedrangen  und  in  einigen  wenigen  spezifisch 
gearteten  Fällen  war  er  seit  dem  Xu.  Jhd.  durchgeführt.  Außerdem  ist 
—  was  vor  allem  in  Betracht  kommt  —  das  Wesen  dieser  beiden  Er- 
scheinungen sehr  verschieden :  im  B.  muß  ein  weicher  Konsonant  vorher- 
gehen und  das  Resultat  ist  ein  i,  worin  eben  die  Wirkungen  der  weichen 
Konsonanten  zu  sehen  sind,  w'&hrend  im  Deutschen  ganz  andere  Be- 
dingungen für  den  Umlaut  vorhanden  sein  müssen;  sein  Resultat  ist 
hier  ein  c. 

Einen  dem  böhm.  verwandten  Umlaut  des  a  finden  wir 
dialektisch  auch  im  Bulg.  Nach  c,  z,  i,  V  wird  das  a  im  Dia- 
lekte von  Sucho  (nördlicli  von  Saloniki)  als  ä  ausgesprochen,  also 
gerade  so  wie  das  e  hier  lautet  (vgl.  Miletiö  A&l.  Fhil.  20, 
S.  581,  Oblak  ib.  17,  S.  168:  zöba,  öeäa,  dann  Maced.  Stud. 
S.  28,  30). 

Neben  diesem  (dem  sog.  progressiven)  Umlaut  des  a  gibt  es 
im  B.  auch  einen  regressiven,  nämlich  in  den  Silben  mit  -o; 
selbst  auch  nach  harten  Kons.,  so  daß  hier  das  j  nach  rückwärts 
wirkt  Eigentlich  beginnt  man  aber  schon  bei  der  Aussprache 
des  a  die  Artikulationsstellimg  desj  zu  antizipieren,  wodurch  das 
a  zu  a«  und  schließlich  zu  e  wird.  Dieser  Umlaut  datiert  eist 
aus  dem  XV.  und  XVI.  Jhd.,  ab.  also  daj,  nb.  dej  ,gibS  PL 
dajte  —  dejte  ,gebetS  ab.  vajce,  nb.  f>ejce  ,Ei^  (näheres  bei  Ge- 
bauer 1.  c.  S.  133—139). 

Es  muß  hier  auch  die  Eigentümlichkeit  mancher  slav.  Dialekte, 
das  a  zu  0  werden  zu  lassen,  hervorgehoben  werden.  Am  meisten 
verbreitet  findet  man  sie  in  den  polnischen  Dialekten,  wo  z.  B, 
mam  ,ich  habe^,  aksl.  imamt,  als  mom  klingt  Analoges  findet 
man  in  s.-kr.  Dialekten  und  unter  den  slov.  im  Jaunthalerdialekte 
(Kärnten).  Hierbei  kommt  mitunter  die  Quantität  und  der  Akzent 
in  Betracht  (vgl.  Oblak,  Afsl.  Phil.  16,  S.  428ff.).  Vgl.  auch 
im  Mac.  do  f^  da  (Joh.  7.  3  hier  auch  Zogr.  und  12.  10). 

0. 

Ursprung  des  o.  Das  o  ist  in  den  meisten  Fällen  ent- 
weder ursprachlich  oder  es  geht  auf  ein  ursprachl.  kurzes  a  zurück. 
Vor  tf  ist  es  auf  urbaltisch-slav.  Boden  auch  aus  e  in  heterosyll. 
eu  entstanden,  indem  dieses  zu  Oji,  ov  wurde:  nav^  ,neuS  vgl.  gr. 
ve(/)o$,  und  in  einzelnen  slav.  Sprachen  kann  es  sonst  noch  unter 
bestimmten  Bedingungen  aufkommen,  z.  B.  r.  ozero  ,SeeS  aksL 
jezero,  lit  Szeraa  ,Teich,  kleiner  See'  (vgl.  oben  S.  48). 

Als  ursprachl.  o  erscheint  es  in:  oko  ^Auge',  lit  (Ms  ,Auge'^ 


81 

lat  oculus;  osmb  ^btS  lit  asztüni  ^ditf^  got  ahtau,  gr.  oxrcii, 
lat  odö  (*okö);  ovtca  ,Schaf',  lit  oAs  ,8chaf ,  gr.  oßig,  lat  (ms; 
d(nm  yflftus',  gr.  dojuog,  lat  damus;  gwtb  ^G^t<,  got  jPCMte,  lat 
hoäis;  noitt  (ans  *nokth)  ^acht<,  lit  noA:/)«  yNacbf ,  lat  nocf-. 

Hierher  gehören  zahlreiche  Verba  der  IV.  Kl.,  die  als 
Iterativa  fungieren,  wenn  ihnen  Formen  meist  nach  der  I.  El. 
mit  einem  e  im  Stamme  gegenüberstehen:  vaziti  ^fahren,  vehere', 
got  irojf/a  jch  bewege^,  gr.  ßoxita  ^ch  lasse  fahren,  reiten',  vgl. 
vezq — vezti  einfach  ,fahren^  (W.Me^*-)/  vodüi — vedq^  vesti  ,führen, 
geleiten';  nosUi — nesq^  nesii  ,tragen';  brodUi  —  bredq,  brtdq,  (ab. 
Inxlu),  bresti  ,waten'.  Kausativ  ist  lozq,  losUi  ,legen'  zu  l^, 
leiati  ,liegen',  got.  lagja  zu  liga  ,ich  liege'.  Mit  diesen  Bildungen 
ist  zu  vergleichen:  lat  noceo  zu  nex,  gr.  ffOQiw  zu  ipiQia;  ai. 
patdyämi,  gr.  ftotioptat  ^ch  flattre,  fliege  umher'  zu  pdtami, 
gr.  Ttdzofiai  ,ich  fliege'. 

Das  Pranomen  to  jenes'  aus  *tod,  ai.  tdd,  lat  istud  {^istod), 
gr.  TO.  ßei  den  n.  p-Stämmen  erscheint  das  -o  im  Nom.  Akk« 
und  Vok.  8g.:  sino  ,Heu%  tgo  ,Joch'  aus  urspr.  *ßig(hfn,  ai. 
yugäm,  gt.tvyoVf  lat  jugum,  desgleichen  auch  bei  den  M-Stämmen: 
slow  ,Worf,  Gen.  doveae,  aus  -09,  vgl.  xAc/og,  yivog^  lat  ffenus, 
ai.  jdnas.  Mit  Rücksicht  auf  den  Nom.  Sg.  tokt  yLauf  aus 
*t€ka8  undden  Akk.  Sg.  tokb  SLViB*tok(htn  beiden  männlichen 
o-Stäoimen  muß  man  annehmen,  daß  das  -o,  das  zunächst  bei 
den  Pronominalstämmen  wie  to  lautlich  aufgekommen  ist,  die 
Neutra  dem  -»  der  Maskidina  gegenüber  besser  charakterisierte, 
ob  es  sich  nun  um  ursprünglich  neutrale  o-  oder  es-Stämme 
handelte  (vgl.  auch  Berneker  KZ.  37,  S.  370£r.).  Deshalb  wurde 
hier  -o  überall  verallgemeinert,  während  sonst  -os  und  -am  zu  -us, 
-um  und  schUeSlich  zu  -»  wurde,  gleichgiltig  ob  es  betont  oder 
unbetont  war  (Fortunatov  BB.  22,  S.  164,  Anm.;  Pedersen 
KZ.  38,  S.  321). 

In  einigen  Kasus  der  m.  und  n.  o-Stämme  hat  sich  das  ur- 
sprachl.  0  ebenfalls  noch  erhalten  und  zwar  im  Instr.  Sg.,  Dat 
Instr.  Dual  und  Dat  PI.:  Iqko-mt,  sdo-mb  (das  -mt  scheint 
erst  von  den  11-  und  t-Stämmen  hierher  geraten  zu  sein,  im  lit 
dangu-mlf  vgl.  aksl.  sym-mt,  avirtnl  vgl.  aksl.  |x^»-nf»,  dagegen 
bei  den  o-Stämmen  -u  z.  B.  taJck\  Iqko-ma,  sdo-ma  und  Iqko-fm, 
sdo-tm,  lit  alt  tUtchmus,  dann  tUtorms. 

Dasselbe  0,  das  sich  uns  da  in  einigen  Kasus  noch  erhalten 
hat,   kommt  auch  im  Auslaute  des  1.  Gliedes  der  Komposita 

Yondrik,  Vi^.  ■Ut.  GTunm.  I.  6 


vor,  falls  es  ein  o-Stamm  ist  (Typus:  Nominalstamm  +  Nomen) 
2.  B.  bog(hdbtbCb  ^d'eoaeßijg^;  bagthrodica  y^eoronLog^;  zaimo-davhcb 
föaveiati^g,  faeneratoi^;  auchfhrqkr  ,^Qctv  tx(ov  %üqa^;  studo- 
dejanije  yäaikyeiti^,  vgl.  noch  ai.  aiva^j-  ,Rosse  anschirrend^ 
gr.  iTtfto-^vyag.  Desgleichen  wenn  das  1.  Glied  ein  es-Stamm 
ist:  mtzdo-imtcb  (mtzda)  teXcirrig  ^publicanus^;  rqkotvorem  x^^QO' 
TtolijTog;  so  auch  meistens  im  Lit  galvä^aisztis  {gahä)  ^opf- 
binde';  ausschließlich  auch  im  Germ,  und  Kelt. 

Auch  bei  einigen  sekundären  Suffixen  erscheint  der  Stamm 
mit  -0  z.  B.  dhgo4a  ^Länge'  zu  dhgh  ^ng'  (vgl.  ai.  dirgha-ta- 
zu  dirghd-s);  sramota  ,Scham'  zu  sratm  ,Scham'.  Vgl.  lit  weUca-tä 
,Gesundheit^  zu  svelkaa  ,gesund^  Dann  auch  slaha-stt»  ^Schwäche' 
zu  dabb  ^hwach'  und  and. 

Bei  der  pronominalen  Deklination  finden  wir  ebenfalls 
einigemal  einen  o-Stamm:  Dat.  Sg.  m.  u.  n.  Uhtnu  jenem^  lit 
uralt  tamui  (vgl.  da^gui,  tdkui),  dann  tarn;  Lok.  Sg.  m.  u.  n. 
to-mb,  ai.  tasmin  (vgl.  lit  tamin-pi).  Was  den  Gen.  Sg.  m.  u. 
n.  Uhgo  anbelangt,  so  sieht  man  in  -go  meist  eine  Partikel  (vgl. 
ai.  ghGf  gr.  ejui-ysy  germ.  mi-k,  urgerm.  *ine'ke),  die  an  den  ur- 
sprünglichen Gren.  *ta  (lit  td)  angehängt  worden  wäre.  Unter 
dem  Einflüsse  von  tomu  und  tomb  wäre  *to-^o  zu  to-go  umge- 
staltet worden.  Auch  der  Gen.  Sg.  ceso  ,cuius'  (dameben  auch 
dfbso  nach  dtto  oder  vielleicht  besser  lautlich  aus  deso,  indem  nach 
d  das  e  zvL  t  wurde ,  vgl.  oben  S.  37)  setzt  ein  o  voraus:  *d0'80. 

Beim  Yerbum  gehört  hierher  der  thematische  Vokal  der 
1.  Pers.  Dual,  und  Plur.  des  einfachen  Aoristes:  ved-thve, 
ved-o-fm,  femer  des  5-Aoristes:  ves-o^e,  ves-o-mz  zu  vedq-^^esti 
^führen^  In  der  3.  Pers.  PL  des  einfachen  Aor.  vedq  und  3.  Pers. 
PI.  Präs.  vedqtb  (ursl.  vedqtti)  ist  das  o  im  Nasal  aufgegangen, 
während  es  in  der  1.  Pers.  PI.  Präs.  unter  dem  Einflüsse  der 
Formen  mit  je  aus  jo  z.  B.  pbjeim,  pUemz  u.  s.  w.  von  -e-  ver- 
drängt wurde:  ved^-im.  Im  lit  kommt  es  noch  vor:  v^z-a-me 
sl.  veahe-fm  ,wir  fähren'  trans.,  vgl.  gr.  q>iQ'0'fjiev.  Weiter  im 
Part  Präs.  pass.  vez-thim,  ved-o-mh,  lit  viz-c^-tnas. 

Urspr.  kurzes  a  führte  ebenfalls  zu  o.  Da  auch  im  lit  a 
und  0  dasselbe  Resultat  ergeben,  nämlich  ein  a,  so  scheint  uispr. 
a  schon  in  der  Zeit  der  baltisch-slavischen  Urgemeinschaft  mit  o 
zusammengefallen  zu  sein.  Kretschmer  nimmt  an,  daß  im 
Slav.  wie  im  Balt  o  zu  a  geworden,  also  mit  urspr.  a  zusammen- 
gefallen sei;   später  erst  wäre  aus  den  beiden  a  im  Slav.  ein  o 


83 

geworden^  während  sie  im  Bali  unverändert  blieben  (Abi.  Phil. 
27,  S.  228-240). 

Beispiele  für  o  aus  a:  osh  aksl.  ^Achse',  lii  aasAs,  ahd.  cAsa, 
lat  axis,  gr.  a^,  aL  dkias;  astrb  aksL  ^harf ,  lit  asztrüs,  gr. 
aKQog  ßfih^y  lat  acus,  acidus;  otbcb  aksl.  iVater',  got  atta  ,Vater, 
VorfAhi',  gr.  avxa  ^Alter',  lat  aäa;  oba  ,beide^,  lit  abup  gr.  aiitpfay 
lat  ambo;  osth  ^EseP,  lit  asüaSy  got  a8ÜU8f  vgl.  lat  aainua;  avtn 
jEsler^j  lat  avena  (aus  *ave8na),  lit  adia  (weicht  hinnchtlich  des 
Eons,  ab)  ,Haferkom^  Im  Inlaute:  bog-atb  ,reich',  u-bagh,  ne-bogh 
^Bücrn^  ai.  bhdgas  ,6ut,  Glück^  (ygL  gr.  S-gHxyov  ,ich  aß^);  dobrh 
Tgaifj  mhd.  top/er^  lat  faber;  kont  ,PferdS  wohl  kaum  aus  *kobhh 
zu  Aro^to  ,StuteS  eher  aus  *kamnjo,  vgl.  b.  kamoA,  r.  A^mon» 
^erdS  dagegen  geht  das  o  in  hobyla  auf  a  zurück  vgl.  lat  pa- 
baUus;  koriti  ^demütigen',  gr.  xcr^vij  {KriiÄia  Strafe');  katb,  kotbkt 
fiüisff  vgl.  lat.  catus;  mofe  ^Meer^,  lit.  Plur.  maris,  got  tnari,  lat 
i»iar«/  no««  ^NaseS  nozdri  ^Nasenlöcher,  Nase^  lit  nasral  PL 
3&chen',  ahd.  ncua  ^Nase'  vgl  noch  lat  närSs  (Dehnung);  salb 
ßBhfj  gr.  SXg^  lat  PL  saUa,  got  u.  s.  w.  saÜ. 

Auch  in  entlehnten  Worten  haben  wir  o  für  fremdes  a: 
yanbznqti  ^servari',  got  ganisan,  ahd.  ganesan;  kol^a,  lat  caUen" 
dae,  gt.xalavdai;  kamara,  katnora  ,Kanmier',  latcatnera;  ciUcffb 
^tar',  lat  aUare;  poganim,  lat  paganus,  vgL  franz.  paUn;  popt 
.^Priester',  ahd.  pfafo;  paroda,  gr.  Ttagaösiaog;  solunb  ^BüüaXo- 
vUfj;  weiter  obrim  für  avarus  (bei  Nestor),  gr.  aßaq^  b.  o&r 
^ies^S  P-  olbrzym,  obrzgm  dass.;  apolim,  ispoHm  ,Biese'  von  den 
SpcUi,  27taXoi  ,gens  Spalorum'  (bei  Jordanes  u.  s.  w.). 

Femer  haben  wir  im  Yok.  Sg.  der  a-Stämme  o  aus  a:  rybo 
,0  Fisch',  zeno  ,o  Frau',  vgl.  gr.  vviAq>a^  dianoiva^  ai.  amba  ,o 
Mutter". 

Sporadisch  kommt  auch  im  Slav.  ein  o  vor,  das  dem  9  ent- 
spricht: spoTb  ,reichlich',  ai.  sphiras  ,reichlich';  aksl.  glogb  ,cra- 
taegus'  vergleicht  man  mit  yluf^es  ,Hacheln  der  Ähren'  und  yhSaaa 
(Brugmann,  Grundr.  I'  S.  174).  Brugmann  vermutet  ein  h 
im  Instr.  Sg.  f.  tojq,  aL  tdgä,  ayd  (K  vgl.  6r.  §  603,  4).  Ein 
Pf  ==  ai.  ay  '^  slav.  oj  scheint  auch  vorzuliegen  in  ai.  dkdyati  ,er 
saugte,  aks.  dojq  ,ich  säuge',  w.  dh9(i),  vgL  dU-^  ,Säugling,  Kind'; 
stojq  4ch  stehe',  lit  stataü  ,ich  stelle',  got  staps  ,Stätte',  lat  8fo- 
tusj  gr.  avctfög,  ai.  sthäds  ,8tehend':  stä-  ,stare'. 

Wie  schon  erwähnt,  ist  aus  heterosylL  ^,  d.  h.  vor  Vokalen, 
schon  im  Urbaltischslav.  ov  geworden:  novt  ,neu',  vgl.  gr.  v6(/)og, 

6^ 


84 

preuß.  nawans,  lai  novos;  jjlavq  ^hiffe,  schwimme^,  gr.  7vXf{f)w; 
vbdava  jWitwe*  aus  ^vide^ä,  lat  vidua,  im  Preuß.  tpiddewü  ,Witwe^ 
{€  für  unbetontes  a);  dovo  ,Wort^,  gr.  yJii{ß)og,  vgl.  auch  lii  tävas 
jtmsfy  gr.  Ti(ß)ogy  aävas,  gr.  €(/)os. 

Meillet  nahm  an,  dafi  «w  vor  palatalen  Vokalen  geblieben  sei 
(Becherches,  S.  86).  Es  ist  allerdings  wahrscheinlicher,  dafi  ein  arslav. 
^nev^  ,nean^,  am  auf  slay.  Boden  zu  bleiben,  unter  dem  Einflasse  yod 
de$^  ,zehn'  zu  dev^  geworden  ist  (und  analog  auch  lit.  nevyni  zu  devyniy 
let.  dnoMi),  als  daß  erst  ein  *  noe^  zu  d&v^  umgewandelt  wurde.  Man 
würde  auch  das  preufi.  neu^wU  ,der  neunte'  eher  begreifen  und  brauchte 
nicht  an  eine  deutsche  Beeinflussung  hiebei  zu  denken.  Ebenso  konnte 
im  Slay.  Gen.  8g.  *ieve  (Nom.  iy  ,du')  leichter  zu  tehe  unter  dem  Einflüsse 
des  Dat.  tebi  führen  als  ein  nach  der  obigen  Theorie  vorauszusetzendes 
*tave.  Im  Lit.  ist  totv,  nebenbei  bemerkt,  in  der  Deklination  verallge- 
meinert worden.  Allein  es  ist  nicht  recht  ersichtlich,  wie  so  die  palatalen 
Vokale  schon  im  ürbaltischslav.  diese  Wirkung  hätten  ausüben  können; 
eher  würden  wir  sie  noch  auf  slav.  Boden  begreifen.  Nun  sind  aber  die 
erw&hnten  Fälle  nicht  auf  das  Slav.  beschränkt,  wie  wir  sahen.  Auch 
der  Nom.  Fl.  »ynove  ,85hne'  wäre  nicht  recht  erklärlich.  Wir  müssen 
daher  annehmen,  dafi  der  Übergang  des  eti  zu  ov  in  gewissen  Fällen  nicht 
durch  den  nachfolgenden  palatalen  Vokal,  sondern  unter  dem  System- 
zwange aufgehalten  worden  ist,  d.  h.  durch  ein  anders  geartetes  e  in 
nahe  verwandten  Worten  oder  Formen.  Ein  *n«r^  behielt  also  wegen 
des^b  das  ev  bis  es  zu  dev^b  wurde.  Der  Nom.  Flur,  der  ii-Stämm» 
9ynov€  aus  *9üimum^  ai.  »ündcai,  vgl.  gr.  x^X'i'^s  ,Arme'  ist  dann  ganz 
der  Begel  entsprechend.  Es  wäre  sonst  wegen  der  dominierenden  Stellung 
eines  Nom.  nicht  recht  wi^hrscheinlich,  dafi  er  nach  dem  Gen.  Fl.  «^ium» 
und  nach  dem  Dat.  Sg.  »ynovi  (aus  *9üne^i,  ai.  iündve^  lit.  wunui  wohl 
nach  den  o-Stämmen  mtkui)  umgebildet  worden  ist,  wie  M.  annimmt. 
Wir  bemerken,  dafi  umgekehrt  der  Gen.  Fl.  tynovb  nach  dem  Nom.  sytiave 
gebildet  ist,  während  es  im  Lit.  nina  aus  ^tünvu  (vgl.  ss«  aus  ^nvS) 
Isutet  (vgl.  gr.  yo6vo9v  aus  *yorßmr,  x^X'^^  ist  nach  sr^x^'s,  also  analog 
wie  das  slav.  synovb  gebildet).  M.  führt  noch  als  seiner  Begel  ent- 
sprechend  drevUHb,  dretfbnb  ,pristinus*,  drwffe  ,o)im,  prius*  an,  aber  die 
Etymologie  ist  dunkel  («  könnte  auch  auf  jo  zurückgehen)  ebenso  wie  bei 
den  unerklärten  preufi.  Ausdrficken  gewinna  und  6r«irtiint  (eine  Vermutung 
über  diese  Worte  bei  Berneker,  Die  preufi.  Spr.  S.  135). 

Über  das  o  im  Anlaute  z.  B.  r.  ozero  ßeef  gegen  dJkÄ.  jezerOj. 
olent  gegen  jelmt  u.  s.  w.  s.  S.  48. 

Veränderungen  des  o  auf  slavischem  Boden.  Um- 
laut zu  e.  Schon  im  Urslay.  wurde  o  za  e  nach  weichen  Kons, 
d.  h.  nach  j  allein  oder  nach  einem  ein  j  enthaltenden  oder  vor- 
aussetzenden Kons.,  also  nach  r',  V,  n%  6,  z,  ä,  ü,  zd,  c  (aus  kj)y 
dz  (aus  gj)f  z  (aus  dz^  bez.  gj\    Von  den  weichen  o-Stämmen 


85 

gehört  hierher:  der  Nom.  Akk.  Vok.  Sg.  der  Neutra  z.  B. 
mar^e  ^man&f  pol^e  /»mpus'  gegen  sdo,  migto;  jeze  fpioöf  gegen 
to;  Instr.  Sg.  kan'emb,  mor^emt  von  hm't  ^equosS  mar^e  ,mare^ 
gegen  rokomt,  sdomb;  Dai  Instr.  Dual,  hm'ema,  mor^ema 
gegen  rohoma,  sdoma;  Dai  PI.  hon'emh,  mor^emb  gegen  roibmi», 
tdomb;  bei  den  Kompositis  z.  B.  vaje-voda  jOroarfiyos^  gegen 
bogo-rodica  ^^eo-toxog^^  dann  sujeta  ,vanita8S  nüteta  ^paupertas' 
gegen  dhgota  Jjänge';  einige  den  if-Stämmen  entlehnte  Endungen: 
Dat  Sg.  vradem  ^medioo'  gegen  bogovi;  Nom.  PI.  vraSwe  gegen 
bogove;  Gen.  PI.  vracevb  gegen  bogovb;  das  possessive  Adjekt 
kral'en,  kroTeva,  knü'evo  jcegfsf  neben  rcUforb,  -a,  -o  ^rvi^;  bei 
den  ^Stämmen:  Vok.  Sg.  duSe  ^nima^,  Instr.  Sg.  duäejq  gegen 
rybo,  rtfbojq;  neben  dem  Nom.  Akk.  Vok.  jeze  gegen  to  noch 
einige  Kasus  der  pronom.  Dekl.  und  zwar  Oen.  Sg.  jego  fiiwaf 
gegen  togo;  Dat  Sg.  ßmu  ,ei^  neben  tomu;  Lok.  Sg.  jemb  neben 
tomt;  Gen.  Sg.  gen.  fem.  jef^  neben  ioj^;  Dat  Sg.  ßf  neben 
toj;  Instr.  Sg.  jejq  neben  tojq;  Gen.  Lok.  Dual  m.  u.  n.  ßju 
neben  toju,  vgl.  weiter  jielii»  ^quantus^  neben  tolikb  ytantus';  pteegda 
jSemper',  jegda  ^quando^  gegen  togda  ,tum';  auch  der  Gen.  öeeo 
zu  cb4o  ^ui-d'  gehört  hierher,  indem  er  auf  *doso  zurückgeht 
Das  6  ist  aus  dem  Nom.  äUo  vgl.  lat  qui-d  verschleppt  und  ver- 
allgemeinert worden  (vgl.  auch  öego  aus  *dogo  nach  togo).  Ur- 
sprünglich lautete  der  Gen.  wohl  *qo8io  (vgl  ai.  käeja),  slav. 
*koso,  woraus  mit  dem  nominativischen  c  *co80  und  schließlich 
deso  entstand.  Die  Genetivendung  -so  sah  man  auch  im  griech. 
-ov  aus  -oao  (Johansson,  De  derivatis  verbis  contractis,  Upsala 
I8869  S.  216),  wenn  es  auch  J.  Schmidt  plausibel  zu  machen 
suchte,  daß  ov  aus  -ocio  entstanden  ist  (KZ.  38,  S.  34  ff.).  Über 
cbso  st  6eäo  vgL  oben  S.  37.  Es  war  nicht  die  ursprüngliche 
Form,  denn  sonst  müßte  es  *cbcho  lauten.  Indem  an  öeso,  dbso 
noch  das  als  G^netivenduiig  gefühlte  Suffix  -go  angehängt  wurde, 
entstand  öenogo,  ctsogo  und  analog  auch  im  Dat  cesomu,  öbsomu. 
Hierher  gehört  auch  die  schon  erwähnte  Nebenform  Gen.  öego, 
Dat  öemu  aus  *cogo,  *öomu,  was  analog  nach  togo,  tomu  gebildet 
wurde.    Vgl.  auch  den  Lok.  cemh  gegen  komt,  tomt. 

Im  Präsens  haben  wir  in  der  1.  Pers.  PI.  und  Dual,  den 
Bindevokal  -e-:  nes-e-m»^  nes-e-ve.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich, 
daß  das  -^-  von  den  Verbis  mit  -jo-,  -je-,  wie  oben  erwähnt,  aus* 
ging:  teä-e-mh,  tee-e^e  aus  *tesj-omh,  ^teej-^hvi  zu  tesati  ,zimmem^ 
BeJin  starken  Aorist,  wo  es  keine  jo-,  ^-Stämme  gibt,  hat  sich 


86 

das  -0-  behaupten  können:  nes-thim,  ne8'(hvi.  ImLit.  ist  das  -o* 
noch  erhalten  und  dazu  sogar  im  Präsens  verallgemeinert:  sük-cnne 
,wir  drehen'  u.  s.  w.  Der  Umlaut  kommt  femer  vor  in  den  In- 
finitiyformen  der  Yerba  der  YI.  Kl.,  falls  sie  einen  weichen  Kon- 
sonanten enthalten:  nqpbiUvati  ,meinen'  gegen  müovaH  ,misereri^ 
und  schließlich  im  Part  Präs.  pass.:  glagd'-e-fm  jUyofAt^ 
gegen  t^ed-o-m«,  nes-o-rm. 

Wie  man  sieht,  bleibt  es  sich  gleich,  ob  das  o  ursprachlich 
ist  oder  auf  ein  a  zurückgeht  Ja  selbst  auf  eu  kann  es  zurück» 
gehen:  r^ewf  aus  *rjovn  zu  ruti,  rjuii  ,brüllen'  nach  kavq,  *kuU 
(b.  kauti)  ,schmieden^ 

Eremdworte  kommen  mit  und  ohne  Umlaut  vor,  z.  B.  ant- 
drieva  Mar.  Job.  1.  46  gegen  antdr^ovi  ib.  Mar.  1. 29  ^u4vdQeiüv; 
moseemz  ib.  Mar.  9,  4  gegen  mosiomb  diä  Mwvaiwg  Zogr.  Job. 
1. 17.  vb  erdansUi  rici  iv  Tf[j  ^loQdavfj  TrovafKp  Assem.  Mar.  1.  & 
(Ostr.  hier  ierdantsc^  gegen  wrbdanscH  im  Mar.  u.  s.  w.  Solche 
Fälle  zeigen  uns,  daß  die  Slaven  selbst  auch  noch  in  der  bist 
Zeit  das  jo  nicht  leicht  aussprechen  konnten.  Vgl.  auch  noch 
igäa  für  tcSra  im  Evang.  von  De£.  Matth.  5.  18  (in  der  Aus- 
gabe des  Mar.).  Daher  kann  man  moseomh  u.  dgl.  auch  anders 
erklären.  Für  ursprüngliches  ee  haben  wir  nämlich  mitunter  eo: 
vb  ^eone  h  yeewf]  Zogt.  Mat  10.  28  gegen  g'eenS  im  Mar.  vb 
g'eanq  finden  wir  häufig  in  allen  Denkmälem,  die  hier  in  Betracht 
kommen.  Femer  vb  vUtUomb  Btj^leifi  61ag.  Cloz.  884,  dagegen 
Supr.  Vb  viOdeemi  (340.19)  und  Glag.  Cloz.  vb  vübUmi  892,  Supn 
Vb  viMeeme  340.  25.  Infolge  dessen  wird  es  wahrscheinlich,  daß 
es  sich  um  eine  Yerdumpfung  des  e  handelt,  wenn  die  nächste 
Silbe  einen  dumpfen  Vokal  enthielt  (vgl.  tbma  gegen  ttme);  später 
drang  dann  das  o  überhaupt  durch.  So  haben  wir  in  der  Sav. 
Kn.  durchwegs  viihtieamb  (auch  im  Jjok.  Sg.  -eome,  ebenso  im 
Ev.  Y.  De&,  während  im  Mar.  und  Zogr.  noch  die  beiden  e  er- 
halten sind).  An  den  Prozeß,  nach  welchem  z.  B.  im  R  aus  je 
ein  jo  geworden  ist,  ist  hier  noch  nicht  zu  denken.  Der  Übergang 
in  eo  war  wohl  nur  dort  möglich,  wo  es  bei  ee  blieb,  wo  sich  da- 
gegen ein  eje  entwickelt  hatte,  blieb  es.  So  ist  wohl  auch  maseomb 
und  moeeemb  d.  L  *mo8ejemb  zu  beurteilen  (vgl  S.  39£). 

Im  Böhm,  und  zwar  schon  in  den  Bohemica  aus  dem 
XII. — Xin.  Jhd.  und  in  den  ältesten  Texten  erscheint  wieder 
vielÜEush  0  statt  des  durch  Umlaut  entstandenen  e  z.  B.  Dat  Lok. 
Sg.  wrdd-^m  ,dem  Ackerer^,   bojovati  ,kämpfen'  u.  s.  w.  (vgl.  Gto- 


87 

bauer  ly  S.  236  ff.}.  Dieses  o  zeigt  sich  auch  im  P.  und  Sorb., 
80  daß  es  als  eine  westslav.  Eigentümlichkeit  aufge&ßt  werden 
mnfi.  Aber  daran  kann  nicht  gezweifelt  werden,  daß  dieses  o 
erst  wieder  unter  dem  Einflüsse  der  parallelen  Formen  mit  o  der 
harten  Stamme  aufgetaucht  ist  Neben  dem  o  taucht  aber  im 
Ab.  ein  6  in  den  betreffenden  FäUen  au^  z.  B.  Gen.  Fl.  devit 
mesieeiev  (mielliecziew  Hrad.  63a)  ,9  Monate'.  Gebauer  faßt 
es  als  eine  Analogiewirkung  auf  (1.  c.  S.  240):  Dat  PI.  ordöiem 
nach  duiiem  aus  duiam  u.  s.  w.,  aber  es  gelingt  nicht  überall 
solche  Parallelformen  wie  duüem  ausfindig  zu  machen.  Jagic 
vermutet  hier  wieder  alte  Überreste  des  urslav.  Umlautes  o  —  e 
(Afslph.  XVIy  S.  517).  Dann  würde  man  aber  nicht  begreifen, 
warum  in  diesen  Fällen  e  und  nicht  e  geschrieben  wird  (zur  Zeit 
als  die  lotation  noch  gewahrt  wurde).  WahrscheinUch  handelt 
es  sich  hier  um  einen  speziell  b.  neuerlichen  Umlaut  des  o  zu  e, 
da  ja  hier  auch  a  zu  e  und  u  za  i  umlautete.  Freilich  wäre 
dieser  Umlaut  o  —  e  nur  lokal  gewesen,  selbstverständlich  mit 
Ausschluß  des  Slovak.  und  des  größeren  Teiles  der  mährischen 
Dialekte.  Er  ist  belegt  aus  der  Zeit  um  1300  und  die  Belege 
gehen  bis  etwa  gegen  Ende  des  XY.  Jhd.;  im  XV.  Jhd.  hat 
die  Zahl  der  Texte  mit  diesem  Umlaute  den  Höhepunkt  erreicht; 
das  spricht  eben  nicht  für  das  Vorhandensein  von  alten  Über- 
resten des  ursprüngUchen  Umlautes.  Im  B.  ist  a  —  e  der  älteste 
Umlaut,  nach  den  Belegen  würde  dann  o  —  e  folgen  und  erst  zu 
Anfang  des  XIV.  Jhd.  u  —  *. 

Assimilation.  Wenn  in  nicht  weichen  Silben  e  für  o 
steht  y  so  ist  es  unter  dem  Einflüsse  des  Vokals  der  nächsten 
Silbe  geschehen.  Dieser  pflegt  ein  e  oder  ii  zu  sein.  So  finden 
wir  odeleti  neben  odoleti  ^überwindend  ebenso  auch  udeleti  neben 
udoläi  z.  B.  udelejqtz  Zogt.  Mat  16.  18,  dagegen  Mar.  hier 
udolejqtz  (Assem.  udoblejqtb);  so  finden  wir  udeleti,  odeleti  noch 
im  Psalt  sin.  9.  26;  Euch.  sin.  60b,  Supr.  26.  10  und  udoleti, 
odoleti  Psalt.  sin.  9.  26;  Euch.  sin.  3b;  Supr.  26.  24.  Neben 
popd^  ,Asche'  (Mat  21.  21,  Luc.  10. 13  im  Zogr.  Mar.  Psalt  sin. 
101.  10;  Supr.  369.  12,  so  auch  in  den  westslav.  Sprachen),  r. 
schon  pipel,  s.  pepeo.  Interessant  ist  auch  der  Kompar.  debrie 
,melius*,  der  nur  im  Zogr.  vorkommt:  Marc  9.  42.  43.  45,  wo- 
gegen hier  Mar.  dobree  hat  Im  weiteren  Texte  (Marc.  9.  47) 
finden  wir  letzteres  auch  im  Zogr.,   wie   auch  noch  Mat  26.  24. 

Wenn  neben  desiti  ,finden*  (z.  ß.  Supr.  218;  371,  Euch.  sin. 


88 

71  a,  serb.  disUi)  im  Ar.  auch  dositi  vorkommt,  so  müssen  wir 
Meillet  recht  geben,  der  letzteres  als  die  sekundäre  Form  an- 
sieht (Etudesy  S.  116—116,  er  veif^leicht  desüi  mit  d^fiai). 
Man  beachte,  daß  in  unseren  bisherigen  Fällen  ein  e  oder  S 
nachfolgte,  was  bei  deaiti  —  dositi  auch  nicht  zutrifft.  Vgl.  auch 
noch  b.:  nehet  (Finger-),Nagel'  gegen  aksl.  noffbU  (noga  ,Fuß'). 
Dositi  ist  offenbar  unter  dem  Einflüsse  der  übrigen  Yerba  der 
lY.  Klasse,  die  in  der  Begel  ein  o  aufweisen,  entstanden.  Auch 
tenäo  ,Netz'  ist  wohl  primär  und  daraus  erst  tonaio,  Umeto  ent- 
standen (umgekehrte  Assimilation). 

Die  Assimilation  im  weiteren  Sinne  betrifft  auch  andere 
Vokale  z.  B.  tm^kb  ,dünn'  aus  und  neben  tbnhkb,  vgl.  lii  tenvas, 
lat  tmuis.     Vgl.  auch  das  oben  erwähnte  g'eonq  gegen  geene. 

Horäk  suchte  unrichtig  die  Formen  odoUti — oddeH,  zama- 
toreti  —  zamateräi  u.  s.  w.  als  Spuren  des  alten  Ablautes  e  —  o 
zu  erklären  (Lf.  29,  S.  131 — 132).  Die  hier  behandelte  Assimi- 
lation ist  nicht  gemeinslavisch,  sondern  sie  tritt  nur  sporadisch 
auf  dem  slav.  Gebiete  auf.  Ebensowenig  könnte  auch  dev^ 
durch  die  Annahme  einer  solchen  Assimilation  aus  einem  ange- 
nommenen *dov^  erklärt  werden  (siehe  oben  S.  84). 

Im  Inlaute  ergab  tautosyll.  on,  om  wie  auch  am,  an  den 
Nasal  q;  desgleichen  auch  in  nicht  absolutem  Auslaute:  zqbh 
,ZahnS  vgl.  gr.  yopapog  ,Pflock^,  W.gembh,  vgl.  Z4^  ,friere';  blqdh 
,error'  Ablautstufe  zu  bl^dq  ,erro';  qgh  ,WinkeP,  vgl.  lat.  angvlus. 

Hierher  gehört  die  3.  P.  PI.  Präs.  der  L,  II.,  V.  und  VI. 
Verbalklasse:  ved<ftb  ,ducunf  (ursl.  ^vedc^h  aus  *vedonti),  dvignqtb, 
dUajiftb,  müujqtb. 

In  nicht  absolutem  Auslaut:  3.  P.  PI.  des  einfachen  Aor. 
vedff  aus  "^vedont,  vgl.  eyvov  aus  *egnont.  Damach  müßte  -ons, 
das  man  allgemein  als  die  Akkusativendung  PI.  der  o-Stämme 
ansetzt,  -r^  ergeben.  Das  ist  aber  nicht  der  Fall,  sondern  wir 
haben  bei  den  harten  o-Stämmen  -y;  roky  von  rokb  ,terminus^ 
und  bei  den  weichen  -^;  mqz^  ,viros^  von  mqeb.  Man  muß  dem- 
nach annehmen,  daß  das  8  im  Auslaute  im  Gegensatze  zu  t  das 
Aufkommen  des  Nasals  verhinderte  und  zwar  sowohl  in  ons  als 
auch  in  -Jons,  In  diesen  Fällen  war  damals  noch  kein  Nasal 
entstanden,  als  er  schon  z.  B.  in  den  Partizipialformen  wie  zna- 
jqsta,  znajqätu  u.  s.  w.  und  in  der  3.  P.  PI.  znajqtt  bestand. 
Dann  erst  wirkte  der  Umlaut  des  Jo  zu  ß,  so  daß  wir  neben 
einem  -ons  ein  -Jena  erhalten.    Das  letztere  führte  zu  -ß  z.  B. 


89 

aksl.  wq^,  das  erstere  wurde  zunächst  zu  -uns,  dann  -üs,  woraus 
-y:  rohf.  Der  Umlaut  jo  za  je  war  nicht  einer  der  ältesten  laut- 
Hchen  Prozesse  im  Slav.  Es  ging  ihm  vorher  die  Verdumpfung 
des  -08  zu  -1»  im  Auslaute  (vgL  bei  y),  er  ist  aber  älter  als  die 
Monophthongierung  der  Diphthonge  (vgl.  bei  e), 

0  geht  in  u  über.  Dieser  Prozeß  ist  unter  bestimmten 
Bedingungen  schon  im  Uislav.  eingetreten  ^  wo  dann  aus  dem  u 
natürlich  ein  z  geworden  ist  Zunächst  handelt  es  sich  um  ge- 
schlossene Silben  im  Auslaute,  als  sich  noch  gewisse  Kons,  hier 
behaupteten.  Es  kommen  da  insbesondere  die  Silben  -os  und 
-om(n)  in  Betracht  Aus  -us,  -un  ist  dann  ^  geworden.  So  im 
Nom.  Sg.  der  o-Stämme:  rokb  ,Termin'  aus  *roko8,  *rokus,  vgl. 
lat  hortua  aus  hartos;  die  Endung  der  1.  Pers.  PL  Präs.  und 
beim  Yerbum  überhaupt  -im  z.  B.  ved-e-tm  ,ducimusS  vgl.  lat 
-iHU8  aus  -mos;  im  Akk.  Sg.  der  o-Stämme:  rokb  aus  *rokam, 
*rokum,  vgl  lat  hortum  aus  hort&m;  1.  P.  Sg.  des  starken 
Aor.  vedz  ^uzi<,  vgl.  gr.  eq^vy-op. 

Wir  haben  auch  Fälle,  in  denen  im  Inlaute  schon  im  Ge- 
meinslav.  dem  o  ein  %  gegenübersteht  So  kommt  im  Aksl.  neben 
chaiiti  ,wollen'  auch  diztiti  vor  z.  B.  im  Supr.  chvteti  86,  3; 
di^ite(tb)  117.  1;  ckzitq  128.  9;  416,  11;  ckzt^  406,  6.  So  auch 
im  Ab.  chocu,  choci  neben  citcu,  chci  und  im  Aor.  chJüch  neben 
dioUch.  Es  handelt  sich  nun  darum,  was  das  Primäre  ist.  Da 
hier,  wie  wir  sehen  werden,  von  einem  ^  auszugehen  ist  und 
dieses  zu  z  (t)  führte,  so  müssen  wir  es  auch  hier  voraussetzen. 
Das  ältere  ist  demnach  das  ^  und  dieses  blieb  ursprünglich  wohl 
in  unbetonten  Silben.  In  betonten  Silben  ist  es  dagegen  zu  o 
geworden.  Daß  sich  dann  mannigfache  gegenseitige  Beein- 
flussungen geltend  machen  konnten,  ist  begreiflich.  Darüber  noch 
weiter  unten  bei  urspr.  t^i,  ^. 

In  kogdd  ,waiiii^  i^dd  ,danii'  kann  das  »  aus  kbda^  nikbda  (serb. 
hada),  wo  es  wieder  aus  kbde  ,wo'  (hier  &  aus  ursprachl.  u,  vgl.  ai.  küKa 
,wo,  wohin',  av.  kudä  ,wo*)  Eingang  fand,  verschleppt  sein.  Jedenfalls 
sind  kogdd^  iogdd  die  älteren  Formen,  wie  eben  die  ümlautsformen  jegdä, 
Vb9egda  dafftr  sprechen  (vgl.  oben  S.  85),  mochten  sie  nun  aus  ^kogo^oda, 
*toga-^odo  entstanden  sein  oder  als  das  Produkt  eines  Yerquickungs- 
Prozesses  zweier  derartiger  Adverbien  erscheinen.  Im  ersteren  Falle 
dürfte  man  aber  ja  nicht  etwa  eine  Mittelstufe  *koguUi  voraussetzen, 
sondern  man  m&Bte  annehmen,  dafi  aus  ^kogo-goda  zunächst  infolge  Aei 
Haplologie  ein  *kogoda  entstand,  woraus  sich  dann  infolge  eines  engeren 
Anschlusses  an   das  ältere  k^da  direkt  ein  kogda  und  k^gda  entwickelt 


90 

hätte,  für  den  Übergang  eines  o  in  s  im  Wortinnern  haben  wir  sonst 
keine  Belege. 

Später  bemerken  wir,  daß  in  einzelnen  slav.  Sprachen  o  zu 
u  werden  kann,  und  zwar  gilt  dies  besonders  von  unbetontem 
0.  So  im  Ostbg.:  kulivi  (kolave),  piru-tu  (perihio),  basukrdk  (boso- 
krak)  u.  s.  w.  Auch  in  einigen  maced.  Dialekten,  aber  meistens 
dann  nur  im  Auslaut:  mcUku,  tukü,  do  tamu,  cMu,  aku.  Doch 
kann  man  hier  vereinzelte  Fälle  finden,  in  denen  selbst  betontes 
6  zu  u  wird:  üHe  {öste  ,noch'),  düri  (dori  jbisO  u.  s.  w.  (vgl. 
Lavrov,  Obzor  S.  52). 

Schwache  Spuren  des  Überganges  von  o  zu  i«  kann  man 
schon  in  den  altkirchenslavischen  Denkmälern  finden,  so 
z.  B.  tbkbmu  st  tbkhmo  ,ei  /ii]'  im  Zogr.  Marc.  5.  37;  uchudejqüe 
Supr.  241,  14,  einige  Zeilen  weiter  unten  ochudije  Z.  21  (Ver£ 
Glag.  Cloz.  S.  10). 

Dialektisch  findet  man  diesen  Übergang  weiter  im  Slov.: 
tOiu,  im  Großr.:  pudi,  pud^  (Olonec),  bugoröd^ica  (Vladimir),  im 
Nordklein r.:  uhöA,  tvM  u.  and.  Im  Anlaut  konnte  dann  das 
II  weiter  entwickelt  werden,  daher  Klein r.  dial.  ^hoA  {ognt 
,Feuer^),  |t6a  (oba  ,beide'),  una  (ona  ,^e%  ^ara  (aksl.  obora),  ^^id 
(obed^),  dann  sogar  auch  labiodental:  vna,  vba.  Vgl.  im  Dialekt 
von  Lesina:  po^ku  aus  po  oku,  pouchuipo  uhu  (Afsl.  Ph.  16, 
S.  435)  und  im  slov.  Bosenthaler  Dialekt  ukü  {oho  ,AugeOy  tfio^i 
(ubil). 

Labialisierung  des  o.  Das  o  erfährt  in  einigen  slav. 
Sprachen  durch  eine  intensivere  Beteiligung  der  Lippen  (Rundung 
und  Vorstülpung)  bedeutende  Änderungen,  indem  hiebei  der 
bilabiale  Laut  n  aufkam.  Bedingungen  dazu  waren  der  Silben- 
verschluß und  seltener  bestimmte  Betonuugsverhaltnisse^.  Das  alles 
führte  zunächst  zu  ö,  das  in  vielen  Dialekten  noch  vorhanden  ist 
(so  insbesondere  im  Ka§ub.,  dann  in  s^  slov.  und  slovak.  Dialekten)» 
Damit  aber  ein  derartiges  o  labialisiert  werden  könnte,  mußte  es 
zunächst  eng,  geschlossen  sein:  es  mußte  sich  eben  dem  u  nähern 
(vgl.  oben  S.  14).  In  einer  Reihe  von  slav.  Sprachen  wurde  nun 
jedes  lange  ö  zu  )fö;  ^  und  die  weiteren  Resultate  konnten 
schließlich  ein  von  o  ganz  verschiedener  Laut  sein:  ein  blosses 
langes  oder  kurzes  u  oder  i.  Wurde  ein  kurzes  o  labialisiert,  so 
blieb  es  erhalten. 


1.  Letzteres  nur  im  P.  in  der  Gruppe  <ro<,  Hot  wie  di6tOt  r.  doimU^ 
piotno,  r.  polotno  n.  s.  w.  gegen  zMo,  r.  zoloto  {zkUo)  n.  b.  w. 


91 

Am  weitesten  ging  dieser  Prozeß  im  Eleinrnss.  Hier  wird 
jedes  nrslay.  o  in  geschlossenen  Silben  gedehnt  und  labialisiert^ 
während  jedes  o  in  offenen  Silben  unverändert  bleibt  Dialektisch 
findet  sich  noch  dieses  lange  ö  (Grodno:  köii),  dann  aber  auch 
Ifo  (Sjedlec:  aus  )fO  ein  fio  z.  B.  kuoA)  und  j^i:  ki^iA^  ,PferdS 
suiP  jSsiz^  und  das  gewöhnliche  Resultat  nach  Schwund  der 
Labialisation:  dim  aksl.  dorm  yHsmsfy  kU^,  aksl.  kostt  ^Knochen', 
kiA  ,Pferd',  siP  ßaizK  Im  Anlaut  bleibt  sie:  ^in  aksl.  om  ,er^, 
uU  aksl.  otb  yTon^  Dieses  i  ist  in  den  meisten  Dialekten  hart, 
erweicht  also  in  der  Regel  nicht  den  vorhergehenden  Eons«;  es 
kann  aber  noch  weiteren  Yerilndeningen  unterliegen.  Aus  dem 
uo  konnte  andererseits  bei  einer  weiteren  Verengung  des  o  auch 
UU  und  daraus  ti  werden  (ebenso  aus  den  dialektischen  üö):  nord- 
kleinr.:  kun,  suC. 

Im  Poln.  wird  in  geschlossenen  Silben  das  o  nur  vor  tönen- 
den Eons,  gedehnt  und  labialisiert:  hug  (geschrieben  bog  jQoWy 
aksl.  hogfb\  grud  ,Stadt,  Burg^  (geschrieben  gröd,  aksl.  grad^  aus 
älterem  *gordz.  Auch  hier  wurde  aus  ö  ein  uo,  das  dialektisch 
noch  vorhanden  ist  (Posen),  daraus  dann  ffii  und  u  (geschrieben  6). 
Vor  tonlosen  Eons,  tritt  nicht  die  Dehnung  ein:  bok,  aksL 
bokb  ^Seite';  grot,  aksl.  grotb  ^Spitze'. 

Im  Eleinr.  und  P.  muß  also  überhaupt  die  Silbe  geschlossen 
sein.  Hinsichtlich  der  Dehnungen  schließt  sich  an  das  P.  das 
EaSub.  an,  da  sie  hier  unter  denselben  Bedingungen  eintreten, 
aber  zu  der  LabiaUsierung  und  weiteren  Veränderung  ist  es  nicht 
gekommen,  daher:  bog,  kön,  ypz  ,Wagen^,  böi  ,EampP,  aber  snop 
yGarbe',  kos  ^Amsel^  (weil  hier  tonlose  Eons,  nachfolgen). 

Auch  im  Böhm,  hat  sich  der  gedehnte  Vokal  ö  dialektisch 
noch  erhalten  (z.B.  Hrozenkov:  vöz,  dvär  yHof',  möi  ,mein^).  Im 
allgemeinen  wurde  aber  das  ö  labialisiert:  uo  (dialektisch  auch 
jetzt  noch  allerdings  mit  labiodentalem  v:  kv&A,  aber  kona,  von) 
und  daraus  ü,  d.  h.  il,  durch  die  Zwischenstufe  uo,  die  dialektisch 
auch  noch  vorkommt.  In  den  ab.  Denkmälern  taucht  uo  (wohl 
die  graphische  Bezeichnung  für  ffo)  schon  in  der  ersten  Hälfte 
des  XIV.  Jhd.  und  ü  (geschrieben  u,  ü,  ü  u.  s.  w.)  um  die  Mitte 
des  XIV.  Jhd.  auf.    Dialektisch  ist  im  Slovak.    auch   ua  vor- 

1.  Da  nicht  anzunehmen  ist,  daß  i^  ijfo)  direkt  zu  ffi  führte,  so 
kann  man  Yielleicht  an  ein  ff«  als  Übergangslaut  denken.  Das  ü  hätte 
also  einen  harten  i  (y-)Laut  ergeben,  wie  etwa  im  ürslay.  aus  ü  ein  y 
geworden  ist. 


banden :  ku^n  ^erd',  m%ai  ^ein^,  es  geht  hier  jedoch  auf  jio, 
tfo  Zurück,  wobei  das  o  offen  geworden  ist 

Auch  im  Obersorb.  wird  der  Vokal  bei  Silbenverscbluß 
und  bestimmten  Akzentverhältnissen  alteriert:  puop  ^estei',  duoi 
,TalS  ruo^  ,Grab^. 

Im  Polabischen  war  die  Labialisation  gewiß  vorhanden, 
wie  die  Schreibweisen  und,  vid  aksl.  atb  ,von';  pid  aksL  pod^ 
,unter^;  muk,  müsia,  rnüse  (aksl.  mogq  JLch  kann%  mozeH  u.  s.  w.) 
dafür  sprechen.  Allerdings  finden  wir  ü  auch  in  offenen  kurzen 
Silben:  nügga  aksl.  nogq  ,Fuß'y  nütze  aksL  noHi,  noitt  ,Nacht^, 
aber  sonst  wird  es  mit  ö  wiedergegeben. 

Das  Slovenische  hat  dialektisch  uo  (venetianisch)  und  ü 
(bah  für  bog  ,Gott*),  das  in  den  meisten  Dialekten  auf  uo  zurück- 
geht So  haben  wir  resian.  (Baudouin  de  Courtenay:  Opyt 
fonetiki  rezjanskich  govorov):  büh  ,GottS  dum  ,fiausS  hnüi  ,Dün- 
ger',  mü8t  ,Brücke^;  venetianisch:  tnuost,  hnuoi,  bruod,  ruoh, 
sladkuo;  im  Görzer  Mittelkarstdialekt:  büh,  nüs  ^NaseS  bai 
,Eampf,  kü8t  ,EnochenS  und  mit  unverändertem  langen  Vokal: 
böp,  köä,  möst;  mit  kurzem  Vokal:  sto^,  ffojf. 

Auch  einzelne  Dialekte  des  S erb. -Kr.  partizipieren  daran. 
Im  Dialekt  von  Lastovo  wird  langes  ö  sehr  geschlossen,  in  ein- 
zelnen Fällen  fast  wie  «o  ausgesprochen;  in  Lesina  wird  langes 
0  zu  uo,  in  Comisa  zu  u  (Afsl.  Ph.  16,  S.  433). 

Hinsichtlich  des  B.  glaubte  Geh  au  er  (I,  S.  247),  dafi  hier  der 
deutsche  Lautwandel  d— oti— «  maßgebend  gewesen  wäre  und  daß  die 
deutschen  Kolonisten  in  Böhmen  den  Impuls  dazu  gegeben  hätten. 
Allein  das  können  wir  nicht  zugeben.  Schon  bezüglich  der  Zeit  klappt 
es  nicht,  denn  im  Deutschen  tritt  dieser  Prozeß  viel  früher  auf  und  ist 
Auch  im  großen  und  ganzen  früher  durchgeführt  worden.  Dazu  kommt 
noch,  daß  die  Identität  des  Prozesses  eigentlich  nur  eine  scheinbare  ist. 
Es  muß  beachtet  werden,  daß  es  deutsche  Sprachgebiete  gab,  wo  ö  zu  oo, 
dan  ua  und  uo  wurde.  Und  wenn  sich  auch  diese  Mittelstufen  nicht 
überall  nachweisen  lassen  und  sogar  auch  ein  direkter  Übergang  des  ö 
zu  uo  auf  gewissen  Gebieten  als  möglich  hingestellt  wird  (Paul,  Grund- 
riß P,  8.  699—709),  so  ersehen  wir  doch  daraus,  daß  wir  es  hier  mit 
einem  physiologisch  ganz  anders  gearteten  Prozesse  zu  tun  haben,  da 
sich  hier  nicht  das  ff  entwickelt  hat.  Mit  dem  81a v.  und  speziell  B. 
kann  es  also  nicht  verglichen  werden.  Es  erinnert  vielmehr  an  den  Pro- 
zeß, nach  welchem  aus  0  im  Urslav.  ein  m  wurde.  Tatsächlich  wird  auch 
im  Ahd.  ein  direkter  Übergang  des  i  in  1«  (parallel  zu  d  >  uo)  als  mög- 
lich hingestellt  (L  c.  8.  700). 

Auch  das  kurze  0  in  offener  Silbe  führt  mitunter  zu  ^o,  vo. 


93 

es  bleibt  aber  dann:  «<o,  ^o;  oder  wird  es  labiodental:  vo.  Diesem 
Schicksale  kann  das  inlautende  o  unterliegen^  zumeist  ist  es  aber 
das  anlautende  o.  Hier  ist  der  Wandel  so  veri>reitet,  daß  viele 
Dialekte,  wie  die  sIot.,  b.,  sorb.,  kaiub.,  p.  und  kleinr.  infolge 
dessen  in  der  Begel  kein  reines  anlautendes  o  haben.  Doch 
braucht  es  sich  hier  nicht  um  eine  Labialisierung  zu  handeb,  da 
die  Gresetze  des  vokaliscfaen  Anlautes  hier  zunächst  in  Betracht 
kommen.  Man  kann  überhaupt  sagen,  daB  dieser  Prozeß  nicht 
identisch  ist  mit  dem  früher  besprochenen,  daher  z.  B.  karp. 
kleinr.,  ungar.  kleinr.  und  teilweise  podolisch  oft  ona,  oreu,  aber 
immer  ^ä  (aksl.  oiz)  und  vü  u.  s.  w.;  so  auch  in  der  ruthenischen 
Sprechweise  ona  gegen  vin  ^ei^  (aksL  om).  Diese  Prothese  ist 
meist  bilabial,  so  im  kleinr.  ^oridi  ^Nuß',  f^o&atl  ,Feuer',  uot%a 
^&^  labiodental  dagegen  im  Großr.,  wo  sie  allerdings  selten  vor- 
kommt: pody  ,Augen'  (Rjazan),  so  auch  in  den  b.  Dialekten:  vaken 
jEeiier*.  Im  P.  «o,  ^o  und  vo,  kaSub.  ^o,  ns.  ffo^  im  Slov.  Görz. 
uorac,  ^osa,  cirk.  ^aba.  Unter  bestimmten  Betonungsverhältnissen 
kann  das  o  in  diesem  Falle  im  Dialekte  von  Cirkno  in  a  über- 
gehen: j^abraz  ,Bild'  (aksl.  obrazi),  jiaöi  ,AugenS  ^akna  ,Fenstei^ 
(wie  in  tuiga  ,FußS  aksl.  noga);  y^ada  ,Was8er  (aksl.  voda),  womit 
das  südgroßr.  u  vaica,  u  vakosUka  zu  vergleichen  ist 

Bei  inlautendem  o  bemerken  wir  schon  seltener  diese  Er- 
scheinung, so  insbesondere  in  den  p.  und  slov.  Dialekten.  Im 
Kleinp.:  duola,  ruobiS,  zduoliö,  im  Großp.:  duostaS,  kuorytuo,  im 
Görzer  Mittelkarstdialekt:  hualo,  jiduava,  poduoba,  potuoka,  im 
Dialekt  von  Cirkno  auch  das  o  für  urslav.  q:  puot  (aksl.  pqtt 
jWeg'),  zuob  (aksl.  zqbh  ,Zahn').  In  großr.  Dialekten:  Aidetmo^ 
spruas  (Vjatka). 

Hier  kann  noch  eine  im  Kalubischen  vorkommende  LabialiBierung 
des  o  erwähnt  werden:  ki§öna  für  hnka,  hf^ff»  fQr  boga.  £s  handelt  sich 
nur  um  die  Gruppen  ko,  go^  eho,  po^  bo,  mo,  die  als  Kürzen,  also  in 
nicht  geschlossenen  Silben  und  in  VerschluBsilben  vor  ursprünglich  ton- 
losen Konsonanten  labialisiert  werden  (z.  B.  bitök  für  bok). 

Über  die  Labialisierung  schrieb,  wenn  auch  etwas  unklar,  P.  Po- 
lanski:  Die  Labialisation  und  Palatalisation  im  Neu sla vischen.  Berlin. 
1898. 

Die  Dehnungen  des  o,  die  früher  zur  Sprache  kamen,  sind 
nicht  gemeinslav.  Es  gibt  jedoch  auch  solche:  o  wurde  zu  ö 
gedehnt,  das  dann  als  a  erscheint  wie  jedes  andere  gemeinslav.  ö. 
So  z.  B.  der  sigmatische  Aor.  probasz  aus  -iödsz  von  bodq,  bosti 
,stechen^  vgl.  lat.  fodio;   die  Iterativa  wie  razdati  zu  roditi  ,ge- 


94 

bärenS  polagcUi  zu  polozüi  ,legen^  Solche  Dehnungen  kommen 
auch  in  den  Gruppen  vor,  die  man  einfach  durch  den  Typus 
4wi,  toU  darstellt  und  die  noch  zur  Sprache  kommen  sollen  (bei 
r  und  J). 

Wechsel  zwischen  o  und  a.  Manche  Worte  gehen  nur 
scheinbar  auf  *ort'  zurück.  So  aksl.  rozga  ^Zweig^.  Miklosich 
leitet  es  unrichtig  von  orz-  ab  (Etym.  Wtb.  S.  227,  aber  S.  430 
stellt  er  es  selbst  als  zweifelhaft  hin).  Im  Mar.  und  Zogr.  finden 
wir  Job.  15.  2:  razga  und  Joh.  15.  5:  rc^ie  gegen  JoL  15.  4 
und  6,  wo  in  beiden  Denkmälern  rozga  vorkommt  Nun  kommt 
aber  in  diesen  DenkmäJem  ein  Schwanken  bei  raz-  aus  ^orz- 
nicht  vor;  razga  muß  demnach  anders  erklärt  werden.  Offenbar 
ist  die  ursprüngliche  Form  rozga  und  erst  unter  dem  Einflüsse 
der  Bildungen  mit  dem  Präfix  raz-  wurde  auch  rozga  ab  und 
zu  in  razga  umgewandelt.  Allerdings  ist  die  ZusammensteUung 
mit  ai.  rajjus  ,Strick,  Seil'  {jj  aus  zg)  und  lit  rezgü  ^ich  stricke' 
wegen  der  Bedeutung  nicht  ganz  überzeugend,  aber  an  ein  *orzga 
ist  dabei  gewiß  nicht  zu  denken.  Ursprünglich  scheint  auch 
rodüi  in  ne  rodüi  afieXEiVy  Ttagcocoveiv  zu  sein.  Dameben  kommt 
aber  auch  raditi  vor  imd  zwar  im  Mar.  und  Zogr.  Luc.  10.  40 
Mar.  ne  radiäi,  Zöge,  dagegen  rodüi;  Mat  18.  10  und  18.  17 
Mar.  rodüif  Zogr.  dagegen  raditi,  allerdings  im  jüngeren  Teile. 
Was  hier  den  Übergang  des  o  in  a  lautlich  verursacht  hätte,  ist 
nicht  recht  klar;  man  muß  daher  bedenken,  daß  es  noch  ein 
zweites  roditi  yevmv  einerseits  gibt,  andererseits  auch  —  was 
wichtiger  ist  —  ein  rad-  in  aksl.  othrada  ,relaxatio',  serbokroat. 
rad  ,Arbeif ,  raditi  ,arbeiten'  und  da  wäre  eine  Beeinflussung 
seitens  dieses  Verbums  —  insbesondere  in  Verbindung  mit  der 
Negation  —  immerhin  möglich,  wenn  seine  Bedeutung  nicht 
mehr  ganz  klar  war  und  es  infolgedessen  auch  zu  schwinden 
begann.  In  etym.  Hinsicht  ist  damit  got  rödja  ,ich  rede,  spreche^ 
hauptsächlich  aber  ai.  radhayati  ,er  bringt  zu  Stande'  zu  ver- 
gleichen. Das  letztere  stimmt  also  hinsichtlich  der  Bedeutung 
sehr  gut  überein. 

Sonst  wechselt  o  mit  a  z.  B.  noch  im  aksl.  zorja  und  zarja 
^splendor'.  zarja  beruht  hier  offenbar  auf  demselben  Frinzipe, 
nach  welchem  auch  z.  B.  aksl.  var^  ,aestus,  calx'  zu  vwjq,  vtreti 
,wallen,  sieden^  *pah,  paliti  ,urere*  vgl  po-pel  ,Asche*  u.  s.  w. 
gebildet  worden  sind. 

Zum  Schlüsse  soll  hier  noch  das  sog.  Akante,   das  wir  in 


95 

den  jetadgen  südgroßr.  und  weißr.  Dialekten  finden,  erwähnt 
werden.  Es  besteht  darin,  daß  ein  unbetontes  o  sich  mehr  oder 
weniger  einem  a  nähert,  wie  ja  dieser  lautliche  Vorgang  auch 
aus  der  Schriflsprache  bekannt  ist  So  klingt  charoiö  ,schön,  gut' 
fiist  wie  dUträiöj  po  rtisski  jnssisch'  fast  wie  pä  rüsld.  Die  ersten 
Spuren  dieses  IVozesses  findet  man  erst  in  den  Denkmälern  aus 
dem  Xiy.  Jhd.  Er  ist  in  den  betreffenden  Dialekten  auch  noch 
▼on  anderen  lautlichen  Vorgängen  begleitet  (vgl.  Sobolevskij, 
S.  74  £). 


Ursprung  des  Lautes.  Als  ein  ursprünglich  langer 
Vokal  (ygL  S.  20)  geht  das  u  zunächst  auf  u-Diphthonge  zurück 
und  zwar  1)  auf  au  (9u)y  2)  au  und  3)  eu.  Welche  von  diesen 
tf- Arten  im  Slav.  vorliegen,  ist  nicht  immer  leicht  zu  entscheiden, 
wenn  nicht  unzweifelhafte  Reflexe  dieser  Worte  aus  Sprachen 
vorliegen,  welche  die  ursprünglichen  Diphthonge  noch  auseinander 
halten.  Vom  lat,  das  doch  zunächst  in  Betracht  kommen  sollte, 
wird  man  hier  meist  im  Stiche  gelassen,  da  hier  bekanntlich  au, 
au  und  eu  in  au  zusammengefallen  sind.  Daher  ist  hier  vieles 
noch  strittig.  Mitunter  handelt  es  sich  in  unseren  Fällen  auch 
um  die  entsprechenden  Langdiphthonge,  die  im  Slav.  wahrschein- 
lich vor  ihrer  Monophthongierung  verkürzt  wurden. 

1)  au  fiel  jedenfalls  in  einer  früheren  Periode  mit  au  zu- 
sammen und  ergab  dann  ein  u;  so  aksL  suchh,  s.  mh,  ab.  mtch,  nb. 
9ueJ^  ,trocken^,  Ut.  saüsM,  ahd.  sörSn  ,trocknen',  gr.  twog  für 
actvaag  ,trocken,  dürr',  ai.  sö^  für  sö^as  ,da8  Austrocknen'; 
aksL  uj  ,Oheim',  alter  *ui  und  dieses  aus  *ujh,  *u;«,  das  ein 
*af^io8  voraussetzt,  preuß.  auns  ,OheimS  lat  avia  aus  *a'U3^i 
durch  die  Verlegung  der  Silbengrenze  im  Slav.  entstand  hier  ein 
oti-;  aksl.  udu>,  usese  yOhr',  lit  ausis,  preuß.  aimiw  AkL  PI., 
goLausö,  ahd,öra,  lat  aiim,  au8cuUa;  das  Präfix  und  die  Präpo- 
sition u  urspr.  ,von  —  weg',  z.  fi.  in  u^klanUi  8^  jdeclinare',  ubi" 
eati  ,weglaufen',  u-siknqti  anoMxpaUtBiVy  aksl.  prasi  u  mene  ,er- 
bitte  von  mii^  (dann  ,bei  mir',  firugmann,  Kurze  vgl.  Grramm. 
S.  468)  aus  au,  lat.  au-fera,  ai.  ava  (*a^e). 

Ein  9U  scheint  vorzuliegen  in  aksl.  tuta  ,Lippen,  Mund', 
preuß.  austin  Akk.  Sg.  ,Mund',  lat  ausculum,  austia,  ai.  Öffhas 
,Oberlippe'.     Das  *9U8  wäre   die  Schwachstufe  zu  ö(^)8  z.  B.  ai. 


96 

ds'  yMundS  lat.  ös,  ära,  lit.  üstas  ^aff  (vgl.  auch  Schmidt, 
PluralbUd.  S.  407,  Anna.). 

Auch  in  Lehnworten  wird  aus  au  ein  u:  akd.  kusüi  ^gustareS 
got.  kausja  ^ch  schmeckey  priife^  aus  *§(m8  (o-Stufe),  ai.  jö^yaU 
fiT  hat  gern,  billigt'  zu  *§eu8,  got  kiusa,  ahd.  kiu9u  ^ch  kiese, 
wähle',  gr.  yevaofiai;  aksl.  user^ffb,  user^  ,inauris'  setzt  ein  got 
ausahrigga  voraus. 

2)  Hier  kann  das  ou  leichter  erkannt  werden,  wenn  es  sich 
um  faktitive  Yerba  der  IV.  ESasse,  bei  denen  ein  denominativer 
Ursprung  ausgeschlossen  ist,  handelt  Diese  Verba  weisen  näm- 
lich die  o-Stufe  (vgl  z.  B.  nositi,  vozUi  u.  s.  w.)  au£  So  setzt 
aksl.  budäi  ,wecken'  ein  au  voraus  (also  *bhoucOi)  und  es  kann 
durchaus  nicht  mit  gr.  Tvevd'Ofiat  zusammengestellt  werden,  wie 
es  Mikkola  tat  (IF.  16  S.  96),  dazu  gehört  vielmehr  ai.  hödhä- 
yati  ,er  weckt*  und  lit  pa-9i4>audyti  ^ch  erheben'  aufbrechen'. 
Ein  ou  setzt  auch  das  b.  dwiti  ,sticken,  würgen',  poln.  dusU, 
klruss.  dusyty,  weißruss.  duM  ^würgen'  (eig.  wohl  Jem.  schwer 
atmen  machen')  voraus  und  zwar  mit  noch  erhaltenem  s,  wohl 
wegen  des  nachfolgenden  i.  Sonst  ist  in  einzelnen  slav.  Sprachen 
dusiti  von  dem  neu  entstandenen  duäüi  verdrängt  worden,  indem 
man  dusiti  in  einen  Zusammenhang  mit  duch^  ,Atem,  Geisf 
brachte  (duchz  geht  wohl  wieder  auf  *d€U808.  zurück,  vgl.  lit. 
daHsos  jLxxftfy  got.  dius  ,animal',  ahd.  ,Tier',  vgl.  auch  aksl.  d^dl• 
nqti  ,atmen',  Wurzel  dhefies  vgl.  Hirt,  Der  idg.  Abi.  S.  134, 
Nr.  673  und  Brugmann,  Kurze  vgl.  Gr.  S.  148). 

Das  ou  liegt  wohl  auch  vor  in  aksl.  ruda^  b.  ruda^  serb.  rüda 
,Metall,  Erz'  und  s.  rüd,  b.  rudy  ,rot',  lit  raOdas  ,rof ,  got  raußs 
,rof ,  umbr.  rofu  ,rufos',  die  cw-Stufe  in  eQevd'to  ,ich  röte'. 

Im  allgemeinen  ist  sonst  im  Slay.  schwer  zu  bestimmen,  ob  ein  u 
aaf  ou  oder  eu  (was  auch  möglich  ist)  zurückgeht,  sumal  es  ja  auch 
später  in  analogischen  Ablantsreihen,  als  es  keine  Diphthonge  mehr  gab, 
entstanden  sein  kann.  So  ist  z.  B.  das  u  in  tfX;»,  naukz>,  na-uka  ,doctrina* 
u.  s.  w.  nicht  ganz  klar.  Da  nicht  alle  o-St&mme  die  o-Stufe  aufweisen, 
so  kann  man  hier  nicht  mit  Sicherheit  auf  ein  ou  schließen.  Analog 
verhält  es  sich  tmch  bei  aksl.  aluehb  ,Geh5r*  neben  b.  sleeh  (aus  *8Uehh) 
,Gehör,  Hörensagen'  zu  aksl.  slyiaU  ,hören%  dur.,  slumii  iter.  (w.  lUu\ 
dazu  auch  sluga  ,Diener*,  urspr.  ,Bediennng* ;  atudh  ,Scham*  und  HydÜi  8^ 
,sich  schämen*. 

Ein  ou  liegt  auch  vor  in  Gen.  Sg.  der  u-Stämme:  aksl.  synu 
aus  *9ünoas,  lit  sünaOs,  got  sunaus,  ahd.  fridö  ,firiedens'.  Da- 
gegen liegt  im  Yok.  Sg.  derselben  Stämme:  synu  wahrscheinlich 


97 

em  eu  vor,  nach  der  Analogie  der  o-Stämme,  die  ein  e  haben 
{boie)y  lit  sünaü,  ai.  sünö  (ein  ei  analog  wohl  anch  bei  den 
»-Stämmen:  kosti  aus  *  kastei).  Im  Gen.  Lok.  Du.  aller  Stämme 
liegt  ebenfalls  oii  (bez.  aus)  vor:  hagu,  rybu,  kastbju,  synovu, 
toju  etc.,  lit  pwriaü  ^tten  entzwei^  (zu  piM  yEßlfte')y  ai.  pfkaif- 
öS,  tdy-08  (vgl.  Brugmann,  Kurze  vgl.  ör.  §  476,  Anm.). 

3)  Oben  S.  15  haben  wir  hervorgehoben,  daß  eu  manchmal 
im  Balt-slav.  zu  *iou  fährte;  daraus  im  lit  iau,  im  Slav.  ju, 
also  ein  u  mit  eventueller  Erweichung  des  voriiergehenden  Kons. 
Schlagend  wären  im  Slav.  freiUch  solche  Beispiele,  in  denen  es 
sich  um  ursprüngliche  Gutturale,  die  vor  ju  natürUch  erweicht 
werden  müßten,  handelt.  Da  das  eu  schon  im  Balt  slav.  zu  iau 
überging,  so  hätte  die  Erweichung  der  Gutturale  auf  slav.  Boden 
nicht  mehr  vor  ^  stattgefunden,  sondern  schon  vor  einem  oti, 
dem  eben  das  j  (i)  vorherging.  Leider  ist  die  Zahl  solcher 
Beispiele,  die  uns  bis  jetzt  bekannt  sind,  eine  sehr  beschmnkte. 
Man  kann  das  aksl.  duii,  öujq  ,wahmehmen,  fühlen  u.  s.  w.'  hierher 
rechnen,  gr.  kret.  diuvovres  (msvei'  TrjQei)  zu  *ke^8,  *kau8  ,wahr- 
nehmen*  (Zupitza,  KZ.  37,  S.  399,  vgl.  auch  IP.  10  S.  151). 
Weiter  leitet  man  zupa  von  *geupä  ab  und  verbindet  es  mit  ai. 
göpd  ,Hüter,  Wächter',  göpagäti  ,er  behütet,  bewahrt^,  zupa  also 
ursprünglich  ,die  Huf,  dann  was  in  Hut  und  Pflege  übernommen 
ist;  auch  vom  Ort:  ,Schatzkammer,  ein  Bezirk,  der  verwaltet 
wirdS  und  zupam  yVorsteher'  einer  zupa,  vgl.  noch  gr.  yvnfi 
,Geiemest^  Höhle^  mhd.  kobe  ,Stall,  Käfig',  ags.  cofa  ,Gemach, 
Schlafgemach'  (Brugmann  IF.  11,  S.  111).  Dazu  gehört  auch 
ab.  hpdn,  nb.  pdn  jHerr'  aus  *ghpam  (dieses  aus  *gupano-,  Tief- 
stufe,  Lfil.  31  S.  104).  Oben  S.  15  haben  wir  aber  ein  Wort 
gehißt,  das  den  Gutturallaut  behielt  (skubq)^  so  daß  also  auch 
hier  Abweichungen  vorkommen.  Als  wahrscheinUch  kann  noch 
angeführt  werden:  aksl.  ljubT>  ,liebS  9P^  Hubs,  ahd.  liob-y  eine 
Entlehnung  aus  dem  Germ,  ist  hier  wohl  ausgeschlossen,  da  im 
Slav.  auch  andere  Ableitungen,  wie  die  Konjunktion  Ijubo  ,veP 
vorliegen.  Von  Ijuhb  ist  dann  auch  Ijubiii  ,lieben'  abgeleitet. 
Aksl.  ljud^  jLeute*,  le.  laudis  ,Leute',  ahd.  Hut.  AksL  pljiMa 
(aus  *pljutja)  xoApluMa  Plur.  ,pulmo'.  Die  anderen  slav.  Sprachen 
zeigen  die  Beflexe  beider  Foi-men ,  z.  B.  p.  pluca,  b.  dagegen 
pUce.  Ln  urslav.  *pljutja  ist  das  erste  j  dissimilatorisch  ge- 
schwunden (sowie  aus  *tjudjo  auch  ein  aksl.  tuzdt  neben  Muzdh 
entstand),   Ut.  plaücziai  (zu  ^ploutio),   preuß.  plauti,  gr.  jtXeviiiov 

Vendrik,  Vgl.  slar.  Gramm.   I.  7 


98 

(Berneker  stellt  es  zu  *j>tejfO  schwimmen',  IF.  10,  S.  154). 
Aksl.  inj  ^inks'  aus  *8Ju-jo,  ai.  savyds  ^linksS  dieses  aus  ^se-uioa 
(vgl.  ndvyas  ans  ^ne-^ios),  im  Slav.  wurde  dagegen  *8et^io8  (vgl. 
oben  S.  96  aksl.  uj  ,Oheim'  aus  *awiM,  ohne  i  freilich  *ne'U08, 
aksl.  fuwb)  ausgesprochen,  d.  h.  die  Silbengrenze  verlegt,  wodurch 
dann  der  Diphthong  ^  entstand.  Dieses  Wort  hätte  auch  zu 
*8uj  (dissimilatorisch  aus  *8Jujo)  fähren  können. 

Weiter  gehört  hierher  aksl.  revq  aus  ^rjovq  und  rjuti  ,brüllenS 
doch  kommt  im  aksL  beides  auch  ohne  Jotierung  vor,  also  Praes. 
rovq  und  Inf.  ruti.  Das  Verbum  gehört  in  die  Kategorie  von 
plavq,  plidi,  pljfti,  die  bei  y  besprochen  wird.  Das  Sdiwanken 
hinsichtlich  der  Jotierung  ist  jedenfalls  darauf  zurückzuführen, 
daß  diese  ursprüngUch  nur  einer  Form  zukam,  nämlich  dem 
sekundären  Infinitiv  *rej^i  (nach  einem  älteren  Präsens  reuo-reue 
wie  *ple^,  *ple^e,  woraus  dann  *ra^o,  *ro^e;  *plauo,  •piojK)- 
Das  re^^i  führte  zu  rjuti  und  das  rj  drang  auch  in  das  Präsens 
ein:  *rjo^O',  das  zu  r'evo-  wurde.  Andererseits  wirkte  aber  auch 
das  Präsens  ravo-,  rove-  auf  den  Infinitiv  rjuti  ein  und  verdrängte 
hier  das  r;,  so  daß  auch  ein  ruti  aufkam.  Man  sieht  hier  deut- 
lich, wie  unter  bestimmten  Umständen  das  j  verdrängt  werden 
konnte.    Dazu  vgl  lai  rumor,  ai.  rauti  ,brüllt'  und  ruvdti. 

Über  das  ju  aus  eu  vgl.  Berneker  im  A&l.  Phil.  25,  S.  489 
und  Brugmann  Kurze  vgl.  Gramm.  §  145,  Anm.,  dagegen, 
jedoch  nicht  mit  viel  Erfolg,  Mikkola  IF.  26  S.  95—101.  Eine 
ganze  Beihe  von  Formen  und  Worten,  wo  ursprüngUch  ein  eu 
wahrscheinlich  ist,  weist  einfach  ein  u  auf,  z.  B.  zu  plavq  aus 
*jile^O'  ^schwimmen,  schiffen'  lautet  der  sekundäre  Infinitiv  pluti, 
das  von  Präsens  beeinflußt  wurde,  als  dasselbe  noch  *ple^o, 
*ple^e  lautete.  Man  kaim  hier  nicht  einwenden,  daß  schon  da- 
mals auf  slav.  Boden  aus  eu  nicht  mehr  ein  ju  werden  konnte, 
da  dieser  Prozeß  ein  urbaltslav.  sei,  denn  wir  haben  bei  rjuti  ein 
ju  bemerkt,  trotzdem  es  erst  auf  slav.  Boden  entstand.  Dieser 
lautliche  Wandel  aus  urbaltisch-slav.  Zeit  zeigt  also  seine  Nach- 
wirkungen noch  in  der  urslav.  Periode.  Wie  pluti  ist  in  dieser 
Hinsicht  auch  8luti,  shvq  ,heißen',  truti,  travq  ,nähren'  zu  beur- 
teilen. 

Auch  ^u  führte  zu  u,  im  Lok.  Sg.  der  u-Stämme:  aksl. 
8ifnu  aus  *8fini^^  got  8unau,  ahd.  euniu,  lat.  adv.  nodü,  ai.  s&- 
ndu.  Für  diese  Form  spricht  auch  der  Lok.  sg.  der  f-Stämme: 
kosti  aus  *ko8tSi  (vgl.  oben  S.  17).    Daß  hier  nicht  *8ynju  d.  h. 


ein  ju  vorkommt,  ist  auf  den  Einfluß  der  anderen  Kasus  zurück- 
zufuhren. Weiter  gehört  hierher  der  Aor.  pluchz,  gr.  InXsvoa 
<aus  *pl>e^S'),  vgl.  ai.  dsrätifam  (aus  sre^S'). 

Ein  fremdes  langes  ö  wurde  nicht  selten  als  ein  langes  u 
gehört^  aber  zu  einer  Zeit,  als  das  ü  im  Slav.  nicht  mehr  zu  y 
wurde,  während  in  einer  älteren  Periode  auf  diese  Art  ein  y 
entstand  (vgl.  bei  diesem  Laute).  So  haben  wir  aksl.  buky,  bu- 
kbve  ,BucheS  aber  auch  ,BuchstabeS  im  PI.  ,Schrift,  Buch^  In 
beiden  Bedeutungen  ist  das  Wort  germ.  Ursprungs:  got  böka 
,Buche^  allerdings  nicht  belegt,  dagegen  böka  f.  und  bök  n.  ,Buch- 
stabe^,  im  PI.  ,Schrift,  Buch',  ahd.  buoch  ,Buche'  und  3^^^^ 
Wegen  des  u  und  k  muß  man  das  Wort  im  Slav.  als  ein  Lehn- 
wort auflassen,  vgl.  gr.  q>äy6s  ,Eiche'  (auch  <)pijyos),  lat  fägus 
(im  Slav.  müßten  wir  also  a  und  g  haben,  im  Germ,  ist  allerdings 
aus  ä  regelrecht  ein  ö  geworden).  BezügUch  der  Endung  und 
der  Deklination  dieses  Wortes  ist  zu  bemerken,  daß  es  jedenfalls 
von  älteren  Vorbildern  angezogen  worden  ist.  Auch  der  Name 
des  Flusses  Dunaj,  Dunavb  ,Donau'  ist  jedenfalls  von  den  Ger- 
manen (Gothen)  entlehnt  Das  kelt-lat  ä  in  Dänubius  wurde 
leicht  im  Got  zu  ö  und  weiter  ü,  vgl.  auch  Jovvaßiq^  Jowavig 
bei  Caes.  Naz.  (Verf.  ÖÖMus.  74,  S.  18ff.).  duma  ,consilium, 
senatus^  im  Aksl,  Bg.,  R.  und  P.  (aus  dem  R),  dann  dumaii 
feinen,  denken',  got  döms  ,Sinn,  Urteil',  ahd.  tuam  ,Tat,  Urteil, 
Gericht,  Würde';  aksl.  kanumy  gr.  yuxvaiv;  aksl.  kruna,  koruna, 
lat  Corona  (als  Corona,  vgl.  ahd.  koröna,  mhd.  kröne);  aksl.  ni- 
mim,  gr.  ^cu/iaiog;  aksl.  solomum,  gr.  aoXo(jLwy\  solum,  ^Baoa- 
Xovixfj;  aksl.  episkuph,  gr.  eniaiMTtog  und  biskuph^  ahd.  biskofi 
vgl  auch  r.  i4ksus^  ,Essig'  u.  gr.  o^og. 

Mitunter  fällt  die  Entlehnung  in  eine  Zeit,  als  das  Gesetz 
ü — y  teilweise  noch  in  Wirksamkeit  war,  daher  aksl.  pastyrh  und 
pastufh  (p.  auch  pasturz  neben  pasterz  aus  pastyrz),  dagegen  ent- 
hält pastuchz  ein  einheimisches  Suffix  {-udiz  vgl  oMuchz  ,Stief- 
vater').  pastyrb  ist  jedenfalls  ein  sehr  altes  Lehnwort  aus  dem 
Romanischen,  lat  pästör. 

Ein  fremdes  u  bez.  ju  erscheint  in  einer  späteren  Periode 
ebenfalls  als  u  und  zwar  teilt  es  dann  die  Schicksale  des  schon 
vorhandenen  slav.  u,  d.  h.  es  ist  unter  dem  Einflüsse  desselben 
ebenfalls  lang  geworden  und  konnte  eine  zweifache  Litonation 
bekommen:    aksl.  bljudo  neben  bljudz,  gen.  bljuda,  s.  blßda  und 


100 

bljädo  ^Schüsse?,  got  bitids  ^Tisch^  (hängt  mit  -biadan  ,bieten^ 
zusammen),  ahd.  biet,  piot. 

Aksl.  Muzdh  neben  duedh  und  tuzdh  ^md',  s.  ttidj,  slov.  tüj, 
tüja,  vgl.  got.  piuda  ,Volk^,  ahd.  deata,  dann  got  /Hudisko  adv. 
heidnisch'  und  ahd.  diiUisk  ^popularis'  und  ,deut8ch^,  Gl  *teuta, 
slav.  6f.  *tjudjo.  UrBpriinglich  hatte  das  Wort  *tjudo  etwa 
^germanisches  Volk'  bezeichnet,  womit  aksl.  üudim,  Mudovim, 
ätudh,  dudim  u.  s.  w.  ,Riese'  im  Zusammenhange  wäre.  Es 
kommt  vor,  daß  mau  fremde  Völker  nach  den  bei  ihnen  heimi- 
schen Namen  benennt  (vgl.  die  ,Slaven').  Davon  dann  das  Adj. 
*tjudjo  ,das  germ.  Volk  betreffend,  dem  germ.  Volke  gehörig* 
(das  Suffix  -/o-  bildete  Adjektiva  possessiva,  siehe  in  der  Stamm- 
bQdungslehre),  dann  überhaupt  fremdes  Volk  betreffend,  ,fremd'. 
Man  vergleicht  auch  slov.  Ijudski  ,fremd^ 

Veränderungen  des  u  auf  slav.  Boden.  Nach  weichen 
oder  palatalen  Konsonanten  wird  im  B.  u  zu  i  und  ii  zu  /.  Das 
ist  der  Umlaut  des  u.  Derselbe  macht  sich  seit  dem  An&ng 
des  XIV.  Jhd.  bemerkbar,  z.  B.  aus  älterem  brucho  ,Bauch'  wurde 
bricho.  Am  intensivsten  ging  der  Prozeß  vor  sich  um  die  Mitte 
des  XIV.  Jhd.  Damals  begann  er  sich  auf  Silben  auszudehnen^ 
in  denen  er  später  wieder  rückgängig  gemacht  worden  ist,  so 
z.  B.  Imper.  pracij  ,arbeite'  aus  älterem  pracuj,  das  dann  wieder 
eingeführt  wurde.  Ebenso  praciß  ,ich  arbeite'  aus  älterem  pra- 
cuju.  Jetzt  pracuji  oder  pracuju.  Dieser  Umlaut  erstreckt  sich 
auch  wie  jener  des  a  (vgl.  S.  79j  auf  das  Gebiet  von  Böhmen» 
Im  Slovak.  finden  wir  dagegen  nur  einige  Worte  mit  i  aus  u 
und  das  sind  wahrscheinUch  Bohemismen.  Unter  den  mährischen 
Dialekten  finden  wir  solche,  die  nur  u  haben  oder  solche,  die  in 
bestimmten  Fällen  u  erhalten  haben.  Näheres  darüber  bei  Ge- 
bauer I  S.  272 — ^278.  Dieselben  Umstände,  welche  den  Umlaut 
des  a  zu  e  herbeiführten,  wiikten  auch  hier.  Mit  dem  deutschen 
Umlaut  des  u  za  ü  hat  unser  Umlaut  keine  Berührungspunkte 
und  ist  von  ihm  ganz  unabhängig,  wie  schon  auch  die  zeitliche 
Verschiedenheit  beider  Prozesse  dafür  spricht. 

Langes  u  in  nicht  weichen  Silben,  welchen  Ursprungs  immer^ 
wird  im  B.  zuerst  zu  au  und  dieses  daim  zu  ou,  z.  B.  sud  ,Ge- 
rieht'  (aksl.  8(fd^)f  dann  saud  und  scud.  Das  ü  behauptet  sich 
bis  zum  zweiten  Drittel  des  XIV.  Jhd.  Dann  fängt  es  an,  ins- 
besondere gegen  das  Ende  des  XIV.  Jhd.,  in  au  überzugehen^ 
doch  braucht  dieser  Prozeß  sehr  lange,  denn  noch  im  XVII.  Jhd» 


101 

taucht^  wenn  auch  vereinzelt,  das  ü  au£  Das  ans  ü  entstandene 
au  wurde  bis  zur  letzten  orthograpb.  Reform  (1849)  geschrieben, 
ob  zwar  es  schon  längst  als  ou  ausgesprochen  wurde.  Dial.  Be- 
lege für  den  Übergang  des  au  in  ou  haben  wir  schon  aus  dem 
XV.  Jhd.  Im  Anlaute  wird  jetzt  in  der  Schriftsprache  das  ü 
▼oigezogen:  üfad  ^Amiff  was  ursprfinglich  eine  dial.  ESgentämlich- 
keit  war  (in  der  Volkssprache  sonst  allgemein  ourad).  Im  Slovak. 
ist  ou  nur  im  Instr.  Sg.  der  a-Stämme  vorhanden:  mou  pravou 
rukou  ,mit  meiner  rechten  Hand^  (gegen  den  Akk.  Sg.  mu  pravü 
ruku)j  was  vielleicht  unter  dem  Einfluß  des  B.  aufglommen  ist. 
Näheres  über  diesen  Lautwandel  bei  Gebauer  1.  o.  S.  260—264. 
Der  Übergang  des  ü  in  au,  ou  findet  sich  bekanntlich  auch  im 
Deutschen.  Im  baier.  Dial.  wird  ü  Tsa  au  oder  ou  seit  dem 
Xn.  Jhd.  und  im  Ostfränk.  und  Schles.  geht  das  ü  in  au  seit 
dem  XIV.  Jhd.  über:  hüs  wird  hau8  und  houa.  Man  kann  also 
hier  mit  einer  gewissen  Wahrscheinlichkeit  voraussetzen,  daß  der 
Impuls  zu  diesem  Prozesse  im  B.  vom  Deutschen  ausging,  wie  ja 
auch  Gebauer  geneigt  wa^  anzunehmen.  Allerdings  handelt  es 
sich  da  um  eine  prinzipielle  Frage,  nämlich  um  die,  ob  eine 
Sprache  auf  eine  andere  auch  bezüglich  der  lautl.  Prozesse  ein- 
wirken kann.  Sie  wird  vielfach  verneint,  jedoch  mit  Unrecht. 
Da  aUe  lauÜ.  Veränderungen,  die  ein  bestimmtes  Lautgesetz  aus- 
machen, in  der  Kegel  von  einzelnen  Individuen  ausgehen,  ist 
nicht  ersichtlich,  warum  gerade  diese  Individuen  in  bestimmten 
Fallen  nicht  unter  dem  Einflüsse  einer  fremden  Sprache,  wenn 
dieser  sich  auch  soxist  äußert,  stehen  könnten.  Allerdings  müssen 
in  beiden  Sprachen  gewisse  Dispositionen  vorhanden  gewesen  sein. 
Diese  finden  wir  nun  auch  in  unserem  Falle:  im  mhd.  wurden 
lange  Vokale  diphthongiert  und  dieselbe  Erscheinung  finden  wir 
auch  im  Aböhm.,  wo  ö  za  tu),  ^  zu  aj  und  so  auch  ü  zu  au 
wurde. 

Graphische  Darstellung,  lautlicher  Wert  des  y 
und  sein  Ursprung.  Es  ist  auffallend,  daß  im  glag.  Alphabet 
und  darnach  auch  im  cyrill.  der  Buchstabe  aus  zwei  Zeichen 
besteht:  aus  ^  und  i  (später  auch  »t).  Daraus  darf  man  aber 
nicht  auf  eine  diphth.  Geltung  schließen.  Dieselbe  Erscheinung 
bemerken  wir  ja  auch  bei  tf,  bei  dem  die  griechische  Schrift  als 
Muster  diente  und  eine  Erweiterung  dieses  Systems  müssen  wir 


102 

auch  bei  y  zugeben.  In  lateinischer  Schrift  finden  wir  dann 
häufig  ein  ui  dafür,  so  z.  B.  schon  in  den  Freisinger  Denkmalem 
ein  huüi  =  hyti  ^in'  11  42;  hui  =  Äy  II  8;  mui  =  my  ,wii:^ 
n  32,  41, 104.  Es  ist  der  Einfluß  der  deutschen  Graphik,  wobei 
man  das  slav.  y  als  verwandt  mit  dem  deutschen  ü  ansah,  das 
seit  dem  X.  Jhd.  durch  u,  iu  oder  ui  dargestellt  wurde.  So 
finden  wir  auch  in  den  eben  erwähnten  Freis.  Denkm.  mudüe  =■ 
mydiU  11  84.  Vgl.  auch  in  Urkunden  Vustrice  1120,  1170; 
Viustriza  1130;  Fiustriz  1136  u.  s-  w.  für  Bystrica  (vgl.  des  Ver£ 
»Frisinsk^  pamätky  u.  s.  w.«  Prag.  1896,  S.  31,  42—43).  Ähn- 
liches weisen  auch  die  fiohemica  der  Urkunden  auf:  Buüfaw  — 
Bydzav  1186;  Buißrice  1226  u.  s.  w.  (öebauer,  I  S.  278).  Es 
muß  hervorgehoben  werden,  daß  auch  hier,  wie  in  den  Freisinger 
Denkmälern,  vornehmlich  nach  Labiallauten  der  unterschied 
zwischen  y  und  i  auffidlend  war.  So  auch  in  den  ap.  Urkunden, 
z.  B.  Premuisel  u.  dgl.  Von  dem  deutschen  ü  unterscheidet  sich 
aber  das  slav.  y  wesentlich  dadurch,  daß  bei  ihm  keine  Rundung 
oder  gar  Vorstülpung  der  Lippen  ursprünglich  vorkam.  Die 
Lippenbeteiligung  scheint  sich  vielmehr,  wie  wir  sehen  werden, 
erst  später  bei  seiner  Aussprache  auf  einzelnen  Gebieten  entwickelt 
zu  haben. 

Schon  Lepsius  hat  ein  richtiges  Verständnis  des  slav.  y  an- 
gebahnt, indem  er  es  als  »u- Artikulation  der  Zunge  mit  {-Arti- 
kulation der  Lippen  c  definierte.  Allerdings  muß  dabei  —  wie 
Storm  richtig  hervorhebt  —  statt  des  (deutschen)  u  eine  weiter 
vorne  liegende  Zungenartikidation  gesetzt  werden  (Engl.  Phil. 
2.  Aufl.  S.  117).  Diese  wird  gebildet  durch  eine  bogenförmige 
Hebung  des  mittleren  Zungenrückens  gegen  den  mittleren  Gaumen 
(mixed).  Die  kleinste  Öffiiung  zwischen  dem  Gaumen  und  der 
Zunge  ist  also  mehr  vom  (bei  u  dagegen  hinten)  und  sie  ist 
überhaupt  kleiner  als  bei  u.  Andererseits  muß  sie  aber  größer 
sein  als  bei  i,  sodaß  sich  die  Zunge  mehr  senkt  als  bei  diesem 
Vokal.  So  wird  allgemein  unser  Laut  nach  Bell-Sweet  als 
ein  high-mixed-narrow-t  definiert  Daher  erklärt  es  sich  auch, 
daß  dieser  Laut  im  Slav.  in  ein  i  übergehen  konnte,  mit  dem  er 
fast  dieselbe  lippenöffiiung  gemein  hatte. 

Es  muß  aber  noch  auf  einen  Umstand  hingewiesen  werden, 
der  bis  jetzt  nicht  hervorgehoben  wurde,  nämlich  die  Lage  der 
Zungenspitze.  Hus,  der  ein  ausgezeichneter  Beobachter  der 
böhm.  Aussprache  war,  gibt  uns  genau  an,  wie  ein  y  ausgesprochen 


103 

wurde:  sponendo  prindpium  linguae  sab  inferioribus  dentibus  et 
in  medio  elevando  linguam  per  modum  drculi  et  simili  modo 
fonnabit  i  et  poterit  dicere  iyko,  miyn,  tjjn,  hyn^  (Slav.  Biblioth. 
n  S.  179 — 180).  Daraus  ersehen  wir^  daß  das  y  mehr  offen  war 
im  Gegensatze  zu  dem  mehr  engen,  geschlossenen  i.  So  stimmt 
das  im  Ab.  erhaltene  y  vollkommen  mit  dem  jetzigen  r.  y,  das 
bei  der  Schilderung  der  Aussprache  unseres  Lautes  in  der  Kegel 
allein  maßgebend  war,  überein  und  da  auch  das  p.  y  im  allge- 
meinen so  aufgefaßt  werden  kann,  so  haben  wir  es  hier  mit  einem 
Beflexe  des  gemeinslav.  y  zu  tun.  Wären  dabei  auch  die  Lippen 
beteiligt  gewesen,  so  hätte  es  Hos  gewiß  herroigehoben.  Storm 
sagt  über  diesen  Laut:  »genauere  Untersuchungen  haben  mich 
überzeugt,  daß  das  russ.  h\  etwas  verschieden  gebildet  wird,  doch 
immer  am  harten,  nie  am  weichen  Gaumen;  am  hintersten  (post- 
palatal)  besonders  in  nicht  palataler  Berührung  wie  in  6yfo,  fy, 
mehr  vom  (mediopalatal)  bes.  in  Berührung  mit  Palatalen  wie 
in  hyli,  tysjuca.  Im  Polnischen  ist  die  Bildung  des  y  in  byi 
vieUeicht  zunächst  mediopalatal.  In  den  übrigen  slav.  Sprachen 
ist  die  Artikulation  bis  an  die  präpalatale  Stelle  vorgeschoben, 
d.  h.  es  ist  ein  i  daraus  geworden«  (1.  c.  S.  268).  Storms  Ansicht, 
daß  y  am  harten,  nie  am  weichen  Gaumen  gebildet  wird,  findet 
auch  in  der  Beschreibung  des  Hus  ihre  Bestätigung:  in  medio 
elevando  linguam  per  modum  circuU. 

Neben  dem  R  und  P.  hat  sich  das  y  nur  noch  in  einzelnen 
Dialekten  des  b.  Sprachgebietes  erhalten  und  zwar  in  Mähren 
(lachisch  und  teilweise  wallachisch).  Über  das  y  im  Ab.  handelt 
eingehender  Dolansk;^  in  ÖßMus.  1899.  Weiter  kommt  es  nach 
bestimmten  Lauten  auch  im  Sorb.  vor  (siehe  bei  t  S.  31)  und 
scUießlich  will  man  gewisse  Beflexe  in  bulg.  (besonders  maced.) 
Dial.  bemerkt  haben  (vgl.  Miletic  Afel.  Phil.  20,  S.  585 ff.). 

Nach  der  oben  gegebenen  Darstellung  konnte  es  natürhch 
zwischen  y  und  i  Berührungen  geben.  Bückte  die  Verengung 
weiter  nach  vom,  wurde  aus  y  ein  i;  so  bemerken  wir  es  auch 
in  den  meisten  slav.  Sprachen,  die  das  y  verloren  haben.  Es 
konnte  aber  auch  umgekehrt  die  Verengung  des  %  weiter  nach 
hinten  rücken,  so  daß  sich  aus  t  nahezu  ein  y  entwickelte,  wie 
es  eben  im  Eleinr.  der  Fall  war.  Auch  im  ostbulg.  Drjanover 
Dialekte  bemerkte  Miletiö  etwas  Analoges  (vgl.  oben  S.  31). 
Alle  diese  Wandlungen  wären  bei  einem  ü,  also  bei  einem  Laute 
mit  Lippenbeteiligung  bei  seiner  Aussprache,  nicht  möglich  gewesen. 


104 

Das  y  ist  auf  slav.  Boden  aus  ü  entstanden:  aksl.  byti,  b. 
bßi,  s.  bUi  »sein,  werden^  lit  MUi,  vgl  gr.  9^01,  lat.  fiUuruSj  aksl. 
d^Zj  b.  dym,  s.  dlm  ^Rauch^,  lit  dümai  (PL),  lett.  dümi,  preufi. 
dutnis,  ai.  dhümds,  gr.  ^/lo?  ^Leidenschaft,  Muf,  lat  fämus\ 
aksl.  Zys»  ^ahl',  Ut  ^fiasi«  ,IiUchsS  ai.  rtisan^  ylichtfarbig^;  aksL 
myib,  b.  myi,  s.  mlj  ,MausS  ^<1«  ^<^  ff-  M^^»  ^^^  ^^9  ^'  f^^-; 
a^.  nyn^  ^un,  jetzt^,  lit  notial,  ahd.  nu^  nü,  (verwandt  mit 
urspr.  *neyiMj  aksl.  nwh  ,neuO;  aksL  pyro  ^Spelt^,  lit.  pürai 
yWaizen^  le.  p^h  preuß.  pure  ^Sresi^^  gr.  Ttvqor^  aksl.  ryba 
,Fisch^  ahd.  rüppa  ,Raape,  Quabbe';  aksl.  sifm,  b.  syn^  s.  mn 
(sekundäre,  bei  den  ti-Stämmen  auftauchende  Abweichung  hin- 
sichtlich der  Tonqualität)  ,Sohn^  lit  sünüs,  preuß.  90G/n8  {soanaritj 
ai.  8Uni4,  got  «tmti«;  aksL  syrh^  b.  syr,  s.  «Ir  ,EäseS  preuß.  mris, 
sur,  lit  ^ttfis  ^EäseS  ahd.  sür  ,sauer^;  aksl.  ty,  b.  ty,  s.  ^»  (ab- 
weichende Tonqualität),  preuß.  toa,  tu,  gr.  Tt;-i^,  lat.  ^ei,  aisl.  pü\ 
aksl.  tysqita,  tys^Sta  ^tausend',  preuß.  tüsimtans  (aus  *^a9-a/mfo), 
vgl  got  ßüsundi  t,  fränk.  ßüs-chunde,  ahd.  dusunt  (lit  tükstantis 
umgebildet),  das  '^'^O«  wohl  eine  Weiterbildung  zu  aksl.  tyti,  b. 
t^i,  s.  ^ttf  ,fett  werden^,  hierher  auch  aksl.  tyh  ,NackenS  urspr. 
, Anschwellung,  b.  tß,  ai.  täla  ,Bispe,  Büschel^  gr.  TvXti  , Wulst, 
Schwiele',  lit  tülas  Adj.  ,so  mancher'  (urspr.  Subst.  ,Masse'), 
preuß.  tülan,  toülan  ,viel'  {tülnirU  ,mehren'),  damit  auch  verwandt 
lat  tumeo,  ahd.  dämo , Daumen';  aksl.  vydra,  b.  vydra  (Quantität 
abweichend),  s.  vldra  ,Fi8chotter'>  lit  üdra,  le.  üdris,  preuß.  udro 
jOtter*,  ai.  udräs  ,ein  Wassertier';  ursl.  *vyfnq,  b.  vym^  s.  vtme 
,£uter',  lit  üdrüti  ,trächtig  sein',  ahd.  ütar,  ai.  üdhar  ,Euter'; 
aksl.  vysokh  ,hoch'  (aus  ^upsoko-)  vgl.  gr.  vx^n  ,hoch'  zu  iWo, 
ahd.  üf. 

Aber  ohne  Ausnahme  ist  diese  Begel  nicht,  wie  wir  bei  aksl.  jueha 
Jusculnm*  weiter  unten  sehen  werden. 

Wir  haben  mehrere  Verba,  die  entweder  im  Inf.  wie  auch 
im  Praes.  ein  y  aufweisen,  wie  z.  B.  aksl.  kryti,  kryjq  ,decken, 
hüllen'  (hinsichtlich  des  Inf.  vgl.  das  oben  angeführte  byti,  zu  dem 
das  entsprechende  Praes.  *bopq  aus  *be^  fehlt,  bqdq  ist  eine 
Neubildung),  oder  aber  weist  der  Infi  ein  -1«-  und  das  Präs.  ein 
-ov-  auf,  wie  z.  B.  aksl.  pluti,  plovq  ,schwimmen,  schiffen'.  Doch 
kommen  auch  in  diesem  Falle  Nebenformen  vor,  r.  plytb,  plyvu 
(sltc.  aber  noch  plovu  vgl.  Sobolevskij  Lekcii  S.  244),  s.  plHiy 
pltjem  neben  pllvati,  pllväm  ,8chwimmen'.  Dieser  Umstand,  so 
wie  auch  die  Tatsache,   daß  wir  im  Lit.  bei  diesen  Verben  im 


105 

Präs.  und  Inf.  -au-  finden,  zwingt  uns  anzunehmen,  daß  wir  es 
hier  mit  Ausgleichimgen  zu  tun  haben,  indem  einmal  der  Vokal 
der  Infinitivformen,  das  andere  Mal  jener  der  Präsensformen  ver- 
allgemeinert wurde.  Noch  klarer  wird  es,  wenn  wir  auch  die 
Yerba  wie  aksl.  bbjq,  büi  ,schlagenS  pbjq,  pUi  ,trinken^  heran- 
ziehen: es  besteht  nämlich  ein  Parallelismus.  Das  slav.  Präs. 
lautete  ursprünglich  *peiih,  *p€ie,  in  den  Infinitivformen  war  da- 
gegen -I-.  Im  Präs.  entstand  lautgesetzlich  pbjq,  phjeäi  u.  s.  w., 
dem  das  ab.  piem  (mit  analogischer  m-Endung),  piei,  pie  (daraus 
später  plm,  pU,  pl)  vollkommen  entspricht  Auch  das  i  in  den 
Infinitivformen  ist  lautgesetzlich.  Ganz  klar  liegt  uns  dieses 
Paradigma  im  lit  veßl,  vijaü,  vyti  ,nachsetzen,  drehen,  winden^ 
vor.  Im  Aksl.  ergab  es  wieder  pbyff  vhjeH  . . .  Inf.  viti,  s«  vUi 
(vljim\  im  Ab.  viem,  vies,  tne,  Infin.  vüu 

Dementsprechend  lautete  bei  unseren  Verben  das  Präsens 
z.  B.  *me)fO-^  ^me^e-,  den  Infinitivformen  lag  dagegen  mü-  zu 
Grunde.  Wie  Leskien  richtig  hervorgehoben  hat,  liegt  das  ü 
noch  vor  z.  B.  in  preuß.  au-müsnan  jAbwaschung'.  Aus  -e^o-, 
€|f«  entstand  im  Präs.  ovo,  ove,  aus  u  ein  tf.  Das  Präs.  sollte 
daher  aksl.  *fnovq,  *moveH  u.  s.  w.  lauten.  Aus  den  Infinitiv- 
formen (Inf.  aksL  myti,  s.  fnlli,  b.  m^i)  drang  aber  der  Vokal 
auch  in  das  Präs.  ein  und  so  entstand  schon  im  Urslav.  myjq 
u.  8.  w.  Der  Akzent  s.  mljem,  r.  möju  (also  auf  der  Stamm- 
silbe) spricht  nicht  gegen  die  angegebene  Parallele  aksl.  vtjq, 
VhjeH  u.  s.  w.,  das  eine  andere  Akzentuation  voraussetzt,  denn  er 
rührt  auch  vom  Inf.  her.  Das  r.  moju  gegen  myju,  das  auch 
im  Ar.  vorkommt,  ist  eine  speziell  r.  Erscheinung  (vgl.  tolstoj 
gegen  tolstyj,  y  vor  j).  Im  lit.  wurde  dagegen  der  Präsensvokal 
verallgemeinert:  mäuju,  mdviau,  mduti  ,streifen'  (im  Präs.  ist  auch 
st.  V  ein  j  eingeführt,  offenbar  auch  unter  dem  Einflüsse  des  Inf., 
indem  die  Analogie  anderer  vokalischer  Verba  wirkte).  Doch 
können  wir  auch  einen  umgekehrten  Vorgang  im  Lit.  bemerken: 
das  Präs.  richtet  sich  nach  dem  Inf.:  sidvü,  siuvaü,  «iu^i , nähend 

Wie  im  lit.  liegen  auch  im  Slav.  Verba  vor,  in  denen  der 
Vokal  des  Präsens  verallgemeinert  wurde.  Hierher  gehört  das 
schon  erwähnte  aksl.  phvq,  pluti,  letzteres  aus  *pleuti  ^  Das 
alte  Präs.  liegt  noch  vor  in  ai.  pldvate  ,er  schwimmt,  fliegt',  gr. 


1.  Leskien  erklärt  das  Nebeneinander  von  pluU  und  plyti  durch 
den  EinfluB  eines  Sapinums  *plut9  (Afal.  Phil.  5  S. 


106 

7tX6(^io  ,ich  schwimme,  schifiFe',  vgl,  auch  lat  per-plovere  ^eck 
sein';  im  Lit.  wieder  plduju,  pldviau,  pläuti  ,8ptilen'  (vgl.  auch 
lit.  pa-plava  ,Spülicht').  Wie  schon  hervorgehoben  wurde,  liegen 
im  R.  und  S.  noch  die  ursprüngl.  Inf.  vor,  r.  plyth  ,8chwimmen*, 
s.  pllti,  nach  denen  hier  später  auch  das  Präs.  umgebildet  wurde: 
r.  plyvü,  plyveSh,  s.  plljem.  Li  diesen  Formen  des  R.  sehen  wir 
auch  noch  den  Reflex  des  einstigen  Präs.  aksl.  plovq,  ploveH 
(das  nach  S.  104  übrigens  noch  im  Ar.  vorkommt),  da  es  auch 
ein  V  aufweist. 

Neben  myti  ,wascheu',  lit  mduti  ,6treifenS  womit  man  lat 
movSre,  gr.  äfievofiat  vergleicht,  andererseits  aber  auch  lit.  mdu- 
dffti  ,baden',  mnd.  muten  ,das  G-esicht  waschen',  gr.  ftvdog  ,Nässe'^ 
fivdaUog  ,feucht',  gehören  hierher  noch  folgende  Verba: 

aksl.  krifti,  kryjq  ,decken,  hüllen',  s.  krlti,  b.  ktyti,  lit  krduju, 
kröviau,  krduti  ,häufen,  schichten,  laden';  aksl.  -nyti  in  u-nyti, 
-ny-jq  yoxijdioy,  verzagt  werden',  r.  nytb,  nöju,  nöjeäh  ,einen 
dumpfen  Schmerz  empfinden';  aksl.  ryti,  ryjq  ,graben',  b.  ryti, 
^yßf  8.  rlti,  rlfSm  ,wühlen',  lit  räuju,  röviau,  rduti  ,raufen';  ebenso 
aksl.  äiti  (aus  ^sjüti,  *^yti)  ,nähen',  b.  äüi,  s.  SUij  sljem  (Part. 
Prät  pass.  aksl.  äbvem  aus  *8ßvem,  vgl.  u-rmvem  zu  myti)^  lit 
siüvüy  siuvaü^  siüti  ,nähen',  das  entspricht  also  jenen  slav.  Verben, 
die  das  Präsens  nach  den  Infinitivformen  umänderten,  doch  blieb 
hier  auch  noch  das  v  von  dem  ursprünglichen  Präs. 

Zu  der  zweiten  Gruppe  gehören  noch  neben  plowfj  pluti  : 
aksl.  sluti,  slovq  ,heißen',  im  R.  noch  siytt^  slyvü,  slyveäb  (altr. 
Präs.  noch  slovu,  Sobolevskij,  Lekcii,  S.  244)  ,gelten',  ab.  slüti, 
(jetzt  slouti)  sUnm;  aksl.  trtUi,  trovq  ,nähren*;  aksl.  ruti  {rjtUi^)y, 
rovq  jbrüllen',  darneben  aber  auch  revq  aus  *rjovq  (vgl.  iäi)j  im 
Ab.  revu,  ruti;  aus  dem  Ab.  ersehen  wir  auch,  daß  revu  die 
ältere  Form  ist  (später  dann  ruju  und  rvu).  Nach  der  Analogie 
entstand  zu  beru,  brdti  auch  ein  revu,  rvdti  (zu  diesem  auch  ein 
Präs.  rvu). 

Bei  kovq,  kovati  ,schmieden'  müssen  wir  dagegen  das  Präs. 
des  Aksl.  trotz  des  ab.  kuju,  kuji  und  dem  s.  kujem  für  älter 
halten,  da  ja  ein  intervokalisches  (heterosyll.)  ojf  nicht  zu  u  werden 
konnte;  das  Präsens  kuju  u.  s.  w.  zu  kovati  ist  vielmehr  nach 
kupuju  (aksl.  kupujq)  -kupavati  entstanden,  wie  schon  Leskien 
darauf  aufmerksam  machte  (Afsl.  Phil.  5,  S.  531).  So  hat  sich 
für  das  aksl.  zovq  im  Ab.  auch  noch  das  entsprechende  zovu  er- 

1.  Über  die  Jotierung  in  rjuti  vgl.  bei  u  aas  eu  S.  98. 


107 

halten,  weil  der  Inf.  nicht  zovati,  sondern  zvdti  lautete,  was  nicht 
mehr  mit  kupovati  yerkntipft  werden  konnte.  So  auch  suju-savati, 
aksl.  sovati,  wozu  auch  schon  das  Fräs,  sujq  ,mittere',  ht.  szäuju, 
szüviau,  8zduti  ^schießen'  (vgl.  dazu  noch  aksl.  stUiea,  b.  sudlice 
yWur&pießO.  Erst  später  sind  wohl  nach  kujq-kovati,  sujq'sovati 
auch  andere  Verba,  die  im  Inf.  -vati  hatten  (man  faßte  es  auf 
als  kihvati,  weil  ku-ßi)  im  Präsens  modifiziert  worden,  wie  jijujif 
statt  ]^'ijq,  weil  im  Infinitiv  pl'tvati  war,  ebenso  zujq  ,kaueS  ^^ü 
der  Inf.  ztvati  lautete.  Doch  gestalten  sich  die  hier  berührten 
Yerbalveihältnisse  mitunter  ziemUch  verwickelt  Es  kann  nur 
noch  erwähnt  werden,  daß  selbst  auch  die  Infinitive  wie  kovati 
u.  s.  w.  nicht  urspriingUch  zu  sein  scheinen,  sondern  *kuti  aus 
*kauti,  vgl.  Ut.  kduju,  kduti  ,schlagen,  schmieden',  ahd.  houwan 
(lat.  eädere,  Ut  kügis  ,ein  großer  Hammer'  u.  s.  w.). 

Weiter:  Nom.  Sg.  der  ü- Stämme  wie  aksl.  svekry,  ai, 
svasrüä  ,Schwiegermutter',  vgl.  gr.  id^-vg  ,Richtung'.  So  war  auch 
im  Slav.  *kry  ,Bluf  vorhanden  (slov.  auch  noch  kri,  ap.  Ary, 
Kaiina,  Hist  j§z.  polsk.  S.  230,  jetzt  krew),  sonst  ist  aber  der 
Akk.  an  die  Stelle  des  Nom.  getreten:  aksl.  krbvt.  Das  -y  aus 
'ü8  liegt  nach  Zubat^  (Afsl.  Phil.  25,  S.  355—365)  auch  in  dem 
Suffixe  -yiM  vor,  das  als  -y-ii»  zu  deuten  wäre :  ksl.  hogyAi  ,Göttin'. 

Nom.  Akk.  Vok.  Du.  der  u-Stämme:  aksl.  «yny,  lit  sünu 
aus  *8Ünü,  ai  sünü. 

Das  lange  ü  konnte  sich  aber  in  einer  bestimmten  Zeit  erst 
auf  slav.  Boden  entwickeln  und  zwar  durch  Ersatzdehnung,  indem 
ein  n  ausfiel.  So  bemerken  wir  es  zunächst  in  der  Lautgruppe 
«ft  +  Kons.,  z.  B.  aksl.  lyko  ,Ba8f,  b.  lykOj  s.  llk  m.  ,Bast^,  Ut 
lünkasy  preuß.  lunkan  dass. ;  aksl.  vyknqti  ,gewohnt  werden',  b. 
vyknouti,  Ut  jufikUu  ^ch  werde  gewohnf ,  vgl.  got  bi-uhts  ,ge* 
wohnte,  s.  vlknuti  (sclknuti),  nä-viknuti  (Dani£iö,  Akcenti  u  glag. 
S.  34,  bez.  80).  Ebenfalls  im  Auslaute  bei  -uns:  Akk.  PI.  der 
M-Stämme,  wo  ans  -uns  zunächst  ein  Hs  entstand,  aksl.  syny  aus 
*8ünuns,  Ut  sunus,  dangüs,  got  sununs,  lat  manüs. 

Auslautendes  -n  und  -8  gab  dem  vorhergehenden  ö  und  o- 
Laute  eine  dumpfe  Färbung,  so  daß  es  zu  a,  bez.  u  wurde.  So 
führte  auslautendes  -ön  zu  -m,  -y  z.  B.  Nom.  Sg.  katny  ,Stein^ 
aus  *kamön,  vgl.  gr.  mfnav  , Amboß,  Donnerkeil'.  Über  da» 
urspr.  -tn  des  Gen.  PI.  der  a-  und  o- Stämme  siehe  bei  den 
Ni^en. 

Ebenso  wurde  auch  im  Akk.  PI.  der  männUchen  o-Stämme 


108 

-ans  zu  uns,  n  fiel  aus  und  u  wurde  gedehnt,  so  daß  -ilSj  dann 
-y  entstand:  roky  zu  rot»  ,Termin*.  Bevor  jedoch  die  Ver- 
dumpfung  eintrat,  lautete  hier  -Jons  zu  -Jens  um;  dieses  führte 
zu  j^  :  kraj^,  mqz^.  Ebenso  auch  im  Nom.  Sg.  des  Part  Piüs. 
i>^y  gegen  znajq  aus  *ved(m(t)9,  znaj(m(f^.  Es  ist  nur  das  8 
dafür  verantwortlich  zu  machen,  daß  sich  hier  nicht  ein  Nasal 
entwickelte:  Nasal  +  8  war  also  etwas  ungewöhnliches  (anders 
jedoch  der  Aor.  p^,  der  als  |>^-9»  aufzufassen  ist).  Dagegen 
führte  -ant  zu  q^  z.  B.  3.  P.  Fl.  des  starken  Aor.  aksl.  vedq  ,sie 
führten^ 

Wir  haben  schon  einige  Kasusformen,  die  vielleicht  mit  Hilfe 
der  hier  berührten  EHgentümlichkeit  erklärt  werden  können,  S.  53 
erwähnt.  Es  ist  der  Gen.  Sg.,  Nom.  Akk.  PI.  der  a- Stämme 
aksl.  ryby  u.  s.  w.  Ein  solches  y  scheint  in  den  Pronominal- 
formen Nom.  Akk.  PI.  vy  ,vos'  und  Akk.  PI.  ny  ,nos^  mit  dem 
durch  Yerquickung  aus  einem  älteren  *ine  entstandenen  Nom. 
my  vorzuliegen.  Da  ny  und  vy  auch  als  Dative  fungierten,  so 
muß  man  sie  wohl  auf  das  ursprachl.  nds^  uSs,  das  ebenfalls  als 
Akk.,  Dat.  und  dazu  noch  als  Gen.  gebraucht  wurde  (ai.  ne?^), 
zurückftihren.  Es  kann  nicht  daran  gedacht  werden,  den  dativi- 
schen Gebrauch  des  ny,  vy  durch  den  Einfluß  des  Akk.  u.  Dat 
Dual,  na,  va  (dieses  auch  als  Nom.)  zu  erklären,  da  letztere 
Eormen  in  dieser  Funktion  in  anderen  Sprachen  gar  nicht  belegt 
werden  können«  Viel  wahrscheinlicher  ist  es  dagegen,  daß  um- 
gekehrt der  dat  Gebrauch  des  na,  va  (neben  dem  akkusativi- 
schen) von  dem  dat  Gebrauch  des  ny,  vy,  das  eben  auch  als 
Akk.  vorkommt,  beeinflußt  worden  ist  In  dem  dat  Gebrauch 
des  ny,  vy  werden  wir  demnach  die  Fortsetzung  des  ursprach- 
liehen  dat  Gebrauches  eines  n8s,  v9s  ebenso  sehen,  wie  sich  ja 
auch  bei  dem  enklitischen  Dat  mi,  ti,  si  im  Slav.  noch  die  geni- 
tivische Funktion  erhalten  hat  z.  B.  bratrh  mi  ,frater  meus*  (urspr. 
moi,  toi,  mei,  tei  wurde  als  enklit  Lok.  Gen.  imd  Dat  gebraucht). 
Ein  nös,  vös  müssen  wir  auch  voraussetzen,  wenn  wir  den  Gen. 
PL  desselben  Pronomens  nash,  vasb  erklären  wollen,  nämlich  aus 
*nöS'8äm,  ^vös-söm  (vgl.  BB.  29,  8.  218—219). 

In  allen  diesen  Fällen  hätte  ein  -ös  über  -üs  zu  -y  geführt 
Ging  aber  ein  weicher  Konsonant  vorher,  lautete  jös  zu  j^s  um, 
woraus  dann  ji  geworden  wäre  z.  B.  westslav.  drde. 

Auch  das  uraprachliche  -öis  (-ots)  im  Auslaute  scheint  zu  demselben 
Besultate  geführt  zu  haben  wie  -ds  und  zwar  im  Instr.  PI.  der  o-Stämme. 


10& 

Es  Bind  hier  zwei  Fälle  möglich:  entweder  ist  in  dem  Langdiphthonge 
das  i  geschwunden  (also  ehenso  wie  z.  B.  in  aksl.  tatt  ,Dieh'  gegen  tajüi 
,hehlen%  tat  ,geheim*  ans  («)<^'.  ai.  täyüf  ,Dieb'),  so  daß  ein  -äs  entstand^ 
welches  nach  dem  früheren  zu  -üs  und  dann  zu  -y  geführt  .hätte :  rol^^ 
nach  weichen  Konsonanten  t:  mqÜ,  koAi^  poti.  Diese  Formen  sprechen 
allerdings  nicht  gegen  unsere  Annahme.  Wie  wir  nämlich  sehen  werden, 
muß  die  Terdumpfende  Wirkung  des  «  als  sehr  alt  vorausgesetzt  werden 
und  daher  können  wir  hier  nach  dem  früheren  keinen  Umlaut  des  jöi  zu  fia 
(iiAnn  ji)  erwarten,  da  derselbe  jünger  war.  Etwas  anderes  haben  wir 
im  Gen.  Sg.  der  a-Stimme,  bei  denen  das  -öi  erst  später  aus  -m  entstand. 
Nimmt  man  an,  daß  das  i  nicht  ausgefallen  ist,  so  muß  auch  daran  fest- 
gehalten werden,  daß  die  Verdumpfung  infolge  des  $  frühzeitig  wirkte 
und  zwar  bevor  noch  die  Verkürzung  des  Langdiphthonges  eintrat  (ein 
ojf«  hätte  selbst  auch  bei  der  Verdumpfung  zu  tijpr,  -u«,  -»  geführt,  ohne 
Verdumpfung  zu  -i)  und  bevor  der  Umlaut  fo—je  wirkte.  Daß  übrigens 
dieser  Umlaut  jünger  ist  als  die  Verdumpfung,  beweisen  die  Nominative 
fn<{&,  korib,  die  ebenso  auf  ein  -Jos  (dann  jus)  zurückgehen  wie  rokt^j  ^» 
u.  s.  w.;  sonst  müßten  sie  *mql«,  *koiUs  lauten  (durch  Umlaut  aus  *kon' 
J09  u.  s.  w.).  Nur  bei  -oiw  ist  die  Verdumpfung  erst  später  eingetreten,, 
nachdem  -Jims  zu  J9ii8  (woraus  dann  J{)  geworden  war,  vgl.  den  Akk.  PL 
der  männlichen  o-Stämme  und  den  Nom.  Sg.  m.  des  Part.  Präs.  akt» 
(vtdy  gegen  bij^.  Das  -im  in  "Oru  scheint  überhaupt  auf  das  o  längere 
Zeit  hindurch  konservierend  gewirkt  zu  haben,  denn  es  widerstand  auch 
der  Nasalierung:  aus  *rokoni  ist  kein  *rokq  geworden  zu  jener  Zeit,  als 
ein  "vedoMt  zu  vedq  führte  (3.  PI.  Aor.).  Sicher  scheint  es  ferner,  daß 
das  8  längere  Zeit  hindurch  diese  verdumpfende  Wirkung  ausübte  (abge- 
sehen von  -oti«,  das  eben  erwähnt  wurde  und  wo  sich  dieselbe  erst  später 
intensiver  bemerkbar  machte),  weil  wir  sie  auch  bei  dem  Gen.  8g.  der 
o-Stämme  annehmen  müssen.  Nun  ist  aber  hier  ursprünglich  ein  -S« 
gewesen,  dieses  wurde  zu  -m  und  dann  erst  infolge  der  immer  noch  ver- 
dumpfenden  Wirkung  des  «  zu  -ü«,  -y.  So  würde  der  Nom.  rokt  aus 
^rokos  (durch  *rokfiM)  den  Reflex  der  ältesten  Phase  dieser  Verdumpfung 
(wo  es  noch  keinen  Umlaut  jo—Je  gab,  daher  auch  tnqit,  kont,  aber  kein 
*y/iq&,  *kone)^  dagegen  die  Genetive  aksl.  u.  s.  w.  ryht/^  westslav.  aruss. 
duii  jenen  der  jüngsten  Phase  derselben  bezeichnen,  da  es  hier  schon 
auch  einen  Umlaut  Jö  zu  ji  gab :  westslav.  duH.  Es  müßte  also  ange- 
nommen werden,  daß  öjls  frühzeitig  zu  üis  geworden  ist,  woraus  dann  -üt 
und  aus  diesem  -y  entstanden  wäre.  Vgl.  auch  BB.  29,  8.  219  Anm.  2. 
,  Es  braucht  nicht  erst  hervorgehoben  zu  werden,  daß  die  erste  Erklärung 

!  auf  eine  größere  Wahrscheinlichkeit  Anspruch  erheben  kann,   aber   die 

hier  entwickelten  zeitlichen  Verhältnisse  der  betreffenden  lautlichen  Pro- 
zesse bleiben  dadurch  unberührt. 

Auch  bei  entlehnten  Worten  wurde  nicht  selten  ü  zu  y, 
wobei  es  sich  offenbar  um  sehr  alte  Lehnwörter  handelt,  z.  B. 
aksL  chyzb,  chyzina,  chyza  ,Haus^  aus  dem  Germ.:  got.  hüs  z.  B. 
in  gud'hus  ,Gotte8hau8*  (zu  yiev&eiv);   aksl.  tym  ,Mauer',   b.  tyn 


110 

^eingezäunter  OrtS  zd4yni  ,Wehi:^,  anord.  tan,  ahd.  zun  ,ZaunS 
air.  dün  ,Burg*,  gall.  dünum  (z.  B.  Augusto-dünum  u.  s.  w.).  Das 
t  spricht  dafür,  daß  das  Wort  aus  dem  Germ,  entlehnt  wurde. 
Da  hauptsächlich  im  Got  das  ö  fast  als  ü  klang,  so  begreifen 
wir  Entlehnungen  wie  aksl.  myto  ,Lohn*,  mytar't  ,publicanusS  got 
möta  ,ZollS  das  ahd.  müta  ,Maut,  ZoU^  kann  nicht  mehr  in  Be- 
tracht kommen.  Fremdes  ö  und  o  wurde  überhaupt  mitunter  als 
ü  (if)  gehört:  vgl.  auch  Jakyn,  Jakin  gegen  Ancona,  Hierher 
gehören  auch  einige  Worte,  die  im  Slav.  ein  %  haben  (vgl.  S.  28). 

Eine  Anzahl  von  Worten  aus  dem  Genn.  geriet  in  die 
Dekhnation  der  ü-Stämme:  aksl.  crtJcy  ,KircheS  ahd.  chirihha, 
and.  kyrkja,  aus  ycvQiy^i]  (y,vQi%6g  gegenüber  Tivgia^og  ist  aus 
Papyri  und  Inschriften  belegt,  Liter.  Centralbl.  1904,  S.  736); 
bukt/,  bukbve  ,BuchstabeS  im  PL  ,Schrift,  Buch',  vgl.  got  böka  im 
Sg.  jBuchstabeS  im  PI.  ,Schrift,  Buch,  Brief,  ahd.  buohha  ,Buche*, 
buoh  ,Buch*,  vgl.  lat.  fdffus,  gr.  dor.  (päyog  ,Eiche';  aksl.  chorqgf/ 
,Pahne*,  got  hrunga  (hrugga  geschrieben)  ,Stange';  ksl.  opany,  b. 
pdnev,  ahd.  pfanna;  b.  kanev  (setzt  auch  ein  *k(>ny  voraus),  ahd. 
channa  u.  s.  w.  Auch  diese  Entlehnungen  müssen  sehr  alt  sein 
und  aus  einer  Zeit  herrühren,  in  welcher  im  Germ,  im  Auslaut 
noch  ein  ö  war  (auch  bei  gestoßener  Intonation).  Fremdes  ö 
wurde  eng  ausgesprochen,  führte  zu  ü  und  das  ergab  ein  y  (vgl. 
auch  bei  den  ü-Stämmen  in  der  Stammbildungslehre).  Damit 
ist  aber  nicht  gesagt,  daß  alle  Worte  mit  dieser  Endung  gleich 
alt  sein  müßten:  es  handelte  sich  ursprünglich  nur  um  einige 
Vorbilder,  an  die  sich  auch  spätere  Entlehnungen  anschließen 
konnten.  So  haben  wir  im  Slav.  das  schon  erwähnte  buky:  die 
Endung  ist  alt,  aber  im  Stamme  steht  dem  germ.  6  ein  u,  nicht 
mehr  ein  y  gegenüber  (wie  in  myto  u.  s,  w.);  ebenso  auch  z.  B. 
in  r.  u.  s.  w.  duma,  got  ddms  ,Urteil,  Erkenntnis^  Das  sind 
offenbar  jüngere  Entlehnungen. 

Wie  ein  b  durch  Dehnung  auf  slav.  Boden  zu  %  geworden 
ist,  so  führte  ^  auf  dieselbe  Weise  zu  y.  So  in  den  Iterativen, 
z.  B.  dychati  zu  dr»chn(j^i  ,atmen,  blasen';  nadymati  ,aufblasen' 
zu  d^mq  ,wehen,  blasen'.  Ebenso  auch  in  aksl.  rydaii,  rydajq 
•^ch  wehklage',  lit  raudä  ,Wehklage',  ai.  rudaU  ,er  jammert, 
weint',  lat  rudo,  ahd.  riozan  ,klagen,  weinen';  rygctti  8^,  rygajq 
,rülpsen,  brechen',  vgl.  lat  e-rugo,  gr.  e-gevyofiai  4ch  breche  mich, 
speie  aus',  lit  rügiu  und  raugiü,  raükti  ,rülpsen',  ahd.  ü-ruchen 
,wiederkäuen'. 


111 

Ebenso  yot  j:  Nom.  Akk.  Sg.  m.  der  bestimmten  Adjektiva: 
dobryj  aus  dcbrhj  und  dieses  aus  dobrz-i, 

Umlaut  des  y  zu  i.  Wie  ^  nach  weichen  Kons,  zu  t, 
so  ist  auch  das  zunächst  verwandte  y  nach  denselben  Kons,  zu  i 
geworden.  Wir  haben  schon  oben  S.  28  u.  109  den  Instr.  tnqzi,  koni, 
pol'i  u.  8.  w.  gegen  roky,  mesty  angeführt  Weiter  gehört  hierher 
aksl.  Uli  ,nähen'  aus  ^iyti,  *8iiUi;  aksl.  plinqti  ,8puere*  aus 
^pljyfkfti.  Auch  einige  Fälle,  die  wir  bei  i  (S.  28)  erwähnt 
haben,  gehören  hierher. 

Neben  dem  erwähnten  plinqti  kommt  auch  jdjunqti  vor. 
Wie  ist  es  nun  zu  erklären?  Wir  haben  schon  oben  S.  104  er- 
wähnt, das  nicht  jedes  ü  im  Slav.  zu  y  wird.  Es  handelt  sich 
zunächst  um  aksl.  fucha  jusculum',  b.  ßeha,  s.  juha  ,Suppe',  russ. 
udid,  lit  jüsze  ,schlechte  Suppe',  preuB.  juse  ,FleischbrüheS  lat. 
jus,  gr.  Kvfirif  ai.  yüsa  yBrühe'.  Das  slav.  u  geht  hier  auf  ein 
langes  ü  zurück,  womit  auch  die  Akzentverhältnisse  überein- 
stimmen. Es  hat  hier  also  das  ;  den  Übergang  zu  y  aufgehalten, 
was  nur  dadurch  verständlich  wird,  daß  die  Aussprache  jy  schon 
damals  gewisse  Schwierigkeiten  verursacht  hat.  Dieser  Übergang 
hat  demnach  nicht  überall  stattgefunden,  sondern  beschränkte 
sich  nur  auf  gewisse  Fälle,  namentUch  solche,  wo  es  sich  um 
einen  Systemzwang  handelte,  wie  z.  B.  *k(yAy,  weil  roky.  Sonst 
sehen  wir,  daß  dieser  Übergang  nicht  selten  unterbleibt,  oder  das 
beide  Formen  neben  einander  vorkommen.  So  z.  B.  bei  aksl. 
pljujq,  pVwati  ,spuere^  Auszugehen  ist  von  («)/>|ü-j(0;  vgl.  gr. 
fgrvw  aus  ^{sjpjüjö,  Isitspuo,  lit  spiduju,  spiAviau,  spiäuti  ,speien' 
mit  abweichendem  Yokalismus.  Daß  im  Slav.  von  piü  auszu- 
gehen ist,  zeigt  uns  klar  der  Inf.,  aus  *piüräii  entstand  nämlich 
^pXM'Uaii,  das  zu  *pjhV(iUi,  pl'wati  (vgl.  9vekry,  svekrbve)  führte. 
Dem  Pras.  sollte  *pi(l,  "*piy,  *pii  und  schließlich  pVi  zu  Grunde 
liegen,  statt  dessen  kann  im  Aksl.  pVujq  u.  s.  w.  belegt  werden, 
z.  B.  pljudchq  (Imperf.  im  Assem.  Marc.  15.  19),  ebenso  im  Ab., 
auch  im  P.  pluje  u.  s.  w.,  d.  h.  es  kam  nicht  zu  *jy,  sondern  es 
bUeb  das  ja  bestehen.  Dameben  kommt  aber  doch  auch  im 
AkA.  jdinqti,  das  ein  *pljynqti  voraussetzt,  ^eben  pZ/Mitq^f  Tttvevv 
vor  und  zwar  ist  es  in  den  aksl.  Denkmälern  zahlreicher  ver- 
treten, ebenso  wie  auch  plinovenije  ,8putum'. 

Geblieben  ist  auch  das  jü  in  aksl.  kl'ujqf  kl'wali  ,picken', 
ebenso  ab.  kl'uju,  Hvati,  das  so  zu  beurteilen  ist,  wie  pVtfvati, 
vgl.  lit  kliiti  ,anhaken,  hängend    Das  lange  ü  kommt  noch  zum 


112 

Vorschein  in  aksl.  Idjum  ,SchnabeI'  und  kljudt  ^Schlüssel',  b.  HU, 
8.  Ujüd,  kljüda,  cak.  klßid,  Idjüdä,  slov.  klßid,  kljüda,  vgl.  ahd. 
Miuning  ,Sperling^.  Weiter  in  aksl.  iujq,  (aböhm.  zuju),  zwabi 
,kauenS  ahd.  chiuwan\  beachte  aber  audi  S.  107. 

Das  urspr.  lange  ü  sehen  wir  auch  noch  in  aksl.  rwiXti 
,reißen,  evellere'  aus  *rü-^i,  *ru^ati;  es  ist  wohl  identisch  mit 
rtfti,  ryjq  ,graben^,  wo  das  lange  ü  ebenfalls  noch  vorliegt,  lit 
rduju,  rduti  ausreißen,  raufen'  mit  einer  anderen  Vokalstufe  (vgl. 
oben  8.  105).  Zu  rzvati  war  urslav.  das  Präsens  ryjq,  das  aber 
später  auch  bei  rt^i  entstand  (S.  106),  daher  mußte  f^fXiti,  das 
hinsichtlich  der  Bedeutung  differenziert  wurde,  ein  neues  be- 
kommen. Durch  den  engen  Anschluß  an  den  Inf.  entstand  r^vq, 
im  Ab.  nach  den  anderen  hierher  gehörigen  Verben  ein  ruju, 
rujes  u.  s.  w. 

Veränderungen  des  y  auf  slav.  Boden.  Wie  schon 
erwähnt,  hat  sich  das  y  nur  im  R  und  F.,  in  gewissen  Fällen 
auch  im  Sorb.  (abgesehen  von  einigen  lokalen  Dialekten)  erhalten; 
sonst  ging  es  in  t  über.  Das  ist  der  allgemeine  Wandel  des  y 
auf  slav.  Boden.  Wenn  heutzutage  im  B.  noch  ein  y  geschrieben 
wird,  so  ist  es  nur  eine  graph.  Tradition,  die  im  Prinzipe  auf 
Hus  zurückgeht.  Hinsichtlich  des  Sorb.  ist  zu  bemerken:  Nach 
k,  g  (OS.  h)  und  os.  auch  nach  ch  haben  wir  für  y  ein  i:  gibaä, 
wjäiki  (vgl.  auch  poln.  kicha6  gegen  chybiß);  nach  Labialen  in 
den  westniedersorb.  Dial.  auch  u:  mudÜ,  hupiä  (»  vypiti)  ,aus- 
trinken',  umdra  ,Fischotter',  b.  vydra.  Schon  im  Aksl.  bemerken 
vrir,  daß  nach  r,  namentlich  wenn  die  nächste  Silbe  weich  ist, 
aus  y  ein  %  wird  (S.  28).    Vgl.  auch  b.  tisfc  gegen  poln.  tysiqc. 

Die  breitere  Aussprache,  die  das  y  annahm,  brachte  es  mit 
sich,  daß  es  auch  in  e  übergehen  konnte,  so  in  einigen  b.  Dia- 
lekten, insbesondere  in  Mähren:  sen  aus  syn  ,Sohn';  bd  aus  byl 
,er  war*;  sir  aus  syr  ,Kä8e';  dobri  aus  dobry  ,der  gute*.  Spuren 
dieser  dialekt.  Eigentümlichkeiten  finden  wir  schon  in  den  ab. 
Denkmälern,  z.  B.  ten  ji$tS  krdl  für  ten  jisty  krdl  ,der  gewisse 
König'  (Gebauer,  I  S.  283). 

Mit  den  mähr.  Dial.  berührt  sich  zunächst  auch  das  benach- 
barte P.,  wo  wir  finden:  bokatfr,  cztery  »vier',  pasUrz  ,Hirf,  sir 
,KäseS  aber  auch  das  sekundäre,  aus  i  entstandene  y  wird  zu  e: 
sziroki  ,breif  (ap.  auch  noch  szyroki),  dial.  auch  in  Mähren 
ierokS,  ebenso  im  Sorb.  Seroki,  b^  ,Breite';  sieroia  , Waise*,  ap. 
sirota,  wo  das  t  jedoch  nicht  weich  blieb. 


113 

Das  /  greift  mitunter  über  sein  ursprüngliches  Gebiet  hioaus.  So 
wie  wir  im  B.  dialektisch  mlnar  für  mlynär  ,Müller  finden  (Gebauer  I, 
S.  286)f  bemerken  wir  etwas  analoges  auch  in  den  aksl.  Denkmälern  bei 
dem  Verbum  »lyiaii  «hören*,  das  so  häufig  als  Mhiati  geschrieben  wird, 
daß  hier  nicht  an  einen  bloßen  Schreibfehler  gedacht  werden  kann  (vgl. 
Verf.  Aksl.  Gramm.  S.  60). 

Merkwürdig  ist  der  Übergang  des  .y  im  B.  in  aj,  woraus 
dann  (wie  aus  dem  ursprünglichen  aj)  durch  regressiven  Umlaut 
ej  geworden  ist  6  e  bau  er  vermutete  hier  den  Beflex  eines  Pro- 
zesses, den  wir  im  Deutschen  bemerken.  Seit  dem  XII.*  Jhd. 
geht  nämlich  das  t  im  baierischen  Dialekte  in  ei  über,  so  daß 
diese  Diphthongierung  im  XII.  Jhd.  hier  schon  vorhanden  ist 
Grieichzeitig  ist  der  Diphthong  ei  in  ai  übergegangen,  sodaß  die 
beiden  Diphthonge  zwar  nicht  zusammengefallen  sind,  aber  laut- 
lich einander  doch  nahe  standen  (vgl.  Paul,  Mhd.  6r.  2.  Aufl. 
S.  42).  Im  XIII.  Jhd.  dringt  dieser  Prozeß  auch  im  österreichi- 
schen Dialekte  durch,  im  XIV.  Jhd.  herrschte  ei  in  diesem  Ge- 
biete durchaus,  von  hier  hat  es  sich  über  Böhmen  und  Ostfranken 
weiter  verbreitet  (Weinhold,  Mhd.  Gr.  2.  Aufl.  §  106  und  108, 
Kl.  mhd.  Gr.  2.  Aufl.  §  38).  Die  3  ältesten  Belege  für  den 
Übergang  des  y  in  aj  finden  wir  in  ab.  Hss.  aus  dem  XIV.  Jhd. 
z.  B.  vayducz  »  vajdüc  aus  üjfdüc  (vyjdüc).  Chronologisch  wäre 
also  eine  Beeinflussung  seitens  des  Deutschen  möglich  und  man 
kann  um  so  eher  daran  denken,  als  im  B.  nur  das  ^  von  diesem 
Prozesse  ergriffen  wurde,  nicht  aber  das  {  (damals  waren  die 
beiden  Laute  in  der  Aussprache  noch  geschieden).^  Nun  mußte 
offenbar  das  deutsche  t  dem  b.  //  näher  liegen  als  dem  {,  denn 
in  den  deutschen  Worten  ntt,  nigen,  grU,  tiben,  tim,  tick, 
schrtben,  tfiben,  din  u.  s^w.  mußte  vom  Standpunkte  der  b.  Aus- 
sprache das  deutsche  t  als  ein  böhm.  ,y  aufgefaßt  werden.  Aller- 
dings fanden  wir  in  gewissen  ab.  Hss.  schon  seit  der  Mitte  des 
XIV.  Jhd.  auch  nach  c,  s  u.  s.  w.  ein  y  statt  i,  aber  das  war 
zunächst  nur  eine  dialektische  EligentümUchkeit,  die  sich  nicht 
auf  das  ganze  b.  Sprachgebiet  erstreckte.  Allgemein  war  hier 
damals  nach  diesen  Lauten  noch  ein  i  (vgl.  S.  30).  Auch  der 
Übergang  des  ^  in  aj  war  zunächst  Dialektisch.  Neben  ihm  be- 
stand immer  noch  das  y  und  behauptete  sich  bis  in  die  Gegen- 
wart in  der  Schriftsprache.  Es  würde  auch  nahe  liegen,  das  aj 
der  b.  Hss.  einfach  als  eine  graphische  Ungenauigkeit  aufeuüetssen. 
Man  schrieb  noch  aj,  sprach  aber  schon  ej  aus,  eine  Ansicht,  für 
die  früher  auch  Verf.  eintrat    Es  ist  mir  aber  jetzt  wahrschein- 

VftBdrfck,  Vgl.  daT.  Gimma.  1.  8 


114 

lieber,   daß  es  wirklich  zunächst  zu  einem  auch  lautlich  berech- 
tigten aj  kam. 

Die  nasalierten  Yokale  ^  und  q. 

Sprachgeschich tliches.  Man  hat  erst  später  erkannt,  daß  das 
Akal.  Nasallaute  enthielt  und  zwar  kam  zu  dieser  Erkenntnis  mit  aus- 
schließlicher Berücksichtigung  des  Poln.  zuerst  Vostokov  imJ.  1820. 
DobroYsk^  las  sie  nach  r.  Art  und  so  finden  wir  es  noch  in  seinen 
berühmten  »Institutiones  linguae  slavioae  dialecti  veteris«  (1822),  wo  <i 
als  u  und  ^  als  ja  figuriert.  Kopitar  war  noch  im  J.  1836,  als  er  seinen 
»Glagolita  Clozianus«  herausgab,  nicht  frei  von  allen  Zweifeln  und  hätte 
lieber  nach  neuslov.  Art  (\  als  6  und  ^  als  •  aufgefaßt:  discrimen  litera- 
rum  c{  et  ^  (similiumne  Polonorum  <{  et  ^,  an  potius  Camiolorum  6  et  e?) 
primus  indicasset  (p.  XII,  vgl.  auch  p.  XXIX,  8.  48,  49 — 50).  Die  Zweifel 
Kopitars  fanden  mehr  als  es  wünschenswert  war  einen  fruchtbaren  Boden. 
Erst  Miklosich  machte  im  J.1852  (Vgl.  Lautlehre  der  slav.  8pr.  S.52ff.) 
denselben  ein  Ende.  Er  berief  sich  insbesondere  auf  die  Art  und  Weise, 
wie  griechische  Worte  im  Aksl.  und  andererseits  aksl.  Worte  im  Griech. 
transskribiert  werden,  woraus  eben  die  Existenz  der  Nasallaute  im  Aksl. 
ohne  weiters  nachgewiesen  wird.  So  ist  z.  B.  (Uk^z,  »  Sexifißgiog, 
p^tikotib  =  3tsvT€xo{n4,  k^in^  s  loyyivog;  umgekehrt  in  der  Tita  Clem. 
oq>9rTd3tXijxtog  »>  Sv^tophkb.  Auf  die  slav.  Ijohnwörter  im  Magyarischen, 
Bumänischen  u.  s.  w.  kann  man  sich  nicht  berufen,  wie  es  Miklosich  tat, 
weil  es  sich  nicht  beweisen  läßt,  daß  diese  Worte  nur  aus  dem  Aksl. 
entlehnt  worden  wären.  Beweist  man  ferner,  daß  das  Altbulg.  überhaupt 
Nasale  hatte,  so  gilt  es  auch  fürs  AltksL,  das  als  ein  bulg.  Dialekt  auf- 
gefaßt werden  muß.  Nun  findet  man  wirklich  bulg.  Worte  in  griech. 
Urkunden  mit  dem  Nasal,  z.  B.  aowdlaoxoy,  aowdiaaxov  «  *8c^ka  in 
einer  Urkunde  aus  dem  J.  1020.  Dazu  kommt  noch,  daß  sich  heutzutage 
Spuren  der  Nasale  in  einzelnen  maced.  Dial.  vorfinden,  was  seit  der  Beise 
des  GrigoroviS  1844—45  bekannt  geworden  ist.  Miklosich  hat  freilich 
das  ursprüngliche  Yorhandensein  der  Nasale  nur  fürs  Südslav.  und  P. 
(desgl.  Kaiub.  und  Polab.)  zugegeben,  während  die  anderen  slav.  Sprachen 
nach  ihm  nie  Nasale  gehabt  hätten.  Allein  man  hat  nun  nachgewiesen, 
daß  sie  einst  auch  im  B.  und  B.  vorhanden  waren.  So  macht  Sobo- 
levskij  geltend,  daß  zwar  in  der  Mitte  des  XI.  Jhd.  im  Huss.  schon 
keine  Nasale  mehr  vorhanden  waren,  wohl  aber  früher,  als  Berührungen 
der  Bussen  mit  Skandinaviens  Bewohnern,  den  Varengern,  stattfanden 
und  als  einzelne  Ausdrücke  aus  dem  Skandinavischen  entlehnt  wurden, 
wie  varjagh  =  altskand.  varingrj  griech.  ßdgayyos;  kdbjagt  =  altskand. 
kylfingr,  gr.  xo6Xjttyyog;  Sudb  (Bezeichnung  des  Landungsplatzes  in  Kon- 
stantinopel, To  2%8v6v,  das  Goldene  Hom)  a  altskand.  sund;  jabeUnikh 
vgL  altskand.  ämhüi  (Dienst).  Wenn  es  in  der  r.  Sprache,  als  die  Be- 
ziehungen zwischen  den  Bussen  und  den  Skandinaviern  begannen,  keine 
Nasale  gegeben   hätte,   so  hätten   wir  im  B.  kein  varjag^   (aus  rar^). 


115 

Smd9  (aus  Sqd9\  sondern  varmg^,  Sund»  u.  dgl.  Diese  Yoraussetzang 
-findet  auch  ihre  Best&tigang,  wenn  wir  die  griech.,  lat.  und  deutsche 
Bezeichnung  der  Magyaren  mit  der  russischen  vergleichen:  gr.  c^oqoi, 
-oSyyQoi,  lat.  ungarij  hungari^  deutsch  ungam  und  r.  ugre  (Sg.  ugrinb).  Die 
T.  Bezeichnung  für  den  Kamen  der  Ungarn  konnte  in  der  r.  Sprache  bei- 
läufig zu  Anfang  des  IX.  Jhd.  auftauchen,  als  die  r.  Slaven  zum  ersten 
Mal  mit  den  Magyaren  in  Berührung  kamen.  Augenscheinlich  haben 
damals  im  B.  noch  Nasale  existiert  und  das  Wort  lautete  qgre.  Im  B. 
wurde  also  erst  aus  einem  altruss.  c^e  das  spätere  ugre  und  aus  var^ 
dann  varjagi.  Hinsichtlich  des  B.  muß  auf  den  lat.  Namen  VenetüauM 
Terwiesen  werden;  er  setzt  den  Beflex  eines  ursprünglichen  Nasals  im 
heutigen  Worte  Vdelav  , Wenzel'  Toraus.  Weiter  machte  Gebauer 
(I  S.  44)  auf  den  b.  Flufinamen  Ckub,  deutsch  Kamh^  Chatnh  aufmerk- 
sam. Vom  deutschen  kamb  kann  man  nur  durch  die  Mittelstufe  *kqjlh^ 
-ehqb'  zu  einem  ehub  kommen  (bei  Kosmas:  ad  medium  fluminis  ckub). 

Man  muß  also  annehmen,  daß  die  Nasale  schon  urslav.  sind, 
vas  sich  übrigens  auch  aus  der  folgenden  Darstellung  ohne  weiters 
ergeben  wird.  Ihre  ursprüngliche  Geltung  ergibt  sich  aus  der 
Pi:x)portion  nesti :  nasäi  =  b^sti  :  blqdüi  (errare)  =  tr^i  :  trqsüi 
«(erschüttern),  woraus  folgt,  daß  ^  ein  nasaliertes  e  und  q  ein 
nasaliertes  o  ist  Bei  der  Transskription  dieses  Lautes  nach  p. 
Art  durch  q  darf  man  also  nicht  etwa  an  ein  nasaliertes  a  denken. 

Die  Frage,  unter  welchen  Bedingungen  sich  Nasale  im  Slav. 
entwickelt  haben  und  unter  welchen  nicht,  bildet  eines  der 
schwierigsten  Kapitel  der  slav.  Lautlehre. 

Man  muß  zunächst  zwischen  dem  Inlaut  imd  Auslaut  unter- 
scheiden. 

Inlaut.  Hier  sind  nun  verschiedene  Gruppen  zu  berück- 
sichtigen. 

Hinsichtlich  des  tautos}'ll.  -tn-,  im,  -un-,  -um  erschien  recht 
plausibel  die  Ansicht  des  Lorentz  (Afsl.  PL  18,  S.  95),  nach 
welcher  urspriinghches  in,  an  im  Slav.  durch  i,  y  vertreten  sei, 
während  ihm  im  Ldt  gestoßen  betontes  \n,  ün  entspreche,  dagegen 
An,  ün  durch  ^,  q,  wogegen  im  lit  ihm  schleifend  betontes  iü, 
ufi  zur  Seite  stehe.  Das  lasse  sich  lautphysiologisch  dadurch  er- 
klaren, daß  die  kurzen  »-  und  u-Laute  im  Urslav.  offen  gesprochen 
wurden  (i  nähert  sich  dem  e,  ü  dem  o),  die  langen  dagegen  ge- 
schlossen. In  neuerer  Zeit  wurde  aber  die  schon  früher  ausge- 
sprochene Ansicht  wieder  aufgenommen,  nach  welcher  in,  un 
überhaupt  nicht  zu  einem  Nasal  führe  (Pedersen  in  Materyafy 
i  prace  T.  I  Hft.  2.  1903,  8.  165—171  und  KZ.  38,  S.  323). 
Man  wird  auch  tatsächlich  die  Hypothese  des  Lorentz  kaum  ver- 

8^ 


U6 

teidigeii  können.  Zunächst  haben  wir  oben  S.  13  bemerkt,  da& 
im  allgemeinen  die  slav.  kurzen  Vokale  geschlossen,  die  langen 
dagegen  offen  ausgesprochen  wurden,  also  gerade  umgekehrt  als 
es  L.  annimmt.  Femer  kommt  in  Betracht:  die  Nasale  mußten 
sich  im  Urslav.,  nicht  im  Urbalt-slav.  entwickelt  haben.  Nun  ist 
aber  die  schleifende  Int  bekanntlich  schon  im  Urslav.  fallend 
gewesen  (vgl.  r.  vdrom,  s.  vräti,  b.  vran,  lit.  vafnas),  d.  h.  es 
wurde  in  in,  un  das  i  und  u  im  Gegensatze  zu  n  hervorgehoben 
und  da  ist  es  nicht  recht  wahrscheinlich,  daß  sich  unter  solchen 
Bedingungen  Nasale  hätten  entwickeln  können.  Wir  würden 
gerade  umgekehrt  erwarten,  daß  sich  der  Nasal  bei  gestoßener 
Intonation  aus  in,  un  entwickelt  hätte,  weil  hier  das  n  hervor- 
gehoben wurde  (vgl.  Verf.  BB.  29,  S.  201).  Doch  haben  wir 
Beispiele,  in  denen  ein  gestoßen  betontes  in  zu  i  wurde:  aksl. 
isto  —  istese  ,testiculu8',  PL  ,renes*,  lit  inkstas  ,Niere,  testiculus*^ 
preuß.  inxcze  ,NiereS  aisl.  eista  (vgl.  oben  S.  26);  r.  gnida,  p. 
gnida,  b.  hnida  ,Niß^,  lit  glinda  ,Niß'  aus  *gninda,  let  gntda 
(aus  *gninda);  aksl.  zUa  jAder',  r.  züa,  s.  züa,  b.  züa,  aus  halt* 
slav.  ^gtnsla,  *ginla,  lit  g(da,  g^sla,  dial.  glnsla  (Mikkola  BB. 
22,  S.  245);  slav.  viänja  ,Kir8chbaum^,  s.  vtänja  nach  Mikkola 
1.  c.  S.  247  aus  ^vink'sniä,  lit  vikszna  für  ^vlnhnä  (*vingsnä} 
.ulmus  campestris^  Im  B.  allerdings  vihU;  wir  würden  *vi^ne 
erwarten. 

Wenn  also  ein  gestoßenes  in  ein  i  ergab,  um  so  mehr  mußte- 
nach  dem  früheren  ein  geschleiftes  dazu  führen.  Man  kann  be- 
züglich des  Verhältnisses  der  slav.  Tonqualitäten  zu  den  lit  ver- 
schiedener Ansicht  sein  und  das  eine  oder  das  andere  für  das 
uraprünglichere,  ältere,  halten,  aber  darauf  kommt  es  hier  nicht 
au.  Die  Hauptsache  ist,  daß  die  slav.  schleifende  Int  fallend 
und  die  gestoßene  steigend  war.  Diese  Tonqualitäten  waren  nun 
gewiß  älter  als  die  Nasale  im  Slav.;  bei  einzelnen  Fällen  können 
wir  es  wenigstens  genau  beobachten,  wie  sie  sich  verhältnismäßig 
erst  spät  im  Urslav.  entwickelt  haben,  wo  also  die  spezifisch  slav. 
Int.  schon  längst  ausgeprägt  waren. 

Wir  kommen  also  zum  Schluß,  daß  aus  in,  im,  mochte  es 
wie  immer  beschaffen  sein,  kein  Nasal,  sondern  ein  i  entstanden 
ist.  Offenbar  fiel  n,  m  aus  und  der  t'-Laut  wurde  dafür,  wo  er 
kurz  war,  zu  i  gedehnt  (vgl.  auch  lit  gysla  aus  *gtnsla),  wobei 
die  Int  wahrscheinlich  immer  zu  einer  gestoßenen  vnirde  (ein- 
fach langer  Vokal!),  was  dafür  spricht,   daß  zunächst  das  i  vor 


117 

fi,  m  Terkürzt  worden  war.  Was  die  prinzipielle  Frage  dieser 
Ersatzdehnung  anbelangt,  so  müssen  wir  woÜ  daraa  festhalten, 
denn  wir  haben  Fälle,  wo  sie  ziemlich  klar  zu  Tage  tritt,  wie 
z.  ß.  in  aksL  pominqti  ,gedenken'  aus  *pamen'nqti,  später  auch 
pom^nqH,  da  das  n  unter  dem  Einflüsse  von  mbnüi,  mSnüi,  minati 
Ton  neuem  eindrang;  aksl.  tent  ,Schatten'  aus  *temnh  zu  tbtna 
aus  ^tiiimä  jFinstemis*,  vgl.  lit  usz-temis  , Verfinsterung*  (hinsicht- 
lich der  Bedeutung  vgl.  auch  gr.  ascoVo^*  und  d.  ,Schatten');  auch 
im  aksl.  zasnqti  ,8ich  entsetzen'  scheint  ein  Nasal  (aus  *gen8,  *gS8, 
zas)  ausgefallen  zu  sein;  es  läßt  sich  aber  weder  got  us-geisnan 
,sich  entsetzen,  staunen'  damit  recht  vergleichen  (ein  ei  spricht 
nicht  für  einen  Verlust  des  n),  noch  das  lit  -gqsti  (z.  B.  nu-si- 
gqdü,  nU'Si-gandaü,  nu-si-gqsti  4n  Schrecken  geraten,  erschrecken'). 
Man  kann  nur  einigemal  bemerken,  daß  vor  s  der  Nasal  nicht 
in  allen  Fällen  leicht  aufkam:  so  behauptete  sich  -ans  im  Akk. 
PL  der  o-Stämme  lange  hindurch,  während  -ont  in  der  3.  P.  PI. 
des  starken  Aor.  schon  zu  -q  (vedq)  geführt  hatte.  Eine  Dehnung 
zeigt  auch  aksl.  phu^^zt  ,Greldstück'  aus  dem  Germ. :  ahd.  pfenning, 
aisl.  jpenningr.  Das  berechtigt  uns,  sonst  auch  bei  den  Nasalen 
mit  Ersatzdehnungen  zu  operieren.  Wir  können  sie  übrigens  hier 
auch  in  anderen  Sprachen  bemerken. 

Es  gibt  allerdings  auch  Fälle,  in  denen  ein  in-  zu  einem 
Nasal  —  zu  ^  —  führte,  wenn  sie  auch  spezifisch  geartet  sind. 
Es  handelt  sich  um  die  3.P.  PI.  aksL  vid^  (urslav.  *vid^ib)  und 
ckval^  (ursl.  *chi>al^t)  und  um  das  entsprechende  Pari  Präs. 
aksL  vid^,  vid^a  und  ckval^,  ehval^Ha.  Wie  aus  vidp-äi,  vidUmb, 
chvcdiäi,  chvalitm,  chvcditi  u.  s.  w.  ersichtlich  ist,  müssen  mr  hier 
.von  einem  i  ausgehen;  die  urspr.  Formen  waren  also  *v%dfntb, 
*divalinthy  vldin(t)8j  chvalln(t)8,  Gen,  Sg.  *vidintjö,  *chvaUntjö. 
Aus  den  Ersatzdehnungen  haben  wir  oben  geschlossen,  daß  das 
i  vor  n  (m)  verkürzt  wurde,  wonach  hier  ein  *vidifUh,  *cht>aUnth, 
*vidin(t)8,  *divaRn(t)s,  Gen.  *vldifUja,  *chvaUntja  entstand.  Nmi 
sollte  nach  unserer  Regel  das  n  ausfallen  und  eine  Ersatzdehnung 
des  t  zu  9  eintreten.  Das  ist  aber  nicht  geschehen.  Diese  For- 
men befanden  sich  alle  unter  dem  Einflüsse  eines  Systemzwanges; 
hätten  sie  das  n  verloren,  so  wären  sie  aus  dem  Bahmen  einer 
so  bedeutenden  Majorität  von  Fällen  herausgetreten.  Unter  dem 
Einflüsse  eben  dieser  Formen  behielten  sie  ihr  n,  bis  das  %  im  t 
wurde  und  ein  wi  ergab  dann  regelrecht  ein  ^.  Auf  diese  Weise 
kommen  wir  zu  denselben  Partizipialformen,  die  auch  das  Litauische 


118 

aufweist:  turfs,  Gen.  turinczo,  vgl.  degqs,  digcmczo,  doch  stimmt 
hier  der  kurze  Vokal  zum  Präsens,  das  auch  ein  %  aufweist 

Unsere  Fonnen  wurden  bis  jetzt  verschiedenartig  erklärt.  Lorentz 
meinte,  in  den  obliquen  Kasas  des  Partizipiums  wäre  die  Akzentuatioa 
des  Nom.  Sg.  angenommen  worden,  also  der  schleifende  Ton;  unter 
diesem  wäre  -tiU  zu  'int  geworden.  Wie  im  Gren.  PL  -5»  zu  -o»^  verkürzt 
worden  sei,  so  wäre  es  auch  hier  geschehen,  also  ehval&it-,  chval^-  aus 
ehvaltfU'.  Das  ^  sei  dann  auch  in  den  Nom.  Sg.  eingedrungen  (Afsl.  PhiL 
18,  S.  102—103),  denn  sonst  hätte  hier  ein  -ins  wie  auch  -tiM  (entsprechend 
dem  Lit.)  zu  t  ffihren  müssen  (S.  100).  Allein  der  Gen.  PL  kann  auch 
anders  erklärt  werden,  außerdem  handelt  es  sich  bei  ihm  um  den  Aus- 
laut, womit  also  das  inlautende  m(-  des  Part,  nicht  verglichen  werden 
kann.  Mit  einer  derartigen  Erklärung  kommt  man  auch  bei  der  3.  P. 
PL  oüf^a,  ehvai^9  nicht  aus.  Die  erstere  Form  stellte  Beichelt  nach 
Bartholomae  mit  lat.  vitUnt  zusammen  (BB.  27,  S.  73),  was  absolut 
unmöglich  ist,  denn  das  ganze  Präsens  setzt  im  Slav.  ein  t  voraus  und 
so  wird  man  für  die  8.  Pers.  PL  nichts  anderes  statuieren  wollen,  wenn 
sie  auch  nicht  lautgesetzlich  ist.  Es  ist  auch  nicht  wahrscheinlich, 
da£  in  ^ehvalitiU,  *vidinU  lautgesetzlich  der  Nasal  geschwunden  und 
dann  nachträglich  unter  dem  Einflüsse  von  *fm^»  u.  s.  w.  wieder  einge- 
führt worden  seL  Es  ist  dies  eine  frühere  Erklärung  Brugmanns,  die 
nun  auch  Pedersen  akzeptiert  (Materyaij  u.  s.  w.  S.  167—168).  Wenn 
hier  später  der  Nasal  wieder  eingeführt  worden  wäre  (unter  dem  Ein- 
iusse  von  *im^6,  ^vsdefft  u.  s.  w.),  so  würde  die  Form  *v%dcfh  oder 
*vidf(^,  *ehvah(tb  oder  *ehvalfc^b  lauten. 

Also  nur  dann,  wenn  sich  in  (In)  unter  einem  Systemzwange 
behauptete,  bis  es  zu  »n  geworden  ist,  konnte  daraus  ein  q  ent- 
stehen, falls  es  tautosyll.  war.  Sonst  müssen  wir  es  als  eine  all- 
gemeine Eegel  ansehen,  daß  in  (In)  ein&ch  zu  f^  aber  zu  keinem 
Nasale  führte. 

Wir  begreifen  nun,  warum  in  entlehnten  Worten  in  im  In- 
laute zu  ^  wurde,  wie  z.  B.  aksl.  Jnn^  ,princeps',  ahd.  kuning, 
lit  kknigciB  ,Priester,  Pfarrer'.  Damids  ist  schon  aus  i  ein  »• 
geworden,  oder  das  fremde  i  wurde  offen  ausgesprochen,  führte 
daher  zu  einem  t  und  aus  vn  mußte  ein  ^  werden.  Hierher  ge- 
hört noch  aksL  (^^a  ,numusS  got  kintus  ,Heller',  vielleicht  auch 
aksl.  J^o  ,EindS  ^«  ,Leut6S  germ.  kinda,  ahd.  chind-,  nur  fällt 
hier  auf,  daß  k  za  c  geworden  ist,  während  wir  in  c^a,  cnky 
ein  c  haben.  Das  würde  also  für  ein  heimisches  Wort  eher 
sprechen.  Weiter  aksl.  pen^  ,Geldstück*,  Bhd.  phenning,  preuß. 
penningas;  aksl.  skbl^  ,numus',  ahd.  skiUing,  got.  skiUinga;  aksl. 
user^  ,inaurisS  got  ausan  ,Ohr^   und  hrigga  ^Ring^,   nhd.  Ohr- 


119 

ring;  aksl.  vÜ^  ^eroa',  anord.  pikingr,  bei  Adam  Bremensis 
wiüiingi. 

Unter  solchen  Umständen  kann  man  aksL  z^ati,  z^dq  (auch 
z^diti^  z^tdq,  z^düi)  ^verlangen,  dürsten'  nicht  von  einem  giüd- 
ableiten,  sondern  nur  von  gend-,  das  auch  im  lit  pct-sirgmdü, 
-gedaü,  ghU  ysich  sehnen,  gelüsten'  vorkommt  Es  ist  demnach 
die  Erklärung  des  lit.  gendü  aus  *gindu  (unter  dem  Einflüsse 
▼on  refikü  zu  rinkaü)  kaum  richtig,  denn  eine  solche  Änderung 
müßte  schon  urbalt  slav.  sein.  Allerdings  scheint  auch  das  aksl. 
ztdati,  üdq  jwarten'  und  lit.  geidiu,  geisti  ,begehren'  hierher  zu- 
gehören, doch  ist  das  Verhältnis  noch  nicht  ganz  klar.  Pedersen 
nimmt  eine  Altemation  der  Wurzel  g^hed  und  g^heid  an  (Mate- 
lyaly  u.  s.  w.  S.  167).  Das  aksl.  z^iati  könnte  wegen  b.  zddati, 
poln.  zqda6,  falls  hier  die  gestoßene  limge  primär  ist,  auch  auf 
^ffodäti  (9  mit  heller  Färbung)  zurückgehen. 

Auch  in  aksl.  s^cnqti  ,sickem,  fließen,  versiegen',  dann  infolge 
des  Abflusses  ,austrocknen'  kann  ^  nur  auf  en  (oder  ^  wegen  des 
b.  sdknouti,  p.  siqknqS,  doch  auch  8i^cnq6)  zurückgehen,  lit  senkk, 
sikti  ,fallen,  sich  senken'  (nur  vom  Wasserstand),  nu-aHeti  ,ab- 
fließen,  versiegen,  trocken  werden',  aeklüs  ,seichf ,  lat  sentina  (aus 
*8enctina)  ,das  in  den  Schiffsraum  gesickerte  Wasser',  got  sigqan 
^sinken,  untergehen',  le.  dagegen  iiku  (aus  ^sinku),  sikt  ,ver8iegen', 
aber  noch  sekls  ,seichf .  Auch  hier  scheint  ai.  riücdti  ,er  gießt 
aus',  aksl.  stcaii  ,mingere',  ahd.  ^gan  ,tröpfelnd  fließen,  sich 
senken'  verwandt  zu  sein,  so  daß  wir  hier  dasselbe  Verhältnis 
hätten  wie  oben.  Daß  im  Urslav.  einmal  ein  senk  vorlag,  dafür 
spricht  die  Ablautsstufe  isqditi  (aus  izsqditi)  ,trocken  machen' 
(z.  B.  Supr.  395.  10)  ,Metall  schmelzen'  und  aksl.  sqäUo  ,Schmelz- 
ofen'.  Auch  pre^  ,spinne'  kann  nur  von  prend  lit  sprindis 
,Spanne'  (^indziu)  oder  prxj^d  abgeleitet  werden. 

Wie  in,  im  wurde  auch  tautosyll.  un,  um  behandelt:  « 
wurde  event  gekürzt,  es  fiel  n,  m  aus,  u  wurde  zu  ü  gedehnt 
und  ergab  dann  y.  So  aksl.  Igko  ,Ba8f ,  b.  l^kOj  s.  Ük,  lit.  lunhis, 
preuß.  lunkan  ,Bast';  aksl.  vyknqti  ,ge wohnt  werden',  b.  vyknouti 
(wir  erwarten  v]gknouti\  r.  v^knutt,s.  vlknuti,  wtknuti,  ncMfiknuti 
(Daniöii^  Akcenti  u  glag.  S.  34,  bez.  80),  lit  jünkstu  ,ich  werde 
gewohnf ,  junktas  ,gewohnf ,  vgl.  got  bi-ukts  ,gewohnf . 

Erst  in  späterer  Zeit,  als  n  zu  ^  vmxde  oder  vielmehr  zum 
großen  Teile  schon  geworden  war,  da  führte  ein  tautosyll.  ^n  in 
Fremdworten  zu  q:   aksl.  qgrim,   vqgriw  ,Ungarus*.    Mit  dem 


120 

Volke  der  Ungarn  wurden  die  Slaven  im  IX.  Jhd.  nachdrück- 
licher bekannt. 

Auch  hier  muß  die  Ansicht,  daß  ein  geschleiftes  ufi  zu  q 
geführt  hätte,  aufgegeben  werden.  Aksl.  gqba  ,SchwammS  lit. 
gumhas  stellt  Pedersen^  wohl  mit  Becht,  zum  germ.  swamb  und 
leitet  es  von  *8gf*h(mbhO''  oder  sgybombho-  ab  (Materyaly  S.  168 — 170). 
Dazu  auch  lat  fungm  und  gr.  oqK>yyoq^  ajtoyyoq.  Das  lit  Wort 
würde  allerdings  die  71-Stufe  (Schwundstufe)  voraussetzen,  während 
b.  houba,  s.  guba  eine  gestoßene  Int.  verraten,  daher  setzen  sie, 
wie  er  meint,  mi  *sgu&mho  voraus.  Es  ist  aber  die  Möglichkeit 
vorhanden,  ein  slav.  q  mit  steigender  Int  auch  aus  fri  abzuleiten, 
wodurch  man  also  auch  im  Slav.  zu  derselben  Ablautsstufe  käme 
wie  im  lit     Über  aksl.  fu^da  wird  weiter  unten  gehandelt 

Ein  IS,,  1/1  führte  zu  ^  oder  q,  wenn  es  lang  war;  d^e  Qualität 
des  Nasals  war  abhängig  von  der  hellen  oder  dumpfen  Klang- 
farbe des  %  V'}  die  sich  wohl  sekundär  entwickelt  hatte  und  jeden- 
falls zumeist  von  der  Umgebung  abhängig  w^ar.  War  das  yi,  V' 
kurz,  führte  es  zu  ^  oder  e>  wobei  wieder  die  Klangfarbe  maß- 
gebend war  (vgl.  bei  ^,  V'  und  bei  den  Halbvokalen  z,  t).  Hier- 
her gehört  aksl.  tysqäta,  tys^Ua  ,tausend'  aus  *tH8'S^tjä.  Daß 
diesem  Substantiv  das  Wort  szto  in  seiner  ursprünglichen  Form 
als  *8ijito  zu  Grunde  lag,  wird  weiter  unten  bei  yi,  9  erklärt. 
Desgleichen  auch  das  q  aus  f  in  qdoh,  qdoh  ,vallisS  qvozh  ,val- 
lis',  (ftbkb  ,WeberzetteP,  dann  sq  aus  sip>  in  aksl.  sqlogh  ,consor8 
tori',  8q8ed^  jNachbar*,  sqptrb  ,adversarius*;  im  Inf.  dqti  aus  *dfrUi 
,blasen,  wehen^,  lit.  dünUi,  dumiü.  Hier  überall  hatte  das  ^,  v^ 
eine  dumpfe  Färbung,  dagegen  eine  helle  in  aksl.  p^ti  ,spannen% 
htpifUi,  nchc^i  ,anfangen*,  U^i  ,fluchen*,  des^  ,der  zehnte',  pqstb 
jFaust^  u.  s.  w.  (siehe  bei  x^,  yi). 

Sonst  entsteht  im  Inlaut  in  allen  Fällen  bei  tautosyll.  m,  n 
ein  Nasal  und  zwar  haben  wir  folgende  urspr.  Gruppen  zu  unter- 
scheiden: 

1)  -an,  am  wurde  zu  q  nachdem  a  zunächst  zu  0  geworden 
ist,  z.  B.  aksl.  qgh  ,Winkel',  lat  angulus,  arm.  ankiun,  angiun 
dafis.;  aksl.  qgh  ,Kohle*,  lit.  anglls,  preuß.  anglis,  ai.  aügara; 
aksl.  qchati  ,riechen*,  vgl.  lat  älum,  alium  ,wilder  Knoblauch^, 
{h)dläre,  an(h)eläre  (aus  *an8lo),  dazu  auch  noch  gr.  avepiog 
,Wind',  lat  animus,  got  tts-anan  ,ausatmen',  ai.  anüi  ,er  atmef , 
dagegen  aksl.  vo-nja  ,odor';  qzikh  ,eng*,  lit.  afiksztas  aus  anztas, 
ansztas,   got.   aggwus  ,eng'   (*(ig9^^)}  Icit   angö,   gr.  ayxw   4ch 


121 

schnüre',  ayx^  jiaheS  ai.  qhas  ,EDge'  und  qhüs  .eng';  aksl.  *<}zh 
Schlange',  slov.  vdz,  p.  wqz  und  aksl.  qgorütb  ,AaFy  slov.  6ffor, 
p.  tvyorz,  b.  uhar,  lit  angi^  ^Schlange'  und  ungurjjs  (aus  angu- 
rys)f  preuß.  angur(g)is  ^al',  lat.  anguiüa  ,AalS  ai.  dAi^  Schlange, 
Drache';  aksl.  gq9b  ^Gans^  lit  zqsis,  lett.  2:088;  ahd.  ^an^^  lat 
anser,  aus  ghans-;  aksl.  ^^  ^Winkel,  Ecke'  aus  *kamptO',  vgl. 
lit  kampas  ^Ecke,  Winkel,  Gegend',  gr.  xoptni]  ,Biegung',  lat. 
campus. 

Auch  in  Lehnworten:  aksl.  chqdogh  ,peritu8',  got  handugs 
jweise';  aksl.  vdtbqdz  ,camelus',  got  tdbandus  (aus  dephatUus), 
hier  ist  offenbar  velb  infolge  der  Volksetymologie  (vdij  ,groß')  st. 
*r»».,  vItA'  (Meillet,  Etym.  S.  110). 

2)  ein  en,  em  wurde  zu  e^.  Der  e-Stufe  steht  hier  häufig  die 
o-Stufe  zur  Seite:  aksl.  bl^dq,  hl^i  ,errare,  nugari,  scortari',  lit. 
bl^i  ,dunkel  werden',  pryhUnde  , Abenddämmerung',  blandyti 
,Augen  niederschlagen',  got  blandan  sik  ,mi8ceri',  blinds,  ahd.  blint, 
dazu  die  o-Stufe  aksl.  blq|d^  ,error,  lenocinium',  blqdüi  ,errare'; 
l^y  l^i  ,biegen',  lit  lefkkti,  Isnkiü  ,biegen',  dazu  Iqkb  ,Bogen', 
Iqka  ,palus,  sinus,  Wiese',  lit  lanka  , Wiese',  }'lanka  ,Einbieguug'; 
aksl.  m^kh  ,weich',  lit  minkyti  ,kneten',  minksztctö  ,weich', 
mankstyti  ,erweichen'  (zur  W.  men),  dazu  mqka,  b.  mouka  ,Mehl'; 
m^f  m^i  ,turbare',  lit.  metUüris,  meniüre  ,Quirl,  Bührstock',  ai. 
mdfUhati  ,er  rührt,  drehf,  dazu  aksl.  mqtb  ,turba',  mqtiti  ,trüben'; 
aksL  tr^,  tr^i  ,erschüttem',  lat.  tremo,  gr.  tgifiu),  as.  thrimman 
'hüpfen',  ai.  traaati  ,zittert',  lit  iriszu  ,zittere',  woraus  wir  ersehen, 
daß  einem  slav.  e,  wie  sonst  auch  nicht  selten,  ein  i  gegenüber- 
steht (Hirt  faßt  es  als  sekundären  Ablaut  auf,  Abi.  S.126,  S.588), 
dazu  auch  ircfSh  ,tremor,  Erdbeben' ;  das  slav.  tr^o-  ist  wohl  durch 
eine  Verquickung  aus  einem  tremo  und  tresOf  die  beide  vorliegen, 
entstanden;  v^zq,  v^zati  ,binden',  v^ziti  ,haerere',  lit  vgzti  vyiinoa 
^Bundschuhe  flechten',  preuß.  winam  (vinzus)  ,Hals',  vgl.  b.  vaz 
,das  Genick,  der  Nacken',  dazu  aksl.  vc^zh  ,Band',  qzh,  vqzlz 
?Knoten'  u.  s.  w.;  z^  «dilacero',  W.  §embh,  dazu  zqbh  ,Zahn', 
Ut  iamba  ,Maul',  ahd.  chamb  ,gezähntes  Werkzeug,  Kamm',  gr. 
y6fiq>og  ,Pflock,  Nagel'.  Vgl.  noch  aksl.  j^ro  ,Lieber',  gr.  Swega; 
aksl  m^o  ,Fleisch'  aus  *men8o,  bez.  *mefn8o,  got  mimz,  hierher 
auch  m^ra  ,feine  Haut',  lat  membrum,  membrana  (aus  ^memsro-^, 
dagegen  ai.  fnds  neben  mqsdm,  dem  ai.  mds  würde  das  lit.  mim 
entsprechen  (in  gewissen  Fällen  scheint  der  Nasal  zwischen  einem 
langen  Vokal  und  8  geschwunden  zu  s^in);  aksLp^^«  aus  *penktis 


122 

jfiinf,  lit.  penkl,  got.  ahd.  fimf,  ai.  pdnca;  pi^a  ^erse^,  preuß. 
pentis  ^acke^  lit.  pintis,  usz-peniis  ,Sporn  des  Hahnes';  s^gq, 
8^i  ,ich  reiche  heran ;  berühre',  pri-s^ga  ^Schwur^  zum  ai.  8(9- 
saiija,  dameben  ohne  Nasal  lit  segu  ^ch  haftet  ai.  säjati  ,er 
haftet'  (Brugmann,  Kurze  vgl.  Gr.  S.  515);  aksl.  sv^  ^eüig', 
Ut  szvefdas  ,heiligS  preuß.  swints,  got.  hunsl  , Opfer';  t^iva 
^chordaS  Ut.  temptiva  zu  tempti,  tempiü  spannen,  dehnen';  z^h 
ygener',  lit  gentis  , Verwandter,  Gevatter'; 

3)  Das  on,  om  fährte  zu  q;  mehrere  Beispiele  sind  schon 
angeführt  worden.  Vgl  noch  aksl.  pqto  ^Fessel'  zu  ptffiq,  p^ 
^spannen',  ht  pinü,  pirUi  ,fiechten',  got  spinnan;  aksl.  rqka  ,Hand',. 
lit  rankä  zu  Ut  renkü,  rifücti  ^sammeln' ;  aksl.  h^hm  ,tympanum', 
lit.  bambiti  ,strepere',  gr.  ßofißdw. 

4)  ein  Sm,  in  führte  auch  zu  <j:  aksl.  Äkk.  Sg.  m^,  t^  s^, 
ai.  tnämj  tvdm  (aus  *fnStn)j  preuß.  mien,  tien,  sien,  sin  (ie,  i  = 
geschlossenes  S);  aor.  p^  aus  *pin8b  zu  ptnq,  p^i  vgl.  düb, 
'bash  (aus  *böd8b)  u.  ai.  atän,  acäit,  ddyaut. 

Allerdings  finden  wir,  daß  einem  ins  ein  e  gegenübersteht, 
da  es  sich  aber  sonst  auch  zeigt,  ist  es  mögUch,  daß  es  weiter 
hinauf  reicht;  vgl.  aksl.  mis^  ,Monat',  ai.  mds  ,Mond',  lat  mensisj 
gr.  firjVf  got  mSna,  Ut  menü;  aksl.  pisbH  ,Sand',  ai.  pqsu$  ,Staub^ 
Sand';  vgl.  auch  das  oben  erwähnte  aksl.  m^o  gegen  ai.  mas  u. 
märhsd'. 

Auslaute.    Hier  ist  zu  untei'scheiden 

A)  Absoluter  Auslaut:  bloßes  -m  oder  -n  mit  einem  vor- 
hergehenden Vokal,  oder  es  handelt  sich  um  ein  silbisches  tiiy  fi 
mit  vokalischer  Färbung.    Der  Vokal  ist 

I)  kurz.  Nach  der  Beschaffenheit  desselben  haben  wir 
mehrere  Fälle  zu  unterscheiden: 

1)  -in  (-im)  gibt  -»:  Akk.  Sg.  der  e-Stämme  aksl.  noStt  ,Nachf 
aus  *noktim,  Ut  näüf,  gr.  otpiv,  lat  turrim,  sitim,  ai.  matim. 

2)  'Un  (-um)  gibt  -^:  Akk.  Sg.  der  u-Stämme  aksl.  syn^ 
,Sohn',  aus  *sünum,  Ut  sümf,  got  sunu,  gr.  ft^x^Vy  lat  tnanum, 
ai.  sünüm. 

3)  'On  (-om)  wurde  zunächst  zu  -un  imd  das  ergab  nach  2) 
ein  z  (also  wie  ein  auslautendes  -os):  Akk.  Sg.  der  männUchen 
o-Stämme  aksl.  vltkb  ,Wolf'  aus  *vlkom,  Ut.  pilkq,  gr.  Xv-mv, 
lat  lupum^  ai.  vfkam.  Der  Nom.  Akk.  Sg.  der  neutralen  o- 
Stämme  ist  beeinflußt  von  dem  -o  der  pronominalen  Stämme: 
ige  ,Joch'  (st  *igz)  nach  to  aus  *tod. 


123 

Hierher  gehört  auch  die  1.  P.  Sg.  des  einfachen  (starken) 
Aor.:  akd.  negb  4ch  trog',  gr.  z.  B.  i'g>egovj  ai.  dbharam. 

5)  -17t,  -t^  ei^ab  ein  t:  Akk.  Sg.  kament,  maten»,  crrJofVh 
n.  8.  w.  über  andere  Fälle  vgl.  bei  rjn,  v. 

n)  Der  Vokal  war  lang. 

1)  -^n  (-am)  gibt  9,  was  offenbar  so  zu  erklären  ist,  daß  zu- 
nächst infolge  des  n  (m)  das  es  zu  ö  wurde:  Instr.  Sg.  der  o- 
Stämme  aksL  rt^,  duSq,  diese  Form  kommt  aber  seltener  vor 
(Zogr.  Glag.  Cloz.,  Assem.  und  Psalt.  sin.  etwa  10  mal,  im  Supr. 
schon  häufiger,  nämlich  36  mal),  zumeist  haben  wir  hier  rqkojq,. 
duäejq  nach  den  pronominalen  Formen  toj(]^  sejq  u.  s.  w.  EJs 
kann  daher  gefragt  werden,  ob  das  aksL  rt^q  nicht  ein  Eon- 
traktionsprodukt aus  rqkojq  sei,  wie  es  auch  im  b.  rukau,  p.  r^ 
u.  s.  w.  Yorliegt.  Das  rqkcjq  kann  schon  urslav.  gewesen  sein,, 
daran  kann  aber  nicht  gezweifelt  werden,  daß  ihm  ein  rqkq, 
entsprechend  dem  Ut  rankä  aus  urbaltslav.  *ronkdm,  vorherging 
und  daher  älter  war,  so  daß  auch  rqkojq  einzelsprachlich  sein 
kann,  trotzdem  es  in  allen  slav.  Spr.  vorkommt  oder  vorausge- 
setzt werden  muß.  Dafür  würde  sprechen,  daß  im  Aksl.  neben 
dem  auftauchenden  rqkq  nicht  auch  *tq  aus  tojq  vorkommt. 
AUerdings  ist  der  Supr.,  wo  Formen  wie  rqkq  häufiger  sind,  ein 
jüngeres  Denkmal. 

Im  Akk.  Sg.  rqkq,  duSq  müssen  wir  auch  ein  -am  voraussetzen ; 
daß  hier  wegen  der  gestoßenen  Intonation  dieses  Langdiphthonges 
eine  Zurückziehung  des  Akzentes  auf  die  Endung  nicht  stattge- 
funden hat,  ist  auf  den  Einfluß  des  Akk.  Sg.  der  1-  und  ii-Stämme^ 
die  stammbetont  waren,  zurückzuführen:  russ.  nUru,  serb.  ruku 
gegen  den  Nom.  russ.  rukd,  serb.  rüka^  5ak.  rüka;  russ.  ztmu^ 
serb.  zimu  gegen  den  Nom.  russ.  zimd,  serb.  zlma^  u.  s.  w. 
Analog  auch  im  Lit:  rankq  gegen  Nom.  rankä  (vgl  Hirt,  Der 
idg.  Akz.  S.  147-148  u.  IF.  Anz.  VI,  S.  20). 

Hierher  gehört  femer  die  Endung  der  1.  P.  Sg.  der  themat. 
Verba:  aksl.  berq  ,8ammle,  nehmet  f^edq  ,führe^  Sie  geht  auf 
am  zurück  und  war  urspr.  wahrscheinhch  eine  Injunktivfbrm 
zweisilbiger  Wurzelbasen  auf  -a;  diese  hätten  wenigstens  den 
Ausgangspunkt  gebildet,  so  daß  wir  von  Formen  wie  rbvq  ,ich 
raufe,  (nwo^i),  zhvq  ,ich  kaue'  (ztvati),  Shsq  ,ich  sauge'  (shsati)  aus- 
gehen müßten.  Dainit  wären  die  alat.  aorist.  Konj.  wie  fuam, 
tulam,  ad-venam  (und  -bam)  zu  vergleichen  (vgl.  Brugmann^. 
Kurze  vgl.  Gr.  §  717.   Anm.  1  und  §  722). 


124 

In  neuerer  Zeit  ist  allerdings  mehrfach  die  Ansicht  ausgesprochen 
worden,  daß  in  dem  -q  doch  das  urspr.  -ö,  das  im  Lit.  fortlebt,  zu  suchen 
sei:  es  wäre  daran  die  Sekundärendung  -m  getreten  (vgl.  KZ.  37,  S.  340 
und  38,  S.  317,  wo  -öm  nicht  als  eine  ursprachl.  Doublette,  sondern  als 
eine  slav.  Umbildung  des  ursprünglichen  -ö  aufgefaßt  wird).  Auch  Ber- 
neker  möchte  im  slav.  -q  ein  -öm  mit  angetretener  Sekundärendung, 
^der  wie  man  es  neuerdings  nenne  »konjnnkter  Endnng«,  sehen  (Afsl. 
Phil.  25,  479).  Mir  scheint  aber  eine  derartige  Erklärung  nicht  recht 
plausibel  zu  sein.  Eine  solche  Form  hätte  nur  in  einer  sehr  frühen  Zeit 
entstehen  können,  als  das  -m  mit  dem  vorhergehenden  Vokal  noch  nicht 
die  spezifischen  Veränderungen,  infolge  deren  z.  B.  aus  dem  urspr.  *ne8' 
o-m  ein  nesb  geworden  war,  durchmachte.  Nun  hätte  aber  ein  derartiges 
altes  -dm  zu  -y  führen  müssen  ebenso  wie  z.  B.  in  kamy. 

Wenn  wir  bei  dem  Wandel  -öm  -q  ein  -öm  (-m)  als  die 
Vermittlungsstufe  ansetzen,  so  maß  sie  zu  einer  Zeit  aufgetaucht 
sein,  als  das  -ön  von  *kamön  schon  verändert  war,  denn  sonst 
hätte  auch  das  -ön  aus  -am  {-an)  dieselben  Veränderungen  durch- 
machen müssen. 

2)  -m  {'Sm)  ergab  q:  Akk.  Sg.  des  Pron.  pers.  aksl.  mq,  t^, 
s^,  vgl.  ai.  mäm,  tvüm;  aksl.  br^m^  ,Last'  aus  ^ber-mBn. 

3)  'ön  (-öm)  führte  zunächst  zu  -im,  mochte  es  schleifend 
oder  gestoßen  gewesen  sein:  N.  Sg.  aksl.  kamy  aus  *kamön,  gr. 
an^wv  ,Ambos,  Donnerkeil*,  lit.  cJcmü  (Abfall  des  n,  daher  eine 
geschleifte  Int.),  vgl.  gr.  atjöiiv.  Von  Kurschat  werden  noch 
dialekt.  Formen  auf  -ung,  d.  h.  -ifti,  wo  also  noch  das  ältere  -ön 
zu  Grunde  liegt,  angeführt.  Daß  das  -ö  ursprünglich  gewesen 
^ei  und  das  -n  erst  aus  anderen  Kasus  eingeführt  worden  wäre, 
ist  nicht  sehr  wahrscheinlich.  Im  slav.  Gen.  Plur.  der  o-  und 
€i-Stämme  ist  das  aus  -on  entstandene  -ün,  da  es  zu  -y  geführt 
hätte  und  man  schon  andere  Kasus  mit  dieser  Endung^  hatte, 
der  DiiFerenzierung  wegen  zu  -un,  dann  '^  geworden,  indem  es 
die  Länge  an  die  vorhergehende  Silbe  abtrat:  ab.  strdn  zu  strana, 
Zis  zu  das  u.  s.  w.,  russ.  voUs^  zu  Nom.  völosh  ,Haar^  u.  s.  w. 
{vgl.  bei  der  Lehre  von  der  Int). 

B)  Nicht  absoluter  Auslaut,  d.  h.  -n  in  Verbindung 
mit  'S  oder  -t 

I)  Mit  kurzem  Vokal. 

1)  'ins  gibt  -i,  indem  n  ausgefallen  war  und  /  zu  l  gedehnt 
wurde,  also   wie   im  Inlaut:  Akk.  PI.   der  f-Stämme   gosti  aus 

1.  Und  zwar  war  sie  auch  geschleift,  z,  B.  der  Instr.  PI.  der  o-St., 
der  N.  Akk.  der  o-St. 


125 

*go8tuis,   Tgl.  got  austins,   lat  turris,   kret  Ttokivg^   Ut  avis  (-is 
aus  'ts,  weil  gestoßen  betont). 

2)  -uns  gibt  analog  -äs,  woraus  ein  -y  werden  mußte,  also 
wie  im  Inlaute:  Akk.  PL  der  ^-Stamme  syny  aus  *sünun8,  lit 
sunus,  dangks,  got.  wnuns,  IslL  manüs,  kret  vivvgf  hom.  //vrg. 

3)  -on«  und  ant  wurden  verschieden  behandelt,  in  -ons  unter- 
lag das  0  einer  Verdumpfung  unter  dem  Einflüsse  des  auslauten- 
den '8  sowie  in  der  Endung  -os,  so  daß  aus  -ons  ein  -uns  wurde; 
dieses  führte  nach  2)  zu  -y.  Bevor  jedoch  diese  Verdumpfung 
eintrat,  ist  -Jons  dem  umlaute  imterlegen  und  zu  -Jens  geworden, 
das  ein  -j^  ergab.  So  haben  wir  im  Akk.  PI.  der  o-Stämme 
aksl.  Iqky  aus  *lonk(m8  von  Iqkb  ,der  BogenS  vgl.  lit.  takus, 
preuß.  deiwans,  got  totdfans,  kret  Iv'AOvg^  lat  2iipd8;  dagegen 
aksl.  kraj^^  mqi^.  Analog  auch  im  Nom.  Sg.  des  Part  Präs. 
Akt  vedy  gegen  znaje^  aus  *ved(m(t)8,  *znaj(m(t)8. 

In  -on^  konnte  dagegen  das  t  selbstverständlich  nicht  ver- 
dumpfend  wirken  und  so  wurde  hier  das  -on  wie  im  Inlaute  be- 
handelt, d.  h.  es  ergab  ein  q  noch  vor  dem  Abfall  des  -t:  3.  P. 
PI.  des  starken  Aor.  aksl.  v€d<f  aus  *redant,  vgl.  gr.  eyyo-v,  eli^ 
Ttov.  Es  ist  jedenÜEills  auffallend,  daß  beim  Partiz.  ein  *vedons, 
*2najon8  nidit  zu  *ved(^f  znajq  geführt  hat  ebenso  wie  aus  *redont 
ein  vedq  geworden  ist  und  wie  wir  auch  im  Gen.  Sg.  aksl.  vedqita, 
znajqMa  u.  s.  w.  haben.  Diese  Tatsache  hat  es  vornehmlich  ver- 
anlaßt, daß  man  auch  im  Slav.  im  Nom.  des  Part  von  einer 
Länge,  entsprechend  dem  griech.  kvtov  u.  s.  w.,  ausging,  allein 
das  wäre  nicht  richtig.  Man  muß  die  Abweichung  durch  die 
Annahme  erklären,  daß  sich  die  Nasalität  und  speziell  hier  das 
q  mit  einem  nachfolgenden  s  nicht  recht  vertrug,  die  Nasalierung 
wurde  daher  aufgehalten,  bis  -ons  zu  -uns  und  -Jons  zu  -/et» 
geworden  war,  woraus  dann  einerseits  -y,  andererseits  -je^  ent- 
standen ist  znaj^  kann  man  selbstverständUch  nicht  durch  einen 
Umlaut  aus  *  znajq  erklären,  denn  dagegen  würde  znajqMa  u.  s.  w. 
sprechen.  Zu  diesem  lautlichen  Rt)zesse  muß  noch  bemerkt 
werden,  daß  im  Inlaute  q  aus  -on  früher  entstanden  ist  als  der 
Umlaut  des  -jo  zu  je  erfolgte:  znajqsta  u.  s.  w.,  dann  erst  wirkte 
der  Umlaut:  im  Nom.  Sg.  wurde  aus  ^znajans,  das  sich  des 
nachfolgenden  s  wegen  immer  noch  behauptete,  ein  *znajens; 
analog  auch  im  Akk.  PI.  der  o-Stämme  z.  B.  *krajens  aus  *kra'^ 
Jons,  Jetzt  erst  entstand  auch  hier  der  Nasal:  znaj^,  kraj^.  Das 
q  in  znajqMa  u.  s.  w.  ist  demnach  älter  als  das  4}  in  znaje^,  kraj^, 


126 

also  im  Auslaut  (S.  109).  Einzelsprachlich  sind  dann  im  Südslav. 
der  Nom.  Akk.Pl.  und  Gen.  Sg.  duS^  als  Analogieformen  entstanden 
{rybif  :  duSS  wurde  nach  Ufhf  :  mqz^  zu  ryby  :  dui^  umgeformt). 
Als  sich  das  -%  in  znaj^  kraj^  u.  s.  w.  entwickelte,  war  das  -ot» 
nach  harten  Konsonanten  im  Auslaute  schon  zu  -uns  geworden, 
sonst  hätte  hier  schließlich  doch  wohl  ein  -^  entstehen  müssen. 
Der  von  uns  vorausgesetzte  Nom.  des  Part  Präs.  *ved(mllf)8  deckt 
sich  vollkommen  mit  dem  lit  vezqs  (schleifende  Intonation). 

4)  -ens  führte  zu  -<;;  wie  schon  sub  3)  angegeben. 

5)  -ans  wäre  wohl  zunächst  zu  -ona  geworden  und  dieses 
wäre  wie  in  3)  angegeben,  behandelt,  doch  liegen  keine  sicheren 
Belege  dafür  vor. 

6)  -^  mit  heller  Färbung  (i-Färbung)  ergab  ^,  allerdings 
wohl  unter  dem  Einflüsse  der  anderen  einen  Nasal  enthaltenden 
Formen,  wie  noch  bei  ?i  angegeben  vdrd:  3.  P.  PL  des  Aor. 
ves^,  dai^  u.  s.  w. 

II)  Mit  langem  Vokal:  dafür  kein  sicheres  Beispiel. 

Wechsel  zwischen  q  und  u  im  Urslav.  Lautphysio- 
logische Bemerkungen.  Es  gibt  mehrere  Worte,  die  im 
Aksl.  mit  q  neben  u  auftreten,  wie  mqdüi  und  mudüi  ,cunctari': 
z.  B.  Matth.  24.  48  im  Zogr.  Assem.  Sav.  Kn.  muditb,  dagegen 
Luk.  1.  21  im  Zogr.  nufzdaaäe.  Die  anderen  slav.  Sprachen 
setzen  ein  u  voraus:  slov.  nemudoma  ,alsogleich'  und  mudiii  ,auf- 
halten^,  p.  zmuda  ,Zeitverlust'  u.  s.  w.  Was  hier  ursprünglich 
war,  darüber  kann  uns  nur  die  Etymologie  belehren.  Neben 
jmqditi,  mudüi  haben  wir  noch  izrmdeti  ,schwach  werden^  vmdib, 
richtiger  mtdüz  ,tardusS  fmdlüi  ,zögemS  imdli>m;  durch  Vokal- 
assimilation  entstand  im  Russ.  mSdlüt  aus  *fntdtliit,  fneledUh 
,zögem^,  meledd  ,langweilige  Arbeit,  Saumseligkeit'  (hier  ist  eine 
Umstellung  der  Laute  d  und  l  eingetreten,  vgl.  auch  ladönt  aus 
doldnt,  Torbiörnsson  Grsl.  Liquidametath.  I  S.  46).  Dazu  auch 
die  Wurzel  med  im  Ai.  mädyaii  ,er  zögert^.  Man  muß  daher  im 
Slav.  ein  Nasaliniix  voraussetzen,  worauf  dann  die  o-Stufe  fnond^ 
zu  mqd'  führte,  dagegen  die  Schwundstufe  m|id  mit  einer  dumpfen 
Färbung  zu  m^d. 

Im  Supr.  lesen  wir  gnqsüi  8^  ,abominari',  gnq8M^^  ,abominan- 
dus'  neben  gnuSati  8^,  gnustm,  gnu8^  ,Schmutz^  Auch  hier 
setzen  die  anderen  slav.  Sprachen  ein  gnust  voraus.  Da  dameben 
auch  ffnbSb  ^ayog  scelus'  wie  auch  gnesb  ,sordes'  (aus  gnb8h)  vor* 
kommt,  so  verhält  es  sich  hier  analog  wie  bei  mqdüi  —  m^dl^,  nur 


127 

hatte  das  9  in  *gn^S'  eine  helle  Färbung,  fidls  das  b  hier  ur- 
sprünglich ist 

Weiter  gehört  hierher  aksl.  sqmtneti  9^  und  sunmMi  s^ 
^ubitare,  timere'  (so  z.  B.  im  Supr.  sumtnitb  s^  306.  26).  Im  P. 
jetzt  sumienie  ^Grewissen',  früher  allerdings  sqmienie.  Über  tufida- 
nuida  wird  weiter  unten  gehandelt 

Man  muß  annehmen,  daß  in  diesen  Fallen  q  das  ältere  und 
u  das  jüngere  sei.  In  gewissen  Worten  äußert  sich  also  schon 
frühzeitig  der  Verfall  des  Nasalismus,  der  dann  fast  in  allen  slav. 
Sprachen  eintrat  Und  zwar  zunächst  bei  q  in  Silben,  die  sonst 
noch  ein  m  oder  n  enthalten  (eventuell  der  Anlaut  der  nächsten 
Silbe).  Dieser  Prozeß  äußerte  sich  offenbar  so,  daß  sich  q  zu- 
nächst einem  tf  näherte,  woraus  dann  bei  Schwimd  der  Nasalität 
ein  u  wurde.  In  dem  Worte  sutnimeti  ist  besonders  der  Vorgang 
klar,  weil  über  die  Etymologie  hier  nicht  gezweifelt  werden  kann: 
9q-  kann  nicht  von  sq  in  sqsedz  u.  dgl.  getrennt  werden  und 
daher  sehen  wir  hier  ganz  deutlich  q  als  das  primäre  und  u  als 
das  sekundäre.  Allerdings  muß  hier  vorausgesezt  werden,  daß 
das  sq  ursprünglich  in  einem  Substantivum  vorhanden  war  (vgl. 
serb.  sumnja  ,ZweifelS  schon  in  aserb.  Quellen  sumbnja),  weil  die 
gedehnten  Formen  der  Präpositionen  sq,  pa-,  pra  q  nur  in  Kom- 
positis  mit  Substantiven  vorkommen.  Vom  Substantivum  ist  das 
sq-  auch  im  Verbum  eingedrungen.  Wir  haben  zwar  auch  ein 
SMnbneti,  aber  es  ist  nicht  sicher,  ob  das  die  ursprüngliche  Form 
gerade  ist,  oder  ob  sie  später  wieder  nach  der  Analogie  gebildet 
worden  ist. 

Man  kann  gar  nicht  daran  denken,  daß  hier  ursprünglich  das  u 
war  und  dafi  sich  erst  nachträglich  ein  sekundärer  Nasal  dialektisch 
entwickelt  hätte,  wie  wir  es  noch  z.  B.  im  P.  in  einigen  Fällen  heobachten 
können  (hei  0  —  ^).  Abgesehen  davon,  daß  wir  zunächst  ein  u  etymolo- 
gisch nachweisen  müßten,  würde  man  an  eine  nnüherwindliche  lautliche 
Schwierigkeit  stoßen,  wollte  man  von  u  zu  <{  kommen,  selbst  auch  bei 
der  Annahme  einer  Zwischenstufe  wie  1^.  Der  umgekehrte  Weg  läßt  uns 
allerdings  diese  Schwierigkeiten  vermeiden.  Etwas  anderes  ist  es,  wenn 
einem  0  im  Poln.  später  ein  ^  gegenübersteht  wie  in  dem  Worte  mi^zy, 
apoln.  noch  miedzy,  aksL  mMu  ,zwi8chen*. 

Demnach  ist  die  gewöhnliche  Erklärung  des  aksL  nudüi 
,nötigen',  nuzda  ,Zwang',  nudtmi,  nudimä  ,notwendig'  neben 
nqdüf,  nqzda  ,Gewalt,  Notwendigkeif,  nach  der  es  mit  preuB. 
nautin  (Akk.)  ,Not*,  germ.  *naupi,  *naudi,  got  naups  ,Not, 
Zwang'  zusammenhängt,  aufzugeben.    Brugmann  bemerkt  zwar 


128 

daß  Tenues  in  einer  bestimmten  Verbindung  mit  Nasalen  zu 
Mediae  werden  (lat  plango  :  gr.  Tckriaawy  lit  plaku,  Grundr.  I* 
S.  631,  d),  aber  bezüglich  des  Slav.  könnte  man  sich  schwer 
damit  befreunden.  Wie  soll  man  nebstbei  ein  vorgerm.  nauti 
(Kluge,  Etym.  Wtb.  6.  Aufl.  S.  285)  mit  nqd,  nud  in  Zusammen- 
hang bringen?  Wir  können  nach  dem  früheren  nur  von  einem 
^nond-  ausgehen;  das  wurde  zu  einem  nqd-  und  daraus  konnte 
schon  im  Urslav.  wegen  des  anlautenden  n  ein  nud  werden,  neben 
dem  noch  tkfd  weiter  bestand.  Es  ist  offenbar  zu  ai.  nädhita 
4n  Not  befindlich^  zu  stellen.  Unter  dem  Einflüsse  des  Germ, 
(vgl.  gqt  naußjan  ,nötigen^)  wurde  n(fdUi  —  nudüi  auch  zu  nqtüi  — 
nutüi  modifiziert  und  so  treffen  wir  es  vornehmlich  bei  jenen  slav. 
Sprachen,  die  am  meisten  mit  den  Germanen  in  Berührung  waren. 
Meist  wurden  dann  die  so  entstandenen  Doubletten  zur  Differen- 
zierung der  Bedeutung  verwendet,  wobei  natürlich  die  vom  Germ, 
beeinflußte  Form  auch  die  dem  Germ,  zukommende  Bedeutung 
erhielt:  b.  nouze  ,Not,  Elend*,  nuda  ,LangweileS  nudifi  ,lang- 
weilen*,  dagegen  nutüi  ,nötigen*,  p.  nuda  ,IjangweileS  nudzic,  wy- 
nudziö  .abnötigen*,  n^za  ^Not*,  darneben  nuci6  ,nötigen*  (aus 
nutiti),  n^ciö,  wn^M  ,locken*,  os.  nuciö  gegen  nuza  ,Not*.  Falls 
das  hg.  pod-nota  (oder  po-nodä)  ,das  Angebotene*  (s.p(hnuda)  dazu 
gehört,  könnte  man  auch  an  den  Einfluß  der  Germanen  auf  dem 
Balkan  denken.  S.  und  b.  nutkati  kann  allerdings  auch  zu  nu- 
düi gehören. 

Um  die  eben  besprochene  wie  auch  die  noch  zu  erwähnenden 
Veränderungen  überhaupt  zu  verstehen,  muß  Einiges  über  die 
Aussprache  der  Nasale  erwähnt  werden.  Den  Namen  Nasale, 
der  sonst  gewöhnlich  nur  dem  m  und  n  zukommt,  gebrauchen  wir 
(st  nasalierte  Vokale)  deshalb,  weil  er  in  den  slav.  Grammatiken 
schon  traditionell  geworden  ist 

Nasalierte  Vokale  kommen  bekannthch  dann  zu  Stande,  wenn 
der  Mundraum  durch  den  Gaumensegel  (Velum),  der  sich  von 
der  hinteren  Bachen  wand  abhebt  und  der  Zunge  nähert,  teil- 
weise abgesperrt  wird,  so  daß  der  Exspirationsstrom  durch  den 
Mund  und  durch  die  Nase  entweicht  Letzterer  Umstand  scheint 
aber  nicht  so  wichtig  zu  sein,  die  Hauptsache  ist  darin  zu  suchen, 
daß  der  Mundraum  mit  dem  Nasenraum  kommuniziert,  wodurch 
alle  Vokale  eine  nasale  Färbung  bekommen  (nasale  Resonanz). 
Man  kann  nämlich  solche  Vokale  auch  vorbringen,  wenn  man 
die  Nase  zuhält,  allerdings  ist  ihre  Nasalität  dann  etwas  schwächer. 


129 

Durch  die  erwähnte  Öffnung  des  Gaumensegels  an  der  Bachen- 
wand kann  man  Vokale  mit  der  intensivsten  Nasalität  hervor- 
bringen, wie  sie  z.  B.  das  Französische  hat  und  wie  sie  wohl 
auch  im  ürslav.  vorhanden  waren.  Nicht  so  intensiv  ist  sie  bei 
den  p.  Nasalen.  Storm  bemerkt,  daß  die  p.  Nasale  «^  q  vor  d, 
t  einen  mehr  dentalen,  vor  b,  p  einen  mehr  labialen  Charakter 
annehmen,  so  daß  ein  unvollkommenes  n  odei:  m  mit  dem  Vokal 
verschmilzt,  indem  bei  Zähnen  und  Lippen  eine  ähnliche  lose 
Annäherung  stattfindet  wie  sonst  beim  weichen  Gaumen:  p^ 
,Fe88eln*,  Dqbrowski,  welches  letztere  von  Ausländem  Dombrowski 
geschrieben  werde  (Engl.  Phil.^  S.  59 — 60).  Es  muß  aber  dabei 
jedenfalls  doch  auch  eine  teilweise  Freilegung  des  Weges  zum 
Nasenraum  vorhanden  sein,  da  wir  ja  sonst  überhaupt  keine 
nasale  Färbung,  die  doch  unbedingt  vorhanden  ist,  bekämen. 
Nähern  sich  die  in  Betracht  kommenden  Sprachorgane  der  n- 
oder  in-Lage,  so  wird  jedenfalls  gleichzeitig  auch  der  Verschluß 
des  weichen  Gaumens  (Gaumensegels)  an  der  Bachenwand  ge- 
lockert, wie  er  ja  auch  ganz  geöffnet  werden  muß,  wenn  der 
nasale  Kons,  n  oder  m  artikuliert  wird. 

Die  von  Storm  konstatierte  ArtUnilationsverschiebung  der 
nasaherten  Vokale  im  P.  werden  wir  weiter  unten  in  einem  noch 
umfangreicheren  Maße  zugeben  müssen. 

Wie  entstehen  nun  aus  reinen  Vokalen  nasalierte  und  um- 
gekehrt? Es  kann  wohl  nicht  daran  gezweifelt  werden,  daß  die 
Nasale  ihren  Ursprung  von  der  unvollkommenen  Verschmelzung 
des  n  oder  m  mit  dem  vorhergehenden  Vokal  genommen  haben 
(Storm  nennt  es  die  schwache  Artikulation  der  nasalen  Konso- 
nanten, wo  man  nicht  weiß,  ob  man  z.  B.  p&a  oder  penta  hört, 
S.  61).  Dabei  trat  nur  eine  leichte  Lockerung  des  Velumver- 
schlusses  ein.  Von  en  konnte  nicht  ein  direkter  Weg  zu  einem 
Velamasalvokale  i  (^);  wie  wir  sie  z.  B.  im  Franz.  haben,  führen. 
Erst  später  wurde  diese  Stufe  erreicht  (vollständige  Öffnung  des 
Velarverschlusses).  Es  ist  auch  möglich,  daß  der  schwachen 
Artikulation  der  nasalen  Kons,  noch  eine  andere  Stufe  vorher- 
ging, z.  B.  ein  rdnka  (Nasalierung  des  Vokals  vor  dem  nasalen 
Kons.,  der  Nasal  wird  gleichsam  antizipiert),  woraus  erst  röka, 
also  Assimilation  des  Kons,  an  den  nasalen  Vokal,  aber  noch 
mit  einer  vorderen  Artikulation,  woraus  dann  erst  die  Velamasal- 
vokale entstanden. 

Gehen  wir  von  einem  ^»,  an  (geschrieben  auch  in,  on)  aufl,   so  be- 

V«ndr&k,  Vgl.  slar.  Grunm.  I.  9 


130 

greifen  wir  auch  eher,  warum  die  beiden  Nasale  ^  und  er  im  Uralav. 
lang  waren  (vgl.  S.  20).  Wäre  nämlich  bei  «n,  on  durch  eine  Anti- 
zipation einer  teilweisen  Lösung  des  Yelarverschlusses  bei  der  Aussprache 
der  vokalischen  Bestandteile  0,  o  daraus  direkt  ein  ^,  q  entstanden,  so 
wäre  kein  Grund  vorhanden,  weshalb  die  Nasale  lang  sein  sollten.  Etwas 
anderes,  wenn  wir  stufenweise  zu  ^,  q  gelangen,  wo  wir  es  vor  dem 
letzten  Stadium  mit  Lauten  zu  tun  haben,  deren  Artikulation  zwei  zeit- 
lich auf  einander  folgende  Momente  umfaßt.  Das  ist  eben  bei  ^  und  an 
(en,  an)  der  Fall.  Wurde  hiebei  die  vordere  lose  Annäherung  (Engen- 
bildung) mit  der  entsprechenden  vollständigen  Lösung  des  Yelarver- 
schluBses  (entsprecJiend  dem  ^  und  q-)  vertauscht  und  statt  des  dentalen 
Verschlusses  (entsprechend  dem  -n)  einfach  eine  lose  Annäherung  herbei- 
geführt, so  war  man  schon  beim  vorletzten  Stadium,  das  ebenfalls  noch 
zwei  Artikulationsmomente  aufwies.  Im  letzten  Stadium  wurden  diese 
Momente  zeitlich  noch  gewahrt,  d.  h.  die  Nasale  waren  lang. 

In  dem  Anfangsstadium  dieser  Entwickelung  behielten  einige 
q  des  ürslav.  ihre  vordere  Artikulation,  wenn  sonst  noch  ein  m 
oder  n  in  der  Silbe  vorhanden  war,  erlagen  aber  insofern  der 
allgemeinen  Yerdumpfung,  als  sie  zu  t^  wurden.  In  diesem  Laute 
konnte  sich  allerdings  die  nasale  Begleitung  nicht  behaupten  und 
so  entstand  daraus  ein  11  (die  früher  erwähnten  Fälle  wie  muditi, 
gnusz  u.  s.  w.).  Wir  hätten  also  eigentUch  hier  keine  Analogie 
mit  dem  as.  kunig  aus  kuning  (zwei  n,  eine  Art  Dissimilation). 

Schon  im  ürslav.  ist  also  in  einzelnen  Fällen  der  Nasal  q 
geschwunden.  Später  gingen  in  einzelnen  slav.  Sprachen  die 
Nasale  total  verloren,  so  daß  jetzt  das  P.  mit  dem  dazu  gehörigen 
Kaä.  eine  Ausnahme  bildet  Spuren  der  Nasale  hat  man  noch 
in  einzelnen  maced.  Diali  und  im  slov.  ßosenthaldialekt  gefunden. 

Trat  der  Schwund  der  Nasalität  in  der  Periode  der  Velar- 
nasalität ein?  Kaum,  wahrscheinlicher  ist  es,  daß  die  Artikula- 
tion wieder  mehr  nach  vom  verschoben  wurde  (also  im  p.  Sinne), 
akustisch  wurde  aber  der  dumpfe  Ton  bei  q  dadurch  erhalten, 
daß  es  dann  vielÜEich  als  ^  lautete,  bis  hier  die  Nasalität  voll- 
ständig schwand.  So  finden  wir  in  den  meisten  slav.  Sprachen, 
welche  die  Nasalität  aufgegeben  haben,  ein  u  statt  des  q.  Im 
Slov.  ist  aus  q  direkt  ein  0  entstanden,  d.  h.  der  Vokal  blieb,  die 
nasale  Begleitung  ist  verloren  gegangen. 

Merkwürdig  sind  die  Reflexe  des  ^,  da  wir  neben  s.  slov. 
und  vielfach  auch  bg.  e  noch  ein  ja  finden  und  zwar  im  R; 
auch  das  B.  setzt  ein  ja  voraus.  Man  wird  vielleicht  mit  Rück- 
sicht auf  das  P.  (vgl.  weiter  unten)  von  einem  sehr  ofienen  ^ 
(eig.  ^)  ausgehen  müssen;  aus  ihm  hätte  sich  in  den  betreffenden 


131 

Sprachen  ein  iq,  iq  analog  entwickelt,   wie  aus  dem  ursprachl.  ^ 
im  urslav.  ein  '«.    In  iq  schwand  dann  die  Nasalität:  fo. 

.Die  Nasale  und  ihre  Reflexe  in  den  einzelnen  slav. 
Sprachen.  Im  Bulg.  wird  heutzutage  q  im  allgemeinen  von  ^ 
(dasselbe  findet  man  am  häufigsten  in  den  sog.  mittelbulg.  Denkm., 
die  etwa  in  der  Mitte  des  XII.  Jhd.  anfangen),  a,  o  und  u  ver- 
treten. In  mittelbulg.  Denkm.  haben  wir  nur  eine  spärliche  An- 
zahl von  Beispielen  mit  o,  das  heutzutage  den  Dialekt  von  Debra 
und  einige  Rhodopemundarten  charakterisiert,  st  q,  was  mit 
Rücksicht  auf  eine  Eigentümlichkeit  mehrerer  aksL  Denkmäler 
konstatiert  werden  muß.  Das  a  taucht  erst  etwa  zu  Anfang  des 
XIV.  Jhd.  auf,  im  Auslaute  allerdings  schon  im  XTTT.  Jhd.  Das 
II  erscheint  im  allgemeinen  in  Dialekten,  die  sich  mit  dem  s. 
Sprachgebiet  berühren,  hauptsächlich  in  den  nördlichen  Gebieten 
Macedoniens  und  Westbulgariens. 

e  ist  sowohl  in  den  sog.  mittelbulg.  Denkm.  wie  auch  in  den 
heutigen  Dialekten  der  regelrechte  Vertreter  des  f.  Eine  Aus- 
nahme machen  die  Gruppen  j^  s^  und  i^  die  zu  jq,  äq  und  zq 
geworden  sind  (Wechsel  der  Nasale),  was  wahrscheinlich  damit 
zusammenhängt,  daß  sich  die  Artikulationsstelle  der  hier  in  Be- 
tracht kommenden  Kons,  änderte,  weshalb  gewisse  Vokale  dar- 
nach eine  mehr  dumpfe  Klangfarbe  annahmen.  Das  so  ent- 
standene sekimdäre  q  machte  dann  trotzdem  noch  die  Schicksale 
des  urspr.  q  durch,  es  konnte  also  za  ^,  a  und  o  werden.  In 
•einigen  Fällen  fand  dieser  Wechsel  zwischen  ^  und  q  auch  nach 
urspr.  harten  Kons,  statt 

Nasale  in  den  aksl.  Denkmälern.  Den  richtigen  Gebrauch  der 
Nasale  hielt  Mi kios ich  für  das  wichtigste  Merkmal  der  sog.  pannoni- 
schen  Denkmäler  und  hierin  folgen  wir  ihm  auch.  Allerdings  haben  wir 
kein  einziges  Denkmal,  in  welchem  der  Gebranch  der  Nasale  absolut 
richtig  wäre;  selbst  die  in  dieser  Hinsicht  so  strengen  Eiever  Blätter 
haben  einmal  u  st.  q:  nebe^^kt^'q  Vlb  7  st.  n0be$bskqjc^  Es  kann  sich 
also  nur  um  eine  relative  Richtigkeit  handeln.  Die  in  den  aksl.  Denk- 
mälern vorhandenen  Abweichungen  hinsichtlich  der  Nasale  sind  mannig- 
fach; sie  verraten  uns  meist  dialektische  Einflüsse,  denen  die  Urheber 
der  Abschriften  unterlagen.  Hierbei  bereitet  am  meisten  Schwierigkeiten 
die  Erklärung  der  Beispiele  mit  u  st.  q  in  Denkm.,  die  nicht  auf  s.-kr. 
Gebiete  abgeschrieben  worden  sind  (wie  z.  B.  Zogr.  Psalt.  sin.  u.  s.  w.) 
und  dann  mit  o  st.  q  (Psalt.  sin.,  Euch.  sin.).  Das  u  st.  q^  im  Psalt.  siu. 
läßt  sich  dadurch  erklären,  daß  es  sich  um  eine  Vorlage  handelte,  die 
Tom  s.-kr.  Sprachgebiete  kam,  wofür  Einiges  spricht  (vgl.  Verf.  »0  püvoda 


132 

kievBkych  listü  u.  b.  w.  S.  41).    Hinsichtlich  dieser  Eigentümlichkeiten  in 
unseren  Denkm.  vgl.  Verf.  Aksl.  Gramm.  S.  78—81. 

Im  Serbokroat  wird  ^  von  e  und  q  von  u  vertreten.  Nun 
bemerkt  man,  daß  in  den  auf  8.-kr.  Gebiete  geschriebenen  aksl. 
Denkm.  wie  Mar.  imd  Glag.  Cloz.  für  q  häufig  ein  u  (und  auch 
umgekehrt),  aber  nicht  für  ^  ein  e  geschrieben  wird.  Hierher 
gehört  auch  die  schon  oben  erwähnte  Form  nebestskujq  der  Kiever 
Bl.  Es  hat  hier  also  offenbar  ein  Gebiet  gegeben,  wo  der  Nasal 
q  zunächst  schwand,  eine  Erscheinung,  die  wir  auch  in  bestimmten 
Fällen  für  das  ürslav.  annehmen  mußten  (vgl.  BB.  29,  S.  226). 

Im  Slovenischen  ist  o  an  die  Stelle  von  q  (vgl.  oben  S.  130) 
und  e  an  jene  von  ^  getreten.  Diese  Vokale  obie  NasaUerung 
waren  hier  offenbar  schon  zur  Zeit,  als  die  Freisinger  Denkmäler 
geschrieben  wurden.  Die  spärlichen  Nasale,  die  wir  hier  noch 
finden,  sind  nur  eine  Tradition  des  Aksl.  und  seiner  Denkm.  Das 
u  für  q,  das  hier  auch  vorkommt  und  zwar  hauptsächUch  in 
Formen  die  so  recht  aksl.  Einfluß  verraten,  rührt  von  der  vom 
s.-kr.  Gebiet  stammenden  Vorlage  her  (vgl.  Verf.  :» Studie  z  oboru 
ckslov.  pisemn.  S.  59—60). 

Im  Russ.  ist  aus  q  ein  u  und  aus  ^  ein  ja  (a)  geworden  und 
zwar  hat  es  hier,  wie  wir  aus  den  ar.  Denkm.  ersehen,  um  die 
Mitte  des  XI.  Jhd.  keine  Nasale  mehr  gegeben,  aber  in  einer 
älteren  Periode  waren  sie  auch  hier  noch  vorhanden  (vgl.  oben 
S.  114). 

Im  Böhm,  wird  das  q  von  u  vertreten,  an  die  Stelle  des  ^ 
trat  ursprüngUch  ein  «a-Laut  (vgl.  oben  S.  54).  Das  a  konnte 
dann  auch  nach  den  allgemeinen  B.egeln  umlauten,  so  daß  wir 
jetzt  mannigfache  Vokale  als  Reflexe  des  einstigen  ^  finden. 
Hiebei  war  natürlich  auf  die  weitere  Gestaltung  des  Lautes  die 
Quantität,  wie  auch  sonst,  von  besonderer  Bedeutung. 

Im  Foln.  haben  wir,  wie  schon  erwähnt,  jetzt  noch  Nasale 
und  zwar  steht  einem  aksl.  ^  entweder  j^  oder  jq,  einem  aksl.  q 
hingegen  ein  ^  oder  q  gegenüber  BUer  müssen  wir  aber  von  der 
gewöhnUchen  Bezeichnung  des  nasaherten  o  21%  q  ablassen  und 
es  durch  ^  ausdrücken,  da  uns  im  folgenden  q  ein  nasaliertes  a 
bezeichnen  wird. 

Die  Frage,  wie  sich  die  erwähnten  Nüanzierungen  luid  Dou- 
bletten  aus  den  urslav.  ^  und  p  entwickelt  haben,  gehört  zu  den 
schwierigsten  Kapiteln  der  p.  Lautlehre  und  hat  die  Forscher 
schon  vielfach  beschäftigt.    Eine  gewisse  WahrscheinUchkeit  hat 


133 

jene  Hypothese  für  sich,  nach  welcher  aus  einem  urslav.  f  (die 
Nasale  waren  im  ürslav.  lang,  siehe  oben  8.  130)  zunächst  im 
P.  und  Kaä.  ein  offenes  /f  (also  etwa  ein  jq)  entstand,  woraus 
jq  wurde,  das  bis  etwa  zum  XII.  Jhd.  blieb.  Nach  der  allge- 
meinen Regel,  die  dann  überhaupt  bezüglich  der  Eiiialtung  oder 
Verkürzung  von  langen  Vok.  galt,  wurde  es  entweder  zu  jp  und 
nach  Schwund  der  Quantität  zajg  (geschrieben  t^)  —  im  B.  steht 
hier  ein  langer  Vokal  zur  Seite  ({,  d)  —  oder  zu  jq,  woraus  j^ 
(geschr.  i^)  wurde.  Es  wird  zwar  noch  jetzt  geschrieben,  hat  aber 
meist  in  der  Aussprache  die  Nasalität  verloren.  Im  B.  erscheint 
hier  ein  kurzer  Vokal  {e,  e,  a).  Beispiele  für  beide  Fälle:  p. 
toziq6  ,nehmen',  b.  vztti,  aksl.  vbz^i;  p.  piqitf  ,der  fünfte',  b.  pdt^, 
aksl.  p^,  dagegen  p.  pi^,  b.  paia,  aksl.  p^  ,Ferse';  p.  pi^ 
^fünf',  b.  pet,  aksl.  p^h. 

Das  g  wurde  dagegen  im  P.  und  Kaäub.  (vielleicht  auch  im 
Polab.)  zu  q,  das  sich  im  P.  auch  bis  etwa  zum  XII.  Jhd.  be- 
hauptete; dann  wirkte  wieder  das  Gesetz  von  der  Erhaltung  oder 
Verkürzung  der  Längen,  so  daß  auch  hier  eine  Spaltung  eintreten 
mußte:  q  wurde  im  Ap.  zu  ^,  das  dann,  nachdem  die  Längen 
schwanden,  zu  p  wurde,  und  als  solches  sich  bis  jetzt  behauptet 
(geschrieben  q).  Im  B.  steht  diesem  Iiaute  ein  ou  aus  ü  gegen- 
über, q  wurde  dagegen  im  Ap.  zu  q,  das  sich  bis  jetzt  behauptet, 
in  den  Dialekten  aber  in  der  Regel  die  Nasalität  verliert  (=  e). 
Im  B.  steht  ihm  ein  u  gegenüber.  Beispiele  für  beide  Fälle:  p. 
mqka  spr.  tnpka,  b.  mouka,  aksl.  mqka  ,Mehl';  p.  mqdry  (spr. 
mpdry),  b.  m<n»dry  ,weise',  aksl.  mqdrh;  dagegen:  p.  m^a,  b. 
muka,  aksl.  nu^a  ,Marter';  p.  p^pek,  b.  pupek,  Bks\.pqpb  ,NabeP. 

Diese  Fragen  behandelt  eingehend  und  kritisch  S.  M.  EaTbakin 
(Ks  ist.  i  dial.  porsk.  jaz.  S.  21  f.,  8ep.  ans  Sbom.  otdöl.  mssk.  jaz.  t.  73 
Nr.  4,  wo  man  anch  die  Literatur  findet);  ihm  folgen  wir  hier. 

Was  die  heutige  Aussprache  der  Nasale  anbelangt,  bemerkt 
Eozwadowski,  daß  vor  allen  Kons,  außer  vor  «,  /,  »z,  ch  nach  ^,  ^ 
noch  deutlich  ein  »t,  A,  m,  ft  klinge:  p^nia,  p^dziöy  p^dy,  m^Slka,  k^pad. 
Vor  «f  d,  Kj  eh  haben  wir  dagegen  einen  reinen  nasalen  Vokal:  v^s 
(geschr.  irq»).  v^yö. 

Im  absoluten  Auslaut  behauptet  sich  p:  matkg  (geschr.  matkc(j,  da- 
gegen hat  f  im  absoluten  Auslaut  seine  Nasalität  verloren :  matke  (gescbr. 
maik^f  nur  in  feierlicher  Bede  noch  matk^.  Sonst  auch  noch  in  gewissen 
Fällen  im  Inlaut:  petnasde  .fünfzehn*  (geschr. />t^<itaAji«),  dzevetnaide  ,neun- 
zehn'  (geschr.  dtiewi^inaicie) ,  petna$ty  ,der  f&nfzehnte*.  Die  Aussprache 
p^tnasde  erscheine  gekünstelt.  Ich  glaube,  es  war  hier  das  nachfolgende 
II  maßgebend   (vgl.   schon  im  ürslav.  muditi^   iumbniti  u.  s.  w.).    Femer 


134 

bemerkt  Bozwadowski,  daB  aach  reine  Vokale  vor  n  (m)  nasaliert  werden: 
ten  klinge  dial.  als  t^n  (,8zk]C  wymowj  polskiej'  in  den  Materyaly  i  prace 
kom.  JQZ.  tom  I,  Hft.  1,  S.  104—105).  Preilicb  Bind  es  Eigen tfi ml ichkei ten, 
die  meist  den  Dialekt  des  Autors  betreffen. 

Zn  bemerken  ist  nocb,  daß  wir  in  schlesiscben  Dialekten  ein  nasa- 
liertes a  (q)  finden;  dieses  spielt  als  ein  mögliches  älteres  Glied  in  der 
Frage  nach  der  Entwickelung  der  jetzigen  p.  Nasale  eine  wichtige  Bolle. 
Freilich  hat  es  nicht  an  Stimmen  gefehlt,  die  darin  etwas  Nenerea 
sehen. 

Hinsichtlich  des  Ka§ub.  verdient  insbesondere  hervorgehoben 
zu  werden  y  daß  urslav.  f  in  Fällen ,  in  denen  es  die  LÄnge  be- 
wahrt hat,  vor  weichen  Silben  zu  i  (durch  die  Mittelstufe  f)  ge- 
worden ist:  pßc,  p.  piqS,  prisc,  p.  przqäö,  tfisc,  p.  tr»fS6. 

Im  Sorbischen  ist  an  die  Stelle  des  q  auch  ein  u,  also 
wie  in  der  Mehrzahl  der  slav.  Sprachen  getreten:  muka,  aksL 
mqka  ,Mehl';  os.  hinu6  (dial.),  ns.  gintiä,  aksl.  gynq^i  ,zu  Grunde 
gehen';  Instr.  Sg.  ryhu,  aksl.  ryhq  (rybojq)  u.  s.  w.  (vgl.  Mucke 
S.  31  und  105). 

Aus  e  wird  dagegen  im  Os.  ja,  im  Ns.  e:  os.  u?jaza6,  ns. 
wezaä,  aksl.  v^zati  ^binden';  os.  fjaty,  ns.  pety,  aksl.  p^  ,der 
fünfte';  os.  mjaso,  ns.  meso,  aksl.  mfso  ^Fleisch';  os.  hUuiaS,  ns. 
glida4,  aksl.  gl^ati  ^schauen';  os.  dial.  noch  mjackki  (dameben 
gewöhnlich  das  daraus  entstandene  mjehki),  ns.  mekki,  aksl.  m^kb^ 
jweich'  u.  8.  w.  (vgl.  1.  c.  S.  31  und  72). 

Die  Halbvokale  «  und  t. 

Lautliche  Geltung.  Zur  Beurteilung  der  einstigen  laut- 
lichen Geltung  bietet  uns  das  Aksl.  einiges  Material,  wozu  auch 
die  heutigen  bg.  (und  teilweise  auch  die  slov.)  Dial.  hinzukommen. 
Freilich  ist  dadurch,  was  wir  hier  erschließen  können,  die  urslav. 
lautliche  Geltung  noch  nicht  einwandfrei  bestimmt.  Mit  einer 
gewissen  Wahrscheinlichkeit  können  wir  aber  immerhin  unter 
solchen  Umständen  auf  urslav.  Zustände  schUefien. 

Es  muß  zunächst  hervorgehoben  werden,  daß  das  z  ohne 
Lippenbeteiligung  artikuliert  wurde,  also  ganz  entsprechend  dem 
ihm  verwandten  Laute  y  (z  geht  bei  Dehnung  in  y  über).  Dafür 
spricht  auch,  daß  der  Halbvokal  aller  bg.  Dial.,  wo  er  überhaupt 
noch  vorkommt,  ohne  Lippenbeteiligung  ausgesprochen  wird 
(Miletiö,  Afel.  Phil.  20,  S.  289—290,  wo  einige  Angaben  Ob- 
lak's,  der  in  der  nördlichen  Umgebung  von  Saloniki  ein  «  mit 
Lippenbeteiligung  zu  hören  glaubte,  bezweifelt  werden).    Dagegen 


136 

könnte  vielleicht  der  Umstand  sprechen,  daß  ^  in  einigen  aksl. 
Denkm.,  wie  wir  sehen  werden,  vor  weichen  Silben  znnächst  nach 
Labialen  in  t  übergeht  (z.  £.  vb  njetnt  aus  t^  njemt  ^n  \hm% 
was  vielleicht  eine  läppenbeteilignng  verraten  Jcönnte.  Für  eine 
Lippenbeteiligung  spricht  dagegen  nicht,  daß  auf  drei  Sprach- 
gebieten, wo  ^  und  t  noch  unterschieden  vnirde,  aus  ^  ein  o  (und 
aus  t  ein  e)  geworden  ist,  nämlich  im  R,  dialektisch  im  Bg.  und 
Slovak.  (vgl.  übrigens  auch  das  Osorb.).  Auch  das  nicht,  wenn 
wir  sehen,  daß  graphische  Eigentümlichkeiten  dafür  sprechen,  die 
^r^-6ruppe  aus  *twi  habe  einen  dumpfen  Erlang  gehabt,  weil 
derselbe  nicht  von  der  Lippenbeteiligung  bei  der  Aussprache  des 
älteren  *thrt,  *hU  herzurühren  brauchte.  Oegen  eine  Lippen- 
beteiligung  spricht  auch  folgende  Erscheinung.  Wenn  nach  der 
Präposition  vb  ein  Wort  mit  i  im  Anlaut  folgt,  wird  im  Aksl.  in 
der  Kegel  das  9  nicht  zu  t»,  vielmehr  wird  aus  z  +  i  ein  y  z.  B. 
vynq  aus  vb  inq  dia  Ttavrog. 

Wie  war  nun  die  eigenüiche  Artikulation  beschaffen?  Es 
kann  sich  dabei  nicht  um  einen  o-Laut  mit  «-Artikulation  der 
Zunge  und  o- Artikulation  der  Lippen  handeln,  sondern  um  einen 
entrundeten  o-Laut,  wie  er  etwa  im  engl,  bird  vorliegt  Es 
wurde  aber  wohl  die  Zunge  etwas  zurückgezogen  und 
gegen  den  weichen  Gaumen  ein  wenig  gehoben:  ein 
Überbleibsel  des  u,  aus  welchem  das  b  eben  entstanden 
war;  ebenso  war  die  Zungenspitze  mehr  gesenkt  wie  bei  y.  Aus 
diesem  Laute  konnte  einerseits  bei  Dehnung  ein  y  entstehen,  in- 
dem die  Artikulationsstelle  etwas  nach  vom  rückte  d.  h.  statt 
der  erwähnten  Erhebung  der  Hinterzunge  machte  sich  jetzt  jene 
der  mittleren  Zunge  gegen  den  harten  Gaumen  geltend.  Anderer- 
seits ein  0,  indem  auch  die  Lippen  in  Aktion  traten  imd  die 
Hebung  der  Hinterzunge  bloß  jene  Grenze  erreichte,  die  dem  o 
ziikam. 

Den  Lautwert  des  b  kann  man  sich  bestimmen,  wenn  man 
langsam  den  Diphthong  ei  ausspricht  und  bei  jenem  Laut  ab- 
bricht, den  man  hört,  nachdem  schon  das  e  ausgesprochen  worden 
ist  und  das  i  noch  nicht  zur  vollen  Geltung  kam.  Es  ist  ein 
Laut,  der  weder  als  ein  kurzes  i  noch  als  ein  kurzes  e  aufgeSeißt 
werden  kann,  sondern  in  der  Mitte  zwischen  beiden  liegt.  Wurde 
das  b  gedehnt,  so  rückte  die  Artikulationsstelle  (Zungenenge) 
mehr  nach  vom;  es  wurde  daraus  ein  i,  wurde  es  dagegen  zu 
einem  vollen  Vokal,   rückte  sie  mehr  nach  rückwärts,   d.  h.  es 


136 

^nirde  daraus  ein  e.    Einen  ganz  analogen  Prozeß  haben  wir  bei 
^  beobachtet. 

Beiden  Halbvokalen  war  femer  das  gemein,  daß  sie  nicht 
die  Quantität  der  normalen  kurzen  Vokale  erreichten:  sie  waren 
Yon  einer  unternormalen  Kürze.  Den  Beweis  dafür  werden  wir 
bei  der  Lehre  über  den  quantitativen  Ablaut  beizubringen 
trachten.  Das  erklärt  uns  eine  zweifache  Erscheinung  bei  den- 
selben: 

1)  kein  anderer  der  sonst  kurzen  Vokale  geht  im  Laufe  der 
Zeit  so  leicht  verloren,  wie  die  Halbvokale  in  gewissen  Stellungen. 
So  sind  sie  in  Silben,  die  durch  den  Ausfall  offen  bleiben  konnten, 
frühzeitig  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen  geschwunden. 

2)  Wir  bemerken,  daß  ein  Halbvok.  dann  am  leichtesten  zu 
einem  vollen  Vok.  ¥rird,  wenn  er  an  Quantität  gewonnen  hat, 
d.  h.  wenn  der  Halbvok.  der  nächsten  Silbe  (z.  B.  im  Auslaut) 
verloren  ging  und  seine  Quantität  an  den  vorhergehenden  abtrat 
(Ersatzdehnung).  Andere  kurze  Vok.  erscheinen  in  diesen  Fällen 
häufig  gedehnt  (im  P.  z.  B.  nach  tönenden  Verschlußlauten  und 
nach  Dauerlauten  überhaupt).  Ein  Halbvok.  kann  sich  also  ab- 
solut nicht  mit  der  Quantität  der  normalen  kurzen  Vokale  ver- 
tragen, sondern  wird  in  diesem  Falle  zu  einem  vollen,  z.  B.  aksl. 
dvnes  geschrieben  noch  dtnest  oder  d^nesb  aus  älterem  dhnh^ 
,heute*. 

Ursprung  der  Halbvokale.  Das  ä  geht  auf  ein  ursprachl. 
u  zurück;  dasselbe  erscheint  häufig  als  die  Beduktionsstufe  zu 
eijb,  0^,  y^e,  e^e:  aksl.  bhcha,  lit  bltisä  ,flohS  b^dSti  ,wachen', 
bzdrb,  bhzdrb  ,wachsamS  lit  budiSti  ,wachenS  vgl.  (got  -budum, 
ahd.  butum  ,wir  boten^,  ai.  bubudhima  ,wir  erwachten',  gr.  Tti- 
Ttvofjiat  ,ich  habe  erkundet*,  hier  überall  *bhudh,  dazu  biiditi 
,wecken'  aus  ^bhoudh-;  dhchnqti  ,atmen',  d^chor^  (tchort)  ,IltisS 
lit.  düsti  du8Ü  ,schwer  atmen',  dagegen  duch^  ,Atem,  Oeist';  dhtio 
,Boden',  besHi^na  ,Abgrund',  lit.  dügnas  für  *dubnas,  bedügnis 
,Abgrund*,  weiter  lit  dtdms  ,tief,  gall.  dubno-  ,Welt'  zu  *dheub; 
aksl.  dzHi  (aus  *diiktS)  ,Tochter',  r,  doöb,  s.  k6t,  ä6i,  slov.  hdi, 
b.  dci,  lit  d%ikie,  got  daühtar,  ai.  duhüdr-,  gr.  SvyaTriQ;  d^va 
,zwei',  Mtdü  (aus  dtw);  \aX.duo,  bi.  duvä  (duväü),  urspr.  *d(M)^ö(i«); 
aksl.  krzvbm  ,blutig',  lit  krüvinas  »blutig',  lat  cruentus;  hgati 
,lügen',  Adj.  hzh  ,lügnerisch',  hza  ,Lüge',  vgl.  ahd.  lukU  ,lügne- 
risch',  lug%  ,Lüge';  tmckb  ,MoosS  lit  PI.  musat  ,Schimmel  auf 
saurer  Milch',  lat  muscus,  ahd.  mos  i^musa)  ,Moos';  aksl.  m  ,nun, 


137 

aber,  sondern',  lit  nü  ,nunS  ahd.  nu,  ai.  nü  (vgl.  auch  aksl.  nyne 
^niin,  jetzig  lit  nünat);  aksL  pl^tb  ,caro',  le.  plutä  ^Fleisch,  zarte 
Haut^;  aksl.  rbdrh  ,rof,  gr.  igv^gog^  lat  ruber,  ai.  rudhirds  zu 
*rudh  (dazu  auch  aksl.  ruda  ^Metall,  Erz',  lit  raüdas  ,rot'  aus 
^roudh");  aksl.  r»«»  ,Boggen',  lit  rugys,  ahd.  ro^^O;  rokko;  aksl. 
smcha  Schwiegertochter',  s.  sndha  ,8chwiegertochter,  Schwägerin', 
b.  snadia  (aus  dem  8.  in  neuerer  Zeit  entlehnt),  ahd.  »nur,  gr. 
woqy  lat  nurus,  ai.  anu^;  aksl.  Shchnqii  ,trocknen',  lit.  ^u^-  ,ich 
werde  räudig',  vgl.  such^  ,trocknen',  lit  aaüms  dass.;  aksl.  afvm 
Schlaf  aus  *9upno-,  ai.  suptds  ,eingeschlafen,  schlafend',  gr.  vn- 
yog  (aus  *8up,  fieduktionsstufe  zu  9^ep,  das  z.  B.  in  aisl.  8vefn, 
lat  8omnu8  und  ai.  svdpnois  vorliegt;  abl.  vethchz  ,alt',  lit  vetuszaSf 
lat  ve^ii«. 

Auch  bei  entlehnten  Worten  erscheint  fremdes  u  häufig  als 
z:  aksL  ühba,  izba  ,tentorium',  ahd.  stuba  ,heizbares  Gemach, 
Stube',  it  stiifa;  aksl.  khn^zh  ,Für8f ,  b.  knez  ,Pürst,  Priester',  p. 
ksiqdsf  (vgl.  auch  kai^zyc  ,Mond,  Monaf ),  ahd.  kuning. 

Von  den  u-Stämmen  gehört  hierher:  der  Nom.  Sg.  aksl. 
sym  ,8ohnS  med^  ,Honig'  u.  s.  w.,  lit  sünüs,  medüs,  got  sunus, 
aL  8unü$,  Neutr.  ai.  mddhu  ,Sü£igkeif,  gr.  fii&v  ,Met';  der  Akk. 
Sg.  aksl.  sym,  medz  aus  *8unum,  lit  sinn,  got  sunu,  lat  manum, 
ai.  Sanum. 

Ein  alter  u-Stamm  verrät  sich  oft  in  dem  der  adjektivischen 
Endung  -kb  (aus  *'kO')  vorhergehenden  ^  z.  B.  aksl.  Ihgfh-kb 
4eichf,  ai.  Iaghu4,  gr.  eXaxvs  ,klein,  gering';  aksl.  sladb-kb  ,süß', 
lit  saldüs  ,süß';  aksl.  qzb'kb  ,eng',  got  aggwus  ,enge',  ai.  qhüs. 

Im  Slav.  hat  sich  auch  das  Part  Perf.  Akt  auf  ^es,  -uos-, 
-US'  erhalten  und  zwar  als  Part  Prät  Akt  I,  z.  B.  der  Gen. 
Sg.  m.  n.  aksl.  vlhkbia  aus  *vlku8jö,  lit.  vilk-us-io  zu  vlekq,  vlSiti 
,ziehen,  schleppen'.  Bei  vokalischen  Stämmen  erscheint  -tzä- 
z.  B.  Gen.  Sg.  m.  n.  aksl.  damsa,  lit  därvus-io  zu  dati  ,geben', 
Ut  dü'ti,  vgl.  ai.  vidü^,  gr.  idvla  ,wissend',  got  birusjös  ,Eltem' 
(eig.  ,die  geboren  habenden').  Das  Nähere  darüber  in  der  Stamm- 
bildungslehre. 

Im  Lok.  PI.  aller  Stämme:  aksl.  vlhcechb,  rocichb,  mistech, 
rybachb,  kosthchz,  symch,  kamentchb  u.  s.  w.  Ebenso  im  Alit: 
nanuxsu,  dienosu  u.  s.  w.  auch  bei  allen  Stämmen^  darneben  -se, 
das  jetzt  allgemein  ist,  z.  B.  raiikose,  szirdysi.  Das  ältere  Letti- 
sche hat  SU  und  si  (Bielenstein  11  S.  24),  ai.  vfk^,  dsväsu 
VL  s.  w.,  ursprüngliches  Suffix  also  -su. 


138 

Supinum:  aksl.  detz,  znaUz  u.  s.  w.,  lit.  detum-bitne  (1.  P. 
PI.  Opt),  diAu  ^  setzen',  ai.  dhatum,  lat.  tatulatum. 

Das  u,  das  zu  %  führte,  konnte  sekundär  sein,  z.  B.  bei  aus- 
lautendem '08,  'Om:  Nom.  Sg.  der  m.  o-Siämme  aksl.  rokb  aus 
*roko8  ,Termin',  Akk.  rokb  aus  *rokom.  Wahrscheinlich  auch 
im  Dat  PL  aller  Stämme:  aksl.  rokotm,  rybatm  u.  s.  w.,  -m» 
aus  -mos,  lit  -mus,  -ms,  preuß.  "fnas,  das  eben  auch  für  ein 
urspr.  -mos  spricht;  daraus  kann  man  auch  das  lit.  -ms  (aus-  mos), 
nicht  aber  das  mus  (nach  fierneker,  Die  preuß.  Spr.  S.  195 — 197) 
ableiten. 

Gen.  PL  zunächst  der  o-  und  a-Stämme:  rokb  aus  *rokon 
durch  die  Vermittlungsstufe  *rökon  (worüber  S.  124),  rybb,  dann 
auch  sonst 

Bei  der  Konjugation:  1.  P.  PL  Präs.  ved-e-mb,  Aor.  ved- 
o-mb,  ebenso  lat  -mus.  1.  P.  Sg.  des  einfachen  Aor.  vedb  ,duxi* 
vgl.  gr.  €q)eQOVf  ai.  dbharam,  darnach  wohl  auch  aksL  p^  u.  s.  w. 
In  allen  diesen  Fällen  ist  das  b  nicht  direkt  aus  o  geworden^ 
sondern  wir  müssen  ein  u  (also  -us,  -um)  als  die  Übergangsstufe 
annehmen.  Wir  können  nirgends  bemerken,  daß  das  o  im  In- 
laute oder  sonst  im  Auslaute  zu  b  geworden  wäre.  So  ist  z.  B. 
in  z^vati  das  b  nicht  aus  o,  das  wir  im  Präsens  haben  (zovq  aua 
*zeuO'),  entstanden,  sondern  geht  auf  ein  »  zurück  (älter  *zM>ati^ 
dann  unter  dem  Einflüsse  des  Präs.  und  anderer  hierher  gehöriger 
Verba  zu  zbvati,  vgl.  lit.  zav'äi  ^besprechen',  ai.  hdvUavS  ,anrufen'). 
Solches  b,  das  scheinbar  auf  o  zurückgeht,  wird  bei  o  S.  89  be- 
sprochen. 

Weiter  entsteht  b  im  Slav.  aus  yi,  ^  durch  die  Zwischen- 
stufe bm,  bn:  aksl.  sbto  ,hundert^,  Ut  szimtas;  Präp.  vb  ,in'  aus 
*9.;  lit.  in,  {;  aksl.  sb  ,mit'  aus  ^st^i,  lit  sü  aus  (sifj;  aksl.  chvtili 
jwollen'  aus  '^chi^i;  aksl.  glbbokb  ,tief ;  vbtort  ,der  andere,  zweite'; 
aksL  mbdüb  ,zögemd*  (über  diese  Fälle  weiter  unten  bei  7^1,  ^). 
Vorvokalisch  blieb  bm:  aksl.  dbmq  aus  di^imo-,  Jit  dumiü, 

Umlaut  des  ».  Wie  y  nach  weichen  Konsonanten  zu  i 
wird,  so  geht  auch  b  in  diesem  Falle  in  t  über,  was  bei  der  Dar- 
stellung der  Laute  c^  d  u.  s.  w.  zur  Sprache  kommen  muß.  So 
z.  B.  Gen.  PL  duSt  aus  *dusb  (vgL  rybb)  zu  dusa  ,Seele^ 

Ebenso  auch  im  Inlaute:  aus  *pgo  (vgL  ai.  yugdm,  gr.  tv- 
yov)  wird  *jbgo  und  dieses  zu  igo  ,Joch*. 

b  im  Anlaut    Mit  b  kann  kein  Wort  anlauten,  sondern  es 


139 

wd  ein  v  vorgesetzt:  vgl.  i^  ^n'  aus  z  und  dieses  aus  »fi,  ^,  wie 
oben  erwähnt  wurde. 

Dehnung  des  %  zu  y.  Wie  schon  oben  S.  135  erwähnt^ 
führte  9  durch  Dehnung  zu  y.  Es  entsteht  aber  die  Frage,  ob 
nicht  schon  u,  aus  dem  eben  «  entstanden  war,  zu  ü  gedehnt 
worden  ist,  da  ja  das  ü  auch  ein  y  ergeben  müßte.  Da  auch 
das  t,  welches  aus  e  und  i  entstanden  ist,  durch  Dehnung  zu  i 
geworden  ist,  so  muß  die  Dehnung  in  solchen  Fällen  jünger  sein^ 
d.  h.  sie  ist  dann  erst  aufgetreten,  nachdem  die  Halbvokale  schon 
vorhanden  waren.  Dafür,  daß  in  gewissen  Fällen  bei  der  Dehnung 
der  Halbvokal  zu  Grunde  lag,  spricht  z.  B.  auch  zyvati  zu  zwati, 
das  oben  S.  138  erwähnt  wurde.  Aber  man  kann  nicht  in  allen 
Fällen,  in  denen  ein  y  oder  i  dem  z  oder  t  gegenübersteht,  an- 
nehmen, daß  erst  z  und  z  gedehnt  wurde;  es  kann  sich  auch  um 
eine  ältere  Dehnung,  bei  der  noch  ein  kurzes  u  oder  kurzes  i  zu 
Grunde  lagen,  handeln.  Bei  diesen  Dehnungen  zweifacher  Art 
kommen  zunächst  die  Iterativa  in  Betracht 

Weiter  wird  das  z  vor  einem  aus  i  entstandenen  ;  gedehnt,. 
z.  B.  der  Nom.  Sg.  m.  des  bestimmten  Adj.  dcbrz-i,  daraus  zu- 
nächst dobrz-j  und  durch  Dehnung  des  z:  dobryj  ,o  aya&og^^ 
Diese  Form  konnte  dann  auch  zu  dobry  kontrahiert  werden. 
Analog  auch  in  den  aksl.  Denkmälern  aus  vz  inq  dia  TtarroQ 
zunächst  vz-jnq,  dann  vyjnq,  pynq.  Es  ist  hier  aber  auch  mög- 
lich, daß  —  dialektisch  wenigstens  —  aus  vz  inq  direkt  vifnq 
entstehen  konnte. 

Außerdem  wenn  im  Aksl.  eine  Verbalform  des  Präsens  auf 
z  endet  (3.  P.  Sg.  und  PI.  und  1.  PI.)  und  das  Pronomen  t  ,eum* 
folgt:  aus  vbhjqtz  i  wurde  ubbj<^'jy  daraus  vbhj(^yj  oder  vbzjqty; 
ebenso  slyäachomy  aus  slyäackomz  i. 

Doch  war  diese  Art  der  Dehnang  im  Aksl.  nicht  notwendig;  es  gab 
Dialekte  wo  sie  unterblieb  und  das  »  warde  dann  anch  anders  behandelt 
z.  B.  V9zneu^<hj  ans  vwnesqh  t;  poSrirhomo-j  ans  pozrlchom^  t  xaxexlofur 
axnw  (Ps.  34.  25).  Aber  im  weiteren  Sinne  des  Wortes  haben  wir  es  hier 
doch  auch  mit  einer  Art  Dehnang  zn  tan. 

Ursprung  des  t.  Das  t  geht  auf  ein  ursprachliches  i 
zurück.  Dieses  erscheint  nicht  selten  als  die  Schwundstufe  zu 
ei;  weiter  ist  es  der  Reflex  eines  ursprachlichen  reduaerten  e  («). 
Wir  finden  das  «  z.  B.  in  aksl.  db-,  das  in  der  Erweiterung  dz-Uk 
,wa8'  vorkommt,  gr.  t/-^,  r/,  lat  qui-s,  qui-d,  av.  di-jf;  aksl.  dzn»^ 
JTeL^  aus  din-,  vgl.  lat.  nün-dinum,  lit  dagegen  denh,  preuß.  Akk. 


140 

deinan;  aksl.  hp^i  ^eben,  haften  an  etwasS  pri-ltfnqti  (aus 
*4tipnqli),  lit  limpü,  lipti  ,kleben  bleiben',  lipnüs  ^klebrig^,  got 
bi'libatis  Part,  ^geblieben',  ai.  limpdti  ,er  schmiert^  gr.  ki7rog 
Neutr.  jFett',  zur  W.  leip;  mtgla  ,Nebel*,  gr.  d^ix^-fi;  aksl.  Kom- 
par.  mbmj,  fnbnij  ^eineify  got  mins  ,minusS  lat  minor,  gr.  z.  B. 
piivv&u,  W.  mei;  mtzda  ,Lohu',  got.  mizdö,  gr.  fiia^og;  aksl. 
pbchati,  pbsq  und  pbckajq  ^stoßen,  reiben^  die  ot-Stufe  in  b. 
j^chovati  ^stampfen*,  dann  pist,  pista  ,Kolben,  Schlägel,  Nabe*, 
lit  pisü  ,coeoS  paisßi  ,Gerste  abklopfen',  lat  plnso,  pistum,  gr, 
miaan)  ,ich  zerstampfe',  ai.  pi^tds  ,zerstampft';  aksl.  pbkh  ,Pech, 
Hölle',  lit  pUcis  ,Pech',  lat  pix  und  gr.  niaaa  (*pikiä);  phsati, 
piS(f  ,schreiben',  phstrz  ,bunt'  (aus  *ph8"ro),  phstrcffb  ,ForelIe',  ygl. 
gr.  Ttoi^nilog,  W.  peik;  aksl.  sh  jdieser*  aus  *k'i8,  lit  szis,  lat. 
ci'ter,  got  Dat  himma  ,diesem';  aksl.  swtiti,  8Vb{t)nqti  ,leuchten', 
lit  szvUMi  ^ell  glänzen',  szmtü,  szvürü'ju  ,blinke,  leuchte',  got 
hiveits  ,weiß',  ai.  svitrds  ^icht,  weiß',  die  o»-Stufe  in  aksl.  svetz 
^lichf ,  W.  k'ueü;  aksl.  vbdova  ,Witwe',  got  unduwö,  lat  vidua, 
ai.  vidhdvä  aus  uidhe^ui;  aksl.  vbst  ,vicus'  aus  *y:ik'is,  ahd.  wih, 
ai.  vis-  ,Niederla8sung,  Gemeinde,  Stamm',  vgl.  dazu  lit  veszeti 
,zu  Gast  sein,  weilen'  und  vhz-patis  jHerr',  dann  gr.  ßol/,og 
^Haus',  lat  vicus,  ai.  vssas;  aksl.  vbSh  ,omnis',  lit  vlsas  ,all';  das 
lit  ist  keine  Entlehnung  aus  dem  Slav. 

Ebenso  finden  wir  in  alten  Lehnworten  ein  t»  dem  fremden 
i  gegenüber  z.  B.  aksl.  Ibstb  ,Li8t',  got  lisis,  ahd.  lüt  ,Klugheit, 
Idst'  zu  got  Ulis  ,ich  weiß'. 

Hierher  gehören  ferner  mehrere  Nominalsuflfixe  wie  ti,  ni 
u.  s.  w.  Die  damit  gebildeten  Worte  gehören  der  i-Dekhnation 
an,  z.  B.  aksl.  vüb  ,res  torta  in  modum  funis',  lit  vßis  ,Gerte 
vom  Weidenbaum'  (W.  if«/,  slav.  Inf.  vUi  ,winden',  lit  v^ti);  aksl. 
branb  ,Eampf ,  danb  ,Abgabe'  u.  s.  w.  Der  ursprüngliche  i-Stamm 
ist  mitunter  verdeckt,  indem  noch  weitere  Sufißxe  angehängt 
wurden,  z.  B.  aksl.  ovbca  ,Schaf'  zu  einem  *ovb,  vgl.  lit  avis,  lat 
Ovis,  gr.  oig,  ai.  dfn$;  aksl.  srbdbce  ,Herz',  lit  szirdls,  gr.  yiQaöia; 
auch  das  Adj.  aksl.  desbm  ,rechts'  setzt  einen  i-Stamm  voraus 
^deJcsi'  vgl.  ai.  ddksinas,  wie  auch  gr.  Se^iTeQog  zeigt,  lit  deazine 
^chte  Hand';  im  Suffix  -bje  beim  Neutrum:  aksl.  znamenbje 
^Zeichen',  vgl.  lat  augurium,  proelium;  bja  oder  bji  beim  Fem.: 
aksl.  ladbji,  ahdiß,  ahdii  ,Schiff,  gr.  ftavia^  avaQ^ia;  das  Ad* 
jektivsuffix   -bm:    z.   B.    nebesbm    ,himmlisch';    -bskb:   dlovedbskb 


141 

menschlich'  von  äoveh^,  vgl.  got  manniska  ^menschlich',  lit 
tokiszkas  ^deutsch'. 

Von  der  Dekl.  gehört  hierher  der  N.  Sg.  der  »-Stämme: 
aksl.  gostt  ,Gaaf ,  kostt  ^Knochen',  h  aus  -is,  lat  ovis,  lit.  avU 
Q.  s.  w.;  Akk.  Sg.  derselben  Stämme:  aksl.  gogtt,  hostb,  t  aus 
'im^  lit.  äv(j  ai.  maUm,  gr.  09)  iv,  lat  sUim.  Im  Stamme  erscheint 
das  t  bei  dieser  Dekl.:  im  Instr.  Sg.  der  Mask.:  gasttmh  und 
der  Fem.:  kosUjq;  im  Gen.  Lok.  Du.  gostbju,  kostbju;  Dat. 
Instr.  HudL.  pqttma,  kasltma;  Nom.  PI.  der  Mask.:  pqttje,  gosttje 
aus  *-«/-«  (s.  weiter  unten);  Dat.  Lok.  und  Instr.  PL:  gosthtm, 
kostttm;  gosttchb,  kosthdib  und  gosttmi,  kosttmi. 

Weiter  gehört  hierher  die  Endung  -mh  aus  -mi  des  Instr. 
Sg.  der  0-,  I*-  und  der  m.  i-Stämme:  rokotnt,  mestomt,  dann 
sgmmb,  goshmt,  im  Lit  kommt  diese  Endung  nur  bei  den  i-  und 
K-Stämmen  vor;  sie  kommt  femer  vor  im  Instr.  Sg.  m.  und  n« 
der  pronominalen  DekL:  temt,  ßtm,  wo  sie  an  den  zweiten 
Stamm  toj[-  angehängt  wurde;  weiter  im  Lok.  Sg.  m.  n.  derselben 
Dekl.:  tomt,  jemt,  ai.  tasmin. 

Von  den  verbalen  Formen  gehört  hierher  die  Endung  der 
1.  P.  Sg.  der  athemat  Verba,  die  als  -mt  auftritt:  jes-mh  ,ich 
bin%  da-mt  ,daboS  lit.  esml,  gr.  ee/i/,  ai.  ds-mi;  die  Endung  der 
3.  P.  Sg.  aller  Verba  urslav.  und  ar.  4h,  woraus  aksl.  -h:  vedetb 
fiübiV,  jestb,  ar.  jestt  ^ist',  gr.  iavi^  ai.  cati;  desgleichen  in  der 
3.  P.  PI.  urslav.  -^ft,  -^h,  ar.  -11^6,  -jatt,  woraus  aksl.  wieder  -i^, 
-^h  z.  £.  ved(^  ,sie  führen',  gr.  dor.  qdqovzi  ,sie  tragen',  ai. 
hhdranti,  urspr.  *bheronth 

t>  entsteht  femer  aus  einem  reduzierten  e  und  zwar  \ox  j: 
Nom.  PL  der  rikännlichen  i-Stämme,  aksL  gostbje  ,6äste'  aus 
*go9tei-e8;  irtje  ,drei*  aus  triiea;  femer  vor  palatalen  Kons,  über- 
haupty  so  in  den  Imperativformen  rhci,  rhcete,  ztdzi,  ztdzete,  in 
Piäsensformen  v^zbzeH,  vhöera  (über  diese  Fälle  vgL  oben  S.  36); 
auch  nach  den  palatalen  Kons,  in  einigen  Fällen  wie  aksl.  Mtb, 
iüb  u.  s.  w.  (VgL  oben  S.  37),  dann  überhaupt:  phzdeti,  zivaii, 
dieses  aus  *ztvati,  *zevati  (vgl.  weiter  unten  bei  quantitativem 
Ablaute). 

Weiter  entsteht  *  aus  v,  lii  durch  die  Übergangsstufe  tn, 
tm:  aksl.  Itghkb  Jeichf ,  Akk.  Sg.  kametit  ,Stein',  -»  aus  -ffi, 
ebenso  Akk.  Sg.  m.  vezqMb,  lit.  vezantf,  lat  ferentem,  gr.  g>eQavTa 
u.  s.  w.  aus  'lii.  War  das  ^^  yi  vorvokalisch,  so  blieb  die  Über- 
gangsstufe tn,  tm  bestehen,  z.  B.  aksl.  pmq  ,ich  spanne',  lit.  pinü 


142 

fechte';  zmjq>  ,enite*;  itnq  aus  j-htnq  uiid  dieses  aus  htnq,  *wi»io-, 
das  »  noch  in  vhZ'bmetb,  mn-htnetb,  iz-t^mq  u.  s.  w.;  -öbnq  (vgl. 
konb  in  is-koni  ^n  prindpioO  in  na-ctmq,  vb-cbnq  ,werde  anfangen; 
aksl.  mbnjq,  mtneti  ^meinen',  lit  min&i,  got  munaip  ,er  gedenkt^ 
will',  gr.  fjLov^vai,  fiaivofiOL  (s.  bei  ^,  rii). 

Dasselbe  gilt  auch  von  vorvokal,  r,  l  (f;  ^)'-  wftrq^  ^sterbe', 
weiter  die  Infinitivformen  bt>rati,  dtrati,  pbrati,  stüati  (dazu  Präs. 
steljq). 

Oben  S.  138  haben  wir  gesehen,  daß  b  aus  ^  nach  weichen 
Konsonanten  entsteht,  z.  B.  im  Gen.  PI.  duib  zu  duäa  ,Seele^ 
gegen  ryhb  zu  ryha  ,Fisch^ 

b  im  Anlaute.  Wie  ein  Wort  nicht  mit  b  anlauten  kann 
{vgl.  S.  138),  so  gilt  dasselbe  auch  von  b.  In  diesem  Falle  wird 
jedoch  ein  /  (eig.i)  vorgesetzt  und  jb  geht  in  %  über  (auch  wenn 
6S  anderen  Ursprungs  war).  Im  Anlaut  war  b  imd  /  {%)  wurde 
vorgesetzt:  imq,  imesi  zvLJ^ü  ,nehmen',  aus  *j'btn<h  und  dieses  aus 
*bm<h,  *7p,mo,  vgl.  lit  imü,  iinti,  lat  emo  (vgl.  aksl.  vbz-btnq); 
Präp,  izb  ,aus*  aus  *j'bzb  und  dieses  aus  *bz-,  vgl.  lit.  Isz  aus 
iz  ,aus^ 

Das  jb  entstand  aus  *ß  infolge  des  Umlautes:  aksl.  f'go 
^och*  aus  *jbgo,  *jbgo. 

Nicht  sicher  ist  es,  ob  das  Pronomen  i-  (aksl.  i-ze  ywelcher'), 
das  ebenfalls  auf  ein  *jb  zurückgeht,  im  Nom.  Sg.  m.  ein  jb,  ent- 
sprechend dem  lit.  jis  jCr*,  oder  ein  *jb  aus  *jo8,  entsprechend 
dem  Neutrum  je  (aus  *jo)  voraussetzt.  Analog  gilt  es  auch  vom 
Akk.  Sg.  m.  aksl.  vb-m  aus  *vbn-jb.  War  in  der  Präposition 
kein  n,  so  ging  jb  in  i  über  (also  wie  im  reinen  Anlaut),  z.  B. 
dO'ideze  ,donec'  (Ostr.  Ev.  70  b),  aber  analogisch  kommt  trotzdem 
iiuch  donbdeze  vor. 

Im  Wortinlaut  kann  es  auch  vorkommen,  daß  mit  b  be- 
ginnende SufiSxe  an  einen  mit  j  auslautenden  Stamm  angefügt 
werden:  aksL  dostoim  jdignus'  aus  *dostoj'bm  oder  ursprüngh'ch 
^dostai'bm;  zlodüsH  (dodejskb)  aus  zlodij  TLayLOvqyoq  und  -bskb; 
zlodeistvo,  zlodijstvo  TLonovQyia,  wo  dasselbe  Thema  mit  dem  Suffix 
'bstvo  vorkommt.  Das  im  Euch.  sin.  auftretende  dostojem  (69  a 
15 — 16)  wird  noch  zur  Sprache  kommen. 

Ausnahmsweise  haben  wir  im  B.  jeUa  ,Nadel',  aksl.  igla,  r. 
iglä,  s.  igla,  p.  igla;  im  klr.  halka  (igoöcä)  und  ns.  gla,  wo  also 
das  i  im  Anlaute  geschwunden  ist.  Falls  im  preuß.  ayculo 
^NadeP  c  für  y  (aygulo)  verschrieben  ist,  muß  es  zum  slav.  Worte 


143 

gestellt  werden.  Schwierigkeiten  macht  das  b.  ßhla  (dial.  auch 
jahla,  in  Mähren  diaL  und  slorak.  ihla).  Gebauer  meint  von 
*jbgfüa  ausgehen  zu  müssen  (I  S.Ö30),  dieses  hätte  nach  der  ab. 
Regel  bezüglich  der  Halbvokale  zu  einem  jehla  führen  müssen 
(dial.  daraus  jahla),  andererseits  zu  einem  ihla.  Aber  es  ist  nicht 
sehr  wahrscheinlich,  daß  sich  ein  ^  bis  ins  B.  erhalten  hätte,  viel- 
mehr mußte  es  schon  im  Urslav.  zu  i,  i  werden.  Zu  bedenken 
ist  auch,  daß  wir  im  Slovak.  ihla,  ihia  haben.  Hätte  es  im  B. 
noch  ein  *jbgüa  gegeben,  so  müßte  hier  z.  B.  auch  ein  ^dobrh-jb 
vorhanden  gewesen  sein,  denn  ich  sehe  nicht  ein,  warum  in  einem 
Falle  aus  ^  ein  i  geworden  wäre,  während  es  sich  sonst  noch 
behauptete,  vgl.  -utbL  bai  aus  *bojb,  *bojb  und  imq  aus  *jbinq, 
was  ganz  regelrecht  ist  Nun  hätte  ein  *dobr^}b  nach  Grebauers 
Begel  zu  *dobrej  führen  müssen,  da  wir  aber  ein  dobr^  haben, 
so  muß  er  annehmen,  daß  es  sich  noch  vor  dem  Ausfalle  der 
Halbvokale  entwickelt  hätte  (S.  155).  Das  ist  aber  nicht  mög- 
lich, dann  wäre  für  die  Dehnung  kein  Grund  vorhanden.  Viel- 
mehr wurde  aus  *dobrö'i  ein  *dobry  und  da  eine  Silbe  verloren 
ging,  ein  dobryj,  dcbry.  Ich  würde  daher  jede  andere  Erklärung, 
die  im  B.  nicht  den  direkten  Beflex  des  ursprünglichen  *ßffhla 
sieht,  vorziehen.  Wegen  des  slovak.  ihla  ist  es  mir  wahrschein- 
lich, daß  auch  im  B.  ein  ihla  war.  Dieses  blieb  im  Slovak.; 
während  es  im  B.  zu  *ßla  wurde  (wie  jmdm,  jhra  u.  s.  w.).  In 
der  schwer  auszusprechenden  Gruppe  entwickelte  sich  dann  ein 
e:  ßhla,  nach  dem  Vorbilde  anderer  Fälle,  wie  in  ohef\  aksl.  ognb 
u.  s.  w.  Vielleicht  ging  er  vom  Dat.  Lok.  Sg.  aus.  Vgl.  auch 
sem,  ßem  ,bin'  aus  *8m,  *J8m,  aksL  jesmh. 

Dehnung  des  b  zu  i.  Vor  einem  j  wird  b  za  i  gedehnt: 
bei  der  bestimmten  Form  des  Adjektivs  im  NonL  Akk.  Sg.  m. 
z.  B.  nicij  ,pronus'  aus  nicb^,  woraus  nicb-J  und  dann  nicij; 
weiter  z.  B.  im  AksL  predami-j  aus  predamb  i  jtaqaddafo  avzöv 
(Glag.  Cloz.  171 — 172).  In  den  Hss.  wurde  dann  die  Schreib- 
weise wie  predamii  (so  wurde  nämlich  das  pridamp-j  geschrieben) 
nicht  verstanden  und  neu  aufgelöst  in  predarm  ii  z.  B.  Supr. 
304.  14.  Dann  kamen  Interpreten,  die  von  einer  Verdoppelung 
des  i  zu  ii  sprachen.  Doch  auch  hier  ist  die  Dehnung  nicht  all- 
gemein. In  best.  Dial.  teilte  das  b  auch  in  dieser  Stellung  die- 
selben Schicksale,  die  ihm  sonst  zu  teil  wurden:  es  konnte  zu  e 
werden:  Gen.  PI.  ko^iej  aus  Icostbj  zu  ko^b  ,Knochen';  boVej 
,größer'  aus  boVbj;  ukraäej  aus  ukradbj,  best  Form  des  Part  Prät 


144 

akt  ukraSt  zu  ukrasiti  ,omare*;  ja  sogar  auch  predamej  aus 
prHamt  i  (vgl.  oben  sv^to-j  aus  sv^t^'j  jheilig*). 

Schwund  der  Halbvokale.  Aus  den  bekannten  Quanti- 
tätsgründen konnten  die  Halbvokale  dort,  wo  nicht  durch  ihren 
Ausfall  geschlossene  Silben  entstanden,  also  im  Inlaute, 
einfach  schwinden.  Aus  der  Graphik  der  aksl.  Denkmäler  müssen 
wir  schließen,  daß  dieser  Ausfall  schon  in  jener  Zeit,  aus  welcher 
sie  stammen,  also  Ende  des  X. — XI.  Jhd.,  begonnen  hat  Wir 
finden  da  häufig  Formen  wie  mnogfh  st.  rmnogfb,  dio  für  ötdo,  feto 
für  köto  ,wer',  psati  für  phsati  ,schreiben',  brati  für  btrati  ,sam- 
meln,  nehmen^  stvoriti  für  sztvoriti  ,zu  Stande  bringen'.  Man 
sieht,  daß  hier  aus  zwei  offenen  Silben  infolge  des  Ausfalles  eine 
einzige,  allerdings  wieder  offene  Silbe  entstand.  Die  Beispiele 
haben  wir  hier  aus  dem  Aksl.  gewählt,  aber  wir  finden  dieselben 
oder  ihnen  verwandte  in  allen  slav.  Sprachen. 

So  bemerken  wir  es  auch  in  Präpositionalausdrücken ,  z.  B. 
V  sehe  für  v^  sehe  u.  dgl.  Die  Präposition  wurde  mit  dem  von 
ihr  abhängigen  Worte  als  eine  sprachliche  Einheit  aufgefaßt 
Derartige  Reflexe  finden  wir  in  allen  slav.  Sprachen,  so  weit  sie 
verfolgt  werden  können,  und  sie  waren  auch  in  allen  abg.  Dia- 
lekten vorhanden.  Wenn  wir  in  den  Denkm.  mehr  oder  weniger 
häufig  in  solchen  Fällen  die  Halbvokale  noch  geschrieben  finden, 
so  ist  das  nur  eine  graphische  Tradition,  die  mit  der  wirklichen 
Aussprache  der  Schreiber  jener  Denkmäler  nichts  zu  tun  hatte. 
Aus  dieser  Tradition  folgt  aber  andererseits,  daß  die  Halbvokale 
in  jenem  Dialekte,  der  zur  Schriftsprache  erhoben  worden  ist,  in 
diesen  Stellungen  bei  der  Begründung  des  aksl.  Schrifttums  noch 
wirklich  auch  ausgesprochen  wurden.  Das  Verstummen  derselben 
in  den  oben  angegebenen  Stellungen  war  wohl  der  älteste  laut- 
liche Prozeß,  der  bei  ihnen  konstatiert  werden  kann.  Sie  konnten 
natürlich  in  diesen  Stellungen  nur  dann  schwinden,  wemi  sie 
unbetont  waren.  In  chronologischer  Hinsicht  schließt  sich  gleich 
daran  der  nun  zu  besprechende  lautliche  Prozess. 

Vertretung  der  Halbvokale  durch  volle  (Vokalisa- 
tion).  Folgten  zwei  Silben  mit  Halbvokalen  unmittelbar  auf  ein- 
ander (die  zwdte  bildete  häufig  den  Wortauslaut),  so  konnte  — 
und  zwar  in  gewissen  aksl.  Denkmälern  ziemlich  fi-üh  —  der 
Halbvokal  der  ersten  Silbe  zu  einem  vollen  Vokal  werden  und 
zwar  ft  zu  6  und  ^  zu  o.  Aus  ottcb  ,Vater'  konnte  otect  werden, 
sbm  ,Schlaf'  konnte  zu  som  führen;  aus  thmhnica  ,Gefängnis'  ist 


145 

temtnica,  aus  pravtdtnikb  ,der  Gerechte'  ein  pravedtnikb  geworden. 
Man  stellt  sich  in  der  Begel  die  Sache  so  vor,  dafi  das  letzte  t 
in  dtnh  ^Tag^  abgefallen  wäre,  zunächst  hätte  es  aber  seine 
Quantität  an  die  vorhergehende  Silbe  mit  t  abgetreten,  wodurch 
dieses  zu  einem  voUen  Vokale  (e)  geworden  wäre.  Notwendig 
wäre  es  übrigens  auch  gewesen,  daß  die  vorhergebende  Silbe 
durch  den  Abfall  des  Halbvokab  der  zweiten  zunächst  geschlossen 
geworden  wäre,  so  daß  also  die  Vokalisation  des  Halbvokals  nur 
in  Silben,  die  geschlossen  geworden  sind,  eintreten  könnte. 
Analog  auch  in  tem'nica  u.  s.  w.  Man  hätte  es  also  mit  einer 
Art  Ersatzdehnung  zu  tun.  Allein  eine  solche  Erklärung  muß 
ein  wenig  modifiziert  werden.  Es  muß  hervorgehoben  werden, 
daß  dieser  Prozeß  im  innigen  Zusammenhang  mit  der  früher 
besprochenen  Erscheinung,  mit  dem  Schwunde  der  Vokale  in 
offenen  Silben,  steht  Beides  ist  darauf  zurückzuführen,  daß  die 
Halbvokale  wegen  ihrer  zu  geringen  Quantitilt,  fast  in  allen  slav. 
Sprachen  zu  verklingen  begannen.  Das  galt  aber  von  allen,  nicht 
bloß  von  jenen  im  Auslaute  und  von  jenen  an  zweiter  Stelle  be* 
findlidien.  Nicht  einmal  der  Akzent  war  im  Stande,  die  Halb- 
vokale zu  retten;  betonte  Halbvokale  konnten  sich  höchstens  nur 
länger  behaupten,  während  unbetonte  frühzeitig,  wie  wir  oben 
sahen,  verloren  gingen.  Jedenfiüls  war  aber  die  Stellung  der 
Halbvokale  mehr  ein  rettendes  Element  für  sie  als  der  Akzent 
Eine  so  fortschreitende  Reduktion  mußte  aber  schließlich  ihre 
Grenzen  erreichen:  sie  kam  so  weit,  daß  Laute  erreicht  wurden, 
bei  denen  nur  noch  eine  leise  Differenz  zwischen  den  einstigen 
Halbvokalen  z  und  t  übrig  blieb  (dumpf  und  hell),  natürlich  in 
Sprachen,  die  überhaupt  noch  vor  diesem  Prozesse  ein  ^  und  t 
unterschieden.  Weiter  ging  es  nicht  mehr.  Man  kam  also  z.  B. 
zu  einem  ^m'ntca,  synW  (aus  syn^nt  ,mit  dem  Sohne'),  was 
schon  schwer  auszusprechen  war.  Eine  Erieichterong  konnte  man 
sich  in  diesen  Fällen  nur  verschaffen,  wenn  man  an  der  Stelle 
des  ersten  Halbvokals  zu  einem  voUen  Vokal  kam,  so  daß  das 
verklingende  zweite  vokalische  Element  ganz  schwinden  mußte. 
Die  Ausbruchsstelle  befand  sich  also  beim  ehemaligen  ersten 
Halbvokal,  weil  es  hier  fast  schon  zu  einer  geschlossenen 
Silbe  kam  und  so  erfolgte  auch  hier  so  zu  sagen  die  vo- 
kalische Explosion.  Es  müssen  aber  hier  noch  gewisse  Um- 
stände beaditet  werden.  In  gewissen  Silben  behaupteten  sie  sich 
doch  länger  als  in  anderen,  das  sind  aber  selbstverständlich  einzel- 

V*adr&k,  Vgl.  dar.  Qnmm.  I.  10 


146 

sprachliche  Erscheinungen.  So  z.  B.  im  P.,  wie  es  scheint,  nach 
sonoren  Lauten.  In  vielen  slav.  Sprachen  hatte  der  Verlust  des 
Halbvokals  eine  Dehnung  der  vorhergehenden  Silbe  zur  Folge, 
was  noch  zur  Sprache  kommen  wird. 

Das  Verklingen  des  Halbvokals  machte  sich  selbstverständ- 
lich auch  dort  geltend,  wo  er  betont  war;  daher  dest  ,Ehre'  (in 
aksl.  Denkmälern  in  diesen  Fällen  noch  destb  oder  öesf  gewöhn- 
lich geschrieben,  aber  der  Halbvokal  im  Auslaute  hatte  keine 
Geltung  mehr),  ätok.  dost  aus  &b8th.  War  der  zweite  Halbvokal 
betont  (z.  B.  s^ni  wegen  Stok.  sna,  sloven.  sna),  so  mußte  offen- 
bar der  Akzent,  sobald  die  vokaUsche  Explosion  sich  vorbereitete, 
allmählich  auf  die  vorhergehende  Silbe  herübergleiten,  denn  hier 
war  jetzt  das  stärkere  vokalische  Element. 

Es  würde  nahe  liegen  anzimehmen,  daß  s^m  unter  dem  Ein- 
flüsse des  verschobenen  Akzentes  {sim  aus  urslav.  *gbnb)  zu  san 
geworden  sei  (und  analog  in  anderen  Fällen),  wie  ja  teilweise 
auch  vorausgesetzt  wurde  (vgl.  Appel'  in  Russk.  fil.  V&tn.  1880, 
in  S.  llf.  und  Kurbakini^:  K»  istor.  i  dial.  pol'sk.  jaz.  1903, 
S.  67  f.).  Wenn  man  nur  einen  plausiblen  Grund  für  die  Ver- 
schiebung des  Akzentes,  dessen  Stellung  hier  doch  durch  die 
Endbetonung  der  anderen  Kasus  (Gen.  Stok.  snä,  slov.  89n,  anä) 
gestützt  wurde,  hätte.'  Daß  der  Akzent  auf  die  Vokalisierung 
der  Halbvokale  wirklich  einen  Einfluß  und  zwar  schon  im  ürslav. 
ausübte,  sehe  ich  ganz  deutlich  in  dem  Wechsel  des  9  mit  o  bei 
ckbtiti  (ich  nehme  als  luspr.  an:  *ckbtjq,  *ch6tjeäi  aus  *ch'itßäi, 
*chötjät  aus  ^ckitjeth  u.  s.  w.,  im  Inf.  dagegen  chztki  in  BB.  29, 
S.  210).  So  mag  auch  sonst,  wo  ein  solcher  Wechsel  in  der 
Betonung  stattfand,  der  Akzent  dazu  beigetragen  haben.  Aber 
man  kommt  mit  ihm,  wie  man  sieht,  nicht  aus.  Es  muß  ein 
anderer  Faktor  da  gewesen  sein,  der  noch  mächtiger  war,  so  daß 
sich  ihm  auch  der  Akzent  schließlich  fügen  mußte  und  das  war 
das  Verklingen  der  Halbvokale  überhaupt  Der  Akzent  konnte 
vielleicht  in  offenen  Silben  gewirkt  haben,  wie  wir  es  schon  im 
Urslav.  in  einem  Fall  gesehen  haben. 

Analog  verhält  sich  die  Sache  bei  Worten  mit  dem  Suffixe 
'bcb,  tskb,  'ffm,  beim  Fron,  sb  mit  vorhergehendem  o-Stamme  im 
Aksl.  z.  B.  narodosb  ,diese8  Volk'  und  and. 

Nehmen  wir  nun  den  Fall,  daß  drei  Silben  mit  Halbvokalen 
auf  einander  folgen,  z.  B.  in  dmtsb  ,heute^  Das  führte  zunächst 
zu  d'nV;   es  konnte  entweder  zu  ^dens  oder  dnes  führen  (wo  e 


147 

als  der  Reflex  des  einstigen  h  erscheint).  Anfänglich  wird  es 
wohl  auch  so  ein  Schwanken  gegeben  haben,  bis  dnea  den  Sieg 
errang,  wenigstens  in  den  meisten  slav.  Sprachen.  So  finden  wir 
schon  im  Zogr.  dnesb  Matth.  6.  11  neben  dtnenrUago  ib.  11.  23. 
Daß  es  aber  nicht  die  einzig  mögliche  Form  war,  zeigt  uns  das 
sloven.  dands,  dän  dan9s,  wo  der  sog.  unbestimmte  Vokal  9  ofien- 
bar  erst  später  wieder  eingeführt  wurde.  Analog  konnte  auch 
dhnmtt  zu  d'n'm'  und  *denm  und  dnem  fähren;  es  ist  klar,  daß 
nur  dnem  sich  behaupten  konnte. 

Ein  Präpositionalausdruck  wurde  als  ein  einzelnes  Wort  auf- 
gefaßt; daher  finden  wir  z.  B.  im  Euch.  sin.  vo  v'sekarm  diU  12  b, 
15b,  17a;  vo  v'sechz  10b;  vo  vhtoroe  65a,  87b;  so  v'shnh  domornz 
13b;  80  mnojq  (aus  sz  mmojq)  47  a,  85  b  u.  s.  w.  Ein  vb  dwie 
hätte  zu  vo  dne  in  diesem  Dialekte  führen  müssen,  wie  wir  ja 
tatsächlich  im  B.  entsprechend  ve  dne  (schon  ab.)  finden. 

Wie  war  es  aber  weiter,  wenn  vier  Silben  mit  Halbvokalen 
auf  einander  folgten?  Ein  solcher  Fall  war  z.  B.  s^  dhnhmh. 
Bei  den  verschiedenen  Anläufen,  die  Schwierigkeiten,  die  ein 
^  dVw'  bot,  zu  überwinden,  muß  der  Umstand  maßgebend  ge- 
wesen sein,  daß  schon  ein  dnem  im  Siege  begrifien  war,  daher 
ein  ^  d'nem,  das  zu  so  dttem,  bez.  se  dnem  führen  konnte;  im 
B.  auch  86  dnem.  Dagegen  aus  8b  dtm  konnte  nur  8  d^n  ent- 
stehen, im  B.  auch  8  den. 

Diese  Normen  waren  mehr  oder  weniger  allen  slav.  Sprachen, 
wo  sich  die  Halbvokale  zu  vollen  entwickelten,  gemeinsam,  denn 
sie  waren  virtuell  in  der  Sprache  enthalten. 

Man  hat  z.  B.  für  das  B.  eine  mathematische  Formel  auf- 
gestellt, indem  man  behauptete:  alle  Halbvok.  an  geraden  Stellen 
(Silben)  —  von  hinten  gerechnet  —  werden  zu  vollen  Vokalen 
(im  B.  e),  die  an  ungeraden  fallen  dagegen  aus,  z.  B.  ein  ur- 
sprüngliches 8b^  Shhnf^cb^mh^  (im  B.  muß  man  von  ShvtfCbmb,  nicht 
ibvusemi^,  wie  im  ürslav.,  ausgehen)  hätte  darnach  8  äevcem  ,mit 
dem  Schuster'  ergeben  müssen.  Allein  man  kann  nicht  annehmen, 
daß  die  Sprache  die  Halbvokale  so  mathematisch  genau  sortiert 
und  dann  alle  ungeraden  unbarmherzig  der  Vernichtung  preis- 
gegeben hätte.  Eine  solche  Formel  kann  nur  ein  praktischer 
Notbehelf  sein,  aber  man  muß  sich  hüten,  dahinter  noch  mehr 
zu  suchen,  denn  eine  derartige  Formel  erklärt  gar  nichts.  Die 
Sprache  richtete  sich  gewissermaßen  nach  Schablonen,  die  schon 
:geläufig  waren.    Man  hatte  im  B.  die  Instrumentale  muzem,  otcem 

10  ♦ 


148 

(aus  attctmt)  und  80  mußte  darnach  auch  äevcem  (aus  iwhctmt) 
entstehen  (zunächst  i'v'cem)^  eine  andere  Form  konnte  sich  bei 
dieser  Sachlage  gar  nicht  entwickeln. 

Wenn  man  in  dieser  Hinsicht  die  aksl.  Denlunfiler  untersucbt,  bo 
findet  man,  daß  es  sieb  bei  dem  eben  bebandelten  Prozesse  vorwiegend 
um  Fälle  bandelt,  bei  denen  die  erste  in  Betracbt  kommende  Silbe  ein 
»  enthält,  so  daß  daraus  ein  e  werden  muß.  Seltener  handelt  es  sich 
um  ein  aus  s  entstandenes  o.  Aber  es  ist  auch  derselbe  lautliche  Vor- 
gang und  die  Fälle  müssen  demnach  unter  einem  behandelt  werden.  Das 
sehen  wir  deutlich  an  Beispielen  wie  tuopUiim»  (zu  ti«Miq<i  »obdormiscere') 
im  Euch.  sin.  57  a;  usoptioßgo  57  b;  usoptiücht  64  a,  64  b;  nuat^dany  (non 
creatus)  \h\  olh  MozbdanÜ  svoego  Ib;  toztdanie  58a;  sob^rai^  106b.  Prä- 
positionalausdrucke  wie  «o  v^shnb  13  b;  vo  üb  ,in  eum'  46  a  u.  s.  w.  sind 
schon  erwähnt  ivorden. 

Zweimal  kommt  hier  auch  das  best.  Adjekt.  mit  -q;  vor:  ftrünaf 
griehb  (geschrieben  eigentlich  priwoi)  5b  und  9v^J  («tot)  17  a,  Formen, 
denen  wir  z.  B.  im  Psalt.  sin.  häufig  begegnen.  Man  erklärt  sie  in  der 
Begel  so,  daß  man  von  *  dobn/b  ausgeht,  wodurch  der  allgemeinen  Begel 
genfige  geleistet  werden  soll,  d.  h.  es  wären  hier  zwei  unmittelbar  auf 
einander  folgende  Silben  mit  Halbvok.  Ich  zweifle  sehr,  daß  es  damals 
noch  ein  jb  gab.  Vielmehr  muß  man  von  dobn-i  ausgehen.  Als  das  • 
zu  j  geworden  ist,  ging  eine  Silbe  oder  nahezu  eine  Silbe  verloren  und 
ihre  Quantität  kam  dem  »  zu  statten,  das  also  zu  o  wurde.  Wir  hätten 
68  hier  demnach  mit  einer  wirklichen  Ersatzdehnung  zu  tun.  Dabei  war 
wahrscheinlich  der  Akzent  maßgebend  vgl.  russ.  ivjatöj.  Diese  Dehnung 
konnte  aber  sonst  zu  -nf  führen:  dobryj^  ein  Beweis,  daß  hier  die  Ver- 
hältnisse nicht  analog  waren  wie  z.  B.  bei  «oit&  aus  tbtih  ,Scblaf  u.  dgl. 
Hierher  gehört  auch  z.  B.  der  Gen.  PL  der  r-Stämme  veit^  aus  veUbi^ 
veitbj;  weiter  »^  ,hic'  aus  «»i,  nj.  Dieses  Beispiel  ist  namentlich  in- 
struktiv. Es  ist  eine  sekundäre  Form,  bei  der  man  gar  nicht  daran 
denken  kann,  daß  es  noch  ein  /»  damals  gab,  so  daß  nur  ein  «»t,  sij  vor- 
liegen kann.  So  haben  wir  auch  in  ar.  Denkm.  «et,  sej  und  analog  auch 
toi,  tqi  zu  t»  ,ille'. 

Dagegen  spricht  nicht  do^toenb^  das  wir  auch  im  Euch.  sin.  finden 
{nedostoenz  $y  69  a  Z.  15—16,  aber  dostoini  kurz  vorher  69  a,  11]  und  das 
man  aus  ^dostojbttb  deuten  könnte.  Das  wäre  aber  unrichtig.  Es  ist 
vielmehr  nach  der  Analogie  der  anderen  Adjektiva  mit  -en»  gebildet,  wie 
etranem  n.  s.  w.,  die  hier  sehr  zahlreich  sind  (bei  Lang  S.  17  etwa  84 
Beispiele).  Vgl.  auch  im  Ar.  Formen  wie  üud^jetkh  u.  s.  w.  (Sobolevskij 
Lekc.  S.  57).  Die  Analogie  konnte  übrigens  älter  sein  und  selbst  ein 
doitojbfib  nach  Hramm  geschaffen  haben,  wir  müssen  uns  aber  hüten  mit 
einem  angeblich  urslav.  *do$tojbnb  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen  noch 
zu  operieren;  das  war  damals  längst  nicht  mehr  vorhanden.  Auch  im 
Glag.  Cloz.  finden  wir  eine  analoge  Umbildung  desselben  Adjekt.,  nämlich 
doMtoinb  Z.  106  (als  dostqfanb  zu  lesen).  Da  dasselbe  auch  noch  aus  einer 
anderen  s.  Quelle  belegt  ist  und  wir  auch  jetzt  im  S.  do9tojan  haben,  so 


149 

glaubte  ich,  daß  im  doitojmn^  des  Glag.Cloz.  der  älteste  Reflex  des  serb. 
a  ffir  einen  aksl.  HalbTokal  vorhanden  ist  (in  meiner  Aasgabe  des  Glag. 
Cloz.  8. 6).  Da  wir  nan  aach  ein  doMtajen^,  das  eventuell  ein  analogiscbes 
dostoftm  Yoranssetzen  könnte,  gefanden  haben,  so  wäre  eine  solche  Hypo- 
these nicht  anwabrscheinlich  wenn  die  Chronologie  besser  übereinstimmen 
würde.  Ein  a  für  »,  »  finden  wir  n&mlich  im  S.  etwa  am  die  Mitte  des 
Xin.  Jhd.,  Glag.  Cloz.  ist  aber  viel  älter.  Es  scheint  daher,  dafi  dottofaw 
darch  eine  Anlehnang  an  Verbalformen  wie  dottojaii  entstanden  ist. 

Neben  dem  selteneren  -o;  finden  wir  im  Ench.  sin.,  wie  schon  er- 
wähnt, auch  -jii  z.  B.  ilobrjKß  (geschrieben  tUtbryi).  Dementsprechend  auch 
bei  den  bestimmten  Formen  der  weichen  Stamme,  z.  B.  vtzakonij  vofAoH' 
xriwK  (Part)  10b  (ganz  analog  im  Supr.  nj  ,hic'),  häufig  dagegen:  procej 
cin9  99b;  v^iej  est  3b;  ntvorßj  47b,  61a,  67a  u.  s.  w. 

Daß  nicht  nach  mathematischen  Formeln,  sondern  nach  ge* 
wissen  Schablonen  vokalisiert  wurde,  zeigt  uns  z.  B.  öesttm  ,Te- 
nerandos'  im  Euch.  sin.  la,  7  a,  9  b  u.  s.  w.  Nach  der  mathem. 
Formel  möchten  wir  öbdem  erwarten,  allein  hier  war  der  Nom. 
öestb  und  die  anderen  Kasus  des  Adjektivs  wie  öesthfiaego  u.  s.  w. 
mehr  entscheidend  als  selbst  die  große  Reihe  der  Adjektiva  auf 
-ern  aus  -tm.  So  finden  wir  es  auch  in  anderen  slav.  Sprachen, 
2.  B.  im  Ab.  neben  dem  östny^  auch  schon  destny  (Wittb.  Psalt.). 
So  finden  wir  weiter  legfbkh  ,leicht'  im  Euch.  sin.  58  b  und  sonst 
noch.  Wir  möchten  IhgoH  nach  der  Formel  erwarten,  aber  hier 
waren  wieder  die  anderen  Kasus  maßgebend  und  das  verrät  uns 
auch  ziemlich  deutlich  die  Schreibweise  hkbkh  38  a,  100  a,  die  uns 
zeigt,  daß  etwa  lekh,  lekaego  u.  s.  w.  ausgesprochen  wurde,  d.  h. 
aus  Ibgfbkaego,  hgfbkago  entstand  ein  legkago^  le{k)kago,  das  sich 
eben  in  lfJe^k^  verrät  Vgl.  p.  lekki  ,leicht'.  Zahlreiche  solche 
Abweichungen  auch  im  Ar,  vgl.  bei  Sobolevskij  (S.  49). 

Der  Übergang  des  t  in  e  hat  sich  im  Bg.  wohl  auf  ein  größeres 
Gebiet  erstreckt  als  jener  des  z  in  o.  Dafür  spricht  der  umstand,  daß 
in  den  aksl.  Denkm.  die  FSlle  mit  e  für  fr  viel  zahlreicher  sind  als  jene 
des  o  für  9. 

Jene  Halbvokale,  die  sich  nicht  in  der  besprochenen  Stellung 
befanden,  konnten  nicht  vokalisiert  werden,  so  z.  B.  das  Fron,  t^, 

Übergang  des  h  in  ^.  Nach  den  Kons,  i,  z,  ^,  St,  zd  be- 
merken wir  frühzeitig  im  Aksl.  diesen  Übergang,  was  bei  der 
Darstellung  dieser  Laute  seine  Erklärung  finden  wird.  Hier  Soll 
diese  Tatsache   nur  summarisch   konstatiert  werden.    So  finden 


1.  Das   setzt  ein  nach  den  anderen  Adj.   auf  -«»  gebildetes    esten 
voraus,  wie  thmy  ein  riren. 


150 

wir  es  im  Glag.  Cloz.  (vgl.  meine  Ausgabe  dieses  Denkmals 
S.  18  ff.),  im  Supr.,  in  der  Sav.  kn.  und  Euch.  sin. 

Auch  nach  r  z.  B.  atatt  rbci  finden  wir  in  einigen  Denkmälern  fast 
regelmäßig  r&ct  ,6age',  z.  B.  im  Glag.  Cloz.  sechsmal  und  r^ei  nur  ein- 
mal, im  Euch.  sin.  7  mal  und  einmal  nanci  40a  (vgl.  Lang  8.  8). 
Leskien  meint,  daß  es  durch  das  Hartwerden  des  r  erklärt  werden 
könnte  (Afsl.  Phil.  27,  8.  40).  Da  hier  zwar  <Mlm»,  darnehen  aber  auch 
otUbci  53  b  Torkommt,  so  kann  es  nicht  in  Betracht  kommen.  Es  könnte 
auch  daran  gedacht  werden,  daß  sich  in  r»es  (rbci)  ein  sekundäres  f  ent- 
wickelt hatte;  das  wird  nämlich  mit  Vorliebe  als  rt  geschrieben  (in  der 
frs^Grnppe,  vgL  bei  Lang,  8.  21). 

Aus  sazuUtU  57  b,  sot»dame  56  a,  sohbrai^  106  b  u.  dgl.  ersehen  wir, 
daß  der  Abschreiber  »ozdati  aussprach  und  den  Halbvokal  daher  traditio- 
nell setzte.  So  ist  jedenfalls  auch  iz^mi  31b,  ttz^mi  96  a  (ausgesprochen 
vozmi);  V9ZMneh  90a,  104a,  v^zbrnitm  98a;  vtnbtni  IIb,  77a,  62b  u.  dgl. 
mehr  zu  beurteilen. 

Was  die  Chronologie  dieses  Prozesses  und  der  früher  be- 
sprochenen Yokalisierung  der  Halbvokale  im  Aksl.  anbelangt,  so 
muß  der  Wandel  des  «  zu  «  jünger  sein  als  der  Wandel  des  » 
in  e  und  z  zu  o,  insofern  beide  Prozesse  ein  und  dasselbe  Gebiet 
betrafen.  Wenn  in  einem  Dialekte  aus  3ui-  ein  ied-  geworden 
wäre,  so  konnte  hier  kein  ä^d-  entstehen  (vgl.  Verf.  Aksl.  Gramm. 
S.  87)  und  umgekehrt  wo  ein  ä^d'  auftrat,  konnte  dameben  kein 
äed  bestanden  haben.  So  konstatiert  auch  Leskien,  daß  wir 
z.  B.  im  Euch.  sin.  kein  S^d^,  izh,  sondern  nur  äed^,  Seh,  weiter 
Gen.  PI.  hraäem  88  b,  braäentca  103  a,  braäen'ca  104  b  finden 
(Afsl.  Phil.  27,  S.  38,  vgl.  übrigens  auch  Lang  S.  16).  Da  hier 
aber  regelmäßig  braSzno,  braune,  straktny  u.  s.  w.  geschrieben 
wird,  so  muß  die  Verhärtung  des  t  tm  ^  nach  S  später  als  die 
Vokalisierung  eingetreten  sein. 

Umlautserscheinungen  bei  den  Halbvokalen.  Es  sind 
einzelsprachliche  Erscheinungen,  die  sich  nur  zu  jener  Zeit  äußern 
konnten,  als  noch  der  Unterschied  zwischen  ^  und  t  gewahrt 
wurde.  Sie  äußern  sich  zunächst  darin,  das  %  in  «  übergeht, 
wenn  die  nächste  Silbe  weich  ist.  Und  zwar  kann  sie  zunächst 
einen  der  weichen  Vokale  i,  t,  e,  e,  e^,  jq  enthalten:  aksl.  vtni 
,draußen^  gegen  v^n^  ,hinaus';  bt>däi  ,wachen^  aus  bzdeti;  vhpiti 
aus  v^piti  ,rufen'.  Auch  die  Präpositionen  werden  davon  erfaßt, 
und  zwar  bemerken  wir,  daß  es  in  einigen  Denkmälern  (Sav.  kn.) 
die  Präpositionen  v^,  mz-  sind.  So  finden  wir  hier  vh  sled^  üi 
,folgen*,  vt  mir^  und  vt  miri  ,im  Frieden',  vh  vekb  ,in  Ewigkeif; 
vtnüi  ,eintreten',  vtd^i  ,anfiEmgen',  vtz^i  ,uehmenS  vbzdvigtkfti  ,er- 


151 

hebend  Das  bemerken  wir  selbst  auch  dann,  wenn  die  nächste 
Silbe  überhaupt  einen  weichen  Kons,  enthält,  der  Vokal  kann 
beliebig  sein,  z.  B.  tn»  n'q  ^  eam',  vh  Ijudtdi^  ^n  hominibus', 
vbzljubiii  ,Iieb  gewinnen^  u.  s.  w. 

Leskien  hebt  mit  Becht  hervor,  daß  in  r»,  ofts-,  vt^piti,  vtni,  hbdüi. 
Ijuhtv^  za  IJubt/  ,Liebe',  also  in  der  übergroßen  Zahl  der  Fälle,  dem  alten 
»  ein  Labial  vorangeht.  Man  kOnne  daher  annehmen,  daß  die  Wirkung 
der  weichen  Silbe  auf  die  vorhergehende  irgendwo  und  irgendwann  unter 
der  B^ingung  stand,  daß  diese  Silbe  labial  anlautete;  das  ständige 
vzsbpiti  neben  r»/iih',  r»,  rftz-  neben  stets  bleibendem  «»,  kh  bleibe  auffällig 
(Afsl.  Phil.  27,  8. 39—40).  Wir  haben  oben  S.  135  von  dieser  Erscheinung 
erwähnt,  daß  sie  wohl  nicht  mit  einer  labialen  Aussprache  des  »  in  Zu- 
sammenhang gebracht  werden  könnte.  Femer  bemerkt  L.,  wenn  eUttn» 
neben  eÜwe  (von  eÜy  ,Heilung')  vorkomme,  so  erinnere  es  an  die  ziemlich 
oft  erscheinende  Schreibung  plUh  ,F]eisch*.  Daraus  könne  man  entnehmen, 
daß  ein  h  der  Wirkung  einer  folgenden  weichen  Silbe  weniger  Wider- 
stand entgegensetzte. 

Neben  der  Sav.  kn.,  in  der  Derartiges  vorkommt  (vgl.  Verf.  Ȇber 
einige  orthogr.  und  lex.  Eigentamlichkeiten  des  Cod.  Supr.  S.  31  ff.),  muß 
hier  noch  das  Euch.  sin.  erwähnt  werden. 

In  anderen  Denkmälern  nimmt  diese  Erscheinung  mehr  einen  all- 
gemeineren Charakter  an,  d.  h.  sie  beschränkt  sich  nicht  auf  die  so 
charakterisierten  Fälle.  Man  findet  hier  also  z.  B.  dbv}i  gegen  dwa  .zwei' 
$bni  Lok.  gegen  «sn»  ,Schlaf ,  s»/^  Adv.  zu  z»/&  ^schlecht,  böse*.  Weiter 
dann  nicht  bloß  vt  und  r^z,  sondern  auch  <»  z.  B.  m  litm»  ,mit  ihm*, 
9hnüi  ,descendere*,  stgrüiti  ,6ündigen*,  oib  z.  B.  oit  nego  ,von  ihm*,  olh 
fqdiSe,  otb  nt\dvSe  ,woher*,  ja  sogar  k%  z.  B.  kt  iiimh  ,zu  ihnen*,  h»  nsj 
,zu  ihr',  podb  nimb  ,unter  ihm*.  So  finden  wir  es  im  Supr.  (vgl.  Verf. 
»Über  einige  orthogr.  u.  lex.  Eigent.  des  Cod.  Supr.«).  Zogr.  gehört  mehr 
zur  ersten  Gruppe,   aber  es  sind  hier  auch  noch  Anklänge  an  die  zweite. 

Die  Umlautserscheinungen  äußern  sich  aber  auch  in  entgegen- 
gesetzter Weise,  d.  h.  »  geht  in  &  über  vor  einer  harten  Silbe,  doch 
scheint  hier  der  Unterschied  nicht  derartig  ausgeprägt  zu  sein,  daß 
dieser  Prozeß  auch  zunächst  bei  Labialen  bemerkt  würde,  denn  neben 
Hrati  ,8ammeln,  nehmen*  fUr  hbrtUi^  neben  Vbdova,  vhdovica  ,Witwe*  fQr 
Vbdova  finden  wir  in  der  Sav.  kn.  Uma  «Finsternis*  mit  folgender  harter 
Silbe  fünfmal  (nur  mit  »);  ogüh  neben  o«/-  viermal.  Ein  Hma^  /»m^  finden 
wir  auch  im  Zogr.  mehrmals,  aber  neben  Um)^  auch  f»m^,  tbmbm,  so  auch 
im  Supr.  (Sav.  kn.  tbtni  zweimal,  Umi  einmal).  Weiter  finden  wir  im 
Zogr.  dhsky  zu  dbgka  ,Brett,  Tisch*;  so  auch  im  Supr.  draky  62,  436,  da- 
gegen dbüi  75,  300,  312.  Es  handelt  sich  hiebei  um  keine  bloßen  gra- 
phischen Eigentümlichkeiten.  Wir  können  nämlich  beobachten,  daß  r» 
vor  einer  mit  i  beginnenden  Silbe  nicht  steht,  also  nicht  r»  im^t  vb  in<\. 
Die  beiden  Vokale  wurden  nämlich  kontrahiert,  »  gewann  an  Quantität 
und  mußte  zu  y  werden:  vynq  (Zogr.  Marc.  5,  5,  Luc.  24,  53;  Sav.  kn. 
Matth.  18.  10).     In   anderen  Dialekten    wurde   t^'nq   ausgesprochen    und 


152 

vor  j  konnte  »  gedehnt  werden,  daher  im  Ostr.  £v.  an  der  zuletzt  er- 
wähnten Stelle  (Matth.  18.  10)  sogar  vi/Jf^q  (t^yi^'nq). 

Es  zeigen  sich  aber  noch  heutzutage  Beflexe  des  einstigen  Umlautes 
in  den  bulg.  Dialekten:  vezmi,  veze,  vezeli  (Afsl.  Phil.  16,  S.  139),  was 
einem  vttbmi  u.  s.  w.  entspricht. 

Würde  es  sich  nachweisen  lassen,  dafi  die  ümlautserscheinungen 
auf  demselben  Gebiete,  auf  welchem  sich  die  Vokalisation  der  Halbvokale 
geltend  machte,  auftraten,  so  müßte  man  selbstverständlich  annehmen, 
daB  auch  der  Umlaut  jünger  ist  als  die  Vokalisation,  denn  wo  sich  ein- 
mal ein  yvhbVh  wie  im  Euch.  sin.  9b,  IIa  u.  s.  w.  entwickelte,  d4  hätte 
nicht  mehr  daraus  ein  Ijuhovb^  das  wir  auch  hier  finden  (72b,  81b  u.  s.  w.). 
entstehen  können.  Es  ist  aber  kaum  wahrscheinlich,  daß  beide  Prozesse 
dasselbe  Gebiet  betrafen,  wenn  auch  Kreuzungen  zugegeben  werden 
müssen.  Die  Vokalisation  scheint  insbesondere  die  maced.  und  westbulg. 
Dialekte  überhaupt  erfaßt  zu  haben. 

Einzelne  Fälle  des  Umlautes  können  wir  bei  den  Halbvokalen 
auch  im  Ar.  beobachten.  So  finden  wir  schon  in  den  ar.  Denk- 
mälern skhrti)h,  skhrbb,  dann  dem  entsprechend  skerbb  Kummer, 
6ram%  dameben  allerdings  noch  skbrhh,  woraus  dann  skwbb 
(aksl.  skbrhh,  so  auch  urslav.)  entstanden  ist  Ar.  fmdüäi,  medliti 
yzögem',  mhdihm,  medUnnyj  ^langsam'. 

Andererseits  tmikb,  woraus  dann  tankij  ,dünn',  aksl.  tbmh», 
aber  daneben  auch  schon  tbmkb. 

Im  B.  haben  diese  Ümlautserscheinungen,  die  man  auch  als 
Vokalassimilationen  auffassen  kann,  einen  allgemeineren  Charakter, 
da  mau  sie  auch  bei  anderen  Vokalen  bemerken  kann  (vgl. 
Sobolevskij,  S.  89).  Doch  werden  wir  auch  in  anderen  slav. 
Sprachen  ähnliches  noch  beobachten. 

Die  tr^t-,  trht-,  tht-  und  tlbt-Qruffe.  Es  handelt  sich 
hier  um  jene  Gruppen,  in  welchen  bei  dieser  Kombination  der 
Halbvokal  schon  ursprüngUch  nach  der  Liquida  folgte,  also  nicht 
um  ein  r,  /•  In  diesen  Gruppen  behielten  die  Halbvokale  ihre 
Selbständigkeit  und  wurden  in  den  älteren  aksl.  Denkmälern 
ebenso  behandelt  wie  sonst,  d.  h.  sie  konnten  selbst  auch  zu 
vollen  Vokalen  werden,  z.  B.  im  Glag.  Cloz.  finden  wir  krest^ 
jKreuz*  608,  633  aus  krbsU,  krovtjq  312  und  316  aus  krhvhjq  zu 
krhf^  ,Blut*.  Zahlreiche  Beispiele  finden  wir  auch  im  Euch.  sin. 
und  Psalt.  sin.  BekanntUch  werden  diese  Gruppen  auch  dort 
angewendet,  wo  es  sich  um  die  graphische  Wiedergabe  der  ur- 
sprünglichen tri-,  ^/^-Gruppe  handelt.  In  solchen  Gruppen  tritt 
aber  nie  die  Vokalisation  des  Halbvokals  ein. 

Über  urspr.  tri,  Ht  wird  bei  r,  l  gehandelt 


153 

Reflexe  der  Halbvokale  in  den  einzelnen  slav. 
Sprachen.  Halbvokale  im  Bulg.  Nach  den  mannigfachen 
Schicksalen y  welche  die  Halbvokale,  wie  wir  sahen,  in  einzelnen 
abg.  DiaL  erlitten  hatten,  trat  —  zum  Teile  parallel  auf  gewissen 
Grebieten  mit  ihnen  einhergehend  —  eine  Verein&chung  auf:  das 
h  wurde  zu  3»^  so  daß  man  jetzt  hier  nur  einen  Halbvokal  hat 
Das  ist  aber  ein  Prozeß,  der  das  Südslav.  überhaupt  betrifft 
Der  unterschied  zwischen  ^  und  h  wurde  hier,  wie  Oblak  be- 
merkt (Afsl.  Phil.  16,  S.  154),  jedenfialls  dadurch  verringert,  daß 
die  sndslav.  Sprachen  und  mit  ihnen  auch  das  Aksl.  den  geringen 
Grad  der  Weichheit  einiger  Vokale  bald  aufgegeben  haben.  Das 
betraf  natürlich  auch  ».  So  fielen  schließlich  auch  im  Sloven. 
und  S.-kr.  die  Halbvokale  zusammen.  Die  hier  erhaltenen 
Denkmäler  sprechen  schon  nur  für  einen  Halbvokal. 
Dieser  war  hart,  stand  also  dem  5  näher,  allein  ein  ursprüng- 
liches h  war  es  auch  nicht  mehr. 

Dieses  %  hat  im  Bg.  nicht  überall  dieselbe  Klangfarbe  an- 
genommen, indem  sich  die  Zungenstellung  entweder  jener  des  a 
oder  e  näherte.  Aus  dem  so  gefärbten  Halbvokal  konnte  sich 
dann  der  reine  Vokal  in  den  westl.  Dial.  entwickeln  (meist  ein  a), 
aber  das  geschah  in  einer  späteren  Zeit  Dieser  Zeit  ging  jene 
Periode  vorher,  in  welcher  es  noch  ein  t  und  z  gab  und  in 
welcher  das  b  zm  e  und  h  zw  o  dialektisch  geworden  ist  Das 
sind  also  die  alten  o-  und  e-Fälle  statt  der  Halbvokale,  deren 
Entwickelung  wir  oben  besprochen'  haben.  In  den  östl.  Dialekten 
ist  dieses  o  für  5  selten  (z.  B.  im  Suffix  -ok  aus  '^k^),  das  e  da- 
gegen für  h  häufiger.  In  den  westl.,  hauptsächlich  in  den  maced. 
Dial.  ist  das  o  für  ^  viel  häufiger.  Man  kann  auch  mit  einer 
gewissen  Wahrscheinlichkeit  schließen,  daß  jene  aksl.  Denkmäler, 
in  denen  solche  Fälle  häufig  sind,  hier  schließlich  zur  Abschrift 
gelangten,  falls  es  irgendwie  wahrscl^einlich  gemacht  werden  kann, 
daß  die  o-  und  e- Vokale  erst  bei  der  letzten  Abschrift  hinein- 
gerieten. Sonst  sprechen  sie  dafür,  daß  das  Original  jedenfalls 
aus  diesen  Gebieten  stammte. 

Vom  jetzigen  bulg.  ^Laut,  wo  er  sich  noch  erhalten  hat, 
meint  Miletiö,  daß  er  je  nach  der  Stellung  im  Worte  und  mit 
Bücksicht  auf  die  Betonung  dialektisch  verschieden  ausgesprochen 
werde,  aber  bei  alledem  bleibe  er  immer  ein  nicht  gerundeter 
gutturaler  Vokal,  der  entweder  weit,  bei  hoher  Zungenstellung, 
oder  eng  und  zwar  bei  gespannter  Zungenrückenstellung,   oder 


154 

bei  loserer  Mittelzungenstellung  artikuliert  werde  (Afsl.  Phil.  20, 
S.  589).  Die  erste  Aussprache  ist  die  meist  verbreitete:  es  ist 
dies  ein  schwachdumpfer  o-Laut,  der  von  Drinov  durch  ä  be- 
zeichnet wird  (entspricht  dem  A*  bei  Sievers  4  S.  96). 

Serbokr.  Der  Vokal  a,  den  wir  neben  anderen  Keüexen 
der  Halbvokale  auf  bg.  Boden  gefunden  haben,  ist  ihr  regel- 
rechter Vertreter  im  S.-kr.  Die  ältesten  Belege  für  dieses  a 
datieren  ungefähr  aus  der  Mitte  des  XIII.  Jhd.  Dieses  a  setzt 
voraus,  daß  das  S.-kr.  es  zunächst  nur  zu  einem  Halbvokal  ge- 
bracht hatte.  In  einzelnen  Grenzdialekten  sehen  wir  allerdings 
auch  noch  andere  B^fiexe. 

Im  Sloven.  entwickelte  sich  das  ^  weiter  und  zwar  haben 
wir  in  dieser  Hinsicht  hier  zwei  Gebiete  zu  unterscheiden.  Das 
eine  umfaßt  die  südl.  und  westl.  Gegenden,  wo  unter  dem  langen 
Akzente  »  zu  a  wurde,  während  in  kurzen  Silben  %  blieb.  Auf 
dem  anderen  Gebiete,  das  im  allgemeinen  die  östl.  und  nördl. 
Gegenden  umfaßt,  hat  sich  aus  dem  ^  in  langen  Silben  ein  e 
entwickelt,  während  es  in  kurzen  Silben  blieb,  aber  nur  in  den 
westl.  Teilen  dieses  Sprachgebietes;  im  Osten  wurde  es  auch  zu 
ej  wie  in  langen  Silben. 

In  der  Literatursprache,  die  hauptsächlich  auf  dem  unter- 
kraini  sehen  Dialekte  beruht  und  daher  als  Vertreter  des  %  ein  a 
in  langen  und  ein  ^  in  kurzen  Silben  kennt,  wird  dieser  Halb- 
vokal einfach  mit  e  bezeichnet:  dei,  dezja  ,Regen*,  %.dczd,  dczda; 
pes,  psa  ,Hund*,  s.  pas,  psc.  Diese  Worte  sind  also  etwa  als 
d^z,  d^zja,  phs  u.  s.  w.  zu  lesen.  In  sprachwissenschaftlichen 
Werken  bedient  man  sich  des  aksl.  Zeichens  bei  der  Wiedergabe 
des  sloven.  Halbvokals  oder  wählt  ein  umgestürztes  e  oder  a 
(^,  »). 

Zur  Beuileilung  des  älteren  Zustandes  des  Slov.  hinsichtUch 
der  beiden  Halbvokale  (oder  eventuell  schon  nur  des  einen)  würden 
uns  die  Freisinger  Denkm.  mit  ihrem  zemirt  II  14,  zigreahu  11 
50,  zudinem  III  54,  dini  II  83  und  zahlreichen  anderen  Bei- 
spielen schätzenswertes  Material  bieten,  wenn  sie  nicht  von  dem 
aksl.  (glag.)  Schrifttum,  wie  es  höchst  wahrscheinlich  ist,  beeinflußt 
wären  (vgl.  Verf.  »Studie  z  oboru  cirk.  pis.  S.  49 — 50  und  56—57). 

Russisch.  Aus  den  echt  r.  Denkm.  ersehen  wir,  daß  schon 
in  der  frühesten  Zeit  (XI.  Jhd.)  in  analogen  Fällen,  wie  wir  sie 
im  Aksl.  beobachtet  haben,  die  beiden  Halbvokale  verstummt 
sind,  doch  hat  das  t  den  vorhergehenden  Kons,  erweicht:  kto, 


155 

mnogz,  vse,  brat*  (brcttt),  älter  brati.  Sonst  wurde  seit  dem 
XU.  Jhd.  oder  eher  etwas  früher  %  zu  o  und  t  zu  e:  blocha 
iFloh%  steklo  ^Glas',  zvenitt  ^ngen^,  sobratt  aus  shbtratt  ^ver- 
sammeln'.  Die  allgemeinen  Normen,  die  wir  für  die  Yokalisation 
aufgestellt  haben,  waren  auch  hier  maßgebend,  daher  z.  B.  zrec 
aus  itrtcb  ^Priester',  Gen.  ar.  zerca  (aus  ztrtca).  Mit  der  Zeit 
haben  aber  auch  hier  mannigfache  Beeinflussungen  stattgefunden; 
so  heißt  es  jetzt  im  Gen.  zreca,  wobei  also  der  Nom.  maßgebend 
blieb.  Weiter  z.  B.  im  Ar.  Aorb  aus  gbbarb  ^Versammlung',  dann 
aber  auch  scborb  mit  so  aus  sobratt  ,versammeln'.  So  finden  mr 
auch  vo  itnja  jm  Namen'.  Das  früher  erwähnte  so-  drang  auch 
in  das  alte  susedb  (aksl.  sqsidh,  b.  soused)  yNachbaf  ein,  so  daß 
es  jetzt  sosed^  heißt 

Im  Kleinruss.  wurde  das  e,  o  infolge  des  Verlustes  eines 
5,  5  der  nächsten  Silbe  gedehnt,  so  daß  wir  hier  den  Keflex  des 
Vokalisierungsprozesses,  den  wir  in  den  aksl.  Denkmälern  beob* 
achteten,  haben.  In  den  galizisch-volhynischen  Denkm.  haben 
wir  Belege  (aus  dem  XII.  Jhd.)  wie:  voovtcja  »  övca  aus  ovtca 
,Schaf .  Derartige  Dehnungen  kamen  in  bestimmten  Fällen  auch 
im  F.,  B.  und  schließlich  auch  in  anders  gearteten  Fällen  im 
Südslav.  vor. 

Auch  im  B.  sind,  wie  überall,  infolge  der  Analogie  sekundäre 
Halbvokale  entstanden,  z.  B.  alt  Off^nt  ,Feuei:^,  aksl.  ognt,  woraus 
dann  ogant  (vgl  Sobolevskij,  Lekcii'  S.  46—58). 

Wenn  im  K.  jetzt  noch  im  Auslaut  und  im  Wortinnem 
Halbvokale  geschrieben  werden,  so  sollen  sie  nur  die  Qualität 
des  vorhergehenden  Konsonanten  bezeichnen. 

Im  Polnischen  erweichte  das  t,  wie  auch  häufig  im  B., 
den  vorhergehenden  Kons.,  doch  ging  die  Erweichung  weiter: 
dzieA,  dnia  jTag',  b.  den,  dne,  aksl.  dtnt;  kamieA,  kamnia  ,Stein', 
b.  kämen  (älter  kämen),  aksl.  kament  zu  kamy;  kaäö  ,Knochen', 
b.  älter  kosi,  jünger  kost,  aksl.  kostt;  6ma  ,Finstemi8S  böhm.  tma, 
aksl.  ttma. 

Vor  n  wird  jedoch  t,  d  nicht  in  6,  d£  erweicht,  z.  B.  Präs. 
tn^  ,haue',  aksl.  ttmq  zu  ciq6,  aksl.  t^i;  ebenso  Gen.  dnia  (zu 
dscieA)  gegen  6ma.  Der  Grund  dieser  Verschiedenheit  ist  laut- 
physiologischer Art,  wie  es  Broch  richtig  erkannt  hat:  der  Ab- 
stand zwischen  der  Artikulation  des  d'  und  n  ist  ein  zu  kleiner 
als  daß  nicht  eine  Assimilation  eintreten  mußte  (Sbomik»  statej 
V»  fest»  prof.  KorSa,  S.  277—281).    Man  vgl.  damit  auch  r.  vid* 


156 

nyj,  sudnyj,  svodnyj,  rodsfvo  gegen  vedtma,  gorodtba,  svcultba, 
sudtba  (£ulbakin3»y  Kb  istor.  i  dial.  pol'sk.  jaz.  S.  86).  Es  war 
hier  keine  Möglichkeit,  daß  die  Zungenfiäche  sich  unter  einer 
Engenbildung  Tom  Gaumen  hätte  loslösen  können  (vgl.  S.  21). 
Sonst  erscheint  als  Reflex  der  beiden  Halbvokale  ein  e,  aber  der 
Unterschied  blieb  noch  gewahrt:  das  e  als  Reflex  des  ^  erweicht 
nicht  den  vorhergehenden  Konsonanten,  z.  B.  ten  ^dieser',  b.  fen 
aus  tznh;  Gen.  PI.  den  zu  dno  ,Boden^  aus  dbno;  pode  mnq 
,unter  mir*;  hahka  ,altes  WeibS  Gen.  PL  babek;  bez,  hzu  ,Hollun- 
der',  aksL  h^z^;  mechy  mchu  ,MoofrS  b.  medi,  aksl.  imchz. 

Dagegen  pies,  psa  ,HundS  b.  pes,  psa,  aksl.  pbs^;  pieA,  pnia 
,Stamm',  b.  pefi^  aksl.  pbnt;  szwiec,  nach  den  anderen  Kasus 
(z.  B.  Gen.  szewca)  auch  8zeu?c  »Schuster*,  b.  ävec,  aksl.  ^rtcb; 
cienki  ,dünn,  fein*,  b.  tenky  ,dünn*,  aksl.  ttnbkb. 

Im  P.  scheint  sich  der  Halbvokal  im  Auslaut  nach  tönenden 
Kons,  und  Dauerlauten  überhaupt  länger  behauptet  zu  haben 
(man  wollte  den  tönenden  Laut  eben  wegen  der  Form  in  den 
anderen  Kasus  erhalten).  Als  er  dann  schließlich  doch  abfiel, 
wurde  der  vorhergehende  Stammvokal,  insbesondere  wenn  es  ein 
0  oder  e.  war,  häufig  gedehnt,  z.  B.  bog,  boga  ,Gott*,  analog  auch 
im  B.  JöA;  boha;  bdbr,  bobra  ,Biber*. 

Als  ein  zwischen  e  und  i  stehender  Laut  mußte  das  b  auch 
im  Böhmischen  auf  Kons,  erweichend  wirken  und  zwar  wirkte 
es  so  wie  ein  L  Daher  ist  aus  kostb  ein  kosi  (dial.  auch  kose), 
aus  pp^dh  ein  pied,  pld  ,Spanne*,  aus  zvert  ein  zvef,  woraus  später 
zver,  entstanden.  Später  traten  in  solchen  Fällen  auch  Ver- 
härtungen ein:  kost. 

Sonst  führten  die  beiden  Halbvokale  in  Stellungen,  wo  sie 
nach  dem  Obigen  (S.  147)  vokalisiert  werden  mußten,  zu  e,  aber 
auch  in  diesem  Reflexe  blieben  sie  noch  geschieden.  Das  e  aus 
t  wirkte  so  wie  das  urslav.  e  (vgl.  S.  46),  war  also  eng;  daher 
z.  B.  aus  starbcb  ,Greis*  ein  sta-fecy  woraus  später  staiec  (Gen. 
stafca  aus  starhca,  aber  da  wurde  das  /-  nicht  zu  r,  vielmehr 
wurde  r  restituiert:  starca  und  dieses  r  drang  dann  vielfach  in 
den  Nom.  ein,  so  daß  man  auch  starec  hat),  dagegen  brcUrem  aus 
bratmmh;  vgl.  auch  Vok.  öese  (ab.)  aus  öase  (hier  urslav.  e),  da- 
gegen dauern  aus  dasihmb.  Aber  wie  ein  i  erweichte  es  nicht  mehr 
in  diesen  Fällen,  daher  bleibt  vor  diesem  e  ein  n,  d,  t,  l  uner- 
weicht,  also  z.  B.  den  (älter  deA),  vgl.  poln.  dzien.  Eine  relative 
Verhärtung  hat  demnach  hier  doch  auch  stattgefunden. 


157 

Im  Slovak.  haben  w  statt  des  ^  als  Vertreter  des  z  auch 
ein  0  (mittlerer  Dialekt)  und  dann  auch  ein  a  für  %  und  t.  Man 
sieht  hier  also  Anknüpfungspunkte  einerseits  an  das  R.,  anderer- 
seits an  das  Südslay. 

Auch  im  Sorbischen  erweichte  das  t  den  vorhergehenden 
Eons.,  bevor  es  verloren  ging.  Dort  wo  die  Vokalisation  ein- 
treten mußte,  haben  wir  auf  dem  ganzen  Gebiete  für  «  ein  e,  vor 
dem  der  Kons,  erweicht  wurde;  für  z  dagegen  im  Ns.  ein  hartes 
e,  im  Os.  ein  o  z.  B.  ns.  £M  ,Tag*,  os.  dzM,  aksl.  dtnt;  ns.  ^ma, 
06.  £ma  ^Finsternis',  aksl.  ttma;  ns.  mich,  os.  moch  ,Moos',  aksL 
imchz.  Infolge  der  Analogie  natürlich  auch  Ausnahmen,  z.  £. 
k^nc  ,Ende'  nach  den  übrigen  Kasus,  aksl.  kantet  (bei  Mucke 
§§  60—66  ist  die  Sache  etwas  verworren). 

Ablaut. 

In  Worten,  die  etymologisch  zur  selben  Sippe  gehören,  bleiben 
die  Kons,  innerhalb  einer  und  derselben  Sprache  in  der  Begel 
unverändert,  während  die  Yok.  wechseln,  z.  B.  aksL  vezq  ,iahre', 
lit.  vezü  yfahre',  got  ga-wigan  ,bewegeu,  schütteln',  lat.  veho,  da- 
gegen aksl.  V02Z  ,Wagen^,  lit  väzis  ,kleiner,  einspänniger  Schlit- 
ten*, got  wagjan  ,bewegen',  gr.  oxog  (aus  ßoxog)  ,Wagen';  femer 
aksl.  herq  ,sammeln,  nehmen',  gr.  q>iqiay  got.  haira  gegen  den 
Inf.  htrati,  Aor.  btracht,  gr.  di-q>Qog  u.  s.  w.  Weiter  aksl.  redt 
i  ,Bede,  Wort^  gegen  rdcq,  reSti  ,sagen',  hinsichtlich  des  Vokal- 
wechsels vgl.  gr.  dtiQig  f.  ,Streit'  zu  di^j  got  ijoegs  m.  ,Woge' 
zu  gorwigan  u.  s.  w. 

Diesen  Vokalwechsel  in  etymologisch  zusammengehörigen 
Worten  nennt  man  nun  den  Ablaut,  wenn  er  wie  in  unseren 
Beispielen  auf  ursprachliche  Zustände  zurückgeführt  werden 
kann^  Man  spricht  hier  von  verschiedenen  Vokalstufen:  die 
e-Stufe,  o-Stufe  u.  s.  w. 

Wie  wir  sehen,  kann  der  Vokalwechsel  mannigfach  sein. 
Zunächst  betrifft  er  die  Quantität,  so  z.B.  in  htrati  aus  *brrai% 
gegen  herq  und  schließlich  auch  in  redt  gegen  rekq.  Oder  aber 
ändert  sich  die  Qualität  des  Vokals:  vezq  gegen  vozt.  Man 
spricht  daher  von   einem    quantitativen   und    qualitativen 


1.  £b  kann  sich  selbst  auch  um  einzelsprachliche  Nachahmung  ur- 
sprachlicher  Verhältnisse,  d.  h.  um  Analogiebildung  nach  vorliegenden 
ursprachlichen  Schablonen  handeln. 


158 

Ablaut.  Außerdem  kann  hiebei  auch  eine  xlnderung  der  Akzent- 
verbältnisse  in  Betracht  kommen. 

In  unseren  oben  angeführten  Beispielen  betrifft  der  Wechsel 
solche  Vokale,  die  im  Wortinnem  sind;  er  kann  sich  aber  auch 
auf  solche  in  Suffixen  erstrecken,  so  daß  wir  selbst  auch  da  den 
Ablaut  haben y  falls  diese  Änderungen  schon  ursprachlich  sind: 
aksl.  Nora.  Sg.  voz^  , Wagen*  aus  *uozos,  gr.  oxog^  dagegen  Vok. 
Sg.  aksL  voze  aus  *^oze,  gr.  oxe.  Es  handelt  sich  also  auch  hier 
um  den  Wechsel  e  :  o. 

Hier  müssen  zunächst  einige  Begriffe  festgestellt  werden.  Abstra- 
hiert man  das,  was  allen  etymologisch  verwandten  Worten  einer  Sippe 
gemeinschaftlich  ist,  wobei  man  die  Eons,  auf  nrsprachliche  Zustände 
reduziert  und  die  vokal.  Elemente  dementsprechend  auf  den  ältesten 
Zustand,  d.  i.  die  e-Stufe  zurückführt,  so  erhält  man  ein  ideales  Sprach- 
gebilde, das  man  die  Wurzel  nennt.  So  ist  die  Wurzel  zu  aksl.  vezq, 
V0Z9  u.  8.  w.  als  *t*e§h  anzusetzen.  Man  hat  früher  daran  immer  zäh 
festgehalten,  daß  die  Wurzel  einsilbig  sein  müsse.  Später  modifizierte 
man  diese  Lehre,  man  sprach  auch  von  zwei-  und  mehrsilbigen  Wurzeln 
und  zog  dafür  den  Namen  Basis  vor.  Über  das  Verhältnis  der  Basis 
zur  Wurzel  wird  unten  in  der  Einleitung  zur  Stammbildungslehre  ge- 
handelt. Hier  wollen  wir  nur  bemerken,  daß  es  sich  in  der  Lehre  vom 
Ablaute  empfiehlt,  wo  möglich  auch  von  zwei-  und  mehrsilbigen  derartigen 
Gebilden,  die  man  allerdings  immer  nur  aus  fertigen  Worten  erschließt, 
auszugehen,  weil  man  dann  nur  auf  diese  Weise  die  Wirkungen  des  Ak- 
zentes, der  hiebei  eine  große  Bolle  spielt,  darin  verfolgen  kann.  Ein 
solches  Gebilde  nennen  wir  dann  eine  Basis.  Eine  solche  Basis  kann 
wieder  selbst  eine  Wurzel  voraussetzen.  Zu  einer  Wurzel  können  zwei 
oder  selbst  auch  mehrere  Basen  gehören. 

Je  nach  der  Anzahl  der  Silben  und  der  Quantität  bestimmter  Vokale 
unterscheidet  man  verschiedene  Kategorien  der  Basen,  wobei  wir  hier 
bei  diesem  Ausdrucke  der  Einheitlichkeit  wegen  bleiben. 

So  1)  einsilbige  mit  einem  kurzen  Vokal;  man  nennt  sie  einsilbige 
leichte  Basen  z.  B.  es  in  iksl.  j-es-mb  ,bin*  aus  *es-mi:  ursL  scftb,  aksl. 
S4^^  ,sie  sind'  aus  "^sonti  und  dieses  st.  *'8enti.  2)  Einsilbige  schwere 
Basen,  wenn  der  Vokal  lang  ist,  z.  B.  de-  in  aksl.  di-jq  ,legeS  di-tefb 
,Tat',  deJIdq  ,lege*  aus  "^de-d-jq.  3]  Zweisilbige  leichte  Basen,  wenn 
beide  Vokale  kurz  sind,  z.  B.  *mere  in  aksl.  mbre-m^  ,wir  sterben^  mriti 
^sterben*  aus  *merti;  *oiehh  in  r.jebü,  ai»  yähha-ti^  gr.  oiqmo)  ,futuere*. 
4)  Zweisilbige  schwere  Basen,  wenn  der  Vokal  der  zweiten  Silbe 
lang  ist,  z.  B.  aksl.  ora-ti  »ackern*,  lat.  aräre, 

a)  Quantitativer  Ablaut.  Er  ist  auf  die  Wirkungen  eines 
stark  entwickelten  exspimtorischen  Akzentes^  zurückzuführen:   in 

1.  Andere  sehen  darin  die  Wirkungen  eines  tonischen  (musikali- 
schen) Akzentes,   vgl.  F.  N.  Finck:   Über  das  Verhältnis  des  baltisch- 


169 

einem  zwei-  oder  mehrsilbigen  Worte  konnte  nur  eine  Silbe  be- 
tont sein;  sie  behielt  den  ursprünghchen  Vokal.  Wir  bezeichnen 
diesen  Zustand  mit  dem  Namen  Yollstufe  (abgekürzt  einfach 
mit  y  und  zwar  gibt  eine  dabei  stehende  röm.  Ziffer  den  Sitz 
der  Yollstufe  in  zwei-  oder  mehrsilbigen  Basen  an,  z.  B.  Y  I, 
Y  n  u.  s.  w.).  Die  Yokale  der  anderen  Silben  büßten  unter  dem 
Einflüsse  dieses  Akzentes  von  ihrer  Quantität  ein,  sie  wurden 
reduziert  (geschwächt)  und  konnten  später  ganz  verloren  gehen. 
Es  handelt  sich  hiebei  vor  allem  um  den  Yokal  e,  dessen  redu- 
zierte Stufe  Hirt  mit  «  (stimmloses  e)  bezeichnet  Sie  wurde 
später  häufig  wieder  aufgehoben,  und  der  volle  Yokal  restituiert, 
so  daß  wir  sie  in  zahlreichen  Fällen  zwar  nicht  belegen,  theo- 
retisch aber  voraussetzen  müssen.  So  haben  wir  hier  also  eine 
Beduktions-  (B)  und  eine  Schwundstufe  (S)  zu  unterscheiden. 
Die  langen  Yokale  ?,  ö,  ä  der  schweren  Basen  wurden  dagegen 
zu  9  geschwächt 

So  ist  z.  B.  ein  Yokal  spurlos  ausgefallen  in  dem  oben  er- 
wähnten aksl.  scftb  ,sie  sind'  aus  *8(niii  (neben  ^sinti  aus  *es4nti 
in  anderen  Sprachen)  gegen  j-ea-mt  ^ch  bin';  s.  jebSm,  r.  jebü, 
ai.  ydbhati  (Y  11)  gegen  gr.  olg>aw  ,futuere';  aksl.  Aor.  beckb,  be 
4ch  war'  u.  s.  w.  aus  *bhuS  und  dieses  aus  *bhe^  neben  bhe^^, 
vgl.  ai.  bhdvüum  ,sein'  aus  *bhiu9tutn;  aksl.  nesq,  nesti  ,tragen' 
(Y  II),  ai.  ndsati  gegen  gr.  redupl.  iv-eyneiv^  wo  Y  I  vorUegt, 
ebenso  in  oy^og  ,Tracht,  Lasf  zur  Basis  enek'.  In  diesen  Bei- 
spielen ist  eine  Silbe  verloren  gegangen.  Das  brauchte  aber  nicht 
immer  der  Fall  zu  sein. 

Lautete  die  Silbe,  deren  Yokal  reduziert  wurde,  auf  einen 
Nasal  oder  eine  Liquida  aus,  so  entstand  ein  rii,  xh  T,  h  das  wir 
für  das  ürbaltischslav.  und  zum  großen  Teile  noch  für  das  Ur- 
slav.  ansetzen  müssen  (vgl.  weiter  unten  bei  diesen  Lauten)  z.  B. 
von  der  Basis  *menS(%)  ,denken',  aksl.  mwieti  ,meinen'  aus  ^ni'i^nStij 
vgl  lit  mifieti,  gr.  ifidvipf,  aksl.  zvbn&i  ,tönen'  aus  ^if^'^nSti  (nach 
Bartholomae  Stud.  I  S.  89  aus  ghuiino-),  dazu  auch  2vom 
,8onitus';  aksl.  tbnzkb  ,dünn'  (vgl  S.  152),  vgl  gr.  xayv-ylwaaog 
,mit  gestreckter  Zunge',  ai.  tanukas,  tanüs  zu  *ten;  aksl.  gb^mrUb 


bUt.  Nominalakzents  zum  uridg.  1895,  S.  29  und  Pedersen  »Les  pro- 
noms  demonBtratifs  de  Tancien  armenien«  1905,  S.  38  (in  Memoires  de 
TAcad.  Boy.  des  Sciencs  et  de  L.  de  Danemark,  6me  serie,  Section  des 
Lettres,  t.  VI  Nr.  3  p.  340). 


160 

,TodS  lit  mirtis,  ed.  mrtds  gegen  tner  in  inreti  aus  *tner-ti  ,8ter- 
ben*;  aJrel.  tltkz  ,Wolf,  lit.  rtSröw,  got  wulfs,  ai.  vfÄros. 

Auf  dieselbe  Art  verhält  es  sich  bei  einer  reduzierten  Silbe, 
die  ein  eu  oder  eji  Toraussetzt,  wie  wir  sehen  werden. 

Analoge  Fälle  entwickelten  sich  nun  einerseits  in  der  lituslav. 
Periode  y  andererseits  auf  slav.  Boden  bei  Akzentverschiebungen. 
Es  entstand  hier  wohl  in  allen  Fällen  in  reduzierten  Silben  ein 
9/1^  ^,  ff  h  ^s  handelt  sich  hier  zwar  um  einzelsprachliche  Er- 
scheinungen, aber  es  ist  dasselbe  Prinzip,  das  auch  in  der  Ur- 
sprache schon  wirksam  war.  So  haben  wir  z.  B.  zu  aksl.  j^i 
^nehmen'  das  Präs.  imq  aus  *j-Mnq  und  dieses  aus  tmq,  *7jifnq, 
vgl.  lit  imü,  emiaü,  imti  ^nehmen',  lat  etnere,  also  em-  (das  viel- 
leicht ein  *enm,  *enem  voraussetzt,  vollständige  Assimilation  des 
n  an  m);  aksl.  pwiq,  p^ti  ,8pannen,  hängen'  aus  *pv^nq,  *pv^i,  lit. 
pinü,  pinti  ,iiechten';  s^cBi.g^fuUi  ,treiben'  aus  *gx^nati,  Präs.iefu^ 
lit  genü,  giniaü,  ginti  ,jagen,  treiben'  (Vieh  airf  die  Weide),  mit 
aJtsi'  ,abwehren'  (C appeller,  Kaip  seneji  Letuvininkai  gyveno 
S.  45).  Dazu  scheint  auch  aksl.  ztnjq  aus  *gj^fw>i  ^^i  ,hauen, 
mähen',  lit.  geneti  ,Äste  abhauen'  zu  gehören.  Das  slav.  g^nati 
kann  wohl  nur  aus  *g'(^näii  erklärt  werden  und  spricht  eben 
dafür,  daß  wir  in  solchen  Fällen  immer  ein  jh,  ^^  r,  l  voraus« 
setzen  müssen. 

In  diese  Gruppe  gehören  noch  mehrere  andere  Yerba  wie 
aksl.  frftra^t  aus  *brräti,  berq  ,8ammeln,  nehmen',  gapdQw.  Weiter 
Verba  der  I.  Klasse:  aksl  mttrq  aus  *mfrq  ,sterbe',  dagegen 
mreti  aus  *m€rti,  vgl.  lit  mlrsztu,  miriaü,  mifti;  aksl.  ^rUq  ^n- 
ddo',  Ut  kifsti,  kertü,  kiriaü  ,hauen'. 

In  der  Silbe  -re-  ist  auch  die  Keduktionsstufe  eingetreten 
und  zwar  mitunter  schon  im  Urbaltslav.  Aber  die  hierher  ge- 
hörigen Fälle  unterscheiden  sich  von  den  früheren  dadurch,  daß 
sich  aus  dem  r,  l  nicht  tr,  tl,  sondern  rt,  h,  lit  also  entsprechend 
ri,  li  entwickelt  hat  Hier  war  offenbar  der  umstand  maßgebend, 
daß  in  der  Vollstufe  der  Vokal  auch  nach  dem  r,  l  folgte.  So 
haben  wir  lit  hristi  ,waten',  bredü  ,wate',  brada  ,Waten,  Pfütze', 
aksl.  zwar  hresH,  bredq,  aber  dazu  nepr9>rtdamb  (Part  Präs.  pass.) 
und  im  Aböhm.  hrdu  (aus  *brtdu),  dazu  dann  die  o-Stufe  aksl. 
brod^  ,Furf.  Man  könnte  zwar  auch  daran  denken,  daß  hier 
einfach  e  im  t  reduziert  wurde  und  daß  wir  es  hier  nicht  mit 
einer  eigentlichen  Schwundstufe  zu  tun  haben.  Dagegen  würde 
das  lit  br\sti  nicht  sprechen,  da  man  annehmen  muß,  daß  im 


161 

LiL  ein  reduziertes  e  («)  sonst  auch  zu  i  geworden  ist  Wenn  es 
aber  in  der  Stellung  ^  +  r  bei  der  Reduktion  zu  rW  ^^^j  so  ist 
es  wahrscheinlich,  daß  sich  derselbe  Prozeß  auch  in  der  Stellung 
r  +  e  nrsprachlich  wiederholte.  Jeden&Us  ist  hier  aber  das  f;  / 
früher  aufgegeben  worden  als  im  ersteren  Falle. 

Vgl.  noch  ar.  rtku,  rikh  und  b.  rku  (aus  rtku),  p.  nierzkqc 
gegen  aksL  rekq,  reMi,  dazu  rokh  ,Tennin';  aksl.  drtmb  ydeclivis', 
b.  8irm^  3teilS  vgl.  r.  dremglatn  kopfüber',  dazu  die  o-Stufe 
b.  Strom  |Baum^ 

Desgleichen  bei  ne  (me):  aksL  ntzq,  ntznqti  (zu  ntzq  könnte 
der  Inf.  nesti  lauten,  ist  aber  nicht  überliefert)  ^gere,  fodere^  vgl. 
b.  vensmouti  (aus  frbntznüti)  ^nfigere^  die  o-Stufe  in  pro-nozäi 
^perfodere'y  noet  besser'  (aus  *nozio);  vgl.  Ut.  knibti  ^pfen, 
klauben^  knebifUi  ^knauben',  knab^i  ^hälen^ 

Jedenfalls  haben  diese  Halbvokale  nach  r^  n  u.  s.  w.  dann 
ihren  vollen  Lautwert  gehabt  zum  Unterschiede  von  der  Gruppe 
aksl.  trtt,  trU  u.  s.  w.  (siehe  bei  r,  l),  in  der  das  vokalische  Ele- 
ment ursprünglich  der  Liquida  vorherging.  Beachte  auch  aksl. 
krzvb  ßlnif,  lit  krüvinaa  ,blutig^  u.  s.  w. 

So  sehen  wir,  daß  es  im  Slav.  im  allgemeinen  nur  dort  die 
Reduktion  bis  zum  Schwund  des  Vokals  brachte,  wo  sich  ein  r, 
h  ^f  1^  entwickeln  konnte.  In  anderen  Fällen  ist  der  reduzierte 
Vokal  meist  durch  den  vollen  wieder  ersetzt  worden.  So  bemerken 
wir  es  z.  B.  bei  den  präsentischen  o-Stämmen  z.  B.  tekq,  vedq, 
nesq  u.  s.  w.  Desgleichen  auch  bei  den  substantivischen  o-Stämmen. 
Aber  es  gibt  doch  auch  im  Slav.  (und  Litauischen)  Fälle,  in  denen 
sonst  noch  ein  reduzierter  Vokal  auftaucht  Hierher  gehört  z.  B. 
aksL  Ihjati  aus  *l^ti  (vgl.  weiter  unten);  aus  "^xe^^i  wurde 
*z9uBii,  *gt^i,  das  infolge  der  Vokalassimilation  zu  z^^ati,  zbvaii 
^führte'  (im  Präsens  zowf  aus  *ze^  ,rufeO;  weiter  ksl.  pbzdüi 
,pedereS  slov.  p9zd4ti  ,fistenS  b.  hzdüi,  lat  pSdo  aus  *pezdö.  So 
wie  in  mtn&i  (aus  *fnx^nSti  und  dieses  aus  einem  älteren  *meneti) 
eine  Reduktion  des  Vokals  eintrat,  so  ist  es  auch  bei  pbzdUi 
geschehen,  nur  führte  im  ersteren  Falle  dieselbe  bis  zum  Schwund 
des  Vokals,  nicht  aber  im  zweiten  Falle.  Vgl  auch  lit  blzdzus 
,Stänker',  dagegen  bezdüi  ,pedere'  (das  b  würde  aus  einer  Form 
herrühren,  die  es  bis  zum  Schwund  des  Vokals  brachte).  Hierher 
mag  auch  aksl.  hdh,  Mb  und  vielleicht  noch  die  eine  oder  andere 
der  oben  S.  141  angeführten  Formen  gehören.  Vgl.  auch  im  Lit. 
gistu  ,erlösche^  und  gisti  ,erlöschen^ 

Vondr4k,  Tgl.  dav.  Onunm.   I.  11 


162 

Läßt  es  sich  aber  zeigen,  daß  das  t  als  Redaktions- 
stufe des  e  figuriert,  so  ist  damit  der  Beweis  erbracht, 
daß  t  nicht  die  Quantität  der  vollen  Vokale  erreichte. 
Wenn  es  auch  nicht  der  reduzierte  Vokal  selbst  ist,  sondern  ein 
Laut,  der  erst  an  seine  Stelle  getreten  ist,  so  fällt  doch  der  Um- 
stand auf,  daß  nicht  einer  der  anderen  vollen  Vokale  diese  Funk- 
tion übernahm;  das  spricht  eben  dafür,  daß  es  sich  um  Vokale 
mit  reduzierter  Quantität  handelt  Was  hier  von  t  gilt,  gilt 
natürlich  auch  von  5. 

Beachtenswert  sind  femer  jene  Basen,  die  den  Diphthong 
ei  oder  e^  enthielten.  In  der  Schwundstufe  (S)  entstand  aus 
dem  ersten  ein  i,  im  Slav.  also  ein  h,  aus  dem  zweiten  ein  u,  im 
Slav.  ^,  Es  ist  demnach  ganz  derselbe  Vorgang,  wie  wir  ihn 
eben  bei  er,  d,  en,  em  und  wahrscheinlich  auch  bei  re,  ne  u.  s.  w. 
kennen  gelernt  haben,  wo  es  analog  zu  f;  /;  Vh  9  ^^'  So  z.  B. 
aksl.  swUti,  Sfn>St<f  ,leuchten',  lit.  szvüeti  ,leuchten^,  ai.  spüras 
,licht,  weiß'  zur  Basis  *V^e^;  weiter  unten  werden  wir  dazu  noch 
aksL  seetb  jLicht'  anführen.  Aksl.  bbdeti  ,wachen',  lit  buditi,  gr. 
nirfvatat  ,er  hat  erkundet,  vernommen',  zu  *bhe^^  ,wachen, 
achten',  dazu  gehört  auch  noch  aksl.  Mjudq,  bljusti,  lit  baudeü, 
baüsH,  got  ana-Uudan  ,befehlen,  anordnen',  ahd.  biotan,  gr. 
Ttevd^ofiat  jich  forsche,  frage'. 

Zu  mannigfachen  Besultaten  kann  der  quant  Abi.  in  Basen 
wie  z.  B.  dhe^es  ,atmen'  führen:  V  I  aksl.  duckh  ,Atem,  Geisf 
(wohl  aus  *deucho,  ^deuso-),  vbz-duchz  ,Luft^,  dusa  ,Seele',  vgl 
got  ditis  ,animal'y  lit  daüsos  yLuff ,  V  II  gleichzeitig  mit  dem 
quaht.  Abi.,  von  dem  weiter  unten  die  Bede  sein  wird:  russ. 
dvochdth,  lit  dvesiü  ,atme'  (also  ohne  qualitat  Abi.),  dväse  ,Geisf 
(mit  der  o-Stufe),  SS  (BS):  aksl.  *d^dl^  {*du8),  b.  deck  (aus  d^ch^), 
aksl.  di^hnqti  ,atmen',   lit.  düati;   gedehnt  aksl.  dychcUi  ,atmen'. 

Hierher  gehört  auch  eine  Basis,  die  wohl  als  dhe\ker  anzu- 
setzen ist:  SR  aksl.  dvhrt  ,Tür',  SV  dvorb  ,Haus,  Hof  (mit  der 
o-Stufe),  SS  lit  dürys  ,Tüi^,  gr.  dvqa,  SS  gr.  »aiqog  ,Türangel' 
aus  *dliybfjo  (teilweise  anders  Hirt  Handb.  der  gr.  Laut-  u.  s.  w. 
S.  91);  V  II  ai.  dvära-  ,Tüi^. 

Analog  scheint  es  sich  auch  mit  aksl.  chyra  ,debiUtas',  chy- 
raväi  (vgl.  oben  dychati)  gegen  r.  chvart  ,Erankheif ,  chvoryj 
,krank',  ab.  auch  chvor^  (jetzt  chorj)  zu  verhalten. 

Hierher  gehört  auch  das  Suffix  des  Part.  Prät  act  I  (urspr. 
Part  Per£  act):  S  -i«,  V  -ik^,  V°  -?fOs  (Volbtufe  mit  dem  quali- 


163 

tativen  Ablaut).  Im  Slav.  haben  wir  nur  die  S-Stafe  mit  9  aus 
u:  vezb,  Gen.  Sg.  m.  n.  vez^a,  vgl.  lit  v&us-io,  zu  vezq,  vesti 
jTehere*.  Die  Stufe  -ues  liegt  vor  z.  B.  in  gr.  yeyovsia  (aus  ye- 
yoyfsa-iäh  'U08  in  eidcig  {allerdings  mit  gedehntem  Vokal:  Dehn- 
stufe). 

Bei  den  zweisilbigen  schweren  Basen  kommen  bei  B  +  B 
(Reduktion  +  Beduktion)  lange  Vokale  zum  Vorschein.  Da 
sind  insbesondere  die  Basen  ^,  ei^,  da,  erä,  ena,  emä  zu  unter- 
scheiden. In  der  B  +  B-Stufe  entstand  uisprttnglich  «p,  ^, 
J9,  er9,  tiM,  iflm.  Daraus  wurde  f^  ü,  J,  f,  ^,  fp,  also  im  Slav. 
h  Vf  h  f;  ^  (?)  2*  -B.  aksl.  sim,  s.  Av  ygrau^  lii  azyvas  ^schimmel- 
grau'  zu  k^eiä,  vgl.  ai.  iyävas  ybraun^  (V  U);  aksl.  bjfti,  s.  bUi, 
b.  b^i  ^inS  lit  büti  zu  bhe^ä,  vgl.  ai.  fut.  bhavifyati,  bhävüum 
^in<;  aksl.  zrmo,  s.  zrno  yKom',  lit  ttmis  »ElrbseS  got  kaum, 
lat  gränum,  zu  ^er^;  aksl.  dhgfh,  s.  du^  yhuig'f  ht  ügas  (aus 
*dlga8)  zu  *delägh,  vgl.  gr.  do^afoV;  aksl.  p^t  aus  "^j^f;  s.  pAt 
(mit  abweichendem  Akzent),  b.  ptti  (später  pnatUi^  spannen',  lit 
pifiü  ^flechten';  aksl.  dqii  aus  *d^i,  s.  düH,  b.  dauti  ^wehen, 
blasen',  lit  dümti  zu  dhemä. 

Die  reduzierten  Formen  der  einsilbigen  schweren  Basen 
sollten  schon  ursprachlich  ein  9  enthalten;  sein  Beflex  wäre  im 
Slav.  ein  o.  Die  Länge  ist  aber  immer  restituiert  worden,  man 
vgl.  aksL  dchtt  (das  ein  *dö4%8  voraussetzt,  sonst  hatten  solche 
t-Stämme  in  der  Begel  einen  reduzierten  Vokal),  vgl.  gr.  doaig 
neben  dUhiq,  lit  dMis,  lat  dos,  ai.  däti-  yGrabe'. 

Basen  mit  den  Langdiphthongen  ei,  äf,  öi  und  e^,  äf^,  ^ 
bekamen  in  der  Beduktionsstufe  9j^  äff  (da  e,  ä,  ö  za  9  reduziert 
wurde).  Diese  Stufe  blieb  mitunter,  es  konnte  aber  auch  daraus 
ein  i  und  ü,  sei  es  durch  Kontraktion,  sei  es  in  der  Schwund- 
stufe, entstehen.  Andererseits  konnten  in  den  Langdiphthongen 
unter  gewissen  Bedingungen  i  und  ^  vor  Konsonanten  schwinden, 
so  daß  ein  langer  Vokal  übrig  blieb.  So  kann  dem  S,  a,  ö  oft 
ein  i  oder  ü  gegenüberBtehen.  Von  der  Basis  dhsi  ,saugen'  haben 
wir  z.  B.  aksl.  dä^  ,Kind',  vielleicht  auch  dSva  ,Mädchen'  (urspr. 
das  Kind  des  weibl.  Geschledites),  lett  dst  ,saugen',  ebenso  lat 
fääre,  fSmina,  gr.  d-^Xvg  ,weiblich'  aus  dhsi,  dii  mit  Schwund 
des  jb  in  der  Beduktionsstufe  dojüi  ,säugen,  melken'  aus  dai,  ai. 
dhäyati  ,er  saugf ,  im  Lat  fÜiw  (mit  einer  Kontraktion  des  ^j). 
Bevor  wir  zum  qualitativem  Ablaut  übergehen,  müssen  wir  hier 
noch  die  Dehnstufe  besprechen. 

11  • 


164 

Debnstufe  und  Dehnung  überhaupt  Sie  ist  ein  Seiten- 
stiick  zur  Schwundstufe,  mit  der  sie  innig  zusammenhängt  Wenn 
hinter  einer  kurzen^  aber  betonten  Silbe  eine  andere  schwindet, 
so  wird  der  Vokal  der  ersteren  gedehnt  Im  Slav.  kann  man 
zunächst  die  Dehnung  bei  Ausfall  eines  9  beobachten.  So  z.  B. 
bei  den  era,  el^E-Basen:  aksl.  ram^,  s.  ramo,  b.  rimi  aus  *örfw- 
und  dieses  aus  *or9m  (vgl.  die  ort-,  o2^0ruppe  bei  den  Kons. 
r,l). 

Mit  dem  Verluste  eines  9  scheint  auch  die  Dehnung  zu* 
sammenzuhängen  in  Fällen  wie  urslav.  *pah,  b.  zdrfah  ,Ent- 
zündimg',  aksl.  palüi  ^brennen,  anzünden',  s.  pdlüi,  b.  pdlüi;  es 
liegt  eine  Basis  pel9,  pcle  vor  in  aksl.  poUti  ,uri^  Man  hat  hier 
zunächst  derartige  Verba  der  IV.  Klasse  im  Sinne  gehabt  und 
sie  mit  dem  Kausativum  2l.pdtdyati  gegenüber  dem  Iterat  patdyati 
zusammengestellt  (vgl.  Delbrück,  IF.4,  8.132 f.  Meillet,MSL. 
9,  S.  143  f.),  allein  die  Dehnung  selbst  ist  damit  noch  nicht  er- 
klärt und  außerdem  ist  es  fraglich,  ob  wir  es  in  unseren  Fällen 
immer  mit  deverbativen  und  nicht  auch  mit  denominativen  Verben 
zu  tun  haben.  Nebstbei  muß  es  auffallen,  daß  fast  allen  diesen 
Formen  eine  zweisilbige  schwere  Basis  zur  Seite  gestellt  werden 
kann  (entsprechend  dem  poUti).  Neben  den  Verbis,  die  allerdings 
kausativ  sind,  haben  wir  immer  auch  ein  entsprechendes  Sub- 
stantivum.  So  z.  B.  -bavüi  in  aksl.  iz-bavüi  ,befreien'  (und  noch 
andere  Komposita)  und  iz-bava  jBefreiung'  zu  bhe^i  in  byti  und 
bechz  (so  daß  man  hier  etwa  an  ein  *bhou(9)'a,  *bhöt^  denken 
könnte). 

Zu  truti,  trovq  ,nähren<  (Basis  tre^B),  aksl.  otravz,  otraoa 
yOift',  travüi  ,ab8umere^  (dameben  allerdings  auch  GtrQv^,  otrava 
jGift'),  aksl.  trava  (neben  trdva)  ,6ras^ 

Zu  aksl.  pluti,  plovq  ,fließen,  schwimmen',  s.  plUi,  r.  plytt 
gehört  ursl.  plavh  z.  B.  p.  piaw  ,Schiffahrt,  Wassergeschöpf,  r. 
auchjpZaW;  dBJinB.pläv  ,Floß',  h.splav  ,Wehr,  Schleuse',  ^.splaw 
,Abfluß',  kr.  plav  (urspr.  plavh  f.)  ,Schiff,  aber  auch  -plava  in  s. 
iidplava  ,alluvio'  und  aksl.  plaviti,  Basis  pleiia  ,8pülen',  vgl.  auch 
die  Dehnung  in  griech.  7tha%6q^  ftXiow  ,schiffe,  schwimme',  ai. 
plävayati. 

Zu  aksl.  tyti  ,fett  werden',  slov.  b.  otaviti  se  ,8ich  erholen', 
Basis  teii^. 

Zu  aksl.  -nyti  ,ignavum  esse',  b.  n^ii  ,languere'  gehört  naviti, 
unaviti  ,ermüden';  vgl.  auch  aksl.  navt  ,mortuus'. 


165 

Neben  aksL  slavo  ,WoTif  aus  slei^^  vgl.  gr.  xXiog  haben  wir 
aach  dava  j66§a^^  slavüi  ^SoSa^eiv^;  daß  auch  hier  eine  schwere 
Basis  Toriagy  dafür  scheint  ruas.8lytt  zu  sprechen  (vgl.  oben  byti, 
plyti).  Vereinzelt  steht  aksl.  davüi  ,würgen',  got  (rf-daujan  ^ 
matten^  wo  ein  öu  vorliegt 

Neben  zorja  haben  wir  auch  zarja  ^plendor'  zu  zbriti,  ZMytf, 
lit  ieriti  ^strahlen',  Basis  §heri. 

AksL  vah  ,undaS  valüi  jvolvere',  vgl.  got  walwjan  ,wälzenS 
dameben  auch  vhna  yWelle',  lit  ap-vaU^  ^kügekund^  (dazu  aksl. 
obh  ^nmöf  aus  *olhvh);  der  lange  Vokal  nach  l  zeigt  noch  seinen 
Beflex  in  gr.  ulJöfia  und  lat  volümen  (Hirt  setzt  eine  Basis 
velä(u)  yumhüllen^  an  Abi.  Nr.  476,  aber  die  slav.  Worte  führt  er 
nicht  an). 

Zu  goreti  ^brennen'  gehört  -garb  aus  görb,  z.  B.  slov.  Urgar 
^racbe',  b.  o-har-ek  ,ein  Stück  angebranntes  Holz^  r.  peregärb, 
dameben  zarb,  po-zarb  ,Brand'  aus  *g9r<h,  vgl  preuB.  garnie 
^tze'y  ai.  gharmds  ^Glut^,  gr.  ^egfiog^  lat  farmus  ^warrn^  Hier 
müssen  insbesondere  die  beiden  Dehnstufen  *gir  und  *gör  be- 
achtet werden. 

mar*  in  aksL  zchtnar-tm  wohl  ^tilis',  b.  mariti  ,vertun,  ver- 
derben^y  mamy  ,eiteP  würde  man  dann  auch  nicht  zu  mtr^j  mriti 
^rben'  stellen  können,  denn  die  im  Aksl.  auftauchenden  Infinitive 
wie  mweti  sind  wohl  neu.  So  wäre  dazu  regelrecht  morb  ,Tod, 
Pest',  u-mariti  ,töten^  Allerdings  zu  skvbrq,  skvräi  ^schmelzen' 
auch  ein  akvarb  ^Hitze^. 

Zu  vweli,  vtrjq  ,wallen,  sieden'  gehört  vart  ^aestus',  variti 
,kochen%  vgl  lit  isz-vora  (let  vOrs)  ^Suppe',  neben  iz-varb  ^fons', 
vgl.  lit  Prät  viriaü  aus  viri^  pirti  ,kochen',  Basis  uerS, 

Aksl.  para  ,Dampf ,  pariH  ,dampfen,  brühen',  preuß.  pare 
yBrodem',  vgl.  slov.  pereti  ,modera',  r.  prHh,  priju  ,8chwitzen, 
gahren,  faulen^  sich  erhitzen',  gr.  mfiTtQtj^i^  ngi^^w,  lit  per'Sti, 
periu  ,brüten'. 

Analog  bei  den  <r|ä-Basen:  aksl.  lejq  etwa  aus  *Ui(b)o-,  woraus 
zunächst  lejo,  Uje  (V  I)  ,gieße',  ebenso  lito  ,Sommer',  s.  Ißto,  b. 
läo  ^ommer'  (eig.  ,Regenperiode'),  hjati  ,gießen'  aus  *lejäti  (V  11). 
Eis  unterblieb  aber  auch  die  Dehnung  und  so  entwickelte  sich  eine 
neue  Basis  leio-  (V  I):  Präs.  aksl.  hjq,  ab.  Ijü  aus  *lej(f,  ^leje 
(e  vor  j  iXL  b  vgl.  aksl.  pqtbje),  Inf.  lüi  (doch  könnte  dieser  auch 
zu  leiä  gehören),  dazu  kj  ,adeps'.  Die  Erscheinung,  daß  zwei 
Basen  neben  einander  vorkommen,  kann  häufig  beobachtet  werden 


166 

z.  B.  bhere  und  bherS.  Brugmann  meint,  solche  Doppelheiten 
erklären  sich  leicht  daraus,  daß  die  Aaslaute  der  Basen  schon 
frühzeitig  als  Wortbildungselemente,  als  sog.  SufiSxe,  übertragen 
werden  konnten  (Kurze  Tgl.  Gramm.  §  212).  Mit  loj  ist  kropb 
zu  hyii  {krei^)  zu  vergleichen.  Im  lit  haben  wir  liju,  Ujau, 
Uti  ,gie£en^  und  lyjü,  lyaü,  Ijti  ,regnen';  lyjü  ist  nach  lyti  ge- 
bildet und  soll  dem  slav.  hjq  entsprechen,  in  l^,  das  dem  slav. 
Ujq  entspricht,  ist  e  st  ^  wohl  aus  dem  Inf.  Iki  aus  ^J^ti  ein- 
gedrungen. Aksl.2^f  ,^UmeS  ahd.  ^rinön  ( V I),  VII:  skA.zbjaH 
(xijati),  lit.  Höju,  zidti,  ahd.  giBn,  ginSn,  lat.  hiäre,  hiätus.  Jffier- 
her  gehört  auch  aksl.  prejq,  ab.  preju  ,bin  jem.  gewogen,  holdS 
Inf.  prtjati,  so  war  es  lautgesetzlich,  da  hier  jedenfalls  das  got 
frijönd,  ahd.  friunt  und  ai.  priyds  ^ieb'  verglichen  werden  mufi. 
Aber  auch  aus  prei-iä  hätte  nur  ein  ^preiä  und  dann  prt0  {e 
vor  ;  wird  zu  t)  entstehen  können.  Wenn  auch  prijati  und  dar- 
nach auch  pri-jajq  vorkommt,  so  ist  darin  nur  der  Reflex  der 
Plilposition  pri  (in  prij^i  u.  dgl.)  zu  sehen.  Vgl.  noch  ai.  pri-yas 
lieber,  Geliebter'  aus  ^preiriß. 

Aber  auch  bei  leichten  Basen  bemerken  wir  die  Dehnung, 
z.  B.  aksL  Aor.  vesb  ,ich  führte'  aus  *videsom,  *v8d8rii,  vgl.  lat 
Üxi  (fieflex  eines  *  l^esotn,  *lSg8iii),  rexi,  texi. 

Man  erklärte  gr.  ^q  aus  einem  o-Stamm  (vgl.  lat.  ferui)  durch  den 
Verlust  des  o  (Streitberg  IF.  III,  S.  805—316).  Im  Slav.  und  Lit 
haben  wir  jedoch  einen  «-Stamm:  zvhrt,  lit.  gvirts  ^wildes  Tier',  es  kann 
also  auch  der  o-Stamm  zu  einem  «-Stamm  im  Balt.-8lav.  geworden  sein, 
wobei  für  o  eine  Ersatzdehnung  eintrat. 

Auf  Ersatzdehnung  geht  auch  das  e  in  aksl.  sediti  ,sitzen', 
Ut  sedeti  zurück;  es  liegt  hier  eigentlich  der  reduplizierte  Perfekt- 
stamm süed,  der  sSzd  ergab,  vor.  Allein  Bildungen  wie  ^dog 
XL  dgl.  verdrängten  das  z  [zd  konnte  sich  ja  sonst  erhalten).  Das 
einfache  sed  liegt  im  Slav.  in  selo  ,Acker,  Gehöft'  und  sedlo  (wohl 
aus  sedido)  ,Sattel'  vor.  Dadurch  ist  auch  im  Ab.  frühzeitig  das 
e  in  sidäi  verdrängt  worden,  so  daß  wir  hier  nur  sedeti  belegen 
können.  Wie  sid-  ist  auch  jad-  ,e8sen'  zu  beurteilen.  Fräs.  aksl. 
jatnt  (aus  *&ifni),  Inf.  jasti,  lit  'At{i)  fiAßtf,  vgl  lat.  ist. 

Eine  funktionelle  Dehnung  des  Stammvokals  kommt  im  Slav. 
bei  der  Bildung  der  Iterativa  nach  der  Y.  El.  1.  Gruppe  auf  -^Ui, 
-ajq  vor,  z.  B.  zu  vedq,  vesti,  Iter.  vodüi  ,führen'  gehört  ein 
weiteres  Iter.  aksl.  vaidati  aus  vödjati;  zu  berq,  htrati  ,sammeln, 
nehmen'  gehört  -birati,  westslav.   auch  binxti;  zu  mwqj  mrUi 


167 

^sterben'  das  Iter.  -mirati,  westslav.  auch  tnerati,  aböhm.  umiercUü 
Die  westslay.  Formen  sind  wohl  sekundär  und  mit  Zugrunde- 
legung des  Präsens  unter  dem  Einflüsse  der  Iteratiya  wie  mHati, 
Utati,  tekati  u.  s.  w.  entstanden. 

Analoge  Dehnungen  finden  wir  auch  im  Griech.:  yapfidco  yon  vo/ai^, 
TQioado}  yon  tgoxti,  axQctxpdto  yon  crgogfi^,  xgwxdw  yon  tgöxoc,  xcoxdofMu 
von  noti^.  Nach  Hirt,  der  sie  mit  den  slay.  Iterat.  in  Zusammenhang 
bringt,  haben  sie  eine  yerstärkende  Bedeutung  (Handbuch  der  griech. 
Laut-  u.  Formenl.  8.  387).  Mit  den  slav.  Iteratiyis  hängen  sie  aber,  wie 
wir  sehen  werden,  kaum  zusammen.  Mit  jf (oxdofuu  {xotdofMt,  notiofiai) 
kann  das  Kaus.  ai.  pStäyaii  ,er  macht  fliegen*  gegen  paidyati  ,er  flattert' 
auch  kaum  yerglichen  werden. 

Die  Anfänge  der  Dehnung  bei  den  slay.  Iterat  reichen  aber 
dennoch  weit  hinauf.  Im  Slay.  wurde  die  Dehnung  yerallgemeinert 
und  zu  einer  Begel  gemacht.  Hiebei  wurde,  wie  auch  sonst,  ein 
e  zxk  i,  0  zvi  ö  (a),  t  za  i  und  z  zu  y  gedehnt 

Auf  slay.  Boden  kommen  weiter  Dehnungen  yor  beim  Gen. 
PI.  der  0-  und  a-Stämme  und  zwar  schon  im  Urslay.  z.  B.  ab. 
nöh,  nuoh,  n&h,  sloyak.  nuoh,  sloy.  n^g,  serb.  nögä  zu  aksl.  noga 
,Fuß';  ab.  hör,  huor,  s.  göra  zu  aksl.  gora  »Berg^;  sloy.  honj,  s. 
kAnjä  zu  aksl.  konjt  ,Pferd'.  Andere  Beispiele  werden  bei  der 
Quantitätslehre  angeführt 

Die  Halbyokale  t  und  ^  werden  yor  ;  im  Aksl.  zu  %  und  y 
gedehnt^  z.  B.  Nom.  Akk.  ishrtnij  neben  iskrtntj  6  TtXrjoiov^ 
dabryj  neben  dobv^j  6  äya&og;  predamij  aus  pridamt  i  naqu" 
dwatj  avTOv  (Glag.  Cioz.  172);  proslavityj  aus  proslavitb  i  do^au 
avTov  (Mar.  Joh.  13,32);  slyiachomyj  aus  slyiachotm  i  rjvLovaafiey 
avTOv  (ib.  Marc.  14.  58);  vyjnq  ,continuo^  aus  vz  inq  ib.  Marc. 
5.  5  u.  s.  w.  Das  ij  konnte  dann  zu  i  und  yj  zu  y  kontrahiert 
werden. 

Über  trat  aus  tort  (torot)  und  tret  aus  tert  (teret)  wird  weiter 
unten  bei  r  und  l  gehandelt 

Eine  speziell  slay.  Ersatzdehnung  haben  wir  auch  beim  Aus- 
fall des  Nasals  z.  B.  pomenqti  ,gedenken'  aus  *pomennqti,  aksl. 
pen^  ,Geldstück',  ygl.  Pfenning;  die  Endung  -uns  ynirde  zu  üs 
und  'ins  zu  -is  u.  s.  w.  ygl.  oben  S.  125  ff.). 

Als  die  Halbyokale  im  Auslaute  yerstummten,  trat  auch  in 
einzelnen  slay.  Sprachen  dafür  yielfach  eine  Ersatzdehnung  ein; 
sie  war  aber  meist  an  bestimmte  Bedingungen  geknüpft  Im  P. 
war  dies  der  Fall,  wenn  das  Wort  nach  Verstummen  des  Halb- 
yokals  mit  einer  Media  oder  einem  Dauerlaut  endete.    Jetzt  noch 


168 

Überreste:  bog,  (ien.boga;  wii-wolu  ^Ochse';  mtöd-miodu  ^Honig'; 
pl6ti,  plotla  ^er  flocht,  sie  flocht'  u.  s.  w. 

Spuren  einer  analogen  Erscheinung  scheinen  auch  im  B. 
vorhanden  zu  sein:  büh4>oha  ,GtoW,  väl^da,  düm-^hmu  ^aus^ 
Im  S.  nur  dann,  wenn  die  betonte  Kürze  eine  ÜEdlende  Int  hatte: 
bog,  boga,  sIoy.  bpg,  bogä  ^QroW,  most,  mosta,  slov.  m^st-mostc 
^Brücke'.    Im  Eleinr.   sobald   die  Silbe  überhaupt  geschlossen  I 

wurde.  I 

Eüne  andere  Art  der  Dehnung  ergibt  sich  bei  der  Kon- 
traktion zweier  Silben.  Diese  erfolgte  in  der  Aegel  erst  in  den 
einzelnen  slav.  Sprachen  und  ist  daher  Gegenstand  der  Spezial- 
grammatiken.  Äußerst  selten  sind  Fälle,  die  als  ursprachlich  be- 
zeichnet werden  müssen.  So  aksl.  n^isrnt  ,bin  nicht',  nistb  ^t 
nicht*  aus  ^ne-estni,  ^ne-esti.  Bei  derartigen  Kontraktionen 
gleichartiger  Vokale  bekam  die  neu  entstandene  Länge  eine  ge- 
stoßene Int,  daher  ist  sie  imB.  erhalten:  abohm.ni«,  ni  in  nenie, 
jetzt  neni  (das  ne  noch  einmal  wiederholt  aus  ne-jsem,  ne-jsi, 
dialektisch  wurde  auch  nej-  vorgesetzt,  daher  n^^/).  Andere 
Kontraktionen,  bei  denen  es  sich  vornehmlich  um  Kasussuflixe 
handelt,  kamen  schon  zur  Sprache  oder  werden  noch  erwähnt 
werden. 

Noch  eine  andere  Art  der  Dehnung  im  Slav.  nimmt  Pedersen  an 
(KZ.  38,  S.  315  ff.),  nämlich  eine  Anlautsdehnung,  die  auf  einem  Sandhi- 
gesetz  beruhe.  Aksl.  azz  könnte  seine  Form  in  der  Verbindung  mit  einem 
Torangehenden  Yerbum  mit  der  ursprüngl.  Endung  -ö  erhalten  haben,  das 
wohl  noch  im  Lit.  fortlebt,  in  ahkati  könnte  die  Dehnung  nach  einer  Prä- 
position entstanden  sein.  Aus  einer  späteren  Phase  stamme  jazh^  ja,  wo 
also,  wie  in  allen  analogen  Fällen,  das  Eontraktionsprodukt  unrichtig 
aufgelöst  worden  wäre. 

Ich  halte  diese  Darstellung  für  unrichtig  und  unwahrscheinlich. 
Die  Eontraktion  zur  Vermeidung  des  Hiatus  konnte  nicht  aufkommen, 
weil  dadurch  maßgebende  Endungen,  die  die  Geltung  einzelner  Worte  im 
Satze  bestimmten,  ganz  verwischt  worden  wäre,  so  daß  man  es  zu  einer 
ganz  unverständlichen,  chaosartigen  Buntheit  gebracht  hätte.  Speziell 
bei  den  hier  angeführten  Fällen  ist  eine  derartige  Erklärung  ausge- 
schlossen. Jatö  (das  halte  ich  immer  noch  für  die  ältere  Form)  kam 
überhaupt  nie  nach  dem  Verbum  zu  stehen,  weil  im  Slav.  die  Pronomina 
in  der  Begel  das  Verbum  nicht  begleiten,  sondern  nur  dann,  wenn  ein 
Nachdruck  darauf  lag  und  dann  mußten  sie  vor  dem  Verbum  stehen 
(vgl.  Berneker,  Die  Wortfolge  in  d.  slav.  Spr.  S.  9,  14).  Bei  aUkati 
käme  die  Präpos.  vzz  in  Betracht,  die  ursprünglich  keinen  Vokal  im  Aus- 
laute hatte. 

b)  Qualitativer  Ablaut    Bierbei  handelt  es  sich  um  den 


169 

Wechsel  zwischen  e :  o  und  S :  ö.  Man  nimmt  an,  daß  auch  hier 
der  Akzent  im  Spiele  war  wie  bei  dem  quant  Abi.  Während 
jedoch  bei  diesem  die  nicht  betonten  Silben  sowohl  vor  als  auch 
nach  dem  Akzent  in  Mitleidenschaft  gezogen  werden  konnten, 
würde  es  sich  bei  qualit  AbL  nur  um  nachtonige  Silben  handeln. 
Diese  müßten  aber  erst  sekundär  nachtonig  geworden  sein,  sei 
es  infolge  einer  Akzentverschiebung  gegen  den  Anfang  des  Wortes 
zu  oder  infolge  der  Komposition,  wobei  der  erste  Bestandteil  den 
Hauptton  an  sich  riß  (Enklise).  Hirt  meint,  das  e  und  ^  wäre 
zu  0,  bez.  ö  geworden,  weil  bei  der  sekundären  Akzentverschiebung 
die  ursprünglich  betonte  Silbe  einen  Nebenton  behielt,  bez.  weil 
das  e  und  9  bei  der  Enklise  in  den  Tiefton  traten.  Halbwegs 
überzeugende  Belege  für  diese  Ansichten  finden  wir  nur  in  den 
klassischen  Sprachen,  insbesondere  im  Griech.,  wie  z.  B.  dianJQ^ 
aber  dtinaq;  Ttei^  avtel  u.  s.  w.,  aber  oinoi;  dann  navijQf  aber 
OTtazwQ;  anjQ,  aber  &varp^(üQ;  fpqtjVj  aber  o^^c^y,  evtpqwv  u.s.w.; 
lat.  terra,  aber  extarris. 

Das  Slav.  bietet  jedoch  keine  Belege  für  diese  Erscheinung, 
ja  es  spricht  sogar  entschieden  dagegen,  daß  man  dieses  Prinzip 
als  etwas  Allgemeines  beim  Ablaute  anwende. 

Auch  im  Slav.  ist  es  besonders  der  Typus  bharos,  der  uns 
häufig  entgegentritt  und  der  nach  Hirt  ebenfalls  in  der  Kom- 
position entstanden  sein  soll.  So  haben  wir  z.  B.  aksl.  tekq,  teiti 
,fiießen,  laufen',  dazu  toH  ,Lauf,  Fluß^  lit.  tekü  4&ufe,  fließe', 
täkaa  ,Pfad',  ai.  takti  ,er  eilf ;  aksl.  zakle{p}nqti  ,claudereS  dazu 
za-kUph  ,claustrumS  aber  auch  za-klopb  ,claustrum';  l^/c^,  leHi 
,sich  niederlegen',  l^ati  ,liegen',  dazu  na-logb  ,inva8io',  lozüi  ,po- 
nere',  loze  ,Lager';  aksl.  mrtknqti  ,dunkel  werden',  dazu  mrakb 
,Wolke'  aus  *inork(h;  aksl.  mrhznqti  ,fiieren',  dazu  mrazb  ,Frosf 
aus  *marz(h;  aksl.  pletq,  plesti  ,flechten',  dazu  plotb  ,Zaun';  aksl. 
zvhnäi  ,khngen',  dazu  zfxmb  ,Ton';  aksl.  vleHi,  vlekq  ,schleppen, 
ziehen',  Part  Prät  Akt.  I.  vhkb,  dazu  vlakb  in  cb(v)ldkb  ,Wolke', 
vgl.  lit  vUkti,  vdkü  ,ziehen',  üz^alkcis  ,Bettbezug'.  Man  beachte 
auch  Fälle  wie  aksl.  grdnf  ,schaben,*  kratzen,  kämmen',  ffrd>enh 
,Kamm',  pa-grdeb  ,sepultura',  grMja  ,Ruder',  dazu  grob^  ,Grube', 
got  graban,  gr.  yodqxo. 

Es  ist  nun  richtig,  daß  sich  solche  Worte  mitunter  nur  in 
der  Komposition  nachweisen  lassen  z.  B.  -logfh,  -bcrb  (was  übrigens 
auch  von  den  zugehörigen  Verben  gilt).  Wollte  man  aber  diesen 
Ablaut  auch  aus  der  Komposition  eridären,   so  müßte  man  an- 


170 

nehmen,  daß  der  urslay.  Betonung  in  narödh,  ftaröH,  nasdd9 
(vgl.  s,ndrod,  ndrok,  ndsad,  r.nar6d^,  narökt),  po-nArz  (%,pb-nor) 
u.  s.  w.  eine  andere  Akzentuation  vorherging,  nach  welcher  die 
Präposition  betont  wurde,  allein  das  ist  nicht  recht  wahrschein- 
lich. Nur  die  mit  Präpositionen  zusammengesetzten  t-Stämme 
hatten  den  Ton  auf  der  P^position,  serb.  povsst,  sloven.  povest, 
aber  auch  das  ist  erst  eine  sekundäre  Erscheinung,  die  wahr- 
scheinlich nicht  einmal  gemeinslavisch  war  (stidslav.  und  r.). 
Nebstbei  ist  hier  die  Anzahl  derartiger  Komposita  äußerst  be- 
schränkt. Konb  »Anfang*  (vgl.  vz-ö^i,  na-d^i  »anfangen')  kam  auch 
außerhalb  der  Komposition  vor  wie  noch  das  Adverb  aksl.  is-koni 
4n  principio'  zeigt.  Geradezu  dagegen  ist  aksl.  o-stezt  »chlamys^ 
(vgl.  dagegen  lat.  toga)  und  stogz  ,Harpfe'  von  derselben  Wurzel. 
Beachtenswert  ist  femer  der  umstand,  daß  wir  in  der  Komposi- 
tion die  e-Stufe,  außerhalb  derselben  dagegen  die  o-Stufe  finden» 
was  doch  der  ganzen  Theorie  widerspricht,  z.  B.  das  erwähnte 
po-grebz  gegen  grobh  ,Grube^  Oder  es  kommt  in  der  Komposi- 
tion neben  der  o-  auch  die  e-Stufe  vor:  za-klepb  und  za-klop^ 
»claustrum^  Vgl.  noch:  ometa  ,limbusS  podz-meU  »fimbria^  ras-tesö 
,segmentum'  u.  s.  w.  Entschieden  spricht  auch  aksl.  po-pd^ 
,Asche*  (neben  pe-peh)  dagegen. 

Gegen  die  angegebene  Erklärung  sprechen  auch  die  durch 
Wiederholung  entstandenen  Nominalstämme  mit  der  o-Stufe  wie 
aksl.  glagoh  ,Wort*  aus  *golgolo.  aksl.  klakoh  ,GlockeS  böhm. 
krdkorb  ,Gegacker*  u.  s.  w.,  was  doch  gewiß  ursprachliche  Bildungen 
sind.  Es  wird  nun  niemandem  einfallen  anzunehmen,  daß  z.  B. 
zunächst  ein  ^gelgoh  vorhanden  war  und  dann  erst  daraus  ein 
*golgolo  wurde.  Wie  wir  sehen  werden,  gab  es  auch  Bildungen  wie 
*perp€r  vgl.  russ.  pereperb,  b.  poln.  przepiora  ,WachtelS  wozu  auch 
böhm.  präpor  ,FahneS  prapor  ,Flaumfedem*  gegen  aksl.  pero 
,Feder'  gehört  u.  s.  w.  (siehe  weiter  unten  in  der  Stammbilduugs- 
lehre:  durch  Reduplikation  gebildete  Nominalstämme). 

Einzelne  Gruppen  von  Worten  kann  selbst  Hirt  nach  seiner 
Hypothese  nicht  erklären,  so  den  Typus  aksl.  kosa  ,Haar*  zu 
desati  ,kämmen*;  o-poia  ,saxum'  zu  pekq,  peHi  ,backenS  ai.  pdcati 
,er  kocht^;  aksl.  r(^  ,Hand*,  vgl.  lit  renkü,  rinkaü,  rifikti  ,sam- 
meln*;  strana  (aus  *8tor'na)  ,Seite,  Gegend*  (pro-starz  »Baum*, 
dagegen  ist  aksl.  pro-sU  ,einfach'  nicht  aus  *pr(h8trz  entstanden, 
sondern  -siz  gehört  zur  Basis,  die  auch  in  statt  gr.  l'airijjut  ent- 
halten ist,  vgl.  auch  Grammont,  La  dissimilation  S.  32)  znsttrq, 


^ 


171 

sträi  (aus  *«ter-tf).  Sie  haben  ihr  Gegenstück  auch  im  Ldt.  z.  B, 
raiM^,  gcdvä  u.  s.  w.,  im  Griech.  to^i?',  doqä  u.  8.  w. 

Diese  Hypothese  erklärt  uns  schließlich  nicht  die  o-Stufe  der 
iterativen  und  kausativen  Verba  (im  Slav.  Verba  der  IV.  Klasse)^ 
wie  tozüi  ^führen',  gr.  oxito  zu  vezq,  veho;  nositi  ,tragen'  zu  nesq, 
vgl  gr.  q>0Qifa  zu  q>€(^  und  and.  Daß  alle  diese  Verba  höchst- 
wahrscheinlich denominativ  seien^  wie  Hirt  meint^  ist  nicht  über 
alle  Zweifel  erhaben. 

Mit  der  Erklärung  des  qualitativen  Ablautes,  die  Hirt  gab, 
kommt  man  also  nicht  aus:  im  Slav.  konnten  wir  sie  in  keinem 
der  hier  angeführten  Falle  anwenden. 

Hier  wollen  wir  noch  einige  Fälle  für  den  Ablaut  e:  o,  die 
der  lautlichen  Gestaltung  wegen  beachtenswert  sind,  anführen: 
kam  (russ.  kom  ,ReiheO  in  za-kam  ^Gesetz^,  kantet  ^Ende^  zu 
pa-Stnq,  pa^i  ,anfangenS  vt-ö^i  dss.  u.  s.  w.;  a-pana  jVorhang*, 
pqta  ,Fes8el'  zu  ptnq,  p^i  ^spannen';  zqbt  ,Zahn',  gr.  y6fiq>ag 
,Pflock*  zu  2^  ^dilacero';  trqst  ^Erdbeben'  zu  tr^,  tr^i  ,er- 
schüttem';  gt-part  yStreit'  zu  ptrjqy  ptrUi  ^streiten';  podt-para 
^Unterstützung^  zu  ptrq,  preti  ,fulcire';  Höh  ,Tisch'  zu  stüati, 
stdjq  ^ausbreiten';  chadt  ^Gang^  und  chadäi  ,gehenS  dazu  Part. 
Frat.  Akt  I  ätdt  ^gegangen'  (aus  *dihd,  *ched').  Von  der  Basis 
perek^  ,precari,  poscere'  haben  wir  V°  11  (mit  °  bezeichnen  wir 
die  o-Stufe):  aksLproaüi,  shd.  fragen,  Ist practis,  dagegen  VI  in 
lit.  perazü,  ahd.  fergön,  B  S  lit  pifszti,  ahd.  farsea. 

In  den  bis  jetzt  behandelten  Fällen  kam  der  Ablaut  e :  a 
vor.  Bei  ei- :  ai  kommen  spezifische  Besultate,  die  durch  die 
slav.  Lautlehre  bedingt  sind,  zum  Vorschein.    So  haben  wir 

SV  v° 

ursprachl.  i  ei  ai 

slav.  t  1)  f;  2)  tj  1)  i,  2)  0) 

1)  bezieht  sich  immer  auf  jene  Fälle,  wo  das  ei^  bez.  ai  tautosyll. 
war,  2)  auf  das  heterosyll.  ei,  bez.  ai, 

Beispiele:  aksl.  pri-ltnqti  (aus  *ltpn-)  ,adhaerereS  dazu  lipt 
(aus  *laipa)  ,viscum';  aksl.  mtgnqti,  mtzaii  ,nictareS  lit.  uz-migti 
,einschlafen'  und  s^^nUkUi  adi,  vgl.  preuß.  Akk.  Sg.  maiggun 
jSchlaf';  evtteti  feuchten'  und  sviit  ,LichtS  lit  szvU&i  ,hell 
glänzen^  vgl.  got  hwiis,  ahd.  {h)wiz  ,weiß';  ewUf,  cvisti  ,blühen', 
dazu  evitt  ,Blüte';  jritati  ,nutrireS  dazu  pesturn  ypaedagogus'  (aus 
*paü-t...);  heterosylL:  aksl.  btjq,  ab.  bjü  (aus  *b^o,  *be^,  vgl. 
plavq  aus  *plleyLa-  zu  r.  plyti),  Inf.  hiti  ,schlagen',  dazu  hoj  ,Peitsche', 


172 

raz'hoj  ^B&ubS  vgl.  auch  lat  per-fines  ,perfringa8'  (Fest);  analog 
aksl.  pbjq,  piti  ^trinken',  dazu  poj  z.  B.  in  na-poj  yGetränk',  pojiti 
yüünken'y  vgl.  ai.  pdyaU  ,er  schwillt,  strotzf ;  aksl.  vhjq,  viti  ,win- 
denS  lit  vejü  4ch  winde,  drehe,  wickle',  vyti,  vijaü,  ai.  vdyämi 
,ich  webe'i  dazu  voj  z.  B.  in  za-voj  ,Schleier^,  tautosyll.  venbcb 
,Kranz',  lit  rainikcu  dass.  Es  wird  also  so  behandelt  wie  eine 
Basis  *veio,  *veie  (vgl.  oben  Itjq),  während  es  doch  ursprünglich 
als  veis  aufzufassen  ist,  vgl.  lat  S  +  V:  vl&re,  ai.  vyänam  ,das 
Winden^-  aksl.  po-^i  ,ruhen'  und  po-koj  ,RuheS  vgl.  got  hweila, 
ahd.  hwüa,  wlla  ,Weile,  Zeit',  lat.  quiis;  aksl.  gnüi  ,faulen'  und 
gnoj  ,pusS  tautosyll.  yn^  ^^;  zu  aksL  Ihfq,  ab.  Ijü,  Inf.  lüi 
(leio-,  leie  ganz  analog  wie  btjq  aus  heip,  beie)  ,gie£en'  das  Subst 
loj  ,adeps'  zur  Basis  lejä  (vgl.  oben  S.  165),  lit  Uju,  liH  ,gießen' 
und  Ijfjü,  lyH  ,regnen';  aksl.  poj(f  ,ich  singe'  und  Inf  pHi  aus 
*poiti  ,singen'. 

Wie  bei  ei  verhält  es  sich  analog  auch  bei  eu  :  ou.  So 
haben  wir: 

SV  v° 

ursprachl.  u  eu  ou 

slav.  ^  1)  u  (ßi),  2)  ov  1)  u,  2)  ov 

1)  bezieht  sich  auf  die  tautosyll,  2)  auf  die  heterosyllab.  Laute. 

Beispiele:  aksl.  b^deti  ,wachen'  (S),  V:  blßidq,  blJusH  ,be- 
wahren,  achtgeben',  gr.  fiev&ofiaij  got  biuda,  Ut  baudzü,  baüsti 
,strafen,  züchtigen',  V°:  budiii  ,wecken',  vgl.  preuß.  et^audints 
,auf erweckt'. 

Das  Präs.  zu  kryti  (aus  *knUi,  vgl.  das  aksl.  Part.  Prät. 
pass.  shkrhvem  aus  -krü-em^)  sollte  *krov<i  aus  *kreyt^  lauten, 
es  lautet  aber  kryjq  nach  dem  Inf.  (vgl.  lit.  krauju,  krduti 
,häufen'),  dazu  V°:  aksl.  krovb  ,Dach'.  Analog  zu  ryti,  ryjq 
,Graben'  das  Subst  rom  ,fo6sa',  preuß.  rawys  ,Graben'.  Sonst 
kommt  häuäg  bei  Worten,  die  auf  eine  zweisilbige  schwere  Basis 
zurückgehen  in  der  o-Stufe  ein  ö  (slav.  a)  vor  und  zwar  wahr- 
scheinlich infolge  einer  Ersatzdehnung,  vgl.  zu  byti:  iz-bava;  zu 
plyti:  plaviti,  plavh  u.  s.  w.  (vgl.  oben  S.  164). 

Andere  Beispiele:  aksl.  zovq  ,rufe'  aus  *ze\iO  (V  I),  V  II 
zhViUi  (aus  *Z9\i^i  entstand  zunächst  *znf^i,  dann  durch  Vokal- 
assimilation  zbvtxti),  die  V°-Stufe  liegt  vor  in  serb.  ü-zov  ,Ein- 
ladung'  (russ.  zavz,  Gen.  zva  und  zova  setzt  ein  zbv^  voraus,  vgl. 


1.  Dementsprechend  zu  hüi  das  Part,  bbjem  aas  *6r-0fto-,  *6fjt«iio-. 


173 

b.  zev  in  nd-zev  Benennung),  D.  in  zyvaii,  ai.  Y  I  hdvUav^  ^n- 
nifen'y  hdvUu,  havif  yOpfergabe',  hSmman  ,Anrafung^,  vgl  auch 
lit  zavAi  ^besprechen'  (Basis:  She^gfl,  §heyß), 

Aksl.  rhdrb  ;roV  (rhd&i  s^,  gr.  I^^d-Qogj  lat.  ruber,  ai.  rudhi- 
ras,  dagegen  V^  (ou)  in  aksl.  ruda  ^Metalls  lit.  raudä  ^te  Farbe^ 
raüdas  ^f,  got.  rau^s  foW\  hierher  wohl  auch  aksl.  rumim 
^\^  (ans  *rudmim),  ein  e^  (vgl.  griech.  eqti^w  yich  röteO  scheint 
im  Slav.  nicht  vertreten  zu  sein.  Die  V®-8tufe  liegt  auch  vor  in 
aksl.  ostrov^  Jnsel'  (das  ^Umflossenem),  lit  9ravä  ,BlutflufiS  ff- 
^ßä,  ^01^  iFluB,  Flui*  zu  *sre^eii  ,er  fließt^,  ai.  srdvaii,  gr.  ^ei; 
dagegen  ist  nicht  klar,  ob  in  aksl.  struja  yStrömung^  ein  oj/l  oder 
eu  vorliegt. 

Der  Ablaut  e  :  ö  (slav.  a)  liegt  vor  in:  aksL  aadüi  ^tzen', 
8(Md^  ,planta'  zu  siditi  ^tzen';  aksl.  u-razüi  ,percutereS  b.  rdz 
^Schlag*,  aksl.  olhrazh  ,Bild'  u.  s.  w.  zu  rSzcUi  ^schneiden';  aksl. 
iz-lazb  ycxitus'  zu  aksl.  lezq  ^krieche'. 

Bei  zweisilbigen  schweren  Basen  erscheint  bei  Y^  11 
ebenfalls  ö  (slav.  a),  falls  der  lange  Yokal  ein  0  war:  aksl.  kvasz 
yfermentum',  s.  kvas,  b.  kvcu,  RR  aksl.  kj/sel  ^acerbus^,  s.  kiseo, 
aksl.  kymqti,  s.  Idmuti  ^sauer  werden'  zur  Basis  *keyß8.  Wegen 
des  s  nach  y  vergleicht  man  es  mit  ai.  kvathati  ,er  kochf  und 
got  hicafö  ySchaum',  es  kann  aber  kvasb  auf  das  8  konservierend 
gewirkt  haben.  Aksl.  kvapb  (nicht  belegt),  b.  kvap  ,EileS  kvapüi 
,eilen',  r.po-kvapUb  ,stillare',  BRkypiti  ,sieden,  wallen,  überlaufen', 
hieriier  wohl  auch  kyprh  ,foraminosusS  vgl.  lit  Y  II:  kvipti 
,hauchen',  let  kv^t  ,qualmen',  RS  kapü'H,  küpäuti  ,schwer  atmen', 
let  küfH  ,rauchen',  SS  ai.  kupydte  ,gerät  in  Bewegung,  zürnt', 
kupyati  ,wallt  auf,  zürnt',  lat  cupio  ,begehre',  let  kupt  ,gerinnen, 
gähren',  Basis  ke^q[^.  Ebenso  Y°  II:  chvai^  in  b.  chvat  ,Eile', 
aksl.  chvatiti  ,ergreifen',  böhm.  chvdtafi  ,eilen',  RR  aksl.  chyiüi 
,rapere',  chytri  ^listig',  urspr.  wohl  ,8chnell'. 

Ablautsreihen.  Stellt  man  die  zu  einer  und  derselben 
Basis  gehörigen  Worte  mit  verschiedenen  Ablautsstufen  syste- 
matisch zusammen,  so  repräsentieren  uns  die  darin  vorkommenden 
ablautenden  Yokale  eine  mehr  oder  weniger  vollständige  Ablauts- 
reihe. Die  Grundlage  einer  solchen  Reihe  bildet  der  Yokal  der 
normalen  betonten  YoUstufe,  die  in  den  meisten  Fällen  die  «-Stufe 
enthält.  Doch  können  es  auch  andere  Yokale  sein.  Berücksichtigt 
man  gleichzeitig  den  quantitativen  und  qualitativen  Ablaut 
mit  den  entsprechenden  Dehnstufen,  so  erhält  man  sechs  Haupt- 


174 

reihen,  weil  die  Funktion  des  e  in  der  Vollstofe  (V)  auch  von 
den  Vokalen  O;  a^  dann  von  ^,  ö,  ä  übernommen  werden  kann. 
Würde  nur  der  qualitative  berücksichtigt,  wie  man  es  gewöhnlich 
früher  tat,  so  müßte  diese  Zahl  reduziert  werden,  denn  zu  der 
normalen  Vollstufe  o  (ö)  könnte  man  doch  keine  Ablautstufe  mit 
0  (V%  die  wieder  o  {ö)  enthalten  müßte,  ansetzen.  Ein  Unter- 
schied könnte  sich  nur  in  Akzentverbältnissen  äußern,  falls  die 
Theorie  richtig  wäre,  daß  die  o-Stufe  durch  Akzentverhältnisse 
entstanden  ist,  was  allerdings  nicht  eine  ausgemachte  Sache  ist. 
Außerdem  ist  der  qualitative  Ablaut  a  :  o  und  ä :  ö  noch  strittig. 

Zu  allen  den  erwähnten  Vokalen  kann  noch  ein  diphthongi- 
sches Element  hinzutreten,  nämlich  ein  i,  u,  r,  l,  m,  n,  so  daß 
jede  der  sechs  Reihen  gleich  viele  Unterabteilungen  haben  kann. 
Berücksichtigt  man  nur  einzelne  Sprachen,  so  kann  man  in  der 
Regel  alle  diese  Reihen  mit  ihren  Unterabteilungen  nicht  belegen. 
So  gilt  es  auch  vom  Slav.  Für  die  auch  in  anderen  Sprachen  am 
meisten  vertretene  e-Reihe  mit  ihren  Variationen  haben  wir  schon 
oben  zahlreiche  Belege  beigebracht  Hier  wollen  wir  noch  ein- 
zelne Belege  für  einige  der  übrigen  Reihen  anführen. 

o-Reihe:  Basis  onokhigh  ,Nagel,  Kralle^  V  II  aksl.  noga 
fFußS  noffvtt  ,NagelS  lit  nägas  ,ElaueS  nagä  ,Huf ,  ahd.  nagal, 
aL  nakhdm  n.  ,Nagel,  Kralle^  V  I  gr.  ow^  (für  *onk8  nach  *vv^ 
x6g)j  lat.  unguis,  ai.  düghris  ,Fuß'. 

a-Reihe:  als  au  in  aksL  suchh  ,trockenS  lit.  saüsas,  gr.  avog, 
R(S)  aksl.  Shchnqti  ,trocken  werden',  s^chlb  ,sermenta',  vgl.  ai. 
süfyati,   auf  slav.  Boden  entstandene  Dehnung  im  Iter.  -sychatü 

^-Reihe:  Basis  dhs  ,setzen,  tun^  V  I:  aksl.  dijq  ,legeS  di4o 
,Werk',  lit.  dÄt  ,legenS  gr.  Ti-&i]»^i,  d-iq-atOj  V°:  gr.  ^wftog,  R: 
aL  hitäa,  S:  aksl.  dezdq  ,setze,  lege'  aus  der  reduplizierten  Form 
^de^-jq  (vgl  auch  nchdezda  yHoffnung'  aus  *nadedja),  vgl.  ai. 
1.  P.  PI  dordhmda, 

d-Reihe:  Basis  dö  ,geben',  aksl.  da-it,  da-m  ,vectigal',  da-ti 
,geben',  da-rb,  gr.  ötj-QOv,  lit  dü'tis  ,Gabe',  dü'ti  ,geben',  lat.  dös, 
dönutn,  gr.  Sciaw,  R.  lat  datus. 

ö-Reihe:  Basis  {8)tai,  die  V  ist  erhalten  in  aksl.  taj  insge- 
heim', tajiti  ,hehlen'  und  in  aksl.  ta4b  ,Dieb'  (mit  Ausfall  des  i 
in  einem  Langdiphthong  vor  einem  Kons.,  tchtt  wäre  ursprüng- 
lich ein  Abstraktum,  vgL  da4t),  ai.  tayüf,  dor.  Täraofiai  ^ch  er- 
mangele', R  ai.  Stands  ,Dieb,  Räuber^. 

Verteilung  der  Ablautsstufen.    Aus  der  Formenlehre 


176 

ergibt  sich,  daß  in  bestimmten  Formenkategorien  auch  bestimmte 
Ablautsstofen  mit  Vorliebe  wiederkehren,  oder  wenigstens  stark 
darin  yertreten  sind,  was  natürlich  Reflexe  ursprachlicher  Zu- 
stände sind. 

So  kommt  die  normale  Yollstufe  (0-Stufe  der  e-Reihe)  vor: 

Im  Ptäs.  der  themat  Yerbai  welche  der  ai.  I.  Klasse  ent- 
sprechen: gnäq  yknete',  pekq  ,backeS  tekq  ,laufe,  fließeS  ^^^ 
^schlageS  Wqf  ,ftihre',  vezq  ,fahre',  zegq  ,brenne'  u.  s.  w.  Dann: 
bregq  ,wahrenS  vlekq  ,schleiqpenS  j^vq  (aus  *plef^)  ,schiffe, 
schwimme',  davq  ,heißeS  trowf  ,Tiähre';  dann  auch  berq  ,nehmeS 
iefkf  ytreibe',  ücUf  (aus  '^geido-)  ,warte',  vgl.  gr.  9^^,  ai.  bhärati, 
lifcci,  Aei/rcd,  (pevyia  u.  s.  w. 

Im  Präs.  mit  dem  Thema  jo-,  je-:  stdjq  ,breite  aus',  stenjq 
,seu&e',  Uepljq  (anstoßen)  ,andeutenS  teiq  yzimmere',  femer  htjq 
aus  *beio  ,schlage',  ptjq  (aus  *peio)  ytrinke';  mdjq,  mlHi  ,mahlen'. 

Häufig  auch  beim  sigmat  Aor.  belegt:  otvreste,  wohl  auch 
in  gbtn^^,  prop^,  nad^s^  ygl.  gr.  edei^a. 

Bei  den  Nomina  mit  dem  SuflSx  -men-:  krement  {kremy) 
^silez',  pletn^  ,genus,  tribus',  brem^  ,Lasf  (aus  •ier-mew-),  vrem^ 
,Zeitf  (aus  ^veri-men),  dhn^  ,Balken',  j^^^Mty,  j^Stmenh  ,hordeum'; 
Tgl.  gr.  OTtigfia,  g>iQfia^  äfia,  nvevfia,  ard&tjfiay  lat  germen. 

Ebenso  bei  den  «a-Stämmen:  nebo  ,HimmelS  drevo  (aus  *dervo) 
yBaum,  HolzS  slavo  (aus  *«fojfo-)  ,Wort*;  drevo  ,venter',  öelo  (^öelese, 
vgl.  Selesmb);  vgl.  gr.  v£q>og  (nebo)  jGewölk*,  yXifog  (slavo),  fivog, 
lat.  genus;  fhog,  lat  vetus;  zeixog. 

Die  Schwund-,  bez.  Reduktionsstufe  finden  wir:  im 
präsentischen  Stamme  der  themat  Yerba 

1)  wenn  ursprachlich  das  Thema  i,  6  betont  war:  aksl.  cvUq 
,blähe',  &Uq  ,8ammle,  lese',  s^pq  (suti)  ,spargere',  im  Ai.  ist  es  die 
VI.  Klasse. 

2)  wenn  die  Basis  ursprünglich  ein  ere,  ele,  eme,  ene  enthielt 
(hier  handelte  es  sich  wohl  in  den  meisten  Fällen  um  eine  balt- 
slav.  Erscheinung):  önpq  ,schöpfeS  -ärnq  (na-6tnq  ,werde  an- 
fangen', dhbq  ,scalpo',  ^jhmq  woraus  imq,  j^i  ,Tiehmen';  mmq 
^drücke',  m^rq  ,sterbe',  plhzq  ,krieche',  phnq  ,spanne',  phrq,  priti 
^stützen',  sttrq,  strüi,  pro-striti  ,ausbreiten,  streuen',  thkq  ,schlage', 
tbrq  ,reibe',  vngq  ,werfe',  vrtzq  (cristi)  ,binden',  vrhduf  ,dre8chen', 
vhrq,  vrUij  za-vräi  ,claudere',  zwnq  ,drücken',  zt^q,  zräi  ,sacri- 
ficare'. 

Hierher  gehörte  wohl  auch  etnjq,  z^i  ,mähen,  ernten'. 


176 

Im  einfachen  oder  starken  Aor.,  wenn  er  von  den  eben 
erwähnten  Verben  im  Gebrauche  ist:  vrtgfhf  otvrtah,  viskrbsb, 
naörbp^  (na-fy^pe,  vgl.  auch  3.  P.  Sg.  ottre). 

Im  Präs.  der  Yerba  der  III.  Klasse  2.  Gruppe:  blh^  s^ 
püteoS  &^^  ,wacheS  drtzq  ^halteS  Itpljq  ^haereo^,  mlhdq  ,taceoS 
tmdq  Jacto',  tnibnjq  ,putoS  phrjq,  ,contendoS  svbätq  s^  feuchte', 
s^pljq  ,donnio',  trhpljq  ,perferoS  vrtsiq  ^drcumago',  zhrj^f  ^specto^ 

Im  Infinitivstamm  der  Yerba  der  V.  Klasse  3.  Gruppe,  falls 
ein  er,  d,  en,  em  ursprünglich  vorlag:  bbrati  gammeln,  nehmen^, 
dhrati  ,reißen,  schinden^  ptrati  ,treten',  ffmati  ,treiben* ; 

bei  einigen  der  V.  Klasse  2.  Gruppe:  szlati  (aber  auch  im 
Präs.  8^lj(f\  stblati  (stdjq)  ^streuen,  ausbreiten',  l^gati  ,lügen'  (auch 
l^eq),  phsati  (püq)  ,schreiben^  Vor  dem  -^E-  der  ursprünglichen 
Verba  erwarten  wir  hier  überhaupt  die  Reduktionsstufe,  da  zwei- 
silbige schwere  Basen  zu  Grunde  lagen;  bei  ihnen  war  das  ä 
betont 

Häufig  auch  bei  den  Verben  der  II.  Klasse  (-no-,  -ne-): 
blhsnqti,  blhsnq  ,erglänzen<,  dnznqti  ,sich  erkühnen^  d^d^fkfti 
,hauchen',  ghnqti,  gb-gfhtu^i  (gib-)  ,fjEdten,  biegen',  mhknqti  ,ver- 
stummen',  mrtJcnqti  ,8ich  verfinstern',  mhgnqti  ,nicken',  osUnqti 
,erblinden',  phchnqti  ,calcitrare',  pitznqti  ^abi',  Ühknqti  ,klopfen^, 
trb(p)nqti  ,obtorpere',  tbknqti  »figere',  tbSfkfU  8^  ,festinare',  tn^skrh- 
snqti  ,aufer8tehen'.    Auch  -nbznqti  ,fodere'. 

Bei  den  Substantiven  sind  insbesondere  die  i-Stämme  an- 
zuführen. Weniger  zahlreich  ist  die  o-  und  e-Stufe,  die  im  Slav. 
bedeutend  eingeschränkt  wurde  (wir  haben  hier:  pqth  yWeg',  gasth 
,GastS  gospodh  ,Herr',  visth  ,Kunde,  Gerüche,  -konh  jAnfang'  in 
iS'koni,  aber  r.  po-kom). 

Hierher  gehört:  drhvb  ,Wurm',  prbsi  Plur.  ,pectus',  sktT^bh 
,Kummer',  tvrtdb  ,Feste',  vhSh  ,Dorf ,  zhlb  ,Bosheit'. 

Zahlreicher  sind  die  mit  dem  Suffix  -tb  gebildeten  t-Stänune: 
cbstb  ,Ehre',  grhstb  ,HandvollS  Ibstb  ,Lisf ,  mbstb  ,BacheS  plhstb 
jPilz',  pMb  ,Pleisch',  prbstb  ,Staub*,  srhstb  ,pili',  STr^rtdb  ,Tod', 
tbstb  ,socer^. 

Vgl.  im  Griech.:  riaig,  ßdaig^  niavig,  xiaig^  (p^iaig. 

Einige  Mal  kommt  hier  in  verschiedenen  Sprachen  auch  die 
Dehnstufe  vor:  aksl.  r^^b  ,Rede,  Worf,  zvert  ,bestia',  vgl.  gr. 
dfJQis  ,Streit*,  got.  wig8  ,Woge'. 

Bei  den  urspr.  adjekt  ti-Stämmen:  IhgbH  Reicht',  vgl.  gr. 
iXaxt%  tbmkh  ,dünn'  vgl.  ai.  tanukas,  tanü$  ,ge8trecktS  mrhzbkh 


177 

^purusS  pltzbkb  ^lubricus^,  vlbj^ln  ^ximidnsf  q.  b.  w.  Vgl.  noch 
gr.  yXvxisy  %Q€trvg. 

Die  o-Stufe  kommt  vor: 

Bei  den  Verben  der  IV.  Klasse  und  zwar  insbesondere  bei 
den  deverbatiyen:  bradüi  ,waten^y  Uqdüi  ^rreu^,  budUi  ^wecken', 
lepiti  ^eben';  teäiti  ^trösten'  (wohl  denom.),  udUi  ^ehren^  u.  s.  w. 
vgl.  gr.  q>OQeWf  TqoTtita^  got  satjan  ^tzen',  lat  mofOre. 

Substantiva:  Bei  den  o-  und  o-Stämmen  sind  zwar  alle 
drei  Stufen  vertreten,  überaus  häufig  kommt  hier  jedoch  die  o- 
Stufe  vor:  borh^  hrod%,  gr(^f  matT»,  mrakh  {*mark(h),  Üakh,  zrakh; 
boj,  gnoj,  loj,  roj;  vikh,  Uph,  cvitb,  svitb;  gluchh,  ukh;  das  betrifft 
die  m.  o-Stämme,  bei  den  n.  seltener:  pqto,  qze. 

o-Stämme:  rqka,  tnqka,  Ufka,  dqga,  cpona;  duia,  volja,  sviita. 

Über  den  Ablant  im  allgemeinen  Tgl.  Hirt:  Der  idg.  Ablaut  1900, 
femer:  Id.  Handbuch  der  griech.Laat-  u. Formenlehre.  1902  (8.84 — 107); 
K.  Brogmann,  Kurze  vgl.  Gramm,  der  idg.  Spr.  1904  (8.  188^150). 
Hier  findet  man  auch  die  weiteren  Literaturangaben. 

Yokalassimilation  (Umlaut). 

Während  der  Ablaut  teils  durch  akzentuelle  Einwirkungen, 
teils  durch  uns  noch  nicht  bekannte  Faktoren  herbeigeführt  wurde 
und  mit  seinen  Anfängen  in  die  Ursprache  hinaufreicht,  gibt  es 
noch  andere  Veränderungen  der  Vokale,  die  einzelsprachlich  sind 
und  die  wir  durch  die  gegenseitige  Einvnrkung  der  Vokale  in 
benachbarten  Silben  erklären  müssen. 

Eine  solche  Beeinflussung  eines  Vokals  durch  einen  anderen 
in  der  nächsten  Silbe  können  vrir  im  Slav.  überaus  häufig  beob- 
achten. Eine  Art  haben  wir  schon  oben  S.  löO  kennen  gelernt 
z.  B.  in  175  teb^  st  irh  tebi  ^  dir';  dagegen  hma,  tbtny  st  twna, 
thmy  wegen  des  a,  y  der  nächsten  Silbe.  So  auch  im  aksl.  thnikb 
neben  iMiilcb  ,dünn^,  letzteres  war  ursprünglich,  doch  setzt  das 
r.  tonhij  eben£Edls  den  Umlaut,  also  ein  tMVbkb  voraus;  vgL  auch 
hbzdrh  neben  hwärh  (fyf4rb)  ,wachsam^  Daß  es  auch  ein  weicher 
Konsonant  sein  kann,  der  dieselbe  Wirkung  wie  ein  weicher 
Vokal  hervorbringt,  vgl.  vb  njq  st  v^  njq  ^  eam',  ist  oben  auch 
erwähnt  worden. 

Diese  Art  der  Vokalassimilation  beschränkte  sich  auf  gewisse 
bulg.  Dialekte,  aber  einzelne  Beispiele  finden  wir  auch  in  den 
anderen  slav.  Sprachen,  insbes.  im  R 

Eine  andere  Art  ist  der  Übergang  des  o  in  e  vor  e  und  ^ 

VoBdrftk,  Vgl.  iUt.  Gxamm.  I.  12 


178 

(vgl.  S.  87).  Hierher  gehört  noch  aksL  stepem  ,Stufe*  gegen 
stopa  ySpur',  im  P.  stapa  und  stopieA,  b.  stupen  (wohl  Anlehnung 
an  stüpati,  aksl.  stqpati  ^teigen^. 

Über  den  Übergang  des  y  in  i  vor  weichen  Silben  vgl.  S.  28. 

Analoge  Erscheinungen  finden  wir  auch  in  anderen  Sprachen. 
Am  meisten  verwandt  mit  unserem  Prozesse  ist  der  Umlaut  im 
Ahd.,  der  auch  als  ein  Assimilationsprozeß  aufzufassen  ist:  gast, 
PI.  gesti,  got  brannjan,  ahd.  brennen.  Vgl.  auch  lat  bene  gegen 
bonus» 

Aber  nicht  immer  haben  wir  es  mit  einer  Assimilation  zu  tun,  wo 
es  sich  um  den  Wechsel  zwischen  o  und  e  handelt.  Dieser  Wechsel  war 
mitunter  schon  ursprachlich  und  kann  in  solchen  Fällen  als  Ablaut  auf- 
gefaBt  werden.  So  kommt  neben  dem  Suffix  -«ro-  (z.B.  oetven  ^viererlei*) 
auch  oro  vor:  cetvon,  vgl.  z.  B.  cetvorteej'q  im  Mar.  Luc.  19.  8;  neben 
toro  auch  tero  z.  B.  aksl.  koteryj  neben  hotoryj  u.  s.  w.  (siehe  in  der 
Stammbildungslehre  bei  diesen  Suffixen).  Dagegen  könnte  nuUon,  und 
matorUi  älter  sein,  aus  dem  letzteren  konnte  maUrUi  ,alt  werden*  auf 
die  uns  bekannte  Weise  entstehen  und  unter  dem  Einflüsse  dieses  Ter- 
bums  wäre  auch  ein  mat9rz  ,alt'  aufgetaucht.  Slov.  mat^r  ,bejahrt,  alt*, 
mai^ren,  tnator^ti  ,alt  werden*,  mit  o  auch  Luc.  1.  7  im  Zogr.  Mar.  Assem. 
und  Luc.  2.  36  im  Mar.  und  Ass.,  dagegen  im  Zogr.  (u.  Ostr.)  an  letzterer 
Stelle  zamaUrUi  (vgl.  auch  do  atarotti  materbitva  Psalt.  sin.  70.  18),  B. 
auch  matereh  neben  matoreib  ,hart  werden'.  Der  Wechsel  zwischen  Uro 
und  toro,  der  urspraohlich  war,  hat  dann  wie  es  scheint  weiter  um  sich 
gegriffen:  so  haben  wir  im  iksL  kotora  neben  kotera  ,Streit*  (nach  Uhlen- 
beck  urverwandt  mit  mhd,  hador).  Weiter  müssen  wir  auch  ein  *pa9Ura 
und  pastoro  .Stieftochter*  ansetzen,  woraus  paaUr^ka  und  pattor^ka.  Aus- 
zugehen ist  von  *pa-d{zi)kUr'ä  (vgl.  aksl.  dbiti  ,Tochter'  aus  *dukte),  k 
fiel  aus  (so  wie  in  Üsto  ,Teig^  aus  tiakto  vgl.  unten  bei  k),  ein  *padiera 
ergab  dann  *paatera,  wozu  auch  noch  *paatora.  Daraus  dann  ein  paater^ka 
und  dazu  auch  paater^k^  ,Stiefsohn*.  Diese  Formen  kommen  noch  im 
Sloven.  vor:  pdaterka,  pdaUr9k,  auch  pdaterkinja,  paaterkovdti  ,Stiefsohn 
oder  Stieftochter  sein  oder  als  solche  behandelt  werden*.  Dagegen  fUhrte 
*paatora  zu  paator^ka,  daher  b.  paatorka  und  paaiorak  und  auch  im  Sloven. 
neben  dem  erwähnten  paaUr9k  jetzt  meist  paatorka,  päator^k. 

Andere  Arten  der  Assimilation  finden  wir  dann  später  einzel- 
sprachlich, wobei  zumeist  auch  Akzentverhältnisse  maßgebend 
waren,  z.  B.  aus  dem  Urslav.  dobrajego,  das  auch  noch  im  Aksl. 
vorkommt,  wurde  dobraago,  dobrago,  aus  dobrujemu  wurde  d(h 
bruumu,  aus  dobre(j)emb  ein  dc^Umt,  dobrejamt,  dobriamt. 
Analog  auch  bei  den  Verbis  der  V.  Klasse  1.  Gruppe  und  bei 
jenen  der  VI.  10.  z.  B.  aus  podobajet^  wurde  podobaatb;  aus 
radujetb  konnte  auch  raduutb  (Mar.)  werden  u.  s.  w.    Wie  man 


179 

sieht,  wird  der  folgende  Vokal  an  den  vorhergehenden  assimi- 
liert, so  daß  er  mit  ihm  identisch  wird;  das  ist  also  eigentlich 
eine  andere  Art  der  Assimilation,  als  die  fiiiher  besprochene. 

Kontraktion. 

In  den  so  assimilierten  Formen  trat  dann  im  Aksl.  und  sonst 
auch  in  anderen  slav.  Sprachen  eine  Kontraktion  ein:  so  wurde 
aus  dobraago  ein  dobrago,  aus  dobruumu  ein  ddbrumu,  aus  do- 
hreemt  ein  dobremt  u.  s.  w.  Ebenso  aus  otveiiavoMsi  (aus  -vajeii, 
-vaeÜ)  ein  otv^avasi  u.  s.  w.  Das  sind  also  alles  einzelsprach- 
liche Erscheinungen,  die  hier  nicht  weiter  in  Betracht  kommen 
können.  Eine  ursprachliche  Eontraktion  liegt  dagegen  vor  in 
aksl.  nüt^  ,non  esf  (vgl.  oben  S.  168). 

Hiatus. 

Der  Hiatus  kann  nur  in  Eigenbildungen  einer  Sprache  in 
Betracht  kommen,  denn  in  Bildungen,  die  aus  der  Ursprache 
stammen,  bestand  er  nicht.  Die  Mittel,  die  man  zu  seiner  Auf- 
hebung in  Anwendung  brachte,  waren  übrigens  auch  ursprachlich. 

Schon  in  der  ursprachl.  Periode  stand  einem  vorkonsonanti- 
schen  ü  (slav.  y)  vor  Vokalen  ein  u^  (slav.  ^v),  einem  vorkon- 
sonantischen i  (slav.  t)  vor  Vokalen  ii  oder  ei  (slav.  ij  oder  bj) 
zur  Seite,  z.  B.  aL  svairü-f,  aksL  wekry  ,Schwiegermutter',  Gten« 
Sg.  ai.  svasrüV'OS,  aksl.  avekr^-e,  femer  zu  kry  Gen.  krwe  ßhii^, 
aksl.  plyti  (pluti)  ,schwimmen,  fließen',  Präs.  plav<f  (aus  ^pleuo-); 
weiter  ai.  napti^  ,weiblicher  Abkömmling',  gr.  xig  ,Eomwurm', 
Oen.  ai.  napUytxs,  gr.  ynog  aus  yußog;  Ut.  vßi  ,winden,  drehen', 
slav.  vüi,  gr.  heö  ,WeideS  lat  vUis,  ahd.  tcida  ,Weide'  gegen  ai. 
vdyami  4ch  webe',  lit.  veju,  aksl.  vtjq,  vijq  ,ich  drehe,  winde'. 

Wenn  daher  in  spezifisch  slav.  Bildungen  ein  y  (aus  ü)  oder 
ein  i  (aus  f)  vor  einen  Vokal  trat,  so  ist  es  begreiflich,  daß  sich 
auch  hier  im  ersteren  Falle  ein  hiatustilgendes  v,  im  zweiten  ein 
j  einstellen  konnte.  So  kann  vielleicht  schon  eine  spezifisch  slav. 
Bildung  vorliegen  im  Part  Prät.  pass.  za-bhvem  zu  za-hyti  ,ver- 
gessen',  sb-krtvem  zu  sz-kryti  ,verbergen',  o-rmvem  zu  o-myti  ,ab- 
waschen';  vgl.  auch  htjem  zu  biti  ,schlagen'.  Spezifisch  slavisch 
sind  die  allerdings  auf  einem  älteren  Prinzip  beruhenden  Iterativa 
auf  'Oti.  Nach  einem  ü  (slav.  y)  mußte  sich  nach  dem  Früheren 
«in  tj  einstellen:  zu  *müti  (aksL  myti)  ,waschen'  daher  ein  ^müvöti, 

12* 


180 

akd.  myvati,  ebenso  zu  *bati,  aksL  byti  ,sein,  werden'  ein  *baväti, 
akd.  bifvati.  So  auch  p<hkrywxti  ^bedeckenS  po-hfvixti  ^mov^re 
Caput'  u.  8.  w. 

Dagegen  bommt  zu  büi  ^schlagen'  ein  Mjati  vor.  Aus  den 
Iterativen  wie  po-hnfvati,  umyvati  u.  s.  w.  wurde  aber  das  Suffix 
-vati  abstrahiert  und  dann  auch  dort  angewendet,  wo  wir  ein  j 
ausschließlich  erwarten:  neben  bijati  haben  wir  ein  -Mvati;  neben 
B^jati  ^n'  ein  a^vati  (Tgl.  F.  Sommer,  IF.  11,  S.  203  und 
Lorentz,  EZ.  37,  S.  332).  Diese  Abstrahierung  von  derartigen 
Suffixen  ging  dann  bei  der  Bildung  der  Iterativa  in  den  einzelnen 
slav.  Sprachen  weiter,  vgl.  die  r.  Iterativa  auf  -yvott  wie  zapi^ 
syvatt  ,notierenS  propavedyvtxtt  ,predigen',  vygljddytxxtb  ,herau8- 
schauen'  u.  s.  w. 

Ursprünglich  war  also  die  Verteilung  des  hiatustilgenden  j 
und  V  abhängig  von  dem  ersten  Yokal,  sofern  es  nämlich  ein  % 
oder  ü  (y)  war,  weil  es  sich  organisch  aus  einem  i  oder  ü  schon 
ursprachlich  entwickelt  hat  Die  hier  auf  diese  Art  gewonnenen 
hiatustilgenden  Laute  traten  dann  auch  zwischen  anderen  Vokalen 
auf.  Wir  würden  erwarten,  daß  bei  der  Wahl,  ob  j  oder  v  ein- 
treten solle,  die  größere  oder  kleinere  Verwandtschaft  des  ersten 
Vokals  zu  •  oder  u  entscheidend  sein  sollte.  Das  triffl;  indessen 
nur  teilweise  zu,  weil  sich  ja  vielfach  Analogiebildungen  und  Ver- 
allgemeinerungen, wie  wir  es  schon  sahen,  geltend  machten.  Bei 
a  war  eigentlich  keine  Grenze  gegeben,  didier  dajati  und  davati 
,geben'.  Bei  o  würden  wir  eher  ein  v  erwarten,  die  Fälle,  die  in 
Betracht  kämen,  sind  indessen  äußerst  selten.  So  haben  wir 
rqfcw)^t  ,manipulus'  neben  rqk<hj^,  letzteres  offenbar  unter  dem 
Einflüsse  des  Inf.  j^i  ,ergreifen,  nehmen'. 

Es  gibt  Falle,  in  denen  im  Slav.  der  Hiatus  durch  bestimmte 
Lautgesetze  herbeigeführt  wurde:  z.  B.  aksl.  krai  ,Band'  aus 
*krajo8,  *kraft,  weil  jt  lautgesetzlich  zu  •  wurde.  Später  wurde 
er  in  diesen  Fällen  dadurch  beseitigt,  daß  das  i  zu  ;  geworden 
ist:  kraj.  Wann  das  der  Fall  war,  läßt  sich  nicht  genau  ermit- 
teln, da  die  ältesten  aksl.  Denkmäler  dafür  keine  Handhabe 
bieten  (sie  schreiben  kein  j),  doch  kann  man  mit  einer  gewissen 
Wahrscheinlichkeit  annehmen,  daß  es  frühzeitig  der  Fall  war  und 
80  schreiben  wir  meist  kraj  u.  s.  w. 

Yokalischer  Anlaut  (Prothese). 
Da  im  ürslav.  kein  Wort  auf  einen  Konsonanten  ausgehen 


181 

konnte,  so  mußte  in  zusammenhängender  fiede  bei  einem  nach- 
folgenden vokalisch  anlautenden  Worte  ein  EBatus  entstehen,  der 
womöglich  gemieden  wurde,  wie  wir  eben  gesehen  haben.  Daher 
finden  wir  Spuren  selbst  noch  in  den  aksl.  Denkmälern,  dafi  der 
Tokalische  Anlaut  im  Satze  ab  und  zu  gemieden  wird  und  zwar 
selbst  auch  bei  W<»rten,  bei  denen  er  sonst  in  anderen  Stellungen 
erhalten  bleibt  So  z.  B.  da  jaite  st  da  oHe  im  Mar.  Joh.  9, 22; 
j€9%  jaHe  im  Supr.  361,  29,  sonst  nur  oHe  ,wenn'. 

Die  einzelnen  Worte  mit  ursprQnglich  vokal.  Anlaut  konnten 
dann  selbständig  in  jener  Form  gebraucht  werden,  die  sie  in  der 
zusammenhängenden  Rede  nach  einem  Vokale  erhalten  hatten, 
d.  h.  mit  aufgehobenem  vokalischen  Anlaut  Im  Wortinnem 
wurde,  wie  wir  sahen,  zur  Vermeidung  des  Hiatus  ein  j  und  v 
verwendet,  wobei  ursprünglich  der  erste  Vokal  maßgebend  war 
und  zwar  gilt  es  speziell  von  i  und  ü  (y).  Im  Wortinnem  waren 
aber  diese  Verhältnisse  konstant,  während  in  zusanmienhängender 
Bede  verschiedene  Vokale  vor  ein  bestimmtes  vokalisch  anlauten- 
des Wort  treten  konnten.  Wir  können  daher  theoretisch  voraus- 
setzen, daß  ein  solches  Wort  bald  ein  j  bald  ein  v  bekommen 
konnte.  Bleibend  war  hier  nur  der  anlautende  Vokal  und  bei 
der  Festsetzung  des  prothetischen  Konsonanten  wird  jeden&lls  die 
Qualität  der  betreffenden  Vokale  maßgebend  gewesen  sein,  d.  h. 
es  entschied  hier  die  lautphysiologische  Verwandtschaft,  wenn  auch 
hie  und  da  Schwankungen  bemerkt  werden  können.  So  kam  bei 
0  und  II  vor  allem  auch  der  gerundete  Laut  %^,  aus  dem  v  werden 
konnte,  auf,  bei  i  und  e  der  verengte  palatale  Laut  i,  der  zu  / 
führte.  Auf  diese  Art  ist  die  Prothese  eine  Art  Sandhierschein- 
ung,  bei  der  dieselben  Faktoren  wirirten,  welche  wir  auch  bei  der 
Aufhebung  des  Hiatus  im  Wortinnem  konstatieren  konnten.  Nur 
waren  im  letzteren  Falle  die  zusammentreffenden  Vokale  im  selben 
Worte  natüriich  konstant,  während  bei  der  Prothese  nur  der  an- 
lautende Vokal  immer  derselbe  war. 

Daß  die  Gestaltung  des  Wortes  im  Satze  auch  auf  seine 
Form  außerhalb  des  Satzes  von  Einfluß  sein  kann,  dafür  haben 
wir  ganz  sichere  Belege  wie  aksl.  nidro  ,Schoß'  aus  rMi  Mri  ^ 
Schöße«  (vgl.  oben  S.  64). 

Selbstverständlich  gab  es  noch  andere  PriLpositionen  die  mit 
dem  Subetantivum  in  Verbindung  tmten,  daranter  war  nur  eine  i 

einzige,  die  für  die  weitere  Form  des  Wortes  maßgebend  wurde.  ! 

Man   kann  jedoch  nicht  annehmen,  daß  die  angegebenen  ! 


182 

Sandhierscheinungen  die  ausschließliche  Quelle  der  Prothese  waren. 
Es  gab  Worte,  die  häufig  im  absoluten  Anlaut  vorkamen  und 
doch  entwickelte  sich  bei  ihnen  die  Prothese.  Sie  mag  bei  einigen 
Vokalen  auch  dadurch  zu  Stande  gekommen  sein,  daß  der  Ex- 
spirationsstrom  noch  vor  der  genauen  Artikulation  der  betreffenden 
Vokale  herauskam.  So  konnte  z.  B.  insbesondere  vor  a  und  u 
ein  h  aufkommen,  wie  wir  es  in  den  modenien  slav.  Dialekten 
nicht  selten  antreffen. 

Was  die  einzelnen  Vokale  mit  der  bei  ihnen  vorkommenden 
Prothese  anbelangt,  so  läßt  sich  darüber  folgendes  sagen  : 

Vor  a  taucht  im  Aksl.  ein  j  auf:  jagn^  neben  agnq,  <ignhct 
,agnus^  Ebenso  auch  bei  a  aus  ö:  aksl.  jagoda  ,Beere',  vgl.  lit 
ü'ga  yBeere',  lett  öga.  Dort,  wo  es  auf  ein  ^  zurückgeht,  war  es 
lautgesetzlidi  und  wenn  darneben  auch  Formen  ohne  j  auftreten, 
so  rühren  sie  aus  Dialekten,  wo  es  geschwunden  war:  aksl.  jamt^ 
jcufti  ,essen',  lit.  imi  ,fresse'  aus  imd  neben  edmi,  idu;  jazh  fig& 
aus  *Szb  izb  statt  *ezb,  die  Dehnung  unter  dem  Einflüsse  von  ty 
aus  *tä.  Wenn  dagegen  eingewendet  wird,  daß  in  den  ältesten 
aksl.  Denkmälern  gerade  cugh  vorwiegt,  so  muß  bemerkt  werden, 
daß  aksl.  nicht  immer  so  viel  ist  als  urslav.  Einzelsprachlich 
taucht  aber  doch  auch  v  auf:  aus  einem  ursprachl.  *^b-  vgl.  gr. 
ijidv^  arg.  wurde  im  Slav.  *äriß,  akEi.ja'je  ,Ei',  b.  aber  veße  aus 
iHij-ce  (im  P.  auch  noch  jaje,  jajko).  Hierher  wird  man  aber 
kaum  das  in  einigen  slav.  Sprachen  vorkommende  vatra  ,Feuer, 
Herds  das  dem  avest  atar  ,Peuer',  arm.  aird  «verbrennen'  (hier 
wurde  t  zwischen  Vokalen  zu  «)  entsprechen  soll,  rechnen  können. 
Im  Brum.  haben  wir  fxxtr§  ,Feuer',  alban.  f>atr§  ^ocus,  fundus, 
domus^  Da  das  Wort  in  jenen  slav.  Sprachen  vorkommt  (s. 
slovak.  p.  klr.),  die  mit  den  Rumänen  in  Berührung  waren,  so 
ist  es  wahrscheinlich  aus  dem  Rumänischen  entlehnt  Dafür 
scheint  auch  der  Umstand  zu  sprechen,  daß  es  im  Aksl.  noch 
nicht  vorkommt 

Später  taucht  im  B.  dialektisch  auch  h  auf:  hapatyka  ,Apo- 
theke',  hole  für  aU  ,abe]:^,  Aas  für  oi  ,bi8<  u.  s.  w.;  p.  dial.  hole, 
hadatn,  khr.  haiun,  harmata. 

Bei  e  entwickelte  sich  regelrecht  ein  j:  jesmt,  jesth  ,bin,  bisf, 
vgl.  lit  esmi;  ^i,   ai.  dsmi,  lat  est;  aksl.  jezt  aus  *J€zjo  ,IgeP, 


1.  Man  setzt  auch  ein  ^ö^op-  an  gr.  cä/ior,  lat.  övum^  für  das  Slat. 
kann  aber  ein  solcher  Ansatz  nicht  gelten. 


183 

lit  ezys,  gr.  exivog^  ahd.  igü;  aksl.  jda  ,Tanne',  p.  jodla,  preufi. 
addU,  lit  Sgle  aus  erffe';  aksl.  jeten*  ,Hir8ch',  r.  oUm,  lit  Anw, 
gr.  iXkoq.  Freilich  scheint  im  AksL  das  j  schon  vielfsu^h  wieder 
geschwunden  zu  sein,  wenn  es  überhaupt  schon  in  solchen  Fallen 
früher  allgemein  eingeführt  war. 

Nur  vereinzelt  taucht  auch  v  auf:  aksl.  veprt  ,aper^,  ahd.  3mr, 
lat  aper  (im  Anlaut  a  st  des  erwarteten  e). 

Vereinzelt  auch  im  B.  (dial.)  A;  herb  ,Wappen^  (»Erbe'),  Heva 
für  Eva. 

Bei  i  bleibt  sich  das  Aksl.  konsequent:  es  wird  nur  •  im 
Anlaut  geschrieben  und  man  kann  nicht  aus  dieser  Graphik  er- 
sehen, wo  i  und  wo  /»  zu  lesen  ist  Allerdings  scheint  es,  daS 
selbst  auch  ein  etymologisch  berechtigtes  ji  im  Anlaut  zu  t  ge- 
worden ist  (vgl.  auch  das  •  aus  jV  im  Anlaute  und  zwar  schon 
im  Urslav.).  Dieser  Reflex  zeigt  sich  noch  in  einzelnen  slay. 
Sprachen.  So  haben  wir  z.  B.  im  Aksl.  im  yalius',  s.  ini,  r.  inoj, 
p.  iny  (alt)  tnny;  schriftb.  jiny;  aksl.  iva  ,salix',  b.  jtva,  p.  iwa 
,SahlweideS  lit  yva^  preuß.  inwis  ,Eibe',  ahd.  iu>a  dass.  Im  Ab. 
finden  wir  in  einigen  Denkmälern  auch  hi  st  i  ,e\^f  dial.  auch 
Mca  st  ßva  (Gebauer,  I,  S.  464). 

0  blieb  in  der  Regel  bestehen:  oko  ,Auge'  fast  in  allen  slav. 
Sprachen,  Ut  akis,  b.  auch  oko,  dialektisch  aber  voko,  os.  voko, 
ns.  voko  und  hoko,  polab.  väk'ü;  aksl.  ognt  ,Feuer',  lit  ugnis,  b. 
oheä,  diaL  auch  hoheü  (schon  im  Ab.  belegt.  Gebauer,  ib.),  os. 
voheA,  ns.  vogeA,  hogeA,  hogiko,  polab.  vügin,  vügün.  Das  h  noch 
p.  dial.  horzech,  klr.  hoHch  ,Nuß',  slov.  (Jaunthalerdialekt)  horeh, 
hoister,  res.  hoüar,  höpca. 

Seltener  ist  das  v  hier  schon  im  Urslav.,  vgl.  aksl.  und  ge- 
meinslav.  vonja  ,odoi^,  gegen  gr.  ävefio^y  lat  animus,  got  anan, 
dagegen  aksl.  qchati  ,riechen',  slov.  aber  vdh,  vohati,  p.  w^  ,G«- 
ruch,  Spur*,  wqcha6. 

V  muß  aber  doch  auch  frühzeitig  hier  aufgetreten  sein,  denn 
so  können  wir  uns  aus  diesem  Schwanken  zwischen  vo-  und  o- 
am  besten  den  Abfall  des  etymologisch  berechtigten  v  im  Anlaut 
erklären:  aksl.  slov.  bg.  osa  ,WespeS  p.  oga,  b.  vosa,  vgl.  lit. 
papsä  ,BremseS  ^^d.  tvefsa,  lat  vespa. 

Das  u  behauptete  sich:  umz,  uditi  gegen  vyknqti,  lA-hogh 
jpauper',  vgl.  das  au-  in  lat.  au-fero,  preuß.  au  ,weg,  ab';  aksl. 
ucho  yOhr',  preuß.  ausins  Akk.  PL,  lit  ausis,  got  ausö,  lat  aurts. 
Ja  es  wurde  infolge  der  Schwankungen  das  j  auch  mitunter  dort 


184 

beseitigt,  wo  es  ursprünglich  war:  aksl.  uze  ^hon',  ne  u  ,noch 
nicht'  neben  juze,  slov.  uze,  u&e,  ure,  b.  juz,  jiz,  dial.  uz,  os.  huz, 
hizo,  hizam,  ns.  juz,  ßdo,  huz,  huzo,  lit  jaü  ^hon^  jaü-gi  dass., 
got  ju;  aksl.  jucha,  b.  ßcha,  r.  aber  ucha  ^leischsuppe',  vgl.  lit 
piszä,  lat  ßl8,  ai.  yo^am.  In  b.  Dial.  wieder  häi:^g  h:  hueho 
jOhr^j  hulica  ^OaaseS  hudÜd  st  ud&d  ,wird  machen'  u.  s.  w.  (vgl. 
bei  Gtebauer,  1.  c).  Das  gilt  natürlich  auch  von  u  ans  q;  ebenso 
p.  dial.  hucMyö,  klr.  hudio. 

Andererseits  bemerkt  man  einzelsprachlich,  daß  anlautendes 
u  za  ju  wird:  r.  judih,  judölie  ,Tal'  neben  uddlie,  aksl.  qdoh, 
b.  üdoli;  r.  jurödim/j  ^närrisch',  aksl.  (^rod^. 

Bei  ^  finden  wir  wie  bei  e  ein  j,  dieses  ist  hier  aber  aus- 
schließUch:  aksl.  j^i,  imq  ^ergreifen,  nehmen',  vgl.  Kt  imü,  imti, 
imiaü  ^nehmen';  aksl.  ^^ro  ,Leber^,  slov.  s.  jetra,  h.  jdtra,  vgl. 
gr.  ivTe((ov,  ai.  anträm  ^Eingeweide';  aksL  j^H  ,Znnge',  preuß. 
insuune  (lit  l&tüvis  für  *fzuvi8,  beeinflußt  von  leziü  ,lecke');  aksl. 
j^a  ^morbus',  vgl.  lit  Sgiu  ,ich  tue  etwas  mühsam  und  schwer- 
fällig', nu-Mcti  ,abquälen',  ingia  ,Faullenzer'. 

Miklosich  brachte  aksl.  v^sati  ,binden'  u.  s.  w.  mit  qz^ 
,eng'  in  Zusammenhang  imd  leitete  es  von  einer  Wurzel  enz  (en§h) 
ab,  wobei  ein  prothetisches  v  anzunehmen  wäre  (Etym.  Wtb. 
S.  56—67).  Auch  Pedersen  nimmt  hier  ein  prothetisches  v  an 
(KZ.  38,  S.  311),  allein  man  kann  t^gati  und  qzzkb  nicht  mit 
einander  verbinden.  Beim  ersteren  ist  das  v  etymologisch,  vgl. 
lit  vyiti  vyzinas  ,Bundschuhe  flechten',  vyzä  ,Ba8tschuh'  (aus  vinz 
und  dieses  aus  *^iß);  femer  b.  vaz  ,Nacken',  slovak.  vazy  ,(7enick', 
klr.  vjazy  (aus  *v^z^)  ist  offenbar  identisch  mit  preuß.  wimus 
,Hals',  nur  zeigt  letzteres  eine  andere  Stufe:  y^isa,  wie  das  lit 
V^  bedeutet  also  die  Verbindung  des  Kopfes  mit  dem  Rumpfe. 

Bei  q  haben  wir  im  Aksl.  zwar  äußerst  selten  ein  v,  aber 
wir  finden  es  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen  so  häufig,  daß  wir 
nicht  daran  zweifeln  können,  daß  es  hier  schon  im  ürslav.  auf- 
getaucht ist  Dameben  kommt  aber  auch  g  vor:  sloven.  voz 
yanguis',  dameben  auch  g^z,  poln.  u>c^,  kaä.  voz  ,nicht  giftige 
Schlange',  os.  huz,  ns.  huz,  vuz,  huzenc  ,Wurm',  klr.  uz,  vui, 
weißr.  vuz,  r.  uz,  uzaka,  preuß.  angü  ,Schlange',  lit  angis  dass., 
dazu  auch  aksl.  qgorütb  ,Aal',  slov.  pgar,  vugar,  p.  w^gorz,  os. 
vuha^,  ns.  hugar,  vugar,  preuß.  angurgis  ,Aal',  lit  ungurys,  lat 
anguüla  dass.;  aksl.  qgh  ,Kohle',  slov.  vogd,  voglen,  bg.  pglen, 
v^glen,  vbgliüa,  p.  un^giel,  wqgl,  ns.  nugd  (das  n  auch  beim  fol- 


185 

genden  Worte),  lit.  anglia;  aksl.  qgh  ^Winkel^  s.  ugal,  nugao, 
b.  ihd,  p.  w^giei,  os.  nuhel,  ns.  nugd,  Ur.  tshal,  vuhal,  lat  angu- 
lus;  aksl.  qzhkb  ^eng^,  p.  toqzki. 

Mit  r:  ^j^'n«  and  vqgrim  ,üngani8^,  slov.  voger,  vogrin,  p. 

Vgl.  auch  aksL  (jkAo^i  ^riechen'  gegen  vanja  ,odor',  slov.  voh 
n.  8.  V.  (S.  183). 

Das  Schwanken  zwischen  q  und  i^  hatte  es,  wie  auch  Pe- 
dersen  richtig  bemerkt  (KZ.  38,  S.  312),  mit  sich  gebracht,  daß 
das  V  dort  schwand,  wo  es  etymologisch  war:  aksl.  qs^  ,barbaS 
roBS.  un,  dagegen  slov.  vos,  bg.  tna,  b.  rou8,  p.  ictfs,  vgl.  preuß. 
wanso  ,BartS  air.  fes  ,Bart^  Hierher  auch  aksl.  qsinica  ,erucaS 
eig.  /las  behaarte  Tiei^,  dameben  aber  auch  g,  wie  schon  oben 
bei  goi:  gifginiea,  slov.  vo9^iea,  go8?nica,  p.  wqsienica  neben 
gqsienica,  ab.  hüsSnieS,  jetzt  housenka. 

In  aksl.  Vf4^  ,BandS  ^t^q^  u.  s.  w.  ist  kein  v  vorgesetzt,  es 
ist  hier  vielmehr  etymologisch  (vgl.  oben  bei  v^zati)  und  ist  ab 
und  zu  angegeben  worden  (also  wie  bei  aksl.  qs^,  p.  wqs  u.  s.  w.): 
fuhqzb  ,amuletam',  sb-qzb,  azq  neben  vqza  ,BandS  qd^  neben 
vqdz  ,Enoten',  qze  neben  txfze  ,Strick^ 

Auch  hier  taucht  g  auf:  gqevica  ,vimenS  sloven.  gcz  ,Biemen', 
8.  guiva  ,vimen,  Flechte  aus  schlanken  B.eisemS  b.  houzev,  p. 
gqhpa  lederne  Kappe  am  DreschäegeP  (alles  das  zu  v^). 

Da  hier  schon  in  sehr  alter  Zeit  g  als  prothetischer  Kon- 
sonant auftritt,  so  könnte  gefragt  werden,  ob  das  im  B.  verhält- 
nismäßig häufig  in  dieser  Funktion  auftretende  h  nicht  auch  auf 
ein  älteres  g  zurückgehe  (im  R  ist  aus  g  überhaupt  h  geworden). 
Diese  Frage  muß  verneint  werden,  denn  wir  haben  das  h  in 
dieser  Funktion  auch  in  anderen  Sprachen  gefunden,  in  denen 
aus  g  nicht  ein  h  geworden  ist  (P.  Slov.).  Nur  dort  wo  es  vor 
einem  urslav.  q  auftaucht,  geht  es  aiif  ein  älteres  g  zurück.  Sonst 
ist  das  h  vor  anderen  Vokalen  in  dieser  Funktion  viel  jünger,  es 
reicht  nicht  ins  ürslav.  hinauf  wie  g. 

Was  das  g  selbst  anbelangt,  so  taucht  es  als  prothetischer 
Konsonant  nur  vor  einem  q  auf,  was  beachtet  werden  muß,  denn 
daraus  ersehen  wir,  daß  nur  der  dumpfe  Nasal  das  volare  g  in 
solchen  Fällen  hervorrufen  konnte. 

Dieser  Wechsel  zwischen  g  und  v  im  Anlaut  (^<{«lntca,  p.  wqn&niea 
u.  s.  w.)  erinnert  uns  an  eine  Erscheinung,  die  wir  im  B.  vorfinden: 
statt   des  urslav.  g  finden  wir  im  Gen.  Sg.  m.  n.  der  pronominalen  und 


186 

zusammengesetzten  Deklination  ein  v :  tavo,  kavo,  adnato^  dntgova,  dobrava, 
80  finden  wir  es  in  den  Moskauer  und  nordgroBr.  Denkm.  schon  im 
XY.  Jbd.,  z.  B.  veiikovo  Novagoroda  (1432).  Aber  man  kann  hier  doch 
nicht  einen  direkten  Zusammenhang  zwischen  dem  g  und  v  annehmen. 
Da  die  großr.  Dial.  Formen  wie  choroioho,  dobroho^  coho  kannten  und 
zum  Teile  noch  kennen  und  da  hier  das  h  schwinden  konnte  (man  findet 
Belege  wie  koMdo  =  koüdoo  ans  kiMoko,  kMogo,  edinogo  koido  im  Denk- 
mal des  XIV.  Jhd.),  so  wird  man  sich  doch  fflr  jene  Erklärung  entschei- 
den können,  die  von  solchen  Formen  ausgeht  und  darin  dann  das  v  sich 
entwickeln  l&ßt  (vgl.  Sobolevskij,  8.  124-125).  Daß  auch  im  Wort- 
innern  zwischen  zwei  Vokalen  ein  v  aufkommen  kann,  ist  eine  bekannte 
Tatsache.  So  haben  wir  ikel.  paqk^  ,8pinne',  Skb.paük,  dial.  mähr,  eben- 
falls noch  pauk,  dameben  aber  auch  schon  ab.  pavük,  jetzt  pavouk, 
L.  Malinowski  dachte  bei  den  r. Formen  an  den  Einfluß  der  Adjektiva 
possessiva  auf  -ov,  -ev,  Gen.  -ova,  -eva  (KBeiträge  VIII,  S.  366).  Dieser 
Einfluß  könnte  nur  insofern  zugelassen  werden,  als  er,  nachdem  es  schon 
Formen  wie  veltkoo  u.  s.  w.  gab,  daraus  die  Entstehung  eines  velikovo 
u.  s.  w.  gefördert  haben  konnte.  So  lange  es  aber  noch  ein  vßUkogo  oder 
velikoho  gab,  ist  er  nicht  denkbar.  Zu  einem  fo'a,  ko'a  haben  es  auch 
schon  westbulg.  Dialekte  gebracht.  Dagegen  flnden  wir  ein  eifif  auch 
im  KaS.;  da  hier  aber  auch  noch  teg^  aus  tego,  jtubftögtfö  aus  ubogo  vor- 
kommt, so  nimmt  man  an,  daß  das  Kai  auf  einem  anderen  Wege  zu 
diesen  Formen  kam :  die  Gutturalen  wären  durch  Labialisation  zu  bloßen 
Labialen  geworden  (P.  Polanski,  Die  Labialisation,  S.  19,  25).  Doch 
sind  hier  auch  Dialekte,  in  denen  teho  oder  beinahe  teo,  dobreo  gesprochen 
wird,  so  daß  der  Weg,  den  wir  im  Großr.  betreten  haben,  hier  jedenfalla 
auch  zum  Ziele  füh»t  (vgl.  auch  Baudouin  de  Conrtenay  im  Zum. 
min.  nar.  prosv.  1897,  Mai,  S.  100).  Analog  fuhrt  man  auch  aus  dem 
Os.  coifla  aus  coffodia  fflr  cohodla^  to^a  ffir  tohodla  an. 

Mit  einem  Halbvokal  konnte  schon  im  Urslav.  kein  Wort 
anlauten,  sondern  es  wurde  aus  t  ein  *jt,  das  zu  %  führte  (vgL 
8.  142).  Aus  «-  wurde  ein  vh,  das  blieb,  z.  B.  r%  4^'  aus  ^  (vgl. 
8.  138). 

Auch  mit  y  konnte  kein  Wort  anlauten,  sondern  es  wurde 
ein  V  vorgesetzt:  aksl.  i7yfi{ra',Fischotter'  gegen  lit  udra,  gr.  vdqa 
jWasserschlange'  (vgl.  8.  104). 

Von  e  im  Anlaut  gilt  es  nur  teilweise,  da  hier  im  Russ., 
wie  es  scheint,  verhältnismäßig  erst  spät  der  vokaliscbe  Anlaut 
gemieden  wurde,  wie  auch  bei  e  (vgl.  8   63). 

Man  ersieht  daraus,  daß  der  vokalische  Anlaut  im  allgemeinen 
nicht  unter  allen  Umständen  gemieden  wurde;  das  galt  nur  von 
bestimmten  Vokalen  (t,  ^,  y  und  teilweise  e).  Erst  im  Laufe  der 
Zeit  ist  es  da  in  den  einzelnen  slav.  8prachen  zu  bestimmten 
Normen  gekommen.    BezügUch  des  R.  haken  wir  gesehen,   daß 


187 

der  Yokalische  Anlaut  bei  ^  verhältnismäßig  8pät  aufgegeben 
wurde.  Bei  einzelnen  Vokalen  wurde  sogar  ein  vokalischer  An- 
laut herbeigeführt,  wo  er  urspränglich  nicht  vorhanden  war,  so 
bei  etjrmologischem  ju,  vq,  ja.  Sehr  weit  ging  in  dieser  Be- 
ziehung das  Bulg.,  wo  z.  B.  je  überhaupt  zu  e  führte;  femer 
finden  wir  schon  in  gewissen  aksl.  Denkmälern  unter  dem  bg. 
Einfluß  akh,  aky  st  jakb,  jaJco. 

Pedersen  sah  in  dem  Umstände,  daß  die  Prothese  nie  fest 
ist  (a  und  ja^  u  und  ju,  o  und  vo,  q  und  f^;)  auch  einen  Beweis, 
daß  sie  eigentlich  ein  Hiatuseinschub  sei  (KZ.  38,  S.  312). 
Diesem  umstände  verdankt  jedoch  die  Prothese,  wie  wir  sahen, 
nicht  allein  ihr  Dasein.  Von  diesem  Standpunkte  aus  ließe  sich 
z.  B.  ein  gqsinica  u.  s.  w.  überhaupt  das  g  als  Prothese  wohl 
schwer  erklären.  Dagegen  muß  zugegeben  werden,  daß  die  Mehr- 
zahl der  Fälle,  die  also  ein  /  oder  v  enthalten,  auf  diese  Weise 
zu  erklären  sind. 

Auslaut. 

Auch  bezüglich  des  Auslautes  muß  man  im  allgemeinen 
dieselbe  Begel,  die  für  den  Inlaut  gilt,  statuieren:  da  man  näm- 
lich im  Inlaute  nur  offene  Silben  duldete,  so  mußte  es  auch  für 
den  Auslaut  gelten,  d.  h.  es  konnte  kein  Wort  auf  einen  Kons, 
ausgehen.  Zu  dieser  allgemeinen  Regel  muß  noch  bemerkt 
werden,  daß  auslautendes  8  und  n  (m)  einige  vorhergehende  Vo- 
kale modifizierte,  bevor  es  noch  verloren  ging,  und  zwar  wurde 
'08,  "On  zu  'U8,  -un,  woraus  dann  einfach  -«  wurde.  Analog 
führte  -08,  -ön  zu  -üe,  -ün,  woraus  dann  y  entstanden  ist 

Akzent  und  Quantität. 

Von  dem  Wortakzent,  der  das  tonische  Verhältnis  einer 
Silbe  im  Worte  im  Gegensatze  zu  den  übrigen  betrifft,  haben 
wir  den  Silbenakzent  oder  die  Intonation  zu  unterscheiden. 
Diese  betrifft  die  Tonbewegung  innerhalb  einer  Silbe  oder 
das  tonische  Verhältnis  der  Teile  einer  Silbe  zu  einander. 
Auch  Silben,  die  nicht  den  Wortakzent  tragen,  können  ihre  spez. 
Int  haben.  Diese  können  wir  aber  am  besten  dann  wahrnehmen, 
wenn  die  Silbe  gleichzeitig  auch  den  Wortakzent  hat  (man  könnte 
dann  auch  von  Tonqualitäten  sprechen).    Dazu  kommt  noch  der 


188 

Satzakzent,  bei  dem  es  sich  um  das  tonische  Verhältnis  ganzer 
Wörter  im  Satze  zu  einander  handelt 

Der  Wortakzent  ist  jetzt  noch  beweglich  im  B.,  teilweise 
auch  im  S.-kr.,  Slov.  und  Bg.  (also  im  Südslav.  überhaupt). 
Fix  ist  er  dagegen  im  B.,  Sorb.  und  P. 

Hinsichtlich  der  Quantität,  bei  der  die  zeitliche  Dauer 
der  Silben  in  Betracht  kommt,  ist  zu  bemerken,  daß  es  im  ürslav. 
kurze  und  lange  Silben  gegeben  hat.  Leskien  hat  ange- 
nommen, daß  die  urslav.  Vokale  e,  o,  ^,  t^  kurz,  dagegen  die 
urslav.  Vokale  a,  ^,  i,  u,  y,  ^^  q,  dann  die  Gruppen  er,  d,  ar, 
cl,  ^r,  M*,  ^l,  ü  lang  waren.  Zu  diesem  Besultate  führe  die 
▼ergl.  Gramm.  (Leskien,  Unters,  über  Quant,  u.  Bei  in  den  slar. 
Spr.  I  B.  C.  1893).  Dazu  muß  bemerkt  werden,  daß  wir  fürs 
ürslay.  statt  eines  ^r,  w,  ü,  ü  ein  kurzes  oder  langes  t>  l  an- 
setzen müssen;  ebenso  auch  ein  iji,  9  und  ffi,  %  (vgl.  oben  S.  20 
und  120).  Femer  fimden  schon  im  Urdav.  vielfach  Verkürzungen 
statt,  insbesondere  im  Auslaut.  Die  übrig  bleibenden  Längen 
haben  nun  die  einzelnen  slav.  Sprachen  verschiedenartig  behan- 
delt, zum  Teile  sind  hier  auch  neue  Längen  aus  urspr.  Kürzen 
entstanden.  Jetzt  kennen  einzelne  slav.  Sprachen  die  Längen 
nicht  mehr.  So  das  R,  F.,  wo  jedoch  noch  ihre  deutlichen 
Spuren  vorhanden  sind.  Der  Wortakzent,  insbesondere  aber  die 
Int  einer  Silbe  hatte  auf  ihre  Quantität  einen  großen  Einfluß. 
Wir  müssen  es  lebhaft  bedauern,  daß  sich  in  unseren  ältesten 
aksl.  Denkmälern  keine  graphischen  Angaben  bezüglich  des  Akz. 
und  der  Quantität  v(Nrfinden.  Das  aksl.  Schrifttum  entstand  ja 
auf  Grundlage  des  Griech.,  so  daß  man  auch  hinsichtlich  der 
Akzentbezeichnung  der  griech.  Anregung  bei  der  Fixierung  der 
Schriftsprache  hätte  folgen  können.  Ahmte  man  ja  doch  manch- 
mal griechische  Hiatuszeichen  nach,  die  im  Slav.  wahrlich  keinen 
Sinn  hatten. 

£in  Gebiet  machte  aber  selbst  auch  in  dieser  Hinsicht  eine  Aus- 
nahme :  hier  folf(te  man  der  fremden  Anregung.  Es  war  dies  das  Gebiet 
der  pannoni sehen  Slovenen.  Hier  wirkte  noch  vor  der  Ankunft  der 
beiden  Slavenapostel  (von  Mähren  kamen  sie  auch  hierher)  die  deutsche 
Geistlichkeit.  Bekanntlich  wendete  man  nun  im  ahd^ Schrifttum  und 
zwar  bald  mit  größerer  bald  mit  geringerer  Eonsequenz  (letzteres  freilich 
zumeist)  ein  Akzentsystem  an.  Es  heifit,  daß  die  Bezeichnung  des  Wort- 
tones durch  Akzente,  sowie  die  durchgreifende  Anwendung  von  Akzenten 
Überhaupt  erst  durch  Hrabanus  Maurus  (776 — 856)  eingefnhrt  worden 

^    '  -^nd  »  war  eigentlich  halbkurz,  vgl.  oben  S.  186  und  162. 


189 

sei.  Dieser  gebrauchte  den  dem  GriechiBchen  entlehnten  Zirkumflex 
cur  Bezeichnung  der  Länge  auf  betonten  wie  unbetonten  Vokalen, 
den  Akut  wendete  er  auf  kurzen  Vokalen  an,  um  eine  kurze  Silbe 
als  betont  darzustellen  (vgL  Zsfdph.  10,  8.  217  und  14,  S.  129 ff.). 

Spuren  dieser  Akzentbezeichnung  finden  wir  auch  in  slav. 
Denkmälern  und  zwar  zunächst  in  den  Freisinger  Denkm., 
deren  ursprünglicher  Wortlaut  eben  auf  dem  erwähnten  Gebiete 
unter  dem  teilweisen  Eänflusse  des  aksl.  Schrifttums  entstanden 
war  und  die  in  einer  Abschrift  aus  dem  X. — XL  Jhd.  erhalten 
sind.  Auf  diese  Akzentbezeichnung  machte  ich  in  meiner  Aus- 
gabe des  Denkmals  aufinerksam  (Fris.  pam.  .  .  .  P.  1896,  S.  35 
—38).  Weiter  finden  wir  dieses  System  in  den  Kiever  Blättern; 
auch  sie  sind  wohl  in  ihrer  urspr.  Fassung  auf  diesem  Gebiete 
entstanden  (TgL  Yerf.  L  c.  S.  38  und  dann  insb.:  >0  puvodu 
EijeYsk^ch  listA  u.  s.  w.  Prag.  1904).  Ihre  erhaltene  Abschrift 
rührt  Tom  südL  und  zwar  speziell  Stok.  Gebiete  her,  so  daß  wir 
auch  in  akzentueller  Hinsicht  hier  mehrere  Schichten  unter- 
scheiden können.  Immerhin  bleibt  es  neben  den  Freisinger 
Denkm.  das  älteste  slav.  Denkmal  mit  Akzent-  und 
Quantitätsbezeichnung,  wodurch  es  eine  große  Bedeu- 
tung für  uns  erlangt  Darin  wird  die  Länge  auf  der  letzten 
Silbe  mit  '^,  im  Wortinlaut  in  der  Regel  mit ",  seltener  mit  ^  be- 
zeichnet; der  Akz.  mit  ',  auf  der  letzten  Silbe  mit  \  Mitunter 
ist  im  selben  Worte  die  liLnge  und  gleichzeitig  auch  der  Wort- 
akzent bezeichnet:  v^äwümi  m,  4;  dtsttn&go  Ib  17.  Dieser 
umstand,  wie  auch  die  Quantitätsbezeichnungen  Inokosti  Ib21 — 22, 
slüztby  y  3  u.  s.  w.  zeigen  uns  deutlich,  daß  wir  es  hier  nicht 
mit  dem  Reflexe  der  griech.  Graphik  zu  tun  haben,  wie 
man  auch  die  Sache  zu  erklären  suchte^. 

Dafi  sich  sonst  der  Einfluß  der  griech.  Graphik  in  der  weiteren 
Gestaltung  der  Zeichen  und  in  anderen  Details  zeigen  konnte,  ist  be- 
greiflich, da  ja  die  Abschrift  auf  einem  Gebiete  entstand,  wo  das  Griech. 
maBgebend  war,  aber  die  urspr.  Bedeutung  der  erw&hnten  Zeichen,  die 
hier  noch  gewahrt  blieb,  kann  nicht  griech.  sein.  Aus  den  Akzentzeichen 
der  K.  BL  können  wir  mit  einer  gewissen  Wahrscheinlichkeit  schliefen, 
dafi  die  akzentuellen  unterschiede  derSlov.  und  8erb.Stok.  sehr  alt  sind. 
Ais  sie  geschrieben  wurden,  scheint  schon  der  Akz.  im  Stok.  yerschoben 
gewesen  zu  sein.  Bezügl.  der  Formenlehre  und  Lautlehre  ist  man  zu 
analogen  Resultaten  auch  schon  früher  gelangt. 


1.   Vgl.   N.   E.   Grunskij:    Famj.   i   voprosy   drevne-slavj.   pis»m. 
T.  I.    1904. 


190 

Der  Usus,  Akzente  und  Quantität  zu  bezeichnen,  wurde  von 
Pannonien  auf  s.-kr.  Gebiet  verpflanzt^  wo  er  teilweise  auch  dem 
Einflüsse  der  griech.  Graphik  unterlag.  Hier  behauptete  er  sich 
lange,  ja  selbst  auch  in  alten  Druckwerken  finden  wir  diese  Be- 
zeichnungen. Von  hier  aus  verbreitete  er  sich  dann  auch  in 
andere  slav.  Gebiete,  selbst  bis  nach  Bußland.  Wenn  nun  auch 
das  alte  Material  zum  Studium  des  slav.  Akzentes  nicht  reich- 
haltig ist,  so  hat  sich  dafür  in  einzelnen  slav.  Sprachen  noch  bis 
jetzt  ein  bewegl.  Akz.  erhalten,  wozu  auch  noch  die  Quantität 
mitunter  kommt.  Es  ist  dies  eine  Tatsache,  die  nicht  genug  ge- 
würdigt werden  kann.  Auf  diese  Art  können  wir  sogar  den 
Akzent  des  Urslav.  in  den  meisten  Fällen  rekonstruieren.  Auf 
Grund  solcher  Vergleichungen  kommen  wir  zum  Schluß,  daß  das 
Urslav.  einen  frei  bewegl.  Akz.  hatte  und  daß  bei  langen 
Silben  verschiedene  Int  vorhanden  waren.  Daß  hier  aber 
schon  das  Walten  eines  speziell  balt-slav.  Akzentgesetzes  bemerk- 
bar wäre  (Fortunatov,  Pedersen),  können  wir  nicht  zugeben. 

Unter  den  slav.  Sprachen  kommt  zunächst  das  Buss.  in 
Betracht  Es  hat  nämUch  den  urslav.  Sitz  des  Akz.  zwar  nicht 
in  allen,  aber  doch  in  den  meisten  Fällen  bewahrt.  Es  muß  also 
bei  der  Bestimmung  des  urslav.  Akz.  zunächst  Auskunft  geben. 
Aber  auch  nur  hinsichtlich  seines  ursprüngl.  Sitzes.  EQnsichtlich 
der  Int  läßt  es  uns  im  Stiche,  es  hat  die  Quantität  der  Silben 
und  damit  auch  die  Int  verloren.  Nur  bei  den  Worten  von  der 
urspr.  Form  tort  und  tert  (toU,  teU)  wurde  ein  Besultat  erreicht, 
aus  welchem  wir  ganz  genau  die  urspr.  Int.  bestimmen  können 
(vgl.  gdrodz,  aber  voröna). 

Dann  kommt  zunächst  das  Serbokr.  in  Betracht.  Auch 
hier  ist  der  Beflex  des  Urspr.  vielfach  noch  erhalten  und  zwar 
können  wir  aus  dem  S.  nicht  bloß  in  zahlreichen  Fällen  den 
urspr.  Sitz  des  Akzentes,  sondern  auch  die  Int  der  betonten  und 
zum  Teile  auch  der  unbetonten  Silben  erschUeßen.  Wenn  der  r. 
Akz.  mit  dem  aus  dem  S.-kr.  erschlossenen  übereinstimmt,  können 
wir  demnach  sicher  sein,  daß  wir  es  in  einem  solchen  Falle  auch 
mit  dem  urslav.  Akz.  zu  tun  haben.  Freilich  nicht  alle  Dialekte 
des  S.-kr.  stehen  in  dieser  Hinsicht  auf  gleicher  Linie.  Das 
Altertümliche  bewahrt  hier  das  öakavische  (das  Küstengebiet 
und  die  dalmatinischen  Inseln).  Der  Sitz  des  Akzentes  ist 
in  der  Begel  der  des  Urslavischen,  aber  die  Quantitäten 
sind  verändert  und  zwar  wie  folgt:  war  die  Int.  Ursprung- 


191 

lieh  Bteigend  (z.  B.  r.  vorina),  so  wird  häufig  eine  solche 
Silbe  verkürzt,  wenn  sie  den  Wortakzent  trägt,  also  vrana, 
Üpa,  hob,  hohe.  Es  gibt  jedoch  zahlreiche  steigende  Längen,  die 
im  Öak.  geblieben  sind.  Sachmatoy  meint,  daß  eine  steigend 
betonte  Länge  vor  einer  kurzen  Silbe  yerkürzt  wurde  (in  der 
südslav.  Gemeinschaft)  wie  in  hrava,  Li  strdza,  *grddja  (§tok. 
straaa,  gräda)  wäre  dagegen  die  Endsilbe  lang  (vgl.  d  im  Nom., 
q  im  AkL,  ej  im  Gen.  ap.  Worte  wie  tcola,  puszcza,  zqdza,  dann 
auch  das  ^  im  Gen.  Fem.  im  8.,  urspr.  bei  weichen  Stämmen). 
So  auch  in  hi^äliin,  pUBm.  Auch  in  Endsilben  wäre  die  Länge 
nicht  yeikürzt  worden,  vgl.  vlds  (doch  nur  als  Gen.  PI.!),  süd. 
Aber  dagegen  spricht  £ak.  sAvi  neben  ziv  (Stok.  üvt);  mUi  neben 
mtt  XL  8.  w.  War  die  Int  urspr.  fallend  (z.  B.  r.  Akk.  Sg. 
gölavu),  so  wird  eine  solche  betonte  Länge  erhalten,  z.  B. 
öak.  glcvu.  Vor  dem  Wortakz.  bleiben  ferner  die  alten 
Längen  stets  erhalten:  glävc,  rükc. 

Es  ist  noch  zu  bemerken,  daß  die  fallende  Int  dem  Ut 
geschleiften  Ton  entspricht  (der  freilich  hier  steigend  ist),  die 
steigende  hingegen  dem  lit  Stoßton  (der  hier  fallend  ist):  lit 
väma  =  r.  vorina  (steigend),  üt  varnas  =  r.  vörom  (fallend). 

Das  öak.  steht  also  auf  der  ältesten  Stufe  in  der  Entwickelung 
des  s.-kr.  Akzentwesens.  Anders  das  Stok.,  welches  eine  bedeu- 
tende Akzentumwälzung  durchgemacht  hat.  Der  Akzent  ist 
nämlich  hier  regelmäßig  um  eine  Silbe  gegen  den  Wort- 
anfang hin  verschoben.  War  er  auf  der  ersten  Silbe  selbst, 
so  konnte  er  nicht  verschoben  werden. 

Wir  haben  demnach  auf  den  ersten  Silben  zweierlei  Akz.:  den  ur- 
sprünglichen, nicht  verschobenen,  und  den  neuen  verschobenen  und  da 
diese  Akz.  verschieden  sind  je  nach  der  Quantität  der  Silbe,  so  erhalten 
wir  für  die  Anfangssilben  im  Ganzen  vier  verschiedene  Betonungsarten, 
f&r  welche  Vuk  (bez.  DaniSic)  eigene  Zeichen  eingeführt  hat.  So  er- 
halten wir  im  Wortanlaut  (eines  wenigstens  zweisilbigen  Wortes): 
eine  urspr.  fallend  betonte  Länge: 

„         „      steigend      „  „      :  * 

„         „  „        Kürze : 

„    sekundär  „  »     :  ' 

„  „  „        Länge: 

Hat  ein  Wort  den  Wortakzent '  oder  ',  so  müssen  wir  ihn  um  eine  Silbe 
gegen  das  Ende  des  Wortes  verschieben ;  so  erhalten  wir  seinen  ursprüng- 
lichen Sitz,  z.  B.  §tok.  gläva,  der  urspr.  Sitz  des  Wortakzentes  ist  in 
&ik.  gläva  erhalten  (r.  gohvd) ;  itok.  hob,  bdba  (Sak.  blb^  boba,  hier  ist  also 
der  Akz.  auf  einer  urspr.  Kürze  im  Anlaut);   Stok.  vrina,  5ak.  vrana  (bei 


192 

Kern.  vräna\  hier  haben  wir  es  mit  einer  nrspr.  L&nge,  die  steigend  be- 
tont war  (Tgl.  r.  vor&na),  zu  ton,  daher  ist  sie  yerkürzt  worden. 

Auch  im  Slov.  haben  wir  lange  und  kurze  Silben.  Die 
langen  Silben  können  eine  fallende  Int  haben:  präh,  oder 
steigende:  krdlj^  krdlja.  Dazu  muß  noch  bemerkt  werden,  dafi 
hier  ein  Vokal  nur  dann  lang  sein  kann,  wenn  er  betont  ist 
Femer  wird  ein  kurzer  oder  erst  kurz  gewordener  Vokal  gedehnt, 
wenn  er  den  Ton  erhält,  den  Endvokal  ausgenommen.  Auf 
kurzen  Silben  haben  wir  nur  einen  fallenden  Akz.  und  das  kann 
überhaupt  nur  die  Endsilbe  sein.  Der  Akz.  ist  auch  hier  häufig 
verschoben  worden  und  zwar  gibt  dann  bei  £EdIender  Int  die 
erste  Silbe  ihren  Akzent  auf  die  folgende  ab:  bogä  aus  boga  und 
bei  steigender  die  letzte,  so  daß  er  zum  Anfang  rückt:  sMra 
aus  sestrd,  r.  sestrd,  s.  aistra. 

Im  Bulg.  behält  ein  urspr.  langer  Vokal  den  Ton  auf  sich, 
wenn  dieser  von  steigender  Qualität  ist:  brhM,  chlib^t,  bäba. 
War  er  dagegen  fallend,  so  wird  der  Akz.  auf  die  nächste  Silbe 
verschoben:  dato,  r.  zöloto.  Analog  auch  bei  urspr.  kurzen  Silben, 
daher  einerseits  köza,  slov.  köza,  s.  koza;  vUia,  slov.  v6lja,  s. 
volja,  dagegen:  okd,  slov.  oko  (aus  oko),  s.  oko;  mori,  slov.  mar  je 
aus  morje,  s.  more  u.  s.  w. 

Einige  maoed.  Dial.  haben  bis  jetzt  die  lAage  gerettet  (vgl. 
AfiI.Phfl.l6,S.306  und  Matov  im  Sbomik  minist  VH,  S.452). 
Dagegen  ist  in  den  ösÜ.  DiaL  jede  Spur  der  einst  vorhandenen 
Quantität  verloren  gegangen.  Hier  wurde  sie  also  früher  auf- 
gegeben, wodurch  die  Dial.  dem  B.  näher  gebracht  werden. 

Wir  haben  hier  im  Slov.  und  Bulg.  auch  bei  den  kurzen 
Silben  eine  steigende,  bez.  fallende  Int.  unterschieden.  Wir 
werden  sehen,  daß  man  diesen  Unterschied  überhaupt  für  das 
Südslav.  machen  muß. 

Das  Böhm,  kennt  auch  lange  und  kurze  Silben.  Urspr. 
fallend  betonte  Längen  sind  hier  verkürzt  worden:  hrad,  r.  girodz, 
8.  gräd  ,Fe8tang';  dato,  r.  zilato,  s.  zlaio;  die  steigend  betonten 
hingegen  haben  sich  erhalten:  krdva  ,EuhS  r.  karöpa,  s.  krcva; 
dijm  ,Bauch',  s.  dum.  Das  B.  verhält  sich  also  hier  gerade  um- 
gekehrt wie  das  S. 

Diese  Bemerkungen  maßten  voransgeschickjb  werden,  bevor  wir  uns 
mit  der  Int.  n&her  befassen  werden. 

Intonation  (Silbenakzent,  Tonqualität).  Ursprung 
der  gestoßenen  Int    Die  gestoßene  Int,  welche,   wie  schon 


r 


193 

erwähnt,  im  SlaT.  steigend,  im  £it.  fiJlend  ist,  zeigt  sich  bei 
nrspr.  langen  Vokalen:  s.  tnati,  b.  mdU,  lit  mM  (maß^  yMutter', 
ai.  mätä;  s.  vjera,  b.  vira  ^Glauben',  lat  fOrus.  Das  a  der  o- 
Stämme  mufite  urspr.  auch  eine  gest  Int.  gehabt  haben,  vgl.  s. 
Dat.  PI.  zinama  ('^eenama),  rükanui  (—  rukama).  Auch  Lang- 
diphthonge erhalten  eine  gest  Int;  sie  gehen  freilich  häufig 
auf  zweisilbige  Lautgruppen  zurück.  Ein  Langdiphthong  liegt 
vor  im  Lok.  Sg.  der  o-Stämme  (urspr.  öi):  aksl.  rqfc«;  s.  riuAj 
was  ein  älteres  rfUA  voraussetzt.  Ebenso  im  Lok.  Sg.  der  u-  und 
t-St  (^  und  ii):  öak.  no6l,  sott,  r.  r»  adü  ^n  der  Hölle'  gegen 
obb  dcU  (vgl.  oben  S.  17f.).  In  allen  diesen  Fällen  setzt  die  End- 
betonung, wie  wir  sehen  werden,  eine  gest  Int  der  Endsilbe 
voraus.  Die  Langdiphthonge  sind  im  Slav.,  wie  Einiges  dafür 
spricht,  verkürzt  worden,  aber  die  Int  blieb  gewahrt 

Ein  zweisilbiges  Gebilde  liegt  urspr.  vor  in  b.  rdmi  ,Arm', 
8.  rämo  aus  *  armen-  und  dieses  aus  *ar9nh  urspr.  *aräin<>8,  vgl. 
lat  artnus;  b.  vräna,  s.  vrana,  lit  väma  aus  *vöma  (vgl.  oben 
S.  191);  b.  b^i,  s.  bUi,  lit  büti;  s.  pun,  lit  pünaa  ,vollS  pOti 
,füllenS  ai  pürnds,  pürtäa;  b.  douti,  s.  duti,  lit  dümti  ,wehen, 
blasen'  (hier  liegt  ein  ^  vor). 

Lange  Vokale  mit  gest  Int  entstehen  mitunter  auf 
slav.  Boden  durch  Ersatzdehnung.  Wo  die  gest  Int  in 
solchen  Fällen  in  den  8.-kr.  Dial.  auftauchte,  muß  sie  als  etwas 
altes  angesehen  werden.  Das  bemerken  wir  im  Gen.  PL:  s.  konj, 
hbnja  ,PferdS  slov.  kimj,  kinja,  Gen.  PL  s.  kinja,  slov.  kifnj;  s. 
pas,  psa  (aksL  ptsfb)  ,Hund''  slov.  ]^8,  psä,  Gen.  PL  s.  pdsä,  slov. 
pds;  slov.  atrök,  otröka  ,KindS  Gren.  PL  otrgk;  s.  kbsa  ,SenseS 
slov.  kösa,  Gen.  PL  s.  kösä,  slov.  kga;  s.  ni^a  ,Fufi',  PL  noge, 
slov.  nöga,  b.  ncha,  Gen.  PL  s.  nöga,  slov.  ngg,  ab.  nuch,  nüh, 
slovak.  nuoh,  (nb.  nah);  slov.  v$z,  vozc  ,WagenS  s.  voz,  voza  (vöza), 
£ak.  v6z,  vbza,  b.  püz,  vozu,  Gen.  PL  slov.  v^z,  ab.  vöz;  s.  kdza 
,ZiegeS  slov.  köza,  Gen.  PL  s.  közä,  slov.  kfz;  s.  göra  ,Gebirge', 
PL  gare,  b.  hora,  hory,  Gen.  PL  s.  g6ra,  ab.  h6r,  kuor,  dial.  hur 
(aus  Adr),  (nb.  hör);  b.  ijko&i;  Gen.  PL  ab.  iköl,  ikuol  (nb.  ikol), 
das  yZeit'  ist  frühzeitig  im  B.  verkürzt  (wir  erwarten  öde,  vgl.  serb. 
das  ,AugenbUck^,  slov.  das,  ödea)  und  darnach  behandelt  worden, 
daher  Gen.  PL  das,  das  sich  bis  jetzt  noch  erhalten  hat  in 
der  Wendung  do  Uch  das  ,bi8  dahin',  ,bis  jetzt'.  Auch  in  poln. 
Dialekten:  kiz,  kös  u.  s.  w.    Über  die  hierher  gehörigen  Genetive 

Vondrik,  Vgl.  diT.  Qtwui.  I.  18 


194 

im  P^  wo  später  vielfach  Analogiewirkungen  zu  konstatieren  sind, 
vgl  Eul'bakins  Kö  istor.  S.  163f. 

Spezifische  Neuerungen  sind:  s.  kcza  ^aut',  Gen.  PL  közä, 
desgleichen  slor.  kpza,  Gen.  PL  kffz;  s.  polje  ,Feld'y  Gen.  PL 
pcljä,  d.  h.  da  der  Nom.  u.  s.  w.  die  steigende  Int  angenommen 
hatte,  mufite  im  Gen.  PL  später  die  fallende  Int  eintreten. 

Diese  Dehnung  kam  zunächst  bei  den  o-  und  o-Stämmen  auf.  Die 
Genetivendung  on  hätte  hier  nach  der  Begel  ein  y  ergeben,  das  man 
meiden  mußte  (s.  oben  S.  124).  um  den  Übergang  des  ü  zu  y  zu  ver- 
hindern,  wurde  die  Quantität  allmählich  auf  die  vorhergehende  Silbe 
verlegt,  d.  h.  -wn  wurde  zu  -un  verkürzt  und  führte  dann  ganz  regelrecht 
zu  »,  während  die  vorhergehende  Silbe  gedehnt  werden  mußte 
(vgl.  Verf.  BB.  90,  S.  141).  Diese  Dehnungen  fallen  noch  ins  ürslav., 
aber  das  ö  ergab  nicht  mehr  ein  a  und  9  ein  ^,  weil  der  Gen.  dadurch 
zu  sehr  aus  dem  Bahmen  der  Dekl.  herausgetreten  wäre. 

Es  ist  möglich,  daß  vom  Gen.  aus  die  Länge  dann  ab  und  zu  auch 
in  die  übrigen  Kasus  übertragen  werden  konnte. 

Die  Ersatzdehnung  kommt  —  allerdings  nicht  mehr  urslav.  —  bei 
dem  Suffixe  hka  {zka,  »ko^  ^ko)  vor,  wo  der  Ausfall  des  Halbvokals  da- 
durch ersetzt  wurde:  s.  reiito  ,Sieb*,  dazu  r^iHkCt  vgl.  b.  reieto,  reiato, 
dazu  reidtko;  b.  tava  —  sAcka. 

ürslav.  femer  bei  der  Bildung  der  Iter.:  s.  kljar^'ati,  kHa^ßm^  r. 
kldtffatb,  kldf\jaju  zu  s.  klMiti,  b.  klänlUi  (bei  Hus);  b.  hodüi  und  hdx/Bii, 
toüU  und  idMi  u.  s.  w. 

War  eine  Länge  schleifend  betont  und  wurde  sie  in 
den  erwähnten  Fällen  nachträglich  gedehnt,  so  bekam 
sie  eine  gest  Int.:  r.  v6losb  ^Haar^,  Nom.  PL  v6lo8yf  s.  vUs, 
sloY.  (f )2a9;  b.  vla8,  aber  Gen.  PL  r.  volögb,  s.  sollte  es  nach  dem 
Ktirzungsgesetz  *vla^ä)  heißen,  es  lautet  aber  vld8{ä),  d.  h.  es 
scheint  die  urspr.  steigende  Länge  hier  nicht  verkürzt  worden  zu 
sein.  Das  Sloy.  mit  seinem  Gen.  PL  las  stimmt  auch  hier  voll- 
kommen überein.  Femer  r.  Nom.  PL  stirony,  s.  sträne,  b.  strany, 
G«n.  PL  r.  storön,  b.  ganz  regelrecht  strdn,  jetzt  noch  ae  väech 
strdn  ,Yon  allen  Seiten',  sonst  meist  schon  stran,  s.  strdnä  ,der 
Seiten'.  Nom.  PL  r.  gHavy  ,Eöpfe',  s.  glove^  b.  htavy,  aber  G«n. 
PL  r.  golAvb,  ab.  hldv,  s.  gldvä.  YgL  noch  Nom.  Sg.  slov.  und 
s.  dcTr,  Gen.  PL  slov.  dar^v,  &  darövä;  Plur.  s.  ruke  yHände*, 
b.  ruky,  Oten.  PL  ab.  rük,  slov.  rgk,  s.  rükä;  s.  sin,  PL  sini, 
Gen.  sina  (nach  den  o-Slämmen),  slov.  PL  sinpvi,  Gen.  sitti^; 
s.  drug,  PL  drüfd,  G^n.  drüga  ,G«fährte';  slov.  m^z,  s.  müz 
,MannS  Gen.  PL  slov.  m^/  s.  pete,  b.  paiy  ^Fersen',  Gen.  PL 
ab.  pdt;  s.  düäe  ,SeelenS  b.  duäe,  Gren.  b.  dÜ  (alt);  s.  tljelo,  b. 
%  Gten.  PL  ab.  tid,  tu  u.  s.  w. 


195 

Bei  den  Iter.:  s.  kuMi,  kuiäm,  r.  küia^,  ktUaju,  b.  kauiäi 
zu  8.  küsUi,  küstm;  s.  vräSati,  vra6am,  r.  vardöatb,  varööaju  zu 
ffrdtUi,  vrätim  (b.  umgekehrt:  vrdtäi  und  vraeeti  und  diese  Ver- 
hältnisse sind  hier  jünger). 

Femer  analog  aoch  bei  den  erwähnten  Suffixen:  s.  ^'^  .Dresch- 
flegels daza  efipka  ,8cheit*;  tuilfer  .wildes  Tier',  dasu  Mxßrka;  lue,  Uiea 
,Kienspann*,  daza  lueTsa,  sloy.  allerdings  hie,  dasa  lücka  and  das  könnte 
ftlter  sein.  B.  Hrana  ,Seite,  Gegend'  hat  den  Akzent  des  Akk.  Sg.  and 
N.  Akk.  PI.  (r.  Mranu,  9tArony  za  riorond),  daher  b.  Hränka,  r.  storSnka. 
Ebenso  b.  Mo9a  ,Kopf  (r.  golavd,  göhvu,  göiavjf),  b.  hldvka,  r.  golAüha,  ygl. 
aach  p.  glmoa  and  gUwka  (bIoy.  jedoch  gldoa  daza  giavka,  ebenso  s§rdna 
daza  itranka,  das  aach  Maiaraniö  in  seiner  »Slomica«  anführt;  das 
sind  spätere  akzentuelle  Änderangen)^ 

Ursprung  der  geschleiften  Int  Sie  kommt  bei  langen 
Vokalen  und  bei  urspr.  Diphthongen  vor. 

Wird  eine  gestoßene  Länge  nachträglich  gedehnt, 
wird  sie  zu  einer  schleifenden  (slav.  also  fallend).  Das  kommt 
wieder  yor  im  Gen.  PL  der  o-  und  o-Stämme:  Gen.  PI.  b.  8Ü, 
s.  silä  zu  N.  Sg.  b.  süa,  s.  Ma.  Zu  sIoy.  riba  ^Fisch',  s.  rtba, 
Gen.  PL  slov.  rib,  s.  riba;  zu  b.  jdma  ^Graben',  slov.  jdma,  s. 
ßma,  Gen.  PL  b.  jam^  slov.  jcm,  s.  jcmä;  b.  düo  ,Werk*,  s.  djelo, 
slov.  fiflo,  Gen.  PL  b.  da,  s.  djUä,  slov.  d$l;  b.  läo  ^onmier, 
Jahi'y  8.  Ijeto,  sloY.  I4tg,  Gen.  PL  b.  let,  s.  Z;e^a,  sIoy.  2f)^;  s.  rck, 
sloY.  rdA;,  Gen.  PL  s.  räka,  (£ak.  rät;),  slov.  räkav;  s.  An!<&i,  sIoy. 
kü^  yHaus,  EücheS  Gen.  PI.  s.  ku6ä;  s.  Spa,  sIoy.  lipa,  b.  Zil|pa, 
Gen.  PL  s.  Zipd  (abweichend),  sIoy.  2«p,  b.  lip  ^linde';  s«  m4ha> 
PL  mihe,  slov.  miiAa,  b.  moucha,  Gen.  PL  s.  miiAfi;  slov.  muh, 
b.  mficft  (auch  hier  zeigt  also  das  S.  nicht  mehr  das  ürspr.); 
itok.  bisjeda  setzt  ein  i  mit  steigender  Int  voraus,  im  Gen.  war 
daher  besjed,  das  zu  besjsdä  führte,  wie  Leskien  richtig  erkannt 
hat  (AfsL  Phil.  21,  S.  398).  Analog  verhalt  es  sich  mit  dem 
Gen.  jeafücä  zu  jizik  u.  and.;  im  B.  noch  eine  große  Anzahl  von 
Belegen:  brdna  —  bran  ,das  Tor';  zdda  —  zad  ,Rücken'  u.  and. 

Femer  bei  den  erwähnten  Saffizen:  s.  9Qma  ,Stroh\  b.  «üdma,  sIot. 
sldma,  daza  s.  Mmka,  b.  9lamka,  sIot.  Mmka;  s.  tülja  ,Fütterang  des 
Saamsattels',  daza  Mteffka;  s.  ^2n  .Schatten',  daza  ^'cnka;  s.  trdoa  ,Gras', 
b.  trdwa,  daza  s.  trävka,  b.  travka;  s.  runo  daza  runka  (»VlieS'  and  ,Feld- 
beifaB');  sloy.  dlm  JdlAnch^  daza  dimka;  sIoy.  r6ka  ,HandS  daza  rfdka: 
sloT.  Hva  ,Nanie  einer  granen  Kah\  daza  sivka.    Im  B.  zahlreiche  Fftlle: 

1.  Nar  b.  bez.  p.  sind  die  Dehnangen  bei  Dem.  wie  krok  —  kriidek; 
hrod  —  hrüdek,  com  —  cäsek^  p.  dc^k,  rqetek,  pa^iek  a.  s.  w.  (Tgl.  Verf. 
:BB.  80,  S.  146ff.). 

13* 


196 

hrdna  ,Tor\  hranka;  9ira  ,8chwefer,  tirka  ,8cbwefelhölzel' ;  houba  ,SehwammS 
hubka  jZonderscbwamm  und  kleiner  Schwamm  aberhaapt\ 

Bei  den  Iter.:  s.  btvati,  bivOm,  r.  btfväib  (Akzentrerschiebung 
wegen  der  geBchleiften  Int  des  y)  za  s.  bUi,s  b.  b^i,  lit  büti; 
anfdog  auch:  s.  kriväm,  iH-rnivätn,  pihHväm. 

Uralt  ist  die  geschleifte  Int  im  Gen.  Sg.  der  a-Stämme: 
'OS  (Ersatzdehnung  eines  langen  Vokals  nach  dem  Verluste  eines 
folgenden  kurzen:  d-^  etwa,  so  daß  eine  dreimorige  länge  yot- 
liegt),  lit  mergds,  gr.  9€agj  got  gibös,  as.  (eyent  asloY.)  fdicity 
Kiev.  Bl.  n  15;  prianod^y  ib.  VII  4;  -o»  führte  über  -('«  zu  y 
(vgl  oben  S.  108).  Im  Öak.  ist  auch  noch  die  Dinge  erhalten: 
zimi  (itok.  zlmB).  Ebenso  -as  im  Akk.  PI.  der  a-Stämme:  aksl. 
ryby,  also  wie  im  Gen.  Sg.,  daher  as.  9ily  Eiey.  Bl.  m  2  (ein 
anderesmal  ist  hier  der  Wortakzent  bezeidmet:  My  VII  18),  ai. 
äiväSj  got  gibös,  ahd.  gebä;  lit  dagegen  rankäs,  mit  neuem  ns. 

Weiter  mati  aus  ^tnatS  (vgl.  S.  59),  lit  mitS  aus  matSr 
(Abfall  des  r).  Im  lit  auch  akmü  aus  akmön,  gr.  aijdcJy,  Aet- 
ficivy  im  Slav.  ist  dagegen  (wie  im  Gr.)  das  n  geblieben:  kamy 
(y  aus  ön).  Es  war  aber  nicht  eine  Länge  Yon  drei  Moren  not- 
wendig. So  entsteht  geschleifte  Int  bei  der  Eontraktion  von 
zwei  yerschiedenen  kurzen  Vokalen:  Gen.  Sg.  der  o-Stämme  lit 
vtÖco,  s.  vuka  zum  Nom.  mk,  aksl.  dtkb,  r.  vöUca;  die  Endung 
war  hier  urspr.  -od:  lat  Onaivöd,  gr.  delph.  ßoinuoj  kret  rw-de 
,hinc';  das  -od  vielleicht  aus  -oed.  Wäre  das  -o  gestoßen,  müßte 
der  Akzent  im  lit  und  Slav.  auf  die  Endung  vom  Stamme  ver- 
schoben werden. 

Wurden  dagegen  zwei  identische  Vokale  kontrahiert,  bekamen 
sie  eine  gestoßene  Int:  aus  ne-esti  schon  urspr.  nisU,  slav.  nistb, 
ab.  -nie  mit  wiederholtem  ne-  (aus  nejsem,  nejsi  u.  s.  w.):  nenie, 
nb.  neni. 

Eine  Eontraktion  liegt  auch  vor  im  Dat.  Sg.  der  a-Stämme 
al  aus  a  +  ai:  s.  glavi,  ruci,  gegen  den  Lok.  Sg.  gldpi,  rüd,  wo 
das  ^  eine  gestoßene  Int.  hatte  (Langdiphthong  -ai,  vgl.  oben 
S.  61). 

Femer  in  dem  -Öls  des  Instr.  PI.  der  o-Stämme:  gr.  &eoigj 
lit  vilkals,  aksl.  vltky,  mqzi  (vgl  oben  S.  108),  im  S.  (bez.  Slov.) 
noch:  grichy  Eiev.  Bl.  III,  21;  IV,  4;  täesy  Hlb,  18. 

Geschleifte  Int  kommt  schließhch  regelrecht  bei  Eurzdiph- 
thongen  vor. 

Da   sie   also   wie  die   nrsprachl.  überlangen  (zweigipfligen)  Längen 


197 

behandelt  werden,  meinte  Petersen,  dafi  sie  im  Idg.  überlang  and  zwei- 
gipflig gewesen  wären ;  das  letzte  Element  des  Diphthonges  (j.  r.  n  u.  s.  w.) 
wäre  also  lang  gewesen  (KZ.  38,  S.  297  ff.)-  Allein  es  scheint,  daß  eine 
zweigipflige  Int.  ~  als  solche  mQssen  wir  die  geschleifte  ursprünglich 
auffassen  —  nicht  an  die  Dreimorigkeit  gebunden  war. 

Beispiele:  r.  girodb,  s.  gräd,  bg.  gradit,  b.  hrad,  lit  gar  das; 
r.  vAnmz,  s.  vron,  b.  vran,  Üt  vafnas;  aksl.  zqln  yZahn^,  &  9ub, 
bg.  zibht,  b.  zub,  lit  zambas;  aksl.  &^;  8.  lük,  bg.  {«A:»^,  b.  luk; 
8.  «iZA,  «liAa,  ^0;  öak.  aüh,  sOha,  süho,  lit  saüsas;  b.  cvljM,  bg. 
evefi/;  b.  kvit  jBlüte';  s.  svljd,  bg.  svetit,  b.  w^/  8.  düg,  bg. 
d^^^,  b.  ciliiA  ,Schald'  (urapr.  /). 

Durch  Intonation  bedingte  Akzentgesetze. 

FortunatoY  hat  einen  solchen  Akzentwechsel  fUr  das  Baltisch-Slay. 
angenommen  (seine  Hypothese  ist  am  besten  bei  Torbiörnsson,  Die 
gemeinslaT.  Liqnidametathese  I,  S.  50—68  auseinandergesetzt,  wo  sich 
auch  die  nähere  Literatur  befindet,  Tgl.  auch  BB.  22,  S.  186).  unab- 
hängig von  F.  ermittelte  Saussure  dieses  Gesetz,  aber  nur  für  das  Lit. 
(IP.Anz.  VI,  8.157—166).  Es  ist  weiter  ein  groAes  Verdienst  Meillets, 
daß  er  schon  eine  Beihe  von  Fällen  aus  dem  Slay.  aufgestellt  hat,  worin 
wir  das  Walten  des  Fortunatov-Saussureschen  Gresetzes  erblicken  mftssen 
(in  BeTue  crit.  1885  t  U.  8.  170ff.,  MSL.  IX,  8.  144;  6en.-acc.,  p.  177, 
zusammenfassend  dann  in  MSL.  XI,  S.  346 — 351,  dazu  noch  Afsl.  Phil. 
25,  8.  425-429). 

Die  Regel  lautet:  eine  ge8to£ene  Silbe  reißt  den 
Wortakzent  der  unmittelbar  vorhergehenden  an  8ichy 
wenn  diese  eine  schleifende  Länge  aufwies  oder  einfach 
kurz  war.    Belege  dafür  finden  wir  zunächst  bei  den 

a-8t  Verzeichnisse  derselben  bei  Leskien  (Unters,  über 
Quant  I B)  und  Brandt  (Naöert  slav.  aka,  S.  246£f:).  Hier  gibt 
es  viele  Worte,  die  paroxytoniert  sind,  wenn  die  erste  Silbe  ge- 
stoßen war,  z.  B.  r.  8ol6ma,  s.  dama,  b.  Mma.  Hat  aber  die 
erste  Silbe  eine  geschleifte  Int,  so  sind  solche  Worte  unserer 
Begel  entsprechend  immer  oxytoniert:  z.  B.  r.  barodd,  2ak.  bradc, 
]it  barzdä,  Akk.b€fizdq.  Ein  Typus  r.  *b6roda,  s.brcda  (lit. 
wäre  es  *bafda)  fehlt  ganz  und  das  ist  bezeichnend. 
Ebenso  z.  B.  r.  rukd,  2ak.  rüka,  lit  rankä  (dagegen  Gen.  ra^Ücos, 
weil  das  -os  eine  geschleifte  Int  hatte:  Ös).  Vgl  weiter  r.  zimd, 
iak.  zima,  Stok.  zlma,  lit.  ümä. 

Über  Worte  wie  r.  kosd,  öak.  koac  u.  dgl.  s.  bei  der  o-Dekl. 

Dagegen  können  die  mit  -ji  (slav.  ja)  gebildeten  Subst 
Paroxytona  sein,  weil  dieses  Suffix  geschleift  war,  vgl  lit  z.  B. 
garhe  ,EhreS  lit  äimi  (r.  zendjdj  s.  zhnüja  ist  unter  dem  Einfluß 


198 

der  früher  beBprochenen  Gruppe  entstanden).  Daher  s.  teea,  r. 
tjdza;  8.  iedja,  r.  zdida  yDurst*,  s.  9Üäa,  r.  süäa,  b.  vfia,  r.  i;^ia 
^üseS  8.  tvfdja,  r.  ^r^ria  Festigkeit'  u.  s.  w. 

Die  Hauptsache  ist,  dafi  hier  der  Akz.  aof  der  Stammsilbe  bleiben 
konnte,  obwohl  er  fallend  warde,  wie  die  s.  Beispiele  zeigen,  was  eine  spe- 
ziell Stok.  Erscheinung  ist.  Darüber  weiter  anten;  b.  heifit  es  daher  tue, 
»ou9€  («oMi),  also  mit  steigender  Int.,  p.  k^ta  .Begierde'  n.  s.  w. 

Allerdings  gibt  es  eine  Anzahl  von  s.  Worten  mit  kurzem 
Stammvokal  wie  kcra,  wo  wir  also  den  Ton  auf  der  letzten 
Silbe  erwarten.  Ihr  Yeizeichnis  gibt  Hirt  (Akz.  S.  247),  z.  B. 
bodva  ^reizack^y  dcba  ^dif^  gVota  Familie',  kara  ,Binde'  u.  s.  w. 
Es  scheinen  s.  Neuerungen  zu  sein:  der  Akz.  des  Akk.  Sg.  und 
des  Nom.  PI.  ist  hier  verallgemeinert  worden.  Das  ältere  weisen 
noch  andere  slav.  Sprachen  auf,  so  z.  B.  r.  kard  gegen  s.  l^a, 
ebenso  hg^korä;  r.pold,  bg.  pdä  gegen  s.pola;  bg.  tnamä  gegen 
s.  mctna;  r.  d<dä  gegen  s.  dcta. 

Adjektivische  o-Stämme.  Das  Adj.  nSf^o-,  n^-  war 
ein  Paroxytonon  (gr.  vifo-^  vißä-,  ai.  ndva,  ndvä).  Niditsdesto- 
weniger  lautet  das  Fem.  im  B.  natd,  N.  novo.  Dagegen  lautet 
der  Gten.  Sg.  m.  niva  (erhalten  in  Növa-giroda),  weil  das  a  hier, 
wie  wir  sahen,  geschleift  war.  Dieser  Prozeß  gab  dann  die  Ver- 
anlassung zu  Neuerungen.  Zu  dem  N.  nivo  bildete  man  unter 
dem  Einflüsse  des  Fem.  eine  neue  Form  novo. 

Bei  vielen  Adjektiven  behauptet  sich  die  arspr.  Form  nur  im  Ad* 
verbiom,  welches  hier  das  ftltere  bewahrt.  lit.y^ro«,  Vem.g€rä;  lit.&dM#, 
bü9ä,  r.  bo$t,  bo9d,  fttffo,  Sak.  6o#,  6S«a,  ÜoeOf  s.  6o#,  böia,  bögo;  lit  geita$, 
r.  «ft»,  ieUd,  UU6  (Üfto),  Sak.  m,  mc,  »S,  s.  MSi,  Ma,  lUio;  üt.  saUas, 
$au$ä,  r.  #iieA»,  mehd,  süeho,  Sak.  tühj  iüka,  mM,  s.  tvA,  nSAa,  niho. 

Im  S.  ist  bei  langen  schleifend  betonten  Warzelsilben  der  Akzent 
des  Fem.  aof  das  N.  ausgedehnt  worden:  dem  lit  kreiva$  entspricht  s. 
krUfü,  krivo  (r.  krivd,  krivo). 

War  der  Stamm  kurz,  ist  manchmal  der  Akz.  des  N.  auf  das  Fem. 
ausgedehnt  worden:  s.niva,  novo  gegen  ghla^  gölo;  s.  hrom,  hroma,  hrlmo, 
r.  eArofn»,  ekromdj  ehr&mo;  s.  proti,  proMta,  proito,  r.  prath,  proitäj  pr6Ho 
(vgl.  Hirt,  Akz.  8.  269)  u.  s.  w.  Es  sind  hier  vielfach  Neuerungen  in- 
folge der  Analogie  anzutreffen.  Aber  bei  alledem  haben  wir  in  s.  Dia- 
lekten noch  etwas  sehr  Altes  und  zwar  speziell  im  ragnsanischen  DiaL 
Die  Adj.  zweisilbigen  Stammes  (Beietar  8.  114)  mit  altem  langen 
Wurzelvokal  (also  schleifende  Int.)  haben  bei  Vuk-Dani2iö,  wie  bei  den 
Ozrini^i  und  im  Dialekt  von  PrSan  in  allen  Formen  der  unbest. 
DekL  alte  Endbetonung:   hlSg,  biägo,  hUga,   Plur.  hUgi,  bidga,  hläge; 

ÄW^I    «^VvVa     9Pvwv§     U«     O«     Wr « 

Dagegen  in  Bagusa  hat  nur  der  Nom.  Sg.  fem.  und  der 


199 

Nom.  Akk.  PI.  neatr.  Endbetonang:  drSg,  drago^  dräga^  dragiy  driga^ 
drage.  So  auch  hft,  glüh,  grub,  gtUt,  ST«,  Arto,  näSd,  puH,  $vH,  9uh,  tofd, 
tyep,  fUjem,  äffed,  und  #am  .aelbst*.  Es  ist  nrslay.,  da  es  neben  dem  Öak. 
auch  noch  im  B.  (siehe  oben)  wiederkehrt. 

In  dem  Verzeichnis  der  dreisilbigen  Snbst  bei  Brandt 
S.  268  £  wird  man  nie  Anfangsbetonmig  finden,  wenn  die  An- 
fangssilbe kurz  oder  geschleift  lang  und  wenn  die  darauf  folgende 
Silbe  gestoßen  war,  wie  z.  B.  s.  piöat,  r.  peö&tt;  s.  gbvedo,  r. 
*govjddo  in  govjddina,  bg.  gavUo;  s.  Idpata,  r.  lopdta  u.  s.  w. 

Sonst  finden  wir  sie,  wenn  z.  B.  beide  Silben  kurz  sind:  s. 
govar,  jezero  \l  s.  w.  oder  wenn  die  erste  Silbe  gestoßen  war: 
s.  devSr,  meOe,  jägoda,  üsina  \l  s.  w. 

Hierher  vielleicht  auch  r.  cet^e,  s.  oHiri,  wenn  man  es  mit  lit. 
kiturü  (Akk.)  und  gr.  xiaooQts  yergleicht. 

Die  Endung  ^  (vr^m^  ist  auf  ^  zurückzuführen,  daher 
werden  wir  auch  hier  die  Verschiebung  bemerken  (Meillet,  Afisl. 
Phü.  25,  S.  425f.). 

Das  -<f  der  1.  P.  Sg.  geht  auf  -am  zurück  und  hatte  infolge 
dessen  gest.  Int.  Daher  wirft  hier  eine  ganze  Reihe  von  Verben, 
die  im  B.  im  Präs.  Paroxytona  sind,  den  Akz.  auf  die  Endung 
zurück.  Natürlich  handelte  es  sich  zunächst  um  solche  Verba, 
deren  Stammsilbe  entweder  kurz  war  oder  lang  mit  einer  ge- 
schleifl»n  Int  Also  z.  B.  derzü  aber  diriüh,  terpljü,  aber  tSrpiät, 
plaöü  -—  pUUiät;  vjazü  —  vjdzeit ;  tonü  —  tineäh;  naiü — nösiib  (vgl. 
Boyer,  Acceni  du  verbe  r.,  p.  466).  Entsprechend  finden  wir 
im  S.  hd6u  gegen  hoM  (ib.  430).  Die  Regel  ist  also  gemein- 
slay.  Daraus  müssen  wir  schUeßen,  daß  das  q  die  einzige  Präsens- 
endung war,  die  eine  gest  Int.  hatte.  Nur  dort,  wo  die  betonte 
Silbe  immer  eine  gest.  Int.  hatte,  ist  der  Akz.  nicht  yerschoben 
worden,  daher  byvdju,  umeju,  torgüju,  s.  trgujßm  mit  kurzem  u, 
welches  die  gestoßene  Int  verrät 

Vgl.  Meillet  MSL.  11,  8.  346  nnd  FortanatoT  Kritik,  razbor»  .. 
Uljanoya.  1887.  8.  62,  wo  er  in  der  Anmerkung  gemeinslav.  v€zq,  russ. 
vMti,  lit  vetü  80  erkl&rt.  Aber  gerade  dieses  Beispiel  ist  nicht  glücklich 
gewählt,  denn  wir  haben  auch  vetih  wie  berth,  vßtHt  u.  s.  w.,  daher  hier 
wohl  keine  Akzentverschiebang  nach  anserem  Gesetze,  sondern  eine  Ver- 
allgemeinerang  des  Tjpas  ai.  »phurd,  gr.  M-  n.  s.  w.  Torliegt. 

Den  themat  Vokal  -f-  der  Verba  III.  El.  2.  Gr.  halte  ich 
im  Gegensatze  zu  Meillet  (MSL.  11,  S.  347)  für  gestoßen, 
denn  im  Sg.  geht  es  auf  ein  H  (Langdiphthong)  und  im  Fl.  auf 
i  zurück,  also  in  beiden  Fällen  mußte  daraus  ein  gest  urslay.  i 
entstehen. 


200 

Also  urspr.  8g.  irpÜ-mi,  -Ä-«t,  -^(41, 
PL  trpinUs,  trpl'Uf  -vnti. 

War  also  die  vorhergehende  Silbe  kurz  oder  geschleift  lang, 
mußte  das  %  den  Akzent  auf  sich  ziehen,  und  wir  sehen  auch, 
dafi  das  %  hier  regelrecht  betont  ist:  r.  bolju,  bolüt,  bolttb;  garjü, 
gorUb,  garÜb;  gljcu^ü,  gladtit,  gladttb;  leiü,  lezÜh,  leitth;  bofüsb, 
bojUMja,  bojÜsja  u.  s.  w.,  nur  smotrett,  terpett,  deridtt  wechseln 
den  Akzent:  1.  P.  nach  der  Regel  snudrjü,  terpljü,  deriü,  aber 
in  den  übrigen  Pers.:  snMriib,  UrpÜb,  diriiSt  u.  s.  w. 

M.  h&lt  dies  (^1.  c.)  für  die  ältere  Betonung,  die  den  Verbis  der 
3.  Konjng.  zukam,  da  das  t  geschleift  w&re;  allein  das  ist  nicht  richtig. 
Die  Betonung  der  erwähnten  drei  Verba  ist  offenbar  dem  Einflüsse  einer 
großen  Gruppe  der  Verba  der  lY.  Klasse  (wie  proiu^  pr^siib  u.  s.  w.)  zu- 
zuschreiben. 

Wo  in  der  ersten  Silbe  eine  gestoßene  Länge  vorhanden 
war,  da  bUeb  der  Akz.  auf  dieser  Silbe:  vfeu,  vtdiit,  vldüh  u.s.  w.; 
sl^hi,  shjiiib,  sl^äüz;  so  auch  s.  tMi,  ostbg.  vidi,  vldiS,  vüh,  vMä 
(Leskien,  Afel.  Phil.  21,  S.  9)  und  im  Dialekt  von  Sofia:  vldim, 
vidü  (S.  7). 

Sonst  bei  anderen  Verben  im  S.  auch:  tfpl,  dHi,  vHl;  Hvlrn, 
zivU  u.  s.  w.  zu  Hvjeti.  M.  hat  diese  Betonung  durch  den  Ein- 
fluß des  Inf.  erklärt  Was  den  Inf.  anbelangt,  geht  das  e  auf 
ein  S  zurück,  daher  hatte  es  eine  gest.  Int  und  es  mußte  der 
Wortakz.  unter  den  bekannten  Bedingungen  darauf  nicken.  Im 
B.  tatsächlich:  velett,  bolett,  garett,  smotrett,  sidkb,  terpett,  derzdtt, 
kridätt  u.  s.  w.  Nur  wenn  die  Stammsilbe  auch  gest.  Int.  hatte, 
blieb  der  Akz.  auf  derselben:  videit,  sl^äatt,  s.  vldjeti,  dUati,  r. 
zcHDÜetb  =  s.  vlajeti,  s.  Harjeti,  d-miljeti,  vgl.  auch  lit  pa-vtfd^i, 
pchv^dzu  ,beneiden^  Sonst  im  S.  auch  görjeti,  zUjeti,  hUöati, 
kriöati,  tfpjeti  u.  s.  w. 

Im  Inf.  sehen  wir  dasselbe  auch  im  Lit  Das  <f  ist  immer  betont, 
wenn  die  Torhergebende  Silbe  eine  geschleifte  Int  hatte  z.  B.  avHi,  Ist 
die  Torhergehende  Silbe  gest.,  so  betonen  die  Yerba  bald  diese  Silbe, 
bald  das  e  z.  B.  imirditi  {smlrdiu),  aber  k6$4ti. 

Wäre  das  i  der  lY.Eonj.  aus  den  Inf.formen  ins  Präs.  ein- 
gedrungen, wie  Brugmann  meinte  (Grundr.  II  S.  1144),  so  müßte 
hier  dieselbe  Erscheinung  auftreten,  die  wir  bei  der  III.  Eonjug. 
beobachtet  haben,  denn  das  i  des  Inf.  war  gest,  vgl.  lit  var^i. 
Wir  bemerken  hier  aber  etwas  anderes.  Bei  den  Iterativen  und 
Kausativen,  die  hier  zunächst  in  Betracht  kommen,  ist  der  Akz. 
beweglich:  in  der  1.  P.  Sg.  auf  der  letzten  Silbe,  in  den  übrigen 


201 

aaf  der  vorletzten,  also  r.  voiü,  podüt,  vöditb;  noiü,  nMi^,  nösüb; 
proäü,  pr68Üb  tu  s.  w.;  diozü,  chödüh . . .;  buiü,  büilüh  . . ./  IjMjü, 
IjübUb  . . .  u.  8.  w.  (Boyer  8.  37);  s.  nösiii,  nosim,  filosii,  nosi, 
noOmOf  nosUe,  nosS.  Die  1.  P.  Sg.  ist  also  nach  den  übrigen 
ausgeglichen.  Ebenso  vMüi,  gbnüi,  disM,  midüi,  hbdüi  (Daniöi<^ 
8.  51—52).  Bei  den  Denom.  ist  der  Akz.  entweder  fix:  r.  go- 
stüb  :  goidü,  gostüb;  veseljü,  vesdUh,  vesdttb;  govorjü,  gavarUt, 
gavarüb;  nur  wenige  davon  gehen  nach  der  1.  Gruppe:  zenüt, 
zenju,  ziniH;  kupljü,  küpUb.  Man  muß  überhaupt  sagen,  daß 
die  Denom.  eher  die  Akzentuation  derlter.  und  Kaus.  annehmen; 
das  Umgekehrte  bemerkt  man  äußerst  selten.  Oder  richtet  sich 
der  Akz.  überhaupt  nach  dem  Nomen:  gct4vühf  vgl.  gotAvyj,  und 
bleibt  dann  fix. 

Wir  sehen  demnach,  daß  hier  das  i  anders  auf  den  Akz. 
einwirkt  als  bei  der  III.  Eonj.  2.  Gruppe:  es  war  also  wohl  ge- 
schleift Wenn  wir  auch  für  das  Urslar.  eine  ältere  Eonj.  ^todüeri, 
*vodSj^i  XL  s.  w.  voraussetzen,  so  konnte  sie  von  trpii-si,  trp^i 
beeinflußt  worden  sein,  so  daß  ein  ^vodH-^,  *vo(Uäi,  das  jedoch 
eine  geschleifte  Int.  hatte,  zu  Stande  kam.  Diese  geschleifte  Int. 
könnte  etwa  so  erklärt  werden:  So  wie  es  von  o-St.  Verba  wie 
biU-ti,  bilej(f  gab,  von  u-St.  ein:  *cätuxäm  u.  s.  w.  (vgl.  in  der 
Stammbildungslehre),  das  zu  cäujq  führte,  ebenso  entstand  z.  B. 
aus  dem  i-St.  gostb  ein  ^goMi-ißsi,  ^gostSi-xeti  u.  s.  w.  Hier 
hatte  das  H  als  Langdiphthong  eine  gest.  Int.  Unter  dem  Ein- 
flüsse von  irpti-si  u.  s.  w.  wurde  auch  ^gosUi-iesi  zu  ^go8t^, 
mußte  aber  wegen  der  hier  vorgenommenen  Eontraktion  eine  ge- 
schleifte Int  bekommen  (eine  gest  Länge  wird  durch  Dehnung 
geschleift).  So  auch  *vodeiti  u.  s.  w.  Dann  konnten  sich  die 
beiden  EQassen  auch  hinsichtlich  der  Quantitäten  beeinflussen. 
Im  B.  drang  das  f  der  III.  Eonj.  2.  Gr.  auch  in  die  lY.  Eonj. 
ein  und  im  8.  umgekehrt. 

Auch  das  i  des  Imper.  Zunächst  bei  der  III.  Eonj.  r. 
terpi,  derü,  terpüe,  derUte;  8motr{,  smatHte  (stnoirkt).  Mit 
Bücksicht  auf  ein  *dadjs — dadUe  können  wir  hier  etwa  *trpi'ß, 
wobei  das  i  eine  gest  Int  hatte,  im  Plur.  *trpi'4te  ansetzen. 
Nach  dem  Verhältnis  *vedS  (später  vedi) :  vedHe  entstand  dann 
auch  *trpi :  *trpite,  wobei  im  Plur.  das  i  wahrscheinlich  geschleift 
betont  war  (Eontraktion  zweier  langer  Vokale).  Da  sich  beim 
Imper.  der  PI.  meist  nach  dem  Sg.  richtet,  drang  die  gest  Int 
auch  in  den  PI.  ein.    Analog  wohl  auch  bei  der  IV.  Eonj«,  daher 


202 

attchr.  no^ — noMe,  Ifubi—ljubÜe,  chodi — chodüe,  vodi — vodüe; 
80  auch  im  8.  ndsi  —  n&süe,  vbdi  —  vMüe,  gbni — gdnüe,  hödi  — 
hddüe.  Im  S.  mußte  das  i  natürlich  verkürzt  werden,  ygl.  spl, 
splmo,  spUe;  Üvi,  Uvüe;  üdi,  üdUe.  Dagegen  wenn  die  erste  Silbe 
eine  gest  Int  hatte:  s.  vUi  —  vlaite;  vidi,  tüdimo,  vldite  (im  Präs. 
dagegen:  vUM,  vldimo,  vtdUe);  stcri  u.  s.  w.  zu  starjeti.  Vidi 
ist  freilich  eine  jüngere  Bildung  (vgl.  aksl.  vizdt),  aber  es  setzt 
jeden&lls  den  urspr.  Akz.  voraus. 

Nun  hatte  aber  die  Mehrzahl  der  übrigen  Imper.  im  Aus- 
laute eine  geschleifte  Int.,  so  insbesondere:  aksl.  vedi  —  vedite, 
dtigni  —  dvignite,  kazi  —  hmU,  wie  uns  das  lit.  zeigt:  U-suke 
(Endbetonung  hier  speziell  lit.),  also  aus  -oll.  Unter  dem  Ein- 
flüsse der  fiüher  erwähnten  Imper.  der  HE.  Kl.  2.  Gruppe  und 
der  lY.  Kl.  drang  auch  hier  die  gest  Int  durch  und  so  wurden 
auch  diese  Formen  bei  den  angegebenen  Bedingungen  endbetont. 
Daher  die  r.  Begel,  daß  der  Imper.  denselben  Akz.  hat, 
wie  die  1.  P.  Sg.  Präs  ,  denn  hier  hatte  das  urslav.  q  (aus  dm), 
wie  wir  sahen,  ebenfalls  eine  gest  Int:  nesi — nesUe  (nesü)  gegen 
dtinb — dtinh-ieidvinu);  mirzni  —  inirxnite(mirznu);  zndj — znd^ 
(zndju);  vjazi — vjazite{tj<»zü);  dümaj—dümaßeidümaju);  hUej— 
beUjte  (bäeju);  sidi  —  sidite  (9Üü)  u.  s.  w. 

Auch  im  S.  war  der  Imper.  in  der  Regel  entbetont:  plHi  — 
plkite;  vizi  —  vizite;  grhbi  —  gr^büe;  pid  —  pecüe;  kUni  —  kunUe; 
mrl  —  mrUe;  timi  —  tiniie;  nösi—nösüe  (Präs.  nosim,  noM,  nosi 
. . .);  Uvi  —  Uvimo;  püi  —  piMte. 

Im  B.  maßte  das  i  des  Imper.  einmal  lang  gewesen  sein,  da  hier 
gest.  Längen,  die  den  Wortakzent  haben,  erhalten  bleiben.  Fflr  diese 
Länge  spricht  die  Verkürzung  des  langen  Stammvokals,  was  eben  wieder 
vor  einer  Länge  stattfand :  es  entstand  aus  einem  *piit,  *pUtte  ein  *piit, 
*piHte,  ebenso  *chrali,  *ehvalüe.  Als  aber  der  Akz.  auf  die  Anfangs- 
silbe verschoben  wurde,  da  wurden  die  Längen  in  nachtoniger  Silbe  nicht 
selten  gekürzt;  so  auch  hier,  daher  tib.ehvaii  —  ehvaliU;  püi^  pisite,  dann 
ehval  —  ehvalte,  pii  —  puU 

Im  S.  hat  diese  Verkürzung  des  Stammvokals  jedenfalls  auch  statt- 
gefunden, so  daB  die  Längen  in  vHi  —  veiüt\  Uoi  —  Hnimo;  pUi  —  pUiU\ 
lufÜ  —  kdiUe  wohl  erst  später  wieder  eingedrungen  sind. 

Endbetont  sind  solche  Imper.  auch  in  den  Kiever  Bl.:  prit»ri  II 19; 
utvrtdi  VIb  19—20;  sttvori  Vllb  15;  zaiciii  VUb  23;  w^i  Ib  11.  Da- 
neben finden  wir  hier  aber  auch  das  Zeichen  der  Länge:  prixMrt  IVb  9; 
priimt  III b  2;  prttni  VIb  10  und  primi  VIb  18.  Da  die  Abschrift  von 
einem  Serben  herrührt  und  da  dieser  die  Zeichen  vielfach  seiner  Mutter- 
sprache entsprechend   gesetzt  zu   haben   scheint,   so   sind    diese  Längen 


203 

schwer  zu  beurteilen.  Damals  waren  die  betonten  gest.  Längen  im  S. 
wohl  schon  Terkürst.  Entweder  ist  hier  also  das  Qaantitfttszeichen  mit 
dem  Akzentzeichen  yerwechselt  oder  ist  es  noch  der  Beflez  des  Originals. 

Da  das  »  des  Inf.  nasiti  auf  ein  langes  i  zurückgeht,  also 
eine  gest  Int.  hatte  (vgl.  lit  sak^i  ^gen'),  so  mußte  auch  hier 
der  Akzent  verschoben  werden  (schon  Saussure  hat  laihjti  aus 
*lavkyt%  im  Gegensatz  zu  rdizyti  abgeleitet).  Man  braucht  nur 
die  Verzeichnisse  bei  Daniöic  (Akcenti  u  glagola  §  22,  30  und 
37)  anzusehen.  Wo  ein  geschleifter  Vokal  vor  dem  %  vorhergeht, 
rückt  der  Wortakzent  auf  dasselbe:  r.  goMt  (3.  P.  Sg.  Fräs. 
gdsitb),  s.  gäsäi  (Präs.  gäal);  r.  palüt,  s.  pölUi  (Priis.  pcili);  r. 
davüt,  s.  ddMi  (Präs.  dävi);  vgl.  noch  s.  ndsÜi,  vddüi,  hödüi 
u.  s.  w.,  r.  nostttf,  budüt,  vozttt  u.  s.  w.  (überhaupt  primäre  Itera- 
tiva  und  Eausativa). 

Dagegen  grabiti  (Präs.  grabt) ;  blavitt  (Präs.  ftSot),  Mlaviti^  pQvüi,  iaxiti. 
viläi  u.  s.  w.,  wo. das  a  eine  gest  Int.  hatte  (ygl.  Meillet,  MSL.  11^ 
S.  347,  hier  gibt  er  auch  zn,  dafi  das  r  der  IV.  Konj.  geschleift  war:  s. 
noMtm,  goBJm,  bavim  a.  s.  w.,  vgl.  MSL.  9,  S.  144). 

Auch  dasa  der  Verba  der  V, Klasse  geht  auf  eineiige 
(ä)  zurück  und  hatte  demnach  eine  gest  Int,  was  auf  den  Akz, 
nicht  ohne  Folgen  blieb. 

Das  bemerken  wir  zunächst  bei  Y.  Kl.  2.  Gr.,  wo  der  Inf. 
endbetont  ist  Allerdings  sind  hier  auch  infolge  der  Analogie- 
bildimgen  Störungen  eingetreten,  so  daß  wir  unter  den  Yerbis 
auch  solche  mit  gest  Int  im  Stammvokal  finden  wie  z.  B.  r. 
kazdU,  b.  kdeu,  kdzati  (s.  kaUm,  kazei  ist,  wie  wir  sehen  werden, 
sekundär).  Der  Akzent  erscheint  verschoben  z.  B.  bei  r.  öesätb- 
{deiü,  dÜeH),  s.  diaati  {SÜm,  ieiii);  inetüt  (medü,  nUdeib),  s. 
mHati  (meöSm,  medii);  vjazitt  (vjaeü,  vjdzeit),  s.  vSzati  {vezSm^ 
vez&f);  gloddit  {gloiü,  glöeeit),  s.  glbdati  {glodjäm,  glodßi);  ordtt 
(arfü,  ireib),  s.  ärati  (orSm,  orSi);  pisätt  (püü,  piieH),  s.  püati 
(piiim,  piai);  lizdtt  {lüü,  lüei),  s.  lizati  {lizm,  lizSä). 

Im  S.  ist  dSi^m  kazSm  u.  s.  w.,  also  der  Akzent  der  1.  p.  sg. 
sekundär  (vgl  Boyer  S.  430—431). 

Dagegen:  prjdtatt,  prjadü  ,verbergen';  rezixth  rem,  s.  rezati; 
mdzath,  tnäzuj  s.  tnazati;  pläkatb,  plädu,  s.  pläkati;  kUkaih,  kUdu; 
9ypaithj  sj^ju,  s.  Apati  —  dann  mit  zweifachem  Präs.:  r.  kdpath, 
kdplju  und  kapaju,  s.  kapati;  kräpath,  krdplju  und  kräpaju; 
dvigatb,  dvtzu  und  dvigaju.  Wie  schon  Boy  er  S.  22  (432)  be- 
merkt hat,  ist  bei  allen  diesen  Verben  der  Stammvokal  lang  und 
gestoßen,  daher  hat  nicht  eine    Verschiebung    stattgefunden. 


204 

Vgl.  noch:  r.  bdjatt,  bdju,  s.  bajati;  r.  kdjatt-sja,  kdjusb,  s.  kcjati 
86;  Idjath,  Idju  ,bellen*,  s.  lajati;  tdjath,  tdju  ^chmelzenS  s.  täjati; 
chäjatb,  chdju  jblämer*,  s.  hajati;  ddjath,  ddju,  s.  öajati  (Vuk); 
auch  sejatb,  seju,  s.  sljaii;  d&jath,  düju  s.  aber  düjati. 

Die  Denom.  haben  meist  den  Akz.  des  Nomens:  igritb  nach 
igrd;  deUxtb  nach  delo;  obedixtb  nach  6bed^  (nur  wenige  Aus- 
nahmen, wie  laskdth,  obzwar  Idska;  uzasdib,  obzwar  üzash). 

Die  Iterativa  betonen  im  R.  immer  das  a:  pletdth  zu  plesti; 
naöindtt  zu  naödth;  —  birdth  zu  braib;  —  gibdtb  zu  gümutb; 
kraädth  zu  krdsüt;  gotovljdth  zu  gotivüh;  byvdh  zu  btfth;  bivdit 
zu  bäh  u.  8.  w.  Nur  die  auf  yvcsth  nicht:  püyvatb  zu  pisdth; 
dümyvatb  zu  dümath;  —  igryvatt  zu  igrdtt;  torgivyvath  zu  tor- 
govdth;  chdzivatt  zu  chodfth  u.  s.  w.    Das  sind  spätere  Bildungen. 

Auch  das  S.  setzt  die  Betonung  des  a  voraus:  püati  (pitam, 
pitaS  ....  pttajü) ;  bddati,  birati;  vlddati,  vrdöati;  gdnjcUi,  dimati 
se,  kdrati,  Ittati,  mißSati  (im  Osten  mtiatij^  stüpati,  zcMjati, 
umivati  u.  s.  w.  Die  Endbetonung  wurde  auch  dort  oft  verall- 
gemeinert, wo  der  Stammvokal  gest.  war,  denn  daran  kann  wohl 
nicht  gezweifelt  werden,  daß  er  bei  Bildung  von  Iter.  gedehnt 
wurde  und  infolge  dessen,  falls  er  urspriinglich  kurz  war,  eine 
gest.  Int  hatte.  War  er  lang,  kamen  die  oben  S.  194 f.  ange- 
gebenen Dehnungsgesetze  zur  Geltung  z.  B.  b.  vdzeU,  hdzeti  u.s.w. 
prddati,  s.  predati,  predäm,  r.  prjddath,  prßdaju.  Das  entepricht 
auch  dem  lit.  brydau,  -oti;  dr^bau,  -ati;  klybau,  -oti.  YgL  noch 
r.  pidatbj  begath  und  hauptsächlich  ki&njatbsja,  düäath,  kAiatb; 
s.  (Daniöic  §  54  S.  78):  gledati  —  gledäm;  blrati,  bßgati, 
vjeäcUi,  vrädati,  zlbati,  klanjati,  kukUi,  Ißvati,  padati,  puMati, 
sßdati,  slüäati  und  stUcdi  stUäm  ,prüfen<,  hvatati,  zä-imati. 

Daß  der  Akzent  in  den  oben  erwfthnten  Fällen  verschoben  wurde, 
nimmt  auch  Pedersen  an.  Daffir  spreche  der  Umstand,  dafi  die  Par- 
tizipia  der  Yerba  auf  -^t  Anfangsbetonnng  haben:  9hbutmmj\  kupannyj 
^gebadet',  s.  iüvän,  p%8än,  gegen  skazätt,  kupäju,  wo  der  Akzent  ver- 
schoben ist  (KZ.  38,  S.  379). 

Über  die  Iteratiya  ygl.  noch  in  der  Stammbildungslehre 
(Stämme  der  V.  Klasse). 

Die  Nasalpräsentia  (Yerba  der  ü.  Klasse)  hatten  ur- 
sprünglich An£angsbetonung.  Bei  geschleifter  Int.  der  Wurzel- 
silbe mußte  in  der  1.  P.  Sg.  und  im  Inf.  (ygl.  b.  -nouti,  p.  -nqS, 
8.  nidi)  eine  Akzentyerschiebung  eintreten :  s.  v^mUi,  Präs.  vfnem; 
r.  gljanü,  gljdneih,  Inf.  gljanüth  ,sehen<;  s.  tbnuti,  r.  tomith  {tonü, 
iineSb)  u.  s.  w.  (ygl.  Pedersen,  KZ.  38,  S.  341  f.). 


205 

Auch  das  i  des  Inf.,  den  wir  oben  8.  62  als  einen  alten 
DaÜT  gedeutet  haben,  hatte  urspr.  eine  gest.  Int,  daher  r.  netH 
=  s.  nisti,  r.  vjazU  »»  s.  vidi;  r.  mesti,  s.  mMi,  dagegen  s.  bUi, 
b.  b^i,  lit  büti;  r.  molitb  —  s.  ndjetu 

Andere  Fälle  dieser  Akzentverschiebung  werden  gelegentlich 
noch  erwähnt  werden,  so  z.  B.  in  r.  torgüju,  s.  trgujSm  (ygl.  in 
der  Stammbildungslehre  bei  der  YL  Konjug.). 

Auf  eine  andere  AkzentTersehiebang  macht  Pedersen  aufmerksam 
(KZ.  38,  S.  307).  FallB  die  Lage  der  Gipfel  dabei  entscheidend  wftre, 
80  müfite  der  Effekt  einer  geschleiften  Int.,  die  im  Slav.  eben  mit  einem 
Gipfel  anbebt,  derselbe  sein,  wie  wenn  zwei  kurze  Silben,  von  denen  die 
erste  den  Wortakzent  hatte,  vor  eine  gestoßene  zu  stehen  kamen,  wie 
z.  B.  r.  UpMU  tr^pMU  und  1.  Sg.  Upelu,  trepeieü,  3.  P.  tep^etb  ,lalltS 
irtpHeHh  «zittert'  (Tgl.  r.  Up0U  ,das  Lallen*,  s.  tripU  ,zittern',  ir^dem); 
weiter  r.  fem.  vsseU,  teUnä  deievd  gegen  Masc.  p^m/»,  zdimt,  djöiev», 
Damach  wflrde  ^[-^  zu  ^^|-<-,  wenn  —  eine  gest.  Länge  bezeichnet. 
Aber  diese  F&lle  erinnern  uns  so  stark  an  die  früheren  AkzentTerschie- 
bungen  von  der  unmittelbar  Torhergehenden  Silbe,  dafi  es  sich  hier 
offenbar  nm  analogische  Erscheinungen  handelt. 

Auch  noch  ein  anderes  Intonationsgesetz  will  Pedersen  gefunden 
haben  (1.  c.  S.  333):  aus  — c  werde  jl_,  d.  h.  folgen  zwei  Längen  mit 
gest.  Int.  unmittelbar  auf  einander  und  hat  die  zweite  den  Wortakzent, 
so  gebe  sie  ihn  an  die  Torhergehende  Silbe  ab.  So  erklären  sich  lit. 
Instr.  gäloa,  Akk.  PI.  gdka*  (hier  war  a#  im  Lit.  gestoßen,  Tgl.  ranka$ 
aus  rankafu  sekundär  nach  -ons)  gegen  Gen.  8g.  galvös.  SlaT.  r.  dohtS, 
PI.  aber  nach  diesem  Gesetze  dolnia  (ä  hatte  gest.  Int.,  da  es  düs  ä  der 
a-8tämme  ist);  gnhdö-^itda.  Sonst  sieht  man  hier  freilich  eine  alter- 
erbte Eigentümlichkeit  und  wohl  mit  Becht;  Tgl.  damit  vivQov^nvQ'^, 
dann  f^noog-f^n^^  ^-  b.  w.  Weiter  auch  r.  rog,  gen,  röga^  Plur.  rogd^  also 
wieder  mit  einer  AkzentTcrschiebung  (Tgl.  Meillet,  Introduction  k 
Tetude  comp.  u.  s.  w.  S.  297).  Im  SlaT.  ist  diese  Eigentümlichkeit  auf 
alle  Neutra  ausgedehnt  worden :  r.  pir^i,  PI.  pjora ;  dann  mi$lo^  Fl.  meitd ; 
stddo  und  stadd\  pho  und  pivä;  dtero  und  ozerä.  Sonst  aber  wäre  ein 
derartiges  Gesetz  nicht  unmöglich. 

Das  Verhältnis  der  slav.  Int  zur  lit.  Mutmaßliche 
Begründung  ihrer  Einwirkung  auf  den  Akzent. 

Wie  schon  erwähnt,  bilden  die  slav.  Intonationen  einen 
Gegensatz  zu  den  lit  Es  hat  schon  im  J.  1880  Fortunatoy 
(A&l.  Phil.  4,  S.  678)  konstatiert,  daß  dem  slav.  fallenden 
Ton  im  lit  der  steigende  (geschleifte),  im  Lett  der  gest., 
dem  slav.  steigenden  im  lit  der  fallende  (oder  gest),  im 
Lett  der  gedehnte  entspricht:  r.  vdrom,  s.  vrän,  b.  vran,  lit 
vafnas  ,Babe';  r.  zUoto,  s.  zlato,  bg.  zUxtb,  b.  zUxto^  lett  ze^Us 
,GoldS  dagegen  r.  vwina,  s.  vrana,  b.  vräna^  lit  vdma  ,Erähe'; 


206 

r.  bolöto  ySumpf,  s.  bloto  ^See,  Morast^  bg.  bUUo,  b.  bldto,  lit 
bdltas  ,weißS  lett.  bälts  (vgl.  noch  AfeL  Phil.  11,  S.  570,  dann 
BB.  22  S.  186,  Anm.  1).  Wenn  wir  ein  ä  eis  cm  auflassen  und 
den  jeweiligen  Gipfel  der  Intonation,  d.  i.  den  Moment  der 
höchsten  tonischen  Intensität,  mit  '  auf  der  betreffenden  Hälfte 
des  langen  Vokals  bezeichnen,  so  erhalten  wir: 
geschleift:  slar.  da  (fallend)  lit.  ad  (steigend,  geschrieben  d) 

gestoßen:  slar.  cui  (steigend)  .,.  ht  da  (fallend,  geschrieben  d) 
Saussure  hat  bekanntlich  sein  im  Lit  konstatiertes  (besetz 
auf  Grund  der  speziell  lit  Int  abgeleitet  imd  als  den  Grund  der 
Akzentverschiebung  die  unmittelbare  Nähe  zweier  Tongipfel  an- 
gegeben (vgl.  IP.  Anz.  VI  S.  157—166).  Dieser  Umstand  würde 
es  begreiflich  machen,  daß  statt  einer  geschleiften  Silbe  auch 
eine  kurze,  betonte,  vorhergehen  kann  und  der  Effekt  ist  derselbe, 
eben  weil  auch  hier  zwei  Gipfel  zusammenstoßen.  Das  Gesetz 
gilt  aber  auch  fürs  Slav.,  wir  wir  sahen;  ja  Portunatov  hat 
seine  Wirksamkeit  schon  in  die  lituslav.  Periode  versetzt.  Das 
ist  aber  nicht  wahrscheinlich,  weil  es  sich  z.  B.  im  Slav.  selbst 
in  solchen  Bildungen  zeigt,  die  erst  auf  slav.  Boden  ihre  Int. 
änderten,  wie  im  Imper.  r.  nesi,  nestte.  Die  Verschiebung  fand 
also  erst  auf  lit  bez.  slav.  Boden  statt  Dann  aber  kann  der 
Grund  nicht  in  der  Nähe  zweier  Tongipfel  hegen;  im  Slav.  liegen 
sie  ja  in  diesem  Falle  (1.  Silbe  geschleift,  2.  Silbe  gestoßen)  ganz 
auseinander.  Daher  suchte  Gauthiot  diesen  Gegensatz  zu  über- 
brücken. Er  spricht  auch  der  Ut  geschleiften  Int.  Zweigipfligkeit 
zu  (MSL.  11,  S.  345).  Aber  man  kommt  auf  diese  Art  nicht 
ans  Ziel.  So  verfiel  man  auch  in  das  andere  Extrem  und 
meinte,  daß  nicht  die  Nähe  zweier  Tongipfel,  sondern  ihre  Ent- 
fernung für  den  Wortakzent  eine  »position  critique«  schaffe,  so 
daß  eine  Verschiebung  eintreten  müsse.  Aber  auch  das  kann 
nicht  richtig  sein,  weil  im  Slav.  auch  bei  einer  vorhergehenden 
Kürze  (wie  im  lit)  die  Verschiebung  stattfindet:  r.  kosd,  Akk. 
kösu,  trotzdem  die  Entfernung  der  Gipfel  hier  nicht  den  äußersten 
Grad  der  Entfernung  erreicht  hat  Meillet  meint  auch,  das 
Gesetz  hätte  sich  erst  in  den  betreffenden  Einzelsprachen  ent- 
wickelt, ja  es  wäre  nicht  einmal  eine  gemeinslav.  Erscheinimg 
(MSL.  11,  S.  350— 351)  S  das  kann  aber  nicht  richtig  sein.    Es 


1.  Insbesondere  führt  Meillet  an:  b.  Uopäm,  Uopäi,  aber  in  der 
B.  PI.  kdpajü  gegen  r.  kopdjUy  kopäjeh.  Aber  das  ist  ganz  in  der  Ord- 
nung.   Warde  djBi  zu  äi  schon  im  Ürserb.-Kroat.  kontrahiert,  moBte  es 


207 

wäre  ja  nicht  daran  zu  denken,  daß  die  Intonat  Jahrhunderte 
hindurch  bestanden  und  erst  dann  auf  einmal  einzelsprachUch 
auf  den  Akzent  eingewirkt  hätten.  Für  eine  schon  urbalt  slav. 
Akzentverschiebung  würde  allerdings  der  Akk.  8g.  der  o-Stämme 
sprechen.  Während  es  nämlich  imNom.8g.  imlitrankä  ^Hand' 
heißt,  lautet  der  Akk.  Sg.  rcMcq^  d.  h.  hier  ist  der  Wortakzent 
nicht  Yerschoben,  trotzdem  die  Endung  auf  den  Langdiphthong 
"am  zurückgeht  und  daher  eine  gest  Int  hatte,  Tgl.  gr.  ztpii^v. 
Da  im  Instr.  Sg.  dagegen  der  Begel  entsprechend  rafdcä  (eben- 
falls aus  -am)  yorkommt,  so  hat  Hirt  angenommen,  daß  im  AkL 
Sg.  eine  Übertragung  von  den  o- Stämmen  stattgefimden  habe 
(der  idg.  Akz.  8.  147—148,  IPAnz.  VI  8.  20).  Nun  haben  wir 
auch  im  Slav.  den  Akzent  im  Akk.  auf  der  Stammsilbe  dort, 
wo  er  im  Nom.  yerschoben  erscheint:  r.  riikUf  s.  rüku  (gegen  den 
Nom.  r.  rvkdf  s.  rüka,  £ak.  rüka)\  r.  giru  zu  gori,  s.  gi^u, 
gdra  u.  s.  w.  Es  ist  aber  ein&ch  so  zu  erklären,  daß  sich  unter 
dem  Einflüsse  des  Akk.  der  i-  (und  ii-St),  der  auch  stammbetont 
war,  sowohl  im  lit  als  auch  im  Slav.  der  Akz.  hier  behauptete 
und  nicht  yerschoben  werden  konnte  (ygL  8.  123).  EUrts  Er- 
klärung ist  also  unrichtig.  Wo  dagegen  schon  der  Nom.  Sg. 
endbetont  war,  blieb  es  auch  so  im  Akk.  8g.,  daher  r.  trawi, 
8.  trdpu;  r.  dwalü,  s.  hvdlu;  r.  bSdüy  s.  bijidu;  r.  $v^,  s.  svißöu, 
r.  rikä  (neben  räcu)j  s.  rijiku;  r.  zv^zdi,  s.  zvijizdu;  r.  barozdü, 
s.  brdzdu,  dann  in  r.  Akk.  UnA^  s.  ünu  u.  s.  w. 

Die  Akzentyerschiebung  wurde  also  wohl  nicht  durch  die 
Nähe  oder  Entfernung  der  Tongipfel,  sondern  nur  dadurch,  daß 
mit  unserer  Intonation  in  einem  anderen  Sinne  wie  im  lit  so 
auch  analog  im  Slay.  eine  Änderung  yor  sich  ging,  heryorgerufen. 
Sie  war  also  ursprünglich  anders  als  sie  uns  erhalten  ist  und 
zwar  wies  sie  offenbar  urspr.  tonische  (musikalische),  nicht  exspira- 
torische  Gipfel  auf;  erst  im  Lit  und  Slay.  entwickelten  sich  die 
letzteren  mehr,  was  dann  auch  die  Akzentyerschiebungen  henror- 
rief .  Am  leichtesten  konnte  sich  die  geschleifte  Intonation  ändern. 
Sie  war  urspr.  zweigipflig.  Als  aber  der  tonische  Akzent  zu 
einem  mehr  exspiratorischen  wurde,  da  konnte  man  nicht  mehr 
beide  Gipfel  mit  gleicher  Stärke  henrorbringen:  der  Stoßton 
änderte  im  Slay.  nicht  seine  Qualität,  wie  auch  das  Giiech.  zeigt, 

eine  fallende  Intonation  bekommen  (if— «),  da  sie  aber  im  Wortinnem 
nicht  geduldet  wurde,  ist  schon  im  ürserb.  der  Akzent  verschoben  worden : 
'kcpam. 


208 

nur  daß  er  jetzt  mehr  ezspiratorisch  wurde.  Bei  der  geschleiften 
Int.  behauptete  sich  immer  noch  der  zweite  Gipfel,  wenn  auch 
verkümmert  (vgl.  jetzt  das  S.-kr.).  Daher  konnte  auch  der  Haupt- 
gipfel nicht  so  intensiv  hervortreten.  Anders  bei  der  gest  Int; 
hier  hat  der  einzige  Gipfel  durdi  die  exspirator.  Neuerung  an 
Intensität  nur  noch  gewonnen.  Daher  riß  er  die  ganze  Intensität 
und  infolgedessen  auch  den  Wortakzent  der  vorhergehenden  ge- 
schleiften Silbe  ^  an  sich.  Das  fand  auch  dann  statt,  wenn  die 
vorhergehende  Silbe  kurz  und  betont  war:  r.  gord  (Akk.  aber 
giru);  ebenso  lit  kasä  (Akk.  käsq).  War  dagegen  die  vorher- 
gehende Silbe  gestoßen  betont,  so  entwickelte  sich  natürUch  auch 
hier  analog  der  Gipfel  zu  einem  exspiratorischen  und  der  Sitz 
des  Wortakzentes  blieb  imgefährdet:  r.  varöna,  s.  vräna,  lit.  vdma. 

Jedenfalls  war  diese  Erscheinung  urslav. 

Intonation  kurzer  Vokale.  Bis  jetzt  handelte  es  sich 
um  die  Int  langer  Vokale,  wie  sie  zunächst  von  Fortunatov 
(A&l.  Phü.  4,  S.  578;  11,  S.570,  dann  BB.  22,  S.  185,  Anm.  1), 
Leskien  (A&l  Phil.  5,  S.  188—190)  bezüglich  des  lit,  dann 
Bartholomae  (IF.  3,  S.  Iff.),  Bezzenberger  (BB.  17,  S.  221), 
de  Saussure  (MSL.  8,  S.  425f.),  Hirt  (Der  idg.  Akzent)  kon- 
statiert worden  ist  Da  erschien  im  J.  1897  im  Bad  eine  Ab- 
handlung des  Valjavec,  welche  sich  mit  dem  slov.  Akzent  be- 
schäftigt (Jhg.  132,  S.  116—213).  Er  setzt  hier  zunächst  für  das 
Slov.  wie  auch  S.-kr.  zwei  Arten  von  Kürzen  voraus,  eine  fallende 
und  eine  steigende  (S.  174  £f.),  was  wir  also  bis  dahin  nur  bei 
langen  Silben  zugeben  konnten  >.  Die  Tatsadien,  die  dafür  vor- 
gebracht werden,  sind  allerdings  derartig,  daß  wir  —  soweit  es 
sich  um  das  Südslav.  handelt  —  diese  zweifache  Qualität  kurzer 
Silben  ohne  weiters  zugeben  müssen.  Im  S.-kr.  erscheinen  manch- 
mal ursprünglich  betonte  kurze  Silben  gedehnt:  bog  ,Gott^,  Gen. 
boga,  aksl.  bogb.  Diese  Dehnung  im  Nom.  trat  nun  ein,  weil  es 
sich  um  eine  fallend  betonte  Kürze  handelt  Ihre  Wirkung 
zeigt  sich  auch  noch  deuthch  in  od  boga  gegen  id  brata  (trotz- 
dem der  Gen.  auch  brata  wie  boga  lautet).  Die  verschiedene 
Wirkung  zeigt  sich  auch  im  Slov.:  Gen.&o^o,  aber  od  b^ga  (Nom. 
b$g),  ebenso  slov.  na  n^o,  Nom.  nd>p,  stok.  na  nebo^  Nom.  nebo 
(S.  193).    Sehr  deutlich  sieht  man  auch  im  Bg.  die  Wirkungen 


1.  Deren  Hauptgipfel,  wie  wir  sahen,  nicht  sonderlich  intensiv  war. 

2.  Nur  im  S.-kr.  kannte  man  zwei  «Arten  der  Kürzen. 


209 

verschiedener  Tonqualitäten  in  kurzen  Silben:  mostit,  s.  möst^ 
mosta,  bIot.  mpst,  mostä;  bg.  nosht,  §tok.  nos,  nosa,  dov.  nps,  nosä; 
wo  also  unpr.  eine  fallende  Kürze  war,  wurde  der  Akzent  im  Bg. 
verschoben^  was  wir  früher  auch  bei  langen  Silben  bemerkt  haben. 
Dagegen  bg.  JemHU,  §tok.  kmet,  kmeta,  slov.  kmH,  hn^ta. 

Aber  V.  ging  noch  weiter.  Indem  er  slov.  k^,  vplja  u.  s.  w. 
mit  b.  küze,  vüle  vergleicht,  kommt  er  zum  Schluß,  daß  im  B. 
steigend  betonte  Kürzen  eben  nur  des  steigenden  Tones  wegen 
gedehnt  worden  zu  sein  scheinen  (S.  136).  Das  würde  natürlich 
voraussetzen,  daß  die  verschiedene  Tonqualität  kurzer  Silben 
bis  ins  Urslav.  reichen  müßte.  Dann  würde  aber  auch  die  weitere 
Frage  auftauchen,  ob  sie  schon  in  irgend  welchen  lituslav.  Zu- 
ständen begründet  gewesen  sei. 

Zu  der  Annahme  verschiedener  Kürzen  im  ürslav.  kam  man  zanächst 
bei  der  Erkl&rung  der  nachträglichen  Dehnung,  welche  wir  in  einigen 
slav.  Sprachen  bemerken.  Es  sind  in  der  Regel  Ersatzdehnungen,  wobei 
es  sich  um  den  Verlast  der  einstigen  Halbvokale  handelt,  und  es  kommen 
die  Vokale  0  und  o  in  Betracht.  Ziemlich  klar  sind  diese  Dehnungen  im 
P.  Sie  traten  hier  ursprünglich  auf  vor  tönenden  Explosivlauten 
und  vor  Dauerlauten  überhaupt.  Analog  verhielt  es  sich  wohl  einst 
auch  im  B.,  wo  sich  nur  einzelne  Überbleibsel  erhalten  haben.  Daß  hier 
auch  die  Qualität  des  Kons,  maßgebend  war,  zeigt  das  Ausbleiben  einer 
solchen  Dehnung  vor  einem  k  (vgl.  bok,  brok,  moky  rok  u.  s.  w.).  Man 
kann  freilich  einwenden,  daß  diese  Dehnungen  aus  einer  späteren  Periode 
stammen,  als  schon  die  verschiedenen  Int.  kurzer  Silben  verloren  gegangen 
waren.  Es  ist  aber  zu  bedenken:  wenn  sich  im  B.  steigend  betonte 
Längen  unter  dem  Wortakzente  erhalten  haben,  so  hätten  sich  jedenfalls 
auch  die  steigend  betonten  Kürzen  unter  dem  Wortakzent  so  lange  be- 
haupten müssen,  bis  das  Dehnnngsgesetz  zu  wirken  begann,  so  daß  sie 
dann  auch  hätten  gedehnt  werden  müssen.  Statt  dessen  finden  wir  aber 
hüh  —  hoha^  fitok.  bog  —  boga  ;  däl  —  doht,  Stok.  do  —  doia;  vAi  —  vozu,  Itok. 
voz  —  Vota;  dum  —  domu,  Stok.  dorn  —  dotna  u.  s.  w.,  d.h.  unter  den  Dehn- 
ungen finden  wir  auch  solche,  welche  fallend  betonte  Kürzen  im  Sinne 
des  Südslav.  betreffen.  Nan  wurden  aber  fallend  betonte  Längen  im  B. 
unter  dem  Wortakzente  verkürzt,  so  daß  wir  umso  weniger  eine  Dehnung 
solcher  Kürzen  erwarten  würden. 

Gegen  eine  solche  urslav.  Int  spricht  auch,  was  wir  schon 
oben  S.  193  erbracht  haben.  Dort  wird  gezeigt,  daß  im  Gen. 
PL  eine  kurze  Silbe  vor  der  Endung  der  0-  und  a-St  schon  im 
Urslav.  mit  steigender  Int.  gedehnt  wurde.  Nun  trifft  diese 
Dehnung  gleichmäßig  steigend  betonte  wie  auch  fallend 
betonte  Kürzen  im  südslav.  Sinne  (vgl  z.  B.  Gen.  PI.  slov. 
vpz,  obzwar  im  Nom.  v^z,  Gen.  voza,  d.  h.  es  war  fallend  betont; 

Vosdr&k,  Vgl.  akT.  Gm&m.  I.  14 


210 

Gen.  PI.  slov.  ngg,  Stok.  nöga,  obzwar  Nom.  PL  nog^;  slov.  Gen. 
PL  kpz,  §tok.  közä  gegen  Nom.  PL  slov.  koz^  u.  s.  w.  ganz  analog 
wie  z.  B.  Gen.  PL  s.  kdnjä,  dov.  kgnj  zu  Nom.  s.  konj,  dov.  kdnj 
u.  8.  w.).  Da  jedoch  bei  Längen  je  nach  der  Int.  eine 
verschiedene  Behandlung  eintrat,  bei  Kürzen  aber  in 
diesem  Sinne  nicht,  so  folgt  daraus,  daß  im  Urslav.  die- 
selben auch  nicht  eine  verschiedene  Int.  hatten.  Wir 
haben  wenigstens  keinen  Anhaltspunkt  dafür. 

Auf  südslav.  Glebiete  können  wir  dagegen  die  Entstehung 
dieser  sekundären  Int  genauer  verfolgen.  £&  handelt  sich  um 
bestimmte  Kategorien.  So  bei  den  i-  und  u-St  Im  Akk.  Sg., 
der  stammbetont  war,  entwickelte  sich  bei  Längen  eine  fallende 
Int,  selbst  auch  bei  jenen,  die  ursprünglich  eine  gest  Int  hatten, 
und  drang  auch  in  den  Nom.  ein.  Vgl.  serb.  sin,  sina,  slov.  sin, 
b.  syn  (dagegen  lit  sünüs),  Damach  bekamen  im  Südslav.  auch 
Worte  mit  ursprünglich  kurzem  Stammvokal  eine  solche  Int  und 
wurden  gedehnt:  slov.  d^,  s.  dorn,  dotna;  slov.  mqd,  s.  med, 
medu;  slov.  ^,  s.  led,  Üda  u.  s.  w.  Ebenso  auch  bei  den  i-St : 
slov.  wpd,  moS;  h§st,  kostt;  p^ö,  pedi,  s.  peö  ,Ofen'  u.  s.  w. 

Die  11-St  berührten  sich  nun  frühzeitig  mit  den  o-St  (die 
älteste  Berührung  fand  im  Nom.  und  Akk.  statt,  dann  im  Gen. 
und  Lok.  Sg.).  Diesen  uralten  Berührungen  verdankt  im  Südslav. 
eine  eigene  Elategorie  der  o-St  ihr  Dasein.  Es  sind  dies  die  ein- 
silbigen Worte  mit  kurzem  Stammvokal,  der  fallend  betont  und 
im  Nom.  (Akk.)  Sg.  gedehnt  wurde:  bog,  boga;  most,  mosta. 

Der  Zusammenhang  mit  den  u-St.  ist  mitunter  noch  ganz  klar.  So 
machte  Skrabec  darauf  aufmerksam,  daß  im  Slov.  (und  analog  wohl 
auch  im  Aserb.  vgl.  godu  zu  god  Dani6iö  S.  14)  bei  der  Ausbreitung  der 
Genetivendung  u  nicht  bloß  der  Wortumfang  maßgebend  war,  sondern 
auch  der  Akz.,  indem  diese  Endung  ursprünglich  auf  einsilbige  Worte 
mit  der  Betonung  '^  beschränkt  war  (Afsl.  Phil.  13,  S.  68  und  Yaljavec, 
Bad.  67,  S.29— 37).  Nun  war  aber  '^  die  charakteristische  Betonung  der 
u-  (und  t^)St.,  wie  wir  sahen,  und  zwar  zunächst  im  Akk.,  dann  auch  in 
den  meisten  anderen  Kasus  (s.  und  slov.  cin^  sad^  stan  und  weiter  dann 
sin).  Wir  werden  aber  die  Sache  nicht  so  auffassen,  wie  §.,  sondern 
umgekehrt:  solche  urspr.  o-St.,  die  von  den  u-St.  attrahiert  wurden,  be- 
kamen nach  diesen  auch  den  Akzent  '^,  daher :  hrSd,  god,  mogty  skok,  was 
jedenfalls  südslav.  ist,  da  wir  diese  Worte  imS.-kr.  und  Slov.  finden  (vgl. 
Bad,  132,  S.  191).  Die  Längen  traten  nur  in  geschlossenen  Silben  auf, 
während  in  offenen  die  Kürzen  erhalten  blieben. 

In  den  einzelnen  südslav.  Sprachen  wurde  dann  der  Prozeß 
teilweise  fortgesetzt^  daher  die  zahlreichen  Abweichungen.    Serb. 


211 

bok  —  boka,  aber  sIoy.  bdk,  bdka,  also  noch  steigend  betont;  s.  dvör^ 
dvara,  aber  sIoy.  ävdr,  övüra;  s.  post,  posta,  öak.  auch  posta,  aber 
Mazuraniö  hat  pbsta  u.  s.  w.  (Bad  132,  S.  167—168).  SIot.  Ion, 
s.  Van,  lana  Jicin^  r.  lenz,  Und,  öak.  Idn,  lana.  Man  sieht  also 
förmlich,  wie  der  Prozeß  allmählich  um  sich  greift  und  es  macht 
nicht  den  Eindruck  einer  urslav.  Überlieferung. 

Zahlreiche  Abweichungen  wurden  auch  noch  durch  die  nachträg- 
lichen Dehnungen  bei  auslautendem  j\  o,  n»  n,  m,  /,  lj\  r,  die  wir  haupt- 
sächlich im  8.  finden,  herbeigeführt.  Das  erinnert  uns  an  das  b.  und  p. 
Dehnungsprinzip:  s.  kroj,  kraja;  räj\  r^'a;  mdj,  ivoj\  noj;  on  u.  s.  w. 
(vgl.  Refietar,  S.  27). 

Wir  sahen,  daß  die  fallend  betonte  Kürze  unter  dem  Ein- 
flüsse analoger  Längen  dort  aufkam,  wo  die  betreffende  Wortform 
eine  Anfangsbetonung  bekam,  im  Gegensatze  zu  anderen  Formen 
desselben  Paradigmas,  und  zwar  offenbar  um  besser  differenzieren 
zu  können  (Nachdruck  gleich  im  Anlaut).  So  ist  nun  weiter  der 
Akk.  Sg.  (und  Nom.  Akk.  Dual,  und  Plur.)  der  urspr.  endbetonten 
o-St.  mit  kurzem  Stammvokal  zu  beurteilen:  sIot.  vöda  (r.  vodd), 
Akk.  vod§  aus  vodo;  §tok.  vodu,  r.  vödu,  also  ganz  analog  wie  r. 
rukä,  s.  rüka,  Akk.  aber  r.  ruku,  s.  rt^cu.  Nach  einer  Präp.: 
na  gdro;  göre  aber  v  gfre;  analog  auch  im  S.:  Akk.  goru,  aber 
na  garu. 

Weiter  gehören  hierher  die  Neutra.  Auch  hier  änderte  der 
Akz.  seinen  Sitz:  Sg.  endbetont,  Rur.  stammbetont,  oder  umge- 
kehrt, wodurch  im  Südslav.  fallende  Int  auch  bei  Kürzen  ent- 
stand: slov.  tnorje  aus  mörß,  s.  more;  slov.  nebö  aus  nebo,  s.  h^; 
sloY.  2>olje  aus  polje,  s.  polje.  Daher  slov.  na  pölje;  do  n^ba 
u.  B.  w. 

Mit  dem  Südslav.  scheint  sich  hier  auch  das  B.  berührt  zu 
haben,  vgl.  s.  povest  (das  so  zu  beurteilen  ist  wie  na  garu  d,  h. 
bei  fallender  Lit  rückt  der  Akz.  immer  gegen  den  Anfang  des 
Ausdruckes)  und  r.  phekipt;  r.  zd  more,  ni  nd  volo^b  ,nicht  imi 
ein  Haar  breit'  u.  s.  w. 

Mit  dem  8Qdslav.  berührt  sich  mehr  das  Kleinruss.  insofern,  als 
hier  die  Dehnungen  in  geschlossenen  Silben  auftreten:  mSJ,  höh  {f^ög) 
woraus  sich  dann  weitere  Laute  entwickeln  konnten.  Jedes  «  und  o  der 
YerschluBsilbe  unterlag  diesem  Wandel. 

Wir  können  also  im  Südslav.  (vielleicht  auch  R)  die 
Entstehung  der  fallenden  Int.  bei  Kürzen  ermitteln. 
Es  läßt  sich  aber  nicht  nachweisen,  daB  diese  Erschein- 
ung gemeinslav.  war.    Und  selbst  auch  in  diesem  Falle 


212 

wäre  es  etwas  Sekundäres,  was  erst  aus  dem  Vorhanden- 
sein verschiedener  Intonationen  bei  Längen  hervor- 
ging. Diese  waren  das  Ursprüngliche.  Über  die  Int  kurzer 
Süben  vgl.  Verf.  in  BB.  30,  S.  lOOff. 

Quantitätserscheinungen  allgemeineren  Charakters. 
Bezüglich  des  S.  hat  schon  Leskien  als  Grundregel  aufgestellt, 
daß  schwere  Suffixe  (dahin  rechnet  er  auch  solche  zweisilbige, 
die  volle  Vokale  in  der  ersten  Silbe  haben)  keine  Länge  vor 
sich  dulden,  z.  B.  narudaj :  rüka;  potpaääj :  päs  (aus  pojäs),  trd- 
öar;  mladöst  (r.  milodost)  und  dann  na  ndadöst,  od  mladosti  (also 
auch  eine  fallende  lünge  wird  verkürzt)  und  and.  (A&L  Phil.  21, 
S.  323  f.).  Dasselbe  finden  wir  auch  im  B.,  so  in  dem  Paradigma 
sOa:  Instr.  Sg.  sOou,  Dat.  PL  südm,  Lok.  PL  sOäch  und  Instr. 
süami.  Im  letzteren  Falle  bringen  zwei  kurze  Silben  den  Effekt 
einer  langen  hervor.  Analog  finden  wir  auch  in  den  s.  Dial. 
Gegen  Vuk-Daniöic:  kraljevi,  gradavi,  sitdotn,  vgl.  auch  sin, 
slnovi  (Dan.  krdlßvi,  krdljBvä,  kräljevima).  Unter  den  ange- 
gebenen Pluralformen  ist  krdljevi  die  jüngste;  sie  ist  nach  dem 
Sg.  hrälj,  krdlja  gebildet  (Leskien,  AfsL  Phil.  23,  S.  564).  Aber 
selbst  auch  bei  unserem  b.  Paradigma  finden  wir  analoge  Er- 
scheinungen. Bei  langer  Wurzelsilbe  kann  im  Dat  PL  im  S. 
dieselbe  verkürzt  sein.  Nach  Daniöic  (S.  95)  ist  das  der  Fall 
bei  rüka,  brdda,  alüga,  strdna,  strißla,  svira,  also  rükama,  brh- 
dama  (—  rükama  u.  s.  w.).  Bei  den  Ozriniöi  dameben  auch  der 
Instr.  Sg.  rüköm  (vgl.  b.  säou),  aber  in  Bagusa  ist  es  durch- 
gängig: rükama,  gränama,  rjOkama,  stjinama,  pHama  (Besetar 
S.  96).  Das  ist  keine  sekundäre  Verkürzung,  wie  R  meinte  (vgl. 
auch  Leskien,  L  c.  S.  566).  Es  ist  ursprünglich  ein  Dat  Instr. 
Du.  (vgl.  auch  den  Gen.  rükü  »  riiku).  Das  B.  zeigt,  daß  das 
ä  der  o-St  frühzeitig  verkürzt  wurde.  Da  hier  zwei  kurze  Silben 
dem  Effekte  nach  einer  langen  Silbe  gleich  kommen,  so  handelt 
es  sich  hier  vielleicht  um  eine  Erleichterung  der  physischen  Arbeit 
seitens  der  Sprachorgane. 

Im  B.  werden  im  Imper.  lange  Vokale  verkürzt:  dival  — 
chvdUe  zu  chvdlUi,  chvdUm  ^oben';  kc^  —  kaäe  zu  kdzati,  kdzu 
,weisen';  stup  —  stupte  zu  stoupiti,  stauplm  u.  s.  w.  Oben  S.  202 
haben  wir  erwähnt,  daß  das  i  des  Imper.  einmal  lang  war,  so 
daß  aus  *pl^  ein  *piit  u.  s.  w.  entstand.  Das  führte  zu  ab.  piH, 
pÜ,  püte. 

Im  S.  sind  vielleicht  die  gestoßenen  Längen  früher  verkürzt 


213 

worden^  so  daß  die  lÄngen  dayor  bestehen  konnten,  wie  s{vi  — 
Hvimo;  pUi  —  pÜUe  o.  s.  w. 

Das  u  der  Yerba  der  VI.  EI.  in  müujq  u.  s.  w.  war  ur- 
sprünglich lang,  wie  wir  in  der  Stammbildungslehre  zeigen  werden, 
und  hatte  daher  eine  gest  Int  Infolge  dessen  ist  es  im  8.  kurz 
und  zwar  sowohl  nnter  dem  Wortakzente  {pgäßm,  kkpufSm),  als 
auch  als  unbetonte  Silbe  (vßruj9m)*  Im  B.  behaupteten  sich 
solche  Langen  zumal  zunächst  unter  dem  Akzente;  daher  wurde 
der  Torhei^ehende  Yokal  verkürzt:  krtduju  zu  krdl,  kupuju  zu 
kaupUi  u.  s.  w.  Als  der  Akz.  auf  die  erste  Silbe  renchoben 
wurde,  da  wurde  das  u  yeikürzt 

Hierher  gehören  die  best  Formen  der  Adj.:  star^,  starä, 
stari  zu  stdr,  stära,  stdro  ^V;  dab^  —  sldb;  vdice  aber  velik^, 
spravedUv,  tpravedUve,  aber  spravedlivjj  ^gerecht';  noch  andere 
Beispiele  bei  Gebauer  UI,  1,  8.  282. 

Schwache  Spuren  haben  wir  auch  noch  im  öak.:  mü  aber 
mUi,  Hv,  aber  i^v%  (Stok.  zivl,  was,  wie  wir  sehen  werden,  spe- 
zifisch §tok.  ist).  Neben  nAv,  nbvi  u.  s.  w.  kommt  allerdings  auch 
schon  ein  növ,  növi,  novo  vor  (Nemaniö,  Sitzungsb.  der  Wiener 
Ak.  Bd.  108,  S.  177).  Spuren  sonst  noch  in  den  anderen  s.  Dia- 
lekten: svet,  8väo,  dagegen  wHi  (neben  9veti);  öest  —  öSdo,  da- 
gegen disti  (neben  öeM)  u.  and.  (vgl.  BeSetar  S.  128—132). 

Hier  reihen  sich  die  Komparative  an.  Aus  der  r.  Form 
dirogfh  yteuer',  Eompar.  daröze;  mölodz  jung',  Komp.  nuMie  und 
aus  b.  drdie,  drdz,  Hre,  houH  u.  s.  w.  müssen  wir  auf  eine  stei- 
gende Betonung  des  Komp.  schließen.  Das  M.  hatte  offenbar 
dieselbe  Int,  da  es  aber  nur  in  Formen  mit  langer  Endung  vor- 
kommt, so  ist  auch  hier  wieder  der  Stammvokal  verkürzt  worden. 
So  haben  wir  im  Ab.  und  teilweise  im  Nb.:  KiH  gegen  blize; 
hcH  gegen  häre;  chuzi  gegen  chiize;  Upl  gegen  Upe;  tneni  gegen 
nUne  yweniger';  nUazl  jünger^,  teH  gegen  Uze  ,schwerer^;  vid 
gegen  vice  ,mehr';  vyiH  gegen  vyie;  vgl.  auch  radeji  (ab.  radijt) 
gegen  rid;  maze  gegen  snadno  u.  s.  w.  In  Formen  die  urspr. 
ein  ti  enthielten,  haben  wir  es  mit  zwei  kurzen  Silben  zu  tun, 
die  einer  Lange  gleichkommen,  daher  K  PL  chuzi^,  BksLdiuzdtie, 
N.  Sg.  chuzH,  aksl.  (Auzd^M;  vgl  auch  p.  ekqpy,  dazu  der  Komp. 
skyMzy. 

Mit  dem  b.  chuzi,  lept,  meni  u.  s.  w.  kann  man  vielleicht  s. 
drail  zu  dräg;   ridß  zu  ridj,   ridfi  ,fuch8rot';    IjepH  zu  Üjep; 


214 

krüpniji  zu  knipan  n.  s.  w.  vergleichen.  Dazu  kommt  noch 
ndadji,  düH,  chudjl,  ilvlji  n.  s.  w.    Analog  auch  im  Öak. 

Vereinzelt  noch  die  3.  P.  PI.  ab.  dadief  dadi,  nb.  daß  yda- 
bant^  gegen  ddm,  ddä,  dd  u.  s.  w.  Ebenso  vSdie,  vedi  gegen  vtm 
(viem)  u.  8.  w.;  jedi  ^unt'  gegen  ßm  (ßem)  u.  s.  w.  IHe  gest 
Int.  auch  im  Slov.:  ddm,  Jf'm,  vim;  ddä,  ßä,  v4^  (Rad,  132, 
8. 176).  Im  8.  dagegen  ddm,  da»,  da,  ddmo,  däU,  ddda  {dhdü); 
Ijem,  Ijeä,  Ije,  Ijemo,  Ijete,  t/t«  (r.  Hjdtb),  aber  es  soll  sich  in 
Bagusa  noch  ein  alter  steig.  Ton  erhalten  haben:  \jem,  \jei  (Ba- 
gusa  ijem,  ißä  u.  s.  w.);  ebenso  fAjem,  fAjeä  . . .  vlju  (A&I.  Phil. 
17,  8.  193,  Anm.  2).  Das  würde  also  mit  dem  B.  und  81ov. 
übereinstimmen.  Da  es  sich  hier  bis  auf  aksl.  vimt  um  einfach 
lange  Vokale  handelt,  so  erwarten  wir  auch  eine  gest.  Lit 

Femer:  h.pant  ,Frau^  gegen  pdn  jHerr';  lito  ,8ommer,  Jahr', 
'lett  in  pod4eH  yVorsommer';  vöha  ,Gewicht,  Wage',  aber  zdva&l 
jGewicht';  dvih  jT^  aber  nad-dveH  u.  s.  w. 

Auch  dos  Saffiz  -dio  wirkt  wie  eine  Länge  (Afsl.  Phil.  21,  S.  823): 
Xtok.  M2o,  grlo,  djelo  .  .  .  krtio^  aber  pokHvalo  :  pokrivati.  Analog  auch 
im  B.  iidlo,  hiälo  und  hydloy  jidlo^  hradlo,  mährisch  sogar  auch  mydlo 
«Seife*  (gegen  b.  mydlo\  ja  sogar  gtruhadlo  von  atrouhati  ,reiben'.  Vielfach 
wird  die  Länge  wieder  eingeführt;  man  hört  iidlo,  Jidlo,  divadlo  (iUi,  fiHi, 
divati  m),  anch  rädlo  schwankt  neben  radto. 

Wie  eine  Länge  wirkt  auch  ein  ganzes  Wort  in  der  Kom- 
position: bäohlavjf  yweißköpfig'  gegen  büy;  kratochvüe  ,Eurzweil' 
gegen  krdücy;  vino-pal  ,Spiritusbrennerei'  gegen  vino;  kralo-vrak 
,Eönigsmördei*  gegen  krU,  ja  auch  nezna-boh  ,Heide,  Atheist' 
gegen  neznd  ,kennt  nicht'. 

Ober  diese  FäUe  ygl  Verf:  in  BB.30,  8. 138.  Sachmatov 
meint,  daß  die  zweite  Länge  steigend  betont  sein  müsse  (Kz  istorü 
ZV.  8.  55);  zumeist  ist  es  allerdings  der  Fall. 

Einzelsprachliche  Dehnungen.  Die  Halbvokale  gingen 
im  Auslaute  in  allen  slay.  Sprachen  verloren  und  dafür  wurde 
in  einzelnen  der  vorhergehende  Vokal  unter  bestimmten  Bedin- 
gungen gedehnt  Diese  sind  verschieden.  Eine  schon  in  das 
tfrslav.  reichende  Dehnung  dieser  Art  haben  wir  oben  8.  193  £ 
beim  Gen.  PI.  der  o-  und  a-8tämme  kennen  gelernt 

8onst  handelt  es  sich  zumeist  um  zweisilbige  8tämme,  die 
nach  Abfall  des  Halbvokals  einsilbig  geworden  sind  und  den 
Stammvokal  dehnen  konnten.  Gedehnt  wurde  in  der  Regel  ein 
o  oder  e,  da  es  urslav.  kurze  Vokale  waren. 


215 

Die  Dehnungen  im  S.-kr.  wie  bog,  boga^  öak.  bog  —  böga 
kamen  schon  S.  210  zur  Sprache. 

Im  Kleinruss.  mußte  die  Silbe  einfach  nur  geschlossen 
sein  (S.  211). 

Im  Foln.  haben  sich  sog.  verengte  Vokale  als  Überreste  der 
einstigen  auch  durch  Dehnungen  entstandenen  Längen  erhalten. 
Jetzt  sagt  man,  daß  es  dort  zu  Dehnungen  gekommen  wäre,  wo 
es  sich  um  einen  tönenden  Kons,  im  Auslaut  handelt:  bog  —  boga, 
w6i  —  u>alu,  röd  —  rodu,  rög  —  rogu,  miöd  —  miodu,  Ud  —  lodu. 
Auch  bei  Kürzen,  die  erst  im  P.  entstanden,  kam  die  Dehnung 
vor:  gröd—grodu  gegen  h.hr€ul,  2Lkd,gradz,  T.görodz.  Potebnja 
nahm  an:  der  Halbvokal  hätte  sich  länger  behauptet  nach  ton- 
losen Kons.,  die  zu  ihrer  Aussprache  eine  größere  Intensität  er- 
forderten, als  nach  den  tönenden,  weshalb  sich  bei  diesen  die 
Dehnung  des  vorhergehenden  Vokals  zu  einer  früheren  Zeit  ein- 
stellte, was  dann  bei  den  tonlosen  nicht  mehr  eintrat  (K»  ist.  zv. 
1876,  S.52ff.).  Es  wäre  also  danach  ebenfalls  eine  Ersatzdehnung 
für  den  Ausfiall  des  Halbvokals.  Daß  sich  die  Halbvokale  nach 
tonlosen  Kons,  länger  behaupteten,  ist  unwahrscheinhch;  ich 
glaube  umgekehrt:  nach  tönenden  Kons,  behauptete  sich  länger 
der  Halbvokal  und  die  Dehnungen  traten  erst  später  auf,  nach- 
dem die  Halbvokale  nach  tonlosen  Kons,  schon  längst  ohne  Er- 
satzdehnung abgefallen  waren.  Und  zwar  behaupteten  sich  die 
Halbvokale  dort  deshalb  länger,  um  die  tönende  Qualität  des 
Kons,  auch  im  Nom.  (Akk.)  in  Übereinstimmung  mit  den  übrigen 
Kasus  zu  erhalten,  da  ja  sonst  nach  dem  Verstummen  des  Halb- 
vokals der  tönende  Kons,  zu  einem  stummen  werden  mußte.  Daß 
es  sich  überhaupt  um  eine  Ersatzdehnung  hier  handelt,  ergibt 
sich  wohl  aus  Folgendem. 

Es  zeigt  sich,  daß  nicht  bloß  vor  tönenden  Explosivlauten, 
sondern  auch  vor  Dauerlauten  gedehnt  wird,  was  namentlich  dann 
aufföllt,  wenn  man  auch  das  Ap.  berücksichtigt  Noch  jetzt 
haben  wir  ni6d  ,er  trug*  gegen  niosla  ,sie  trug*,  pl6Ü  ,er  flocht* , 
jploüa  ,sie  flocht*;  vgl.  auch  sUwko  (aus  *8lovtko)  gegen  siowo; 
weiter  auch  m6j  ,mein*,  b.  m^j  (aus  möj,  tntwj).  Aus  einem 
älteren  mo-i  ist  ein  moj[,  moj  geworden.  Dadurch  ist  eine  Silbe 
verloren  gegangen,  was  durch  die  Dehnung  des  o  ersetzt  wurde. 

So  auch  in  anderen  derartigen  Fällen.  Bei  den  Dauerlauten  n,  h, 
m,  r,  /  konnte  der  Verlast  der  Halbvokale  zunächst  durch  eine  Dehnung 
dieser  Laute  ersetzt  werden;  nachträglich  konnte  sie  dann  auch  auf  den 


216 

Yokal  fibergehen.  Bei  derartigen  Worten  kann  nicht  an  eine  bestimmte 
Int.  der  kurzen  Vokale  gedacht  werden;  es  war  nnr  der  auslautende 
Eons,  hier  maßgebend. 

Im  Ap.  finden  wir  z.  B.  deenez  Bibl.  Er.  Zof.  51,  jetzt  auch  noch 
deszez  (vgl.  b.  ddif);  czaa$  Stat.  Mal.  56  (dann  auch  ezd$a  u.  s.  w.);  rteeez 
,factum'  Stat.  Maz.  134;  pioez  Imper.  zu  piakad  (o  hier  »  d)  Szym.  9. 1; 
Inf.  m6e  Bib.  EZ.  70b,  jetzt  als  modz  u.  s.  w.  (ygl.  Semenoyitsch: 
Über  die  yermeintl.  Quant,  der  Yok.  im  Ap.  1872  und  J.  Lo<  in  Prace 
fil.  n,  1878,  8.  119—148). 

Vor  tonlosen  Explosivlauten  nur  ausnahmsweise:  kooth  ,feli8'  Park. 
39.  70;  poiook  ,riyus<  Bib.  E.  Zof.  134. 

Analog  auch  im  Böhm.  z.  B.  hnüj  —  hnoß  yDünger',  chvüj 
und  chvüje  iReidg^,  lAj  ,Talg*,  müj,  tvüj,  svüj,  slov.  mpj,  tvpj, 
svpj,  §tok.  moj,  tvoj,  svoj,  das  sekundär  ist  (Valjavec  erklärt  es 
mbj,  tvöj,  svbj  mit  steig.  Akz.,  daraus  moj,  tvoj,  svoj  und  weiter 
dann  wegen  des  j  moj  u.  s.  w.  wie  kräj,  räj  aus  kraj,  raj  ent- 
standen ist,  Bad,  132,  S.  159  und  161);  p.  m6j,  tvöj,  8v6j,  klr. 
mij,  mojd,  mojS  (ebenso  tvij  und  svij);  ab.  dvöj  ,zweierleiS  oböj 
^beiderlei'  (Gebauer,  IJI,  1,  S.  499).  Hierher  gehören  die  Im- 
perative ab.  böj,  buoj,  büj  zu  bdti,  boßm  se  ^ch  fürchten^;  stöj, 
stuoj,  stüj  ,stehe'  zu  statt  ,stehen',  ab.  auch  die  Imper.  der  Verba 
der  VI.  Konj.  wie  müüj  u.  s.  w.  (Gebauer,  in,  2,  S.  402). 

Vor  l:  dU  —  dolu  ,GrubeS  hU  —  kolu  ,Pfahl';  pU  —  polu 
,HäIfte';  sMl —  stolu  ,Tisch';  väl  —  vola  ,Ochs';  die  t-Stämme: 
hM  —  holi  ,Stock^;  sül  —  soll  ^Salz^;  dial.  auch  bul  (aus  bdZ),  jetzt 
bol  —  bolu  ,Schmerz'  (fehlt  bei  G.,  bei  Kott  finde  ich  ioZ  als  fem. 
f-Stamm  belegt,  wie  auch  im  aksl.  bdf>,  Bd.  7,  S.  1200).  Weiter 
die  Imper.  ab.  v6l,  vuol,  vül  zu  volüi  ,wählen';  Part  möhl,  vidi 
u.  s.  w.  (Gebauer  HE,  2,  S.  95),  insbesondere  aber  ab.  ää  jetzt 
iel  ,ging^.  Vor  r:  dvür  —  dvoru  ,Hof ,  dial.  auch  bur  (aus  bür) 
neben  bor  —  boru  ,Kiefemwald,  Wald*.  Vor  ?5 :  küü  —  kone  ,Pferd', 
Imper.  dial.  hM  zu  hmouti  ,raflFen'.  Vor  m:  dum,  domu  ,Haus^ 
Vor  s:  ab.  kuos  neben  kos^  dial.  auch  küs  —  kosa  ,merula'.  Vor 
ä:  ab.  köS — koäe  neben  koä  ,Korb*  (Gebauer,  Slovn.  JI,  S.  113), 
slovak.  auch  lang:  koä.  Vor  z:  vüz  —  vozu  ,"Wagen*,  dial  Imper. 
v^z  zu  vrci  ,werfen'.  Vor  z:  nüz  —  noie  ,Messer^;  möz  ,er  kann' 
(ab.).  Vor  h:  bäh  —  boha  ,Gott*.  Vor  v:  ab.  növ  ,neu^  Vor  t 
ausnahmsweise:  s}),sk6t,  skuot,  skät — skotu,  nh.skot,  skotu  jYieh* 
(das  Wort  bringt  man  in  Zusammenhang  mit  got  skatts  ,Gleld, 
Steuer');  päst — pastu  ,Fa8ten' ;  dann  neben  vzr&st—vzrostu  ,Wuchs' 


217 

auch  zrost  und  andererseits  Gen.  vzrästu,  zrüstu,  wie  auch  das 
ein&che  Wort  rüst  und  rast,  Oen.  rostu. 

Wie  man  sieht,  handelt  es  sich  vorwiegend  um  ein  o,  e 
kommt  selten  in  diesen  Fällen  yor,  neben  ab.  dÜ^  ^Regen'  vgl 
p.  diszcz,  s.  daid,  dazda,  r.  dozd,  dozdjd,  die  Part  ab.  iß,  dann 
vidi  XL  s.  w. 

Auch  die  Dehnung  anderer  Vokale,  sofern  sie  im  B.  frOher 
verkürzt  worden  sind,  werden  wir  so  beurteilen  müssen;  so  in 
aus  im:  ab.  zementn,  dvarinin. 

Daß  man  hier  mit  der  Annahme  yerschiedener  Int.  auch  bei  kurzen 
Vokalen  nicht  auskommt,  haben  wir  oben  S.  209  erwähnt.  Neuerdings 
meinte  KuTbakins:  der  Vokal  werde  gedehnt,  wenn  er  eine  sekund&re 
Betonung  —  durch  Akzentyerschiebung  —  erlangte :  näi  —  noU,  r.  aber 
noiä,  2ak.  n<9r— nöXa,  itoik.  noM  •— ndjfa,  sloy.n^ia  (Ks  istorii  i  dial.  poUsk. 
jaz.  S.  156  ff.)'  Aber  gegen  eine  solche  Annahme  sprechen  zahlreiche 
Fälle,  wie  MA~6oAa,  itok.%  — %a;  Ml,  Itok.  dS-^dola;  Wb,  itok.roz, 
Vota;  dAm,  itok.  dorn  —  doma  u.  s.  w. 

Wir  müssen  hier  vielmehr  Überreste  jener  Normen  sehen, 
die  wir  auch  im  P.  gefunden  haben.  Viele  Dehnungen  sind 
wieder  rückgängig  gemacht  worden  (durch  den  Einfluß  der  anderen 
Kasus),  daher  auch  vielfach  Schwankungen.  So  haben  wir  im 
Slovak«  boh,  dol,  hnoj,  loj,  voz,  ad,  dagegen  bdl  (b.  bot)  und  böb, 
b.  bob  ,&ba';  köS. 

Drei  Worte  wollen  sich  nicht  fügen:  b.  piUi  ist  ein  Lehnwort  aus 
dem  Deutschen  und  es  fällt  auf,  daß  wir  auch  im  Öak.  eine  gest.  Länge 
haben:  poH — pd$ta,  womit  das  Stok.  poH  —  potfta  übereinstimmen  würde, 
slo7.  p&H  —  pAsta,  bg.  pdtidi:  Ma2uraniö  hat  allerdings  j»o«< — p^*ta,  was 
mit  dem  r.  po$h  —poitd  übereinstimmt.  Es  könnte  sich  hier  um  eine 
ältere  Dehnung  handeln,  wohl  aber  auch  um  eine  rein  böhm. 

Im  Ab.  wird  das  anlautende  o,  wie  auch  andere  Vokale  (0,  u)  nach 
den  Präp.  k,  9,  v  und  dann  auch  nach  anderen  gedehnt:  k  6ku,  9  ntcetn, 
aber  auch  tfz-^ati,  t-Sstati  (jetzt  tÜ9taii  .bleiben').  Geh  au  er  hat  es 
richtig  erklärt  als  eine  Ersatzdehnung:  k»  oku  (1, 8.235).  Diese  Dehnungen 
wurden  yerallgemeinert,  einerseits  na  uoltäf  {na  6fiar)  ,auf  den  Altar*, 
andererseits  aber  auch  vzhAru  jetzt  mhüru  ,hinauf,  auf,  d.  h.  auch  beim 
kons.  Anlaut  machte  sich  die  Dehnung  geltend.  80  entstand  su  skoro 
,bald,  schnell,  fast'  ein  v  9k6re^  v  9kuare  und  das  hatte  zur  Folge,  dafi 
dann  auch  9kuoro,  $küro  gebraucht  wurde.  Darauf  ist  auch  rsrM,  vzrä9tu 
zurückzuführen:  auch  hier  war  die  Präp.  zunächst  mafigebend  und  dann 
erst  erlag  das  Wort  auch  der  Kategorie  wie  dum  —  domu^  dvAr  —  dvara 
(fsröfl,  tfxroitu),  wenn  auch  nicht  durchwegs.  Von  vzrütt  ist  dann  auch 
das  einfache  ro9t  beeinflußt  worden,  so  daß  daneben  ein  rM  aufkam. 
VgL  auch  noch  vzdära  neben  vtdora  und  vzd&r  ,Trotz'.  Aus  Wendungen 
wie  na  pÖBÜ,  v  pösU,  na  post  n.  dgl.  könnte  auch  p6H^  p&9tu  entstanden 


218 

und  dann  schließlich  in  die  Kategorie  der  Worte  dorn  —  dcmu  u.  dgl. 
geraten  sein.  Bei  8kot  war  im  Aböhm.  auch  der  Plural  gebräuchlich 
(Geh  au  er  III,  1,  S.  89)  und  da  könnte  auch  die  Genetiyform  als  sköU 
maßgebend  gewesen  sein. 

Wenn  wir  in  den  ap.  Denkmälern  Schreibungen  wie  booga 
und  analog  auch  in  den  ab.  finden,  so  kann  man  nicht  einfach 
sagen,  daß  diese  Schreibungen  aus  dem  Nom.  AkL  übertragen 
wurden,  denn  es  handelt  sich  jedenfalls  in  vielen  derartigen  Fällen 
um  eine  Verallgemeinerung  der  Länge  auch  in  den  anderen 
Kasus. 

Über  diese  Dehnungen  vgl.  BB.  30,  S.  101  ff.  Eine  Beihe  solcher 
Fälle,  wie  die  Endung  des  Gen.  PI.  -6v,  uov  —  d(?,  des  Dat.  -Stn,  'uom^ 
'um  u.  s.  w.  kommt  insbesondere  auf  S.  111—114  zur  Sprache;  daselbst 
sind  auch  die  Parallelen  aus  dem  P.  angeführt  und  das  Nebeneinander 
von  hräeh  und  hraehu,  mräz  und  mrazu  u.  s.  w.  erklärt  (8.  117). 

Sekundär  sind  auch  die  Dehnungen  in  hrüza  ,Grauen',  s. 
grbza,  r.  grozd;  käze  ,Haut*,  slov.  kgza,  s.  koza;  jMe  ,Hälfte',  s. 
pola;  tüne  ,der  Kolk,  ausgespülte  Tiefet  slov.  tönja;  rüze  ,RoseV 
slov.  rpza;  väle  , Wille';  s.  volja,  slov-  vpfja;  vüne  ,Duft',  slov. 
vfnja;  neben  smola  haben  wir  auch  smüla  ,Pech',  s.  smöla,  r. 
smold;  ebenso  sova  neben  süva  ,EuleS  s.  sova;  neben  chvoje  auch 
diväje  ^^isig^,  s.  hvöja,  slov.  hpja  (hvgja)  ,Edeltanne,  Nadelholz- 
reisig'. Dialektisch  auch  hüra  neben  hara  jBerg',  s.  göra.  Femer 
mähr,  cira  (mit  e),  p.  c6ra. 

Wie  Yaljavec  b.  küXe,  vüle  auffaßte,  sahen  wir  S.  209.  Daß  dies 
nicht  richtig  sein  kann,  zeigt  uns  hrüza,  r.  grozä,  weiter  s.  srndlcj  r.  smolä^ 
8.  gdra,  r.  gorä  u.  and.,  woraus  wir  ersehen,  daß  das  o  in  vielen  FäUen 
hier  überhaupt  nicht  betont  war  und  niemand  könnte  je  behaupten,  daß 
auch  unbetonte  kurze  Vokale  eine  verschiedene  Int.  gehabt  hätten.  Vom 
Akk.  Sg.  kann  man  hier  auch  nicht  ausgehen,  denn  wie  uns  eben  Yaljavec 
gezeigt  hat,  war  das  o  hier,  wenigstens  im  Sildslav.  (und  das  müßte  nach 
ihm  auch  fürs  B.  gelten)  fallend  betont:  slov.  gröza,  Akk.  grazf;  g6ra^ 
Akk.  gorf;  $m6la^  Akk.  amolf;  $6va,  Akk.  9ovf;  pola  ,Fläche',  Akk.  polf 
(Rad,  132,  S.  194—195);  slov.  ist  tfnfay  rfSa,  h^'a. 

Bei  vielen  dieser  Worte  kommen  die  Dehnungen  auch  im 
P.  vor:  gdra,  gröza,  röza,  wöla,  es  muß  also  wohl  auch  hier  der- 
selbe Qrund  vorliegen.  Vor  langen  Endungen  (wie  in  unserem 
Falle  iin  Instr.  Sg.  ab.  jü  aus  -jq,  Dat  PI.  -dm  aus  -atm,  Lok. 
PL  -ach  aus  -achi  u.  s.  w.  wurde,  wie  wir  oben  sahen,  in  der 
Eegel  der  lange  Stammvokal  verkürzt:  von  prdce  (älter  präcä) 
lautete  der  Iiistr.  Sg.  pr<Mcu  (jetzt  pracf)  u.  s.  w.  Es  berührten 
sich  demnach  hier  zwei  Kategorien  von  Worten :  mit  kurzem  und 


219 

mit  laogem  Stammvokal.  Nun  konnte  die  Analogie  wirken,  d.  h. 
bei  den  Worten  erBterer  Art  traten  in  den  übrigen  Kasus  mit- 
unter auch  lüngen  ein  und  bei  jenen  der  zweiten  auch  Kürzen. 

Analogiekürzungen  würden  vorliegen  in  cesta  jAVeg*,  serb. 
cesta,  slov.  c^sta;  ryha  jPisch',  s.  rlba,  slov.  W&a  u.  s.  w.  vgl.  BB. 
30,  S.  117—118;  analog  auch  bei  den  o-St:  das  ^Zeit^,  s.  ^, 
öasa;  ded  ,6roßvater*,  s.  dßd,  dßda,  slov.  dqd,  d^da;  had 
jSchlange',  s.  gad,  gada  u.  and.  (vgl.  BB.  30,  S.  140f.),  wo  es 
sich  auch  um  eine  Dekl.  mit  analogen  langen  Kasussuffixen 
handelt. 

Analog  auch  die  Neutra :  lüno  ,8choß',  pSro,  r.  perö,  serb. 
piro  jFedet^f  jmino  ,Name^  Dazu  wieder  die  Kürzen:  eüo,  dial. 
auch  zUo,  s.  zUo,  slov.  züo;  jüro  ,Morgen,  Joch',  s.  ßUro,  slov. 
jütro. 

Noch  eine  Dehnung  haben  wir  im  B.:  mohu,  müzeä,  müze, 
müzeme,  müzete,  mohou;  beru,  bSM,  bire  u.  s.  w. 

Pedersen  hat  m^S  u.  s.  w.  mit  dem  bIot.  mfrem,  moci  ,können^ 
zusammengestellt,  d.  h.  die  Dehnung  führte  er  hier  zurück  auf  eine  ur- 
sprünglich steigend  betonte  Kürze,  die  also  schon  im  ürslav.  so  be- 
schaffen gewesen  wäre  (KZ.  38,  S.  303—304).  Für  eine  derartige  Er- 
klärung haben  wir  jedoch  bis  jetzt  keinen  Anhaltspunkt  gefunden. 

Ich  glaube,  daß  wir  hier  von  aksL  moh>  ausgehen  müssen;  es  kann 
nur  in  indikat.  Funktion  belegt  werden:  eliko  moib,  vtzmi  %  moli  za  me 
,quantnm  potes,  sume,  et  ora  pro  me'  (Miklosich,  Vgl.  Gr.  III,  2,  8.  91 
—92).  Der  Imper.-Opt.  hatte  für  die  2.  und  3.  P.  Sg.  gleiche  Formen, 
daher  taucht  das  moS»  auch  im  Ab.  und  zwar  als  3.  P.  Sg.  auf,  z.  B.  to 
nemSi  hjfii  ,das  kann  nicht  sein'  (zahlreiche  andere  Belege  bei  Gebauer 
111,2,  S.  169).  Die  Dehnung  ist  hier  so  zu  beurteilen  wie  bei  ntli  — noS«. 
Das  m<$l  wurde  dann  häufig  auch  bei  den  anderen  Formen  zu  Grunde 
gelegt:  im  Dual  neben  moMa  auch  m6ita,  in  der  1.  PL  neben  moiem^ 
moUmy  auch  nMme,  mdhny,  in  der  2.  PI.  neben  moM^  auch  m<5ito. 
Dieses  Nebeneinander  der  beiden  Formen  hatte  zur  Folge,  daß  die  Länge 
auch  in  die  urspr.  Formen  eindrang:  m«$^i,  mtSle,  moitme^  m6Me,  mohu 
und  mohou  hatte  wegen  h  keine  Berührungen  mit  möi^  daher  blieb  hier 
auch  das  kurze  o.  Es  war  nun  ein  häufig  gebrauchtes  Yerbum  und 
konnte  andere  in  den  entsprechenden  Personen  beeinflussen  und  zwar  dort, 
wo  wie  bei  möhu,  m^Sei  der  Kons,  entsprechend  erweicht  wurde,  also 
z.  B.  beru—bdrei,  bire  . . .  berou;  ieru,  ab.  Mdrei,  jetzt  im-ei  u.  s.  w.  Dann 
folgten  auch  andere  Verba:  ehocu,  ehSeei,  rwu  —  rdvei,  Kenu  —  idnei  u.s.  w. 
Aber  bei  allen  Kons,  drang  die  Dehnung  in  den  betreffenden  Personen 
nicht  durch.  Neben  r  kommt  sie  auch  bei  /  häufig  vor;  koPu,  köUi,  hole 
zu  kUti  (jedoch  meTu,  molei,  meU  zu  mUli  ,mahlen'),  iPu,  itPu,  UUi  und 
»iUi  zu  Bldti  ,schicken';  iUi^u,  iielei  und  -ttdUi  zu  ttldii  ,streuen';  vgl. 
noch  zopti,  tüvei  u.  s.  w.  zu  zvdti  ,nennen,  rufen' ;  tUfnu  (hier  auch  in  der 


220 

1.  P.  Sg.  die  L&nge,   wie  es  sonst  auch   dial.  beobachtet   werden  kann 
z.  B.  mdXu  St.  mohu)j  stdnii  zu  sionati  «krank  sein'  (eig.  ,Btöbnen'). 

Die  urspr.  Betonung  hatte  mit  diesen  Dehnungen  nichts  zu  schaffen : 
wir  finden  sie  bei  urspr.  Endbetonung  z.  B.  heru  —  b^ei,  r.  herüj  her^ib, 
berift^  u.  8.  w.;  zovh  —  zovlfh,  aber  auch  bei  Stammbetonung:  r.  koljü, 
kSlJeibf  kolfeh;  mogü^  moS^h  u.  s.  w. 

Im  Sorb.  aind  alle  Vokale  einfach  und  kurz  (Mucke, 
S.  144).  Aber  gleich  dem  P.  weist  es  noch  sog.  verengte  Vokale 
auf  und  zwar  das  Ns.  in  größerer  Zahl  als  das  Os. 

Beispiele:  os.  hröd  ^Schloß^  Gen.  hröda;  Mrka  ^ügel',  aber 
höra  fBergf  und  na  hSrku  ^uf  den  Hügel^  (ib.  S.  98);  Mrka  ent- 
spricht dem  b.  k&rka. 

Im  Ns.  kann  der  Vokal  6  nur  in  betonten  Silben  stehen, 
wenn  dieselben  mit  einem  der  Lab.  p,  b,  w,  w  oder  der  Gutt. 
k,  g,  ch  beginnen  und  wenn  kein  Lab.  folgt:  biay  (os.  bösjf,  6  = 
offenes  o);  wila  (os.  wola)  ,WilleS  womit  das  p.  w6la  und  das  b. 
vUe  zu  vergleichen  ist;  gira  (os.  hSra)  ^Berg^,  vgl.  p.  göra  und 
b.  dial.  Mra;  köza  (os.  koza,  b.  koza)  ,Ziege';  mdrjo  (os.  mörßf) 
yMeer^,  im  B.  wird  moh  auch  meist  als  mire  (mit  einem  langen 
o)  ausgesprochen. 

Ebenso  die  Präp.  pöd  und  wöt,  sowie  pö,  falls  kein  Guti 
und  Lab.  folgt:  wdt  tebß,  w6t  konja;  pöd  sÜbu;  pöd  garu;  pö 
diDorje,  aber  po  gSrce,  p6  kanju;  pö  tvodu  (ö  =  geschlossenes  o); 
pö  Wie, 

Dagegen  Bog  (os.  B^  S.  99). 

E2s  liegen  hier  demnach  Anhaltspunkte  vor,  die  uns  berechtigen 
anzunehmen,  daß  im  Sorb.  ursprünghch  dieselben  Prinzipien  wie 
im  P.  und  B.  maßgebend  waren.  Wenn  wir  altere  Denkmäler 
hätten,  so  würden  sich  gewiß  innigere  Berührungen  mit  dem  B. 
und  P.  auch  hinsichÜich  der  Quantität  ergeben. 

Die  westslav.  Sprachen  haben  demnach  nach  anderen  Prinzi- 
pien ihre  Kürzen  gedehnt  als  das  Südslav.  Im  Westslav.  war  in 
einer  Beihe  der  Fälle  zunächst  der  auslautende  Eons,  maßgebend. 
Allerdings  scheint  auch  im  Serb.  etwas  analoges  ganz  unabhängig 
vom  Westslav.  vorzuliegen.  Ich  meine  die  nachträglichen  Deh- 
nungen bei  auslautendem  j^  v,  n,  ii,  m,  l,  Ij,  r:  slov.  mgj,  ivpj, 
svpj  (also  auch  mit  Dehnung),  woraus  §tok.  moj,  tvoj,  svöj  geworden 
ist  (vgl.  S.  211  und  216). 

Es  handelt  sich  hier  nur  um  Eons.,  die  bei  Schwund  des 
Halbvokals  gedehnt  werden  konnten  (wobei  v  allerdings  als  u  und 


221 

j  als  i  aufgefaßt  werden  müßte).  Von  diesen  Kons,  wäre  dann 
die  Länge  auf  die  Vokale  übertragen  worden. 

Man  meinte  auch,  im  B.  wären  ?iele  Längen  der  ersten  Silbe  durch 
den  auf  sie  fallenden  Ton  entstanden  (vgl.  noch  neuerdings  in  Listy  fil. 
81,  8.  128).  Allein  das  ist  nicht  richtig  (vgl.  weiter  unten).  Komposita 
mit  gedehnter  Präp.  wie  j^iJwn  ,Zitation*,  füood  «Ursprung*  u.  dgl.  sind 
offenbar  analogisch  entstanden  nach  zdkon^  nähon^  ioused  (aus  nu&d) 
u.  s.  w.,   wo  es  sich  um  Präp.  handelte,  die   von  Haus  aus   lang  waren. 

Die  Bemerkungen  auf  S.  190  f.  müssen  nun  ergänzt  werden. 

Serbokroatisch.  Die  urspr.  betonte  Länge  wird  mit^,  die  sekun- 
där betonte  mit ',  die  urspr.  Kürze  und  auch  die  auf  s.  Boden  entstandene 
Kurse  (aus  steigend  betonter  Länge)  mit  "^  und  die  sekundär  betonte  mit 
'  bezeichnet.  Es  muß  aber  bemerkt  werden,  daß  auch  sekundär  betonte 
Silben  mit  *  bezeichnet  werden,  wenn  diese  Verschiebung  in  eine  ältere 
Zeit  fällt.  Es  handelt  sich  um  Fälle,  bei  denen  sich  im  Wortinnem  im 
Serb.  ein  fallender  Akzent  entwickelt  hatte.  Derselbe  wurde  nicht  ge- 
duldet, sondern  rerschoben.  Hierher  gehört  das  oben  S.  206  Anm.  er- 
wähnte kopäm^  kopäi  . . .  gegen  die  3.  P.  PL  kbpajü.  Diese  Formen  setzen 
ein  kopam^  kopai  u.  s.  w.  voraus.  Fälle  wie  tagrada^  r.  zagtn-öda^  sIot. 
nigräda  (aus  ^tägrada  wurde  tagräda^  dann  zagrada^  das  ein  zagrada  er- 
geben mußte)  waren  schon  frflher  bekannt  (vgl.  Afsl.  Phil.  21,  8.374—379). 

Es  handelt  sich  nun  um  die  Beschaffenheit  der  vier  Akzente. 
Eine  Übereinstimmung  in  der  Darstellung  herrscht  noch  zumeist 
bei  '^  und  *.  Nach  der  graphischen  Bestimmung  von  Gauthiot 
(MSL.  11,  S.  336-340,  im  J.  1900)  haben  die  mit  ^  versehenen 
Silben  zwei  Intensitätsgipfel,  einen  am  Anfang,  den  zweiten  am 
Ende;  getrennt  sind  sie  durch  eine  mittlere  Partie  von  minderer 
Intensität  Vom  musikalischen  (tonischen)  Standpunkte  aus  haben 
sie  einen  Gipfel  gleich  zu  Anfang  und  von  hier  aus  senkt  sich 
der  Ton  (wird  tiefer).  Dieses  letztere  Merkmal  ist  schon  früher 
bemerkt  worden,  so  von  Masing,  Storm.  Man  wählte  das  Wort 
süh.  Aus  der  graphischen  Darstellung  ersieht  man,  daß  der 
zweite  Intensitätsgipfel  etwas  tiefer  ist  als  der  erste. 

Es  giht  jedoch  Fälle,  wo  dieser  so  charakteristische  zweite  Gipfel  ver- 
schwindet nnd  zwar  dann,  wenn  es  sich  am  eine  (offene)  Auslautsilbe  handelt. 

Durch  das  bloße  Gehör  hat  man  bis  dahin  eher  den  musik.  Cha- 
rakter wahrgenommen.  In  dieser  Hinsicht  hat  unseren  Akzent  Storm 
(Engl.  Phil.  2.  Aufl.  8.  210—212)  richtig  aufgefaßt: 

Wichtig  ist,  daß  hier  auch  die  zweite 

Silbe  des  Wortes  {-to,  -c?)  zur  Darstellung 

kommt,  was  leider  bei  G.  fehlt.    Die  zweite 

zlä    —  to  ^i\\ie   ist  nach  S.  tiefer   und  da   hat   er 

pf    _-  vi  vollkommen  recht.     Die  graphische  Dar- 


222 

stellang,  die  uns  J.  Flor  schütz  im  Agramer  »Nastavni  Tjesnik«  Bd.  IT, 
S.  43—47  gab,  ist  unrichtig. 

Der  zweite  alte  Akzent  ^  wird  allgemein  ebenfalls  als  fallend 
aufgefaßt.  Es  ist  nun  interessant,  daß  G.  zu  einem  anderen 
Eesultate  kam.  Nach  ihm  gebe  es  hier  keine  Tonbewegung 
innerhalb  einer  so  betonten  Silbe:  weder  die  Intensität  noch  die 
Tonhöhe  ändere  sich.  Das  einzig  charakteristische  solcher  Silben 
sei,  daß  sie  deutlich  sowohl  bezüglich  der  Tonhöhe  als  auch  be- 
züglich der  Intensität  von  den  nachfolgenden  Silben  abstechen, 
was  schon  auch  M.  Novakoviö  bemerkt  hat  (Srpska  Gram. 
1,  Teil,  S.  45fif.).  Die  nachfolgenden  Silben  müssen  daher  tiefer 
und  schwächer  sein.  Leider  hat  G.  wieder  nur  eine  Silbe  dar- 
gestellt. Wichtig  ist  hier  auch,  daß  die  Tonhöhe  gegen  die 
Intensität  überwiegt. 

Storm  hat  unseren  Akzent  folgendermaßen  durch  Noten  ausgedrückt: 

a)  kroatisch  b)  serbisch  Bei  b)  s.  ist  die  Darstellung  an 

4  ^       erster   Stelle   offenbar   unrichtig   und 

"0*it    r      K  H  i    ß       <t    'd  ^    ®®  ^**  ^^'  die  Zweite  zu  gelten.    Die 

^^    J^  II  p  -p*^^"j3 hier  angegebenen  Intervalle  sind  nicht 

streng  zu  nehmen,  ebenso  wenig  auch 

0— ko        0— ko      0— ko        im  früheren  Falle.    Es  soll   dadurch 

ne    bo  nuj.  jm  allgemeinen  die  Tonbewegung 

sla— ya  charakterisiert  werden. 

Eichtig  hat  im  allgemeinen  das  Verhältnis  zweier  derartiger  Silben 

auch  Florschütz  dargestellt: 

Q  Die  beiden  sekundären  Akzente  ^  und  ' 

BJn^P     j    [j        wurden  im  allgemeinen  als  steigend  aufgefaßt 
•^  und  G.  zeigt  uns,  daß  dies  richtig  war:  sowohl 

sia—ya  bei  dem  kurzen  ^   als  auch  bei  dem  langen  ' 

wächst  die  Intensität  von  Anfang  bis  Ende.  Es  steigt  zwar  auch 
die  Tonhöhe,  aber  ihre  Steigung  ist  nicht  an  jene  der  Intensität  ge- 
bunden :  diese  Steigung  ist  viel  schwächer  und  daher  begreift  man, 
daß  Storm  und  Masing  sie  nicht  immer  vernehmen  konnten. 

Bei  Storm  (S.  211]  deckt  sich  die  Darstellung  des  Akz.  von  p^o 
vollkommen  mit  dem  von  oko^.    Besser  ist  die  Darstellung  des  Akz.  ': 


rf 


Es  ist  hier  also  auch  die  Steigung  angedeutet. 

Die  Akzentfrage  in  der  s.-kr.  Sprache  hat  auch 
ihre  Geschichte,  auf  die  wir  hier  freilich  nicht  näher 

'  *  eingehen  können  (vgl.  L.  Kovadevic  im  Afsl. Phil. 

(man  könnte  auch      ^'  S-686-696).    Gegen  Masing  stellte  K.  feat,  daB 
rV'^    setze  )  ^^®  ®"  ^®r*®  ^^^^  gleiche  Töne  von  derselben  Höhe 


1.  Allerdings  muß  bemerkt  werden,  daß  unter  den  Serbokroaten  auf 


223 

und  Stfirke  nicht  vertragen  und  daß  die  zweite  Silbe  des  von  M.  ange- 
nommenen Zweisilbenakzentes  schwächer  und  tiefer  ist  als  die  erste. 
Doch  w&re  zur  selben  Zeit  diese  Zweite,  also  auf  die  hochtonige  un- 
mittelbar folgende  Silbe  höher  —  auch  stärker  —  als  alle  Qbrigen  tief- 
tonigen  Silben;  insofern  war  also  die  Beobachtung  M.s  richtig.  Nach  K. 
hätten  die  beiden  Akzente  *  und '  am  Anfang  einen  tieferen  und  am  Ende 
der  Silbe  einen  höheren  Ton :  ihr  Ton  steige  im  Gegensatze  zu  *  und  ^ 
Die  der  betonten  Torangehenden  Silben  (das  kann  nur  vor'  und  '  der 
Fall  sein]  unterscheiden  sich  weder  in  der  Tonstärke  noch  in  der  Ton- 
höhe von  einander;  dagegen  herrsche  unter  den  der  betonten  nach- 
folgenden Silben  ein  bestimmtes  Gesetz:  es  wäre  dies  das  Gesetz  des 
progressiven  Tonfalles  sowohl  was  die  Höhe  als  was  die  Stärke  desselben 
anbelangt. 

Der  Umstand,  daß  den  mit  *  oder  '  betonten  Silben  keine  Länge 
vorangehen  kann,  spricht  entschieden  für  die  hier  aufgestellte  Behauptung, 
daß  alle  jene  Silben  gleichtönig  sind,  vgl.  poispretij^ati,  poüpravaljivaii. 
Aus  demselben  Grunde  können  die  Akzente  "^  und  '^  nur  auf  der  ersten 
Silbe  stehen,  denn  wenn  sie  auch  in  der  Mitte  vorkämen,  so  würde  ein 
Emporklimmen  auf  eine  solche  Tonhöhe  (die  beiden  Akzente  *  und  '^  sind 
auch  sonst  höher  und  stärker  als  *  und  ')  schwer  fallen  gegenüber  der 
Tieftonigkeit  aller  vorangehenden  Silben  und  die  Sprache  müßte  sich 
nach  einem  Mittelton  umsehen. 

Es  versteht  sich  nun  von  selbst,  daß  nach  den  fallenden  Akzenten 
*  und  '^  nur  tieftonige  Silben  folgen,  deren  Höhe  und  Stärke  des  Tones  je 
weiter  gegen  das  Ende  des  Wortes,  desto  mehr  abnimmt.  Dagegen  wäre 
es  unnatürlich,  wenn  nach  den  steigenden  Akzenten  '  und  ',  bei  welchen 
der  Ton  gerade  am  Ende  der  Silbe  seinen  Höhepunkt  erreicht,  in  der 
nächstfolgenden  Silbe  gleich  volle  Tieftonigkeit  eintreten  sollte.  Wenn 
schon  die  s.  Sprache  bei  den  tieftonigen  Silben  ein  progressives  Tongefälle 
liebe,  so  erfordere  sie  um  so  eher  zwischen  dem  aufsteigenden  Hochton 
und  der  Tieftonigkeit  eine  Vermittlung.  Diese  Vermittlung,  d.  h.  den 
Mittelton  zwischen  den  Akzenten  '  oder  '  und  den  nichtakzentuierten, 
tieftonigen  Silben  bilde  eben  jener  zweite  Bestandteil  des  von  Masing 
angenommenen  Zweisilbenakzentes. 

So  kommt  KovaöeTiö  zu  folgenden  in  der  s.  (und  wie  er 
sagt,  wahrscheinlich  auch  in  der  kr.)  Betonung  herrschenden  G^ 
setzen: 

1)  Die  mit  dem  stärksten  und  höchsten  Ton  versehene  Silbe 
des  Wortes  ist  die  akzentuierte.  Es  gibt  nur  eine  so  betonte 
Silbe,  folglich  auch  nur  einen  Akzent  im  Worte.  ADe  übrigen 
Silben  des  Wortes  sind  tiefer  und  schwächer  als  die  akzentuierte. 

zehn,  die  gut  sprechen,  kaum  einer  kommen  soll,  der  die  beiden  Akzent- 
arten pero  und  oko  genau  nach  dem  Gehör  unterscheiden  kann  (Afsl. 
Phil.  19,  S.  580). 


224 

2)  Es  gibt  vier  Akz.:  zwei  mit  fallendem  C  ^^^  )  ^"id  zwei 
mit  steigendem  Ton  ('  und  ').  Die  beiden  ersten  können  nur  auf 
der  ersten  (oder  einzigen)  Silbe  des  Wortes  stehen,  die  letzteren 
auf  allen  mit  Ausnahme  der  letzten  (oder  einzigen)  Silbe. 

3)  Alle  den  Akzenten  '  und  '  vorangehenden  Silben  sind 
tieftonigy  kurz,  von  gleicher  Höhe  und  Stärke.  Beietar  glaubt, 
daß  selbst  auch  hier  in  den  einem  steigend  betonten  Vokal  voran- 
gehenden Silben  ebenfalls  eine  gelinde  stufenweise  Steigerung  der 
Tonhöhe  zu  hören  ist  (Afsl.  Phil.  19,  S.  581).  Wir  bemerken 
zwar  etwas  ähnliches  im  Slov.,  aber  da  wirkte  wieder  die  fallende 
Int.  im  entgegengesetzten  Sinne,  d.  h.  auf  die  folgende  Silbe,  was 
im  Stok.  nicht  der  Fall  ist 

4)  Alle  der  akzentuierten  nachfolgenden  Silben  fallen  sowohl 
in  der  Tonhöhe,  wie  in  der  Tonstärke,  bis  zum  Ende  des  Wortes 
progressiv  herab,  sie  können  kurz  oder  lang  sein,  die  langen  ent- 
sprechen in  ihrem  Wesen  den  mit  '^  und  die  kurzen  den  mit  "^ 
akzentuierten. 

5)  Die  nächste  Silbe,  welche  auf  eine  mit  steigendem  Akzent 
versehene  ('  oder  ')  folgt,  ist  sowohl  was  die  Kraft  als  die  Höhe 
des  Tones  betrifit,  mitteltonig,  indem  sie  den  letzten  Kulminations- 
punkt des  Hochtones  mit  allen  übrigen  tieftonigen  Silben  ver- 
mittelt 

Auch  diese  mitteltonige  Silbe  (Dach  M.  die  zweite  Hälfte  des  Zwei- 
silbenakzentes) kann,  gleich  den  übrigen  tieftonigen  Silben,  lang  oder 
kurz  sein  und  in  ihrem  Wesen  entspricht  sie  den  mit  '^  oder  *  akzentuier- 
ten Silben^ 

6)  Der  Mittelton  ist  im  Verhältnis  zum  Hochton  tief,  während 
er  im  Verhältnis  zu  den  ihm  nachfolgenden  tieftonigen  Silben  die 
Bolle  eines  Hochtons  spielen  dürfte.  Ebenso  ist  jede  dem  Akzent 
des  Wortes  näher  liegende  Silbe  verhältnismäßig  höher  als  alle 
weiter  folgenden. 

Wenn  wir  die  Int.  der  kurzen  Silben  im  S.  betrachten,  so  sehen 
wir,  daß  sie  zweifach  ist:  fallend  C)  oder  steigend  (').  Die  steigende 
ist  allerdings  erst  später  entstanden:  vodOf  ihia  (itokavisch). 

Die  fallende  Intonation  zeigt  sich  jetzt  bei  urspr.  Kürzen:  bo^a 
(Gen.  zu  bog),  klia  oder  auch  bei  urspr.  Längen,   die  infolge  der  einst 

1.  Wir  sagen  jetzt:  bei '  und  '  ist  die  folgende  ursprünglich  lange 
Silbe  lang  oder  kurz,  je  nachdem  sie  fallend  oder  steigend  betont 
war;  die  Verkürzung  hat  schon  bei  dem  urspr.  Ton  stattgefunden,  da 
sie  auch  im  Öak.  vorkommt.  Erst  nach  dieser  Verkürzung  wurde  der 
Akz.  auf  die  Torhergehende  Silbe  Terschoben. 


225 

steigenden  Int.  verkürzt  wurden:  krava,  ffina.  Zwischen  diesen  beiden 
Arten  der  Kürzen,  die  also  den  nrspr.  Sitz  des  Akz.  bewahrt  haben,  gibt 
es  jetzt  keinen  unterschied.  Aber  daß  dem  einst  nicht  so  war,  zeigt  uns 
das  Slov.  Dem  §tok.  "*  entspricht  zwar  im  Slov.  '  z.  B.  kwra,  stok.  lcor% 
aber  auch  ^:  od  boga,  itok.  iloga,  od  boga.  Das  kann  nur  so  erklärt 
werden,  daß  auch  die  Kürzen  einmal  eine  verschiedene  Int.  im  Südslav. 
hatten,  wie  wir  schon  oben  S.  206  sahen:  bdga^  fitok.  boga  konnte  nur 
eine  fallende  Int.  gehabt  haben,  dagegen  itok.  JImto  eine  steigende. 

Ebenso  muß  darnach  itok.  krava,  slov.  krdoa.  r.  kortfva,  itok.  pßna, 
slov.  ppna  einmal  eine  steigend  betonte  Kürze  enthalten  haben,  weil  es 
im  Slov.  eben  so  behandelt  wurde  wie  die  steigend  betonte  nrspr.  Kürze 
z.  B.  in  kdra  (vgl.  auch  Leskien  in  Afsl.  Phil.  21,  S.  821—322). 

Entstehung  der  Stok.  Neuerungen  hinsichtlich  des 
Akzentes.  Es  bandelt  sich  darum,  wie  sich  die  jüngere  Ak- 
zentuation  des  §tok.  aus  der  älteren,  die  noch  im  öak.  vorliegt, 
entwickelt  hat.  Eine  Erklärung  finden  wir  schon  bei  Gauthiot 
(MSL.  11,  S.  339,  im  J.  1900)  angedeutet,  und  die  ist  jedenfalls 
richtig.  Nachdem  er  konstatiert  hatte,  daß  die  urspr.  Be- 
tonung im  S.  immer  gleich  mit  der  Tonhöhe  und  Ton- 
stärke anhebt,  bemerkt  er,  daß  sich  infolge  dessen  die  Stimme 
schon  vor  der  betonten  Silbe  heben  und  verstärken 
müsse;  diese  Verstärkung  und  Erhebung  finde  aber  schon  inner- 
halb der  vorhergehenden  unbetonten  Silbe  statt  Auf  diese  Art 
kann  natürlich  allmählich  der  Akz.  verschoben  werden.  Jeden- 
falls ist  das  Anheben  der  ursprünglichen  Betonung  immer  gleich 
mit  der  Tonhöhe  und  Tonstärke  der  wichtigste  Umstand  bei  dieser 
Eridärung. 

So  erklärte  es  auch  BeSetar  in  dem  gleichzeitig  erschienenen 
Werke  (Die  s.-kr.  Betonung  südwestl.  Mundarten.  Wien.  1900.  S.  8  ff.). 
Man  brauche  sich  nur  gegenwärtig  zu  halten,  daß  in  den  s.-kr.  Mund- 
arten mit  älterer  Betonung,  also  vorztiglich  in  der  Sak.,  in  den  Fällen, 
wo  vor  dem  fallenden  Akz.  eine  oder  mehrere  (unbetonte)  Silben  stehen, 
kein  Sprung  vom  Tieftone  zum  Hochtone  stattfinde,  sondern  der  Ton 
allmählich  vom  ersteren  zum  letzteren  steige.  Dies  könne  man  be- 
sonders leicht  dort  wahrnehmen,  wo  dem  Haupttone  eine  lange  Silbe 
vorausgeht,  z.  B.  rükaj  gläva;  in  solchen  Fällen  wäre  die  steigende  Be- 
wegung auf  der  (unbetonten)  Länge  neben  dem  Hochtone  und  Nach- 
drucke auf  der  folgenden  Silbe  so  deutlich,  daB  Leskien  bezüglich  der 
5ak.  Mundarten  von  Lesina  und  Lissa  vielfach  im  Zweifel  war,  welche 
der  beiden  Silben  eigentlich  als  die  betonte  anzusehen  sei.  In  einem 
Teile  des  serbokroat.  Sprachgebietes  hätte  die  steigende  Tonbewegung 
in  der  Silbe  vor  dem  Hoch  tone,  welche  auch  mit  einer  Tonverstärkung 
verbunden  sein  mußte,  allmählich  auch  den  Nachdruck  auf  sich  gezogen, 
so  daß  zunächst  auf  der  ursprünglich  betonten  Silbe  nur  der  höchste 
Yondrik,  Vgl.  iIat.  GTanai.  I.  15 


226 

Ton  verblieb,  während  der  stärkste  Ton  sich  von  derselben  trennte 
and  auf  die  vorhergehende  Silbe  überging:  aus  voda,  rüka  wurde  also 
zunächst  v6da,  rüka,  wo  die  erste  Silbe  (steigend  and)  stärker,  die 
zweite  dagegen  höher  ausgesprochen  wurde.  In  einer  weiteren  Stufe 
der  Entwickelung  wäre  dann  aus  vdda,  rüka  das  gewöhnliche  itok.  vdda, 
rüka  einfach  dadurch  entstanden,  daß  die  (ursprünglich  betonte)  zweite 
Silbe  unter  den  am  Ende  der  (nunmehr  stärker  hervorgebrachten)  ersten 
Silbe  erreichten  Ton  sank,  mit  anderen  Worten,  nachdem  die  zweite  Silbe 
den  Nachdruck  an  die  erste  Silbe  verloren  hatte,  g^ng  für  sie  allmählich 
auch  der  Hochton  verloren.  Man  hat  hier  natürlich  eine  ganze  Beihe 
von  Übergangsstadien  anzunehmen.  Das  wichtigste  wäre  das,  wo  der 
stärkere  Ton  schon  auf  der  (steigenden)  ersten,  der  höhere  dagegen 
noch  auf  der  zweiten  liegt,  denn  diese  Stufe  wäre  noch  heutzutage  in 
solchen  Mundarten  anzutreffen,  welche  den  Yeijüngungsprozeß  in  der 
Betonung  noch  nicht  vollkommen  durchgemacht  haben  (einige  südSak. 
Dial.,  auf  der  Insel  Lagosta,  Dialekt  von  Lumbarda  auf  der  Insel  Gurzola). 
In  dem  erwähnten  Sinne  könnte  man  also  von  einem  > Doppelakzent < 
sprechen. 

Die  neuen  steigenden  Akzente  begannen  sich  nicht  auf  ein- 
mal in  allen  Fällen  zu  entwickeln,  yielmehr  unterscheidet  hier 
R  drei  Stufen  unter  den  Stok.  Dial.  Es  wurde  nämlich  der 
ältere  Akzent  erhalten: 

a)  in  allen  Silben  ohne  Unterschied:  sväa,  sesträ,  lopatdj 
je^k,  neprävda,  vode; 

b)  in  allen  Silben  mit  Ausnahme  der  kurzen  offenen  im 
Auslaut  (also  wohl  lopata,  fezlk,  neprcvda,  vode,  aber  kein  mla, 
sesträ,  sondern  svüa,  aistra); 

c)  nur  auf  langen  Silben  beibehalten:  nur  neprävda,  vode, 
aber  weder  lopata,  jezUc,  noch  svüa,  sestra.  Dazu  kommt  natür- 
lich die  letzte  Stufe 

d)  der  Akz.  ist  im  allgemeinen  um  eine  Silbe  verschoben 
(Akz.  des  Vuk):  niprävda,  vödS,  lopata,  jkzik,  svüa,  sistra. 

Es  muß  bemerkt  werden,  daß  sich  die  alte  Betonung  am  meisten 
auf  den  langen  Silben  behauptet,  ja  es  gibt  Dialekte,  die  die  alte  Be- 
tonung nur  auf  langen  Silben  gerettet  haben.  Nun  ist  es  allerdings 
auffallend,  daß  beim  Typus  b)  der  alte  Hochton  in  Mittelsilben  und  ge- 
decktem Auslaut  erhalten  bleibt:  lopata,  jeük,  während  es  bei  unge- 
decktem Auslaut  9vÜa^  i^a  für  9vlta,  iena  heißt.  Daher  meint  Leskien 
(Afsl.  Phil.  23,  S.  562),  der  Umstand,  daß  auch  5ak.  Mundarten  (Trau), 
die  nach  dem  alten  Prinzipe  betonten,  diese  Fälle  vermeiden:  rüka,  vöda 
(mit  Dehnung  ffir  vöda),  könne  darauf  führen,  daß  ein  svila,  vbda  des 
Typus  b)  von  der  Entwickelung  der  Yukschen  Betonung  unabhängig  sei. 

IL.S  Erforschung  einiger  ätok.  Dial.  brachte  das  Besultat, 
daß  man  nicht  mehr  die  öak.  Betonung  der  stok.  ohne  weiteres 


327 

entgegensteUen  kann.  Bezfiglich  der  bedingten  G^genübersteUung 
des  öak.  zum  Stok.  hat  sich  auch  schon  A.  Ma^nranid  ähnlich 
ausgesprochen  (Slovnica  H^rratska.  4.  Aufl.  8.  24).  An  eine 
scharfe  Abgrenzung  denken  wir  freilich  heutzutage  nicht  mehr 
und  wenn  wir  vom  dtok.  Dialekt  in  akzentueller  Hinsicht  sprechen, 
so  haben  wir  einfach  die  Vuk'sche  Akzentuation,  die  sich  auf  ein 
bestimmtes  Stok.  Gebiet  erstreckt^  im  Sinne.  AndererseitB  muB 
auch  herYOi^hoben  werden,  daß  das  öak.  doch  einen  starken 
Gegensatz  zu  den  Stok.  Dial.  in  akzentueller  Hinsicht  faüdet  und 
zwar  durch  den  sog.  langen  steigenden  Akzent 

Wir  wissen,  daB  der  steigende  Akz.  im  6t6k,  regelmiAig  nur  alt 
Ersatz  eines  ftlteren  fallenden  Akz.  erscheint,  dessen  orspr.  Lage  auf  der 
n&ehst  folgenden  Silbe  war,  z.  B.  gidva  ans  glava.  Es  gibt  aber  Fallet 
wo  dieser  Akz.  nicht  auf  diese  Art  erkl&rt  werden  kann  nnd  diese  sind 
insbesondere  im  Öak.  (namentlich  in  manchen  Mundarten)  h&ufig.  Wir 
haben  schon  oben  S.  198  f.  solch  einen  steigenden  Akz.,  der  als  nrslaT.  er- 
scheint, auch  im  §tok.  kennen  gelernt.  Die  Erhaltung  des  alten  Akz.  im 
Gen.  der  o-Stämme  ist  wohl  begreiflich«  wenn  man  bedenkt,  daS  es  not- 
wendig war  ihn  Yom  Nom.  Akk.  8g.  Hask.  zu  scheiden.  Es  handelt  sieh 
ja  um  eine  Periode,  in  der  sich  der  EinfluA  des  Gen.  der  »-Stämme,  der 
eine  Dehnung  des  auslautenden  Halbvokals  {roks.  Im»,  daraus  rokä,  Ihnä, 
Tgl.  Verf.  0  pAvodu  kijeTsk^ch  listA  ...  S.  23f.)  herbeiführte,  noch  nicht 
geltend  machte. 

In  den  £ak.  Mundarten  tritt  dagegen  dieser  Akz.  häufig  au£ 
Schon  M.  behauptet,  daß  die  öak.  Mundart  diesen  Akz.  kenne 
und  führt  zahkeiche  Beispiele  dafür  an.  Nemaniö  unterschied 
dagegen  in  seinen  2ak.-kroat  Studien  nur  einen  langen  Akzent, 
was  aber  unrichtig  ist,  wie  schon  Jagiö  bemerkte  (A6L  FhiL  7, 
S.  491). 

Der  lange  steigende  Ton  kann  zunächst  in  gewissen  Ffillen  ebenso 
wie  im  ätok.  durch  eine  Akzentverschiebung  entstanden  sein.  In  anderen 
Ffillen  ist  er  aus  einem  kurzen  fallenden  oder  steigenden  Akz.  henror- 
gegangen. 

Das  sind  aber  nicht  so  zahlreiche  Fälle.  Viel  häufiger  ist 
er  dagegen  in  den  ursprünglich  akzentuierten  langen  Silben  vor- 
handen. So  wären  nach  den  Aufiseichnungen  M.s  im  kzoai 
Eüstenlande  (in  Vinodol)  alle  akzentuierten  langen  Silben  im 
Auslaute  steigend  betont:  bdn,  Bio,  böj,  kröj  u.  s.  w.  vodij  bradi 
U.8.W.;  pijim,  täeätm,  dagegen  nur  8Üd  jYasf  gegen  sud  yG^richt'; 
lüg  ^ucusfj  lüg  ^via^ 

In  den  Anfangs-  und  Mittelsilben  haben  wir  in  den  6ak. 
DiaL  dort  vorwiegend  einen  langen  steigenden  Akz.,  wo  auf  der 

15* 


228 

TCHrletzten  "Silbe  in  den  ito-Mundarten  der  lange  fallende  Akz. 
steht  oder  vorausgesetzt  werden  kann.  Der  steigende  Akz.  bleibt 
hier  auch  im  öak.,  wenn  diese  Formen  in  der  Flexion  oder  En- 
klise um  eine  Silbe  mehr  bekommen:  lÜ6e  (Stok.  Iiä6e  yLaubO, 
pruöe,  tdkje,  pirjs  (itok.  perje  ^e  Fedem^y  grq^p  porugq^ 
(Stok.  parügäiie);  kridiAe,  arüije  (&tok.  drittje),  crlkva,  Uja  —  zida 
(fitok.  üda);  kUtva  (6tok.  kletva);  jednöga,  dobrfga,  zUga,  jq  san. 

Mit  der  Erklärung  dieses  Akz.,  die  uns  B.  gibt,  können  wir 
wohl  nicht  übereinstimmen. 

Er  konstatiert,  daß  in  den  itok.  Dial.  fast  nie  eine  Betonung  wie 
Uide,  dräfi,  vidim^  wMm,  UHm  a.  8.  w.  vorkomme,  ja  diese  F&Ue  wären 
hier  ganz  und  gar  ungewöhnlich.  Mit  dem  Öak.  stimme  in  dieser  Hin- 
sicht das  Kajkayische  überein.  Der  Umstand  nun,  daß  der  steigende 
Akz.  auf  langen  Silben  in  dieser  Geltung  in  den  Stok.  Dial.  mit  älterer 
Betonung  nicht  vorkomme,  spreche  jedenfalls,  wie  er  meint,  nicht  für 
dessen  Ursprünglichkeit.  Und  wenn  umgekehrt  der  &k.  lange  steigende 
Akzent  zum  größeren  Teile  durch  einen  ebensolchen  Akz.  in  den  kajk. 
Dial.  und  im  Slov.  unterstützt  wird,  so  könne  dadurch  die  Sache  nicht 
ohne  weiters  als  entschieden  gelten,  denn  die  slov.  und  auch  die  kajk. 
Betonung  hätte  sich  erwiesenermaßen  in  mancher  Beziehung  von  der  ur- 
slay.  noch  mehr  entfernt  als  die  neuere  Stck.;  man  müsse  daher  die 
Möglichkeit  zugeben,  daß«  wenn  nicht  in  allen,  so  doch  wenigstens  in 
einem  Teile  der  hierher  gehörigen  Fälle  (z.  B.  lüde,  mlddi^  piiei  u.  s.  w.) 
der  steigende  Ton  im  Kajk.  und  Slov.  gegenüber  dem  fallenden  im  ätok. 
(Itide,  mladt,  fnisi)  sekundär  sein  kann,  in  welchem  Falle  dann  die  öak. 
Dial.,  wie  auch  sonst  nicht  selten,  an  derselben  sekundären  Erscheinung 
teilnehmen  würden  wie  das  Slov.  und  Kajk.  (»S.-kr.  Bet.«  S.  25—26). 
Diese  Deduktion  ist  unrichtig,  da  umgekehrt  die  itok.  Int.  sekundär  ist. 

Es  handelt  sich  hier  um  eine  §tok.  Eigentümlichkeit,  auf  die 
ich  in  BB.  30,  S.  138—139  aufinerksam  machte  und  die  darin 
besteht,  daß  vor  einer  §tok.  Länge  die  betonte  vorher- 
gehende Länge  eine  fallende  Int.  bekommt,  mochte  sie 
urspr.  steigend  oder  fallend  betont  gewesen  sein,  vgl. 
z.  B.  r.  zdarövffj,  dagegen  gtok.  zdrävi  (b.  zdräv,  s.  zdräv  also 
steigende  Lit);  därt  zu  star,  b.  stdr,  aber  auch  mlädi  zu  ndad, 
r.  tnHad  (b.  mldd  später  gedehnt);  femer  vrätü,  vräti  u.  s.  w. 
(und  darnach  vrätlm),  gegen  r.  vorötiH,  vordtitb,  b.  vrätÜ,  vrili, 
also  ursprünglich  mit  steigender  Lii;  weiter  nüMlm,  slov.  aber 
richtig  mUttim,  b.  mldtim.  Ebenso  gehört  natürlich  hierher  piS^^ 
b.  dagegen  ptiei,  piäe  also  mit  der  urslav.  steig.  Lit  Analog 
müssen  auch  die  Fälle  wie  liSde,  perje  u.  s.  w.  beurteilt  werden, 
^enn  das  e  geht  auf  urslav.  te  zurück  und  war  demnach  Ursprung- 


229 

lieh  lang.  Die  £aL  steigend  betonte  lÄnge  ist  somit  in  den 
meisten  oben  angeführten  Fällen  alt,  ja  sie  ist  urslay.  Sie  ist 
insbesondere  anch  dort  alt,  wo  sie  auf  einem  nrsprachlich  langen 
oder  im  Slav.  gedehnten  Vokal  ruht,  wie  in  jq  san^  U  bis,  vi  sU, 
ml  bimo  n.  s.  w.  Wir  begreifen  daher,  daß  sich  dameben  anch 
noch  ein  sin,  sina  (die  Akkusativbetonung  wurde  verallgemeinert), 
müs — muza,  pest — pesti,  nie  aber  slna,  müia,  püti  erhalten  hat 
Wäre  die  steigende  lÄnge  etwas  sekundäres,  so  würden  wir  ja 
auch  hier  ein  slna  erwarten  und  das  sina  wäre  uns  unerklärlich. 
Ebenso  ist  hier  ein  glqva  —  glqvu,  rüka  —  ruke,  nie  aber  ^dcu, 
ruke.  Wenn  sich  also  hier  so  alte  Akzentverhältnisse  erhalten 
haben,  so  kann  man  in  der  steigend  betonten  Länge  doch  nicht 
etwas  Sekundäres  suchen.  Das  gilt  selbstverständlich  von  eben 
denselben  Längen  im  Kajk.  und  Slov.  Hier  überall  stehen  diese 
Dialekte  bez.  Sprachen  auf  einer  älteren  Stufe  der  akzentuellen 
Entwickelung  als  das  Stok.  Auf  seine  Eigentümlichkeit  der 
fallenden  Int.  vor  einer  Länge  werden  wir  weiter  unten  noch  zu 
sprechen  konmien. 

Auch  äachmatoT  sieht  in  den  steigend  betonten  Sak.  Längen 
etwas  altes.  Seine  Ansichten  Aber  den  s.-kr.  Akz.  überhaupt  hat  er  uns 
in  IzTÖstija  . . .  1901,  Bd.  VI,  Hft  1,  8.  344-^68  auseinandergesetzt;  sie 
betreffen  insbesondere  auch  die  Erklärung  der  sekundären  Akzente  im 
ätok.  und  sind  sehr  scharfsinnig,  wenn  wir  uns  auch  wünschen  möchten, 
daB  sie  etwas  klarer  zum  Ausdruck  gekommen  wären.  Nach  dem  allge- 
meinen Eindruck  müssen  wir  gestehen,  daß  er  eigentlich  in  der  Haupt- 
sache mit  Gauthiot  und  Beietar  übereinstimmt,  denn  auch  er  konstatiert, 
dafi  der  Übergang  alter  steigender  (kurzer  und  langer)  Akz.  in  fallende 
allgemein  itok.  war:  krä^j,  pbp^  üode,  voda^  napiü,  hpata,  air^Bkt^  hräva 
wäre  zu  krSy,  pop^  straStk,  krafoa^  vode,  ooia,  napiU^  lopmia  geworden. 
Wir  haben  auch  oben  bei  Gauthiots  Erklärung  darauf  Nachdruck  gelegt, 
dafi  die  urspr.  Betonung  mit  zwei  Gipfeln  ansetzte  und  zwar  einen  ex- 
spiratorischen  und  einen  tonischen.  Es  kann  sich  nur  darum  handeln, 
ob  alle  hier  erwähnten  Fälle  gleichartig  sind  also  auch  z.  B.  kralj.  In- 
deß  kommt  es  hier  nicht  so  sehr  in  Betracht.  Auch  weiter  können  wir 
noch  mit  S.  übereinstimmen,  daß  im  ürslaT.  (gewiß  wenigstens  im  Süd- 
slaT.  und  B.)  der  fallende  Akz.  in  langen  Silben  nur  im  Anlaut  möglich 
gewesen  wäre,  denn  das  B.  zeige  nur  orö  im  Wortinlaut  (nicht  dro,  ^e 
wie  z.  B.  promolöom^f  naperSd^f  zagorödka,  ogoröd^,  pozoiola  u.  s.  w.). 
Wenn  sich  im  Wortinlaut  aus  diesem  oder  jenem  Grunde  eine  fallende 
Betonung  zeigte,  wurde  sie  auf  die  Yorhergehende  Silbe  übertragen:  nach 
harodä  —  hörodu  (horda^  Krdu),  würden  wir  §kovdrodu  zu  tkovorodä  er- 
warten, dafür  haben  wir  aber  duhorodu  ans  *ak0vardq  und  dieses  aus 
*$ko9ardq.    Ebenso  wäre  darnach  aus  na  goht^  na  ztwu^  w  gdrda,  %a  ücho. 


SSO 

na  raky  n.  b.  w.  ein  na  gohq^  ni  stmq,  Iz  gorda  u.  s.  w.  geworden,  TgL 
X.  na  golovu,  na  stmti,  zä  ueho^  itok.  pm  glävu,  na  itmu;  slov.  od  grada 
(Gen.  dagegen  gradu)^  na  glavo  (sonst  glavo)\    Vgl.  auch  s.  poviti,   slov. 

In  der  Mehrzahl  der  itok.  Dial.  hfttte  nun  dieses  gemeinsla?.  Gesetz 
bestanden.  Wir  werden  sagen,  war  hier  die  fallende  Int.  noch  so,  wie 
im  ürslaT.,  mofite  sie  natürlich  dort,  wo  sie  sekand&r  aufkam,  analoge 
Erscheinungen  hervorrufen.  Das  genügt  uns  auch  vollkommen,  wenn  wir 
uns  das  über  die  &k.  und  Stck.  Dialekte  früher  Gesagte  vergegenwärtigen. 
Sonst  können  wir  S.  bei  seinen  weiteren  Deduktionen  nicht  mehr  folgen. 
Er  meint,  daß  die  dem  Hochton  überhaupt  vorhergehende  Silbe  mit 
steigender  Tonerhdhung  ausgesprochen  werde.  Wenn  nach  einer  solchen 
Erhöhung  eine  steigend  betonte  (kurze  oder  lange)  Silbe  folgte,  wäre  im 
Worte  eine  gewisse  Harmonie  zu  Stande  gekommen.  Wenn  dagegen  eine 
fallende  betonte  (kurze  oder  lange)  Silbe  folgte,  wäre  dies  nicht  der  Fall 
gewesen,  man  hätte  daher  den  Nachdruck  auf  die  vorhergehende  Silbe 
gelegt  und  für  die  zweite  Silbe  wäre  nur  die  Tonhöhe  übrig  geblieben: 
aus  do*  domu  (*  bedeutet  die  steigende  Tonerhöhung)  wäre  zu  do  damu 
schon  im  ürslav.  geworden.  Derselbe  Prozefi  soll  sich  nun  auf  dieselbe 
Weise  im  Stck.  wiederholt  haben.  Die  Hauptsache  ist,  daB  wir  von 
fallenden  Akzenten  ausgehen  müssen. 

Quantitätserscheinungen.  Die  liüigen  sind  im  S.-kr. 
namentlich  dann  gefährdet,  wenn  sie  unbetont  sind.  Die  kajk. 
DiaL  haben  unbetonte  Längen  schon  ganz  wie  das  Slov.  ver- 
loren. Auch  die  meisten  2ak.  Mundarten  haben  nach  betonten 
Silben  die  limgen  aufgegeben.  Auch  im  Stok.  sind  die  Längen 
nach  dem  Akzent  gefährdet;  in  den  Endsilben  werden  unbetonte 
limgen  mittellang  oder  einfach  kurz  ausgesprochen. 

Es  entstehen  aber  auch  sekundäre  Längen.  So  bemerkt 
man  namentlich  bei  den  Eons,  l,  Ij,  r,  m,  ^A,  j,  v,  daß  sie  in 
geschlossener  Silbe  eine  Dehnung  herbeiführen,  so  daß  wir  in  der 
Schriftsprache:  kräj — kräja;  räj — raja;  moj — möja;  6n  (l^na) 
u.  s.  w.  (ReSetar  S.  27)  haben. 

In  den  Dial.  geht  es  noch  weiter;  in  den  2ak.  geschieht  es  ziemlich 
regelmäßig:  ucinil,  pal^  dtm,  goipodtn,  iäv  u.  s.  w. 

Kurze  Vokale  werden  vor  den  erw&hnten  Eons,  auch  gedehnt,  wenn 
noch  ein  zweiter  Eons,  dazu  kommt  z.  B.  trgovae  —  trgövca.  In  manchen 
itok,  DiaL  bkibt  aber  noch  die  urspr.  Eürze.  In  montenegr.  Mundarten 
z,  ß.  Ifca  ^Vuk  ötjca);  konae  —  konea  (Vuk:  k^nae  —  könca). 


1.  Leskien  erklärt  das  slov.  od  grada  so,  daß  der  Hochton  hier 
seinen  alten  äitz  bewahrt  hätte,  während  er  in  gradü  verschoben  sei. 
Ein  Präpositionalaua druck  wurde  aber  auch  in  akzentueller  Hinsicht  als 
eine  graiumatiBcbe  Einheit  behandelt. 

1 


f 


231 

Sonst  kann  man  bemerken,  daA  urspr.  Kürzen  nnter  dem  Akz.  ge- 
dehnt werden,  was  allerdings  ziemlich  selten  ist.  So  in  Belgrad  und 
Bagnsa  (hier  z.  B.  üna  für  Sena^  bei  den  Öaka?ci  in  Trau  und  Sebenico: 
i^na  a.  s.  w.). 

Im  Serb.  haben  wir  es  auch  in  einsilbigen  Worten  mit  sekun- 
dären Längen  zu  tun:  itok.  bog  —  boga,  iak.  bog  —  böga^  r.  bogz, 
böga;  bok—böka  ^Seite^,  2ak.  &<iAr,  bdka  (und  bök  —  böka),  r.  boki, 
b6ka.  Die  Erklärung  gab  Valjavec  (Bad,  132,  S.  191  und 
174—175).  Er  vergleicht  bög^  led,  dost  mit  vod,  kmet,  Ion  und 
kommt  zum  Schluß,  daß  die  Dehnung  bei  ursprünglich  fallender 
Betonung  eingetreten  wäre  (es  genügt  also  nicht,  daß  das  Wort 
stammbetont  sei,  wie  Leskien  meinte,  vgl.  8.  208f.). 

Wie  die  fallende  Int  kurzer  Silben  entstanden  ist,  suchten 
wir  oben  S.  210  f.  zu  erklären. 

Es  mnfi  noch  bemerkt  werden,  dafi  die  Dehnung  des  boff  früher  ein- 
treten muSte,  bevor  es  za  einer  Änderung  der  steigenden  Akzente  in 
fallende  im  Stok.  kam,  denn  nach  dieser  Änderung  h&tte  es  ja  keinen 
Unterschied  zwischen  *bog  und  *kmh  gegeben.  Daher  finden  wir  diese 
Dehnung  auch  im  Öak.  Sie  ist  demnach  älter  als  die  itok.  Akzentver- 
schiebung. 

Auf  S.  228  erwähnten  wir,  daß  im  §toL  eine  betonte 
Länge,  mochte  sie  eine  fallende  oder  steigende  Int. 
haben,  vor  einer  anderen  Länge  immer  zu  einer  fallen- 
den wird.  Da  langen  vor  anderen  Längen  der  Bildungssilben, 
zumal  wenn  diese  steigende  Lit  hatten,  schon  im  Urslav.,  wie  es 
scheint,  vetkürzt  wurden  (vgl.  oben  S.  212),  so  kann  es  sich  hier 
entweder  um  sekundäre  liLngen  handeln,  die  also  erst  im  §tok. 
(oder  überhaupt  S.-kr.)  entstanden  sind,  oder  um  urspr.  betonte 
fallende  lÄngen,  die  im  S.-kr.  erhalten  wurden.  Wir  haben  oben 
itok.  zdräm  gegen  r.  zdorövyj  angeführt  (die  Länge  t  entstand 
hier  durch  Kontraktion  aus  einem  älteren  -yj);  femer  wätU, 
vräil  (nach  S.  201  hatte  das  i  im  Präs.  eine  geschleifte  Int.),  r. 
vordtüb,  voritüb,  b.  auch  vrdtü,  vrdti.  Eine  sekundäre  lÄnge 
liegt  auch  vor  in  piiSi  (offenbar  eine  Übertragung  von  anderen 
Konjugationen),  b.  dagegen  pi^eif,  püe;  weiter  in  lii6e,perje,  wo  ein 
'te  kontrahiert  wurde  und  wo  die  Länge  jetzt  schon  verloren  ging. 

Weiter  müssen  wir  hierher  rechnen  die  Nominative  Hräza, 
teza,  zedja,  süia,  vfäa,  tvrdja  u.  s.  w.,  denn  das  a  hatte  hier  eine 
geschleifte  Int,  indem  es  auf  /S  lit  e  (z.  B.  garb'S)  zurückging 
und  als  eine  solche  Länge  sich  jedenfiEdls  länger  hier  behauptete 
als  das  gestoßene  a. 


232 

Hierher  mögeD  wohl  auch  einige  Iter.  des  Typus  pitäm, 
püäi,  insbesondere  aber  biräm  zu  btraU  gehören,  worauf  oben 
8.  206  Anm.  aufmerksam  gemacht  worden  ist  Hier  sehen  wir, 
daß  solche  Formen  speziell  8tok.  sind. 

Im  Öak.  wirkte  diese  Begel  nicht:  mil,  bestimmt  mi/i\  JUv,  aber 
»91  ($tok.  MvT).  ätok.  kratkt  zu  kratak,  kratko  (r.  korötokö,  kordtkif,  b. 
krdtek,  krdtky)  ist  wohl  so  zu  beurteilen  wie  6ir5m;  allerdings  kommt 
dialektisch  auch  noch  kraiki  vor.  Sekundär  ist  auch  iititi,  sIot.  dagegen 
i{it%\  aidmt,  slov.  s^dmt;  osmi,  sIoy.  ^stni,  Eine  Länge  war  vorhanden  in 
piUf  sloY.  p^ti. 

Das  Sak.  Xlt»  neben  lUv,  mlU  neben  mti  spricht,  wie  wir  schon  oben 
S.  191  erwähnt  haben,  gegen  Sachmatovs  Ansicht,  daß  schon  in  der 
südslav.  Gemeinsprache  die  steigend  betonten  Längen  vor  folgenden 
Längen  erhalten  blieben  (im  ätok.  wurden  sie  in  fallende,  also  geschleifte 
▼erwandelt),  während  sie  vor  kurzen  Silben  auch  gekürzt  worden  wären. 
In  mlU,  Hot  war  ja  das  t  im  Auslaut  natürlich  auch  lang  wie  es  noch 
im  Stck.  iRvt  ist  und  doch  blieb  hier  ein  kurzes  i  (die  Kürze  datiert  hier 
schon  aus  dem  ürslav.,  wie  wir  oben  S.  213  sahen). 

Slovenisch.  Das  SchriftsloT.  basiert  auf  dem  unter-  und 
mittelkrainischen  Dialekte.  Es  weist  neben  Kürzen  auch  Län- 
gen auf;  diese  sind  jedoch  vielfach  neu  entstanden.  Der  Akz. 
ist  zwar  nicht  an  eine  bestimmte  Silbe  gebunden,  er  kann  auf 
jeder  beliebigen  Silbe  des  Wortes  stehen,  hat  er  aber  auf  einer 
bestimmten  Silbe  seinen  Sitz  eingenommen,  so  hat  er  meist  die 
Tendenz  dort  zu  bleiben.  Das  gilt  insbesondere  vom  fallenden 
Akz.,  z.  B.  dobräva,  dobräve,  §tok.  diArava  ,Bäume,  Wald';  golQb, 
golqba,  §tok.  golüb  ,Taube'  u.  s.  w.  Das  Slov.  weist  also  einen 
Übergang  von  der  freien  Betonung  zur  fixen.  Ihre  Hauptgesetze 
sind  von  Valjavec  ermittelt  (Rad,  132,  8.  116—213). 

Im  Slov.  gibt  es  einen  dreifachen  Akz.: 

1)  einen  fallenden  bei  langen  Vok.,  wenn  die  erste  Hälfte 
des  Vok.  hervorgehoben  wird.  Der  Gipfelpunkt  ist  auch  insbe- 
sondere durch  seine  tonische  Höhe  im  Gegensatze  zur  zweiten 
Hälfte  des  Vokals,  die  tiefer  ausgesprochen  wird,  gekennzeichnet. 
Nach  y.  beträgt  die  Differenz  etwa  eine  Sext,  z.  B.  prah,  s.  prak 
,Staub',  r.  pirackb. 

2)  einen  steigenden  bei  langen  Vok.,  bei  dem  die  zweite 
Hälfte  des  Vok.  hervorgehoben  ist.  Die  erste  Hälfte  wird  tiefer 
ausgesprochen,  die  zweite  höher,  z.  B.  krdlj,  krdlja  .König',  b. 
krdl,  r.  ioröh. 

3)  bei  kurzen  Silben  kommt  nur  ein  fallender  Akzent  vor: 
räk,  s.  rak  ,E[rebs^ 


233 

Die  betonte  Silbe  beansprucht  derartig  den  ganzen  Exspirations- 
Strom,  daß  die  Torhergehenden  and  nachfolgenden  Silben  ihre  etwaigen 
Längen  verlieren,  was  insbesondere  auch  von  den  Endungen  gilt,  die 
deshalb  ihre  ehemaligen  Int.  gani  eingebfiBt  haben.  Nur  beim  Akz.,  der 
▼on  der  Endung  auf  den  Stammvokal  verschoben  wurde,  können  mitunter 
noch  gewisse  Spuren  älterer  Zustände  beobachtet  werden. 

Daraus  ergeben  sich  folgende  Sätze: 

1)  lang  kann  im  Slov.  nur  ein  Vokal  sein,  wenn  er 
betont  ist. 

2)  ein  kurzer  oder  erst  kurz  gewordener  VoL  wird 
gedehnt,  wenn  er  den  Ton  erhält,  den  Endvokal  ausge- 
nommen. 

3)  der  kurze  fallende  Akz.  kann  nur  auf  der  End- 
silbe stehen. 

Auch  hier  war  die  Quantität  —  und  ist  es  teilweise  jetzt  noch  — 
in  inniger  Beziehung  zur  Int.  und  es  mufi  daher  unterschieden  werden, 
ob  diese  steigend  oder  fallend  war,  femer,  ob  der  Wortakz.  urspr.  auf 
dem  Stammvokal  oder  der  Endung  ruhte. 

;  Im  allgemeinen  hat  der  steigende  Akzent  die  Tendenz, 

von  der  Endung  und  nur  von  dieser  auf  den  Stamm- 
vokal bez.  auf  die  vorhergehende  Silbe  überzugehen 
z.  B.  slov.  gira,  2ak.  gora,  r.  gord,  Stok.  gira  yBerg';  (bos),  hösa, 
iak.  ho8a,  r.  bosd,  stok.  bbaa.  Diese  Verschiebungen  beschränken 
sich  aber  nur  auf  gewiße  Fälle  und  sind  auch  da  nicht  konse- 
quent durchgeführt 

Konsequenter  ist  die  Verschiebung  bei  fallendem 
Akz.,  der  in  Formen  und  Worten  von  zwei  oder  mehr 
Silben  auf  die  folgende  Silbe,  die  gedehnt  wird,  über- 
geht: hgg,  Gen.  hogä^  Dat  hogü^  Nom.  PI.  bog$vi,  Akk.  Fl.  böge 
u.  s.  w. 

Diese  Art  der  Akssentverschiebung,  die  sich  so  grundsätzlich  von 
der  Stok.  unterscheidet,  ist  sonderbar.  V.  geht  hier  von  einer  Länge  in 
der  nächsten  Silbe  aus,  indem  er  sich  auf  dial.  Eigentümlichkeiten  wie 
nä  möH  ,auf  die  Brücke',  mcH :  möitü  ,Brüoke'  (vgl.  fitok.  moH^  fnQMta,  also 
mit  fallender  Int.)  stützt.  Während  nun  die  betreffenden  Dial.  auf  dieser 
Stufe  geblieben  wären,  hätte  das  als  Schriftsprache  dienende  Slov.  einen 
Schritt  weiter  getan,  indem  es  die  Längen  in  Akzente  ?erwandelte,  wobei 
die  vorhergehenden  Silben  ihren  Akz.  ganz  verloren  haben:  vgl.  slov. 
/M^n,  gospfd,  kok^i,  hol}  u.  s.  w.  mit  itok.  je$en^  gdtpöd,  Uoköi,  Uolo.  Das 
ist  aber  nicht  recht  plausibel.    Eher  wäre  es  vielleicht  denkbar,  daß  der 

!  Grund  in   dem  Verluste  des  zweiten  Gipfels  dieser  Int.  liegt.    Dadurch 

wurde  der  Gegensatz  zwischen  der  zweiten  Hälfte  eines  fallend  betonten 
Vok.  und  der  nächsten  Silbe  in  tonischer  Hinsicht  bedeutend:  die  nächste 


234 

Silbe  hatte  nämlich  einen  höheren  Ton  als  jene  unmittelbar  vorhergehende 
Hälfte.  In  dieser  Bichtang  konnte  dann  der  Akzent  allmählich  ver- 
Bchoben  werden. 

Ans  dem  Slov.  kann  man  nicht  immer,  obzwar  es  viele  Altertümlich- 
keiten  oder  wenigstens  noch  ihre  Sparen  in  akzentueller  Hinsicht  bewahrt 
hat,  den  urspr.  Sitz  des  Akz.  ermitteln.  Um  den  älteren  Sitz  des  Aks. 
hier  beurteilen  zu  können,  ist  es  mitunter  wichtig,  die  Qualität  der 
Vokale  •  und  o,  die  sie  unter  dem  Akzente  erlangt  haben,  zu  beachten. 
Es  kann  hier  nun  bemerkt  werden,  daß  ein  ursprünglich  betontes  •  und 
o  im  Slov.  geschlossen,  eng,  ist  und  es  wird  mit  ^,  g  oder  ^,  p  be- 
zeichnet. Die  Differenz  ist  gering:  ^  oder  f  =  f  (i  tönt  nach),  {  oder 
^  SS  f«  (i  tönt  vor  •),  ^,  ^  nähert  sich  dem  «,  f,  p  nähert  sich  dem  «o. 
Ein  ursprünglich  unbetontes  o,  «  ist  dagegen  offen,  z.  B.  köra^  r.  kord 
(es  stimmt  also  nicht  zum  s.  Icora),  In  auAertonischen  Silben  kommen 
die  Laute  f,  g  selten  vor:  l^potd^  itok.  y^pbta  ,Schönheit'.  Der  slov.  Ak- 
zent ist  deshalb  auch  wichtig«  weil  wir  aus  ihm  die  Qualität  der  Int. 
bei  kurzen  Silben  ersehen  können  z.  B.  hgg^  Gen.  hoga^  itok.  hdg^  hoga 
(S.  208). 

Von  den  steigend  betonten  Längen  nimmt  V.  an,  daß 
sie  im  allgemeinen  verkürzt  und  nachträglich  wieder  gedehnt 
worden  sind,  wie  auch  die  ursprünglichen  steigend  betonten  Kürzen, 
wenn  es  sidi  um  offene  Silben  im  Inlaute  handelt.  Im  Auslaute 
hat  die  nachträgliche  Dehnung  nicht  stattgefunden,  also  auch 
nicht  bei  einsilbigen  Worten,  vgl.  slov.  räk,  §tok.  rak  ,E[rebs^; 
madräa  ySandviper',  dagegen  rdka,  rdkavica,  doch  finden  wir 
Formen  mit  der  Dehnung  in  der  letzten  Silbe  oder  selbst  auch 
bei  einsilbigen  Worten:  Gen.  PL  nog  zu  nöga  ,Fuß*'.  Allerdings 
geht  nicht  selten  der  steigende  Akz.  in  den  fallenden  über  und 
zwar  insbesondere  dann,  wenn  die  Silbe  geschlossen  wird;  das 
ist  aber  eine  neuere  Erscheinung:  druzba,  slüzba  u.  s.  w.  statt 
des  älteren  druzbä,  sluzbä. 

Da  die  nachträgliche  Dehnung-  in  den  angegebenen  Fällen 
eintreten  mußte,  ist  es  nicht  klar,  ob  es  auch  Fälle  gibt,  die  die 
urspr.  steigend  betonte  Länge  unverändert  erhielten.  Da  wir 
aber  solche  lÄngen  selbst  auch  im  §tok.  im  Gen.  Fl.  der  o-  und 
a-Stämme  gefunden  haben  und  da  sie  in  diesem  Kasus  auch  im 
Slov.  vorkommen,  liegt  es  nahe,  sie  auch  hier  für  unverändert 
anzusehen,  vgl.  oben  S.  193  den  Gen.  Fl.  otrgk,  kgnj  u.  s.  w. 
So  glaube  ich,  daß  dies  wohl  auch  in  anderen  Fällen  möglich 
wäre. 

Auch  V.  nimmt  einige  solche  Fälle  (8.  159—161)  an.  So  in  däSa, 
itok.  dada  ,da8  Totenmal';  grdja.  ätok.  gräda  ,BaamateriaP,  r.  goröia; 
Jfia,  Stok.  iaia  ,Ablaat  —  Kanal* ;  Iddja,  Stok.  lada,  klr.  Iddja  und  r.  hd»jd 


236 

ySchüT;  Mfdjo,  Itok.  auda  3ichter*;  Hrdza,  itok.  siraio,  r.  itoroia,  b.  iiräze 
.Wache';  «tiia,  itok.  »uia  .Dürre*;  t^ia,  <tok.  üia,  h.  Uze  .Schwere';  iifa, 
itok.  ieauj  2ak.  z^a  .Durst' ;  dann  j^tra^  itok.  ßtra,  2ak.  jdtra,  b.  /^ra 
.Leber*;  p^juca^  itok.  j^Am^  (Fem.  S^.),  b.  pUee  a.  b.  w. 

Dann  die  Neutra  auf  'Je  (aus  -^e):  sIot.  cpf<;V,  itok.  evyede,  5ak. 
ev^/e;  /iff;«.  itok.  Ui6*,  &ik.  2ii<SB;  j^i:;«  .Federn',  itok.  perje,  5ak.  j^<0 
u.  B.  w.  p^ti^  itok.  p?^  .der  ffinfte',  i^eÜ,  s^Jmi,  pmu;  im  Pr&s.  kkUü, 
r.  kokSiü,  itok.  ftfifri;  midtHn^  itok.  mlotrin,  r.  mMtnm  n.  s.  w. 

Wir  haben  hier  also  Torwiegend  solche  F&lle,  die  wir  oben  auch  im 
Öak.  konstatieren  konnten.  Wie  wir  auch  erwähnt  haben,  ist  der  fitok. 
Akz.  in  diesen  F&llen  sekundär  (S.  229).  Hierher  gehört  auch  noch  eine 
Beihe  von  Iter.  wie  ipäoam,  itok.«par«m;  gtrfljam^  itok.  ttryeljäm  u. s.w. 

Einige  Beispiele  für  urBprünglich  (im  Sttdslav.)  steigend  be- 
tonte Kürzen:  sk^,  skqta  ^Vieh',  Stok.  skot;  vdj,  vqja,  StoL  vod, 
voda  yFührer^.  Doch  gibt  es  auch  Ausnahmen  skök,  sk^ka,  aber 
§tok.  skök,  skoka  ^Sprung^  (im  §tok.  erwarten  wir  nicht  die  Deh- 
nung); napöjj  napqja,  isk.  näpqj,  ätok.  näpöj,  r.  napöj,  z^ga,  fitok. 
zega  ^Schwüle^;  mqrem^  fitok.  morSm  ^cannf;  vgl.  auch  si^Sfd, 
808fda,  £aL  süaeda,  r.  soseda,  fitok.  süsjedcL 

Auf  nichtletzter  Silbe  geht  '  in  "  über,  wenn  die  Silbe  ge- 
schlossen wird:  beim  Suffix  -ba:  bqrhctj  brämba,  dräiba  u.  s.  w. 
bei  -&a;  bäjka  itok.  bäßea,  bitka,  fitok.  bUka,  dimka  zu  dim, 
määea,  fitok.  madka;  miika,  fitok.  mUka  u.  s.  w.;  bei  4a:  bürkla, 
ülda,  fitok.  (Xkla  .  .  und  bei  anderen  Suffixen.    Auch  opqmba. 

Aber  auch  die  Endung  äfiia  des  Instr.  Dual,  und  -ämi  des 
Instr.  PL  bei  Subst  auf  -d:  doskama,  nogäma^  glaväima  und 
d98kämi,  nogämi,  j^vämi,  iak.  nogami,  r.  nogimi,  fitoL  nögama; 
beim  Suffix  -90  und  -^k:  hrätoe,  fitok.  bratctc  zu  hrdt,  das9k  zu 
Säg;  bei  KollektiTis:  Indfe,  bfdje,  hr^ige,  glQzje,  okrtlje;  Verbal- 
substantiva:  znäAe  vgl.  znäi;  piaäAe  vgl  ptsal. 

Häufig  auch  Tor  einer  nrspr.  steigenden  Länge:  efHar  zu  ei$ta; 
kfiar  zu  kfia;  kravar  zu  krdoa\  bahin  zu  b^än»;  hramn  zu  kräea;  httiri, 
^HrOf  b$itro;  gl^dam^  kupuf$m;  bähim  itok.  babttn;  bavim  itok.  bawlm; 
grSbim  itok.  grabim  .greife,  raffe';  vidim  itok.  titdtm  .sehe';  viaim  itok. 
i^lKm  ,hängeS  siiiim  .höre*. 

Im  Instr.  Sg.  und  Gen.  Fl.  der  stammbetonten  Worte  auf 
-a;  8  kqiOy  kqz  zu  kqza;  z  lipo,  lip  zu  Upa  ylinde';  z  müho,  muh 
zu  muha  yBliege'. 

Im  Lok.  Sg.y  im  G^n.  Instr.  und  Lok.  PL  jener  Mask.,  die 
stammbetont  waren,  dann  auch  bei  anderen:  Lok.  Sg.  pri  km^u, 
na  obräzu^  na  jd^u,  pri  kaväöu . .  Gen.  km^av,  obräzav,  jd^nav, 
kavädev  . .  Instr.  8  km^i,  8  obräaA . .  LoL  Fl.  na  kmftih,  dbräzik. 


236 

Aus  Beispielen  wie  cbskä,  £ak.  daskä,  r.  doskd^  ätok.  däska; 
druzhä  &tok.  drüzba  (r.  drüä>ä);  igrh  r.  igrä,  §tok.  igra  ersehen 
wir,  daB  der  Akzent '  nicht  immer  von  der  letzten  Sflbe  ver- 
schoben wird,  wohl  aber  in  dvlH^,  Gen.  dvira,  2ak.  dvara,  r.  dvord, 
§tok.  dvor^  dvira;  bdb,  hiha,  öak.  hob,  boba,  r.  bobä,  Stok.  bob, 
biAa;  pip,  pip€if  öak.  pcpa,  r.  jM>p<f,  Stok.  pdpa;  skU,  Mta,  r. 
ahotd,  aber  ätok.  «A^oto;  ^^^  krdlja,  öak.  fa*4/#  ^^/^^  i^«  horSlt, 
koroljd,  Stok.  Arol;;  hrdlja;  weiter  im  Nom.  Dat  Lok.  Sg.  bei 
rntja^  6ak.  tfi€*/S;  r.  m^d,  stok.  m^Ai;  m^Üa,  2ak.  meüa^  r.  mef^ 
fitok.  miüa;  sAstra,  öak.  aeHrä,  r.  sestrd,  Stok.  shtra;  z6mlja,  ehta, 
göra,  gröza,  k6ra,  kösa  u.  s.  w.,  aber  auch  brdda,  öak.  6ra(2a^  r. 
borodd;  brdna,  hväla  u.  s.  w. 

Im  Lok.  Sg.  jener  Mask.  und  Fem.,  die  im  Nom.  einsilbig 
sind  und  den  Akz.  '^  haben:  na  brödu  zu  br^d;  v  dölu  zu  dql; 
na  dömu  zu  dqm;  po  gödu  zu  g^;  na  vözu  zu  v^z;  v  kösti  zu 
kqst;  po  m6H  zu  mqö.  Man  vergleiche  r.  na  vozü,  tn  godü  und 
ebenso  na  gldsu  zu  glas,  Stok.  gläsu;  v  stänu,  na  vrdtu;  v  m&sti 
zu  mögt. 

Der  Lok.  der  «-  und  t-St&mme  war  endbetont  and  hatte  eine 
steigende  Int.  (vgl.  oben  8.  198). 

Bei  den  Neutris  auf  o  im  Sg.:  bidrg,  öak.  bedro,  r.  bedrö^ 
Stok.  bidro  ,SchenkeP;  öäg,  öak.  öeß,  r.  dd6,  Stok.  iOo  ,8timS 
weiter:  pldtno,  öak.  plätno,  r.  polotnö,  8tok.  pldtno. 

In  einigen  Inf.:  &r^i;  r.  ftre«^/;  Stok.  brisH;  gMsHf  r.  gnesU; 
v^sti  r.  t?e2^i;  Stok.  i?^«;  ^ö  r.  tontifo;  2^,  öak.  Idet,  r.  I«^^»; 
&r({(2f^  r.  brodüh,  dann  r(i«^i^  i?2f^',  Arfdo^,  dräzü  u.  s.  w. 

Im  Präs.  derl.Konj.:  bridem,  bridei,  bride  r.bredü,  bredeH^ 
bredeiz,  öak.  breden,  bredei,  brede;  dann  auch  birem,  direm 
XL  s.  w. 

Im  Imper. :  bridif  g^Üi,  pUti,  mözi,  bin,  öüi,  väi,  läi;  dann 
sk^,  vlfci,  prqdi,  stHzi,  m&hni. 

Beim  Adj.  im  Sg.  Fem.,  wenn  das  Mask.  einsilbig  ist  und 
den  Akz.  "  hat:  Fem.  bldga  r.  blagä,  Stok.  bldga  zu  bläg;  drdga 
zu  dräg;  nUdda  zu  ndäd;  bl^da  zu  bl^  u.  s.  w.  Dann  auch  noch 
bei  Adj.:  d6iz9n,  öak.  düzan,  rdwn,  öak.  rävan  u.  s.  w.  Ebenso 
beim  Partiz.  auf  l  in  gewissen  Formen. 

Bei  fallendem  Akzent  mufi  der  Vokal,  falls  er  von  Haus 
aus  kurz  war,  gedehnt  werden:  bpg,  Stok.  bog;  brfd,  Stok.  brfd^ 
dpi,  Stok.  do;  ddm,  Stok.  dorn;  drpb,  Stok.  drob;  gpd,  Stok.  göd^ 
gpH,  Stok.  göst;  h$d,  Stok.  hCd;  mpst,  Stok.  tnost;  npht,  Stok.  nckat. 


837 

ngs,  stok.  nös;  ^;  plpd,  gtok.  plöd;  plqt,  ötok.  plot;  ppt,  Stok.  pot; 
rgd,  6tok.  rod;  rpg,  Stok.  rög;  r$k,  Stok.  rok;  «iöA,  Stok.  dcok; 
8pk,  Stok.  ^A;;  ^f^;  vgz,  fitok.  war;  2t^  £ak.  zvön  (Stok.  zrono). 
Worte  der  t-DekL  wie  kpa,  Stok.  A:o^;  mpd,  Stok.  iiiod;  n^  Stok. 
noö;  spi  Stok.  ^  o.  s.  w.  dann  l^,  Stok.  {edf;  iitf(2,  Stok.  med. 

Von  der  i-DekL:  ;??<J,  Stok.  peö,  dann:  7^?,  W^,  m^,  pl^a, 
sm^,  i^,  t^ö  u.  8.  w.  Dieser  Akz.  rückty  wenn  das  Wort  an 
Silben  zunimmt,  immer  auf  die  nächste:  ledü  zu  2^.  Aber  auch 
kolp,  fuhd,  Stok.  kclo,  nebo,  gasppd,  stok.  gospöd  u.  s.  w.  Selten 
sind  mehrsilbige  Worte,  die  ihn  auf  der  ersten  Silbe  behalten, 
wie  v^t»r,  fnSs9c,  mi99i,  vqtpi,  wo  also  der  Halbvokal  eine  Bolle 
spielt,  ebenso  in  dne  aus  dtne  u.  s.  w. 

Ein  Präpositionalausdruck  gilt  als  ein  Wort:  bpg,  Gen.  böge, 
aber  od  hgga  und  Stok.  bog,  boga  aber  od  boga;  gräd,  gradü,  aber 
iz  gräda  und  Stok.  grad,  gräda,  aber  od  gräda;  gräd  pred  gräd 
und  Stok.  pred  gräd;  tuhg,  na  n^,  Stok.  na  nÄo;  gradü,  iza 
gräda,  Stok.  Iza  gräda;  v^,  pov^,  prippv^,  Stok.  tüjest,  popi- 
jest,  prtpovijest;  v^,  pov^,  zapqvfd,  Stok.  zapovijed  u.  s.  w.  vgl. 
auch  r.  nd  rodz,  nd  bokb,  pö  Usu,  p6  dvoru,  Izb  domu,  zd  ruku, 
zd  borodu  u.  s.  w.^ 

Dieser  verschobene  fallende  Akz.  kommt  vor: 

Im  Akk.  Sg.,  Nom.  Akk.  Dual,  und  PL  solcher  Subst,  die 
das  a  des  Nom.  jetzt  noch  betonen  oder  es  einst  so  betonten: 
Akk.  vodq,  stok.  vodu,  r.  vödu,  Nom.  Akk.  Du.  vod?,  PL  vod^, 
Stok.  vode  zu  vöda;  kozq,  koze,  koz^;  ntejq,  nteje,  meß;  nogq, 
nog§,  nog^;  smolq,  smol^,  smcl^;  vgl.  auch  na  gdro,  v  rqke,  na 
glävo.  Wie  schon  oben  S.  236  erwähnt  wurde,  haben  diese 
Worte  im  Instr.  Du.  und  PL  -ama,  ämi,  aber  hier  ist  der  Akz. 
nicht  verschoben,  vgl.  £ak.  nogämi,  r.  nogämi,  Stok.  nögama. 

Im  Gen.  PL  haben  derartige  Worte  Formen  wie  zemalj  und 
zimdlj. 


1.  Es  ist  darauf  zurückzufahren,  daß  im  Wortinnern  eine  Silbe  mit 
einem  fallenden  Ton  und  zwar  schon  im  ürslav.,  wie  es  scheint,  oder 
wenigstens  im  Buss.  und  SCLdslay.  nicht  geduldet  wurden,  sondern  ihren 
Akz.  an  die  vorhergehende  abgab.  Im  Slov.  rückte  er  dann  wieder  auf 
die  nächstfolgende  Silbe  (vgl.  S.  230).  Leakien  nimmt  dagegen  an,  daB 
die  älteste  Betonung  od  hlga,  na  glatxj^  pod  obiäk  war  und  meint,  es  lasse 
sich  nicht  erweisen,  daß  das  Slov.  diese  alte  Betonung  in  seinem  od 
boga,  na  glävo,  pod  oblak  nicht  festgehalten  habe  (Afsl.  Phil.  23,  S.  392 
—398). 


238 

Auch  drei-  und  mehrsilbige  Worte  wie  dezäa:  dezd^,  deid?, 
dezd^,  Ifpöta:  Ifpotq,  Ifpoti,  Ifpot^. 

Im  Gen.  8g.  und  im  Nom.  Akk.  Dual,  und  PL  bei  einsilbigen 
Mask.  mit  fSedlendem  Ton:  gradü,  gradä,  dradövi,  grad^,  grad$ve. 
Im  Dat  Sg.  gewöhnlich  auch  hogü,  mozü,  svftu.  Wenn  die  Worte 
das  Suffix  ov  annehmen,  bekommt  es  diesen  Akz.:  sinpvi,  ain^, 
singvom,  pri  sin^ih,  nur  im  Gren.  PL  singv. 

Bei  den  Fem.  i'-St  im  Gen.  Sg.,  Nom.  Akk.  Dual,  und  PL: 
zu  Hvär,  Gen.  Sg.  stvari^  Nom.  Akk.  und  PL  stvari;  ebenso  z.  B. 
gqs,  gosi;  k$H,  kasti. 

Dann  noch  in  einigen  adjektivischen  Formen  und  {-Partizipien. 

Werden  zwei  Vokale  kontrahiert,  so  hat  man  sich  das 
Schema  zu  merken  <ia'^  ä  und  ad=:ä.  Hier  sind  insbesondere 
die  Formen  igräm  aus  tgräjem,  igrää  aus  igräjei,  igrä  aus  igräje 
wichtig.  Wir  haben  nämlich  oben  S.  206  Anm.  das  s.  Igram, 
kopäm,  kopää  u.  s.  w.  zurückgeführt  auf  ein  älteres  *igräfn,  *igräi, 
^kopäm,  *kopäi  u.  s.  w.  und  nun  finden  wir  es  im  Slov.  noch 
wirklich  belegt^. 

Für  ad  =^  d  hätten  wir  z.  B.  Instr.  Sg.  tq  aus  *tojö,  aksL 
tojq,  darnach  auch  gorq  aus  *gorojd. 

Bulgarisch.  Wie  das  Slov.  verrät  auch  das  Bg.  die  Int 
der  kurzen  Silben  im  Südslav.  War  die  Kürze  steigend  betont, 
so  bleibt  der  Akz.  im  Bg.  (insbesondere  im  Ostbg.)  an  derselben 
Stelle:  bg.  köza,  §tok.  kdza,  slov.  kqza.  War  dagegen  die  Kürze 
fallend  betont,  wird  der  Akz.  wie  im  Slov.  auf  die  nächste  Silbe 
▼erschoben:  bg.  mari,  slov.  morj^,  §tok.  more;  bg.  okö,  slov.  okp, 
itok.  oko;  bg.  poli,  slov.  polj^,  §tok.  polje» 

Dieselbe  Regel  gilt  auch  von  den  betonten  urspr.  Längen, 
die  zwar  verkürzt  werden,  aber  die  Qualität  des  Akz.  zeigt  sich 
in  derselben  Weise  z.  B.  bg.  kvasit,  gtok.  kväs;  bg.  lekit,  Stok. 
üfek  —  lek;  bg.  darit,  Stok.  dar;  dagegen:  hg.  grächzt,  iichgrah; 
bg.  bidvt,  Stok.  blö. 

Aaf  diese  ErBcbeinimg  hat  zunächst  Fortunatov  aufmerksam  ge- 
macht und  zwar  bei  Worten  mit  der  toW-Gruppe,  wie  z.  B.  bg.  dato,  r. 
zölotoj  gegen  bg.  bläto,  r.  bokfto  (Afsl.  Phil.  4,  S.  675  f.).  Das  Prinzip 
wurde  dann  auch  tinf  die  anderen  langen  Silben  ausgedehnt  und  mit  dem 
ätok.  verglichen  von  Gonev  (in  Sbomik  za  narodni  umotv.  u.  s.w.  Bd.  6, 
8.  3—82,  im  J.  1891).    Bei  den  langen  Silben  klappte  es  überall,   aber 


1.  Analog   muß   auch   das  ostbg.  gUdoin,  gUdai  .  .  .  neben  igr^^^ 
igrdjei  (Afsl.  Phil.  21,  S.  1—10)  beurteilt  werden. 


239 

nicht  mehr  bei  den  kurzen,  da  die  von  Yaljavec  entdeckte  Int.  der  kurzen 
Silben  erst  apfiter  die  Sache  beleuchtete.  Vgl.  auch  Leakien  im  Afsl. 
Phil.  21,  8.  1-10. 

In  den  östl.  DiaL  ist  jede  Spur  der  einst  vorhandenen 
Quantität  verloren  gegangen.  Dagegen  haben  einige  maced.  Dial. 
bis  in  die  Gegenwart  die  Länge  gerettet  (vgL  Matov  im  Sbomik 
za  nar.  um.  u.  s.  w.  1,  S.  462),  Im  Osten  wurde  also  früher  die 
Quantität  aufgegeben,  weshalb  diese  Dialekte  auch  dem  R  in 
dieser  Hinsicht  näher  stehen. 

Russisch.  Das  R,  welches  jeglichen  Quantitätsunterschied 
aufgegeben  hat,  besitzt  noch  einen  beweglichen  Akzent.  Trotz 
mancher  Abweichungen  bewahrt  derselbe  noch  vielfach  seinen 
urslav.  Sitz,  ja  in  vielen  Fällen  selbst  auch  den  ursprachlichen, 
z.  B.  zenä,  Akk.  Sg.  zenü,  Stok.  zina,  ihnu  ,da8  Weib',  gr.  y^^ 
9L\,gnd;  ebenso  snochd  ,Schwiegertochter<,  Akk.  snockü,  Stok.  mdha, 
snäku  ,SchwägerinS  ai.  mu^df  gr.  w6q;  weiter  r.  M  aus  sfM,  gr. 
kanoVf  ai.aatdin,  urspr.  ^k^rpiAm;  r.ßgö,  jemii,  iltok.nj^a,nfimu, 
£ak.  Aegä,  tegä,  gtok.  tiga;  Bb,fho,  fmu,  woraus  ho,  tnu.  Sobo- 
levskij  macht  auch  aufmerksam  auf  die  r.  Eigennamen  wie 
Dumavö,  Blagavö,  Chüravö  (S.  271). 

Wichtige  Dienste  leistet  uns  auch  das  B.  bei  der  Bestimmung  der 
urspr.  Tonqualitfit  in  Worten  mit  der  Gruppe  tori,  toU,  tert^  UU  z.  B. 
r.  gorodb^  s.  grad\  r.  goröehb,  Itok.  grah,  b.  hrdeh  ^Erbse'. 

Viel  Altertümliches  bieten  uns  auch  die  ar.  Denkm.,  soweit  sie  den 
Akz.  bezeichnet  haben,  doch  ist  bis  jetzt  noch  zu  wenig  auf  diesem  Ge- 
biete gearbeitet  worden. 

Der  r.  Akzent,  der  exspiratorisch  ist,  scheint  sich  auf  die  vorher- 
gehende Silbe  zu  drängen.  So  hat  Potebnja  bezüglich  des  Südgroßr. 
und  Bogorodickij  bezüglich  der  Schriftsprache  konstatiert,  daß  die 
dem  Akz.  vorhergehende  Silbe  durch  eine  größere  Intensität  und  Klar- 
heit von  den  übrigen  nicht  betonten  absticht  (Brandt,  Lekcii  po  istor. 
gramm.  russk.  jaz.  1892,  S.  34—36).  Daraus  würde  man  schließen,  daß 
der  r.  Akzent  einen  im  Allgemeinen  mehr  fallenden  Charakter  ange- 
nommen hat. 

Ist  die  vierte,  fünfte,  sechste  oder  gar  siebente  Silbe  des 
Wortes  vom  Ende  an  betont,  so  bekommt  die  Schlußsilbe  einen 
Nebenton:  ddoveöeskagb,  dpromeUjü,  pdchorony,  müostovyi,  müo' 
stivagö,  vsemüosfivSßemü  (Sobolevskij  S.  264). 

Wichtig  ist  die  Frage,  ob  das  R  auch  eine  verschiedene 
Int  bei  kurzen  Silben  gehabt  habe.  Das  könnte  natürlich  nur 
aus  ihren  Folgen  beurteilt  werden  und  da  steht  uns  leider  sehr 
wenig  Materiid  zu  Gebote.    Das  einzige  sind   die  Präpositional- 


240 

ausdrücke.  Bekanntlich  wurde  im  Wortinnem  der  fallende  Ton 
nicht  geduldet,  der  Akz.  wurde  in  diesem  Falle  immer  gegen  den 
Wortanfang  zu  verschoben  (also  wie  später  auch  im  Stok.):  z.  B. 
r.  skövorodu  st  des  erwarteten  akavörodu  zu  akovarodä  (nach 
birodu  zu  horodd).  In  Piilpositionalausdrücken  kommt  dieselbe 
Erscheinimg  vor.  So  haben  wir  im  R.  2^  ruku  (vgl  Stok.  ruhi), 
zd  borodu  (vgl.  r.  Akk.  börodu,  itoL  brädu).  Wenn  es  sich  auch 
vor  gewissen  kurzen  Silben,  bei  denen  man  im  Südslav.  eine 
fallende  Int  nachweisen  kann,  regelmäßig  wiederholen  würde,  so 
könnte  man  dann  daraus  denselben  Schluß  ziehen.  So  hob  Val- 
javec  nd-foru  (vgl.  slov.  Akk.  Sg.  gar^  aus  fforp)  gegen  na-völfu 
(vgl.  slov.  v^lja,  gtoL  volja  ,Wille'),  hervor,  was  dem  unterschiede 
bei  urspr.  IJmgen  z.  B.  jnf  garodomb  gegen  za  boUiofm  entspricht 
Allerdings  haben  wir  auch  Abweichungen  wie  zd  novo  (vgl  Stok. 
nov,  nova,  novo).  Immerhin  könnte  man  zugeben,  daß  dieser 
unterschied  auch  im  B.  bestand,  daß  es  sich  aber  in  diesem 
Falle  um  sekundäre  Erscheinungen  handeln  würde,  haben  wir 
gesehen. 

Das  Kleinras 8.  stimmt  im  Allgemeinen  mit  dem  Großr.  überein. 
So  sagt  HanuBz:  »Es  läBt  sich  nicht  verkennen,  daB  im  großen  and 
ganzen  eine  Übereinstimmung  zwischen  der  klrnss.  und  russ.  Betonangs- 
weise  herrscht,  aber  im  Einzelnen  findet  man  doch  viele  Abweichungen« 
(Afsl.  Phil.  7,  S.  222).  Die  von  Ogonowski  ausgesprochene  Ansicht, 
daß  die  klruss.  Betonung  in  früheren  Zeiten  von  der  r.  durchaus  ver- 
schieden war  (Studien,  S.  219),  ist  ganz  und  gar  unbegründet.  Es  zeigt 
sich  auch  in  akzentueller  Hinsicht,  daß  Kleinr.  zu  Großr.  gehört.  Das- 
selbe gilt  vom  Weißrussischen. 

Der  r.  Akz.  des  Yerbums  ist  wissenschaftlich  behandelt  Ton  P. 
Boyer  (L'acoentuation  du  verbe  r.  Paris.  1896),  bezügl.  des  Nomons 
findet  man  Einiges  bei  R.  Brandt  (Na^rtanie  sla?.  akcentol.  Pet.  1880). 
Mehr  praktisch  ist  G.  Perot  (L*accent  tonique  dans  la  langue  r.  Lille. 
1900). 

PolniscL  Das  P.  hat  einen  fixen  Akzent  auf  der  vor- 
letzten Silbe.  Wie  uns  Mucke  gezeigt  hat,  entwickelte  sich 
derselbe  aus  einem  Nebenton,  den  man  noch  im  Ns.,  das  mit 
dem  P.  inniger  verwandt  ist,  beobachten  kaim. 

Diesen  Nebenton  kann  man  nun  desto  besser  unterscheiden,  je 
weiter  man  gegen  Osten  vordringt,  so  daß  daduich  ein  Zusammenhang 
mit  dem  P.  als  erwiesen  erscheint.  Man  wfirde  darnach  im  P.  einen 
Nebenton  auf  der  ersten  Silbe  erwarten  und  das  scheint  auch  wirklich 
in  vielen  Gegenden  der  Fall  zu  sein. 


241 

Längen  haben  jetzt  die  Polen  keine.  Das  hat  zur  Folge^ 
daß  sie  auch  fremde  längen  nicht  recht  beachten  können^. 

Einmal  hatte  aber  auch  das  P.  Längen  und  der  Beflex  derselben 
sind  die  jetzigen  verengten  Vokale :  samogloski  ieiednion^  cEyli  poehylon^. 
Das  beweist  die  Schreibweise  in  ap.  Denkm.  (z.  B.  an,  oo  a.  s.  w.)  als 
auch  die  direkte  Nachricht  des  p.  Orthographen  im  XY.  Jhd.  Parkosz 
und  Zaborowski  im  XYI.  Jhd.  Auf  Grund  dieser  ziemlich  deutlichen 
Bemerkungen  konnte  daher  Maiecki  mit  Recht  im  J.  1863  in  seiner 
Gramm.  S.  9  behaupten,  daß  es  im  XIV.  und  XY.  Jhd.  im  P.  noch  einen 
quantitatiTOB  unterschied  unter  den  Vokalen  gegeben  hätte.  Dennoch 
wurden  die  alten  Zeugnisse  und  die  alte  Orthographie  nicht  immer 
richtig  gedeutet. 

Die  p.  Quantität  hinsichtlich  der  Nasale  untersuchte  Loren tz 
(Afsl.  PhiL  19,  S.  132-167,  339-379)  und  hinsichtlich  aller  Yokale 
KuTbakin»  in  der  mit  großem  FleiB  zusammengestellten  Arbeit  >K»  ist. 
i  dialekt.  poFsk.  jaz.c  1908  (im  »Sbornik»  otdöl.  russk.  jaz.  i  bIot.  tom» 
73,  Nr.  4). 

Daraus  geht  hervor,  dafi  die  Erhaltung  der  Längen  nicht  so 
sehr  von  der  Qualität  der  Betonung  als  von  der  Stellung  der 
Länge  im  Verhältnisse  zur  betonten  Silbe  abhängt  Lisbesondere 
ist  zu  bemerken: 

1)  unter  dem  urspr.  Akz.  wird  eine  Länge  verkürzt, 
mochte  er  steigend  oder  fallend  gewesen  sein  (es  empfiehlt 
sich  offene  Silben  heranzuziehen,  weil  z.  B.  in  einsilbigen  ge- 
schlossenen Worten  sekundäre  Änderungen  eintraten):  tn^,  r. 
müka,  Stok.  müka  ,PeinS  prz^za,  r.  prjdza,  s.  preäa,  2ak.  prija, 
h.pr{ee  ,6am';  dial.  und  Schriftsprache:  öctia,  r.  ddia,  Stok.  dääa, 
b.  düe  yBecher';  dial.  und  Schriftspr.  rana,  r.  räna,  Stok.  räna, 
b.  räna  ,Schlag,  Wunden 

Bei  fallender  Int :  k^  Gen.  Sg.,  r.  küsa,  Stok.  kusaf  b.  kusa, 
kusu,  m^  Gen.  Sg.,  r.  müea,  ätok.  müza,  b.  muie;  diaL  und 
Schriftspr.  8adu  Gen.  Sg.,  r.  säda,  Stok.  säda,  b.  sadu  u.  s.  w. 
Dasselbe  gQt  auch  bezüglich  des  KaSubischen  (vgl.  Eul'bakin«, 
S.  126-127). 

2)  Unmittelbar  vor  dem  urspr.  Akz.  bleibt  die  Länge 
erhalten:  mqka,  r.  mukd,  Stok.  müka,  öak.  müka  ,Mehl';  prqd 
—  prqdu,  r.  prudz,  prudä,  s.  prud,  prüda  ,Strom,  Sandbank, 


1.  Vgl.  bei  Storm  (Engl.  Phil.  2.  Aufl.  S.  14):  ^WaB  die  Polen  an- 
langt, scheinen  aie  nicht  so  gut  wie  die  Bussen  zu  sprechen ;  sie  behalten 
fast  immer  einen  sehr  ausgeprägten  Akzent  und  sprechen  alle  Vokale 
kurz  ohne  den  folgenden  Kons,  zu  verdoppeln,  was  besonders  im  Germ, 
das  Ohr  verletzt:  ,Noch  ist  Pö'len  nicht  verl5'ren'<. 

Vondr&k,  Vgl.  «Ut.  OnmiD.  I.  16 


Dünef;  iqka,  r.  lukd,  iak.  lükä  ^Wiese^;  pqd,  pqcia,  r.  puit,  puti, 
eak.  put,  puta  ^Weg^;  8q8iad,  r.  80sed^,  Stok.  aüsfed,  £ak.  «a^e^I^ 
sOaieda;  diaL  divoh,  schriftspr.  cAu^oA»  yLob',  r.  chvald,  iak.  /itfa, 
Stok.  divdla;  r^,  vgl  b.  n«Ä:a>  r.  rukä,  hat  seinen  Vokal  der 
Akkosativform  (Stok.  rüku)  zu  verdanken;  so  noch  in  einigen 
Fallen. 

Diese  Begel  gilt  auch  bezüglich  des  Ea§. 

Die  Erhaltang  der  L&nge  vor  dem  Aki.  ist  ans  .auch  aus  dem  B. 
und  S.  bekannt,  aber  damit  kann  man  nicht  vergleichen,  daß  im  B.  die 
▼ortonige  Silbe  etwas  kr&ftiger  sei  als  die  anderen  unbetonten. 

3)  unmittelbar  nach  dem  Akz.  wird  die  Länge  wie 
im  ^.  so  auch  im  P.  verkürzt:  Qen,  Sg.  gci^ia  zu  gciqh 
yTaubeS  r.  gSlvbja,  öak.  gaiüba,  s.  golüba,  b.  hdiAa;  jarz^  Gen. 
Sg.  zu  jarzqb  Stok.  järAa,  b.  jeröba  zu  jerdb  ,Sperberbaum' 
(,E[ranichO;  jaärz^a  zu  jtutrzqb  «Habicht',  r.  jdsMba,  itok.  ja- 
BtrijAa,  b.  jestrdba;  obr^pza  Gen.  zu  obr^  (obr^)  fi/eii^j  r. 
6bruöa,  &toL  obrüöa,  b.  cbrude;  okr^  zu  okr^  ^Schifif^y  öak. 
Hcnäa;  lab^/izia  zu  iah^,  lab^,  ldbq6  ,SchwanS  r.  l&edja,  Stok. 
lobuda;  otr^  yEleie",  r.  d^rubi;  zoUfizi,  r.  iaudi,  Stok.  eelada 
Gten.  Sg.  (öak.  aber  zdüda);  pami^i  Qen.  Sg.  zu  pami^  ,Gte- 
dächtnis'y  r.  pdmjati,  Stok.  pam^i. 

Eine  Ausnahme  bilden  im  P.  und  B.  mtMtiq^e,  mtMtqeo,  b.  mJMe, 
miiie0  ,Monat';  si|;V»  s^<qi^A  «Hase',  b.  zq/ie^  tqfie*;  tysiqD,  tyiu^  «Tau- 
send*, h.UiiCf  r.  iysjacä  und  |iMnu{^,  pMiiti^iisa,  b./MfiÜE  ,GeldstQck',  Stok. 
pefOit  PI.  f.  «Greld'.  Lorentz  nahm  an,  dafi  nachtonige  Längen,  wenn  sie 
eine  fallende  Int.  hatten,  verkürzt  wurden,  bei  steigender  jedoch  erhalten 
blieben,  was  unrichtig  ist.  Aber  auch  Kurbakin  ist  darüber  nicht  hin- 
ausgekommen. P.  fyM({e,  b.  <Mie  und  bIot.  iü^  ist  eigentlich,  wie  wir 
weiter  unten  (bei  9»,  fi)  sehen  werden,  ein  Gen.  PI.  mit  einer  Dehnung, 
und  der  EinfluA  dieses  Kasus  zeigt  sich  auch  in  den  anderen  Worten, 
von  denen  der  Gen.  PL  eben  häufig  gebraucht  wurde. 

4)  Offene  Längen  im  Auslaute  werden  verkürzt:  Akk. 
Sg.  traw^  r.  tratü,  Stok.  trdvu;  ghw^  r.  gHovu,  Stok.  gUtu;  der 
Sitz  des  Akz.  ist  also  nicht  entscheidend.  Im  Instr.  Sg.  der  o- 
Siämme  p.  ryb(f,  b.  rybou  liegt  eine  Eontraktion  vor.  In  der 
3.  P.  FL  &fd^  b.  hud4m  war  die  Silbe  ursprünglich  nicht  offen. 

Was  die  Nominative  wie  vcid,  Akk.  vok^  anbelangt,  so  hat  schon 
Baudouin  de  Courtenay  eine  richtige  Erklärung  gegeben  (Beitr.  VI, 
S.  25—26).  Es  hat  darunter  Subst.  mit  urspr.  -»ja  gegeben,  wie  s^itf, 
aksl.  m{({m,  9i^ju  r.  tud^d\  ebenso  hra6d.  Hier  ist  die  Länge  erst  später 
infolge  der  Kontraktion  entstanden  und  hat  sich  dann  bei  den  urspr. 
/ü-Stämmen  überhaupt  verbreitet:  n^hd^  rold,  dold,  volä.    Analog  auch  im 


243 

Akk.  Sg.  volq  a.  8.  w.  Heniiutage  aind  es  dialekt.  Eigentfimlichkeiteii. 
Durch  Kontraktion  ist  auch  die  Länge  im  Gen.  Sg.  der  Subst.  auf  »;# 
wie  ffilüMfCtf,  pokoMd  o.  8.  w.  im  Ap.  entstanden. 

Daß  eine  Länge  im  offenen  Auslaute  verkürzt  wird,  können 
wir  auch  im  B.  und  S.-kr.  beobachten. 

6)  ürspr.  Kürzen  bleiben  in  offenen  Silben  sowohl 
im  P.  als  auch  im  B.  erhalten.  Wird  die  Silbe  geschlossen, 
so  erfolgt  eine  Dehnung  nach  den  oben  S.  216  angege- 
benen Normen. 

Polabisch.  Hirt  kam  bezQglich  des  Polab.  in  seiner  Ab- 
handlung »Die  Betonung  des  Polabischenc  (Berichte  der  kgl. 
Sachs.  Gesellsch.  d.  W.  1896)  zu  folgendem  Besultate:  »Auch  in 
dem  Akzent  verleugnet  sich  die  Verwandtschaft  mit  dem  P.  nicht 
Sehen  wir  von  der  Begel  ab,  daß  zweisilbige  Paroxytona  Oxytona 
werden,  die  wir  als  jung  betrachten  dürfen,  so  haben  wir  die  p. 
Betonung  auch  im  Polab.  vor  uns.  Denn  wenn  Oxytona  und 
Proparoxytona  zu  Paroxytonis  werden,  diese  selbst  aber  erhalten 
bleiben,  so  ist  die  p.  Betonung  gegeben.  Man  wird  auch  leicht 
erkennen,  dafi  wir  es  mit  zeitlich  auseinanderfaUenden,  jedenfalls 
auch  auf  verschiedenen  Ursachen  beruhenden  Vorgängen  zu  tun 
haben,  die  allmählich  erst  zu  einem  einheitlichen  Ergebnis  geführt 
habenc  (S.242).  Por^ezinskij  verspricht  uns  nachzuweiBen,  dafi 
die  Eihaltung  der  alten  Längen  im  Polab.  unter  denselben  Be- 
dingungen stattfand,  wie  im  P.  (IzvSst  VII,  Bd.  2,  S.  202f.);  ich 
vermute  aber  hier  einen  noch  größeren  Anschluß  an  das  Böhm. 

Böhmisch.  Betont  wird  die  erste  Silbe  des  Wortes,  mag 
es  noch  so  viele  Silben  haben:  vy-hro-vä  ,gewinnt',  pod-u-diM 
yünterlehrer',  vä-le-^  ,eine  kleine  Walze'  (geschrieben  vdledek). 
Präpoeitionalaasdrficke  werden  auch  hier  als  eine  Einheit  aufgefaßt, 
daher  do  kouta  ,m  den  Winkel',  pod  potUli  ,anter  dem  Bette',  ebenso  die 
Negation  mit  dem  zugehörigen  Worte:  ne^mäm  ,ich  habe  nicht',  ntf-roHBir- 
mU  ,da  verstehst  nicht'. 

Wie  wir  sehen,  trifft  der  Akz.  sowohl  kurze  als  auch  lange 
SQben  und  es  handelt  sich  nim  um  seine  Qualität  Diese  kann 
natürlich  am  besten  in  langen  Silben  ermittelt  werden.  Bis  jetzt 
hat  man  ihn  nun  in  diesen  Fällen  als  steigend  bezeichnet,  aber 
das  ist  nicht  ganz  richtig.  Schon  die  graphischen  Darstellungen 
einiger  b.  Akzenttypen  hinsichtlich  ihrer  Tonstärke  und  ihrer 
Quantität  von  Gauthiot  und  Yendryes  (MSL.  11,  S.  331—335) 
brachten  eine  kleine  Überraschung  in  dieser  Beziehung.  Hier  ist 
nämlich  der  Akz.  in  Uiz-kä  allerdings  als  etwas  steigend  darge* 

16* 


244 

stellt  dagegen  jener  in  vrd-na  ^RaW  ganz  deutlich  als  feilend. 
Das  ist  nun  richtig:  der  b.  Ak2.  ist  hinsichtlich  der  Ton- 
stärke fallend  und  zwar  auch  iabUzhd,  so  daß  die  Darstellung 
des  Akzentes  bei  diesem  Worte  nicht  als  richtig  angesehen  werden 
muß. 

Man  kann  es  genau  bemerken  bei  Worten,  die  mit  einem  Diphthong 
beginnen,  wie  z.  B.  in  saud  ,6ericht'  (das  ou  setzt  ein  urspr.  langes  u 
Torans):  $o  beginnt  mit  der  größten  Tonstärke,  die  dann  naehläBt,  da- 
gegen scheint  bei  u  der  Ton  etwas  höher  zu  sein.  Analog  in  hrdoa,  hiUU 
n.  B.  w.  Eine  analog«^  Divergenz  bemerken  wir  nar  in  der  zweiten  Hälfte 
des  langen  fallenden  Akz.  im  S.-kr.,  wo  wieder  die  Tonhöhe  abnimmt, 
die  Tonstärke  aber  zuzunehmen  beginnt,  so  daß  ein  zweiter  exspiratori- 
scher  Gipfel  entsteht.  Aber  sonst  kann  der  b.  Akz.  weder  mit  dem 
fallenden,  noch  weniger  mit  dem  steigenden  Akzente  im  S.-kr.  verglichen 
werden. 

Ist  der  Ton  bei  langen  Silben  hinsichtlich  der  Tonstärke  fallend, 
so  können  wir  es  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  auch  bei  kurzen  Silben 
erwarten.  In  dieser  Hinsicht  sind  aber  die  Darstellungen  bei  Gauthiot 
und  Yendrjes  offenbar  unrichtig.  Nach  denselben  ist  er  wirklich  fallend 
in  Xa-/tf-d'y,  dagegen  in  pra-ci'^a  steigend;  das  kann  doch  nicht  richtig 
sein.  Nebenbei  bemerkt,  soll  nach  diesen  Darstellungen,  die  höchste  In- 
tensität in  i6«<^0,  mi-id,  hä-^äi  einen  Teil  der  zweiten  Silbe  erreichen,  in 
u-k^nym^  »pa-^i4y€h  weist  Qberhaupt  die  ganze  zweite  Silbe  die  höchste 
Intensität  (Tonstärke)  auf.  Diese  Worte  können  unmöglich  richtig  vor- 
gesprochen worden  sein.  Nur  in  la-iM-<ly,  pra'Vi4a,  sa-r^-to/,  »ly-Ü-te  (wo 
also  die  dritte  Silbe  kurz  ist)  ist  darnach  die  höchste  Intensität  auf  der 
ersten  Silbe,  was  richtig  ist,  aber  nicht  mehr  in  k%&4»i6'ku,  pfhUmi'Stvu 
(hier  ist  po'tom94vu\  wo  wieder  die  zweite  Silbe  die  höchste  Intensität 
aufweist. 

Neben  dem  Hauptton  hat  jedes  drei-  oder  mehrsilbige 
Wort  auch  einen  Nebenton,  über  dessen  Sitz  bei  vier-  und 
mehrsilbigen  Worten  nicht  gleiche  Ansichten  herrschen.  Was 
seine  Qualität  anbelangt,  so  ist  er  dem  Hauptton  homogen,  be- 
steht also  auch  in  einer  Tonerhöhung  und  Tonverstärkung. 

Nach  den  Darstellungen  des  Gauthiot  und  Yendrjes  sind  bei  allen 
dreisilbigen  Worten  die  dritten  Silben,  auf  denen  der  Nebenton  ruht, 
hinsichtlich  der  Tonstärke  am  schwächsten.  Daraus  würde  folgen,  daA 
sich  der  Nebenton  nur  in  der  Tonerhöhung  äußert,  was  mir  unwahr- 
scheinlich ist  Eine  mäßige  Tonverstärkung  findet  hiebei  jedenfalls  statt. 
Wir  wollen  nun  den  Sitz  des  Nebentons  in  einzelnen  Wortkategorien  und 
auch  das  Verhältnis  der  Silben  näher  bestimmen. 

Zweisilbige  Worte.  Die  erste  hat  den  Ton.  Sind  beide 
Silben  quantitativ  gleich,  d.  h.  beide  entweder  lang  oder  kurz, 
oder  ist  die  erste  lang  und  die  zweite  kuns,  so  ist  in  tonischer 


246 

Hinsicht  die  zweite  Silbe  tiefer  ala  die  erste  und  zwar  ist  im 
letzteren  Falle  die  Differenz  am  gröBten,  also  z.  B.  in  krd^va 
yEuh'  (betont:  krä-wi),  anmbek  ^  kleiner  ZahnS  aber  auch  in 
VMla  yWasser'  ist  der  Untersohied  hinsichtlich  der  Tonhöhe  so 
großy  daß  er  ohne  weitere  auffiUlt;  desgleichen  in  strädä  ^eidet^ 
(geschr.  strädä). 

Ist  dagegen  die  erste  Silbe  korzi  die  zweite  lang,  so  erfährt 
die  zweite  Silbe  gegen  die  erste  auch  ein«  Tonemiedrigong,  aber 
diese  ist  viel  geringer  als  früher,  z.  B^pc-da  ßXi\f  (gßBda.padä); 
tMi  jAehif  (vidi).  Die  Silben  -da,  ^{  sind  hier  nur  um  geringes 
tiefer  als  pch,  v»-.  Dieser  Umstand  mnfi  hier  besonders  henror- 
gehoben  werden. 

Dreisilbige  Worte  haben  den  Nebenton  immer  auf  der 
dritten  Silbe.  Wie  schon  erwähnt,  äußert  sich  dieser  als  eine 
Erhöhung  und  wohl  auch  Verstärkung  der  dritten  Silbe 
gegenüber  der  zweiten. 

Sie  ist  am  intensivsten  and  daher  am  leiehteeten  wahrnehmbar, 
wenn  die  vorletzte  Silbe  knrz  nnd  die  dritte  lang  ist,  s.  B.  Ua-la^mir 
,Tintenfafi'  (geschr.  kalamär),  po-eho-vä  {poehotd), 

Ist  dagegen  die  zweite  lang  and  die  dritte  knrz,  so  ist  sie  be- 
deutend geringer  und  kann  infolgedessen  nicht  mehr  so  deutlich  wahr- 
genommen werden,  z.  B.  vt-jM^k  ,kleiner  Soldat*  (9i0d6$k\  fftm-Aü^ä  ,Haus- 
Tater*  {pmiMß\  Die  Tonrerhältniss«  derartiger  Worte  wurden  hftufig 
unrichtig  aufgefaSt,  was  zum  Teile  jetzt  noch  gesohieht.  Da  die  zweite 
Silbe  nach  dem  Früheren  gegen  die  erste  nur  eine  nicht  fllr  jedes  Ohr 
wahrnehmbare  Tonemiedrigung  aufweist  und  eine  Lftnge  enthftlt,  so  daS 
ihr  akustischer  Gesamteffekt  den  anderen  gegenfiber  bednutend  ist, 
wurde  hier  häufig  der  Sitz  des  Akz,  gesucht.  Darnach  richteten  sich 
die  Dichter  lange  hindurch.  Wahrnehmbarer  ist  dagegen  die  Differenz, 
wenn  neben  der  zweiten  auch  die  dritte  Silbe  lang  ist:  pa^tü-dk  ,erzfthlt' 
(poMd). 

Viersilbige  Worte  werden  hinsichtlieh  des  Nebentones, 
der  hier  nicht  so  intensiv  zu  sein  scheint  wie  bei  dreisilbigen, 
nicht  gleichmäßig  behandelt  Es  ist  zu  unterscheiden,  ob  die 
Yorletzte  Silbe  kurz  oder  lang  ist  Ist  sie  kurz,  ist  der  Nebenton 
auf  der  yierten  Silbe,  was  namentlich  dann  dentlicb  ist,  wenn 
diese  auch  lang  ist,  z.  B,  in  do-MOrßrsth  ,gewifiS  n^ka^inrikä 
,HandBchuhS  do-btihiUvp  ygütiff  (dcbrativ^  de^va^d^-tai  ,neimzig^ 
{dewMdudt),  po^värii4\  ,erwägen<  (poviitti),  nhmA'ie4i  ,ihr  könnet 
nicht*  u.  s.  w. 

Ist  jedoch  die  vorletzte  Silbe  lang,  bekommt  sie  den  Nebea- 
ton:  ko-lo-vrä^dc  ,Drehorgel^  (kdavrätek),  po-nujhhärie  ,ihr  bellet^ 


246 

{pamahdU,  Schriflspr.  meist  pamdhäte),  po4cUSrdarU  ^hr  beleget' 
{pMddÜe). 

Gebaner  lehrt  hier  abweichend,  daA  der  Nebenton  in  yiereilbigen 
Worten  auf  die  dritte  Silbe  komme,  gibt  jedoch  sa,  dait  er  anoh  aaf  die 
vierte  kommen  kOnne,  beeonders  wenn  die  dritte  Silbe  kurz,  die  vierte 
dagegen  lang  sei  (Eist  ml.  I,  S.  578 f.)-  Kral  möchte  wieder  eher  daran 
festhalten,  dafi  der  Nebenton  auf  die  dritte  Silbe  komme  und  auf  die 
yierte  nur  dann,  wenn  auf  der  ersten  ein  besonderer  Nachdruck  liegt 
u.  8.  w.  (listy  fil.  26,  S.  24-26). 

Fünfsilbige  Worte  haben  den  Nebenton  in  der  Begel  auf 
der  vorletzten  Silbe:  nSfpraiHfj-i^T^  A'^  wahrhafteste',  ne-ty- 
luh^-me  ywir  werden  nicht  hinausw^en^,  korrchfi-^l^tdc  ^eine  kleine 
Nelke')  n/^-po^v^zh^ne  ywir  werden  nicht  fOhren',  ie-8ti4(hkH^m 
isechsellig'. 

Gebauer  ist  eher  geneigt,  den  Nebenton  der  dritten  und  fOnften 
Silbe  Euzusprechen:  »«-ey-Ad-dt-M^  (also  zwei  Nebentöne),  dagegen  verlegt 
ihn  auch  Kral  auf  die  yierte.  In  Zusammensetiungen  macht  sich  mit- 
unter der  Einfluß  des  unkomponierten  Wortes  geltend  und  so  kann  es 
ausnahmsweise  auch  ütUlöMni  heifien. 

Bei  sechssilbigen  Worten  findet  man  den  Nebenton  auf 
der  ffinften  Silbe:  nhuym^vUHng  yUnverbesserlicbS  nijraztamilijH 
yalleriiebst'y  aber  neodpamdala  (neodpavidala)  ,sie  antwortete  nichf , 
weil  die  drittletzte  Silbe  lang  ist. 

Darnach  ist  es  klar,  daß  die  oben  erw&hnten  Darstellungen  unseres 
Akzentes  durch  Gauthiot  und  Yendryes  nicht  richtig  sein  können.  Der 
Fehler  kann  durch  Torschiedene  Umstände  herbeigeführt  worden  sein. 
Es  wäre  richtig  gewesen  neben  der  Tonstärke  auch  den  tonischen  oder 
musikalischen  Aks.  sur  Darstellung  su  bringen,  wie  es  beim  s.  Aks.  im 
selben  Band  geschehen  ist.  Ich  muß  hier  noch  einmal  im  Gegensatse  su 
Kr&l  (in  Listy  fil.  26,  S.  19—20)  mit  Nachdruck  herrorheben,  dait  jeder 
Hauptton  im  B.  nicht  bloB  in  einer  Tonverstärkung,  sondern  auch 
in  einer  TonerhOhung  besteht  und  zwar  nicht  bloß  bei  der  Aussprache 
einzelner  Worte,  sondern  auch  im  Satze. 

Auch  Pedersens  Darstellung  des  b.  Akz.  (ich  kenne  sie  nur  nach 
dem  Auszüge  des  Prager  Germanisten  Kraus  in  Listy  ftL  30,  S.  228f.) 
ist  Tielfaeh  unrichtig.  So  glaubt  er,  dafi  ein  starker  Nachdruck  auf  der 
«weiten  Silbe  normal  sei,  selbst  auch  z.  B.  im  Worte  uUee  ,Gasse'. 
Auch  wirke  hier  vielleicht  die  Erhöhung  der  Stimme.  Er  hat  überhaupt, 
wie  auch  Kraus  Termutet,  die  TonerhOhung,  die,  wie  wir  sahen,  eine  be- 
deutende Bolle  spielt,  nicht  Ton  dem  exspiratorischen  Nachdruck  unter- 
scheiden können,  was  einigermaßen  befremdet.  £s  klingt  ganz  unglaub- 
lich, wenn  behauptet  wird,  daB  der  höchste  Ton  sich  in  uUee  auf  der 
zweiten  Silbe,  nicht  aber  in  nime^  ,StraBe*,  mhtwne*  ,Sprachlehre'  finde. 
Die  zweite  Silbe  wäre  am  höchsten  in  Zuhai^  (was  unrichtig  ist),  nicht 
aber  in  ZMbaUho, 


247 

Man  findet  häufig  die  Ansicht  ausgesprochen,  daß  die  Ver- 
schiebung des  Akz.  auf  die  eiste  Silbe  unter  dem  Einflüsse  des 
Deutschen  geschehen  sei,  was  um  so  plausibler  sein  soU,  als  wir 
es  auch  im  Sorb.,  das  auch  in  nächster  Nachbarschaft  mit  dem 
Deutschen  sein  Dasein  fristet,  finden.  Im  Deutschen  gibt  es  bei- 
lieh  idele  Präfixe,  die  unbetont  bleiben,  so  dafi  der  Akz.  hier 
nicht  immer  auf  der  ersten  Silbe  vorhanden  ist  Im  B.  haben 
gerade  alle  derartigen  Präfixe  den  Hauptton  auf  sich. 

Der  d.  Einfluß  könnte  aber  trotzdem  in  dem  Sinne  gewirkt 
haben,  dafi  der  b.  Akz.  in  exspir.  Hinsicht  auch  fallend  geworden 
ist  Die  Verschiebung  konnte  dann  von  selbst  eintreten.  Wenn 
der  Akz.  in  exspirat  Hinsicht  im  B.  ünllend  geworden  ist,  so 
konnte  sich,  wenn  z.  B.  in  der  zweiten  Silbe  eine  in  exspirat. 
Hinsicht  feilende  Uknge  (die  urslav.  steigend  sein  mußte)  vor- 
handen war,  dieselbe  Erscheinung,  die  wir  schon  aus  dem  §tok. 
bei  fedlenden  L&ngen  kennen,  wiedeiholen.  Es  ist  ja  wahrschein- 
lich, daß  ursprünglich  eine  solche  Länge  auch  mit  einem  stark 
entwickelten  tonischen  Gipfel  anhob.  Eine  solche  Länge  gibt 
ihren  exspirat  Akz.  allmählich  an  die  voihergehende  Silbe  ab 
und  behält  zunächst  nur  den  tonischen  (musikalischen)  Akz.,  der 
dann  fireilich  auch  verloren  gehen  kann.  So  entwickelt  sich  in 
diesen  Fällen  in  der  ersten  Silbe  ein  exspirat  Akz.,  in  der  zweiten 
Silbe  haben  wir  in  unserem  Falle  Längen  mit  einer  Tonerhöhung. 
Jene  Längen  aber,  die  eine  üallende  Tonhöhe  hatten  (Befiexe  der 
urslav.  fallend  betonten  Längen),  sind  im  B.  aufgegeben  oder  ver- 
kürzt worden. 

Diese  Verkürzung  moA  noch  vor  der  AkzentTerschiebung  stattgefanden 
haben.  Jeden&lls  begannen  aber  selbet  auch  noch  bei  der  beginnenden 
Verkürzung  diese  Silben  mit  einem  exspirat.  Tongipfel,  so  daA  eine  Ver- 
schiebung auch  unter  solchen  Umständen  hätte  stattfinden  können. 

So  war  eine  ganze  Beihe  von  Worten  mit  dem  Akz.  auf 
der  ersten  Silbe  entstanden,  andere  Worte  hatten  ihn  von  Haus 
•aus  dort 

Die  sekundär  betonten  limgen  im  Anlaute  nahmen  den 
Charakter  der  urspr.  hier  noch  erhaltenen  betonten  Längen  an, 
die  steigend  waren,  im  B.  aber  auch  üetllend  geworden  sind,  und 
das  war  jetzt  hauptsächlich  der  Grund,  dafi  auch  von  anderen 
Silben  der  etwaige  Akz.  attrahiert  wurde,  weil  schon  in  einer 
so  großen  Anzahl  von  Worten  ein  gleicher,  fallender  Akz.  vor- 
handen war.    Im  §tok.  erhielt  sich  jedoch  auf  der  ersten  Silbe 


248 

ein  vierfacher  Akz.,  so  daß  derselbe  im  Anlaut  nicht  mehr  eine 
80  attrahierende  Kraft  wie  im  B.  ausüben  konnte.  Sonst  wäre 
es  hier  gewiß  auch  zu  einer  Anfieingsbetonung  der  Worte  ge- 
kommen. 

Dehnungsfähige  Silben  wurden  unter  dem  neuen  Akzente 
nicht  gedehnt  Es  käme  höchstens  der  ab.  Aorist:  vide  aus  vMe 
,duxit^  und  andere  derartige  Formen  in  Betracht,  aber  da  ist  der 
Akz.  nicht  verschoben,  vielmehr  war  er  auf  der  Stammsilbe  und 
so  kann  die  Dehnung  von  der  1.  P.  Sg.  vedz  woraus  rid  ihren 
Ausgangspunkt  genommen  haben.  Analog  dann  auch  iüe,  pUie^ 
Solche  Dehnungen  unter  dem  Einflüsse  des  Akz.  sind  übeihai^t, 
so  weit  sie  vorliegen,  späteren  Datums  und  es  ist  nicht  immer 
sicher,  ob  sie  so  zu  erklären  sind.  Hierher  gehört  das  volkstüm- 
liche mü-e  ,Meer^  (Schriftspr.  molre),  nini  Schiiftspr.  nmi  (also 
eigentUch  eine  Verlegung  der  Quantität),  früher  auch  nyiti  st 
nyni  (analog  wie  nini).  Sonst  bleibt  die  Kürze  trotz  des  Akz.: 
fmnoku,  neayta  u.  s.  w.  (vgL  S.  221). 

Erhaltupg  und  Verlust  urslavischer  Längen. 

1)  Urslav.  betonte  Längen  werden  im  B.  erhalten 
wenn  sie  steigend  sind.  Haben  sie  eine  fallende  Int, 
so  werden  sie  verkürzt 

a)  Steigend  betonte  Längen:  ühd  ,WinkelS  Stok.  ügal, 
p.  w^id,  r.  ügol;  pouto  ,Fes8elS  p.  pqto,  ätok.  päto;  nouze  ,Not, 
Elend',  p.  n^za,  slov.  nqja,  §tok.  nuida,  klr.  nüza;  pfize  ,Gam', 
p.  prz^dza,  Stok.  preda,  r.  prjdza;  krdva  ,Kuh',  8tok.  kräva,  bg. 
kräva,  lit  kdrvS;  hrdch  (Gen.  hrachu  st.  hrdchu  nach  dum,  domu 
u.  s.  w.),  stok.  ffrah,  r.  goröch,  ebenso  mrdz  ,Prosf ,  ätok.  mräz, 
r.  mordz;  präh,  prahu  ,Schwelle*,  Stok.  präg,  r.  parög,  bg.  prägbt; 
hrouda  ,Scholle',  Stok.  gruda,  r.  grüda;  Upa  ,LindeS  slov.  Upa, 
§tok.  Upa;  päd  ,FallS  slov.  päd,  pdda. 

b)  fallend  betonte  Längen;  dub  ,Eiche',  itok.  düb,  düba, 
r.  dub,  duba,  bg.  d^b^t,  p.  d/i^,  d^u;  muz  ,Mann^,  p.  tnqz,  §tok« 
müz,  bg.  rmzit;  hlad  jHimger',  StoL  gläd,  r.  g6lod;  hrad  ,Burg', 
Stok.  gräd,  r.  g6rod^,  breh  ,Ufer*,  Stok.  brljeg,  brljega,  r.  biregb, 
bg.  bregit;  drtA  ,Geno8se',  Stok.  driig,  lit  draügas;  duch  ,Gtehöi^, 
slov.  slüh;  öin  ,Handlung<,  Stok.  öin,  &na;  syn,  Stok.  8%n,  r.  sgm, 
8^na;  dar  ,6eschenk',  Stok.  dar,  dära,  r.  dar^,  ddra. 

Zahlreiche  andere  Beispiele  führt  F.  Öerny  an  in  Listy  fil.  24, 
8.  343—354,  421—431  und  27,  S.  17—22,  doch  ist  die  Int.  nicht  immer 
richtig  angegehen. 


249 

Allerdings  haben  wir  auch  im.  B.  Kürzen  statt  der  erwarteten 
Lftnge  bei  steigender  Int.:  cm^  ,ZeitS  Stck.  <ä«,  et 8a,  sIot.  com,  cä$a:  did 
jGroßTater*,  Itoli.  dßd,  ^da,  %\oY.d\d,  ^da,  r.did^^deda;  Aai  , Schlange*, 
B.  ^<Mf>  ff^da,  sloT.  ffäd.  gada  .Viper* ;  hnio  ,Zom\  Stck.  gnßv,  gr^'eva,  bIov. 
gn^9,  gn4va\  krtj  ,Kreis,  Gegend',  s.  kraj  {"  wegen  j  aus*),  Aro/a,  slov. 
hrqj,  kr4fa;  rak  ,Kreb8\  itok.  rak,  raka,  sIot.  räk,  räka;  tvat  ,der  Ver- 
schwägerte', itok.  «r«^,  «rata,  slov.  9vät,  tvdia;  $yt  ,8att',  s.  äU  f.  «tta,  slov. 
tU,  9iia.  Diese  Kürzen  sind  aus  bestimmten  Kasns  mit  langen  Suffixen, 
vor  denen  eine  Verkfirznng  des  Stammyokals  eintrat,  yerallgemeinert 
worden  (vgl.  Verf.  BB.  30,  S.  114— 115).  Andererseits  gibt  es  auch  Worte, 
die  Längen  bei  nrspr.  fallender  Int.  enthalten :  Mär  ,Glut',  itok.  iar,  iura, 
sloY.  Mir:  Mir  ,die  Mästung,  das  Futter*,  Itok.  Mtr,  Mfra.  sIot.  MTr;  tnih, 
mMu  ,Schnee',  itok.  9täj4g,  tny^ga,  sIot.  ^nfg,  »nfffa,  lit.  megat.  Hier 
haben  wir  es  mit  sekundären  Dehnungen  lu  tun,  die  nach  demselben 
Prinzipe  zu  erklären  sind  wie  z.  B.  iWIr,  dvcrus  MA,  hoha  (vgl.  oben 
8.  216  und  BB*.  30,  S.  116). 

2)  unmittelbar  vor  dem  urspr.  Akz.  bleibt  die  Länge 
erhalten  (also  wie  im  P.,  8.):  vymka  ,MehlS  p.  nu^,  r.  fnukä, 
itoL  müka;  haut,  kotUu  ,Ecke,  Winkel^  p.  kq^,  kqta,  r.  kut,  ktdä, 
itok.  kütf  küta;  aoud  ^Gerichf ,  p.  aqd,  r.  sud,  sudä,  itok.  süd, 
pUttno  ^Leinwand^  r.polatnö,  itok.pUUno;  Ulö  ^Schlüssels  r.ldjudh, 
Idjuöä,  itok.  ilfuö,  Hjüöa;  lauh  ^Lauge',  itok.  lüg,  luga;  rauno 
,VließS  r.  rund,  Stok.  riino;  laridlo  ^ügel*,  r.  krylö  (PI.  kr^la), 
itok.  krüo;  vino  ,WeiaS  r.  vinö^  itok.  vino;  hyk  ^tiei^,  r.  hykh, 
hykä,  itok.  bik,  bika;  svtce  ,EerzeS  r.  wSdd,  itok.  svijica;  chväla 
Jiob'^  r.  chvalä,  itoL  hvdla, 

3)  Unmittelbar  nach  dem  Akz.  wird  die  Länge  wie 
im  P.  yerkürzt    Beispiele  vgl.  oben  8.  242  beim  P. 

4)  Offene  Längen  im  Auslaute  werden  yerkürzt: 
Akk.  Sg.  hlavu,  p.  ghw^,  r.  gölovu;  vedu  ^führe^  p.  tciod^. 

Bezüglich  der  Kürzen  gilt:  ürspr.  Kürzen  bleiben  in 
offenen  Silben  sowohl  im  B.  als  auch  im  P.  erhalten. 
Wird  die  Silbe  geschlossen,  so  erfolgt  eine  Dehnung 
unter  den  oben  8;  216  angegebenen  Bedingungen. 

Bezüglich  der  Längen  kann  noch  bemerkt  werden:  Gibt 
eine  urspr.  betonte  Länge  an  die  vorhergehende  erste 
Silbe  des  Wortes  ihren  Akz.  ab,  so  wird  sie  unter  dem 
Einflüsse  des  neuen  Akz.  nicht  selten  verkürzt.    Hierher 


1.  Es  ist  gans  richtig,  wenn  KuTbakin»  wegen  kai.ciM  — oMa  und 
dial.  p.  eät^ioMm  von  einem  p.-kai.  *6MS'^*6äsa  ausgeht;  da  im  Ap.  ist 
sekundär  und  infolge  der  uns  bekannten  Dehnung  entstanden  (K»  istor. 
S.  181). 


250 

gehören  die  oben  besprochenen  Imper.  ab.  chrani,  püi  jetzt  chran, 
piä;  ehrante,  püte  (S.  212).  Weiter  das  Präs.  tnüuju  (müußj, 
fnüujeä  u.  s.  w.  zu  fnäavati  ^eben'  (vgl.  S.  213). 

Hierher  kann  man  aach  das  Adjektiv  nsrad  gegen  räd  ,gern*,  ab. 
eist  ,rein*,  neckt  ,anrein'  und  and.  rechnen.  Femer  zam  Teile  auch 
das  kurze  a  der  Verba  der  Y.  Klasse.  Teils  war  es  nachtonig  and 
maßte  kurz  werden  so  z.  B.  in  dilath  teils  war  es  betont  z.  B.  r.  cesdtt^, 
8.  cisati  (vgl.  oben  S.  203);  dieses  war  im  B.  lang  und  ist  dann  bei  der 
b.  Akzentverschiebung  kurz  geworden:  eeiati. 

Das  setzt  voraus,  dafi  der  neu  verschobene  exspiratorische 
Akz.  sehr  intensiv  war.  Dort,  wo  er  nicht  verschoben  war,  d.  h. 
wo  er  von  Anfang  an  auf  der  ersten  Silbe  ruhte,  behaupteten 
sich  eher  die  Längen,  wenn  es  sich  nicht  um  offene  Silben  han- 
delte. Auch  dort  behaupteten  sich  die  Längen,  wo  sie  durch 
Kontraktion  entstanden  sind.  Kopdä,  kopd  hatte  im  Urslav.,  wie 
wir  gesehen  haben,  den  Akz.  auf  dem  a,  also  kapdjeäi,  kapdjett. 
Da  sich  im  B.  die  Längen  hier  erhielten,  obzwar  der  Akzent 
verschoben  wurde,  so  ist  es  klar,  daß  er  früher  auf  die  erste 
Silbe  verschoben  wurde  und  daB  dann  erst  die  Kontraktion 
eintrat 

Ln  allgemeinen  kann  gesagt  werden,  daß  jetzt  die  nach- 
tonigen lÄngen  —  namentlich  gilt  es  von  den  Endungen  -^  in 
der  gewöhnUchen  Sprache  schon  stark  reduziert  erscheinen,  so 
daß  man  hier  von  Kürzen  oder  auch  von  Halblängen  sprechen 
kann.  So  z.  B.  im  Dat  PL  rybam  (st  rybdtn),  vojdkum  (st  fo- 
jdkäm)  u.  s.  w. 


Konsonantismus. 

Ursprung  and  Bestand  der  slav.  Konsonanten. 

Die  am  meisten  hervorstechenden  Merkmale,  durch  welche 
sich  einerseits  das  Lit  und  Slav.  von  den  anderen  verwandten 
Sprachen,  andererseits  das  Slav.  vom  Lit  unterscheiden,  sind 
durch  die  eigentümliche  Behandlung  der  Gutturalreihen  herbei- 
geführt worden.  Die  Ursprache  hatte  bekanntUch  drei  Reihen 
der  Gutturalen:  1)  die  rein  velaren:  k,  Ich,  g,  gh,  2)  die  labio- 
velaren:  ku,  kifh,  gu,  guh,  3)  die  palatalen:  Je,  Jeh,  §,  §h. 

Die  beiden  ersten  Reihen^  sind  im  Lit  und  Slav.  zusammen- 


1.  Hier  wählt  man  auch  für  k  ein  q  und  für  g  modifizierte  Zeichen. 


251 

gefallen  und  ergaben  k  und  g,  indem  hiebei  auch  die  aBpirierten 
Laute  ihre  Aspiration  verloren^  z.  B.  aksL  kljudb  ^Haken,  Schlüssel^ 
lit.  hUäti  ^haken,  hängen  bleiben^  lat  cUltfU,  dävos,  gr.  xXnig 
ySchlüssel'  (urq>r.  k  oder  q);  aksl.  kvto  ywer',  lit  käs,  gr.  Wg,  lat 
quis,  ai.  käs  ^wer^  (urspr.  kit  oder  qu);  aksl.  (hstegz  ^vestis^,  lit 
stögas  ,Dach',  ahd.  dah,  gr.  aviyw^  lat  (ejro  (urspr.  g);  aksl.  «iM^Ia 
^ebeP,  lit  migiä,  gr.  ^/ux^^  yWolke',  ai.  naghds  iWolkef  (urspr, 
^A);  aksL  bigt  ^Lauf ,  lit  iegrti  ^^h  fliehe',  gr.  tpißofiai  j^eh& 
(urspr.  gu);  aksL  svUgh  »Schnee^,  lit  snegas,  got  snaiws,  gr.  yi9)a 
Akk.  ^Schnee',  lat  nivem  ninguü  (urspr.  gifh). 

Bei  der  dritten  Beihe  stimmt  aber  das  lit  mit  dem  Slav. 
nicht  mehr  übereiny  trotzdem  beide  Sprachen,  wie  die  balt-slav. 
Gruppe  ttberiiaupt,  zu  den  «o^^n^prachen  gehören.  Je  wurde  im 
Slav.  zu  s,  desgleichen  im  Lett  und  Preuß.,  dagegen  im  lit  zu 
sz  (ä);  g  und  gh  im  Slav.,  Lett  und  Preuß.  zu  2:^  im  Lit  dagegen 
zu  £  (i),  z.  B.  aksL  srtiem  yHomiß',  lett  sirsis,  preuB.  sirsüis, 
lit  dagegen  szirszu,  ahd.  kamaz,  lat  cräbrö  aus  *crasrö  (urspr. 
k);  aksL  zthio  ygranum',  let  fimis  jErbse',  preuB.  sgme  {^  zime) 
yEom'y  dagegen  Ut  ifmis  ^Erbee^y  got  kaum  yEom'y  lat  gränum 
(urspr.  g);  aksl.  zima  yEälte,  Winter^,  let  ßma,  preuB.  semo,  lit 
dagegen  äSmä,  gr.  x*'^^  ySchnee'y  xsiiaw  yWinter',  lat  hiems,  ai. 
himds  ySUUtey  Winter"  (urspr.  §h). 

Da  das  Slav.  neben  dem  aus  h  entstandenen  •  noch  ein  urspraeU. 
•  (wie  auch  das  Lit)  hat,  z.  B.  9ynt  ,Sohn*,  lit  tfifMt«,  ai.  Hmnif,  so  ist 
es  nicht  wahrscheinlich,  daß  beide  Laute  im  Balt.-SlaT.  zuerst  zusammen- 
gefallen und  nachträglich  erst  im  Lit.  getrennt  worden  wftren;  es  wäre 
da  eine  Trennung  dieser  Laute  nicht  mehr  möglich  gewesen.  Wahr- 
scheinlicher ist  es  vielmehr,  daß  sie  zunächst  auseinandergehalten  worden 
sind  und  daß  sie  erst  im  Slav.  zusammenfielen.  Dann  hat  allerdings  das 
Lit  noch  das  ältere  bewahrt.  Wir  müssen  daher  Toraussetzen,  daß  in 
der  urbaltisch-slaT.  Periode  die  Palatalreihe  als  »-Laute  gesprochen 
worden  ist  und  daß  sich  diese  Laute  im  Lit.  besser  erhalten  haben. 

Unter  den  baltisch-slaY.  Sprachen  sticht  femer  das  Slav.  da- 
durch hervory  dafi  das  ursprachliche  s  in  gewissen  Fällen  zu  ch 
geworden  ist,  wodurch  hier  ein  neuer  Gutturallaut  entstand,  z.  B. 
aksL  ueho  yOhr^y  lit  ausis,  lat  auris. 

Das  auffidlendste  Merkmal  des  Slav.  ist  jedoch  die  Pala- 
talisation  der  auf  die  erwähnte  Art  entstandenen  Gutturallaute 
k,  g,  ch.  Vor  e,  i  (aus  i),  i  (aus  f  und  ei),  t,  und  ^  gehen  sie 
ia  ä,  z,  i  über.  Dieser  Prozeß  ist  urslay.  und  hat  den  ganzen 
Sprachbau  ergriffen,  z.  B.  ietyre  ,ider^,  lit  keturl,  vgl  preuß.  käi^ 


252 

icirts  ^der  yierteS  lat  quatuor;  aksl.  ermy  ,molaS  lii  PL  gimos 
yMühlBteine,  MtthleS  preuß.  gimayuns  ,QuirlS  got  qa4mu8,  ahd. 
quim;  aksl.  srhiem  ^orniß^  ans  ^srcheni-,  lit  9zinzä,  lat  crabro. 

Wir  haben  aber  noch  eine  zweite  Palatalisation  derselben 
Laute,  die  zwar  auch  urslav.,  jedoch  jünger  ist.  Vor  dem  e,  dag 
auf  einen  Diphthong  zurückgeht,  dann  vor  dem  aus  diesem  i 
entstandenen  i  und  in  gewissen  Bildungssuffizen  gehen  sie  in  e, 
z  {dz)  und  $  über  (eigentlich  ursprünglich  in  6,  d£  und  4,  so  daß 
letzterer  Laut  damals  von  dem  urspracblichen  s  infolge  seiner 
Weichheit  geschieden  war). 

Nur  mit  dieser  Erweichung?  kann  die  bekanntlich  im  Lett.  vor- 
kommende  TergUchen  werden.  Es  geht  hier  nfimlich  k  und  g  vor  t,  «,  S 
in  e  und  dz  über;  auch  die  Verbindungen  kj  und  gj  werden  lautgesetz- 
lich  zu  e  und  dz  z.  B.  lit.  a^l«,  let.  ae»  , Auge* ;  lit.  kelH^  let.  eelt  ,heben' ; 
lit.  givoB^  let.  ds^v$  «lebendig*,  slav.  I»r&.  Wie  sich  aus  Ortsnamen  in 
Urkunden  ergibt,  war  dieser  let.  Lautwandel  im  18.  Jhd.  n.  Chr.  abge- 
schlossen (vgl.  End zolin,  Zur  Erweichung  der  Gutturale  im  Lettischen, 
BB.  29,  S.  178  ff.). 

Wie  wir  schon  bei  den  Gutturalen  gesehen  haben  (z.  B.  aksl. 

dnigfb,  lit.  9mga8j   gr.  dagegen  viq)a)y  werden   die   aspirierten 

Verschlußlaute  im  Slav.  wie  im  lit  (überhaupt  im  Balt-slav«)  in 

unaspirierte  Laute  verwandelt    Auf  diese  Art  fällt  zusammen : 

k    mit  kh    und  gibt  k;   g    mit  gh    und  gibt  g 

ku    „    kffh     „       „    k;    gif    „    giA     „       ,,    g 

Je  mit  Jek  und  gibt  slav.  8 

§    n    §f^     n       »       J7     ^* 

Ebenso  fiel  t  mit  M  als  ^  und  d  mit  dh  als  d  zusammen, 
z.  B.  m^,  m^i  ^turbare',  lit  mentüre  yQuirl',  ai.  mänthati  fir 
rührt';  aksl.  dvbrt  ^Tür^,  dror»  ^Haus,  Hof,  lit.  dürys,  gr.  ^qo^ 
lat.  fores. 

Weiter  p  mit  ph  als  p  und  b  mit  bh  als  b  z.  B.  aksl.  byti 
,sein',  lit  büti,  gr.  qivoiq^  tfvvai,  lat  futurus,  ai.  bhdvämi. 

Es  kann  demnach  in  jedem  slav.  oder  lit.  Verschlußlaute  ent- 
weder ein  aspirierter  oder  ein  unaspirierter  Eons,  stecken. 

Neben  dem  auf  slav.  Boden  aus  g  entstandenen  z  (älter  d£) 
haben  wir  noch  ein  ursprachliches:  aksl.  mtzda  ,Lohn<,  gdtmizdö, 
av.  mizdam  ,LohnS  ai.  nudham  ^Eamp^reis^;  aksL  mozgh  ,Mark, 
HimS  av.  mazga  ,medullaS  ahd.  marg. 

Aus  dem  bilabialen  %  wurde  im  Slav.  das  labiodentale  v  und 
aus  ji  das  spirantische  j;  wann  dieser  Prozeß  eingetreten  ist,  ist 
schwer  zu  ermitteln. 


26S 


Das  spirantiBchey  bez.  jf  hat  schon  im  DnlaT.  in  den  Kons,  zahl- 
reiche Yerändeningen  hervorgebracht  oder  wenigstens  angebahnt: 
k,  g,  dl  worden  za  ö,  i,  i  (also  wie  vor  den  erwähnten  palatalen 
Vokalen);  p,  b,  v,  m  wurde  höchst  wahrscheinlidi  auch  schon  im 
Urslav.  zu  fl',  W,  vP,  ml\  von  bestimmten  Fallen  gilt  es  wenig- 
stens ganz  sicher;  b  und  z  z\k  i  und  i;  t  und  d  wurden  zu  t',  d' 
mit  einem  nachfolgenden  Beibungsgeräuschy  woraus  sich  dann  in 
den  einzelnen  slav.  Sprachen  zum  teile  verschiedene  Laute  (Affii- 
catae)  entwickelten.  ' 

Es  waren  Yornehmlich  diese  Besaltate,  die  Miklosieh  bestimmten, 
die  Konsonanten  in  folgende  Gruppen  zu  teilen:  1)  r,  (  ii,  sie  ergaben 
mit  j:  f,  f,  fi  (diese  erweichten  Laute  werden  aber  auch  mit  r/,  Ij^  nj, 
letzterer  Laut  auch  durch  4  dargestellt);  2)  (,  d,  bei  denen  ij\  dj  in  den 
einzelnen  slav.  Sprachen  zu  yerschiedenen  Besultaten  f&hrten;  3)  /»,  6,  v, 
wi.  bei  denen  /{/,  5/,  ^\  if|/  allerdings  erst  in  einer  jflngeren  Periode 
durch  p^a^  b{fa  u.  s.  w.  ersetzt  worden  wäre;  4)  k,  g,  eh  mit  ihrer  Pala- 
talisierung  zu  <f,  I,  i  und  r,  z,  «;  5)  e,  z,  «,  die  zu  c,  I,  i  führten  und 
6)  c,  I.  i,  wozu  noch  J  kommt  (Vgl.  Gramm.  I*,  8.  202).  Die  physiologi- 
sche Seite  der  Laute  wurde  also  nicht  durchwegs  berücksichtigt.  Diese 
Einteilung  hat  nur  mit  BQcksicht  auf  die  erwfthnte  Behandlung  der 
Konsonanten  Yor  j  ihre  Berechtigung.  Aber  es  gibt  noch  yiele  andere 
Änderungen  dieser  Laute,  die  nicht  auf  Grund  solcher  Gruppierungen 
einheitlich  behandelt  werden  können.  So  wird  z.  B.  ty  anders  behandelt 
als  wy  und  doch  dfirfen  wir  diese  Laute  bei  ihrer  Behandlung  nicht  von 
einander  trennen,  weil  sie  sonst  in  anderen  zahlreichen  Fällen  gleich- 
artige Veränderungen  aufweisen  und  zwar  eben  wegen  ihrer  lautphysio- 
logischen Verwandtschaft.  Die  Miklosichsche  Einteilung  der  Kons,  können 
wir  demnach  nicht  unTorändert  beibehalten. 

Wenn  wir  auch  die  lautphysiologische  Seite  berttcksichtigen, 
so  erhalten  wir  folgende  Tabelle  der  Eons.: 


Momentanlaute 

Dauerlaute 

(Verschlußlaute, 

(mit  Engenbildung  und  Beibungsgeräusch) 

Ezplosivae) 

Affricatae 

Spiranten 

Liqui- 

Na- 

tonlos  tonend 

tonlos 

tonend  j  tonlos 

tönend 

dae 

sale 

Guttural 

' 

•• 

(velar) 

k 

9 

ch 

Palatal 

6 

(dz) 

i 

^J 

r»,  P 

n(H) 

Dental 

t 

d 

c 

dz 

8 

z 

r,l 

n 

Labial 

P 

b 

V 

m 

254 

Die  Laate  t  and  d  figurierten  im  ürslav.  blofi  als  Übergan^^slaute 
nnd  zwar  nicht  bloß  in  der  Dental-,  aondem  auch  in  der  Guttaralreihe. 
Sie  sind  daher  nicht  in  den  Bestand  der  fixen  Laute  aufgenommen  worden. 
Sonst  würden  sie  in  die  Beihe  der  Affricatae  kommen. 

Es  muß  im  ürslav.,  wie  schon  herrorgehoben  wurde,  unterschieden 
werden  zwischen  /  und  «,  das  im  Gegensätze  zum  ersteren  teils  ursprach- 
lioh  war,  teils  auf  l  zurficirging.  Diese  «-Arten  blieben  aber  nicht  durch- 
wegs geschieden:  das  i  wurde  in  einzelnen  slav.  Sprachen  zu  «,  oder  zu 
i,  80  daß  hier  nur  diese  beiden  Laute  angesetzt  werden  konnten.  Das 
e  und  dz  ist  ursprünglich  eigentlich  als  ein  6  und  di  aufzufassen,  woraus 
sich  erst  im  Laufe  der  Zeit  ein  e  und  <2s,  aus  diesem  dann  zum  Teile 
noch  in  der  historischen  Zeit  eyi  z  entwickelte. 

Was  die  Affricatae  überhaupt  anbelangt,  beginnen  sie,  wie 
man  allgemein  annimmt,  mit  einem  Verschlußlaut  (<5  und  c  mit  i\ 
gehen  aber  sogleich  in  die  betreffenden  Spiranten  über.  Man 
darf  aber  c  und  d  durchaus  nicht  einfach  als  U  und  U  auffassen, 
denn  ihre  Artikulation  war,  wie  wir  sehen  werden,  teilweise  ver- 
fichieden.  Dasselbe  ist  natürlich  auch  für  dz  und  dz  (das  ftieilich 
noch  in  der  vorhist.  Zeit  zu  z  führte)  anzunehmen,  wofür  übrigens 
auch  der  umstand  spricht,  daß  wir  für  df2r  in  der  glag.  Schrift 
ein  eigenes  Zeichen  haben,  wofür  dann  in  der  cyrill.  auch  ein 
«entsprechendes  genommen  wurde. 

Die  Momentanlaute  ertönen  bei  der  Losung  des  Verschlusses  an 
•einer  Stelle  der  Mundhöhle  (je  nach  der  Lage  des  Verschlusses:  guttural, 
dental  und  labial)  und  zwar  ertönt  der  Laut  nur  im  Momente  der  Lösung 
dieses  Verschlusses.  Bei  allen  anderen  Lauten  ist  eine  längere  Dauer 
•derselben  möglich,  nur  die  Affricatae  bilden  eigentlich  in  dieser  Hinsicht 
^inen  Übergang  von  den  Momentanlauten  zu  den  Dauerlauten.  Bei  den 
letzteren  bezeichnet  guttural,  palatal,  dental  und  labial  die  Stelle, 
«n  welcher  die  Enge  gebildet  wird  (entsprechend  dem  Verschlusse  bei 
den  Momentanlauten).  Nur  bei  den  Nasalen  kommt  es  auch  zu  einem 
vollständigen  Verschluß  der  Mundhöhle,  so  daß  der  Ezspirationsstrom 
durch  den  Nasenraum  entweichen  muß. 

Das  Nähere,  was  speziell  die  slav.  Laute  betrifft,  wird  bei  den- 
-selben  weiter  unten  angegeben  werden.  Hier  kann  noch  erwähnt  werden, 
daß  /  anfänglich  nur  in  Fremdworten  vorkam,  daß  es  aber  dann  in  ein- 
zelnen slav.  Sprachen  zu  einem  heimischen  Laute  wurde.  In  den  Einzel- 
.sprachen  entwickelten  sich  dann  überhaupt  noch  andere  Kons.,  wie  das 
r  im  B.,  P.  u.  s.  w.,  die  gutturale  Spirans  A,  die  Halbpalatalen  A;\  /,  eK 
u.  s.  w. 

Wir  werden  nun  von  folgenden  Konsonanten-Gruppen  han- 
deln: 1)  von  den  Gutturalen  Ar,  g,  ch;  2)  von  den  Dentalen  i^  d; 
S)  von  den  Labialen  p^  h,  v  (m);  4)  von  den  Liquidae  r,  l  und 
4len  Nasalen  m,  n;  5)  von  den  dentalen  Spiranten  und  den  den- 


255 

talen  Affiricatae:  s,  z  und  c,  dz;  6)  yon  den  palatalen  Spiranten 
nnd  palatalen  Affiricatae:  i,  z,  j  und  ö,  (dz). 

Zunächst  müssen  wir  aber  noch  einen  lautlichen  Prozeß,  der 
für  das  Slay.  so  charakteristisch  ist  und  eine  ganze  Beihe  yon 
Kons,  betrifft,  bespiechen;  es  handelt  sich  um  die  Erweichung 
oder  Palatalisierung  der  Eons. 

Erwelchang  (Palataliaieinng  oder  MonilUeniiig)  der  Kons. 

Sie  spielt  yielleicht  in  keiner  anderen  Sprache  eine  so  wich- 
tige BoUe  wie  im  Slar.,  und  wir  treffen  sie  fast  bei  allen  Kon- 
sonantengruppen an. 

Das  j  unterscheidet  sich  von  t  dadurch,  dafi  die  Verengung,  welche 
durch  die  Ann&herung  des  rorderen  Zungenrfiokens  gegen  den  harten 
Gaumen,  die  Alveolen  und  die  ohere  Zahnreihe  herheigeführt  wird,  zu- 
nimmt; sonst  wfirde  es  eben  nicht  zu  einem  Seibungsger&usch  kommen. 
Sie  nimmt  auch  eine  gr5fiere  Partie  des  Zungenrfickens  nach  hinten  zu 
in  Anspruch,  so  dafi  der  Verengungstract  etwas  länger  ist  als  bei  t. 

Wird  nun  der  Verschluß  bei  jenen  Kons.,  bei  denen  er  an 
den  erwähnten  Partien  (obere  Zahnreihe,  Aheolen,  harter  Grau- 
men)  zu  Stande  kommt,  derartig  alteriert,  dafi  hiebei  eine  größere 
Partie  des  Zungenrttckens  nach  hinten  zu  den  harten  Graumen 
bedeckt,  und  wird  dieser  YerBchlufi  derartig  gelöst,  dafi  sich  mit 
der  ö&ung  der  Artikulationsstelle  für  den  betreffenden  Laut  die 
übrige  Oaumenbedeckung  nicht  momentan  öflhet,  sondern  so,  dafi 
es  noch  zu  einer,  wenn  auch  yoiübergehenden  Engenbildung,  die 
dem  ;  entspricht,  kommen  kann,  so  folgen  dem  betreffenden  Haupt- 
laute noch  Geräusche  nach,  die  an  das  j  erinnern.  Auf  diese 
Art  entstehen  erweichte  oder  mouillierte  Verschlufilaute. 
Würde  dieser  VerBchlufi  seiner  ganzen  Länge  nach  momentan 
Yollständig  gelöst,  so  würde  es  trotz  der  intensiveren  Oaumen- 
bedeckung doch  zu  keinem  erweichten  oder  palatalisierten  Laute 
kommen.  Diese  mehr  nach  hinten  sich  erstreckende  Bedeckung 
des  harten  Gaumens  seitens  des  Zungenrttckens  (nach  Lenz  sind 
die  erweichten  Laute  wesentlich  dorso-praepalatal)  —  und  dann 
die  nicht  momentane  Lösung  des  ganzen  Verschlusses  sind  die 
charakteristischen  lauiphysiologischen  Merkmale  der  erweichten 
Verschlufilaute.  Darin  äufiert  sich  die  sogenannte  Verschmelzung 
des  /  mit  den  betreffenden  Eons.  Man  definiert  nämlich  häufig 
die  erweichten  Eons,  überhaupt  als  eine  Verschmelzung  des 
entsprechenden  unerweichten  Eons,  mit  /  (ygL  J.  Storm,  Engl. 


256 

Phil.  8.  45  und  iiisbes.  S.  293).  unter  den  Verschlußlauten  ge- 
hört hierher  das  im  Slav.  nicht  selten  yorkommende  d  und  i 
(dargestellt  auch  durch  ef  und  i'  oder  d'  und  f). 

Bei  den  hierher  gehörigen  Dauerlauten,  bei  denen  es  schon 
von  Haus  aus  zu  Engenbildung  kommt,  yerflacht  sich  auch  die 
Zunge  und  bei  der  Graumenbedeckung  darf  es  z.  B.  zu  keiner 
ausgesprochenen  Binnenbildung  kommen,  sondern  mehr  zu  einer 
Engenbildung,  die  wieder  an  jene  bei  ;  erinnert  So  bei  f,  r,  f, 
dann  bei  n  (n  oder  nj  geschrieben). 

Bei  letzterem  Laote  ist  insbesondere  za  bemerken,  daß  die  Gaumen- 
bedeckang  in  zweifacher  Art,  wie  es  scheint,  gebildet  wird.  Beginne  ich 
mit  einem  n,  so  bleibt  einen  Moment  der  Verschluß  bestehen  und  erst 
dann  kommt  es  auch  hier  zu  einer  Engenbildnng.  Daher  kann  man  sich 
noch  so  sehr  bemühen,  man  wird  streng  genommen  nicht  mit  einem  iS 
ansetzen  können  (wenn  man  z.  B.  das  b.  nimy,  p.  niemy  ,8tnmm'  aus- 
spricht), sondern  es  erklingt  immer  zuerst  ein  wenn  noch  so  leises  n. 
Dagegen  nach  einem  Vokal,  wenn  ich  z.  B.  p.  koH  oder  b.  käh  ,Pferd' 
ausspreche,  hört  man  sofort  das  n  und  dann  scheint  es  in  ein  n  zu  wer* 
klingen.  Es  scheint  also,  daß  es  in  diesem  Falle  noch  vor  dem  Ver- 
schlusse zu  einer  Engenbildung  kommt.  Dafür  würde  auch  der  umstand 
sprechen,  daß  in  slav.  Dial.  kon  zu  kojii  werden  kann:  der  zeitliche  Ab- 
stand zwischen  der  Engenbildung  und  dem  Verschlusse  ist  schon  so  groß 
geworden,  daß  man  auch  schon  ein  selbständiges  j  hört.  Da  wir  es  bei 
diesem  Laute  mit  einem  Verschlusse  und  einer  Engenbildung  zu  tun 
haben,  so  folgt  daraus,  daß  sich  das  n  nicht  beliebig  lange  aushalten 
l&ßt:  es  geht  dann  eigentlich  in  ein  n  über.  Es  w&re  noch  zu  bemerken, 
daß  der  Exspirationsstrom  bei  der  Aussprache  dieses  Lautes  während  der 
Engenbildung  noch  durch  die  Mundhöhle,  beim  Verschlusse  natürlich 
durch  den  Nasenraum  entweicht. 

Weiter  gehört  hierher  ^,  ä,  z,  wenn  diese  Laute  ohne  be^ 
sondere  Binnenbildung  der  Zunge  ausgesprochen  werden,  also 
wie  sie  etwa  im  Urslav.  ausgesprochen  wurden  (man  stellt  sie 
auch  für  diesen  Fall  als  c,  8,  z  dar)  und  i^  6,  £,  über  welche 
Laute  weiter  unten  gehandelt  wird. 

Die  erwähnte  Bagion  des  Gaumens,  die  also  auch  bei  der 
Aussprache  des  ;  in  Betracht  kommt,  ist  das  eigentliche  Oebiet 
der  Palatalisierung  oder  das  Gtebiet  der  erweichten  Eons.  Es 
können  aber  auch  die  Labiale  im  Slay.  erweicht  werden,  d.  h. 
mit  j  yerschmeken.  Hier  muß  natürlich,  trotzdem  es  sich  um 
Labiale  handelt,  die  Zunge  auch  in  Aktion  treten  und  ein  j  arti- 
kulieren, während  die  Lippen  gleichzeitig  den  Labiallaut  artiku- 
lieren.   Die  Artikulation  der  Labiale  durch  die  Lippen  selbst  er^ 


257 

fährt  nur  insofern  eine  Modifikation,  als  der  Verschlaß  nicht 
momentan,  sondern  entsprechend  der  Engenbildung  bei  j  gelost 
wird,  so  dafi  man  den  Eindruck  hat,  als  ob  die  Lippen  im 
Momente  der  Losung  ein  wenig  aneinander  haften  möchten.  Das 
kann  man  sonst  bei  der  Aussprache  der  unerweichten  Labiale 
nicht  beobachten. 

Die  erweichten  Labiale  sind  fAr  den  ongeflbten  Mand  nicht  leicht 
auBzasprechen;  man  hört  in  diesem  Falle  meist  ein  pjy  b;\  vj  d.  h.  nach 
dem  gewöhnlichen  Labiallaat  läßt  man  das  j  folgen,  was  natfirlich  un- 
richtig ist.  Die  Erweichung  kommt  auch  bei  m  vor,  z.  B.  wenn  man  das 
r.  vremja  ,Zeit'  ausspricht. 

Wir  werden  femer  sehen,  daß*  die  Gutturale  (Velare) 
k,  g,  abgesehen  von  ihrer  älteren  Palatalisierung  zu  d,  i,  auch 
noch  za  Tc,  §  erweicht  werden  können,  wobei  die  Artikulations- 
stelle dieser  Laute  so  sehr  nach  Yom  yerschoben  wird,  daß  bei 
den  Engenbildungen  häufig  daraus  ein  l,  d  wird  (vgl.  weiter  unten). 

Sierers  meint,  daß  die  Anpassung  an  die  i-  oder  i-Stellung  die 
st&rksten  Grade  Ton  Palatalisierung  erzeuge  (Grundzfige  der  Phon«  8.171 
§  454).  Er  geht  nämlich  von  der  Ansicht  aus,  die  Palatalisierung  könne 
▼erschiedene  Grade,  je  nach  der  Zungen  höhe  des  die  Palatalisierung  be- 
wirkenden Vokals  aufweisen:  je  höher  der  Vokal,  umsomehr  werde  auch 
die  dorsal  gewölbte  Zunge  dem  Gaumen  genähert  und  um  so  deutlicher 
werde  der  Palatalklang.  Vom  slav.  Standpunkte  aus  müssen  wir  hervor- 
heben, daß  eigentlich  nur  ein  i  (j)  die  Palatalisierung  hervorrufen  kann 
(vgl.  das  bei  den  palatalisierten  Verschlußlauten  nachfolgende  Geräusch). 
Wie  das  j  z.  B.  in  r.  b.  di^  das  als  d'i  klingt,  femer  in  r.  ne  (=  m)  im 
Spiele  ist,  vgL  oben  S.  21. 

Dafi  es  sich  bei  den  palatalisierten  Lauten  immer  um  eine 
Engenbildung,  die  dem  j  (i)  entspricht,  handelt,  ersehen  wir  auch 
ans  dem  Umstände,  daß  sie  antizipiert  werden  kann,  wobei  das 
j  vor  dem  Eons,  erklingt.  Wir  haben  schon  bei  p.  hyA  erwähnt, 
daß  die  Engenbildung  vor  dem  Verschlusse  zu  Stande  kommt, 
weshalb  leicht  ein  A^fi  erklingen  kann.  Streng  genommen  braucht 
es  sich  hier  um  keine  Antizipation  der  Engenbildung  zu  handeln, 
sondern  diese  liegt  im  Wesen  des  nachvokalischen  ü.  Daher  ist 
das  j  vor  diesem  Eons,  im  Slav.  am  meisten  verbreitet  Nach 
der  Entwicklung  der  Jotation  kann  die  Erweichung  des  ^  schwin- 
den und  schließlich  auch  das  n.  Im  slov.  Dial.  von  Cirkno 
haben  wir  kaitif  also  mit  Schwund  der  Erweichung,  während  es 
im  Dialekt  von  Görz  noch  k&A  heißt,  weiter  kareine,  im  Wip- 
pachertale  köin.  Im  Bg.  haben  wir  neben  öekaAe,  vikaAe  im 
Westen  vUcaine,  itnaine  (dial.  auch  schon  pisane,  vikane). 

Vondrftk,  Vgl.  sUr.  Onunm.  I.  17 


258 

Wie  Folaaski  bemerkt  (Die  Labialisation  S.  77),  ist  die  gegen- 
wärtige p.  Schreibweise  pa4ikij  niebadski,  zi§müui§ki  mit  der  tatsächlichen 
Aussprache  im  Eultnrdiaiekte  nicht  übereinstimmend;  man  spreche  durch- 
wegs hartes  n  mit  dem  vorangestellten  i'.*  painski^  Heb'ainaUi,  iemainsKu 
Man  höre  zwar  dial.  A,  aber  dann  werde  die  ganze  Eonsonantengruppe 
palataUsiert:  lieVaMUi^  ptMk'i  oder  gar  paiMk'i^  patieki,  welche  Sprech- 
weise im  Enltordialekt  sorgfältig  gemieden  werde.  In  vielen  p.  Dialekten 
entwickelt  sich  das  i  aof  Kosten  des  ii:  päijriüo  für  painHoo  aas  panttoo 
(Tamobrzeg),  täißovad,  häj^  (fCLr  hanka),  ehägba  (für  haiiha),  kffui  für  köri, 
puogfui  für  pogäiif  kanii,  kremii  (Wadovice).  Infolge  der  Analogie  dann 
anch  umgekehrt  veoraiisy,  diUwUy.  Hierher  gehört  jedenfalls  auch  die 
apoln.  Schreibweise  nayn,  koyn  (vgl.  auch  wsiayn,  z  ßioynezem,  $koynczay, 
taineza  u.  s.  w.). 

Hierher  gehört  das  nordklr.  dai^aty^  pryiMy,  naiiUUy,  weiter  der 
im  klr.  vorkommende  Wechsel  H — i  in  $anetiko  und  toneiko,  ranetiko  und 
ranej^  und  and. 

Im  Sorb.  Allein,  tiain,  dain;  hier  wird  femer  bei  allen  palatalisierten 
Lauten  die  Engenbildung  (oder  das  j)  antizipiert.  Vgl.  os.  teiko  aus 
Uj^ko  für  ie^ko;  bg.  toj^,  koiko;  sorb.  /^i^,  ve^cbr. 

Häufig  wird  die  Engenbildung  auch  bei  f^  cT  antizipiert:  südklr. 
trßg^ii,  ungklr.  hujfU  aus  hudU,  b.  dial.  stajha  aus  8vad!'ha,  neehojte  aus 
neehotTte  (Gebauer  I,  S.  406),  zaplqfie  a  zaplat^U.  P.  oica  fELr  ofea  aus 
oUea,  von  diesem  und  den  übrigen  analogen  Kasus  drang  das  J  auch  in 
offene  Silben  ein,  daher  Nom.  ojeiee  ,Vater^  Auch  im  kaS.  f^ica  (aksl. 
oibca);  weiür.  moiojjßa,  moio^k,  klr.  moloidi.  Vgl.  auch  noch  ]^,podeyrzed 
,verdächtigenS  podeyrzany  ,verdächtig' ;  im  Ap.  noch  ir. 

Die  Gatturale  k,  g,  eh. 

Über  den  Ursprung  dieser  Laute  vgl.  oben  S.  250. 

Es  entspricht  danach  ein  slav.  k 

1)  einem  ursprachlichen  k  {g):  2kA.kah  ^SchmutzS  lat.  cäligo, 
ff.yixiUg  ,Fleck^y  ^.kdlas  ,blauschwarz*;  kc^  , Winkel'  au8*ib{^; 
lit  kampas  ^cke,  Winkel,  Gegend*,  gr.  xafiTcij  jBiegung*,  lat 
Campus  (ygl.  S.  121);  krzvb  jBhiif,  lit  kraüjas  dass.,  aisl.  hrär 
,roh*,  ahd.  rö  ,roh,  ungekocht^,  gr.  ^iag  ,Pleisch',  lat  cruar,  ai. 
kravif  ,rohes  Fleisch';  kov<f  ,schmiede',  ahd.  houwan,  lat  cüdo; 
kopati  ,graben,  stampfen',  kopjfto  Muf^,  lit  kapöti  ,hauen',  gr. 
xoWco  ,ich  schlage';  krqtb  ,f estgedreht,  fesf,  preuß.  Aror^o  ,G6hege', 
ahd.  hurt  ,Flechtwerk',  lat  crätSs,  TutQrakog  ,Korb',  ai.  J^dtti  ,er 
dreht  den  Faden,  spinnf ;  Hjudb  ,Haken,  Schlüssel',  lit  kliuti 
,anhaken,  hängen  bleiben',  lat  clävis,  dävos,  gr.  viXrjlg  ,Schlüs8el'; 
s&cq  4^aue',  lit  aykis  ,Hieb',  ahd.  8ega,  saga,  lat  secare,  sacSna, 
üca  (ursprünglich  88iq  und  zur  Stufe  sBq  nachträgUch  ein  seq  und 


269 

99q  gebfldet);  skapUi  ^castrare,  evirare^,  lit  skapati  ^schaben,  sdmit- 
zen^,  got  Aaba  ^ch  schaW,  gr.  aiaxnav^  ^Chrabscheity  Spaten', 
lat  seapris  ^schäbig,  rauh'.  Suffix  -hh:  pro-kb  ,übrig<  \fgL  lat 
recirprocus  ^ck-  und  Yorwärts  gewendet^,  gr.  ffQma  ysofort'; 
ttmkb  ^dtinn^y  ai.  tanukas  und  tanüf;  (fZbkb  yenge',  aL  qkif;  hgfhkb 
Reicht',  gr.  ^4xxvg.  -tsko-  aus  -isqü-:  ä&viöMkb  jmenadilichfy  bozbtUcb 
^tÜich'  YgL  got  manfiisks  ymenschlichS  ahd.  irdiac  ^irdiflch'y  lit 
devüzkas  göttlich'  {dsvas  yQoW),  vökiszkas  ^utoch^ 

2)  einem  ursprachlichen  hf  {q»):  kUo  ^wei',  lit  käs,  gr.  Tig, 
lat  quis,  ai.  kds  ywei';  oko  ,Auge',  lit  aläs,  gr.  ofifmj  onnaTtOy 
latoctiZiM^  dl.prÜUkam  ^AntUtz^;  $okh  ^Anzeiger^  Anklägei^,  sodüi 
^anzeigen',  got  saihwif,  ahd.  sihU  fir  siehf ,  gr.  iih4n(o  yich  sage', 
lat  fiinffejif«,  w.  seqii  ^bemerken'  (IF.  12,  S.  28£);  afo4äb  ^est*, 
lit  Wck  ^ch  lasse',  ai.  rindkti  fir  säumt',  got  leihwa  ^ch  leihe', 
lat  linguo,  gjr.  leiftu)  ,ich  lasse';  pekq  ,idi  backe',  lit  kepü,  kipti 
,backen',  si^pdcati  yCoquit^,  lat.  coguü,  gr.  nioato  ^ch  koche'  (aus 
*peqft<h);  vltkb  ,Wolf ,  lit  vükas,  aL  t^j^os,  gr.  kmog  (Schwund 
der  Labialisation  nach  u),  got  ioulfs. 

Ein  g  entspricht: 

1)  einem  g:  gqgnati  ^murmeln',  gr.  yo^yalvBiv  ^lohnen',  aL 
gafijanaa  ,Yerachtend,  höhnend';  o-degb  ,Yestis',  lit  stögas  ,Dach^, 
ahd.  dah,  gr.  ariyWj  lat.  te^,  ai.  sthagaifati  ,er  Yerdeckf ;  qgh 
,Winkel',  lat  angtdua,  dagegen  gr.  aymay  ,Bug',  lat  ancus  ^amus', 
got  hals-aggo  packen',  ai.  arikcu  ,Biegung  zwischen  Arm  und 
Hüfte'  (Wechsel  zwischen  tonlosem  und  tönendem  Grutt);  bog» 
,Grotf ,  ai.  bhdgas  ,Zuteiler',  apers.  bc^a  y(3t)tf ,  gr.  gHxyeiv  ,essen'. 

2)  einem  gh:  gladhkb  «glatt',  ahd.  gUd,  lat  glaber;  goät  ,Gki8f , 
got  gasts,  lat  hostis;  dlbgb  ^^,  lit  ügcu,  gr.  dohxog,  lat  m- 
dtdgeo,  got  tulgua  ^ndhaft',  ai.  dirghds;  stignqti  ,kommen,  er- 
reichen', got.  steigan  ^steigen',  gr.  aTei%iOj  aL  atirfUgham  ,über- 
steigen';  mtgla  ,Nebel',  lit  miglä,  gr.  6pii%Xrij  aL  nOghds  ,Wolke'; 
gr^  ^schreite,  komme',  got  grißa  ,Schritf,  hi^gradior,  ai.  grdhyati 
,er  schreitet  los  auf;  tmnogb  ,Yiel',  got.  manags,  ahd.  fnanag  ,Yiel'; 
j^gz  ,crataegus,  mito  aus  9  (YgL  Brugmann,  Grundr.  I>,  S.  174) 
zu  gr.  yldixeg  ,Hacheln  der  Ähren',  Ygl.  yXdiaaa  aus  *yliaxia. 

3)  einem  gts:  gov^  ^BmSi^^  ahd.  dhuo,  as.  kö  ,Kuh',  gr.  ßovq^ 
^'  9^^/'  gasüi  Röschen',  lit.  geaßi  dass.,  gr.  oßiSaai  Röschen, 
dämpfen,  stillen',  *{z)gi(^,  *(z)g^s;  gryzq  ^ch  nage,  beiße  ab', 
goi,  kriustan  ,knirBchen',  gr.  ß^tyiu)  ,ich  knirsche  mit  den  Zähnen'; 
begh  ,Lauf ,  -bigrufti,  bizati  ,laufen',  lit  begu  4ch  fliehe',   gr.  g>i' 

17* 


260 

ßoijuxt  J^eh&y  q)6ßog  ^Flucht,  Furcht';  noffb  ^Bcktf^  lit  nü'gas, 
ai.  nagnds,  got  nagafs,  lai  nadwf  aus  *na{g)iiedos. 

4)  einem  g^:  gariti  ^brennen^,  preuß.  garme  ^Hitze^,  gr.  ^«^ 
fiogj  Ist  formus,  ti.gharmds  filnif;  gMUdi,  ienq  ytreibenS  Ut^entip 
ytreibe',  gr.  q^g;  yMord^,  gc.SneqnfoVf  lat  of-fmdo,  BLghndnii  ^e 
schlagen';  9nigb  ySchnee',  lit  snegaa,  got  maiws,  gr.  nq>a  Akk. 
^chnee'y  lat  nivem  ninguii,  W.  aneigigh;  Itgikb  Reicht',  gr.  Hcencug 
neben  iktuf^g^  ai.  lo^Äti^  Reicht,  rasche 

Die  dritte  Beihe  (S.  251)  führte  im  Slay.,  wie  Bchon  erwähnt, 
zu  8  und  z  z.'R.  Sbto  ,hunderf ,  lit  szimtas,  got  hund,  aL  satdm, 
lat  cerUum;  vezq  4ch  führe',  Ut  veek,  got.  ga-wiga  4ch  bewege', 
gr.  ^o^  (•^ox^'S))  l^t.  t70^;  ai.  mhati  ,er  führt,  fahrf ,  urspr.  §h; 
mltzq  4ch  melke',  lit  mäzu,  ahd.  mächu,  gr.  a^i^T^cti,  lat  mulgeo, 
urspr.  ^.  Andere  Beispiele  weiter  unten  bei  «  und  2r.  Hier  sei 
nur  noch  aksL  sirh  ,yerwaisf ,  gr.  xflQOS  ,yerwitwef ,  lat  tiirSs  ,Erbe' 
(eig.  ,yerwaisf )  als  ein  Fall  mit  urspr.  Ich  angeführt 

c&  ist  ein  gutturaler  (yelarer)  tonloser  Laut  (ocft-Laut),  der  sich 
in  den  meisten  Fallen  auf  slay.  Boden  aus  einem  ursprachlichen 
s  entwickelt  hat  z.  B.  aksL  vrtch^  ,Berg',  lit  virszüs  ,Spitze',  as. 
unisü,  lat  Verruca.  Über  die  Bedingungen  dieses  Lautwandels 
wird  bei  8  gehandelt  werden. 

Nach  Sie  Ter  8  gehört  p.  and  r.ch  wohl  größtenteils  zu  den  hinteren 
Gutturalen.  Sie  unterscheiden  sich  aher  von  den  deutschen  Formen  durch 
eine  auffallende  Schwäche  des  Beihungsgerftusches,  so  dafi  anlautendes 
r.  eh  oft  geradezu  wie  ein  recht  energisches  h  klinge  (Grundz.  4.  Aufl., 
8.  124,  §  321).  Auch  Storm  bemerkt,  daß  es  ihm  zwischen  deutschem 
eh  und  h  zu  liegen  scheine  und  daß  es  ein  a«A-Laut  mit  loser  Annäherung 
der  Organe  sei  (Engl.  Phil.  S.  73).  Das  gilt  auch  häufig  vom  sfidslar., 
insbesondere  vom  slov.  h  (so  auch  geschrieben  im  SIot.  und  Kr.  für  das 
urslav.  eh). 

Nicht  jedes  slav.  ch  geht  auf  ein  ursprachliches  8  zurück. 
Wir  haben,  zunächst  allerdings  nur  drei,  dafür  aber  ziemlich 
sichere  Fälle  mit  ch,  bez.  dem  daraus  entstandenen  ä  oder  8,  wo 
man  von  einem  «  ==  £  ausgehen  muß. 

Mit  lit.  rt«Btf,  rinäu,  r^tzii  ,bindenS  got.  wruggo  f.  ,Schlinge\  ags. 
wriman  ,fest  zusammendrehen'  (Brugmann,  Kl.  vgl.  Gr.  S.  106)  muß 
man  unbedingt  das  slav.  rieh-  in  rüäi  ,solvere'  zusammenstellen.  Be- 
züglich der  Bedeutung  ,binden'  und  ,losen*  vgl.  aksL  k^i^  trennen'  und 
b.  loucUi  ,yerbindenS  das  präfixlose  Verbum  hat  nämlich  die  Bedeutung 
der  mit  ot^,  raz-  präfigierten  Verba  angenommen  (Miklosich,  Etym.  Wtb. 
8.  173). 

Aksl.  ehrana  ,cibu8S  chraniti  ,be wahren'    stellte  Pedersen  (EP.  5, 


261 

8.  66)  za  gr.  Mtigae  «Besitz*,  wonach  es  aas  *ehor(B)nay  *ehar{eh)na  ent- 
Btanden  wäre,  so  dafi  man  hier  ein  nrspr.  kth  yoranssetzen  müfite.  Allein 
die  Bedeutungen  lassen  sich  sehr  schwer  vennitteln.  Man  wird  dabei 
doch  eher  an  das  lit.  jzern«,  aUrtt  ,iüttem'  denken,  da  sonst  auch  die 
Bedeutungen  besser  stimmen.  Hierher  gehört  femer  aksl.  ms»  ,omni8', 
dessen  Deklination  nur  aus  einem  älteren  vbcho-  rerstanden  werden  kann: 
▼or  i  ging  das  «A  in  ein  weiches  «,  das  dann  verallgemeinert  wurde,  fiber, 
daher  vbMgo,  p.  wnego,  b.  vieho  u.  s.  w.  Es  ist  also  im  Slar.  das  I  in 
das  Fahrwasser  des  «  geraten.  Das  seheint  aber  schon  lituslav.  zu  sein, 
denn  auch  im  lit.  haben  wir  oiMw,  also  ein  «,  wogegen  im  AI.  vitvo', 

Pedersen  sucht  nachzuweisen,  daA  das  slar.  eh  auch  auf-  eine 
aspirierte  Tennis  zurfickgehen  kann.  Neben  dem  schon  erwähnten  chrono 
führt  er  auch  «oeAa,  pa$oeh»  ,Xnfittel',  r.  9oeKd  .Hakenpflug*  an,  das  er 
mit  ai.  iakka  ,Zweig*,  lit.  naka  dass.  vergleicht  (Brugmann  dachte  hier 
dagegen  an  ai.  sä$ami  «schneide,  metzge'  Gr.  I,  8.  444 — 446),  dann  ehOSb^^ 
got.  hlaib9,  lat.  hhum  (mit  Schwund  des  anlautenden  h  KZ.  88,  8.  890ff.). 
Das  slav.  Wort  ist  aber  der  Entlehnung  aus  dem  Got.  sehr  verdächtig. 
Das  got.  h  erscheint  im  81av.  nicht  selten  gerade  als  eh:  aksL  eht^ieg^ 
,peritusS  got.handug9  «weise*;  dkysA,  ehyjfm  Jlftns*,  got. -hSs;  ehOSvz  ,8tall*, 
got.  hlqh  ,Grab*^;  eharqgy  ,Fahne',  got.  hrunga  Stange*.  Eine  größere 
Wahrscheinlichkeit  eines  eh  aus  qh  ist  bei  aksl.  ehMii^  ehoH<\  ,wollen*, 
p.  eh^  ,Wille*,  arm.  xind  ,Freude*,  ai.  kaniü  «Begehr*  vorhanden.  Im 
Ganzen  liegt  also  wenig  Material  vor,  doch  ist  das  Prinzip  an  und  f&r 
sich  nicht  unwahrscheinlich.  Ein  solches  eh  könnte  natflrlich  auch  dort 
vorliegen,  wo  vor  einem  diphthongischen  2  oder  t  ein  »  daraus  werden 
mußte:  aksl.  sh^,  russ.  Beryj  ,grau*  vgl.  an.  hdrr,  ae.  hdr  ,grau,  alters- 
grau*, ahd.  her  ,hehr,  erhaben',  gr.  zeX^OQ  ,Ferkel*  (Pedersen  ib.  8.  392). 
Allerdings  hat  man  gegen  diese  Hypothese  eingewendet,  daß  im  8lav. 
die  Aspiration  verloren  ging  (vgl.  ühlenbeck  in  Museum  Mandbl.  voor 
Philologie  ...  9,  8.  114),  es  konnte  jedoch  kh  zn  eh  geführt  haben,  be- 
vor die  Aspiration  im  allgemeinen  verloren  ging  (es  wäre  ein  älteres  eh). 

In  Lehnworten  ist  auch  aus/  ifh)  im  Slay.  ein  eh  geworden: 
aksL  vhckm  ^agns',  and.  vSlva  aus  vSlßva;  dirqHt  ,acarabaeiis^y 
got  firamstei  Heuschrecke'. 

Veränderungen  der  Gutturale.  Das  k,  g,  ch  konnte 
im  Slay.  einen  zweifachen  Wandel  erleiden:  es  konnte  zu  ^,  z, 
ä  oder  c,  dz  {z),  8  werden.  Diese  yerschiedene  Behandlung  wird 
durch  die  nachfolgenden  Vokale  bedingt  und  ist  zeitlich  yerschieden. 

1)  k,  g,  dl  wird  ö,  i,  i  yor  e,  ^,  i  aus  9,  i  aus  i  und  ei,  yor 
ft,  desgleichen  auch  yor  ;  (jO.  Die  Anfimge  dieses  Prozesses 
reichen  wohl  weit  hinauf  in  die  litnslay.  Periode.     Abgesehen 


1.  Wohl  »rspr.  ,Höhle*,  früher  dachte  man  an  got.  hhja  axt/r^  mit 
unrecht  (vgl.  Meringer,  IF.  16,  8.  117). 


262 

daYony  daß  im  Leu  A^^  ^  in  diesen  Fällen  in  c,  d^  übergeht,  wird 
auch  im  lit  ki,  gi  weich  ausgesprochen.  Im  Urslay.  wurde  dann 
dieser  Wandel  allgemein  durchgeführt  Der  Grund  desselben  ist 
wohl  in  der  damaligen  Aussprache  der  Grutturale  und  nicht  so 
sehr  in  den  betreffenden  Vokalen,  die  allerdings  eng  waren,  zu 
suchen.  Jeden£Edls  wurden  sie  anders  als  jetzt,  wo  ^n  ke,  ki 
möglich  ist,  ausgesprochen. 

Jetzt  haben  wir  eigentlich  zwei  Arten  Ton  A>,  ^-Lauten  nnd  dem 
ihnen  entsprechenden  Spiranten  eh,  deren  Artikulation  verschieden  ist. 
Die  vor  weichen  oder  palatalen  Vokalen  (e,  ^,  t)  stehenden  ä>  und  eh- 
Laute  hahen  auch  eine  palatale  Artikulation,  d.h.  sie  werden  am  harten 
Gaumen  artikuliert  (vgl.  anch  den  deutschen  teA-Laut).  Streng  genommen 
sind  eb  also  keine  Gutturale  oder  Velare  mehr,  aber  man  bleibt  doch  bei 
ihrer  alten  Bezeichnung,  um  nicht  eine  Verwirrung  hervorzurufen.  Vor 
a,  o,  u,  y  werden  sie  dagegen  am  weichen  Gaumen  artikuliert  (vgl.  anch 
den  deutschen  oeA-Laut).  Das  sind  jetzt  die  eigentlichen  Gutturale.  Im 
ürslov.  hat  es  nun  offenbar  nur  die  zweite  Art  derselben 
gegeben.  Bei  ihnen  war  die  Hinterzange  so  nach  hinten  und  oben 
gezogen,  dafi  vor  palatalen  Vokalen  die  Vorderzange  die  erforderliche 
Palatalstellong  nicht  mehr  einnehmen  konnte  (Sievers  Grundz.  S.  170, 
§4ß8). 

Es  mußte  daher  die  Artikulationsstelle  nach  Yom  yerschoben 
werden.  Hiebei  ist  aber  aus  dem  k  ein  t',  aus  dem  ^  ein  cT  imd 
aus  dem  cA  direkt  ein  i  oder  ä  entstanden.  Wegen  der  Engen- 
bildung an  der  Zunge  erklang  nach  dem  t',  d'  ein  ä  oder  ä,  also 
ganz  analog  wie  bei  dem  Übergang  des  tj,  dj  in  t'4,  d'k  (siehe 
weiter  unten).  Wie  Porzezinskij  bemerkt,  scheine  das  ij  d 
(eig.  if  i)  mit  dem  BeibungsgeriLusch  im  Polab.  Yorzuliegen 
(Izvist  7,  Hft.  2,  8.  195  £).  Den  Obergang  des  £  zu  ^'  und  ^ 
zu  <r  werden  wir  selbst  noch  in  den  modernen  slay.  Sprachen 
konstatieren  können.  Wie  nun  später  das  aus  tjj  dj  entstandene 
t's,  d'i  in  manchen  slay.  Sprachen  zu  6  und  z  führte,  so  war  es 
bei  dem  aus  A;,  g  entstandenen  i'iy  d'i  allgemein  im  ürslay.  der 
Fall:  es  fährte  schon  hier  nur  zu  d  und  i. 

Beispiele  für  Gutturale  vor  einem  e:  6eU>  ,StimS  öeljadt 
fireemdey  r.  deUhväcb  ,MenschS  aksl.  äovikh,  dagegen  koUno  ,Enie, 
Geschlecht,  lit  kd^s  (käü)  ,E:nie<,  kiUla  ,Geschlechf ,  let  cUta 
dass.,  aL  kUam  ,Herde,  Schwann,  Geschlecht,  Familie';  öesaH 
^abstreifen,  kämmen',  dagegen  koaa  ,Haar';  öetyre  ^vier',  lit  keturi 
dass.;  eeUzo  ,EisenS  lit.  geUHs,  geUAs,  preuJS.  gdso,  gr.  xaXyud^ 
,Erz';  zdy  ,testudo',  gr.  xih)^;  zeravb  ,Eranich',  ht  girv4,  gr. 
ydQOPog;  zena  ,Frau',  preufi.  genfia,  got  qinö  ,Frau';  ienq  ^cä 


263 

treiWy  lit  genü,  gr.  ^eväiv  ^auen^  ai.  hanati  ,er  schlägt,  tötet'; 
zeg<f  ^brenne'  aus  *gegq  und  dieses  vielleicht  aus  *degq,  lit  degü, 
ai.  ddhati;  zdqdb  ^chel^  lit  güi,  lat  glans^  gr.  ßahxvoq;  zdäi 
^pere,  lugere',  gr.  9bXüv;  snient  yHomiß'y  aus  ^^cften»  und 
dieses  aus  ^sr^^'t  ▼gl'  Ht  szirszu. 

Im  Yok.  Sg.  der  männlichen  o-Stämme:  vhde  zu  vUkb 
yWolf ;  6o0e  zu  bogb  ßtoW;  duäe  zu  duckb  ^auch,  Gteist',  lit 
väki,  gr.  Xvue  u.  s.  w.  Die  Präsensformen  mit  dem  sog.  thema- 
tischen Vokal  e  bei  den  Verbis  der  L  EL  4.  Grmppe:  pedeü,  pe- 
deU  u.  s.  w.  zu  pekq  ^ch  backe';  mozeü,  mozetb  u.  s.  w.  zu  mogq 
^ch  kann';  whieM,  vrtSetb  u.  s.  w.  zu  vrtchq  ^ch  dresche';  hier 
auch  in  den  betreffenden  Aoristformen:  peöe^  pedete  u.  s.  w.  und 
im  Part  Prät  pass.:  peöem,  vrhiem  u.  s.  w. 

Vor  q:  -ö^i,  wie  nchö^i  ,beginnenS  dazu  Jean-  in  iskoni  ^an- 
fangs'  (zu  konb)  und  hamcb  ^nde',  vgl.  lat  re^em;  d^  ^Eind', 
hängt  wohl  mit  hind  zusammen;  i^i,  etmq  ,dr&ckenS  gr.  ye^ua 
yvoll  gedrückt  sein';  z^i,  stnfq  ;hauen,  mähen',  lit ajhgintis  , Ver- 
teidigung', gifUi  ,(Vieh)  treiben',  ai.  hangdte  ,er  wird  geschlagen'; 
3.  P.  PL  Aor.  bü^. 

In  öri',  ere-,  äe-,  He-  war  die  ursprüngliche  Lautgruppe  ker, 
ger  +  Kons,  oder  kd,  gd  +  Kons.  z.  B.  dreda  ,Herde',  lit  kerdzus 
,Hirte',  got  hairda,  ai.  aardhas  ^erde,  Schaar';  zrA^  ,Füllen'  aus 
*zerb^  *gerb^  gr.  ßQ€q>os  ,Prucht  im  Mutterleib',  ahd.  kröpf; 
zUdica  yGlatteis',  lat  gdu,  gdidus  gegen  goUdt  ,glacie6'. 

ki,  gS,  da  wurde  zu  ö9,  zB,  äS,  woraus  da,  za,  ia  entstand: 
öash  ,Zeif ,  preuB.  läsman  Akkus,  (t  «=  s);  darb,  dara  ,Zauber'y 
Mtkerni,  ker&i  ,Böses  antun,  verzaubern';  dadh  ,Bauch'  (vielleicht 
dazu  köd'  in  kaditi  ^räuchern');  zagati,  b.  zdha  ,Sodbrennen'  zu 
zegq  ,brenne'  (vgL  oben);  zarb,  pozarb  ,incendium',  gegen  goriti 
,brennen'. 

In  einigen  Suffixen:  rozam  ,aus  Hom',  aus  ^rog^no-  zu  rog^ 
^om';  vielleicht  auch  obydaj  ,Grewohnheit'  aus  -*«;-  zu  vyknqtij 
ukb;  das  Infinitivsuffix  der  Verba  der  HE.  Kl.  2.  Grruppe:  fnltöati 
,schweigen',  drtzati  ,halten',  sbfiati  ,hören';  das  Imperf.  der  Verba 
der  I.  Kl.  4.  Gruppe:  peöaachb,  mozaadi^b  u.  s.  w. 

Im  Komparativ:  tüaj  ,8tiUei'  zu  tidvb  ,8till';  imnozaj  ymehr'. 
zu  mbnogb  ,viel'. 

Die  Gruppen  ki,  gi,  chi,  deren  %  auf  f  oder  ei  zurückgeht, 
ergaben  di,  zi,  H:  pthdUi  ,ruhen',  dazu  po-koj  ,Ruhe'  (vgL  oben 
S.  172);  zivb  lebendig',  lit  g^aa,  got  qius,  lat  vivas,  ai.  jivds. 


264 

In  zahlreichen  SufiKxen,  wie  z.  B.  -ina:  paqdina  ^Spinngewebe^ 
zu  paqkb  ySpinne';  4ti  der  Yerba  der  IV.  £1.  alcodUi  ^pringen^ 
zu  skokb  ySprung^;  4oziti  ^egen*  zu  'hgb;  tüiti  ^beruhigen^  zu 
tickb, 

kb,  gb,  ib  gibt  öt,  zt,  ät:  ridb  fijedff  aus  *rih'i';  dh4o  ^uid^ 
aus  *A^;  Zsi»  »Lüge'  aus  *luffi',  ahd.  lufi  yLiigefj  lukki  lügnerisch'; 
niffib  ^Bxisf  aus  *fnüch%;  ätdz  Part  Prät  act  I  zu  jäi  ^ehen'i 
ygl.  chodäi,  chodb. 

Das  t  kann  auf  ein  älteres  ^,  n^,  ff  l  weisen:  p(hdbn(f,  p(h 
ö^i  anfangen'  (vgl.  S.141);  örmz  ^hwarz',  ^preu&.  kirma  ^warz'; 
önvh  ,Wurm*,  lit  kirmis;  dnia  Strich',  lit  kertü^  kifsU;  sbrq, 
zrHi  jYOTBT&y  g;r.  ßOQdf  aL  girdH,  güati  ,er  Yerschlingf ;  mrq,  irHi 
jsacrificare',  lit  giriü,  girii  Joben^  aL  sq^rate  fir  gelobt»  ver- 
spricht'y  preuJS.  pihgifrien  Akk.  iLoVj  gr.  yiQag  Ehrengabe',  lat 
gratus;  irtny  ^ola^  lit.  gima  ^ühlstein^  let  dzimaa,  ahd.  quim; 
Uth  ,gelb',  Üt  gekas. 

In  Suffixen:  boitskb  »göttlich',  dhv^dbskh  »menschlich';  griätm 
»sündhaft'  u.  s.  w. 

Schließlich  gibt  auch  kj,  gj,  chj  ein  ö^  z,  i:  pladt  »das  Weinen' 
aus  *plakjo-,  vgl  jlakaH  »weinen';  loze  »Lager'  aus  ^logjo-,  vgl. 
8q4ogb  »consors  tori';  duäa  »Seele'  aus  *duehjä,  ygl.  dtickb  »Hauch» 
Geisf .  Adjektiva  wie  äavidb  »menschlich'  aus  äavSkjo-;  püt  »zu 
Fuß'  aus  *pechjO',  ygl.  r.  b.  pSchota  »Fußyolk';  die  Eomparatiye: 
lüij  zu  lichb  »übermäßig';  luöij  »besser'  u.  s.  w.;  die  Präsensformen 
der  Yerba  der  V.  Klasse  2.  Gruppe:  pla6q,  platieii  u.  s.  w.  zu 
piakixti  »weinen'. 

In  b.  hrib}^  ,ffillen'  gegen  aksl.  Xr^;  ab.  hr^i  gegen  aksl.  iKr^' 
,Bor8'  und  in  and.  derartigen  Worten  war  einmal  auch  Xr^-,  woraus  \ßr}i 
und  da  wurde  ein  g  {h)  eingeschoben,  worauf  dann  in  X&r  X  abfiel,  vgl. 
auch  p.  dial.  zgrxebi^,  ka§.  zgrtebie.  Nach  diesen  Formen  wflrde  man 
voraussetzen  können,  daB  also  schon  ein  ^,  nicht  erst  das  daraus  sp&ter 
gewordene  h  eingeschaltet  wurde.  Letzteres  sehen  wir  allerdings  häufig 
Tor  dem  r  im  Anlaute,  insbesondere  im  Ab. :  hriza  ,£leid*  st.  rüBo,  hrtrdb 
8t.  r^rdb  ,Kranich'.  Aber  auch  vor  r:  hroh  st.  roh  ,Hom'  (Gebauer  I, 
S.  464—466). 

Durch  einen  dem  Gutturallaut  yorfaergehenden  Kons,  kann 
das  Besultat  teilweise  modifiziert  werden.  Es  handelt  sich  zu- 
nächst um  sk  und  agy 

Aus  ak  mufite  zunächst  in  den  angegebenen  Fällen  ein  »5 
werden»  woraus  durch  Assimilation  äö  entstanden  ist;  ygl.  auch 
lit  8CZ,  das  in  der  Aussprache  zu  szcz  wird»  z.  B.  pisczaa,  das 


26Ö 

auf  die  angegebene  Weise  zn  pkzezas  ^  Fuß  gehend'  wird. 
Das  iö,  welches  einmal  gemeinslav.  war,  hat  sich  noch  eiiialten 
im  iL  z.  B.  iidetb  fit  sucht'  zu  iskatt,  im  F.,  ferner  war  es  im 
Ab.  vorhanden  und  ist  in  den  SstL  b.  Dial.  in  Mähren  (jedoch 
nicht  im  Sloyak.)  bis  jetet  eriialten.  Im  AksL  wurde  dagegen  aus 
id  ein  äf  (oder  etwa  aus  iü  ein  H',  welcher  Frozeß  sich  übrigens 
auch  in  den  übrigen  sUy.  Sprachen  wiedeiiiolte. 

Beispiele:  aksl.  «ftr»,  b.  dial.  ioiry,  sonst  schriftb.  0try,  p.  netfry^ 
$sMtry  ,laater,  rein',  r.  ieiryj  ,reinlichS  got.  tkmrB,  mhd.  aeAtr,  as.  9ktr 
,klar,  lauter,  gl&nzend*;  aksl.  U^3!Hi  «sparen,  schonen',  b.  diaL  okcadaC  «• 
fkarf^en',  davon  nom.  propr.  Oicadal  und  OiCddal,  p.  $tetodry  dsM,  os. 
$6»dry^  r.  icadiU  ,sclionen',  dagegen  aksl.  <A^»  «ann*,  tkqdUi  ,arm  sein*; 
aksl.  lfoiM{tt  $^  (aus  *lfo|MNffo')  ,mittui',  ütpb  ,eclipsis'  (eig.  ,das  Abge- 
xwickte'),  s.  ««top  ,Vollniond',  dazu  yielleicht  auch  b.  Hipte  aus  älterem 
*icip-  ,Bißchen'  (eig.  ,was  man  mit  drei  Fingern  fassen  kann*),  dazu  auch 
BcHpiU^  eipUi  ,spalten'  aus  *9kaip,  *9kfy,  vgl.  gr.  oxobtog,  lat.  seipio; 
aksL  bhitati  ,gl&nzen*  neben  MMb  ,Glanz*;  UHati,  UHq  (aus  •iükHi) 
neben  tükati,  tiitq,  UitsÜ  ,premere'  und  t9»kb  ,angUBtus,  torcular*;  t«^, 
üUH,  r.  iscuj  ücßh  zu  aksl.  ükati^  r.  ükaib  ,6uchen';  aksl.  <m/»  fleer*,  ai. 
to^Ao«,  wozu  Yielleicht  auch  lat.  Im^imi  aus  tff9$qu9  gehört. 

Einige  Suffixe:  r.  ploieadb  ,Platz*  zu  ploak»  ,flach*  (-idi);  piHaU, 
Sffyaror  ,tibia*  (-iU)  zu  pükati  ,pfeifen'. 

Analog  yeriiält  sich  die  Sache  bei  zg,  woraus  zunächst  zz 
und  dann  zz  wird.  Zwischen  zwei  z  wird  aber  ein  d  einge- 
schaltet (vgl.  izdefkf  aus  *iz^zenq  und  dieses  aus  ^iz-zenq),  so 
daß  wir  ein  zd'z  erhalten. 

Diese  Gruppe  kommt  noch  im  F.  vor,  während  sie  in  den  anderen 
slav.  Sprachen  meist  durch  Abfall  des  zweiten  I  vereinfacht  wurde:  p. 
rdiäika  (rouexka)  Dem.  zu  rozga  ,Zweig',  vgl.  lit.  rezgu  ,ich  stricke' ;  aksl. 
nuMan»  ,mit  Hirn  gefüllt,  markig*  aus  mazg^  ,Him',  rgl.  auch  p.  moidiek 
Dem.  und  moidiak  bot.  ,cerebrina';  aksl.  dMt  ,Begen'  aus  ^duzgjo*,  p. 
dMij  woraus  wegen  des  Auslautes  denez.  Gen.  noch  dädim,  Flur,  d^dü«, 
ab.  ddic,  nb.  dSit,  r.  d<Mb. 

Im  B.  scheint  sich  daneben  noch  itf  erhalten  zu  haben:  moSheha 
,Wachholderbeere',  moMieveitmkö  ,Wachholder'  zu  moxg»  gehörig. 

Es  fahrte  demnach  hier  $k  und  xg  zunächst  zu  denselben  Besultaten 
wie  ein  tff  und  x4f\  ^^^  welchem  auch  zuerst  ein  ifi  und  MtU  entstanden 
ist  (vgl.  weiter  unten). 

11)  k,  g,  ch  wird  c,  dz  (z),  8.  Dieser  Wandel  trat  später 
ein,  wenn  auch  noch  im  ürslav.  Dieses  spätere  Eintreten  der 
Falatalisierung  erklärt  sich  einerseits  daraus,  dafi  sie  vor  Vokalen 
vorkommt,  die  erst  auf  sUv.  Boden  in  einer  etwas  späteren  Zeit 
palatal  geworden   sind.     Andererseits  handelte   es  sich  um  die 


266 

Wirkimg  gewisser  Vokale  auf  die  nachfolgenden  Gutturale,  die 
sich  überhaupt  erst  später  äußerte.  Was  die  erstere  Art  der 
Vokale  anbelangt,  ist  es  zunächst  das  e,  das  aus  einem  Diphthong 
{pi,  ai,  äi)  hervorgegangen  ist,  und  dann  das  i,  welches  aus  einem 
derartigen  i  entstanden  ist  Zwischen  der  älteren  und  jüngeren 
Palatalisierung  liegt  also  der  Prozeß  disr  Monophthongierung. 

Beispiele:  cä^  ^eü,  ganz',  jp^uQ.  kaüüstiakan  Akk.  ,Gresund- 
heit',  got  haäs,  ahd.  Jieil;  cena  ,Preis',  lit  kaina  dass.,  gr.  rvoivi} 
^Entgelt',  av.  kaSna  ,Strafe';  ce  (meist  ci  i),  ci  konzess.  ,wenn  auch', 
lit  kal-po,  kal-p  ,wie';  dzHo,  zUo  ,Yehementer',  lit  gaüus  ,8charf, 
bissig',  ahd.  geü  ,ausgela8sen,  üppig'. 

Diesen  Wandel  bemerken  wir  femer  im  Lok.  Sg.  der  o- 
Stämme:  roci  zu  rokb  ,Termin';  bozi  zu  bog^  ,QoW',  dusi  zu 
duehz  ,Hauch,  Geist';  lycS  zu  lyko  ,Bast'.  Im  Lok.  PL  derselben 
Stämme:  rodchz,  bozeckz,  duskkhf  lyckkb  u.  s.  w. 

Im  Dat  Lok.  Sg.  und  Nom.  Akk.  Du.  der  o-Stämme: 
rqce  zu  rq^a  ,die  Hand',  noze  (urspr.  nodzS)  zu  noga  "jder  Fuß' 
und  mhsi  zu  tmcha  ,Fliege';  ebenso  im  Nom.  Akk.  Du.  der  n. 
o-Stämme:  lyci  zu  lyko  u.  s.  w. 

Das  aus  e  hervorgegangene  %  mit  unserem  Lautwandel  liegt 
vor  im  Nom.  PI.  der  m.  o-Stämme  wie  rod,  bozi  (urspr.  bodzi}, 
dusi  zu  den  erwähnten  Subst.  rok^,  bogz,  duchz;  weiter  im  Sg. 
Imper.  der  Verba  der  I.  Kl.  4.  Gr.:  pbci,  PL  noch  i:  ptcäe 
,backe,  backet';  run,  rtcite  ,sage,  saget'.  Das  aus  ch  in  diesen 
Fällen  entstandene  8  war  erweicht  (etwa  ^)  und  führte  in  den 
westslav.  Sprachen  zu  ä,  nur  im  Slovak.  (und  teilweise  auch  in 
mähr.  Dialekten)  wurde  daraus  s:  b.  Nom.  PL  Ceäi,  slovak.  Cm 
,die  Böhmen';  p.  szary,  szadawy  (szedziwy),  b.  äery,  iedivjf,  da- 
gegen aksl.  8id^  ,grau',  sert  ,glaucus'. 

Die  spätere  Palatalisierang  trat  aach  ein  nach  den  Vokalen  »,  t  (^. 
Da  wir  aber  nicht  durchwegs  nach  diesen  Vokalen  die  Erweichung  finden, 
so  sachte  es  Baadoain  de  Courtenay  im  Anschlüsse  an  das  Vemer- 
sehe  Gesetz  durch  den  Akzent  zu  erklären:  das  A,  g^  eh  werde  zu  c,  s,  9 
nur  in  der  betonten  Silbe,  also  russ.  Iie6,  klicdU,  aber  Hkb,  hlikati.  Die 
Abweichungen  wie  r.  siärea,  9Öinee,  atarikä  u.  s.  w.  erklärt  er  durch  die 
Annahme  von  Akzentverschiebungen  (IF.  4,  8.  45—63).  Allein  damit 
kommt  man  nicht  aus.  Es  mag  ja  sein,  daß  so  manche  Analogiebildung 
aufkam,  aber  das  r.  86lnce  stimmt  mit  s.  süncs^  ebenso  r.  ttäree»  mit  s. 
HaraCf  siärea  ,6reis'  überein,  so  daß  wir  es  hier  mit  dem  alten  urslav. 
Sitze  des  Akz.  zu  tun  haben.  Analog  verhält  es  sich  auch  in  yielen 
anderen  Fällen.    Wir  können  hier  daher  eine  Akzentwirkung  nicht  be- 


267 

merken.  Sichtig  ist  es  dagegen,  daA  der  enge  Vokal  die  Artikulation 
des  Gutturals  beeinflußte  (Tgl.  aeh^  ak  gegen  ick,  ik).  Es  handelt  sich 
hiebei  um  bestimmte  Fälle.  So  ist  auf  diese  Art  das  Suffix  -m»,  -»c«  zu 
erklären:  otte»  ,Vater'  aus  einem  *otbk»  Dem.  zu  *oU,  das  auch  dem 
Adjektir  ottn»  zu  Grunde  lag;  juf»eb,  juncea  junger  Stier*  zu  jun»  Jung*, 
Tgl.  \it  jawAkiiy  Gen,  jaunikio  (also  auch  mit  einer  Erweichung)  ,B'&ati- 
gam*;  fi2fi»e»  ,Kranz',  lit.  noch  vaiiAkaM,  also  ohne  Erweichung;  andtee 
,Ho'>S  s^MMM  JSoAAoS  wobei  als  Grundwort  *«r»</«,  *9ndb-  (ein  neutraler 
»-Stamm),  *$l9no  yorausgesetzt  werden  müssen;  ovtea  ,Schaf.  In  dieselbe 
Kategorie  gehören  zwei  Worte,  deren  ^  wie  auch  der  folgende  Guttural 
zur  Wurzel  gehört:  aksl.  *lbdM  (hsa)  ,utilitasS  dazu  auch  po4bdM  dass., 
weiter  alibdui  ,Pfad'.  Anders  -tea.*  hogcrodiea  ,^96nmio^;  dMea  (r.  diviea, 
serb.  4fMßa!);  Umtmea  ,GefängnisS 

Nach  einem  i  auch  in  liea  aus  *liko,  Gen.  /imm  ,Gesicht';  niet 
,pronu8',  vgl.  ai.  nt-ca  ,niedrig',  dann  sti»  neben  ttA»  ,taliB';  Suff.  -tteSi 
(aus  Me)  neben  isko. 

Nach  einem  ^  das  auf  ein  $  (fi)  zurfickgehen  dürfte:  mii^  ,Monat', 
lit,  min&f  lat.  fiMiwM;  t^f^  ,Hase',  vgl.  auch  ibn^  ,Fürst'  weiter  unten. 

Wenn  nun  dieser  Lautwandel  abhängig  ist  Tom  vorhergehenden 
Vokal,  so  ist  es  auffallend,  dafi  sich  in  dem  Suffixe  -i%»  das  k  behauptet 
(ein  daraus  entstandenes  «0»  kann  allerdings  auch  nachgewiesen  werden^ 
doch  ist  es  verhältnismäßig  selten,  vgl.  weiter  unten).  So  haben  wir 
dlAnikb^  noÜk»  u.  s.  w.  Es  liegen  hier  eigentlich  zwei  Suffixe  vor: 
urspr.  -tqth  und  -iVi^o-.  Wir  müssen  nun  annehmen,  daß  bei  letzterem 
der  Übergang  durch  das  in  verhindert  wurde  und  daß  durch  einen  even- 
tuellen Ausgleich  davon  auch  igo  bis  auf  vereinzelte  Fälle,  die  sich  er- 
halten haben,  beeinfiußt  wurde,  während  bei  -pko-  palatalisiert  wurde. 
Daß  nur  der  Vokal  bei  unserem  Lautwandel  maßgebend  war,  ersehen  wir 
aus  den  Suffixen  in  co&»A»,  6/iz»ib»,  <{cs^,  vysok»,  kamykb  u.  s.  w.,  wo  er 
unterblieben  ist.  und  daß  es  speziell  auch  das  t  war,  sahen  wir  bei 
Uee  (das  Suffix  -tca  werden  wir  dagegen  weiter  unten  anders,  nicht  aus 
'ika  erklären  müssen),  hauptsächlich  aber  aus  den  Iterativis  wie  dvixaii 
neben  dvigaü  zu  dvigiu^i  ,heben*;  «Mm^s  neben  9trigaii  zu  f^rätt,  atrigq 
,scheeren';  kUeaÜ  neben  ktik^i  zu  kW»,  kUcaü  neben  krieati  ,rufen, 
schreien*;  nieati  zu  mknqii  ,germinare*.  Am  auffallendsten  ist  es  bei 
-r»ea<t  z.  B.  ftrorieati  «prophezeien* ,  dagegen  -riktUi  z.  B.  in  pririkaU 
yWidersprechen* ;  uticaii  gegen  itWuUi  ,herauBfließen,  -laufen';  mumitaH 
$^  gegen  fuumiekati  $^  ,irridere*.  Daraus  ersehen  wir,  daß  das  i  nicht 
palatalisierend  wirkte,  was  ja  vollkommen  mit  unserer  Theorie  überein- 
stimmt, denn  oben  kamen  wir  zum  Schlüsse,  daß  das  aus  i  hervorgegan- 
gene i  im  ürslav.  offen  war,  d.  h.  es  näherte  sich  dem  a  und  konnte 
also  ebenso  wenig  wie  letzteres  in  dieser  Hinsicht  auf  das  k,  g,  ek  wirken. 
So  haben  wir  auch  mgkaü,  pomagati^  poiagtUi  u.  s.  w.,  wo  überall  die 
Gutturalen  blieben.  Freilich  konnte  selbst  auch  da  die  Analogie  wirken: 
die  e  und  s  konnten  mehr  um  sich  greifen,  so  haben  wir  pr^taii  neben 
pr^aii  zu  pr^,  P^ijf^  «spannen*;  l^aü  zn  l^Iu^  l^i  ,biegen'.    Nament- 


268 

lieh  die  mit  Präfixen  versehenen  Iterativa  ziehen  Formen  mit  c,  s  yor, 
z.  B.  9tr%gait\  aber  poatrütaü  neben  po9trigaH,  weil  die  Präfigirung  die 
iterative  Bedeatang  beeinträchtigte,  so  daß  man  sie  durch  andere  Mittel 
auszudrücken  trachtete.  Wie  die  Analogie  wirkte,  sehen  wir  deutlich 
z.  B.  an  dem  ab.  myeUi  ,hin  und  her  werfen'  zu  mykaiU.  Was  den 
Wechsel  der  Vokale  wie  '4ieaH  und  Uhdi^  -rieoH  und  rikaU  anbelangt, 
so  ist  er  darauf  zurückzuführen,  daß  die  Iterativa  sowohl  vom  Infinitiv- 
als  auch  vom  Pr&sensstamme  gebildet  werden  konnten.  Im  Westslav,. 
z.  B.  iiraiu  also  vom  Pr&sensstamme,  im  Aksl.  fttralt,  also  vom  Infinitiv- 
stamme. Das  Präsens  muß  nun  im  ürslav.  nkq  gelautet  haben,  wie  es 
sich  noch  im  Westslav.  und  Ar.  erhalten  hat  und  wovon  noch  im  Imper. 
aksl.  n>ei  ein  Best  erhalten  ist.    Dasselbe  gilt  nicht  von  Ukq,  UHi, 

Es  hat  im  Urslay.  noch  eine  Zeit  gegeben,  in  welcher  die 
Form  *othkö  gebraucht  wurde.  Davon  hat  sich  der  regeh'echt 
gebildete  Yok.  ottde  erhalten.  Weiter  liegt  diese  Form  auch  yor 
in  dem  Adj.  ottdtskb;  analog  in  Hov^dtskb  menschlich'  zu  <Aovekb 
^ensch^ 

So  sprechen  alle  Umstände  dafür,  dafi  wir  es  hier  mit  einem 
späteren  Prozesse  zu  tun  haben.  Er  ist  aber  auf  eine  analoge 
Art  zu  erklären,  wie  jener,  nach  welchem  aus  i  ein  d  geworden 
ist:  es  ging  nämlich  das  k,  g  zunächst  in  t,  d'  über,  aber  die 
Artikulationsstelle  des  j,  welches  darin  stak,  hat  sich  schon  teil- 
weise verändert,  es  wurde  vielleicht  mehr  vom  artikuliert,  daher 
nicht  mehr  ein  ä,  z  mitklang,  sondern  ein  ir,  z  oder  besser  ein 
iy  £,  das  dann  mit  f,  d!  zu  6^  di  und  später  zu  c,  dz  («)  führte. 

Weil  es  sich  um  eine  spätere  Periode  handelt,  ist  es  begreif- 
lich, dafi  auch  in  Lehnworten  fremdes  h^  g  nicht  mehr  zu  d,  i 
vor  palatalen  Vokalen  wurde,  sondern  zu  c  und  dz  (z)  z.  B.  aksl. 
cnky  ,KircheS  Tgl.  ahd.  chirihha;  cisarh  aus  kaisar;  c^  ,G«ld- 
stück',  got  kintu8  ,Heller'.  Hierher  gehört  auch  das  Suffix  -^dzb, 
-^  in  einer  Beihe  yon  Lehnwörtern,  das  dem  germ.  -ing  ent- 
spricht: kbn^  ,Ffirst',  ahd.  chuning  yEönig';  pSn^zh  ,Gteldstück', 
germ.  penninga;  skl^,  aM^  ,Münze',  got.  sküigga,  ahd.  mlling 
u.  s.  w. 

In  anderen,  wohl  älteren  Lehnworten  kommt  d,  z  vor:  aksl. 
S^  ,E[indS  das  man  wohl  mit  dem  deutschen  kifid  zusammen- 
steUen  mufi. 

Bei  sk  und  zg  haben  wir  hier  auch  Modifikationen  zu  unter- 
scheiden, wie  es  oben  S.  264  analog  der  Fall  war.  Li  jenen 
Fällen,  in  denen  k  za  c  geworden  ist,  erhalten  wir  aus  de  ein  sc, 
das  auch  wirklich  noch  vorkommt  z.  B.  Dat  Lok.  Sg.  yon  dtsia 


269 

ßreW  lautet  im  Aksl.  dtsci.  Diese  Gruppe  kann  jedoch  auch 
Yerein&cht  werden.  Wenn  wir  sc  annähernd  als  sts  auffiissen, 
so  konnte  das  zweite  8  abfedlen  und  wir  erhalten  ein  st:  dtsU, 
das  auch  im  Aksl.  Yorkommt,  aber  sc  ist  älter.  Denkmäler  die 
den  älteren  Zustand  der  Sprache  mehr  wahren,  haben  entweder 
nur  sc  (z.  B.  die  Kierer  Blätter)  oder  sie  ziehen  es  yor  (Zogr. 
Mar.). 

Im  Anlaut  kann  das  «  abfallen  (in  dar  Gruppe  te):  tdpüi  »spaltenS 
darneben  auch  d/nii  aus  skmp^  TgL  oben  iUph  ^edipsis*  (S.  265);  so  auch 
B.-kr.  $q;epati,  eUpaU  (ein  analoger  Vorgang  auch  bei  $tj  im  Anlaute,  Tgl. 
weiter  unten).  Wie  oben  erwähnt,  handelt  es  sich  hier  eigentlich  um 
ein  urspr.  6.  Indem  das  <  assimiliert  wurde,  ergab  es  i6  und  diese 
Gruppe  konnte  zu  ie  werden,  wie  wir  es  in  den  westslav.  Sprachen  finden : 
Dat.  Lok.  8g.  von  dtka  (aksl.  d»9ka)  lautet  im  Ab.  di^^  ebenso  vojici  zu 
f>4*i$ka  ,das  Heer*.  Aus  diesem  «f  ist  dann  ein  iC  geworden  (analog  ist 
das  U  anderen  Ursprungs  behandelt  worden):  jetzt  tojiU:  weiter  ab. 
«di^,  jetzt  iUp  ,Pfropfrei8',  ieiepati,  ieispiü  jetzt  itiptiti,  itipäi  ,spalten^ 
Im  P.  ist  auch  dieses  ie  noch  erhalten:  f^ezap,  noMpiö,  nciepaS,  ebenso 
08.  iiSipid,  wie  auch  r.  icepiU,  razScepüb. 

Später  wurde  nach  b.  ruka,  ruei  u.  dgl.  neuerdings  dstka  (statt  des 
älteren  d$ka)  im  Dat.  und  Lok.  Sg.  zu  dstes,  ebenso  müka^  mite^  «Schüssel', 
desgleichen  tlovenaky  im  PI.  dial.  ilav^nsei,  woraus  auch  »lavensti  {ie  « 
etwa  $U,  das  zweite  9  fiel  ab). 

Da  »ei  im  Ab.  als  ieij  im  Nb.  als  iii  erscheint,  so  wird  man 
•e^enÜi  ,er8tarren,  sterben,  verrecken'  ▼ielleicht  als  *9b-^iphi&i  erklären 
massen,  vgl.  auch  aksl.  eipiti^  ,starrS  oeipinüi  ,erstarren'. 

zg  führte  unter  denselben  Bedingungen  zu  zdz^  woraus  zd 
wurde:  Dat.  LoL  Sg.  aksl.  dr^zdi  (z.  B.  im  Supr.  9.  6)  zu  dr^a 
,Wald'.  Da  es  sich  aber  hier  eigentlich  wieder  um  ein  i  handelt, 
so  konnte  daraus  auch  zd'z  entstehen ,  woraus  dann  zd^  wurde, 
z.  B.  ab.  Lok.  Sg.  zäbrezde  ^diluculo'  zu  zdbrezg  (zdbredi);  ebenso 
Dat  Lok.  miezdi  zu  miezga  ^sucus',  aksl.  wohl  m^a;  rozde  zu 
rözga,  rözha  ,Zweig^.  VgL  auch  os.  DraMiany,  Drjezdzany, 
b.  Drazdany  ^Dresden'  zu   dem  erwähnten  aksl.  dr^a  ,Wald'. 

Der  spätere  Wandel  des  A;  zu  c  und  ^  zu  2;  hat  im  Südslay. 
und  R  die  Grenzen  seiner  ursprünglichen  Berechtigung  über- 
schritten: er  kommt  nämlich  hier  auch  bei  den  Gruppen  kv  und 
gv  vor  den  betreffenden  Vokalen  vor  (YgL  auch  den  Vok.  Sg. 
vhäve  statt  des  erwarteten  *vltfchve).  So  lautet  der  Nom.  PL 
von  vlhchvh  ymagus'  :  vhsvi,  Lok.  PI.  vhsvichz;  aksl.  zvezda 
,Stem'  (im  Psalt  sin.  noch  dzvizda)j  big.  zvizda  (dzpizda),  s.-kr. 
zoißzda,  slov.  zvizda,  r.  zvezdd,  dagegen  p.  ywiazda,  kas.  gviazda, 


270 

polab.  gjozda,  b.  hvizda,  os.  hvjezda^  ns.  gvjezda,  lit  icaigzde 
(tvaigide^  wir  erwarten  hier  ein  g);  aksl.  emUti  ,plaiigere^y  cfi>ilüi 
,affligereS  b.  kvüüij  der  Ausgangspunkt  ist  in  cvü  (kvSI)  zu  suchen. 
Aksl.  ceistb  ^lüte',  im  P.  dagegen  kwiat,  b.  kvet  und  so  ist  auch 
aksL  cvfttq,  cvisti  ,blühen'  aufgetaucht ,  aböhm.  Jdvu,  kvi^i,  p. 
kwU6.  Das  cvhtq^  ctrisU,  s.-kr.  cvasti  zeigt  uns  auch  deutlich,  daß 
es  sich  hier  um  einen  späteren  Prozeß  handelt,  denn  wenn  das 
h  über  das  v  hinaus  in  der  älteren  Periode  gewirkt  hätte,  so 
müßte  es  dann  *^?pft^,  *dvi8ti  lauten. 

Bezüglich  des  c  und  e  aus  k  u.  s.  w.  vgl.  auch  B.  Lenz:  ,Zar 
Physiologie  a.  Gesch.  der  Palatalen'  in  KZ.  29,  S.  1—59  und  J.  Storm, 
Engl.  Phil.  S.  291—296. 

Gruppe  kt  Hier  ist  zu  imterscheiden,  ob  ein  palataler 
Laut  nachfolgt  oder  nicht  Folgt  kein  palataler  Vokal  nach,  so 
wird  das  A;  an  das  ^  assimiliert.  Das  sicherste  Beispiel  ist  letb 
,Flug^,  p.  lot,  darnach  auch  läMi  ,fliegen',  lit  dagegen  lekiü,  Ukiaüj 
Wdi  ,fliegen',  also  mit  A;,  ygl.  auch  griech.  lomTil^w  ^ch  schlage 
aus';  aksl.  jAeth  und  ploth,  apletb  u.  qplotb  ,Zaim'  u.  s.  w.  und 
darnach  auch  plesti,  pUtq  ,flechten%  dagegen  lat  pledo,  plico, 
ahd.  fliktu,  gr.  nlhM^  nXe-Kvq  ,Seil,  Netz'.  Aksl.  p^  ,der  fünfte', 
lit  pefiktas,  lat  quintus  aus  *quinäu8  und  darnach  auch  aksl. 
p^t  ,flinf . 

Wenn  ein  palataler  Laut  nachfolgte,  so  wurde  zwar  auch 
assimiliert,  aber  mit  einer  Modifikation:  wegen  des  zu  großen 
Abstandes  zwischen  dem  damaligen  k  und  dem  t  mit  folgendem 
palat  Yok.  wurde  die  Artikulationsstelle  des  k  analog  verschoben, 
wie  z.  B.  bei  *kij  wodurch  zunächst  ein  t%  mit  dem  das  nach- 
folgende t  assimiliert  werden  mußte,  entstand.  In  jenen  Fällen, 
wo  auf  das  kt  ein  j  folgte,  war  schon  das  ursprüngliche  ^  zu  ^' 
erweicht  und  brauchte  nicht  erst  assimiliert  zu  werden.  Die 
Doppelkonsonanz  t'i'  wurde,  wie  auch  sonst,  zu  t'  vereinfacht. 
Mit  dem  f  erklang  nun  wie  in  allen  anderen  Fällen  bei  t'  ein 
s  oder  i-Laut:  t's  oder  t'^.  So  kommen  wir  hier  zu  derselben 
Mittelstufe,  die  wir  auch  bei  urslav.  tj  bemerken  werden  (vgl. 
weiter  unten)  und  auch  die  weiteren  Resultate  sind  ganz  die- 
selben. So  haben  wir  im  Aksl.  peäti  ,backen'  aus  *pektij  s.-kr. 
pe6i,  slov.  peii,  r.  peöbj  b.  pM,  p.  piec;  aksl.  noSh»  ,Nachf,  lit 
fuMls,  got  nahts,  gr.  wKTog  (Gren.),  lat  noctis;  aksl.  tnoätb  ,Machf 
aus  *mokti8  zu  mogq  (das  g  mußte  vor  t  zunächst  zu  k  werden); 
djfiti  ,Tochter'  aus  *d^kti,  *dugti,  lit  dukie^  got  dauhtary  ai.  du- 


271 

hüdr-;  b.  locika,  sIoy.  loMka,  s.  loSiko,  lit.  IMvkai,  lat  laduca. 

Ein  Beispiel  mit  läj  :  akd.  /)2e^  n.  ^cbulter^  aus  *plddjo, 
bIoy.  |>20<^y  p.  pUe  m.,  vgl.  lett  jiakt  ,flacb  werden^,  lit.  plokszczias 
^h,  plaUS  gr.  TrAal,  Trloxog  ^Eläche". 

Aucb  cht  mit  folgendem  palatalen  Vokal  führte  zu  dem- 
selben Resultate  wie  X:^;  so  in  aksl.  vriiti,  vrtchq,  s.  vrijiSi  nfäem 
jdrescben^  vgl  lat.  verro^  vorro  (aus  ^veno).  Im  Inf.  bätte  das 
9  bleiben  sollen,  also  *ver8ti,  *vridi  (Ygl.  prbsth  gegen  j^rocA«)^  es 
ist  aber  das  ch  aus  den  anderen  Formen  eingedrungen  und  yor 
t  zunächst  zu  k  geworden  wie  z.  B.  ab.  lektati  ^tzeln'  neben 
leehtati  und  dieser  aus  lehtati,  Tgl.  kbr.  UhdUy. 

Früher  nahm  man  auch  an,  k  sei  vor  t  znn&chst  za  j  geworden, 
wozu  man  aach  Parallelen  ana  den  rem.  Sprachen  anführen  kann.  Dann 
wäre  aher  aas  ji  darch  Metathese  ij  geworden;  die  weiteren  Yerände- 
rungen  wären  analog  wie  hei  nrelav.  ij  (vgl.  Verf.  Akal.  6r.  8.  133). 
Anders  erklärt  auch  6 ragmann  unseren  Lautwandel  (Kurze  Tgl.  Gr. 
§253  Kr.  5)  und  Jagiö  (Afsl.  Phü.  22,  8.35).  Üher  die  Gruppe  kt  über- 
haupt handelte  früher  Miklosich  in  »Festgruß  an  Otto  t.  Böthlingk« 
1888.  8.  88—91. 

In  Fremdworten  kann  später  in  b.  Dial.  aus  kt  eva  ehi  werden: 
lochtuie  aus  dem  d.  ,Lockentuch' ;  praehtyehant  aus  praktikatU^  dochtar, 
kofUraeht  aus  kontrakt.  Dieses  cht  taucht  mitunter  auch  in  einheimischen 
Worten  statt  des  sekundären  kt  auf  (vgl.  Gebauer,  I,  8.  450—451). 

Das^wirdA.  In  mehreren  slav.  Sprachen  und  zwar  im 
Klr.y  Weifir.,  B.  und  Os.  ging  das  g  später  in  h  über;  im  Ab. 
taucht  es  um  die  Mitte  des  XTTT.  Jhd.  auf:  hora  ,Berg^  aus  gora, 
k(e)nihami  st  knihami,  älter  knigami.  Man  kann  also  annehmen, 
dafi  es  in  Wirklichkeit  etwas  früher  auftrat  (Gebauer  I  S.  456). 
Im  Slovak.  blieb  dagegen  g.  Das  h  wurde  nicht  sehr  stark 
aspiriert  ausgesprochen ,  intervokalisch  konnte  es  daher  leicht 
schwinden:  aus  hohu  ist  bou  geworden  imd  blieb  so,  wo  nicht 
aus  anderen  Formen  das  h  wieder  eindringen  konnte,  so  z.  B. 
Bimslava  st  Bohualava;  sau  aus  sahu  (prisahu,  später  prüahdm 
,ich  schwöre^.  Dieser  Umstand  erklärte  es  nur,  daß  es  anderer- 
seits auch  häufig  vor  einem  ursprünglich  vokal.  Anlaut  auftauchte: 
b.  dial.  hoko,  hulica,  hapatyka  u.  s.  w.  Mitunter  führte  dieser 
Gebrauch  auch  den  Verlust  des  urspr.  h  im  Anlaut  herbei: 
b.  utrejch  , Arsenik',  ab.  hutrajch  aus  ,Hüttenrauch' ;  avado  st 
gavado,  aksl.  gav^do  ,Vieh*  vgl.  S.  182  f. 

Einige  Eonsonantengruppen  mit  Ar.  ks  führte,  wenn 
kein  t  unmittelbar  nachfolgte,  zu  ch  und  zwar  durch  die  Yer- 
mittlungsstufen  kch,  dich,  z.  B.  Aor.  reckt  aus   ^riksfb  zu  reiti^ 


272 

rekq  ysagen';  chud%  ,klem,  arm',  slov.  hud  schlecht,  böse',  vgl.  ai. 
k^ödlyets  zu  käudtM  ,klein,  böse'. 

In  kBt  fiel  dagegen  das  k  aus.  Aor.  2.  P.  r^ste  aus  räcste\ 
aksl.  p^h  ,fau8t^  aus  ^p^ldtis,  ygL  ahd.  /ä^,  lit.  &wm^'  aus 
*kumpsti,  *punksti. 

Ebenso  in  skt:  aksl.  tesio  »Teig'  aus  "^UMo  zu  ^iftX;  —  also 
,da8  Geknetete,  Gedrückte'  ygl.  abd.  Mc,  got  daigs  zu  got.  deigan 
,kneten';  Miklosich  stellt  es  zu  lit  teszla,  tasda  (Etym.  Wtb. 
S.  356),  allein  das  gehört  zu  taszan  —  aksl.  tesati  (vgl.  Rozwa- 
dowski,  Hozpr.  wydz.  fil.  Ser.  II,  t  10,  doch  stellt  er  das  slav. 
Wort  zu  hib.  tais,  taes  a-  cambr.  toes  ,mana',  wohl  mit  Unrecht); 
ab.  tresktati  ,strafen',  neub.  trestati  enthielt  ein  sekundäres  skt  : 
*trMkUatL    Vgl.  auch  das  Suffix  hstvo  aus  *hsktvo. 

Weiter  in  skn  und  analog  das  g  auch  in  zgn:  aksl.  thätati 
,urgere'  aus  thsk-,  dazu  tbsnqti  8^  ,studere'  aus  *th8kn';  bhsnqH 
aus  blhsknqti  ,glänzen',  dagegen  bUskb  ,Glanz,  Blitz';  tisnqii 
ftrudere'  gegen  tiskati  ,premere',  dazu  auch  teskhm  und  testm 
,angu8tus',  tiskny  kommt  noch  im  Ab.  vor,  ebenso  tieskAj  woraus 
dann  HesA,  tieseA  (Gebauer  I  S.  452).  Aus  üshm  ersehen  wir, 
daß  das  k  auch  dann  ausfallen  konnte,  wenn  es  durch  einen 
Halbvokal  von  dem  n  getrennt  war.  Allerdings  begann  dieser 
hier  in  Formen  vor  einem  vollen  Vokal  frühzeitig  zu  schwinden: 
so  konnten  Doppelformen  entstehen,  vgl  das  ab.  tiskn^.  Dann 
wurde  auch  das  häufigere  Suffix  -hm  eingeführt  Hierher  ge- 
hört wohl  auch  aksl-presMib,  oprisbm  ,£risch,  ungesäuert',  das  mit 
lit  prükas,  ahd.  frisc  ,frisch'  verwandt  ist. 

Für  zgn  :  p.  äliznqö  si^  ,ausgleiten^  gegen  älizgaö  ,glitschen, 
gleiten',  ^lizga  ,Schleimfisch'. 

k  wird  eingeschaltet  in  b.  stkvüi  se  ,glänzen',  stkvüct 
skvaud  ,glänzend',  aus  aksl.  svhteti  wurde  svtäi,  dann  stvieti 
stkvieti,  stkvüi;  in  zamestknati  aus  und  neben  zamestnati  ,be- 
schäftigen'. 

Spätere  Erweichung  der  Gutturale.  Schon  die 
aksl.  Denkmäler  weisen  uns  die  ELalbpalatalen  k,  §,  cV  in  Fremd- 
worten auf,  z.  B.  Jcesafhj  gr.  xaiaag;  gazofUaJcija  ya^ofpvlaiuovy 
feona  yiewa^  arch'ierej  u.  s.  w.  Es  handelt  sich  hier  um  eine 
Verschiebung  der  Artikulationsstelle  gegen  den  harten  Gaumen 
zu,  so  daß  sich  diese  Laute  der  t'  d'-  Gruppe  sehr  stark  genähert 
haben.  Derartig  palatalisierte  Gutturale  kommen  in  den  modernen 
slav.  Dialekten  vor  und  führten  hier  mitunter  sogar  zu  t\  d,  so 


273 

z.  B.  im  klr.  dMia  aus  und  neben  döiUca  ^Tochter,  Töchterchen' ; 
süneido  aus  sönemko  Dem.  zu  sdnce  ySonne'  (Ogonovski  Studien 

S.  65). 

Mitunter  ist  das  erweichte  h  noch  geblieben,  so  im  YjatkaBchen 
Dialekt,  wie  auch  in  einigen  anderen  großr.  Dial.  hört  man:  ehaz^ßä, 
irößa,  g&fhä,  döchä  et.  ehäX4(fka  ,WirtinS  tröjka  ,Dreige8pann'  gdrka  «bittere*, 
döeka  ,Töchterlein'  (IF.  4  8.  47).  Wie  man  sieht,  handelte  es  sich  hier 
meist  nm  solche  F&lle,  wo  den  Gattnralen  ein  erweichter  Laut  vorher- 
geht; er  fährt  also  dieselbe  Wirkung  herbei,  wie  ein  nachfolgender  pala- 
taler Yokal.  Vgl.  auch  kafi.  dij  aus  kif  »Stock',  diMi  aus  g^ki  .biegsam', 
wo  man  also  in  der  Palatalisation  noch  weiter  ging. 

Andererseits  konnten  auch  erweichte  Dentale  zu  den  palatalisierten 
Gutturalen  werden:  Mo  aus  ielo  ,I^ib';  litio  aus  tetto  /leig^;  gid  aus 
ded^;  §ilo  aus  dilo  (Eolberg,  Pokucie). 

Auch  in  vielen  maced.  Dial.  f&hrte  tj,  dj\  statt  nach  bulgarischer 
Art  in  H,  zd  überzugehen,  zu  h,  ;,  was  einen  Übergang  zu  den  s.  Dial. 
bildet.  Man  hat  auch  bekanntlich  diese  Tatsache  gegen  die  Annahme, 
das  Aksl.  sei  ein  bg.  Dial.,  der  in  Maced.  (Saloniki)  heimisch  gewesen 
wäre,  geltend  gemacht,  aber  dieser  Einwand  ist  nicht  stichhaltig,  denn 
in  Maced.  kommen  doch  auch  Dial.  mit  ii  und  id  vor.  Beispiele  ans  Maced. 
mit  polatalisierten  Gutturalen:  «««^a,  bulg.  u.  ksl.  weHa  ,Lichf ;  leeh 
St.  iteekt;  mygi,  aksl.  tnezdu  «zwischen';  tugma  st.  tuzdina  u.  s.  w.  (siehe 
Lavrov  Obzor».  S.  97—98).  Aber  auch  umgekehrt,  das  erweichte  l  wird 
zu  i'  und  zwar  auf  dem  äop'schen  Gebiet,  wo  wir  mqft'a  ,Mutter',  dtvojt'a 
,M&dchen'  st.  tnqfka,  dtvojka  u.  s.  w.  hören  (Vgl.  M.  Y.  Veselinovi^, 
GraniSni  dialekat  medju  Srbima  i  Bugarima.  Zona  di  i  e.  Belgrad, 
1890,  S.  13—16  und  Baudouin  de  Courtenay  in  IF.  4,  &  47).  Ana- 
loges finden  wir  auch  im  Lett. 

Im  AksL  scheint  aber  das  fremde  g  vor  palatalen  Vokalen 
vorwiegend  zu  einem  ;  geführt  zu  haben  und  zwar  nach  dem 
Vorbilde  des  griech.  (vgl.  TtagaoTievyTj^  yvQsvyeig  Afsl.  Phil.  19, 
S.  176—177);  dafür  kommt  in  den  aksl.  Denkmälern  in  der  Begel 
auch  ein  eigenes  Zeichen  vor. 

In  den  westdav.  Sprachen  finden  wir  auch  häufig  für  das  ge 
der  klassischen  Sprachen ,  das  als  je  gelesen  wurde,  ein  je,  so 
z.  B.  im  Ab.  anjel  (geschrieben  angel  ,EngelO,  p.  aniol;  dameben 
taucht  aber  doch  auch  d  auf,  als  der  direkte  Beflex  eines  g  vor 
palatalen  Vokalen,  und  zwar  haben  wir  auch  schon  im  Ab.  ein 
andä  (neben  anjet)j  im  Grofir.  dndel  st.  dngel  (geschr.  angeli). 
Diesen  Beflex  finden  vor  auch  im  Magyarischen:  angyal  (»»  andal) 
,EngelS  evangyäioM  u.s.  w.  Asböth  meint,  es  hänge  damit 
zusammen,  daß  die  Magyaren  in  der  Sprache  der  venetianischen 
Italiener  lat  g  vor  e,  i  wie  gy  (—  d)  gehört  haben  (Afsl.  Phil.  22, 

VoBdr&k,  Vffl.  aUr.  Gnmm.  I.  18 


274 

S.  453,  Anm.).  Das  ist  richtig  und  damit  hängt  auch  die  magya- 
rische Orthographie  zusammen  (vgl.  Verl  Studie  z  oboru  drkev- 
näsIoT.  pfsemnictvl,  S.  63),  aber  bei  den  erwähnten  alten  Eultur- 
wörtem  kann  man  doch  im  Zweifel  sein,  ob  sie  nicht  früher 
durch  die  slar.  Vermittlung  Eingang  gefunden  haben. 

Die  Dentale  t,  d. 

Das  t  ist  die  Fortsetzung  eines  ursprachl.  t:  aksl.  to  aus 
*t(Hi  , jenes,  das^  gr.  t($,  ai.  t<M  (lit.  täs  ,der^);  tesati  ,hauen, 
behauen',  Ut.  taszßi  ,behauen',  gr.  thxwv^  lat.  Uxo,  ahd.  dAsa 
^eily  Hacke^  ai.  tdkfati  ,er  zimmert^;  trbm  ,Dom',  ahd.  dorn, 
got  ßaumuSj  ai.  tfnam  ,Grashalm';  irtje  ,dreiS  lit.  trys,  got  ßreis, 
lat  tres,  ai.  trdyctö  (aus  *  freies);  thmkz,  tbmkö  ,dünn',  lit  tenvas, 
lat  tenuü,  ai.  tant^as,  tan&f  jgestreckt';  thtna  ,FinstemisS  lit 
tamsä^  ahd.  demar  ,Dämmerung',  lat  tenebrae,  ai.  tämas  ,Finster- 
nis';  fyrtitq  ,schneide,  ritze^  lit  kertU,  kirsti  ,hauen',  ai.  kfntdti  fiv 
schneidet,  spaltet',  dazu  auch  Imxtb  ,mal'  z.  B.  dhva  kraty  ,zwei- 
malS  lit  kaftas  ,HiebS  adv.  hartaia  (Instr.  PL)  ,manchmal' ;  sttrqy 
gtr&i  ,ausbreitenS  got  strauja,  gr.  atoQwiAi,  lat  stemo^  ai.  strnimi, 
dazu  auch  strana  ,Seite,  Gegend'  aus  ^star-nä;  sUo  ,hunderf, 
lit  szimtas,  got  hund,  lat  centum,  gr.  huonov^  ai.  Satdm;  das 
Suffix  -ter  (Verwandtschaftsnamen):  tnati,  matere;  dziti,  diMere, 
ai.  mutdr-^  duhädr-;  bratrh  ^nider',  ai.  bhrdtar-  u.  s.  w.;  Suffix 
-to  (ata)  :  rabota  ,Enechtschaff,  junota  ,Tugend'  zu  jum  jung', 
Tgl.  got  vmtwödi-Pa  ,Zeugni8'  von  weüwöpa  ,Zeuge',  ai.  dSvd4d 
,G^ttlichkeif  von  dävds  ,Gotf ;  Suffix  -h  aus  -tis  :  tnoitt  ,Machf 
aus  *fnok-ti8,  vgl.  mogq  ,ich  kann',  got  mahts,  ahd.  rnaht;  dath 
,Gabe',  lit  dUis,  gr.  dwtig^  doaigy  ai.  ddJti-  ,Gabe';  pam^  ,An- 
denken',  lit  cU-mintls  ,Gedächtnis',  got  ga-munds,  lat.  mens,  ai. 
mati^,  mdti^  ,Denken,  Sinn';  vgl.  auch  die  Infinitivendung  -ti  : 
byti  ,sein',  lit  büti;  das  Partizipialsuffix  -to-  :  Mb  ,genähf ,  lit 
siütas,  lat.  sütus,  gr.  veo-yuxTTvrog  ,neu  versohlt^,  ai.  syiUds  aus 
*8iiiriÖ8  ,genahf ;  das  Suff,  des  Part.  Präs.  act  -n^  :  bery,  be- 
rqHa,  got  bairands,  lat  ferens,  ai.  bhäratU-,  bhärat-  aus  *bhi- 
ront-  ,tragend'.  Die  Suffixe  der  3.  P.  Sg.  u.  PL  Präs.  aksl.  -th 
ursl.  -to  und  -ntb,  ursl.  -ntb  :  berett,  ursL  bereth  und  b€r(^,  ursl. 
ierfto,  ai.  bhdrati  imd  bhdranti;  des  2.  P.  PL  ^  :  fteref«. 

Selten  ist  das  t  der  Beflex  eines  urspr.  th  :  m^,  m^i  und 
m<^»^»  ,turbare',  lit  meniürS  ,Quirl',  ai.  mdnthati  ,er  rührte. 

d  ist  1)  ursprachl.  z.  B.  in  des^  ,zehn',  lit  diszinU,  gr,  dha, 


276 

ai.  däsa;  dati  ^ebenS  lit  dü'ii,  ai.  dd-dä-^i;  dltgh  ^cuig'i  lit 
Ügas  aus  *dlgas,  got  tulgus  yStandhaffi  gr.  dolix6gj  ai.  dirghds; 
dorm  ^HausS  lat  domua,  gr.  ()($fio$;  ci^r^  aus  *dervo  ,Baum, 
Rohfj  drhva  ^olzstückeS  lit  dervä  lEienholz',  gr.  dovQog,  dfvto- 
flog  ^olz  fällendS  ai.  drü-  ,Kohfy  got  triu  ,Baiim^-  d^va,  dhvi 
^weiS  lit  du  (aus  dvü')j  ai.  dut?ä,  dvä;  dmh  ,Tag^,  lit  dinä] 
diven,  lit  dSveria  ßckwsLget^y  sL  devdr;  lydajq,  rydcAi  ,weh- 
Uagen^  lit  raudä  ^Wehklage^,  ahd.  riozan  ^klagen,  weinenS  aL 
r^i^>;  riM^o^t  ^er  jammert ,  weint',  lat  rudö\  sSditi  ^tzen',  lit 
säditi,  lat  sedeo,  ai.  sddas  ,Sitz^;  «rMl«c0  ^erz',  lit.  szirdls,  got 
Aa^rto  yHerz' ;  in  zegq  ,uro'  aus  "^geg-  ist  wahrscheinlich  d  za  g 
dissimiliert,  lit.  degü  ybrenne',  aL  ddhati. 

2)  urspr.  dh  :  <29M-b  ,Tür^,  dvoi%  ,Haus,  Hof*,  lit  dürtfs,  gr. 
'^^tf;  &aiQ6g,  lat  /bres,  aL  (2pärM  Du.  ,Tür^;  dojq  ^lacto^,  (i^ 
,EindS  lit  dina  yträchtig*,  däe  ,BlutigelS  got  daddja  4ch  säuge', 
gr.  ^flcno  ,er  sog',  ^-liq  ,Mutterbrusf ,  lat  fääre,  fSmina,  ai. 
dhinüf  ,milchend',  dhdyati  ,er  saugt,  trinkt';  d^iti  yTochter',  lit 
dukie,  got  dauhtar,  gr.  dvyaTrjg^  ai.  duhUdr';  dM^  yGroßrater', 
Ut  cterfl  3i^<^6^  des  Vaters',  ygL  gr.  rif^ij  ,Grofimutter'  tri^ig 
,Tante';  d^/a^i,  (24/?  »legen,  verrichten',  lit  ^i  ^egen,  setzen',  got 
ga^Ps  ,Tat  Lage',  lat  fdd,  gr.  %i^(Aij  ai.  dhätnath  ,Satzung'; 
i%(2^i  fWachen',  lit  budeti,  ai.  bödhati  ,er  erwacht,  merkf ;  gladhlcz 
,glatf,  ahd.  ^2a^,  lat  ^/o&er  (A  -^liA);  aksL  {^cfm  ,Lende,  Niere*, 
ahd.  lentin,  lat  2tifn&ii9  (aus  *londuo8);  fned^  ,Honig',  gr.  fii^v^ 
ai.  mddhu;  r&dUi  s^  ,erri)ten',  rr4rb  ,rof,  n^/a  ,Erz,  Metall',  lit 
rudäi,  gr.  igev^w  ,ich  röte',  igv^ifog  ,rof,  ai.  rudhirds  ,rot';  wdqf, 
1^»  ,fähren,  heimführen',  lit.  f^edt!^^  t^i  dass.,  ai.  vcuihü  ,Biheweib'. 
Das  yerbale  SufOx  -do-  kann  auf  cMo  und  -do-  zurückgehen,  eine 
Scheidung  ist  nicht  möglich  im  Balt-slay.:  idq  ,gehe',  bqdq 
,werde',  jadq  ,fahre'.  Su£Bx  -de  in  jr^i^  ,wo',  ai.  kuha  aus  *An«- 
dhe  ,wo,  wohin'. 

Veränderungen  der  Dentale,  tj  und  d/  ergaben  in 
den  slay.  Sprachen  verschiedene  Besultate,  die  sich  im  Sonder- 
leben derselben  entwickelt  haben.  Im  Urslav.  sind  daraus  zu- 
nächst t',  d\  d.  h.  erweichte  Dentale  entstanden.  Diese  Laute 
wurden  etwas  höher  am  Gaumen  als  früher  das  tj  d  artikuliert 
(vgL  oben  S.  256).  Li  dieser  Lage  bildete  aber  die  Zunge  bei 
der  Trennung  vom  Gaumen  eine  Enge  und  im  Momente,  als  die 
Luft  durch  dieselbe  strömte,  entstand  bei  i  ein  i  oder  ^,  bei  i 
ein  h-  oder  i- artiges  Beibungsgeräusch,  je  nach  dem  Grade,  den 

18* 


276 

die  Verschiebung  der  Artikulation  bei  dieser  Erweichung  erlitten 
hatte.  Das  hing  auch  offenbar  mit  der  Änderung  des  j,  die  da- 
mit auf  einem  Teile  des  slav.  Gebietes  vorzugehen  begann ,  zu- 
sammen (vgl.  bei  j).  Dadurch  war  der  Impuls  zu  mannigfachen 
weiteren  Änderungen  gegeben.  Im  Bulg.  hatte  man  zunächst 
^V  und  d'z,  also  ^wit'sa  aus  *w&ja,  vgl.  svetb  glicht'  und  *vid'zq 
aus  *vidj(f  zu  vidüi  ^hen^  Durch  Antizipation  des  /-  und  z- 
Lautes  entstand  *8vS8t'8a,  *vizd'zq,  woraus  dann  nach  Abfall 
des  zweiten  i,  i  ein  wiit'a  ^Licht^  (konkret)  und  visld^n  ^ch  sehe' 
entstand.  Bei  der  allgemeinen  Veriiärtung  der  i-  und  i-Laute 
wurde  daraus  dann  einfiich  Bo^Haf  vizdq.  Das  so  entstandene  it 
imd  zd  ist  eines  der  am  meisten  hervorstechenden  Merkmale  des 
Bulg.  und  da  wir  diese  Vertretung  des  einstigen  tj,  dj  auch  im 
Aksl.  finden,  so  müssen  wir  es  als  einen  bg.  Dialekt  au&ssen. 

Im  Serb.  wurden  die  Beibungslaute  /  und  z  dadurch  alte- 
riert)  daß  sich  die  Artikulationsstelle  des  t'j  d'  etwas  senkte,  wo- 
durch zunächst  ein  fV;  d'i  und  schheßlich  die  spezifisch  serbi- 
schen Laute,  die  mit  <5,  dz  oder  A  (gj)  transskribiert  werden,  ent- 
standen. Bei  der  Aussprache  derselben  nähert  sich  die  Zungen- 
spitze mehr  den  unteren  Zähnen,  daher  sich  das  s.  6  wesenüich 
imterscheidet  z.  B.  vom  b.  ^,  bei  dessen  Aussprache  die  Zungen- 
spitze gegen  die  Alveoten  gerichtet  ist.  Im  S.  heißt  es  daher 
9v%ji6a  ,Kerze'  und  migja,  mida  oder  midja  ,Grenze'.  Das  ä  ist 
als  eine  Verschmelzung  des  weichen  d  (d)  mit  z  aufzufassen: 
med^za  und  es  kann  daher  dieser  Laut  dialektisch  selbst  zu  einem 
z  werden. 

Im  Slov.  wurde  aus  t's,  indem  beide  Laute  zu  einem  zu- 
.  sammenschmolzen,  ein  ö  :  svida  ,Kerze'.  Bei  dz  ist  dagegen 
eine  weitere  Beduzierung,  als  dies  im  Serb.  der  Fall  war,  einge- 
treten, bis  auch  der  Dental  schheßlich  abfiel :  meja  Grenze.  Das 
j  erstreckt  sich  auch  auf  das  benachbarte  kr.  Sprachgebiet 

Daß  dieses  j  direkt  aus  dem  ursprünglichen  dj  entstanden  wäre, 
ist  nicht  recht  wahrscheinlich,  weil  dadurch  das  Sloy.  zu  sehr  aus  dem 
Bahmen  des  Südslay.,  heraustreten  mochte.  Außerdem  ist  es  nicht  wahr- 
scheinlich, wenn  sich  hei  urspr.  (/  ein  Beihungsgeräusch  entwickelt  hat, 
daß  dies  bei  urspr.  dj  nicht  der  Fall  gewesen  wäre  (vgl.  oben  in  der 
Einleitung  S.  2). 

Im  Buss.  ergab  t's  wie  im  Slov.  ein  e,  während  in  d'z  das 
d'  schon  vorhistorisch  abfiel. 

In  den  westslav.  Sprachen  ist  von  (ä  auszugehen;  daraus 
entwickelte  sich  ein  6,  das  durch  weitere  Verhärtung  zu  c  wurde. 


277 

Desgleichen  entstand  aus  d£  ein  dz,  wobei  das  d  auch  abfallen 
konnte.  So  haben  wir  im  P.  e,  dz  z.  B.  Suneca,  miedza;  im  B. 
c,  z,  nur  das  Slovak.  hat  noch  dz  :  ab.  9vieca,  meza,  slovak. 
medza;  os.  8wSca,  mSza;  ns.  8wiea,  mjaza. 

Handelt  es  sich  am  ein  9ij,  so  wurde  daraus  in  den  westslar. 
Sprachen  46,  das  schließlich  zu  $c  führte.  Zu  putUti  «schicken,  loslassen' 
^  laatete  das  Part.  Prät.  pass.  ab.  pui^en,  nb.  puHin,  p.  jetzt  noch  pun- 
esony.  Daraus  darf  man  wohl  nicht  schliefien,  daß  aach  hier  ursprünglich 
c,  dz  war  und  daß  es  sich  dann  erst  zu  c,  dz  verschoben  hfttte  (Jagi^ 
Afsl.  Phil.  23,  8.  124).  Analog  gibt  auch  zdj  ein  ziT,  b.  hytdiH  ,Ter- 
unstaltenS  dazu  Part.  Prät.  pass.  hyiden.  Zunächst  war  hier  id^ij  woraus 
zd^i  und  schließlich  zd  entstand.  Gebauer  läßt  id  aus  zi  entstehen 
(I,  S.  400). 

Der  Anlaut  weist  im  AksL  eine  Modifikation  im  Resultate 
des  ursprünglichen  ti,  d'z  auf:  es  konnte  nämlich  neben  der 
Antizipation  des  %  einfach  auch  das  t  mit  dem  nachfolgenden  i 
zu  dem  Laute  c  verschmelzen,  ein  Vorgang,  den  wir  sonst  im 
SloY.  und  R  gefunden  haben.  So  heifit  es  zwar  ihiädb  ,fremd*, 
das  aus  Hjudjo  entstanden  ist  und  auf  das  got  fiiida  ^Volk^  hin- 
weist Dameben  aber  auch  6^üdh.  In  diesem  Worte  speziell 
war  auch  noch  eine  andere  Möglichkeit  Torhanden :  das  zweite  / 
wirkte  dissimilatorisch  auf  das  erste,  so  daß  aus  Hjudjo  ein  *tudj(h 
wurde,  das  dann  tuzdh  ergab. 

Aber  auch  das  zd  in  ituidt,  das  regelrecht  entstanden  war,  wirkte 
dissimilatorisch  auf  das  it  im  Anlaut,  so  daß  auch  die  Form  »Utzdb  auf- 
kam. So  finden  wir  im  Aksl.  das  Wort  in  vier  Variationen,  worin  sich 
offenbar  der  Einfluß  verschiedener  Dialekte  zeigt:  Huzd»,  cuzdty  tuidb  und 
Huzdb.  Unter  diesen  Formen  muß  stuidb  als  die  jüngste  angesehen  werden. 
Im  Slov.  haben  wir  ito\  im  S.  tutf;,  in  den  anderen  Sprachen  ist  der 
Wandel  hier  regelmäßig  (vgl.  Yerf.  0  pfiv.  Eier.  1.  3.  4.  Anm.  3). 

Weiter  finden  wir  im  Aksl.  itf*do  neben  öudo  ^Wunder^; 
Mudt  neben  dudh  ^Sitte^.  b.  cud]  aksl.  Hutiti  neben  ötUiti  ^fühlen', 
s.  6tdüi',  vielleicht  auch  ittuh  und  itudim,  itudopim  neben  dudh, 
öudim  jBiese',  ygl.  auch  öudim  ^ein  Finne^,  öudt  ,Finnen^ 

Aus  tt  und  dtj  das  zunächst  auch  zu  U  wurde,  entwickelte 
sich  t»fj  was  so  erklärt  wird:  in  der  Pause  zwischen  dem  zwei- 
maligen Zungenverschlusse  erklang  ein  schwacher  «-Laut:  tHf 
nach  Assimilation  des  ersten  t  dann  st  z.  B.  In£  Präs.  mesli  ^egen, 
werfen'  aus  *fnMi;  vesti  ^ftthren'  aus  *vedrt%.  JEierher  gehört 
auch  die  3.  P.  Sg.  aksL  dasth,  ar.  dcudh  fix  wird  geben'  aus 
*död'U;  jastb  ^r  ist*  aus  *}ad4i\  vesth  fir  weiß'  aus  *vid4i;  die 
2.  P.  Du.  dasta,  jagta,  vista;  die  3.  Du.  und  2.  PL:  doste,  jaste, 


278 

vMe.  Andere  Beispiele:  atkaivlastb  ^Macht'  aus  *vold4i8]  slasth 
Süßigkeit,  Wonne'  aus  *8<M'4i8\  vrhstb  ^Bewandtnis,  Lage'  ans 
*prt4i8,  lit  vifsti  ^ch  wandeln',  ai.  vfitif  ^das  Bollen,  Verfahren'; 
jais^nb  ipaedagogos*  ans  *pil4unO'  zu  pUäi  ^nähren^  pUotm  ,ge- 
mästet,  fetf . 

Der  Lautwandel  des  U  zu  tH  ist  ursprachlich  und  Torslav.  ist  auch 
der  Übergang  des  i't  zu  H  :  lit  Inf.  misH  sn  mM  ,ich  werfe',  v^9ti  zu 
vedA  ^führe';  Ut(i)  ,er  friBt*,  ai.  dtti,  w.  sd;  griech.  aunos  ,nngekanntS 
▼gl.  ai.  väidi  ,gefunden,  erkannt',  nunof  *nt^tos. 

Da  es  im  Slar.  sehr  viele  Infinitive  auf  -sti  gab,  wie  vetti, 
mesti,  gnesti  ,kneten',  gr^i  ,kommen'  etc.,  wozu  auch  die  Inf. 
wie  v€8ti  aus  *ve:di  zu  vezq  ,Teho',  nesU  ,tragen'  u.  s.  w.  hinzu 
kamen,  so  drang  die  Endung  -^$  auch  in  solche  Inf.  ein,  wo  sie 
nicht  berechtigt  war.  So  hieß  es  ursprünglich  nur  teti  zu  tepq 
4ch  schlage',  suH  ,schütten,  streuen'  zu  sbpq;  greti  ,graben'  zu 
grAq.  Daraus  entstand  nun  auf  die  angegebene  Weise  grttii. 
Im  Ab.  haben  wir  nur  hridi,  sküsti  ,rei£en'  zu  skubu,  neben  dem 
alten  öf'ieti  (aus  "^öerptij  dazu  das  Präs.  aksl.  ^rtpq,  ab.  jedoch 
nach  den  vokalisdien  Stämmen  öru),  sMi  zu  spu,  pl^$  zu  plevu 
jäten'.  Nun  drang  aber  noch  der  Stammkons,  aus  den  Präsens- 
und anderen  Formen  neuerdings  ein,  daher  aksl.  auch  grd>8ti, 
tqpstij  ab.  zubsti  ,frieren^,  Präs.  3.  P.  Sg.  ztbe\  dcübsti,  JM>ai; 
letztere  Formen  jedoch  erst  in  späteren  Denkm.  Daß  das  sti  in 
diesen  Formen  lautgesetzlich  entstanden  wäre,  wie  Gebauer 
meint  (L  S.  487  und  HE,  2,  S.  161),  ist  nicht  wahrscheinlich. 

Gkmz  analog  mußte  aus  dd  schon  urspr.  dzd  entstehen, 
woraus  dann  zd  wurde.  Hierher  rechne  ich  zunächst  jazdct, 
jazdz,  jazdüi  ,Fahrt,  fEihren'  aus  *jadzda  eta,  also  mit  einem 
da-  und  (2o- Suffixe  zu  jadq,  jadiati.  Hierher  auch  b.  ahyzda 
,Ekel'  von  ^hyzda  (vgl  hyxdüi  ,verunstalten'),  das  ein  *gf/d-da 
voraussetzt,  vgl.  r.  gidkij  dial. 

d  wird  zu  j  vor  anderen  Kons. :  bIoy.  grdjMhi  ans  grädski  ,Burg-, 
Schlofi-'.  Doch  konnte  das  j  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen  anch  aas 
anderen,  namentlich  weichen  Kons,  entstehen. 

Assimilation  der  Dentale.  Aus  ts,  ds^  das  zunächst 
zu  t8  wurde,  entstand  es,  woraus  8  :  medi  ,w6rfen'  aus  mddi  za 
metq  (siehe  oben);  aksL  briseh  ,te8ta'  aus  *bhrutB'  zu  aisl.  bricia 
,brechen';  vedi  ,föhren^  aus  *vetsti;  Aor.  v^  ,duzi'  aus  *v&sh, 
*vikkb;  dost  ,dabi8'  aus  *döisi,  *död8i;  kqsb  ßisaeiiy  Stück'  aus 
*kant80,  *kand90,  vgl.  lit  händu^  hqsti  ,beißen',  ai.  kkädati  ,er 
zerbeist';  dido  ,Zahl'  aus  *dtt-^o  zu  Mq,  disH  ,zählen';  gqdi 


279 

FL  yZither'  aus  *gqd'8li  zu  g<fdq,  gqsti  ^dtbaill  canere';  jasli  PL 
,Erippe'  zu  jad-  in  jamb  jasti  »essen*;  iz-rash  ,gennen*  aus  ^ortslis 
SU  rasli,  rasiq  »wachsen*. 

Ebenso  führte  tm  und  dm  durch  mm  zu  m  :  09mz  »der 
achte*  aus  *ostmo-  nach  ai.  <»Sfaü,  a^famäa  »der  achte*,  lit  asasMuni, 
gr.  oxrcJ,  got.  ahiau\  vrSm^  »Zeit*  aus  *verimen^f  ai.  värtman 
»Bahn*;  damh  aus  *dödmi  »dabo*;  rumim  »rot*  aus  *rM(]?mdfto-» 
YgL  ruda  »Erz,  Metall*»  YgL  lit  raumä  »Muskelfleisch*;  b.  v^^, 
aksl.  *vym4^  »Euter*  aus  ^üdh-menrj  ai.  ddhar]  aksl.  |>2em^  ,Oe- 
schlecht*  vgl.  plod^  »Frucht*.  In  sedm^  »der  siebente*  und  sedmt 
»sieben*  ist  das  dm  geblieben»  weil  es  urspr.  *8ebdm<h  hiefi. 

Analog  bei  tn,  dn  :  asvhnq  »ich  werde  hell*  zu  svhUti 
»leuchten*;  vhzlyhnqfi  »aufwachen*  vgl.  b^diti  »wachen*. 

In  den  Gruppen  ^Z;  ? 2  ist  die  Assimilation  nur  im  Südslay. 
und  R  eingetreten»  die  westslav.  Sprachen  behielten  sie:  so  lautet 
das  Part  Prät  Akt  11  zu  pletq  »flechte*»  aksL  pleh^  b.  dagegen 
pUtlf  p.  plaii;  ebenso  zu  padq,  pasti  »fallen*»  aksl.  po/h^  b.  padl^ 
p.  padi\  aksL  mdüi  »bitten,  beten*»  bg.  mclja  se,  s.  molüi,  slov. 
molUi  (Freis.  Denk,  noch  modliti),  r.  molüt,  dagegen  b.  modlüi  se, 
p.  madli6,  oe.  modli6,  ns.  modliä.  Im  Suffix  -dlo  :  aksl.  raio, 
b.  rädlo\  aksL  äilOj  b.  Hdlo,  p.  azydlo  »Pfriem*  zu  Üti  »nähen*. 

In  stl  ist  selbst  auch  im  B.  das  t  ausgefaUen:  düp,  aloup, 
ab.  silüp,  die  Schriftsprache  bewahrt  noch  stlaup,  slovak.  stTp 
»Säule*. 

Mit  rcdo  aus  racUo  vgl.  lat  adla  zu  aedeo,  got  dagegen  sitls. 

Dentale  werden  eingeschaltet:  sr  wird  zu  slr  :  astrh 
»scharf*»  lit.  aszrüs,  daneben  dial.  asztrüs,  gr.  a%(fog  »spitz*»  ai. 
catur-asras  »Viereck*;  phstn  »bunt*  aus  *pb8'ro-,  vgL  pösati^ 
pUtf  »schreiben*»  gr.  Ttoixilog  »bunt*;  struja  »Strömung*»  astrovh 
»Insel*,  YgL  gr.  ^iei  »er  fließt*»  ai.  srdwxti  dass. ;  sestra  »Schwester* 
aus  *8e8raj  lit  sesu»  gen.  sesers. 

Im  lit  ist  diese  Erscheinung  nicht  aUgemein,  sondern  nur 
dial.:  srove  neben  dial.  strave  »Strömung*;  sravh  »das  FlieBen»  der 
Strom*»  let  aträtoe. 

Die  Grappe  9tr  aus  ar  wurde  bekanntlich  von  Bragmann  als  ein 
Yerwandtschaftszeichen  zwischen  dem  Germ,  und  Slavolett.  angesehen 
(Techmer,  Zeitschrift  I,  8.  234—248). 

In  aksl.  m^ra  ,membrana' ;  aksl.  nozdri  ,nares*  zu  non  ,KaseS  liegt 
wohl  ein  tr  vor  (vgl.  bei  s). 

Weiter  wird  nr  zu  nrfr  :  aksl.  mqdrb  »weise*;  b.  pondrava 
»Bngerling*»  zu  piMitriti,  ygl.  auch  sIoy.  pondretij  pondrem  »immer- 


280 

gere*;  b.  vindra  ^G^ldstück:  Heller  oder  Pfennig*  aus  Wiener; 
b.  Jindra,  Jindrich  aus  Heinrich. 

Palatalisierung  der  Dentale.  Abgesehen  von  den  fiiiher 
besprochenen  urslav.  Gruppen  tj  und  dj  (vgl.  oben  S.  275),  erfuhr 
das  t,  d  auch  Tor  den  palatalen  Vok.  in  einzelnen  slay.  Sprachen 
eine  Erweichung,  die  häufig  wegen  eines  Gleitlautes  zu  einer 
Mutation  der  Dentale  führen  konnte.  So  erscheint  es  einfach 
erweicht,  also  als  i,  d  (t',  cT)  im  Grofir.  vor  den  palatalen  Vok., 
z.  B.  aio  (spr.  ielö)  ,Eörper,  Leib';  dikij  (spr.  dikij)  ,wild^  devjatb 
(spr.  devjai)  ,neun*,  ditja  (spr.  dita)  ,Kind'  u.  s.  w.  Im  Klr.  vor 
urslav.  i:  Hh,  düo.  Im  B.  vor  urslav.  i  und  t:  hodina  ^Stunde*, 
prositi  ,bitten',  tieh^  ,8till*,  kost;  vor  urslav.  S:  däati  ,machenS 
täo  ^Körper*;  im  Slovak.  nadievai,  hdievai,  tiäil,  dSdina;  im 
Gegensatze  zum  Schriftb.  wird  hier  auch  vor  e  erweicht.  Im 
Bulg.  dial.  date,  devet,  im  S.  dial.  leleti,  devöfjca.  Der  Gleitlaut 
findet  sich  in  manchen  großr.  Dial.:  Ueb'a  für  ieVa,  Uiäe  für 
Häe  (im  Gouvem.  Tver).  Die  Mutation  können  wir  bemerken  im 
Poln.:  ciaio  spr.  6aio  für  telo  ,LeibS  dzieh  spr.  flieh  ^Werkfj 
aksl.  däo,  dzieA  aber  dnia,  6ma  ^Finsternis',  aber  tnq  ,ich  haue' 
u.  s.  w.,  worüber  S.  155;  analog  auch  dial  im  Slovak.,  ebenso  in 
Mähren. 

Für  das  eben  erwähnte  d  und  dz  kann  auch  c  nnd  dz  eintreten,  was 
mit  der  allgemeinen  Entwickelang  dieser  Lante  znsammenhängt.  Das 
Osorb.  hat  d,  di  überall,  das  Nsorb.  brachte  es  zu  /,  i-.  iopiy^  iichy^ 
iw9i  gegen  os.  doply^  dievBÖ^  sonst  bleibt  rf,  di  nur  in  kons.  Gruppen. 
Weiter  kommt  das  ^,  dz  im  WeiBr.  vor,  wo  aach  noch  in  manchen  Ort- 
schaften das  iy  d*  anzutreffen  ist. 

Aber  dial.  auch  auf  dem  s.-kr.  Sprachgebiete:  leieUy  dtsd,  vidieü, 
eilo,  dzelovat  (vgl,  Afsl.  Phil.  13  S.  691). 

Differenzierung  der  Dentale:  t  geht  manchmal  in  k 
über  und  zwar  namentlich  in  den  Gruppen  tr  (tr),  Ü:  b.  diaL 
hremcha  aus  (8)trefncha  ,Traubenkir8che^;  mähr,  ikrknöt  st  ikrtnouti 
^durchstreichen';  aUgemein  b.  kruta  aus  ,Truthenne';  cvikif  aus 
yZwitter';  puäkvarec  aus  yBrustwurz';  b.  vyvrknotUi  aus  und  neben 
vyvrtnouti  ,veiTenken,  ausrenken'  (also  auch  nach  r). 

Im  Lit.  wird  tl  zn  ^  und  zwar  auch  in  Fremdworten :  zMcUu  ,Zeichen', 
preuß.  dagegen  eh-tentUutui  ,bezeiGhnet  habend*;  Mlä  ,Same'  aus  *^/ü; 
in  Fremdworten:  turklilis  (auch  kurklilis)  .Turteltaube';  piküoü&U  ,Mehl 
beuteln*  aus  p.  pyilotoad;  aber  auch  b.  dial.  klußUj  f.  tiustp  und  and. 
(Gebauer  I  8.  393).  Vgl.  auch  Itki.  ptäelum,  piäeulum,  wo  das  Suffix 
-tlo  vorliegt,  ebenso  luerutn  (zunächst  luelum,  ebenfalls  mit  -t^). 

Analog  geht  d,  d  dialektisch  in  g  über  und  zwar  am  hau- 


281 

figsten  in  den  Gruppen  dr,  dl :  b.  glhy  st.  dlhy,  gewöhnlich  dlouhy 
ylang';  zigie  st  Hdle  ^Sessel';  sloyak.  miazgra  st.  miaxdra  Mem- 
brane'; kasub.  zqglo  gegen  p.  zqdlo  ^Schneide,  Spitze'. 

Analog  anch  im  lit. :  igle  yTanne',  preuß.  addle^  p.  jad^ ; 
lett  segli  PL  tant.  ^Sattel',  got  dagegen  9ifh,  slav.  sedlo. 

In  den  b.  Dial.  geht  d  manchmal  in  r  über :  ^rtk  aas  d^dtik  ,Groß- 
▼ater,  Alter*  (pejor.);  hortjt  aas  hodejf  (und  dieses  aas  hoh-4tj4)\  intrary 
st.  initrady  Jntraden';  voroUc  aus  vodoUi  ,Was8ergraben',  also  meist 
interrok.,  doch  auch  ßvarha  Hochzeit'  aas  svadba,  meist  waiba.  Solche 
Fälle  sind  namentlich  im  Chodendialekte  häafig.  Etwas  Analoges  be- 
merken wir  aber  aach  in  dem  benachbarten  deutschen  Dial.  von  Chotie- 
saa.  So  auch  im  Dialekt  von  Peterswalde:  niera,  kiera,  Lara  für  nieder, 
Neider,  Leder,  Hier  handelt  es  sich  also  um  das  zwischen  zwei  Vokalen 
stehende  d.  Ähnliche  Erscheinungen  in  anderen  d.  Dial.,  namentlich  in 
den  Alpengegenden  (vgl.  Weinhold,  Bair.  Gramm.  1867  §  147  a.  163). 

Die  Labiale  p,  b,  v,  (m). 

Das  slav.  p  ist  die  Fortsetzung  1)  eines  ursprachl.  p :  aksl. 
pazüi  ^chtgebenS  ai.  pdiyati  ,er  siebte,  daneben  mit  sp :  ai.  spdi- 
ySpäher^y  lat.  speciö,  auspexj  ahd.  spehön  ^spähen';  pasti,  pasq 
,weiden'  (s  aus  sk),  vgl.  lat  pöscö;  prijati  ^gewogen  sein',  vgl. 
ahd.  friufU  ,Freund*,  gotfrijönds,  sd.priyd8  ^eb';  pro  (xmdprO') 
lit  pra-,  pro,  got  fra^  lat  pro,  pro,  gr.  ftgo,  ai.  prd;  plyii,  pluti, 
plovq  ,sehwimmen,  fließenS  lit  plduju  ,8püle',  ahd.  flouwen,  flewen 
ispülen,  waschen^  lat  pluü,  gr.  tvUw,  ai.  prävaii  ,er  eilt^,  plavats 
fiT  schwimmt,  fliegt,  springt';  p^t  ,fünf  aus  *penHi8,  lit  penIA, 
gr.  ftevTS,  ai.  pdnca;  ghpati,  Shpljq  ,8chlafen',  lit  säpnas  ,Traum' 
(sloT.  8hm  ,8ehlaf),  lat  sopor,  somnus,  gr.  vnvog,  ai  9väpna8 
,Sehlaf,  w.  sybep',  Itpeti  ,haften  bleiben^  lit  limpii,  lipaü,  lipti 
,klebenS  gr.  liTtog  ,¥eW,  ai.  limpdti  ,er  beschmiert,  liptds  ,kle- 
bend';  teph  ,warm',  topiti  ,wärmen',  lat.  tepeo,  tepidtta,  ai.  tdpati 
,er  wärmt,  brennt*;  u-trtpeti  ,torpere',  r.  terpnutb  ,erstarren',  lit 
tifpti,  tirpstü,  lat  torpire, 

2)  Eines  urspr.  ph  :  polica  ,Brett,  Gesims*,  ai.  phdlakatn 
yBretf,  gr.  atpilag  ,Fußbank^  (Brugmann,  Kurze  Tgl.  Gr.  8. 162, 
anders  Mikl.,  Etym.  Wtb.  S.  265). 

6  ist  1)  ursprachlich:  aksl.  bdij  ,größer*.  Tgl.  lat  di^nlis 
,kraftlos,  schwach',  ai.  bdlam  ,Eraft,  Stärke*;  blato  ,Sumpf,  lit 
balä  ,Torfmoof',  ahd.  pfuol  ,Pfuhl*;  byJn  ßüer",  budati  ,brüUenS 
b^^ela  ,Biene'  (die  Summende),  mhd.  pfächen  ,pfiaucheti*,  lat  bü- 
eina,   gr.  ßvKnig  ,heulend^;   dobrb  ,gut*,   ahd.  tapfar  ,gewichtig, 


282 

wichtig^,  lat  faber^  dazu  wohl  auch  debd^  ^dick^  und  dobVh  ,8tark, 
tüchtig';  d^bn,  aksl.  dti^rh  (wohl  infolge  der  Vokalassimilation) 
ySchlucbt',  vgl.  lit  dubüs  ,tiefy  got.  diups  ,tief ;  slabb  ,schwacb'y 
ahd.  daf  ^hlaff,  ahd.  dafu  ^ch  schlafet 

2)  Entspricht  es  einem  urspr.  bh\  aksl.  hajq  ^abulor^,  ahd. 
bannan  ^befehlen,  vorladen^  lat  färi^  gr.  g>f]fiii  ai.  bhdnati  ,er 
spricht';  berq^  bhrati  ^lesen,  sammeln,  nehmen',  got  baira,  lat  ferö^ 
gr.  q>€Q(Oj  ai.  bhdrämi;  aksl.  borjq  ,Eämpfe',  lit  bariü  ^schelte', 
lat  feriöj  ai.  bhdras  ,Schlacbf ;  braitmo  ,Speise',  got  barizeina 
^Gersten-',  lat  far,  farris]  bcjaii  s^  ,sicb  fürchten',  lit  bijöiiSj  dass., 
ai.  bhdyaU  ,er  fürchtet  sich';  U^  ,ich  irre',  lit  blendeä's  ^cb 
yerfinstere  mich*,  vgl  got  blandan  sik  ,8ich  vermischen,  blinds 
,blind' ;  byti  ,sein',  Ut  btUi^  ahd.  buan  ,wohnen,  bebauen',  gr.  g>vaig 
,Natur',  lat  fuam  u.  s.  w.,  ai.  bhdvati  ,er  wird';  bratrh,  braU 
,Bruder',  lit  broterelis  ,Brüderchen',  got.  brößar,  lat  fräter,  gr. 
q>qmtaQ^  (pnitriQ^  ai.  bhrätä^;  bogh  ,Grotf ,  bogath  ,begütert-,  u-boffb 
,arm',  vgl.  ai.  bhaktäm  ,Anteil,  Speise',  bhdgas  ,Zuteiler,  Spender', 
gr.  fpayüv  ,es8en';  nebo  ,Himmel',  ahd.  nebul,  gr.  vitpog^  ai.  nibkcis 
,Nebel';  obrtvh,  Ut  bruvü,  ahd.  bräwa,  gr.  6g>Qvg,  ai.  bhrüp  , Augen- 
braue'; z(^  ,Zahn',  vgl.  ahd.  chanA  ,Kamm'  (vgl.  S.  121);  ljub^ 
,lieb')  Ijubiti  ,lieben',  ai.  lübhyati  ,er  empfindet  heftiges  Verlangen'; 
Dat  Sg.  tebe  ,dir',  vgl.  ai.  tubhgam^  preuß.  tebbei,  lat.  H-bi;  robb 
,Enechf  aus  ^arbo-,  vgl.  got  arbaißs  , Bedrängnis,  Nof. 

Das  labiodentale  v  (eine  Spirans)  geht  auf  das  urspr.  bila- 
biale u  zurück,  woraus  es  sich  unter  bestimmten  Bedingungen 
entwickelt  hat. 

Allerdings  ma£  man  auf  Grund  verschiedener  Erscheinangen  an- 
nehmen, daß  sich  das  ff  im  Slav.,  insbesondere  in  einzelnen  Dialekten, 
dann  auch  in  bestimmten  Stellungen,  lange  behauptet  hat.  Dafür  sprechen 
verschiedene  lautliche  Besultate,  die  wir  in  einzelnen  slav.  Sprachen 
finden  und  die  leichter  ans  einem  ff  als  v  erklärt  werden  können.  Also 
noch  nach  der  Trennung  der  slav.  Sprachen  gab  es  ein  ^.  Sachmatov 
suchte  nachzuweisen,  daß  sich  nur  in  den  südslay.  Sprachen,  dann  im 
BusB.  das  ff  erhalten  hätte,  während  in  den  westslay.  Sprachen  daraus 
ein  V  geworden  wäre.  (Izvöstija  Otddl.  russk.  jaz.  Bd.  8,  Hft  2,  S.  325f.). 
Allein  EuTbakin  hat  mit  Becht  darauf  hingewiesen,  daß  sich  auch 
noch  in  den  westslav.  Sprachen  deutliche  Spuren  des  ff  zeigen  (Sbomik» 
statej  V  5e8t  M.  C.  Drinova,  S.  221 — 236).  Man  denke  an  das  ab.  u  vodi^ 
aksl.  vh  vodiy  u  pomoCy  aksl.  vt  pomoitb  (vgl.  Gebauer  I  S.  427 f.),  neub. 
noch  dial.  Cuinouc  st.  Öuinovie  (südwestl.  Dialekte),  slovak.  Dial.  pra^da 
st.  pravda^  Gen.  PI.  Öeehoff  u.  B.  w.  Nach  Beliö  findet  sich  das  jt  jetzt 
noch  in  den  östl.  Gebieten  von  Serbien  (1.  c.  S.  225,  Anm.  1),  nach  Mi- 


283 

letiS  (»Dm  Ostbalg.«  Schriften  der  Balkankomm.  1908,  S.  82,  89,  155) 
in  den  5atl.  Gebieten  Bnlgariens,  Bchliefilich  im  Oberkrainiscben  des 
sloT.  Sprachgebietes.  In  r.  Dialekten  äafierst  selten  (ugromss.  Dial.  Ton 
Ubija).  K.  gibt  nur  zu,  daß  die  Verdrängung  des  ff  vielleicht  in  den 
vestslaT.  Sprachen  rascher  vor  sieb  ging.  Bei  diesem  Prozesse  ist  über- 
haupt im  Slav.  ein  v  geworden. 

So  1)  im  Anlaut  Tor  Vokalen:  vedq,  vesti  ,führenS  lit  vedü, 
vidi  yführen,  heiraten^  preuß.  wedduna  ^geführt^i  wesiwei  ,führen^y 
ai.  vadkaf  jBvbxiV;  vezq,  vuti  yvehere',  lit  vezü,  vüti  ^ahren^ 
(trans.)}  got  ga-unga,  gr.  exog,  ai.  tdhämi;  veöert  yAbendS  ^^ 
väkaras;  videti  ^wiasen^,  viditi  ,8ehenS  lit  v^diu,  vyd'äi,  pa-  ,be- 
neiden^  got  waü,  lat  video,  gr.  ßolda  ^ch  weiß',  ai.  vida;  viti 
ywinden^  lit  v^i,  ai.  vydgaii  ,er  windet,  wickelt';  voda  yWasser^, 
lit  vandü,  got  toatö;  vtdava  ^Witwe^,  got  unduwö,  lat  vidua,  ai. 
vidhdvä;  vtsb  ,Doif  ^  lat  vieus,  gr.  ßdinuog;  vijaUy  vijq  ^wehen', 
vitro  ,Wind*,  Ut  vej(u  ,Wind*,  gr.  a(/)i]ai  ,er  weht^,  ai.  vd-ii. 

Im  Anlaut  auch  vor  einem  r,  /;  vltkb  ,Wolf ,  Ut  väkaa,  got 
undfa,  ai.  vfkaa;  vhna  ^WoUe^,  lit  vüna,  lat.  läna,  ai.  4ma; 
vrUäi  ^drehen,  bohren',  lit  verczü,  versti  ^umkehren',  got  toairtha 
jich-  werdet  lat  verto,  ai.  vdrtaU  ,Tertitur';  vrtehz  ,Spitze,  Berg', 
lit  virszus  ^P^tze,  Oberes,  Äußeres',  lat  verrüea  yWarze'  (urspr. 
yEriiebung'),  ai.  vdrfifthas  ,der  höchste,  oberste'. 

Dagegen  ist  das  u  vor  einem  r,  l,  das  nicht  silbisch  war, 
geschwunden  und  zwar,  wie  es  scheint,  schon  im  Balt-Slav.:  rata 
,Eid',  el.  ßQäTQäy  att  ^i^tqo  ,Vertrag',  ai.  vratäm  ,Gtebot,  Satz- 
ung'; riiäi  ,solyere',  lit  riszü,  rUzti  ,binden',  got  leruggo  ,Schlinge', 
ags.  wrinzan  ,fe6t  zusammendrehen',  W.  j^reHc  (slav.  rech-  ygL 
oben  S.  260);  rosa  ,Tau',  lat  rds  (aus  *vrö8)^  air.  fräse  ,Begen' 
aus  *vragta,  ai.  varfdm  ,Regen',  gr.  üfati  (bei  Hirt,  Abi.  607 
die  Basis  uerea);  doch  kommt  itn  Ai.  auch  rdsas,  rasd  ,F11is8ig- 
keit.  Naß'  yor;  rod^  ,Geburt,  Geschlechf,  ai.  vräeUtant-  ,empor- 
steigend,  großtuend';  aksl.  *U9ka,  s.  lijiska,  b.  lüka  ,Haselstaude', 
got  uAizjan,  air.  ßeBC  ,Rute,  Gerte'  aus  *uli8kä,  ai.  vlcfkas 
^Schlinge';  ygL  noch  Ut  resnas  ,stark'  zu  as.  icriM,  ahd.  riso 
,Biese';  Ut  lüü,  lytis  ,Aussehen'  aus  got  wliU,  as.  vAiti  , Aus- 
sehen'. Vgl  Lid^n  »£in  balt.-slay.  Anlautgesetzc  (Göteborg, 
1899)  und  Meillet,  MSL.  9,  S.  142{: 

2)  intervok.:  divert,  Ut  diveris,  ahd.  tueihhur,  gr.  dätjg  aus 
daißfiQy  lat  l^ir,  aL  d^vdr-  Schwager';  navb  ,neu',  gr.  vißog,  ai. 
ndvas;  plyti,  pluti,  plavq  ,schwimmen,  schiffen',  Ut  pa-plava  ,8pü- 
Ucht^,   gr.  7tli{f)fa  ,ich  schwimme,  schiffe',  alat  per-phvere  ^e6k 


284 

seinS  ai.  pldvatE  ,er  schwimmt,  fliegt';  dev^  ,der  neunte^  lit. 
deviUtas,  lat  navem,  aL  ndva,  fiavcUif.  Nom.  FI.  der  «-Stämme: 
synave  ,Söbne'  aus  *8üne^e8,  vgl  gr.  ^dieg  ^soaves',  ai.  aündvas; 
OcD.  Sg.  der  a-Stämme:  wekrwe  zu  svekry  Schwiegermütter', 
vgl.  ai.  Lok.  svasrutham;  das  Part  Piüt  akt  I  bei  Yokal.  Aus- 
laut: tidevb  ,der  gesehen  hat',  davz  ,der  gegeben  haf ;  die  Endung 
der  1.  Fers.  Du.:  vedevi  ,wir  zwei  führen',  vgl.  lit  vida-va,  ai. 
vahavas. 

3)  poetkons.:  nach  b,  p  ist  es  schon  im  Urbalt-slav.  ge- 
schwunden, während  es  sich  nach  anderen  Kons,  behauptet:  aksl. 
Aor.  bSch^  aus  *bu^z  zu  bhe^,  dann  bitm  ,wir  wären',  bq  ßie 
wären',  lit  auch  büi,  bit  ,er  war',  analog  auch  im  lat  'bam;  aks. 
obüi  ,umwinden'  aus  ^ob-vüi;  Makb  , Wolke'  aus  *ob^oUc(h; 
oblüti,  oblikq  (aus  ^ab^dk-)  ^nduere';  obüät  ,diyer8orium,  refectio' 
zu  mtati  ,habitare'.  Später  wurde  häufig  unter  dem  Einflüsse  des 
Simplex  das  v  wieder  eingeführt:  böhm.  obvinouti  ,umwinden'. 

Merkwürdig  ist  auch  der  Ausfall  des  ff  in  settra  ^hwester*,  ebenso 
im  Lit.sesti,  sese^s,  got.  dagegen  9wiitar,  ai.  «r<foar,  lat  «oror  ans  *9^ror: 
doch  ist  das  v  erhalten  z.  B.  in  tttkry  (also  auch  nach  einem  s  und  vor 
einem  «). 

Sonst  in  anderen  Fällen  bleibt  es  auch:  dwrt  ,Tür',  dvitrh 
,Hof,  Haus',  gr.  ^«^a  ,Tür',  »ai^^q  ,Türangel';  zvin  ,Tier',  lit 
ivMa  ,wildes  Tier',  hitferus,  gr.  ^^,  lesb.  qyqq;  svUäi  feuchten', 
8vM^  ,Licht^,  lit  szviUSti  ,hell  glänzen',  ai.  svürda  ,Iichf ;  tpqj  ,dein', 
preuß.  twaü,  ai.  tvds;  mrttv^  ,tot^,  lat  moriuus  (das  v  soll  jedoch 
von  zirb  ,lebendig'  herrühren);  öntstp^  ,solidu8'  aus  *krd4vo,  man 
vergleicht  got  hardus;  das  Suffix  -tvo:  -ätatvo  in  pri-Hstvo,  pri- 
äbstvbje  ,Ankunft'  (aus  *Hd'ivo),  r.  jaJtvo  ,reichlicher  Fischfang'; 
Suffix  tva:  z^va  ,messis',  molitva  ,Gebef,  jastva  ,cibus',  zrttva 
,Opfer^,  vgl  lit  brasiva  ,Furt'  zu  bredü  ,wate',  senaJtve  ,hohes 
Alter';  das  Suffix  tvo  kommt  auch  als  Bestandteil  des  Suffixes 
-tstvo  vor:  Iqkamstvo  noyqgia;  bozhstvo  ,Göttlichkeit';  devtstvo 
4nfantia';  rozdtsivo  yeveaig.  Das  Suffix  ^,  tuä  ist  ursprach- 
Uch,  vgl  ai.  priyatvdm  ,das  Geliebtsein',  got  frijapwa  ,Liebe' 
u,  s.  w. 

Nach  einem  Vokal  und  vor  einem  i  entwickelte  sich  im 
Balt.-Slav.  ein  if-Diphthong,  weil  die  Silbe  so  getrennt  wurde, 
daß  man  das  )f  zum  vorhergehenden  Vokal  zog:  aksl.  uj  ,Oheim' 
aus  *a^io,  preuß.  atvia  dass.,  lat  avia  aus  *a-u0;  aksl.  iuj 
4inks'  aus  *9efti0',   &i.  savyds  ,links'  aus  ^se^ui^';  im  Fräs,  der 


285 

Yerba  der  VI.  EL:  radujq  s^  4<^h  freue  mich^  Vgl.  auch  lit 
kraüfas  filnif^  ai.  dagegen  kracyam-  ^rohes  fleische 

4)  Auf  Blav.  Boden  entwickelte  sich  vor  einem  ^  und  y  immer 
ein  j^v)  und  —  insbesondere  in  den  Einzelsprachen  —  mitunter 
auch  vor  anderen  Vokalen  wie  o,  q  (hier  selbst  auch  im  AksL), 
^  (vgl.  8. 180)  z.  B.  V'Ztarh  ^er  zweite^;  v-ydra  ^Fischotter^,  vepn 
yEber'  u.  s.  w. 

Die  labiale  tonlose  Spirans  /  hat  sich  erst  später  in  einzelnen  sla?. 
Sprachen  entwickelt,  z.  B.  im  S.  and  Bg.  entstand  fala  aas  h'vala,  im 
B.  doufati  ,hoffen'  aus  ^do-upvati;  so  auch  im  P.  ob/Uy  ,Teichlich*  aus 
opwüy  und  dieses  aus  ap.  oplwiiy  zu  phUi^  pfyti,  pl<w€^  also  etwa  ,abun- 
dans*;  dameben  auch  oktoity  (Fgl.  weiter  unten).  Auch  im  Ap.  ist  ehv 
zu  chf^  dann  ß  und  /  geworden,  desgleichen  haben  wir  im  Ns.  zuehtoaiy 
und  zufa^y.    In  der  älteren  Zeit  mied  man  entschieden  diesen  Laut. 

Das  sog.  l  epentheticum.  In  den  Gruppen  pj,  bj,  vj  — 
und  mj  (eig.^',  hi  u.  &  w.)  —  wurde,  wenn  darauf  noch  ein  Vok. 
folgte,  schon  im  Urslav.  das  j  zu  1%  indem  der  bei  der  Aussprache 
der  Labialen  gebildete  Verschluß  einen  analogen  auch  bei  dem 
unmittelbar  nachfolgenden  j  hervorrief.  Auf  diese  Weise  mußte 
daraus  ein  weiches  l  (V  oder  Ij)  entstehen.  Diese  Erweichung 
erstreckte  sich  auch  auf  die  Labiale  selbst  (über  diese  vgl.  oben 
8. 256),  also  pl',  bT,  vl\  mV  +  Vokal  (sie  wird  allerdings  in  den 
Quellen  nicht  bezeichnet)  z.  B.  aksl.  j>{'u/9  (jP^H^f)/  P^'t^^  ,speien^, 
Ut.  spiduju,  gr.  ftfvoß  aus  (sipiü-iö-;  aksL  zenU'a  (zemLja)  ,Land| 
Erde'. 

Daß  I  zu  l  geworden  ist,  hat  man  auch  schon  früher  ange- 
nommen, so  z.  B.  Jagic  im  Afsl.  Phil.  10,  S.  178:  »nicht  /  ist 
eingeschoben,  sondern  j  wurde  zu  V,  wie  z.  B.  in  Ijelen  neben 
fdent.  Eine  bestimmte  Artikulation  des  /  (i)  war  ofienbar  unbe- 
dingt notwendig.  Als  sie  sich  später  geändert  hatte,  konnte  kein 
l  auf  die  erwähnte  Art  aufkommen.  So  heißt  es  z.  B.  jetzt  im 
Slov.  zdravje  ,OesundheitS  nicht  zdravVe,  aksl.  sbdravtje  (jetzt 
sagt  man  im  Slov.  auch  zdje  ,Kraut^,  nicht  zeVe).  Den  Namen 
epenthetisch  führt  das  V,  wie  wir  aus  der  Darstellung  ersehen, 
mit  Unrecht. 

Was  den  Übergang  des  ./  in  l  anbelangt,  so  ist  zu  bemerken, 
daß  er  sonst  im  Slav.  verhältnismäßig  selten  beobachtet  wird, 
trotzdem  die  Artikulation  dieses  Lautes  leicht  dazu  führen  konnte. 
Es  mußte  in  der  Regel  noch  ein  zweiter  Faktor  hinzutreten; 
dieser  gab  dann  eigentlich  den  Impuls  dazu.  Bei  dem  sog.  U 
epentheticum   war  es  der  unmittelbar  vorhergehende  Verschluß 


286 

der  Labiale.  In  serb.  Ijdeti  neben  jden,  aksl.  jdent  ^Hirsch'  ist 
jedenfaUs  das  nachfolgende  l  auch  im  Spiele  gewesen.  Es  heißt 
im  Sorb.  lavor  für  javor  ^hom^,  im  P.  Erak.  granastaV,  buckaP. 
In  den  slav.  Sprachen  wechselt  femer  jedva  ^aum^  mit  ledva 
(letzteres  r.  dial.,  b.  neben  jedva,  und  p.  ledwie)  ab,  und  es  handelt 
sich  hier  jedenfalls  um  einen  Übergang  des  j  in  L  Kaum  liegen 
hier  zwei  yerschiedene  Worte  ursprünglich  vor.  Ihre  Reflexe 
haben  wir  wohl  nicht  im  lit.,  nämlich  in  advas,  vos  ,kaum^  und 
ledvai,  wie  Miklosich  angenommen  hat  (Etym.  Wtb.  S.  102), 
denn  es  handelt  sich  hier  jedenfalls  um  eine  Entlehnung  oder 
Beeinflussung  seitens  des  Slav.  Femer  ist  im  Ab.  jedno  ,nur^  zu 
ledno  geworden;  desgleichen  auch  diaL  len  =  jen  ,nur^,  im  Idr. 
ebenfalls  Uno  aus  jeno.  Auch  Uda,  b.  z.  B.  ledakdo  ,wer  immei' 
wird  auf  die  angegebene  Art  auf  das  aksl.  jede  z.  B.  jedekyj 
,quidam',  jedeötto  zurückzuführen  sein,  weil  es  eben  in  jenen  slav. 
Sprachen  vorkommt,  die  ein  leda,  ledva  neben  jedva  haben. 
Miklosich  bringt  es  allerdings  mit  lit.  ledokas,  ledikas  ,schlecht^ 
in  Zusammenhang  (Etym.  Wtb.  S.  162),  wohl  mit  Unrecht 

Das  2-epenth.  kommt  vor  im  Buss.,  Serbo-kr.  und  Slov., 
es  fehlt  den  westslav.  Sprachen  und  dem  Neubulg. 

Das  Aksl.  ist  nicht  konsequent  in  dieser  Hinsicht,  in  den  Denk- 
mälern wechseln  Fälle  mit  und  ohne  ^epenth.,  aber  wir  können  doch 
bemerken,  daß  ein  Denkmal  desto  häufiger  das  /  anwendet,  je  älter  es 
ist  und  je  besser  es  den  ursprflnglichen  Zustand  der  Sprache  bei  ihrer 
Fixierung  als  Schriftsprache  bewahrt  hat.  Daraus  schließen  wir,  daß 
das  /-epenth.  urspr.  hier  überall  gebraucht  wurde,  wo  wir  es  erwarten. 
TJnd  da  wir  das  Aksl.  als  einen  bg.  Dial.  auffassen  rnftssen,  so  folgt 
daraus,  daß  dies  der  ältere  Zustand  auch  des  Bg.  überhaupt  war.  Auch 
das  Bg.  hatte  also  einst  das  /-epenth.,  allmählich  wurde  es  jedoch  auf- 
gegeben und  dieser  Zustand  des  Schwundes  äußert  sich  eben  in  den 
aksl.  Denkmälern. 

Man  nahm  an,  daß  das  ^epenth.  im  Urslay.  allgemein  ver- 
breitet war  und  daß  es  in  den  westslav.  Sprachen  später  und 
zwar  noch  in  einer  vorhisi  Zeit  aufgegeben  worden  ist,  wie  wir 
es  etwa  im  Bg.  in  der  bist  Zeit  noch  verfolgen  können. 

Von  dieser  Ansicht  scheint  auch  Brugmann  auszugehen  (Kurze 
▼gl.  Gr.  S.  97),  weil  er  es  unter  den  Veränderungen,  die  das  j  in  dem 
vorhergehenden  Kons,  schon  im  ürslav.  hervorgebracht  hat,  behandelt, 
z.  B.  neben  dem  Übergang  des  ^|,  gi  in  e,  z,  was  doch  ein  gemeinslay. 
Prozeß  war. 

Andere  nehmen  an,  daß  nur  in  sporadischen  Fällen,  wie  ab.  plvaii^ 
pVuju  ,speien*   das  ^epenth.  gemeinslav.  wäre,   während  es  sich  sonst  im 


287 

allgemeinen  in  den  westalay.  Sprachen  oder  gar  im  ÜrslaF.  nicht  ent- 
wickelt hätte,  sondern  es  wäre  hier  das  p,  b,  v,  m  einfach  zu  p\  h\  v\ 
m'  erweicht  worden  (ygl.  Gehaner  I,  S.  811).  Fortunatoy»  sacht 
zwischen  beiden  Ansichten  zu  yermitteln.  Er  meint:  die  Gruppe  Labial 
+  i  wäre  nur  in  der  Anfangssilbe  des  Wortes  in  allen  Dial.  in  Labial 
+^  verwandelt  worden,  z.  B.  plwati;  sonst  nur  in  einer  Gruppe  von  Dial., 
in  der  anderen  wäre  %»^mia  zu  ztm-ja  geworden.  Gleichartige  Erschein- 
ungen hätten  wir  in  den  halt.  Sprachen,  z.  B.  im  Lett.  pTaüi  {pf  aus  pi 
in  erster  Silbe),  dagegen  Mmpja  (BB.  22,  S.  155 — 156  Anm.).  Man  kann 
jedoch  kaum  annehmen,  daß  im  Ürslay.  in  jener  Periode,  als  sich  pVvati 
entwickelte,  eine  Aussprache  wie  zem-ja  möglich  gewesen  wäre'  und 
darauf  kommt  es  eben  an.  Wir  bemerken  eine  derartige  Änderung  der 
Silbentrennung  nur  bei  dem  if-Diphthong  mit  folgenden  i  z.  B.  it^f  ,links' 
aus  *i0if-^,  während  früher  »^uip'  ausgesprochen  wurde. 

Es  ist  mir  demnach  wahrscheinlichery  daß  das  I-epenÜi.  ein- 
mal gemeinslav.  war  und  das  es  mit  der  Zeit  in  den  westslav. 
Sprachen  auf  dieselbe  Art  aufgegeben  wurde,  wie  später  im  Bg. 
Der  hauptsächlichste  Grund,  der  mich  dazu  bestimmt,  ist  der, 
daß  das^'  eine  bestimmte  Artikulation  im  Urslay.  gehabt  haben 
muß  (vgl.  je  aus  jo).  Ich  glaube  daher  nicht,  daß  sich  nur  in  der 
Anfangssilbe  das  epenth.  l  im  Urslav.  allgemein  entwickelt  hätte. 
Es  haben  sich  allerdings  nur  spärliche  Überreste  erhalten,  wie 
das  ab.  pl'vati,  dann  p.  kropla  neben  krapia.  Den  Schwund  des 
Z-epenth.  mögen  wohl  in  den  westslav.  Sprachen  dieselben  Um- 
stände herbeigeführt  haben  wie  im  Bg.  Neben  den  Formen  mit 
V  bestanden  meist  noch  andere,  in  denen  kein  j  vorkam.  So  ins- 
besondere beim  Yerbum;  wir  haben  z.  B.  im  Aksl.  nur  trtpljq 
4ch  leide',  während  alle  anderen  Formen  dieses  Yerbums  ohne 
^epenth.  auftreten  mußten.  Wir  haben  femer  aksl.  Denkmäler, 
die  z.  B.  häufig  zenUja,  zendj^  u.  s.  w.  gebrauchen,  die  aber  im 
Dai  Lok.  Sg.  entweder  ausschließlich  oder  vorwiegend  zemi, 
nicht  zemlji  aufweisen.  Das  war  eine  Form,  die  zu  zemt,  also 
einen  i-Stamm,  gehörte.  Solche  umstände  haben  nun  den  voll- 
ständigen Schwund  des  I-epenth.  im  Bg.  herbeigeführt  und  nicht 
anders  verhielt  es  sich  wohl  in  den  westslav.  Sprachen. 

mj  wird  mn.  Es  ist  ein  dem  eben  besprochenen  analoger 
Prozeß,  jedoch  macht  er  sich  erst  später  in  einzelnen  slavischen 
Sprachen  geltend.  Auch  hier  ist  y  zu  n  geworden,  wenn  auch 
sonst  in  anderen  Stellungen  dieser  Übergang  äußerst  selten  beob- 
achtet wird   (p.  diaL  z.  B.  iie£aro  für  jeiaro,  Aedvab,  Aedvabni, 

1.  Es  hätte  damals  wohl  noch  zu  *s^a  f&hren  müssen. 


288 

vielleicht  gehören  hierher  auch  einige  b.  Worte  wie  dial.  nehfe 
st  jehne  ^mm^  nütej  ,Herd,  clibanus'  u.  and.,  wo  man  an  den 
Einfluß  der  Präp.  denkt,  vgl.  nadra,  Gebauer  I,  8.  378—379). 

Nach  m  ist  dieser  Übergang  eher  begreiflich,  denn  es  findet  einfach 
der  bei  m  durch  die  Lippen  gebildete  Verschluß  seine  Fortsetzung  in 
einem  anderen,  bei  dem  sich  die  obere  Fläche  der  Yorderzunge  an  den 
Gaumen  anschmiegt,  statt  daß  es  zu  einer  durch  diese  Organe  hervor- 
gerufenen Engenbildung,  die  dem  j  entspricht,  kommen  würde. 

Es  ist  aber  wahrscheinlich,  daß  sich  das  n  als  Gleitlaut  nach  dem 
m  auch  direkt  entwickeln  konnte,  jedoch  nur  Tor  palatalen  Vokalen.  So 
würde  sich  z.  B.  das  im  P.  dial.  Torkommende  miiilo$d  für  miloi<^,  miiPu^^ 
das  Polanski  (Die  Lab.,  S.  74)  anführt,  erklären  lassen,  denn  im  P. 
besteht  sonst  nach  dem  m  vor  t  nicht  der  Gleitlaut  i  C/).  Das  aus  j 
hervorgegangene  n  konnte  dagegen  vor  allen  Vokalen  vorkommen. 

Das  mn  kommt  insbesondere  sehr  häufig  im  B.  vor,  ja  man  kann 
sagen,  daß  das  tni  vorwiegend  als  mni  gesprochen  wird.  Wir  haben 
schon  im  Ab.  Belege  dafür,  wie  pamnyet  (»  pamnH*,  Schriftspr.  pamU) 
,Gedächtnis,  Andenken*;  v  nimnie  {»  v  Bimni,  Schriftspr.  v  £imi)  ,in 
Rom*  u.  s.  w.  (vgl.  Gebauer  I,  S.  226).  Jetzt  hört  man  zemne  ,Land* 
(geschrieben  zemi^  aksl.  zemtja\  tnneito  ,Stadt*  (geschr.  misto).  In  Mähren 
dial.  tnndst  st.  tnj^ti,  aksl.  m^ti  ,turbare^ 

Aus  dem  B.  führt  Sobolevskij  (Lekc  S.  139)  tunjato,  parnnjaU^ 
ritmnjanyj,  imtya  an.  Insbesondere  ist  es  das  Klruss.,  wo  wir  es  häufig 
finden:  tmiaso,  mnati^  huzul.  vimtii^  tmrfa,  zemiia,  Nordklr.  mHüo^  podol. 
nifUiso,    SüdkaSub.:  miiaito^  miieiae  (vgL  Polanski  L  c.  S.  74). 

Aspiration  der  Labiale.  Sie  kommt  in  p.  und  kaS.  Dial.  vor. 
So  haben  wir  hier  vzino  (für  vtno),  vzeeur  und  daneben  iifw,  zecur  (Ma- 
jewski,  Kolo'  1897),  ziPk  für  vii'k;  zanek  für  vanek;  piito  für  pivo.  Im 
NordkaS.  wird  /;,  f  zu  px^  fxi  im  Heistemester  und  Kußfelder  Dial.  zu 
pi^  fi:  piUaCy  pite,  pinifklo. 

Assimilation  der  Labiale.  Aus  pn,  bn  wird  im  ürslay. 
n;  aksl.  usbnqti  ^einschlafen'  aus  *thszpnqti,  ebenso  sbm  ^Schlaf 
aus  *npm,  VgL  gr.  v/tvog;  tonqti  ^mmergi'  aus  *tapnqti,  vgl.  den 
starken  Aor.  u-topb  und  tapüi  ^immergere';  utnmqti  ^erstarren' 
aus  *^W7>n-,  vgl.  u-irifpeti  ,er8tarren',  lit  tifpti  ,er8tarren',  lat 
torpere;  za-klenqti  ^claudere^  vgL^EO-Ai^dund  2a-A%^  ,claustrum'; 
pri-ltnqti  neben  hpeti  ^adhaerere^,  Aor.  pri4tpe;  kanqti  neben 
kapati  ^triefen';  osltnqti  ,blind  werden'  neben  alepz  ^blind',  vgl.  lit 
slepti  ,verbergen*;  gftnqti  ,biegen,  falten,  bewegen*  aus  ^gfihnd^i, 
vgl.  ^^&a^», bewegen';  gynq^i  ,perire'  neben  ^bo^i,  Qi/blj^  ^^*  ^nd 
gubüi  trans.  ^  Grunde  richten'. 

Später  wurde  der  Labial  wieder  viel&ch  eingeführt,  vgl.  b. 
kdpnauti  ,tröpfeln',  weil  es  eben  auch  ein  kapati  u.  s.  w.  gab. 


289 

Aus  ps  und  bs  wird  s:  asa  ^Wespe^,  lit  vapaä  fitemae*,  ahd. 
wefsa,  diaL(()8t.)  Wepse,  ec.aq>7J§;  vysokb  ^ocb^  aus  *ap8oko,  vgl. 
gr.  v^i  yhoch';  Aor.  po-grisb  aus  -gribsb  zu  ^ei^,  ^e^t  ^graben, 
rüdem*. 

Aach  das  sekundäre  durch  den  Verlust  des  Halbvokals  entstandene 
p9  wird  mitunter  dial.  ^mieden  und  durch  Metathese  zu  9p  umgewandelt: 
t'pawi  st.  p9ana  aus  pbBana  zu  pb9iU%  «schreiben*  Zogr.  Job.  21,  25  (ygl. 
weiter  unten  bei  9  und  den  Assimilationen  der  Kons.). 

Auch  aus  pt  und  ht  wird  infolge  der  vollständigen  Assimi- 
lation ein  t  (zunächst  tt),  ebenso  aus  hd  ein  d:  suti  ^hütten, 
streuen*  aus  *supti,  Fräs.  8^pq,  vgl.  auch  sypati;  h^  ,Winkel* 
aus  *kqptbf  vgl.  lit.  kampas  ^cke,  Winkel,  Gregend*,  gr.  iuxiitct^ 
Biegung*,  lat  campua  (Zubat^  A£b1.  PhU.  16,  S.  396);  dreti 
,haurire^  aus  *derpti,  Präs.  örtpq;  dlato  ,Mei£el'  aus  *dolbto,  vgl. 
ahd.  ddban  ,graben^;  aksL  aedmt  ,sieben'  aus  ^sebdmis,  vgl.  gr. 
i'ßdofiog  aus  *eßdfAogy  dameben  auch  sept-  z.  B.  lat  septimus  (vgl. 
Brugmann,  Kurze  vgl.  6r.  §  371). 

Dissimilation.  Anlautendes  p  kann,  insbesondere  wenn 
die  nächste  Silbe  ein  r  (l)  enthält,  zu  k  werden:  b.  kapradi 
,Pamkrauf  neben  papradi,  p,  papr66,  r.  paporott  aus  ^paportt; 
b.  ktrepeUca  ,Wachtel*,  slovak.  und  8.-kr.  krepdica  (aus  perper); 
kondrava  neben  pondrava  ,Engerling';  Karez,  Karez,  Karlzek 
(Ortsnamen)  aus  pca-tz  yBaumstock'  (vgl.  Grebauer  I,  S.  419); 
mähr,  krean^  st  presny  (ohne  Hefe);  koprddec  ,Burzdbaum'  aus 
^po-prddec,  das  Wort  vnirde  dann  nicht  verstanden  und  durch 
Volksetymologie  umgestaltet;  so  entstanden  kotrmelec,  kotrbdec, 
kotrlec;  ebenso  koprddd  z.  B.  na  koprdddi  nisti  ,Jem.  huckepack 
tragen'  aus  *p(hprddd.  Hierher  vielleicht  auch  p.  okwity  für 
obßy  ,reichlich'  aus  opwity  und  dieses  aus  ap.  ophvüy  (vgl.  oben 
S.  285). 

Die  Liqnidae  r  und  l. 

Abarten  der  Liquidae  im  Slav.  Im  Slav.  haben  wir 
ein  Zungen-r  und  zwar  die  alveolare  (supradentale)  Abart,  bei 
welcher  die  Vorderzunge  an  die  Alveolen  der  oberen  Schneide- 
zähne anschlägt  und  vibriert,  während  sich  die  Seitenränder  an 
die  oberen  Backenzähne  anschmiegen  und  hier  beiderseits  die 
Luft  abschUeßen,  so  daß  diese  nur  durch  die  von  der  Zimgen- 
spitze  freigegebene  öfihung  entweichen  kann  (koronale  Artikula- 
tion). 

Vondr&k,  Vgl.  bUy.  Onmm.  I.  19 


290 

Die  Anzahl  der  Zungenschläge'  ist  im  Slav.  im  allgemeinen  größer 
als  z.  B.  im  Deutschen  und  das  gilt  insbesondere  vom  b.  r.  Der  Deutsche 
wird,  wenn  er  einen  des  Deutschen  nicht  ganz  mächtigen  Böhmen  »der 
Vater«  sprechen  hört,  sagen  können,  er  höre  mehrere  r,  also  etwa  »derr 
Vaterr«. 

Das  Uvulare  r  (Zäpfchen-r)  soll  sich  bei  dem  r.  Adel 
geltend  machen. 

Es  gibt  auch  ein  stimmloses  r  nach  tonlosen  Eons,  oder  auch  vor 
denselben.  Es  wird  nur  durch  einen  Zungenschlag  oder  auch  ohne  den- 
selben hervorgebracht.  Im  Franz.  auch  nach  tönenden  Kons.:  plaindre, 
$abrB,  weiter  quatre,  wo  es  mitunter  ganz  verstummt.  Ein  solches  r 
müssen  wir  auch  im  Ab.  voraussetzen  in  Fällen  wie  krve,  krvi,  mistr, 
bratr  u.  s.  w.,  die  sämtlich  einsilbig  auszusprechen  sind  (vgl.  Dolansky 
im  Ydstnik  Seskych  professor6,  Jhg.  8,  S.  246).  Es  war  also  im  B.  nicht 
immer  dasselbe  r,  wie  wir  es  z.  6.  jetzt  haben.  Dasselbe  beobachten  wir 
auch  bei  /,  z.  B.  mt/sl  ,Sinn^  war  einsilbig.  Jetzt  sind  diese  Worte 
zweisilbig. 

Während  bei  der  Aussprache  des  r  mehr  der  Saum  der 
Zungenspitze  an  die  Alveolen  anschlägt,  verflacht  sich  bei  der 
Aussprache  des  erweichten  r'  ein  wenig  die  Zungenspitze,  es 
schlägt  nicht  so  sehr  der  Saum  derselben  an  die  Alveolen  als 
vielmehr  die  obere  Fläche  der  Yorderzunge  (also  breiterer  Zungen- 
flächenanschlag). 

Die  Artikulation  des  gewöhnlichen,  indifferenten  l  bildet  so 
ziemlich  einen  Gegensatz  zu  jener  des  r:  die  Zungenspitze  bildet 
einen  Verschluß,  während  die  Seitenränder  der  Zunge  an  den 
Backenzähnen  beiderseits  Öffnungen  herstellen  (laterale  Artikula- 
tion der  Zunge).  Das  ist  das  gewöhnliche  oder  mittlere  l.  Außer- 
dem haben  wir  aber  im  Slav.  noch  ein  weiches  V  (tj)  und  ein 
hartes  i.  Letzteres  hat  schon  Purkyne  als  ein  velares  l  cha- 
rakterisiert, was  auch  Schleicher  bestätigte,  indem  er  sagte,  das 
lit  i  werde  wie  das  p.  i  mit  dem  hinteren  Teile  der  Zunge 
gebildet  (Lit  Gramm.  S.  19).  Die  hintere  Zunge  wird  gehoben 
und  das  ist  die  Hauptsache  bei  i,  nicht  die  Berührung  der  Zähne 
oder  des  Zahnfleisches  mit  der  Zungenspitze,  wie  man  auch 
meinte,  denn  das  p.  i  wird  meist  ohne  diese  Berührung  gebildet. 
Nebstbei  wird  auch  der  ganze  hintere  Mundkanal  verengt,   wo- 


1.  Siegers  sagt,  das  Bollen  entstehe  dadurch,  daB  der  dünn  empor- 
gewölbte Saum  der  Zunge  durch  den  Exspirationsstrom  nach  Außen  ge- 
worfen werde,  um  im  nächsten  Momente  vermöge  seiner  Elastizität  wieder 
in  seine  alte  Lage  zurückzukehren.  Aie  Anzahl  der  so  gegebenen  Schläge 
sei  im  einzelnen  verschieden  (Grundzüge  der  Phon.  3,  S.  109). 


291 

durch  ein  volarer  Klangcharakter  entsteht  Dies  bemerkte  schon 
Hus,  der  eine  Verwandtschaft  zwischen  i  und  y  konstatierte,  in- 
dem er  die  Aussprache  des  letzteren,  wie  auf  S.  103  angegeben, 
formuliert 

Er  weist  hier  nur  auf  die  Verwandtschaft  beider  Laute  hin  (simili 
modo),  die  also  im  wesentlichen  in  der  Erhebung  der  Zunge  besteht.  Der 
Unterschied  kann  damals  wohl  nur  der  gewesen  sein,  daß  bei  y  die 
mittlere  Zunge  gegen  die  Mitte  des  Gaumens,  bei  i  die  hintere  Zunge 
gegen  den  weichen  Gaumen  gehoben  wurde.  Es  kann  sich  aber  auch 
damals  die  Aussprache  des  i  geändert  haben,  so  daß  es  mehr  am  harten 
Gaumen  artikuliert  wurde  (im  mittleren  Böhmen).  Dann  müßte  man  die 
Angaben  des  Hus  buchstäblich  nehmen.  Interessant  ist  es,  daß  auch 
nach  dieser  Darstellung  die  Zungenspitze  nicht  die  Alveolen  der  oberen 
Zähne  berührte,  sondern  gesenkt  wurde  und  zwar  bis  unter  die  unteren 
Zähne. 

Auch  Rozwadowski  hebt  hervor,  bei  der  Aussprache  des 
p.  i  nehme  die  Zunge  eine  Lage  ein,  die  der  Artikulation  des  u 
oder  vielleicht  eines  engen  o  zukomme  (d.  h.  der  hintere  Teil  der 
Zunge  wird  zum  weichen  Gaumen  stark  gehoben).  Die  Lippen 
wären  stark  gerundet,  aber  nicht  vorgestülpt,  eher  etwas  zurück- 
gezogen (,Szkic  wymowy  . . .  polskiej*  in  den  Materyidy  . . .  kom. 
j§z.  Bd.  I,  Hft  1,  S.  109—110).  Daher  begreifen  wir,  daß  in 
den  slav.  Dialekten  i  im  allgemeinen  leicht  zu  u  oder  einem  ge- 
schlossenen 0  werden  kann,  da  u  ein  velar-labialer  Vokal  ist  So 
wird  das  r.  und  p.  dai  im  Gouv.  Flock  zu  dau,  im  S.  zu  dao; 
im  Sorb.  wechselt  i  mit  u  und  w  (u)  ab.  Analoge  Vorgänge 
findet  man  auch  in  anderen  Sprachen.  Im  Franz.  entsteht  aus 
cd  ein  au  (jetzt  als  ö). 

Über  analoge  Vorgänge  noch  in  anderen  Sprachen  siehe  bei  Storm 
(Engl.  Phil.  S.  65—66,  wo  man  ein  vortreflTliches  Material  findet).  Wird 
das  %  ,gatturar  genannt,  bo  meint  man  damit  natürlich  nicht  einen 
Velaren  Verschluß,  sondern  nur  volare  »kleinste  Öffnung*  oder  Enge- 
bildung etwa  wie  bei  u  (ib.  S.  266)^ 

Während  bei  der  Aussprache  des  mittleren  l  die  Zungen- 
spitze an  den  Alveolen  einen  Verschluß  bildet,  verflacht  sich  bei 
jener  des  weichen  l  (V  oder  Ij)  die  Vorderzunge,  rückt  infolge 
dessen  etwas  zurück  und  bedeckt  als  eine  Fläche  teilweise  den 
harten  Graumen.  Diese  flache  Bedeckung  des  harten  Gaumens 
seitens  der  Zunge  ist  überhaupt  charakteristisch  bei  weichen  Eons, 
(so  bei  7l,  l,  d,  femer  auch  ö,  z,  ä,  r  siehe  oben  S.  255).    Die 

1.  Vgl.  weiter  unten  den  Übergang  des  »l  in  iki  und  zl  in  igl,   was 
•  jedenfalls  hauptsächlich  durch  ein  volar,  l  hervorgerufen  wurde. 

19* 


292 

Yeiflachung  der  Zunge  ist  eben  durch  das  j,  dem  sie  zukommt, 
herbeigeführt  worden  und  da  sie  sich  gleich  im  ersten  Momente 
der  Aussprache  des  V  geltend  macht,  darf  man  diesen  Laut  nicht 
etwa  als  eine  Verbindung  des  l  mit  unmittelbar  nachfolgendem  j 
au&ssen  (wozu  auch  die  Transkription  Ij  verleiten  könnte),  sondern 
es  ist  eine  Yerschmelzung,  wie  schon  Chladni  richtig  gesehen 
hat    Dasselbe  gilt  natürlich  auch  von  f  (ii  oder  nj). 

Bei  einer  derartigen  Artikulation  kann  es  natürlich  viele  Überg&nge 
geben:  man  kann  mitunter  im  Zweifel  sein,  ob  man  ein  l  als  ein  mittleres 
oder  weiches  auffassen  solle.  Das  mittlere  bekommt  die  Neigung  weich 
zu  werden.  So  bemerkt  Bozw ad owski,  vor  t  werde  das  /  weich  ausge- 
sprochen wie  in  Fiehy,  l'ü,  paPiea;  in  anderen  Fällen  wie  Utk,  pole  wäre 
das  mittlere  l  auch  ziemlich  palatal  (1.  c.  S.  109). 

Die  drei  ^Laute  wurden  im  Slav.  meist  reduziert  Die 
meisten  slav.  Sprachen  besitzen  entweder  zwei  l  und  zwar  ein  l 
und  V  oder  nur  ein  l.  Am  ehesten  kann  man  die  drei  Laute 
noch  im  Kleinr.  unterscheiden,  wenn  auch  das  l  hier  selten  ist 
Auch  im  Großr.  ist  es  fast  kaum  anzutre£fen,  da  auch  hier  l 
und  V  vorwiegen. 

Im  P.  kommt  zwar  neben  dem  i  auch  ein  V  und  l  vor,  aber 
die  beiden  letzten  Laute  sind  nur  wenig,  wie  wir  sahen,  geschieden, 
daher  spricht  man  hier,  wie  auch  im  Sorb.,  nur  von  zwei  l: 
einem  harten  und  einem  weichen.  Das  eigentliche  mittlere  l 
kennt  die  Sprache  nicht 

Das  Böhm,  kennt  jetzt  im  allgemeinen  nur  ein  mittleres  l 
(so  auch  in  der  Schriftsprache,  l  noch  dialektisch  in  Mähren  und 
bei  den  Slovaken),  Ln  Ab.  kannte  Hus  noch  ein  zweifaches  l: 
ein  hartes  und  ein  weiches,  was  übrigens  durch  die  ab.  Ortho- 
graphie auch  bestätigt  wird^  Nudoi^ersk^  (1603)  kannte  nicht 
mehr  das  ij  sondern  nur  ein  mittleres  und  ein  weiches.  Dagegen 
finden  wir  in  der  Kralitzer  Bibel  (1579 — 1593)  noch  ein  l  neben 
einem  zweiten,  das  wohl  als  mittleres  l  aufzufassen  ist  Analog 
auch  in  den  anderen  Schriften  der  b.  Brüder.  Daher  müssen 
wir  annehmen,   daß  die  drei  verschiedenen  Arten  des  l  in  ver- 


1.  Von  den  beiden  l  sagt  Hus :  »Ambae.  autem  istae  literae  ponuntur 
circa  Yocales  singulas  tam  in  principio,  quam  in  medio  et  in  fine;  sed  l 
(das  sonst  nicht  näher  bezeichnete  im  Gegensatze  zum  harten,  zu  I) 
rarius  circa  a  quam  i,  quia  Mtatim  sonaret  parvum  tc  Das  Erklingen 
dieses  engen  t  nach  /  vor  a  wäre  absolut  nicht  zu  begreifen,  wenn  man 
nicht  annehmen  wollte,  daß  das  hier  geschilderte  /  ein  weiches,  palatales 
l  sei,  welches  yor  a  einen  dem  t  ähnlichen  Nebenlaut  hervorruft. 


293 

schiedenen  Dialekten  auch  yerschieden  reduziert  wurden,  bis 
schließlich  das  mittlere  durchdrang.  Wo  sich  das  i  dialektisch 
erhalten  hat,  kann  es  auch  zu  u  werden  (in  Mähren,  man  nennt 
es  obalovänf,  dann  in  Schlesien  und  ab  zu  auch  bei  den  Slo- 
yaken):  zu^  ,gelb'  aus  zü^,  gemeinb.  und  Schriftsprache:  Uutp. 
Vor  dem  harten  i  kann  sich  hier  auch  ein  gutturaler  Vokal  ent- 
wickeln und  zwar  insbesondere  ein  u:  küpj'ul  (aus  küpU  ,kaufteO; 
b'ui  (aus  b'ü,  Fem.  bila)  u.  s.  w.  Ähnliche  ErBcheinungen  auch 
in  den  anderen  slav.  Sprachen. 

Im  81 OT.  kommt  im  allgemeinen  ein  mittleres  und  ein  weiches  / 
▼or,  i  nur  dial.  and  selten,  nach  Truhers  Zeugnisse  wurde  es  noch  im 
XYI.  Jhd.  in  ünterkrain  gesprochen. 

Analog  verhält  sich  die  Sache  im  S.  Storm  behauptet,  er  hätte 
selbst  Sommer  1889  im  S.  Wörter  wie  »ktoa  mit  deutlich  halbvelarem  / 
sprechen  hören,  was  als  ein  Überrest  der  alten  Aussprache  betrachtet 
werden  könne  (1.  c.  S.  65).  Tatsächlich  kommt  auch  jetzt  noch  im  Serb. 
das  %  dial.  vor,  insbes.  vor  dunklen  Yok.  (Afsl.  Phil.  38,  S.  126).  Vgl. 
auch  iluncB  in  aserb.  Denkm.  und  was  oben  bezflgl.  des  Serb.  gesagt  wurde. 

Im  Bulg.  kommt  dial.  auch  l  vor  z.  B.  ostbulg.  hohut,  mMa,  wo 
es  sich  um  sekundäre  Verhärtungen  handelt,  aber  da£  es  auch  früher 
einmal  hier  yorhanden  war,  ist  sehr  wahrscheinlich  (vgl.  LarroY,  Obzor» 
u.  8.  w.  S.  112  ff.). 

Das  i  kommt  vor  dunklen  Vokalen  auch  im  lii  vor,  da- 
her müssen  wir  voraussetzen,  daß  es  eben  in  diesen  Fällen  ur- 
baltischslavisch  ist,  so  daß  das  ürslav.  die  drei  besprochenen  U 
Laute  enthielt 

Im  allgemeinen  gingen  die  liquidae  unverändert  ins  Lit. 
und  Slav.  über.  So  das  r:  aksl.  rtdrh  ,rot^,  lit  raücUis  dass.,  got 
rcmßs,  gr.  igv^gogy  lat  ruber,  ai.  rudhiräa;  rydati  ,wehklagenS 
lit  raudä,  ahd.  riozan  ^klagen,  weinen^  lat  rudo,  ai  rudati  ,er 
jammert,  weint';  berq  ^sammle,  nehme',  got  baira,  lat  fero,  gr. 
q>iQ(o,  aL  bhdrami;  krwb  {kry)  yBlut',  lit.  hraüjas  filuVj  ahd.  r5 
,rohS  lat  cruor,  gr.  x^ag  ,Fleisch*,  ai  hravi^  ,rohes  Fleisch';  Gren. 
Sg.  matere,  lit  maters,  lat  matria,  zum  Nom.  aksl.  mati,  lit 
moie,  ai.  matä,  aus  *mat^r)  ,die  Mutter'  (das  r  schon  ursprach- 
lich abgefallen). 

Weiter  das  l:  ot^Wcb  ,ÜberbleibselS  lit  Wcü  ,ich  lasse',  got 
leihwa  4ch  leihe',  lat.  linqt$o,  gr.  Xelftw^  aL  rindkti  ,er  läßt,  räumt 
ein';  mtgla  ,Nebel',  lit  miglä,  tnyglä,  gr.  dfiix^fj;  aksl.  slovo  ,Worf , 
got  KHuma  m.  ,Geh6r',  gr.  xiUog,  lat  in^tdus,  ai.  srdvaa  ,Buhm'. 

Die  ort',   olt-,  ert-,  elf-  und  die  -tort-,  -tolU   und 


294 

•tert-,  -^eZ^-Gruppe.  Das  t  vertritt  hierjeden  beliebigen  Eons. 
Durch  die  Ansetzung  dieser  Gruppen  soll  auch  noch  nichts  er- 
klärt sein.    Sie  dienen  nur  als  Schemata. 

Man  muß  zunächst  zwischen  den  anlautenden  ari-,  oü-  und 
erU,  dt'  und  den  inlautenden  'tort-,  -toU-,  -tert-,  -^«ft-Gruppen 
unterscheiden,  da  die  Resultate  eine  solche  Scheidung  erheischen. 
Während  z.  B.  ein  urslay.  *gor€hz  jErbse*  (also  -tort-,  vgl.  lit 
garszvä,  -ös  f.  und  garszvät,  -ü  PI.  m.  ,Giersch^)  zu  den  verschie- 
denen Formen  führte  wie  polab.  garch,  r.  garöchz,  p.  groch,  h. 
hrdch,  Gen.  hrachu,  aksl.  grachh,  s.-kr.  grSh^  graha  (6ak.  gräh, 
grähä),  bg.  grach,  slov.  grhh,  gräha,  hat  ein  urslav.  *ardlo  ,Pflug* 
(also  ort'),  lit  ärkUis  ^Pflug*  (vgl.  lit  drti,  got  arjan,  lat  arare, 
gr.  agoiü)  zu  einem  einheitlichen  Resultate  geführt:  polab.  rddl^, 
p.  radio,  b.  rädlo,  radlo,  r.  rälo  (d  ausgefallen),  aksl.  ralo,  s.  raio, 
bg.  rdlo,  slov.  rdlo.  Das  berechtigt  zur  Annahme,  daß  das  ein- 
heitliche Resultat  älter  ist  und  zwar  schon  gemeinslav.,  da  es 
allen  slav.  Sprachen  gemein  ist.  So  hat  man  auch  tatsächlich 
unsere  Fälle  zu  erklären  getrachtet.  Aber  zu  so  einheitlichen 
Resultaten  kam  es  selbst  auch  hier  im  Anlaute  nicht  in  allen 
Fällen.  Man  kann  nämlich  hier  zwei  Gruppen  derartiger  Worte 
unterscheiden:  entweder  finden  wir  in  allen  slav.  Sprachen  aus 
ort'  ein  rat  wie  in  dem  erwähnten  Beispiele,  das  auf  *ardlo 
zurückgeht,  oder  aber  begegnen  wir  dem  Resultate  rat-,  lat-  im 
Südslav.  und  teilweise  im  Slovak.,  während  das  R.  mit  den  west- 
slav.  Sprachen  ein  rot-,  lat-  aufweist  Freilich  einzelne  Abweich- 
ungen sind  auch  selbst  noch  da  vorhanden.  Dem  lit  aUcüne 
,Ellenbogen,  Unterarm^  entspricht  polab.  liUctt,  p.  iokied,  kad.  hkc^ 
ns.  hki,  OS.  hk6,  b.  loket,  dagegen  slovaL  lakd,  aksl.  lakUt,  bg. 
Ukat,  s.  lakat,  slov.  lakät.  Neben  dem  südslav.  Präfix  raz-  ,dis-' 
haben  wir,  wenn  auch  sporadisch,  im  Aksl.  roz-,  im  R.  roz-  und 
raZ'  u.  s.  w. 

Gemein  ist  allen  anlautenden  Gruppen  ort-,  oU-,  ert-,  dt-, 
daß  sie  in  der  Regel  im  R.  nicht  zu  den  sog.  VoUlautsformen 
cro-,  olo-,  ere-,  de'  führten,  wie  das  sonst  bei  den  inlautenden 
(tort,  toU,  tert,  teU)  der  Fall  ist,  vgl.  das  oben  erwähnte  r.  goröckb. 
Diese  Tatsache  ist  es,  welche  die  Erklärung  unserer  Formen  am 
meisten  erschwert,  da  man  nicht  von  einem  einheitlichen  Prinzip 
ausgehen  kann. 

Am  meisten  verbreitet  ist  jene  Erklärung,  die  sowohl  im  Anlaute 
als  auch  im  Inlaute  eine  Metathese  voraussetzt,   wobei  man  sich  freilich 


296 

mit  dem  mißlichen  Zusatz  begnügen  muß,  in  manchen  Fällen  sei  auch 
bei  der  Metathese  eine  Dehnung  eingetreten,  in  anderen  nicht:  aus  *ardlo 
wäre  radlo  also  mit  Dehnung,  aus  orz-  ein  raz-  also  ebenfalls  mit,  dar- 
neben aber  auch  roz,  also  ohne  Dehnung  entstanden.  Analog  auch  im 
Inlaute,  nur  daß  hier  in  manchen  Sprachen,  wie  wir  sahen,  immer  die 
Dehnung  vorkommt.  Aber  gerade  diese  Dehnung  ist  hier  ein  sehr  wunder 
Punkt  bei  der  ganzen  Erklärung.  Wie  soll  man  sie  erklären?  Wie  r. 
vorona,  s.  vrana,  b.  vrdna  mit  lit.  vdrna^  setzt  auch  das  aksl.  vran^,  s. 
vran,  b.  vran  eine  Länge  voraus,  denn  sonst  wäre  aus  einem  o  in  *vorno8^ 
lit.  varnas  nicht  ein  a  entstanden.  Wie  soll  man  aber  hier  das  voraus- 
zusetzende ö  erklären?  Es  hat  zwar  Solmsen  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, daß  z.  B.  die  Länge  des  o  in  lat.  forma  wie  in  anderen  Fällen 
durch  folgendes  r  +  Konsonant  veranlaßt  sei,  das  die  gleiche  Wirkung 
z.  B.  auch  im  Nhd.  [äri.  hart,  herde^  wert),  im  Ags.  {drn,  hörd,  wörd^ 
Sievers  Ags.  Gr.'  §  124,  2)  und  wohl  auch  im  Griech.  im  späteren 
Lakonischen  {BcjQ^ia,  BtoQaia,  vgl.  Eretschmer,  Gr.  Yaseninschriften 
42,  Anm.  1)  ausgeübt  habe  (KZ.  34,  S.  23).  Für  das  Slav.  ist  jedoch  eine 
solche  Erklärung  nicht  recht  wahrscheinlich  und  zwar  1]  weil  wir  ja  hier 
dieselbe  Erscheinung  auch  bei  /  bemerken  und  2)  weil  wir  eine  derartige 
Erscheinung  auch  bei  /,  f  bemerken  müßten,  denn  wie  man  auch  diese 
Laute  im  Slav.  beurteilen  mag.  man  kommt  doch  schließlich  zu  einem 
vok.  Elemente  +  r  oder  /mit  einem  Kons.  Man  kann  also  auf  die  an- 
gegebene Art  die  Dehnungen  im  Slav.  nicht  erklären  wohl  aber  sie  als 
Ersatzdehnungen  für  den  Verlust  einer  Silbe  deuten. 

Wollte  man  hier  mit  einem  j-,  }  operieren,  wie  es  ja  auch  schon 
versucht  wurde,  so  gelingt  es  auch  nicht.  Wenn  man  z.  B.  ein  tarto 
zunächst  als  toilo  auffaßt,  so  müßte  die  Silben teilung  to-r-to  oder  to-frto 
sein.  Bei  diesem  Zustande  hätte  es  aber  nicht  bleiben  können,  weil  ja 
dann  sonst  keine  Veranlassung  zu  weiteren  Wandlungen  gegeben  wäre. 
Aus  dem  torto  hätte  sich  müssen  wieder  ein  torto  entwickelt  haben  und 
so  wäre  man  da,  wo  man  gleich  zu  Anfang  war. 

Anders  verhält  sich  jedoch  die  Sache  bei  der  ursprünglichen  ^-, 
<Ä-Gruppe.  Wir  werden  sehen,  daß  man  fürs  Urslav.  in  einer  bestimmten 
Periode  ein  ^»fto-,  t^ito  u.  s.  w.  ansetzen  muß.  Als  sich  aber  daraus 
dann  ein  tbrto-,  t^rlo-  (das  o  bezeichnet  hier  einen  Vokal  überhaupt)  zu 
entwickeln  begann,  da  wurde  auf  dem  größeren  Teile  des  slav.  Sprach- 
gebietes ein  iilo  daraus.  Im  B.  muß  sich  schon  aus  Urt  ein  teret  ent- 
wickelt haben,  als  aus  hrt  hier  ein  tert  wurde,  sonst  hätte  ja  dieses  auch 
zu  teret  führen  müssen.  Das  kann  so  erklärt  werden,  daß  sich  ein  ttfto 
länger  behauptete  als  ein  terto  und  zwar  wohl  deshalb,  weil  wegen  der 
zu  geringen  Quantität  des  Halbvokals  ein  tbrto  fast  wie  ein  tfto  gelautet < 
hätte  und  ein  ^f  mied  man  eben  im  E.  im  Gegensatze  zu  anderen  slav. 
Sprachen.  Dialektisch  hat  sich  dann  allerdings  auf  r.  Gebiete  aus  <»r<, 
tbrt  ein  tbrtt,  thrtt  u.  s.  w.  entwickelt,  wodurch  ein  gewisser  Parallelismus 
zu  den  tori-,  tuU-,  tert-,  <e/^-Gruppen  herbeigeführt  wurde. 

Ich  glaube  daher  das  Prinzip,  welches  L.  G eitler  in  seiner 


296 

»Starobulh.  fon.«  (Prag,  1873,  S.  40--47)  zur  Erklärung  der 
Gruppen  im  Inlaute  yorbrachte,  akzeptieren  und  mit  gewissen 
Modifikationen  auch  auf  den  Anlaut  anwenden  zu  müssen.  Ohne 
GeiÜers  Erklärung  zu  kennen,  führte  bekanntlich  Joh.  Schmidt 
dieses  Prinzip  weiter  aus  (Zur  Gesch.  des  Idg.  Vok.  II,  1875, 
S.  8 ff.).  Dazu  scheint  auch  Pedersen  zurückkehren  zu  wollen, 
aber  so  starr,  wie  er  es  will,  läßt  es  sich,  wie  wir  sehen  werden, 
nicht  durchführen.  Speziell  die  Erklärung  des  aksl.  ahkati  und 
des  Anlautes  überhaupt,  wie  er  sie  gibt,  kann  nicht  akzeptiert 
werden  (vgL  KZ.  38,  S.  308—309). 

Dieses  Prinzip  muß  nun  im  Slav.  allgemeiner  begründet 
werden.  Es  beruht  auf  folgendem:  Kommen  im  ürslay.  zwei 
Kons,  zusammen,  die  nicht  leicht  aussprechbar  waren  (die  Silbe 
mußte  ja  offen  bleiben!),  so  entwickelte  sich  häufig  nach  dem 
ersten  Kons,  ein  yokalisches  Element,  welches  yon  der  Klang- 
farbe des  yorhergehenden  Vokals  war  und  welches  man  nach  den 
liquidae  r,  l  den  syarabhaktischen  Vokal  nennt  Diese  Er- 
scheinung beobachten  wir  nämlich  nicht  bloß  bei  r  und  l.  Wie 
uns  das  Ut  at  in  ht-veriu  ,ich  mache  auf,  at-skirai  Adv.  ,abge- 
sondert^,  at-säkynMS  m.  ^Antwort'  u.  s.  w.  zeigt,  müssen  wir  auch 
im  Slay.  yon  ot-  ausgehen.  Mit  ai.  dti,  gr.  hi,  lat  ei  kann  es 
aus  lautlichen  Gründen  und  auch  wegen  der  durchaus  abweichen- 
den Bedeutung  nicht  susammengestellt  werden,  obwohl  wir  es  bei 
Brugmann  (Kurze  ygl.  Gr.  §  597)  finden.  Nur  beispielsweise 
kann  angeführt  werden,  daß  ein  *Gt-dati  zunächst  zu  ^oto-dati, 
ein  *ot  kqdu  jwoher'  zu  *oto  kqdu  geworden  ist  li.  s.  w.  Dieses 
*oto  konnte  sich  schließlich  auch  yor  Vokalen  einstellen,  z.  B. 
*oto  ottca  ,yom  Vater*,  während  das  ursprüngliche  ot  sich  noch 
in  otüi  ,weggehen',  ot^i  ,wegnehmen'  u.  s.  w.  behauptet  Unter 
dem  Einflüsse  der  anderen  Präp.  wie  vb,  sh  \l  ^.  w.  nahm  dann 
wohl  auch  das  o  in  *Qito  die  Färbung  des  z  an:  otb,  otbShlati 
XL  s.  w.  Analog  yerhält  es  sich  bei  slay.  vhzh  ,hinauf,  für*  gegen 
lit.  üz  ,hinter,  für*;  slay.  izh  aus,  gegen  lit  isz,  preuß.  is  u.  s.  w. 
Daher  könnte  ot^i,  vbzUi  u.  dgl.  sehr  alt  sein.  So  ist  wohl  auch 
das  slay.  kamy  ,Stein'  aus  älterem  *okinön,  lit  ctkmü,  gr.  a%fi(av 
entstanden. 

Ich  dachte  früher  daran,  daß  hier  eine  Metathese  za  *kamm  wegen 
des  Yokalischen  Anlautes  stattgefunden  habe  (Afsl.  Phil.  25,  S.  188—189, 
191  und  193),  was  auch  Baudouin  de  Courtenay  yoraussetzte  (ib.  26, 
8.  406).  Allein  eine  solche  Annahme  kann  uns  doch  nicht  recht  das  a 
als  Beflex  einer  Länge  erklären. 


297 

Man  kam  wohl  zunächst  zu  *okomön,  was  dann,  vielleicht 
um  den  vok.  Anlaut  zu  meiden,  zu  *kGmön,  aksl.  kamy  führte. 
Ein  solcher  langer  Vokal  bekam  gesi  Int,  daher  b.  Jcdmen,  s 
kamSn,  weshalb  das  Wort  nicht  mit  ahd.  hamar  zusammengestellt 
werden  dar£  Hier  konnte  im  Gegensätze  zu  otb  u.  dgl.  der 
sekundäre  Vokal  als  o  bewahrt  bleiben. 

Derselbe  Prozeß  wiederholte  sich  auch  wohl  bei  dem  anlau- 
tenden orf-,  oU-,  aber  nicht  auf  dem  ganzen  slav.  Sprachgebiete, 
dagegen  war  dies  der  Fall  bei  tort,  tolt,  tert,  tdt  im  Inlaute. 
Ein  b.  rdmi,  s.  rame,  r.  rdmo  ,Arm^  u.  s.  w.,  Ut  drms  ,Vorder- 
arm  am  Wagen'  setzt  einen  langen  Vokal  voraus  (im  lit.  a,  im 
Slav.,  wie  wir  sehen  werden,  ein  ö).  Dagegen  r.  lodtjd  {lödtja) 
,SchifiP,  polab.  litd'a,  b.  lodi,  lod,  lit  ddija  ,Flußkahn<  eine  Kürze. 
Aber  auch  hier  zeigt  das  Südslav.  den  Beflex  einer  Länge:  aksl. 
al'diji,  ladiji,  s.  lädja  (Stck.,  £ak.  läja)  u.  s.  w.  Ein  einheitliches 
Prinzip  kann  man  demnach  hier  nicht  voraussetzen.  Es  ist  viel- 
mehr wahrscheinlich,  daß  nicht  der  vok.  Anlaut  hier  störend  war, 
sondern  eben  die  Gruppe  ort,  oU  mit  dem  rt,  U.  Auf  jenem 
Gebiete,  wo  o  neben  a  in  diesem  Falle  vorkommt,  wurde  im 
Anlaut  diese  Gruppe  durch  Metathese  beseitigt,  wie  z.  B.  auch 
dieses  Mittel  schon  im  Urslav.  vereinzelt  bei  modliti,  aksl.  molüi 
aus  *fnoldüi  zur  Anwendung  kam.  Es  handelt  sich  hier  um  das 
R,  B.  u.  s.  w.  überhaupt  wohl  um  das  Westslav.  Ein  ort,  öü- 
führte  zu  rat,  lat,  zu  einer  gestoßenen  Länge,  da  es  sich  um 
einen  Langdiphthong  handelte.  Dagegen  ein  ort,  oÜ  einfach 
zu  rot,  lot  (eventuell  mit  geschleifter  Int,  da  ein  Eurzdiphthong 
vorlag).  Auf  dem  anderen  Gebiete  suchte  man  die  Gruppen 
anders  zu  beseitigen:  es  entwickelte  sich  hier  ein  svarabhakt 
Vok.  (ebenso  wie  im  Inlaute).  So  wurde  aus  ort  ein  oröt  (gestoß. 
Int.),  aus  ort  dagegen  Orot  (geschleifte  Int).  In  dieser  Form 
konnten  sich  die  Gruppen  längere  Zeit  behauptet  haben,  dann 
aber  wurden  sie  im  allgemeinen  zu  einsilbigen  kontrahiert,  wobei 
jedoch  die  Int  gewahrt  blieb:  es  entstand  ein  rdt,  Idt  oder  rct, 
Kt,  woraus  dann  rat,  lat  mit  der  entsprechenden  Int  Das  ist 
zunächst  im  Südslav.  der  Fall  (Ausnahmen  werden  wir  auch  hier 
konstatieren,  wenn  sie  auch  alle  gleichartig  sind).  Daß  hier  wie 
bei  ^okonK^  die  Zweisilbigkeit  aufgegeben  wurde,  mag  wohl  nicht 
so  sehr  der  vok.  Anlaut  verschuldet  haben.  Wir  werden  übrigens 
eine  derartige  Eontraktion  zweier  Silben  konstatieren  können,  die 
nicht  svarabhakt  Vok.  aufwiesen,  was  uns  eben  zeigt,   daß  der 


298 

Vorgang  wirklich  stattfinden  konnte.  So  entstand  ein  stidslay. 
ladiß,  lakUt  u.  s.  w.  Berührungen  gab  es  mit  dem  anderen 
Sprachgebiete,  den  Übergang  bildete  z.  B.  auch  das  Slovak.,  da- 
her roz'  neben  raz-^  robz  neben  rabz  u.  s.  w. 

Beispiele  mit  einer  gestoß.  Länge:  s.  lakom  ^habsüchtige, 
la^an  ^hungrig^,  bg.  läkom  ^gefräßig^,  slov.  laden  ^hungrig^,  lökati 
»hungern',  Mkom  ^gierig^,  aksl.  lahxti,  ahkati  ,esurire%  laötm, 
ähöbm  ,esuriens',  lakota,  ahkota  ^ibido^  lakomz  ,cupidus',  r.  alkaU> 
,hungem,  fasten,  dürsten,  verlangen^  Idkomyj  ,naschhaft',  p.  laknqS 
,hungem',  lakomy  ,lecker,  gierig^,  b.  ladny  ,hungrig',  lakom^  ^gierig*, 
lakota  ,Gier',  lit.  älkstu,  dlkti  ,hungem';  s.  lanäd  f.  coli.  ,die 
Rehkälber*,  Zane,  -eta  n.  ,Rehkalb*,  slov.  lanjec,  -njca  ,Damhirsch', 
r.  laut  jHii'schkuh*  u.  s.  w.  aus  •öZwi-  (o-Stufe  zu  slav.  jelenh 
,HirschS  lit  ilnis  dass.);  s.  raka  ,QrabhÖhle*,  slov.  rika  jÖruft*, 
aksl.  raka  ,sepulcrum',  r.  rdka  ,Sarg,  Reliquienkasten',  b.  rakev 
ySarg^,  lat.  arca,  ahd.  arahha  (neben  archa);  das  schon  angeführte 
s.  ralo,  bg.  rdlo,  slov.  rdlo  ,Halbpflug*  und  räi,  i  f.  ,das  Ackern, 
das  Joch',  b.  rdcUo,  lit  drklas  »Pflug^;  s.  rame,  slov.  rdme  und 
rdma  f.  »Schulter*,  r.  rdtno,  b.  rdmS,  lit  drms  ,Vorderarm  am 
Wagen*,  lat  artnus;  s.  rat,  r.  ratt  ,Kampf*;  s.  rätaj  {ratär) 
,Ackerer*,  slov.  rdtaj  ,Pflüger*  und  ratdr,  ratarja,  r.  rdtaj,  b.  rataj 
u.  s.  w.,  lit  artöjis  ,Pflüger*,  preuß.  artoys. 

Diese  Worte  weisen  also  auf  dem  ganzen  slav.  Sprachgebiete  ein 
gestoßenes  a  anf,  was  sich  zumeist  auch  noch  erhalten  hat.  Das  a  ist 
jedoch  auf  dem  ganzen  Gebiete,  wie  wir  angenommen  haben,  nicht  auf 
dieselbe  Art  entstanden,  wenn  es  auch  auf  ein  ort,  ölt  zurückgeht. 

Eine  geschleifte  Int.  setzen  dagegen  voraus:  s.  lad  ja,  aber 
6ak.^läja  und  das  stimmt  eher  mit  slov.  lädja,  r.  lodtjä  neben 
lödtja  (ladbjd)  ,SchiflF*  (kleinr.  lödja,  hier  schwankt  also  die  Be- 
tonung), polab.  lud'a,  b.  lodi,  lod,  aksl.  alzdiji,  ladiß,  lit  ddija 
,Flußkahn^;  s.  läkat,  bg.  Idkat,  skslAakvtt,  sloY.lakät,  -ktä  neben 
laktäy  r.  lökott,  löktja,  polab.  lü'ktt,  ka§.  hkc,  p.  hkiec,  b.  loket, 
lit  alküne,  dküne  ,Ellenbogen,  Unterarm,  Ecke,  Biegung*,  ü'lektis 
(dlektis)  jElle',  lett  e'lko'ns  ,Ellenbogen,  Biegung*,  preuß.'  alkunis 
,Ellenbogen*;  s.  läni  (südl.),  Idni  (westl.)  ^  vorigen  Jahr*,  bg. 
Idni,  aksl.  lani,  slov.  Idni,  slovak.  lanajH  ,vorjährig*,  laüaßek 
,Vorjahr*  (Kott,  Slovn.  VI,  S.  812),  b.  dagegen  loni,  r.  löni,  p. 
ioni  aus  *olni,  vgl.  altlat  olli  (*olnei)  ,tunc*;  s.  läp,  läpa  ,wässe- 
riger  Boden*,  slov.  läp,  Idpa  ,Ilachen,  Schlund*,  r.  löpanb  ,Brunnen 
im  Moraste*;   s.  rdvan  {best  rovnl)  ,eben*,  rävan,  -vni  ,Ebene*, 


299 

bg,  räven,  slov.  rdven  Adj.,  ravän,  ravni  f.  ,Ebene',  akd.  ravtm 
,planu8S  r.  rdvnyj  ,eben,  gleich',  ravnina  ^bene^  ravisnik  ,Alter8- 
genosse*,  p.  riumy,  b.  rovnj,  rovina  ,Ebene',  preuß.  anois  ywahr^; 
8.  rdzanj  ,Bratspieß*,  bg.  razin,  aksl.  razt^m  ^timulus*,  slov.  rdzenj, 
slovak.  razeü,  b.  rozen  mid  rozeü,  r.  rozän,  -znd  ,Spieß,  Pfahl, 
Mistgabel;  B.räkUa  ^^tweide^,  slov.  roHto  ,eiiie  Art  Bach weide^ 
bg.  rakita  ,Weide',  slovak.  raktfta,  b.  rokyta  ,Palmweide',  r.  raküa 
,Weide';  s.  ragt,  rägta  ,Wuchs',  bg.  rast,  aksl.  rastz,  r.  rost,  rösta, 
p.  rost;  s.  rdsti,  rdst&n  ,wachsen*,  slov.  rdsti,  rästem,  aksl.  rasti, 
slovak.  rdsf,  rastiem,  b.  rüsti,  rostu,  polab.  rüsi,  kleinr.  rost^, 
roatü,  niss.  rasti,  rastü  (aber  auch  rosti).  Man  wird  hierher  noch 
rechnen  müssen:  slov.  reiAro^  ,Lärm,  Zusammenkunft',  slovak.  r^fX^i 
yOespräch,  Unterhaltung^,  b.  rokoi  ,Unterhaltung,  Versammlung, 
Aufinhr*,  p.  rokoBz  , Aufstand*,  r.  roköä  ,Aufruhr*;  südslav.  raz- 
,auseinander^  (im  Supr.  auch  rosh),  slovak.  raz-  neben  roz-,  b.  roz, 
polab.  rüz-,  p.  roz-,  r.  roz-  und  raz-;  bg.  razno-  ,verschieden', 
aksl.  raztm  ,diver8us',  slov.  räzen,  b.  räzn^  (aus  rözny),  p.  rözny, 
r.  rdznyj. 

Ausnahmen  gibt  es  auch  hier  hinsichtlich  des  Akzentes:  ral, 
rata  (bei  Yuk  als  kr.  angegeben,  ein  Feldmaß  —  Joch),  aksl. 
ralija  ,arvum',  b,  role,  roU  f.  ,Acker',  r.  röhja  ,Ackerland'.  Weiter 
stimmt  überhaupt  nicht  s.  rob,  röba  ,Sklave*  (man  würde  rab  er- 
warten), rbbata,  rabdtaii,  rdbiti,  räbitn  ,frohnen*,  aksl.  rabz  (ver- 
einzelt auch  robz  z.  B.  im  Supr.),  rabota,  rahiti  ^  servitutem 
redigere',  bg.  rdbota,  rob  und  rdbat,  slovak.  robW  ,machen,  ar- 
beiten', b.  rob,  roba,  robiti,  robota,  p.  rob,  rab  (entlehnt  vgl.  rab 
bozy  ,Knecht  Gottes'),  r.  rab  Gen.  rabd,  robd  oder  rabd,  robüt, 
rabita,  vgl.  ahd.  ar(a)beit. 

Bei  allen  diesen  Worten  ist  demnach  ein  zweifaches  Resultat 
in  den  slav.  Sprachen  zu  unterscheiden. 

Die  Fälle  mit  durchgängigem  a  {rat^  lat)  sachte  man  anch  aus  ur- 
gprachl.  art,  aU  za  erklären  (ygl.  IF.  Anz.  4,  S.  60),  da  ja  die  meisten 
dieser  Worte  wirklich  auf  art,  aU  zurückgehen.  Allein  wie  sollte  das 
ursprachl.  «r.  das  sich  in  quantit.  Hinsicht  von  d  nicht  unterschied,  zu 
a,  das  doch  nur  auf  lange  Vokale  (ä,  ö)  zurückgeht,  geführt  hahen? 
Außerdem  müssen  wir  bei  einigen  Fällen  mit  ausschließlichem  rot-, 
laU  doch  wohl  nur  zunächst  von  ort-^  oü-,  das  dann  zu  ört^  öU  führte, 
ausgehen :  r.  laut  ,Hirschkuh,  Damhirsch',  p.  iani,  iania,  iaH  ,Hirschkuh', 
aksl.  lani  (neben  almiji  ,cerva'),  s.  tane  n.  3^hkalb*  setzt  ein  *ö/it  voraus, 
das  doch  nur  auf  die  Ablantstufe  *oln  zu  einem  *eln  zurückgeführt 
werden  muß.    Letzteres  ist  auch  yorhanden:  aksl.  >0/eii»  ,HirschS  s.  ßlen 


900 

a.  8.  w.,  lit.  Slnü,  -io  m.  «Hirsch*  (alit  elhnü,  eHituu,  Mnü),  iM^  -es  f. 
,Hindin*  (alit.  eUine);  aksl.  raft  ,Schlacbt,  Streit',  s.  rat,  r.  rah  ,Eampf, 
ai.  itif,  fti^  f.  «Angriff,  Streif,  wobei  Solmsen  an  griech.  igts  denkt, 
scheint  auch  anf  die  Ablaiitsstufe  ort,  ort  zurfickzugehen.  Andererseits 
wird  man  r.  r6hja,  r6hnja  ,Ackerland',  roUntkt  «Pflüger*,  p.  rola  «Acker- 
feld*, polab.  rÜPa  «gepflügtes  Land*«  slov.  ral^  ralt  f.  ,Baufeld,  Joch,  Mor- 
gen*, kr.  ral  m.  ,Joch*«  aksl.  ra/t;V«  ralija  «aryum*  doch  nicht  von  oratio 
of^q,  raiiy^  ralo  u.  s.  w.  trennen  können«  was  alles  nrsprachlich  ar-  bez. 
art"  Yoraassetzt.  Es  ist  also  im  Slav.  hier  auch  ein  ro«  trotzdem  es  auf 
ein  ursprachlicbes  ar-  znrückgeht. 

Die  erwähnten  Längen  gehen  auf  sog.  elä-,  ers-Basen  zurück. 
Bei  der  Yolktufe  I  mußte  aus  ä  eia  9  werden,  welches  im  Lit 
und  Slav.  mit  Hinterlassung  von  Dehnung  geschwunden  ist  (vgl 
Hirt,  Der  idg.  Abi.  S.  61).  Uralt  kann  dieser  Schwund  nicht 
sein.  Trotzdem  aber  im  Germ,  das  9  zum  Teile  noch  erhalten 
ist  (als  u,  a,  i  z.  B.  ahd.  birihha,  aksL  brSza;  ahd.  hiruz  u.  s.  w.), 
kann  man  doch  nicht  annehmen,  dafi  der  svarabh.  Vok.,  der  im 
Slav.  auftritt,  der  direkte  Fortsetzer  des  9  sei.  Wir  würden  sonst 
nicht  begreifen,  warum  russ.  voröna  (also  mit  dem  svarab.  Vok.), 

b.  vrdna  u.  s.  w.  anders  behandelt  wurde  als  ein  r.  rdtno,  wo 
doch  dieselben  Bedingungen  vorhanden  waren,  denn  der  vokali- 
sche  Anlaut  war  hier  gewiß  nicht  maßgebend. 

Mitunter  kommt  die  Länge  neben  der  Kürze  —  und  zwar  auch  im 
Inlaut  —  bei  yerschiedenen  Bildungen  derselben  Wurzel  vor.  Neben 
dem  erwähnten  r.  voröna,  lit.  vdma  aus  *vämä  haben  wir  auch  ein  r. 
vöroMf  böhm.  vran  (havran\  lit.  vafnas  aus  *vornO'.  Die  Kürzen  sind 
hier  wohl  sekundär. 

Neben  dem  besprochenen  haben  wir  noch  ein  drittes  Resultat  zu 
unterscheiden:  es  kommt  in  den  aksl.  Denkmälern  auch  alt'  vor:  rs 
oTdü  (Zogr.  Marc.  1,  19)  neben  vt  ladii  (ib.  Marc.  1,  20;  4,  36),  weiter 
ahkaii  «hungern'  {vvtalbka  Mar.  Marc.  2,  25).  Auch  bei  der  inlautenden 
toA-Gruppe  werden  wir  analoge  PäUe  im  Ksl.  finden  (ygl.  saTnoHb  weiter 
unten).  Es  muß  hervorgehoben  werden,  dafi  diese  Fälle  nur  bei  den 
Gruppen  mit  /,  jedoch  nicht  bei  jenen  mit  r  vorkommen.  Diese  Fälle 
können  nicht  so  erklärt  werden,  daß  die  Sprache  dialektisch  hier  noch 
auf  demselben  Standpunkte  geblieben  sei  wie  das  Lit.  mit  seinem  älkti 
u.  s.  w.,  d.  h.  daß  hier  ein  älterer  Zustand  erhalten  sei.  Dagegen  spricht 
im  Aksl.  ardii  mit  seiner  Länge,  die  doch  nicht  urslavisch  sein  kann,  da 
wir  ja  z.  B.  im  B.  lodi,  lod"  haben.  Es  bleibt  demnach  nichts  anderes 
übrig,  als  anzunehmen,  daß  auch  atkaii,  atdiji  auf  ein  älteres  *olokaU^ 
*olodiji  zurückgeht,  woraus  dann  *ölk4Ui\  *öldiji  und  atkati,  aldiji  dia- 
lektisch entstand.  Es  kann  sich  hier  der  Einfluß  einer  fremden  Sprache 
äußern.  Was  das  s  nach  dem  l  in  al^kati  und  dgl.  anbelangt,  so  könnte 
es  nach  dieser  Darstellung  in  dem  betreffenden  Dialekte,  wo  diese  Formen 


301 

aufkamon,  selbstverständlich  keine  lantlicbe  Berechtigung  haben.  Er  ist 
nur  vom  Standpunkte  eines  anderen  Dialektes  oder  als  ein  Besultat 
graphischer  Gepflogenheiten  zu  yerstehen. 

Ans  cro  wurde  dagegen  selbst  auch  in  diesem  Dialekte,  wie  schon 
hervorgehoben  wurde,  ein  rö,  also  z.  B.  rni». 

Es  ist  allerdings  etwas  auffallend,  da£  sich  das  *äft-,  aÜ-  gerade 
in  der  bg.  Dialektgruppe,  wo  auch  sonst  der  yokalische  Anlaut  nicht 
gemieden,  ja  sogar  direkt  herbeigef&hrt  wurde,  entwickelt  hat,  man  vgl. 
z.  B.  tdim  ,ein',   ast  ,ich'  aus  yaz&  und  dieses  aus  *is,  *Hjjaz9  u.  s.  w. 

Die  Formen  wie  atkati^  atdiji  und  dann  die  mit  inlautendem  iaU^ 
▼gl.  tatnotU,  könnten  die  Vermutung  aufkommen  lassen,  daß  auch  Über- 
haupt oloty  Orot  und  ebenso  das  inlautende  iorot^  tolot  zunächst  zu  dH-, 
ort-,  0rt,  töU  geworden  sei,  woraus  dann  rat,  lat  {ardiji,  dPkati  repräsen- 
tiere noch  den  älteren  Zustand),  trat,  tiat,  wo  es  eben  vorkomme,  ent- 
standen sei.  So  verlockend  diese  Hypothese  wegen  des  vorliegenden 
atkati,  soTnoMib  u.  s.  w.  wäre,  so  glaube  ich  doch  nicht  mit  ihr  operieren 
zu  müssen,  und  zwar  hauptsächlich  deshalb,  weil  die  Tatsachen  doch 
mehr  für  die  Dehnung  des  zweiten  Vokals  sprechen.  Man  vgL  z.  B.  das 
gemeinslav.  JSelHo  ,Eisen*,  das  doch  zunächst  nur  ein  ^ilHo  aus  ^gelzo, 
^gehxo,  vgl.  lit.  geliU  neben  gehifis  (ebenfalls  mit  svarabh.  Vokal)  voraus- 
setzt; weiter  aksl.  $raeinin»  =  9araeenu9:  trhnb  ,turris'  aus  gr.  xigt/irop. 

Für  anlautendes  M-,  ät-  haben  wir  kein  sicheres  Beispiel. 
Ich  mufi  da  mit  Torbiörnsson  (Die  gemeinslav.  liquidameta- 
these  I,  S.  10),  der  aksl.  Un  ,Wald'  und  redzkb  ^selten'  nicht  aus 
^äs-,  bez.  *erd'  erklären  will,  übereinstimmen  im  Gegensatze  zu 
Pedersen  (EZ.38,  S.309).  Bid^kb  hatte  wohl  gestofi.  Int  vgl. 
b.  rldk^  und  slov.  r^k  (wegen  s.  rljetki,  ritki  vgl.  oben  S.  231) 
und  so  stimmt  es  nicht  zu  lit  erdvcLS  ,weit,  breit,  geräumig^,  das 
übrigens  auch  hinsichtlich  der  Bedeutung  nicht  paßt  Dazu  ge- 
hört vielmehr  htrUis  ,Bastsieb',  rüas  ,aus  einander  stehend',  lat 
rOrTus,  ri4e  (also  re-d-ikb).  Wenn  reäeto  ,Sieb'  urspr.  mit  ^  war 
(vgl  r.  rüeto),  könnte  es  auch  hierher  gehören.  Auch  Ugb  ,Wald' 
kann  nicht  mit  ahsog  zusammenhängen,  letzteres  nach  O.  Hoff- 
mann aus  alr^Log^  got  alhs  ,Tempel',  Ut  eücas  ,Hain'  (BB.  26, 
8.  106). 

Ab  Beispiele  für* urspr.  ert-,  dt-  führt  T.  an:  r.  remd  ,den 
Überschwemmungen  ausgesetztes  Buschwerk,  Gehölz,  eine  Über- 
schwemmungen ausgesetzte  Strecke,  Flufital',  vgl.  lit.  annü\  im 
,Tiefe,  Abgrund,  Moorgrund^;  slov.  r^k  ,GänsedisteP,  vgl  ht 
erszketis  ,Dompflanze';  x.leHna  ,Eller,  Erle'  aus  *eUina  zu  oli>cha, 
aksl.  ßlbcha,  p.  oldia,  clsza,  b.  oUe,  vgl  lit  elkmis  ,Eller^,  noch 
mehr  aber  ahd.  dira,  vgl.  auch  lat  dlisynus.  Diese  Fälle  würden 
also  mit  dem  roty  lot  aus  ort-^  oU-  übereinstimmen. 


302 

Es  scheint  aber,  daß  hier  die  bloße  Umstellung  {eri-,  elt-  zu 
rd,  IM)  allgemeiner  war  als  bei  ort-,  oft-,  da  wir  sie  auch  im 
Südslav.  finden.  Das  würde  auch  gegen  eine  Verwandtschaft  des 
aksl.  r^zkb  mit  lit.  erdvas  (slav.  langes  S,  lit  kurzes  e)  sprechen. 
Hierher  gehört:  aksl.  lebedt  f.  ^Schwan^  slov.  leb^d,  bg.  lebed,  r. 
Ubedt,  ahd.  dbiz  ^Schwan'  (ygl.  albus,  akq>6g  ,weißer  Ausschlag'). 
Dameben  aber  auch  die  Stufe  ölb:  *ölbondt'  in  p.  iab^dd,  ab. 
labud,  jetzt  labul,  slov.  labqd  (neben  lobqd  und  dem  erwähnten 
lebqd),  s.  labud.  Im  B.  würden  wir  Idbitd  (Idbui)  entsprechend 
dem  s.  labud  erwarten.  Zu  elb-  in  lebedt  gehört  auch  r.  lebedd 
,MeldeS  klr.  lobodd,  p.,  os.  ioboda,  slovak.  loboda,  slov.  löboda, 
lebqda,  sJoböda,  hg.  löboda.  Weiter  aksl.  re^»  ,aemulatioS  Sfiilla 
(z.  B.  Supr.  S.  236),  das  man  zu  aksl.  rath  ,Kampf  (vgl.  oben 
S.  300)  stellen  muß,  vgl.  ai.  rtip  f.  ,Angriff,  Streit*,  gr.  egig. 

Bis  jetzt  handelte  es  sich  also  um  die  Gruppen  im  Anlaute. 
Als  Befiex  des  urspr.  tort,  tolt,  tert,  telt  zeigt  sich  im  Süd- 
slav. und  im  B.  mit  dem  Slovak.  trat,  tlat,  trit,  iUt,  im  P.  und 
Sorb.  trot,  tlot,  tret,  tlet,  dagegen  zeigt  sich  im  Folab.  das  tart 
scheinbar  unverändert:  tort,  für  die  anderen  Gruppen:  Üät,  trü, 
tlat,  wodurch  es  sich,  wie  wir  sehen  werden,  mehr  an  das  B.  an- 
schließt; schließlich  im  B.  oro,  olo,  ere,  de,  was  man  hier  eben 
den  Volllaut  (Polnoglasie)  nennt. 

Auch  im  Inlaut  müssen  wir  teils  tort,  töU,  teils  tort,  tolt 
und  analog  auch  t^,  telt  neben  tert,  telt  voraussetzen.  Diese 
Quantitätsunterschiede  äußern  sich'  akzentuell  im  lit  wie  im 
Slav.:  ]it.  vdrna,  preuß.  warne,  r.voröna,  polab.  fJonwJ,  k8&.vama, 
OS.  i4?r6na,  ns.  {w)ronica,  p.  u^ona,  b.  vrdna,  slov.  vrdna,  öak. 
vräna,  §toL  vrana,  bg.  vrdna,  aksl.  vrana,  hier  muß  ein  ^vörnä 
vorausgesetzt  werden;  dagegen  lit.  vafnc^,  preß,  wamis,  s.  vrän, 
slov.  vrän,  b.  vran  (havran),  p.  u^on,  ns.  {w)ron,  wrön,  r.  vörom 
aus  einem  *vorn0'. 

Auf  dem  ganzen  slav.  Sprachgebiete  begann  sich  frühzeitig 
aus  den  Gruppen  tört,  tort,  töü,  toU,  tSrt,  tert  und  telt,  tdt  ein 
tor<*t,  tolot,  terH,  tdH  zu  entwickeln,  wobei  natürlich  in  jenen 
Fällen,  wo  eine  Länge  vorherging  [ö  und  g);  der  Vokal  verkürzt 
wurde.  Man  muß  weiter  annehmen,  daß  sich  in  diesen  Fällen 
das  nachfolgende  vokal.  Element  am  frühesten  zu  einem  vollen 
Vokal  entwickelt  hat  und  zwar  wegen  des  steigenden  Akzentes, 
der  die  Tendenz  hatte,  sich  auf  dem  neuen  Vokale  festzusetzen. 
Je  mehr  aber  der  zweite  Vokal  an  Selbständigkeit  gewann,  desto 


303 

mehr  büßte  der  erste  ein.  Es  kam  zu  einem  toro,  tolo,  t^o,  Ulo. 
Das  R.  blieb  auf  diesem  Standpunkte,  indem  es  hier  schließlich 
zu  einer  gleichmäßigen  Entwickelung  der  beiden  Vokale  kam. 

In  den  anderen  Sprachen  ging  das  erste  vokal.  Element 
schließlich  ganz  verloren,  wobei  jedoch  die  zweite  Silbe  gedehnt 
wurde:  tröty  tlöt,  trBt,  UM,  so  im  Südslav.,  im  B.  mit  dem  Slo- 
vak.;  mit  seinem  Üät,  trit,  tiat  (aus  Üet)  gehört  hierher  auch  das 
Polab.  Hiebei  ist  wichtig,  daß  die  ursprüngliche  Int 
des  oro,  olo  bei  der  Kontraktion  immer  gewahrt  blieb: 
aus  vorina  wurde  s.  vräna,  b.  vrdna,  aus  vörom  wird  s.  vrän, 
b.  vran  u.  s.  w.,  also  fast  analog  wie  z.  B.  im  Slov.  aus  igräjem 
ein  igram,  aus  go»pojä  dagegen  ein  gospd  geworden  ist 

Im  P.  zeigen  sich  hier  Kürzen:  trot^  ilot,  tret,  tlet  und  es  igt  nicht 
wahrscheinlich,  daß  auch  hier  einmal  Längen  vorhanden  waren  und  daß 
sie  später  rerkürzt  wurden.  Damit  würde  allerdings  das  hier  vereinzelt 
vorkommende  tart  in  karw^  wo  die  Länge  erhalten  blieb,  vielleicht  über- 
einstimmen, aber  es  ist  zu  bedenken,  daß  hier  die  Dehnung  des  Vokals 
vor  der  Liquida  enthalten  ist  und  das  ist  eben  ein  großer  Unterschied. 
Ein  iorot  konnte  hier  also  zu  tört  oder  zu  torot,  trat  führen.  An  das  P. 
schließt  sich  in  dieser  Hinsicht  das  Sorb.  an. 

Man  kann  nun  nicht  annehmen,  daß  sich  der  svarabh.  Vok. 
später  entwickelt  hat  als  z.  B.  im  Anlaute  aus  ort  und  ort  auf 
dem  näher  bestimmten  Sprachgebiete  (B..,  Westslav.)  ein  rot-,  rat^ 
durch  bloße  Metathese  entstanden  war.  Wir  müssen  vielmehr 
wohl  voraussetzen,  daß  beide  Prozesse  gleichzeitig  begannen,  denn 
es  handelte  sich  darum,  eine  unbequeme  Gruppe  zu  beseitigen 
und  die  bestand  im  anlautenden  ort-,  oÜ-  ebenso  wie  im  inlau- 
tenden tort,  toU.  Es  darf  nicht  auffallen,  daß  sich  das  R  schein- 
bar nicht  konsequent  blieb.  Während  es  nämUch  im  Anlaut  die 
ort-,  oZ^Gruppe  einfach  diux^h  Metathese  beseitigte,  ging  es  bei 
tort,  toU  nicht  analog  vor,  sondern  ließ  hier  einen  svarabh.  Vok. 
entwickeln.  Im  Anlaute  ließ  sich  nämlich  die  Metathese 
einfach  bewerkstelligen,  im  Inlaute  war  sie  hier  un- 
durchführbar, weil  sie  wieder  zu  einem  tr,  tl  geführt 
hätte  und  diese  Gruppen  mied  eben  das  B.  wie  wir  aus 
der  Behandlung  des  tft,  tlt  ersehen.  Aus  diesem  Grunde 
ließ  es  auch  die  Gruppen  torot,  tolot  unverändert  be- 
stehen, während  die  anderen  slav.  Sprachen,  in  denen 
es  zu  einem  tft,  tlt  kam,  auch  diese  Gruppen  auf  die 
angegebene  Weise  vereinfachten. 

Auf  dem  bg.  Sprachgebiete  entwickelte   sich  auch   dial.  aus   *tolot 


304 

ein  *föft,  talt,  aber  nur  bei  dieser  Gruppe,  nicht  auch  bei  tortf  also  ganz 
analog,  wie  aus  oht  ein  aU  wurde  (vgl.  oben  S.  300).  Auch  eine  Gruppe 
wie  toUf  ialt  war  also  hier  nicht  mehr  anstößig,  was  aus  der  Berührung 
mit  einer  fremden  Sprache  erklärt  werden  könnte.  So  finden  wir  hier: 
haPtiny,  cf.  hlato  ,Sumpf ,  ein  Reflex  dessen  auch  im  Bnm.,  wo  wir  haUb 
,lacu8,  stagnum^  mac.-rom.  ijut6)lxa  finden  und  das  ist  bezeichnend; 
moTdicife  (cf.  mlad^  J^i^gOi  ^^^no^tb  (cf.  stanz  ,salzig,  gesalzen^  nnd  paPU 
(vgl.  Afsl.  Phil.  18,  S.  598  und  22,  S.  32).  Auf  einem  noch  älteren  Stand- 
punkte scheint  dagegen  das  im  Psalt.  sin.  vorkommende  zoltto  ,Gold'  zu 
stehen.  Es  ist  hier  noch  nicht  zu  einem  Verluste  des  zweiten  Vokals 
gekommen  und  so  konnte  das  erste  o  nicht  gedehnt  werden.  Der  volle 
Vokal  verrät  im  Gegensatze  zum  Halbvokal,  das  in  dem  betreffenden 
Dial.  das  Hauptgewicht  auch  auf  den  ersten  Vokal  verlegt  wurde,  wo- 
durch es  eben  in  dieselbe  Kategorie  wie  die  Worte  saTnostb  u.  s.  w.  ge- 
hört. Wäre  der  Dialekt  auf  dem  Standpunkte  des  zohio  geblieben,  so 
hätte  er  sich  dem  B.  genähert. 

Auch  hier  kann  man  natürlich  ein  salnostt  u.  s.  w.  nicht  so  auf- 
fassen, daß  sich  in  diesen  Worten  der  ursprüngliche  Zustand  der  Laute, 
also  wie  e^wa  im  Lit.,  erhalten  hätte. 

Ein  analoger  Vorgang^  wie  wir  ihn  eben  in  den  bg.  Dial. 
bei  tcUt  aus  tolot  kennen  gelernt  haben,  wiederholt  sich  uns  auch 
im  Folab.,  aber  hier  ist  es  merkwürdigerweise  torot,  das  zu  tört, 
tart  wurde.  Auch  hier  müssen  wir  wohl  darin,  daß  die  *tört, 
tor^-Gruppe  mögUch  war,  den  Einfluß  einer  fremden  Sprache 
(hier  speziell  des  Deutschen)  sehen.  Ausnahmsweise  kommt 
übrigens,  wie  wir  schon  hervorgehoben  haben,  auch  im  P.  ein 
tart  vor:  karw  ,fauler  Ochse'  neben  krowa  ,Kuh'. 

Daß  die  to/^-6ruppe  nicht  immer  auf  dieselbe  Art  gemieden  wurde, 
zeigt  z.  B.  aksl.  moliti,  b.  modlüi  ,beten,  bittenS  urslav.  also  *modUtu 
Das  kann  man  aber  von  lit.  meldifü,  meldääa,  meUti  ,bitten'  und  malda 
,Bitte,  Gebet',  maldau,  maldyti  «bitten*  (vgl.  S.  297)  nicht  trennen.  Im 
Slav.  ist  also  von  *mo/<^-' auszugehen,  das  nach  der  gewöhnlichen  Be- 
handlung der  <oft-Gruppe  zu  einem  aksl.  rrUad-  geführt  hätte  (eigentlich 
genauer  zu  einem  urslav.  *molod').  Nun  hatte  man  aber  auch  schon 
aksl.  mladz^  ndadüi  (urslav.  *molodo)  aus  einem  anderem  *mold-  Jung^ 
Man  hat  hier  also  ein  Mittel  ausnahmsweise  zur  Anwendung  gebracht, 
das  sonst  in  einer  Gruppe  von  slav.  Sprachen  im  Anlaute  zur  Geltung 
kam.  Zu  *moldüi  gehört  vielleicht  auch  fMX&axos  ,weich,  zart*,  as.  mildi 
,mild,  gütig,  gnädig*,  air.  meldach,  meütaeh  ,acceptu8,  gratus*,  ai.  mdrdhati 
,er  läßt  nach,  wird  lässig*.  Die  Grundbedeutung  des  modliti,  molüi  wäre 
etwa  ,Jem.  mild,  gütig  machen*. 

Es  handelt  sich  nun  um  die  Begründung  der  Annahme  eines 
svarabh.  Vokals  und  der  Kontraktionsdehnung.  Zunächst  wollen 
wir  einige  Fälle  erwähnen,  die  dafür  sprechen  könnten,  die  wir 
aber  doch  anders  erklären  müssen. 


305 

Im  AkaL  kommt  neben  zUsti,  zUdq  ^solTere^  (z.  B.  Slidetb 
fiompen8ai&  Snpr.  266,  7)  auch  zUuti,  äadq  vor  (z.  B.  Supr. 
378,  20  und  21;  äade  ib.  378,  25;  äadtba  ^ti/ua  ib.  316,  1); 
neben  äim  ,articalns'  (z.  B.  in  dem  von  Ealuzniacki  heraus- 
gegeb.  Apost  Xu.  Jhd.  äinzmi  Ephes.  4,  16)  auch  äam  (z.  B. 
in  SiS.  Ap.  D.  PL  äanomb  Hebr.4, 12).  Man  könnte  nun  daran 
denken,  daß  sich  in  *ddno  wegen  eines  hier  aufgekommenen  l 
ein  ^dehno  und  dann  nach  Verhärtung  des  6  ein  *6oUmo  (dlnna) 
entwickelt  hätte.  Allein  das  müßte  in  eine  TerhältnismäSig  zu 
späte  Periode  faUen,  wo  jenes  Resultat  kaum  erreicht  worden 
wäre.  Wir  müssen  daher  Mam  doch  auch  aus  H^^  erklären, 
wobei  wir  yoraussetzen,  daS  das  l  unter  dem  Einflüsse  von  6  er- 
weicht wurde.  Nun  ging  auch  noch  in  einer  späteren  Periode 
nach  solchen  Lauten  ^  in  a  über:  Imper.  glagoljaU  aus  glagoPHe 
nach  f>edHe.  Dagegen  mußte  ein  d^  u.  s.  w.  natürlich  bleiben. 
So  auch  im  B.,  wie  wir  sehen  werden.  Daß  zunächst  ein  *Mno 
entstanden  wäre,  daran  ist  nicht  zu  denken,  da  ja  selbst  noch  im 
Aksl.  fremdes  jo  in  je  übergeht  (vgl  S.  86).  Nur  r.  ddotö,  p. 
dUU),  b.  dläto  gegen  s.  dlijHo  ist  vielleicht  schon  im  Urslav.  auf 
einem  Gebietsteile  so  entstanden,  wenn  wir  hier  nicht  von  der 
Doublette  *doUo  ausgehen  wollten.  Der  Wandel  hätte  zunächst 
den  svarabh.  Vokal  betreffen  müssen,  wie  wir  es  im  R.  sehen. 
Daß  auch  hier  urspr.  ein  e  war,  daran  kann  wegen  der  anderen 
slav.  Sprachen  nicht  gezweifelt  werden.  Da  hier  das  z,  9,  6 
längere  Zeit  hindurch  weich  blieb,  so  behauptete  sich  auch  das 
e  vor  dem  l:  zäcibb  yBinne*,  jetzt  wieder  allerdings  zolobh  aus- 
gesprochen und  mitunter  auch  so  geschrieben.  In  dem  von 
Edbzniacki  herausgegeb.  Ap.  lesen  wir  deUmomb  Dat  PL  Hehr. 
4,  12  i^\L  hat  hier,  wie  wir  sahen,  Üanomt);  so  finden  wir  im 
B.  noch  äeUntb  neben  ädemh  ,der  obere  Dachsparren^  aksl.  iUtm 
,Helm',  got  hilms;  zdezä  neben  z4Hoz&  (auch  zdizd  geschrieben) 
,E[al8drüse^ 

Dagegen  aber  volokü  gegen  aksl.  vlikq  ,ich  ziehe,  schleppe'; 
tnclokö  ,Milch'  gegen  aksL  mWco;  pol&m  ,Beute'  gegen  aksl.  pUm^ 
▼gL  lit.  pdnaa  ,Verdien8t'. 

Bekanntlich  hat  man  auch  im  Böhm.  Uab  neben  Heb,  6linek 
neben  äen,  ädza  ,Drüse^  Auch  hier  muß  man  das  a  aus  dem 
S  erklären,  wobei  man  sich  auf  die  Tatsache  berufen  kann,  daß 
im  Ab.  die  Formen  mit  e  (aus  S)  noch  häufiger  sind  und  daß  die 
mit  a  erst  mit  der  Zeit  zunehmen  (vgl.  Gebauer  I,  S.  206).    Es 

ToBdr&k,  Vgl.  ibT.  Gnmm.  I.  20 


306 

kann  nicht  dagegen  eingewendet  werden,  daß  z.  B.  in  slqp^f 
bledy,  tnUko  (hier  überall  urspr«  e)  u.  s.  w.  das  i  (e)  nicht  in  a 
übergeht,  denn  dieser  Übergang  fiand  eben  nach  palatalen  Lauten 
statt  (auch  das  einfache  e)  wie  jaJUa,  zalud,  diaJ.  6älo  (vgl.  S.  48 
und  75).  Auch  im  F.  war  urspr.  ein  e  und  ging  dann  erst  nach 
der  allgemeinen  Begel  (vgl.  S.  43)  in  o  über,  wobei  bei  z,  J  bei 
der  späteren  Verhärtung  dieser  Laute  das  {  in  ^  überging,  aber 
das  hatte  mit  unserem  Prozesse  nichts  zu  tun.  Ich  kann  hier 
also  mit  Pedersen  (Mater^aly  u.  s.  w.  Bd.  I,  Hft.  2,  S.  147) 
nicht  übereinstimmen.  Für  das  B.  ist  eine  andere  Ejrklärung  aus- 
geschlossen, da  die  Laute  ö^  z,  ä  erst  in  historischer  Zeit  hart 
geworden  sind  (S.  30).  Das  Poln.  hat  plewa  (h.pliva)  gegen  r. 
polöva,  plon  {BXü&plen,  h.plen),  mli6  (b.  mlüi,  r.  moUth),  mleko  (b. 
ndUco,  r.  molokö);  wlec  (b.  vUci,  r.  voloöt);  tnlon  ,Griff  an  der 
Handmühle'  (aus  nUen,  r.  mäenz)  und  vielleicht  noch  einige  Bei- 
spiele. Mit  i:  zidb  (b.  zieh  und  zlab,  r.  zäoH,  zöloH);  zUd 
,Schneeregen,  gefrorener  Schnee',  aksl.  zledica;  czbm  (b.  6len  und 
6Ui%ek  neben  Hänek);  (zoha),  b.  zldza  neben  hliza,  hläza  (es  lag 
auch  ein  *golz-  vor,  das  ergab  hlaa-  und  durch  Kontamination 
aus  Maz-  und  zUz  entstand  ein  hlez)^  r.  zdezd. 

Mit  dem  p.  zi6b  stimmt  auch  das  Ka&ub.  zlob,  wie  auch 
^on  u.  s.  w.  überein,  desgleichen  das  Sorb.  (os.,  ns.  zhb,  os. 
ädnk,  ns.  dank)  und  teilweise  das  Polab.:  schlod  (für  p.  zlöd), 
sonst  aber  findet  man  in  diesen  Fällen  in  der  Regel  ein  a  (aus 
i):  ndaka  ,Milch',  plavai  (poln.  plewa);  ndat  (poln.  mlSd). 

Die  bis  jetzt  erwähnten  Fälle  bieten  uns  also  zur  Begründung 
unserer  Hypothese  kein  Material. 

Dagegen  spricht  dafür  m.  E.  am  meisten  das  Polab.  Hier 
finden  wir  nämhch  tari,  das  als  tört,  wie  wir  sehen  werden,  auf- 
zufassen ist,  neben  den  Keflexen  eines  Hat  d.  i.  *Üöt  imd  trSt, 
fIM,  d.  i.  trU,  Üet.  Nun  kann  tort  nicht  die  direkte  Fortsetzung 
eines  urslav.  Uni  sein,  weil  wir  sonst  die  Länge  absolut  nicht  be- 
greifen würden,  daher  muß  es  auf  torot  zurückgehen,  für  das 
auch  z.  B.  das  R  spricht.  Ebensowenig  kann  tlöt,  ÜSt,  tret  der 
direkte  Beflex  eines  urslav.  toU,  tdt,  tert  sein  und  zwar  aus  dem- 
selben Grunde,  d.  h.  wegen  der  Länge. 

Weiter  haben  sich  noch  ausnahmsweise  einzelne  Volllauts- 
formen, auf  die  teilweise  auch  schon  J.  Schmidt  aufmerksam 
machte  (1.  c.  S.  67),  erhalten.  Andererseits  wurde  auch  olo,  do 
u.  s.  w.  mitunter  dort  kontrahiert,   wo  es  sich  nicht  um  einen 


307 

sTarabL  Vok.  handelte  und  zwar  teils  mit  Ersatzdehnung,  teils 
ohne  dieselbe,  was  teils  durch  verschiedene  Sprachgebiete,  teils 
durch  verschiedene  Zeiten  erklärt  werden  mag.  DaB  auf  slav. 
Gebiete  in  bestimmten  Zeiten  Ersatzdehnungen  Überhaupt  auf- 
treten konnten,  haben  wir  oben  S.  214  gesehen. 

So  haben  wir  aksl.  u.  s.  w.  jdenb  ^Hirsch',  lit  änis  daiss^ 
arm.  ein,  gr.  eXatpog  dass.  aus  dQrbhos  zu  iXkog  aus  ikvo-  (vgl. 
firugmann,  Kurze  vgl.  Ghr.  §  407),  dazu  das  oben  S.  299  er* 
wähnte  r.  lant  ^Hirschkuh'  aus  ^olni  (o-Stufe). 

Aksl.  u.  s.  w.  öhvo  31eiS  preuß.  aUo%8  yBleiS  lit  alwu  ,Zinn', 
lett  aLva  dass. 

Aksl.  pdegb  ,grau,  dunkel^  r.  pdesyj  ,gefleckt  (von  Tieren), 
bunf ,  lit  pdls2€U  fshVy  vgl.  dazu  aksl.  u.  s.  w.  pUsn^  ,tinea',  n 
auch  plesnt,  dagegen  lit  pdu,  pditi  ,8chimmeln'  und  pdisiai  Fl. 
SchinmielS  außerdem  pde  ,Maus^.  Hier  liegt  also  auch  im  R, 
eine  Kontraktion  mit  Ersatzdehnung  vor. 

Ein  urslav.  de,  ere  u.  s.  w.  ist  in  einigen  slav.  Sprachen  noch 
erhalten,  während  in  anderen  li,  ri  vorkommt,  aber  gegen  die 
allgemeine  Begel,  die  wir  sonst  bei  diesen  Gruppen  bemerken. 
So  haben  wir  r.  pdend  ,WindelS  aksL  pdena,  bg.  pdena,  b.  da- 
gegen plena  aus  pUna  vgl  lat  peUis,  gr.  niXla  (ü  aus  In). 

Im  AksL  haben  wir  zeUzo  ,EisenS  p.  zelazo,  r.  zdezo  u.  s.  w., 
preufi.  geUo,  zem.  geUü,  lett.  dfdßs,  griech.  xaXyidg.  Hier  ist 
auch  im  lit  dieselbe  Erscheinung,  allerdings  unabhängig  vom 
Slav.,  denn  wir  finden  hier  neben  gdiie  auch  gdeile.  Es  handelt 
sich  nun  um  die  Erklärung  des  ^  in  zdezo.  Offenbar  ist  aus 
^zdezo  auf  dem  größeren  Gebiete  ein  ^zUzo  entstanden,  dameben 
behauptete  .sich  auf  einem  anderen  noch  *  zdezo  und  durch  die 
Kontamination  beider  Formen  entstand  ein  zelizo;  oder  ging  zUzo 
in  *züezo  und  dann  zelizo  tiber^ 

Analog  verhält  es  sich  mit  aksl.  8verqs^  ,wild',  r.  sviripffj, 
im  Ar.  ist  aber  noch  everipb  (vgl.  Sobolevskij  S.  82),  dameben 
auch  svntpb  aus  *evrpo,  ^svtrpo-  (preuß.  eweriapie  ,Zuchtheng8f 
ist  aus  dem  P.  entlehnt,  Berneker  Fr.  Spr.  S.  325). 

1.  Eine  ähnliche  Erscheinung  aach  bei  s.-kr.  naran  f.  (auch  nerav^ 
neraav)  ,GemütBartS  bg.  norav  ,Gewohnheit,  Charakter',  p.  narow,  norow 
,GewohnheitS  aksl.  itrav»  ,Sitte'  aus  *n<irtio-;  ferner  kr.  korak,  s.  krak 
«langes  Bein*,  aksl.  krak»  in  pokradäo  «Schritt',  dameben  auch  b.  krok^ 
klr.  krok  u.  s.  w.,  d.  h.  es  kam  hier  nicht  zur  Dehnung;  ns.  kioeyä,  os. 
krocid  spricht  allerdings  für  ein  urslav.  kroko',  wogegen  lit.  karkä, 

20* 


908 

Es  wurden  analoge  Formen,  in  denen  es  sich  nm  einen 
nispr.  zweiten  Vok.  handelte,  so  umgewandelt,  als  ob  darin  ein 
svarabL  Vok.  enthalten  wäre:  aksL  tr^^  jturris',  r.  noch  teremz 
aus  gr.  %i(fi^vov;  aksl.  örütmja  ^cerasus',  gr.  ueQaaia^  iMqaalov; 

aksL  sradnim,  ar.  sorodninb  =  saracenus; 

aksl,  (Setvridtntvtwö  ,am  4.  Tage  seiend^  für  ddvera-dtntvtm, 
daszunädist  wohl  za  ddvere-dtnbtm^z  (imEsl.  belegt:  Miklosich 
Lex.  paL  8.  1114),  umgewandelt  wurde;  analog  ödvrigubb  ,qua- 
druplus'  u.  B.  w. 

Analog  scheint  es  sich  auch  bei  b.  strün'o  aus  sränv  ,8ilber^, 
p.  ärzebro,  ar.  ebenfalls  sribro,  jetzt  allgemem  klr.  sribro,  sribio 
(vgl.  Sobolevskij  L  c.  S.  23)  zu  Tcrhalten,  denn  es  kommt  dar- ' 
neben  im  B.  auch  8erd>ro  vor,  aksl.  9wrAro\  wofttr  lit.  sidabras 
spricht  (got  süubr  soll  nach  Uhlenbeck  PfiB.  20,  8.  37—45 
eine  Entlehnung  aus  dem  Slay.  sein). 

Auf  zweifache  Grundformen  gehen  dagegen  folgende  zwei 
Worte  zurUck:  r.  pdeta,  lett  Flur,  pdawas,  ai.  paldvaa  ,Spreu, 
Hülse'  ist  aus  pelif^  entstanden,  dagegen  r.  poUwa,  aksL  pUva, 
b.  fUva  u.  s.  w.  aus  *peljiä,  vgl  preuß.  pdwo;  femer  os.  solobik, 
syiobik,  ns.  sylowik,  stfhj,  polab.  säbl'  ,Nachtigall'  aus  *aolov,  vgl. 
preuß.  sahuns;  dagegen  aksL  alavij,  r.  sohvij,  p.  shwik,  b.  siavüc 
u.  s.  w.  aus  *8olih  Tgl.  ahd.  swaHawa,  aengl.  swedlwe  aus  urspr. 
BUiolvfin  (Tgl.  Solmsen  in  Afsl.  Phil.  24,  S.  676—676). 

Das  ^^dAsky.pladhne  n.  ,meridies'  setzt  ein  sekundäres,  späteres 
*polodtne  Toraus,  wie  es  auch  im  B.  {polodne)  aufgekommen  ist 
Alter  war  polzdtne,  ab.  poledne  und  poludtne,  ab.  poluden.  Das 
^polodtne  ist  so  entstanden  wie  pohv^rtm,  pohvirtcb  ,haereticu6' 
neben  dem  älteren  poluvirtcb  (Jagiö  ging  von  *poldtne  aus,  das 
aus  pohchne  herrorgegangen  wäre  Afsl.  Phil.  I,  S.  396). 

Weiter  haben  wir  einen  klaren  Fall,  in  welchem  ein  urslaT. 
do  teils  zu  lö,  lä,  teils  zu  lo  führte,  in  aksl.  äovikz,  r.  ddoviln 
,Mensch'.  Wegen  des  o  in  b.  Ölovik  kann  man  hier  nicht  Ton 
*6elv'  ausgehen  (vgl.  b.  plen,  rnUko,  plena,  pUva  u.  s.  w.),  auch 
nicht  von  dlv-  trotz  des  lett  zU'veks,  das  eine  Ablautstufe  dem 

1.  In  akal.  Denkmälern  kann  man  allerdings  nor  ttniro  belegen 
(vgl.  Afsl.  Phil.  I,  S.  28—29),  daraas  dürfte  dann  erst  nrehro  doroh 
Assimilation  (&  an  e)  entstanden  sein.  Letztere  Form  mofi  unbedingt 
anch  angesetzt  werden  und  zwar  wegen  r.  $er6bro^  b.  stribro  und  got 
silubr,  falls  es  wirklich  entlehnt  ist.  Von  einem  älteren  9br§hro  auszu- 
gehen erlaubt  das  aksl.  nrebro  nicht,  sonst  wäre  es  leichter  zu  erklären. 


309 

SlaT.  gegenüber  enthält  Im  B.  ist  ödo  geblieben,  wie  es  Über- 
haupt fast  alle  Ornppen  elo,  efo  n.  s.  w.  gerettet  hat  In  den 
anderen  slav.  Sprachen  wurde  jedoch  das  Wort  so  behandelt,  als 
hätte  es  einen  svarabh*  Yok.  Das  auf  diese  Weise  entstandene 
^äöväcb  liegt  dem  polab.  dävak  zu  Gnmde  (slavak,  czlavak, 
^ehlaeak,  dgenthch  als  dävak  aufisu&ssen,  vgl  gl^va  ,Eopf ,  klä$ 
jAia&  VL  s.  w.).  Ein  ölavHn  müßte  hier  als  *düvak  erscheinen, 
wie  schon  FortunatoT  mit  Becht  hervorgehoben  hat  Sonst 
ergab  do  nur  ein  h:  dlovikb. 

Das  Wort  war  zu  lang  and  hftnfig  gebraucht;  wir  bemerken  in  den 
meisten  slav.  Sprachen  die  Tendenz  es  zn  verkürzen,  Tgl.  p.  etUk,  r.  dial. 
delekbj  b.  volkstümlich  Yok.  coeee,  c§c€*  Dieser  Umstand  mag  es  vemr- 
sacht  haben,  daß  in  der  Mehrzahl  der  anderen  slav.  Sprachen  das  eelo 
hier  nar  ein  clo  ergab.  Ein  ctio-  liegt  hier  absolut  nicht  vor  (vgl.  daher 
ab.  V  6lovM^  k  äoviku  u.  s.  w.  nicht  ve  ^oviei  u.  s.  w.  Gebauer,  Hist. 
ml.  I,  S.  77).    Hinsichtlich  des  Akzentes  vergleiche  r.  Sdavik»  und  itok. 

Ein  ono  (im  Anlaut)  führte  zu  *nö:  es  handelt  sich  um  die 
aksL  Präp.  na  fi,nP,  die  zu  griech.  ava,  got  ana  u.  s.  w,  (vgl. 
oben  S.  77)  gehört;  ein  n  in  analoger  Stellung  wie  die  Liquidae^ 
wurde  von  analogen  Erscheinungen  begleitet»  vgl.  oben  S.  297 
auch  kamy. 

Ans  einer  germ.  Form,  die  sich  im  Ahd.  als  ehirihha  (dieses  aus 
ftvQot^)  ftuAert,  ist  im  Slav.  zunächst  ^etrtkp^  Gen.  *etrbktvß  geworden. 
In  ar.  Denkmftlem  auch  cbrtky,  jetzt  eenkow.  Die  erwfthnte  Form  lag 
auch  dem  b.  Beflexe  dieses  Wortes  zu  Grunde.  Hier  wäre  der  Nom.  dar- 
nach regelrecht  ^ewrky^  Gen.  ^ereküe.  Durch  Kontamination  beider  For« 
men  entstand  *c0rßky,  *e0reko€.  Dieses  Wort  wurde  nun  so  behandelt, 
als  ob  ein  t€r€  aus  t^rt  vorliegen  möchte,  es  blieb  jedoch  der  erste  Yokal 
erhalten,  vielleicht  deshalb,  weil  damals  der  Akzent  schon  auf  der  ersten 
Silbe  ruhte,  daher  nicht  *er}ikw^  sondern  rirkev,  efrkve,  woraus  wir  er- 
sehen, daß  zur  Zeit,  als  dieses  Wort  entlehnt  wurde  (oder  wenigstens 
bald  darauf),  die  heimischen  Fälle  mit  der  Gruppe  ier^l  aus  Urt  schon 
zu  trü  geworden  waren.  Dameben  behaupteten  sich  aber  immer  noch 
die  scheinbaren  Yolllautsformen,  wodurch  dann  weitere  Beeinflussungen 
möglich  waren :  I  drang  auch  in  diese  ein  und  so  hatte  man  auch  eirskev 
neben  drkev,  drskvt  u.  s.  w.  Jetzt  heißt  es  eirk49,  eirkve  {i  aus  jp,  ^). 
Im  ap.  Flor.  Psalter  finden  wir  eersküw,  das  den  b.  Formen  entspricht, 
dameben  aber  auch  eirekiew,  das  auch  eine  Eontaminationsform  sein  kann 
und  ein  «f  voraussetzt.  Das  aksl.er»Ay  muS  auch  von  ^etrhky  abgeleitet 
werden,  wobei  ein  ^ej^ky  als  Mittelstufe  anzusehen  ist. 

Auch  das  Wort  karl  muß  in  einer  Fotm  bekannt  geworden  sein,  die 
noch  zwei  Vokale  enthielt.  Mit  Becht  hebt  Solmsen  (Afsl.  Phil.  24, 
8. 671)  die  schriftliche  Darstellung  als  karal  und  das  lat.  Caroiu9  hervor. 


310 

Damals  aber,  'als  das  Wort  entlelmt  wurde,  gab  es  wohl  keine  toro-^  Ur^- 
.  u.  s.  w.  -Formen  mehr  in  den  betreffenden  Sprachen.  Nichtsdestoweniger 
wurde  das  Wort  noch  so  behandelt  (wie  auch  das  eben  erw&hnte  eirkev 
im  B.)  und  das  mufi  besonders  hervorgehoben  werden,  weil  es  ans  die 
Entstehong  unserer  Längen  schön  illnstriert.  Es  f&hrte  nämlich  auch 
damals  ein  *kröl-  aus  *korol'  im  B.  zu  kräl.  Das  hier  z.  B.  auch  sonst 
noch  ö  zu  a  wurde,  zeigt  uns  kmavaÜ  ,schonenS  kUäUr  s  klötUr;  kana 
s  hdn  u.  s.  w.  Anders  yerhielt  sich  aber  dann  das  später  z.  B.  auf  b. 
Boden  entstandene  ö.  Das  Wort  war  imSlav.  endbetont  und  die  vorher- 
gehende Länge  wurde  zu  einer  gestoßenen:  r.  korih,  b.  krdl^  Sak.  krä\i 
(itok.  abweichend  kralj,  vgl.  oben  S.  220,  229  und  230). 

Einiges  soll  noch  aus  einzelnen  slav.  Sprachen  zur  Erörterung 
kommen. 

Buss.  Das  erste  o  in  g&rodö^  v6lok»  u.  s.  w.  ist  primär  und  das 
zweite  ist  als  ein  svarabh.  Yokal  aufzufassen  und  daher  sekundär.  Daf&r 
spricht,  dafi  auch  in  der  urslav.  Gruppe  for<,  foft  u.  s.  w.  das  r,  /  seine 
urspr.  Stellung  gewahrt  hat:  cenn  ,WurmS  aksL  artm,  lit.  kirmU:  voU» 
,Wolf ,  aksl.  «&^,  lit.  vWuf.  Femer  sprechen  daf&r  die  r.  Lehnwörter 
im  Finnischen,  wo  sie  or,  al  u.  s.  w.  haben.  Sie  sind,  wie  Mikkola 
(Berührungen  zw.  den  westfinn.  und  slav.  Spr.  S.  43  ff.)  richtig  bemerkt, 
zu  einer  Zeit  aufgenommen  worden,  als  der  r.  (besser  der  slavische  Über^ 
hnupt)  svarabh.  Yokal  nach  r,  /  noch  nicht  entstanden  ist,  z.  B.  paUtina 
s=  r.  pohtnd  .Leinwand* ;  taikkuna  ,harter  Brei  von  Gerste  oder  Hafer*, 
r.  tolokn6  ,gedörrtes,  durch  Stofien  im  Mörser  bereitetes  Mehl,  Hafer- 
mehl*; värUänä  »  r.  wrttenä  ,Spindel'.  Auch  die  schon  erwähnten  Akzent- 
verhältnisse v&ron»  u.  var&na  aus  *iM$mo-  und  *vöfna  sprechen  ffir  die 
Posteriorität  des  zweiten  Yokals.  Im  ersten  Falle  war  der  ausklingende 
Best  des  Tones,  der  noch  das  r  traf,  so  schwach,  dafi  der  sich  nach  dem 
r  entwickelnde  Yokal  nicht  mehr  daran  partizipieren  konnte  und  daher 
unbetont  blieb:  voran.  Im  zweiten  Falle  war  der  Ton  auf  der  Liquida 
konzentriert  und  es  konnte  der  sich  neu  entwickelnde  Yokal  leicht  daran 
partizipieren  und  schließlich  den  Ton  ganz  an  sich  reifien:  vorona, 

Po  lab.  Für  anlautendes  ort-  mit  gest.  Akz.:  r&dlu  JPflug*  (b.  rddlo), 
rU^  ,Pflfiger'  (b.  roiaj),  rhna  ,Bchulter*  (aksl.  ram^  rWSj  f.  .Kasten* 
(b.  rok^c  ,Sarg*),  LSbi  ,£lbe*.  Mit  geschl.  Akz.:  rula  ,gepflfigtes  Land* 
(p.  rola  .Ackerfeld*),  rUU  .wachsen*  (p.  roiö^  rödd),  rüz  ,auseinander*  (p., 
sorb.,  b.  r<»>  aksL  roz-),  Uida  ,Schiff*  (b.  lod'),  lUk'U,  Hik'^t  ,£Ile*  (b. 
loifc^),  ü  geht  auf  o  zurück.  vgL  püd-  .unter*  (aksL  pocf»).  A'«m  .Sense* 
(b.  ko9a). 

XTrspr&ngUches  ioU  wurde  zu  tlii  (geschrieben  zumeist  tlat^  seltener 
Uaij  dann  auch  iioat,  tioot,  tlaat,  tioai),  z.  B.  gUtvo  .Kopf,  r.  ifolovd,  b. 
klava;  klh  .ihre*,  r.  kSlon;  güd  ,Hunger<,  r.  gdiod^;  slima  .Stroh*,  r. 
soldmaj  b.  sidma  n.  s.  w.  Mit  Bücksicht  auf  ridUi,  rSiaj  u.  s.  w.  m&ssen 
wir  in  dem  i  ein  älteres  a  sehen.  Ursprüngliches  Urt  wird  zu  <rU.  trUi 
hrig  .Ufer*,  r.  horog^  9rSda  .Mitte*,  tridng  .mittlerer*,  r.  9eredd  u.  s.  w. 
Auch  hier  müssen  wir  von  einem  trÜ,  also  von  einer  Dehnung  ausgehen. 


311 

Diese  kommt  auch  hei  vltbt^tMU  vor,  das  tiai  ergibt:  mlaka  (Gen.)  ,MilchS 
serb.  mlißko  u.  s.  w.  ^  ist  zu  a  geworden,  vgl.  no  tvaü  {^  na  tvÜi  jiu 
mnndoO« 

Merkwürdig  ist  das  Besultat,  wie  wir  schon  oben  angedeutet  haben, 
bei  fort.  Einmal  wird  daraus  iari :  §täma  ,die  Seite'  (p.  Hrona,  b.  tfrafui, 
r.  sinrond),  einmal  trüt  (aus  trof) :  brud'a  ,Bart'  (p.  hroda,  b.  hrada,  r. 
betrodä),  sonst  aber  regelmäßig  wieder  tort,  das  aber  nicht  etwa  daa 
urslav.  tort  ist,  sondern  wie  oben  S.  306  erklärt  wurde,  aus  torot  ent- 
standen ist,  80  daß  es  den  übrigen  Gruppen  eigentlich  viel  näher  steht 
als  es  auf  den  ersten  Blick  scheinen  möchte.  Wäre  dagegen  tort,  iärt 
ursprünglich,  so  könnte  es  sehr  schwer  mit  den  anderen  Formen  in  Ein- 
klang gebracht  werden.  Beispiele:  b&rdia  ,FurcheS  r.  harwdA;  ehdma 
.Nahrung*,  aksl.  ehraniti  ,be wahren*;  gord  ,ScbloßS  r.g&rodb  ,Stadt';  gareh 
,Erbse',  r.  goröeh»;  korvo  ,Kub*,  r.  koröva.  Auch  hier  müssen  wir  die 
Dehnung,  also  ein  tart  Toraussetzen.  Ein  betontes  a  wird  zu  o  und  ein 
unbetontes  meist  ebenso.  Nach  dem  Tone  hat  sich  mitunter  das  a  noch 
erhalten  und  so  finden  wir  hier  neben  gord  ganz  richtig  ein  vSgard 
ipgradh).  Auch  das  oben  erwähnte  Mma  gehört  hierher  und  spricht  ent- 
schieden für  die  einstige  Dehnung.  Das  a  hat  sich  hier  noch  erhalten. 
Warum  die  Gruppe  torot  zu  tort^  tart  nicht  zu  trU  führte,  erklären  uns 
wohl  Worte  wie  partd  neben  prid^  pör,  das  fast  ausnahmslos  für  pro 
steht,  kirai  ,Blut^  i^y\  ^ri  ,drei'  u.  s.  w.  Wenn  auch  die  Gruppe  Kons. 
+  r  häufig  vorkam,  so  wurde  sie  gelegentlich  doch  gemieden  und  das 
erklärt  uns  wohl,  warum  trat,  trat  im  Folab.  nicht  aufkam,  während  tlöt, 
tiat  möglich  war.  Die  Gruppe  tört,  tart  war  nun  wohl  infolge  der  innigen 
Berührung  mit  dem  Deutschen  möglich.  Es  ist  schwer  zu  sagen,  ob 
hrüda  der  Beflex  auch  einer  <rot-Bewegnng  im  Polab.  ist  oder  ob  es  als 
ein  Lehnwort  aus  einem  benachbarten  Dialekte  mit  trot  aufzufassen  ist. 
Daß  hier  ein  o  und  nicht  &  (a),  also  ö  vorkommt,  spricht  entschieden  für 
letztere  Annahme.  War  das  r  infolge  eines  nachfolgenden  palatalen 
Vokals  erweicht,  so  scheint  es,  daß  es  sich  dann  eher  bei  seinem  Kons, 
behauptete  imd  sich  mit  ihm  überhaupt  verbinden  konnte,  daher  hrig, 
trtda  u.  8.  w.  (also  bei  ttrt).  Erst  später  ist  eine  Verhärtung  eingetreten, 
wofür  partd  neben  prid  und  t^iri  spricht.  Da  war  aber  schon  t«rt  zu  trH 
geworden.  Polab.  gehörte  demnach  zu  jenen  Sprachen,  in  denen  in 
unseren  Fällen  die  Dehnung  eingetreten  ist. 

KaSub.  Das  anlautende  olt,  ort  gibt  zu  Bemerkungen  keine  Ver- 
anlassung. Tert  wird  zu  IrH  {tret)  und  dieses  lautet  häufig  zu  trot  um: 
przed  ,vor*,  p.  prtod;  strzoda  «Mitte*,  strz^ni  «mittlerer*,  p.  irtoda,  irtodni. 
Dasselbe  bemerken  wir  bei  t^U,  das  neben  tlet  auch  zu  tlot  werden  kann; 
dieses  wird  dann  mitunter  so  behandelt  wie  das  Hot  aus  toU:  vlee,  vlokii, 
p.  toleCf  wlek^  {wlok^;  plüovä  ,Spreu*,  p.  plewa. 

Urspr.  toU  wurde  zu  tlot:  giova  ,Kopf  (p.,  ns.  giowa,  ob.  Mowa); 
gidd,  glode  ,Hunger<,  darneben  auch  ^/dy^  glüoda  (Mikkola),  p.  glod^  giodu. 

Merkwürdig  ist  wieder  das  Besultat  bei  tort.  Bis  jetzt  haben  wir 
hier  überall   die  Metathese  ohne  Dehnung,   also  wie  im  F.,   beobachtet. 


312 

Dementsprechend  erwarten  wir  aus  fort  ein  trot.  Das  findet  sich  wirklich 
und  zwar  haben  wir  Worte,  die  ausschließlich  trot  aufweisen,  wie  hrög 
,Soheune,  Schober^  droga  ,Bahn*,  groeh  ,Erbse*  u.  s.  w.  (im  Ganzen  etwa 
17  Worte).  Daneben  hat  aber  Baudouin  de  Courtenay  mehr  als  80 
Worte  mit  tart,  tort  zusammengestellt,  denen  allerdings  in  den  meisten 
Fällen  Nebenformen  mit  trot  zur  Seite  stehen,  z.  B.  parg  (Mikkola  p9rk) 
neben  prdg,  p.  prSg,  ns.  prog  ,8chwelle^;  gard  m.,  garda  f.,  p.  gröd^  ns. 
grod  ,Burg,  Schlofi',  in  Westpreufien  ist  grö^  vorherrschend,  in  den  Orts- 
namen haben  wir  nur  -gard^  -garda,  Bamult  hat  die  Gruppe  iart  als 
einen  der  charakteristischsten  Züge  des  Kai.  herrorgehoben  (Siownik 
JQsyka  pomorskiego  czyli  kaszubskiego,  8.  XXXYI);  er  meint,  daß  sie 
einst  zweifellos  in  ganz  Pommern  allgemein  gewesen  sei.  Und  so  war 
man  geneigt  anzunehmen,  daß  die  jetzt  neben  dem  tart  die  Gruppe  trot 
aufweisenden  Wörter  p.  I^hnwörter  w&ren,  die  das  KaS.  freilich  dann  in 
großer  Menge  aufgenommen  hätte  und  welche  sogar  sehr  häufig  die  ein- 
heimischen Wörter  verdrängt  hätten  (vgl.  Baudouin  de  Gonrtenay,  Zmnp. 
1897,  Maiheft  8.  113--120).  Wenn  aber  in  allen  übrigen  Fällen  die 
Metathese  einfach  ohne  Dehnung  auftrat  und  zwar  ausschließlich,  also 
wie  im  F.,  bei  tort  zwar  auch,  aber  mit  Nebenformen,  so  folgt  für  mich 
daraus,  daß  nur  trot  dem  KaS.  eigentlich  angehört.  Wenn  wir  im  Polab. 
ein  tort  [tarC)  fanden,  sonst  aber  —  bis  auf  einen  einzigen  Fall  —  kein 
trot,  so  ließ  sich  dort  dafür  ein  halbwegs  plausibler  Grund  finden,  der 
hier  im  KaSubischen  bei  Vorhandensein  von  Nebenformen  mit  irot  aus- 
geschlossen ist.  Ich  glaube  demnach  —  ähnlich  hat  sich  Übrigens  auch 
Jagiö  ausgesprochen  (Afsl.  Ph.  20,  8.  42)  — ,  daß  den  KaSuben  nur  die 
Formen  mit  trot  zukommen,  daß  aber  ein  dem  Polab.  verwandter  Dialekt 
angrenzte,  dem  das  iart,  tort  zuzuschreiben  ist.  Das  tart  entsprach  dem 
polab.  tort  und  gebt  auf  ein  gedehntes  tört  zurück.  Da  es  aber  ein 
Grenzdialekt  war,  so  machten  sich  schon  in  demselben  auch  Formen  ohne 
Dehnung  geltend,  die  ja  auch  dem  KaS.  und  P.  ausschließlich  zukommen, 
und  der  Beflex  derselben  ist  tort.  Es  ist  Übrigens  auch  möglich,  daß  in 
vielen  Fällen  tort  eine  Kompromißform  aus  tart  und  dem  kaS.  irot  (oder 
noch  älter  t^ot)  ist.  Da  dem  KaS.  darnach  eigentlich  nur  die  Formen 
mit  trot  zukommen,  so  ist  es  in  Ordnung,  wenn  es  pommersche  Namen 
mit  trot  aus  tort  schon  aus  dem  VIU— IX.  Jhd.  gibt. 

Auf  Grund  dieses  so  wichtigen  Merkmales  müssen  wir  das  KaS.  in 
>eine  nähere  Verwandtschaft  zum  P.  als  zum  Polab.  bringen,  wofür 
Übrigens  auch  noch  andere  Tatsachen  sprechen.  Diese  Ansicht  ist  frei- 
lich vielfach  bekämpft  worden,  vertreten  wird  sie  dagegen  neben  anderen 
auch  von  Brückner  (Afsl.  Ph.  21,  8.  62—78). 

8orbisch.  Hier  sind  die  Verhältnisse  so  ziemlich  wie  im  P.,  d.  h. 
es  kommen  hier  keine  alten  Dehnungen  vor:  os.  krötki,  ns.  krotki  ,kurzS 
p.  kr6tki,  b.  krdiky;  os.  proh  ,8chwelleS  ns.  prog,  p.  prög,  b.  präh.  Auch 
bei  urspr.  tort,  t€Ü.    Über  ns.  kiaj  u.  s.  w.  siehe  weiter  unten. 

Die  ort-,  tort-  u.  s.  w.  -Gruppe  wurde  in  letzterer  Zeit  mehrmals  be- 
handelt,  80   von  Tore  Torbiörnsson   in  BB.  20  (1894),    8.  124—148, 


313 

dann  selbst&ndig:  Die  f^emeinslay.  Liquida  metathese.  L  Upsala.  1901 
und  II.  1903.  Diese  Arbeit  ist  insofern  wichtig,  als  sie  ein  reichhaltiges 
Yerzeichnis  der  hieher  gehörigen  Wörter  enthält.  Die  theoretische  £r- 
klftmng  dieser  Fälle  ist  jedoch  nicht  richtig.  Dagegen  einmütig  Jagic 
Afsl.  Ph.  20,  8.  48-58,  Solmsen,  ib.  24,  8.  668-579,  Verf.,  ib.  25, 
8.  182-211. 

Erweichung  des  r,  l;  das  f.  Ein  rj,  Ij  führte  zu  r^,  V 
(geschrieben  auch  mitunter  rj,  IJ),  d.  h.  die  Laute  wurden  er- 
weicht, z.  B.  Part.  Prät  pass.  zu  razoräi  ^zerstören'  lautet  razor'em 
^zerstörl^  (geschrieben  auch:  riizarjem).  Aus  ^rcufori-em  (nach 
vedem  u.  s.  w.)  entstand  zunäx^hst  ein  ^razori-em,  das  zu  *ra- 
zorjem,  razw^em  führte.  Ebenso  zu  vclüi  ,wählen^  ein  vol'enb 
{voljem)  jgewählt'. 

Wo  kein  j  vorlag,  konnte  ursprünglich  auch  keine  Erweichung 
stattfinden.  Auf  C^rund  der  Dekl.  oder  Eonj.  läßt  es  sich  in  der 
Regel  leicht  bestimmen,  ob  sie  in  einem  bestimmten  Falle  vor- 
liegt oder  nicht,  so  weit  es  sich  um  ein  Subst  oder  Verbum 
handelt  (in  den  Denkm.  bleibt  sie  nämlich  nicht  selten  unbe- 
zeichnet). 

In  den  Silben  ri,  re,  r^  li,  le,  Iq  konnte  selbstverständlich  im 
Urslav.  keine  Erweichung  eintreten,  ebenso  auch  nicht  bei  ri,  U. 
Einzelne  slav.  Sprachen  machten  aber  einen  Schritt  weiter,  indem 
sie  auch  hier  dieselbe  aufkommen  ließen.  Jetzt  kommt  das  i  in 
großr.  und  kleinr.  Dialekten  vor,  ab  und  zu  im  Slovak.:  zM, 
stfdal,  im  Sorb.:  pfodny. 

In  einigen  slav.  Sprachen  führte  aas  erweichte  r^  schließlich 
zu  f  (p.  rz).  Dieser  merkwürdige  Laut  bereitet  den  Phonetikern 
große  Schwierigkeiten.  Sievers  stellt  sich  das  f  so  vor,  daß  er 
annimmt,  an  das  r  schließe  sich  ein  deutliches  vollständiges  d  an. 
Ähnlich  lehrte  auch  Miklosich  (Vgl.  Gr.  I*,  S.  502:  aus  rj  wäre 
rz  und  dieses  wäre  vor  und  nach  tonlosen  Konsonanten  zu  ton- 
losem ri;  in  beiden  Fällen  daraus  ein  r,  das  also  auch  zweifach 
wäre).  Aus  rj  ist  es  nicht  auf  die  Art,  daß  zunächst  aus  /  ein 
i  geworden  ist,  entstanden.  Wie  wir  erwähnt  haben,  schlägt  die 
vibrierende  Zungenspitze  bei  der  Aussprache  des  r,  das  im  Slav. 
ein  Zungen-r  ist,  an  die  Alveolen  der  oberen  Schneidezähne. 
Bei  der  Aussprache  des  r  haben  wir  es  mit  einem  analogen  Vor- 
gang zu  tun,  nur  verflacht  sich  ein  wenig  die  Vorderzunge  (siehe 
über  die  weichen  Laute  8.  266)  und  bildet  eine  kleinere  Furche, 
so  daß  durch  die  auf  diese  Weise  entstandene  Spalte  die  Luft 


314 

ebenso  entweichen  kann,  wie  dies  dem  s  oder  z  eigen  ist.  Daraus 
erklärt  es  sich,  dafi  nach  r  immer  ein  ^-Laut  nachklingt  und  daß 
man,  falls  die  Zungenschläge  vernachlässigt  werden,  überhaupt 
nur  ein  ä  oder  z  bekommt.  Das  ist  namentlich  dann  der  Fall, 
wenn  der  Luftstrom  nicht  stark  genug  ist,  so  daß  keine  Vibration 
der  Zungenspitze  eintreten  kann. 

Kleine  Kinder  sprechen  auch  statt  des  r  die  erwähnten  Laate,  des- 
gleichen auch  sehr  häafig  Fremde.  Meist  sprechen  jedoch  diese  statt  des 
richtigen  Lautes  ein  ri  (rl),  darauf  ist  auch  die  falsche  AufifaE^ung  bei 
Sievers  zurückzuftihren.  Die  Hauptschwierigkeit  bei  der  Aussprache 
dieses  Lautes  liegt  darin,  daß  die  Zungenspitze  vibrieren,  die  nachfolgende 
Zungenpartie  aber  gleichzeitig  die  Furchenbildung  bewerkstelligen  mufi. 
Die  fremde  Zunge  yollführt  häufig  diese  beiden  Leistungen  nicht  gleich- 
zeitig, sondern  nach  einander,  wodurch  eben  ein  ri,  aber  nicht  ein  t 
ausgesprochen  wird.  Nach  dem  obigen  kann  das  r  tonend  oder  tonlos 
sein,  je  nachdem  die  Artikulation  des  i  oder  S  bei  der  Furchenbildung 
vorwiegt. 

Eine  im  Ganzen  richtige  Erkenntnis  dieses  Lautes  hat  L.  Dolansk^f 
angebahnt  (Yöstn.  S.  prof.  Jbg.  8,  S.  251). 

Im  P.  ist  der  Laut  auf  die  angegebene  Weise,  daß  nämlich 
die  Zungenschläge  yemachlässigt  wurden,  zu  einem  ä  oder  z  ge- 
worden: brztni  =  bzmi  (b  ist  tönend,  was  die  weitere  Nuanzierung 
herbeiführte);  grzmieS  =  gzmied;  tworzy  =  tfozy;  przy  =  päff 
(weil/?  tonlos  ist);  tdiirz  =  tchuä,  rzeka  =  zeka  ,FlußS  aksl.  reka, 
mit  einem  Ansatz  zur  r-Artikulation.  Auch  im  Ab.  bestand  der 
Unterschied  zwischen  tönendem  und  tonlosen  r,  wie  durch  die 
Orthographie  angedeutet  *wird.  Daß  femer  auch  im  B,  Be- 
rührungen zwischen  z  und  r  bestanden,  ist  nach  dem  vorge- 
brachten einleuchtend.  Aus  ab.  rebro  ,Rippe'  entstand  durch 
Dissimilation  wegen  des  folgenden  r  ein  zebro,  das  auch  schon 
im  Ab.  vorkommt;  darnach  zebHk  yLeiter'.  Das  tonlose  f  geht 
in  8  über:  neäkuli  aus  ne-rldi-li  (wegen  des  l)  im  Choden- 
dialekte  (auch  bei  den  Doudleben,  hier  auch  pSiäera  aus  prtiera 
jGespenst'). 

Die  ersten  Belege  des  r  im  B.  datieren  aus  der  ersten  Hälfte  des 
Xni.  Jhd.  Ende  des  XIII.  und  Anfang  des  XIV.  war  es  schon  allgemein. 
Dem  Slovak.  fehlt  der  Laut  (er  kommt  nur  in  den  aus  dem  B.  ent- 
lehnten Worten  vor).  Weiter  kommt  der  Laut  im  Sorb.  vor,  wo  er  jetzt 
auch  schon  nuanziert  erscheint  (os.  Arrttoy,  ausgesprochen  kiivy  ,krumm\ 
ns.  küwy. 

Dem  r  ging  ein  /  voraus  und  dieses  konnte  entweder  aus 
'  -entstehen  —  und  das  ist  das  ältere  gemeinslav.  r'  if)  — 


315 

oder  aus  r  vor  weichen  Vokalen:  ursprüngliches  e^j  dann  i,  ^ 
(oder  seinem  Beflexe),  i  und  t  —  das  ist  das  spätere  /;  das  sich 
erst  in  einigen  slav.  Sprachen  entwickelt  hatte,  z.  B.  b.  rku  aus 
Meu,  urslay.  rtkq  ,werde  sagend 

Ein  ^  brauchte  aber  nicht  immer  zu  einem  f  zu  führen,  es 
konnte  die  Erweichung  auch  rückgängig  gemacht  werden,  insbe- 
sondere in  solchen  Fällen,  wenn  bei  H  noch  ein  Kons,  folgte. 
So  finden  wir  im  Ab.  brde  (aus  hhtde,  aksl.  hredeth  ,er  durch- 
watet') neben  hrde.  So  fanden  dann  vielfach  Ausgleichungen 
statt  Es  heißt  z.  B.  starec  ,6reis'  aus  staHct,  im  Gen.  Sg.  sta'hca, 
das  konnte  zu  starca  werden,  aber  auch  wieder  zu  skirca  und  von 
hier  aus  wurde  der  Nom.  beeinflußt,  so  daß  er  auch  starec  heißt 
VgL  im  P.  starzec,  aber  siarca.  Zu  äir^,  Hroky  ,breif  lautete 
der  Komparativ  *HHH,  ab.  HrH,  aber  auch  HrH,  das  jetzt  all- 
gemein ist    Ebenso  im  P.  jetzt  szerszy. 

Es  kommt  nicht  selten  vor,  daß  ein  neu  aufgekommener  Laut  die 
Grenzen  seiner  Berechtigung  überschreitet.  Das  galt  auch  von  r,  wenn 
gewisse  fordernde  Momente  hinzutraten.  Im  B.  geht  manchmal  pr  in  pr 
über  und  zwar  vor  harten  Yokalen,  z.  B.  ab.  pr$c  (das  «  ist  nicht  ur- 
sprünglich Tgl.  prye\  aber  selbst  auch  pric,  dann  kUrÜ  st.  kteryM;  Mparii, 
riM  st.  iporyiy  rfX;  ricHi  (auch  jetzt  noch  riceti)  neben  ryeei  u.  dgl.,  aber 
immer  finden  wir  ryk  (Subst.).  Es  scheint  also,  daß  der  nachfolgende 
weiche  Laut  nicht  ohne  Einfluß  auf  diesen  Übergang  war.  Einige  mal 
auch  in  kr,  ehr  s.  B.  ehrtdn,  krtdn  neben  hrian,  ehrtan  »Luftröhre,  Gurgel*, 
p.  auch  krsloii  ,Adamsapfel'  neben  krtaii,  r.  gortant,  aksl.  grüanb.  Wenn 
im  Ab.  yereinzelte  Fälle  vorkommen  wie  przoMtrtyed  statt  des  erwarteten 
proitrid  ,in  der  Mitte*,  prto  hrzyeehy  st.  pro  ...,  so  kann  man  annehmen, 
daß  hier  zumeist  wohl  Schreibfehler  Yorliegen.  Es  kann  nur  zugegeben 
werden,  daß  sich  im  B.  auch  Spuren  jener  Begel  yorfinden,  die  wir  im 
Sorb.  kennen  lernen  werden  (vgl.  Gebauer,  I,  S.  346--348). 

Auch  im  Poln.  setzt  das  rz  natürlich  ein  /  voraus,  das  sich 
unter  analogen  Verhältnissen  wie  im  B.  entwickelt  hatte.  Man 
nahm  an,  daß  hier  das  /  in  der  zweiten  Hälfte  des  XII.  Jhd. 
in  rz  überging  und  zwar  soll  dieser  Prozeß  am  frühesten  in  den 
mazovischen  Dialekten  begonnen  haben  (Baudouin  de  Courte- 
nay:  O  drevne-polsk.  jaz.  S.  63—54  und  97). 

Das  kaS.  f  unterscheidet  sich  vom  b.  r  und  p.  rz  und  ist 
nach  Bamult  eher  als  eine  Kombination  von  r  +  z,  bez.  r  +  i 
au&ufassen;   darin  höre  man  mehr  das  z,  bez.  J  als  r  (Stownik 


1.  Yor  einem  aus  »  entstandenen  e  geht  das  r  nicht  in  r,  r  über, 
z.  B.  b.  rei  ,Lippe'  aus  r»^»,  Instr.  Sg.  bratrem  aus  bratrzmb  u.  s.  w. 


316 

j^z.  pomorsk.  S.  XX  VU).  Das  ist  jedenfalls  auch  als  eine  Ent- 
artung des  uispr.  f  aufrafassen,  indem  es  an  die  Art  erinnert, 
wie  der  Fremde  das  f  ausspricht  Es  steht  jedenfSedls  näher  dem 
polnischen  rz. 

Merkwürdig  gestalten  sich  die  Schicksale  des  r  im  Sorb.  in  jenen 
Fällen,  die  an  unser  f  erinnern,  oder  damit  in  direktem  Zusammenhange 
stehen.  Das  r  wird  hier  nicht  wie  im  B.  u.  s.  w.  immer  tot  j\  urspr.  «, 
^  I,  t,  ft  erweicht,  sondern  nur  in  den  ursprünglichen  Gruppen  kr, 
pr^  tr.  Dafür  findet  aber  die  Erweichung  im  Niedersorb.  in  diesen 
Gruppen  vor  allen  beliebigen  Yokalen,  also  auch  vor  harten  statt,  was 
jedoch  aus  einer  späteren  Zeit  datiert.  Die  erste,  allgemeine  Erweichung 
ist  älter.  Sie  bestand  darin,  da£  in  den  erwähnten  Gruppen  Tor  einem 
J  oder  vor  einem  weichen  Yokal  das  r,  wohl  nicht  in  ri  und  rS*,  wie 
man  gewöhnlich  annimmt,  überging,  sondern  zunächst  sn  r  wurde,  woraus 
sich  weiter  im  Os.  ein  «  (geschrieben  wird  allerdings  noch  r)  im  Ns. 
ein  d  entwickelte. 

Yor  harten  Yok.  geht  im  Ns.   in   den  erwähnten  Gruppen  r  in   « 
über;   dieser  Wandel  trat  später  ein  und  er  ist  desto  jünger,  je  mehr 
wir  uns  gegen  den  Nordosten  des  Sprachgebietes  nähern  (Mucke  S.230). 
Wir  erhalten  demnach  folgende  Schemata: 
Urslav.  kri       pri        tri 

Os.         ^1        pii        Ui  (geschrieben  jedoch  kri,  pri,  iril) 
Ns.         kdi       pii       Ui 
z.  B.  OS.  pri  (spr.  pii),   ns.  pii  ,bei*;    os.  tri  (spr.  Ui),   ns.  Ui  ,drei';   os. 
preciwo  (spr.  pieeivo),  ns.  pieiiwo  ,gegen';  os.  kkgtre  (spr.  -ii»),   ns.  ehyUe, 
b.  ehytre  Adv.  ,ge8cheit'. 

Dagegen  ns.  kiaf         os.  kraj  ,Land' 

„    kioeyi       „   kroeid  ,8ch  reiten* 
„  Jutio  „  jutro  ,morgen* 

Der  erste  allgemeinere  wie  auch  der  letztere  ns.  Lautwandel  kommt 
nur  in  den  urspr.  Yerbindungen  kr,  pr,  tr  und  zwar  hier  überall  vor. 
Sind  sie  nicht  urspr.,  bleibt  das  r  unverändert,  also  z.  B.  bei  tart,  tert 
wie  im  os.  priki,  ns.  prjM,  b.  prik^f  ,der  Quere  nach,  zum  Trotz'.  Eine 
Ausnahme  bildet  im  Os.  pre,  pred,  prez,  im  Ns.  pie,  pied,  piwt, 

Mucke  ;neint,  der  Übergang  von  r  in  den  «-Laut  könne  nicht  vor 
ungefähr  1300  eingetreten  sein.  Damals  mufi  aber  das  r  in  kr,  pr,  tr 
jedenfalls  schon  eine  nnanzierte  Aussprache,  die  also  sehr  alt  war,  ge- 
habt haben,  da  sich  ja  diese  Gruppen  irgendwie  unterschieden  von  jenen, 
die  erst  entstanden,  wie  in  dem  erwähnten  os.  pr}^,  ns.  prjiki.  Jeden- 
falls können  wir  voraussetzen,  daß  sich  aus  dem  r  nicht  direkt  ein  «  (i) 
entwickeln  konnte  (vgl.  Leskien,  Afsl.  PhiL  I,  S.  168  und  18,  S.  94; 
Yerf.  ib.  25,  S.  206-208). 


1.  Aus  Schreibungen  wie  nutrsehayichego  ,des  inneren*  und  dgl.  kann 
man  nicht  auf  ein  ri  oder  rS  ohne  weiters  schließen,  denn  so  wurde  auch 
das  r  im  Ab.  häufig  geschrieben. 


317 

Sonst  ist  das  /  in  allen  anderen  F&Uen,  wo  es  yorhanden  war,  aaf 
dieser  Stnfe  meist  geblieben,  ist  also  nicht  zu  r  geworden,  z.  B.  Imper. 
war  (spr.  OS.  varj,  ns.  vair)\  insbesondere  in  den  Suffixen  -ar^  -er  (z.  B. 
08.  zbirar  ySammler*,  -^rka,  ar-f^a  a.  s.  w. 

Fremdes  r,  l  wird  im  Slav.  häufig  auch  erweicht:  aksl.  c^aH 
yKaisei^,  b.  char;  aksL  Uizarh,  ab.  Lazar  neben  Lazar;  ab.  mistr, 
nb.  mistr,  ab.  Trff-  ,Tiiei^;  aksL  avd'h  ^AheV  u.  s.  w. 

Wandel  und  Stellungsänderung  der  Liquida  r.  Ihr 
Verlust  In  der  Gruppe  H  geht  lucht  selten  in  der  b.  Volks- 
sprache r  in  c2  über  (das  Rollen  bei  r  wird,  da  ja  bei  folgendem 
l  der  Zungensaum  lateral  vibrieren  soll,  aufgegeben,  wodurch 
leicht  ein  d  entsteht,  wenn  also  das  r  nur  mit  einem  Zungen- 
schlag ausgesprochen  wird):  KadlOc  statt  Karlik  zu  Kard  ,Karl', 
ebenso  KadUöek  (auch  als  Nom.  pr.);  pedlik  st  perWc  ,Schlag- 
hammer^. 

Antizipation  des  r:  aus  po-vraz  (zu  verz,  varz-  vgl.  auch 
aksL  pthwislo  aus  *paverzdo)  entstand  im  Ab.  zunächst  pr<hPaz, 
dameben  bestand  aber  immer  noch  weiter  die  Form  pavr(iz, 
durch  Kontamination  entstand  dann  aus  beiden  ein  pravraz,  das 
im  Ab.  auch  vorkommt;  jetzt  nur  pravaz  ,Strick^  slovak.  aber 
noch  povraz.  Aus  po-stranek  ,Zugstrang^  entstand  prthgtanek 
und  auf  die  angegebene  Weise  pro-strandc,  das  sich  jetzt  noch 
behauptet;  neben  dem  schon  erwähnten  pa-vHslo  ,Grarbenband^, 
aksl.  povreslo  ,Band,  Strick^  kommt  auch  dial.  pr<mido  und  pr(h 
vUHo  vor.  Jetzt  noch  b.  prostfed  ,in  der  Mitte'  aus  p(h9rddi, 
ebenso  prostredek  ,die  Mitte';  die  Übergangsstufe  pro-sid  kommt 
im  Ab.  auch  vor. 

Nacb  Miklosicb,  der  in  b.  rdoutiti  .würgen*  (Etym.  Wtb.  S.  54) 
und  rmoutüi  ,trüben*  (S.  190)  die  Yorsetznng  eines  r  an  dtMiti,  bez.  moutUi 
annahm,  erklärt  auch  Gebauer  dieses  r  (I,  8.  352—353),  allein  es  ist 
lautlich  unmöglich.  Wir  haben  ein  hrdlüi^  hrdlovaii  ,würgen'  von  hrdlo 
,Hal8,  GurgeP,  dann  auch  ein  hrdUnuiii,  hrdousüi.  Es  liegt  also  eine 
Yerquickung  von  hrdlüi  {hrdlo)  und  duaüi  vor,  welche  *hrdlo-dunt%  lautete; 
daraus  hrdlousiti,  hrdousüi,  rdottsüi.  Aus  hrdousiU  entstand  auch  durch 
andere  Beziehung  dial.  ehriousüi.  Im  Ab.  kommt  nur  muitti  |,trübenS 
mutöi  M  «sich  betrüben*  und  tnut,  zd-muUk  yor.  Die  ältesten  Belege  für 
rmxU,  rmouUti  »e  reichen  zum  Anfang  des  XV.  Jhd.  Nun  ist  zu  beachten, 
daß  in  der  späteren  Periode  des  Ab.  kormüi  (oder  als  kormüff  Gen.  -ti 
zu  lesen)  ,der  betrübt  ist*  (Gebauers  Slomik  staroö.  II,  S.  106),  das 
uns  schon  für  damals  ein  kormoutiti  (kormütäi)  bestätigt,  yorkommt. 
Dieses  Wort  dürfte  mit  dem  d.  Jutrm,  mit  dem  das  slay.  9ram9  ,Schande* 
aus  *sorm  etjm.  verwandt  ist,  in  Znsammenhang  stehen.    Ein  deutsches 


318 

A  zeigt  Bich  zwar  im  B.  als  h  oder  eh,  ist  aber  ein  r  in  der  Nähe,  so 
können  diese  Lante  in  k  Clbergehen  vgl.  b.  mrkw,  ahd.  morha,  mhd. 
mörhe;  aksl.  choro^tfy  vgl.  got.  hrunga  ,Stange',  b.  aber  karouh&v  ,Fahne'; 
sloyak.  Korhel  ans  Chorherr  u.  s.  w.  Ans  kormoutüi  and  mouiüi,  das 
fibrigens  ancb  schon  im  ersteren  enthalten  sein  kann,  ist  dann  ein 
rmoutüi  erschlossen  worden.  Analog  ist  aus  kuM  ,KegeP  dial.  krvM 
entstanden  (vgl.  kruh  ,Kreis,  Bing,  Scheibe*). 

Während  eine  Vorsetzung  des  r  durchaus  unwahrscheinlich 
ist,  kann  dagegen  dasselbe  bei  Konsonantengruppen  abfallen,  z.  B. 
dial.  t%d  aus  rtui  jQuecksilber*;  dial.  za  st  rza  Gen.  von  rez 
^Rjo%\^.  Auch  im  Auslaut:  ab.  tichoviet  st.  tichovidr;  vodoviet  st. 
vodoviefr  u.  s.  w. 

Aus  sr  und  zr  ist  str  und  zdr  geworden  vgl.  S.  279. 

Liquidadissimilation.  Sie  ist  verhältnismäßig  sehr  häufig 
(nach  Brugmann  gab  es  schon  eine  ursprachl.  Vertauschung 
von  r  und  l,  Kurze  vgl.  Gr.  S.  117). 

Sie  kommt  insbesondere  vor,  wenn  zwei  aufeinander  folgende 
Silben  ein  r  oder  l  enthalten.  So  kann  aus  r  +  r  (f)  ein  Z  +  r 
werden:  aksl.  Gligori  st  Grigore  (Mikl.  I»,  S.  212).  Auf  Bl. 
181a  nennt  sich  der  Schreiber  des  berühmten  für  Miroslav  ge- 
schriebenen Evangeliums  Gligort  und  ein  2.  Mal  Oligorije  (auf 
Bl.  179b  dagegen  GWjrory);  ah.alcypriest  aus  erzepriester  (mhd.); 
dial.  b.  fcUdr  neben  farär  jPfarrer*;  leßhar  neben  reßhar  jReiter* 
(Reitherr?);  alk^  neben  ark^  mhd.  ,Ärker';  lejstra,  lejstrik  aus 
dem  lat  registrum;  legrace  aus  recreatio;  lichtdr  neben  riehtdr, 
ahd.  rihtäri;  koliandr  aus  lat.  coriandrum  (Pflanzenname);  vgl. 
r.  kolidör  aus  korid&r  jKorridor*. 

Es  kann  aber  auch  das  erste  r  ausfallen:  b.  puikvorec  aus 
d.  Brustumrz;  Bedrich  aus  Friedrich,  Frederich;  ätemherk  aus 
Stemberg;  Ortsname  Chabry  aus  Chrabry,  wo  übrigens  das  r 
noch  belegt  werden  kann;  mozdir,  slovak.  maziar,  ahd.  marsäri; 
vgl.  auch  kaprdl  aus  Corporcd. 

Seltener  wird  r+l  daraus  und  zwar  in  einheimischen  Worten: 
b.  krepel,  kfepeUea  ,WachtelS  slovak.  und  s.-kr.  prepdica,  r.  da- 
gegen: pereperb,  bg.  prcperica,  ^.przqnora  aus  *perper;  r.  pnUubb 
aus  prörubt  , Wuhne';  in  Premdworten:  slovak.  korhel  jSäufer' 
u.  9.  w.  aus  Chorherr. 

Auf  dieser  Dissimilation  beruht  höchstwahrscheinlich  auch 
die  Entstehung  des  urslav.  Suffixes  td-  aus  -ter-,  zunächst  in 
Worten  wie  zrbtd^t  jOpferer*,  oraid'h  jorator*.  Von  hier  aus:  aksl. 
deUxtd't  jArbeiter*  u.  s.  w.  vgl.  im  Griech.  doxriq  u.  and. 


319 

Vgl.  auch  die  abgeleiteten  lit  Verba  wie  hrsteriu,  kSrstdiu 
^ch  tue  einen  kleinen  Hieb'. 

Weiter  gehört  hierher  ns.  rjdbd  =  rjabef,  b.  reVr,  zebrlk 
Jjeiter*;  rjohlo  —  rfobro,  akd.  r^o  ,Rippe*. 

Wie  uns  b.  zd^Hk  ^Leiter*  zeigt,  ist  aus  r  +  r  ein  i  +  r  ge- 
worden: b.  zdn'o  jlÜppe*  aus  älterem  rebro  und  dazu  gehört  rAHk; 
aber  auch  umgekehrt  aus  zerdb  vgl.  lit.  gerv4,  gr.  yiqwog  ent- 
stand reröh  und  jeiräb. 

Aus  l  +  l  kann  ein  r+l  werden:  dial.  hört  man  b.  verbloud 
st  velbloud  ,Eameel'  (Ö£Mus.  1864,  S.  52),  womit  das  kh*.  ver- 
Ujud  zu  vergleichen  ist,  p.  tvidbiqd,  aber  lit.  wieder  verhliüdas 
neben  velbliüdas.  Vgl.  auch  lit.  stnarktilis  neben  smalktilis  dem. 
von  smaSctaa  ,dichte  Stelle  im  Walde^ 

Hierher  möchte  ich  auch  das  im  Slav.  verbreitete  krikh  ,cla- 
mor',  kridati  und  kriknqti  ,clamare'  rechnen.  Dameben  aksl. 
auch  Miknqti,  klicati,  Hikb,  klidb,  slov.  klicati,  bg.  Mikam,  s.  kli6i 
,rufen  wie  die  Vila',  r.  klikntUb,  klikath,  klikh,  klidb.  Damach 
wäre  das  l  hier  älter  und  das  r  in  solchen  Formen  wie  Part 
Prät  act.  n  kli&alz,  kliMh  u.  s.  w.  zuerst  aufgekommen,  also: 
kridcdb.  Dafür  spricht  auch  das  lit  klyikti,  klykiü  ,schreien',  dann 
kljkaujUf  klijkauti  dass. 

Ein  l  +  r  liegt  im  b.  diaL  liniär  aus  Lineal. 

In  entlehnten  Worten  kann  auch  eines  der  beiden  l  schwinden : 
kudla  aus  cuUdlus;  Vilhn  aus  WUhelm. 

Es  sind  noch  andere  Kombinationen  möglich;  so  wird  aus 
r  +  i  ein  r  +  r:  b.  dial.  Rozdrka  aus  Bosalie; 

aus  l  +  r  ein  r  +  r:  dial.  b.  korovrdUk  aus  kolavrdtek 
,Spinnrad'. 

Zahlreiche  Beispiele  üher  diese  und  ähnliche  Diss.  aach  aus  allen 
slav.  Spr.  hei  0.  Hujer:  Dissimilace  souhlasek  v  Seit.  (Frogr.  des  akad. 
Gymn.  in  Prag  Nr.  41). 

Sonst  kann  in  einzelnen  Fällen  aas  /  ein  r  und  umgekehrt  werden; 
im  ersten  Falle  wird  der  Verschluß  der  Zunge  nicht  lateral,  sondern 
coronal  eröffnet,  im  zweiten  umgekehrt:  h.  dial.  mocdr  st.  mocäl  ,Mora8t, 
Sumpf';  mrhavy  cos  ,neheliges  Wetter*  st.  mlhavy  6. 

Nach  diesem  Prinzipe  wird  man  aber  nicht  das  lit.  gaftas  «Schall, 
Ton,  Stimme*  mit  aksl.  gUut  aus  *goho-  ,Stimme,  Schall*  zusammen- 
stellen können;  letzteres  gehört  zu  ahd.  gk'Uan  ,schreien,  laut  tönend, 
gellen'  und  galan  ,singen*,  vgl.  auch  Naehti-gall  (vgl.  Siebs,  KZ.  37, 
S.  299 ff.).  Brugmann  denkt  bei  gla$z  weiter  an  lat.  gaUuSy  dessen  U 
auf  U  zurückgehen  könnte  (Grundr.  I*,  S.  783). 

/  wird  /    Auch    auf  dem  b.  Sprachgebiete  geht  das  /  inj  über. 


320 

Wir  mochten  es  am  ehesten  bei  weichem  /  erwarten,  es  handelt  sich  hier 
aber  auch  um  das  mittlere  /.*  nejui  aus  nska,  nslze  (mähr.)  ,non  licet*; 
allgemein  b.  ist  jüek  für  lolium  (Pflanzenname);  aus  Salear  (nom.  pr.) 
wurde  Bajear  (Geh  au  er  I,  S.  365). 

Auch  im  Bair.  findet  sich  sehr  häufig  t  für  /,  was  auf  palatales  / 
zurückgehen  soll:  •nieh,  h&itn  für  gokh,  Halm  (Storm,  Engl.  Phil.  S.  66), 
Tgl.  auch  in  Osterr.  Kaibl  für  JTai&Z,  JFaidl  u.  s.  w.;  griech.  kret.  fMOtvQ 
»Zenge*  aus  *fiaX*tvQ  f^T  /idgtvQ  (Brugmann  Vgl.  Gr.  8.119);  ital. /raac«r« 
u.  8.  w. 

Über  das  s.  IjeUjon^  aksl.  jelwb  ^Hirsch',  dann  das  dial.  len  für  jen 
(im  Sloyak.  dafür  auch  hm  und  Ijem^  so  auch  bei  den  Lemken)  ist  oben 
8.  286  gehandelt  worden. 

Verlust  des  L  Im  R,  P.  und  B.  fallt  das  l  des  Pari 
Yt&i.  act.  II  nach  Kons,  im  Nom.  Sg.  m.  ab.  Wir  haben  schon 
im  Ab.  Belege  wie  vyved  st  vyvedl.  In  der  Schriftspr.  wird  es 
im  B.  jetzt  noch  gebraucht,  aber  nicht  in  der  Yolksspr. 

Im  Ab.  auch  im  Gen.  PI.  der  Substantiva  auf  -la,  4o  mit 
vorhergehendem  Eons.:  Gren.  PI.  mod  für  modl  zu  mocUa  ^Götze^, 
ebenso  byd  neben  bydl  zu  bydlo  ^Wohnung^. 

Vgl.  auch  b.  zrcdtko,  zrcddko  aus  zrcadUco  ,Spiegelchen^, 
uöednik  aus  uüedlnik  ^Lehrling^;  dial.  mynär  für  ndyndf  ^Müller^. 

Sporadische  Veränderungen  des  L  Vor  h  kann  l  zu 
m  werden:  diaL  b.  vembloud,  mähr.  dial.  vemhUd  st  vdbUmd 
^ameel^ 

In  der  Gruppe  Ir  wird  d  eingeschaltet:  b.  baldrian  aus 
Valeriana  (Pflanze).    Über  ndr  aus  nr  siehe  oben  8.  279. 

Die  Nasale  m,  n,  A  {n  oder  nj). 

Da  bei  m  durch  die  Lippen  (bilabial),  bei  n  alveolar  durch 
den  Zungensaum  ein  Mundverschluß  gebildet  wird,  entweicht  der 
Exspirationsstrom  durch  die  Nasenhöhle.  Verschiebt  sich  jedoch 
der  Verschluß,  den  die  Zunge  bildet,  von  den  Alveolen  gegen 
den  harten  Gaumen  zu  und  wird  er  dadurch  bewerkstelligt,  daß 
sich  mehr  die  obere  fläche  der  Vorderzunge  an  den  Gaumen 
anschmiegt  (Gaumenbedeckung),  so  hört  man  ein  ?l  (vgl.  S.  266). 

Das  m  ist  ursprachlich:  aksl.  mati  ,Mutter',  lit  mote  ,Weib, 
Ehefrau',  ai.  mata  (vgl.  S.  293);  aksl.  myät  ,Maus',  ahd.  müs,  lat 
müs,  gr.  fxvQj  ai.  fnü^-;  aksl.  m^o  ,Fleisch',  got  mimz,  ai.  mds 
n.  neben  mqsäm;  zemlja  aus  *zemji,  *zemis  ,Erde,  Land',  lit 
z&n^  dass.  aus  ^iemii,  vgl.  lat  homo  (aus  hemo,  in  n^mo  aus 
ne-hemo  noch  erhalten  IF.  11,  S.  334),  humiM,   gr.  x^(^^^   r^^ 


321 

Boden^;  aedtm  ^ebentei^,  ahd.  sibutUo,  gr.  Vßdo^og  (aus  ^eßdfiog)^ 
lat  septimua. 

Suffix  -men'  m.:  katny,  kamene  ,Stein',  lit  akmü,  akmefis, 
gr.  axfiwv  und  n.:  bröm^,  bremene  ^LastS  gr.  q>iQfia  yLeibesfruchf, 
ai  bhdriman  n.  ,da8  Tragen^  akcd.  im^  ^ame',  lat  nömen,  gr. 
ovofia.  Suffix  -mo-  des  Part  Präs.  pass.:  vedotm  geführt  werdend', 
lit  sükanMs  ^gedreht';  in  anderen  Sprachen  taucht  -menth  auf 
Ygl.  gr.  Tcvt^ofisyogy  preuß.  po-klaust-manas  ,erhört^,  daraus  ist 
aber  das  urbalt-slav.  Suffix  nicht  hervoi^egangen. 

Weiter  einige  KasasBuffixe,  deren  m  in  anderen  Sprachen  von  hh 
nnd  seinen  Befiexen  yertreten  wird.  Die  »i-EndaDgen  kommen  den  balt- 
slav.  und  germ.  Sprachen  za.  Zunächst  ist  es  der  Instr.  8g.  aller  m. 
nnd  n.  Sahst.,  aksl.  roko-mb^  ielo-tnb,  «yitA-m»,  goitb-mb,  kamenbtnbj 
slovesbmb  u.  s.  w.,  nrspr.  war  es  ein  -mi,  das  im  Lit.  nur  auf  die  t-  und 
tf. Stämme  beschränkt  ist  z.  B.  szirdimi,  avi^ml,  dangu^ml^  •ünu-ml;  im 
Germ,  nur  Reste,  z.  B.  ahd.  zt  houbUun  ,za  Häupten*,  sonst  in  anderen 
Sprachen  -hhi  z.  B.  gr.  U<pi,  vav-<pt  n.  s.  w.  Ebenso  beim  Fron.:  Instr. 
Sg.  m.  und  n.  aksl.  töm»,  nrnord.  paim.  Weiter  der  Dat.  PI.  aller  Sub- 
stantiva:  roko-'mbf  selomb^  rtfbatm^  kothrm,  synbtnb  u.  s.  w.  aus  -mo»  (ygl. 
8.  138),  lit.  iakdms  u.  s.  w.,  got.  gtbSm,  ahd.  geböm  (auch  als  Instr.). 
Dagegen  ai.  Vfke-bhyas,  lat.  avibus;  auch  beim  Fron.:  aksl.  Umt^  lit.  itm§. 
Der  Instr.  Fl.  der  a-St:  ry5a-mi,  der  t-St:  goHtmi,  koitbmi,  der  ti-St.: 
Bynbmt,  lit  wMrgomU  u.  s.  w.,  got.  unäfam,  ahd.  toolfum,  wolfom  (auch 
als  Dat.,  hier  also  auch  bei  den  o-Stämmen),  güföm  u.  s.  w.,  ai.  äivä-bhi^y 
vfke^hiH,  Ebenso  beim  Fron.:  th^i  (für  alle  drei  Gnenera),  lit  iomU 
fem.  (masc.  to7t).  Schließlich  der  Dat.  Instr.  Du.  aller  St.:  rokoma^ 
seloma,  rybatna,  ko$tbma,  symma  u.  s.  w.,  ebenso  beim  Fron.:  thna^  bei 
dvoa:  dbvhna,  lit  rätam^  raUko-m,  dvi9m  (als  Instr.  dvem). 

Die  Endung  der  1.  P.  Sg.  der  Verba  ohne  thematisch.  Vok.: 
aksl.  jeS'tnh  ,ich  bin^,  da-mt  ,ich  werde  geben'  u.  s.  w.  lit  es-mi, 
ei-ml,  gr.  ei-/iit,  elf/t  u.  s.  w.  Die  1.  P.  PL  aller  Verba:  veze-tm 
,yehimusS  wahrscheinlich  aus  -mos,  wie  im  Lat.  -rnua  aus  -mos; 
daneben  -me  aus  *-m€8  und  -my  nach  dem  Pron.  pers.  -my  ,wir'; 
ebenso  im  Aor.  vezorm^  im  Imper.  vez^-rm. 

Veränderungen  des  m.  Im  Auslaut  ging  das  m  schon 
im  Urbalt-slav.  in  n  über:  Akk.  Sg.  der  o-Stämme  urspr.  auf 
-out;  dieses  wurde  zu  *'0n,  dann  *un  und  -^  z.  B.  aksl.  vhkz, 
lit  vilkq;  ebenso  beim  Pron.:  aksl.  tö,  lit.  dial.  tan,  tSn,  schriftlit 
t^f  preuß.  8-tan  ,den*,  ai.  td-m.  Auch  das  silbische  lyi  wurde  zu 
t^^:  sbn-ßmh,  dann  als  w  nßmb  aufgefaßt  ,mitihm',  ebenso  wn-t7i 
,zusammenkommen'  (ygl.  weiter  unten  bei  n).    Dialektisch  geht  im 

1.  ürspr.  wohl  nur  vor  Eons.:  siii  syn^mb  zu  sp  symnib, 
Yondrfck,  Yg;!.  daT.  Gnunm.  I.  21 


322 

Slovak.  auslautendes  nt  in  n  über:  o  ednon  chudohnon  ndinarevi 
st.  0  ednam  chudobnom  . . .  ^von  einem  armen  Müller'. 

Manchmal  geht  sonst  auch  das  m  in  n  über:  p.  niediunedi, 
b.  nedvid  (schon  auch  im  Ab.)  gegen  schriftb.  tnedved,  aksl.  med- 
v^t  jBär'  (^onigessei^);  p.  ämiady  und  äniady  ^hmutzigbraun', 
b.  SfUdy  st  snUdijf  aksl.  8mid^. 

Dial.  wird  mr  zu  br:  b.  brabenec  , Ameise'  st.  des  schriftb. 
mravenec. 

Yom  nrspr.  rm  nimmt  Pedersen  an,  daß  es  im  Slay.  zu  rv  ge- 
worden ist,  wenn  die  yorangehende  oder  nachfolgende  Silbe  mit  einem 
Nasal  anlautete:  aksl.  prw^  ,der  erste'  nach  prbVbMy  es  würde  daher  zu 
lit.  plrmaa,  nicht  zu  ai.  p^rvas  gehören;  aksl.  nrars  (aus  *noroo-]  ,Cha- 
rakteV,  russ.  nravitt  ^gefallen'  vgl.  ai.  narmds  ,Scherz*;  aksl.  mravij  (aus 
♦mofT-)  fAmeiseS  vgl.  gt.  ftvQfirjS;  aksl.  ertvt>m  und  cnmtnt  ,rot*,  crhCb 
,Wurm*  (vgl.  Zubat:^ ,  IF.  6,  S.  156),  lit.  kirmU,  ai.  kimif  (lautgesetzlich 
wäre  demnach  crbVfui^  und  (T»m-  z.  B.  in  slov.  crmljak  »Eidotter*;  aksl. 
ndravh  ,gesund*  (aus  *-doroo-),  ai.  sudharman  (KZ.  d8,  8.  872). 

Brugmann  meinte,  daß  mn  in  den  suffixalen  Teilen  in  den 
idg.  Sprachen  teils  erhalten,  teils  zu  -m-^  seltener  zu  n  geworden 
sei,  gr.  voiwiÄVog  ^namenlosS  aber  aanBQixoq  ,samenW.  Die 
Änderungsbedingungen  wären  die  Quantität  der  vorausgehenden 
Silbe,  der  Sitz  des  Worttones,  auch  die  Artikulationsstelle  voraus- 
gehender Laute  (ai.  bhünd,  nicht  *bhümä,  wegen  bh,  das  dissimi- 
latorisch  wirkte,  Kurze  vgl.  Gr.  S.  111). 

J.  Schmidt  nahm  an  (Kritik  S.  57 f.),  mn  werde  im  Slav.  umge- 
kehrt als  sonst  im  Idg.  nämlich  vor  dem  Akz.  zu  ft,  nach  dem  Akz.  zu 
m  und  so  will  Pedersen  diese  Begel  auf  imam»  (KZ.  38,  S.  348)  an- 
wenden und  es  als  *imnämi  mit  Fierlinger  (KZ.  27,  S.  559—560)  ab- 
leiten. Die  r.  Betonung  imamty  imatb  wäre  älter  als  s.  Imäm  (=  *iniämt>). 
Allein  der  urspr.  Sitz  des  Akz.  kann  hier  weder  für  noch  gegen  eine 
solche  Erklärung  entscheiden.  Es  gibt  jedoch  andere  Momente,  welche 
gegen  sie  sprechen,  wie  wir  sehen  werden  (siehe  bei  der  Bildung  der 
Verbalstämme).  Übrigens  anerkennt  auch  F.,  daß  mn  teils  mit  n,  teils 
mit  m  alternierte,  es  sei  aber  nicht  sicher,  daß  es  vom  Akz.  abhängig 
gewesen  sei. 

Die  wenigen  Falle,  welche  halbwegs  sicher  sind,  scheinen 
dafür  zu  sprechen,  daß  im  Slav.  mn  meist  zu  n  führte:  aksl.  koAh 
,Pferd'  neben  russ.  könumt.  Wollte  man  es  mit  kobyla  ,Stute'  in 
Zusammenhang  bringen  —  was  wohl  auch  berechtigt  wäre  — , 
so  müßte  man  von  *kobnjo  ausgehen.  Nun  führte  aber  auch 
pn  und  bn  ohne  Bücksicht  auf  den  Akz.  zu  n,  wobei  jedoch  viel- 
leicht mn  als  Zwischenglied  fungierte.    Weiter  gehören  hierher: 


323 

aksl.  tina,  r.  Una  Schlamm'  neben  skaL  timino,  HmSntje  ^Schlamm^; 
b.  oehmauti  ^ahm,  starr  werden^  aus  ochrmnouti  zu  diratm  yUhm^; 
r.  grjanuU  Järmen^  zu  gremett.  AksL  Unt  wohl  aus  ^temnis 
^Schatten'  (vgl.  BB.  29,  8.  173);  aksl.  ttmq  ^ch  haue,  spalte",  b. 
tnu  u.  s.  w.y  gr.  xa(xv0  ,ich  schneide"  aus  ^tijifuh,  ar.  aber  auch 
twnät  ,er  haut",  wo  das  m  aus  den  aorist  Formen  eingedrungen 
sein  kann  vgl.  gr.  era^ov. 

B.  sUna  ,Sp6ichelS  r.  tljuna  nnd  $lina  and  b.  dtmdk^  r.  aUmaln 
«Schnecke*  haben  mit  einander  nichts  zu  schaffen ;  bei  t/tmoJb  muß  man  an 
eine  Verwandtschaft  mit  mhd.  9Um  «Schleim*  denken  (vgl.  auch  Siebs, 
KZ.  87,  S.  314).  Es  kann  anch  nicht  daran  gedacht  werden,  dafi  das 
Snffix  des  Part.  Präs.  pass.  vesom»  a.  s.  w.  aus  meno^  mno  abzuleiten  sei, 
Tgl.  gr.  nv^fstvoe,  lat.  alumnut;  es  würde  eher  ein  n  ergeben. 

In  späterer  Zeit  entstand  aus  mn  (urspr.  -mtn-)  im  B.  dial. 
bn:  plsebny  ^schriftlich'  st.  pisemny. 

Dagegen  scheint  aus  nm  ein  m  (durch  mm  hindurch)  ge- 
worden zu  sein.  Aksl.  imq,  imene  aus  *t^-fiien-  (*^mgn),  YgL  preuß, 
emmch,  emnes,  gr.  ovo^a;  hierher  wohl  auch  Dat  PL  Poljamz, 
Instr.  Poljami  zu  Poljane  ,Feldbewohner'  (ein  n-Stamm).  Waren 
aber  beide  Laute  geschützt  (z.  B.  durch  den  Nom.),  so  konnte  in 
späterer  Zeit  aus  nm  umgekehrt  ein  mn  werden.  Dem  aksl. 
smbmb  entspricht  im  Ab.  snem  (oder  9Aem),  Gen.  senma,  senmu, 
dameben  aber  auch  semna^  semnu,  jetzt  snim,  Gen.  mimu  ,die 
Versammlung'. 

Das  n  ist  ursprachlich:  aksl.  non  ,NaseS  ai.  nas;  ahdL  mMa; 
aksL  nebo  ,HimmelS  ahd.  nebul  ,Neber,  lat  nebula,  gr.  vig>og 
^WolkeS  ai.  ndbhas  ^ebeP;  aksL  nesq  »traget  ai.  ndaati,  gr.  hf- 
ysyMiy  (Basis  eneJc);  dna  ,PreisS  lit  kaina  •Preis',  gr.  noirq  ,Ent- 
gelt^y  ay.  kaSnä  ,Strafe*;  das  SnfiBx  {e)no  des  Part.  Frst  pass.: 
aksl.  nesem  ^getragen',  8^'kr^ven^  ^verborgen'  zu  sz-kryti;  omzvem 
^abgewaschen'  zu  o-myti,  im  Germ,  ono,  eno  beim  Perfektstamm 
z.  B.  got  bit^ans  ^gebissen',  got.  tcaürßana,  ahd.  guwortan  ,ge- 
worden'.  Bei  vokal.  Wurzeln:  (hdi-m  ,umgetan',  vgl.  ahd.  gita^n; 
drhzchm  ^gehalten'  u.  s.  w.,  ai.  di-näs  ^gebunden',  bhinnda  ^fissus'. 

Zu  dieser  Kategorie  auch  phm  ,voll',  lit  pünas,  got  fuUs,  ai. 
jpürnäs.  Das  Suffix  -^mo-,  urspr.  -ino-  zur  Bildung  der  Stoff- 
adjektiva:  zeleztm  ,eisem'  zu  zelezo  ^Eisen',  lit  äuksinas  ^golden' 
zu  duksas  ,GoId'.  Suffix  -n»  aus  -nia:  aksl.  dlam  ^flache  Hand' 
aus  *dolni8,  wohl  von  doh  ,Grube,  Tal'  (^andhöhlung'  demnach); 
dant  jGabe';  bram  ,Kampf  aus  ^bamis,  lit  bamia  ^Zank';  got 
siuns  yGesicht^  aus  *8euniz. 

21« 


324 

Seinein  Ursprange  nach  ist  merkwürdig  das  n,  beziehungs- 
weise 9%  in  Präpositionalaiisdrückenwie  at^  njego  ,yon  ihm^,  in 
Kompositionen  wie  sm^i  ,herabnehmen'  u.  dgL  Man  nannte  es 
das  euphonische  oder  epenthetische  n.  Es  könnte  auch  beim 
Hiatus  S.  179  behandelt  werden.  Vorausgesetzt  muß  werden, 
daß  die  PriLposition  mit  einem  von  ihr  abhängigen  Worte  immer 
eine  sprachliche  Einheit  gebildet  hat. 

Wir  haben  nun  mehrere  Präp.,  die  urspr.  auf  einen  Nasal 
ausgingen,  so  insbesondere  aksl.  v^  aus  th  ^^  ^^^  Vokalen,  lit.  in, 
f  (S.  138);  8^  ^V  aus  9^,  ht.  su,  gr.  Sfxa  (ebendort)  und  wahr- 
scheinlich auch  In  ,zu^  vgl.  aL  käsmai  kam  ,zu  wessen  Gunsten? 
für  wen?'  und  r.  mni-ko,  mnika  ,mif.  Kam  nun  eine  derartige 
Präp.  vor  ein  von  ihr  abhängiges  Wort  mit  yok.  Anlaut,  so  wurde 
ihr  Nasal  zum  vok.  Anlaut  gezogen,  also  aus  *xf^^jemt  entstand 
*^njemt,  ^^'njemb,  v-z-njemt  ,in  ihm*;  ebenso  aus  *8vnjimt  ein 
gb^jinm  ,mit  ihm^  Das  n  (nj)  wurde  dann  irrtümlich  zum  Fron, 
gezogen  und  so  wurden  solche  Formen  auch  nach  anderen  ein- 
silbigen Pmp.,  die  kein  n  enthielten,  gebraucht,  daher  dann  oth 
njego  ,yon  ihm',  do  njego  ,in  ihm'  u.  s.  w.  Merkwürdig  ist  es, 
daß  jemt,  jimt  ebenso  behandelt  wurden,  als  ob  sie  einen  reinen 
yok.  Anlaut  hätten,  was  doch  nicht  der  Fall  war.  Rein  yok.  war 
der  Anlaut  urspr.  bei  sz-ntmz  yVersammlung',  sz-n^i,  szntmq  ,ab- 
nehmen,  wegnehmen*;  vzn^ti,  vinimq  ,cayere*. 

Im  Aksl.  erscheint  das  n,  nJ  zunächst  beim  Pronomen  i,  Jego^  wenn 
es  von  einer  einsilbigen  Präp.  abhängt,  weil  eben  einige  einsilbige  Präp., 
wie  wir  sahen,  den  Ausgangspunkt  bildeten,  daher  za  ti/tm»,  os  njb  u.  s.  w. 
Es  gibt  freilich  zahlreiche  Ausnahmen,  was  sich  übrigens  auch  bei  anderen 
Worten,  die  von  diesem  Pronominalstamm  abgeleitet  sind,  wiederholt: 
do-njbdeie  neben  do-ideie  ,80  lange,  bis*.  Nach  der  Begel  ist  z.  B.  prSkie 
Jego  (weil  die  Präposition  zweisilbig  ist);  radijich  ,ihretwegen* ;  /lo  arhiijieh^ 
,in  ihrer  Mitte*  u.  s.  w.,  ebenso  do  Jego  otbca.  Weiter  kommt  es  vor  bei 
dem  Verbum  j^i  ,nehmen* :  rsn^i,  «sfi^i,  mzn^i  neben  r&z^r,  so  auch  im 
B.  vznUti  und  vzieti  (ersteres  ,suscipereS  letzteres  ,accipere*),  vwiimaÜ^ 
s^nimati,  itn^bje  awtÖQla;  9^nbrm^  shUbmiile  u.  s.  w.;  bei  i^t  gehen:  «aitiit 
,de8cendere',  stniti  «^  ,con venire*;  vmüi  ,intrare*,  dagegen  aber  noch  do^iti 
«erreichen,  hinkommen*. 

Bei  jadro  ,Schwellung,  Busen*  zur  W.  ojd  ,sch wellen*:  aus  vtn-idra 
entstand  n^dra  (aksl.  bg.  nidro,  slov.  nedra,  s.  nßdra^  klr.  iMdro^  dagegen 
aus  späterem  v^n-Jadra  ein  njadra,  b.  hädra,  nadra^  t.r^adro  (vgl.  S.  64). 
Bei  qtrt:  ranq^r»  ,in8  Innere,  hinein*,  b.  vnitr  und  dazu  auch  nitro  ,daB 
Innere*.  Sporadisch  kommt  auch  vj^nuii  ,in  die  Ohren*  vor.  Die  ein- 
zelnen slav.  Sprachen  gehen  dann  in  dieser  Hinsicht  noch  weiter. 


326 

Erweichung  der  Nasale.  Folgt  den  Nasalen  ein  j,  so 
wird  aus  mj  +  Vokal  ein  mV  +  Vokal  z.  B.  aksL  zemlja  (zemVa) 
jErde^  Land'  aus  zemia,  ^femj^,  was  im  Zusammenhange  mit  den 
Labialen  p,  b,  v  schon  behandelt  worden  ist  (S.  285).  Das  n 
wird  dagegen  zu  lü  erweicht,  also  analog  behandelt  wie  die 
Liquidae  r,  l  (TgL  S.  313)  z.  B.  aksL  vonja  (voiia)  J>uft',  Tgl. 
got  m^nan  ausatmen',  gr.  SvBfiog  ^Wind',  lat;  animus,  ai.  dnüi 
,er  atmef ;  Part  Prät.  pass.  na-phyem  ^ffillf  aus  ^-phni-^m, 
*pltniem  zu  pltnüi  ^füUen^ 

Aach  hier  moS  mmn  ontencheiden  t.  B.  zwischen  kam  aus  ^katifo- 
,Pferd'  uBd  dam  ,6abe'  ans  ^danu  {*dcm$).  Im  letsteren  Falle  ist  im 
Urslav.  keine  Erweichang  des  n  eingetreten,  sondern  erst  später  in  ein- 
zelnen slay.  Sprachen.  Keine  Erweichung  des  n  trat  auch  ein  im  IJrslay. 
in  den  Silben  m,  im,  ni,  wohl  aber  später  im  Sonderleben  einzelner 
Sprachen. 

Bezüglich  des  n  mflssen  insbesondere  die  Worte  aksl.  kMtga  ^itera*, 
plor.  fliber*  und  niva  »Acker*,  da  sie  es  im  Inlaute  haben,  henrorgehoben 
werden. 

Andere  Veränderungen  der  Nasale.  Mit  einigen  vor- 
hergehenden Vokalen  ergaben  m  und  n  in  bestimmten  Stellungen 
f  und  q,  worfiber  S.  1141 

n  kann  m  werden^  meist  in  Fremdworten:  b.  Mtkuläi  aus 
Nikolaus^  b.  fermez  aus  lat  vemix,  mhd.  vSmis;  kam  aus  dum; 
klr.  Um  (statt  len,  jen)  bei  den  Lemken;  ebenso  sloTaL  lem^  Ijem 
st.  len  —  Jen,  hier  auch  iem  iavaryi  st  ten. 

Aus  nb  und  np  kann  mb  und  mp  werden^  wobei  jedoch  diese 
Gruppen  bei  einheimischen  Worten  sekundär  sind:  dial.  b.  hamba, 
schriftb.  Jianba  Schande';  Idemba  st  Idenba  «Wölbung' ;  allgemein 
b. brambar  ,Erdapfel'  aus  bran(ijbor  {Brandenburg);  d^.pampdUr 
aus  pan  p&ter;  ygL  preuß.  em-perri  ,zusammen^ 

Bei  der  Gruppe  nr  wird  ein  d  eingeschoben.  Schon  oben 
S.  269  f.  haben  wir  b.  pondrava  jEngerling'  und  sIoy.  pondräi, 
pandrem  yiuimergere',  bSoü  pthnweti,  h.vindra  ,Geldstttck:  Heller 
oder  Pfennig'  und  andere  angeführt;  weiter  noch  b.  Kandrdt,  ab. 
kundrdt  aus  Konrad. 

Auch  in  zn  wird  d  «eingeschoben:  ab.  hrozdn^  jetzt  hroznp 
^schrecklich';  vgl.  auch  ksl.  Ijvhbzdni  st  Ijubhzni  (Miklosichy 
Vgl.  Gr.  I»,  S.  280), 

B.  jetzt  nur  mrao  ,8itte*  (aksl.  nravt)  nach  Hujer  (Dissim.  S.  11) 
aae  nmirmv  dissimiliert,  dann  auch  ohne  Neg. 

In  m  +  n  und  n  +  m  kann  aus  n  ein  /  werden:  r.  malaäjfrt. 


326 

kr.  moUtir  (ans  monastyr),  8üdb.  laremd  ^Eiesel'  (kremen);  p.  lumer, 
b.  dial.  lumero  (niimero),  müigtrant  (minütratU),  JaroUm  aus 
J€fVfiym» 

Der  Ausfall  der  Nasale  führte  nicht  selten  eine  Dehnung 
des  betreffenden  Vokals  herbei:  aksl.  j^^n^  ^Geldstück';  pominqU, 
tint  (siehe  oben  S.  117). 

Die  silbischen  Liqnidae  r,  l  und  Nasale  7t,  v* 

Diese  Laute  reichen ,  wie  wir  sehen  werden,  noch  in  das 
Urslawische  hinauf.  Sie  weisen  anfänglich  vielfach  analoge  Schick- 
sale au^  im  weiteren  Verlaufe  ihrer  Entwickelung  ^ehen  sie  aber 
stark  aus  einander.  Wir  werden  daher  hier  zuerst  die  Laute  r> 
/  und  dann  n^i,  t^  behandeln. 

Die  silbischen  Liquidae  r,  /.  Vielfach  wird  angenommen, 
daß  aus  urspr.  5  /  ^  Urbalt-slaT.  ein  ir,  il  und  nur  unter  be- 
sonderen Umständen  (Einfluß  benachbarter  Laute)  ein  ur,  vi 
geworden  seL  Im  Lit  wären  diese  neu  entstandenen  Vokale 
geblieben,  im  Slav.  dagegen  zu  »r^  «r,  ü,  ü  geworden. 

Dftß  im  Urslay.  noch  »r,  »/  gesprochen  worden  sei,  zeige  der  Wandel 
Ton  k^  g  in  e^  }i  wie  z.  B.  in  aksl.  ißrvnb  ,8chwars*,  prenB.  hiruwn',  aksl. 
Jtnny  ^andmfihle*,  lit.  g\mo9^  gegen  aksl.  hnmüi  ,nährenS  gntiU  ,Hand- 
▼oUS  Tgl.  lit.  gurgulys  ,Wirrwarr,  Fäden*,  grr.  äyvQtg  .Yersammlung*.  Von 
dieser  ti-F&ibang  meint  Brngmann,  dafi  sie  yon  der  Natur  der  benach- 
barten liaute  abhängig  gewesen  sei  (insbesondere  kämen  labiale  und 
relare  Laute  in  Betracht)  und  daß  sie  schon  wahrscheinlich  in  die  uridg. 
Zeit  hinaufgereicht  habe  (Grundr.  P,  S.  468,  Kurze  Tgl.  Gr.  §  206  und 
§  185  Anm.  3).  Die  Idee,  daß  im  Slav.  »r,  at  u.  s.  w.  anzusetzen  sei,  hat 
auch  Leskien  früher  vertreten. 

Andere  meinen,  auch  für  das  ürBlav.  müsse  man  yon  r,  l 
ausgehen;  so  auch  Federsen  (EZ.  38^  S.  340).  Er  behauptet, 
nach  dem  Zeugnisse  der  Einzelsprachen  lasse  sich  nur  r,  /  (teils 
{-farbig,  teils  «-farbig)  fürs  Urslav.  ansetzen. 

r  und  /  als  solche  hätten,  wie  Baudouin  de  Courtenay  nach- 
gewiesen habe,  auf  folgende  Gutturale  gewirkt:  aksl.  mfcati  ,sich  ver- 
finstemS  r.  mereäU  neben  aksl.  mfknqfi^  r.  mirhnuU;  aksl.  iioati  «pulsare* 
neben  ijkne^.  Ein  »-haltiges  silbenbildendes  f  und  noch  mehr  ein  i- 
haltiges  silbenbildendes  /  wären  fiberhanpt  ein  sehr  leicht  sprechbarer 
Laut.  Irgend  eine  Veranlassung,  ein  hin  und  wieder  r  — •*"""ri  i  —  »^— I 
anzunehmen,  liege  also  gar  nicht  vor,  vielmehr  hätten  die  slay.  Sprachen 
in  diesem  Punkte  ihrer  altertümlichen  Schwestersprache  dem  Lit.  gegen- 
über ausnahmsweise  das  ältere  bewahrt.  In  der  neuesten  (4.)  Auflage 
«eines  Handbuches  schwankt  Leskien.    Entweder  sei  anzunehmen,  dafi 


327 

nrslay.  yor  r,  /  teils  ein  hartes,  teils  ein  weiches  yokalisches  Element 
stand  (sr,  rl  oder  »r,  U),  oder  dafi  zwar  r-,  ^Vokale  yorhanden  waren, 
aher  zwiefacher  Art:  nicht  palatal  f,  /,  palatal  f,  (  (§19,11,1,8.32—33). 
Alle  diese  Deduktionen  begegnen  grofien  Schwierigkeiten.  Yerba 
wie  mfcati,  Unati  beweisen  nicht  das,  was  sie  beweisen  sollten,  weil  es  ja 
hier  yiele  Analogiebildongen  gab,  wir  brauchen  nnr  an  aksl.  -mycoti  z.  B. 
in  prhmyeati  ,moyere*,  s.  nueati  ,bewegen*,  pri4yeaU  ,comparare',  vyeM 
jdiscere'  u.  s.  w.  zn  erinnern.  Und  dann  ist  ja  überhaupt  dadurch  nicht 
bewiesen,  daß  mfcaii  gerade  das  nrsprfingliche  ist  und  dafi  nicht  etwa 
ein  ^mtreati  vorherging.  Der  Akz.  hat  freilich  damit  nichts  zu  tun.  Bei 
diesen  und  anderen  analogen  Erweichungen  handelte  es  sich  lediglich 
um  einen  yorhergehenden  palatalen  Vokal.  Was  nun  Leskiens  Alternative 
angelangt,  so  stellt  uns  ihr  zweiter  Teil  yor  ein  neues  Problem,  da  wir 
ja  fragen  müssen,  woher  die  Erweichungen  in  einem  angeblichen  f,  f 
herrühren?  Was  ging  ihnen  unmittelbar  vorher,  was  hat  sie  hervor- 
gerufen. 

Von  Verbis  wie  mrcati,  Hcati  u.  dgl.  müssen  wir  bei  unserer 
Erklärung  aus  zwei  Gründen  absehen:  es  sind  hier  Analogie- 
bildungen im  Spiele,  und  zweitens  dürfen  wir  diese  Erweichungen 
durchaus  nicht  auf  gleiche  Linie  mit  zLtitb,  örtm  u.  s.  w.  steUen, 
das  wäre  ja  ein  prinzipieller  Fehler.  In  ütl^b  u.  dgl.  handelt  es 
sich  ja  um  die  primäre  Palatalisierung  der  Gutturalen,  die  ja 
älter  ist  als  die  sekundäre  in  mrtcati  u.  s.  w.  und  wir  müssen  in 
diesen  Fällen  zunächst  die  ältere  erklären.  Um  diese  zu  begreifen, 
bleibt  nun  nichts  anderes  übrig,  als  anzunehmen,  daß  den  liquidae 
wirklich  ein  palatales  vok.  Element  vorherging,  ein  Element,  daß 
wir  auch  schließlich  im  lit  finden.  Dieses  vok.  Element  wäre 
demnach  sehr  alt  Es  wird  auch,  wie  wir  sahen,  in  die  urbalt- 
slav.  Periode  versetzt  Diese  Erklärung  haben  wir  schon  erwähnt, 
und  die  Sache  wäre  in  Ordnung,  wenn  eben  nicht  neue  Schwierig- 
keiten auftauchen  möchten.  Hinsichtlich  des  vok.  Elementes  be- 
merken wir  nämlich  nicht  selten  eine  Diskrepanz.  Wir  wollen 
nur  einige  Beispiele  anführen,  wobei  wir  uns  nur  auf  das  r  be- 
schränken müssen,  da  bei  l  die  ursprüngliche  Qualität  des  Vokals 
nicht  immer  ohne  weiters  ermittelt  werden  kann;  das  R.,  das 
vor  allem  in  Betracht  käme,  versagt  hier  nämUch.  So  haben 
wir  im  lit.  surbiü,  surbti  ,8augenS  lett  surbt,  neben  srebiü,  8rd>ti, 
lett  strebt  ,schlürfen'.  Beide  Vokalstufen  haben  wir  nun  auch 
im  Slav.,  aber  hier  lautet  der  Beflex  der  ersten  im  B.  serbdt^ 
ischlürfeu^,  weißr.  8erba6,  klr.  vyserbnuty,  das  setzt  also  ein  urslav. 
^8wrb  nach  der  eben  besprochenen  Theorie  voraus.  Die  andere 
Stufe  haben  wir  in  slov.  srebati,  b.  strebati  (aus  *sreb-)  ,schlürfen, 


328 

saugen'  u.  s.  w.  ygL  noch  gr.  ^oq>iw  (ion.  ^vipita)  ^schlürfen',  lat. 
sorheo.  lit.  mirgiü  jwinken^  lett  mirgt,  r.  hdßt  es  aber  morgdtb 
,blinzeln',  morgnutb,  margüm  ^Blinzler^,  klr.  vymorhaJty  ,duich 
Blinzeln  erlangend  —  Preuß.  kirscha  yüber',  weit  häufiger  als 
kSrsdia  {kerscka),  das  nur  zweimal  Torkommt,  ist  die  Schwund- 
stufe zum  letzteren,  das  die  e-Stufe  aufweist.  Diese  liegt  auch 
vor  in  aksL  dris^,  lit  skersaa  ^quer^  (vgl.  Berneker,  Die  preuß. 
Spr.  S.  158).  Mit  dem  lit  skersas  stimmt  auch  m  akzentueller 
Hinsicht  r.  direzh,  sloven.  6r?z.  Nun  haben  wir  auch  im  Slav. 
die  Schwundstufe.  Sie  sollte  ^örts-  oder  örtz-  entsprechend  dem 
preuß.  hiracha  lauten  (das  z  rührt  von  vbz-,  izh,  wahrBcheinlicher 
aber  von  dem  gleich  zu  erwähnenden  skvozi,  urspr.  war  hier  nur 
8,  neben  dem  lit  haben  wir  nämlich  noch  lat  cerro  ^Querkopf^, 
gr.  irnyLaoaios  ^schräg'),  lautet  aber  b.  skrze,  skrz,  bg.  krzz,  was 
alles  also  auf  ein  ^sk^rs-,  ^akbrz-  zurückgeht  Nun  haben  wir  im 
Aksl.  auch  ein  akvoze,  akozi  ,d^^^  (aksh  dazu  skvozna,  durch 
Dehnung  skvainja  ^foramen',  r.  skvazina  ,Spalte,  Bitze'),  r.  skvozUt 
^durchsichtig  sein^  Davon  wurde  unser  ^skbrz-  beeinflußt,  so  daß 
daraus  die  Kontaminationsform  r.  skrozb,  slovak.  kroz,  p.  sieroä 
und  andere  analoge  Produkte  entstanden.  Es  ist  auch  möglich, 
daß  sich  hier  der  Einfluß  eines  einst  im  Slav.  yorhandenen  Wortes, 
das  dem  lit.  akradzas  ,durch  und  durch'  entsprach,  zeigt.  Aber 
für  uns  ist  es  hier  entscheidend,  daß  das  b.  ^ze  und  bg.  krbz 
nur  ein  *(8)kbrz  voraussetzen  kann. 

Auf  Unterschiede  wie  lit.  türgus,  lett  tirgus  wollen  wir  nicht 
näher  eingehen;  vgl.  auch  noch  die  Di£ferenzierung  innerhalb  einer 
und  derselben  Sprache:  lit  duriü,  dütii  ,stechen'  neben  dhrti 
,BAsen  abstechen'.  Die  Abweichung  wird  mitunter  auch  dort 
bemerkt,  wo  sich  das  vok.  Element  nach  der  Liquida  entwickelte 
(wegen  anderer  Formen  mit  vollem  Vokal  nach  der  Liquida, 
siehe  weiter  unten).  So  haben  wir  im  Slav.  gnuniti  ,donnem' 
aus  *grfnSti  wegen  grotm,  lit  dagegen  grutninti  ,leise  und  dumpf 
donnern'. 

Diese  Abweichungen  kann  man  selbstverständlich  nur  als 
einzelsprachliche  Produkte  erklären,  es  firagt  sich  aber  wie?  Es 
ist  ausgeschlossen,  daß  sich  die  Abweichungen  dann  erst  ent- 
wickelt hätten,  nachdem  schon  ein  vok.  Element  da  war,  daß  also 
z.  B.  das  Slav.  ein  *8ktrz  gehabt  hätte  imd  daß  dieses  dann 
nachträglich  zu  einem  ^skbrs,  *skhrz  geworden  wäre,  denn  dann 
müßten  wir  im  Slav.,  sobald  man  von   einem  ^sktra  ausgehen 


329 

möchte,  ein  *6w8  haben.  Wohl  aber  begreifen  wir  diese  Ab- 
weichungen, wenn  wir  im  Slay.  auch  noch  ein  (8)lcr8  voraussetzen. 
Wir  werden  daher  annehmen,  daß  sich  die  vok.  Elemente  als 
Begleiter  der  Liquidae  erst  auf  slav.  und  lit  Boden  selbständig 
entwickelt  haben.  Damit  stimmt  eher  auch,  daß  im  Slav.  yer- 
hältnismäßig  viel  häufiger  ein  w,  iL  vorausgesetzt  werden  muß, 
als  im  Lit  das  entsprechende  ur,  id.  Für  die  Qualität  der  Halb- 
vokale war  offenbar  die  Umgebung,  insbesondere  wohl  auch  der 
Klang  der  nächsten  Silbe  maßgebend. 

Auch  im  lit  hat  es  also  eine  Periode  gegeben,  in  welcher 
das  Tf  l  noch  silbisch  war.  Damit  läßt  sich  nun  auch  die  Er- 
klärung einiger  lit  Worte,  welche  Bezzenberger  gab  (BB.  3, 
8.  133—137)  schön  in  Einklang  bringen.  Es  handelt  sich  um 
lit  stlma  fijßhfj  let  siima,  aksl.  anma;  stlrna  kann  nur  auf  *8rna 
zurückgehen,  denn  nur  hier  konnte  t  eingeschaltet  werden.  Weiter 
lit  Ugas  ,lang^,  let  ügs,  preuß.  ügas  aus  *dlgas,  daraus  ^Igas^ 
wie  Ut  süUu  aus  sodlas,  eüüii  aus  *eidlüti  u.  s.  w.  Das  i  wurde 
dann  wie  auch  sonst  im  lit  behandelt  und  ergab  ein  ü,  also 
Ugas. 

Es  ist  anzunehmen,  daß  schon  im  XJrelav.  der  Prozeß,  nach 
welchem  sich  vok.  Elemente  (zunächst  i  und  u,  woraus  t  und  ^ 
wurde)  vor  dem  r,  l  entwickelten,  durchgeführt  wurde.  Es  wurde 
also  hier  eine  Phase  erreicht,  in  der  das  r,  /  von  den  vokalischen 
Elementen  begleitet  wurde.  Aber  man  muß  daran  festhalten, 
daß  in  den  Silben  mit  solchen  Liquidae  doch  immer 
trotz  der  neuen  begleitenden  vok.  Elemente  als  Haupt- 
träger der  Silben  eben  noch  die  Liquidae  fungierten, 
also  etwa  z.  B.  fofto,  itjio  u.  s.  w.  Das  war  noch  ein  Über- 
bleibsel von  der  tri-,  ^/^Periode.  Dieses  r,  h  das  noch  in  den 
Gruppen  t^,  ttft  xl  s.  w.  herrschend  blieb,  war  vornehmlich  der 
Grund,  weshalb  diese  Gruppen  im  allgemeinen  anders  behandelt 
wurden,  als  die  Gruppen  mit  vollem  Vokal,  nämlich  iart,  iert 
u.  8.  w.  Als  dann  das  r,  l  aufgegeben,  dL  h.  zu  r,  2  wurde,  da 
führte  ein  itrt,  tbrtj  tut,  tdt  wegen  der  zu  geringen  Quantität 
des  «,  9  in  den  meisten  slav.  Sprachen  neuerdings  zu  iftf  tj/t  d.  h. 
abermals  zu  einem  r,  /• 

ürsprachlich  konnte  das  r>  l  l&i^g  oder  kurz  sein.  Bei  f, 
J  war  die  Entwickelung  sonst  nicht  alteriert,  nur  die  Tonqualität 
machte  sich  geltend.  Die  langen  liquidae  hatten  eine  gest  Int., 
wie    überhaupt    einfitch    lange   Vokale    oder   Langdiphthonge: 


330 

aksl.  znno,  s.  zrno  ^ornS  lit  zimis  ^ErbseS  l&t.  gränum.  Kurzes 
f,  l  wies  eine  geschl.  Int  auf,  wie  in  der  Regel  auch  die  Kurz- 
diphthonge z.  B.  aksl.  vhlcb,  s.  vük  ^Wolt,  lit  vHkas;  aksl.  örhrn^ 
s.  cfn  ^schwarz'  u.  s.  w.  In  akzentueller  Hinsicht  bieten  demnach 
Y,  l  und  f,  l  dieselben  Resultate  wie  die  Kurz-  und  Langdiph- 
thonge, wodurch  wieder  eine  Analogie  mit  der  tort-  und  töri" 
u.  s.  w.  -Gruppe  erreicht  wird. 

Bezüglich  eines  r^  /  vor  einem  Vokal  oder  vor  i  vgl.  aksl. 
ztretb  ,er  frißt^  aus  *gurräi  ,er  verschlingtS  ai.  girdti,  güati;  dann 
mtrq,  mweÜ  (zu  mräi)  aus  ^fnprq,  *fnjreH  u.  s.  w.;  aksl.  btrati 
^sammeln,  nehmen'  (Präs.  berq,  bereäi)  aus  *brrati  iL  s.  w. 

In  einigen  Fällen,  die  spezifisch  geartet  waren,  hat  sich  der 
Vokal  i  (u)  nach  r  schon  frühzeitig  aus  r  entwickelt:  rbkq  ,werde 
sagen';  ab.  brdu  aus  brtdq  (vgl.  oben  S.  160).  In  der  Vollstufe 
folgte  nämlich  das  e  nach  r  und  das  war  für  die  weitere  Ent- 
wickelung  entscheidend.  Vgl.  auch  das  oben  erwähnte  grtmiti, 
lit.  grumirUi.  Hierher  könnte  auch  aksl.  rzzati,  rzzq  ,wiehemS 
b.  ridti  (nach  rzü),  p.  r«a<5,  rzed,  wozu  vielleicht  lit  eriilas  ,Hengst*, 
let  erzuks  (also  mit  der  e-Stufe),  gehören. 

Die  weiteren  Schicksale  des  zr,  tr,  ^l,  tl  in  den 
einzelnen  slav.  Sprachen.  In  den  aksl.  Denkmälern  wird 
nach  l,  r  iu  diesen  Fällen  ein  Halbvokal  geschrieben  und  zwar 
scheinbar  ziemlich  regellos.  Man  kann  aber  doch  noch  Spuren 
einer  älteren  Graphik,  die  zwischen  ^  und  t  hier  zu  imterscheiden 
schien  und  zwar  im  Sinne  des  R,  das  den  Reflex  des  Halbvokals 
vor  der  Liquida  erhalten  hat,  eventuell  der  anderen  slav.  Sprachen 
und  des  lit,  wahrnehmen.  Die  Kiever  Blätter,  die  im  Ge- 
brauche der  beiden  Halbvokale  so  genau  sind,  haben  r»,  It  in 
Übereinstimmung  mit  lit  tV;  il:  -srtdti,  drtzirm,  napltneni  u.s.  w. 
Leider  kommt  hier  kein  Fall  vor,  wo  sich  der  Reflex  eines  älteren 
t^rt,  tbÜ  äußern  möchte,  sondern  es  sind  hier  nur  Worte  belegt, 
in  denen  schon  urspr.  das  vok.  Element  nach  der  Liquida  folgte: 
krbve,  vzplztäi  (vgl.  Verf.  Aksl.  Gr.  S.  89—90).  Im  Assem. 
vnrd  nach  r,  l  in  der  Regel  «  geschrieben  und  doch  kommt  hier 
noch  dreimal  zrwto  vor,  das  wir  eben  infolge  des  r.  zern6  und 
des  lit  zimis  erwarten.  Man  beachte  auch  Schreibungen  wie 
vt  trtpenii  Luc.  21,  19;  rt  sndtci  Mat.  24,  48  u.  s.  w.  in  der 
Sav.  kn.  und  in  anderen  Denkmälern. 

Die  vereinzelten  Fälle  wie  zbr^no,  Ihrbd^mi,  die  Leskien  in  seinem 
Handb.  (4.  Aufl.  S.  36)   anführt,   sind  infolge  der  Zeilen trennung   zu  er- 


331 

klären:  es  darf  nftmlinh  keine  Zeile  mit  einem  Kons,  enden  und  bo  wird 
mitunter  ganz  willkarlich  ein  Halbvokal  an  den  betreffenden  Kons,  an- 
gefügt (vgl.  Verf.  >0  mlav«  Jana  ex.  balh.  8.  20—21).  InSiepkins 
Aasgabe  sieht  man  es  genau. 

Es  ist  nun  ausgeschlofisen,  daß  der  Halbvokal  nach  dem  r, 
l  eine  selbständige  Oeltong  gehabt  hätte,  da  er  ja  nicht  dieselben 
Schicksale  erleidet  wie  jener,  der  schon  von  Haus  aus  in  dieser 
Stellung  war.  In  diesem  Falle  konnte  nämlich  ^  za  o  und  t  zu 
e  werden,  also  wie  auch  sonst,  z.  £.  im  61ag.  Cloz.  kravhjq  aus 
krtvbjq  von  krtvb  ^Bhiif,  wie  wir  hier  auch  z.  B.  naö^oH  ,An- 
fang^  Z.  626  st  des  älteren  nad^kh  haben.  Das  bemerken  wir 
aber  nie  bei  einem  Halbvokal,  der  ein  r^  /  voraussetzt  Nach 
dem  r,  l  wurde  also  hier  kein  vok.  Element  ausgesprochen  oder 
gehört  Natürlich  auch  nicht  vor  dem  t,  l,  denn  sonst  hätte  man 
sich  gewiß  für  eine  andere  Graphik  entscheiden  müssen.  Ich 
glaube  demnach,  daß  der  Halbvokal  nach  dem  r,  l  einfach  nur 
bezeichnen  soU,  daß  das  5  /  entweder  dumpf  (mit  %)  oder  hell 
(mit  f>)  ausgesprochen  wurde.  Sonst  war  eine  Schreibung  wie 
irtp  tu  also  ohne  ein  vok.  Element  nach  den  Traditionen  der 
griech.  Graphik,  imter  deren  Einflüsse  man  ganz  stand,  nicht 
mögHch.  Daß  sich  dann  verschiedene  dialektische  Abweichungen, 
Ausgleichungen  u.  s.  w.  geltend  machen  konnten,  ist  selbstver- 
ständlich. 

Wie  imAksl.  so  hat  es  einst  im  Bulg.  überhaupt  ein  f ,  /  gegeben, 
woraus  sich  in  rielen  Dialekten  neuerdings  ein  Halvokal  und  dann  auch 
yoUe  Vokale  Tor  oder  hinter  dem  r,  /  entwickelt  haben«  Ganz  analog 
yerhält  es  sich  mit  jenen  Fällen,  in  denen  der  Halbvokal  schon  ursprüng- 
lich nachfolgte.  Das  f,  /  kommt  aber  selbst  auch  noch  dial.  vor  (vgl. 
Afsl.  Phil.  16,  8.  198). 

Im  Serbokr.  kam  es  einst  auch  zu  einem  f,  f,  das  lang  oder  kurz 
sein  konnte.  Das  f  hat  sich  erhalten  (in  einigen  kroatischen  Dialekten 
aus  i  ein  ar),  während  das  /  hart  geworden  ist,  also  eigentlich  ein  ?, 
so  daß  sich  daraus  in  langen  Silben  tf/,  uo  und  daraus  u  entwickelte, 
während  in  kurzen  Silben  aus  /  direkt«  oder  o  wurde  (vgl.  Jagic,  Afsl. 
Phil.  4,  8.  892ff.  und  Oblak  ib.  16,  8.  202).  Das  o  wurde  aber  durch 
den  Ausgleichungstrieb  fast  ganz  verdrängt.  Es  gibt  noch  einige  andere 
lokale  Abweichungen.  So  entwickelte  sich  im  andersten  Süden  ein  lu. 
In  einigen  kr.  Dial.  kommt  auch  noch  /  vor  (so  auf  Veglia  oder  Erk), 
auch  in  glag.  Urkunden  aus  den  nördl.  kr.  Gegenden  bis  zum  Anfang 
des  XV.  Jhd.;  dieses  /  ist  immer  kurz. 

Im  81  ov.  ist  aus  einem  auch  hier  vorauszusetzenden  f  ein  er  ge- 
worden: geschrieben  wird  cfn  ,schwarz',  aber  ausgesprochen  dtm^  dridU 
yhalten'   (spr.  dtrtaü)^   neben  ar  im  Westen:   eam   ,schwarz',   das   allea 


332 

natürlich  durch  die  Yermittlang  eines  HalbTokales;  in  kurzen  unbetonten 
Silben  kommt  aber  dial.  auch  noch  |*  vor:  dflUm  ,halteS 

Das  /  wurde  in  vielen  Dial.  in  langen  Silben  zu  off,  z.  B.  im  Görzer 
Hittelkarstdialekt:  moifdat  «schweigen',  indem  sich  vor  dem  schon  zu 
Ende  des  XVI.  Jhd.  vielfach  zu  y  gewordenen  i  ein  o  entwickelte;  in 
kurzen  und  unbetonten  Silben  wurde  f  direkt  zu  «,  das  dann  analog  be- 
handelt wurde,  wie  das  ältere  u. 

Im  allgemeinen  kann  man  sagen,  daß  im  äußersten  Osten  und  im 
äußersten  Westen  u  herrscht,  sonst  o«,  das  noch  als  ol  geschrieben  wird : 
dölg  ,langS  dclg  ,Schuld%  idUt  ,dick',  tolnee  ,Sonne'  u.  s.  w. 

Es  hat  demnach  im  Südslav.  überhaupt  eine  Periode  gegeben,  in 
welcher  ein  /,  f  herrschte.  Die  Qualität  des  diesen  Lauten  im  ürslav. 
vorhergehenden  Halbvokals  läßt  sich  aus  dem  Sfidslav.  im  allgemeinen 
nicht  bestimmen.  Nur  ganz  schwache  Spuren  des  einstigen  Unterschiedes 
scheint  noch  das  Aksl.  bewahrt  zu  haben. 

Im  Buss.  scheint  sich  zunächst  das  fefi  +  Yok.,  ^Bf^  +  Yok.  u.  s.  w. 
länger  behauptet  zu  haben,  so  daß  ein  urslav.  Uri^  iort  u.  s.  w.  schon 
früher  zu  einem  UrH,  ioroi  u.  s.  w.  geworden  war.  Sonst  hätte  ein  fort, 
töfi  wohl  analog  auch  zu  ti>nt,  t^ni  werden  müssen,  was  wir  zwar  auch, 
aber  nur  dial.  vorfinden.  Ein  fort,  fort,  das  zunächst  aus  foft,  foft  ent- 
stehen mußte,  bewahrte  die  Halbvokale,  bis  sie  zu  vollen  wurden.  So 
wurde  hier  vor  r  der  Beflez  des  urslav.  Halbvokals  erhalten,  indem  das 
a  zu  o  und  »  zu  0,  also  wie  auch  in  anderen  Fällen,  geworden  ist:  derMt 
setzt  also  ein  *dvri  aus  älterem  *dft  voraus,  aksl.  drtMaÜ  ,halten';  da- 
gegen horznif  ein  *6arz-. 

Anders  verhält  sich  die  Sache  bei  l.  Die  dumpfe  Klangfarbe  dieses 
Lautes  brachte  es  mit  sich,  daß  auch  das  »  zu  s  verdumpfte;  dieser  Pro- 
zeß ist  sehr  alt,  daher  wirkte  er  nach  üf  nicht.  So  haben  wir  hier  also: 
molcaU,  Volk»,  polnyj  u.  s.  w.,  dagegen  Xe^,  Mna^  ^^ui  u.  s.  w.  Wenn 
jetzt  Üfaftjt/,  ^^>  mjorivyi  u.  s.  w.  ausgesprochen  wird,  so  ist  es  nach 
S.  40  f.  zu  beurteilen. 

Nach  den  Liquidae  ist  der  ursprüngliche  Unterschied  der  Halb- 
vokale gewahrt  geblieben  und  zwar  selbst  auch  nach  /  z.  B.  hravt  31utS 
aber  gremUt  ,donnem';  phtb  ,Fleisch',  aber  aleza  ,Träne'. 

Das  B.  belehrt  uns  also  immer  über  die  ältere  Stellung  des  Halb- 
vokals, über  seine  Qualität  auch  dann,  wenn  er  schon  urspr.  nach  der 
Liquida  folgte.  War  aber  der  Halbvokal  im  Urslav.  einmal  vor  der 
Liquida,  so  ersehen  wir  seine  damalige  Qualität  nur  bei  r. 

Über  den  sekundären  Yoll-Laut  forst,  for»t  u.  s.  w.,  der  im  B.  zu- 
nächst ein  aus  fof t,  foft  u.  s.  w.  entstandenes  fort,  hrt  u.  s.  w.  voraussetzt, 
ist  noch  zu  bemerken,  daß  wir  ihn  schon  im  Ostrom.  Ev.  vorfinden,  wo 
er  allerdings  als  ein  Kompromiß  aus  der  aksl.  Graphik  und  der  wirk- 
lichen Aussprache  im  B.  häufig  gedeutet  wurde,  wohl  mit  Unrecht.  In 
einigen  Denkmälern  des  XII.-— XIY.  Jhd.  und  auch  später  finden  wir 
dann  schon  in  diesen  Fällen  oro^  ere  u.  s.  w.  z.  B.  na  verebnieu,    Befiexe 


333 

dieses  lautlichen  Prozesses  sind  noch  heutzutage  in  den  r.  Dial.  anzu- 
treffen (vgl.  Sobolevskij  S.  27—28). 

Hingegen  ist  die  Qualität  des  urslav.  Halbvokals  vor  dem  l  in 
vielen  Fällen  noch  ans  dem  Böhm,  und  teilweise  aus  dem  Po  In.  ersicht- 
lich. Ging  ein  »  vorher,  so  wurde  das  /  zu  |,  nach  welchem  sich  im  B. 
ein  u  entwickelte,  im  P.  wurde  daraus  ein  ei,  öi,  %u^  wobei  der  Akz.  und 
die  Qualität  der  Kons,  eine  Bolle  spielten.  Doch  konnte  die  Verhärtung 
des  l  nicht  blofi  durch  den  frfiheren  Halbvokal  »,  sondern  auch  noch 
durch  andere  umstände  herbeigeführt  werden.  Bei  einem  harten  f,  b.  lu 
versagt  also  in  der  Begel  das  B.  Da  wir  aber  nicht  nachweisen  können, 
daß  das  |  hier  noch  in  einer  maßgebenden  Periode  durch  gewisse  um- 
stände zu  einem  mittleren  /  hätte  werden  können,  so  muß  aus  allen 
Fällen,  die  auf  ein  mittleres  /  zurückzuffibren  sind,  auf  ein 
urslav.  bl  geschlossen  werden.  Wie  uns  Pedersen  zeigt,  hat  das 
/  diese  Qualität  insbesondere  nach  Labialen  bewahrt  (Materjiüy  Bd.  1, 
Hft.  2,  S.  175—176).  So  haben  wir:  b.  vlk,  p.  wOk,  lit.  vWcas  ,Woir: 
b.  vlna  ,Welle',  p.  wetna^  lit.  vilnii;  b.  vlna  ,Wolle\  p.  ufHna,  lit.  vÜna; 
b.  vlhnouti  ,feucht  werden',  p.  tciiga,  wywiiga  ,Oriolu8S  lit.  volungi  (anders 
gebildet);  b.  mlceti  ,schweigenS  p.  m%lez€6\  b.  plny  ,voll',  p.  peiny^  lit. 
p\lna$;  h.  pht*  ,Filz',  ^.piUd,  vgl.  ihd.  ßh.  Auch  in  entlehnten  Worten: 
b.  pich  jBilchmaus',  p.  pilch,  vgl.  ahd.  hikh.  Wie  man  sieht,  ist  im  P. 
auch  in  diesen  Fällen  einigemal  die  Verhärtung  des  l  zu.  i  (et)  einge- 
treten. 

Dagegen  muß  hervorgehoben  werden:  b.  mluva,  miuvüi  ,sprechen*, 
p.  mowa  (aus  motwa\  p.  mowid  (aus  maiwid),  man  denkt  hiebei  an  av. 
vyärmrtt'ta  ,er  sagte  sich  los*,  ai.  hräc\-i%  ,er  sagt' ;  ab.  pik  (geschr. 
Zuatoplie),  jetzt  pluk  ,8charS  Svatopluk^  p.  pöik,  aber  unbetont  &ißi^fapeik^ 
ahd.  folc. 

Wo  die  Gutturallaute  A,  g  (A),  eh  vor  dem  Halbvokal  geblieben  sind, 
beweisen  sie  natürlich,  daß  es  sich  um  ein  ^  handelt,  daher  im  B.  jetzt 
ein  lu:  b.  hlük  ,Lärm*,  p.  gielk;  ab.  Chlm,  slovak.  CMm,  jetzt  b.  Chlum 
(eig.  jHügeP),  p.  Cheim,  vielleicht  aus  germ.  holma;  b.  klobäea^  kobldea 
yBratwurstS  p.  kielbasa^  lit.  kiibaeas,  über  ab.  Koblasa  vgl.  Gebauer, 
81ovnik  II,  8.  51;  b.  kluzky,  slovak.  klzky  «glatt,  schlüpfrig',  p.  kiehko, 
kleizaS  si^  (b.  klüzati^  klouzati,  slovak.  klzat"  »a  »gleiten',  weißr.  kohko, 
kolza6). 

Nach  i,  H,  e  war  natürlich  ein  urslav.  ».  Im  Ab.  änderte  sich  die 
Artikulationsstelle  dieser  Laute,  st.  ii  wurde  iy  u.  s.  w.  ausgesprochen 
und  zwar  etwa  schon  um  die  Mitte  des  XIV.  Jhd.  So  bekam  hier  auch 
das  /  einen  dumpfen  Klang,  d.  h.  es  wurde  zu  i,  daher  dann  c7ti,  l/u,  ilu 
und  zwar  etwas  früher  als  das  y  statt  %  nach  diesen  Lauten  auftrat,  wie 
wir  aus  den  ab.  Denkm.  ersehen.  Dasselbe  gilt  auch  vom  P.  So  haben 
wir:  ab.  cinek^  dann  clunek,  slovak.  c7n,  b.  jetzt  clun,  p.  ezötno-,  ab.  dial. 
neub.  und  slovak.  Hcj  ilc,  dann  iluc  ,Galle',  p.  iöid,  r.  Ihlt» ;  ab.  iUy^  dann 
lüuiy,  slovak.  noch  iUy,  p.  iöity,  r.  ioHyf  ,gelb';  slovak.  Una,  nb.  iluna 
,8pecht',  iiuca  ,Pirol',  p.  Mna,  r.  Ulnä. 


334 

Im  P.  also  etöhiOj  M6^  zoHy  u.  8.  w.  (hier  kann  auch  noch  czoiga6 
si^  ,kriechen'  angeführt  werden).  £b  ist  zu  bemerken,  da£  hier  nirgends 
das  o  aus  e  entstanden  ist,  wie  z.  B.  in  etoio,  aona  (man  hat  kein  yolny)^ 
wie  schon  Brückner  richtig  bemerkte  (Afsl.  Phil.  12,  S.  295). 

Da  im  Ab.  in  diese  Kategorie  dann  auch  die  «-Laute  gehörten 
(siehe  bei  den  i-Lauten  weiter  unten),  so  könnte  es  auch  Worte  mit  »lu 
geben,  die  auf  nl  zurückgehen.  Doch  haben  wir  nur  ein  Wort  mit  «I 
aus  $1-  und  das  geht  auf  ein  urslav.  «&  zurück,  nämlich  ab.  und  nb.  bUü 
,Träne',  dial.  aber  «/oum,  das  ein  «/ifisa  voraussetzt,  vgl.  aksl.  Bhza^  r.  $hzdf 
p.  %ia.  In  slovak.  tlncB,  b.  üunee^  p.  9io4ee,  aksl.  shmee,  r.  tolnee  war 
schon  im  ürslav.  ein  »»/-. 

Nach  den  Dentalen  t,  d  ist,  wie  schon  Gebauer  (I,  S.  297)  ver- 
mutete, das  u  durchgeführt,  d.  h.  es  wurde  ein  l  zunächst  hervorgebracht, 
so  daß  wir  in  diesen  Fällen  zwischen  einem  älteren  bi  und  id  nicht  mehr 
unterscheiden  können.  So  auch  im  P.  Man  vergleiche  slovak.  dlbafj  b. 
dlubu,  dloubaU  ,stochem,  höhlen\  p.  diubaö:  slovak.  <2/A  ,SchuldS  dial.  b. 
di}^  ,schuldig*,  sonst  <^/ttA,  ^.diug-,  ah.digy,  dlhf,  daher  Z)^omt/ (geschr. 
£>fygofnil)j  dial.  dihy,  slovak.  dlhy^  b.  dann  dluhy,  diouhy,  p.  dhsgi  ,lang'; 
slovak.  stlp  ,SäuleS  b.  dial.  üp,  sonst  dann  stbip,  slüp,  jetzt  Btiaup^  iloup^ 
p.  slup ;  slovak.  ticiem,  tlet,  tlk  u.  s.  w.  ,klopfen',  b.  dial.  BÜkat  ,schlagen, 
klopfen*,  jetzt  schriftb.  Üuku,  Ütmeij  Uoukl  {Üouk\  p.  tlue^  ÜuJe^  Üuk  und 
Üok;  h.Üum  «Schar*,  Üumök  ,BänzelS  p.elum,  Üumok\  b.  dial.  ^I^^j^,  slovak. 
ihii,  schriftb.  tiusti  ,dickS  p.  tlu»ty. 

Dieser  Begel  folgten  im  B.  auch  Worte  mit  urspr.  /»,  h,  wo  der 
Halbvokal  verstummen  mußte,  so  daß  man  auch  zu  einem  /  oder  l  kam 
(vgl.  oben  ahiza).  So  haben  wir:  ab.  klk^  slovak.  tdka  ,FlockeS  dann  klük 
,Flocke,  Werg*  im  Ab.  meist  Plur.  kluky  ,ein  leicht  brennbarer  Stoff  wie 
ptud^ri  u.  s.  w.  (Geh  au  er,  Slovn.  II,  S.  57),  p.  kiaki  ,Haarzotten*,  vgl. 
r.  Uokb  (=  a}Ls\.kl9kb)  ,Büschel';  slovak.  ehip,  b.  ehlnp  «Haar*,  p.  ehtupaty 
^haarig*,  vgl.  r.  Dem.  ehlopokb  ,Flocke*. 

Das  Slovak.  hat,  wie  wir  sahen,  das  /  noch  vielfach  bewahrt. 

Bei  r  läßt  uns  das  B.  im  Stich,  es  wird  überhaupt  ein  f  aus  den 
beiden  Gruppen.  Nachträglich  geht  dann  cft  und  i^i  in  ceri  und  iert 
und  zwar  etwa  seit  dem  XIII.  Jhd.  über. 

Im  Poln.  erscheint  ar  als  der  Beflez  des  sr:  aksl.  gnhh  ,Bficken', 
r.  gorbb,  p.  yarh;  aksl.  tr^gt  ,Markt*,  r.  tor^,  p.  iarg;  aksl.  gnsh  ,fiand- 
vollS  r.  gortihf  p.  garid;  r.  ttnorkatb,  b.  »mrkati,  p.  $markad  ,sich  schnauzen*. 

Der  Beflez  des  ^r  ist  dagegen  ein  ier,  nur  vor  einem  harten  Den- 
talen haben  wir  auch  ar  (das  wohl  auf  &r  zurückgeht,  so  daß  »r  zunächst 
zu  ar  wurde):  b.  9rp  ,Sichel',  p.  »ierp,  r.  serp^;  b.  vreh  ,Berg*,  p.  würzeh; 
b.  9tnrt'  ,TodS  p.  imierd;  b.  mrtry  ,totS  aber  p.  mariwy  (r.  mihrtvyfj;  b. 
ivrdy  ,hart',  p.  itDordy,  r.  tvJSrdyj.  So  auch  nach  6,  I  z.  B.  ezari  ,Tettfel*, 
b.  c^ri:  ezamy  ,8chwarz*,  b.  e$rnii ;  zarna  PI.  n.  ,Handmühle*,  b.  in  Mähren 
und  Schlesien  ierna  ebenfalls  Plur.  n.,  dann  )Senwv  ,Mühlstein*. 

Der  Laut  f,  /  übertritt  auch  seine  Grenze,  indem  er  sich  aus  rt,  U 
manchmal  entwickelte.    Im  B.  dial.  mlnär  ,Müller*  aus  mlyndlf;  korUrhuee 


335 

aas   korUribuee   a.  b.  w.      Desgleichen    aus    tr,    i7   der    späteren   Lehn- 
wörter. 

Im  Niedersorb.  wird  vr  wie  im  P.  zu  ar,  wobei  die  Gutturalen 
k,  ff  davor  erweicht  werden:  gfarb,  aksl.^rs&s  ,Bficken';  gjarid  ,Hand7ollS 
^.ffordd;  k/artnid,  aksl.  Arsrntlfi  ,fQttem';  ehart  ,TertagU8*,  x.ehort,  p.ehart; 
»r  wird  in  Übereinstimmung  mit  dem  P.  zu  er,  Jer  (fr,  Jfr):  terp  ,SichelS 
wjereh  ,Berg*,  pjerwy  ,der  erste',  z&mo  ,KomS  etrto  ,Wurm*,  aksl.  ervob 
wjerM,  aksl.  vrUiti  ,wendenS  derA,  der  ,Haken  an  der  Angel*,  aksl.  tr^m 
,DomS  daneben  iamik,  Umik,  iemka  ,Bchlehenartige  Frucht*  (p.  iamka, 
tarka,  b.  tmka);  mneri  ,Tod*,  aksl.  9mrUb, 

Vor  harten  Dentalen,  nach  Labialen,  dann  nach  urslav.  <f,  9  wird 
»r  wie  im  P.  zu  ar:  iwardy  ,hart',  aksL  tvrbdyj',  cari  .Teufel',  p.  euart^ 
b.  emi;  eamy  ,schwarz',  p.  ezamy^  b.  cemy*,  aksl.  ervm\  kumarly  ,tot*. 
Außerdem  noch  »amay  p.  ebenfalls  aama  ,Reh',  r.  ««ma,  lit.  tÜrna, 

Der  Beflez  des  hl  hat  sich  nach  Labiallauten  auch  hier  erhalten: 
wjM  ,Woir,  p.  wilk,  b.  vlk\  pjßlnid  ,ffillen',  p.  pelnüf,  b.  plniii;  mjeleai 
,schweigenS  p.  milete6y  b.  mlceti.    Doch  kommt  auch  schon  pSlny  ,to1I'  vor. 

Nach  den  Dentalen  entsprechend  dem  P.  und  B.:  Uup,  p.  üup,  b. 
Mmp,  sloup  (Tgl.  oben  noch  andere  Formen);  ilue,  p.  Üue  ,klopfenS  b. 
tlauei;  diug,  p.  dlugi  ,langS  b.  dlauh^;  ihuiy  ,dick',  p.  tiusty,  b.  tlugty. 
Nach  i,  I,  e:  IhUy^  p.  ioUy^  b.  Uuty;  eohij  p.  eztUno  {ezSln)  ,Kahn*.  Nach 
«.-  üyi^o  ,SonneS  P*  fMee,  b.  $lunee. 

Im  Obersorb.  geht  &r  in  or  fiber:  horid^  horttka  ,HandTollS  ns. 
gifarid;  khori  ,vertagU8S  ns.  ehart,  p.  eAorl,  r.  ekortt. 

Dagegen  geht  »r  in  ef  fiber,  woraus  daun  wieder  er  werden  kann: 
wjerha  ,WeideS  wjereh  «BergS  derpjed  ,leidenS  pferideii  ,Bing'.  Aber  nach 
c  u.  s.  w.:  comy  ,schwarzS  nach  «.-  eoma  ,Beh'.  Hierher  auch  moncy 
ans  morly  (vgl.  ns.  h^umarly)  ,tot'. 

Bei  »/  haben  wir  hier  auch  die  Befleze  der  böhm.-poln.  Begeln: 
wj'elk,  b.  vlk  ,Woir,  n^eleed  «schweigen*,  b.  mleeii. 

Bei  ü  ein  ol:  polk,  b.  pluk:  kolk  ,8chall,  Lärm*,  b.  hluk,  p.  gidk, 
zgielkf  r.  golk^. 

Nach  Dentalen  und  nach  e,  i  wird  auch  aus  bl  ein  »/:  teMy  ,dickS 
ns.<ltM<y,  b.  ^iM/y;  dolhi  ,lang*,  ns.  c2lii^,  p.  dluyi,  b.  dlouhf;  colin  ,Kahn*, 
ns.  eoln,  p.  ez6lno,  exöl^,  b.  c/tiii. 

Die  silbischen  Nasale  17t;  ^^.  Was  über  f;  /  '^^  d^r 
urbalt-slav.  Periode  gesagt  worden  ist,  das  gilt  auch  von  fn,  ^. 
Aach  hier  hat  man  angenommen,  daß  sich  in  dieser  Periode  ein 
im,  in  entwickelt  hätte.  Das  wäre  im  Lit  geblieben,  während  es 
im  Slav.  über  tm,  tm  zu  q  (vorkonsonantisch)  geführt  hätte,  z.  B. 
aksl.  ö^  fdichV,  lit  kirnsztas  ygestopft'  zu  kemszü  ^cix  stopfe', 
eventuell  zu  »  im  Auslaute:  Akk.  Sg.  katnen^,  lit  äkmefh{,  vgL 
lat  homif^em  u.  s.  w.  Vor  i  und  vor  Vokalen  blieb  mi,  tm 
z.  B.  zmjq  4ch  haue,  schneide*  zu  z^i,  s.  zeti,  lit  gitUi  ,wehren' 
(mit  9;  mit  v^  vgl.  Utgi^zas  yStreit');  sissLptnq  ^ch  spanne',  lit 


336 

pinü  ^ch  flechte^  u.  s.  w.  (vgl.  Brugmann,  Grundr.  I*,  S.  415£, 
Kurze  vgl.  Gr.  S.  130,  Leskien,  Handb.,  4.  Aufl.,  S.  14—15 
und  37—38). 

Aber  die  Sache  stimmt  auch  hier  nicht  recht  Wie  ich  BB. 
29,  S.  207 — 216  gezeigt  habe,  herrscht  zwischen  dem  lit  und 
Slav.  nicht  selten  eine  Abweichung  hinsichtUch  des  vok.  Elementes, 
das  sich  aus  dem  iji,  ^  entwickelt  hatte.  Wollen  wir  diese  Tat- 
sache richtig  beurteilen,  so  müssen  wir  annehmen,  daß  sich  die 
vok.  Elemente  vor  j^i,  ^  im  Idt  und  Slav.  mehr  oder  weniger 
selbständig  entwickelten.  Daß  im  Urbalt-Slav.  noch  ein  ^^  ^ 
vorhanden  war,  hat  Bezzenberger  an  aksl.  j^yH  und  preuß. 
insutpis  ,Zunge'  gezeigt.  Diese  Worte  gehören  zu  lat.  dingua, 
lingua,  got  ttiggö,  was  alles  auf  *dj^guä  zurückgeht  {d  vor  n 
konnte  abfallen,  im  Slav.  haben  wir  Belege,  vgl.  BB.  3,  S.  134 
— 135).  Daß  es  andererseits  auch  noch  im  ürslav.  ein  ^  gegeben 
hat,  beweist  das  Wort  hbniga  ,litera.  Über',  poln.  ksi^ga,  das  als 
ein  Lehnwort  aus  dem  Nord,  erklärt  werden  muß,  nämlich  aus 
kenning  ,Kennzeichen'.  Im  Slav.  wurde  daraus  zunächst  ein 
*k\^ning,  das  einerseits  zu  Hniga,  wie  im  Aksl.  u.  s.  w.  nach 
S.  115f ,  andererseits  zu  ^kinimga  (als  ein  Lehnwort  nach  S.  118) 
^.ksi^a  führte.  Das  nord.  Wort  finden  wir  z.  B.  bei  Jonsson, 
Oldnordisk  ordbog  S.  290.  Weiter  beweist  aksl.  ghnati  gegen 
zenq,  daß  es  im  Urslav.  ein  ^gi^näti  gab.  Aus  diesem  ist  gmati, 
dessen  Erklärung  bis  jetzt  so  viele  Schwierigkeiten  bereitete,  ent- 
standen, während  *gen<h  ein  zeno,  zene  (Präs.  zenq,  zeneH  u.  s.  w.f" 
ergab.  Wahrscheinlich  geht  auch  aksl.  hbmotrb  ,Pate',  kbmotra 
,Patin'  auf  ein  kriimotra  aus  commater  zurück.  Dazu  wäre  dann 
auch  das  Mask.  kbtnotrb  entstanden.  Bis  hierher  besteht  nun 
ein  vollständiger  Parallelismus  zwischen  der  Entwicklung  des 
r,  l  einer-  und  des  tji,  ^  andererseits  im  Slav.  Von  da  ab  gehen 
aber  die  Wege  dieser  Laute  auseinander.  Wir  haben  oben 
S.  329  angeführt,  daß  es  zwischen  Tj  l  ^^d  f,  I  hinsichtUch  der 
lautlichen  Entwickelung  keinen  Unterschied  gab,  daß  sich  dieser 
nur  in  den  Tonqualitäten  äußert.  Das  ist  nun  bei  ^,  t^  nicht 
der  Fall.  Während  das  kurze  vorkons.  tji,  ^  vielfach  zu  ^,  t 
führte,  ergab  das  fp>,  ^  in  diesem  Falle  einen  Nasal,  ^  oder  q, 
aber  nicht  direkt  ist  der  Nasal  daraus  entstanden,  sondern  aus 
der  Zwischenstufe  »^^  z^  oder  «%  ^.  Was  also  zunächst  im 
Urslav.  durchgeführt  wurde,  das  war  die  Entstehung  des  Halb- 
vokals vor  den  Nasaleu  rp,,  t^  und  zwar  mochten  sie  vorkons.  oder 


337 

vorvok.  sein.  Im  letzteren  Falle  ist  dann  keine  weitere  Ver- 
ändening  vor  sich  gegangen.  DaB  sich  dagegen  ans  dem  langen 
vorkons.  ^fp,  ^  und  i>qi,  t^  ein  Nasalvokal  entwickelt  hat,  ist 
begreiflich.  Als  langer  Sonant  hatte  %  9  eine  gestoßene,  im 
Slav.  also  eine  steigende  Int,  infolge  dessen  wurde  dann  in  t^, 
t^,  ^fp.,  -^  das  m,  n  mehr  hervorgehoben,  was  eben  za  ^,  q 
führte. 

Nun  folgen  die  Falle  mit  vorauszusetzendem  fn,  ^l,  wobei 
sich  gleichzeitig  die  Divergenz  zwischen  dem  lit.  und  Slav.  er- 
geben wird.  lit.  szimtas  ^hundert',  slav.  dagegen  nto  aus  *8^1llto, 
*8^to.  Man  kann  nun  nicht  annehmen,  daß  es  im  Slav.  zuerst 
ein  *8bto  bez.  ^Mo  gegeben  habe  —  also  entsprechend  dem  lit. 
szitntM  —  und  das  dieses  dann  zu  s^io  geworden  sei  Im  Slav. 
müssen  wir  nämlich  ein  *8^iiito  und  *8Mnto  ansetzen,  wie  wir 
gleich  sehen  werden,  wobei  allerdings  auch  die  Möglichkeit  be- 
steht, daß  sich  aus  einem  älteren  *8ifriito  (das  dem  lit  szimtas 
entspräche)  das  *sbfiUo  nachträglich  entwickelte.  Daß  beide 
Formen  vorhanden  waren,  dafür  spricht  das  aksL  tys^Ha,  tysqHa 
,tausendS  das  mit  ^sjpto  zusammenhängt.  Da  das  halbwegs  ent- 
sprechende Wort  im  Germ,  und  in  einer  Verstümmelung  auch 
im  Lit  (als  tükstantis)  vorliegt,  haben  wir  es  hier  mit  einer  sehr 
alten  Bildung  zu  tun.  Auszugehen  ist  von  *siiito  und  *ta  oder 
tüS'  ,stark',  also  etwa  ,Starkhundertheit'  in  der  Form  ^tüs-sfptja. 
So  entstand  aus  *siiito  ein  *sMp,to  und  *9h'qiio  (letzteres  vielleicht 
vom  Gen.  Plur.  aus,  der  hier  häufig  gebraucht  wurde),  dann  ein 
*tü8tnptjä,  aber  unter  dem  Einflüsse  von  *8^'qito  auch  *^«5&^ö. 
Weiter  führten  diese  Formen  zu  *stio,  das  verloren  ging,  und 
sfi^o,  das  sich  erhalten  hat,  dann  *tysqtjä  und  *tys^tja.  Die  beiden 
letzteren  Formen  haben  sich  im  Aksl.  erhalten  als  tysqita  und 
tys^ia,  im  R  tysjada^  im  S.  Stok.  tlsuda,  iak.  auch  tlsu6a,  slov. 
tisqö,  b.  tislc  m.,  p.  ebenfalls  tysiqc.  Da  sich  aber  die  Länge  im 
S.  nicht  zeigt  (vgl.  dagegen  im  Montenegr.  noch  glnüt^  umüknüt, 
KeSetar,  Die  Betonung  S.  33,  159),  so  glaube  ich,  daß  hier  der 
Nasal  ^,  q  aus  dem  Gen.  PL  in  die  anderen  Kasus  verschleppt 
worden  ist  Im  Gen.  PI.  mußte  eine  urspr.  kurze  Silbe  vor  der 
Endung  gedehnt  werden  und  bekam  eine  steigende  Int.  (vgl. 
S.  193).  Aus  ^  wurde  q  bez.  q  und  die  Nasale  drangen,  aller- 
dings als  Kürzen,  auch  in  die  anderen  Kasus  ein,  was  sich  bei 
s^to  nicht  wiederholt  hat  Daß  der  Einfluß  des  Gen.  PI.  bei 
tys^Sta  größer  war  als  bei  sfbto,  ersehen  wir  aus  p.  tysiq6,  b.  tisüc 

Vondr&k,  Vgl.  dar.  Onunm.  1.  22 


338 

(alt),  tüic,  slov.  Ü8(id,  das  ist  eigentlich  der  urspr.  Gen.  PI.,  der 
eben  infolge  des  häufigen  Gebrauches  dieser  Form  erstarrte  und 
als  ein  Nom.  äg.  dann  gebraucht  wurde  und  zwar  als  ein  Mas- 
kulinum, im  SloY.  noch  Fem.  und  Mask.  Für  die  erwähnte  Er- 
starrung spricht  auch,  daß  das  Wort  im  Slov.  meist  indeklinabel 
wurde:  dva  {dve)  tiaoö,  tri  tisoö  u.  s.  w.  Desgleichen  auch  häufig 
im  Ab.  (Gebauer  III,  1,  S.  129).  Die  Länge  in  böhm.  tisk, 
poln.  tysiqc  ist  hier  demnach  eine  Eigentümlichkeit  des  Gren.  PI., 
über  die  8. 194  gehandelt  wurde.  Für  den  Gen.  PI.  spricht  auch 
der  Akzent  im  Slov.,  wo  das  tüqd  sonst  nicht  recht  begreiflich 
wäre.  PleterSnik  gibt  allerdings  an,  daß  auch  tisoö  vorkomme, 
das  aber  nicht  ursprünglich  sein  kann.  Das  tu  war  lang,  mußte 
eine  gest.  Int  ergeben,  im  B.  war  es  daher  ursprüngUch  lang  ^y-, 
aber  vor  der  folgenden  Länge  mc-  wurde  es  verkürzt,  daher  tisüc 
(wegen  ti  aus  ty-  siehe  S.  29  u.  112),  imS.  regelrecht  eine  Kürze: 
tl  in  ÜauSaK 

Daß  das  slav.  Wort  für  «Taasend'  eine  Entlehnunf?  aus  dem  Germ, 
w&re,  wie  ja  auch  behauptet  wurde  (IF.  6,  S.  344 — 349),  ist  undenkbar. 
Man  würde  nicht  recht  das  t  für  germ.  p  (vgl.  got.  püsundi^  sonst  wird 
es  im  Slav.  durch  eh  wiedergegeben  vgl.  S.  261)  im  Anlaut  und  dann  das 
t  im  suffixalen  Teile  für  das  Germ,  d  begreifen;  es  muß  beachtet  werden, 
daß  auch  im  Preuß.  das  t  in  beiden  Fällen  enthalten  ist:  iüsimioru 
«Tausend*.  Femer  wären  die  Doppelformen  tysc^ta  und  tya^ta  unbegreif- 
lich.   Ebensowenig  ist  auch  8^  eine  Entlehnung  aus  dem  Iranischen. 

Wenn  nur  im  Auslaut  -os,  -on  durch  -as,  -tin  zu  -«  geworden 
ist,  so  ist  die  Erklärung  der  Präp.  vb  ,in^  aus  *on  unmöglich,  da 
sie  mit  dem  zugehörigen  Worte  eine  Einheit  bildete.  Das  zeigt 
sich  auch  in  akzentueller  Hinsicht  im  S.,  Slov.  und  R  Ich 
glaube  daher,  daß  m  auf  |^  zurückgeht  und  daß  es  mit  lit.  in,  f 
identisch  ist,  nur  daß  es  im  Slav.  zu  *zxjk,  nicht  »^  geworden  ist^ 
d.  h.  es  bekam  das  ^  im  Slav.  eine  dumpfe  Färbung.  Yor- 
vokalisch  hat  sich  das  n  noch  vielfach  erhalten:  vzn-^  ,wahr- 
nehmen,  verstehen^  vgl.  auch  t^n-jemt  ,in  ihm'  u.  s.  w.  War 
dagegen  das  ^  lang  und  das  ist  in  Zusammensetzungen  mit 
Subst.  der  Fall,  erscheint  es  wieder  als  q,  z.  B.  aksl.  qspo2y  ,8emi-'; 
qdolz,  qdolt  ,vallis';  qvozh  ,vallisS  qtzkh  ,WeberzettelS  im  B.  muß 
sich  ebenfalls  die  gestoßene  Länge  zeigen:  üdol,  Moli,  üvoz,  ütek, 
üäast  ,Schicksal^    Im  P.  ebenfalls  ihr  Ileflex:  wqdd,  toqtek,  toqtor, 

1.  Es  kann  daran  gedacht  werden,  daß  auch  die  abweichenden 
Längen  im  p.  miesü^,  «ojVi  P^^iqdz  einfach  den  Beflex  des  Gen.  Fl. 
verraten.    Im  B.  auch  fni$ie,  zqfie,  peniz  (ygl.  S. 


339 

wqooz;  im  S.  müßte  eine  Kürze  vxm  Voivdieine  kommen,  doch 
liegt  kein  sicheres  Material  vor  (iUroba  ^Eingeweide^  kann  auch 
anders  erklärt  werden).  In  aksL  (muHa  ^Schuhwerk,  FoBfetzen' 
liegt  nicht  das  angebliche  on^vb  4n'  vor,  weil  ja  die  Beschuhung 
nicht  ,im'  Fuße  (vt  mit  Lok.  bezeichnet  den  Baum  ^i^^^^^ 
dessen  etwas  geschieht,  mit  Akk.  den  Baom,  in  den  hinein  die 
Handlung  strebt)  angebracht  wird,  sondern  ,am'  Fuße  oder  ,um 
den  Fuß  hemmS  Es  liegt  hier  offenbar  die  Pi^p.  o  vor  (das  n 
ist  analogisch). 

Analog  mit  vt  ist  auch  gh  ,mif  aus  ^  herrorgegangen,  ygL 
griech.  afia  aus  »qitna  (ai.  z.  B.  sa-kft,  gr.  a-fta^y  eine  andere 
Vokalstufe  in  gr.  o/ioi;  ^zugleich',  laLsemd,  elg  axis^OBfig  u.s.  w.). 
Im  lit  haben  wir  auch  entsprechend  9Ü  (auch  mit  Instr.  ^mit' 
und  in  Zusammensetzungen  z.  B.  sArvedu  fäbie  zusammen),  das 
aus  9tf  entstanden  ist  und  zwar  nach  Fortunatov  (Alsl.  Phil. 
11,  S.  572)  nach  dem  Gesetze,  auf  welches  Leskien  hingewiesen 
hat  (ib.  5,  S.  188).  Entsprechend  dem  Slav.  entwickelte  sich  im 
Lit  ein  «-Vokal,  nicht  ein  i  wie  bei  in,  f  abweichend  vom  Slav. 
War  das  8^  lang,  führte  es  im  Slav.  wieder  zu  einem  Nasal:  sq 
z.  B.  aksl.  sqloffb  ,consor8  ton';  sqsedb  ,Nachbar';  sqptrt  ,adver- 
sarius^  Im  B.  wieder  soused,  soübar,  sauloz  u.  s.  w.;  im  8. 
regelrecht  mmrak  ,Abenddämmerung^,  dagegen  gasjed,  älter  süsjed, 
süsjeda  (die  Länge  vor  dem  Akz.),  slov.  sq^^,  909^a  (r.  sosedz, 
isk.  sused,  Gen.  suseda).  Hierher  vieUeicht  auch  die  Präp.  kb 
(vgl.  S.  324). 

In  Zusammensetzungen  mit  Subst  erscheint  die  Prilp.  häufig 
gedehnt,  vgl.  slav.  pa-mqtt  neben  po;  pra-didz  jproavus'  neben 
pro  (auch  im  Lit  eine  analoge  Erscheinung). 

In  Übereinstimmung  mit  dem  Slav.  hat  sich  das  u  auch  im 
lit.  dünUi,  dumiü  ,trachten'  entwickelt,  slav.  dqti  (aus  ^dfpti),  b. 
dauti  aus  dtUi,  dzmq  (aus  *driimq)  yblasen,  wehend  Im  Ai.  da- 
gegen dhem  in  dhdmati  ,er  bläsf .  Das  Part  Prät.  pass.  dqtb  ist 
wohl  hinsichtlich  des  q  vom  Inf.  beeinflußt,  da  man  in  demselben 
eine  ursprünghche  Länge  nicht  nachweisen  kann. 

Ein  ^  aus  ijfi  (bez.  ^)  wohl  auch  in  aksl.  chr>Ut%  neben  ekotHi 
,wollen';  die  o-Stufe,  also  chont-,  liegt  dagegen  vor  in  p.  chqc,  b. 
chui  (aus  *chqtb)  ,Lust^  Man  vergleicht  arm.  xind  jFreude'  {x 
imd  slav.  (A  aus  ursprachl.  qh),  gr.  x^rig,  x^^  ,verlange'.  Der 
Wechsel  zwischen  ckztäi  und  chatifi  ist  auch  wohl  urspr.  auf 
Akzentverhältnisse  zurückzuführen.    Alter  ist  aber  jedenfalls  über- 


340 

all  »  und '  nur  dort,  wo  der  Akzent  auf  die  Silbe  mit  ^  kam, 
wurde  schon  im  Urslay.  das  ^  za  o  (vgl.  S.  146).  Urspr.  wäre 
konjugiert  worden:  1.  P.  Sg.  *d^^tjq  (r.  diodü,  s.  hd6u,  6u),  2.  P. 
*ch6tje8h  (r.  ch6deH),  3.  P.  *chotfett  (r.  dtöSe^),  Inf.  eh^täi.  Es 
konnten  dann  Ausgleichungen  stattGnden.  Das  erklärt  uns  auch 
warum  die  Formen  neben  einander  vorkommen. 

Man  hat  auch  das  o  in  aksl.  ognb  »FeuerS  lit  ugnU,  alit.  ungnit 
auf  ein  ^t  zurückfuhren  wollen,  wobei  allerdings  auch  b.  vyh§h  ,£88e, 
Schmiede'  in  Betracht  käme. 

Mit  dem  o  in  aksl.  ehoiteii^  eventuell  auch  in  ognb  wäre  das  o  in 
ohüf  ohi  «beide'  zu  vergleichen,  aA,ubhäu  :  gr.  ä/Kpa>  (ygl.  Wackernagel, 
Ai.  6r.  8.  21,  beachte  hier  den  Labial  vor  u,  o\  s.  oba,  obfe,  Iba,  r.  ^ba, 
dbi,  das  o  war  also  betont,  was  mit  unserer  Theorie  Übereinstimmen 
würde.  Man  müßte  annehmen,  daß  die  halt.  Sprachen  das  Wort  aus  dem 
Slav.  entlehnt  und  es  jeweilig  nach  dem  Zahlworte  für  ,zwei'  umgeformt 
haben:  lit.  abä,  M  ,beide'  nach  du,  dvl,  so  auch  ab^l  nach  dv*fl,  preuß. 
abbat  u.  s.  w.  Dieses  ijt  liegt  auch  noch  vor  in  ipbhi  (neben  ^ainbhi  ,auf 
beiden  Seiten,  um',  griech.  d/npi,  lat  am,  amb),  ahd.  umbi,  vgl.  ai.  abki-tas 
,auf  beiden  Seiten'. 

Mitunter  wechselt  im  selben  Worte  «  mit  <;  ab:  r.  toskd 
,Harm'  (aus  thskd),  tosldivyj  ,bekümmert^  neben  p.  t^lditcy,  t^skniö 
(aus  "^tv^gskä,  Mikkola  BB.  22,  S.  254,  Berührungen  S.  171). 
In  solchen  Fällen  hat  man  es  mit  Beeinflussungen  von  Worten, 
die  ursprünglich  verschiedene  Ablautsstufen  aufweisen,  zu  tun. 
So  z.  B.  aksl.  fflqbokb  ,tief  neben  ghbokb.  Die  erstere  Form  war 
offenbar  beeinflußt  vom  Subst  *glqblja,  b.  hloub  (ab.  hloube), 
hloubka  ,Tiet&f  p.  glqb  (neben  gl^),  slov.  glqb,  R  auch  glubdkb, 
s.  dubok. 

Der  regelrechte  Reflex  des  lit.  a9Urai,  preuß.  antars  ,der  andere', 
got.  anpar,  ahd.  andar  wäre  aksl.  *q<or-,  ♦q<«r-.  Dem  entspricht  wirk- 
lich b.  ülery,  üUrek  ,Dienstag',  eig.  ,der  zweite  (Tag)',  os.  vutora,  s. 
idörntk,  fitorak  ,Dienstag\  War  das  *ofi-  unbetont,  entstand  ursprachlich 
hier  wahrscheinlich  auch  ein  ^-,  also  *{i  tor  und  das  dürfte  in  aksl.  V'T>tor^ 
,der  andere,  zweite',  r.  vioröj  vorliegen,  vgl.  noch  r.  poUorä  (aus  poh 
Vbtord)  ,ein  und  ein  halb',  dann  vtomikb  ,Dienstag'.  Mit  ai.  u-bkäü  ,beide* 
hängt  es  wohl,  wie  man  meinte,  nicht  zusammen,  und  man  darf  üierek 
von  vbton  nicht  trennen. 

Zu  den  aus  *m(md'  im  Aksl.  vorliegenden  Doubletten  fnqditi 
und  muditi  ^cunctari'  gehörte  auch  die  Schwundstufe  m^,  die 
fmd'  ergab  in  tmdth,  tmdüiti  z.  B.  ar.  motdcmie  st  rmdr^danie 
yVerzögeruug^y  durch  Yokalassimilation  dann  mbdüüi^  mecUäi, 
mtdütm  (vgl.  Sobolevskij  S.  89). 

Das  ^  der  1.  Pers.  Sg.  der  sigm.  Aoriste   aksl.  p^,   ve^, 


341 

daeh^  u.  8.  w.  könnte  zwar  auch  auf  ein  ^  zurückgehen  (vgl.  gr. 
Siei^a).  E8  ist  aber  wahrBcheinlicher,  daß  hier  das  -on  {-om)  des 
starken  Aoristes  angetreten  ist^  wie  wir  es  analog  auch  bei  der 
1.  P.  Dual,  und  PL  bemerken:  visave  nach  vidavi,  visarm  nach 
vedofm.  Auf  diese  Art  sind  also  die  Formen  themavokalisch 
geworden. 

Nun  jene  Falle,  in  denen  sich  aus  %  ^,  igt,  ^  ein  t^,  t^, 
tnp,,  ^  entwickelt  hat  Nach  dem  Früheren  erwarten  wir  bei 
ti^,  »9  ein  ^  und  bei  tn^i,  ^  ein  ».  Die  Fälle  mit  t  sind  sehr 
selten,  indem  häufig  dafür  der  Nasalvokal  zum  Vorschein  kommt, 
auch  wo  keine  urspr.  liLnge  im  Slav.  nachgewiesen  werden  kann. 
In  den  meisten  Fällen  kann  man  freilich  Parallelformen  mit  be- 
rechtigtem Nasalvokal  nachweisen.  Diese  konnten  auf  die  anderen 
einwirken  und  in  ihnen  auch  den  Nasalvokal  hervorrufen. 

Ein  «  taucht  auf  in  aksl.  hgikb  Reicht',  aL  laghü^  ,flink, 
leicht',  gr.  ihxjjuq  ,klein,  gering^,  ahd.  lungar  ,flink',  lit.  lefiffvas 
Reicht'. 

Weiter  könnte  hierher  ksl.  gnbSb  jayog^  scelus^  und  gnesb 
woU  aus  gntsb,  allerdings  in  einer  s.  Quelle  des  XV.  Jhd.  in 
der  Bed.  ,8orde8S  wie  auch  gntriti  ^nquinare'  und  gntsivb  ,8ordi- 
dus'  gehören.  Es  würde  auf  gw^s-  zurückgehen  und  würde  die 
Schwundstufe  zu  *gnon9'  in  gnqsüi  neben  gnusiti  s^  ,abominari^, 
gnun  ,Schmutz^,  gnqsbm  und  gnusMiz  ,abominandu8'  repräsen- 
tieren. 

Für  den  Anlaut  vielleicht  aksl.  %m^  ,NameS  s.  Ime,  imena, 
slov.  ime,  im^na  (woraus  sich  ein  schleifend  betontes  kurzes  %  im 
Anlaut  ergibt)  aus  t^ntett-  (das  ^  aus  -in  und  rührte  nicht  aus  den 
anderen  Kasus  her  wie  z.  B.  b.  nehe  st  nebo\  vgl  prenß.  emna 
aus  *enrinna. 

Für  den  Auslaut  haben  wir  den  Akk.  Sg.  der  m.  kons.  St, 
wie  aksl.  kamem,  gr.  axfiova^  lit  äkmen\  ,Stein',  lat  homin-^m; 
weiter  bei  den  u-Stämmen,  die  hier  Feminina  sind:  akshwekt^vb 
,Schwiegermutter*,  weiter  krzpb  ,Bhjif. 

Ein  t^,  t/fji  führte  zu  {.«  aksl.  p^i  ,spannenS  ab.  pieti,  ptti, 
s.  abweichend  pAi  (vgl  kUti  ,fluchenO,  doY.p^i,  lit jp/n^t  ,flechten^ 
Das  Präs.  dazu  ptnq  aus  *p^nq,  lit  pinü.  Vom  Inf.  war  hin- 
sichtlich des  Nasals  wohl  auch  das  Part  p^  jgespannt'  beein- 
flußt Hierher  gehört  noch  eine  Beihe  von  analogen  Verben,  wie 
na-^i  ,anfiEmgen',  Id^i  ,fluchenS  j^i  ,nehm6n'  (aus  *^i,  *tmti. 


342 

Wie  das  Part,  p^z  ist  auch  das  jetzige  Adjekt  aksl.  c^z  «häufig', 
s.  C99t  ,dichtS  iesto  ,h&ufigS  bIoy.  c^ito^  aber  auch  cm^,  b.  otutjfy  cMto 
ehemals  ein  Partizipiom  Prät.  pass.  gewesen,  vgl.  lit.  kinmUu  »gestopft* 
zu  kemnü  »stopfe*.  Wir  müssen  allerdings  Yoraussetzen,  daß  das  zuge- 
hörige Verbum,  dessen  Inf.  den  Nasalvokal  des  Partizipiums  eben  herbei- 
gef{ihrt  hat»  im  Slay.  verloren  gegangen  ist. 

Hierher  gehört  weiter  aksl.  des^  ^der  zehnte',  b.  desätj,  & 
disStl,  sloY.  dea^ij  lit.  deszimtaa,  got.  taihunda,  gr.  diyuxTog.  Hin- 
sichtlich des  Nasals  steht  damit  in  Zusammenhang  aksl.  des^ 
^ehnf,  h.  deset,  aber  in  den  obliquen  Kasus  kommt  die  Länge 
zum  Vorschein:  desüi  u.  s.  w.,  p.  dzieai^  (dagegen  dziesiqty  wie 
b.),  sloY.  des^,  s.  dhet  neben  deset.  Wo  die  Länge  ursprünglich 
aufkam  oder  ihre  Berechtigung  hatte,  ist  nicht  ganz  klar,  vielleicht 
auch  im  Oen.  PL  TgL  b.  padesät  jbfY,  p.  pi^ziesuft  u.  s.  w.  (vgl. 
S.  337).  Ganz  analog  auch  aksl.  dev^  ,der  neunte'  und  dev^ 
»neun',  s.  div^i  und  devSt  neben  devet,  b.  devät^,  devM,  Qen. 
devtti,  p.  dziewiqttf  und  dzietoi^,  lit  devifUas,  devynl,  preuß. 
newlnU. 

AksLj>^»  ,Fausf,  %,pe8t  also  ausnahmsweise  eine  gestoßene 
Länge  bei  einem  i-Stamme,  im  B.  schon  pid,  slov.  auch  p^,  %, 
ahd.  füst,  Ln  Lit.  hat  der  Nasal  eine  andere  Färbung  ange- 
nommen, nämlich  um:  Mmste,  das  also  auch  eine  gestoßene  Länge, 
entsprechend  dem  S.,  aufweist  (aus  *kump8txS,  ^punkstj^).  In 
aksl.  pam^  ,Gedenken,  Gedächtnis',  s.  pamH,  LoL  pamüi,  slov. 
pdmet,  im  b.  pamH,  lit.  miMas,  at-mintls,  got  gortnundi,  lat  com- 
mentus,  aL  mati^  würde  es  sich  um  eine  Länge  handeln,  die  wohl 
erst  auf  slav.  Boden  entstanden  ist.  Ln  j^k  ,Zunge'  muß  es 
wohl  eine  Länge  gegeben  haben,  bevor  das  Wort  durch  das  Sufßx 
-hh  erweitert  wurde,  s.  jizik,  jizika,  öak.  zajtka,  slov.  jizik,  ßztka. 
Sie  wurde  verkürzt  nach  S.  212. 

Auch  die  Negation  t^  könnte  vorliegen  in  ne-J^sytb  ,PelikanS  ne-jf- 
vh^,  wie  Meillet  vermutet  (Stades  S.  168),  wobei  das  j^  später  nicht 
mehr  verstanden  worden  wäre,  so  daB  man  die  Negation  noch  einmal  in 
der  Form  n#  vorgesetzt  hätte.  Tatsächlich  heiBt  das  Wort  im  B.  nur 
nesytb  eig.  also  »unersättlich*.  Andererseits  möchte  ich  auch  aksl.  q-rodz' 
yStulttts'  eig.  als  ,incuriosus'  deuten,  allerdings  hätte  sich  das  ^  hier 
anders,  nämlich  zu  ^f•  entwickelt.  Man  müBte  voraussetzen,  daß  das  {»- 
Element  dieser  Zusammensetzungen  ebenso  gedehnt  worden  ist  wie  dio 
oben  erwähnten  Präpositionen  /»a-,  pro-,  «q-,  q-.  Tatsächlich  liegt  bei  der 
Negation  in  Zusammensetzungen  schon  ursprachlich  ein  f  vor  z.  B.  dor. 
vi-moiroe  »straflos*,  yi^Mioe  .unverständlich,  unmündig*. 

Der  Nasalvokal  der  3.  Pers.  FL  der  themavokallosen  Yerba 


843 

akd.  dad^  ^ie  werden  gebend  ai.  dddati  aus  *dSdvti,  gr.  >U- 
hoyxaoi  ^ie  besitzen',  ebenso  3.  P.  PL  der  Aoriste  vis^  p^,  dcii^ 
u.  s.  w.  (ursprünglich  -ti^  vgl.  as.  dedun  ^ie  taten',  W.  dhs)  kann 
verBchiedenartig  beurteilt  werden.  Am  nächsten  liegt  es,  an  eine 
Beeinflussung  seitens  der  Verba,  wie  jad^z  ^e  essen',  aL  adanti 
(mit  der  Endung  -enti),  vedqtz  aus  *vedonH  und  Aor.  vedq  aus 
*vedont  zu  denken. 

Ein  vorvokalisches  »?,  ^  oder  «fi,  9?^  aus  kurzem  oder 
langem  ^,  'q,  bleibt  natürlich,  ebenso  vor  einem  %,  da  dieses  zur 
nächsten  Silbe  gezogen  wurde:  pmq  ,spanne',  lit  pinü,  inuf  aus 
*wnq,  *JMiUf  (*ii^Mq);  -öbnq  in  pihdtffUf,  nordtnq  ,werde  anfangen'; 
mtnjq,  mtneti  ^meinen',  lit  mitUti;  dzmq,  dqti  ,wehen,  blasen',  lit 
dumiü,  dumti  ,wehen,  treiben'  aus  dkqi  gegen  ai.  dhem  in  dhdmaH 
,er  bläsf.  Oben  haben  wir  auch  kbrüga  aus  *khninga,  *kbniga 
und  dieses  ans  *kQninga  angeführt  Ebenso  gfmaii  ,treiben'  aus 
gtfnati  wie  hwati  aus  *brrati. 

Dagegen  kann  man  aksl.  znajtff  znati  ,kennen'  nicht  mit 
Bücksicht  auf  das  lit  Hniti,  zinaü  ,wissen'  (aus  *§t^näti,  dazu 
als  Part.  -Hntas)  als  *ztnati  auffassen,  weil  ein  Schwund  des  so 
entstandenen  t  sonst  nicht  nachgewiesen  werden  kann.  Es  ist 
vielmehr  ein  Aoristpräsens,  dem  also  ein  Aoriststamm  vgl.  gr.  l'^T'an', 
vgl.  ahd.  inäen  zu  Grunde  liegt,  wie  wir  bei  der  verbalen  Stamm- 
bildung weiter  unten  sehen  werden. 

Über  das  »m^  zm,  tn,  »n  dann  ^  q  aus  ^;  V'  ^uid  fp,  f  vgl. 
Verf.  in  BB.  29,  S.  207  ff.,  wo  einiges  nach  dem  Vorliegenden 
zu  modifizieren  ist 

Hier  muß  noch  erwähnt  werden,  daß  sich  im  Unlav.  aus  ^i 
ausnahmsweise  auch  nt  (oder  ni,  woraus  dann  nt  wurde),  ent- 
wickeln konnte,  vgl.  aksl.  nbzq  (siehe  oben  S.  161).  Etwas  ana- 
loges haben  wir  auch  bei  r  bemerkt,  z.  B.  aböhm.  brdu  aus  brtdq 
(oben  S.  160). 

Die  dentalen  Affrfeatae  c,  dz  (6,  d£)  und  dentalen  Spiranten 

s,  z  (ä,  £). 

Ursprung  dieser  Laute.  Sie  sind  von  verschiedenem 
Alter.  Das  c  entwickelte  sich  erst  auf  slav.  Boden  aus  k  vor 
diphthongischem  e  und  i,  dann  in  bestimmten  SufiSxen  wie  'tch 
und  Bildungen  wie  -ricaü  u.  dgl.  (s.  S.  265).  Es  war  urspr. 
weich,  ist  fdso  eigentlich  als  6  aufzufassen  und  ist  dann  zu  c 


344 

geworden,  das  mit  8,  z  ging.  Aus  diesem  Grunde  kommt  hier 
auch  d£f  i  und  i  in  Betracht.  Die  phonetische  Seite  dieser 
Laute  kann  erst  bei  ö,  i  u.  s.  w.  erörtert  werden. 

z  kann  ursprachlich  sein,  aber  nur  in  den  Verbindungen  Jgd{h) 
und  zg(h)  z.  B.  kleinr.  pezd'üy,  slov.  pezdeti  ^ten^  b.  bzdüi,  lat 
p^o  aus  *pezdö,  gr.  ßdew  aus  *ßzdiio  (also  zd);  aksl.  mtzda 
yLohn'y  got.  mizdö,  gr.  fjua^oq^  ai.  midhdm  yKampfyreis,  Kampf 
{zdh);  aksl.  rozga  ,Zweig^,  \\i.rezgü  ^ich  stricke^  ai.  rcf)^  ^Strick^; 
aksl.  mozg^  ,Him,  Mark^,  preuil.  musgeno,  ahd.  mar^;  av.  nMzga. 

Meist  entspricht  jedodi  das  z  einem  palatalen  ^  oder  §h,  so 
z.  B.  einem  §:  brSza  ,Birke',  lit.  birzas,  ahd.  bircha;  aksl.  fit/«^ 
4ch  melke',  lit  määu,  ahd.  mädiu,  gr.  äfiHyu),  lat  mulgeö;  aksL 
2rna^i  Jkennen',  lit  iituS^i  ,wissen',  got.  &ann,  ahd.  A:n<Zen  ^kennen', 
lat  gnöscö,  nöscö,  gr.  yiYvciayuo^  ai.  jänäti  ,er  erkennt,  kennte ; 
aksl.  2r5no  (aus  *ztmo)  ,Kom',  lit  i/mi«;  le.  /«mw  jErbse',  preuß. 
syme  ,Kom',  got  A;aiirn  ,Eom',  lat  gränum;  aksl.  2U)f69  ,ZahnS 
ahd.  chanib,  kamb,  gr.  ydfjupog  ,Pflock'  (Ablaut  zu  *zevnbf  zffh). 

Einem  §h:  aksl.  qzbkb  ,enge',  lit  afüesztas,  got  aggwus  ,engeS 
gr.  a/x^  ^ich  schnüre',  ayxi  ,nahe',  lat  an^O;  ofi^or,  ai.  qhuS 
,enge';  aksl.  j<izh,  az  (wohl  aus  ez,  €zb)  ^ch^  lit  esz,  fisz,  preuß. 
es,  got  iA;,  gr.  €/cJ,  aL  ahdm  (slav.  kann  auch  auf  ^  zurückgehen); 
aksl.  jezb  aus  ^jezjo-,  lit  eeiy^S;  ahd.  t$ff7;  gr.  ^Ivog;  aksl.  {i2^t 
,lecken',  lit.  Uziü  ,ich  lecke',  got.  bi-laigö  ,ich  belecke',  gr.  A^/^^, 
lat  lingo;  aksl.  t?«2!f  4ch  führe,  fahret  lit  veiü,  got.  ga-wiga  ,ich 
bewege',  gr.  o^os  {^oxog)^  lat  t?«Äo,  ai.  t?(£%a^i  ,er  führt,  fahrf ; 
aksL  vrtzq  ,ich  binde',  lit  verzü  ,ich  schnüre',  ahd.  würgen  ,wür- 
gen';  BksLzdije  ,olera',  zdem  ,grün',  lit  eelti  ,grünen',  alatA^^ti«, 
hdusa,  klass.  holus,  holera,  W.  ^A«/;  hierher  auch  aksl.  eUüo  (aus 
*zol4o)  ,Gold',  daim  «foÄ  ,Galle'  (aus  *zbldb),  durch  Assimilation 
auch  iZ^dfft/  aksl.  zemlja  ,Erde',  lit  i^lm^,  got  guma  ,Mann',  gr. 
xcr/iat  ,am  Boden',  lat  humus,  hämo;  aksl.  zejq  ,gähne,  klaffe', 
lit  ziöpi,  ahd.  gUn,  ginön  ,gähnen',  lat  hiärCj  hiscere;  aksl.  zima 
,Winter,  Kalte',  lit  e^ä,  gr.  x^W  ,Schnee',  xeiiidv  jWinter*,  lat 
hiems,  ai.  himäs;  aksl.  2fot?<f,  zbvati  »rufen,  nennen',  lit  iare^»  ,be- 
sprechen,  incantare',  ai.  hdvanam  ,Ruf,  Anrufen',  lat  havSre  (,Gru6 
empfangen');  aksL  zvert  ,Tier',  lit  zperis,  le.  /wer«,  preuß.  Akk. 
PI.  swirins,  gr.  ^^,  lat  ferm;  aksl.  2^!«  ,böse',  Ut  pa-zvinua 
,schräg,  abschüssig',  aL  hrunäti  ,er  geht  irre',  apers.  zurah^kara 
,Ränke,  Verrat  übend';  aksl.  zUza  ,glandula'  (aus  *gdza),  arm. 
gdj,  lat  glans,  glandtUa. 


346 

Manchmal  ist  es  nicht  möglich  zu  entscheiden,  ob  §  oder  §k  anzu- 
setzen ist,  z.  B.  aksl.  hltasna  ,NarbeS  hlii^  ,nahe',  blitbkb  ,propinquus*  (eig. 
,anstoßend'),  ^gl-  got,hliggvan  ,schlagenS  \^t.  fligerex  aksl.  ^asra  ,yulnusS 
pr.  eyawo  {aizwo)  ,Wunde*,  le.  aiza  ,8palte  im  Eise*. 

Eine  media  statt  der  tenuis  (s  st.  s)  im  Wurzelauslaut  nimmt  man 
an  in  aksl.  paziti  ,acht  gebenS  ai.  päiyati  ,er  sieht'  zur  Variante  mit  be- 
weglichem 9  in  ai.  $pai'  ,8p&herS  lat.  $peeio,  gr.  tmhnofuu,  ahd.  ipShdn, 

Sowohl  das  ursprachl.  als  auch  das  ans  g  und  §h  entstandene 
z  war  hart  Weich  war  dagegen  jenes  z,  das  sich  im  Slav.  aus 
älterem  d£  entwickelt  hat,  z.  B.  aus  d£äo  ^sehr^,  d£äh  ^vehemens' 
(vgl.  lit.  gailüs  jähzornig,  bissig^,  ahd.  geil  ^ausgelassen,  üppig^) 
ist  später  zäo,  zeh  geworden.  Es  hat  sich  erst  im  Slav.  aus 
jedem  g  entwickelt  und  zwar  analog  wie  e  aus  k,  z.  B.  Imper. 
modzi,  modzüe  zu  mcgq^  moHi  ,könnenS  Dat  Lok.  Sg.  nodzi  zu 
noga  ^Fuß';  Nom.  PL  hodzi  zu  hog^  ,Ootf ;  ktn^zt  ^Fürst'  (Zogr.) 
u.  s.  w.  Später  ging  das  d£  in  £  über,  welches  erst  in  den  ein- 
zelnen slav.  Sprachen  hart  werden  konnte.  In  den  aksl.  Denk- 
mälern finden  wir  noch  Belege  für  die  Weichheit  z.  B.  poluizS 
Nom.  Sg.  im  Psalt  sin. 

Die  älteren  glag.  Denkm.,  wie  Zogr.  Mar.  und  Assem.  gebrauchen 
noch  ein  eigenes  Zeichen  für  diesen  Laut,  doch  wird  es  schon  ab  und  zu 
ffir  ein  einfaches  s  falsch  gesetzt,  in  anderen  Denkm.  wird  es  nur  als 
ein  Zahlzeichen  gebraucht,  wie  im  glag.  geschriebenen  Euch.  sin.  und  im 
cyrill.  geschriebenen  Supr. 

8  kann  im  Slav.  dreifachen  Ursprungs  sein:  1)  ist  es  ur- 
sprachlich: Sesaii  ,kämmen',  aksl.  iasa  ,Haar^,  air.  cir  ,E[amm^; 
JMent  ,Esche',  lit.  ü'ais,  lat  ornus  (aus  *08enu8,  orenus);  aksL 
m^o  ,Fleisch',  got.  mimz,  ai.  mäs-,  mi^m  (urspr.  ^mims);  aksL 
sedmt  ,sieben',  lit  septyni,  got  sibun,  lat  sepiem,  ai.  saptd;  aksl. 
sestra  ,Schwester^,  got  swistar,  ai.  sväaar;  aksl.  sHüi  ,sitzen', 
8i9ti  ,sich  niedersetzen',  lit.  sesti,  got  sUan,  gr.  tdog^  lat  sedeöf 
ai.  sddas-;  aksl.  sijq  ,ich  säe',  lit  seju,  lat  Omen,  gr.  ^/ua  ,Wurf, 
got  saian,  ßhä.8aen  ,8äen';  akshslabz  ,schwach',  ahd.8laf  ,schlaff, 
got  sUpan,  ahd.  alafan  ,schlafen';  aksl.  slqh  ,hinkend,  krumm', 
Üt  slenkü  ,ich  schleiche',  ahd.  slingan  ,hin-  und  herziehend 
schwingen';  smejq  8^  ,lache',  ai.  smdyate;  aksl.  amykati  8^  ,schlüp- 
fen,  gleiten',  lit  smunkä  4ch  rutsche  gleitend',  mhd.  smiegen 
,schmiegen',  aisl.^miii^a  ,durch  etwas  kriechen';  aksl.«n^  ,Schnee*, 
lit  8fi£ga8,  got  snaiws,  gr.  vl'g>a  ,nivem';  aksl.  Oam  ,Stand',  lit 
stAnas,  got  staths  ,Stätte',  lat  Oatio;  aksl.  struja  ,Strömung', 
o-stroth  Jnsel',  lit  sraväi  ,sickemd  fließen',   srave^  strave  ,Strö- 


346 

mnng^,  siid.  straum  ,Strom'y  gr.  ^el  ,er  fließt^,  alsrdvati  ,er  fließt'; 
stffTq,  sträi  und  strana,  lat.  stemö,  gr.  atögvvfUy  ai.  strnämi; 
aksl.  aym  ,SohnS  lit  «ünä^^  gr.  viog^  ai.  9iZnt2^. 

Hierher  gehört  auch  das  Bildungssufi&x  -es-  der  5-Stämme^ 
z.  B.  Gen.  Sg.  nebes-e  zu  ne&o  ,HimmelS  lit  debesAs  ,WolkeS 
gr.  z.  B.  yeyc(s)-os,  lat.  generis. 

Über  das  sog.  bewegliche  «  im  Anlaute  der  Wurzeln,  die  bald 
mit  ihm,  bald  ohne  solches  erscheinen,  handelte  Siebs  KZ.  37,  S.  277  ff. 
Nach  dorn  Vorgänge  anderer  dentet  es  Siebs  als  ein  Präfix,  dessen  Be- 
deatang  und  Ursprung  nicht  mehr  klar  sei.  Er  kommt  zur  Regel:  Lautet 
die  Wurzel  mit  idg.  media  an,  so  beginnt  die  parallele  «-Form  mit  idg. 
«+ entsprechender  tenuis;  lautet  die  Wurzel  mit  idg.  media  aspirata 
an,  so  beginnt  die  parallele  «-Form  mit  idg.  «  + tenuis  oder  tenuis 
aspirata. 

2)  ist  es  ein  palatales  Je  und  Jeh:  aksl.  nesq,  nesti  ^tragen', 
lit.  niszti,  le.  nest,  gr.  iveynLÜv;  osrnt  ^cbt^,  lit  asztüni,  got 
ahtau,  gr.  oxvci ;  aksl.  praaq  ^Schwein,  FerkelS  lit  pafszas,  ahd. 
farh,  farah,  lat  porcus;  prosüi  ,bittenS  lit  praszßi,  got  fraihna 
yich  frage^y  lat  precSs;  phsati,  püq  schreiben',  ptstra  ,buntS  gr. 
TtovAiXoQj  ai.  pisas  ^Gestalt^;  aksl.  tHana  ,Beif,  lit  szdüi  ,fnerenS 
szdltas  fkMj  szalnä  ^Reif,  le.  sa'Us  ^alt',  preuß.  saUa  ^alt';  aksl. 
srtdtce  (setzt  ein  *8rdi'  voraus)  ,HerzS  lit  szirdls,  lat  Gen.  Sg. 
card-is,  gr.  yuxqdia;  aksl.  srhäent  ^Horniß',  lit  szirazu,  let  sirsis, 
preuß.  drsilis;  aksl.  8v^^  ^eilig',  lit  szvefltas,  preuß.  swints,  got. 
hunsl  yOpfer';  Sbto  ^bundert^,  lit  szimtas,  got.  hund,  ai.  satdm; 
aksl.  8tf  ydieser^,  lit  szls  ^dieser^,  got  hi-mtna  ^diesem',  gr.  TLeivog^ 
Ti^vogy  lat.  eis,  ce-do,  ht-ce;  aksl.  vhsh  ^vicus^y  lit  väszeti  ^  Gast 
sein,  weilen',  got  toeihs,  Gen.  tceihsis  ,Flecken',  gr.  oiyuog^  lat 
vicus.  Ein  Ich  liegt  auch  vor  in  aksl.  sirz  ^verwaist',  gr.  %fiqog 
yverwitwet*,  lat  herJSs  ,Erbe*  (eig.  ,verwaisf ),  wobei  man  von  ß ;  I 
ausgeht  (Pedersen,  KZ.  38,  S.  396).  Das  lit  szeirys  ,Witwer' 
weist  allerdings  ein  ei  auf. 

Da  eine  Doppelkonsonanz  nicht  bestehen  konnte,  so  führte 
sowohl  sk  als  auch  Jcs  über  ss  zu  8.  Ein  sk  liegt  vor  in  aksl. 
s^t  ,SchattenS  gr.  ayua^  ai.  chäyd  ,Schatten,  Schimmer',  hierher 
wohl  auch  got.  skeinen,  ahd.  sclnan;  aksl.  sujq,  sovati  ,werfen, 
stoßen'  und  ptisq,  pouii  ,weiden'  werden  noch  angeführt  werden. 
Ein  1c8  haben  wir  in  aksl.  desm  (desbm)  ,dexter'  (aus  *deJc8no*, 
*deJe3o),  lit  deazihe,  got  taihtca,  gr.  de^iog^  lat.  dexter;  aksl.  osb 
,Achse',  tesaH  ,zimmem'  und  mesüi  ,mischen'  werden  noch  zur 
Sprache  kommen. 


347 

Biitanter  zeigt  sich  ein  Wechsel  Ton  palatalen  und 
Velaren  Gattorallaaten  und  zwar  bemerken  wir  den  Velarlaut 
im  Slav.  und  lAt  z.  B.  aksl.  drida  (aus  *kerda)  ,HerdeS  lit 
k^dzius  ^Hirif,  dagegen  ai.  sdrdhas  ,Herde,  Schar';  aksl.  ludt 
^chVy  lit  latÜMS  yblässig',  ai.  rdcßtg  ,er  leuchtet',  dameben  aber 
auch  ai.  rüSaiü-  ^^chtfarbig^;  aksl.  kamy  ^Stein',  lit  akmd,  da- 
gegen aL  äiman  ^Donnerkeil'  (die  Wurzel  scheint  identisch  za 
sein  mit  der  von  ai.  dirif  ^scharfe  Kante',  aksl.  ostrt  ^scharf); 
vgl.  noch  aksL  krtnb  ^verstümmelt',  ai.  krndti  ,er  verletzt,  tötef , 
klrnds  ,verletzt,  getötef,  gegen  ai.  irndii  ,er  zerbricht',  iirnas 
izerbrochen'.  Der  Velarlaut  ist  nur  im  Slav.,  nicht  aber  im  Lit 
(bez.  Preuß.)  z.  B.  aksl.  gt^sb^  ,(jkn8S  gegen  lit  iqsis,  ai.  hqsäa 
,6an8';  aksl.  l^gq  ,ich  lege  mich  nieder',  sq^ogh  ,con8ors  tori',  da- 
gegen preuß.  Umnt  4%en',  lit  llzda»  ^esf  {zd  aus  zd);  aksl. 
mogq  4ch  kann',  gegen  preuß.  mcissi  ,er  kann',  ai.  mah-  ,groß'; 
aksl.  skokh  ,Sprung'  gegen  lit  szöku  ,ich  springe';  aksl.  stekr^ 
,socer'  gegen  lit  szeszuras^  ai.  svdsums  ,socer'. 

Äußerst  selten  bemerken  wir  den  Palatallaut  im  Slav.  und 
lit  im  Gegensatze  zu  anderen  Sprachen:  aksl.  ostrh  ,scharf,  lit 
aaztrüs,  aL  dsrif  ,scharfe  Kante'  gegen  lit  akä'tas  ,6ranne',  preuß. 
ackana  Akk.  ,6rannen',  lat  acus.  Desgleichen  im  Slav.  und  AL 
im  Gegensatze  zum  Lit:  aksl.  duchh  ,Gehör',  ai.  srdäamanas 
^willfährig'  gegen  lit  klausyti  ,horen'. 

Schon  hier  sahen  wir,  daß  oft  innerhalb  derselben  Sprache 
Abweichungen  vorkommen.  So  ist  es  weiter  nicht  unmöglich, 
daß  das  oben  (S.  344)  erwähnte  aksL  zdem  ,grün',  zdije  ,olera', 
lit  ÜUi  ,grünen'  zur  selben  Sippe  gehört  wie  aksl.  ilUb  ,gelb^, 
lit.  geUas. 

Dem  aksl  grad^  ,muru8'  (aus  *gard^)  entspricht  im  Lit 
gafdas  ,Hürde',  dameben  kommt  hier  aber  auch  iardis  ,Weide- 
platz'  vor,  vgl  noch  lat  hortus,  gr.  xoQ^og  ,Gra8,  Futterplatz*,  got 
gards  ,Hof,  Haus,  Familie',  ahd.  ^arte.  Der  fremde  (germ.)  Ein- 
fluß kann  sich  bei  diesen  Worten  nur  auf  einzelne  Laute  erstreckt 
haben.  Wegen  des  t  im  Lat  und  Griech.  müßte  man  annehmen, 
daß  selbst  im  lit  zardis  das  d  dem  germ.  Einflüsse  zuzuschreiben 
sei,  dieser  äußere  sich  am  intensivsten  beim  lit  gafdas,  aksl.  gradh. 

£b  erkl&rt  sich  fiberhaapt  dieser  Wechsel  zwischen  Palatalen  und 
Velaren  am  besten  durch  Sprachmischungen,  die  sich  hier  zunächst  durch 


1.  Meillet  erkl&rt  es  auch  durch  Dissimilation  ans  *Kqjn. 


348 

lautliche  BeeiBflussangen  äußerten.  Hiebei  ist  es  uns  aufgefallen,  daß 
das  Lit.  mit  dem  Slav.  einerseits  Yelarlaute  im  Gegensatze  zum  Altind., 
andererseits  aber  das  Slav.  eine  Beibe  von  Yelarlauten  im  Gegensatze 
zum  Lit.  aufweist,  so  daß  dieses  hinsichtlich  unserer  Laute  n&ber  zum 
Altind.  steht  (wie  es  ja  mitunter  sonst  auch  älteres  bewahrt  hat).  Um- 
gekehrt gelingt  es  uns  nicht  eine  Beihe  von  slav.  und  lit.  Worten  zu- 
sammen zu  stellen,  die  im  Gegensatze  zum  Altind.  den  Palatallaut  ent- 
halten würden,  wie  z.  B.  aksl.  myn  »Yorgebirge',  das  man  mit  ai.  mükham 
(ßvz^)  vergleicht.  So  bemerkte  schon  Brugmann,  daß  es  sich  hier 
um  Dialektmischung  handle,  insofern  die  ostidg.  Sprachen  vielleicht 
schon  in  der  Urzeit  bei  den  westidg.  zahlreiche  Anleihen  gemacht  haben. 
Auch  Znpitza  hebt  hervor,  daß  in  solchen  Fällen  von  Wechsel  auf  den 
Westen  des  «a/9m-Gebietes  ein  ungleich  stärkerer  Prozentsatz  von  Guttu- 
ralen (also  scheinbaren  alten  Yelaren)  entfällt,  als  auf  den  Osten  (KZ. 
37,  S.  400).  Die  geographische  Lagerung  der  Doubletten  weise  darauf 
hin,  daß  sie  durch  eine  Beaktion  des  Westens  auf  die  Palatalisierung 
des  Ostens  entstanden  seien.  Die  Träger  dieser  rückläufigen  Bewegung 
wären  vielleicht  westidg.  Stämme  oder  doch  kleinere  Gruppen  gewesen, 
die  sich  über  die  Palatalgrenze  nach  Osten  au^reiteten. 

Hierher  gehört  wohl  auch  aksl.  Moniti  ,neigen'  und  sionäi  s^ 
Jehnen^  Miklosich  meint  zwar,  gegen  die  Verwandtschaft  des 
klonüi  mit  sUmiti,  lett.  sBt,  slinu  anlehnen'  könne  schon  die  Ver- 
schiedenheit der  Bedeutungen  eingewendet  werden  (Etym.  Wtb. 
S.  121),  aber  S.  308  sagt  er:  i^slani  anlehnen  kann  von  klont 
^beugen'  nicht  wohl  getrennt  werden  c  und  das  ist  jedenfalls  rich- 
tiger. Hierher  gehört  auch  lit.  at-szlainia  ^Erker^,  sdaUas  ,Ab- 
hang*,  got  Jdains  ,HiigeP  (aus  oi-  eine  W.  ^Jdei  lehnen,  neigen*), 
ahd.  Klinen  lehnen',  ai  irdyaJti  ,er  lehnt  an'  und  wohl  auch  gr. 
x^Vcu  4ch  lehne,  beuget  lat  dlvus. 

Schwierig  ist  nur  die  Erklärung  der  Vokalreihen.  Man  wird  hier 
erinnert  an  dlÜz  ,Teir,  got.  daih,  gegen  dola  ,Teir,  p.  ,dola  (aus'  dolja) 
,Schicksar,  r.  dolja  ,TeilS  lit.  daXki  ,Teil,  Erbteil*.  Man  könnte  es  aus 
*dojfß  durch  Dissimilation  erklären  {dala  könnte  ein  Lehnwort  sein).  In 
einer  späteren  ksl.  Quelle  lesen  wir  allerdings  tri  doly  %lata^  das  der  r.  und 
p.  Form  widerspricht. 

Man  könnte  auch  daran  denken,  daß  bei  »l  manchmal  ein  k  einge- 
schoben wurde:  Miklosich  führt  v^aljat^ati  neben  v^Jdat^ati  an;  sludäi 
neben  skludüi,  c^s^|^aii  neben  tshskUpati,  »Ihb  slov.  »klht;  slov.  soka  und 
skuta  aus  skha  (Vgl.  Gr.  P,  S.  283).  Vgl.  auch  die  deutsche  Wiedergabe 
slav.  Worte  mit  sl  durch  ikli  Sklave  aus  Slave,  Analog  wird  auch  bei 
xl  manchmal  entsprechend  ein  g  eingeschoben:  p.  tgiohieiij  zgloha,  tgi6bi6, 
ebenso  hg.  raxglobi  se  (ib.  S.  281).  Diese  Erscheinungen  sind  natürlich 
durch  das  volare  i  zu  erklären.  So  wäre  neben  sionäi  auch  ein  skhnäi 
aufgetaucht  und  weil  es  an  ein  Kompositum  mit  n  erinnerte,  wäre  dann 
ein  khniti  abstrahiert  worden,  aber  sehr  wahrscheinlich  wäre  eine  solche 


349 

Erklärnng  nicht,  denn  der  erw&hnte  Prozeß  datiert  wohl  aas  einer 
sp&teren  Zeit. 

Man  hat  auch  aksl.  sint,  tUnt  ,Schatten*  auf  diesen  Wechsel  zurück- 
geführt: sinb  entspräche  einem  *$iinb  und  «tibi»  wäre  aus  *Bkin  durch 
die  Vermittlnngsstufe  »chib  entstanden.  Das  ist  aber  nicht  möglich:  im 
Glag.  Cloz.  kommt  »c  aus  sk  ausschließlich  vor  (nicht  d),  so  sollte  hier 
auch  das  Wort  *$ehtt  noch  heißen,  es  kommt  hier  aber  viermal  «tibi»  vor 
(Z.  327,  828,  329  und  335).  Ein  »d  führte  ferner  im  B.  zu  iei  und  dann 
iUj  das  Wort  müßte  also  im  B.  *itUn,  *Uin  heißen,  es  lautet  aber  $Un. 
Ich  lasse  daher  zwar  eint  aus  *sUtib  bestehen,  leite  aber  Unt  aus  ^tem-m 
(tem  z.  B.  in  Uma  aus  *t^ima  ,Fin8temisO  ab  (vgl.  oben  S.  117).  ursprüng- 
lich war  es  wie  d^nb  wahrscheinlich  ein  Mask.  (vgl.  auch  ognb),  wie  ei&ii 
jetzt  noch  im  P.  und  Un  in  Mähren  ein  Mask.  ist  SUtib  ist  wohl  eine 
Kompromißbildung  von  «In»  und  iinb,  wobei  vielleicht  auch  sdna  maß- 
gebend gewesen  sein  kann. 

Wir  haben  auch  noch  slov.  zaidn  ^Sonnenuntergang',  serb. 
sü-tan  ytiefe  Dämmerung^  und  Slovak.  t&fia,  tdni  —  ^Schatten'  (und 
to^va)  und  auch  noch  tdn,  -e  f.  ^Schatten'.  Hier  liegt  wahrschein- 
licb  die  Ablautsstufe  *toM  der  Wurzel  *iem  vor  mit  dem  Suffixe 
m:  *tomm.  In  dieser  Stellung  vor  einem  n  konnte  offenbar  kein 
Nasal  aufkommen,  weil  das  m  früher  assimiliert  wurde,  bevor 
Nasalvokale  entstanden.  Es  kommt  hier  auch  keine  Ersatz- 
dehnung vor,  weil  diese  erst  zur  Zeit  der  Bildung  der  Nasale 
auftauchte. 

Bezüglich  der  Bedeutung  vgl.  man  ahd.  scato,  got  akadus 
,8cbatten'  und  gr.  OTioiog  »Dunkelheit'  (vgl.  BB.  29,  S.  173  f.). 

3)  entstand  ein  8  erst  im  Slav.  aus  ch  wie  aus  g  ein  di,  aus 
k  ein  c  geworden  ist,  z.  B.  Nom.  PI.  dusi  von  duchz  ,Atem,  Geist'. 
Während  das  unter  1)  und  2)  angeführte  8  hart  war,  ist  dieses 
weich  gewesen  (also  eigentlich  d)  und  ging  daher  im  B.,  P.  u.  s.  w. 
in  S  über:  socha  p.  ,Hakenpfiug',  Dat  8082e  (Kaiina  I,  S.  158), 
b.  8086,  aksl.  808S.  Im  Slovak.  ist  s,  freilich  drang  hier  vielfach 
auch  das  ch  wiederum  analogisch  ein:  Dat.  muche  neben  inu8e 
von  mucha  ,Fliege^  Diesen  Wandel  des  «  in  i  finden  wir  noch 
in  den  westslav.  Sprachen  in  b.  äedy  (ab.  SHy),  äedivy  ,grau',  p. 
82edziwy,  kaä.  äady,  os.  iediiwy  gegen  aksl.  8ed^;  ab.  8ery,  nb. 
sery,  p.  8zary,  os.  itr%6,  ns.  iery,  gegen  aksl.  serh  yglaucus'. 
Daraus  kann  man  auf  einen  diphth.  Ursprung  des  e  schließen. 
So  auch  aksl.  vtst  ,omnis'  Gen.  waego  gegen  b.  vieho,  weil  das  4 
aus  dem  Instr.  PI.  vtaemt,  Gen.  PI.  vh8ichz  u.  s.  w.  verschleppt 
wurde. 

8  wird  zu  ch.    Da  sich  das  zuletzt  behandelte  8  aus  dem 


360 

ck  entwickelte,  so  mufite  urspr.  8  in  gewissen  Fällen  früher  in 
ch  übergehen.  Dieser  Wandel  soll  uns  nun  beschäftigen.  Zu- 
nächst handelt  es  sich  darum,  welches  8  in  ck  übergehen  kann. 
Im  allgemeinen  ist  es  das  ursprachliche  8, 

Wir  haben  aber  doch  auch  Fälle ,  in  denen  ein  aus  %  herror- 
gegangenes  «  za  eh  geworden  ist.  Es  ist  zanäehst  das  oben  S.  260  er- 
wähnte rieh-  in  rlüUi  ,binden,  lösen',  das  verwandt  ist  mit  lit.  riKtü^ 
rkafoU  ,binden',  got.  wruggo  f.  ,Schlinge'.  Dann  aksl.  chrana  ,cibusS  ehra' 
nUi  »bewahren*  (urspr.  wohl  ,füttem*),  lit.  steriü^  tzirti  ,fiittem'  and  vt» 
»omnisS  das  ein  vbcho-  voraussetzt,  lit.  rt«a«,  ai.  dagegen  viiva.-  Einige 
mal  ist  also  das  aus  i  entstandene  •  ins  Fahrwasser  des  ursprachlichen 
•  geraten  und  zwar  bei  dem  zuletzt  erwähnten  Worte  schon  im  ürbalt.- 
slav.  Da  jenes  «,  das  im  Slav.  zu  eh  wurde,  vor  diesem  Übergange  höchst 
wahrscheinlich,  wie  wir  sehen  werden,  schon  früher  modifiziert  war,  das 
aus  I  entstandene  s  seine  ältere  Nfianzierung  (vgl.  lit.  «2,  siehe  oben 
S.  251)  im  Slav.  verloren  hatte  und  einfach  zu  «  wurde,  so  konnte  natür- 
lich dieses  s  in  der  Begel  nicht  zu  eh  werden.  Wir  werden  aber  sehen, 
daß  das  ursprachliche  s  nicht  selten  in  Stellungen  zu  eh  wird,  die  nicht 
eine  ältere  Affektion  desselben  voraussetzen  lassen,  also  z.  B.  in  anderen 
Stellungen  als  vor  den  t-  und  w- Vokalen,  und  so  ist  es  von  vorne  herein 
möglich,  daß  auch  einzelne  «-Fälle,  die  auf  1i  zurückgingen,  zu  cA  werden 
konnten,  zumal  wenn  für  sie  dieselben  Bedingungen  vorlagen,  die  bei 
dem  urspracblichen  «  zu  eh  führten.  Man  denke  an  u-ehraniti,  prhehramU 
(urspr.  per-^  hier  also  dann  r«)  u.  s.  w. 

Der  Übergang  fand  statt  nach  den  u-  und  i-Yokalen,  femer 
nach  r  und  k.  Es  gibt  aber  zahlreiche  Fälle  mit  ch  aus  8,  bei 
denen  diese  Bedingungen  nicht  vorhanden  sind.  So  können  wir 
auch  hier  die  Erscheinung  beobachten,  daß  ein  neu  aufgekommener 
Laut  über  die  Grenzen  seiner  ursprünglichen  Berechtigung  greift 
Das  zahlreiche  Material  läfit  sich  so  gruppieren,  daß  man  zu- 
nächst A)  antevokalisches  und  B)  antekonsonantisches  s  unter- 
scheidet Bei  A)  kann  es  sich  um  den  Inlaut  oder  Anlaut 
handeln,  dann  auch  darum,  ob  das  8  allein  oder  in  Begleitung 
eines  vorhergehenden  Kons.  war.  Bei  B)  kommen  versdiiedene 
Gruppen  in  Betracht,  darunter  ist  8r  die  wichtigste;  sie  führte 
zu  str,  vereinzelt  taucht  aber  dafür  auch  zdr  auf. 

A.  Antevokalisches  8.  a)  Nach  den  w-Vokalen: 
Zy  u,  y.  1)  Aksl.  hhchay  r.  blockd,  lit.  blusä  ,Floh<;  ab.  *drimcha, 
trfyncka,  nb.  tremcha  ,Traubenkirsche',  p.  trzemcha,  trzemucha  id. 
u.  ,Allium  ursinum',  r.  derämcha,  derSmucha,  ursl.  also  *kenm8a, 
*kerfnti8a,  lit  kermüsze  ,wilder  Knoblauch' ;  khchnqti,  kychati  (ab. 
auch  küti)  ,niesen^     Rozwadowski  vergleicht  damit  le.  küsat 


351 

auftauen'  und  ,wallen,  tiberwallen'  (IF.  4,  S.  409);  aksl.  rmcha 
yculex'y  r.  möcha,  b.  müee  und  aksl.  mudui  ,FliegeS  r.  müdui,  lit 
muse  yEliegeS  lat  muscay  gr.  fivla\  aksl.  ntTtdib,  r.  moc&i  ^MoosS 
lit  müsas  (gew.  PI.  mtiaal)  ,SchimmelS  ahd.  mos,  lat  tmi^ct»; 
aksl.  smcha  ^nurusS  r.  anodhd^  ai.  snuSd,  lat  nurus,  gr.  i^tn?^;  d. 
&Anur;  aksl.  vethchh  ^if,  lit  vetuszas,  gr.  eVo^,  lat  re^ua. 

Der  Lok.  PI.  bei  den  u-Stämmen :  ''^ch^J  im  Aksl.  belegt  bei 
den  o-Stänunen,  wo  er  eingedrungen:  damchz  (von  darh  ,6e- 
achenk'),  woraus  dann  auch  darodib,  zidockb.  Im  Part  praet.  act 
V€d%,  vedzia  u.  s.  w.  geht  das  i  auf  sj  zurück,  vgl.  lit  Gen.  Sg. 
v^zuaio  u.  s.  w. 

2)  AksL  dudih  ,Athem',  duia  ^Seele^,  r.  duid,  lit  daüsos 
Plur.  ^bere  Luft',  vgl.  oben  S.  162;  dagegen  blieb  das  urspr.  8 
in  b.  dusUij  p.  duM  (auch  wruss.)  ,würgen'  offenbar  weil  ein  *du- 
chäi  auf  dudiz  hätte  bezogen  werden  müssen  (vgl.  S.  96).  Aksl. 
jueha,  r.  uchd  ,Brühe,  Suppe',  lit  jiisze,  lat  jäa,  gr.  ^v/äki  ,Sauer* 
teig',  ai.  yO^-ya^am]  aksl.  kruchh  ,fi*ustum',  kncha  ,mica',  r.  krochd 

-, Stückchen',  kniHth  ,brechen',  lit  kriuszä  ,Hagel'  kriusziü  kriüszti 
,zermalmen',  man  vergleicht  auch  lat  crusta  ,Rinde',  TiQvog,  ahd. 
rosa,  ro80  ,Eis';  aksl.  pazucha  ,8inus',  r.  pdzuchaj  slov.  pazuha 
neben  pazduha  \  analog  wie  z.  B.  paznogUb  ,Klaue'  aus  ^  + 
noffhh»  entstanden  ist,  soll  unser  Wort  als  zweiten  Bestandteil 
•ducha  ==  ai.  dö$  ,Vorderarm'  enthalten  (MikL  Et  Wtb.  52); 
aksl.  sluchi  ,Gehör',  ai.  drafa-mänas  ,willfährig',  sru^fi^  ,Gehor- 
sam',  an.  hlust  ,Ohr',  ags.  hlosnian  ,horchen',  lit  paklustü  paklu- 
saü  paldüsti  ,gehorchen',  Idausaü  klausiaü  Idausyti  ,gehorchen'; 
aksl.  siAchh  ,trocken',  lit  saüaciSj  gr.  aloq\  tuch-  in  bg.  rastuia 
,trösten',  b.  ttuHti  ,ahnen',  p.  tuszyd  ,ahnenS  potucha  ,Muth'  vgl. 
ai.  töSdyati  ,er  beschwichtigt,  stellt  zufrieden'  (BB.  XXV,  S.  101); 
aksl.  ucho  ,Ohr',  lit  ausls,  gr.  ovg  (aus  *ou808)y  lat  aus-cuUo, 
Quris,  got  au8ö.  Weiter  der  Aor.  pluckb  zu  pluti-plovq  ,schwimmen, 
schiffen'  und  Suffixe  -udiz,  ucka^  z.  B.  aksl.  kozuchb  ,Pelz',  athduchb 
,Stiefvater'. 

3)  myäb  ,Maus'  (aus  *inychb),  gr.  §Ävg,  lat  mu8\  der  Aor. 
kryehz  zu  kryti  ,decken'  bydi  zu  byti  ,werden,  sein'. 

Man  hat  mehrere  Fälle  mit  $  scheinbar  gegen  die  Begel,  zum  Teile 

1.  d  kann  mitunter  in  zd  verloren  gehen:  neben  b.  drazd  »DroBser, 
lit  tirastdaa  haben  wir  auch  drozen  (so  auch  serb.  und  bg.),  dann  grqgiüi 
»einsinken  machen'  und  lit.  grimstä,  grimzdad,  grifiUti  »sinken'  und  gramz- 
dyU  »sinken  machen*. 


352 

sind  jedoch  hier  andere  Bedingungen,  znm  Teile  sind  es  etymologisch 
noch  dunkle  Worte.  So  z.  B.  6rM«ls  .testaS  br^tnqti  ,radere,  corrnmpere*, 
wo  ä$  wohl  vorliegt,  wenn  das  lat.  /rau$  hierher  gehört.  Die  mit  »  er- 
wähnte Form  wäre  in  frustum;  tnaa^  tr^ina  ,8eta'  (lit  trusai^  truio» 
,Federbu8ch') ;  b.  brunna  ,Frei8elbeere< ;  b.  r.  u.  s.  w.  brun  »Schleifstein, 
Balken';  kljus^  jumentum';  b.  klu$ai%  ,traben';  müusb  ,alteme'  (ai.  mUhu 
jabwechselnd',  mühuf  ,yerkehrt,  falsch*),  odriMs,  b.  u.  s.  w.  ubruM  ,8uda- 
rium*;  r.  susdit  ,Blattgold'. 

B.  b.  krysa  ,Batte*;  ky$eh  ,sauer*  wird  wohl  in  erster  Beihe  von 
kvas9  und  kvaiiti  hinsichtlich  des  s  beeinfluBt  sein ;  man  meint  auch,  dafi 
es  ursprünglich  ein  t»  enthalten  habe,  und  vergleicht  ai.  kvathaii  ,kocht*, 
got.  Avo^ö , Schaum*,  was  wohl  kaum  dazu  gehört;  my«»  , Vorgebirge',  man 
vergleicht  ai.  mükham^  gr.  fJtvxog  (Wechsel  in  der  Gutturalreihe);  in 
tyaqita,  iy$^ia  »Tausend*  liegt  kein  urspr.  9  vor  (vgl.  S.  337);  in  $ysat% 
»zischen*,  ai.  iusaii  »zischt*  könnte  s  aus  eh  entstanden  sein.  Aksl.  gnu9h 
,Schmutz'  enthält  nicht  den  urspr  anglichen  Vokal  (in  ii),  dieser  ist  viel- 
mehr in  der  Nebenform  gm^n  zu  suchen  (S.  126). 

In  germ.  Lehnwörtern  ist  das  <  geblieben:  ku9iii  ,gustare*,  uMr^s 
»inauris*. 

b)  Nach  den  i-Vokalen:  «,  i  und  dem  diphthon- 
gischen e.  1)  jehcha,  r.  dlhcha,  ahd.  dira,  erüa  ,ErleS  l^t.  elksnis 
(aus  *eli8ni8)f  lat  almis  (aus  *ali8n%i8?)]  aksl.  tnhäelh  ,turpis 
quaestusS  r.  tnSdh  ^Gewinn',  obmichniät  sja  ^ich  irren',  ai.  mi^am 
,Betrug';  ptchati  stoßen',  lit  paisyti,  gr.  7t%iaawj  lat  pinaö^  ai. 
jnnaimij  ygL  b.  pich  und  pech  ,Stößel',  pechovati  ^stampf en^  pichati 
,stechen^;  Lok.  Fl.  der  i-St:  pqttchh,  ko8tbch^. 

2)  tidib  yStill'y  U'techa  ^Trost^,  teäüi  ,con8olari'  vergleicht  man 
mit  lit  ieisüs  «gerecht',  tesh  ,die  Wahrheit',  taisaü  taisyii  ^bereiten, 
bessern'  (Brandt,  Buss.  fil.  vestn.  XXY,  1891,  S.  28);  aksL 
vic^i^rb  ,turbo'  vgl.  ht  vesulas  ,Wirbelwind',  dem  entspricht  auch 
ab.  vicher  (nicht  vichrj  Gebauer  I,  S.  163).  Aoriste:  hickb  zu 
büi'btfjq  ,schlagen',  ^ich^  zu  züi-zivq  ,leben'  u.  dgl. 

3)  ledia  ,Area',  r.  licha  ,Furche',  lit.  l^se  ,Beet',  lat  Ura^ 
d.  Gleis  (mhd.  gdeis);  mechh  ,Schlauch',  lit  mdiszas  ,ein  aus 
Schnüren  gestricktes  Heunetz',  preuß.  moasis  ,Blasebalg',  ai.  mi^ds 
,Widder';  8me(A^  ,Lachen',  durch  8  erweitert  (smejq'Stnhjati  sq 
Jachen'),  das  s  auch  im  lat  mlru8;  Aksl.  Lok.  Fl.  der  o-St 
rocich^  v.  rokb  ,Termin'. 

Bei  his9  »Dämon*  denkt  man  an  foedusy  so  daß  eigentlich  d»  vor- 
liegen würde,  lit.  haisu»  »fürchterlich*  (auch  hU-Ua  hat  man  verglichen 
BB.  25,  S.  147);  in  ja9w%z  ,licht,  klar*  war  ursprünglich»  wie  das  lit. 
nüzkuB  ,deutlich*  zeigt,  ein  «A;,  man  vgl.  riibnt^  ,veru8,  certus*  und  lit. 
raütkus  »offenbar,  sichtbar,  klar*;   Unn^  ,angustu8*  und   tlski>  ,angUBtu8, 


353 

torcalar*,  tükati  ,premere*;  prisbm  »frisch,  ungesäuert*,  lit.  preskas  »un- 
gesäuert*, d.  f/risch*  (sowie  weiter  in  pruvn^  ,genuinu8*  ein  t  nach  «  aus- 
gefallen  sein  soll,  wenn  wir  es  mit  m/»,  i$toct  ,Terus*  vergleichen). 

Schwierigkeiten  bereitet  aksl.  09b99  ,Hafer',  r.  ovesu,  lit.  aviia,  let. 
a^fa8,  lat.  aclna,  Pedersen  nahm  an,  daß  im  Slav.  »  irgendwie  aus  s, 
am  ehesten  im  Auslaute  entstanden  ist  (Il!\  5,  8.  42 — 43).  Allein  das 
ist  wohl  nicht  recht  wahrscheinlich,  vielmehr  wird  man  im  Slav.  ein  z» 
ansetzen  können  (z  aus  §  mit  Blicksicht  auf  acizä)^  zumal  auch  im  Lat. 
diese  Lautgruppe  mit  einem  * avA^fna  angesetzt  werden  kann;  erst  später 
hätte  sich  hier  der  Einflufi  des  Suffixes  -intM,  -Sna  geltend  gemacht.  Man 
müßte  aber  dann  unbedingt  annehmen,  daß  auch  in  ovm»  ursprünglich 
der  suffixale  Ausgang  anders  geartet  gewesen  sei,  wofür  ja  übrigens  auch 
die  Gennsänderung  dem  Lit.  und  Lat.  gegenüber  spräche.  Hinsichtlich 
des  erweiternden  »  vergleiche  man  auch  hrahno  ,cibus*  aus  *homno^  vgl. 
lat.  far,  got  barizeins  ,gersten*. 

Etym.  dunkel  ist  bübrb  ^Perle^  lish  ^chs',  ar.  leso  ^acns^, 
aksl.  Usa  ,crates^,  tigb  ^taxus^,  visäi  ^hangen',  r.  visökb  ,Schläfe'. 
In  Fremdworten  wie  aksl.  klisura  ^Engpaß'  bleibt  natürlich  auch 
hier  das  8. 

In  fMsmisati  8^  ist  das  8  erst  aus  ch  entstanden. 

Nach  anderen  Vokalen  bldbt  in  der  Kegel  8.  So  nach  e: 
aksl.  ßsenb  ^Herbsf,  r.  ösent,  got  Mons  ^mte';  gen.  deso  fmusf 
zu  Mo-,  aksl.  öesati  ^kämmen',  kosa  ^Haar^,  lit.  kasä  ^Haarflechte' 
(entlehnt?);  aksl.  desüi,  dositi  {p  erst  sekundär)  ^den'  wird  mit 
dixo/Äai  verglichen;  femer  die  es-Stämme  z.  B.  Gen.  Sg.  slavese, 
ai.  8rava8a8,  jesi  ,bist'  kann  auch  aus  *je8-8i  gedeutet  werden. 
Nach  0  :  bosfb  ybarfuß^  lit  bäsa8  (entlehnt?),  ahd.  bar\  r.  hose 
^SichelS  aksl.  kosom  ^Sense^  lit  kasä  ,grabe';  nosfb  ^ase',  lit  nösisj 
ahd.  nasa,  lat  nareSj  abweichend  näsus  mit  8;  ro8a^  r.  rosa  ,Tau'y 
lit  rashj  ai.  ra8d  Feuchtigkeit'. 

Nach  e  aus  E:  aksl.  mes^cb  ,Monaf,  ai.  mo^-;  aksl.  pes^kb 
,Sand',  r.  pesäkb,  ai.  p^sü-f  ,Staub,  Sand'.    • 

Nach  ä  (aus  ö,  ö  oder  ^ :  aksL  öasb  ^Zeif  zu  da-jati  ^warten, 
hoffen',  vgl  preuß.  Akk.  Sg.  kisman  ,die  Zeit'  (i  «»  i,  AM.  Ph. 
XVI,  S.  385);  -jtMz  in  pojasb  ,Gürtel',  lit  fö'siu,  fö'sti  ,gürten', 
tdwviÄL  ^wcrrog;  r.jitwenft  , Esche',  Aoy.  jasen,  jesen,  b.  j(»an  neben 
jctsen^  ab.  auch  jesen,  lit  ü'sis  und  vielleicht  lat  omus  (aus 
*08enu8,  *orenus)]  gasnqti  ,exstingui',  gasüi  ,exstinguere',  W.  zges- 
enthalten  in  Ut  gesaü,  ge8yti  Röschen'  und  aßivwfii.  Das  a  im 
Slav.  geht  auf  ö  zurück,  vgl.  YMraoßuioai,  wozu  das  S  in  eaßip^ 
und  nach  Pedersen  im  slav.  uz(ip  ,Schrecken',  zasüi  ,schrecken' 
enthalten  ist   (vgl.  jedoch  oben   S.  117).    Got  noch  fra-qistjan 

Vondrfck,  Vg^.  sUt.  Gnmm.  I.  23 


354 

jverderben'  und  fra-qistnan  ,verdorben  werden'  (aus  *fra-qisn(m). 
Es  wird  Schwund  des  anlautenden  z  im  Slay.  und  Vorgermani- 
schen angenommen.    R  Icisyj  jgierig',  lit  apylasus  ^wählerisch'. 

In  einigen  Fällen  scheint  ch  gegen  die  Regel  aufgekommen 
zu  sein.  Meist  aber  lassen  sie  sich  anders  erklären.  So  geht  das 
ä  in  kfiälh^  kaäüt  ,Husten'  nicht  auf  ch  zurück,  sondern  es  ist 
ein  *qä8li<h  anzusetzen,  lit  kostdys,  an.  hösti,  ahd.  haosto,  ai. 
käsate  ^hustet'.  Dunkel  ist  p.  pctcha,  klr.  podpacha  ^Achselhöhle, 
Schenkelhöhle',  r.  pcu:h^  (vgl.  ai.  pajasydm  ,Bauchgegend, Weichen'), 
b.  pochva  u.  poäva  ,Scheide'.  In  strcuJiz  ,Schrecken'  könnte  wohl 
das  ch  auf  gs  od.  ks  zurückgehen,  aber  mit  dem  lat  sträges  (zu 
stemo)  kann  es  durchaus  nicht  verglichen  werden;  vgl.  auch  r. 
strastt  ,Purchf ,  das  von  strasth  ,Leiden'  getrennt  werden  muß. 

Es  ist  klar,  daß  das  ch  als  ein  Bildungselement  verallge- 
meinert werden  konnte.  Hierher  gehören  alle  Aoriste  auf  -cä  : 
däachz,  videchz,  vedochz;  in  der  2.  P.  Sg.  die  Endimg  -äi  {äh) : 
vedeÜ,  imaäi.  Neben  aksl.  duchati  ,respirare',  dychati  ,fiare', 
usmichati  s^  ,ridere',  naamechati  sq  ,irridere'  (vgl.  smijati  s^)  haben 
wir  auch  aksl.  machcUi  ,vibrare',  r.  machdth  neben  aksl.  majati 
,vibrare',  manqti  ,innuere',  lit  mößt,  möti  ,winken';  aksl.  ja6hati 
jvehi'  neben  aksl.  pre-ja-vzäe,  lit.  jöju,  jöti  ,reit€n';  slov.  bahati, 
bahati  se  ,prahlen',  r.  bachorüh  ,reden',  r.  dial.  bacharh  ,Arzf  neben 
aksl.  bajati  ,fabulari'.  So  konnten  noch  andere  Verba  auf  -achati 
entstehen.  Hierher  gehört  vielleicht  auch  pachati  ,arare',  r,  pa- 
chdth,  womit  man  lat.  pastinum  ,Hacke',  päla  ,Spaten'  vergleicht, 
und  aksl.  pachati  ,agitare,  ventilare'  (dazu  auch  b.  pächnouti,  p. 
pachnqS  ,riechen'). 

.Ans  *pichz  in  aksl.  plehota  ^pedites^  pUb  neCos^  speehz  «Studium* 
(zu  9pU%  ,proficere\  lit.  spiii,  ahd.  apuoen)  und  v^ktt^  .peniculus',  r.  veeha, 
b.  vich  ,Bü8cher  zu  vejati  ,wehenS  vHvt>  ,AstS  gewinnt  man  den  Ein- 
druck, als  ob  nach  e  aus  e  das  «  in  ch  verwandelt  würde.  Aber  die 
Sache  verhält  sich  wohl  doch  anders.  Bei  *pecht>,  pechota  muß  man  von 
*ped'$h  ausgehen  (lit.  ph-ezas,  dial.  pUz-ezas  aus  *ped-tio8  ,zu  FuB\  also 
ein  anderes  Suffix,  vgl.  noch  pedä  ,FuB-stapfe\  ai.  päd-).  Wegen  des  Aor. 
vesh  aus  *  ved-n  zu  veda,  vesti  «führen*  ist  das  ch  in  pech-  wohl  nur  durch 
eine  Anlehnung  an  ein  anderes  Wort  entstanden.  So  käme  in  erster 
Beihe  aksl.  pbchaii  ^stoßen',  insbesondere  mit  den  ,Ffißen*  (s.  oben  S.  352), 
vgl.  auch  b.  pechovati  «stampfen*  in  Betracht,  da  es  ja  begrifflich  nahe 
liegt.  Mikkola  setzt  ein  *ped98o$,  ped98io8  an  (IF.  16,  S.  97),  allein  das 
ist  kaum  möglich.  Der  Beflex  des  9  (richtiger  6,  t>)  hätte  müssen  wegen 
des  lit.  pUeza8  schon  im  IJrbaltischslav.  ausfallen,  sonst  würden  wir  das 
lit.  e  und  slav.  e  nicht  begreifen.    Vor  dem  Ausfalle   hätte  aber  schon 


365 

das  9  in  eh  übergehen  milssen,  also  im  ürbaltiaohslav.  Es  spricht  auch 
dagegen  lit.  p6dä.  Das  i  mvS  hier  zum  mindesten  ebenso  alt  sein  wie 
in  pU-czoB  und  peh.  Aach  in  $peehb  ist  das  ch  offenbar  unter  der  Macht 
der  Analogie  entstanden  («  war  hier  schon  ursprachlich ,  vgl.  lat.  spes^ 
speräre).  Man  vgl.  die  nomina  actionis  aksl.  smeeh^  sluehh,  duchz^  ab. 
eiteh  ,8inn,  sensus^  nb.  cieh  meist  ,Geruch8inn'  von  cU4i  ^wahrnehmen' 
(nach  Znpitza  vgl.  gr.  kret.  dxivopreg,  dxtvn  jiiQiP  und  axovn  aus 
4xxovaim,  got  hau^fan  ,hören*  KZ.  87,  S.  399  und  IF.  X,  S.  151);  p.  b.  rueh 
^Bewegung*.  So  muß  schließlich  auch  vechh,  veeh^ib  beurteilt  werden. 
Die  nähere  Bestimmung  des  e  ist  allerdings  mitunter  recht  schwer.  So 
z.  B.  in  aksl.  »treeha  «Dach*,  aksl.  greehb  ,Sünde'  (Pedersen  denkt  an 
greii^  grejati  ^e^fiaiveiv,  goreti  ^ardere',  gorj€  ,Gram'  und  vergleicht  ai. 
tdp€t8  ,Schmerz*,  dann  h&tten  wir  es  hier  auch  mit  einem  analogischen 
eh  zu  tun) ;  oreehö  ,NußS  lit.  allerdings  rUzutM,  was  wohl  kaum  ein  Lehn- 
wort ist,  preuß.  r^UU  :  bueea-reües  ,Buchnuß*;  bei  pliehz,  aksl.  ple» 
,Kahlheit'  denkt  man  zwar  an  lit.  phkas  ,kahl',  das  aber  entlehnt  ist 
(vgl.  b.  piehy);  loiadb  r.  »Pferd*,  klr.  ioia,  loiyea  »Füllen*,  loiuk,  ioiun^ 
p.  ioszak  ,kleines  tatarisches  Pferd*  ist  aus  dem  Türk.  entlehnt:  alaia 
^Bücken,  Last,  Pferd* ;  offenbar  ist  auch  aksl.  mohna  »Beutel*  ein  deutsches 
Lehnwort:  bair.  Mosehe  ,Hängek(f^b*  wie  auch  b.  ploehy  ,flach*,  ploeha 
,£bene',  r.  ploehöj  »schlecht*  aus  dem  ahd.  ßah, 

Dunkel  ist  z.  B.  aksl.  doehT>torb,  nQoaxttpalaiov  »Kissen*,  Jeia  ,utinamS 
Masa,  kaiiea  ,Brei*,  koehati  »lieben*  {raa-koh  ,voluptas*),  koäuffa  (easula?); 
reieio  »Sieb*  (vgl.  oben  S.  301),  troeha  »mica*. 

Die  Annahme,  daß  das  Suffix  -cho-  verallgemeinert  wurde, 
ist  unbedingt  notwendig.  Ohne  diese  Annahme  sind  Worte  wie 
8pich^,  tkkb  u.  s.  w.  gar  nicht  zu  erklären.  Analog  verhielt  es 
sich  auch  bei  den  Yerbis  -achati  und  so  gibt  es  noch  andere 
Fälle,  die  anders  nicht  zu  erklären  sind. 

b)  Antevokalisches  s  im  Anlaut  Wie  man  aus  vielen 
Belegen  ersieht,  bleibt  das  9  unverändert.  Dameben  taucht  aber 
doch  auch  ch  auf  und  diese  Fälle  sind  zu  erklären.  AksL  chodz 
jGang',  chodüi  gehen,  Part,  praet  act  ähch  ist  zu  vergleichen  mit 
ai.  8€uiy  das  identisch  ist  mit  der  W.  sed  ,sitzen'  und  nur  in  Ver- 
bindungen mit  Präfixen  wie  ä-  die  Bedeutung  einer  Bewegung 
erlangte:  ,gelangen';  hierher  gehört  auch  griech.  id  :  odog. 

Das  ch  ist  zuerst  in  solchen  Kompositis,  deren  Präfix  einen 
i-  oder  n-Yokal  enthielten,  wie  yri-ckodüi,  uchodüi  aufgetaucht, 
und  von  hier  aus  ist  es  dann  verallgemeinert  worden.  Wie  bei 
choditi  könnte  es  sich  auch  bei  anderen  analogen  Fällen  ver- 
halten. Wo  sonst  im  Anlaute  ch  vorkommt,  muß  man  es,  wenn 
es  sich  nicht  um  Lehnworte  handelt,  auf  ks  (qs)  und  kh  (qh)  zu- 
rückführen; bezügl.  chUh  ,Brotf  vgl  S.  261. 


366 

Zumeist  sind  es  freilich  Lehnwörter  wie  akd.  ehqdoffb  ^er- 
fahren^,  got  handugs;  aksl.  chliv^  yStaUf,  got  hlaiv  ,6rab^  (S.  261); 
chorqgy  ^ahneS  got.  hrungay  hrugga  ,Stange';  b.  ehvtte^  got 
hweüa;  aksl.  chyzb  ^aus',  got  ahd.  hüs  ^Haus'  und  and. 

c)  Antevokalisches  8  mit  Yorhergehendem  Kons.  In 
der  ursprünglichen  Verbindung  rs  wurde  s  zu  ch:  aksl.  brahno 
ySpeise'y  lat  far,  gen.  farris,  got.  barizeins  ,von  Gerste^;  aksl. 
grackb  ^aba',  r.  goröch^,  b.  Ar^  yErbse',  lit.  garszvä  ^Giersch'; 
aksl.  prcukb  ,Staub',  r.  p6roch^^  b.  prachf  vgl.  aksl.  pnsth  ^umus, 
pulvis^  9i.pürifam  ,Erde,  Schutt»  Kot';  aksl.  ania  yYespBfj^srhiem, 
strhienb  »crabro^  r.  äeräenh,  aksl.  strhähl^,  lit  szirszä,  szirsdys 
,Wespe',  szirszlnis  ,die  Wespe  betreffend',  lat  cräbröj  ahd.  homaz 
(im  Slay.  urspr.  vielleicht  srhchy  arhSene  . . .  Zubaty,  Afsl.  Ph.  XY, 
S.  502);  vrhchq,  vriiti  »dreschen',  lat  verro  {*  versa)  y  ahd.  tvirru 
jverwirre';  aksl.  vrbchz  ,cacumen',  r.  verch^,  lit  virszks,  lat  Ver- 
ruca yWarze',  gr.  %qiia.    Hierher  auch  zredvhj  mrichb  u.  s.  w. 

Eine  Ausnabme  bildet  aksl.  cretb  neben  crezb  ,durcbS  r.  cerwh,  lit. 
ikersai  »qüer*,  prenß.  kirsa  «Über*,  gr.  inixägaiog  ,Bobr&g*.  Unter  dem 
Einflüsse  von  skvoze,  das  andererseits  aucb  zu  skoze,  skose  und  skvozb 
wurde,  ist  das  z  eingedrungen.  Das  dominierende  z  erhielt  das  mebr 
verwandte  s  in  *cBm,  und  ließ  es  nicht  in  eh  libergehen.  Die  gegen- 
seitige Beeinflussung  von  *cer89^  eren,  erezh  und  skvoxe,  $koze  u.  s.  w. 
führte  zu  mannigfachen  Kompromiß  formen  überhaupt  Das  b.  skrze  (dial. 
krz\  bg.  krhz  erklären  wir  am  besten  aus  einem  auch  durch  das  preuß. 
kirseha  nachweisbaren  ^kfs-^  das  im  Slav.  zu  *khrs,  bez.  durch  den  Ein- 
fluß von  ikraze  zu  («)A;%rx-  statt  des  erwarteten  ^hrs  (vgl.  oben  S.  828) 
führte.  Auch  Berneker  läßt  preuß.  kirseha  jüber',  aus  einem  kfs  ent- 
stehen (Die  preuß.  Spr.  S.  168).  Das  seh  aus  s  (infolge  des  vorhergehen- 
den r)  zeigt  sich  in  diesem  Worte  wohl  zwanzigmal,  nur  einmal  a  (S.  167). 

In  r.  noroab  ^Laich  der  Fische^  Erösche^  norostt  f.  ^Laichzeit', 
lit  nafszas  u.  dgl.  geht  8  wohl  auf  Je  zurück  (vgl  lit.  ne-nerszcia 
,nicht  laichend*.  B.  trs  (,Wein)-stock*  wurde  mit  gr.  dvQaog  ver- 
glichen (Matzenauer,  Cizf  slova  S.  354),  dann  dachte  man  an 
it  torso  (Afsl.  Ph.  XVI,  S.  369).  R  derero,  der«;w  ,GürtelS  p. 
trzos,  ar.  dresz  setzt  nicht  ein  *öer8y  *kers  voraus,  vielmehr  zeigt 
sich  hier  der  Einfluß  der  Präp.  öeres^,  derezb,  vgl.  ai.  crias  (KZ. 
37,  S.  399).  Auch  das  slov.  vris  ,Heidekraut',  r.  veres^^  veresH 
und  Aksl.  vreshnh  ,September^  setzt  kein  rs  voraus,  wie  Ut  virzis, 
virziu  menü  zeigt.  Im  K.  haben  wir  neben  morasith  ,fein  regnen' 
morochz  ,feiner  Begen'  und  im  Klr.  prochaty  =  r.  prosttt  ,tragen'. 
Hier  waren  die  anderen  Yerba  auf  -ckati  maßgebend. 

In   der   urspr.  Gruppe  Is  blieb   dagegen  das  s:  aksl.  glash 


367 

Stimme',  r.  gdlosh,  lat  gaüus  aus  *galso$\  aksl.  Uash  ^Ähre';  über 
aksl.  Usb  ,WaIdS  vgl.  oben  S.  301. 

ks  (qs)  führte  über  hch,  chck  zu  ch  z.  B.  akd.  lichb  ,über- 
fiüssig^  hängt  offenbar  mit  Xdipca^ov  zusammen,  dagegen  lid^^ 
yböse,  schlecht',  r.  lichij  ^schlecht,  Teufel'  findet  sich  offenbar  in 
lit  lesas  ,magei^  wieder.  Man  muß  hier  wohl  von  zwei  Themen, 
die  zusammenfielen,  ausgehen  (vgL  oben  S.  26).  Weiter  gehört 
hierher  der  Aor.  rich^  (aus  *rSk8b)  zu  rekq,  reüi  ,sagen'. 

Auch  im  Anlaute:  chud^  ,parvus,  miser',  r.  chudy  ,mager, 
schlecht,  der  Kompar.  chuzdhj  deckt  sich  mit  ai.  k^diyaS'  zu 
k^rd  ,klein'  (auch  ,böse').  Weiter  aksL  chlad^J  r.  chäodh  ,Ealte' 
(aus  *chold(h)j  lit  szäUas  ,kalf  (von  aksl.  slana  fieifj  lit  szalnä 
,Reif,  an.  häa  ,Reif  zu  trennen,  Pedersen,  KZ.  38,  S.  391). 

Hierher  gehört  yielleicht  aach  aksl.  seaU  ,8exS  das  i  wäre  aus  eh 
und  dieses  aus  kw  entstanden  (Zupitza,  BB.  XXV,  1899,  S.  94,  vgl. 
kymr.  ehveeh  ,sex*  und  ehufont  ,Begierde'  aus  anlautendem  Awr,  sl.  ehifh»)- 
Der  Ausfall  des  v  wftrde  hier  keine  großen  Schwierigkeiten  machen,  weil 
wir  ihn  sonst  auch  in  ehvo  auf  slar.  Boden  hemerken  z.  B.  h.  ehory  aus 
älterem  chvory.  Bei  ^kaveJcB  könnte  man  auch  annehmen,  daß  k  wegen 
des  nachfolgenden  £  in  einer  Gruppe  von  Sprachen  leicht  abfallen  konnte ; 
vom  Slav.  kann  es  natürlich  nicht  gelten. 

In  anderen  Gruppen  bleibt  in  der  Regel  das  8.  So  in  ns 
und  ms  z.  B.  aksl.  m^o  ,Pleisch',  got  mimz^  aL  mos-,  nUfsam-, 
gr.  f^ijviy^,  urspr.  mims;  aksl.  dr^kb  ,tristisS  lit  drqsüs  ,dreiBf , 
gr.  d-QaavQy  ai.  dhr^u-f  (bezügl.  der  Bedeutung  vergleicht  man 
ahd.  ihnsti  ,dreist'  und  lat  tristis),  dann  noch  aksL  dr^elh  axv- 
d-Qwnog^  dr^elavati  arvypa^eiVf  dameben  aber  auch  dr^dUz,  r. 
drjdchlyj  ,alter8schwach'.  Was  hier  maßgebend  war,  ist  schwer 
zu  sagen;  vielleicht  truchly,  falls  es  gemeinslavisch  war.  Im  Aksl. 
ist  dr^b  jedenfalls  das  ältere  (im  Zogr.  nur  dr^b  Mark.  10. 22 
und  Luk.  24.  17,  Mar.  kennt  nur  dr^chh^  das  auch  im  Supr. 
ausschUeßlich  ist.  Dagegen  weisen  auch  die  Wiener  Blätter  noch 
das  ältere  dresdb  Fol.  A  b.  Z.  17  auf). 

Aksl.  gqsb,  lit.  z(^9is,  d.  Gans;  aksl.  qsb  ,barba,  mystax^, 
preuß.  fvanso;  aksL  tr^,  tr^i,  tr^qti  aeiead'ai,  r.  trjasU,  trja- 
chatt,  vstrjcuAivatt  wohl  nach  den  anderen  Yerbis  auf  -achati 
und  darnach  auch  weiter  trjachnütb,  trusüt,  ai.  irasämiy  gr.  TQewy 
lit  triszeti  ,zittem,  schaudern';  Aor.  p^  zu  ptnq  ,spanne',  erst 
später  unter  dem  Einflüsse  der  anderen  Aoriste  auch  p^b.  Ab. 
Lok.  PI.  der  fi-Stämme:  Folas,  Lubdaa  aus  ^Lubdans  (od.  eig. 
^Lubööna).    Diese  Formen  wie  Lubdas  und  p^  müssen  jedenfalls 


368 

henroigehoben  werden,  da  sie  uns  zeigen,  wie  lange  sich  das  8  in 
dieser  Stellung  behauptete. 

AksL  qchati  ,duftenS  ai.  aniti  ,atmet^  ist  offenbar  eine  Ana- 
logiebildung etwa  nach  duduUi.  Nach  der  Analogie  kann  auch 
das  schon  erwähnte  r.  trjachnütt  und  trucknütt  ^fürchten^,  femer 
utqchnqii  ^cessare^,  chqchnqti  ^munnurare'  erklärt  werden. 

Intervok.  ss  führte  auch  zu  s:  Oten.  Fl.  aksl.  nasb,  vag^  aus 
*nö8'8h,  ^vös-n,  so  auch  der  Lok.  PL 

Desglddien  ps  :  aksL  kosb  ,Amsel',  gr.  %6\pixoqj  aksl.  hresb 
yXQOft^j  Sonnenwende',  fMÄrftsik^t  ,auf erstehen',  AT^9tft,auf erwecken', 
r.  hresh  jErholung',  lit  kreipti,  kraipßi  ,kehren',  an.  kreifi  ,Hand- 
wurzel';  aksl.  osa  yWespe',  lit  vapsä  ,Bremse',  ahd.  wafsa,  lat 
vespa;  r.  ostna  ,Espe',  lit  apuszis,  ahd.  aspa;  aksl.  vysokh,  r.  ry- 
sökij  ,hoch',  gr.  vxpog,  vip^kogf  urspr.  *äp»)*.  Nachträglich  wurde 
die  Gruppe  ps  dial.  durch  die  Metathese  zu  sp  umgewandelt. 
Natürlich  handelt  es  sich  um  sekundäres,  durch  den  Verlust  des 
Halbvokales  entstandenes  p8\  so  ^pana  Zogt.  Joh.  21,  26  aus 
phsana  zu  pbsati  ,schreiben';  ^pano  ib.  Luk.  7.  27;  ^pahmhskyck 
st  p'sahm  ...  ib.  Luk.  20.  42 ;  vgl.  auch  aspinfb  aus  a^pivd-og 
(Tgl.  AM.  Phil.  13,  S.  344);  akr.  spavati,  vgl.  aksl.  ptsovati 
schimpfen'.  Mit  dieser  Metathese  ist  lat.  vespa  und  mhd.  Wespe 
B  ahd.  toafsa  aus  wapsa  zu  vergleichen.  Der  Aor.  gresh  aus 
^grd>8^  zu  greb%  greti  ,graben'. 

Wie  man  sieht,  ist  der  Übergang  des  «  in  cA  älter  als  der 
Schwund  des  Labiales  vor  9,  denn  das  s  blieb  hier  auch  in  Fällen, 
wo  ein  t-  oder  M-Yokal  vorherging. 

Ta  und  ds  führte  auch  zu  «:  2.  Fers.  Sg.  dasi  zu  dati  ,geben' 
Jl^d  jasi  zu  jasti  ,essen';  Aor.  bä«b  aus  *böds^  zu  bodq,  boati 
,stechen';  h^  ,daemon'  vgL  S.  362;  aksl.  rush  ,flavu8',  lat  russus 
(vgl.  ai.  rudhirdm)\  aksl.  hraea  ,Schönheif,  an.  hröa  ,Ruhm'  und 
hrödr.  Wollte  man  daher  L^^  mit  einem  l^t  (vgl.  magy. 
lengudj  das  etwa  einem  *lendli  entsprechen  sollte)  in  Zusammen- 
hang bringen,  also  etwa  ein  ^lendso-,  dann  *l^0',  so  könnte  es 
nur  analogisch  gebildet  sein,  etwa  nach  Cech  u.  s.  w.,  wie  p^ 
zu  p^z  analogisch  geworden  war  (vgl.  Afsl.  Phil.  22,  S.  463). 

Desgleichen  ^  :  aksl.  ost  ,azis',  lit  (MsziSj  ahd.  ahsa,  gr. 
a^wv;  aksL  tesati  ,zimmem',  lit  taszyti,  ai.  tdkfati  ,behaut^,  gr. 
rixrtav;  hierher  rechnete  man  auch  aksl.  mesiti  ,mi8chen,  kneten', 
lit  maiazßi  ,mischen',  ai.  mik^dyati  ,mi8chf ,  im  lat  mieceo  wäre 
eine  Metathese  von  ks  (auch  im  Genn.);   es  ist  mir  aber  Brug- 


369 

manns  Erklärung  wahiBcheinlicher:  auf  *mik^8^  ^ck  mische' 
(aL  mis-räs  ^Termischt')  beruhe  lat  misceo,  ir.  con-tnescatur  ^mis- 
centur*,  ahd.  miskCiJu  (Kurze  vgl.  Gr.  S.  519).  Im  Slav.  hätten 
wir  ein  *fnh80',  in  mesüi  dagegen  werden  wir  nicht  in  «£  suchen, 
mag  es  ein  Denominativurn  oder  Deverbativurn  sein,  sondern  nur 
ein  *fnoik,  wqU  hier  sJc  nie  vorkommt;  analog  in  lit.  maiszaü, 
maiszyti,  vgl.  auch  preoß.  maysotan  ^gemengt';  r.  mechatb  ist 
nach  anderen  Verben. 

Aor.  nesh  aus  *  nsi:sb  zu  nesq^  lit  neszü,  gr.  ^veyyux.  Wahr- 
scheinlich auch  semhja  ^FamilieS  lit.  szeimyna  ,das  Gesinde'  ai. 
k^emas  ^Wohnsitz,  Heim'. 

B.  Antekonsonantisches  8.  Bei  m  war  wohl  zunächst 
der  vorhergehende  Laut  maßgebend:  nach  i-,  u- Vokalen,  nach  k 
oder  r  ging  8  in  di  über:  difchnqti  ,blasen',  lichnqti  ,abundare', 
r.  trüchnutb  ,faulen',  s.  truhnuti,  truhliti  ,{aulen'. 

Vielfach  ist  freiUch  das  ch  analogisch,  wie  z.  B.  in  machnqti, 
r.  trjachnutb,  aksl.  utqchnqti  ,cessare',  chqchnqti  ,murmurare'. 

War  vor  dem  s  noch  ein  Kons.,  so  ist  es  schon  vorslav.  aus- 
gefallen: aus  *loi4k8na  entstand  *lauknä  und  daraus  luna  ,Mond', 
lat  lüna,  altlat  losna,  pr.  lauxnos  ,Gestime',  gr.  Xvxvog.  Ebenso 
aus  ^kirsTUh  :  *kirno  :  crhm  ,schwarz',  preuß.  Jdrsnan,  ai.  kr^ds. 

DaB  aber  vor  dem  n  alle  Verscblaßlaute  schwinden  mliBten,  wie 
Mikkola  (BB.  XXII,  S.  246)  behauptet,  wird  wohl  kaum  richtig  sein. 
Pedersen  ließ  aas  *luk9na  :  ^luchna  und  luna,  ebenso  aus  ctrsm  : 
*cbrchnb  und  cfhm>  entstehen  (IF.  Y,  S.  66—67).  Es  ist  aber  nicht  ein- 
zusehen, warum  das  eh  in  *luehna  schwinden  sollte. 

Wenn  vor  dem  8  andere  als  oben  angegebene  Laute  vorher- 
gehen, so  bleibt  es:  basni»  ,fabula',  ai.  bha'8,  nach  diesen  und 
ähnlichen  auch  pesni»  ,cantus'  zu  pojq-peti  ,singen^  (das  e  ist 
diphth.,  daher  sollte  es  *pSchnb  heißen);  gasnqti  ,exstingui^,  das 
schon  oben  erwähnt  wurde;  aksl.  808na  ,abies^  aus  *zo8na,  ahd. 
chien  (aus  *ken,  ^kizn);  ve8na  jEVilhling*,  lit.  va8arä  jSonmier'. 

Im  anlautenden  8n  ist  8  geblieben :  snegz  ,nix^,  smcha  ,nurus^ 
und  and. 

Analog  verhält  es  sich  bei  sm :  r.  suchin4nh  ,Dürre',  gluch' 
mint  hautlose  Nachts  Daraus  folgt,  daß  aksL  usrm,  usma  4n- 
dumentum,  corium'  nicht  zur  W.  %e8  ,kleiden^  gestellt  werden 
kann,  aber  auch  nicht  zu  lit  audziu  ,webe^  (wozu  aber  jedenfalls 
r.  dial.  u8lo  ,textura^  gehört),  denn  im  Zogr.  haben  wir  uswnem 
(also  U8^mb).  Aksl.  utm  ,mens'  hat  mit  lat  ömen,  altlat  osmen 
nichts  zu  schaffen  (got  gaumjan,  ^gchaumjan  ,sehen,  wahrnehmen). 


360 

Sonst  bleibt  8  in  sm  analog  wie  oben :  jesmh  ^ch  bin' ;  hmm 
^aar';  b.  pdsmo  ,Fitze,  ZoneS  ahd.  fasa  ^Faser'  u.  s.  w.  Lok. 
Sg.  der  pronom.  DekL  tomtj  lit  tamb  gegen  ai.  täsmin,  femer 
Dat  Sg.  tomu,  lit.  tdmui  gegen  ai.  tdsmäi,  wohl  unter  dem  Ein- 
flüsse anderer  Kasus  ohne  8,  z.  B.  Instr.  Sg.  timby  lit.  tämi. 

Im  Anlaute:  smijaH  8^  ^^hen',  arnndeti  ,stinken',  lit  smir- 
d&i.  Immerhin  scheint  hier  auch  die  Möglichkeit  eines  Wandels 
in  ch  vorzuliegen:  r.  smüryj  ,dunkelgrau',  dameben  aber  auch 
chmüritt  ,die  Brauen  zusammenziehen',  nachmura  und  naämura; 
vgl.  8v  {chv). 

Man  kann  annehmen,  daß  die  Behandlung  bei  8V  analog  war. 

Da  nun  nach  l  das  s  bleibt,  könnte  man  aksl.  vUehv9  ,yate8S  r. 
volehtrh  nicht  auf  ^vblsvo-  zurückführen.  Man  kann  es  aber  in  Zusammen- 
hang bringen  mit  an.  v^ha,  wenn  dessen  Iv  aus  Ipv  entstanden  ist  (Mik- 
kola,  IF.  y,  S.  66).  p  ist  im  Slav.  bei  der  Entlehnung  durch  eh  wieder- 
gegeben worden,  vgl.  aksl.  chniitb  ,scarabaeu8\  got.  pratnsUi,  vplva  würde 
mit  Wald,  Wild  zusammenzustellen  sein  (vgl.  Hexe), 

Im  Anlaut  bleibt  zwar  8  :  svoj  ,seinS  svekrb  ^Schwiegervater', 
8vinhja  jSchwein'.  Es  sind  aber  auch  Fälle  mit  ch  vorhanden: 
aksL  chvala  ,LobS  chvalüi  ^oben',  vgl.  ai.  8värati  ,tönt,  besingt'; 
aksL  chvorovati  daTcavSv,  lit.  8verti  ,wägenS  svarüs  ^schwer*;  mit 
8varÜ8  könnte  auch  chvorh  ,aegrotus^  verwandt  sein  (man  vgl.  ahd. 
8veran  ,Schmerz  verursachen^  8vSro  ,Schmerz,  Krankheit);  diyra 
,debilitas'  wäre  von  chvarz,  chytäi  ,rapere'  von  chvatüi  beeinflußt 

Bei  sm  bemerkten  wir  diesen  Übergang  insbesondere  vor  dem  Vokal 
u;  so  könnte  auch  hier  zunächst  ein  nachfolgender  dunkler  Vokal  maß- 
gebend sein.  Bei  «vo;  müßte  «  bleiben  wegen  »ebe,  sq;  evatt  ,affinis'  deutet 
Miklosich  aus  svojati^  (Etym.  Wtb.  S.  332). 

Sl  stellt  sich  zu  sn,  sm,  sv :  aksl.  u^chh  ,aridus',  klr.  ruchto 
Oruchome  dobro^)  ^Ladung*  und  rucho,  ruchlo;  natruchlüi  ,gravi- 
dare^  b.  truchlj  ^traurig^,  das  auch  westslav.  ist  (vgl.  r.  truchnüth 
,furchten%  tmsb  , Feigling,  Hase^  trüsitt  ,fürchten*);  b.  rychly 
^schnell*  zu  ruck  in  ruäüi;  aksL  *dhchlz  {d^chnqti)y  r.  izdochlyj, 
b.  zdechly  ,verreckf ;  aksl.  puchh  ,cavusS  r.  tüchlyj  ,faul,  verfaulte 

Wenn  demnach  -u/-,  -u«^,  -rsl-  vorkommt,  so  liegt  teils  U  vor,  teils 
sind  es  unerklärte  Worte:  cielo  ,Zahl'  aus  *cii'8lo',  mysU  ,Gedanke,  Sinn' 
aus  *tnf/d-^h,  vgl.  got.  gamaudjan  ,erinnern^ 

Geht  vor  dem  8  noch  ein  Kons,  vorher,  so  ist  8  schon  urslav. 
ausge£allen:  glnalä  führte  zu  glrüä  und  daraus  entstand  züa 
»Ader^,  Ut  gysla,  eig.  g^la  (Mikkola  BB.  22,  S.  246). 

Nach  anderen  Vok.  und  unter  anderen  Bedingungen  bleibt  sonst  «: 
aksl   *^»^    Axt*  (*^»),  ve$lo  ,Ruder*  aus  ^vez-slo  (vgl.  lat.  velum);   maelo 


361 

,öl*  zu  mazati  ^schmieren'  (^maZ'»lo);  jatU  ,Krippe*  {*jad'sli  zu  jamh  ^esse). 

Aksl.  ceehlz  ,velameii*  bringt  man  mit  preuß.  kekulü  ,BftdelakenS 
got.  hakuU  ,palliam'  zusammen. 

Im  Anlaut  bleibt  s:  r.  dimakh  ^SchneckeS  preuß.  daix,  lat 
Umax  (man  vgl.  fSchleim^);  aUpt»  ,blind'  zu  lit  sUpti  ^verbergen'. 
Nur  neben  alepati  ,salire'  haben  wir  auch  iacUhpati  ^catu- 
rire*. 

Die  Gruppe  sr  bietet  große  Schwierigkeiten  mit  Bücksicht 
auf  tn^zdra  ^Membrane,  Fleischhaut,  Bast^,  cf.  m^o  ^Fleisch',  lat. 
membrum,  membräna  und  aksl.  nozdri  PL  ^Nasenlöchei^,  lit.  nas- 
rat  ^Rachen'  vgl.  nosh  ,Nase'.  Diesen  beiden  Worten  zu  liebe 
nahm  man  an,  sr  habe  im  Inlaute  zu  zdr  geführt,  allein  das 
kann  nicht  richtig  sein.  Sonst  führt  ja  ^  zu  str,  im  Inlaute 
auch  sr  aus  hr,  z.  B.  ostrh^  lit.  CLSztrus,  ai.  dsri^  ,scharfe  Kante', 
gr.  ai^og  ,spitz';  pbstrh  ,bunt^  vg.  ptaati  und  noiydXog;  urspr.  sr : 
sestra  ,Schwester',  lit.  sesü,  Oen.  sesers,  got.  svistar,  ai.  sväsar. 

M^ra  und  nozdri  kann  nun  nicht  lautlich  erklärt  werden.  Es 
muß  hier  offenbar  die  Beeinflussung  ron  anderen  Worten  vorliegen.  Bei 
m^ra  könnte  man  an  *m^a  ,succn8,  Saft  in  den  Bäumen,  Splint' 
denken  (Miklosich  geht  von  mhga  ans  Etym.  Wtb.  S.  196,  wogegen 
die  Eefleze  des  Wortes  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen,  insbesondere  das 
Buss.  ein  —  wohl  sekundäres  —  nu^a  aus  *tneiU'ga  voraussetzen.  Aus 
m^a  drang  wegen  der  begrifflichen  Verwandtschaft  m^z-  in  ^m^a  ein, 
woraus  m^-ra,  m^-d-ra  wurde.  Wie  beide  Worte  im  innigen  Kontakte 
mit  einander  stehen,  zeigt  uns  das  P. :  beide  haben  hier  nämlich  ia: 
miazdra  und  miasga.  Beachte  hier  aber  auch  noch  miazd»  tniaidzu.  Auch 
ans  dem  Ksl.  wird  ein  mezdra  Mise.  §af.  S.  160,  das  den  Einflufi  eines 
mezga  voraussetzt,  zitiert.  Nozdri  wird  meist  von  Tieren  gebraucht,  der 
Zusammenhang  mit  non  ging  verloren,  vgl.  russ.  nozdr^vdtyj,  notdrjdvi/J 
,por58,  schwammig*,  nozdrina  ,Höhlung'  (auch  im  P.),  nozdrjd  .Nasenloch\ 
«durchgebrannte  Stelle  in  Öfen'.  Man  brachte  daher  offenbar  das  Wort 
in  Zusammenhang  mit  -nozüi^  pro-noxäi  ,durchbohren'  (vgl.  auch  nof» 
,Mes8er');  so  entstand  nozri,  nozdri  aus  nosri.  Vgl.  auch  r.  nozhtna  so 
viel  als  nord  (nort)  ,Höble,  Loch,  Grube,  Fistel*.  Auch  im  Lit.  ist,  wie 
die  Bedeutung  zeigt,  der  Zusammenhang  mit  n6$is  verloren  gegangen. 

Wenn  wir  im  Aksl.  Izdraih  'Jagarii  und  dgl.  finden,  so  entscheidet 
es  in  unserer  Frage  nichts,  denn  hier  handelt  es  sich  uro  ein  Fremd- 
wort, in  dem  das  s  mehr  tönend  ausgesprochen  wurde ;  man  vgl.  b.  z.  B. 
Izaidi  u.  and. 

Gegen  die  allgemeine  Begel  spricht  auch  nicht  viehr^  ,turbo',  denn 
älter  ist  viehar^  (vgl.  oben  S.  352). 

Auch  im  Anlaute  haben  wir  str  :  aksL  struja  ,fiumen'  und 
(hstrof^h  ,InseP,  lit.  sravä  ,Fließen,  Bluten',  srave,  strave  ,Strömung', 
lett.  strätce,  ai.  srdvati  ,er  fließt^. 


362 

Man  wird  daher  ehrom^  ,hinkend'  nicht  mit  ai.  grämd-  ,lahm'  (srama 
,Seuche,  Krankheit*)  zusammenstellen  können. 

Aus  sJc  ist  im  Slav.  8,  im  lit.  sz  und  Lei  8  geworden:  pasq, 
pasti  yweiden'y  \BX,pä8co.  Im  Anlaut:  sujq,  80vati  ,werfen,  stoßen^ 
aksl.  sülica  ^Wurfspieß'  aus  *8udla,  lit  szduju,  szdudau,  an.  skjöta 
schießen',  ahd.  8ciozan  ^hießen^    Über  8ini>  S.  349. 

Vor  den  übrigen  Verschlußlauten,  insbesondere  vor 
k,  t  bleibt  das  5,  mochte  ein  f-,  ti- Vokal  oder  ein  r,  k  vorher- 
gehen: aksl.  iskati  ,suchen',  lit  jeszkoti  ,suchen<,  ahd.  eiscön,  ai. 
icchati. 

Die  Entlehnung  ist  bei  jestkotiy  slav.  iskati,  wie  auch  Berneker 
richtig  bemerkt  (Afsl.  Ph.  XXY,  S.  491),  unwahrscheinlich,  weil  ahd. 
eiscön  nur  ,fragen*  bedeutet,  lit.  jeszkoti  und  slav.  iskati  aber  nur  ,Buchen'. 
So  muß  man  hier  eine  Nebenform  -sqo'  zu  sio  ansetzen  (das  sz  im  Lit. 
wird  als  eine  Wirkung  des  k  gedeutet,  Pedersen,  IF.  V,  S.  80). 

Aksl.  piskati  ^pfeifen^,  ai.  picchörä  ^Pfeife';  r.  treskd  ,Stock- 
fisch'  (*trbska\  an.  ßorskr,  d.  Dor8ch,  W.  ters  ,trocknen';  2.  Pers. 
PI.  Aor.  teste  zu  tekq,  teäti  ,laufen,  fließen';  aksl.  prtstt,  r.  perstt 
yhumus'  zu  aksl.  prackh^  r.  p&roch^  ,Staub';  aksl.  usta  ,Mund'; 
aksl.  isto  ,ren,  testiculusS  lit  InkstaSj  le.  tkstis,  preuß.  inxcze 
^iere*. 

Insbesondere  ist  das  in  ^+^  oder  d+t  entstandene  s  nie  zu 
ch  geworden:  mesto  jOrtf,  W.  müh;  aksl.  vn>8ta  ^tadium,  aetas^ 
aus  *vtfrt4ä.  Wo  ch  vor  t  zu  stehen  kam,  ist  es  analogisch  erst 
später  geschehen  z.  B.  Inf.  *verchtij  woraus  wie  aus  kt  im  Aksl. 
St  geworden  ist:  vreäti,  lat.  verro. 

Vor  d  wurde  s  za  z:  aksl.  uzda  ,Zügel'  von  einem  Thema, 
das  auch  in  usta  vorliegt. 

Allgemeines  über  den  Übergang  des  s  in  ch.  Im 
Slav.  ist  nicht  erst  s  zu  ch  geworden,  sondern  wahrscheinUch  in 
den  älteren  Fällen  zunächst  ein  ^-Laut  Es  ist  nämlich  auffallend, 
daß  im  Ai.  #  wie  auch  Iran,  ä  Vertreter  von  idg.  s  hinter  anderen 
Vokalen  als  ä  (d.  h.  nach  urspr.  *,  ü)  und  hinter  k,  r,  9  ist,  z.  B. 
im  Lok.  PI.  auf  -su  :  agnisu,  dhi^,  8ünv4u  gegen  äsvasu.  Nun 
haben  wir  gesehen,  daß  aksL  ch  für  einen  Sibilanten  ursprünglich 
immer  und  nur  hinter  idg.  f,  ü,  Gutturalen  und  r-Lauten  eintrat, 
also  genau  in  denselben  Fällen  wie  die  indoir.  if-Laute  (J.  Wacker- 
nagel, Ai.  Gr.  I,  S.  230-231). 

Pedersen  kam  zum  Schlüsse,  daß  das  angesetzte  i  älter  sein 
muß  1)  als  die  Monophthongierung  von  oi  und  at,  2)  als  die  Anaptyxis 
in  der  Gruppe  tort,  tert,  3)  als  der  Ausfall  von  p  und  t  vor  s,  4)  als  der 


363 

ZaBammenfall  von  s  und  ^  (IF.  Y,  S.  74  ff.).  Das  urslav.  i  stimmt  also 
überein  mit  dem  ar.  i  und  zwar  war  dieses  vielleicht  beschränkt,  wie  P. 
vermutet,  auf  den  Osten  des  idg.  Gebietes.  Es  wurde  nun  im  Slav.  in 
der  Kegel  zu  cA,  vor  YerschluBlauten  blieb  es  aber  und  wurde  später  zu 
8.  Möglich,  daß  auch  gleichzeitig  das  dem  i  entsprechende  i  (lit.  sz)  zu 
t  geworden  ist.  Die  Frage,  wann  ans  diesem  urslav.  oder  besser  uridg. 
i  im  Slav.  ein  eh  geworden  ist,  beantwortet  P.  dahin,  daß  jedenfalls  vor 
der  ersten  slav.  Palatalisierung,  denn  von  dieser  ist  auch  eh  betroffen 
worden  (1.  c.  S.  86).    Aksl.  srt^Sem  muß  auf  *  strchenb  zurflckgefnhrt  werden. 

Hinter  9  trat  idg.  die  Umwandlung  von  8  in  ä  (und  z  in  i), 
wie  Wackernagel  bemerkt  (L  c.  S.  231),  gewiß  nicht  ein  und 
wenn  sie  sich  voi^det,  so  liege  eine  Weiterführung  des  betr.  idg. 
Lautwandels  vor.  Dementsprechend  könnte  das  8  in  nesodi^  nacli 
einem  o,  das  dem  9  entspricht,  lautgesetzlich  nicht  zu  ch  geworden 
sein,  wenn  man  schon  ne80ch^  mit  Kern  dem  ind.  Aor.  dbödhi- 

I  8ham  zur  Seite  stellen  wollte  (Afil.  Ph.  17,  S.  629),  was  kaum 

I  richtig  wäre. 

i  Man  muß   überhaupt  mit  Bücksicht  auf  die  verschiedenen 

Aoriste  und  Lokalendungen  wie  -achh  u.  s.  w.  annehmen,  daß 
nach  Vokalen  in  der  Flexion  das  ch  schon  in  alter  Zeit  meist 
verallgemeinert  worden  ist  Viel  später  macht  es  sich  auch  nach 
Kons,  geltend.  Dial.  entwickelt  sich  das  di  bisweilen  auch  noch 
in  jüngerer  Zeit.  So  ist  z.  B.  unter  dem  Einflüsse  der  Intensiva 
auf  -chati  das  klr.  prochaty  gegen  pro8Ui  aufgekommen.  So  mag 
es  auch  in  einigen  anderen  Fällen,  deren  ch  wir  lautUch  nicht 
erklären  konnten,  zu  beurteilen  sein. 

Auch  im  Lit.  erscheint  k  lautgesetzlich  nach  r,  k  und  nach  t,  u 
z.  B.  triszetiy  W.  tret-,  vttuszas  «  veti^h^  (Zuhaty,  AfsLPh.  XVI,  S.  404, 
Anm.),  hinter  schleifend  betontem  t,  u  wurde  es  jedoch  zu  s  {säJisag  «» 
such»,  ma»a8y  aksl.  m&cA»,  3.  Pers.  Sg.  kUiuso  und  and.  Pedersen,  IF. 
V,  S.  78). 

Das  8  im  Slav.  behandelte  eingehender  H.  Pedersen  in  dieser 
Hinsicht  i.  J.  1896  (IF.  5,  8.  33—87),  dem  wir  vielfach  folgen  konnten. 
Einige  Korrekturen  gab  Mikkola  in  BB.  XXII,  S.  245  ff.  Dasselbe 
Thema  erörtert  auch  Uhlenbeckim  Afsl.  Ph.  XVI  (1894)  S.  368—384, 
wo  sich  in  den  Hauptresultaten  so  manche  Berührungen  mit  P.  ergaben. 
Beide  folgten  der  Anregung  Brugmanns,  daß  es  besonders  viele  sichere 
Belege  ffir  ch  nach  ti-  und  t-Vokalen  gibt  (Grundr.  I,  S.  444). 

Es  gibt  noch  einen  jüngeren  Übergang  des  8  in  ch  z.  B. 
dial.  im  B.  in  der  Stellung  vor  einem  c  :  chdpati  ^verenden'  aus 
8cipati  aus  sh^cep .  .  (vgl.  S.  269);  chcdt  aus  8cdtij  aksl.  stcati 
,mingere';  vgl.  auch  r.  8mumyj  ^dunkelgrau'  neben  chmura,  poch- 
muryjj   b.  chmura,  chmumij;  im  B.  kann  dial.  8  auch  vor  6  in 


364 

ch  übergehen:  chdesU,  fiechöesU  ,Glück,  Unglück^.  Hier  ist  noch 
von  söesiie  und  nicht  vom  jetzigen  ätesH  (aksl.  *8bd^thje)  auszu- 
gehen. 

Weitere  Veränderungen  des  c,  »  und  s.  Vor  einem 
j  geht  c  m  öj  z  in  z  und  8  irxS  über;  das  z  und  8  kann  welchen 
Ursprungs  immer  sein.  Da  nun  k  und  g  auch  zu  ö  und  z  flihrten, 
so  kann  man  nicht  immer  leicht  entscheiden,  ob  ein  urspr.  c  oder 
k^  z  oder  g  vorliegt 

Das  Adjekt  othdb  kann  z.  B.  aus  ^othcjo-  ottcje-  oder  aus 
^otbkjo  entstanden  sein.  Man  wird  sich  hierfür  die  zweite  Mög- 
lichkeit entscheiden,  denn  das  Adjekt  ist  jedenfalls  schon  damals 
gebildet  worden,  als  der  Nom.  noch  *€tbkh  hieß.  Zu  naricati 
und  dgl.  haben  wir  ein  zweifaches  Piü«.:  naricajq  (Vi)  und  nor 
ridq,  narUieH  (Vt).  Wie  uns  jedoch  die  aksl.  Denkmäler  zeigen, 
sind  die  letzteren  Formen  jünger;  so  auch  bei  -dvizati  u.  and. 
Hier  liegt  also  die  Gruppe  cj,  zj  vor.  Dagegen  stammen  die 
Vokative  ottöe,  ktn^  aus  einer  Periode,  als  es  noch  im  Nom. 
etwa  "^otbkhf  *ktn^  hieß.  Auch  die  Adjekt  (iithdb8kbj  kbn^ih8kb 
u.  dgl.  sind  jedenfalls  gleichzeitig  mit  otraöbskh  von  otrokb,  &o- 
zb8ki  von  bogh  entstanden,  und  die  Basis  war  auch  hier  *ottJch, 
km^  und  nicht  ot(>cb,  kbt^zb, 

Beispiele  für  y:  1.  Pers.  Sg.  Präs.  vüq  ^^ange*  zu  visäi 
fangen';  Part  Prät  pass.  noiem  aus  *nosjem  zu  no8iti  ,tragen^; 
1.  Pers.  Sg.  Präs.  teäq  aus  ^tesjq  zu  te8ati  ,zimmem,  behauen'; 
Part.  Put  bgä^y  byiqiti  von  dem  ehemaligen  Fut  ^bydq  aus 
'^bysjq;  aksl.  Hti  ,nähen'  aus  *8jütij  lit  siüti;  äuj  ^ink'  aus  *8juj 
(S.  98),  ai.  8avyä8  jluiksf.  Für  zj :  Präs.  kazq,  kazeäi  zu  kazati 
^weisen';  nozb  ,Me8ser'  aus  ^nozjo,  *nozjej  vgl.  nhznqti  ,infigere', 
fihzeti  4nfixum  esse'  und  pro-noziti  ,perfodere';  Kompar.  brtze  aus 


In  «n;,  slj,  8kj,  stj  und  znj,  zlj,  zdj  wurde  nicht  selten  auch 
das  8  imd  z  affiziert:  okloänjq  ,mancum  reddam'  aus  oMosnjq; 
Part.  Prät  pass.  mySlem  von  mgsliti  ,denken,  fühlen';  i^  ,suche' 
aus  *i8kjq,  *i8ö<f,  *iSöq  zu  ükati  ,suchen';  Part.  Prät.  pass.  pre- 
Ihitem  aus  ^prähs^äiem,  *prätäitem  zu  prSlbstüi  Ttlcev^aai  ,sedu- 
cere';  sbblaznjati  s^  zu  Shblaznüi  8^,  tntxxV'dakiCuv;  prigvozdem 
,angenagelf  aus  *prigvoZ'zdem,  ^prigvoz-zdem  zu  prigvozdüi. 

z  geht  vor  einem  tonlosen  Kons,  in  8  über:  ve8ti  ,vehere'  aus 
vezti'^  ra8chodäi  8^  ,aus  einander  gehen';  be8  piry  axBq  mfjQas 
Luk.  22.  35  (Zogr.  Mar.  u.  s.  w.). 


365 

zc  wird  za  sc  und  dann  kann  es  dieselben  Schicksale  er- 
leiden wie  das  sc  aus  sk  vor  diphth.  i  und  i  (vgl.  S.  268);  es 
kann  bleiben  z.  B.  iscäüi  ^eilen^,  es  kann  zu  st  werden:  isteliti 
dass.  Hier  kommt  aber  noch  eine  Möglichkeit  hinzu:  es  kann 
auch  die  vollständige  Assimilation  eintreten:  icUäi,  icäeti  nicht 
selten  in  der  Sav.  kniga. 

zs  führte  infolge  der  vollständigen  Assimilation  zu  s:  bese- 
mene  aus  bez-simene;  ab.  krev  srdce  tede  st  z  srdce  (Alx.  Vit  1759); 
volkstüml.  b.  besebe  st  bez  sd>e  ^außer  sich,  ohnmächtig'. 

zd  wurde  zunächst  zu  sd,  das  wir  im  Aksl.  häufig  fiuden: 
besöintfm  aus  bez-öinbm  (Supr.  54.  17).  Das  so  konnte  entweder 
zu  ö  führen:  bed^tm  atsKvosy  oder  zu  id,  das  zu  it  {iö  etwa 
gleich  —  itii)  wurde:  beH^bm.  Aus  zz  ist  durch  vollständige 
Assimilation  zz,  z  geworden:  b.  rozihati  aus  rozzthati,  aber  auch 
zd  (vgl.  oben  S.  265):  aksl.  vhzdeläi  ini9viAsiv\  b.  zd'dr,  Orts- 
name aus  zzär  (das  z  entweder  aus  iz  oder  aus  «%  assimiliert, 
AM.  Phil.  3,  S.  76).  za  zunächst  sä,  das  zu  is,  i  führte:  übd^ 
aus  iz-stdb,  ab.  vid  ,ascendit^  aus  vziel.  Es  konnte  aber  auch 
daraus  zd  werden,  dann  id  und  aus  diesem  durch  Vereinfachung 
der  Lautgruppe  (M  =  etwa  iti)  M  :  ütuh  aus  iz-iuh;  ar.  üöblo 
aus  iz-ihlo;  ap.  weszczdto  aus  ivez-szdlo  (AM.  Fhil.  16,  S.  527), 
analog  auch  im  Ab.  (Geh  au  er  I,  S.  494). 

Wie  aus  sr  ein  str  wird  (s.  S.  361),  so  fuhrt  zr  (auch  sekun- 
däres) häufig  zu  zdr:  p.  und  klr.  zdrada  aus  zrada  ,y errate  ab. 
vzdradavati  si  st  vzradovcUi  se  ^n  Freude  geraten',  auch  im  Aksl. 
Vhzdradavavh  s^  (Supr.  112.  2);  ksl.  (später)  zdräh  ,maturus',  b. 
dial.  auch  zdral^  ,reif  st.  zraly. 

Hierher  auch  mqzdra  und  nozdfi  (s.  S.  361);  b.  dial.  noch 
mdzra,  ar.  auch  nozri  (Sob.  S.  113).  Über  sl  ist  oben  8.  348 
und  360  gehandelt  worden.  Mitunter  geht  hier  auch  s  in  c  über : 
b.  dial.  zd-clona  yVorhang'  st  zdslona. 

Die  palatalen  Spiranten  i,  Zjj  und  die  palatale  AflMcata 

ö  (d,  ä,  £). 

Ursprung  der  Laute.  Nur  das  j  geht  auf  ein  urspr.  i 
(event  j)  zurück;  die  anderen  Laute  entwickelten  sich  erst  im 
Slav.  Über  <5,  rf,  £  vgl.  S.  343  u.  f.  und  weiter  unten.  6  ent- 
stand aus  k  (vgl.  S.  261);  femer  aus  c  vor  j  (S.  364). 

Ebenso  entwickelte  sich  aus  g  ein  dz,  das  zu  z  vereinfacht 


366 

wiutle;  dazu  konnte  auch  ein  dzj  durch  die  Mittelstufe  dz  und 
ein  zj  fuhren. 

Analog  gilt  es  auch  von  §y  das  aus  ch  und  dann  aus  sj  ent- 
standen ist 

Das  j  entwickelte  sich  aus  i ,  einem  nichtspirant  Laut,  den 
wir  auch  schon  als  den  zweiten  Bestandteil  von  Diphth.  ei,  Oj|*u.s.w. 
kennen  gelernt  haben. 

Es  steht  noch  nicht  fest,  ob  es  schon  in  der  Ursprache  das  spirant. 
j  gegeben  hat.  Man  vermutet  diesen  Laut  dort,  wo  sich  im  Griech.  im 
Anlaut  ein  C  entwickelte. 

Das  j  kommt  im  Anlaut  vor:  beim  Relativpronomen  urspr. 
*ib-,  aksl.  neutr.  je-ze  aus  *J0'ze  ,quod*,  Gen.  Sg.  jeg(hze,  lit.  ß 
,eiusS  aus  diesem  und  anderen  Kasus  drang  das  j  auch  in  den 
Nom.  lit  jls  ,er'  für  *i8,  got  is  ,eT^,  lat  is;  das  slav.  i  jcr*,  i-ze 
,welcher^  könnte  zwar  auch  auf  is  zurückgehen,  wegen  des  Neu- 
trums je-ze  (aus  *jo-ze)  kann  man  eher  von  *ios  ausgehen;  daraus 
*A  *i*  ^?d  schließlich  i.  Dieses  Pron.  ist  auch  in  anderen 
Sprachen  vertreten:  got  jabai  ^wenn',  gr.  og,  rj^  o,  ai.  yds,  yä, 
yäd.  Weiter  aksl.  jucha  ,Suppe,  Brühe^  lit  füsz^  schlechte 
Suppe',  lat  ßls,  ai.  ya§am  ,Briihe',  gr.  ^ö^ij  jSauerteig*;  p(hja9h 
^Gürtels  vgl.  Ht.  ß'stas  ,gegürtet',  gr.  ^warog. 

Im  Inlaut  (intervokalisch):  vhjq  4<^h  winde,  drehe',  lit.  iv/u, 
ai.  väyätni  4ch  webe'  (*?*^iö-);  Nom.  PI.  der  m.  t-Stämme:  aksl. 
gosthje,  gostije  aus  *gosteies,  got  gasteU  ,Gäste',  vgl.  ai.  matdyaa, 
ebenso  aksl.  trhje  ,drei'  aus  treieSj  ai.  trdyas,  got  ßreia;  aksl. 
spejq  ,ich  habe  Erfolg',  lit  spepi  ,habe  Muße,  Baum',  ai.  sphäyatS 
,er  nimmt  zu,  wächst';  bei  den  Verbis  der  V.  B3.  1.  Gruppe: 
Iqkajq,  Iqkajeäi  zu  Iqkati  ,täuschen,  betrügen',  lit.  lanköju  ,biege 
hin  und  her'. 

Im  Auslaute  und  antekons.  kam  es  ursprünglich  nur  in 
den  Diphth.  ei,  oi  u.  s.  w.  vor,  die  im  ürslav.  monophthon- 
giert wurden.  Einzelsprachlich  entwickelte  sich  dann  aus  o-i, 
a-i,  e-i  u.  s.  w.  ein  -o;,  -aj,  -ej  u.  s.  w.  So  entstand  aus  urspr. 
*boios  ein  *h(hjh,  *boß,  bot,  woraus  später  wieder  boj  ,flagellum'. 
Analog  im  Akk.  Sg. 

Oh  dieses  j  schon  im  Aksl.  hier  und  in  ähnlichen  Beispielen  vor- 
handen war,  ist  nicht  aus  den  Denkm.  ersichtlich,  da  diese  einfach  nur 
ein  t  schreiben  (nach  dem  Vorbilde  der  griechischen  Graphik]:  bot. 
TJrslav.  ist  ein  boJ  natürlich  nicht,  da  hier  ein  Diphthong  überhaupt  ge- 
mieden wurde.  Infolge  dieser  mangelhaften  Graphik  der  aksl.  Denkm. 
Bind  wir   auch  nicht   im  Stande  zwischen   der  Silbe  Ji  und  t  zu  unter- 


367 

scheiden,  da  hier  nur  t  geschrieben  wurde.  So  wird  z.  B.  der  Nom.  8g. 
Tom  späteren  kraj  einfach  krai  geschrieben,  was  ja  eventuell  noch  der 
damaligen  Aussprache  entsprechen  konnte.  Nun  wird  aber  auch  der 
Nom.  PI.  als  krai  geschrieben,  da  ist  es  aber  weniger  wahrscheinlich, 
daß  wir  es  mit  dem  Kefleze  der  wirklichen  Aussprache  zu  tun  haben. 
Nach  derselben  hätte  man  jedenfalls  kraji  schreiben  sollen.  So  genau 
die  aksl.  Denkmäler  in  der  Wiedergabe  vieler  Laute  sind,  so  hilflos  zeigt 
sich  ihre  Graphik  dem  slav.  j  gegenüber.  Das  ist  allerdings  ein  großer 
Nachteil. 

Postkons,  hat  sich  %  im  Slav.  nicht  erhalten,  indem  es  die 
vorhergehenden  Eons.  wesentUch  alterierte  und  zwar  geht: 

1)  k,  g,  ch  in  6,  z,  S  über:  aksl.  pladb  ,Weinen'  aus  *plakjo, 
*plakj[o;  hzq  ^^ge*  aus  *fofl;o-;  duia  ,Seele*  SLUs^duchja  (S.  264). 

2)  das  t,  d  wurde  zunächst  erweicht,  was  dann  in  den  ein- 
zelnen slay.  Sprachen  zu  verschiedenen  Besultaten  führte:  aksl. 
bulg.  z.  B.  sveäta  ,Licht^,  s.  svißöa,  slov.  sv^cia,  r.  svida,  p.  äwieca, 
b.  svtce  (S.  275). 

3)  p,  b,  V  mit  nachfolgendem  i  (j)  wurden  erweicht  und 
führten  zu  pT,  bV,  vl\  Dieselben  Schicksale  hatte  auch  m 
(S.  285). 

4)  aus  ri,  Ix,  ni  ging  r^,  V,  n'  hervor. 

Im  Aksl.  wurden  diese  Erweichungen  entweder  durch  ein  Häkchen 
oder  durch  einen  jotierten  nachfolgenden  Vokal  bezeichnet :  voU  (^  =  ja) 
,voluntas%  ptrli  ,q>ilovButla' ,  dieses  in  der  glag.  Schrift  nur  bei^a  und^ti, 
da  sonst  f&r  die  anderen  präjotierten  Vokale,  insbesondere  für  je  keine 
eigenen  Zeichen  bestanden.  Wo  man  also  nicht  Häkchen  anwendet, 
bleibt  die  Erweichung  insbesondere  bei  e  unbezeichnet :  more  ,Meer'  (S.  313). 

5)  s,  z,  c  wurden  zu  S,  z,  d:  duSq  ,würge'  zu  dusiti;  noäq 
ytrage'  zu  nosüi;  vozq  fahi&  (trans.)  zu  vozüi;  nariöq  zu  naricati 
,benennen'  (S.  364). 

Bei  vok.  Anlaut  pflegte  sich  in  bestimmten  Fällen  ein  i,  j 
zu  entwickeln  z.  B.  j^i  ,nehmen',  ursprünglich  ohne  /  im  Anlaut 
wie  noch  aksl.  sm^i  zeigt,  sonst  müßte  es  ja  *8hn^i  lauten,  vgl 
auch  lat  emere.  Auch  im  Präs.  war  urspr.  nur  imq  ,werde 
nehmen'  wie  SMiwnq  wieder  zeigt;  dann  wurde  daraus  *i'WUf, 
^j-wnq,  woraus  imq  (vgl.  S.  180  u.  142). 

Über  das  intervok.  j^  wie  in  dajati,  wurde  S.  179  f.  gehandelt 
In  bestimmten  Fällen  ist  auch  das  intervok.  j  ausgefallen,  wo- 
durch Kontraktionen  der  Silben  angebahnt  wurden:  Gen.  Sg.  m. 
n.  dobra-^go,  daraus  auch  dobraago,  dobrago. 

Im  Anlaut  wurde  ß,  mochte  es  aus  urspr.  ß-,  tf  oder  p- 
entstanden  sein,  zu  i:  aksl.  igo  ,Joch'  aus  *pgo,  *jbgo,  ai.  yugam 


368 

,Joch',  gr.  ^vyov  (S.  142).  Dagegen  konnte  das  t  vor  einem  j  zu  i 
und  das  z  za  f/  gedehnt  werden:  Nom.  Sg.  Mask.  des  best  Adj. 
ishnnij  aus  *wArftn5-»  ,o  7clijaiov^;  dobryj  ,o  äyad^og^  aus 
*dobrb'i. 

Es  ist  die  Form  *jbgo  aus  *J9go  angef&hrt  worden.  Daraus  ersehen 
wir,  daB  nach  einem  i(j)  kein  »  stehen  kann;  das  gilt  ron  den  palatalen 
Lauten  Überhaupt,  da  sie  in  dieser  Hinsicht  mit  demj  auf  gleicher  Linie 
stehen.  Ebensowenig  kann  nach  diesen  Lauten  ein  y  stehen.  Instr.  PL 
der  o-Stämme  z.  B.  roky  von  rokb  ,TerminS  aber  kraji^  tncfMi^  poti  u.  s.  w. 
Später  änderten  sich  freilich  diese  Verbältnisse,  um  aber  diese  Eigen- 
tümlichkeiten überhaupt  zu  verstehen,  müssen  wir  auf  die  phonetische 
Seite  unserer  Laute  näher  eingehen. 

Phonetische  Bemerkungen.  Zwei  Tatsachen  müssen 
wir  gehörig  würdigen,  wenn  wir  den  einstigen  lautlichen  Wert 
des  S,  z,  d  näher  bestimmen  wollen:  1)  nach  diesen  Lauten  war 
im  ürslav.  kein  o,  y  und  s  möglich,  o  wurde  zu  «,  y  zu  i  und 
«  zu  ft.  2)  in  aksL  Denkm.  finden  wir  häufig  die  Schreibweise 
öja,  ija  für  öa,  da  u.  s.  w.,  desgleichen  cju  für  du  u.  s.  w.  Man 
sucht  es  dadurch  zu  erklären,  daß  man  sagt,  diese  Laute  wären 
weich  gewesen,  was  man  aber  darunter  zu  verstehen  habe,  darauf 
geht  man  nicht  näher  ein.  Aus  dem  Obigen  ersehen  wir,  daß 
diese  Eons,  dumpfe  Laute  nach  sich  nicht  yertrugen. 

Sievers  hob  allerdings  als  das  Wesentliche  bei  allen  «-Artikula- 
tionen die  Bildung  eines  größeren  kesseiförmigen  Kaumes  im  Yorder- 
munde  hervor ;  in  diesen  werde  der  Ezspirationsstrom  hineingetrieben,  so 
daß  sich  die  S  von  den  entsprechenden  Spezies  des  •  stets  durch  eine 
dumpfere  Eesselresonanz  unterscheiden  (Grundzüge  der  Fh.  4.  Aufl.  S.  122 ff.). 
Das  ist  aber  leider  nicht  das  Wesentliche  bei  allen  i-Artikulationen, 
vielmehr  ist  es  nur  ein  Nebenfaktor.  Uns  handelt  es  sich  zunächst 
darum,  wie  überhaupt  ein  «-Laut  entsteht  und  dann  wollen  wir  jene 
Faktoren  untersuchen,  die  ihm  bestimmte  Nüanzierungen  verleihen  konnten. 
Da  hat  Sievers  das  Bichtige  also  nicht  gefunden.  Schon  besser  ist  die 
Darstellung  bei  Storm:  »Wenn  ich  aber  nur  die  Zungenspitze  hebe,  so 
entsteht  nur  supradentales  oder  kakuminales  a;  erst  wenn  ich  zugleich 
einen  Teil  des  Zungensaumes  ins  Niveau  bringe,  entsteht  «,  indem  sich 
unter  dem  Gaumendach  ein  gewölbter  Baum  bildet,  der  einen  tieferen 
Eigenton  und  ein  mehr  zusammengesetztes  Geräusch  hervorbringt«  (Engl. 
Phil.  S.  72).  Während  nach  Sievers  sich  die  Kesselresonanz  vor  der 
Artikulationsstelle  zu  bilden  scheine,  scheine  ihm  die  Vorderzunge  eine 
ausgehöhlte  löffeiförmige  Gestalt  anzunehmen  (S.  73). 

Richtiger  hat  Techmer  die  Sache  aufgefaßt;  nach  ihm  ist 
i>die  Enge  bei  ä  frontal  breiter  und  gleichzeitig  sagittal  länger, 
bei  8  und  seinen  Abarten  schmäler  und  gleichzeitig  kürzer«  (IZ. 


369 

I,  180  und  Tab.  lY,  IZ.  II,  S.  377).  Die  flauptsache  ist,  daß 
die  Enge  (BinnenöfiEhong)  bei  i  größer  ist  als  bei  «.  Wir  haben 
nämlich  auch  diese  Laute  als  solche  aufzufassen ,  die  durch 
Schwingungen  (Vibration)  der  Zungenpartie  in  der  Enge  ent- 
stehen und  nicht  durch  das  ESneintreiben  des  Exspirationsstromes 
in  einen  »kesselfönnigen  Baume.  Das  ersehen  wir  aus  Folgen- 
dem. Bei  r  ist  die  Vibration  der  betreffenden  Zungenpartie 
ganz  klar;  aus  dem  r  entsteht  im  Slav.  ein  r,  wobei  sich  die 
Qualität  der  Schwingungen  ändert,  und  ganz  analog  aus  dem  f 
dann  ein  z  oder  i  unter  bestimmten  Bedingungen,  wobei  es  sich 
immer  noch  um  Schwingungen  handeln  muß,  denn  sonst  würde 
eben  kein  Laut  hier  zu  Stande  kommen.  Die  Bänder  der  Enge 
in  unserem  Falle  bilden  nun  vom  physikalischem  Standpunkte  aus 
eine  Zungenpfeife.  Es  kommt  vor  allem  die  betreffende  Zungen- 
partie in  Betracht,  aber  auch  die  Palatalwand;  sie  bilden  hier 
das,  was  man  in  der  Akustik  die  Zunge  einer  Zungenpfeife 
nennt  Durch  die  Schwingungen  dieser  Bänder  (Wände)  wird 
der  *-  und  «-Laut  hervorgerufen.  Je  größer  nun  die  Enge, 
öfiEnung,  desto  lockerer  sind  die  Bänder  (oder  Seitenwand  der 
Zunge),  desto  geringer  ist  die  Anzahl  der  Schwingungen  in  einer 
bestimmten  Zeit,  so  daß  tiefe  Laute  entstehen  und  der  Gesamt- 
effekt derselben  ist  das  8.  Die  Länge  dieser  ÖfiEnung  mag  auch 
größer  sein  (bei  Techmer:  sagittal  länger).  Wird  die  Öfihung 
mehr  verengt,  so  sind  die  Bänder  (Seitenwand)  mehr  gespannt, 
die  Anzahl  der  Schwingungen  ist  größer  und  so  entsteht  das  viel 
höhere  8.  Es  ist  ein  fast  analoger  Vorgang,  den  wir  auch  beim 
Pfeifen  mit  den  Lippen  beobachten.  Es  kann  eine  Skala  von 
8 — ^^-Lauten  geben.  So  wird  man  bemerken,  wenn  man  allmäh- 
lich die  Artikulationsstelle  durch  Hebung  der  Zungenspitze  von 
den  Alveolen  bis  zum  harten  Gaumen  und  an  demselben  noch 
weiter  verschiebt,  daß  die  i-Laute  auch  dumpfer  kUngen.  Dieser 
dumpfe  EQang  rührt  offenbar  daher,  daß  die  bewußte  Öfifnung 
frontal  breiter  wird.  Auch  der  postdentale  Hohlraum  könnte 
hier  eine  Bolle  spielen. 

Da  nun  im  Urslav.  nach  den  i-Lauten  dumpfe  Vokale  nicht 
geduldet  werden,  so  folgt  daraus,  daß  bei  ihrer  Aussprache  alle 
die  Faktoren  entfallen  mußten,  die  eben  denselben  einen  dumpfen 
Klang  verleihen.  Insbesondere  war  die  Artikulation  nicht  so 
hoch  am  Gaumen,  wie  eben  geschildert  wurde.  Die  Öffnung, 
welche  die  Zunge  zum  Entweichen  des  Luftstromes  bildete,   war 

Vondr&k,  Vgl.  sIat.  OiBinin.  I.  24 


370 

mehr  eine  flache,  breite  Spalte,  nahezu  so,  daß  sie  fast  der 
Engenbildung  bei  i  und  j  entsprach  (der  vertikale  Durchmesser 
dieser  Engen  war  allerdings  verschieden).  Die  Zunge  trat  femer 
mit  einer  breiten  Fläche  in  Aktion,  wie  es  bei  der  Aussprache 
des  j  der  Fall  ist.  Es  handelte  sich  also  nicht  um  eine  schmale, 
rinnenförmige  öfinung,  deren  vertikaler  Durchschnitt  ein  Dreieck 
ist,  wie  es  jetzt  in  der  Begel  der  Fall  ist.  Dadurch  erklärt  sich 
am  meisten  die  Weichheit  der  einstigen  slav.  Laute  (was  von  ä 
gilt,  gilt  auch  von  z  und  d). 

Die  Zungenspitze  muß  hiebei  in  Aktion  gewesen  sein,  weil  wir 
sonst  nicht  die  späteren  Veränderungen  begreifen  würden,  von  denen 
gleich  die  Bede  sein  wird.  Es  muß  dies  auch  deshalb  hervorgehoben 
werden,  weil  bei  dem  jetzigen  i,  i  die  Zungenspitze  im  Slav.  meist  nicht 
beteiligt  ist,  so  z.  B.  beim  b.  i,  sondern  nur  der  vordere  Zungenrücken. 
Auch  muß  bemerkt  werden,  daß  die  Artikulationsstelle  sich  mehr  bei  den 
Alveolen  und  oberen  Zähnen  befand.  Diese  mehr  vordere  Artikulation, 
die  flache,  breite  Spalte  der  Zungenoffnung  und  die  Flächenaktion  der 
Zunge  waren  für  die  in  Bede  stehenden  Laute  damals  wohl  charakteri- 
stisch; diese  Eigentümlichkeiten  sind  für  die  ursprüngliche  Phase  der 
Laute  auch  durch  ihren  Ursprung  wahrscheinlich  gemacht:  bei  c,  i  waren 
f  und  d"  die  Übergangslaute,  die  von  einem  ^',  g  dazu  führten.  Bei  « 
ist  die  flache  Spalte  für  die  älteste  Phase  auch  einleuchtend,  denn  von 
ch  kam  man  einfach  durch  Hebung  der  Zungenspitze  dazu. 

Auch  das  j  (i)  muß  eine  von  der  jetzigen  teilweise  ab- 
weichende Artikulation  gehabt  haben  und  zwar  war  bei  seiner 
Aussprache  die  Zungenspitze  wahrscheinlich  mehr  gegen  den 
G-aumen  gehoben  als  es  jetzt  der  Fall  ist,  wo  sie  mehr  unter  den 
oberen  Zähnen  liegt  und  etwas  hervorragt  oder  sich  überhaupt 
ganz  senkt;  damit  haben  wir  auch  oben  S.  287  den  Übergang 
des  j  in  V  in  kausalen  Zusammenhang  gebracht.  Femer  spricht 
dafür  der  Umstand,  daß  nach  dem  ;  und  den  ihm  in  dieser  Hin- 
sicht verwandten  Kons,  gewisse  Vokale  nicht  nachfolgen  konnten. 
Schließlich  ist  zu  beachten,  daß  im  ürslav.  das  f,  das  aus  k  vor 
palatalen  Vokalen  entstand  und  worin  ein  /  stak,  zu  t'S  (später 
c)  führte,  während  später  sich  in  gewissen  Fällen  aus  t'  worin 
wieder  ein  j  stak,  ein  tä  und  daraus  c  entweder  allgemein  oder 
in  der  westslav.  Gruppe  entwickelte.  An  einen  Unterschied  in 
dem  Sinne,  daß  es  ein  spirantisches  j  und  ein  nicht  spirantisches 
i  gegeben  hätte,  kann  man  hauptsächlich  wegen  der  Reaktion  der 
folgenden  Vokale  nicht  denken. 

Versuchen  wir  nämlich  ein  derartiges  /  unter  Beteiligung  der 
Zungenspitze  mit  nachfolgendem  y,   das  nach  der  oben  S.  102 


371 

angegebenen  Weise  artikuliert  wurde,  auszusprechen,  so  werden 
wir  sehen,  daß  es  nicht  möglich  ist  Wohl  aber  geht  es,  wenn 
wir  das  j  mehr  oben  am  Oaumen  artikulieren.  Dort  wurde  aber 
dasselbe  ursprünglich  im  Slav.  nicht  artikuliert  Dasselbe  gilt 
auch  von  j  mit  nachfolgendem  «.  Wurde  weiter  bei  dieser  Aus- 
sprache des  /  die  Zunge  von  der  /-Lage  in  die  o-Lage  gebracht, 
so  erklang  zunächst  der  Übergangslaut  e,  der  schließlich  so  Yor- 
wiegte,  daß  er  dem  o  gegenüber  siegte.  So  ging  also  schon  im 
ürslav.  das  jo  in  je  über  (S.  841).  Ebenso  do,  io,  zo  in  öe, 
ie,  ze. 

Später  konnte  sich  die  Artikulation  unserer  Laute  mannigfach 
modifizieren.  Eine  Abart  war  die,  daß  man  die  Laute  mit  noch  mehr 
gehobener  Zungenspitze  auszusprechen  begann.  Das  hatte  zur  Folge,  daß 
die  Zunge,  sobald  die  Artikulation  gelöst  wurde,  mehr  in  die  f-  und  •- 
Lage  kam,  da  sie  mehr  gespannt  war.  Statt  eines  urspr.  «a,  /a,  sa,  Ja 
erklang  jetzt  mehr  ein  ^a,  «^a,  Ha,  j*a  und  wenn  die  o-Lage  schließlich 
nicht  mehr  erreicht  wurde,  ein  cV«,  he,  i'e,j'e  oder  ci,  «2,  Mi,ji  (dann 
nach  Schwund  der  Jotation:  c«,  ie  u.  s.  w.),  wie  es  der  Fall  war  z.  B. 
im  Ab.  (Tgl.  oben  8. 79).  Analog  verhielt  es  sich  nun  bei  der  Aussprache 
des  urspr.  eu,  iu  u.  s.  w.,  das  nun  zu  cv'fi,  im  und  schließlich  zu  et,  ii 
u.  8.  w.  f&hrte  (S.  100).  Die  Aktion  der  Zungenspitze  rerschuldete  jeden- 
falls den  Umlaut. 

Die  dumpfen  i-Laute,  von  denen  wir  oben  sprachen,  ent- 
wickelten sich  nun  auch  im  Slav.  und  zwar  wohl  dadurch,  daß 
die  Artikulationsstelle  am  Gaumen  ein  wenig  nach  rückwärts  ver- 
schoben wurde.  Sie  näherte  sich  der  Grenze  zwischen  dem  harten 
und  weichen  Gaumen  (mixed),  wobei  auch  die  Zungenspitze  zurück-, 
geschoben  wurde  und  gespannt  blieb.  Infolge  dessen  nahmen 
auch  manche  Vokale,  die  nach  unseren  Lauten  folgten,  je  nach 
den  einzelnen  slav.  Sprachen,  einen  dimipferen  Klang  an:  so 
näherte  sich  das  {  dem  y,  das  t  dem  z  und  das  e  dem  ö.  Bei 
dieser  Entwickelung  konnte  das  j  überall  nicht  gleichen  Schritt 
mithalten,  sondern  nur  in  einzelnen  Sprachen,  so  z.  B.  im  B., 
daher  z.  B.  das  e  nach  j  dieselben  Schicksale  erleidet  wie  nach 
den  anderen  Palatalen  3,  z,  d.  Diese  Änderung  der  i-Laute  ver- 
rät sich  schon  in  einigen  aksl.  Denkm.,  ist  demnach  sehr  alt 

Zu  diesen  Denkm.  gehört  Glag.  Cloz.,  Sav.  kn.,  Supr.  und  Euch, 
ein.  Wir  finden  hier  nämlich  nach  i,  i,  e,  it,  lUi  ein  s  statt  »  mit  größerer 
oder  kleinerer  Konsequenz  angewendet.  Es  hat  schon  P.  Lang  konsta- 
tiert, daß  im  Euch.  sin.  nach  i  in  der  Begel  s  statt  b  gesetzt  wird,  so 
im  Worte  naib  ^unserS  im  Gen.  PI.  itii»  von  duia  ,SeeleS  wodurch  sich 
das  Denkmal  mehr  der  Sav.  kn.  und  dem  Cod.  Supr.,  wo  konsequent  nach 

24* 


372 

i  ein  s  geschrieben  wird,  nähere  (Progr.  des  Bealgymn.  in  Pfibram,  1886, 
S.  8).  Bezüglich  des  i  vgl.  auch  8.  10.  Leskien  yerroUständigte  diese 
Wahrnehmung  dahin,  daß  hier  zwar  nach  i,  a  ein  s,  aber  nicht  nach  c, 
H,  id  erscheint  (Afsl.  Phil.  27,  S.  31—32),  es  wäre  nämlich  i,  ¥  zunächst 
hart  geworden,  während  c,  it^  id  wie  auch  c,  dz  noch  weich  geblieben 
seien.  Mit  der  Sav.  kn.  beschäftigte  sich  näher  SSepkins.  Er  konsta- 
tierte, daß  hier  nach  i,  i,  c,  H,  id  das  »  in  »  übergehe  (Razsuldenie  o 
jaz.  Sav.  kn.  S.  150—169).  Er  meint,  es  hätte  hier  eine  Labialisation 
des  ft  stattgefunden.  Dieselbe  Erscheinung  wollte  er  bei  »  nach  «,  z  be- 
merkt haben,  wogegen  aber  das  von  Leskien  (ib.  S.  15 — 16)  angeführte 
Material  spricht.  Diesen  dumpfen  «-,  i-,  e-Lauten  ging  wohl  ein  mehr 
neutrales  «,  ^,  c  voraus. 

Weiter  haben  wir  etwas  Analoges  nach  den  erwähnten  Lauten 
auch  im  Ab.  beobachtet:  y  st  i  (vgl.  oben  8.  30)  und  im  P. 
und  Sorb.  (S.  31).  Im  P.  entstand  dabei  auch  i  aus  l,  daher 
zlob,  czhn  vl  s.  w.  (S.  306).  Wenn  wir  nun  fanden,  daß  z.  B.  im 
B.  auch  nach  8,  z  und  nach  anderen  Lauten  ein  y  geschrieben 
vnirde  (S.  30),  so  folgt  daraus,  daß  sie  damals,  mit  der  nach 
oben  gegen  den  harten  Gaumen  gerichteten  Zungenspitze  arti- 
kuliert wurden. 

Die  Artikulation  der  ^-,  i-,  d-Laute  war  aber  noch  weiteren 
Veränderungen  unterworfen.  Meist  wurde  ein  Zustand  erreicht, 
der  jetzt  vorwiegend  in  den  slav.  Sprachen  besteht  und  bei  dem 
sich  die  Zungenspitze  senkte  und  die  Artikulationsstelle  am  harten 
Gaumen  verblieb.  Es  wird  auch  nicht  so  sehr  mit  der  Zungen- 
spitze, als  vielmehr  mit  dem  vorderen  Teile  des  Zungenrückens 
artikuliert.  Im  R  werden  die  z-  und  ^-Laute  jetzt  auch  nicht 
zu  den  weichen  Lauten  gerechnet.  Dial.  kommen  hier  freihch 
mannigfache  Abweichungen  vor.  Vom  jetzigen  Standpunkte  ist 
im  allgemeinen  Storms  Bemerkung,  daß  die  Zungenartikulation 
für  5  weiter  rückwärts  liegt  als  für  »  (Engl.  Phil.  S.  71),  richtig. 
Es  wird  nämlich  bei  der  Aussprache  des  s  der  äußerste  Zungen- 
rücken (nicht  die  Zungenspitze)^  gegen  die  obere  Zahnreihe  so 
gehoben,  daß  eine  breite,  schmale  Spalte  entsteht,  durch  welche 
die  Luft  strömt  (der  Querschnitt  äußert  sich  als  ein  sehr  in  die 
Breite  gezogenes  Dreieck).    Bei  ^  wird  die  etwas  mehr  nach  rück- 

1.  Sweet  hat  dafGr  den  Namen  ,Zungenblatt*  eingeführt.  Der 
äußerste  Zungenrand  ist  ein  wenig  nach  unten  gesenkt  (,nmgeknickt*j, 
so  daß  die  eigentliche  Enge  mit  einem  dicht  hinter  dem  Zungensaume 
gelegenen  Teile  des  Znngenrückens  gebildet  wird.  Auf  diesen  Teil  der 
Zungenspitze  bez.  des  Zungenrückens  bezieht  sich  der  Name  Zungen- 
blatt  (Sievers,  Grundz.  der  Phon.,  4.  Aufl.,  S.  58,  §  143). 


373 

wärts  liegende  Partie  des  Zungenriickens  gegen  den  Gaumen 
derartig  gehoben,  daß  eine  schmalere,  dafür  aber  höhere  Spalte 
entsteht  Der  Querschnitt  derselben  ist  ein  gleichschenUiges 
Dreieck  mit  der  Basis  auf  dem  Gaumen:  das  ist  eben  der  Quer- 
schnitt der  Binne,  welche  der  Zungenrücken  bildet  Die  Zungen- 
spitze selbst  liegt  ziemlich  tief  untoo  und  mehr  rückwärts  als  bei 
s,  bei  dessen  Aussprache  sie  auch  höher  zu  liegen  kommt  Diese 
Vorgänge  kann  man  mit  Hilfe  zweier  Spiegel,  von  denen  der 
kleinere  ein  wenig  unter  die  oberen  Zähne  eingeführt  und  der 
größere  ihm  gegenüber  gehcdten  wird,  zum  großen  Teile  noch 
beobachten. 

Die  Artikulation  des  z  und  i  ist  ähnlich  jener  des  8  und  i, 
nur  findet  sie  immer  mehr  vom  statt.  Außerdem  scheint  die 
Spalte,  welche  die  Zunge  bildet,  bei  z  etwas  größer  zu  sein  als 
bei  8  und  bei  z  größer  als  bei  i. 

Vom  polnischen  d  (8z)  und  z,  wozu  auch  rz  (phonetisch  -•  i, 
i)  gehört,  sagt  Bozwadowski,  daß  bei  ihrer  Aussprache  die 
Zungenspitze  ein  wenig  gehoben  ist  (Materyaly  1 1,  zesz.  1,  S.  111). 
Das  ist  sehr  wichtig,  denn  durch  diese  Hebung  der  Zungenspitze 
bekommen  die  ^-Laute  nach  unserer  Darstellung  den  dumpfen 
Klang,  der  im  F.  tatsächlich  noch  besteht  Ich  glaube  daher 
auch,  daß  diese  Hebung  im  F.  in  einem  noch  höheren  Grade 
bestehen  müsse  als  hier  angegeben  wird. 

Die  Artikulationsstelle  des  ä  liegt  in  der  Mitte  zwischen  jener 
des  8  und  des  i^  die  Zungenspitze  wird  nicht  so  stark  gehoben 
wie  bei  8  (nicht  präzisiert  bei  Bozwadowski  1.  c.  8.  111).  Das- 
selbe gilt  auch  von  £  im  Verhältnisse  zu  z  und  i.  Im  F.  wird 
ä,  £  auch  durch  8%,  zi  wiedergegeben:  8iano  ,HeuS  ziamo  ,Kom^ 
Analog  ist  auch  das  Verhältnis  von  6  zu  ö.  Die  Artikulations- 
stellen von  ä,  £,  6  liegen  demnach  etwas  mehr  vorn  (tiefer)  als 
jene  von  §,  z,  c,  dagegen  hinter  jenen  des  s,  z,  c  (also  etwas 
höher).  Diese  Veriiältnisse  blieben  womöglich  gewahrt,  wenn  die 
Artikulationsstellen  verschoben  wurden,  d.  h.  wenn  z.  B.  eine  Ver- 
härtung eintrat  Es  konnten  sich  aber  die  Verhältnisse  so  ändern, 
daß  einzelne  Beihen  dieser  Laute  verloren  gingen,  d.  h.  sie  fielen 
mit  einer  anderen  Beihe  zusammen.  Da  es  sich  hier  mitunter 
um  sehr  feine  Nüanzierungen  handelt,  so  kann  sehr  leicht  ein 

1.  Storm  meint,  das  r.  palatale  i  in  tnigz  ,Schnee*  sei  ein  mity 
verschmolzenes  8  und  habe  einen  viel  milderen,  zarteren  Laut  als  das  p. 
i  in  demselben  Wort. 


374 

Laut  in  einen  anderen,  zunächst  verwandten,  übergehen.  So  sahen 
wir  oben  S.  349,  daß  schon  in  einer  älteren  Periode  und  zwar 
zum  großen  Teile  schon  im  Gtemeinwestslav.  das  ä  in  3  über- 
gegangen ist.  So  finden  wir  weiter  Dialekte,  die  s,  z,  c  für  ä,  z, 
ö  aufweisen,  aber  es  tritt  auch  der  umgekehrte  Fall  ein,  daß  3, 
z,  ö  zvL  8,  z,  c  wurden.  In  solchen  Fallen  weisen  dial.  Grenz- 
gebiete häufig  Mischformen  mit  i-  und  8-Lauten  auf. 

c  kann  man  natürlich  nicht  ak  is  und  ö  nicht  ak  tä  auffassen. 
Die  Artikulationsstelle  des  c  ist  an  der  Innenfläche  der  oberen 
Zahnreihe,  von  welcher  sich  die  Zungenspitze  im  Momente  seiner 
Aussprache  derartig  löst,  daß  im  Querschnitt  ein  in  die  Breite 
gezogenes,  hohles  Dreieck  entsteht  (Zungenrinne),  wobei  aber  von 
der  Zimge  zunächst  jene  Partie  die  Bewegung  antritt,  die  am 
weitesten  zu  gehen  hat  (zum  Gipfel  des  langgestreckten  Dreieckes), 
während  die  anderen  Partien  sukzessive  nachfolgen.  Bei  der  Aus- 
sprache des  ts  löst  sich  gleichzeitig  jene  Partie  der  Zunge  von 
der  Zahnreihe,  die  bei  der  Aussprache  des  t  überhaupt  in  Aktion 
kommt,  dann  erst  nimmt  die  Zungenspalte  jene  Form  an,  die  wir 
schon  bei  der  Aussprache  des  8  kennen  gelernt  haben.  Dadurch 
unterscheidet  sich  also  wesentUch  die  Aussprache  des  c  von  jener 
des  t8. 

Die  Artikulationsstelle  des  d  liegt  vor  jener  des  ä;  sie  trifft 
noch  in  der  Begel  teilweise  die  obere  Zahnreihe.  Die  Zunge  löst 
sich  wieder  so,  daß  die  dabei  entstehende  Spalte  identisch  ist  mit 
jener,  die  bei  der  Aussprache  des  ä  entsteht  Auch  hier  geht  die 
Bewegung  so  vor  sich,  daß  sich  die  in  Aktion  tretende  Zungen- 
partie nidit  gleichzeitig  loslöst,  sondern  sukzessive,  wenn  es  auch 
das  Werk  eines  Momentes  ist  Bei  der  Aussprache  des  ti  löst 
sich  wieder  gleichzeitig  die  ganze  entsprechende  Zimgenpartie  auf 
einmal  und  dann  erst  wird  die  entsprechende  Spalte  gebildet 

6  liegt  in  der  Mitte  zwischen  c  und  d,  die  Artikulation  findet 
schon  an  den  Zähnen  statt  Im  P.  wird  es  auch  durch  ci  dar- 
gestellt 

Das  Mazurieren.  Wir  haben  den  Wechsel  der  «-  und  «-Beihen 
berfthrt  Am  meisten  ausgepr&gt  liegt  dieser  Prozeß  in  den  poln.  and 
in  den  mit  ihnen  mehr  verwandten  nsorb.  Dialekten  vor.  Es  handelt 
sich  hier  um  das  sog.  Mazurieren,  da  es  vorwiegend  in  den  mazurischen 
Dial.  vorkommt  Dieser  Prozeß  besteht  darin,  daß  an  die  Stelle  von  «, 
i,  c,  di  die  Laute  t,  s,  e,  dz  treten.  Man  nennt  es  auch  Dzetacismus 
z.  B.  syö  st.  9zyö  »n&hen'  der  Schriftsprache,  aksl.  iiti;  dusa  st.  duna^ 
aksl.  ({tfla  ,Seele*;  wna  st.  «oft«,  aksl.S«na  ,Fraa';  zaba  st.  kaba^  aksl.  fo&a 


375 

,Fro8ch';  elowiek  st.  exiowük,  akgl.  c2op|A;&  »Mensch* ;  ^mc«  %t,  jeszeze,  aksl. 
jeite  »noch*;  m&idzek  st.  mozdzek  ,Gehimchen'.  Der  Kons,  rz  (r)  Terlor 
in  vielen  p.  Dial.  seine  spezifische  Eifj^entfimlichkeit,  nämlich  das  inten- 
sivere Erzittern  der  Zangenspitze,  wurde  zu  z.  Dasselbe  unterliegt  aber  in 
der  Begel  nicht  dem  Mazurieren,  weil  dieses  älter  ist  als  die  erwähnte 
Veränderung  des  rz.  Nur  auf  einem  eng  begrenzten  Gebiete  taucht  auch 
bei  diesem  Laute  das  Mazurieren  auf.  Über  das  Mazurieren  handelt  St. 
Dobrzjcki:  ,0  tak  zwanem  mazurowaniu  w  j^z.  p.'  (in  den  Bozprawy 
der  Krak.  Ak.  Bd.  32,  S.  208—235  mit  einer  Karte).  Es  wird  darnach 
»mazuriert«  im  westl.  Galizien  (also  die  kleinpoln.  DiaL:  Krakifli, 
Sandomierz,  Sieradz  u.  s.  w.)  und  im  Königreich  Polen  (hier  auch  die 
mazovischen  Dialekte);  nicht  mazuriert  wird  hauptsächlich  in  den  groß- 
polnischen (Provinz  Posen)  und  knjavischen  Dialekten  und  sonst  im 
Kulturdialekt. 

D.  möchte  darin  den  Einfluß  eines  fremden  Yolkes,  das  die  be- 
treffenden Laute  nicht  hatte,  sehen,  er  denkt  an  die  alten  Preußen  und 
Finnen;  zu  einer  weiteren  Entscheidung  zwischen  diesen  beiden  Völkern 
ist  er  freilich  nicht  gekommen.  Man  wird  aber  kaum  mit  ihm  überein- 
stimmen können.  Schon  wenn  man  sich  seine  Karte  anschaut,  sieht  man, 
daß  der  äußerste  nordöstl.  Zipfel  mit  erhaltener  alten  Aussprache  (das 
Gebiet  um  Suwalki  herum)  dagegen  spricht.  Eher  wird  man  an  eine 
fortschreitende  Verhärtung  der  Laute  denken  können.  Aus  i,  f,  c,  dU 
konnte  zunächst  nach  dem  Früheren  ein  /,  z,  d,  di  werden  und  solche 
Dialekte  haben  sich  noch  tatsächlich  erhalten.  So  finden  wir  diese  Mittel- 
stufe vertreten  in  den  Dialekten  aus  der  Umgebung  von  Jablunkau,  wo 
man  z.  B.  iqda6,  kazdega  n.  s.  w.  antrifft  (S.  3,  bez.  210).  In  Zakopane: 
ctyre  und  ityre,  koduPa  (für  kosztU'a^  bei  Oppeln:  dum  für  tzum,  bei 
Tarnobrzeg:  zaba  für  iaha  u.  s.  w.  Bei  weiterer  Verhärtung  entstand 
dann  f,  z,  c,  dz.  Für  einen  aus  dem  P.  selbst  hervorgegangenen  Impuls 
zu  diesem  Prozesse  spricht  die  Tatsache,  daß  sich  die  alte  Aussprache 
ausschließlich  in  vier  Grenzgebieten,  von  ungleicher  Größe,  noch  erhalten 
hat,  und  die  Übergangsstufe  treffen  wir  ebenfalls  in  einem  Grenz- 
dialekte an. 

Ein  merkwürdiges  Produkt  des  Mazurierens  finden  wir  in  den  Dia- 
lekten des  Gouv.  Lublin:  für  c,  #,  z  (c,  /,  i)  kommt  hier  cc,  *»,  iz  vor: 
karezema,  piszae,  poduBzska,  ozzog.  Da  es  ein  Grenzdialekt  des  mazur. 
Gebietes  ist,  so  könnte  man  hier  an  Mischungen  denken.  Die  sich 
kreuzenden  Einflüsse  zeitigten  hier  auch  Produkte  wie  ca$z  für  c:<m,  v 
szeasz  (für  w  ezas)  u.  s.  w. 

Man  findet  die  Spuren  des  Mazurierens  im  XV.  Jhd.,  ganz  unzweifel- 
haft im  XVI.  Jhd.  Die  Erscheinung  selbst  dürfte  jedoch  etwas  älter 
sein.  Im  Kasub.  bleibt  c\  »,  i,  das  c  aus  k;  kann  allerdings  auch  zu  c 
werden. 

Im  Nsorb.  ist  ohne  Zutun  der  Preußen  oder  Finnen  an  die  Stelle- 
des  c  ein  e  getreten :  jtineu  aus  piacu  ,weineS  eakat  aus  cakad  ,warten', 
cas  aus  cas  ,Zeit\    Dagegen  bleiben  die  Kons,  i,  i,  di  (ein  hier  seltener 


376 

Laut)  un?erändert.  Den  Wandel  des  c  in  e  im  Ksorb.  wollte  D.,  da  hier 
also  an  die  Preußen  oder  Finnen  nicht  gedacht  werden  kann,  dem  Ein- 
flüsse des  Deutschen  zuschreiben,  indem  dieses  nur  selten  den  Laut  c 
{Ueh)  habe  (I.e.  S.  19-20,  bezw. 226— 227),  womit  wir  freilich  nicht  über- 
einstimmen können.  Im  Osorb.  bleibt  auch  das  e  trotz  des  deutschen 
Einflusses  unverändert. 

Nebenbei  bemerkt,  kommen  im  Sorb.  noch  die  Laute  6,  d£,  /,  i  vor, 
aber  sie  haben  sich  erst  hier  entwickelt  und  zwar  aus  t,  d  vor  weichen 
Yokalen.  Es  wird  nämlich  aus  t  im  Os.  ein  d,  im  Ns.  ein  i;  aus  d  im 
Os.  ein  d£^  im  Ns.  ein  i.  Es  ist  somit  im  Ns.  das  dentale  (explosive) 
Element  in  den  Lauten  verloren  gegangen,  z.  B.: 

OS.  SerA,      ns.  deni  ,Dorn*,      aksl.  trbm, 
»    <^i^y,      n    'opiy  ,warm*,      „     Uph, 
„    dzeiadt    „    iasei  ,zehn*,         „     des^b 
(vgl.  Mucke  S.  197—201).    Im  XIII.  Jhd.   war  dieser  Lautwandel   noch 
nicht  eingetreten. 

Im  Po  lab.  gab  es  nach  Schleicher  kein  c,  i,  i,  sondern  dafür  «, 
«,  z.  Solche  Laute  verrät  auch  das  von  Job.  Parum-Schulz  herrührende 
Vokabular.  Es  wurde  zunächst  c  und  di  und  dann  i  und  i  »mazuriert« 
(vgl.  auch  Jagic,  Afsl.  Phil.  23,  S.  122).  Andere  meinen  wieder,  daß 
hier  dialektisch  doch  auch  c\  «,  i  vorkamen  (vgl.  Kali  na,  Bozpr.  21, 
S.  112-114). 

Im  WeißruBs.  gibt  es  abgesehen  von  Grenzdialekten  auch  einige 
sog.  cokavische  Dial.  {eokajuicije  govory),  in  denen  c  von  c  und  umge- 
kehrt e  von  c  vertreten  wird  (im  P.  nennt  man  diese  Erscheinung  btm- 
dzienie)  und  zwar  im  Gouv.  von  Vitebsk,  Smolensk  und  Tver  (Sobo- 
levskij,  Opyt,  S.  73). 

Cokavischen  Dial.  begegnen  wir  auch  im  Großruss.,  so  im  Gouv. 
von  Bjazan,  Kazan  u.  s.  w.  Die  nördlichen  cokavischen  Dial.  sollen 
ein  Überbleibsel  des  einstigen  Novgoroder  Dial.  sein,  wo  wieder  diese 
Eigentümlichkeit  durch  den  Einfluß  einer  fremdem  (finnisch^)  Sprache 
hervorgerufen  sein  soll  (Sobolevskij,  1.  c.  S.  43).  Sie  beschränkt  sich  wie 
auch  im  Weißruss.  auf  den  Laut  c  (man  findet  schon  in  den  Denkm.  aus 
dem  XI.  Jhd.  Spuren  dieses  Lautwandels),  seltener  kommt  auch  i  in  Be- 
tracht, und  im  Gouv.  Yjatka  wird  auch  9  für  i  gesprochen. 

Seltener  im  Eleinruss.:  lemkisch  cu^  und  duiu,  huzulisch  ^tco, 
podolisch  deßj  caiavik^  nordukrainisch  eerez  st.  cerez,  auch  tnez  st.  meif, 
im  Gouv.  Grodno:  cornyj  st.  cornyj,  lezala  st.  Maia. 

Unter  den  südslav.  Dial.  ist  es  zunächst  das  Öakavische  um 
Fiume,  wo  c,  I,  i  zu  c,  z,  s  geworden  ist.  Im  kajkavischen  Dial.  der 
Fudki  in  Istrien  fielen  i,  i  und  «,  2  in  i  und  i  zusammen.  Sonst  bemerken 
wir  im  Serb.  in  der  Gruppe  er  ein  c  z.  B.  crv  ,der  Wurm*,  erevlja  ,der 
Schuh',  cfn  ,schwarz*,  crpsti,  crpati  ,schöpfenS  erven  ,rot',  erljep  ,ScherbeS 
so  im  ganzen  itokavischen  und  dem  südl.  2aka vischen  Dialekt 
(Dalmatien),  dagegen  behauptet  sich  im  Kroat.  das  er:  crn,  crida  (vgl. 
auch  Polanski,  Die  Lab.  S.  59);  das  nördl.  öakavische  Gebiet  (Kroa- 


377 

tieiii  Küstenland),  in  Istrien,  auf  den  Quarneroinseln  weist  noch  über- 
iLaopt  vielfach  das  alte  er  auf.  Die  ältesten  Belege  f&r  er  datieren  aus 
dem  XII.  Jhd.  Das  Slo?.  hat  wie  das  Kajkarische  überhaupt  noch  er. 
Ebenso  bleibt  im  Bulg.  er  und  zwar  wird  hier  zwischen  diese  beide 
Laute  meist  ein  t  eingeschoben  cvm^  certa^  eerv  (vgl.  b.  cerny^  cerv,  cert 
n.  s.  w.);  die  maced.  Dial.  weisen  jedoch  nach  s.  Art  ein  er  auf  (Jagic, 
Afsl.  Phü.  23,  8.  122). 

i  wird  r.  Einen  schönen  Beleg  für  die  einstige  Artikulation 
des  i  durch  die  nach  oben  gegen  die  Alveolen  und  den  Gaumen 
gerichtete  Zungenspitze,  welche  Artikulation,  wie  wir  sahen,  gleich- 
bedeutend war  mit  der  Verhärtung  dieses  Lautes  (und  analog 
auch  bei  den  anderen),  bietet  uns  das  Südslav.  Hier  geht  näm- 
lich das  z,  namentlich  wenn  es  intervok.  ist,  in  r  über.  Das  r 
wird,  ¥de  wir  S.  289  herrorgehoben  haben,  mit  der  Zungenspitze 
hervorgebracht  Wird  der  Luftstrom  bei  einem  derartig  artiku- 
lierten z,  wie  wir  es  für  das  Südslav.  voraussetzen  müssen, 
schwächer,  so  kann  nicht  mehr  ein  Beibungsgeräusch  hervor- 
gerufen, d.  h.  das  z  ausgesprochen  werden,  wohl  aber  kann  noch 
die  Zungenspitze  zum  Anschlagen  gebracht  werden,  wodurch  eben 
statt  des  z  ein  r  erklingt  Wir  konstatierten  auch,  daß  die 
Zungenspalte  bei  z  großer  ist  als  bei  ä,  offenbar  entspricht  sie 
auch  jener  bei  r  nach  dem  jeweiligen  Zungenanschlag.  Die 
Hauptbedingung  aber  war  die,  daß  die  Zungenspitze  bei  der 
Aussprache  des  z  gehoben  wurde,  was  eben  auch  bei  r  der  Fall 
ist  So  finden  wir  z.  B.  im  Slov.:  vendar  ,tamen^  aus  vem  da  ze 
(aksl.  vemb  da  ze);  kdar  aus  kdoz(t>),  kir  allgem.  Bei.  {kbde  zb), 
das  Verbum  marem,  moreä,  vgl.  aksl.  moffq,  mozeü  zu  moäti 
,könnenS  po-more  ,adiuvat'.  Die  Freis.  Denkm.  haben  allerdings 
noch  moseU  (—  mozeU),  wie  sie  sonst  auch  noch  das  z  bewahren. 
Damit  hängt  auch  kroat  marati  zusanmien.  Vom  S.-kr.  zeigt 
insbesondere  das  Kr oat  zahlreiche  Belege  menikadare,  dorinuti,  \ 

dörenem  zu  dbgnati  ,adpellere^,  daher  selbst  auch  renSm  st.  zenim 
,treibe*. 

Ln  Bulg.:  dori,  duri  ^hisf  aus  doze  i.  Hier  entsteht  übrigens 
auch  j  aus  z:  map  ,po88imi<  (moze).  j 

Was  hier  bezüglich  der  Aussprache  des  z  im  Südslav.  er-  | 

örtert  wurde,   muß  natürlich  auch  von  den  übrigen  hierher  ge-  I 

hörigen  palatalen  Lauten  gelten.    Bezüj^ch   des  i  muß   insbe-  j 

sondere  hervorgehoben  werden,  daß  es  noch  heutzutage  vorwiegend  j 

mit  der   emporgerichteten  Zunge  höher  am  Gaumen  artikuliert  j 

wird.  i 


378 

Welche  Wirkungen  das  /  in  der  slav.  Lautiehre  hervor- 
gerufen hat,  haben  wir  an  mehreren  Stellen  gesehen.  Man  kann 
sie  zusammenfassen  mit  den  Worten:  Palatalisierung  ganzer  Kon- 
sonantengruppen, Umlaut  von  dumpfen  Vokalen,  die  nachfolgten. 
Dazu  kommt  noch  seine  Bolle  im  Anlaut  (vgl.  S.  180)  und  inter- 
vokalische  Funktion  (dajati  neben  davati)  überhaupt  Ja,  man 
kann  sagen,  daß  die  ganze  slav.  Lautlehre  von  diesem  Laute 
beherrscht  wird;  auf  Schritt  und  Tritt  begegnet  man  sieinen 
Wirkungen. 

Eine  Wirkung  müssen  wir  hier  noch  anführen:  es  ist  die  dissi- 
milatorische  Wirkung  zweier  j  in  einem  und  demselben  Worte.  Es 
kann  unter  ihrem  Einflüsse  das  ersteh  verloren  gehen.  Das  aksl.  tuidt 
,fremd*  müssen  wir  aus  *tjudjo-  (vgl.  dameben  ituidb)  erklären.  Hier 
wirkte  das  zweite  ^  dissimilierend  auf  das  erste,  so  daß  daraus  auch 
tudfO'  entstand,  dessen  Beflex  eben  das  aksl.  iuidb  ist  (vgl.  Verf. :  0  püvodu 
kijevsk^  list&  u.  s.  w  S.  4,  Anm.  3).  So  auch  Meillet  in  seinen  Etudes 
sur  Tetym.  S.  175.  Er  sucht  hier  auch  noch  andere  Fälle  auf  diese  Art 
zu  erklären,  aber  sie  sind  zumeist  wenig  wahrscheinlich.  Dagegen  gehört 
hierher  wohl  sicher  aksl.  pljuita  (aus  *pljutja)  neben  pluita  (aus  ^plutja)^ 
das  durch  Dissimilation  aus  ^pljutja  entstanden  ist  (vgl.  oben  S.  97). 

Konsonantenasslmllatioii. 

Je  nach  der  Beschaffenheit  der  Kons.,  die  zusammentreffen^ 
haben  wir  verschiedene  Fälle  zu  unterscheiden. 

I.    Explosivlaute    allein,    mit   Spiranten    und    anderen 

Dauerlauten. 
A)  Es  treffen  Explosivlaute  zusammen:  zunächst  muß  ein 
stimmloser  Kons,  vor  einem  stimmhaften  ebenfalls  stimmhaft 
werden  und  umgekehrt,  dann  muß  es  aber  zu  einer  voUständigen 
Assimilation  kommen,  d.  h.  der  vorhergehende  Kons,  muß  sich 
vollständig  angleichen.  Da  aber  im  Urslav.  jede  Silbe  offen  sein 
mußte,  so  wurde  die  auf  solche  Weise  entstandene  Doppelkonso- 
nanz beseitigt,  z.  B.  aus  lekto-  entstand  *leUo  und  daraus  letb 
,Flug^  (vgl.  S.  270);  folgte  ein  palataler  Vokal  nach  kt,  so  war 
das  B.esultat  teilweise  ein  anderes  (ebendort).  Wo  jedoch  ein 
älteres,  vorslavisches  tt  entstand,  führte  es  zu  st,  z.  B.  aus  *ued'ti 
wurde  "^yietti  und  daraus  vesti  ,führen,  heimführen';  veglan  ,peri- 
tus*  aus  *vidglash,  *vegglash  (vedeti)]  teti  aus  *tepti,  Präs.  tepq 
,schlagen'  (S.  289);  gräi  aus  *grepti,  *grebti  zu  grehq  ,grabe*; 
dlato  ,Meißel'  aus  *doÜo  und  dieses  aus  *delbto,  *dolbto  (bt  zu 
pt,  tt,  t);  sedmt  ,sieben'  aus  *sebdmis  (d  aus  bd,  dd). 


379 

Diese  Regel  der  Tollständigen  Angleichang  galt  nur  fürs  ürslav. 
Als  später  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen  durch  den  Aasfall  der  Halh- 
Tokale  YerschlnBlante  wieder  zusammentrafen,  da  wirkte  diese  Begel 
nicht  mehr,  sondern  es  wurde  nur  einfach  assimiliert,  d.  h.  es  kam  ein 
stimmhafter  Laut  vor  einen  stimmhaften,  ein  stimmloser  vor  einen  stimm- 
losen, z.  B.  p.  Ukki  aus  *legki  gegen  aksl.  ltg^k9  ,leicht';  p.  ffdy  {kiedy) 
aus  *kidy  ,wannS  ns.  gdy\  b.  kdo  ,wer*,  so  wird  es  geschrieben,  ausge- 
sprochen aber  gdo, 

B)  Es  kommen  Verschlußlaute  (Explosivlaute)  mit  Spi- 
ranten zusammen: 

a)  vollständige  bei  Verschlußlauten  mit  s:  aksl.  Aor.  vegb 
^uxi<  aus  *vHgh,  *vSdsb;  aksl.  kqffb  ^Bissen,  Stück'  aus  ^kondso- 
(vgl  S.  358);  vezy  ^vehens'  aus  *ue§hont8,  lit.  vezqs  (im  Slav.  war 
vielleicht  auch  einmal  *^ezas,  *vezys);  aksl,  osa  ^Wespe',  vgl.  Ut 
vapsä  3^^^')  vysokb  ^och'  aus  *9/p8o1co^  vgl.  gr.  vxpc  (S.  358). 

Ebenso  wenn  das  $  zwischen  zwei  U  (auch  aus  dt)  entstand: 
mesti  ,werfen'  aus  *inetsti  und  dieses  aus  *meUi  Präs.  metq  (ib.) 

ß)  bei  Verschlußlaut  und  ch:  aksl.  red^^  ,dixi'  aus  ^rSkdi^ 
und  dieses  aus  *rik8b  (vgl.  8.  357);  ochodäi  ,weggehen*  aus  *o^ 
choditi  (ot-  war  ursprünglich,  dann  erst  wurde  daraus  otb,  vgl. 
S.  296). 

y)  bei  Verschlußlaut  mit  ä  tritt  unvollständige  Assimilation 
ein:  ksl.  opMeno-zütcb  ,yLOtv6ßiog^  aus  obhHeno-;  älter  ist  jedoch 
oHh  aus  (utihh  (vgl.  oehodüi). 

Aus  TP  +  z  wird  hz:  lat  pHo,  gr.  ßdiw  aus  *bzdeö,  b. 
bzdina  ^Gestank,  Schleicher'  aus  *pzdina  (Schwundstufe,  vgl. 
slov.  pdzdfti). 

C)  Eine  voUsländige  Assimilation  trat  auch  ein,  wenn  be- 
stimmte Verschlußlaute  mit  einem  Nasal  (m,  n)  zusammen- 
trafen. So  zunächst  Labiale:  u-shn^i  ,einschlafen'  aus  *U'8^pnqti, 
ebenso  innb  ,8chlaP  aus  ^sbpno-;  dtno  ,Boden'  aus  *dibno,  vgl. 
lit.  dügnas  ,Boden,  Grund'  (aus  *dii6no-)  zu  dubüs  ,tief,  hohl'; 
zaJdenqti  ,claudere',  vgl.  zaMept  ,claustrum';  gynqti  ,perire'  neben 
gyhati,  gtfbljq  ,perire'.  Weiter  Dentale:  osvtmqti  ,hell  werden' 
zu  swtiti  ,leuchten';  krqnqti  ,deflectere'  zu  krqtüi  ,drehen';  damt 
,werde  geben'  aus  *dödtni,  rumem  ,rof  aus  ^rudm^no-,  vgl.  ruda 
,Erz,  Metall'  (vgl.  S.  279).  Dann  Gutturale:  lono  ,sinus'  aus 
*lokn(h,  W.  leq  ,biegen';  aksl.  plesnqti  aus  ^plesknqti  gegen  ple- 
skati  ,klat8chen'  (also  sk  vor  n). 

Bei  Gutturalen  ist  jedoch  diese  Assimilation  selten.  So 
bleibt  die  Gruppe^;  ognt  ,Feuer';  sttgna  ,platea';  gnetq  ,kneten'; 


380 

dvigtufti  ,heben',  b.  zdvUinauti,  s.  dlgrOfn,  spezifisch  r.  ist  dagegen 
dvfnutb. 

So  scheint  auch  kn  in  der  Hegel  zu  bleiben.  Neben  dem 
oben  angeführten  Falle  haben  wir  aksl.  u-ndtknqti  ,verstummen^, 
s.  nmknuti,  r.  mdlknutb,  b.  tt-ndknauti,  p.  inilknq6;  dann  wäre 
lono  aus  *lokno  jedenfalls  älter. 

Brugmann  hält  mit  Mikkola  (BB.22,  S.  246)  daran  fest, 
daß  der  Verschlußlaut  vor  einen  Nasal  verschwinden  müsse;  wo 
er  in  bist  Zeit  erscheine,  handele  es  sich  um  analogische  Neue- 
rungen oder  um  Wegfall  von  ^  zwischen  den  Lauten,  z.  B.  ksl. 
pri'ltpnq  —  Itnq,  dvignqti,  okno  (Kurze  vgl.  Gr.  8.  227,  Fuß- 
note). Es  scheint,  daß  dieses  Gesetz  wirklich  für  eine  gewisse 
Phase  hindurch  wirkte  vgl.  z.  B.  r.  dtdnutt;  es  ist  aber  jedenfsdls 
frühzeitig  imd  zwar  schon  im  Urslav.  vielfach  aufgehoben  worden. 
So  ist  also  in  solchen  Bildungen  im  allgemeinen  der  Guttural 
geblieben.  Meillet  meint,  man  müsse  die  verschiedenen  Ver- 
schlußlaute unterscheiden,  denn  allen  wäre  nicht  eine  gleichartige 
Behandlung  zu  teil  geworden  (Etudes  sur  l'etym.  S.  130 — 131). 

D)  Verschlußlaut  mit  einem  L  Hier  kommen  nur  die 
Dentale  in  Betracht  Ü  und  dl  konnten  im  Urslav.  bestehen  und 
wurden  erst  im  Südslav.  imd  R.  assimiliert,  daher  b.  modlüi^  p. 
madli6,  aksl.  dagegen  moläi,  slov.  molüi  (Freis.  Denkm.  noch 
modlüi,  dann  vsedli,  in  kärntnerischen  Dial.  jetzt  auch  noch  dl), 
s.  MÖläi  ,bitten,  beten';  b.  pleil,  p.  plati,  aksl.  dagegen  plel^  zu 
fieUf,  plesti  ,äechten'  (vgl.  S.  279).  Hier  überall  wurde  zunächst 
zu  U  assimiliert,  woraus  dann  l  wurde.  Analog  auch  z.  B.  im 
lat.  seUa  aus  *8edla  zu  sedlo  (got  siUs  ,Sitz'),  gr.  lak.  hkH  ,Sitz^ 

Die  Gruppen  kl,  gl;  pl,  bl  bleiben  bestehen.  Ebenso  bleibt 
Verschlußlaut  und  r,  also  kr,  gr;  tr,  dr;  pr,  br. 

U.    Assimilation  bei  Spiranten. 

Dazu  gehören  hier  natürlich  auch  die  Afiricatae. 

A)  Spiranten  untereinander.  1)  Die  zweite  ist  tonlos:  die 
vorhergehende  stimmhafte  wird  zunächst  in  die  entsprechende 
tonlose  derselben  (in  unserer  TabeUe:  horizontaler)  Reihe  ver- 
wandelt, jedoch  nie  in  eine  der  Affricatae  d  und  c.  Dann  kann 
es  zu  einer  vollständigen  Assimilation  kommen.  Innerhalb  der 
tonlosen  muß  der  zu  assimilierende  Laut  auch  zunächst  in  die 
Artikulationsreihe  des  assimilierenden  Lautes  rücken,  z.  B.  aus 
8ö  wird  iö  (siehe  weiter  unten  z.  B.  bei  bedqdtm). 


381 

Durch   die   folgende  TabeUe   soll   der  Prozeß  besser  veran- 
schaulicht werden: 

Spiranten  (mit  Affricatae). 


Tonlos 

1 

Tönend 

Guttural 

ch 

Palatal 

i     1     i 

i 

Dental 

C                8 

z(dz) 

Labial 

f 

V 

Es  kommen  folgende  Gruppen  in  Betracht: 

z  +  8  gibt  88,  8  z.  B.  aksl.  biztstvo  ^uga',  woraus  *bei8tvo, 
dann  *beä8tvo,  hesstco  (so  z.  B.  im  Assem.  Matth.  24,  20)  und 
schließlich  bestvo  (Mar.  Zogr.  u.s.  w.  Matth.  24,  20;  Marc.  13, 18). 

Anders  mitunter  in  einigen  r.  Dialekten :  aus  i -{-  9  wird  z  4-  4  und 
daraus  dann  z:  knjazMtvo  (lies  knfaztvo),  rnzestvo  (lies  raävo)  aus  roitstvo 
aksl.  roidbstvo  ,6eburt,  generatio';  ja  hier  kann  an  das  z  auch  das  t 
assimiliert  werden:  klruss.  ritdvd  , Weihnachten*  (vgl.  Sobolevskij, 
Lekc.  S.  106  und  104).  Das  bemerken  wir  aber  nur  hier.  Es  kann  dem* 
nach  das  in  einigen  aksl.  Denkm.  auftauchende  roz^Hva  nicht  auf  dieselbe 
Art  erklärt  werden,  vielmehr  ist  es  als  ein  Bohemismns  aufzufassen  (Vgl. 
Verf.  0  püvodu  Kijevskych  listü  ...  u  s.  w.  S.  40—41).  Wäre  auch  im 
Aksl.  bez.  Sudslav.  dieselbe  Regel  möglich  gewesen,  so  müßten  wir  z.  B. 
auch  ein  ^bizbttco,  *b&Uvo  finden,  allein  das  kommt  in  der  damaligen 
Periode  nicht  vor.  Übrigens  wäre  bei  roidbstvo  wegen  des  d  eine  derartige 
Assimilation  gar  nicht  möglich.  Wir  könnten  höchstens  ein  roiMvo, 
rostco  erwarten. 

Wie  im  Aksl.  war  der  Prozeß  auch  im  Ab.  und  P.:  aus 
*hozt8ky  entstand  hosky,  so  auch  dialektisch,  schriftböhm.  jetzt 
wieder  hozsky;  ebenso  prasky  ab.  und  dial.,  schriftb.  prazsky 
,Prager';  vgl.  auch  f.bo8ki,  bozki  .göttlich',  prazki  ,Prager'  u.8.  w. 

z  +  S  gibt  S  z.  ß.  %Z'8U^^,  woraus  i8'&hd^  (so  z.  B.  im  Supr. 
470,  7),  dann  *ü'Hd^,  woraus  i-std^,  ebenso  v^8'ätd^  (Supr. 
236,  23)  neben  v^äbd^  ('äbd^  ist  das  Part.  Prät.  act.  I  zu  Ui,  idq 
,geben*),  aber  auch  M,  H  (S.  365). 

z  +  6  gibt  infolge  der  vollständigen  Assimilation  6,  oder  H 
(durch  Vereinfachung  der  Gruppe  äc)  z.  B.  aus  bez'^^dtm>^  aveTL- 
vog  wird  zunächst  *b€8'ö^di>m,  daraus  beä-^tm,  das  kann  wieder 
entweder  vollständig  assimiliert  werden:  *bed'C^ifm,  beö^i^m,  oder 
die  Gruppe  ic  wird  vereinfacht  (indem  aus  Hs  ^  §d  ein  H  wird): 


382 

beSt^dtm.  So  auch  bedtstü  ixTifiog  Zöge.  Matth.  13, 57,  im  Mar. 
dagegen  hier  beHtstii,  aber  Marc.  6,  4  hat  Mar.  becbsti  und  Zogr. 
beHhsti;  Marc.  12,  4  beide  Quellen  beättstna. 

Hierher  gehört  iSi^cgti  ,erane8cere*  aus  iz-c^nqfi;  iHuti  aus  ii-cisti 
,namerare*;  ütuiiii  aus  iz-cistiti  ,mandare';  heübsUje  du/^ia  aus  hez'CbiUje; 
ü^die  ,genimen'  neben  is-c^te  aus  *iz'C^ie.  Letzteres  Beispiel  zeigt 
uns,  daß  die  Präp.  immer  vom  neuen  in  solche  Bildungen  eindrang.  So 
erklärt  sich  noch  hes-dimm  Supr.  2%,  10;  hes-cMttije  i\i.2^\^  29;  hes-cbttije 
ib.  54,  17;  via-cudUi  »^  ib.  220,  27;  bes-c^bm  ib.  182,  9. 

z  +  c  ergab  zunächst  sc,  das  auch  bleiben  konnte,  oder  es 
führte  durch  die  vollständige  Assimilation  zu  c,  oder  durch  Ver- 
einfachung der  Gruppe  sc  (»  sts,  das  zweite  s  fiel  ab)  zu  st: 
icUüi  ,heilen'  aus  iz-cäiti  neben  is-cUüi  und  istäUi;  bes-c&Mm^ 
aTifxfjTog  Glag.  Cloz.  940;  vgl.  auch  i-cnkbve  =-  iz-cnlave  ,aus 
der  Kirche*. 

z  +  s  gibt  s  (durch  ss  hindurch):  i-selem  anotyLog  (Prager 
JEVagm.  n,  B  15);  m-stati  aus  vbZ'Stati  ,au&tehen';  be-szfnrtfttfm 
junsterblich';  vgl.  be-stracha  =  bez  stracha  ,ohne  Furcht*. 

z  +  dl  gibt  seh:  vöschodüi  jOtvaßaivuv^;  fybsctu>teti  ßovXead-ai; 
vgl.  aus  is  dUSba  Supr.  447,  11;  is  chrama  ib.  16,  23. 

2)  Die  zweite  Spirans  ist  tönend: 

z  +  z  gibt  zd  in  dem  zunächst  zz  daraus  wird  und  zwischen 
zwei  zz  wird  ein  d  eingeschoben :  vbzdeUti  €Tti&vfislv  aus  v^z-zeliti; 
vzzd^ati  ditpav  aus  vzz-z^ati. 

Leskien  meint,  das  d  sei  noch  das  alte  des  di^  aus  g,  das  sich 
hier  nach  der  Präp.  erhalten  habe  (Handb.,  4.  Aufl.,  S.  58). 

B)  Spiranten  vor  Verschlußlauten.  Tönende  müssen 
vor  tonlosen  auch  tönend  werden: 

z  +  t  gibt  st  z.  B.  istodmikb  TttjyT]  aus  iz-todtnikz;  is4^zati 
i^erdaai  aus  iz-t^z . . .;  vgl.  auch  bes  togo  Supr.  7,  29. 

^  +  P  gibt  sp  z.  B.  isprositi  alTelv  aus  iz-prosüi;  ispovidati 
i^ofjLoXoyeia&ai;  rusp^i  ,crucifigere';  vgl.  auch  bes  pravhdy  Glag. 
Cloz.  640. 

z  '{'  k  gibt  sk  z.  B.  is-koni  an  agxijg  aus  iz-koni;  is-kusüi 
neigd^siv. 

Ebenso  tonlose  vor  tönenden  zu  tönenden: 

Aus  s  +  d  wird  zd  z.  B.  aus  aksL  s^drav^  wird  r.  zdarov^, 
b.  zdrdv,  slov.  zdrav. 

s  +  b  gibt  zb  z.  B.  aus  istdba  ,Stube^  entsteht  *isba,  woraus 
izba  (doch  kann  auch  *izdba  aus  *istba  hier  vorausgesetzt 
werden). 


383 

i  +  d  müßte  zd  ergeben,  doch  ist  das  in  Miklosichs  Aus- 
gabe des  Supr.  322,  12  enthaltene  mnogazdi  aus  tmnogaitdi  un- 
richtig, die  Hds.  enthält  tnnogaädi;  dameben  allerdings  auch 
mnogoHi  (ib.  206,  24),  ebenso  im  61ag.  Cloz.  489. 

Es  kann  also  ohne  Veränderung  bestehen:  sk,  st,  sp^;  zg 
(mozgb),  zd  (mtzda),  zb  u.  s.  w. 

C)  Spiranten  vor  Liquidae  und  Nasalen.  Die  Gruppe 
d  bleibt  bestehen:  nesh  Part  Prät.  act.  11.  Geht  aber  vor  dem 
s  noch  ein  Kons,  vorher,  so  ist  8  schon  im  Urslav.  ausgefallen: 
zOa  ,Ader'  aus  ""gifda,  ^ginsla  (vgl  S  360). 

Ebenso  bleibt  cht:  us^chl^  Part  zu  usbchnc^i  ,trocken  werden, 
verdorren*. 

9r  führte  zu  str  (vgl.  8.  361). 

sn  und  chn  blieben  bestehen,  ging  aber  vor  dem  8  noch  ein 
Eons,  vorher,  so  ist  das  s  schon  vorslav.  ausgeüedlen:  aus  *Umlcma 
entstand  ^louknä  und  daraus  luna  ,Mond'  (8.  359). 

sm  und  chm  blieben  ebenfalls. 

Waren  die  Liquidae  und  Nasale  erweicht,  so  wurde 
auch  die  Spirans  erweicht  und  zwar  mitunter  selbst  auch  außer- 
halb der  Komposition:  bez  negoze  (lies  riegoze)  Kiev.  Bl.  VI, 
Z.14— 15;  iz  nego  (Iflego)  Glag.  Cloz.  51 ;  iz  nego  Supr.  348,  22; 
iz  nejq  ib.  97,  20;  dameben  allerdings  auch  iz  nego  ib.  8,  27, 
weil  die  Präp.  aus  anderen  intakten  Verbindungen  immer  ein- 
drang.   Weiter  mzljublenii  Kiev.  BL  Vb,  5;  vhUjublenyj^  ib.  V,  3. 

Ebenso  sV  zu  iV:  myäljaaSe  Imper£  zu  tnyslUi  dialoyi^ea&at 
Mar.  Luc.  12,  17. 

IIL    Nasale  unter  einander. 
Schon  teilweise  vielleicht  vorslav.,  teilweise  urslav.  führte  mn 
wohl  zu  n  (vgl.  S.  322),  dagegen  ist   aus  nm  durch  vollständige 
Assimilation  ein  m  geworden  (S.  323). 

Femasslmilation  von  Kons. 

Es  handelt  sich  meist  um  den  Übergang  des  8  in  i  und  c 
in  ö  infolge  eines  meist  schon  in  der  nächsten  Silbe  enthaltenen 
ä  und  d. 

Aus  dem  Bulg.  kann  angeführt  werden  iulejäi  aus  8uUjH; 


1.  Diese  Gruppe   wurde  mitunter   aus  pi   durch  Metathese  herbei- 
geführt, vgl.  oben  S.  358. 


384 

oäirofnaäanath  st  osiromaSavatt  (hier  enthält  die  4.  Silbe  das  s); 
iaStisatm  sa  ,sich  betrüben'  st.  stzMisatm  sa;  sluäali  st.  sluäali 
(vgl.  Lavrov»,  Obzor»,  S.  95). 

Aus  dem  Böhm.:  ab.  iodovice  st  sodovice  nach  aksl.  8o6ivo 
^ensy  legumen',  p.  soczewica,  soczka,  nb.  aus  äoiovice  durch  weitere 
Assimilation  öodovice,  öodka,  r.  auch  dedevica  und  ar.  socevica; 
dial.  irieü  ^HomlB'  st  sräeti,  p.  auch  szerszeA  neben  «iers^^eTi; 
sorb.  äersen,  r.  Seriem;  dial.  (5t7tä^  ,üben'  aus  cmöiti;  dvrcek  st. 
(?rröfeÄ;  ,6rille'  (vgl.  Gebauer,  I,  8.  481  und  502—503). 

Im  Buss.:  schon  im  Ostr.  Ev.  79ob.  lesen  wir  zizoUfHei  st. 
zizdqätei,  vgl  noch  chudozbstvo  Hzitdtsko;  Sasa  aus  Saäa,  aber 
auch  zdezo  st  zelezo  ,Eisen',  klr.  zolizo  (vgl.  Sobolevskij,  S.  141). 
Neben  aksl.  srtsth  ,pili*,  slov.  srst,  b.  srsi,  vgl.  lit  szertis  ^haaren-* 
haben  wir  im  B.  Serstt,  das  ist  aber  wohl  unter  dem  Einflüsse 
von  äerSavyj  ,rauh',  das  wieder  sein  ä  den  Bildungen  wie  äeraäüt, 
wruss.  Seräiö  u.  s.  w.  entlehnt  hatte;  p.  sier^ö  neben  $zerd6,  dieses 
wohl  unter  dem  Einflüsse  des  folgenden  46. 

Anderes  bei  r  und  l  vgl.  oben  S.  318  f. 

Metathesis  ron  Kons. 

Die  Metathesis,  die  bei  liquidae  beobachtet  wird  (sofern  es 
sich  um  die  or^-6ruppe  handelt),  ist  schon  S.  297  zur  Sprache 
gekommen.  Desgleichen  ist  auch  die  Umstellung  von  ps  zu  sp 
erwähnt  worden  (S.  358).  Neben  dem  s.  vas  für  aksl.  vbsb  ,om- 
nis'  auch  schon  sav:  aus  ^hsega  im  Gen.  entstand  *usega,  dann 
*suega,  svega,  Dat  svemu,  Nom.  PI.  m.  svi  (aus  ut>8i,  usi);  kroat 
sfa  aus  fsa,  aksl.  ptsa  ,Hunde8'  zu  Nom.  pas  aksl.  pb9b;  slov., 
s.'kr.goinila  gegen  ksl.  moyy/a  ,Erdhaufen*;  netopyrt  ,Pledermaus* 
erscheint  auch  als  nepUyrt,  nepotyrt.  In  den  einzelnen  slav. 
Sprachen  können  noch  zahlreiche  Fälle  beobachtet  werden. 

Abfall  auslautender  Kons. 

Der  Abfall  auslautender  Kons,  ging  wohl  im  lit  und  Urslav. 
selbständig  vor  sich;  das  gilt  von  d,  t:  Gen.  Sg.  der  o-Stämme: 
lit.  vi^,  aksl.  vhka,  ai.  f>rkäd;  3.  P.  Sg.  Opt  aksl.  ptfni,  vezi, 
lit  te-pine,  ai.  vcthet.  Dafür  spricht  das  q  aus  -ont  im  Aor.  vedq, 
ebenso  ^  aus  v^.  Im  Slav.  ist  man  aber  weiter  gegangen,  was 
auf  die  allgemeine  Begel  zurückzuführen  ist,  daß  jede  Silbe  ofifen 
sein  mußte.    So  ist  im  Slav.  auch  das  s  abgefallen,   während  es 


385 

im  lÄt  blieb,  z.  B.  Nom.  Sg.  der  o-Stämme  aksl.  vhkh  ans  *ulko8, 
lit  vilkas  ,Wolf . 

Haplologle. 

Zwei  unmittelbar  auf  einander  folgende  Silben,  die  identisch 
oder  fast  gleichlautend  sind,  wobei  es  sich  hauptsächlich  auch, 
jedoch  nicht  ausschließlich,  um  den  gleichen  kons.  Anlaut  handelt, 
können  leicht  in  eine  zusammenfließen. 

Aus  dem  Aksl.  gehört  hierher  wohl  kamim  ,steinem'  aus 
kamenem,  wie  es  noch  in  einzelnen  slav.  Sprachen  heißt  Weiter 
s.  bremenoäa  ,Lastträger^  aus  bremenanaäa;  s.  ihmos  ,Heiligenbild- 
trägei'  aus  ikovuhnos.  Im  Gen.  Sg.  fem.  des  best.  Adj.  ist  schon 
im  ürslav.  aus  ^dcbry-jej^  (vgl  den  Gen.  Sg.  jej^  ein  dobryj^ 
entstanden.  Ebenso  im  Dat  und  Lok.  Sg.  1  dobr^  aus  dobr^ 
jejiK  Ahnlich  ging  es  auch  noch  bei  einigen  anderen  Kasus 
dieser  Dekl.  zu  (vgl.  z.  B.  den  Instr.  Sg.  f.  dobrojq  und  dobrqjq 
aus  *dobrq'jejq).  Hierher  gehört  auch  z.  B.  b.  koäte  ,Besen'  aus 
koitüte  (und  dieses  aus  chvoitüti,  vgl.  Gebauer  I,  S.  554). 

Man  kann  die  Haplologie  auch  als  Silbenellipse  auffassen. 
Von  der  Kontraktion  wie  z.  B.  dobrägo  aus  dobraago  (und  dieses 
aus  dobrajego)  unterscheidet  sie  sich  dadurch,  daß  bei  ihr  zu- 
nächst die  Kons,  der  Silben  in  Betracht  kommen,  während  es 
sich  bei  der  Kontraktion  um  Vokale  handelt.  Bei  der  Kontrak- 
tion gehen  zwar  Vokale  auch  verloren,  aber  sie  werden  in  quani 
Hinsicht  ersetzt,  da  die  kontrahierte  Silbe  (dobrägo)  lang  wird, 
was  natürlich  bei  der  Haplologie  nie  der  Fall  sein  darf. 

SandU-Erselieiiiiuigen. 

Wir  haben  bis  jetzt  das  Wort  in  der  Regel  an  und  für  sich 
betrachtet  Aber  schon  bei  der  Untersuchung  des  vok.  Anlautes 
mußten  wir  hervorheben,  daß  im  Urslav.  jedes  Wort  nur  mit 
einer  offenen,   also  vok.  auslautenden  Silbe  endete,  und  daß  in- 


1.  Die  Form  dobrij\  die  oben  8.  61  als  ein  Produkt  der  Haplologie 
hingestellt  wurde,  ist  erst  später  entstanden  (aas  doMJi),  So  kann  aach 
der  Dat.  kosti  nicht  durch  Haplologie  aus  kosteiei  entstanden  sein,  viel- 
mehr führte  dieses  durch  Kontraktion,  wobei  auch  der  Lok.  *kostex  vom 
gewissen  Einfluß  sein  konnte,  zu  *k(jstei,  so  daß  ei  als  Langdiphthong 
eine  gest.  Int.  hatte,  wie  sie  sich  auch  noch  im  Inf.  zeigt.  Später  wurde 
sie  unter  dem  Einflüsse  der  Dative  wie  rtj^i  zu  einer  geschleiften.  Dar- 
nach ist  einiges  auf  S.  61—62  zu  berichtigen. 

Vondrftk,  Vgl.  daT.  Oninm.  I.  25 


386 

folge  dessen,  wenn  ein  Wort  mit  vok.  Anlaut  folgte,  ein  Hiatus, 
der  vielfach  gemieden  wurde,  entstand.  So  sind  die  Erschein- 
ungen, welche  wir  bei  dem  urspr.  vok.  Anlaute  bemerkten,  eigent- 
lich auch  schon  Sandhi-Erscheinungen.  Diese  beruhen  darauf,  daß 
das  Wort  in  der  gesprochenen  Sprache  eigentlich  selten  allein 
vorkommt,  sondern  meist  in  zusammenhängender  Bede,  im  Satze, 
in  zwei-  oder  mehrgliedrigen  Ausdrücken  und  daß  es  infolge 
dessen  in  lautlicher  (insbesondere  auch  in  akzentueller)  Hinsicht 
von  seiner  Umgebung,  von  dem  was  vorhergeht  und  unmittelbar 
nachfol^  beeinflußt  werden  konnte.  Das  Wort  konnte  unter 
diesen  Umstanden  bestimmte  Yemnderungen  erleiden,  dann  aber 
auch  in  dieser  veränderten  Form,  unter  anderen  Bedingungen, 
selbst  auch  selbständig,  gebraucht  werden.  So  ist  das  Meiden 
des  vok.  Anlautes  vorwiegend  diesem  Einflüsse  der  Umgebung 
—  dem  vok.  Auslaute  des  vorhergehenden  Wortes  —  zuzu- 
schreiben. Hat  sich  dann  bei  einem  Worte  mit  urspr.  vok.  An- 
laute ein  kons.  Element  im  Satzinnem  entwickelt,  so  konnte  es 
auch  haften  bleiben,  wenn  das  Wort  als  erstes  im  Satze,  in  der 
Sede,  vorkam,  d.  h.  dort,  wo  kein  vok.  auslautendes  Wort  vorher- 
ging, wo  also  eigentlich  kein  Hiatus  zu  tilgen  war.  Die  Ver- 
änderungen an  Worten,  die  wir  als  Sandhi-Erscheinungen  charak- 
terisieren, müssen  sich  natürlich  in  jenen  Bahnen  bewegen,  in 
welchen  auch  die  lautlichen  Veränderungen  im  Wortinnem  vor 
sich  gehen.  Tatsächlich  haben  wir  gesehen,  daß  bei  der  Meidung 
des  voL  Anlautes  dieselben  Mittel  angewendet  wurden,  mit  denen 
auch  der  Hiatus  im  Wortinnem  getilgt  wurde. 

Am  deutlichsten  können  wir  die  Sandhierscheinungen  an 
den  Fräpositionalausdrücken  beobachten,  weil  die  Fräp.  in  der 
B.egel  nicht  aUein  vorkommt.  Der  Fräpositionalausdruck  wird 
auch,  wie  wir  schon  hervorgehoben  haben,  als  eine  sprachliche 
Einheit  aufgefaßt,  daher  dieselben  lautlichen  und  akzentuellen 
Bageln,  als  ob  es  überhaupt  nur  ein  Wort  wäre.  So  haben  wir 
schon  bei  der  Assimilation  von  Kons.  Fälle  angeführt  wie  be- 
stracha  =  bez  Hracha,  i-crhkbve  st.  iz  crbkbve  Zogr.  Assem. 
Hierher  auch:  bez-d-razuma  ,ohne  Verstand'  Mar.  Matth.  15,  16 
(st  bez  razumä). 

Wie  wir  wissen,  war  *v^n^'j€mt  ,in  ihm'  berechtigt,  ge- 
schrieben vrird  es  rs  njemt,  es  ist  aber  dann  auch  pri  njemt  und 
andere  derartige  Formen  aufgekommen  (vgl.  S.  324).  Berechtigt 
war  vz  domu  ,im  Hause',  vb  grculi  ,in  der  Burg,  Stadt',  dagegen 


387 

sollte  es  *vzn'Ogni  ,iin  Feuer*  heißen  (aus  *x^nogni);  es  ist  hier 
aber  die  Form,  welche  vor  Kons,  gebraucht  wurde ^  yerallge- 
meinert  worden,  daher  tn  ogni,  und  nur  bei  dem  erwähnten  Pro- 
nomen und  sonst  noch  in  einigen  vereinzelten  Fällen  hat  sich  das 
107m  (analog  auch  s^n)  erhalten. 

Andere  Sandhi-Erscheinungen  aug  dem  Aksl.  sind  z.  B.  pridamij  aus 
pridamt  i  ^aQad<ooio  a^6y'  Glag.  Cloz.  172;  proilaüüfp  aus  proslavüb  i 
dofdoti  a(n6v  Mar.  Jo.  13,  32;  dyiaehamyj  aus  thfiaekom^  %  ^jxof^aafMv 
avtov  Mar.  Marc.  14,  58;  npaaetoj  aus  $bpa$et9  i  Fsalt.  sin.  21,  9; 
pcMrichomoj  aus  poiriSehom^  %  xaxenlofier  abt6v  ib.  34,  25  (vgl.  S.  139). 
In  dieselbe  Kategorie  gehören  auch  die  Ausdrücke  wie  mirotb  aus  mtir» 
9b;  rodosb  aus  rod^  tb  Akk.  8g.  r^v  ywsa»  xavttjy  Mar.  Matth.  11,  16  und 
sonst  noch  häufig. 

Andererseits  darf  man  aber  nicht  glauben,  dafi  das  Wort  seine  Ge- 
stalt nur  aus  der  zusammenhängenden  Bede  haben  konnte.  Wenn  aus 
-08,  'On  im  Slav.  ein  -s  geworden  ist,  wird  es  auch  unter  die  Sandhi- 
Erscheinungen  gerechnet.  Das  ist  aber  eigentlich  nicht  richtig.  Diesen 
Lautwandel  hat  nicht  die  Umgebung  hervorgerufen.  Das  «,  bez.  das  n 
hat  das  o  zunächst  in  u  Terwaudelt  und  dann  ist  aus  -im,  bez.  -im  ein 
-a  entstanden.  Man  könnte  höchstens  zugeben,  daß  hier  zunächst  jene 
PäUe,  in  denen  nach  dem  -o«,  -an  ein  Wort  mit  kons.  Anlaut  folgte, 
maßgebend  waren.  Es  darf  hier  aber  auch  die  selbständige  Stellung 
«olcher  Worte,  die  gewiß  auch  eine  Bolle  spielte,  nicht  außer  acht  ge- 
lassen werden.  Das  gleiche  gilt  natfirlich  von  allen  analogen  Fällen,  in 
denen  wir  es  überhaupt  mit  sog.  Auslautgesetzen  zu  tun  haben. 


388 


Stammbildungslehre. 

Einleitung. 

Abstrahieren  wir  in  ucUeta^  ucäeTu  (Nom.  ueäeTt^-die  Kasussuffixe 
«,  ti,  welche  ans  die  Beziehung  des  Wortes  zu  seiner  Umgebung  (sjnt. 
Bez.)  ausdracken,  so  bleibt  ueÜeF'  übrig:  das  ist  der  Stamm,  welcher  der 
Dekl.  zu  Grande  gelegt  wird,  und  daher  nennen  wir  ihn  hier  speziell 
Nominalstamm.  Die  Formenlehre  wird  freilich  darstellen,  daß  er 
eigentlich  eine  Erweiterung  zu  uciteljo-  erfahren  hat.  Analog  verhält  es 
sich  bei  den  Yerbalbildungen  z.  B.  nedeSi^  vedet^j  vedqh :  -•»,  -fo,  -n/o  sind 
Personalendungen  und  vede,  vedo  ist  der  Yerbalstamm.  Die  Stamm- 
bildungslehre untersucht  nun  vor  allem,  wie  solche  Stämme  gebildet 
wurden.  So  haben  wir  auch  jioch  andere  Nominalstämme,  die  das  Ele- 
ment 'Uljo-  gemeinschaftlich  haben,  wie  z:  B.  mqeitelfo'  (Nom.  mqciterb) 
peiniget,  Tyrann',  dilaUf/o-  ,ArbeiteT^  Das  'teffo-  ist  demnach  ein  stamm- 
bildendes Suffix  und  die  Stammbildungslehre  muß  nach  seiner  Prove- 
nienz fragen  und  untersuchen,  ob  sich  auch  hinsichtlich  der  Bedeutung 
irgend  welche  Normen  aufstellen  lassen.  Da  mit  unserem  Suff.  Sub- 
stantiva  gebildet  werden,  so  ist  es  ein  substantivisches  Suffix.  Es 
kann  sich  auch  um  Adjektiva,  Pronomina,  Nuroeralia,  Adverbia  handeln 
und  wir  sprechen  da  überhaupt  von  nominalen  Suffixen. 

Abstrahieren  wir  das  Suffix  'tef-,  so  bleiben  die  Yerbalstämme  ua-, 
mqii-f  dila-  übrig,  die  zu  den  Inf.  uet-ti  ,lehren',  mqciti  ,peinigenS  dilati 
,machen*  gehören  und  t  bez.  a  ist  hier  ein  verbales  Suffix.  So  sehen 
wir,  daß  es  sich  mitunter  bei  einem  und  demselben  Worte  sowohl  um 
nominale  als  auch  um  verbale  Suffixe  handeln  kann. 

Die  Yerbalstämme  uci,  mqci^  dila  entstanden,  indem  das  Suffix  i  bez. 
a  an  die  subst.  Stämme  uko-  (Nom.  ukb  ,doctrina'),  mqka  ,Pein',  d^ 
,Werk'  angehängt  wurde.  Abstrahieren  wir  in  uko-  das  Suff,  -o,  so  bleibt 
uk  übrig,  das  wir  auf  diese  Art  nicht  mehr  weiter  zergliedern  können. 
Wohl  aber  gewinnen  wir  analog  aus  vtfknqti  ,sich  gewöhnen'  das  letzte 
Element  vyk,  das  zu  uk  in  einem  Yerwandtschaftsverhältnisse  steht.  Aus 
der  Lautlehre  wissen  wir,  daß  v-yk-  auf  unk  zurückgeht  (vgl.  S.  119), 
vgl.  got.  bi'ühii  ,gewohnt*  und  lit.  jünktaa  ,gewohnt',  junkstü,  -jünkti  ,ge- 
wohnt  werden'.  Neben  diesem  *  unk^  das  offenbar  ein  Nasalinfix  aufweist, 
haben  wir  im  Slav.  das  oben  gewonnene  uk-,  das  auf  euk  oder  ouk  zu- 
r''  -»nn,  vgl.  auch  lit.  jaukxnii  »gewöhnen',  jaukus  ,zahm'.    Wenn 


389 

wir  nun  nach  jener  Form,  die  allen  diesen  Bildungen  zu  Grunde  liegt, 
fragen,  so  kann  es  wohl  nur  euk  sein;  daraus  konnte  auk  und  uk  (vgL 
lett. yuA^  ,Bich  gewöhne')  und  mit  Xasalinfix  unk  entstehen'.  Vgl.  ai. 
fieyati.    Wir  nennen  nun  tuk  eine  WurzeL 

unter  der  Wurzel  verstehea  wir  demnach  jenes  sprachliche 
Gebilde,  das  einer  Reihe  von  etym.  zusammengehörigen  Worten 
zu  Grunde  liegt  und  mit  den  uns  zu  Gebote  stehenden  Mitteln 
nicht  weiter  zergliedert  werden  kann.  In  der  Sprache  kommen 
nur  Worte,  nicht  Wurzeln  vor,  aber  in  etym.  zusammengehörigen 
Worten  mußte  doch  etwas  als  der  gemeinschaftliche  Träger  der 
Grundbedeutung  empfunden  werden.  Dieses  gemeinschaftliche 
Element  wies  zwar  hinsichtlich  der  Vokale  in  der  Begel  einen 
Wechsel  auf,  aber  wir  können  uns  ganz  gut  eine  Phase  der 
Ursprache  vorstellen,  wo  dieser  Wechsel  noch  nicht  vorkam,  so 
daß  die  Wurzel  gewissermaßen  doch  auch  mitexistierte. 

Durch  ähnliche  Analysen,  wie  wir  ohen  unser  mik  gewonnen  hahen, 
kam  man  schließlich  immer  zu  sprachlichen  (jebilden,  die  einsilbig  waren. 
Man  sagte  daher,  die  Wurzel  m&sse  einsilbig  sein;  das  wäre  aber 
auch  ihre  einzige  Eigenschaft.  Später  modifizierte  man  diese  Lehre,  man 
sprach  auch  von  zwei-  und  mehrsilbigen  Wurzeln  und  zog  dafür  den 
Namen  Basis  vor.  Vgl.  H.  Hirt,  Der  idg.  Ablaut,  8.  2:  „Wir  können 
aber  gewisse  Abstraktionen  aus  mehreren  zusammengehörigen  Worten 
nicht  gut  entbehren,  doch  wollen  wir  diese  nicht  Wurzeln,  sondern  mit 
Fick  G6A.  1881,  1427  Basen  nennen.  Die  idg.  Worte  sind  ein-,  zwei-, 
drei-  und  mehrsilbig  gewesen,  und  dementsprechend  sind  auch  die  ab- 
strahierten Basen  ein-,  zwei-,  drei-  und  mehrsilbig'^  Freilich  geht  man 
auch  hier  wieder  zu  weit,  man  setzt  häufig  eine  zweisilbige  Basis  als 
Wurzel  an,  wo  noch  eine  einsilbige  Wurzel  anzunehmen  ist.  In  der  Lehre 
vom  Ablaute  empfiehlt  es  sich,  wo  möglich  auch  von  zwei  und  mehr- 
silbigen Gebilden,  die  man  allerdings  immer  nur  aus  fertigen  Worten 
erschließt,  auszugehen,  weil  man  dann  nur  auf  diese  Weise  darin  die 
Wirkungen  des  Akzentes  verfolgen  kann.  So  kann  man  hhere  ganz  gut 
als  Basis  ffir  die  Präsensformen  6erf,  herUi  und  das  Substantivum  horz 
aus  *hhoro8  (eventuell  auch  ein  hdr-  oder  hir-)  ansetzen,  weil  man  hier 
besser  die  vok.  Veränderungen  begreifen  kann.  Tatsächlich  besteht  auch 
ein  inniger  Zusammenhang  zwischen  dem  Yerbaltjpns  hhero^  bhsre  und 
dem  Nominaltypus  hharo  (vgl.  hier  noch  den  Yok.  *bhore  und  den  Imper. 
*bhere).  Wie  soll  man  aber  das  slav.  btraü,  6»raeAa  u.  s.  w.,  das  ich 
nebenbei  bemerkt  auf  *6fr«-  zurfickführe,  damit  in  Einklang  bringen? 
Selbst  Hirt  muß  zugeben  „bhere  wäre  eine  leichte  Basis,  die  aber  Formen 
einer  schweren  Basis  zeige,  z.  B.  ai.  bhariiram*^  (Der  idg.  Abi.  S.  145, 
Nr.  751,  Anm.).  Liegt  es  da  nicht  nahe,  einfach  von  einer  Wurzel  bher 
auszugehen  und  daraus  schon  in  der  Ursprache  zwei  Basen  entstehen  zu 

1.  Anders  Berneker  ^IF.  10,  S.  161). 


390 

lassen,  eine  leichte  and  eine  schwere?  Und  gerade  hei  den  schweren 
Basen  hemerken  wir,  daß  nicht  selten  eine  Basis  auf  -ä  mit  einer  auf  e 
fit)  wechselt.  Im  Slay.  hahen  wir  nehen  imeti  ,hahen'  ein  itna-mt  ,ich 
hahe',  das  nicht  ans  "^imnä-mi  zu  deuten  ist.  Während  f&r  andere 
Sprachen  eine  Basis  bhefß  angesetzt  wird,  müssen  wir  für  den  slay.  Aor. 
1>€eh9  eine  Basis  bh{e)ffe  ansetzen.  Man  vgl.  auch  aksl.  vid^  gegen  videti, 
vidiü  u.  B.  w. 

Das,  was  man  als  zweisilbige  Basis  in  der  Geltung  einer 
Wurzel  ansetzt,  zeigt  sich  also  häufig  als  eine  Weiterbildung 
von  einer  einsilbigen  Wurzel.  Auf  diese  Art  kommen  wir 
zum  Schlüsse,  daß  die  dominierende  Stellung  der  einsilbigen 
Wurzeln  immer  noch  zu  Becht  besteht. 

Auch  Brugmann  meint:  „Auf  die  einsilhigen  , Wurzeln'  ...  zu 
Gunsten  der  ein-  oder  mehrsilbigen  .Basen'  ganz  zu  verzichten  und  z.  B. 
nur  von  den  Basen  hhe^ä^  pele  zu  sprechen,  oder  aber  nur  Gebilde  wie 
diese  letzteren  als  Wurzeln  zu  bezeichnen  und  nicht  zugleich  bheu,  ple 
als  Marken  zu  benutzen,  ist  mindestens  unpraktisch"  (IF.  14,  S.  Iff. 
Anm.).  B.  nennt  hier  die  Basis  bheuä  eine  Wurzelbasis,  weil  sie  die 
Wurzel  bheif  in  sich  schließt  im  Gegensatze  zur  Basis  tere,  Uro,  als 
mutmaßliche  Grundform  für  -/ro-,  ter,  Ur  ia  ai.  jani-trämy  gr.  y€v4'UiQa 
(=  yiv€'T€Qut\  yivtrriQ,  die  er  Formansbasis  nennt. 

Bei  den  oben  angegebenen  Beispielen  der  Bildung  von  No- 
minal- und  Yerbalstämmen  handelte  es  sich  um  eine  Bildung  mit 
Hilfe  bestimmter  Suffixe.  Zumeist  haben  wir  es  auch  mit  ana- 
logen Fällen  zu  tun.  Die  Stammbildungslehre  ist  also 
vorwiegend  eine  Lehre  von  den  Suffixen.  Sie  hatten 
wohl  urspr.  auch  meist  eine  materielle  Bedeutung,  allein  jetzt 
kann  sie  in  der  Begel  nicht  mehr  ermittelt  werden:  sie  sind  zu 
bloßen  Funktionsgebilden  gesunken. 

Viele  Suffixe  sind  ursprachlich,  z.  B.  das  Suffix  men-  in 
Aksl.  Gen.  Sg.  imen-ej  Nom.  im^  ,Name^,  vgl.  lat.  nömen,  gr. 
ovo^a,  ai.  näma;  aksl.  znam^  ^Zeichen'  und  gr.  yvwfia. 

Es  bilden  sich  aber  auch  neue  Sufl^e  innerhalb  einer 
Sprache.  Es  kann  sich  zunächst  um  ein  altes  SufiSx  handeln. 
Es  wurde  falsch  abstrahiert,  indem  man  auch  Elemente  des  alten 
Stammes  dazu  nahm:  nach  symkb  dotmkh,  wo  es  sich  eigentlich 
nm  das  Suffix  -kih  handelte,  wurde  auch  cvihJcb  u.  s.  w.  gebildet, 
das  eigentlich  mit  dem  Suffixe  ko  *cväokh  heißen  sollte. 

Analog  konnte  es  sich  natfirlich  schon  in  früherer  Zeit  verhalten. 
So  beurteilt  man  z.  B.  -nf  neben  -7  in  *pot-n%  »HerrinS  ai.  pdint,  gr.  nor- 
vta,  daß  es  nämlich  von  solchen  Formen  wie  *<eltit-»  (ai.  iak^t-,  gr.  rAr- 
raiya),  dem  Femin.  zu  Mson-  ,Zimmermann*  (ai.  täkjan-f  gr.  Hxtwv)  aus- 


391 

ging  (B ragmann,   Grundr.  II,  1,  S.  99);  älter  war  das  r  in  ai.  v^k-t 
,Wölfin'  zu  vikas  ,Wolf'. 

Dabei  kann  es  auch  vorkommen,  daß  das  alte  Suffix  gewisse 
lautliche  Veränderungen  im  Worte  hervorrief.  Die  geänderten 
Laute  wurden  aber  dann  als  ein  Bestandteil  des  Suffixes  selbst 
aufgefaßt  und  dasselbe  auf  diese  Weise  falsch  abstrahiert:  aus 
Bildungen  wie  r.  mahöikb  zu  mcdecb  erschloß  man  ein  SufiBx 
"cikh,  das  in  netdikb  ^Abwesender^  zu  nH^  vorkommt  (netb  «» 
Verzeichnis  der  Abwesenden'). 

Aus  diesem  Falle  ersehen  wir,  daß  es  sich  eigentlich  um 
zwei  SufiBxe  handelt;  aus  ihnen  ist  ein  neues  hervorgegangen. 
Derartig  sind  auch  zumeist  jene  Fälle,  die  zur  Entstehung  neuer 
Suffixe  fuhren.  So  entstand  aus  dettskh  und  4vo  ein  *deth8(k)tco, 
dethstvo  ,Eindheit^  Von  solchen  Bildungen  aus  abstrahierte  man 
dann  ein  Suffix  -hstvo,  das  z.  B.  auch  in  dalhstvo  ,longinquitas' 
vorkommt  Hier  ist  also  auch  ein  Lautwandel  eingetreten.  Es 
können  aber  auch  die  beiden  Suffixe  imverändert  an  einander 
treten  und  zusammen  ein  neues  Suffix  ergeben.  Das  kommt 
z.  B.  beim  Suffix  -janim,  enim  vor:  Bimjlanim  ,Römer',  wo  als 
letzter  Bestandteil  das  Suffix  -iruh  figuriert. 

Ein  neues  Suffix  entsteht  auch  durch  V erquick ung  zweier 
Suffixe,  die  sich  lautlich  oder  auch  hinsichtlich  ihrer  Bedeutungs- 
funktion irgendwie  berührten.  So  führte  das  Suffix  -ba  in  borhba 
,pugnaS  celhba  ,sanatio'  und  -tva  in  molüva  ,Gebet*,  zrhtva  ,sacri- 
ficium'  zu  thba,  tba  :  seltiba  neben  sUva  ,satio',  b.  modlitba  ,Ge- 
bef  u.  8.  w.  Ähnliches  können  wir  nicht  selten  im  Slav.  beob- 
achten. 

Manche  Suffixkategorien  nehmen  sehr  stark  überhand,  wo- 
durch große  Störungen  in  der  urspr.  Dekl.  und  Konj.  herbeige* 
führt  werden,  wie  z.  B.  das  Suffix  io-.  So  wurden  der  urspr. 
kons.  Stamm  des  Part.  Präs.  act.  *vedqt'  durch  jo-  zu  *vedqtjO' 
erweitert,  aksl.  Gen.  Sg.  m.  n.  vedqäta. 

Es  können  aber  auch  Saffixe  entlehnt  werden.  So  ist  das  lat.  De- 
nominativsuffix  ärius  ins  Germ,  geraten  and  zwar  zugleich  mit  Lehn- 
worten wie  molinärius,  ahd.  as.  mtUinäri;  monetärius,  as.  muniteri.  Das 
ins  Germ,  aafgenommene  Suffix  fehlt  innerhalb  des  urgerm.  Wortschatzes 
und  innerhalb  des  Eigennamenmaterials.  Das  Got.  zeigt  -dreis  nur  in 
einigen  gelehrten  Bachworten  wie  hökäreii  ,Scl>reiber,  Schriftgelehrter* 
(vgl.  H.  Paul,  Grundr.  I  *,  S.  354).  Das  Suffix  ist  nun  von  den  Germanen 
auch  zu  den  Slaven  als  &f&,  b.  -ar  geraten  und  erfreut  sich  hier,  nament- 
lich in  den  westslav.  Sprachen,  einer  großen  Produktivität.    Es  hat  zwar 


392 

im  Slay.  schon  ein  älteres  Saffix  -ar'b  gegeben,  aber  in  der  Funktion,  wie 
sie  auch  im  Deutschen  vorkommt,  war  es  hier  noch  fremd.  In  allen 
Eigennamen  fehlt  es  auch  im  Slav.  Wir  müssen  natürlich  immer  davon 
ausgehen,  daß  nicht  ein  Suffix  entlehnt  wird,  sondern  zunächst  Worte 
mit  diesem  Suffixe,  von  diesem  aus  findet  es  dann  Eingang  auch  in  ein- 
heimische Bildungen. 

Wir  werden  auch  noch  andere  fremde  Suffixe  im  Slav.  kennen  lernen. 

Wir  haben  erwähnt,  daß  die  Stammbildung  vorwiegend  mittels  der 
Suffixe  vor  sich  geht.  Soweit  es  sich  um  Bildung  der  Nomina  handelt, 
unterscheidet  man  nach  dem  Vorgänge  ind.  Grammatiker  primäre  und 
sekundäre  Suffixe,  je  nachdem  sie  an  Wurzeln  oder  verbale  Stämme 
einerseits,  oder  an  nominale  Stämme  andrerseits  angehängt  wurden.  Aber 
diese  Einteilung  läßt  sich  durchaus  nicht  strikte  durchführen,  so  daß 
wir  nur  in  den  seltensten  Fällen  auf  diesen  unterschied  werden  eingehen 
können. 

Aber  nicht  allein  mit  SufiBxen  werden  Stämme  gebildet 
Das  aksl.  Wort  glugoh  ,Wort*  ist  durch  Reduplikation  von 
gol  entstanden,  also  urspr.  *golgol(h  (mit  dem  Suffix  -o-).  Dieses 
gol  liegt  als  gi  in  ghkhj  ^Schall,  Lärm^  vor,  slov.  goldati  ^redenS 
b.  JUuk  ySchall,  Lärm',  p.  gieUc  zgidk,  r.  golkh,  goUath  ,Wurzel 
^ghelj  ghol,  germ.  gel,  ahd.  gälan  ^schreien,  laut  tönen,  gellen', 
vgl  auch  d.  Nachtigall  (KZ.  37,  S.  299  ff.).  So  haben  wir  auch 
noch  viele  andere  Worte,   die  auf  diese  Weise  entstanden  sind. 

Zahlreicher  sind  jedoch  Bildungen  wie  bUorqH  yweißhändig', 
bogorodica  ,6ottesgebärerin',  bei  denen  es  sich  um  eine  Zusammen- 
setzung aus  zwei  Worten  oder  Stämmen  handelt  und  die  wir 
einfach  als  Komposita  bezeichnen  wollen.  Hierher  gehören 
auch  Bildungen  wie  narodz  jVolk*.  Analog  auch  bei  den  Ver- 
balstämmen. 

Die  Stanmibildungslehre  zerfällt  demnach  in  zwei  Teile: 
I)  in  die  Lehre  von  der  Bildung  der  Nominalstämme.  IE)  in 
jene  der  Verbalstämme.  Bei  I)  ist  wieder  zu  imterscheiden, 
ob  es  sich  um  eine  Bildung  A)  mit  bloßem  Suffix  handelt; 
hierbei  ist  zu  bemerken,  daß  das  Slav.  keine  Nominalstämme  be- 
sitzt, die  als  bloße  Wurzeln  oder  als  Nomina  ohne  stammbildende 
Suffixe  erscheinen  möchten.  Solche  Worte  sind  in  eine  der 
vokalischen  Dekl.  übergegangen,  z.  B.  ai.  vis-  f.  ,Niederla8Sung, 
Stamm,  Haus',  aksl.  vhsb  f.  ,Dorf  nach  der  i-Dekl.  Die  mit 
Suffixen  gebildeten  Stämme  zerfallen  in  fünf  Gruppen,  welche 
die  bekannten  Deklinationskategorien  bilden,  nämlich  a)  die  o- 
und  o-Stämme,  b)  die  i-Stämme,  c)  die  i«-Stämme,  d)  die  ü- 
Stämme  und  e)  die  kons.  Stämme. 


393 

Weiter  handelt  es  sich  am  Bildungen,  die  B)  durch  Re- 
duplikation oder  C)  durch  Komposition  entstanden  sind. 
Es  sind  meist  o-  und  a-Stämme. 

Das  sprachliche  Material  bieten  uns  die  Werke:  Miklosich,  Vgl. 
Gramm,  der  slav.  8pr.  II.  Wien  1875  und  Dj.  Dani2id,  Osnove  srpsk. 
ili  hrv.  jez.  ü  Biogradu  1876,  wo  speziell  die  s.-kr.  Sprache  berück- 
sichtigt wurde;  vgl.  auch  seine  Korijeni  s  rije^ima  . . .  Zagr.  1877.  In 
neuester  Zeit  ist  noch  hinzagekommen:  A.  Meillet:  Etudes  sur  Fety- 
mologie  et  le  Tocabnlaire  da  vieux  slave.  Seconde  partie.  Paris  1905  (in 
der  Bibliotheque  de  T^cole  des  hautes  etudes.  Sciences  bist,  et  phiL 
139  fasc),  (2e  partie).  Leider  war  meine  Arbeit  schon  abgeschlossen,  als 
dieses  Werk  erschien,  so  daß  es  nur  bei  wichtigeren  Fragen  in  Zusätzen 
berücksichtigt  werden  konnte. 


L  Bildung  der  Nominalstämme. 

A)  Mittels  der  Suffixe. 

a)  Die  0-  und  a- Stämme. 

Suffix  -0-.  Es  gehörte  wohl  urspr.  zur  Basis  und  wurde 
erst  später  als  ein  Suffix  abstrahiert  Eine  Vermutung  über  die 
Entstehung  des  -o-  und  ^SufiKxes  bei  Hirt,  Handb.  der  gr.  L.- 
und  F.-Lehre,  §  286.  Es  ist  das  wichtigste  und  am  meisten  ver- 
breitete Suffix,  indem  es  zur  Bildung  der  m.  und  n.  Stamme  und 
zwar  sowohl  der  subst.  wie  auch  der  adjekt  dient 

Es  kommt  auch  als  letzter  Bestandteil  bei  vielen  anderen  Suffixen 
Yor,  die  hier  gleich  darauf  behandelt  werden.  Die  Gruppierung  des 
hierher  gehörigen  zahlreichen  Materials  kann  nach  dem  Wurzelvokal  er- 
folgen. 

1)  M.  Stämme.  Eine  einheitliche  Bedeutung  ist  nicht  be- 
stimmbar. Am  häufigsten  ist  hier  die  o-Stufe  der  e-Stufe  in  der 
Wurzel  gegenüber:  aksl.  brod^  ^vadum^  vgl.  bredq  ,wate',  ab.  brdu; 
*gam,  ab.  hon  ^agd^  p.  fl'ön  u.  s.  w.  zu  zenq  jage,  treibe*;  grobz 
^ovea'  zu  grebq  ,grabe';  ]^odz  ^fiiictus'  vgl.  plem^  aus  ^pledmen* 
^suboles,  tribus';  ploth  ^saepes'  zu  ^2^^ , flechten';  rokb  ^Termin'  zu 
rekq  ,werde  sagen*;  stoffh  ,Harpfe,  Haufe,  Schober*  zu  stegnqti 
^eften,  schnüren',  hierher  auch  o-sUgb  ,E[leid',  lat  tego^  gr.  areyio, 
Tiyfa  und  d.  Dach,  Ut.  stögas  ,Dach*  (vgl.  S.  259);  sfoh  ,Tisch' 
zu  8tdj(f  ,breite  [aus*;  tokh  ,fluxus'  zu  tekq  ^^ufe,  fließe';  vozz 
,Wagen'  zu  vezq  ,veho'. 


394 

Manchmal  liegt  die  e-Stufe  im  Slav.  nicht  vor,  z.  B.  sokb 
yaccusator',  sociti  ^anzeigen',  dagegen  lit  sektif  got  saihwiß,  ahd. 
sihit  ,er  sieht',  gr.  ev-eno)  ^ch  sage',  lat  in-seque,  W.  seqt*  ,be- 
merken'  (vgl.  S.  259  bei  k  aus  g«);  tvorb  ,creatura,  forma',  lit. 
su-tvirti  ,er8chaflfen'  zu  tveriü,  tvirti  ,fas8en,  greifen,  einzäunen'; 
lotm  jBruch',  vgl.  preuß.  limtvei,  lenibtvey  ,brechen',  gr.  vulefitg 
,ununterbrochen',  doch  rechnet  Mi  kl  o  sich  hierher  auch  aksl. 
letnesh,  slov.  lemez  ,Pflug'  (Etym.  Wtb.  S.  164);  mozgh  ,Mark', 
gallolat  mesga  (=»  mezga)  ,Molken',   av.  mazga  ,Mark,  meduUa'. 

Das  Wort  kommt  häafig  nur  in  Zasammensetzungen  mit  Präpo- 
sitionen vor:  $^horz>  «Yersammlang*  zu  htrq  ^sammle';  raz-dor^  ^schisma' 
zu  derq  ,scindo^ ;  prinosz,  na-noa^^  pre-nos^  u.  8.  w.  zu  neiq  «trage* ;  na-log^ 
yinvasio,  fenusS  sq-logzt  ^consors  toriS  pre  logz  ^translatio*  zu  UHXy  l^gq 
«sich  niederlegen*. 

Im  Präs.  liegt  nicht  mehr  der  volle  Vokal  vor.  Es  handelt 
sich  um  Wurzeln  mit  einer  Liquida  (oder  mit  Nasalen):  morh 
,Tod,  Pest'  zu  m»rqp  ^sterbe';  norh  wohl  ,specu8,  latibulum',  r.  norb^ 
nora,  nort  ,Loch',  s.  pofwr  zu  nt^rq,  nreti  ,ingredi,  submergere'. 
Auch  hier  sind  es  häufig  Komposita :  na-zorb  ,suspicio',  po-zor^ 
,8pectaculum',  pre-zorh  ,8uperbia',  vh-zorz  ,visus',  za-zon»  ,repre- 
hensio'  zu  zwrjq,  zhrMi  ,glänzen,  sehen';  is-torz,  pro-torb  ,sumtus', 
doch  auch  tor  im  S.  ,Hürde',  torüi  ,mi8ten',  b.  tor  ,Bahn',  ü4or 
,Zarge',  p.  za-tor  ,Wehr  im  Flusse'  zu  Urq  treti  ,reiben';  sb-por^ 
jStreif  zu  pwjq  ptreti  8^  ,contendere';  podb-porb  (podb-pora)  ,ful- 
crum'  zu  phrq  preti  ,fulcire',  lit.  spiriü  ,ich  stoße  mit  dem  Fuße', 
gr.  a7tai(^  ,zapple';  s.  zä-ton  ,Meerbusen,  Bucht*,  slov.  ndtan, 
naidn  1)  Hackeblock,  2)  Ort  vor  dem  Hause  zum  Holzhacken' 
(b.  ndtoh)^  b.  ston  ,Klotz'  zu  thnq  t^ti  ,caedere';  dvon»  ,Haus,  Hof 
zu  dvhrb  jTnt^;  grotm  ,Donner'  zu  grbtniti  ,donnern',  r.  gremät] 
b.  Strom  ,Baum'  zu  strbtm  ,declivis'  vgl.   r.  stremglavb  ,kopfüber'. 

Die  Wurzel  enthält  einen  nasalen  Vokal:  blc^db  jTtoQvelay 
error*  zu  hl^d^y  bl^ti  ,errare,  nugari,  scortari';  *grqzb  vgl.  r.  gruzb 
,Last',  po-grqzb  ^mmersio'  zu  gr^znqti  ,einsinken',  lit.  grimstü^ 
grinisti  ^nken^;  Iqkb  ,Bogen',  Sb-lqkz  ,inflexu8,  lahm'  zu  l^kq,  J^ti 
,biegen';  mc(tb  ,turba,  caenum',  s^-m<^  ,turbatio'  zu  m^,  m^ti 
,turbare';  pre-prqgb  ,cingulum',  b.  po-pruh,  p.  po-prqg  ,Gurt',  sq- 
prqgb,  Sbprqgb  ,iugum,  coniux'  zu  pr^q,  pr^Mi  »spannen',  vgl.  lit 
springstü,  sprlngti  ,würgen'  (intrans.  beim  Schlucken);  prqg^ 
jlocusta',  vgl.  ahd.  springatiy  W.  sprengh  (vgl.  BB.  22,  S.  197); 
rqgb  ,Spott',  rqgati  8b  ,spotten'  zu  rynqti  ,hiscere',  s.  regnuti 
,knurren',  rezati  ,die  Zähne  fletschen';   trqsb   ,tremor'   zu   tr^sq, 


395 

tr^i  ^ttem';  vqzz,  qz^  ^vinculum'  zu  v^zati  ^binden';  Z(^^  ,ZahnV 
gr.  y6fiq>og  ^Pflock'  zu  z^bq  ^ilacero';  zvqkh  ^chall'  zu  zp^mqii, 
zv^cati  ^klingen'.  Dazu  Adj.  wie:  krqtb  ,tortu8',  pri-krcftb  ^venis* 
zu  kr^'  in  kr^iMfti  ,deflectere,  drehen^;  8k^d^  ,parcu8^  zu  H^iHi 
sparen,  Bchonen'. 

Die  Wurzel  enthielt  die  tert-f  ^ett-6ruppe:  gl€^d^  aus  *gold(h 
,Hunger^  zu  ÜhdHi  ,begehren^;  krakb  in  pokraöüo  ,Scbritt,  kr. 
korak,  8.  krak  4&Qg^s  Bein^^  b.  p.  abweichend  krok,  lit  karka 
^Yorderfuß  des  Schweines^;  mrakb  ,tenebrae'  zu  tnrbknqti,  mrhcati 
ydunkel  werden';  mrazb  ,gelu'  zu  mrhznqti  ^frieren';  r.  noros^ 
jLaxch  der  Fische'  (nerestb  ^Laichzeif )  zu  ners  in  slov.  nrestüi, 
mrestitiy  r.  nerestt  ^Laichzeit'  neben  lit  nerszti  laichen';  prackb 
,pulvis'  zu  prhch  in  slov.  prhati  ^flattern*,  b.  prchnouH  ,fliehenS 
prieÜ  ,regnen',  p.  pierszyS  ,stieben';  8mr(ld^  ^Grestank'  zu  smrhdüi 
stinken';  svrab^  ,8cabies'  zu  svrbbeti  Jucken';  Üakb,  slov.  Üak 
,EstrichS  b.  ti(ik  ,Druck'  u.  s.  w.  zu  thkq,  ilMti  ^schlagen' ;  nhtrapb 
,ec8tasis'  eig.  ^torpor'  zu  utrhnqti,  utrtpeti  ^erstarren',  lit  tiffti 
^erstarren',  lat  torpere  :  cblakb  (aus  vlakb)  yWolke'^  s.  vlak  yNetz' 
zu  vWcq,  viati  ^ehen,  schleppen',  vgl.  gr.  oliiog  ,Ziehen,  Zug'y 
lit  üz^aäcaa  ,Überzug,  Bettbezug';  iz^rciffb  ,re8  eiecta'  in  r. 
Quellen  izvorog^  ^%vQ(ofia^  zu  vrtigq,  vriMi  ,werf en' ;  vrap  ,Feind', 
lit  vargas  ,Not';  vrachz  ,trituratio'  zu  vrtdiq,  vriäti  ,dre8chen'; 
vraU  ,collum'  zu  rrtdeii  ,drehen';  povrazb  ^obus'  eig.  ,vinculum', 
b.  provaz  aus  po-vraz  ,Strick'  zu  vrtzq,  vresti  ^binden,  winden'; 
zrakb  ,visu8',  vgl.  slov.  zrcah  ,Spiegel'. 

Enthält  die  Wurzel  ein  e»,  so  kommt  dann,  falls  noch  ein 
Kons,  nachfolgt,  im  Ablaute  i  (aus  oi)  vor,  sonst  ein  -oj  :  bleskb 
,ölanz'  zu  blbsnqti  (aus  *blt8kn')  blbätati  ,glänzen';  oMikb  ,reli- 
quiae',  gr.  Xoinog^  lit.  UkU  ^ch  lasse',  lat  linguo;  lep^  ,viscum* 
zu  hpiti  ,adhaerere';  b.  kvet,  p.  kiciat  ,Blüte',  aksl.  cvetb,  s.  cvijet 
zu  *kvhtq,  aksl.  cvbtq,  crw^i , blühen',  ab.  ktvu;  snegb  ,Schnee',  vgl. 
gr.  veig>ety  lit  snegas;  svitz  ,Licht'  zu  svUeti  ,leuchten';  ven  in 
iz-vesi  ,statera'  zu  visiti  ,hangen'. 

Mit  oj  :  boj  »Peitsche,  Schlacht',  razboj  ,BÄub'  zu  bhjq  (aus 
bei(h)j  büi  »schlagen';  gnoj  ,pus'  zu  gniti  ,faulen';  po-koj  jRuhe* 
zu  po-diti  ,ruhen',  vgl.  got  hweiia^  ahd.  hwüa,  wila  ,Weile,  Zeit*, 
lat.  quiS8;  -kroj  in  o-kroj  ^xeigia^  auch  ,vestis',  u-kroj  ,fascia',  s. 
krdj  ,Schnitt*,  b.  kroj  ,Trachf  zu  kri  (krqßi  und  krajaii);  -pcj 
in  na-poj  ,Getränk'  zu  pbjq,  piii  »trinken',  vgl.  ai.  pdyatB  ,er 
schwillt,  strotzf ;  roj  ,Schwarm',   dazu  p.  zdröj  ,Quellenbach',  b. 


396 

zdroj  ,Quelle*  aus  ^iz-roj,  ^izdroj  zu  rint^i  ,trudere*,  vgl.  ai.  rt- 
nMi  jfluten  lassenS  rl-ti^  ,8tromung*,  lat.  rlvus;  voj  in  za-voj 
^lobiis'  zu  vbjq  vüi  ^winden^  lit  vejü  ,ich  winde,  drehe,  wickle^; 
voj  neben  vojim  ,bellator^,  vgl.  bg.  navija,  navijam  ^siegen^,  aksl. 
vhz-vith,  trbZ'vUye  ^ucrum*,  let  vaijät  ,verf olgen* ;  slov.  kr.  po-zoj 
^Drache'  zu  zijati,  zijq  ,gähnen^  Es  gehört  wohl  auch  broj  ,ZahP 
zu  briti  brij(f  ^tondere^  brüva  ,novacula';  hierher  auch:  stroj 
^administratio' ;  znoj  ,Hitze^;  b.  sloj  ,Schichf. 

Wurzel  mit  eu  (aus  ou  wird  u  oder  ov):  o-brusb,  thbrus^ 
^sudarium'  zu  brbsnqti  ,radere,  comimpere',  Sh-brysati  ^abradere^ 
hierher  wohl  auch  bru9b  ^Wetzstein';  gubh  in  sq-gubb  ,doppeltS 
«ig.  ^zusammengefaltet'  zu  g^nqti  aus  ff^bfk|^i  ,faJten';  hruchh, 
ukruchb  ,fru8tum*;  slov.  krhati,  krhnoti,  s.  krhati  ,brechen',  Adj. : 
s.  rud  ^rötlich',  p.  rttdjf  ,8chmutzbraun',  b.  rud^  ^rotbraun*,  vgl.  eu 
in  gr.  iQev&ü)  ^ch  röte*.  Kroi^,  pokravb  ,Decke,  Dach'  zu  kri/ti 
,decken*  ganz  analog  wie  boj  ,Peit8che,  Schlacht'  zu  büi;  rov^ 
^fossa'  zu  ryti  ^graben';  o-strovh  Jnsel'  eig.  etwa  ,iro  TtsQi^^vrov^ 
^.  ^og  aus  ^ofog;  -savh  in  s.  ü-söv  ,Lavine',  r.  zchsdtrb  ^Riegel' 
2U  sujq,  sovaii  ^stoßen,  schieben'. 

Aber  nicht  jedes  u  darf  man  in  solchen  Fällen  anf  ein  ou  zurück- 
führen: in  dueh9  »Atem,  Geist'  liegt  wahrscheinlich  ein  eu  ohne  Ablaut 
vor,  ebenso  in  slueh^  yGehör*;  in  such»  ,trocken*  haben  wir  ein  au,  wie 
das  Griech.  zeigt. 

Die  Wurzel  konnte  auch  schon  ursprachlich  einen  langen 
Vokal  enthalten:  ftyte  ,Stier'  und  buöati  ,brüllen',  mhd.  pfüchen^ 
lat  badna;  dyrm  ,Rauch',  gr.  &vfi6g,  lat  fumus;  b.  jary,  r.jat^ 
{im  Aksl.  nicht  belegt),  Adj.  ,Prühjahrs-',  vgl.  gr.  ^qog  ^Jahres- 
2eit,  Jahr',  got  jBr  ,Jahr';  po-jasz  ,6ürtel',  lit  ß^'sta,  gr.  ^(oavog, 
kalb  ,Schmutz',  lat  caligo,  att  'ArjUg  ,Fleck',  ai.  kälaa  ,schwarz'; 
pri'ldadh  ,Beispiel',  na-hladz  ,Zinsen'  (in  r.  Quellen)  und  hlasti, 
kladq  ,legen,  stellen',  lit  klöju  ,breite  hin'.  So  auch  ffradb  ^Hagel', 
na-kazh  ^nstitutio',  zapculh  ,occasus',  po-sagb  ,nuptiae'. 

In  anderen  Fällen  hat  es  den  Anschein,  als  ob  wir  es  mit  Deh- 
nungen zu  tun  hätten,  die  erst  auf  slav.  Boden  entstanden  sind:  carz 
^Zauber*,  lit  keriü  kerUi  »verzaubern*;  -garz  in  slov.  ugar  .Brache*,  b. 
^ihar-ek  «angebranntes  Stück  Holz*,  r.  per^dn  aus  ^göro-,  vgl.  goriti 
^brennen*,  dann  zur»,  po^iarz  aus  *g&ro',  gr.  d^fQfiog  ,warm* ;  pak  in  b.  zä-' 
pal  .Entzündung*  zu  politt  .brennen*;  plavz,  in  p.  piato  ,Schiff-fahrt, 
Wassergeschöpf,  r.  plavn,  dann  s.  spiav  ,Floß*,  b.  splav  ,die  Schleuse*, 
ü-plav  ,Fluß  der  Weiber*,  p.  spiaw  ,Abfluß ,  Zusammenfluß*,  zu  pluH,  r. 
jflgtb,  plovq  aus  *ph^'\  $kvarz  ,Hitze*,  b.  akvar  .Geräusch  vom  siedenden 
Fett*,  akvarek,  ikvarck   .gekröschtes   Stück  Fett*,   zu   -Mkvbrq,  -skvreti  in 


397 

rasktreti  ,8chmelzen' ;  o-tratz  {(htrava)  ,GiftS  zu  truti\  trovq  ,nähren*;  r«/» 
,unda*,  valiti  ,volyere',  darneben  vhtM  ,anda';  var9  ^aestas,  calz*  vgl.  lit. 
tsz-cora  (neben  let.  värs  ,8uppe*)  ,BreiS  darneben  tx-oor»  .Quelle^  zn  vtretif 
tbrjq  ,wallen,  sieden  (intrans.),  quellen*.    Vgl.  8.  166. 

Über  hva9h  ,fennentumS  b.  ktap  ,£ileS  b.  ehvat  ,£ile'  vgl.  8.  173. 

Spätere  Bildungen  weisen  mitunter  die  Länge  des  Inf.  auf,  z.  B. 
r.  syr»  «Einladung*,  €i'zyv^  ,Zuruf,  Antwort*  im  Anschluß  an  -zytati  zu 
tttaii^  zovq  ,rufen*;  r.  na'plyvn  ,8chlamm'  zu  plyti  .fließen*  u.  s.  w.  po^ 
kryv^  ,tectum*  zu  krifti.  Das  -r«  rührt  von  Bildungen  wie  sors,  plavt 
krot^  u.  dgl.  her. 

Selten  finden  wir  die  «-Stufe,  häufiger  noch  die  Beduktions- 
oder  Schwundstufe:  po-^htb  ^enumeratio^  pri-ötth  y'nk^Qogf  zu  dtftq, 
öisti  ^zählen,  lesen,  ehren';  b.  p.  deck  ,Athem'  aus  *d^ch^;  b.  nd- 
jein  ^Mieten'  aus  *najfm,  auch  aksl.  naßrm,  zajetm  neben  nairm, 
zaitm  zu  j^i,  imq;  b.  zd-mek  ^Schloß'  aus  za-mikh  zu  za-tmknqti 
,schließen';  shpb  ,HaufeS  na-stph,  pri-shph  ,massa'  zu  shpq,  suti 
;Spargere';  smrhdz  ,plebeiusS  eig.  wohl  ,der  Stinkende',  die  Acker- 
bauer sollen  dem  Nomaden  stinken,  daher  dieser  auch  geschlossene 
Ortschaften  meide  (Niederle  V&tnik  slov.  star.  I,  S.  112—113 
und  114),  zu  smrtdHi  ,stinken';  srhp^  ,SichelS  gr.  aQn7i\  vltJcz, 
lit.  vilkas,  ai.  vfkas  ,Wolf ;  vgl.  auch  tmchz  ,Moo8',  lit  müsci^ 
,SchimmelS  ahd.  moSj  krikb  ,Hals',  ai.  krka  ,Eehlkopf .  Mit  e : 
leth  jFlug*  aus  ^lekto-j  slov.  let,  b.  let,  p.  lot  aus  *let;  in  Eom- 
positis:  za-klepb  ,claustrum'  neben  za-Moph  zu  za'kle(p)nqti  ,clau- 
dere';  po-peth,  pe-pdz  ,Asche*  vgl.  poleti  ,brennen',  aksl.  plapolati 
(aus  *  polpol)  ,excitari'  (vom  Feuer),  b.  pidpol  ,das  Geflacker  der 
Flamme*. 

2)  Neutrale  Stämme.  In  der  Regel  haben  sie  die  ß-Stufe,^ 
dann  auch  die  Reduktionsstufe  (Schwundstufe).  Der  o-Ablaut 
ist  selten  imd  wo  er  vorkommt,  steht  meist  ein  M.  oder  F.  mit 
der  o-Stufe  zur  Seite:  ddo  ,Stim',  vgl.  lit  keliü,  kSUi  ,sich  er- 
heben*; s.  leto  ,Flugloch'  aus  *lekto  zu  kteti  ,fliegen*,  vgl.  oben 
let^  ,Flug*;  m^o  ,FleischS  preuß.  tnensa,  menso  fem.,  lit  m^aa  i 
got.  mimz;  ndcko  ,Milch*  aus  *melk0j  r.  moloko  S.  305;  pero 
,Feder'  zu  perq  ptrati  ,fliegen*  (dagegen  die  o-Stufe  in  b.  prapor 
,Flaumfedem,  Fahne*  aus  ^por-poro-);  igo  aus  *pgo,  *jugo,  lat 
jugum,  gr.  tvyov^  Bx.yugdm,  got  juk  ,Joch*;  Igko  ,6ast*  aus  älterem 
*lunko,  vgl.  lit  lünkas  ,Bast*;  brtdo  ,Hügel*,  vielleicht  verwandt 
mit  ai.  hradhnas  in  iatd-hradhnas  ,himdert  Metallspitzen  habend*; 
thlo  ,Boden*,  Ut  Plur.  iiUs  ,Bodenbrettchen  im  Kahn*,  ahd.  düi 
,Diele*. 


398 

Eine  urspr.  Länge  liegt  tot  in  pyro  ,SpeltS  lit.  pürai  PL  ,Winter- 
weizenS  gr.  jtvQSs  ,Weizen';   viko  ,palpebra*,   lit.  väks,   let.  voka  ,DeckeP. 

Mit  o:  klqbo  ,KnäueP  neben  klqbz,  b.  ä:/ou6  ^Gelenk^  r.  klub^ 
ßaW,  Knäuel';  mqdo  ,HodeS  darneben  mqdz  vgl.  slov.  modi  Plur. 
mask.y  b.  Moud,  aber  auch  fem.  slov.  mode  PI.  f.,  p.  tnqda;  s. 
zvono  n.  ,die  Glocke^  dameben  zvom  ,Schall,  Glocke';  Mako,  r. 
oboloko  {oblako)  , Wolke'  neben  oblakb,  r.  obolokb  ,Wolke'. 

Sonst  ist  das  o  selten:  kolo  ,BAd*  (sn  einem  -et-Stamm  geworden), 
vgl.  gr.  716X0S  ^AchseS  i-nlezo  «versatus  est',  lat.  eolu»^  eoto^  aisl.  huei 
3ad',  ai.  cdrati  ,er  wandelt,  bewegt  sich*. 

Suffix  -a.  Ein  ursprachl.  -a,  womit  häufig  das  F.  im 
Oegensatze  zu  -0,  das  vorwiegend  ein  M.  bezeichnete,  angedeutet 
wurde:  ai.  divä,  lat  equa,  lit.  aszva  aus  ^ehyi/i  ,Stute'  gegen  ai. 
48va-8,  gr.  %7t7toq  u.  s.  w.  aus  •eSjfO-«.  Im  Slav.  hat  es  in  dieser 
Funktion  meist  noch  eine  Suffix-Erweiterung  erfahren.  Sonst 
gehen  diese  Bildungen  hinsichtlich  des  Wurzelvokals  ziemlich 
parallel  mit  den  m.  o-Stämmen. 

Zunächst  der  o-Ablaut:  kosa  yHaar'  gegen  öesati  ^abstreifen, 
kämmen';  o-poka  ,Felsen'  zu  peäti,  pekq  ,backen',  slov.  daneben 
opeka  ,tegula';  (hpona  , Vorhang'  zu  pmq,  pqti  ,spannen';  rozffa 
yZweig*,  vgl.  lit  rezgü  ,ich  stricke',  ai.  rdjju^  ,Strick,  Seil';  stopa 
s.,  b.  u.  s.  w.  ,Tritt,  Spur'  gegen  stepenh  ,Stufe';  -voda  in  voje-voda 
^üTQaxifffog^  zu  vedq,  vesti  ,führen'. 

Nicht  selten  steht  ein  o-Stamm  dem  o-Stamm  zur  Seite: 
gh-vora  ,fibula'  und  zorixyrb  ,vectis'  (b.  auch  zi-vora)  zu  -vhrq, 
-vreti  in  za-vreti  ,claudere';  s.  o4oka  ,Arm  eines  Flusses',  sioka 
,Herdenreichtum'  gegen  tokb  ,Fluß',  s.  o-tok  ,Insel';  klr.  6b-hha 
,Brachf eld',  b.  zd-loha  ,Hinterhalt'  neben  na-logh  ,invasio',  b.  pfi46h 
,Brachfeld'  (S.  169  u.  394). 

Mit  q:  Ufka  ,palus,  sinus',  b.  louka  ,Wiese',  vgl.  lit.  lanka 
,Tal',  lenke,  also  zu  *l^kq,  l^ti  ,biegen',  wozu  auch  Iqkt  ,Bogen'; 
mqka  ,Mehl'  wohl  zu  m^kbkb  ,weich';  rqka  ,Hand',  lit  rankä,  zu 
renkiü,  r&hkti,  lat  runcare  ,gäten'  =  ,zusammenraflfen';  slqka 
^Schnepfe'  vgl.  lit.  slankh,  preuß.  slanke  ,Grauschnepfe';  r.  skuda 
aus  *8kqda  ,Not',  vgl.  ät^diti  ,sparen'  und  8kqd^  ,arm';  tqga 
,afBictio'  neben  *t^a  in  r.  tjdga  ,Zwinge,  Schraubenzwinge',  s. 
u-tega  ,Bruchband'. 

Eine  Wurzel  mit  tert,  teU  ist  vertreten  in:  r.  su-doroga 
,Erampf  aus  *'dorga  zu  dergtUt,  dergntUt,  dernutt  ,zerren';  vlaga 
jhumor*  zu  vhgnqti,  b.  vlhnouti  ,feucht  werden',   slov.  odvolgnoti 


399 

und  vltg^k^  feucht',  lit  vtlgifti  feuchten',  preuß.  todgen  ,SchnupfenS 
ahd.  fcdk,  woücan. 

Falls  aksl.  wraka  ^Elster'  (aas  *8vwkä)  älter  wäre  als  r.  $oroka 
(aus  *aorkä\  würde  es  auch  hierher  (i^ehören,  vgl.  wrtcaii  ^schwirren, 
zirpen*,  lit.  nvirktzii  ,pfeifen^  Indessen  scheint  *Barkä  älter  zu  sein,  vgl. 
lit.  9zärka,  preuß.  sarke^  daher  ist  wohl  svraka  unter  dem  Einflüsse  von 
avrbcati  später  entstanden. 

Weiter  po-vlaka,  pa-vlaka  ,^Kalvfifia^  neben  vlaJn  in  oblakb 
,Wolke*  IL  s.  w. 

Die  Wurzel  enthält  ein  ei:  beda  ^Not',  hedüi  ^zwingen',  aus 
*hhoida,  W.bheid,  y gl,  got  baidjan  ,zwingen';  licha  ^ea,  Acker- 
beet', lit  lysi,  preuß.  lyso  ,Beeif,  ahd.  Iet8,  nhd.  Oeleise,  latAlra; 
ne-gb-P^da  tfivgidg  numerus  infinitus';  u-techa  ^Trost^,  p.  uciecha 
zu  tichz  ^ülVj  lit  teisüs  ,gerecht^ 

Andererseits:  chvcja,  slov.  hoja  ^adelholzäste,  WeißtanneS 
8.-kr.  hvoja  ,Zweig*,  ab.  chvoß  ^ste  der  Nadelhölzer*,  wahrschein- 
lich zu  b.  chviti,  chvüi  se  ,wallen,  erzittern^  vgl.  auch  slov.  veja 
,Zweig*,  aksl.  vetpt  jAst*  zu  veti,  vejati  ,wehen*,  wozu  wohl  auch 
vidiztz  und  vecha  ^Büschel';  lautlich  verhält  sich  chvoja  zu  chveti, 
r.  ckvejath  wie  pojq  zu  peti  ,singen*;  stroja  y/cgovotay  Providentia' 
(Mikl.  Lex.  pal.  S.  891)  neben  stroj  ,administratio*;  p.zbroja  neben 
zbroj  ,ÄÜ8tung'. 

Die  Wurzel  enthält  ein  eu:  pa-guba  , Verderben'  zu  gynq, 
gybajq  ,gehe  zu  Grunde';  ruda  ,Erz,  Metall',  vgl.  auch  b.  u.  s.  w. 
rudp  ,rof,  lit  raüdas  ,rotf,  got  raufs  ,rof ;  oslucha  ,inobedientia', 
poslucha  (auch  posluckb)  ,testis'  zu  slyäati  ,hören';  r.,  b.  nauka 
,Wissenschaft,  Lehre'  neben  ukb  ,doctrina'  (vgl.  S.  388). 

Der  o-Yokalismus  ist  demnach  hei  den  ä-Stämmen  im  Slav.  wie  auch 
im  Lit.  sehr  stark  vertreten,  und  wir  finden  ihn  sonst  auch  z.  B.  im 
Griech.  {xXoxtj  zu  hUxtcs);  vo/ai^  zu  ri/ioo;  xQoq>ri  zu  %Qi<p€o),  im  Germ, 
u.  8.  w.  Aher  auch  hier  finden  wir  die  e-  oder  die  Beduktions-  hez. 
Schwundstufe:  aksl.  hrhLa  ,Birke*,  lit.  hirza9,  ahd.  pireha;  crida  ,HerdeS 
lit.  kefdiua  ,HirteS  ai.  sardhaa  ,Herde* ;  gr^a  ,BalkenS  lit.  grindu  ,Dielen- 
hrett*,  grändai  ,Latten  auf  den  Deckhaiken  des  StallesS*  pri-a^a  ,Eid'  zu 
a^gnqfi  ,den  Arm  ausstrecken*;  iega  ,ardor  solis'  zu  zegc^.  zeiti  ,hrennen^; 
zena  ,Frau\  russ.  zend,  s.  i^na,  preuß.  genna,  got.  qinö,  gr.  ywii,  ai.  gnä  • 
urspr.  *gu'na  und  *guen9  (Hirt,  Ahl.  S.  12);  zima  ,Winter,  Kälte',  lit. 
ÄÄwa  ,Winter',  gr.  x'^f^>  ai-  ÄÄnan  ,im  Winter*;  lipa  ,LindeS  lit.  l$pa, 
preufi.  lipe;  iva  ,salix\  lit.  Jet^a,  f/va,  ahd.  twa  ,Eihe';  gnida  ,Ni£'  aus 
*gninda,  lit.  glinda  aus  *gninda;  hheha  ,FlohS  lit.  &/tf«a,  gr.yfvXka  (Meta- 
thesis  von  Kons.) ;  vhga  ,Goldfink* ;  vri^a  ,WeideS  lit.  virhaa  ,Bute,  dünner 
Zweig,  Gerte'. 


400 

Tom  Yerbum  ist  auch  hier  beeinfloBt:  s.  nä-vika  (aas  na-vyka) 
«Gewohnheit*  gegen  nauka  u.  b.  w.  zu  tyknqfi. 

Die  Wurzel  enthielt  schon  urspr.  einen  langen  Vokal:  dov. 
sUada  ,Fuge^  zu  kladq,  Jdasti  liegen^  neben  ''klad^  in  pri'klad^ 
XL  8.  w.  (vgl.  8.  396);  aksl.  strada  ,MüheS  r.  , Arbeitszeit'  zu 
stradati  ,leiden^ 

Auch  hier  finden  wir  analoge  Fälle  zu  paU^  rar»,  gort^  u.  s.  w.  (vgl. 
S.396):  r.  zara  ,Hitze'  neben  zan  (vgl.  oben  S.  165);  para  »Dampf  (pariU 
jdampfen,  brühen*,  preuß.  pore  ,Brodem\  zu  slov.  perfti  1)  ,brennen, 
gliihenS  2)  ,modern*,  r.  /»rft»,  pri/u  ,8chwitzen,  gähren,  faulen,  sich  er- 
hitzen, rot  werden*,  lit.  pereti^  periu  ,brüten*  (also  eigentlich  ,erwärmen, 
erhitzen*),  gr.  jiifinQrjfii,  jtQ^^oo;  otrava  neben  oirova  ,yenenum*  (vgl. 
S.  164  u.  397);  trava  {triva)  ,gramen*  wohl  auch  dazu;  skvara  ,nidor* 
neben  skvara  ,Hitze*  (8.  396). 

a-Stämme    zur   Bezeichnung   männlicher   Personen. 

Im  Slav.  sind  unter  den  a-8tämmen  sehr  viele,  die  m.  Per- 
sonen bezeichnen,  eine  Erscheinung,  die  wir  im  Griech.,  Ital.  und 
Bali  antreffen:  gr.  l/c/c6rrig,  auriga,  scriba,  lit  gyrh  yPrahlhans'. 
Es  waren  dies  urspr.  entweder  Eigenschaftsabstrakta  oder  Kol- 
lektiva  z.  B.  r.  starina  f.  ^Altertum',  m.  ,alter  Mann';  mladota 
^Jugendlichkeit,  Jugend^  koUekt,  daraus  Mladota  nom.  propr., 
oder  Verbalabstrakta:  dtK/a  urspr.  ^Bedienung^,  dann  ^Diener^  (vgl. 
Brugmann,  Kurze  vgl.  ör.  S.  357  und  E.  Volter,  Razysk.  po 
voprosu  0  grammat.  rodä).  Doch  vermutet  man  dameben  auch 
noch  einen  anderen  Ursprung  derartiger  Worte  (vgl.  Neisser 
in  BB.  20,  8.  46  und  Hirt,  Handb.  der  gr.  L.-  und  P.-lehre, 
§  308).  Bei  der  Mehrzahl  derartiger  Wörter  kann  man  aber 
ohne  weiters  annehmen,  daß  sie  aus  Abstraktis  entstanden  sind. 
Diesen  Übergang  kann  man  mitunter  noch  verfolgen,  vgl.  böhm. 
nepUcka,  chiouba,  ohata,  ohyzda,  ostuda,  protiva,  sereda  u.  and. 
(A&l.  Phil.  12,  8.57).  In  der  bist  Phase  kann  man  in  einzelnen 
slav.  8prachen  bemerken,  wie  einzelne  derartige  Bezeichnungen 
m.  Personen  noch  als  Fem.  behandelt  werden:  aksl.  slugy  iju- 
dijsky  oi  vTcyiqixai  xüv  ^lovöaiwv.  Im  B.  haben  wir  viele  solche 
Abstrakta  auch  als  Eigennamen:  Svoboda,  PHhoda  u.  s.  w.  Eine 
große  Anzahl  bekam  eine  peiorative  Bedeutung  imd  wurde  zu 
Schimpfworten  (vgl.  Verf.  Afsl.  Phil.  12,  8.  59flF.).  Das  a  in 
dieser  Funktion  war  so  beliebt,  daß  man  wenigstens  Adj.  auf  -ä 
bei  Maskulinis,  die  selbst  nicht  a  hatten,  nachfolgen  ließ:  kluku 
klukovskä,  dann  auch  darebo  darebdckd  und  Jduku  vSivd. 

Seltener  kommen  diese  Worte  als  Hypokoristica  vor. 


401 

Sie  kamen  insbesondere  häufig  im  Yok.  (-0)  vor,  bis  die  Be- 
deutung des  Yok.  (Anruf)  hiebei  ganz  verloren  ging  und  sie  auch 
in  dieser  Form  im  Nom.  gebraucht  werden  konnten.  Insbesondere 
trifft  man  sie  im  Serbokr.:  gübo  m.  (gdbavac)  yBäudiger,  Aus- 
sätziger', güio  ,der  Kropfige^,  hrizo  ^zahnlückiger  Mensche  Als 
Kosenamen:  bräto  zu  brat  firxjA&^j  mido  m.  zu  midvjed  jBäi^ 
(vgl  bei  Danißiö,  Osnove  S.  47—52). 

Daß  solche  Yok.  der  o-St.  zu  Nominativen  wurden«  bemerken  wir 
sonst  auch  in  den  slav.  Sprachen,  Ygl,T.bafjuiko,  Bei  den  Personennamen 
wie  p.  Fredro,  Tarlo,  b.  Sluneeko,  Baehmäiko,  VrCäiko,  Otto  u.  s.  w.  fiel 
der  Vokativ  mit  dem  Vokativ  derartiger  a-St&mme  {slugo  u.  s.  w.)  zu- 
sammen und  das  hatte  zur  Folge,  daß  diese  Worte  auch  nach  den  a- 
Stämmen  dekliniert  wurden:  Gen.  Fredry,  Otty  u.  s.  w.  vgL  J.  Schmidt, 
Pluralbildung  S.  402  Anm.,  Gebauer,  Hist.  ml.  UI,  1,  8.  148. 

Auch  in  anderen  Sprachen  werden  Vok.  als  Nom.  und  zwar  eben 
bei  Personennamen  gebraucht,  z.  B.  im  Griech.  in  den  Kosenamen :  Mivret, 
Bovxdmt  (Brugmann,  Griech.  Gr.,  3.  Aufl.,  S.  221).  Zahlreiche  Bei- 
spiele aus  dem  Ar.  fQhrt  Sobolevskij  (S.  189)  an. 

Suffix  •-i'o-  und  -ja  (aus  ♦-ja  und  •-/«)  und  -i  (aus  -f 
und  dieses  aus  -i^).  Bezügl.  des  Nom.  und  Akk.  Sg.  der  m. 
vgl.  S.  143  u.  180.  Bei  vok.  endenden  Wurzeln  ist  es  nicht  immer 
leicht,  zu  unterscheiden,  ob  wir  es  mit  einem  io  oder  einem  -o- 
Suffix  zu  tun  haben.  In  den  oben  S.  171f.  erwähnten  Beispielen 
wie  boj  ^Peitsche,  Kampf,  das  ein  ^boios  voraussetzt,  liegt  ein 
o-Suffix  vor,  da  das  %  zur  Wurzel  gehört.  Wohl  auch  in  graj 
,cantus',  Präs.  grajq,  grajati  ,krächzenS  lit  gröju,  gröti  ,krächzen*, 
ahd.  chräjan;  in  r.  staja  ,Hütte^  vgl  stojq  und  dajatu  Schwieriger 
ist  es  schon  bei  -dej  z.  B.  in  daro-dij  yZauberer',  denn  wir  haben 
ein  dijq,  dSjati,  aber  auch  däi.  In  aksl.  j)nfni/jq  ,Spülichf  kann 
dagegen  wohl  nicht  der  Reflex  des  sekundären  Präs.  enthalten 
sein.  So  kann  man  auch  in  aksl.  äuj  ,links',  ai.  savyds  aus  *8ei^io8 
ein  ib-Suffix  annehmen,  da  das  Wort  wahrscheinUch  zu  su  ,gaif 
gehört;  weiter  in  aksl.  siruja  ,Strömung',  vgl.  dagegen  ostrovb  und 
lit.  sravä  ,Fließen,  Bluten*,  srove,  strove  ,Strömung',  let  sträwe, 
ai.  srdvati  ,er  fließt^  Bei  kons,  auslautenden  Wurzeln  kann  das 
Suffix  leichter  erschlossen  werden.  Hier  kommt  es  auch  sehr 
häufig  vor. 

Maskulina:  jezt  ,IgelS  lit.  ez^s,  slav.  sollte  es  daher  *jezb 
heißen,  es  ist  aber  unter  die  /o-Stämme  geraten  wie  ognh,  ogAa 
aus  ogm,  ogni;  klidt  ,clamor'  vgl.  klikrufti  ,clamare';  plaöb  ,planc- 
tus'   zu  pldkati;    mqzb  ,vir*;    mtdb  »ensisS    vgl.  got.  meki;    nozb 

Vondr&k,  Tgl.  alüT.  Gnunm.  I.  26 


402 

^Messer*,  vgl  pro-nozüi  ,perfodere*;  phzh  ,Schnecke'  zu  phzq, 
pheati  Rechen';  ob-rqdt  ^Beif,  ^armilla^  zu  rqka  ,Hand^;  vozdt 
jFührer*,  vgl.  voda  in  voje-voda  jaTQavtjyog^. 

Neutra:  hze  ^lectus^  gr.  lix^S  ^^  %  i^  ^99?  l^i  ;Sich 
niederlegenS  die  o-Stufe  ist  hier  auffallend;  morje  (mafe)  jMeer*, 
preuß.  mary  ,H.sS^,  lit  märes,  got  marei,  lat  mare;  poVe  ,cam- 
pus';  veite  ,senatus'  zu  v^tb  in  Sh-vetb  ^consilium^,  vgl.  preuß. 
iüaüiät  ^eden^ 

Feminina:  Zahlreich  sind  die^o-Stämme.  Hier  sind  urspr. 
zwei  SufiBze  zu  unterscheiden,  die  noch  im  Bali  und  Lat.  aus 
einander  gehalten  werden,  die  aber  im  Slav.  imd  in  anderen 
Sprachen  zusammengefallen  sind,  nämUch  iä,  vgl.  Ut  vaidiä 
yBegierung'  und  -j^,  vgl.  Ut.  zSmä  ,Eirde,  Land'  und  lat.  spec-ies, 
temper4S8,  Das  ie  mußte  im  Slav.  zu  -ja  werden.  Dem  lit  zime 
entspricht  demnach  aksL  zendja,  zeml'a  aus  *zemja. 

Wo  also  nicht  ein  lit.  Wort  dem  slav.  gegenübersteht,  kann  man 
nicht  bestimmen,  ob  der  slav.  Stamm  mit  -ja  oder  -je  gebildet  ist. 
Höchstens  kann  man  ans  Akzentverhältnissen  mitunter  einen  Schluß 
ziehen.  Das  lit.  -^  zeigt  in  diesen  Fällen  eine  geschleifte  Int.,  daher 
konnte  bei  bestimmter  Starombetonnng  keine  Akzentverschiebung  statt- 
finden. Aus  s.  volj'a,  r.  völja  könnte  man  daher  auf  ein  -p  sehließen 
(vgl.  übrigens  lit.  vdle).    S.  oben  S.  197. 

Offenbar  bei  Tonlosigkeit  führte  sowohl  -is  als  -iß  zunächst 
zu  'p,  was  dafür  sprechen  würde,  daß  es  damals  noch  nicht  als 
Suffix  gefühlt  wurde.  Das  zeigte  sich  vielleicht  auch  bei  -ä,  doch 
konnte  es  hier  leichter  restituiert  werden.  Aus  -j^  wurde  -f,  im 
Slav.  -«.  Dafür  spricht,  daß  auch  beim  nächsten  Suffix  dem 
Mask.  auf  -fib-  ein  Fem.  auf  -n,  woraus  -ij,  -tj  entstanden  ist, 
entspricht  Das  Suffix  -i^  imd  -t  bildete  das  Fem.  zu  verschieden- 
. artig  gearteten  Mask.:  Ut  deive  ,Gespenst'  (mit  späterer  Bedeu- 
tungsänderung), ai.  dev4  ,6öttin'  zu  Ut  devas,  ai.  devda;  Ut.  vüke 
,Wölfin',  ai.  t^H  ahd.  lovlpa  zu  Ut  vHkas  ,Wolf',  ai.  vfleaSf  gr. 
Xv%og;  ai.  jdnüri,  gr.  yevheiqa  (lat  genetri-x)  ,Erzeugerin^  zu  ai. 
janüdr-,  gr.  yever^Q  (vgl.  Meillet,  Introduct.  S.  258  und  Brug- 
mann.  Kurze  vgl.  Gr.  S.  330).  Im  Slav.  bildet  -t  das  Fem. 
beim  Part  Prät  act  I  imd  Part.  Präs.  act:  neszM,  nesqSti,  vgl. 
ai.  bhärant-i,  femer  beim  Komp.:  slazdtäi,  dobr^jäi  u.  s.  w.,  sonst 
ist  es  von  a  verdrängt,  bis  auf  das  Suffix  -ii,  ij,  dann  -y/ii  und 
das  Pron.  si  ,haec^ 

Yon  den  zahlreichen  Bildungen  mit  -ja  können  angeführt  werden: 
daida   ,datio*   zu   damt   (aus   ^dcdmt),   dati  ,geben';    nadezda  ,HoffnungS 


403 

4>dBzda  ,Kleid'  zu  dtzdq  (aus  *d€dji(j,  <2^' Jegen,  tun'  a.  s.  w.;  duia  ,Atem» 
Seele'  zu  duck»  ^tem,  Geist';  kaplja  «Tropfen'  zu  kapatij  kam^i  ,triefen'; 
kozü  jRtLuV  wohl  zu  koKa  ,Ziege';  kravlja  ,tectum'  zu  krön  dass.;  kupffm 
,Kanf,  Handel*  zu  kup^  dass.;  piita  »Nalining'  zu  püatd,  päiti  ,näliren'; 
46^^ita  fOccursns',  olnr^Ua  ,inTentio'  zu  einem  *«»-r^  z.  B.  b.  Hrtt^  ygL 
auch  ob-riiti,  ob^^tq  ,finden';  n&to  glicht'  (leuchtendes  Objekt)  zu  msÜ^ 
flicht* ;  tnrja  ,8plendor*,  Tgl.  -ton  in  wf^umt^  ^visus*  u.  s.  w. ;  isff^  »moeror' 
zu  zeUti  ,cupere,  lugere*;  z^da  ,Durst*  zu  i^iaii,  z^idq,  z^qfq  .yerlange*; 
vehmoza  ,homo  potens*  hatte  wohl  urspr.  eine  abstrakte  Bedeutung  (zu 
mogc^  moHi  ,k5nnen*)  und  unter  dem  Einflüsse  von  vehnu^  ,homo  potens' 
kam  es  zu  seiner  neuen  Bedeutung.  So  entstand  auch  die  Kompromifi- 
form  vßltmoh. 

Mit  dem  SufiSze  -io-  können  poss.  Adj.  von  allen  Lebendes 
bezeichnenden  Subst.  abgeleitet  werden.  Das  adj.  Sn£Bx  -io-  und 
-iithf  welche  parallel  mit  einander  einhergehen  mid  nicht  immer 
aus  einander  gehalten  werden  können,  drückten  schon  ursprach* 
lieh  die  Zugehörigkeit  aus,  vgl.  BLpÜryas,  pürijfoa,  gr.  Tcaxqiog^ 
\aLpatriuB  aus  *p9triiß8  ^väterlich';  aLpädyas  ^denFuß  betreffend', 
gr.  7t€^6g  ,zu  Fuß'. 

Aksl.  (Mgnbdb  ,agni'  zu  agntcb;  avraanU't  ,abrahami';  ihvidb 
hominis'  zu  äavekb  ,homo';  km^  yprindpis'  zu  kbn^. 

Hierher  gehört  auch  ncLH  ^noster',  vaib  yvester',  wobei  ent- 
weder der  Gen.  vctsb  oder,  was  mir  wahrscheinlicher  ist,  noch  das 
ursprachliche  nös  in  der  genetivischen  Funktion  vorliegt,  woraus 
auch  der  Gen.  ncufb  gebildet  wurde. 

Eine  derartige  Kasusform  lag  auch  dem  Fron,  moj  ,mein', 
lat  meus  aus  *ineios,  preuß.  mais  zu  Grunde;  ebenso  tvoj  ,dein', 
preuß.  tivaü.  Brugmann  denkt  an  einen  poss.  Lok.  Sg.  *fnei, 
*fnoj  (Kurze  vgl.  Gr.  S.  328),  so  daß  es  sich  hier  eigenÜich  um 
das  Sufißx  '08  handehi  möchte. 

Unser  Suffix  kommt  noch  vor  in  h^'  Jinks'  ai.  suv-yds;  p&t  ,zu 
FußS  das  ein  piek-  roraussetzt,  vgl.  piekota\  Uuzdt,  iuzdt  und  Mtuzdh 
,fremd'  (vgl.  8.  378);  UiU  ,leerS  ai.  iueekoM  vgl.  lat.  U$^m  aus  *i^t§9qfM\ 
hzb  jlfignerisch'  neben  hia  ,Lüge'. 

Bei  Kompositis :  hezund't  oAet  hetumljb  (zu  um»)  ,ohne8inn';  hogomoVh 
,reljgi08us'. 

Ursprünglich  adjektiTisch  war  aksl.  mezda  ,Mltte,  Grenze'  aus  *m«4fa, 
lat.  m€diu9,  ai.  tnddhyas  ,mediuB'. 

Suffix  'ij  oder  --tj,  -ije  oder  -tje  und  -ii,  -»»  oder  -y, 
"tj  ("ija,  -tjä).  Ursprachlich  liegt  hier  für  das  M.  und  N.  -tib, 
für  das  F.  -(|!s  und  -ü^  vor.  Mit  dem  vorhergehenden  ist  dieses 
Sn£Bx  verwandt  und  drückt  bei  Adj.  auch  häufig  die  Zugehörig-^ 
keit  aus:  aL  diviyas  ^nmo^  zu  diva»  ,Pferd^ 

26* 


404 

Bei  beiden  Suffixen  bemerken  wir,  daß  dem  Adj.  nicht  selten  ein 
Sabst.  derselben  Bildung  zur  Seite  steht:  (eria  «Gastlichkeit* ,  So^uk 
.gastlich',  Tgl.  duhium  and  dubius  und  das  oben  erwähnte  hia  Jjüge'  und 
hzb  ,lügnerischS  mezda  und  lat.  mediuM  u.  s.  w. 

Im  Slav.  haben  wir  zunächst  Adj^  wobei  das  F.  das  SufiSx 
•tja,  -ija  aufweist:  habij  janilis'  zu  bdba;  bdsij  ^göttlich'  zu  hogb; 
divij  ^virginalis'  zu  diva;  kozij  ,caprinus^  zu  koza;  kravij  zu  krava 
jKvJa^\  myHj  zu  mySh  ,Maus^;  ovhHj  zu  ovtca  ,Schaf ;  ryhij  zu 
ryha  ,PiBch'. 

Hierher  gehört  auch  dij  ,cuiusS  niHj  ^ulUus',  nedij  ,cuius- 
dam*  von  kb  in  h^to  »quis^  ferner  prodij  ^Üquis'  zaprokb,  schließ- 
lich tretij,  tretbj  ,der  dritte^  lit  dagegen  tricziaa  aus  *tret'X08, 
got  fridrjan,  ai.  tji-tya  neben  gr.  zglrog. 

Als  Subst  können  angeführt  werden:  ötHj  ^ector^,  eigentlich 
ein  Adj.,  daher  auch:  kbniga  Mija;  vrabij  ^passer^;  gvozdij  neben 
gvozdtnj  und  gvozdb  ^ageP;  drhvij  zu  örwh  ^yermis^ 

Das  Sufißx  "tje  bezeichnet  vorwiegend  Kollektiva:  qgltje 
jCarbones';  bisenje  ^argaritae';  dqbtje  ^bores';  kamentje  Rapides'; 
karentje  ^radices';  listbje,  listvtje  ^oUa';  zdtje  ,olera^  Sonst  noch: 
hyhje  ^erba';  switje  ,8omnium';  ugtbje  ,ostium';  znamentje  ^gnum^ 

Abstrakta:  ghdravbje  ^Gesundheit^,  milasrtfdtje  Erbarmen', 
vesdtje  ^aetitia^ 

Nomina  actionis  von  Part  Prät  pass,  byttp  ^yivEatq^; 
duttje  ^sensus^;  kl^tje  ^uramentum^;  dvüentje  ^otus';  pogrebentje 
^epultura*;  kollektivisch:  rozdentje  yavyyeveig'. 

Vereinzelt:  podruztje  yConiux*;  ott&bstvhje  ,patria*,  duvhstvhje 
von  cuvbstvo  ysensus'. 

SufiSx  "ii,  'ij,  'hj,  'ija,  -tja.  Man  kann  annehmen,  daß 
die  F.  wie  mhnii  ,TSlitzf,  krabii  ,Korb',  ladii,  alzdii  ,navis*,  lanii 
fiervB,^,  l^dvii  Rumbus'  bei  -i  im  Auslaut  bUeben,  dagegen  die 
männliche  Personen  bezeichnenden,  wie  sqdii  ^iudez',  v^tii  3^^^^ 
unter  dem  Einflüsse  anderer  Suffixe  wie  4j  aus  -uos  wohl  eben- 
falls zu  'ij  führten. 

Andere  nehmen  hier  wiederum  die  Aussprache  -iji,  -y'i  an ;  die  aksl. 
Denkm.  lassen  uns  auch  in  diesem  Punkte  im  Stich.  Die  modernen  slav. 
Sprachen  haben  es,  bis  auf  wenige  Ausnahmen,  aufgegeben.  Nur  das  B. 
hat  es  noch:  goncij,  kravaej\  lotcij,  pivcej  u.  s.  w.  Im  B.,  P.  und  Os. 
liegt  eine  Kontraktion  der  Vokale  vor:  b.  krejci.  p.  krqjezy^  os.  kravci, 
ievci  u.  s.  w. 

Das  Suffix  wird  häufig  an  Subst,  namentlich  an  Nomina 
agentia   auf   -»cft   (urspr.   -hki)    und    -hca   {-tka)   gefügt:    kupbdij 


405 

^ercator^  zu  huptet;  lavtöij  zu  lavtct  ^Tenator;  krtmtöij  ,guber- 
nator';  sokadij  ,coquu8';  iartdij  ,pictor^;  ztdtdij  ^s^/odi&csitoT^ ;  zränj 
zu  zribt  ^rs^ 

Wie  man  sieht,  konnte  dann  9cij\  -tStj  als  selbständiges  Suffix  fun- 
gieren: hantcij  fbalneator*  zu  ha^ja;  kanig^eij  ,scriba'  zu  ktmga;  kardbbcü 
,8chiffer';  somzcij  ,Präfekt^ 

Li  Fremdworten  wurde  -ija,  -tja  meist  belassen:  marija. 
Aber  sonst  auch  taucht  -^tja  auf,  namentlich  wenn  es  Kollektiva 
bezeichnet:  hrcUrtja,  brattja  firstres\  was  als  ein  substantivisiertes 
Adj.  anzusehen  ist,  ebenso  gr.  q^qatqiä  ,BruderBchaff  (auch  ai. 
bhrätryam  ^niderschaff ),  gr.  noch  ofitjXiiufj  ^Altersgenossenschaft', 
lat  fatnüia  {fatnulus);  rabtja  ß&r&.  Weibliche  Wesen  werden 
noch  bezeichnet  mit-ya,  das  an  einMask.  angefügt  wird:  godtja 
,hospes,  amica^,  toidtja  yua&nyovfUvij.  In  zmtja,  zmija  ^Schlange' 
handelt  es  sich  nicht  um  tja,  sondern  um  -ja.  Bei  Fem.  wurde 
dann  das  SufiSx  -ü,  -»»  von  -tja,  -ija  ganz  verdrängt 

Im  SloT.  ist  das  Suffix  ija  aus  dem  Deutseben  in  den  meisten 
Fällen  entlehnt  und  entspricht  dem  d.  -et  in  8ehnM«reiy  Sehutterei, 
Sehsbnerei:  hahorija  ,incautatio' ;  kovacija  ,8chmiedebandwerk,  Schmiede'; 
kupcija  ,HandeV;  nor^tija  ,Naretei';  opatüa  ,Abtei*;  ikofija  .episcopatus' ; 
de^arija  ,KindereiS  pisarija  «Schreiberei*. 

Suffix  -aj  und  jaj  (ajo-  und  jaj<h).  Es  ist  nicht  immer 
leicht  von  -ij  zu  scheiden  und  es  dürften  hier  einige  Fälle  vor- 
kommen, die  man  vielleicht  besser  bei  diesem  SufiSx  anführen 
könnte.  Das  SufBx  wurde  wahrscheinlich  erschlossen  aus  Bil- 
dungen wie  ludaj,  prüuöaj^  gtlucaj  ^casus',  die  eher  zu  ludati, 
luöati  s^,  prüuöati  8^  u.  s.  w.  gehören  und  mit  Hilfe  des  Suffixes 
-io-  gebildet  sind.  Ebenso  gab  es  neben  pri-kljuöiti  8^  ^9cidere' 
ein  prUdjudaii  8^  in  derselben  Bedeutung  und  dazu  entstand  das 
Hauptwort  prirkljuöaj  ,casusS  ebenso  gt-UjtAöaj;  weiter  zu 
pomyiljati  ein  pomtfil^j  ^cogitatio',  zu  striljati  ein  *streljaj,  slov. 
strdjaj  ,teU  iactus',  ebenso  do-strUjaj  ,teli  iactus^  So  mochte  es 
noch  andere  Bildungen  gegeben  haben,  aus  denen  ein  Suffix  -aj 
und  'jaj  erschlossen  werden  konnte.  Daher  dann  (in  r.  Quellen) 
pro-muiaj  ,cunctator^  zu  mudüi  ,cunctari';  s.  rodjaj  ,ortusS  p(h 
rodjaj  ypartus';  brtiaj  ^fluentum'  aus  brtzt  ^schnell';  oblidaj  ,figura' 
zu  lice  ;facies,  figura';  za-lozaj  ßisaenf  gehört  wohl  zu  -lofft, 
denn  wir  haben  noch  zct-logt  ^B^ssen^  (einmal  auch  pdt  zalaga 
chUbt,  Mikl.  Lex.  pal.  S.  212,  wahrscheinlich  von  -lagati  beein- 
flußt, wenn  nicht  das  a  verschrieben  ist)  und  auch  ein  zalogaf 
,Bissen^ 


406 

Hierher  noch  obyöaj,  gwt/öaj  ^consuetudo';  T.po-hUuaj  ^depo- 
fiitom^  alt,  neben  poklaza;  vielleicht  auch  lüaj  ,lichen^ 

Im  SloY.,  S.-kr.  und  zum  Teil  auch  im  R  ist  dieses  Suffix 
viel  häufiger  als  im  Akd^  Bg.  und  in  den  anderen  slay.  Sprachen. 

SloY.  mtgljaj  «Wink*  zeigt  uns  aach  noch  den  ZuBammenhang  mit 
dem  iter.  Yerbam.  Tom  adjektiv.  Part,  ^rnigh  zu  mignqfi  {migati)  wurde 
ein  *migUi%  (daB  anch  yon  miglfenka  ,der  Flitter'  yoransgesetzt  wird)  ge- 
bildet, daza  das  Iter.  sIgy.  mufl/dii  ,blinzeln,  wedeln,  flimmern',  davon 
das  oben  erwähnte  m%glq;\  weiter  tnig^a  ,8trau£gra8'  (agrostis).  Wahr* 
Bcheinlich  drang  daa  erweichte  ff  dann  auch  in  andere  Bildungen  wie 
fMg\J9e  ,neka  re5,  ki  miga'  und  miglflv  ,beweglich';  bIoy.  grtiljaj  »Bissen' 
zu  *gruUH^  *gri£y'aa,  ygl.  gritliea  »Blattwespe'  und  grizlflv  ,beiBend, 
bissig',  das  Stammverbum:  grüti,  grizem  ,beiBen'.  AÄalog:  rastegljqf 
,Dehnung'  und  raxUgffiv  .dehnbar'. 

S.-kr.  zamaäaj  iRieV  Ygl.  tnah  ,Hieb'  zu  mahnuti  ^wingen^ 
zcHnahnuti  ^ausholen  um  zu  schlagen';  mjeäaj  ^Portion  Mehl^  zu 
misüi;  namjeitaj  ^upellex'  zu  normjestüi  ^unterbringen';  noiaj 
yYestittts'  zu  nositi  ^tragen';  porodjaj  ,partus'. 

Es  hat  mit  -i-o-,  -io-  und  -tib-  gebildete  Worte  gegeben,  welche 
männliche  Personen  bezeichneten,  wie  -di}  in  darodej,  präjubodej 
^adulter*,  dobrodej  , Wohltäter^,  weiter  uj  ^aYunculus'  aus  •aw-ilw, 
stryj  ^patruus',  äUij  ^ector'.  Unter  ihrem  Einflüsse  bezeichnete 
auch  unser  Suffix  männliche  Personen.  So  haben  wir  schon  oben 
jprcmwaj  yCunctator'  herYorgehoben.  Solche  Worte  kommen  ins- 
besondere im  B.USS.  Yor:  susljaj  ySäufer'  zu  suslüt  ^aJigsam 
trinken';  negodjaj  ^zügelloser  Mensch';  aljunjaj,  dinjaj  neben 
aljunifaj,  alirUjaj  ^Qeiferer';  visljaj  ^Faulenzer';  2en{/q; , Faulenzer'. 
Wie  die  lautUchen  Gruppen  hier  Yerraten,  sind  es  spätere  Bil- 
dungen. Klr.  htd'taj  ^Müßigj^ger'  (hier  das  erweiterte  Suffix 
-tjaj). 

Auch  im  Poln.  huUaj,  hier  noch  nogaj  neben  nogal  ^Langbein'. 

Das  -a;  tritt  dann  als  Bestandteil  anderer  Suffixe  auf,  z.  B. 
r.  goUndaj  ,homo  breYibus  Yestibus  indutas'. 

Feminina:  s.  sudaja  ^udex';  mjeiaja  ,Mundbäcker';  domaja 
^lum  natale'  (falls  nicht  das  AdY.  doma  Yorliegt). 

Suffix  -^y  (aus  ?j|0-).  Der  ürsprong  dieses  Suffixes  liegt 
in  einigen  Fällen  klar  Yor.  Nach  den  männlichen  Personennamen 
wie  -d^jf  uj  u.  8.  w.  (YgL  oben)  wurde  auch  zu  bogateti,  r.  bogatkt 
,reich  werden'  ein  r.  hogatij  (eig.  -Uj)  ^reicher  Kauz',  zu  gardkb 
ein  gardej  ^^omo  superbus'  dial.  gebildet.  Der  Zusanmienhang 
durch  den  Akzent  bewiesen  (Ygl.  auch  bogatät  ,Beich- 


407 

tum').  Daraus  wurde  ein  SufBx  -4/  abstrahiert:  gramatej  ,einer 
der  lesen  und  schreiben  kann'  von  grdmoia  yLesen  und  Schreiben, 
Urkunde*  u.  s.  w. 

Ebenso  klr.  korovij  ^uhhirf  (gr.  allerdings  auch  das  Adjekt 
korMj  mit  dem  SufiBxe  -ho-);  znij  JSchnitter^,  doif/;  ,Geber^;  pUtij 
Rechter'.    Man  beachte  auch  hier  den  Akzent. 

Man  kann  nicht  daran  zweifeln,  daB  dieses  Suffix  auf  slav.  Boden 
entstanden  ist  und  dafi  es  insbesondere  im  B.  eine  gewisse  Verbreitung 
fand.  Es  scheint  auch  im  Lit.  entlehnt  worden  zu  sein,  denn  in  lit. 
ne8zlja$  ,Träger'  zeigt  schon  die  geschleifte  Int.  des  e,  daB  es  entlehnt 
ist  und  nicht  aufs  zurückgeht.  Die  Bedeutung,  die  Brugmann  solchen 
Bildungen  bei  der  Entstehung  des  slav.  Imperf.  zuspricht  (Kurze  vgl. 
Gramm.  §  715,  e,  Anm.),  ist  demnach  durchaus  unbegrfindet. 

Diesen  Bildungen  würde  formell  s.  zalezaj  ,yinea  neglecta' 
zu  'lezati  entsprechen  (zalezati  se  ^ich  verliegen,  verderbenO. 

Feminina:  aksl.  Iqzaja  ,gallinaS  eig.  ,die  Brütende^;  thöaja 
»textrix*  zu  tbkati,  tikq  ,texere*;  vereja  ,vecti8'  zu  vreti  vtrq,  za^ 
,claudereS  analog  b.  stezeje,  stezej,  slovak.  stezaj,  p.  4ciezaj  ,cardo'; 
b.  pereje,  perej  ,Wa8serschwall,  Stromschnelle*;  aksl.  brzzeja  ^yr- 
tis'  zu  brbzh;  p.,  slov.  u.  s.  w.  koleja  jGeleise*,  b.  ilepeje  jvestigium', 
p.  knieja  ,Forst*  zu  kieA  ,Klotz*. 

Suffix  -ej  (ejo-),  -ej  kommt  insbesondere  im  Slov.  vor,  wo 
es  1)  Deminutiva  bildet,  2)  Adj.  substantivisiert:  1)  druze; , Gatte', 
dedej  ,Männchen*;  kumej  jcompater*;  mozej  ^^omuncio*;  sirotej 
,homo  pauper*;  volej  ,bos*;  nozej  ,cultellus*;  stolej  ,sellula*;  2)  Ijubej 
,homo  amatus*,  malej  jpuer'. 

Feminina:  r.znejd  neben  znecb  (von  dieser  Bildung  könnte 
hier  das  e  herrühren)  und  znica  ,Mäher,  Mäherin*. 

Ln  S.  gledeja,  gnjeteja,  lomeja  u.  s.  w.  Namen  mythischer 
Wesen  (vgl.  Mikl.  II,  S.  84). 

Suffix  'Oj  (oj(h).  Hauptsächlich  das  Fem.:  p.  dziewoja 
,tüchtige  Magd*.  Dasselbe  Suffix  haben  wir  wohl  auch  in  s. 
Blagoje,  Bogoje,  Boroje  (Borislav),  Basoje,  Zlaioje,  Mtloje,  Stänoje 
u.  s.  w.  (vgl  Dani£iö,  Osnove  S.  73,  fi).  Es  sind  jedenfalls 
Vokative  männhcher  Personennamen:  Bogoja  u,  s.  w.  (vgl.  das 
oben  erwähnte  sudaja  ,iudex*)  wie  wir  sie  schon  als  brdto,  mido 
u.  s.  w.  angeführt  haben  (vgl.  S.  401). 

Suffix  'UJ  (ujo-).  In  mehreren  Sprachen  kommt  das  Adj. 
voluj  ,bovis*  vor:  aksl.  stcida  voluja,  michz  voluj  u.  s.  w.,  s.  vduj 
jezik  ,buglossum*,  dazu  auch  volujski,  r.  voluj  ,agaricus  emeticus*. 
Es  scheint,  daß  hier  das  Suffix  -jo  an  den  Gen.  oder  sekundären 


408 

Dativ  volu  angehängt  und  so  ein  Adj.  gebildet  wurde.  Damach 
auch  s.  ovnuj  in  ovnujaki  ,Widder-*  zu  ovan,  ovna  jWidder*. 

Ein  substantivisierter  Imper.  könnte  in  r.  pocäüj  ^Kuß'  vor- 
liegen (vgl  cMovati,  cäuju);  slov.  osdmj  in  asebüjek  ,Privatbe8itz, 
Ausgedinge  zu  oaebovdii,  -üjem,  osebüjen  ^abgesonderte. 

Auch  hier  sind  es  wiederum  im  B.  f männliche)  Personen:  vah^' 
(valee»,  valanda)  ,8chmutziger  Mensch*;  opech^juj  (opeehUj)  ,homo  pigerS 
Tgl.  auch  p.  nieehiuj,  nieehluja  «schmutziger  Mensch*.  Weiter  noch  r. 
tnjasuj  ^wildes  Fleisch*;  zohuf  ,Beule*. 

Aksl.  oBiuja  fSohuppe*  zu  dssaii  setzt  wohl  ein  -juj\  "Juja  voraus. 

Suffix  -90-.  ürspriinglieh  -)fO-  und  zwar  wurden  damit 
sowohl  subst  wie  auch  adj.  St  gebildet  In  krovb  ytectum',  alava 
jdo^a^  handelt  es  sich  natürlich  nicht  um  unser  SufBx,  sondern 
das  V  gehört  zur  Wurzel. 

Mask«:  obav^  und  obava  (Mikl.  Lex.  pal.)  ^i^cantatio^  zu 
bajati,  bajq  ,fabulari,  incantari,  mederiS  vgl.  lat.  fä-ri,  färma,  lit 
böß*  ^cti  frage  wonach';  von  obatrb  dann  obavüi  und  dazu  das 
Iter.  obavljati  z.  B.  obavlejetz  nemoätemz  ntUitm  (Euch.  sin.  20 a), 
während  das  Iterat  obavati  cbavajq  direkt  von  bajq  wie  davati 
gebildet  ist  Weiter  gn^z  ^oangia,  ira'  zu  gniti  ,faulen';  livz  in 
slov.  liv  yTrichter';  naliv  ^Regenguß',  p.  zcdew,  zalewa  ,Über- 
schwemmung*  zu  hjfxti  ^eflen*;  slov.  kriv  ,DachS  bg.  po-kriv 
,Dach,  Decke^y  aksl.  nravz  ^mos'  aus  *tu>r-tfO-  oder  besser  aus 
*  normo-,  vgl.  ai.  narmds  ^Scherz^  (S.  322),  so  daß  es  sich  hier 
eigentlich  nicht  um  das  Suf6x  -vo-  handelt;  pltfvb  in  r.  na-plyvb 
^Schlamm',  p.  wplyw  ^Einfluß'  zu  plt/tif  pluti  ^fließen,  schififen'; 
pivb  in  r.  napetn  jGesang'  zu  päi,  pojq  fingen';  stavz  ,compage8* 
zu  stati,  stanq  ^ch  aufstellen'  (vgl.  stchm);  po-dutn  aXa&riatg  zu 
öuti  aiox^avofxai;  p.mew  , Wehen'  (,des  Windes*),  za-wiew  ,Sturm' 
zu  vejati  ,wehen';  vhchvb  jVates*,  and.  völva,  dessen  Iv  aus  Ißv 
entstanden  ist;  im  Slav.  wurde  ß  durch  ch  wiedergegeben  (vgl 
chrqstb  und  got.  ßramstei,  IF.  6,  S.  66). 

Adj.:  levz  ,link',  lat  laevus,  gr.  katßos;  sbdravz  ,gesund'  aus 
*8bdorvo-  zu  ai.  dharma  ,Vertrag,  Festsetzung*  und  sudharman 
(KZ.  38,  S.  372,  vgl.  auch  oben  S.  322),  auch  hier  ist  also  das 
V  erst  sekundär  entstanden;  trizvz  ,sobrius';  zivh  ,lebendig',  lit. 
g^as,  lat  vivos,  ai.  ßvd-  (W.  gei  ,rege  sein,  leben')^ 


1.  Es  ist  die  Ansicht  ausgesprochen  worden,  daß  -vo  in  mrbtv7>  ,tot\ 
lat.  moriuos  von  '^gt-ffos  Jehendig*  entlehnt  ist,  ai.  dagegen  mitäi  ,ge- 
storben'  (vgl.  Brugmann,  Grundr.  IT,  1,  8.  129,  Anm.  3). 


409 

Insbesondere  war  dieses  Suffix  bei  Bezeichnungen  von  Farben  beliebt: 
plavt  ,falbS  lit.  paleaa,  ahd.  falo  ,fahl,  falb' ;  aw  ,grauS  lit.  azyvaa,  preuß. 
aywan  ,grau*,  ai.  iyä-vds  ,braun*;  r.  solovöj  «isabellfarben',  ahd.  aalo 
«dunkelfarbig'. 

Neutra:  pivo  ,Trunk,  beraiischendes  Getränk'  znpiti  ^trinken', 
8.  jpivo,  lit  pyvas  (entlehnt);  strwo  jCadaver'. 

Fem.:  cUva  ,Mädchen'  (vgl  det^  ^ind'),  Miklodch  meint, 
urspr.  hätte  es  einen  Säugling  weibl.  Geschlechtes  bedeutet  (Etym. 
Wtb.  S.  44);  glava  |Kopf^,  lit  galvh;  griva  yMähne',  ai.  gri-nxl 
^Nacken';  jazva , Wunde',  preuß.  eyswo  dass.,  lit  aiza  ,rima';  krava 
yKuh',  Ut.  karv^,  lat  cervus,  gr.  ueQoßog  ygehömt',  dazu  auch  lat 
camu  ,HomS  got  haüm,  ahd.  hörn;  mrwa,  slo?.  mrva  ,mica, 
schlechtes  Viehfutter',  b.  ,Dünger,  Splitter';  pleva  ,SpreuS  preuß. 
pdrwOj  lit  pdal  PL  ,Spreu';  sliva  ,Pflaume',  lat.  Uvea  zu  {8)l%yiO 
,bläulich'  gehört  also  zu  den  oben  erwähnten  Farbenbezeichnungen 
ebenso  wie  b.  üuva  aus  zlva  ,ßienenspecht',  ahd.  geh  ^gelb^,  lat 
fidvus,  dazu  auch  zltftb,  lit  g^as  ,gelb'  (vgl  Brugmann,  Kurze 
TgL  Gr.  S.  329);  weiter  vidova  ,WitweS  got.  viduvö,  ai  vidhdva 
und  vidhdvas  yledig'  zu  ai.  vuih  ,leer  werden,  Mangel  haben'; 
kurwa  ,Hure'  dürfte  wegen  des  u  ein  Lehnwort  sein,  Tgl.  ahd. 
huora,  gr.  tloqFö  (Inschr.),  jon.  xot'^,  att.  %6^  ,Mädchen'.  Bei 
Lehnwörtern  finden  wir  dieses  Suffix:  lichva  ,usura',  got  leihwan, 
ahd.  lihan;  m^va  neben  m^  ,mentha^ 

Vielfach  sind  ea  auch  Neubildungen  zu  -y,  ^ve  wie  bIot.  8.  obrva 
gegen  bnvb  älter  *hry,  ai.  bkrü-s  ,Braue';  bIoy.  s.  avekrva  «socrus',  aksl. 
avakry:  b.  bIov.  r.  amokva  ,Feige'  gegen  aksl.  «moAry,  got.  amakka;  a.  efkva, 
bIov.  cirkva,  akal.  erbky  ,Kirche';  bIoy.  b.  b.  lokca^  aksl.  loky,  ahd.  lahha 
,Lache'. 

Indem  Wurzelbestandteile  zu  -vo  gezogen  wurden,  entstanden 
mehrere  neue  Suffixe. 

Suffix  -avO',  javO'  (-lavo-  und  Ijavo-).  Das  a  gehörte 
urspr.  zum  Stamme:  rqka-t^  ,Ärmel'  zu  rqka;  dela-vh  ,wirksam' 
zu  däati;  drtzava  Imperium'  zu  drhzati  ,halten'.  So  haben  wir 
noch:  grudam  ,asper^  zu  gruda  ,Erd8cholle^;  krastam  ,scabidus' 
zu  krasta  ,scabies';  sedinatn  ,canus'  zu  sedina  ,cani  capilli'. 

Damach  auch:  krhvam  ,cruentus';  Iqkatrb  ,malus'  zu  lqk^ 
,krumm,  böse'  {l^q,  Iqiti  ,biegen'). 

An  Adj.  angehängt  bezeichnet  es  häufig  einen  geringeren 
Grad  der  Eigenschaft:  slov.  belav,  b.  belav^  ,weißlich^  Es  bildet 
überhaupt  Torwiegend  Adj. 

Das  Suffix  trat  nun  auch  an  Adj.,  die  daB  Suffix  -lo-  enthielten,  so 


410 

high,  das  in  higlbCb  «transfoga'  vorliegrt,  b.  hQUjf  ,8chnelP  und  ^erfahren', 
weiter  b.  prchly  ,fi&chtig,  jähzornig',  woraas  prchlavy  »flüchtig'  und  auch 
prchlivy  ^flüchtig,  jähzornig';  ebenso  slov.  itnradlav  ,fetidu8*,  h.tmradiavy; 
sloT.  norlav  ,aliquantum  stultus';  b.  kriklavy  =  krikavy  «schreierisch*; 
ptchlavy  ^stachelig'. 

Ton  prchly  lautete  das  Denominatirum  prehlüi  und  das  Iter.  dazu 
*prehljati.  unter  dem  EinfluB  dieser  Yerba  entstanden  nnn  Adj.  wie 
*prbehljav9  und  das  fjav  drang  auch  in  ältere  Bildungen  ein,  die  rein 
adjektinschen  Ursprungs  waren:  r.  mazglyj  ,yerfault,  abgezehrt',  davon 
nutzgljavyj  ,abgezehrt,  mager';  r.  noch  kostlfavy/  ,beindurr'  zu  kotib  ,Bein^ 
und  kostliv^';  sIot.  nthorljav  ,macilentus' ;  icrhljav  «zahnlfickig*. 

Im  Slov.  kommen,  wie  wir  sehen,  beide  Suffixe  vor:  -lav  und  -Ijav^ 
im  B.  drang  4Jav  vollständig  durch.  Im  Aksl.  ist  das  Material  karg: 
tecljav9  ,meretriciusS  eig.  ,läufig'  zu  tekq,  teiti  ,laufeD,  fließen'. 

Nicht  selten  kommen  beide  Suffixe  -avo  neben  lavo  vor:  ehrapav^ 
,raucus'  zu  ehrapati,  aber  b.  neben  ehräpavy  {ehrdpati)  auch  ehraplwoi 
(und  ehrapHvy)  ,heiser'. 

Das  Suffix -jaro  ist  analog  wie  Ijavo  zu  erklären:  es  kommen  zunächst 
Feminina  mit  -ja,  dann  entsprechende  Iterativa  in  Betracht;  so  setzt 
auehonjavh  ,siccus'  ein  *8uehonja  voraus;  bei  r.slinjavyj,  iljunjavyj^geifemd'^ 
ist  wohl  an  ein  zu  slinitb  gehöriges  Iter.  *8linjaib  zu  denken.  Aksl.  zwar 
zerav9  ,glfihend',  aber  slov.  zerjav,  b.  zeravy;  b.  pinavy  ,schäumend'  zu 
phiüi  ,schäumen'. 

Das  Femininum  -ava  bildet  häufig  Orts-  und  Flußnamen: 
dqbrava  ,Bäume,  Wald'  (zu  dqbrz  wofür  später  dqbz),  darneben 
auch  dqbrova,  vgl.  Dubravnik,  Tmava,  b.  Jihlava,  SvUava;  Ä«- 
mava  ^Böhmerwald'  zu  iuma  ,Wald'  weist  eigentUch  nur  -va  auf. 

Suffix  -ivo-  {'livO').  Auch  dieses  Suffix  ist  analog  wie  das 
vorhergehende  entstanden.  Mit  ihm  hat  es  auch  das  gemein,  daß 
es  vorwiegend  Adj.  bildet  Es  waren  hier  vor  allem  Verba  auf 
'üi  maßgebend:  zu  Ijuhiti  ,Ueben'  entstand  Ijubivz  ,liebend';  zu 
choditi  jgehen',  chodiv?»  ,qui  circum  vagatur^;  plavitn  ,vagus'  zu 
plaviti;  vgl.  lit.  dalyvas  ^teilhaft'  zu  dcdyti  ,teilen'. 

Außerdem  Subst.  auf  t  (i-Stämme),  deren  meisten  Kasus  auf 
•i  im  Sg.  ausgingen,  daher  zu  blagostt  ein  blagostifyh  ,bonus'  zu 
bojazm  ein  bojaznivt  ,timidus';  zu  zabyth  ein  zabytwb  ^iniXrjaiAO^ 
vr^g^;  zu  örttt  ,Wurm',  örifviv^  ,wurmig';  zu  dtstt  ein  ötstitn  ,pius'; 
zu  datt  (z.  B.  in  blago-datt)  ein  dativ^  ,impertiens';  müostivb 
,misericors'  zu  mäostt. 

Aus  solchen  Bildungen  wurde  ein  Suffix  -fVo-  erschlossen 
und  selbständig  an  andere  Stämme  angehängt:  drimotim  ,somnu- 
lentus'  aus  dremota  (vgl.  b.  drlmotä);  gruditn  ^asper'  neben  grudavb 
zu  gruda  ,Erdscholle';  p^gotivz  ^leprosus'  zu  pegota;   lenivh  ,faul* 


411 

kann  von  lim  ^ul*  oder  lenb  ,pigritia^  herrühren;  t^ät^v^  ^sedulus' 
zu  tz8(k)nqti  8^  yStudereS  doch  kann  hier  auch  ein  hätUis^  Toraus- 
gesetzt  werden. 

Wie  'OVO-  wurde  es  an  die  mit  dem  Partizipiom  prät.  act.  II  ver- 
wandten Adjektiva  auf  -/o-  angehängt,  vgl.  b.  prehlivy  «flüchtig,  jähzornig' 
(vgl.  oben  S.  410)  zu  prehly;  aksl.  6fy/trs  ,fugitiva8*  zu  dem  oben  S.  410 
erwähnten  bigh.  Aber  auch  an  das  verwandte  Partizipium :  aksl.  drbztäiv» 
,tenax*;  unylivz  ,animo  concidens';  poucalic^  ,docendi  peritus'. 

Daraus  wurde  nun  ein  eigenes  Suffix  -/tto-  abstrahiert  eben  so  wie 
'lavo' :  aksl.  hl^ivz  neben  hl^ivz  ,garrulus'  zu  h^dc^,  b^jUi-,  bodlivz  ,comu 
feriens'  zvihodq^  ho$ti  ^stechen';  govortliv^  ,loquax^;  taj^livz  nehen  zaj^v^ 
,balbuB*;  nmotrblivb  und  mnofriliv^  {szmotriti  ,schauenO  ,oeconomicus* ; 
8varbliv9  ,contentio8U8';  ucbliv9  ,dtdaxtix6s' ;  zaviddivt  ,invidio8us' ;  b^dnlm 
,alacer';  nedqzblicb  ,aegrotus*;  gnivlie^  ,iracundu8';  kotortlivt  neben  kotoritt 
,pugnax';  prozorblM  neben  prozorivb  ,perspicax*. 

Nun  steht  das  Suffix  4ivo'  in  innigem  Kontakt  mit  -laoo-^  -Ijavo-  und 
es  kommen  nicht  selten  beide  neben  einander  vor:  b.  chraplavy  neben 
ehraplivy;  prehlavy  neben  prehlivy;  slov.  $mradlav  und  s.  smrdljiv  ,8tin- 
kend*;  r.  neben  kottljavt/J  ,beindfirr^  auch  koatliryj  ,knochig,  voll  Beine' 
vor  n.  8.  w.  Das  hatte  zur  Folge,  daß  auch  4ivo  zu  -Ijivo  werden  konnte : 
slov.  pozabl/iv  ^vergeßlich'  (ßksl.  zabyii);  govorljiv  ,loquax';  ikodljiv  ,8chäd- 
lich';    bojazljw   ,timidu8';    kostljiv  ,ob80SU8*;    s.  bodljiv  ^pungens';    svadljiv 

,TiZ08U8'. 

Vgl.  noch  b.  bedlivy  ,fleißig';  hanlity  ,schmähend';  nakuilivy  ,an- 
steckend';  bdzlivy  ^furchtsam'.  Aus  minlivy  ^veränderlich'  (tninä),  hatUivfi 
{hana)  u.  8.  w.  ist  das  n  eingedrungen  in  mlcenltvy  ,schweigBam';  tnäienlivy 
neheTi  Bnäielivy  ,tolerant*;  dbatdivy  ^achtsamS  zddnlivy  ,scheinba,r' -,  ucmlivy 
»gelehrig'. 

Substantiva.  Neutra.  Ä^kk/tt^o  , Hammer' ;  vanro^edulium'; 
pr^ivo  jfilum'  (P^^)/  sidivo  ^ecuris'.  Merkwürdig  ist  s.  pecivo 
,Braten'  (mit  c  statt  des  erwarteten  J),  weiter  s.  aoöivo  ,die  linse'; 
h.melivo  ^Mahlvorrat,  Mahlwerk';  tnlezivo  jBiestmilch,  Saugmilch'; 
peöiro  ,Backwerk'  (kollektiv),  palivo  ,ßreunmaterial',  r.  ezivo  ,cibu8'; 
kruzivo  und  kruzevo  ,Spitze'  u.  s.  w.  im  R  tritt  überhaupt  für 
-ivo  häufig  -evo  ein. 

Feminina,  kopriva  (kropiva)  ,urtica'  wahrscheinlich  zu  koprb 
,Dill';  t^iva  ,chorda'  vgl.  lit.  temptiva  ,chorda^  zu  tempiu,  tempti 
,extendi';  s.  stätita  ,einer  der  zwei  aufrecht  stehenden  Balken,  in 
denen  der  Weberbaum  liegt'  (Miklosich  erklärt  das  Wort  als 
8ta4iva,  ebenso  t^-tiva,  jes4ivo,  Etym.  Wtb.  S.  362). 

Suffix  'OVO'.  Seine  wichtigste  Funktion  ist  die  Bildung  Ton 
poss.  Adj.,  wobei  die  Benennung  eines  lebenden  Wesens  zu 
Grunde  liegt,  jedoch  können  es  nicht  die  o-Stämme,   dann  die 


412 

«-Stämme  sein,  da  hier  -ino  in  diesem  Falle  angewendet  wird 
Das  wichtigste  Gebiet  dieses  SufSxes  sind  die  o-  und  u-Stämme. 
Infolge  einer  Erweiterung  seiner  Anwendung  auch  bei  Benenn- 
ungen lebloser  Wesen  bezeichnet  es  die  Materie,  aus  der  etwas 
gemacht  ist,  oder  eine  Ähnlichkeit  und  Zugehörigkeit. 

Seinem  Ursprünge  nach  ist  es  ein  spezifisch  slav.  Saffiz  und  zwar 
ist  es  höchst  wahrscheinlich  aus  einem  Kasus  der  o-  oder  u-St&mme 
hervorgegangen,  da  es  hier  heimisch  ist.  Ich  denke  an  den  Gen.  8g.  der 
ti-St&mme,  da  wir  hier  auch  eine  Analogie  haben.  Oben  B.  407  haben 
wir  das  Adjektivum  ro/if/  ,boyis*  als  aus  dem  Genetiv  voiu  hervorgegangen 
erklärt.  Das  ist  eine  spätere  Bildung.  Früher  noch,  als  der  Genetiv 
'*ffoioff{9)  lautete^  ist  durch  Anfügung  des  Suffixes  -o  daraus  -volayo- 
aksl.  volov9  ,bovis*  entstanden.  Ebenso  tynor»  ,filii'.  -o-  wurde  vielfach 
als  sekundäres  adj.  Suffix  angewendet,  so  z.  B.  in  lat.  meua,  aksl.  moj\ 
das  nach  Brugmann  gleich  ist  *m«jfM,  *moxo»  und  vom  poss.  Lokal 
^m0f,  *mot  gebildet  ist;  ebenso  vom  Lokal  auf  -«t  das  -eio  der  Stoff- 
adjektira  wie  gr.  XQ^^<^  »RoldenS  ßodjeos  ,menschlich\  lat.  aurew, 
eapretis;  ai.  hiranydya*  ,aureu8S  av.  aspaya^  ,equinus*  (Kurze  vgl.  Gr. 
S.  328—329). 

Ton  den  «-Stämmen  ist  das  Suffix  dann  zu  den  o-Stämmen  geraten, 
die  sich  im  Nom.  und  Akk.  Sg.  zu  berühren  anfingen.  So  haben  wir 
z.B.  adamovz  ,adami*;  hratrov^  ,fratrisS  otrokovz  ,infantis*;  krafievh  «regisS 
€isarjw9  ,imperatoris' ;  weiter  hravt  «leonis*,  vhkovb  ,lupi^  u.  s.  w. 

Häufig  wurde  das  neue  Sufiix  an  das  ältere  mit  -;o-  gebildete 
Possessiyum  angehängt:  ottöev^  ^patris'  aus  otbdb  ^patrisS  pavlßvi 
^auli'  aus  pavVt  (*pavljt);  jakovljwb  u.  s.  w. 

Das  Suffix  wurde  dann  auch  an  Benennungen  lebloser  Gegen- 
stände angehängt  und  erlangte  die  oben  angegebene  Bedeutung: 
dc^bovb  ,quemus';  bukom  /aginus',  Hpovh  ^pineus';  trwkovh  ^pineus^ 
Da  es  sich  bei  leblosen  Dingen  nicht  mehr  um  den  Besitz  han- 
delte, so  konnte  das  Suffix  in  dieser  späteren  Funktion  auch  an 
^-Stämme  angehängt  werden:  lipovh  ,tiliae'  zu  lipa;  brezotrb  ,be- 
tulae'  zu  hriza  u.  s.  w.  Wo  es  in  dieser  Funktion  Torkonamt, 
handelt  es  sich  oit  um  Personifikation  bei  Naturerscheinungen: 
vh  obrazS  ckzdevi  ^  forma  pluviae'  Supr.  183,  9. 

Häufig  kommen  die  poss.  Adj.  substantivisiert  Tor  und  zwar 
als  Ortsnamen,  wobei  ursprünglich  grad^,  pdje  u.  dgl.  mehr  zu 
ergänzen  war:  b.  Bavarov  (Barau),  eig.  die  Burg  des  Bavar 
(Bavorovh  grad^),  KrunUov,  Ondrejov,  s.  Kosovo  (sdl.polje)  ^Amsel- 
feldS   Kupinovo  u.  s.  w.    Nach  diesen  Namen  auf  -vo  ist  auch 

1.  Die  Diphthonge  behaupteten  sich,  wie  wir  in  der  Lautlehre  sahen, 
-im  ftiftv.  verhältnismäßig  lange. 


41S 

b.  domav  ^eimat^,  das  im  Ab.  noch  nicht  vorkommt,  wie  man 
au8  Gebauers  Wtb.  ersieht,  wie  auch  venkov  ,Land^  (im  Gegen- 
satz zur  Stadt)  gebildet 

Analog  ist  auch  die  Substantivisierung  wie  ar.  cisareva, 
karoleva  ^coniux  imperatoris,  regis',  p.  krilewa,  b.  krölovd  (hier 
hat  es  die  bestimmte  Form  angenommen),  Bhiejawa  ,Frau  des 
Biakej',  ebenso  b.  krejöavd  ,Frau  des  Schneiders,  Schneiderin', 
Laudovd  ,Frau  des  Lauda',  Cuznavd,  Simktwd  u.  s.  w.^ 

Abseits  von  der  besprochenen  Kategorie  der  Adj.  stehen 
einige  mit  dem  Suffix  -ovo-  gebildeten:  istopb  ,yerus';  neistwb 
,furiosus^;  jalotb  ySterilis',  suravh,  ayrom  ,crudus'. 

Weiter:  jakom  ,qualis'  (rel),  kcdcat^  ^quahs'  (interr.),  inakav^ 
jdiversus',  jedinakovh  ,similisS  onakavb,  sicevb,  yakovz,  takovh  ,talis^ 
Hier  ist  das  Suffix  wohl  eines  anderen  Ursprungs.  Auszugehen 
ist  vielleicht  vom  adverbialen  Neutrum  tako,  kdko,  jako  u.  s.  w., 
zu  welchem  das  Suffix  -90  hinzutrat.  Meillet  sieht  das  Suffix 
auch  in  ai.  keiavd^  (S.  369). 

Abgesehen  toq  den  erwähnten  Substantivisiernngen  kommen  sonst 
Subst.  mit  dem  Suffix  -oco-,  das  natürlich  dann  anders  zu  erklären  ist, 
selten  vor.  So  olavo  ,61ei',  preuß.  alufu  «Bl^iS  lit.  aloaa  ,Zinn*  (in  Donau- 
länder I,  S.  415  wird  das  Wort  als  aus  dem  Magyar,  entlehnt  —  hier 
ölom  —  aufgefaßt):  r.  logavo  Justrum  ferae*  ist  nach  der  Analogie  der 
oben  erwähnten  Ortsnamen  entstanden,  ebenso  nocevo  yNachtlager*. 

Feminina:  klr.  domova  ^Wirtschafte,  kann  auch  anders  er- 
klärt werden,  wie  b.  budava  ,6ebäude^ 

Im  Serbokr.  taucht  ein  Suffix  -ov  auf  und  zwar  zunächst  in  Fremd- 
worten: magy.  hpö  ,Dieb',  s.kfpöv;  dann  bei  Tiernamen:  garov  »schwarzer 
Hund*  (und  sonst  noch  eine  Keihe  von  Hundebenennungen):  außerdem; 
golov  jOmnium  rerum  inops';  nitkov  ,homo  nihili*;  praznov  ,homo  inanis'; 
prdov  ,pedens*,  rogov  »cornutus'  (Dani^ic,  Osnove  8.  91).  Es  wird  wohl 
ein  Kompromißsuffix  sein,  bestehend  aus  dem  fremden  -o,  das  sich  an  die 
zahlreichen  Bildungen  mit  v  anschloß  und  ein  -00  ergab. 

Suffix  -nO'.  Schon  ursprachlich  bildete  es  Subst  und  Adj., 
die  ersteren  meist  als  Abstrakta  und  zwar  im  N.  und  F.  Neben 
Adj.  wurden  damit  auch  Partizipien  gebildet  Vgl.  aksl.  cina 
,Preis',  gr.  noivij  ^Entgelt,  Strafe,  Lohn',  a?.  ka^ä  ^Strafe';  lat. 
dönom,  ddnum,  BÜ.dänam  ,das6eben<;  femer  akslpltfm  ^voll^  lit 
pUnctö,  got  ftdls  (urgerm.  ^futrnaz),  ü..ßürnd8,  urspr.  pl-nö;  pj-nö-. 


1.  Man  wollte  zwischen  Laudova  ,Tochter  des  Lauda'  (unverheiratet) 
und  Laudova  ,Fran  des  Lauda^  unterscheiden,  was  eine  überflüssige  und 
undurchführbare  grammatische  Spitzfindigkeit  ist. 


414 

Maskulina;  dlem  ,61ied*  aus  ^öd-no-;  gUm  ,Schleim*,  gr. 
yUa^  ylivtj  ,Leiin',  lat  glüten  ,LeimS  dazu  *8(k)lei:  mhd.  slim, 
poln.  älimaJc  ySchnecke'  gegenüber  glemyzdt,  lit  glimi  (vgl.  Siebs, 
KZ.  37,  S.  314)5  agn^  und  jagntct  setzen  ein  ^agno-,  lat  agnus 
voraus;  Idjum  ,8chnabeP  zu  kVwati  ,picken*;  ip.pan,  h.pdn  jHerr' 
aus  gbpawbj  hpdn  (s.  oben  S.  97),  vgl.  zupam;  plirn  ,Beute',  lit. 
pdncts  ,Verdienstf,  ai.  pa-nas  ,Wette,  ausbedungener  Lohn'  aus 
*par-na;  stam  ,Stand,  Lager*,  lit.  störtas,  gr.  dv-ovriyog  ,mit  dem 
«8  schlecht  stehf,  ai.  dhänam  ,Standort,  Ort';  sum  neben  sgm 
,Turm'  vielleicht  zu  Shpq  suti  ,schütten,  streuen';  shm  ,SchIaf  aus 
^supno-,  gr.  vfcvog,  dagegen  liegt  ^suepno-,  *Äjfopno-  vor  in  lit. 
säpnas,  aisl.  svefn,  lat  somnus,  ai.  svdpnas;  tresm  ,fimbria'  aus 
*tre8knO'  zu  tr^kb  ,8chall',  trisnqti  ,schlagen';  trirm  ,Dom',  ai. 
tf-nam  ,Grashalm',  germ.  ^aumus  ,Dom';  tgm  ,Mauer^,  b.  tyn 
^eingezäunter  Orf ,  zd-4gni  »Wehr*,  air.  dün  ,umwallte  Burg*,  gall. 
dUnum  in  Ortsnamen,  anord.  tun,  ahd.  zun,  wegen  des  t  ist  also 
das  Wort  offenbar  aus  dem  Germ,  entlehnt;  r.  vim  ,Eranz',  auch 
in  veni>cb,  lit..  vainVcas  ,Kranz',  dazu  auch  gr.  olvog,  oi'vrj  ,Wein- 
stoct,  lat  vinum,  vinus,  slav.  vino  zur  W.  uei  ,winden';  zupam 
,Beherrscher  eines  Bezirkes,  Vorstand  der  zupa  ,die  Hut,  Bezirk' 
aus  *geupä,  gr.  yv/rij  ,Greieme8t,  Höhle'  (IF.  11,  8.  111).  Viel- 
leicht auch  ei-m  ,ordo';  russ.  ob-mam  ,Trug'. 

Neutra:  dbno  ,Boden'  aus  *dbbno,  lit  dügnas  ,Boden'  (aus 
^dubncia);  okno  ,Fenster'  zu  oko  ,Auge';  runo  ,vellus'  zu  rbvati 
^evellere';  sino  ,Heu',  lit  Szenen,  gr.  stoem*  xo^rog  (Hes.);  sttgno 
,Schenkel';  sukno  ,wollenes  Kleid,  Tuch'  zu  sukati  ,drehen';  vino 
,Mitgift'  zu  ved<f,  vesti  ,führen,  heimführen',  gr.  eedvovy  l'dva  ,Braut- 
geschenke';  vlakno  ,^iIxib^  zn  vUkq,  rZe^i , ziehen,  schleppen';  ahntce 
,Sonne'  setzt  auch  ein  *8hno  voraus. 

Feminina:  cena  ,Preis'  (siehe  oben),  W.  quex,  wozu  auch 
tivfo;  chrana  wohl  zu  lit  szerti  ,füttem'  (vgl.  8. 360);  Zi*na  ,Mond' 
aus  *louk8na,  lat.  lüna  (vgl  8.  359);  mina  ,Änderung,  Wechsel', 
lit  maxnas  ,Tausch',  ahd.  mei-n  ,falsch'  als  8ub8t  n.  ,Fal8chheit, 
Frevel';  pena  ,8chaum',  lit.  spdine  ,8chaum8treifen',  preuß.  apoayno, 
ai.  phtnas  ,Feim,  8chaum',  dagegen  lat  spuma  aus  ^spoi-mäj  ahd. 
feim;  slana  ,ReLf,  lit.  azalnä,  vgl.  auch  lit  szdUas,  preuß.  scUta 
,kalf ;  slina  ,Speichel'  vgl.  mhd.  ali-m  ,8chleim';  stSna  ,Mauer, 
Wand',  got  stains  ,8tein';  strana  ,8eite,  Gegend'  aus  ^stw-na 
zu  der-  ,ausbreiten';  vema  ,Frühling',  lit  vasarä  ,8ommer',  ai. 
vasantds  ,Frühling';   vhna  , Wolle',  Ut  vüna  ,Wollhärchen',   got 


416 

vuUa  (*}*trf-nö),  ai.  ür-na  , Wolle*  aus  ^ul-nä;  vltna  ,WelleS  ahd. 
weUa,  mit  -nw  lit  vilnla  ,Welle',  vgl.  valUi  ,volvere*;  vielleicht 
hierher  auch  vrana  aus  *vomä  ,Babe'  vgl.  vram  schwarz'  und 
3abe'. 

Adjektiva:  hrom  ^weißlich',  ai.  bradhnds  ,falV;  örtm 
ßchwaiT^j  preuß.  kirsnan  dass.,  ai.  kf^Or;  lim  ^ul'  falls  es  zu 
gr.  Ir^delv  ,träge  sein'  gehört;  fhm  ,voll'  (siehe  oben);  jum  jung*, 
lit  jdunas  von  jaäj  ahd.  ju  ^schon';  slam  ^salzig,  gesalzen'  aus 
^soUfUh  zu  8oh  jSalz*;  aksl.  nyni,  lit.  vünal  ,nun,  jetzt'  vielleicht 
ein  Elasus  von  einem  Adj.  nü-no  zum  Adverb  nu,  nü,  aksl.  m  ,nun, 
aber',  ai.  nü,  nü,  mit  dem  auch  ^ne^os,  novb  ,neu'  zusammenhängt. 

Part  Prät  pass.:  odenb  ,umgetan,  bekleidef,  ahd.  gi4än 
ygetan',  urspr.  *dh6no8;  dam  ^gegeben'  zu  dati;  znam  zu  znati 
Rennen';  trhp^^  zu  trtpUi  beiden';  d&am  zu  dilati  ^machen^ 
u.  s.  w.  siehe  auch  bei  Su£Sx  *en(h. 

Substantivisch  ist  pijam  ,ebrius',  b.  trhan  ^zerlumpter  Mensch' 
u.  s.  w.  geworden,  was  beim  SufSx  -ano  noch  zur  Sprache  kommen 
wird. 

Suffix  -ano:  Es  ist  nicht  immer  leicht  von  -tio-  zu  trennen. 
bratam,  b.  bratran  (bratranec  ,Cousin')  ^nepos'  zu  bratb,  bratrb 
prüder';  b.  akakan  ^Springer*;  b.  tduin  ,Schwiegervatei^,  vgl.  ttstt 
,socer'  (also  ein  Thema  *ti>8tu:h'?);  r.  vdikam,  b.  vdikdn  3^ese', 
b.  dial.  beddn  ,der  brüllf  zu  beödi.  Es  sind  also  männliche  Per- 
sonennamen. 

Dazu  eine  ganze  Reihe  von  s.  Eigennamen:  Vakan  (Vuk); 
Ordan  (Ch^db);  Gruban;  Krüan;  Müan  (vgl.  Daniöic,  Osnove 
S.  138—140). 

Wir  bemerken  sonst,  daB  -ano  dort  häufig  vorkommt,  wo  ein  Yerbom 
auf  'Ott  vorliegt:  b.  ikuban  ,wer  viel  Kleider  zerreist*,  dann  ,Lamp*  za 
skubati  »reißen';  ebenso  ikhiban  dass.  zu  ikluhati;  trkan  dass.  zu  trhati 
,reißen';  ab.  Koehan  zu  koehati  .liebkosen,  trösten',  davon  auch  koehänek 
,Liebling';  Stojan  zu  stojati^  stdti;  ab.  Bojan  und  Bojanov;  s.  Bojana, 
Frauenname. 

Man  wird  daher  wohl  auch  aksl.  pijam>  ,ebriu6\  b.  pijan  zu  pijaii 
ziehen  können,  so  daß  es  sich  um  Partizipialbildungen  handeln  möchte. 
Diese  Bildungen  würden  also  eigentlich  zum  -no-Suffixe  gehören.  Ebenso 
wohl  auch  s.  Duian,  Milan  (zu  Milo),  wo  ein  Thema  auf  -u  vorlag. 

Häufig  haben  wir  jetzt  in  Worten  ein  -^no-  wo  es  sich  urspr. 
um  janino'  handelte:  b.  krajan  ^Landsmann'  (zu  kraj);  zeman 
^InsaB,  Landedelmann'  zu  zemi  ^Land',  ab.  jedoch  noch  krajinin, 
zeminin. 


416 

Feminina  kommen  seltener  vor:  braiana,  poljana  jCampos^ 
sIoY.  smetana,  smetena  ,Obers,  Sahne',  b.  smetcma  (man  denkt  an 
si-metena  zu  s^-mesti  ,herabkeliren,  nehmen');  s.  Eigennamen: 
BojanUf  Vtskana,  Grozdana,  Dragana. 

Suffix  -anjO'.  Es  ist  eine  Weiterbildung  des  vorher- 
gehenden und  es  ist  auch  hier  vorwiegend  an  Verba  auf  -ati  und 
Subst  auf  -a  zu  denken:  slov.  druzbanj  yBrautführer'  zu  druzba; 
vrtanj  ^pira';  prstanj  ^anulus';  s.  lokvanj  ^nymphaea,  Seeblume' 
zu  lokva.  An  druzbanj  und  andere  männliche  Personennamen 
schließen  sich  im  Böhm,  an:  hluchdü  (Schimpfwort)  ,der  Taube'; 
slepdn^  perddü,  sapUHi,  Sordri  (BartoS,  Dial.  S.  143). 

Feminina:  äoY.mrdanja  ,anus  gallinae'  zatnrdati  ,wedeln'; 
drvanja  ,Holzgegend';  s.  pomaganja  ,auxilii  imploratio';  rvanja 
ylucta';  klr.  Aimanja  ^femina  muta';  p.  kijania  ,Bläuel'  zu  kyj. 

Suffix  -enO'.  Es  diente  zunächst  zur  Bildung  des  Part. 
Prät  pass.,  dann  der  Adj.  und  seltener  der  Subst:  vezem  ,ge- 
fahren',  vgl.  ai.  vaha/nas  ^fahrend',  vdhanam  ,das  Fahren';  vedenö 
,geführt^  zu  vedq,  vesti  ^führen',  vgl.  ags.  bunden,  aisl.  bund-enn 
^gebunden'.  Das  e  gehörte  hier  urspr.  zum  Stamme,  so  daß  es 
sich  eigentlich  nur  um  das  SufSx  -no-  handelt  (vgl.  oben:  odSm, 
dam,  znam,  trtpem  u.  s.  w.  S.  416). 

Es  warde  aber  eno  als  Saffix  aufgefaßt,  wie  wir  ganz  deutlich  aus 
ehvaljem  ,gelobt^  zu  chvaliti,  das  nach  ve&em,  vedem  gebildet  ist,  ersehen; 
femer  kommt  auch  aksl.  itmiven^  zu  umyti  ^abwaschen',  zahttvenii  ,ver- 
gessen*  zu  zahyii  (Tgl.  ai.  hhüvanam  ,Wesen,  Ding,  Welt*)  in  Betracht, 
da  man  hier  ebenfalls  ein  Suffix  eno  voraussetzen  muB  (eine  sekundäre 
Bildung). 

Adjektiva:  crwsljem  ^f  zu  örwb  ,Wurm,  Scharlachschild- 
laus' (hat  also  die  Form  eines  Part.  Prät.  pass.  zu  drtviti);  studem 
jkalt';  zdem  ,grün',  vgl.  lit  zeliü,  zäti  ,grünen';  ein  *moldenO' 
wird  vorausgesetzt  durdi  r.  molödenkij,  aksl.  nüadentct  (neben  den 
späteren  nüadtntcb  analog  nach  anderen  auf  -tmcb,  und  ndadinbcb 
nach  prtventcb)  und  ndadenütt.  Überhaupt  setzen  die  r.  Demi- 
nutiva  wie  malentkij  ,winzig,  klein'  zu  nMyj  u.  s.  w.  zunächst 
ein  Suffix  eno-  voraus;  desgleichen  die  Deminutiva  wie  golub'enokb, 
telenokb  u.  s.  w.    Vgl.  auch  let  glud-ens  ,glatt'. 

Substantiva:  pbSeno  Marina'  eig.  das  ^Gestoßene'  zaptchati 
^stoßen',  dazu  auch  pbSenica  ^triticum';  aksl.  vräeno  ,Spindel'  vgl. 
ai.  vdrtanam  ,das  Drehen',  vartanas  ,in  Bewegung  setzend'. 

Feminina:   b.  starena  ,altes  Weib';  pradlena  ,Wäscherin'; 


417 

pradlena  ,Spmnerin^;  ivadlena  ,Näberin'  u.  s.  w.  Alle  diese  Worte 
hatten  im  Ab.  noch  -{,  also  pradU  Jotrix',  aber  auch  ^otor^;  predli, 
svadU  u.  8.  w.  Das  /  geht  auf  -i«  {tji)  hinsichtlich  des  Fem. 
und  -i/  hinsichtlich  des  Mask.  zurück.  Es  ist  aber  auch  mögUch^ 
daß  schon  damals  das  Suffix  tja  im  B.  bestand  (vgl.  S.  405). 

Suffix  -eno'.  Es  bezeichnet  Stoffadjektiya  (vgl.  lit. 
vündnis). 

Aus  fertigen  Kasus  werden  nicht  selten  Adjektiva  gebildet;  wir 
haben  schon  oben  derartige  Beispiele  erwähnt,  wie  vo/tf/  und  volov^.  Bei 
solchen  Bildungen  fungierte  nicht  selten  das  Suffix  -no-.  So  haben  wir 
z.B.  &i.däk^naSy  aksl.  denm  ^rechts'  vom  Lok. Sg.  auf  -t,  also  *dehi-no8; 
gr.  iagi-yög  (iag)  ,frfihlingsmäßig*  (Tgl.  auch  btnt  aus  ^bia-no,  wo  das 
Suffix  an  ein  Adverb  angehängt  wurde).  So  steckt  in  ino-  vielleicht  ein 
urspr.  alter  Instr.  Sg.  der  o-Stämme  auf  i\  das  hier  neben  -d  auftrat;  er 
ist  meist  in  erstarrten  Formen  erhalten:  ai.  Adv.  pasca  ,hinten'  {*'ke\ 
gr.  tfj'Ss  ,hier',  got.  hwe  ,womitS  ^  »am  60^  Im  Slav.  haben  wir  einen 
Instr.  materiae  gehabt  und  noch  im  Ab.  konnte  man  z.  B.  sagen  dilati 
nieo  zlatem  ,etwa8  aus  Gold  verfertigen*.  Der  alte  Instr.  auf  -0  ist  ver- 
drängt worden  unter  dem  Einflüsse  von  -m»  der  «-  und  t-Stämme',  das 
hier  alt  war  und  auch  im  Lit.  vorkommt.  Im  Lit.  haben  wir  im  Instr. 
u :  ratü,  ddrbu,  das  entweder  auf  ö  zurückgeführt  wird  (vgl.  ai.  Yed.  v^käf 
lat.  saerd  in  aaerosanctus^  got.  galeikö)  oder  auf  -öm  (Brugmann,  Kurze 
vgl.  Gr.  S.  387). 

Nach  unserer  Erklärung  wären  die  ältesten  Bildungen  bei 
den  o-Stämmen  zu  suchen:  Itnim  ^ineus'  zu  li^m;  oUwim  ,plum- 
beus'  zu  olovo;  vlasdm  zu  vlas^  ^Haar^;  suknem  ^neus'  zu  sukno; 
rozam  ,comeus'  zu  rogz;  voitam  (älter  voädam)  ^cereus'  zu  voskb; 
pesböam  ,ex  arena  factus'  zu  pisbkh;  mozdam  ,mit  Hirn  gefüllte 
zu  mozgz  ,Him'  u.  s.  w.  Von  hier  aus  wäre  dann  das  Suffix 
auch  zu  anderen  Stämmen  gedrungen:  glinem  ,te8taceus'  zu  glina; 
kamim  ,Iapideus'  zu  kamy,  kamene,  ursprünglich  wohl  kamenem 
(so  auch  noch  z.  B.  im  B.  neben  kamenn^),  durch  Haplologie 
(vgl.  S.  385)  dann  kamim^;  kostem  jOsseus*  zu  kostt;  drevim 
yhölzem'  zu  drevo;  kozam  ,pelliceus'  zu  koza  ^pellis^ 


1.  Analog  ist  aus  dem  Lok.  Sg.  pr»v^  ein  *prhvh-n(h  und  daraus 
prwhibCb  fprimogenitus*  (darnach  auch  mladhittct)  gebildet  worden.  Man 
vgl.  auch  slov.  dolen9c,  gorenac  ,Tal-,  Bergbewohner*,  aksl.  gorihnt  ,supe- 
rusS  dolihm^  ab.  doleni  ,der  untere*. 

2.  In  den  Kompar.  wie  dobrij  u.  s.  w.  ist  er  auch  noch  erhalten 
(siehe  weiter  unten). 

3.  Nach  Zubat^  (Afsl.  Phil.  16,  S.  497)  und  Meillet  (S.  434)  wäre 
hier  von  "kumen-m,  Aam^s,   woraus  kamitw^   auszugehen.    M.  meint,   es 

Yondr&k,  Vgl.  aUr.  Qramm.  I.  27 


418 

Bulg.  brdänen,  stäcnen,  kämen,  sldmen,  tnMen. 

Serbokr.  mßden,  mknen,  gwzden,  mnen,  teden  vl  s.  w. 
dvsen,  stäklen  u.  s.  w. 

Da  wir  dieses  Suffix  auch  in  den  südwestl.  Gegenden  finden,  wo -2 
sonst  in  unbetonten  Silben  in  t  übergeht,  meinte  Leskien  (Untersuch- 
ungen II),  daß  hier  das  urspr.  Suffix  -im  verdrängt  wurde  von  -en  der 
Adjektiva  wie  üUn,  Hüden,  äachmatov  wendet  dagegen  ein,  daB  auch 
der  Akzent  dann  nicht  auf  der  Stammsilbe  sein  könnte,  wie  er  z.  B.  in 
raian^  kozan^  voitan,  snßzan,  zemljan  ,irden*  noch  erhalten  sei  (Izv.  Bd.  6, 
Hft.  4,  S.  277),  aber  das  ist  nicht  stichhaltig,  es  konnte  sich  ganz  gut 
der  Einfinß  eines  anderen  Suffixes  geltend  machen  und  der  alte  Akzent 
dabei  doch  gewahrt  bleiben.  Übrigens  wäre  hier  auch  möglich,  daB  unter 
dem  Einflüsse  des  an  in  zemljan^  rozan  u.  s.  w.  das  hi  eine  noch  offene 
Aussprache  behielt,  so  daB  es  nicht  zu  t  werden  konnte,  sondern  als  ein 
«-Laut  blieb,  eine  Erklärung  die  auch  für  das  Slov.  angenommen  werden 
muB.  So  finden  wir  im  Öak.,  das  dem  Slov.  näher  steht:  suncen,  rzin^ 
kdiikn,  im  Kajk.:  rzen. 

Im  Slov.  behaupteto^  das  en  seine  offene  Aussprache  unter 
dem  Einflüsse  des  an  in  rozan  u.  s.  w.,  so  daß  beide  Laute  ein- 
ander näher  standen.  Das  hatte  aber  zur  Folge,  daß  dann  auch 
das  an  Yon  dn  verdrängt  wurde. 

So  haben  wir  hier:  i^^n,  tnes^n^  led^n,  ots^n,  proi^Uy  toin^n,  vod^n, 
zlat^n  (der  Akzent  urspr.  überall  auf  der  Stammsilbe :  s/ato,  proso,  woraus 
im  Slov.  Bht^j  pro»Q\  irehr^n  u.  s.  w.,  aber  auch  ognj^n,  koi^n,  «fi^^n, 
roz^it,  koid^n,  peic^n  u.  s.  w.  Eine  analoge  Erscheinung  auch  im  Böhm.: 
kozenpy  voitiny  nach  mMh^y,  kosUny,  aber  hier  muBte  das  an  in  gewissen 
Kasus  überhaupt  zu  in  werden:  in  wurde  dann  zu  en  (vgl.  S.  68  und  79). 

Osorb.:  drjkoany,  hlinjany,  suknjany,  weiter  auch  kozany, 
rzany,  ebenso  Nsorb.:  suknjany,  drjewjany  und  kozany.  Man 
sieht  also,  daß  im  Sorb.  die  Endung  der  weichen  Stämme  (kozany 
XL  s.  w.)  gesiegt  hat.  Der  Keflex  des  alten  e  hat  sich  noch  er- 
halten in  OS.  drjewjiniö,  drjewjinka  mit  geschlossenem  e  (vgl. 
S.  73). 

Poln.:  slomiany,  wdniany,  kaS.  drevjany,  nach  weichen: 
rzany.  Analog  auch  im  Russ.:  gUnjanyj,  ovsjdnyj,  8tekljdnyj\ 
kostjanöj  unter  dem  Einflüsse  der  weichen:  közanyj,  pesöanyj, 
rzanöj.  Das  jan  findet  man  schon  im  Ostrom.  Ev.  kamjam, 
tnmjam,  jadbnjam  (vgl.  Izv.  6,  BMt  4,  S.  283). 

Die  Bedeutung  erfahrt  nicht  selten  hier  eine  kleine  Modi- 
fikation: plamem  ^ammeus'^  s.-kr.  teden  ,eiskalf,  klr.  Ijudjanyj 


wäre  dann  einerseits  -^,   andererseits  -htö  als  neues  Suffix  abstrahiert 
worden  (aksL,  bg.,  b.,  p.  -hio,  dagegen  s.,  slov.,  r.  ^no). 


419 

yhamanus^  u.  s.  w.  Aus  suknim  u.  and.  wurde  ein  8dSx  -fUno- 
abstrahiert,  vgL  aksL  praehnSm  (drivo  praehnino  öMqov  aaftqdv 
Matth.  12,  33.  Sa?,  kn.),  vlasnim  neben  vlaaim;  hierher  wohl 
auch  U8{z)nim  (belegt  ist  uabnjam)  aus  *us{^)fnnin^  (nach  S.  322) 
neben  ushmenb  (so  im  Zogr.).  Von  hier  aus  dann  auch  usnije 
,Leder^  und  andere  Bildungen,  ygL  auch  six.  jadbnjam.  Anderer- 
seits aus  Bildungen  wie  katnim  u.  s.  w.  ein  nUno-:  runtim  (vgL 
weiter  unten).  Meillet  leitet  ustm  mit  dem  Su£  -«mo-  (vgl  Ut 
'Smch  in  vafsmaa)  von  u-  (vgl  ob-vti^  ab,  usntß  ?on  *u8mn-tß, 
d.  h.  es  hätte  ein  Thema  auf  -t/ien-  neben  U8tm  gegeben  (S.  428). 
Wie  wäre  dann  das  8  zu  dem  -men-  geraten?    Von  usrm  aus? 

Subst  sind  bei  unserem  SufiSxe  selten  und  ihre  Erklärung 
ist  sehr  schwer:  koUno  fEnie';  polSno  ,Scheit  Holz'  zu  r.  raspoloth 
,entzwei  schneiden'  (aksL  wäre  *-pUUi  aus  *poUi);  tinUno  ^utum, 
Sumpfe 

Suffix  'ino'  {-ina,  -izna,  -iana).  Es  geht  zum  großen 
Teile  auf  tno-  zurück,  dessen  i  nach  Brugmann  identisch  ist 
mit  dem  itaL  kelt.  Genetivausgang  f  der  o-Stämme  (lujH)  und 
wahrscheinlich  auch  mit  -üo-  zusammenhängt  (Kurze  vgl.  Gr. 
S.  326,  Anm.).  Aber  auch  ein  eino-  liegt  vor:  aksL  zvirina  ,Wild- 
pretS  lit  ^verSnä,  das  ei  solle  der  Lokativausgang  sein.  Die 
Scheidung  der  beiden  Suffizarten,  die  im  Slav.  zusammenfallen 
mußten,  ist  schwer. 

Das  Saffix  %no  diente  hauptsächlich  zur  Bildung  der  Adj.,  dann 
aber  auch  der  Subst.  der  Zugehörigkeit:  lat.  eaprlnus,  peregrtnut,  vteünus^ 
marinus;  LaUnu9;  got.  «tatneuM,  abd.  sUintn  ,8teinemS  lit.  koimf/tuu 
,Nachbar'  von  kalma»,  Jämas  ,Dorf  (ygl.  Brugmann,  Grundr.  ü,  1, 
S.  147  ff.). 

Im  Slav.  wurden  damit  hauptsächlich  Subst  gebildet,  jedoch 
sind  wohl  auch  die  poss.  Adj.  auf  -im,  -tno,  4na,  die  von 
männl.  und  weibl.  ch,  dann  ir  und  auch  von  weibl.  kons,  (r-) 
Stämmen  gebildet  werden,  desselben  Ursprungs:  BoUmim  ,Satanae'; 
ijudim  ,Iudae';  zenim;  dzäterim,  materim;  neprijaznim  ,diaboli'; 
golqbim  ,columbae';  tatim  ,furis';  zverim  ,bestiae^  Es  geht  auf 
die  urspr.  Geltung  des  SufSxes,  das  den  Stoff,  die  Herkunft, 
die  Zugehörigkeit  bezeichnete,  zurück. 

Sonst  sind  es  Subst,  die  Personen  bezeichnen,  wobei  das 
-im  im  Gegensatze  zu  Eollektivis  individualisiert  und  daher  im 
Fl.  in  der  Regel  abfällt  Wie  schon  Miklosich  richtig  bemerkte, 
hat  dennoch  dieses  Suffix  mit  -im  jXxmisf  nichts  gemein,   doch 

27* 


420 

brachte  man  es  vielleicht  später  damit  iii  Zusammenhang;  so 
würde  sich  die  indiv.  Geltang  erklären.  So  haben  wir:  boljarim 
yVomehmer^;  ödjadim  ^mnlns',  einer  von  der  ddjadt;  gospodinb 
,dominus';  Ijudim  ^cus^^  ein  Mann  vom  Volke  Ü^judb);  voßm 
^miles';  vlc^tdim  ^einer  der  Yomehmen^;  hogoHm  ,e]n  Reicher^; 
b.  dzinec  yFremder'  setzt  ein  ^dzin  ffjudino-)  vorans. 

Hauptsächlich  sind  es  jedoch  Volksangehörige:  hhgarinb 
yBulgare',  evreim  ^ebraeus^,  grhöim  ^Grraecus',  ijudim  Judaeus', 
latinim,  makedanim,  murim  ,AethiopsS  zidovim,  eidim  Judaeus', 
p.  Tatarzyn,  lAttoin  u.  s,  w. 

Yereinzelt  sind  Worte  wie  kUinb  ,Keil',  falls  es  zu  kolj<\,  klati 
^stechen,  schlachten*  gehört,  femer  mbUnb  neben  mblynb  (der  Halbvokal 
ist  gesichert  darch  b.  ze  nUyna  u.  s.  w.),  m/yns  ,Mühle*  zu  m«(fV{,  mUU 
,mahlenS  wahrscheinlich  aber  entlehnt  vgl.  ahd.  muUn  ans  it.  moUnOy  lit. 
tnatunoB^  preoB.  malunis, 

"ina,  das  sowohl  an  Subst.,  als  auch  Adj.  und  Part,  antreten 
kann,  hat  verschiedene  Bedeutungen.  Es  bezeichnet  das  von  dem 
Thema  Herrührende,  was  noch  am  meisten  mit  der  urspr. 
Greltung  des  SufiSxes  zusammenhängt,  vgl.  lat  caprina  ,Ziegen- 
fleisch^  haedina  ,Ziegenbockäeisch',  Ut  oz-enä  ,Ziegenbockfieisch'. 
So  haben  wir:  bhbrovina  ,caro  fibrina';  dedina  das  vom  dedz 
,avu8*  herrührende,  ,hereditas';  vhdina  ,pellis  lupina*;  zvirina 
jWildpref,  lit  zverenh,  slov.  volovina  ,caro,  cutis  bovis',  s.praäck- 
vina  ,caro  suilla'  von  prasac,  r.  baranina  ,Hammelfleisch',  gavja- 
dina  ,Rindfleisch',  b.  skopavina  fSchöpsenes',  dlovedina  ,Geruch 
von  Menschen',  rybina  ,Fischgeruch';  p.  konina  ,Pferdefiei8ch'. 
YgL  noch  aksl.  medovina  ,ein  berausdiendes  Getränk^  von  fned^ 
yHonig*. 

Das  wahrnehmbare  Produkt  oder  Resultat  einer  Handlung 
oder  eines  Prozesses:  davljenina  ,su£focatum';  raspcUina  ,ruinae^; 
bhvotina  ,das  Ausgespiene';  lovljenina  ,praeda';  slov.  örvojedina 
,caries,  vermicolatio';  zidina  ,Mauer';  koämina  ,gemähte8  Berg- 
heu'; mrlina  ,Aas',  vgl.  b.  zdechlina;  podrtina  ,Ruine';  rasUina 
,Pflanze';  sedine  Plur.  ,caiii  capilli'  zu  sedz  jCanus';  zmrzlina 
,congelatio';  zivina  ,pecus';  serb.  okUpine  ,8tramentum  comminu- 
tum';  okresine  ,frondes  desertae',  splaöine  ,eluvies';  russ.  padina 
,totes  Vieh',  opedina  ,gebrannter  Ton',  zjablina  ,erfrorene  SteUe', 
paienina  3raiidgeruch';  böhm.  bzdina,  bzdiny  ,eingeschlossener 
Gestank',  michanina  ,Gemenge',  opdlenina  ,verbrannte  Stelle', 
opucklina    ,tumor',   sdplina  yAaaf,   ikanina   ,6ewebe',    oidehlina 


421 

Brachfeld'  vgl.  aksL  navina  ^eugepflügtes  Land';  piliny  ,SpäneS 
mydliny  ^Seifenwasser',  poln.  spuieizna  ^achlafi^  pogtrzyzyny 
ydiirch  Abscheren  gewonnene  Schafwolle^ 

Diese  Bildungen  berühren  sich  oft  mit  dem  Part  Frät  pass. 

Kollektiva:  drueina  ,Begleitung*  (Begleiter);  slov.  rodbina 
,cognati';  r.  mdodjatina  ,]anges  Volk*,  b.  khtina  ^GesträachS  ab. 
brezina  ^Birkenwalds  ab.  boravina  ^Kiefernwald^  aksl.  bukavina 
^achenwald';  vgl.  lit  anzül-ynas  ^Eichen Wäldchen'  zu  dnkMas 
^iche';  dkmenynaa  jSteinhaufe'.  Hierher  kann  man  auch  rechnen 
lat.  cep-lna  ,Zwiebelfeld*;  rapAna  ,RtibenfeldS  lit  jedoch  mit 
einä:  avü-enä  ,HaferfeldS  ai.  aiim-tnam  ^Flachsfeld'  von  limä 
,FlachsS  lat  piscina  ^Fischteich';  vgl.  b.  mhotina  ^aschwerk',  lit 
saMum-ynai  ^Süßigkeiten,  Zuckerwerk*. 

Einen  Schritt  weiter  von  bykotnna  ,Buchenwald'  und  dgl. 
bilden  Benennungen  von  örtlichkeiten:  slov.  u.  s.  w.  domavina 
, Vaterland',  aksl.  dolina  ,Tal';  b.  pustina  ,Wü8tenei'  u.  s.  w. 

Abstrakta:  ukorizna  ,opprobrium',  gor^ina  jcalor*;  gorzHna 
,peior  Status';  Ürina  ,latitudo';  s.  hrivina  ,curvitas';  slov.  boledina 
,dolor';  r.  bohüna  ,magnitudo',  aber  auch  yOrtsältester';  dorogo- 
vizna  »Teuerung';  golizna  ,Nacktheif ;  b.  HroHna  ,Breite'. 

Aus  den  Abstr.  entwickeln  sich  Personennamen:  stareßina 
,senior,  princeps',  r.  polorotina  ^GaSer^j  bogatina  ,homo  dives';  b. 
hrdina  ,Held'. 

Augnientativa:  s.  hardaeina  zu  bardak  ,Kanne';  ludacina  zu  ludsh 
,der  Tor*. 

Individualiftierend:  ein  einzelnes  Stück  dessen,  was  das  Thema 
ausdrückt,  r.  6i>erma  «eine  einzelne  Perle*;  gorosma  ,£rb8enkom*;  gradimt 
,Hagelkorn*.    Es  ist  die  fem.  Form  zum  iDdividualisierenden  -tn». 

Feste,  Zeremonien  (imPlur.):  b.  irfiny  , Taufe',  f.krzciny, 
postrüiny  ,Schurfest'  audi  p.  postrzyzyny  (dameben  auch  «Scher- 
wolle'); jtneniny  ,Namen8tag',  narozeniny  ,6eburt8fe8f. 

Im  Poln.  auch  deminutiv:  eziowieezyna,  glowizna^  gol^ina  ,Täub- 
chen*. 

Neben  ina  begegnet  man  hier  -izna,  seltener  -isna,  wie 
glavizna  {glavisna)  ,caput  libri'.  Beides  kann  unter  dem  Einflüsse 
des  Suffixes  -Bnh  und  -znt  (vgl.  weiter  unten  bei  -n»)  entstanden 
sein.  Bei  -izna  ist  aber  auch  möglich,  daß  es  direkt  aus  Bil- 
dungen wie  blizna  ,Narbe'  (vgl.  oben  S.  414)  abstrahiert  worden 
ist  Häufiger  ist  es  im  B.  und  F.,  b.  divizna  ,Königskerze'; 
slabizna  neben  slabina  , Weiche';  otöizna  neben  otöina  ,Heimat^, 
p.  ojczyzna  dass.;  b.  podobizna  , Abbild,  Photographie'  u.  s.  w. 


422 

Suffix  -janino-,  -inino-.  Es  ist  ein  spezifisch  slav.  Snffiz^ 
das  aus  -tM-  bez.  -^Sno-  und  dem  eben  behandelten  tno-  besteht. 
Es  bezeichnet  Angehörige  eines  Volkes  oder  Bewohner  einer 
örtlichkeit  Im  Plur.  fällt  auch  hier  das  individualisierende  -dno- 
ab:  rindjanim,  PL  rimßane  ^Bömer^. 

Das  Suffix  xfln'  {Jon)  bildete  kons.  St&mme  and  ist  wohl  identisch 
mit  dem  Bildungselement,  das  im  lit.  kämionis  »Dorfbewohners  TtZitof^» 
»Bewohner  Ton  Tilsit*  Torkommt  und  das  auch  Zuh^tf  für  acht  lit.  hält 
(Listy  fil.  29,  S.  220  f.).  Hierher  mftssen  wir  auch  gr.  oh^vUov  und  die 
Yölkerschaftsnamen  wie  SuesMiänes^  KovQuovtg  rechnen. 

So  haben  wir  im  Aksl.  grazdanim  Bewohner  einer  Stadt, 
einer  Burg^:  gradz;  zemljanim  ^Landsmann';  osirovljanim  Insel- 
bewohner^; sdjanim  ^rosticus';  rindjanim  yRömer';  kriitanim 
yCretensis';  p.  mieszczanin  yStadtbewohner',  ab.  tniiöSnin;  p. 
grodzianin  ^Stadtbewohner,  Burgbewohner';  ab.  brozSnin  (*brod' 
janin)  ,wer  an  einer  Furt  {brod)  wohnt',  davon  der  Ortsname  Bro- 
zany,  analog  Hradäany;  ab.  noch  hrajinin  aus  hrajanin  ,Lands- 
mann'  von  hraj  (jetzt  krajan).  Das  Suffix  griff  weiter  um  sich, 
indem  es  auch  anders  geartete  m«-Bildungen  erfaßte:  z^janim 
,M&her';  neben  simim  auch  r.  sirntjanim  ,Glied  einer  Familie^ 

Dameben  taucht  aber  auch  das  Suffix  -^ino-  auf  z.  B. 
efesi^inb  neben  efeäanim;  izraüUinim,  kritSnim  neben  dem  er- 
wähnten krütanim  u.  and.  Hiertier  gehört  auch  insbesondere 
der  Name  slovinim  ,Slaye'.  Man  ging  auch  von  diesem  Suffixe 
aus  und  meinte,  daraus  wäre  dann  das  Suffix  -anim,  -janim  ab- 
strahiert worden  {ki  mußte  za  da,  gS  zti  za  werden).  Allein  das 
ist  nicht  wahrscheinlich,  weil  damit  das  lit.  jonls,  wie  auch 
Zubat^  mit  Becht  bemerkt,  nicht  übereinstimmen  würde.  Die 
Bildungen  mit  -enim  sind  wohl  anderen  Ursprungs.  Z.  denkt 
an  ^  in  Tibrenus,  Älfenus  und  vielleicht  auch  aliSntis, 

Wahrscheinlicher  ist  es  mir,  dafi  hier  eine  Beeinflussung  seitens  der 
Stoffadjekt.  auf  hu)-,  die  ja  auch  den  Ursprung  a,u8drackten  und  eine 
weitere  Bedeutung  überhaupt  erlangten,  Torliegt  und  zwar  konnte  nach 
dem  Yerhältnisse  roiam:  euknhi^  auch  kriitantM  zu  kriÜnim  werden, 
zumal  es  auch  Bildungen  gab  wie  prbvinbeb,  mladinbeb  u.  s.  w. 

Die  mit  -Mm  auf  diese  Weise  entstandenen  Worte  mftssen  eben- 
falls sehr  alt  sein  und  das  möchte  ich  im  Gegensatze  zu  Z.  insbesondere 
Ton  shvinin»  behaupten.  Mikkola  bringt  es  nun  mit  gr.  l&F6c  aus 
*0X&F6g  in  Zusammenhang,  so  daß  es  so  viel  als  ,8tammesmann,  Ange- 
höriger des  Volkes*  zu  deuten  wäre  (Sbornik»  statej  .  .  F.  F.  FortunatoYU, 
8.  270—273),  was  nicht  wahrscheinlich  ist.  Auch  lautliche  Schwierig- 
keiten bestehen  da. 


423 

Über  unser  Suffix  vgl.  noch  äachmatov  (Izv^it.  6,  4,  8.  269 f.), 
Jagic  (Afsl.  Phil.  24,  8.583).  Das  lit.  -b'nM  in  TiUfnas  ,einer  aus  Tilsit* 
scheint  kasuellen  Ursprungs  zu  sein. 

Suffix  'Ono-,  Slov.  jahon  ,fortis  equitator';  hladan  ^tas 
braccas  habensS  ivedron  Jiomo  curvis  pedibus*';  r.  gamom  ,8trepi- 
tus';  kozom  , Würfel'. 

Suffix  'OnjO'.  E.  komont  ,equus',  b.  hUaü  ,SchIemmei^; 
blitoü  ^Plauderer'  u.  and  Daß  im  B.  ü  enthaltende  Suffixe 
Personennamen  häufig  bilden,  sahen  wir  auch  schon  bei  -anjo- 
(S.  416);  p.  ditoigoA  Jiastträger^,  luboA  jGeliebter'. 

--onja.  Stark  vertreten  im  S.  z.  B.  prdanja  ^pedens';  zderonja 
4iomo  voraz';  guzonja  ,ampli  podicis';  mtidonja  ,bene  testicula- 
tus';  insbesondere  auch  Benennungen  des  Bindes:  äaranja  ,bo8 
varius'  u.  s.  w.;  r.  hrjuchonja  ,homo  vorax*;  rozdevonja  ,weibischer 
Mensch';  tichanja  ^omo  tranquillus'. 

Suffix  -fino-.  Bezeichnet  häufig  nomin a  agentis:  bigum 
neben  begunt,  Gen.  b^ni  jPlüchtBng*,  Perum  ,Donnergott'  in  r. 
Quellen,  das  wäre  ,der  Schlagende'  zu  perq,  pbrcdi  ^schlagen, 
waschen',  r.  auch  perum  »Blitzstrahl',  p.  piorun  dass.,  polab.  pe- 
ründän  ,Donnerstag'  nach  dem  Deutschen.  Es  macht  aber 
Schwierigkeiten  das  preuß.  percunia  »Donner^,  lit  perkünaa,  let 
perkäns^  jGewitter*,  ursprünglich  der  ,Eichengott',  lat  quercus, 
ahd.  forha,  got.  fairguni  ,6ebirge'  urspr.  ,Eichwald'  (Brugmann, 
Grundr.  I«,  S.  514). 

8ollte  die  slav.  Gottheit  entlehnt  und  durch  Volksetymologie  um- 
geformt worden  sein?  Bei  den  Var jagen  wird  Perum  für  Tor  vielfach 
substituiert,  in  Kiev  war  ein  Tempel  des  Tur  d.  i.  Tor  und  die  nörd- 
lichen Var  jagen  schwuren  bei  Perum  d.  i.  Tor,  während  die  slav.  Bussen 
bei  ihrem  Gott  Volosi^  (vgl.  Eozniecki  im  Afsl.  Phil.  23,  8.  462—520). 

vedum  wohl  ,magus';  slov.  merdun  ,mensor',  s.  bogatun  ,dives', 
gladun  ,Zierling';  Vladun  ein  Mannsname;  r.  jajum  ,blatero'; 
brechum  ,Lügner';  bzdum  ^pedens';  derum  ,Zerreißer';  igrum 
»Spieler*  u.  s.  w.  Das  Fem.  wird  dazu  durch  -tja  gebildet: 
bzduntja,  b^guntja  u.  s.  w.  b.  chrapoun  »Schnarcher';  kriUoun 
,Schreihals';  behoun  ^^ufer'  und  auch  Junger  Ochs';  p.  apiekun 
»Vormund'. 

Doch  auch  Namen  von  Dingen:  aksl.  bleskum  ,papaver',  slov. 
hropun  ,kleiner  Mörser  zum  Schießen';  s.  tehun  ,rota'. 

Außerdem    bg.   kra^n,    slovak.  kraöun    , Weihnachten',    r. 

1.  Mein  et  sieht  einfach  in  perk  eine  Erweiterung  der  Wurzel  per 

(B.  458). 


424 

korodum  »Christabend*,  dagegen  weißr.  korodun  ,Erampf  und  vor- 
zeitiger Tod,  Dämon,  der  das  Leben  verkürzt'. 

Das  lit  Suffix  -^nas  ist  aus  dem  Slav.  entlehnt:  b^günas 
u.  and.  vgl  Zubat^  (AfsL  Phil.  25,  S.  355). 

-f«na;  ko^una  ,fabula^  Mitunter  wechselt  -uno  mit  ifno  ab, 
welches  Suffix  selten  ist:  skslpelym  ,Wermut',  slov.,  bg.,  s.  pdin, 
r.  polynt,  b.  pdyn,  dameben  aber  pdutij  p.  piolyn,  piohin,  klr. 
palyn,  pelun. 

Suffix  'UnjO'.  Es  ist  selten:  s.  koitunj  ,nux  dura'  vgl.  kostt 
,Knochen'. 

Suffix  ynja,  Nom.  Sg.  yAi. 

Nach  Zabaty  (Afsl.  Phil.  25,  S.  353—365)  ist  das  Suffix  als  y  +  ni 
aufzufassen,  d.  h.  alte  Bildungen  auf  -y  (urspr.  -ü«)  durch  den  Einfloß 
ebensolcher  Bildungen  auf  -f<i  zu  yiii  geworden,  gerade  so  wie  späterhin 
durch  Kontamination  von  -o9tb,  bzw.  -oia  und  -ynt  selbst  Bildungen  wie 
ksl.  blago9tyiii,  Ibgotiyüi,  s.  hosoin^a^  samotinja  u.  s.  w.,  entstanden,  wie 
weiter  durch  ähnliche  Kontamination  der  älteren  Suffixe  -bka,  -yni  viel- 
fach ein  neues  Femininsuffix  -hkyi^i  (b.  Nimka,  Nhnkyni,  s.  arapkinja 
u.  s.  w.)  zu  Stande  kommt,  vgl.  ksl.  pastoriky,  auch  pastorbkyiii,  neben 
smoky  auch  smokyiii. 

Das  Suffix  bezeichnet  vorwiegend  weibliche  Personen: 
ksl.  bogyAi  ,Göttin*,  drugyni  ,Gefährtin*,  grikyM  ,Griechin*,  b. 
pastorkyne  »Stieftochter^,  tchyne  »Schwiegermutter^,  seltener  sind 
die  Abstrakta  wie  ksl.  dobryAi  ,bonitasS  ItgyM  ,levita8';  grhdyni 
,superbia'.  Dazu  reihen  sich  vereinzelt  Früchte,  b.  MohynS,  s. 
gloginja  ,Hagendomfrucht*;  Ortsbezeichnungen:  pusty^Ai  ,Wild- 
nisS  sv^yni  »Heiligtum^  Das  Suffix  y  ist  meist  in  den  beiden 
obigen  Grundbedeutungen  vertreten  (siehe  weiter  unten). 

Die  Erweichung  des  A  im  Nom.  Sg.  rührt  offenbar  aus  den 
anderen  Kasus  wie  Akk.  Sg.  auf  -ynjq. 

Suffix  -tno'.  Es  war  mit  -iwo-  verwandt  Selten  bildet  es 
Substantiva  gen.  masc  wie  i^feftn*  ,tympanum'';  riztm  ,fiiistum*; 
tqthm  ,sonitus';  oshm  ,aculeusS  lit  akstinas;  ovbm  ,ariesS  lit 
ävinas;  b.  leden  ,Januar',  brezen  ,März',  duben  ,April'  u.  s.  w. 
ursprünglich  Adjektiva,  aber  es  war  hier  wohl  ledeA  u.  s.  w.  aus 
^ledtnjo",  denn  es  kommt  noch  dial.  vor  und  wir  finden  in  den 
andern  slav.  Sprachen  derartige  Monatsnamen  (vgl.  bei  -tnjo-) 

Meist  sind  es  Adjektiva  des  Stoffes,  der  Herkunft,  der 
Art,  die  das  Suffix  bildet,  imd  diese  Funktion  ist  alt  Im  Lit. 
ist  'inas  selten,  meist  wird  es  durch  io  erweitert,  was  dann  -inis 
ergibt  (ßrugmann,  Grundr.  DL,  1,  S.  147):  duksinas  ,golden'  zu 


425 

4uksas  ,6oIdS  aidäbi'inis  ^bem'  zu  siddbras  jSilber',  gr.  q>fffivog 
,btichen'  zu  g^iyog^  av&ivog  ^aus  Blumen  bestehendS  fcedivog  ^auf 
dem  flachen  Lande  vorkommend'  zu  nedlov. 

So  haben  wir:  zdezbm  ,ei8em'  zu  zeUzo,  htgelez-lnis  ^eisem^ 
jqStm  ,hordeaceu8';  medovtfm,  medvtm  ,von  Honig'  zu  medh; 
zemtm,  zendjbm  ^irdisch';  shmdhm  ^laris';  drivbm,  drdvbshm 
^boris*;  vgl.  weiter  r^rwi»  ,treu*  zu  vera,  gr.  alrid'ivog  ,wahrhaft^ 

Dieses  SuiBz  griff  sehr  stark  um  sich:  bohm  ,aegrotu8^ 
hradbm  ,nuptialis';  dhztym  ,8chuldigS  domovbm  ^Haus-^  Hier 
waren  also  Bildungen  wie  domam,  domovina  u.  s.  w.  maßgebend. 
Aus  domoptm  und  anderen  solchen  Worten  wurde  ein  Suffix 
'V1m^,  -avtm  abstrahiert:  krqgoctm  ,circularis*;  duäevhm  ^nimae'; 
dhnefßvm  ,diumus';  vgl.  auch  öuvbm  ,qui  sentiri  potest';  pivt^m 
,potabilis^ 

Einige  Schwierigkeiten  bereiten  Worte  wie  r.  smerteltmyj 
,sterblich',  spasitehnt/j  heilsam';  p.  tüidzialnyj  jsichtbar*,  irzetelny 
sichtbar*,  b.  citeln^,  früher  ditedlny  jempfindbar'.  Es  sind  hier 
wohl  zwei  Arten  der  Bildungen  zu  unterscheiden:  zunächst  ist  es 
das  Partie.  Prät  act.  II,  an  welches  tm  angehängt  wurde:  p. 
undzialny,  b.  videlny,  früher  videdlny.  Sie  sind  so  entstanden 
wie  z.  B.  prij^t'Wi^f  wo  an  das  Part.  Prät.  pass.  dasselbe  Suffix 
angehängt  wurde. 

Dann  sind  es  Substantiva  auf  tel\  die  zu  Grunde  lagen:  r. 
spaMtdwiyj  ^heilsam',  b.  spasitelny,  p.  kazUelny,  skazüdny  ,dem 
Verderben  ausgesetzt^;  anderes  ist  dann  auch  durch  Analogie 
entstanden:  b.  neuverüelnjj  ,unglaublich*,  pochopUelny  ,begreiflich', 
vidüelny  ,sichtbar,   slov.  vidüelen,  r.  vrazumitehnyj  ,verständlich*. 

So  wurde  nicht  bloß  ein  Saffix  -tehm  abstrahiert,  sondern  auch 
^eUm,  das  dort  zur  Anwendung  kam,  wo  das  Thema  schon  auf  ein  t 
endete:  t, Bmertehmfj^  b.  smrUlny  ,8terblich^;  a,h. bytelny  ,wohnend,  dauer- 
haft^; ab.  cutedlny,  citedlny  (über  das  dl  weiter  unten)  «empfindbar'  zu 
cfiti^  cUi  ,wahrnehmen\  dann  citedlny  ^zählbar,  leserlich',  davon  citedlnik 
,Leser',  ebenso  p.  czytelny,  ezytelnik,  doch  wird  das  Wort  wohl  besser  vom 
Partiz.  *cbtlo'  abzuleiten  sein;  b.  zretelny  , deutlich',  p.  zrzeUlny  (zu  zruö, 
ärzf  ,sehen'). 

Im  P.  kommt  in  diesen  Worten  immer  t,  nicht  c  vor,  wie  wir  es 
erwarten  möchten:  toierzytelny,  dagegen  wierzyeiel  «Gläubiger',  imiertelny, 
irzetelny  u.  s.  w.  Es  konnte  sich  nun  imiertelny  behaupten,  weil  es  auch 
ein  htiertny  gab.  Von  da  aus  konnte  das  -tel-  leicht  verallgemeinert 
werden  (in  -telbni).    Außerdem   kommt   auch  das  Part,  cbtlo-  in  Betracht. 

Im  B.  füllt  das  d  auf  in  viditedlny,  jetzt  viditelny;  früher  zrttedlny^ 
jetzt  zretelny  u.  s.  w.    Es  handelt  sich  hier  um  eine  Verallgemeinerung 


426 

des  dl  aus  Formen,  in  denen  es  etym.  berechtigt  war,  wie  es  auch  Ge- 
baaer  richtig  erklärt  (Eist.  ml.  I,  8.  409):  nach  den  Worten  wie  pro' 
vidlny  ans  pravidlo  (später  prav%delny\  p.  pratoidlny  drang  das  d{l)  in  die 
Bildungen  auf  •49lny  ein,  also  spasüedlny;  ebenso  wurde  nach  bedliv  und 
dgl.  aus  mlceliv  ein  mlcedliv.  Das  dl  verbreitete  sich  dann  ungemein, 
vgl.  z.  B.  slova  neprdtedlnych  ,yerba  iniquorum'  im  Wittenberger  Ps.  64,  4. 
Es  ist  schon  erwähnt  worden,  daß  -mo-  auch  an  das  Part.  Prät 
pass.  angehängt  wird:  prij^bfn  ,angenehm';  ne^iib-d-recen-bn^  ,unaus- 
8prechlich^  Man  vergleicht  damit  das  lit.  Part,  necessitatis  auf  ^inas: 
veüinas  ,yehendns'  aus  v^siaa  zu  veifti  ,yehere*;  tnUinas  aus  imtas  zu  imti 
,nehmen*. 

Sonst  werden  noch  mit  unserem  SufExe  Neutra  und  Fem., 
die  aber  meist  als  Substantivisierungen  von  Adj.  aufzufassen 
sind,  gebildet  Neutra:  braätno  aus  *borätno  ^Speise',  vgl.  got. 
barizeins  ygersten',  lat.  far;  brhvtno  fi^en^j  s.  brv,  brvina  ,Steg^, 
b.  brevno  ,Balken<  neben  ab.  brev,  bhi  ,Steg,  Balken',  r.  brevno 
neben  bervno,  aisl.  bryggia,  ahd.  brucka  aus  *&rti|ff  (Brugmann, 
Grundr.  I*,  S.  332).  Das  b.  brevno  setzt  ein  ^brwwio  voraus, 
wo  das  erste  t  aus  ?•  durch  Assimilation  an  das  zweite  »  ent- 
standen ist;  azmOy  jazbno  ^abgezogenes  Fell^  vgl.  ai.  aj-inam 
,Fell'  zu  ai.  ajds  ^ock',  ajd  ,ZiegeS  Ut.  ozys  ^Ziegenbocks  ozAnia 
,zum  Ziegenbock  gehörig^;  govtno  ^stercus^  ai.  gu  ,cacare';  nak(h 
vaXwio  4ncus';  p^wio  ,SpomS  Ut  perUinas,  uszpentis  ,Spom  des 
Hahnes'  zu  p^  ,Ferse*;  platwio  ,Leinwand*  aus  ^poüwio,  r.polotno; 
gumtno  ,area*,  auch  dfvod^%ri;  lozestno  ,f^tiTQaf  vulva*. 

Fem.:  brazätma  ,sulcus'  vgl.  brazda;  grivtna  urspr.  ,Hals- 
band^  dann  b.  ,Mark,  halbes  Pfimd'  zu  griva  ,Mähne',  daß  dem- 
nach urspr.  auch  ,Nacken,  Hals'  bedeutete,  wie  ai.  grivü  ,Nacken'; 
kozbna  ,vestis  genus';  nakovahna  ,incus'  vgl.  oben  nakovalhno; 
robiöma  ,serva*;  sestriöttia  ,sororis  filia';  tajna  ,my8terium'  aus 
*tajmä;  usttna  ,labium*;  vojna  ,milites*  aus  *vojbna;  b.  kmäiöna 
,die  Tochter  oder  Frau  des  hmet  ,Alter,  Bauer'  aus  lat  comes; 
knezna  ,de8  Fürsten  Tochter,  Gemahlin'  zu  knez;  ilechtiöna  ,Edel- 
fräulein'  (zu  ilechtic),  woraus  auch  das  jetzige  sleöna  ,Fräulein' 
entstand. 

Hierher  gehören  nicht  die  jetzigen  Worte  wie  koväma  »Schmiede', 
kolna  ySchuppen^ ;  p^kdma  ,Backstätte,  Backofen*  u.  s.  w.  (siehe  bei  -»i^/o-, 

Suffix  'tnjO'.  Es  ist  aus  dem  vorhergehenden  hervor- 
gegangen. Daher  sind  auch  hier  die  Subst.  nicht  zahlreich  ver- 
treten und   auch  diese  müssen  vielfach  als  substantivisierte  Adj. 


427 

angefaßt  werden.      Nur  Subst.   auf  'tnja   erfreuen   sich   einer 
größeren  Verbreitung. 

Damit  werden  zunächst  poss.  Adj.  gebildet,  wenn  das  Grund- ' 
wort  ein  Subst.  ist  (dafi  mit  dem  Suffixe  -ich  solche  Adj.  gebildet 
wurden,  haben  wir  oben  S.  403  gesehen).  Femer  haben  solche 
Adj.  eine  lokale  oder  temporale  Bedeutung.  Aus  dem  Lit.  kann 
das  schon  erwähnte  sidabrinis  ^silbern'  hier  angeführt  werden,  da 
es  formell  übereinstimmt 

So  haben  wir:  brairwit  und  hratvAb  ,fratris';  dzüervAt  ,filiae^; 
dMtfkb  ,avi';  gospodt/At  ,domini',  sestrwUt  ^roris^  vladydiiiib  ,do- 
mini';  zentAt  ,feminae'. 

qtrwüt  ,qui  intus  est^;  bliewib  ,naheS  dalw/ib  fem*;  dohAt 
,unten^;  drewAt  neben  drevljtAt  jehemalig';  davtAb  ^antiquus'; 
sridtAt  ,medius';  dtmtsvAt  jheutig^,  in  anderen  Kasus,  insbesondere 
in  der  best.  Form  dttntawMj  fiel  der  Halbvokal  nach  8  oft  aus 
und  aus  »A  wurde  kA,  daher  dhntHij,  geschrieben  auch  z.  B. 
dbneähnij  Supr.  124,  3,  im  Glag.  Cloz.  noch  dtntstmego;  ebenso 
letostAb  neben  letoitAt  ^heurig'.  Von  solchen  Bildungen  aus  wurde 
dann  ein  Suffix  -ätdt  oder  eig.  -Ht  abgeleitet:  domaitAb  ,dome- 
sticus';  doleäwit  ,der  untere^;  kromestAt  j^titegog*;  ntfneätAb  jetzig^; 
tamoävAt  ,dortig^;  tbgdaätnt  ydamalig'. 

Es  gab  ein  -^)o-Suffix  z.  B.  in  obtitt  ,communis',  dazu  wurde 
obtütAh,  b.  obecny  dass.  gebildet  Aus  derartigen  Bildungen 
wurde  ein  HjbnjO"  abstrahiert:  2kA.domaMtfA'b  ,heimisch';  kromeHwit 
neben  kratniätAt  yi^wregag*;  nyn^Wmt  ,jetzig';  in  r.  Quellen: 
domaötnb,  krome^tnt;  nyniöMn. 

Substantiva.  A)  Mask.:  podiodtAt  ,Vagabund^;  shv^At 
,der  Gefangene^  b.  vizeü;  s.  lipanj  ,Juni',  travenj  ,ApriP;  r.  balo- 
vent  ,Yerzärtelter  Mensch',  livent  ,Platzregen';  sidem  ,der  gerne 
sitzt';  cvüent  ^April';  grudem  ,Dezember';  serpent  ,Augusf ;  stU" 
dent  J)ezember';  travent  ,Mai'.  Mit  s^v^stAt  u.  dgl.  kann  ver- 
glichen werden  lit  pa-siunt-dtigs  ^^te'  {pa^siifsti  ,8enden^);  ting- 
inya  ,Müßiggänger'  (tingiti  ,faul  sein'). 

B)  Fem.  Am  häufigsten  wird  dadurch  ein  Ort  angegeben, 
an  welchem  eine  Handlung  vollzogen,  eine  Sache  verfertigt,  auf- 
bewahrt oder  verkauft  wird:  nomina  loci.  Nebstbei  auch 
nomin a  actionis.  Erstere  finden  wir  nur  vereinzelt  im  Ksl. 
wie  pavartnja  ,coquina';  üptetmja  ,tugurium';  nakavalmja  4ncus': 
hrtdtdlhnja  ,baptisterium'.    In   den  südslav.  Sprachen  haben  sie 


428 

sonst  keine  Verbreitung  gefunden^,  dagegen  in  den  anderen:  r. 
hHihnja  ,Bleiche';  kovalmja  ^Schmiede^;  pekamja  yBlkkerei*; 
<^/aK2n;a, Gesindezimmer';  klr.  cehd^Aa  ^Ziegelei';  spaTi^  ßdblsS- 
gemach';  p.  drwalnia  ^Holzstall';  kopdnia  yßergwerk';  kst^amia 
Buchhandlung';  b.,  ab.  kovdmS,  jetzt  kaväma  ,Schmiede';  ab. 
küni,  jetzt  k&lna,  kolnaj  Schuppen'  u.  s.  w. 

Im  Ab.  war  also  noch  -ni  aus  -nja,  im  Kb.  ist  dafür  fiberall  -na 
eingetreten:  tkidoüna  ,Malzhaas^  pekäma  ,Bäckerei';  piadma  ,Kanzlei'. 
Aus  solchen  Bildungen  wurde  -dma  abstrahiert,  vgl.  kaväma  .Kaffeehaus' ; 
praehdma  ,Pulvermühle' ,  slovak.  auch  noch  -nai  suiarna,  muclrna, 
tadovna  yElskeller*.  Mitunter  liegt  das  poss.  Adj.  auf  -ovo-  su  Grunde: 
b.  rastwna  ,das  Hans  des  Abdeckers,  Abdeckerei*;  zidoma  ,Judenhau8S 
katovna  ,Henkerswohnung'  zu  rcw,  Od,  hat.  Von  da  aus  konnte  natfirlich 
ein  Suffix  -ovna  verallgemeinert  werden. 

Nomina  actionis  haben  wir  in  slov.  hruSnja  ^Schleifen'; 
groznja  ^Drohung';  odhodnja  , Abgang';  iskuihtja  ,y ersuchung'; 
pemja  ,Streif,  ebenso  s.  voznja  ,vectura';  groznja  ,Drohung'; 
kopnja  jfossio';  kupnja  ,emtio',  prosnja  ,mendicatio'  u.  s.  w.  aksl. 
hl^dtmja  Jibidines';  r.  begotnja  ,6elaufe',  stukotnja  ,Greklopfe', 
p.  kiotnia  ,Zank'. 

Vereinzelt  kommen  vor:  aksl.  pricinnja  ,libra';  vecennja  .officium 
vespertinum,  tempus  vespertinumS  analog  zautnnjft,  ohMhnja.  Mitunter 
liegt  vielleicht  nur  das  Suffix  -nja  vor,  das  abstrahiert  werden  konnte: 
aksl.  jadnja  ,cibus',  wo  zunächst  Bildungen  wie  r.  tuknja  ,AnzugS  b. 
9ukni  zu  9ukno  maBgebend  gewesen  wären;  r.  bojar^inja,  haryinja  ,Edel- 
fräulein*;  vgl.  noch  p.  hernia  ,Steuer';  hrodnia  ,Netz*;  b.  auch  heml 
.Steuer*,  slov.  hemja  ,Sammlung';  b.  studni  .Brunnen*,  p.  studnia,  ruth. 
studnja  dass. 

Suffix  'tnO'.    Damit  werden  Subst  und  Adj.  gebildet 

Mask.:  dytm  ^uch',  lit  PL  dümai,  ai.  dhümas  ^Wallung, 
Bauch',  hLfumus;  glufm  ,Scherz,  scena'  {gluma  ^Unzuchf);  kostm 
^aar'  zu  kosa  dass.;  sratm  ,Scham',  ahd.  haram  ^Beschimpfung, 
Kränkung';  utm  ,Sinn,  Verstand'  zu  ai.  av,  lat.  avere,  aL  ö-mas 
jHelfer',  doaJti  fiv  fördert'  (Mikl.  Etym.  Wtb.  S.  372,  Brugm. 
Grundr.  II,  1,  S.  166).  Wenn  man  got  gaumjan  ,wahmehmen, 
merken'  als  ga-aumjan  deuten  könnte,  so  müßte  auch  das  slav. 
Wort  damit  zusammengestellt  werden.  Weiter  tistm  ,corium' 
wohl  richtiger  usbinz  nach  tis^mem  im  Zogr.;  älStm  ,Helm'  aus 
*chelmo  ist  aus  dem  Genn.,  got  hüms,  ahd.  hdm  (lit  9zälmas 
,Helm')  entlehnt 

1.  Bildungen  wie  s.  papratnja  (neben  preprata)  ,locus  feminarum  in 
— *— 'V  sind  ftußerst  selten. 


Fem.:  jama  ,fovea';  kosma  ^capillus^  vgl.  kostm;  hrbma 
1)  puppis,  2)  pabulum;  slama  aus  *8olma  ,Stroh%  let  8alms, 
ahd.  haltn  ,fl^i^S  gi"-  y^oXa^og  ,Rohr,  Halm',  lat  eulmus;  zima 
jKälte,  Winter^,  lit  zimä  jWinter',  gr.  xetficJv  {ma-  Bildung  neben 
-men). 

Adj.:  Im  Balt-slav.  dient  es  zur  Bildung  des  Part.  Präs. 
pass.,  in  welcher  Funktion  sonst  'fneno-  auftrat. 

Das  balt-slav.  'tno-  kaon  man  jedoch  nicht  aus  'mno-  ableiten  (vgl. 
S.  323).  Es  ist  vielmehr  ein  paralleles  Saffiz,  das  sonst  auch  bei  Adj. 
vorkommt,  vgl.  lat.^rmtM,  gr.  ^tQ/i6g. 

Aksl.  vezotm  ^gefahren  werdend^  zu  vezq  ,fahreS  Ut.  vSzamas; 
dmgnomz  zu  dvignqti  ,heben';  umSjetm  zu  umeti  ,können<,  trtpitm 
zu  trtpeti  beiden'  u.  s.  w.  Hierher  gehört  auch  Idkomz  ,cupidu8^ 
urspr.  Part,  zu  einem  Verb  der  1.  Kl.  vgl.  lit.  äUäi,  äUcstu 
yhimgem',  im  Slav.  ahkati,  lakati;  pitomb  ,zahm,  cultusS  dagegen 
pUati,  püiti  ,nähren';  vgl.  auch  r.  neporuchomyj  ^unbewegliche 

Es  kommt  weiter  vor  in  Adj.,  die  eine  Anordnung  hinsicht- 
lich der  Zahl  u.  s.  w.  ausdrücken  (Superlativsuffix):  sedtm  ,der 
siebente',  lit  sikmas  aus  *8edmos,  *8ebdinos,  *8epdfno8,  *8eptmo8, 
lat  8eptiinu8,  ai.  8aptamd8;  08tm  ,der  achtel  lit  ä8zma8,  preuß. 
Akk.  a8fnan  (mit  Ausfall  des  t),  ai.  c^ama,  air.  ocktmad;  pretm 
,geradeS  vgl.  gr.  ^cgöfiog  ,vorderst*,  got  fram  Adv.  ,vorwärt8, 
weiter*;  stnm^  ,declivis*;  b.  stridtny  ,mäßig*,  eig.  wohl  der  ,mittlere' 
zu  streda,  stred  ,Mitte'. 

Adverb:  mimo  ,vorüber<  zu  minqti  ,vorübergehen'. 

Suffix  'imo-,  ottöitm  ,vitricu8*;  roditm  ,consanguineus*; 
pobratitm  ,quem  fratrem  appellamus';  r.  neljuditm  ,Menschen- 
feind*;  s.poodim  yWahlvater*;  s.  posestrima  , Wahlschwester;  aksl. 
demma  ^puella^ 

Suffix  -tmo-,  '^mO'.  jarhrm,  s.  jaram  ,Joch';  j^mz 
,Gerste'  neben  j^dtmy;  zmo-  in  tik^rm  ^aequalis^ 

Neutra:  pisbtno  jSchrift'  zu  pb8ati,  püq  ,schreiben',  pove8bmo 
,panni  detriti*  wohl  zu  v^süi  ,hängen';  biltmo  ,leucoma'. 

Fem.:  vidtma  ^Zauberin'  zu  v^a,  vedäi;  krhöMna  ^Schenke^ 

Eine  ganze  Reihe  Adverbien  auf  -tma^  -bmi,  -vma:  bohma,  hohmi 
,mag^6*;  hitch^ma  ,omnino';  jehma^  jehmi  ,quantopere* ;  nqdbma,  nqtktni 
^gewaltsam' ;  velmii,  vehmi  «sehr* ;  malbmi^  mahmi  ,parum^  Vgl.  aach  im 
B.  dormo  ,gratis',  konmo  ,za  Pferde*«  kradmo^  pokradmo  ,clamS  letmo  ,im 
Fluge*  u.  8-  w. 

Suffix  -mano'.  Slov.  hudiman  neben  hudiö  ,TeufeP; 
racman,  racak  ,anas  mas*  zu  raca;  s.  nom.  propr.  wie  Vükman, 


430 

Vuköman,  Vuzman,  Badman;  r.  dikomam  ^ederlicher  Mensch'; 
dunnam  ^tultus'  neben  ,datura  stramonium';  durctkmam  ^tultus'; 
vgl  klr.  lychomanka  jFieber';  p.  liczman  yRechner'. 

Suffix  'tneno'  (vgl.  S.  419).  rutnim  ^V  ans  ^rud-nUna-; 
ramem  yvehemens^  (nach  Mikl.  aus  ^rad-tnino),  ai.  rädh  ^fertig 
machen'  (Etym.  Wtb.  273). 

Suffix  -anto.  In  Adverbien:  kamo  ^quo';  tamo  ^\i&,  simo, 
samo  ,huc';  jamo  ,quo'  (rel.);  vbsimo  ^quoque'  u.  s.  w.  Dieses 
Suffix  scheint  auf  ömo  zurückzugehen. 

Suffix  -ro-.    Es  bildet  Subst.  und  Adj. 

Mask.:  dar^  ^donum'  zu  da^i  ^geben',  gr.dwQOv;  koprb  J)ill'; 
pirb  jconvivium'  zu  piti  ,trinken*;  rarh  ^onitus',  vgl.  lit  rojoti 
^ähen*;  Äj6r»  ,Auerochs';  zirt  , Weide'  zu  züi  ^eben',  let  dfiras 
PI.  f.  ,Gelage';  dq^  ^Eiche,  Baum'  aus  älterem  *d(fbrb,  das  noch 
in  dqbravQ,  dqbrova  (vgl,  S.  410)  vorliegt,  zur  W.  dem,  gr.  difio) 
ybauen',  also  *dofn{b)ro,  vgl.  ahd.  2ifn{b)rön,  zimprida  ,aedificia', 
got  timrjan,  einmal  auch  titnbrjan  ^zimmern,  bauen'.  Bei  svekr^ 
jSchwiegervater',  gr.  «cvgog,  lat  socer,  ai.  sväsuras  war  urspr. 
auch  im  Slav.  ^rO';  so  auch  urspr.  vickbrb,  neben  dem  dann  vichrb 
auftritt;  dtbbrb  oder  öhbbrb  ist  das  ahd.  ztvibar  ,Gefäß  mit  zwei 
Tragösen'. 

Neutra:  bedro  neben  r.  bedra  ,Schenkel';  jadro,  nedro  jsinus* 
zu  oiddu)  (vgl.  S.  64);  pyro  ,Spelf,  gr.  ftvQog  ,Weizen*;  rebro 
,Rippe',  ahd.  rippi  ,Rippe';  strebro  ,Silber',  ht.  sidäbras;  vedro 
^heiteres  Wetter,  Hitze',  ahd.  tvetar  ,Wetter';  vedro  jEimer*  nach 
Zubat;^  zu  preuß.  weders  ,Bauch',  lit  vedaras  ,Eingeweide  der 
Fische,  Magen',  ai.  tiddram  ,Bauch,  Anschwellung'  (AM.  Phil. 
16,  S.  418). 

Fem.:  iskra  ,Funke';  mera  ,Maß'  zu  mi  vgl.  lat  mHiri; 
m^zdra  ,Membrane'  zu  m^o  ,Fleisch'  (S.  361),  aestra  ,Schwester' 
urspr.  ein  r-Stamm;  s^dra  ,geronnene  Flüssigkeif,  ahd.  sintar 
,Metallschlacke';  vydra  ,Otter',  Ut.  üdra,  gr.  vdqog^  vdqä  , Wasser- 
schlange'. 

Ad].:  hbdrh  ,wachsam',  lit  bt^drüs  zu  hbdüi  ,wachen';  dobrb 
,gut',  ahd.  tapfar  zu  doba  ,opportunitas';  chytrz  ,listig'  zu  chytüi 
,fangen';  jarz  ,amarus,  iratus'  zu  gr.  ^uQog  (Brugmann,  Grundr. 
n,  1,  S.  173),  andere  denken  an  lat  irä;  jarz  ,Frühlings-',  got 
ßr,  ahd.  jär,  gr.  wqoq  ,Jahr';  kyprb  ,foraminosus'  zu  kypiti  ,auf- 
wallen,  sieden';  mqdrb  ,weise',  ahd.  murUar  ,munter',  lit.  mufidras 
entlehnt  aus  dem  D.;   tnodrb  ,blau'  in  den  süd-  und   westslav. 


431 

Sprachen,  Zubat^  stellt  es  mit  Fick  zur  W.  mad  ,wallen^ 
u.  s.  w.,  lat  madSre,  madtdus,  gr.  fiadaw,  von  mad  (Namen  vieler 
saftiger  Pflanzen),  ein  färbender  Stoff  wäre  zu  Grunde  gelegt 
vgl.  drw)ljem  ,rof  von  drwb  ,Wurm'  (Äfsl.  Phil.  13,  S.  418 £); 
nach  Fick  wäre  modrb  =  ,zerflos8en,  trüb,  undeutlich';' utoAr» 
,nafi'  zu  mokfufti  ,naß  werden';  ostrb  ,8charf,  gr.  avLQog  yspitz',  lit 
aaztrüs,  aszrüs;  ptstrb  ,bunf  aus  ^phs-ro-,  W.  peihf  in  pbsati,  püq 
,8chreiben  u.  s.  w.'  vgl.  Ttoiyulog;  ^  rzdrb  ,rof ,  gr.  igvO-gög,  aL 
rudhiräs;  syrt  ,rohS  lit.  s&ras  ySalzig',  ahd.  sür  ,sauer,  bitter'. 

Im  Lit  sind  Adj.  meist  za  u-8ULmmen  geworden:  mandru9  ,übeT- 
mutig*  ftir  *mandra9^  hudrtu  ,wachBam'. 

Suffix  -rjo'.  AksL  cfgrh  ,Aal',  slov.  ogor,  ogorja,  b.  ihor, 
p.  w^gorz;  veph  ,aper',  b.  vepr,  p.  uneprz,  ahd.  ebur  (urspr.  eprös). 

Suffix  aro-.  Dem  -^rjo-  gegenüber,  mit  dem  es  ab  und 
zu  wechselt,  ist  es  viel  seltener:  komarz  neben  kamafh  ,Mücke'; 
r.  koüjarb  ,Kupferschmied';  stolarb  neben  üolan  und  auch  stoljarb 
,Tischler';  p.  ci^ar  ,Lia8f. 

Fem.:  aksl.  koäara  neben  koiarja  ,caula';  slov.  kozara 
,Ziegenstall';  pustara  ,Wüste';  im  S.  bezeichnet  es  häufig  das 
Behältnis  oder  den  Bereitnungsort  des  durch  das  Thema  Ausge- 
drückten: bräinara  ,Mehlkammer'  zu  braäno  ,Mehl';  gvdzdjara 
,Eisenladen'  zu  gvozdje  ,Eisen';  düdara  ,Maulbeerpflanzung'  zu 
dud  ,Maulbeerbaum';  koSara  ,Stall  von  Flechtwerk'.  Mitunter  im 
S.  das  Fem.  zu  ar,  asl.  ar't  aus  arjo-:  vraöara  ,divina'  zu  vradar; 
gatara  ,divina';  hjdjara  ,insolatrix';  r.  koäara  ,ovile',  p.  maczara 
,Limnobium'  (Pflanze),  koszara  ,Hürde'  (auf  dem  Felde). 

Suffix  -arjo'.    Es  bezeichnet  nomin a  agentis. 

Mikloaich  meinte  (S.  88),  daß  dieses  Suffix  einfach  aas  dem 
Deatschen  entlehnt  sei  (ahd.  ari  aus  dem  lat.  arius,  vgl.  8.  391).  Wir 
haben  allerdings  im  Aksl.  alte  Worte  mit  -afb^  die  nicht  als  nomina 
agentis  aufgefaßt  werden  können  und  die  von  Nomina  gebildet  sind: 
mytart  TeXcjvtjs  cf.  got.  motareü,  rpbafb  dXuve  von  ryba,  vinaft  von  vino 
u.  s.  w.  (vgl.  Mein  et  S.  211).  Von  Yerbis  ist  im  Aksl.  noch  kein  der- 
artiges Wort  gebildet.  Es  scheint  daher,  daß  wir  es  hier  mit  zwei 
Schichten  der  Entlehnung  zu  tun  haben :  einer  älteren  und  einer  j&ngeren, 
wobei  mehr  das  Westgerm,  maßgebend  war.  Die  erdrückende  Majorität 
solcher  Worte  bezeichnet  dann  nomina  agentis  und  stimmt  daher  voll- 
kommen mit  dem  deutschen  Suff.,  das  insbesondere  Handwerker  ausdrückt, 
überein.  Hinsichtlich  des  Akz.  gab  es  zwei  Typen:  T.tvondrt — zvoncrjd, 
s.  wönär  —  zvondra  und  r.  pihan  —  pekarja^  s.  pekar^  pekära. 

So  haben  wir:  j^iafb  jpistor';  t^zafh  ,agricola':  zidafh,  zbdafh 
^gulus';  Ukafh  ,medicus^;  datafh  ^urifex';   r.  stolart  ^Tischler'; 


432 

kljuöarh  ,der  Sakristan*;  gluckarh  ,AuerhÄhn';  hucharh  ,blateroS- 
dacharh  ,der  gibtS  vzjacharb  ,der  nimmt';  mitunter  ist  hier  die 
Verhärtung  des  f  eingetreten:  gondan,  dk&l. grbnbäafh  Yongrbnbch 
.Töpfer';  p./rfe*:ar2?, Bäcker* ;ArucÄar«, Koch* ;^ar2r, Lügner';  krowiarz 
jKuhhirt*;  lichwiarz  ,Wucherer*;  babiarz  ,Feigling*  beeinflußt  von 
babij,  von  solchen  Worten  aus  wie  auch  von  Verben  der  IV.  Kl. 
dann  -jafh:  dzwoniarz  neben  dzwonarz  »Glöckner*.  Im  B.  auch 
sehr  zahlreich  vertreten:  kolar  , Wagner*,  tesar  ,Zimmermann*, 
bedndr,  beövdr  ,Binder*,  IMr  ,Lügner*,  iaäleär  ,Spitzbube*  u.  s.  w. 
Im  Os.  ist  neben  dem  af  in  hmaf  ,Schmied*  u.  s.  w.  später  auch 
noch  das  schon  veränderte  Suffix  er  aus  dem  D.  neuerdings  ein- 
gedrungen als  ef:  bjedzef  ,Kämpfer*;  harnöef  ,Töpfer*.  Dasselbe 
bemerken  wir  im  B.,  hier  berührte  sich  jedoch  das  neue  Suffix 
mit  -yro-,  yrjo-,  wo  es  noch  zur  Sprache  kommen  wird. 

Wie  wir  schon  erwähnten,  lautet  im  S.  das  Femininum  zu 
-arh  auf  -ara  aus:  vraöara  jWahrsagerin*  zu  vraöar  , Wahrsager*. 

Suffix  -ero-.  Es  bildet  Subst  und  einige  Gattungszahl- 
wörter: aksl.  öetverh  ,viererlei*;  p^erh  ,fünferlei',  ebenso  dann 
weiter:  Sesterh,  sedmerh,  osmerb;  so  auch  im  Lit:  venerl  ,einerlei*, 
ketveH,  penkeri,  szeszeri  u.  s.  w. 

Mask.:  severb  ,Nordwind*,  lit.  sziaurys;  veöert  ,Abend*,  Ut. 
väkara8(a,M&*vekeras);  stezert  ,cardo*,  ht  stagaras,  stegerys  ,Sten- 
gel*;  b.  houser  ^Gänserich*  zu  gc^  und  gqsa  ,Gans*,  p.  gqsiar, 

Neutra:  jezero  ,See*,  lit  izeras,  preuß.  assaran. 

Fem.:  peStera  ,Höhle*  zu  peäth;  b.  mezera  ,Lücke*  zu  meze. 

nestera,  apoln.  nesczora  (vgl.  Afal.  Phil.  11,  S.  137)  »Tochter  der 
Schwester,  Nichte*  wohl  nicht  aus  *nep{9)Ura,  wie  Miklosich  meinte 
(Etym.  Wtb.  S.  214),  p  wäre  längst  ausgefallen  vor  t,  bevor  «  aufkommen 
konnte ;  anders  in  tep{8)ti,  wo  das  p  ans  anderen  Formen  fortwährend  ein- 
drang. Eher  wird  man  mit  J.  Schmidt  (Pluralbild.  S.  63)  an  eine  Yer- 
schränkung  von  nett  (ai.  naptts)  gen.  netere  (angezogen  von  matt,  maUre) 
und  eestra  denken. 

Suffix  'OrO'.  In  adjekt  Funktion  wechselt  es  manchmal 
mit  ero  ab:  detvorb  neben  cetverh  (vgl.  oben);  p^orh  neben  j)^erb 
u.  s.  w.  Der  Wechsel  war  in  einigen  Fällen  schon  ursprachlich, 
80  beim  SufQxe  (t)erO'  neben  {(joro-;  so  av.  katura,  got  hwapar-, 
aksl.  kotorgj  neben  koteryj;  so  auch  vhtotTf  ,der  zweite*  neben  b. 
üterif,  üterek  ^Dienstag*  u.  s.  w.  Dieser  Wechsel  konnte  sich 
dann  auch  anderwärts  geltend  machen. 

Sonst  haben  wir  hier  Mask.:  stoborb  ,columna*,  daneben 
slov.  steber;  slov.  grahor  ,vicia*,  s.  kosor  ,cultri  genus*;  r.  cechorb 


433 

Zänker',    b.    sochor   ^ebel^    p.    Jcaczor    (sekundär    b.    k<iöer) 
.^Enterich'. 

Fem.:  kotora  neben  kotera  ^Streit'  (vgl  S.  178),  jxäuLhader; 
8.  tmora  zu  iwna;  kk*.  d'ävora  ^Kinder'  (kollekt.);  b.  bdchora 
,Fabel';  nemotara  (zu  motcUi  se)  ,unge8chickter  Mensch';  sykora, 
sikara  jMeise^ 

Suffix  -orjO'.  tchofh  aus  *d7»chorj(h  ,Iltis';  znachafh  ,gna- 
rus';  r.  ugorh,  b.  ühar  ,Aal'. 

Fem.:  r.  bachorja  ,blatero';  motorja  fixXLe  ziun  Aufwinden' 
zu  motati. 

Suffix  'tero-,  -toro-,  -tro-.  Es  ist  verwandt  mit  den 
SufiSxen  ero-,  oro-,  die  eigentlich  auch  zusammengehören  (vgl.  oben). 
Es  diente  vorwiegend  zur  Bildung  des  Komparativs.  Kommen 
Subst  hier  vor,  so  handelt  es  sich  zunächst  um  substantivisierte 
Adj.ij^ro  jLeber*,  gr.  awegoy  ^Eingeweide'  zu  *en4er(h  ,der  innere', 
ai.  äfUaras  ,innerer';  dazu  auch  qtroba  f.  ,Eingeweide',  Adv.  qtrb 
,innen';  ßt4ro,  utro  ,Morgen'  zu  ju-  u  (in  uze)  lit  Jaü  ,8chon'. 
Dagegen  ist  p.  pi^ro  ,6erüst,  Stockwerk',  b.  patro,  aksL  *p^ro 
wohl  aus  dem  Partiz.  p^  (zu  ptnq,  p^i  ,spannen')  mit  -ro-  ge- 
bildet   Ebenso  enthält  wohl  auch  vetrh  ,Wind'  das  Suffix  -^o-. 

Hierher  gehört  aksl.  koteri/j  neben  kotoryj  jwelcher',  unter 
dem  Einflüsse  von  khto  ,wer'  auch  kUori/j,  khteryj,  got  hwaßar 
,welcher  von  beiden',  av.  kchtara  (also  beides  auch  mit  -toro-),  lit 
katrds  ,welcher  von  beiden',  gr.  no^Bqog^  ai.  katard;  vUorb  ,der 
andere,  zweite',  got  an^ar,  Ut  äntras  dass.,  dameben  auch  vb-tero- 
vgl.  b.  itery  ,Dienstag';  jeterh  irgend  welcher',  ai.  yatard  relat 
(zum  Fron,  i,  jego  u.  s.  w.). 

maiorb  und  materh  ,alf  gehört  wohl  zu  lat.  mätürus,  das 
wieder  offenbar  stammverwandt  ist  mit  mäter.  Es  ist  schwer  zu 
entscheiden,  was  ursprüngUch  ist:  materb  könnte  von  matereti 
beeinflußt  sein  und  letzteres  konnte  aus  matoriti  durch  Yokal- 
assimilation  hervorgegangen  sein.  Dann  wäre  matorb  das  ältere 
(vgl  S.  178). 

Suffix  -uro-,  'UrjO'.  kotuH  ,ArtTier',  vgl.  A?o^eZ't»  ,Kater', 
kotbka  ,Katze';  slov.  mehur  neben  meher  ,ve8ica';  klr.  A^adftir  ,Ente- 
rich';  b.  pechour  ,Fußgang,  Fußpuiger';  kocour  ,Kater',  pazour 
,Kralle'. 

Fem.:  slov.  babura  ,anus';  zabura  ,rana^;  s.  augmentativ: 
glavura  ,großer  Kopf;  djevojöura  ,großes  Mädchen';  b.  mechura 
,gefüllter  großer  Kuchen'  zu  michb  ,Balg'. 

Vondr&k,  Vgl.  sUr.  Gnunm.  I.  28 


434 

Suffix  'ifrO',  -yrjO'.  Es  bildet  meist  Ma»sk:  michyrt 
yvesica'  zu  tnidih;  klr.  tupy^  yDummkopf'  zu  aksL  tqpb  ^mpf ; 
x.gladyrh  ^Mensch  von  glatter  Häuf;  nemtyrh  ^stummer  Mensch'; 
b.  bradjjr  ^arbier*;  medv^  fi\9ßi^\ 

Im  B.  wurde  das  nhd.  Suffix  -er  zu  ^,  in  seiner  mhd.  Form  zu 
-Mr,  woraus  dann  yr  entstehen  konnte  z.  B.  ab.  haUier,  haU^,  dann 
haUyr  .Fischbalter,  Fisch  Ständer*,  d.  HalUr\  ttyehtier,  tryehiir,  tryeMyr 
,Trichter'.  Älter  ist  jedoch  die  Entlehnung^  des  ah.  rytier^  nb.  riftir 
,Eitter*.  So  konnten  infolge  der  Analogie  auch  einheimische  Worte  wie 
tnichyr  zu  m^Aier,  nüehir  werden;  kosier^  kosir  ^Messer,  Hacke',  dagegen 
r.  kost/Tb  jkrummes  Messer*. 

Offenbar  liegt  auch  urspr.  yh  vor  in  slov.  rezer,  rezir 
,Messer  der  Siebmacher';  drobir,  drobiz  ;res  minutae';  huder,  hudir 
ydiabolus';  koser,  kosir  ,falx  vinacea',  s.  kosijer,  wo  Miklosich 
von  einem  ^o-,  erjo-  ausgeht  (S.  91). 

Fem.:  sikyra  ,Beil',  r.  sekdra;  p.  kostyra,  kostera  , Würfel- 
spieler'. 

Suffix  'lo-,  'SlO'.  Es  liegt  nicht  bloß  —  abgesehen  von 
s  —  ursprachlich  -Zo-,  sondern  auch  -/Zo-  vor.  Schon  ursprachlich 
bildete  es  Adj.  und  Subst;  insbesondere  waren  hier  nomina 
agentis  und  instrumenti  stark  vertreten.  Ein  Reflex  der 
ersteren  ist  das  Z-Partiz.  im  Slav. 

Mask.:  qzh,  vqzh  ,Knoten'  zu  v^/sati  ^binden';  deslb  ,Eamm' 
zu  äeeati  ,kämmen,  streifen';  o-hrih  jchlamys,  naranhaafia^  zu 
*kri  in  aksl.  okroj  ,vestis',  b.  kroj  ,Trachf,  s.  kroj  ,Schnitf ;  ptMb 
neben  phMo  ^ech'  und  (wohl  unter  dem  Einflüsse  des  ahd.)  ,HölleS 
ahd-  päi,  lat  pix;  tyh  ^Nacken',  gr.  %vlog^  zvXri  (auch  tvAij) 
, Wulst,  Schwiele*,  ai.  talam  ,Rispe'  u.  s.  w.  zu  teu  ,tumere';  ebzh 
(zezh)  ,virga',  b.  zed,  zezlo  ,8ceptrum',  let  zizlis  ,Stab'. 

Neutra:  dUo  jWerk*,  Gen.  däa,  aber  auch  d&ese  («-Stamm) 
zu  di  in  dejq,  dSjati  ,setzen,  legen'  u.  s.  w.;  ebenso  telo,  tHa  und 
tilese  ,Körper';  grd)lo  ,remus',  b.  hreblo,  hfablo  ,Ofenrechen';  selo 
,fundus',  davon  sdjanim  ,rusticu8',  b.  sedldk  yBauer*,  sedliite  ,Wohn- 
sitz*,  got.  8Ü4'S  ,Sitz',  lat.  sella  aus  *8edla;  ühlenbeck  nimmt 
an,  daß  got  st^ls,  ahd.  stechal  ,Trinkgefäß,  Becher'  das  slav. 
stbklo  ,61as',  das  also  auch  hierher  gehört,  sei  (BzGDS.22,S.191); 
stbblo  ,caudex,  caulis',  vgl  s.  stabar  ,Stanmi',  lit  stembti  ,Stengel 
ansetzen',  sthmbras,  stämbras  ,Stengel';  Siebs  stellt  auch  das  d. 
Stumpf  dazu  (KZ.  37,  S.  308),  das  h  könnte  eventuell  auf  rß 
zurückgehen  (vgl.  S.  341);  oblekh  ,vestis',  vgl.  b.  ohlek  , Anzug' 
aus  *ob»velko  zu  vUkq,  vleäti  ,ziehen';  h.po-meUo  ,Backofenbesen', 


435 

p.  miotio,  pamioüo  yKehricht^,  vgl.  auch  aksL  meUa  ^Besen^  Hier 
liegt  wohl  iUh  vor,  daher  eig.  *metirla;  reJdo  ,dictcim%  parMo 
jCOgnomen';  prqglo  ^tendicula'  zu  pr^. 

Mit  Bücksicht  auf  grAlo,  potndlo  u.  s.  w.  müsBen  wir  dem- 
nach zugeben,  daß  es  auch  im  Slav.  ein  SufiSx  lo  (/Zo)  zur  Bil- 
dung der  nomina  instr.  gab. 

In  dieser  Funktion  kommt  neben  dem  so  verbreiteten  »dlo 
auch  das  Suffix  -do  vor,  das  aber  nicht  ausschliefilich  derartige 
Nomina  bildet: 

vedo  yBuder^  aus  ^vez-aUh  zu  vezq  fahret  tran&y  vgl.  lat  ve4um 
^SegeP  aus  ^egh-do-  etwa  ^^förderungsmitteP;  po-vrSdo  aus 
*'verz~8l<h  yStridc'  zu  vrtaq,  vrigti  schließen,  binden^;  matio  ,oIeum' 
zu  mazati  ^alben<;  pr^  ,gradus'(?),  p.  prz^lo  ^Kettenglied'  aus 
*prend-8lo  oder  ^prent-alo;  dislo  ,Zahl'  aus  ^dit-do  zu  öttq,  öidi 
^zählen';  sz-v^o  ^BsLud^  Fessel^  r.  vjaslo  ,Garbenband'  (neben 
vjtizlo,  das  wohl  mit  dem  Suffixe  -dlo  gebildet  ist:  ^Amulett  fiir 
das  Vieh')  zu  vqzati  ,binden^ 

Hierher  wohl  auch  creslo,  PL  dr^la  ^umbi',  p.  trzosbi  ^lumbi, 
genitaliaS  vgl.  ahd.  herdar,  got  PI.  hairßra  ^Eingeweide',  also 
mit  einem  anderen  Suffixe. 

Bei  diesen  Worten  hatt«  man  Mher  ein  Suffix  tlo  voraaBgesetzt, 
Also  *cit-Üo^  woraus  *cittÜo^  *ciMÜo,  cish;  ebenso  *matrtlo  woraus  *masilo^ 
maslo.  Allein  es  ist  zu  bedenken,  daB  wir  sonst  bei  vokalisch  endender 
Wurzel  ein  Suffix  tlo  nicht  haben,  sondern  ein  -dloy  von  welchem  ein 
urspr.  tlo  verdrängt  wurde :  b.  Mio,  aksl.  iüo  ,8ubula* ;  crbpalo,  b.  Serpadlo 
,hau8trumS  ralo,  b.  rddlo  ,Pflng*  u.  s.  w.  Das  Lit.  hat  hier  allerdings 
noch  den  Beflex  des  urspr.  Suff.:  ärklas  »Pflug*  aus  *  artlas,  lat.  aratrum, 
gr.  äQoxQov;  lit.  irklo»  .Buder*  zu  irti  ,rudem' ;  femer  lat.  fereulwn,  pra§- 
Jorieulum,  wo  ein  tlo,  das  zu  elo  wurde,  vorausgesetzt  werden  mufi.  Im 
Lit.  liegt  aber  auch  das  Suffix  slo-  ganz  klar  vor:  mökslas  ,Lehre'  vgl. 
mokinü,  molAnti  »lehren*;  mUzias,  let.  m^tls,  meist  im  PI.  »Ausgefegtes, 
Dünger'  zu  lit.  vnHiu  »miste  aus*.  Neben  dem  Baltisch-Slav.  ist  es  das 
Germ,  und  Italische,  wo  wir  das  Suffix  -slo-  auch  finden  (desgleichen  -$lä). 
Im  Slav.  ist  auch  das  Suff,  -sh  (neben  h)  zu  berücksichtigen»  da  es  ver- 
wandt ist  (vgl.  weiter  unten).  Dunkel  ist  r.  remeslo  neben  remottvo  hu- 
oT^fAtf,  b.  rßTneslo  ,Handwerk*. 

Fem.:  s.  gnßla  ^Töpfererde^  zu  gniti  ,faulen';  mhgla,  lit. 
miglä,  mygiä  ^ebeP,  vgl  gr.  Ofiix-lfj  ,Nebel';  säa  ,Gewaltf,  preu£. 
Akk.  Sg.  seäin  ^mst,  Eleiß^  noseUin  ,Gteistf,  entweder  zu  *«äjf 
,binden^  oder  ai.si-lam  ^Gewohnheit,  Charakter';  drUa  jPieil^,  ahd. 
^rala  ,Pfeil,  Blitzstrahl*.  Femininbezeichnung:  b.  äikda  ,Dim^ 
d.-jüd.  ySchickseS  vgl  lat  pudla  aus  puerla,  analog:  koby-la  ^Stute^ 

28* 


436 

Suffix  'Sla:  iesla  ^Axt^  zu  ieBaii  ^zimmern',  ahd.  desala  und 
dehsa  ,Hacke,  Eelle';  «Ha  yAder',  lit  g^da  ^der^  Sehne',  preuß. 
gido  jAAqj^  in  pette-gido,  yielleicht  audi  lat  fp4uin  aus  ^findo-, 
Tgl.  prö-täium  aus  ^tendo-, 

Adj.:  b.  6Ü^  ^fühlendi  muntei'  zu  dtUi,  b.  öüi  ^wahrnehmen'; 
gnih  ^yerÜBiult'  zu  gnüi  ^faulen';  krqgh,  okrqgh  ^ndf  zu  krqgh 
^Ejneis';  nagh  ^praeceps',  vielleicht  zu  *na•glM^  etwa  ^neigf, 
dann  wäre  lit  nogUu,  nüglas  entlehnt;  obh  ^rund'  gehört  eigent- 
lich nicht  hierher,  da  es  aus  *oiM>h  zu  vd,  ygL  vhna  yWelle'i 
vah  yjmdBfy  Ut.  cg^valüs  ykugehund^  vdü,  vdti  ^walken'  entstanden 
ist;  (hdak  ,ttbrig  geblieben'  zu  dati,  statuf  ^sich  au&tellen';  puckh, 
€puchh  ytumidus';  Sb'mä^  ,audax^  zu  sbtnUi  ^andere';  teph  ,warm', 
vgl.  tapüi  yWärmenS  lat  tepSre;  uhfh  ^obesus';  *zhrä^  ,maturus'  zu 
ztriti,  ztrijq  ,maturescere'. 

Dasselbe  Su£Bx  bildet  im  Slav.  Part  Praet  act  11:  vezU 
,der  geführt  haf ,  veda,  vezlo;  ned^  ,der  getragen  haf ;  videlb  ^der 
gesehen  haf  iL  s.  w.  Man  wird  schon  in  den  erwähnten  Adj. 
einige  bemerkt  habeui  die  sich  einem  derartigen  Part  sehr  stark 
nähern,  wie  gnih,  ztrihj  ostah.  Bei  der  Erklärung  dieser  Funktion 
muß  man  die  subst  nomina  agentis  wie  laLfiguluB  yTöpfer',  legu" 
lu8  ^Aufleser',  ahd.  tregü  jT^er',  insbesondere  aber  die  adj. 
nomina  agentis  wie  lat  bibulus,  crsdtdus,  tremtdus,  wo  auch  ein 
/Zo-  vorliegen  kann  (Brugmann,  Grundr.  11,  1,  S.  192),  berück- 
sichtigen; dameben  ahd.  sprungal  ,saliens',  sakuls  ,streit8üchtig', 
gr.  filfjirjXoQ  ,nachahmend',  (nyäX6g  ,schweigsam'  (Kurze  vgl.  Gr. 
S.  333). 

Diese  Part  treten  im  Slav.  häufig  als  Personennamen  auf 
und  zwar  im  B.  das  Mask.:  bryndal  jPantscher',  slintal  «Geiferer', 
dann  als  nom.  propr.:  Vyskaöü,  Vytladü,  Vykoukcd,  NevUril, 
Neveöerd,  Kälal  u.  s.  w. 

Das  Neutrum:  s.  bajalo  ,incantator';  drijemalo  ,dormitator'; 
slov.  brbatalo  ,blatero';  r.  ob^edalo  ,VielfitLßS  oblygalo  yBetrüger'; 
p.  brzqkalo  yKlimperer'.  Die  neutrale  Form  hat  nicht  selten  einen 
pejorativen  oder  ironischen  Beigeschmack.  Im  P.  kommt  meist 
das  Fem.  vor:  ^arkaia  ,Räusperer';  krzykaia  ,Schreihals'  u.  s.  w. 
(siehe  weiter  unten  bei  'Ola-). 

Mit  Z-Sufifixen  gebildete  Namen  kommen  sonst  auch  vor,  vgl. 
preuß.  Butil  (buta  ,Hau8');  Cantü  {kanta  ,da8  Dulden');  Dargdo. 

Suffix  llo-,  'IIa  ist  wohl  enthalten  in  sedlo  ,Sattel',  das  als 
*8edtlo  aufzufassen  ist,  sonst  müßte  es  aksl.  u.  s.  w.  ^9do  ergeben; 


437 

ahcL  aattd,  ags.  aadol  ^Sattel^  wird  meist  als  eine  Entlehnung  aus 
dem  Slav.  aufgeÜBiBt;  meOa  3e8en<  aus  meMa  schon  erwähnt; 
stfhith  fiTSLhi&f  preu£.  sirsilia,  lit.  dagegen  szirazlys  Hornisse'; 
kozblz  ^Ziegenbocke  zu  koza  yZiege^;  arth  ,  Adler'  zu  lit  eräis, 
ahd.  aro  m.  ^Adler^y  vielleicht  zum  Sufifiz  -^tUh  (ygl.  weiter  unten); 
sväh  ylicht'  aus  *8vitUb  zu  svitz  ^cht^;  m^dh  ytardus^,  b.  mdly 
,matf ,  YgL  iz-rnzditi  ^wach  werden^  russ.  mecUüt  aus  multlüb 
{h  aus  9  assimiliert). 

Suffix  'IjO'.  Mask.:  bocU't  yspina';  kaiVh  (neben  kaM'b) 
^ustenS  vgl  lit  zu  kosiu,  koseti,  komUya  yHusten^;  slov.  öeMj, 
-ilja  ypecten';  auf  aksL  rogV%  neben  rogb  ^Hom^  beruht  wohl  slov. 
rogdj  dass^  vgl  lit  ragäis  ^Hömchen';  r.  kdvaU  yperitus',  kavalh 
yfiBtber^;  tralh  yblatero*;  machalh  ,Flachs  in  der  Hechelt 

Fem.:  bylja  ,actio';  h.role  aus  *rolja  ^Feld',  dagegen  würde 
roH  auf  rohja  {roUt),  aksl.  ralija  ^arrum'  hinweisen;  prehriüe 
^doppelte  Handvoll'  zu  hrs^  iHandvoU^ 

Über  b.  pradli  «WäscherinS  ivadU  ,Näherin'  vgl.  oben  S.  417;  vgl. 
s.  dafilja  ,initriz*;  porodilja  ,paerpera';  praffa  neben  perilfa  ,Wfi8cherin^ 

Suffix  'li.  Ein  offenbar  kasuelles  Suffix,  das  mit  4i 
wechselt  z.  B.  kolS  neben  koli  ^quando'  und  bei  li  (t-Stämme)  zur 
Sprache  kommt. 

Suffix  -li  and  -lija.  Beide  sind  tfirkischen  ürsprongs  und 
kommen  im  Serb.  vor:  li  bildet  indeklinable  Adj.  aus  türk.  and  slav. 
Subst.  z.B.  dimirli  ^ferreas'  za  dimir;  kadifli  ,Sammet-'  za  kadiva,  kadifa 
jSsmmt*;  zlaUUi  ,aareaB'  zu  zlato  ,aaram*. 

Aach  4ifa  ist  mit  türk.  Worten  aufgenommen  worden  und  wurde 
dann  auch  an  einheimische  Stämme  angeh&ngt:  JBeäija  »Yiennensis'  zu 
Hßc  ,Wien';  £o$afüiJa  «Bosnensie*  zu  Boina;  Budimlifa  ^Budeneis';  odrUj'a 
,homo  pannosufi';  dugqjlija  ,longU8  homo*;  auf  aj4ija  auch  xlatqflifa 
,auratu8*. 

Suffix  'luk,  Ist  auch  tark.  Ursprünge  (tftrk.  -^yk):  s.  agaluk 
fdignitas  agae';  Amautluk  ,Albania';  haiahtk  «dignitas  baiae';  bttobrasluk 
fimpudentia' ;  domatluk  ,quod  domi  servatur';  ciimarluk  ,ara  sutoria';  p. 
hoioiyk  ,Art  Peitsche*. 

Suffix  -a2o-.  Hier  wie  auch  beim  nächsten  Suffix  ist  es 
nicht  immer  leicht  zu  unterscheiden,  ob  das  a  zum  Suffixe  oder 
zum  Stamme  (Yerbalstamm  und  Nominalstamm  auf  -a)  gehört 
Das  Suffix  gibt  oft  eine  peior.  Bedeutung:  b.  no9dl  yGroßnase'; 
p.  brzuchal  ^Dickwansl^  (vgl.  bei  -aljo-);  p.  kawci  ,frustum^ 

Häufiger  -(da:  slov.  nakowüa  yincus';  r.  Sagdia,  äagalo  ,der 
große  Schritte  macht^,  b.  kviöala  lErammetsvogel^;  p.  dmrkala 
yBäusperer^;  chrapah  ^Schnarcher^;  hrzykaia  ^hreihals';  kichaia 


438 

,der  yiel  niest'.  Wie  man  aieht,  liegen  hier  meist  Yerba  auf  -o^f 
vor.  Analog  haben  wir  es  oben  S.  436  bei  den  s.  Bildungen  wie 
bajalo  jmcajitBLtoi^j  drijemalo  ,dormitator^  u.  s.  w.  gesehen. 

Suffix  -aljo:  Sokal'h  ,Goquu8';  r.  ivalh  ^ähei'  (alt);  kk. 
MoBkal'  Moskauer',  p.  goräl,  Moskal.  Bei  r.  kovalb  (neben  kovadö, 
b.  koväf)  ySchmied'  wird  man  wohl  besser  von  einem  4j(h  aus- 
gehen, dagegen  wohl  hierher:  r.  vralh  ^blateroS*  unsicher  auch  r. 
stradalh  ^äher,  Schnittei',  eig.  wohl  ^Arbeitei^.  Mitunter  eine 
peioratiye  Bedeutung:  mit  dem  im  abnormen  Ghrade  behaftet,  was 
der  Stamm  andeutet  In  solchen  Fällen  wird  man  immer  besser 
von  -aljo'  ausgehen,  selbst  auch  wenn  ein  Thema  auf  -a  yorliegt: 
p.  g^cU  iGrofimaul';  nogal  ,Langbein^;  okal  ^Großäugiger^,  tvqsal 
yGrofibärtiger';  s.  gybalj  ,equus  porriginosus^:  gaba;  kusalj  ,equu8 
cauda  ourtata:  kus,  aksl.  kqsi^.  Dasselbe  Suffix  auch  in  Eigen- 
namen: s.  Vukalj  zu  viik  ,Wolf. 

Suffix  -elO'.  cvUd^  ,Blume'  zu  Cfohtq,  cvisti  ,blühen';  mhädö 
yturpis  quaestns'y  r.  mdeth  ,Gewinn'  und  obmichnutsja  ysich  irren'; 
pUüd^  ,ünkrauf  zu  pUva,  preuß.  pdwo  ,Spreu'. 

Fem.:  btdela  3^ene',  eig.  die  ,Summende'  vgl.  mzbuSati 
jdangere'y  budaii  ,mugire';  slov.  dezela  neben  dezd  f.  ,regio'  für 
driela. 

Adj.:  dr^dz  ^traurig^  (neben  dr^h);  kysdz  ysauei';  vesdb 
^laetus',  dd>d^  ,crassus'  neben  dobdz. 

Suffix  -eljo'.  8.  prddj  m.  ,Blutkraut,  polygonum*:  prd; 
kratdj  m.  ^Krankheit,  die  in  einer  Nacht  tötet,  der  Tote  hat 
einen  Fuß  kürzer,  daher  von  krat,  krcUak  ,kurz'  (vgl.  bg.  kradun 
,Weihnachten*,  weißr.  koroöun  ,Erampf  und  vorzeitiger  Tod* 
S.  423);  r.  mjaUh  ,rebellio'  (alt)  zu  m^;  mertwlh  tcadavei',  koidb 
,Eorb';  (p.  bddzid  ,peditum*?). 

-^ja:  r.  petelja  ,nodus*  (alt);  p.  mqdrda  ,Elügling*,  s.  nom. 
pr.  Vukdja. 

Im  lit  gewöhnlich  mit  deminuierender  Bedeutung:  gtdväe 
,Eöpfchen*. 

Suffix  -o{o-.  Mask:  drtJcoh  neben  drhkclh  m.  ,PrügelS 
doch  ist  es  nicht  sicher,  da  hier  ein  anderes  Suffix  wahrscheinlich 
vorliegt;  vielleicht  dagegen  aokoh  ,Falke';  b.  hrbol  ,Höcker*;  b. 
chochd  ,Schopf ;  mazol  ,Schwiele'  (älter  slovak.  mozoiy 

Fem.:  pipola  ,ühiaf;  Aoy. pivola  ,hirudo*  ÜLvpijavica,  pijavka; 
b.  mrtpola  ,cadaver<,  p.  pierdaia  /]ui  pedif .  Vgl.  lit.  velkaiaa  ,G«- 
schäft^.  tnalgaia  ,Schneeflocke*. 


439 

Suffix  'OljO'.  drtJcoVh  neben  drhkch  vgl.  oben  bei  -oUh, 
r.  gogclh  ^as  clangnla';  mozoh,  mozgoh  yCaJlus',  slovak.  mozoF. 

-olja:  r.  aapolja  dial.  für  soplja  ^Nasentropfen';  susolja  ,der 
nippi^;  b.  homole  ^E^umpen',  h,  cukru  ^Zuckerhuf. 

Suffix  'UlO'.  Als  -ula:  p.  gaduia  m.  f.  Schwätzer, 
Schwätzerin';  krzyumla  ^Krummhom'. 

Suffix  'uljO'.  S.  dugulj  m.  in  na  dugvlj  ^  die  Länge'; 
nom.  propr.  Dragulj,  Vladulj  (alt). 

-ulja:  aksl.  koiulja  ^ndusium'  (vielleicht  das  lat  camlä);  slov. 
Uepetylja  ^femina  garrula';  nosulja  ^Großnase';  rogadidja  , Weib- 
chen des  rogad  Hirschkäfer';  vdUeuLja  Jupa';  s.  vrulja  ^ons'; 
vlasulja  ^vena  sterilis';  rogulja  ^comuta  vacca'  zu  rogh  ^om'; 
gromula  Rügens  homo',  vgl.  h.hromatluk  ^ungeschlachter Mensch'; 
r.  chriptdja  ^omo  raucus';  borodulja  ,femina  barbata';  devulja 
, weibischer  Mensch';  sonulja  ,homo  somnulentus';  b.  itekule  ,Zän- 
kerin';  p.  deminuierend :  £i7^iiZa,Käthchen';  matula  ^Mütterchen'; 
habula  ,Großmütterchen'. 

Suffix  -ylo'.  -yla:  mogyla  woraus  durch  Metathese  ijowito 
,collis';  kobyla  ,equa'. 

Suffix  -yljO',  grtnyVt  ^fornax  ad  conflanda  metalla';  r. 
motyh  ^Schmetterling';  gorbyh  ^Buckliger',  ,Schwartenbrett';  redyh 
,Wandöffnung'  zu  red^'  in  red^k^;  b.  strechyl  ,Eiszapfen';  zmk^l 
,weibischer  Mensch'. 

Suffix  'tlo'.  Es  ist  schwer  zu  unterscheiden,  wo  hier 
urspr.  -äo-  und  ^o  (vgl.  oben  S.  436)  vorliegt.  Ersteres  kann 
wohl  vorausgesetzt  werden  in  ostlb  ,asinus',  preuß.  (isilia,  lit.  äsüas, 
alles  wohl  aus  dem  Germ.  vgl.  got  asilua  und  dieses  aus  dem 
Lat ;  pbcth  jpix'  zu  pbklb. 

Suffix  'tljo'.  Auch  hier  gilt  das  oben  Bemerkte:  obidd't{?) 
,qui  injuriam  infert';  slov.  brencdj,  brecdj  ^musea  equina';  slov. 
rogdj  ycomu'  ist  als  aksl.  rogl't  aufzufassen  oder  könnte  eventuell 
auf  üjo-,  jedoch  nicht  auf  tljo-  zurückgehen. 

Suffix  'dlo.  Es  bildet  im  Slav.  vorwiegend  nomina 
instrumenti  und  geht  zurück  auf  dhlo-,  das  ursprünglich  neben 
dem  Mittel  oder  Werkzeuge  bei  Subst  auch  eine  örüichkeit  be- 
zeichnen konnte,  wie  auch  das  eng  verwandte  Suffix  dhro-,  vgl. 
griech.  d^e/4e-^Xov  ^Grundlage',  lat.  stabulufn  aus  *8tablom  und 
dieses  aus  staflom,  ahd.  stal,  Gen.  staUes  urspr.  *st9'dkUh. 

Im  Slav.  wurde  davon  das  Suffix  tro-,  Üo-  ganz  verdrängt: 
vgL  b.  rddlo,  aksL  ralo  gegen  gr.  aqoxQOVy  lat.  aröJtrum,  lit  drklaa; 


440 

ferner  b.  bydlo  iWohnung*,  p.  bydio  ^Yieh,  YermögenS  gegen  lit 
büklä  u.  8.  w.  (vgl.  Brugmann,  IF.  14,  S.  8).  So  haben  wir 
h.äidlo,  aksLÜ/o  ^Pfrieme'  zu  ääi  ynahen^  Ist  aiända,  in-aübulum, 
urspr.  ^aiüdhlO'f  *siüdhlä;  aksl.  bäo  ,Glocke'  zu  biti  ^chlagen^ 
bg.  büo  fialken^y  b.  bidlo  ,Stange';  akd.  gnio,  b.  hrcUo,  p.  gardh 
^ehle,  Gurgel',  lit.  gurMys;  kadäo,  b.  kadidlo  ^suffitus^;  krüo 
,FlügelS  b.  kricUo;  b.  mpdlo  ySeife^  aksl.  mylo  tcolol  nlwovttav 
zu  myti  ^waschen';  örttnilo  ^atramentum',  ab.  dmidlo;  aksl.  öt^mIo 
,Schöpfgefäß',  p.  ezerpadio;  akal.  ddäo  ,Seihe,  Duxx^schlag',  p. 
cedzidio;  aksl.  pravüo,  b.  pravidlo  ,RegeP;  solo,  b.  sidlo  ^adeps'; 
aksl.  süo,  osäo,  b.  osidlo  yStrick^  zur  W.  säi  ^binden';  b.  trdlo, 
trdlice  jBreche';  h.p(mdla  (PL)  ^Pflaumenmus'  sLp(hßdla  zu  jidlo 
yEssen,  Speise';  zruxdo  ^Spiegel',  b.  zrcadlo;  z^  ^Spitze,  Stachel', 
p.  zqdio. 

Hierher  auch  p.  mruczydio  ,Brummbart'. 

Das  Suffix  'Üo-,  das  im  Slav.  nicht  vorkommt,  ist  im  lit  und 
Lett  als  Jda-  (vgl.  ärldas);  preuß.  sper-tia  ,ZehbaJlen'  zu  lit  spiriü 
,ich  stoße  mit  dem  Fuße'. 

Suffix  'HlO'.  Es  setzt  ein  iilO'  oder  wohl  besser  ^/Zo-  voraus. 
Miklosich  hat  tiz  angesetzt  (S.  175),  allein  es  müßte  das  t  in 
der  bekannten  Gruppe  der  slav.  Sprachen  schwinden:  aksl.  di^z 
,picus',  Mikl.  d^z  (Etym.  Wtb.  S.  41);  pStüz  und  pitdim  ,Hahn'; 
vüth  jmachina'  (, Winde');  p.  p^  Gen.  p^la  ,Schlinge'. 

Suffix  'tO'.  Schon  ursprachlich  diente  es  zur  Bildung  von 
Part,  an  die  sich  die  Bedeutung  der  Vollendung,  des  Zustandes 
knüpfte,  so  daß  sie  dann  vor  allem  als  Part  Per£  pass.  (vgl. 
lat  ab'di'ttis,  gr.  d^e-Tog)  fungierten.  Aber  schon  aus  der  Ur- 
sprache haben  sich  auch  einige  Adj.  erhalten,  die  nicht  als  alte 
Part,  aufgefaßt  werden  können.  Sie  können  älter  sein  als  das 
Part  Weiter  bildete  es  Ordnungszahlwörter.  Schließlich 
kommt  das  SufiSx  auch  in  Subst  vor,  die  zunächst  mit  dem 
Part,  in  Verbindung  stehen. 

Als  Partizipialsuf fix  kommt  es  im  Slav.  bei  wurzelhaften 
Verben  auf  n,  m  vor:  j^  ,genommen'  zu  j^i,  imq  ,nehmen',  lit 
imtctö  ,genommen'  zu  imü,  imti  ,nehmen';  p^  ,gespannf  zu  p^i, 
ptnq  mannen';  kl^  zu  kl^i,  kltnq  ,fluchen';  z^  ,gehauen,  ge- 
mäht' zu  z^i,  zbnjq  ,schneiden,  mähen',  lit  gifUas  »gejagt,  ge- 
trieben' (vom  Vieh  gebraucht),  ai.  hchtds  ,geschlageu',  gr.  qpa-TO^ 
,getötet',   vgl.  eTveqn^ePj   W.  gahen  ,8chlagen'.    Aber  neben  dtftb 


441 

auch  dhmenb,  vgl.  auch  r.  nadmennyj  aufgeblasen,  anmafiend^  zu 
d<^%,  d^mq  yblasen,  blähen',  lit  diinUi  ,trachten^ 

Auch  bei  Wurzeln  auf  r:  prthstrttb  ^ausgestreckte,  gr.  OTQuruogy 
lat  strOtus,  ai.  str-tä  zu  W.  ster  in  pro-gtriti  ^ausbreiten';  pozrttb 
seltener  etrem  zu  zriti  ^opfern';  ebenso  trUh  neben  ihrem  zu  triti 
^reiben*. 

Sonst  haben  sich  bei  kons,  auslautenden  Wurzeln  nur  noch 
spärliche  Überbleibsel  erhalten  und  selbst  diese  werden  schon 
mehr  als  Adj.  aufgefaßt:  ot^vrhs^  ,geö&et,  offen'  zu  -vristi,  -vmq; 
izvisth  ,bekannf  zu  viditi,  vemt;  uv^gtb  ,bekränzt^  zu  uv^i, 
uv^mqti  ,krönen'  {v^zati  ^binden');  ähst^  ^gegangen'  zu  ibd-  er- 
halten in  pri-ähsthje  ^Ankunff  und  dgl. 

Bei  Yok.  auslautenden  Wurzeln  kommt  es  vereinzelt  nach  -i 
und  i  vor:  vih  ,gewunden'  zu  vüi;  na-sitb  ^besäf  (ygl.  lat  satus) 
zu  siti;  pii;b  ,gesungen'  zu  pUi,  pojq;  HU  ,genährf ,  lit  aiütaa, 
lat  8ü4u8,  aber  auch  ihvem  zu  HU. 

Im  lit  ist  es  dagegen  bei  Verben  aller  derartigen  Kategorien 
möglich;  es  kommt  selbst  auch  btUa  neutr.  ^gewesen'  vor,  ai.  bhiää 
^geworden'. 

Mit  den  negierten  Partizipien  wie  ai.  amartas,  arnftas^  gr. 
afißfOTog  ^unsterblich',  lat  invictus  ,imbesiegbar',  infiedus  ,untun- 
lich'  Ygl.  b.  fiedobyt^  ,unbezwingbar';  aksl.  nezüb  ,morbus  qoidam', 
b.  nezü  ,Abszefi'  ist  schon  substantivisch. 

Adj.:  ^isi^  ,rein',  lit  sky8t(M  ,dtinnflüssig',  dial.  auch  ,rein, 
klar'  von  Flüssigkeiten  und  skdistas  ,hell  strahlend',  dem  ein 
*ei8tb,  enthalten  in  cestäi,  entspricht,  zu  W.  sqeid  (Doublette  zu 
gheid  EZ.  37,  S.  319),  lit  skedHu  ,trenne,  scheide,  verdünne'; 
<5^  ,dichf ,  im  lit.  noch  das  Part  Mmsztas  ,ge8topfl^  zu  hemszü 
,8topfe';  gqstb  ,densus';  istb  ,gewiß,  wahrhaft^;  Ijutb  ,saevu8';  9v^ 
,heilig',  preuB.  stoints,  lit  azveMaSj  got  hund  ,Opfer';  Üzstb  ,pin- 
guis'.  Auf  ^vistb  beruht  odi-vüttm  ,manifestus' ,  vgl.  preuß. 
ackyiüütu  ,öffentlich';  zestz  (zesiokb)  ,harf ;  Slbtz  ,gelb',  lit  g^tas. 
In  dä^  ,Eind'  liegt  vielleicht  auch  ein  Part,  *det^  ,ge6äugt^  vor, 
also  das  ,Gesäugte'. 

Bei  den  Ordinalia  finden  wir  neben  nto-  (S.  429)  auch  4o-; 
öetvrhth  ,der  vierte',  lit  keMfias,  ahd.  fiar-do,  lat  quartus,  gr. 
vita^ogj  thQOvog;  p^  ,der  fünfte',  lit  pefiktas,  ahd.  fimfto, 
Ttiiiftxog;  äestb  ,der  sechste',  lit  szSsztaa,  gr.  t%%og;  dev^tz,  de9^ 
,der  9.,  10.'.    In  tretbj  ist  das  Suffix  -to-  (gr.  vgltog)  durch  -iioa 


442 

erweitert,  im  lit  durch  'io-:  tr&cziaa  aus  tret-ias;  vgl.  lat  tertius, 

Vielfach  warden  dann  in  den  einzelnen  Sprachen  nach  Art  der  Part, 
auch  Adj.  auf  -to-  direkt  von  Subst.  (oder  Adj.)  abgeleitet.  Sie  hatten 
die  Bedeutung  ^versehen  mit,  gemacht  zu',  z.  B.  ai.  ankurUd  ,mit  jungen 
Schossen  versehen*  zu  ankura  Junger  SchoßS  aksl.  hradatz»  ,bärtig*  zu 
hrada  ,Bart'  (Brugmann,  Grundr.  U,  1,  S.  211). 

Subst:  jpodh-j^  ^Änfassung,  Unterstützung',  Part,  j^  zu 
jff,%  ,nehmen';  lis^  jBlatt',  vielleicht  aus  ^leiskto-  (wie  testo  aus 
^tesMo),  lit  laiszkas  ,Blatf ;  prtsth  ^Finger*,  lit  pifsztas,  zu  ai. 
spr^tds  ,berührf ;  mlatb  ,Hammer'  aus  "^moüo-,  vielleicht  verwandt 
mit  1nl^nii  fihiz^;  mostb  ,Brücke'  (zu  metq,  mesti  ^werfen');  ^9^0- 
8tai^  ,Feind',  W.  sta,  vgl  gr.  OTorog,  lat  Status  ^stehend';  trqih 
,DrohneS  lit  tranas,  ahd.  treno  ,Drohne*;  otb-vitb  »Antwort*,  vgl. 
preuB.  waitiot  ,reden^ 

Neutra:  jasto  ,Speise'  zu  jamh^  jasti  ,e8sen',  lit  isus,  ahd. 
OS  n.  ,Aa8',  lit  noch  su-estas  ,aufgefressen';  dlato  ,scalprum'  aus 
*delbto;  Uto  ,Sommer'  urspr.  ,Begenzeif  vgl.  lit  lettiSj  lytüs 
,Begen';  misto  ,Ort*  vgl.  let  mUu,  mist  ,habitare';  pqto  ,FesseP 
vgl.  jp^9, gespannt;  sUo  ,Sieb',  ht  äitas,  sijöti  ,siebenS  sisA.s^aU; 
sb'VÜo  ,Leinwand*  vgl.  vit^  zu  ffüi  ,winden';  svto  ,hunderf ;  tisto 
,Teig'  aus  *teskto  zu  tisk-  ,drücken',  also  das  ,6edrückte,  Geknetete^ 
vgl.  yTeig'  und  got  deigan  ,kneten';  es  gehört  also  nicht  zu  hib. 
tais  ,massaS  wie  Rozwadowski  meint  (Bozprawy,  wydz.  fil. 
Ser.  n,  t  X);  vrata  PI.  aus  vorta  ,Tor^  zu  vreti,  lit  1?^»  »schließen'; 
zlato  ,GoldS  let  filts,  got  gulp,  W.  §hd  ,gelblich,  glänzen'  vgl. 
zdem;  zito  ,Frucht,  Getreide',  preuß.  geüs,  Akk.  gei-tan  ,Brof, 
W.  gei  ,leben,  aufleben'. 

Es  fällt  auf,  das  das  Subst  hier  nicht  selten  die  o-Stufe  im 
Gegensatze  zum  Part  aufweist 

Fem.:  krasta  ,Krätze'  vgl.  lit  karsztas  ,gekämmt,  gestriegelt*; 
p^  ,Fer8e';  vrbsta  ^Lage,  Stadium,  Alter',  lit  vafstas  ,P9ug- 
gewende',  ai.  vfUdm  n. 

Sekundäres  Suffix  -ta  (-ota).  Wie  das  primäre  Suffix 
'ta  zunächst  Abstrakta  bildet,  vgl.  oben  vrhsta,  so  auch  das 
sekundäre,  das  an  Subst  und  Adj.  angehängt  wird.  Die  o-St 
haben  vor  dem  -ta  im  Slav.  ein  0,  sonst  auch  e  z.  B.  ahd.  fuUi-da 
gegen  aksl.  plhno-ta  ,Fülle';  dhgo-ta  ,Länge'  zu  dhg^  ,lang'  (vgl. 
ai.  dirghchta-  zu  dirghds);  örhnoia  ,Schwärze'  zu  dnm  ,schwarz^ 
(vgl.  ai.  kr^a-ta  zu  kfind-s);  gluchota  ,Taubheif  zu  gluckb  ,taub'; 


44a 

niiteia  ^Ajinut^  zu  niHh  yOnn';  risttnata  ^Wahrheit'  zu  r^stm 
,wahr'. 

Von  Subst:  rabota  ^Dienst,  Knechtschaft'  zu  roh  ^Diener, 
Knecht';  mrakota  ^Finsternis'  zu  mrakb  , Wolke';  sramota  ,Scham' 
zu  sratm  ,Scham',  aber  auch  skvrtnota  ^sordes',  also  mit  o,  zu 
skvfhna. 

Es  sind  aber  doch  auch  einige  primäre  Bildungen  vorhanden: 
*hlbvota,  r.  hlevcta  ^yomitus';  ^chrakota  in  chrakotina  ^pituita'; 
drimata  ^ictatio'.  Man  könnte  hier  also  eigentlich  von  einem 
Suffix  ^a  sprechen.  Nur  Ueveta  ,calumnia^  hat  e;  lakcia  ^mes'; 
mrhzota  ^giditas';  Skripota  yStridor'. 

Aach  hier  werden  Abstrakta  za  Xonkreten  (zu  Fersonennamen): 
junota  m.  ^JünglingS  urspr.  ,Jugend'  von  Jum  Jang*  vgl.  gr.  vsaviae; 
sirota  f.  »Waise*,  urspr.  jYerwaisang*  von  «tro  »verwaist* ;  p.  golota  »Armut* 
und  »armer  Wicht*.  Wie  man  sieht,  kommt  mitunter  neben  der  konkreten 
noch  die  abstrakte  Bedeutung  vor»  vgl.  noch  b.  samota  »Einsamkeit*  und 
»Einöde»  einzelstehendes  Hans*.  Starosta  der  »Alte*  ist  dagegen  von  tta^ 
ro&U  »Alter*  nach  junoia  gebildet.  Eine  abstrakte  Bedeutung  lag  viel- 
leicht urspr.  auch  bei  k^ta  »hamus*  vor»  zu  k^  »krumm*.  Vgl.  noch  s. 
IJtpdio  »pulchritudo'»  dagegen  Ijepoia  »nomen  bovi  indi  solitnm*.  Wie 
Ifepdta  sind  alle  hierher  gehörigen  Abstrakta  im  S.  betont;  r.  dement- 
sprechend :  dolgoidy  Ifyotä,  piatotd  u.  s.  w. 

Auch  sehr  alte  nom.  propr.  finden  wir  hier:  Mladota,  Straehoia 
(irrtümlich  in  Mähren  auch  ab  und  zu  füi  Methode  als  ob  dieses  von  lat, 
fMtus  abgeleitet  wäre). 

Auch  im  Griech.  werden  diese  Abstr.  zu  Personennamen:  dri/i6-T^g 
»Volksgenosse*  von  d^fAoc> 

Kollektive  Bedeutung  bekommt  unser  Suffix  insbesondere 
im  EUr.  häufig:  bidota  ^Proletariaf,  üimota  ^Deutsche';  pichota 
,FußvolkS  als  pichota  auch  im  B^  P.,  B. 

Im  SloY.  und  S.-kr.  ist  *tja  an  die  Stelle  von  -ta  in  unserem 
Suffix  getreten,  was  beim  Suffix  -tjo-  zur  Sprache  kommen  wird. 

Im  Lit.  ist  -tä  selten:  monka-ia  von  »9€ikat  »gesund*;  man  vermutet 
auch»  daB  es  nicht  echt  lit.  war»  sondern  aus  demSlav.  entlehnt  worden 
ist»  vgl.  nogatä  {nägatä)  »Nacktheit*»  von  p.  nagota;  »iraiä  »Waise*  vgl.  p. 
Bterota  (Brugmann»  Grundr.  U»  1»  S.  227).  Sonst  war  unser  Suffix  im 
Ar.,  Griech.  (hier  z.  B.  noch  d^e-n})  und  Germ,  vorhanden. 

Suffix  tajo'.  Es  entspricht  nicht  selten  dem  Suffix  ter 
(tör)  z.  B.  lat  araior,  slav.  rataj,  so  daß  der  Gedanke  nahe  liegt, 
es  sei  hier  ein  Überrest  der  alten  kons.  Dekl.  erhalten,  wobei  der 
Nom.  auf  -^ö(r)  maßgebend  gewesen  wäre  (im  Anschlüsse  an  die 
j(h8t).  Es  ist  aber  auch  das  lit  artößs,  das  sich  mit  dem  slav. 
rataj  deckt,  zu  berücksichtigen. 


444 

Andere  Beispiele:  shgl^dataj  ^explorator^;  chodataj  ^mediator^; 
logataj  fixploTsAcT^]  prosataj  TrQÖ^eifog;  poduchataj  ,auditor^;  pavo- 
dataj  ydux';  vozataj  ^uriga';  zvataj  ^praeco^ 

Suffix  'tijO'.  Es  geht  wohl  auf  -^lib-  zurück;  faUs  ein 
-tii(h  ursprünglich  war,  müßte  man  dann  von  'ttjo-  ausgehen.  Es 
sind  fast  ausschließlich  Adj.:  chodüij  z.  B.  ehodäija  sUa  ^vis 
eundi';  püij  ^potabilis',  negUrppiUj  ^tolerabilis'  im  Supr.  280,  1; 
zobatij  ,qui  comedi  potesf ;  s.  oratij  ^ackerbar',  jetzt  oradif  in 
einigen  slav.  Sprachen  wurde  nämlich  das  Suffix  zu  *tßjo^  i^^ßj^') 
umgewandelt  (vgl.  das  nächste  Suffix). 

Bezüglich  des  Subst  vitij,  Gen.  vUij^  vgl.  S.  404.  Hierher 
vielleicht  auch  r.  myteja  ^lotrix'. 

Suffix  -tjO'.  Zunächst  haben  wir  hier  in  einigen  slav. 
Sprachen  Verbaladjektiva,  in  denen  das  eben  erwähnte  Suffix 
tij(h  (thj(h)  wohl  unter  dem  Einflüsse  des  Part  Präs.  act  in  *tjijO', 
*4jhj<h  verwandelt  worden  ist  So  im  S.:  aus  dem  älteren  oratij 
wurde  ein  araSi  ^arabiUs';  ebenso  Sivadi  ,ad  suendum  aptus^; 
pasaöi  ,pascuus^ 

B.  biet,  z.  B.  bM  hodintf  ^Schlaguhr^;  kresact  kämen  ,Feuer- 
stein';  pici  nddoba  ^Trinkgeschirr';  visad  ^hängend,  Hänge-',  wo 
schon  ein  Suffix  ^-atjijo-,  ^-atjhjo-  vorliegt;  weiter  auch  ab.  bäüd, 
preöistud  ,rein';  %  eddüci  ,erwünscht^  dann  ,keiner^,  os.  bijacy 
neben  bijaty  zegir  ,Schlaguhr<;  visacj/  ^hängend';  volacy  neben 
volaty  ,gem  rufend',  voAactf  ,duftend'. 

Das  Suffix  4j(h  bildet  schon  im  ürslav.  aus  Adverbien  und 
Präp.  Adjektiva;  nebstbei  tritt  es  auch  auf  in  zahlreichen  Subst 

Adj.:  nütb  ,arm'  aus  ^niz-tjo-  (nm  ,deorsum'),  r.  nüHj,  s. 
nüt  ,arm'  (zunächst  *ni8tj(h);  obhitb  ,communis'  von  obh  ,circum'; 
*dofnaätb  in  domaMbm  ,Hau8-';  ebenso  kromiHbWh  i^(üre(fog;  vgl. 
lit  p&czoB  ,zu  Fuß'  aus  *pMios  zu  pidä  ,Fuß-stapfe'. 

Mask.:  ovoitb  ,fiiictu8'  ist  unsicher. 

Neutra:  pluäta,  pljuHa  Plur.  ,Lunge'  (älter  wohl  ^plffUj- 
S.  378)  aus  fdeutjo-,  vgl.  gr.  nXev/ÄtaVy  dagegen  lit.  plaücziai  aus 
*plautiO'  zu  ple^  ,schwimmen'  (Berneker,  IE.  10,  S.  154). 

Fem.:  obuHa,  onuHa  ,calceus',  b.  onuce  ,Schuhfetzen';  hqita 
,tentorium,  tugurium',  s.  hu6a  ,Haus';  dobyöa  ,spolia'  slov.  und  r.; 
s.  neda6a  ,malufl  eventus';  (xf/eda  ,ve8tis'. 

Im  Serb.  und  Sloven.  ist  das  Suffix  tja  vielfach  an  die 
Stelle  von  ta  in  ata  getreten:  s.  bistroSa  ^üx^pitudo';  bje9no6a 
^furoi';  bljedoöa  jpallor';  öistoöa  neben  disMa  ^B/einii6bküif;  selbst 


446 

aach  stracho6a  neben  strachota  ^Schrecknis';  slov.  vdikoöa  ^ag- 
nitado';  lepoiia  (Freis.  Denkm.);  nagoda  ^uditas';  suhoda  ^ditas'; 
distoöa  ypuritas^ 

Dagegen  liegt  in  aksl.  radoüa,  PL  radoit^  ,laetitia*  und  rbwnoilq 
jcontentio'  kein  Suffix  *yä  vor,  sondern  an  das  Snffiz  '■osh  ist  in  späterer 
Zeit  noch  das  a  der  a-8tftmme  angefögt  worden;  vgl.  auch  r.  pakoiea, 
Unoiea, 

Suffix  'tunO'.  Ist  nur  durch  einige  Subst.  vertreten: 
pMum  (pistum)  ,paedagogu8'  aus  *pä-tuno-  zu  pitati,  päiti  ^nu- 
trire';  r.  pitum,  pitum  ,gallus'  zu  peti  ^ngen';  weißr.  bitun 
yBaufer'  zu  hüi  ,schlagen^ 

Suffix  'tuchO'.  Auch  dieses  Suffix  ist  nicht  stark  ver- 
treten: r.  petuchb  ,Hahn';  pituckb  ^Säufer^  zu  püi  ,trinken';  p. 
ämAtuch  ^SaukerP  zu  äwinia  ^Schwein,  Sau^  In  pa8tuch^  liegt 
ein  Suffix  uch(h  vor  vgl.  ^pasttfrjo-,  pastyH. 

Suffix  'tyrjo:  Scheint  fremd  zu  sein:  ptistyft  ,Hirf  aus 
pcistör  (wohl  rem.  Ursprungs),  also  -tör;  monastyrt,  gr.  f^ovaatiJQiov; 
psaUyft,  tpaXnjQiov  (zijq  lies  als  Hr);  darnach  auch  plastyrt  e/u- 
TtXaaxQOv;  r.  hogatyrt  urspr.  Anführer  einer  Heeresabteilung  bei 
den  Tartaren,  dann  ,Held',  mong.  bagatur,  batur,  magy.  bdtor 
,tapfer^. 

Suffix  'tvo-.  Es  geht  auf  4^0  zurück,  das  mitunter  mit 
tuuo  abwechselte.  Allem  Anscheine  nach  bildete  es  ursprünglich 
Adj.,  von  denen  das  Neutr.  und  Fem.  als  Abstraktum  verwendet 
werden  konnte;  darnach  entstanden  dann  auch  denominative 
Abstr.:  ai.  kdrtvas,  kdrtuvas  ,faciendus*  (Inf.  kdr-tu-m),  kdrtvam 
^Aufgabe*;  dSva-tväm  ,Göttlichkeit*  (zu  dSvds  ,GottO. 

So  haben  wir:  mrttvz  ,tot^,  lat  martiios  aus  *miiji08,  doch 
glaubt  man,  dafi  hier  das  uo-  von  lat  vivos,  slav.  zivz  eingedrungen 
sei  (s.  S.  408);  ai.  dagegen  mjids;  örtstvb  ,solidus^,  p.  czerstwy 
,hart*,  b.  derstüy  ,fri8ch',  got.  hardus,  ahd.  harti;  zeUttz  ,lugubris^ 

Mask.:  rybüvb  ,piscator^,  doch  kommt  auch  rybüvt  vor  (i- 
Stamm). 

Vielleicht  gehören  zu  diesem  Suffixe  die  im  Lit.  mit  -iuva  gebildeten 
Werkzeugnamen:  mintuvai  PL  .Werkzeug  zum  Flachsbrechen*  vgl.  minü 
linüs  «breche  Flachs*  und  b.  midUee. 

Neutra:  -itstvo  aus  *ibd-tvo  in  -dbstvbje,  prübstvbje  ,An- 
kunft';  slov.  setvo  ,Saat^,  r.  jtxtvo  ,reichlicher  Fisch&ng'  zu  aksl. 
imq,  j^ti;  jastvo  ,Speise*;  znüvo  ,Emte'. 

JFem.:  brüva  ,Basiermesser^  zu  briü  ,tondere';  ganitva  ,perse- 
cutioS-  gostüva  ,convivium*;  jastva  ,cibus';  Jd^va  ,exsecratio';  mo- 


446 

lüva  jGebet*;  pastva  jpascuum';  püva  ,convivium';  z^va  ^essis^; 
zrbtva  ysacrificium';  r.,  b.  u.  s.  w.  bitva  ySchlacbt'  zu  büi  ^cblagen'; 
got  vah'tvö  oder  vahtva  , Wache'  zu  vhkan  ,wachen*;  frija-fva 
^ebe';  b.  prdstva  ,KunkeP  u.  s.  w.  Einige  der  hier  angeführten 
Worte  können  auf  *ty,  Gen.  -hve  zurückgehen  (tZ-Stämme). 

Durch  Yerquiclcang  mit  dem  Suffix  -ba  in  borbba  ,pagna*:  cihba 
,8anatio'  n.  b.  w.  entstand  aus  tva  ein  -hba,  tba :  $&bba  neben  sUva  ,6atio' 
•u.  8.  w.  (siehe  bei  ba), 

Suffix  'tstvo.  Es  ist  wohl  als  eine  Yerquickung  des  adj. 
Suffixes  -i>skO'  mit  dem  subst.  ivo  anzusehen  und  bildet  Ab- 
strakta  zunächst  aus  Adj., -dann  auch  aus  Subst  Aus  dätskb 
entstand  *deif>s{k)tvo,  woraus  dätstvo  ,infantia',  sowie  teato  jTeig* 
aus  tis(Jc)to;  ebenso  aus  cesartsJcz  ein  cäsarhstvo  ^gnum';  aus 
Ijudtskb  ein  Ijudhstvo  ,populus';  aus  hoztskb  ein  bozbstvo  ^Gottheit^; 
aus  aynovtfskb  ein  synovtstvo  ,filiatio^ 

Das  fertige  -ifStvo  konnte  dann  auch  sonst  verwendet  werden: 
daltstvo  ylonginquitas'  zu  daihm,  dcdekb  ,weif;  büMtvo,  bestvo 
yfiiga'  aus  *beghstvo,  dann  auch  bigstvo,  indem  das  g  von  begb 
neuerdings  eindrang;  rodhstvo  ,nativitas',  schon  im  ürslav.  drang 
aber  aus  *rodjenhje  (aksl.  rozdemje)  und  ^rodjem  (aksl.  rozdem) 
das  dj  ein,  daher  *rodßstvo,  woraus  aksl.  rozdbstvo,  slov.  rojstvo, 
r.  dial.  ro2;^f70;  Vix,rizdv6  (vgl.  oben  S.  381)  entstand;  doch  könnte 
das  j  auch  der  Eefiex  des  %  in  rodüi  sein.  In  s.  bozanstvo, 
veliöanstvo  u.  s.  w.  liegt  wohl  das  adj.  Sufifix  ^no-  vor. 

An  'bstvo  wird  noch  -hje,  -ije  angefügt:  cesarbstvhß,  bahstvhje 
(vgl.  S.  404).  Im  Böhm,  bezeichnet  kniistvo  kollektivisch  ,die 
Priester^,  die  yPriesterschaft^  dagegen  ist  knezstvi  abstrakt:  das 
^riesteramt*. 

Suffix  -atO'.  Es  geht  auf  -ati-  zurück,  doch  ist  es  wahr- 
scheinlich, daß  ab  und  zu  auch  ein  öto-  vorliegt  Wir  haben  oben 
S.  442  erwähnt,  daß  mit  to-  nach  dem  Muster  der  Part  auch 
Adj.  von  Subst.  oder  Adj.  gebildet  werden  mit  der  Bedeutung 
,versehen  mit',  ,gemacht  zu'  z.B.  ai. ankurüd  ,mit  jungen  Schossen 
versehen'  zu  ankura  ,junger  Schoß',  gr.  dvaavwrog  ,mit  Troddeln 
versehen'  zu  d^vaavog  ,Troddel'  {ö-tos  nach  a-tos);  lat  cordätus 
zu  cor;  barbätus  zu  barba;  aksl.  bradatb  ,bärtig'  zu  brada  ,Barf , 
ebenso  zenatz  ,beweibf  zu  zena,  got  un-qSnißs  ,unbeweibf . 

Aus  derartigen  Bildungen  würde  ein  Suffix  -cUo»  abstrahiert 
Es  bezeichnet  auch  im  Slav.  ,versehen  mit  etwas'  und  zwar  häufig 
im  hohen  Grade  oder  abnormalem  Maße. 


447 

Wie  man  schon  einzelsprachlich  nach  -ätus  auch  öius  (bei  den  o- 
St&mmen),  ito$,  tUos  bildete  (vgl.  gr.  ^aavatog,  lat.  aegrötus,  lit.  ragü'iat 
und  aksl.  rogtU^  ,gehörntOi  bo  mag  im  Slav.  ao  manches  aio-  auf  ein  Uo- 
zarückgehen  und  zwar  insbesondere  bei  den  o-Stämmen. 

So  haben  wir:  bogath  ^dives';  gclenath  ,magna  crura  habens'; 
grbbath  ^gibbosufi';  hoamaU  ^villosas';  krüatb  flatus';  mqzaUi  ,inari- 
tata';  sc^catz  ^surculis  plenus';  rogaiz  ,coniutus';  vlasatb  yCrLnitas*. 

Weiter  krüwiath  ^atus'  zu  kriltm;  lidvhnatb  ^i^ndosus'  zu 
listvhm;  pertnatz  ,plumatus'  zu  pertm.  Daraus  wurde  -natb  ab- 
strahiert: sloY.  zvezdnat  ^tellatus^;  hrvnat  ,blutreich^;  oUnmat 
,plumbeu8';  popdnat  ,cinereu8';  smolnat  ^piceus^;  s.  vUunat  ,pillo- 
sus';  krovnat  ,tectus  Stramine';  trsnat  ^bustus';  b.  drevnaiy 
yholzig';  hvezdnaty  ^stemreich';  lesnaty  ^waldreich';  srdnaty  ,stand- 
haft*. 

Bei  u-Stämmen  erhalten  wir  ovatz:  h.  vrchovaty  z.  B.  vrcho- 
vatä  mira  ,gehäufte8  Maß';  r.  medovatyj  ^onigartig*;  p.  dohwaty 
,voll  Gruben*;  b.  jedovaiy  ,giftig*.  Von  da  aus  wurde  ein  Suffix 
•ovatb  abstrahiert:  neben  8qkatö  auch  aqkovatb,  b.  sukovatj;  trmo- 
vath  ^inosus'  zu  trhm;  vinovatb  ,reus*  zu  vina  ^Schuld';  zverovatb 
ybelluinus'  zu  zven. 

Von  Adj.  (mitunter  deminuierend):  belovatb  ^baUbus^;  krqgUh 
vath  ,rotundus^ 

Aus  pishcbm  vgl.  b.  pisechaty  «sandig*,  paHuhm  zu  patiuehb  ,equus 
admissarius'  drangt  das  c^  bez.  i  ein  in  ph^catz  ^arenosusS  pastuiat^  ,coi- 
tnm  appeten8^ 

R  noch  hrjuchatyj  yventriosus*,  zubatyj,  bShvatyj  ^weißhch'; 
bystrovatyj  ,etwas  schnell';  gorhkovatyj  ,etwas  bitter';  sladkovatyj 
,süßUch';  dagegen  gvozdovatyj  ,clayo  similis';  vüovatyj  ^furcae 
similis';  b.  hlinovaty  ^ehmig';  mechovaty  ^moosig^;  popdat^  ^asch- 
grau'; dagegen:  drevnat^  ^holzig';  dlouhaty  ^ängUch';  hamaty  ^e- 
bii^g';  lesnaty , waldig';  lezati  pivo  Jiagerbiei';  stojatd  voda  ^stehen- 
des  Wasser*;  nestydaty  ,unverschämf ;  diese  Bildungen  schUessen 
sich  an  verbale  Stämme  an,  vgl.  p.  müczaty  schweigsam'. 

Im  Lit.  auf  e-to<  und  d-to«:  $kyUtaB  Jöcherig*  von  ikyte  J/)ch'; 
kainSltai  »bergig,  voller  Berge*  zu  kdlnat  ,Berg*;  ragü'ta$  aksl.  rogai^ 
,comutus'. 

Suffix  -asto:  Es  ist  möglich,  dafi  hier  eine  Verquickung 
des  Suffixes  -aso-  z.  B.  in  b.,  slovak.  bUasy,  ebenso  klr.  büasyj, 
p.  biaiasy  ^weißlich'  mit  dem  vorhergehenden  (vgl.  belavah  subal- 
bus)  vorUegt  Das  neue  Suffix  -(ufo-  ist  namentUch  im  Slov.  und 
Serbokr.  beliebt,  kommt  aber  sonst  auch  vor:  b.  bHasty  ,wei£lich'y 


448 

bg.  bdjast;  ksl.  duplinastb  ^cavusS  bIoy.  dupelnast;  krqgnavast 
^tandus';  Aoy.  apnast  neben  apnat  ,kalkig';  bradast  neben  hradat 
ybärtig^;  brdast  neben  brdat  ^ontuosus';  gorast  neben  gorat 
ybergig*  u.  s.  w.;  travnast  ^^erbeus^,  hdkast  ,weißlich^  zu  beJM; 
von  Adjekt.  letzterer  Art  wurde  dann  ein  Sufifix  -kagt  gebildet: 
hUdkastj  drnkast  u.  s.  w. 

Die  funktionelle  Verwandtschaft  mit  avo-,  javo-  und  lavo-, 
Ijavo-;  ivo-,  livo-  und  Ijivo-  (vgl.  S.411)  brachte  es  mit  sich,  daß 
auch  hier  die  Erweichung  eindrang:  mit  jasto-.  So  im  Bg.  durch- 
wegs: abraäjast  ^mmersprossig^;  kradjast  ,weit  ausschreitend^  zu 
krak;  srböjast  ^utig*:  srhce;  vhnjast  ,wollig*:  vhna;  bdjast 
jweißlich'. 

Im  S.-kr.  -ad:  golubast  ^taubenfarbig^:  golvb;  drvenast  ^g- 
neus';  okruglast  endlich';  vcdjkovast  ^cylindratus^.  Auch  hier 
das  oben  erwähnte  -kost:  modrikast  ^ubUvidus^;  plavetnikizst  ^ub- 
caeruleus';  zdenkast  ,subyiridis';  rumenkast  ^ubrubei';  crvenkast 
jSubruber^;  cmjkast  ^subniger'.  Selten  ist  hier  -jast:  pepdjast 
yaschenfärbig'  (ebenso  auch  pepdjav  ,mit  Asche  bestreut);  russ. 
borodastf/j,  golovastyj,  grudastyj,  norastyj,  usastyj  ,mit  großem 
Knebelbart',  dagegen  usätgj  ,mit  Enebelbart';  legastyj  ,faul'  dial. 

Auch  im  Poln.  liegt  das  SufQx  jast  vor:  bcdwaniasty  ,aus 
großen  Klumpen  bestehend^;  d^fnasty  ^eichenartig^;  g^jbic^y  und 
g^iaty  jgroßmäulig';  ghwiasty  und  ghwaty  ,capitatus';  graniasty 
und  graniaty  ^eckig*;  skrzydlasty,  tcidlasty,  zylasiy. 

Suffix  'ito-.  Bis  auf  yereinzelte  Fälle  bildet  es  Adj.  der- 
selben Bedeutung  wie  das  -ato-.  Mitunter  kommen  beide  Suffixe 
im  selben  Worte  vor,  z.  B.  ksl.  drMt^  neben  ärevatb  ^großbäuchig^. 
Auch  hier  wird  man  zunächst  von  Fällen  ausgehen,  in  denen  ein 
%  im  Thema  vorlag.  Es  handelt  sich  da  zunächst  um  die  »-St.: 
nach  zena-tz  u.  s.  w.  wurde  gebildet  z.  B.  aksl.  srhdirtb  ,iratus' 
(sndtce  setzt  einen  neutralen  t-St.  voraus);  oöi-th  ,manifestus',  s. 
nchoöit  ,aspectu  pulcher^;  vgl.  lat  aurUus  zu  auris,  darnach  dann 
pcUrlti^  zu  pater. 

Außerdem  waren  hier  Bildungen  von  Yerbis  der  IV.  Klasse 
maßgebend,  wie  b.  za-vality  ,unter8etzt^;  slozüy  dass.  dann  ,kom- 
pliziert^;  vlaöii^  ,zäh';  aksl.  mastitb  ,pinguis';  b.  svetäy  z.  B. 
svetitä  pravda  ,einleuchtende  Wahrheit;  smazüy  ,was  man  im 
Schmalze  bäckt^;  darnach  auch  nd-lezüy  jgehörig';  bezU^  ,beweg- 
lich';  peöity  ,was  man  bäckt';  srostü^  ,concretus';  tazüy  z.  B. 
t(izitd  pec  ,Zugofen'  und  and.    Auch  bei  -oto-  kommen  derartige 


449 

Bildungen  vor,  wie  b.  lezat^  zu  lezati  (leeeii);  p.  müczaty  u.  and.» 
ebenso  s.  domüljat  ,plenii8  congilii';  umüjat  ^blandus^ 

Das  so  abstrahierte  üo-  griff  dann  um  sich.  Wir  finden  es 
insbesondere  bei  den  kons.  9i-St.:  hezimenüh  ^nomine  carens'; 
imenüb  ,clarus';  plemenüb  ^obilis';  slov.  grebenit  ^scopulosus^; 
kamenit  ^apideus';  s.  bremenü  ^hwanger';  vremenü  ^provectae 
aetatis';  plamenü  ^flammend';  h.pramenü^  yquelienreich,  Quellen-'; 
p.  obßy  ^ichlich'  aus  opwity  und  dieses  aus  ap.  ophoüy  zapluti, 
pljfti  ^fließen,  schwimmen',  also  so  viel  als  opij/tcajqcy  ^bundansS 
dafür  auch  okwüy. 

Bei  11-Stämmen  erscheint  otUh,  das  dann  verallgemeinert 
vnirde,  so  insbesondere  im  S.-kr.  und  Slov.;  aksl.  domovüb;  p. 
wohwtty  neben  wolowaty  ^ochsenhaft,  träge';  r.  ledomtyj  ,glacialis'; 
2kA.jadavitb  ^virulentus'  {h,jedataty);  so  auch  dann  aksl.  brigavUb 
^mpervius'y  eig.  ^montuosus';  plodopith  ^ecundus';  reshnotith  ,verus'; 
8an(mth  ^dignitate  praeditns';  studotith  ,pudoris';  slov.  glasovit 
^tamosus';  ^orovi^  «montuosus' ;  ognjevit  ^gne\isf\  p^ort^, ausgiebig'; 
strahovü  ^terribilis';  s.bikovU  z.B.  vo  bikovü  ,bo8taurus';  blatovit, 
brdavü,  bregovit,  valovU  ,undosus';  tjekovit  ^aetemus';  glasovit, 
zmajevä  ,draconis  vim  habens';  mrazovü,  tmiglovit  u.  s.  w.;  b. 
bykovity  ^tierähnlich';  A^oft^j/ ^hungrig';  vejdity,  t^ejcovüy  fiiäm-' 
lieh';  p.  chartowity,  chorawüy  ^kiünklich';  slabowHy  ^schwächlich'; 
r.  krasovüyj  ^chön';  plodovUyj  fruchtbar'. 

Vereinzelt  kommen  auch  Subst.  vor:  BkA^podobitb  Imitator'; 
r.  dzlibih  ,debitor'  (alt,  *dhzhba);  korchmüz  ,caupo'  (alt);  najmitb 
^Mietling';  vrazbith,  vorozbitb,  voUkitb  ,magus',  dial. 

Suffix  istO'.  Es  verhält  sich  zu  i^o-  wie  ä»to-  zu  o^o-.  Auch 
hier  muß  das  8  von  einem  Thema  ausgegangen  sein.  So  haben 
wir  z.  B.  im  P.  oczywisty  ,manifestus',  wo  ein  *vid-tO'  angesetzt 
werden  muß;  darnach  vielleicht  auch  rzeczywisty  ^wirklich'.  Natür- 
lich kann  es  noch  andere  derartige  Bildungen  mit  berechtigtem 
«  gegeben  haben.  So  haben  wir:  grblistb  ,magnum  Collum  habens'; 
mravisU  ,formicis  refertus';  pleHüft^  ,amplos  humeros  habens'; 
redistz  ,verbo8U8';  bg.  gorist  ^waldig*;  kamenist  iSteinig*;  r.  golo- 
sistyj  ,von  lauter  Stimme*;  iglistyj  ^spitzig*;  jamistyj  ,voll Gruben'; 
lesistyj  ywaldig*;  mjasistyj  ,fleischig';  zelezistyj  ,eisenhältig';  p. 
barwisty  ,bunt';  drzeunsty  ,holzreich*;  grudzlsty  ,voll  Schollen'; 
delisty  ,beleibt'.  Mit  Verben  hängen  zusammen:  goisty  ^heilbar'; 
pieczysty  ,gebraten'  (vgl.  b.  peiVätj);  roziozysty  ,patulus'. 

Vondr&k,  Vgl.  aUr.  Gramm.   1.  29 


450 

Eine  Suffixyerquickang  aus  isto-  und  ivo-  liegt  vor  in  b. 
phdistv^  ^fruchtbar'. 

Substantivisch  ist  b.  Jumslista  yGeigenspieler';  varhanista 
^Orgelspieler^;  p.  b^>enista  u.  s.  w.,  es  liegt  hier  aber  ein  fremdes 
SufiBx  vor,  vgl.  b.  idecdista,  deutsch  Jdealist^  und  so  noch  zahl- 
reiche andere  Bildungen. 

Suffix  atjO'.  Es  kommt  nur  im  Serbokr.  vor:  gluhaS  ^omo 
surdus';  goUiö  ,miles  ultroneus'  zu  aksl.  goh  ,nackt^;  puhaS  neben 
puh  ,Bilchmaus,  glis^  Indem  a6  wahrscheinlich  an  -da  angefügt 
wurde,  entstand  -dflk5  in  crvendaS  ,Botkehlchen^  zu  crven  ,rot^; 
smdaS  ,B«hbock'  zu  sma  ,Beh';  analog  auch  zdembaS  (zdenbad) 
,griine  Eidechse^  zu  zelen  ,grün'. 

Suffix  'Oto-,  -etO'.  Sie  bilden  Subst  meist  von  Wurzeln, 
die  einen  Schall  bezeichnen.  Der  dem  t  vorhergehende  Yokal  ist 
meist  beeinflußt  von  dem  Wurzelvokal,  so  daß  man  es  hier  mit 
einer  Art  Yokalharmonie  zu  tun  hat:  aksl.  klopotb  ,8trepitus',  s., 
slov.  hier  klepet  neben  Uopot  ,crepitus';  aksl.  trepetb  ,tremor',  -so 
auch  bg.,  slov.,  s.,  r.;  slov.  hiebet  ,balare';  aksl.  grochotb  ,lautes 
Lachen^  so  auch  slov.,  s.,  r.;  r.  chochotb,  slov.  hohot  ^autes  Lachen'; 
aksl.  klokotb  ,8caturigo',  so  auch  s.,  r.,  b.;  kokotb  ,gallus',  so  auch 
slov.,  s.;  aksL  trctakotd  ,herbae  genusS  auch  s.  ,polygonum  avicu- 
lare';  slov.  äumot  ,8onitu8',  so  auch  b.;  eivotb  ,vita,  animal',  auch 
bg.,  s.  u.  s.  w.  Hier  ist  das  -oto-  schon  ursprachlich:  lit  gyvatä 
f.  ,Leben,  Lebensunterhalt*,  gr.  ßl-ovosy  ßiozri  ,Leben,  Lebens- 
unterhalt*. 

Auch  beim  Neutrum  wechselt  mitunter  der  Yokal:  teneto 
und  tonoto,  dameben  aber  auch  Umeto  ,Netz',  preufi.  iinclo,  lit 
Ünklas,  le.  tikls;  b.  Jdepeto  ^Krebsschere*;  reäeto  ,Sieb*. 

Das  für  das  Fem.  geltende  SufiBx  -oto  haben  wir  S.  442 
behandelt  Es  liegt  vor  z.  B.  in  Skripota  ,8tridor*,  welches  sich 
auch  hinsichtlich  der  Bedeutung  an  Worte  wie  klopotb,  grochotb 
u.  s.  w.  anschließt;  ebenso  r.  blevota  ,vomitus*  und  and. 

Suffix  'ZtO'.  Es  geht  auf -u^o-  zurück  und  bildet  Subst: 
aksl.  rzpUb  ,murmuratio*,  slov.  ropot,  r.  ropot,  vgl.  rzpbtati;  tbphtb 
,strepitus*,  slov.  topot  ,Getrampel*,  r.  topotb;  aksl.  *lapbtb,  s.  lapat, 
lapia  ,8tück,  Fleck",  r.  lapoit(\),  p.  lapeS,  Ut  lopas,  lopyti  ,flicken*y 
ahd.  lappa;  aksl.  itpbtb  ,Gelispel*,  r.  äepotb;  aksl.  strzp^  ,asperi- 
tas,  varietas*,  strzpztifm  ,asper*,  r.  stroptivz  ,wider8pen8tig*;  osU^ 
,genus  Spinae*,  r.  osotb  ,le  laiteron*,  p.  oeet  ,Distel*. 

Ln  Böhm,  ist  jetzt  -ot  verallgemeinert  hhnot  ,Lärm*,   ab. 


461 

noch  hhnä;  hleskot  ^Geblitze'  {ffletk  fi\i\sf)\  i€pof  ,GelispeP  il8.w. 
wobei  Worte  wie  zivot  mafigebend  waren.  Es  ist  da  auch  nicht 
immer  leicht  das  Ursprüngliche  zu  bestimmen. 

Suffix'  'ttO'.  Es  geht  auf  üo-  zurück  und  bildet  eben&lls 
Subst:  aksL  alartzUb  Stridor'  (auch  sknasiti),  vgl.  r.  skrezäatb 
^knirschen^;  tmdUh  ^nigma^  neben  tmöbia  ^imaginatio',  r.  meita 
, Vision*;  chrttbbtb  ,Rücken'  neben  chribbU,  r.  ehrd>€tb. 

Suffix  '^ii'  (-«Q.  Das  PreuB.  und  lit  würde  allerdings 
dafür  sprechen,  daß  wir  es  hier  mit  i-Stämmen  zu  tun  haben,  so 
daß  von  -utis  auszugehen  wäre:  aksl.  noffUt  yJ^ngemagel^  r. 
n6goU>,  nogtja,  preuß.  nagutis,  lit.  nägas  ^Klaue*;  vgl.  auch  lit 
trttkutis  ^rocken^  Von  dem  Fem.  wie  r.  sljakoit  ^^gen  mit 
Schnee';  *hophtt  r.  kopott  ,f einer  Ruß'  kann  es  ohne  weiters 
gelten.  Nicht  so  einfach  ist  es  bei  den  Mask.;  bei  einigen  haben 
sich  nämlich  Formen  auch  nach  der  kons.  Dekl.  erhalten,  so  daß 
es  auch  ursprünglich  kons.  St.,  die  in  die  DekL  der  t-St  geleitet 
wurden,  sein  konnten.  Hierher  gehört  noch:  krhckUt  ,maza'; 
laHtt  Ellenbogen,  Elle',  r.  lokotb,  loktja;  preuß.  alkunis  ,Ellen- 
bogen',  lit.  alküne,  preuß.  auch  tpocdtis  ,Elle'  aus  *woalkti8,  lit. 
"ä'lektia,  gr.  wUvri;  ar.  v^Uh  ,Büschel  Heu  oder  Stroh',  b.  viehet, 
p.  wiecheS  ,Strohwisch'. 

Suffix  'UtO'.  Das  u  könnte  auch  auf  den  Nasal  q  zurück- 
gehen (wenigstens  in  einigen  Fällen,  in  allen  nicht),  leider  sind 
Parallelen  aus  allen  slav.  Sprachen,  insbesondere  aus  dem  AksL 
nicht  vorhanden:  s.  gugttt  ,das  Girren',  dazu  gugutati  ,girren'; 
kolut  ,Scheibe'  zu  kolo;  ikrgut  ,Geknir8ch',  dazu  äkrgutcUi  ,knir- 
schen';  r.  zguh  ,strickartig  Gedrehtes';  laskutb  ,der  Lappen';  b. 
irout  ,Fre88er'  zu  zrdti,  zeru  ,fre8sen';  kohout  ,Hahn',  p.  kogut, 
klr.  kohut,  wohl  aus  *kokut;  bei  mohutnjj  ,mächtig',  davutny 
^Uustris',  vgl.  r.  slovutgj  würde  man  eher  an  ein  q  denken  (eine 
Partizipialbildung),  doch  haben  wir  im  P.  malutg  ,kleinwinzig', 
also  ein  juto-  wie  in  r.  Namen  Maljuta,  Müjuia  u.  s.  w. 

Fem.:  slov.  plavuta  ,Floßfeder',  peruta  ,Flügel'  (im  Osten 
perot  f.,  daher  ein  -qta);  slov.  koäuta  ,cerva';  r.  plakuta  iWeiner*; 
p.  boruta  , Waldgeist'.    Name:  Boguta,  b.  Bohuta. 

Suffix  -ytO'.  Vielleicht  ist  das  y  so  zu  erklären  wie  in 
Jcamgkz,  d.  h.  kamy-kb:  an  den  Nom.  auf  -y  (aus  -ön)  trat  -tih. 
Es  sind  nur  einige  Subst:  kopyto  ,Huf  zu  kopati  ,graben,  schla- 
Ifen';  kargto  ,ci8tema,  Trog*,  ^reu&,  pracartis  »Trog*,  lit  präkartas 


452 

,]Bjippe';  Fem.  b.  rokyta,  bIov.  raküa  ,6achw6ide'  aus  *ark';  r. 
wdokäa  ^e  galant,  coquet^. 

Saffix  itjO'.  Wahrscheinlich  liegen  zwei  Suffixe  vor:  zu- 
nächst^ 'ino-,  mit  welchem  Adj.  und  Subst  der  Zugehörigkeit  ge- 
bildet wurden;  insbesondere  bezeichnet  es  Volksangehörige:  evreim 
^Hebraeus'  (vgl.  S.  419).  Ursprünglich  also  *didim  ^ein  Ange- 
höriger des  didi^  (ygl.  didina  ,das  dem  ded^  gehörige,  das  Erbe^ 
u.  s.  w.).  Später  wurde  es  durch  tj(h  erweitert,  das  auch  etwa 
Zugehörigkeit  bezeichnen  konnte:  vgl.  domaäitm  zu  doma,  ai. 
amättfa  ^Hausgenosse^  zu  amä  ,daheim^;  apa4jfa  , Abkömmling'. 
So  entstand  aus  ^didintjos  im  ürslav.  ^didüjo-  ^Angehöriger, 
Abkömmling'  des  dedz,  später  ,Erbe'  des  ded^  (z.  B.  r.  dididb, 
hier  analog  auch  atdi^  ,Erbe  des  Vaters^;  vgl  b.  Slechtic  , Adeliger' 
zu  Slechta  ,Adel',  p.  szlachcic;  r.  mestid  ,urbis  incola';  radovidb 
,Stammgeno6se';  soddidb  ,Landsmann'.  Allerdings  ist  zu  beachten, 
daS  wir  lit  tftis  in  vükytis  ,das  Junge  des  Wolfs'  haben. 

In  vielen  Fällen  war  der  Angehörige  zugleich  der  Sohn  des* 
Betreffenden;  so  entstanden  zunächst  Patronymica  und  Metro- 
nymica,  woraus  sich  der  Begriff  des  Jungen  überhaupt  ent- 
wickelte. Ein  weiterer  Schritt  führte  zur  deminuierenden  Be- 
deuttmg  überhaupt:  aksl.  otroöiHt  ,puerulu8';  robiUt  ,servulus';  s. 
hreziS  m.  ,eine  junge  Birke'  zu  breza  ,Birke';  kamendid  zu  kamen 
oder  eig.  "^kamentcb;  slov.  drobiS  ,frustulum';  gradiö  ,arcula'. 

Zumeist  aber  bezeichnet  es  das  Junge  (und  zwar  im  Südslav. 
auch  von  Tieren),  den  Nachkommen  (oder  Angehörigen),  wobei 
zu  bemerken  ist,  daS  ab  und  zu  nicht  das  Subst,  sondern  das 
poss.  Adj.  auf  'OVb  zu  Grunde  gelegt  wurde,  was  natürlich  eine 
spätere,  wenn  auch  alte  Erscheinung  ist  So  haben  wir  r.  carevidb, 
cesarevich;  popoviihf^  rabynidh  ,filius  ancillae'  {rdbyhi,  rahynja), 
Ivanoviöb;  b.  hozic,  s.  hozU  ,filius  dei';  krdlevic;  p.  kmioUmö 
,Bauemsohn',  krölewic,  ojczyc,  ojcomc  ,filius  legitimus';  ksi^yc 
,Mond,  Monat',  r.  knjazydi  ,filiu8  principis';  s.  banoviS  ,bani  filius'; 
kraljiS,  krcUjeviS,  aber  auch  imdiö,  psiö,  pasiS  ,catulus';  brzi6, 
lakid  ,homo  velox';  dugobrcuißS  ,longam  barbam  habens';  gdiö 
,homo  nudus*;  slov.  bratiöi  ,con8obrini';  togrid  ,Hungarellus'; 
gospodiö,  gosponid,  detid  juvenis',  aksl.  detütt  von  *de^  wovon 
auch  det^;  prasid  ,porcellu8'  zu  aksl.  ^6»^;  ceaariö  ,fiUus  impera- 
toris';  deAr/id  ,puella';  drobniö  ,numulus';  mladiö,  mladeniö  ,pullu6'^ 
vgl.  aksl.  mladenütt,  mladütt;  hudiö  ,diabolu8'. 

Aus    dem    ksl.   noch    Iwiitt,    ItvovUtt,   Itfvi^tt    (zu  hvica) 


468 

,catalu8  leonis';  grdidUtt  ypullus  tuitaris';  weiter  gospodUütb 
neben  gospodütt. 

Daß  ein  -tito-  zu  Grunde  liegt,  glanbe  ich  ans  Bildungen  wie  r. 
hcjaricb^  hartem  ,filiu8  boiari*  sa  hojarinb,  harim,  weiter  ans  go$podi^,  aksl. 
goipodiiib  za  go$podinb  enchliefien  zn  m^asen^  denn  ea  heißt  nicht  etwa 
^hojariniSö  u.  8.  w.,  wie  wir  ea  aonat  erwarten  möchten.  Weiter  wird  es 
häufig  bei  Fem.  auf-a,  -iea  u.  b.  w,  gebraucht:  dk%\, golqfnciiib  zu  golqfnea, 
Iboiciitb;  ptiiiib  zu  *pUa;  Menitnüib  ,filiu8  pellicis*  zu  ienima,  s.  »ettrid 
u.  B.  w.  Nun  wird  gerade  bei  diesen  Worten  das  Suffix  -in»,  ina,  ino 
gebraucht. 

Das  Suffix  'im  bezeichnet,  wie  schon  erwähnt,  Volksange- 
hörige  im  Sg.:  evreim.  Analog  haben  wir  auch  hier  wieder  ar. 
Krimöi,  ab.  LpäomMci  ,die  Angehörigen,  Nachkommen  des 
Ljiäcmir;  davon  jetzt  die  Ortsnamen  Lüomirice,  Netdice.  Vgl. 
weiter  b.  Kozäkame  (Gren.  Fl.  von  Kozdkovici)  ,zur  Familie  Kotdk 
gehörig',  Kavärovic  ,zur  Familie  des  Kavdr  ,Schmied'  gehörig' 
u.  8.  w. 

Der  Einfluß  der  c-Suf fixe  macht  sich  mitunter  geltend  und  zwar 
insbesondere  in  jenen  Sprachen,  in  denen  tj  zu  <f  fflbrte. 

Statt  des  erwarteten  *ditih  aksl.  ditiH»  finden  wir  im  B.  dUiice, 
wo  sich  also  der  Einfiuß  des  Suffixes  i$ko,  iice  zeigt. 

Suffix  -avt.  Es  kommt  nur  im  Slov.  vor,  lautet  fast  wie  out  und 
ist  auf  das  d.  -wali  zurückzuftihren,  das  in  Kompositis  als  zweites  Glied 
vorkommt:  it, ribaldo  .BbsemchV,  fT%.ribaud  .lüTiTiexLXf  impudiqne'.  Auch 
im  Slov.,  wo  es  nomina  agentis  bildet,  hat  es  eine  peiorative  Bedeutung 
erlangt:  vekavi  , Weiner*;  HrUneavt  ,erro*  von  Hrlineaii  u.  andere  vgl.  bei 
Miklosich  S.  187. 

Suffix  -(2o-.  Hierher  vielleicht  si-dz  ,grau'  neben  s^-rb 
yglaucus';  dunkel  ist  garazdz  ,peritus';  gr.  vgl.  ofia&og  ,Oewühl, 
Menschenmenge^ 

Dunkel  ist  das  -dz  in  pre-dz,  za-dz,  po-dz,  na-dz. 

Neutra:  stado  yHerde',  vielleicht  entlehnt,  isl.  stöd  ,Gestüte' 
(IFA.  7,  162),  ahd.  stuata  ,Pferdeherde'. 

Fem.:  aksl.  shvrada,  skrada  (aus  ^skvarda),  neben  skavrada 
,8artago'.  Vielleicht  auch  jazda  aus  *jad-da  ,Fahrt',  b.  -hyzda 
in  ohyzda  ,Ekel*  vgl.  r.  dial.  gidkij  (oben  S.  278). 

In  volkstümlichen  Bildungen  beliebt:  %.glävürda  von  glavura 
beides  augmentativ  zu  glava  ,Kopf ;  ebenso  nozurda  zu  noga 
,6ein,  Fuß';  im  B.  Anda  zu  Anna;  Janda  zu  Jan,  Tanda  und 
Ton{k  zu  AnUm;  strejda  volkstttml.  für  stryc,  streje  ,Vetter'; 
OBpaUda  ,Schlafhaube^ 

Aus  Amda,  Janda  u.  s.  w.  wurde  ein  Sufifix  -nda  erschlossen: 


454 

vojanda  ySoldatendime^y  Kovanda  zu  hovati;  Klecanda  zu  kUcati; 
Molenda;  p.  eminda,  kmindak  ^Geizhals'  zu  kbm-  ^drücken'  (viel- 
leicht eigentlich  -nbäa). 

Suffix  'Oda,  -ada  {-jada).  waboda  ^bertas^  und  ^omo 
liber'y  vgl.  avoh  in  kal.  svobtstco  ^persona';  jagoda  ^^ere^,  lit  ü'ga 
yBeere';  loboda  neben  lAeda  ,Melde';  slov.  lagoda  ,petulantia',  b. 
lahoda  ,Leckerei';  ksl.  gramada,  b.  hromada  ^aufe';  r.  goljada 
jhomo  miser'  zu  goU  ^ackt'. 

Suffix  'ida.  Wohl  aus  -^da  in  heaida  ^Wort^  Rede',  ein 
-dunkles  Wort. 

Suffix  tda.  vrc^bda  ^nimicitia'  und  ^^liniicus'  zu  vragi; 
krivttda  ^njustitia'  zu  krwb;  pravtda  ^ustitia^ 

Suffix  endO'.  AksL  jagnqdz  ^populus  nigra^  s.  jagned, 
jagnjed  und  jagneda,  b.  jehnida,  slovak.  jehnid  Kätzchen  an 
Bäumend 

Neutrum:  gav^o  ,OchsS  vgl.  ai.  gäüf  ^Rind',  gr.  ßovg  aus 
*ß(avg. 

Suffix  -fi(2o-.  Slov.  mrivud,  mrtud  ,apoplexia';  metuda 
^Buttermilch,  Rührmilch';  p.  maruda  ganger  Mensch'. 

Adverbialsuffix  -da.  Bildet  Adverbia  auf  die  Frage 
wann?  Aserb.  kbda,  nserb.  kada  ,wann',  slov.  gda  ^quando',  b. 
kda,  hdy,  diaL  hda,  ai.:  kadd  ,wann',  tadd  ,dann';  sAdä,  sddam 
,stets',  gada;  lit  kadä  ,wann'  rel.  und  interrog.  neben  tadä  ,dann'. 
Das  z  in  Inda  ist  aus  kzde  ,wo'  eingedrungen,  es  sollte  nämlich 
*koda  ,heifien'  (vgl.  jeda  /u^). 

Im  Slav.  kommt  aber  meist  -^da  vor:  akal.  kogäa,  kzgda  ,wanii*; 
tzgda  ydamale';  jegda  ,wann*  rel.;  vb^egda  »immer*.  Man  dachte  daran, 
daß  kogda  aus  kogo  goda  entstanden  ist.  In  solchen  adverbiellen  Aus- 
drucken sind  starke  Eftrznngen  häufig;  zunächst  durch  Haplologie 
*kogO'da,  dann  *  kogda:  das  wäre  älter,  was  eben  auch  mit  jegda  aus 
*jogda  stimmt.  In  kbgda  ist  das  »  nach  niktda  aufgekommen  (J.  Schmidt, 
KZ.  32,  S.  397);  vgl.  auch  let  tagad.  Pedersen  faßt  es  als  eine  Kon- 
tamination von  kzga  (vgL  etwa  balg,  koga)  und  k9da  auf  (KZ.  38,  S.  419). 
Noch  eine  andere  Erklärung  gab  Eozlovskij  (Afsl.  Phil.  10,  S.  658—659): 
aus  k^da  entstand  gda^  dazu  dann  jtgda  u.  s.  w.,  wo  gda  als  ein  Suffix 
aufgefaßt  wurde,  daher  kbgda;  vgl.  auch  S.  89. 

Im  B.,  F.,  Sorb.  und  B.  haben  wir  dy  statt  oder  neben  da:  b.  kdy^ 
vMdg  n.  s.  w.,  p.  gdy;  os.  hdy,  ns.  gdy;  r.  inogdy  neben  inogda^  dial.  kagdg. 

Dieses  y  erklärte  Zubat/  aus  ön  (Afsl.  Phil.  15,  S.  505f.). 

Suffix  'de.  Es  ist  aus  *dhe  hervorgegangen  und  steht 
auf  die  Frage  ,wo':  Bkal,ktde  ,wo';  stde  jbi&f;  nekbde  ^gendwo'; 
nUlade  nirgends';  ide,  ideze  ^wo'  (rel.). 


465 

Inde  entspricht  dem  ai.  küha  ,wo,  wohin',  av.  kudä  ,voS  was 
ein  Interrogativurn  -ku-  (ygL  kiitra  abaktr.  kuthra  ,wo,  wohin^ 
Yoraussetzt;  nach  kb  in  kbde  dann  auch  amde,  atnäe,  ide  ans 
*><2e  nnd  selbst  auch  khda  statt  ""koda  (Schmidt,  EZ.  32,  S.  397). 

In  B.  -<tif:  ^i{f«  ,nbiS  drygtfi^^  ovtff*  ^'  >•  w.  ist  rielleicht  der  Ein- 
fiaß  des  Lokal B  der  a-  und  o-Stämme  oder  des  kadi  n.  8.  w.  zn  suchen. 

Suffix  'Ondu,  -ond^  {qdu,  qdi).  Aksl.  A»^ii,  kqdi  ,quä' 
(interr.);  /^u,  )(^^  ,quft'  (rel.);  8qdu,  sqdS  ,h&c<;  tqdu,  tqdS  ^^ 
u.  s.  w. 

Man  denkt  an  lat.  quandö  aus  ^quam-dö  und  das  du  ver- 
gleicht man  mit  preuB.  -dau  {stwendau,  %9^wendau  ywoher',  ia- 
guendau  ywoher'  und  pansdau  ,nachher,  darauf',  IR  2,  S.  241  ff.). 

Im  Slav.  hier  auch  andere  Vokale:  s.  kuda,  kudi;  r.  inudy, 
inuda;  b.  jinudy,  kady,  kudy. 

Suffix  'pO'.  Hierher  vielleicht  slov.  garjup  ,bitter^.  Die 
j>-Sufifixe  sind  im  Slav.  überhaupt  schwer  nachweisbar. 

Suffix  -&a.  Im  Slav.  sehr  verbreitet  Vor  dem  ba  er- 
scheint ein  t  oder  ein  o.  Das  ^  ist  meist  den  Verben  der 
rV.  Klasse  zu  verdanken:  moltba  jpreces'  zu  molüi;  duitba 
,Dienst'  zu  sltmti  ,dienen';  strHtba  ,sagittatio'  zu  gtrUUi;  auch 
Bildungen  wie  tattba  ,furtum<  zu  icdt  ,fur^,  also  von  i-St,  könnten 
in  Betracht  kommen.  Von  da  aus  fand  das  -tba  Eingang  auch 
in  andere  Bildungen,  also:  alzdbba,  ladtba  jbjnesf  zu  ähkati; 
druzbba  ,6enos8en8chaft,  Freundschaft'  zu  druyb  ,Freund'. 

Bei  goHiUha,  orattha  ,aratioS  $iUba  neben  9Üva  ,BatioS  w^/Mba 
«BanctificatioS  Unit^ba  ,connnbium*  n.  dgl.  meinte  Mi  kl  ob  ich,  daß  hier 
tva  durch  den  Einflafi  des  ha  nnd  des  Inf.  anf  ti  zn  -iiAa  umgewandelt 
worden  wäre  (Vgl.  Gr.  11,  8.  217).  Brugmann  geht  von  dem  Partie, 
auf  -<o-  ans  nnd  meint,  diese  Bildungen  wären  zn  einer  Zeit  entstanden» 
als  bei  diesen  Verben  das  Partiz.  pass.  noch  mit  -io-  gebildet  wurde 
(Grundr.  II,  1,  8.  205).  Es  ist  aber  wohl  auszugehen  von  solchen  Bil- 
dungen wie  hrüva,  kl^a,  jostva^  biiva  u.  s.  w.,  wo  also  ein  8uffiz  «toa 
vorliegt.  Durch  Yerquickung  mit  dem  8uffix  -»5a  entstand  ein  Uba  (ygl. 
oben  8.  446).  Das  sehen  wir  deutlich  bei  solchen  Bildungen  wie  r.,  s. 
u.  s.  w.  molüva,  b.  dagegen  modlitba ;  hier  kann  an  kein  derartiges  Partiz. 
gedacht  werden. 

Weiter  taucht  unser  Suffix  in  der  Form  -oba  auf:  z^loba 
,malitia';  qtroba  ,venter^,  neben  j^ro  ,Ijeber';  s.  hudoba  ,malitia'; 
tjeskoba  ,augustiae';  b.  choroba  ,Erankheit^;  mdloba  ,Mattigkeit^ 
Ohnmacht';  zalcba  ,Elage^  Bei  der  letzteren  Bildung  liegt  offen- 
bar das  Thema  zaUh  von  zcUo-vaii  vor,  während  es  sich  bei  den 
anderen  um  adj.  Stämme  auf  -o  handelt,  die  zu  Grunde  gelegt 


456 

wurden.  Es  verhält  sich  also  unser  Suffix  analog  wie  das  sekun- 
däre SufiBx  ota  (vgl.  S.  442). 

Im  Lit.  haben  wir  Abstrakta  aaf  -yhi  za  Adj.  wie  jaunghi  , Jagend' 
znjdunai  Jung*,  im  Lett.  dafür  noch  das  ältere  -t6a.*  Jmmiba;  weiter 
auch  ddr-has  ,Arbeit*  zu  darifi*  ,tun'. 

Das  Suffix  in^Mlr^  ,acoipiter*  ist  schwer  za  deuten. 

Suffix  'ko'.  Es  geht  auf  urspr.  -qo-  zurück  und  bildet 
Subst  und  Adj.:  aksl.  zna-kb  ^ignum,  familiaris'  zu  znati;  zlakb 
^erba'  (zladtm  x^'^$)f  ^-  &uch  zUikb,  wir  erwarten  z^kb  zu  zd 
in  zdem  ,gnin',  zlato  ,Gold'  u.  s.  w. 

Häufig  wurde  es  an  Yerbalstämme  auf  a  angehängt  und 
bezeichnete  dann  meist  Nomina  agentis:  t^akö  wie  t^zarh 
,agricola'  zu  t^zati;  s.  lezak  ,segnitiosus'  zu  lezati;  r.  edakb  ,Viel- 
fraß';  h.2pev(Uc  ^Sänger';  zebrdk  ,Bettler^  u.s.w.  Im  R  kommen 
hier  auch  Bildungen  auf  -ka  vor;  die  Nom.  agentis  bekonmien 
dadurch  eine  intensivere  Färbung:  guljdka  yMüßiggänger';  plevaka 
ySpucker';  rubaka  ^Haudegen^;  zivaka  ^Gaffer^. 

An  Subst.  angehängt,  hatte  es  meist  eine  deminuierende 
Bedeutung;  diese  ist  oft  verloren  gegangen:  j^dtmtfkb  ^hordeum' 
zu  J^tny;  kamykb  ,lapillus'  zu  kamy;  plamykb  zu  plamy. 

Bei  o-St.  haben  wir  -o-kz,  das  dann  selbständig  auftrat:  r. 
chodökb  ^Gänger,  Fußbote'  zu  chodz  ^Gang^. 

Auch  an  Adj.  wird  es  angehängt  und  bei  o-St  erscheint 
hier  wieder  -okz:  inokh  ^lus',  vgl.  lat.  uni-ctis,  got  äinaha,  ahd. 
eifMg  ^einzig^,  b.  divoky  ^wild'  zu  divy;  aksl.  glqbokb,  gkhokb 
,tief ;  Hrokb  ,breit';  vysokb  ^och*;  zestokb  ^art*.  —  velikb  ^groß' 
zu  velij. 

Insbesondere  sind  es  adj.  u-St.,  an  welche  ko-  angehängt 
wurde,  wobei  das  Stammwort  verloren  ging:  sladbhb  ,süß',  lit. 
saidüs;  ttmkb  ,dünn<  ai.  tanüs;  blizikb  ,nah'  zu  blizb;  ItgrJcb 
,leicht^,  ai.  laghü-,  gr.  ilaxvg  ,klein,  gering';  qzbkz  ,engeS  got. 
aggums;  ob  auch  krip^kb  ^fest^  auf  einem  u-St  beruht,  läßt  sich 
nicht  sicher  erweisen;  vgl.  auch  gladbkb  ^glatt',  lat.  glaher,  ahd. 
glat;  zidzkh  ,8ucco8US^ 

Es  hat  ein  *t^tk9  gegeben,  wie  uns  z.  B.  ot^g^cüi  zeigt.  Später 
wurde  es  unter  dem  Einflüsse  von  Formen  mit  H^  wobei  insbesondere 
U^i  in  Betracht  kommt  (Brugmann  leitet  es  direkt  von  diesem  Yerbum 
ab:  Grundr.  II,  1,  S.  247),  zu  t^kb  umgewandelt. 

Ebenso  an  Adverbia:  pr^kb  aus  perko-  ,gegenüber,  transver- 
sus'.  Hierher  wohl  auch  prokb  substantivisiertes  Adj.:  yRest', 
daraus  das  aksl.  proät,  proöij  ,übrig^,  vgl.  lat.  reciprocus  von  re-^o 


467 

unipro-co;  dann  koM-kb  ,wie  viel*,  toli-kb  ,80  yiel'  vgl.  friy-it-xog, 
rfjM'iiog  (vgl.  S.  432). 

Hierher  gehören  wohl  auch  die  Fron.  kaH  yquaUs*  (interrog.), 
lit.  kdks,  Gr.  kökio  (jo-St.);  jakb  ^qualis'  (rel.),  lit.  pka,  ßkio 
.^irgend  einer*;  takb  ^talis*,  lit  tdks;  vtsakh,  vhsjakb  jeglich*;  onako, 
ovako  Adv.  ,80*.  Das  entsprechende  sikh  ,tali8*  zeigt  uns,  daß  hier 
•ko-  das  SufiBx  ist;  der  Pronominalst  geht  auf  ein  -ä-,  bez.  auf 
ein  -i-;  wie  es  im  Fem.  vorliegt,  aus,  vgl.  lat  iä4i8,  quädi-s, 
rtti-U-yLog  (Persson,  IF.  2,  S.  206).  Später  wurde  ein  Suffix 
-(f^akO'  abstrahiert,  daher:  obojakb  afigxneQttoiv;  dvojakb  ,zweierlei 
Art^,  lit  dvejökas;  trojakb,  weiter  noch  inakh  ,diversus*,  jedinak^ 
,aequali8*;  drugako  Adv.  ,ander8*,  vgl.  Ut  vBnökas  ,einerlei*. 

Zu  den  -Aro-Formen  aus  dem  R.  noch:  drdka  ,Rauferei*  zu 
draiif  sja  ,raufen*,  also  hier  nicht  ein  nomen  agentis;  slov.  mlaka 
,Pfütze*;  s.  dojka  ,mamma*. 

Das  ^o-Snffix  kommt  vor  z.  B.  in  let.  tpM-s  ,Kraft'  zu  apS-t  ,yer- 
mögen*,  gr.  ^-xti  .Behältnis*,  ai.  dhä-käi  ^BehUter"  von  der  W.  dhe. 

Suffix  'öe  aus  *dO'.  Es  geht  auf  urspr.  -kjo-  zurück.  Es 
werden  damit  Mask.  gebildet:  biöb  ,flageUum*  zu  biti  ,schlagen*; 
hridb  ,novacula*  zu  brät. 

Jedenüedls  müssen  wir  es  auch  dort  ansetzen,  wo  ein  Thema 
auf  a  vorliegt,  also  in  igraöh  ^nsor*  zu  igrati;  kapaöh  ,vinitor* 
'(kopati);  kovacb  ,Schmied*  zu  kovati;  tbkadb  ,textor*  zu  tbkaii. 

Ebenso  b.  braddö,  slov.  brada&  ,Großbärtiget*  zu  brada; 
ebenso  b.  hlaväö  ,Großkopf  zu  hlava.  Von  hier  aus  konnte  dann 
•ein  selbständiges  Suffix  -o^  abstrahiert  werden. 

Analog  aksl.  poganidt  iQyodicixTrjg;  b.  beliö  ,Bleicher*;  hojid 
,Heiler*. 

Fem.:  s.  pljumöa  ,Speichelauswurf*;  stojciöa  ,Oängelwagen*; 
slov.  vejada  ,ventilabrum*;  zapenjaöa  ,Elammer*;  os.  pjestonöa 
,Wärterin*;  ävcUda  ,Näherin*. 

Suffix  'Ce  aus  *-(?o-.  Es  geht  ebenfalls  auf  ko-  zurück, 
aber  das  k  wurde  unter  dem  Einflüsse  des  vorhergehenden  zur 
Wurzel  gehörigen  engen  Yokals  später  palatalisiert  (vgl.  oben 
8.  266). 

Hierher  gehört  das  Adj.  niet  ,pronus*,  vgl.  ai.  ni-ca  ,niedrig, 
abwärts  gehend*,  lit  ny-k^stü  ,ver8chwinde,  vergehe*;  vgl.  oben 
prikh  u.  s.  w. 

Suffix  •ako'.  Mannigfache  Funktionen  kommen  ihm  zu. 
Die  wichtigsten  sind  die  folgenden:  1)  an  verbale  Themata  ge- 


458 

fügt,  bildet  es  meist  nomina  agentis;  2)  aus  Adj.  bildet  e& 
a)  Subst  oder  b)  Adj.  der  Qualität,  was  auch  von  den  Pronomina 
gilt;  3)  an  Subst  gefügt,  modifiziert  es  mannigfach  ihre  Be- 
deutung. 

1)  Aus  t^fsaJcb  ,agricola'  zu  t^sati;  r.  idakb  ,Yielfraß'  zu  Hatb 
u.  s.  w.  wurde  ein  Suffix  -akb  abstrahiert:  ksl.  prosijakh  ,Bettler^ 
zu  proHH  (*  prasi-^xkO'),  r.  proäakb  (aus  *pro8iak<h).  Aber  fast  in 
allen  Fällen,  in  denen  dieses  SufiBx  an  Verbalstämme  tritt,  gehen, 
diese  auf  a  aus,  so  daS  urspr.  zumeist  doch  nur  das  Suffix  -Aro- 
Yorlag.  Später  mag  man  auch  in  solchen  Bildungen  -ako-  als  das 
Suffix  empfunden  haben  (vgl.  S.  466).  Bei  r.  chodakh  «Gänger'^ 
koBokb  ,Mäher^  ist  nicht  an  choditi,  kosUi,  sondern  an  chod^  und 
kosa  zu  denken  (vgl.  hier  auch  chodokh);  ebenso  verhält  es  sich, 
mit  b.  honäk  fYiehtreiber',  wo  man  nicht  an  hanäi,  sondern  an 
hon  ,Trieb'  zu  denken  hat. 

2)  a)  Hier  handelt  es  sich  um  ein  auch  in  anderen  Sprachen« 
vorkommendes  Suffix  ako-:  aksl.  novakh,  lit.  naujdkcis  ,NeuUng^ 
von  navz,  bez.  naüjas.  Im  Lit  kann  dieses  Suffix  ein  Adj.  auch 
substantivisieren;  aksl.  tretijakh  ,ein  Dreijähriger',  y gl,  lit  trecziökas- 
,Dreier*,  szesztökas  ,Sechser^;  vgl,  auch  gr.  yco^  ,JüngHng'.  Weiter 
noch:  bujakh  J)ummkopf  von  buj;  junakh  ,Jüngliug'  zu  pim; 
airakö  ,armer  Teufel*  zu  sirb;  r.  öuzakb  jPremdüng*;  prostakb 
,Einfaltspin8el';  b.  chuddk  ,armer  Tropf;  modrdk  ,Eomblume^ 

b)  In  dvojakh  u.  dgl.  Bildungen  ist  es  aus  kakb,  takb  u.  s.  w.. 
erschlossen  (vgl.  oben  8.  457). 

Im  Balt.  ist  dieses  Saffiz  noch  mehr  verbreitet,  lit.  $a%doka9  ,806- 
lich'  zu  9Mü»  ,8ü£S  lett.  sa^ldaks  ^süBer*  (Kompar.)  zu  «a'M«;  lat  merüeiM 
zn  merus;  dann  hiböx,  mordäx  u.  s.  w. 

3)  r.  öudakö  ,wunderlicher  Mensch*  zu  ötido  yWunder*;  Pru- 
sakd  ,Preuße';  p.  domakb  ,Hausgenosse';  kidczak  ^Spanferkel,  das- 
Hauzähne  bekommt':  kidec;  krzyzak  ,Ereuzherr*;  zniwak  ,Schnit- 
ter*;  b.  vojdk  ,Soldaf ;  pj/tldk  ,Wilddieb';  Poldk  ,Pole';  sedldk 
,Bauer*;  Videridk  ,Wiener*;  Nom.  propr.:  Ondräk  zu  Ondra  und 
Ondrej  ,Andrea8S  Popdäk,  Petrdk  u.  s.  w.;   s.  poljak  ,Feldhüter'. 

Suffix  jako'.  Es  ist  wohl  identisch  mit  dem  vorhergehendeui 
und  das  j  ist  vom  Stamme  aus  verallgemeinert  worden.  BeL 
Yerbalstämmen  kommt  es  äußerst  selten  vor  (hier  auch  das  j  der- 
Verba  der  IV.  Klasse):  noäakb  ,Träger'  zu  nosüL  Sonst  haben« 
wir:  p.  roczniak  ,einjähriges  Tier*,  trotz  roczny,  weil  es  ein  roczeAy, 
rocznia  mit  derselben  Bedeutung  gab;  drewniak  ,Holzwurm',  weil 


459 

dreumiany  hölzern',  drewniasty,  -iHy  ^olzig'  a.  8.  w.;  b.  miHdk 
yStädter'  zu  misto,  weil  es  ein  mülanin,  meHan  gab;  ebenso 
Prtuäk  weil  Praiafi;  rodfidk  ^einjähriger  Ochs'  nach  rodni;  r. 
kodjakb  ySkelett'  zu  hostt;  morjakb  ^Seemann'  zu  more.  Das  jako- 
fand  dann  eine  größere  Verbreitung:  r.  her&sniakh  Birkenwald'; 
goljakb  ,armer  Teufel';  oUinjakb  Junger  Erlenwald';  smugljakh 
gebräunter  Mensch';  hremjUücb  ^omo  dums';  vozakh  ^Führer'  zu 
vozb  aksl.  vozdt  oder  direkt  zu  w>düi  (vgl.  das  oben  erwähnte 
naiak^);  s.  hezboznjak  ^theus';  bezodnjak  ^i^pudens';  zu6ak 
aureus'  (Tgl.  b.  zluiäk,  äuidk,  daidk,  sÜHbrMk,  middk  von  Mün- 
zen); garStak  ^onticola'  setzt  ein  gortßkh  voraus;  kamenjak  ^ocus 
saxosus';  Aoy.  zenßdak  ^emineus'  setzt  ein  sentskt  voraus;  korenjak 
^kräftiger  Mensch'. 

Mit  'jäka:  s.  dwljaka  ^pomum  silvestre';  imenjaka  ,cuiusdem 
nominis  femina';  klr.,  weißr.  nezdoravjaka  ^omo  aegrotus'. 

Suffix  -ade-  aus  ^aöo-.  Es  geht  auf  *akj(h  zurück.  Wie 
S.  457  erwähnt  wurde,  ist  hier  von  Bildungen  wie  aksl.  igradt 
ySpieler',  b.  brcuidd  ,Großbärtiger'  u.  s.  w.  auszugehen.  Hierher 
gehört  ksL  kola^  ^Art  Kuchen'  zu  kolo;  sokaöb  ^och'  zu  sokb; 
bg.  selad  ^Landwirt^;  s.  repaö  ^omo  caudatus'  zu  rep;  slov.  hrbaö 
yhomo  rugosus';  nosaö  ,naso';  rogaö  BLirschkäfer';  r.  bogaöh  ^omo 
dives';  hrjuchadh,  b.  brichdö  ^Großbauch'. 

-niki  ist  insbesondere  im  S.  verbreitet:  Idjaöa  ^fiistis'  zu  aksl. 
kyj;  kominada  , Aschenbrödel'  zu  kamin;  vdjada,  ovdjada  ,Febru- 
arius';  narikaöa  ^ageweib';  slov.  dimlja^a  yPestdrüse'  zu  dimlje; 
drvaSa  »securis';  kopinaöa  Brombeere'. 

Suffix  -ekO'.  Dieses  SufiBx  ist  im  Slav.  nicht  nachweisbar, 
wohl  aber  kommt  *«fc/o-  vor. 

Suffix  -ede-  aus  *-eJo-.  Es  ist  aus  *ekjo^  entstanden  und 
ist  selten:  s.  Oodeö  nom.  propr.;  klr.,  weißr.  maleäa  m.  f.  ,un- 
mündiger  Mensch'. 

Suffix  '^ce-  aus  *-fco-.  Es  könnte  aus  -enko-  oder  -$X:o- 
entstanden  sein  und  ist  eine  Parallele  zu  'inko-,  -iko-.  Auch  dieses 
Suffix  ist  selten:  aksl.  mis^  ,Monat';  p.  miesiqc,  b.  misü:,  slovak. 
mesiac,  s.  mßsic  (die  Länge  hier  wohl  sekundär);  zaj^  ^^pus', 
p.  zaj<ic,  b.  zajic,  slovaL  zajac,  s.  zhjac  {zec),  r.  zdjach  (zdecb), 
Gen.  zdjca.    Über  die  westslav.  längen  vgl.  oben  S.  338  Anm.l. 

Suffix  'OkO'.  Es  ist  wohl  aus  Bildungen  wie  aksl.  ifuhk^ 
^solus,  monachus',  r.  chodokh  ^Gänger,  Eußb<;>te',  d.  h.  von  o-St., 
an  welche  ko-  hinzutrat,  hervorgegangen:  aksl.  shvidokh  ,Zeuge'; 


460 

r.  edokb  yEsser';  ezdokb  ^Reitet^;  brizokh  ^Aprilis^  (alt);  p.  widck 
^Tageslichf ;  iarhh  ^Fresser^;  b.  Hvok  gebendes  Wesen';  zralok 
^Haifisch^ 

-cka:  kd.  laloka  »palatiim^ 

Suffix  -oJe-  aus  *'O60'.  Es  setzt  ein  akjo-  voraus:  ksL 
laskoöb  ^ulator';  bg.  bhvoö  ^vomitus^. 

Suffix  -»A:o-.  Wahrscheinlich  ursprünglich  ein  iko-  aus 
*iq<h  und  ein  iko-  aus  ^ifiqch  vgl.  lit  dariinifikas  ^Aibdter^  zu 
ddrbas  ^Arbeitf. 

Es  dient  zunächst  zur  Bildung  von  Deminutiven  aus 
Subst;  dann  bildet  es  Subst  aus  Adj.  und  Part:  ksl.  noükb 
zu  nozb  yMesser';  zlatikh  ,nummus  aureus'  zu  da(;b;  tiasenikb  ywer 
ein  härenes  (vlcuem)  Kleid  haf ;  uöenikh  ^Schüler,  Junger'  zu 
uöem  ,gelehrf ;  iz-branikb  , Auserwählter'  zu  issbram  ^auserwählf. 
Bei  den  Adj.  sind  es  häufig  jene  auf -«n«,  die  zu  Grunde  liegen: 
dhzbnUch  ^Schuldner'  zu  dhzhm,  griätnikb  ^peccator'  zu  greibm. 
Von  hier  aus  auch  ein  selbständiges  Suffix  -nikz.  Hieriier  noch: 
r.  broHkz  zu  bralh  yBruder',  novikb  ,Neuling'  zu  novz.  Aus  Bil- 
dungen wie  mahöikb  ^Knabe'  zu  "^mdltcb,  r.  malecb  wurde  ein 
Suffix  dikh  (auch  in  anderen  slav.  Sprachen)  erschlossen:  netdikb 
^Abwesender'  von  net^  jYerzeichnis  der  Abwesenden'  (doch  erst 
später  mit  dieser  Bedeutung);  spüöikö  ,Eopisf ;  zavod^ikb  ^abri- 
kanf ;  dokladHkh  ,Beferent^;  Blovutnikh  ^homo  famosus';  für  die 
andere  Art  der  Bildungen  noch  utiralifnikz  ^Handtuch';  p.  m^yk 
zu  mqz  ,Mann';  deszczyk  ^kleiner  Regen'  zu  deszcz  3^gen'; 
bratczyk  zu  brat  ^Bruder';  niebaszezyk  ^Seliger';  b.  konik  ^kleines 
Herd'  zu  käri;  vozOc  zu  vüz  ,Wagen';  veirik  zu  vÜr  ,Wind'; 
maUk  »kleiner  Finger'  zu  mdl^;  in  slavüc  Nachtigall'  zu  aksl. 
davij  liegt  ein  ko-  vor;  in  uöedltiik  ^Lehrling',  aksl.  u^enik^  u. 
muöedlnik  ^Märtyrer',  aksl.  mqöenikh  ist  das  ursprüngliche  Suffix 
von  einem  anderen  verdrängt;  dasselbe  lag  vor  in  äüedlnOe  yLeser' 
und  ähnl.  Worten  (vgl.  S.  425);  rolnik  ^Landmann';  ryhtiSk  ^Teich'; 
souloznik  ^Beischläfer'. 

S.  mrtvik  ^homo  socors';  toplih  ,warmer  Wind';  samrinik 
,mortuus';  suvrsnik  ^aequalis';  paslanik  ^Gesandter';  slov.  malik 
,cibu8*;  konjik  zu  konj  ,Pferd';  babnik  ,WeibemaiT'  zu  baba;  voz- 
nik  ^auriga';  zupnik  ^plebanus'. 

Im  Lit.  zunächst  -iko-  jedoch  selten:  tUUgkas  ,Stück,  Teil'  neben 
dahi  ,Teir ;  ahd.  wirdtg  zu  werd  ,wert' ;  lat.  umbü-teus  (ygL  gr.  6fi^pal6s). 
Häufiger  kommt  es  vor  bei  Nomina  mit  einem  n-Saffiz:   in-ykasy  preofl. 


461 

'H-ikü.  Neben  in-^kas  haben  wir  aber  im  Lit.  noch  iniftkas,  let.  {C)n'tkay 
enAka  {l  aus  en)  in  gleichwertiger  Geltang,  doch  sind  sie  auf  verschiedene 
Gebiete  verteilt,  wobei  zahlreiche  slav.  Lehworter  auf  bnikz  in  den  benach- 
barten Dialekten  das  Aufkommen  des  inykas  besonders  fdrdern  konnten. 
So  haben  wir  im  Lit.  darhinyka$  neben  darhiniükas,  let.  därbiniks  ,Ar- 
heiter'  zu  ddrbas  , Arbeit';  preuß.  laukinikü  ,LehnsmannS  lit.  iaukinykas 
neben  laukiniiüuu ;  vgl.  noch  lit.  LHüt'ininka$  ,Litaaer'  zu  Lituvä  .Litauen* ; 
let.  uppentks  ,Flufian wohner'  zu  uppe  «Fluß'. 

Es  handelt  sich  nun  um  das  gegenseitige  Verhältnis  dieser  Suffixe. 
Brugmann  nimmt  —  einer  Anregung  Leskiens  folgend  —  an,  daß 
sich  im  zweiten  Teil  des  lit.  in-inka-,  den  er  ffir  identisch  hält  mit  germ. 
tm-^a,  Befleze  alter  Bildungen  dvarinkas,  dvarenka»  ,Hofmann'  zeigen 
(dahin  vielleicht,  wie  er  meint,  noch  slav.  mi$^  ,Honat',  zaj^  ,Hase'). 
Durch  Anlehnung  an  unJko-  mit  urspr.  tqo-  (dvärinykü9^  aksl.  dvartnik» 
,Hofmann')  wäre  im  Lit.  in-mka-  {dvärininka$),  im  Let.  *n-^nka^  -n-ika 
entstanden;  slav. *fo  und  lit.  m^M  wären  demnach  eigentlich  verschieden 
(Grundr.  U,  1,  S.  254).  Es  ist  aber  zu  bedenken,  daß  im  Slav.  aus  urspr. 
inko-  lautgesetzlich  ein  iko-,  aus  -^fka-  dagegen  ein  bko-  {tcb)  bez.  hko-  werden 
mußte.  Setzen  wir  für  das  Balt.  *dvarinka$,  ^dtarwkaa  an,  so  muß  es 
im  Slav.  ^dvoriko-,  ^dvor^ko-  geben.  Wir  müssen  demnach  anch  in  dem 
slav.t^o-  zum  Teile  ein  inko-  suchen.  Auch  Pedersen  meint,  »ntA;»  ent- 
spreche dem  lit.  ininkas :  durtninka»^  arkliniKkas  »Pferdehüter*.  Baudouin 
de  Conrtenays  Gesetz,  das  unter  anderem  nach  t^,  fi  wirke,  hätte  nach 
tu  nicht  gewirkt;  so  erkläre  sich  r.  muJUkh^  Gen.  muükä.  Da  tica,  um 
mit  ikb  kombiniert  zu  werden,  auf  *inkä  zurückgeführt  werden  müßte, 
woraus  aber  nur  ein  *ika  entstehen  konnte,  so  wäre  es  klar,  daß  »nica 
neben  »itiAo  nur  durch  eine  Analogiebildung  erklärbar  ist  (KZ.  38,  S.  384). 

In  sikz  (sich)  ,talis*  und  vdik^  ,groß*  ist  wohl  ein  ko-  vor- 
handen: zu  relij  ,groß*  (vgl.  S.  457). 

ika.  Das  Fem.  zu  ik^  sollte  -ika  heißen,  aber  statt  dessen 
finden  wir  hier  ica:  aksl.  gristnikb  ,Sünder*  dazu  greibnica; 
dhztnikb  und  dhzhnica.  -ica  ist  aber  auch  das  Fem.  zu  -hct: 
aksl.  ztfmcb,  slov.  zenec,  znjec  ^messor^  dazu  slov.  zenjica,  znjica. 
Man  muß  daher  annehmen,  daß  das  Suffix  *'bca  ursprünglich 
dem  'bch  zur  Seite  stand,  daß  es  aber  durch  -ika  zu  -ica  wurde, 
wobei  es  dann  das  ältere  ika  fast  ganz  verdrängte.  Aus  *tca 
und  ika  ist  demnach  durch  eine  Verquickung  -ica  ge- 
worden. 

Das  ika  hat  sich  verhältnismäßig  nur  selten  erhalten.  Am 
häufigsten  kommt  es  noch  in  Fflanzennamen  vor,  vgl.  auch  slov. 
jesika  ,populu8',  s.  jasika,  p.  osika,  b.  osika  ,Espe* ;  weiter  muß 
hervorgehoben  werden:  aksl.  qzika  ,consanguineus,  consanguinea^ 
hier  behauptete  sich  ika,  weil  das  Wort  auch  fürs  Mask.  gebraucht 


462 

wurde,  während  durch  ica  das  Fem.  bezeichnet  wird;  dasselbe 
bei  blizika  , Verwandter*;  swehrtnika  ,numu8  argenteus*. 

Wo  das  Suffix  zur  Bezeichnung  weibl.  Personen  verwendet  wird, 
stammen  solche  Bildungen  aus  einer  späteren  Zeit  oder  es  steht  ihnen 
wenigstens  noch  iea  zur  Seite:  sloy.  Nanika  ,Ännchen';  Pepika,  B^xika; 
hg.lj'ubika  ,Geliebte';  B,jarämka  nehen  jarämea  ,die  Vertraute,  Freundin' 
(Fem.  ZMjaränxk)\  r.  dial.  mtUika  ,mater*  neben  matiea  in  anderer  Be- 
deutung; bei  Pflanzennamen  kommen  hier  häufig  beide  Formen  neben 
einander  yor:  gohibika  und  goluhiea  ,yaccinium  nliginosum'. 

Suffix  'iöe-  aus  -tdo-.  Es  geht  auf  ikjo-  zurück.  Es 
können  hier  jedoch  auch  Verbalthemata  auf  i  vorliegen,  so  daß 
es  sich  dann  auch  um  das  SufiBx  de  handelt:  ksL  kotaridt  ^omo 
lixosus'  zu  kotora  und  kotorüi;  Aoiy,  prüidi  Plur.  ,primitiae^ 

Es  bildet  auch  Deminutiva  aus  Koll^ktivis:  sloy.  drevßSe 
aus  drevje;  gvozdß^  aus  gvozdje  u.  s.  w.;  s.  zvonid  ,herbae  genus; 
jarid  ,Liebesglut*. 

Suffix  'ice  aus  -jco-.  In  etwas  späterer  Zeit  aus  -^iko-, 
also  aus  dem  vorhergehenden  Suffixe  durch  den  Einfluß  des 
Vokals  %  (vgl.  I,  S.  267)  entstanden.  Es  hat  daher  so  ziemlich 
dieselbe  Funktion:  es  bildet  1)  Deminutiva:  agnicb,  gvozdict 
,parvus  clavus';  kamenkt;  koHct;  medicb;  s.  konßc  zu  konj  ,Pferd'; 
mcUac  ySchwertlilie*;  in  b.  krajic,  strevic  liegt  nur  ein  -ce-Suffix 
(entsprechend  dem  -ko-)  vor;  2)  dient  es  zur  Substantivisierung 
adj.  Wörter:  Ijubimict  neben  Ijubimikb;  püomicb. 

Suffix  'ica.  Wir  haben  es  oben  S.  461  als  durch  eine 
Yerquickung  des  Suffixes  -tca  mit  -ika  entstanden  erklärt  Im 
Liit.  ist  das  dem  hca  entsprechende  Suffix  ike  vorhanden:  ratiMkä 
^Händchen';  mamlke  ^Mütterchen';  vgl.  ai.  müäikä  ^Maus,  Ratte', 
aksl.  myStca  ,Arm'. 

Wir  finden  hier  demnach  Fem.  zu  Nomina  agentis:  ksl. 
damca  zu  davbch  z.  B.  in  chladodavica  ÖQoaoßoXog;  öarodüca 
,mago'  zu  'deicb  aus  *dijbcb;  doorodrtzica  ^ulam  tenens';  glumica 
^scaenica'  zu  glumtcb  ^scaenicus';  krzvoioöica  ^sanguinis  profluvio 
laborans';  kukavica  ^cuculus';  pl^ica  ^saltatrix^  zu  pl^ch;  ztrica 
zu  zvncb  ^acerdo' ;  pbtica  (Zogr.  ptiica  infolge  der  Yokalassimila- 
tion)  jVogel*  (,die  Fliegende')  vgl.  b.  ptdk. 

Abweichend  hinsichtlich  der  Bedeutung  ksl.  Ijubka  ^amator^ 
<im  Serb.  ist  es  dagegen  ein  Frauenname,  was  der  Regel  ent- 
sprechend ist). 

Weiter  bildet  es  Fem.  zu  Deminutiven,  die  mit  -iko-  gebildet 
wurden:  b.  ndjemnice  zu  ndjemnik,  ksl.  naimM^ik^  ,mercenariu8'; 


463 

femer  mit  -tct:  ksl.  drhnica,  r.  öemica  ^Nonne^  zu  örtnbcb  ßfönch'; 
viitica  ^ncantatrix'  zu  viitbcb;  junica  ^uvenca'  zu  funtcb;  schließ« 
lieh  mit  ''^^a:  golqbica  zu  golqbfbkb,  doch  wurde  es  auch  auf  golc^ 
bezogen. 

fiei  anderen  Suffixen  war  die  Bildung  des  Fem.  auf  -iea 
ursprünglich  vielleicht  auch  mit  deminuierender  Bedeutung  ver- 
knüpft: bozica  ,dea^y  diakonica,  Iwica  ^eaena';  rmnüica  ^monacha^* 
ctrodica,  otrokavica;  proaodica. 

Unser  Suffix  bildet  auch  Deminutiva  von  Subst.  auf  -a: 
aksL  dhdtica  ,tabula'  zu  dhska;  dhnea  zu  diva;  kobylica  ^locusta' 
zu  kobyla;  sradica  ,vestis'  zu  sraka;  mhüoa,  myHca  ,culex^  zu 
*imcha  ^Fliege'. 

Sonst  substantivisiert  es  adjektivische  Wörter,  wobei  es  sich 
manchmal  nur  um  weibl.  Personen  handelt,  die  wohl  auch  in  die 
vorhergehende  Oruppe  eingereiht  werden  könnten:  daäwiica,  dai- 
lica,  krhtnäica  ^nutrix';  puHenica  ,uxor  dimissa';  idolwUea,  ihfintr- 
hnica  ,delubrum';  kadilbniea  ythuribulum';  kavaltnica  ,officina 
fabri^;  mythnica  ,telonium';  piptniea  ,cella  vinaria';  soJeahnica 
,coquina';  tbmbnica  yKerker';  pijaviea  ^hirudo';  tr^viea  ^febris'; 
straüvica  ,homo  timidus';  gqsSniea,  qainica  ,eruca';  Uvica,  äuica 
,die  linke';  jedinica,  dvaica,  traica,  des^ica;  pletenica  ,catena'; 
phienica  ,triticum^ 

Suffix  'Uko-,  juko-,  Aksl.jpi2/iiX:9^,milvu8^;  s.  duduk  ,Flöte^ 
zu  dudati;  klr.  ^niiA:  ^balneator^;  kodük  yVerknöcherung' ;  sd'uk 
,Landmann';  sveräöuk  , Zaunammer';  dziöuk  , Knabe';  serdduk 
,homo  iracundus';  smerdiuk  ^Stinktier';  zidhdc  venLchtl.  ,Jude'; 
baranöuk  augment.  zu  baranok;  bohdanduk  demin.  zu  bohdan 
^uneheliches  Ednd^;  kucharöuk  ,Küchenjimge'  (auch  ein  selbstand. 
duk)  r.  detjukb  ^Junges';  magtpdn  fMeistei';  p.  madluk  ,Art  Pilz*. 

-uka:  Ut.Jiorjuka  augment.  zu  Aora  , Berg';  ^liuA^a, Weihe'; 
r.  pijuka  ^Trunkenbold';  padljuka  ,homo  vilis'. 

Suffix  »ude-  aus  -tido-.  Es  ist  aus  ukjo^  entstanden:  r. 
sivudi  ,phoca  iubata' ;  b.  kotauö  ^Scheibe' ;  -4^ :  s.  glavuöa  augment 
zu  glava  ,Eopf . 

Suffix  -ykO'.  Es  geht  auf  *üq(h  zurück.  Dafi  auch  Fälle 
mit  *-ufiA:o-  vorliegen  möchten,  ist  schwer  zu  bestinmien.  Es 
konmit  verhältnismäSig  selten  vor:  aksl.  j^hh  ,lingua',  preuB. 
ifMutris;  r.  Idykb  ,Hauer'  vgl  h.kd,  Hu,  p.  kiei,  kla;  -yka  : 
vladyka  ,Herrscher,  Herr';  motyka  ,ligo';  p.  pijatyka  ,8aufgelage'. 

Vgl.  lat  lactüca  zu  lac,  cadücus^  fidlicia;  gr.  x^^^. 


464 

Suffix  -yce-  aus  ^-ydo-.  Es  geht  auf  -üqjo-  zurück:  r. 
svety6^  m.  ,FackeI^ 

Suffix  '^lcO',  Aus  -nqo-  hervorgegangen ,  ist  es  aus  Bil- 
dungen wie  aymkb  zu  sym  ^Sohn^,  dormkb  zu  dotm  ^Haus^  wo 
das  dem  k  vorhergehende  ^  (urspr.  u)  zum  Thema  gehörte,  ab- 
strahiert worden,  und  erfreute  sich  einer  großen  Verbreitung. 
Freilich  könnte  es  auch  in  best  Fällen  auf  -(190-  zurückgehen. 
Wie  im  lit.  bildet  es  zunächst  aus  Subst  Deminutiva:  cvitzkb 
^flosculus'  zu  cvet^;  äinhH  ,articulus^  zu  äSn^;  idomikh  ,frag- 
mentum',  b.  zlomek  zu  *lofm,  vgl.  b.  lom  ^Bnich';  r.  teloH  und 
telenokb  ,vitulus^  Solche  Deminutiva  bilden  auch  den  2.  Be- 
standteil in  Kompositis:  aksl.  pridephkh  ,cognomen';  s^plet^k^ 
jConnexis';  ophmkr»  ,calceus^;  primesikh  ^admixtio^^;  p.  giosek,  gro- 
dek,  garnekj  hkietek  trotz  nom.  lokieS,  tnaieonek;  vgl.  lit.  parszü- 
k(i8  ,Ferkelchen'  zu  paf$zas;  medükas  ,  Bäumchen  ^  zu  tnidis; 
preuß.  Namen  wie  Banduke  zu  bandch  ,nützlich^ 

Es  bildet  Subst  aus  Adj.,  Numeralia,  Part,  und  einigen 
Adverbia:  aksl.  opresm^  ,azymum';  öetcrhtbkb  ,Donner8tag* ; 
p^kb  jFreitag*;  dohyt^k^  ,Gewinn*  vom  Part,  dobytb;  izbytzkb* 
^reliquiae';  ebenso  nßc^^k^  , Anfang',  prij^^kb  ,res  grata';  nedo- 
statzkb  jdefectus';  shvüzkb  ,tomus';  ostamkb  ,reliquiae';  posUdbkb 
,res  extrema';  r.  bilokb  ,Eiweiß*;  zeltokb  ,Dotter';  dvoegodokb  ,zwei- 
jähriges  Füllen';  sdetokz  ,heuriges  Kalb';  zaratokh  ^e  creux  pour 
la  braise';  p.  goiek  ,nackter  Bettler';  smiaiekh  ,homo  audax';  da- 
tek  ,Gabe';  kochanek  ^Liebling';  naiezionek  ,Findelkind';  przestanek 
,Pause';  majqtek  ,Habe';  potomek  ^Nachkomme';  przytomek  ,An- 
wesender'. 

Es  erscheint  als  Suffix  des  zweiten  Teiles  eines  Kompo- 
situms: -glav^kh  z.  B.  s.  priglavak  ,der  Fuß  am  Strumpfe';  s. 
uzghxvak  ,pulvinu8';  aksl.  pastorhkh  ,privignu8',  paMorhka  ,privigna'; 
r.  ponedilokb  ,Montag'  dial.;  zapjatokb  ,Fersenteil  des  Schuhes'; 
zatylokb  ,occiput'. 

Es  bildet  schUeßlich  deminuierende  Adjektiva  aus  Demi- 
nutiven. Die  im  Weißr.  noch  erhaltenen  Deminutiva  wie  maVuta 
,IQeiner'  zu  mdly;  jasuta  zu  jaä;  Vaäuta  zu  Vasüij  bildeten  die 
Grundlage  von  Bildungen  wie  kr.  po  maVutku,  maiodzutkij;  ra- 
nutko  ,8ehr  frühe';  slabjutkij;   dchtäkij  ,ganz  stille',    aber   auch 


1.  Diese  Worte  könnten  auch  weiter  unten  angeführt  werden. 

2.  Meillet  sieht  hier  ein  *h  -\-  ko  {ß,  304). 


465 

mü'utka  m.  f.  ,Liebling^;  p.  malutki;  giupiutki;  daumitäki;  b. 
maläk^,  müüky  zu  *fnal'täy. 

'Zko.  Im  allgemeinen  sind  hier  dieselben  Funktionen  zu 
unterscheiden  wie  bei  -zlcb:  aksl.  Idqbhko  ^omus';  s.  bratko  zu 
brat  yBruder';  bapko  zu  babo  yVater'  2)  srdüko  ^omo  iratus';  r. 
1)  bratko;  2)  gnidko  ^braunes  Pferd';  livko  ,Lbkhand';  nin^ 
yStummer  Mensch';  p.  1)  denko  zu  dno  ,Boden';  2)  biaiko  ,Eiweiß^ 
ioüko  .Dotter'. 

Unter  diesen  Bildungen  findet  man  häufig  Bezeichnungen 
männlicher  Personen,  worüber  ygL  S.  401. 

'zka  bildet  auch  Deminutiva  aus  Subst:  r.  devka  zu  diva 
,Mädchen';  kobylka  ^eupferd',  b.  brdzdka  .kleine  Furche'. 

Es  substantivisiert  Adj. :  slov.  bdka  ,weiße  Kuh';  sivka  .grauer 
Schwamm';  p.  czcionka  .littera'  vom  Part  dUern. 

Es  bezeichnet  weibliche  Angehörige  einer  Nation.  Bewohne- 
rinnen einer  Örtlichkeit.  eines  Landes:  Bhgarika  .Bulgarin'; 
Rindjanika  .Römerin';  sIoy.  dolanka  .Talbewohnerin';  gorjanka 
.Bergbewohnerin'. 

Individualisierend:  s.  bujad,  paprat  .Farrenkrauf .  dagegen 
bujatka,  papraika  .ein  einzelner  Farrenkrautstengel'. 

Nicht  sicher  ob  ^davhka  oder  davtka  in  b.  divka  .Abgabe'. 
Es  könnte  auch  von  Eompositis  wie  naddvka  u.  s.  w.  abge- 
leitet sein. 

Suffix  'hko:  Es  geht  auf  *fjo-  zurück.  Auch  dieses  Suffix 
wurde  abstrahiert  und  zwar  aus  Bildungen  von  t-Stämmen:  ai. 
avirkd,  avi-kds  .Schaf  zu  ävir^  .Schaf,  lat  om-etUa;  lit  avirkytU 
.Schafstall',  aksl.  wt-ca  aus  *othka.  Doch  könnte  hier  daneben 
auch  ein  -|^o-  vorliegen. 

Nach  weichen  Eons,  mußte  es  auch  für  iko-  stehen.  Die 
erweichten  Kons,  verschmolzen  mitunter  mit  dem  ko-,  ka  zu  einem 
selbständigen  Suffixe  wie  -dfeo-.  6ka  u.  s.  w. 

Die  Funktionen  sind  dieselben  wie  bei  iko-.  Namentlich  ist 
es  beliebt  bei  der  Bildung  der  Deminutiva  aus  anderen  De- 
minutiven, bei  denen  die  deminutive  Bedeutung  schon  ein  wenig 
verdunkelt  war. 

Aksl.  smydbkb  .Fidelbogen'  vgl.  p.  smyk  .Violinbogen' ;  r.  de- 
nekz,  aksl.  *dhnbkb  zu  dwih  .Tag';  s.  isjedak  .das  ausgehauene 
Stück  eines  gebratenen  Lammes';  b.  hSizek  .Götze'  eig.  .kleiner 
Gott'  zu  WA  .Gotf ;  cvröek  zu  cvrk  .Grille'.  Ein  Demin.  liegt 
zu  Grunde:  b.  dubeäek  .eine  kleine  Eiche'  zu  daubek  dass.  von 

Vondr&k,  V^I.  sl«v.  Onmm.  I.  30 


466 

dub  ,Eiche^;  hmedek  zu  ktmec  ,Ende';  vozUiek  2u  wzQcj  p&z 
yWagen' ;  maUöek  zu  maUk.  Darnach  auch  hmiöek  ^kleiner  Topf 
zu  hrnek  dass.;  houslöeh  zu  homek  ,Stückchen^ 

An  "(mch  gefügt  ergab  es  -ouiek  und  das  wurde  selbständ.: 
ranouiek  ^frühes  Eind';  zlaUmäek  ,Lieber,  Goldener';  didauäek 
jGroßväterchen'. 

Auch  beim  adj.  Thema  haben  mannigfache  Suffixabstrak- 
tionen stattgefunden:  b.  malidk^  ,sehr  klein',  p.  maluczki;  b.  sta- 
riiky  ^hr  alf ;  malouttk^  ^sehr  klein';  sladounhj  oder  sladoudk^ 
^üß';  s.  Miöek  ,8chön  weiß',  drobniSek  ,ganz  dünn';  lepidek  ,bellu8'. 

Häufig  liegt  ein  n-Thema  zu  Grunde,  Tgl.  r.  telenokz,  weiter 
r.  bäentkij  ,hüb8ch  weiß';  blidnenhkij  ,etwa8  bleich';  glupemkij; 
legontkij  ,ganz  leichf ;  malentkij  ,etwa8  klein'. 

'hko:  bg.  hzko  ,Lügner';  s.  plaSko  , Weiner';  popiiko  ,der 
Bettpisser'  (popücUi);  paserko  ,cacator',  (vielleicht  -zko);  hrajko 
,6ruder';  debdjko  ,Dickbauch';  svojko  ,der  Angehörige'.  Nomina 
propr.:  VUiiko,  Vuöko.  Kh.  zenüeAko  /Bräutigam';  kovaieAko, 
kravdeAko  ,Sohn  des  Schmiedes,  Schneiders';  r.  lajio  ,clamator'; 
mistedko  , Plätzchen';  oöko,  poltko  :  pole;  serdedko]  mahöüko 
,Enabe';  ovöiäko  zugleich  kollektiv;  okoSko;  b.  jabUdko  zu  jablko, 
i>6ko;  Btddeöko\  lAzko  ,Lager'  vgl.  klr.  lizko;  p.  ojczeAko,  hratu^ 
leAko,  jcMuszko,  serduszko. 

'hka:  ksl.  rqöbka  Demin.  zu  rqka  ,E[and';  druhJca  ,Ge- 
nossin'  zu  drugfb;  kosttka  zu  kostt  ,Bein';  travtka  zatrava  ,Gras'; 
tböbka,  työbka  ,punctum';  b.  hraüka  ,Spielzeug'  zu  hrdä  ,Spielei'; 
praSca  ,Rauferei'  zu  prdö  ,BAufer';  sprostctöka  fem.  zu  sproddk 
,einfältiger  Mensch'.  Kozaäka  Frau  des  Kozdk^  aber  mit  einem 
leisen  peiorativen  Beigeschmack  (sonst  Kozdkovd), 

Suffix  'bce-  aus  -bco-.  Es  ist  aus  dem  vorhergehenden 
hervorgegangen,  indem  in  späterer  Zeit  der  Halbvokal  t  auf  das 
k  palatalisierend  wirkte  (vgl  S.  267).  Im  lit  ganz  entspre- 
chend, also  auch  mit  Erweichung  des  i:  ikis,  dameben  kommt 
aber  noch  ik(is  vor,  das  wieder  dem  slav.  -hko-  vollkommen  ent- 
spricht: aksL  junbcb  Junger  Stier',  lit.  Jaunikis,  -nlkio  ,6räutigam' 
zajdunaa  jung';  aksL  v^bc^  ,fij:anz',  lit  dagegen  noch  vainikasy 
dem  im  Slav.  ein  *vintkb  entsprechen  würde. 

Es  bildet  aus  Verben  Nomina  agentis:  aksl.  davhch  ,dator'; 
'dücb  (aus  *dijhcb)  in  öarodiicb  ,magaBf  ]  kupbcb  pnercator';  lovhch 
,venator';  pishch  ,scriba';  pivbcb  ,cantor';  sapbch  ,tibicen';  svirbcb 
dass.;   SbvbCb   ,sutor';   zbncb   ,8acerdos';    mbzdodattcb    ,mercedem 


467 

dans^;  s.  prodavac  ^venditor';  glumac  yhistric/;  mancbmal  hier  auch 
fiomina  actionis:  grabac  ^das  Baffen,  Bcdßen^;  udarae  ,ictas^; 
b.  hudec  ^Geigei';  hmee  yTreiber';  jezdec  ^^iter';  koUe  ^Lanzen- 
brecher'. 

Aus  Subsi  bildet  es  Deminutiva:  kaimenbcb,  kamydtcb 
fSteinchen^;  nUHct  ,pera^  zu  meckb;  sqStct  ^nrcultis'  zu  sqkb; 
strycb  ans  ^Hryjtet  ^patnius';  agntct  ^agnna^;  tdtcb  ,yitiiliifl^;  zrübtcb 
^Füllen^;  c/ttet  ^pater^  zu  *atb  in  oUmb  ^patzis^,  got  atta;  paltet 
^pollex'  zu  *pah,  vgl.  r.  hezpalyj  und  p.  paluch  ^Däumling^; 
fn'obtct  jpasser';  kontct  fiiiisf;  s.  stupae  ^StUtzsäulchen^  zu  sUip 
^Säule';  r.xavodect  ^eine  Fabrik';  p.  dzwaniee  zu  dzwon  ^Glocke^; 
b.  stolee  zu  stAl  ^Tiscb';  chlapec  ^Küsbef  zu  ddap. 

Es  substantivisiert  adj.  Wörter:  ksl.  bradattet  ^omo 
barbatns^  zu  bradatt;  mladSntct,  mladentet  jpuei';  prtvSntet  ßäns 
primogenitns';  rumintct  ^cus*;  studentct  ,puteufl^;  6rtfi%et  ^ona- 
chus';  mrtintet  ^cadaver^;  sUptet  ^omo  caecus';  tT^^ÜM»  pnagus*; 
vtdovtet  yTiduus';  vintct  ^rtum'  vgl.  r.  vint  ^rtum^;  &  Hnavae 
^ratris  fiUus';  üadalac  ^regnans';  davalac  ^tor';  r.  tBvMneet 
^Tiergarten',  lükavect  ^listiger  Mensch';  p.  gdeniec  »Bursche';  ku^ 
rzeniee  »Hühnerstall';  dziedziniee  »Schloßhof;  barauriee  »Waldbe- 
^ohner';  b.  bohaUe  »Beicher';  hclttbinee  »Taubenschlag';  hosHnec 
^Gasthaus';  starec  »Alter';  lakamee  »Gteizhalz';  vydanec  »Gesandter'. 

Es  dient  zur  Bezeichnung  der  Herkunft»  Nationalität 
tu  dgL  meist  im  SttdslaT.:  &  Biogradae  »der  Belgrader'»  Bosanae 
»Bosnier' ;  planinae  »Bewohner  der  planina»  Bergbewohner';  sIot. 
jDtfnaJ9c  »Viennensis'»  .Zisgrebae  »Zagrabiensis';  Eranße  »Camiolus'; 
£aren9c,  dolen9e;  Shteme;  hg.  goree  »Bergbewohner';  sdenee  »Dorf- 
bewohner'; grazdanec  »Stadtbewohner';  r.  Dmürovect  »einer  aus 
Dmitrov';  Avstrißet;  b.  Nimee  »Deutscher';  Moravee  »Mährer'. 

'tce  weist  vor  allem  die  deminuierende  Wirkung  auf;  das 
Grundwort  ist  mitunter  auch  hier  verloren  gegangen:  drSvtee  zu 
drivo  »arbor';  jajee  zu  jaje  »Ei';  dtwtee  zu  davo  »Worf ;  thntee 
^Sonne'  zu  *dtno;  srtdtee  »Herz'  zu  *9rtdu. 

'tca  bildet  aus  Verben  Nomina  agentis»  weiter  aus  wdb- 
lichen  »-Themen  DeminutiTa.  Es  ist  aber  verhältnismäßig  selten» 
da  es  meist  von  4ea  verdrängt  wurda  Am  ehesten  behauptet 
sich  tca  noch  dort»  wo  es  männliche  Personen  bedeutet»  da  "iea 
•die  weiblichen  zu  bezeichnen  pflegte  (vgl.  S.  462).  Im  lii  ist 
das  -tea  vertreten  durch  --ik^,  vgl  mamMd  »Mütterchen'»  ratiMkä 
^Händchen'.    Es  kommt  vor  in   aksL  ubiiea,  ubaica  »homidda'; 

30* 


468 

grabhca  ^omo  rapax';  gr^n>ca  ^nta';  siöifca  yCamifez';  dvtrtca 
zu  dvtrt  yTüi';  kUttca  ,celliila^  zu  Jdett;  myitca  ^brachium'  vgl. 
museulus;  avtca  zu  *ot«  vgl.  lit  atis;  b.  därce  Spender';  zhoubce 
jVerderber*;  ochrdnce  fieBch^tzei^;  saudce  ,B.ichter';  sprdvee  ,Vei> 
Walter';  tvürce  ySchöpfer^;  püdce  ^nführer^. 

Suffix  -iako.    Bis  jetzt  nicht  befriedigend  erklärt. 

Brugmann  stellt  es  mit  ionog  zasammen:  xtuStanoc  ,Knäblein% 
ämuSiaxti  ,ScbildchenS  aber  dagegen  spricht  vieles:  im  Slav.  haben  wir 
ein  f  nicht  t,  das  Suffix  bildet  hier  keine  Deminutiva,  sondern  Angmen- 
tativa  neben  der  Bezeichnung  einer  Ortlichkeit,  die  sich  aus  ianog  nicht 
ableiten  läfit.  Bringt  man  schließlich  laxog  mit  dem  Suffix  U-qo-  in  Zu- 
sammenhang: got.  manmska  ,menschlichS  lit.  tßvistkas,  aksL  nehenshb 
jhimmlischS  wie  es  auch  Brugmann  getan  hat  (Kurze  vgl.  Gr.  S.  327, 
vgl.  auch  S.  338),  so  ist  der  lautliche  unterschied  im  Slav.  zwischen  isko 
und  Mko'  nicht  erkl&rt. 

Ich  glaube,  man  muß  vom  Adj.  auf  isto-  ausgehen  (8.  449). 
Wie  jene  auf  -ito-,  -aUh,  -asto-  bezeichnete  es  iversehen  mit  etwas' 
und  zwar  war  häufig  dieses  in  großer  Menge  oder  in  bedeutender 
oder  abnormaler  Größe  vorhanden«  An  derartige  Adj.  trat  dann 
das  Suffix  -ko-,  welches  in  dieser  Form  zwar  selten  yorkommt, 
dagegen  häufig  in  der  erweiterten  als  zk(h,  tiko-,  die  von  urspräng- 
liehen  ii-  und  i-Themen  herrühren,  vgl.  b.  W^ko  yLager';  misteäko 
^Städtchen',  müteSko  ,Plätzchen^  Aus  *'i8tko  entstand  dann  isko. 
Wie  aus  *liko  (liöese)  ein  lice  —  wohl  infolge  des  i  —  wurde, 
so  ging  zum  Teil  auch  -isio  trotz  des  5  in  -läöe  über.  Dieses 
ergab  schon  im  Urslav.,  wo  es  vorkam,  ein  -üöe  (weil  das  ä  hier 
bleibend  war,  dagegen  stand  dem  ä  in  dtäöi  ein  8  in  dtska  u.  s.  w. 
gegenüber,  daher  hier  äö  nicht  gemeinslav.).    Vgl.  S.  267. 

So  bezeichnet  aksl.  mraoistb  /ormids  refertus',  p.  mrawisttf, 
daraus  p.  mrawiako  ,ein  Ort  der  voll  Ameisen  ist',  also  ,Ameisen- 
haufen';  ebenso  ognisty  ,yo11  Feuer,  feurig',  dazu  ognisko  ,Herd' 
u.  8.  w. 

Von  solchen  Bildungen  aus  wurde  dann  ein  selbständiges 
Suffix  isko,  'üöe  abgeleitet  und  es  bezeichnet  überhaupt  eine 
Örtlichkeit:  aksl.  crhkviäte  ,templum';  glumüte  ,scaena';  gnoiHe 
,fimetum';  kapüte,  kumirüte,  idoliite,  irttvüte  ,delubrum';  obüeliäte 
,domicilium';  pozoriMe  ,theatrum';  shtnäüte  ,stercus';  s^mmüte 
jSynagoga,  conventus'. 

Eine  eigene  Art  bilden  Worte  wie  blqdiliHe  Jiupanar';  däa- 
teliäte  ,ofificina';  igralüte  ,Spielplatz';  j^iHe  (j^üüte)  ,carcer*; 
kupüüte  ,forum';  uöilüte  ,8chola',  züiste  ,domicilium'.    Es  scheinen 


469 

hier  Partizipia  auf  l  (bez.  Subet  auf  -td)  maßgebend  gewesen  zu 
sein. 

6g.  gradiHe  Festung';  s.  vatriite  ^ustrina';  UmHe  ^piscina^; 
stmiSte  Stoppelfeld^;  igralüte  ^ocus  saltatorius';  r.  kladbü^ 
^Kirchhof;  b.  üMUti  .Zufluchtsstätte';  pastviUi  .Weideplatz^; 
dameben:  oknisko,  pastvisko;  stmiHe  Stoppelfeld';  hrachavUtS 
.Erbsenfeld';  jednüti,  zitnim  (ab.  -äde). 

Im  P.  fehlt  --iszeze  bis  auf  Entlehnungen  aus  dem  Elr.  ynfi 
dworzyszeze  .Meieihof .  Sonst:  gradowisko  .vom  Hagelschlag  ver- 
wüstetes Feld';  chmidisko  .Hopfengarten';  mokrzyska  Fl.  .nasser 
Boden';  ochlisko  Schlund'. 

Das  Suffix  -^sUh  bezeichnet,  wie  erwähnt  wurde,  versehen  mit 
etwas  (in  bedeutender  oder  abnormaler  Größe).  Hierher  gehört 
wohl  bei  isko^  -üöe  zunächst  die  Bedeutung  der  Handhabe:  b. 
biöUU  .Peitschenstiel',  also  etwas,  was  mit  einer  Peitsche  —  bi6  — 
versehen  ist;  ksl.  toparüU  .Axtstiel',  slov.  ratüde  .hastile'.  &  ko8iMe 
.Sensenstiel',  r.  mdotavMe  .Hammerstiel',  p.  w^jizisko  .Angelrute'. 
Weiter  gehören  hieiher  die  Augmentativa,  welche  die  Neben- 
bedeutung des  Plumpen.  Verächtlichen  haben.  So  haben  wir  r. 
tSligtyj  .korpulenf .  p.  ddisty,  daraus  dann  b.  täüko  .großer  Körper'. 

Hier  sind  häufig  auch  Bezeichnungen  von  Personen  vertreten: 
s.  öoeHHe  .monstrum  hominis';  Ijudiite  .homo  inhumanissimus'; 
slov.  kravU^  .elende  Kuh';  babUSe  .alte  Vettel',  r.  domMe  .großes 
Haus',  tnuzidüde  zu  tnuHkb.  Die  Feminina  haben  die  Endung 
üca  angenommen:  lipiäSa  .große  linde'.  Im  R  hat  -üko,  Fem. 
üka  speziell  die  Bedeutung  des  Verächtlichen  angenommen  (das 
i  ist  entweder  eingeschleppt  aus  Worten  wie  okai{t)ko  oder  aus 
Formen  mit  üöe,  das  auch  noch  im  Kleinr.  vorkommt):  domiika 
.elendes  Haus';  muzidiiko,  vesliäko  .elendes  Ruder'. 

P.  habisko,  boiysko,  boiyszcze  .Götze';  budowisko  .großes  Ge- 
bäude'; <22tai{MA;o  .erbärmlicher  Bettler.  Alter';  cMopisko,  cMopsko 
(im  P.  fällt  hier  mitunter  das  %  aus  vgl.  drzewisko  dameben 
drzewsko  verächtl.  .Holz.  Baum');  chlapiszcze  .grober  Bauer';  b. 
hubisko  .großes  Maul'. 

Abweichend  ist  aksl.  godüte  .annus'  zu  godz;  prozvüte 
.cognomen'. 

Suffix  'tsko-.  Dieses  Adj.  bildende  Suffix  kommt  noch  im 
lii  als  üzka-,  im  Germ,  als  iska  vor  und  bezeichnet  die  Ab- 
stammung und  Zugehörigkeit  oder  Angemessenheit  und  Qualität 

Brugmann,   der  auch  an  eine  Entlehnung  ans  dem  Germ,  dachte, 


470 

erklärt  nun  ia^qo-  aus  der  KomparatiTform  auf  -ü  (vgl.  ai.  affiyas-kdw 
,feinerS  lat.  mshua-euhui),  weshalb  er  auch  lat.  pru-cus  (vgl.  pt%$-4mus) 
dazu  rechnet  (Kurze  vgL  Gramm.  S.  827,  Anm.  2). 

Beispiele:  akaL  dütsln  infantum';  grbäbskb  ygraecuat';  k^n^stsk^ 
yprindpum^;  mqit^  iTirilis';  nd>e8b8kb  ^caelestis^;  rimi>skb,  rumtakb 
^manus';  dovinbaln  ^ovenicus';  zidavhskb  Jüdisch^;  zvMimIcb 
ytierisch^;  vtsjaöbshb  ^mnis  modi'  zu  vtsjakb. 

Substantivisch  wird  gebraucht  voisko,  vaiska  fixerdtasf^  vgL 
auch  adverb.  rimtsky  ^mane';  b.  desky  ^bohemiceS  nSmecky  ^ger- 
manice^  u.8.  w.  Substantivisiert  ist:  Btuko  iRußland^;  Bakousko 
lOsterreich^;  Lipsko  ^Leipzig'. 

Wie  man  sieht,  wird  das  Suffix  an  Subst.  und  Adj.  angehängt 

Vgl.  lit.  devinkoi  ,göttlich*  zu  devas  ,Gott';  pnUüzkas  ^preußisch': 
durch  jo  kann  es  substantiviert  werden :  namUtkis  ,Hausgenosse\  namlMtke 
^Hausgenossin' ;  got  judaitiska  Jüdisch*;  ahd.  dtutise  »deutsch*;  goU 
manni$k$  ^menschlich*. 

Suffix  b.  'uikk  (-unk,  unik),  p.  -unak.  Das  Suffix  ist  der  Be- 
flex  des  d.  -ung:  b.  virduhk,  virdunk  ,Vierdnng*;  faminikj  faBtnkk  ,die 
kleinere  Wagenleiter*,  dann  auch  im  sfidl.  Böhm,  sklüunk  ,die  Emte^ 
(MkHzen,  akUdüi  ^inheimsen*).  Im  P.  ist  es  als  -unek  stark  vertreten: 
raehunak  fijwi\imm%^ ,  kierunek  »Richtung*,  ratunek  »Bettung*,  gatunek 
»Gattung*  u.  s.  w. 

Suffix  -^0-.  Es  kann  auf  *g(h  oder  gh(h  zurückgehen  und 
bildet  Subst.:  pluff^  ^aratrum',  falls  es  einheimisch  und  zu  plyti, 
plovq  gehört;  r.  detvergz{?)  yDonnerstag'. 

-^a;  slftga  ^servus'  zur  W.  JUe^  ^ören^,  struga  ^Strömung, 
Barke'  zur  W.  9ref^,  vgl  stru-ja,  (hstratn;  razga,  rozga  ipalmes', 
das  man  als  rast-ga  gedeutet  hat;  andere  denken  an  lit  rezgü 
4ch  stricke',  ai.  rajjuf  ^Strick,  Seil^  Vgl.  lit  isz-ei-gä  oder 
Uz^ga  lAusgang'  zu  isz-eUi  ^hinausgehend 

Suffix  "ze-  aus  *-io-.  Es  ist  aus  *gij(h  entstanden  und 
bildet  einige  Subst:  aksl.  mqit,  vgl.  got  mann  ^Mensch,  Mann', 
ai.  manu,  -za:  p.  przedaza,  przedai  ,Verkauf ;  odzieia,  odziez 
,E3eidung';  v.ljubza  ,amor'  diaL  Vgl.  liinta^^  yLügner',  meläge 
Lügnerin';  ketvirgis  ,Tierjährig',  treigys  jdreijährig',  womit  das 
oben  erwIUmte  r.  öetvergz  zu  vergleichen  ist 

Suffix  'ago-,  -jago-,  S.  Hprag,  äipraga  ,Gtoträuch'  vgl' 
auch  äipurak,  Hpurka  zu  Hpak,  Hpka  yHagebutte'  und  Üb,  Hba 
yGbsixäuch';  prüjag  ^mpedimenta';  -aga:  B.vinjaga  ,vitis  silvestais'; 
sovidjaga  zu  sava  ,Eule';  mvüjaga  »blatero'  zu  muüjati  jturbare'; 
prüjaga   ^ii^pedimentum'   zu  prttjaU,    prtUi   ,auf  den   Bücken 


471 

heben,  tragen'  (es  kann  also  in  solchen  Fallen  einfach  auch  -ga 
vorliegen). 

Suffix  •egO'.  Aksl.  inegb  neben  inog^  fiovioq,  ygviff  zu 
im;  kovh6egh  fiiCB,^  man  vgL  gr.  tuxvtuovj  lat  caucua,  aksl.  noch 
kotnkah  ypoculum';  s.  iep^  ^Saudistel^ 

Suffix  -eze-  aus  ^-ezo-.  Esist  aus  *«^/o-  entstanden  und 
bildet  Subsi:  ksl.  grabest  ^scpinaf,  r.  grab^,  -ezd,  s.  grabez  m.; 
m^fezb  ^tumultus'y  r.  mjcdizt,  -ezd,  s.  metez  m.;  padezt  ^Kasus'i  r. 
padtöb,  -ezd  und  padezb,  -ezä  ,Viehsterben';  slov.  ddez  ^divisio^ 
r.  del^,  -ezd;  s.  drijemez  m.  ,dormitatio';  lupez  m.  ,Dieb';  prdez 
ycrepitum';  sramez  ^cham^ 

Suffix  ^gO'.  Es  geht  auf  *engo-  zurück  und  ist  bei  Subst 
mit  -^a  verboten:  r.  bülnjaga  ^omo  miser';  bodrjaga  ^omo 
audax';  dvomjaga  ^Hofhund';  komjaga  ,Kahn  aus  einem  Stamme', 
(p.  komiya  ,61ockschiff);  lovdaga  ^gewandter  Mensch';  portnjaga 
^schlechter  Schneider';  rabotjaga  ^arbeitsamer  Mensch';  skupjaga 
,Geizhals';  paproiaga  ^lästiger  Bettler';  voloictga,  p.  wlocz^a  ,erro'. 

F.  dzierz^ga  ^Entenlinse  (lemma  maiory;  cietni^a  ,Eopfzer- 
brechen,  lästiger  Mensch'. 

Suffix  ^dze-  aus  ^^dzo-.  In  den  meisten  Worten  ent- 
spricht es  dem  d.  ing  und  es  ist  infolge  des  vorhergehenden 
Vokals  das  g  palatalisiert  (vgl.  S.  268).  Es  gehören  hierher: 
aksl.  inn^,  hn^dzb  iprinceps',  ahd.  chuning;  pen^,  pin^dzb 
,denarius',  ahd.  phenning;  mer^,  user^zt  ^inauris'  setzt  ein  got 
*iiuh8arings  voraus;  klad^dzt  ,puteus'  setzt  ein  got  kaldings 
voraus;  p.  tvrzeciqdz,  wrzeciqz,  rzeciqdz,  b.  retiz,  r.  alt  retjazt 
,Kette'. 

Suffix  'Sgo-,  -agO'.  Es  geht  auf -^o-  zurück:  ksl.ÄTb^a^^ 
krhöaga  ueqdiiiovj  n:ii>og^  r.  kor6ag%,  neben  karöaga  ,Topf ,  slovak. 
krdah. 

Fremd  ist  ksl.  belegh  ,Zeichen',  kr.  büig,  biljeg  ^Zweikampf , 
alb.  beleg  ^Zeichen,  Zweikampf,  türk.  bilgü. 

-ega:  s.  preöaga  ,assis  transversus'  zu  prekh;  lezctga  %rjXog 
(man  dachte  dabei  irrtümlich  an  xcZa^ae). 

Suffix  'igo;  Es  kann  auf  i^o-,  aber  auch  auf  ingo-  zurück- 
gehen, vgl.  lit  varglngas  ,elendlich,  armselig'  von  vor  gas  ,Elend'; 
imSlav.  bildet  es  allerdings  nur  einige  Subst :  VA,jarigh  ,aa}C3co^, 
dlicium'  dunkel,  ebenso  ^-ur^&  ,pronubus';  -iga:  drimiga  ,doUum', 
vgl,  gr.  yUgafiogi?);  veriga  neben  veruga  ,Kettc'  zu  vwq,  vreti, 
zavreti   ,claudere',   vgl.  auch  vereja  ,vectis';   khniga  ist  entlehnt 


472 

(vgl.  S.  336);  sloY.  öeiljiga  ^Carduus'  zu  öeidj;  r.  jariga  ^grobes 
Kleid^  alt;  teniga  ^dürrer  Mensch'  zu  aksl.  thmkh. 

Suffix  -0^0-.  Esl.  inogh  neben  inegb  f^oviog,  YQvip  zu  im, 
r.Svarogh  ^avische  Gottheit'  zuwar^  also  das  , Glänzende';  batogb 
fStock,  Knüttel^  yielleicht  zu  slov.,  bg.,  s.,  p.  hat,  r.  höh  ^Stock^; 
hrüogh  y'Wildlager',  r.  hrloga  ^KKirüLdiget^  ist  wohl  ein  Komposi- 
tumi  dessen  erstes  Glied  ein  mit  hero  verwandtes  Wort  für  Bär 
war  (PB£.  20,  S.  37 — 46),  das  zweite  ist  klar  (man  dachte  an 
Bärenloch);  dndog^  ,cubiculum'  Lehnwort,  tttrk.  öardak. 

Adjektivisch:  fmnogh  ,vieP  vgL  got.  manage,  ahd.  manac; 
dufdogb  ,peritus'  wohl  entlehnt,  got  handugs  ,weise'. 

-oga:  ostroga  ^deaf  auch  jcalcar'  zu  ostrh,  slov.  lisoga  ,sus 
maculam  albam  habens  in  fronte'  zu  aksl.  Igsh;  r.  trevoga 
,Schrecken,  Lärm';  p.  trwoga  ,BestUrzung,  Sturmlärm^ 

Suffix  -qgO'.  Aus  *'Ong(h  entstanden:  ksl.  pbstrqgh,  p. 
pstrqg  (hzdrqg)  ,Forelle'  zu  ptstrh  ,bunf . 

-qga:  ksl.  chaiqga  ,saepes';  p.  drg^ga  ,Zittem,  Art  Pferde- 
krankheif;  lazya,  laz^a  yLandstreicher';  mür^a  ,langweilige 
Arbeif ;  ostr^gi  ,6rombeeren^;  u>ard^ga  ,erro'.  Hierher  auch  s. 
ostruga  ,calcar,  rubus  fruticosus^ 

Suffix  'Ugo-,  'jugO'.  Vom  urslav.  qgo-  ist  es  in  den  ein- 
zelnen slav.  Sprachen  nicht  immer  leicht  zu  unterscheiden:  slov. 
branjug  ,turdus';  ksl.  hihdugh  fiingf  ist  entlehnt,  türk.  hiUzik 
, Armband'.  Ob  auch  s.  hjdug  ,porcus  albus^;  zdjug  ,porcus  canus', 
r.  hereznjugb  ,Birkenwald'  dial.  und  ähnliche  Worte  hierher  ge- 
hören oder  zu  qgo-  ist  nicht  klar. 

Auch  Fem.  auf  -^ga:  slov.  jaruga  ,fossa  profunda';  pleduga 
/emina  latis  humeris';  vladuga  ,femina  vaga';  p.  hiduga  jAit 
Harz';  jaruga  ,Sumpf ;  kdczuga  ^^ngelpanzer'  (falls  aus  dem  R 
entlehnt,  könnte  auch  -^fga  vorliegen).  Hierher  vielleicht  auch 
s.  hjduga  ,sus  alba'. 

Unsicher  sind  auch  folgende  Fälle:  s.  obrljuga  ,muli6r  squa- 
lida';  r.  hiluga  ,accipenser  huso';  maltöuga  ,Bursche^;  molodöuga 
,flüchtiger  Bursche';  ptjanjuga,  ptjanäuga  ,Trunkenbold^;  dutpuga 
,homo  rapax';  chvatjuga  ,homo  audax^;  Huga,  jaduga,  sbHuga 
,homo  iurgiosus'  dial. 

Suffix  'Uze  aus  -ii^o-.  Es  ist  aus  *iij[/o-  entstanden:  slov. 
mekkiu,  mdcuz  ,Weichling';  -uia;  s.  haluza  ,caenum';  kaljuia, 
kaljuga  ,Morasf . 


473 

Suffix  -ygo-.  Es  konnte  aus  *-s^o-  und  *ung(h  entstanden 
sein.    Dunkel  ist  soBygh  ^omax  fusoria^ 

-yga:  aksl.  kotyga^  hotuga  ,tunica',  vgl.  mlat,  it  cotta,  mlat. 
eotuca^  ahd.  chozza;  knkyga  /nuTus,  lectica^  vgl.  lat  carruca, 
BhiLcarrueh;  v.lotyga  yVerschwendei',  lovyga  ^gewandter  Mensch'; 
pobrodyga  ,erro';  p.  dziadyga  ^senex^;  hdyga  ^caulis^  (b.  lodyha), 
astryga  aus  lat.  ostrea. 

Suffix  'inga-.  Es  kommt  im  Slov.  vor  und  ist  der  Reflex 
des  d.  -^ng:  prepiringa  ,maf;  pretezinga  ^onus';  foHnga  ^Fuhi^; 
hoHinge  R.  ^Kosten,  Aufwandt  Im  Oberkrain.  vexunga  , Ange- 
binde* ist  -fiti^  geblieben  (rgL  oben  -^nek). 

Suffix  'dzija-.  Es  kommt  im  Bg.  ond  S.  vor  und  ist  das  türk. 
dii,  diy.  Es  bezeichnet  den  mit  dem  darch  das  Thema  aasgedrQckten 
Gegenstand  Beschäftigten:  bg.  ke$edzija,  klfucärdzi/a;  s.  abodzifa  ,Bartoris 
genns';  boBtandzija  ^hortnlanas' ;  an  einheimische  Stämme  gef&gt:  vo$ko' 
vardiija  ,der  die  Wachstrebem  kaufte  vo9kovar%na\  vratardzija  «ianitor*; 
hüdzija  »amans  Tenationis';  pjanmdzija  ,potator'. 

5-  und  (;A-Suffixe.  unter  bestimmten  Bedingungen  geht 
s  in  ch  über:  daher  haben  wir  8-  und  ch-Suffixe.  Dazu  kommen 
aber  noch  die  i-Suffixe,  da  dif  und  sj  zu  i  führte. 

Suffix  '80-.  Aksl.  das^  ^Zeiif  zu  öa-jati  ,warten'  nach 
Zubat^  auch  preuß.  kisman  (i  —  l^  y^eile'  hierher  (AfsL  Phil. 
16,  S.  385);  gla8^  (aus  *g6l8(h)  ^Stimme^y  nach  Brugmann  ver- 
mutUch  zu  lat  gaUu8,  dessen  ü  auf  U  zurückgeführt  werden  kann 
(Orundr.  I*,  S.783);  kltuz  4uista';  vlasz  »Haar';  kqn  aus  *kond80' 
^ißchen,  Stück',  vgl.  lit.  kdndu,  kqsti  »beißend  Vielleicht  auch 
s.8ta8  , Wuchs,  Stand'  zu  sto-  (im  Aksl.  ein  i-Stamm:  stash  ,regio'). 
Bei  bisb  ,daemon'  denkt  man  an  bis^ia  (BB.  26,  S.  147),  an  lit. 
baisus  »fürchterlich'  und  an  lat.  foedu8,  sodaß  das  Wort  noch 
dunkel  ist;  '8a:  s.  grab8a  ,rapina',  r.  plak8a  , Weiner,  Weinerin', 
dial.  ist  es  kollekt:  ,die  Weinenden';  h.drk8a  ,Hieb,  Riß'.  Eigen- 
namen: Hlav8a,  Ziv8a, 

Im  Genn.  war  «o  ein  beliebtes  Tiernamenformans  z.  B.  ahd.  /tiA«, 
iuA«,  mhd.  ddh9  (Brugmann,  Kurze  vgl.  Gr.  8.  331,  Anm.). 

Suffix  'ChO'.  Es  ist  aus  «o-  entstanden«  Wir  haben  hier: 
8isA.8mickb  ,risu8';  8pickb  ,studium';  8luch^  ,auditus';  du€h^  ,spiri- 
tns';  b.  öuch,  dich  ,Geruch'. 

-cha:  ksL  8trScha  ,Dach';  r«  licha  ,Beetf;  prjacha  ,Spinnerin' 
zu  prjadu,  prjcuth  ,8pinnen';  rodicha  , Wöchnerin';  spoicha,  8picha 
^chlafhaube,  schläfriger  Mensch';  tru8ieha  ,mulier  timida';  zecha 
^Gaffer';  manicha  ,homo  fi^udulentus'  zu  manüt;   nedadia  ,qut 


474 

non  dat'  dial.;  vertjacha,  vertecka  ,WindbeuteP;  svacha  ,Frei- 
werberin^;  b.  tnrcha  ^Aas';  p.  kmocha  ^Gevatterin'. 

Suffix  »äe-  aus  -io-.  Es  ist  aus  -chß*  entstanden.  Wir 
finden  es  insbesondere  als  -ia  rertreten;  sonst  z.  B.  in  oioY.  pravcUtä 
ylitigator'  noch  vorhanden  {slao: prtwdori).  Es  wurde  hier  aber  wohl 
-ai  als  Sufifix  empfunden,  analog  in  p.  nudzüz  ^angweihger 
Mensch';  odrwisz  ^^trüger'  zu  odrunS  ,betrttgen'. 

-ia:  s.  daäa  ^dator^;  nedaia  ^on  dans';  neataäa  ^efectus'f 
nechtjeäa  ffui  se  nolle  didtf ;  izjeia  ,gulo';  r.  kryia  ^tectum';  sonäa 
^omo  somnulentus';  moHeria,  maHeria  ^noverca'  alt;  Uväa  ,Linke'; 
praväa  ^chte';  Maia  zu  Marija,  Martja;  8aäa  zu  Aleksandra. 
Im  ftuss.  bildet  auch  äa  das  Fem.  zu  anderen  Mask.:  baronäa^ 
doktoräa,  generaltäa,  Wcaräa,  opekunia;  pisaräa;  tojonia  ,Frau. 
des  DorTältesten',  tojom,  aruss.  tium;  unteräa  ,Unteroffiziersfirau'^ 
analog  auch:  vdikanäa,  vlastdinäa.    fi.  akrySe  ^Schlupfwinkel'. 

Das  adj.  i^  (*io-),  das  wir  häufig  antreffen ,  ist  jedenfalls 
komparativischen  Ursprungs:  b.  dolejH  ,der  untere'  zu  doUji 
,weiter  unten';  horejH  ,der  obere'  u.  s.  w.,  darnach  näcdejH  ,ehe- 
malig';  njfnijäi  Jetzig';  z<üjfi{  Riesig';  ßnäi,  p.  inszy  zu  jiny,  iny 
^uflt';  ^dzisUJBzy  ^heutig'i  jutrzejszy  ,morgtg';  tanUejszy  ^dortig';. 
wczorajazy  ^gestrig';  os^dzetUsüi  ,der  heutige',  letuäi  ,der  heurige'; 
teduÜ,  tedomäi  ^damalig'. 

Suffix  -asO'.  Hierher  gehört  s.  Vukas;  r.  rybas^  ,Fisch- 
händler';  durandash  ^stultus'  dial.;  krivandain  ,Schieler'  dial.  (hier 
schon  SufiBxerweiterungen);  p.  ganiaay  ^wechselseitiges  Herum- 
jagen'; obertas  ,Art  Tanz";  obertasy  Fl.  ^Verlegenheiten';  gibas, 
gübas  ganger,  ungeschickter  Kerl';  htrM  ,Räuber';  bialaay  Adj.; 
h.chu^  ,armer  Tropf  zxkchudy  ,arm';  Zo^rd«  , Lotterbube';  ma^iM 
,Bengel';  mamlaa  yLümmel';  bUaa^  Adj.;  -^aa:  ksl.  ld^ba8a  ^Wursf ; 
r.  valjasa  ^ungeschickter  Mensch'. 

Suffix  'acho-,  Ksl.  airomackb  ,paup^r';  svojtMib  ^afiines'^ 
setzt  *8toJach^  voraus;  -acha:  r.  6erepa6ha  ,testudo',  vgl.  aksl. 
dripz  ytesta';  rubacha  ,Hemd'  zu  aksl.  r(^^  ,^xo^,  pannus'. 

Mit  -^n(h  oder  -»»lo-  dient  -aeho-  oder  -jatha-  zur  Demi- 
nuierung  von  Acy.:  s.  mladjahan  ^uvenis';  slov.  polagahan  ,tar- 
dus';  s.  lagahan  ^evis';  mcdaky  malahan  ,parvus';  slov.  tnaljahan 
,parvus';  s.  bäfahan  ,albus';  tnekaian  neben  mekahan  ,molliculus'; 
slov.  mehkahan  ,tenellus';  r.  bdjadmyj  dial. 

Da  nach  a  das  «  sonst  nicht  in  ek  übergeht,  so  liegt  bei  unserem 
Soffize  «db«  offenbar  eine  Analogiebildung  vor. 


475 

Suffix  -aie-  aus  *'aio-.  Es  ist  aus  ^-adijo'  entstanden. 
Dieses  SufiOx  wird  wohl  in  den  seltensten  Fällen  im  Slay.  vor- 
liegen, wie  p.  niezgrabiaaz  ^TölpeP,  yielleicht  auch  r.  livaS^  ^link- 
hand';  muraih  ^ormica^. 

Sonst  liegt  in  den  südslav.  Sprachen  und  zwar  insbesondere 
im  Serb.  ein  Suffix  -o^  vor,  das  mit  zahlreichen  diesbezüglichen 
Lehnwörtern  aus  dem  Magyarischen  stammt,  z.B.  sior. pajda§ 
^sodus',  magy.  paßäs;  orjai  »gigas*,  magy.  6rid8.  Dann  wurde 
es  auch  bei  einheimischen  Stämmen  angewendet  (vgl.  Strekelj^ 
Zur  slav.  Lehnwörterkunde  S.  55) :  slov.  vdikai  ,magnatum  unus'^ 
hier  könnte  das  Suffix  übrigens  auch  einheimisch  sein;  kod^fai 
^unga^;  mejai  ,confinis,  läpis  terminalis';  bg.  pdinai  ,Wer- 
mutwein^ 

S.  kolibaä  ,servus  publicus  pestis  causa  separates  observans^ 
zu  koliba;  tnedjaä,  pamedjaä  ^confinis^;  pelenaä  ,Wermutwein^ 

Suffix  ^echo-,  'jecho-.    R.  Umecikt  yPflugschar';  bzdeckb, 

echa:  ksl.  fiMMeeha  ,noverca^  wohl  aus  *matjocka;  T.maöieha, 
p.,  OS.  macocha;  r.  babecha  ,altes  Weib',  dial.;  sporecha  ,der  Hän- 
del sucht';  kraskha  ,femina  sana';  b.  vafecka  ,Kochlöffel'. 

Suffix  -eäe-  aus  *-eio-.  Es  ist  aus  *^€chj(h  entstanden: 
ksL  lemeib  ,aratrum';  s.  gavnei  ,convicium  in  hominem'  zu  gavno 
,stercu8';  -eia:  s.  Orubeäa  u.  s.  w. 

Suffix  -150-.  Es  kann  nicht  alt  sein,  da  -480-  zu  ich(h  führen 
mußte.  So  ist  es  auch  sehr  spärlich  vertreten:  p.  miodnid,  G«n. 
'9ia  junges  Männchen';  modnii  ,Modenan';  strojnid  ,Putznarr'. 
Dazu  das  Fem.  auf  -isia:  stroß^iaia,  von  hier  aus  ist  das  ä  dann 
auch  ins  Mask.,  das  miodnis  u.  s.  w.  heißen  sollte,  eingedrungen 
(vgL  beim  Suffix  $is(h). 

Suffix  'icho-.  Es  ist  der  regehrechte  Vertreter  des  ur- 
sprachlichen,  -iso-.  Wir  finden  es  in:  ksl.  ienichz  ,sponsus'  zu 
iena;  slov.  omelih  fiarimBch*;  b.  Hvodich  ,lebendes  Wesen*  zu 
zivok;  "icha:  slov.  pasiha  ,attentio';  r.  gredicha  ,Buchweizen';  im 
R  häufig  zur  Bildung  des  Fem.:  bogadicha  ,femina  dives';  cho- 
daäicha  zu  chodakh;  igrodicha  ,Eartenspielerin';  kupöicha;  mudju- 
micha  zu  mudjutm  ,homo  stultus';  odicha. 

Suffix  -f^e-  aus  *-tio-.  Es  ist  aus  ^ichjo-  entstanden. 
Was  aus  den  südslav.  Sprachen  wie  sior.drobü  ,ArtGras';  daliä 
,domicilium';  s.po8erü  (vgl.  izbili  gß  do  paserüa);  golü  ,avis  nuda'; 
obliä  ,Khombus'  u.  s.  w.  hierher  gehört,  ist  mitunter  schwer  zu 
bestimmen,  da  es  sich  auch  um  aksl.  yie-  handeln  kann.    Sicher 


476 

gehört  hierher:  naOä  im  Oegensatz  zu  tudjü  im  Sprichworte. 
-tifa:  8.  obderiäa  ^omo  veste  lacerata^;  anch  in  watiäa  ^redditor^; 
platüa  ^Ivens'  ist  eig.  -ia  das  Suffix. 

Suffix  '080'.  Ist  sehr  selten:  s.  prkos  ,contumacia';  klr., 
WT,  dzivaay  Fl.  ^Wunderdinge;  h.räkos  ^Rohi';  p.dzitcosif;  hrzywos 
^krummes  Ding^. 

Suffix  'OchO'.  Da  nach  o  das  8  sonst  bleibt^  so  wird  es 
sich  hier  offenbar  um  eine  Analogiebildung  handeln.  Dieses  Suffix 
ist  auch  intensiver  yertreten  als  oso-.  Hierher  gehört:  b.  bzdoch, 
prdoch,  8mrdoch  .Stänker^;  trtach  (vrtodiy  H.  ,GrillenO;  bäodi; 
demock  ^Neger^;  ßnoch  Jüngling';  lenod^  ^Faulenzer*;  mudroA 
^ügling';  p.  hidzioch  ^Fister^;  wiercioeh,  wierdmak  ^ibekeule'; 
-ocha:  aksl.  trocka  ^ica'  gehört  vielleicht  hierher;  r.  obirocka 
^der  danimmt^  dial.;  opivocha  ^os  inebrians^;  opitocAa  , Trunken- 
bold'; p.  m^drocha  ^ügling'. 

Suffix  oie-  aus  *oiO'.   Es  setzt  ein  ockjo-  oder  osjo-  voraus 
und  zeigt  sich  in:   ksl.  mokroib  ^uariua^,   r.  rokoH  ,8editio'  alt 
&  bogatoi  ^omo  dives';  junoi  yiuvenis^;  Bjdoi  Name  eines  Berges 
Personennamen:  MilaS,  DragoS;  p.biah8z  ,weifierStein<;  diugo8z^ 
hardo8z  ^tolzer   Mensch';   gniewo8z   ,der  sich   ärgerf;    b.  bäoi 
^Schimmel';  hnedoS  ^raun';  hrdai  ^Izer  Mensch',  panoä. 

-oSa:  ksL  8v^oäa  ^horno  sanctus^;  junoia  juvenis^;  slov. 
prekoia  ,animal  virgatulum';  s.  neznadoäa  ,inscitiam  simulans'; 
nemogoia  ,qui  se  non  posse  dicif ;  r.  sipoia  ^tula'  alt 

Suffix  'U80'.  Auch  hier  kann  es  sich  nicht  um  ein  urslav. 
Suffix  handeln,  da  das  8  nach  u  in  ch  übergehen  mußte:  das 
Suffix  ist  daher  wohl  fremd.  Wir  finden  es  in:  s.  grabu8  ,rapina'; 
r.  boUu8^  ,homo  mendax^  dial.;  rabusz  ßermsf  dial.;  b.  divou8 
^wilder  Mensch'  zadiv^  ,wild';  kalou8,  kahui  ,Ohreneule';  morou8 
^Ip';  p.  babu8  ,vetula';  fnoru8  ^Schmutzfink';  obdartus,  odartus 
verlumpter  Kerl';  deru8  ^Schinder';  garbuä  ^Buckeliger';  babtiä 
4'abb^;  laumä  junger  Löwe'.  Das  ä  ist  wieder  vom  Fem.  auf 
tja  verschleppt^  vgl.  r.  8Upushja  ,caeca'  dial.,  das  ein  *siipu8b 
voraussetzt;  p.  babusia;  gffmsia  ,Mäulchen';  Jagusia  ,Agne8'; 
mamusia,  m(ttu8ia  (vgl.  beim  Suffix  "{80-). 

Suffix  'Ucho'  {"jucho').  Eis  geht  auf  iiao-  zurück  und  die 
lit  Superlative  wie  ger%aii8io8  ,der  beste'  scheinen  sich  damit  zu 
berühren  (vgl.  IF.  5,  S.  37).  Es  findet  sich  allerdings  in  Subst 
Tor:  ksl.  80puchz  ,siphon';  kozudl^  ,Pelz';  ottöuch^  yStiefvater*; 
pam^uchz  ^niuriae  acceptae  memor';  voludi^  ,bubulcus';  s.  bogatuh 


477 

^omo  dives';  pcutuh  yequus  admissarius';  sIoy.  ogleduh  ,explorar 
tor';  jH>lezuh,  zalezuh  ^omo  piger';  dmjuh  ^omo  niger';  T.hzdjuckb 
Jltis';  drtizuckb  ^omo  audax'  alt;  h.padaueh  yGalgendiel/;  aopaudh 
yLufUocb^;  pazouch  ^NebeDscboß^;  Bxd-auch  beruhen  auch:  ranouiek 
^frühes  Kind^;  zlatauiek  ^lieber,  Goldener';  p.  letuch  ^Faulenzer^; 
plotuch,  pUciueh  ySchwätzer';  ämierdziuch  ^Stänker^;  kopciuch 
, Aschenbrödel;  paluch  yDümling';  staruch  ^ter  Mann^ 

-^ucha:  ksH  gorucha,  gorjucha  ,8inapi'  zu  *gort  in  gortkb;  im 
RuBS.  ist  es  stark  yertreten:  dojucha  ^Melkkuh';  gnetucha  ^Fieber'; 
Ijagucha  ,Frosch<  (eig.  die  ,SpringendeO;  plja^ucha  ,saltatrix<; 
j>ovUücha  ^bstetrix';  bogaiucha  ;femina  dives';  prostucha  ^ulier 
indocta';  nidevudui  yder  zu  nichts  taugte ;  b.  belucha,  demucha^ 
p.  zawierudia,  zawierzucha  yUngestüm,  Staubschnee';  bialucha 
yweiße  Ziege';  dziewucha  ,Jungferlein'.  Vgl.  auch  biduchnff 
^weißlich';  daumiuchny  ypristinus';  dobrucbng,  dobrzuchny  Dem. 
von  dobry  yguf ;  Kariucha  und  Kachtia  lEäthchen'. 

Suffix  'Uäe-  aus  *'UiO'.  Es  ist  aus  *uchj<h  entstanden* 
Es  zeigt  sich  in  den  alten  serb.  Personennamen  wie  Draguät^ 
Niguit,  Radt*ih;  slov.  bogatuä  ^omo  dives';  Hpui  ,tibicen'  zu  Hp 
,tibia';  r.  povivuiz  , Wickeltuch';  batjuih  ,pater'  dial.;  dikuifb^ 
;Heidekom';  b.  ckocholoui  ^Seidenschwanz';  zidouä  ^ude';  beloui 
^Schimmel';  dobrouS  ,guter  Mensch';  hrdoui  ^tolzer^;  Vavroui 
yLorenz';  p.  cie/ücusz  yNachbier'. 

"Uia:  im  Serbokr.  sehr  verbreitet  (vgl.  bei  Daniiiö,  Osnove, 
S.  361— 362,  Miklosich  II,  S.  344— 345)  z.  B.  govoruia  ,muUer 
loquax';  popüuia  ,minctrix';  es  hat  sich  hier  ein  festes  Akzent- 
system entwickelt:  bis  auf  srljemuia  ,Art  Zugemüse',  öskaruäa 
ySperberbaum',  prporuäa  ,einer  der  um  Regen  bittenden  Burschen^ 
und  das  adverbiell  gebrauchte  nigledaäa  fihne  anzusehen,  non 
videns'  haben  wir  hier  immer:  adßttiäa  ,mulier  furiens  libidine'; 
alätuäa  ,equa  rufa'  u.  s.  w.,  r.  daher  auch:  klikuäa,  krikuia  ,cla- 
matrix',  auch  eine  ,Bese8sene';  kvaküSa  ,Frosch';  malcMa  ,Mohn- 
kopf .    B.  Libuäe,  ab.  -tiäa. 

Hierin  zeigt  sich  eben  noch  der  Zusammenhang  mit  dem 
Suffix  'Ucha,  daß  im  R.  auch  das  u  hier  betont  wird:  povüücha,. 
Ijagucha  u.  s.  w. 

Suffix  'ysO'.  Dieses  äußerst  selten  vorkommende  Suffix 
ist  jünger  als  ycho-:  b.  mestya  (jung)  ,Marktflecken';  r.  mamysiy 
,Vater'  dial.  und  mamysb  ,Mutter^. 


478 

Suffix  -yeho-.  Als  Fem.  r.  babaltfcha  schmutziges  altes 
Weib'  dial.;  p.  janczarycha  »Sklaverei*. 

Suffix  -yie-  aus  ^-yäo-.  Es  ist  aus  *y€kjo-  entstanden 
(bez.  *ückjO')  und  zeigt  sich  in:  r.  obm^yS^  »Wechselbalg*;  pokidySz 
,der  Verlassene*;  priemySz  ,angenommenes  Kind*;  proigryS^  ,das 
Verspielte*;  vyigryH  ,der  Gewinn*;  belyh»  ,Eiweiß*;  dutyih  »homo 
inflatus*;  b.  skpyä  »Blindschleiche*  zu  slepy  »blind*;  lan^i  (2afti/£) 
»Trü£Pel*;  mSck^i  »Weichtier^;  p.  gladysz  »Stutzer*;  goiy9z  »armer 
Wicht*;  miodyaz  »jung  aussehender  Mensch*. 

-yia:  s.  bögüa  »iris  germanica*;  Personennamen:  Drägüct, 
{jfrübiäa;  r.  sUkiäa  »naßkaltes  Wetter*  dial.;  opahüa:  na  opcÄUu, 
^la  apako. 

Es  kann  nicht  immer  entschieden  werden»  ob  yäe-  oder  üe^ 
vorliegt 

Suffix  -zeho-,  -»cAo-.  Ksl.  hrh^bch^  »cincinni*;  smcha 
^nurus*;  v^ch^  »vetus*. 

b)  f-Stämme. 

Es  hatte  zweisilbige  Stämme  gegeben»  deren  zweite  Silbe  in 
gewissen  Kasus  ein  i  enthielt»  so  insbesondere  im  Nom.  Sg.  -ü, 
im  Akk.  Sg.  4m;  in  manchen  Kasus  wurde  sie  auch  diphthon- 
gisch und  zwar  enthielt  sie  dann  ein  ^  oder  oi  Es  wäre  daher 
richtiger  von  ^-Stämmen  zu  sprechen.  Von  den  ursprünglich  so 
gearteten  Stämmen  wurde  dann  das  SufBx  abstrahiert  und  einzel- 
^prachlich  auch  an  anders  geartete  Wurzeln  gefügt. 

Ursprünglich  hat  es  hier  alle  drei  Genera  gegeben  und  zwar 
sowohl  Subst  wie  A^.  Davon  haben  sich  jedoch  im  Slav.  nur 
m.  und  f.  Subst  erhalten;  von  den  n.  zeigen  sich  nur  Spuren. 
Desgleichen  ist  auch  das  hierher  gehörige  Adj.  bis  auf  einige 
erstarrten  Beste  verloren  gegangen.  Die  Suffixe»  mit  denen  t-St 
gebildet  werden»  sind  mannigfach  und  sollen  im  folgenden  auf« 
i;ezahlt  werden.  An  der  Spitze  steht  das  einfache  ^Suffix»  das 
auf  urspr.  i  zurückgeht 

Suffix  -».  Mask.  sind  hier  nicht  mehr  zahlreich  ver- 
treten: aksl.  bolb  »Kranker*;  golqbh  »Taube*  etymologisch  jedenfiEdls 
verwandt  mit  r.  goluböj  »himmelblau*»  preuß.  golimban  »blau*; 
gospodh^    »Herr*;   gvozdt   »Nagel*;    der  Plur.   Ijudhfe  »Menschen» 

1.  Ich  halte  mit  Mach  dieses  Wort  für  entlehnt  und  zwar  ist  es 
etwa   der  Beflex  eines  got.  ^gatH-fapSj  fapi  =  ai.  patif  ,HerrS  gr.  x6aig. 


479 

LeuteS  sonst  lpid^,  vgl.  got  laudi-  ,Mann'  und  liudan  ^wachsen'; 
das  Komp.  medvidt  ^Bär^  (eig.  ^onigesser');  navt  ^mortaus^,  im 
Ab.  jderTod':  skrzä  Evu  bjl  ndi  nav,  vgl.  got  naus  ^Toter^  (im 
Akk.  PL  nathins  also  auch  ein  t-Stamm);  pqib  jWeg',  man  vgl. 
gr.  növrog  ^eer'  und  lat  pöns,  vielleicht  liegt  hier  ein  Suffix 
"tb  {*ti8)  vor;  rjftb  ^pardalis*,  p.,  klr.  ryrf,  r.  ryst;  zvirt  jTier*,  lit 
zveria.    Neben  uitdz,  uUdz  kommt  auch  uHdt  ^üchtling'  vor. 

Als  Fem.  haben  wir:  bl^t  fimuBj  nugae';  neben  6ad^  auch 
dadt  yBauch';  dtnrb  Sg.  und  dvhri  Fl.  ^Tür^;  gqsh  ßrsnBfy  lit. 
iqsis;  neben  gnwb  auch  gnust  ^Schmutz'  und  gnesh,  gmsb  fiorieBf 
(vgl.  S.  341);  grqdt  fimsi^;  slov.  grez  f.  ^Morast^  setzt  ein  aksl. 
gr^t  voraus;  chott,  pochath  ,desiderium'  vgl.e&»^»,  ckoiHi  ,wollen'; 
jadb,  8hfi-edb  ^bus',  kont  in  pthkont , An&ng',  i^-ioni  yVon  Anfang 
an';  hib  (neben  hia)  ,LUgeS  ahd.  lug  (urgerm.  *lugi}  dass.;  midt 
,ae8<;  modb  ,Hani'  vgL  moknqti  ,madefieri';  osb  , Achse',  lit  aszia, 
lat  axis;  ras-koib  yVoluptas'  zu  koehati;  sah  ßah^  vgl.  gr.  äli- 
in  Zusammensetzungen;  skrbbb  ymoeror';  siöt  fisedeef  zu  sikq,  siHi 
,caedere';  (hst^zt  jvestis';  t^  ,onus';  vSdt  ,8cientia';  vhib  ,Laus'; 
fn>sb  yvicus'  ursprünglich  kons.  ai.  vis-;  ebdh  ,materia';  zndt 
,Stange';  vodo-tedt  und  vodo4o6b  ^Wasserlauf,  Kanal';  xemt  ,Erd- 
reich'  (so  bei  Johann  Exarch  v.  Bulg.,  im  B.,  B.  u.  s.  w.)  neben 
zemlja  ^Erde,  Land'. 

Mitunter  zeigt  sidi  hier  ein  gedehnter  Stamm:  riöb  ysermo' 
vgl.  r^,  reHi  ^sagen';  zvert,  lit.  zveris  gegen  lat  ferua,  aber 
doch  auch  tf^^^  ^p^lQog;  vgl.  gr.  driQig  f.  ^Streitf  C^^)?  got  u?Bg8 
m.  ,Woge', 

Häufig  ist  das  nrspr.  Suffix  durch  andere  schon  teilweise  verdeckt: 
in  ovb-ea  ,Schaf  zeigt  das  ovt  noch  den  alten  »-Stamm,  lit.  avU,  lat.  avü. 
So  können  wir  voraussetzen,  daß  es  sich  bei  9r9dbe€  ,Herz'  analog  Terbtlt: 
ifbth  enthält  noch  den  alten  neutralen  Stamm,  vgl.  lat.  cor,  eordü. 
Ein  alter  Überrest  der  neutralen  Stämme  sind  auch  die  Dualformen  oci, 
uii  zu  oko  ,Auge'  und  ueho  ,Ohr',  Tgl.  ai.  äkfi  n.  und  lit.  alAi  allerdings 
schon  Fem.,  wie  auch  ati«U  ,Ohr'. 

Die  urspr.  adj.  »-St.  sind  indeklinabel  und  meist  auch  zu  Adverbien 
geworden:  9uguhb  .doppelt';  ispbnt  ,yo\V:  op^  ,retro';  zap^  ,post'  zu 
p^  ,Ferse';  prhproMU  ,8impliciter' ;  tir^m^  ,firmiter'  u.  s.  w. 

Dagegen  hat  sich  noch  erhalten:  tmje,  trij'e  ,dreiS  lit.  irgi,  got. 
preü,  gr.  tßOs. 

Als  sekundäres  Sufiix  an  Subst  angehängt  bezeichnet  es 


lat  patii.    Unwahrscheinlich  ist  Mikkolas  Hypothese,   nach  der  an  ein 
lat  ^hoiiipoiü  zu  denken  wäre  (Sbornik  für  Fortunatov  S.  274). 


480 

Kollektiva:  d^db  ^Leute'  zu  d^do  ,Kind';  dett  ^beri*  vgl.  dä^ 
jSäugling';  r.  svölodb  ^Gesindel';  s.,  b.  u.  s.  w.  ozim  , Wintersaat^; 
ksl.  Murh  jAethiopes*  zu  Murim;  Surt  ,Syri*  zu  Surim;  svojait 
^affines'  setzt  ein  *svoja€kb  voraus;  weiter  jBi«^  ,die  Russen',  dann 
,Kußland';  ebenso  Cudt  ,die  Finnen^ 

Desgleichen  mitunter  auch  bei  Adj.:  tä;hib  ,res  antiquae^ 
dann  bei  Kardinalia:  p^  ^quinque'  eig.  ^Pentade'  zu  p^  ^der 
fünfte';  ebenso  äesth,  dev^,  des^,  dann  sedmb,  osmt.  Doch  ist 
es  wahrscheinlicher,  daß  nicht  die  Ordinalia  zu  Grunde  gelegt 
wurden,  vielmehr  gab  es  kons.  Stämme  auf  -t  wie  sich  noc^  bei 
des^t  ,zehn'  einige  Formen  erhalten  haben  (Nom.  PL  z.B.  des^). 
Von  hier  aus  war  dann  die  Anregung  zu  solchen  Bildungen 
gegeben. 

Sonst  bezeichnet  das  Sufßx,  an  Adj.  angehängt,  meist  Ab- 
strakta:  öri^vem  ,color  cocdneus';  lent  ,pigritia';  studem  ,frigus'; 
sust  ,8iccitas';  züt  ,malitia',  sytt  ,8atietas^  in  do  syti  ,satis';  iestodt 
,Härte'  zu  zestokh  ,hart';  zdent  ,viriditas'  zu  zeUm  ,grün'. 

Das  Vorbild  zu  diesen  Neubildungen  war,  wie  Brugmann  richtig 
bemerkt  (Grundr.  II,  1,  S.  267),  durch  das  Nebeneinander  von  solchen 
wie  da-nt  ,Gabe'  und  da-nb  ,gegeben';  p^tf  ,Fünfheit,  fünf  und  p^s  ,der 
Fünfte*  gegeben. 

Suffix  -nt:  Schon  ursprachlich  bezeichnete  -nia  als  Fem. 
Abstrakta:  ai.  glmi^  ,das  Verschlingen^,  vartanii  ,das  Bollen, 
Lauf,  Bahn',  got.  pahains  ,da8  Schweigend 

Das  Mask.  dtnh  ,Tag',  lit  dinä  (aus  *dein'),  preuß.  deina 
yTag',  lat  nändinae,  ai.  din-a-m  war  im  Slav.  eig.  ein  kons. 
Stamm;  ein  »-Stamm  dagegen  das  Mask.  o^rti»  ,Feuer^,  litugnls  t 
Wahrscheinlich  auch  kanh  ,Pferd*,  das  ein  »-St.  war,  wie  das  Ab. 
U.8.  w.  zeigt  {konmi,  koni  Gen.  PL),  dann  doch  wohl  aus  ^koh-nt, 
das  Bohä£  (Ml.  33,  S.  106)  mit  lat  cdbo,  -önis  (nur  in  Glossen) 
und  caballus  zusammenstellt  Urspr.  wäre  es  ein  kons.  n-St  ge- 
wesen (*kobtf  aus  -ön  wäre  noch  in  kobtf-la),  Urspr.  liegt  hier 
also  nicht  ein  Suff,  -m  vor;  komont  wäre  dann  aus  *kobmonb 
entstanden. 

Als  Fem.:  aksl.  brant  ,Eampf'  zu  brati,  borjq  ,kämpfenS 
lit  6ami«  ,Zank^;  dant  ,vectigal';  ä/an»  ,fiache  Hand'  Ana^dol^is 
(vgl.  doh  ,Loch,  GrubeO,  lit  delna;  prikaznt  ,fabula'  zu  kazati 
,zeigen';  s^h  ,Schatten'  (vgl.  S.  349);  stbgnb  ,platea'  zu  sttg  vgl. 
stignqti  ,kommen',  axelxu)  u.  s.  w.;  ab.  zeü  aus  *zbnt  und  dieses 
aus  zV'nis,  Gen.  zni  ,Ernte'. 


481 

Häufig  liegt  wohl  ein  Part.  Prät.  pass.  auf  n  Tor,  so  daB  es  sich 
dann  eigentlich  nm  das  Suffix  -m  (»)  handelt,  z.  B.  r.  ikant  ,Gewebe'  zu 
t^kati  , weben';  r.  kopan»  ,fovea'  za  kopati  , graben*.  Zwischen  dem  Saffixe 
Hb  und  dem  Partizipialsuffixe  -no-  scheint  überhaupt  eine  Verwandtschaft 
zu  bestehen  wie  analog  zwischen  it  {tüi)  und  dem  Partizipialsuffixe  -to-. 

Vor  dem  Suffixe  -nt  erscheint  s  und  s:  bow  »fabula'  zu  bqfati; 
pUnb  ,cantu8'  zu  piii  ,canere';  pli$nb  ,tinea',  r.  pUtnt,  lit.  ptlu,  pelih 
»schimmeln',  FXjiT.pMnai  ,Schimmel'  hier  wäre  das  «  auch  stammbildend 
gewesen.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  daß  yon  solchen  Bildungen  aus 
das  s  seinen  Ursprung  hatte.  So  haben  wir  auch  pliekö  ,Kahlheit',  das 
jedenfalls  hierher  gehört.  Aus  Bildungen  wie  das  oben  erwähnte  pri- 
kazn»  konnte  dann  auch  ein  Suffix  -zu»  abstrahiert  werden;  ygl.  noch 
hojazm  ,Furcht'  zu  bojati  $^  ,fürchten',  ygl.  preuß.  btäwan  (Akk.)  ,Furcht' 
zu  hiätum  ,fürchten';  holiipb  «Krankheit'  zu  holHi\  cajatnt  ,spes'  zu  oajaii 
,warten';  kqfaznb,  kasnb  und  pokajaznb  ,poenitentia'  zu  kajati;  ktzn» 
«Hinterlist'  zu  koeati,  kujq,  kavq  «schmieden';  prijaznb  ,fayor  amici', 
f4€prijaznb  «malum,  diabolus'  zu  prijaii;  vasnb  xvxti  neben  f>a9nb\  zwib 
,vita'  zu  ifii,  zivq  «leben'. 

Das  s  (jedoch  nicht  das  z)  taucht  auch  im  Lit  auf:  düinis  neben 
dünii  «donum';  dek-ints  f.  «Brandstelle',  weiter  im  Genn.:  got.  ana-husn-s 
«Entbietung,  Befehl'  aus  -buttni  zu  ana-hiudan,  ist  daher  yorslay.  (ygl. 
oben  S.  421). 

Suffix  -ant.  AkBÜffThtant  m,j  r.  gortant  ^ehle^  verwandt 
mit  jrr^to  aus  ^grdlo,  b.  hrdlo,  r.  gorlo  ^Eehle^  vgl  lit  gurklys 
,Gurgel'. 

In  Jahlanb  «Apfelbaum'  liegt  kein  -am  yor,  es  ist  aus  *aholni9  ent- 
standen« ab.  auch  noch  jaUan^  da  aber  ein  jahlo  bestand,  wurde  jahlah 
darnach  zvl  jahhh  umgestaltet,  r.  anchjaft^»;  rzvam  «lucta'  gehört  zu 
rzcati  «evellere',  daher  ein  iib-Suffix.  Auch  bei  gntan»  wQrde  man  ein 
*grz4aii  erwarten,  ein  glztati  kommt  allerdings  yor. 

Suffix  -ent.  Aks\.  strtzenb  m.  ^edulla'  (neben  strtza),  ab. 
Strien  m.,  daraus  stren;  aksl.  jesent  f.  yHerbst',  preuß.  ass-ani-s 
dass.,  got  as-ans  f.  Ernte,  Sommer^. 

Suffix  'tnt.  Es  ist  wohl  aus  jj^nü  entstanden:  r.  stUent 
f.  älter  8J€uenb  ,Elafter^,  Gen.  -i,  Oen.  PL  sc^enij,  dameben  auch 
sdzem  als  ob  ein  ^saznja  vorhanden  wäre,  aksl.  s^ztm,  -znja  m. 
also  unter  die  -n/o-Stämme  übergetreten,  p.  Sf^seh,  znia  f.  u.  m. 
zu  s^gnqti  ,den  Arm  ausstrecken'. 

Suffix  -r».  Aksl.  dzbrt^  f.  ,Schlucht'  zu  lit  dübüs  ,tief, 
hohl^  got  diups  ,tief ;  nozdrt  f.  gewöhnlich  PI.  nozdri  ^nares^ 
lit  nasrai  ^Schnauze^ 

Suffix  'Itf  -alt.    Mask.:   qgh  ,Eohle',   lit  anglls  f.,  let 


1.  dbbn  wohl  infolge  der  Yokalassimilation. 

Yondrik,  Tgl.  iIat.  Gnunm.  I.  31 


482 

iigle,  preuß.  anglis,  ai.  angära;  dnJcolt  ^nitteP  ist  dunkel,  viel- 
leicht ein  Kompos. 

Fem.:  6yfo  ,herba'  (eig.  ,das  Gewordene,  Gewachsene*);  rasilt 
aus  ^rcuhsSdlia  ^sdssura*  zu  sedeti  ^sitzen*;  80]^t>  ,tibia'  neben 
scpäb;  z^bh,  prozffjlb  ,germen^;  tekh  ^Harz*  zu  tdctf^  teSÜ  ^fließen*; 
r.  ubylt  , Abnahme*;  pri^h  ^Gewinn*;  astah  ,reliquiae*.        / 

Mitanter  lag  wohl  das  Part.  Prfit.  act.  II  zu  Grunde,  so  daß  es 
sich  dann  eigentlich  um  das  Suffix  -•  (-u)  handelt. 

Neben  h  kommt  hier  auch  sh  vor:  gqsli  PL  ,Zither^  zu 
gqdq,  gqsti  ,cithara  canere*;  jaali  PI.  ,Krippe*  zajasti,  jamh  ^essen*; 
mysh  ,Gedanke*  vgl.  got  ga-mdudjan  ^erinnern*;  iz-radt  ,germen* 
aus  *art8li8,  ^artslis  zu  aksl.  rcuti,  rastq  ^wachsen*,  ebenso  Utoradt 
ypalmes*  vgl.  ahd.  sumarlata.  Es  besteht  also  eine  Ver- 
wandtschaft mit  dem  Suff.  aUh  (S.  436). 

Suffix  U  (/2).  Es  hildet  Adverbien  des  Grades  auf  die  Frage 
in  wie  weit,  seltener  der  Zeit  oder  des  Ortes,  auf  die  Frage  wann, 
wo:  koU^  koli,  do  koUf  do  koH  ^quousque*  aber  auch  ,quam  diu',  nikoli 
»keineswegs*  und  ,nieS  nikoli  ,aliquando';  $eli,  seli:  do  seli  ,hucu8queS 
ofo  seit  ,von  jetzt  an';  ioli  tol^:  oU  toli  ,ab  eo  tempore';  jeli^  jeli:  relat. 
do  nelHe  ,bis  wann,  bis'.  Es  sind  erstarrte  Kasus  und  zwar  die  mit  U 
gebildeten  älteren  Formen  gehören  einem  t-Stamm  an  (vielleicht  Ijokale), 
während  die  auf  U  offenbar  einfach  analogisch  nach  den  anderen  Lokalen 
auf  i  entstanden  sind.  Der  Akkus.  Sg.  liegt  vor  in  koU  ,quantopere, 
wie  sehr',  ioU  ,tantopere,  so  sehr'  z.  B.  koh  kraty^  koh  kraU  ,quotien8'. 
Ein  anderer  Kasus  ist  koUmi  ,wie  sehr,  in  welchem  Grade'. 

Damit  ist  zu  yergleichen  lit.  kell  interr.  ,wie  viele',  indef.  ,einige' 
(J.  Schmidt,  Pluralb.  S.  299  Anm.;  bezüglich  des  ke  und  ko  vgl.  KZ. 
25,  S.  91  ff.);  weiter  lat.  quä-lis,  tä-lis,  gr.  snj-Xl-xoe;  tri-U-xog,  im  Slav. 
auch  ko4%-kb  ,wie  viel,  wie  groß';  tolikz  ,tantu6';  selikb  ,tantus',  jdikb 
,quantus'  rel. 

Suffix  -elt.  Dieses  Sufißx  ist  nicht  sicher  nachzuweisen. 
Hierher  könnte  vielleicht  r.  metdt,  mjatdh  »Schneegestöber^,  os. 
mjetd,  mjeöel  gehören  (falls  nicht  -dt);  p.  mycid,  4,  f.  b.  mytel 
(vgl.  öimus.  1864,  S.  54).  Dagegen  ist  b.  koudd  »Werg'  aus 
älterem  kotidde,  kaudda  (vgl.  auch  slow,  koddja)  entstanden;  statt 
h.prdd,  prdde  ,  Arsch'  erwarten  wir  prdd,  prdäi  zu  prdäi  ,pedere^ 

Suffix  'Hb.  Es  geht  auf  -dis  zurück  und  kommt  vor  in: 
ksl.  deUh  ,Taf ;  gybät  ,Verderben';  kqpdb  ,Bad<;  mlbdalb  ,8ilen- 
tium';  obädb  »Wohnung'  (vgl  auch  den  bg.  Ortsnamen  Büola, 
Büclja  in  der  Bedeutung  »monasteriumO;  obrädh  »Fund,  Gewinn'; 
pedah  »Sorge'  aus  *pekd%8  zu  pekq,  peäti;  piätcUt  »tibia';  rctsiddh 
»rima';  sopdh  »tibia';  wiräh  und  aviralh  »tibia';  tvrtddb  »Feste'. 


483 

Man  wird  bemerken,  daß  hier  nicht  selten  das  ^  (a)  der 
Verba  der  3.  Klasse  vorzuliegen  scheint,  so  in  nUtöalh  yghniltdati; 
in  püialh  zu  pütati  aus  ^pisloti. 

Deutlich  zeigt  es  auch  der  Akzent  in  r.  hogatih  (s  tih)  JK^ichtam* 
und  hogatitb  ,reich  werden'  (vgl.  auch  r.  hoguUj  S.  406).  So  haben  wir 
z.  B.  auch  im  Lit.  tekSlis,  ieJäla»  ,um  eine  Achse  laufender  Schleifstein' 
zu  UhUi  jlaufen^  Aber  es  ist  nicht  wahrscheinlich,  daß  das  Suffix  -Ut 
nur  diesen  Verben  seinen  Ursprung  zu  verdanken  hätte. 

Suffix  'th.  Es  geht  auf  4i8  zurück  und  bildete  schon  ur- 
sprachlich Abstrakta  und  zwar  meist  Nomina  actionis,  woraus 
sich  auch  in  einzelnen  Sprachen,  wie  im  Balt-slav.  Infinitive  ent- 
wickelten. Die  wenigen  Nomina  agentis,  die  wir  haben,  müssen 
wohl  zum  großen  Teile  aus  Abstractis  erklärt  werden. 

Mask.:  gostb  ,Gasf,  got  gasts,  lat.  hostis;  malomoätb  ,aegro- 
tus'  vgl.  maSth  weiter  unten;  tath  ,DiebS  ^-  ^id/  '^^  ,80cer'; 
sZ'Vrbsth  ,aequalis';  z^,  lit.  z^ntas  ygener'. 

Fem.:  zchbytb  ,obliyio'  vgl.  den  Inf.  za-byti  ,yerge88en',  ai 
bhütia,  bhüti^  ,Wohlsein',  gr.  qwaig  ,Natur';  öbstb  ,honor^  zu  <5b<f; 
disti  ,ehren^;  dath  ,datio'  zu  dati;  mastb  ,Salbe'  zu  ma2ra^f , salben, 
schmieren';  moäth  ,Machf  zu  mogq,  moHi,  got  mahts;  s^-^rUh 
,Tod'  zu  mhrq,  mreti  ^sterben';  noUh  ,Nacht',  lit  naktls,  ai.  ndktif; 
peith  jSpecus,  fomax*  zu  pekq,  peäti,  gr.  nixpiq  ,das  Kochen';  dcuAb 
Wonne'  zu  sied-  in  aladikb  ,8Üß';  pchstath  ,pars,  modus'  zu  stati 
,sich  stellen',  vgl.  gr.  atäaig  ,Stellung,  Stand,  Au&tand',  lat  äatio; 
strasth  ,passio'  zu  stradati;  za-visth  ,Neid'  zu  videti;  vlasth  ,pote- 
stas'  zu  vlctdq,  vlasti. 

Brngmann  sieht  auch  bei  den  Kollektivis  wie  dei^  ,DekadeS 
p^t  «FentadeS  ai.  panktis  das  Suffix  -tu  (Grundr.  II,  1,  S.  288),  allein 
das  ist  wohl  kaum  richtig.  Wir  sehen,  daß  im  Slav.  das  Suffix  -»  die 
kollektive  Bedeutung  hatte:  dUt^  cqdb  u.  s.  w.,  nicht  aber  das  Suffix  -it 
(ygl.  oben  über  des^b  u.  s.  w.  S.  480).  Dagegen  kann  in  aksl.  p^^  ahd. 
fÜ9t  ,Faust*   das  an  ein  ^penkt  {ppkf)  angehängte  Suffix  h  {iü)  yorliegen. 

Suffix  -etb  und  -edb.  Siegehen  auf-^is  und -eefis  zurück. 
Sie  kommen  selten  vor:  r.  öemeth  ,ana8  fuUgula'  neben  öemedt, 
öemjadh;  mokretb  neben  mokredh  ,B.egenwetter';  tepläh  ,aqua 
caUda'  dial.  ^mn^to  ,tenebrae';  ^sAAebedh  ,Schwan'  vgl.  hQilabqdb 
(Suffix  -qdh). 

Suffix  'Osth,  Es  bildet  aus  Adj.  Abstrakta:  mqdrostb 
,Weisheif  zu  mqdrz;  mladostb  ,Jugend'  zu  m^ad^  u.  s.  w.  Es 
ist  im  Slav.  intensiv  vertreten. 

Man   yermutete   darin   die  Bestandteile   *-o«^<f«  (ygl.  lat.  seelea-tus, 

31  • 


484 

onui'tui  u.  B.  w.),  wobei  man  auch  aksl.  qzo«fo  ,Enge*  mit  ahd.  anguH  f. 
,Ang8tS  lat.  anffustu9,  angutiuie  verglich  (Brugmann,  Grundr.  11,  1,  S.  289). 
Wir  haben  aber  im  Slav.  keine  solchen  o»-St&mme  und  yon  solchen  müAte 
man  doch  hier  ausgehen.  Auch  das  lit.  -etU»  in  katbutU  f.  3®de*  neben 
kalbetnis  m.  ,Gerede'  und  katbent  m.  «Redensart',  kalUn  f.  ,Bede' ;  mökettia 
m.  neben  möketnia  f.  yZahlung*  u.  s.  w.  kann  nicht  herangesogen  werden, 
denn  hier  haben  wir  ein  e  und  nicht  o. 

Ich  glaube,  daß  wir  im  Slav.  von  Subst.  auf  -oto  (vgl.  S.  442)  wie 
ghtehota,  mladota,  junoia  u.  s.  w.  ausgehen  müssen.  Indem  diese  früh- 
zeitig teilweise  ihre  abstrakte  Bedeutung  abzustreifen  begannen,  zeigte 
sich  das  Bedürfnis  nach  mehr  prononzierten  Abstr.  und  solche  wurden 
durch  das  Suffix  -<»  gebildet.  So  entstand  aus  ^junU'ii»  einjimoffo  (ein 
fr  allein  in  *mladotb  hätte  vielleicht  eher  eine  kollektive  Bedeutung  herbei- 
geführt, vgl.  c^»,  d&h  n.  B.  w.).  Dann  wurde  -offo  als  ein  selbständiges 
Suffix  aufgefaßt. 

Andere  Beispiele:  hclesth  ^Schmerz'  aus  *holjostb  zu  hdh 
jKranker';  zvirostb  ^eritas^  zu  zvin;  bußsth  ,arrogaiitia'  zu  buj; 
müost  ^iseiicordia'  zu  mih;  b.  budoucnast  ^Zukunft^  u.  s.  w. 

Suffix  'tvh.  Esl.  vetvh  f.  ,Asf  vgl.  veja  ^weig';  vielleicht 
auch  rybitvh  m.  ^Fischer',  faUs  h  richtig  ist 

Im  Slov.  kommt  es  häufig  vor  und  zwar  bildet  es  meist 
Nomina  actionis:  dditev  ydivisio';  zetev  ^messis^;  Uetev  ,male- 
dictio';  UtiUv  ^venatio';  brüev  yBasieimesser';  b.  plestev  neben 
Uesiev  yZaunrute^  Es  könnten  hier  aber  auch  Bildungen  auf  -iy, 
'thve  vorliegen,  vgl.  weiter  unten. 

Suffix  -%th.  Es  geht  auf  -utis  zurück  und  erscheint  in 
den  Worten  wie  lakbtb  ^Ellenbogen';  nog^ih  ^ngemageP,|>a2tio^to 
und  paznegüh  ,Eralle^  Dieselben  Worte  weisen  aber  auch  noch 
einige  Kasus  nach  Art  der  kons.  St  auf  und  es  ist  die  Frage, 
was  ursprünglicher  ist. 

Suffix  -qth  und  -uth.  Slov.  pUwut  neben  plavtUa  ,Floß- 
feder';  s.  perut  f.  kollekt.  ,pluma  sparsa',  b.  perui,  slov.  perat  f. 
,FlügelS  das  würde  also  einem  *perqtb  entsprechen.  Analog  auch 
p.  rt^,  trt^S,  r.  titäb,  b.  rtui,  bei  Job.  Exarch  von  Bulg.  rUuth, 
also  aksl.  *rttqth  yQuecksUber",  türk.  Marid. 

Suffix  -ysth.  R  korystb  ^Beute',  p.  koryU  dass.  ist  wohl 
älter  als  aksl.  konstt,  b.  kofisth;  wir  bemerken  nicht  selten,  daß 
nach  r  aus  y  ein  %  wird  (S.  28). 

Suffix  'justh.    Ksl.  ödfus^  f.  ,maxiUa'  zu  Jrfö  ,Stim^ 

Suffix  'dh,  Akal.p^t  ,Spanne'  zapMUf,  p^i  ^spannen';  in 
zadt  vgl.  zadi  ,a  tergo',  ebenso  predi  ,autea'  zu  pridt  ist  wohl 
das  Suffix  6  zu  suchen. 


485 

Suffix  -qdh.  Es  geht  auf  ^otufis  zurück:  ielqdh  m.  ^EicbeP, 
vgl.  preuß.  ffUe,  lit  güd  ,EichelS  gr.  ßdlaifoq^  lat  glans,  j^ndis; 
aksL  *labqdt  f.,  p.  lab^i,  slov.  labod,  s.  Zo&imI,  b.  labui  {i  hier 
später)  zu  lat  (Mus,  gr.  oA^g  ^weifier  Ausschlag',  dagegen  aksL 
lebedt  t  ,Schwan'  zu  ahd.  dbiz  ^chwan'. 

Suffix  'jadh  (yielleicht  auch  -idh).  Ksl.  ödjadb  ^mu- 
latus'  vgl.  koÜno  ,tribus';  r.ploddadh  jPlAiaf  zaj^askb  ^breit,  flach'; 
r;  demjadh  (neben  ^!emedh)  ,color  niger';  kidjadt  ^rumex  acetosa'; 
pestrjadh,  peHredh  ,bunte  Leinwand';  rochljadt  ^omo  debilis'  zu 
rocKbfj;  rwMjadh  ^upellex'  zu  ruddyj. 

im  Serb.  bildet  -jiMdh,  -adh  f.  Eollektiva  aus  Themen,  die 
Junge  von  lebenden  Wesen  ttbeiiiaupt  bezeichnen:  poHoröäd 
^privigni'  zu  paäörie,  -öeta  Stiefkind';  bßznad  ^mini'  zu  Uizne, 
'ßta  ^Zwilling'. 

Auch  an  andere  wie  z.  B.  adj.  Themata  wird  es  angehängt: 
gnüad  ^marcor^.    Vgl.  auch  as.  d^h  f.  ^malum'. 

P.  gawiedi  l  ^Gesindel',  b.  hav^  {havil)  t.  .Geflügel'. 

Vgl.  auch  das  Suffix  -etb,  -edb  (S.  483). 

Suffix  -yJb.  Es  geht  auf  *üki8  zurück:  klr.,  wr.  sladyö  {. 
,dulcedo',  p.  siodycz  f.  dass.;  p.  gorycz  f.  ,6i^fl^®it^* 

Suffix  -ezh.  Es  ist  aus  ^-egia  entstanden.  S.  bodez  f. 
Seitenstechen';  mladez  £  fugend',  r.  molodezb  junge  Leute';  p. 
fniodzieä;  s.  starez  f.  .res  obsoleta';  r.  cJudostezh  ^edige  Leute'. 

Suffix  'izh.  Es  ist  späteren  Ursprungs  (S.  266).  Russ. 
bäizb  f.  .albedo';  drobizt  neben  drobizga  .Scherben';  prjamizb  f. 
ivia  recta'. 

Suffix  'Oit.  Es  setzt  ein  oüAo-Suff.  voraus  {-ocha  S.  476)  mit 
t:  BÜkai, pustadb  .desertum';  russ.  dial.  vSkoib  .altes  Zeug';  s.hokai, 
Gen.  kokoH  f.  .Hahn',  slov.  kokoi  f..  p.  kokasz  f..  os..  ns.  kokaä  £. 
dagegen  klr.  kokoi  m.  .Hahn  bei  der  Flinte';  r.  mokoH,  mokbit 
^umen  aliquod  Slavorum'. 

c)  Die  t«-Stämme. 

Sie  veiiiielten  sich  analog  wie  die  i-Stämme:  der  Nom.  Sg. 
m.  und  f.  lautete  auf  -us,  der  Akk.  Sg.  der  beiden  Genera  auf 
'tim  aus.  Unter  den  anderen  Kasus  gab  es  solche,  in  denen  die 
2weite  Silbe  ein  ajf  enthielt,  so  im  Nom.  PI.  m.  f..  der  ursprüng- 
lich ein  -^e9  aufwies;  in  anderen  ein  0)f .  so  im  Gen.  Sg.  mit 
"Ojis.  Man  sollte  also  auch  hier  eigentlich  von  e|f-Stämmen 
sprechen. 


486 

üisprachlich  waren  hier  alle  drei  Genera  vertsieten,  doch 
sind  schon  im  Baltischslay.  alle  hierher  gehörigen  Sahst.  Mask. 
geworden.  Es  gehörten  aber  hierher  auch  Adj.,  die  zumeist 
Ozytona  waren  und  die  eine  Beduktionsstufe  des  Stammvokals 
aufwiesen.  Im  Slay.  sind  sie  jedoch  durch  Annahme  des  SufiGxes 
kO'  zu  o-Stämmen  geworden  (vgl.  S.  466).  so  daß  wir  hier  nur 
Subst  haben. 

Die  einstigen  adj.  u-Stämme  waren:  tt^m-kb  (auch  hm-kz, 
r.  tonkij,  S.  177)  ^dünn,  zartS  ygL  ai.  tanü^,  gr.  Toyv-yltoaaos 
fldt  gestreckter,  langer  Zunge',  lat  tenu-is,  ahd.  dunn-i  (durch 
den  Einfluß  des  Fem.  ai.  tanvt  war  der  Übertritt  in  die  t-Dekli- 
nation  angebahnt);  hffi^kb  ,leicht^,  gr.  ilaxvQi  ai.  raghüf  aus 
*lx^ghÜ8  ,rasch,  klein';  qz^kö  yOng',  ai.  qhüf,  got  aggvus  (für 
*agffU8),  ahd.  mg4  aus  an§hÜ8  ,enge';  dadz-kb  ,sfißS  lit.  saldüs 
dass. 

Ohne  Suffixerweiterung  sind  zu  o-Stämmen  geworden:  cä^ 
Jäealf  hanz',  ygl.  preuß.  kaüüdiskan  Akk.  ,Gesundheif  und  ndad^ 
jung',  ebenso  im  Preuß.  tncUdai  Nom.  PL,  dagegen  aL  mrdü^ 
,zarf. 

Im  lit.  kommen  die  adj.  u-Stämme  noch  unversehrt  vor, 
nur  sind  auch  die  Adj.  auf  -os  Qit  -cu)  dazu  vielfach  übergetreten, 
ygl.  z.  B.  asztrins,  gr.  ax^og,  slav.  ostrh  ,8charf'. 

Von  den  Subst  gehören  hierher:  dofm  ,Haus',  lat  domus; 
doh  ,Tal',  Adv.  dolu  ,hinunter,  unten',  allerdings  sekundär,  falls 
griech.  ^oAog  ,Euppelung'  dazu  gehört,  got.  doZ,  ahd.  ^oZ  n.  ,Tal'; 
jad^  ,Gift';  ledz  ,Eis';  medz  ,Honig',  lit  medüs  m.,  ahd.  meto  m. 
,Mef ,  gr.  fi€&v  ,berauschendes  Getränk,  Wein',  aL  mddhu  ,8üßig- 
keit,  Honig'  ursprachlich  also  Neutrum;  poh  ,Seite,  Hälfte';  sadz 
^Pflanzung,  Garten';  polz  ,Ochse';  vnchz  ,cacumen',  lit  virszüs 
,das  Obere,  Äußere'. 

Hierher  gehörte  auch  das  im  Slav.  umgeänderte  drivo  3<>K 
Baum',  drbvo  ,Scheit'  (meist  PL  drzva),  lit  dervä  f.  ,Eienholz', 
got  triu  n.  ,Baum',  gr.  öoqv  n.  ,Holz,  Balken,  Speerschaft,  Speer'« 
ddV'TOfiog  ,holzfällend',  d^-a  n.  dfv-^g  f.  ,Eichen',  urspr.  *doru, 
*deru,  *dru. 

Suffix  -nt«.  AksL  sy-m,  lit  sünüa,  ahd.  sunu,  ai.  sünüs 
,Sohn';  öp^z  »Bang,  Ordnung',  vgl.  ai.  ci4d  ,gereiht,  geschaart^; 
sta-nz  ,Lager'. 

Suffix  -tu.  Damit  wurden  ursprachlich  mask.  Verbal- 
abstrakta  (Nomina  actionis)  gebildet;   diese  wurden  auch  zu  In- 


487 

finitiven  (Gerundia  und  Supina).  Davon  wird  nach  den  Verbis 
der  Bewegung  die  AkkusaÜTform  auf  -^um  im  AL,  Lat  und 
Balt-slav.  gebraucht:  es  ist  das  sog.  Supinum. 

Im  B.  jetzt  noch  jdu  tpat  (gegen  Inf.  ipdii  oder  «p<tf),  aksl.  idq 
s^pat^  ,icb  gehe  BchlafenS  lit.  elksz  vdlgytü  ,komm  essen';  lat.  eubüum 
tmtM;  &i.hötum  eii  ,er  geht  za  opfern*.  Es  war  dies  ein  Akk.  des  Zieles 
nach  den  Verbis  der  Bewegung.  Von  den  beiden  urspr.  Typen  *^iu 
und  i-tu-L.  (ygl.  ai.  i-tu-m  und  i-iv-a  zu  et  ,gehen')  zeigt  das  Slav.  vor- 
wiegend den  ersteren,  das  Lit.  den  zweiten,  da  es  wie  im  Lat.  unter  dem 
Einflüsse  der  ti-Abstrakta  stand.  Brugmann  ffihrt  diese  Eigentümlich- 
keit des  slav.  Sup.  auf  den  Umstand  zurück,  daB  hier  die  to-Part.  zurück- 
getreten waren  (Grundr.  II,  1,  S.  305).  Hinsichtlich  der  Vokalstufe  hat 
das  Sup.  im  Slay.  den  Inf.  vielfach  beeinflußt.  So  haben  wir  z.  B.  das 
Sup.  umritt  ,zu  sterben',  darnach  auch  der  Inf.  mrili  ,8terbenS  während 
er  ^mrtti  aus  *mfti  lauten  sollte  (vgl.  lit.  mirtt)  wie  im  Subst.  tt-mrvtb 
,Tod*;  doch  kommt  noch  ISnti  ,opfem'  vor;  mliit^  und  darnach  auch 
mÜsti  ,melken*,  lit.  dagegen  mHsz-4ü  wie  m\Uzta$^  mlUzti.  Andererseits 
aksl.  peiU  aus  *pektb  ,zu  backen'  unter  dem  Einflüsse  des  Inf.  peHi, 
allerdings  schon  urslav.;  ai.  Inf.  pdk-tum,  pak4avl,  Ger.  pak^v-ä  zu  paeaii 
,kocht*. 

Noch  einige  Beispiele:  aksl.  vi-ib  ^  windeuS  lit.  vy-tü, 
Subst.  lAtvi-tm  m.,  gr.  t-rrg  f.  ^Umkreis,  Kreis  des  Bades,  Felge'; 
itb  yZU  gehen',  lit.  ei-tü,  ai.  Inf.  S-tum,  Subst:  lat  ad-itus;  statb 
,sich  hinzustellen',  lit  pa-stötü  ,zu  werden',  Inf.  sthärtum,  Gerund. 
sthi-tv-d,  lat  statum  statu,  praestitum  und  praestatum,  Subst: 
Status, 

Dameben  kennt  das  Ksl.  vereinzelt  auch  Formen  auf  u  (Gen.  oder 
Lok.),  die  als  Inf.  gebraucht  werden  und  zwar  insbesondere  beim  Akk. 
eines  Inf.  (vgl.  Miklosich,  Vgl.  Gr.  III»,  S.  72).  Es  handelt  sich  fast 
ausschließlich  um  den  Inf.  bytu  ,esseS  was  befremdlich  ist 

Ein  subst  ^u-St  liegt  noch  vor  in  krat^  ,-mal'  z.  B.  chva 
kraty  ,zweimal',  vgl.  ai.  kf-tv-as  ,-mal',  lit  du  kartü  ,zweimal'; 
kituris  kartüs  ,viermal'  u.  s.  w.;  hier  ist  es  aber  ein  o-Stamm 
geworden  kartas  ,Hieb'. 

d)  Die  ii-Stämme. 

Suffix  -y  neben  -7>t?-.  Das  y  geht  auf  -ü  zurück  (im 
Nom.  Sg.  urspr.  -ds)  und  -»i?-  auf  u^  (in  einer  Beihe  der  anderen 
Kasus).  Es  ist  hier  also  ein  analoges  Verhältnis  wie  bei  den 
t-Stämmen,  die  wir  nicht  im  Sla^v.  haben,  z.  B.  naptt^,  Gen. 
naptiyas,  gr.  Tcolig,  noXioq^  wo  also  I  mit  %i  wechselt  (ersteres 
vor  Kons.,  letzteres  vor  Vok.,  wie  ü  und  u^).  Das  Suffix  hatte 
ursprünglich  die  Aufgabe,  das  F.  dem  M.  gegenüber  auszudrücken. 


488 

Zu  ai.  ivdsuraa,  lat  aocerus,  aksl.  svdcrh  ^Schwie^ervater^  wurde 
das  F.  ai.  hasräf,  Gen.  -üvas,  lat  Bocrus,  aksl.  svekry,  Qen. 
sfMUcnve  ,Schwiegennutter<  gebildet  (urspr.  also  «uek^rüs). 

Im  Slav.  sind  es  zwar  Fem^  aber  nur  selten  bezeichnen  sie 
weibliche  Personen.  Neben  svekry  noch  neplody  ^die  Un- 
fruchtbare'; j^ry  ,Frau  des  Bruders  vom  Gatten'  (vgl.  dydztiQ); 
deutliche  Spuren  der  fi-Stämme  weisen  noch  auf:  mqzaky  ^virago'; 
pastar^  ,privigna';  tretbjaky  VQihng. 

Weiter  bezeichnen  sie  Abstrakta:  Ijuby  fliehe';  präjuby 
^ulterium'  (vgl  ahd.  überhuara);  cHy  Teilung',  vgl.  gr.  i9vg 
^Bichtungy  Unternehmung'. 

Nebstbei  noch:  zrtny  yMühle',  lit  gimos  PL,  got  qaimuB, 
ahd.  quim  ^ühle';  hrady  ,Axt^,  vgl.  ahd.  barta;  ap.  und  slov. 
noch  kry  (kri),  aksL  knvt;  ttstqgy  ,lorum';  zdy,  zdövt  ,testudo', 
gr.  xeAcJyi],  X^^^S;  tyky,  iykbvt  ^ürbis';  dagegen  wohl  nicht 
*kur<hpbty  ,Bebhuhn',  sondern  ^kuro-pUva,  ah.kuraptva  (von  dem 
Fluge  —  Ygl.  pvta,  pUica  ,Vogel'  — ,  der  an  die  Hühner  —  kurh, 
kurica  —  erinnert). 

Auch  viele  Lehnwörter  aus  dem  Germ,  gehören  hierher: 
büky  ,litera'  vgl.  ahd.  buoh;  crtky  ^Eirche',  ahd.  chirihha  aus 
%vqiwv  (aus  xv^icrxoV);  chortfgy  ,Fahne'  vgl.  %oi.  hrunga  ,Stange'; 
loky  4niber,  Pfütze',  ahd.  lahha,  nhd.  Lacke;  smoky  ,Feige',  got 
smakka  dass. 

Diese  Entlehnungen  können  nur  zu  einer  Zeit  stattgefunden 
haben,  als  im  Germ,  der  Nom.  Sg.  der  betreffenden  Worte  noch 
lang,  also  ein  ö  war,  das  sich  noch  vor  dem  enklitischen  -hun 
z.  B.  ainö-hun  erhalten  hat,  sonst  aina,  giba  u.  s.  w.  Dieses  a 
hätte  nämlich  im  Slav.  nicht  zu  einem  y  führen  können,  wohl 
aber  ein  ö.  Es  muß  an  eine  Zeit  gedacht  werden,  als  der  Nom. 
noch  *8vekrü  hiefi  {s  war  schon  abgeüedlen  und  ü  ist  erst  später 
zu  y  geworden).  Das  a  der  a-St  war  schon  vielleicht  verkürzt 
(bis  auf  die  /o-St)  und  so  war  *wekrü  das  einzige  fem.  Para- 
digma, welches  einen  langen  und  nahe  verwandten  Vokal  hatte, 
daher  konnte  es  hier  attrahierend  wirken.  Aus  dem  y  in  crtky 
ersehen  wir  demnach,  daß  das  Wort  kaum  aus  dem  Ahd.  stammen 
kann,  eher  aus  dem  Goth.,  wo  es  einmal  auch  vorhanden  gewesen 
sein  muß. 

Diese  Worte  sind  zum  Teil  zu  den  f-Stämmen  übergetreten, 
da  sie  sich  mit  ihnen  in  einigen  Kasus  berührten,  wobei  sie  einige 
Formen  von  der  alten  Dekl.  noch  bewahrten  wie  z.  B.  knvt,  b. 


489 

krw,  BO  auch  b.  ctrkev,  rakev  ySarg',  das  auch  ein  ^rakif  voraus- 
setzt vgl  preuß.  Akk.  arkan,  lat.  arca,  got  arka.  Oder  aber 
wurden  sie  von  den  a-Stämmen  angezogen:  serb.  cfkva,  bukva 
u.  8.  w. 

Suffix  »tif,  -tzv-.  Es  ist  aus  4ä8,  -tuu»  entstanden,  ygl. 
z.  B.  gr.  ßQüntg,  h&ijvvg.  Mit  dem  vorauszusetzenden  Suffixe  hat 
sich  im  Slav.  kein  Wort  mehr  erhalten,  sondern  es  haben  diese 
Bildungen  nach  dem  Früheren  im  Nom.  entweder  4ev  oder  tva, 
so  daB  einige  der  oben  S.  446  angeführten  Worte  hierher  ge- 
hören können.  Ebenso  auch  einige  der  beim  Suffix  -tvh  S.  484 
aufgezahlten. 

e)  Die  konsonantischen  Stämme. 

Die  n-Stämme.  Im  SUv.  sind  vertreten  die  en-,  i>n-  und 
fiten-Stämme,  die  i^en-Stämme  fehlen.  XJrsprachlich  gehörten 
faieiiier  vorwiegend  Maskulina  und  Neutra,  wie  wir  sie  im  Slav. 
hier  ausschließlich  haben.  Der  Nom.  Sg.  masc.  endete  auf  ö(n) 
oder  S{n):  gr.  aTL-fUJVy  lit.  akmü,  aksl.  kamy,  daneben  gr.  noifn^; 
der  Nom.  Akk.  Sg.  neutr.  auf  an  (Sn)  neben  ^,  9;  got  vatö, 
namö,  lit  vandu  (urspr.  Neutr.),  aksl.  i-m^  ,Name,  dessen  ^  auf 
das  aus  anderen  Kasus  eingedrungene  en  nicht  zurückgehen  kann. 
Im  Akk.  Sg.  und  Nom.  PI.  und  Diu  finden  wir  bei  mehreren 
Mask.  -en-;  aksl.  kchtnen-^,  gr.  mx-ev-^y  lit  pe-men-f.  Dieses  -en- 
ist  nun  im  Slav.  in  der  ganzen  Dekl.  bis  auf  den  Nom.  Sg.  ver- 
allgemeinert worden;  später  finden  wir  es  aber  selbst  auch  in 
diesem  E^asus  allgemein,  indem  der  Akk.  Sg.  an  die  Stelle  des 
Nom.  Sg.  unter  dem  Einflüsse  der  »-Stämme,  mit  denen  es  Be- 
rührungen gab,  trat 

Suffix  -en.  XJrsprachlich  waren  unter  den  Mask.  primäre 
Nomina  agentis  stark  vertreten,  unter  den  Neutris  war  wieder  die 
Bezeichnung  von  Körperteilen  vorwiegend.  Hier  sind  es  im  Slav. 
nur  Mask.  und  es  ist  der  Akk.  Sg.  durchwegs  an  die  Stelle  des 
Nom.  getreten.  Wir  haben  hier:  grebent  ,Eamm'  zu  grebu,  greti 
^graben,  kämmen';  jdmb  ,Hir8ch',  lit  änis  ,Hirsch,  Elentier^,  gr. 
iXXog  aus  ikvog  Junger  Hirsch^*  korent  ,WurzelS  ein  alter  Nom. 
*karif  (vgl  kamy)  hegt  vielleicht  noch  vor  in  kory4o,  ksL  ,cana- 
lis,  dstema,  concha^  sonst  auch  ,Trog,  Mulde';  pntienb,  prtstene 
^ngerring'  zu  prtstb  ,Finger';  srtienh,  srhiene  jCrabro',  der  Nom. 
war  *9rt>chy,  Gen.  srhiene  u.  s.  w.,  so  daß  der  Stamm  ungleich- 
mäfiig  war,   was  nach  Zubat^  (Afsl.  PhiL  15,  S.  502)  das  Auf- 


490 

kommen  des  ^rdien»  im  Nom.  förderte,  lit.  s^tV^^rtl;  stepenh  ,SchriW; 
strhzent  ,medulla'  war  eigentlich  ein  »-Stamm,  gehörte  demnach 
nicht  hierher  (vgl.  S.  481). 

Auch  mladenibch  ^parvulus'  scheint  ein  *mlady,  nUadene 
vorauszusetzen  (ndadhnw  ist  sekundär),  ebenso  wie  ^müenhch  ,der 
Geliebtes  in  einzelnen  slav.  Sprachen  vertreten. 

Suffix  'ien-f  -ion-.  Es  kommt  durch  -im  erweitert  in 
dem  oben  S.  422  besprochenen  Suffixe  -janim  vor.  Das  nomina- 
tivische -i'ön,  slav.  'Jan  ist  hier  verallgemeinert  worden,  vgl.  die 
Völkerschaftsnamen  wie  Kovqkovbq^  Saeasiönes. 

Der  Akzent  ruht  im  K.  meist  im  Sg.  auf  {,  im  PI.  auf  jd: 
mirjanim,  PL  mirjdne;  dvorjanim,  dvorjdne. 

Suffix  -men'.  Hier  liegt  der  Heflex  des  nom.  -mön  im 
Aksl.  noch  vor  z.  B.  kamy  ,Stein',  gr.  axjuwv.  Sonst  wurde  aber 
die  Stufe  -men-  durchgeführt  und  der  Akk.  mit  -menh  trat  auch 
an  die  Stelle  des  Nom.  Hierher  gehörten  schon  ursprachlich 
Nomina  actionis,  die  eine  Dingbedeutung  annehmen  konnten; 
mitunter  auch  Nomina  agentis. 

Mask.:  aksl.  je^^hmi/,  j^mene  ,hordeum';  kamtf,  kamene,  hL 
akmü,  dkmefis,  gr.  aycfiwv  , Amboß,  Donnerkeil';  b.  kmen,  kmene 
,Halm,  Stamm,  Geschlecht^  p.  kmeA;  kremy  ,8ilexS  b.  kremen,^ 
skhmen,  dem.  kremyk;  plamy  ,Flamme'  aus  ^pol-my  zu  poUti 
jbrennen*;  prament  ,filum'  aus  *pormy,  -ment,  p.promieA  ,Strahl, 
Wasserstrahl,  Faden',  dem.  promyk;  strhrnent  ,SteigbügelS  b. 
sifmen,  slovak.  strmen;  b.  slrumen,  p.  strumieA,  strumyk  ,QuelleS 
vgl.  strufa  ,flumen',  gr.  ^eco;  entlehnt  aus  dem  D.  ist  vielleicht 
rement  ,Riemen',  b.  reinen,  ksl.  remykz,  b.  femyk  ,lorum*,  nach 
Pedersen  zur  W.  siü  ,nähen'  vgl.  l^aq,  so  daß  das  Slav.  mit  dem 
D.  nichts  zu  tun  hätte  (KZ.  38,  S.  311). 

Neutra«  Das  e^  des  Nom.  Sg.  kann  nur  auf  en  zurück- 
gehen, wie  wir  aus  den  Akzentverhältnissen  in  der  Formenlehre 
ersehen  werden  (nicht  auf  xf)- 

Hierher  gehören:  hrem^  aus  ^her-men  ,LastS  vgl.  gr.  q>iQfia 
jLeibesfrucht',  ai.  bhdr-man  n.  ,Erhaltung,  Pflege';  im^  ,Name* 
wird  aus  j^-men  gedeutet,  preuß.  en  in  emtnes  aus  en-mesy  dar- 
neben emnes,  emnen,  no  :  got  namö,  nö  in  ai.  uäma,  lat  nömen 
und  ono  in  gr.  oVo^cr,  öno  in  äviovv^og;  aus  *v^fnen'  wäre  *&n- 
men-  ^jtnmen-,  *jhwmen',  ^jbtn^  entstanden;  pismq  ^i^terae'  zu 
ptaati  püq;  plem^  ,Stamm,  Geschlecht'  aus  ^pled-rnSn  zu  plodz 
y^^^uu.  ram^  neben   ramo  ,Arm'   aus  *örman  (S.  298);   sim^ 


491 

jSamen',  lat.  simen,  ahd.  samo,  gr.  ^fia  n.  ,Wurf ,  ^fxtjv  ,Werfer^, 
ySchleuderer',  w.  sS;  denm  ^Balken',  b.  slhn^y  lit.  szdmü  ,Balken^; 
tim^  ,ScheitelS  ab.  tiemij  nb.  timi;  vrhn^  ,Zeit*  aus  *r«r^,  vgl. 
ai.  vdrtman  ^Bahn';  vym^  ,Euter^  aus  *adfnin^  b.  v^mi;  znam^ 
,Zeichen%  vgl  gr.  y^aifia  n.  Kennzeichen^  lat.  ägnömen  aus 
*adgnömen  (zu  nömen  gezogen). 

Aus  Formen  wie  ahd.  icahsamo,  uHismo  ^Wachstum'  (toaks-afi) 
wurde  ein  Suffix  -smen-  abgeleitet^  das  wir  analog  auch  im  slay. 
diam^  ^Zahl'  aus  öU-smev^  neben  Hdo  haben. 

Merkwürdig  sind  die  sekondären  Bildungen  im  B.  wie  gluehmem  f. 
lautlose  Nacht'  {gluehaja  noct);  ehihmenb  m.  ,8chw&chlicher  Mensch'  zu 
ehüyj;  uzmenb  f.  ,fretum'  zu  aksl.  {^k^  »eng*. 

Suffix  -er-  und  'ter-  (tel).  Es  sind  vorwiegend  Nomina  agen- 
tis  oder  Verwandtschaftsnamen.  Von  letzteren  haben  sich  zunächst 
noch  zwei  erhalten.  Der  Nom.  Sg.  endigte  teils  auf  -^r),  'U(r), 
teils  auf  -d(r);  'tö(r),  vgl.  aksl.  matt,  dzäti  aus  *matS,  ^dukU,  vgl 
lit  mote,  duMe,  sesu  aus  sue8ö{r),  lat  soror,  gr.  q^vcjg^  duntaq  K 

In  den  schwachen  Kasus  war  r,  ir,  das  mitunter  verallgemeinert 
wurde.  So  sollte  der  Nom.  Sg.  entsprechend  dem  lit.  sesu  u.  s.  w.  im 
Slav.  *«e«a,  Gen.  *  stire,  ^sestre  entsprechend  dem  lat.  mairi»,  urspr. 
*mätris  (im  Lit.  abweichend  sesers  mit  e  vor  r  nach  anderen  Kasus, 
insbes.  den  Akk.  Sg.)  lauten.  Es  ist  aber  aus  dem  Gen.  Sg.  und  den 
anderen  entsprechenden  Kasus  das  str  auch  in  den  Nom.  Sg.  einge- 
drungen, so  daß  ein  tttra  entstand  und  das  Wort  ging  dann  überhaupt 
zu  den  a-8tämmen,  über:  gen.  aestry  u.  s.  w.  Dem  griech.  9>^r<u^  sollte 
slav.  brata.  Gen.  *bratre  entsprechen,  es  wurde  aber  zu  einem  o-St: 
N.  Sg.  brai9,  Gen.  *bratra  und  durch  Ausgleichungen  dann  einerseits 
bratn^  braira,  andererseits  braUf  braia.  Bei  «oot»  ,affinis'  denkt  Miklo- 
sich  an  •icojaU  (Etjrm.  Wtb.  S.  832). 

Unter  dem  Einflüsse  des  Akk.  Sg.  devert  (vgl.  matert,  dxMert) 
und  einiger  anderen  Kasus  ging  das  dem  aL  dSvdr-,  gr.  ddijQ 
aus  daißnQj  lat  Unit,  ahd.  zeihhur  entsprechende  Wort  im  Slav. 
in  die  i-Deklination  über:  deverh  m.  ,Bruder  des  Oatten,  Schwager^ 
(auch  schon  decen)  und  in  den  einzelnen  slav.  Sprachen  dann 
selbst  auch  zu  den  jö-Stämmen:  ab.  devir,  deväre,  p.  dziewierz 
dziewierza,  r.  deverh,  deverja;  auch  im  lit  ist  es  ein  i-Stamm: 
deveria,  Gen.  deveree,  dameben  aber  auch  noch  der  ältere  Gten, 
devefa;  urspr.  war  *dai^'  mit  verschiedenen  Yokalabstufungen 

1.  B.  mti  .Nichte*,  das  Brugmann  (Grundr.  11,1,  S.  360  u.  366) 
anführt,  rührt  aus  einer  gefälschten  Glosse  der  Mater  verb.  her;  erst  in 
der  nb.  Schriftsprache  haben  wir  ein  net",  neUh  ,Nichte',  aksl.  neiif  m. 
,Neffe';  ai.  naptor  »Nachkomme,  Enkel'. 


492 

Za  diesen  Namen  gehorte  anch  das  aksl.  j^try  ,Fran  des  Bruders 
des  GattenS  das  in  eine  andere  Deklination  geriet  (nach  99^ary\  lit  intij 
Gen.  intiB^  ai.  yator  ,Fraa  des  Bruders  des  GattenS  lat.  janütr-^'CeB,  gr. 
BlydrBQtg  ,an  Brüder  verm&hlte  Frauen*. 

Mußte  schon  in  der  ältesten  Periode  ö  zu  a  werden,  so  ist  es  er- 
klfirlich,  daß  voda  zu  den  a-St&mmen  fiberging:  lit.  vandt^  mask.,  got. 
vaid,  gr.  ^Sat-  (a  «■  f),  Nom.  v6a>p,  ai.  uddn. 

Nach  diesen  maimig&chen  lautlichen  Prozessen  und  Aus- 
gleichungen haben  sich  also  im  Slav.  nur  zwei  hieiiier  gehörige 
kons.  Stämme  erhalten:  mati  und  dzHu 

Das  SufiSx  4er'  der  Nomina  agentis  kommt  im  Slav.  als  -td- 
vor  (durch  Dissimilation  aus  ter  entstanden  vgl.  8.  318)  imd  hat 
sich  als  kons.  St.  noch  erhalten  in  Nom.  PI.  irUele  (später  auch 
znM'e),  in  Gen.  PL  ^r(>td^  und  Instr.  PL  intdy.  Im  Nom.  Sg. 
zrvtd'b,  indem  das  Wort  zu  den  )o-Stämmen  übertrat 

In  diesen  Worten  haben  wir  im  Slav.  die  Schwundstufe;  es 
kommt  aber  auch  die  Vollstufe  vor:  datd't  ,Qeber^y  gr.  dor^^, 
diaxiqflj  aL  dsidr^;  züd'h  ^Bewohner'  u.  s.  w. 

Im  Slav.  ist  dieses  Suffix  sehr  stark  vertreten.  Im  lit  dafiir 
tofis,  das  übrigens  auch  im  Slav.  als  taf  auftaucht:  lit  artdjis, 
aksl.  rataj  ^arator^. 

In  pogrebüd'h  ^Beerdiger^  u.  dgl.  rührt  das  i  von  den  Verbis 
der  IV.  Klasse  und  den  entsprechenden  Bildungen  her,  wie  z.  B. 
pokariid't  ,qui  subiicit'. 

Suffix  't.  Im  Slav.  haben  sich  nur  einzelne  Kasus  als 
Spuren  der  konsonantischen  Stämme  auf  t  eriialten,  indem  sie 
sonst  zu  f-Stämmen  (also  nach  dem  Suff,  -iü,  ursl.  -ih)  geworden 
sind.  So  haben  wir  aksl.  des^t  ^ehn',  eigentlich  ,eine  Dekade^ 
ai.  jedoch  noch  dasiU^  gr.  dexog,  darnach  urspr.  ^dilkipU;  im 
lit  ist  es  auch  ein  «-Stamm  geworden:  diszinUia,  gewöhnlich 
indekUnabel  diszimt.  Von  dem  kons.  St  haben  wir  im  Slav. 
noch  den  Nom.  PL  des^,  Lok.  Sg.  na  dea^  und  and. 

Wir  haben  schon  erwähnt,  daß  die  Subst  lakzib  ,Ellenbogen^, 
nogUt  yFingemagel',  paznoghth  ^Kralle'  einige  Kasus  nach  der 
kons.  DekL  bilden  und  daß  es  schwer  ist  zu  entscheiden,  ob  das 
Überreste  eines  älteren  Zustandes  seien  (S.  451).  Dahin  gehört 
noch  peöatb  m.  ^Petschaft),  sonst  ein  «-Stamm. 

Suffix  -nU.  Es  diente  zur  Bildung  der  verschiedenen 
aktiven  Part,  mit  Ausnahme  des   Part  Perf.     So   dient  es   im 


1.  Nach  da/di»  auch  ai.  panedt-  gr.  lufmd^,  jttnde  «FünfzahP  neben 
ai.  pdnea^  gr.  xiru  ,fElnf . 


493 

Slav.  zur  Bildung  des  Part  Praes.  act:   vezy   aus  *ue§hofUs^, 
lit  vezqs,  ai.  vaharU,  got  ga-vigands  (S.  125). 

Auch  das  Part  der  themavokallosen  St  werden  darnach 
gebildet:  aksL  sy  iseiend',  lit  Ssqs  und  esqs,  gegen  aL  sdnt-j  sat 
aus  ^S'ifU,  ^s^  und  so  auch  noch  im  Preuß.  sins;  vgl.  auch  lat 
prae-sens. 

Im  Slav.  hat  sich  auch  noch  ein  Rest  des  Part  Fut  act 
erhalten,  nämlich  byäqäteje  t6  fiiXlop  zu  *byi^  ^in  werdend^ 
lit  bÜ8^,  av.  bü'h/OrfU,  urspr.  ^hhü-siö^-. 

Von  der  ursprünglichen  kons.  DekL  haben  sich  im  Slav. 
nur  spärliche  Beste  erhalten;  sonst  sind  die  meisten  Kasus  im 
Balt  und  Slav.  nach  den  io-Stämmen  gebildet:  G«n.  Sg.  m.  u.  n. 
aksl.  vezqHa  aus  *vez<mtja,  *vezafUjö,  lit  viktnezio. 

Die  Verben  der  HL  Klasse  2.  Gruppe  und  der  IV.  haben 
q  statt  q:  ger^Ha,  ehval^ia  u.  s.  w.  (S.  117). 

Auch  im  Slav.  können  einzelne  Part,  zu  Adj.  werden:  slov. 
beged  ^^agax^»  liesked  ^lendens,  splendidus'  u.  s.  w.,  s.  vru6  ,fer- 
vidus',  im  Sttdslay.  sind  überhaupt  erstarrte  Formen  des  Partiz. 
beliebt;  r.  gnojudij  ^eiternd',  b.  horouct  ,\ieiäj  innig',  aksl.  gorqü-, 
dameben  gor^-,  p.  gorqcy  zu  goriti  ,brennen^ 

Suffix  '^t'.  Es  bezeichnet  Junge  und  zwar  meist  bei 
Tieren,  wenn  es  an  ein  Subst  angehängt  wird:  Itv^  ,catulus 
leonis'  zu  hm  ^eo*\  kozüe^  yhaedus'  zu  kozüh;  td^  yKalb';  zrSb^ 
,füllen';  pras^  ,porcusS  lit  parszas. 

Es  kann  auch  an  Adjektira  angehängt  werden:  ndad^  ,in- 
fans'  zu  mladz;  jun^  ,invencus'  zu  jum,  dä^  ,Kind^  setzt  viel- 
leicht  ein  *deth  ,gesäugt'  voraus. 

Im  Bg.,  S.,  K.  und  P.  kann  dieses  Suffix  auch  zur  Bildung 
der  Deminutiva  verwendet  werden:  bg.  kaöe  ,kleiner  Bottich'; 
r.  zemjata  ,Kömlein';  p.  noz^a  ,FüßchenS  ocz^ta  ,Äuglein'. 

Nun  haben  wir  oben  8.  466  f^esehen,  daß  die  r.  Worte  wie  mdlent- 
kij\  molodenMj  deminuierende  Bedeutung  haben;  dazu  kommt  noch,  daß 
im  B.  Deminutiva  auf  enok^  gebildet  werden:  golubSnoH  ,Täubchen*,  telU- 
nokh  ,E&lblein',  gtisänok^  ^Gänslein*  u.  8.  w.  Es  ist  daher  nicht  unwahr- 
scheinlich, daß  in  ^  zunächst  ein  Suffix  eno-  oder  -«n-  steckt,  an  welches 
dann  noch  ein  ^Suff.  (vgl.  lit  vilk^ia  ,das  Junge  des  Wolfs*  und  aksl. 
d^iilb  S.  452)  gef&gt  wurde.  Brugmann  denkt  hier  an  ein  Suffix  t{o\ 
das  zur  Bildung  Ton  Tiemamen  dienen  sollte:  got.  hund$  ,Hund*  {^hfp- 
t6'S)f  ai.  karkafaa  ,Erebs^  kukkufa»  ,Hahn',  lat.  laeerta,  loeusta  (Kurze  vgl. 

1.  Hier  war  urspr.  keine  Dehnung  vorhanden,  gr.  ^iQwv  ist  analo- 
gisch nach  dem  Part.  Perf.  act.  u.  and.  gebildet. 


494 

Gr.  S.  931).  Zu  beachten  ist  auch,  daß  im  Ab.  einem  Sg.  auf  ^-  häufig 
ein  PL  mit  etibeo-  m.  entspricht:  zu  kure  ,Hahn'  Fl.  kurenei  (Gebauer 
m,  1  8.  421). 

Im  Südslav.  griffen  die  Bildungen  auf  ^  sehr  stark  um  sich: 
sloY.  zaspane  ,Schlafhans';  lene  ,homo  piger';  sinöe  ^filius^;  oöe 
^pater^. 

In  Eigennamen  taucht  ^  auf:  s.  Vladeta,  Vujeta,  Grubeta, 
dameben  auch  Grube,  Dobre;  r.  Slavjata,  b.  Slavata,  Vrbata; 
p.  Boz^a,  Slawi^ta. 

Suffix  -es-.  Die  Erhaltung  der  es-Stämme  im  Slay.  ist 
jedenfalls  eine  beachtenswerte  Eigentümlichkeit  desselben.  Es 
waren  Neutra,  die  im  Nom.  Akk.  Sg.  auf  08,  im  Slay.  -o  endigten, 
sonst  in  den  übrigen  Kasus  einen  Stamm  auf  es  aufwiesen. 
Hierher  gehören: 

*lfko,  woraus  später,  jedoch  noch  urslav.  lice  geworden  ist 
(vgl.  oben  S.  267),  liöese  ,Gesicht';  weiter  loze  st.  logo,  lozese 
jLager*  vgl.  lozeshno  ,utenis';  nebo,  nebese  ,HimmeP,  gr.  viq>ogy 
bL  ndbhast  vgl.  auch  lit.  debesis;  oko,  odese  ,Auge';  dovo,  slovese 
,Worf,  gr.  %kißogy  ai.  sravas  ,Ruf,  Ruhm';  täo,  tUese  ,Leib*; 
ucho,  uäese  ,Ohr*;  b.  rovesnik  ,AltersgenosseS  r.  rovesnikh  setzt 
ein  *rovo,  rovese  ,vorau8',  dameben  auch  aksl.  ravhm  ,gleich', 
vgl.  preuß.  arwis  ,wahr^. 

Die  esSt,  bleiben  wegen  des  gleichartigen  Nom.  Akk.  Sg.  nicht 
ohne  Einfluß  auf  die  o-St. ,  daher  diese  vielfach  auch  die  M-Formen  an- 
nahmen. Es  ist  jetzt  nicht  leicht  zu  bestimmen,  wo  man  es  mit  urspr. 
€S'  und  wo  mit  o-St.  zu  tun  habe.  Andererseits  richteten  sich  aber  auch 
die  «»-St.  vielfach  nach  den  o-St.  So  finden  wir  neben  dilOy  d&a  ,Werk* 
auch  ein  dilo,  dUese,  ersteres  ist  jedenfalls  älter;  weiter  ein  aido,  cudese 
, Wunder*;  cr^o,  crives«  ,Bauch';  divo^  diveie  , Wunder';  dr^o,  drevesß 
,Baum';  IJuto,  IJuiese  ,Mühe';  istesa  {VI.)  ,Nieren'  sogar  auch  more,  moresa 
vereinzelt.  Insbesondere  waren  die  ea-St,  im  Slov.  beliebt  und  sind  es 
hier  teilweise  jetzt  noch. 

Suffix  'jeS'.  Es  tritt  als  Komparativsuffiz  in  den  Ab- 
stufungen -ieS;  ios,  '18-  auf.  In  den  schwachen  Easus  kam  is 
vor,  welches  im  Slav.  als  iis  (das  i  von  (es,  ios)  fastinider  ganzen 
DekL  verallgemeinert  wurde,  wobei  noch  die  urspr.  kons.  DekL 
verloren  ging,  indem  die  komp.  St  zu  joSt  geworden  sind.  Wie 
auch  sonst,  haben  sich  nur  Spuren  der  einstigen  kons.  Dekl.  er- 
halten. So  lautet  der  Gen.  Sg.  m.  n.  drazhSa  aus  *dorgp8Ja, 
*dorgi8p  st  *dorgisjö  zu  aksl.  dragz  ,teuer',  indem  das  j  (hier 
gj)  von  jenen  Easus,  die  ies,  ios  enthielten  (wie  Nom.  Akk.  Sg. 
neutr.  und  Nom.  Sg.  masc.),  eindrang. 


495 

Der  Nom.  Sg.  mask.  lautete  urspr.  auf  iOSf  neutr.  auf  ios, 
vgl.  lat.  mäior,  mäius  aus  *maiös,  mä^os.  Der  Reflex  des  letz- 
teren hat  sich  im  Slav.  erhalten  als  aksl.  drctze  aus  *dargiq8\ 
das  Mask.  lautet  dagegen  drazbi  oder  drazbj,  indem  sich  der 
Einfluß  der  Komparative  der  anderen  Art  wie  d(^ii  geltend 
machte.  Urspr.  war  hier,  nachdem  der  Reflex  des  älteren  iöa 
aufgegeben  worden  war,  wohl  *dorgjh*j  woraus  *darzh  zum  Neu- 
trum *darze,  aksl.  draze  entstand,  so  daß  eine  Übereinstimmung 
mit  den  adj.  |b-St,  wie  Nom.  Sg.  M.  Mit,  Neutr.  Mte  yleer'  er- 
reicht wurde.  Zu  *dorzb  kam  dann  das  auslautende  i  (urspr. 
G^S-  -ß)  der  Formen  wie  dohrH^  so  daß  *dorzbiy  aksl.  wohl  drazbj, 
drazij  entstand. 

Der  Nom.  Sg.  fem.  ging  ursprachlich  auf  iest  aus:  ai.  väs- 
yasl  zu  väsu  ,gut',  im  Slav.  haben  wir  aksl.  drazbSi  (für  "^dra- 
zesi)  aus  *dorgpsJ,  indem  auch  hier  das  jis  eindrang  ebenso  wie 
auch  die  Erweichung  des  8  zvl  ä  aus  den  anderen  £[asus. 

So  haben  wir  im  Aksl.  drazhj,  draze,  draztäi;  vyihj,  vyse, 
vyähäi  zu  vj/sokb  ,hoch';  kriplhj,  kreplje,  krepljbH  {kripVhäi)  zu 
kr^kh  ,festy  stark';  dazdtj,  slazde^  sUizdbäi  zu  slad^Jch  ^süß^' 
t^j,  t^ze,  t^zbäi  zu  t^ztkh  yschwer'. 

Wie  man  sieht,  stammen  diese  Komparative  aus  einer  Zeit, 
als  noch  die  betreffenden  adj.  St  nicht  durch  die  Suffixe  -okb, 
-*Aä,  'hkh  erweitert  wareo. 

Es  gab  auch  komp.  Adverbien  auf  is:  lat.  tnagis,  got  mins, 
ahd.  min  ,minder'  aus  minniz.  Aus  dem  Aksl.  könnten  hierher 
die  Bildungen  wie  daledb  ,lange'  zu  ddUUch  gehören. 

Das  komp.  Suffix  i««  kommt  auch  im  Lit.  mil  einer  Erweiterung 
(Suffix  n-ifi)  vor,  z.  B.  sald-ia-nü  f.  »ald-ia-ne  ,8ü£er*  aus  ^sald-iM^ü  zu 
»aldüs  ,süB<;  femer  in  dem  vereinzelt  stehenden  preuB.  Gen.  Fl.  muM- 
iea-on  ,maiorum' ;  in  lat.  ps-jeräre  zu  pi'jor ;  im  Germ,  ist  ts  verallge- 
meinert worden:  got.  »ut-iz-a,  ahd.  Bucz-ir-o  ,8uauior*. 

Neben  dieser  altertümlichen  Bildung  der  komp.  St  haben 
wir  im  Slav.  noch  eine  neuere:  aksl.  dobrej,  dobreje,  f.  dobreßL 


1.  io8  ist  nicht  zu  xus,  j»  geworden  wie  auch  z.  B.  in  nebo  als  Neutr. 

2.  D.  h.  es  ist  das  aus  ijös  lautgesetzlich  entstandene  iüs  unter  dem 
Einflüsse  der  übrigen  adjektivischen  St.,  die  hier  -u«  und  -ius  hatten  (o- 
und  ^o-Stämme)  ai^ch  zu  itu  verkürzt  worden.  Daraus  entstand  im  Aus- 
laut regelrecht  *j»,  */».  £s  ist  übrigens  möglich,  daß  schon  das  -io$  zu 
{08  verkürzt  worden  ist,  bevor  also  -o«  und  io»  im  Auslaute  zu  -u»  und 
'juM  geworden  war.  Dieser  Prozeß  trat  heim  Mask.  ein,  bevor  der  Um- 
laut des  jo  zu  /«  wirkte. 


496 

Man  nimmt  an,  daß  hier  das  Suffix  ie$  an  den  Instr.  Sg.  der 
o-Stämme  auf  9  (Adverbien)  antrat,  also  analog  wie  auch  im  6ot 
die  Komparative  auf  öz-en,  vgl.  got  frödöza  ^kltiger^  von  Adver- 
bien auf  ö  gebildet  wurden  (vgl.  Brugmann,  Grundr.  11,  1, 
S.  410  und  Euize  vgl.  Gr.  S.  321).  Von  diesem  Instr.  auf  9 
haben  wir  auch  das  Suffix  -im  oben  abgeleitet  (S.  417).  Im 
Nom.  Sg.  m.  müssen  wir  nach  der  Analogie  der  älteren  Komp. 
und  der  adj.  St  von  -e-ios  oder  dem  schon  daraus  entstandenen 
^U8  ausgehen.  Das  ergab  -^,  ijt,  M  und  schließlich  ej :  dobrijf 
im  Gen.  Sg.  m.  n.  dobrSßa  u.  s.  w.  Von  dcbrij  wurde  dann 
auch  ^dorzb,  wie  wir  erwähnt  haben,  beeinflußt,  so  daß  dieses 
zu  *darzbj,  *dorzij,  aksl.  drazhj,  drazij  wurde. 

Suffix  -^es-.  Es  diente  schon  ursprachlich  zur  Bildung 
des  Part.  perf.  act,  das  im  Slav.  als  Part  praet.  act  I  erscheint, 
und  zwar  in  den  Abstufungen  -)K«-^  -)f05-,  -tt«-.  In  den  schwachen 
Kasus  kam  us  vor,  welches  im  Slav.  wieder  verallgemeinert 
wurde,  wobei  noch  die  ursprüngliche  kons.  Dekl.  verloren  ging, 
indem  diese  Partizipialstämme  zu  ^o-Stämmen  geworden  sind. 
So  lautet  der  Gen.  Sg.  mask.  aksl.  vlhkbia  aus  *vPcu8ß,  lit  vilk- 
us4o  zu  vUkq,  vUäti  ,ziehen,  schleppen'.  Auch  hier  haben  sich 
von  der  einsilbigen  kons.  Dekl.  nur  Spuren  erhalten. 

Das  -^08  des  Nom.  Sg.  masc.  (vgl.  gr.  eldwg)  müßte  im 
Slav.  zu  ^üs  und  das  uos  im  Nom.  Akk.  Sg.  n.  (vgL  gr.  dMg) 
zu  "Utis  fuhren,  da  es  sich  hier  um  den  Auslaut  handelt  Wie 
beim  Komparativ  ist  auch  hier  eine  Verkürzung  des  Nom.  Sg.  m. 
imter  dem  Einflüsse  der  anderen  adj.  Formen  eingetreten.  Das 
Neutr.  schloß  sich  im  Nom.  hier,  wie  auch  bei  den  anderen  Part, 
nicht  an  das  adj.  Neutrum  an,  sondern  ging  seinen  lauthchen 
Weg,  weshalb  es  mit  dem  Nom.  mask.  zusanmienfiel.  Ein  uu8 
ergab  vh  und  das  war  wohl  die  älteste  Form  des  Nom.  Sg.  m. 
u.  n.  In  dem  so  entstandenen  ^vedvh  ist  aber  wahrscheinlich 
das  V  unter  dem  Einflüsse  der  übrigen  Formen  (vgl.  z.  B.  den 
Gen.  ved^äa)  ausgefallen.  Man  findet  zwar  im  Aksl.  Formen 
wie  pro8trwh^  im  Ab.  detv,  vzdvihväe,  pokUkv  u.  s.  w. ,  es  sind 
dies  aber  kaum  alte  Überreste  des  einstigen  -t;»,  vielmehr  machte 
sich  hier  das  v  der  vokalischen  St  geltend.  Endete  nämlich 
das  Thema  auf  einen  Vokal  aus,  so  führte  unser  -vus  eben&lls 
zu  -99  und  das  v  blieb  hier  erhalten.  Der  Nom.  Sg.  fem.  hatte 
ursprachlich  die  Endung  y^a-i  (gr.  yeyoveia),  im  Slav.  lautet  sie 
zH  :  aksl.  tihkbäi,  vedziu    Es  ist  nämlich  auch  hier  das  us,  bez. 


497 

das  schon  daraus  entstandene  ^  (zi)  aus  den  anderen  Kasus 
eingedrungen,  ebenso  wie  die  Erweichung  des  8  zu  i.  Aus  vltkö, 
das  ein  vlk-  voraussetzt,  aus  mtrh  (*iniri),  lit  mir^,  ai.  fna-mj" 
vds,  aus  prosttr^  {*8trrb)  neben  prosthrp^  u.  s.  w.  ersehen  wir, 
daß  im  Stamme  die  Schwundstufe  vorgezogen  wurde.  Doch 
kommt  sie  nicht  überall  vor.  So  haben  wir  ved^y  vedzäi;  ne^, 
nesiü  bei  kons.  St. ;  bei  vok.  z.  B.  dav^,  Gen.  davzäa,  f.  dap^H 
zu  dati  geben,  lit  dä-v^,  dävus-io.  Bei  byvh,  byvzäa  zu  btfti  und 
allen  derartigen  Formen  überhaupt  muß  man  voraussetzen,  daß 
der  Wurzel  vokal  des  In£  eindrang;  lit  büvqs  büvusio.  Brug- 
mann  vermutet  hier  ursprünglich  *b^-vhäa,  lit.  büvmio  vgl.  gr. 
Tte-q/v-cig  (Grundr.  II,  1,  S.  414). 

Aksl.  prost  aus  *pro8ß  zu  pro8iti  ,bitten*  ist  nach  Art  der 
primären  Yerba  wie  vhkh,  vedz  u.  s.  w.  entstanden,  indem  ^  (oder 
noch  früher  *!?*)  an  den  Verbalstamm  angefugt  wurde:  aus  *pro- 
si'Z  entstand  "^prosp,  woraus  proib  (vgl.  auch  proä-em  aus  "^pro- 
si-jern). 

Lit.  ^,  v^  {ens,  vens)  z.  B.  vilk-^,  dav^  entstand  darch  den  Ein- 
fluß des  praesentischen  ans,  as  and  zwar  wohl  aus  *««,  *ve9.  Ebenso 
preuß.  ons  (laipinn-ana)  und  tcuru  {klautiumns). 

B)  Dureh  Reduplikation  gebildete  Nominalstämme. 

Im  Slav.  haben  wir  solche  Reduplikationen,  bei  denen  der 
erste  Teil  die  Wurzel  in  mehr  oder  weniger  gut  erhaltener  Form 
enthält 

Zunächst  handelt  es  sich  um  Schallerscheinungen,  die 
sich  meist  wiederholen:  b.  hräkor  ,6egacker^  aus  ^korkoro-, 
dazu  krdkorati  ,gackem^;  aksl.  klakah  ,Glocke'  aus  *kolkol(h,  ur- 
sprünglich wolil  von  dem  Schalle,  r.  kolokolh  ,Glocke',  lit  kankalas 
aus  kalkalas.  Hierher  auch  aksl.  glagoh  (siehe  oben  S.  392) 
,WortS  b.  hlahol  ,Schall,  Eede^ 

£s  kann  sich  auch  um  die  Intensität  der  Erscheinung 
handeln:  b.  pläpol  ,das  Hin-  und  Herflackem  einer  intensiven 
Flamme',  dazu  pldpolati  ,iichterloh  brennen^,  aksl.  plapolcUi,  das 
Subst.  aus  ^pclpoUh;  b.  cUdchcl  aus  ^choUholo-  ,adulatioS  dazu 
chldcholiti  ,besänftigen*;  b.  präpor  ,Fahne'  aus  *porporO',  zu  perq 
phrati  ,fliegen*  und  aksl.  pero  ,Peder*,  urspr.  wohl  das  Hin-  und 
Herfiattern  der  Fahne;  nebstbei  prapar  ,Flaumfedem*.  Zu  der- 
selben Wurzel  wohl  auch  r.  pereperz,  perepeU,  pdepelka  ,WachteP 
aus  ^perper-,  also  eig.  die  ,hin-  und  herflattemde'   (vgl.  S.  318); 

Vondrfck,  Vgl.  «luv.  Gnimm.   1.  32 


496 

b.  vrdvorati  ,hiii-  und  herschwanken ,  tanmelii'  setzt  ein  vrävor 
aus  *wrvor<h  ^Yoraus';  b.  bldbolUi  ^hin-  und  herredeiiy  fiisebi^  setzt 
ein  bidbol  ans  *b6lboUh  vorans,  r.  hoUbawbj  baUbam  n.  s.  w. 
^chwätzer'y  vgl.  lat  balbus  und  aL  bal-bal-ä-karömi  ^spreche 
stammehid  ans*,  gr.  ßdqßa^g  ^nnverBtandlich  sprechend';  b.  vzmla- 
nudati  ,plappern';  slov.  mlamol,  mlamola  ^bgrund^  ans  *inal- 
moUh  (Miklosich  meint  zu  tneljq,  ndeti  also  eine  ^unterwaschene 
SteUe',  Etym.  Wtb.  8.  200). 

Wiederholungen  in  der  Kindersprache  begrondet:  b.  p.  ma-ma 
,Miitter%  lit.  nunnü. 

Wie  man  siebt,  handelt  es  sich  hier  am  Fälle,  in  denen  die  Wurzel 
ganz  erhalten  blieb  und  immer  auf  eine  Liquida  auslautete  (bis  auf 
mama). 

Der  erste  Bestandteil  ist  verstiimmelt:  aksl.  veveriea,  p.  wie- 
mwka,  b.  veverka,  s.  vjeverica,  jevfrica;  in  bg.  ververica  ist  wohl 
kaum  das  ursprüngliche  r  enthalten,  yielmehr  erst  sekundär  wieder 
eingeführt,  preuß.  u^tf-iiwr-«,  lit  vo-ver-e,  val-ver-is,  npers.  var- 
var-ah;  r.  paporatb,  b.  paprcd,  kapradi  (vgl.  S.  289),  sIot.  pro- 
prat  (das  noch  ein  *parpartis  voraussetzt) ,  dameben  paprat, 
prapot,  praproi  ^Farnkraut'  wohl  zur  selben  Wurzel  wie  b.  prd- 
por,  YgL  ai.  pamdm  ,Flägel,  Blatt^,  gr.  Ttiigig  ^Famkraut^  (in 
der  Gruppe  pt  ist  auch  im  Slav.  das  t  al^efEillen,  vgl.  Pedersen 
IF.  2,  8.  287). 

Seltener  ist  der  zweite  Bestandteil  Terstümmelt :  aksl.  de^z 
yOroßvater',  lit  de-de  ,Oheim*,  gr.  t^-^ij  yGroßmutter'  vgl.  das 
oben  erwähnte  tnama. 

Bei  anderen  Bildungen  weist  der  erste  Bestandteil  nur  den  anlau- 
tenden Kons,  mit  folgendem  e  auf,  so  daß  der  Vorgang  identisch  ist  mit 
der  Reduplikation  bei  den  verbalen  Stammen:  aksl.  6e-6r»,  lit.  bebnu, 
ahd.  hibar,  av.  ha-wrii  «Bü^^r*,  ai.  hahhru§  adj.  ,braun';  aksl.  ieMvb  aus 
*UUtvu  ,Fasan%  lit.  titervinas  ,BirkhahnS  gr.  mgtS,  tetQa^  ,Art  Huhn'; 
aksl.  U4a,  ,Tante,  MuhmeS  lit.  t&4ä^  gr.  ri-rra  ,TäterchenS  lat.  ta-to, 
lit  noch  ie-ii»  »Väterchen*. 

Es  ist  mitunter  sehr  schwer  zu  entscheiden,  ob  ursprunglich  ein 
reduplizierter  Verbal-  oder  Nominalstamm  vorliegt.  So  haben  wir  im 
Slav.  ein  Verbnm  ksl.  mrvmrati  ,murmeln',  slov.  mrmraU^  rnrnUati,  s.  mr- 
mlatif  b.  mrmraii,  mrmio^t,  mumraii,  tnimrati  und  hierher  jedenfalls  auch 
mumiatif  lit.  murtniuj  ahd.  murmuronj  murtnulön  ,murmeln*,  gr.  fM>Qftvcü» 
^murmle,  rausche';  in  anderen  Sprachen  liegt  jedoch  auch  ein  Nomen 
▼or:  ai.  mar-fnora»  ,rauschend,  BauschenS  lat  mttrmur. 


499 


C)  Durch  Komposition  gebildete  Stämme. 

Die  Komposition  entsteht,  wenn  zwei  (oder  selbst  auch 
mehrere)  im  Satze  zu  einander  in  einer  Beziehung  stehenden 
Worte  zu  einem  Worte,  das  dann  eine  einheitliche,  neue 
Bedeutung  bekommt,  vereinigt  werden.  Je  nach  der  Beschaffen- 
heit des  ersten  Gliedes  und  nach  der  Bedeutung  der  Komposita 
kann  man  Terschiedene  Gruppen  derselben  unterscheiden.  Dar- 
unter sind  auch  Kategorien,  die  sich  ab  echt  Tolkstümliche  Bil- 
dungen verraten.  Diese  gehen  dem  Aksl.  zum  großen  Teile  ab: 
die  Komp.,  welche  wir  hier  antreffen,  sind  meist  nach  griech. 
Vorbildern  gebildet. 

Eine  nach  einem  bestimmten  GeBiehtspankte  angelegte  Sammlung 
derselben  findet  man  bei  Ja  gl  6  (Afsl.  Phil.  20,  S.  519— 556, 21,  S.  28-48). 
Bei  den  Komp.  der  anderen  slav.  Sprachen  kann  man  auch  den  EinflnA 
fremder  Sprachen,  insbesondere  der  deutschen,  nicht  selten  bemerken. 
Es  entstanden  Komp.,  die  gegen  den  Geist  der  Sprache  waren,  denn  das 
Slay.  zieht  im  allgemeinen  den  Komp.  syntaktische  Verbindungen  vor. 
Die  p.  Komposita  hat  gesammelt  S.  L.  £  o  s :  Sloznjja  slova  y  p.  jaz.  1901. 

In  formaler  Hinsicht  können  die  vorhandenen  Komp.  folgen- 
dermaßen gruppiert  werden: 

1)  Der  erste  Bestandteil  enthält  den  Stamm.  Die  o-Stämme 
weisen  das  o  auf  und  zwar  sowohl  die  adj.  wie  auch  die  sahst. 
aksL  Sv^taplzkh  Nom.  propr.,  hinsichtlich  des  zweiten  Bestand- 
teiles vgl.  das  germ.  Sndfdc  (vgl.  R.  Much,  Deutsche  Stammes- 
kunde' S.  37);  p.  chromowidz  ,ein  sehender  Hinkender*;  s.  bjelo- 
grab  , Weißbuche';  golöbrad  ^mberbis';  b.  kratochvüe  ,Eurzweil' 
(nach  dem  Deutschen);  krivopHsaha  ,Meineid';  r.  lütopadz  ,Zeit 
des  Laubfalles';  aksl.  dobro-dej  , Wohltäter',  lit  gercniefis;  aksl. 
voje-voda  aus  *vojO'^oda  jHerflihrer*. 

Vielfach  ist  dann  wieder  o  an  die  Stelle  des  e  getreten: 
s.  gornjö'Zemac  ,der  Oberländer'. 

Die  a-St  haben  auch  o:  rqko-^phsantje  ,Handschrif)^,  Schuld- 
Terschreibung*  zu  rqka  ,Hand'. 

In  anderen  Sprachen  auch  5:  gr.  ßwlrj-^pSgoc  ,ratgehend*,  lat.  fabä- 
gtnus  ,yon  Bohnen  herrührend*;  lit.  szikstnö-spamü  «Fledermaus'  eig. 
»Lederflügler*.    Meist  kommt  aher  doch  ein  o  vor. 

Die  i-St.  sind  schon  der  Analogie  der  o- Stämme  zumeist 
unterlegen :  zvera-vidtm  ,das  Aussehen  eines  wilden  Tieres 
habend'  zu  zverb  ,wildes  Tier^;   s.  kostö-bclja  ,chroniBche  Gicht' 


500 

zu  kosth  ^Knochen';  dagegen  noch  trhz<fb^  ^Dreizack',  vgl.  auch 
lit  trirköjis  ,Dreifüßler*,  lat  tri-pBs^  gr.  xqi-^ovg,  ai.  tri-pdd. 

Da  die  t-St.  mitanter  zu  yo-Stämmea  wurden  (vgl.  Gen.  ognja,  ognh\ 
Bo  taucht  auch  hier  in  der  Komposition  manchmal  ein  e  auf:  tphre- 
vidbnt ;  pqfe-vozdt  ,Wegf&hrer*  zu  ptfU  ,Weg*. 

Die  u-St.  retteten  das  u  nur  in  medvidb  aus  *medu'edüf  ^tned^dis 
,Bär*  (Honigesser).  Sonst  unterlagen  sie  der  Analogie  der  o-St&mme; 
medo'tocbrib  ,dfiß-strömend*  zu  tnedb;  lit.  noch  aiä-daris  ,BieThT&VieT*  zu 
tttÜB  ,Bier*. 

Auch  bei  den  kons.  St.  ist  das  ürsprüngUche  fast  durchwegs 
aufgegeben  worden: 

n-St.:  r.  kameno-sedecz,  kamenotesb  ,Steinhauer* ; 

r-St. :  noch  öetvrc-gvbb  aus  *^etver'gub^  ,quadruplu8^  Da- 
gegen scheint  in  r.  matereubijca  ,  Muttermörder  S  malereubijstvo 
yMuttermord'  ein  Gen.  Sg.  vorzuliegen. 

«-St.:  sie  gingen  frühzeitig  vielfach  in  die  o-St.  über,  daher  i.  slovo- 
titla  , Zeichen  für  die  Abkütznng*.  Selbst  bei  e$  wird  das  o  noch  ange- 
hängt, cude9'(htbcbnb  neben  cudo-thcbm  ,wiinderähnlich^ 

In  p.  oczywUty  ,augenscheinlich*  liegt  ein  erstarrter  Kasus  vor 
(Nom.  Akk.  Du.  aksl.  oci),  dagegen  ist  r.  oce-vidnyj,  s.  oce-vidni  dass.  aua 
occM),  entstanden,   also  nach  Analogie  der  o-St. 

Bei  den  ^-St.  liegt  kein  Material  vor;  in  r.  desjatilHie  ,6in  Zeit- 
raum von  zehn  Jahren*  liegt  ein  erstarrter  Kasus  vor  (Gen.  Dat.  Lok.  Sg. 
aksl.  des^  nach  den  t-Stämmen). 

2)  Der  erste  Bestandteil  enthält  eiqen  Kasus:  aksl.  aus 
jedim  na  des^  ,eilf  eitstand  jedimnades^hm  (oder  jedinonade- 
8^)  ,der  eilfte^;  zu  d^va  des^i  dann  dzvades^tm  (auch  d^vode- 
s^tm)  ,der  zwanzigste';  slov.  polmüpoUid  ,vespertilio',  eig.  ^alb- 
maus,  Halbvogel';  s.  miä-hücLs  ,equus  Colons  murini';  rm-papa 
,papa  romanus';  jden-rog  ,comu  cervi';  niUa-doek  ,homo  nequam' 
(nüta  schon  als  Nom.);  r.  azbuka  , Alphabet';  zurb-ptka  ,ein  Vogel 
der  Märchen';  aksl.  6ra^-«e8^ra  , Bruder  und  Schwester' ;  es  wurde 
als  der  Nom.  Du.  eines  o-Stammes  behandelt,  daher  brcAhsestrofna, 
dazu  das  Demin.  bratbsestrica;  p.  widka-nqc  ^Ostern',  eig.  ,große 
Nacht',  Gen.  Dat.  widkanocy,  b.  dagegen  velikonoce  PL  tant. 

Mit  Akkus. :  s.  sebe-znao  ,sibi  soli  amicus',  eig.  ,der  nur  sich 
kennt';  sir-zbijcdo  ,koji  zbija  sir';  mnogo-zncdi,  mnogo-znalica 
,multiscius';  vgl.  auch  svasto-znanaCf  sve-znali  sve-znalica  ,omnia 
sciens';  sve-moguöi  ,omnipotens';  rtmchranücic  ,mane  surgens',  rano 
adverbieller  Akk.;  aksl.  Icnviprolitttje  (Gen.  krtvi)  neben  krtvo-- 
prolitifje  ^Blutvergießen';  domthzakonifnikb  ^Hausyerwalter'  (Gen. 
oder  Dat  nach  den  o-Stämmen  zu  dorm  ,Haus');  b.  hoha^ojny^ 


501 

fl.  dagegen  bogo-bojazan  ,piusS  eig.  ^deum  timens';  p.  hogorrodzica 
,Gotte8gebärerin'  zu  b6g  ,Gott*;  r.  desjatüetie  ,ein  Zeitraum  von 
zehn  Jahren'  ist  schon  erwähnt  worden;  Bogu-müb  ,6ottlieb'  vgl. 
daneben  die  Bogo-mäi  (aber  auch  Bogumili);  hogu^mrhzbkh  neben 
bog(hnirtz^h^  yGott  verhaßt^;  nach  b.  Bohu-mü  auch  Bohu-sud, 
indem  man  sich  hier  der  Dativbedeutung  nicht  mehr  bewußt  war 
(aksl.  dagegen:  bogo-sqdbnS  Adv.  ^dei  iudicio');  aksl.  bratu-d^^ 
ist  aus  bratu-d^a  ,Kinder  zweier  Brüder*  {bratu  Gen.  Lok.  Du.) 
gebildet,  enthält  demnach  keinen  Dat. 

Aksl.  doma-^ivbCb  ,am  Orte  lebend,  Einwohner*  zn  doma  ,zu  Hause*; 
doma-c^bn>  ,dominatu8,  yemaculus*;  aksl.  polu-noHi  ,um  Mitternacht*, 
eig.  in  der  Mitte  ipolu  Lok.)  der  Nacht  (Gen.),  dazu  polu-noiibje ,  polu- 
noHbfib  ,mitternächtig* ;  ebenso  polu-dbnb/e  ,Mittag*,  poludbmn^» 

In  die  Kategorie  der  kasuellen  Komp.  gehört  auch  das  zu- 
sammengesetzte Adj.  dobrajego,  dobraago,  dobrago  aus  do6ra 
jego  ,Gen.  Sg.  m.  n.);  Nom.  Sg.  M,  dobrbj,  dobryj  aus  dobrb 
und  i  =  ^s',  lit.  gerhsis  aus  gSras  und  fis. 

Nicht  selten  kommt  es  vor,  daß  die  Kasusendung  schon  ganz 
verwischt  ist,  so  daß  man  aus  dem  lautlichen  Bestand  nicht  mehr 
ersehen  kann,  um  welchen  Kasus  es  sich  handelt.  In  solchen 
Fällen  liegt  meist  der  Nom.  vor:  s.  vojvod-basa  ,dux  comitum 
sponsi'  zu  vojvoda  (das  2.  Glied  türkisch);  voden-bika  (auch  vo- 
deni  bik)  »Rohrdommel  zu  vodeni  ,Wasser-';  r.  tetra-pero  im 
Volkslied,  das  erste  Glied  hängt  mit  teterevb  ,tetrao'  zusammen'. 

3)  Den  ersten  Bestandteil  bilden  Präpositionen,  Präpositional- 
ausdrücke  und  andere  erstarrte  Ausdrücke,  die  mit  einem  ent- 
sprechenden deklinierbaren  Worte  nicht  mehr  in  Zusammenhang 
gebracht  werden,  die  aber  sonst  auch  außerhalb  der  Komposition 
meist  noch  auftreten. 

Einige  Präp.  erscheinen  häufig  bei  der  Komposition  mit  einem 
Nomen  gedehnt  im  Gegensatze  zu  jener  mit  einem  Verbum,  so  insbeson- 
dere pra,  pa  z.  B.  po'-m^  ,6edächtnisS  dagegen  pombneti^  pra-dedt  ,pro- 
ATUs*.  j»a-  bezeichnet  häufig  das  spätere,  das  Scheinrechte,  Geringere: 
ksl.  pa-birzk^  ,racemu8  post  nndemiam  relictus' ;  pa-d^ti  ,priyigna' ;  pra^ 
entspricht  in  diesen  Fällen  dem  d.  tir-,  Erz-  :  b.  pra-ielma  ,Erzschelm*. 

Die  Lange  erscheint  auch  bei  sq-  in  sq-sidb  ,Nachbar*  gegen  s^ 
hbrati  ,zusammen  lesen*  u.  s.  w. ;  bei  a-  in  a-doh  ,valli8*  gegen  tf^c^i 
,anfangen*  u.  s.  w.  ferner  im  Lit.  (vgl.  oben  S.  77). 

Merkwürdig  sind  die  Komposita :  b.  baSs  prehoze  ,0h  Gott  !* ;  ihoda 
preikoda  Jammerschade* ;  prMda  etwa  ,wehe !  dreimal  wehe  !* ;  p.  prz^- 
eUinia  ,große  Enge';  pre-  bezeichnet  überhaupt  ein  gesteigertes  Maß 
(über  das  Normale,  Gewöhnliche) :  slov.  prebogot  ,überau8  reich*,  p.  przB- 
hogaty. 


502 

Die  Präp.  bezh  ersetzt  in  der  Komposition  häufig  die  Nega- 
tion: bezbogz,  bezboztm  ^gotüos^;  bezrqkb  a%Btqj  vgl.  auch  u-bog^ 
ypauper'. 

Nicht  selten  bezeichnen  derartige  Komp.  eine  Deminution 
und  zwar  die  mit  na-,  ob-,  podz,  pri-,  za-  :  s.  na-gluh  ,etwas 
taub',  b.  na-hluchly. 

Häafig  bekommt  das  zweite  Glied  in  der  Komp.  ein  anderes  SuMz 
als  es  früher  hatte :  ksl.  za-^ortje  ,da8  Gebiet  hinter  den  Bergen,  Hinter- 
land'. Ein  goThje  allein  kann  nicht  nachgewiesen  werden,  was  aber  nicht 
immer  der  Fall  zu  sein  braucht;  pridt-dvorbje  ngwivhov  \  po-gorye  ,montes'; 
^s-oA;s  yimpadens*,  eig.  ,ocali8  carens';  heit^^  äxtxvog.  Derartige  Comp, 
können  insbesondere  auch  noch  neue  Suffixe  bekommen:  nami$ttnik» 
^Statthalter*  ist  aus  dem  Adjektiv  namMbm  hervorgegangen.  Doch  kann 
man  derartige  Erscheinungen  auch  bei  anderen  Comp,  beobachten. 

Auch  Verba  werden  mit  Präp.  komponiert,  wodurch  die  Be- 
deutung entsprechend  der  Präp.  modifiziert  wird,  oder  es  wird  die 
Qualität  der  Handlung  geändert ,  aus  durativen  werden  perfec- 
tiva  u.  s.  w. 

Präpositionalausdrücke  sind  enthalten  in  s.  natragodja  ,retro- 
meator,  cancer^  zu  natr(ig  ^zurück^;  b.  po^si-noha  ^Landstreicher^, 
auch  p.  poumnoga. 

Die  Negation  ne  erscheint  ebenfalls  in  der  Komp.:  aksl.  ne- 
dqgfb  morbus'  eig.  aad'ivBia;  ne-moitt  äad-iveta  vgl.  ahd.  un- 
macht;  nepHjaznt  ^diabolus'  nach  dem  ahd.  unhddä;  nemdarm 
^invisibilis';  neprazda  ^gravida'  eig.  ,non  vacua^  « 

Die  Negation  fl  ist  im  Slav.,  wie  ich  glaube,  in  q''rod^ 
^stultusS  eig.  incurius'  vorhanden,  ^  also  wie  pa  u.  s.  w.  (S.  342). 

Mit  Adverbien  nicht  kasuellen  Ursprungs:  s.  vozdorziv  ,se- 
dum  maius',  eig.  ,semper  virens^;  ksl.  velh-Upt. 

Yerallgemeinemd  ist  ne  in  ni-khio  ,irgend  jemand^  m'-  ne- 
giert: nikUo  ,Niemand^ 

4)  Der  erste  Bestandteil  ist  eine  verbale  Form  und  zwar 
zunächst  ein  Imperativ:  s.  kradi-koza  ,Ziegendieb';  jebi-kobüa 
,weibersüchtiger  Mensch^  eigentlich  ,futue  equam';  kazi-put  ,digi- 
tus  index^;  nadri-knjiga  ySemidoctus',  eig.  ,lacera  librum';  raspi- 
ku6a  ,homo  prodigus'  (rashpi  zu  suti);  r.  boli-golovb  ,conium  ma- 
culatum';  dazhbogb  ,6ottheit  der  Bussen',  die  als  ,deus  dator'  ge- 
deutet wird  (A&l.  Phil.  5,  S.  1 — 14),  nach  Miklosich  dagegen 
,Qeber  des  Eeichtums'  (Etym.  Wtb.  S.  39);  b.  pudüvUr  ,Wind. 
beutel';  strai-pytd  ,Hasenftiß',  wohl  ,der  sich  vor  einem  Sacke 
schreckt^;  Uud-huba   , Zungendrescher';    vrti-pata  ,Windbeutel' ; 


503 
vydri'duck  yErpresser';  "p.  grzej-skarb  ^Knauser';  kr^iwqs  ^Schnurr- 


]  bartdreher'. 


Auch  zahlreiche  Namen  wie  z.  B.  s.  Bori-slav,  Berudav, 
Berivoj,   VJadimer^);  b.  Borivoj,  p.  Kazimierz. 

Daneben  tauchte  das  erste  Glied  als  ein  o-Thema  auf:  p. 
neben  pasibrzuch  auch  paaobrzuch  ySchmarotzer,  Fresser'  (auch 
paaorzyt,  pasig^a),  vgl.  b.  bridiopdsek;  b.  tfasoritek,  traaorüka 
,motacilla';  r.  zefXhroH  jGaffer';  aksl.  prestqpoM^bß  ,periurium* 
(prSslqpüi  ,übertreten^) ;  vrUoglav^  ,vertiginosu8*  zu  vrtieti. 

Es  sind  dies  offenbar  sehr  alte  Bildungen  im  Slay.,  die  nach 
der  Analogie  der  vorherrschenden  Komp.  mit  o-Themen  gebildet 
worden  sind;  in  einzelnen  Fällen  kann  es  sich  vielleicht  auch 
um  Umbildungen  von  Kompositis  mit  Imp.  handeln. 

Was  diese  selbst  anbelangt,  so  wird  man  wohl  ihren  Ursprung 
schon  in  die  ursprachliche  Periode  versetzen  müssen,  da  zahlreiche  Einzel- 
sprachen sie  kennen.  Daß  das  kasuelle  t  der  t-Stämme  {krwiprolätje) 
mit  den  Verba  auf  üi  in  ideellen  Zusammenhanfi^  gebracht  und  impera- 
tivisch  umgedeutet  worden  ist  (Brugmann,  Grundr.  II,  1,  S.  82),  ist 
wenig  wahrscheinlich.  Es  sind  übrigens  auch  andere  Verba  mit  ihrem 
Imp.  vertreten,  die  nicht  den  Eindruck  von  Analogiebildungen  machen, 
vgl.  das  r.  daithogt. 

Auch  die  3.  Pers.  Sg.  konnte,  wenn  auch  mitunter  in  teil- 
weise verstümmelter  Form,  als  erstes  Glied  au{ti*eten :  b.  neznaboh, 
s.  neznäbozac  ,der  Gott  nicht  kennt,  gottlos';  vgl.  Griech.  lh(£ai- 
nenXog, 

Selbst  auch  das  Part  Praet  act  11  findet  man  als  erstes 
Ghed:  umyThorodinb  (Miklosich  11,  S.  371). 

Von  der  Eegel,  daß  die  Yerbalform  als  erstes  Glied  auftrete,  gibt 
es  Ausnahmen :  zu  dem  p.  paMrzueh ,  pasobrzueh  haben  wir  schon  das 
b.  briehopdsek  ,erwähnt' ;  b.  dus-pivo  und  pivodus  zu  dusiti  ,au8trinken* ; 
p.  neben  golihroda  auch  brodogol.  Die  zweiten  Glieder  -dua,  'pol  werden 
dann  als  Subst.  gefühlt,  daher  hätten  sie  im  Aksl.  am  Ende  -»  (aus  -o«) 
und  diese  subst.  Geltung  zeigt  uns  auch  ganz  deutlich  das  b.  päsek  in 
hrichopäsek. 

Nach  der  Bedeutung  oder  nach  dem  syntaktischen  Verhältnis  der 
Glieder  zu  einander  kann  man  zunächst  beiordnende  und  unter- 
ordnende Komp.  unterscheiden.  Bei  der  ersteren  Art  sind  die  beiden 
Glieder  syntaktisch  gleichwertig;  löst  man  das  Komp.  auf  und  macht 
die  Glieder  selbständig,  so  kann  man  sie  mit  ,und*  verbinden  (daher 
auch  copulatice  Composita]  z.  B.  ksl.  brai^sestra  Du.  ,Bruder  und  Schwester* ; 
blagolipb  evjtgejti^c;  p.  hiaiosmuhty  ,weiß  und  schlank*;  b.  hrdopysek  wer 
,hrdy  a  pyiny'  ist. 

1.  Bezüglich  des  zweiten  Bestandteiles  vgl.  das  germ.  Segimirus, 


504 

Bei  den  a&terordnenden  enthält  das  eine  der  beiden  Glieder 
den  Hauptbegrifif,  zu  welchem  das  andere  in  einer  bestimmten  Beziehung 
steht;  das  war  schon  seit  jeher  die  bei  weitem  zahlreichste  Klasse.  Je 
nach  der  erwähnten  Beziehung  kann  man  hier  wieder  verschiedene 
Gruppen  unterscheiden,  allein  es  ist  nicht  immer  leicht,  diese  Beziehung 
richtig  zu  erfassen,  so  daß  hier  die  subjektive  Auffassung  einen  freien 
Spielraum  hat.  Diese  Einteilungen  haben  infolge  dessen  meist  einen 
problematischen  Wert.  Am  deutlichsten  tritt  hier  noch  die  Beziehung 
bei  den  kasuell  bestimmten  Grundworten  hervor :  b.  peciväUk  ,Stuben- 
hocker,  Faulenzer'  eig.  kdo  se  na  peei  väli.  Hierher  kann  man  auch  Fälle 
wie  8.  vindpija  ,Weinsaufer*  rechnen.  Die  Gruppe  mit  attributiv  be- 
stimmtem Grundworte  tritt  auch  deutlicher  hervor :  ksl.  vehmqSb  ,homo 
insignis*;  liehopitbje  ,nimia  potatio^ 

Akzentregeln  bei  der  Komposition.  Von  den  beiden 
Akzenten,  die  den  Elementen  des  Komp.  zukamen,  tritt  der  eine 
mehr  in  den  Hintergrund,  wird  zum  Nebenton,  bis  er  gewöhnlich 
ganz  schwindet,  so  daß  nur  ein  Akzent  zurückbleibt,  über  dessen 
Sitz  bei  den  Hauptgruppen  der  Komp.  folgendes  gesagt  werden 
kann: 

Präposition  und  Nomen.  Bei  mask.  Komp.  (o-Stämmen) 
bleibt  der  Akzent  auf  der  Wurzelsilbe,  wenn  sie  steigend  betont 
war;  das  wurde  sie  aber  häufig  erst  bei  der  Komposition.  Vor- 
wiegend gehören  hierher  auch  kurze  Stammvokale.  So  ist  die 
Mehrzahl  der  Präpositionalkomp.  betont,  ein  Beweis,  daß  es  sich 
hier  um  Verallgemeinerungen  eines  urspr.  Typus  handelt  Hierher 
gehören:  r.  vostörg^,  zalivz,  perech6d^,  soveth,  supruffb,  izvolökh, 
otvolökb  (dagegen  völokz),  zavoröih  (dagegen  vdrotb),  ogorödh  (da- 
gegen görodh), 

S.:  dornet  , Wurfweite'  (slov.  dornet,  Gen.  domäa);  döhod 
,Zugang*  (slov.  dohöd,  Gen.  dohöda);  pösao  (=  aksl.  po-shh).  Gen. 
pösla  ,Geschäft,  Arbeit*;  ndboj  , Wunde  an  der  Sohle,  Wand  aus 
Erde'  (slov.  naböj,  Gen.  nab6ja)\  ndrod  ,Volk',  slov.  ndrod  (zu- 
rückgezogener Akzent),  r.  narodz. 

War  die  Wurzelsilbe  fallend  betont,  rückt  der  Wortakzent 
auf  die  Präp.  (vgl.  oben  S.  229)  was  nur  bei  einer  geringen  An- 
zahl von  Fällen  vorkommt,  d.  h.  der  ursprüngliche  Typus  ist 
hier  vielfach  aufgegeben  worden:  r.  öblakb,  s.  obläk^  slov.  obläk 
(aus  oblak  entstanden)  vgl.  r.  izvoUH  imd  dagegen  v6lokb;  r. 
iblikhf  s.  oblik,  slov.  oblik  ,AntUtz' ;  r.  pSregarz,  pirecerkh  u.  s.  w. 

Da  die  zweisilbigen  t-St  fallenden  Ton  der  Wurzelsilbe 
hatten,   mußte   er  bei   der  Komposition   ebenfalls  auf  die  Präp. 


505 

rücken  (überhaupt  weiter  auf  die  erste  Silbe) :  s,  povest,  slov. 
povest  (aus  povest),  r.  pövestb,  r.  pirekiph. 

Analog  auch  bei  Nomen  +  t-St.:  r.  Hro-pist  .Malerei'. 

Da  die  a-St.  steigend  betonte  Stammsilbe  aufweisen,  be- 
hielten sie  den  Akzent  an  derselben  Stelle  (also  wie  r.  nar6d^ 
u.  s.  w.):  r.  dogöda,  daprdva,  dosdda,  zabdva,  zapläta,  naüka  u.  s.  w. 
ebenso  oboröna,  zavolöka,  prevolöka,  dagegen  v6lokb.  Es  herrscht 
hier  demnach  eine  vollkommene  Übereinstimmmung  mit  izvolökz, 
otvoUkb  u.  s,  w.  (siehe  oben);  zagaröda,  otgoröda,  peregaröda 
gegen  girodh;  zastaröna  ,das  Verdecken*,  obzwar  storond  Auch 
im  Bulg.:  zaplatb,  izinem,  naükh,  otrdm>,  pregrdd^  u.  s.  w. 

Im.  8 erb.  sind  noch  teilweise  Reflexe  dieser  Betonung  yor- 
handen:  ndvada  , Angewöhnung'  aus  *närada,  öak.  naväda,  slov. 
naväda,  r.  navöda  , Verlockung';  ndhlada  , Erkältung';  bpona 
^äutchen'  u.  s.  w.  etwa  80  Fälle  (nach  Leskien). 

Zumeist  ist  jedoch  im  Serb.  —  im  Slov.  durchweg  —  der 
einst  steigende  Ton  des  zweiten  Gliedes  in  den  fallenden  ver- 
wandelt worden  (zunächst  wurde  natürlich  die  Silbe  verkürzt). 
Im  Slov.  mußte  dann  die  Silbe  gedehnt  werden:  dologa,  dosega, 
maväla,  navfka^  ohika,  poköra,  sloga,  sprega,  zagräda  u.  s.  w. 
Im  Serb.  zunächst  *zägrada  (*  bezeichnet  hier  die  fallende  Kürze), 
daraus  zagrada.  Ebenso  dosada,  obrana  (r.  oboröna),  ogradja 
,Zaun',  slov.  ogräda, 

Nomen  und  Nomen  (o-Stämme).  Hatte  das  zweite  Glied 
steigende  Betonung,  so  blieb  der  Ton  auf  demselben:  r.  belo- 
rüdka,  s.  Ijevöruk  ,linkhändig'  zu  riika]  vielfach  dann  aualogisch: 
s.  bjd-blik  ,weißbackig'  zu  Itk  , Angesicht';  s.  zlb-6ud  ,bösartig*  zu 
6ild  fem.  ,NatureU'.  Dieser  Typus  ist  im  R.  verallgemeinert 
worden:  kosonögh  ,Geißfuß';  dode)  ,Übeltäter*,  belorükij  ,weiß- 
händig';  vgl.  noch:  bilogolövh  ,mit  Schnee  bedeckter  Pfahl'; 
vodovorät^  ,Wa8serwirbeP ;  belovolösyj  ,weißharig' ;  vgl.  jedoch  das 
oben  erwähnte  Hvopish,  wenn  das  zweite  Glied  ein  t-St.  bleibt 
Mit  dem  R.  stimmt  das  Slov.  in  der  ungeheueren  Mehrzahl  der 
Fälle  überein:  drvotbn,  Gen.  drvotdna;  belorbg,  f.  bdoröga. 

Sonst  ist  im  S.,  wenn  das  zweite  Glied  fallend  betont  war, 
das  erste  Glied  altbetont:  VUegrad  zu  gräd;  rukosad;  ,selbst  an- 
gelegter Weingarten'  zu  säd;  modrokos  ,Vogelart'  zu  kos  ,Amsel' 
(vgl.  Leskien  Afsl.  Phil.  23,  S.  323flf.). 

Hinsichtlich  der  Quantität  in  b.  hrudo-tluk  :  hrofida;  kra- 


506 

lavrah  :  krdl;  krcisapis  :  kräsa;  parostrcj  :  pdra;  vinohrnd  :  vtno; 
muchomürka  :  moucha  u.  s.  w.  vgl.  S.  214. 

Imperativ  +  Nomen.  Hier  ist  die  BetonuDg  nicht  so 
einheitlich.  Häufig  bewahren  die  beiden  Bestandteile  ihren  Akz.: 
r.  derzi-dSrevo  ^paliurus  aculeatos';  derH-ladtjd  ^mora*;  perekaU- 
p6le  ,Name  einiger  Pflanzen';  sorvi-golavd  , Wagehals^;  s.  9vrzi^ 
brdda,  svrzimäntija;  \zjedipbgaea. 

Entwickelte  sich  nur  ein  Akz.,  so  ist  es  im  S.,  wie  wir  es 
fast  erwarten,  der  des  Imper.:  tisibaha,  Umigora,  pjhndräg,  izdi- 
rüjeska,  kljujdrvo.  Jm  R.  dagegen  der  des  Nomens,  so  daft 
diese  Komp.  der  Analogie  der  anderen  unterlagen:  skopidom^ 
yguter  Wirt';  sverbigüzh  ^symplutum  officinale';  vertigolovka  verti- 
iijka  ,iynx  torquiUa';  vgl.  auch  vertaprdchz  , Windbeutel'. 


II.  Bildung  der  Verbalstämme. 

Beim  Verbum  ist  der  Präsens-  imd  Infinitivstamm  zu 
unterscheiden,  wenn  sie  auch  nicht  selten  identisch  sind.  El» 
kommt  auch  vor,  daß  das,  was  in  einer  Sprache  als  Infinitivst. 
(aorist  St.)  fungiert,  in  einer  anderen  als  Präsensst.  auftritt,  vgl. 
z.  B.  aksl.  Aor.  mde-fs),  vide-ft),  gr.  ifuivrig^  ifidvijf  dagegen 
lat  habgs,  habet,  got  habais  aus  -Ss,  habaiß  aus  -^t. 

Hier  soll  nur  das  Wichtigste  der  verbalen  Stammbildung 
hervorgehoben  werden ;  alles  andere  kommt  bei  der  Konjugations- 
lehre zur  Sprache. 

Wurzel  als  Stamm.  Während  wir  im  Slav.  keine  Nomi- 
nalstämme haben,  die  sich  als  bloße  Wurzeln  äußern  möchten, 
d.  h.  keine  Nomina  ohne  stammbildende  Suffixe,  treten  beim 
Verbum  solche  Präsensst.  auf,  die  aus  einer  leichten  oder  ein- 
silbigen schweren  Basis  bestehen. 

a)  Ohne  Reduplikation:  aksl.  jes-mif  ,ich  bin',  jes-i  ,du 
bist'  u.  8.  w.  aus  *i8'fni;  aksl.  jamh  ,ich  esse'  aus  ^ed-mi,  jashk 
aus  *Bd4i,  lit  e8t(i),  lat.  Sst,  eslis  mit  Dehnstufeuvokal,  ai.  da- 
gegen ät-ti  ,er  ißt',  1.  PI.  ad-mds.  Die  Dehnung  ist  hierher 
wohl  verschleppt  (nach  Hirt  *Ssti  aus  *edäi). 

b)  Mit  RedupL:  damt  ,ich  werde  geben'  aus  *död'ini,  dost, 
dastb,  3.  PI.  dad^z.  Hier  liegt  urspr.  eine  Redupl.  mit  de-  vor^ 
vgl.  ai.  därda-tni  ^ch  gebe',  dctd-mdSy  däd-ati.  In  der  lituslav. 
Zeit  wurde  jedoch  die  Reduplikationssilbe  de  unter  dem  Einflüsse 


507 

der  Infinitiyformeu  {*dö-ti  u.  8.  w.)  zu  dö-  umgeformt  und  zwar 
zunächst  wohl  im  PL,  da  hier  der  Vokal  der  Wurzelsilbe  ge- 
schwunden war  (vgl.  ai.  dad-mds  ^damus^  und  man  deutliche 
Formen  jenen  von  der  Wurzel  dhe  gegenüber  (vgl.  ai.  dä^härmi 
^ch  setze^,  dadh-mds,  dadh-ati,  lit.  2.  PI.  dhäe  aus  ^dhe-dh-te, 
worüber  im  folgenden)  haben  wollte,  also  2.  PI.  lit.  d^'äe,  aksl. 
daäe  aus  *död'U  für  *ded4i.  Aus  dem  PL  drang  dann  das  död 
auch  in  den  Sg.  ein:  3.  P.  Sg.  lit.  dü'8t(i),  aksL  dasth. 

Man  nahm  aacb  an,  daB  das  Präs.  aof  einer  Bedupl.  *dd-<l5  beruhe, 
wobei  dann  die  Form  död  von  der  3.  P.  PI.  verallgemeinert  und  dem 
ganzen  Paradigma  zu  Grunde  gelegt  worden  wäre;  dagegen  spricht  das 
Ai.  wie  auch  der  analoge  Vorgang  beim  nächsten  Verbum. 

Analog  verhielt  es  sich  nämlich  bei  der  W.  dhe  ^setzen, 
legen':  aL  dd-dhämi  4ch  setzet  da-dh-mds,  dd-dh-ati,  lit  2.  PL 
diste  aus  dhe-dh4e,  dazu  3.  Sg.rf^(t)  fviv*de'de't{i);  doch  wurde 
es  auch  schon  themavok.  konjugiert:  ai.  dd-dha-ti  neben  dd'dhä4i, 
lit.  de-dü,  ded\,  dida. 

Im  Slav.  auch  themavok.  und  zwar  ging  das  Verbum  gleich- 
zeitig unter  die  ib-St:  aksL  dezdq,  dezdesi,  dezdeth  zum  Inf.  düi 
^egen'.  Wie  bei  damt  u.  s.  w.  ist  also  auch  hier  der  Wurzel- 
vokal (^)  geschwunden,  was  auch  vom  PL  ausging.  Es  ist  hier 
nur  der  Infinitivs!  in  den  PL  nicht  eingedrungen,  sonst  wäre  die 
Analogie  vollständig.  Der  so  gewonnene  Stamm  auch  als  Nomi- 
nalstamm: aksl.  nadezda  (aus  *nadedja)  jHoffnung'  gegen  b.  nadije 
dass.,  weiter  aksl.  odezda  ,Eleid'. 

Stämme  mit  dem  thematischen  Vokal  (e,  o).  Der 
Präsensst  und  der  Stamm  des  starken  Aor.  wurde  mit  dem 
themat.  Vokal  (e,  o)  gebildet  und  entspricht  den  nominalen  o-St, 
von  denener  sich  dadurch  unterscheidet,  daß  letztere  häufig  den 
Q-Ablaut  aufweisen.  Man  spricht  hier  daher  auch  ejnfacf^on 
zweisilbigen^  auf  e—o  auslautenden  (leichten)  Basen.  Es  handelt 
sicE^Eier  alsol^üptlifib^um  keinen  Bindevökarr~wie__D^n  das'e  ^7>Wf 
und  0  früher  aufgefaßt  hatte,  8ondeni__diesft  Vokft^ft  hilHat^p  einen 
integnerenden  iJest^ndtfiH  deFBaffla.  Später  hat  man  sie  freilich 
mehr  zu  den  Endungen  gezogen,  wodurch  sie  zu  suffixalen  Ele- 
menten wurden,  so  daß  auch  andere  Stämme  in  diese  Kategorie 
geraten  tonnten,  was,  wie  wir  sahen,  schon  ein  sehr  alter 
Ptpzeß  jyar. 

Die  Betonung  war  von  zweifacher  Art:  entweder  war  der 
Wurzelvokal,   oder  der  themat.  Vokal  betont:   aksL  blfudq  ,gebe 


608 

acht*,  got.  biuda,  gr.  Ttei'&o^m,  ai.  bödhati;  dagegen  ircv&tto 
(der  griech.  Akzent  ist  nicht  ursprünglich).  Letzterer  Typus  war 
aoristisch  1,  vgl.  noch  griech.  Idi-^  drang  aber  im  Slav.  vielfach 
auch  in  die  präsent.  Formen  ein.  Das  sieht  man  am  besten  bei 
jenen  Wurzeln,  die  ein  n,  m,  r  oder  l,  die  silbisch  werden 
konnten,  enthielten.  Der  Akzent  wurde  hier  überhaupt  verall- 
gemeinert, indem  jener  des  zweiten  Typus  durchdrang. 

In  der  1.  P.  Sg.  fand  daher  keine  Akzentverschiebung  nach  dem 
San  B  stire  sehen  Gesetz  statt,  weil  auch  in  den  übrigen  Personen  der  Akz. 
auf  dem  themat.  Vokal  rahte  (vgl.  dagegen  r.  derzü^  dSrzih).  Eine  Ver- 
mischnng  beider  Typen  finden  wir  übrigens  sonst  aach,  z.  B.  im  Ai.: 
girati  für  giräti,  vgl.  aksl.  ibra  ,ich  fresse*.  Einige  Beispiele:  aksl.  mhzq 
,ich  melke',  ai.  mjjdti,  ahd.  mulki  ,da  mölkest',  dagegen  lit.  mÜstu,  gr. 
&fUXyio,  ahd.  milchu,  zur  W.  mel^  »streifen,  melken*.  Vgl.  noch  r.  nesü, 
nesiSb,  tuattb,  nestrm,  ne»tte,  nemSttbx  pekü,  pecth,  pectth  u.  s.  w.  Weiter 
aksl.  herq.  bereit^  bereib  . . .  r.  berü,  berth^  berttb,  bertmb  u.  s.  w.,  got.  baira, 
lat.  fero,  gr.  q>iQ(o,  ai.  bhärati-,  der  slav.  Akz.  ist  hier  demnach  nicht  ur- 
sprünglich, sonst  müßte  es  auch  •ft»r<j,  ^bbreii  u.  s.  w.  aus  *b^tf,  *bp'esi 
n.  s.  w.  lauten.  Der  derartig  reduzierte  Stamm  taucht  allerdings  in  den 
Infinitivbildungen  auf:  bbrati  aus  *bfrati.  Hierher  gehört  auch  &^  aus 
*bh^fU  ,8ie  wären*,  eigentlich  ein  Präteritum. 

Im  Slav.  sind  es  die  Verba  der  I.  Klasse,  Gruppe  1—6,  die  hierher 
gehören,  ferner  das  Präs.  der  Verba  der  V.  EL,  3.  Gruppe. 

Die  Jo-Stämme.  Das  nominale  Suffix  -o-  (e)  ist  identisch 
mit  dem  e,  o  der  themavok.  Verba;  dasselbe  gilt  auch  von  /o- 
der  Nominal-  und  der  Verbalstämme.  Die  Identität  sieht  man 
mitunter  ganz  deutlich  z.  B.  aksl.  dezdq  ,lege*  aus  *dedjq  und 
nadezda  ,Hoffhung*  aus  *nadedja.  Auch  bei  den  Verbalst,  wurde 
jo,  je  abstrahiert  und  bildete  neue.  Hierher  gehörten  zunächst 
alle  sog.  Denominativa  und  man  vermutet  diesen  Ursprung  auch 
bei  den  sog.  primären  Verben  wie  ai.  pdsyati,  lat.  spedo.  Da- 
gegen können  wir  von  jenen  Verbis  der  I.  Kl.  7.  Gruppe,  denen 
ein  Subst  auf  oj  zur  Seite  steht,  bestimmt  sagen,  daß  ihnen  ein 
urspr.  jo-,  j>-Stamm  zu  Grunde  lag,  wie  aksl.  phjq  ,trinke',  pbjeH 
u.  s.  w.  wegen  na-poj  jGetränk';  hj<f,  lüi,  ab.  Iju  ,gießen'  wegen 
loj  ,adeps';  bhjq  ,schlage*  wegen  boj;  po-öijq  ,requiesco*  wegen 
p<hkoj.  Von  hier  aus  ist  dann  ein  -jq,  -JeSi  u.  s.  w.  abstrahiert 
und  anderwärts  angewendet  worden.  So  z.  B.  in  den  sekundären 
Formen  aksl.  myjq,  kryjq,  rtfjq  u.  and.,  weiter  Sijq,  desgleichen 
die  Verba  der  V.  Kl.  3.  Gruppe,   soweit  sie  denominativ.   sind: 

1.  Doch  werden  nicht  bloß  Aoriste,  sondern  auch  Präs.  daraus 
gebildet. 


509 

dtUq  zu  duchati  ^blasen'  {duch^  ,HauchO;  kleveMq  zu  Idevetati 
yverleumdeii'  (kleveta  ,Verleiiindaiig');  skrtztätq  zu  akrbzUati  knir- 
schen^ (skrhzttb);  mit  Reduplikation :  glagoljq  zu  glagolati  {glagol^). 
Sekundär  ist  -jo,  -je  auch  bei  den  Denom.  der  Y. KI.  1.  Gruppe: 
vonjajq  zu  vonjati  ^riechen'  (vanja);  igrajq  zu  igrati  spielen'  (V^<^h' 
delaja  zu  delati  ^achen^  (delo).  Bei  den  Iterativen  derselben 
Gruppe:  naricajqzvL  narkati  ^benennen'  (aksl.  auch  naridq  nach 
y.Kl.  2.  Gr.);  obladajq  zu  obladati  ybeherschen'.  Vejq,  vejatij  ai. 
vdyati,  got  waia;  dajq,  dajati  weisen  ebenfalls  ein  sekundäres  jo 
auf.  Dieses  jo  kommt  noch  vor  bei  den  Verbis  der  III.  Klasse 
I.Gruppe:  umijq  zu  umeti  ,könnenS  ceUjq  zu  cäeti  ^eil  werden' 
und  bei  der  VI.  Klasse:  besedujq  zu  besedocati  ,reden^ 

Zweisilbige  schwere  Basen,  a)  Es  liegt  eine  zweisilbige 
Basis  vor,  deren  zweite  Silbe  ein  ii  enthält  (fx^/-Basen).  Die 
Verba,  denen  diese  Basen  zu  Grunde  lagen,  waren  ursprünglich 
unthematisch ;  im  Slav.  machen  sie  jetzt  die  UI.  Ellasse  2.  Gruppe 
aus.  Ein  gewisser  Zusammenhang  zwischen  diesen  Basen  und 
zwischen  den  Stämmen  der  »-Dekl.  wird  einmal  jedenfalls  be- 
standen haben.  Über  die  Yokalstufe  im  Präs.  vgl  S.  200.  Im 
Lit  haben  wir  die  S- Stufe  t.  Gleichzeitig  sind  die  Endungen 
der  themat  Verba  angehängt,  während  es  sich  hier,  wie  schon 
erwähnt,  urspr.  um  eine  athemat.  Konjug.  handelt:  l.P.  Sg.  aksl. 
smrhzdq  aus  ^smrdjq,  lit.  smlrdzu;  PI.  1.  smrtditm,  smrtdüe,  lit 
smirdime,  smirdite;  tntmjq,  gr.  fiaiyofioi  aus  fiopiofiaiy  also  auch 
thematisch.     Im  Lat  erscheint  i  und  t;  farcts,  cupis. 

Der  Infiniti ▼stamm  bietet  zwar  Id  der  zweiten  Silbe  die  Vollstufe 
(V),  jedoch  mit  Verlust  des  t,  somit  ein  2:  aksl.  Inf.  «mr»JA»,  lit.  mnirdeti 
,8tinken*.  Sowohl  der  Präsens-  als  auch  der  Infiniti?8tamm  weisen  die- 
selbe Vokalstufe  auf  und  zwar  infolge  der  Ausgleichung:  aksl.  ifi»it«t»  ,er 
meint*  aus  mpn»-  (vgl.  lat.  r«-muii-<cor),  also  8  +  R,  gr.  ftairofMu  aus 
/larjpfjuu,  das  ein  ^mfini  voraussetzt,  also:  S-fS.  Dazu  aksl.  Inf.  mbnHi 
«meinen*,  Aor.  mtnieh^  ,ich  meinte^  lit.  3.  P.  Sg.  mlnä,  gr.  i'fidnj-r,  fiavijv<u 
aus  *  m\Me{%),  also :  S  -f  V. 

b)  Eine  zweisilbige  Basis,  deren  zweite  Silbe  einen  langen 
Vokal,  im  Slav.  meist  ein  ^  oder  a,  in  anderen  Sprachen  auch 
ein  ö  enthielt.  Mitunter  gehören  zur  selben  Wurzel  zwei  Basen 
mit  verschiedenen  langen  Vokalen  und  zwar  selbst  auch  in  der- 
selben Sprache:  aksl.  ima-mt  ^ch  habe'  und  ime4i  ,haben^,  wo 
*Mnä-  und  *»m^^  vgl.  j^i,  imq  ,nehmen',  zu  Grunde  liegt;  aksl. 
be  ,eras,  eraf  aus  *bhi^  und  lat  -bam,  -bäs  aus  *'bh\ia  zur  Basis 
Hhe^i,  *bheyk^  (vgl.  S.  159). 


510 

Da  die  Formen  mit  i  oder  ä,  die  also  haupttonig  waren, 
oft  als  Aoriste  fungierten  (vgl.  ai.  d-prät,  gr.  tvI^-to  zu  *peU 
,füllen'),  so  ist  es  möglich,  daß  ima-mt  aus  einer  aorist.  Form 
umgebildet  wurde.  Das  e  in  imHi  ist  wohl  eines  anderen  Ur- 
sprungs als  das  e  in  smrhditi,  geht  also  nicht  auf  ein  ^(i)  zurück. 

Hierher  gehört  aksl.  tbkati,  tbkackh  ,weben*  zum  Präs.  tbkq; 
stüati  zu  stdjq  ^ausbreiten,  streuen^;  btrtiekb,  bträti  zu  berq 
^sammeln,  lesen*;  gbnachz,  gbnati  zu  zenq  ,treiben^ 

Die  Beduktionsstnfe  *hhü  (zu  *hhe^a),  die  in  gr.  f-^t;,  ai.  d-hhüt^ 
Part,  bhü'tds  vorkommt,  ist  auch  im  Slav.  vertreten  in  aksl.  hyii  ,8ein', 
Aor.  bychi,  hy,  lit.  buti. 

Neben  tmam»  haben  wir  noch  andere  Präs.,  denen  unsere  Basis  zu 
Grunde  liegt,  es  ist  das  Präs.  der  Yerba  der  III.  Klasse  1.  Gruppe: 
c^'q  ,ich  werde  heil'  zu  elSiHi\  umijq  ,ich  kann*  zu  um^i.  Es  wird  hier 
also  das  jo-Suffix  an  die  Basis  angehängt. 

Nasalstämme.  Im  Slav.  haben  wir  nur  themat.  Verba 
dieser  Art  und  zwar  zunächst  mit  no,  ne  (themavok.  Nasalformen). 

Der  Nasal  trat  urspr.  auf  als  der  Bestandteil  eines  stamm- 
bildenden Suff.,  im  Sg.  nä,  PI.  m.  ürsprachlich  flektierten  diese 
Verba:  3.  Sg.  -nd-H,  PI.  1.  -nd-mia,  3.  -n-inti,  vgl.  bei  Homer: 
0yudvriiAL^  eav(.idaaev  (im  Ai.  ist  es  die  IX.  Klasse).  Wie  sich 
daraus  no,  ne  entwickelte  und  dann  verallgemeinert  wurde,  werden 
wir  bei  den  Verbis  wie  dvignqti,  die  auch  hierher  gehören,  zu 
erklären  trachten.  Im  Slav.  gehört  hierher:  aksl.  ttnq  ,ich  haue^ 
gr.  tapivü}  ,ich  schneide',  aus  ^tTiino-,  vgl.  gr.  e»TaiAo-v;  das  aruss. 
ttmeth  ,er  haut'  soll  noch  das  unerweiterte  Thema  enthalten,  wie 
es  im  griech.  etapLov  vorliegt,  es  könnte  aber  auch  eine  Beein- 
flussung seitens  des  starken  Aor.  enthalten  (S.  323);  aksl.  stanq 
zu  stati  ,consistereS  vgl.  an.  standa,  lat  de-stinäre,  gr.  aravo). 

Neben  dor.  u.  s.  w.  td/ivco  vgl.  noch  im  Griech.  xd/ivo},  ddHvco,  die 
auch  in  die  o-Flexion  übergegangen  sind;  lat.  aspemSri,  eonsUmSrej  dar- 
neben spemö,  Umnö. 

Zumeist  ist  jedoch  im  Slav.  der  Nasal  auch  in  den  Inf. 
eingedrungen  und  so  kommen  wir  zu  den  Verbis  der  11.  Klasse 
wie  dvignq,  dvignqti  ,heben^ 

In  .dieser  Klasse  ist  aber  neben  dem  Typus  -n«-,  -n»-  noch  auch  der 
Typus  -ii0f/-,  -nu-  (im  Ai.  die  Y.  Klasse)  vertreten.  Auszugehen  ist  hier 
allerdings  von  dem  ersten.  Im  PI.  mußte  er  im  Slav.  ergeben:  *-no-m5, 
*'no-te,  *n^b.  In  der  1.  P.  PI.  berührten  sich  nun  diese  Verba  mit  jenen 
der  I.  Klasse  (und  Y.  Klasse  3.  Gruppe),  also  mit  *pbnom9,  bbjom^j  denn 
auch  hier  war  einmal  das  o,  bevor  der  Umlaut  des  jo  zu  je  eintrat,  unter 
dessen  Einflüsse  auch   *pbnomz  zu  pbnem»  (nämlich  nach  btjerm  u.  s.  w.) 


611 

wurde.  Darch  diese  Berührung  ist  zunächst  wohl  der  PL  entsprechend 
umgeformt  worden:  no-m»  (später  dann  auch  fi0-m»),  tte-te,  *nH'tbf  dann 
auch  der  Sg. :  -m{,  *-»««»,  *neh  (statt  *füh-mbj  3.  P.  *nä'i»). 

Früher  muß  aber  noch  ein  anderer  Prozeß  stattgefunden  haben. 
Die  Verba  des  zweiten  Typus  konjugierten:  -iwii-mi,  PL  nu-mes,  3.  PL 
fftf'hUi  [nu^dnti).  In  der  3.  P.  PL  mußten  sie  also  im  Slay.  *n{v)^b  er- 
geben, wodurch  sie  sich  mit  dem  früheren  Typus  berührten  und  zunächst 
von  ihm  angezogen  wurden,  um  dann  die  weitere  Änderung  mit  ihm 
durchzumachen.  So  entstand  im  Slav.  ein  einheitlicher  Typus:  aks.  -fuf, 
«ft«#t,  -netb^  -fi«m»,  -neUf  -nfftb. 

Es  wird  angenommen^  daß  sich  der  Typus  -fieü-mi,  -nu-mis  noch 
durch  die  speziell  im  Aksl.  vorkommenden  Part.  Prät.  pass.  wie  komovem 
zu  konufti  yb'erühren',  dvignaven^  gegen  düizent  verrate,  man  kann  aber 
nicht  annehmen,  daß  sie  im  Anschlüsse  an  den  Sg.  des  Präs.  gebildet 
worden  sind.  Wahrscheinlich  sind  es  einfach  Neubildungen  des  Aksl. 
Wie  der  neue  Infinitivstamm  dütgruf-  in  die  übrigen  Bildungen  eindrang 
(vgl.  Aor.  dvignqehz  gegen  dciff^^  Part,  dvignan  und  dvignt^b  gegen  dvi^ 
und  dvigh\  so  entstand  auch  ein  *  dvigna-enb,  mit  Entnasalierung  wegen 
des  folg.  en-  (S.  127):  doigno-v-en»  (vgl.  nfko-v-^t  8.  180,  zumal  es  auch 
slav.  Neubildungen  gab  wie  zahbvenh,  s^krzvem,  om»reit&  8.  179).  unter 
dem  Eindrucke  dieser  Part,  suchte  Pedersen  unsere  II.  Yerbalklasse 
iuL  Wesentlichen  als  eine  Fortsetzung  des  Typus  neümi,  numi»  zu  deuten 
(KZ.  38,  S.  347),  nachdem  er  sie  früher  aus  dem  Typus  fia-mt,  n9nU9  er- 
klärt hatte  (IF.  2,  S.  292  ff.). 

Die  wahrscheinliche  Entwickelung  der  Yerba  auf  n^i,  wie  wir  sie 
hier  gaben,  wobei  zunächst  vom  PL  der  urspr.  Yerba  auf  nämt,  n9mi9 
(im  Ai.  9.  EL)  auszugehen  ist,  macht  es  mir  unwahrscheinlich,  daß  sich 
in  aksl.  imamb  ,ich  habe*  noch  ein  Best  eines  Yerbums  auf  namt,  nnniM 
erhalten  hätte  (näml.  ein  ^tm-nümO,  denn  im  Slav.  ging  hier  die  Aus- 
gleichung nicht  vom  Sg.,  sondern  vom  PL  aus.  Auch  die  Bedeutung 
stimmt  nicht  überein  und  es  ist  jedenfalls  richtig,  was  Bartholomae 
sagt:  »Im  Aksl.  haben  wir  neben  imiyeU  das  gleichbedeutende  tma/s,  das 
nur  als  Aoristpräsens  aufgefaßt  werden  kann«  (Studien,  II,  S.  138—139). 
Die  Bedeutungsentwickelung  hat  man  sich  etwa  vorzustellen  als:  ,ich 
habe  erfaßt*  (Aor.  in  der  Geltung  des  Perf.)  daher  ,ich  halte,  ich  habe*. 
Ein  solches  Aoristpräs,  ist  auch  znajq  zu  znati^,  tnachb  ,kennen,  wissen^ 
was  alles  ein  Beflex  zu  gr.  fyvcav  ist,  gegen  lit.  iinatt,  ittuHi  «wissenS  dem 
im  Slav.  ^zbna-  entsprechen  würde.  Als  solche  aorist.  Präs.  sind  femer 
aufzufassen  ai.  dräti  ,er  entläuft'  zu  gr.  i&Qäv;  ai.  väti,  dagegen  gr.  äfjfii 
(Präsens). 

Nicht  leicht  ist  die  Erklärung  des  Inf.  auf  -nqti,  der  als  ein 


1.  Wegen  ab.  und  nb.  »ezttati  darf  man  nicht  ein  *z»nati  voraus- 
setzen, denn  Gebauer  muß  demgegenüber  auch  ans  dem  ab.  Belege  an- 
führen wie  ot  znameni  ivf/eh,  v  znämost,  iznamenal  u.  s.  w.  (Hist.  ml.  I, 
S.  181). 


512 

späteres  Produkt  aulgefaßt  werden  muß.  Das  nq  äußert  sich  als 
eine  urspr.  steigend  betonte  Länge  (vgl.  Leskien,  Afsl.  Phil. 
23,  S.  563)  und  das  kann  uns  vielleicht  einen  Fingerzeig  geben, 
wie  wir  es  zu  erklären  haben.  Die  steigend  betonte  Länge  finden 
wir-  nämlich  auch  bei  den  Verbis  der  I.  Klasse,  die  auf  -einen 
Nasal  ausgehen:  s.ztti  ,emtenS  h,z(ti,  aksl.  z^i  aus  *z^ti,  *gv^i; 
s.  dutif  b.  douti,  aksl.  dt^i,  lit  dümti  aus  ^dfpti;  ab.  pieti,  püi, 
lit.  ptnti,  aksl.  p^ti,  s.  abweichend  päi  u.  s.  w.  aus  *p^%  und 
andere. 

Nachdem  sich  das  Präs.  dieser  Verba  (wie  aksL  pt^nq,  pbne^i 
aus  *pi(^nq  u.  s.  w)  mit  jenem  der  Verba  der  IL  KI.  (dvignq, 
dvigneäi)  zu  berühren  begann,  wurde  davon  auch  der  Inf.  der 
Verba  der  IL  Kl.  beeinflußt:  es  entstand  hier  analog  ein  *dtng^i, 
*kosv^i  wie  *pv^i,  z^i  u.  s.  w.  Während  aber  bei  Verbis  wie 
ztnjq,  z^H;  ptfiq,  p^i  das  v^,  $  eine  helle  Färbung  annahm  (mit 
Ausnahme  von  d^mq,  dqti),  konnte  dies  bei  *dvij^i  nicht  der 
Fall  sein  und  zwar  wegen  des  Präs.,  das  das  unveränderte  g  be- 
hauptete: dvignq,  dvigneii  u.  s.  w.  Analog  auch  bei  Verbis  mit 
k,  ch  und  dann  allgemein.  Das  @  behielt  hier  infolge  dessen  eine 
dumpfe  Färbung  und  wurde  zu  q^;  *dvigqti,  *kosqti  (vgl.  oben 
S.  336).  Unter  dem  Einflüsse  des  Präsensst  dvigno,  dvigne  wxurde 
*dvigqti  später  zu  dvignqti. 

Die  BeeinfluBsnng  von  p^i  und  dvigtuiti  zeigt  sich  auch  z.  B.  im 
nb.  Inf.  pnouti  zu  pnu,  das  nach  zdvihnouli  gebildet  wurde  (ab.  noch  pieti, 
piti).  Es  stimmte  nämlich  das  Präs.  pnu  mit  zdvihnu  übeiein  und  so 
wurde  auch  der  Inf.  beeinflußt. 

Das  91,  welches  sich  also  urspr.  auf  das  Präs.  beschränkte,  ist  mit- 
unter fest  geworden  und  tauchte  dann  bei  allen  Stämmen  auf:  ibna,  i^t\ 
gegen  gr.  tdfAvto,  Analog  auch  in  anderen  Sprachen,  vgl.  an.  ^ina,  gein 
fgähnen',  as.  gXnan,  gan^  aksl.  tinqii. 

Neben  einer  perfektiven  Bedeutung,  falls  diese  Verba  deverbativ 
waren,  hatten  sie,  hauptsächlich  wenn  sie  denominat.  waren,  nicht  selten 
eine  intransitiv-inchoative  Bedeutung:  s^chnqti  ,dtirr,  trocken 
werden';  oglnehru^i  ,taub  werden*.  Dieselbe  intransitiv-inchoative  Be- 
deutung finden  wir  hier  auch,  wiePedersen  darauf  aufmerksam  machte^ 
Im  Ostgerm.,  und  er  möchte  wegen  an.  »ofna  und  aksl.  u«»9i^f  in  einem 
ursprachl.  *8upnämi,  supn9m^  den  ursprünglichen  Sitz  dieser  Bedeutung 
suchen  (IF.  2,  S.  292  f.).  Kichtig  ist  es,  daß  das  n  die  Tendenz  bekam, 
auch  in  andere  Formen,  insbesondere  in  den  Inf.  einzudringen,  sobald  es 
nicht  die  präsensbildende,  sondern  eine  bedeutungsmodifizierende  Funktion 
erlangt  hatte ;  vgl.  noch  got.  fraliuna  ,gehe  verloren',  an.  vakna  ,erwachen', 
sUtfM  .zerreißen'  (intrans.);  von  Adjekt.  an.  myrkna  ,dunkel  werden',  got. 


513 

heilnan  ,geheilt  werden';  ygl.  auch  lit.  »zvintü  ,werde  hell*  «  aksl.  scbnq, 
an.  hvüna  ,weiß  werden'. 

Eine  zweite  Art  der  Nasalstämme  im  Slav.  ist  jene,  bei  der 
der  Nasal  im  Stamme  selbst  erscheint:  s^q  zu  sesti  ysich  nieder- 
setzend Es  ist  dies  der  Reflex  der  ai.  7.  Klasse,  ürsprachlich 
hatte  diese  Klasse  vor  dem  letzten  Kons,  im  Sing,  ne,  im  Plun 
n,  also  *junigmi,  *jungmis,  *jungintiK  Aus  diesem  Typus  ent- 
wickelte sich  leicht  ein  neuer,  nämlich  *jungö  (im  Ai.  die  6.  KI.). 
Schon  im  Ai.  hat  man  neben  sindimi  blasse  übrig'  ein  Siidtni  =» 
*k^in8ö.  Solche  Doppelformen  gibt  es  viele  und  manche  Verba 
mit  Nasalen  haben  im  Ind.  nur  die  Flexion  nach  der  6.  KL 
Auch  in  die  1.  ^.  kann  sie  übergehen  (vgl.  Pedersen,  IF.  2^ 
S.  286).  Vgl.  lat  frangö,  findo;  ai.  bhinädmi.  Nicht  selten  drang 
das  n  auch  in  andere  St  ein:  functus,  iünxl,  pinxL 

Im  Slav.  sind  auch  die  hierher  gehörigen  Yerba  in  die 
themat.  Flexion  übergegangen:  neben  s^^^  aesti  ^ch  niedersetzenS 
noch  l^q,  UHi  ^ch  niederlegen',  vielleicht  auch  hqdq  jlcYl  werde'. 
Mit  festem  n;  gr^dq,  gr^i  ^kommen',  vgl.  got.  gridi  f.  ^Schritt', 
Isi.  gradior,  gressus;  weiter  syq,  s^i  ^reichen,  berühren',  htsegü 
4ch  hafte',  ai.  sdjati  ,er  haftet'. 

Mit  dem  yo-Su£fix  wurde  erweitert:  obr^Stq,  obristi  ,finden'; 
sb^^iq,  sh-risti  ,begegnen',  die  Grundbedeutung  des  resti  also: 
,gehen'. 

Viele  der  hierher  gehörigen  Yerba  sind  wahrscheinlich  in  die 
II.  Klasse  übergegangen:  lit.  -bundü,  -buiti,  -budaa  ^aufwachen',  slav. 
'b^nqti  (aus  *5wrfn-),  vgl.  gr.  :rvv^dvo/Aat;  hierher  noch  lit.  limpü^  Rpti, 
lipäa  jkleben  bleiben';  $n%figa  ,es  schneit',  Aor.  »nlgo,  vgl.  lat.  ninguit. 
Verallgemeinert  ist  das  n  in  lit.  jünk$tu,  Aor.  jünkau  , werde  gewohnt', 
vgl.  aksl.  vt/knqti, 

^0-Stämme.  AkB\.pletq  aus  *plekto-  (vgl.  S.  270)  ,flechten'y 
lat  pUcto,  ahd.  fUhtu,  gegen  lat.  plico;  aksl.  rcLstq  ,ich  wachse' 
aus  *ard'to  zu  lat.  arduos,  ir.  ard  ,hoch,  groß';  aksl.  dhtq  ,zählen^ 
lesen,  ehren',  W.  qei  ,8chichten,  reihen,  zählen',  ai.  ci-tds  ,gereiht, 
geschichtef ,  ci-ia  ,Schichte*. 

dho'  und  (fo-Stämme.  Die  Scheidung  ist  auf  Orund  des 
Baltisch-slav.  allein  nicht  möglich.  Hierher  gehört:  aksL  bqdq 
,ero';  idq  ,eo'  zu  i-ti,  Ut  eiml  alt,  einü,  elti;  jadq  neben  jachati 
,fahren,  vehi',  Ut.  j6ju,  j6ti  ,reiten';  aksl.  kladq,  Masti  ,legen',  lit. 
Höju,   klöii   ,breite  hin,   lege  hin,   betten'.    Vgl.  noch  Ut.  virdu 

1.  Man  setzt  hier  auch  die  Basen  Uinep,  hhrwieg,  gernet  u.  s.  w.  an 
und  erklärt  aus  den  Akzentwirknngen  die  Modifikationen  im,  »,  ^. 

Vondr&k,  Vgl.  slar.  Gramm.  I.  33 


514 

^ocheS   Prät   viriaü,   aksl.  vwrUi,  wrjq   ,wallen,   sieden*.     Vgl. 
^X-^ofiai,  lat.  saUo  aus  *  saldo  u.  s.  w. 

Im  S.-kr.  hat  scheinbar  das  do-,  de-  eine  größere  Verbrei- 
tung gefunden^  aber  es  sind  nur  Analogiebildungen.  Nach  der 
3.  PI.  entstand  auch  dadem,  dadeä  (XVIL  Jhd.,  Daniöiö 
S.  258,  268);  znadem  (seit  XVII.  Jhd.).  Noch  inniger  war  die 
Berührung  im  Impf.  Nach  dadijech,  dadijeäe  (dadich,  dadüe) 
entstand  ein  znadich  (vom  XVI.  Jhd.  an,  S.  305),  imadiäe, 
mnjadichatno,  mnjadichu  zu  mnjetü 

«o-Stämme.  Hierher  gehört  aksl.  tr^(^,  tr^ti  ,zittem*. 
Es  gab  ein  *tremo:  gr.  rgifiai,  lat  tremü  und  dameben  *treso: 
ai.  trdaati,  gr.  tQ€(a)€L.  Die  slav.  Form  ist  wahrscheinlich  aus 
der  Verquickung  beider  entstanden  oder  ist  trems  ursprachlich. 
Neben  *treso  setzt  man  ein  *tereso  (woraus  auch  gr.  xtQBi  abge- 
leitet wird)  und  ein  *ter8  an.  In  ^ttrissni  ,ich  zittere,  schaudere' 
sieht  man  wohl  mit  unrecht  ein  Bildungssuffix  ho,  denn  nach  i 
und  u  geht  hier  8  in  sz  über. 

Eine  Erweiterung  mit  s  hegt  auch  vor  in  ai.  srö^ati  ,er 
horcht*  vgl.  aksl.  8luch^  ,6ehör*  und  slyäati  ,hören*  zur  W.  Heu, 
lat.  cluere. 

sTco-  und  s^o-Stämme.  Diese  sind  im  Slav.  nur  spärUch 
vertreten.  Das  sTco  führte  hier  zu  80  (vgl.  oben  S.  362),  daher 
lat  päscö,  im  Slav.  pasq,  pasti  ,weiden'  eig.  ,hüten',  sb-pasti  ,be- 
wahren,  retten',  gr.  yOti^ei^v^,  In  mesüi  kann  man  allerdings  nicht 
ein  8h  voraussetzen  (vgl.  oben  S.  359). 

Nun  lautet  aber  das  dem  ai.  icchdti  ,er  verlangt'  ursprachL 
^is-sJceti,  ahd.  eiscön  ,fragen',  eisca  ,Porderung*  entsprechende 
Verbum  lit.  jeszkoti  ,suchenS  lett.  ^kät  ,suchen,  lausen^  slav. 
iskati,  ütq  (aus  üd((),  iskq  ,8uchen^  Man  dachte  daher  hier  auch 
an  eine  Entlehnung  aus  dem  Germ.  Diese  ist  jedoch  wegen  der 
verschiedenen  Bedeutung  nicht  wahrscheinlich,  weshalb  man  auch 
ein  uisprachl.  8qo  annimmt,  wobei  das  sz  im  Lit  nur  als  eine 
Wirkung  des  k  gedeutet  wird  (vgl.  oben  S.  362). 

Außer  den  hier  eben  besprochenen  verschiedenen  Arten  von 
Stämmen  haben  wir  noch  bei  einzelnen  Konjugationen  spezielle 
Abarten  zu  unterscheiden;  sie  können  hier  noch  zur  Sprache 
kommen. 

Stämme  auf  -ijo-,  -Sje-.  Sie  kommen  bei  der  LEI.  Konjug. 
1.  Gruppe  vor:  umijq  {umeti)  und  sind  dadurch  entstanden,  daß 
das  e  (urspr.  ^  der  Infinitivformen  auch  in  das  Präs.  eingedrungen 


615 

ist  und  zwar  schon  in  der  Yorelav.  Periode.  Vgl  üt  girej^Sy 
girelis  ^sich  wohl  fühlen,  Gefallen  habend  girM  ,gut^.  Da  es  vor- 
wiegend Yon  o-Stämmen  gebildete  Verba  sind,  so  sollten  sie  im 
Präs.  -eio-,  -eiS-  haben,  vgl.  lat  cUbeo  zu  albus,  gr.  wviofiai  ^aufe' 
zu  (ivog,  ai.  vasnaydti  ,er  feilscht'  zu  vumds  ,Eaufpreis^  In  die 
Infinitivformen  ist  das  ^  schon  viel  früher  analogisch  eingedrungen, 
da  wir  lange  Vokale  in  Bildungen  wie  gr.  ifpiXrfla^  ifiia^uHiay 
zifir/rog,  Tifitioig,  lat.  albs-bam,  alb^etn,  finirem  u.  s.  w.  finden 
(vgl.  Hirt,  Handb.  d.  griech.  Ijaut-  und  Formenlehre,  S.384 — 85). 

Stämme  der  IV.  Konjugation.  Zunächst  gehören  hier- 
her die  Verbalst  auf  iio,  zumeist  mit  der  o-8tufe  in  der  Wurzel. 
Der  Bedeutung  nach  sind  es  iterative  und  kausative  Verba, 
wie  z.  B.  ai.  patdyami,  gr.  noriofiai  ,ich  flattre,  fliege  umher' 
neben  pdtämi,  rthofiai  ,ich  fliege',  aksl.  voiq,  voziti  ,ich  fahre 
hin  und  her'  zu  vezq  ,veho',  got.  wcyja  ,ich  bewege  hin  und  her' 
zu  gorwiga  ,ich  bewege'.  Kausativ  ist  z.  B.  skA.' pojq,  pojiti 
,tränken',  ai.  päydyate  ,er  tränkt';   ai.  pätdyati  ,er  macht  fliegen'. 

Weiter  haben  wir  hier  denominative  Verba  und  zwar  meist 
von  0-  (a-)  und  i-Stämmen:  aksl.  pltnüi  ,füllen'  zu  plbm  ,voll', 
chvalüi  4oben'  zu  ekvala  ,Lob'  und  gostüi  ,bewirten'  zu  gostt  ,6asf . 

Es  fällt  auf,  daß  im  Slav.  im  Präs.  auch  ein  t  als  Bindevokal  auf- 
tritt und  zwar  bei  allen  Kategorien  der  hierher  ji^ehörigen  Yerba:  aksl. 
cozi-ii^  phni-ii,  gosti-ii^    während  im  Lit.  ein  a  auftaucht:   variaä,    1.  PI.  j 

varto-me,  vartyti.  Daher  vermutete  Brugmann,  daß  der  Sieg  der  ö- 
^ber  die  e|o-Formen  bei  diesen  Verben  in  die  Zeit  der  balt.-slav.  Ur- 
gemeinschaft falle  und  daß  der  slav.  Flexion  vraita,  vratiii  eine  andere 
und    zwar   eben  3.  P.  8g.  *vorlätby    1.  P.  PI.  vortärm,    vgl.   imaU,    imarnz  i 

vorausgegangen  ist  (Grundr.2.  2.  S.1145).    Das  ist  aber  nicht  wahrschein-  I 

lieh,    vielmehr  müssen  wir  annehmen,    daß   auch  im  ürslav.  eine  der  ejo-  \ 

Flexion  entsprechende  vorhanden   war   und   zwar   zunächst   bei    den  alt-  | 

überkommenen  Iterativen  und  Kausativen.  Das  folgt  aus  folgendem: 
Denominativa  von  o-Stäramen  waren  hier  schon  ur  sprach  lieh,  vgl.  ai. 
matdrdyate  ,er  berät*  zu  mäntraa  ,BatS  f/^oi.  haüja,  ahd.  heii{i)u  ,ich  heile*. 
Da  hier  also  die  o- Stämme  als  solche  ganz  deutlich  erhalten  sind  {e^d- 
Yerba  waren  es  ursprünglich),  so  kann  es  auch  im  Slav.  (und  Lit.)  nicht 
Anders  gewesen  sein  und  wenn  solche  Yerba  jetzt  eine  gleiche  Konjugation 
im  Präs.  mit  den  Iter.  und  Kausativen  haben,  so  folgt  daraus,  daß  auch 
diese  im  Slav.  noch  die  A'o-Flexion  hatten,  sonst  wäre  ja  ein  Zusammen- 
fallen nicht  möglich.  Neben  der  ejo- Flexion  —  ein  Beflex  derselben  sind 
auch  die  2to-Stämme  wie  umi/tf,  umHi  —  war  auch  die  -«jo-Flexion  wie 
d&ajqj  dilati  (Analogie  der  a-Stämme  wie  vot^jati,  vo^jajq  zu  vonja)  vor- 
handen. Dieselbe  bemerken  wir  auch  in  anderen  Sprachen  z.  B.  im 
Griech.  yod<a  Jammere*  zu  y6og  ,Geheul*  nach  tifA&iD  u.  s.  w.    Das  hatte 

33* 


516 

zur  Folge,  daB  diese  beiden  Flexionen  einander  beeinfluBten,  vgl.  z.  B. 
gr.  noxdoiAai  neben  noxiofiai,  also  selbst  aach  da,  wo  es  sich  nicht  mehr 
um  Denominativa  handelt.  Analoge  Erscheinungen  finden  wir  im  Lit., 
wo  die  Yerba  auf  -ati,  -oti  im  Präs.  gelegentlich  auch  die  Konj.  -oju  an- 
nehmen, z.  B.  Undoj'Uy  also  wie  die  Denominativa  wie  pdsakoju^  päiakoti 
,erzählen*  (von  pasaka  ,Erzählung').  Es  muß  aber  hervorgehoben  werden, 
daB  sie  im  Lettischen  auf  -ä/u,  st  ausgehen,  also  wie  im  Slav.  die  Ite- 
rativa,  denen  sie  sich  hier  auch  hinsichtlich  der  Bedeutung  anschließen, 
indem  sie  iterativ  sind.  Daher  ist  es  auch  begreiflich,  wenn  die  Yerba 
auf  -yti  mit  ihrem  Präs.  in  diese  Gruppe  Übergingen,  also  sakau,  sakf/U 
, sagen*;  plldau,  pMdyti  ,füllen^  Diese  Präsensformen  sind  demnach  sekun- 
där. So  meinte  auch  Beichelt,  daß  die  lit.  Yerba  auf  au,  yti  ihr  Prä- 
sens urspr.  wie  aksl.  vraitq^  vratiii^  bezw.  thematisch  wie  vili/ju  bildeten 
und  erst  unter  dem  Einflüsse  der  Yerba  auf  -au,  -oti  diese  Bildungen 
aufgegeben  hätte  (BB.  27,  S.  83).  Tatsächlich  führt  auch  üljanov  ans 
dem  Alit.  Fälle  an  wie  pudkiu  für  pudau,  zudzia  für  zudau,  zudo;  gietiu 
für  gesaa^  rodziu  für  rddau  u.  s.  w.  (Zna^enie  I,  S.  57).  Es  liegt  hier 
demnach  eine  der  alten  ideur.  Iterativ-Kausativflexion  auf  e^o  noch  mehr 
entsprechende  Flexionsart  vor,  indem  rod*zu^  rodyii  «»  sl.  razdt^y  raditi^ 
wofür  jetzt  rödau^  rödyti  gebraucht  wird  (Berneker,  AfsL  Phil.  25, 
S.  497). 

Es  ist  nun  zu  untersuchen,  wie  diese  alte  Flezionsart  auf 
iio  im  Slav.  zu  einem  i:  aksl.  vratüi,  vratUz  u.  s.  w.  führen 
konnte. 

Wir  haben  oben  S.  201  erwähnt,  daß  hiebei  die  Konj.  der  Yerba 
der  III.  Kl.  2.  Gruppe  von  Einfluß  sein  konnte.  Weiter  können  auch  die 
Denominativa  von  t-Stämmen  wie  z.  B.  go$täi  in  Betracht  kommen,  da 
sie,  wie  oben  erwähnt,  wahrscheinlich  im  Slav.  den  Stammesauslaut  ex 
hatten. 

Stämme  der  Y.  Konjugation.  Hierher  gehören  zunächst 
die  zweisilbigen  schweren  Basen  auf  -ö  wie  tzkati,  tbkctchz  ,weben^ 
zum  Präsens  tbkq  (vgl.  oben  S.  158);  aksl.  z^vati,  Präs.  zovq  aus 
*ze^q  oder  *zeuq  ,rufenS  vgl.  ai.  dhuäma  ,anrufenS  hdvUave  ^an- 
rufen*  (Basis  ghe^ä,  S.  161). 

Eine  andere  Gruppe  bilden  hier  die  Denominativa  wie  däati, 
dilajq  ,machen*  zu  delo,  bei  denen  igrixti  ,spielen^  (^S^«)  u-  s-  w. 
maßgebend  war.  An  diese  schlössen  sich  die  slav.  Iterativa 
wie  -ricati,  ricajq;  dychati,  dychajq;  byvati-byvajq  u.  s.  w.  an. 
Charakteristisch  ist  bei  ihnen,   daß  sie  den  Stammvokal  dehnen» 

Derselbe  kann  jedoch  zweifacher  Art  sein:  entweder  zeigt  er  eine 
reduzierte  Stufe  und  zwar  ist  dies  meist  dann  der  Fall,  wenn  eine  der- 
artige Stufe  auch  in  den  Infinitivformen  des  primären  Verbums  vorkommt^ 
z.  B.  'hirati  zu  btrati^  herq  ,sammeln,  nehmen',  zyvati  zu  zovq^  esvott  ,rufen% 


517 

aber  auch  -rieati  zu  rekq,  urslav.  *rt,k(f,  reili  ^sagexiS  pinati  zu  ptnq,  p^i 
,6panuen^ 

Oder  weist  der  gedehnte  Vokal  die  Yollstufe  auf:  mitati,  miUajq  zu 
metqj  meati  , werfen^;  hadati,  hadajq  zu  bodq,  hosti  ^stechen,  durchbohren*; 
iikati,  iikaj'q  (neben  ticati)  zu  tekq,  teiti  ^laufen,  fließen'. 

Die  erstere  Art  der  Iterativa  ist  die  ursprünglichere  (8.32,  36  und 
71).  Wie  wir  schon  oben  erwähnt  haben  (S.  511),  gab  es  Aoristpräsentia 
wie  znajq,  dann  imamt.  Das  letztere  kommt  hier  insbesondere  in  Be- 
tracht, weil  ihm  eine  sekundäre  zweisilbige  schwere  Basis  auf  a  zu 
Grunde  lag.  Solche  Aoriste  hatten  einen  reduzierten  Stammvokal,  der 
in  den  sekundären  Präsensbildungen  gedehnt  wurde.  Diese  Dehnungen 
werden  wir  auch  im  Lit.  finden;  im  Slav.  wurden  sie  verallgemeinert. 
So  kam  ein  Ükati,  hadati  u.  s.  w.  auf,  aber  das  war  eine  spätere  Schicht 
der  Iterativa.  Ein  solches  Präsens  setzt  natürlich  eine  Be- 
tonung des  Stammvokals  voraus  und  diese  finden  wir  hier 
auch  tatsächlich,  wie  aus  Folg.  erhellt. 

Bei  dieser  Dehnung  kamen  nämlich  die  uns  schon  bekannten 
Gesetze  bezüglich  der  Int  zur  Geltung  (vgl.  oben  S.  193 f.): 

1)  War  der  Stammvokal  kurz,  erlangte  er  bei  der  Dehnung 
gestoßene  Int:  s.  klänjati,  Uanjam,  r.  kldnjatt,  Udnjaju,  b. 
kldniti,  zu  s.  klönüi;  b.  krddeti  zu  kroöüi;  b.  dychati  zu  dzchnqti, 
b.  dechnautf;  -ndSeti  zu  nositi  u.  s.  w. 

2)  Eine  urspr.  schleifende  Länge  bekam  eine  gestoßene  Int: 
8.  küsati,  kuäam,  r.  kuäatt,  küsaju,  b.  kouSefi  zu  s.  kusiti,  Icusim 
(Daniöic,  Akcenti  u  glag.  S.  44  bez.  90),  b.  kusüi,  o-kusiÜ;  b. 
-bouzeti  zu  budüi,  s.  büditi,  büdim;  s.  bjegcUi,  bjegäm  zu  bjizafi 
u.  s.  w. 

3)  Eine  ursprünglich  gestoßene  Länge  wurde  zu  einer  ge- 
schleiften: 8.  bivati,  biväm,  r.  byvdtt,  byvdju  (Akzentverschiebung 
wegen  der  geschleiften  Int.  des  y),  b.  byvati  (vortonige  Länge 
bleibt  erhalten)  zu  s.  bUi,  b.  byti,  lit  buti;  s.  ubijafi,  übijam  zu 
iibiti,  ubißm,  blti,  bljem  u.  s.  w. 

Es  gibt  aber  hier  zahlreiche  Ausnahmen;  so  griff,  wie  es 
scheint,  im  Serbokr.  die  geschleifte  Int  mehr  um  sich:  birati, 
Kram;  pro-rkati,  pröriöem  u.  s.  w.  Die  Akzentverschiebung  im 
R.  (z.  B.  razdtt,  razdju)  ist  auch  verallgemeinert  worden. 

Da  ursprünglich  überall  reduzierte  Vokale  waren, 
die  durch  Dehnung  zu  langen  Vokalen  geworden  sind, 
so  war  in  der  ältesten  Schichte  der  Iterativa  ein  ge- 
stoßen betonter  langer  Stammvokal  vorhanden. 

Mit  unseren  Iterativen  hat  Bozwadowski  die  lit.  Durativa  auf 
-afi,  Ott  identifiziert  (IF.  4,  S.  406  f.]  wie  hrydau,  hrydoti  dur.  ^\m  Wasser 


518 

stehen*  zu  hredü,  Msti  ,waten*.  Nach  unserer  Darstellung  der  slar. 
Iterativa  müssen  wir  unbedingt  diese  Zusammenstellung  billigen.  B.  hebt 
weiter  hervor,  daB  diese  Yerba  im  Lett.,  soweit  sie  dort  vorkommen, 
einfach  iterativen  Sinn  haben  und  dann  auf  -uju,  -ät  ausgehen,  also 
genau  wie  im  Slav.  Im  Lit.  wären  sie  durativ  geworden.  Nach  der 
Entwickelung  dieser  Yerba  möchten  wir  allerdings  erwarten,  daß  sie  einen 
durativen  Sinn  haben  (vgl.  tmam»,  znajq  u.  s.  w.).  Im  Lit.  scheinen  sie 
aber  vereinzelt  doch  auch  eine  iter.  Bed.  gehabt  zu  haben,  dafür  spricht 
mUau,  mityti.  Es  muB  einmal  natürlich  im  Inf.  auch  *fnHot%  gelautet 
haben  (tatsächlich  haben  wir  im  Let.  noch  nüiät  , werfen'].  Da  es  aber 
iter.  Bed.  hatte  und  diese  hier  nicht  oder  nicht  mehr  vertreten  war, 
wurde  es  von  der  -au,  y/t-Klasse,  die  Iterative  aufwies,  attrahiert.  Eine 
andere  Frage  ist  die,  ob  sie  ursprünglich  athematisch  waren  (vgl.  tma-m», 
lit.  -au)  und  erst  später  die  jo-Konjugation  annahmen. 

Das  mHau  würde  dafür  sprechen,  daß  dem  Lit.  auch  die  späteren 
Schichte  der  Iterativa  (vgl.  slav.  Ukatx)  eigen  war.  Was  die  anderen 
Sprachen  anbelangt,  so  glaube  ich,  daß  hierher  nur  die  analogen  Aorist- 
Präsentia  gehören  wie  lat.  euhäre  ,liegen^  Hirt  hat  auch  die  griech. 
Yerba  wie  vcofidw  iyofA^),  ntordo/iai  (^on^),  die  eine  verstärkende  Bedeutung 
haben,  mit  den  slav.  Iter.  wie  tz-badaii  zu  bodq  ,stechen'  zusammengestellt 
(Hdb.  der  gr.  L.  u.  F.l.  8.  387),  allein  das  kann  nicht  richtig  sein,  weil 
diese  Yerba  nicht  der  ältesten  Schichte  der  slav.-lit.  Iterativa  ent- 
sprechen. Es  sind  speziell  griech.  Bildungen,  die  vom  Standpunkte  der 
griech.  Grammatik  erklärt  werden  müssen. 

Hier  müssen  noch  die  Iter.  wie  praäati  zu  prosäi,  vraätati 
zu  vratiti  u.  s.  w.  zur  Sprache  kommen.  Nach  unserer  Dar- 
stellung wäre  es  eine  spätere  Gruppe,  die  dadurch  entstand,  daß 
Verba  der  IV.  Konjug.  zu  Grunde  gelegt  wurden,  wobei  die 
Dehnung  auch  hier  zur  Anwendung  kam.  Das  i-  des  Verbal- 
stammes  ergab  mit  dem  darauffolgenden  a  ein  ja,  urspr.  also 
*prösfäti.  Dem  scheint  Ic^ati  zu  widersprechen,  da  man  hier 
etwas  sehr  altes,  vorslav.  sehen  könnte  (wegen  des  g  gegen  loziH 
aus  *logiti).  Allein  der  Widerspruch  ist  nur  scheinbar.  Es  ist 
wohl  denkbar,  daß  statt  des  Verbums  der  IV.  Konj.  mitunter 
das  entsprechende  Subst  zu  Grunde  gelegt  werden  konnte,  so 
wie  wir  z.  B.  das  Iterativum  skakati  nicht  von  skoöiti  ,einen 
Sprung  machen',  sondern  vom  Subst  akokz  ,der  Sprung'  ableiten 
können.  So  gab  es  neben  lozUi  ein  Subst  -logz  (z.  B.  na-log^ 
,inyasio'  und  unter  dem  Einflüsse  solcher  Subst  konnte  ein  -lagati 
um  so  eher  auftauchen,  als  es  auch  ein  UgcUi  zu  l^<f,  leäti  ,sich 
niederlegen'  gab.  Auf  dieselbe  Art  ist  ein  takati  (otakati  u.  s.  w.) 
zu  todüi,  ein  omakati  zu  moöiti,  ein  na^stqpati  zu  na-sUfpiti  u.  s.  w. 
zu  erklären. 


519 

Den  sekundären  Iterativen  wie  praiati  u.  s.  w.  scheint  im  Lit.  anch 
eine  spezielle  Gruppe  zu  entsprechen.  Es  sind  dies  die  Yerha  wie  vadgSti\ 
lett.  wadät  (zu  vedü  ,führen*),  välkioti,  le.  toaVtät  (zu  velkü  ,ziehen']  u.  dgl. 
Es  ist  hier  nur  die  Dehnung,  die  wir  im  Slav.  hahen,  unterhliehen.  Ich 
möchte  daher  diese  Formen  als  speziell  lit.  Umformungen  der  lit.  Iterativa 
auf  -au,  -yti  unter  dem  Einflüsse  der  slav.  ehen  besprochenen  Iterativa 
wie  urslav.  *vadjati  zu  vodüi  u.  s.  w.  auffassen.  Die  lett.  Formen  wie 
wadäty  walkst  würden  den  slav.  Iter.  lagaii^  akakaii  u.  s.  w.  entsprechen, 
wahrscheinlicher  ist  es  jedoch,  daß  hier  das  j  verloren  ging.  Im  lit. 
sind  die  Bildungen  ohne  y  hei  iter.  Bedeutung,  wie  scholl  Leskien  kon- 
statierte (Abi.  S.  437),  selten,  vgl.  länhfti  (zu  linkti  ,biegen')  neben  lankioti; 
mit  j  z.  B.  dagiöii  (zu  degü  «brennen') ;  lakidii  {lekiü  ,fliegen').  Leskien 
meint  (8.  438),  daß  sich  diese  Formation  von  y^-Stämmen  aus  verbreitet 
haben  muß  und  daß  dann  das  -joti  wesentlich  zur  Bildung  der  als  solche 
schärfer  empfundenen  Iterativa  im  Gegensatze  gegen  die  in  ihrer  Sphäre 
verbliebenen  Faktitiva  verwendet  wurde.  Allein  es  kann  doch  wohl  kein 
Zufall  sein,  daß  auch  im  Slav.  ein  -jati  bei  der  Bildung  der  Iter.  von 
Yerbis  der  lY.  Eonj.  (die  die  o-Stnfe  vorwiegend  im  Stammvokal  enthält) 
zum  Vorschein  kommt  und  es  ist  auch  nicht  so  leicht,  die  entsprechenden 
Subst.  ausfindig  zu  machen.  Niemand  wird  doch  daran  denken,  daß  ein 
vadzioju  ,führe  umher*  abgeleitet  sei  von  vadzios  Fl.  ,Fährleine,  Jagdleine' 
(diese  Zusammenstellung  hat  man  gemacht,  lett.  aber  wadät).  Noch 
weiter  ist  die  Analogie  gediehen  bei  neizidti  iter.  zu  nenti  ,tragen'. 

Die  Iterativa  wie  cHyvati  ,s8lutare*,  nakazyvati  ,instituere'  u.  s.  w. 
sind  analogisch  nach  pokryvati  zu  pokryii,  umyvati  zu  umyti  u.  s.  w.  ent- 
standen. Einzelsprachlich  haben  sie  dann  eine  große  Verbreitung  ge- 
funden, so  z.  B.  r.  ukdzyvatb,  vygljddyvaib^  uchalHvatb^  okdncivaU  u.  s.  w. 

Da  man  za  statt  das  Fräs,  sianq  als  ein  perfektives  Verbum 
hatte,  so  ist  es  klar,  daß  das  andere  Präs.  stajq,  das  auch  vor- 
handen war  (vgl.  lit.  stöju,  stöjau,  stöti  ,sich  stellen^  die  Geltung 
eines  Iter.  bekam.  Dazu  mußte  man  natürlich  einen  neuen  Infi 
stajati  ,sich  stellen'  bilden.  So  wurde  auch  dajq,  dajati  iterativ 
gefärbt  im  Gegensatze  zu  dati^  damt  ,geben^ 

Stamm  der  VI.  Konjugation. 

Es  handelt  sich  um  Verba  wie  tnilujq,  müovaii.  Da  das  u,  wie  wir 
sehen  werden,  eine  gestoßene  Länge,  die  auf  einen  langen  Vokal  oder 
Langdiphthong  zurückgehen  kann,  voraussetzt,  so  hat  man  diese  Verba 
von  Nominalstämmen  off(o)  abgeleitet  und  mit  griech.  Verben  auf  -eixo 
el.  bI(o  =  *rif-x(o,  wie  ljtnevG>  ,ich  reite*  verglichen  (Meillet,  Etudes, 
S.  147ff.,  Brugmann,  Kurze  vgL  Gramm.,  S.  693,  3,  b).  An  eu  wollte 
man  nicht  recht  denken  wegen  seines  vermeintlichen  Überganges  in  ju, 
was  allerdings  nicht  ganz  berechtigt  wäre  (vgl.  oben  S.  15  und  97). 

Aber  solche  Subst.  haben  wir  überhaupt  nicht  im  Slav.,  und  wenn 
man  den  ganzen  Bestand  der  Verba  der  VL  Klasse  noch  so  genau  prüft, 


620 

nirgends  wird  man  eine  derartige  Spur  finden.    Die  Yerba  weisen  viel- 
mehr wo  anders  hin. 

Es  kann  nicht  daran  gezweifelt  werden,  daß  unsere  Yerba 
lu^prünglich  denominativ  waren  und  von  u-Si  abgeleitet  worden 
sind,  vgl.  celovati  ,salutareS  sladovati  ,süß  sein'  zu  slad^'kb  ,8ü£S 
lit.  saldüs.  Desgleichen  mögen  hier  einige  substantivische  u-St. 
ursprüngUch  vorliegen,  etwa  darovati,  dUgovati  u.  s.  w. 

Die  Konjugation  war  ganz  analog  wie  jene  der  o-Stämme 
in  umeti,  umejq  zu  wm;  heleti,  belejq  zu  bih  u.  s.  w.  (vgl.  oben 
S.  514).  Der  o-Stamm  hat  also  die  6-Stufe  im  Stammesauslaut 
Übertragen  wir  es  auf  unseren  Fall,  so  erhalten  wir  im  Präsens 
^cilBu-iäm,  *ceUyb'ieH  u.  s.  w.^  Daß  die  Silben  so  getrennt 
wurden,  wie  hier  angegeben,  wissen  wir  aus  aksl.  uj  ,Onkel*  aus 
*au'io8,  preuß.  awis  ,Oheim'  und  aksl.  äuj  =  ai.  sanyäs  ,links' 
(vgl.  oben  S.  98).  Wie  wir  oben  S.  17  gesehen  haben,  be- 
haupteten sich  im  Slav.  die  Diphthonge  verhältnismäßig  lange. 
Das  Su  führte  hier,  so  wie  im  Lok.  Sg.  der  u-Stämme,  zu  ü  mit 
einer  gest.  Int.,  also  so  wie  wir  es  auch  erwarten.  Im  S.  ist 
daher  das  u,  wie  schon  Meillet  richtig  bemerkt  hatte,  in  allen 
Fällen  kurz,  sowohl  unter  dem  Wortakzente,  wie  in  psüjem, 
Tciipujeni,  als  auch  als  unbetonte  Silbe,  wie  in  vjeruj^m.  Als  eine 
gest.  Länge  zog  es  natürlich  den  Akz.  an  sich,  falls  die  vorher- 
gehende Silbe  eine  geschleifte  Int.  hatte:  r.  torgüju,  s.  trgujem 
zu  r.  torgz,  törga,  s.  tfg,  trga,  dagegen  r.  veruju,  s.  vjerujstn  zu 
Vera,  s.  vßra;  r.  heseduju  u.  s.  w.  zu  r.  beseda,  s.  bisjeda.  Auch 
das  B.  bezeugt  diese  gest  Länge.  War  sie  betont,  wurde  sie 
erhalten,  was  hier  verallgemeinert  wurde  und  das  hatte  zur  Folge, 
daß  eine  lange  Stammsilbe  verkürzt  werden  mußte,  daher  kraluju 
zu  kril;  kupuju  zu  koupiti  u.  s.  w.  (vgl.  oben  S.  250  und  Verf. 
BB.  30,  8. 133  ff.).  Ich  ging  früher  hier  vom  Inf.  aus  (1.  c.  S.  135), 
wir  werden  aber  sehen,  daß  der  Inf.  auf  -ovati  sekundär  ist  imd 
daß  er  in  akzentueller  Hinsicht  ganz  vom  Präs.  beeinflußt  wurde. 
Später,   als   der  Akzent   im  B.   auf   die    erste  Silbe  verschoben 


1.  In  dieselbe  Kategorie  der  Verba  gehörte  im  Slav.  ein  vorauszu- 
setzendes *go$(exie8i  u.  s.  w.  vgl.  oben  S.  201.  Ferner  lit.  jükäju^  Fut. 
jükü'siu  zu  jukas  ,Scherz'.  Es  ist  möglich,  daB  es  auch  im  Slav.  solche 
Yerba  von  o-St.  gab,  die  dann  -qfq  bekamen  und  nach  d^lati  konjugiert 
wurden.  Wenn  wir  sagen,  daß  bei  dieser  Konj.  die  Verba  von  o-St. 
maBgebend  waren  (wie  z.  B.  vor\jaU  zu  vor^a),  so  ist  es  vielleicht  nicht 
ganz  richtig. 


621 

wurde,  wurde  die  früher  betonte  Länge  vielfach  verkürzt,  daher 
ist  das  u  jetzt  durchwegs  kurz,  ebenso  wie  z.  B.  im  Impen  chvali, 
pUi  (vgl  oben  S.  250). 

Die  gest.  Länge  wird  schließlich  durch  das  Lit.  bezeugt: 
iamduju,  tamduti;  ragduju,  ragduti.  Hat  die  vorhergehende 
Silbe  eine  gest.  Int.,  so  wird  natürlich  auch  hier  der  Akz.  nicht 
verschoben:  r'ekauju. 

Es  ist  noch  der  In£  auf  'Ovati  zu  erklären.  Da  zu  um^-^ 
u.  s.  w.  ume-ti  gehört,  erwarten  wir  zu  *milS^-iäin  ein  *miUhi-ti, 
wie  wir  es  auch  tatsächlich  analog  im  Lit  haben:  tamduti  u.  s.  w. 
Es  ist  auch  wahrscheinlich,  daß  der  Inf.  einmal  so  hieß.  Da 
aber  die  Deverbativa  wie  kupovali  u.  s.  w.  eine  iter.  Bedeutung 
hatten,  erlagen  sie  in  den  Infinitivformen  offenbar  der  Analogie 
4er  so  zahlreichen  Iter.  auf  -(xti.  Das  hatte  zur  Folge,  daß 
*müSuti  von  *tnilB^äti  schon  zu  einer  Zeit  verdrängt  wurde,  als 
noch  der  Diphthong  bestand.  So  entstand  dann  müavcUi  S.  212  f. 
Dort,  wo  der  Wortakzent  infolge  seiner  Verschiebung  auf  «jf  ruhte, 
kam  er  im  neuen  Inf.  auf  das  o  und  da  das  a  des  Inf.  eine  gest. 
Int.  hatte,  mußte  er  neuerdings  verschoben  werden:  v.torgovdtt,  s. 
trgövati,  r.  celovdtb  u.  s.  w.  Dagegen  natürUch  r.  zdrdvstvovatt, 
vgl.  zdaröüh,  b.  zdrdv,  s.  zdrcv  ,gesund'. 

Es  kann  noch  bemerkt  werden,  daß  die  Yerba  auf  ovati  und 
j/vati  einander  mitunter  beeinflußten. 


622 


Wörterverzeichnis. 


Aus  der  Stammbildungslehre  sind  in  der  Kegel  nur  jene  Worte,  bM 
denen  sich  eine  etjm.  Erklärung  findet,  aufgenommen  worden.  Die  Yerba 
erscheinen  meist  in  der  Infinitivform  angeführt. 

Buchstabenfolge:  a,  <f,  6,  e,  c,  c^,  et,  d^ (auch <i,  «,  ^,  ^,  /,  g,  h^ 
c*,  »I  J\  *,  ^  »»,  n,  n,  0,  |i,  r,  r,  «,  t ,  i,  <,  <^  m,  t>,  w,  y,  «,  *,  »,  »,  ». 


a  78 
agn^  414 

a/odi/t  ..  298;  800 
a/»fta<t  ..  298;  800 
alvniji  ..  49 
andU  b.  . .  278 
anjel  ab.  . .  273 
atz  . .  844 
.  426 


qdoh  ..  120;  888 
qgh  88;  120;  259 
ifgh  17;  120;  481 
qgoriitb  121;  184 
qgrinz  119 
«fcAo^'  120;  358 
qpolu  . .  338 
«fTocT»  342 
asiniea  185 
1^  185:  357 
ifiroba  433;  455 
if^r»  433 
^»^9  120;  338 
ifoozo  120;  338 
oe/s  121 
i^»;t5    120:    137;    259; 

344;  456;  486 
ifie  185 
*qh  . .  121 

bajaii  75;  282 
baPtiny  304 
5af|;a  28  Anm. 
hasnb  75 
5ato^9  472 
-&an<t  164 


hqhMi9  122 

M?  613 
bebrz  . .  498 
6«E<2&»a  136 
bida  58;  399 
%»  56;  251;  259 
&«fyi>  471 
bilzcugi^  472 
5&too  381 
5^  352;  473 
b^ati  56 
biskupz  99 
5i^/a  482 
5Ai&o/At  b.  498 
blato  281;  304 
6^»  88 

bl^i,  bUdq  121;  2) 
blhki>  265 
^/usfta  345 
ft/iz»  345 
bljudo  99 
5/;W»  99 
bljusti  15 
i/2>cAa  136;  350 
bhanqti  272 
5/M^a^t  265 
bogatyrb  445 
bogatb  83 
%»  259;  282 
Äoi  (60;)  171;  395 
bojati  $^  282 
fro/azn»  481 
bolv  281 
5o«^t,  &o(2i;  93 
bosb  358 
ftraify  488 


brambor  b.  325 

&ran»  323;  480 

brahno  282;  356 

ftro^t,  ftor;^  282 

bratrz  75;  282;  491 

braiz  491 

iram0fio«a  s.  385 

bresti,  brbdq  39;  160 

ftr^m«  321;  490 

br}ha  300;  344 

brodz  39 ;  393 

Äro;  s.  396 

brusina  b.  352 

brun  396 

-ftriMB  396 

*6ry  409 

ftr&M/»  278;  353 

^»tjft  409 

brwbno  426 

ftraJö/  405 

brtdo  397 

brtlogz  472 

6tica<t  281 

6ti<2tYi  16;  96 

5ii%  99;  110;  488 

byk?^  281;  396 

byti     104;     163;     252; 

282  * 
5»(i&/l36;  162;  275 
bbdrb  136 
&9i(ir5  136 
6&ra<i,     berq    33;     160; 

282;  293 

e€to  118;  268 
e«  266 


52a 


e&^  266;  486 

chia  14;  58;  266 

efyim  269 

eipiti  256;  269 

eisaf»  268 

eistüi  24 

cü^,  <fi{  p.  155 

eirkev  b.  309 

c£ivaA;  polab.  309 

ert>ky   110;    268;    309; 

ev^üi  270 
er»»  171 
cvi«/t,  cvttq  39 
cz^«ry  p.  37 

6adi^  263 

tTiEi/a^i  57 

dop»  57 

eara,  can  57;  263;  396 

can  bl;  203;  473 

ceehl^  361 

celjadb  262 

ce/o  262;  397 

cemer^  33 

rerMs  r.  356 

cesati  262;  345 

cMo,  CMO  37;  82;  85 

cetvridbfibCbm  308 

cetvr«  251 ;  262 

cf^o  118;  263;  268 

ceatb  342;  441 

Äy404 

^'fis  486 

ciry  b.  25 

«»fo  278 

cut9  Aor.  18 

m^f,  Cbtq  513 

(Tt«^»  24;  441 

clatib  305 

c/^/is  305 

c7or«Ä»  262;  308 

clun  b.  333 

cocTca  b.  384 

er^cfa  263 

cremiga  471 

tT&/i,  eT»<<j  160;  274 

criit  328;  356 

crmljak  slov.  322 

cTbmbn^  322 

cr&n»  264;  359 

crbstvb  284;  445 

<T»<a  264 

c'rbtati  8.  er^i 

dr»^o^d  472 

cTbvljenb  431 

(T»o»  264;  822; 

(HrMis  322 


Äy^f  b.  37 
cudirib  100;  277 
cudo  277; 
ctf(f»  277 
«i^i,  cnfq  97 
(wtöt  277 
(?tfS<;»  100;  277; 
Cbbbfz  430 
(?»«o  8.  ceso 
cbtiij  cbtij  404 
chto  139 

danft  76 

Ain>  76;  174 

dati,    damb     76;     275; 

506 
datb  76;  163 
daviti  78 
<2ol»^p9  r.  502 
dtfib  430 
e/^i\    ifoiiKF    120;    138; 

163;  339 
deheU  282 
debrle  87 
<fe«e^ft    33;    274;    483; 

492 
d€B^T,  342 
<f0«i^t  87;  353 
desbfiby  desm  33;  346 
det^b  84;  284 
e^M-e^»  342 
de^idq  174;  507 
(ieie/a  slov.  438 
dldz  56;  275;  498 
dijati  8.  c/»t 
(/I/o  174 
diaz  348 

rf»«  83;  163;  275; 
dUl  rf^Vf  56;  174;  275 
d^va  163;  409 
d«i?*r»    58;    275;    283; 

491 
ditjd  r.  25 
dlarib  323;  480 
(//a/o  40;  289:  305 
dlbgb    (dibffb)    82;    163; 

259;  275 
dobtb  282 
dohrb  83;  281 
<io;Äf,    dojq    83;    163; 

275 
£7o/a  348 
dohio  r.  40 
<fo/»  486 

dotnb  81;  275;  486 
dort  bg.  377 
doBÜi  88;  353 
doetoem  148 


dostoifib  142 

dostojam  148 

drevtbib  84 

drevbfib  84 

<ir^A/»  357 

(fr^0/»  357 

<2r^»&&  357 

c/rexya  269 

£7rloo  39;  275:  486 

<2roz<i  b.  351  Anm. 

drugdje  s.  455 

dr»ro    39;     486,    drbva 

275 
</r»i^/ft  482 

duehz  96;  136;  162;  351 
duma  99 
dunaj\  dunavz  99 
rfwrt  bg.  377 
tftMt^i  96;  351 
duia  162;  264 
dvoehatb  r.  162 
dror»  162;  252;  275 
dvbVb  162;  252;  275 
dyehati  162 
(/yms  104;  396 
dz^  266;  345 
(^9^  282;  481 
dbehtufii  96;  136;  162 
dbchofb  136 
c/»»o  136;  379;  414 
dbiti  136;  270;  275;  491 
dzva  77;  136;  275 
dbidb  265 
e;»6r»  282;  481 
dbnb  139;  275;  480 

£7»nMft   146 

episkupb  99 
/tf/a  8.  bg.  285 

^gan  165 

y<i«t<»  259 

gasfufti  353 

y<](5a  120 

gqgnati  259 

gqsinica  185 

ffiuA'  278 

yoM  121;  347;  357 

gqiüica  185 

yq[;'e  8.  455 

g'^ofia,  a^eefia  86 

a/ai»  395 
,  gladtkb  259;  275 

0/c/yo/i>  170;  392 

glasb  319;  356;  473 

glqbokb  340 
.  y/ln»  414 


£24 


^ligorb  318 
glog^  83;  259 
gluchmerib  r.  359 
ghbokb  138;  340 
ghkb  392 
gnqsüi  126 
^mda  r.  26;  116 
gnoi  ignoj)  172 
^nuia^i  126 
^ntgi>  126;  341 
^oAf55  478 
goiotb  263 
^o/ttWi  r.  478 
gonb  393 
^on»zn<f<t  83 
^orÄt  260 
gospodb  478  Anm. 
^o«^5  81;  259;  483; 
gov^o  259;  454 
govtno  426 
^o3f  bIov.  184 
^rarf»  347 
grai  i^raj)  401 
^rifziYi  351  Anm. 
^rebem  169 
^^a  399 

gr^ti,  gredq  259;  513 
grichb  35o 
^rtra  24;  409 
grivtna  24;  426 
^o6»  169 
gryati,  gryzq  259 
^n>/o  481 
gnaU  326 
gmtanb  481 
^r»mÄt  328 
gumbno  426 
^sna^t,    ifofkf    38;    160; 
260;  262;  336 

herb  b.  183 
A/uA;  b.  333;  392 
hpdn  ab.  97 
um  264 

<;lk;%»  121;  261;  356; 

472 
chlad^  357 
«A/^5  261 
cAi^s  261;  356; 
eUup  b.  334 
chmurüb  r.  360 
«Ao<2»  171;  355 
chorqgy  110;  261;  488 
chotiti  8.  chvtiti 
chotb  479 
eArana  260;  350 
«Ar<f«<s  (cAnfi^ft)  261 


chrtdn  b.  315 

cAti»  b.  115 

chudb  272;  357 

chvala  360 

eAoo^s  173 

eAoi/e  b.  356 

chvoja  399 

chvorovati  360 

cAoory  b.  162 

eAvors  360 

chvoTb  r.  162 

cÄyra  162 

ehytiti  173 

cAy<r»  173 

chyza  28 

ehyzina  109 

cAys»  109;  261 

cAySa  109 

cA«^&»    89;    138;    261; 


i  78 

igeta  86 

t>^  142 

^o  28;  81;  138;  142 

ikonos  B.  385 

tm<s  321;  323;  341;  490 

tmiti,  imamb  322;  509 

—510;  511 
inegb  471 
tno^s  471;  472 
im  28;  65 
»«^V^t  119 
iskati  65;  362;  514 
ükoni  170 
ispolifib  29;  83 
t><o  26;  116;  362 
•«<»Aa  29;  137 
t^i;  idq  513 
iib  Sap.  26 
tüfl  183;  399 
iz-rash  279;  482 
»»  142 
iie  28;  142 

Jabetbtiikb  r.  114 

jablant  481 

jad<f  513 

jfliiro  64 

yaJ»  64 

jagne  182;  414 

>^orfa  77;  182;  454 

jachati  66;  354 

jaje  182 

j'akyn,  jakin  29 ;  110 

jar«A,  j«r«ft  slov.  66 

javb  jratuB*  430 


jarb    »yernuB*    77;    396; 

430 
jMMb  r.  345;  353 
jasen  B.  77 
jaali  64;  279 
jasti.jamb  56;  63;  166; 

506 
jaBtr^bb  456 
J€L9bnb  352 
yozc^a  278;  453 
yasc^i^i  66 
jazra  64;  345 
jazvbCb  65 
ias»  64;  182;  344 
j'azbno  426 
jei«<i,  jebem  8.  159 
/0c/va  286 
jedbva  49 
jedbnbj  j'edinb  65 
>^da  89 
j0A/a  b.  142 
jela  183 

itffon*  49;  183;  307;  489 
jelbcha  48;  301;  352 
jeaetib  48;  353;  481 
jeseira  s.  50 
jesmb  33;  506 
jestese  ar.  S.  26  Anm.  1 
jeite  49 
jeUrb  33;  433 
jeib,  jebu  r.  b.  jebsti 
jezero  33;  48;  80 
jeib  182;  344;  401 
j^i,  imq  28;  142;  160 
i^ro  121;  184 
j^ry  488;  492 
y^a  (i^za)  184 
jezyAz)  184;  336;  342 
jucha  111;  184;  351 
jufib  415 
yunftw  267;  466 
juiro  433 
;u&  184 

kakb  457 

AoAsafo  28  Anm. 

kalb  76;  258;  396 

kamhib  385;  417 

kamy  77;  107;  124;  296; 

321;  490 
kanunb  99 
kapradi  b.  289 
karu)  p.  304 
Aoir»  76;  354 
kad}^,  kqdu  455 
Alf«»  278;  473 
A^a  121;  258;  289 
kdy  b.  454 


62& 


kladezt  (kladsdzt)  471 
klakoh  170 
kkuti,  kladq  513 
kliknqti  319 
kliw  420 

A/;W»  112;  251;  258 
klJunT^  112;  414 
klonüi  348 
^/tiAy  b.  334 
kThtati,  kl/ujq  111 
A'm«<ü^a  b.  426 
knieja  p.  407 
Ä;o6j^^i  83;  322 
kogda  454 
Ä;o<7ii<  p.  451 
kochan  b.  415 
kol^da  83 

kolo  398 

katnarüf  komora  83 

;tom(m»  322;  480 

konev  b.  110 

konoplj'a  28  Anm. 

-A^»  171;  263 

♦Aon»  170;  479 

kom  83;  322;  480 

kopati  258 

koprddc  b.  289 

koprdelec  b.  289 

kopriüa  411 

A^opj^^o  258;  451 

Aorist  83 

karmoutiti  b.  317 

A'ortina  99 

A:ory<o  451;  489 

Äofwr  b.  29 

kosa  (Haar)  170 

A'o«a  ,SenBe*  353 

kosmz  360 

Arotfd  358 

koia  b.  385 

koiulja  355 

koter a,  kotora  178 

kotuga,  kotyga  473 

^o<9,  Aw^dA:»  83 

AoTfl^»  107;  258 

kov^cegh  471 

kov^kah  471 

Aoi^  403 

AiraÄor  b.  170 

*;kraA;»  307  Anm.;  395 

kraVb  308 

A;ra«a  358 

krat^  274;  487 

Arraoa  409 

kr^z,  258;  395 

^r^  358 


I  kricaii  319 
A;rt^t  f.  kruii  29 
^rt%  28 
A;roA  p.  b.  395 
kropla  p.  287 
Ärw©  172 
ArucA»  351;  396 
kruna  99 
Äry  107 
krtfti  106;  172 
krbcagz  471 
AtmAa  351 
At»;^»  397 
kr^kyga  473 
A;r»r»  161;  258;  293 
krvcbnb  136 
A;rd3  bg.  328 
krtm  347 
kremcha  b.  280 
;^r«/i«/  b.  318 
*kuroptity,       kuroptitva 

488 
kur^va  409 
Atijt^t  96 
A0aj9&  173 
Atims  173 
Aij^^^t  173 
ki/przi  173 
^i^«6/9  173;  352 
k^a  89;  454 
A»d«  89;  275;  454 
k^gda  89;  454 
k7>chnqti  350 
kMjagt  r.  115 
k^motra,  k^motr^  336 
A;Miec{zft,     Ar^n^z»     118; 

137;  268;  471 
A;2>n^a  336 
kj>teri/J  433 
;fc»^o  251;  259 
kttory;  433 
A:ozfift  481 

*labifdt  49;  485 

/cffttfd  8.  302 

ladiji  297 ;  298 

l4idont>  r.  126 

-lagati  518 

/a^a/t  298 

lakotm  429 

Z£iA!><»  294;  298;  451 

tona<2  s.-kr.  298 

lani  298 

/amjV  49 

/an»  49;  r.  298;  299 

Zop  8.  298 

*laptiz  450 

^j(;  r.  354 


.^ZB  173 

^a  121;  398 

^k^  17;  121;  398 

Uheda  r.  302 

/0&0d»  49;  302;  48& 

Udva  r.  b.  286 

lekki  p.  379 

Afm  klr.  325 

lemeh,  lemeib  394 

/0n  =  Jen  286 

&«ma  r.  301 

leiti,  legq  513 

20<»  270 

ieiaga  471 

20<?&tV,  Udviji  275 

^A»  358 

feiii,  /«Ä^  17;  12t 

llcha  352;  399 

/^n»  415 

/^pt^i  58 

«1/j»  171 

*lhika  283 

;&»  301 

lUo  442 

/l^ora«/»  482 

/It»  58;  408 

lichva  409 

/u;A9  26;  357 

lipa  399 

/t«^B  442 

lizati  26;  344 

/;>20»  285 

Ijubiti  97 

(;«6»  15;  97;  282: 

Ijud^  97 

(ftuf»;0  15;  478 

l/utomhrici  b.  31 

/oetAa  b.  271 

loi  {loj)  165;  172 

loky  488 

/am»  394 

lono  379 

lopanb  r.  298 

ioia(/»  r.  355 

;oa{49  169;  264    ' 

hhti  81 

/tid»  347 

luna  359 

/yAjo  107;  119 

lyez  104 

/»la  136 

li^  136;  264;  479 

/«^»^9    137;     141;    1 

341;  486 
hjati  161;  165 
/»»&!  140;  231 
li>$U  140 


Ö26 


tnajati  354 
mafdicije  304 
malbcikt  r.  391 
mama  p.  498 
marüi  b.  165 
maslo  360;  435 
mater^  178 
*/ifl<f  56;  59;  75;  293; 

320;  491 
matorz  178;  433 
mqdüi  126 
mi^do  398 
»/i<?</r2>  430 
*w<jAw  121;  398 
mqiiti  121 
»it<f&  470 
medvidb  500 
m«e;»  33;  137;  275;  486 
tneUda  r.  126 
mel^ia  33;  403 
m^  122 
m^^o  121 
m^o    121;    320;    345; 

357 
m^ti  121;  252;  274 
m^ra  121;  361 
*m^a  361 
m^A»  352 
m^na  58;  414 
tnira  56 
-OTÄ^  31 
ma^^c»  57;  122; 
mhtti  58;  358 
misto  362;  442 
mi  60 
mitfr  ab.  31 
miesiqe  p.  338  Anm. 
miedzv  p.  127 


mtmo 
-mir»  31 
m/a<2s  486 
mlamol  slov.  498 
»i/a^s  442 
micenlivy  b.  411 
m^^i;  m2»z<?  260;  344 
mluva  b.  333 
nUynz  420 
mo(^  479 
modro  430 
moi  {moj)  403 
mo/»^i  297;  304 
mofe  83;  402 
4norgatb  r.  328 
mor»  165;  394 
mostz  442 
moifo  270 
moiMia  355 
mozgz  252;  344;  394 


moib  219 

moi^  ab.  (mdjQ  219 

moihtcha  r.  265 

mrakb  169 

mrav  b.  325 

mravii  322 

mrozs  169 

mrdanj'a  slov.  416 

mr^/t,  m»ra  38;  160 

mrkev  b.  318 

mrzmrati  498 

mi*»^rs  284;  445 

fTirfrpa  409 

miäz  r.  438 

muJtfi  126 

my  53;  108 

my«&  360;  482 

my8ö  348 

my«»     104;    264;    320; 

351 
myhea  468 
mytarb  110 
myft  105;  106 
myto  110 
mM^/t^i  126 

m&c^/d,  mzdbh  126;  340 
fii»eA<i  351 
mtchb  136;  351 
manteAs  29; 
mznogb  259;  472 
m&Ä  (m«c6)  37 
mbgla    140;    251;    259; 

293 
tnblynz  420 
m»ft^<t  142;  509 
mbuij  1^ 
m»ie/ft  352;  438 
mbzda  140;  252;  344 

na  Präp.  77;  309 
fifl  Pron.  78 
»a^»  77;  260 
na-logb  169 
nai»  403 
na^on  slov.  394 
nauka  96 
narti^t  164 
navb  164;  479 
MtVf  127 
nqtiti  128 
ff^i^a  127 
tu  33 

n«6o  33;  282;  328 
nehogb  83 
n0<it;M  b.  322 
mhet  b.  88 
nej^ytb  342 
n«/^t7^  342 


nerestb  r.  395 

ii€«<era  432 

fiM^t  323;  346 

ne^yfo  342 

nett  491  Anm. 

nstopyrb  384 

fi^e^ra  64 

n^^fro  324 

nismb  168 

fi^s  168 

m  26 

nicb  267;  457 

fWst^7  b.  288 

niitb  444 

no^a  174 

noghtb  88;  174;  451 

twron  r.  356;  395 

non>  394 

no8b  83;  323;  353 

noHb  81;  270 

noooA;»  458 

nocb  15;  39;  80;  83; 

nozdri  83;  361 

noife  39 

nravb  807  Anm. ;  322 

nudiii  127 

nu/tYt  128 

nulc^a  127 

ny  53j  108 

«yw«  104;  415 

nb  136;  415 

tibznqti  39;  161 

o&a  83;  340 
obavb  408 
o6/S^y  p.  285;  449 
obitiib  284 
o&/aA»  165 
obh  165 
o&ra25  173 
ohrqcb  402 
o6rt>i5  83 
o6rüa  8.  409 
obrbCb  282 
o6fti^»  444 
odeliti  87 
oielcfa  403 
odoliti  87 
oi/fi»  183;  340 
ohyzda  b.  278;  453 
oe/[mofli<t  b.  323 
ojciec  p.  258 
okno  414 
oA;o  80;  183;  259 
okwity  p.  289 
o2ovo  307;  413 
olbtafb  83 
o%a  r.  50 


527 


<tltg9  r.  50 

inneia  170 

cndra,  ondrdk  b.  458 

imuita  339 

opany  110 

op^U  479 

opMUrntja  50 

opiwity  p.  285 

opoika  170 

o/'ona  171 

oriehh  67;  355 

or»&  49  (bis);  437 

osa  183;  289;  358 

osätri^  r.  50 

offt/o  440 

osina  r.  358 

o«in&  279 

csmb  81;  346 

o»^  251;  259;  893 

otteiö  170 

ogtrovz  173;  345 

o»<r»  83;  279;  361 

osb  83;  346;  358 

osbh  83;  439 

o^Mj^f  se  b.  164 

ö^aü»  164 

otrov9  164 

o<a  2% 

o«»-^^»  58;  259;  293 

ovdje  B.  455 
<n>bea  81;  465 
cvh99  83;  353 

l>a-  77 

paqk^  186 
paguba  399 
paehati  354 
/»a^t^t  94;  164 
/»oT^»  304 
/>ain«<»  274;  342 
jiflfi  b.  97;  414 
pdnev  b.  110 
paporotb  r.  289;  498 
;>«•«  165;  400 
päsmo  b.  360 
podienka,       pattanko, 

piuter^k^  178 
i^M^t,   patq    281;  346; 

362;  514 
pastuchh^  pastufb,  pa- 

stufb  99;  pastyrh  445 
pazden  78 
/»ast^f  281 
pazucha  351 
/kf^o  122 
/»<l<5  479 
/>e^a  307 


;»0Z0«s  307 
pel9va  r.  308 
peptf/d  87;  170 
pereperz,  r.  170;  497 
pero  170;  397 
^«ruit»  423 
peiti,  jfekq  259 
pezdtti  sloy.  344 
/i^<i»  484 
j»{«fo  272;  342 
p^  122 
/></t,fi»n<f38;120;160; 

p^ro  433 

»€<»  39;  270 

p^t  121;  281;  480 

piehota  bl 

*piehz  354 

j»^na  414 

pinedzb,     ph^»      117; 

118;  268 
pism  359 

p&^tin»  171;  278;  445 
pisz^kö  353 
;»2i6  57;  264 
piti,  pqfq  172 
pieniqdz  p.  338  Anm. 
;»trd  24;  430 
piskati  362 
j9^«<,  p<«to  b.  140 
püorm  429 
/wo  409 
pkicb  264 
p^ftfM  308 
pidpol  b.  397 
platbno  426 
/i^t7t^i  164 
p/at;»  164;  409 
pkmq  279;  490 
j»^a  b.  307 
pUtfu^i  379 
/>2m<0  271 
pl0th  270 
/i^A»  355;  481 
plh^  305;  414 
/>^«n»  307;  481 
pUva  308 
;»A;A  b.  333 
plinqti  111 
pljufUfti  111 
/^(fttito  97;  444 
^AtcA^  b.  355 
ploicadb  r.  265 
/>/o^»  169;  393 
pUt'  b.  333 
plugt  470 
;>/tfi<a  97;  378 


/i/»<»  137 
fi/»&  402 


pltm  323 

ptbvati,  pljw  111;  285 

/»o  77 

podb-metb  170 

podz-pora  171 

podh-porz  394 

poganim  83 

po-grapiö  394 

pO'orehb  169 

fwt  (po; )  172 

po/Vw»  77;  396 

poÄo;-  172;  395 

/»o/tca  281 

poltdzOf  poltza  267 

pomenti^i,  pometufti  117 

pondrava  b.  325 

fwpW»  87;  170;  397 

j9op»  83 

poroda  83 

posochi  261 

;»09u2^  b.  440 

povrazt  395 

pozden  78 

j9oz<2^*  78 

j90z<2a  78 

;H)zq;  396 

poiarb  79 

/wo-  77 

praehnem  419 

l^riitfAs  356;  395 

prapor  b.  397 

j»rfl;>or  b.  170;  497 

praprat  bIot.  498 

pra«f  346 

"prqgz  394 

prehriüe  b.  434 

prepiringa  bIov.  473 

pr^att,  pr^  119 

|w<?d»  78 

pr^ljuhy  488 

pretm  429 

firmn»  272;  353 

;>r<fte  r.  165 

/>ri  27 

prijati  166 

pri-lefb  58 

primtrie  ab.  31 

pris^a  122 

pritbm  353 

prjamo  r.  70 

i^ro  77;  281 

/wocy  404 

prochatv  klr.  363 

;>ro*»  259 


528 


pronoziti  39;  161 
prositi  171 ;  346 
prostoTh  170 
pro-ttranek  b.  317 
pro^tred  b.  317 
prostz^  170 
provaz  b.  317 
jn-ieti  b.  395 
prft/Wt  166;  281 
prtst^  442 
/>rfr«^»  362 
prtvenbct  417 
0rM7s  322 
p^eboie  b.  501 
T^rec  ab.  315 
preskoda  b.  501.- 
;»<h;  29 
puchh  360 
;>yro  104;  398 
phtica  {pbtica)  462 
0»cAa^t  140;  352 
pf>kh  140;  434 
ptsati  27;  140;  346 
pit&z  38 

pbsirqgz^  140;  472 
oM^r»   140;   279;   846; 

361 
ptieno  416 
;>»8rftf<i  37;  161 

rahota  299 

ra6i>  282;  299 

raditi  94 

radoita  445 

raAia  298 

raA;»^  s.  299 

rakoi  slov.  299 

ra/ya  299 

rah  294;  298;  439 

ram^  164:  297;  298 

ramem  430 

ras'koib  479 

rM^t  299;  513 

rast^  299 

ro^o;'  8.  298;  443 

rafo  r.  298;  300;  302 

ravtm  299 

ras-  299 

razboi  {-boj)  172 

raz^fl  94;  470 

-riW5»  173 

rasfrii»  299 

raidbfe  94 

raifen»  299 

riw»  394 

r^a  76;  122;  170 

rqkqf^b  180 

rqkov^b  180 


I  rdousiii  b.  317 
,  r«&ro  430 
I  rema  r.  301 
j  remenb  490 
i  remeslo  4Sb 
'  reieto  301 
I  r0«aA;  slov.  301 

reiti,  rekq,  rkbq  38 
I  reib  302 

r^c»  157 

redbkb  301 

r«fX;a<t  36 

resbtib  352 

refii'^i  260;  283;  350 
I  ribe  zu  ry6a  29 
,  -ricati  36 
'  rt'Äia^t  f.  rykaii  29 
i  rtm»  28 
\  rimbskb  29 

r«dt?o  klr.  381 

rjuti,  r'evq  86;  98 

rmoutiti  b.  317 

ro<iiVt  94 

rod^  283 

rot  (ro;)  395 

rokoaz  p.  299 

roA»  393 

rosa  283;  353 

rö/0  283 

rovesnikb  r.  299 

roF»  172 

rozga    94;     344;    398; 
470 

rozbstvo  381 

roMenbjtt  404 

rol^bstvo  446 

r^  8.  96 

rurfa  96;  137;  173 

rt«fii<riiz>  173;  430 

rumifib  99 

rum&tf^s  29 

runo  414 

rti«z>  358 

ryÄa  104 

rybitv^  (rybitvb)  445 

ryda^t  110;  275;  293 

rygaü  110 

ryehly  b.  360 

ry<t   106 

rytir  b.  434 

rzeezywisty  p.  449 

n>i/^t  «f  275 

rsJrs  137;  178;  293 

*r»^»  484 

r^vatij  Tbvq  112 

rdzo^t  330 

rbh  137 

^«;^a6  b.  319 


sadüi  173 

«a<;&  173 

salnostb  304 

«at7  8.-kr.  384 

«a-%&  120;  339 

Sif-mbneti  127 

Sq-pbfb  120 

«<p^«^s  120;  339 

scepeneti  b.  269 

w^/JtW  265;  269 

96^0  166;  380 

««<im&  279;  321;  429 

sedmb  289;  345 

*8edblo  436 

«0^  166;  434 

serbatb  r.  327 

««»<ra     33;    279;     284; 

345;  361;  491 
Bit  122 
B^kn^i  119 
«fi^t;  Bm  122;  518 
«flb^ft  481 
Beca  36 
5ec»  479 

«<?W<fet  57;  166;  275;  345 
Bejati  345 
««mf  57 
aembj'a  359 
«eno  414 
senb  346;  349 
«<?ra  261 
BeBÜj  B^dq  513 
«^«^t,  «eÄ;<?  258 
Bäb  14;  58 
Beverb  57 
«t  f.  25 
«f  Dat.   dea  refl.  Pron. 

60 
sidetb  r.  25 
«1^»  457 
BÜa  435 
Btlo  440 
«tr»  260;  346 
Bäo  442 

«tv»  24;  163;  409 
skakati  518 
skqdb  265;  395 
«A7av0  348 
sklizunk  b.  470 
ffibo;^»  347 
skopitt  259 
«;br£«  b.  328;  366 
•krozb  r.  328 
«A;u<t,  Bkubq  15 
«A^tar»  165;;996 
«Ä;i7ozer  328;  356 
BkbU^dzb     (Bh^)      IIB; 

268 


siahb  282;  345 

siad^kz  137;  486 

slama  429 

sUina  346;  414 

$lava  165 

«tory  308 

Blqka  398 

«4^  345 

«Itfcha  b.  426 

9len^  491 

«^/»a^t  361 

slep^  361 

«/tmoA;»  r.  323;  361,  b. 
(9limak)  414 

Bliva  409 

«^fif^t  348 

slovenim  422 

«^00  81;  293 

«/ti^a  96 

slueh»  96;  351 

«/yMt  96 

9lzn»ee  334 

«/sio^t  113 

«/ftsa  334 

9m0tana  slov.  b.  416 

smeeh»  352 

amijüti  »?  345 

*moA;y  409;  488 

smrhdtti  360;  509 

smr^dh  397 

gmykati  a^  345 

««^»  14;  58;  251;  260; 
345 

«n2>cAa  137;  351 

»ocAa  261 

«oJl»  259;  394 

soiomunt  99 

golovoj  r.  409 

»o/uni  29;  83;  99 
j  Boh  83;  479 

«o/fna  359 

90vati  107;  346;  362 

.«or»  396 

specke  355 

jp«'*^!  57 

apolim  29;  83 

«pord  83 

spovati  akr.  358 
I         sracinim  301;  308 
r         *^aA;a  (b.  straka)  399 
P        «rom»  428 
r        »rehati  slov.  327 
*         9rehro  ar.  308 

»re>ia  39 

9rf4hce  140;  275;  346 
^       srtna  329 

«r»/i9  397 

ToBdr&k,  T^  dar. 


<r»l«ii»  251;  252;  263; 

346;  856;  484 
Btado  453 
gtam^  345;  414 
«<aro«to  443 
stati  76;  487 
«te<»  487 
stepen  *178 

•itnt  349 

s/^fj^t  27;  259 

st&up  b.  334 

«toya  170;  393 

itojati,  iiojq  83 

«(o/»  171;  393 

8ion  b.  394 

ttopieii  p.  178 

«trocAs  354 

itrana  170;  274 

«<r^2a  57 
I  ttreti,  sUrq  274;  346 
I  Strom  b.  161;  394 

8truga  470 

«/ru/a   173;  279;   845; 
3iSl 

stryei,  467 

«^rftms  161 

stridniy  b.  429 

«<»6/o  434 

8tbgna  379 

«^»yn»  480 

tttklo  434 

sudoroga  r.  398 

«t«ia  r.  114 

#f<rAm«»ift  r.  359 

suehi^  16;  95;  137;  174 

9ukno  414 

«u/u?a  107 

Bumienie  p.  127 

«umMt/i^i  127 

»u»»  414 

Buti  289 

Bvarog9  472 

•oa^»  360 

Bverepz  307 

«reArry  488 

«reAr»  347;  430;  488 

Bv^ophh,  333;  499 

«v^/»  122;  346 

Bveita  276 

n7^<»  58;  140;  171 

Bvoboda  454 

Bvraka  399 

«f;»t^<t  140;  162 

«yn»   ,filia8'   104;  251; 
346;  486 

«y«»  »turris*  414 

syrz  104;  431 

i.  I. 


nczyry  p.  25 

tt  138;  339 

Mfiravs  322 

nehlt  174 

Btehnqti  137 

Bb-mehti  171 

«»ifir»<»  159 

•»n»  137;  288 

«>ii»m&  323 

<»j9a<t  281 

Mpor»  171 ;  394 

S9p9  397 

«»to  120;  138;  260;  274; 

337 
«»  140;  346 
«»eo^t  119 
Bbrebro  308 

i(%»  ab.  269 

ieBh  33;  357 

lt^«to  b.  435 
;  «00  440 

iüi  28;  106 
I  ilapaii  b.  75 
j  Slemt  305;  428 
!  it^i  265 

«^«^^  b.  364 

itivati  b.  269 

fttr>  265 

Hudin^,    itudoviff    100; 
277 

Hudo  211 

Hudz  100 

J^tMi»  277 

Hutüi  277 

i^t/Stf»  100 

Hbfkfti  B^  265 

«7frt72>  265 

iu%(iuj)  98;  284;  401 
I  Hd^  37;  264 
I  hh  37 

ilitnqd  «if  p.  272 

eat  (tej),  ißjüi  {iaiti)  19; 
174 
,  tah  19;  76;  109;  174 
j  tM^a  398 
I  to&f  282 
I  teneto  88 
)  teph  281;  436 

(«f<i6'  274;  358 

Usla  360 

fo<a  498 

Utrevb  498 

<f  122 

^A:lifl(;y  p.  340 

e^t\  fofkf  323;  510 

34 


530 


i^tiüa  122;  411 

t^Mtz  456 

ient  57;  117;  823;  849 

te$ki  266 

ieak^m  272 

iesto  272;  442 

<e9»it»  272;  852 

teiüi  852 

<eAan  b.  415 

ti  N.  PL  m.  58 

ii  Dat.  8g.  60 

tieh^  852 

<tm^o  828 

^tfta  828 

tUic  b.  29 

^Mfu^t  272 

tiitati  265 

^m  b.  834 

tn^  p.  155 

to  81;  274 

togo  82 

toÄ;»  169;  898 

toliki^  482 

«du  slovak.  849 

Umeto^  tonoto  88 

ior  8.  394 

io«^a  r.  840 

-^ropo  895 

trova  164 

travüi  164 

^if«z>  121;  171 

triiti  442 

/retfA»  T.  362 

trestati  b.  272 

<r«%*  404 

tr^anqti  857 

^ff^t,  <rf«<f  121;  514 

tremj>  801 ;  808 

tresnt  414 

/rt  Akk.  25 

fr«  b.  356 

<riMa  860 

truta  b.  280 

<r«<t;  /rotvf  164 

trzemcha  p.  350 

<rM0  852 

(rtje  85;  274 

fron»  274;  414 

tr^bj  441 

^tieA-  851 

tuidb  100;  878 

<rof  (tvoj)  408 

<vor&  894 

<y  104 
,      tyh  104 
^     <f/n»  109;  414 

fy«<^7<i,     fytffifa      104; 
120;  387 


tyii  104 
tufda  89 
<»fi>;b»  88;  152 
t^sfUfti  s^  272 

fM^tO»   411 

t^h  265;  403 
<»fo  397 
ttma  38;  274 
<»ft»A»    88;    158;    259; 
274;  486 

ff.  95 

u-bog9  83 

tijrtn»  115 

ueho  95;  183;  251;  851 

«t  (•(;•)  96;  98;  284 

uk9U89  r.  99 

ukt  96;  388 

ums  359;  428 

uter^Zf    -ftb,    -er»    96; 

118;  471 
usfm  369;  419;  428 
utnbje  419 
ti«to  17;  96 
unmen^  419;  428 
ttsbmb  428 
t«5aft<^B  419 
«i^op  8.  265 
MßTv  b.  340 
uteeha  899 
trfriycÄ  271 
«fro  438 

U'tTbpeti  281;  288 
uzc^a  862 
ulU  184 

va  78 

vdclav  b.  115 
va/&  165 
varjagb  r.  114 
üar»  165 
vah  408 
oofra  182 
ooz  b.  184 
vqgrim  119 
Oifs»  121;  185 
viße  185 
v«cerz>  38;  288 
vedro  480 
velbbqdb  121 
ve/fttnola  403 
rtfftc^ar  slov.  377 
veprb  183 
veriga,  veruga  471 
re«^  360;  435 
«««na  38 
vesti  vedq  275;  288 


vetti,  vezq  88;  260;  288; 

844 
veUch9  33;  187;  851 
v^i  121;  184 
vfieti  121 
t?<f  61 
o^^61 

vedäi,  vemt  58;  288 
vedro  480 
o^/o«»  878 
oeeA»  855 

vejaÜ,  vejq  57;  283 
veko  898 
r<ffio  414 
reh»  414 
veribCb  267;  466 
t^iSTfl  57 
velte  402 
w<r»  67;  288 
vetvt  57;  484 
-ü<^  402;  442 
veverico  498 
t7t<2»  27 
vtcAaro  862 
mWra  b.  825 
vino  29;  414 
ütin/a  116 
vitfdzb  (vit^)  119 
otft  25;  85;  288 
vitb  487 
vitb  140 
0^0  398 
ü^ik»  169;  895 
vlastb  278 
r^notf^i  b.  838 
vlbchvb  261;  360 
vltkb  160:  259;  283;  880 
vhna  ,anda*  165;  415 
t;/»na  Jana'  288;  414 
voda  283;  492 
-voi  {'Vojjf  zavoi  172 
cot  {voj)  896 
9on/0  120;  188;  825 
votiti  81 ;  516 
vozb  893 
vol(i&  402 
vragi  395 
vrocAs  895 
vrana  800;  803;  810 
vram^  300;  802;  808;  810 
vrata  442 
VTM  slov.  856 
vrem^  279;  491 
vresti^  vrbtq  844 
vr^tfi,  oTbcAif  271;  856 
weteno  416 
orftcA»    260;    288;    856; 

486 


531 


vrbsta  362;  442 

vröteti  283 

vy  63;  108 

vydra  104;  186 

vyknqti  107 ;  119 

*vym^  104 

r^n^f  139 

vyaokT^  104;  289;  358 

F»  138;  388 

v^skrtsfiifti  358 

v»^on>  138;  340 

vztzduehi  162 

v&z-viY&  396 

t7»cera  37 

ttdova    84;    140;   283; 

409 
Vbretij  v^rjq  514 
v»«ft  ^omnis'   140;  261; 

350 
VbSb  ,Ticu8*    140;    283; 

346;  392 

zajqc  p.  338  Anm. 

zaklepz^  taklop^  169 

tamart>n9  165 

«ar/a  94;  165 

zaton  8.  394 

td'tyne  b.  110 

2<^»  88;  121;  282;  344 

zdrada  p.  365 

zdroj  p.  395 

2«^»  344;  416 

zeliie  344 

zem/ya  320;  344;  402 

2em»  287;  479 

{:^bsU\  z^q  121 

=<<6  122;  483 

zelo  (dzelo)  266 


zima  14;  27;  251;  344 

zlakt  456 

s/a^o  344;  442 

zlbcb  344 

zm&;a  405 

znamf  491 

znati  78;  343;  344;  511 

zohio  304 

torja  94;  165 

craA;»  395 

zrt>no    163;    251;    330; 

344 
zvqkb  395 

2trfr6  57;  166;  344;  479 
zvezda  269 
zroits  159 
zvbfieti  159 
zyt»  397 
z»/»  344 
zz^vati   138;    161;    344; 

516 
-ZBP»  173 

z»/a^t;  z<f;'a  166;  344 
*zbrelb  436 

«aJacf  p.  57 
iadny  p.  57 
zof/a^t  263 
zalud,  ialudek  b.  48 
zavb  165 
sagtet  353 
zasnqti  117 
i<2'dr  b.  365 
ie&ro  b.  314 
iebrik  b.  314 
ieldr  b.  48 
itf/iK'»  263;  485 
ieleza  r.  305 


:eMt  79;  263 

zelezo  262;  301;  307 

zelobb  r.  305 

*2«/y    (zelva,    zhvd)    33; 

262;  488 
zena  262;  399 
ierar»  79 
zeravb  33;  262 
i€«<t;  i^<f,  ztgq  263;  275 

z^if  ztmq  263 

f^i,  ibnj'q  38;  160;  263 

zidovinb  28  Anm. 

zt/a  26:  116;  360;  436 

ztr»  430 

itto  442 

zivotb  450 

itVs  25;  263;  408 

zlabb  b.  305 

zlaati  305 

i/€>c2iea  263 

z/f«^t  305 

zleza  344 

«1(^6  p.  306 

zluna  b.  333 

z/tfvo,  zlva  b.  333;  409 

zlbcb  344 

i/ft/B  264 

zminda  b.  454 

zr<f&^  263 

ir^i,  zV<j  264 

zrony  252;  264;  488 

zupa  97 

zttoans  414 

z»tfa<t;  ztW^  27;  119 

Zhtati^  Zbtq  112 

z»z/»  [zezl^)  37 


532 


Nachträge  und  BerichtigungeiL 

S.  6  Z.  7  sollte  noch  angefahrt  sein:  T.  Maretiö,  Gramatika  i  stilistika 
hrvatskoga  ili  srpskoga  jezika.    Zagreb.  1899. 

S.  6  Z.  27  lies:  Slovenska  slovnica  st.  Slo7.  mlaynica. 

S.  27  Z.  7  lies:  vidi  st.  vidi,. 

S.  61  Z.  14  lies:  vede  st.  vede. 

8.  61  Z.  88:  zur  Erklärung  des  Dat.  Sg.  *koaUipi  kosUiei  vgl.  S.  385, 
Anm. 

S.  70  Z.  26:  die  in  ar.  Denkm.  yorkommenden  Impf.-Formen  hjaaehu 
u.  8.  w.  sind  unter  dem  Einflasse  der  aksl.  Vorlagen  ent- 
standen (worüber  in  der  Formenlehre). 

S.  83  Z.  11 :  zu  kom  Tgl.  S.  480  beim  Suffix  -n». 

S.  138  Z.  30  lies:  vvton  st.  vstor». 

S.  164  Z.  10  lies :  b.  zd^al  st.  zd-pah. 

8.  171  Z.  29  und  8.  172  Z.  19:  Andere  sprechen  von  der  8-Stufe,  wenn 
jedes  Tok.  Element  geschwunden  ist,  während  hier  nur  der 
Schwund  des  e  maßgebend  ist. 

8.  173  Z.  19  lies:  kys^h  st.  kyiel. 

8.  195  Z.  3:  b.  vrdtiti,  vrdtim  ist  wohl  älter  wie  miätim^  sIot.  mldtim 
(Rad  132,  8.  160)  zeigt;  vgl.  auch  8.  228  Z.  37  und  8.  231 
Z.  33. 

S.  263  Z.  29  lies :  }(an  st.  ian. 

8.  344  Z.  20  lies:  az»  st.  az, 

8.  350  Z.  37  lies:  A,  Antevokalisches  «.  a)  Nach  Vokalen  und  zwar 
a)  Nach  den  ti-Vokalen: 

8.  352  Z.  20  Ues:  ß)  st.  b). 

8.  455  Z.  6  lies:  A^^  st.  kade. 

8.  466  Z.  23  lies:  -bka  st.  -sAa. 


IL 

GMtinger  Sammlimg  indogermaniBoher  Grammatiken. 


Vergleichende 

Slavisehe  Grammatik 


von 


Dr.  Wenzel  Vondräk. 


I.  Band. 
Lautlehre  und  Stammblldungrslelire. 


•^^ 


S^JM»^ 


Gottingen 

Yandenboccii  und  Raprtcbt 

1906* 


/". 


Terl»0  von  Tandtnboedi  4  Rupftcbt  tti  6&ttittj|tw. 

Dnrch  jede  Bachhandlang  za  beziehen!  j« 

Soeben  ist  erschienen; 

Die  (ßakedonen. 

Ihre  Sprache  und  ihr  Volkcituxn. 

Von 

Prof.  Dr.  0.  HofEtaiann. 

Geh.  8  Mk.,  in  Leinwandband  9  Mk. 

Waren  die  Makedonen  Griechen  oder  nicht?  Diese  Frage,  die  ror  80 
Jahren  zu  Gunsten  des  Griechentums  entschieden  zu  sein  schien,  ist  seit  otwa 
10  Jahren  von  neuem  aufgerollt  und  verschieden  beantwortet  worden.  Als 
energischer  Verfechter  des  griechischen  Volkstumes  der  Makedonen  ist  Hatzidakis 
aufgetreten.    Ihm  steht  als  Hauptgegner  Eretschmer  gegenüber. 

In  dem  neu  entbrannten  Streite  sind  die  Historiker  fast  alle  auf  der 
Seite  von  Hatzidakis.  Das  Lager  der  Grammatiker  ist  gespalten:  die  einen 
sind  von  den  sprachlichen  Argumenten  Xretschmers  Überzeugt,  andere  halten 
mit  ihrem  Urteile  ganz  zurück,  wenige  nur  sprechen  sich  unumwnnden  für 
das  Griechentum  der  Makedonen  aus. 

Das  entscheidende  Wort  in  der  Makedonenfrage  ist  den  Besten  der  make- 
donischen Sprache  vorbehalten.  Wenn  sich  auf  diese  jede  der  beiden  Parteien 
beruft,  so  kann  das  nur  darin  seinen  Grund  haben,  daß  das  Material  weder 
genügend  durchgearbeitet  noch  richtig  erklärt  und  gewertet  ist.  Die  make- 
donischen Personennamen  sind  bisher  in  der  Makedonenfrage  sehr  mit  Unrecht 
hinter  den  Glossen  zurückgesetzt  worden.  Will  man  aber  aus  den  Namen 
Schlüsse  auf  die  makedonische  Sprache  ziehen,  so  ist  vor  allem  notwendig,  nur 
das  unbedingt  zuverlässige  Namen-Material  auszusondern.  Eine  beliebige 
Auswahl  genügt  nicht.  Es  müssen  vielmehr  für  bestimmte  Standes-  und 
Berufsklassen,  in  denen,  wie  wir  sicher  wissen,  nur  Vollblut-Makedonen  vertreten 
waren,  alle  uns  bekannten  Namen  einer  bestimmten  Periode  zusammengestellt 
und  erklärt  werden. 

Die  Hauptteile  des  Buches  sind: 

1.  Quellen  der  makedonischen  Sprache.  —  2.  Der  altmakedonisohe  Wort- 
schatz. —  3.  Die  makedonischen  Personennamen.  —  4.  Der  makedonische 
Dialekt.  —  5.  Die  Gründung  des  makedonischen  Reiches. 


Ende  1905  ist  erschienen: 


VorgrieAisAe  Ortsnamen 

als  Quelle  der  Vorgresehiehte  Griechenlands 

verwertet  von 

Prof.  Dr.  August  Fiok. 

IIV^  Bog.    gr.  8.      Geh.  5  Mk. 

Wochenschrift  ffir  klass.  Philologie  1906,  9:  , Eine  Inhaltsuhersicht 

über  das  ganze  Buch  zu  geben,  ist  bei  seiner  großen  Wichtigkeit  nicht  nötig,  es 
würde  auch  nicht  mü»:^lich  sein,  von  der  geistreichen  Art  des  verehrten,  so 
jagen(lt'ri9«!h«»n  Forschers  einen  Begriff  zu  geben,  dessen  kühue  Verbindungen 
uns  oft  freudig  erstaunen  lassen,  auch  wo  wir  zwingende  Beweise  noch  ver- 
missen      Alle  Freunde  europäischer  Vorgeschichte  seien  nachdrücklich 

auf  das  höchst  anregende  Buch  hingewiesen." 

Bollettino  di  filologia  classica  1906,  11:  „ Tali  osservazioni  io 


TerUg  von  Tandcnboedt  tc  Ruprecht  in  Gdttingra. 


iltnlUe  linifflMtik 


Ton  Jac.  WackernageL 


I.  Bond:  Lantlehre.    1896.  Geh.  8,60  Mk.,  geb.  10  MV. 

II.  Band.  1.  Teil:  Einleiinng  snr  Wortlehri«,  NomlnalkompoBltioB. 

1905.    Geh.  8  Mk.,  in  Halblederband  9  Mk.  40  Pf. 

Über  den  1905  erschienenen  1.  Teil  des  II.  Bandes  heißt  es  in  der  Philo- 
logischen Wochenschrift  1906  Nr.  1 :  »Die  lieser  dieser  Wochenschrift  werden 
mir  dankbar  sein,  wenn  ich  sie  auf  ein  Werk  aufmerksam  mache,  das  nicht 
etwa  nur  für  den  Sanskritner,  sondern  für  jeden  Sprachgelehrten  von  hervor- 
ragendem Werte  ist,  nämlich  die  Fortsetzung  von  Wackernagols  altindischer 
Grammatik,  deren  erster  die  Lautlehre  enthaltender  Teil  vor  9  Jahren  erschienen 
ist.  Jener  erste  Teil  mag  nicht  weit  über  den  Kreis  der  Spezialforscher  hin- 
ausgekommen sein,  weil  die  Sprach verglcicher  und  Philologen  das  wenige,  was 
'  sie  von  altindischer  Lautlehre  wissen  wollten,  leicht  in  den  Werken  Brugmanns 
und  anderer  finden  konnten.  Bei  dieser  Lieferung  aber  wird  es  sich 
anders  verhalten,  da  hier  uns  ein  Material  geboten  wird,  welches  öich  an 
keinem  anderen  Orte  in  annähernd  vergleichbarer  Vollständigkeit  findet. 
Denn  einer  der  Vorzüge,  die  wir  an  dem  Wackernagelschen  Werke  zu  rühmen 
haben,  ist  seine  außerordentliche  Reichhaltigkeit.  Es  war  freilich  nicht  mög- 
lich, übrigens  auch  nicht  notwendig,  aus  der  gesamten  Literatur  die  unabseh- 
bare Fülle  der  Zusammensetzungen  zu  sammeln;  aber  man  kann  doch  sagen, 
daß  der  Benutzer  hier  alles  vereinigt  findet,  was  bei  Maßgabe  der  "bisherigen 
Hilfsmittel  irgend  zugänglich  war.  Von  besonderem  Interesse  ist  die  Aus- 
nutzung der  einheimischen  Grammatik.  Es  ist,  wie  den  Lesern  erinnerlich  sein 
wird,  einmal  eine  bittere  Fehde  über  den  Wert  der  Sanskritgramraatik  geführt 
worden:  dieser  Streit  ist  jetzt  verstummt.  Wir  sind  jetzt  darüber  einig,  daß 
ihre  Theorien  so  viel  oder  so  wenig  wert  sind  wie  die  Theorien  anderer  Ge- 
lehrter, daß  aber  das  sachliche  Material,  welches  sie  uns  bieten,  von  unschätz- 
barem Wert  ist.  Die  letztere  Erkenntnis,  die  z.  B.  noch  in  Whitneys  Grammatik 
zu  sehr  zurücktritt,  ist  in  Wackernagels  neuester  Arbeit  in  fruchtbarer  Weise 
in  die  Praxis  übergeführt  worden.  So  bietet  denn  das  Werk  alles,  was  die 
Sanskritgelehrsamkeit  zu  leisten  vermag,  aber  zugleich  noch  mehr.  Der  reiche 
Stoff  ist  im  ganzen  und  einzelnen  nach  den  Gesichtspunkten  der  vergleichen- 
den Sprachforschung  und  unter  Benutzung  ihrer  neuesten  Ergebnisse  durch- 
gearbeitet und  erklärt  worden.  Es  gibt  kein  Werk  auf  dem  Gebiete  der  Sans- 
.kritgrammatik,  in  welchem  das  in  ähnlichem  Maße  der  Fall  wäre.  Wer  die 
schwere  Arbeit  des  Sanimelns  und  Zurechtdenkens  zu  würdigen  weiß,  die  für 
die  Schaffung  dieses  Werkes  notwendig  war,  wird  sicher  der  Ansicht  zustim* 
men,  daß  in  diesem  Falle  ein  bcRouders  lebhaftes  und  frendiges  Wort  dank- 
barer Anerkennung  am  Platze  ist.«  B.  Delbrück,  Jena. 

Aus  einer  Besprechung  des  ersten  Bandes: 
Qött,  Gel.  Anzeigen  1897,  3:  »Der  vorliegende  1.  Band,  der  außer  der 
anf  dem  Titel  genaunten  Lautlehre  eine  dieser  vorausgehende  Einleitung  ent- 
hält,  in   der   die  Geschichte    des  Altindischen   mit   dankenswerter  Klarheit  n. 
Vollständigkeit  nach  jeder  Seite  liin  zum  ersten  Male  wissenscliaftlich  skizziert 
wird,   beweist    sattsam    die  Ausführbarkeit  des  schwierigen  Unternehmens  und 
des  Verfassers  Competenz.     Auf  jeder  Seite,   in  jedem   Paragraph   verrät   sich 
die  Hund  des  Meisters,  der  seinen  Stoff  vi.Hig  beherrscht.     Besonders  verdient 
W.    den    Dank    aUer   Sanskritisten,    daH  er    sich    niclit   auf   die    sprachwissen- 
schaftliche Seite  seines  Werkes,  die  ihm,  dem  Sprachforscher,   am  meisten  za- 
i^en  möchte,  beschränkt  hat,  sondern  auch  dem  Mangel  an  einer  streng  histo- 
"hen  Beschreibung  der  Spracherscheiuungen  abzuhelfen  bestrebt  ist.« 

Calv.-tt«cbd2iKk«r«rTÖo  £.  A.  Hulk,  Gottln»»iu 


Terlag  von    Tandenbocch  &  Ruprecht  in   6öttiiigeii. 

GBttinger  Sammlung  indogermanischer  Grammatiken. 

Früher  ist  erschienen: 


AltiiilMi  Grantil; 


von  Jac.  Wackernagrel. 

1.  Band:  Lantlehre.    1896.  Geh.  8,60  Mk.,  geb.  10  Mk. 

II.  Band.  1.  Teil:  Einleitung^  znr  Wortlehre,  Nominalkompogition. 

1905.    Geh.  8  Mk.,  in  Halblederband  9  Mk.  40  Pf. 

Der  Schlnssteil  des  zweiten  Bandes  wird  mutmaßlich  im  Jahre  1907  er- 
scheinen. 

Im  Herbst  1907  wird  erscheinen: 

TenL  GTUBiatil:  igr  Miscliiii  Spdmi  u.^^T^^. 

Etwa  34  Bogen,    gr.  8. 


In  unserm  Verlag  wird  ferner  erscheinen: 

Zeitschrift 

für 

vergleichende  Sprachforschung 

auf  dem  Gebiete  der  indogermanischen  Sprachen. 

Neue  Folge, 

vereinigt  mit  den  „Beiträgen  znr  Kunde  der  indogermanischen  Sprachen". 

Herausgegeben  von 

Ad.  Bezzenberger,  E.  Kuhn  u.  Wilh.  Schulze. 

Der  ganzen  Beihe  41.  Band.    Für  den  vollständigen  Band  12  M 

Das  erste  Doppelheft  soll  im  November  1906  erscheinen  und  wird  u.  a. 
folgende  Aufsätze  enthalten: 

E.  Hermann,  Über  das  Rekonstruieren.  —  A.  Bezzenberger,  Studien  ti.  d. 
Sprache  des  preuß.  Enchiridions.  —  W.  Spiegelberg,  Ägyptische  Lehnwörter. 
—  M.  Yasmer,  2  kleine  Abhandlungen:  I.  Noch  einmal  die  neugriechischen 
Zahlwörter,  II.  Zur  slavischen  Vertretung  von  arioeurop.  o.  —  W.  Vondrak, 
Slavische  Akzent-  u.  Quantitätsstudien.  —  W.  Schulze,  Gotica.  —  H.  Ehrlich, 
Lares.  —  A.  Zimmermann,  Vertauschung  der  Suffixe  on  u.  ofit.  —  A.  Torp, 
Etruskisches.  —  R.  Pischel,  Indische  Miszellen.  —  P.  Diels,  Entstehung  der 
indirekten  Rede  im  Deutschen.  —  Brief  Franz  Bopps,  eingeleitet  von  Lefmann. 

Jede  gute  Buchhandlung  wird  dieses  Heft  aueh  zur  Ansieht  liefern. 

lWT.-llMftdniclMNl  TCO  JS.  A.  Batk.  OotUagM. 


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