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Full text of "Verhandlungen"

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THE  UNIVERSITY 


OF  ILLINOIS 
LIBRARY 

5  OG 
RH 

V.43 


Yerli  andhi  n  gen 

des 

naturhistorischen  Vereins 

der 

preussischen  Rheinlande,  Westfalens  und  des 
Reg.-Bezirks  Osnabrück. 


Mit  ß  e  i  t  r  ä  g*  e  n  von 

F  r.  V  o  g*  e  1  y  A.  W  olle  m  a  n  n ,  A.  H  o  s  i  u  s  ? 

F.  L  e  h  m  a  11  n. 

Herausgegeben 

von 

I)r.  Pli.  Bertkau, 

Sekretär  des  Vereins. 

Xe  1111  itml  v  i  erzi  gster  Ja  li  rg  an  g. 
Fünfte  Folge:  9.  Jahrgang. 

Mit  4  Tafeln  und  9  Holzschnitten. 


Bonn. 

In  Kommission  hei  Friedrich  Cohen./ 

1892. 


I 


Für  die  in  dieser  Zeitschrift  veröffentlichten  Mit¬ 
theilungen  sind  die  betreffenden  Autoren  allein  ver¬ 
antwortlich. 


3Z)<ä 

ft  W 

/.  4- 7 


Inhalt. 


| 

V 

v 


Geographie,  Geologie,  Mineralogie  und 

Paläontologie. 

Seite 

Fr.  Vog'el:  Das  Ober-Senon  von  Irnich  am  Nord¬ 
rand  der  Eifel  (Taf.  I) . Verhandl.  1 

A.  Wollemann:  Verzeichniss  der  im  Eisenstein 
des  Lias  y  von  Rottorf  am  Kley  bei  Helm- 
stedt  bislang  gefundenen  Versteinerungen  -  107 

A.  Hosius:  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Fora- 

nimiferen-Fauna  des  Miocäns  (Taf.  II,  III)  -  148 

F.  Lehmann:  Die  Lamellibranchiaten  des  Mio¬ 
cäns  von  Dingden,  1.  Theil  (Taf.  IV)  .  .  -  198 

v.  Hägens:  Das  Neanderthal  in  naturgeschicht¬ 
licher  Hinsicht . Ivorr.-Bl.  29 

K.  Könen:  Heber  das  relative  Alter  der  Abla¬ 
gerungen  im  Neanderthal .  -  31 

Heus ler:  Ueber  die  kohlensauren  Quellen  bei 

Burgbrohl  . .  -  40 

Fabricius:  Geologische  Karte  der  Rheinprovinz, 

Westfalens  etc.  in  Massst.  Vsoooo  ....  -  48 

Hauff:  Fossilisationsprozess  gewisser  verkiesel- 

ter  Spongien .  -  51 

—  Ueber  fälschlich  für  Fossilien  gehaltene, 

auf  innere  Gesteinsstauchungen  zurückzu¬ 
führende  Gesteinsbildungen .  -  57 

E.  Lienenklaus:  Ostracoden  des  nordwestdeut¬ 
schen  Tertiärs .  -  58 

Pohlig:  2.  Bd.  seiner  Diluvialmonographieen  .  Sitzgsber.41,53 

—  Ueber  das  Karbonkonglomerat  von  Valor¬ 
sine  bei  Chamounix .  -  41 

—  Ueber  den  Dryopithecus  .......  -  42 

Heusler:  Durchbruch  des  Basalts  durch  die  Cob- 

lenzschichten  des  Unterdevons  am  Scheids¬ 
kopf  .  -  44 

512432 


IV 

Seite 

Pohlig:  Fossilien  des  Devons  Australiens.  .  .  Sitzgsber.  45 

—  Zinnoberrhomboeder  und  andere  Zinnober- 

kry  stalle  von  Almaden  .  « .  -  46 

—  Einschlüsse  in  Feuersteinen  von  Rügen  .  -  46,  48 

—  Besuch  ungarischer  und  Schweizer  Museen  -  46 

—  Literatur  (Andrea  e- Osann;  A.  Sehr  auf; 

Jour dan-Marshall;  A.  Gaudrv;  E.  D. 

7  t/  7 

Cope;  Nikitin) .  ■  46 

—  Das  neue  Museum  für  Naturkunde  in  Brüssel  -  49 

—  Bunt  angelaufener  Saphirkrystall  aus  dem 
Basalt  des  Oelberges;  Fossilien  des  Rhei¬ 
nischen  Devons;  Ceratites  sp.  in  trierischem 

Kalk;  Natica  millepunctata  von  St.  Cassian  -  54 

—  Velates  Schmiedeliana  angeblich  von  Eg¬ 
genburg  nördl.  von  Wien .  -  55 

Rein:  W.  Sievers:  Africa,  eine  allgemeine  Lan¬ 
deskunde  .  -  55 

—  Zur  Feier  der  Entdeckung  Amerikas  .  .  -  56 

Rau  ff:  F.  Karrer:  Führer  durch  die  Baumate¬ 
rialsammlung  d.  k.  k.  Naturh. -Hofmuseums 

Wien . -  57 

—  Ueber  die  Organisation  und  systematische 

Stellung  der  Receptaculiten .  59,  74 

Philipp son :  Ueber  die  Küstenform  der  Insel 

Rügen .  -  63 

Pohlig:  Die  Cerviden  des  thüringischen  Dilu¬ 
vialtravertins  .  -  91 

—  Ueber  den  diesjährigen  Aetnaausbruch  .  -  91 

Stein:  Erdbeben  in  Japan .  -  94 

Rein  legte  den  1.  Bd.  seiner  „Geographischen 

und  naturhistorischen  Abhandlungen“  vor  -  98 

—  Unterlauf  des  Guadalquivir  . .  -  103 

Pohlig:  „ Altpermische1  Fische,  Saurierfährten  u. 

Medusen  der  Gegend  von  Friedrichrode 
in  Thüringen“ .  -  105 

—  Steinbeil;  Pinus  silvestris  im  thüring.  Tra¬ 
vertin;  Photographieen  von  Dolomiten  und 
Gletschergegenden  der  Alpen;  der  Jura 

am  Ostufer  des  Urmiahsees .  -  105 


y 


Seite 

Chemie,  Technologie,  Physik  und  Meteorologie. 

Jansen:  Warum  wird  bei  einem  mehrstimmigen 
Satze  die  Melodie  der  Oberstimme  zuge¬ 
wiesen?  . Korr. -Bl.  40 

Frauberger:  Verwerthung  von  Thier-  u.  Pflan¬ 
zenformen  im  Kunstgewerbe .  -  60 

Giesel  er:  Ueber  die  physikalischen  Institute  in 

Edinburgh,  Glasgow,  Oxford . Sitzgsber.  46 

Stein:  Beobachtung*  einer  elektrischen  Erschei¬ 
nung  in  einem  Eisenbahnzug .  -  50 

B  o  t  a  n  i  k. 

Noll:  Veranschaulichung  der  Bewegungen  einer 

Keimpflanze  durch  ein  Stroboskop  .  .  .  Sitzgsber.  37 

—  Zwitterblüthe  von  Larix  europaea  ...  -  57 

Br  an  dis:  Sargent,  The  silva  of  North  America, 

III.  Bd .  -  72 

Hauff:  Ueber  Kalkalgen  (und  Receptaculiten)  .  -  74 

Anthropologie,  Ethnologie,  Zoologie  und 

A  n  a  t  o  m  i  e. 

p  — 

Schaa  ff  hausen:  Ueber  die  Urzeugung  .  .  .  Korr.-Bl.  32 

—  Prähistorische  und  römische  Funde  ...  -  50 

Bertkau:  Bau  der  Giftdrüse  einheimischer  Spin¬ 
nen  .  -  59 

Farwick:  Thierwelt  des  Viersener  Gebiets  .  .  -  00 

A.  König:  Die  Kriechthierfauna  Tunesiens  .  .  Sitzgsber.  3 

Schaaffhausen:  Vorgeschichtliche  Funde  in 

Mähren .  -  26 

Ludwig:  Bau  der  rädchenförmig*en  Kalkkörper 

der  Gattung  Chiridota .  -  43 

Strub  eil:  Zwei  Nacktschnecken  des  süssen  Was¬ 
sers  in  Amboina .  -  62 

Ludwig:  Neuere  Literatur  über  Echinodermen 
(J  ä  c  k  1 ,  A  g  a  s  s  i  z ,  D  a  n  i  e  1  s  s  e  n ,  S  v. 

Loven) . -  .  .  62,  63 

Bert  k  a u :  E.  W a  s  m  a  n  n :  Die  zusammengesetz¬ 
ten  Nester  und  gemischten  Kolonieen  der 
Ameisen .  -  99 

—  Ueber  das  Gift  des  Chiracanthium  nutrix  -  102 

* 


Seite 


Voigt:  Karten  zur  Verbreitung- 'der  Planaria  al- 

pinä  und  gonoeephala;  Polycelis  cornuta  Sitzgsber.  104 
N ussbaum :  Geschlechtsentwicklung  bei  Polypen  -13B,  40B 

—  Vergleichende  Studien  über  die  Orbita  des 

Menschen  und  der  Thiere .  -  40  B 


Gesundheitspflege,  Physiologie,  Medizin  und 

Chirurgie. 


Binz:  Ueber  die  etwaige  Giftigkeit  des  Ahimi- 
niums . 

—  Ueber  die  mechanische  Giftwirkung  des 

Staubes  der  Thomasschlacke . 

Bo  hl  and:  Fall  von  Empyem  . 

Leo:  Cystenbildung  im  Abdomen . 

Schultz e:  Fall  von  Krampfzuständen  der  rech¬ 
ten  Hand . 

Hackenbruck:  Radikaloperation  einer  faust¬ 
grossen  Cruralhernie . 

—  Laparotomie  wegen  Ileus . 

Binz:  Neues  spektroskopisches  Hämatometer  . 
Trendelenburg:  Ueber  Blasenscheidenfistel¬ 
operationen  . 

Kocks:  Bemerkungen  dazu . 

—  Operative  Behandlung  der  Lageverände¬ 
rungen  des  Uterus  .  .  . . 

Krukenberg:  Ueber  Dührssen’s  tiefe  Cervix- 

und  Scheidendammeinschnitte . 

Pietz  er:  Prophylaktische  Dehnung  der  Scheide 

bei  Erstgebärenden . 

Hackenbruck:  Ueber  die  sogen,  rheumatische 

Muskelschwiele . 

D  outrelep  ont:  Ueber  Tuberkulose  der  Haut  . 
U ngar:  Ueber  Phosphorbehandlung  bei  Rhachitis 
Binz:  Ueber  die  Veränderungen  des  Chloroforms 

am  Licht . 

D  outrelep  ont:  Ueberimpfung  von  Lupus  .  . 

Graeser:  Chloroform  gegen  Taenien;  Anwen¬ 
dung  von  Syzygium  Jambulanum  gegen 

Diabetes . 

Schultze:  Zusammenvorkommen  von  tabes  dor- 
salis  und  Insufficienz  der  Aortenklappen  . 
Drees  mann:  Ueber  Knochenplombirung  .  .  . 


Sitzgsber. 

47,  92 

93 

1  B 

2  - 


4  - 

6  - 

6- 
6  - 

9  - 

12  - 

14  - 

15  - 
17  - 

17  - 

18  - 
20  - 


20  - 

21  - 
24  - 


VII 

Seite 

Schultze:  Fall  von  eigenthümlicher  Hautlipo-  Sitzgsber. 

matose .  28  B 

Jo  res:  Cystöse  accessorischc  Strumen  ....  -  29  - 

Köster:  Demonstration  eines  grossen  Aorten¬ 
aneurysma  .  -  30  - 

«7 

Pelm  an:  Entwickelung'  der  Psychiatrie  seit 

Griesinger .  -  30  - 

Knickenberg:  Fall  von  aussergewöhnlich  aus¬ 
gedehnter  Erkrankung  an  Favus  ....  -  33  - 

Boenn ecken:  Ueber  Trigeminusneuralgien  .  33  - 

Ungar:  Ist  Secale  cornutum  ein  Abortivum?  .  -  33  - 

—  Die  Grösse  des  Luftwechsels  in  den  ersten 

Lebenstag'en .  -  34  - 

Peters:  Behandlung  chron.  Conjunktivalerkran- 

kungen .  -  35  - 

—  Mikroskopische  Untersuchung  eines  Falles 

von  doppelseitigem  Schiclitstaar  ....  -  36  - 

Binz:  Wirkung  des  Morphins  und  Atropins  auf 

die  Athmung .  -  37  - 

Schultze:  Fall  von  Sarkom  des  linken  Vorhofs  -  40  - 

—  Grosser  Tumor  der  linken  Pleurahöhle  mit 

Dermoidcyste .  -  40  - 

Ungar:  Ueber  Carboivergiftung  vom  Darm  aus  -  41  - 

K  oester:  Demonstration  eines  Lungentumors  .  41  - 


Mitgliederverzeichniss  des  naturhistorischen  Ver¬ 
eins  . Korr.-Bi.  1 

Bericht  über  die  49.  Generalversammlung  des 

Vereins  .  -  26 

Bericht  über  den  Zustand  und  die  Thätigkeit  des 

Vereins  im  Jahre  1891 .  -  26 

Erwerbungen  für  die  Vereinsbibliothek  ...  -  63 

Erwerbungen  für  die  Vereinssammlungen  ...  -  78 


Bericht  über  den  Zustand  der  Niederrheinischen 
Gesellschaft  im  Jahre  1891. 

Naturwissenschaftliche  Sektion  Sitzgsber.  1 
Medizinische  Sektion  ....  -  2 

Vorstandswahl  für  1893  der  Naturwissenschaft¬ 
lichen  Sektion .  103 


VIII 


Seite 

Aufnahme  neuer  Mitglieder  der  Naturwissenschaft-  Sitzgsber. 

liehen  Sektion .  37,  56,  62,  98, 103 

Aufnahme  neuer  Mitglieder  der  Medizinischen 


Sektion . 

Beschluss  über  den  Antrag,  die  Einladungen  zu 
den  Sitzungen  in  der  Neuen  Bonner  Zei¬ 
tung  zu  veröffentlichen . 

Vorläufiger  Beschluss  über  eine  Feier  des  Tojähr. 


1B.  32B.  40B. 


98 


Bestehens  der  Gesellschaft  im  Jahre  1893  -  98 

Neubeschaffung  von  Mitgliederdiplomen  ...  -  98,  105 

Einladung  zur  Enthüllungsfeier  des  R.  Mayer- 

Denkmals  .  -  98 

Zur  Erinnerung  an  den  verstorbenen  Schriftführer 


der  med.  Sektion  Geh.  Sanitätsrath  L  e  o 
Neuwahl  eines  Schriftführers  der  med.  Sektion  . 


32  B 
32  B 


Universitäts-Buclulruckerei  von  Carl  Georgi  in  Bonn 


, 

Das  Ober-Senon  von  Irnich  am  Nordrand  der  Eifel. 


Fr.  Vogel, 

Assistent  am  Palaeontologischen  Institut  in  Bonn. 


(Hierzu  Tafel  I.) 


Irnich  ist  ein  Weiler  wenige  Minuten  westlich  von 
dem  Dorfe  Schwerfen,  welches  etwa  5  km  südlich  von 
Zülpich  im  Regierungsbezirk  Köln  liegt. 

In  unmittelbarer  Nähe  einiger  abseits  gelegener  Ar¬ 
beiterwohnungen  an  der  Ostseite  der  alten  Römerstrasse, 
welche  —  jetzt  ein  bescheidener  Feldweg  —  nach  Zülpich 
führt,  findet  sich  an  zwei  Stellen  von  geringer  Ausdehnung 
ein  heller  Kalkmergel,  erfüllt  mit  zahlreichen  Resten  einer 
marinen  Fauna.  —  Es  ist  dies  die  Kreide  von  Irnich. 

Dieselbe  hat  von  Dechen1)  zuerst  erwähnt  und  als 
Pläner  angesehen.  In  den  Erläuterungen  zur  geologischen 
Karte  der  Rheinprovinz  und  der  Provinz  Westphalen  1884 
führt  er  dieselbe,  durch  Herrn  Professor  Schlüter  veran¬ 
lasst,  als  vermuthlich  zum  Ober-Senon  gehörig  an2).  Später 

1)  Orographisch-geognosfische  Uebersieht  des  Reg.  -  Bezirks 
Aachen.  1866.  S.  200. 

Erläuterungen  der  geol.  Karte  der  Rheinprovinz  und  West¬ 
falen.  II.  1884.  S.  16  und  S.  441—442. 

2)  An  Versteinerungen  erwähnt  er  Ostrea  vesicularis  Lk.,  Pecten 
striato-costatus  Goldf.,  sowie  Reste  von  Scalaria,  Dentcilium,  Venns, 
Turbinolia,  Pinula  (?)  und  Orbitulina. 

Verh.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXJX.  5.  Folge.  Bd.  IX. 


1 


2 


4  • 

berichtet  B  lan  ken  hör n  *)  über  dieselbe  und  macht  auf 
die  Reichhaltigkeit  an  Gastropoden  aufmerksam,  zugleich 
erwähnt  er  die  Meinung  Schlüters,  dass  sie  möglicher 
Weise  dem  obersenonen  Kalke  von  Kunraed  in  holländisch 
Limburg  äquivalent  sei.  1888  führt  noch  Holzapfel1 2) 
in  seiner  Arbeit  über  die  Aachener  Kreide  das  Vorkommen 
von  Irnich  an,  ohne  näher  darauf  einzugehen. 

Von  Dechen  und  Blankenborn  nehmen  an, 
dass  dieser  Kreidefetzen  dem  Keuper  aufgelagert  ist,  wel¬ 
cher  wenige  Schritte  davon  ansteht.  Es  ist  jedoch  auch 
möglich,  dass  Unterer  Lias  das  Liegende  der  Kreide  ist. 
Derselbe  ist  bei  Drove  12  km  nordwestlich  von  Irnich  bei 
einer  Brunnenanlage  angetroffen. 

Von  Bonn  aus  ist  der  Punkt  mehrfach  besucht  und 
durch  Nachgraben  ist  Material  beschafft  worden,  welches  im 
Paläontologischen  Museum  zu  Bonn  auf  bewahrt  und  mir  zu 
der  vorliegenden  Arbeit  von  Herrn  Professor  Schlüter 
giftigst  zur  Verfügung  gestellt  wurde.  Ich  selbst  besuchte 
Irnich  im  Jahre  1889,  fand  aber  nur  noch  wenige  Gesteins¬ 
stücke  auf  dem  Abfall  des  Ackers  zum  Wege  vor. 

Das  Gestein,  ein  heller  Kalkmergel  von  gelbgrauer, 
bisweilen  weisslicher  Färbung,  in  Stücken  von  Nuss-  bis 
Kopfgrösse,  ist  meist  weich  und  leicht  zerbrechlich,  stel¬ 
lenweise  zerreiblich  und  bildet  beim  Bruch  weder  scharfe 
Kauten  noch  glatte  Flächen. 

Die  Erhaltung  der  Fossilien  ist  verschieden.  Von 
Cephalopoden  sind  die  Steinkerne  einzelner  Baculiten  er¬ 
halten,  ferner  ein  Bruchstück  einer  Belemnitella  mucronata. 
Die  Gastropoden  finden  sich  nur  als  Steinkern  und  Ab¬ 
druck,  auf  welchem  sich  meistens  nach  losem  Ausspülen 
durch  einen  Wasserstrahl  die  feinste  Skulptur  zeigt.  Leider 
enthält  die  Sammlung  eine  Anzahl  Steinkerne,  deren  zu¬ 
gehöriger  Abdruck  sich  nicht  mehr  vorfand.  Vermittelst 


1)  Die  Trias  am  Nordrande  der  Eifel  zwischen  Commern,  Zül¬ 
pich  und  dem  Roerthal.  Inaug.-Diss.  der  Univ.  Bonn  1885  und  Ab¬ 
handlung  zur  geol.  Spezialkarte  von  Preussen  etc.  Bd.  VI.  Heft  2. 

2)  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Paläontographica 
XXXIV.  1888.  S.  44. 


3 


Kautschuk  liess  sich  gewöhnlich  aus  den  Abdrücken  ein 
befriedigendes  Bild  des  ehemaligen  Gehäuses  herstellen. 
Bei  den  Lamellibranchiaten  unterscheiden  sich  die  Mono- 
myarier  von  den  übrigen  dadurch,  dass  ihre  Schale  häufig 
erhalten  ist.  Dieselbe  liegt  dem  Gestein  fest  auf  und  ist 
nicht  sehr  zerbrechlich.  Von  den  übrigen  Pelecypoden 
wird  nur  Steinkern  und  Abdruck  gefunden.  An  Brachio- 
poden  ist  die  Fauna  von  Irnich  arm.  Die  wenigen  Exem¬ 
plare  sind  mit  Schale  erhalten.  Von  den  etwa  zahlreicher 
vertretenen  Bryozoen  sind  nur  kleine  Bruchstücke  der  kal¬ 
kigen  Stöcke  vorhanden,  deren  Zellen  gut  erhalten  sind. 
Die  wenigen  Foraminiferen  sind  vollständig.  Von  Korallen 
bemerkt  man  ebenfalls  Spuren,  es  sind  leider  aber  nur 
Ausfüllungen  der  Kelche.  Sie  gehören  vielleicht  der  Fa- 
*  milie  der  Turbinoliden  an,  lassen  aber  eine  Bestimmung 
nicht  zu. 

Wie  Herr  Professor  Schlüter  hervorhob,  setzt  sich 
die  Fauna  von  Irnich  auf  den  ersten  Blick  in  Gegensatz 
zu  der  Fauna  des  nahegelegenen  Westphälischen  Beckens 
durch  das  völlige  Fehlen  der  in  diesem  so  reichlich  ent¬ 
wickelten  Spongien  und  Echiniden,  durch  das  Fehlen  der 
Gattung  Inoceramus  unter  den  Lamellibranchiaten,  welche 
dort  für  die  Gliederung  der  Kreide  so  ausserordentliche 
Wichtigkeit  erlangt  hat,  durch  das  fast  gänzliche  Zurück¬ 
treten  der  Cephalopoden,  durch  das  Vorherrschen  der 
Gastropoden  (und  unter  den  Lamellibranchiaten  der  Nucu- 
liden).  Dagegen  erinnert  das  Fehlen  der  genannten  Spon¬ 
gien  und  Inoceramen,  das  Seltenerwerden  der  Ammoneen 
und  der  Reichthum  an  Gastropoden  an  die  jüngeren  Schichten 
des  Limburger  Kreidegebiets. 

Die  Kreide  von  Irnich  setzt  sich  jedoch  auch  zu 
diesen  in  Gegensatz  durch  das  Fehlen  der  Echinodermen 
und  Zurücktreten  der  Brachiopoden.  Dennoch  haben  wir 
in  diesen  beiden  Gebieten,  weiche  dem  Nordrande  der 
Rheinisch-Westphälischen  paläozoischen  Formationen  vor¬ 
gelagert  sind  und  durch  die  Diluvial-  und  Tertiärablage¬ 
rungen  der  Kölner  Bucht  getrennt  werden,  das  Aequivalent 
der  Kreide  von  Irnich  zu  suchen.  Von  dem  nächsten 
Punkte  des  Westphälischen  Kreidegebiets  bei  Mülheim  a. 


I 

4 

d.  Ruhr  ist  Irnich  noch  einige  90  km  entfernt,  von  dem 
des  Aachen-Limburger  Gebiets  etwa  37  km. 

ln  der  That  findet  man  die  engsten  Beziehungen  zu 
dem  Aachen-Limburger  Kreidegebiet,  von  dessen  grösserer 
Ausdehnung  in  früherer  Zeit  noch  die  von  Dumont  zu¬ 
erst  erwähnten  und  später  durch  v.  Dechen  wieder  be¬ 
sprochenen  ,,Flint-(Feuerstein-)Knollen“  der  Hohen  Venn1) 
Zeugniss  ablegen,  „ welche  offenbar  den  Rest  einer  an 
dieser  Stelle  vorhanden  gewesenen  Ablagerung  von  Kreide 
mit  schwarzem  Flint  darstellen,  die  aus  dem  weichen  Ge¬ 
stein  völlig  ausgewaschen  worden  und  an  Ort  und  Stelle 
liegen  geblieben  sind“. 

Unter  den  97  Arten,  die  im  folgenden  Theile  der 
Arbeit  beschrieben  sind,  konnten  64  mit  bereits  bekannten 
Arten  identificirt  werden  und  59  von  ihnen  fanden  sich 
in  dem  preussisch- belgischen  Grenzgebiet.  Die  Stellung 
zu  den  einzelnen  Horizonten  dieses  Kreidegebiets  ergiebt 
sich  aus  folgender  Tabelle,  welcher  die  Listen  Bosquets 
bei  Staring2)  zu  Grunde  gelegt  sind,  wie  sie  von  I)  e  - 
w  a  1  q  u  e  3)  und  U  b  a  g  h  s  4)  vervollständigt  und  ver¬ 
öffentlicht  sind. 


1)  Dumont,  Mem.  sur  les  terrains  Ardennais  et  Rhenans. 
S.  105.  Mein,  de  l’acad.  roy.  de  Belgique.  T.  XX.  1853. 

v.  Dechen,  Erläuterungen.  II.  S.  425. 

2)  Staring,  de  Bodem  van  Nederland.  1860. 

3)  Dewalque,  Prodrome  d’une  deseription  geol.  de  la  Bel¬ 
gique.  Ed.  II.  1860. 

4)  U  b  a  g  li  s  ,  Deseription  geol.  et  paleont.  du  sol  du  Lim- 
bourg.  Roermonde  1879. 


v 


7 


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Aaclienien 

Hervien 

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Maestricli- 

tien 

inferieur 

raoyen 

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Xi 

Belemnitella  mucronatci  Schloth. 

t  : 

t 

t 

Baculites  cf.  vertebralis  Larnk. 

t 

. 

• 

Dentalium  sexcarincitum  Goldf. 

• 

t 

t 

i- 

Solarium  glaberrimum  Vgl. 

* 

f 

Delphinula  spinulosa  Binkh. 

t 

Trochus  sculptus  Binkh. 

* 

•  1 

t 

»  lineatus  Binkh. 

t 

Turbo  cf.  cariniferus  Binkh. 

f 

»  cf.  clabhrabus  Binkh. 

• 

t 

Turritella  socialis  Müller 

t 

• 

• 

»  Humboldt i  Müller 

t 

»  Falcoburgensis  Binkh. 

. 

t 

Mesostoma  Mülleri  Holzapfel 

t 

' 

• 

Aporrhais  BeisseVi  Holzapfel 

t 

»  Limburgensis  Binkh. 

. 

t 

Helicaulax  granülata  Sow. 

f 

t 

JRo  stellar  ia  nuda  Binkh 

t 

Cypraea  Deshayesii  Binkh. 

t 

* 

t 

Fusus  glaberrimus  Binkh. 

• 

t 

Fasciolaria  laevis  Kaunhowen 

• 

• 

t 

Volutilites  nana  Müller 

f 

0 

Voluta  irregularis  Vgl. 

t 

Bingicula  Hagenowi  Müller 

t 

• 

Actaeonina  doliolum  Müller 

t 

• 

Gglichna  Mülleri  Bosquet 

t 

. 

»  Schwerfeniensis  Vgl. 

• 

v 

. 

Ostrea  vesicularis  Larnk. 

t 

t 

t 

t 

t 

Exogyra  decussata  Goldf. 

t 

• 

t 

»  cf.  auricularis  Goldf. 

* 

t 

t 

Lima  cf.  semisulcata  Ni  Iss. 

. 

t 

t 

Beeten  virgatus  Nilss. 

t 

t 

»  actinodus  Goldf. 

. 

t 

»  Faujasi  Goldf. 

m 

1 

t 

»  Dujardini  Gold. 

t 

t 

V ula  substriato-costata  d’Orb. 

? 

? 

t 

Astarte  similis  Münster 

t 

t 

. 

Leda  siliqua  Goldf. 

t 

t 

i >  Försteri  Müller 

t 

Nucula  teuer a  Müller 

t 

t 

» 

Cardium  cf.  tubuüferum  Goldf. 

t 

* 

Trigonia  spec.  nov. 

. 

. 

f 

t 

Liopistha  aequivalvis  Goldf. 

t 

t 

t 

Corbüla  lineata  Müller 

t 

Tellina  cf.  strigata  Goldf. 

t 

# 

# 

Bhynchonella  plicatilis  Sow. 

t 

9 

• 

9 

Terebratulina  chrysälis  Schloth. 

t 

f 

• 

t 

1 

6 


4 


Aachenien 

1 

Hervie  n 

Senonien 

1 

Mae»trich- 

tien 

U 

S  P 

3  ;  j  O 

o  i  a  ;  -h 

•r4  o  ^ 

--  r  ' 

2  !  o  i  g- 

.2  !  5  ;  £ 

Argiope  microscopica  Schloth. 

t 

• 

t 

Defrancia  Michelini  Hag. 

• 

J- 

1 

Ceriopora  theloidea  Hag. 

f 

. 

T 

Membranipora  Koninckiana  Hag. 

2L 

t 

. 

JL. 

1 

Lepralia  cf.  Brongniarti  Hag. 

• 

•  . 

t 

B,eptescharinella  pusilla  Hag. 

• 

t 

Eschara  propinqua  Hag. 

t 

t 

j>  dichotoma  Goldf. 

t 

t 

t 

»  sexangular ts  Hag. 

t 

t 

t 

»  stigmatophora  Goldf. 

f 

t 

Semiescliara  piriformis  Goldf. 

t 

t 

t 

Porina  flograna  Goldf. 

• 

t 

i 

t 

Biflustra  Espen  Hag. 

* 

t 

Pyrgopolon  Mosae  Montf. 

* 

, 

JL 

t 

Serpula  gordialis  Schloth. 

+ 

t 

♦ 

T 

t 

Orbitoides  Faujasi  Defr. 

•  - 

• 

• 

JL 

! 

4 

Der  in  der  vorstehenden  Tabelle  als  Aachenien  be- 
zeielmete  Horizont  enthält  die  Aachener  Glauconitfreien 
Sande,  sowie  die  eingelagerten  Thone  und  Sandsteinbänke. 
In  den  Thonen  führt  er  vorwiegend  Land pflanzenreste,  in 
den  Sanden  dagegen  eine  marine  Fauna  mit  Inoceramus 
lobatus 1).  Der  Name  Aachenien  wird  von  belgischen 
Autoren  nach  Dumonts  Vorgang  auch  auf  wesentlich  ältere, 
vielleicht  der  unteren  Kreide  angehörige  Schichten  des 
Hennegau  angewendet,  für  welche  Purves  den  Namen 
Bernissartin  vorschlägt  2). 

Das  Hervien  ist  benannt  nach  dem  Ort  Herve  in  der 
Provinz  Lüttich,  es  begreift  die  Glaucönitführenden  Sande 
mit  den  eingeschlossenen  Sandsteinbänken. 

Aachenien  und  Hervien  entsprechen  unseren  Schichten 
mit  Belemnitella  quadrata. 


1)  Dewalque  scheint  die  Schichten  mit  Inoc.  lobatus  schon 
zum  Hervien  zu  ziehen,  da  er  keine  marine  Reste  aus  dem  Aache¬ 
nien  anführt.  Prodrome.  IT.  Ed.  S.  168. 

Vergl.  Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  S.  36. 

2)  Vergl.  Böhm,  der  Griinsand  von  Aachen.  1885.  S.  16  Anm, 


Die  folgende  Rubrik  der  Tabelle  wurde  von  B  o sq  net 
für  das  Senonien  bestimmt  und  enthält  die  Arten  des 
weissen  Kreidemergels,  wie  er  am  Schneeberge,  bei  Vet¬ 
schau,  Grtilpen  u.  s.  w.  entwickelt  ist. 

Das  Maestrichtien  inferieur  enthält  den  Kalk  von 
Kunraed x),  das  Maestrichtien  moyen  die  Schichten  von 
Valkenburg,  das  Maestrichtien  superieur  die  von  St.  Peter 
bei  Maestricht.  Senonien  und  Maestrichtien  entsprechen 
den  Mueronatenschichten, 

Aus  der  Tabelle  ergeben  sich  übereinstimmende 
Formen  mit  dem 

Oberen  Maestrichtien  40. 

Mittleren  Maestrichtien  5. 

Unteren  Maestrichtien  26. 

Senonien  12. 

Hervien  23. 

Aachenieu  1. 

Die  einzige  Art  des  Aachenieu  ist  Ostrea  vesicularis 
Lamk.  Von  den  23  Arten  des  Hervien  reichen  10  höher 
hinauf,  von  den  12  des  Senonien  11,  und  die  zwölfte  fand 
sich  bereits  im  Hervien. 

- v  i  • 

1)  Ich  habe  die  Bezeichnung  Maestrichtien  inferieur  beibehalten, 
trotzdem  in  der  Sitzung  der  Societe  Beige  de  Geologie,  de  Paleon¬ 
tologie  et  de  Hydrologie  zu  Maestricht  1887  auf  die  Auslassungen 
von  Ubaghs,  Rutot  und  van  den  Broek  beschlossen  ist, 
diese  Ablagerung  wegen  ihrer  Uebereinstimmung  mit  der  phosphat¬ 
haltigen  Kreide  von  Ciply  als  oberste  Abtheilung  zum  Senonien  zu 
stellen.  Obgleich  diese  veränderte  Benennung  den  Vergleich  zwischen 
den  Ablagerungen  Limburgs  und  des  Hennegau  erleichtert,  erscheint 
sie  doch  unthunlich,  da  sie  jetzt  Schichten  grösster  Verwandtschaft 
in  paläontologischer  und  petrographischer  Beziehung,  den  Kalk 
von  Kunraed  und  den  von  Maestricht  trennt  und  da  nunmehr  der 
weisse  Kreidemergel  den  Namen  Senonien  inferieur  tragen  würde, 
was  zu  Irrthiimern  leicht  Anlass  geben  könnte ,  da  sie  unserm 
Ober  Senon  angehören. 

Bulletin  de  la  Societe  Beige  de  Geologie,  Paleontologie  et 
Hydrologie.  Tome  I.  1887.  S.  215. 

Ubaghs,  De  geologische  Aardforming  van  Limburg.  Vor- 
dracht  gehouden  te  Amsterdam  in  het  1.  Natuur  en  Geneskundig 
Congres  van  Nederland  1887. 


8 


Das  Untere  Maestrichtien  (Kunraed)  hat  19  Arten  mit 
anderen  Horizonten  gemein  und  zwar  die  meisten  mit  dem 
Oberen  Maestrichtien  und  einige  wenige  mit  dem  Senonien 
und  Hervien. 

Von  den  5  Arten  des  mittleren  Maestrichtien  sind,  wie 
die  Tabelle  zeigt,  die  meisten  nicht  sicher  für  diesen  Hori¬ 
zont  bestimmt,  ausserdem  gehören  3  derselben  den  nächst 
älteren  oder  jüngeren  Horizonten  an. 

Von  den  40  Arten  des  Maestrichtien  superieur  standen 
schon  24  in  den  vorhergehenden  Rubriken. 

Ein  etwas  anderes  Bild  giebt  die  Zahlenzusammen¬ 
stellung,  wenn  man  das  Maestrichtien  zusammenfasst.  Es 
entfallen  dann  auf  dasselbe  49  Arten,  von  denen  nur  16 
in  den  älteren  Ablagerungen  gefunden  wurden.  Diese 
Zahlen  weisen  auf  eine  nähere  Beziehung  dieses  vereinzelten 
Kreidepunktes  zu  dem  Maestrichtien,  wenn  sie  auch  gleich¬ 
zeitig  einen  Beitrag  liefern  zur  Erkenntniss  der  engen 
Zusammengehörigkeit  der  einzelnen  Glieder  der  senonen 
Kreide  nach  deutscher  Auffassung. 

Die  zwölf  dem  Hervien  allein  zukommenden  Arten  sind: 
Turritella  socialis  Müller 

„  Humboldti  Müller 
Mesostoma  Müllen  Holzapfel 
Aporrhais  JBeisseli  Holzapfel 
Volutilites  nana  Müller 
Ringicida  Hagenowi  Müller 
Actaeonina  doliolum  Müller 
Cylichna  Mülleri  Bosqu. 

Leda  Forsten  Müller 
Gardium  cf.  tubuliferum  Goldf. 

Corbula  lineata  Müller 
Tellina  cf.  strigata  Goldf. 

ln  dieser  Reihe  befinden  sich  zwei,  deren  Bestimmung 
fraglich  geblieben  ist:  Gardium  tubuliferum  und  Tellina 
strigata.  Ferner  sind  Formen  dabei,  welche  als  Leitfossile 
weniger  werthvoll  sind,  da  ihnen  leicht  erkennbare  und 
charakteristische  Merkmale  mangeln.  Ein  Beispiel  hierfür 
bietet  Turritella  socialis  Müller,  eine  Art,  die  sich  durch 
die  grosse  Zahl  der  Windungen  bei  geringer  Grösse  und 


9 


durch  die  Glätte  ihrer  Oberfläche  charakterisirt,  Eigen¬ 
schaften,  die  sie  mit  der  Brut  vieler  anderen  Turritellen 
theilen  wird,  oder  vielmehr,  die  sie  schwer  davon  unter¬ 
scheiden  lassen.  Hierher  zählen  beispielsweise  noch  Bingi- 
cula  Hagenowi,  Corbula  lineata,  CylicJma  Mülleri  und  Leda 
Försteri . 

Es  bleiben  demnach  nur  wenige  Petrefacten,  welche 
mit  einer  gewissen  Sicherheit  für  sich  allein  eine  Verwandt¬ 
schaft  unseres  Vorkommens  mit  dem  Hervien  beweisen  würden. 

Ihnen  gegenüber  stehen  4  dem  Kalk  von  Kunraed 
allein  zukommende  Arten  und  14,  welche  ausschliesslich 
dem  Maestrichtien  superieur  zugehören,  oder  33  irrten  des 
gesummten  Maestrichtien  incl.  Kunraed. 

Es  sind  dies: 

Baculites  cf.  vertebralis  Lamk. 

Dentalium  sexcarinatum  Goldf. 

Solarium  glaberrimum  Vgl. 

Delphinula  spinulosa  Binkh. 

Trochus  sculptus  Binkh. 

,,  lineatus  Binkh. 

Turbo  cf.  cariniferus  Binkh. 

,,  cf.  clathratus  Binkh. 

Turritella  Falcoburgensis  Binkh. 

Aporrhais  Limburgensis  Binkh. 

Bostellaria  nuda  Binkh. 

Cypraea  Beshayesii  Binkh. 

Fusus  glaberrimus  Binkh. 

Fasciolaria  laevis  Kaunhovven 

Voluta  irregularis  Vgi. 

CylicJma  Schwer feniensis  Vgl. 

Fxogyra  decussata  Goldf. 

„  cf.  auricularis  Goldi. 

Lima  cf.  semisulcata  Miss. 

Beeten  actinodus  Goldf. 

Trigonia  spec.  nov. 

JDefrancia  Michelini  Hag. 

Ceriopora  theloidea  Hag. 

Biflustra  Fsperi  Hag. 

Borina  filograna  Goldf. 


10 


Eschara  stigmatophora  Goldf. 

„  propinqua  Hag. 

Reptescharinella  pusilla  Hag. 

Lepralia  JBrogniarti  Hag. 

Membranipora  KonincJciana  Hag. 

Pyrgopolon  Mosae  Montf. 

Orbitoides  Faujasi  Defr. 

Unter  diesen  sind  wegen  schlechter  Erhaltung  un¬ 
sicher  bestimmt:  Lima  semisidcata ,  Exogyra  auricularis , 
Turbo  cariniferus,  T.  clathratus  und  Lepralia  Brongniarti , 
von  denen  ausserdem  die  ersten  beiden  in  anderen  Kreide¬ 
gebieten  eine  grössere  verticale  Verbreitung  aufweisen. 

Ferner  sind  hier  ebenfalls  weniger  charakteristische 
Formen  vorhanden,  z.  B.  Fasus  glaberrimus ,  jedoch  nicht 
so  viele  wie  bei  den  aufgezählten  Arten  des  Hervien. 
Jedenfalls  bleibt  die  Reihe  so  gross,  dass  an  der  Gleich¬ 
altrigkeit  der  Kreide  von  Irnich  mit  der  von  Maestricht 
nicht  zu  zweifeln  ist,  obwohl  ihr  besondere  Eigenthümlich- 
keiten  nicht  fehlen.  Zu  diesen  gehört,  wie  schon  hervor¬ 
gehoben,  der  Mangel  an  Echinodermen  und  die  Armuth  an 
Brachiopoden;  ferner  treten  im  Limburgisehen  die  Bryozoen 
in  ausserordentlicher  Zahl  der  Individuen  auf  und  bilden 
Bänke,  wie  dies  von  Kunraed  und  Valkenburg  bekannt  ist, 
bei  Irnich  dagegen  findet  sich  zwar  auch  eine  Reihe  von 
Arten,  aber  alle  sind  selten  und  in  enger  Verbindung  mit 
den  übrigen  Fossilien. 

Aehnlieh  verhält  es  sich  mit  einzelnen  Arten  und 
Gattungen  der  Mollusken ;  ist  doch  z.  B.  das  Genus  Ostrea , 
das  besonders  bei  Valkenburg  in  grosser  Individuenzahl 
zu  finden  ist,  in  Irnich  auf  wenige  Exemplare  einer  Art 
beschränkt,  während  mehrere  Species  der  Nuculiden  ebenso 
wie  die  Astarte  similis  in  verhältnissmässig  grosser  Zahl 
der  Individuen  auftreten, 

Der  Nachweis  der  Gleichaltrigkeit  mit  einer  der 
Unter-Abtheilungen  der  Maestrichtschichten  lässt  sich  zur 
Zeit  noch  nicht  führen,  denn  wenn  auch  das  Maestrichtien 
superieur  mit  Irnich  eine  etwas  grössere  Anzahl  Arten  ge¬ 
mein  hat  als  Kunraed,  so  ist  dieser  Unterschied  doch  nicht 
schwerwiegend.  Bemerkenswerth  ist,  dass  die  petrographi- 


11 


sehe  Beschaffenheit  der  Kreide  von  Irnich  mehr  an  Kunraed 
als  an  die  höher  liegenden  Schichten  erinnert. 

Mit  der  Kreide  von  Maestricht  ist  schon  früh  die  der 
Provinz  Hainaut  in  Beziehung  gebracht.  Cor  net  und 
Briart3)  unterscheiden  in  ihrer  ausführlichen  Beschreibung 
dieses  Gebietes  6  Etagen,  von  denen  nur  die  beiden 
jüngsten  für  uns  in  Betracht  kommen. 

Die  V.,  die  Craie  blanche,  soll  der  weissen  Kreide  von 
Limburg  entsprechen,  und  wie  wir  auch  bereits  in  letzterer 
eine  Anzahl  Fossilien  angetroffen  haben,  die  auch  in 
Irnich  gefunden  sind,  so  auch  in  dieser,  jedoch  sind  es 
alles  Arten,  die  nicht  auf  diesen  Horizont  beschränkt  sind : 

Belemndtella  mucronata  Schloth. 

Baculites  vertebralis  Lamk. 

Ostrea  vesicularis  Lamk. 

Vola  substriato-costata  d’Orb. 

Rhynchonella  plicatilis  Sow. 

Die  VI.  Etage  bei  Cor  net  und  Briart  ist  gleich 

dem  Maestrichtien.  Nach  ihnen  ist  dieselbe  gegliedert  in: 

0  ,,  ,  .  j  Tufeau 

bous-etage  supeneur:  ,. 

1  I  Poudingue 

Sous-etage  inferieur:  Craie  gris 

Unter  der  reichen  Eanna  dieser  Ablagerungen  finden 
sich  12  Arten,  weiche  mit  Irnich  gemein  sind : 


<Ü 

D 

bD 

o 

"S 

C3 

*s 

u 

p 

o 

«♦— 

p 

o 

pH 

Belemnitella  mucronata  Schloth. 
Baculites  vertebralis  Lamk. 

t 

f 

t 

t 

— 

Pecten  Faujasi  Goldf. 

t 

Vola  substriato-costata  d’Orb. 

_L 

T 

t 

Fxogyra  auricularis  Goldf. 

— 

Argiope  microscopica  Schloth. 

— 

— 

Porina  füograna  Goldf. 

— 

— 

Eschara  stigmatophora  Goldf. 

— 

f 

t 

Pyrgopolon  Mosae  Montf. 

t 

t 

1)  Cornet  et  B  r  i  a  r  t ,  Description  mineralogique ,  geo- 
logique  et  paleontologique  du  terrain  cretace  de  la  Province  de 
Hainaut.  Mons  186G. 


Arten  von  grösserer  verticaler  Verbreitung  sind  fort¬ 
gelassen.  Leider  geht  aus  dem  Verzeichniss  von  Cor  net 
und  Briart  (a.  a.  0.  S.  50)  nicht  für  alle  Arten  hervor, 
welcher  Unterabtheilung  der  Etage  VI  sie  angehören.  So¬ 
weit  es  ersichtlich  war,  ergibt  es  die  obige  Tabelle.  — 
Auch  hier  herrscht  grössere  Uebereinstimmung  mit  den 
von  Dumout  Maestrichtien  genannten  Schichten ,  als 
mit  den  älteren  der  dortigen  Kreide.  Allerdings  hat  die 
Zahl  der  gemeinsamen  Arten  abgenommen,  im  Limbur-* 
gischen  waren  es  49,  hier  sind  es  nur  noch  12. 

Zwischen  diesen  beiden  Hauptgebieteu  der  Kreide  in 
Belgien,  dem  Limburgs  und  des  Hennegau,  liegen  einzelne 
Punkte,  an  welchen  Kreide  aufgeschlossen  ist  und  die  inter¬ 
essant  sind  dadurch,  dass  sie  gewissermassen  die  Verbin¬ 
dung  zwischen  den  beiden  Hauptgebieten  herstellen. 

Hierher  gehört  die  Kreide  von  Foix  les  caves1),  welche 
zum  Theil  vielleicht  dem  Kalk  von  Kunraed  entspricht  und 
demgemäss  auch  einige  Fossilien  gemeinsam  mit  Irnich 
führt.  Ich  erwähne : 

Belemnitella  mucronata  Lamk. 

Baculites  vertebralis  Lamk. 

Exogyra  auricularis  Goldf. 

Vola  stricito-costata  ?  Goldf. 

Beden  Faujasi?  Goldf. 

Eshara  sexangnlaris  Hag. 

„  propinqua  Hag. 

,,  dichotoma  Goldf. 

Semieschara  piriformis  Goldf. 

Von  der  Kreide  an  der  Seron,  einem  kleinen  Bach, 
welcher  in  die  Hemptinne,  ein  Nebenflüsschen  der  Mahaigne 
Giesst,  geben  uns  ß  u  t  o  t  und  v  a  n  den  B  r  o  e  c  k  2)  ein 

1)  Ubaghs,  Considerations  paleontologiques  relatives  au 
tufeau  de  Foix  les  caves.  Mein,  de  la  Soc.  de  Geol.  etc.  T  II. 
S.  49,  1879. 

Bi  n  k  hörst,  Esquisse  geol.  et  paleontol.  des  couches  cret 
du  Limbourg.  S.  79,  1859. 

Bin  k  hörst,  Verhandlungen  des  naturh.  Vereins  der  Rhein! . 
Jahrg.  16.  1859.  S.  410. 

2)  Etüde  sur  le  Massif  cret.  du  8ud  de  la  vallee  de  la  Ma¬ 
haigne.  Mem.  de  la  Soc.  geol.  de  la  Belgique.  T.  XIIL  S.  71. 
1885—86. 


13 


Profil.  Von  zweien  der  Schichten  werden  Fossilien  ange¬ 
führt.  Die  jüngere  derselben  führt  JBelemnitella  mucronata, 
Pecten  Faujasi,  Pecten  trigeminatus  und  Vola  aequicostata, 
von  welchen  bemerkt  wird,  dass  sie  ebensowohl  dem  Mae- 
strichtien  wie  dem  Senonien  angehören. 

Aus  der  grösseren  Reihe  der  älteren  Ablagerung  ist 
nur  Pecten  virgatus  mit  Irnich  gemeinsam.  Sie  wird  als 
Hervien  oder  vielleicht  noch  älter  angesehen. 

Nicht  weit  von  diesem  Vorkommen  findet  sich  ein 
anderes  zwischen  Fumal  und  Hemptinne,  welches  Dumont 
als  Maestrichtien  angesehen  hatte  und  das  vonRutot  und 
van  den  Br  o eck  als  Senonien  angesehen  wird.  Die  Arten, 
welche  dort  gefunden  werden,  sind  solche,  die  beiden  Etagen 
gemein  sind.  Ferner  ist  noch  das  von  B  r  i  a  r  t 1)  beschrie¬ 
bene  der  LEntre  Sambre  et  Meuse  zu  erwähnen.  Auch 
hier  sind  die  jüngsten  Ablagerungen,  das  Jlaestrichtien  und 
das  Senonien  wieder  aufgefunden. 

Verlassen  wir  nunmehr  das  belgische  Kreidegebiet, 
um  die  Beziehungen  zu  den  übrigen  deutschen  Kreidevor¬ 
kommen  zu  betrachten. 

Aus  der  senonen  Kreide  Westphalens  führt  Schlüter2) 
106  Arten  an,  unter  diesen  sind  jedoch  nur  vier  Gastro- 
poden  und  20  Lamellibranchiaten,  während  die  bei  Irnich 
nur  spärlich  gefundenen  Cephalopoden,  Spongien  und 
Echiniden  die  grössere  Zahl  der  erwähnten  Arten  einneh¬ 
men.  Aehnlich  ist  das  Verhältnis  in  den  Listen  Ferd. 
Römers 3).  Selbst  nach  Durchsicht  des  reichhaltigen 
Materials  an  Gastropoden  und  Lamellibranchiaten  in  der 
Sammlung  der  hiesigen  Universität  bleibt  die  Thatsache 
bestehen,  dass  nur  wenige  Fossilien  dem  kleinen  Kreide¬ 
vorkommen  von  Irnich  und  dem  grossen  Gebiete  von  West- 
phalen  gemein  wird. 


1)  Notice  descriptive  des  terrains  tertiairs  et  cret.  de  l’Entre 
Sambre  et  Meuse.  Mem.  de  la  Soc.  gcol.  de  Belgique.  T.  XV. 

2)  Die  Spongitarienbänke  der  oberen  Quadraten  und  unteren 
Mucronatenschichten  des  Münsterlandes.  1872. 

3)  Ferd.  Römer,  Kreidebildungen  Westfalens.  Zeitschr. 
d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  VI.  1854.  S.  99. 


14 


Die  Namen  derselben  und  ihre  Verbreitung  ergibt 
folgende  Tabelle. 


Turon 

Emsclier 

Marsupitenzone 

Z.  d.  Pect,  muricatus 

Z.  d.  Scaph  binodosus 

Z.d.Becksia  Söckelandi 

Z.  d.  Lepid.  rugosa. 

a 

r— * 

o 

o 

Ä 

o 

pH 

0) 

HH 

HH 

S3 

Belemnitella  mucronata  Schloth. 

t 

t 

t 

Baculites  cf.  vertebralis  Lamk. 

* 

• 

t 

Ostrea  vesicularis  Lamk. 

t 

t 

f 

f 

t 

Exogyra  cf.  auricularis  Goldf. 

t 

t- 

JL 

1 

t 

Lima  cf.  semisulcata  Nilss. 

f 

t 

t 

t 

Beeten  virgatus  Nilss. 

t 

? 

t 

t 

Moäiola  concentrica  Münst. 

t 

. 

t 

Astarte  similis  Münst. 

» 

T 

Leda  siliqua  Goldf.- 

t 

, 

4 

Siliqua  concentristriata  G.  Müller 

t 

4 

I 

Gardium  cf.  tubuliferum  Goldf. 

i 

Liopistha  aequivalvis  Goldf. 

t 

t 

• 

Fusus  Irnichensis  Vgl. 

f 

Bhynchonella  plicatilis  Sow. 

!  t 

t 

1 

+ 

Terebratulina  chrysalis  Sclilotk. 

!  t 

• 

• 

! 

t 

• 

Eine  nähere  Beziehung  zu  einer  der  westphälischen 
Zonen  ergiebt  sich  daraus  nicht,  da  die  meisten  dieser 
kleinen  Reihe  noch  Arten  von  grosser  verticaler  Verbrei¬ 
tung  sind,  wohl  aber  ein  Hinneigen  zu  den  jüngsten  Ab¬ 
lagerungen  des  Senon  und  zwar  von  der  Zone  des  Scaphites 
binodosus  an.  Die  grösste  Anzahl  der  gemeinsamen  Arten 
hat  die  Zone  des  Heteroceras  polyplocum,  es  ist  aber  keine 
Species  darunter,  die  dieser  Zone  allein  angehört.  Auffällig 
ist  das  Auftreten  der  Siliqua  concentristriata  G.  Müller 
und  Leda  siliqua  Goldf.  allein  im  Emscher,  beide  sind 
aber  als  Steinkerne  in  ihren  Beziehungen  nicht  völlig 
zweifellos. 

Gehen  wir  nunmehr  zu  den  A blagerungen  über,  welche 
sich  im  Norden  des  Harzgebirges  vorfinden.  Da  diese 
ebenfalls  den  oberen  Theilen  dieser  Formation  angehören, 
so  sind  wohl  eine  Anzahl  gleichartiger  Fossilien  zu  erwarten. 

Von  den  aus  Irnich  bekannten  Arten  finden  sich  auch 
in  diesem  Gebiet,  theils  im  Unter-,  theils  im  Ober-Senon  : 


1 

Unter-  j  Okr- 

Scnon 

Belemnitella  mucronata  Schloth. 

- 

f 

Helicaulax  grcmulata  Sow. 

t 

Actcieonina  doliolum  Müller 

t 

| 

_ 

Ostrea  vesicularis  Lamk. 

f 

t 

T 

?  Exogyra  decussata  Goldf. 

t 

Exogyrci  cf.  auricularis  Goldf. 

t 

Beeten  virgatus  Nilss. 

t 

t 

Astarte  simüis  Münst 

« 

T 

f 

Leda  siliqua  Goldf. 

f 

Nucula  tenera  Müller. 

t 

Caräiuni  cf.  tubuliferum  Goldf. 

t 

Siliqua  concentristriata  G.  Müller. 

+ 

- 

Liopistha  aequivalvis  Goldf. 

t 

f 

Corbula  lineata  Müller. 

JL 

1 

Lima  cf.  semisulcata  Nilss. 

t 

Bhynchonella  plicatilis  Sow. 

t 

Terebratulina  chrysalis  Schloth. 

t 

t  • 

Eschara  sexangidaris  Hag. 

t 

Semieschara  piriformis  Goldf. 

t 

Pyrgopolon  Mosae  Montf. 

t 

Zu  dem  Uuter-Senon  sind  in  dieser  kleinen  Tabelle 
die  Arten  gezählt  worden,  welche  stammen  aus  dem  Salz¬ 
bergmergel  von  Quedlinburg1),  aus  den  Schichten,  welche 
diesen  von  G.  Mülle  r  2)  gleich  gestellt  sind,  der  Gegenden 
von  Zilly-Heudeber,  Harzburg- Vienenburg  und  vom  Sudmer- 
berg,  ferner  die  der  Thone  von  Suderode  3)  und  der  Kreide 
von  Gehrden. 

Die  Schichten,  welche  G.  Müller  1.  c.  als  Ober-Senon 
anführt,  der  obere  Theil  der  Ilsenburgmer  gel  und  die  ent¬ 
sprechenden  Schichten  der  Gegend  Harzburg-Vienenburg 
haben  keine  Fossilien  geliefert,  die  sie  mit  Irnich  gemein 


1)  Brauns,  Die  senonen  Mergel  des  Salzbergs  bei  Quedling- 
burg.  Zeitschr.  f.  die  gesammte  Naturw.  1875.  S.  325. 

2)  Beitrag  zur  Kenntniss  der  oberen  Kreide  am  nördlichen 
Harzrand.  Jahrb.  d.  geol.  Landesanst.  1887.  S.  39G. 

3)  Frech,  Die  Versteinerungen  der  Unter-Senonen  Thon¬ 
lager  zwischen  Suderode  und  Quedlinburg.  Zeitschr.  d.  D.  g.  G. 
Bd.  39.  1887.  S.  141. 


Iß 


batten,  dagegen  war  dies  der  Fall  von  den  Kreideablage- 
rungen  der  Umgegend  von  Königslutter,  welche  in  Gr  i epe  n- 
kerl1)  ihren  Bearbeiter  gefunden  haben.  Ferner  sind  zum 
Ober-Senon  gezählt  die  Kreidevorkommen  von  Schwiehelt 
bei  Peine  und  die  von  Ahlten.  Das  Verzeichniss  ergiebt 
eine  nahezu  gleichmässige  Vertheilung  der  Arten  auf  Ober¬ 
und  Unter-Senon,  nur  wenig  überwiegt  das  letztere.  10 
der  Arten  sind  nördlich  vom  Harz  nur  im  Unter-Senon  be¬ 
kannt,  nur  5  von  ihnen  jedoch  überhaupt  bislang  als  Arten 
des  Unter-Senon  erwähnt.  Nur  eine  von  ihnen,  Siliqua 
concentristriata  G.  Müller,  gehörte  bislang  dem  Unter- 
Senon  des  Harzes  allein  an. 

Das  geringe  Ueberwiegen  des  Unter-Senon  in  diesem 
Gebiete  kann  die  Beurtheilung  des  Alters  der  Irnicher  Ab¬ 
lagerung  nicht  beeinflussen,  da  dasselbe  dadurch  hervor¬ 
gerufen  sein  kann,  dass  das  Unter-Senon  weiter  verbreitet 
ist  als  das  nur  an  wenigen  Punkten  verkommende  Ober- 
Senon  und  dass  das  erstere  häufigere  und  ausführlichere 
Beschreibungen  gefunden  hat  als  das  Ober-Senon.  Von 
letzteren  ist  in  neuerer  Zeit  nur  das  von  Königslutter  be¬ 
handelt,  ohne  dessen  Kenntniss  die  Zahl  der  gemeinsamen 
Arten  aus  der  jüngsten  Kreide  dieses  Gebiets  und  von 
Irnich  stark  zusammenschmelzen  würde. 

Im  Anschluss  an  dieses  Kreidegebiet  ist  noch  das 
vereinzelte  Vorkommen  von  Lüneburg  hier  zu  erwähnen. 
Am  Zeltberge,  sowie  am  Altenbrücker  Thore  sind  senone 
Schichten  bekannt.  Unter  den  10  Arten,  welche  von 
S  tro  m  b  ec  k  2)  aus  dem  östlichen  Theile  des  Rathsbruches 
und  aus  dem  Behrschen  Bruch  beschreibt,  ist  keine,  die 
auch  in  Irnich  gefunden  wäre,  ausser  Ostrea  vesicularis. 
Die  Schichten  dieser  Brüche  werden  dem  Unter-Senon  zu¬ 
gezählt.  Von  den  50  Arten,  welche  aus  den  Brüchen  der 
Cementfabrik  oder  vom  Ufer  der  Ilmenau  am  Altenbrücker 


1)  Die  Versteinerungen  der  senonen  Kreide  von  Königslutter 
im  Herzogth.  Braunschweig.  Palaeont.ol.  Abhandl.  von  Dam  es  rnd 
Kays  er,  1889. 

2)  v.  Strombeck,  lieber  die  Kreide  am  Zeltberg  bei  Lüneburg 
Zeitschr.  d.  D.  g.  G.  Bd.  XV.  1863.  S.  123. 


17 


Thore  stammen,  sind  mit  Irnich  gemein :  Belemnitella  mu- 
cronata  Schioth.,  Ostrea  vesicularis  Lamk.,  Bhynchonella  pH- 
catilisSow.var.  octoplicata  und  Terebratulina  chrysalis Schioth, 

Der  baltischen  Kreide 1)  gehören  an : 

Baculites  vertebralis  Lamk. 

Ostrea  vesicularis  Lamk. 

Exogyra  äecussata  Goldf. 

„  auricularis  Goldf. 

Lima  semisulcata  Nilss. 

IAopistha  aequivalvis  Goldf. 

Rhynchonella  plicatilis  Sow. 

Terebratulina  chrysalis  Schioth. 

Defrancia  Michelini  Hag. 

Geriopora  theloidea  Hag. 

Porina  fdograna  Goldf. 

Eschara  dichotoma  Goldf. 

Pyrgopolon  Mosae  Montf. 

Auch  diese  Reihe  verräth  eine  annähernde  Gleichal¬ 
trigkeit  der  Ablagerungen.  Die  acht  erstgenannten  und 
Pyrgopolon  Mosae  sind  aus  Schweden  bekannt  und  ge¬ 
hören  zum  grössten  Teil  dem  Köpinge-Sandstein  an.  Es 
sind  aber  alles  Arten  von  grosser  horizontaler  und  verti- 
caler  Verbreitung. 

Wenngleich  die  Kreide  von  Irnich  auch  mit  den 
übrigen  senonen  Ablagerungen  Norddeutschlands  und  der 
benachbarten  Gebiete  mannigfache  Uebereinstimmung  zeigt, 
so  ist  diese  doch  viel  geringer  als  die  mit  dem  Limburger 
Gebiet.  Der  Vergleich  der  Arten  führt  fast  überall  auf  die 
jüngsten  Ablagerungen,  ohne  jedoch  die  Identität  mit 
einem  der  hier  entwickelten  Horizonte  zu  erweisen. 


1)  H  agenow,  Monographie  der  Rügenschen  Kreideverstei¬ 
nerungen.  N.  Jahrb.  für  Min.  etc.  1839,  1840  und  42. 

Nilsson,  Petrificata  Suecana  formationis  cretaceae.  Londini 

Gothorum  1827. 

Hie  s  inger,  Lethaea  Suecica  seu  Petrificata,  Iconibus  et 
Characteribus  illustrata.  Holmiae  1837. 

Lundgren,  Faxekalke  von  Limhamn  1807. 

Schlüter,  Bericht  über  eine  geogn.-palaeontol.  Reise  im  südl. 
Schweden.  N.  Jahrb.  1870. 


Verh.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX. 


2 


18 


Beschreibung  der  Arten. 


Belemnitella  mucronata  Schloth1). 

Schlüter,  Die  Cephalopoden  der  oberen  deutschen  Kreide. 

Palaeontographica  Bd.  XXIV.  S.  200,  Tafel  55. 

Ein  Bruchstück  einer  grossen  Scheide,  welches  sich 
trotz  des  fehlenden  Alveolar-Endes  durch  die  „Gefässein- 
drücke“  leicht  als  zu  der  Art  gehörig  charakterisirt,  wurde 
bei  Irnich  auf  dem  Acker  gefunden.  Obgleich  dasselbe 
nicht  im  Gestein  sass,  so  ist  an  der  Zugehörigkeit  zur 
Kreide  von  Irnich  doch  nicht  zu  zweifeln,  da  der  Fund¬ 
punkt  sonst  keine  Geschiebe  anderer  Kreidegebiete  auf¬ 
weist  und  an  ein  Verschleppen  aus  solchen  bei  der  grossen 
Entfernung  und  dem  seltenen  Besuch  von  Sammlern  nicht 
zu  denken  ist. 

Baculites  cf.  vertebralis  Lamk. 

Schlüter,  Die  Cephalopoden  der  oberen  deutschen  Kreide. 

Palaeontographica  Bd.  XXIV.  S.  143,  Tafel  39, 
Fig.  11—13.  Tafel  40,  Fig.  4,  5,  8. 

Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  15. 

Die  Oberfläche  ist  glatt,  der  Querschnitt  war  anschei¬ 
nend  oval.  Ob  die  Rundung  desselben  an  beiden  Enden 
gleichmässig  ist  oder  ungleich,  lässt  sich  nicht  feststellen, 
da  die  grösseren  Stücke  alle  verdrückt  sind.  Nur  an  zwei 
Exemplaren  ist  eine  Kammerwand  zu  beobachten,  welche 
einen  dreitheiligen  Dorsal-  oder  Ventrallobus  (ein  Sipho  ist 
nicht  zu  erkennen)  und  jederseits  zwei  Lateral-Loben  und 
-Sättel  zeigt.  Die  letzteren  sind  an  Breite  und  Tiefe  ein¬ 
ander  ungefähr  gleich.  Das  Gehäuse  ist  nach  den  Bruch¬ 
stücken  zu  urtheilen  ausserordentlich  schlank  gewesen. 
Es  liegen  Stücke  vor,  welche  einen  grössten  Durchmesser 


1)  In  dem  folgenden  paläontologischen  Theile  ist  bei  den  Arten, 
welche  in  neuerer  Zeit  ausführlich  behandelt  sind,  von  einem  Lite- 
raturverzeichniss  abgesehen  und  nur  die  eingehendere  Bearbeitung 
angeführt. 


19 


yoü  2  cm  haben  und  solche,  bei  denen  derselbe  2  mm 
beträgt. 

An  glatten  Baculiten  erwähnt  Schlüter  noch  Baculites 
anceps  d’Orb.,  bei  welchem  die  Lateral-Sättel  die  doppelte 
Breite  der  -Loben  haben;  ferner  Baculites  Knorrianus  Desm. 
Hohe  zweitheilige  Sättel  übertreffen  auch  hier  der  Abbil¬ 
dung  nach  die  Loben,  dazu  ist  der  Querschnitt  ausge¬ 
sprochen  eiförmig,  an  der  einen  Seite  weit  schärfer  ge¬ 
rundet  als  an  der  anderen.  Wenngleich  nun  wie  bemerkt 
die  Irnicher  Exemplare  meist  verdrückt  sind,  so  zeigen 
doch  besonders  einzelne  Jugendzustände,  dass  sie  einen 
anderen  Querschnitt  besessen  haben,  dessen  Enden  weniger 
von  einander  verschieden  waren. 

Baculites  vertebralis  Lamk.  ist  nach  Schlüter  mit  Sicher¬ 
heit  nur  aus  den  Maestrichtschichten  bekannt,  ungewiss  ist 
das  Vorkommen  derselben  in  den  oberen  Mucronaten- 
Schichten  von  Haldem  und  Lemförde. 

Dentalium  nutans  Kner. 

1848  Kner,  Versteinerungen  des  Kreidemergels  von  Lem¬ 

berg.  Haidingers  Natur w.  Abh.,  Bd.  III,  S.  23, 
Tafel  IV,  Fig.  10. 

1849  Alth,  Geognostisch-  Palaeontologische  Beschreibung 

der  Umgegend  von  Lemberg.  Haidingers 
Naturw.  Abh.  Bd.  III,  S.  226. 

1869  Favre,  Description  des  mollusques  fossils  de  la  craie 
des  environs  de  Lemberg.  S.  100,  Tafel  XI, 
Fig.  6. 

1889  Griepenkerl,  Versteinerungen  der  senonen  Kreide 
von  Königslutter.  Palaeontolog.  Abh.  von 
Dames  und  Kayser  S.  70. 

Die  vorliegenden  11  Exemplare  dürften  zum  Theil 
eine  Länge  bis  zu  7  cm  erreicht  haben.  Die  Schale  war 
dick,  die  Oberfläche  derselben  mit  nicht  ganz  regelmässigen 
Rippen  von  ungleicher,  aber  stets  nur  geringer  Stärke 
bedeckt. 

Bei  der  Bestimmung  könnten  noch  in  Frage 
kommen : 


20 


1.  D.  decussatum  Sow.  Min.  Conch.  1,  T.  LXX,  Fig.  5r 

S.  181. 

2.  D.  „  d’Orb.  Pal.  franc.  Terr.  cret,  Gaste- 

ropodes  S.  400,  Taf.  236. 

3.  D.  „  Sow.  bei  Altb,  Umgegend  von  Lem¬ 

berg,  S.  226,  Tafel  XII,  Fig.  1. 

4.  D.  medium  Reuss,  böhm.  Kreidef.  I,  S.  40,  Taf.  XI, 

Fig.  1. 

5.  I).  striatum  Sow.  Min.  Conch.  I,  Tafel  LXX,  Fig.  4. 

6.  D.  ,,  Reuss,  böhm.  Kreidef.  I,  S.  41,  Taf.  11, 

Fig.  18. 

Tertiär  7.  Z).  geminatum  Goldf.  Petref.  Germ.  III, 
S.  2.  Taf.  CLXVI,  Fig.  13. 

8.  D.  JBouei  Desh.  Monogr.  du  genre  Dentale.  Menu 

de  la  soc.  d’hist.  nat.  de  Paris  II,  1825, 
S.  355,  Taf.  XVIII,  Fig.  8. 

D.  decussatum  Sow.  ist  stärker  gebogen,  die  Rippen 
sind  weniger  zahlreich  und  der  Abstand  derselben  von 
einander  ist  grösser  als  bei  JD.  nutans.  Dasselbe  gilt  von 
JD.  medium  (Sow.)  bei  Reuss  (I,  S.  40).  Ein  falsches  Citat 
bei  Reuss  (sowohl  D.  medium \  Sow.  wie  D.  decussatum 
Sow.  werden  angeführt  als  Fig.  5  der  Tafel  LXX  in  der 
Min.  Conch.,  während  in  Wirklichkeit  I).  medium  durch 
die  Fig.  5  der  Tafel  LXXIX  dargestellt  wird)  legt  den 
Gedanken  nahe,  dass  von  ihm  nur  D.  decussatum  Sow. 
gemeint  ist,  denn  nur  dieses  zeigt  Aehnlichkeit  mit  seiner 
Abbildung  und  Beschreibung,  während  D.  medium  Sow. 
erheblich  abweicht.  Im  Uebrigen  lässt  die  Abbildung  von 
D.  medium  oder  decussatum  Reuss  auch  auf  Unterschiede 
von  D.  decussatum  Sow.,  d’Orb.  und  Alth  schliessen.  D.  stria¬ 
tum  ist  bedeutend  kleiner,  auch  von  geringerer  Rippenzahl 
(10 — 12  nach  Reuss),  ferner  ist  es  fast  vollkommen  gerade, 
während  D.  nutans  in  der  Jugend  gebogen  ist  und  erst 
im  Alter  beinah  gerade  fort  wächst.  Ausser  diesen  be¬ 
schreiben  Hall  und  Meek  noch  ein  D.  gracilis  aus  dem 
oberen  Theile  des  Horizonts  IV  der  Kreide  von  Nebraska, 
welches  der  vorliegenden  sehr  nahe  kommt,  nur  dass  bei 
dieser  amerikanischen  Art  keine  Abnahme  und  kein  Ver¬ 
schwinden  der  fadenförmigen  Rippen  im  Alter  beobachtet 


21 


wird,  wie  dies  JD.  nutans  zeigt,  sondern  ein  Zwischen¬ 
schieben  neuer.  (Hall  et  Meek,  Descr.  of  new  Spec.  of 
Nebraska.  Memoirs  of  the  american  Äcad.  Vol.  V,  S.  393, 
Tafel  III,  Fig.  11.) 

Von  tertiären  Formen  zeigt  in  Folge  der  stärkeren 
und  gedrängten  Berippung  D.  geminatum  Goldf.  viele 
Aehnlichkeit  mit  unserer  Art,  sie  unterscheidet  sich  nur 
durch  die  Form  der  Rippen,  diese  sind  breit  und  haben 
auf  ihrem  Rücken  eine  Furche,  welche  sie  zweigetheilt  er¬ 
scheinen  lässt.  Noch  mehr  Uebereinstimmung  bietet  JD.  JBouei 
Desh.  Zahlreiche  schwache  Rippchen  zieren  hier  wie  bei 
D.  nutans  die  Schale,  jedoch  wechseln  stärkere  und 
schwächere  ab,  während  bei  der  Irnicher  Art  eine  Regel¬ 
mässigkeit  hierbei  nicht  gefunden  wird.  Ferner  erhalten 
die  Rippchen  bei  der  tertiären  Form  ihre  Stärke  auch  im 
Alter  fast  vollkommen  bei,  während  unsere  zuletzt  fast 
glatt  wird  und  nur  mit  Anwachsstreifen  versehen  ist. 

Die  Beschreibung,  welche  Kner  von  JD.  nutans  gibt, 
passt  vollkommen  auf  die  Form  von  Irnich,  nur  habe  ich 
keine  Einschnürung  an  der  Spitze  beobachten  können,  es 
ist  dies  aber  kein  Grund  die  beiden  Formen  zu  trennen, 
da  ich,  trotz  der  Häufigkeit  des  Vorkommens,  nur  bei 
einem  plattgedrückten  Exemplar  den  Abdruck  einer  Spitze 
beobachten  konnte.  Alth  1.  c.  möchte  diese  Art  wieder 
mit  D.  decussatum  Sow.  vereinigen,  da  jedoch  die  vor¬ 
liegenden  Exemplare  sämmtlich  die  erwähnten  Abwei¬ 
chungen  zeigen,  so  ist  die  Art  aufrecht  zu  erhalten.  Bei 
einer  etwaigen  Vereinigung  würden  jedenfalls  auch 
die  anderen  Arten  mit  in  Rücksicht  und  eventuell  einzu¬ 
ziehen  sein. 

Vorkommen:  Nagorzany  bei  Lemberg  und  imOberseuon 
von  Königslutter  in  Braunschweig  (Gr iepenker  1). 

Diese,  wie  auch  die  anderen  vorkommenden  Denta- 
lien  haben  noch  eine  erwähnenswerthe  Eigenthiimlichkeit 
in  ihrer  Erhaltung.  Der  Steinkern  ist  fast  stets  ein-  oder 
mehrmal  in  dem  röhrenartigen  Abdruck  festgehaiten  durch 
einen  Kranz  des  Gesteines.  Das  häufige  Vorkommen  dieser 
Erscheinung  machte  zunächst  den  Eindruck  der  Regel¬ 
mässigkeit.  Bei  Vergleichung  der  einzelnen  Exemplare 


22 


ergab  sich  jedoch,  dass  diese  nicht  vorhanden  war,  nnd 
nun  lag*  der  Gedanke  nahe,  dass  die  Abdrücke  gangartig 
von  Gestein  durchsetzt  seien.  Da  nun  aber  das  Gestein 
des  Kranzes  nicht  im  Geringsten  von  dem  umliegenden 
abweicht,  so  ist  anzunehmen,  dass  wir  es  mit  Bruchstellen 
der  Dentalien  zu  thun  haben,  in  die  das  Gestein  einge¬ 
drungen  ist.  Dass  ein  Zerbrechen  der  Dentalien  bei  sonst 
guter  Erhaltung  noch  nach  der  Ablagerung  möglich  ist, 
zeigten  mehrere  tertiäre  Exemplare,  bei  denen  die  einzelnen 
Bruchstücke  nur  gering  verschoben  aber  zerbrochen  in 
richtiger  Reihenfolge  bei  einander  liegen. 


Dentalinm  sexcarinatum  Goldf. 

G  o  1  d  f  u  s  s ,  Petrefacta  Germaniae  Bd.  III,  S.  1 ,  Tafel  CLXVL 
Fig*.  12. 

Die  4  vorliegenden  Stücke  zeigen  eine  Länge  bis 
zu  11  mm  und  eine  Dicke  von  1  bis  1,5  mm.  Die  Schale 
war  sechskantig.  Die  Kanten  sind  scharf,  kielartig,  be¬ 
sonders  die  an  den  gebogenen  Seiten  gelegenen.  Zwei 
Seitenflächen  sind  eben,  die  zwei  Paar  Flächen  an  der 
Rücken-  und  Bauchseite  stark  concav. 

Die  von  Goldfuss  aus  Maestricht  beschriebenen 
Stücke  zeigen  eine  Abweichung,  die  indess  die  Zusammen¬ 
gehörigkeit  beider  Formen  nicht  in  Frage  stellt.  Der 
Rückenkiel  ist  nämlich  bei  diesen  in  weit  stärkerer  Weise 
ausgebildet,  ich  konnte  dies  aber  nur  an  Exemplaren  be¬ 
obachten,  die  doppelt  so  gross  sind  als  die  Irnicher  und 
auch  hier  nur  an  dem  jüngeren  Theile.  Ob  die  Form 
von  Friedland  in  Schlesien,  welche  Gold  fuss  erwähnt,  hier' 
her  gehört,  ist  nach  dem  mir  vorliegenden  Originalexem¬ 
plar  sehr  fraglich.  Zwar  haben  die  sechskantigen  Röhren¬ 
abdrücke  denselben  Querschnitt,  aber  sie  nehmen  im  Alter 
gar  nicht  oder  nur  wenig  an  Umfang  zu,  wie  dies  bei 
Dentalien  sonst  der  Fall  ist  und  sie  sind  nicht  in  einer 
Ebene  gebogen,  sondern  lang  gestreckt  gewunden;  ob  regel¬ 
mässig  oder  nicht,  konnte  ich  nicht  feststellen. 


Erwähnenswertb  ist  noch  die  grosse  Aehnlichkeit 
unserer  Art  mit  Dent.  ( Paliurus )  pentangulatus  White.  Der 
Unterschied  ergibt  sich  aus  dem  Namen  (White,  Contri- 
butions  to  invert.  Pal.  No.  1  Cret.  Foss.  of  the  Western 
States  and  Territories.  —  U.  St.  Geological  and  Geographical 
Survey  of  the  territories  embracing  Idaho  and  Wyoming 
by  Hayden  1877,  S.  302,  Tafel  4,  Fig.  4).  De  Ryckholt 
(Melanges  Paleontologiques  Mem.  Cour.  Bd.  XNIV,  S.  122) 
stellt  die  Art  mit  Dentalium  Mosae  und  anderen  zusammen 
unter  den  Namen  Ditrupa  clava  Lamk.  und  erwähnt  dabei, 
dass  JD.  sexcarinatum  nur  Jugendform  sei,  dass  ausserdem 
die  Kiele  im  Alter  sich  verlören  und  schliesslich,  dass 
D.  sexcarinatum  nicht  6,  sondern  7  Kanten  zeige.  Die 
mir  vorliegenden  Exemplare  des  D.  sexcarinatum  von 
Maestricht  haben  Dimensionen,  welche  denen  der  am  gleichen 
Gesteinstück  befindlichen  D.  Mosae  mindestens  gleich  kom¬ 
men,  wenn  sie  dieselben  nicht  gar  übertreffen;  hier  sind 
nun  die  letzteren  nur  rundlich  eingeschnürt,  während  erstere 
im  Alter  zunehmende  Kanten  oder  Kiele  zeigt.  Da  auch 
bei  den  deutlichen  Abdrücken  Maestrichts  ein  Verzählen 
von  6  bis  7  nicht  wohl  denkbar  ist,  so  muss  man  anneh¬ 
men,  dass  de  Ryckholt  etwas  anderes  als  D.  sexcarinatum 
Vorgelegen  hat. 


Dentalium  spee. 

Ausser  den  vorhergenannten  Arten  sind  noch  zwei 
Bruchstücke  von  Steinkernen  nebst  den  zugehörigen  röhren¬ 
artigen  Abdrücken  vorhanden,  die  als  Dentalien  gedeutet 
werden  dürfen.  Beide  sind  im  Durchschnitt  kreisrund, 
beide  fast  gerade,  nur  wenig  gekrümmt.  Bei  der  kleineren 
von  beiden  kleidet  noch  ein  Theil  der  Schale  den  Abdruck 
aus.  Da  die  glatte  Oberfläche  keine  Merkmale  bietet,  auch 
ein  etwa  vorhanden  gewesener  Schlitz  keine  Spuren  hinter¬ 
lassen  hat,  die  Bruchstücke  nur  ein  ungenügendes  Bild 
der  ganzen  Gestalt  bieten,  so  ist  von  einer  Bestimmung, 
die  einer  Wahl  unter  den  glatten  Dentalien  gleich  gekom¬ 
men  wäre,  abgesehen. 


24 


Die  Grössen  Verhältnisse  der  Bruchstücke  sind  folgende: 
Länge:  Durchmesser  vorn:  Durchmesser  hinten: 

1)  4  cm  0,75  cm  0,3  cm 

2)  1,1  „  0,4  „  0,3  „ 

lieber  die  glatten  Dentalien  der  Kreide  vergl.  Holz¬ 
apfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide  S.  177. 

Solarium  glaberrimum  nov.  spec. 

Fig.  la  und  b. 

Untersucht  wurde  ein  Exemplar  von  Irnich  und  eins 
von  Maestricht. 

Das  Gehäuse  ist  niedrig,  kreiselförmig  glatt,  es  be¬ 
sitzt  fünf  bis  sechs  nicht  gewölbte  Umgänge.  Die  Höhe 
beträgt  1  cm,  der  Durchmesser  der  Basis  2  cm. 

Der  Steinkern  aus  den  obersten  Windungen  zeigt, 
dass  die  Mündung  breit  oval  war,  er  lässt  auf  einen  weiten 
Nabel  schliessen.  Auf  dem  Steinkern  liegt  ein  wurmför¬ 
miges  Gesteinsstückchen,  welches  ich  für  die  Ausfüllung 
eines  sptraligeu  Canals  im  Nabel  ansehe,  wie  ihn  einzelne 
Arten  der  Gattung  Solarium  haben. 

Ein  Abdruck  mit  Steinkern  dieser  Art  aus  Maestricht 
befindet  sich  im  Museum  der  Bonner  Universität,  welcher 
von  G  o  1  d  f  u  s  s  unbestimmt  gelassen  ist.  Derselbe  ist  etwas 
höher  als  die  Irnicher  Form. 

Nahe  Verwandtschaft  mit  S.  glaberrimum  scheint  S. 
Vylapaudiense  Stol 1  2)  aus  der  Arriaioor  Group  des  südlichen 
Indiens  zu  haben,  bei  welchem  jedoch  die  Schlusswindung 
einen  schärferen  Rand  hat  und  die  Mündung  viereckig  ist. 
Dazu  kommt  eine  allerdings  sehr  schwache  Spiral-  und 
Längsstreifung. 

Delphinula  spinulosa  Binkiiorst. 

B inkhorst,  Monographie  des  Gasteropodes  et  des  C6- 

phalopodes  de  la  craie  superieure  de 
Limbourg  S.  55,  Tafel  III ,  Fig.  1  a,  b. 
Tafel  V  a,  Fig.  2. 


1)  Stoliczka,  Cretaceous  Fauna  of  Southern  India.  Calcutta 

1864.  Palaeontologica  Inaica  II.  Gasteropoda  S.  257, Taf.  XX,  Fig.  5 — 6. 


Delphinula  spinulosa ,  von  der  2  Exemplare  vorliegen, 
besitzt  ein  niedriges  treppenförmiges  Gewinde.  Die  jüngeren 
Umgänge  sind  unter  der  Kante  mit  etwa  7  rauhen  Spiral- 
leisten  geschmückt,  von  denen  der  fünfte  stärker  als  die 
übrigen  ausgebildet  ist.  Die  Kante  ist  mit  weit  auseinan¬ 
derstehenden  schuppenartigen  Stacheln  versehen.  Nach  der 
Spitze  zu  werden  die  Spiralstreifen  glatt  und  die  Kanten¬ 
stacheln  verschwinden.  In  der  Jugend  scheinen  die  Win¬ 
dungen  überhaupt  glatt  gewesen  zu  sein.  Binkhorst 
besass  scheinbar  nur  das  Bruchstück  eines  Exemplares, 
welches  den  Abdruck  der  Schale  zeigte,  das  er  abgebildet 
hat,  ausserdem  wohl  mehrere  Steinkerne.  Seine  Beschrei¬ 
bung,  sowie  die  Abbildungen  stimmen  mit  der  Xrnicher 
Form  vollkommen  überein,  so  dass  das  Fehlen  einer  Be¬ 
schreibung  der  inneren  Windungen  der  Xdentificirung  bei¬ 
der  Vorkommen  nicht  hinderlich  ist.  Die  Originale  zur 
B inkho rst ’schen  Arbeit  sind  im  Museum  der  Berliner 
Universität,  wo  ich  dieselben  vergleichen  konnte. 


Trochus  lineatus  Binkh. 

Binkhorst,  Monographie  des  Gasteropodes  et  des  Ce- 

phalopodes  de  la  craie  sup.  du  Limbourg 
1861.  S.  52.  Tafel  V  a1,  Fig.  9  a,  b. 

Trochus  lineatus ,  von  welchem  zwei  Abdrücke  und 
ein  Stein  kern  vorhanden,  ist  eine  kleine  niedrig  kegelför¬ 
mige  Schnecke.  Sie  hat  nach  Binkhorst  5  Umgänge. 
Bei  dem  vorliegenden  Exemplar  sind  deren  nur  4  erhalten. 
Dieselben  sind  flach  oder  kaum  merklich  gewölbt.  Die 
Oberfläche  der  Windung  ist  mit  6  bis  8  Spiralstreifen  ver¬ 
sehen,  von  denen  der  unterste  doppelt  so  stark  wie  einer 
der  übrigen  ist.  Die  Höhe  des  Gehäuses  beträgt  7  mm, 
der  Durchmesser  der  Basis  12  mm.  Die  Art  ist  ein  Trochus 
im  weiteren  Sinne;  in  Folge  ihrer  ungünstigen  Erhaltung 
konnte  dieselbe  bislang  weder  einer  der  abgetrennten  ver¬ 
wandten  Gattungen,  noch  einer  der  Untergattungen  von  Tro~ 
chus  eingereiht  werden.  Ixaunhowen  erwähnt  dieselbe  in 
seiner  Dissertation  nicht. 


26 


Binkliorst  besass  nur  ein  Exemplar.  Von  Irnich 
liegt  ein  gut  erhaltener  Abdruck  vor  mit  zugehörigem 
Steinkern,  ferner  ein  Abdruck. 


Troclms  cf.  sculptus  Binkh. 

Bin  k  hör  st,  Monographie  des  Gasteropodes  et  des  Ce- 

phalopodes  de  la,  craie  sup.  du  Limburg 
1861.  S.  53,  Taf.  II,  Fig.  6. 

Es  liegen  zwei  Abdrücke  vor,  ein  kleiner  und  ein 
grösserer  (Höhe  1,2  cm,  Durchmesser  der  Basis  1  cm), 
dieser  mit  einem  Steinkerne  von  6  eng  aufeinander  liegen¬ 
den  Windungen.  Auf  dem  Abdruck  ist  die  einzelne  Win¬ 
dung  geziert  mit  5  spiralen  Leisten,  von  denen  die  untere 
glatt  ist,  während  die  darüber  liegende  stärkere  etwas 
längliche  Knötchen  trägt.  Es  folgen  dann  zwei  mit  perl¬ 
schnurartig  aneinandergereihten  Knötchen,  welche  zwischen 
sich  noch  eine  dünnere,  ebenfalls  nicht  glatte  liegen  haben, 
die  nach  der  Spitze  zu  verschwindet.  Die  Körnerreihen 
liegen  in  einem  concaven  Theile  der  Windung.  Die  Basis 
ist  flach,  die  Mündung  lang  oval. 

Binkliorst  erwähnt  bei  seinem  Tr.  sculptus  6  Leisten, 
welche  anders  gruppirtsind,  ausserdem  sind  nach  ihm  die  Win¬ 
dungen  convex.  Trotz  dieser  Unterschiedehalte  ich  beide  For¬ 
men  für  dieselbe  Art.  Das  Original  BinkhorsUs  war  grösser, 
es  ist  demnach  nicht  ausgeschlossen,  dass  sich  bei  ihm  im 
Alter  noch  eine  6.  Leiste  eingeschoben  hat.  Der  Unter¬ 
schied  der  Gruppirung  wird  aufgehoben,  sobald  man  die 
unterste  seiner  Körnerreihen  als  zur  folgenden  Windung 
gehörig  betrachtet.  Da  B  inkliorst  ebenfalls  nur  Abdrücke 
und  Steinkerne  hatte,  ist  in  dieser  Beziehung  ein  Irrthum 
sehr  leicht  möglich,  zumal  wenn  die  Basis  des  Abdrucks 
gefehlt  hat.  Nimmt  man  nun  diese  Verschiebung  der 
Leisten  an,  so  fällt  auch  der  3.  Unterschied,  denn  nun¬ 
mehr  liegt  die  grösste  Erhebung  nicht  mehr  in  der  Mitte, 
sondern  am  unteren  Rande  der  Windung  und  oberhalb  ein 
concaver  Th  eil. 

Eine  verwandte  Form  ist  T.  JBinkhorsti  Bosq.  svn. 


27 


T.  Montis  St.  Petri  Binkh.  Die  länglichen  Knötchen  der 
Hauptleiste  finden  sich  dort  ausgeprägter  wieder,  die  an¬ 
deren  Leisten  sind  aber  äusserst  schwach.  Auch  die 
Steinkerne  unterscheiden  sich,  da  bei  T.  Binkhorsti  die 
Windungen  nicht  so  eng  liegen  wie  bei  T.  sculptus.  Auch 
ist  die  Mündung  des  ersteren  vierseitig. 

Turbo  cf.  cariniferus  Binkh. 

Binkh  orst,  Monographie  des  Gasteropodes  et  des  Ce- 

phalopodes.  S.  50.  Tafel  V  a.  Fig.  5. 

Ein  Abdruck  eines  Turbo  stimmt  in  der  Skulptur 
überein  mit  Turbo  cariniferus ,  ist  jedoch  scheinbar  schlanker 
gebaut.  Zu  einer  endgültigen  Bestimmung  oder  Beschrei¬ 
bung  reicht  das  vorliegende  Stück  nicht  ans. 


Turbo  cf.  clathratus  Binkh. 

B inkhorst,  Monographie  des  Gasteropodes  etc.  S.  48 

Tafel  III,  Fig.  7  a,  b. 

Auch  hier  liegt  nur  ein  Abdruck  vor,  der  hinsichtlich 
der  Skulptur  Uebereinstimmung  zeigt,  aber  wie  die  vorher¬ 
gehende  Form  durch  die  spitzere  Gestalt  abweicht.  Wie¬ 
derum  ist  die  Erhaltung  nicht  derart,  dass  mit  Sicherheit 
eine  genaue  Bestimmung  erfolgen  kann.  • 


Liotia  parva  spec.  nov. 

Fig.  2. 

Das  Gehäuse  ist  kreiselförmig.  Das  beste  der  vor¬ 
liegenden  Exemplare  hat  sieben  Umgänge  bei  3,5  mm  Länge. 
Dieselben  sind  geziert  durch  entfernt  stehende  Längsrippen 
(etwa  12  bis  14  auf  einem  Umgang)  und  durch  zahlreiche 
feine  Spiralstreifen.  Die  Vertical rippen  sind  scharf  und 
haben  auf  den  oberen  Windungen  zwei  Knötchen,  während 
die  Schlusswindung  deren  drei  zeigt.  Die  Nähte  sind  tief. 
Die  Mündung  ist  kreisrund,  der  Mundsaum  breit,  wulstig. 


Ein  Nabel  war  vorhanden,  wie  der  Steinkern  lehrt.  Die 
nächststehende  Art  ist  Scalaria  macrostoma  Müller1)  aus 
dem  Untersenonen  Grünsand  von  Vaels.  Bei  ihr  scheinen 
sich  nach  den  Abbildungen  Holzapfel’ s  jedoch  weit  we¬ 
niger  Spiralleisten  zn  befinden,  diese  wenigen  sind  aber 
stark  und  bilden  an  den  Kreuzungspunkten  mit  den  Rippen 
Knoten.  Ferner  ist  unsere  Art  schlanker.  Gri epenkerl2) 
beschreibt  Sc.  macrostoma  aus  der  unteren  Mucronaten- 
kreide  von  Lauingen,  doch  scheint  auch  dieses  Vorkom¬ 
men  sich  von  dem  Aachener  zu  unterscheiden.  Er  schreibt: 
,, schmale“  Zwischenräume  trennten  die  Rippen;  der  Ab¬ 
bildung  Müller  entspricht  dieses,  weniger  denen  Holz- 
apfeLs.  Ferner  erwähnt  er  8  bis  10  Spiralrippen,  wäh¬ 
rend  das  Maximum  auf  den  Zeichnungen  Holzapfel’s 
5  sind.  Diese  erhöhte  Zahl  würde  die  Braunschweiger 
Art  der  unsrigen  näher  bringen.  —  Dieselben  Gründe, 
welche  Böhm  und  Holzapfel  leiteten,  diese  Art  zu 
Liotia,  nicht  zu  Scalaria  zu  stellen,  waren  auch  für  mich 
bei  Liotia  parva  massgebend. 


Tnrritelia  socialis  Müller. 

J.  Müller,  Monographie  der  Petrefacten  der  Aachener 
Kreideformation  II,  1851,  S.  30,  Tafel  4,  Fig.  9. 
Holzapfel,  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Palae- 
ontographica  XXXIV,  S.  164,  Tafel  15,  Fig.  14. 
Eine  kleine  Schnecke,  von  der  zwei  Abdrücke  vor- 
liegen,  mit  spitzem  thurmförmigem,  aus  vielen  Umdrehungen 
bestehendem  Gewinde,  deren  Oberfläche  glatt  erscheint, 
entspricht  der  von  Müller  gegebenen  Beschreibung  und 


1)  J.  Müller,  Monographie  der  Petrefacten  der  Aachener  Kreide¬ 
formation:  II.  Theil.  Bonn,  1851.  S.  8,  Tafel  3,  Fig.  7.  Liotia  macro¬ 
stoma  M.  Böhm,  Grünsand  von  Aachen.  S.  37.  Liotia  macrostoma 
M.  Holzapfel,  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Palaeonto- 
graphica  XXXIV.  S.  170.  Tafel  XVIII.  Fig.  3 — 7. 

2)  Die  Versteinerungen  der  senonen  Kreide  von  Königslutter. 
1889.  S.  77. 


29 


Abbildung.  Das  kleinere  der  vorliegenden  Exemplare  zeigt 
bei  einer  Länge  von  4  mm  8  Windungen.  Die  grösste 
Dicke  beträgt  1  mm. 

Das  andere  Stück  zeigt  die  jüngeren  Windungen ; 
dasselbe  bat  eine  Länge  von  6  mm  und  grösste -Dicke  von 
2  mm  bei  5  bis  6  Windungen.  Diese  sind  stärker  ge¬ 
wölbt  und  daher  die  Nähte  tief  und  im  Abdruck  deutlich 
wieder  gegeben.  Der  Steinkern  ist  glatt.  Häufig  bei 
Aachen. 


Turritella  Humboldti  Müller. 

J.  Müller,  Monographie  der  Petrefacten  der  Aachener 
Kreideformation  II,  S.  32,  Tafel  4,  Fig.  17. 
Böhm,  Der  Grünsand  von  Aachen  und  seine  Mollusken¬ 
fauna  1885,  S.  40. 

Holzapfel,  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Palae- 
ontogr.  XXXIV,  1887,  S.  156. 

Die  vorliegenden  Bruchstücke  von  Abdrücken  zeigen 
bei  5  mm  Länge  3  Windungen  und  bei  9  mm  5  bis  6 
derselben.  Sie  schliessen  fest  an  einander  und  sind  mit 
3  Leisten  geziert,  von  denen  die  untere  die  stärkste  ist. 
Die  mittlere  ist  der  unteren  etwas  genähert  und  am 
schwächsten.  Die  obere  ist  mit  Knötchen  geziert.  Eine 
vierte  Leiste,  wie  sie  Müller  und  Böhm  beschreiben,  ist 
nicht  vorhanden,  da  dieselben  nach  den  Beschreibungen 
meist  schwach  ist  und  hart  an  der  Naht  liegt,  dürfte  ihr 
Fehlen  nicht  von  Wichtigkeit  sein.  Zwischen  den  Leisten 
findet  sich  dann  noch  eine  ausserordentlich  feine  Liniirung. 
Dieselbe  wird  sowohl  von  Müller  wie  von  Böhm  erwähnt. 
Holzapfel  erwähnt  die  Art  unter  T.  nodosa  Röm.  und 
vereinigt  hiermit  noch  T.  Noeggerathiana  Goldf.,  nodosa / 
Althausi ,  Carnallana  und  acutissima  Müller,  sowie  T.  no¬ 
dosa  Stol.  und  Frech  und  schafft  somit  eine  grosse  aber 
varietätenreiche  Art.  Da  die  allerdings  nur  wenigen 
Exemplare  von  Irnich  sich  alle  gleich  bleiben  und  der 
Müller’ sehen  Art  gut  entsprechen,  so  habe  ich  mit  Böhm 
einstweilen  den  Artnamen  Müll  er ’s  beibehalten.  Vor¬ 
kommen:  Untersenon  Aachens. 


Turritella  Falcoburgensis  Binkh. 

Binkhorst,  Monographie  des  Gasberopodes  etc.,  S.  34, 

Tafel  V,  Fig.  2. 

Die  Art  ist  von  Kaunhowen  nicht  erwähnt.  Bink¬ 
horst  beschreibt  sie  vom  Schaesberg  bei  Valkenburg,  von 
einem  nicht  mehr  zugänglichen  Fundorte.  Seine  Angaben, 
die  Grössen  ausgenommen,  können  auf  die  zwei  vorliegen¬ 
den  Stücke  von  Irnich  Anwendung  finden.  Das  eine  der¬ 
selben  zeigt  uns  den  älteren  Theil  nahe  der  Spitze,  bei 
einer  Länge  von  2,2  cm  kann  man  8  Windungen  zählen. 
Die  Dicke  der  letzten  beträgt  etwa  8  mm.  Bei  einem 
anderen  grösseren  Stücke  ist  der  Durchmesser  der  letzten 
Windung  1,7  cm,  die  Höhe  derselben  7  mm.  Die  flachen 
Umgänge  sind  durch  tiefe  Nähte  getrennt.  Die  Mitte  der 
Windung  ist  durch  eine  breite  Depression  eingenommen. 
DieOberfläche  ist  nach  Binkhorst  mit  zahlreichen,  feinen 
nur  schwach  angedeuteten  Strichen  bedeckt. 

leb  konnte  dieselben  nur  an  einer  kleinen  Stelle  des 
grösseren  meiner  Stücke,  hier  aber  deutlich  mit  scharfer 
Lupe  wahrnehmen.  Die  Zeichnung  Binkhorst’s  gibt 
dieselben  stärker  wieder. 

Von  anderen  ist  diese  Art  leicht  durch  die  Depression 
zu  unterscheiden.  Hinsichtlich  der  Gestalt  steht  nahe  T. 
imbricataria  Lamk.  var.  c.  Desh.1)  aus  dem  Eocän  von  Paris. 
Dieselbe  besitzt  jedoch  wie  die  meisten  Turritellen  starke 
Spiralrippen. 


Turritella  spec. 

,  Ein  Abdruck  ohne  Spitze  und  Mündung  zählt  18  Win¬ 
dungen  bei  einer  Länge  von  3  cm.  Dieselben  sind  fast 
eben  oder  etwas  eingezogen.  Sie  schliessen  fest  aneinander, 
so  dass  die  Nähte  kaum  sichtbar  sind.  Dicht  unter  der 
Naht  tragen  sie  eine  Doppelleiste  mit  Knoten,  darauf  folgt 
eine  schwächere  und  drei  gleiche  stärkere,  glatte  Reifen. 


1)  Deshayes,  Coquilles  foss.  des  environs  de  Paris.  S.  272. 
Tafel  37,  Fig.  9-10. 


31 


Zwischen  denselben  sind  bisweilene  dünne  Spirallinien 
wahrnehmbar. 

Am  nächsten  stehen  einige  Varietäten  der  Turritella 
nodosa  Rom. J),  von  denen  allen  sich  unsere  Art  unterscheidet 
durch  die  erwähnte  Doppelleiste  und  dadurch,  dass  sie 
fünf  resp.  6  Spiralleisten  hat  und  nicht  vier  wie  jene 
Aachener  Art. 

Da  Steinkerne  nicht  erhalten  sind,  ist  die  Zugehörig¬ 
keit  zum  Genus  Turritella  zweifelhaft. 


Laxispira  turritelliformis  spec.  nov. 

Fig.  3. 

Das  am  besten  erhaltene  der  12  vorliegenden  Stücke 
hat  6  Windungen  und  eine  Länge  von  1,5  cm.  Bruch¬ 
stücke  anderer  Abdrücke  und  Steinkerne  verrathen  jedoch, 
dass  sowohl  Länge  wie  Zahl  der  Windungen  noch  grösser 
sein  kann.  Während  der  Jugend  sind  die  Windungen  im 
Querschnitt  rund,  im  Alter  werden  sie  gerundet  vierseitig. 
Die  Oberfläche  ist  mit  spiralen  Linien  bedeckt,  welche 
anscheinend  gering  von  der  Spirale  der  Schale  ab  weichen, 
dieselben  sind  einfach,  nicht  gewellt,  wie  es  von  L .  lum- 
bricalis  Gabb1 2)  erwähnt  wird. 

Die  zunächststehende  Art  ist  L.  cocMeiformis  Müller3), 
welche  jedoch  ein  schnelleres  Dickenwachsthum  des  Ge¬ 
häuses  zeigt,  auch  ist  die  Spirale  mehr  auseinanderge¬ 
zogen  als  bei  unserer  Art,  die,  obwohl  sie  schlanker  ist, 
sich  doch  auch  dadurch  unterscheidet,  dass  die  einzelnen  Um¬ 
gänge  näher  stehen.  Die  Mündung  unserer  Art,  sowie  der 
Aachener  ist  kreisrund.  Böhm  schreibt  zwar  L.  cochlei- 
formis  eine  ovale  Mündung  zu,  dem  schon  Holzapfel 


1)  Römer,  Kreide  S.  80.  Tafel  11.  Fig.  20. 

Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide  S.  155.  Tafel 

XVI,  Fig.  14-15. 

2)  Gabb,  Kotes  on  American  cret.  fossils.  Proceedings  of 
nat.  Sciences  of  Philadelphia.  1875.  S.  300. 

3)  Holzapfel,  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Palae- 
ontographica  XXXIV.  S.  153. 


32 


widerspricht.  Der  Irrthum  Böhm ’s  dürfte  dadurch  veran¬ 
lasst  sein,  dass  die  Schale  nicht  senkrecht,  sondern  geneigt 
gegen  die  Spirale  abgebrochen  ist.  Das  in  der  Sammlung 
des  naturhistorischen  Vereins  befindliche  Stück,  welches 
Böhm  Vorgelegen  hat,  entspricht  in  seiner  Gestalt  mehr 
der  Mülle  r’schen  Abbildung  als  der  Holzapfel’s,  ja  die 
Spirale  ist  noch  weniger  regelmässig  als  sie  bei  ersterem 
gezeichnet  ist.  —  L.  pinguis  Holzapfel  ist  gedrungener, 
sie  hat  bei  gleicher  Länge  weniger  Umgänge  und  die 
Bohre  nimmt  schnell  an  Dicke  zu.  Ihr  steht  nahe  L.  tro- 
chleata  Böhm1)  aus  dem  Ober  Senon  Bayerns,  bei  der  die 
Spiralleisten  stärker  sind. 

Natica  spec. 

Das  Genus  Natica  ist  durch  eine  Anzahl  unbestimm¬ 
barer  Steinkerne,  wahrscheinlich  verschiedener  Arten,  in 
Irnich  vertreten. 

Mesostoma  Miilleri  Holzapfel. 

Scalaria  pulchra  Müller  (non  Sowerby,),  Monographie  der 

Petrefacten  der  Aachener  Kreideformation, 
II.  S.  7. 

Mesostoma  Miilleri  Holzapfel,  die  Mollusken  der 

Aachener  Kreide.  Figur  7.  Tafel  XV. 

Figur  1. 

Der  Beschreibung  Holzapfel’s  ist  nichts  hinzuzu¬ 
fügen,  als  dass  das  vorliegende  Exemplar  noch  schlanker 
erscheint.  Erhalten  ist  nur  ein  sehr  guter  Abdruck  mit 
Bruchstücken  des  Steinkernes. 

Vorkommen:  Unter-Senoner  Grünsand  von  Vaels  und 
vom  Lusberg  bei  Aachen. 

Mesostoma  cretacea  spec.  nov. 

Fig.  4.  : 

Das  zur  Beschreibung  vorliegende  Exemplar,  dem  die 
Spitze  fehlt,  ist  2,2  cm  lang,  während  die  Höhe  des  letzten 

1)  J.  B  ö  h  m  ,  Kreidebildungen  des  Fürberges  und  Sulzberges 
etc.  Palaeontographica  XXXVIII.  S.  65.  Tafel  II,  Fig.  18. 


33 


Umgangs  1  cm  und  die  Dicke  desselben  etwa  0,6  cm  be¬ 
trägt.  6  Umgänge  sind  vorhanden,  sie  sind  mit  etwas 
wulstigen  Rippen  geziert,  welche  von  Spiralen  gekreuzt 
werden.  Zwölf  bis  vierzehn  Rippen  kommen  auf  den  vor- 

p 

letzten  Umgang,  desgleichen  7  oder  8  Spiralleisten.  Auf 
der  Schlusswindung  werden  zwischen  die  letzteren  eben¬ 
solche  kleinerer  Art  eingeschoben.  Die  Basis  ist  glatt. 
Der  etwas  verdrückte  Steinkern  zeigt  Spuren  der  Rippen. 

Die  zunächst  stehenden  Arten  sind  Mesostoma  ßey- 
richi  Holzapfel1)  aus  dem  Grünsand  von  Vaels  und  die 
vorhergehende  M.  Mülleri  Holzapfel,  bei  beiden  sind 
jedoch  die  Rippen  weit  schärfer  und  leistenförmig“  und 
die  Spiralsculptur  besteht  aus  feinen  Linien.  Viel  Aehn- 
lichkeit  mit  M.  cretacea  hat  auch  die  kleine  M.  Beisseli 
Holzapfel,  dieselbe  weist  jedoch  eine  viel  grössere  An¬ 
zahl  Windungen  auf,  bei  einer  Länge  von  6  mm  etwa  12, 
so  dass  sie  nicht  mit  der  Irnicher  Art  zu  identificiren  ist. 


Chemnitzia  spec. 

Fig.  5. 

Der  Abdruck,  dessen  Spitze  fehlt,  ist  15  mm  lang 
und  4  mm  dick,  er  zeigt  noch  6  Windungen.  Die  Schluss¬ 
windung  hat  mehr  als  1/3  der  Gesammtlänge.  Der  Bau 
schlank,  Windungen  eben,  Oberfläche  glatt,  nur  auf  dem 
unteren  Theile  sind  feine  Spirallinien  sowie  Anwachsstreifen 
sichtbar.  Die  Mündung  ist  nach  vorn  und  hinten  etwas 
spitz  auslaufend.  —  Da  Spindelfalten  und  Zähnelung  der 
Aussenlippe  fehlen,  so  dürfte  diese  Art  zu  Chemnitzia  zu 
stellen  sein. 

Von  Ch.  turritelliformis  Müller2)  unterscheidet  sie 


1)  Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreideform.  S.  130, 
Tafel  X1Y,  Fig.  8. 

2)  Müller,  Monographie  der  Petrefacten  der  Aachener 
Kreideformation,  II,  S.  77. 

Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreideformation  8.  133. 

Verb.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX  5.  Folge  Ed.  IX.  3 


34 


sich  durch  das  glatte  Gewinde  und  durch  grössere  Schluss¬ 
windung,  auf  gleiche  Weise  von  Ch.  Dewalqni  Holzapfel. 

Von  den  von  d’Orbigny  beschriebenen  Arten 
unterscheidet  sie  sich  durch  den  Mangel  der  Sculptur. 
Grössere  Aehnlichkeit  hat  sie  mit  der  Eulima  amphora 
d’Orb. !),  jedoch  ist  sie  schlanker  als  diese  und  die  Mün¬ 
dung  vorn  nicht  so  gerundet,  sondern  zur  Spitze  ausge- 
zogen.  Die  nächststehende  Art  ist  Ch.  lactea  Lamk.  var. 
a  Desli.1  2),  aus  dem  Eocän  von  Grignon ;  auch  von  dieser 
ist  sie  durch  die  abweichende  Gestalt  der  Mündung  ver¬ 
schieden. 


Cerithium  Sehwerfeneuse  spec.  nov. 

Fig.  6. 

Die  thurmförmige  Schale  zeigt  bei  einer  Länge  von 
1  cm  13  Windungen,  die  sehr  langsam  an  Höhe  zunehmen. 
Die  Oberfläche  ist  glatt,  die  Windungen  sind  fast  eben. 
Am  Steinkern  sind  dieselben  sehr  eng  liegend,  plattge¬ 
drückt.  Da  eine  Mündung  und  Schlusswindung  nicht  er¬ 
halten  ist,  so  bleibt  die  generische  Stellung  dieser  Art  un¬ 
sicher.  Zur  Gattung  Nerinea ,  der  sie  bei  oberflächlicher 
Betrachtung  am  nächsten  zu  stehen  scheint,  konnte  sie 
nicht  gestellt  werden,  da  auf  dem  Steinkern  keine  Spuren 
von  Falten  erhalten  waren  und  da  der  Abdruck  auch  nicht 
auf  das  Vorhandensein  des  Schlitzbändchens  schliessen  lässt. 

Aporrhais  Beisseli  Holzapfel. 

Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreideformation. 

Palaeontogr.  XXXIV.  S.  115,  Tafel  XII, 

Fig.  4—5. 

Länge  1,2  cm.  6  Windungen. 

Die  Schale  ist  mit  schrägen,  etwas  gebogenen  Hippen 

1)  d’Orbigny.,  Paläontologie  Frangaise,  terr.  cret.  Ga- 
steropodes.  Tafel  156,  Fig.  1. 

2)  Deshayes,  Description  des  coquilles  fossiles  des  environs 
de  Paris  II.  S.  186.  Tafel  XIII,  Fig.  1-5. 

Deshayes,  Description  des  animaux  sans  vert.  II.  S.  454. 


35 


geziert,  von  denen  einzelne  stärker  ausgebildet  sind  als 
ihre  Nachbaren  und  von  den  vorhergehenden  etwas  grösseren 
Abstand  haben;  Holzapfel  erwähnt  sie  als  Varices. 
Spiralliniirung  ist  nur  auf  dem  unteren  Theile  der  Schale 
vorhanden,  wie  es  auf  der  Abbildung  in  der  Palaeontogra- 
phica  angegeben  ist.  Bei  dem  Stück  von  Irnich  ist  der 
Abdruck  dieses  Theiles  der  Schale  durch  einen  Rest  des 
Steinkerns  verdeckt,  welcher  jedoch  Spuren  der  Linien  an 
seiner  inneren  Fläche  zeigt,  mit  der  er  sich  um  die  vor¬ 
hergehende  Windung  legte.  Der  Flügel  ist  nicht  erhalten, 
wohl  aber  der  Beginn  des  oberen  Kieles. 

Obwohl  die  Erhaltung  nur  unvollständig  ist,  so  glaubte 
ich  doch  das  vorliegende  Exemplar  wegen  des  Mangels  an 
Spirallinien  auf  dem  oberen  Theile  und  wegen  der  stellen¬ 
weis  als  Varices  ausgebildeten  Rippen  zu  Aporrhais  Beisseli 
steilen  zu  müssen,  da  diese  Merkmale  beide  Formen  auch 
von  allen  anderen  Verwandten  trennen. 

Vorkommen:  Untersenoner  Grünsand  von  Vaels. 

Aporrhais  Limburgensis  Binkh. 

Binkhorst,  Monographie  des  Gasteropodes  et  des  Cepha- 
lopodes  de  la  craie  sup.  du  Limbourg  S.  28. 
Tafel  I,  Fig.  12. 

Die  Schale  zeigt  8  Windungen,  dieselben  sind  mit 
zahlreichen  Rippen  versehen,  welche  von  Spirallinien  ge¬ 
kreuzt  werden.  Auf  der  Schlusswindung  werden  die  Rippen 
schwächer  und  verschwinden  nach  dem  Canal  zu,  der  lei¬ 
der  nicht  erhalten  ist.  Der  Flügel  ist  vierfingerig.  Der 
erste  Finger  setzt  hart  an  der  Naht  an  und  geht  anfangs 
am  Gewinde  in  die  Höhe,  sich  erst  allmählich  von  dem¬ 
selben  trennend.  Die  anderen  sind  in  der  Richtung  der 
Spirale  ausgespreizt,  sie  nehmen  von  oben  nach  unten  an 
Stärke  ab.  Auf  der  Schlusswindung  zeigen  sich  die  drei 
zuletzt  genannten  bereits  als  kräftige  Spiralrippen  und  sind 
hier  mit  Knötchen  geziert.  An  der  Mündung  zeigt  der 
Steinkern  Abdrücke  von  Zähnen,  zwischen  dem  zweiten 
und  vierten  Finger.  Auf  dem  Originale  Binkh orst’s  in 
Berlin  waren  dieselben  nicht  zu  bemerken.  Eine  nahe- 


36 

stehende  Art  dürfte  Aporrhais  granulata  Müller Q  sein, 
dieselbe  hat  jedoch  nur  zwei  Finger  auf  dem  Flügel  und 
auf  der  Schlusswindung  einen  schwächeren  dritten  Kiel  in 
der  Mitte.  Ausserdem  ist  die  Zahl  der  Spirallinien  bei 
derselben  kleiner. 

.  Vorkommen:  Obere  Maestrichtschichten. 

Helicaulax  granulata  Sow.  spec. 

Holza  pfel,  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Palae- 

ontographica  XXXIV,  S.  117,  Tafel  12, 
Figur  6—9. 

Unter  dem  Namen  Ä  granulata  vereinigt  Holzapfel 
eine  grosse  Reihe  Formen  von  theilweise  sehr  verschieden¬ 
artigem  Aussehen.  Die  beiden  Bruchstücke  von  Irnich, 
denen  der  Flügel  fehlt,  gehören  ebenfalls  zu  dieser  weit 
gefassten  Species.  Von  den  Abbildungen  in  Holzapfe  Fs 
Arbeit  giebt  Figur  9  ein  getreues  Bild  des  einen  unserer 
Stücke.  Die  sechs  Windungen  sind  mit  geschwungenen 
Rippen  geziert,  von  denen  einzelne  stärker  ausgebildet 
sind  und  wohl  als  Varices  bezeichnet  werden  können.  Die 
dichtstehenden  feinen  Spiralen  unterscheiden  sie  von  allen 
übrigen  nahestehenden  Formen  und  rechtfertigen  es  in 
Verbindung  mit  den  Varices,  diese  Formen  als  H.  granu¬ 
lata  zu  bezeichnen.  Ein  anderes  Stück,  welches  den 
unteren  Theil  des  Gehäuses  zeigt,  hat  neben  den  feinen 
Spiralen  bereits  einen  mit  Knoten  besetzten  Kiel. 

Verbreitung:  Gosauschiehten,  Unter-Senon  von  Aachen 
und  von  Suderode  bei  Quedlinburg. 

Rostellaria  nuda  Bmkhorst 

Binkhorst,  Monographie  des  Gasteropodes  et  Cephalo- 
podes  de  la  eraie  sup.  du  Limbourg.  S.  3. 
Tafel  V  a,  Fig.  9. 

Diese  Art  hat  glatte  Umgänge,  auf  denen  höchstens 

1)  Holzapfel,  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  S.  114, 
Tafel  XII,  Fig.  10. 


Anwachsstreifen  sichtbar  sind.  Das  Hauptmerkmal  ist  der 
ausserordentlich  lange  und  gerade  Kanal. 

Von  Irnich  liegt  ein  Stück  vor,  das,  obwohl  die 
Aussenlippe  nicht  erhalten  ist,  mit  der  Maestrichter  Art 
identificirt  werden  kann.  Die  Spitze  fehlt.  Ergänzt  wird 
die  Schale  etwa  58  bis  60  mm  lang  gewesen  sein.  Die 
Länge  der  Mündung  mit  dem  Kanal  lässt  sich  auf  etwa 
31—33  mm  berechnen.  Diese  Schätzungen  kommen  un¬ 
gefähr  denen  B  i  n  k  h  o  r  s  t 1  s  gleich. 

Als  verwandte  Art  erwähnt  Bin  k  hörst  R.  Roe- 
meri  Müller x) ;  diese  sei  von  unserer  Art  unterschieden 
durch  gewölbte  Windungen  und  tiefere  Nähte.  Sie  ist 
von  Holzapfel  wieder  eingezogen  und  mit  Lispoäesthes 
ßchlotheimi  Roem.  spec.  vereinigt,  welche  sich  noch  weiter 
von  unserer  Art  durch  meistens  gerippte  und  gewölbte 
Umgänge,  besonders  aber  durch  die  Flügelbildung  unter¬ 
scheidet. 

Vorkommen:  Maestricht. 


€ypraea  Deshayesi  Binkfa. 

B  inkhorst,  Monographie  des  Gasteropodes  et  des  Cepha- 
lopodes  de  la  craie  sup.  du  Limbourg.  S.  17/ 
Tafel  IV,  Fig.  11. 

Das  Geschlecht  Gypraea  ist  nach  Zittel’s  Handbuch 
aus  der  Kreide  in  etwa  10  —  12  Arten  bekannt.  In  der 
oberen  Deutschen  Kreide  scheint  diese  Art  bislang  die 
einzige  ihres  Geschlechts  zu  sein.  Sie  ist  von  schlanker 
Gestalt.  Das  Gewinde  des  Steinkerns  ist  etwas  vorragend. 
Die  Mündung  erweitert  sich  allmählich  nach  unten.  Die 
stark  verdickte  Aussenlippe  hinterliess  auf  dem  Steinkerne 
den  Abdruck  von  mehr  als  17  Zähnen.  Die  Innenlippe 
scheint  glatt  gewesen  zu  sein.  Die  Oberfläche  der  Schale 


1)  Müller,  Monographie  der  Petrefacten  der  Aachener 
Kreideformation  II.  S.  19.  Tafel  V,  Fig.  5. 


38 


hat  veramthlich  keinerlei  Scnlptur  gehabt,  jedenfalls  ist 
sie  am  unteren  Ende  vollkommen  glatt  gewesen.  Die 
Länge  ist  2  cm,  die  grösste  Breite  1,2  cm.  Die  fast  cyliu- 
drische  Gestalt  des  mittleren  Theils  der  Schale  unter¬ 
scheidet  sie  von  den  übrigen  Kreidearten. 

Binkhorst  giebt  eine  Zeichnung  von  C.  Deshayesi , 
welche  eine  Bestimmung  völlig  unmöglich  macht.  Da  die  Ga- 
stropoden  von  Kunraed  stets  ohne  Schale  erhalten  sind,  seine 
Abbildung  jedoch  eine  vollständige  Cypraea  darstellt,  kann 
man  wohl  mit  Sicherheit  annehmen,  dass  eine  Reconstruc¬ 
tion  vorliegt.  Herr  Ubaghs  in  Maestrieht  theilte  mir 
freundliehst  mit,  dass  seines  Wissens  nur  eine  Art,  von 
welcher  er  zwei  Steiukerne  besass,  vorkomme.  In  seiner 
Sammlung  waren  dieselben  G.  Deshayesi  bestimmt.  Nach 
der  Liste  Kaunhowen’s  scheint  auch  in  der  Sammlung 
Binkhorst’s,  weiche  in  Berlin  ist,  kein  Exemplar  zu 
sein,  das  jener  Zeichnung  entspricht,  wohl  aber  führt 
Kaunhowen  eine  neue  Art  G.  Limhurgensis  an.  Ich 
war  vor  meinem  Besuche  Maestrichts  ebenfalls  geneigt, 
das  hier  beschriebene  Fossil  als  spec.  nov.  anzusehen, 
glaube  nunmehr  aber  den  Namen  Binkhorst’s  für  das¬ 
selbe  in  Gebrauch  nehmen  zu  können.  Nahe  verwandt 
mit  dieser  Art  ist  Cypraea  ficulina  Stol. 1)  aus  der  Triclii- 
nopoly  Group  Indiens.  Sie  ist  jedoch  grösser  und  läuft 
nach  vorn  spitzer  zu.  Die  Mündung  und  die  Form  der 
Aussenlippe  hat  sie  mit  unserer  Art  gemein.  Von  den 
drei  Cypraeiden,  welche  Forbes  von  Pondichery  be¬ 
schreibt,  besitzt  eine  eine  gezähnelte  Aussenlippe,  diese  ist 
aber  oben  und  unten  spitz  zulaufend. 

Ein  zweiles  Stück  einer  Cypraea  von  Irnich,  welches 
viel  breiter  und  weniger  schlank  erscheint,  zeigte  sich  bei 
weiterem  Präpariren  verdrückt,  so  dass  hierauf  die 
Unterschiede  zurückgeführt  werden  können.  Auch  dieses 
Stück  zeigt  wenigstens  an  seinem  unteren  Ende  den  Ab¬ 
druck  einer  glatten  skulpturlosen  Oberfläche. 

Vorkommen:  Untere  Maestrichtschichten  von  Kunraed. 


1)  Stoliczka,  Cret.  Fauna  of  Southern  India.  Palaeonto- 
logica  Indica.  S.  53.  Tafel  1Y.  Fig.  11  u.  12.  Gastropoda. 


39 


Doliimi  cretaceum  spec.  nov. 

Fi g.  7. 

Ein  Exemplar. 

Das  Gewinde  ist  kurz,  der  letzte  Umgang  bauchig, 
der  Kanal  kurz  und  etwas  zurtickgedreht.  Die  Aussenlippe 
hinterliess  auf  dem  Steinkern  den  Abdruck  einer  bedeu¬ 
tenden  Verdickung,  dieselbe  ist  mit  (etwa  7)  Zähnen  ver¬ 
sehen,  alles  Eigenschaften,  welche  auf  die  Zugehörigkeit 
zum  Genus  Doliurn  hinweisen.  Nach  Aussen  war  die 
Aussenlippe  wenig  verdickt.  Die  Innenlippe  glatt.  Die 
Windungen  haben  spirale  Rippen,  die  vorletzte  deren  7, 
zwischen  denen  Abstände  von  der  doppelten  Breite  der¬ 
selben.  Auf  der  Schluss  Windung  sind  Rippen  geringerer 
Stärke  eingeschoben. 

Das  Genus  JDolium  ist  aus  der  Kreide  erst  durch  eine 
Art  bekannt:  D.  nodosum  Sow.1). 


Fusus  glaberrimus  Binkhorst. 

B inkhorst,  Monographie  des  Gasteropodes  et  des  Cepha- 
lopodes  de  la  craie  sup.  du  Limbourg 
S.  11,  Tafel  Va,  Fig.  11. 

Kaunhowen,  Die  Gastropoden  der  Maestrichter  Kreide 
Seite  20. 

non  Fusns  glaberrimus  Midier,  Monographie  der  Petre- 
facten  der  Aachener  Kreideformation  II,  S.  36. 

Leider  ist  dieses  in  Irnich  häufig  vorkommende  Fossil 
niemals  vollständig  erhalten,  bald  fehlte  der  Kanal,  bald  die 
Spitze.  Die  Oberfläche  der  Windungen  ist  glatt,  nur  wenig- 
gewölbt.  Während  mehrere  Ausfüllungen  der  Kanäle  vor¬ 
handen  sind,  ist  doch  nur  ein  guter  Abdruck  desselben 
herauspräparirt,  welcher  spirale  Linien  zeigt.  Der  Stein¬ 
kern  entspricht  vollkommen  der  Abbildung  B  inkhorst ’s- 
Die  Art  war  zuerst  von  Müller  aufgestellt,  die 
Steinkerne  derselben  wurden  jedoch  von  Holzapfel2)  als 


1)  Mineral  Conchyology,  Yol.  Y,  S.  34,  Tafel  423  u.  427. 

2)  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  S.  119. 


40 


Lispodesthes  Schlotheimi  Rom.  erkannt.  Die  Abbildung 
Müll  er’ s  unterscheidet  sich  auch  von  der  Binkhorst’s 
durch  eine  schlankere  Gestalt. 

Bei  den  Steinkernen  sowohl  wie  bei  Bruchstücken 
der  Windungen  kann  leicht  eine  Verwechslung  mit  Rostel- 
laria  nuda  Binkh.  eintreten.  Bei  der  letzteren  sind  im 
gleichen  Alter  die  Windungen  niedriger,  überhaupt  ist 
dieselbe  oben  weniger  schlank  und  unten  mit  dem  Kanäle 
schlanker  als  die  hier  besprochene.  Bei  dem  grössten 
Exemplare  dieser  Art,  ebenfalls  ein  Bruchstück,  erreicht 
die  Dicke  1,7  cm,  und  schätze  ich  das  vollständige  Ge¬ 
häuse  auf  7  bis  8  cm  Länge.  Die  meisten  gefundenen 
Exemplare  dürften  jedoch  nur  2  bis  3  cm  Länge  gehabt 
haben.  Ueber  die  Zugehörigkeit  der  Art  zu  Fusus  werden 
nach  meinem  Material  immer  noch  Zweifel  erlaubt  sein, 
da  bei  Irnich  kein  Stück  mit  vollständiger  Mündung  ge¬ 
funden  ist. 

Vorkommen :  Maestricht. 

Fusus  Irnicheusis  spec.  nov. 

Fig.  8. 

Die  Abdrücke  dieser  Art  oder  Bruchstücke  derselben 
sind  zahlreich  vorhanden.  Die  Länge  beträgt  ungefähr 
2  cm,  die  Dicke  der  Schluss  Windung  6  mm,  die  Länge 
derselben  mit  Kanal  11  mm.  Die  Schale  ist  geziert  mit 
kräftigen  Längswülsten  (etwa  9  auf  der  Schlusswin¬ 
dung)  und  mit  gleichfalls  kräftigen,  gleichartigen,  um  die 
Eigenbreite  von  einander  entfernten  Spiralleisten.  Auf  dem 
oberen  Theile  der  Windung  findet  sich  eine  Depression, 
dieselbe  ist  von  der  Naht  getrennt  durch  eine  mit  schuppen¬ 
förmigen  Knoten  besetzte  Leiste.  Der  Kanal  ist  lang,  die 
Spindel  glatt. 

In  der  Zone  der  Lepidospongia  rugosa  finden  sich  bei 
Coesfeld  verdrückte  Sculptursteinkerne ,  welche  wahr¬ 
scheinlich  zu  dieser  Art  gehören.  Die  Gestalt  ist  dieselbe, 
auch  haben  sie  Rippen  und  Spiralleisten  wie  Fusus  Imi- 
chensis .  leider  ist  bei  keinem  der  fünf  von  Herrn  Prof. 
Schlüter  gesammelten  Exemplare,  welche  mir  vorliegen,  die 
Erhaltung  derart,  dass  man  über  das  Vorhandensein  oder 


41 


Fehlen  der  Depression  und  der  sie  begrenzenden  knoten¬ 
tragenden  Leiste  Auskunft  geben  kann.  Bei  einem  anderen, 
ebenfalls  von  Coesfeld  stammenden  weit  grösseren  Exem¬ 
plar,  ist  die  Depression  vorhanden,  aber  die  Leiste  fehlt. 

Die  nächststehende  Art  ist  Raphitoma  gracilis  Böhm1), 
synonym  dem  Fusus  gracilis  Holzapfel 2).  Diese  aus 
dem  Grünsand  von  Vaels  stammendeArt  ist  jedoch  bedeu¬ 
tend  schlanker,  auch  fehlt  die  mit  Knoten  besetzte  Leiste3). 
Fusus  Fenauxianus  d’Orb.4)  hat  weniger  kräftige  Wülste 
und  der  Gewindetheil  ist  schlanker. 

Näher  steht  Latirus  Feussianus  Stol.5 6),  nur  wird  bei 
ihm  die  Leiste  unter  der  Naht  nicht  erwähnt.  Man  würde 
trotzdem  versucht  sein,  diese  Arten  zusammenzustellen, 
wäre  nicht  bei  der  Indiens  die  Mündung  eine  so  wesent¬ 
lich  andere,  weit  offen  bis  an  das  Ende  des  Kanals,  wäh¬ 
rend  bei  unserer  Art  der  Kanal  scharf  abgesetzt  ist. 

Pleurotoma  subfusiformis  Stol.  hat  weniger  deutliche 
Längs-  und  Spiral-Sculptur,  dazu  kommt,  dass  sich  dort 
deutlich  die  Zugehörigkeit  der  Art  zum  Genus  Pleurotoma 
zeigt.  Bei  unserer  Art  gehen  Anwachsstreifen  ziemlich 
grade  vom  Kanal  zur  Naht  empor,  nur  oberhalb  der  De¬ 
pression  werden  sie  undeutlich.  Sollten  sie  nachher  noch 
auf  der  Knotenleiste  die  einem  Sinus  der  Mündung  ent¬ 
sprechende  Umbiegung  machen,  eine  Möglichkeit,  die  nicht 
gänzlich  ausgeschlossen  ist,  so  muss  die  Art  zu  Pleurotoma 
gestellt  werden. 


1)  Grünsand  von  Aachen.  S.  70,  Tafel  I,  Figur  5. 

2)  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  S.  104,  Tafel  XI,  Fig.  1. 

3)  Der  Name  Raphitoma  gracilis  war  bereits  vergeben  für 
eine  im  westlichen  Mittelmeer ,  und  im  Atlantischen  Ocean  lebende 
und  auch  jung-tertiär  vorkommende  Art.  Yergl.  W  e  i  n  k  a  u  f  f , 
Conchylien  des  Mittelmeeres,  II.  S.  135.  Als  Fusus  gracilis  kann 
der  Name  beibehalten  werden. 

4)  Paleontologie  fran^aise.  terr.  cret.  Gasteropodes.  S.  39, 
Tafel  223,  Fig.  16. 

5)  Cretaceous  Fauna  of  Southern  India.  II.  Gasteropoda.  S.  107, 
Tafel  X,  Fig.  1—7. 

6)  ebendaselbst  S.  69,  Tafel  VI,  Fig.  1 — 2. 


42 


Fasciolaria  Jaevis  Kauuhoweii. 

% 

Kaunhowen,  Die  Gastropoden  der  Maestrichter  Kreide 
Seite  21. 

Die  Art  ist  bislang  nur  aus  dem  Verzeichniss  der 
Gastropoden  Maestrichts  von  Kaunhowen  bekannt.  Bei 
einem  Besuche  in  Berlin  konnte  ich  die  Uebereinstimmung 
der  Maestrichter  Art  mit  den  4  Exemplaren  von  Irnich 
feststellen. 

F,  laevis  hat  Aehnlichkeit  mit  Fasus  glaberrimus 
Müller,  von  dem  sie  nur  durch  die  generischen  Unter¬ 
schiede  zu  trennen  ist.  Die  Länge  des  grössten  Exemplars 
ist  1,2  cm.  3  Spindelfalten.  Das  Gewinde  besteht  aus 
5  bis  6  glatten  und  etwas  gewölbten  Windungen.  Die 
Mündung  ist  lang  oval. 

Fascioiaria  pulchra  spec.  nov. 

Fig.  9. 

Diese  Art  findet  sich  als  Abdruck  von  Bruchstücken 
häufig.  Das  besterhaltene  Exemplar  ist  12  mm  lang.  Die 
Schale  ist  mit  Rippen  geschmückt,  von  denen  16  bis  20 
auf  der  vorletzten  Windung  gezählt  werden.  Dieselben 
werden  gekreuzt  von  Spiralleisten,  von  denen  5  oder  6 
auf  derselben  Windung  sichtbar  sind  und  zwischen  denen 
sich  auf  den  letzten  Windungen  kleinere  einschieben.  Die 
Mündung  ist  oval  und  nach  vorn  in  einen  langen  Kanal 
ausgezogen.  Es  sind  zwei  Spindelfalten  vorhanden.  Die 
Aussenlippe  war  innen,  nach  dem  Steinkern  zu  urtheilen, 
gestreift  oder  gezähnt.  Die  Umgänge  sind  gewölbt. 

Die  nächstverwandte  Kreideform  ist  Fusus  dubius 
Briart  et  Cornet1)  aus  dem  Cenoman,  jedoch  fehlen  bei  diesem 
Spindelfalten,  Zähnelung  der  Aussenlippe  und  die  einge¬ 
schobenen  Spirallinien. 

Pollia  spec. 

Der  Steinkern  zeigt  bei  vier  Umgängen  ein  niedriges 
Gewinde.  Die  Länge  beträgt  1  cm,  die  Breite  am  letzten 

I)  Meules  de  Bracquegnie.  S.  25,  Tafel  III,  Fig.  3,  4. 


43 


Umgang*  9  mm.  Er  ist  spiral  gefurcht,  an  einzelnen  Steilen 
zeigen  sich  Längsrippen.  Der  Abdruck  der  Aussenlippe 
ist  vertieft  und  mit  Grübchen  versehen,  lässt  also  schliessen, 
dass  dieselbe  innen  verdickt  und  gezähnelt  war.  Die  Zahl 
der  Zähne  lässt  sich  nur  schätzungsweise  auf  11  angeben, 
da  ein  Theil  der  Mündung  des  Steinkerns  abgebrochen 
ist.  Die  Innenlippe  war  glatt,  was  ich  durch  Aufbrechen 
des  Steinkerns  feststellen  konnte.  Der  Kanal  sehr  kurz, 
Das  Bruchstück  vom  x4.bdruck  der  Schale  zeigt  einen  Wulst, 
ausserdem  abwechselnde  stärkere  und  schwächere  spirale 
Rippen.  Die  stärkeren  Rippen  tragen  hervorragende  Knoten, 
welche  in  schräg  nach  hinten  unten  verlaufenden,  dem 
Wulst  parallelen,  Reihen  ungeordnet  sind.  Dazwischen 
liegen  feinere  erhabene  Linien,  die  nach  dem  Kanal  zu 
stärker  werden  und  hier  mit  den  Spiralen,  welche  am 
Kanal  den  Unterschied  zwischen  grob  und  fein  sowie  die 
Knoten  verloren  haben,  ein  Netzwerk  bilden. 

Unter  den  Kreidearten  ist  mir  keine  ähnliche  Form 
bekannt,  nur  B  in  k  hör  st1 *)  bildet  zwei  Steinkerne  mit 
niedrigem  Gewinde  ab.  Die  Grössenverhältnisse  derselben 
entsprechen  denen  unserer  Form,  der  eine  ist  spiral  liniirt, 
der  andere  glatt.  Der  Abdruck  des  Ausgusses  ist  bei 
beiden  Steinkernen  verschieden,  bei  dem  spiral  liniirten 
ähnelt  er,  allerdings  entfernt,  unserer  Form.  Bei  beiden 
Steinkernen  zeigt  sich  eine  Zähnelung  der  Innenlippe.  Im 
Text  ist  weder  ein  Name,  noch  eine  Beschreibung  zu  diesen 
Abbildungen  zu  finden.  Wäre  bei  Figur  b  die  Zähnelung 
der  Innenlippe  nicht  vorhanden,  würde  ich  den  Steinkern 
für  identisch  mit  unserer  Form  halten.  Pollia  fenestrata 
Müller  aus  dem  Unter-Senonen  Grünsand  von  Vaels  unter¬ 
scheidet  sich  leicht  dadurch,  dass  ihr  die  Zähne  der  Aussen¬ 
lippe  fehlen,  und  durch  die  Depression  unter  der  Naht,  auf 
welcher  Spiralleisten  nicht  vorhanden  sind. 

Ueber  die  Zugehörigkeit  der  Form  zu  Pollia  sind 
noch  Zweifel  berechtigt,  es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass 
sie  in  die  Familie  der  Muriciden  gehört. 


1)  Monographie  des  Gasteropodes  etc.  Tafel  V  a3,  Fig.  12. 

.  ,  '  *  )  * 


44 


Pseudoliva  cretacea  spec.  nov. 

Fig.  11. 

Länge  17  mm.  4  Windungen.  Die  Sclilusswindung 
des  vorliegenden  Exemplares  ist  12  mm  lang.  Die  Win¬ 
dungen  zeigen  scharfe  Rippen,  welche  gekreuzt  werden 
durch  eine  ausserordentlich  feine  Spiralliniirung.  Die 
Rippen  treten  nicht  scharf  an  die  Naht  heran.,  sondern 
lassen  eine  Rinne  frei.  Die  Zahl  der  Rippen  auf  der 
letzten  Windung  beträgt  etwa  14.  Der  Steinkern  zeigt 
Spuren  der  Rippen,  ferner  einen  spiral  verlaufenden  Ein¬ 
druck  auf  der  äusseren  Seite  ziemlich  weit  vorn,  einem 
Defect  des  Iiohldruckes  entsprechend  und  jedenfalls  durch 
den  das  Genus  bezeichnenden  Einschnitt  und  die  Furche 
der  Aussenlippe  hevorgerufen. 

Von  nahestehenden  Arten  ist  Ps.  subcostata  Stol. U 
aus  der  Arrialoor  Group  Indiens  zu  erwähnen,  welche 
jedoch  nur  auf  dem  unteren  Theile  der  Schale  Spiral¬ 
liniirung  zeigt,  während  unsere  überall  liniirt  ist  und  zwar 
auf  dem  oberen  Theile  der  Schlusswindung  stärker  als 
unten  nahe  dem  Ausguss. 

Volutilites  irregularis  spec.  nov. 

Fig.  10. 

Länge  1 — 3  cm.  G  Umgänge.  Die  Windungen  haben 
unter  der  Naht  eine  Depression.  Die  Schale  ist  mit  zahl¬ 
reichen  hohen  Längsrippen  geziert.  Spiralleisten  finden 
sich  bei  einem  Stück  auf  den  oberen  Windungen,  desgl. 
unten  am  Kanal.  Der  Kanal  ist  gerade.  Die  Steinkerne 
zeigen  bisweilen  Spuren  der  Längsrippung,  die  aber  aucli 
durch  Verdrückung  entstanden  sein  können. 

Von  der  gleichen  Art  ist  in  der  Sammlung  der  Univer¬ 
sität  Bonn  ein  Exemplar  von  Maestricht,  welches  die  Spiral¬ 
leisten  deutlicher  zeigt.  Bei  der  Schlusswindung  sind  diesel¬ 
ben  jedoch  nur  auf  den  oberen  Theil  beschränkt.  Bei  diesem 
Exemplar  sieht  man  ebenfalls  deutlich  eine  Spindelfalte, 

1)  Stoliczka,  Cret.  Fauna  of  South.  India.  Gasteropoda. 
S.  145,  Tafel  12,  Fig.  2. 


45 


welche  sehr  schräg  nach  unten  verläuft.  Bei  den  Irnicher 
Exemplaren  konnte  dieselbe  nicht  nachgewiesen  werden, 
weil  der  Kanal  bei  deu  Steinkernen  meist  abgebrochen 
und  auch  sonst  die  Erhaltung  weniger  gut  war. 

Das  Maestrichter  Exemplar  war  von  Goldfuss  be¬ 
zeichnet  Voluta  deperdita  G.  j uv.  — Ein  Vergleich  mit  dem 
Original  seiner  Abbildung  Tafel  169,  Figur  1  ergibt  aber, 
dass  hier  verschiedene  Arten  vorliegen.  Bei  V.  deperdita 
Goldf.,  einer  sehr  grossen  Art,  sind  die  Rippen  viel  we* 
niger  zahlreich,  nach  Binkhorst1)  hat  dieselbe  4  Spindel- 
falteu,  von  denen  die  beiden  mittleren  stärker  ausgebildet 
seien.  (An  dem  Bonner  Original  können  dieselben  nicht 
beobachtet  werden,  da  der  Steinkern  mit  der  Mündung 
auf  dem  Gestein  sitzt.)  Eine  Eigenthümlichkcit  dieser 
letzteren  Schnecke,  welche  sie  ebenfalls  von  unserer  V. 
irregularis  trennt,  liegt  in  der  Gestalt  der  Mündung.  Die¬ 
selbe  ist  in  der  Weise  der  Strombiden  nach  der  Spitze 
zu  vergrössert  und  wird  beinahe  bis  an  die  obere  Naht 
der  nächst  älteren  Windung  gereicht  haben.  Die  Abbil¬ 
dung  des  Steinkerns  bei  Binkhorst  deutet  diese  Ver¬ 
längerung  nur  in  unzulänglicher  Weise  an. 

Eine  nahestehende  Form  ist  Fusus  Galicianus  Alth.2). 
Bei  ihr  ist  das  Gewinde  länger  und  der  Kanal  kürzer  als 
bei  V.  irregularis.  Sie  hat  regelmässige  gerundete  Rippen, 
während  unsere  Form  wenigstens  auf  der  Schlusswindung 
Rippen  in  ungleichen  Abständen  aufweist ,  die  bald  scharf, 
bald  stumpf,  völlig  abgerundet  aber  selten  sind.  Dieselben 
Eigenthümlichkeiten  trennen  die  Art  auch  von  Voluta  Gas- 
parini  d’Orb3)  aus  dem  Turon  Frankreichs. 

Voluta  eincta  Forbes4)  ist  der  ganzen  Grösse  nach 

1)  Monographie  des  Gasteropodes  S.  13,  Tafel  II,  Fig.  7  ab, 
Tafel  V  a2,  Fig.  1. 

2)  Geognostisch-Palaeontolog.  Beschreibung  der  Umgegend  von 
Lemberg.  S.  223,  Tafel  11,  Fig.  23.  He i di nge r’ s  Naturw.  Abh.  III. 

Favre,  Description  des  mollusques  fossils  de  la  craie  des 
environs  de  Lemberg.  S.  84,  Taf'.  10,  Fig.  8. 

3)  Paleontologie  Franqaise,  Gasteropodes  S.  325,  Tafel  220, 
Fig.  5. 

4)  On  fossil  Invertebrata  from  Southern  India.  Transactions 
of  London  geol.  Soc.  II.  Ser.  VII.  Band.  1845.  S.  132,  Taf.  12,  Fig.  6. 


spiral  gestreift.  Unter  der  Depression  zeigt  sie  eine 
Kante,  auf  der  die  Rippen  winkelig  gebrochen  sind,  wäh¬ 
rend  unsere  Art  hier  abgerundet  ist.  Im  Uebrigen  stehen 
beide  Formen  sehr  nahe. 

Volutiiites  nana  Müller  spec. 

Mitra  nana  Jos.  Müller,  Monographie  der  Petrefacten  der 
Aachener  Kreideformation  II,  S.  23,  Tafel  III, 
Fig.  24  a  und  b. 

Holzapfel,  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Palae- 
ontographica  XXXIY,  S.  100,  Tafel  IX.  Fig.  12. 

Ein  Exemplar. 

Das  Gehäuse  ist  1  cm  lang;  es  sind  7  Windungen 
vorhanden,  die  wenig  gewölbt,  fast  eben  sind  und  bis  auf 
die  beiden  letzten  mit  zahlreichen  geraden,  feinen  und  eng- 
stehenden  Rippen  geziert  sind.  Die  Innenlippe  hat  3  hoch¬ 
liegende  Falten.  Die  Mündung  ist  nach  unten  kanalartig 
verengt,  so  dass  Aehnlichkeit  mit  Fasciolaria  entsteht. 

Müller  beschrieb  die  Art  als  Mitra  nana  aus  dem 
Grünsand  von  Yaels  auf  die  gleiche  Weise,  nur  erwähnt 
er  nicht,  dass  die  Berippung  auf  den  unteren  Windungen 
fehle,  seine  Abbildung  zeigt  dies  aber  mit  noch  schrofferem 
Uebergang  als  unser  Exemplar. 

Holzapfel ’s  Beschreibung  stimmt  mit  der  Mül ler ’s 
überein;  die  Abbildung  jedoch,  die  er  gibt,  zeigt  weder  mit 
Müller’s  noch  mit  seinen  eigenen  Angaben  Ueberein- 
stimmung.  Sie  zeigt  keine  Falten,  ferner  hat  sie  nur  eine 
ganz  geringe  Anzahl  Rippen  und  diese  sind  von  einer 
Stärke,  wie  sie  im  Verhältniss  zur  Grösse  der  Schale  kaum 
eine  der  21  auf  jener  Tafel  abgebildeten  Schnecken  zeigt. 
Da  nun  in  der  Beschreibung  eigens  3  Falten  und  ,, schmale, 
dichtstehende,  oft  kaum  bemerkbare  Querrippen“  erwähnt 
werden,  so  dürfte  hier  ein  Fehler  in  der  Zeichnung  vor- 
iiegen. 

Pleurotoma  Irnichensis  spec.  nov. 

Fig.  12. 

Diese  Art  ist  deutlich  als  Tleurotoma  erkannt  und 


9 


47 


dürfte  nicht  das  Schicksal  mancher  anderen  Form  der  oberen 
Kreide  theilen,  die  zunächst  ebenfalls  als  Pleurotoma  auf¬ 
geführt,  später  aber  anderen  Gattungen  zugewiesen  wurde. 

Sie  besitzt  sechs  und  mehr  Umgänge.  Die  Schluss¬ 
windung  nebst  Kanal  ist  länger  als  das  Gewinde.  Die 
Oberfläche  ist  mit  regelmässigen  feinen  Spiralrippchen 
versehen.  Obgleich  die  Art  stets  nur  als  Steinkern  und 
Abdruck  erhalten  ist,  war  doch  an  den  zwischen  beiden 
noch  vorhandenen  verwitterten  Schalresten  deutlich  der 
Verlauf  der  Anwachsstreifen  zu  sehen.  Oberhalb  der  Mitte 
einer  Windung  befindet  sich  das  Schlitzband,  das  in  einer 
schwachen  Depression  liegt  und  wie  die  übrige  Schale 
mit  Spiralen  bedeckt  ist.  Das  grösste  Exemplar  würde, 
ergänzt,  etwa  15  bis  20  mm  Länge  haben. 

Aus  der  Obersenonen  Kreide  des  Gerhardtsreiter  Gra¬ 
ben  in  Bayern  beschreibt  Böhm  eine  nahestehende  Form 
als  Fl.  Schäferi1),  dieselbe  hat  mit  der  unsrigen  gleiche 
Gestalt  und  Skulptur,  der  Sinus  der  Anwachsstreifen  liegt 
bei  ihr  aber  nicht  in  der  Depression  unter  der  Naht,  son¬ 
dern  auf  der  Kante  zwischen  ihr  und  dem  unteren  Theil 
der  Windung,  auch  sind  die  Anwachsstreifen  stärker  und 
geben  der  Oberfläche  ein  rauhes  Aussehen. 

Ringicula  Hageuowi  Müller. 

Avellana  Hagenowi  Müller,  Monographie  der  Petrefacten 
der  Aachener  Kreideformation  II,  S.  13,  Tafel  III, 
Fig.  16  a,  b. 

Ringicula Hagenowi  bei  Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener 
Kreide.  Palaeontographica  XXXIV,  S.  86,  Tafel 
VII,  Fig.  l-r-7. 

Von  dieser  Art  sind  zwei  Steinkerne  mit  Abdrücken 
erhalten.  Die  Falten  auf  Innenlippe  und  Spindel,  welche 
die  Steinkerne  gut  zeigen,  die  Zähne  der  Aussenlippe,  die 
feinen  vertieften  Spirallinien  und  die  allgemeine  Gestalt 


1)  J.  Böhm,  die  Kreidebildungen  des  Fürbergs  und  Sulz¬ 
bergs  bei  Siegsdorf  in  Oberbayern.  Palaeontographica  XXXVIII. 
S.  56,  Tafel  1,  Fig.  25. 


48 


berechtigen  wohl,  die  vorliegenden  Exemplare  als  Ringi- 
cula  Hagenowi  zu  betrachten.  Der  Mundwulst  zeigt  deut¬ 
lich  Längsrippen,  die  Holzapfel  nicht  zeichnet  und  er¬ 
wähnt,  Müller  aber  auf  der  Tafel  sehr  auffällig  wiedergibt, 
obgleich  er  in  der  Beschreibung  sagt:  Wulst  des  Mund¬ 
randes  glatt. 

Vorkommen:  Untersenoner  Grünsand  von  Aachen. 

Actaeonina  cf.  doliolum  Müller  spec. 

Actaeon  doliolum  Müller,  Monogr.  der  Petref.  der  Aacheuer 
Kreideformation  II,  S.  II,  Tafel  III,  Fig.  11. 
Actaeonina  doliolum  Müller  bei  Brauns,  Senone  Mergel 
des  Salzbergs  bei  Quedlinburg.  Zeitschrift  f.  d. 
ges.  Natur w.  1875,  S.  357. 

Actaeonina  doliolum  Holzapfel,  Die  Mollusken  der  Aache¬ 
ner  Kreide.  Palaeontogr.  XXXIV,  1887,  S.  77, 
Tafel  VI,  Fig.  15  und  16. 

Das  von  Irnich  vorliegende  Exemplar  ist  verdrückt. 
Es  entspricht  der  Abbildung,  welche  Holzapfel  Figur 
15  giebt,  weniger  der  anderen,  die  sich  auch  bei  Müller 
findet. 

Die  Länge  ist  13  mm.  4  Windungen.  Dieselben 
sind  mit  spiralen,  vertieften,  regelmässigen  Linien  ver¬ 
sehen,  welche  nicht  gedrängt  stehen. 

Spindelfalten  können  nicht  beobachtet  werden. 

Vorkommen :  Untersenon  Aachens  und  des  Salzbergs 
bei  Quedlinburg. 

Cylielina  Mülleri  Bosquet  spec. 

Rulla  cretacea  Müller,  Monographie  der  Petref.  der  Aache¬ 
ner  Kreideform.  II.  S.  7,  Tafel  III,  Fig.  4. 
Rulla  Mülleri  Bosquet  in  den  Verzeichnissen  von  Staring, 
U  b  a  g  h  s  und  D  e  w  a  1  q  u  e. 

Gylichna  Mülleri  Bosq.,  bei  Böhm,  Der  Grünsand  von 
Aachen  S.  73. 

Gylichna  Mülleri  bei  Hol zapfei,  Die  Mollusken  der  Aache¬ 
ner  Kreideformation.  S.  75,  Tafel  VI,  Fig.  9  u.  10. 


49 


Das  vorliegende  Exemplar  hat  eine  Länge  von  1  cm. 
Das  cylindrische  Gehäuse  ist  mit  engen  Spirallinien  ge¬ 
ziert.  Längsstreifen,  welche  ßoehm  anführt,  Müller 
und  Holzapfel  aber  nicht  erwähnen,  sind  nicht  vor¬ 
handen.  Spindelfalten  sind  nicht  sichtbar. 

Von  Cyl.  Bosqueti  Holzapfel  ist  die  Art  durch  den 
Besitz  der  spiralen  Linien  verschieden.  Von  Cyl.  gradata 
Holzapfel  durch  die  vorn  verbreiterte  Mündung.  Bullina 
cretacea  Stol. 1)  zeigt  in  ihrem  oberen  Theile  eine  andere 
Gestalt,  sie  erscheint  stumpfer  abgeschnitten.  Vergl.  die 
Abbildung  Fig.  19. 

Drei  Kreidearten  von  Bulla  beschrieb  d’Archiac, 
jedoch  alle  ohne  Spirallinien2). 

Vorkommen:  Untersenon  Aachens. 


Cylichna  Schwerfeniensis  spec.  nov. 

Nur  als  Steinkern  vorhanden.  11  mm  lang,  5  Win¬ 
dungen.  Gewinde  eingesenkt.  Mündung  oben  schmal,  unten 
verbreitert  und  den  übrigen  Theil  des  Gehäuses  weit  über¬ 
ragend. 

Von  den  meisten  bekannten  und  hierher  gehörigen 
Arten  unterschieden  durch  die  Mündung,  die  hier  breiter 
und  mehr  vorgezogen  ist,  so  von  C.  Mülleri  Bosq.,  C.  Bos- 
queti  Holzapfel,  C.  gradata  Holzapfel,  C.  cylindracea  Gein. 
und  von  den  3  Arten  d’Archiacs.  Ferner  von  allen  diesen 
getrennt  durch  die  mehr  bauchige,  gerundetere  Gestalt. 

Bei  Bulla  faba  Kner  ist  das  Gewinde  weiter  einge¬ 
senkt  und  die  Aussenlippe  oben  weiter  vorgezogen.  Bei 
Cyl.  Irnichensis  ebenfalls.  Ausserdem  werden  diese  beiden 
von  der  vorliegenden  an  Breite  des  vorderen  Th  eiles  der 
Mündung  noch  übertroffen. 

Nahe  steht  eine  kleine  Art  von  Köpinge;  dieselbe  ist 
wenig  kleiner  und  das  Gewinde  liegt  bei  dieser  schwedi¬ 
schen  Art  versteckter.  Die  Oberfläche  dieser  letzteren 


1)  Cretaceous  Fauna  of  Southern  India.  Gasteropoda  S.  414, 
Tafel  XXVII,  Fig.  19. 

2)  Bull,  de  la  Soc.  geol.  de  France.  II.  Ser.  Bd.  XI,  S.  216. 

Verb.  d.  nat..  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX.  4 


50 


Art  ist  durch  winzige  Längs-  und  Querstreifen  gegittert. 
(Samml.  des  Palaeontol.  Museums  der  Univ.  Bonn.) 

Ein  Steinkern  von  C.  Schwerfeniensis  befindet  sich  in 
der  Sammlung  der  Bonner  Universität.  Derselbe  ist  von 
G  o  1  d  f  u  s  s  etiquettiert  „Cypraea,  Kreidetuff,  Maestricht“. 
Dem  Gestein-  nach  stammt  er  von  Kunraed. 


Cyliehna  Irnicheusis  spee.  hov. 

Fi  g.  13. 

Höbe  des  Gehäuses  ohne  Mündung  0,5  cm 
n  n  »  mit  „  0,8  „ 

Grösste  Breite  des  Gehäuses  0,45  „ 

Von  dies.er  Art  liegen  mehrere  Stein  kerne  mit  Ab¬ 
drücken  vor.  Die  Aussenlippe  überragt  beiderseits  den 
übrigen  Theil  der  Schale.  Sie  läuft  nach  oben  spitz 
aus.  Spindelfalten  konnten  nicht  beobachtet  werden.  Die 
grösste  Breite  des  Gehäuses  ist  unterhalb  der  Mitte,  wie 
überhaupt  der  untere  Theil  breiter  erscheint. 

Die  Oberfläche  ist  mit  ausserordentlich  feinen  regel¬ 
mässigen  Spirallinien  bedeckt,  die  nicht  wie  bei  C.  Mülleri 
dicht  gedrängt  stehen ,  sondern  breite  Zwischenräume 
lassen,  obwohl  auf  1  mm  etwa  3  solcher  Linien  entfallen. 
Dem  unbewaffneten  Auge  erscheint  der  Abdruck  glatt. 

Am  meisten  Aehnlichkeit  zeigt  Actaeonella  faba  Kner1), 
besonders  dürfte  die  äussere  Gestalt  vollkommen  überein¬ 
stimmen.  Unterschieden  ist  unsere  Art  durch  die  entfern¬ 
ter  stehenden  und  auch  wohl  feineren  Spiralfurchen.  Auch 
dürften  drei  deutliche  Spindelfalten,  wie  sie  K  n  e  r  er¬ 
wähnt,  auf  der  Mündung  eines  wohlerhaltenen  Steinkernes 
Spuren  hinterlassen  haben.  Nach  Favre  hat  Act.  faba 
auch  noch  eine  sMir  feine  Transversalsculptur,  von  welcher 
bei  Cyl.  Irnichensis  nichts  zu  bemerken  ist.  Dazu  kommt, 


1)  Versteinerungen  des  Kreidemergels  vom  Lemberg  und  Um¬ 
gebung.  S.  14,  Tafel  III,  Fig.  4. 

Favre,  Descr.  des  mollusques  fossils  (?e  la  craie  des  envi- 
rons  de  Lemberg.  S.  31,  Tafel  VIII,  Fig.  6. 


51 


dass  die  Lemberger  Art  mehr  als  dreimal  so  gross  ist  wie 
die  unsrige. 

An  diese  Art  würde  sich  noch  eine  Form  mit  tief 
eingesunkenem  Gewinde  anschliessen ,  welche  scheinbar 
eine  glatte  Oberfläche  hatte,  aber  zu  schlecht  erhalten  ist 
und  zu  wenig  Merkmale  für  die  Bestimmung  oder  Beschrei¬ 
bung  bot 


Ostrea  vesicularis  Lamk. 

Lama  r  c  k  ,  Histoire  naturelle  des  animaux  saus  vertebres 
T.  VI,  S.  219. 

Coquand,  Monographie  du  genre  Ostrea.  Marseille 
1869.  S.  35,  Tafel  13,  Figur  2—10. 

Unter  vielen  Bruchstücken  von  Ostreiden  konnten  drei 
wohl  erhaltene  als  Ostrea  vesicularis  Lk.  bestimmt  werden. 
Die  Literatur  über  diese  weit  verbreitete  Art  ist  in  grosser 
Ausführlichkeit  in  der  Monographie  Coquand’ s  ent¬ 
halten. 

Ostrea  vesicularis  wird  aus  sämmtlichen  oberen  Kreide¬ 
schichten  erwähnt,  vom  Cenoman  bis  zu  den  jüngsten.  Co- 
q  u  a  n  d  beschränkt  die  Art  auf  das  Campanien  und  er¬ 
wähnt  sie  aus  den  Unter-  und  Ober-Senonen  Schichten  von 
Quedlinburg,  Gehrden,  Dülmen,  Coesfeld,  Lemförde,  Rügen 
und  Maestricht.  Die  abgetrennten  Formen  stellt  er  zu 
0 . proboscidea  d’Arch.1),  0.  acutirostris  Nils.2),  0.  biauriculata 
Lk.3)  und  0.  vesiculosa  Gueranger4). 

Holzapfel5)  hält  die  von  Maestricht  stammenden 
Formen  für  eine  besondere  Art  (Var.  minor  Bosq.).  Im 
Bonner  Museum  befinden  sich  jedoch  einige  Exemplare 
von  diesem  Fundpunkt,  welche  jedenfalls  nicht  abgetrennt 
werden  dürfen,  dieselben  erreichen  eine  Grösse  bis  zu  4  cm. 
Auch  die  Irnicher  Exemplare  werden  nicht  grösser. 


1)  Coquand  1.  c.  S.  72.  2)  S.  75.  3)  S.  104.  4)  S.  152. 

5)  Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Palaeontogr. 
XXXV.  S.  253. 


52 


Exogyra  decussata  Goldfuss. 

G  o  1  d  f  u  s  s,  Petrefacta  Germaniae.  Bel.  II,  S.  35,  Tafel  86, 
Fig.  11. 

Ostrea  äecnssata  bei  Coquand,  Monographie  du  genre  Ostrea. 
S.  30,  Tafel  7. 

Das  vorliegende  Stück  erreicht  nicht  die  Grösse  der 
von  Goldfuss  abgebildeten  Exemplare.  Seine  rechte 
Schale  ist  gewölbt.  Vom  Wirbel  zieht  sich  eine  gerundete 
Kante  in  der  Mitte  der  Schale  zum  vorderen  Bande.  Von 
dieser  Kante  ausstrahlend  geht  eine  deutliche  fadenförmige 
Seulptur  aus,  die  bei  G  o  1  d  f  u  s  s  nur  wenig  deutlich  und 
unregelmässig  gezeichnet  ist. 

Goldfuss  erwähnt  die  Art  von  Maestricht  und  Eng¬ 
land.  Das  Original  zu  seiner  Abbildung  ist  von  ihm  selbst 
bezeichnet  „England  ?1‘  Das  Gestein  weist  auf  Maestricht. 

Coquand  führt  die  Art  an  aus  dem  Campanien 
Frankreichs,  von  Ciply  in  Belgien,  von  Aachen1)  und 
Maestricht,  Unter-  und  Ober-Senonen  Schichten.  Er  führt 
jedoch  auch  Vorkommen  des  Unteren  und  Mittleren  Quader 
in  Sachsen  an:  Gittersee,  Plauen,  Bonnewitz,  Strehlen- 
Fälschlich  identifieirt  er  die  Art  mit  Chama  conica  Nilss.2). 


Exogyra  cf.  auricularis  Goldfuss. 

Petrefacta  Germaniae.  II.  Bd.  Seite  39,  Tafel  88,  Figur  2. 

Eine  kleine,  vollständig  erhaltene  linke  Schale  einer  Exo¬ 
gyra  dürfte  als  Jugendzustand  &qyE.  auricularis  Qo\M.  ( Ostrea 
auricularis  Gein.)  aufzufassen  sein.  Hinsichtlich  der  Literatur 
kann  auf  die  Monographie  du  genre  Ostrea  von  Coquand 
Seite  28  verwiesen  werden,  welcher  auch  die  Synonyma  aus¬ 
führlich  aufführt. 

Das  einzige  vollständige  Exemplar  ist  9  mm  lang  und 
9  mm  breit.  Diese  abweichenden  Grössenverhältnisse  ver- 


1)  Boehm  und  Holzapfel  erwähnen  die  Art  nicht.  Müller 
giebt  sie  von  Vetschau  an. 

2)  Nilsson,  Petref.  Suec.  Tafel  8,  Fig.  4. 

Hiesinger,  Lethaea.  Tafel  19,  Fig.  4. 


53 


hindern  eine  völlige  Identificirung  mit  der  breiteren  E. 
auricularis  Goldf.  Jedoch  können  dieselben  auch  durch 
den  Jugendzustand  erklärt  werden.  Der  Wirbel  ist  stark 
eingedreht.  An  der  Rückseite  ist  die  im  allgemeinen  schon 
feste  Schale  verdickt.  Aeusserlick  zeigt  sie  daselbst  eine 
Kante,  von  welcher  ein  schmaler  Rand  begrenzt  wird. 
Auf  demselben  sind  Spuren  von  Linien  senkrecht  zur 
Kante  wahrzunehmen  (Figur  2  b  der  Abb.  von  G  o  1  d  f  u  s  s). 
Goldfuss  erwähnt  die  Art  von  Schweden,  Belgien  und 
Maestricht.  Das  von  dem  letzteren  Fundpunkte  herstam¬ 
mende  Original  seiner  Abbildungen  Fig.  2d  beschreibt  er 
später  als  E.  inflata  G.  In  den  Listen  Bosquets  wird 
aber  auch  ferner  die  Art  von  Maestricht  erwähnt,  desgl. 
führt  sie  Coquand  von  diesem  Orte  an,  er  erwähnt  ausser¬ 
dem  Aachen,  Rügen,  Gehrden.  In  Westphalen  kommt  sie 
vor  in  der  Zone  des  Heteroceras  polyplocum ,  in  der  der  Lepi- 
clospongia  rugosa ,  des  Scaphites  binodosus  und  des  Pecten 
muricatus. 


Anomia  cretacea  spec.  nov. 

Figur  14. 

Das  beste  und  zugleich  grösste  Exemplar  dieser  fast 
kreisrunden  Muschel  hat  einen  Durchmesser  von  12  mm. 
Die  dünne  Schale  ist  flach  und  mit  Anwachsstreifen  ver¬ 
sehen,  die  sich  bisweilen  zu  concentrischen  Rippen  ver¬ 
dicken.  Der  niedrige  Wirbel  liegt  unter  dem  oberen  et¬ 
was  abgestutzten  Rande. 

Von  A.  subtruncata  d’Orb. J)  aus  dem  Mittel-  und 
Ober-Quader  Sachsens  und  Böhmens,  aus  dem  Unter-Senon 
des  Harzes  und  dem  Ober-Senon  Westphalens  (Z.  d.  Reterot. 
polyplocum  und  der  Becksia  Soelcelandi),  mit  welcher  unsere 


1)  A.  truncata  Geinitz,  Charakteristik  des  sächs.-böhm.  Kreide¬ 
gebiets.  UI.  S.  87,  Tafel  XIX,  Figur  4,  5. 

A.  subtruncata  d’Orb.,  Geinitz,  Elbthalgebirge.  II.  S.  30, 
Tafel  8,  Figur  22,  23. 

A.  subtruncata  Reuss,  böhm.  Kreide.  II.  S.  45,  Tafel  31,  Fig.  13* 


54 


Art  Aehnlichkeit  hat,  unterscheidet  sie  sich  durch  Mangel 
der  punktirten  Radiallinien  und  durch  die  Lage  des  Wir¬ 
bels,  denn  dieser  liegt  nicht  unter  der  Mitte  des  graden 
Schlossrandes.  A.  pellucida  Müller  ist  oval.  A.  verrucifera 
Müller1)  hat  Wärzchen  und  ist  mehr  oder  weniger  vier¬ 
seitig2).  Die  übrigen  deutschen  Arten  der  oberen  Kreide, 
welche  zu  dieser  Gattung  gehören,  wie  A.  Ewalcli  Frech3) 
aus  dem  Unter  -  Senon  des  Harzes  und  des  Aachener  Ge¬ 
biets,  A  intercostaia  Zittel4),  A.  lamellosa  Römer5),  A.  se- 
miglobosa  Geinitz 6),  sämmtlich  im  Unter-Senon  des  Harzes 
vorkommend,  A.  granulosa  Römer 7)  aus  der  weissen  Kreide 
Rügens,  A.  incurvata  Holzapfel8),  dem  Unter-Senon  von 
Aachen  angehörig,  unterscheiden  sich  wesentlich  durch 
Gestalt  und  Sculptur. 


Lima  (Limatula)  cf.  semisuleata  Nilss. 

Nilsson,  Petrificata  Suecana  S.  25,  Tafel  IX,  Fig.  8. 
Goldfuss,  Petrefacta  Germaniae.  II.  S.  90,  Tafel  104,. 
Fig.  3. 

Von  dieser  Art  liegt  nur  ein  kleines,  schlecht  erhal¬ 
tenes  Stück  vor,  von  4  mm  Länge  und  6  mm  Höhe.  Die 
Schale  ist  auf  einer  Seite  verdrückt,  sie  zeigt  19  scharfe 
Rippen  auf  der  Mitte.  Die  Seiten  sind  glatt  im  Gegen - 


1)  Müller,  Supplement  zur  Monogr.  der  Petrefacten  der 
Aachener  Kreideformation.  S.  7,  Tafel  VII,  Fig.  5. 

2)  Vergl.  auch  Plolzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide, 
Palaeontographica  XXXV,  S.  246,  welcher  von  Aachen  eine  Form 
kurz  erwähnt,  die  A.  subtruncata  nahesteht. 

3)  Frech,  Zeitschrift  d.  D.  g.  Ges.  Bd.  XXXIX,  S.  154. 
Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Tafel  XXIX,  Figur  12, 
S.  245. 

4)  Frech,  1.  c.  S.  153. 

5)  A.  Römer,  Kreide.  S.  48,  Tafel  VIII,  Figur  3. 

6)  Gei nitz,  Quadergebirge  Deutschlands.  S.  208.  G.  Müller, 
Beitrag  zur  Kenntniss  der  oberen  Kreide  am  nördl.  Harzrand.  Jahrb. 
d.  geol.  Landesanstalt.  1887,  S.  403. 

7)  A.  Römer,  Kreide.  S.  49,  Tafel  VIII,- Fig.  4. 

8)  Holzapfel,  1.  c.  S.  245,  Tafel  26,  Fig.  23—25. 


55 


satz  zu  L.  semisulcata  von  Maestricht,  wo  hier  starke  con- 
centrische  Streifen  hervortreten.  In  der  Gestalt  gleicht  sie 
dieser.  Der  Unterschied  ist  allenfalls  auf  die  Erhaltungs¬ 
weise  zurückzuführen. 

Ueber  die  verticale  Verbreitung  dieser  Art  bemerkt 
Holzapfel1)  für  das  Aachen  -  Limburger  Gebiet,  dass 
sie  ihm  nur  aus  dem  Danien  von  Maestricht,  Kunraed  und 
Vetschau  bekannt  sei.  Die  von  Müller  aus  Aachen  be¬ 
schriebene  Form  giebt  er  als  L.  decussata  Goldf.  wieder. 
F.  Römer2)  führt  die  Art  von  Haldem  an.  Schlüter3) 
erwähnt  sie  aus  den  Ober  -  Senonen  Zonen  der  Beckski 
Soekelandi  und  der  Lepidosp.  rugosa  Westphalens.  In  der 
letzteren  kommt  sie  häutig  vor  bei  Coesfeld  und  Darup. 
Sie  variirt  hier  stark  hinsichtlich  Zahl  und  Breite  der 
Rippen,  auch  sind  einige  weniger  stark  gewölbte  Exem¬ 
plare  zwischen  dem  reichlich  vorhandenen  Vergleichsmate¬ 
rial  des  Bonner  Museums.  Ausserdem  gehört  hierher  noch 
je  ein  Exemplar  von  Haltern  aus  der  Unter-Senonen  Zone 
des  Beeten  muricatus  und  von  Flaamsche  aus  der  Zone  des 
Scaphites  binodosus,  sowie  aus  der  Tourtia  von  Essen,  alle 
gesammelt  vom  Herrn  Professor  Schlüter  und  im  Bonner 
Museum  befindlich. 

) 


Pecten  virgatus  Nilssoii. 

Beeten  virgatus  Nilsson,  Petrificata  Sueeana.  S.  22,  Tafel 
IX,  Fig.  15. 

„  arcuatus  Goldfuss,  Petrefacta  Germaniae.  S.  50, 
Tafel  91,  Fig.  6. 

,,  curvatus  Geinitz,  Kieslingswalde  S.  16,  Tafel  III, 

Fig.  13. 

„  curvatus  Geinitz,  Elbthalgebirge.  I.  S.  193,  Tafel 

43,  Fig.  15.  II.  Tafel  X,  Figur  1. 


1)  Palaeontographica  XXXV,  S.  242. 

2)  F.  Römer,  Kreidebildungen  Westphalens.  S.  204.  Zeitschr.  d. 
D.  geol.  Ges.  Bd.  YI. 

3)  Schlüter,  Spongitarienbänke.  S.  36. 


56 


Camptonectes  curvatus  Boehm,  Grünsand  von  Aachen.  S.  78. 
Pecten  curvatus  Frech,  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  -Bd.  39, 
S.  156. 

„  virgatus  Nilsson  bei  Holzapfel,  Die  Mollusken 
der  Aachener  Kreide.  S.  229,  Tafel  26,  Fig.  7 — 9. 

Die  von  Irnich  vorliegenden  Stücke  zeigen  durch¬ 
weg  die  Innenseite,  sowohl  der  rechten  wie  der  linken 
Schale.  Durch  Präpariren  wurden  Abdrücke  blosgelegt, 
die  mit  den  Exemplaren  von  Camptonectes  curvatus  ver¬ 
glichen  wurden,  welche  Boehm  aus  dem  Grünsand  von 
Aachen  beschreibt.  Das  Höhen-  und  Längen  -Verhältniss 
ist  etwa  18 :  15,  jedoch  erscheinen  die  jüngeren  Exemplare 
schlanker  und  gewinnen  dadurch  noch  mehr  Aehnlichkeit 
mit  Pecten  virgatus  N.  Die  Oberfläche  ist  mit  Rippen  be¬ 
deckt,  welche,  von  der  Mitte  ausstrahlend,  bogenförmig  ge¬ 
krümmt  zum  Rande  verlaufen.  Die  Rippen  dichotomiren 
mehrfach.  Die  äusserst  feinen  concentrischen  Linien  sowie 
die  Punktirung*  der  Furchen,  welche  die  Rippen  trennen, 
konnten  nur  an  einer  Stelle  undeutlich  wahrgenommen 
werden.  Bei  der  mangelhaften  Erhaltung  ist  es  jedoch 
nicht  zu  verwundern,  dass  diese  feine  Skulptur  nicht  deut¬ 
licher  hervortritt.  Boehm  erwähnt  nicht,  dass  Wirbel 
und  Mitte  des  oberen  Theiles  der  Schale  glatt  bleiben, 
obwohl  seine  Originale  dies  gleichfalls  zeigen. 

Die  Art  ist  nicht  selten  in  Irnich  zu  finden.  P.  vir¬ 
gatus  Nilss.  und  verwandte  Arten  sind  in  der  letzten  Zeit 
vielfach  und  ausführlich  besprochen  und  während  noch 
Boehm  seine  Aachener  Stücke  unter  dem  Namen  P.  cur¬ 
vatus  Gein.  anführt  und  nur  auf  die  nahe  Verwandtschaft 
mit  P.  virgatus  Nilsson  hinweisst,  so  ist  Holzapfel  auf 
Grund  der  Vergleichung  mehrerer  Hundert  Exemplare  zu 
der  Ueberzeugung  gelangt,  dass  P.  curvatus  mit  P.  virga¬ 
tus  übereinstimme.  Boehm  und  Holzapfel  geben  aus¬ 
führliche  Literaturverzeichnisse  und  erörtern  die  Synonyma. 

Pecten  virgatus  ist  horizontal  wie  vertical  eine  der 
verbreitetsten  Arten  der  oberen  Kreide. 


57 


Pecten  actinodus  Goldf. 

Petrefacta  Germaniae.  II.  Tafel  91,  Fig.  12,  S.  52. 

Diese  Art  scheint  nach  einer  Anzahl  Bruchstücke  zu 
urtheilen  häufig  vorzukommen.  Sie  zeigt  leider  nur  die 
Innenseite  und  ist  dann  schwer  vom  Gestein  zu  entfernen, 
oder  sie  ist  als  Steinkern  erhalten. 

In  beiden  Fällen  ist  sie  leicht  Verwechslungen  mit 
P.  Dujardini  und  anderen  ausgesetzt.  In  einem  Falle  ge¬ 
lang  mir  das  ümdrehen  der  Schale  derart,  dass  die  Be¬ 
stimmung  auf  Grund  der  Sculptur  ermöglicht  wurde. 

Ich  gebe  zunächst  eine  Ergänzung  der  Beschreibung, 
wie  wir  sie  von  Goldfuss  in  seinen  Petrefacta  Germa¬ 
niae  finden,  wobei  ich  mich  an  das  Originalexemplar  und 
an  ein  anderes  von  Maestri cht  stammendes  halten  werde, 
da  diese  bessere  Erhaltung  zeigen.  Es  erscheint  mir  dies 
um  so  wichtiger,  da  die  Beschreibung,  sowie  die  Ver- 
grösserung  des  Schalstückes  in  der  Zeichnung  nicht  ganz 
dem  Original  entsprechen. 

Die  Gestalt  der  ziemlich  flachen  Schale  ist  von 
Goldfuss  gut  wiedergegeben.  Die  Schale  trägt  neun 
Kippen  oder  Strahlen.  Dieselben  sind  breit  und  flach. 
Beiderseits  tragen  sie  eine  etwas  schärfere  Kante.  Auf 
diesen  Kanten  entwickeln  sich  die  Anwachsstreifen,  welche 
auf  der  ganzen  Schale  in  welligen  Linien  sichtbar  sind, 
zu  flachen,  schuppenartigen  Bildungen.  Weniger  stark  ge¬ 
schieht  dies  auch  in  radialen  Linien,  die  zu  je  3  auf  der 
Mitte  der  Rippen,  wenigstens  der  grösseren,  liegen.  Nur 
an  einer  kleinen  Stelle  des  Originalexemplars,  also  wohl 
nur  ausnahmsweise,  treten  die  wellenförmigen  Anwachs¬ 
streifen  stark  rippenförmig  hervor  und  auch  dieser  Stelle 
gegenüber  erscheint  die  vergrösserte  Zeichnung  bei  Gold¬ 
fuss  übertrieben. 

Der  Steinkern  gleicht  in  der  Sculptur  dem  P  Du¬ 
jardini  und  unterscheidet  sich  wie  dieser  von  Pecten 
ternatus.  Die  Rippen  desselben  sind  glatt,  flach  ge¬ 
wölbt  und  scharf  gegen  die  Zwischenräume  abgesetzt, 
die  etwa  die  doppelte  Breite  wie  die  Rippen  selbst  haben. 
In  den  Zwischenräumen  ist,  besonders  bei  älteren,  wenig 


oder  gar  nicht  bei  jüngeren  Exemplaren,  eine  Dreitheilung 
bemerkbar,  dergestalt,  dass  die  Mitte  derselben  nochmals 
sehr  gering  eingesenkt  erscheint.  Es  entstehen  so  zwei 
äusserst  schwache  Kanten,  welche  die  Rippen  begleiten. 

Im  hiesigen  Museum,  ferner  in  der  Sammlung  Ubaghs 
in  Maestricht  und.  irre  ich  nicht,  auch  in  Lüttich  finden 
sich  Pectinidenschalen ,  welche  nur  ihre  innere  Seite 
zeigen  und  welche  einen  dem  eben  beschriebenen  Steinkern 
gleichen  Abdruck  hervorrufen.  Dieselben  sind  als  P.  decem- 
costatus  G.1)  bestimmt,  welchen  G  o  1  dfu  s  s  als  Steinkern 
von  Schandau  beschrieben  hat  und  der  sich  durch  kleine 
Ohren  auszeichnen  soll.  Mir  gelang  es,  eine  dieser  als 
decemcostatus  bestimmten  Schalen  zu  wenden  und  ich  fand 
dann,  dass  hier  auch  ein  P.  adinodus  vorlag.  Leider  ge¬ 
bricht  es  mir  an  Material,  um  festzustellen,  ob  sich  stets 
der  vermeintliche  decemcostatus  von  der  anderen  Seite  als 
adinodus  zeigt  und  demnach  der  erstere  Name  aus  den 
Verzeichnissen  der  organischen  Reste  von  Maestricht  zu 
streichen  ist.  —  Wie  schon  bemerkt,  soll  der  Steinkern 
des  wirklichen  P.  decemcostatus  durch  kleinere  Ohren  cha- 
rakterisirt  sein.  Ueber  die  Steinkerne  der  ebenfalls  in 
diese  Gruppe  gehörigen  P.  cicatrisatus  und  P.  ptychodes2)  y 
beide  von  Maestricht,  konnte  ich  leider  nichts  feststellen. 
Die  Schalen  selbst  unterscheiden  sich  leicht  durch  die  ab¬ 
weichende  Sculptur.  P.  cicatrisatus  hat  entfernt  stehende 
Schuppen  auf  der  Mittellinie  der  Rippen  und  P.  ptychodes 
hat  neben  den  7  Hauptstrahlen  sehr  viele  erhabene  radiale 
Linien.  —  Bei  P.  septemplicatus  Nilss.3)  zeigt  der  Stein¬ 
kern  stärker  hervorragende  gewölbte  Rippen.  Derselbe 
hat  sonst  ebenfalls  mit  den  vorher  besprochenen  grösste 
Aehnlichkeit.  Auf  der  Schale  selbst  sind  ebenfalls  die 
Rippen  viel  stärker  gewölbt  und  die  Knoten  stärker  als  die 
Schuppen  der  neun  Rippen  von  P.  adinodus.  Roemer4) 
hat  P.  septemplicatus  und  P.  ptychodes  synonym  erklärt, 


1)  Petrefacta  Germaniae.  II.  S.  53,  Tafel  93,  Fig.  2. 

2)  Goldfass,  Petrefacta  Germaniae.  II.  S.  56,  Taf. 93,  Fig.4 u.ö. 

5)  Nilsson,  Petrif.  Suec.  S.  20,  Tafel  X,  Fig.  8. 

4)  Versteinerungen  des  nordd.  Kreidegebietes.  S.  51. 


jedoch,  falls  die  Unterschiede  nicht  durch  die  Ungleichheit 
der  rechten  und  linken  Schale  bedingt  sind,  wohl  irrthüm- 
lich,  da  letzterer  keine  Knoten  oder  Schuppen  aufzuweisen 
hat,  wohl  aber  etwas  zahlreichere  radiale  Linien,  die  auf 
den  Rippen  selbst  äusserst  schwach  werden.  Ich  konnte 
das  Original  des  P.  ptychodes  mit  Exemplaren  des  P.  se- 
ptemplicatus  Nilss.,  die  Herr  Prof.  Schlüter  am  Balsberg 
in  Schonen  gesammelt,  vergleichen.  Letztere  entsprachen 
vollkommen  der  Abbildung,  welche  N  i  1  s  s  o  n  giebt. 

Das  vom  Gestein  abgelöste  Stück  von  Irnich  zeigt 
die  breiten  Strahlen,  auch  die  Schuppen  auf  den  Leisten, 
welche  die  Strahlen  begrenzen,  es  zeigt  aber  keine  Spur 
mehr  von  Anwachsstreifen.  Da  die  Gestalt  der  Schale 

7 

und  die  Zahl  der  Rippen  auch  übereinstimmen,  so  dürfte 
diesem  Mangel,  der  sich  durch  die  äusserst  schlechte  Er¬ 
haltung  leicht  erklärt,  für  die  Bestimmung  nicht  ins  Ge¬ 
wicht  fallen. 

Gol  dfuss  erwähnt  die  Art  aus  dem  Kreidetuff  des 
St.  Petersberges. 


Pecten  Faujasi  Goidf. 

G  o  1  d  f  u  s  s  ,  Petrefacta  Germaniae.  II.  S.  57,  Tafel  93, 
Fig.  7. 

Es  liegt  ein  Steinkern  ohne  Ohren  vor.  Derselbe 
misst  vom  Wirbel  zum  Stirnrand  38  mm.  Er  ist  schlank 
und  spitz  und  zeigt  25  Rippen. 

Nach  Gol  dfuss  sind  30  Rippen  bei  dieser  Art 
vorhanden,  jedoch  fällt  der  geringe  Unterschied  der  Zahl 
nicht  ins  Gewicht,  da  sie  nach  den  Seiten  zu  sehr  klein 
werden  und  keine  Spuren  auf  dem  Steinkern  zurückgelassen 
haben  dürften.  Ferner  sollen  die  Rippen  dreitheilig  und 
mit  Knoten  geziert  sein.  Seine  Abbildung,  die  Vergrösse- 
rung  eines  Schalstückes,  zeigt  aber  schon,  dass  auch  diese 
Eigenthümlichkeiten  für  den  Steinkern  fortfallen.  —  Von 
P.  muricatus,  dessen  Steinkern  ähnlich  gerippt  ist,  unter¬ 
scheidet  sich  diese  Art  durch  spitzeren  Winkel  am  Wirbel. 

Die  auf  Zahl  der  Rippen  und  Gestalt  der  Schale  be- 


60 


gründete  Bestimmung  blieb  mir  fraglich,  bis  ich  Gelegen¬ 
hatte,  den  Steinkern  mit  dem  Original  zu  vergleichen,  von 
dem  nur  Bruchstücke  noch  vorhanden  sind.  Es  schwanden 
nunmehr  die  Bedenken.  —  Das  Originalexemplar  ist  weit 
grösser  gewesen,  das  Innere  der  Schale  zeigt  vollkommen 
das  Bild  unseres  Steinkernes.  G  o  1  d  f  u  s  s  erwähnt  die 
Art  vom  Petersberge. 


Pecten  Dujardini  A.  Roemer. 

Pecten  septemplicatus  Dujardin,  Memoire  sur  les  couches 
du  sol  de  Tourraine  et  description  des  coquilles 
de  la  craie  et  des  faluns.  Mein,  de  la  Soc.  Geol. 
T.  II.  S.  227,  Tafel  16,  Fig.  11. 

,,  Dujardini  A.  Roemer,  Die  Versteinerungen  des  nord¬ 
deutschen  Kreidegebirges  S.  53. 
d *  0  r  b  i  g  n  y  ,  Paleontologie  frangaise.  Terrain  cretace. 

Lamellibranches  S.  615,  Tafel  439,  Fig.  5—11. 
Reu  ss,  Die  Versteinerungen  der  böhmischen  Kreidefor¬ 
mation.  II.  S.  30,  Tafel  39,  Fig.  17. 

'?  Geinitz,  Das  Elbthalgebirge  in  Sachsen.  S.  36,  Tafel 
10,  Fig.  10-13. 

Die  Schale  ist  flach  gewölbt  und  mit  etwa  10  Rippen 
geziert.  Dieselben  sind  deutlich  dreigetheilt,  jeder  Theil 
trägt  regelmässige,  schuppenförmige,  starke  Knoten,  die 
dichtgedrängt  stehen.  Zwischen  den  Rippen  liegen  noch 
zwei  ebensolche  schuppentragende  Linien.  Mit  der  Lupe 
nimmt  man  Anwachsstreifen  wahr,  die  auf  den  Rippen 
wellenförmig  zurückgebogen  sind. 

Bei  dieser  Bestimmung  fusse  ich  auf  der  ausführliche¬ 
ren  Beschreibung,  welche  d’Orbigny  von  dieser  Art 
giebt.  Dass  derselbe  ein  oder  zwei  Knotenlinien  mehr  ge¬ 
funden  hat,  als  ich  sie  gesehen,  dürfte  kaum  ins  Gewicht 
fallen.  Ob  die  Form ,  welche  G  e  i  n  i  t  z  unter  diesem 
Namen  beschreibt,  mit  den  französischen  und  denen  von 
Irnich  zusammengehört,  ist  mir  nach  Betrachtung  seiner 
Abbildung  und  Beschreibung  etwas  fraglich  geblieben,  da 


61 


nach  ihm  nur  zuweilen  die  Anwachsstreifen  schuppenartig 
sich  erheben. 

Ueber  den  Steinkern  ist  bislang  nur  von  Reuss 
berichtet,  dass  er  auch  Anwachsstreifen  trage.  Er  ist  hin¬ 
sichtlich  der  Sculptur  dem  des  Peden  adinodus  gleich. 
Von  dieser  Art  unterscheidet  sich  P.  Dujardini  durch 
höhere  Wölbung,  durch  die  scharfe  Gliederung  der  Rippen, 
durch  die  Regelmässigkeit  und  Stärke  der  Knoten,  sowie 
der  als  concentrische  Rippchen  ausgebildeten  Anwachs¬ 
streifen. 

Nahe  steht  P.  cicatrisatus  Goldf.1)  von  Maestricht, 
welcher  jedoch  nur  auf  der  Mittellinie  der  Rippen  Knoten 
trägt. 

P.  ternatus 2),  von  Goldfuss  aus  Schandau  beschrie¬ 
ben,  trägt  nach  Schlüter,  welcher  ihn  aus  der  Zone 
der  Decksia  Soekelandi  erwähnt,  nicht  Knoten,  sondern 
Stacheln,  auch  unterscheidet  sich  der  Steinkern  von  dem 
unserer  Art.  Seine  Rippen  sind  nämlich  noch  deutlich 
dreitheilig  und  der  mittlere  Theil  ist  dachförmig. 

P.  osperulinus  Stol.  aus  der  Arrialoor  Group3)  Indiens 
zeigt  auf  der  Mittellinie  der  Rippen  Schuppen,  welche  ent¬ 
fernter  stehen  und  die  übrigen  an  Grösse  weit  überragen, 
was  beides  bei  unserer  Art  nicht  der  Fall  ist. 

Roemer  erwähnt  Peden  Dujardini  aus  dem  Pläner 
von  Weinböhl  und  der  oberen  Kreide  von  Tours,  von  wo 
ihn  Dujardin  als  Peden  septemplicatus  beschreibt. 
G  e  i  n  i  t  z  führt  ihn  aus  dem  Mittelquader  Sachsens  und 
aus  dem  Plänerkalk  von  Strehlen  und  Weinböhl  an;  Reuss 
aus  dem  Plänersandstein  von  Trziblitz,  Hradeck,  Schelko- 
witz  und  Wegstadtei;  d’Orbigny  von  Tours,  Royan, 
Saintes  (Charente  inf.) ,  von  Montignac  und  Colombier 
(Dordogne),  von  Cognac  (Charente)  und  Cambray  (Nord). 

1)  Petref.  Germ.  II.  Tafel  93,  Fig.  6,  S.  56. 

2)  Petref.  Germ.  II.  S.  52,  Tafel  91,  Fig.  13.  Roemer, 
Kreide,  S.  53.  Schlüter,  Spongitarienbänke.  S.  24.  Griepen- 
kerl,  Königslutter.  S.  43. 

3)  Stoliczka,  Cret.  Pal.  of  Southern  India.  S.  432,  Tafel  31, 
Figur  10  u.  11  und  Tafel  34,  Fig.  5. 


62 


Nach  dem  Verzeichntes  bei  D  e  w  a  1  q  u  e  kommt  die 
Art  im  Hervien  nnd  Maestrichtien  Limburgs  vor,  Ubaghs 
ergänzt  die  Angabe  auf  das  Maestrichtien  sup.  Die  verti- 
cale  Verbreitung  dieser  Art  würde  sich  demnach  vom 
unteren  Turon  bis  in  die  jüngsten  Schichten  der  Kreide 
erstrecken. 

Anm. :  Holzapfel1)  bespricht  einen  Pecten  aus 
dem  Gymnicher  Loch,  der  ebenfalls  dieser  Gruppe  ange¬ 
hört,  Ob  er  aber  mit  P  Dujardini  identificirt  werden 
kann,  ist  fraglich,  da  insbesondere  der  Steinkern  wesent¬ 
liche  Abweichungen  zeigt.  Im  Obersenon  Westphalens 
finden  sich  ebenfalls  noch  nahestehende  Formen,  wie  sich 
aus  einigen  Steinkernen  im  Bonner  Museum  ergiebt.  Da 
sich  aber  bei  dieser  Gruppe  auf  Grund  von  Steinkernen 
keine  Bestimmung  ermöglichen  lässt,  sehe  ich  von  einer 
genaueren  Besprechung  ab. 

Pecten  Irnichensis  spec.  nov. 

Fig,  15. 

Mehrere  Schalen,  flache  und  schwach  gewölbte,  von 
gleicher  Sculptur  dienen  zur  Aufstellung  dieser  Art. 

Dimensionen  eines  vollständigen  Exemplares  18  mm  : 
15  mm.  Die  Schale  ist  mit  vielen  radialen  Rippen  geziert, 
welche  jedoch  von  ungleicher  Stärke  sind.  Rippen  I.  Ord¬ 
nung  werden  etwa  14  gezählt,  dazwischen  je  2  oder  3 
il.  Ordnung  und  zwischen  diesen  solche  III.  Ordnung. 
Regelmässigkeit  ist  jedoch  dabei  nicht  vorhanden.  Ferner 
trägt  die  Schale  concentrische  Rippchen,  weiche  mit  erste- 
ren  zusammen  der  Oberfläche  ein  gegittertes  Aussehen 
geben.  Auf  der  flachen  Schale  sind  die  Unterschiede  in 
der  Stärke  der  Rippen  geringer.  Die  Ohren  scheinen  gleich 
gross  gewesen  zu  sein.  P.  Irnichensis  hat  Aehnlichkeit 
mit  P.  cretosus  Defr.  nach  d  ’  0  r  b  i  g  n  y  (Paleontologie 
francaise  Tafel  440,  Fig.  1 — 7),  letzterer  ist  jedoch  bei 
weitem  grösser  und  ausserdem  sind  die  concentrischen 
Rippen  nicht  angegeben,  sondern  nur  schwache  Anwachs¬ 
streifen.  Mit  dem  als  Synonym  angeführten  P.  nitidus  Sow., 


1)  Palaeontographica  XXXV,  S.  232. 


(33 


P.  nitida  Mantell  und  P.  undulatus  Nilsson  ist  die  Ueber- 
einstiminung  geringer,  da  diese  Autoren  den  Buckel  weit 
stumpfer  gezeichnet  haben. 

P.  elongatus  d’Orb.1 *)  aus  dem  französischen  IJnter- 
Turon  zeigt  in  der  Gestalt  Aehnlichkeit ;  die  grössere  An¬ 
zahl  der  Rippen,  das  schärfere  Hervortreten  und  die  grös¬ 
sere  Regelmässigkeit  derselben  unterscheidet  ihn  von 
unserer  Art. 


Vola  substriato-costata  d’Orb. 

Pecten  striato-costatus  Goldfuss,  pars.  Petrefacta  Germaniae. 

II.  S.  55,  Tafel  93,  Fig.  2  a.  b.  f.  g. 

Janira  striato  -  costata  d’Orbigny,  Paleontologie  francaise. 
Lamellibrauches.  S.  650,  Tafel  449,  Fig.  5 — 6. 

„  snbstriato  -  costata  d’Orbigny,  Prodrome  de  Paleon¬ 
tologie.  II.  S.  253. 

Non  Pecten  striato-costatus  Goldfuss,  Petrefacta  Germaniae. 
Figur  2  c.  d,  Tafel  93. 

„  Pecten  striato-costatus  Strombeck,  Ueber  die  Kreide, 
am  Zeltberg  bei  Lüneburg.  Zeitschrift  d.  Deutschen 
Geol.  Ges.  XV.  S.  155. 

Aus  der  Formenreihe,  welche  Goldfuss  unter  dem 
Namen  P.  striato-costatus  zusammenfasste,  schied  d 7  0  r  b  i  g  ny 
einen  Teil  unter  dem  Namen  Janira  substriato-costata  aus. 
Der  alte  Name  blieb  für  die  Formen  mit  polygonalem 
Stirnrand,  mit  den  scharfen,  nicht  gerundeten  Ecken, 
welche  durch  die  Hauptrippen  hervorgerufen  werden,  für 
die  Formen,  deren  Rippen  nur  eine  geringe  Gliederung 
zeigen  gegenüber  den  vielfach  getheilten  der  anderen  Art. 

Favre  macht  auch  auf  Unterschiede  zwischen  den 
G  o  1  d  fu  s  s  ’  sehen  Formen  Figur  a.  b.  f.  g  und  den 
französischen  aufmerksam,  von  denen  ich  allerdings  nur 
einen  anerkennen  kann ;  die  Abbildung  d’Orbigny’s 
zeigt  nämlich  kleinere  Ohren,  als  sie  die  Exemplare  aus 


1)  Paleontologie  francaise,  Lamellibranches,  S.  607,  Taf.  437 

Fig.  1-4. 


64 


dem  Maestrichttuff  besitzen.  Hinsichtlich  der  Sculptur  fand 
ich  Unterschiede  zwischen  den  Formen  aus  Irnich  und  dem 
Originalexemplar  von  G  ol  dfuss  einerseits  und  den  mir  zum 
Vergleich  vorliegenden  Stücken  von  La  Valette  (Charente) 
und  St.  Paterne  (Indre  et  Loire)  andererseits.  Ich  war 
daher  geneigt,  auch  diese  beiden  Formen  als  verschiedene 
Arten  anzusehen.  Mein  Besuch  in  Maastricht  und  Lüttich 
jedoch  überzeugte  mich,  dass  auch  in  Limburg,  besonders 
in  Kunraed  Formen,  die  den  französischen  gleichen,  sowie 
Uebergänge  von  einem  zuin  anderen  vorhanden  sind.  Den 
Unterschied  in  der  Grösse  der  Ohren  konnte  ich  nur  nach 
der  Abbildung  feststellen,  da  solche  an  den  mir  zu  Ge¬ 
bote  stehenden  Schalen  aus  der  Kreide  Frankreichs  nicht 
erhalten  waren.  Ich  gebe  zunächst  eine  genauere  Beschrei¬ 
bung  der  Irnicher  Form,  welche  mit  G  o  1  d  f  u  s  s7  Original 
aus  dem  Kreidetuff  von  Maes triebt  (Valkenberg?)  völlig 
übereinstimmt,  und  werde  dann  die  obenerwähnten  Unter¬ 
schiede  hervorheben. 

Die  hoch  gewölbte  Schale  zeigt  6  gerundete  Rippen, 
zwischen  denselben  befinden  sich  je  zwei  geringere.  Die 
grösseren  Rippen  gliedern  sich  wieder  in  mehrere  kleinere 
Rippchen  oder  Bänder,  von  denen  stets  zwei,  an  Breite 
die  anderen  übertreffende,  auf  der  Mitte  der  Hauptrippen 
liegen.  Der  Stirnrand  erhält  durch  das  Vorspringen  der 
verschiedenen  Rippchen  und  Bänder  ein  wellenförmiges 
Aussehen.  Ausserdem  hat  der  Rand  scheinbar  durch  ver¬ 
schiedene  Längen  der  einzelnen  Schalschichten  eine  dach¬ 
förmige  Gestalt  erhalten.  Die  flache  Schale,  welche  in 
Irnich  häufiger  und  besser  erhalten  ist,  zeigt  eine  Sculptur, 
die  der  der  gewölbten  Schale  entspricht,  es  treten  aber 
die  Hauptrippen  nur  wenig  hervor,  sind  aber  trotzdem 
leicht  zu  unterscheiden  durch  das  Vorspringen  am  Rande. 
Die  jüngeren  Stücke  zeigen  ausserdem  noch  concentrische 
Liniirung.  Bei  den  mir  bekannten  französischen  Formen, 
desgleichen  bei  denen  von  Kunraed  sind  die  Hauptrippen 
viel  höher  und  stärker  gewölbt  und  auf  ihnen  zeigen  sich 
statt  zweier  Bänder  nur  eins,  das  die  übrigen  noch  wesent¬ 
licher  übertrifft.  Besonders  durch  ersteren  Unterschied  ge¬ 
währen  die  Schalen  ein  anderes  Bild. 


65 


Schon  d’Archiac1)  unterschied  iu  der  G  o  1  d- 
f  u  s  s  ’  sehen  Art  3  Varietäten,  von  denen  Var.  A.  gibba 
der  Vola  striato-costata  s.  s.  entspricht,  während  Var.  B. 
und  C.,  complanata  und  maxima,  der  Vola  substriato-costata 
d’Orb.  zu  entsprechen  scheinen.  Abbildungen  giebt  er  nicht. 


Spondylus  spec. 

Ein  Exemplar,  ein  Bruchstück  ohne  Schloss  und 
Ohren,  einer  flachen  Schale,  ist  zu  Spondylus  zu  stellen. 
Die  Erhaltung  gleicht  der  der  Pectiniden  d.  h.  die  Schalen¬ 
oberfläche  liegt  fest  auf  dem  Gestein.  Innen  und  Aussen 
ist  die  Schale  radial  gerippt.  Sie  ist  unregelmässig  faltig- 
gewachsen,  zeigt  aber  keine  Stacheln  oder  Knoten.  Grösse 
3  cm. 

Ein  anderes  Bruchstück  einer  Bivalve  möchte  ich 
nach  Vergleich  mit  einem  Exemplar  des  hiesigen  Museums 
als  Sp.  aegualis  Heb.2)  deuten.  Diese  Art  ist  von  M  e  u  d  o  n 
beschrieben  und  unterscheidet  sich  von  Sp.  spinosus  durch 
die  Gleichmässigkeit  der  Rippen  und  zahlreichere  Stacheln 
auf  beiden  Schalen.  Das  vorliegende  Stück  ist  Steinkern 
und  kann  somit  die  Stacheln  nicht  zeigen.  Nur  die  Gleich¬ 
mässigkeit  der  Rippen  und  die  schwache  Wölbung  der 
Schale  erinnert  an  die  oben  genannte  Art. 


Modiola  cf.  concentrica  Münst. 

Mytüus  concentricus  Goldfuss,  Petrefacta  Germaniae.  S. 

178,  Tafel  138,  Fig.  5. 

Modiola  concentrica  Roemer,  Kreide  S.  67. 

„  „  G.  Müller,  Obere  Kreide  am  nördlichen 

Harzrand.  S.  418. 

„  concentrica  Griepenkerl,  Die  Versteinerungen  der 
senonen  Kreide  von  Königslutter,  Paläont.  Abh. 
von  Dam  es  und  Kayser,  S.  53. 

1)  Formation  cretacee  du  Sud-Ouest  de  la  France  1837.  Mem. 
de  la  Soc.  geol.  de  la  France.  I.  Ser.  II.  Band. 

2)  Bull,  de  la  Soc.  geol.  de  France.  II.  Ser.  Band  XVI.  S.  149. 

Verla,  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX. 


0 


66 


Von  dem  Genus  Modiola  liegen  aus  Irnich  zwei 
Exemplare  vor,  welche  leider  beide  stark  verdrückt  sind 
und  demnach  die  äussere  Form  nur  unvollständig  zeigen. 
Sie  scheinen  zu  Modiola  concentrica  Münster  aus  dem 
Ober-Senon  Westphalens  zu  gehören,  es  ist  aber  nicht 
ausgeschlossen,  dass  die  Ausbuchtung  des  unteren  Randes, 
sowie  der  Buckel,  welcher  vom  Wirbel  nach  hinten  ver¬ 
läuft,  bei  unseren  Exemplaren  ausschliesslich  durch  Ver¬ 
drückung  hervorgerufen  ist.  Die  Amvachsstreifen  zeigt 

ein  Abdruck  sehr  deutlich.  Die  beiden  Stücke  sind  36 

/ 

und  39  mm  lang.  Die  Höhe  lässt  sich  wegen  der  Ver- 

. 

drückung  nicht  messen.  Das  Original  zu  der  Abbildung, 
welche  Goldfuss  giebt,  ist  in  München;  im  Museum  zu 
Bonn  befinden  sich  zwei  Exemplare  von  Haldem,  welche 
von  Goldfuss  als  Modiola  concentrica  Münst.  be¬ 
stimmt  sind.  Das  eine  ist  verdrückt,  bei  dem  andern 
fehlt  der  Wirbel,  beide  sind  in  ihrer  Gestalt  sehr  abwei¬ 
chend  von  der  Zeichnung,  nur  die  stark  hervortretenden 
Anwachsstreifen  und  den  Mangel  anderer  Sculptur  haben 
sie  alle  gemeinsam.  Ferner  liegen  mir  drei  von  Herrn 
Professor  S  chl ü ter  bei  Haldem  gesammelte  Exemplare 
vor,  die  ebenfalls  verdrückt  oder  unvollständig  sind.  Alle 
diese  Stücke  weichen  von  der  Zeichnung  dadurch  ab,  dass 
der  Vorderrand  weniger  über  den  Wirbel  hinaus  vorspringt, 
sie  neigen  in  ihrer  Gestalt  mehr  zum  Mytilus  reversus 
Sow.  0  aus  dem  Grünsand  von  Blackdown,  von  dem  sie 
sich  nur  dadurch  unterscheiden,  dass  die  Einbuchtung  am 
Stirnrand  weniger  stark  ist  als  bei  der  englischen  Art. 

Mit  Mytilus  reversus  Sow.  hat  Müller1 2)  ein  Exem¬ 
plar  aus  dem  senonen  Hornstein  des  Aachener  Waldes 
identificirt,  das  Holzapfel3)  Modiola  cf.  capitata  Zittel4) 
bezeichnet,  welches  aber  nach  der  Beschreibung  ebensogut 

1)  Fitton,  On  the  strata  below  the  Chalk.  S.  342,  Tafel 
XVII,  Fig.  13. 

2)  Müller,  Petrefacten  der  Aachener  Kreideformation.  II. 
3.  68.  ’ 

3)  Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  S.  221, 
Tafel  XXV,  Fig.  14. 

4)  Zittel,  Bivalven  der  Gosau.  S.  80,  Tafel  XII,  Fig.  1. 


67 


zu  M.  concentrica  gestellt  werden  kann,  denn  Müller  er¬ 
wähnt  coneentrische  Linien,  die  nach  den  Rändern  in 
starkeFalten  übergehen ;  in  den  stärkeren  Anwachsstreifen 
aber  vermag  ich  den  einzigen  Unterschied  zwischen  der 
Hai  deiner  Art  und  der  der  Gosau  zu  finden  *).  Zwar  er¬ 
wähnen  Zittel  und  Holzapfel  noch,  dass  sich  dieSchale 
nach  hinten  verschmälere,  während  die  Zeichnung  bei 
Goidfuss  einen  verbreiterten  Hinterrand  zeigt.  Ein 
solcher  ist  jedoch  an  unseren  Exemplaren  nicht  zu  sehen, 
auch  sagt  Roemer,  dass  die  Schale  fast  überall  gleich 
breit  sei.  Das  eine  der  von  Goidfuss  etiquettirten 
Stücke  hat  fast  genau  die  Gestalt  der  Figur  1  b  bei 
Zittel.  Die  von  Reuss1 2)  und  Geinitz3)  zu  Mytilus 
reversus  gestellten  Formen  unterscheiden  sich  von  den 
bisher  besprochenen  durch  Radialrippen. 

Zwei  Modioien  von  Dülmen,  Zone  des  ScapMtes  bino- 
dosus ,  im  Bonner  Museum  sind  noch  als  nahestehende 
Formen  zu  erwähnen.  Dieselben  sind  von  Goidfuss 
etiquettirt  Mytilus  Fittoni  Goldf. 4),  sie  unterscheiden 
sich  von  der  Modiola  concentrica  durch  grössere  Länge 
11  cm  im  Verhältnis  zur  Höhe  4  cm. 

Modiola  concentrica  Goldf.  ist  bekannt  aus  der  ober- 
senonen  Zone  des  Heterocer as  polyplocum  von  Haldem  und 
aus  der  untersenonen  des  ScapMtes  binodosus  von  Dülmen. 

G.  Müller  erwähnt  sie  aus  dem  Unter-Senon  des 
Salzbergs  und  der  Schanzenburg  am  nördlichen  Harzrand 
und  Griepenkerl  aus  den  Unteren  Mucronatensehichten 
von  Königslutter. 

Area  bisulcata  spec.  nov. 

Fig.  16. 

Die  Dimensionen  eines  grösseren  Exemplares  dieser 
Art  betragen:  Länge  4  cm,  Flöhe  1,5  cm,  Dicke  0,7  (1,4) 

1)  Die  Zeichnung  Holzapfels  mit  dem  eigenthümlich  ver¬ 
längerten  Wirbel  lässt  allerdings  weder  auf  die  eine  noch  auf  die 
andere  Form  schliessen. 

2)  Reuss,  Versteinerungen  der  böhm.  Kreideform.  II.  S.  15, 

Tafel  33,  Fig.  9.  • 

3)  Geinitz,  Elbthalgebirge.  I.  S.  216,  Tafel  48,  Fig.  9. 

4)  Non  Mytilus  Fittoni  d’Orb.  aus  dem  Neocom  syn.  M.  reversus 


68 


cm.  Der  Wirbel  ist  weit  nach  vorn  gerückt,  1/3  der 
Scblosslänge  vom  Vorderrand  entfernt.  Mit  dem  Vorder¬ 
rand  bildet  das  Schloss  einen  spitzen  Winkel,  hinten  stossen 
die  Ränder  anscheinend  rechtwinkelig  zusammen.  Der 
Vorderrand  verläuft  im  flachen  Bogen  nach  unten,  wo  der 
Rand  grade  und  dem  Schlosse  parallel  ist.  Die  Zähne 
sind  klein  und  an  den  Enden  schräg  gestellt.  Unter  dem 
Wirbel  fehlen  auf  dem  Steinkerne  Abdrücke  von  Zähnen. 
Vom  Wirbel  geht  eine  schwache  Depression  in  der  Rich¬ 
tung  auf  die  Mitte  des  Stirnrandes,  verliert  sich  jedoch 
bei  unserm  grossen  Exemplar,  bevor  sie  den  Rand  erreicht 
hat.  Auf  der  Hinterseite  verlaufen  zwei  Furchen  vom 
Wirbel  zum  Rande,  die  auf  dem  Steinkern  tiefe  Eindrücke 
hinterlassen  haben.  Die  Oberfläche  ist  mit  schwachen 
radialen  Rippen  bedeckt. 

Die  nächst  verwandte  Art  aus  der  Kreide  ist  A.  Car- 
teroni  d’Orb.  Besonders  die  zwei  Furchen  auf  der  Hinter“ 
Seite,  sowie  der  spitze  Winkel  zwischen  Vorderrand  und 
Schlossrand  verursachen  die  Aehnlichkeit  beider  Arten. 
Jedoch  sind  bei  unserer  Form  die  Furchen  der  Hinterseite 
stärker  ausgebildet,  während  d’Orbigny  nur  erwähnt: 
Deux  sillons  peu  prononces.  Während  bei  unserer  Art 
die  Depression  der  Schalenmitte  nach  unten  abnimmt,  ver- 
grössert  sich  dieselbe  bei  A.  Carteroni  d’Orb.  und  veran¬ 
lasst  am  Rande  einen  flachen  Sinus,  von  welchem  bei 
unserer  Art  keine  Spur  vorhanden  ist.  Zudem  erwähnt 
d’Orbigny  grobe  Anwachsstreifen.  Auch  von  solchen 
ist  auf  dem  Abdruck  nichts  wahrzunehmen. 

Area  Claldrina  d’Orb.  * 

(Voy.  Astrolabe  Paleont.  Tafel  V,  Fig.  22—23.) 

Trigonoarca  Galdrina  bei  Stoliczka,  Fauna  of  Southern 
India  S.  355,  Tafel  XVIII,  Fig.  2-5. 

Area  Galdrina  d’Orb.  ist  eins  der  am  häufigsten  vor¬ 
kommenden  Fossile  von  Irnich.  Sie  ist  meist  als  Steinkern 

d’Orb.  Mit  Radialrippen.  Prodrome.  II  S.  81,  Etage  17,  Nr.  343. 
Paleontologie  frangaise.  Lamellibranches.  S.  264,  Tafel  337,  Fig.  1. 


69 

erhalten.  Ein  Exemplar  mittlerer  Grösse  hat  die  Länge 
von  31  mm  und  Höhe  von  20  mm.  Die  Schale  hat  trapez¬ 
förmige  Gestalt,  sie  ist  vorn  gerundet.  Der  Wirbel  ist 
eingedreht  und  liegt  am  Ende  des  vorderen  Drittels  des 
geraden  Schlossrandes.  Das  Schloss  hat  ungefähr  25  gerade, 
nicht  gebrochene  Zähne.  Vom  Wirbel  verläuft  ein  Kiel 
schräg  nach  unten,  eine  hintere  Seite  abtrennend,  auf  wel¬ 
cher  sich  dicht  hinter  demselben  eine  Furche  befindet,  die 
auch  auf  dem  Steinkern  stets  deutliche  Spuren  hinterlassen 
hat.  Die  Oberfläche  ist  concentrisch  liniirt,  jedoch  nicht 
so  regelmässig,  wie  Stoliczka  zeichnet.  Kur  auf  der 
dem  Schloss  nächstgelegenen  Hälfte  der  Hinterseite  befin¬ 
den  sich  wenige  aber  deutliche  radiale  Rippen,  welche 
ebenfalls  in  einzelnen  Fällen  auch  auf  dem  Steinkern 
Spuren  hinterlassen  haben.  Ueber  die  Beschaffenheit  der 
Area  konnte  bei  dieser  Erhaltung  kein  Aufschluss  erlangt 
werden. 

Mit  Rücksicht  auf  Zahl  und  Stellung  der  Zähne  so¬ 
wie  auf  den  abgerundeten  Vordertheil  kann  man  Area 
rhombea  Nilss.  1)J  die  auch  von  Maestricht  bekannt  ist,  ver¬ 
gleichen.  Jedoch  ist,  den  Abbildungen  nach  zu  urtheilen, 
der  hintere  Rand  bei  dieser  Art  viel  kürzer,  die  Gestalt 
nähert  sich  mehr  einem  Rechteck,  auch  fehlt  die  Furche 
auf  der  hinteren  Seite. 

A.Ligeriensis  d’Orb. 2)  aus  dem  Turon  des  Bassin  der 
Loire  ist  eine  nahe  verwandte  aber  viel  grössere  Art. 
Dieselbe  hat  in  der  Jugend  eine  Länge  von  50  mm,  wäh¬ 
rend  die  grössten  Exemplare  der  Area  Galdrinci  von  Irnich 
nur  die  Länge  von  35  mm  erreichen.  Ausserdem  fehlen 
der  französischen  Art  die  Rippen  auf  der  hinteren  Seite. 
Ferner  stehen  nahe  :  A.  Cornueliana  d’Orb. 3)  aus  dem  Neo- 
com  und  A.  carinata  Sow. 4)  Durch  Zahl  und  Lage  der 
Zähne  sowie  durch  Radialliniirung  sind  sie  unterschieden. 


1)  Petrif.  Suec.  S.  15,  Tafel  V,  Fig.  2. 

2)  Paleontolog.  frangaise.  Lamellibranches.  Tafel  317,  S.  227. 

3)  Paleontologie  frangaise.  Lamellibranches.  S.  208,  Taf.  311, 

4)  Paleontologie  frangaise.  Tafel  313,  Fig.  1—3. 


Area  Galdrina  d’Orb.  ist  bisher  aus  der  jüngsten  Kreide- 
ablagerung  des  südlichen  Indien,  der  Arrialoor  Group, 
bekannt. 

Area  granulato-radiiata  Alth. 

A 1 1  h ,  G  eognostisch-palaeontologische  Beschreibung  der  näch¬ 
sten  Umgebung*  von  Lemberg,  S.  235,  Tafel  XII, 
Fig.  20  (Haid  in  ge  rs  naturwissenschaftliche  Ab¬ 
handlungen  Abth.  III.) 

Favre,  Mollusques  foss.  de  la  craie  des  environs  de  Lem¬ 
berg  S.  128. 

Von  dieser  Art  liegt  ein  kleiner  aber  wohl  erhaltener 
Abdruck  vor.  Die  Schale  ist  ungleichseitig,  die  vordere 
Seite  kurzer  als  die  hintere.  Vom  Wirbel  läuft  auf  der 
Mitte  der  Schale  eine  Depression  zum  Stirnrand.  Die 
Oberfläche  ist  geziert  mit  ausstrahlenden  Rippen,  welche 
von  gedrängten  concentrischen  gekreuzt  werden.  Die  hintere 
Seite  ist  durch  einen  scharfen  Kiel  abgetrennt.  Nach 
Alth  sind  auf  derselben  die  radialen  Rippen  entfernter 
stehend  und  weniger  deutlich.  Letzteres  ist  bei  unserni 
Abdruck  jedoch  nicht  der  Fall.  Länge  und  Höhe  11  mm: 
5  mm. 

Dieser  Art  steht  Area  propinqua  Reuss 1  2)  nahe,  bei 
welcher  die  Rippen  schuppig  verziert  sind,  während  A. 
granulato-racliata  Alth  nur  auf  den  Kreuzungs punkten  der 
Rippen  einfache  Verdickungen  trägt.  A.  irregulär  is  d’Orb.2) 
ist  grösser  als  unsere  Art  und  unterscheidet  sich  noch 
durch  Zahl  und  Gestalt  der  Rippen.  Die  Berippung  ist 
dort  wesentlich  feiner,  die  Schale  gleicht  aber  in  der  Form 
unserer  Art.  Alth  erwähnt  die  A.  granulato-racliata  aus 
dem  Kreidemergel  von  Lemberg  und  Podhayczyki. 

Aus  der  Zone  der  Lepidospongia  rugosa  des  Ober- 
Senons  in  Westphalen  ist  noch  eine  häufig  verkommende 
Area  zu  erwähnen,  welche  ebenfalls  gekörnelte  Radial- 

1)  Reuss,  Versteinerungen  der  böhmischen  Kreideformation. 
II.  S.  12,  Tafel  34.  Fig.  34. 

2)  Paleontologie  frangaise.  Terrain  eretace.  Lamellibranclies. 
S.  240,  Tafel  326,  Fig.  4—6. 


71 


rippen  und  in  der  Mitte  der  Schale  die  Depression  trägt. 
Dieselbe  unterscheidet  sich  dadurch,  dass  ihr  der  scharfe 
Kiel  fehlt,  welcher  die  Hinterseite  abtrennt. 

Area  spec. 

Unter  den  zum  Genus  Area  gehörigen  Formen  der 
Irnicher  Fauna  findet  sich  noch  ein  Steinkern,  der  in  der 
Gestalt  wesentlich  von  der  grossen  Mehrzahl  der  Arciäae 
abweicht.  Derselbe  hat  eine  Länge  von  2,7  cm  und  ist 
1  cm  hoch.  Die  Dicke  des  Steinkerns  einer  einzelnen 
Schalenklappe  beträgt  4  mm.  Der  Wirbel  liegt  etwas  vor 
der  Mitte.  Der  Schlossrand  bildet  mit  dem  Vorderrand 
einen  abgerundeten  rechten  Winkel,  mit  dem  Hinterrand 
einen  stumpfen.  Vom  Wirbel  laufen  schräg  nach  vorn 
und  hinten,  die  Fläche  der  Schale  dreitheilend,  zwei  gerun¬ 
dete  Kanten.  Zwischen  diesen  beiden  bildet  der  Stirnrand 
einen  langen  und  verhältnissmässig  tiefen  Sinus.  Eine 
nahestehende  Form  ist  A.  bicarinata  Reuss 1)  aus  dem 
Plänermergel  von  Priesen,  jedoch  ist  diese  böhmische  Form 
breiter  und  die  grösste  Tiefe  des  Sinus  liegt  dort  nicht 
wie  bei  diesem  Steinkern  in  der  Mitte  des  Schalenrandes. 
Dasselbe  gilt  von  A.  subhercynicci  Frech2).  Da  nur  ein 
Steinkern  vorhanden  war,  also  die  Scuiptur  nicht  be¬ 
schrieben  werden  konnte  und  auch  die  Möglichkeit  nicht 
ausgeschlossen  ist,  dass  eine  anormale  Bildung  vor¬ 
liegt,  so  ist  davon  abgesehen,  die  Art  zu  benennen,  bis 
mehr  Material  vorhanden  ist. 

Area  spec. 

Ein  Steinkern  und  mehrere  Abdrücke  kommen  der 
Area  exornata  Briart  und  Cornet3)  aus  den  cenomanen 

1)  Versteinerungen  der  böhmischen  Kreideformation.  II.  S.  10, 
Tafel  34.  Fig.  43. 

2)  Zeitschrift  der  Deutschen  geol.  Ges.  Bd.  XXXIX.  S.  159, 
Tafel  XIII,  Fig.  1—7. 

3)  Description  des  fossiles  de  la  meule  de  Bracquegnies.  S.  59, 
Tafel  V,  Fig.  17  u.  18.  Mem.  Cour.  T.  34. 


72 


Meules  de  Bracquegnies  sehr  nahe.  Es  ist  eine  kleine 
trapezförmige  ungleichseitige  Muschel.  Der  Hinterrand  ist 
schräg  abgeschnitten.  Eine  rundliche  Kante  geht  vom 
Wirbel  in  die  hintere,  untere  Ecke  und  begrenzt  eine  mit 
Radialrippen  gezierte  Hinterseite,  die  durch  einen  Vorsprung 
wiederum  zweigetheilt  ist.  Auch  die  Vorderseite  ist  mit 
Radialrippen  geziert,  während  die  Breitseite  nur  Anwachs¬ 
streifen  zeigt.  Der  Vorderrand  ist  kleiner  als  bei  der 
Area  exornata,  bei  welcher  er  dem  Hinterrand  gleich  kommt. 

Pectimculus  spec. 

Figur  17. 

Leider  nur  als  Steinkern  erhalten.  Eine  kleine  Partie 
eines  Abdrucks  lässt  schliessen,  dass  die  Oberfläche  glatt 
war.  Die  Schale  ist  gerundet  fünfseitig.  Die  Höhe  be¬ 
trägt  wie  die  Länge  etwa  15  mm,  die  Dicke  3  (resp.  6) 
mm.  Der  Rand  ist  glatt,  nicht  gekerbt,  die  Muskelein¬ 
drücke  sind  tief.  Der  stark  gebogene  Schlossrand  zeigt 
24  bis  26  radial  gestellte  nicht  gebrochene  Zähne. 

Dieser  Art  steht  nahe:  P.  lens  Nilss.,  welcher  jedoch 
einen  gekerbten  Schalenrand  und  eine  weniger  stark  ge¬ 
krümmte  Zahnreihe  hat. 

Limopsis  rhomboidalis  Alth. 

A  1 1  h ,  Beschreibung  der  Umgebung  von  Lemberg.  S.  233, 
Tafel  XII,  Fig.  17. 

Favre,  Mollusques  fossils  de  la  craie  des  environs  de 
Lemberg  S.  121,  Tafel  XII,  Fig.  11,  12. 

Bei  Irnich  nur  als  Steinkern  vorhanden.  Die  Schale 
war  ebenso  lang  wie  hoch.  Der  Wirbel  liegt  vor  der  Mitte 
des  Schlossrandes,  diesen  in  einen  längeren  hinteren  und 
kürzeren  vorderen  Theil  gliedernd,  von  denen  der  erstere 
etwa  10  und  der  letztere  6  Zähne  führt.  Ein  Abdruck 
der  Ligamentgrube  ist  nicht  erhalten.  Der  Wirbel  ragt 
über  den  Schlossrand  hinaus.  Der  Vorderrand  der  Schale 
stösst  mit  dem  Schlossrand  unter  etwa  einem  rechten,  der 
Hinterrand  unter  einem  stumpfen  Winkel  zusammen.  Beide 


73 


sind  schwach,  der  Stirnrand  dagegen  stark  gebogen.  Alth 
erwähnt  die  Art  aus  dem  Kreidemergel  von  Lemberg. 
Von  Irnich  liegen  zwei  Steinkerne  vor. 

Die  Lage  des  Wirbels  und  die  etwas  rhombische 
Gestalt  unterscheiden  sie  leicht  von  den  übrigen  Arten 
dieser  Gattung. 

Anm.  Die  Abbildung  bei  Favre  weicht  hinsicht¬ 
lich  des  Winkels  zwischen  Vorderrand  und  Schlossrand 
von  der  Alths  ab.  Favre  zeichnet  auch  hier  einen 
stumpfen  Winkel. 

Limopsis  triangularis  spec.  nov. 

Fig.  18. 

Diese  Art  ist  durch  ihre  gleichseitig  dreieckige  Ge¬ 
stalt  von  allen  übrigen  Arten  leicht  zu  unterscheiden.  Der 
Schlossrand  ist  stark  nach  vorn  herübergezogen,  hinter  dem 
Wirbel  liegen  vier,  vor  demselben  11  Zähne,  von  denen 
die  vordersten  winkelig  gebrochen  sind.  Zwischen  ihnen 
eine  Lücke  für  die  Ligamentgrabe.  Die  Schale  war  flach 
und  glatt.  Die  Länge  der  Seiten  beträgt  12  bis  13  mm. 
Der  hintere  Rand  ist  fast  gerade,  der  vordere  gering,  der 
Stirnrand  stärker  gebogen.  Der  Wirbel  ist  schwach  nach 
vorn  geneigt  und  ragt  nicht  über  den  Schlossrand  hinaus. 
Auf  dem  Steinkern  haben  sich  Fheile  einer  inneren  Schalen¬ 
lage  erhalten,  welche  Radialstructur  zeigen.  Der  Stirnrand 
ist  glatt,  nicht  gezähnelt.  Ein  Steinkern  mit  Abdruck. 

Leda  siliqua  Goldfuss. 

Nacala  siliqua  Goldfuss,  Petref.  Germ.  S.  157,  Tafel  125, 
Fig.  13. 

,,  siliqua  Müller,  Monographie  der  Petrefacten  der 
Aachener  Kreideformation.  II.  S.  64. 

,,  siliqua  Reuss,  Die  Versteinerungen  der  böhmischen 
Kreideformation.  II.  S.  7,  Tafel  34,  Fig.  11. 

Lecla  siliqua  Holzapfel,  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide. 

Palaeontographica  XXXV.  S.  203. 

Nucula  siliqua  Griepenkerl,  Die  Versteinerungen  der  se- 
nonen  Kreide  von  Königslutter  S.  57. 


74 


Die  Art  ist  in  vier  Exemplaren  und  mehreren  Bruch¬ 
stücken  vorhanden.  Die  Länge  der  Schale  beträgt  2,5  cm 
und  mehr,  die  Höhe  9  mm  und  mehr.  Sie  hat  die  Gestalt 
einer  Schote.  Der  Wirbel  liegt  weit  vorn.  Vor  dem  Wir¬ 
bel  liegt  eine  Reihe  von  8 — 10  winkelig  gebrochenen  Zäh¬ 
nen,  hinter  demselben  60  bis  70.  Letztere  sind  jedoch 
weniger  scharf  gebrochen  und  zwar  um  so  weniger,  je 
näher  sie  dem  Wirbel  liegen.  Die  Zahnreihen  stossen 
unter  stumpfem  Winkel  zusammen.  Der  vordere  Theil 
des  Schlossrandes  ist  schwach  convex,  der  lange  hintere 
schwach  concav.  Der  Stirnrand  ist  ebenfalls  gebogen. 
Die  Art  wurde  mit  dem  Original  zu  Goldfuss’  Abbildung 
verglichen,  welcher  die  Form  von  Kunraed  beschreibt. 
Reuss  bestimmte  eine  Art  von  Luschitz,  Priesen  und 
Posteiberg  als  N.  siliqua ,  dieselbe  ist  kleiner  und  die  Zahlen 
der  Zähne  bieten  ein  ganz  anderes  Verhältniss  dar,  näm¬ 
lich  20:  28-30. 

Dass  N.  siliqua  Geinitz1)  nicht  hierher  gehört,  dürfte 
der  Vergleich  der  Abbildungen  ergeben. 

Goldfuss  beschreibt  die  Art  von  Maestricht,  Holz¬ 
apfel  erwähnt  mangelhaft  erhaltene  Exemplare  von  Aachen. 
In  der  Sammlung  der  Bonner  Universität  befindet  sich  ein 
Exemplar  von  Coesfeld  aus  der  Zone  der  Lepiäospongia 
rugosa  und  zwei  aus  dem  Emscher.  Bei  diesen  drei  Exem¬ 
plaren  ist  jedoch  der  vordere  Theil  des  Schlossrandes  nicht 
erhalten,  so  dass  es  fraglich  ist,  ob  sie  zu  dieser  oder  der 
folgenden  Art  gehören. 


Leda  siliquaeforniis  spec.  nov. 

Fig.  19. 

L.  siliquaeforniis  ist  der  L.  siliqua  ähnlich.  Sie  hat 
eine  Länge  von  35  mm  und  eine  Höhe  von  12  mm.  Der 
Wirbel  liegt  9  mm  vom  vorderen  Rande  entfernt.  Der 
Schlosswinkel  ist  stumpfer  als  bei  L.  siliqua.  Der  vordere 
Schlossrand  ist  grade,  der  hintere  concav  und  zwar  eben- 


1)  Geinitz, 


Charakteristik  und  Petrefakten  der  sächsischen 


Kreide.  S.  77,  Tafel  XX.  Fig.  28  u.  29. 


falls  stärker  gebogen,  als  bei  der  ebengenannten  Art.  Die 
gebrocheilen  Zähne  sind  schmaler,  vor  dem  Wirbel  befin¬ 
den  sich  ungefähr  20,  hinter  demselben  50  und  mehr. 
Der  Stirnrand  ist  vorn  stark  gebogen,  hinten  dagegen  fast 
gerade,  wodurch  der  hintere  Theil  der  Muschel  eine  schna¬ 
belförmige  Gestalt  erhält.  Die  Oberfläche  ist  glatt. 

Als  nahestehende  Art  ist  Nucula  porrecta  Reuss1)  zu 
erwähnen,  dieselbe  ist  kleiner  als  unsere  Art,  ihr  auf  der 
ganzen  Länge  gebogener  Stirnrand  giebt  ausserdem  der 
Art  eine  wesentlich  andere  Gestalt. 

Lecla protexta  Gabb.  oder  Nuculana  protexta  bei  Whit- 
field2)  ist  weniger  lang  geschnäbelt,  der  hintere  Theil  ist 
nur  1V2  mal  so  lang  als  der  vordere,  während  er  bei  L. 
siliqiiaeformis  beinahe  dreimal  so  lang  ist.  Dasselbe  gilt 
von  Nuculana  Gabbana  Whitfield,  nur  scheint  diese  Art 
durch  stärker  gerundeteten  Stirnrand  noch  etwas  weiter 
abzuweichen. 

Ein  Steinkern  mit  Abdruck. 

Lecla  mulfideutata  spec.  uov. 

Fig.  20. 

Diese  Art  ist  L.  siliqua  und  siliquaeformis  nahestehend. 
Der  Schlosswinkel  ist  sehr  stumpf,  fast  gleich  2  R.  Die 
Zahl  der  sehr  schmalen  gebrochenen  Zähnchen  ist  gross. 
Der  Schlossrand  ist  zu  beiden  Seiten  des  vorn  liegenden 
Wirbels  gerade,  nicht  gebogen.  Dieser  Umstand  trennt 
die  Art  auf  den  ersten  Blick  von  den  eben  erwähnten. 
Der  Stirnrand  ist  nur  vorn  etwas  gebogen,  hinten  fast  ge¬ 
rade  und  mit  dem  Schlossrand  con vergärend. 

Der  Vorderrand  ist  etwa  doppelt  so  gross  wie  der 
Hinterrand.  Die  Länge  beträgt  2,7  cm,  die  Höhe  beim 
Wirbel  7 — 8  mm.  Die  Oberfläche  ist  glatt,  wie  ein  Stück¬ 
chen  erhaltener  Schale  zeigt. 

Sechs  Exemplare. 

1)  Versteinerungen  der  böhmischen  Kreideformation.  II.  S.  7, 
Tafel  XXXIV,  Fig.  12,  13. 

2)  Brachiopoda  and  Lamellibranchiata  of  New  Yersey.  U.  S. 
geol.  Survey.  Monographs  IX.  1885.  S.  105,  Tafel  XI,  Fig.  10. 


76 


Leda  vulgaris  spec.  nov. 

Fi g.  21. 

Diese  kleine  zierliche  Art  ist  in  mehr  als  10  Exem¬ 
plaren  vertreten.  Die  Länge  derselben  ist  etwa  9  mm  und 
die  Höhe  4  mm.  Sie  ist  stark  geschnäbelt.  Die  zahlreichen 
Zähnchen  sind  winkelig  gebrochen.  Hinter  dem  Wirbel  ist 
der  Schlossrand  concav,  vor  demselben  convex,  er  geht 
hier  ohne  Winkel  in  den  stark  gebogenen  Vorderrand 
über,  der  wiederum  in  gleicher  Weise  an  den  Stirnrand 
anschliesst.  Von  einem  Hinterrand  ist  kaum  zu  reden, 
da  Schlossrand  und  Stirnrand  beinah  im  spitzen  Winkel, 
der  nur  etwas  abgerundet  erscheint,  zusammenstossen.  Die 
Oberfläche  ist  concentrisch  gerippt. 

Sie  gleicht  in  der  äusseren  Gestalt  der  Neaera  acu- 
tissima ,  welche  früher  von  Müller1)  als  JSfucula  beschrie¬ 
ben  war. 


Leda  Försteri  Müller. 

Nuciäa  Försteri  Müller,  Monographie  der  Aachener  Kreide¬ 
formation.  I.  S.  16,  Tafel  I,  Fig.  5  und  Suppl. 
S.  28. 

Leda  Försteri  Boehm,  Grünsand  von  x^achen.  S.  98. 

„  „  Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide 

S.  202,  Tafel  XXI,  Fig.  13-17 

Leda  Försteri  Müller  ist  die  am  häufigsten  vorkom¬ 
mende  Bivalve  der  Irnicher  Kreide.  Die  meisten  Exem¬ 
plare  haben  eine  Länge  von  12  mm  und  eine  Höhe  von 
7  mm.  Die  Schale  ist  lang  oval.  Der  Stirnrand  ist  stark 
gebogen.  Der  Schlossrand  ist  stumpfwinkelig  gebrochen, 
die  vordere  Hälfte  ist  gerade,  die  hintere  schwach  concav. 
Die  engstehenden  zahlreichen  Zähne  sind  winkelig  gebrochen. 
Die  Oberfläche  ist  mit  concentrischen  Rippen  bedeckt.  Die 
Art  zeigt  Verwandtschaft  mit  einem  Theil  der  als  Nucula 

1)  Müller,  Petrefacten  der  Aachener  Kreideformation.  I. 
S.  16  u.  Suppl.  S.  28. 

Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreideformation. 
Palaeontographica  XXXV.  S.  147,  Tafel  X,  Fig.  11 — 15. 


4 


>chulteis  d  Sieburg  gez. 


Lith.Jnst.v.  /}.  Hinrjr ;  Bonn 


okvobity  OF  'llWö!S 


producta  Nilss.  beschriebenen  Formen.  —  Holzapfel 
macht  Bedenken  geltend  gegen  die  Annahme  von  Brauns1), 
dass  Leda  producta  Nilss.  und  Leda  Hagenoivi  Müller2) 
Synonyma  seien.  Zieht  man  die  Beschreibungen  und  Ab¬ 
bildungen,  welche  Nilss on3),  Hiesinge r4)  und  Pusch  5) 
geben,  in  Betracht,  so  sind  diese  Bedenken  gewiss  gerecht¬ 
fertigt.  Anders  verhält  es  sich  mit  den  Formen,  welche 
Favre6),  Kn  er7)  und  Alth8)  als  L.  producta  Nilsson  be¬ 
schreiben.  Diese  Vorkommen  nähern  sich  denen  von 
Aachen  bedeutend.  Ebenfalls  thut  dies  die  Schale,  welche 
Geinitz9)  abgebildet  hat.  Brauns  führt  in  seiner  Lite¬ 
raturangabe  Geinitz  besonders  an,  während  Hiesinger 
und  Pusch  nicht  erwähnt  werden.  Das  Gleiche  thut  G. 
Müller10).  Es  scheint  daher,  dass  die  Harzer  Formen 
mit  den  Galizischen  wohl  übereinstimmen. 

Der  Unterschied  zwischen  den  beiden  Gruppen  be¬ 
ruht  im  Wesentlichen  auf  der  bedeutenderen  Grösse  des 
Vor-  und  Hinterrandes  bei  den  Abbildungen  von  Nilsson, 
Hiesinger  und  Pusch.  Von  Leda  Försteri  Müller  unter¬ 
scheiden  sich  die  übrigen  lediglich  dadurch,  dass  bei  ihnen 
der  Stirnrand  hinten  durch  einen  Bogen  in  den  Schloss¬ 
rand  übergeht,  während  hier  die  Bänder  im  Winkel  auf 
einander  stossen.  Hinsichtlich  der  Grösse  der  Winkel 
herrscht  bei  dem  Vorkommen  in  Irnich  grosse  Mannigfal¬ 
tigkeit.  Während  meistens  der  Winkel  scharf  und  deut- 


1)  Die  senonen  Mergel  des  Salzberges  von  Quedlinburg.  Zeit¬ 
schrift  f.  d.  ges.  Naturwissenschaft.  1875.  S.  380. 

2)  Supplement  zur  Monogr.  der  Petref.  d.  Aachener  Kreide¬ 
form.  S.  28,  Tafel  8.  Fig.  16. 

3)  Petrif.  Suec.  S.  16,  Tafel  10,  Fig.  5. 

4)  Lethaea  Suecana.  S.  60,  Tafel  XVIII,  Fig.  10. 

5)  Polens  Palaeontologie.  S.  62,  Tafel  6,  Fig.  10. 

5)  Mollusques  foss.  de  la  craie  de  Lemberg.  S.  118,  Tafel  XII, 
Fig.  9. 

7)  Alth,  Haid.  Abh.  III.  S.  232,  Tafel  XII,  Fig.  14,  15. 

8)  Denkschriften  d.  Akad.  III.  S.  313,  Tafel  16,  Fig.  24. 

9)  Charakteristik.  S.  77,  Tafel  20,  Fig.  26. 

10)  Obere  Kreide  am  nördlichen  Harzrand.  Jahrb.  d.  Landes¬ 
anstalt.  1887.  S.  423. 


78 


lieb  ist,  giebt  es  einige  Exemplare,  wo  dies  weniger  der  Fall 
ist  und  diese  besonders  näbern  sieb  der  Leda  producta  bei 
Altb,  Kner  und  Favre. 

Nucula  tenera  Müller. 

# 

Müller,  Monographie  der  Petrefacten  der  Aachener 
Kreideformation.  I.  S.  17,  Tafel  II,  Fig.  1  a  u.  b. 
Boehin,  Grünsand  von  Aachen.  S.  98. 

Holzapfel,  Die  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Pa- 
laeontographica  XXXV ,  S.  200 ,  Tafel  XXI, 
Fig.  9—12. 

F  r  e  c  b ,  Die  Versteinerungen  der  Unter-Senonen  Thonlager 
zwischen  Suderode  und  Quedlinburg.  Zeitschr. 
d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXIX,  S.  161,  Tafel  14, 
Fig.  10-12. 

Nucula  tenera  findet  sich  vielfach  als  Steinkern,  nur 
an  3  Exemplaren  waren  Bruchstücke  der  Schale  erhalten, 
welche  die  radialen  Linien  zeigen.  An  3  anderen  Exem¬ 
plaren  sind  Abdrücke  der  Zähnelung  am  Stirnrand  erhalten. 
Die  Zahl  der  Schlosszähne  variirt  stark,  wie  schon  aus 
den  verschiedenen  Angaben  von  M  ü  1 1  e  r  und  B  o  e  h  m 
hervorgeht.  Der  lange  gebogene  Theil  des  Schlossrandes 
zeigte  an  einem  gut  erhaltenen  mittelgrossen  Exemplar 
etwa  17  Zähne,  der  kleinere  deren  etwa  9. 

Länge  11mm,  Höhe  8  mm, 

„  12Va  „  „  10  „ 

Nucula  tenera  wird  erwähnt  aus  dem  Unter-Senon, 
dem  Hervien  Aachens  und  Belgiens,  ferner  aus  dem  unter- 
senonen  ’  Thonlager  von  Suderode. 

Nucula  spec. 

Die  Bestimmung  einer  Species  der  Gattung  Nucula 
war  nicht  möglich,  da  ich  bislang  nur  Steinkerne  ohne 
Abdrücke  aufzufinden  vermochte.  Die  Gestalt  derselben 
ist  oval,  die  Muskeleindrücke  scheinen  ziemlich  stark  ge¬ 
wesen  zu  sein  und  der  Stirnrand  glatt.  Die  Steinkerne 
sind  17  mm  lang  und  12  mm  hoch. 

Vergl.  N.  impressa  Sow.1). 


1)  Sowerby,  Min.  Conch.  Tafel  475,  Fig.  3. 


79 


Cardium  cf.  tubuliferum  Goldf. 

f 

Goldfuss,  Petrefacta  Germaniae.  II.  S.  221,  Tafel  144, 
Fig.  7. 

ßoemer,  Versteinerungen  des  norddeutschen  Kreidege¬ 
birges  S.  71. 

Criocaräium  tubuliferum  Boehm,  Grünsand  von  Aachen. 

S.  118. 

Von  dieser  Art  liegt  leider  nur  ein  Steinkern  vor, 
der  die  Abdrücke  des  Schlosses  mit  Ausnahme  eines  Seiten¬ 
zahnes  zeigt,  so  dass  die  generische  Bestimmung  gesichert 
ist.  Leider  ist  keine  Spar  des  Abdrucks  erhalten  und 
kann  daher  die  Zugehörigkeit  zu  C.  tubuliferum  Goldf.  nicht 
mit  Bestimmtheit  festgestellt  werden.  Immerhin  hat  der 
Steinkern  Gestalt  und  Grösse  mit  derselben  gemein. 

Länge  4  cm,  Höhe  5,2  cm.  Der  untere  Band  der 
Schale  war  gekerbt. 

Goldfuss  und  ßoemer  beschrieben  Cardium 
tubuliferum  aus  dem  Untersenon  von  Aachen  und  Qued¬ 
linburg,  Drescher1 2)  aus  den  gleichalterigen  Ablage¬ 
rungen  der  Loewenberger  Kreidemulde.  Boehm  macht 
auf  die  Unterschiede  zwischen  den  Formen  dieser  drei 
Fundpunkte  aufmerksam  und  trennt  die  des  letzteren  als 
Criocaräium  Dreschen  von  den  übrigen. 

Astarte  simiiis  Münster. 

Astarte  simiiis  Goldfuss,  Petref.  Germ.  II.  S.  193,  Tafel  134. 
Fig.  22. 

„  simiiis  Kner,  Versteinerungen  des  Kreidemergels 
von  Lemberg.  Haid.  Abh.  S.  27. 

„  caelata  Müller,  Monographie  der  Petrefacten  der 
Aachener  Kreideformation.  I.  S.  22,  Tafel  II,  Fig.  3. 
,,  simiiis  Zittel,  Gosaubivalven.  S.  157,  Tafel  8,  Fig.  6. 

,,  „  Favre,  Lemberg.  S.  115,  Tafel  XIII,  Fig.  7. 

„  caelata  Dewalque,  Prodrome.  S.  178. 


1)  Drescher,  Ueber  die  Kreidebildungen  in  der  Gegend  von 

Löwenberg.  .  Zeitschr.  d.  D.  geol.  G.  Bd.  X\,  S  346. 


80 


Freia  caelata  Boehrn,  Grünsand  von  Aachen.  S.  112. 
Astarte  similis  Frech,  Versteinerungen  der  untersenonen 
Thone  von  Suderode.  Zeitschrift  d.  D.  geol.  Ges. 
39,  S.  162,  Tafel  12,  Fig.  15  u.  15  a. 

,,  similis  Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide. 

Palaeontogr.  XXXV,  S.  194,  Tafel  XIX,  Fig.  11—15. 
,,  similis  Griepenkerl,  Versteinerungen  der  senonen 
Kreide  von  Königslutter.  S.  59. 

Es  liegt  eine  grosse  Menge  Steinkerne  und  Abdrücke 
dieser  kleinen  weit  verbreiteten  Astarie  aus  der  Kreide  von 
Irnich  vor.  Die  Gestalt  ist  mehr  oval  als  dreiseitig.  Die 
Lunula  konnte  wegen  der  Erhaltungsweise  nicht  beobachtet 
werden,  jedoch  zeigt  der  innere  Abdruck  der  Schalenränder 
einen  concaven  Vorderrand,  der  am  Wirbel  mit  dem  geraden 
nach  hinten  verlaufenden  Rande  unter  rechtem  Winkel  zu- 
sammenstösst  und  einen  stark  gebogenen  glatten  Stirn¬ 
rand.  Die  Abdrücke  zeigen  8  concentrische  Rippen  oder 
Falten,  die  zum  Wirbel  hin  schwächer  werden.  Der  Stein¬ 
kern  zeigt  ebenfalls  solche  Falten,  aber  nur  die  drei  oder 
vier  jüngsten  derselben.  Ausser  diesen  Rippen  habe  ich, 
allerdings  nur  auf  einem  Abdruck,  feinere  concentrische 
Linien  wahrgenommen. 

Ausser  den  oben  angeführten  erwähnt  Zittel  noch 
eine  Anzahl  Synonyma,  weiche,  die  Identität  angenommen, 
die  ausserordentliche  Verbreitung  dieser  kleinen  Muschel 
erweisen.  Sie  erstreckt  sich  vom  Turon  bis  in  die  jüngsten 
Horizonte  des  Senon.  G  o  1  d  f  u  s  s  beschreibt  sie  von 
Haldem  in  Westphalen. 

Siliqua  concentristriata  G.  Müller. 

G.  Müller,  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Kreide  am  obe¬ 
ren  Harzrande.  Jahrbuch  der  kgl.  preuss.  geol. 
Landesanstalt  1887.  S.  431,  Tafel  18,  Fig.  5. 

Länge  etwa  3,5  cm,  Höhe  1,15  cm.  Die  Gestalt  der 
Schale  war  verlängert  vierseitig;  nur  der  Vorderrand  ist 
stark  gebogen,  Schloss-,  Stirn-  und  Hinterrand  sind  gerade, 
die  Winkel  abgerundet.  Die  Schale  ist  flach,  hinten  klaffend. 
Der  Steinkern  zeigt  die  Spuren  von  eoncentrischen  Linien 


81 


oder  Anwachsstreifen.  Die  Leiste  ist  etwa  1  mm  breit 
und  geht  wenig  schräg  nach  hinten.  Leider  ist  keiner 
der  Steinkerne  ganz  vollständig,  aber  die  einzelnen  Bruch¬ 
stücke  ergänzen  sich  derart,  dass  eine  Beschreibung  mög¬ 
lich  war. 

Von  S.  truncatula  unterscheidet  sie  sich,  von  der  be-  . 
deutenderen  Grösse  abgesehen,  durch  den  Mangel  der 
Kante  und  durch  einen  längeren  noch  schärfer  gerundeten 
Vordertheil.  Müller  beschreibt  noch  eine  Siliqua  si- 
nuosa ,  welche  sich  von  der  hier  besprochenen  durch  zwei 
Depressionen  auf  dem  etwas  längeren  Vordertheil  der 
Schale  leicht  unterscheidet.  Derartige  Depressionen  zeigt 
auch  die  allerdings  zur  Gattung  Siliquaria  Schum,  gestellte 
S.  biplicata  Conrad x).  Da  Conrad  nur  ein  vollständiges 
Exemplar  besass,  die  generische  Stellung  aber  durch  das 
Fehlen  oder  Vorhandensein  einer  leicht  zerstörbaren  Leiste 
bedingt  ist,  so  dürfte  eine  Zusammengehörigkeit  dieser 
beiden  äusserlich  äusserst  ähnlichen  Formen  nicht  aus¬ 
geschlossen  sein. 

Siliqua  concentristriata  wird  von  Müller  aus  dem 
Unter-Senon  des  nördlichen  Harzrandes  beschrieben.  Sie 
findet  sich  ferner  im  Emscher  Westphalens.  Zwei  Bruch¬ 
stücke  der  Gattung  Siliqua  im  Bonner  Museum  aus  der 
obersenonen  Zone  der  Becksia  Soekelandi  von  Coesfeld- 
Lette  gehören  ebenfalls  wahrscheinlich  hierher. 

Siliqua  spec. 

Ein  kleiner  Steinkern,  13  mm  lang  und  5  mm  hoch, 
zeigt  den  Abdruck  beider  Schalen.  Der  Wirbel  liegt  weit 
vorn.  Die  Gestalt  ist  verlängert  vierseitig,  nur  vorn  vom 
Wirbel  zum  Stirnrand  stark  gerundet.  Vom  Wirbel  geht 
eine  Kante  in  die  hintere  untere  Ecke.  Die  Schale  ist 
hinten  nur  sehr  wenig  breiter  als  vorn. 

Die  Gestalt  gleicht  der  S.  truncatula  Reuss1 2;,  jedoch 
liegt  bei  unserer  Art  die  innere  Leiste  vor  dem  Wirbel 

1)  Description  of  new  cretaceous  Fossils.  Journal  of  the  acad. 
of  nat.  Sc.  Philadelphia  1858.  S.  325. 

2)  Leguminaria  truncatula  Reuss,  Versteinerungen  der  böhm- 
Kreide.  II.  S.  17,  Tafel  36,  Fig.  13,  16,  17. 

Verli.  d.  nat.  Ver.  Jabrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX. 


6 


82 


und  ist  nur  wenig  nach  hinten  gerichtet,  bei  S.  truncatula 
liegt  sie  hinter  demselben.  Ausserdem  erwähnt  R  e  u  s  s 
feine  concentrische  Linien,  während  der  Steinkern  von 
Irnich  grobe  Anwachsstreifen  zeigt. 

S.  truncatula  wird  von  R  e  u  s  s  aus  dem  unteren 
Plänerkalk  von  Laun  und  aus  dem  Plänermergel  von  Prie¬ 
sen  beschrieben.  Griepenkerl1)  erwähnt  sie  aus  den 
unteren  Mucronatenschichten  von  Königslutter. 

Trigonia  spec.  ind. 

Das  Bruchstück  eines  Abdrucks  zeigt  stark  gebogene 
hohe  Rippen,  die  mit  Knötchen  geziert  sind.  Dieselben 
stehen  eng  und  sind  nur  wenig  schmaler  als  die  Zwischen¬ 
räume. 

Die  Seulptur  stimmt  demnach  überein  mit  einem 
ebenfalls  unvollständigen  Abdruck  aus  dem  Kreidetuff  von 
Maestricht,  welcher  den  Wirbel  und  den  Abdruck  der  Schale 
bis  zu  1  cm  Höhe  zeigt.  Auf  diesem  kleinen  Theile  be¬ 
finden  sich  17  hohe  concentrische  Rippen,  auf  der  Area 
und  dem  Schildchen  sind  bei  gleicher  Länge  etwa  iy2  mal 
so  viel,  sie  sind  hier  dementsprechend  kleiner  und  enger 
gestellt.  Auch  hier  ist  über  die  Gestalt  nur  zu  sagen,  dass 
sie  wrenig  gewölbt  war.  Ein  anderer  von  mir  bei  Valken- 
burg  gefundener  Abdruck  zeigt  ebenfalls  nur  die  Seulptur 
und  lässt  keine  Schlüsse  auf  die  Gestalt  zu. 

Der  Abdruck  von  Maestricht  ist  etiquettirt  Tr.  limbata 
d’Orb.2),  diese  turone  Art  hat  jedoch  viel  weiter  stehende 
weniger  stark  gekörnelte  Rippen  auf  dem  Haupttheil  der 
Schale.  In  gleicher  Weise  unterscheiden  sich  Tr.  alifor- 
mis  Park.3)  und  Tr.  Vaalsensis 4),  sowie  die  von  Boehm 


1)  Griepenkerl,  Die  Versteinerungen  der  senonen  Kreide 
von  Königslutter.  S.  66. 

2) d’Orbigny,  Paleontologie  frangaise.  Terr.  cret.  Lamellibr. 
S.  156,  Tafel  298. 

3)  Parkinson,  Organic  remains,  Vol.  III,  S.  176,  Tafel  12, 
Fig.  3.  Lyc  ett,  A  monograpb  of  british  fossil  Trigoniae  (Palae- 
ontogr.  Society).  S.  116,  Tafel  XXV,  Fig.  3 — 6. 

4)  Boehm,  Grünsand  von  Aachen.  S.  99,  Tafel  2,  Fig.  1, 


83 


erwähnten  Trigonien  von  Dülmen  und  Lette,  auch  sind  bei 
diesen  die  Rippen  nicht  so  stark  und  concentrisch  gebogen. 
Näher  stehen  Tr.  vectiana  Lycett x)  aus  dem  Neocom  Eng¬ 
lands,  bei  welcher  jedoch  die  Rippen  der  Area  nicht  ge- 
körnelt  sind,  und  Tr.  spinosa1 2)  aus  dem  Upper  Greensand 
der  Insel  Wight,  welche  auf  der  Area  weniger  Rippen  trägt, 
ferner  Tr.  Upwarensis 3)  aus  dem  Lower  Greensand,  bei 
der  die  Körnelung  äusserst  fein  wird. 


Liopistha  aequivalvis  GoUlf.  spec. 

Corbula  aequivalvis  Goldfuss,  Petrefacta  Germaniae.  II. 
S.  250,  Tafel  151,  Fig.  15. 

Pholadomya  caudata  Roemer,  Versteinerungen  des  nord¬ 
deutschen  Kreidegebirges.  S.  76,  Tafel  10,  Fig.  6. 

Von  dieser  Art  liegen  vier  Steinkerne  und  ein  Abdruck 
vor.  Leider  ist  kein  Exemplar  vollständig,  sodass  eine 
Angabe  der  Länge  und  Höhe  nicht  gegeben  werden  kann, 
ungefähr  werden  sie  4  cm  und  2— 3  cm  betragen  haben. 

Der  Schlossrand  bildet  beim  Wirbel  einen  sehr  stum¬ 
pfen  Winkel.  Der  Wirbel  ist  gebläht,  stark  einwärts  und 
mit  einer  kleinen  Neigung  nach  vorn  gebogen.  Unter  dem 
Wirbel  befinden  sich  in  einem  Steinkerne  die  Eindrücke 
eines  kleinen  und  eines  grossen  Schlosszahnes.  Die  Ober¬ 
fläche  ist  mit  etwa  24  radialen  Rippen  besetzt,  vorn  und 
hinten  bleibt  ein  Theil  der  Schale  glatt.  Auf  dem  hinteren 
flügelartigen  glatten  Theile  befindet  sich  eine  radial  ver¬ 
laufende  schwache  Aufblähung.  Leider  ist  der  vordere 
Theil  des  Steinkerns  niemals  vollständig  erhalten,  so  dass 
die  Lunula  nicht  ganz  zu  sehen  ist.  Vorn  findet  der  Ueber- 
gang  vom  glatten  zum  berippten  Theile  allmählich  statt, 
hinten  tritt  er  plötzlich  ein. 

Zum  Vergleich  liegen  mir  vor  die  Originale  von 
Goldfuss,  ferner  die  Exemplare,  welche  Boehm  vor- 


1)  1.  c.  S.  123,  Tafel  24,  Fig.  10  u.  11.  Tafel  25,  Fig.  7. 

2)  1.  c.  S.  136,  Tafel  23,  Fig.  10.  Tafel  24,  Fig.  8,  9.  Tafel  28, 
Fig.  1,  2. 

3)  1.  c.  S.  143,  Tafel  28,  Fig.  8,  9. 


gelegen  haben,  eine  Reihe  westphälischer  Stücke  und  einige 
von  Maestricht  und  Kieslingswalde  sowie  vom  nördlichen 
Harzrande. 

Wenngleich  der  Abdruck  von  Irnich  keine  Spur  jener 
von  Boehm  zuerst  erwähnten  Knötchen  oder  Stacheln 
zeigt,  so  konnte  ich  doch  nach  Zuziehung  des  Vergleichs¬ 
materials  keine  Theilung  in  Arten  oder  Varietäten  vor¬ 
nehmen,  Wohl  aber  ergab  sich  eine  grosse  Unbeständig¬ 
keit  in  der  Zahl  der  Rippen  (24 — 35),  sowie  in  der  Breite 
derselben  und  in  der  der  Zwischenräume.  Desgleichen 
zeigte  sich,  dass  die  ganze  Gestalt  allerdings  in  engen 
Grenzen  variabel  ist.  Das  Verhältniss  der  Länge  zur 
Höhe  ist  nicht  constant.  Schon  D  e  b  e  y  macht  in  einer 
Anmerkung  zu  seinem  Entwurf  der  geognostiscli-geogene- 
tischen  Darstellung  der  Gegend  von  Aachen  auf  derartige 
Abweichungen  aufmerksam,  welche  die  ihm  von  Maestricht 
bekannten  von  den  Aachener  Stücken  unterscheiden.  Auch 
die  Lage  des  Wirbels  zur  Mitte  des  Schlossrandes  ist 
nicht  stets  die  gleiche.  Am  meisten  weichen  die  Formen 
von  Dülmen  ab.  Die  Exemplare  werden  hier  bedeutend 
grösser  (10  cm  Länge).  Die  Rippen  gehen  vorn  und  hinten 
allmählich  in  den  glatten  Theil  über  und  die  schwache 
Aufblähung  auf  dem  hinteren  glatten  Theile  ist  nicht  vor¬ 
handen.  Die  Unterschiede  sind  jedoch  nicht  beständig 
und  vielleicht  auf  ein  grösseres  Lebensalter  der  mir  vor¬ 
liegenden  Exemplare  zurückzuführen. 

Von  Kunraed  sind  mir  zwei  Stücke  bekannt  (das 
eine  ist  vermutklich  das  Original  zu  der  grösseren  Abbil¬ 
dung  bei  G  o  1  d  f  u  s  s),  die  bei  ähnlichen  Abweichungen 
zwischen  den  Formen  des  Aachener  Grünsands  sowie  denen 
Maestrickts  einerseits  und  denen  Dülmens  andererseits 
stehen. 

Ist  man  nun  gezwungen,  solch  verschiedene  Formen 
zu  einer  Art  zusammenzufassen,  so  dürfte  man  auch  ge¬ 
neigt  werden,  die  amerikanischen  Formen  L.  protexta  Gabb. 
und  L.  inflata  Whitfield1)  hiermit  einzubegreifen. 

1)  Whitfield,  Brachiopoda  and  Lamellibranchiata  of  New 
Yersey.  S.  140 — 142.  Monographs  of  the  U.  S.  Geol.  Survey.  IX. 

1885. 


85 


Verbreitung:  Goldfu  ss  erwähnt  die  Art  aus  Aachen, 
'Dülmen  und  Glatz.  Aus  der  Aachener  Kreide  wird  sie 
specieller  angeführt  von  Müller1)  als  Cardita  Goldfussi, 
von  F.  Roeme r 2)  als  Cardiwn  caudatum  A.  Roemer,  von 
Holzapfel3)  und  B  o  e  h  m  4)  als  Liopistha  aequivalvis 
G.  Sie  kommt  hier  vor  in  dem  Unter-Senon  am  Lusberg, 
Königsthor  und  Preussberg,  sowie  im  Grünsand  von  Vaels. 
Aus  dem  Ober-Senonen  Maestrichtien  erwähnt  sie  Debey5) 
ebenfalls  als  Cardita  Goldfussi  und  in  dem  Verzeichniss 
Bosquets  bei  Dewalque  6)  wird  sie  als  Poromya  aequi¬ 
valvis  d’Orb.  für  das  Hervien,  Senonien  und  Maestrichtien 
aufgeführt.  —  Aus  Belgien,  dem  Gebiet  zwischen  der 
Maas  und  der  preussischen  Grenze  erwähnt  sie  zuerst  d  e 
R  y  c  k  h  o  1 1 7)als  Pholadomya  aequivalvis ,  ohne  genauere  Fund¬ 
punkte  anzugeben,  später  führt  sie  Horion8)  wieder  als 
Cardita  Goldfussi  auf.  —  Aus  Westphalen  ist  die  Art  bis¬ 
her  von  Dülmen  bekannt  in  der  Zone  des  Scaphites  bino- 
dosus 9).  Bei  Coesfeld  fand  Herr  Professor  Schlüter 
ein  kleineres  Exemplar  in  der  Zone  der  JBecksia  Soekelandi. 
Am  Harz  tritt  die  Art  auf  im  Unter-Senon  des  Salzberges 
bei  Quedlinburg10),  ferner  bei  Suderode11)  und  in  der 

1)  Müller,  Aachen.  I.  1847.  S.  20. 

2)  F.  Roemer,  Bronns  Jahrbuch.  1847,  S.  388. 

3)  Holzapfel,  Zeitsehr.  d.  D.  g.  Ges.  Bd.  XXXIV.  S.  471, 
Tafel  VII,  Fig.  5.  Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide. 
Palaeontographica  XXXV.  1889.  S.  150,  Tafel  IX,  Fig.  4 — 6. 

4)  Boehm,  Grünsand  von  Aachen.  1885.  S.  137. 

5)  Debey,  Entwurf  zu  einer  geogn.-geogenetischen  Darstel¬ 
lung  der  Gegend  von  Aachen.  1847.  S.  301.  Amtlicher  Bericht  über 
die  25.  Versammlung  D.  Naturforscher. 

6)  Dewalqe,  Prodrome.  1880.  S.  416. 

7)  de  Ryckholt,  Melanges  palcontologiques.  Mem.  cour. 
XXIV.  1847.  S.  162. 

8)  Horion,  Bulletin  de  la  Soc.  geol.  de  Franc.  II.  Ser. 
T.  XVI.  1859.  S.  655. 

9)  Schlüter,  Spongitarienbänke  1872.  S.  36. 

10)  Brauns,  Senone  Mergel  des  Salzberges.  Zeitschr.  f.  d. 
ges.  Naturwissenschaft  1875.  S.  360. 

11)  Frech,  Versteinerungen  der  Unter  -  Senonen  Thonlager 
zwischen  Suderode  und  Quedlinburg.  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges. 
Bd.  89.  1887.  S.  172. 


86 


Gegend  von  Harzburg1).  Bei  Königslutter  findet  sie  sich 
nach  Griepenkerl 2)  im  Ober-Senon.  Im  sächsisch-böh¬ 
misch-schlesischen3)  Kreidegebiete  findet  sie  sich  vielfach 
in  senonen  Ablagerungen,  aus  dem  ostbayerischen  Grenzge¬ 
birge  erwähnt  sie  G  11  m  b  e  1 4)  ohne  Beschreibung  für  die 
Kagerhöhschichten.  Ausserhalb  Europas  ist  L.  aequivalvis 
noch  aus  der  Trichonopoly  Group  Indiens  5 6)  bekannt. 

Corbula  lineata  Müller. 

Müller,  Monogr.  der  Petrefacten  der  Aachener  Kreide¬ 
formation.  I.  S.  26,  Tafel  II,  Fig.  6. 

B  o  e  h  m  ,  Grünsand  von  Aachen.  S.  142. 

Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide,  S.  146, 
Tafel  X,  Fig.  16—19. 

Frech,  Versteinerungen  der  Unter-Senoneri  Thonlager 
zwischen  Suderode  und  Quedlinburg.  Zeitschr.  d. 
D.  geol.  Ges.  Bd.  39,  S.  173. 

Drei  kleine  7  mm  lange  und  4—5  mm  hohe  Bivalven 
glaube  ich  zu  C.  lineata  stellen  zu  dürfen,  da  sie  den  Ab¬ 
bildungen  Holzapfels  vollständig  entsprechen.  Die  con- 
centrische  Berippung,  die  starke  Wölbung  und  der  scharf 
abgeschnittene  Hinterrand  sind  deutlich  zu  sehen.  Immer¬ 
hin  ist,  da  das  Schloss  nicht  sichtbar  ist  und  die  Exem¬ 
plare  sehr  klein  sind,  die  Bestimmung  eine  nicht  ganz 
sichere.  C.  lineata  ist  bekannt  aus  dem  Unter- Senon  von 
Aachen  und  von  Quedlinburg. 

1)  G.  Müller,  Obere  Kreide  am  nördlichen  Harzrand.  Jalirb. 
d.  kgl.  preuss.  geol.  Landesanstalt.  1887.  S.  435. 

2)  Griepen*kerl,  Versteinerungen  der  senonen  Kreide  von 
Königslutter.  1889.  S.  67. 

3)  Reus  s ,  Böhm.  Kreideformation.  II.  1846.  S.  18.  Drescher, 
Löwenberg,  Zeitschr.  d.  D.  g.  Ges.  Bd.  XV,  1863,  S.  342.  Geinitz, 
Elbthalgebirge.  II.  1872 — 75.  S.  71,  Tafel  XIX,  Fig.  6  u.  7. 

4)  Gümbel,  Ostbayerisches  Grenzgebirge.  1868.  S.  754. 

5)  Fort)  es,  On  fossil  Invertebrata  from  South  India.  Trans¬ 
actions  of  geol.  Soc.  II.  Ser.  Vol.  VII,  S.  141,  1845  (Cardium  lucerna 
Forbes.  S.  145,  Tafel  XVII  Fig.  10). 

6)  Stoliczka,  Cret.  Fauna  of  Southern  India  1871.  S.  79» 
Tafel  II,  Fig.  10,  Tafel  XVI.  Fig.  19. 


87 


Tellina  cf.  strigata  Goldf. 

Go  1  d  f u  s  s ,  Petrefacta  Germaniae.  II.  S.  234,  Tafel  147, 
Fig.  10. 

Holzapfel,  Mollusken  der  Aachener  Kreide.  Palae- 
ontographica.  XXXV,  S.  159,  Tafel  XI,  Fig.  6—7'. 

Ein  Sculpturen- Steinkern  einer  Bivalve  zeigt  Aehn- 
lichkeit  mit  T.  strigata  Goldf.  Die  Schale  hat  eine  Höhe 
von  14  mm  und  ist  ungefähr  20  mm  lang.  Sie  zeigt  feine 
concentrische  Rippen  und  noch  viel  feinere  radiale.  Da 
das  Schloss  nicht  erhalten  ist,  ausserdem  die  Ränder  mehr¬ 
fach  abgebrochen  sind  und  in  Folge  dessen  nicht  die  Ge¬ 
stalt  der  Schale  festgestellt  werden  konnte,  so  bleibt  die 
Bestimmung  eine  höchst  unsichere.  Immerhin  hielt  ich  dies 
Exemplar  für  erwähnenswertk,  da  Holzapfel  T.  strigata 
als  ein  auf  die  Quadratenschichten  beschränktes  Fossil 
betrachtet.  Andere  Steinkerne,  an  Grösse  diesem  gleich, 
jedoch  ohne  Sculptur,  sind  in  grösserer  Anzahl  vorhanden. 
Diese  sind  vollständig  oval,  flach  und  haben  1 : 2  Schloss - 
zähne.  Seitenzähne  sind  fraglich.  Einen  Abdruck,  der 
die  Sculptur  zeigte,  habe  ich  nicht  finden  können. 

T.  strigata  wird  von  verschiedenen  Fundpunkten  des 
Unter-Senon  von  Aachen  erwähnt. 

Gastrochaena  spec. 

Zur  Gattung  Gastrochaena  stelle  ich  einen  kleinen 
Steinkern  mit  erhaltener  Röhrenausfüllung.  Leider  ist  der 
vordere  Theil  nicht  erhalten  und  daher  die  Genusbestimmung 
immer  noch  ungewiss.  Die  Schale  hatte  eine  Höhe  von 
5  mm,  die  Dicke  ist  wenig  geringer.  Der  Durchschnitt 
der  wenig  gebogenen  Röhrenausfüllung  ist  nahezu  kreis¬ 
rund  mit  5  mm  Durchmesser.  Bei  der  Seltenheit  der  Thiere 
dieser  Gattung  glaubte  ich  auch  dieses  mangelhafte  Exem¬ 
plar  erwähnen  zu  sollen. 

Argiope  microscopica  v.  Schloth.  spec. 

Bosquet,  Brachiopodes  fossiles  de  Limburg.  S.  46,  Taf.  V, 
Fig.  10—14. 

Von  dieser  Art  ist  nur  ein  Exemplar  bei  Irnich  ge- 


88 


funden ;  dasselbe  ist  2  mm  lang*  und  3  mm  breit.  Acht 
Falten,  von  denen  die  beiden  äusseren  sehr  schwach  sind, 
bedecken  den  Rücken.  Die  beiden  mittleren  lassen  einen 
etwas  breiteren  Raum  zwischen  sich,  in  welchen  sich  nahe 
dem  Rande  eine  kleine  Rippe  einschiebt.  Area  und  die 
zweite  Klappe  sind  nicht  erhalten.  Der  Umfang*  der 
Schale  ist  halbkreisförmig.  Bosquet  hat  gewiss  mit  Recht 
die  Species  sehr  weit  gefasst.  Fünf  mir  zum  Vergleich 
vorliegende  Exemplare  von  Maestricht  zeigen  bereits  ver¬ 
schiedene  Formen.  Dieselben  sind  durchweg  grösser  als 
das  in  Irnich  gefundene  Stück.  Das  eine  zeigt  alle  Falten 
in  gleichem  Abstand,  ohne  dass  im  Alter  kleinere  Falten 
eingeschoben  werden,  das  zweite  zeigt  den  grösseren  Ab¬ 
stand  der  Mittelfalten,  das  dritte  schiebt  in  diesen  eine 
kleine  Falte  ein,  während  das  vierte  dieser  Reihe  auch 
in  den  engeren  Zwischenräumen  diese  jüngeren  Falten 
zeigt.  Megathiris  cuneiformis  und  M.  depressa  d'Orb.1), 
welche  wesentlich  mit  Rücksicht  auf  die  Zahl  der  Rippen 
getrennt  sind,  dürften  demnach  hierher  gehören.  Des¬ 
gleichen  würde  Orthis  JBronni  Hag.2)  hierher  m  stellen 
sein.  Anders  verhält  es  sich  mit  Orthis  Buchi  Hag.,  welche 
d’Orbigny  wie  die  übrigen  als  synonym  auffasst.  Es 
liegt  mir  ein  Exemplar  dieser  Art  von  Rügen  vor.  Das¬ 
selbe  gewinnt  durch  den  sehr  schwach  eingebogenen  Wir¬ 
bel  und  durch  die  vierseitige  Gestalt,  genau  wie  sie 
Hagenow  beschreibt,  ein  so  wesentlich  anderes  Aus¬ 
sehen,  dass  es  schwer  fällt,  sie  für  ident  mit  den  Maestrich- 
ter Formen  zu  halten3).  Allerdings  weicht  auch  schon  dies 
eine  Exemplar  durch  die  Zahl  von  6  Falten  von  der  Be¬ 
schreibung  Ha  ge  no  ws,  welcher  deren  vier  angiebt,  ab 

1)  d’Orbigny,  Paleontologie  frangaise  terr.  cret.  Brachio- 
podes.  S.  147-149.  Tafel  521. 

2)  N.  Jahrbuch  für  Min.  etc.  1842.  S.  543,  Tafel  IX,  Fig.  7. 
Ro  einer,  Kreide,  S.  41. 

3)  Wie  geringrwerthig  die  Zahl  und  Gestalt  der  Kippen  in 
dieser  Gattung  für  die  Systematik  ist,  zeigen  die  tertiären  Arten. 
Vergl.  Dreyer,  Die  tertiären  Brachiopoden  des  Wiener  Beckens. 
S.  183,  Tafel  I,  Fig.  1 — 14.  Beiträge  zur  Palaeontologie  Oest.-Ung. 
Bd.  VII,  1888. 


89 


und  zeigt,  dass  auch  diese  Art  Abänderungen  aufweist. 
Ausser  den  genannten  führt  Bosquet  noch  eine  Reihe 
Synonyma  an,  für  die  mir  kein  Vergleichsmaterial  zu  Ge¬ 
bote  steht. 

Ueber  die  Verbreitung  der  A.  microscopica,  die  Syn¬ 
onyma  eingeschlossen,  äussert  sich  derselbe:  Diese  schöne 
Art  trifft  man ,  obgleich  nicht  sehr  häufig,  an  allen  den 
Orten  in  Niederländisch  Limburg ,  wo  die  Maestrichter 
Schichten  bekannt  sind.  In  Belgien  findet  sie  sich  bei 
Wonck,  bei  Frere  nahe  Tongern,  bei  Jadrain  und  Ciply. 
Nach  d’Orbigny  trifft  man  sie  in  Frankreich  an  bei 
Chavot,  bei  Ablois  (Marne),  bei  Fecamp  (Seine  inf.), 
wie  bei  Meudon  und  Sens  (Yonne).  In  England  ist  sie 
gesammelt  in  der  oberen  Kreide  von  Gravesend  und  North 
Fleet,  ferner  bei  Charing  (Kent)  und  Penzey  (Wiltshire). 
Nach  H  a  g  e  n  o  w  findet  sie  sich  in  Deutschland  in  der 
weissen  Kreide  Rügens. 

Terebratulina  clirysalis  Scliioth. 

Schloenbach,  Beiträge  zur  Palaeontologie  der  Jura-  und 
Kreideformation  im  nordwestl.  Deutschland.  II. 
Kritische  Studien  über  Kreidebrachiopoden.  Pa- 
laeontographica.  XIII.  1866.  S.  277. 

Terebratulina  striata  Wahlenbg.  Davidson,  British  cretace- 
ous  Brachiopoda.  II.  S.  35,  Tafel  2,  Fig.  18—28. 

Von  dieser  weit  verbreiteten  und  stark  variirenden 
Art  hat  sich  bei  Irnich  ein  Exemplar  gefunden.  Dasselbe 
misst  in  der  Breite  0,6  cm  und  in  der  Länge  1  cm.  Auf 
der  Mitte  befindet  sich  eine  schwache  Depression.  Der 
Stirnrand  ist  sehr  stark  gebogen,  fast  zugespitzt  zu  nennen. 
Die  Depression  auf  der  Mitte  ruft  nur  eine  schwache  Ab¬ 
setzung,  keine  Bucht,  am  Schalrande  hervor. 

Ueber  die  Synonyma  dieser  Art  haben  Davidson  und 
Schloenbach  ausführlich  berichtet.  Nach  letzterem  ge¬ 
hört  die  Art  in  Norddeutschland  sämmtlichen  Schichten 
der  Kreide  an  von  der  Tourtia  aufwärts.  Davidson 
erwähnt  eine  etwas  abweichende  Form  bereits  aus  dem 
Speeton  Clay. 


90 


Ausser  dem  eben  beschriebenen  Exemplar  ist  noch 
eine  kleine  flache  Brachiopodenschale  zu  erwähnen  von 
5  mm  Länge  und  5  mm  Breite,  die  nach  Sculptur  und 
äusserem  Umriss  ebenfalls  hierher  gehörig  scheint. 


Rhynchonella  plicatilis  Sow.  yar.  oetoplicata  Sow. 

Davidson,  British  cretaceous  Brachiopoda.  S.  75,  Taf.  X., 
Fig.  1 — 7. 

d’Orbigny,  Paläontologie  francaise,  terr.  cret.  Brachio- 
podes,  S.  46,  Tafel  499,  Fig.  8-11. 

Haustein,  Die  Brachiopoden  der  oberen  Kreide  von 
Ciply.  S.  37. 

*  Länge  1  cm,  Breite  1,3  cm. 

Nur  die  grosse  Schale  ist  erhalten,  jedoch  auch  nicht 
vollständig.  Dieselbe  zeigt  die  mittlere  Einsenkung  und 
radial  verlaufende  Falten,  von  welchen  8  in  den  mittleren 
eingesenkten  Theil  fallen.  Soweit  die  Schale  vollständig 
erhalten  ist,  sind  auch  diese  Falten  sichtbar,  nahe  dem 
Wirbel  fehlen  die  oberen  Schalschichten  und  ist  in  Folge 
dessen  auch  die  Faltung  nicht  mehr  deutlich.  Dieser  Um¬ 
stand  führte  bei  der  Bestimmung  auch  auf  die  nahestehende 
B.  limbata  Schloth.1  2),  syn.  B.  subplicata  d?Orb.  die  sich 
von  B.  oetoplicata  dadurch  unterscheidet,  dass  sie  nur  am 
Bande  Faltung  zeigt,  die  nach  dem  Wirbel  zu  sehr  schnell 
verschwindet. 

Bhynchonella  plicatilis  ist  weit  verbreitet  im  Turon 
und  Senon.  Im  Limburger  Gebiet  findet  sie  sich  nur  im 
Ober-Senon.  Schloenbach2)  macht  darauf  aufmerk¬ 
sam,  dass  die  Formen,  welche  zur  Yar.  oetoplicata  gestellt 
werden,  sich  vorwiegend  in  den  Mucronatenschichten  finden. 


1)  Davidson,  1.  c.  S.  79,  Tafel  12,  Fig.  1—5.  d’Orbigny, 
1.  c.  Tafel  499,  Fig.  12—15. 

2)  Schloenbach,  U eber  die  norddeutschen  Galeritenschichten 
und  ihre  Brachiopodenfauna.  Sitzungsberichte  der  k.  k.  Acad.  der 
Wissenschaften.  Bd.  57,  1.  Abth.  S.  218. 


91 


Defrancia  Miclielini  Hag. 

1841  Ceriopora  diadema  Goldf.,  pars.  Petref.  Germ.  I.  S.  39, 
Tafel  XI,  Fig.  12  e.  f. 

1851  Defrancia  Miclielini  Hagenow.  Bryozoen  von  Mae- 
stricht.  S.  42,  Tafel  IV,  Fig.  5. 

Discotubigera  Michelini  d’Orbigny.  Pal.  franc.  terr. 
cret.  Bryozoaires  S.  758. 

1881  Actinopora  Michelini  Hamm,  Die  Bryozoen  des  Mae- 
strichter  Obersenon.  S.  27. 

1887  Defrancia  Michelini  Marsson,  Die  Bryoz.  der  weissen 
Schreibkr.  der  Insel  Rügen.  S.  39. 

Die  beiden  von  Irnich  vorliegenden  Exemplare  er¬ 
reichen  eine  bedeutendere  Grösse  als  die  von  Hagenow 
beschriebenen  und  die,  welche  G  o  1  d  f  u  s  s  abgebildet. 
Der  Durchmesser  des  scheibenförmigen  Körpers  beträgt  bis 
zu  1  cm;  das  von  Hagenow  abgebildete  Stück  hat  etwa 
0,4  cm  Durchmesser.  Der  spitze  Fuss,  vermittelst  dessen 
das  Thier  angewachsen,  ist  leider  nicht  blosgelegt.  Von 
der  Mitte  aus  strahlen  etwa  10  Rippen,  zwischen  welche 
sich  im  Alter  andere  einschieben,  so  dass  etwa  20  gezählt 
werden  können.  Letzteres  konnte  von  Hagenow  nicht 
beobachtet  werden,  da  ihm  vermuthlich  nur  junge  Exem¬ 
plare  Vorlagen.  Er  führt  nur  8  bis  »10  Rippen  an.  Mir 
lagen  die  Originale  von  Goldfuss  vor,  welche  auch 
Hagenow  zur  Verfügung  standen,  und  ich  gewann  aus 
dem  Vergleich  die  Ueberzeugung,  dass  diese  Unterschiede 
nur  als  Altersunterschiede  zu  betrachten  sind.  Die  Rippen 
sind  gebildet  aus  (bis  zu  5)  Reihen  von  verwachsenen 
röhrenförmigen  Zellen,  welche  an  den  Seiten  der  Rippen 
bisweilen  blosgelegt  sind.  Die  Zwischenräume,  welche  die 
Rippen  frei  lassen,  sind  glatt,  geschlossen,  nicht  porös,  ein 
Umstand,  der  diese  Art  von  Defr.  diadema  Goldf.  (1.  c. 
S.  39)  trennt.  Im  Uebrigen  trennt  die  verhältnissmässig 
geringe  Zahl  von  niedrigen  Rippen  diese  Art  leicht  von 
den  Verwandten. 

Defrancia  Michelini  ist  bekannt  von  Maestricht  und 
Rügen. 


92 


Ceriopora  tlieloidea  Hag. 

Hagenow,  Bryozoen  der  Maestrichter  Kreidebildungen. 
S.,  52,  Tafel  V,  Fig.  5. 

Reptomulticavea  tlieloidea  d’Orbigny,  Pal.  franc.  Ter.  cret. 
Bryozoaires.  S.  1034. 

Ceriopora  tlieloidea  Hag.  bei  Hamm,  Bryozoen  des  Mae¬ 
strichter  Ober-Senon.  S.  36. 

cf.  „  micropora  Goldf.  bei  Marsson,  die  Bryozoen  der 
weissen  Schreibkreide  von  Rügen.  S.  44. 

Ein  Exemplar  eines  kurzen  verzweigten  Körpers  von 
etwa  5  mm  Durchmesser  mit  3  zitzenförmigen  Enden, 
glaube  ich  zu  Ceriopora  tlieloidea  setzen  zu  dürfen.  Der 
Körper  besteht  aus  regelmässig  übereinander  gelagerten 
Zell-  oder  Röhrenschichten,  deren  unregelmässig  polygo¬ 
nalen  Mündungen  dicht  gedrängt  die  Oberfläche  ohne  Re¬ 
gelmässigkeit  bedecken.  Dem  blossen  Auge  erscheint  die 
Oberfläche  glatt.  Der  Querschnitt  zeigt  genau  das  Bild, 
welches  Hagenow  von  demselben  gegeben  hat.  Grosse 
Aehnlichkeit  zeigt  auch  Ceriopora  ( Inversaria  Hag.)  tubi- 
poracea  Goldf. x),  jedoch  sind  hier  die  Röhren  viel  weiter 
und  die  Zellmündungen  sind  mit  unbewaffnetem  Auge  wahr¬ 
zunehmen.  Die  vergrösserte  Abbildung  der  Oberfläche 
dieser  Art  ist  bei  Goldfuss  genauer  als  bei  Hagenow. 

Kommt  vor  in  *  den  oberen  und  unteren  Maestricht- 
schichten  Limburgs  und  auf  ?  Rügen. 

Filicea  Irnicliensis  spec.  nov. 

Fig.  22. 

Das  walzenförmige  dichotomirende  Stämmchen  ist 
3  mm  dick.  Die  sechseckigen  Zellen  erscheinen  auf  der 
Oberfläche  in  Längsreihen  angeordnet  und  bilden  auch 
weniger  regelmässige  schräge  Reihen.  Die  Sechsecke  sind 
in  der  Regel  gleichseitig,  nur  in  der  Nähe  der  Verzweigungen 
werden  sie  in  der  Richtung  der  Stammachse  verlängert.  Im 
ersteren  Falle  ist  die  Mündung  kreisrund,  im  letzteren 
eirund.  Die  Mündungen  sind  von  hohen  gemeinsamen 


1)  Petref.  Germ.  I.  S.  35,  Tafel  X,  Fig.  13. 


93 


Rändern  umgeben,  welche  meistens  —  nicht  immer  — 
durch  eine  flache  Furche  zweigetheilt  sind.  Mit  grösster 
Deutlichkeit  tritt  diese  letztere  Erscheinung  auch  in  der 
Nähe  der  Stammverzweigungen  auf.  —  Auf  den  Querbrüchen 
sieht  man  die  Querschnitte  der  Zellröhren,  im  Innern  eng, 
nach  Aussen  sich  allmählich  erweiternd. 

Die  zunächst  stehende  Art  ist  Filicea  velata  Hag. J) 
resp.  regülaris  d?Orb.1  2).  Diese  hat  jedoch  beständig  läng¬ 
lich  sechseckige  Zellen  und  die  Zellränder  zeigen  keine 
Furche,  auch  scheint  die  Mündung  kleiner  zu  sein,  als  bei 
unserer  Art. 


Membranipora  Koninckiana  Hag.  spec. 

Cellepora  ( Discopora )  Koninckiana  Hagenow,  Die  Bryozoen 
der  Maestrichter  Kreidebildungen.  S.  95,  Tafel  XI, 
Fig.  10  u.  11. 

Membranipora  Koninckiana  Dewalque,  Prodrome.  S.  422. 
„  „  Ubaghs,  Description  geol.  et 

paleont.  du  sol  de  Limbourg.  S.  220. 

Kleine  Bruchstücke  von  flachen  Ausbreitungen  zeigen 
längliche  hochumrandete  Zellen  mit  eingesenkter  Zelldecke, 
in  deren  oberem  Theile  eine  mehr  oder  weniger  kreisrunde 
Oeffnung  liegt.  Stellenweise  sind  deutlich  Furchen  zwi¬ 
schen  den  Umrandungen  wahrzunehmen.  Zwischen  den 
unregelmässigen  Zellreihen  liegen  langgestreckte  Neben¬ 
zellen,  deren  Zellmündung,  von  tropfenförmigem  Umriss, 
in  der  Mitte  der  Zelldecke  liegt.  Bei  einem  der  Exemplare 
verwischen  sich  die  Unterschiede  zwischen  den  Haupt-  und 
Nebenzellen,  welch  letztere  sonst  charakteristisch  für  diese 
Art  sein  sollen. 

Vorkommen:  Maestricht. 


1)  Hagenow,  Monographie  der  Rügenschen  Kreidever¬ 
steinerungen.  N.  Jahrb.  1839.  S.  285,  Tafel  V,  Fig.  6.  Marsson, 
die  Bryozoen  der  weissen  Schreibkreide  von  Rügen.  S.  46. 

2)  d’Orbigny,  Paleontologie  fran^aise.  Terr.  cret.  Bryozo- 
aires.  S.  1001,  Tafel  786,  Fig.  1 — 4. 


94 


Lepralia  cf.  Brongniarti  Hag.  spec. 

Cellepora  Brongniarti  Hagenow,  Bryozoen  der  Maestrich- 
ter  Kreidebildungen.  S.  90,  Tafel  10,  Fig.  14. 
Lepralia  Brongniarti  Bosquet,  Dewalque,  Prodrome, 
S.  422. 

„  Brongniarti  bei  Ubaghs,  Description  du  sol  de 
Limbourg,  S.  221. 

Ein  unregelmässiger  flacher,  vielleicht  dichotomiren- 
der  Körper  zeigt  Verwandtschaft  mit  Cellepora  Brongniarti 
Hag.  Die  Zellen,  welche  in  abwechselnden  Längsreihen 
stehen,  sind  länglich  oval,  aufgebläht.  Am  oberen  Ende, 
etwa  V 4  der  Zelle  einnehmend,  befindet  sich  die  kreis¬ 
runde  Oeffnung.  Die  Zellen  werden  getrennt  durch  eine 
dünne,  feste,  bald  fadenförmige,  bald  hautähnliche  Masse. 
Die  Oberfläche  der  Zellen  ist  faltig,  zeigt  jedoch  nicht  die 
regelmässige  Sculptur  der  Cellepora  Brongniarti. 

Kommt  in  der  Maestrichter  Kreide  vor. 

Beptescharinella  pusilla  Hag.  spec. 

Cellepora  pusilla  Hagenow,  Die  Bryozoen  der  Maestrichter 
Kreidebildungen.  S.  88,  Tafel  X,  Fig.  9. 
Beptescharinella  pusilla  d’Orbigny,  Paleontologie  franQ.  terr. 
cret.  Bryozoaires.  S.  428. 

Unregelmässige  flache  Körper  von  einer  Zelllage.  Die 
ziemlich  grossen,  dem  blossen  Auge  deutlich  wahrnehm¬ 
baren  Zellen  sind  aufgebläht,  sackförmig,  glatt  und  dach¬ 
ziegelartig  übereinanderliegend.  Einzelne  Zellen  sind  völlig 
eiförmig  mit  einer  halbkreisförmigen  Oeffnung  am  oberen 
Ende,  ganz  wie  sie  von  Hagenow  abgebildet  werden, 
jedoch  ohne  die  Nebenporen.  Die  meisten  dagegen  be¬ 
sitzen  in  der  Höhe  der  Mündung  eine  Einschnürung  und 
darüber  noch  einen  ebenfalls  geblähten  Theil.  Ob  jhier 
ein  Zustand  der  Sprossung  vorliegt,  oder  ob  der  zuerst 
beschriebene,  mit  Hagenows  Beschreibung  übereinstim¬ 
mende  Zustand  ein  durch  Zerstörung  hervorgerufener  ist, 
wird  sich  nur  durch  Vergleichung  grösserer  Mengen  dieser 
Art  feststellen  lassen.  Die  Zellen  sind  nicht  ganz  regel- 


95 


massig  in  Reiben  geordnet.  Die  sackförmig  hervortreten¬ 
den  Zellen  unterscheiden  die  Art  leicht  von  den  meisten 
übrigen,  sowie  auch  der  Umstand,  dass  dieselben  glatt 
sind.  Letzteres  besonders  scheidet  sie  von  den  übrigen 
aus  Maestricht  bekannten  Arten. 

Aehnlich,  wenn  nicht  dasselbe,  ist  Reptocelleporaria 
cretacea  d’Orb. 1).  Es  sollen  jedoch  bei  dieser  Art  oft  2 
oder  3  Zelllagen  den  Körper  der  Kolonie  verdicken,  und 
die  Zellen  sollen  völlig  unregelmässig  stehen.  Die  Be¬ 
schreibung  „Cellules  ovales,  tres-convexes,  un  peu  obliques, 
inegales,  souvent  simples,  d’autre  fois  portant  en  avant  une 
vesicule  ovarienne  en  calotte  de  la  moitie  de  la  cellule“ 
entspricht  völlig  unserem  Exemplar.  D  ’  0  r  b  i  g  n  y  ’  s  Art 
ist  von  Meudon,  während  R.  pusilla  von  Maestricht  be¬ 
kannt  ist. 

Eschara  propinqua  Hag. 

Hagenow,  Bryozoen  der  Maestrichter  Kreidebildungen. 
S.  81,  Tafel  10,  Fig.  1,  2. 

Ein  kleines  Bruchstück  einer  Platte  zeigt  länglich 
sechsseitige  Zellen  in  nicht  ganz  regelmässigen  Reihen. 
Die  Zelldecke  erscheint  zwischen  hohen  Randwülsten  nie¬ 
dergedrückt.  Die  Ränder  lassen  theils  Furchen  zwischen 
sich,  theils  zeigen  sie  nur  eine  schwache  Linie  oder  gehen 
ganz  in  einander  über.  Die  Zellöffnung  ist  halbkreisför¬ 
mig.  Bei  einzelnen  derselben  ragt  die  Mitte  des  Unter¬ 
randes  etwas  in  die  Mündung  hinein,  so  dass  diese  herz¬ 
förmige  Gestalt  erhält. 

Vorkommen:  Maestricht. 

Eschara  dichotoma  Goldf. 

Goldfuss,  Petrefacta  Germaniae.  I.  S.  25,  Tafel  VIII, 
Fig.  15. 

Roemer,  Kreide.  S.  16. 

Hagenow,  Bryozoen  der  Maestrichter  Kreidebildungen. 
S.  79,  Tafel  IX,  Fig.  18  u.  19. 

1)  cUOrbigny,  Pal.  frang.  terr.  cret.  Bryozoaires.  S.  423, 
Tafel  713,  Fig.  17  u.  18. 


4 


96 


M  a  r  s  s  o  n  ,  Die  Bryozoen  der  weissen  Schreibkreide  von 
Rügen.  S.  70. 

Von  Irnich  liegt  ein  kleines  verzweigtes  Stämmchen 
vor  von  ovalem  Querschnitt.  Obwohl  Goldfuss,  Roemer 
und  Hagenow  diese  Art  platt  gedrückt  oder  dünn  nennen, 
so  halte  ich  doch  das  Irnicher  Exemplar  nach  Vergleich 
der  Gol dfuss’ sehen  Originale  mit  diesen  für  ident.  Auf 
der  Oberfläche  zeigen  sich  die  sechsseitigen  Zellen  durch 
Furchen  getrennt.  Etwas  höher  als  die  Mitte  liegt  die 
verhältnissmässig  grosse  Oeflnung,  welche  mehr  als  halb¬ 
kreisförmig  wird.  Es  scheint  dies  letztere  ebenso  wie  das 
Auftreten  der  Furchen  ein  bestimmer  Alterszustand  zu  sein, 
denn  an  dem  Originale,  welches  noch  die  Furchen  zeigt 
(es  thun  das  nicht  alle)  ist  die  Oeffnung  ebenfalls  grösser 
als  ein  Halbkreis.  Stets  ist  die  Oeffnung  unten  abgestutzt, 
Bisweilen  erscheint  sie  gerundet  vierseitig. 

Ein  anderes  Exemplar  von  Irnich  zeigt  keine  Furchen, 
wohl  aber  die  halbkreisförmig  verengte  Oeffnung. 

Verbreitung :  Maestricht  und  Rügen. 

Eschara  sexangularis  Goldf. 

Goldfuss,  Petref.  Germ.  S.  24,  Tafel  VIII,  Fig.  12a,  b. 
Hagenow,  Bryozoen  der  Maestrichter  Kreidebildungen. 

S.  81,  Tafel  X,  Fig.  3,  4.  5. 

Dewalque,  Prodrome.  S.  421. 

IJbaghs,  Description  geol.  de  Limbourg.  S.  111. 
Griepenkerl,  Die  Versteinerungen  der  senonen  Kreide 
von  Königslutter.  S.  31. 

Der  Körper  ist  unregelmässig  flach  ausgebreitet,  aus 
zwei  Zellschichten  bestehend.  Die  Zellen  sind  sechseckig 
und  auf  der  Oberfläche  durch  äusserst  feine  Furchen  ge¬ 
trennt.  Von  hier  steigt  die  Zelldecke  sehr  gering  zur 
Mitte  hin  an,  wo  eine  ovale  Einsenkung  sich  befindet,  die 
zur  Hälfte  von  der  Zell  Öffnung  eingenommen  wird.  Hage¬ 
now  beschreibt  verschiedene  Alterszustände,  unser  Exem¬ 
plar  würde  zu  dem  zuletzt  beschriebenen  gehören.  Seine 
Abbildung  (Fig.  5)  stimmt  jedoch  nicht  mit  seinen  Worten 
überein,  wahrscheinlich  liegt  ein  Fehler  in  der  Schattirung 


97 


vor.  Die  sechsseitige  Umrandung  der  Zellen  unterscheidet 
die  Art  leicht  von  den  übrigen  dieser  Gattung. 

Verbreitung:  Maestricht,  Kunraed.  Obere  Mucronaten- 
schichten  von  Königslutter. 


Eschara  stigmatopliora  Goldf. 

Gold  fu  ss,  Petref.  Germ.  I.  S.  24,  Tafel  VIII,  Fig.  il. 
Hagenow,  Bryozoen  der  Maestrichter  Kreidebildungen. 

S.  73,  Tafel  IX,  Fig.  1. 

Ubaghs,  Description  geol.  de  Limbourg.  S.  111. 

Diese  Art  ist  sehr  veränderlich.  Die  Originale  zu 
den  Abbildungen  bei  Goldfuss  selbst  sind  nicht  überall 
gleichmässig  entwickelt;  so  ist  das,  welches  in  Fig.  11  b 
abgebildet  ist,  genau  der  guten  Beschreibung  und  Abbildung 
Hagenow’ s  entsprechend.  Bei  dem  Originale  zu  Figur 
11  a  verschwindet  die  feine  Ausarbeitung  der  Zellendecken, 
dieselben  werden  gleichmässig  glatt,  etwas  —  jedoch  nur 
schwach  —  gewölbt,  mit  trennenden  Furchen,  welche  je¬ 
doch  auch  verschwinden  und  mit  noch  halbkreisförmigen 
Oeffnungen.  Schliesslich  wird  auch  diese  eingeengt  und 
man  findet  eine  glatte  Oberfläche,  in  welcher  mehr  oder 
weniger  runde  Zellmündungen  in  Reihen  angeordnet  sind. 
Dieselben  sehen  aus,  als  wenn  sie  von  Nadelstichen  her- 
riihrten,  wie  Goldfuss  in  seiner  Beschreibung  sich  treffend 
ausdrückt.  Da  die  Uebergänge  zum  Theil  an  einem  und 
demselben  Stücke  sichtbar  sind,  so  ist  an  der  Zusammen¬ 
gehörigkeit  dieser  Formen  nicht  zu  zweifeln.  Die  meisten 
Exemplare,  welche  von  Irnich  vorliegen,  entsprechen  dem 
letzteren  Zustande.  Auf  ziemlich  dicken,  glatten,  ebenen 
Körpern  liegen  reihenweise  die  engen  nadelstichartigen 
Zellöffnungen,  auf  den  weit  ausgedehnten  Zelldecken  die 
Spuren '  der  trennenden  Furche,  sehr  wenig  verlängerte 
Sechsecke  bildend.  Andere  dagegen  entsprechen  den 
Uebergängen  zu  den  von  Hageno  w  beschriebenen  Formen. 

Verbreitung:  Obersenon  von  Maestricht  und  Kunraed 
und  bei  Ciply  in  Belgien. 


Verh.  d.  nat.  Ver.  Jalirg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX. 


7 


98 


Semiescliara  piriformis  Goldf. 

Eschara  piriformis  Goldfuss,  Petref.  Germ.  I.  S.  24,  Tafel  VIII, 
Fig.  10. 

„  ,,  Roemer,  Kreide.  S.  16. 

„  „  Hagenow,  Bryozoen  S.  75,  Tafel  IX,  Fig.  6. 

Tafel  XI,  Fig.  6. 

Semieschara  piriformis  Marsson,  Die  Bryozoen  der  weissen 
Schreib  kreide  von  Rügen.  S.  74. 

Der  Körper  ist  flach  ausgebreitet.  Die  Oberfläche 
erscheint  dem  blossen  Auge  aus  Quadraten  zusammenge¬ 
setzt,  erst  unter  der  Lupe  ergeben  sich  die  Bilder,  die 
Goldfuss  und  Hageno w  uns  überlieferten.  Die  hohen 
Ränder  zwischen  den  einzelnen  Zellen,  die  im  oberen 
Theile  liegende  weite  halbkreisähnliche  Mündung ,  die 
regelmässige  Anordnung  in  abwechselnde  Längsreihen, 
geben  der  Art  ihr  nicht  zu  verkennendes  Gepräge. 

S.  piriformis  kommt  im  Obersenon  Limburgs  und  im 
Untersenon  des  Salzbergs  bei  Quedlinburg  vor. 


Porina  filograna  Goldf. 

Eschara  filograna  Goldf.,  Petrefacta  Germaniae.  S.  25,  Tafel 
VIII,  Fig.  17. 

,,  filograna  Hageno w,  Bryozoen  der  Maestrichter  Kreide¬ 

bildungen.  S.  65,  Tafel  VII,  Fig.  12  u.  13. 

„  filograna  Ubaghs,  Descr.  geol.  de  Limbourg.  S.  111. 
Porina  filograna  Marsson,  Die  Bryozoen  der  weissen  Schreib¬ 
kreide  der  Insel  Rügen.  S.  87. 

Von  dieser  Art  ist  nur  ein  kleines  Bruchstück  vor¬ 
handen,  das  jedoch  zur  Bestimmung  ausreicht. 

Die  kleinen  runden  Zellmündungen  sind  in  Reihen 
geordnet,  welche  nach  den  Rändern  des  Stämmchens  hin 
divergiren.  Die  Mündungen  sind  erhöht  oder  richtiger 
von  einem  kleinen  Wulst  umgeben.  Zwischen  den  Mün¬ 
dungen,  dieselben  umlagernd,  befinden  sich  Poren,  jedoch 
sind  dieselben  nicht  ganz  so  regelmässig  gebildet  und  ge¬ 
ordnet,  wie  es  die  Zeichnung  der  Petrefacta  Germaniae  an- 
giebt,  insbesondere  sind  dieselben  fast  durchweg  von  ver- 


99 


schiedener  Weite.  Eine  Betrachtung  des  Originals  zeigt, 
das  hier  der  Zeichner  stark  schematisirt  hat. 

Von  Goldfuss  und  von  Hagenow  wurden  hier¬ 
her  noch  andere  Formen  gezogen  von  wesentlich  ande¬ 
rem  Aussehen,  besonders  hervorgerufen  durch  den  Mangel 
des  Wulstes.  Gemeinsam  sind  ihnen  die  Zwischenporen, 
von  denen  Hagenow  eine  etwas  complicirte  Beschreibung 
giebt,  die  für  das  Original  von  Goldfuss  sowie  für  unser 
Exemplar  nicht  zutrifft.  Ausserdem  fehlen  ebenfalls  beiden 
die  Furchen,  welche  die  senkrecht  übereinander  liegenden 
Mündungen  verbinden  sollen.  Vermuthlieh  ist  Hagenow 
durch  eine  Anzahl  abgeriebener  Exemplare  zu  dieser  Be¬ 
schreibung  veranlasst. 

Biflustra  Esperi  Hag. 

Eschara  Esperi  Hagenow,  Bryozoen  der  Maestrichter  Kreide¬ 
bildungen.  S.  82,  Tafel  XII,  Fig.  8. 

Biflustra  Esperi  d’Orbigny,  Bryozoaires,  Pal.  fran^.  terr. 
cret.  S.  245. 

Von  Irnich  liegt  ein  kleines  flaches  Stämmchen  vor. 
Am  unteren  Ende  besteht  dasselbe  aus  24  abwechselnden 
Reihen  von  Zellen,  welche  ziemlich  grosse  ovale  Mündungen 
zeigen.  Nur  an  einer  kleinen  Stelle  und  äusserst  schwach 
zeigt  unser  Exemplar  die  Furchen  auf  der  Oberfläche, 
welche  die  einzelnen  Zellen  trennen. 

Nach  oben  zu  verbreitert  sich  das  Stämmchen,  ver- 
muthlich  als  Uebergang  zur  Gabelung.  Die  ziemlich  grossen 
ovalen  Mündungen  charakterisiren  Eschara  Esperi  Hag.  — 
Eschara  lepida  Hagenow  (1.  c.  S.  78),  ebenfalls  mit  ovalen 
Mündungen,  hat  ein  rundliches  Stämmchen.  Biflustra  ovcdis 
d’Orb. x)  bildet  ebene  Platten,  desgleichen  B.  emarginata 
d’Orb. 1  2). 

Ein  zweites  Exemplar  von  Irnich  ist  scheinbar  etwas 
angewittert  und  zeigt  sehr  deutlich  die  Furchen,  welche 
längliche  Sechsecke  bilden  und  die  Zellen  trennen. 

Vorkommen:  Maestricht. 


1)  Paleontologie  frangaise.  S.  279,  Tafel  <19(5,  Fig.  11  — 13. 

2)  Paleontologie  frangaise.  S.  278,  Tafel  69G,  Fig.  5 — 7. 


100 


Pyrgopolon  Mosae  Montf. 

1808  Montfort,  Conchyliologie  systematique.  S.  395. 

1819  Dentalium  clava  Lamarck,  Histoire  naturelle  des  ani- 

maux  saus  vertebres.  V.  S.  346. 

1810  Entalium  rugosum  Defrance,  Dictonnaire  des  Sciences 
naturelles.  T.  XIV,  S.  518. 

1820  Dentalites  cinqulatus  Schlotheiin,  Petrefactenkunde. 

S.  94. 

1825  Dentalium  clava  Deshayes,  Anatomie  et  Monographie 
du  genre  Dentale.  Mein,  de  la  soc.  d’ hist,  nah 
de  Paris.  II.  S.  374,  Tafel  XVIII,  Fig.  19. 

1837  Dentalium  Browni  Hiesinger,  Letkaea  Suecana.  S.  21, 
Tafel  IV,  Fig.  9. 

1837  Dentalium  Mosae  Bronn,  Lethaea  geogn.  I.  S.  706, 
Tafel  32.  Fig.  18. 

1844  Dentalium  Mosae  Goldfuss,  Petrefacta  Germaniae.  III. 

S.  2,  Tafel  166,  Fig.  10. 

1851  Dentalium  Mosae  Müller,  Petrefacten  der  Aachener 
Kreideformation.  II.  S.  6. 

?  1852  Ditrupa  clava  Byckkolt,  Melanges  paleontologiques. 

Mem.  cour.  T.  XXIV,  S.  122. 

1866  Ditrupa  Mosae  Cornet  et  Briart ,  Descr.  de  la 
Meule  de  Bracquegnies.  Mem.  cour.  de  l’acad. 

T.  XXXIV,  1870,  S.  188. 

1875  Gastrochaena  Mosae  Brauns,  Die  senonen  Mergel  des 
Salzbergs  bei  Quedlinburg.  Zeitsckr.  für  die  ge- 
samrnte  Naturwissenschaft.  S.  357. 

Pyrgopolon  Mosae  ist  in  Irnich  nicht  selten.  Das 
Fossil  zeigt  zwei  Erhaltungszustände.  Einmal  findet  sich 
nur  der  Steinkern  im  Hohldruck,  ein  andermal  ist  die 
Schale  erhalten.  Während  im  ersteren  Zustande  die  Be¬ 
stimmung  immerhin  fraglich  war,  ist  sie  im  letzteren  durch 
directen  Vergleich  mit  dem  Maestrichter  Vorkommen  ausser 
Zweifel  gestellt. 

An  einem  der  Stücke  sieht  man  deutlich  zwei  Schal¬ 
schichten  lose  übereinander  liegen,  in  ihnen  gleichfalls 
lose  den  Steinkern,  welcher  in  seinem  oberen  Ende  hohl 


101 


ist.  An  allen  Exemplaren  ist  zu  sehen,  dass  die  unver¬ 
sehrte  Schale  eine  bedeutende  Dicke  erlangt  hat.  Die  Schale 
ist  mehr  oder  weniger  gerade,  eine  unregelmässige  Röhre 
bildend.  Die  innere  Weite  war  bald  grösser,  bald  geringer, 
der  äussere  Umfang  zeigt  sich  weniger  veränderlich.  Die 
Oberfläche  ist  ohne  Sculptur,  nur  mit  Runzeln  versehen. 

Ueber  die  Stellung  des  Genus  Pyrgopolon  herrschen 
verschiedene  Ansichten. 

Z  i  1 1  e  1  in  seinem  Handbuch  stellt  es  mit  einem 
Fragezeichen  versehen  zunächst  zu  den  Dentaliden  und 
bemerkt,  dass  sie  möglicherweise  zu  den  Röhrenwürmern 
gehören  könnten.  Letzterer  Ansicht  schliesst  sich  Holz¬ 
apfel1)  an,  welcher  in  den  Mucronatenschichten  von 
Aachen  einige  hierher  gehörige  Röhren  gefunden  hat. 
Maassgebend  für  ihn  ist  die  von  den  übrigen  Gastropoden 
wesentlich  verschiedene  Erhaltungsweise,  welche  Aehnlich- 
keit  mit  der  der  Serpula  zeigt.  Auch  in  Irnich  ist  dies 
wenigstens  theilweise  der  Fall,  und  ich  folge  daher  dem 
von  Holzapfel  gegebenen  Beispiel. 

Die  Art  wird  erwähnt  aus  dem  Poudingue  et  Tuffeau 
de  Ciply,  aus  dem  Maestrichtien  superieur  des  St.  Peters¬ 
berges  und  aus  dem  Köpinge  Sandstein  von  Schonen. 
Ferner  vom  Salzberg  bei  Quedlinburg. 


Serpula  gordialis  Schloth. 

Schlotheim,  Petrefactenkunde.  S.  96. 

Geinitz,  Elbthalgebirge.  I.  S.  282. 

Bei  Geinitz  findet  sich  ein  ausführliches  Literatur- 
verzeichniss  zu  dieser  Art,  auf  welches  hier  verwiesen 
sein  mag, 

Von  dieser  weit  verbreiteten  Art  liegen  3  Exemplare 
vor.  Dieselben  bilden  eine  nicht  ganz  regelmässige  scheiben¬ 
förmige  Spirale.  Der  Durchmesser  der  Röhre  ist  1  mm, 
der  Querschnitt  ist  kreisrund.  Die  Röhre  liegt,  so  weit 
ersichtlich,  nicht  anderen  Schalresten  auf,  sondern  scheint 


1)  Palaeontographica.  XXXIV,  S.  179. 


( 


102 


frei  gewesen  zu  sein,  was  bei  der  Scheibenforni  immerhin 
auffällig  ist.  In  gleicher  Weise  verhält  sich  dieselbe  Ser- 
pula  bei  Maestricht,  wie  ich  an  einem  von  Goldfuss  be¬ 
stimmten  Stücke  feststellen  konnte. 

Hebert1)  beschreibt  diese  Art  als  S.  lombricus 
Defr.  aus  der  Kreide  von  Meudon,  ein  Synonym,  das  von 
G  e  i  n  i  t  z  nicht  aufgeführt  ist. 

S.  gordialis  wird  schon  aus  der  Juraformation  genannt 
und  kommt  in  allen  Etagen  der  Kreide  vor. 


Orbitoides  Faujasi  Defr.  spec. 

Lycophris  Faujasi  Defrance,  Dictionnaire  des  Sciences  na¬ 
turelles.  XXIV,  S.  271. 

Nummulina ;  Faujasi  Bronn,  Lethaea.  I.  S.  710. 

Orbitoides  Faujasi  Reuss,  Palaeontologische  Beiträge  (Fora¬ 
miniferen  des  Kreidetuffs  von  Maestricht).  S.  309, 
Tafel  IV,  Fig.  7-9.  Tafel  V,  Fig.  1-5.  Sitzungs¬ 
berichte  der  kais.  Akademie  der  Wissenschaften. 
Naturwissenschaftliche  Klasse.  44.  Band.  I.  Abth. 
1861. 

Diese  Foraminifere  liegt  in  zwei  Erhaltungszuständen 
vor.  Zunächst  stecken  einzelne  Exemplare,  völlig  gut  er¬ 
halten,  in  dem  gewöhnlichen  weichen  Mergel.  Sie  fallen 
durch  eine  gelbliche  Färbung  leicht  auf.  An  ihnen  beob¬ 
achtet  man  in  der  Mitte  der  kreisförmigen  Schale  eine 
kleine  „zitzenförmige“  Erhöhung,  sowie  auf  der  ganzen 
Schale  vertheilt  unregelmässige  Höckerchen.  Die  Schalen 
haben  einen  Durchmesser  von  4  bis  6  mm,  sie  sind  voll¬ 
ständig  so,  wie  sie  von  Reuss,  auf  dessen  ausführliche 
Beschreibung  hingewiesen  sein  mag,  geschildert  werden. 
Ausserdem  ergab  ein  Vergleich  mit  Exemplaren  von  Mae¬ 
stricht  im  Bonner  Museum  (von  Goldfuss’  Hand  Orbitu- 
lites  celleporacea  Goldf.,  Lycophris  lenticularis  etiquettirt)  die 
völlige  Identität. 


1)  Tableau  des  Fossiles  de  la  craie  de  Meudon.  S.  364.  Mem. 
de  la  soc.  geol.  de  France.  II.  Ser.  T.  V. 


103 


Ausser  o  Exemplaren  dieses  Erhaltungszustandes  fand 
sich  ein  Gesteinsstück  vor,  welches  fast  vollkommen  aus 
Foraminiferen  bestand.  Es  darf  nicht  unerwähnt  bleiben, 
dass  das  Gestein  durch  wesentlich  grössere  Festigkeit  und 
durch  ein  zerfressenes  Aussehen  von  dem  übrigen  ab¬ 
weicht.  Die  Foraminiferen  dieses  Stückes,  ebenfalls  runde 
Scheiben,  erreichen  einen  Durchmesser  bis  zu  9  mm.  Die 
Dicke  ist  verschieden.  Die  äussere  Schalschicht  ist  nicht 
erhalten,  man  sieht  nicht  die  Verdickung  der  Mitte  und 
nicht  die  übrigen  Unebenheiten.  Dagegen  kann  man  ohne 
Präpariren  aufs  schönste  die  Anordnung  der  Zellen  in  ge¬ 
bogenen  Radialen  nach  rechts  und  links  beobachten,  wie 
sie  besser  kein  Dünnschliff  zeigt. 

Vorkommen:  Maestricht. 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Fig.  1. 
Fig.  2. 
Fig.  3. 
Fig.  4. 
Fig.  5. 
Fig.  6. 
Fig.  7. 
Fig.  8. 
Fig.  9. 
Fig.  10. 

Fig.  11. 
Fig.  12. 
Fig.  13. 
Fig.  14. 
Fig.  15a. 

V  «>• 

Fig.  16. 


Solarium  glaberrimum  spec.  nov. 

Liotia  parva  spec.  nov.  fiinfzehnfacli  vergrössert. 
Laxispira  turritelliformis  spec.  nov. 

Mesostoma  cretacea  spec.  nov. 

Chemnitzia  spec. 

öerithium  Schwer feniensis  spec.  nov. 

Dolium  cretaceum  spec  nov.  Steinkern. 

Fusus  Irnichensis  spec.  nov. 

Fasciolaria  pulchra  spec.  nov. 

Volutilites  irregularis  spec.  nov.  a)  natürliche  Grösse, 
b)  vergrössert. 

Pseudoliva  cretacea  spec.  nov. 

Pleurotoma  Irnichensis  spec.  nov. 

Cylichna  Irnichensis  spec.  nov.  zweimal  vergrössert. 
Anomia  cretacea  spec.  nov. 

Pecten  Irnichensis  spec.  nov. 
vergrössertes  Schalenstück. 

Area  bisulcata  spec.  nov.  Steinkern. 


104 


Fig.  17. 
Fig.  18. 

Fig.  19. 
Fig.  20. 
Fig.  21a. 
b. 

Fig.  22a. 
b. 


Pectunculus  spec.  Steinkern. 

Limopsis  triangularis  spec.  nov.  Steinkern  mit  anhaften¬ 
den  Schalenstücken. 

Leda  siliquaeformis  spec.  nov.  Steinkern. 

„  multidentata  spec.  nov.  Steinkern. 

„  vulgaris  spec.  nov.  Steinkern  natürliche  Grösse. 
Abdruck  vergrössert. 

Filicea  Irnichensis  spec.  nov.  natürliche  Grösse, 
vergrössert. 


Register. 


Actaeon  doliolum  Müller ...  48 
Actaeonella  faba  Kner  ....  50 
Actaeon  ina  doliolum  Müller  .  48 

Anomia  cretacea  Vgl . 53 

Ewaldi  Frech . 54 

granulosa  Roem . 54 

incurvata  Holzapfel  ....  54 

intercostata  Zittel . 54 

lamellosa  Roemer . 54 

pellucida  Müller . 54 

semiglobosa  Geinitz  ....  54 

subtruncata  d’Orb . 53 

verrucifera  Müller . 54 

Aporrhais  Beisseli  Holzapfel  34 

granul  ata  Müller . 36 

Limburg ensis  Binlch.  ...  35 
Area  bicarinata  Reuss  ....  71 

bisulcata  Vgl . 67 

carinata  Sow . 69 

Carteroni  d’Orb . 68 

Cornueliana  d’Orb . 69 

exornata  Briart  et  Cornet  71 

Galdrina  d'  Orb . 68 

granulato-rcidiata  Alth.  .  .  70 

irregularis  d’Orb . 70 

ligeriensis  d’Orb . 69 

propinqua  Reuss . 70 

subhercynica  Frech  ....  71 

rhombea  Nilss . 69 

Argiope  microscopicav.  Schloth.  87 
Astarte  caelata  Müller  ....  79 

similis  Münster . 79 

Avellana  Hageno wi  Müller  .  47 


Baculites  anceps  d’Orb.  ...  19 
Knorrianus  Desm. .....  19 

vertebralis  Lande . 18 

Belemnitella  mucronataSchloth.  18 
Biflustra  emarginata  d’Orb.  .  99 

Esperi  Hag . 99 

ovalis  d’Orb . 99 

Bulla  cretacea  Müller . 48 

faba  Euer . 49 

Mülleri  Bosquet . 48 

Bullina  cretacea  Stol . 49 


Camptonectes  curvatus  Boehm  56 


Cardita  Goldfussi  Müller  ...  85 
Cardium  caudatum  Roem.  .  .  85 

tubidiferum  Goldf. . 79 

Cellepora  Brongniarti  Hag.  .  94 

Koninckiana  Hag . 93 

pusilla  Hag . 94 

Ceriopora  diadema  Goldf.  .  .  91 

micropora  Goldf. . 92 

theloidea  Hag . 92 

tubiporacea  Goldf . 92 

Cerithium  Schwer feniensis  Vgl.  34 

Chama  conica  Nilss . 52 

Chemnitzia  Dewalqui  Holzapf.  34 

lactea  Lamk . 34 

spec.  ind . 33 

turritelliformis  Müller  .  .  33 
Corbula  aequivalvis  Goldf.  .  .  83 
lineata  Müller . 86 


Criocardium  Drescheri  Boehm  79 
tubuliferum  Boehm  ....  79 
Cylichna  Bosqueti  Holzapfel  49 


105 


Cylichna  cylindracea  Gein.  .  .  49 

gradata  Holzapfel . 49 

Irnichensis  Vgl . 50 

Müllen  Bosquet  .  ...  48  50 

Schwer feniensis  Vgl . 49 

Cypraea  Deshayesi  Binkh.  .  .  37 
ficulina  Stol . 38 


Limburgensis  Kaunhowen  38 
Defrancia  Michelini  Hag..  .  .  Dl 
Delphinula  spinulosa  Binkh.  .  24 
Dentalites  cingulatus  Schloth.  100 


Dentalium  Bouei  Desh . 20 

Browni  Hies . 100 

clava  Lamk . '.  .  100 

decussatum  Sow . 20 

geminatum  Goldf . 20 

medium  Reuss  ......  20 

Mosae  Montf.  ....  100  23 

nutans  Kner  . 19 


pentangulatus  White  ...  23 
sexcarinatum  Goldf.  ...  22 


striatum  Sow . 20 

Discotubigera  Michelini 

Hamm . 91 

Ditrupa  clava  Lamk.  .  23  100 

Mosae  Montf . 100 

J Dolium  cretaceurn  Vgl . 39 

nodosum  Sow . 39 

Entalium  rugosum  Defr.  .  .  100 
E schar a  dichotoma  Goldf.  .  .  95 

Esperi  Hag . 99 

filograna  Goldf . 98 

lepida  Hag . 99 

piriformis  Goldf. . 98 

propinqua  Hag . 95 


sexangularis  Goldf . 96 

stigmatophora  Goldf.  ...  97 
Eulima  amphora  d’Orb.  ...  34 
Exogyra  auricularis  Goldf.  .  52 


decussata  Goldf.  . 52 

inflata  Goldf . 53 


Fasciolaria  laevis  Kaunhowen  42 
Fasciolaria  pülchra  Vgl.  .  .  42 
Filicea  Irnichensis  Vgl.  ...  92 
Filicea  regularis  d’Orb.  .  .  .  93 


velata  Hag . 93 

Freia  caelata  Boehm . 79 

Fusus  dubius  Briart  et  Cornet  42 

galicianus  Alth . 45 

glaberrimus  Binkh.  .  .  39  42 

gracilis  Holzapfel . 41 

Irnichensis  Vgl . 40 

Renauxianus  d’Orb . 41 

Gastrochaena  Mosae  Montf. 

spec . 100 

spec.  ind . 87 


' 


! 


Helicaulax  granulata  Sow.  .  .  36 
Janira  substriato  -  costata 


d’Orb . 63 

Latirus  Reussianus  Stol.  ...  41 
Laxispira  cochleiformis  Müll.  31 

iumbricalis  Gabb . 31 

pinguis  Holzapfel . 32 

trochleata  Boehm . 32 

turritelliformis  Vgl . 31 

Beda  Försteri  Müller . 76 

Hagenowi  Müller . 77 

multidentata  Vgl . 75 

producta  Nilss . 77 

protexta  Gabb . 75 

siliqua  Goldf. . 73 

siliquaeformis  Vgl . 74 

vulgaris  Vgl . 76 

Lepralia  Brongniarti  Hag.  .  .  94 

Lima  decussata  Goldf . 55 

semisulcata  Nilss . 54 

IÄmopsisrhomboidaiisAlth.  .  .  72 

triangularis  Vgl . 73 

Liopistha  aequivalvisGoldf .  .  .  83 

inflata  Whitfield  . 84 

protexta  Gabb . 84 

Liotia  macrostoma  Müller 

spec . 28 

parva  Vgl . 27 

Lispodesth.es  Schlotheimi 

Roem .  37  40 

Lycophris  lenticularis  Godf. .  102 
Megathiris  cuneiformis  d’Orb.  88 

depressa  d’Orb . 88 

Membranipora  Koninckiana 

Hag . 93 

Mesostoma  Beisseli  Holz¬ 
apfel  . 33 

Beyrichi  Holzapfel  ....  33 
Mesostoma  cretacea  Vgl.  ...  32 
Mülleri  Holzapfel  .  .  32  33 

Mitra  nana  Müller . 46 

Modiola  capitata  Zittel  ....  66 

concentrica  Mimst . 65 

Mytilus  concentricus  Münst.  .  65 

Fittoni  Goldf . 67 

reversus  Sow . 66 

Natica  spec.  ind . 32 

Neaera  acutissima  Müller  .  .  76 
Nucula  acutissima  Müller  .  .  76 

impressa  Sow . 78 

porrecta  Reuss . 75 

siliqua  Goldf . 73 

spec.  ind . 78 

teuer a  Müller . 78 

Nuculana  Gabbana  Whitfield  75 
protexta  Gabb . 75 


106 


Nummulina  Faujasi  Defr.  .  102 
Orbitoiäes  Faujasf  Defr.  .  .  102 
Orbitulites  ceileporacea  Goldf.  102 


Orthis  Bronni  Hag . 88 

Buclii  Hag . 88 

Ostrea  acutirostris  Nilss.  .  .  .  51 

biauriculata  Lamk . 51 

decussata  Goldf.  spec.  ...  52 

proboscidea  d’Orb . 51 

vesicularis  Lamk . 51 

vesiculosa  Gueranger  .  .  .  51 
Pecten  actinochis  Goldf. .  .  57  61 

arcuatus  Goldf . 55 

asperulinus  Stol . 61 

cicatrisatus  Goldf.  ...  58  61 

cretosus  Defr . 62 

curvatus  Gein . 55 

decemcostatus  Goldf.  ...  58 

Dujardini  Poem .  57  60 

elongatus  d’Orb . 63 

Faujasi  Goldf. . 59 

Irnichensis  Vgl . 62 

muricatus  Goldf. . 59 

nitida  Mantel] . 63 

ptycbodes  Goldf . 58 

septemplicatusDujardin  .  .  60 
striato-costatus  Goldf.  ...  63 

ternatus  Goldf .  57  61 

undulatus  Nilss . 63 

virgatus  Nilss . 55 

Pectunculus  lens  Nilss . 72 

spec . 72 

Pboladomya  aequivalvis  Goldf.  85 

caudata  Boem . .83 

Pleurotoma  Irnichensis  Vgl.  .  .  46 

Scbaeferi  Boehm . 47 

subfusiformis  Stol . 41 

Pollia  spec.  ind . 42 

Porina  füograna  Goldf.  ...  98 


Poromya  aequivalvis  d’Orb.  .  85 
Pseudoliva  cretacea  Vgl.  ...  44 
Pyrgopolon  Mosa.e  Montf.  .  100 
Baphitoma  graeilis  Boehm  .  .  41 
Beptescharinella  pusilla  Hag.  94 


Beptocelleporaria  cretacea 

d’Orb . 95 

Beptomulticavea  theloidea 

d’Orb . 92 


Bhynchonella  limbata  Schloth.  90 


Pynchonella  plicatilis  Sow.  .  90 


subplicata  d’Orb . 90 

Bingicula  Hagenowi  Müller  .  47 
Bostellaria  nttda  Binkh.  .  36  40 

Boemeri  Müller . 37 

Scalaria  macrostoma  Müller  .  28 

pulchra  Müller . . 32 

Semieschara  piriformis  Goldf.  98 
Scrpula  gordialis  Schloth.  .  100 
Siliqua  concentristriataG.Müll.  80 

spec.  ind . 81 

truncatula  Beuss . 81 

Siliquaria  biplicata  Conrad  .  .  81 
Solarium  glaberrimum  Vgl.  .  .  24 

Yylapaudiense  Stol . 24 

Spondylus  aequalis  Heb.  ...  65 

spec . 65 

spinosus  Sow . 65 

Tellina  strigata  Goldf.  .  ...  87 
Terebratulinachrysalis  Schloth.  89 

striata  Wahlenbg . 89 

Trigonia  aliformis  Park.  ...  82 

limbata  d’Orb . 82 

spec.  ind . 82 

spinosa  Lycett . 83 

Vaalsensis  Boehm . 82 

vectiana  Lycett . 83 

Trigonoarca  Galdrina  Stol.  .  .  68 
Trochus  Binkhorsti  Bosqu.  .  .  26 

lineatus  Binkh . 25 

Montis  St.  Petri  Binkh.  .  .  27 

sculpins  Binkh . 26 

Turbo  cariniferus  Binkh.  .  .  27 

dathratus  Binkh . 27 

Turritella  acutissima  Müller  .  29 

Althausi  Müller . 29 

Carnallana  Müller  .....  29 
Falcoburgensis  Binkh.  .  .  30 

Humboldti  Müller . 29 

nodosa  Boem .  29  31 

Noeggerathiana  Müller  .  .  29 
socialis  Müller  .......  28 

spec.  indet . 30 

Vola  substriato-costata  d’Orb.  63 

Voluta  cincta  Forbes . 45 

deperdita  Goldf . 45 

Gasparini  d’Orb . 45 

Volutilites  irregularis  Vgl.  .  44 
nana  Müller . 46 


Verzeichntes  der  im  Eisenstein  des  Lias  7  von 
Rottorf  am  Kley  hei  Helmstedt  bislang 
gefnndenen  Versteinerungen. 

Von 

Dr.  A.  Wollemann. 


,Das  Dorf  Rottorf  am  Kley  (Hannover)  steht  auf  einer 
langen  Keupermulde,  die  südöstlich  von  Fallersleben  und 
Vorsfelde  beginnt  und  sich  von  da  in  südöstlicher  Richtung 
über  Helmstedt  hinzieht.  Einen  grossen  Theil,  etwa  die 
Hälfte  des  Flächenraumes  dieser  Mulde,  nimmt  der  untere 
Liassandstein  ein;  auf  diesem  liegen  in  nicht  grosser  Aus¬ 
dehnung  jüngere  Bildungen  und  zwar  der  mittlere  und 
obere  Lias,  letzterer  namentlich  südlich  von  Volmarsdorf 
an  dem  Dorfe  Querenhorst  vorbei  bis  westlich  von  Gras¬ 
leben  sich  hinziehend  und  ersterer  östlich  von  Rottorf  am 
Kley“1).  Dieser  mittlere  Lias  ist  hier  hauptsächlich  als 
Eisenstein  entwickelt,  welcher  früher  bei  Rottorf  zum  Zweck 
der  Verhüttung  abgebaut  wurde.  Bei  Gelegenheit  dieses 
Betriebes  kamen  zahlreiche  Versteinerungen  zu  Tage,  doch 
richteten  die  Sammler  ihr  Augenmerk  hauptsächlich  nur 
auf  die  grossen  Ammoniten  und  Muscheln,  während  die 
kleinen  Gastropoden  und  Brackiopoden  sehr  wenig  berück¬ 
sichtigt  wurden.  Infolge  dessen  sind  die  beiden  vorhan¬ 
denen  Verzeichnisse  der  im  Rottorfer  Eisenstein  vorkom- 


1)  Schl  önb  ach,  Eisenstein  d.  m.  Lias,  Zeitschr.  d.  d.  geol.  Ct. 
Bd.  15,  S.  497. 


108 


menden  Versteinerungen  sehr  unvollständig;  Brauns1) 
giebt  50  Arten  von  dort  an,  während  Schlönbach2) 
kaum  40  Species  von  Rottorf  kennt.  Letzterer  giebt  z.  B. 
nur  zwei  Gastropodenarten  an,  während  ich  deren  sieben  ge¬ 
funden  habe ;  von  den  vier  Rottorfer  Lima-  resp.  Liniaea- 
Arten  ist  ihm  nur  Limaea  acuticosta  bekannt,  während  ihm 
selbst  die  dort  häufige  und  besonders  in  die  Augen  fallende 
Lima  gigantea  entgangen  ist. 

Es  ist  mir  nun  gelungen,  im  Rottorfer  Eisenstein 
durch  sorgfältiges  Sammeln,  durch  umfassende  Ausgra¬ 
bungen  und  durch  Benutzung  des  in  den  Sammlungen  vor¬ 
handenen  Materials  72  Arten  nachzuweisen ;  da  unter  die¬ 
sen  mehrere  neue  Species  und  recht  interessante  Varietäten 
der  Brachiopoden  enthalten  sind,  so  habe  ich  mich  ent¬ 
schlossen,  mein  Verzeichniss  derOeffentlichkeit  zu  übergeben. 

Den  Herren  Fachgenossen,  welche  meine  Arbeit  gütigst 
durch  Rath  und  That  unterstützt  haben,  sage  ich  hiermit 
meinen  verbindlichsten  Dank,  besonders  dem  Herrn  Pro¬ 
fessor  Di*.  Kloos  in  Braunschweig,  dem  Herrn  Professor 
Dr.  v.  Könen  in  Göttingen,  dem  Herrn  Dr.  Barth  in  Helm¬ 
stedt  und  dem  Herrn  Senator  Dr.  Römer  in  Hildesheim. 

Die  meisten  im  Rottorfer  Eisenstein  vorkommenden 
Versteinerungen  fand  ich  durch  alle  Theile  der  x\blagerung 
verbreitet,  nur  einige  Ammoniten  scheinen  auf  ein  bestimm¬ 
tes  Niveau  beschränkt  zu  sein.  Z.  B.  habe  ich  Aegoceras 
brevispina  nur  in  den  obersten  Schichten  gefunden,  wo 
Aegoceras  Jamesoni  sein  Hauptlager  hat;  letztere  Art  wird 
weiter  nach  unten  immer  seltener.  Amaltheus  Oppeli 
kommt  nach  meinen  Beobachtungen  nur  in  dem  unteren 
Theile  der  Ablagerung  vor,  zusammen  mit  sehr  grossen 
Exemplaren  der  Gryphaea  cymbium  und  JRhynchonella  te- 
traedra.  Aegoceras  Grumbrechti  kommt  besonders  unten, 
selten  oben  vor.  Aegoceras  caprarium  fand  ich  dagegen 
durch  alle  Schichten  des  Eisensteines  von  der  Sohle  des 
Steinbruchs  bis  zur  Oberfläche  gleichmässig  verbreitet, 
dasselbe  gilt  von  Fhylloceras  Loscombi. 


1)  Der  untere  Jura.  S.  104  ff. 

2)  A.  a.  o.  S.  507  ff. 


Folgende  Arten  sind  mir  bislang  von  Rottorf  bekannt 
geworden : 

1.  Belemnites  acutus  Miller. 

1823.  Miller,  Geol.  Trans.  2.  Serie.  Bd.  II.  T.  8.  F.  9. 
Ziemlich  selten. 

2.  B.  umbilicatus  Blainville. 

1827.  Blainville,  Belemnites  T.  3.  F.  11. 

Häufig. 

Das  grösste  meiner  Exemplare  ist  82  mm  lang  und 
15  mm  breit  und  dadurch  ausgezeichnet,  dass  die  Alveole 
ziemlich  vollständig  erhalten  ist;  sie  ist  31  mm  tief,  nimmt 
also  37,8%  der  Länge  des  ganzen  Stückes  ein. 

3.  B.  sagittarius  n.  sp. 

Ziemlieh  selten. 

Die  Gestalt  dieses  Belemniten  ist  schlank  und  regel¬ 
mässig.  Nach  der  Spitze  zu  ist  er  keulenförmig  ver¬ 
dickt  und  zeigt  hier  einen  kreisrunden  Querschnitt,  wel¬ 
cher  nach  der  Alveole  zu  mehr  oval  bis  eckig  ist.  Die 
Spitze  ist  durch  grosse  Schärfe  ausgezeichnet;  die  Alveole 
ist  kurz  und  trichterförmig  erweitert,  sie  hat  eine  sehr 
dünne  Wandung  und  ist  in  Folge  dessen  häufig  etwas  zu- 

Isammengedrückt.  Das  grösste  Exemplar  ist  106  mm  lang 
und  11  mm  breit,  die  Alveole  ist  nur  30  mm  tief.  Am 
nächsten  ist  unsere  Art  mit  B.  Buchlandi  Phillips1)  ver¬ 
wandt,  unterscheidet  sich  jedoch  von  ihm  durch  regel- 
mässigere  Gestalt  und  schärfere  Spitze.  Von  B.  paxülosus 
unterscheidet  sich  B.  sagittarius  durch  die  regelmässig¬ 
keulenförmige  Anschwellung  nach  der  Spitze  zu,  durch 
schlankere  Gestalt  und  durch  die  kurze  trichterförmige 
Alveole,  welche  beim  paxülosus  sich  viel  allmählicher  er- 
weitert  und  verhältnissmässig*  tiefer  ist. 

4.  Belemnites  clavatus  Schloth. 

1820.  v.  Schlotheim,  Petrefaktenkunde  S.  49. 

Ziemlich  häufig. 

_ 

1)  A  monogr.  of  British  Belemnitidae,  London  1865.  T.  8. 
F.  19,  S.  53. 


110 


5.  Belemnites  compressoides  n.  sp. 

Selten. 

Neben  der  vorigen  Art  kommt  im  Rottorfer  Eisenstein 
noch  ein  kleiner  keulenförmiger  Belemnit  vor,  welcher 
wohl  deshalb  bislang  unbeachtet  geblieben  ist,  weil  man 
ihn  mit  dem  clavatus  zusammengeworfen  hat.  Von  letzterem 
unterscheidet  er  sich  durch  folgende  Merkmale.  Er  ist 
stark  zusammengedrückt  und  zeigt  in  Folge  dessen  einen 
langgezogenen  elliptischen  Querschnitt,  während  clavatus 
in  der  Regel  stielrund  ist;  ferner  ist  er  durch  eine  sehr 
stumpfe  Spitze  und  unregelmässige  Keulenform  aus¬ 
gezeichnet;  auch  fehlen  ihm  die  Seitenfurchen,  welche 
beim  clavatus  in  der  Regel  vorhanden  sind.  Vom  B.  com- 
pressus  Stahl  unterscheidet  sich  unsere  Art  durch  grössere 
Regelmässigkeit  der  Gestalt  und  durch  geringere  Grösse. 
Leichter  als  mit  den  beiden  erwähnten  Species  ist  die  in 
Rede  stehende  neue  Art  mit  der  Jugendform  des  Belemnites 
umbilicatus  Blainville  zu  verwechseln ;  beide  stimmen  in 
der  Grösse  annähernd  überein,  beide  sind  zusammenge¬ 
drückt  und  haben  eine  stumpfe  Spitze,  doch  ist  der  junge 
umbilicatus  schlanker,  hat  eine  weniger  stark  ausgeprägte 
Keulenform  und  zeigt  selbstverständlich  als  Jugendform  im 
Querschnitt  äusserst  wenige  Anwachsringe. 

6.  Belemnites  paxillosus  Schloth. 

1820.  v.  Schlot  heim,  Petrefaktenkunde  S.  46. 

Sehr  häufig. 

7.  Belemnites  apicicurvatus  Blainville. 

Ziemlich  selten. 

Von  dieser  eigenthümlichen  Art  habe  ich  nur  wenige 
Exemplare  gefunden.  Man  könnte  glauben,  es  handle  sich 
hier  um  eine  krankhafte  Missbildung  der  vorigen  Art;  da 
jedoch  die  mir  von  Rottorf  vorliegenden  Exemplare  unter¬ 
einander  vollständig  übereinstimmen  und  den  verschieden¬ 
sten  Altersstufen  angehören,  ausserdem  mit  dem  in  anderen 
Ländern  gefundenen  apicicurvatus  gut  übereinstimmen,  so 
ist  diese  Möglichkeit  wohl  ausgeschlossen.  Ausser  der 
Krümmung  zeichnet  in  der  Regel  auch  grössere  Länge  den 


111 


apicicurvatus  vor  dem  B.  paxillosus  aus ;  die  langen  Be- 
lemniten,  welche  Quenstedt  B.  pax.  numismalis  nennt, 
scheinen  theilweise  hierher  zu  gehören,  besonders  wäre  in 
dieser  Hinsicht  Jura  T.  17,  F.  12  zu  vergleichen. 

8.  Nautilus  intermedius  Sow. 

1816.  Sowerby,  Min.  conch.  II.  T.  125,  S.  53. 

Häufig,  doch  nur  schlecht  erhaltene  Steinkerne. 

9.  Aegoceras  *)  armatum  Sow.  sp. 

1815.  Sowerb  v,  Min.  conch.  T.  95. 

Z  i  e  m  1  ic  h  h  ä  u  f  i  g. 

10.  Aegoceras  nodogigas  Qu.  sp. 

Ammonites  armatus  nodogigas  Qu.  z.  Th. ;  Amm.  d.  schwäb. 

Jura  T.  25,  F.  1,  3  u.  6,  S.  201. 

Ziemlich  selten. 

Von  dieser  grossen  Ammonitenform  habe  ich  nur  ein 
wenig  gut  erhaltenes  Exemplar  bei  Rottorf  gefunden,  da¬ 
gegen  enthält  die  Griepen kerl’ sehe  Sammlung  mehrere 
einigermassen  gut  erhaltene  Exemplare  von  dort,  welche 
von  Herrn  Griepenkerl  als  „species  nova“  bezeich¬ 
net  sind,  nach  meiner  Ansicht  jedoch  zu  der  von  Quen¬ 
stedt  als  armatus  nodogigas  beschriebenen  Art  ge¬ 
hören.  Von  den  unter  diesem  Namen  von  Quenstedt 
an  dem  oben  angegebenen  Orte  abgebildeten  Stücken  ge¬ 
hören  F.  2  u.  4  jedenfalls  nicht  hierher,  sondern  wahr¬ 
scheinlich  zu  Aeg.  armatum ;  da  die  in  Rede  stehende  Am¬ 


id  Die  Gattung  Aegoceras  liabe  ich  hier  im  weiteren  Umfange 
beibehalten.  Der  besonders  von  H  a  u  g  (Polymorphidae  N.  J.  1887  II,) 
ausgeführten  Zerspaltung  dieser  Gattung  in  viele  neue  Gattungen 
zu  folgen,  hielt  ich  —  abgesehen  von  anderen  Gründen  —  schon 
deshalb  nicht  für  rathsam,  da  ich,  seiner  sehr  speciellen  Eintheilung 
entsprechend,  für  mehrere  der  von  ihm  nicht  in  den  Kreis  seiner 
Untersuchungen  gezogenen  Rottorfer  Ammoniten  (z.  B.  für  Aegoceras 
Grunibrechti)  neue  Gattungen  hätte  aufstellen  müssen;  ein  Vorgehen, 
welches  mich  weit  über  den  Rahmen  dieses  Verzeichnisses  hinaus¬ 
geführt  haben  würde. 


112 


monitenform  nach  meiner  Ansicht  als  selbständige  Species 
aufzufassen  ist,  so  möchte  ich  für  sie  den  Namen  Aego- 
ceras  nodogigas  vorschlagen. 

Von  Aegoceras  armatum  unterscheidet  sich  unsere  Art 
durch  das  Fehlen  der  breiten  und  hohen  Stacheln  resp. 
der  rauhen  flachen  Narben,  welche  sich  bei  jener  Species 
nach  dem  Abbrechen  der  Stacheln  gewöhnlich  finden.  An 
Stelle  derselben  besitzt  nodogigas  wenig  hervorragende 
runde  Knoten,  in  welchen  die  nicht  weit  von  der  Naht  be¬ 
ginnenden  etwas  geschwungenen  Rippen  in  der  Nähe  des 
Rückens  plötzlich  endigen,  während  bei  Aeg.  armatum  die 
Rippen  resp.  Zwischenrippen  über  den  Rücken  fortlaufen. 
Solche  Zwischenrippen  fehlen  dem  nodogigas  überhaupt, 
der  Rücken  ist  ziemlich  glatt,  schwach  aber  sehr  regel¬ 
mässig  gerundet.  Loben  sind  an  den  mir  vorliegenden 
Stücken  nirgends  sichtbar,  traten  auch  nicht  hervor,  nach¬ 
dem  ich  die  Stücke  mit  verdünnter  Salzsäure  angeätzt 
hatte.  Ausser  in  Schwaben  und  Rottorf  hat  sich  unsere 
Art  auch  in  Westfalen1)  gefunden. 

Interessant  ist,  dass  sich  auf  den  Steinkernen  des 
Rottorfer  nodogigas  häufig  dieselben  räthselhaften  Gebilde 
finden,  wTelche  Quenstedt2)  auf  den  schwäbischen  Stücken 
dieser  Art  beobachtet  und  als  Conellen  bezeichnet  hat.  Bei 
Rottorf  kommen  sie  auch  häufig  auf  den  Steinkernen  von 
Aegoceras  Grumbrechti  vor,  finden  sich  jedoch  nicht  auf 
den  übrigen  Ammoniten3). 

11.  Aegoceras  brevispina  Sow.  sp. 

1827.  Sowerby,  Min.  conch.  VI,  T.  556,  F.  1. 

Sehr  h  ä  u  f  i  g. 


1)  Yergl.  Monke,  Die  Liasmulde  von  Herford  in  Westfalen. 
Verb.  d.  nat.  Ver.  d.  pr.  Rheinl.  1888.  S.  181. 

2)  Flözgebirge  Württembergs.  S.  178.  Gastropoden  T.  215, 
F.  40,  S.  757.  Amm.  d.  schwäb.  Jura  T.  25,  F.  3,  S.  202;  T.  29, 
Fig.  3,  S.  232. 

3)  Yergl.  Crania  liasina  Emerson,  Lias  v.  Markoldendorf. 
T.  2,  F.  3,  S.  49  und  Brauns,  D.  u.  Jura  S.  446. 


% 


113 


12.  Aegoceras  Heberti  Oppel. 

1865.  Oppel,  Juraformation  §  25,13;  S.  158. 

Selten. 

13.  Aegoceras  Grumbrechti  U.  Schlönb.  sp. 

1863.  U.  Schlönbach,  Eisenst.  d.  m.  Lias,  Zeitsckr.  d. 

d.  geol.  Ges.  Bd.  15,  T.  12,  F.  1,  S.  512. 

1865.  Ders.,  Beitr.  z.  Pal.  d.  nordw.  Deutsckl.  I.  Jura-Am¬ 
moniten,  Palaeontograpkica.  Bd.  13,  S.  152. 

Ziemlich  häufig. 

14.  Aegoceras  Jamesoni  Sow.  sp. 

1827.  Sowerby,  Min.  conck.  VI.  T.  555,  F.  1,  S.  105. 
Sehr  häufig. 

Abstand  und  Stärke  der  Hippen  sind  bedeutenden 
Schwankungen  unterworfen;  an  Stärke  der  Hippen  über- 
treften  mehrere  der  mir  vorliegenden  Hottorfer  Exemplare 
noch  den  Jamesoni  costosus  Qu.1). 

15.  Aegoceras  caprarium  Qu.  sp. 

1828.  Quenstedt,  Jura  T.  16,  F.  1,  S.  131. 

Häufig. 

16.  Aegoceras  interstriatum  n.  sp. 

Syn.  Amm.  armatus  (Sow.)  Emerson  z.  Th.,  1870,  Lias  v. 
Markoldendorf  T.  3,  F.  4,  S.  63. 

Ziemlich  häufig. 

Dieser  kleiner  Ammonit  ist  schon  von  Emerson 
beschrieben  und  abgebildet,  doch  von  ihm  meiner  Ansicht 
nach  nicht  richtig  gedeutet.  Schlönbach  stellte  ein  in 
der  Grie  p  enkerLschen  Sammlung  befindliches  Exemplar 
unserer  Art  fragweise  als  Varietät  zur  vorigen  Species. 

Aeg.  interstriatum  ist  leicht  an  folgenden  Merkmalen 
zu  erkennen.  Die  wenig  gebogenen  Rippen  laufen  schräg 
über  die  Seiten  und  bilden  zu  beiden  Seiten  des  Rückens 
eine  Reihe  kurzer  Stacheln,  welche  anfänglich  deutlich 


1)  Amm.  d.  schwäb.  Jura.  T.  31,  F.  11,  S.  254. 

Verh.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX.  8 


114 


alterniren,  nach  der  Mündung  zu  jedoch  mehr  in  Oppo¬ 
sition  stehen.  Die  Rippen  laufen  anfänglich  undeutlich? 
nach  der  Mündung  zu  deutlicher  in  fast  gerader  Rich¬ 
tung  über  den  Rücken  hinweg.  Bei  jüngeren  Individuen 
ist  ein  schwacher  Kiel  auf  der  Mitte  des  Rückens  vorhan¬ 
den,  welcher  jedoch  bei  den  älteren  Exemplaren  verschwin¬ 
det.  Zwischen  den  Hauptrippen  befindet  sich  eine  grosse 
Zahl  von  Nebenrippen,  welche  am  Rückenrande  ein  kleines 
Knötchen  bilden  und  besonders  deutlich  auf  dem  Rücken 
sichtbar  sind.  Höhe  und  Breite  der  Umgänge  sind  annä¬ 
hernd  gleich,  die  erstere  beträgt  bei  dem  vorliegenden 
Stücke  9,5  mm,  letztere  dagegen  8  mm. 

17.  Aegoceras  hybridum  d’Orb.  sp. 

1844.  D’Orbigny,  Pal.  fr.,  Terr. Jur.  I.  T.  85,  S.  285. 

Ziemlich  h  ä  u  f  i  g. 

Mehrere  der  mir  vorliegenden  Rottorfer  Ammoniten 
glaube  ich  zu  dieser  Art  stellen  zu  müssen,  trotzdem  nach 
der  Arbeit  von  Haug,  „Ueber  die  Polymorphidae“  das 
Vorkommen  dieser  d’O  rbigny’schen  Species  in  Deutsch¬ 
land  fraglich  erscheinen  könnte. 

18.  Aegoceras  pettos  Qu.  sp. 

1848.  Quenstedt,  Flözgebirge  Württembergs.  S.  178. 

Sehr  selten. 

Diese  Art  habe  ich  nicht  gefunden,  doch  giebt  Brauns1) 
sie  von  Rottorf  an. 

19.  Amaltheus  Oppeli  U.  Schlönb.  sp. 

1863.  U.  Schlönbach,  Eisenst.  d.  m.  Lias.  Zeitschr. 
d.  d.  geol.  Ges.  ßd.  15,  T.  12,  F.  2,  S.  515. 

Häufig. 

Wollte  man  dem  älteren  Namen  den  Vorrang  lassen, 
so  müsste  man  diese  Art  als  oxynotus  numismalis  Qu.  be¬ 
zeichnen,  da  sie  bereits  im  Jahre  1858  von  Quenstedt2) 
unter  diesem  Namen  beschrieben  ist. 


1)  D.  u.  Jura.  S.  221* 

2)  Jura,  T.  11,  Fig.  1,  S.  119. 


115 


20.  Phylloceras  Los combi  Sow.  sp. 

1817.  Sowerby,  Min.  conch.  II.  T.  183,  S.  185. 
Ziemlich  häufig*. 

21.  Trochus  amor  d’Orb. 

1850.  d’Orbigny,  Pal.  fr.,  Terr.  jur.  II.  T.  306,  F.  9  —  12, 
S.  251. 

Sehr  sei  teil. 

Herr  Dr.  Barth  in  Helmstedt  liberliess  mir  glitig'st 
einen  kleinen  Trochus  zur  Bestimmung,  welcher  mit  kei¬ 
ner  der  bislang  aus  dem  norddeutschen  Lias  bekannt  ge¬ 
wordenen  Arten  übereinstimmt,  dagegen  ohne  Zweifel  mit 
Trochus  amor  d’Orb.,  einer  im  mittleren  Lias  Frankreichs 
gefundenen  Species,  identisch  ist. 

Die  ersten  Umgänge  des  vorliegenden  Exemplares 
haben  die  Schale  fast  vollständig  verloren  und  erscheinen 
als  glatter  Steinkern,  während  auf  den  beiden  letzten  Um¬ 
gängen  die  Schale  noch  einigermaassen  gut  erhalten  ist  und 
scharf  hervortretende  etwas  gekrümmte  Anwachslinien  zeigt, 
welche  in  schräger  Richtung  von  Naht  zu  Naht  verlaufen. 
Die  Umgänge  sind  schwach  concav  und  werden  durch 
eine  scharfe  Kante  begrenzt.  Die  Breite  des  Gehäuses 
ist  grösser  als  die  Höhe,  erstere  beträgt  bei  dem  Rottorfer 
Stück  8  mm,  letztere  7  mm,  dasselbe  erscheint  daher  de- 
primirt  kegelförmig.  Der  Nabel  ist  ziemlich  eng. 

22.  Lewisiella  conica  d’Orb.  sp. 

1850.  d’Orbigny,  Pal.  fr.,  Terr.  jur.  II.  T.  321,  F.  5 — 8, 
S.  304  (Pitonellus). 

1861.  Stoliczka,  Gasterop.  u.  Aceph.  d.  Hierlatzsch., 
Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  d.  W.  in  Wien,  T.  3,  F.  4, 
S.  178  (Pitonellus). 

1882.  Zittel,  Handb.  d.  Pal.  1,2,  S.  193,  F.  245, 

Sehr  selten. 

Diese  Schnecke  ist  sehr  ausführlich  von  d’Orbigny 
und  Stoliczka  beschrieben;  sie  ist  ebenso  wie  die  vorige 
Art  bislang  nicht  aus  dem  norddeutschen  Lias  bekaunt  ge¬ 
worden,  weshalb  ich  sehr  erfreut  war,  als  ich  ein  Exem- 


116 


plar  mit  gut  erhaltener  Schale  in  dem  Rottorfer  Eisenstein 
fand.  Ich  habe  dasselbe  unter  einer  Arbeitslupe  mit  sehr 
feinen  Nadeln  vollständig  ans  dem  Gestein  herauspräpa- 
rirt,  welche  Arbeit  mehrere  Tage  in  Anspruch  nahm,  da 
die  Schale  sich  als  überaus  zerbrechlich  erwies.  Die  Höhe 
beträgt  8  mm,  der  Durchmesser  7  mm. 

23.  Teinostoma  macrostoma  Stol.  sp. 

1861.  Stoliczka,  Gasterop.  u.  Aceph.  d.  Hierlatzsch., 
Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  d.  W.  in  Wien.  Bd.  43,  T.  3, 
F.  5,  S.  178  (Roteila). 

1882.  Zittel,  Handb.  d.  Pal.  I.  Abth.,  Bd.  2,  S.  193  (Tei¬ 
nostoma). 

Syn.  Margarita  sp.  Oppel,  1853,  D.  m.  Lias,  Württemb. 

naturw.  Jahresh.,  T.  3.  F.  11,  S.  104.. 

Turbo  euomphalus  ß  Quenstedt,  1858,  Jura,  T.  19,  F.  38, 
S.  157. 

Sehr  selten. 

Das  einzige  Exemplar,  welches  mir  bislang  von  Rot¬ 
torf  bekannt  geworden  ist,  befindet  sich  in  der  Sammlung 
des  Herrn  Dr.  Barth  in  Helmstedt.  Brauns1)  erwähnt 
ein  Stück  aus  den  Davoeisckicbten  der  Buchhorst;  sonst 
ist  diese  Art  nicht  in  der  Umgegend  von  Braunschweig  ge¬ 
funden. 

Diese  Schnecke  soll  nach  Stoliczka2)  bei  erhalte¬ 
ner  Schale  keinen  Nabel  zeigen,  dagegen  sollen  die  Stein¬ 
kerne  tief  genabelt  sein.  Oppel3 4)  giebt  dagegen  an,  seine 
mit  unserer  Art  ohne  Zweifel  identische  Margarita  sp.  sei 
ungenabelt,  während  Q  uenste dt  von  ihr  sagt,  sie  besitze 
einen  deutlichen  Nabel,  weshalb  er  diese  Gastropodenspe- 
cies  Turbo  euomphalus  nennt.  Nach  meinen  Untersuchungen 
sind  auch  die  beschälten  Exemplare  deutlich  genabelt,  nur 
ist  der  Nabel  eng  und  von  der  Schale  grösstentheils  be¬ 
deckt.  Je  nachdem  man  nun  ein  vollständig  mit  der 


1)  A.  a.  0.  S.  172. 

2)  A.  a.  0.  8.  179. 

3)  D.  m.  Lias.  S.  104. 

4)  Jura  S.  157. 


117 


Schale  erhaltenes  oder  ein  solches  Exemplar  vor  sich  hat, 
dessen  Schale  in  der  Gegend  des  Nabels  weniger  oder 
mehr  fortgebrochen  ist,  erscheint  der  Nabel  sehr  eng  oder 
weiter;  selbstverständlich  zeigen  die  Steinkerne  den  wei¬ 
testen  Nabel.  Durch  diese  Verhältnisse  sind  jedenfalls  die 
verschiedenen  Angaben  über  Vorhandensein  oder  Fehlen 
des  Nabels  erklärt. 

Trotz  der  Auseinandersetzungen  Bornemann’s J) 
habe  ich  mich  nicht  davon  überzeugen  können,  dass  Heli- 
cites  turbilinus  Schloth.  mit  unserer  Species  identisch  ist. 

24.  Pleurotomaria  expansa  Sow.  sp. 

1821.  S  o  w  e  r  b  y  ,  Min.  conch.  III,  T.  273,  F.  1—3,  S.  129 
(Helicina). 

Ziemlich  häufig,  doch  nur  schlecht  erhaltene  Stein¬ 
kerne. 

25.  Pleurotomaria  anglica  Sow.  sp. 

1818.  S  o  w  e  r  b  y ,  Min.  conch.  II.  T.  142,  S.  239  (Trochus). 

Häufi  g. 

Der  Durchmesser  des  grössten  meiner  Exemplare 
beträgt  68  mm,  die  Höhe  70  mm. 

26.  Pleurotomaria  Solarium  Koch. 

1848.  Koch  in  Palaeontogr.  Bd.  1,  T.  25,  F.  17-19,  S.  174. 

Ziemlich  hä ufig. 

Die  meisten  der  mir  vorliegenden  Rottorfer  Exem¬ 
plare  unterscheiden  sich  von  der  Koch'schen  Abbildung 
durch  grössere  Höhe  im  Verhältniss  zum  Durchmesser, 
stimmen  sonst  aber  sehr  gut  mit  ihr  überein;  ich  trage 
deshalb  kein  Bedenken,  dieselben  als  zu  Solarium  Koch 
gehörig  anzusehen,  zumal  nach  meinen  Beobachtungen  bei 
dieser  Species  das  Verhältniss  von  Höhe  zur  Breite  nicht 
unbeträchtlichen  Schwankungen  unterworfen  ist.  B  ö  1  s  c h  e1 2) 
führt  eine  Pleurotomaria  aus  dem  gleichalterigen  Eisenstein 


1)  Der  Lias  von  Göttingen.  S.  50. 

2)  Beiträge  zur  Paläontologie  des  nordwestl.  Deutschland.  S.  12. 


118 


von  Oldershausen  an,  welche  er  nicht  zu  Solarium  zu 
stellen  wagt,  da  sie  im  Verhältnis^  zum  Durchmesser 
höher  sei  als  das  von  Koch  abgebildete  Stück,  sie 
würde  also  nach  meiner  Ansicht  ebenfalls  hierher  gehören. 
Unter  den  Rottorfer  Exemplaren  zeichnet  sich  eins  durch 
ganz  aussergewöhnliehe  Grösse  aus,  denn  sein  Durchmesser 
beträgt  109  mm,  die  Höhe  56  mm. 

27.  Pleurotomaria  multicincta  Schübl.  sp. 

1832.  v.  Zieten,  Verst.  Württembergs.  T.  34,  F.  1,  S.  45 
(Trochus). 

Selten. 

Diese  Art  habe  ich  selbst  nicht  bei  Rottorf  gefunden, 
doch  übersandte  mir  Herr  Professor  Kloos  gütigst  zwei 
noch  unbestimmte  grosse  Pleurotomarien  aus  der  von  der 
braunschweigischen  Regierung  angekauften  und  der  herzog¬ 
lichen  technischen  Hochschule  in  Braunschweig  überwiese¬ 
nen  G  rie  p  enk  er Pschen  Sammlung,  welche  nach  meiner 
Ansicht  ohne  Zweifel  zu  dieser  Species  gehören.  Das 
grösste  dieser  Stücke  hat  einen  Durchmesser  von  104  mm, 
während  seine  Höhe  68  mm  beträgt.  Uebrigens  führt  auch 
Brauns  die  in  Rede  stehende  Species  von  Rottorf  an1). 

28.  Pleuromya  ovata  Römer  sp. 

1839.  Römer,  Nachtr.  z.  Ool.  Geb.  T.  19,  F.  27,  S.  41 

t 

(Lutraria).  Nicht  Gresslya  ovata  Agassiz,  Et.  crit. 
s.  1.  moll.  foss.,  Myes,  T.  13,  F.  4 — 6  u.  T.  136, 
F.  7-9,  S.  208. 

Ziemlich  selten. 

Nur  schlecht  erhaltene  Steinkerne.  Mein  grösstes 
Exemplar  ist  46  mm  hoch,  64  mm  lang  und  29  mm  dick, 
übertrifft  also  an  Grösse  das  von  Römer  abgebildete 
Stück. 


29.  Arcomya  elongata  Römer  sp. 

1836.  Römer,  Ool.  Geb.  T.  8,  F.  1,  S.  126  (Panopaea). 
Selten. 


1)  D.  u.  Jura.  S.  107. 


119 


30.  Pholadomya  ambigua  Sow.  sp. 

1819.  S  o  w  e  r  b  y  ,  Min.  conch.  III.  T.  227,  S.  48  (Lutraria). 

H  äu  fig. 

Von  dieser  Art  kommen  bei  Rottorf  grosse,  gut  er  - 
haltene  Exemplare  vor;  mein  grösstes  Stück  ist  48  mm 
hoch,  70  mm  lang  und  40  mm  dick.  Schlönbach1)  unter¬ 
scheidet  Pli.  ambigua  Sow.  und  Pli.  Hausmanni  Goldf., 
Brauns2)  hält  dagegen  beide  Arten  für  identisch,  welche 
Ansicht  ich  für  die  richtige  halten. 

31.  Pholadomya  decorata  Ziet. 

1832.  v.  Zieten,  Verstein.  Württenb.  T.  66,  F.  2  u.  3. 

Ziemli  c  h  h  äufig. 

32.  Pholadomya  obliquata  Phillips. 

1829.  Phillips,  Geol.  of  Yorksh.  T.  13,  F.  15. 

Zieml ich  selten. 

33.  Cypricardia  cucullata  Gf.  sp. 

1837.  Goldfuss,  Petref.  Germ.  T.  143,  F.  11  (Cardium). 

Selten. 

Schlönbach  giebt  sie  in  seinem  Verzeicliniss  nicht  von 
Rottorf  an,  dagegen  sagt  Brauns,  dass  er  dort  ein  22  mm 
langes,  17  mm  hohes  und  11  mm  dickes  Exemplar  gefun¬ 
den  habe;  auch  ein  von  mir  gefundenes  Stück  ist  11  mm 
dick,  dagegen  nur  14,5  mm  lang  und  ebenso  hoch. 

34.  Unicardium  Janthe  d’Orb. 

1850.  d’Orbigny,  Prodrome.  I.  Et.  8,  Nro.  179,  S.  235. 

Ziemlich  selten. 

Diese  Art  ist  U.  cardioides  sehr  ähnlich,  unterscheidet 
sich  von  derselben  jedoch  durch  weniger  gekrümmte  Wir¬ 
bel,  steiler  abfallenden  Schlossrand,  weniger  gleichmässige 
Wölbung  der  Oberfläche  und  geringere  Länge  im  Verbal  t- 


1)  Zschr.  d.  d.  geol.  G.  Bd.  15.  S.  536. 

2)  D.  u.  Jura.  S.  311. 


120 


niss  zur  Höhe.  Ausserdem  laufen  bei  ihr  stumpfe  Leisten 
von  den  Wirbeln  schräg  nach  unten,  welche  bei  U.  car- 
dioides  nicht  zu  bemerken  sind. 

35.  Modiola  scalprum  Sow. 

1821.  Sowerby,  Min.  conch.  T.  248,  F.  2. 

Sehr  selten. 

Diese  in  anderen  Schichten  des  nordwestdeutschen 
Lias  häufig  von  mir  gefundene  Muschel  soll  nach  Brauns 
auch  in  dem  Rottorfer  Eisenstein  Vorkommen;  ich  selbst 
habe  sie  dort  nie  gefunden,  auch  kein  von  dort  stammen¬ 
des  Exemplar  in  den  Sammlungen  gesehen. 

36.  Pinna  folium  Yonng  and  Bird. 

1822.  Young  and  Bird,  Geol.  surv.  of  the  Yorksh.  coast. 
T.  10.  F.  6. 

Selten. 

37.  Avicula  inaequivalvis  Sow. 

1821.  Sowerby,  Min.  conch.  III.  T.  244.  F.  2  u.  3,  S.  78. 

Diese  bekannte  Muschel  ist  in  dem  Rottorfer  Eisenstein 

häufig. 

38.  Inoceramus  ventricosus  Sow.  sp. 

1823.  Sowerby,  Min.  conch.  V.  T.  443,  S.  64  (Crenatula). 
Ziemlich*  selten. 

39.  Limaea  acuticosta  Gf. 

1836.  Goldfuss,  Petref.  Germ.  Taf.  107,  F.  8. 
Ziemlich  häufig. 

Diese  Art  ist  häufig  mit  der  folgenden  verwechselt 
worden.  Sie  unterscheidet  sich  von  derselben,  —  abgesehen 
von  den  selten  wahrzunehmenden  Schlosscharakteren  — 
durch  schmälere,  schärfere  und  stärker  hervorragende 
Rippen  und  breitere  Zwischenräume  zwischen  denselben, 
besonders  aber  durch  geringere  Zahl  der  Rippen.  Wäh¬ 
rend  bei  den  mir  von  Rottorf  vorliegenden  Exemplaren  der 
Limaea  acuticosta  die  Zahl  der  Rippen  zwischen  12  und  18 
schwankt,  besitzt  Lima  pectinoides  deren  20  bis  26. 


40.  Lima  pectinoides  Sow.  sp. 

1815.  Sowerby,  Min.  conch.  II.  T.  113  (im  Text  ange¬ 
geben  T.  114),  F.  4,  S.  28  (Plagiostoma). 

Häufig. 

41.  Lima  succincta  Schloth.  sp. 

1813.  v.  Schlot  heim,  Mineral.  Taschenbuch.  Bd.  3.  Suppl. 
T.  5  d,  F.  4  (Chama). 

Ziemlich  selten. 

Unterscheidet  sich  von  der  folgenden  Art  durch  grös¬ 
sere  Höhe  im  Vergleich  zur  Länge  und  stärkere  Rippen  ; 
ferner  ist  ihre  Schale,  besonders  in  der  Gegend  des  Schlosses, 
dicker  als  bei  gigantea.  Das  eine  meiner  Exemplare,  dessen 
Schlosstheil  besonders  gut  erhalten  ist,  zeigt  auf  den  hin¬ 
teren  Ohren  auffallend  starke  Wülste.  Letztere  sind  zwar 
auch  bei  dem  von  Sowerby1)  abgebildeten  englischen 
Exemplare  angedeutet,  treten  jedoch  bei  dem  vorliegenden 
Rottorfer  Stücke  stärker  hervor.  Auf  dem  unteren  Theile 
des  Ohres  befindet  sich  neben  dem  wulstartigen  Rande  nur 
ein  Wulst,  welcher  sich  jedoch  weiter  nach  oben  theilt,  so 
dass  am  oberen  Rande  des  Ohres  vier  Wülste  hervortreten. 
In  dieser  Hinsicht  entspricht  also  das  in  Rede  stehende 
Exemplar  —  sonst  eine  echte  Lima  succincta  —  der  Lima 
decorata  Gf.2). 

42.  Lima  gigantea  Sow.  sp. 

1814.  Sowerby,  Min.  conch.  I.  T.  77,  S.  176  (Plagio¬ 

stoma). 

Häufig. 

Auffallend  ist,  dass  S  c  h  1  ö  n  b  ach  die  letzten  drei 
Arten,  von  weichen  zwei  häufig  bei  Rottorf  Vorkommen, 


1)  1818.  Sowerby,  Min.  conch.  III.  T.  214,  F.  2,  S.  25 
(Lima  antiquata  =  L,  succincta). 

2)  Petref.  Germ.  T.  114,  F.  11.  Diese  Art  ist  später  von 
Brauns  (D.  u.  Jura  S.  400)  fragweise  zu  Hinnites  tumidus  Ziet. 
sp.  gestellt,  welcher  Ansicht  ich  mich  jedoch  durchaus  nicht  an- 
schliessen  kann. 


122 


übersehen  bat;  er  führt  nur  Limaea  acuticosta  Gf.1)  in  seiner 
Liste  an,  trotzdem  diese  gerade  seltener  ist.  Nach  seiner 
Beschreibung,  welche  er  von  dieser  Art  giebt,  scheint  er 
übrigens  Limaea  acuticosta  und  Lima  pectinoides  zusammen¬ 
geworfen  zu  haben. 

43.  Pecten  textorius  Schloth.  sp. 

1820.  v.  Schlotheim,  Petrefaktenk.  S.  229  (Pectinites). 

H  ä  u  f  i  g,  meist  Steinkerne. 

44.  Pecten  priscus  Schloth.  sp. 

1820.  v.  Schlotheim,  Petrefaktenk.  S.  222  (Pectinites). 

Häufig,  Schale  meist  gut  erhalten. 

45.  Pecten  subulatus  Münster. 

1834.  Goldfuss,  Petref.  Germ.  II,  T.  98,  F.  12,  S.  73. 

Ziemlich  häufig. 

Schlönbach2)  trennt  Pecten  subulatus  Münster  und 
Pecten  Hehlii  d’Orb.,  während  Brauns3)  beide  Arten, 
vereinigt,  welche  Ansicht  nach  meinen  Untersuchungen  die 
richtigere  ist. 

46.  Pecten  lunaris  Römer. 

1839.  Römer,  Nachtr.  z.  Oolgeb.  S.  26. 

Ziemlich  häufig. 

Von  dieser  Art  kommen  bei  Rottorf  sehr  grosse  Exem¬ 
plare  vor,  welche  hinsichtlich  der  Grösse  dem  mit  unserer 
Species  identischen  Pecten  frontalis  Dumortier  nicht  nach¬ 
stehen.  Leider  sind  dieselben  jedoch  so  schlecht  erhalten, 
dass  es  unmöglich  ist,  ein  solches  grosses  Stück  aus  dem 
Eisenstein  herauszupräpariren,  da  die  auf  dem  undeutlichen 
Abdruck  nur  lose  aufliegende  Schale  bei  der  leisesten  Be¬ 
rührung  in  unzählige  Scherben  zerfällt.  Etwas  besser  sind 
dagegen  die  kleineren  Exemplare  erhalten ;  es  gelang  mir,  an 
einem  solchen  das  Byssusohr  vollständig  herauszupräpariren, 


1)  A.  a.  o.  S.  540. 

2)  A.  a.  0.  S.  544. 

3)  A.  a/  0.  S.  393. 


123 


welches  20  mm  lang-  ist.  Zwischen  dem  Flügel  des  Ohres 
und  der  Muschel  selbst  befindet  sich  eine  tiefe,  stark  aus¬ 
geschnittene  Grube;  die  Anwachsringe  bilden  auf  dem 
Flügel  annähernd  halbkreisförmige  Linien,  welche  hier  ihre 
convexe  Seite  nach  aussen  kehren,  während  auf  der  Grube 
die  concave  Seite  nach  aussen  gewendet  ist. 


47.  Plicatula  spinosa  Sow. 

1819.  Sowerby,  Min.  conch.  III.  T.  245,  S.  79. 

H  ä  u  f  i  g. 

Diese  zierliche  Muschel,  von  welcher  bereits  Schlön- 
bach  „einige  Exemplare“  bei  Rottorf  gefunden  hat,  beob¬ 
achtete  ich  dort  häufig;  bald  fand  sie  sich  aufgewachsen, 
bald  frei  und  zweischalig. 

48.  Ostrea  semiplicata  Münster. 

1834.  Goldfuss,  Petref.  Germ.  II.  T.  72,  F.  7,  S.  4. 

Selten. 

Das  einzige  Exemplar  dieser  Art,  welches  ich  bei 
Rottorf  gefunden  habe,  eine  Unterschale,  konnte  ich  voll¬ 
ständig  herauspräpariren.  Die  Schlossgrube  ist  glatt,  tief? 
dreickig  und  auf  beiden  Seiten  durch  stark  hervorragende 
Leisten  begrenzt.  Der  Manteleindruck  ist  deutlich  und  von 
unregelmässigem  Umriss.  Die  obere  Seite  der  Schale  trägt 
sieben  grobe  schuppige  Falten,  welche  etwa  2/3  der  Muschel 
einnehmen,  während  der  Rest  glatt  ist;  die  Schlossgrube 
läuft  in  eine  der  Falten  aus. 


49.  Ostrea  fragilissima  n.  sp. 

Selten. 

Neben  der  vorigen  Austerart  kommt  bei  Rottorf  eine 
gesellig  lebende  Ostrea  vor,  welche  bislang,  wahr¬ 
scheinlich  ihrer  Zerbrechlichkeit  halber,  übersehen  ist. 
Bruchstücke  dieser  Species  sah  ich  wiederholt  in  dem  Eisen¬ 
stein  stecken,  doch  konnte  ich  dieselben  nicht  herausprä¬ 
pariren,  da  die  Schale  bedeutend  weicher  als  der  sie  um- 
schliessende  Eisenstein  ist.  Nach  längeren  vergeblichen 
Bemühungen  gelang  es  mir  endlich,  eine  aus  drei  Indivi- 


124 


duen  bestellende  Gruppe  vollständig  von  dem  anhaftenden 
Eisenstein  zu  befreien ;  sie  besteht  aus  einer  Oberschale, 
welche  mit  zwei  Unterschalen  fest  zusammengewachsen  ist. 
Letztere  sind  ziemlich  tief  und  zeigen  eine  wenig  regel¬ 
mässige  Gestalt,  von  beiden  ist  ein  Theil  beim  Präpariren 
weggebrochen.  Die  Oberschale  ist  dagegen  vollständig  er¬ 
halten.  Sie  ist  flach  schüsselförmig,  ihre  Innenseite  ist  auf¬ 
fallend  glatt,  während  die  Aussenseite  runzelig  ist;  in  Folge 
ihrer  geringen  Dicke  ist  sie  deutlich  durchscheinend.  Der 
Muskeleindruck  ist  fast  kreisrund  und  liegt  nahe  am  Rande  ; 
ziehen  wir  durch  denselben  eine  gerade  Linie,  so  wird 
die  Muschel  hierdurch  in  einen  unteren  viereckigen  und 
einen  oberen  annähernd  dreieckigen  Theil  zerschnitten.  Die 
Unterschale  ist  59  mm  lang  und  42  mm  breit. 

50.  Gryphaea  cymbium  Lmk. 

1819.  Lamarck,  Hist.  nat.  des  animaux  sans  vertebres. 

Bd.  6,  S.  198. 

Sehr  h  ä  u  f  i  g. 

In  den  oberen  Schichten  des  Rottorfer  Eisensteins 
finden  sich  besonders  kleinere  Exemplare  dieser  Art,  wäh¬ 
rend  in  den  unteren  Schichten  neben  denselben  einzelne 
auffallend  grosse  Individuen  auftreten.  Beide  gehören  je¬ 
doch  unzweifelhaft  zu  einer  Species,  da  zwischen  der  gros¬ 
sen  und  kleinen  Form  alle  ; nur  denkbaren  Uebergänge  Vor¬ 
kommen.  Schlönback1)  trennt  Gryphaea  obliqua  Gf. 
von  Gr.  gigas  Schloth.  und  zwar  soll  sich  jene  von  dieser 
durch  geringe  Grösse  und  Schiefe  der  Anwachslinien  unter¬ 
scheiden.  Beide  Merkmale  haben  nach  meiner  Ansicht 
wenig  Bedeutung,  da  die  Schiefe  der  An  wachsringe  ebenso 
wie  die  Grösse  starken  Schwankungen  unterworfen  ist. 
Noch  mehr  schwankt  bei  unserer  Art  die  äussere  Form, 
wie  besonders  die  Go  ldfuss’schen2)  Abbildungen  zeigen. 
Ich  halte  daher  Gr.  cymbium  und  gigas  für  identisch. 

Die  Unterschale  eines  kleineren  Exemplares  habe  ich 


1)  A.  a.  0.  S.  546. 

2)  Petref.  Germ.  II.  T.  84  u.  85. 


125 


vollständig  herauspräparirt.  Sie  zeigt  den  Schlosstheil  und 
Muskeleindruck  in  aussergewöhnlich  gutem  Erhaltungszu¬ 
stände.  Der  Schlosstheil  besteht  aus  einer  mittleren  breiten 
Grube,  welche  durch  zwei  breite  Wülste  von  zwei  schwa¬ 
chen  seitlichen  Vertiefungen  getrennt  ist.  Ueber  die  Wülste 
und  über  die  Mittelgrube  laufen  fünf  Querwülste,  welche  nach 
unten  zu  an  Stärke  zunehmen.  Der  bohnenförmige  Muskei- 
eindruck  liegt  nahe  am  Rande  und  ist  bedeutend  tiefer  als 
der  Muskeleindruck  der  Oberschale. 


51.  Waldheimia  numismaiis  Lmk.  sp. 


1819.  L amarc k,  Anim.  s.  vert.  Bd.  6,  Nr.  17,  S.  249. 
Sehr  häufig. 

Meistens  findet  sich  die  platte  und  runde  typische 
Form ;  neben  derselben  habe  ich  die  beiden  folgenden 
Varietäten  beobachtet: 


a)  W.  numismaiis  pinguis. 


Ist  durch  grössere  Länge  im  Verhältniss  zur  Breite 
und  durch  grössere  Dicke  ausgezeichnet.  Die  Stirn  ist 
weniger  gerade  abgeschnitten  als  bei  der  typischen  Form 
und  nur  undeutlich  ausgebuchtet. 


b)  W.  numismaiis  longa. 


Bei  dieser  Varietät  ist  die  Stirn  abgerundet;  sie  ist 
ausserdem  länger  und  in  der  Regel  schmäler  als  die  typi¬ 
sche  Form  und  als  die  erste  Varietät. 

Hinsichtlich  des  Innenskeletts  und  der  feinen  Durch¬ 
bohrung  der  grösseren  Schale  stimmen  die  beiden  hier  be¬ 
schriebenen  Varietäten  mit  der  typischen  Form  überein 
und  schliessen  sich  hinsichtlich  der  Grössenverhältnisse 
durch  mancherlei  Uebergangsformen  an  dieselben  an. 

Grösse: 

a)  Typische  Form,  b)  var.  pinguis.  c)  var.  longa. 
Mittelgrosses  Exemplar.  Grösstes  Ex.  Grösstes  Ex. 

Länge  23,5  mm  25  mm  28  mm 


Breite  22  „ 

Dicke  8,5  „ 


22 


126 


52.  Waldheimia  Roemeri  U.  Schlönb. 

1863.  U.  Schlönbach,  Eisenstein  d.  m.  Lias,  Zschr. 

d.  d.  geol.  Gr.  B.  15,  S.  550. 

1864.  W  a  gen  er,  Verb.  d.  nat.  Ver.  d.  pr.  Bheinl. 

Bd.  21,  S.  18. 

Syn.  Terebratula  hastata  Römer  nicht  Sow. 

1836.  Römer,  Ool.  Geb.  S.  48. 

1853.  Rolle,  Versuche.  Vergl.  S.  25. 

T.  triquetra  Römer  nicht  Sow. 

Rome  r  und  Rolle  a.  d.  a.  0. 

T.  numismalis  biplicata  Qu. 

1858.  Quenstedt,  Jura.  T.  18,  F.  4,  S.  141. 

Waldheimia  cornuta  Brauns  z.  Th. 

1871.  Brauns,  D.  u.  Jura.  S.  422. 

Häufig. 

Ist  leicht  von  den  ^übrigen  Waldheimien  des  Lias  zu 
unterscheiden.  Ihre  Länge  übertrifft  die  Breite  stets  be¬ 
trächtlich.  Der  Schnabel  tritt  stark  hervor  und  ist  nur 
wenig  übergebogen,  wodurch  die  Area  bedeutende  Grösse 
erlangt  und  das  Deltidium  deutlich  sichtbar  ist;  die  Area 
ist  stark  concav  und  zeigt  bei  gut  erhaltenen  Exemplaren 
deutlich  die  Anwachsstreifen.  Die  Durchbohrung  schneidet 
tief  hyperbolisch  in  den  Schnabel  ein  und  ist  bedeutend 
grösser  als  das  Loch  der  W.  numismalis,  kommt  dagegen 
nicht  ganz  der  Durchbohrung  von  W.  perforata  Piette1) 
an  Grösse  gleich. 

An  der  Stirn  befinden  sich  zwei  Falten,  welche  be¬ 
sonders  deutlich  auf  den  Schalen  der  älteren  Individuen 
sichtbar  sind,  dagegen  bei  den  jüngeren  Exemplaren  nur 
schwach  hervortreten,  oft  sogar  nur  angedeutet  sind.  Die 
undurchbohrte  Schale  ist  wenig  gekrümmt,  während  die 
durchbohrte  Schale  durch  starke  aber  sehr  regelmässige 
Krümmung  ausgezeichnet  ist.  Die  jungen  Individuen  sind 
im  Stirntheile  sehr  dünn  und  besitzen  einen  fast  messer- 


1)  1856.  P  iette,  Bull,  de  la  soc.  geol.  de  France.  Bd.  13, 
T.  10,  F.  1,  S.  206. 


127 


scharfen  Stirnrand,  dessen  Schärfe  mit  zunehmendem  Alter 
allmählich  verschwindet.  Dem  Innenskelett  nach  ist  unsere 
Art  eine  echte  Waldheimia,  doch  kommen  die  Skelett¬ 
schenkel  dem  Stirnrande  nicht  ganz  so  nahe  wie  bei  W. 
numismalis . 

Herr  Senator  Dr.  Römer  in  Hildesheim  war  so 
gütig,  mir  mehrere  Originalstücke  zu  den  von  seinem  Herrn 
Bruder  beschriebenen1)  Jurabrachiopoden  zu  übersenden, 
und  konnte  ich  mich  daher  selbst  davon  überzeugen,  dass 
Terebratula  hastata  (Sow\)  Römer  und  T.  triquetra  (Sow.) 
Römer  identisch  sind.  Die  von  der  Hand  F.  A.  R  ö  m  ers 
als  T.  hastata  Sow.  (von  Ellingen)  bezeichnete  Waldheimia 
zeigt  an  der  Stirn  zwei  eigenthümliche  Vertiefungen,  welche 
jedoch  offenbar  durch  Verdrückung  hervorgerufen  sind  und 
deshalb  selbstverständlich  bei  dem  zweiten  von  Römer 
als  T.  triquetra  Sow.  (von  Calefeld)  bestimmten  Stücke 
fehlen.  Beide  stimmen  mit  den  Rottorfer  Exemplaren  gut 
überein,  wenn  wir  von  der  erwähnten  Verdrückung  ab¬ 
seh  en.  Da  Sowerbv  den  Namen  T.  hastata  für  eine 
Terebratel  des  Kohlenkalks,  T.  triquetra  für  eine  Form 
des  Cornbrash  gebraucht  hat,  so  ist  für  unsere  Art  von 
U.  Schlönbach  der  Name  Waldheimia  Iioemeri  vorge¬ 
schlagen,  da  der  ältere  Name  „T.  numismalis  biplicata  Qu.“ 
zu  umständlich  ist,  Q.  uenstedt  überhaupt  mit  solchen 
Doppelnamen  Varietäten  bezeichnet. 

53.  Waldheimia  cornuta  Sow.  sp. 

Var.  subcornuta  Qu.  sp.  u.  rar.  Waterhousi  Davidson  sp. 
1825.  Sowerby,  Min.  conch.  T.  446,  F.  4,  S.  66  (Tere¬ 
bratula). 

Syn.?  Terebratula  lampas  Sow.,  1812,  Min.  conch.  T.  101,  F.  3. 
T.  vicinalis  (Schloth.)  v.  Buch,  1833,  Ueber  Terebrateln, 
Abhandl.  d.  K.  Akad.  d.  W.  in  Berlin,  S.  105  z.  Th. 
T.  digona  Römer,  1836,  Ool.  Geb.  S.  49. 

T.  Waterhousi  Davidson.  1851,  Monogr.  Brit.  foss.  brach. 
III.  T.  5,  F.  12,  S.  31. 

T.  subcornuta  Quenstedt,  1868,  Brach iopoden  T.  45,  F.  127 — 
135,  S.  310. 


i )  Ool.  Geb.  S.  '61  ff. 


128 


Waldheimia  indentata  Deslongchamps  z.  Th.,  Pal.  fr.,  Brach, 
jur.  T.  32,  F.  11  u.  13,  S.  133. 

Häufig. 

Die  Schale  zeigt  eine  feine  Punktirung,  welche  jedoch 
nur  dann  sichtbar  wird,  wenn  es  gelingt,  die  harte  Eisen¬ 
steinkruste  mit  der  Nadel  abzusprengen,  ohne  dass  zugleich 
die  oberste  Schicht  der  Schale  mit  fortgerissen  wird,  was 
bei  den  Rottorfer  Versteinerungen  nur  selten  möglich  ist. 
Die  Schenkel  des  Innenskeletts  reichen  bei  allen  von  mir 
hierauf  untersuchten  Exemplaren  fast  bis  zur  Stirn  hinab. 

Die  deutsche  cornuta  ist  in  der  Regel  kleiner  als  die 
englische  und  hat  eine  weniger  stark  ausgebuchtete  Stirn; 
sie  ist  deshalb  von  der  englischen  durch  Quenstedt1) 
unter  dem  Namen  subcornuta  abgetrennt.  Auch  in  England 
sind  kleinere  Exemplare  und  solche  mit  schwächerer  Stirn¬ 
bucht  nicht  selten 2)  und  linden  sich  dort  zwischen  beiden 
Formen  Uebergänge. 

W.  Waterhousi  Davidson  soll  sich  von  cornuta  Sow. 
dadurch  unterscheiden,  dass  die  Mitte  ihrer  Stirnlinie  von 
der  undurchbohrten  zur  durchbohrten  Schale  aufgebogen 
ist,  eine  Eigenthümlichkeit,  welche  sich  bei  etwa  zwanzig 
der  mir  vorliegenden  sechszig  Rottorfer  Exemplare  findet, 
die  also  demnach  zu  dieser  von  Davidson  aufgestellten 
Species  gerechnet  werden  müssten.  Letztere  Art  ist  jedoch 
nach  meinen  Untersuchungen  nur  als  Varietät  von  W.  cor¬ 
nuta  anzusehen,  da  zwischen  der  geraden  und  der  stark 
nach  der  durchbohrten  Schale  zu  aufgebogenen  Stirnlinie 
alle  nur  denkbaren  Uebergänge  vorhanden  sind,  und  es 
daher  ganz  dem  subjektiven  Ermessen  jedes  Fachmannes 
überlassen  bleibt,  wo  er  die  Grenze  zwischen  cornuta  und 
Waterhousi  ziehen  will. 

Grösstes  Exemplar: 

Länge  21  mm 
Breite  19  „ 

_ _  Dicke  12,5  „ 

1)  Brachiopoden  Seite  312. 

2)  Vergl.  z.  B.  Davidson,  Monogr.  Brit.  foss.  brach.  III. 
T.  III,  F.  15  u.  IG. 


129 


54.  Waldheimia  resupinata  Sow.  sp. 

1818.  Sowerby,  Min.  conck.  T.  150,  F.  3  u.  4. 

/ 

Unter  den  Fundorten  für  diese  Art  führt  Brauns1) 
auch  den  Rottorfer  Eisenstein  an ;  ich  selbst  habe  sie  unter 
den  von  mir  dort  gesammelten  2000  Brackiopoden  nicht 
gesehen. 

55.  Terebratula  punctata  Sow. 

1813.  Sowerby,  Min.  conck.  T.  15,  F.  4,  S.  46. 

Syn.  T.  subovoides  Römer,  1836,  Ool.  Geb.  T.  2,  F.  9.  S.  50. 
T.  sublagenalis  Römer,  1836,  Ool.  Geb.  S.  49  (nicht  Davidson), 
T.  numismalis  ovalis  u.  ovulum  Quenstedt,  1858,  Jura,  T.  18, 
F.  1  u.  2,  S.  143;  1868,  Brach.  T.  46,  F.  33  ff.,  S.  325. 
T.  num.  lagenalis  Quenstedt,  1858,  Jura,  T.  18,  F.  3. 

T.  sinemuriensis  Oppel,  1861,  Brach,  d.  Lias,  Zsehr.  d.  d. 
geol.  G.  ßd.  13,  S.  529. 

T.  Edwardsi  Davidson,  Monogr.  Brit.  foss.  brach.  T.  6, 
F.  11,  14  u.  15,  S.  30. 

T.  subpunctata  Davidson,  Ebendort  III.  T.  6,  F.  7—10, 
S.  46. 

Sehr  h  ä  u  f  i  g. 

Diese  Art  und  ihre  Synonymik  hat  mich  bereits  wäh¬ 
rend  meiner  Studienzeit  in  Tübingen  besonders  interessirt, 
in  Folge  dessen  habe  ich  in  den  schwäbischen  Liasablage¬ 
rungen  sehr  viele  Terebrateln  gesammelt  und  untersucht, 
wobei  mir  zunächst  auffiel,  dass  die  meisten  der  von  Quen¬ 
stedt  als  Varietäten  der  Waldheimia  numismalis  angesehe¬ 
nen  Formen  ( Terebratula  numismalis  ovulum  n.  ovalis ,  n. 
lagenalis)  kein  Innenskelett  mit  tief  herabgehenden  Schen¬ 
keln  zeigten,  also  jedenfalls  nicht  zu  der  Gattung  Wald¬ 
heimia  gehörten,  sondern  durch  zahlreiche  Uebergangs- 
formen  sich  eng  an  die  typische  Terebratula  punctata  Sow. 
anschliessen.  Später  habe  ich  in  Norddeutschland  grosse 
Mengen  von  Liasterebrateln  gesammelt  und  bin  hierdurch 
sowie  durch  die  Besichtigung  der  Röme  Eschen  Original¬ 
stücke  zu  der  Ansicht  gelangt,  dass  die  meisten  der  hier 


1)  Brauns,  D.  u.  Jura.  S.  427. 

Verh.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX.  9 


130 


t 


unterschiedenen  mittelliasischen  Arten  mit  T.  punctata  Sow. 
identisch  sind,  habe  mich  also  im  Wesentlichen  der  von 
B  r  a  u  n  s  und  später  auch  von  Da  v  i  d  s  o  n  vertretenen 
Meinung  angeschlossen. 

T.  subpunctata  Davidson  ist  zuerst  von  Brauns1) 
und  später  vom  Autor2)  selbst  mit  punctata  Sow.  vereinigt. 
B  r  a  u  n  s  rechnet  in  seiner  Schrift  über  den  unteren  Jura3) 
T.  sublagenalis  Rom.  zu  T.  subovöides  Rom.,  äusserst  jedoch 
hier  die  Ansicht,  dieselben  seien  von  punctata  Sow.  ver¬ 
schieden,  während  er  sich  später4)  für  die  Identität  der 
drei  genannten  Arten  entscheidet. 

Aus  dem  Rottorfer  Eisenstein  habe  ich  annähernd 
tausend  Terebrateln  herauspräparirt  und  nach  Abscheidung 
der  Waldheimien  auch  hier  noch  einmal  versucht,  die  Arten 
punctata  Sow.,  subpunctata  Davidson,  subovöides  Rom.,  sub¬ 
lagenalis  Röm.  u.  s.  w.  zu  unterscheiden  und  könnte  man 
vielleicht  einzelne  bestimmte  aus  der  Menge  herausgegriffene 
Individuen  zu  der  einen  oder  zu  der  anderen  von  diesen 
Arten  stellen;  betrachtet  man  jedoch  die  gesammte  Masse, 
so  wird  man  bald  einsehen,  dass  es  ganz  unmöglich  ist, 
irgend  eine  Grenze  zwischen  diesen  früher  unterschiedenen 
Arten  zu  ziehen.  Jedes  Exemplar  sieht  eben  anders  aus, 
und  müsste  man  deshalb  fast  so  viele  Species  unterschei¬ 
den,  wie  man  gerade  Individuen  vor  sich  hat. 

Das  mir  vorliegende  umfangreiche  Material  könnte 

man  in  zwei  Haupttypen  theilen,  nämlich  in  eine  breite 

flache  und  schmale  dicke  Form.  Als  Extrem  des  ersten 

Typus  kann  das  unter  Ziffer  I  unten  bei  Besprechung  der 

Grössenverhältnisse  angeführte  Stück  gelten,  während  der 

# 

zweite  Typus  am  besten  durch  VI  und  VII  repräsentirt 
wird;  zwischen  diesen  Haupttypen  kommen  alle  nur  denk¬ 
baren  Uebergangsformen  vor.  Zu  dem  ersten  Typus  würde 
z.  B.  das  von  Quenstedt  Jura  T.  18,  F.  5  abgebildete 


1)  D.  u.  Jura.  S.  427. 

2)  Brach.  Naohtr.  S.  130. 

3)  A.  a.  0.  S.  428. 

4)  D.  obere  Jura  S.  393  und  nach  den  Angaben  Davidsons 
(Nachtr.  S.  129)  in  einem  Briefe. 


131 


Exemplar  gehören,  ferner  Davidson  Monogr.  Brit.  foss. 
brach.  Naclitr.  T.  16,  F.  3 — 8  und  T.  subovöides  Römer;  zu 
der  zweiten  Formenreihe  wären  z.  B.  zu  rechnen:  T.  pun¬ 
ctata  var.  Radstockiensis  Davidson  a.  a.  0.  F.  14  —  18,  nu- 
mismalis  lagenalis  Qu.  und  sublagenalis  Römer. 

Acht  Exemplare  meiner  Rottorfer  punctata,  welche  mir 
besonders  beachtenswert  erschienen,  habe  ich  gemessen 
und  dieselben  so  in  eine  Reihe  geordnet,  dass  die  Breite 
im  Verhältnis  zur  Länge  abnimmt;  unter  Ziffer  lila  sind 
die  Grössenverhältnisse  eines  der  R  ö  m  e  r’schen  Original¬ 
stücke  zu  dessen  Species  T.  sublagenalis  (von  Calefeld)  ge¬ 
geben,  da  es  mit  dem  Rottorfer  Exemplar  Nro.  III  hin¬ 
sichtlich  der  Grössenverhältnisse  genau  übereinstimmt. 

Die  Grössen  der  acht  ausgewählten  Exemplare  sind 
folgende : 


Nro. 

I. 

Nro. 

II. 

Nro. 

III. 

Länge 

31,5 

mm 

100 

31 

mm 

100 

28  mm 

100 

Breite 

28 

V 

89 

23 

ii 

74 

20  „ 

71 

Dicke 

16 

n 

51 

15 

ii 

48 

15,5  „ 

55 

Nro.  III  a. 

Nro. 

IV. 

Nro. 

V. 

Länge 

29 

mm 

100 

42 

mm 

100 

37  mm 

100 

Breite 

21,5 

V 

71 

30 

ii 

71 

26  „ 

70 

Dicke 

16 

11 

55 

20 

’i 

47 

21.5., 

58 

Nro. 

VI. 

Nro. 

VII. 

Nro.  1 

VIII. 

Länge 

28  ' 

mm 

100 

25 

mm 

100 

18  mm 

100 

Breite 

19 

ii 

68 

15, 

62 

15,5  ,. 

86 

Dicke 

61 

71 

15 

ii 

60 

15  „ 

83 

Nro.  IV  ist  das  grösste  Exemplar,  welches  mir  von 
Rottorf  bekannt  geworden  ist.  Nro.  VII  ist  zwar  mit  Nro. 
VI  durch  Uebergangsformen  verbunden,  ist  jedoch  durch 
besonders  gerade  Stirn  ausgezeichnet,  weshalb  ich  dasselbe 
als  Varietät  Rottorf ensis  von  den  übrigen  Formen  abge¬ 
trennt  habe.  Nro.  VIII  ist  das  Extrem  einer  sich  an  Nro. 
VI  anschliessenden  Nebenreihe,  welche  durch  Verkürzung 
der  Länge  ausgezeichnet  ist;  diese  Formen  entsprechen 
der  T.  numismalis  ovulum  Qu.  —  Die  Punktirung  der 
Schale  ist  bei  den  Rottorfer  Exemplaren  selbstverständlich 


132 


nur  da  sichtbar,  wo  die  Eisensteiokruste  abgesprungen  ist, 
ohne  die  oberste  Schicht  der  Schale  mit  fortzureisen. 

56.  Spirifer  rostratus  Schloth.  sp. 

1820.  v.  Schlotheim,  Petref.,  S.  257  z.  Th.  (Terebra- 
tulites). 

Se  hr  hä  u  f  i  g. 

Kommt  nächst  Rhynchonella  riniosa  und  Terebratula 
punctata  am  häufigsten  von  allen  Brachiopoden  bei  Rottorf 
vor.  Diese  Art  ist  besonders  interessant  durch  die  ausge¬ 
dehnte  vielseitige  Varietätenbildung.  Durch  Herausgreifen 
einzelner  Stücke  könnte  man  aus  ihr  leicht  eine  Menge 
Species  machen;  wenn  man  jedoch  Hunderte  von  Indivi¬ 
duen  sammelt,  so  findet  man  bald  nach  allen  Seiten  Ueber- 
gangsformen  und  ist  deshalb  genöthigt,  von  solcher  Speeies- 
maeherei  abzusehen.  Trotz  dieser  Neigung  zum  Variiren 
ist  unsere  Art  leicht  von  den  folgenden  beiden  Spiriferen 
zu  unterscheiden  und  zwar  durch  folgende  Merkmale.  Die 
durchschnittliche  Grösse  ist  bedeutender;  wenn  ein  Sinus 
vorhanden  ist,  so  reicht  derselbe  nie  bis  in  den  Schnabel, 
Wulst  und  Falten  sind  —  wenn  überhaupt  vorhanden  — 
stets  schwach  und  zeichnen  sich  durch  grosse  Unregel¬ 
mässigkeit  aus. 

Im  Gegensatz  zu  der  Terebratula  punctata  kann  man 
hier  von  einer  typischen  Form  reden,  welcher  etwa  80% 
aller  Individuen  angehören.  Bei  derselben  sind  Sinus  und 
Wulst  nur  schwach  entwickelt;  der  Schnabel  ist  in  der 
Regel  mässig  übergebogen,  so  dass  Area  und  Deltaioch 
zum  grössten  Theile  frei  bleiben.  Die  Schale  zeigt  nicht 
selten  —  besonders  bei  den  grösseren  Exemplaren  —  feine 
streifenartige  Faltung,  welche  gewöhnlich  erst  nach  dem 
Stirnrande  zu  auftritt  oder  hier  wenigstens  an'  Stärke  zu¬ 
nimmt.  Der  Stirnrand  ist  entsprechend  dem  schwachen 
Sinus  und  Wulst  nur  wenig  von  der  durchbohrten  zur  un- 
durchbohrten  Schale  aufgebogen.  Die  grösste  Breite  befin¬ 
det  sich  etwa  in  der  Mitte,  die  grösste  Dicke  in  der  Nähe 
der  Wirbel. 


X 


133 


Grössenverhältnisse. 


I. 

II. 

III. 

Länge 

32  mm 

100 

25  mm 

100 

23  mm 

100 

Breite 

31  „ 

99,1 

25  „ 

100 

21  „ 

91,3 

Dicke 

22  „ 

68,75 

17, 5„ 

70 

15,5  „ 

68,4 

IV. 

V. 

Länge 

19,5  mm 

100 

13  mm 

100 

Breite 

18,5  „ 

94,9 

13,5  „ 

103,8 

Dicke 

14,5  „ 

74,4 

7  „ 

53,8. 

Wir  sehen  also,  dass  bei  der  typischen  Form  Länge 
und  Breite  annähernd  gleich  sind  und  bei  Nro.  V,  einem 
ganz  jungen  Individuum,  letztere  die  erstere  übertrifft. 


Varietäten. 

a)  Die  Anwachsringe  sind  wie  bei  der  typischen 

Form  e  inige  r  maass  en  gleichmässig  über  die 

Schale  vertheilt. 

1.  Spirifer  rostratus  gibbosus. 

Der  Schnabel  ist  bis  auf  die  undurchbohrte  Schale 
hiuabgebogen;  auf  einige  sehr  breite  Anwachsringe  folgt 
immer  eine  Zone  sehr  schmaler  Anwachsstreifen,  wodurch 
die  Schalen  eine  bucklige  Gestalt  annehmen.  Sinus  und 
Wulst  sind  kaum  angedeutet.  Länge  im  Verhältniss  zur 
Breite  grösser  als  bei  der  typischen  Form. 

Grössenverhältnisse. 

*  Länge  25  mm  100 
Breite  21  „  84 

■*  Dicke  18,5  „  74. 

2.  Sp.  rostratus  cuneiformis. 

Der  Schnabel  ist  wenig  übergebogen  und  steht  weit  von 
der  undurchbohrten  Schale  ab,  weshalb  die  Area  auffallend 
gross  ist  und  das  Deltaloch  in  seiner  ganzen  Ausdehnung 
sichtbar  bleibt.  Sinus  und  Wulst  sind  ebenso  schwach  ent¬ 
wickelt  wie  bei  der  vorigen  Varietät.  Am  Schloss  sind 
beide  Schalen  stark  gewölbt,  flachen  sich  jedoch  sehr  schnell 


134 


ab,  so  dass  das  Ganze  den  Eindruck  eines  stumpfen  Keils 
macht. 

Grössenverhältnisse. 

Länge  31  mm  100 
Breite  27  „  84,1 

Dicke  22,5  „  72,6. 

3.  Sp.  rostratus  minimus. 

Ist  vor  allen  anderen  Varietäten  durch  geringe  Grösse 
ausgezeichnet.  Von  den  jungen  Individuen  der  anderen 
Formen  unterscheidet  er  sich  durch  die  grosse  Zahl  von 
Anwachsringen,  durch  grössere  Dicke,  stärkere  Schale  und 
schärfer  ausgeprägte  Form. 

Der  Schnabel  steht  ziemlich  weit  von  der  undurch- 
bohrten  Schale  ab  und  ist  mässig  übergebogen;  Area  und 
Deltaloch  bleiben  in  Folge  dessen  frei  und  sind  im  Ver- 
hältniss  zur  Grösse  der  ganzen  Schale  stark  entwickelt. 
Der  Sinus  bildet  ein  flaches,  von  hervorragenden  Kanten 
begrenztes  Feld,  welches  von  der  Stirn  aus  ziemlich  weit 
hinaufragt,  jedoch  nicht  bis  in  den  Schnabel  geht.  Unter 
den  Warzen  der  Schale  zeichnen  sich  einzelne  durch  be¬ 
deutendere  Grösse  aus,  ein  Verhältniss,  welches  ich  übri¬ 
gens  auch  bei  der  typischen  Form,  wenn  auch  weniger 
ausgeprägt,  bisweilen  beobachtet  habe.  Allerdings  ist  bei 
den  meisten  der  mir  vorliegenden  Rottorfer  Spiriferen  die 
Punktirung  durch  das  Abkratzen  der  Eisensteinkruste  zer¬ 
stört. 

Grössen  Verhältnisse. 


I. 

II. 

III. 

Länge 

17  mm 

100  14 

,5  mm 

100 

13,5’ 

mm 

100 

Breite 

15  „ 

88,2  14 

5 1 

96,6 

12 

88,9 

Dicke 

12  „ 

70,6  9 

?  1 

61,4 

10 

•>1 

74,1 

IV. 

Länge 

12  mm 

100 

Breite 

11,5  „ 

95,8 

Dicke 

9  „ 

75. 

Die  Spiriferen,  welche  Quenstedt  als  verrucosus 
laevis  bezeichnet,  gehören  theilweise  zu  unserer  Varietät 


135 


des  Sp.  rostratus;  besonders  genau  gleicht  dem  Sp.  r.  mi- 
nimus  von  R  o  1 1  o  r  f  das  Jura  T.  18,  F.  9  abgebildete 
Exemplar.  Es  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  dieser  von  mir 
als  Varietät  des  rostratus  angesehene  kleine  Spirifer  manche 
Beziehungen  zum  Walcotti  Sow.  resp.  verrucosus  Buch  zeigt, 
doch  schliesst  er  sich  so  eng  an  den  rostratus  an,  dass  es 
ganz  unmöglich  ist,  ihn  von  diesem  zu  trennen,  während 
er  sich  von  verrucosus  Buch  durch  das  Fehlen  der  regel¬ 
mässigen  Faltung  und  des  tiefen,  bis  in  den  Schnabel  gehen¬ 
den  Sinus  unterscheidet. 

4.  Sp.  rostratus  canalicidatus  Qu. 

Diese  Varietät  ist  bereits  von  Qu  enstedt  beschrie¬ 
ben  und  abgebildet;  sie  ist,  wie  der  Name  andeutet,  durch 
einen  tiefen  Sinus  ausgezeichnet,  welcher  sich  jedoch  von 
der  Stirn  aus  nur  bis  zur  Mitte  der  durchbohrten  Schale 
erstreckt  und  hier  plötzlich  auf  hört.  Dem  tiefen  Sinus 
entsprechend,  ragt  der  Wulst  stärker  hervor,  als  bei  allen 
anderen  Varietäten  des  Sp.  rostratus.  Der  Schnabel  ist 
in  der  Regel  mässig  tibergebogen  und  sind  deshalb  Area 
und  Deltaloch  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  sichtbar.  Die 
Schale  ist  stärker  gefaltet  als  bei  den  übrigen  Formen 
des  rostratus;  die  Falten  sind  jedoch  im  Gegensatz  zu  den 
beiden  folgenden  Species  ( Walcotti  und  Münsteri)  sehr  un¬ 
regelmässig  und  verlieren  sich  nach  dem  Schnabel  zu;  sie 
treten  besonders  deutlich  auf  den  Steinkernen  hervor. 


Grösse 

nver 

h  ä  1 1  n  i  s  s  e. 

I. 

II. 

Länge 

27  mm 

100 

24  mm 

100 

Breite 

29,5  „ 

109,3 

24  „ 

100 

Dicke 

19  „ 

70,7 

18,5  „ 

75,4. 

Nro.  I,  ein  Steinkern,  ist  etwas  verdrückt  und  des¬ 
halb  verflacht;  Nro.  II  hat  noch  die  Schale  vollständig, 
dieselbe  hat  eine  auffallend  blaue  Farbe,  welche  Erschei¬ 
nung  ich  bei  den  übrigen  Rottorfer  Spiriferen  nicht  in  dem 
Maasse  beobachtet  habe. 


136 


b)  Die  ersten  Anwachsringe  sind  sehr  gross,  die 
späterense  hr  schmal,  daher  Anbau  fungderselben 

an  der  Stirn. 

5.  Sp.  rostratus  globosus. 

Schnabel  vollständig  bis  auf  die  undurch bohrte  Schale 
herabgebogen,  deshalb  Deltaloch  vollständig  verdeckt  und 
Area  sehr  klein.  Gestalt  kugelig:  Sinus  und  Wulst,  schwä¬ 
cher  als  bei  der  vorigen  Varietät,  stärker  jedoch  als  bei 
der  typischen  Form.  Falten  nach  der  Stirn  zu  deutlich 
und  verhältnissmässig  regelmässig. 


Grössen  verhält  ni  sse. 

Länge  26  mm  100 
Breite  24  „  92,3 

Dicke  19  „  73,1 

Hier  ist  also  die  Dicke  gross  im  Verhältniss  zur  Breite. 


6.  Sp.  rostratus  latus. 

Nächst  minimus  die  ausgezeichnetste  Varietät.  Der 
Schnabel  steht  weit  von  der  undurchbohrten  Schale  ab  und 
ist  nur  wenig  übergebogen.  Deltaloch  gross,  Area  klein,  Sinus 
deutlich  eutwickelt,  Wulst  fehlt.  Faltung  fein,  bei  den 
jungen  Individuen  nur  angedeutet.  Die  ersten  beiden  An¬ 
wachsringe  bilden  fast  die  ganze  Schale,  die  späteren  sind 
dagegen  äusserst  schmal ;  ein  22  mm  langes  jugendliches 
Exemplar  besitzt  deren  nur  zwei,  während  ein  Exemplar 
der  typischen  Form  von  etwa  gleicher  Länge  schon  acht 
Anwachsringe  zeigt. 

Grössenverhältnisse. 


I. 

Länge  32,5  mm 
Breite  34  „ 

Dicke  22  ,. 


II. 

22  mm  100 
25  „  113,6 

15  „  68,2 


Hier  überwiegt  also  die  Breite  die  Länge  bedeu¬ 
tend.  Nro.  II.  ist  ein  jugendliches  Exemplar,  Nro.  I  der 
grösste  Spirifer,  welchen  ich  überhaupt  bei  Rottorf  gefun¬ 
den  habe. 


137 


7.  Sp.  rostratus  foliatus  Qu.  1). 

Anwachsringe  und  Schnabel  wie  bei  der  vorigen 
Varietät.  Sinus  und  Wulst  schwach  entwickelt,  Streifung 
fehlt.  Bedeutend  kleiner  als  Sp.  r.  latus. 

Grössen  Verhältnisse. 

Länge  20,5  mm  100 
Breite  20  ,,  97,6 

Dicke  13,5  ,,  65,9. 

57.  Spirifer  Walcotti  Sow. 

var.  verrucosus  v.  Buch  sp. 

1823.  Sowerby,  Min.  conch.  T.  377,  F.  2. 

1836.  v.  Buch,  Ueber  Delthyris  od.  Spirifer  u.  Orthis, 
Abhandl.  d.  k.  Akad.  d.  W.  in  Berlin,  S.  52  u.  Petrif. 
remarqu.  T.  7,  F.  2. 

Von  dem  Sp.  Walcotti  kommt  bei  Rottorf  nur  die 
kleine,  von  v.  B  u  c  h  als  Delthyris  verrucosa  bezeichnete  Va¬ 
rietät  vor. 

Schlönbach2)  und  B  rauns 3)  stellen  den  Sp. 
verrucosus  Buch  zum  rostratus,  ebenso  anfänglich  David¬ 
son4),  welcher  ihn  jedoch  später5)  als  selbständige  Spe- 
cies  ansieht.  Bei  Rottorf  kommen  nicht  selten  abgeriebene 
Exemplare  des  verrucosus  vor,  welche  v.  Buch6)  unter 
dem  Namen  tumidus  glohularis  beschrieben  zu  haben  scheint. 
Er  sagt  nämlich  von  dieser  Art: 

„Von  Rottorf  am  Kley  bei  Helmstädt.  Die  Breite 
bleibt  unter  der  Länge  zurück.  Die  wenig  erhöhten  Falten 
werden  häufig  abgerieben  und  die  Muschel  für  Sp.  rostra¬ 
tus  gehalten.  Der  Sinus  ist  stark  gestreift,  aber  nicht  ge¬ 
faltet.  “  —  ,,E  i  n  breiter  und  glatter  Sinus  senkt 


1)  Brach.  T.  54,  F.  100. 

2)  A.  a.  O.  S.  447. 

3)  D.  u.  Jura.  S.  432. 

4)  Monogr.  Brit.  foss.  brach.  III.  T.  3,  F.  1. 

5)  Nachtr.  T.  11,  F.  9  u.  10,  S.  97. 

6)  Ueber  Delthyris  u.  s.  w.,  Abhandl.  d.  k.  Akad.  d.  W.  in 
Berlin  1836,  S.  54. 


138 


sich  vom  Schnabel  aus,  die  Ränder  der  vorgescho¬ 
benen  Zunge  vereinigen  sich  unter  einem  spitzen  Winkel/4 
Von  dem  Sp.  rostratus  unterscheidet  sich  Sp.  Wal- 
cotti  resp.  verrucosus  besonders  durch  geringere  Grösse  und 
einen  tiefen  Sinus,  welcher  scharf  begrenzt  ist  und  bis  in 
den  Schnabel  fortsetzt ;  diesem  Sinus  entspricht  ein  breiter, 
deutlich  hervortretender  Wulst,  der  ebenfalls  von  der  Stirn 
bis  zum  Schloss  zu  verfolgen  ist.  Der  Schnabel  ist  immer 
stark  übergebogen,  so  dass  das  Deltaloch  theilweise  ver¬ 
deckt  ist ;  selten  jedoch  berührt  derselbe  die  undurchbohrte 
Schale.  x4uf  den  Seiten  des  Wulstes  befinden  sich  immer 
breite  Falten,  welche  sich  über  die  ganze  Schale  erstrecken 
und  viel  regelmässiger  verlaufen  als  die  Falten  des  rostratus. 

Grössenverhältnisse. 


I. 

Länge  18  mm  109 
Breite  19,5  „  108 

Dicke  13  „  72,2 


II.  (Ein  sehr  jung.  Ex.) 
12  mm  100 
12,5  „  104,2 

7  „  58,3. 


Wir  sehen  also,  dass  die  Breite  hier  die  Länge  etwas 
übertrifft.  Deshalb  passt  die  Beschreibung,  welche  von 
Buch  von  seinem  Rottorfer  tumidus  globularis  giebt, 
nicht  vollständig  auf  unsere  Art  und  ist  es  deshalb  wahr¬ 
scheinlich,  dass  er  zu  ihr  die  gefalteten  Varietäten  des 
Sp.  rostratus  gerechnet  hat. 

58.  Spirifer  Münsteri  Davidson. 

1851.  Davidson,  Monogr.  Brit.  foss.  brach.  III.  T.  3, 
F.  4—6,  S.  26. 

Syn.  Sp.  octoplicatus  Zieten  (Verst.  Württemb.  T.  38,  F.  6, 
S.  51),  nicht  Sowerby. 

Ziemlich  häufig. 

Der  von  Zieten  unter  dem  Namen  octoplicatus  ab¬ 
gebildete  Spirifer  ist  ohne  Zweifel  mit  Münsteri ,  nicht  je¬ 
doch  mit  octoplicatus  Sow. x)  identisch,  welcher  aus  dem  eng¬ 
lischen  Bergkalke  stammt;  ich  habe  deshalb  den  jüngeren 
Namen  beibehalten. 


1)  Vergl.  Quenstedt,  Brach.  S.  487. 


139 


Von  Sp.  Walcotti ,  mit  dem  unsere  Art  häufig  ver- 
wechselt  ist,  unterscheidet  sie  sich  durch  folgende  Merk¬ 
male.  Area  und  Deltaloch  sind  sehr  gross,  der  Schnabel 
steht  weit  von  der  undurchbohrten  Schale  ab  und  ist  nur 
selten  etwas  tibergebogen.  Der  Sinus  ragt  über  den  Stirn¬ 
rand  stark  zungenförmig  hervor,  der  Wulst  ist  höher  und 
schärfer  als  bei  Walcotti,  dasselbe  gilt  von  den  Falten. 
Die  Breite  der  Schalen  ist  in  der  Regel  bedeutend  grösser 
als  die  Länge,  besonders  bei  der  undurchbohrten  Schale. 

Grössenverhältnisse. 

Länge  17  mm  100 
Breite  19,5  „  114,7 

Dicke  10,5  „  62,8. 

Dieses  Individuum  ist  von  mittlerer  Grösse;  mein 
grösstes  Rottorfer  Exemplar  ist  22,5  mm  lang,  29,5  mm 
breit  und  15  mm  dick  (100  : 131,1  :  66,7). 

59.  Rhynchonella  variabilis  Schloth.  sp. 

1813.  v.  Schlotheim,  Beitr.  z.  Naturgeseh.  d.  Verst. ; 
Leonhard,  Mineral.  Taschenbuch  Bd.  7,  T.  1, 
F.  4  (Terebratula). 

Syn.  Rh.  triplicata  vieler  Autoren,  nicht  Phillips. 

Syn.  Rh.  cf.  furcillata  Emerson,  1870,  Lias  v.  Markolden¬ 
dorf  T.  2.  F.  2,  S.  48. 

H  ä  u  f  i  g. 

Wollte  man  nur  das  Rottorfer  Vorkommen  dieser  Art  ins 
Auge  fassen,  so  wäre  der  Name  „variabilis“  gänzlich  unge¬ 
rechtfertigt;  denn  keine  der  übrigen  dort  vorkommendenBra- 
ckiopodenarten  ist  hinsichtlich  ihrer  Form  und  Skulptur  so 
constant  wie  diese  Species.  Die  Umrisse  der  Schalen 
stellen  ein  fast  gleichseitiges  Dreieck  dar,  dessen  Basis 
durch  die  gerade  abgeschnittene  Stirn  gebildet  wird;  letz¬ 
tere  ist  bei  älteren  Individuen  so  auffallend  hoch,  dass 
Schlönbach  hierdurch  verleitet  ist,  derartige  Exemplare 
der  variabilis  als  neue  Art  anzusehen,  welcher  er  den  Na¬ 
men  Rh.  crassifrons  gegeben  hat x).  Der  Wulst  ist  flach, 

1)  In  der  Gr iep  enk  erl  ’  sehen  Sammlung  befindet  sich  eine 
von  Schlönbach’s  Hand  geschriebene  Etikette,  auf  welcher 
diese  Ansicht  geäussert  ist. 


140 


der  Sinus  wenig  eingesenkt;  beide  tragen  scharf  hervor¬ 
tretende  Rippen,  welche  bis  in  die  Wirbel  verlaufen  und 
schon  auf  ganz  jungen  Exemplaren  deutlich  sichtbar  sind. 
Die  Zahl  der  Rippen  schwankt  zwischen  zwei  und  vier 
auf  dem  Wirbel  und  dementsprechend  zwischen  eins  und 
drei  auf  dem  Sinus. 

Unter  den  mir  vorliegenden  45  Rottorfer  Exemplaren 
haben: 

4.  ...  2  j 

33 ....  3  >  Rippen  auf  dem  Wulst. 

6.  ...  4  \ 

Die  Zahl  drei  ist  also  vorherrschend  und  ist  deshalb 
der  jüngere  Name  triplicata  sehr  bezeichnend.  Auch  hin¬ 
sichtlich  der  Grösse  ist  unsere  Art  nur  geringen  Schwan¬ 
kungen  unterworfen ;  denn  die  kleinen  Individuen  tragen 
alle  den  Charakter  der  Jugend  an  sich. 

Grösstes  Exemplar: 

Länge  14,5  mm  100 
Breite  14,5  ,,  100 

Dicke  10,5  ,,  71. 

60.  Rhynchonella  subserrata  Römer  sp. 

1835.  Römer,  Ool.  Geb.  T.  2,  F.  21,  S.  42  (Terebratula). 
Syn.  Terebratula  calcicosta  Qu. 

T.  pulla  Römer. 

Ziemlich  selten. 

61.  Rhynchonella  tetraedra  Sow.  sp. 

1815.  Sowerby,  Min.  coneh.  T.  83,  F.  4,  S.  191  (Tere¬ 
bratula). 

Syn.  Terebratula  curviceps  Quenstedt. 

Häufig. 

Brauns1)  hält  Rh.  calcicosta  für  die  Jugendform 
von  tetraedra  und  sagt :  „Die  grössere  Schärfe  der  Rippen 
am  Wirbel  bei  jungen  Exemplaren  ist  sehr  wohl  zu 


1)  D.  u.  Jura.  S.  440. 


erklären,  indem  die  Schalen  sich  im  Laufe  der  Zeit  durch 


Reibung  abnutzten.“  Wäre  dieses  der  Fall,  so  müssten 
alle  oder  doch  mindestens  die  meisten  Brachiopodenarten 
in  der  Gegend  des  Schlosses  glatt  sein,  was  jedoch  durch¬ 
aus  nicht  Thatsache  ist.  Die  wahre  Jugendform  unserer 
Art  scheint  Brauns  nicht  bekannt  gewesen  zu  sein ;  bei 
ihr  verlaufen  die  Rippen  ebenso  wie  bei  den  älteren  Indi¬ 
viduen  nur  bis  etwa  zur  Mitte  der  Schalen,  von  den  er- 

iwachsenen  Exemplaren  unterscheidet  sie  sich  lediglich  da¬ 
durch,  dass  Wulst  und  Sinus  schwach  entwickelt  sind  und 
in  Folge  dessen  die  undurchbohrte  Schale  an  der  Stirn  nur 
wenig  oder  überhaupt  nicht  übergebogen  ist.  Mir  liegt  ein 
ganz  junges  und  ein  etwas  älteres  Individuum  vor;  bei 
letzterem  ist  die  Ueberbiegung  des  Wulstes  an  der  Stirn 
schon  deutlich  sichtbar,  während  bei  ersterem  Sinus  und 
Wulst  nur  angedeutet  sind.  Die  von  Quenstedt,  Jura 
T.  22,  F.  3,  abgebildete  Brachiopodenform,  welche  er  als 
junge  Rh.  quinqueplicata  anzusehen  geneigt  ist,  ist  nach 
meiner  Ansicht  ebenfalls  eine  junge  tetraedra. 

Die  Zahl  der  Rippen  auf  dem  Wulst  schwankt  bei 
meinen  Rottorfer  Stücken  zwischen  zwei  und  fünf  und  zwar 
haben : 


Die  Zahl  vier  herrscht  also  vor. 


29  „  .  .  .  4  / 

11  „  .  .  .  3  ? 

1  „  ...2  ) 


6  Exempl.  ...  5  \ 


.  .  2 


>  Wulstrippen. 


Grössenverhältnisse. 


Grösstes  Exemplar. 


Kleinstes  erwachs.  Ex. 
(Aus  den  oberen  Schichten.) 


Länge  27  mm  100 
Breite  26  ,,  96,3 

Dicke  25  „  92,6 


14  mm  100 
12,5  „  89,3 

13  „  92,9. 


Jüngeres  Ex.  Sehr  junges  Ex. 

Länge  17  mm  100  14  mm  100 

Breite  19  „  111,8  14,5  „  103,6 

Dicke  11  „  64,7  6  „  42,9. 


62.  Rhynchonella  rimosa  v.  Buch  sp. 

1831.  v.  Buch,  Petrif.  remarqu.  T.  7,  F.  5  (Terebratula). 

Sehr  häufig. 

Unter  allen  Rottorfer  Brachiopoden  ist  diese  Art  die 
häufigste  und  hinsichtlich  ihrer  Form  die  constanteste ;  sie 
neigt  wenig  zur  Bildung  von  Varietäten.  Selten  findet 
sich  neben  der  normalen  Form  eine  längliche  Abart,  welche 
der  Q  u  e  n  s  t  e  d  t  ’  sehen  rimosa  oblongct  (z.  Th.)1)  ent¬ 
spricht;  unter  mehreren  hundert  Exemplaren  gehören  dieser 
Varietät  nur  fünf  an.  Quenstedt  unterscheidet  aus 
dem  schwäbischen  Jura  noch  eine  rimosa  curviceps  und 
r.  multiplicata ,  welche  beiden  Varietäten  jedoch  nach  meiner 
Ansicht  ohne  jede  Bedeutung  sind.  Die  erstere  soll  sich 
von  der  typischen  Form  dadurch  unterscheiden,  dass  bei 
ihr  der  Wnlst  ebenso  wie  bei  Rh.  curviceps  stark  überge¬ 
bogen  ist,  eine  Eigenschaft,  welche  nach  meinen  Beobach¬ 
tungen  Rh.  rimosa  mit  zunehmendem  Alter  stets  erwirbt. 
Die  Eigenthümlichkeit  der  r.  multiplicata 2)  soll  dagegen 
darin  bestehen,  dass  ihre  Rippen  nach  dem  Wirbel  zu 
drei-  bis  viermal  gespalten  und  die  Schalen  flacher  sind. 
Später 3)  sagt  Quenstedt  jedoch :  „T.  rimosa  multiplicata 
ist  gegen  den  Wirbel  zwei-  bis  dreimal  gespalten,  sie 
bleibt  meist  etwas  kleiner4)  als  die  Normalform“,  nachdem 
er  kurz  zuvor  von  der  letzteren  gesagt  hat:  „Den  Stirnrand 
bilden  dicke  Falten,  welche  nach  der  Wirbelgegend  hin 
zwei-  oder  dreifach  sich  spalten.“  Es  ist  also  nicht 
einzusehen,  wie  sich  die  r.  multiplicata  von  der  Normal¬ 
form  unterscheiden  soll.  Nachdem  Quenstedt  in  dem 
angeführten  Falle  der  Sculptur  der  Schalen  grosse  Bedeu¬ 
tung  beilegt,  stellt  er  auf  der  anderen  Seite  eine  ganz 
glatte,  nur  am  Rande  gefaltete  Brachiopodenform  zu  Rh. 
rimosa ,  welche  wahrscheinlich  mit  meiner  Rh.  Kloosi  iden¬ 
tisch  ist. 


1)  Jura,  T.  17,  F.  23. 

2)  Jura,  S.  141. 

3)  Brach.  T.  37,  F.  114,  S.  57. 

4)  Das  abgebildete  Exemplar  ist  nach  meiner  Ansicht  ein  ganz 
normales,  aber  jugendliches. 


In  der  Jugend  besitzt  Rh.  rimosa  nur  feine  Rippen, 
welche  sich  mit  fortschreitendem  Wachsthum  am  Stirnrande 
früher  oder  später  zu  groben  Falten  vereinigen;  diese  Ver¬ 
einigung  erfolgt  zuerst  auf  den  Seiten  und  dann  auf  dem 
Wulst.  Bei  den  erwachsenen  Individuen  schwankt  die 
Zahl  der  Wulstfalten  zwischen  zwei  und  sechs.  Unter  100 
Exemplaren  hat  nur  eins  2  Falten, 

18  besitzen  3 
53  „  4 

26  ,,  5 

2  „  6 


Falten 


Grössenverhältnisse. 


Grösstes  normales  Ex. 

Länge  16  mm  100 
Breite  15,5  ,,  96,9 

Dicke  12,5  „  78,1 


Auffallend  kurzes  Ex. 

13,5  mm  100 

14  „  103,7 

15  „  111,1. 


63.  Rhynchonella  Kloosi  n.  sp. 

Stjn.  Terebratula  rimosa  (Buch)  Qu.  z.  Th. 

1858.  Quenstedt,  Jura,  T.  17,  F.  24,  S.  140. 

1868.  Ders.,  Brach.  T.  37,  F.  116  u.  217,  S.  57. 

Häufig. 

Der  Umriss  ist  unregelmässig  länglich  bis  fast  drei¬ 
eckig.  Der  grösste  Theil  der  Schalen  ist  glatt,  erst  nach 
dem  Stirn rande  zu  stellen  sich  scharf  hervorragende  Falten 
ein,  deren  Zahl  zwischen  zwei  und  fünf  schwankt.  Unter 
den  mir  vorliegenden  48  Rottorf  er  Exemplaren  besitzen 
sechs  fünf  Falten  auf  dem  Wulst,  22  haben  vier,  19  zeigen 
drei  Wulstfalten  und  ein  einziges  Individuum  hat  deren  so¬ 
gar  nur  zwei.  Die  Schalen  sind  am  Schloss  stark  gewölbt 
und  werden  nach  der  Stirn  zu  so  schnell  flach,  dass  Sinus 
und  Wulst  durch  ihre  Flachheit  auffallen.  Der  Schnabel 
ist  stark  übergebogen  und  fein  durchbohrt;  das  Deltidium 
ist  fast  ganz  verdeckt. 

Trotz  ihrer  Häufigkeit  ist  diese  Art  bislang  übersehen 
und  zwar  wahrscheinlich  deshalb,  weil  man  sie  wie  Quen¬ 
stedt  mit  Rh.  rimosa  verwechselt  hat,  deren  Jugendform 


144 


ihr  in  der  That  bisweilen  etwas  ähnelt.  Unsere  Art  unter¬ 
scheidet  sich  von  rimosci  in  erster  Linie  durch  das  Fehlen 
der  feinen  Rippung,  ferner  durch  kleinere  Gestalt,  durch 
geringere  Dicke  im  Verhältniss  zur  Breite  und  Länge  und 
endlich  durch  den  flachen  Stirntheil,  welcher  selbst  bei 
ganz  jungen  Individuen  der  Rh.  rimosa  stärker  gewölbt  ist 
als  bei  den  ältesten  Exemplaren  der  Rh.  Kloosi. 


Grössenverhältnisse. 


1. 

II. 

III. 

Länge 

13,5  mm 

100 

13  mm 

100 

11,5  mm 

100 

Breite 

13  „ 

96,3 

12,5  „ 

96,2 

10,5  ,, 

91,3 

Dicke 

9  „ 

76,7 

8,5  „ 

65,1 

7,5 

65,2 

IV. 

V. 

Länge 

9,5  mm 

100 

8  mm 

100 

Breite 

9  „ 

94,7 

7  „ 

87,5 

Dicke 

6  „ 

63,2 

5  * 

62,5. 

64.  Rhynchonella  furcillata  Theodori  sp. 

1833.  v.  Buch,  Ueber  Terebrateln,  Abh.  d.  k.  Akad.  d. 

W.  in  Berlin,  S.  63  (Tere'bratula). 

Häufig. 

Dem  Vorkommen  in  Schwaben  entsprechend,  finden 
sich  bei  Rottorf  zwei  Varietäten,  eine  gestreifte  und  eine 
glatte;  die  erstere  ist  bekanntlich  von  Quenstedt  als 
furcillata  striata ,  die  zweite  als  furcillata  laevigata  bezeich¬ 
net;  zur  ersteren  gehören  unter  50  Exemplaren  26,  zur 
zweiten  24,  beide  Varietäten  sind  also  gleich  häufig.  Zwi¬ 
schen  der  f.  laevigata  und  striata  kommen  alle  möglichen 
Uebergänge  vor,  und  es  ist  in  vielen  Fällen  schwer  zu 
entscheiden,  welcher  Varietät  man  ein  Exemplar  zurechnen 
soll,  da  auf  scheinbar  ganz  glatten  Stücken  mit  Hülfe  der 
Lupe  häufig  eine  Andeutung  von  Streifung  zu  sehen  ist. 
Die  Zahl  der  Wulstfalten  schwankt  bei  der  Rottorfer  striata 
zwischen  drei  und  vier  (11  Exemplare  haben  vier,  15 
nur  drei  Falten),  die  laevigata  hat  dagegen  bisweilen  nur 
zwei  Falten  (3  ExempL  haben  vier,  17  drei  und  vier  zwei 
Falten).  Eine  fünffaltige  furcillata  habe  ich  im  Gegensatz 


145 


zu  Davidson  und  Quenstedt  nicht  beobachtet 
Letzterer  hebt  hervor  1),  bei  laevigata  seien  die  Randfalten 
entschieden  rundlicher  als  bei  striata ,  während  ich  im 
Gegentheil  beobachtet  habe,  dass  mehrere  Exemplare  der 
laevigata  die  striata  an  Schärfe  der  Falten  weit  übertreffen. 
Letztere  Varietät  wird  in  der  Regel  grösser  als  die  erstere  ; 
meine  grösste  striata  ist  17  mm  lang,  20  mm  breit  und 
12  mm  dick,  während  die  grösste  laevigata  nur  15  mm 
lang,  18  mm  breit  und  11,5  mm  dick  ist. 

65.  Rhynchonella  Dalmasi  Dumortier. 

f 

1869.  Dumortier,  Et.  pal.  s.  1.  dep.  jur.  du  bassin  du 
Rhone.  T.  42,  F.  3—5,  S.  331. 

Syn.?  Rh.  cf.  retusifrons  (Opp.)  U.  Schlönbach,  Eisenst.  d. 
m.  Lias,  Zschr.  d.  d.  geol.  G.  Bd.  15,  S.  553. 

Sehr  selten. 

Die  Form  ist  dreieckig  und  der  Stirnrand  gerade  ab¬ 
geschnitten.  Der  Schnabel  ist  spitz,  an  den  Seiten  scharf 
und  wenig  übergebogen;  die  Durchbohrung  ist  fein,  die 
Area  vertieft.  Der  Sinus  ist  breit  und  ziemlich  flach,  der 
Wulst  tritt  wenig  hervor.  Beide  Schalen  sind  nur  mässig 
gewölbt,  glatt  und  nur  am  Rande  gefaltet;  das  abgebildete 
Exemplar  hat  vier  Falten  auf  dem  Wulst,  während  ein 
anderes  grösseres,  welches  sich  im  Besitz  des  Herrn  Dr. 
Barth  in  Helmstedt  befindet,  fünf  Falten  zeigt. 

Grössenverhältnisse: 

I.  II.  (Eigen th.  d. Dr.  Barth). 


Länge 

9,5  mm 

100 

11,5  mm 

100 

Breite 

10  „ 

95,7 

ii  „ 

105,2 

Dicke 

5,5  „ 

60,9 

7  „ 

57,9, 

66.  Rhynchonella  Buchi  Römer  sp. 

1836.  Römer,  Ool.  Geb.  T.  2,  F.  16,  S.  45  (Terebratula). 
Ziemlich  häufig. 

Die  Rottorfer  Exemplare  stimmen  im  Allgemeinen 

1)  Brach.  S.  62. 

Verh.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX.  10 


146 


gut  mit  der  R  ö  m  e  r’schen  Abbildung  überein.  Die  Scha¬ 
len  sind  glatt  und  tragen  wenige  nur  an  der  Stirn  hervor¬ 
tretende  Falten,  deren  Zahl  auf  dem  Wulst  in  der  Regel 
zwei  beträgt,  während  sieh  in  dem  Sinus  nur  eine  Falte 
befindet.  Der  Schnabel  ist  stark  übergebogen,  die  Schale 
deutlich  concentrisch  gestreift.  Ich  besitze  ein  jugendliches 
und  ein  älteres  Individuum,  welche  sich  von  den  übrigen 
mir  vorliegenden  Exemplaren  der  Rh.  Buchi  durch  stär¬ 
kere  Falten  und  eine  kielartige,  in  den  Schnabel  aus¬ 
laufende  Erhöhung  auf  der  durchbohrten  Schale  auszeich¬ 
nen,  welche  bei  den  normalen  Exemplaren  nur  angedeutet 
ist.  Trotz  dieser  Unterschiede  glaube  ich  genannte  Stücke 
als  Varietät  bei  der  Rh.  Buchi  belassen  zu  müssen;  man 
könnte  sie  vielleicht  als  var.  acutiplicata  bezeichnen.  Das 
grösste  der  beiden  Stücke  ist  11  mm  lang,  10  mm  breit 
und  6  mm  dick  (100:90,9:54,5). 

(57.  Aspidocaris?  liasica  U.  Schlönb. 

1867.  U.  Schlönb  ach,  Jahrb.  d.  k.  k.  geol.  Reichsanstalt 
zu  Wien.  S.  593. 

Sehr  selte  n. 

68.  Serpula  quinquecristata  Münster. 

1862.  Goldfuss,  Petref.  Germ.  2.  Aufl.  III.  T.  67,  F.  7, 
S.  211. 

Häufig. 

Schlönbach’s  Angabe  1),  er  habe  in  der  Zone  des 
A.  Iamesoni  keine  Serpula  gefunden,  veranlasst^  mich, 
dieser  Gattung  bei  meinen  Ausgrabungen  in  Rottorf  beson¬ 
dere  Aufmerksamkeit  zu  schenken,  und  war  ich  nicht  we¬ 
nig  überrascht,  als  ich  dort  häufig  die  Molluskenschalen 
ganz  mit  Serpuln  bedeckt  fand,  welche  nach  meiner  An¬ 
sicht  sämmtlich  zu  Serpula  quinquecristata  Münster  gehö¬ 
ren;  zwar  soll  diese  Art  nach  Goldfuss  „antice  disjuncta“ 
sein,  während  die  Rottorfer  Serpuln  vollständig  festge- 


1)  Eisenstein  d.  m.  Lias,  Zschr.  d.  d.  geol.  G.  Bd.  15,  S.  564. 


147 


* 


wachsen  sind,  doch  stimmen  dieselben  im  Uebrigen  voll¬ 
ständig  mit  der  erwähnten  Münster’  sehen  Art  überein. 
Die  Seitenlamellen  gehen  durch  Abreibung  leicht  verlo¬ 
ren,  und  dann  ist  der  Querschnitt  mehr  dreieckig;  die 
ganze  Serpula  wird  in  diesem  Falle  der  S.  Hierlatziensis 
Stol.1  2)  sehr  ähnlich,  welche  nach  Brauns2)  ebenfalls 
in  dem  norddeutschen  mittleren  Lias  gefunden  sein  soll. 

69.  Pentacrinus  basaltiformis  Mill. 

1821.  Miller,  Crinoiden,  T.  2,  F.  2-5,  S.  62. 

Ziemlich  selten. 

70.  Pentacrinus  subangularis  Mill. 

1821.  Miller,  Crinoiden.  S.  59. 

Selten. 

71.  Koralle  gen.  et  sp.  ind. 

Im  Besitz  des  Herrn  Dr.  Barth  in  Helmstedt  be¬ 
findet  sich  ein  nicht  näher  zu  bestimmendes  Korallenbruch¬ 
stück  von  Rottorf. 

0 

72.  Spongie  gen.  et  sp.  ind. 

In  der  in  den  Besitz  der  Herzoglichen  technischen 
Hochschule  in  Braunschweig  übergegangenen  Griepen- 
k  e  r  1  ’  sehen  Sammlung  befindet  sich  ein  eigenthümliches 
Gebilde  von  Rottorf,  welches  von  dem  früheren  Besitzer 
als  Spongie  bezeichnet  ist.  Die  Substanz  dieses  Stückes 
ist  hart,  die  Gestalt  regelmässig  bimförmig;  durch  die 
Mitte  desselben  geht  ein  mit  weicherer  Masse  angefüllter 
Kanal.  Von  organischer  Struktur  ist  nichts  zu  bemerken 
lind  dsshalb  eine  genauere  Bestimmung  unmöglich. 

1)  lieber  die  Gastropoden  und  Acephalen  der  Hierlatzsch., 
.Sitzungsb.  d.  k.  Akad.  d.  W.  in  Wien.  Bd.  43,  T.  7,  F.  6,  S.  201. 

2)  D.  u.  Jura.  S.  108. 


Beiträge  zur  Kenntniss  der  Foraminiferen-Fanna 

des  Miocens. 

Von 

A.  Hosius. 

(Hierzu  Taf.  II,  III.) 


In  einigen  Abhandlungen  und  Vorträgen  —  abge¬ 
druckt  in  dieser  Zeitschrift  Jahrgang  1887  und  1889  — 
habe  ich  die  Verbreitung  des  Mitteloligocenes  westlich  von 
den  Kreidebildungen  Westfalens  und  nördlich  von  der 
Weserkette  nachgewiesen. 

Zur  Bestimmung  des  Alters  der  hierhingehörigen 
Schichten  mussten  neben  der  Gesteinsbeschaffenheit  und  den 
Lagerungsverhältnissen  vorzugsweise  die  im  Allgemeinen 
nicht  seltenen  Foraminiferen  benutzt  werden.  Grössere  Ver¬ 
steinerungen  waren  und  sind  auch  noch  jetzt  sehr  selten  und 
dabei  meist  nicht  gut  erhalten,  so  dass  z.  B.  aus  der  Klasse 
der  Mollusken  eigentlich  nur  die  auf  der  Westseite  der 
Kreideformation  namentlich  bei  Schermbeck  ziemlich  häu¬ 
tige  Leäa  Deshaysiana  Duch.  in  einigen  vollständigen 
Exemplaren  oder  doch  in  sicher  bestimmbaren  Bruchstücken 
vorgekommen  ist.  Die  Untersuchung  der  mitteloligocenen 
Foraminiferen  gab  mir  nun  Veranlassung,  auch  die  Forami¬ 
niferen  des  Miocens,  namentlich  des  Miocens  von  Dingden 
einer  erneuten  Prüfung  und  einer  Vergleichung  mit  denen 
des  Mitteloligocens  und  des  Oberoligocens  von  Bünde,  die 
ich  zumeist  der  freundlichen  Unterstützung  des  Herrn  Rektor 
Lienenklaus  zu  Osnabrück  verdanke,  zu  unterziehen. 


149 


Ich  hatte  die  Foraminiferen  von  Dingden  bereits  in 
den  Jahren  1850 — 1860  gesammelt  und  meinen  ganzen  bis 
dahin  zusammengebrachten  Vorrath,  nebst  einer  Partie  nicht 
untersuchten  Materials  an  Herrn  Prof.  Reuss  in  Wien  ge¬ 
geben,  welcher  die  Resultate  seiner  Untersuchung  in  der 
Sitzung  der  K.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Wien  am 
12.  October  1860  vorlegte.  Er  beschrieb  aus  den  miocenen 
Schichten  von  Dingden  25  Arten.  Später  habe  ich  das 
Sammeln  der  Foraminiferen  des  Miocens  von  Dingden  wie¬ 
der  aufgenommen  und  mit  Unterbrechungen  bis  jetzt  fort¬ 
gesetzt.  Da  in  Folge  dessen  an  sicher  bestimmbaren  ver¬ 
schiedenen  Formen  jetzt  mindestens  die  doppelte  Zahl  vor¬ 
handen  ist  und  unter  denselben  auch  Arten  aus  solchen 
Familien,  die  bis  dahin  aus  dem  Miocen  von  Dingden  nicht 
bekannt  waren,  so  scheint  es  mir  nicht  passend,  länger  mit 
der  Veröffentlichung  der  gefundenen  Resultate  zu  zögern. 
Ich  bemerke  jedoch  ausdrücklich,  dass  mit  der  hier  aufge¬ 
führten  Zahl  der  verschiedenen  Formen  die  Foraminiferen- 
Fauna  des  norddeutschen  Miocens  durchaus  nicht  abge¬ 
schlossen  ist.  Noch  fast  jede  Untersuchung  bis  in  die 
neueste  Zeit  brachte  mir  neue  Formen,  wenn  auch  oft  nur 
in  einem  oder  einigen  Exemplaren  oder  Bruchstücken. 
Dies  wird  auch  in  der  Folge  der  Fall  sein  und  kann  eigent¬ 
lich  nicht  Wunder  nehmen,  wenn  man  bedenkt,  wie  unbe¬ 
deutend  die  Masse  des  Materials  ist,  namentlich  wenn  man 
die  kleinsten  Formen  der  Foraminiferen  sucht,  welches  man 
durcharbeitet.  Wie  aber  schon  jetzt,  werden  wahrschein¬ 
lich  auch  später  die  Funde  an  der  Charakteristik  der 
Schichten,  wie  sie  von  Reuss  aufgestellt  ist,  nicht  viel 
ändern.  Fast  alle  von  Reuss  aufgezählten  Arten  fanden 
sich;  diejenigen,  welche  von  ihm  als  häufig  bezeichnet  wer¬ 
den,  sind  auch  jetzt  häufig,  während  die  von  ihm  als  sel¬ 
ten  aufgeführten  Arten  im  Allgemeinen  selten  geblieben 
sind;  namentlich  sind  die  neuen  Formen  durchschnittlich 
selten,  viele  von  ihnen  nur  in  einem  oder  einigen  wenigen 
Exemplaren  gefunden. 

Alle  Foraminiferen  sind  von  Dingden  und  zwar  von 
dem  Fundort,  an  welchem  ich  das  Miocen  zuerst  in  dor¬ 
tiger  Gegend  gefunden,  von  der  Kuning-Mühle ;  die  übrigen 


150 


Fundpunkte  des  Miocens,  zuerst  diejenigen,  welche  bei 
Dingden  selbst,  aber  weiter  östlich  oder  nördlich  liegen,, 
dann  die  übrigen  auf  der  Westseite  der  Westfälischen 
Kreideformation  weiter  nördlich  liegenden  Fundorte  Barlo, 
Meddho,  Eibergen  u.  s.  w.  haben  Foraminiferen  geliefert, 
aber  verhältnissmässig  weniger.  Jede  Art,  die  bei  diesen 
Fundorten  angetroffen  wurde,  kommt  auch  bei  Dingden 
vor,  aber  nicht  umgekehrt ;  letzteres  jedenfalls  aber  nur, 
weil  mir  Material  aus  den  Fundorten  von  Eibergen  u.  s.  w. 
nur  in  beschränktem  Masse  zu  Gebote  stand. 

Aus  den  Miocenschichten  von  Alfhausen-Bersenbruck 
auf  der  Nordseite  der  Weserkette  habe  ich  keine  Forami¬ 
niferen  sammeln  können.  Der  Abraum,  welcher  an  den 
Gruben  lag,  wenn  ich  diesen  Fundort  besuchte,  enthielt 
nur  sehr  wenig  Foraminiferen  und  jetzt  sind  die  Gruben, 
wie  mir  mitgetheilt  wurde,  schon  seit  längerer  Zeit  ausser 
Betrieb1). 

Aus  der  Litteratur  über  Foraminiferen  sind  vorzugs¬ 
weise  nur  die  Werke  benutzt,  die  miocene  resp.  ober-  und 
mitteloligocene  Schichten  bestimmter  Fundorte  in  Bezug 
auf  ihre  Foraminiferen-Fauna  behandeln,  vor  allen  also: 

d’Orbigny,  Foraminiferes  fossiles  du  bassin  tertiaire 
de  Vienne 

und  die  Nachträge  dazu 

Czizek,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  fossilen  Forami¬ 
niferen  des  Wiener  Beckens  in  „Haidingers  Naturwissen¬ 
schaftlichen  Abhandlungen“  Bd.  II. 

Reu ss,  Neue  Foraminiferen  aus  den  Schichten  des 
Oesterreichisehen  Tertiärbeckens  in  ,, Denkschriften  der 
K.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien“  Bd.  I, 
ferner 

Neugeboren,  Die  Foraminiferen  aus  der  Ordnung 
der  Stichostegier  von  Ober-Lapugy  in  Siebenbürgen  in 
„Denkschriften  u.  s.  w.“  Bd.  12. 

Dazu  kommen  die  Abhandlungen  von  Reuss,  Bor¬ 
ne  mann  u.  a.  über  tertiäre  Foraminiferen,  soweit  sie  in 
den  Sitzungsberichten  der  Kaiserlichen  Akademie  zu  Wien 


1)  Erst  kürzlich  sollen  dieselben  wieder  eröffnet  sein. 


151 


und  in  der  Zeitschrift  der  deutschen  geologischen  Gesell¬ 
schaft  enthalten  sind. 

Da  der  Zweck  dieser  Untersuchung  der  Foraminiferen 
von  Dingden  ein  rein  geognostischer  war,  nämlich  zuerst 
die  in  ihrer  Gesteinsbeschaffenheit  oft  so  sehr  einander 
ähnlichen  miocenen  und  oligocenen  Schichten  des  oben  be- 
zeichneten  Landstrichs  durch  ihre  organischen  Reste  zu 
trennen,  und  dann  diese  miocenen  Schichten  mit  gleichalte- 
rigen  von  anderen  Fundorten  zu  vergleichen,  so  ergab  sich 
diese  Beschränkung  von  selbst. 

Eine  Zusammenstellung  der  bei  den  Vergleichen  ge¬ 
fundenen  Resultate  wird  sich  am  Schluss  dieser  Abhand¬ 
lung  finden. 

Unterordnung  Rhizopoda  perforata  Carp. 

Gruppe  Lagenidae  Carp. 

Farn.  Rhabdoina.  M.  Sch.  mit  den  Gattungen  Lagena 
und  Nodosarina ,  letztere  mit  den  Untergattungen  —  soweit 
sie  bei  Dingden  bis  jetzt  gefunden  sind  —  Nodosaria, 
Glandülina,  Dentalino,  Vaginulina,  Frondicularia ,  Margi- 
nulina ,  Cristellaria. 

1.  Gattung  Lagena. 

1.  Lagena  sp. 

Gehäuse  fast  regelmässig  oval,  im  Querschnitt  etwas 
zusammengedrückt,  glasig,  glatt,  glänzend.  Poren  sind 
nicht  zu  entdecken.  Das  untere  Ende  ist  zugerundet,  ohne 
Stachel.  Das  obere  Ende  etwas  zugespitzt  mit  gestrahlter 
Mündung.  Der  Durchmesser  des  Gehäuses  von  oben  nach 
unten  0,6  mm,  von  rechts  nach  links  in  der  Mitte  der 
Schale  0,4  mm  und  senkrecht  darauf  0,3  mm.  Ein  starker 
weisser  undurchsichtiger  Rand  zieht  sich  um  das  ganze 
Gehäuse  in  der  Richtung  des  grösseren  Längsschnitts.  Am 
meisten  ähnelt  diese  Form  der  Oolina  compressa  d’Orb. 
(d’Orb.  1.  c.  Seite  24  Taf.  21  Fig.  1,2  —  Lagena  margi- 
nata  Walk,  in  Reuss,  die  Foraminiferen-Familie  der  La¬ 
gernden,  Sitzungsberichte  u.  s.  w.  Bd.  46  S.  322  Taf.  2 
Fig.  22,  23.)  Doch  ist  die  von  Reuss  abgebildete  Art  we¬ 
niger  regelmässig  oval,  sondern  im  unteren  Drittel  am  brei- 


152 


testen,  und  die  Mündung,  wie  es  scheint,  ungestrahlt.  Alle 
anderen  Arten,  die  verglichen  werden  konnten,  haben  eine 
wulstige  Mündung  und  auch  eine  andere  Form  des  Gehäu¬ 
ses.  Bis  jetzt  ist  nur  ein  Exemplar  von  mir  gefunden. 

2.  Lagena  striata  d’Orb.  (Reuss,  Sitzungsbe¬ 
richte  Bd.  46  S.  327  Taf.  3,  4  Fig.  44—47). 

Gehäuse  fast  regelmässig  kugelig,  oben  in  eine  lange 
Röhre  ausgezogen.  Das  obere  Ende  dieser  Röhre  ist  bei 
unserem  Exemplare  abgebrochen,  daher  die  Form  der  Mün¬ 
dung  unbekannt.  Der  Durchmesser  der  Kugel  beträgt 
0,3  mm,  die  Länge  des  noch  vorhandenen  Stückes  der 
Röhre  0,2  mm.  Die  Oberfläche  des  Gehäuses  ist  mit  feinen 

i 

zahlreichen  Rippen  geziert,  welche  von  dem  unteren  Ende 
bis  zum  Anfang  der  Röhre  verlaufen  und  sich  in  der  Mitte 
durch  Einsetzen  vermehren.  Der  zwischen  den  Rippen 
liegende  Theil  der  Kugel  ist  glatt,  nur  die  Röhre  selbst 
zum  Theil  mit  Rauhigkeiten  verziert. 

Die  feinen  Rippen  laufen  nach  unten  nicht  in  Spitzen 
aus,  wodurch  sich  diese  Form  von  Lag.  Haidingeri  Cziz. 
(1.  c.  S.  138  Taf.  12  Fig.  1,  2,  auch  Reuss  Sitzungsberichte 
Bd.  46  S.  326  Taf.  3  Fig.  41)  unterscheidet,  mit  welcher 
sie  im  Uebrigen,  was  die  Form  der  Schale  und  die  Ver¬ 
zierungen  betrifft,  die  grösste  Aehnlichkeit  hat. 

Auch  von  dieser  Lagena  ist  bis  jetzt  nur  ein  einziges 
Exemplar  gefunden. 

2.  Gattung  Nodosarina. 

Untergattung  Glandulina. 

Die  Gattung  Glandulina  war  in  der  Sendung,  die 
Reuss  von  mir  erhielt,  nicht  vertreten,  daher  Reuss  sie 
eben  so  wenig  wie  die  beiden  vorigen  Arten  erwähnt.  Im 
Gegensatz  zu  diesen,  die  noch  jetzt  immer  sehr  selten  sind, 
ist  diese  Gattung  später  häufig  von  mir  gefunden,  so  dass 
im  Ganzen  bis  zu  80  Exemplare  vorliegen.  Bei  weitem 
die  grösste  Mehrzahl  derselben  gehört  zu 

3.  Glandulina  laevig ata  d’Orb.  (d’Orb.  1.  c.  S.  29 
Taf.  1  Fig.  4,  5)  oder  zu  Gland.  inflata  Bornem.  (Borne- 
mann,  Zeitschrift  d.  deutsch,  geol.  Gesellsch.  Bd.  7  S.  320 
Taf.  21  Fig.  6,  7). 


Nach  Bornemann  ist  inflata  rund,  kugelig*  eiförmig 
mit  einem  Winkel  von  80°— 85°  an  der  Spitze  zugespitzt. 
Die  letzte  Kammer  ist  3/4  der  ganzen  Höhe  und  diese  ver¬ 
hält  sich  zur  Dicke  wie  100  :  70  bis  100  : 65.  —  Gl.  laevi¬ 
gata  ist  dagegen  länglich  eiförmig  mit  einem  Winkel  von 
75° — 70°  zugespitzt.  Die  Höhe  der  letzten  Kammer  ist  2/3 
der  Höhe  des  ganzen  Gehäuses  und  diese  verhält  zur  sich 
Dicke,  wie  100  :  60.  Er  fügt  hinzu,  dass  Gl.  inflata  die  Mitte 
halte  zwischen  Gl.  laevigata  d’Orb.  und  Gl.  rotunäata  Reuss, 
welche  letztere  am  unteren  Ende  gerundet,  nicht  zuge¬ 
spitzt  ist. 

Reuss  (Foraminiferen  u.  s.  w.  des  deutschen  Septa- 
rienthons  in  den  Denkschriften  der  K.  Akademie  zu  Wien 
Bd.  25  S.  20)  zieht  die  beiden  Arten  zusammen  und  fügt 
noch  Gl.  elliptica  Reuss  und  auch  Gl.  elongata  Bornem. 
(1.  c.  Taf.  12  Fig.  4)  hinzu.  Letztere  ist  erheblich  gestreck¬ 
ter  als  die  vorigen,  die  ganze  Höhe  verhält  sich  zur  Breite 
wie  100 :  50.  Die  letzte  Kammer  ist  nur  3/3 — 3/5  der  gan¬ 
zen  Höhe,  wobei  die  Kammern  immer  deutlicher  hervor¬ 
treten.  Jedoch  bleiben  bei  ihr  die  Nähte  zwischen  den 
Kammern  noch  flach  linienartig,  wie  bei  laevigata  und  in¬ 
flata.  In  den  der  oben  erwähnten  Abhandlung  von  Reuss 
beigegebenen  Abbildungen  Taf.  2  Fig.  29  —  31  vereinigt 
Reuss  mit  Gl.  laevigata,  d’Orb.  Formen,  bei  denen  die 
ganze  Höhe  sich  zur  Höhe  der  letzten  Kammer  verhält 
wie  100 : 45  oder  gar  100 : 40.  Die  Höhe  zur  grössten 
Breite  ebenfalls  wie  100:45  und  die  Kammern  etwas  con¬ 
vex,  die  Nähte  vertieft  sind.  Neugeboren  endlich  (1.  c. 
S.  67  Taf.  1  Fig.  3,  4)  vereinigt  mit  Gl.  laevigata  d’Orb. 
Formen,  bei  denen  die  letzte  Kammer  von  der  vorhergehen¬ 
den  durch  eine  tiefe  Furche  getrennt  und  die  Höhe  der 
ersteren  nur  noch  die  Hälfte  der  Höhe  des  ganzen  Gehäu¬ 
ses  ist,  während  das  Verhältniss  der  Höhe  des  ganzen  Ge¬ 
häuses  zur  Breite  desselben  auf  100 :  35  herabsinkt. 

Der  ganzen  Reihe  gemeinsam  von  Gl.  rotunäata  Reuss 
bis  zu  der  zuletzt  beschriebenen  Form  bleibt  nur  noch 
;  die  glasige  glatte  glänzende  Oberfläche  und  die  gestrahlte 
Mündung;  die  Grösse  variirt  auch  von  0,3  bis  0,9  mm. 

Diese  Resultate  werden  nun  durchweg  durch  die  Vor- 


154 


kommnisse  von  Dingden  bestätigt.  Wie  bereits  erwähnt, 
gehören  die  meisten  der  bei  Dingden  vorkommenden  Glan- 
dulinen  zu  Gl.  laevigata  d’Orb.,  manche  aber  ebenso  be¬ 
stimmt  zu  Gl.  inflata.  Aber  auch  die  anderen  Formen  fin¬ 
den  sich,  wenn  auch  seltener.  Einige,  die  von  den  abge¬ 
bildeten  abweichen,  aber  durch  Uebergänge  mit  den  ange¬ 
führten  Formen  verbunden  sind,  sind 

Taf.  II  Fig..  1  sehr  schlank  0,9  mm  lang,  von  denen  0,5 
auf  die  letzte  Kammer  kommen  und  0,4 — 0,5  mm  dick.  Ausser 
der  letzten  Kammer,  die  eine  schwach  gestrahlte  Mündung 
zeigt,  unterscheidet  man  4  Kammern,  die  Furchen  zwischen 
den  Kammern  sind  schwach,  aber  deutlich. 

Diese  Form  stimmt  am  besten  mit  Gl.  laevigata  Reuss 
(Foraminiferen  des  deutschen  Septarienthons  Taf.  2  Fig.  31), 
doch  ist  sie  schlanker. 

T  a  f.  II  F  i  g.  2.  Fast  cylindrisch,  oben  und  unten  ge¬ 
rundet,  0,8  mm  lang,  0,4  mm  breit  mit  einer  Mündung,  die 
durch  wenig  zarte  Rippen  gestrahlt  ist.  Fast  in  der  Mitte 
der  Länge  eine  Furche,  welche  die  letzte  Kammer  von  den 
früheren  trennt,  die  älteren  Kammern,  von  denen  man  nur 
noch  2,  eine  grosse  2te  und  eine  sehr  kleine  Anfangs¬ 
kammer  erblickt,  sind  nur  durch  eine  sehr  feine  Linie  von 
einander  getrennt. 

Gl.  laevigata  bei  Neugeboren  1.  c.  Taf.  1  Fig.  4  steht 
nahe,  doch  ist  die  hiesige  Form  an  beiden  Enden  gerundet, 
nicht  zugespitzt. 

Ausser  diesen  wohl  unzweifelhaft  zu  Gl.  laevigata 
d’Orb.  oder  doch  zu  den  Nebenformen  gehörend,  die  jetzt 
dieser  Art  zugezählt  werden,  finden  sich,  wenn  auch  selten. 

4.  GJ  andulina  ovula  d’Orb.  (d’Orb.  1.  c.  S.  29 
Taf.  1  Fig.  6,  7).  Unsere  Taf.  II  Fig.  3. 

Gefunden  sind  4  Exemplare,  von  denen  das  grösste 
1,2  mm  lang  ist,  während  die  anderen  etwas  kleiner  sind; 
d’Orbigny  gibt  die  Länge  zu  1mm  an.  Die  von  d’Or- 
bigny  gegebene  Beschreibung  und  Zeichnung  passt  auch 
ganz  auf  die  hiesigen  Formen,  nur  mögen  die  letzteren  im 
Allgemeinen  etwas  schlanker  sein.  Nach  d’Orbigny  un¬ 
terscheidet  sie  sich  von  Gl.  laevigata  durch  die  nicht  glatte, 
nicht  glänzende  Oberfläche,  durch  die  komische  Form, 


durch  breitere  Kammern,  die  etwas  convex  sind  und  durch 
die  nicht  gestreifte  Mündung.  Nach  dem  vorhin  Ausge¬ 
führten  bleibt  als  charakteristisch  die  matte  Oberfläche  und 
die  nicht  gestrahlte  Mündung. 

5.  Glandulina  cf.  neglecta  Neugeboren  (1.  c. 
S.  68  Taf.  1  Fig.  2).  —  Unsere  Taf.  II  Fig.  4  und  4  a. 

Es  sind  3  Exemplare  gefunden,  1  von  0,6  mm  und 
2  von  0,5mm  Länge.  Neugeboren  gibt  1mm  Länge 
an.  Dieser  Unterschied  in  der  Länge,  sowie  die  stärkere 
Entwickelung  der  Anfangskammern  bei  den  hiesigen, 
trennen  die  hier  gefundenen  Exemplare  von  denen,  die 
sich  in  Siebenbürgen  gefunden  haben.  Im  Uebrigen  ist 
vollständige  Uebereinstimmung.  Man  findet  an  dem  glat¬ 
ten,  nicht  glänzenden,  sondern  matten  Gehäuse,  deren  Mün¬ 
dung  wahrscheinlich  gestrahlt  war,  nur  zwei  Kammern, 
die  durch  eine  tiefe  Einsenkung  getrennt  sind.  Die  An¬ 
fangskammer  ist  gerundet,  ohne  Stachel.  Diese  Form 
scheint  sehr  variabel  zu  sein;  schon  bei  dem  unter  Fig.  4 
abgezeichneten  Exemplare  findet  sich  eine  kleine  Einsen¬ 
kung  an  der  Grenze  der  beiden  Kammern  und  bringt  eine 
Unregelmässigkeit  in  der  Entwickelung  hervor.  Indessen 
könnte  dies  auch  durch  eine  Verletzung  herbeigeführt  sein, 
aber  bei  der  unter  4  a  gezeichneten  Form  bewirkt  eine 
ähnliche  Ursache  an  der  Grenze  der  beiden  Kammern,  dass 
die  Mündungskammer  schief  aufgesetzt  erscheint,  wie  es 
bei  einer  Dentalinci  vorkommt. 

Untergattung  Noäosarict. 

6.  Nodosaria  cannaeformis  Reuss.  (Sitzungsbe¬ 
richte  u.  s.  w.  Bd.  42,  Reuss,  Beiträge  zur  Kenntniss  der 
tertiären  Foraminiferen;  2.  Stück:  Die  Foraminiferenfauna 
von  Dingden  in  Westfalen  S.  362  Taf.  1  Fig.  2.) 

Die  erste  Foraminifere  und  zugleich  die  einzige  No¬ 
dosaria,  die  Reuss  aus  dem  Miocen  von  Dingden  angibt. 
Seiner  Beschreibung  ist  Folgendes  hinzuzufügen: 

Bis  jetzt  sind  in  Dingden  nur  Bruchstücke  gefunden, 
allerdings  ziemlich  häufig  —  ich  besitze  mehr  als  100 
Stücke  und  würde  noch  mehr  haben,  wenn  ich  nicht  diese 
Art  später  beim  Sammeln  vernachlässigt  hätte.  Die  läng- 


156 


> 


steil  Stücke  sind  5 — 6  mm  lang  und  haben  bis  zu  5  Rin¬ 
gen.  Die  Dicke  der  Stücke  wechselt  von  0,8  mm  herunter 
bis  zu  0,2  mm  und  noch  weniger.  Ringe  finden  sich  auch  an 
den  dünnsten  Stücken  sowohl  deutlich  wie  undeutlich.  Die 
Abstände  der  Ringe  sind  weder  unter  sich  gleich,  noch  auch 
regelmässig  zu-  oder  abnehmend.  Nie  habe  ich  eine  Anfangs¬ 
oder  eine  Endkammer  oder  auch  nur  Spuren  einer  Karnme- 
rung  gesehen.  Zahlreiche  der  Länge  nach  gespaltene  Röhr¬ 
chen  zeigen  an  den  Stellen,  an  welchen  sich  die  äussere 
Oberfläche  zu  Ringen  verdickt,  keine  Spur  von  Scheide¬ 
wänden  im  Inneren,  die  ganze  Röhre  hat  überall  im  Inne¬ 
ren  glatte  Wände.  Das  Gehäuse  ist  matt  oder  porzellan¬ 
artig,  nicht  glasig,  wie  schon  Reuss  angibt,  mit  kreis¬ 
förmigen  Anwachslinien  bedeckt. 

Ob  diese  Bruchstücke  wirklich  zu  Foraminiferen  ge¬ 
hören,  ist  mir  sehr  zweifelhaft;  auf  keinen  Fall  gehören 
sie  zur  Gattung  Nodosaria ,  sowie  diese  Gattung  jetzt  be¬ 
grenzt  wird. 

7.  Nodosaria  longiscat  a  d’Orb.  (1.  c.  S.  32  Taf.  1 
Fig.  11,  12). 

Es  sind  mehrere  Bruchstücke  gefunden,  die  gewöhn¬ 
lich  nur  eine,  seltener  2  Kammern  enthalten.  Unter  die¬ 
sen  finden  sich  aber  mehrere,  die  die  letzte  Kammer  haben. 
Die  Anfangskammer  ist  dagegen  noch  nicht  von  mir  ge¬ 
funden.  In  der  Beschaffenheit  des  Gehäuses,  der  Grösse, 
dem  Verhältniss  der  Länge  der  Kammer  zur  Dicke  stim¬ 
men  die  Exemplare  von  Dingden  ganz  mit  denen  aus  dem 
Wiener  Becken  überein,  oder  auch  mit  dem  Nod.  enilis  Neu¬ 
geb.,  welche  Reuss  (Foraminiferen  des  deutschen  Septa- 
rienthons,  Denkschriften  u.  s.  w.  Bd.  25  S.  14)  mit  Nod. 
longiscata  d’Orb.  vereinigt. 

8.  No  dos aria  cf.  semirug osa  d’Orb.  (1.  c.  S.  34 
Taf.  1  Fig.  21—23).  Unsere  Taf.  II  Fig.  5.  (Bei  d’Orb igny 
ist  diese  Art  im  Text  als  semirugosa ,  bei  den  Abbildungen 
als  rugosa  bezeichnet.)  Es  sind  nur  2  Bruchstücke  gefun¬ 
den,  von  denen  das  grössere  2  Kammern,  das  andere  3 
enthält.  In  der  Beschaffenheit  und  so  ziemlich  auch  in 
der  Form  des  Gehäuses  stimmen  diese  Bruchstücke  ganz 
mit  der  oben  citirten  Art  von  d’Orb igny  überein,  auch 


157 


sind  die  Kammern  bei  den  Exemplaren  von  Dingden  ebenso 
wie  bei  denen  des  Wiener  Beckens  mit  sehr  zarten  Rippen 
oder  Furchen  auf  der  unteren  Hälfte  geziert,  während  die 
obere  Hälfte  glatt  ist.  (Hierdurch  und  auch  in  etwa  durch 
die  Form  der  Kammern  unterscheiden  sie  sich  von  Nod. 
stipitata  Reuss  aus  Siebenbürgen  und  aus  dem  Septarien- 
thon  von  Kreuznach,  die  im  Uebrigen,  wie  Reuss  angibt, 
sehr  nahe  steht.) 

Während  aber  d’Orb  igny  für  ein  siebenkammeriges 
Gehäuse  nur  eine  Länge  von  1mm  angiebt,  und  dazu  eine 
einfache  Mündung,  hat  das  hiesige  Exemplar  mit  2  Kam¬ 
mern  eine  Länge  von  1,2  mm,  dazu  eine  zwar  rührige  aber 
gestrahlte  Mündung.  Es  wird  daher  in  den  hiesigen  Exem¬ 
plaren  wohl  eine  Varietät  der  semirugosa  d’Orb.  vorliegen. 

9.  No  dosaria  hispida  d’Orb.  (1.  c.  S.  35  Taf.  1 
Fig.  24,  25). 

Mit  ziemlicher  Sicherheit  kann  von  den  gefundenen 
wenigen  Bruchstücken  hierhin  nur  ein  einziges  Exemplar, 
welches  nur  eine  Kammer,  die  jüngste,  enthält,  gerechnet 
werden.  Es  ist  mit  dem  Stiel  0,5  mm  lang.  Diese  Länge 
werden  nach  d’Orbigny  auch  die  Wiener  Exemplare  ge¬ 
habt  haben,  da  er  die  Grösse  eines  fünfkammerigen  Gehäu¬ 
ses  auf  1,5  mm  angiebt.  Auch  in  allen  anderen  Beziehun¬ 
gen,  in  der  Form  der  letzten  Kammer,  ihrer  Trennung  von 
den  früheren,  der  Form  und  Vertheilung  der  Rauhigkeiten 
die  sie  bedecken,  herrscht  zwischen  dem  hiesigen  Bruch¬ 
stücke  und  den  Exemplaren  des  Wiener  Beckens  vollstän¬ 
dige  Uebereinstimmung. 

10.  Nodosaria  aculeata  d’Orb.  (1.  c.  S.  35  Taf.  1 
Fig.  26,  27). 

Ich  besitze  von  dieser  Art  3  Exemplare,  die  in  Ding¬ 
den  gefunden  sind.  Das  eine  ist  vollständig  und  stimmt 
durchaus  mit  der  von  d’Orb igny  gegebenen  Beschreibung 
und  Abbildung.  Es  ist  ebenfalls  4  kammerig,  hat  aber  nur 
eine  Länge  von  0,8  mm,  ist  also  etwas  kleiner  als  die  Wie¬ 
ner  Exemplare,  welche  1  mm  lang  sind.  Dem  2.  Exemplar 
fehlt  die  letzte  Kammer,  es  hat  noch  eine  Länge  von 
0,7  mm  und  3  Kammern.  Das  3.  ist  am  Anfang  und  Ende 
zerbrochen,  hat  aber  jetzt  noch  4  Kammern  und  ist  noch 


158 


1,4  mm  laug.  Es  unterscheidet  sich  daher  von  den  beiden 
anderen,  und  auch  von  den  Wiener  Exemplaren  bedeutend 
durch  die  Grösse.  In  allem  anderen  stimmt  es  vollständig 
mit  diesen  überein.  Nod.  conspurcata  Reuss  —  Zeitschrift 
d.  deutsch,  geol.  Gesellschaft  Bd.  8  S.  59  Taf.  3  Fig.  2  — 
aus  dem  Sept.-Thon  von  Hermsdorf,  die,  wie  auch  Reuss 
selbst  hervorhebt,  der  Noä.  aculeata  d’Orb.  sehr  verwandt 
ist,  hat  nur  eine  Länge  von  0,8  mm. 

11.  N odosaria  bacillum  Defr.  (d’Orb.  1.  c.  S.  41 
Taf.  1  Fig.  40—47.  —  Bütschli  in  Bronn’s  Klassen  und 
Ordnungen  u.  s.  w.  Bd.  1  Taf.  8  Fig.  14  a— e.  Unsere 
Taf.  II  Fig.  6,  6  a,  6  b. 

Unser  grösstes  Exemplar,  an  dem  noch  die  jüngste  Kam¬ 
mer  fehlt,  hat  eine  Länge  von  12,5  mm  (d’Orb.  gibt  11mm 
an),  die  Zahl  der  Kammern  ist  14—15.  Die  von  d’Orb.  gege¬ 
bene  Charakteristik  passt  durchaus.  Die  cylindrische  Form, 
die  Zahl  der  Rippen,  die  nicht  alle  bis  zur  Mündung  gehen, 
der  gewundene  Stachel  an  der  Anfangskammer,  welche 
die  grösste  ist,  die  Abschnürung  der  Kammern,  deutlicher 
nach  der  Mündung  als  nach  dem  Anfangsende,  alles  ist 
den  hiesigen  mit  den  Wiener  Exemplaren  gemeinsam. 
Wenn  einige  Bruchstücke  mit  wenigen  aber  sehr  gerunde¬ 
ten  Kammern,  worunter  die  jüngste  Kammer,  hierhin  ge¬ 
hören,  so  war  die  Mündung  gestrahlt  (Fig.  6  a).  Nod. 
affinis  d’Orb.  (1.  c.  S.  39  Taf.  1  Fig.  36—39)  unterscheidet 
sich  von  Nod.  bacillum  fast  nur  durch  die  Anfangskammer, 
welche  weniger  dick  als  die  folgende  ist,  wodurch  das  Ge¬ 
häuse  regelmässig  von  Anfang  bis  zur  Mündung  an  Dicke 
zunimmt.  Unsere  Sammlung  enthält  Bruchstücke,  von  denen 
einzelne  zu  Nod.  affinis  gehören.  Uebrigens  mögen  die 
beiden  Arten  kaum  scharf  von  einander  zu  trennen  sein. 

Der  Stachel  ist  bei  Nod.  bacillum  stets  gewunden  und 
häufig  schief.  Andere  Stücke  sind  gekrümmt  (Fig  6  b), 
wie  eine  Dcntalina.  Bei  anderen  ist  die  letzte  Kammer, 
die  die  Mündung  trägt,  sehr  klein,  kaum  halb  so  dick  als 
die  vorhergehende,  wie  es  z.  Th.  schon  bei  Bütschli  1.  c. 
Taf.  8  Fig.  14  d  angedeutet  ist.  Es  scheint  daher,  dass 
Nod.  bacillum  sehr  variabel  ist.  Die  noch  mehr  abweichen¬ 
den  Formen  sind  bei  Dentalina  erwähnt. 


159 


Untergattung  Dentalina. 

Reuss  fand  in  der  ihm  übersandten  Probe  des  Mio- 
cens  vou  Dingden  nur  2  Arten :  Dent .  arcuata  und  Deut, 
microptycha ,  beide  sehr  selten.  Beide  gehören  zu  den  For¬ 
men,  die  noch  jetzt  in  Dingden  die  häufigsten  sind;  neben 
ihnen  finden  sich  noch  einige  andere  Arten  im  Allgemeinen 
selten.  Ich  nehme  zuerst  diejenigen  heraus,  welche  mit 
mehr  oder  weniger  grösserer  Sicherheit  auf  eine  bereits  be¬ 
schriebene  Art  zurückgeführt  werden  können. 

12.  Dentalina  inornata  d’Orb.  (1.  c.  S.  44  Taf.  1 
Fig.  50,  51). 

Nur  ein  einziges  Exemplar  habe  ich  gefunden,  welches 
mir  leider  abhanden  gekommen  ist.  Nach  meinen  Notizen 
waren  6  Kammern  vorhanden,  der  Anfang  fehlte.  Die 
Länge  des  Bruchstücks  betrug  noch  0,8  mm,  während 
d’Orbigny  die  Länge  eines  vollständigen  Exemplars  mit 
10  Kammern  auf  1,5  mm  angibt.  Nur  in  diesem  Punkt, 
in  der  Grösse,  unterschied  sich  das  hiesige  Exemplar,  von 
denen  aus  dem  Wiener  Becken.  In  allem  anderen  stimmte 
es  vollständig  mit  diesen  überein,  doch  erschien  das  Ge¬ 
häuse,  aber  nur  bei  sehr  starker  Vergrösserung,  sehr 
fein  gestreift,  was  d’Orbigny  von  den  Wiener  Exempla¬ 
ren  nicht  angibt. 

13.  Dentalina  consobrina  d’Orb.  (1.  c.  S.  46  Taf.  2 
Fig.  1,  3). 

Von  dieser  weit  verbreiten  Art  gibt  zuerst  d’Or¬ 
bigny  folgende  Charakteristik.  „Schale  sehr  verlängert, 
wenig  gebogen,  glatt,  aus  Kammern  gebildet,  die  verschie¬ 
den  sind.  Die  Anfangskammer  ist  dick,  sphärisch,  mit 
einem  Stachel  versehen.  Die  2.  ist  viel  kleiner,  oval;  die 
folgenden  verlängern  sich  immer  mehr  bis  zur  letzten, 
welche  sehr  laug  ist.  Die  Mündung  ist  einfach  rund,  die 
Schalen  sind  mehr  oder  weniger  dünn,  die  Länge  etwa 
1,5  mm/  Nachdem  die  Art  ausser  in  Miocenschichten  noch 
an  verschiedenen  Fundorten,  namentlich  im  Septarienthon, 
gefunden  war,  fügt  Reuss  der  gegebenen  Charakteristik 
folgende  Bemerkung  hinzu  (Reuss,  Die  Foraminiferen 
des  deutschen  Septarienthons  in  Denkschriften  u.  s.  w.  Bd.  25 


160 


S.  132  Taf.  2  Fig.  12,  13) :  „Diese  zuerst  im  Miocen  gefun¬ 
denen  Species  ist  in  ihrem  Habitus  sehr  veränderlich,  be¬ 
sonders  im  Septarienthon.  Das  Gehäuse  ist  bald  länger, 
bald  kürzer,  bald  dicker,  bald  schlanker,  mehr  oder  weni¬ 
ger  reich  an  Kammern,  diese  wechseln  in  ihrer  Höhe  und 
im  Verhältnis  derselben  zur  Dicke  beträchtlich.  Ebenso 
ist  die  Tiefe  der  Nähte  veränderlich,  wenn  auch  nie  bedeu¬ 
tend;  in  der  unteren  Hälfte  des  Gehäuses  sind  sie  oft  nur 
linear.  Die  Primordialkammer  ist  zwar  meistens  mit  einem 
kurzen  Centralstachel  versehen,  doch  fehlt  es  nicht  an 
Exemplaren,  an  welchen  dieselbe  zugerundet  ist.  Auch 
ist  sie  nicht  immer  etwas  grösser  als  die  nächstfolgenden 
Kammern,  sondern  kommt  ihnen  an  Grösse  nicht  selten 
gleich  oder  wird  von  ihnen  darin  sogar  noch  übertroffen. 
Aber  wenn  die  extremen  Formen  beträchtlich  von  einander 
ab  weichen,  so  werden  sie  doch  durch  zahlreiche  Uebergangs- 
formen  mit  einander  verknüpft,  so  dass  sie  sich  nicht  wohl 
von  einander  sondern  lassen.“  Ausser  Dent.  consobrina 
d’Orb.  rechnet  Reuss  nunmehr  die  Dent.  emaciata ,  Reuss, 
Septarienthon  Taf.  2  Fig.  12,  13  hierhin,  und  sehr  wahr¬ 
scheinlich  gehört  nach  ihm  auch  Dent.  pauperata  d’Orb. 
1.  c.  S.  46  Taf.  1  Fig.  37,  38  zu  Dent .  consobrina. 

Von  der  von  d’Orbigny  gegebenen  Charakteristik 
bleibt  also  fast  nur,  dass  die  Schale  zart  und  glatt  ist,  die 
Kammern  wenigstens  von  der  2.  an  oval  und  bis  zur  Mün¬ 
dung  an  Grösse  zunehmend  sind.  Alle  übrigen  Kennzei¬ 
chen  sind  mehr  oder  weniger  schwankend.  Namentlich  auch 
die  Grösse;  so  gibt  schon  Bornemann  (Zeitschrift  der 
deutsch,  geol.  Gesellschaft  Bd.  7  S.  323  u.  324  Taf.  13 
Fig.  1  —  4)  für  Dent.  consobrina  bei  6  resp.  4  Kammern 
eine  Länge  von  2,8  mm  und  für  Dent.  emaciata  bei  13 
Kammern  eine  Länge  von  4,1  mm  an,  ausserdem  stark  ver¬ 
tiefte  Nähte. 

Von  solchen  Dentalinen,  die  unter  die  eben  angege¬ 
bene  Charakteristik  von  Reuss  fallen,  sind  im  Miocen  von 
Dingden,  abgesehen  von  Bruchstücken,  die  nicht  mit  Sicher¬ 
heit  zu  besimmen  sind,  etwa  10  mehr  oder  weniger  gut 
erhaltene  Gehäuse  gefunden.  Alle  sind  sehr  zart,  glatt 
und  wenig  gebogen.  Die  ziemlich  vollständig  erhaltenen 


161 


haben  durchschnittlich  6—8—10  Kammern  und  eine  Länge 
von  1,8 — 2,4  mm.  Bei  allen  ist  die  Anfangskammer  dick, 
rund  und  grösser  als  die  folgende.  Von  dort  bis  zur  Mün¬ 
dung  nehmen  die  Kammern  an  Grösse  zu  und  sind  oval. 
Die  Furchen  sind  bald  seicht,  an  älteren  Theilen  kaum 
wahrzunehmen,  bald  vertieft,  bisweilen  sogar  sehr  vertieft. 
Ein  Centralstachel  findet  sich  fast  bei  der  Hälfte  derer, 
die  überhaupt  noch  die  Anfangskammer  haben,  die  ande¬ 
ren,  mehr  als  die  Hälfte,  haben  keinen  Stachel,  sondern 
eine  gerundete  Anfangskammer.  Unter  den  abnormen  Bil¬ 
dungen  ist  eine  hervorzuheben,  bei  welcher  die  Anfangs¬ 
kammer  länglich  oval,  ziemlich  gross  ist  und  mit  dem  übri¬ 
gen  Theil  des  Gehäuses  einen  stumpfen  Winkel  bildet. 

Ausser  diesen  Formen,  die  wohl  sicher  zu  Dentalina 
consobrina  gehören,  finden  sich  nun  solche,  die  man  im 
Anfang  geneigt  ist,  auch  zu  Bent.  consobrina  zu  rechnen, 
die  aber  bei  starker  Vergrösserung  an  dem  unteren  Theil 
der  Kammer  feine  zarte  Bippchen  zeigen  und  somit  zu 
den  folgenden  überleiten. 

14.  Dentalina  antennula  d’Orb.  Bent.  semico- 
stata  d’Orb.  Bent.  semiplicat a  d’Orb.  (d’Orbigny 
1.  c.  S.  52  Taf.  2  Fig.  24—30). 

d’O  rb  igny  unterscheidet  bei  den  Dentalinen,  die  feine 
zarte  Rippen  nur  auf  der  unteren  Hälfte  der  Kammer  haben, 
die  oben  genannten  3  Arten,  von  denen  semiplicata  läng¬ 
liche,  durch  deutliche  Furchen  getrennte  Kammern  und  un- 
gestrahlte  Mündung,  semicostata  kürzere  dickere  Kammern 
und  gestrahlte  Mündung,  antennula  eine  runde,  starke,  ge¬ 
stachelte  Anfangskammer  hat.  Alle  3  sind  aber  zart,  1,5 
bis  2  mm  lang  und  selten.  Ob  nach  dem,  was  so  eben  von 
Bent.  consobrina  und  auch  schon  früher  an  anderen  Orten 
ausgeführt  ist,  hier  das  Fehlen  oder  Vorhandensein  des 
Stachels,  sowie  die  mehr  oder  weniger  ovale  Form  der 
Kammern  von  einer  solchen  durchschlagenden  Bedeutung 
ist,  dass  die  3  genannten  Formen  als  selbstständige  Arten 
berechtigt  sind,  muss  ich  bezweifeln. 

Dingden  hat,  ausser  dem  bei  Bent.  consobrina  zum 
Schluss  angeführten  Exemplare,  mehrere  zarte  Dentalinen 
geliefert,  die  deutlich  auf  der  unteren  Hälfte  der  Kammern 

Verh.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX.  11 


162 


berippt  sind.  Die  meisten  sind  leider  Bruchstücke,  an  de¬ 
nen  entweder  die  Mündungs-  oder  die  Anfangskammer 
fehlt.  Diejenigen,  welche  die  Anfangskammer  haben,  ge¬ 
hören  entweder  zu  Dent.  antennula ,  weil  diese  Kammer 
rundlich  und  verdickt,  grösser  als  die  folgende  Kammer 
ist,  oder  sie  gehören  zu  semicostata  oder  nehmen  eine 
Zwischensteliung  ein.  Ebenso  können  andere  nach  der 
Form  der  Kammern  zu  semiplicata  gerechnet  werden.  Es 
sind  in  dem  Miocen  von  Dingden  alle  3  x4rten,  aber  auch 
Uebergänge  zwischen  ihnen  vorhanden,  obgleich  nur  eine 
beschränkte  Zahl  von  Individuen  vorliegt. 

15.  Dentalina  cf.  guttifera  d’Orb.  (1.  c.  S.  49 
Taf.  2  Fig.  11-14). 

Es  sind  von  mir  einige  Bruchstücke  von  2  resp.  3 
Kammern  und  ein  mehr  vollständiges  mit  4  Kammern  ge¬ 
funden.  Letzteres  hat  eine  Länge  von  1 ,3  mm,  während 
d’Orbigny  für  ein  Exemplar  mit  7  Kammern  die  Länge  auf 
1,5  mm  angiebt.  Allen  fehlt  die  Anfangskammer,  während 
die  Mündungskammer  bei  einigen  vorhanden  ist.  Von  der 
durch  d’Orbigny  gegebenen  Beschreibung  und  Zeichnung 
unterscheiden  sich  einige  der  hiesigen  Exemplare  fast  gar 
nicht,  bei  einem  sind  einige  Kammern  etwas  regelmässiger 
oval.  Im  Uebrigen  sind  alle  Gehäuse  glasig  glatt,  glänzend, 
sehr  zerbrechlich.  Die  Verbindung  der  Kammern  unter 
sich,  sowie  das  Grössenverhältniss  der  einzelnen  Kammern 
ist  wie  d’Orbigny  es  zeichnet.  Alle  übrigen  glatten  Ar¬ 
ten,  die  von  d’Orbigny,  Reuss,  Czizek,  Neugeboren 
angegeben  werden,  haben  eine  stärkere  Verbindung  der 
Kammern  unter  sich  als  diese. 

In  Grösse,  Form  und  Verbindung  der  Kammern  stimmt 
mit  diesen  eine  Dentalina  überein,  die  ebenfalls  nur  in 
Bruchstücken,  die  meist  2  Kammern  haben,  gefunden  ist. 
Sie  unterscheidet  sich  von  der  vorhin  beschriebenen  gutti¬ 
fera  dadurch,  dass  die  Kammern  nicht  glatt  sind,  sondern 
punktirt  erscheinen,  mit  zahlreichen  kleinen  Rauhigkeiten 
bedeckt.  Diese  Beschaffenheit  der  Oberfläche  hat  sie  mit 
Dent.  punctata  d’Orb.  (1.  c.  S.  49  Taf.  2  Fig.  14,  15)  ge¬ 
mein,  sie  unterscheidet  sich  jedoch  auf  das  bestimmteste 
durch  die  länglich  ovale  Form  der  letzten  Kammer,  sowie 


163 


■durch  die  tiefe  und  breite  Verengerung  zwischen  die¬ 
ser  und  der  vorletzten  Kammer,  welche  sie  mit  Dent.  gutti- 
fera  gemeinschaftlich  hat.  Da  nur  sehr  unvollständig  er¬ 
haltene  Bruchstücke  vorliegen,  und  diese  auch  noch  von 
einander  abweichen,  so  verzichte  ich  darauf,  jetzt  schon  eine 
Beschreibung  und  Zeichnung  derselben  zu  liefern  und  warte, 
bis  vollständigere  Exemplare  gefunden  werden. 

16.  Dentalina  arcuata  Reuss.  Dentalina  mi¬ 
croptycha  Reuss.  Dentalina  Koninki  Reuss.  (Reuss, 
Sitzungsberichte  u.  s.  w.  Bd.  42  S.  364,  365  u.  356  Taf.  1 
Fig.  3-5.) 

Reuss  beschreibt  von  Dingden  2  Arten  von  Dentalinen, 
Dentalina  arcuata  und  Dent.  microptycha  und  eine  Art 
Dent.  Koninki  aus  dem  Cray  von  Antwerpen,  alle  3  mit  dem 
Zusatz  „sehr  selten“.  Von  diesen  stehen  sich  nach  eigenen 
Worten  von  Reuss  Dent .  microptycha  und  Dent.  Koninki 
sehr  nahe.  Alle  3  gehören  zu  den  gestreiften  oder  sehr 
zart  berippten  Arten;  die  Zahl  der  Streifen  beläuft  sich 
auf  über  30.  Die  Gehäuse  sind  3,5 — 5mm  lang  und  haben 
im  ausgewachsenen  Zustande 'bis  zu  11  Kammern.  Der 
Unterschied  zwischen  den  3  Arten  besteht  nach  Reuss 
darin,  dass  Dent.  arcuata  stark  gebogen,  die  beiden  ande¬ 
ren  aber  nur  schwach  gebogen,  fast  gerade  sind.  Dent. 
arcuata  und  Dent.  Koninki  verjüngen  sich  nur  mässig, 
Dent.  microptycha  stärker.  Bei  den  beiden  ersten  bleibt  die 
Anfangskammer  stets  stärker  als  die  folgenden  und  endigt 
mit  einem  deutlichen  Stachel.  Bei  Dent.  microptycha  ist  die 
Anfangskammer  klein,  der  Stachel  undeutlich.  Bei  Dent. 
arcuata  sind  alle  Kammern  breiter  als  hoch.  Dies  ist  bei 
den  jüngeren  Kammern  der  beiden  anderen  Arten  nicht 
der  Fall.  Dent.  arcuata  und  Koninki  haben  eine  gestrahlte 
Mündung,  Dent.  microptycha  eine  runde.  Bei  arcuata  wird 
noch  angegeben,  dass  das  Gehäuse  etwas  seitlich  compri- 
mirt  ist.  Bei  allen  3  Arten  sind  die  älteren  Kammern 
nicht  deutlich  von  einander  getrennt,  die  Streifen  verlau¬ 
fen  zum  Theil  etwas  schräg. 

Dentalinen  überhaupt,  also  auch  gestreifte  Dentalinen, 
die  zu  diesen  Arten  gehören,  sind  im  Vergleich  mit  ande¬ 
ren  Foraminiferen  selten  in  Dingden,  diese  jedoch  von  allen 


164 


Dentalinen  die  häufigsten,  sodass  es  mir  im  Laufe  der  Zeit 
gelang,  etwa  100  Exemplare  von  diesen  Arten,  theils  voll¬ 
ständig  erhaltene  Gehäuse,  theils  deutlich  bestimmte  Bruch¬ 
stücke  zu  sammeln.  Ich  bin  bei  der  Prüfung  dieser  Reste 
zu  der  Ueberzeugung  gekommen,  dass  zwischen  den  3  Ar¬ 
ten  vollständige  Uebergänge  bestehen  undReuss  nur  des¬ 
wegen  3  getrennte  Arten  aufstellen  konnte,  weil  das  ge¬ 
ringe  Material,  über  welches  er  verfügte,  so  wenig  Indivi¬ 
duen  enthielt,  dass  die  Uebergänge  nicht  hervortraten.  Es 
finden  sich  Formen,  die  genau  einer  der  3  Arten  entspre¬ 
chen,  neben  denselben  aber  auch  solche,  die  von  der  einen 
das  eine  Merkmal,  von  der  anderen  ein  anderes  haben. 
Nur  eine  runde  ungestrahlte  Mündung  fand  ich  bei  unver¬ 
letzten  Exemplaren  nie.  Ausser  diesen,  die  alle  noch  mehr 
oder  weniger  regelmässig  ausgebildet  waren,  finden  sich 
wohl  10  Procent,  die  durchaus  unregelmässig,  Missbildungen 
sind.  Bei  einigen  ist  das  Gehäuse  doppelt  gebogen,  bei 
anderen  finden  sich  tiefe  Furchen  zwischen  den  Kammern; 
häufig  ist  dies  der  Fall  vor  der  letzten  Kammer,  so  dass 
diese  kopfartig  abgesetzt  erscheint.  Einige  sind  sehr  ab¬ 
geplattet,  bei  anderen  sind  einzelne  Kammern  kleiner,  als 
sie  ihrer  Stellung  nach  sein  sollten.  Der  Stachel  ist  bei 
einigen  sehr  gross,  während  das  Gehäuse  klein  ist.  Allen 
gemeinschaftlich  bleibt  noch  die  Verzierung  mit  Längs¬ 
rippen,  doch  werden  diese  auf  den  beiden  letzten  und  na¬ 
mentlich  auf  der  letzten  Kammer  oft  undeutlich.  Es  zeigt 
sich  in  Allem,  dass  diese  Formen  sehr  variabel  sind. 

Indem  nun  einerseits  schon  in  unserem  Material  von 
einer  der  3  Arten  zur  anderen  Uebergänge  genug  vorhan¬ 
den  sind,  andererseits  auch  bei  anderen  Gattungen  und 
Arten  die  von  Reuss  angezogenen  Unterschiede  (wie 
Krümmung,  Stachel,  Dicke  der  Anfangskammer)  sich  viel¬ 
fach  als  nicht  brauchbar  zur  Unterscheidung  der  Arten  er¬ 
wiesen  haben,  bleibt  nur  übrig,  die  3  von  Reuss  unter¬ 
schiedenen  Arten  in  eine  einzige  zusammenzuziehen.  Die 
Charakteristik  dieser  Art  würde  sein,  „Gehäuse  bis  zu  11 
Kammern  bei  einer  Länge  von  5 — 5,5  mm  mit  ungefähr  30 
etwas  schräg  verlaufenden  feinen  Rippen  verziert.  Die 
Rippen  theilen  sich  oft  auf  der  Oberfläche  oder  vermehren 


165 


sich  durch  Einschaltung;  nur  auf  der  letzten  Kammer,  sel¬ 
tener  auf  beiden  letzten  können  die  Streifen  undeutlich 
werden.“ 

17.  Dentalina  acuticosta  Reuss.  (Reuss,  Denk¬ 
schriften  u.  s.  w.  Bd.  1  S.  368  Taf.  46  Fig.  11.  —  Ver¬ 
gleiche  auch  Bornemann,  Zeitschrift  der  deutsch,  geol. 
Gesellschaft  Bd.  7  S.  325  Taf.  13  Fig.  9.) 

Es  sind  etwa  ein  Dutzend  Stücke,  theils  weniger, 
theils  vollständig  erhalten,  die  zu  dieser  Art  gerech¬ 
net  werden  müssen.  Alle  sind  schlank,  wenig  gebogen, 
wenig  nach  dem  älteren  Ende  hin  an  Stärke  abneh¬ 
mend.  Das  vollständigste  Exemplar  hat  9  Kammern 
und  ist  4,4  mm  lang.  Die  Kammern  sind  namentlich  am 
jungen  Ende  länger  als  breit,  durchschnittlich  wenig  von 
einander  abgesetzt,  so  dass  die  älteren  Kammern  kaum 
von  einander  getrennt  erscheinen.  Die  Anfangskammer  ist 
etwas  angeschwollen  und  mit  einem  oft  starken  Stachel 
versehen.  Die  Rippen  sind  scharf  und  laufen  über  die 
ganze  Schale,  auch  über  die  Furchen  weg.  Bis  hierhin 
stimmt  die  Beschreibung  von  Reuss  vollständig.  Reuss 
gibt  aber  nur  6  Rippen  an,  während  die  hiesigen  Exem¬ 
plare  8—10  Rippen  besitzen,  ebenso  haben  nach  Borne¬ 
mann  die  aus  dem  Septarienthon  von  Hermsdorf  8 — 9 
Rippen.  Uebrigens  variirt  diese  Form  nicht  allein  in  der 
Zahl  der  Rippen ;  obgleich  ich  nur  ein  Dutzend  Exemplare 
gefunden  habe,  so  sind  doch  schon  einige  darunter,  bei 
denen  die  Kammern  und  auch  die  Rippen  unregelmässig 
werden,  letztere  sogar  zum  Theii  etwas  schief  verlaufen. 
Stets  aber  bleiben  die  Rippen  schmal,  schwach,  hoch,  die 
Zwischenräume  zwischen  ihnen  stets  breiter. 

18.  Dentalina  cf.  bifurcata  d'Orb.  (d’Orb.  1.  c. 
S.  56  Taf.  2  Fig.  38,  39.  —  Reuss,  Denkschriften  u.  s.  w. 
Bd.  1  S.  366  Taf.  46  Fig.  10.  —  Bornemann,  Zeitschr. 
der  deutsch,  geol.  Gesellsch.  Bd.  7  S.  325  Taf.  13  Fig.  10, 
11.)  Unsere  Taf.  II  Fig.  7. 

d’Orbigny,  Reuss  und  Bornemann  haben  in  den 
angeführten  Werken  diese  Art  beschrieben  und  abgebildet, 
aber  keiner  von  ihnen  hatte  ein  vollständiges  Exemplar, 
so  dass  d'Orbigny  nur  die  beiden  jüngsten  Kammern, 


166 


Reuss  nur  die  6 — 7  jüngsten  Kammern,  Bornemann  da¬ 
gegen  das  ältere  Ende  mit  8  Kammern  abbildet.  Im  Mio- 
cen  von  Dingden  ist  ausser  einigen  Bruchstücken  ein  voll¬ 
ständiges  Exemplar  gefunden.  Es  ist  3,6mm  lang,  —  Borne¬ 
mann  gibt  2,5  mm  für  das  von  ihm  abgebildete  grössere 
Bruchstück  — ,  sehr  zart,  schwach  gebogen,  glasig  und  hat 
16  Kammern.  Die  Anfangskammer  ist  kugelig,  etwas 
stärker  als  die  folgende  und  ohne  Stachel.  Die  2.  Kam¬ 
mer  ist  die  kleinste.  Von  hier  aus  nehmen  die  Kammern 
regelmässig  an  Stärke,  namentlich  an  Länge  zu,  sie  werden 
abgestumpft  oval,  die  Furchen  werden  deutlicher.  Dies 
dauert  bis  zur  14.  Kammer,  die  13.  und  namentlich  die 
14.  Kammer  sind  die  stärksten,  stärker  als  die  15.  und 
diese  noch  stärker  als  die  Mündungskammer.  Letztere  ist 
kurz  oval,  fast  kugelig,  die  undeutlich  gestrahlte  Mündung 
liegt  auf  einem  sehr  kurzen  Vorsprung.  Ueber  das  ganze 
Gehäuse,  auch  durch  die  Furchen,  laufen  Längsrippen,  an¬ 
fangs  wenige,  mit  deutlichen,  breiten,  glatten  Zwischen¬ 
räumen,  sie  sind  etwas  schief.  Später  werden  die  Rippen 
abgeflachter,  breiter,  spalten  sich  in  2,  die  sich  vor  einer 
Furche  oft  wieder  vereinigen.  Auf  den  jüngeren  Kammern 
zählt  man  12  —  16  Rippen. 

Ausser  diesen  bis  jetzt  beschriebenen  Dentalinen,  die 
sich  mehr  oder  weniger,  im  Allgemeinen  jedoch  mit  ziem¬ 
licher  Sicherheit  auf  bereits  bekannte  und  beschriebene 
Arten  zurückführen  lassen,  gibt  es  nun  eine  Menge  Formen, 
bei  denen  dies  nicht  der  Fall  ist,  die  nur  eine  entfernte 
Aehnlichkeit  oder  auch  gar  keine  mit  schon  beschriebenen 
Arten  haben.  Alle  diese  Formen  liegen  bis  jetzt  nur  in 
einigen  oder  auch  nur  in  einem  oft  nicht  einmal  vollstän¬ 
digen  Exemplar  vor.  Die  Erfahrung,  dass  alle  Foramini¬ 
feren  sehr  variabel  sind,  und  Formen,  die  scheinbar  weit 
auseinander  stehen,  oft  durch  zahlreiche  Uebergänge  mit 
einander  verbunden  erscheinen,  sobald  man  nur  recht  viel 
Material  zur  Untersuchung  hat,  hat  bekanntlich  mehrere, 
die  sich  mit  der  Systematik  der  Foraminiferen  beschäftigen, 
dahin  geführt,  überhaupt  eine  scharfe  Trennung  in  Gattun¬ 
gen  und  Arten,  und  namentlich  bei  den  Perforaten  diese  sonst 
übliche  Eintheilung  zu  verwerfen.  (Vergl.  auch  Bütschli  in 


Bronn’s  Klassen  und  Ordnungen  u.  s.  w.  1.  Band  Protozoen 
S.  174.)  Will  man  auch  dieser  Ansicht  nicht  völlig  beipflichten, 
so  überzeugt  man  sich  doch  leicht  durch  das  Studium  der 
Schriften,  die  über  Systematik  fossiler  Foraminiferen  han¬ 
deln,  dass  mit  fortschreitender  Kenntniss  der  Foraminiferen 
desselben  Fundorts  oder  desselben  Formationsgliedes  immer 
mehr  sogenannte  Gattungen  und  Arten  eingezogen  wurden, 
resp.  die  dahin  gehörigen  Formen  zu  einer  einzigen  Gat¬ 
tung  oder  Art  vereinigt  wurden.  Dazu  kommt  für  mich 
die  Erfahrung,  dass  im  Miocen  von  Dingden  alle  Formen  zu 
Unregelmässigkeiten  hinneigen,  wie  es  scheint,  vorzugsweise 
solche,  die  zu  einer  Gruppe  gehören,  welche  zurückgeht. 

Ist  es  nun  überhaupt  misslich,  auf  eine  Form,  die  oft 
nur  in  einem  einzigen  Exemplare  vertreten  ist,  eine  beson¬ 
dere  Art  zu  gründen,  so  ist  dies  bei  Foraminiferen  durch¬ 
aus  unzulässig,  namentlich  dann,  wenn  man  nicht  mit  Sicher¬ 
heit  entscheiden  kann,  ob  die  Verschiedenheiten,  die  man 
findet,  nur  dem  einzelnen  Individuum,  oder  einer  Gruppe 
zukommen.  Da  jedoch,  wenn  man  über  die  bis  jetzt 
gefundene  Foraminiferenfauna  des  Miocens  von  Dingden 
einen  Ueberblick  haben  will,  es  durchaus  nöthig  ist,  auch 
diese  Formen  zu  berücksichtigen,  und  da  gerade  die  Kennt¬ 
niss  dieser  abweichenden  Formen  für  die  Erkennung  des 
Zusammenhanges  der  Glieder  eines  Formenkreises  von 
Wichtigkeit  sein  kann,  so  werde  ich  im  Folgenden  diese  For¬ 
men  beschreiben  und  abbilden,  so  wie,  wenn  es  möglich 
ist,  ihre  Verwandtschaft  mit  schon  bekannten  Formen  an¬ 
geben;  eine  Benennung  als  Art  füge  ich  dagegen  nicht 
hinzu,  um  nicht  die  Zahl  der  Synonymen  zu  vermehren. 

Zuerst  gebe  ich  unter 

Nr.  A,  Dentalina  sp.  die  Beschreibung  eines  Stückes, 
welches  wahrscheinlich  zur  Gruppe  Dent.  arcuata  gehört 
und  deutlich  zeigt,  wie  variabel  alle  Kennzeichen  sind. 

Das  Exemplar,  welches  der  Beschreibung  zu  Grunde 
liegt,  ist  vollständig,  hat  10  Kammern,  worunter  die  An¬ 
fangs-  und  Mündungskammer.  Es  ist  2,8  mm  lang,  etwas 
von  den  Seiten  her  comprimirt,  fast  gerade,  nur  ist  der 
untere  Theil  leicht  nach  der  einen  Seite,  der  obere  ebenso 
nach  der  anderen  gebogen,  fast  wie  eine  Marginula ,  die  An- 


168 


fangskammer  ist  etwas  grösser  als  die  folgende  und  endigt 
in  einem  starken  Stachel.  Von  der  2.  an  nehmen  die 
Kammern  langsam  an  Grösse  zu  bis  zur  vorletzten,  welche 
bedeutend  grösser  ist  als  die  letzte,  die  Mündungkammer. 
Alle  Kammern,  auch  die  jüngsten,  sind  breiter  als  hoch, 
die  sie  trennenden  Furchen  sind  deutlich,  namentlich  im 
jüngeren  Theile.  Die  Oberfläche  ist  mit  sehr  feinen  Längs¬ 
rippen  bedeckt,  die  etwas  schief  verlaufen,  sich  durch  Ein¬ 
schälten  neuer  Rippen  vermehren,  so  dass  mit  dem  Wach¬ 
sen  der  Kammern  auch  die  Zahl  der  Rippen  zunimmt,  von 
16—30.  Die  Rippen  werden  aber  immer  feiner,  auf  der 
vorletzten  Kammer  sind  sie  nur  noch  bei  starker  Vergrösse- 
rung  sichtbar  und  auf  den  Mündungskammern  scheinen  sie 
zu  fehlen. 

Zur  Gruppe  der  bifurcata  d’Orb.  resp.  acuticosta 
Reuss  gehören 

Nr.  B.  JDentalina  spec. —  Unsere  Taf.  II  Fig.  8. 

Ein  Bruchstück  mit  6  vollständigen  und  einem  Theil 
der  7.  Kammer.  Es  ist  2  mm  lang,  leicht  gekrümmt,  sehr 
zart,  glasig,  glänzend.  Die  Mündung  ist  vorhanden,  ge¬ 
strahlt,  die  Mündungskammer  oval,  bedeutend  kleiner  als 
die  folgende,  fast  nur  die  Hälfte  der  2.  Diese  und  noch 
die  3.  sind  die  stärksten,  von  dort  an  nehmen  nach  dem 
älteren  Ende  die  Kammern  langsam  an  Grösse  ab,  doch 
ist  die  Kammer,  welche  an  unserem  Bruchstück  die  letzte 
(erhaltene)  ist,  grösser  als  die  vorhergehenden.  Alle  aber 
sind  länglich  oval,  durch  deutliche,  oft  recht  breite  tiefe 
Furchen,  die  sich  auch  noch  bei  der  letzten  vorhandenen 
Kammer  finden,  getrennt.  Die  Oberfläche  ist  mit  schar¬ 
fen  Längsrippen  bedeckt,  die  sich  auf  allen  Kammern 
finden,  zum  Theil  durch  die  Furchen  fortsetzen,  zum  Theil 
an  ihnen  endigen.  Auf  der  älteren  Kammer  sind  nur  we¬ 
nige  Rippen;  indem  sie  sich  aber  durch  Einschaltung  und 
Theilung  vermehren,  treten  auf  der  jüngsten  Kammer  bis 
zu  10  Rippen  auf. 

Nr.  C.  JDentalina  sp.  Unsere  Taf.  II  Fig.  9. 

Ein  vollständiges  Exemplar,  1,8  mm  lang,  sehr  zart, 
glasig,  sehr  wenig  gekrümmt,  fast  gerade.  8  Kammern, 
die  Anfangskammer  in  eine  sehr  starke  Spitze  aus  laufend, 


169 


■ 

die  2.  Kammer  kleiner.  Von  dort  nehmen  die  Kammern 
massig  an  Grösse  zu.  Die  Mündungskammer  ist  die  längste, 
oval,  die  Mündung  gestrahlt.  Alle  Furchen  zwischen  den 
Kammern  sind  deutlich,  aber  sehr  seicht  und  schmal.  Nur 
die  letzte  Furche  ist  dagegen  ziemlich  tief,  so  dass  die 
Mündungskammer  fast  kopfartig  abgesetzt  ist.  8 — 9  scharfe 
Kippen  gehen  über  das  ganze  Gehäuse,  ohne  sich  durch 
Theilung  oder  Einschalten  zu  vermehren. 

Nr.  D.  Dentalina  sp.  —  Unsere  Taf.  II  Fig.  10  u.  10a. 

Es  sind  mehrere  Bruchstücke  von  mir  gefunden.  Dar¬ 
unter  eins  Fig.  10  von  3,8  mm  Länge  mit  7  Kammern, 
worunter  die  Mündungskammer  und  ein  zweites,  2,8  mm 
lang  mit  6  Kammern,  darunter  die  Anfangskammer.  Das 
Gehäuse  ist  glasig,  wenig  gekrümmt,  fast  gerade,  die  An¬ 
fangskammer  ist  kugelig  mit  kurzem  Stachel  und  grösser 
als  die  zweite.  Auch  die  folgenden  Kammern  bleiben  noch 
kugelig  und  gehen  nur  allmählich  in  die  abgeplattete  ovale 
Form  über.  Die  Mündungskammer,  welche  die  grösste  von 
allen  ist,  ist  oval  mit  gestrahlter  Mündung,  die  Furchen 
sind  deutlich  bis  zu  beiden  Enden  des  Gehäuses,  tief,  aber 
nicht  breit.  Ueber  das  ganze  Gehäuse,  auch  über  die  Mün¬ 
dungskammer  gehen  scharfe  Längsrippen,  9 — 12  und  mehr; 
sie  sind  an  der  Basis  der  Kammer  am  stärksten,  auf  der 
Mitte  verflachen  sie  sich  und  im  oberen  Theil  der  Kammer 
fast  ganz  verlöscht,  so  dass  dieser  Theil  der  Kammer  glatt 
erscheinen  kann.  Dies  ist  jedoch  nicht  stets  der  Fall  und 
ebenso  vermehren  sich  oft  die  Kippen  auf  einer  Kammer 
durch  Einschalten.  Von  allen  Arten,  die  in  der  Beschaffen¬ 
heit  und  Zahl  der  Rippen  mit  den  vorliegenden  Exempla¬ 
ren  verglichen  werden  könnten,  unterscheidet  sie  sich  da¬ 
durch,  dass  alle  Kammern,  auch  die  ältesten,  deutlich  ge¬ 
trennt  und  mehr  oder  weniger  kugelförmig  sind. 

Nr.  E.  Dentalin  a  sp.  —  Unsere  Taf.  II  Fig.  11  u.  11a. 

Auch  von  dieser  Form  sind  mehrere  Stücke  gefunden, 
darunter  die  beiden  vollständigen  Exemplare  Fig.  11  und 
11a.  Sie  haben  1,2  mm  Länge,  5  Kammern,  die  etwas  un- 

I  regelmässig  sind.  Die  Anfangskammer  ist  nur  unbedeutend 
grösser  als  die  folgende,  gerundet  mit  Stachel.  Von  der 
2.  an  wachsen  die  Kammern,  die  breiter  als  hoch  sind, 


170 


stark.  Die  Trennung  der  Kammern  deutlich,  doch  Furchen 
zwischen  der  älteren  Kammer  kaum  vorhanden.  Nur 
zwischen  der  vorletzten  und  der  fast  kugeligen  Mündungs¬ 
kammer  ist  eine  tiefe  Furche.  Die  Mündung  ist  gestrahlt 
und  stark  an  den  Rand  gedrückt.  Zahlreiche  Rippen,  bis 
zu  20  und  mehr,  gehen  über  Kammern  und  Furchen,  sie 
verlaufen  etwas  schief,  sind  abgeplattet  und  vermehren  sich 
durch  Einschalten.  Das  Gehäuse  ist  von  den  Seiten  etwas 
komprimirt,  dieses,  sowie  die  randständige  Mündung  und 
die  Berippung  weisen  darauf  hin,  dass  dies  Gehäuse  zur 
Gruppe  der  Dentalina  divergens  Reuss  (Zur  Fauna  des 
deutschen  Oberoligocens,  Sitzungsberichte  u.  s.  w.  Bd.  50 
S.  22  Taf.  4  Fig.  10)  zu  rechnen  ist,  welche  Art  Reuss 
selbst  als  nahe  verwandt  mit  Dent.  bifurcata  d’Orb.  be¬ 
zeichnet.  Durch  die  vorhin  bezeichneten  Eigenschaften  des 
Gehäuses  und  der  Mündung  entsteht  eine  oberflächliche 
Aehnlichkeit  mit  Marginula ,  aber  von  einem  Gewinde* 
selbst  nur  von  einer  Wendung  der  Spitze  nach  der  der  Mün¬ 
dung  entgegengesetzten  Seite  ist  nichts  zu  finden,  wohl 
aber  krümmt  sich  bei  dem  2.  Exemplare  Fig.  11a  Mündung 
und  Anfangskammer  nach  derselben  Seite.  Ygl.  S.  176. 

Nr.  F.  Dentalina  sp.  —  Unsere  Taf.  II  Fig.  12. 

Ein  einziges,  aber  vollständiges  Exemplar  ist  gefunden* 
1,3  mm  lang,  glasig,  glänzend,  fast  ganz  gerade,  so  dass 
nur  die  seitwärts  gedrängte  Mündung  zeigt,  dass  es  zu 
Dentalina  gehört.  Es  sind  nur  3  Kammern  vorhanden. 
Die  Anfangskammer  ist  kugelig  mit  einer  Spitze  und  grösser 
als  die  folgende.  Diese  und  die  Mündungskammer  sind 
mehr  oval,  die  Furchen  zwischen  den  Kammern  sind  breit, 
deutlich  aber  seicht.  Etwa  8  abgeflachte,  nicht  scharfe 
Rippen  laufen  über  die  Schale  von  der  Anfangskam¬ 
mer  bis  zur  Mündung.  Sie  sind  am  deutlichsten  auf 
dem  gewölbten  Theil  der  Kammern,  fehlen  aber  auch  in 
den  Furchen  nicht.  Jedenfalls  gehört  auch  dies  Exemplar 
zur  Gruppe  der  Dentalina  bifurcata  d’Orb.  Zu  welcher  Art 
aber  dasselbe  gerechnet  werden  muss,  ist  bis  jetzt  noch 
nicht  zu  bestimmen.  Ein  Jugendzustand  von  den  früher 
beschriebenen  hierhin  gezogenen  Arten  kann  es  wohl  nicht 
sein,  dazu  sind  diese  Arten  viel  zu  klein,  zu  winzig. 


171 


Nr.  G.  D entalina  sp.  —  Unsere  Taf.  II  Fig.  13. 

Von  dieser  Form  fanden  sich  mehrere  Bruchstücke, 
das  längste,  welches  4  Kammern,  darunter  die  Mündungs¬ 
kammer  enthält  mit  der  gestrahlten  Mündung,  ist  4  mm 
lang.  Das  Gehäuse  ist  fast  gerade;  nur  eine  leichte  Krüm¬ 
mung  und  die  excentrische  Lage  der  Mündung  zeigen  die 
Gattung  Bentalina  an.  Es  ist  fast  überall  1  mm  dick, 
so  dass  von  einer  Abnahme  der  Stücke  der  Kammern 
nach  dem  älteren  Theil  des  Gehäuses  hin  an  diesem  Stück 
noch  nichts  zu  bemerken  ist.  Andere  Bruchstücke,  mehr 
aus  dem  älteren  Theil  der  Schale,  sind  wohl  im  Ganzen 
etwas  dünner,  aber  auf  eine  Länge  von  3  Kammern  kaum 
merklich  nach  dem  älteren  Ende  verjüngt.  In  dem  ge¬ 
zeichneten  Stück  sind  die  Kammern  mässig  gewölbt,  durch 
deutliche  Furchen  getrennt,  die  gegen  den  älteren  Theil 
des  Gehäuses  flacher  werden.  Ungefähr  20  hohe,  scharfe, 
meist  einfache  Rippen,  die  theils  in  den  Furchen  endigen, 
theils  über  dieselben  hinweggehen,  bedecken  die  ganze 
Schale,  auch  die  letzte  Kammer.  Es  ist  mir  nicht  gelun¬ 
gen,  das  Anfangsende  aufzufinden.  Nach  der  Beschaffen¬ 
heit  der  gefundenen  Stücke  muss  diese  Art  in  Bezug  auf 
die  Grösse  bei  den  Dentalinen  wohl  dieselbe  Stelle  einneh¬ 
men,  wie  Nodosarina  bacillum  bei  den  Nodosarien.  Von 
dieser,  die  eine  oberflächliche  Aehnlichkeit  mit  dem  vor¬ 
liegenden  Stück  hat,  unterscheidet  es  sich  ganz  bestimmt 
durch  die  Lage  und  die  Beschaffenheit  der  Mündung  sowie 
durch  die  hohen  scharfen  Rippen,  dagegen  stimmen 
beide  überein  in  der  Beschaffenheit  des  Gehäuses,  welches 
nicht  glänzend,  sondern  matt,  nicht  glasig,  sondern  mehr 
steinartig  ist. 

Nr.  H.  B  entalina  sp.  —  Unsere  Taf.  II  Fig.  14. 

Ebenfalls  ein  Bruchstück  einer  grossen  Art,  indem 
bei  2  mm  Länge  nur  3  Kammern  vorhanden  sind.  Das  Ge¬ 
häuse  ist  porzellan-,  nicht  glasartig.  Die  Kammern  sind 
oval,  durch  tiefe  und  breite  Furchen  getrennt.  12 — 16  sehr 
scharfe  Rippen  laufen  über  das  ganze  Gehäuse,  zum  Theil 
gehen  sie  durch  die  Furchen,  zum  Theil  brechen  sie  vor 
demselben  ab.  Aber  einige  Rippen  verbreitern  sich  und 
theilen  sich  in  2.  Andere  schalten  sich  auf  grössere  oder 


172 


geringere  Erstreckung  ein,  kurzum,  alle  die  Verschieden¬ 
heiten  in  der  Vermehrung  und  dem  Verlauf  der  Rippen, 
welche  bei  der  Charakterisirung  der  Arten  angegeben  wer¬ 
den,  finden  sich  an  diesem  Stücke  vereinigt.  Ebenso  wird 
durch  die  Vermehrung  der  Verlauf  einzelner  Rippen  etwas 
schief.  Von  den  übrigen  Dentalinen  und  Nodosarien  mit 
starker  Berippung  ist  diese  Form  zum  Theil  schon  durch 
die  hohen  scharfen  Rippen,  dann  aber  durch  die  Form  der 
Kammern  getrennt. 

Nr.  J.  D  ent  alina  sp.  —  Unsere  Taf.  II  Fig.  15. 

Ich  habe  nur  ein  einziges  aber  vollständiges  Exem¬ 
plar  gefunden,  welches  von  allen  bekannten  Formen  abweicht. 
Die  Länge  ist  über  3  mm,  die  Dicke  fast  überall  gleich 
über  0,6  mm.  Das  Gehäuse  ist  glasartig,  glänzend,  fast 
gerade,  nur  etwas  gebogen,  welche  in  Verbindung  mit  der 
etwas  excentrischen  Lage  der  Mündung  das  Stück  als  eine 
Dentalina  bestimmt.  Die  Grenzen  der  Kammern  sind  nicht 
zu  erkennen;  wenn  jedoch  Querringe,  die  an  einzelnen 
Punkten  zwischen  den  Rippen  sich  finden,  auf  der  Grenze 
der  Kammern  stehen,  so  mögen  etwa  6  Kammern  im  Gan¬ 
zen  vorhanden  sein.  Die  Anfangskammer  ist  kugelig,  etwas 
stärker  als  die  folgenden  und  endigt  in  einem  starken  lan¬ 
gen  Stachel.  Dieser  Stachel  ist  nicht  gedreht,  wie  bei  Noch 
bacillum  und  anderen,  die  eine  oberflächliche  Aehnlichkeit 
haben,  sondern  gerade  und  auf  ihm  setzen,  allerdings  sehr 
zart,  die  Rippen  in  gerader  Richtung  fort.  Die  Oberfläche 
ist  nämlich  mit  12  geraden  starken  Längsrippen  geziert, 
die  nicht  scharf,  sondern  abgerundet  sind,  breiter  als  die 
Zwischenräume  und,  wie  bereits  erwähnt,  hin  und  wieder 
durch  Querringe  mit  einander  verbunden  sind.  Auf  der 
Mitte  der  letzten  Kammer  endigt  der  Ueberzug  dieser 
dicken  Rippen,  es  scheint  eine  natürliche  Endigung  zu  sein, 
wenigstens  kann  man  eine  Abbruchstelle  nicht  mit  Be¬ 
stimmtheit  erkennen.  Der  dadurch  freiliegende  halbkugelige 
obere  Theil  der  letzten  Kammer  ist  bis  zur  Mündung  ebenfalls 
mit  12  aber  sehr  feinen  Rippen  versehen.  Diese  feinen  Rip¬ 
pen  entsprechen  einzeln  nicht  in  ihrer  Lage  den  starken  Rip¬ 
pen  des  unteren  Tlieils,  bald  stehen  sie  in  der  Verlänge¬ 
rung  der  unteren  Rippe  einzeln  oder  zu  zweien,  bald  ent- 


173 


sprechen  sie  einem  Zwischenräume;  es  scheint  daher,  dass 
die  beiden  Systeme  von  Rippen  von  einander  unabhängig 
sind.  Da  die  feinen  Rippen  auf  12 — 13  sind,  so  sind  na¬ 
türlich  die  Zwischenräume  viel  breiter.  Die  Mündung  ist 
gestrahlt.  Aehnliche  Formen  habe  ich  bis  jetzt  nicht  ge¬ 
troffen,  auch  abgesehen  von  der  eigenthümlichen  Mündung, 
die  wohl  nur  individuell  ist. 

Von  den  Dentalinen,  die  nicht  die  vollständige  Berip¬ 
pung,  wie  die  bisher  beschriebenen  haben,  auch  nicht  glatt 
sind,  habe  ich  ebenfalls  einige  Bruchstücke  gefunden,  darunter 

Nr.  K.  D entalina  sp.  —  Unsere  Taf.  II  Fig.  16 
und  16  a. 

Von  diesen  ist  das  grösste  Stück  2,5  mm  lang  und 
enthält  8  Kammern,  darunter  die  Anfangskammer,  das  klei¬ 
nere  Stück  ist  1,5  mm  lang  und  enthält  272  Kammern, 
darunter  die  Mündung.  Beide  sind  von  gleicher  Beschaffen¬ 
heit,  zart,  dünn,  glasig  aber  nicht  glänzend,  sondern  matt; 
fast  gerade,  das  grössere  sehr  leicht  gekrümmt,  das  klei¬ 
nere  in  der  Mündungskammer  ebenso.  Die  Anfangskam¬ 
mer  ist  kugelig,  ohne  Stachel,  grösser  als  die  beiden  fol¬ 
genden.  Die  4.  Kammer  ist  wieder  bedeutend  stärker  als 
die  3  folgenden,  während  die  8.  wiederum  grösser  ist  als 
die  vorhergehenden.  Alle  Kammern  sind  mit  Ausnahme 
der  Anfangskammer  oval,  durch  deutliche  tiefe  und  breite 
Furchen  getrennt.  Die  Oberfläche  ist  mit  unregelmässigen 
Rippen  geziert,  die  oft  nur  bei  sehr  starker  Vergrösserung 
sichtbar  werden,  oft  unterbrochen  erscheinen.  Sie  laufen 
häufig  schief  über  das  ganze  Gehäuse,  und  sind  vielleicht 
in  den  Furchen  im  Allgemeinen  am  deutlichsten.  In  die¬ 
ser  Verzierung  mit  seinen  Rippen  im  Bau  des  Gehäuses, 
der  Kammern  und  Furchen  stimmen  beide  Stücke  so  voll¬ 
ständig  überein,  dass  sie  nicht  allein  zu  derselben  Art, 
sondern  sogar  zu  demselben  Individuum  gehörten  könnte, 
doch  hat  das  kleinere  Stück,  wie  es  scheint,  zu  einem 
grösseren  Individuum  gehört.  An  diesem  Stück  ist  die 
Mündung  gestrahlt  und  liegt  an  der  Spitze  eines  län¬ 
geren  Vorsprungs;  von  den  3  Kammern,  die  dies  Stück 
enthält,  ist  die  Mündungskammer  die  kleinste,  die  3.  die 
grösste. 


174 


Eine  Art,  womit  diese  Form  zu  vergleichen  wäre,  ist 
mir  nicht  bekannt. 

Untergattung  Frondicularia. 

Reuss  führt  aus  dem  Miocen  von  Dingden  nur  eine 
einzige  Art  dieser  Gattung  an.  Auch  ich  habe,  nachdem 
ich  das  Sammeln  der  Foraminiferen  von  Dingden  wieder 
aufgenommen  habe,  nur  diese  einzige  Art,  die  Reuss 
als  sehr  selten  bezeichnet,  gefunden. 

19.  Frondicularia  Hosiusi  Reuss,  Sitzungsbe¬ 
richte  u.  s.  w.  Bd.  42  S.  365  Taf.  1  Fig.  8,  9. 

Sie  ist  sehr  selten;  ich  fand  im  Laufe  der  Jahre  nur 
6  Exemplare.  Der  Beschreibung  von  Reuss  habe  ich  nichts 
hinzuzufügen. 

Untergattung  V  a  g  inul  in  a. 

Bis  jetzt  sind  von  mir  nur  2  Exemplare  gefunden, 
die  zu  dieser  Gattung  und  wahrscheinlich  auch  zu  dersel¬ 
ben  Art 

20.  V a  g  in  ul  in  a  cf.  b  a  denen  sis  d’Orb.  (d’Orb. 
1.  c.  S.  65  Taf.  3  Fig.  6 — 8)  gehören.  Unsere  Taf.  II  Fig.  17, 

Das  Gehäuse  des  abgebildeten,  am  besten  erhaltenen 
Exemplars  ist  2,5  mm  lang,  nur  sehr  leicht  gekrümmt  fast 
gerade,  von  den  Seiten  stark  zusammengrückt,  keilfömig, 
oben  schief  abgestutzt.  Die  gestrahlte  Mündung  liegt  auf 
einem  kleinen  Fortsatz,  im  höchsten  spitzen  Winkel  der 
letzten  Kammer  nach  der  concaven  Seite  der  Krümmung. 
Im  Uebrigen  ist  das  Gehäuse  glasig,  glänzend,  glatt.  Man 
zählt  14  Kammern,  die  niedrig  und  breit  sind,  etwas  ver¬ 
tieft,  da  meistens  die  Scheidewände  etwas  vorstehen.  Die 
Scheidewände  der  jüngsten  Kammern  stehen  etwas  schief 
gegen  die  Achse,  je  weiter  man  aber  in  den  älteren  Theil 
hinabgeht,  desto  mehr  werden  die  Scheidewände  recht¬ 
winklig  gegen  die  Achse.  Die  Anfangskammer  ist  etwas 
kugelig  geschwollen,  ohne  Stachel  oder  Spitze. 

Da  nun  Neugeboren  schon  Vaginulina  baclenensis 
aus  dem  Tertiär  von  Siebenbürgen  mit  gestrahlter  Mündung 
angibt,  so  bleibt  als  einziger  Unterschied  zwischen  unserem 
Exemplar  und  denen  des  Wiener  Beckens  nur  der  lange 


175 


Stachel,  der  sich  bei  den  letzteren  findet.  Nun  ist  aber 
bei  Nodosaria ,  Dentalina  in  dem  Vorhandensein  oder  Feh¬ 
len  des  Stachels  kein  so  bedeutendes  Moment  gefunden, 
dass  man  dadurch  genöthigt  würde,  2  sonst  gleiche  Exem¬ 
plare  in  verschiedene  Arten  zu  bringen.  Vorläufig  wird 
man  dies  auch  für  Vaginulina  annehmen  dürfen. 

Das  2.  Exemplar,  dessen  Mündungskammer  zerstört 
ist,  unterscheidet  sich  von  dem  ersten  nur  dadurch,  dass 
es  etwas  stärker  gekrümmt  ist,  Spuren  eines  Kiels  sich 
finden,  und  das  Bruchstück  eines  Stachels  etwa  wie  Neu¬ 
geboren  bei  Voginüla  Bruckesthali  (Neugeb.  1.  c.  S.  98 
Taf.  5  Fig.  10)  beschreibt  und  abbildet.  Aber  nur  hier 
besteht  eine  Aehnlichkeit  zwischen  dieser  Art  und  der  un¬ 
seligen;  der  Bau  der  Kammern  und  namentlich  der  ältesten, 
ist  bei  unserem  Exemplar  gerade  wie  bei  Vag.  badenensis 
d’Orb.  und  weicht  durchaus  ab  von  Vag.  Bruckesthali. 

Zur  Gattung  Vaginulina  ist  auch  noch  ein  Bruchstück 
zu  rechnen,  welches  bei  einer  Länge  von  1,5  mm  nur  3  Kam¬ 
mern  enthält,  von  denen  diejenige,  die  unverletzt  ist,  eine 
Breite  von  0,6  mm  besitzt ;  das  unverletzte  Exemplar  würde 
hiernach  eine  Länge  von  mindestens  6  —  7  mm  haben.  Ab¬ 
gesehen  von  dieser  bedeutenden  Grösse  und  der  nicht  gla¬ 
sigen,  mehr  steinartigen  Beschaffenheit  des  Gehäuses  stimmt 
es  sonst  ganz  mit  den  beschriebenen  Exemplaren,  also  mit 
Vaginulina  überein.  ** 

Untergattung  M  a  r  g  inujina  und  Gr  ist  eil  ar  ia 

(Bobulina). 

Bobulina  ist  schon  sehr  früh  mit  Cristellaria  vereinigt 
und  später  vielfach  nicht  einmal  als  Section  beibehalten. 

Dass  Margulina  und  Cristellaria  zu  einer  einzigen 
Gattung  vereinigt  werden  müssten,  hat  schon  d’Orb igny 
angedeutet  (d’Orb.  1.  c.  S.  67).  Reuss  hat  wiederholt  dar¬ 
auf  hingewiesen  und  in  seinen  späteren  Schriften  die  Gat¬ 
tung  Marginulina  nur  als  Section  der  Gattung  Cristellaria 
beibehalten.  Fast  alle  neueren  Schriftsteller  haben  dies 
angenommen,  weil  sie  die  Unmöglichkeit  fühlten,  eine 
Grenze  zwischen  Marginulina  und  Cristallaria  oder  zwi¬ 
schen  den  Formen,  die  nur  im  älteren  Theil  des  Gehäuses 


176 


den  Anfang  eines  Gewindes  zeigen,  dann  sich  aber  gerade 
strecken,  und  zwischen  denjenigen,  die  mehr  oder  weniger 
ein  vollständiges  Gewinde  haben,  festzusetzen. 

Aber  auf  der  anderen  Seite  ist  auch  eine  Trennung 
zwischen  den  vorhergehenden  Gattungen  und  diesen,  na¬ 
mentlich  zwischen  Dentalina  einerseits  und  Marginulina 
andererseits,  nicht  so  scharf  als  gewöhnlich  angegeben  wird. 
Biltsclili  nennt  Marginulina  geradezu  eine  Uebergangs- 
form  zwischen  Dentalina  und  Cristellaria  (Bütschli  in 
Bronn’ s  Klassen  u.  s.  w.  Bd.  1  S.  198),  Neugeboren 
spricht  sich  aber  folgendermassen  aus  (Denkschriften  1.  c. 
S.  99): 

„Zu  den  eigentlichen  Marginulinen  kommen  noch 
Schalen,  die  auch  nicht  die  geringsten  Anfänge  einer  spi¬ 
ralen  Aufrollung  aufzuweisen  hatten,  jedoch  in  Folge  der 
stets  randständigen  Spitze  ihrer  letzten  grossen  und  con¬ 
vexen  Kammer  nur  unter  die  Marginulinen  eingereiht 
werden  konnten.“ 

Zu  diesen  Formen  gehören  vermuthlieh  die  beiden 
Arten  Marginulina  dubia  Neugeb.  und  M.  incerta  Neugeb. 
Doch  ist  mir  leider  die  Zeitschrift  „Verhandlungen  und 
Mittheilungen  des  Siebenbiirgischen  Vereins  für  Naturwis¬ 
senschaften“,  in  welcher  Neugeboren  die  Beschreibung 
und  Abbildung  der  angegebenen  Arten  veröffentlicht  hat, 
und  auf  welche  er  sich  in  den  Denkschriften  bezieht, 
nicht  zugänglich.  Ich  kann  daher  auch  nicht  beurtheilen, 
ob  die  später  zu  erwähnenden  Arten  von  Dingden,  welche 
ebenfalls  noch  kein  Gewinde  zeigen,  mit  diesen  oder  an¬ 
deren  von  Neugeboren  aufgestellten  Arten  zusammen¬ 
fallen.  Die  früher  erwähnte  Form  Dent.  Nr.  E.  Taf.  II 
Fig.  11  und  11a  fällt  entschieden  nicht  mit  den  Formen, 
die  Neugeboren  erwähnt,  zusammen,  schon  wTegen  der 
starken  Berippung.  Sie  könnte  zu  Marginulina  gestellt 
werden,  weil  die  Mündungskammer  sehr  gross,  convex  ist 
und  die  Mündung  sehr  randständig.  Ich  habe  sie  noch  zu 
Dentalina  gezogen,  weil  sich  im  älteren  Theil  des  Gehäuses 
noch  nicht  die  Spur  einer  Abweichung,  wie  wir  sie  bei  Mar¬ 
ginulina  haben,  zeigt,  und  weil  die  seitliche  Compression 
des  Gehäuses  sehr  unbedeutend  ist.  Sie  steht  aber  sicher 


177 


auf  der  Grenze.  Die  beiden  hier  folgenden  haben  den  Charak¬ 
ter  von  Marginulina  schon  mehr  ausgesprochen,  sie  sind 
in  Dingden  leider  sehr  selten,  beide  nur  in  je  einem  Exem¬ 
plar  gefunden ;  wahrscheinlich  gehören  sie  zu  einer  der 
oben  erwähnten,  von  Neugeboren  aufgestellten  Arten ; 
ich  unterlasse  daher  sie  zu  benennen,  und  füge  nur  ihre 
Beschreibung  und  Abbildung  bei. 

21.  Cristellaria  ( Marginulina )  sp.  cf.  Marginu¬ 
lina  dubia  Neugeb.  (Denkschriften  u.  s.  w.  Bd.  12  S.  36) 
oder  Marg.  incerta  Neugeb.  (ebendaselbst).  Auch  Neuge¬ 
boren,  Foraminiferen  von  Lapugy  in  den  Verhandlungen 
und  Mittheilungen  des  Siebenbtirgischen  Vereins  für  Natur¬ 
wissenschaften  Jahrgang  2  S.  120  u.  121  Taf.  4  Fig.  1 
u.  2.  Unsere  Taf.  II  Fig.  18. 

Das  Gehäuse  ist  glatt,  glasig,  glänzend,  gerade,  fast 
rundlich  im  Querschnitt,  nur  etwas  von  den  Seiten  her  zu¬ 
sammengedrückt,'  1,2  mm  lang  mit  6  Kammern,  wobei  die 
grosse  Mündungskammer  etwas  zerbrochen,  jedoch  sieht  man 
deutlich,  dass  die  Mündung  am  spitzen  Winkel  ganz  rand¬ 
ständig  liegt  und  gestrahlt  ist.  Die  Scheidewände  sind  deut¬ 
lich,  namentlich  die,  welche  zwischen  den  jüngeren  Kam¬ 
mern  liegen ;  sie  bringen  seichte  Furchen  auf  dem  Gehäuse 
hervor  und  sind  schief  gegen  die  Axe  gerichtet.  Die  älte¬ 
ren  sind  undeutlicher.  Die  Anfangskammer  ist  kaum  höher 
aber  schmaler,  als  die  folgenden  und  endigt  mit  einem  kur¬ 
zen  Stachel,  der,  wie  vielleicht  auch  das  Ende  der  Kam¬ 
mer,  nicht  genau  central  steht,  sondern  sich  etwas  nach 
der  Richtung  wendet,  die  der  Lage  der  Mündung  entgegen¬ 
gesetzt  ist.  Dieses  Verhalten,  dann  die  randständige  Mün¬ 
dung  und  der  Bau  des  Gehäuses  im  Ganzen  erinnert  an 
Marginula.  Aber  jede  Andeutung  eines  Gewindes  fehlt. 

22.  Cristellaria  {Mar ginulina)  sp.  —  (siehe  die 
vorhergehende  Art.).  Unsere  Taf.  II  Fig.  19. 

Die  Beschaffenheit  des  Gehäuses  ist  wie  bei  der  vori¬ 
gen.  Es  ist  aber  1,8  mm  lang  und  hat  9  Kammern,  wobei 
die  Mündungskammer  ebenfalls  zerbrochen  ist  und  zwar 
so,  dass  man  die  Beschaffenheit  der  Mündung  nicht  mehr 
erkennen  kann,  sie  war  aber  randständig  im  spitzen  Win¬ 
kel  der  grossen  letzten  Kammer  gelegen.  Die  Scbeide- 

Verh.  <1.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bel.  IX.  J2 


178 


wände  der  Kammern,  auch  die  des  älteren  Theils  sind 
schief  gegen  die  Axe  geneigt.  Furchen  finden  sich  auf 
der  Oberfläche  kaum.  Die  Anfangskammer  ist  kugelig  ohne 
Stachel  und  biegt  sich  etwas  stärker  als  bei  der  vorher¬ 
gehenden  Art  in  einer  Richtung,  welcher  derjenigen,  in  wel¬ 
cher  die  Mündung  liegt,  entgegengesetzt  ist.  Auch  diese 
Form  ist  wie  die  vorige,  sehr  selten. 


Was  nun  die  übrigen,  zur  Gattung  Cristellaria  im 
weiteren  Sinne  zu  rechnenden  Formen  betrifft,  so  hat  Reuss 
ausser  einigen  unbestimmbaren  Bruchstücken  und  ausser 
der  später  zu  erwähnenden  Robulina  cultrata  nur  noch  die 
Cristellaria  Akneriana  Reuss  und  auch  diese  noch  sehr  sel¬ 
ten  in  der  ihm  übersandten  Probe  gefunden.  Mit  dieser 
Cr  ist.  Akneriana  Reuss  vereinigt  er  Marg.  Akneriana,  va- 
riabilis ,  intermedia ,  erecta ,  carinata ,  welche  sämmtlich  von 
Neugeboren  aus  dem  Tegel  von  Lapugy  beschrieben 
werden.  Die  Beschreibungen  und  Abbildungen  dieser  Ar¬ 
ten  sind  alle  in  der  schon  früher  bezeichneten  Zeitschrift, 
welche  mir  nicht  zugänglich  war,  enthalten.  Ob  Crist.  va- 
riabilis  Reuss  (Denkschriften  u.  s.  w.  Bd.  1  S.  369  Taf.  46 
Fig.  15,  16,  die  Reuss  aus  dem  Tegel  von  Baden  bis  Wien 
beschreibt,  auch  hierhin  gehört,  was  möglich  ist,  kann  ich 
nach  den  vorliegenden  Beschreibungen  nicht  mit  Sicherheit 
behaupten. 

Von  den  nachträglich  bis  jetzt  bei  Dingden  gefunde¬ 
nen  Cristellarien  gehören  nur  einige  zu  der  Gruppe  Crist. 
Akneriana ,  so  dass  auch  noch  jetzt  diese  Art  zu  den  Sel¬ 
tenheiten  gehört.  Die  gefundenen  Exemplare  weichen  aber 
alle  von  einander  ab,  oft  so  stark,  dass  man  sie  ohne  die 
Uebergangsformen  zu  verschiedenen  Arten  rechnen  würde 
und  der  Name  der  Art  „ variabilis “  sehr  gerechtfertigt  er¬ 
scheint. 

Man  kann  etwa  folgende  verschiedene  Formen  resp. 
Alterszustände  unterscheiden. 

1.  Das  ältere  Ende  macht  einen  mehr  oder  weniger 
vollständigen  Umgang.  Diese  stehen  der  Crist.  Akneriana 


179 


unzweifelhaft  am  nächsten  und  sollen  daher  unter  diesem 
Namen  beschrieben  werden. 

23.  Gr i stellar i  a  Ahnerian  a  Reuss.  —  Unsere 
Taf.  III  Fig.  20. 

Es  sind  nur  einige  Exemplare  gefunden,  von  denen 
das  grösste,  hier  abgebildete  1,2  mm  lang,  glasig,  glänzend, 
glatt  ist,  und  aus  6  Kammern  besteht.  Die  3  ältesten  bil¬ 
den  ein  kurzes,  etwas  unregelmässiges  Gewinde,  während 
die  3  letzten  in  fast  gerader,  nur  leicht  gekrümmten  Rich¬ 
tung  aufwärts  streben.  Alle  Kammern  sind  von  der  Seite 
etwas  komprimirt  und  haben  auf  der  Rückenseite  einen 
sehr  schwachen  Kiel  oder  Saum.  Die  Mündungskammer  ist 
die  grösste,  oval,  die  Mündung  gestrahlt  auf  einer  Ver¬ 
längerung  gelegen,  etwas  nach  der  convexen  Seite  hin. 
Die  2.  Kammer  ist  der  ersten  an  Grösse  fast  gleich,  die 
3.  ist  sehr  niedrig  breit.  Alle  Scheidewände  sind  deutlich, 
die  durch  sie  entstandenen  Furchen  im  Allgemeinen,  na¬ 
mentlich  im  älteren  Theile  nur  schwach. 

Abweichend  sind  nun  folgende  Formen. 

1.  Unsere  Taf.  III  Fig.  20  a. 

Die  Länge  beträgt  nur  0,9  mm,  ist  also  erheblich  ge¬ 
ringer  als  bei  der  vorigen.  Ebenso  sind  auch  übrigen  Di¬ 
mensionen  kleiner.  Es  ist  glasig,  glatt  aber  nicht  glänzend, 
sondern  matt,  stärker  von  den  Seiten  zusammengedrückt 
und  ebenso  mehr  gekrümmt,  als  die  erste  Form.  Kammern 
sieht  man  6.  Die  Mündungskammer  ist  gross,  sie  trägt 
die  gestrahlte  excentrische  Mündung  in  dem  spitzen  Win¬ 
kel  der  convexen  Seite  des  Gehäuses.  Durch  eine  deut¬ 
liche  Furche  ist  sie  von  der  2.  ebenfalls  grossen  Kammer 
getrennt  und  diese  ebenfalls  deutlich  von  der  dritten  ge¬ 
schieden.  Diese  3  bilden  den  geraden  Theil  des  Gehäuses, 
sie  sind  durch  einen  nicht  sehr  deutlichen  Saum,  der  auf 
der  convexen  Seite  des  Gehäuses  liegt  und  auch  auf  das 
Gewinde  fortsetzt,  mit  einander  verbunden.  Im  Gewinde 
bemerkt  man  3  Kammern,  von  denen  die  letzte  sehr  klein 
ist  und  die  2.  Kammer  zwar  nicht  berührt,  aber  doch  fast 
mit  ihr  zusammenstösst. 

2.  Unsere  Taf.  III  Fig.  20  b. 

Das  folgende  Exemplar  Fig.  20  b  ist  ebenfalls  glatt, 


180 


glasig,  glänzend  und  wie  die  anderen  alle,  von  den  Seiten 
stark  zusammengedrückt,  hat  eine  Länge  von  0,9  mm  und 
nur  5  Kammern.  Die  Mündungskammer  ist  bedeutend  klei¬ 
ner  als  die  folgende,  wodurch  diese  Schale  sich  nicht 
allein  von  den  beiden  vorhergehenden,  sondern  auch  von 
allen  folgenden  Formen  mit  Ausnahme  von  20  e  unter¬ 
scheidet.  Die  dritte  Kammer  ist  wohl  die  grösste  von 
allen,  und  nimmt  noch  etwas  an  dem  Gewinde  theil,  derart, 
dass  die  vorletzte  Kammer  fast  die  Anfangskammer  be¬ 
rührt.  Undeutliche  Unregelmässigkeiten  der  Oberfläche 
deuten  darauf  hin,  dass  dies  Individuum  stark  zu  Abände¬ 
rungen  geneigt  war,  und  daher  sind  auch  wohl  die  Ab¬ 
weichungen,  welche  sich  bei  diesem  Exemplar  finden,  mehr 
individueller  Natur. 

Entfernter  stehen  nun  die  folgenden,  welche  wahr¬ 
scheinlich  frühere  Jugendzustände  waren. 

Unsere  Taf.  III  Fig.  20  c  hat  nur  4  Kammern,  und 
zwar  ist  der  gerade  Theil  erheblich  verkürzt.  Es  ist  eben¬ 
falls  glatt,  glasig,  glänzend,  0,8  mm  lang,  etwas  gekrümmt, 
von  den  Seiten  her  stark  zusammengedrückt  und  ein  Saum 
auf  dem  Rücken  vorhanden,  aber  schwach.  Die  Kammern 
im  geraden  Theil  des  Gehäuses  gross,  die  Furchen  zwischen 
ihnen  deutlich,  stärker  als  bei  den  Kammern  im  Gewinde. 
Der  gerade  Theil  besteht  eigentlich  nur  aus  der  Mündungs¬ 
kammer,  indem  die  2.  Kammer  in  der  Krümmung  so  zu¬ 
sammengedrückt  ist,  dass  die  Mündungskammer  fast  die 
Anfangskammer  berührt. 

Unsere  Taf.  III  Fig.  20  d  ist  glatt,  glasig,  glänzend, 
von  den  Seiten  stark  komprimirt  und  besteht  aus  4  Kam¬ 
mern.  Aber  diese  Kammern  sind  durchaus  anders  ange¬ 
ordnet,  wie  bei  den  vorigen.  Der  gerade  Theil  besteht 
nur  aus  der  Mündungskammer,  welcher  die  gestrahlte  Mün¬ 
dung  fast  mittelständig  trägt  und  in  einer  horizontalen 
Furche  auf  der  2.  und  4.  Kammer  gerade  aufgesetzt  er¬ 
scheint,  während  die  3.  das  untere  Ende  bildet.  Die  Länge 
ist  0,6  mm,  das  Exemplar  ist  unstreitig  sehr  eigentümlich 
gebaut,  aber  eben  die  Summe  aller  Eigentümlichkeiten 
lässt  es  nicht  zu,  dasselbe  einer  anderen  Gattung  oder  Fa¬ 
milie  zuzuweisen. 


181 


Unsere  Taf.  III  Fig.  20  e,  in  Allem  von  derselben 
Beschaffenheit,  wie  die  vorhergehenden,  ist  0,6 — 0,7  mm 
lang  und  hat  ebenfalls  4  Kammern,  die  gerade  so  liegen, 
wie  bei  20  d.  Ebenso  ist  es  von  den  Seiten  stark  zusam¬ 
mengedrückt,  die  Naht  zwischen  der  Mündungskammer  und 
dem  Gewinde  ist  tief,  die  anderen  Nähte  dagegen  kaum 
wahrzunehmen,  linienartig.  Es  ist  nur  deswegen  hier  ge¬ 
zeichnet,  weil  die  kleine  Mündungskammmer  an  die  unter 
20  b  gezeichnete  Form  erinnert. 

Die  ebenfalls  hierhin  gerechnete  und  unsere  Taf.  III 
Fig.  20 f  abgebildete  Form  stimmt  mit  dieser  ziemlich 
überein  und  ist  nur  deswegen  noch  hier  abgebildet,  weil 
sie  gerade  in  mehreren  Exemplaren  gefunden  ist.  Das 
Gehäuse  ist  bei  allen  0,5 — 0,6  mm  lang,  von  den  Seiten 
stark  zusammengedrückt,  mit  einem  undeutlichen  Saum  ver¬ 
sehen,  glatt,  glasig,  glänzend.  Die  Mündungskammer  ist 
gross,  sie  trägt  die  gestrahlte,  stark  vorgezogene  Mündung 
etwas  unsymmetrisch  nach  vorn.  Unter  der  Mündungs¬ 
kammer  finden  sich  2  gleich  grosse  Kammern,  auf  welche 
die  erstere  scharf  aufgesetzt  ist.  Bei  einem  Exemplar 
scheint  auch  eine  dritte,  wie  in  dem  Fig.  20  d  gezeichne¬ 
ten  Exemplar  aufzutreten. 

Taf.  III  Fig.  20  g  endlich  stimmt  mit  dieser  vollstän¬ 
dig  überein,  nur  ist  die  Spitze  der  Mündungskammer, . welche 
die  gestrahlte  Mündung  trägt,  sehr  excentrisch  nach  vorn 
geneigt. 


Es  ist  nochmals  hervorzuheben,  weil  es  in  den  Zeich¬ 
nungen  nicht  so  deutlich  hervortreten  konnte,  dass  alle 
Exemplare  von  Fig.  20  bis  Fig.  20  g  von  den  Seiten  stark 
zusammengepresst  erscheinen,  dass  sich  dadurch  ein  Rücken 
mit  einer  Spur  von  Saum  bildet,  und  dass  der  Median¬ 
schnitt,  der  längs  dieses  Rückens  gelegt  wird,  das  Gehäuse 
in  2  symmetrische  Hälften  theilt.  Letzteres  wird  freilich 
bisweilen  undeutlich,  die  Abweichungen  sind  aber  nie  so 
bedeutend,  dass  man  an  Schraubenwindungen  bei  der  An¬ 
ordnung  der  Kammern  denken  könnte. 

In  der  Grösse,  in  der  Beschaffenheit  des  Gehäuses, 


182 


kurzum  in  mehreren  wichtigen  Eigenschaften  stehen  nun 
die  folgenden  Formen  den  soeben  betrachteten  nahe;  sie 
unterscheiden  sich  aber  sehr  wesentlich  dadurch,  dass  die 
älteren  Kammern  keinen  vollständigen  Umgang  bilden.  Es 
ist  mir  nicht  gelungen,  einen  Uebergang  zwischen  diesen 
und  den  vorhergehenden  oder  irgend  einer  anderen  Art 
zu  finden. 

Die  vollständigste  Form  ist  auf  Taf.  3  Fig.  21  abge¬ 
bildet;  sie  ist  in  mehreren  Exemplaren,  die  aber  alle  unter 
einander  etwas  verschieden  sind,  gefunden.  Weil  zwischen 
diesen  und  den  übrigen  Formen,  die  zu  dieser  Gattung  ge¬ 
hören,  kein  Uebergang  nachweisbar  ist,  wird  sie  wohl  als 
eigene  Art  zu  betrachten  sein. 

24.  Cristellaria  ( Mar ginulina )  Dingdenensis 
Hos.  Unsere  Taf.  III  Fig.  21. 

Die  älteren  Kammern  bilden  kein  vollständiges  Ge¬ 
winde,  die  Anfangskammer  breit,  niedrig,  liegt  etwas 
schief  unter  der  2.  (In  einer  systematischen  Ordnung 
würde  sie  vor  Nr.  23  stehen.)  Alle  gefundenen  Exemplare 
sind  glatt,  glasig,  glänzend,  stark  gekrümmt,  aber  weniger 
von  den  Seiten  zusammengedrückt  als  die  vorhergehenden. 
Das  grösste  hier  abgebildete  Exemplar  hat  eine  Länge  von 
0,8  mm  und,  wie  die  übrigen,  4  Kammern;  die  Anfangskam¬ 
mer  klein,  durch  eine  undeutliche  Furche  von  der  folgen¬ 
den,  die  sehr  gross  ist,  getreunt.  Die  folgende  und  die  Mün¬ 
dungskammer  sind  auch  noch  gross,  jedoch  kleiner  als 
die  2.  Kammer.  Die  Mündung  ist  gestrahlt  und  liegt  rand¬ 
ständig  nach  dem  convexen  Theil  des  Gehäuses. 

Bei  einem  anderen  Exemplar  ist  die  Anfangskammer 
etwas  .grösser,  bei  einem  3.  ist  die  jüngste  Kammer  sehr 
gross  und  die  Mündung  liegt  auf  einer  kurzen  Verlänge¬ 
rung,  während  bei  einer  4.  die  jüngste  Kammer  klein  ist, 
etwa  wie  bei  dem  Fig.  20  b  abgebildeten  Exemplar.  Die 
folgenden  haben  nur  3  Kammern.  Einige  scheinen  Jugend¬ 
zustände  der  Form  21  zu  sein,  andere  dagegen  nicht  oder 
doch  sehr  abweichend;  sie  sind  in  folgenden  Fig.  22 — 22  c 
abgebildet. 

Nr.  A.  Fig.  22  von  (beiden  Seiten)  ist  ein  sehr  eigen¬ 
tümliches  Gehäuse,  und  gerade  dies  wohl  eine  abnorme 


183 


Bildung.  Die  Länge  beträgt  0,7  mm,  von  denen  0,3  mm  auf 
die  Mündungskammer,  sicher  ebensoviel  auf  die  mittlere 
kommen,  so  dass  nur  0,1mm  für  die  Anfangskammer  übrig 
bleiben,  und  daher  das  Ganze  den  Eindruck  macht,  als  ob 
das  Gehäuse  2  Kammern  besässe  und  mit  einem  kurzen 
stumpfen  Stachel  endige,  (Fig.  22  rechts).  Von  der  anderen 
Seite  gesehen,  Fig.  22  links,  ist  auch  die  Anfangskammer 
breit  niedrig  und  bei  starker  Vergrösserung  glaubt  man 
in  ihr  sogen.  Scheidewände  unterscheiden  zu  können.  Wenn 
auch,  wie  vorhin  bemerkt,  Spuren  der  Ungleichheit  zwischen 
rechts  und  links  bei  vielen  Exemplaren  auftreten,  so  ist 
dies  Exemplar  doch  von  allen  am  meisten  unsymmetrisch 
nach  den  Seiten  hin  und  daher  auch  keiner  Dentalina  zu- 
zurechnen,  wozu  man  bei  einigen  der  folgenden  versucht 
sein  könnte.  Die  Ungleichheit,  die  sich  bei  der  Anfangs¬ 
kammer  zeigt,  je  nachdem  man  sie  von  der  rechten  oder 
linken  Seite  betrachtet,  legt  es  nahe,  an  eine  Pölymorphi- 
nina  zu  denken.  Der  Zuordnung  zu  dieser  Gruppe  wider¬ 
spricht  aber  entschieden  die  Anordnung  der  jüngsten  Kam¬ 
mern  u.  s.  w. 

Nr.  B.  Fig.  22a  ist  0,6  mm  lang,  ziemlich  dick,  nicht 
glasig  glänzend,  sondern  steinartig  matt.  Die  Anfangskam¬ 
mer  ist  sehr  klein,  etwas  excentrisch,  die  Mündungskammer 
gross,  kugelig,  über  die  Hälfte  des  ganzen  Gehäuses  ein¬ 
nehmend,  mit  einer  gestrahlten  Mündung,  die  etwas  excen¬ 
trisch  in  einem  der  Lage  der  Anfangskammer  entgegenge¬ 
setzten  Sinne  liegt. 

Nr.  C.  Fig.  22 b  ist  ebenfalls  0,6  mm  lang,  glasig, 
glatt,  glänzend,  von  den  Seiten  her  etwas  abgeplattet.  Von 
den  3  Kammern  ist  die  Anfangskammer  niedrig,  breit, 
etwas  excentrisch  unter  der  2.,  die  die  grösste  ist,  und 
woran  man  einen  Kiel  oder  Saum  wahrnimmt.  Die 
Mündungskammer  ist  mit  der  2.  von  gleicher  Länge,  läuft 
aber  nach  oben  spitzer  zu  und  ist  gebogen.  Die  Mündung 
ist  gestrahlt. 

Nr.  D.  Fig.  22c.  Die  4.  Form  ist  von  derselben  Be¬ 
schaffenheit  und  Grösse  wie  die  dritte.  Die  Furchen  zwischen 
den  Kammern  sind  deutlich,  aber  seicht,  so  dass  das  Ge- 


hause  undeutlich  eiförmig  aussieht.  Die  Mündung  ist  ge¬ 
strahlt. 

Berippte  Cristellarien,  die  zur  Sektion  Marginulina  ge¬ 
rechnet  werden  müssen,  sind  im  Allgemeinen  selten. 

Es  finden  sich 

25.  Cristellaria  (Mar ginulina)  costata  Hos.  Un¬ 
sere  Taf.  III  Fig.  23. 

Es  ist  nur  ein  einziges  Exemplar  gefunden.  Das  Ge¬ 
häuse  ist  1,1  mm  lang,  glasig,  glänzend,  schlank,  fast  ge¬ 
rade,  nur  die  beiden  ältesten  Kammern  sind  gekrümmt. 
Im  Ganzen  sind  6  Kammern  vorhanden,  die  regelmässig 
von  der  ältesten  bis  zur  jüngsten  an  Stärke  zunehmen, 
und  mit  Ausschluss  der  letzten  breiter  sind  als  hoch.  Die 
Furchen  zwischen  den  Kammern  sind  namentlich  im  jüng¬ 
sten  Theil  des  Gehäuses  sehr  deutlich.  Die  Anfangskam¬ 
mer  ist  gerundet,  ohne  Stachel.  Die  Mündung  liegt  etwas 
excentrisch  und  ist  gestrahlt.  Das  ganze  Gehäuse  ist  mit 
hohen  scharfen,  nicht  gekörnten  Längsrippen  bedeckt,  die 
über  die  ganze  Oberfläche  auch  durch  die  Furchen  gehen, 
oft  dichotomiren,  aber  auch  wieder  zusaramenlaufen.  Am 
kräftigsten  sind  sie  am  unteren  Theil  des  Gehäuses,  dort 
zählt  man  etwa  zehn.  Auf  der  Mündungskammer  sind  un¬ 
gefähr  18,  sie  sind  hier  regelmässiger,  aber  schwächer. 

26.  Cristellaria  (Mar g inulina)  raricosta  Hos. 
Unsere  Taf.  III  Fig.  24. 

Ebenfalls  sehr  selten,  0,8  mm  lang,  glasig  glänzend, 
nur  in  den  beiden  ältesten  Kammern  gebogen,  sonst  fast 
gerade.  Es  finden  sich  5  Kammern,  die  Anfangskammer 
gerundet,  ohne  Stachelspitze.  Die  2.  sehr  klein,  an  der 
Innenseite,  wo  die  Krümmung  liegt,  fast  verschwunden, 
die  3  anderen,  die  den  geraden  Theil  bilden,  fast  von 
gleicher  Grösse,  gerundet.  Die  Furchen  zwischen  den  Kam¬ 
mern  deutlich.  Die  Mündung  gestrahlt,  auf  einem  kleinen 
röhrenartigen  Fortsatz  excentrisch,  von  der  Richtung  der 
Krümmung  des  älteren  Theils  abgewandt.  Die  Oberfläche 
ist  bedeckt  mit  wenigen  entfernt  stehenden  Rippen,  etwa 
8  im  Umkreis.  Die  obere  Fläche  der  Rippen  ist  unregel¬ 
mässig  gekerbt,  die  Rippen  haben  überhaupt  die  Neigung, 
sich  in  einzelne  Körner  aufzulösen,  und  die  Formen,  bei 


185 


denen  dies  Streben  vorherrscht,  bilden  den  Uebergang  zu 
den  folgenden. 

Zu  der  Gruppe  der  Gristellaria  ( Marginulina )  hirsuta 
d’Orb.,  die  eine  gekörnte  Oberfläche  hat,  gehören  mehrere 
Exemplare,  die  aber  alle  unter  sich  und  von  der  eigent¬ 
lichen  Marginulina  hirsuta  d’Orb.  (1.  c.  S.  59  Taf.  3  Fig.  17, 
18)  in  etwa  abweiehen.  Am  meisten  stimmt  noch 

27.  Gristellaria  ( Marginulina )  hirsuta  d’Orb. 

'  Unsere  Taf.  III  Fig.  25. 

1,5  mm  lang;  da  aber  ein  Stück  fehlt  und  zwar  wahr¬ 
scheinlich  die  letzte  Kammer,  so  würde,  wenn  diese  hinzu¬ 
gerechnet  wird,  ungefähr  die  von  d’Orb igny  gegebene 
Grösse  —  2  mm  —  erreicht  werden.  Das  Gehäuse  ist  glasig, 
zart,  besteht  aus  6  Kammern,  die  breiter  als  hoch  sind, 
im  Allgemeinen  vom  Anfang  bis  zur  Mündung  an  Grösse 
zunehmen,  doch  ist  bei  diesem  Exemplar  die  vorletzte  Kam¬ 
mer  etwas  kleiner,  als  die  drittletzte,  die  letzte  wieder  sehr 
gross.  Nur  die  Anfangskammer  und  die  folgende  zeigen 
die  Krümmung  der  Marginulinen,  sie  sind  durch  schiefe, 
wenig  deutliche  Nähte  getrennt.  Alle  übrigen  bilden  eine 
gerade  Linie  und  die  Scheidewände  zwischen  den  einzelnen 
Kammern  stehen  senkrecht  zur  Axe.  Dadurch  unterschei¬ 
det  sie  sich  sofort  von  den  sonst  sehr  ähnlichen,  aber  viel 
kleineren  Marg.  cristellarioides  Czizek  1.  c.  S.  140  Taf.  12 
Fig.  14 — 16,  bei  welchen  unten  mehr  Scheidewände  schief 
zur  Axe  stehen. 

Zwischen  den  Kammern  sind  deutliche  Furchen,  die 
nach  der  Mündung  hin  tiefer  als  am  unteren  Ende  sind. 
Ob  die  letzte  —  fehlende  —  Kammer  so  sehr  von  den 
übrigen  abgesetzt  war,  als  d’Orbigny  bei  Marg.  hirsuta 
angibt  und  zeichnet,  bleibt  unentschieden.  Nach  dem  Saum, 
der  von  der  abgebrochenen  Kammer  auf  der  letzten  vor¬ 
handenen  zurückgeblieben  ist,  war  dies  nicht  der  Fall, 
doch  kann  bei  dem  hiesigen  Exemplar  noch  mehr  als  eine 
Kammer  fehlen.  Aber  die  anderen,  allerdings  meist  klei¬ 
neren  Exemplare  haben  es  auch  nicht.  Die  Mündung  ist 
fast  central,  gestrahlt.  Die  ganze  Oberfläche  ist  mit  Erha¬ 
benheiten  bedeckt,  mit  Körnern  oder  stumpfen  Stacheln,  die 
theils  unregelmässig  vertheilt  sind,  theils  zu  undeutlichen. 


186 


etwas  schief  verlaufenden  vertikalen  Zügen  zusammenge¬ 
setzt  sind,  bei  manchen  sogar  undeutliche  Rippen  bilden. 
Das  letztere  beobachtet  man  gerade  an  einigen  kleinen 
Exemplaren. 

Etwas  entfernter  steht  Taf.  III  Fig.  25a,  welcher  Form 
die  Mehrzahl  aller  gefundenen  Exemplare  angehört.  In 
der  Regel  finden  sich  4  Kammern,  die  zusammen  0,6  mm 
lang  sind.  Die  Anfangskammer  ist  meist  gerundet,  grösser 
als  die  folgende,  doch  finden  sich  auch  Formen,  bei  denen 
die  Anfangskammer  die  kleinste  ist.  Das  Gehäuse  ist  nicht 
gerade,  sondern  etwas  gebogen,  daher  stehen  auch  die 
Scheidewände  nicht  senkrecht  zur  Axe.  Die  gestrahlte 
Mündung  liegt  excentrisch  am  Rande  des  convexen  Theils 
der  Krümmung,  die  Verzierung  durch  Körner  ist  bei  die¬ 
sen  wie  bei  den  vorgehenden.  Bei  anderen  sind  die  Kam¬ 
mern,  die  bei  einem  Exemplar  bis  zu  8  vorhanden  sind, 
mehr  oder  weniger  gleich  stark,  die  Scheidewände  bis  zur 
letzten  hin  fast  undeutlich,  das  Gehäuse  ziemlich  gebogen. 

Allen  bis  jetzt  beschriebenen  Formen  ist  die  starke 
Körnelung  der  Oberfläche,  die  im  Allgemeinen  unregel¬ 
mässige  Vertheilung  der  Körner  und  Stacheln  gemeinschaft¬ 
lich.  Die  folgenden  sind  dagegen  sehr  schwach  gekörnt. 

Taf.  III  Fig.  25b  hat  eine  Länge  von  1mm.  Es  sind 
6  Kammern  vorhanden,  von  denen  nur  die  gerundete  An¬ 
fangskammer  und  die  2.  Kammer  gebogen  sind,  die  an¬ 
deren  dagegen  gerade.  Die  Scheidewände  sind  überall 
deutlich,  namentlich  aber  an  dem  jüngeren  Ende  verursachen 
sie  tiefe  Furchen,  so  dass  die  Kammern  gerundet  erschei¬ 
nen,  die  Mündung  ist  wenig  excentrisch,  und  liegt  auf 
einem  kleinen  Fortsatz.  Das  Exemplar  stimmt  im  Ganzen 
mit  dem  in  Fig.  25  gezeichneten;  nur  ist  die  Körnelung 
sehr  schwach. 

Fig.  25  c  stimmt  im  Allgemeinen  mit  Fig.  25  a,  nur 
ist  auch  hier  die  Körnelung  fast  undeutlich.  Auch  bei 
diesen  Exemplaren  geht  die  Körnelung  gern  in  eine  un¬ 
deutliche  Berippung  über. 

Zwischen  diesen  4  Formen  25  — 25  c  irgend  eine  be¬ 
stimmte  Grenze  zu  ziehen,  so  dass  man  verschiedene  be¬ 
stimmte  Arten  unterscheiden  könnte,  ist  bis  jetzt  unmöglich. 


187 


Es  entsteht  sogar  die  Frage,  ob  es  später  möglich  sein 
wird,  die  berippten  von  den  gekörnten  scharf  zu  trennen. 

Taf.  III  Fig.  25 d  ist  ein  Bruchstück  von  0,6  mm  Länge, 
welches  nur  3  Kammern  enthält  und  sich  durch  bedeutende 
Entwickelung  namentlich  der  untersten  Kammer  ausge¬ 
zeichnet.  Es  ist  stark  gekrümmt,  im  Uebrigen  hat  es  in 
der  Körnelung  Aehnliehkeit  mit  25.  Es  finden  sich  auch 
unter  den  Formen,  die  zu  dieser  Gruppe  (25)  gehören,  ein¬ 
zelne  Exemplare,  welche  ein  Ueberwiegen  der  unteren 
Kammer,  wie  es  bei  dieser  Form  25  d  so  bedeutend  her¬ 
vortritt,  schon  andeuteu. 

An  diese  Marginulinen  möchte  ich  eine  Form  anschlies- 
sen,  die  ebenfalls  gerade  gestreckt  erscheint,  die  aber,  was 
die  Ausbildung  der  Mündungskammer  betrifft,  zu  den  eigent¬ 
lichen  Cristellarien  gerechnet  werden  muss.  In  wie  weit 
ein  Gewinde  vorhanden  ist,  und  dies  Cristellarienartig  aus¬ 
gebildet  ist,  lässt  sich  an  der  unverletzten  Schale  nicht  er¬ 
kennen.  Auf  den  ersten  Blick  macht  das  Exemplar  —  es 
ist  nur  eins  gefunden  —  den  Eindruck  eines  Rhabdogeniums 
Reuss,  (Reuss  die  Foraminiferen  der  westfälischen  Kreide¬ 
formation,  Sitzungsberichte  u.  s.  w.  Bd.  11  S.  54  Taf.  6  Fig.  7, 
Taf.  7  Fig  7  u.  Fig.  6.  Auch  Reuss,  Foraminiferen  des 
deutsch.  Septarienthons  in  Denkschriften  Bd.  25  S.  22  Taf.  2 
Fig.  32).  Doch  ist  die  jüngste  Kammer,  namentlich  die 
vordere  Septalfläche  derselben,  so  sehr  wie  bei  Cristellaria 
ausgebildet,  dass  ich  es  vorziehe,  sie  hierhin  zu  stellen. 
Es  ist,  wie  erwähnt,  nur  ein  Exemplar  bis  jetzt  gefunden. 
Daher  war  es  vorläufig  unthunlich,  dasselbe  zu  zerstören, 
um  das  Innere  zu  sehen.  Die  Form  ist 

28.  Cristellaria  minuta  Hos.  •  Unsere  Taf.  III 
Fig.  26. 

Das  Gehäuse  ist  0,6 — 0,7  mm  lang,  glasig  glänzend. 
Man  unterscheidet  nur  2  Kammern,  die  Mündungskammer, 
die  grössere  und  im  Querschnitt  dreieckige.  Die  vordere 
Septalfläche  ist  an  der  Basis  etwas  eingebogen,  nach  der 
Spitze  hin  aufgetrieben,  die  Spitze  ist  gestrahlt,  und  un¬ 
mittelbar  unter  derselben  erblickt  man  auf  der  vorderen 
Fläche  ein  rundes,  leider  etwas  verletztes  Loch,  das  unge- 
strahlt  ist.  Diese  vordere  Fläche  ist  durch  2  starke  Kiele 


188 


seitlich  eingefasst  und  ein  dritter  starker  Kiel  geht  von 
der  Spitze  über  den  Rücken  herunter.  Durch  diese  3  Kiele 
wird  die  Mündungskammer  dreieckig,  der  Querschnitt  ist 
aber  ein  gleichschenkeliges  Dreieck,  indem  die  vordere 
Septalfläche  kleiner  ist,  als  die  beiden  Seitenflächen.  Letz¬ 
tere  sind  noch  mit  einigen  gebogenen  Längsrippen  verziert. 
Scheidewände  erblickt  man  nicht.  Ein  deutliche  Furche 
trennt  diesen  Theil  des  Gehäuses  von  dem  folgenden,  wel¬ 
cher  den  Eindruck  macht  einer  einzigen  runden  Anfangs- 
kammer,  die  mit  geraden  Längsrippen  besetzt  ist  und  un¬ 
ten  einige  Stacheln  trägt.  Die  Rippen,  ungefähr  12,  sind 
zahlreicher  als  die  auf  der  Mündungskammer,  ein  Theil 
von  ihnen  geht  in  die  Rippen  der  letzteren  über,  ein  an¬ 
derer  endigt  in  den  Furchen. 

Cristellarien,  die  vollständig  involut  sind,  sind  nicht 
häufig.  Die  meisten  von  ihnen,  die  ein  ganz  involutes 
Gewinde  haben,  gehören  zur  Unterabtheilung  Robulina . 
Folgende  Art  mag  noch  hierhin  gehören: 

29.  Cristellaria  cf.  pauper  cula  Reuss.  (Reuss, 
die  Foraminiferen  d.  deutsch.  Septarienthons.  Denkschriften 
u.  s.  w.  Bd.  25  S.  25  Taf.  3  Fig.  6,  7.)  —  Unsere  Taf.  III 
Fig.  27. 

Es  sind  nur  2  Exemplare  bis  jetzt  gefunden,  die 
glasig,  aber  nicht  glänzend,  sondern  matt,  rauh,  von  grauer 
Farbe  sind.  Das  erste  vollständigere  Exemplar  hat  einen 
Durchmesser  von  3  mm  und  besteht  aus  5  etwas  unregel¬ 
mässig  ausgebildeten  Kammern,  die  durch  seichte  Nähte  von 
einander  getrennt  sind.  Der  ältere  Theil  des  Gehäuses 
wird  durch  diese  Kammern  vollständig  eingehüllt.  Ein 
Nabel  findet  sich  nicht.  Die  jüngste  Kammer  hat  eine 
gestrahlte,  fast  runde  Mündung  an  der  Spitze.  Von  hier 
auf  der  Septalfläche  der  Mündungskammer  zieht  sich  eine 
vertiefte  Linie,  kein  eigentlicher  Spalt  abwärts.  Die  Sep¬ 
talfläche  ist  so  schmal,  dass  sie  fast  nur  durch  diese  ver¬ 
tiefte  Linie  gebildet  wird.  Ein  Kiel  ist  angedeutet;  dieser  ist 
aber  entschieden  stärker  entwickelt  bei  dem  2.  Exemplar, 
welches  ebenfalls  3—4 mm  Durchmesser  hat,  an  dem  aber  die 
Mündung  verletzt  ist.  d’Orbigny  gibt  aber  keine  Art  aus 
dem  Miocen  an,  an  dem  die  Septalfläche  so  schmal  wird, 


189 


während  die  Kammern  gewölbt  erscheinen.  Die  Art,  welche 
diese  Eigenschaften  hat,  ist  Cr.  pauper cula  Reuss  (s.  oben), 
die  auch  im  Uebrigen  mit  diesen  Exemplaren  stimmt.  Nur 
nennt  Reuss  die  Art  klein,  ohne  jedoch  Masse  anzugeben. 

30.  Cristellaria  cf.  cassis  d’Orb.  (1.  c.  S.  91 
Taf.  4  Fig.  4—7.) 

Es  sind  6  Exemplare  gefunden,  die  glatt,  glasig,  aber 
nicht  gerade  glänzend  sind.  Das  grösste  hat  einen  Durch¬ 
messer  von  5  mm.  Die  übrigen  haben  4,  3,5  bis  herunter 
zu  2,5  mm.  Die  Beschreibung  und  Zeichnung  von  d’Or- 
bigny  passt  durchaus,  nur  ist  bei  einigen  der  kleineren 
Exemplaren  das  Gehäuse  sehr  involut,  so  dass  die  Spalte 
der  Mündung  in  der  vorderen  Fläche  der  letzten  Kammer 
fast  den  Rücken  des  Gewindes  berührt. 

31.  Cristellaria  (Robulina)  cultrata  d’Orb.  (1.  c. 
S.  96  Taf.  4  Fig.  10—13). 

Die  einzige  Cristellaria  (ausser  den  bereits  erwähnten 
Marginula  Äkneriana)  welche  Reuss  in  der  Probe,  die 
ich  ihm  früher  mittheilte,  gefunden  hat  und  zwar  noch 
sehr  selten.  Schon  damals  (1860)  äusserte  er  sich  dahin, 
dass  diese  Art  nicht  von  Robulina  similis  d’Orb.  (1.  c.  S.  98 
Taf.  4  Fig.  14,  15)  zu  trennen  sei.  Im  Jahre  1866  in  den 
„Foraminiferen  d.  deutsch.  Septarienthons  (Denkschriften 
u.  s.  w.  Bd.  25  S.  29)  spricht  er  sich  über  Cr  ist.  calcar 
var.  cultrata  folgendermassen  aus: 

„Die  Breite  des  peripherischen  Flügelsaums  ist  sehr 
wandelbar,  bald  ist  er  breit,  bald  nur  schmal  (var.  angu- 
stimargo),  bald  fehlt  er  auch  ganz  (var.  exalata).  Ebenso 
wechselt  die  Grösse  der  Nabelscheibe  bis  zum  Verschwin¬ 
den  derselben.  Die  Nahtrippchen  ragen  manchmal  nur 
sehr  wenig  hervor  und  sind  sehr  fein,  im  anderen  Falle 
sind  sie  breiter  und  höher,  aber  ununterbrochen,  während  sie 
dagegen  wieder  nicht  selten  ganz  oder  theilweise  in  Körnern 
zerschnitten  erscheinen.  Bei  dieser  Mannigfaltigkeit  der 
Formen,  die  sämmtlich  durch  Mittelglieder  mit  einander 
Zusammenhängen,  ist  es  unstatthaft,  einzelne  derselben  her¬ 
auszuheben  und  mit  besonderen  Speciesnamen  zu  belegen. 
Es  muss  daher  auch  Robulina  similis  d’Orb.  mit  Cristellaria 
calcar  var.  cultrata  zusammengefasst  werden.  Eine  andere 


190 


Gruppe  innerhalb  der  Species  Cristell.  cultrata  Linn6  bil¬ 
den  die  Formen  mit  in  Spitzen  oder  Dornen  zerschnittenem 
Randsaum.  Ich  bezeichne  sie  als  Cristell.  calcar  var.  calcar. 
d’Orb.,  weil  d’Orbigny  den  Linne’schen  Namen  auf  diese 
Form  beschränkt.  .  .  .  d’Orbigny  unterscheidet  Bob.  calcar 
und  echinata  von  denen  die  letztere  gestreifte  und  gekörnte 
Kammern  besitzt,  ein  Kennzeichen,  das  wegen  seiner  Ver¬ 
änderlichkeit  nicht  maassgebend  sein  kann.  Mit  var.  calcar 
dürften  noch  einige  andere  Formen,  die  bisher  mit  beson¬ 
deren  Speciesnamen  belegt  wurden,  zu  vereinigen  sein.“ 
(Reuss  führt  als  solche  später  Bob.  limbosa  Reuss  aus 
dem  Mitteloligocen  an.)  So  wurden  also  schon  durch  Reuss 
selbst  damals  eine  Reihe  von  Arten,  die  theils  von  ihm, 
theils  von  d’Orb  ig  ny  aufgestellt  waren,  wie  der  mit  Cr  ist. 
cultrata  oder  calcar  vereinigt  (Cr.  similis,  calcar ,  acutimargo , 
exalata ,  limbosa ,  echinata  u.  s.  w.). 

Ich  habe,  nachdem  ich  meine  Sammlungen  an  Reuss 
abgegeben  hatte  und  von  Neuem  zu  sammeln  angefangen, 
einige  100  Exemplare  dieser  Art  gesammelt  und  kann  die 
Beobachtungen  von  Reuss  nur  bestätigen.  Sämmtliche 
Varietäten,  die  Reuss  in  seinen  Citaten  angibt,  finden 
sich  nebst  Uebergängen  in  meiner  Sammlung.  Auch  die 
Gruppe  var.  calcar  findet  sich  in  erheblicher  Menge,  wenn 
auch  nicht  so  häufig,  als  die  erste  var.  cultrata.  Zu  den 
Beobachtungen,  welche  Reuss  über  die  Mannigfaltigkeit 
der  Formen  angibt,  darf  man  noch  hinzufügen,  dass  auch 
in  der  Zahl  der  Kammern  und  dem  Verlauf  der  Scheide¬ 
wände,  der  bald  fast  gerade,  meistens  etwas  bogenförmig, 
oft  aber  auch  sehr  stark  bogenförmig  gekrümmt  ist  die¬ 
selbe  Mannigfaltigkeit  herrscht,  wie  in  anderen  Stücken, 
während  Uebergänge  eine  scharfe  Trennung  unmöglich 
machen.  Allen  gemeinsam  und  daher  wohl  für  diese  Form 
als  charakteristisch  zu  betrachten,  bleibt  folgendes: 

Gehäuse  glasig,  sehr  involut,  die  Mündung  verhält- 
nissmässig  klein,  spaltförmig  unter  der  gestrahlten  Spitze. 
Der  Schnitt,  welchen  man  durch  die  Windungsaxe  und  die¬ 
jenige  Linie  legt,  die  von  der  Spitze  durch  den  Mittelpunkt 
der  Windungsaxe  bis  nach  unten  gezogen  wird,  ist  unge¬ 
fähr  ein  Rhombus,  dessen  kleinste  Diagonale  die  Windungs- 


1 


191 


axe,  dessen  grosse  Diagonale  die  eben  genannte  Linie  ist. 
Das  Verhältnis  der  beiden  Diagonalen  schwankt  zwischen 
1  : 2  und  1  :  2,6,  ist  im  Mittel  1 : 2,3.  Dadurch  fallen  alle 
Formen,  die  durch  Uebergänge  mit  einander  verbunden 
sind,  zu  dieser  einzigen  Art  zusammen.  Unsicher  bleiben 
nur  einige  Formen,  die  durch  Uebergänge  bis  jetzt  nicht 
deutlich  mit  den  genannten  verbunden  sind.  Sie  stimmen 
zwar  im  Allgemeinen  mit  Cr  ist.  cultrata  überein,  haben  aber 
einen  anderen  Umriss,  namentlich  einen  fünfeckigen  oder 
eine  langspaltförmige  Mündung,  oder  auch  einen  anderen 
Querschnitt  oder  die  Scheidewände  sind  kaum  zu  bemerken. 
Sie  sind  bis  jetzt  nur  in  sehr  wenigen,  zum  Theil  verletz¬ 
ten  Exemplaren  gefunden. 

Indem  ich  diese  und  einige  andere  zu  sehr  verletzte 
Formen  übergehe,  gebe  ich  nun  im  Folgenden  die  Beschrei¬ 
bung  und  Abbilduug  einiger  Cristellarien,  die  zwar  auch 
selten  sind  und  meist  etwas  verletzt,  von  denen  man  je¬ 
doch  behaupten  kann,  dass  sie  nicht  zu  den  Arten  gehören, 
die  in  den  mir  zugänglichen  Werken  beschrieben  und  ab¬ 
gebildet  sind,  wenngleich  sie  zu  manchen  Arten  nahe  Be¬ 
ziehungen  haben.  Aus  diesem  Grunde  und  weil  überhaupt 
vollständige  Exemplare  selten  sind,  unterlasse  ich  es,  sie 
zu  benennen,  und  verweise  in  dieser  Beziehung  auf  das 
früher  Gesagte. 

32.  Cristellaria  sp.  Unsere  Taf.  III  Fig28u.  28a. 

In  einer  Seitenfläche  beträgt  der  grösste  Durchmesser 
von  der  Spitze  nach  unten  3,5  mm,  der  kleinste  senkrecht 
darauf  2,3  mm.  Das  Gehäuse  bildet  aber  kein  regelmässi¬ 
ges  Oval,  sondern  eine  Seite,  die  vorzugsweise  die  vordere 
Septalfläche  der  jüngsten  Kammer  ist,  ist  geradlinig.  Zu¬ 
gleich  ist  das  Gehäuse  von  beiden  Seiten  so  eomprimirt, 
dass  die  beiden  Seitenflächen,  die  fast  überall  einander 
parallel  sind,  kaum  einen  Abstand  von  0,1 — 0,2  mm  von 
einander  haben.  Im  Uebrigen  ist  das  Gehäuse  glasig, 
glatt,  nicht  eigentlich  glänzend,  man  zählt  11  Kammern, 
die  Scheidewände  sind  deutlich,  stark  gebogen.  Ein  eigent¬ 
licher  Nabel  ist  nicht  vorhanden,  wohl  aber  ein  kräftiger 
Kiel.  In  vielen  Beziehungen,  in  der  Zahl  und  Grösse  der 
Kammern,  die  etwas  gewölbt  sind,  in  dem  Vorhandensein 


192 


und  der  Grösse  des  Kiels  erinnert  das  hiesige  Exemplar 
an  Gr  ist.  reniformis  d’Orb.  (1.  c.  S.  88  Taf.  3,  Fig.  39,  40). 
Aber  abgesehen  davon,  dass  bei  dem  hiesigen  Exemplar 
die  Anfangskammer  doch  etwas  kugelig  vorsteht,  dass  der 
Umriss  desselben  breiter  gerundet  ist  und  daher  auch  der 
Verlauf  der  Scheidewände  ein  anderer,  unterscheiden  sich 
die  beiden  wesentlich  durch  die  Form  des  Gehäuses.  Das 
hiesige  Exemplar  hat  deutlich  mehr  als  einen  vollen  Um¬ 
gang,  so  dass  die  Anfangskammer  nicht  wie  bei  Cr.  reni¬ 
formis  am  Rande,  sondern  im  Gewinde  liegt.  Die  Mündung 
ist  leider  verletzt,  so  dass  man  nicht  unterscheiden  kann, 
ob  eine  Robulina,  oder,  wofür  die  allgemeine  Form  spricht, 
eine  Gristellaria  vorliegt.  Einige  nahe  stehende,  aber  be¬ 
deutend  kleinere  Exemplare  gehören  bestimmt  zu  der 
Gruppe  Robulina.  Das  kleinste,  aber  am  besten  erhaltene 
Stück  ist  Fig  28  a  von  der  Seite  und  von  vorn  gezeichnet. 
Es  hat  die  Durchmesser  2  und  1,6  mm  auf  der  Seiten¬ 
fläche. 

33.  Gristell  aria  sp.  Unsere  Taf.  III  Fig.  29. 

Bis  jetzt  hat  sich  nur  ein  einziges  Bruchstück,  wel¬ 
ches  dazu  noch  in  dem  erhaltenen  älteren  Theil  sehr  un¬ 
regelmässig  ausgebildet  ist,  gefunden.  Das  vorhandene 
Stück  hat  eine  Länge  von  1,3  mm,  es  ist  glasig  glänzend, 
sehr  von  der  Seite  zusammengedrückt,  so  dass  dadurch  die 
älteste  Kammer  kugelig  vorsteht.  Bei  dem  vorliegenden 
Exemplar  ist  dieselbe  nach  einer  Seite  gedrückt,  so  dass 
das  Gehäuse  unsymmetrisch  wird,  indem  der  ältere  Theil 
des  Gehäuses  über  den  Rand  nach  der  einen  Seite  heraus¬ 
tritt,  nach  der  anderen  nicht.  Der  Kiel  ist  dabei  unter¬ 
brochen.  Abgesehen  von  diesem  älteren  unregelmässigen 
Theil,  in  dem  kaum  Scheidewände  wahrzunehmen  sind, 
zählt  man  in  dem  übrigen  Theil  des  Gehäuses  6  Kammern, 
die  etwas  convex  und  durch  vertiefte  Nähte  getrennt  sind. 
Der  Rücken  hat  einen  deutlich  abgesetzten  Kiel.  Dieses 
Bruchstück  wird  aber  nur  deswegen  hier  erwähnt  und  ab¬ 
gebildet,  weil  es  das  einzige  Stück  ist,  welches  mit  Rippen 
verziert  ist,  die  dem  Kiel  parallel  laufen.  Die  Rippen  sind 
sehr  fein,  zahlreich,  auf  dem  jüngeren  Theil  hat  man  jeder- 
seits  10  Rippen,  die  bald  über  das  ganze  Gehäuse  hinweg- 


193 


gehen,  bald  an  den  Furchen  absetzen.  d’Orbigny  er¬ 
wähnt  eine  Art  Bob.  ariminensis  1.  c.  S.  90  Taf.  4  Fig.  8,  9 
und  Czizek  eine  2.  aus  dem  Miocen  von  Wien,  Bob.  strio- 
lata  1.  c.  S.  142  Taf.  12  Fig.  28,  29.  Beide  können  hier 
nicht  in  Betracht  kommen,  weil  sie  eine  andere  Form  des 
Gehäuses  besitzen.  Sie  haben  einen  mehr  gerundeten  Um¬ 
riss  und  sind  durchaus  nicht  so  comprimirt.  Erstere  hat 
übrigens  viel  weniger  und  dafür  desto  stärkere  Rippen, 
auch  die  Rippen  der  letzteren  sind  noch  stärker,  als  die 
an  dem  hiesigen  Exemplar.  Ebenso  unterscheiden  sich 
Cr.  lanceoluta  d’Orb.  1.  c.  S.  89  Taf.  3  Fig.  41,  42  und 
Crist.  semiluna  d’Orb.  1.  c.  Taf.  3  Fig.  43t  44,  die  auch 
wenigstens  zum  Theil  ähnliche  Rippen  haben  und  eben  so 
seitlich  comprimirt  sind,  doch  hinlänglich  durch  die  Form 
des  Gehäuses,  die  Form  und  Zahl  der  Kammern,  sowie 
die  Grösse  —  bei  beiden  ist  der  Durchmesser  über  3  mm 
—  als  dass  sie  zur  Vergleichung  in  Betracht  kommen  könn¬ 
ten.  Ausserdem  ist  auch  der  Verlauf  der  Rippen  ein  an¬ 
derer,  nicht  ganz  dem  Rücken  parallel.  Jedenfalls  zeigt 
dies  Bruchstück,  dass  auch  Crisffellarien,  die  mit  Rippen 
versehen  sind,  welche  dem  Kiel  parallel  laufen,  dem  hiesi¬ 
gen  Miocen  nicht  fremd  sind. 

34.  Gristellaria  cf.  reniformis?  d’Orb. 

Ein  einziges  Bruchstück,  dessen  grösster  Durchmesser 
1  mm  oder  wenn  man  es  sich  ergänzt  denkt,  höchstens 
1,5  mm  beträgt,  während  d’Orbigny  für  Cr.  reniformis 
einen  Durchmesser  von  3mm  angibt  (d’Orb.  1.  c.  S.  88  Taf.  3 
Fig.  39,  40).  Abgesehen  von  diesem  Grössenunterschied 
lässt  es  sich  in  manchen  Stücken  wohl  mit  Cr.  reniformis 
vergleichen.  Das  Gehäuse  ist  glasig  glänzend,  oblong, 
von  den  Seiten  zusammengedrückt,  aber  nicht  derartig,  dass 
die  Anfangskammer,  wenn  man  das  Exemplar  gegen  die 
Septalfläche  der  letzten  Kammer  betrachtet,  kugelig  Vor¬ 
stände.  Es  besitzt  11  nicht  gewölbte  Kammern,  deren 
Nähte  auch  nicht  vertieft  sind.  Auch  der  Kiel  ist  eben¬ 
falls  nicht  breit,  aber  deutlich  und  scharf.  Der  einzige, 
jedoch  bedeutende  Unterschied,  der  zwischen  diesen  Exem¬ 
plaren  und  der  Cr.  reniformis  d’Orb.  vorhanden  ist,  liegt 
darin,  dass  das  hiesige  Stück  sehr  feine  Rippen  hat,  die 

Verh.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX.  13 


194 


zwar  nicht  ganz  concentrisch  resp.  dem  Rücken  parallel 
sind,  die  aber  doch  im  Allgemeinen  in  dieser  Richtung 
gebogen  erscheinen.  Bei  dem  einzigen  hiesigen  Exemplar 
sind  auf  der  einen  Seite  5—6  solcher  Rippchen  vorhanden. 
Deutlich  sind  sie  nur  auf  den  jungen  Kammern.  Wären 
die  Rippen  nicht  vorhanden,  so  würde  man  das  Exem¬ 
plar  unbedingt  zu  Cr  ist.  reniformis  d’Orb.  rechnen. 

35.  Cristellaria  cf.  reniformis  d’Orb. 

Die  hierhin  gerechneten,  ebenfalls  nur  in  wenigen 
Exemplaren  vorhandenen  Formen  haben  diese  feinen  Rip¬ 
pen  nicht,  sie  stimmen  in  allen  Stücken  mit  Cr  ist.  renifor¬ 
mis  d’Orb.  überein;  aber  ihr  grösster  Durchmesser  ist  bei 
vollständiger  Erhaltung  und  7  Kammern  nur  1  mm.  Dazu 
liegt  die  deutliche  langspaltförmige  Mündung  auf  der  vor¬ 
deren  Septalfläche  unter  der  gestrahlten  Spitze,  so  dass 
diese  Form  zur  Gruppe  Robulina  gerechnet  werden  muss, 
während  d’Orb igny  Cr.  reniformis  noch  zur  Gruppe  Cri¬ 
stellaria  rechnet. 

36.  Cristellaria  sp.  Unsere  Taf.  III  Fig.  30. 

Ein  sehr  defektes  Stück  von  1,7  mm  grösster  Länge,  von 

der  Spitze  abwärts.  Es  wird  nur  deswegen  hier  erwähnt  und 
abgebildet,  weil  es  auf  keine  der  beschriebenen  und  abge¬ 
bildeten  Arten  bezogen  werden  kann.  Es  ist  glasig,  glän¬ 
zend.  Erhalten  ist  die  vordere  Fläche  der  jüngsten  Kam¬ 
mer,  welche  die  dreieckige  Mündung  unter  der  Spitze  trägt. 
Nach  der  Form  dieser  Fläche  ist  das  Gehäuse  mässig  von 
den  Seiten  comprimirt.  Ein  Kiel  ist  vorhanden,  deutlich 
und  scharf,  aber  nicht  bedeutend  entwickelt.  Der  untere 
Theil  des  Gehäuses,  sowie  auch  der  vordere,  ist  mehr 
oder  weniger  zerstört,  so  dass  die  inneren  Windungen  blos 
liegen,  nach  diesen  ist  das  Gehäuse  ziemlich  involut  gewe¬ 
sen.  Auf  den  Seitenflächen  sind  5—6  gerundete  mächtige 
Höcker,  die  wohl  im  Allgemeinen  den  Kammern  entspre¬ 
chen  mögen.  Scheidewände  sind  nicht  nachzuweisen,  aber 
vielleicht  bezeichnen  undeutliche  Rippen,  die  zwischen  den 
Höckern  liegen  und  bis  in  den  Kiel  fortsetzen,  solche  Scheide¬ 
wände. 

d’Orb  igny  in  den  Foraminiferen  des  Wiener  Beckens 
führt  einige  Formen  an,  die  mit  Höckern  namentlich  im 


195 


Centrum  besetzt  sind  (z.  B.  Crist.  cassis  d’Orb.  S.  91 
Taf.  4  Fig.  4 — 7  und  andere).  Bei  allen  ist  aber  das  Ge¬ 
häuse  weniger  von  der.  Seite  comprimirt,  die  Höcker  sind 
weniger,  kleiner  und  nur  im  Mittelpunkt,  der  Kiel  dagegen 
in  der  Regel  stärker  entwickelt,  während  dies  bei  dem 
hiesigen  Exemplar  sieb  umgekehrt  verhält. 

37.  Cristellaria  sp.  Unsere  Taf.  III  Fig.  31. 

Auch  von  dieser  Form  habe  ich  nur  einige,  darunter 

aber  vollständig  erhaltene  Exemplare  gefunden,  von  denen 
das  grösste  einen  Durchmesser  von  0,8  mm,  das  kleinste  von 
0,5  mm  hat.  Bei  allen  ist  das  Gehäuse  glatt,  glasig,  kaum 
glänzend,  von  den  Seiten  mässig  comprimirt,  aber  stark 
involut.  Ein  deutlicher,  aber  nicht  sehr  breiter  Kiel  ist 
vorhanden,  dagegen  keine  Nabelscheibe.  Kammern  zählt 
man  an  den  grösseren  Exemplaren  6,  an  den  kleineren  5, 
sie  bilden  einen  vollen  Umgang  und  sind  durch  vertiefte 
Nähte  von  einander  getrennt.  Namentlich  ist  die  jüngste 
Kammer  durch  eine  recht  tiefe  Naht  von  dem  folgenden 
Gewinde  geschieden  und  trägt  auf  einem  schnauzenartigen 
Vorspruug  eine  gestrahlte  Spitze  und  unter  derselben  die 
spaltförmige  Mündung.  Aus  dem  Miocen  ist  mir  keine  Art 
bekannt,  die  mit  dieser  verglichen  werden  könnte.  Wenn 
nicht  der  Querschnitt  des  Gehäuses  ein  durchaus  verschie¬ 
dener  wäre,  könnte  man  sie  an  die  Gruppe  Cr.  pauper cula 
Reuss  (unsere  Taf.  III  Fig.  27)  anschliessen. 

38.  Cristellaria  sp.  Unsere  Taf.  III  Fig.  32. 

Gehäuse  glasig  glänzend,  glatt  bis  auf  die  jüngste 

Kammer,  welche  sehr  fein  von  oben  nach  unten  gerippt  ist 
Von  der  Seite  her  ist  es  sehr  zusammengedrückt,  so  dass 
in  der  Ansicht  von  vorn  oder  von  oben  die  Anfangskam¬ 
mer  etwas  als  Kugel  auf  beiden  Seiten  vorsteht.  Von  der 
gestrahlten  Spitze  bis  nach  unten  beträgt  der  Durchmesser 
1,1  mm.  Von  den  Seiten  gesehen,  ist  die  Spitze  fast  mittel¬ 
ständig,  die  Form  ein  etwas  unregelmässiges  Oval,  nur  die 
Spitze  etwas  vorgezogen.  Unter  der  Spitze  auf  der  vorde¬ 
ren  Septalfläche  liegt  die  spaltförmige  Mündung.  Die  jüngste 
Kammer,  welche  fast  die  Hälfte  des  ganzen  Gehäuses  aus¬ 
macht,  ist  durch  eine  sehr  tiefe  Furche,  die  schief  von  oben 
hinten  nach  unten  vorn  verläuft,  von  dem  übrigen  Theil 


.  196 


des  Gehäuses  getrennt.  Die  Furche  ist  beiderseits  durch 
starke  Rippen  eingefasst,  wie  sie  auch  an  der  Septalfläche 
stehen.  Auch  an  der  2.  Kammer  sieht  man  noch  Spuren 
einer  solchen  Furche  und  Einfassung.  Der  übrige  Theil 
des  Gewindes  ist  ohne  Furche,  doch  ist  eine  Kammerung 
deutlich  zu  erblicken.  Die  Scheidewände  laufen  von  der 
kleinen  Nabelscheibe  aus  in  einem  nach  oben  convexen 
Bogen.  Ein  schmaler  Kiel  umgibt  das  ganze  Gehäuse  mit 
Ausschluss  der  Septalfläche  der  jüngsten  Kammern. 

Mir  ist  keine  Art  bekannt,  bei  welcher  eine  so  tiefe 
Trennung  der  letzten  Kammer  vom  Gewinde  vorkommt. 
Eine  sehr  entfernte  Aehnlichkeit  möchte  Cr  ist.  depauperata 
Reuss  (Foraminiferen  des  deutschen  Septarienthons  S.  30 
Taf.  4  Fig.  2,  4 — 6)  haben,  die  nach  Reuss  sehr  variabel 
ist.  Die  abgebildeten  Formen  haben  aber  alle  starke,  rip¬ 
penartig  vorstehende  Scheidewände,  die  beim  hiesigen 
Exemplar  fehlen,  während  die  tiefe  Furche  am  Ende  der 
jüngsten  Kammer  und  die  feine  Berippung  derselben  bei 
jener  nicht  erwähnt  werden. 

Bruchstücke  von  Cristellarien,  bisweilen  entschieden 
abweichend  von  den  beschriebenen,  sind  zahlreich  vor¬ 
handen,  lassen  jedoch  keine  nähere  Bestimmung  zu,  da  sie 
unvollständig  erhalten  sind. 

(Schluss  des  1.  Theiles.) 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Tafel  II. 

Fig.  1.  Glandulina  laevigcita  d;Orb. 

Fig.  2.  „  „ 

Fig.  3.  ovula  d’Orb. 

Fig.  4,  4  a.  Gland.  neglecta  Neugeboren.  4  a  von  der  Seite. 
Fig.  5.  Nodosaria  cf.  semirugosa  d’Orb. 

Fig.  6,  6  a,  6  b.  Nodos,  bacillum  Pefr. 

Fig.  7.  Dentalina  cf.  bifurccita  d’Orb. 

Fig.  8.  Dentalina  sp.  Nr.  B. 


Yerh.  d.  N.  V.  Jahrg.XXXXIX. 


TaF.II 


1. 

\ 

\ 


W.Karsch  del 


A  .Henry , Bonn. 


Vtrh.  d.  N.V.Jahrg.  XXXXIX. 


Taf.  ///. 


20  b. 


10  c. 


10  ÖL 


X 


20  e. 


28  a. 


AHenryßonn. 


ßf 


\UL\»ß  U3»MN 


197 


Fig. 
Fi  g. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 

Fig. 


9.  Dentalina  sp.  Nr.  C. 

10  u.  10  a.  Dent.  sp.  Nr.  D. 

11  u.  11a.  „  „  „  E. 

12.  Dent.  sp.  Nr.  F. 

19  ft 

14.  „  „  „  H. 

15.  „  „  „  I. 

16  u.  16  a.  Dent.  sp.  Nr.  K. 

17.  Vaginulina  cf.  Badenensis  d’Orb. 

18.  Cristellaria  ( Mctrginulina )  sp.  Neugeboren. 

19.  M  ..  ..  11 


Tafel  III. 


20.  Cristellaria  Äkneriana  Reuss. 

20a— 20g.  Cristellaria  sp. 

20.  Mündung  nach  rechts. 

„  links. 

„  rechts. 

n  n 

„  links. 

rechts. 

„  links. 

21.  Cristellaria  Dingdensis  Hos. 

22.  Crist.  sp.  Nr.  A  von  rechts  und  links. 
22  a— 22  c.  Crist.  sp. 

22  von  beiden  Seiten. 

22a.  Mündung  nach  rechts. 

22  b.  „  „  links. 


20  a. 
20  b. 
20  c. 
20  d. 
20  e. 
20  f. 

20  g. 


5) 

r> 

?? 

n 

n 


22  c.  j,  „  »» 

23.  Cristellaria  costata  Hos. 

24.  „  raricosta  Hos. 

25.  „  hirsata  d’Orb. 

25  a — 25  d.  Crist  cf.  hirsuta  d’Orb. 

26.  Crist.  minuta  Hos.  von  der  Seite  und  von  vorn. 

27.  „  cf.  paupercula  Reuss,  von  der  Seite  u.  von  vorn. 
28  u.  28  a.  Crist.  sp.  28  a  von  der  Seite  und  vorn. 

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30. 

31. 

32. 


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33 


3’ 


Die  Lamellibranchiaten  des  Miocäns  von  Dingden. 

I.  Theil:  Asiphonida  und  Siphonida  Integripalliata. 

Von 

Dr.  Friedrich  Lehmann, 

Realgymnasiallehrer. 

Siegen,  1892. 


(Hierzu  Taf.  IV.) 


Die  nachstehende  Arbeit  liefert  eine  systematische 
Beschreibung  der  zu  Dingden  bei  Bocholt  aufgefundenen 
Lamellibranchiaten  und  bildet  somit  einen  Beitrag  zur  pa- 
läontologischen  Kenntniss  der  Miocänablagerungen  des 
nordwestlichen  Westfalens. 

Die  Dingden’schen  Asiphonida  und  Siphonida  Integri- 
palliata  habe  ich,  durch  Herrn  Geh.  Regierungsrath  Prof. 
Dr.  Hosius  freundlichst  dazu  angeregt,  bereits  1885  in 
meiner  Inaugural- Dissertation*)  beschrieben.  Um  aber  den 
Inhalt  dieser  Dissertation  weiteren  Kreisen  zugänglich  zu 
machen,  gelangt  dieselbe,  wenn  auch  wesentlich  gekürzt, 
als  I.  Theil  hier  nochmals  zum  Abdruck,  nachdem  ich  sie 
einer  sorgfältigen  Revision  unterzogen  habe.  Leider  war 
ich  durch  Amtsobliegenheiten  und  in  Folge  einer  längeren 
Erkrankung  gezwungen,  die  Veröffentlichung  der  Beschrei¬ 
bung  der  Dingden’schen  Siphonida  Sinupalliata ,  welche 
den  II.  Theil  der  vorliegenden  Arbeit  bildet,  bis  jetzt  hin¬ 
auszuschieben. 

*)  F.  Lehmann,  Die  Lamellibranchiaten  des  Miocäns  von 
Dingden.  I.  Theil :  Asiphonida  und  Siphonida  Integripalliata.  Mit 
2  Tafeln.  Münster,  1885. 


199 


Das  Material  für  die  nachstehenden  Untersuchungen 
habe  ich  ausschliesslich  dem  paläontologischen  Museum  der 
Königlichen  Akademie  zu  Münster  entnommen,  da  sich  un¬ 
ter  den  von  mir  selbst  in  Dingden  gesammelten  Stücken 
weitere  Arten  nicht  vorfanden.  Genanntes  Material  ist  von 
Geh.  Regierungsrath  Prof.  Dr.  Etosius,  der  es  mir  bereit¬ 
willigst  zur  Verfügung  stellte,  durch  langjährige  Bemühun¬ 
gen  zusammengebracht  worden. 

Zur  Vergleichung  konnte  ich  die  im  genannten  paläon¬ 
tologischen  Museum  befindlichen  Sammlungen  von  Lamelli- 
branchiaten  aus  den  Miocänablagerungen  Belgiens  und  des 
Wiener  Beckens  benutzen. 

An  litterarischen  Hülfsmitteln  standen  mir  ausser  der 

\ 

Zeitschrift  „Palaeontographica“,  der  „Zeitschrift  der  deut¬ 
schen  geologischen  Gesellschaft“  und  den  „Verhandlungen 
des  naturhistorischen  Vereins  der  preussischen  Rheinlande 
und  Westfalens“  folgende  Werke  zu  Gebote: 

Becks.  Ueber  tertiäre  Ablagerungen  in  den  niederländischen 
Provinzen  Gelderland  und  Ober-Yssel.  (Neues  Jahrbuch  für 
Mineralogie,  Geognosie,  Geologie  und  Petrefaktenkunde,  her¬ 
ausgegeben  von  Leonhard  und  Bronn.  Jahrgang  1843 
p.  257—263  incl.) 

*Brocchi,  G.  Conchiologia  fossile  Subapennina  con  osservazioni 
geologiche  sugli  Apennini  e  sul  suolo  adjacente.  (Con 
sedici  tavole  in  rame.)  Tomo  secondo.  Milano,  1814. 

*Deshayes,  G.  P.  1.  Description  des  coquilles  fossiles  des  en- 
virons  de  Paris.  Tome  premier.  Conchiferes.  Paris,  1824. 

2.  Description  des  coquilles  fossiles  des  envrions  de  Paris.  Atlas. 

Paris,  1837. 

3.  Description  des  animaux  sans  vertebres  decouverts  dans  le 

bassin  de  Paris.  —  Tome  premier.  Texte.  Mollusques  ace- 
phales  dimyaires.  Accompagne  d’un  atlas  de  89  planches. 
Paris,  1860.  —  Tome  deuxieme.  Texte.  Mollusques  ace- 
phales  monomyaires.  p.  1 — 136  incl.  Paris  1864. 

Goldfuss,  A.  Petrefacta  Germaniae,  iconibus  et  descriptioni- 
bus  illustrata.  Abbildungen  und  .Beschreibungen  der  Petre- 
facten  Deutschlands  und  der  angrenzenden  Länder.  Zweiter 
Theil.  Düsseldorf  1834-1840. 


*)  Die  mit  einem  *  versehenen  Werke  waren  mir  leider  nur 
für  kurze  Zeit  zugänglich. 


200 


Hoeriies,  M.  Die  fossilen  Mollusken  des  Tertiär-Beckens  von 
Wien.  II.  Bd.  (Abhandlungen  der  Kaiserl.-Königl.  geolog. 
Reichsanstalt.  IV.  Bd.  Mit  85  lithograph.  Tafeln.  Wien  1870.) 

Ny  st,  P.  H.  Description  des  coquilles  et  des  polypiers  fossiles 
des  terrains  tertiaires  de  la  Belgique.  Bruxelles,  1843. 

Philippi,  R.  A.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Tertiärversteinerun- 
gen  des  nordwestlichen  Deutschlands.  Mit  Abbildungen. 
Kassel,  1843. 

*Sandberger,  C.  L.  Fridol.  Die  Konchylien  des  Mainzer  Ter¬ 
tiärbeckens.  Mit  35  Tafeln  Abbildungen.  Wiesbaden  1863. 

Weinkauff,  H.  C.  Die  Konchylien  des  Mittelmeeres,  ihre  geo¬ 
graphische  und  geologische  Verbreitung.  Bd  I  Mollusca  ace¬ 
phala.  Cassel,  1867. 

Zittel,  K.  A.  Handbuch  der  Paläontologie.  I.  Bd.  2.  Abtheilg. 
1.  Lieferg.  (In  der  Gesammtfolge  I.  Bd.  5.  Lieferung.)  Mit 
200  Original-Holzschnitten.  München  u.  Leipzig,  1881. 

Die  holländische  Litteratur  war  mir  leider  nicht  zu¬ 
gänglich,  und  ich  vermag  daher  nicht  zu  beurtlieilen,  ob 
sich  in  derselben  eine  Bearbeitung  der  Lamellibranchiaten 
der  mit  den  Miocänablagerungen  von  Dingden  zusammen¬ 
hängenden  Miocänschichten  von  Winterswyk  und  Eibergen 
vorfindet. 

Zum  Schlüsse  dieser  einleitenden  Bemerkungen  ist 
es  mir  Bedürfniss,  meinem  verehrten  Lehrer,  Herrn  Ge¬ 
heimrath  Prof.  Dr.  Hosius  für  die  Anregung  zu  dieser 
Arbeit,  sowie  für  die  freundliche  Unterstützung,  die  der¬ 
selbe  mir  bei  meinen  Untersuchungen  hat  zu  Theil  werden 
lassen,  meinen  verbindlichsten  Dank  abzustatten. 


I.  Ordnung:  Asiphonida. 

A.  Monomyaria. 

Familie:  Ostreidae,  Lam.  —  Gattung:  Ostrea,  Lin.  (s.str.). 

1.  Art:  Ostrea  spec. 

Es  liegt  mir  von  dieser  Art  nur  eine  Deckelklappe 
vor,  welche  zudem  noch  an  den  Rändern  theilweise  be- 


201 


schädigt  und  an  der  Aussenfläche  schon  stark  abgerieben 
ist.  Ihre  Länge  beträgt  ungefähr  17  mm  und  ihre  Höhe 
20  mm. 

Die  in  meiner  Inaugural-Dissertation  von  dieser  de¬ 
fekten  Klappe  gegebene  genauere  Beschreibung  habe  ich 
hier  unterdrückt,  weil  durch  dieselbe  eine  sichere  Bestim¬ 
mung  der  Art  doch  nicht  ermöglicht  wird. 

2.  Art:  Ostrea  spec. 

Auch  von  dieser  Art  ist  in  Dingden  nur  eine  Klappe 
gefunden  worden  und  zwar  eine  Unterklappe.  Dieselbe 
ist  ungefähr  9  cm  lang  und  10  cm  hoch,  sehr  dickwandig^ 
stark  gewölbt,  kahnförmig;  ihr  Wirbel  biegt  sich,  nur  we¬ 
nig  nach  vorn  gewendet,  hakenfömig  gegen  die  Deckel¬ 
klappe  um.  Leider  ist  sie  sowohl  aussen  als  auch  innen 
schon  so  stark  abgeblättert,  dass  eine  Bestimmung  der  Art 
nicht  möglich  ist.  Ihrem  ganzen  Habitus  nach  gehört  sie 
zu  den  gryphaeaten  Austern,  und  zwar  besitzt  sie  einige 
Aehnlichkeit  mit  0.  cochlear ,  Poli  (cf.  Hoernes,  „Die  foss. 
Moll,  des  Tert.-Beckens  von  Wien,“  Bd.  II  p.  435  seqq., 
Tab.  LVIII,  Fig.  1—3). 


Familie:  Pectinidae,  Lam.  —  Gattung:  Pecten ,  Klein. 

1.  Art:  Pecten  Gerardi,  Nyst. 

(„Recherches  sur  les  coq.  foss.  de  la  prov.  d’Anvers“,  1835,  p.  19 
n°.  75,  tab.  III,  fig.  75,  et  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss. 
etc.“  1843,  p.  300  seq.  n°.  250,  tab.  XVIII,  fig.  11,  a,  b.) 

Dem  Umstande,  dass  die  Schale  dieser  Art  sehr  dünn¬ 
wandig  und  daher  äusserst  zerbrechlich  ist,  ist  es  zuzuschrei¬ 
ben,  dass  mir  von  diesem  Pecten ,  welcher  bei  Dingden  der 
häufigste  zu  sein  scheint,  nicht  eine  einzige  vollständig  er¬ 
haltene  Klappe  vorliegt,  sondern  nur  eine  Anzahl  mehr 
oder  weniger  grosser  Bruchstücke,  die  sich  glücklicherweise 
aber  recht  gut  ergänzen.  —  In  der  Grösse  bleiben  die  ge¬ 
nannten  Dingden'schen  Vorkommnisse  hinter  den  bei  Nyst 
(cf.  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss.  etc.“,  1.  c.)  be¬ 
schriebenen  und  abgebildeten  Exemplaren  aus  Antwerpen 


202 


durchschnittlich  zurück,  doch  lassen  erstere  ihres  defekten 
Zustandes  wegen  eine  genauere  Grössenangabe  nicht  zu. 

Ausser  Dingden  und  Antwerpen,  woselbst  die  in  Rede 
stehende  Art  ziemlich  häufig  vorkommt,  sind  mir  weitere 
Fundorte  für  dieselbe  nicht  bekannt  geworden. 

2.  Art:  Pecten  Lamali,  var.,  Nyst. 

(„Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss.  etc.‘‘  p.  305  seq.  n°.  254, 

tab.  XXII,  fig.  5,  b,  d.) 

Ausser  einigen  Bruchstücken  liegen  mir  aus  Ding¬ 
den  von  dieser  Art  eine  rechte  und  eine  linke  Klappe  vor, 
welche  beide  ziemlich  gut  erhalten  sind;  erstere  ist  13mm 
lang,  14  mm  hoch  und  nicht  ganz  3  mm  dick,  letztere  etwas 
über  13  mm  lang,  14  mm  hoch  und  knapp  2  mm  dick. 

Die  Schale  ist  dünnwandig,  fast  kreisrund,  nahezu 
gleichseitig,  etwas  ungleichklappig,  indem  die  rechte  Klappe 
schwach  gewölbt,  die  linke  aber  fast  flach  und  nur  am 
Wirbel  etwas  aufgetrieben  ist.  Die  Wirbel  laufen  in  eine 
feine  Spitze  aus,  die  ein  wenig  über  den  Schlossrand  her¬ 
vortritt.  Die  Ohren  sind  verhältnissmässig  klein,  ungleich ; 
in  der  rechten  Klappe  ist  das  vordere  Ohr  mit  einem  ziem¬ 
lich  tiefen  Byssusausschnitt  versehen,  dessen  unterer  Rand 
mit  kleinen  Zähnchen  besetzt  ist.  Die  Aussenfläche  ist  bei 
der  rechten  Klappe  mit  9,  bei  der  linken  mit  13  sehr  stark 
hervortretenden,  bald  mehr,  bald  minder  breiten,  konvexen 
Radialrippen  bedeckt,  welche  in  deutliche  Radiallinien  ab- 
getheilt  sind;  nach  oben  hin  nehmen  diese  Rippen  rasch 
an  Breite  und  Höhe  ab  und  verschwinden  schon  bald  ober¬ 
halb  der  Mitte  der  Klappen  fast  ganz,  so  dass  der  Wirbel 
glatt  oder  doch  nur  mit  feinen  Radiallinien  geziert  er¬ 
scheint;  bei  der  rechten  Klappe  sind  sie  unten  am  Ventral¬ 
rande  durch  eine  tiefe,  bis  zu  2  mm  lange  Furche  in  zwei 
fast  gleiche  Theile  gespalten.  Die  Zwischenräume  zwischen 
den  Rippen  sind  durchschnittlich  schmaler  als  diese;  sie 
sind  mit  besonders  unten  deutlichen  Radialstreifen  bedeckt, 
die  an  den  Durchkreuzungspunkten  mit  den  zahlreichen, 
unregelmässig  konzentrischen  Zuwachstreifen  mehr  oder 
weniger  knotig  erscheinen;  bei  der  rechten  Klappe  bemerkt 
man  in  einzelnen  dieser  Zwischenräume  vom  Ventralrande 


203 


aus  wenig  tief  einwärts  verlaufende  Mittelrippchen.  Die 
Ohren  erscheinen  mit  radialen  und  mit  darauf  senkrecht 
verlaufenden,  schwächeren  Rippen  besetzt,  die  zusammen 
ein  Gitter  mit  mehr  oder  weniger  deutlich  knotigen  Durch¬ 
kreuzungspunkten  bilden.  —  Die  Innenfläche  beider  Klap¬ 
pen  besitzt  einen  seidenartigen  Glanz,  und  es  treten  auf 
derselben  die  Rippen  und  Furchen  der  Aussenfläche  deut¬ 
lich  bezw.  als  Furchen  und  Rippen  auf.  Die  Ligament¬ 
grube  ist  klein,  dreieckig,  und  von  ihr  geht  nach  beiden 
Seiten  hin  über  die  innere  Fläche  der  Ohren  je  eine  mehr 
oder  weniger  deutliche,  dem  Schlossrande  parallele  Furche 
aus.  Der  Muskeleindruck  ist  ziemlich  gross,  unregelmässig 
oval,  schräg  nach  unten  und  vorn  gerichtet,  braungelb 
gefärbt. 

Die  vorstehend  beschriebenen  Stücke  stimmen  mit 
den  bei  Nyst  a.  a.  0.  vorhandenen  Abbildungen  der  Va¬ 
rietät  von  P.  Lamali  überein.  Nyst  vermuthet,  dass  man 
diese  nach  ihm  bei  Antwerpen  selten  vorkommende  Art 
später  wohl  mit  dem  sehr  variablen  P.  tigerinus ,  Müller 
(cf.  Nyst,  1.  c.  p.  303  seqq.  n°.  253,  tab.  XXIII,  lig.  4 — 10) 
vereinigen  werde;  doch  lässt  er  beide  Arten  noch  getrennt, 
da  ihm  die  Uebergangsformen  zwischen  denselben  fehlen. 
Das  geringe  Material,  welches  sich  bisher  bei  Dingden  vor¬ 
gefunden  hat,  ermöglicht  in  dieser  Beziehung  auch  keine 
Entscheidung. 

3.  Art:  Pecten  Hosiusi,  nov.  spec.  (Taf.  IV,  Fig.  1.) 

Von  dieser  weitaus  grössten  der  bis  jetzt  bei  Dingden 
angetroffenen  Vecten- Arten  findet  sich  in  der  hiesigen  Samm¬ 
lung  leider  nur  eine  einzige  Klappe  vor,  die  aber  ziemlich 
gut  erhalten  ist.  —  Dieselbe  misst  ungefähr  95  mm  in  der 
Länge,  82  mm  in  der  Höhe  und  14  mm  in  der  Dicke. 

Sie  ist  ziemlich  dickwandig,  breit- rundlich,  schwach 
gewölbt,  etwas  ungleichseitig,  indem,  von  aussen  betrach¬ 
tet,  die  linke  obere  Ecke  etwas  weiter  ausgezogen  ist,  als 
die  rechte.  Der  Wirbel  läuft  in  ein  ziemlich  stumpfes 
Ende  aus;  seine  beiden  Randlinien  laufen  nur  wenig  schräg 
abwärts  und  bilden  so  mit  einander  einen  sehr  stumpfen, 
etwa  140°  betragenden  Winkel.  Die  Ohren  sind  verhält- 


204 


massig  sehr  klein,  wenig  ungleich,  und  zwar  ist,  von  aussen 
gesehen,  das  rechte  Ohr  etwas  grösser,  als  das  linke,  wes¬ 
halb  ich  glaube,  dass  wir  es  mit  einer  rechten  Klappe  zu 
thun  haben.  Die  Aussenfläche  trägt  13  breite,  konvexe 
Radialrippen,  die  nach  beiden  Seiten  hin  flacher  werden 
und  sich  schliesslich  in  Radialstreifen  auflösen.  Jede  Rippe 
setzt  sich,  wenigstens  in  ihrem  breiteren,  unteren  Theile, 
meist  aus  6 — 8  scharfkantigen  Rippchen  zusammen,  von 
denen  die  mittleren  die  breitesten  sind,  und  von  denen 
jede  mit  einer  Reihe  höckerartig  emporstehender  Schuppen 
dicht  besetzt  ist.  Die  Zwischenräume  zwischen  den  Rippen 
sind  etwa  halb  so  breit  wie  diese;  eine  Mittelleiste,  die 
sich  jedoch  schon  bald  oberhalb  der  Mitte  der  Klappe  ver¬ 
liert,  und  die  auch  mit  dichtgedrängten,  höckerartig  empor¬ 
stehenden  Schuppen  besetzt  ist,  theilt  jeden  der  Zwischen¬ 
räume  in  zwei  Hälften,  welche  je  flach  rinnenartig  aus¬ 
gehöhlt  und  durch  unregelmässige  Zuwachsringe  quergestreift 
erscheinen;  bisweilen  bemerkt  man  auch  noch  in  der  Mitte 
dieser  Furchenhälften  eine  vom  Ventralrande  sich  wenig 
tief  einwärts  erstreckende,  feine,  höckerige  Leiste.  Die 
Ohren  sind  mit  3  oder  4  ungleich  starken,  mehr  oder  we¬ 
niger  höckerigen  Radialrippchen  und  mit  zahlreichen,  un¬ 
regelmässigen  Querstreifen  bedeckt.  —  Die  Innenfläche  der 
Klappe  besitzt  einen  matten  Fettglanz.  Hier  und  da  haften 
noch  an  ihr  kleinere,  unregelmässig  begrenzte  Partieen 
einer  braun  gefärbten  organischen  Substanz.  Die  Aussen- 
rippen  treten  nach  innen  als  breite,  sehr  flach  ausgehöhlte 
Furchen,  die  Aussenfurchen  als  noch  etwas  breitere,  nie¬ 
drige,  in  der  Mitte  der  Länge  nach  rinnenartig  eingedrückte 
Rippen  auf.  Die  ziemlich  tiefe,  ungleichseitig-dreieckige 
Ligamentgrube  erscheint  undeutlich  quergestreift;  von  ihr 
geht  nach  vorn  und  nach  hinten  über  die  innere  Fläche 
der  Ohren  je  eine  mehr  oder  weniger  undeutliche,  kurze, 
dem  Schlossrande  parallele  Furche  aus. 

Ich  habe  mir  erlaubt,  diese  bisher  unbeschriebene  Art 
nach  meinem  verehrten  Lehrer  Herrn  Geheimrath  Prof.  Dr. 
Hosius  zu  benennen. 


205 


4.  Art:  Pecten  Guestfalicus,  nov.  spec.  (Taf.  IV,  Fig.  2.) 

Ausser  drei  stark  beschädigten  Klappen  liegen  von  die¬ 
ser  Art  aus  Dingden  eine  linke  und  zwei  rechte  Klappen  vor, 
welche  ziemlich  gut  erhalten  sind.  Die  linke  Klappe  misst 
23  mm  in  der  Länge,  24  mm  in  der  Höhe  und  6  mm  in  der 
Dicke;  von  den  beiden  rechten  Klappen  stimmt  die  kleinere 
der  Grösse  nach  mit  der  linken  Klappe  überein,  während 
die  grössere  34  mm  lang,  35  mm  hoch  und  8  mm  dick  ist. 

Die  genannten  Klappen  sind  dickwandig,  fast  kreis¬ 
rund,  nahezu  gleichseitig,  mehr  oder  weniger  schwach  ge- 
wölbt.  Die  Ohren  sind  verhältnissmässig  klein;  das  vordere 
hat  bei  den  rechten  Klappen  unten  einen  nur  seichten  Bys- 
susausschnitt.  Die  Aussenfläche  der  Klappen  trägt  22  bis 
25  Radialrippen,  welche  auf  dem  oberen  Theil  des  spitz 
auslaufenden  Wirbels  fast  streifenartig  schmal  und  niedrig 
erscheinen,  nach  unten  hin  aber  ziemlich  stark  an  Breite 
und  Höhe  zunehmen.  Jede  dieser  Rippen  besteht  aus  drei 
Theilen,  nämlich  einer  breiten,  konvexen  Mittelrippe,  die 
mit  bald  mehr,  bald  minder  ausgesprochen  spatelförmigen 
Schüppchen  bedeckt  erscheint,  und  zwei  sich  beiderseits 
eng  an  dieselbe  anschliessenden,  viel  schmaleren  und  nie¬ 
drigeren,  knotig  gegliederten  Seitenrippen.  Die  Zwischen¬ 
räume  zwischen  den  Rippen  sind  durchschnittlich  ungefähr 
ebenso  breit,  wie  diese;  sie  sind  rinnenartig  ausgehöhlt 
und  erscheinen  an  gut  erhaltenen  Partieen  mit  sehr  feinen 
und  dichten,  /\ -förmigen  oder  einfachen,  schräg  verlaufen¬ 
den  Streifen  geziert,  was  besonders  an  den  seitlichen  Thei¬ 
len  der  Klappen  deutlich  zu  sehen  ist.  Die  Ohren  sind 
ebenfalls,  aber  weniger  deutlich,  radial  gerippt,  und  die 
Furchen  zwischen  ihren  Rippen  erscheinen  sehr  fein  schräg 
gestreift.  Ausserdem  bemerkt  man  noch  auf  der  Grenz¬ 
linie  zwischen  dem  Wirbel  und  dem  vorderen  Ohre  eine 
Reihe  bald  mehr,  bald  minder  deutlicher  Kerben.  —  Die 
Ligamentgrube  ist  ziemlich  tief,  gleichschenklig -drei¬ 
eckig,  und  von  ihr  geht  nach  beiden  Seiten  hin  über  die 
innere  Fläche  der  Ohren  je  eine  seichte,  dem  Schlossrande 
parallele  Furche  aus.  Der  Innenrand  ist  ringsum  bis  bei¬ 
derseits  zu  den  Ecken,  woselbst  die  Verschmälerung  der 


206 


Klappen  nach  oben  hin  beginnt,  tief  krenulirt;  doch  setzen 
sich  diese  Randkerben,  deren  Zahl  mit  derjenigen  der  äusse¬ 
ren  Rippen  korrespondirt,  nicht  in  das  Innere  der  Klappe 
als  Furchen  fort;  dieses  ist  vielmehr  glatt,  seidenartig  glän¬ 
zend  und  lässt  die  den  Aussenrippen  nach  innen  hin  ent¬ 
sprechenden  Furchen  schwach  durchscheinen.  Der  Muskel- 
eindruck  ist  gross,  breit-oval  und  noch  mit  einer  Schicht 
einer  braunschwarzen  organischen  Masse  bedeckt. 

Bemerkung:  In  der  Struktur  der  Aussenfläche  sowohl  wie 
der  Innenfläche  stimmt  die  vorstehende  Art  am  besten  mit  Lima 
spathidata  Lam.  (cf.  Deshayes:  „Descript.  des  coq.  foss.  des  en- 
virons  de  Paris,“  tom.  1.  p.  295  seq.  n°.  1,  tab.  XLIII,  fig.  1,  2,  3 
—  et  „Descript.  des  anim.  sans  vert.  etc.“,  tom.  II,  p.  63  seq.  n°.  1) 
überein,  sie  unterscheidet  sich  aber  von  derselben  durch  ihren  gut 
ausgesprochenen  Pecfm-Charakter.  Eine  ähnliche  Pecten- Art  ist  mir 
nicht  bekannt. 

5.  Art:  Pecten  aculeatus,  nov.  spec.  (Taf.  IV,  Fig.  3.) 

Von  dieser,  meines  Wissens  bisher  unbeschriebenen 
Art  liegt  mir  aus  Dingden  leider  nur  die  vordere  Hälfte 
einer  rechten  Klappe  vor;  an  diesem  Stücke  sind  jedoch 
die  wesentlichen  Charaktere  deutlich  sichtbar,  so  dass  man 
sich  die  ganze  Klappe  leicht  rekonstruiren  kann.  —  Dieser 
Pecten  scheint  in  Dingden  nur  sehr  selten  vorzukommen, 
wenigstens  habe  ich  mich  bei  meiner  Anwesenheit  an  den 
dortigen  Fundstellen  vergeblich  nach  weiteren  Exemplaren 
umgesehen.  —  Die  Höhe  unseres  Stückes  beträgt  annähernd 
41  mm,  die  Dicke  8Y2  nun,  die  Länge  20  mm,  so  dass  ich 
die  Länge  der  ganzen  Klappe  als  ungefähr  gleich  40  mm 
schätze. 

Die  rechte  Klappe,  und  von  dieser  ist  im  Folgenden 
selbstverständlich  nur  die  Rede,  ist  dickwandig,  rund, 
schwach  gewölbt.  Der  Wirbel  läuft  in  ein  ziemlich  stum¬ 
pfes,  kaum  merklich  über  den  Schlossrand  hervortrendes 
Ende  aus,  und  seine  Randlinien  bilden  miteinander  einen 
Winkel,  der  etwa  90°  oder  doch  nur  wenig  mehr  beträgt. 
Das  vordere  Ohr  steht  flügelartig  vor  und  ist  mit  einem 
tiefen  Byssusausschnitt  versehen,  dessen  unterer  Rand 
einige  (etwa  5,  wenn  man  von  2  ganz  undeutlichen  absieht) 
quer-leisten  förmige  Zähne  trägt.  Die  Aussenfläche  ist  bei 


l 


207 


dem  mir  vorliegenden  Bruchstücke  mit  10  Radialrippen 
bedeckt,  so  dass  sich  die  Anzahl  der  Rippen  bei  der  voll¬ 
ständigen  Klappe  wahrscheinlich  auf  20  oder  wenig  mehr 
belaufen  haben  wird.  Jede  Rippe  besteht  der  Länge  nach 
deutlich  aus  3  Theilen,  nämlich  aus  einer  ziemlich  hohen 
und  breiten,  konvexen  Mittelrippe,  die  mit  einer  Reihe 
zahlreicher,  fast  senkrechter  oder  doch  nur  wenig  schräg 
nach  unten  gerichteter,  kräftiger,  ziemlich  langer,  spitzer, 
oben  ihrer  ganzen  Länge  nach  durch  einen  mehr  oder  min¬ 
der  breiten  Spalt  klaffender  Schuppenstacheln  besetzt  sind, 
und  aus  zwei  viel  niedrigeren  und  schmaleren,  sich  beider¬ 
seits  eng  an  die  Mittelrippe  anschliessenden  Seitenrippen, 
die  je  eine  Reihe  noch  zahlreicherer,  schräger  nach  unten 
gerichteter,  spitzerer,  jedoch  weniger  kräftiger,  oben  ihrer 
ganzen  Länge  nach  durch  einen  meist  schmalen  Spalt  offe¬ 
ner  Schuppenstacheln  tragen;  —  nach  oben  hin  nehmen 
die  genannten  Stacheln  an  Grösse  stark  ab,  so  dass  sie  auf 
dem  Wirbel  nur  wie  kleine  Höcker  erscheinen;  —  biswei¬ 
len  reiht  sich  noch  an  das  vordere,  seltener  zudem  noch 
an  das  hintere  Seitenrippchen  eine  vom  Ventralrande  aus 
sich  wenig  tief  nach  innen  erstreckende,  stachelige  Linie 
an.  Die  rinnenartig  ausgehöhlten  Zwischenräume  zwischen 
den  genannten  Radialrippen  sind  fast  ebenso  breit  wie 
diese ;  auf  dem  vorderen  Theile  der  Klappe  erscheinen  sie 
unter  der  Lupe  mit  sehr  feinen  und  dicht  gedrängten, 
schräg  von  oben  und  hinten  nach  unten  und  vorn  laufen¬ 
den  Streifen  geziert;  im  übrigen  sind  sie  glatt  oder  doch 
nur  hin  und  wieder,  besonders  in  der  Nähe  des  Ventral¬ 
randes,  von  Zuwachsringen  durchzogen;  von  einer  Mittel¬ 
leiste  lässt  sich  in  ihnen  nicht  die  geringste  Spur  wahrnehmen. 
Das  vordere  Ohr  trägt  auf  seiner  Aussenfläche  4  ungleich 
starke,  stachelig- höckerige  Radialrippen  und  ist  an  seinem 
oberen  Rande  mit  unregelmässigen,  zahnartigen  Fortsätzen 
versehen.  —  Die  Innenfläche  der  Klappe  besitzt  einen 
schwachen  Glanz,  und  es  erscheinen  auf  ihr  die  Aussen- 
rippen  als  flach-rinnenartige  Furchen,  die  Aussenfurchen 
als  breite,  aber  flache,  an  ihrem  unteren  Ende  in  der  Mitte 
/  eingedrückte  Rippen.  Die  Ligamentgrube  ist  ziemlich  gross 
und  tief,  gleichschenklig-dreieckig,  und  von  ihr  geht  seit- 


208 


lieh  über  die  innere  Fläche  des  vorderen  Ohres  eine  an¬ 
fangs  breite,  spitz  zulaufende,  in  der  Mitte  etwas  einge¬ 
drückte  Rippe  aus. 

Bemerkung:  Im  hiesigen  paläontologischen  M useum  finden 
sich  von  diesem  Pecten  2  rechte  und  2  linke  ziemlich  gut  erhaltene 
Klappen  mit  der  Etikette  „Pecten  sp.,  Antwerpen“  vor,  von  denen 
aber,  soweit  mir  bekannt  geworden  ist,  eine  Beschreibung  noch  nicht 
veröffentlicht  ist,  weshalb  ich  das  Dingden’sche  Stück  oben  ein¬ 
gehend  beschrieben  habe.  Der  Vollständigkeit  halber  will  ich  zur 
obigen  Beschreibung  noch  hinzufügen,  dass  sich  die  linke  Klappe 
von  der  rechten  wesentlich  nur  durch  das  Fehlen  des  Byssusaus- 
schnittes  am  vorderen  Ohr  unterscheidet.  Von  den  erwähnten  4 
Klappen  aus  Antwerpen  misst  die  grösste  45  mm  in  der  Länge,  etwas 
über  44  mm  in  der  Höhe  und  10  mm  in  der  Dicke,  die  kleinste  40mm 
in  der  Länge,  nicht  ganz  41mm  in  der  Höhe  und  nicht  ganz  9mm 
in  der  Dicke.  Die  Aussenlläche  dieser  Klappen  trägt  22 — 24  Bippen, 
welche  im  Allgemeinen  dieselbe  Beschaffenheit  zeigen,  wie  diejenigen 
unseres  Dingden’schen  Stückes ;  bei  der  grössten  Klappe  setzen  sich  die¬ 
selben  jedoch  nicht  wie  dort  aus  3,  sondern  aus  5  Längstheilen  zu¬ 
sammen,  indem  die  dort  neben  den  Seitenrippchen  hin  und  wieder 
auftretenden  stacheligen  Linien  hier  zu  deutlichen,  stacheltragenden 
Nebenrippchen  ausgebildet  sind.  Im  Uebrigen  stimmen  die  Exem¬ 
plare  aus  Antwerpen  mit  unserem  Stücke  aus  Dingden  völlig  über¬ 
ein.  —  Von  Pecten  spinulosus,  Münster  (cf.  Goldfuss:  „Petrefacta 
Germaniae“,  II.  Theil,  p.  61  seq.  n°.  70,  tab.  XCV,  fig.  3,  a,  b.  — 
und  Hoernes:  „Die  foss.  Mollusken  des  Tert.-Beckens  von  Wien“, 
Bd.  II,  p.  421  seq.  n°.  19,  tab.  LXV1,  fig.  3),  dem  unser  Pecten  im 
äusseren  Habitus  nicht  unähnlich  ist,  unterscheidet  sich  dieser  zu¬ 
nächst  wesentlich  durch  das  Vorhandensein  eines  tiefen  Byssusaus- 
schnittes;  sodann  laufen  bei  ihm  die  Randlinien  des  Wirbels  viel 
steiler  abwärts,  so  dass  sie  miteinander  einen  Winkel  von  etwa  90° 
bilden,  während  bei  jenem  der  entsprechende  Winkel  etwa  130  bis 
140°  beträgt;  endlich  findet  sich  auch  bei  unserer  Art  im  unteren 
Theile  der  Aussenfurchen  niemals  die  geringste  Spur  einer  stachel- 
tragenden  Mittelleiste  vor,  wie  sie  bei  jener  Art  vorkommt. 

B.  Heteromyaria. 

Familie:  Pinnidae,  Gray.  —  Gattung:  Pinna ,  Lin. 

Von  den  zu  dieser  Gattung  gehörigen  Arten  liegt  mir 
kein  einziges  vollständiges  Exemplar  vor,  sondern  nur  mehr 
oder  weniger  gut  erhaltene  Bruchstücke,  welche  sich  leider 
auch  nicht  gegenseitig  ergänzen.  Es  scheinen  diese  Bruch- 


209 


stücke  zwei  verschiedenen  Arten  anzugehören,  die  sich 
jedoch  nicht  mit  Sicherheit  bestimmen  lassen.  Es  ist  hier¬ 
mit  doch  wenigstens  das  Vorkommen  von  Pinna- Arten  im 
Miocän  von  Dingden  erwiesen. 

C.  Homomyaria. 

Familie:  Arcidae,  Lam.  —  Unterfamilie:  Arcinae,  H.  & 
A.  Adams.  —  Gattung:  Area ,  Lin. 

1.  Art:  Area  diluvii,  Lam. 

(,,Hist.  nat.  des  anim.  sans  vert.“,  vol.  VI,  p.  45.) 

Syn.:  Cf.  Ny  st:  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss.  etc.“,  p.  255, 
und  Hoernes:  „Die  foss.  Moll,  des  Tert.-Beckens  von  Wien“, 
Bd.  II,  p.  333  seq. 

A.  diluvii  Lam.,  kommt  bei  Dingden  ziemlich  häufig 
vor.  Es  stehen  mir  von  dort  ausser  zahlreichen  Bruch¬ 
stücken  mehrere  rechte  und  linke  Klappen  zur  Verfügung, 
die  freilich  zum  grössten  Theil  schon  ziemlich  stark  dem 
Verwitterungsprocesse  anheimgefallen  sind,  während  nur 
einige  gut  erhalten  sind  und  die  Oberflächenstruktur  deut¬ 
lich  zu  erkennen  geben.  Die  grösste  derselben  (eine  linke 
Klappe)  besitzt  eine  Länge  von  37  mm,  eine  Höhe  von 
27  mm  und  eine  Dicke  von  fast  15  mm,  eine  der  kleinsten 
(ebenfalls  eine  linke  Klappe)  eine  Länge  von  14  mm,  eine 
Höhe  von  lD/g  mm  und  eine  Dicke  von  5  mm. 

Für  die  Unterscheidung  dieser  Art  von  verwandten 
ist  die  Beschaffenheit  der  Area  von  Wichtigkeit.  Dieselbe 
ist  mit  deutlichen  Furchen  bedeckt,  welche  parallel  in  ein¬ 
ander  geschachelte  Rauten  bilden;  auf  jeder  der  beiden  Hälf¬ 
ten  derselben  befinden  sich  nämlich  2  Systeme  von  je  3 
bis  5  unter  sich  parallelen  Furchen,  die  gegen  einander 
nach  aussen  hin  unter  einem  stumpfen  Winkel  (von  etwa 
140—150°)  geneigt  sind  und  mit  den  Furchensystemen  der 
anderen  Hälfte  die  erwähnten  Rauten  bilden;  —  die  beiden 
vorderen  Furchensysteme  der  Area  lassen  nach  vorne  und 
aussen  hin  noch  je  einen  ziemlich  breiten,  länglichen  Raum 
frei,  auf  dem  sich  noch  einige  (etwa  8)  seichte,  kaum 
sichtbare  Längsfurchen  vorfinden,  während  Hoernes  (1.  c. 
p.  333  seqq.)  den  genannten  Raum  bei  seinen  Exemplaren 

Verh.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX,  5.  Folge.  Bd.  IX.  J4 


210 


dieser  Art  als  ganz  glatt  beschreibt.  —  Leider  ist  nur  bei 
zweien  der  mir  vorliegenden  Klappen  die  angegebene  Ober¬ 
flächenstruktur  der  Area  vollkommen  gut  erhalten,  so  dass 
ich  nicht  konstatiren  kann,  ob  dieselbe  durchweg  konstant 
bleibt,  was  We inkauf f  („Conchyl.  des  Mittelmeeres“, 
Bd.  I,  p.  198  seq.)  Hoernes  gegenüber  bestreitet.  —  Durch 
den  Verwitterungsprozess  wird  die  Area  nach  und  nach 
immer  mehr  abgerieben,  sie  vertieft  sich,  und  es  treten  dann 
die  darunter  befindlichen  Schlosszähne  nach  oben  hervor, 
so  dass  die  ganze  Area  alsdann  regelmässig  quergestreift 
erscheint. 

A.  diluvii ,  Lam .,  welche  noch  jetzt,  wenn  auch  nicht 
häufig,  an  den  Küsten  des  mittelländischen  Meeres,  des 
atlantischen  Oceans  (um  Madeira)  und  des  rothen  Meeres 
angetroffen  wird,  ist  fossil  eine  der  weitest  verbreiteten 
und  stellenweise  gemeinen  Arten.  Ausser  in  Dingden 
kommt  sie  vor  bei  Winterswyk  in  Gelderland  (cf.  Becks, 
Neues  Jahrb.  für  Min.  etc.  von  Leonhard  und  Bronn, 
1843,  p.  257  seqq.),  bei  Antwerpen  (cf.  Nyst,  1.  c.  p.  255 
seq.,  n°.  208),  bei  Kassel,  Weinheim  (cf.  Goldfuss,  1.  c. 
p.  143,  n°.  10),  zu  Westeregeln  bei  Magdeburg  (cf.  Phi- 
lippi,  Palaeontographica,  I.  Bd.,  p.  51,  n°.  41),  ferner  ziem¬ 
lich  häufig  im  Wiener  Becken,  in  Krain,  Steiermark,  Böh¬ 
men,  Ungarn,  Serbien,  Siebenbürgen,  Russisch-Polen,  in 
der  Schweiz,  bei  St.  Gallen,  an  vielen  Orten  Frankreichs 
und  Italiens,  in  Spanien  bei  Barcelona  und  Malaga,  in  Al¬ 
gerien,  auf  Morea,  Sizilien,  Korfu  und  Cephalonien  (cf. 
Hoernes,  1.  c.). 

2.  Art:  Area  didyma,  Brocchi. 

(,,Conchiolog.  foss.  Subapenn.“,  tom  II,  p.  479  seq.,  tab.  XI,  fig.  2.) 

Ausser  einigen  stark  beschädigten  Stücken  liegen  mir 
von  der  genannten  Art  aus  Dingden  mehrere  rechte  und 
linke  Klappen  vor,  welche  sämmtlich  ziemlich  gut  erhalten 
sind;  die  grösste  derselben  ist  7  mm  lang,  5  mm  hoch  und 
2  mm  dick,  eine  der  kleinsten  ll/2nmi  lang  1mm  hoch 
und  nicht  ganz  V2  mm  dick. 

Die  Klappen  dieser  kleineren  Area- Art  sind,  besonders 
im  ausgewachsenen  Zustande,  der  äusseren  Form  nach 


211 


denen  der  vorhergehenden  Art  ziemlich  ähnlich,  jedoch 
erscheinen  sie  vorne  etwas  mehr  verschmälert  und  flacher 
und  sind,  was  für  sie  besonders  charakteristisch  ist,  durch 
eine  vom  Wirbel  in  radialer  Richtung  nach  dem  Ventral¬ 
rande  hin  verlaufende,  furchenartige  Einsenkung  in  zwei 
ungleiche  Theile  zerlegt,  von  denen  der  vordere  der  kleinere 
ist.  Diese  Einsenkung  tritt  besonders  bei  jungen  Exem¬ 
plaren,  bei  denen  sie  auch  an  ihrem  Ende  dem  Ventral¬ 
rande  eine  mehr  oder  weniger  deutliche  Ausbuchtung  ver¬ 
leiht,  stark  hervor,  während  sie  bei  älteren  Exemplaren 
nur  auf  den  Wirbeln  scharf  ausgeprägt  erscheint.  Die 
Wirbel  sind  einander  mehr  genähert  als  bei  der  vorigen 
Art,  so  dass  die  Area  sehr  schmal  ist.  Nur  bei  der  gröss¬ 
ten  Klappe  habe  ich  auf  der  Area  (d.  i.  also  auf  der  einen 
Hälfte  der  vollständigen  Area)  2  seichte  Längsfurchen 
wahrgenommen,  während  sich  bei  den  kleineren  Klappen 
keinerlei  Furchen  auf  der  Area  erkennen  Hessen.  Die 
Aussenfläche  der  Klappen  ist  mit  28- — 30  Radialrippen, 
deren  Zwischenräume  fast  ebenso  breit  sind,  und  mit  zahl¬ 
reichen,  feinen,  concentrischen  Streifen  bedeckt,  und  es 
unterscheidet  sich  die  äussere  Zeichnung  der  Schale  von 
derjenigen  bei  A.  diluvii ,  Lam .,  nur  dadurch,  dass  die  con¬ 
centrischen  Streifen  den  Radialrippen  ein  mehr  knotiges 
Aussehen  verleihen. 

Ausser  bei  Dingden  kommt  A.  didyma,  Brocchi,  in 
Deutschland  noch  häufig  vor  bei  Bünde,  bei  Kassel  (cf. 
Goldfuss,  1.  c.  p.  144,  n°.  12  und  Philippi,  „Beitr.  z. 
Kenntn.  der  Tert.-Verst.  des  nordw.  Deutschi.“,  p.  12,  n°. 
37)  und  zu  Freden  und  Diekholz  bei  Hildesheim  (cf.  Phil., 
1.  c.  p.  47,  n°.  33),  ferner  in  Italien  bei  Bologna,  Asti  und 
Piacenza  (cf.  Brocchi,  1.  c.,  und  Goldf.,  1.  c.)  und  end¬ 
lich  in  Frankreich  bei  Dax  (cf.  Goldf.,  1.  c.).  Bei  Ant¬ 
werpen  und  im  Wiener  Becken  scheint  sie  bisher  nicht 
angetroffen  zu  sein. 

3.  Art:  Area  pectunculoides,  Scacchi. 

(„Notizie“  p.  25,  tab.  1,  fig.  12.) 

Syn.:  Area  pectunculoides ,  Scacchi ,  et 

„  raridentata,  Loren  („Index  Mollusc.  Scand.‘£  p.  188),  cf. 

Weinkauff,  „Conchyl.  des  Mittelmeeres“,  I,  p.  201  seq. 


212 


Cucullaea  pusitta ,  Ny  st,  „Recherch.  sur  les  coq.  foss.  de  la 
prov.  d’Anvers“,  p.  14,  n°.  55,  tab.  3,  fig.  55. 

Area  pusilla ,  Nyst ,  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss.  etc.“, 
p.  261  seq.,  n°.  215,  tab.  XX,  fig.  6a — c. 

Von  der  vorstehenden  Art  enthält  die  hiesige  Samm¬ 
lung  Dingden’scher  Lamellibranchiaten  an  50  rechte  und 
50  linke  Klappen,  die  trotz  ihrer  Dünnwandigkeit  zum 
Theil  recht  gut  erhalten  sind,  und  von  denen  die  grösste 
eine  Länge  von  3  mm,  eine  Höhe  von  etwas  mehr  als  2  mm 
und  eine  Dicke  von  etwas  über  1  mm,  die  kleinste  dagegen 
nur  eine  Länge  von  l1/^  mm,  eine  Höhe  von  etwas  mehr 
als  1  mm  und  eine  Dicke  von  nicht  ganz  1/2  mm  besitzt. 

Diese  kleinste  Dingden’sche  Arca-kxi  stimmt  mit  der 
von  Nyst  a.  a.  0.  gegebenen  Beschreibung  seiner  Area 
pusilla ,  die  nach  Wood  (cf.  Wein  kau  ff,  1.  c.)  mit  Area 
pectunculoid.es ,  Scacchi ,  identisch  ist,  gut  überein;  jedoch 
stellen  die  bei  Nyst  (1.  c.  tab.  XX,  fig.  6a — c)  vorhan¬ 
denen  Abbildungen  im  Gegensatz  zu  dem  Texte,  wo  das 
Verhältniss  der  Länge  zur  Höhe  als  gleich  4 : 3  ange¬ 
geben  wird,  die  Klappen  wohl  irrthümlich  zu  wenig 
hoch  dar.  Letzterer  Umstand  hat  mich  bestimmt,  die  Ab¬ 
bildung  einer  Klappe  aus  Dingden  beizufügen.  (Taf.  IV, 
Fig.  4.) 

A.  pectunculoides,  Sacchi ,  welche  noch  lebend  im  Mit¬ 
telmeer  bei  Gibraltar,  Neapel  und  den  Aegeischen  Inseln, 
sowie  im  atlantischen  Ocean  an  den  Küsten  von  Norwegen, 
Schottland  und  Irland  angetroffen  wird,  kommt  fossil  ausser 
bei  Dingden,  wo  sie  nicht  selten  zu  sein  scheint,  vor  bei 
Antwerpen,  im  Crag  Englands,  sowie  in  Kalabrien  und  auf 
Sizilien  (cf.  Nyst,  1.  c.,  und  Wein  kau  ff,  1.  c.). 

Unterfamilie:  Pectunculinae,  H.  &  A.  Adams.  — 

Gattung:  Limopsis ,  Sassi. 

1.  Art:  Limopsis  aurita,  Brocchi. 

(„Conchiolog.  foss.  Subapenn.“,  tom.  II,  p.  485  seq.  tab.  XI.  fig.  9; 

sub  Area.) 

Vorstehende  Art  ist  in  Dingden,  wie  auch  schou  Ferd. 
Roemer  (Zeitschrift  d.  deutsch,  geolog.  Gesellsch.,  Bd.  V, 


I  f. 

l;.'/  213 

1853,  p.  494,  Bd.  VI,  1854,  p.  111  und  Verliandl.  d.  na- 
turhistor.  Ver.  d.  preuss.  Rheinl.  u.  Westf.,  XI.  Jalirg.,  1854, 
p.  43)  angibt,  und  wovon  ich  mich  an  Ort  und  Stelle  selbst 
zu  überzeugen  Gelegenheit  hatte,  unstreitig  die  bei  wei¬ 
tem  häufigste  Versteinerung.  Die  hiesige  Sammlung  ent¬ 
hält  von  derselben  ausser  80  noch  geschlossenen  Schalen 
mehr  als  ungefähr  1000  rechte  und  ebensoviele  linke 
Klappen,  welche  in  Folge  ihrer  Dickwandigkeil  durch¬ 
schnittlich  gut  erhalten  sind,  wenn  auch  ein  Theil  dersel¬ 
ben  schon  ziemlich  stark  abgerieben  ist.  Was  die  Grösse 
dieser  Stücke  anbetrifft,  so  finden  sich,  den  verschiedensten 

I  Altersstufen  entsprechend,  die  zahlreichsten  Uebergänge 
vor  zwischen  den  kleinsten,  die  etwa  1  mm  lang,  1  mm 
hoch  und  V3  mm  dick  sind,  und  den  grössten,  von  denen 
ich  eines  als  13  mm  lang,  I3V2  mm  hoch  und  4  mm  dick 
bestimmte. 

Die  Schale  ist  in  ihrer  Gestalt  ziemlich  variabel,  und 
zwar  nimmt  sie  im  allgemeinen  mit  zunehmendem  Alter 
an  Unregelmässigkeit  zu;  während  nämlich  die  Jugendformen 
mehr  oder  weniger  gleichseitig  ausgebildet,  fast  kreisrund 
sind,  sind  dagegen  die  völlig  ausgewachsenen  Formen  stets 
stark  ungleichseitig,  schief-eiförmig.  Die  Aussenfläche  der 
Schale,  welche  bei  noch  nicht  abgeriebenen  Exemplaren 
glänzt,  ist  mit  mehr  oder  weniger  unregelmässigen  kon¬ 
zentrischen  Streifen,  deren  Zwischenräume  meist  ziemlich 
gross,  jedoch  ungleich  sind,  und  ausserdem  mit  sehr  zahlrei¬ 
chen,  feinen,  oft  kaum  sichtbaren,  auf  dem  hinteren  Theile  der 
Schale  meist  deutlicher  hervortretenden  Radialstreifen  be¬ 
deckt  ;  an  den  Durchkreuzungspunkten  der  konzentrischen 
Streifen  mit  den  radialen  erscheinen  erstere  stets  deutlich  ge- 
stichelt;  bei  sehr  gut  erhaltenen  Exemplaren  sieht  man  hin 
und  wieder  die  Aussenfläche  noch  mit  ziemlich  breiten  Quer¬ 
zonen  geziert,  welche  abwechselnd  hell  und  dunkel  (weiss¬ 
lick-gelb  und  grau-braun)  gefärbt  erscheinen.  Die  Zahn¬ 
reihe  in  jeder  Klappe  bildet  einen  durch  die  Bandarea 
oben  etwas  eingedrückten  Bogen,  dessen  hinterer  Theil  etwas 
tiefer  nach  unten  gezogen  ist,  als  der  vordere;  beide  Theile 
enthalten  meist  6—8  kammartig  nebeneinander  gestellte 
Zähne,  von  denen  die  mittleren  die  grössten  sind,  während 


214 


die  seitwärts  befindlichen  von  der  Mitte  weg  allmählich  an 
Grösse  abnehmen;  bisweilen  sind  die  Zähne  in  ihrer  Mitte 
knieförmig  gebogen.  Der  Innenrand  der  Klappen  (vom 
Schlossrande  abgesehen)  fällt  nach  aussen  hin  etwas  ab 
und  ist  stets  ganz,  wodurch  sich  Limopsis  aurita ,  JBrocchi , 
wesentlich  von  den  beiden  folgenden  Limopsis- Arten  unter¬ 
scheidet. 

Nach  den  bis  jetzt  vorliegenden  Angaben  ist  der  Ver¬ 
breitungsbezirk  der  L.  aurita,  JBrocchi ,  kein  grosser.  Ausser 
in  Dingden  kommt  diese  Art  noch  vor  bei  Winterswyk 
und  Eibergen  in  Gelderland  (cf.  Goldf.  1.  c.  p.  163,  n°. 
13;  —  Becks,  1.  c.  p.  257  seqq.;  —  Ferd.  Roemer, 
Zeitschr.  d.  deutsch,  geolog.  Gesellsch.  Bd.  V,  p.  494  Bd.  VI, 
p.  110  und  Verhandl.  d.  naturhist.  Ver.  d.  preuss.  Rheinl. 
u.  Westf.  XI.  Jahrg.  p.  41  seq.),  bei  Berssenbrück  im  Haase- 
Thal,  nördlich  von  Osnabrück  (cf.  Ferd.  Roemer,  Zeit¬ 
schrift  d.  deutsch,  geol.  Gesellsch.  Bd.  V,  p.  494),  an  wel¬ 
chen  drei  Fundorten  sie  wie  bei  Dingden  die  häufigste  Ver¬ 
steinerung  ist,  ferner  zu  Freden  und  Diekholz  bei  Hildes¬ 
heim,  zu  Luithorst  bei  Stadtoldendorf  (cf.  Phil.,  Beitr.  z. 
Kenntniss  der  Tert.-Verst.  des  nordw.  Deutschi.  p.  47  seq., 
n°.  36  und  p.  72,  n°.  17)  und  endlich  noch  bei  Piacenza 
und  Siena  in  Italien  (cf.  Brocchi,  1.  c.). 

Bemerkung.  Die  Dingden’schen  Vorkommnisse  dieser  Art 
stimmen  mit  den  bei  Brocchi  und  Goldfuss  gegebenen  Abbil¬ 
dungen  völlig  überein.  —  Wahrscheinlich  ist  Trigonocaäia  sublaevigata , 
Nyst  et  West.  (cf.  Ny  st,  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss.  etc.“, 
p.  244  seq.,  n°.  198),  wie  Nyst  selbst  vermuthet,  mit  Limopsis 
aurita,  Brocchi,  identisch;  wenigstens  trifft  die  bei  Nyst  vorhandene 
Beschreibung  zu,  wenn  auch  an  der  Abbildung  (1.  c.  tab.  XXVI, 
fig.  2  a,  b)  wenig  zu  sehen  ist. 

■% 

2.  Art:  Limopsis  anomala,  Eichwald. 

(,, Naturhistorische  Skizze  von  Lithauen,  Volhynien  etc.‘‘  1830,  p.  211.) 
Syn.:  Cf.  Hoernes,  1.  c.  p.  312  seqq.,  tab.  XXXIX,  fig.  2,  3. 

Die  in  Rede  stehende  Art  ist  in  Dingden  nicht  so 
häufig  wie  L.  aurita ,  Brocchi ,  ist  aber  doch  immerhin  eine 
der  häufigsten  der  daselbst  vorkommenden  Lamellibran- 
chiaten.  Mir  liegen  von  dort  ausser  10  noch  geschlossenen 


215 


Schalen  an  200  rechte  und  150  linke  Klappen  dieser  Art 
vor,  die  sich  durchgängig  gut  erhalten  haben.  Die  grösste 
derselben  misst  kaum  9  mm  in  der  Länge,  9  mm  in  der 
Höhe  und  3  mm  in  der  Dicke,  eine  der  kleinsten  iy2  mm 
in  der  Länge,  l3/4mm  in  der  Höhe  und  nicht  ganz  y2mm 
in  der  Dicke;  zwischen  diesen  Grenzdimensionen  sind  dann 
noch  die  zahlreichsten  Zwischenstufen  vertreten. 

Das  Gehäuse  ist  verhältnissmässig  etwas  mehr  ge¬ 
wölbt  als  bei  der  vorigen  Art  und  weniger  stark  ungleich¬ 
seitig,  indem  der  Ventralrand  von  vorn  nach  hinten  weni¬ 
ger  schräg  abwärts  gerichtet  ist;  überdies  treten  hier  die 
Oehrchen  beiderseits  meist  deutlicher  hervor,  so  dass  die 
Schale  oben  breiter  erscheint  und  ein  mehr  trapezoidales 
Aussehen  gewinnt.  Die  Wirbel  sind  verhältnissmässig 
etwas  stärker  angeschwollen  und  noch  mehr  einander  ge¬ 
nähert  als  bei  der  vorhergehenden  Art.  Die  wie  dort  glatte 
und  in  der  Mitte  durch  eine  ziemlich  grosse,  gleichseitig¬ 
dreieckige  Bandgrube  unterbrochene  Bandarea  ist  hier  noch 
etwas  niedriger,  langgestreckt  dreieckig.  Die  Oberflächen¬ 
struktur  ist  von  derjenigen  bei  L.  aurita ,  JBrocchi,  sehr 
verschieden,  so  dass  man  Exemplare  der  beiden  Arten 
schon  dadurch  leicht  und  sicher  unterscheiden  kann.  Die 
wie  dort  glänzende  Oberfläche  ist  hier  nämlich  mit  ziem¬ 
lich  breiten,  aber  flachen,  dicht  gedrängten,  regelmässig 
konzentrisch  angeordneten  Rippen  und  mit  sehr  zahlreichen, 
viel  feineren,  linienartigen  Radialrippen  bedeckt;  letztere 
sind  bald  kaum  sichtbar,  bald  treten  sie,  besonders  auf 
dem  hinteren  Theile  der  Schale,  deutlicher  hervor  und  bil¬ 
den  mit  ersteren,  welche  dann  mehr  oder  weniger  körnelig 
gekerbt  erscheinen,  ein  zierliches  Gitter;  bei  sehr  gut  er¬ 
haltenen  Exemplaren  nimmt  man  auch  hier  auf  der  Ober¬ 
fläche  ab  und  zu  ziemlich  breite,  abwechselnd  hell  und 
dunkel  gefärbte  Querzonen  wahr.  Das  Schloss  wird  hier 
aus  einer  meist  geringeren  Anzahl  von  Zähnen  gebildet; 
die  beiden  Theile  der  Zahnreihe  bestehen  nämlich  je  nur 
aus  4 — 6  (vorwiegend  5)  Zähnen,  die  bald  gerade,  bald 
unregelmässig  knieförmig  gebogen  sind.  Der  Innenrand 
(vom  Schlossrande  abgesehen)  ist  ringsum  stets  deutlich 
gekerbt,  und  zwar  treten  die  Kerben  in  der  hinteren  un- 


216 


teren  Ecke  meist  besonders  stark  auf ;  bisweilen  bleibt 
diese  Kerbung  allerdings  stellenweise  aus,  so  vornehmlich 
an  den  oberen  Partien  des  Vorder-  und  des  Hinterrandes 
und  in  der  Mitte  des  Ventralrandes. 

Diese  Beschaffenheit  des  Innenrandes  gibt  neben  der 
Oberflächenstruktur  das  wichtigste  Merkmal  ab  zur  Unter¬ 
scheidung  dieser  Art  von  der  vorigen,  bei  welcher  der  In¬ 
nenrand,  wie  oben  bemerkt,  stets  glatt  bleibt. 

Die  vorstehend  beschriebenen  Dingden’schen  Vor¬ 
kommnisse  stimmen  am  besten  mit  den  bei  Hoernes 
a.  a.  0.  beschriebenen  und  abgebildeten  Wiener  Exempla¬ 
ren  der  L.  anomala,  Eichw.,  tiberein.  —  L.  granulata,  Lam ., 
unterscheidet  sich  von  ihnen  durch  eine  mehr  gleichseitige, 
fast  kreisförmige  Gestalt  und  eine  stark  gekörnelte  Ober¬ 
fläche.  —  L.  retifera,  Semper ,  mit  welcher  nach  v.  Koenen 
(cf.  Palaeontograph.  Bd.  XVI,  p.  237  seq.,  n°.  141)  auch 
L.  iniquidens ,  Sandb .,  identisch  ist,  weicht  von  ihnen  durch 
eine  noch  schiefere  Gestalt,  etwas  stärkere  Wölbung  und 
eine  deutliche  Oberflächenkörnelung  ab.  —  Uebrigens  ist 
eine  ziemlich  grosse  Aehnlichkeit  zwischen  den  genann¬ 
ten  Formen  nicht  zu  verkennen. 

L.  anomala ,  Eichw.,  kommt  nach  Goldfuss  (1.  c., 
p.  162,  n°.  10:  „ Pectunculus  pygmaeus ,  Phil.u )  bei  Kassel  vor, 
nach  Hoernes  (1.  c,)  bei  Rekken  und  Antwerpen  in  Bel¬ 
gien,  ziemlich  häufig  im  Wiener  Becken,  namentlich  im 
Tegel  von  Baden,  zu  Szobb  bei  Gran  in  Ungarn,  bei  La- 
pugy  und  Bujtur  in  Siebenbürgen,  bei  Zukowce  in  Volhy- 
nien,  bei  Sutton  und  Suffolk  in  England,  ferner  an  ver¬ 
schiedenen  Orten  Frankreichs  und  Italiens,  sowie  auch  auf 
Sizilien  und  Rhodus. 

2.  Art:  Limopsis  lamellata,  nov.  spec.  (Taf.  IV,  Fig.  5.) 

Von  dieser  kleinen  Art  liegen  mir  aus  Dingden  ausser 
6  noch  geschlossenen  Schalen  ungefähr  130  rechte  und  150 
linke  Klappen  vor;  die  grösste  derselben  ist  etwas  über 
4  mm  lang,  ebenso  hoch  und  etwas  über  1mm  dick,  eine 
der  kleinsten  ist  ungelähr  1  mm  lang,  1  mm  hoch  und  knapp 
Va  mm  dick. 


217 


Die  Schale  ist  fast  kreisrund,  ziemlich  stark  gewölbt 
und  daher,  von  vorn  oder  hinten  gesehen,  fast  herzförmig, 
selbst  im  ausgewachsenen  Zustande  nur  wenig  ungleich¬ 
seitig,  indem  die  hintere  untere  Ecke  nur  schwach  ausge¬ 
zogen  ist ;  die  Oehrchen  stehen  beiderseits  sehr  wenig  vor, 
so  dass  eine  Hinneigung  der  Schale  zur  trapezoidalen  Form, 
wie  bei  der  vorigen  Art,  nie  stattfindet.  Die  einander  sehr 
genäherten  Wirbel  sind  ziemlich  stark  angeschwollen  und 
laufen  spitz  aus.  Die  Bandarea  ist  auch  hier  glatt,  lang, 
niedrig-dreieckig  und  in  der  Mitte  von  einer  verhältniss- 
mässig  ziemlich  grossen,  gleichseitig-dreieckigen  Bandgrube 
unterbrochen.  Die  Oberfläche  der  Klappen  trägt  wenige, 
ziemlich  weit  von  einander  abstehende,  starke,  lamellen¬ 
artig  vorstehende,  konzentrische  Rippen,  welche  von  zahl¬ 
reichen  feineren  Radialrippen  durchschnitten  werden,  so 
dass  ein  deutliches  Gitter  mit  ziemlich  grossen,  länglich 
rechteckigen,  in  den  Ecken  mehr  oder  weniger  knotigen 
Feldern  entsteht;  —  in  den  Zwischenräumen  zwischen  den 
genannten  konzentrischen  Rippen  finden  sich  bisweilen 
noch  1  oder  2  feinere  konzentrische  Rippchen  vor.  Die 
Zahnreihe  bildet  einen  oben  in  der  Mitte  durch  die  Band¬ 
area  eingedrückten,  schwachen  Bogen,  und  ihre  beiden 
Theile  bestehen  je  aus  4 — 6  kräftigen  Zähnen,  die  bald 
gerade,  bald  unregelmässig  knieförmig  gebogen  sind;  die 
Zähne  des  vorderen  Theiles  stehen  mehr  oder  weniger 
senkrecht  gegen  den  Schlossrand,  die  des  hinteren  Theiles 
sind  gegen  ihn  mehr  schräg  gerichtet  (nach  oben  und  aussen 
hin)  oder  sogar  ihm  fast  parallel.  Der  Innenrand  (vom 
Schlossrande  abgesehen)  ist  stets  gekerbt  und  zwar  meist 
vollständig  und  ziemlich  tief. 

Bemerkung:  Eine  Vergleichung  der  Exemplare  dieser  Art 
mit  den  entsprechend  grossen  Jugendformen  der  beiden  vorhergehen¬ 
den  Arten  ergiebt  wesentliche  Unterschiede;  von  L.  aurita,  Brocchi , 
ist  diese  Art  schon  durch  die  Kerbung  des  Innenrandes,  von  L.  ano- 
mcila ,  Eichio.,  durch  ihre  charakteristische  Oberflächenstruktur  leicht 
zu  unterscheiden. 


Familie:  Nuculidae,  Gray.  --  Gattung:  Nucida ,  Lam. 

Art:  Nucula  Haesendoncki,  Nyst  et  West. 

(Nyst  et  West.,  „Nouv.  recherch.  sur  le  coq.  foss.  d’Anvers“,  p.  14, 
n°.  31,  tab.  11,  fig.  18;  —  Nyst,  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp. 

foss.  etc.u,  p.  236  seq.,  n°.  192,  tab.  XVIII,  fig.  5  a,  b.) 

Ausser  zahlreichen  Bruchstücken  weist  die  hiesige 
Sammlung  Dingden’scher  Lamellibranchiaten  von  der 
vorstehenden  Art  einige  rechte  und  linke  Klappen  auf, 
die  ziemlich  gut  erhalten  sind;  die  grösste  derselben  be¬ 
sitzt  eine  Länge  von  19  mm,  eine  Höhe  von  16  mm  und 
eine  Dicke  von  8  mm,  die  kleinste  eine  Länge  von  12  mm, 
eine  Höhe  von  fast  9  mm  und  eine  Dicke  von  4  mm. 

Es  ist  dies  eine  sehr  charakteristische  und  daher 
leicht  erkennbare  A/m^a-Species.  Die  Dingden’schen  Vor¬ 
kommnisse  derselben  stimmen  mit  den  von  Nyst  a.  a.  0. 
beschriebenen  Antwerpener  Exemplaren  im  Wesentlichen 
völlig  überein.  (Vgl.  die  in  meiner  Inaugural-Dissertation 
gegebene  genauere  Beschreibung  jener.)  Bei  jenen  ist 
jedoch  der  hintere  Theil  des  Schlossrandes  nicht,  wie  an 
der  bei  Nyst  a.  a.  0.  abgebildeten  Klappe,  in  der  Mitte 
nach  innen  ausgebogen,  sondern  fast  gerade,  und  ausser¬ 
dem  bemerkt  man  bei  jenen  hin  und  wieder  an  dem  (aller¬ 
dings  meist  glatten)  Innenrande  der  Klappen  (vom  Schloss¬ 
rande  abgesehen)  eine  erhabene,  gekörnelte  Randlinie, 
welche  Nyst  an  seinen  Stücken  nicht  wahrgenommen  hat. 

N.  Haesendoncki ,  Nyst  et  West.,  ist,  soviel  mir  bekannt 
geworden,  bis  jetzt  nur  bei  Antwerpen  fcf.  Nyst,  1.  c.)  und 
Dingden  angetroffen  worden. 

Gattung:  Leda ,  Schumacher. 

1.  Art:  Leda  fragilis,  Chemnitz. 

(„Neues  systemat.  Conchyl.-Cabinet“,  vol.  VII,  p.  199,  tab.  55, 

fig.  546.  —  1784.) 

Syn.:  Cf.  Hoernes,  1.  c.  p.  307  seq.,  n°.  5  et 

Weinkauf f,  1.  c.  p.  207  sqq.,  n°.  1  (sub  „ L .  commutata , 

Philippi (i). 

Von  dieser  in  ihrer  äusseren  Gestalt  ziemlich  variablen 
Art  liegen  mir  aus  Dingden  ausser  zahlreichen  Bruch- 


219 


stücken  etwa  20  noch  geschlossene  Schalen,  sowie  gegen 
100  rechte  und  ungefähr  ebenso  viele  linke  Klappen  vor, 
welche  durchschnittlich  gut  erhalten  sind.  Die  grössten 
unter  diesen  Klappen  sind  11mm  lang,  ö  bis  61/2  mm  hoch 
und  272  mm  dick,  die  kleinsten  etwas  über  1  bis  D/2  mm 
lang,  1mm  hoch  und  ungefähr  1/3  mm  dick;  zwischen  die¬ 
sen  Grenzdimensionen  sind  dann  noch,  den  verschiedenen 
Altersstadien  entsprechend,  die  mannigfachsten  Zwischen¬ 
stufen  vertreten. 

Auf  der  Hinterseite  der  ziemlich  dickwandigen  Klap¬ 
pen  dieser  im  Uebrigen  von  Hoernes  a.  a.  0.  und  auch 
von  mir  in  meiner  Inaugural-Dissertation  genau  beschriebe¬ 
nen  Art  verläuft  vom  Wirbel  aus  in  radialer  Richtung  nach 
hinten  hin,  dem  Randkiele  der  Area  benachbart,  eine  bald 
mehr,  bald  minder  deutlich  ausgeprägte,  furchenartige  Ein¬ 
senkung,  die  bei  ihrer  Mündung  in  den  Rand  diesem  eine 
kleine,  buchtige  Ausschweifung  verleiht,  wodurch  die 
schnabelartige  Spitze  deutlich  vom  übrigen  Rande  abge¬ 
setzt  erscheint,  eine  Eigenschaft,  welche  auch  an  den  Ab¬ 
bildungen  bei  Goldfuss  (1.  c.  tab.  CXXV,  fig.  22  a— c) 
und  Hoernes  (1.  c.  tab.  XXXVIII,  fig.  8  a — e),  mit  denen 
unsere  Stücke  überhaupt  im  allgemeinen  gut  Ubereinstim¬ 
men,  deutlich  wahrzunehmen  ist.  Während  bei  den  nach¬ 
folgenden  Leda- Arten  die  Aussenflächen  der  Klappen  glatt 
ist,  ist  hier  die  ganze  Aussenfläche,  von  der  Lunula  und 
der  Area  abgesehen,  mit  mehr  oder  weniger  regelmässig 
konzentrisch  angeordneten,  leistenartigen  Rippchen  bedeckt, 
welche  auf  der  Hinterseite  in  der  erwähnten  radialen  Ein¬ 
senkung  nach  oben  hin  seicht  ausgeschweift  erscheinen 
und  mit  ihren  Enden  über  den  Randkiel  der  Area  hinüber¬ 
greifen,  so  dass  dieser,  wie  gesagt,  gekerbt  erscheint;  die 
Anzahl  dieser  Rippen  ist  eine  variable:  bei  jungen  Exem¬ 
plaren  beträgt  sie  etwa  10 — 15,  so  dass  dann  die  Zwischen¬ 
räume  zwischen  den  Rippen  2  bis  3  mal  so  breit  sind  wie 
diese  selbst;  bei  den  ausgewachsenen  Exemplaren  steigt 
sie  bis  auf  etwa  30,  so  dass  dann  die  Zwischenräume  so 
breit  sind  wie  die  Rippen  selbst. 

Diese  Art,  welche  noch  lebend  im  Mittelmeer  an  den 
Küsten  von  Spanien,  Frankreich,  Italien,  Tunis,  Algerien  etc., 


220 


sowie  im  atlantischen  Ozean  beim  Kap  Trafalgar  ange¬ 
troffen  wird,  kommt  fossil  ausser  in  Dingden  vor  bei  Bünde, 
Kassel  und  Weinheim  (cf.  Goldf.  1.  c.  p.  158,  n°.  36;  sub 
vNucula  minuta ,  Brocchi “),  zu  Osterweddingen  bei  Magde¬ 
burg  (cf.  Phil.,  Palaeontograph.,  Bd.  I,  p.  53,  n°.  54;  sub 
„ Nucula  commutata,  Philippi “),  in  Belgien,  ferner  ziemlich 
häutig  im  Wiener  Becken,  dann  bei  Rudelsdorf  in  Böhmen, 
zu  Szobb  bei  Gran  in  Ungarn,  zu  Wieliczka  und  Lemberg 
in  Galizien,  Zalisce  in  Yolhynien,  Korod,  Lapugy  und  Buj- 
tur  in  Siebenbürgen,  in  Polen,  in  der  Schweiz,  an  zahl¬ 
reichen  Orten  Italiens  und  Frankreichs,  sowie  endlich  auf 
Sizilien  (bei  Palermo),  Rhodus,  Cephalonien  und  Korfu 
(cf.  Hoernes  1.  c.,  Weinkauff  1.  c.  und  Fuchs,  Zeit¬ 
schrift  d.  deutsch,  geol.  Ges.,  Bd.  XXIX,  p.  661,  673). 

2.  Art:  Leda  tenuis,  Phil. 

(„Eimmcratio  mo]luscorum  Siciliae“,  vol.  I,  p.  65  n°.  6,  tab.  5, 

fi g.  9.  1836.) 

Syn.:  Cf.  Weinkauff,  1.  c.  p.  210  seqq.,  n°.  3. 

Von  der  vorstehenden  Art  enthält  die  hiesige  Samm¬ 
lung  Dingden’seher  Lamellibranchiaten  ausser  etwa  50  noch 
geschlossenen  Schalen,  die  vorwiegend  von  jungen  Thieren 
herstammen,  über  100  rechte  und  ebensovlele  linke  Klap¬ 
pen.  Die  grössten  unter  diesen  Klappen  erreichen  eine 
Länge  von  4y2  mm,  eine  Höhe  von  ungefähr  3  mm  und 
eine  Dicke  von  1  bis  iy2mm,  die  kleinsten  sind  wenig 
über  1mm  lang,  annähernd  3/4  mm  hoch  und  V4mm  dick, 
und  zwischen  diesen  Grenzdimensionen  sind  die  zahlreich¬ 
sten  Zwischenstufen  vertreten. 

Die  Schale  ist  dünnwandig,  quer-verlängert,  ziemlich 
breit-eiförmig,  verhältnissmässig  stark  gewölbt,  mit  über 
die  Mitte  des  Schlossrandes  hinaus  nach  vorn  gerückten, 
sich  fast  berührenden,  etwas  aufgetriebenen  und  daher 
deutlich  hervortretenden,  ziemlich  stumpf  auslaufenden 
Wirbeln  versehen,  ungleichseitig.  Bei  den  einzelnen  Klap¬ 
pen  ist  der  vordere,  kürzere  Theil  des  Schlossrandes 
schwach  nach  aussen,  der  hintere,  längere  Theil  schwach 
nach  innen  gebogen;  der  Vorderrand  ist  gleichmässig  nach 


221 


aussen  hin  abgerundet;  der  Ventralrand  ist  einheitlich 
konvex  gekrümmt;  der  Hinterrand,  welcher  nicht  vom  Ven¬ 
tralrande  durch  eine  Einbuchtung  getrennt  ist,  sondern 
kontinuirlich  in  denselben  übergeht,  bildet  mit  dem  hin¬ 
deren  Theile  des  Schlossrandes  einen  mehr  oder  weniger 
stumpfen  Schnabel.  Von  einer  Lunula  oder  Area  ist  keine 
Spur  bemerkbar.  Die  Aussenfläche  der  Klappen  erscheint 
meist  völlig  glatt  und  glänzend;  nicht  selten  bemerkt  man 
aber  auch  auf  ihr  einen  oder  doch  nur  wenige,  oft  verhält- 
nissmässig  sehr  tiefe,  konzentrische  Zuwachsringe.  Das 
Schloss  besteht  in  jeder  Klappe  aus  zwei  gegeneinander 
unter  einem  Winkel  von  etwa  120°  geneigten  Reihen  von 
je  10  —  15  dicht  nebeneinander  stehenden,  sehr  spitzen 
Zähnen.  Die  die  beiden  Zahnreihen  von  einander  tren¬ 
nende,  unter  dem  Wirbel  befindliche  Bandgrube  ist  sehr 
klein  und  daher  nur  undeutlich  sichtbar,  dreiseitig,  löffel¬ 
artig.  Die  Innenfläche  der  Klappen  erscheint  glatt  und  bei 
gut  erhaltenen  Exemplaren  noch  mit  lebhaftem  Fettglanz 
behaftet.  Die  Muskeleindrücke  sind  annähernd  gleich  gross, 
oval,  und  zwar  ist  der  hintere  etwas  breiter  oval  als  der 
vordere.  Die  Mantellinie  ist  wenig  deutlich  sichtbar;  die 
Mantelbucht  ist  nicht  tief,  jedoch  ziemlich  breit,  mehr  oder 
weniger  zungenförmig.  Der  Innenrand  (vom  Schlossrande 
abgesehen)  fällt  nach  aussen  hin  etwas  ab,  ist  ganz  und  glatt. 

L.  tenuis ,  Phil.,  wird  noch  lebend  im  Mittelmeere  bei 
Neapel  und  im  atlantischen  Ozean  an  den  Küsten  von 
Grönland,  Schottland,  Norwegen  und  Schweden  angetroffen; 
—  fossil  kommt  sie  ausser  bei  Dingden  bei  Antwerpen, 
im  Crag  von  England,  sowie  bei  Palermo  auf  Sizilien  vor 
(cf.  Ny  st,  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss.  etc.“, 
p.  224  seq.,  n°.  181,  sub  „ Nucula  Philippinia“  und  We in¬ 
kauf  f,  1.  c.). 

Bemerkung:  Unsere  Dingden’schen  Stücke  stimmen  mit 
den  bei  Ny  st  (1.  c.,  tab.  XVII,  fig.  5  a — c)  abgebildeten  Antwerpe- 
ner  Stücken  im  allgemeinen  gut  überein,  nur  sind  sie  meist  hinten 
ein  wenig  spitzer  als  diese. 

B.  Art:  Leda  curvirostris,  nov.  spec.  (Taf.  IV,  Fig.  6.) 

Die  in  Rede  stehende  Art  scheint  die  seltenste  der 
bis  jetzt  bei  Dingden  aufgefundenen  Leda- Arten  zu  sein. 


222 


Es  liegen  mir  nämlich  von  dort  ausser  3  noch  geschlossenen 
Schalen,  von  denen  die  grösste  3  mm  lang,  etwas  über 
2  mm  hoch  und  nicht  ganz  2  mm  dick,  die  kleinste  etwas 
über  2V2  mm  lang,  etwa  l2/3  mm  hoch  und  knapp  lV2mm 
dick  ist,  nur  2  rechte  und  3  linke  Klappen  vor,  von  « 
denen  die  grösste  4  mm  in  der  Länge,  21/2mm  in  der  Höhe 
und  etwas  über  1  mm  in  der  Dicke  misst,  und  deren  übrige 
in  ihren  Dimensionen  nur  wrenig  hinter  der  angeführten 
grössten  Klappe  Zurückbleiben.  Der  Erhaltungszustand 
dieser  Stücke  ist  durchscheittlich  ein  guter,  wenn  auch  bei 
dieser  oder  jener  Klappe  die  Aussenfläche  stellenweise 
schon  etwas  abgerieben  ist. 

Die  Schale  ist  ziemlich  dünnwandig,  quer-verlängert, 
eiförmig,  verhältnissmässig  stark  gewölbt,  mit  über  die 
Mitte  des  Schlossrandes  hinaus  nach  vorn  gerückten,  sich 
fast  berührenden,  etwas  aufgetriebenen  und  daher  deutlich 
hervortretenden,  mehr  oder  weniger  stumpf  auslaufenden 
Wirbeln  versehen,  deutlich  ungleichseitig  ausgebildet.  Bei 
den  einzelnen  Klappen  ist  der  vordere  Theil  des  Schloss¬ 
randes  schwach  konvex  gebogen;  der  etwas  längere  hintere 
Theil  bildet  dagegen  eine  bald  mehr,  bald  minder  deutlich 
wellenförmige  Linie,  die,  vom  Wirbel  an  gerechnet,  zuerst 
konkav  und  dann  konvex  gekrümmt  ist;  —  der  Vorderrand 
ist  gleichmässig  konvex  gerundet;  —  der  Ventralrand  ist 
bei  dieser  Art  verhältnissmässig  ziemlich  stark  konvex  ge¬ 
bogen  ;  —  der  Hinterrand  ist  von  dem  Ventralrande  durch 
eine  seichte  Einbuchtung  abgesetzt  und  bildet  mit  dem 
hintersten,  konvexen  Theil  des  Schlossrandes  eine  ausge¬ 
prägt  hakig-schnabelartige  Spitze.  Von  einer  Lunula  ist 
keine  Spur  zu  bemerken;  dagegen  findet  sich  eine  ziem¬ 
lich  breite  und  lange,  lanzettliche,  vom  Schalenrande  aus 
nach  beiden  Seiten  hin  abschüssige  Area  vor,  die  beider¬ 
seits  je  von  einem  deutlichen,  vom  Wirbel  bis  zur  Schna¬ 
belspitze  sich  erstreckenden  Kiele  umrandet  ist.  Auf  der 
Hinterseite  der  Klappen  verläuft  vom  Wirbel  aus  in  radia¬ 
ler  Richtung  nach  hinten  hin,  dem  Randkiele  der  Area  be¬ 
nachbart,  eine  seichte,  breit-furchenartige  Einsenkung,  die 
beim  Uebergang  in  den  Rand  diesem  die  erwähnte  Ein¬ 
buchtung  zwischen  Ventral-  und  Hinterrand  verleiht,  wo- 


223 


durch  die  schnabelartige  Spitze  vom  übrigen  Rande  ziem¬ 
lich  deutlich  abgesetzt  erscheint.  Die  in  gutem  Erhaltungs¬ 
zustände  glänzende  Ausscnfläche  ist  mit  wenigen  (bis  zu  6) 
ungleich  weit  von  einander  abstehenden,  konzentrischen 
Furchen,  von  denen  besonders  die  unteren  deutlich  ausge¬ 
zogen  sind,  bedeckt;  diese  Furchen  erscheinen  auf  der  Hin¬ 
terseite  in  der  genannten  Einsenkung  kaum  merklich  nach 
oben  hin  ausgeschweift  und  setzen  sich,  wenn  auch  weniger 
deutlich,  über  die  Area  fort,  wobei  sie  jedoch  auf  dem  Rand¬ 
kiele  derselben  unter  einem  Winkel  von  ungefähr  90°  nach 
oben  hin  gebrochen  sind;  —  im  Uebrigen  zeigt  sich  die 
Aussenfläche  völlig  glatt.  Der  Schlossrand  trägt  in  jeder 
Klappe  zwei  gegeneinander  unter  einem  Winkel  von  etwa 
130°  geneigte  Reihen  von  je  10  oder  11  dicht  nebeneinan¬ 
der  gestellten,  spitzen  Zähnen.  Die  unter  dem  Wirbel 
zwischen  den  beiden  Zahnreihen  gelegene  Bandgrube  ist 
sehr  klein  und  seicht  und  daher  mit  blossem  Auge  kaum 
sichtbar.  Die  Innenfläche  ist  bei  den  meisten  Klappen 
matt  abgerieben;  bei  einer  Klappe  jedoch  zeigt  sie  noch 
einen  lebhaften  Perlmutterglanz.  Die  Muskeleindrücke  sind 
wenig  deutlich  ausgeprägt;  sie  sind  oval,  und  zwar  ist  der 
vordere  etwas  grösser  als  der  hintere.  Die  Mantellinie  ist 
meist  kaum  wahrzunehmen;  die  Bucht  ist  wenig  tief,  zun¬ 
genförmig,  etwas  schräg  nach  oben  und  vorn  gerichtet. 
Der  Innenrand  (vom  Schlossrande  abgesehen)  fällt  nach 
aussen  hin  etwas  schräg  ab,  ist  ganz  und  glatt, 

Bemerkung:  In  der  mir  zugänglichen  Litteratur  findet  sich 
keine  Leda- Art,  welche  mit  der  vorstehend  beschriebenen  iiberein- 
stimmt,  und  ich  glaube  diese  daher  als  eine  neue  Art  ansprechen 
zu  sollen. 

4.  Art:  Leda  subrostrata,  nov.  spec.  (Taf.  IV,  Fig.  7.) 

Diese,  soviel  ich  weiss,  bisher  noch  nicht  beschrie¬ 
bene  Lecla-kxt  scheint  in  Dingden  nicht  gerade  häufig  vor¬ 
zukommen.  In  der  hiesigen  Sammlung  finden  sich  von 
dort  ausser  einigen  Bruchstücken  und  einer  noch  geschlos¬ 
senen  Schale  nur  8  rechte  und  10  linke  Klappen  vor,  die 
zum  Theil  vollständig  erhalten,  zum  Theil  aber  auch  mehr 
oder  weniger  stark  beschädigt  sind.  Die  grösste  dieser 


224 


Klappen  misst  ungefähr  25  mm  in  der  Länge,  etwas  über 
13mm  in  der  Höhe  und  4mm  in  der  Dicke,  eine  der  klein¬ 
sten  nur  3 V2  mm  in  der  Länge,  knapp  2  mm  in  der  Höhe 
und  annähernd  2/s  mm  in  der  Dicke. 

Das  Gehäuse  ist  bei  jüngeren  Formen  dünnwandig, 
bei  älteren  aber  ungleich  kräftiger  und  daher  weniger  leicht 
zerbrechlich,  quer-verlängert,  eiförmig-elliptisch,  schwach 
gewölbt,  mit  über  die  Mitte  des  Schlossrandes  hinaus  nach 
vorn  gerückten,  an  der  Spitze  etwas  nach  rückwärts  und 
einwärts  gebogenen,  sich  fast  berührenden  Wirbeln  ver¬ 
sehen,  ungleichseitig.  Der  vordere  Theil  des  Schlossrandes 
ist  bei  den  einzelnen  Klappen  schwach  konvex,  der  längere 
hintere  Theil  schwach  konkav  gebogen;  der  Vorderrand 
ist  gleichmässig  konvex  gerundet;  der  Ventralrand  ist 
schwach  konvex  gekrümmt  und  steigt  nach  hinten  zu  merk¬ 
lich  aufwärts ;  der  Hinterrand  verläuft  von  unten  nach  oben 
hin  schräg  aufwärts,  so  dass  die  hintere  untere  Ecke  sehr 
stumpf,  die  hintere  obere  Ecke  dagegen  schnabelartig  ausge¬ 
zogen  erscheint,  welche  letztere  Eigenschaft  bei  den  älteren 
Exemplaren  stets  deutlich,  bei  den  jüngeren  aber  weniger 
deutlich  hervortritt.  Auf  der  Hinterseite  der  Klappen  bemerkt 
man  bisweilen  eine  vom  Wirbel  nach  dem  Hinterrande  hin 
verlaufende,  sehr  schwache,  kielartige  Erhebung.  Lunula 
und  Area  sind  schmal-lanzettförmig,  längsgestreift.  Die 
ganze  übrige  Aussenfläche  erscheint  glänzend  und  glatt 
oder  doch  nur  mit  unregelmässigen,  konzentrischen  Zuwachs¬ 
streifen  bedeckt.  Das  Schloss  setzt  sich  in  jeder  Klappe 
aus  zwei  gegeneinander  unter  sehr  stumpfem  Winkel  (von 
ca.  150°)  geneigten  Reihen  von  je  17 — 27  eng  nebeneinan¬ 
der  gestellten,  spitzen  Zähnen  zusammen.  Die  beiden  Zahn¬ 
reihen  werden  unter  dem  Wirbel  durch  eine  ziemlich  grosse, 
tiefe,  dreiseitige,  löffelartige  Bandgrube  von  einander  ge¬ 
trennt.  Die  Innenfläche  der  Klappen  ist  glatt,  mit  Fett¬ 
oder  Perlmutterglanz  behaftet,  hin  und  wieder  mit  unregel¬ 
mässig  begrenzten,  graubraunen  Flecken  versehen.  Die  Mus- 
keleindrücke  sind  deutlich  sichtbar,  verhältnissmässig  klein, 
der  vordere  ist  unregelmässig  halbmondförmig,  und  zwar 
mit  der  flachen  Seite  nach  innen  gewendet;  der  hintere 
ist  kleiner  als  der  vordere,  eiförmig,  schräg  gestellt  und 


225 


zwar  aacli  der  Mitte  der  Klappe  hin  gerichtet.  Die  Man¬ 
tellinie  ist  wenig  deutlich  ausgeprägt ;  die  Bucht  ist  ziem¬ 
lich  tief  und  breit,  mehr  oder  weniger  rechteckig  geformt. 

Bemerkung:  Vorstehende  Art  besitzt,  besonders  im  Jugend¬ 
stadium,  Aehnlichkeit  mit  Nucula  depressa ,  Nyst,  (cf.  Ny  st,  „De- 
script.  des  coq.  et  des  polyp.  foss.  etc.“  p.  220  seq.,  n°.  177,  tab.  XV, 
fig.  7a,  b)  und  Leda  pellucida.  Phil.,  (cf.  Hoernes,  1.  c.  p.  303  seq. 
n°.  2.,  tab.  XXXVIII,  fig.  5  a  — e).  Von  Nucula  depressa,  Nyst,  über 
deren  Mantelbucht  leider  weder  aus  der  Beschreibung,  noch  aus 
den  Abbildungen  bei  Nyst  etwas  zu  ersehen  ist,  unterscheidet 
sich  unsere  Art  jedoch  durch  ihre,  besonders  bei  ausgewachsenen 
Exemplaren,  viel  bedeutendere  Ungleichseitigkeit  der  überdies  dick¬ 
wandigeren  Klappen,  indem  der  Wirbel  nicht  wie  dort  mittelständig, 
sondern  um  die  Mitte  des  Schlossrandes  hinaus  nach  vorn  vorge¬ 
rückt  ist,  und  indem  die  hintere  obere  Ecke  deutlicher  schnabel¬ 
artig  hervortritt.  Von  Leda  pellucida ,  Phil.,  mit  der  unsere  Art 
in  der  äusseren  Gestalt  schon  besser  übereinstimmt,  ist  sie  durch 
dickwandigere  Klappen,  sowie  durch  die  Beschaffenheit  der  Mantel¬ 
bucht  verschieden,  indem  dieselbe  hier,  wie  oben  erwähnt,  rechteckig, 
dort,  wie  aus  den  Abbildungen  bei  Hoernes  ersichtlich  jst,  zungen¬ 
förmig  ist. 


II.  Ordnung:  Siphonida. 

A.  Integripalliata. 

Familie:  Astartidae,  Gray.  —  Gattung:  Carclita ,  Brug. 

Art:  Cardita  chamaeformis,  Sow. 

(„Min.  conch.“  t.  V,  p.  145,  pl.  490,  fig.  1;  —  sub  Venericardia. 

—  1825.) 

Syn.:  Venericardia  chamaeformis ,  Nyst ,  „Recherch.  sur  les  coq.  foss. 

de  la  prov.  d’Anvers“,  p.  12,  n°.  45. 

V.  chamaeformis,  Morris ,  „Cat.  of  British  Shells“  p.  103. 

V.  chamaeformis ,  Potiez  et  Michaud,  „Cat.  des  Moll,  de  Douai“ 
t.  II,  p.  162,  no.  3  (excl.  syn.  Nyst,  „Recherch. 
sur  les  coq.  foss.  de  Kleyn-Spauwen,  etc.“). 

Cardita  chamaeformis ,  Goldf.,  1.  c.  p.  189,  n°.  15,  tab.  CXXXIV, 
fig.  4  a,  b. 


Vei’h.  d,  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX. 


15 


226 


C.  chamaeformis ,  Nyst,  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss. 

etc“,  p.  211  seq.,  n°.  170,  tab.  XVI,  fig.  7a,b,d*. 

C.  chamaeformis,  Sow.,  ist  bei  Dingden  eine  der  häu¬ 
figsten  Arten.  Es  befinden  sich  in  der  hiesigen  Sammlung 
daher  von  dort  nicht  weniger  als  ungefähr  120  rechte  und 
ebenso  viele  linke  Klappen,  welche  durchgängig  gut  er¬ 
halten  sind.  Die  Grösse  dieser  Stücke  ist  eine  sehr  ver¬ 
schiedene:  die  grösste  Klappe  misst  9  mm  in  der  Länge, 
ebenfalls  9  mm  in  der  Höbe  und  3  mm  in  der  Dicke,  eine 
der  kleinsten  Klappen  l1/2  mm  in  der  Länge,  annähernd 
ebenfalls  fi/2  mm  in  der  Höhe  und  V2  mm  in  der  Dicke; 
zwischen  den  vorstehenden  Dimensionen  finden  sich  nun, 
den  verschiedenen  Altersstufen  entsprechend,  die  mannig¬ 
faltigsten  Uebergänge  vor. 

Nach  den  mir  bekannt  gewordenen  Mittheilungen  über 
die  in  Rede  stehende  Art  ist  der  Verbreitungsbezirk  der¬ 
selben  kein  grosser.  Ausser  in  Dingden,  wo  sie  schon 

Ferd.  Roemer  („Die  Kreidebildungen  Westfalens“,  s.  Ver¬ 
handlungen  d.  naturhistor.  Vereins  f.  d.  preuss.  Rheinl.  u. 
Westf.  XI.  Jahrg.  1854,  p.  43  oder  Zeitschr.  d.  deutsch, 
geol.  Gesellsch.  VI.  Bd.,  1854,  p.  111)  mit  Sicherheit  an¬ 
gibt,  kommt  G.  chamaeformis ,  Sow.,  vor  bei  Winterswyk 
(cf.  Goldf.,  1.  e.,  Becks,  1.  c.  p.  257  seqq.,  und  Ferd. 
Roemer,  1.  c.  p.  43,  resp.  112)  und  Eibergen  (cf.  Ferd. 

Roemer,  1.  c.  p.  41,  resp.  110)  in  Gelderland,  bei  Bünde 

(cf.  Goldf.,  1.  c.),  sowie  nach  Nyst,  1.  c.,  bei  Antwerpen 
und  im  Crag  der  Grafschaft  Suffolk  in  England. 

Gattung:  Astarte,  Sow., 

1.  Art:  Astarte  concentrica.  (s.  a.) 

Syn.:  A.  propinqua,  Münster  (cf.  Goldf.  1.  c.  p.  194,  n°.  21,  tab. 

CXXXY,  fig.  3a-c).  ' 

A.  qracilis,  Münster,  (cf.  Goldf.,  1.  c.  p.  194  seq.,  n°.  22,  tab. 
CXXXV,  fig.  4  a— c). 

A.  concentrica,  Goldf.,  1.  c.  p.  195,  n°.  24,  tab.  CXXXV,  fig.  7 a,  b. 

*  Die  Figur  7b  auf  Tafel  XVI  bei  Nyst,  1.  c.,  stellt  im  Ge¬ 
gensätze  zur  Fig.  7d  die  Zwischenräume  zwischen  den  auf  der 
Aussenfläche  der  Klappen  befindlichen  Radialrippen  im  Vergleich  zur 
Breite  der  Rippen  selbst  zu  schmal  dar. 


227 


Wie  das  vorstehende  Synonymenverzeichniss  zeigt, 
habe  ich  die  drei  bei  Goldfuss  a.  a.  0.  unterschiedenen 
Arten  A.  propinqua ,  Münster ,  A.  gracilis ,  Münster ,  und  H. 
concentrica ,  Goldf.,  zu  einer  einzigen  Art  mit  dem  nunmehr 
umfangreicheren  Namen  „H.  concentrica “  vereinigt,  indem 
das  mir  aus  Dingden  vorliegende  reichhaltige  Material  nicht 
nur  Formen  enthält,  welche  mit  den  genannten  Arten  über¬ 
einstimmen,  sondern  auch  Uebergangsformen  zwischen  den¬ 
selben.  Anfangs  suchte  ich  auch  unser  Material  in  die  er¬ 
wähnten  drei  Arten  zu  sondern,  bemühte  mich  jedoch  ver¬ 
geblich,  die  Grenzen  zwischen  denselben  zu  fixiren,  da  die 
sämmtlichen  Stücke  eine  kontinuirliche  Reihe  bilden,  deren 
Endglieder  allerdings  ziemlich  differiren.  Wie  in  der  nach¬ 
folgenden  Beschreibung  der  Dingden’schen  Vorkommnisse 
des  weiteren  dargelegt  werden  wird,  bilden  die  zu  A.  „gra- 
cilis“  gehörigen  Formen  die  Mittelglieder  dieser  Reihe,  in¬ 
dem  ihre  Charaktere  die  Unterschiede  zwischen  den  Charak¬ 
teren  der  zu  A.  „ propinqua “  einerseits  und  zu  A.  „concen¬ 
trica“  andererseits  gehörigen  Formen  ausgleichen.  Auch 
schon  aus  den  bez.  Diagnosen  bei  Goldfuss  lässt  sich 
ersehen,  dass  A.  „ gracilis “  eine  Zwischenform  zwischen 
A.  „propinquau  und  A.  „ concentrica “  ist;  A.  propinqua “ 
besitzt  nämlich  nach  Goldfuss  „stumpfe"  Wirbel,  eine 
„schmal-lanzettförmige“  Lunula  und  „sehr  zahlreiche“  Rip¬ 
pen,  —  A.  „ gracilis “  „spitzige“  Wirbel,  eine  ,, breit- lan¬ 
zettförmige“  Lunula  und  „zahlreiche“  Rippen,  —  endlich 
A.  „ concentrica “,  wie  die  Abbildungen  erkennen  lassen, 
noch  spitzere  Wirbel,  eine  „elliptische“  Lunula  und  „nicht 
sehr  zahlreiche“  Rippen. 

Unser  Material  umfasst  ausser  einer  noch  geschlosse¬ 
nen,  zu  A.  „ concentrica “  gehörigen  Schale,  welche  7  mm 
lang,  Ob^mm  hoch  und  4  mm  dick  ist,  über  200  rechte  und 
ebenso  viele  linke  Klappen,  die  durchgängig  recht  gut  erhal¬ 
ten  sind.  Von  den  zu  A. ,, propinqua “  gehörigen  Klappen  misst 
eine  der  grössten  8V2  mm  in  der  Länge,  7V2  mm  in  der 
Höhe  und  nicht  ganz  2  mm  in  der  Dicke,  eine  der  klein¬ 
sten  2  mm  in  der  Länge,  12/b  mm  in  der  Höhe  und  unge¬ 
fähr  1/2  mm  in  der  Dicke ;  unter  den  zu  A.  „ concentrica u 
gehörigen  Klappen  besitzt  eine  der  grössten  eine  Länge 


228 


von  12  mm,  eine  Höbe  von  fast  11  mm  und  eine  Dicke  von 
3  mm,  eine  der  kleinsten  eine  Länge  von  1  mm,  eine  Höhe 
von  fast  1mm  und  eine  Dicke  von  ungefähr  ^mm.  Ausser 
den  angegebenen  Grenzdimensionen  sind  die  zahlreichsten 
Zwischenstufen  vertreten. 

Bei  der  nachstehenden  näheren  Beschreibung  unserer 
Stücke  wollen  wir  zum  Zwecke  einer  bestimmten  Bezeich¬ 
nung  die  zu  A.  „ propinqua “  gehörigen  Formen  als  die  An-  - 
fangsglieder,  die  zu  A.  ,, concentrica “  gehörigen  Formen  als 
die  Endglieder  der  oben  näher  angegebenen  Reihe  be¬ 
zeichnen. 

Die  Schale  ist  dickwandig  und  zwar  bei  den  End¬ 
gliedern  unserer  Reihe  in  noch  höherem  Maasse  als  bei  den 
Anfangsgliedern,  gerundet-dreieckig,  bald  flach,  bald  ziem¬ 
lich  stark  konvex,  ungleichseitig.  Die  Wölbung  der  Klap¬ 
pen  nimmt  vom  Anfänge  der  Reihe,  welcher  flach  konvexe 
Formen  umfasst,  nach  dem  Ende  hin  allmählich  ziemlich 
beträchtlich  zu,  wie  dies  ja  auch  aus  den  obigen  Dicken¬ 
angaben  zum  Theil  ersichtlich  ist.  Der  Vorderrand  ist  bei 
den  Anfangsgliedern  der  Reihe  fast  geradlinig  oder  doch 
nur  seicht  nach  innen  ausgeschweift  und  der  Hinterrand 
nur  wenig  nach  aussen  gebogen,  so  dass  die  etwas  nach 
vorn  und  innen  eingerollten,  wenig  aufgetriebenen  Wirbel 
stumpf  auslaufen;  bei  den  Endgliedern  ist  der  Vorderrand 
dagegen  ziemlich  stark  nach  innen  ausgeschweift  und  der 
Hinterrand  etwas  mehr  nach  aussen  gebogen,  so  dass  der 
überdies  höher  aufgetriebene  Wirbel  bedeutend  spitziger, 
die  vordere  Ecke  weiter  als  die  hintere  ausgezogen  und 
in  Folge  dessen  die  ganze  Klappe  in  höherem  Masse  un¬ 
gleichseitig  erscheint;  —  der  Ventralrand  bildet  eine  bald 
mehr,  bald  minder  starke  Krümmung.  Die  Lunula  ist  bei 
den  Anfangsgliedern  der  Reihe  wenig  deutlich  umgrenzt, 
flach-konkav,  schmal-lanzettlich,  glatt  oder  undeutlich  längs¬ 
gestreift;  allmählich  vertieft  und  verbreitert  sie  sich  dann 
mehr  und  mehr,  bis  sie  bei  den  Endgliedern  tief-konkav 
und  scharf  umgrenzt  erscheint  und  eine  fast  elliptische 
Förm  annimmt.  Die  Area  ist  länger,  schmaler  und  flacher 
als  die  Lunula,  jedoch  ist  sie  stets  deutlich  abgesetzt.  Im 


229 


übrigen  ist  die  Aussenfläche  der  Klappen  stets  ganz  mit 
konzentrischen  Rippen  bedeckt,  deren  Zahl  und  Stärke 
beträchtlich  variirt,  jedoch  so,  dass  sich  die  diesbezüglichen 
Unterschiede  in  unserer  Reihe  allmählich  ausgleichen.  Bei 
den  Anfangsgliedern  der  Reihe  stehen  die  Rippen  dicht  ge¬ 
drängt,  durch  ebenso  breite  Zwischenräume  von  einander 
getrennt,  und  sind  wenig  hoch ;  ihre  Anzahl  geht  bis  zu 
35  und  wohl  noch  höher,  jedoch  ist  eine  genaue  Zählung 
nicht  möglich,  da  die  Wirbel  meist  etwas  abgerieben  und 
so  die  Rippen  auf  ihnen  undeutlich  sind;  allmählich  neh¬ 
men  bei  den  Formen  unserer  Reihe  die  Rippen  an  Zahl 
ab,  an  Stärke  aber  zu;  bei  den  Endgliedern  geht  ihre  Zahl 
herab  bis  gegen  12,  und  ihre  Zwischenräume  sind  durch¬ 
schnittlich  breiter  als  sie  selbst.  Die  einzelnen  Rippen 
sind  stets  konvex,  oft  rinnenartig,  nach  oben  etwas  hin¬ 
übergebeugt,  glatt  oder  seltener  undeutlich  konzentrisch 
gestreift;  ihre  Zwischenräume  sind  auch  glatt  oder  mehr 
oder  weniger  deutlich  konzentrisch  gestreift.  Das  Schloss 
besteht  in  der  rechten  Klappe  aus  einem  kräftigen,  drei¬ 
seitigen  Zahn,  neben  welchem  sich  beiderseits  ein  drei¬ 
eckiges  Grübchen  befindet;  in  diese  Grübchen  greifen  die 
beiden  weniger  kräftigen,  schmaleren  Zähne  der  linken 
Klappe  ein,  welche  nach  unten  hin  divergiren  und  so  eine 
dreickige  Grube  zur  Aufnahme  des  Zahnes  der  rechten 
Klappe  einschliessen.  Zudem  bemerkt  man  am  Vorderrande 
der  rechten  und  am  Hinterrande  der  linken  Klappe  eine 
vom  Schloss  abwärts  verlaufende,  längliche  Rinne,  welche 
vom  Aussenrande  und  einer  diesem  parallelen  Leiste  ge¬ 
bildet  wird.  Die  Innenfläche  der  Klappen  ist  glatt.  Die 
Muskeleindrücke  und  die  Mantellinie  sind  deutlich  ausge¬ 
prägt,  bei  den  dickschaligeren  Stücken  sogar  oft  ziemlich 
tief  eingesenkt.  Der  vordere  Muskeleindruck  ist  nieren¬ 
förmig,  der  hintere  oval  bis  rundlich.  Der  Innenrand  er¬ 
scheint  bald  glatt,  bald  zierlich  krenulirt;  bei  den  Jugend¬ 
formen  ist  er  meistens  glatt. 

Ausser  in  Dingden,  von  wo  schon  Ferd.  Roemer 
(„Die  Kreidebildungen  Westfalens“,  1.  c.  p.  43,  resp.  111) 
A.  concentrica ,  Goldf.,  anführt,  kommt  unsere  Art  vor  zu 
Giffel  bei  Meddeho  unweit  Winters  wyk  in  Holland  (A.  con- 


230 


centrica ,  Goldf.,  —  cf.  Goldf.,  1.  c.,  Becks,  1.  c.  p.  262 
und  Ferd.  Roemer,  1.  c.  p.  42,  resp.  110),  ferner  bei 
Bünde  (A  propinqua ,  Münster ,  und  A  gracilis ,  Münster ,  — 
cf.  Goldf.,  1.  c.),  zu  Freden  und  Diekholz  bei  Hildesheim 
(A  propinqua ,  Münster ,  und  A  gracilis ,  Münster ,  —  cf. 
Phil.,  „Beitr.  z.  Kenntn.  d.  Tert.-Verst.  d.  nordw.  Deutschi.“, 
p.  46,  n°.  16  u.  17),  in  der  Gegend  von  Magdeburg  (A  cow- 
centrica ,  Goldf.,  und  A  gracilis ,  Münster ,  cf.  Phil.,  Pa- 
laeontograph.  Bd.  I,  p.  47,  n°.  22  u.  23),  bei  Friedrichsfeld 
und  sehr  häufig  bei  Göttentrup  im  Fürstenthum  Lippe- 
Detmold  (A  concentrica ,  Goldf.,  cf.  Speyer,  Palaeonto- 
graph.  Bd.  XVI.  p.  41,  n°.  20,  tab.  V,  fig.  6  a,  b,  7  a— c.). 

2.  Art:  Astarte  angulata,  nov.  spec.  (Taf.  IV,  Fig.  8.) 

Von  dieser  sehr  kleinen  Art  liegen  mir  aus  Dingden 
etwa  20  rechte  und  25  linke  Klappen  vor.  Die  kleinste 
derselben  ist  D^nim  lang,  wenig  über  1  mm  hoch  und  fast 
1/3  mm  dick ;  eine  der  grössten  ist  etwas  über  3  mm  lang, 
3  mm  hoch  und  ungfähr  3/4  mm  dick.  Wie  auch  aus  die¬ 
sen  Massangaben  ersichtlich  ist,  sind  Länge  und  Höhe  nur 
wenig  von  einander  verschieden;  ja  hin  und  wieder  trifft 
man  unter  unseren  Klappen  sogar  eine,  bei  welcher  die 
Höhe  die  Länge  etwas  übertrifft. 

Die  Schale  ist  dickwandig,  dreiseitig,  in  den  Ecken 
gerundet,  mehr  oder  weniger  schwach  gewölbt,  ungleich¬ 
seitig,  indem  die  etwas  aufgetriebenen,  spitz  auslaufenden 
Wirbel  wenig  nach  vorn  gebogen  sind.  Der  Vorderrand  ist 
bei  beiden  Klappen  etwas  nach  innen  ausgeschweift,  so  dass 
die  vordere  Ecke  etwas  weiter  ausgezogen  erscheint  als  die 
hintere;  der  Hinterrand  ist  geradlinig  oder  nur  $.ehr  wenig 
nach  aussen  gebogen;  der  Ventralrand  bildet  einen  sehr 
flachen,  gleichförmigen  Bogen.  Die  Aussenfläche  der  Klap¬ 
pen  ist  bald  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  glatt  und  nur 
mit  sehr  feinen  Zuwachsstreifen  versehen,  bald  am  Wirbel 
mit  deutlichen,  konzentrischen  Furchen  bedeckt,  die  nach 
beiden  Seiten  hin  allmählich  an  Tiefe  abnehmen;  nur  sel¬ 
ten  erscheint  die  ganze  Aussenfläche  gefurcht,  wobei  sich 
dann  aber  die  Furchen  nach  dem  Ventralrande  hin  nach 
und  nach  verflachen.  Die  Lunula  ist  wenig  deutlich  um- 


23  t 


grenzt,  lanzettlich,  glatt  oder  undeutlich  längsgestreift.  Das 
Schloss  weist  in  seinem  Bau  keinen  Unterschied  von  dem¬ 
jenigen  der  vorigen  Art  auf.  Auch  hier  zeigt  sich,  wie  bei 
der  vorigen  Art,  am  Vorderrande  der  rechten  und  am  Hin¬ 
terrande  der  linken  Klappe  eine  vom  Schlosse  aus  abwärts 
sich  erstreckende,  längliche,  rinnenartige  Vertiefung,  welche 
vom  Aussenrande  und  einer  ihm  parallel  laufenden  dünnen 
Leiste  gebildet  wird.  Die  Innenfläche  der  Klappen  erscheint 
glatt.  Die  Muskeleindrücke  und  die  Mantellinie  sind  deut¬ 
lich  ausgeprägt;  der  vordere  Muskeleindruck  ist  nierenför¬ 
mig,  der  hintere  oval.  Der  Innenrand  ist  fast  stets  deutlich 
krenulirt;  nur  in  ganz  vereinzelten  Fällen  scheint  er  glatt 
zu  bleiben. 

Bemerkung:  Die  vorstehend  beschriebene  Art  hat  grosse 
Aehnlichkeit  mit  A.  Nystiana ,  Kiclcx  i.  c.,  (cf.  Ny  st,  „Descript.  des 
coq.  et  des  polyp.  foss.  etc.“,  p.  156  seq.,  n°.  110,  tab.  VI,  fig.  15a 
— c),  welche  bei  Jette  und  Laeken,  in  der  Umgegend  von  Brüssel, 
vorkommt,  und  auch  mit  A.  triangularis ,  Montague,  (cf.  Hoernes, 
1.  c.  p.  282  seq.,  n°.  1,  tab.  XXXVII,  fig.  la — f),  welche  noch  lebend 
an  den  Küsten  von  Schottland,  im  britischen  Kanal,  an  der  Küste 
von  Süd  Spanien,  im  mittelländischen  Meere  und  an  den  Kanarischen 
Inseln  angetroffen  wird  und  fossil  bei  Steinabrunn  im  Wiener  Becken, 
in  Siebenbürgen,  bei  Saucats  in  Frankreich  und  im  Crag  von  Eng¬ 
land  vorkommt.  Es  dürften  sich  die  genannten  drei  Arten  viel¬ 
leicht  vereinigen  lassen ;  doch  kann  ich  darüber  ein  bestimmtes  Ur- 
theil  nicht  fällen,  da  mir  von  den  beiden  letzteren  Arten  keine 
Exemplare  zur  Vergleichung  zu  Gebote  stehen. 

Von  A.  Nystiana ,  Kiclcx  i.  c..  unterscheidet  sich  unsere  Ding- 
den’sche  Art,  abgesehen  von  ihrer  viel  geringeren  Grösse,  durch  die 
Beschaffenheit  der  Lunula,  welche  hier  lanzettlich,  dort  eiförmig 
ist,  und  ferner  durch  ihre  ausgeprägter  dreieckige  Form,  indem  Ven¬ 
tral-  und  Hinterrand  weniger  auswärts  gebogen  sind,  wodurch  die 
unteren  Ecken  deutlicher  hervortreten.  Bei  A.  triangularis ,  Mon¬ 
tague ,  die  ebenfalls,  wenn  auch  nicht  in  so  hohem  Masse,  unsere 
Art  an  Grösse  übertrifft,  ist  der  Hinterrand  noch  mehr  gerundet 
als  bei  A.  Nystiana ,  Kiclcx  i.  c.,  während  die  Krümmung  des  Ven¬ 
tralrandes  bei  jener  nicht  so  stark  ist  wie  bei  dieser;  über  die  Be¬ 
schaffenheit  der  Lunula  bei  jener  Art  macht  Hoernes  a.  a.  0.  lei¬ 
der  gar  keine  Angaben. 


232 


Familie:  Lucinidae,  Desh.  —  Gattung:  Lucina ,  Brug. 

1.  Art:  Lucina  borealis,  Lin. 

(„Syst,  nat.“,  edit.  XII,  p.  1134,  n°.  143.) 

Sy n. :  Cf.  Hoernes,  1.  c.  p.  229  seq.,  tab.  XXXIII,  fig.  4a— c. 

Von  dieser  Art  liegt  mir  aus  Dingden  nur  eine  einzige, 
linke  Klappe  vor,  die  zudem  noch  an  den  Rändern  etwas 
defekt  ist.  Dieselbe  hat  eine  Länge  von  34  mm,  eine  Höhe 
von  29  mm  und  eine  Dicke  von  8  mm.  Sie  ist  etwas  mehr 
quer- verlängert  als  die  bei  Nyst  („Descript.  des  coq.  et 
des  polyp.  foss.  etc.“,  tab.  VI,  fig.  6a,  b  und  7a,  b)  und 
Hoernes  (1.  c.)  abgebildeten  Klappen;  im  Uebrigen  unter¬ 
scheidet  sie  sich  aber  in  den  wesentlichen  Merkmalen  nicht 
von  denselben.  Mit  den  im  paläontologischen  Museum 
der  Kgl.  Akademie  zu  Münster  aus  Antwerpen  vorliegen¬ 
den  Stücken  stimmt  sie  dagegen  vollständig  überein. 

L.  borealis ,  Lin.,  gehört  zu  den  verbreitetsten  Arten. 
Lebend  wird  sie  häufig  an  den  Küsten  des  atlantischen 
Oceans,  seltener  des  Mittelmeeres  angetroffen.  Fossil  fin¬ 
det  sie  sich  ausser  in  Dingden  im  Crag  von  Belgien  und 
England  (cf.  Nyst,  1.  c.  p.  127  seq.,  n°.  86  et  p.  128  seq., 
n°.  87),  ferner  im  Wiener  Becken,  in  Bayern,  Steiermark, 
Ungarn,  Galizien,  Volhynien,  Siebenbürgen,  in  der  Schweiz, 
in  den  subapenninen  Schichten  Italiens  und  Frankreichs, 
auf  Rhodus,  Sizilien,  bei  Christiania  etc.  (cf.  Hoernes,  1.  c.). 

2.  Art:  Lucina  cf.  Dujardini,  Desh. 

(„Traite  elementaire  de  conchybologie“,  p.  783,  n°.  3.) 

Syn.:  cf.  Hoernes,  1.  c.  p.  235  seq,  tab.  XXXIII,  fig.  7a— c. 

Es  liegen  mir  aus  Dingden  von  dieser  zierlichen  Art 
ausser  einigen  Bruchstücken  und  einer  noch  geschlossenen 
Schale  25  rechte  und  20  linke  Klappen  vor,  deren  Grösse? 
den  verschiedenen  Altersstufen  entsprechend,  eine  ziemlich 
variable  ist;  die  grösste  derselben  misst  etwa  7  mm  in  der 
Länge,  6V2  mm  in  der  Höhe  und  lV2mm  in  der  Dicke, 
eine  der  kleinsten  nur  2  mm  in  der  Länge,  gleichfalls  2  mm 
in  der  Höhe  *  und  ungefähr  V2  mm  in  der  Dicke. 


233 


Die  Schale  ist  linsenförmig,  fast  rund,  ziemlich  flach, 
etwas  ungleichseitig.  Der  vordere  Theil  des  Schlossrandes 
ist  nach  innen  ausgebogen,  der  hintere,  etwas  längere  Theil 
dagegen  ist  fast  gerade  oder  nur  wenig  nach  aussen  ge¬ 
bogen;  der  Vorderrand  und  der  Ventralrand  sind  einheit¬ 
lich  gerundet,  der  Hinterrand  dagegen  ist  ziemlich  gerade. 
Die  wenig  hervortretenden,  sich  fast  berührenden  Wirbel 
sind  annähernd  mittelständig,  nur  um  ein  Geringes  nach 
vorn  gebogen.  Die  Lunula  ist  klein,  lanzettförmig.  Vom 
Wirbel  aus  erstreckt  sich  auf  jeder  Klappe  zum  Hinter¬ 
rande  hin  eine  mehr  oder  weniger  deutliche,  den  hinteren 
Theil  der  Schale  zuschärfende  Einsenkung,  und  es  wird 
so  ein  ziemlich  langes,  lanzettliches  Feld  abgetrennt,  wie 
es  auch  an  den  Abbildungen  von  L.  Dujardini ,  Desh .,  bei 
Hoernes  (1.  c.)  wahrzunchmen  ist.  Bei  jungen  Exemplaren 
ist  die  Aussenfläche  fast  ganz  glatt;  bei  älteren  ist  sie  da¬ 
gegen  mit  feinen  konzentrischen  Zuwachsstreifen  bedeckt, 
an  denen  sich  stellenweise  noch  eine  bräunliche  Färbung 
erhalten  hat,  und  die  auf  dem  erwähnten  lanzettlichen 
Felde,  sowie  an  den  Rändern  der  Lunula  eine  etwas  rauhe, 
lamellenartige  Beschaffenheit  annehmen.  Die  innere  Band¬ 
grube  unterhalb  des  Wirbels  ist  nicht  gerade  tief  und  we¬ 
nig  lang.  Das  Schloss  besteht  in  der  linken  Klappe  aus 
einem  Schlosszahne,  in  der  rechten  aus  zwei  nach  unten 
hin  etwas  divergirenden  Schlosszähnen,  von  denen  der  hin¬ 
tere  der  kräftigere  ist ;  hierzu  kommt  noch  in  jeder  Klappe 
vor  und  hinter  dem  Schlosszahne,  bezw.  den  Schlosszähnen 
je  ein  verhältnissmässig  ziemlich  kräftiger  Seitenzahn.  Der 
vordere  Muskeleindruck  ist  etwa  3-  bis  4mal  so  lang  als 
breit,  überall  ziemlich  gleich  breit,  an  den  Enden  gerundet, 
etwas  gebogen  und  schräg  nach  innen  und  unten  gerichtet; 
der  breitere,  aber  kürzere  hintere  Muskeleindruck  ist  von 
bimförmiger  Gestalt.  Der  Manteleindruck  ist  undeutlich 
und  zeigt  in  seinem  Verlaufe  keine  Unterbrechung. 

Die  in  Rede  stehenden  Dingden’schen  Vorkommnisse 
stimmen,  wie  eine  genaue  Vergleichung  mit  allen  in  der 
mir  zu  Gebote  stehenden  Litteratur  beschriebenen  Lucina - 
Arten  ergab,  am  besten  mit  den  bei  Hoernes  a.  a.  0. 
abgebildeten  Exemplaren  von  L.  Dujardini,  Desh.,  überein, 


234 


nur  sind  sie  durchgängig  kleiner,  und  die  innere  Bandgrube 
ist  nicht  so  tief  und  lang  ausgebildet,  welch  letzterer  Um¬ 
stand  aber  auch  Folge  eines  vorgeschritteneren  Verwitte¬ 
rungprozesses  sein  kann. 

L.  Dujardini ,  Desh.,  ist  nach  Ho  er  ne  s  (1.  c.)  bis  jetzt 
ausser  an  verschiedenen  Orten  des  Wiener  Beckens  bei 
Ottnang  in  Oberösterreich,  Alt-Oleksinetz  in  Volhynien,  bei 
Manthelan,  St.  Maur  und  Pont-le-Voy  in  der  Touraine, 
ferner  bei  Perpignan,  Saucats,  Leognan  und  Merignac  auf¬ 
gefunden  worden. 

Familie:  Cardiidae,  Lam.  —  Gattung:  Cardium,  Lin. 

1.  Art:  Cardium  papillosum,  Poli. 

(„Testacea  utriusque  Siciliae“,  1791,  vol.  I,  tab.  16,  fig.  2 — 4.) 
Syn.  :  Cf.  Hoernes,  1.  c.  p.  191  seqq. 

Diese  in  fast  allen  ihren  Eigenschaften  sehr  variable 
Art  kommt  in  Dingden  häufig  vor.  Es  liegen  mir  von  dort 
über  300  rechte  und  ungefähr  ebenso  viele  linke  Klappen 
vor,  von  denen  die  grösste  6  mm  lang,  fasst  6  mm  hoch  und 
2V2  mm  dick,  eine  der  kleinsten  1  mm  lang,  annähernd 
1  mm  hoch  und  nicht  ganz  1/2  mm  dick  ist. 

Das  Gehäuse  ist,  von  vorn  oder  hinten  gesehen,  herz¬ 
förmig,  ziemlich  stark  gewölbt,  mit  fast  mittelständigen, 
etwas  vo  Tragenden,  eng  aneinander  stossenden  Wirbeln  ver¬ 
sehen.  Die  einzelnen  Klappen  sind  fast  kreisrund,  stets 
etwas  ungleichseitig,  vorn  abgerundet,  hinten  durch  eine 
Hinneigung  zur  Bildung  eines  Kieles  mehr  oder  weniger 
winklig.  Die  Aussenflächc  der  Klappen  ist  mit  24  flachen 
oder  kaum  merklich  gewölbten  Radialrippen  bedeckt,  welche 
durch  schmalere,  zierlich  quergefurchte  Interstitien  getrennt 
sind.  Diese  Rippen  sind  bald  mit  einer  grösseren,  bald 
mit  einer  geringeren  Anzahl  sogenannter  Papillen  unregel¬ 
mässig  besetzt;  doch  deuten  die  mit  der  Lupe  hin  und 
wieder  noch  erkennbaren  Ansatzstellen  darauf  hin,  dass 
ursprünglich  die  Schalen  gleichmässig  mit  solchen  leicht 
zerstörbaren  Ansatzkörperchen  der  Rippen  bedeckt  waren. 
Die  Gestalt  der  Papillen  ist  eine  sehr  variable:  bald  sind 


235 


sie  nadelknopfartig,  bald  stumpf  —  oder  spitzkegelig  und 
bisweilen  auf  der  Hinterseite  der  Klappen  in  der  Nähe 
des  Wirbels  sogar  stackeiartig,  bald  lamellenartig,  mond¬ 
sichelförmig  bis  halbmondförmig,  so  dass  also  ein  Ueber- 
gang*  zu  C.  roseum ,  Lam.,  („Hist.  nat.  des  anim.  sans  vert.“ 
1819,  vol.  VI,  p.  14),  den  Weinkau  ff  (1.  c.  p.  139  seqq. 
spec.  7)  leugnet,  wohl  vorhanden  sein  dürfte.  Der  Schloss¬ 
rand  ist  schmal  und  trägt  in  jeder  Klappe  2  stumpf-kegelige, 
zapfenartig  vorspringende  Schlosszähne  und  zu  beiden  Sei¬ 
ten  je  einen  schrägen,  länglichen,  schmalen  Seitenzahn,  von 
denen  der  hintere  weiter  vom  Schlosse  absteht  als  der  vor¬ 
dere.  Der  ganze  übrige  Innenrand  ist  mehr  oder  weniger 
tief  wellenförmig  gefaltet.  Die  Muskeleindrücke  sind  scharf 
ausgeprägt;  der  vordere  ist  oval,  der  um  ein  Geringes 
grössere  hintere  mehr  rundlich.  Der  weniger  deutliche 
Manteleindruck  ist  ganz. 

Ausser  in  Dingden  kommt  diese  weitverbreitete  Art, 
welche  noch  jetzt  lebend  an  den  Küsten  des  Mittelmeeres 
und  des  atlantischen  Oceans  angetroffen  wird,  fossil  vor  in 
Deutschland  bei  Kassel  (cf.  Goldf.,  1.  c.  p.  223,  n°.  45)  und 
Alfeld  (cf.  Phil.,  „Beitr.  zur  Kenntn.  der  Tert.-Verst.  des 
nordw.  Deutschi .“  p.  11  seq.,  n°.  31),  in  Belgien  bei  Kleyn- 
Spauwen  (cf.  Ny  st,  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss. 
etc.“,  p.  194,  n°.  154),  im  Crag  von  England  (?)  (Wood, — 
cf.  Wein  kau  ff,  1.  c.  p.  138  seq.),  sodann  ziemlich  ver¬ 
breitet,  aber  an  den  einzelnen  Fundorten  nicht  sehr  häufig, 
im  Wiener  Becken,  ferner  in  Böhmen,  Galizien,  Ungarn, 
Siebenbürgen,  Polen,  an  verschiedenen  Orten  Italiens,  Frank¬ 
reichs  und  Siziliens,  sowie  endlich  auf  Ischia,  Rhodus,  Cy- 
pern  und  Madeira  (cf.  Brocchi,  1.  c.  p.  507,  n°.  11  und 
p.  666,  Hoernes,  1.  c.  und  Weinkauff,  1.  c.). 

Bemerkung:  Deshayes  (cf.  „Anim,  sans  vert.u,  tom.  I, 
p.  561)  hält  die  von  Goldfuss,  Ny  st  und  Philipp!  unter  dem 
Namen  „ Cardium  papillosum ,  RoliL',  angeführten  Species  für  nicht 
identisch  mit  dem  eigentlichen  Cardium  papillosum ,  Poli’s,  sondern 
rechnet  sie  nach  dem  Vorgänge  Hebert’ s  (cf.  Bull,  de  la  Soc.  geol. 
de  France,  1849,  2e  ser.,  t.  VI,  p.  405,  n°.  16)  zu  dessen  C.  Raulini. 
Wenn  ich  über  den  ersten  Punkt  auch  selbst  kein  Urtheil  fällen 
kann,  da  mir  die  Originalarbeit  Poli’s  („Testacea  utriusque  Siciliae“, 
1791,  vol.  I)  nicht  zu  Händen  gekommen  ist,  —  obwohl  ja  Gold- 


236 


fuss,  Nyst,  Philippi,  Hoernes  und  Weinkauff  sich  sämmtlich 
zu  Unguusten  der  Behauptung  Deshayes’  aussprechen,  —  so  muss 
ich  im  letzteren  Punkte  D  e s  h  ay  es  unbedingt  widersprechen,  indem 
schon  eine  Vergleichung  der  Abbildungen  bei  Deshayes  (1.  c.,  pl.  56, 
fig.  21—24)  mit  denen  bei  Goldfuss  (1.  c.,  tab.  CXXXXV,  fig.  7a 
— c),  Nyst  (1.  c.  tab.  XI,  fig.  6a,  b,  d)  und  PI o er n es  (1.  c.,  tab. 
XXX,  fig.  8  a— e)  zeigt,  dass  G.  Baulini,  Hebert ,  von  den  unter  sich 
identischen  Arten  der  drei  letzten  Forscher  verschieden  ist.  Bei 
ersteren  Abbildungen  unterscheidet  man  nämlich  deutlich  29  Radial¬ 
rippen,  bei  letzteren  durchgängig  nur  24,  und  es  sind  die  Papillen 
bei  Deshayes’  Figur  „23“  im  Vergleiche  zur  Breite  der  Rippen 
viel  schmaler  als  bei  den  entsprechenden  Figuren  der  übrigen  For- 
scher;  schliesslich  sind  noch  bei  den  Abbildungen  Deshayes’  die 
Rippen  mit  den  Interstitiell  gleichmässig  quergestreift,  während 
Goldfuss,  Nyst  und  Hoernes  die  Rippen,  von  den  Papillen  ab¬ 
gesehen,  als  glatt  und  nur  die  Interstitien  als  regelmässig  gefurcht 
darstellen. 


2.  Art:  Cardium  subturgidum,  d’Orb. 

(Cf.  v.  Koenen,  Palaeontograpli.  Bd.  XVI,  p.  244,  sub  n°.  151.) 

Syn.:  C.  turgidum ,  Nyst,  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss. 

etc.“,  p.  190  seq.,  n°.  150,  tab.  XIV,  fig.  6  a — c 
(excl.  syn.). 

Die  nachstehend  näher  beschriebene  Art  scheint  in 
Dingden  nicht  häufig  vorzukommen.  Die  in  Münster  be¬ 
findliche  Sammlung  Dingden’scher  Versteinerungen  enthält, 
von  einigen  Bruchstücken  abgesehen,  nur  4  vollkommen 
erhaltene  rechte  und  5  mehr  oder  weniger  defekte  linke 
Klappen  dieser  Art,  von  denen  die  grösste  17  mm  lang, 
16  mm  hoch,  und  6  bis  672  mm  dick,  die  kleinste  4  mm 
lang,  fast  4  mm  hoch  und  iy2  mm  dick  ist. 

Die  Schale  ist,  von  vorn  oder  hinten  gesehen,  herz¬ 
förmig,  ziemlich  stark  gewölbt,  mit  in  der  Mitte  liegenden, 
vorstehenden,  sich  fast  berührenden  Wirbeln  versehen.  Die 
einzelnen  Klappen  sind  nicht  ganz  kreisförmig,  sondern 
etwas  quer- oval,  wenig  ungleichseitig,  vorn  abgerundet, 
hinten  durch  einen  meist  nur  schwach  ausgeprägten  Kiel 
etwas  winklig,  unten  gleichmässig  gerundet.  Die  Aussen- 
fläche  ist  glänzend,  bisweilen  von  grau-bräunlicher  oder 
seltener  von  weisslich-blauer  Färbung,  mit  sehr  eng  ste¬ 
henden,  sehr  feinen  Radialfurchen  bedeckt,  welche  auf  der 


237 


durch  den  schwachen  Kiel  abgetrennten  Hinterseite  un¬ 
gleich  tiefer  werden,  so  dass  daselbst  flach  konvexe  Ripp¬ 
chen  entstehen;  überdies  bemerkt  man  ab  und  zu  in  un¬ 
regelmässigen  Entfernungen  von  einander  befindliche,  kon¬ 
zentrische  Zuwachsstreifen.  Die  oberste  Schalenschicht 
blättert  sich  leicht  ab,  und  die  dadurch  blossgelegte  zweite 
Schicht  zeigt  die  erwähnten  Radialfurchen  viel  deutlicher 
als  erstere.  Der  Schlossrand  ist  schwach  gebogen  und 
trägt  in  der  linken  Klappe  2  konische  Schlosszähne,  von 
denen  der  vorn  und  mehr  unten  befindliche  viel  länger  und 
spitzer  ist  als  der  hinten  und  mehr  oben  befindliche,  sowie 
ferner  einen  verhältnissmässig  grossen,  platten,  oben  scharf¬ 
kantigen  und  spitz  auslaufenden  vorderen  und  einen  vom 
Schlosse  etwas  weiter  entfernten,  kleinen,  kaum  hervor¬ 
tretenden  hinteren  Seitenzahn,  —  in  der  rechten  Klappe 
auch  2  konische  Schlosszähne,  von  denen  der  hinten  und 
mehr  unten  befindliche  grössere  stumpfer  ist  als  der  grössere 
Schlosszahn  in  der  linken  Klappe,  und  ausserdem  einen 
vorderen  und  einen  hinteren  Seitenzahn,  welche  jedoch 
ziemlich  obliterirt  sind.  Die  kleineren  Schlosszähne  sind 
stets  nur  schwach  ausgebildet  und  daher  auch  von  Nyst 
übersehen  worden,  indem  er  a.  a.  0.  sagt,  dass  das  Schloss 
bei  seinem  „C.  turgidum “  demjenigen  des  G.  semigranula- 
tum,  Sow.f  (cf.  Nyst,  1.  c.  p.  189  seq.,  n°.  149)  ähnlich  sei, 
bei  welchem  er  nur  einen  Schlosszahn  in  jeder  Klappe 
beobachtet  hat.  Der  ganze  übrige  Innenrand  (vom  Schloss¬ 
rande  abgesehen)  fällt  nach  aussen  hin  etwas  schräg  ab 
und  läuft  in  zierliche  Zähnchen  aus,  deren  Anzahl  mit  der¬ 
jenigen  der  Radialfurchen  auf  der  Aussenfläche  korrespon- 
dirt.  Die  Muskeleindrücke  sind  deutlich,  ungefähr  von 
gleicher  Grösse ;  der  vordere  ist  bimförmig  oder  oval,  der 
hintere  rundlich.  Die  ununterbrochene  Mantellinie  ist  nur 
schwach  ausgeprägt. 

Ausser  bei  Dingden  (cf.  v.  Koenen,  1.  c.)  und  Ant- 
werpeu  (cf.  Nyst,  1.  c.,  und  v.  Koenen,  1.  c.)  ist  die  vor¬ 
stehende  Art,  soviel  mir  bekannt  geworden  ist,  anderswo 
bisher  nicht  aufgefunden  worden. 

Bemerkungen:  Unsere  Dingden’schen  Vorkommnisse  stim¬ 
men  mit  den  bei  v.  Koenen  (1.  c.,  tab.  XXIX,  fig.  la— d,  2a— d) 


2.38 


vorhandenen  Abbildungen  des  C.  comatulum ,  Bronn ,  in  der  äusse¬ 
ren  Struktur  gut  überein,  nur  sind  sie  mehr  rundlich,  nicht  drei¬ 
eckig  gestaltet;  ich  glaube,  sie  daher  zu  dem  nach  v.  Koenen  (l.c.) 
bei  Antwerpen  und  Dingden  vorkommenden  ,,C.  subturgidum  d’Orb. 
( C .  turgidum ,  Nyst)u  rechnen  zu  sollen,  von  dem  mir  leider  die 
Originalbeschreibung  d’Orbigny’s  nicht  zu  Gebote  steht. 

Die  bei  Ny  st  a.  a.  0.  beschriebenen  und  abgebildeten  Exem¬ 
plare  des  bei  Antwerpen  vorkommenden  ,,C.  turgidum “  scheinen  sich 
im  allgemeinen  von  unseren  Dingden’schen  Stücken  nicht  wesentlich 
zu  unterscheiden;  nur  treten  die  Wirbel  bei  jenen  nicht  so  stark 
hervor  wie  bei  diesen. 

In  der  Schalenstruktur  haben  unsere  Stücke  auch  viel  Aehn- 
lichkeit  mit  C.  fragile  (cf.  Hoernes,  1.  c.  p.  178  secp,  n°.  5,  tab. 
XXX,  fig.  Ga  — c);  jedoch  sind  die  Klappen  bei  dieser  Art  nicht  quer- 
oval,  sondern  sogar  höher  als  lang. 

3.  Art:  Cardium  Dingdense,  nov.  spec.  (Taf.  IV,  Fig.  9.) 

Von  dieser  meines  Wissens  bisher  noch  nicht  be¬ 
schriebenen  Cardium- Art  liegen  mir  aus  Dingden  nur  eine 
ziemlich  gut  erhaltene  rechte  Klappe,  welche  fast  8  mm 
lang,  772 mm  hoch  und  272  mm  dick  ist,  und  zwei  an  den 
Seitenrändern  stark  beschädigte  linke  Klappen  vor,  von 
denen  die  grössere  ungefähr  11mm  lang,  10  mm  hoch  und 
4  mm  dick  ist,  während  die  kleinere  in  ihren  Dimensionen 
mit  der  genannten  rechten  Klappe  annähernd  übereinstimmt. 

Die  Schale  ist  dünnwandig  und  daher  leicht  zerbrech¬ 
lich,  —  von  vorn  oder  hinten  gesehen  —  herzförmig,  ziem¬ 
lich  stark  gewölbt,  mit  fast  mittelständigen  oder  doch  nur 
wenig  über  die  Mitte  des  Schlossrandes  hinaus  nach  vorn 
gerückten,  vorstehenden,  jedoch  nicht  ganz  so  stark  wie 
bei  der  vorigen  Art  aufgetriebenen,  sich  fast  berührenden 
Wirbeln  versehen.  Die  beiden  Klappen  sind  rundlich,  etwas 
quer-oval,  vorn  gerundet,  hinten  durch  einen  schwach  aus¬ 
geprägten  Kiel  etwas  winklig;  der  Ventralrand  bildet  nicht 
einen  nach  beiden  Seiten  hin  gleichförmigen  Bogen,  son¬ 
dern  läuft  nach  vorn  hin  merklich  aufwärts,  so  dass  die 
Schale  deutlicher  ungleichseitig  erscheint  als  bei  der  vo¬ 
rigen  Art.  Die  Aussenfläche  ist  bei  den  mir  vorliegenden 
Klappen  durchweg  recht  gut  erhalten;  sie  erscheint  glän¬ 
zend,  mit  etwa  40  sehr  flachen,  glatten,  am  Ventralrande 


239 


rundlich  ausgezackten,  graubräunlichen  Radialrippchen  ge¬ 
ziert,  welche  auf  der  durch  den  schwachen  Kiel  abgetrenn¬ 
ten  Hinterseite  etwas  konvexer  werden  und  so  deutlicher 
hervortreten ;  die  sehr  seichten  und  meist  nur  in  der  Nähe 
des  Ventralrandes  furchenartigen  Zwischenräume  zwischen 
den  genannten  Rippchen  sind  durchgängig  schmaler  als 
diese  und  erscheinen  heller  gefärbt,  so  dass  man  stets  mit 
freiem  Auge  die  Rippen  und  ihre  Zwischenräume  deutlich 
von  einander  unterscheiden  kann;  —  die  Wirbel  sind  stets 
glatter  als  der  übrige  Theil  der  Aussenfläche,  indem  sich 
die  Radialrippchen  nicht  bis  zu  den  Wirbelspitzen  hinauf 
erstrecken;  auch  erscheinen  sie  heller  gefärbt,  weisslich  mit 
einem  Stiche  ins  Röthliche;  —  hin  und  wieder  bemerkt 
man  auf  der  Aussenfläche  auch  wenige,  schwach  aus¬ 
geprägte,  in  unregelmässigen  Entfernungen  von  einander 
befindliche,  konzentrische  Zuwachsstreifen.  Der  Schloss¬ 
rand  ist  schwach  gebogen  und  trägt  in  jeder  Klappe  zwei 
Schloss-  und  zwei  Seitenzähne,  welche  in  ihrer  Gestalt,  ver- 
hältnissmässigen  Grösse  und  gegenseitigen  Stellung  mit  den¬ 
jenigen  der  vorigen  Art  übereinstimmen.  Der  ganze  übrige 
Innenrand  ist  deutlich  gekerbt,  und  es  setzen  sich  von  die¬ 
sen  Kerben  aus,  deren  Anzahl  mit  derjenigen  der  Zwischen¬ 
räume  zwischen  den  Radialrippen  der  Aussenfläche  korre- 
spondirt,  sehr  feine,  linienartige,  oft  kaum  sichtbare  Fur¬ 
chen  in  radialer  Richtung  weit  in  das  Innere  der  Klappen 
fort.  Die  Muskeleindrücke  und  die  Mantellinie  erscheinen 
weniger  deutlich  als  bei  der  vorhergehenden  Art;  der  vor¬ 
dere  Muskeleindruck  ist  mehr  oder  weniger  bimförmig,  der 
hintere  breit-oval;  die  Mantellinie  ist  ganz. 

Bemerkungen:  Die  in  Rede  stehende  Art  ist  der  vorher¬ 
gehenden  in  der  äusseren  Gestalt  der  Klappen  ziemlich  ähnlich,  un¬ 
terscheidet  sich  jedoch  von  derselben  durch  die  Struktur  der  Aussen¬ 
fläche  sowohl  wie  der  Innenfläche  der  Klappen. 

Eine  unverkennbar  grosse  Aehnlichkeit  besitzen  unsere  Ding- 
den’schen  Stücke  mit  den  bei  Brocchi  (1.  c.  p.  505  seq.,  tab.  XIII, 
fig.  4)  vorhandenen  Abbildungen  seines  C.  fragile ,  bei  welchem  die 
Aussenfläche  der  Klappen  auch  mit  nur  35  sehr  flachen  Radialripp¬ 
chen  bedeckt  und  der  Innenrand  mit  ebenso  vielen  Kerben  versehen 
ist,  die  sich  auch  hier  als  sehr  feine  Furchen  tief  in  das  Innere  der 
Klappen  fortsetzen.  Es  erscheint  mir  daher  auch  fraglich,  ob  Ho  er- 


240 


nes  die  im  Wiener  Becken  vorkommende,  a.  a.  ü.  (p.  178  seq.,  n°.  5, 
tab.  XXX,  fig.  6a— c)  beschriebene  und  abgebildete  Cardium- Art 
mit  Recht  zu  C.  fragile ,  Brocchi,  rechnet,  da  die  Aussenfläche  bei 
jener  Art  ungefähr  mit  doppelt  so  vielen  Radialfurchen  bedeckt  ist 
wie  bei  dieser  und  die  Innenfläche  bei  jener  durchaus  keine  Furchen 
zu  besitzen  scheint. 


Familie:  Cyprinidae,  Lam.  —  Gattung:  Isocar dia,  Lam. 

Art:  Isocardia  cor,  Lin. 

(,, Museum  S.  R.  M.  Ludovicae  Ulricae  Reginae  Suecorum“,  p.  516, 

n°.  88;  ,,Systema  naturae“,  edit.  XII,  p.  1137,  n°.  154.) 

Syn.:  I.  cor ,  Lin.,  cf.  Hoernes,  1.  c.  p.  164  seqq.,  tab.  XX,  fig.  2. 

I.  cor ,  Lam.,  cf.  Nyst,  „Descript.  des  coq.  et  des  polyp.  foss. 
etc.“,  p.  196  seqq.,  n°.  156,  tab.  XVI,  fig.  1. 

I.  lunulata,  Nyst ,  1.  c.  p.  198,  n°.  157,  tab.  XV,  fig.  2. 

I.  crassa ,  Nyst  et  West.,  cf.  Nyst,  1.  c.  p.  198  seq.,  n°.  158, 
tab.  XV,  fig.  3. 

Vorstehende  Art,  die  schon  von  Ferd.  Römer  (cf. 
„Die  Kreidebildimgen  Westfalens“,  1.  c.  p.  43  resp.  111) 
als  in  Dingden  vorkommend  angegeben  wird,  ist  an  diesem 
Fundort  eine  der  häufigeren  Arten.  Es  liegen  mir  von  dort 
ausser  zahlreichen  Bruchstücken  12  rechte  und  15  linke 
Klappen  vor,  die  im  Allgemeinen  recht  gut  erhalten  sind; 
die  grösste  derselben  hat  eine  Länge  von  65  mm,  eine 
Höhe  von  59  mm  und  eine  Dicke  von  33  mm,  die  Mei  ste 
eine  Länge  von  41  mm,  eine  Höhe  von  38  mm  und  f1’ 
Dicke  von  22  mm. 

Die  Schalen  sind  bauchig-herzförmig,  mit  entfernt 
stehenden,  dicken,  spitz  zulaufenden,  nach  vorn  und  aussen 
spiralig  eingerollten  Wirbeln  versehen.  Die  Aussenfläche 
der  Klappen  ist  mit  feinen  und  mit  in  grösseren  Entfer¬ 
nungen  von  einander  befindlichen,  tieferen  konzentrischen 
Furchen  bedeckt,  und  zwar  erscheinen  die  Zwischenräume 
zwischen  letzteren  Furchen  mehr  oder  weniger  konvex,  wie 
es  auch,  wenn  auch  in  etwas  stärkerem  Masse,  an  der  von 
Nyst  gegebenen  Abbildung  seiner  I.  crassa  deutlich  zu 
erkennen  ist.  Der  hinter  Theil  der  Klappen  ist  oft  durch 
einen  oder  durch  zwei  mehr  oder  weniger  deutliche,  zu 


241 


den  konzentrischen  Furchen  senkrecht  verlaufende  Kiele 
abgesetzt  (cf.  I.  crassa ,  Nyst  et  West.).  Meist  ist  keine 
Lunula  vorhanden:  bei  5  Klappen  fand  sich  jedoch  eine 
spiralig  begrenzte  Lunula  vor,  und  es  dürften  daher  diese 
Stücke  wohl  zu  I.  lunulata,  Nyst ,  gehören,  von  welcher 
Art  ja  ihr  Begründer  selbst  schon  vermuthete,  dass  sie  eine 
Varietät  von  1.  cor ,  Lam.,  sein  würde. 

Aus  dem  Vorstehenden  ist  ersichtlich,  dass  unsere 
Dingden’schen  Stücke  die  drei  Nyst’schen  Arten  I.  cor, 
Lam.,  I.  lunulata ,  Nyst ,  und  I.  crassa,  Nyst  et  West.,  welche 
ja  auch  schon  Hoernes  in  seinem  Synonymenverzeichnisse 
von  1.  cor,  Lin.,  zusammen  aufzählt,  umfassen,  indem  die 
Charaktere  der  genannten  drei  Arten  hier  mehr  oder  weni¬ 
ger  vereinigt  auftreten. 

Was  die  fossile  Verbreitung  dieser  Art  anbetrifft,  die 
übrigens  auch  noch  jetzt  lebend  an  den  Küsten  von  Europa, 
hauptsächlich  im  Mittelmeere,  vorkommt,  so  werden  ausser 
Dingden  als  Fundorte  angegeben:  Winterswyk  in  Gelder¬ 
land  von  Goldfuss  (1.  c.  p.  211  seq.,  n°.  20*)  und  Becks 
1.  c.  p.  257  seqq.),  Eibergen  in  Gelderland  von  F  e  r  d. 
ßoemer  („Die  Kreidebildungen  Westfalens“,  1.  c.  p.  41, 
resp.  110),  Wilhelmshöhe  bei  Kassel  und  Diekholz  bei  Hil¬ 
desheim  von  Philipp!  („Beitr.  z.  Kenntn.  der  Tert.-Verst. 
dös  nordwestl.  Deutschi.“,  p.  12,  n°.  35  und  p.  47,  n°.  32), 
ferner  bei  Nyst  (1.  c.)  Antwerpen,  England,  Frankreich, 
^Galien,  Sizilien,  Morea  und  endlich  ausserdem  noch  bei 
wdoernes  (1.  c.)  das  Wiener  Becken,  Reinbeck,  Sylt,  die 
Schweiz,  Polen,  Podolien,  Galizien,  Algerien,  Rhodus,  Ce- 
phalonien  und  Korfu. 

*)  Die  übrigen  von  Goldfuss  angegebenen  Vorkommnisse 
(Grafenberg  bei  Düsseldorf  und  Bünde)  zieht  v.  Koenen  (cf.  Pa- 
laeontograph.  Bd.  XVI,  p.  225)  zu  I.  subtransversa,  cVOrb. 


* 


Verh.  d.  nat.  Ver.  Jahrg.  XXXXIX.  5.  Folge.  Bd.  IX. 


16 


Alphabetisches  Verzeichniss  der  beschriebenen  Arten. 


Area  didyma,  Brocchi  (S.  210). 

„  diluvii,  Lam.  (S.  209). 

„  pectunculoides,  Scacchi  (S.  211,  Taf.  IY,  Fig.  4). 
Astarte  angulata,  nov.  spec.  (S.  230,  Taf.  IV,  Fig.  8). 

„  concentrica  (s.  a.)  (S.  226). 

Cardita  chamaeformis,  Sow.  (S.  225). 

Cardium  Dingdense,  nov.  spec.  (S.  238,  Taf.  IY,  Fig.  9). 
,,  papillosum,  Poli  (S.  234). 

„  subturgidum,  d’Orb.  (S.  236). 

Isocardia  cor,  Lin.  (S.  240). 

Leda  curvirostris,  nov.  spec.  (8.  221,  Taf.  IV,  Fig.  6). 

„  fragilis,  Chemnitz  (S.  218). 

„  subrostrata,  nov.  spec.  (S.  223,  Taf.  IV,  Fig.  7). 

„  tenuis,  Phil.  (S.  220). 

Limopsis  anomala,  Eichw.  (S.  214). 

„  aurita,  Brocchi  (S.  212). 

,,  lamellata,  nov.  spec.  (S.  216,  Taf.  IV,  Fig.  5). 
Lucina  borealis,  Lin.  (S.  232). 

,,  cf.  Dujardini,  Desh.  (S.  232). 

Nucula  Haesendoncki,  Nyst  et  West.  (S.  218). 

Ostrea  spec.  (S.  200). 


Pecten  aculeatus,  nov.  spec.  (S.  206,  Taf.  IV,  Fig.  3). 

„  Gerardi,  Nyst  (S.  201). 

„  Guestfalicus,  nov.  spec.  (S.  205,  Taf.  IV,  Fig.  2). 

„  Hosiusi,  nov.  spec.  (S.  203,  Taf.  IV,  Fig.  1). 

„  Lamali,  var.,  Nyst  (S.  202). 

Pinna  spec.  indet.  (S.  208). 


Verzeichniss  der  Abkürzungen. 


Brug.  =  Bruguiere. 
Desh.  =  Deshayes. 
Eichw.  =  Eichwald. 
Goldf.  =  Goldfuss. 
Lam.  =  Lamarck. 
Lin.  =  Linne. 


d’Orb.  =  d’Orbigny. 
Phil.  =  Philippi, 
Ren.  ==  Renier. 

Sow.  —  Sowerby. 
West.  =  Westendorp. 


s.  a.  =  sensu  ampliore.  s.  str.  =  sensu  strictiore. 

i.  c.  =  in  collectione. 


Erklärung  der  Figuren  auf  Taf.  IV. 


i 


Fi  g.  1.  Pecten  Hosiusi,  nov.  spec. 

a.  Aussen-,  b.  Innenfläche  in  natürlicher  Grösse. 

Fig.  2.  Pecten  Guestfalicus,  nov.  spec. 

a.  Aussen-,  b.  Innenfläche  einer  rechten  Klappe,  in  natür¬ 
licher  Grösse,  c.  ein  Stück  der  Aussenfläche,  vergrössert. 

Fig.  3.  Pecten  aculeatus,  nov.  spec .,  rechte  Klappe. 

a.  Aussen-,  b.  Innenfläche,  etwas  vergrössert;  ein  Stück  der 
Aussenfläche,  vergrössert. 

Fig.  4.  Area  pectunculoides,  Scacchi. 

a.  Aussen-,  b.  Innenfläche  einer  linken  Klappe,  vergrössert. 

Fig.  5.  Limopsis  lamellata ,  nov.  spec. 

a.  Aussen-,  b.  Innenfläche  einer  linken  Klappe,  vergrössert. 

Fig.  6.  Leda  curvirostris ,  nov.  spec. 

a.  Aussen-,  b.  Innenfläche  einer  rechten  Klappe,  vergrössert. 

Fig.  7.  Leda  subrostrata ,  nov.  spec. 

a.  Aussen-,  b.  Innenfläche  einer  linken  Klappe,  in  natür¬ 
licher  Grösse. 

Fig.  8.  Astarte  angulata,  nov.  spec 

a.  Aussen-,  b.  Innenfläche  einer  rechten  Klappe,  vergrössert. 

Fig.  9.  Gardium  Dingdense,  nov.  spec. 

a.  Aussen-,  b.  Innenfläche  einer  linken  Klappe,  vergrössert. 


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Korrespondenzblatt 

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*  Verzeichnis  der  Mitglieder 

des  naturhistorischen  Vereins  der  preussischen 
Rheinlande,  Westfalens  und  des  Reg.-Bez. 

Osnabrück..  0f  ,LUg0js  LMy 


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Dr. 


Am  1.  Januar  1892.  NQV  1  3 
Beamte  des  Vereins. 

Dr.  H.  Schaaffhausen,  Geh.  Medizinalrath  u.  Prof.,  Präsident. 
N.  Fabricius,  Geheimer  Bergrath,  Vice-Präsident. 

Dr.  Ph.  Bertkau,  Professor,  Sekretär. 

C.  Henry,  Rendant. 

Sektions-Direktoren. 

Zoologie:  Prof.  Dr.  Landois  in  Münster. 

Botanik:  Prof.  Dr.  Kör  nicke  in  Bonn. 

Prof,  und  Geh.  Medizinalrath  Dr.  Kar  sch  in 
Münster. 

Mineralogie:  Gustav  Seligmann  in  Coblenz. 

Bezirks- V  orsteher. 

A.  Rheinprovinz. 

Cöln:  Prof.  Dr.  Thome,  Rektor  der  höheren  Bürgerschule 
in  Cöln. 

Coblenz:  Gustav  Seligmann  in  Coblenz. 

Düsseldorf:  Landgerichtsrath  a.  D.  von  Hägens  in  Düssel¬ 
dorf. 

Aachen:  Geh.  Rath  Wüllner  in  Aachen. 

Trier:  Landesgeologe  H.  Grebe  in  Trier. 

B.  Westfalen. 

Arnsberg;  Dr.  v.  d.  Marek  in  Hamm. 

Münster:  Geh.  Rath.  Prof.  Dr.  Hosius  in  Münster. 
Minden:  Direktor  Fr.  Sartorius  in  Bielefeld. 

C.  Regierungsbezirk  Osnabrück. 

W.  Bö  Ische  in  Osnabrück. 


Für 

Für 

Für 

Für 

Für 


Für 

Für 

Für 


1 


2 


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Ehren-Mitglieder. 

Döll,  Geh.  Hofratli  in  Carlsruhe. 
Hinterhuber,  R.,  Apotheker  in  Mondsee. 
Kilian,  Prof,  in  Mannheim. 

Kölliker,  Prof,  in  Würzburg, 
de  Köninck,  Dr.,  Prof,  in  Lüttich. 


Ordentliche  Mitglieder. 

A.  Regierungsbezirk  Cöln. 

Königl.  Ober-Bergamt  in  Bonn. 

Aldenhoven,  Ed.,  Rentner  in  Bonn  (Kaiserstr.  25). 
von  Auer,  Oberst-Lieutenant  z.  D.  in  Bonn. 

Baumeister,  F.,  Apotheker  in  Cöln  (Albertusstrasse). 
Bertkau,  Philipp,  Dr.,  Professor  in  Bonn. 

Betten dorff,  Anton,  Dr.,  Chemiker  in  Bonn. 

Bibliothek  des  Königl.  Kadettenhauses  in  Bensberg. 

B inner,  Kaufmann  in  Cöln. 

Binz,  C.,  Geh.  Med.-Rath,  Dr.  med.,  Professor  in  Bonn. 

Bleib  treu,  Karl,  Dr.,  in  Siegburg. 

Böcking,  Ed.,  Hüttenbesitzer  in  Mülheim  a.  Rhein. 

Br  an  dis,  D.,  Dr.,  in  Bonn  (Kaiserstrasse  21). 

Brassert,  H.,  Dr.,  wirklich.  Geh.  Ober-Bergrath  u.  Berghaupt¬ 
mann  in  Bonn. 

Brockhoff,  Geh.  Bergrath  und  Universitätsrichter  in  Bonn. 
Bruhns,  Willy,  Dr.  phil.,  Assistent  am  mineralogischen  Institut 
in  Bonn  (Beethovenstrasse  3). 

Buff,  Bergrath  in  Deutz. 

Burkart,  Dr.,  Sanitätsrath,  prakt.  Arzt  in  Bonn  (Coblenzerstr.  4). 
Busz,  Carl,  Dr.  phil.  in  Bonn. 

Buyx,  Amtsgerichtsrath  in  Hennef  a.  d.  Sieg. 

Coerper,  Direktor  in  Cöln. 

Cohen,  Fr.,  Buchhändler  in  Bonn. 

Crohn,  Herrn.,  Kgl.  Hypothekenbewahrer  in  Bonn  (Baum- 
schuler-Allee  12). 

Da  hm,  G.,  Dr.,  Apotheker  in  Bonn. 

Dieckerhoff,  Emil,  Rentner  in  Bonn  (Poppelsdorfer-Allee  61). 
Diester  weg,  Dr.,  Ober-Bergrath  in  Cöln  (Rubensstr.  19). 
Doetsch,  H.  J.,  Ober-Bürgermeister  a.  D.  in  Bonn. 

D  outrelep  ont,  Dr.,  Arzt,  Geh.  Med.-Rath  u.  Professor  in  Bonn. 
Drei  sch,  Dr.,  Dozent  a.  d.  landwirthschaftl.  Akademie,  in  Bonn 
(Meckenheimerstrasse). 


3 


Dünkelberg,  Geh.  Regierungsrath  und  Direktor  der  land¬ 
wirtschaftlichen  Akademie  in  Poppelsdorf. 

Eltzbacher,  Moritz,  Rentner  in  Bonn  (Coblenzerstr.  44). 
Ewertz,  Heinrich,  Lehrer  in  Cöln,  Ferkulnm  38. 

Ewich,  Dr.,  Herz,  säclis.  Hofrath,  Arzt  in  Cöln. 

Fabricins,  Nie.,  Geheimer  Bergrath  in  Bonn. 

Finkelnburg,  Dr.,  Geh.  Regierungsrath  u.  Prof,  in  Godesberg. 
Follenius,  Geheimer  Bergrath  in  Bonn. 

Fr  oh  wein,  E.,  Grubendirektor  in  Bensberg. 
v.  Fürstenberg-Stammheim,  Gisb.,  Graf  auf  Stammheim. 
Georgi,  W.,  Universitäts-Buchdruckereibesitzer  in  Bonn. 
Görin g,  M.  H.,  in  Honnef  a.  Rh. 

Goldschmidt,  Joseph,  Banquier  in  Bonn. 

Goldschmidt,  Robert,  Banquier  in  Bonn. 

Gray,  Samuel,  Ingenieur  in  Cöln,  Bayenstr.  81. 

Gregor,  Georg,  Civil-Ingenieur  in  Bonn, 
von  Griesheim,  Adolf,  Rentner  in  Bonn. 

Grüneberg’,  H.,  Dr.,  in  Cöln  (Holzmarkt  45  a). 

Günther,  F.  L.,  Referendar  in  Cöln  (Rheinaustr.  12). 

Gurlt,  Ad.,  Dr.,  in  Bonn. 

Haass,  Landgerichtsrath  in  Bonn  (Quantiusstrasse). 
Hasslacher,  Ober-Bergrath  in  Bonn. 

Hatzfeld,  Carl,  Königl.  Ober-Bergamts-Markscheider  in  Bonn. 
Hei  de  mann,  J.  N.,  General-Direktor  in  Cöln. 

Henry,  Carl,  Buchhändler  in  Bonn. 

Herder,  August,  Fabrikbesitzer  in  Euskirchen. 

Herder,  Ernst,  Kaufmann  in  Euskirchen. 

Hermanns,  Aug’.,  Fabrikant  in  Mehlem. 

H  er  sing,  Dr.med.,  prakt.  Arzt  in  Geistingen  bei  Hennef  a.  d.Sieg. 
Hertz,  Dr.,  Sanitätsrath  und  Arzt  in  Bonn. 

Hertz,  Heinr.,  Dr.,  Professor  in  Bonn. 

Heusler,  Geheimer  Bergrath  in  Bonn, 
von  Holtzbrinck,  Landrath  in  Bonn. 

Huyssen,  Dr.,  Wirkl.  Geheimer  Rath,  Exc.,  in  Bonn  (Baum¬ 
schul  er- Allee  1). 

Jung,  Julius,  Obersteiger  auf  Grube  Bliesenbacli  bei  Ehres¬ 
hoven,  Kr.  Wipperfürth.  ' 

Kekule,  A.,  Dr.,  Geh.  Reg.-Rath  u.  Professor  in  Poppelsdorf. 
Kinne,  Leopold,  Bergrath  in  Siegburg. 

Kley,  Civil-Ingenieur  in  Bonn. 

Kocks,  Jos.,  Dr.,  Privatdozent  in  Bonn  (Kronprinzenstr.  4). 

K öllik er,  Alf.,  Dr.  pliil.,  Chemiker  in  Bonn  (Königsstr.  3). 
König,  Alex.,  Dr.,  Privatdozent  d.  Zoologie  in  Bonn(Coblenzerstr.) 
König,  A.,  Dr.,  prakt.  Arzt  in  Cöln. 


4 


König,  Fr.,  Direktor  in  Kalk. 

Körfer,  Franz,  Bergassessor  in  Bonn. 

Körnicke,  Dr.,  Professor  an  der  landwirthschaftl.  Akademie 
in  Poppelsdorf. 

Köttgen,  Hermann,  Fabrikbesitzer  in  Berg. -Gladbach  (Firma 
H.  Köttgen  &  Co.). 

Krantz,  F.,  Dr.,  in  Bonn  (Coblenzerstr.  121). 

Kr  au  ss,  Willi.,  General-Direktor  in  Bensberg. 

Kr eu s er,  Carl,  Bergwerksbesitzer  in  Bonn. 

Kreutz,  Adolf,  Kommerzien-Rath  und  Bergwerks- und  Hütten¬ 
besitzer  in  Königswinter. 

Kyll,  Theodor,  Dr.,  Chemiker  in  Cöln. 

Laar,  C.,  Dr.  phil.,  Chemiker  in  Bonn  (Kaiserstr.  23). 
Laspcyres,  H.,  Dr.,  Professor  in  Bonn. 

von  la  Valette  St.  George,  Baron,  Dr.  phil.  und  med.,  Geh. 

Rath  und  Professor  in  Bonn. 

Lehmann,  Renntner  in  Bonn. 

Leie hten stern,  Dr.,  Professor,  Oberarzt  in  Cöln. 

Leisen,  W.,  Apotheker  in  Cöln. 

Leut,  Dr.  med.,  Geh.  Sanitätsrath  in  Cöln. 

Loewenthal,  Ad.  M.,  Rentner  in  Cöln  (Lungengasse  53). 
Ludwig,  Hubert,  Dr.,  Professor  in  Bonn. 

Lückerath,  Jos.,  Kaufmann  in  Euskirchen. 

Liirges,  Hubert,  Kaufmann  in  Bonn  (Meckenheimerstr.  54). 
Marcus,  G.,  Buchhändler  in  Bonn. 

Martin,  Alfr.,  Dr.  phil.,  Bergreferendar  in  Bonn  (Coblenzer- 

strasse  84). 

Marquart,  Ludwig,  Rentner  in  Bonn. 

Marx,  A.,  Ingenieur  in  Bonn. 

M eurer,  Otto,  Kaufmann  in  Cöln. 

von  Mevissen,  Dr.  jur.,  Geh.  Kommerzienrath  in  Bonn. 
Meyer,  Jürgen  Bona,  Dr.,  Geh.  Regierungsrath,  Professor  in 
Bonn. 

Mineralogisches  Institut  der  Universität  Bonn  (Poppels- 
dorfer  Museum). 

Monke,  Heinr.,  Dr.,  Palaeontologe  in  Bonn. 

Müller,  Albert,  Rechtsanwalt  in  Cöln  (Richmondstr.  3). 
Müller,  Franz,  Techniker  in  Bonn  (Meckenheimerstr.). 

Munk,  Oberst  z.  D.  in  Bonn. 

Nausester,  Direktor  in  Bensberg. 

0 verzier,  Ludwig,  Dr.  phil.,  Meteorologe  in  Nippes  bei  Cöln, 
Mühlenstr.  7. 

Paltzow,  F.  W.,  Apotheker  in  Bonn. 

P  o  erting,  C.,  Bergwerks-Direktor  in  Immekeppel  bei  Bensberg. 


5 


Pohlig*,  Hans,  Dr.  phil.,  Professor  in  Bonn. 

P  r  i  e  g  e  r ,  Oscar,  Dr.,  in  Bonn. 

v.  Pro ff-I mich,  Dr.  med.,  Landgerichtsrath  a.  D.  in  Bonn. 
Ra  uff,  Hermann,  Dr.  phil.,  Privatdozent  in  Bonn,  Colmantstr.  21. 
vom  Rath,  Emil,  Kommerzienrath  in  Cöln. 

Rennen,  Königl.  Eisenbahn-Direktions-Präsident  in  Cöln. 
Richarz,  Franz,  Dr.,  Privatdozent,  in  Endenich  (Kirchstr.  9). 
v.  Rigal- Grünland,  Franz  Max,  Freiherr,  in  Bonn. 
Rohnstadt,  Heinr.,  stud.  chem.,  in  Bornheim  bei  Roisdorf. 
Rolffs,  Ernst,  Kommerzienrath  und  Fabrikbesitzer  in  Bonn. 
Röttgen,  Carl,  Gerichtsassessor  in  Bonn  (verl.  Kaiserstrasse). 
Ruinier,  A.,  Rentner  in  Bonn. 

Saalmann,  Gustav,  Apotheker  in  Poppelsdorf  (Venusberger¬ 
weg  2). 

von  San  dt,  M.,  Dr.  jur.,  Landrath  in  Bonn. 

Schaaffhausen,  H.,  Dr.,  Geh.  Med. -Rath  u.  Professor  in  Bonn. 
Sarter,  Franz,  Bergreferendar  in  Bonn  (Theaterstr.  IA.). 
Schenck,  Heinr.,  Dr.  phil.,  Privatdozent  in  Bonn  (Nassestr.  4). 
Schimper,  Willi.,  Dr.  phil.,  Professor  in  Bonn  (Poppelsdorfer 
Allee  94). 

Schlicht,  Oskar,  Bergreferendar  in  Bonn  (Kaiserstr.  50). 
Schlüter,  CL,  Dr.,  Professor  in  Bonn. 

Schmale,  Philipp,  Bergreferendar  in  Bonn  (Kasernenstr.  18). 
Schmidt,  Dr.,  Chemiker  der  Zinkhütte  Berzelius  in  Bergisch- 
Gladbach. 

Schmithals,  Rentner  in  Bonn. 

Schröder,  Richard,  Dr.,  Regierungsrath  in  Cöln. 

Seligmann,  Moritz,  in  Cöln  (Casinostr.  12). 

Soehren,  H.,  Gasdirektor  in  Bonn  (Endenicher  Allee). 

Sohle,  Ulrich,  stud.  chem.  in  Bonn  (Martinstr.  14). 

Sorg,  Direktor  in  Bensberg. 

Spies,  F.  A.,  Rentner  in  Bonn. 

Sprengel,  Forstmeister  in  Bonn. 

Stein,  Siegfried,  Rentner  in  Bonn. 

Stölting,  F.,  Königl.  Eisenbahn-Bau-  und  Betriebsinspector  in 
Cöln  (Altenbergerstr.  9). 

Strasburg  er,  Ed.,  Dr.,  Geh.  Reg.-Rath  u.  Professor  in  Poppels¬ 
dorf. 

Strauss,  Emil,  Buchhändler  in  Bonn. 

Stiirtz,  Bernhard,  Inhaber  des  Mineralien-Komptoirs  in  Bonn. 
(Riesstrasse). 

T  erb  erg  er,  Fr.,  Rektor  a.  D.  in  Godesberg. 

Thome,  Otto  Wilhelm,  Dr.,  Professor  und  Rektor  der  höheren 
Bürgerschule  in  Cöln  (Spiesergasse  15). 


6 


Tilmann,  Jos.,  Ingenieur  in  Hennef  a.  d.  Sieg. 

Verhoeff,  Karl,  Stud.  rer.  nat.  in  Poppelsdorf  (Reuterstr.  16). 
Vogelsang,  Karl,  Dr.,  Bergreferendar  in  Bonn  (Königstr.  26). 
Vog'elsang’,  Max,  Kaufmann  in  Cöln  (Hohenstaufenring  22). 
Voigt,  Walter,  Dr.  phil.,  Assistent  am  zool.  Institut  in  Poppels¬ 
dorf  (Jagdweg). 

Weber,  Robert,  Dr.,  Chemiker  in  Bonn. 

Weiland,  H.,  Professor  u.  Oberlehrer  an  der  Ober-Realschule 
in  Cöln. 

Welcher,  Grubendirektor  in  Honnef. 

Wirtgen,  Ferd.,  Apotheker  in  Bonn. 

Wolfers,  Jos.,  Landwirth  in  Bonn. 

Wolff,  Julius  Theodor,  Dr.,  Astronom  in  Bonn. 

Wrede,  J.  J.,  Apotheker  in  Cöln. 

Zartmann,  Dr.,  Sanitätsrath,  Arzt  in  Bonn, 
v.  Zastrow,  königl.  Bergrath  in  Bonn  (Mozartstr.  42). 
Zuntz,  Joseph,  Kaufmann  in  Bonn  (Poppelsdorfer  Allee). 


B.  Regierungsbezirk  CoMenz. 

Audreae,  H.  C.,  Dr.  phil.,  Chemiker  u.  Fabrikbesitzer  in  Burg¬ 
brohl. 

Bartels,  Pfarrer  in  Alterkülz  bei  Castellaun. 

B eigar d,  Dr.  med.,  Arzt  in  Wetzlar. 

Belli ng er,  Bergrath,  Bergwerksdirektor  in  Braunfels. 
Bender,  R.,  Dr.,  Apotheker  in  Coblenz. 

Böcking,  Carl,  Lederfabrikant  in  Kirn  a.  d.  Nahe. 

BÖcking,  K.  Ed.,  Hüttenbesitzer  in  Gräfenbacher  Fliitte  bei 
Kreuznach. 

Coblenz,  Stadt. 

Daub,  M.,  Rentmeister  in  Coblenz. 

Diefenthaler,  Cv  Ingenieur  in  Hermannshütte  bei  Neuwied. 
Dittmar,  Adolph,  Dr.,  in  Hamm  a.  d.  Sieg. 

Dittmar,  Carl,  Dr.  phil.,  in  Thalhausen  bei  Neuwied. 
Doetsch,  Hermann,  Buchdruckereibesitzer  in  Coblenz. 
Fischbach,  Ferd.,  Kaufmann  in  Herdorf. 

F  oll  mann,  Otto,  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Coblenz  (Fruchtm.  7). 
Forschpiepe,  Dr.,  Chemiker  in  Wetzlar. 

Geisenhevner,  Gymnasiallehrer  in  Kreuznach. 

Giesel  er,  C.  A.,  Apotheker  in  Kirchen  (Kr.  Altenkirchen). 
Handtmann,  Ober-Postdirektor  a.  D.  und  Geh.  Postrath  in 
Coblenz. 


7 


Her  pell,  Gustav,  Rentner  in  St.  Goar. 

Höstermann,  Dr.  mecL,  Arzt  in  Andernach. 

Jung*,  Ernst,  Bergwerksbesitzer  in  Kirchen. 

Jung,  Friedr.  Wilh.,  Hüttenverwalter  in  Heinrichshütte  bei  Au 
a.  d.  Sieg. 

Klein,  Eduard,  Direktor  auf  Heinrichshütte  bei  Au  a.  d.  Sieg. 
Knödgen,  Hugo,  Kaufmann  in  Coblenz. 

Landau,  Heim*.,  Kommerzienrath  in  Coblenz. 

Lang*,  Wilhelm,  Verwalter  in  Hamm  a.  d.  Sieg*. 

Liebe  ring,  Bergrath  in  Coblenz. 

Ludovici,  Herrn.,  Fabrikbesitzer  in  Aubach  bei  Neuwied. 
Lüne n  b  o  r  g* ,  Kreisschulinspektor  in  Remagen. 

Mahrun,  Bergwerksdirektor  in  Kirchen  a.  d.  Sieg*. 

Mehlis,  E.,  Apotheker  in  Linz  a.  Rh. 

Melsheimer,  J.  L.,  Kaufmann  und  Eisfabrikbesitzer  in  Bullay 
a.  d.  Mosel. 

Melsheimer,  M.,  Oberförster  in  Linz. 

Meydam,  Georg,  Berg*rath  in  Heddesdorf  bei  Neuwied. 

Miln  er,  Ernst,  Dr.,  Professor  in  Kreuznach. 

Most,  Dr.,  Direktor  der  Ober-Realscliule  und  des  Realgymna¬ 
siums  in  Coblenz. 

Neuwied,  Stadt. 

Oswald,  Willy,  Bergassessor  in  Coblenz  (Mainzerstr.  53). 
Remy,  Alb.,  in  Rasselstein  bei  Neuwied. 

Reuleaux,  H.,  in  Remagen. 

Reusch,  Ferdinand,  auf  Gut  Rheinfels  bei  St.  Goar. 

Rhodius,  Gustav,  in  Burgbrohl. 

Riemann,  A.  W.,  Bergrath  in  Wetzlar. 

Schaefer,  Phil.,  Grubenrepräsentant  in  Braunfels. 

Schmidt,  Albr.,  Bergrath  in  Betzdorf. 

Schmidt,  Julius,  Dr.,  in  Horchheim  bei  Coblenz. 

Schwerd,  Ober-Post-Direktor  in  Coblenz. 

Seibert,  W.,  Optiker  in  Wetzlar. 

Selig  man  n,  Gust.,  Kaufmann  in  Coblenz  (Schlossrondell  18). 
Siebei,  Walter,  Bergwerksbesitzer  in  Kirchen. 

S  p  a  e  t  e  r ,  Kommerzienrath  in  Coblenz. 

Stein,  Th.,  Hüttenbesitzer  in  Kirchen. 

Stracke,  Friedr.  Willi.,  Postverwalter  in  Niederscheiden. 
Thiiner,  Anton,  Lehrer  in  Bendorf  a.  Rh. 

Verein  für  Naturkunde,  Garten-  und  Obstbau  in  Neuwied. 
Wan  des  leben,  Fr.,  Apotheker  in  Sobernheim. 

Wan  de  sie  ben,  Friedr.,  in  Stromberger-Neuhlitte  bei  Binger¬ 
brück. 

Wegeler,  Julius,  Kommerzienrath  in  Coblenz. 


8 


Wurmbach,  Fr.,  Betriebsdirektor  der  Werlauer  Gewerkschaft 
in  St.  Goar. 

Wynne,  Wyndham,  H.,  Bergwerksbesitzer  in  N.  Fischbach 
bei  Kirchen  a.  d.  Sieg. 

C.  Regierungsbezirk  Düsseldorf. 

Königliche  Regierung  in  Düsseldorf. 

Achepohl,  Ludwig,  Obereinfahrer  in  Essen  (Ottilienstr.  4). 
Adolph,  G.  E.,  Dr.,  Professor  und  Oberlehrer  in  Elberfeld  (Auer¬ 
strasse  69). 

Bandhauer,  Otto,  Direktor  der  Westdeutschen  Versicherungs- 
Aktien-Bank  in  Essen. 

Becker,  August,  Justitiar  in  Essen. 

Beckers,  G.,  Seminarlehrer  in  Rheydt. 

Berns,  Emil,  Dr.  med.,  in  Mülheim  a.  d.  Ruhr, 
von  Bernuth,  Bergmeister  in  Werden. 

Bertkau,  F.,  Dr.,  Apotheker  in  Crefeld. 

Bibliothek  der  Stadt  Barmen  (Prinzenstr.  1). 

B  i  e  r  w  i  r  t  li ,  Gustav,  Kaufmann  in  Essen. 

Brandhoff,  Geh.  Regierungsrath  in  Elberfeld. 

Breitenbach,  Wilh.,  Dr.  phil.,  in  Odenkirchen. 

Buch  kr  einer,  Leonh.,  Dr.,  in  Düsseldorf. 

Biittgenbach,  Franz,  Bergwerksdirektor  in  Düsseldorf  (Capell¬ 
strasse  46). 

v.  Carnap,  P.,  in  Elberfeld. 

Chrzcsinski,  Pastor  in  Cleve. 

Closset,  Dr.,  Sanitätsrath  in  Langenberg. 

Colsmann,  Andreas,  Fabrikbesitzer  in  Langenberg. 
Colsmann,  Otto,  in  Barmen. 

Curtius,  Fr.,  in  Duisburg. 

Dahl,  Wern.,  Rentner  in  Düsseldorf. 

Deicke,  H.,  Dr.,  Professor  in  Mülheim  a.  Ruhr. 

Dilthey,  Markscheider  in  Mülheim  a.  d.  Ruhr  (Eppinghofer 
Str.  E.  9). 

Eisenlohr,  Heinr.,  Kaufmann  in  Barmen. 

Fach,  Ernst,  Dr.,  Ingenieur  in  Oberhausen. 

Farwick,  Bernhard,  Realgymnasiallehrer  in  Viersen. 
Fischer,  Wilh.,  Bergreferendar  in  Lennep  (Hardtstrasse). 

Fr  oh  wein,  Ernst,  Grubenverwalter  in  Langenberg. 

Funke,  Carl,  Gewerke  in  Essen  a.  d.  Ruhr  (Akazien-Allee). 
Goldenberg,  Friedr.,  Fabrikdirektor  in  Dahleraue  bei  Lennep. 
Grevel,  Ortwin,  Apothekenbesitzer  in  Essen. 


9 


Grevel,  Wilh.,  Apotheker  in  Düsseldorf  (Rosenstr.  63). 

Grill o,  Wilh.,  Fabrikbesitzer  in  Oberhausen. 

Guntermann,  J.  H.,  Mechaniker  in  Düsseldorf. 
Hackenberg’,  Hugo,  Gymnasiallehrer  in  Barmen,  Wupper¬ 
mannstrasse  4. 

von  Hägens,  Landgerichtsrath  a.  D.  in  Düsseldorf. 

Haniel,  August,  Ingenieur  in  Mülheim  a.  d.  Ruhr. 

Haniel,  H.,  Geh.  Kommerzienrath  und  Bergwerksbesitzer  in 
Ruhrort. 

Haniel,  John.  Dr.,  Landrath  in  Moers. 

Hausmann,  Ernst,  Bergrath  in  Essen. 

H  einzelmann,  Herrn.,  Kaufmann  in  Mülheim  a.  d.  Ruhr, 
von  der  Heyden,  E.,  Dr.,  Real-Oberlehrer  u.  Prof,  in  Essen. 
Ho  hen  da  hl,  Gerhard,  Grubendirektor  der  Zeche  ver.  Wiesche 
bei  Mülheim  a.  d.  Ruhr. 

Hohendahl,  Grubendirektor  der  Zeche  Neuessen  in  Altenessen. 
Hu  eck,  Herrn,  Kaufmann  in  Düsseldorf  (Gartenstr.  46). 
Huyssen,  Louis,  in  Essen. 

Kannen  giess  er,  Louis,  Repräsentant  der  Zeche  Sellerbeck, 
in  Mülheim  a.  d.  Ruhr. 

Kauert,  A.,  Apotheker  und  Stadtverordneter  in  Elberfeld. 
Koch,  Otto,  Grubendirektor  in  Kupferdreh. 

Krabler,  E.,  Bergassessor  in  Altenessen  (Direktor  des  Cölner 
Bergwerks-V  ereins). 

Krupp,  Friedr.  Alfr.,  Geh.  Kommerzienrath  und  Fabrikbesitzer 
in  Hügel  bei  Essen. 

Langenbe r g  Stadt. 

Limburg,  Telegraphen-Inspektor  in  Oberhausen. 

Lim  per,  Dr.  med.,  in  Gelsenkirchen. 

Löbbecke,  Rentner  in  Düsseldorf. 

Luyken,  E.,  Rentner  in  Düsseldorf. 

Mei  gen,  Dr.,  Professor  in  Wesel. 

Meyer,  Andr.,  Dr.  phil.,  Reallehrer  in  Essen. 

Müller,  Friedr.,  Kaufmann  in  Hückeswagen. 

Mülheim  a.  d.  Ruhr,  Stadt. 

von  Müntz,  Landrichter  in  Düsseldorf. 

Muthmann,  Wilh.,  Fabrikant  und  Kaufmann  in  Elberfeld. 
Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Düsseldorf  (Vors.:  Dr. 
Karl  Jansen). 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Elberfeld  (Dr.  Simons). 
Niesen,  Wilh.,  Bergwerksbesitzer  in  Essen. 

Nonne,  Alfred,  Ingenieur  in  Essen. 

Olearius,  Alfred,  Agent  in  Elberfeld. 

Pi  eistick  er,  Theod.,  Dr.  med.,  in  Altenessen. 


10 


Real-Gy mnasium  in  Barmen  (Adr.  Pfundheller,  Direktor), 
v.  Renesse,  H.,  Apotheker  in  Homberg’  a.  Rh. 

Rhode,  Maschinen-Inspektor  in  Crefeld. 

Rittinghaus,  Pet.,  Dr.  phil.,  am  Real-Gymnasium  zu  Lennep. 
Rive,  Generaldirektor  in  Wolfsbank  bei  Berge-Borbeck,  Haus 
Einsiedel  bei  Benrath. 

Roffhack,  W.,  Dr.,  Apotheker  in  Crefeld. 
de  Rossi,  Gustav,  Postverwalter  in  Neviges. 

Rötzel,  Otto,  Grubendirektor  in  Broich  b.  Mülheim  a.  d.  Ruhr. 
S  c  h  a  r  p  e  n  b  e  r  g,  W.,  Fabrikbesitzer  in  Nierendorf  b.  Langenberg. 
Schennen,  Heinr.,  Bergassessor  in  Essen. 

Schmidt- GauIie,  J.  Alb.  (Firma  Jacob  Biinger  Sohn),  in  Unter- 
Barmen  (Alleestrasse  75). 

Schmidt,  Friedr.  (Firma  Jacob  Biinger  Sohn),  in  Unter-Barmen 
(Alleestrasse  75). 

Schmidt,  Johannes,  Kaufmann  in  Barmen  (Alleestrasse  66). 
Schräder,  H.,  Bergrath  in  Mülheim  a.  d.  Ruhr, 
von  Schwarze,  Paul,  Kaiserl.  Deutscher  Konsul  a.  D.,  Berg¬ 
werks-Direktor  in  Selbeck  bei  Saarn  a.  d.  Ruhr. 
Selbach,  Ober-Bergrath  in  Duisburg. 

Simons,  Louis,  Kaufmann  in  Elberfeld. 

Simons,  Michael,  Bergwerksbesitzer  in  Düsseldorf  (Königs¬ 
allee  38). 

Simons,  Walther,  Kaufmann  in  Elberfeld. 

Stein,  Walther,  Kaufmann  in  Langenberg. 

Stinnes,  Math.,  Konsul,  in  Mülheim  a.  d.  Ruhr  (Schleuse  31). 
Stöcker,  Ed.,  Schloss  Broich  bei  Mülheim  a.  d.  Ruhr. 
Volkmann,  Dr.  med.,  in  Düsseldorf  (Hohenzollernstrasse). 
Waldschmidt,  Dr.,  Ober-Lehrer  an  der  Realschule  in  Elber¬ 
feld  (Lagerstrasse  29). 

Wal dth au sen,  Heinrich,  Kaufmann  in  Essen. 

Wal dth au sen,  Rudolph,  Kaufmann  in  Essen. 

Wegen  er,  Ober-Bürgermeister  in  Barmen. 

Weismülier,  B.  G.,  Hüttendirektor  in  Düsseldorf. 

Wulff,  Jos.,  Grubendirektor  a.  Zeche  Königin  Elisabeth  b.  Essen. 
Zer  wes,  Joseph,  Hüttendirektor  in  Mülheim  a.  d.  Ruhr. 

D.  Regierungsbezirk  Aachen. 

Aachen,  Stadt. 

Baur,  Heinr.,  Bergrath  in  Aachen  (Sandkaulsteinweg  13). 
Bansa,  Generaldirektor  in  Stolberg. 

B  eis  sei,  Ignaz,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt  in  Aachen. 
Bibliothek  der  technischen  Hochschule  in  Aachen. 


Br  an  dis,  Di\,  Geh.  Sanitätsrath  in  Aachen. 

Breuer,  Ferd.,  Ober-Bergrath  a.  D.  u.  Spezial  direkten*  in  Aachen. 
Büttgenbach,  Conrad,  Ingenieur  in  Herzogenrath, 
von  Co  eis  v.  d.  Brügghen,  Landrath  in  Burtscheid. 
Cohnen,  C.,  Grubendirektor  in  Bardenberg  bei  Aachen. 
Dreck  er,  J.,  Dr.,  Lehrer  an  der  Realschule  in  Aachen. 
Grube,  H.,  Stadtgarten direktor  in  Aachen  (Lousbergstr.  57). 
Hahn,  Willi.,  Dr.,  in  Alsdorf  bei  Aachen, 
von  Halfern,  Fr.,  in  Burtscheid. 

Has ende ver,  Robert,  Generaldirektor  in  Aachen. 
Heimbach,  Laur.,  Apotheker  in  Escliweiler. 

Heuser,  Alfred,  Kaufmann  in  Aachen  (Pontstr.  147). 
Holzapfel,  E.,  Dr.,  Prof.  a.  d.  techn.  Hochschule  in  Aachen. 
Honigmann,  Fritz,  Bergingenieur  in  Burtscheid. 
Honigmann,  L.,  Bergrath  in  Aachen  (Marienplatz  22). 
Hupertz,  Friedr.  Willi.,  Bergmeister  a.  D.,  Generaldirektor  in 
Mechernich. 

Kaether,  Ferd.,  Bei  greferendar  in  Aachen  (Wallstrasse  8). 
Kessel kaul,  Rob.,  Kommerzienrath  in  Aachen. 

Lücke,  P.,  Bergrath  in  Aachen. 

Mayer,  Georg,  Dr.  med.,  Geh.  Sanitätsrath  in  Aachen. 
Monheim,  V.,  Apotheker  in  Aachen. 

Othberg,  Eduard,  Bergrath,  Direktor  des  Eschweiler  Berg¬ 
werksvereins  in  Pumpe  bei  Eschweiler. 

Pauls,  Emil,  Apotheker  in  Cornelimünster  bei  Aachen. 

Renk  er,  Gustav,  Papierfabrikant  in  Düren. 

Scher  vier,  Dr.,  Arzt  in  Aachen. 

Schütz,  A.,  Apotheker  in  St.  Vith. 

Schulz,  Wilhelm,  Professor  a.  d.  techn.  Hochschule  in  Aachen 
(Ludwigsallee  51). 

Schüller,  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Aachen. 

Startz,  August,  Kaufmann  in  Aachen. 

Suermondt,  Emil,  in  Aachen. 

Thoma,  Jos.,  Dr.  med.  und  Kreiswundarzt  in  Eupen. 

Thv wissen,  Hermann,  in  Aachen  (Büchel  14). 

Venator,  Emil,  Ingenieur  in  Aachen. 

Voss,  Geh.  Bergrath  in  Düren. 

Wüllner,  Dr.,  Professor  und  Geh.  Reg.-Rath  in  Aachen. 

E.  Regierungsbezirk  Trier. 

Abels,  Aug.,  Bergrath  in  Trier  (Simeonsstiftstr.  16). 

Koni  gl.  Bergwerksdirektion  in  Saarbrücken. 

Bauer,  Heinr.,  Oberförster  in  Bernkastel. 


12 


Bäum ler,  Franz,  Bergassessor  in  Camphausen  bei  Sulzbacli. 
Beck,  Wilh.,  Apotheker  in  Saarbrücken. 

Besse  lieh,  Nie.,  Literat  in  Trier, 
v.  Beulwitz,  Carl,  Eisenhüttenbesitzer  in  Trier. 

Böcking,  Rudolph,  auf  Halberger-Hütte  bei  Brebach. 
Braubach,  Bergassessor  in  Dudweiler  bei  Saarbrücken. 
Dronke,  Ad.,  Dr.,  Direktor  der  Realschule  in  Trier. 

D  umreich  er,  Alfr.,  Baurath  und  Maschineninspektor  in  Saar¬ 
brücken. 

Eber  hart,  Kreissekretär  a.  D.  in  Trier. 

Fassbender,  A.,  Grubendirektor  in  Neunkirchen. 

Gr a eff,  Georg,  Bergrath,  Bergwerksdirektor  auf  Grube  Heinitz 
bei  Saarbrücken  (Kr.  Ottweiler). 

Grebe,  Heinr.,  Königl.  Landesgeologe  in  Trier. 

Haldy,  Emil,  Kommerzienrath  in  Saarbrücken. 
Heintzmann,  Julius,  Bergassessor  zu  Dudweiler  bei  Saar¬ 
brücken. 

Hund  hausen,  Roh.,  Notar  in  Bernkastel. 

Kar  eher,  Landgerichts-Präsident  a.  D.  in  Saarbrücken. 
Kliver,  Ober-Bergamts-Markscheider  in  Saarbrücken. 

Koch,  Friedr.  Willi.,  Oberförster  a.  D.  in  Trier. 

Koster,  A.,  Apotheker  in  Bittburg. 

Kr eu s er,  Emil,  Bergwerksdirektor  in  Louisenthal  bei  Saar¬ 
brücken. 

Kroeffges,  Carl,  Lehrer  in  Prüm. 

Leybold,  Carl,  Bergrath  und  Bergwerksdirektor  in  Sulzbach. 
Lieb  recht,  Franz,  Bergassessor  in  Saarbrücken. 

Lohmann,  Hugo,  Bergassessor  in  Neunkirchen  (Kr.  Ottweiler). 
Ludwig',  Peter,  Steinbruchbesitzer  in  Kyllburg. 

Mencke,  Bergrath  und  Bergwerksdirektor  in  Ensdorf. 

Neu  fang,  Baurath  in  St.  Johann  a.  d.  Saar, 
de  Nys,  Ober-Bürgermeister  in  Trier. 

Polenski,  Bergassessor  und  Berginspektor  in  Neunkirchen 
(Kr.  Ottweiler). 

Remy,  Richard,  Bergassessor  und  Berginspektor  auf  Grube 
Heinitz  (Kr.  Ottweiler). 

Rexroth,  F.,  Ingenieur  in  Saarbrücken. 

Riegel,  C.  L.,  Dr.,  Apotheker  in  St.  Wendel. 

Roechling,  Carl,  Kommerzienrath,  Kaufmann  in  Saarbrücken. 
Roechling,  Fritz,  Kaufmann  in  Saarbrücken. 

Sassenfeld,  J.,  Dr.,  Gymnasial-Oberlehrer  in  Trier. 
Schömann,  Peter,  Apotheker  in  Völklingen  a.  d.  Saar. 
Schondorff,  Dr.  phil.,  auf  Heinitz  bei  Neunkirchen. 
Schröder,  Direktor  in  Jünkerath  bei  Stadt-Ivyll. 


Seyffarth,  F.  H.,  Geh.  Regierungsrath  in  Trier. 

Steeg’,  Dr.,  Oberlehrer  an  der  Real-  u.  Gewerbeschule  in  Trier, 
von  Stumm,  Carl,  Freiherr,  Geh.  Kommerzienratli  und  Eisen¬ 
hüttenbesitzer  in  Neunkirchen. 

Thanisch,  Hugo,  Dr.,  Weingutsbesitzer  in  Cues-Bernkastel. 
Verein  für  Naturkunde  in  Trier. 

Wirt  gen,  Herrn.,  Dr.  med.  und  Arzt  in  Louisenthal  bei  Saar¬ 
brücken. 

Wirz,  Carl,  Dr.,  Direktor  der  landwirtschaftlichen  Winter¬ 
schule  in  Wittlich  bei  Trier. 

Zimmer,  Heinr.,  Blumenhandlung  in  Trier  (Fleischstr.  30). 

F.  Regierungsbezirk  Minden. 

Stadt  M  i  n  d  e  n. 

Königliche  Regierung  in  Minden. 

Bansi,  FI.,  Kaufmann  in  Bielefeld. 

Frey  tag,  Ober-Bergrath  in  Oeynhausen. 

J  o  h  o  w,  Depart.-Thierazt  in  Minden. 

Mertens,  Dr.,  Direktor  des  Vereins  f.  Geschichte  und  Alter¬ 
thumskunde  Westfalens  in  Paderborn. 

Möller,  Carl,  Drv  in  Kupferhammer  b.  Brackwede. 

Muer  m  a  n  n,  H.,  Kaufmann  in  Minden. 

von  Oeynhausen,  Fr.,  Reg.-Assessor  a.  D.  in  Grevenburg 
bei  Vörden. 

von  Oheimb,  Cabinets-Minister  a.  D.  und  Landrath  in  Holz¬ 
hausen  bei  Hausberge. 

Rheinen,  Dr.,  Kreisphysikus  in  Herford. 

Sartorius,  Fr.,  Direktor  der  Ravensberger  Spinnerei  in 
Bielefeld. 

Sauerwald,  Dr.  med.,  in  Oeynhausen. 

Schl  e  u  t  k  e  r,  F.  A.,  Provinzialständ.  Bauinspektor  in  Paderborn. 
Schnelle,  Caesar,  Civil-Ingenieur  in  Oeynhausen. 
Spanken,  Carl,  Banquier  in  Paderborn. 

Steinmeister,  Aug.,  Fabrikant  in  Bünde. 

Tiemann,  Emil,  Bürgermeister  a.  D.  in  Bielefeld. 

Vüllers,  Bergwerksdirektor  a.  D.  in  Paderborn. 

G-.  Regierungsbezirk  Arnsberg. 

Königliche  Regierung  in  Arnsberg, 
d  ’  A  b  1  a  i  n  g  von  Giesenburg,  Baron,  in  Siegen. 

Adria  ni,  Grubendirektor  in  Werne  bei  Bochum. 

A 1  b  e  r  t  s,  Berggeschworener  a.  D.  u.  Grubendirektor  in  Hörde. 


14 


v.  Ammon,  S.,  Oberbergrath  in  Dortmund. 

Bacharach,  Moritz,  Kaufmann  in  Ilainm. 

B  a  n  n  i  n  g,  Fabrikbesitzer  in  Hamm  (Firma  Keller  &  Banning). 
von  der  Becke,  Bergrath  a.  D.  in  Dortmund. 

Becker,  Willi.,  Hüttendirektor  a.  Germania-Hütte  b.  Greven¬ 
brück. 

Bergenthal,  C.  W.,  Gewerke  in  Soest. 

Berg* ent hal,  Willi.,  Geh.  Kommerzienrath  in  Warstein. 
Berger,  Carl  jun.,  in  Witten. 

Bergschule  in  Siegen. 

Böcking,  E.,  Gewerke  in  Unterwilden  bei  Siegen. 

Bö  cki  ng,  Friedrich,  Gewerke  in  Eisern  (Kreis  Siegen). 
Boner,  Reg. -Baumeister  in  Hamm. 

Bon  n  e  m  a  n  n,  F.  W.,  Markscheider  in  Gelsenkirchen. 
Borberg,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt  in  Hamm. 

Borberg',  Herrn.,  Dr.  med.,  in  Herdecke  a.  d.  Ruhr. 

Bor  cliers,  Bergrath  in  Siegen. 

Born,  J.  H.,  Lehrer  in  Witten. 

Castr  ingius,  Rechtsanwalt  in  Hamm. 

CI  eff,  Willi.,  Bergassessor  in  Dortmund,  Junggesellenstr.  18. 
Cobet,  E.,  Apotheker  in  Hamm. 

Crevecoeur,  E.,  Apotheker  in  Siegen. 

Daub,  J.,  Markscheider  in  Siegen. 

D  e  n  n  i  n  g  h  off,  Fr.,  Apotheker  in  Schwelm, 
v.  Devivere,  F.,  Freiherr,  Königl.  Oberförster  in  Glindfeld 
bei  Medebach. 

Diecks,  Königl.  Rentmeister  in  Warstein. 

Disselhof,  L.,  Ingenieur  und  technischer  Dirigent  des  städti¬ 
schen  Wasserwerks  in  Hagen. 

Dohm,  Dr.,  Geh.  Ober-Justizrath  und  Präsident  in  Hamm. 
Dresler,  Ad.,  Kommerzienrath,  Gruben-  und  Hüttenbesitzer 
in  Creuzthal  bei  Siegen. 

Dr  evermann,  FI.  W.,  Fabrikbesitzer  in  Ennepperstrasse. 
Droege,  Adolf,  Bergreferendar  in  Arnsberg. 
Ebbinghaus,  E.,  in  Asseln  bei  Dortmund. 

Ei  ler  t,  Friedr.,  Berghauptmann  in  Dortmund. 

Erbsälzer -  Kolleg  in  Werl. 

E  r  d  m  a  n  n ,  Bergrath  in  Witten. 

Ernst,  Albert,  Direktor  der  Grube  Hubert  bei  Callenhardt 
(via  Lippstadt). 

Felthauss,  C.,  Apotheker  in  Altena. 

Fuhrmann,  Friedr.  Wilh.,  Markscheider  in  Hörde. 
Fuhrmann,  Otto,  Kaufmann  in  Hamm. 

Funcke,  C.,  Apotheker  in  Plagen. 


15 


G  a  1 1  h  o  f f,  Jul.,  Apotheker  in  Iserlohn. 

de  G  a  1 1  o  i  s,  Hubert,  Bergassessor  und  Bergmeister  in  Atten¬ 
dorn. 

Ger  lach,  Bergrath  in  Siegen. 

Gläser,  Jac.,  Bergwerksbesitzer  in  Weidenau  bei  Siegen. 
Griebs  ch,  E.,  Buchhändler  in  Hamm. 

Grosse-Leeg’e,  Gerichtsassessor  in  Warstein. 

Haas,  Bergassessor  und  Bergmeister  in  Müsen. 

Haber,  C.,  Bergwerksdirektor  in  Ramsbeck. 

Hartmann,  Apotheker  in  Bochum. 

Henze,  A.,  Gymnasial-Oberlehrer  in  Arnsberg. 

v.  d.  Heyden-ßynsch,  Otto,  Landrath  in  Dortmund. 

Hilgenstock,  Daniel,  Obersteiger  in  Hörde. 

Hilt,  Herrn.,  Real-Gymnasial-Oberlehrer  in  Dortmund. 
Hintze,  W.,  Ober-Rentmeister  in  Cappenberg. 

Hob  reck  er,  Hermann,  in  Westig'  bei  Iserlohn. 

Hobrec  k  e  r,  Otto,  Fabrikant  in  Hamm. 

Hofmann,  Albert,  Chemiker  in  Schalke  (Victoriastrasse). 
Holdinghausen,  W.,  Ingenieur  in  Siegen, 
y.  Holtzbrinck,  L.,  in  Haus  Rhade  bei  Brügge  a.  d.  Volme. 
Homann,  Bernhard,  Markscheider  in  Dortmund. 
Hundhausen,  Joh.,  Dr.,  Fabrikbesitzer  in  Hamm. 
Hültenschmidt,  A.,  Apotheker  in  Dortmund. 

Hüser,  Joseph,  Bergmeister  a.  D.  in  Brilon. 

Hüttenhein,  Carl,  Lederfabrikant  in  Hilchenbach. 

Hütten h  ein,  Wilh.,  Kaufmann  in  Grevenbrück. 

Jüttner,  Ferd.,  Oberbergamts-Markscheider  in  Dortmund. 
Kamp,  H.,  Generaldirektor  in  Hamm. 

Kersting,  Franz,  Reallehrer  in  Lippstadt. 

Klein,  Ernst,  Maschinen-Ingenieur  in  Dahlbruch  bei  Siegen. 
Klein,  Heinrich,  Industrieller  in  Siegen. 

Kl  oster  mann,  H.,  Dr.,  Sanitätsrath  in  Bochum. 

Knops,  P.  H.,  Grubendirektor  in  Siegen. 

Krämer,  Adolf,  Lederfabrikant  in  Freudenberg  (Kreis  Siegen). 
Kreutz,  Wilh.,  Bergassessor  in  Bochum. 

Krieger,  C.,  wissenscliaftl.  Hilfslehrer  in  Dortmund  (Hohe- 
strasse  23). 

Landmann,  Hugo,  Möbelfabrikant  in  Hamm. 

Larenz,  Ober-Bergrath  in  Dortmund. 

Le  mm  er,  Dr.,  Kreisphysikus  in  Schwelm. 

Lent,  Forstassessor  in  Arnsberg. 

Lenz,  Wilhelm,  Markscheider  in  Bochum. 

Lex,  Justizrath  in  Hamm. 

Loerbroks,  Justizrath  in  Soest. 


16 


Lolimann,  Carl,  Bergwerksbesitzer  in  Bommern  bei  Witten. 

L  o  li  m  aiin,  Friedr.,  Fabrikant  in  Witten. 

Lüden  sc  hei  d,  Landgemeinde.  (Amtmann  0  p  d  e  r  b  e  ck  Repräs.) 
v  o  n  d  e  r  M  arck,  Dr.,  in  Hamm. 

Marx,  Aug.,  Dr.,  in  Siegen. 

Marx,  Fr.,  Markscheider  in  Siegen. 

M  a  s  s  e  n  e  z,  Jos.,  Direktor  des  Hörder  Berg-  u.  Hüttenvereins 
in  Hörde. 

Meinhardt,  Otto,  Fabrikant  in  Siegen. 

Melchior,  Jnstizrath  in  Dortmund. 

Mittel  hach,  Eberhard,  Markscheider  in  Bochum. 

Moecke,  Alex.,  Ober-Bergrath  in  Dortmund. 

Neustein,  Willi.,  Gutsbesitzer  auf  Haus  Ickern  b.  Mengede. 
Noje,  Heinr.,  Markscheider  in  Herbede  bei  Witten. 

N  ölten,  H.,  Grubendirektor  in  Dortmund. 

Osterkamp,  Otto,  Bergassessor  und  Hülfsarbeiter  bei  dem 
Gewerbeinspektor  in  Bochum. 

Overbeck,  Jul.,  Kaufmann  in  Dortmund. 

Petersmann,  A.  H.,  Rektor  in  Dortmund. 
Pöppinghaus,  Felix,  Bergrath  in  Arnsberg. 

Quincke,  Herrn.,  Amtsrichter  in  Iserlohn. 

Real g y  m nasium,  Städtisches ,  in  Dortmund  (Dr.  Ernst 
Meyer,  Direktor). 

Redicker,  C.  sen.,  Fabrikbesitzer  in  Hamm. 

Reidt,  Dr.,  Professor  am  Gymnasium  in  Hamm. 

Richard,  M.,  Bergassessor  in  Bochum  (Alleestrasse  52). 
Richter,  Louis,  in  Grevenbrück  a.  d.  Lenne. 

Röder,  0.,  Grubendirektor  in  Dortmund. 

Rose,  Dr.,  in  Menden. 

Rump,  Willi.,  Apotheker  in  Witten. 

Schäfer,  Jos.,  Bergassessor  in  Witten  a.  d.  Ruhr. 

Schein  mann,  Emil,  Apotheker  in  Hagen. 

Sehen  ck,  Mart.,  Dr.,  in  Siegen. 

Schmale,  Philipp,  Bergreferendar  in  Arnsberg. 

Schmidt,  Ernst  Willi.,  Geh.  Bergrath  in  Müsen. 
Schmieding,  Oberbürgermeister  in  Dortmund. 
Schmitthenner,  A.,  technischer  Direktor  der  Rolandshütte 
bei  Weidenau  a.  d.  Sieg. 

Schmitz,  C.,  Apotheker  in  Letmathe. 

Schmöle,  Gust.  sen.,  Fabrikant  in  Hönnenwerth  bei  Menden. 
Schmöl  e,  Rudolph,  Fabrikant  in  Menden. 

Schneider,  H.  D.  F.,  Kommerzienrath  in  Neunkirchen. 
Schoene  m  a  n  n,  P.,  Gymnasiallehrer  in  Soest. 

Schultz,  Dr.,  Bergrath  in  Bochum. 


17 


Schultz-B  riesen,  Bruno,  Generaldirektor  der  Zeche  Dalil- 
busch  bei  Gelsenkirchen. 

Schultz,  Rechtsanwalt  in  Hamm. 

Schweling,  Fr.,  Apotheker  in  Bochum. 

Selve,  Gustav,  Kaufmann  in  Altena. 

Seminar,  Königliches,  in  Soest. 

Staby,  Heinrich,  Gymnasiallehrer  in  Hamm. 

Stadt  Schwelm. 

Stadt  Siegen  (Vertreter  Bürgermeister  D  e  1  i  u  s). 

St  a  eh  ler,  Heinr.,  Berg-  und  Hüttentechniker  in  Müsen. 

S  tarck,  August,  Direktor  d.  Zeche  Graf  Bismarck  in  Schalke. 
Steinbrinck,  Carl,  Gymnasialoberlehrer  in  Lippstadt. 
Steinseifer,  Heinrich,  Gewerke  in  Eiserfeld  bei  Siegen. 
Stommel,  August,  Bergverwalter  in  Siegen. 

Stratmann  g'en.  Berghaus,  C.,  Kaufmann  in  Witten. 
Tiemann,  L.,  Ingenieur  auf  der  Eisenhütte  Westfalia  b.  Lünen 
a.  d.  Lippe. 

Tilmann,  E.,  Bergassessor  a.  D.  in  Dortmund. 

Tilmann,  Gustav,  Rentner  in  Arnsberg*, 
v.  Velsen,  Willi.,  Bergrath  in  Dortmund. 

Verein,  Naturwissenschaftlicher,  in  Dortmund  (Vors.:  Eisen¬ 
bahnsekretär  M  e  i  n  h  e  i  t). 

Vertschewall,  Johann,  Markscheider  in  Dortmund, 
v.  Viebahn,  Baumeister  a.  D.  in  Soest, 
v.  Vincke,  Freiherr,  Landrath  in  Hamm. 

Vog'el,  Rudolph,  Dr.,  in  Siegen. 

Wellers  haus,  Albert,  Kaufmann  in  Milspe  (Kreis  Hagen). 
Weiter,  Steph.,  Apotheker  in  Iserlohn. 

Werneke,  H.,  Markscheider  in  Dortmund. 

Wey  1  a  n  d,  G.,  Kommerzienrath,  Bergwerksdirektor  in  Siegen. 
Wi  eth  aus,  O.,  Direktor  des  westfälischen  Death-Industrie- 
Vereins  in  Hamm. 

W indthorst,  E.,  Justizrath  in  Hamm. 

Wiskott,  Willi.,  Kaufmann  in  Dortmund. 

Witte,  verw.  Frau  Kommerzienräthin,  auf  Heithof  bei  Hamm. 
Zix,  Heinr.,  Ober-Bergrath  in  Dortmund. 


H.  Regierungsbezirk  Münster. 

Engelhardt,  Geh.  Bergrath  in  Ibbenbüren, 
von  Fo  erster,  Architekt  in  Münster. 

Freusberg,  Jos.,  Oekonomie-Kommissions-Rath  in  Münster. 
Hackebram,  F.  jun.,  Apotheker  in  Dülmen. 


2 


18 


H  i  1 1  o  r  f ,  W.  H.,  Dr.,  Professor  in  Münster. 

Ho  sius,  Dr.,  Geh.  Reg.-Rath,  Professor  in  Münster. 

Josten,  Dr.  med.  und  Sanitätsrath  in  Münster. 

Kar  sch,  Dr.,  Geh.  Medizinalrath  und  Professor  in  Münster. 
Kettel  er,  Ed.,  Dr.,  Professor  in  Münster. 

Kost,  Heinr.,  Bergrath  in  Recklinghausen. 

Landois,  Dr.,  Professor  in  Münster. 

Lohmann,  Dr.  med.  und  prakt.  Arzt  in  Ivoesfeld. 

Miigg'e,  0.,  Dr.,  Professor  in  Münster. 

Münch,  Dr.,  Direktor  der  Real-  u.  Gewerbeschule  in  Münster. 
Salm-Salm,  Fürst  zu,  in  Anholt. 

Schulz,  Alexander,  Bergmeister  a.  D.  in  Münster  (Brockhof¬ 
strasse  2  a). 

T  o  s  s  e,  Ed.,  Apotheker  in  Buer. 

Wiesmann,  Ludw.,  Dr.  med.,  in  Dülmen. 


I.  Regierungsbezirk  Osnabrück. 

B  ö  1  s  che,  W.,  Dr.  phil.,  in  Osnabrück. 

Droop,  Dr.  med.,  in  Osnabrück  (Kamp), 
du  Mesnil,  Dr.,  Apotheker  in  Osnabrück  (Markt). 

D  ü  1 1  i  n  g’ ,  Christian,  Berg’assessor  in  Osnabrück  (Hotel  Dütting). 
Free,  Lehrer  in  Osnabrück  (Rolandsmauer  14). 

Holste,  Bergwerksdirektor  auf  Georg  Marienhütte  bei  Osna¬ 
brück. 

Kaiser,  Kaufmännischer  Direktor  der  Zeche  Piesberg  in 
Osnabrück. 

Lienenklaus,  Rektor  in  Osnabrück  (Katharinenstr.  37). 
Lindemann,  Direktor  der  Handelsschule  in  Osnabrück 
(Schwedenstrasse). 

von  Renesse,  Bergrath  in  Osnabrück. 

Stockfleth,  Friedr.,  Bergassessor  in  Osnabrück  (Buersche 
Strasse  11b). 

Thörner,  Dr.  phil.,  in  Osnabrück  (Moltkestrasse). 

Zander,  Gymnasiallehrer  in  Osnabrück  (Schillerstrasse). 


K.  In  den  übrigen  Provinzen  Preussens. 

K  ö  n  i  g  1.  Ober-Bergamt  in  Breslau. 

K  ö  n  i  g  1.  Ober -  Berg  amt  in  Halle  a.  d.  Saale. 
Achenbach,  Adolph,  Berghauptmann  in  Clausthal. 
Adlung',  M.,  Apotheker  in  Tann  v.  d.  Rhön. 


19 


Al  tum,  Dr.,  Professor  in  Neustadt-Eberswalde. 

Ascher  so  n,  Paul,  Dr.,  Professor  in  Berlin  (Körnerstr.  8). 

Baedeker,  Walter,  Hüttendirektor  in  Adolfshütte  bei  Dillen- 
burg\ 

Bahr  dt,  H.  A.,  Dr.,  Rektor  der  höheren  Bürgerschule  in  Mün¬ 
den  (Hannover). 

Bartling,  E.,  Techniker  in  Wiesbaden. 

Bauer,  Max,  Dr.  phil.,  Professor  in  Marburg. 

Beel,  L.,  Bergrath  und  Bergwerksdirektor  in  Weilburg  a.  d. 
Lahn  (Reg.-Bez.  Wiesbaden). 

Bergakademie  und  Bergschule  in  Clausthal  a.  Harz. 

Beushausen,  Dr.,  Hülfsg'eologe  an  d.  geologischen  Landes¬ 
anstalt  in  Berlin,  N.  (Invalidenstr.  44). 

Beyer,  E.,  Candid.  phil.  in  Hanau  (Fahrgasse  4). 

Bevrich,  Dr.,  Professor  u.  Geh. -Rath  in  Berlin  (Französische 
Strasse  29). 

Bolten  dahl,  Heinr.,  Kaufmann  in  Wiesbaden. 

v.  d.  Borne,  M.,  Kammerherr,  Rittergutsbesitzer  in  Berneuchen 
bei  Ringenwalde  (Neumark). 

Brand,  Friedr.,  Bergassessor  a.  D.  in  Limburg  a.  d.  Lahn. 

Brauns,  D.,  Dr.,  Professor  in  Halle  a.  d.  Saale. 

Brauns,  Reinhard,  Dr.,  Privatdozent  d.  Mineralogie  in  Marburg. 

Brüning,  R.,  Ober-Bergrath  in  Wiesbaden. 

Dar  on,  Alb.,  Bergassessor  a.  D.  auf  Rittergut  Ellenbach  bei 
Bettenhausen-Cassel  (Prov.  Hessen-Nassau). 

Castendyck,  W.,  Bergwerksdirektor  und  Hauptmann  a.  D. 
in  Harz  bürg*. 

Dam  es,  Willy,  Dr.,  Professor  in  Berlin  (W.  Keithstr.  1811). 

Du  der  stadt,  Carl,  Rentner  in  Wiesbaden  (Parkstr.  20). 

Duszynski,  Richard,  Bergassessor  in  Clausthal. 

Ellenberger,  Herrn.,  Kaufmann  in  Wiesbaden  (Capellenstr.  55). 

Fasbender,  Dr.,  Professor  in  Thorn. 

Fischer,  Theobald,  Dr.,  Professor  in  Marburg. 

Forstakademie  in  Münden,  Prov.  Hannover. 

Frank,  Fritz,  Bergwerksbesitzer  zu  Nievernerhütte  b.  Bad  Ems. 

Freudenb  erg,  Max,  Bergwerksdirektor  in  Ems. 

Freund,  Ober-Berghauptmann  und  Ministerial- Direktor  in 
Berlin  W.  (Nürnbergerstr.  6). 

Fromme,  Paul,  Landrath  in  Dillenburg. 

Fuchs,  Ottomar,  Bergreferendar  in  Wiesbaden  (Philippsburg¬ 
strasse  29). 

Fuhrmann,  Paul,  Dr.,  Bergrath  und  Bergwerksdirektor  in 
Dillenburg. 

Gail,  Willi.,  Reichsbankvorsteher  in  Dillenburg. 


20 


Garcke,  Aug.,  Dr.,  Professor  und Custos  am Königl. Herbarium 
in  Berlin  (Gneisenaustrasse  20).  » 

Goeb  el,  Bergreferendar  in  Halle  a.  S. 

v.  Goldbeck,  Geh.  Regierungsrath  in  Berlin  (Carlsbad  20). 

G  r  e  e  f  f ,  Dr.  med.,  Professor  in  Marburg. 

Grün,  Karl,  •  Bergwerksbesitzer  in  Scheider  Eisenwerk  bei 
Dillenburg. 

Haas,  Fritz,  Kommerzienrath  in  Dillenburg. 

Haas,  Hippolyt,  Dr.,  Professor  der  Palaeontologie  u.  Geologie’ 
in  Kiel. 

Haas,  Otto,  Gewerke  zu  Neuhoffnungshütte  bei  Sinn. 

Ha  er  che,  Rudolf,  in  Oberpeilau  bei  Gnadenfrei  i.  Schl. 

v.  H  anstein,  Reinhold,  Dr.  phil.,  in  Berlin  W.  (Blücherstr.  5). 

Hauche  corne,  Dr.  phil.,  Geh.  Ober-Bergrath  und  Direktor 
der  königl.  Bergakademie  in  Berlin. 

Heb  erle,  Carl,  Generaldirektor  in  Oberlalmstein.  ' 

Heb  erle,  Carl  jr.,  Bergwerksdirektor  in  Friedrichssegen  a.  d. 
Lahn. 

Heister  hagen,  F.,  Ingenieur  u.  Bauunternehmer  in  Ernst¬ 
hausen,  Post  Muchhausen  (Reg.-Bez.  Cassel). 

Henniges,  L .,  Dr.,  in  Berlin  (SW.  Lindenstr.  66 H). 

v.  Heyden,  Lucas,  Dr.  phil.,  Major  z.  D.  in  Bockenheim  bei 
Frankfurt  a.  M. 

Hilgenfeld,  Max,  Bergassessor  in  Berlin  W.  35  (Lützow- 
strasse  40). 

Hillebrand,  B.,  Bergrath  in  Carlshof  bei  Tarnowitz  (Ober¬ 
schlesien). 

Hintze,  Carl,  Dr.  phil.,  Professor  in  Breslau  (Moltkestr.  7). 

Höchst,  Joh.,  Bergrath  in  Weilburg. 

Hoederath,  J.,  Betriebsführer  in  Dierdorf,  Regbez.  Breslau. 

Hoffman n,  Philipp,  Bergrath  in  Kattowitz  in  Oberschlesien. 

Jung',  Eberhard,  Hüttendirektor  auf  Burger  Eisenwerk  bei 
Herborn. 

Kays  er,  Emanuel,  Dr.,  Professor  in  Marburg. 

Koch,  Heinr.,  Ober-Bergrath  in  Ivottbus. 

v.  Koenen,  A.,  Professor  in  Göttingen. 

Kosmann,  B.,  Dr.,  Bergmeister  a.  D.  in  Berlin  W.  (Lützower 
Ufer  200 ni). 

Kr  ab  ler,  Dr.  med.,  Professor  in  Greifswald. 

Landfried,  George,  Fabrikbesitzer  in  Dillenburg'. 

Lehmann,  Joh.,  Dr.,  Professor  in  Kiel. 

Leppla,  Aug.,  Dr.,  Geologe  in  Berlin  (N.  Invalidenstr.  44). 

Lossen,  K.  A.,  Dr.,  Professor  in  Berlin  W.  (Bülowstr.  3). 

Meineke,  C.,  Chemiker  in  Oberlahnstein. 


21 


M  i  s  c  h  k  e ,  Carl,  Bergingenieur  in  Weilburg. 

Mörsbach,  Adolf,  Bergassessor,  komm.  Salineninspektor,  Bad 
Eimen  bei  Schoenebeck  (Prov.  Sachsen). 

Mosler,  Chr.,  Geh.  Ober-Regierungsrath  und  Vortragender 
Rath  im  Ministerium  in  Berlin  (W.  Lützowstr.  50). 

Müller,  Gottfried,  Dr.,  Geologe  an  der  geolog.  Landesanstalt, 
in  Friedenau  bei  Berlin. 

Nasse,  R.,  Geh.  Bergrath  in  Berlin. 

Neumann,  Paul,  Bergreferendar  in  Halle  a.  S. 

N  o  e  g  g  e  r  a  t  h,  Albert,  Ober-Bergrath  in  Clausthal. 

Noetzel,  Willi.,  Fabrikbesitzer  (aus  Moskau)  in  Wiesbaden 
(Hainer  Weg  1). 

Oswald,  Willy,  Bergassessor  in  Halle  a.  d.  S.  (Lafontaine¬ 
strasse  14). 

Palaeontologisches  Institut  der  Universität  Göttin- 
g’en  (v.  Koenen,  Direktor). 

Pfaehler,  G.,  Geh.  Bergrath  in  Wiesbaden. 

Pieler,  Bergwerksdirektor  in  Ruda  (Oberschlesien). 

Preyer,  Dr.,  Professor  in  Berlin  (W.  Nollendorfplatz  6). 

Ra  uff,  Herrn.,  Banquier  in  Berlin.  W.  56  (Behrendtstr.  35). 

Reiss,  W.,  Dr.  phil.  in  Berlin  (W.  Kurfürstenstr.  981). 

v.  R  i  c  h  t  li  o  f  e  n,  F.,  Freiherr,  Professor  in  Berlin  (Kurfürsten¬ 
strasse  117). 

Riem  an  n,  Carl,  Dr.  pliil.,  in  Görlitz. 

von  Rohr,  Geh.  Bergrath  in  Halle  a.  S. 

v.  Rönne,  Geh.  Ober-Bergrath  in  Berlin  (W.  Kurfürstenstr.  46). 

Rübsaamen,  Ew.  H.,  in  Berlin  (N.  Triftstr.  3). 

Salchow,  Alb.  Pet.,  Bergreferendar  in  Berlin  (NW.  Philipp¬ 
strasse  15a,  Portal  II). 

Schenck,  Ad.,  Dr.,  Privatdozent  in  Halle  a.  d.  Saale  (Breite¬ 
strasse  23). 

Schmeidler,  Ernst,  Apotheker  in  Berlin. 

Schmeisser,  Carl,  Bergrath  in  Magdeburg. 

Schmitz,  Friedr.,  Dr.,  Professor  in  Greifswald. 

Schneider,  Professor  an  der  Königl.  Bergakademie  in  Berlin 
(N.  Liesenstr.  20). 

Schönaich  -  Ca  r  olath,  Prinz  von,  Berghauptmann  a.  D., 
in  Potsdam. 

Schreiber,  Richard,  Königl.  Salzwerksdirektor  in  Stassfurt. 

Schuchar  dt,  Theod.,  Dr.,  Direktor  der  chemischen  Fabrik 
in  Görlitz. 

Schulte,  Ludw.,  Dr.  phil.,  in  Berlin  (NW.  Paulstr.  22). 

Schulz,  Eug.,  Dr.,  Bergassessor  und  Berginspektor  in  Claus¬ 
thal  am  Harz. 


99 

Serlo,  Dr.,  Ober-Berghauptmann  a.  D.  in  Berlin  (Charlotten¬ 
burg  I.  Str.  15,  Nr.  3). 

v.  Spiessen,  Aug.,  Freiherr,  Oberförster  in  Winkel  im  Rheingau.- 
Spranck,  Hermann,  Dr.,  Reallehrer  in  Homburg  v.  d.  Höhe 
(Hessen-Homburg). 

Stein,  R.,  Dr.,  Ober-Bergrath  in  Halle  a.  d.  Saale. 

Stippler,  Joseph,  Bergwerksbesitzer  in  Limburg  a.  d.  Lahn.. 
Tenne,  C.  A.,  Dr.,  in  Berlin  (W.  35,  Steglitzerstr.  18). 
Ulrich,  Bergrath  in  Dietz  (Nassau). 

Yigener,  Anton,  Apotheker  in  Biberich  a.  Rh.  (Hofapotheke).. 
Vogel,  Heinr.,  Bergrath  und  Bergwerksdirektor  in  Zabrze 
(Oberschlesien). 

Weiter,  Jul.,  Apotheker  in  Aurich. 

Westheide,  Willi.,  in  Dillenburg. 

Wie  ster,  Rud.,  General-Direktor  in  Breslau  (Kaiser  Wilhelm¬ 
strasse  89). 

Winkler,  Geh.  Kriegsrath  a.  D.  in  Berlin  W.  (Schillstr.  16). 
Wissmann,  R.,  Königl.  Oberförster  in  Hameln. 

Z  i  n  t  g  r  a  f  f ,  August,  in  Dillenburg. 

Zwick,  Herrn.,  Dr.,  Städtischer  Schulinspektor  in  Berlin  (Scharn¬ 
horststrasse  7). 

L.  Ausserhalb  Preussens. 

Andrä,  Hans,  in  Sydney,  George  Street  (Firma  Rohde  & 
Andrae). 

Baur,  C.,  Dr.,  Bergrath  und  Bergwerksdirektor  in  Stuttgart 
(Canzleistr.  24 i). 

Beckenkamp,  J.,  Dr.,  in  Mülhausen  i.  E.  (Gartenbaustr.  1). 
Blanckenhorn,  Max,  Dr.  phil .,  in  Erlangen  (Gartenstr.  22). 
Blees,  Bergmeister  a.  D.  in  Queuleu  bei  Metz. 

Bilharz,  0.,  Ober-Bergrath  in  Freiberg  (Königr.  Sachsen). 
Bö  cking,  G.  A.,  Hüttenbesitzer  in  Abentheuerhütte  in  Birkenfeld. 
Böhm,  Joh.,  Dr.  phil.,  in  München  (Nordenstr.  7ni). 
Bücking,  H.,  Dr.  phil.,  Prof,  in  Strassburg  i.  E.  (Brautplatz.  1). 
van  Calker,  Friedr.,  Dr.,  Professor  in  Groningen. 
Deimel,  Friedr.,  Dr.,  Augenarzt  in  Strassburg. 

D  e  w  a  1  q  u  e,  G.,  Professor  in  Lüttich. 

Dröscher,  Friedr.,  Ingenieur  in  Annawerk,  Oeslau  b.  Coburg, 
von  D  Ücker,  F.  F.,  Bergrath  a.  D.  in  Bückeburg. 

Eck,  H.,  Dr.,  Direktor  des  Polytechnikum  in  Stuttgart  (Neckar¬ 
strasse  75). 


23 


Fes  ca,  Max,  Dr.,  Professor  in  Tokio,  Yamatogashiki,  No.  9 
und  10  (Japan). 

Fischer,  Ernst,  Dr.,  Professor  an  der  Universität  Strassburg. 
Flick,  Dr.  med.,  in  Birkenfeld. 

Frantzen,  Ingenieur  in  Meiningen. 

Ganser,  Apotheker  in  Püttlingen  (Lothringen). 
Geognostisch-Paläontologisches  Institut  der  Uni¬ 
versität  Strassburg  i.  E.  (Professor  Benecke). 
v.  Gümbel,  C.  W.,  Dr.,  Königl.  Ober-Bergdirektor  und  Mit¬ 
glied  der  Akademie  in  München. 

Hahn,  Alexander,  in  Idar. 

Hornhardt,  Fritz,  Oberförster  in  Biesterfeld  bei  Rischenau 
(Lippe-Detmold). 

Hubbard,  Lucius  L.,  Dr.  phil.,  in  Houghton  Mich.,  U.  S.  A. 

(Geol.  Survey  of  the  state  of  Michigan). 

Klo  ss,  J.  H.,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum  in  Braunschweig. 
Lasard,  Ad.,  Dr.  phil.,  Direktor  der  vereinigten  Telegraph  en- 
Gesellschaft,  in  Harzburg'  (Villa  Daheim). 

Lepsius,  Georg  Richard,  Dr.,  Professor  in  Darmstadt. 
Lindemann,  A.F.,  Forstmeister  in  Sidholme,  Sidmouth,  Devon. 
M  aass,  Bernhard,  Bergwerksdirektor  in  Wien  IV  (Karlsgasse  2). 
Martens,  Aug.,  Oberförster  in  Schieder  (Lippe-Detmold). 
Martens,  Ed.,  Professor  der  Botanik  in  Löwen  (Belgien). 
Maurer,  Friedrich,  Rentner  in  Darmstadt  (Alicestr.  19). 
Michaelis,  Professor  in  Rostock. 

Miller,  Konrad,  Dr.,  Prof,  am  Realgymnasium  in  Stuttgart. 
Nies,  Aug.,  Dr.,  Reallehrer  in  Mainz. 

Nobel,  Alfred,  Fabrikbesitzer  und  Ingenieur  in  Hamburg. 
Recht,  Heinr.,  Dr.  phil.,  Gymnasiallehrer  in  Weissenburg  i. Eisass. 
R  o  h  l*  b  a  c  h,  C.  E.  M.,  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Gotha  (Schöne 
Allee  13). 

Rose,  F.,  Dr.,  Professor  in  Strassburg  (Feggasse  3). 
Schmidt,  Emil,  Dr.  med.,  Professor  in  Leipzig'  (Windmühlen¬ 
strasse  28). 

Schräder,  Carl,  Apotheker  in  Mondelingen,  Post  Hanger¬ 
dingen  in  Lothringen. 

Schräder,  W.,  Bergrath  in  Braunschweig'. 

Seelheim,  F.,  Dr.,  in  Utrecht. 

von  Solms-Laubach,  Herrn.,  Graf,  Professor  in  Strassburg'. 
Stern,  Hermann,  Fabrikant  in  Oberstem, 
v.  Strombeck,  Herzog!.  Geh.  Kammerrath  in  Braunschweig. 
Teall,  J.  J.  Harris,  London,  28  Jerrnyn  Street. 
Tecklenburg,  Theod.,  Bergrath  in  Darmstadt. 


24 


Ubaghs,  Casimir,  in  Maestricht  (Naturalien-Comptoir  rue  de 
table  No.  IG). 

K.  Üniversitäts-Bibliothek  in  Tübingen. 

Verbeek,  R.  D.  M.,  Mijningenieur,  Chef  der  geologischen  Un¬ 
tersuchung'  in  Buitenzorg  (Batavia). 

Wagener,  R.,  Oberförster  in  Langenholzhausen  (Fürstenthum 
Lippe). 

Wandesleben,  Bergrath  in  Metz. 

Walker,  John,  Fred.,  Palaeontologe,  Sidney  College,  Cam¬ 
bridge,  England. 

Wasmann,  Erich,  S.  J.,  in  Prag'  II,  Gerstenweg  2. 

Weerth,  0.,  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Detmold. 

van  Wer  wecke,  Leopold,  Dr.,  Geologe  in  Strassburg  i.  E. 

Wildenhayn,  W.,  Ingenieur  in  Giessen. 

Wilms,  F.,  Dr.,  in  Leidenburg,  Transvaal  (Südafrika). 

Wollemann,  A.,  Dr.  phil.,  in  Braunschweig  (Körnerstr.  15). 

Wülfing,  E.  A.,  Dr.  phil.,  in  Tübingen  (Uhlandstr.  22). 

Zartmann,  Ferd.,  Dr.  med.,  in  Carlsruhe. 

Zirkel,  Ferd.,  Dr.,  Geh.  Bergrath  und  Professor  in  Leipzig. 


Mitglieder  deren  jetziger  Aufenthalt  unbekannt  ist. 

Förster,  Theodor,  Chemiker,  früher  in  Stassfurt. 

F  r  e  i  b  u  r  g’,  Job.,  Dr.  phil.  (aus  Allendorf  bei  Arnsberg),  früher 
in  Bonn. 

Hartung,  Gust.,  früher  Stabsarzt  im  Inf.  Rgt.  Nr.  69  in  Trier. 
Hesse,  P.,  früher  in  Hannover. 

Klaas,  Fr.  Willi.,  Chemiker,  früher  in  Othfresen  bei  Salzgitter. 
Klinke  n  b  erg,  Aug.,  Hüttendirektor,  früher  in  Landsberg 
bei  Ratingen. 

Meyer,  Georg,  Dr.,  Geologe,  früher  in  Bonn. 

Petri,  L.  H.,  Wiesenbaumeister,  früher  in  Colmar. 

Poll,  Roh.,  Dr.  med.,  früher  in  Thure  bei  Nakel  (Preussen). 
Rinteln,  Ivatasterkontroleur,  früher  in  Lübbecke, 
v.  Rykom,  J.  H.,  Bergwerksbesitzer,  früher  in  Burgsteinfurt. 
Tüll,  Direktor,  früher  in  Aachen. 

Welkner,  C.,  Hüttendirektor,  früher  in  Witmarschen  b.  Lingen. 
W ienecke,  Baumeister,  früher  in  Cöln. 


25 


Am  1.  Januar  1892  betrug  : 

Die  Zahl  der  Ehrenmitglieder .  5 

Die  Zahl  der  ordentlichen  Mitglieder: 

im  Regierungsbezirk  Köln . 157 

„  „  Coblenz . 61 

„  „  Düsseldorf . 99 

„  ,,  Aachen . 40 

„  „  Trier . 49 

„  „  Minden . 19 

„  „  Arnsberg . 157 

„  „  Münster . 18 

„  „  Osnabrück . 13 

In  den  übrigen  Provinzen  Preussens . 117 

Ausserhalb  Preussens . 64 

Unbekannten  Aufenthaltsorts . 14 

813 


Seit  dem  1.  Januar  1892  sind  dem  Yerein  beigetreten: 

Barth,  Dr.,  Lehrer  an  der  landwirthsch.  Schule  in  Helmstedt. 
Böhr,  E.,  Lehrer  an  der  Bürgerschule  in  Osnabrück. 
Jüngst,  0.,  Bergreferendar  in  Coblenz,  Friedrichstr.  5a. 
Lehmann,  F.,  Dr.,  Realgymnasiallehrer  in  Siegen,  Eintracht¬ 
strasse  121/1. 


26 


Bericht  über  die  XL IX.  Generalversammlung  des  Vereins 
in  Düsseldorf  am  6.,  7.  und  8.  Juni  1892. 


Die  49.  Generalversammlung  des  Vereins  fand  in  Düssel¬ 
dorf  am  6.,  7.  und  8.  Juni  Statt.  Bereits  am  Abend  des  6. 
versammelten  sich  die  eingetroffenen  Gäste  und  die  in  Düssel¬ 
dorf  ansässigen  Mitglieder  in  den  Räumen  der  Gesellschaft  „Ver¬ 
ein“,  wo  sie  von  dem  Vorsitzenden  des  Düsseldorfer  Naturwis¬ 
senschaftlichen  Vereins  und  des  Ortsausschusses,  Dr.  K.  Jan¬ 
sen,  im  Namen  beider  Körperschaften  aufs  herzlichste  begriisst 
wurden;  der  Düsseldorfer  Naturwissenschaftliche  Verein  hatte 
das  2.  Heft  seiner  „Mittheilungen“  der  Versammlung  als  Fest¬ 
gabe  dargebracht. 

Die  Hauptsitzungen  fanden  in  den  Vormittagsstunden  in 
der  Tonhalle  Statt.  Der  Präsident  des  Vereins,  Geh.  Rath 
Schaaffhausen,  eröffnete  die  Sitzung  des  ersten  Tages 
gegen  9 1/4  Uhr  und  erth eilte  zunächst  das  Wort  dem  Ober¬ 
bürgermeister  von  Düsseldorf,  Lin  de  mann,  der  den  Verein 
in  den  Mauern  der  Stadt  mit  warmen  Worten  willkommen  hiess. 
Hierauf  verlas  der  Vicepräsident,  Geh.  Bergrath  Fabricius 
den  Bericht  über  die  Lage  und  Thätigkeit  des  Vereins  im 
Jahre  1891. 

„Am  1.  Januar  1891  betrug'  die  Zahl  der  Mitglieder  888. 
Von  diesen  verlor  der  Verein  durch  den  Tod  27,  nämlich:  Das 
Ehrenmitglied  Dr.  v.  Bene  den,  Professor  in  Löwen;  die  or¬ 
dentlichen  Mitglieder  Königl.  Baurath  Aug.  D  ieckho  ff, 
Rentner  W.  Endemann,  Professor  Frey  tag  und  Fabrik¬ 
besitzer  G.  Keller  in  Bonn;  Kaufmann  H.  J.  Essingh  in 
Köln;  Fabrikbesitzer  L.  Berger  in  Horchheim  a.  Rh.;  Dr. 
med.  Franz  Bis  pink  in  Mülheim  a.  d.  Ruhr;  Pianoforte- 
und  Orgelfabrikant  Richard  Ibach  in  Barmen;  Apotheker 
F.  Kobbe  in  Crefeld;  Dr.  Gust.  Natorp  in  Essen;  Inge¬ 
nieur  Louis  Piedboeuf  und  Privatier  F.  W.  Schoeler 
in  Düsseldorf;  Fabrikbesitzer  Dr.  M.  Hermann  in  Oeynhausen  ; 
Kaufmann  A.  W  a  1  d  e  c  k  e  r  in  Bielefeld ;  W  i  1  h  e  1  m  A 1 1  e  n  1  o  h  sen. 
in  Hagen;  Bergrath  Barth  auf  Zeche  Pluto  bei  Wanne; 
Geh.  Justizrath  Hein tz mann  in  Hamm;  Rittergutsbesitzer 
Löb  in  Caldenhoff  bei  Hamm;  Dr.  Muck  in  Bochum;  Haupt¬ 
mann  H.  Kamp  in  Osnabrück;  Dr.  J.  Ewald,  Mitglied  der 
Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin;  Dr.  Grönland  in 
Dahme  bei  Potsdam;  Geh.  Rath.  Prof.  Ferd.  Römer  in  Breslau; 
Bergrath  Dr.  J.  Roemer  in  Wiesbaden;  Partikulier  Georg 


27 


Hartung'  in  Heidelberg*;  Wirkl.  Geh.  Rath  Cardinal-Erzbischof 
Ludw.  Haynald,  Exz.,  in  Kalocsa;  freiwillig*  traten  aus  oder 
wurden  gelöscht  64,  so  dass  der  Verein  einen  Gesammtverlust 
von  91  Mitgliedern  zu  beklagen  hat,  wogegen  er  nur  16  neue 
gewann;  die  Zahl  der  Mitglieder  am  31.  Dezember  1891  betrug* 
demnach  813. 

Die  vom  Verein  im  verflossenen  Jahre  veröffentlichten 
Schriften  bilden  den  48.  Jahrgang  der  Verhandlungen,  deren 
2.  Heft  aus  Gründen,  denen  gegenüber  die  Redaktion  macht¬ 
los  war,  erst  Ende  April  d.  J.  ausgegeben  werden  konnte. 
Dieser  Band  enthält  auf  reichlich  22  Bogen  grössere  wissen¬ 
schaftliche  Mittheilungen  der  Herren  K.  Busz,  W.  Brüh  ns, 
0.  F  ollmann,  CI.  Schlüter,  L.  Schulte,  J.  Sei  w  ert, 
C.  Verhoeff.  Das  Korrespondenzblatt  umfasst  4  Bogen  und 
enthält  neben  dem  Mitgliederverzeichniss  und  dem  Nachweis 
über  die  Vermehrung  der  Bibliothek  und  Sammlung  des  Mu¬ 
seums  den  Bericht  über  die  48.  Generalversammlung  in  Pader¬ 
born;  endlich  erhalten  die  Mitglieder  unseres  Vereins  auch 
noch  die  Sitzungsberichte  der  Niederrheinischen  Gesellschaft 
für  Natur-  und  Heilkunde,  die  in  dem  Jahrgang  1891  10  Bogen 
mit  Mittheilungen  und  Entdeckungen  aus  dem  Gesammtgebiet 
der  Naturwissenschaften  und  Heilkunde  enthalten.  Der  Ge- 
sammtumfang  der  den  Vereinsmitgliedern  zugestellten  Druck¬ 
schriften  erreicht  demnach  reichlich  36  Bogen  Text,  die  durch  3 
Tafeln,  eine  Farbendruckkarte  und  15  Holzschnitte  illustrirt  sind. 

Die  Bibliothek  hat  vornehmlich  durch  den  Austausch  der 
Vereinsschriften  mit  anderen  Vereinen,  Gesellschaften  und 
Akademien  Avie  alljährlich  einen  bedeutenden  Zuwachs  erfahren, 
der,  ebenso  wie  der  der  Sammlungen,  im  einzelnen  zu  Schluss 
des  Korrespondentblattes  2  aufgeführt  ist.  Herr  F.  Wirt  gen 
hat  auch  in  diesem  Jahre  mit  der  Ordnung  und  Aufstellung* 
des  Herbars  fortgefahren.  —  Im  Inneren  des  Vereinsgebäudes 
wurden  einige  grössere  Reparaturen  an  den  Decken  nöthig,  die 
die  Rechnung  dieses  Jahres  erheblich  beeinflusst  haben. 

Die  vom  Rendanten  C.  Henry  aufgestellte  und  hier  vor¬ 
liegende  Rechnung  ergiebt  einen  Kassenbestand  aus  d.  J.  1890 


von . 101,72  M. 

Einnahme  d.  J.  1891  einschliesslich  eines  aus  dem 
Guthaben  des  Vereins  beim  Banquier  Gold- 
s  c  h  pi  i  d  t  &  Co.  entnommenen  Zuschusses  von 

1650  M .  6593,50  „ 

zusammen  6695,22  M. 

Die  Ausgaben  betrugen .  6372,65  „ 

bleibt  somit  ein  Kassenbestand  von .  322,57  M. 


28 


An  Werthpapieren  waren  am  Schlüsse  d.  J.  1891  sowohl 
heim  Verein  wie  hei  der  v.  Dechen-Stiftung“  dieselben  Bestände, 
wie  1890  vorhanden,  nämlich 

Köln  -  Mindener  -  Prioritäts  -  Obligationen  über  1100 

Thlr.  oder .  3300, —  M. 

3V2  %  Preussische  konsol.  Staatsanleihe  von  1889 

über  900  M .  900, —  „ 

4  °/0  Ungar.  Goldrente  über  1000  fl.  oder  ....  2000, —  „ 
3  °/0  Ital.  Eisenb. -Obligat. :  145  Stück  im  Nennbe¬ 
träge  von  58000  M.,  zum  Kostenpreis  von  .  .  35058,85  „ 

4%  Russ.  konsol.  Eisenb.-Goldanleihe  II.  Ser.  über 

3500  Eres,  oder .  2800, —  „ 

37a  %  Hypothekenbriefe  der  Preuss.  Bodenkredit- 

Aktienbank  über .  4000, —  „ 

48058,85  M. 


Der  Kapitalfonds  der  v.  Dechen -Stiftung'  bestand 

aus  10000  fl.  41/5%  Oesterreich-Silberrente  .  .  20000, —  M. 

7500  fl.  5%  Ungar.  Papierrente .  15000, —  „ 

700  fl.  4  °/0  Ungar.  Goldrente  .  1400, —  „ 

37-2  %  Hypothekenbriefe  der  Preuss.  Bodenkredit- 
Aktienbank  .  .  3500, —  „ 

39900,—  M. 


Beim  Banquier  Goldschmidt  &  Co.  hatte  der  Verein 
am  31.  December  1891  ein  Guthaben  von  1906,80  M.  und  die 
v.  Dechen -Stiftung'  ein  solches  von  1530,90  M.  Die  General- 
Versammlung  fand  am  18. — 20.  Mai  zu  Paderborn  statt.  Auf 
derselben  wurden  die  satzungsmässig  ausscheidenden  Vorstands¬ 
mitglieder,  Vice-Präsident  Fab  ricius,  Sekretär  Bertk au,  und 
Rendant  C.  Henry;  ferner  der  Abtheilungsvorsteher  für  Zoologie 
Landois  und  der  Bezirksvorsteher  für  Düsseldorf,  v.  Hagens; 
wiedergewählt.  An  Stelle  des  1890  verstorbenen  Bezirksvor¬ 
stehers  für  Minden,  Superintendent  Beck  haus,  wurde  Direktor 
Sartorius  in  Bielefeld  gewählt.  Als  Ort  der  49.  General- 
Versammlung'  wurde  Düsseldorf  endgültig  bestimmt,  und  für 
die  50.  General-Versammlung  Bielefeld  in  Aussicht  genommen.“ 
Zur  Prüfung  der  vom  Rendanten  vorgeleg’ten  Rechnung' 
wurden  Herr  Baumeister  a.  D.  v.  Viebahn  und  Dr.  Bö  Ische 
gewählt;  wir  theilen  gleich  hier  mit,  dass  die  Revisoren  die 
Rechnung-  für  richtig  befanden  und  hierauf  dem  Rendanten 
die  Entlastung-  ausgesprochen  wurde.  Der  satzungsmässig' 
ausscheidende  Präsident  Geh.  Rath  S  c  h  a  a  f  f  h  ause  11  wurde 


29 


auf  Vorschlag  des  Vice-Präsidenten  durch  freudigen  Zuruf  auf 
die  weitere  Dauer  von  3  Jahren  wiedergewählt;  ebenso  wurden 
die  Bezirksvorsteher  für  Aachen,  Geh.  Rath  W  ii  1 1  n  e  r  in 
Aachen,  und  für  Arnsberg,  Dr.  v.  d.  Marek  in  Hamm,  so  wie 
der  Sektionsvorsteher  für  Botanik,  Prof.  Kör  nicke  in  Bonn, 
wiedergewählt. 

Hierauf  begannen  die  wissenschaftlichen  Vorträge. 

Herr  Landgerichtsrath  a.  D.  v.  Hägens  aus  Düsseldorf 
machte  Mittheilungen  über  das  Neanderthal,  wohin  der  natur¬ 
historische  Verein  für  Rheinland  und  Westfalen  bei  der  Pfingst- 
versammlung  im  Jahre  1855  einen  Ausflug  veranstaltet  hatte. 
Es  war  damals  unbestritten  der  schönste  Punkt  in  der  Umgebung 
von  Düsseldorf,  während  jetzt  von  den  früheren  Naturschön¬ 
heiten  in  Folge  der  Fortschritte  von  Kultur  und  Industrie  nur 
noch  Trümmer  übrig  geblieben  sind.  Das  Gestein  des  Neander- 
thals  besteht  aus  höhlenbildendem  Kalkstein,  welcher  sich  von 
hier  an  dem  Nordrande  des  Devon  östlich  über  Elberfeld  bis 
weit  in  Westfalen  hinein  erstreckt,  woselbst  sich  die  gross- 
artigen  Höhlen,  namentlich  die  Dechenhöhle  befinden. 

Im  Neanderthal  waren  weniger  die  Höhlen  sehenswerth, 
als  die  schroff  abfallenden  Kalkfelsen,  durch  welche  der  Düssel¬ 
bach  in  der  Vorzeit  ein  tiefes  schmales  Bett  gegraben  hatte. 
Einzelne  besonders  hervorragende  Punkte  wurden  mit  den 
Namen  Predigtstuhl,  Rabenstein,  Neanderstuhl  bezeichnet.  Auf 
jeder  Diisselseite  befanden  sich  3  Höhlen,  von  Osten  anfangend 
lag'  der  Engelskammer  gegenüber  die  Teufelshöhle,  in  der 
Mitte  der  Neanderhöhle  gegenüber  die  Feldliofer  Kirche  und 
westlich  auf  der  linken  Seite  der  Pferdestall,  auf  der  rechten 
die  Löwenhöhle. 

Die  erstgenannten  5  Höhlen  lagen  in  beträchtlicher  Höhe 
über  dem  Bette  der  Düssei,  nur  die  Löwenhöhle  lag  wenig' 
höher  als  das  Düsseiufer.  Dies  könnte  in  Zusammenhang  da¬ 
mit  stehen,  dass  unterhalb  der  Löwenhöhle  ein  kleiner  Seiten¬ 
bach  in  die  Düssei  sich  ergoss,  welcher  neben  der  Löwenhöhle 
einen  schönen  Wasserfall  bildete. 

Ausser  der  Naturschönheit  im  Grossen  bot  auch  die  Thier- 
und  Pflanzenwelt  mancherlei  Seltenheiten;  namentlich  von  Pflan¬ 
zen  Scolopendrium  officinarum  (Hirschzunge),  Lunaria  rediviva 
(Mondviole),  Platanthera  bifolia,  Cephalaria  appendiculata,  Phy- 
teuma  spicatum,  Cardamine  impatiens  und  arnara,  Chrysosple- 
nium ,  Cynanchum  vincetoxicum ,  Anemone  ranunculoides , 
Gag'ea  lutea  etc.  An  Käfern  fanden  sich,  namentlich  an 
den  bemoosten  Steinen  des  Nebenbachs,  seltene  Wasserkäfer: 


30 


Ochthebius  exsculptus  (häufig),  Ochthebius  rufomarginatus  und 
metallescens  einzeln,  Hvdraena  flavipes,  gracilis  und  Sieboldi, 
Elmis  cupreus,  aeneus,  Volkmari;  von  Staphylinen  Mvllaena 
glauca,  Lesteva  punctata  und  pubescens,  Dianous;  ausserdem 
Telephorus  Erichsoni,  Hellodes  hannoverana,  Homalisus,  Haltica 
mercurialis.  Auch  in  der  Mollusken-Fauna  von  Clessin  wird 
das  Neanderthal  als  Fundort  erwähnt. 

Bevor  die  Eisenbahn  von  Düsseldorf  nach  Elberfeld  ge¬ 
baut  worden,  war  das  Neanderthal  für  die  Bewohner  von 
Düsseldorf  ziemlich  unbekannt  geblieben,  weil  es  so  schwer 
zugänglich  war.  Damals  musste  man  von  Düsseldorf  mit  Wa¬ 
gen  fahren  3  Stunden  weit  über  die  Elberfelder  Chaussee  bis 
zum  Stübbenhaus  kurz  vor  Mettmann;  von  da  führte  ein  Feld¬ 
weg  in  südlicher  Richtung  bis  zum  Haus  Karstein,  wo  die 
Eigenthümerin  Frau  Degreck  wohnt,  und  von  dort  über  Busch 
und  Berg'  bis  zur  Neanderhöhle.  Erst  die  Eisenbahn  nach  Elber¬ 
feld  hat  für  die  Bewohner  Düsseldorfs  das  Neanderthal  erschlossen. 
Ende  der  30  er  Jahre  wurde  die  Bahn  bis  zur  Station  Erkrath 
eröffnet,  etwas  später  bis  Hochdahl.  Von  Erkrath  war  der 
Weg  noch  ziemlich  weit  und  ohne  Führer  kaum  zu  finden. 
Von  Hochdahl  dag’egen  führt  ein  Fahrweg  in  20  Minuten  bis 
zur  Mühle  an  der  Düssei,  von  dort  ein  Fussweg*  aufwärts  auf 
die  Höhe  oberhalb  der  Neanderhöhle.  Seitdem  ist  das  Nean¬ 
derthal  vielfach  von  Düsseldorf  besucht  worden;  auch  in 
grossem  Landparthien  mit  Damen.  Anfangs  beschränkte  man 
sich  auf  die  sehenswerthen  Punkte  der  rechten  Düsseiseite 
(Engelskammer,  Rabenstein,  Neanderhöhle,  Löwenhöhle  mit 
Wasserfall);  denn  die  Düssei  war  damals  noch  ein  wilder  Bach, 
der  zwischen  Felsblöcken  dahinfloss  und  befand  sich  dort  keine 
Brücke.  Später  unternahm  man  den  Düsseiübergang,  indem 
man  von  einem  Steinblock  zum  andern  stieg;  auf  der  linken 
Düsseiseite  angekommen  stieg*  man  einen  steilen  Abhang 
hinauf  bis  auf  ein  kleines  Plateau;  hinter  demselben  erhoben 
sich  senkrechte  Kalksteinfelsen,  worin  sich  2  kleine  Nischen 
befanden.  An  dieser  Stelle,  der  sogenannten  Feldhofer  Kirche, 
ist  1856  der  Neanderthalschädel  gefunden  worden.  Die  Stelle 
war  nicht,  wie  wohl  behauptet  worden,  unersteigbar,  sie  ist 
vielmehr  nicht  nur  vom  Referenten  wiederholt,  sondern  auch 
von  zahlreichen  noch  in  Düsseldorf  wohnenden  Herren  und 
sogar  von  Damen  erstiegen  worden.  Es  hat  also  auch  der 
Neanderthalmensch  sehr  wohl  von  unten  an  diese  Stelle  gelan¬ 
gen  können.  Dagegen  ist  die  Stelle  allerdings  später  uner¬ 
steigbar  geworden  in  Folge  des  Abbruchs  des  Kalksteines. 

Es  waren  nämlich  schon  bald  nach  Vollendung'  der  Eisen- 


31 


bahn  nach  Elberfeld  in  Hochdahl  Hochöfen  errichtet,  und  zum 
Betriebe  derselben  hatte  man  den  Kalkstein  des  Neanderthals 
sehr  geeignet  gefunden.  Man  hat  desshalb  ein  kleines  Schienen¬ 
geleise  gelegt  von  der  Station  Hochdahl  bis  zu  einem  hochge¬ 
legenen  Punkte  an  der  linken  Düsseiseite,  dort  einen  Schacht 
gegraben  und  durch  eine  Maschine  den  unten  gebrochenen 
Kalkstein  in  die  Höhe  gefördert. 

Bei  der  grossen  Ausdehnung  und  der  Mächtigkeit  des 
Kalksteines  fiel  der  Abbruch  viele  Jahre  hindurch  wenig'  in 
die  Augen  und  als  1856  die  Feldhofer  Kirche  in  Angriff  ge¬ 
nommen,  war  die  Naturschönheit  des  Ganzen  noch  wenig  beein¬ 
trächtigt,  namentlich  die  rechte  Düsseiseite  noch  unberührt  ge¬ 
blieben.  Zwanzig  Jahre  später  aber  war  eine  bedeutende 
Veränderung  eingetreten;  längs  dem  ganzen  linken  Ufer  waren 
die  Felsabhänge  abgebrochen,  die  Höhlen  verschwunden;  die 
Düssei  selbst  floss  durch  ein  geebnetes  Bett,  mit  verschiedenen 
Brücken  überbaut;  auf  beiden  Ufern  waren  breite  Wege  auf- 
geschüttet  und  mit  Schienengeleise  zum  Transport  versehn. 
Auch  auf  das  rechte  Ufer  hatte  sich  der  Abbruch  ausgedehnt, 
die  Engelskammer  und  der  Predigtstuhl  waren  verschwunden. 
Die  Neanderhöhle  und  Löwenhöhle  waren  als  solche  noch  vor¬ 
handen,  aber  von  Aussen  schon  behauen,  kaum  noch  zugäng¬ 
lich  und  der  malerischen  Umgebung-  entkleidet.  Die  seltenen 
Pflanzen  existiren  dort  nicht  mehr.  In  den  letzten  Jahren  ist 
der  Abbruch  noch  gründlicher  betrieben  worden,  man  hat  die 
obere  Lehmdecke  beseitigt  und  von  oben  nach  unten  gearbeitet. 
Ein  Besuch  des  Neanderthals  ist  jetzt  nicht  mehr  lohnend, 
ausserdem  gefährlich,  weil  häufig  die  Steine  gesprengt  werden. 

Wenn  hierdurch  die  Naturschönheit  und  Naturwissen¬ 
schaft  einen  grossen  Verlust  erlitten  haben,  so  hat  ein  anderer 
Theil  der  Naturwissenschaft,  die  Paläontologie,  eine  Ausbeute 
gemacht.  Ausser  dem  schon  1856  gefundenen  Neanderthal- 
schädel  und  einzelnen  früheren  Funden  sind  in  der  jüngsten 
Zeit  zahlreiche  fossile  Knochen  gefunden  worden,  worüber  der 
nachfolgende  Vortrag  das  Nähere  enthalten  wird. 

Herr  Konstantin  Könen  aus  Düsseldorf  verglich  das 
eigenartige,  reich  durch  Höhlen,  Mulden  und  Trichter  ausge¬ 
zeichnete  mitteldevonische  Kalksteingebirge  des  Neanderthales 
mit  den  durchaus  ähnlichen  Erscheinungen  des  Zirknitzer  Sees. 
Weil  die  Vertiefungen  im  Kalksteingebirge  zum  Theil  mit  oli- 
gocänen  Braunkohlenablagerungen  gefüllt  seien,  müssten  sie 
vielleicht  sogar  alle  bereits  in  der  Tertiärzeit  vorhanden  und 
sowohl  den  Wasserniederschlägen  als  lebenden  Wesen  zu- 


32 


gänglich  gewesen  sein.  Redner  wies  nun  nach,  dass  man,  wie 
anderwärts  im  Rheinthale,  so  auch  hier  die  tertiären  Gerolle 
von  den  diluvialen  und  alluvialen  Geschieben  unterscheiden 
könne;  die  Lehmlager  der  Höhlen  des  Neanderthales,  weil  sie 
nur  jene  tertiären  Gerolle  aufzuweisen  und  von  den  divulialen 
Geschieben  und  Lösslagen  oben  abgeschlossen  seien,  seien  des¬ 
halb  nicht  mit  Sicherheit  der  Divulialzeit,  sondern  eher  dem 
Tertiär  angehörig,  mit  ihnen  der  von  denselben  eingeschlos¬ 
sene  homo  neanderthalensis.  Oben  auf  der  Höhe  des  Neander¬ 
thales,  die  obern  Oeffnungen  der  Spalten  bedeckend,  sind  zahl¬ 
reiche  Knochen  des  Elephas  primigenius,  Rhinoceros  tichor- 
rhinos,  Ursus  spelaeus,  Cervus,  Equus  caballus  fossilis  und 
einige  Feuersteinspäne  gefunden,  die  augenscheinlich  die  Hand 
des  Menschen  verrathen.  Eingeschlossen  und  bedeckt  von  ent- 
laugtem  Löss,  der  auf  alte  Rheinuferstrassen  wechselnd  mit 
Divulialgeschieben  von  den  Höhen  bis  zu  dem  heutigen  Rhein¬ 
spiegel  und  den  historischen  Rheinalluvionen  hinabsteige,  liege 
hier  eine  Station  der  echten  diluvialen  Weidefauna  vor.  In 
Uebereinstimmung  mit  der  französischen  Urgeschichtsforschung 
setzt  Könen  nach  diesem  Befund  den  Neanderthaler  Menschen 
in  die  zwischen  dem  obern  Pliocän  und  dem  Quartär  liegende 
Uebergangszeit,  während  die  Neanderthaler  Weidefauna,  Station 
der  Diluvialzeit  der  Zweitältesten  Periode Mortilletscher  Perioden- 
eintheilung,  der  von  Moustier  entspreche.  Die  drittälteste  Pe¬ 
riode,  die  von  Salutre,  sei  bis  jetzt  im  Rheinthale  nicht  nach¬ 
gewiesen,  dagegen  entspreche  der  jüngsten  Phase  französischer 
Diluvialeintheilung  die  paläolithische  Niederlassung  von  Mar¬ 
tinsberg  in  Andernach,  die  hier  im  Rheinthale  allerdings  geo¬ 
logisch  dem  Zeitalter  der  Rheinalluvionen  angehöre,  wenn 
auch  ihre  Fauna  noch  einer  kältern  Vorzeit  Rechnung  trage. 
Letztere  Niederlassung  liege  ungefähr  9572  Euss  über  dein 
Nullpunkt  des  Andernacher  Pegels,  während  die  diluviale  Nean¬ 
derthaler  Station  etwa  340  Fuss  hoch  über  dem  Nullpunkte 
des  Düsseldorfer  Pegels  bestanden  habe  und  vom  Rheine  über¬ 
schwemmt  worden  sei.  Von  Bedeutung  sei  deshalb  die  Er¬ 
forschung  der  Funde  auf  den  alten  Rheinuferstrassen,  welche 
zwischen  der  Neanderthaler  und  der  Andernacher  Station  liegen. 

Prof.  Schaaffhausen  aus  Bonn  hielt  folgenden  V ortrag' 
über  die  Urzeugung,  die  wieder  eine  brennende  Frage  der  Gegen¬ 
wart  sei,  in  der  wir  so  zahlreiche  niedere  Organismen  als  Träger 
von  Krankheiten  kennen  gelernt  hätten.  Die  Aerzte  begnügen 
sich,  diese  Bacillen,  Bacterien  und  Coccen  im  thierischen  Kör¬ 
per  nachzuweisen,  der  Natprforscher  aber  muss  fragen,  wie  sie 


33 


entstanden  sind.  In  früheren  Zeiten  war  es  nnbez  weif  eit,  dass 
lebendige  Wesen  von  selbst  entstehen  könnten,  das  galt  von 
allem  Ungeziefer,  von  Flöhen,  Ratten  und  Mäusen,  von  den 
Maden  auf  faulem  Fleische  und  zuletzt  noch  von  den  Einge- 
weidethieren.  Die  fortschreitende  Kenntniss  der  Entwicklung’ 
der  Organismen  hat  die  Annahme  eines  selbständigen  Ur¬ 
sprungs  in  allen  diesen  Fällen  beseitigt  und  man  stellte  bald 
den  Satz  auf:  omne  vivum  ex  ovo.  Nur  für  die  niedersten  und 
kleinsten  Organismen  blieb  die  Frage  offen,  ob  man  nicht  von 
der  gleichartigen  oder  geschlechtlichen  Zeugung*,  generatio  ho¬ 
mogenen  oder  c}Tclica  eine  ungleichartige  oder  freiwillige,  g*e- 
neratio  heterogenen,  aequivoca,  spontanen,  originaria  oder  primi- 
tiva  unterscheiden  müsse.  In  neuern  Zeiten  hat  man  aber  diese 
geläugnet  auf  Grund  von  Versuchen,  die  das  Entstehen  niederer 
Organismen  in  Aufgüssen  organischer  Substanzen  aus  in  der 
Luft  vorhandenen  Keimen  bewiesen  haben  sollten.  Diese  Keime 
hat  aber  mit  Sicherheit  Niemand  nachgewiesen.  Die  Versuche 
von  Schwann,  Helmholtz,  Cohn  und  namentlich  Pasteur 
sollten  das  Vorhandensein  von  in  der  Luft  schwebenden  Kei¬ 
men  bestätigt  haben,  weil  bei  Vernichtung  dieser  angeblichen 
Keime  durch  hohe  Temperatur,  Aetzkali,  Schwefelsäure  in  den 
Aufgüssen  organischer  Substanzen  keine  Infusorien  entstanden. 
Aber  die  Frage  ist,  ob  in  der  freien  Natur  Urzeugung  vor¬ 
kommt,  nicht  in  unsern  Retorten  und  Gläsern,  nachdem  wir 
Luft  und  Wasser  künstlich  verändert  haben.  Den  Beobach- 
»  tungen  von  Pasteur  stehen  die  von  Po  ucli  et,  Jo  ly,  Müsset, 
Mantegazza,  Child  und  die  mehligen  gegenüber.  Die  ge- 
setzmässige  Folge  der  in  Infusionen  erscheinenden  Organismen 
spricht  schon  gegen  die  in  der  Luft  zufällig  vorhandenen  Keime. 
Den  grossem  Infusionsthieren  gehen  immer  Monaden  voraus, 
die  sich  in  Keimlagern  entwickeln.  Getrocknet  leben  diese 
nicht  wieder  auf.  Auch  müssten  in  flachen  Schalen,  in  welche 
mehr  Keime  herabfallen  werden,  mehr  Organismen  entstehen 
als  in  Gelassen  mit  engem  Halse,  was  nicht  der  Fall  ist, 
wie  Pouch  et  zeigte.  Wenn  aus  der  Luft  die  Keime  herab¬ 
fallen,  warum  entstehen  dann  nicht  zu  gleicher  Zeit  die  ver¬ 
schiedensten  Organismen  nebeneinander,  warum  zeigen  die 
Infusionen  eine  ganz  bestimmte  Folge  der  organischen  Bil¬ 
dungen,  die  immer  mit  Monaden  beginnen?  Wenn  in  manchen 
Versuchen  Pasteur’s  angenommen  wird,  dass  Erhitzen  des 
Wassers  bis  100°  R.  die  Keime  tödte,  so  widerspricht  das  den 
Beobachtungen,  dass  pflanzliche  und  thierische  Keime  niederer 
Organismen  eine  viel  höhere  Temperatur  vertragen.  Pasteur 
sah  durch  Säen  von  Staub  der  Luft  im  Wasser  Organismen 

3 


34 


entstehen,  nicht  weil  die  Luft  Keime  enthielt,  sondern  weil  der 
Detritus  organischer  Substanzen  ihr  freiwilliges  Entstehen  be¬ 
günstigte.  Pasteur  sah  im  Keller  und  auf  hohen  Bergen  in 
seinen  Gelassen  keine  Organismen  entstehen,  Pouch  et,  Jo  ly 
und  Müsset  wiederholten  seine  Versuche  in  den  Pyrenäen 
mit  entgegengesetztem  Erfolge.  Gilbert  W.  Child,  Essays  on 
physiol.  subjects,  London  1869,  p.  129  glaubt,  dass  Pasteur 
die  kleinsten  Anfänge  organischen  Lebens  übersehen  habe, 
weil  er  nur  350  mal  vergrösserte,  er  selbst  aber  750  mal.  Child 
erhielt  in  Infusionen  von  Fleisch  und  Milch  mit  erhitzter  Luft 
dennoch  Organismen,  wenn  Sauerstoff  zugelassen  wurde,  auch 
dann,  wenn  die  Substanzen  vorher  gekocht  waren.  Mit  Dr. 
Beale  machte  er  1864  folgende  Versuche.  Heu-  und  andere 
vegetabilische  Infusionen  wurden  12  Minuten  gekocht  und  er¬ 
hitzte  Luft  zugelassen,  die  Gläser  wurden  zugeschmolzen.  In 
3  Gläsern  von  7  und  später  in  8  von  13  waren  Bacterien  ent¬ 
standen.  In  den  7  war  kein  Heu  infundirt.  Pasteur  selbst 
hat  später  Zweifel  an  der  Beweiskraft  einiger  seiner  Versuche 
geäussert,  vgl.  Compt.  rend.  23.  Mai  1864,  und  der  Berichter¬ 
statter  über  das  von  der  Pariser  Akademie  gekrönte  Werk 
Pasteurs  sagt,  dass  nur  die  Zukunft  über  die  Frage  der 
Urzeugung*  entscheiden  könne.  Pouch  et,  Jolv  und  Müsset 
zogen  ihre  Arbeiten  bei  der  Preisbewerbung  zurück,  als  sie 
hörten,  dass  die  Commission  sich  schon  für  Pasteur  entschie¬ 
den  habe.  Pouch  et  sagt,  Pasteur  thut  den  Substanzen  in 
rohester  Weise  Gewalt  an  und  unterwirft  sic  den  unnatürlich-, 
steil  Bedingungen,  so  dass  er  die  natürlichen  Verhältnisse  auf¬ 
hebt,  unter  denen  Leben  entstehen  kann.  Pouch  et  wieder¬ 
holte  den  Versuch  von  Schnitze,  langes  Kochen  der  Sub¬ 
stanz  und  Einführung  von  Luft,  die  durch  Schwefelsäure  strich, 
er  fand  immer  Organismen.  Ich  selbst  habe  meine  Beobach¬ 
tungen  schon  1859  veröffentlicht  in  den  Verh.  des  nat.  Ver.  1859, 
Correspbl.  S.  50,  ferner  in  den  Sitzb.  d.  niederrh.  Ges.,  Verh.  d. 
nat.  V.  1861,  S.  3  und  106,  dann  in  den  Compt.  rend.  de  l’acad. 
d.  Sc.  Paris,  12.  Mai  1862  und  im  Cosmos,  Kevue  encycl.  Paris 
1863,  p.  314.  Ich  habe  g*ezeigt,  dass  den  Infusorien  immer  Mona¬ 
den  vorausgehen,  deren  Ursprung  in  Körnchenhaufen  beobachtet 
wird,  die  in  einer  schleimigen  Substanz  entstehen,  welche  wie  eine 
Pilzmasse  wächst  und  aus  der  beweglich  werdende  Monaden  aus¬ 
schwärmen.  P ou ch et s  Darstellung  halte  ich  nicht  für  richtig*. 
Er  nimmt  eine  von  Bacterien  und  Vibrionen  gebildete  Mem¬ 
brana  proligera  an,  in  der  sich  dann  höhere  Infusionskeime 
entwickeln.  Er  meint,  gewisse  niedere  Organismen  lebten  ohne 
Oxvgen,  das  sie  sogar  tödte.  Die  Bildung*  von  Bacterien  im 


Häutchen  sahen  auch  Jo  ly,  Müsset  und  Mantegazza;  vgl. 
Compt.  rend.  21.  Mai  1860. 

Das  Entstehen  von  Organismen  in  Infusionen  setzt  or¬ 
ganische  Substanz  voraus,  die  freilich  vorher  bei  der  Zer¬ 
setzung  in  einfache  Verbindungen  zerfällt.  Ich  habe  desshalb 
in  meinen  Mittheilungen  stets  hervorgehoben,  dass  wir  als 
wahre  Urzeugung  nur  die  betrachten  können,  die  sich  ohne 
Anwesenheit  organischer  Substanzen  vollzieht  und  also  die 
lebende  Welt  mit  der  leblosen  verbindet.  Wenn  wir  Wasser, 
Luft  und  mineralische  Stoffe  unter  Einwirkung  von  Licht  und 
Wärme  zusammenbringen,  so  entsteht  der  Protococcus  viridis, 
•zuerst  in  farblosen  Körnchen,  die  ein  Protoplasma  zusammen¬ 
hält.  Die  Pflanze  ist  der  Anfang  des  organischen  Lebens.  Da 
aber  die  ersten  durch  Urzeugung*  entstandenen  Zellgenerationen 
zu  Grunde  gehen,  so  verhält  sich  die  Flüssigkeit  bald  wie  eine 
Infusion  und  die  Zersetzungsstoffe  begünstigen  nun  die  weitere 
Entwicklung  der  Organismen,  so  dass  man  von  einer  Selbst¬ 
düngung  derselben  sprechen  kann.  In  den  Aufgüssen  organi- 
nischer  Substanzen  sehen  wir  die  Entwicklung  thierischen  Le¬ 
bens,  weil  dieses  das  Vorhandensein  organischer  Verbindungen 
voraussetzt,  während  im  Beginne  der  Schöpfung  wie  heute  der 
Protococcus  viridis  ohne  diese  entstehen  konnte. 

Die  Ansichten  über  die  Urzeugung  wurden  immer  stark 
beeinflusst  von  neuen  Entdeckungen  in  der  Naturforschung. 
Als  Ehrenberg  in  den  Jahren  1830 — 35  sein  grosses  Infu¬ 
sorienwerk  herausgegeben  und  behauptet  hatte,  diese  kleinsten 
Lebewesen  seien  ebenso  vollkommen  gebaut  wie  die  sogenann¬ 
ten  höheren  Organismen,  was  sich  indessen  nicht  bestätigt  hat, 
war  dies  für  die  Annahme  einer  Urzeugung  derselben  in  ho¬ 
hem  Maasse  ungünstig.  Sein  Biograph  J.  Hanstein  sagt: 
Ehrenberg  betonte  gerade  auch  deshalb  die  Zusammenge- 
setztheit  des  Körperbaus  der  Infusorien  so  stark,  um  die  Ab¬ 
surdität  der  Ansicht  in’s  Licht  zu  stellen,  dass  Wesen  von  sol¬ 
cher  Art  so  ohne  Weiteres  hier  und  dort  in  die  Existenz  springen 
könnten.  Ihm  galt  gegen  die  beliebige  Herleitung  des  Orga¬ 
nischen  aus  dem  Anorganischen  der  Ausspruch:  „Nur  das 
Leben  giebt  Leben.“  Als  man  später  nachwies,  dass  es  Pflan¬ 
zen  und  Thiere  gebe,  wie  der  Protococcus  oder  das  niederste 
Wimperthierehen,  die  nur  aus  einer  Zelle  bestehen,  konnte  man 
wieder  die  Frage  aufwerfen,  ob  die  organische  Welt  nicht  mit 
diesen  einfachen  Wesen  begonnen  habe.  In  Bezug  auf  die 
Bildungsg'eschichfe  der  Erde  fand  durch  die  Arbeiten  von 
Ch.  Lyell  und  von  Hoff  die  Ueberzeugung*  allgemeine  An¬ 
nahme,  dass  die  Kräfte  der  Natur  seit  dem  Anfänge  der 


36 


Schöpfung'  dieselben  geblieben  seien.  Während  Cu  vier  sei¬ 
nem  Werke  über  die  Vorwelt  den  Titel:  über  die  Revolutionen 
der  Erdoberfläche  gegeben  hatte,  fand  man,  dass  die  Verän¬ 
derungen  derselben  mit  den  heute  noch  wirkenden  Kräften  sich 
erklären  lassen,  wenn  man  dem  Geologen  nur  Zeit  für  ihre- 
Wirkungen  zugesteht.  Wenn  sich  diese  Betrachtung  für  die 
anorganische  Welt  bewährt  hat,  warum  soll  sie  nicht  auch  für 
die  organische  gelten?  Welche  zwingenden  Gründe  sprächen 
dagegen?  Diese  Vorstellung  ist  eine  viel  vernünftigere  als  jene, 
dass  die  Natur  gealtert  sei.  Die  Annahme  von  einer  fortbe¬ 
stehenden  Urzeugung  der  niedersten  Pflanzen  und  Thiere  ist 
aber  auch  die  nothwendige  Folgerung'  des  grossen  Entwick¬ 
lungsgesetzes  der  organischen  Welt,  das  von  Darwin  nicht 
erst  begründet,  aber  mit  neuen  Beweisen  unterstützt  wurde 
und  nur  mit  schwachen  Kräften  noch  bekämpft  wird.  Auf  der 
Naturforscherversammlung'  in  Giessen  1864  sagte  ich:  Die  Lehre 
von  der  Urzeugung  und  die  von  der  Umwandlung  der  Arten 
stehen  im  nächsten  Zusammenhang,  der  nicht  Allen  klar  ist.. 
Wer  die  Umwandlung  der  Arten  annimmt,  sollte  doch  auch 
geneigt  sein,  die  Urzeugung  anzunehmen,  weil  beide  auf  dem 
Glauben  an  die  Unveränderlichkeit  der  Naturgesetze  beruhen. 
Wenn  die  Gesetze,  welche  heute  wirken,  ausreichen,  das  Ent¬ 
stehen  der  verschiedenen  Pflanzen  und  Thiere  durch  Ueber- 
gang  einer  Art  in  die  andere  zu  erklären,  so  müssen  sie  auch 
im  Stande  sein,  das  organische  Leben  heute  noch  so  beginnen 
zu  lassen,  wie  es  einmal  hat  beginnen  müssen.  Es  ist  nur 
nötliig,  für  die  einfachsten  Wesen  einen  solchen  Anfang  anzu¬ 
nehmen,  weil,  die  Umwandlung  der  Arten  vorausgesetzt,  die 
hohem  aus  diesen  entstanden  sind. 

Von  welchen  Schwierigkeiten  sich  der  Naturforscher  frü¬ 
her  bei  dieser  Frage  umgeben  sah,  zeigt  die  Betrachtung  von 
Leuckart.  Man  glaubte  allgemein  mit  Lin  ne,  dass  Pflanzen 
und  Thiere,  wie  wir  sie  sehen,  aus  der  Hand  des  Schöpfers 
hervorgegangen  seien,  das  nannte  Linne  die  Species:  Genus 
omne  est  naturale,  in  primordia  tale  creatum.  Phil,  botan. 

§  159  und  162.  Leuckart  sagte,  Handwörterb.  d.  Physiol.  IV 
1853:  Selbst  die  Eingeweidewürmer  geben  für  das  Dasein  der 
Urzeugung  so  wenig  Anhaltspunkte,  dass  es  nur  noch  die  ein¬ 
fachsten  Organismen  sind,  bei  denen  dieselbe  in  Frage  kommen 
kann.  Er  will  es  nicht  in  Zweifel  ziehen,  dass  die  lebendige 
Welt  einst  aus  rein  mechanischen  Naturwirkungen  hervorge¬ 
gangen  ist,  aber  das  beweise  nicht,  dass  die  Bedingungen  die¬ 
ser  Schöpfung  jetzt  noch  wirksam  sind.  Er  fragt:  Entstanden 
nicht  damals  auch  die  höchsten  Organismen  auf  demselben 


37 


Wege?  Entstanden  sie  nicht  von  allen  am  spätesten,  also  zu 
•einer  Zeit,  die  zunächst  an  die  gegenwärtigen  Verhältnisse  des 
Naturlaufs  'anknüpft?  Ist  es  nicht  auffallend,  dass  trotzdem 
gerade  für  diese  Geschöpfe  die  Bedingungen  einer  Urzeugung’ 
hinweggefallen  sind?  Wie  einfach  ist  jetzt  die  Lösung  aller  dieser 
Fragen.  Die  Urzeugung  ist  der  Schlussstein  in  dem  Entwick¬ 
lungsgesetze  der  leibenden  Natur.  Merkwürdiger  Weise  ver¬ 
warf  auch  Darwin  die  Urzeugung,  weil  er  sie  für  widerlegt 
hielt,  vgl.  Archiv  f.  Anthrop.  1882.  S.  255.  Er  nahm  mehrere 
Urformen  von  Tliieren  und  Pflanzen  an,  denen  der  Schöpfer 
das  Leben  eingehaucht  habe,  Entstehung  der  Arten,  1860, 
S.  135  u.  488.  Er  tadelt  Lamarck,  dass  dieser  die  Urzeu¬ 
gung  zu  seiner  Erklärung  der  Fortentwicklung  nöthig  ge¬ 
habt  habe.  Darwin’s  Naturanschauung  hat  dadurch  eine 
empfindliche  Lücke.  Man  musste  ihm  einwerfen,  warum  denn 
die  niedern  Organismen  noch  überall  in  zahlloser  Menge  vor¬ 
handen  seien.  Sie  müssten  ja  längst  im  Kampfe  ums  Dasein 
.sich  in  höhere  Lebensformen  verwandelt  haben,  wenn  sie  nicht 
immer  wieder  neu  entstünden.  Auch  Flourens  und  Huxlev 
glaubten,  dass  Pasteur  die  Frage  entschieden  habe,  er  habe 
die  Keime  in  der  Luft  nachgewiesen,  die  durch  glühende  Röh¬ 
ren  geleitete  Luft  tödte  sie,  ein  Pfropf  von  Watte  schon  halte 
sie  zurück !  H  u  x  1  e  y  hält  es  nicht  für  ausgemacht,  dass 
Lebenserscheinungen  niemals  künstlich  sollten  hervorgerufen 
werden  können,  er  behauptet  nur,  ein  solcher  Versuch  sei  bisher 
nicht  geglückt.  Doch  meint  auch  er,  um  die  erste  Schöpfung  zu 
•erklären,  in  der  Vorzeit  sollen  physische  und  chemische  Ver- 
bindung’en  vorhanden  gewesen  sein,  die  jetzt  fehlen.  Auch 
Virchow  will  das  Ausbleiben  der  Urzeug’ung  in  der  jetzigen 
Natur  damit  erklären,  dass  die  Elemente  damals  sich  in  statu 
nascente  mit  einander  verbunden  hätten.  Aber  gehen  nicht  in 
jedem  Augenblicke  vor  unsern  Augen  chemische  Zersetzun¬ 
gen  und  Verbindungen  vor  sich,  wobei  Kohlenstoff  mit  Sauer¬ 
stoff  oder  Wasserstoff  und  Stickstoff  mit  Wasserstoff  sich  ver¬ 
binden  ? 

Haeckel  lässt  die  ersten  und  einfachsten  Organismen  in 
einer  Bildungsflüssigkeit  entstehen  und  will  einen  Unterschied 
des  Anorganischen  und  Organischen  gar  nicht  anerkennen,  alle 
Materie  sei  beseelt  und  das  Leben  nur  eine  Steigerung  der 
.anorganischen  Bewegung.  Auch  C.  von  Nägeli  vertheidigt 
die  Urzeugung  und  sagt:  auch  jetzt  muss  Urzeugung  überall 
da  stattfinden,  wo  die  Verhältnisse  die  nämlichen  sind,  wie  in 
der  Urzeit.  Die  dagegen  vorgebrachten  Versuche  und  Beobach¬ 
tungen  beweisen  nichts,  weil  sie  nur  für  bestimmte  Annahmen 


38 


gültig  sind,  für  welche  die  Theorie  selbst  schon  das  frei¬ 
willige  Entstehen  als  unmöglich  behaupten  muss. 

Was  Harvey’s  Stellung  zur  Urzeugung  angeht,  so  muss 
ein  allgemein  verbreiteter  Irrthum  berichtigt  werden.  Ha  es  er 
sagt  schon  in  seiner  Geschichte  der  Medizin,  Jena  1845,  S.  526 
Harvey  gelangt  zu  dem  berühmten  Satze,  der  alles  Lebende 
aus  befruchteten,  praefonnirten  Keimen  entstehen  lässt,  omne 
vivum  ex  ovo,  obschon  es  im  Verlaufe  seines  Buches  nicht  an 
Widersprüchen  mit  diesem  Satze  fehlt.  Harvey  beendigte 
seine  Schrift  schon  1633,  sie  erschien  erst  1651  in  London.  In 
seinen  Exercitationes  de  generatione  animalium,  Amstelod.  1662, 
p.  270  ist  die  Exercitatio  LXII  überschrieben:  Ovum  esse  pri- 
mordium  commune  omnibus  animalibus.  Dann  führt  er  den 
Aristoteles  an,  der  gesagt  habe:  Thieren  und  Pflanzen  ist 
das  gemeinschaftlich,  dass  sie  theils  aus  Samen,  theils  von 
selbst  entstehen.  Später  sagt  er:  Diesen  Allen,  ob  sie  von 
selbst  oder  aus  andern  oder  in  andern  entstehen,  ob  aus  Thei- 
len  derselben  oder  aus  ihren  faulenden  Ausscheidungen  ist  das 
gemeinschaftlich,  dass  sie  aus  irgend  einem  dazu  geeigneten 
Princip  und  von  einer  in  diesem  Princip  wirksamen  Kraft  ent¬ 
stehen.  Verschieden  ist  der  Anfang  alles  Lebendigen,  ob  es 
von  selbst  und  durch  Zufall  entsteht  oder  aus  einem  vorher 
schon  Bestehenden  wie  eine  Frucht  hervorgeht.  Er  tadelt  den  Ari¬ 
stoteles,  der  das  Ei  vom  Wurme  unterscheidet,  indem  von 
jenem  nur  ein  Theil  sich  zum  Thier  entwickele,  dieser  aber 
ganz  sich  in  das  Thier  verwandele.  Harvey  sagt:  Beides  sind 
nicht  lebende  Theile,  sie  haben  nur  die  Fähigkeit  zu  leben, 
beides  sind  Eier.  Nirgends  bestreitet  er  die  Ansicht  des  Ari¬ 
stoteles,  dass  Pflanzen  und  Thiere  auch  von  selbst  entstehen. 
Er  war  also  ein  Anhänger  der  Urzeugung  und  nicht  ein  Geg¬ 
ner  derselben.  Es  ist  unbegreiflich,  wie  man  stets  das  Gegen- 
theil  behauptet  hat !  Er  war  aber  auch  gar  nicht  in  dem  Falle, 
einUrtheil  über  dieselbe  aus  Beobachtungen  sich  zu  verschaffen. 
Sein  Verdienst  ist,  die  Entwicklung  des  Hühnchens  im  Ei  und 
die  der  Hirsche  erforscht  zu  haben. 

Wir  haben  die  Lebenskraft  beseitigt  zur  Erklärung  der 
organischen  Vorgänge,  weil  sie  keine  Kraft  ist  im  Sinne  der 
physikalischen  Kräfte,  deren  Wirkungen  wir  nach  Grösse  und 
Abstand  der  Massen  oder  nach  Geschwindigkeit  der  Bewegung 
berechnen  und  die  wir  ineinander  umwandeln  können,  aber  es 
gab  immer  noch  einen  Vorgang  in  der  Natur,  der  ohne  sie  nicht 
erklärbar  war,  das  Avar  die  Zeugung',  die  immer  Avieder  auf  ein 
Organisches  zurückzuweisen  schien,  während  alle  andern  phy¬ 
siologischen  Thätigkeiten  von  bekannten  physikalischen  und 


39 


chemischen  Gesetzen  abgeleitet  werden  können.  Mit  der  An¬ 
nahme  der  Urzeugung  aber  ist  der  letzte  Rest  ihrer  vermeint¬ 
lichen  Wirksamkeit  beseitigt  und  der  U ebergang  der  leblosen 
Welt  in  die  lebende  gewonnen  und  zugleich  die  Ueberzeugung, 
dass  die  Natur  seit  Anfang  der  Schöpfung  dieselbe  geblieben 
ist.  Das  ist  das  Gegentheil  von  dem,  was  Rudolph  Wagner 
behauptete,  wenn  er  sagte,  weil  es  jetzt  keine  Urzeugung  gibt, 
ebendeshalb  hat  es  niemals  eine  gegeben  und  die  Naturkräfte 
haben  das  Leben  niemals  erzeugen  können.  Wenn  wir  sehen, 
dass  die  Stoffe  der  Aussenwelt  im  Stande  sind,  das  Leben  der 
Organismen  zu  unterhalten,  warum  sollte  dieses  nicht  auch 
unter  gewissen  Bedingungen  aus  jenen  entstehen  können? 

Nicht  in  der  Speculation  dürfen  wir  die  Beweise  für  die 
Urzeugung'  suchen,  sondern  in  dem,  was  uns  die  verbesserten 
Mikroskope  erkennen  lassen,  durch  die  wir  erfahren  haben,  dass 
Monaden  und  Vibrionen,  Bacterien  und  Coccen  aus  kleineren  und 
einfacheren  Bildungen  von  V2000  P*  L-  Grösse  und  noch  gerin¬ 
geren  Anfängen  ihren  Ursprung  nehmen.  Wir  dürfen  aber 
nicht  glauben,  dass  die  Grenze  unserer  Vergrösserung  auch 
den  ersten  Anfang  der  organischen  Bildung  erreicht  habe.  Ge¬ 
wiss  hat  man  oft  die  uns  schon  bekannten  Keime  übersehen,  wenn 
man  in  Infusionen  keine  bewegten  Monaden  hat  finden  können. 
Die  Keime  konnten  entstanden  sein,  aber  ihre  Fortentwicklung 
war  gehemmt,  weil  dazu  die  Lebensbedingungen  fehlten.  Dies 
war  der  Fall,  als  bei  der  Naturforscher-Versammlung  in  Giessen 
1864  Prof.  H offmann  ein  hermetisch  verschlossenes  Glaskölb¬ 
chen  vorgelegt  hatte,  worin  gekochte  Erbsen  seit  1859  enthal¬ 
ten  waren.  Er  bat  um  Untersuchung  des  Inhaltes.  Es  wurde 
eine  Commission  gewählt,  bestehend  aus  den  Proff.  Henle, 
Ger  lach,  Dr.  Schmidt  und  mir.  Die  Commission  fand  keine 
lebenden  Organismen,  aber  die  Leichen  verschiedener  Vibrionen 
von  unbestimmbarem  Alter,  vgl.  Amtl.  Ber.  S.  188  und  Tage¬ 
blatt  Nr.  5,  S.  75. 

Wie  Leibnitz  dem  Newton  vorgeworfen  hat,  dass  er 
durch  Annahme  der  Schwerkraft  das  Walten  Gottes  iu  der  Natur 
überflüssig  gemacht  und  die  natürliche  Religion  umgestürzt  habe 
und  wie  man  la  Place  getadelt  hat,  dass  er  bei  seiner  Er¬ 
klärung  des  Weltgebäudes  einen  Gott  nicht  nöthig  gehabt,  so 
sind  auch  religiöse  Bedenken  bei  der  Behauptung  der  Ur¬ 
zeugung  laut  geworden,  als  wenn  ihre  Vertheidiger  die  schaf¬ 
fende  Kraft  Gottes  in  Abrede  stellten.  Sie  haben  aber  auch  nicht 
gefehlt  bei  Verwerfung  derselben.  So  wurde  Re  di,  welcher 
zeigte,  dass  die  Maden  nicht  von  selbst  entstehen,  als  Ketzer 
beschuldigt,  weil  im  Buche  der  Richter  C.  14.  8  Simson  die  Ent- 


40 


Stellung*  eines  Bienenschwarmes  in  dem  Aase  eines  Löwen  be¬ 
haupte. 

Die  Urzeugung’,  welche  noch  Darwin  verwarf,  ist 
der  nothwendige  Schlussstein  des  Entwicklung’sgesetzes ,  wei¬ 
ches  uns  die  Natur  als  von  unveränderlichen  Gesetzen  be¬ 
herrscht  erkennen  lässt.  Die  Schöpfung  erscheint  viel  vollkom¬ 
mener,  wenn  wir  annehmen,  dass  der  Schöpfer  beim  Beginn 
derselben  alle  Keime  der  Entwicklung  in  die  Natur  gelegt  hat, 
als  wenn  wir  glauben,  dass  derselbe  erst  nach  Erschaffung'  der 
Welt  durch  besondere  Schöpfung'sacte  die  Pflanzen  und  Thiere 
geschaffen  habe. 

Nicht  die  Urzeugung  ist  eine  Hypothese,  sondern  die 
Annahme  von  in  der  Luft  schwebenden  Keimen,  wodurch  sie 
widerlegt  werden  soll,  ist  eine  solche,  die  unhaltbar  geworden 
ist,  weil  die  scheinbar  dafür  sprechenden  Versuche  eine  andere 
Erklärung  zulassen.  Wir  müssen  so  lange  glauben,  dass  die 
Keimlager  der  Monaden  und  Pilze  von  selbst  entstehen,  bis 
ein  anderer  Ursprung  derselben  nachgewiesen  ist. 

Der  Vortragende  legte  Zeichnungen  der  Monadenbildung 
im  Häutchen  der  Infusionen  und  im  faulenden  Blute  vor. 

Oberlehrer  Dr.  Jansen  aus  Düsseldorf  behandelte  einen 
der  Akustik  entnommenen  Gegenstand:  „Warum  wird  bei 
einem  mehrstimmigen  Satze  die  Melodie  in  der  Regel  der  Ober¬ 
stimme  zugewiesen  ?“  Der  Redner  begnügte  sich  mit  einer 
knappen  Darstellung  des  Untersuchungsganges,  da  eine  aus¬ 
führliche  Entwickelung*  sich  in  einer  den  Teilnehmern  an  der 
General-Versammlung  vom  Düsseldorfer  Naturwissenschaftlichen 
Verein  als  Festgabe  dargebotenen  Druckschrift  findet.  Insbe¬ 
sondere  wurde  gezeigt,  dass  tiefere  Töne  bei  gleichartiger  und 
gleich  starker  Erzeugungsursache  zwar  nicht  eine  weniger 
starke,  wohl  aber  wegen  der  Beschaffenheit  der  Obertöne  eine 
weniger  scharf  umgrenzte  mechanische  Wirkung  auf  unser 
Ohr  ausüben,  dass  ferner  unser  Gehör-Organ  für  höhere  Töne 
wenigstens  innerhalb  des  von  der  Musik  gebrauchten  Tonum¬ 
fanges  eine  grössere  Empfänglichkeit  besitzt  als  für  tiefere. 

Geheimer  Bergrath  Heusler  aus  Bonn  trug  über  die 
Bohrungen  auf  kohlensaure  Quellen  bei  Burgbrohl 
Nachfolgendes  vor. 

Seitdem  es  vor  einer  Reihe  von  Jahren  der  Technik  ge¬ 
lungen  ist,  die  auf  natürlichem  Wege  dem  Boden  entströmende 
oder  die  künstlich  aus  kohlensauren  Salzen  oder  auch  aus 
Feuergasen  hergestellte  Kohlensäure  in  Gasform  so  zu  compri- 


41 


miren,  dass  deren  Verflüssigung'  d.  h.  die  Ueberführung  in  die 
liquide  Form  unter  hohem  Drucke  erfolgt  und  der  Absatz 
der  flüssigen  Kohlensäure  zu  chemischeu  Zwecken,  zur  Bier¬ 
pression  und  zur  Eisfabrikation  immer  grössere  Dimensionen 
annimmt,  genügen  die  von  Alters  her  bekannten  natürlichen 
Kohlensäuregas-Exhalationen  in  unserem  rheinischen  Devonge¬ 
birge  innerhalb  des  Gebietes  des  Laaelier  Sees  und  der  vul¬ 
kanischen  Eifel,  welche  früher  ausschliesslich  benutzt  wurden, 
nicht  mehr  und  man  hat  daher  die  Bohrungen  zur  Hülfe  ge¬ 
nommen,  um  dem  eigentlichen  Heerde  der  Kohlensäure-Ent¬ 
wickelung'  im  Erdinnern  näher  zu  kommen. 

Diese  Bohrungen  sind  zum  Theil,  so  namentlich  in  Burg’- 
brohl,  Gerolstein,  Obermendig’,  Hönningen  und  Oberlahnstein 
von  Erfolg  begleitet  gewesen  und  in  Tiefen  von  50  bis  über 
200  m  haben  sich  grössere  Ansammlungen  vorgefunden,  als 
man  nach  den  Exhalationen  in  den  bekannten  alten  Mofetten 

i 

und  Kohlensäure-Quellen  im  Laacher  See-  und  Kyllgebiete  der 
Eifel  hätte  voraussetzen  können. 

Im  letzten  Jahre  haben  die  kohlensauren  Quellen  im 
Brohlthale  bei  Burgbrohl,  welche  schon  seit  einer  langen  Reihe 
von  Jahren,  zuerst  in  der  Form  der  gasförmig  aus  einer  Mo- 
fette  entströmenden  Kohlensäure  zur  Bleiweissfabrikation  be¬ 
nutzt  worden  sind,  durch  besonders  hervortretende  Phänomene 
das  allgemeine  Interesse  in  Anspruch  genommen. 

Als  im  Jahre  1883  die  Firma  R.  dazu  überging,  im  Orte 
Burgbrohl  ein  Bohrloch  niederzustossen,  um  für  eine  Kohlen¬ 
säure- Verflüssigungsanstalt  und  für  die  Verwendung  in  ihrer 
Bleiweissfabrik  eine  grössere  Menge  von  Kohlensäure  zu  ge¬ 
winnen,  als  ihr  aus  der  bisher  benutzten  Mofette  zu  Gebote 
stand,  war  die  Auswahl  des  Bohrlochspunktes  in  der  Nähe  des 
Brohlbaches  durch  weit  verbreitete  Kohlensäure-Exhalationen 
im  Bachbette  und  in  dem  eng'geschlossenen  Ivesselthale  veran¬ 
lasst  und  das  Bohrresultat  war  deshalb  bei  52  m  Tiefe  schon 
ein  so  günstiges,  dass  ein  Ueberfluss  von  an  Wasser  gebun¬ 
dener  gasförmiger  Kohlensäure  vorhanden  war,  welche  in  einem 
mächtigen  bis  10  m  Höhe  erreichenden  Sprudel  aus  dem  14  cm 
weiten  Bohrloche  hervortrat.  Nach  den  damals  von  mir  er¬ 
folgten  und  in  der  Herbstversammlung  des  Naturhistorischen 
Vereins  1885  mitgetheilten  Feststellungen  betrug  nach  einer 
Verengung  des  Bohrloches  auf  4  cm  der  permanente  Wasser- 
ausfluss  430  1  =  0,43  cbm  per  Minute  und  die  Ausströmung  von 
trockener  Kohlensäure  1500  1  =  1,5  cbm  per  Minute,  entsprechend 
einem  Volumen  von  2160  cbm  Kohlensäuregas  in  24  Stunden 
bei  619  cbm  Wasser.  Auch  nach  einer  im  März  1885  vorge- 


42 


nommenen  Feststellung’  waren  diese  Zahlen  noch  massgebend 
und  die  Ergiebigkeit  der  erbohrten  Quelle  hat  in  derselben 
Weise  angehalten,  bis  im  Jahre  1891  Neubohrungen  in  der  un¬ 
mittelbaren  Nähe  des  Bohrloches  vorgenommen  wurden. 

Mit  welcher  Gleichmässigkeit  im  Verlaufe  von  8  Jahren 
die  Kohlensäure-Entwickelung’  aus  dem  Bohrloche  stattgefunden 
hat,  geht  daraus  hervor,  dass  auch  niemals  während  dieses- 
Zeitraumes  ein  Mangel  an  Kohlensäuregas  in  der  Verflüssigungs- 
anstalt  der  Firma  R.  verspürt  worden  ist  und  dass,  abgesehen 
von  der  Verwendung  für-  die  Bleiweissfabrikation,  das  vom 
Januar  bis  September  1891  gewonnene  Quantum  an  verflüs¬ 
sigter  Kohlensäure  168  000  kg,  während  des  Zeitraumes  von 
1884  bis  1891  aber  im  Ganzen  ca.  634000  kg  betrug,  wobei 
ich  erwähne,  dass  aus  500  1  oder  0,5  cbm  gasförmiger  Kohlen¬ 
säure  1  1  flüssiger  Kohlensäure  im  Gewicht  von  1  kg  herge- 
stellt  wird. 

Schon  nach  dem  Kohlensäure-Ausbruch  aus  dem  im 
Jahre  1883  niedergestossenen  Bohrloche  stellte  sich  heraus, 
dass  der  Wasserstau d  in  den  Brunnen  und  Quellen  in  Burg¬ 
brohl  zurückging,  dass  aber  namentlich  die  trockene  Kohlen¬ 
säure  in  die  Keller  der  Wohngebäude  eindrang  und  den  Zutritt 
zu  denselben  erschwerte.  Diesem  Uebelstande  wurde  durch 
die  Verengung’  des  Bohrlochs  auf  4  cm  alsbald  vorgebeugt; 
die  Ausströmung  der  nicht  verwendeten  Kohlensäure  wurde 
zurückgehalten  und  hierdurch  offenbar  die  Nachhaltigkeit  der 
Quelle  gesichert.  Grade  diese  Nachhaltigkeit  und  die  auf 
die  Verwendung  der  natürlichen  Kohlensäure  begründete  In¬ 
dustrie  veranlasste  im  verflossenen  Jahre  (1891)  konkurrirende 
Unternehmer  zu  einer  Bohrung  auf  Kohlensäure  auf  einem 
benachbarten  Grundstücke  in  nur  38  m  Entfernung  von  dem 
R.’schen  Bohrloche.  Der  Erfolg  dieser  Bohrung  war  ein  be¬ 
deutender,  indem  schon  nach  zweimonatlicher  Bohrthätigkeit 
bei  einer  Tiefe  von  60  m  des  21  cm  weiten  Bohrloches  im  Au¬ 
gust  v.  J.  ein  mächtiger  Sprudel  bis  zu  einer  Höhe  von  ca.  9 — 14  m 
emporgeschleudert  wurde,  welcher  ein  beträchtlich  höheres 
Wasser-  und  Kohlensäurequantum  als  die  im  Jahre  1883  er- 
bohrte  Quelle  der  Firma  R.  enthielt.  Nach  einer  Schätzung 
belief  sich  das  aus  dem  Bolirloche  abfliessende  Wasser  auf 
1,25 — 1,5  cbm  per  Minute,  was  unter  Zugrundelegung  desselben 
Verhältnisses  an  freier  Kohlensäure  in  demselben  wie  bei  dein 
ersten  R.’schen  Bohrloche  im  Jahre  1883  bei  einem  Wasser¬ 
quantum  von  mindestens  2000  cbm  in  24  Stunden  ca.  6000  cbm 
Kohlensäure  ergab. 

Die  unmittelbaren  Folgen  dieses  Bohrlochs-Ausbruchs, 


43 


welcher  sich  Monate  hindurch  in  derselben  Stärke  erhielt, 
äusserten  sich  zunächst: 

1.  durch  eine  bedeutende  Verminderung  von  Kohlen¬ 
säure  im  Bohrloch  aus  dem  Jahre  1883  und  eine  Verminderung1 
des  Wassers,  welches  überhaupt  nicht  mehr  zum  Ausfluss  kam. 
Das  Wasser  und  die  Kohlensäure  waren  zum  grössten  Theile 
abgebohrt; 

2.  durch  ein  Versiechen  einer  zweiten  Kohlensäurequelle 
in  der  Strassburgerschen  Kohlensäure-Fabrik  und  verschiedener 
Brunnen,  so  auch  des  Gemeindebrunnens  in  Burgbrohl; 

3.  durch  Ivohlensäure-Exhalationen,  welche  aus  den  ent¬ 
wässerten  Schichten  des  Devons  hervortraten,  so  dass  die 
trockene  Kohlensäure  in  die  Keller  und  Parterreräume  der 
Gebäude  in  Burgbrohl  eindrang  und  sog'ar  einen  Todesfall 
durch  Ersticken  eines  Mannes  in  einem  Keller  herbeiführte. 
Ausserdem  wurden  die  im  Herbste  eingekellerten  Knollenge¬ 
wächse,  wie  Rüben  und  Kartoffeln,  durch  die  Einwirkungen 
der  Kohlensäure  ungeniessbar. 

Diese  gemeinschädlichen  Einwirkungen  gaben  die  Veran¬ 
lassungen  dazu,  die  weiteren  Bohrarbeiten  im  öffentlichen  Inter¬ 
resse  unter  polizeiliche  Controle  zu  stellen. 

Die  polizeilichen  Massnahmen  stützten  sich  auf  die  bei 
der  ersten  Bohrung  im  Jahre  1883  gemachte  Erfahrung,  dass  mit 
einer  Verengung  des  Bohrloches  Wasser  und  Kohlensäure  in 
den  Spalten  des  Gebirges  zurückgehalten  wurden  und  die 
auch  damals  in  vermindertem  Maasse  hervorgetretenen  gemein¬ 
schädlichen  Einwirkungen  beseitigt,  mindestens  wesentlich  ab¬ 
geschwächt  wurden.  Es  wurde  daher  zunächst  eine  Veren¬ 
gung  des  neuen  Bohrloches  der  Unternehmer  B.  von  21  cm 
auf  6  cm  Durchmesser  und  gleichzeitig  die  Einstellung  des  von 
den  Gebrüder  R.  inzwischen  in  einer  Entfernung  von  30  m 
von  diesem  Bohrloch  neu  angesetzten  Bohrloches  polizeilich  an¬ 
geordnet. 

Diese  auf  Grund  einer  Lokalbesichtigung  am  9.  Oktober 
v.  J.  getroffene  Anordnung  hatte  einen  ziemlich  unmittelbaren 
Erfolg*,  indem  nach  einer  am  28.  Oktober  v.  J.  wiederholten 
Besichtigung*  bereits  konstatirt  werden  konnte,  dass  das  Wasser 
aus  dem  neuen  Bohrloche  (B.)  um  2/3  des  früheren  Quantums 
abg'enommen  hatte,  während  das  Wasser  in  dein  neuen  Bohr¬ 
loche  (R.)  um  61cm  gestiegen  war;  auch  war  die  früher  in 
die  Bleiweissfabrik  eingedrungene  Kohlensäure,  welche  den 
Betrieb  verhindert  hatte,  nur  noch  wenig*  bemerklich.  Die  An¬ 
sicht,  dass  durch  eine  Verengung  des  Bohrloches  der  Auftrieb 
der  Kohlensäure  mit  dem  Wasser  gehemmt  und  dass  es 


44 


hierdurch  möglich  wurde,  das  Wasser  wieder  in  die  Gebirgs- 
spalten  zurückzuführen,  den  unmittelbaren  Austritt  der  Kohlen¬ 
säure  in  Gasform  vermöge  der  Absorption  durch  das  Wasser 
zu  verhindern  und  damit  die  schädlichen  Einwirkungen  zu  be¬ 
seitigen,  war  somit  bestätigt,  und  da  ausserdem  noch  eine 
weiteren  Bohrung  auf  Kohlensäure  unterhalb  Burgbrohl  be¬ 
gonnen  war,  so  wurde  nunmehr  das  Weiterbohren  in  sämmt- 
lichen  Bohrlöchern  bis  auf  Weiteres  wieder  gestattet  und  Vor¬ 
behalten,  bei  dem  Ausbruch  neuer  Quellen  die  Anordnung' 
zur  Verengung  zu  treffen. 

Nach  erfolgtem  Weiterbohren  fand  eine  weitere  amtliche 
Untersuchung  am  16.  December  v.  J.  statt,  wobei  festgestellt 
wurde,  dass  das  R.’sche  Bohrloch  eine  Tiefe  von  112  m,  das 
Bohrloch  von  B.  eine  solche  von  140 — 142  m  erreicht  hatte. 
In  dem  ersteren  Bohrloch  stand  das  Wasser  27  m  unter  der 
Bohrlochsölfnung  und  die  trockene  Kohlensäure  hatte  sich 
um  das  2 — 3  fache  gegen  früher  vermehrt,  während  in  dem 
letzteren  Bohrloch  der  ursprüngliche  Sprudel  mit  derselben 
Wasser-  und  Kohlensäuremenge  noch  empordrang'. 

Da  die  gemeinschädlichen  Einwirkungen  inzwischen  fort¬ 
gedauert  hatten,  so  wurde  nunmehr  die  Verengung'  des  Bohr¬ 
loches  B.  auf  6  cm  mit  dem  Verbot  des  Weiterbohrens  wieder 
angeordnet,  die  Weiterbohrung  im  Bohrloche  R.  aber  mit  der 
Maassgabe  gestattet,  dass  bei  dem  Ausbruch  einer  Quelle  die 
Verengung'  unmittelbar  vorzunehmen  war. 

Die  Einengung'  des  erwähnten  Bohrloches  wurde  am 
2.  März  v.  J.  bewirkt.  Nach  derselben  stieg  das  Wasser  im 
benachbarten  Bohrloch  R.  bis  33,5  m  unter  der  Ausflussöffnung; 
mit  dessen  Weiterbetrieb  trat  aber  nun  am  6.  Mai  d.  J.  Morgens 
7  Uhr  das  Ereigniss  ein,  dass  die  Quelle  im  Bohrloch  B.  voll¬ 
ständig  versiechte  und  es  hatte  einige  Wochen  hindurch  den 
Anschein,  als  wenn  die  kohlensauren  Quellen  in  Burgbrohl  ver¬ 
schwunden  seien. 

Nach  der  Versiechung  wurden  folgende  Beobachtungen 
gemacht.  Die  Kohlensäure  im  Bohrloch  R.  wies  bei  einer 
Messung  am  G.  Mai  Morgens  einen  Druck  von  27  cm,  Mittags 
einen  solchen  von  3  cm  und  Nachts  einen  solchen  von  0  cm 
Wassersäule  nach. 

Am  7.  Mai  d.  J.  war  jede  Kohlensäureausströmung  im 
Bohrloch  R.  verschwunden  und  der  Wasserstand  stieg  von  39  in 
am  5.  Mai  bis  19  m  am  28  Mai  d.  J.  unter  der  Ausflussöffnung 
des  Bohrloches. 

An  demselben  Tage,  also  nach  einem  3  wöchentlichen 
Stillstand  der  Kohlensäure-Entwickelung  aus  den  Gebirgsspalten, 


45 


erfolgte  ein  mächtiger  sprudelartiger  Wasser-  und  Kohlensäure- 
Ausbruch  aus  dem  214  m  tiefen  R.’schen  Bohrloch,  welcher 
zwar  die  Wasser-  und  Kohlensäuremenge  des  Bohrloches 
B.  bis  jetzt  nicht  erreicht,  diejenige  des  Bohrloches  R.  eaus 
dem  Jahre  1883  aber  übertrifft.  Vor  der  Fassung  erhob  sich 
der  Sprudel  in  einer  Höhe  bis  zu  15  m  bei  einer  Bohrlochs¬ 
weite  von  noch  15  cm. 

Eine  Messung  ergab  1,2  cbm  Wasser  pro  Minute,  ent¬ 
sprechend  1728  cbm  in  24  Stunden  und  unter  der  Annahme 
desselben  Kohlensäureverhältnisses  wie  bei  den  abgebohrten 
Quellen,  ca.  5000  cbm  Ivohlensäuse  in  trockener  Form  in  24 
Stunden  =  2500  kg  flüssiger  Kohlensäure.  Das  Tiefste  des 
Bohrloches  steht  in  einem  thonigen  blauen  Schiefer. 

Nach  diesem  Ausbruch  trat  im  alten  abgebohrten  Bohr¬ 
loch  R.  und  in  den  Kellern  zunächst  keine  Kohlensäure  mehr 
auf;  die  B.’sche  Bohrlochsquelle  blieb  versiecht. 

Die  Ursachen  der  Abbohrung  dieser  Quelle  liegen  wohl 
zunächst  in  der  Differenz  der  Bohrlochstiefen,  welche  10  m  be¬ 
trägt,  um  welche  das  R.’sche  Bohrloch  tiefer  als  das  B.’sche 
liegt;  weiter  aber  in  dem  Umstand,  dass  das  letztere  Bohrloch 
nicht  verwahrt  war,  dass  daher  durch  einen  fast  8  monatlichen 
permanenten  Ausfluss  in  den  ursprünglichen  Bohrlochs-Dimen¬ 
sionen  Nachfall  des  umgebenden  Gebirgs  eintrat,  durch  die  zu 
spät  und  nicht  freiwillig  erfolgte  Verengung'  aber  eine  gewisse 
Erschöpfung*  des  Kohlensäure-Vorraths  angenommen  werden 
muss.  Zwei  Umstände  sprechen  für  diese  Erschöpfung:  einma 
der  erwähnte  verminderte  und  schliesslich  auf  0  reduzirte  Druck 
im  alten  Bohrloch  am  6.  Mai  und  das  Steigen  des  Wassers  im 
neuen  Bohrloch  R.  um  20  m  innerhalb  10  Tagen.  Nachdem  mit 
dem  letzteren  die  Spaltenbildung  für  die  Kohlensäure-Entwicke¬ 
lung  in  einer  10  m  tiefem  Lage  als  im  Bohrloch  B.  erreicht 
war,  musste  das  Wasser  in  demselben  sinken,  dagegen  wie 
dies  auch  nachgewiesen  ist,  im  Bohrloch  R.  steigen,  der  sprudel¬ 
artige  Ausbruch  konnte  aber  erst  erfolgen,  nachdem  der  Druck 
der  Kohlensäure  so  stark  geworden  war,  dass  der  einer  Wasser¬ 
säule  von  20  Atmosphären  entsprechende  Druck  überwunden 
werden  konnte.  Am  28.  Mai  war  der  Gleichgewichtszustand 
zwischen  Kohlensäure  und  Wasserdruck  überwunden  und  der 
Ausbruch  erfolgte. 

Es  hat  den  Anschein,  als  wenn  es  sich  in  der  engen 
Umgebung  der  beiden  Bohrlöcher  immer  um  denselben  Ivohlen- 
säure-Heerd  und  ein  annähernd  gleiches  Wasserquantum,  letzte¬ 
res  bedingt  durch  das  kesselartig  ausgebildete  Brohlthal  und 
das  steile  Einfallen  der  Schichten  des  Devons  handelt,  dass 


4  6 


daher  hei  weiterem  Abbohren  des  weniger  tiefen  Bohrloches 
das  doppelte  Kohlensäure-  und  Wasserquantum  wohl  nicht  er¬ 
reicht  werden  kann;  dagegen  werden  die  weiter  entfernt  lie¬ 
genden  Bohrlöcher,  welche  nicht  unmittelbar  mit  der  Spalten¬ 
bildung  der  Bohrlöcher  R.  undB.  in  Berührung  kommen  werden, 
in  grösserer  Tiefe  auf  Kohlensäure,  wenn  auch  nicht  in  dem 
Maasse  wie  in  Burgbrohl,  rechnen  können.  Nach  der  Wieder- 
anbohrung  der  Kohlensäure,  und  der  langjährigen  gleichblei¬ 
benden  Entwickelung'  in  dem  alten  R.’schen  Bohrloch  kann 
Burgbrohl  und  Umgebung  als  eines  der  reichsten  Kohlensäure- 
Gebiete  in  unserem  rheinischen  Devongebirge  angesehen  wer¬ 
den  und  wenn  die  Devonschichten  hervorgehoben  werden,  so 
muss  auch  bei  den  Bohrungen  bei  Burgbrohl  betont  werden, 
dass  die  Kohlensäure  nur  aus  diesen  Schichten  und  nicht  aus 
dem  auch  in  der  Nähe  vorhandenen  Basalt  hervortritt,  dass  die 
vulkanische  Thätigkeit  daher  nicht  unmittelbar  mit  der  Kohlen¬ 
säure-Entwickelung  und  nur  insofern  mit  derselben  im  Zusam¬ 
menhang  steht,  als  der  gangartig  hervortretende  Basalt  die 
Devonschichten  vielfach  zerrissen  und  dadurch  das  Empordrin¬ 
gen  der  Kohlensäure  aus  grösseren  Tiefen  erleichtert  hat. 
Eine  ähnliche  Quelle  wie  die  zu  Burgbrohl  ist  neuerdings  im 
März  d.  J.  am  Victoriabrunnen  zu  Oberlahnstein  erbohrt  wor¬ 
den.  Bei  einer  Tiefe  von  200  in  ist  auch  hier  die  Quelle  mit 
reichem  Kohlensäuregehalt  und  einem  Wasserquantum,  welches 
etwa  dem  in  Burgbrohl  erbohrten  gleichkommt,  sprudelartig 
hervorgetreten.  Die  Wärme  dieses  Wassers  beträgt  20°  C.; 
die  des  Wassers  von  Burgbrohl  17°  C.  Ueber  den  sonstigen 
Gehait  des  Wassers  in  Oberlahnstein  liegen  Analysen  noch 
nicht  vor. 

Von  Interesse  dürfte  es  sein,  die  an  anderen  Orten  er¬ 
bohrten  Kohlensäuremengen  mit  denen  von  Burgbrohl  in  Ver¬ 
gleich  zu  ziehen. 

Nach  Bischof  (chem.  und  physik.  Geologie  1863)  und 
von  Dechen  (Beschreibung  zur  geölog.  Karte  der  Rheinpro¬ 
vinz  und  Westfalen  1873)  betragen  die  Kohlensäure-Quantitäten, 
welche  den  nachfolgenden  Quellen  entströmen,  in  t  =  1000  kg* 
j  ä  h  r  1  i  c  h : 

Nauheim . 50  t 

Pyrmont . 41,7  t 

Meinberg . 67,7  t 

Oevnhausen  ....  146  t. 

Das  Bohrloch  B.  lieferte  nach  8 monatlichem  Ausfluss 
=  109  t  jährlich,  die  jetzt  im  neuen  Bohrloch  R.  auf  91,25  t 
zurückgegangen  sind.  Erwägt  man  die  geringere  Tiefe  von 


47 


Burgbrohl  gegen  Oeynhausen,  wo  erst  mit  einer  Tiefe  von 
1500'  die  Kohlensäure  erbohrt  wurde,  so  wird  sich  kaum  be¬ 
zweifeln  lassen,  dass  mit  tieferen  Bohrungen  bei  Burgbrohl 
noch  reichlichere  Mengen  von  Kohlensäure  erzielt  werden. 

In  meinem  Vortrage  in  der  niederrhein.  Gesellschaft  vom 
8.  Juli  1888,  wo  ich  die  Gerolsteiner  Bohrungen  auf  Kohlen¬ 
säure  erörtert  habe,  habe  ich  bereits  auseinandergesetzt,  dass 
die  neuesten  Erscheinungen  und  Resultate  bei  Erbohrungen 
von  Kohlensäure  und  deren  reicheres  Vorhandensein  in  grösseren 
Tiefen  die  Ansicht  bestärken  müssen,  dass  die  Kohlensäure 
sich  im  Erdinnern  in  verflüssigter  Form  befinde  und  dass  es 
nur  der  Anbohrung  an  ihrem  Heerde  bedürfe,  um  bei  der 
Oeffnung  der  Spalten  dieselbe  in  Gasform  hervortreten  zu 
lassen,  dass  daher  die  Theorie  der  Entstehung  der  Kohlensäure 
durch  eine  unmittelbare  Zersetzung  aus  kohlensauren  Salzen 
zur  Erklärung  einer  permanenten  und  massenhaften  Ausströ¬ 
mung  nicht  mehr  genüge.  Diese  Ansicht,  verbunden  mit  der 
Feststellung,  dass  die  rheinischen  Devonschichten  nur  wenig 
kohlensaure  Salze,  namentlich  Kalk  enthalten,  wird  durch  die 
in  Burgbrohl  gesammelten  Erfahrungen  bestätigt,  denn  so  ra¬ 
pide  und  anhaltende  Kohlensäure-Entwickelungen  können  Hin¬ 
durch  grosse  Ansammlungen  von  comprimirter  Kohlensäure  im 
Erdinnern  erklärt  werden. 

Die  Ansicht,  dass  die  Kohlensäure  aus  den  Urgesteinen, 
namentlich  aus  Granit  und  ähnlichen  plutonischen  Felsarten 
stamme,  was  durch  die  im  Granit,  Gneis,  Labradorit  und  in 
einer  Reihe  von  Mineralien,  wie  Quarz,  Bergkrystall,  Amethyst, 
Topas,  Beryll  etc.  an  manchen  Stellen  gefundenen  sichtbaren 
Tropfeinschlüsse  und  mikroskopischen  Poreneinschlüsse  von 
flüssiger  Kohlensäure  zu  begründen  versucht  wird,  ist  nach 
dem  jetzigen  Stande  der  Kenntniss  der  Erbohrung  von  Kohlen¬ 
säure  auch  innerhalb  des  Rheinischen  Devons  nicht  unbedingt 
zu  verwerfen,  nachdem  an  einer  Stelle  desselben  zwischen  Aachen 
und  Montjoie  durch  den  verstorbenen  v.  Lasaulx  der  Gra¬ 
nit  innerhalb  des  Devons  zu  Tage  tretend  constatirt  worden 
ist,  die  Auflagerung  der  Devonschichten  auf  dem  Granit  daher 
vorausgesetzt  werden  kann  und  die  von  Bischof  angenom¬ 
mene  Mächtigkeit  der  Devonschichten  bis  zu  30000'  nicht 
überall  als  richtig  angenommen  werden  kann. 

Aber  auch  nach  dieser  Theorie  müsste  der  Kohlenstoff 
zur  Bildung  der  Kohlensäure  im  Urgestein  vorhanden  gewesen 
sein;  da  dies  aber  mit  der  plutonischen  Theorie  schwer  zu 
vereinbaren  ist,  so  kann  wohl  nur  auf  die  in  der  Atmosphäre 
vorhandene  Kohlensäure  zurückgegriffen  werden,  welche  als 


48 


Ursprung  für  die  verdichtete  Kohlensäure  im  Gestein  anzuneh¬ 
men  sein  würde.  Ich  möchte  in  dieser  Beziehung  nur  an  füh¬ 
ren,  dass  Li  e big  den  in  der  jetzigen  Atmosphäre  vorhandenen 
Kohlenstoff  nach  der  darin  befindlichen  Kohlensäure  auf  2800 
Billionen  Pfund,  entsprechend  einer  Lage  Kohlenstoff  von  0,9(32 
Linien  Dicke  um  die  ganze  Erde  gelegt  und  von  einem  Mehr¬ 
gewicht  gegen  das  Gewicht  von  allen  Pflanzen,  welche  die 
Stein-  und  Braunkohlenlager  der  ganzen  Erde  zusammensetzen, 
berechnet.  Gewiss  lässt  sich  der  Kohlenstoffgehalt  der  jetzigen 
mit  der  Atmosphäre  zur  Zeit  der  Urgesteine  nicht  vergleichen 
und  der  Ursprung  der  Kohlensäure  nach  dieser  Theorie  bleibt 
daher  ebenso  dunkel  wie  die  Entstehung  des  in  den  Urgesteinen 
gefundenen  verdichteten  reinsten  Kohlenstoffes,  des  Diamanten. 

Geheimer  Bergrath  Fabricius  aus  Bonn  legte  der  Ver¬ 
sammlung  den  vor  Kurzem  vollendeten  Probedruck  von  der 
Sektion  Wal  deck -Cassel  der  Geologischen  Karte  der  Rhein- 
provinz,  der  Provinz  Westfalen  und  der  benachbarten  Landes- 
theile  im  Massstabe  von  1/80ooo  vor,  durch  welche  das  grosse, 
von  dem  verstorbenen  Wirklichen  Geheimenrathe  Dr.  v  o  n 
Dechen  bearbeitete  wichtige  Kartenwerk  nunmehr  zum  Ab¬ 
schluss  gelangt  ist.  Diese  36.  Sektion  umfasst  den  östlichen 
Theil  des  Fürstenthums  Waldeck  und  den  nördlichen  Theil  des 
Preussischen  Regierungsbezirks  Cassel  und  ist  im  Vergleich 
mit  den  übrigen  Kartensektionen  gegen  Süden  um  einen  7  cm 
breiten  Streifen  erweitert  worden,  um  das  in  geologischer  Be¬ 
ziehung  wichtige  Gebiet  des  Kellerwaldes  mit  zur  Darstellung¬ 
bringen  zu  können. 

Die  Bearbeitung  der  topographischen  Grundlage  dieser 
Sektion  fand  in  den  Jahren  1884  und  1885  auf  Grund  der  be¬ 
sten  Kartenwerke  bei  dem  Königlichen  Oberbergamte  zu  Bonn 
statt,  nach  deren  Vollendung  Herr  von  Dechen  mit  Zustim¬ 
mung'  des  Herrn  Ministers  der  öffentlichen  Arbeiten,  welcher 
für  die  Herausgabe  einen  beträchtlichen  Staatszuschuss  be¬ 
willigt  hatte,  die  geologische  Bearbeitung  übernahm.  Als  im 
Jahre  1887  der  Stich  der  Karte  seitens  des  lithographischen 
Institutes  zu  Berlin  beendet  war,  vermochte  Herr  von  Dechen 
in  Folge  einer  schweren  Erkrankung  die  geologische  Bear¬ 
beitung  nicht  mehr  auszuführen;  sie  wurde  nunmehr  von  dem 
Herrn  Minister  der  Direktion  der  Königlichen  Geologischen 
Landesanstalt  zu  Berlin  übertragen  und  in  den  folgenden  Jah¬ 
ren  von  den  Herren  Landesgeologen  Beyschlag,  D  e  n  c  le¬ 
rn  a  n  n,  Kayser  und  Lep  pla  ausgeführt. 

In  geologischer  Beziehung  ergänzt  diese  Sektion  im  An- 


49 


Schluss  an  die  benachbarte  nördliche,  bezw.  westliche  Sektion 
Warburg  (Nr.  14)  und  Berleburg  (Nr.  18)  die  Uebersicht  der 
am  östlichen  Abfall  des  Bheinischen  Schiefergebirges  verbreite¬ 
ten  Formationen  des  Zechsteins,  der  Trias  und  der  in  Verbindung 
mit  Basaltgesteinen  verbreiteten  Tertiärablagerungen;  aus  der 
Bedeckung  der  jüngeren  Formationen  treten  im  südlichen 
Tlieile  die  in  der  Lagerung  vielfach  gestörten  Gesteine  der 
Devongruppe  und  des  Kulm  hervor,  und  bietet  die  Karte  hier¬ 
durch  besonderes  Interesse. 

Bezüglich  der  Bearbeitung-  und  Heraus  g  a  b  e 
der  Geologischen  Karte  der  Rheinprovinz, 
der  Provinz  Westfalen  und  der  benachbar¬ 
ten  Landestheile  ist  hier  noch  hervorzuheben,  dass  mit 
dieser  Arbeit  im  Jahre  1850  begonnen  wurde,  nachdem  auf 
den  Antrag  des  damaligen  Berghauptmannes  Dr.  von  Dechen 
zu  Bonn  der  Minister  für  Handel,  Gewerbe  und  öffentliche 
Arbeiten,  von  der  II  e  v  d  t,  hierfür  einen  sehr  bedeutenden 
Staatszuschuss  bewilligt  hatte.  Der  Stich  der  Karte  erfolgte 
unter  Zug-rundelegung  der  Generalstabskarte  im  Maassstab  von 
Vsoooo  seitens  des  lithographischen  Institutes  zu  Berlin,  die  geo¬ 
logische  Bearbeitung  durch  Herrn  von  D  e  c  h  e  n  unter  Mit¬ 
wirkung  vieler  Bergbeamten  und  Geologen.  Es  erschienen 
zuerst  die  Sektionen  Dortmund  und  Wesel,  welche  von  Herrn 
von  Deche  n  im  Jahre  1855  vorgelegt  wurden,  als  zu  Pfing¬ 
sten  die  Generalversammlung  unseres  Naturhistorischen  Ver¬ 
eins  zum  ersten  Mal  hier  in  Düsseldorf  tagte.  Nach  dem  ur¬ 
sprünglichen  Plane  sollte  das  Kartenwerk  aus  folgenden  34 
Sektionen  bestehen : 


1. 

Ochtrup. 

13.  Soest. 

25. 

Coblenz. 

2. 

Tecklenburg'. 

14.  Warburg. 

26. 

Wetzlar. 

3. 

Lübbecke. 

15.  Crefeld. 

27. 

Neuerburg. 

4. 

Minden. 

16.  Düsseldorf. 

28. 

Berncastel. 

5. 

Cleve. 

17.  Lüdenscheid. 

29. 

Simmern. 

6. 

Coesfeld. 

18.  Berleburg. 

30. 

Saarburg. 

7. 

Münster. 

19.  Aachen. 

31. 

Trier. 

8. 

Bielefeld. 

20.  Köln. 

32. 

Kreuznach. 

9. 

Höxter. 

21.  Siegen. 

33. 

Perl. 

10. 

Geldern. 

22.  Laasphe. 

34. 

Saarlouis. 

11. 

Wesel. 

23.  Malmedv. 

«y 

12. 

Dortmund. 

24.  Mayen. 

Im  Jahre  1865 

kam  das  Werk  durch 

Herausgabe  der 

Sektion  Kreuznach  zum  Abschluss. 

Im  Jahre  1882  erschien  dann  als  Ergänzung  die  von 
Herrn  von  Dechen  geologisch  bearbeitete  Sektion  Wi  e  s- 

4 


50 


baden  (Nr.  35),  für  welche  die  topographische  Grundlage  bei 
dem  Königlichen  Oberbergamte  zu  Bonn  hergestellt  worden 
war,  und  wobei  Herr  von  Dechen  die  von  dem  verstorbe¬ 
nen  Landesgeologen  Dr.  Koch  zu  Wiesbaden  bearbeiteten 
Blätter  der  25000  th eiligen  Specialkarte  von  Preussen  und  den 
Thüringischen  Staaten  benutzen  konnte. 

Als  letzte  Ergänzung  dient  nunmehr  die  vorher  be¬ 
sprochene  Sektion  Waldeck -  Cassel  (Nr.  36). 

Von  den  vorerwähnten  Sektionen  sind  in  zweiter  Auflage 
bereits  die  folgenden  herausgegeben  worden:  Warburg,  Cre- 
feld,  Lüdenscheid,  Berleburg,  Aachen,  Köln,  Siegen  und  Coblenz. 

Ferner  erschien  zu  dem  grossen  Kartenwerke  im  Jahre 
1866  die  von  Herrn  von  Dechen  bearbeitete  Ausgabe  der 
geologischen  Uebersichtskarte  im  Maassstabe  von 
Vsooooo»  welcher  im  Jahre  1883  eine  zweite  Ausgabe  folgte. 

Für  das  Verständniss  der  Karte  sind  von  besonderer 
Wichtigkeit  die  von  Herrn  von  Dechen  verfassten  E  r- 
läuterunge  n,  von  welchen  der  im  Jahre  1870  erschienene 

I.  Band  die  orog’raphische  und  hydrographische  Uebersicht 
jener  Landestheile,  und  der  im  Jahre  1884  herausgegebene 

II.  Band  die  geologische  und  paläontologische  Uebersicht  ent¬ 
halten.  Ausserdem  wurde  noch  im  Jahre  1872  als  Heft  II,  Theill 
die  geologische  und  mineralogische  Litteratur  jener  Landes¬ 
theile  veröffentlicht. 

Professor  S  ch a  a f f h ausen  legte  einige  vorgeschichtliche, 
in  der  Nähe  von  Dorsten  gefundene  Steingeräthe  vor,  die  ihm 
vom  Vorstande  des  dortig'en  Vereins  für  Orts-  und  Heimaths- 
kunde  zug'esandt  wurden.  Es  ist  eine  Lanzenspitze  aus  Feuer¬ 
stein,  21.8  cm  lang  und  4  cm  in  der  Mitte  breit,  sie  ist  50  Mi¬ 
nuten  von  Dorsten  in  der  Marler  Heide  an  einem  Hügel  aus¬ 
gegraben  worden.  Eine  nahezu  gleiche  besitzt  das  Vereins¬ 
museum  in  Bonn,  sie  ist  neben  einer  germanischen  Aschen¬ 
urne  auf  der  Wahner  Heide  gefunden.  Von  2  undur chbohrten 
Feuersteinbeilen  ist  das  eine  1.60  cm  lang,  an  der  Schneide  73 
mm  breit,  das  andere  78  mm  lang  und  46  breit.  Das  erste  ist 
in  Feldhausen  auf  dem  Acker  gefunden,  das  kleinere  bei  Um¬ 
grabung  eines  neuen  Hügels  an  der  Römerstrasse  in  der  Marler 
Heide.  Dabei  fand  sich  ein  viereckiger  schwarzer  Schleifstein 
aus  Kieselschiefer,  Lydit,  er  ist  89  mm  lang  und  39  breit.  Zwei 
kleine  Pfeilspitzen ,  die  eine  aus  Chalcedon ,  die  andere  aus 
Feuerstein,  sind  fast  dreieckig'  mit  breiten  Flügeln,  sie  wurden 
auf  dem  Acker  bei  Haus  Hag'enbecke  am  nördlichen  Lippeufer 
gefunden  Endlich  befinden  sich  dabei  noch  5  sogenannte  Augen- 


51 


•steine  aus  römischen  Gräbern  auf  dem  Monterberge  bei  Calcar. 
Es  sind  3  schwarze  und  2  weisse ,  sie  bestehen  aus  Glasfluss. 
Diese  runden  knopfförmigen,  im  Mittel  15  mm  grossen  Latrun- 
culi ,  die  bei  uns  am  Rhein  nicht  selten  sind ,  können  auch 
Spielsteine  sein  und  sind  auf  Monumenten  abgebildet,  sie  glei¬ 
chen  unsern  Steinen  im  Dambrettspiel.  Auch  dienten  sie  zum 
Rechnen  auf  dem  Abasus  ,  das  Pariser  Museum  besitzt  einen 
solchen.  Sie  waren  endlich  auch  Stimmsteine.  Ovid  sagt  uns, 
Metamorph.  XV  41,  dass  man  bei  Gericht  mit  weissen  und 
schwarzen  Steinen  abgestimmt  habe,  jene  sprachen  frei,  diese 
erklärten  den  Angeklagten  für  schuldig-.  Unser  Ballotiren  mit 
weissen  und  schwarzen  Kugeln  ist  also  ein  alter  römischer 
Gebrauch. 

Hierauf  wurde  die  Sitzung  dieses  Tages  geschlossen,  und 
die  Theilnehmer  versammelten  sich,  z.  Th.  mit  ihren  Damen, 
zu  dem  gemeinsamen  Mittagessen,  das  unter  Trinksprüchen 
und  dem  Absingen  von  ernsten  und  launigen  Liedern  einen 
heiteren  Verlauf  nahm.  Die  spätem  Nachmittagstunden  waren 
der  Besichtigung-  verschiedener  Kunstsammlungen  gewidmet, 
und  der  Abend  versammelte  wieder  eine  grosse  Zahl  bei  dem 
Konzert  in  der  Tonhalle. 

Die  Sitzung  des  folgenden  Tages,  8.  Juni,  wurde  bald 
nach  9  Uhr  eröffnet. 

Privatdocent  Dr.  Rauff  aus  Bonn  legte  einige  30  Tafeln 
vor,  die  zum  ersten  Bande  einer  allgemeinen  Monographie  der 
fossilen  Spongien  gehören,  und  sprach  über  den  Fossilisa- 
tionsprocess  derjenigen  verkieselten  Spon¬ 
gien,  deren  Hauptmasse  jetzt  aus  Chalcedon 
gebildet  wird,  während  das  Skelet  darin  aus 
Kalkspath  besteht,  obschon  das  lebende  Thier 
ein  rein  kieseliges  Gerüst  besass.  Der  Chalce¬ 
don,  der  alle  Lücken  und  Maschenräume  zwischen  dem  Skelet¬ 
werke  erfüllt  und  die  ursprüngliche  äussere  Form  des  Schwam¬ 
mes  gewöhnlich  treu  widergiebt,  ist  vielfach  von  einer  solchen 
Reinheit  und  Klarheit,  dass  man  leicht  glauben  könnte,  er 
müsse  bei  seiner  Infiltration  jene  Räume  noth wendigerweise 
leer  gefunden  haben.  Dafür  scheinen  auch  noch  eine  Reihe 
andrer  Gründe  zu  sprechen,  wovon  ich  hier  nur  den  Umstand 
anführen  will,  dass  die  innere  Structur  des  Chalcedons  sich 
sehr  häufig  von  der  Anordnung  der  Skeletbälkchen,  die  die 
Maschenräume  und'  grossem  Lücken  umrahmen,  insofern  ab¬ 
hängig  erweist,  als  seine  Kryptokry  Ställchen  von  dieser  Um- 


52 


rahmung'  aus  in  strahliger  Anordnung  nach  der  Mitte  der  Lu¬ 
mina  gerichtet  sind.  Die  Skeletbälkchen  sind  die  Axen,  um 
die  sich  die  feinen  Chalcedonschichten  in  schaligem  Aufbau 
anlagern;  sie  wirken  als  Krystallisationscentren,  wie  die  Fäden, 
die  man  in  auskrystallisiren.de  Lösungen  hängt.  Wie  gesagt 
liessen  sich  auch  noch  eine  Reihe  andrer  Erscheinungen,, 
worauf  ich  in  dieser  vorläu  f  i  g  e  n  Besprechung  des  Gegenstan¬ 
des  nicht  eingehen  will,  dafür  geltend  machen,  dass  das  Lücken¬ 
system  zwischen  dem  Skeletwerke  vor  der  Verkieselung  wohl 
leer  gewesen  sein  müsse.  Indessen  ist  das  durchaus  nicht  der 
Fall.  Vielmehr  waren  die  Maschenräume  und  Kanäle  zwischen 
dem  Skelete  stets  vorher  mit  dem  Schlamme  des  Meeresbodens, 
auf  dem  die  Thiere  gelebt  haben,  gewöhnlich  einem  kalkigen 
oder  kalkig  thonigen  Sedimente,  vollständig'  erfüllt.  Es  hat 
also  durch  die  Fossilisation  eine  Umkehrung  der  Verhältnisse 
stattgefunden.  Das  ursprünglich  kieselige  Gerüst  der  Spongien 
ist  in  Kalkspath,  das  kalkige  Sediment  in  reinen  Kiesel  umg'e- 
wandelt  worden. 

Die  Vorgänge,  wodurch  diese  Pseudomorphosen  bewirkt 
wurden,  sind  in  Kürze  folgende : 

Nach  dem  Tode  des  Thieres  und  der  Verwesung  der 
Weichtheile  wurde  das  kieselige  Skelet  allmählich  in  dem 
schlammigen  Boden  des  Meeres  begraben,  wobei  der  flüssige 
Schlamm  in  alle  Kanäle  und  auch  in  die  ganz  feinen  Lücken 
zwischen  dem  Gerüstwerke  eindrang“  und  dessen  Bälkchen  und 
Glieder  gleichmässig  dicht  umhüllte. 

Nach  und  nach  verhärtete  das  Sediment  zu  Gestein. 

Das  Gestein  wurde  von  Lösungen  durchzogen,  die  das- 
ursprüngliche  Kieselskelet  vollständig  auslaugten,  das  kalkige 
Sediment  aber  ganz  unberührt  stehen  liessen.  So  entstand  an 
Stelle  des  Kieselskelets  ein  zusammenhängendes  System  feiner 
Röhrchen,  die  die  formalen  Verhältnisse  des  Skelets  mit  allen 
Verzierungen  und  Feinheiten  auf’s  schärfste  bewahrten. 

Später  wurden  diese  Hohlskelete  wieder  mit  Kalkspath 
ausgefüllt,  und  nur,  wenn  erst  nach  diesem  Acte  eine  Durch¬ 
tränkung  des  Gesteins  mit  kieseligen  Lösungen  erfolgte,  kam 
es  unter  bestimmten  Bedingungen  zur  Bildung  jener  verkiesel- 
ten  Spongien,  die  in  einer  Grundmasse  von  klarem  Chalcedon 
das  nun  aus  wasserhellem  Kalkspathe  bestehende  Skelet,  oft 
in  wunderbarer  Schönheit  der  Erhaltung,  einschliessen. 

Diese  Bedingungen  wurden  ganz  besonders  durch  die 
Hohlskelete  geschaffen,  oder  doch  beträchtlich  vermehrt. 

Wenn  wir  durch  eine  verkalkte  Kieselspongie  in  einem 
gewissen  Stadium  innerer  Erhaltung,  oder  Umwandlung,  einen 


53 


Schnitt  legen,  z.  B.  durch  eine  solche  aus  dem  Malm  Schwabens, 
in  der  ein  dichtes  kalkig-mergeliges  Sediment  noch  alle  Lücken 
und  Maschenräume  erfüllt,  während  das  ursprünglich  kiese- 
lige  Skelet  in  klaren  Kalkspath  umgewandelt  worden  ist, 
so  bemerken  wir  auf  den  Schnittflächen  gewöhnlich,  dass  der 
Mergel,  der  die  stärkern  Wasserkanäle  ausfüllt,  im  allgemeinen 
eine  hellere  Farbe  besitzt,  als  das  Sediment  in  den  Maschen¬ 
räumen.  Dieser  Unterschied  kann  natürlich  kein  ursprüng¬ 
licher  sein;  es  kann  der  Schlamm  am  Meeresboden  nicht  aus 
zwei  Theilen  bestanden  haben,  wovon  der  eine  Theil  nur  in 
die  stärkern  Wasserkanäle,  der  andre  —  und  wie  wir  sogleich 
sehen  werden,  ist  es  sogar  der  gröber  krystallinisch  ausgebildete 
Theil  —  in  die  feinen  und  feinsten  Lücken  zwischen  dem  Gerüst¬ 
werke  gedrungen  wäre.  Vielmehr  ist  diese  Scheidung  des  Se¬ 
dimentes  in  zwei  Antheile  secundär.  Untersuchen  wir,  worauf 
der  Unterschied  beruht,  so  finden  wir,  dass  der  auf  den  Schnitt¬ 
flächen  bei  auffallendem  Lichte  dunkler  erscheinende  Theil  eine 
höhere  krvstallinische  Ausbildung  erfahren  hat;  in  Dünnschliffen, 
also  in  durchgehendem  Lichte  erweist  er  sich  nämlich  als  der 
hellere,  reinere,  in  Summa  aus  gröberen  Kalkspathkry Ställchen 
bestehende  und  an  undurchsichtigen  Tliontheilchen  ärmere 
Antheil.  Diese  Aufhellung  des  kalkig-mergeligen  Sedimentes 
ist  um  so  stärker,  je  weiter  der  secundäre  Krystallisations- 
process  vorgeschritten,  je  höher  der  krystallinisch e  Zustand  ge¬ 
worden  ist.  r 

Der  Uebergang  erfolgt  in  derselben  Weise,  wie  sie  Lo- 
retz1)  für  den  Dolomit  kennen  gelehrt  hat.  Das  Gestein 
zerfällt  bei  der  Aufhellung  in  zwei  Theile,  wovon  der  eine 
mehr  mikrokrystallinisch,  der  andre  mehr  makrokrystalliniscli 
ist;  beide  zusammen  guppiren  sich  zu  oolithisclien  Structuren 
(„versteckt  oolithisch“,  „oolithoidisch“,  „deutlich  oolithisch“),  die 
schliesslich  zur  vollständigen  Umwandlung  in  reinen  Kalkspath 
(körnigen  Kalk)  führen  können. 

Die  Theorie  jedoch,  die  Loretz  zur  Erklärung  dieser 
Structuren  aufgestellt  hat,  kann  auf  die  in  Rede  stehenden  ver¬ 
kalkten  Schwämme  und  Schwammkalke  jedenfalls  nicht  ange¬ 
wandt  werden,  wie  ich  an  andrer  Stelle  zeigen  werde.  Ich 
glaube  aber  weiter  nach  eingehenden  Untersuchungen  an  Kal¬ 
ken  und  Dolomiten,  dass  sie  überhaupt  unhaltbar  ist. 

In  den  verkalkten  Schwämmen  hat  das  Sediment  seine 
höhere  krystallinische  Ausbildung  und  mehr  oder  weniger  oo- 


1)  Untersuchungen  über  Kalk  und  Dolomit.  Zeitschr. 
d.  Deut.  Geol.  Ges.  Bd.  30.  1878.  S.  387;  Bd.  31.  1879.  S.  763. 


54 


lithoidische  Natur  erst  nach  seiner  Verhärtung'  erlang't  (durch¬ 
innere  Umlagerung')  und  zwar  in  Folge  C02-haltiger  Gewässerr 
die  das  Gestein  durchzogen.  Der  Krystallisationsprocess  schrei¬ 
tet  noch  immer  fort,  oder  kann  doch  noch  fortschreiten  und  die 
endliche  Umwandlung  dichten  Kalksteins  in  körnigen  Kalk,  resp. 
in  grössere  oder  kleinere  Partien  körnigen  Kalkes  herbeiführen. 

Ganz  besonders  auffallend  habe  ich  den  Gegensatz  zwi¬ 
schen  dem  in  Dünnschliffen  aufgehellten  und  nicht  aufgehellten 
Sedimente  an  Stücken  gefunden,  die  ich  auf  den  Feldern  von 
Hossingen  in  Schwaben  (Weiss.  Jura  j')  aufgelesen  habe  und 
die  wahre  Spongienbreccien  darstellen,  bei  denen  Bruchstücke 
verschiedenartiger  verkalkter  Kieselspongien  durch  einen  dich¬ 
ten,  mergeligen  Kalk  miteinander  verkittet  werden.  Auf 
Schnittflächen  dieser  Stücke  heben  sich  die  Spongientriimmer 
zum  grössten  Theile  sogleich  durch  dunklere  (in  Dünnschliffen 
hellere)  Farbe  von  dem  lichtem  (dunklern)  Gesteine  ab,  das  die 
skeletlosen  Lücken  zwischen  den  Trümmerstücken  erfüllt;  d.  h. 
der  Kalk  ist  in  den  Schwammfragmenten  krystallinischer,  lässt 
deshalb  mehr  Licht  in  das  Gestein  eindringen  und  erscheint  da¬ 
durch  dunkler,  während  das  dichtere  Gestein  in  den  skeletlosen 
Lücken  mehr  Licht  reflectirt. 

Die  ausgehöhlten  Skelete  waren  es,  die  diese  eigentüm¬ 
liche  Abgrenzung  der  beiden  Theile  des  Sedimentes,  des  bei 
auffallendem  Lichte  hellen  in  den  skeletfreien,  des  dunkeln  in 
den  skelethaltigen  Partien  der  Spongie,  oder  der  erwähnten 
Breccien  verursacht  haben.  Sie  haben  in  erster  Linie  die  ver¬ 
mittelnde  Rolle  bei  der  Gesteinsumwandlung  gespielt,  indem 
ihre  engmaschigen  Rohrnetze  nicht  nur  bevorzugte  Leitungs¬ 
bahnen  für  die  circulirenden  Meteorwässer,  sondern  auch  kleine 
Speicherräume  dafür  bildeten.  Die  skelethaltigen  Partien  wer¬ 
den  schon  an  und  für  sich  eine  grössere  Aufnahmefähigkeit 
für  Flüssigkeiten  besitzen,  als  die  skeletfreien;  denn  schon 
durch  jenes  Rohrnetz  vermögen  sie  mehr  Wasser  zu  fassen, 
als  die  andern.  Aber  auch  der  sedimentäre  Ausguss  zwischen 
dem  Skeletwerke  wird  sich  leicht  capillar  vollsaugen,  weil  er 
gewissermassen  in  zahlreiche  sehr  kleine,  und  wegen  ihrer 
Kleinheit  leicht  durchtränkbare  Gesteinskörperchen  (nämlich 
die  Maschenraumausfüllungen),  die  alle  von  speisenden  Zuleitun¬ 
gen  eng  umrahmt  werden,  zerlegt  worden  ist.  Deshalb,  und  weil 
das  Spiel  capillarer  Bewegungen  in  den  skelethaltigen  Partien 
lebhafter  sein  wird,  als  in  den  andern,  wird  die  Gesteinsum¬ 
wandlung  in  erstem  schneller  geschehen,  als  in  letztem.  Auch 
dann  wird  das  noch  der  Fall  sein,  wenn  die  Hohlskelete  be¬ 
reits  wieder  mit  Kalkspath  ausgefüllt  worden  sind,  oder  auch.. 


00 


I 


wenn  vielleicht  in  dem  Maasse,  als  die  ursprüngliche  Kiesel¬ 
säure  des  Skelets  gelöst  wurde,  Kalkspath  sogleich  dafür  zum 
Absatz  gelangte.  Diese  Kalkspatherfüllung  der  Gerüstbälkclien 
hebt,  wie  sich  nachweisen  lässt,  die  leichtere  Wassercirculation 
gegenüber  dem  dichten  Sedimente  nicht  auf,  da  der  klare  ein- 
filtrirte  Kalkspath  von  zahlreichen,  relativ  groben  Rissen  an 
Spaltungsflächen  und  Korngrenzen  durchzogen  wird. 

Je  weiter  die  Umwandlung  des  Sedimentes  zwischen  den 
Skeletbälkchen  fortschreitet,  also  je  späthiger  und  grobkörniger 
der  Kalkstein  wird,  um  so  gröber  werden  aber  auch  diejenigen 
Spaltrisse,  die  die  Maschenerfüllung’  durchziehen  und  die  Kalk¬ 
körnchen  des  Sedimentes  trennen.  Diese  Auflockerung  ist  nun 
für  den  Process  der  Verkieselung  von  grosser  Bedeutung.  Sie 
ebnet  den  eindringenden  Kiesellösungen  die  Wege  und  ver¬ 
anlasst  zunächst  überall  dort  die  Verkieselung,  wo  das  Ge¬ 
stein  durch  den  secundären  Krvstallisationsprocess  eine  Auf¬ 
hellung  erfahren  hat,  d.  h.  in  erster  Linie  in  den  aufgehellten 
Maschenräumen  zwischen  den  Skeletbälkchen.  Die  Kiesel¬ 
lösungen  machen  dagegen  an  der  noch  dichten,  undurchsich¬ 
tigen  Erfüllung  der  Wasserkanäle  Halt,  so  lange  ihnen  die  be¬ 
quemeren  Wege  zugänglich  sind.  Dies  lässt  sich  an  verkalkten 
Spongien,  wie  auch  an  Korallen  und  andern  Kalkversteine¬ 
rungen,  die  im  allerersten  Stadium  der  Verkieselung  sind, 
durch  Aetzungen  nachweisen. 

Aber  die  structurelle  Beschaffenheit  des  in  der  Umwand¬ 
lung  begriffenen  Sedimentes  kann  nur  einer  von  mehreren 
Factoren  sein,  denen  gemäss  die  Verkieselung  Platz  greift  und 
fortschreitet.  Denn  wäre  es  der  einzige  Factor,  so  müssten 
die  verkalkten  Skeletbälkchen  in  erster  Linie  von  der  Ver¬ 
kieselung  mit  ergriffen  werden,  da  sie  mit  relativ  grosskrystal- 
linischem  Kalkspathe  erfüllt  worden  sind,  der  von  groben 
Spaltrissen  durchsetzt  wird.  Wunderbarerweise  aber  bleiben 
diese  Kalkspathtrabekeln  von  der  Pseudomorphose  durch  Kiesel 
im  allgemeinen  ebenso  unberührt,  wie  im  Gegensätze  zu  ihnen 
die  dichte  Erfüllung  in  den  Wasserkanälen,  sofern  nur  der 
structurelle  Unterschied  zwischen  dem  aufgehellten  Sedimente 
in  den  Maschenräumen  und  dem  Kalkspathe  in  den  Tra¬ 
bekeln  noch  gross  genug  ist.  Hat  das  Sediment  aber  einen 
bestimmten  Grad  von  Späthigkeit  erreicht,  ist  es  also  der  Tra¬ 
bekelerfüllung  ähnlicher  geworden,  so  verkieseln  nun  ohne 
Unterschied  Sediment  und  Skelet.  Das  Skelet  muss  dabei,  so¬ 
bald  sich  in  dem  Sediment-verdrängenden  Kiesel  die  Reinigung, 
die  wir  sogleich  noch  kennen  lernen  werden,  vollzogen  hat, 
verschwinden,  obwohl  es  ja  eigentlich  nicht  zerstört,  sondern 


56 


aus  der  gleichen  Substanz,  woraus  es  ursprünglich  bestand, 
nun  wieder  hergestellt  worden  ist.  Die  so  verwandelten  Spon- 
gien  können  in  ihren  äussern  Formen  vortrefflich  erhalten 
worden  sein;  ihr  Inneres  aber  wird  von  einer  klaren  Chalce- 
donmasse  erfüllt,  worin  keine  Spiculte  mehr  aufzufinden  sind, 
oder  nur  undeutliche  und  formveränderte  Feste  davon. 

Wenn  die  Verkieselung  einen  gewissen  Grad  erreicht 
hat,  so  erscheint  das  Sediment  in  den  Maschenräumen  zwar 
ganz  von  Kiesel  erfüllt,  aber  man  kann  seine  ursprünglich  kal¬ 
kige  Natur  noch  klar  darin  erkennen.  Der  Kiesel  ist  dann 
nämlich  durchschwärmt  von  zahllosen  Kalkspathkryställchen 
und  Körnchen,  von  dunkeln  Thonpartikelchen  und  Mineral- 
theilchen,  die  ihm  eine  schmutzig  trübe  Beschaffenheit  geben. 
Je  weiter  aber  die  Pseudomorphose  fortschreitet,  um  so  mehr 
verschwinden  die  Körnchen  durchsichtigen  Kalkes  und  der  un¬ 
durchsichtigen  Stoffe,  und  der  anfänglich  trübe  Kiesel  g'eht  all¬ 
mählich  in  reinen,  hellen,  klaren  Chalcedon  über,  worin  das 
aus  wasserhellem  Kalkspathe  bestehende  Skelet  in  vortreffli¬ 
cher  Erhaltung  sich  abhebt. 

Fragt  man  nach  Ursachen,  die  dieses  verschiedene  Verhalten 
des  einfiltrirten  Kiesels  gegenüber  dem  Sedimente  einerseits  und 
den  Kalkspathtrabekeln  andrerseits  erklären  würden,  so  kann 
man  solche,  wie  ich  glaube,  nur  in  der  abweichenden  chemi¬ 
schen  Zusammensetzung  der  beiden  kalkigen  Gebilde,  des  ver¬ 
kalkten  Skelets  und  der  Maschenausfüllung  dazwischen,  finden. 
Alles  scheint  mir  nach  meinen  Untersuchungen  darauf  hinzu¬ 
deuten,  dass  es  die  Thonerdesilicate  des  Sedimentes  sind,  und 
wohl  auch  die  in  allen  Kalksteinen  vorhandenen  überaus  winzigen 
Quarzkrvställchen,  die  den  einfiltrirten  Kiesel  begierig  an  sich 
reissen.  Auf  die  Thonerdepartikelchen,  womit  wir  überhaupt 
die  dunkeln  Mineralkörnchen  des  Sedimentes  bezeichnen  wollen, 
wirkt  die  Kieselsäure  zweifellos  zersetzend,  da  man  jene  Körn¬ 
chen  bei  der  erwähnten  spätem  Läuterung  des  Chalcedons 
immer  mehr  und  mehr  verschwinden  sieht.  Bei  dieser  Zer¬ 
setzung,  wobei  eine  relativ  leicht  lösliche  Thonerdeverbindung 
in  Lösung  gehen  und  weggeführt  worden  wird,  dürfte  Kiesel¬ 
säure  auf  den  Thontheilchen  abgeschieden  werden.  Hierdurch 
werden  diese,  wie  die  schon  vorher  vorhandenen  Quarzkryställ- 
chen  zu  zahllosen  Ansatzpunkten  für  den  auskrystallisirenden 
Chalcedon  werden,  zu  bevorzugten  Haftpunkten  dafür,  von 
denen  aus,  bekannten  Attractionswirkungen  bei  der  Krystall- 
bildung  g'emäss,  die  Fortwachsung  des  Kiesels  erfolgt.  Jeden¬ 
falls  sieht  man  vielfach  in  einem  noch  frühen  Stadium  der 
Verkieselung  die  Thonpartikelchen  als  Krystallisationscentren 


des  Chalcedons.  Wo  aber  Thonerdesilicate  und  Quarzkörnchen 
fehlen,  wie  in  der  Kalkspatherfüllung  der  Skeletbälkchen,  da 
dringt  die  Verkieselung  nicht  vor.  (Ausnahmen  immer  abge¬ 
rechnet,  die  besonders  begründet  werden  können.) 

Zugleich  muss  aber  neben  jenen  chemisch-petrographi- 
schen  Eigenschaften  ein  gewisser  Grad  von  Permeabilität  des 
Gesteines  vorhanden  sein,  damit  die  kieseligen  Lösungen  das 
Sediment  leicht  durchtränken  und  verdrängen  können.  Diese 
Permeabilität  aber  wird  durch  die  Wirkung  der  ausgehöhlten 
Skelete  ganz  besonders  gefördert.  Wo  sie  nicht  ausreicht,  wie 
in  den  dichten  Gesteinsausfüllungen  der  stärkern  Wasserkanäle, 
da  werden  auch  der  Verkieselung  grössere  Schwierigkeiten 
entgegengestellt. 

Während  der  allmählichen  Verdrängung  der  Kalkkörn¬ 
chen  und  der  Zersetzung  der  Thontheilchen  durch  immer  neu 
zugeführte  Kiesellösungen  muss  auch  in  dem  schon  abgesetzten 
Chalcedon  noch  eine  beständige  Bewegung  und  Umlagerung 
stattfinden,  die  es  bewirkt,  dass  endlich,  ivie  oben  erwähnt,  die 
Kryptokryställchen  des  gereinigten  klaren  Chalcedons  in  den 
Maschenräumen  sich  den  umrahmenden  Trabekeln  gemäss  an¬ 
ordnen,  auf  deren  Grenzflächen  etwa  senkrecht  stehen  und 
concentrische  Zonen  um  einander  bilden.  Die  letzten  un¬ 
gelösten  und  feinsten  Staubtheilchen  werden  bei  dieser  Um¬ 
lagerung  des  Kiesels  gewöhnlich  in  die  Mitte  des  ausgefüllten 
Maschenraumes  geschoben,  so  dass  ein  centrales  Feld  darin 
etwas  stärker  gefärbt  ist. 

Zahlreiche  Konsequenzen  ergeben  sich  aus  den  vorstehen¬ 
den  Beobachtungen  und  Darlegungen,  die  eine  Reihe  bisher 
räthselhafter  Erscheinungen  an  verkalkten  und  verkieselten 
Spongien  in  einfachster  Weise  zu  erklären  vermögen.  Auch 
für  das  Verständniss  der  Feuersteinbildungen  ist  unsere  Theorie 
der  Verkieselung  von  Bedeutung.  Aber  keineswegs  will  ich 
der  öfter  gemachten  Annahme  das  Wort  reden,  dass  Feuer¬ 
steinbildung  mit  Ablagerungen  von  Spongien,  oder  überhaupt 
von  kieseligen  Organismenresten  immer  unmittelbar  mit  einander 
verknüpft  wäre,  und  beide  sich  gegenseitig*  bedingen.  Das  ist 
nicht  der  Fall. 

Derselbe  Redner  legte  später  noch  Dachschiefer  aus  dem 
Kulm  Thüringens  und  Mährens  vor,  auf  deren  Schieferflächen 
eigenthümliche,  mäandrisch  gewundene  und  verschlungene  Fi¬ 
guren  sichtbar  sind,  die  unter  dem  Namen  Vexillum,  Däda- 
lus,  Dictyodora,  Paläochorda,  Crossopodia,  Nemer- 
tites  u.  s.  w.  verschiedenartige  Deutungen  als  Organismen- 


58 


reste1)  erfahren  haben,  die  aber,  wie  Redner  an  mikroskopischen 
Präparaten  und  Zeichnungen  nachwies,  lediglich  innern  Stau¬ 
chungen  ihre  Entstehung  verdanken.  Die  Kurven  und  Schlingeen 
axvf  den  Schieferflächen  sind  nur  die  Durchschnitte  einer  Art 
von  gewundenen  Ablösungsflächen,  die  das  Gestein  quer  gegen 
die  Schieferung'  durchsetzen.  Sie  bezeichnen  eine  schmale 
Grenzzone,  worin  zwei  gegeneinander  gepresste  Partieen  des. 
Gesteines  unter  einem  gleichzeitig  auflastenden  hohen  Drucke 
sich  innerlich  und  besonders  wirksam  mechanisch  umformten. 

Eine  durch  Tafeln  erläuterte  Arbeit  über  diesen  Gegen¬ 
stand  wird  im  Neuen  Jahrbuche  für  Mineralogie,  Geo- 
gie  und  Paläontologie  erscheinen. 


Herr  Rektor  E.  Lienenklaus  aus  Osnabrück  machte  eine 
kurze  Mittheilung  über  die  Ostracoden  des  nordwest¬ 
deutschen  Tertiärs.  „Die  Ostracoden  oder  Muschelkrebse 
bilden  bekanntlich  eine  Ordnung  der  Crustaceen.  Sie  fallen 
bei  oberflächlicher  Betrachtung  auf  durch  ihre  geringe  Grösse 
und  ihr  zweiklappiges  Gehäuse.  Ihre  Grösse ,  wenigstens  die 
der  lebenden  und  der  jüngeren  fossilen ,  schwankt  etwa  zwi¬ 
schen  1ji  und  2  mm.  Die  Schale  hat  äussere  Aehnlichkeit  mit 
der  der  Pelecypoden;  sie  besteht  aus  zwei  seitlichen  Klappen, 
welche  auf  dem  Rücken  des  Thieres  durch  eine  Art  Schloss  und 
ein  Ligament  zusammengehalten  werden. 

Fossile  Ostracoden  kommen  nun  in  fast  allen  Versteine¬ 
rungen  führenden  Schichten  vor,  stellenweise  sogar  in  grosser 
Zahl;  sie  sind  jedoch  noch  verhältnissmässig  .wenig  bekannt. 
Was  ihr  Vorkommen  speciell  im  Tertiär  angeht,  so  hat  bis  jetzt 
das  Wiener  Becken  die  grösste  Zahl  von  Arten  geliefert;  aus 
demselben  kennen  wir  durch  Reuss  90  Species,  aus  dem  Ter¬ 
tiär  von  Frankreich  und  Belgien  durch  Bosquet  83,  aus  dem¬ 
jenigen  Englands  durch  R.  Jones  50  Species.  Aus  unserm 
nord westdeutschen  Tertiär  kannte  man  bislang*  kaum  40  Arten. 
Die  wichtigste  hierher  gehörige  Arbeit  ist  diejenige  von  Speyer 
über  die  Ostracoden  der  Kasseler  Tertiärbildungen  vom  Jahre 
1863.  Speyer  beschreibt  darin  35  Species  von  Kassel,  von 
welchen  jedoch  einige  einzuziehen  sind. 

Ich  habe  nun  seit  einig'er  Zeit  meine  Aufmerksamkeit  den 


1)  Noch  ganz  neuerdings  durch  E.  Zimmer  mann: 
Dictyodora  Liebeana  (Weiss)  und  ihre  Beziehungen 
zu  Vexillum  (Rouault),  Palaeochorda  marina  (Geinitz) 
und  Crossopodia  Henri ci  (Geinitz).  Sonderabzug  aus 
dem  32. — 35.  Jahresbericht  der  Gesellschaft  von  Freunden  der 
Naturwissenschaften  in  Gera.  1892. 


59 


Ostracoden  nnsers  Tertiärs  zugewandt  und  hoffe,  die  Resultate 
meiner  Beobachtungen  in  nächster  Zeit  veröffentlichen  zu  kön¬ 
nen.  Nach  denselben  weist  unser  nordwestdeutsches  Tertiär 
etwa  80  Ostracoden-Species  auf.  Allein  das  Ober-Oligocän  des 
Dobergs  bei  Bünde  lieferte  mir  an  50  Arten,  das  Unter-Oligocän 
etwa  25,  das  Miocän  etwa  18  Species ,  das  Mittel-Oligocän  nur 
einige  wenige  Arten. 

Bei  der  Untersuchung  des  Schliessmuskeleindrucks  auf 
der  Mitte  der  Klappe  ist  mir  ein  Unterschied  aufgefallen ,  der 
für  die  oft  schwierige  Bestimmung  der  Gattungen  wie  auch  der 
Arten  von  Bedeutung  sein  dürfte.  Ich  will  Sie  hier  mit  den 
Einzelheiten  verschonen  und  nur  soviel  erwähnen,  dass  die  An¬ 
ordnung  und  Gestalt  der  durchscheinenden  Flecken  in  diesem 
Muskeleindrucke  bei  den  einzelnen  Gattungen  und  theilweise 
auch  bei  den  Arten  eine  verschiedene  ist.  Besonders  inter¬ 
essant  ist  dieselbe  bei  der  Gattung’  Cytherella.  Hier  hat  der 
ganze  Eindruck  ein  federartiges  Ansehen ,  indem  eine  durch¬ 
scheinende  Längslinie  sich  von  oben  nach  unten  hindurchzieht, 
von  welcher  dann  ebensolche  Querlinien  nach  beiden  Seiten 
hin  abzweigen  und  so  das  ganze  Feld  der  Schliessmuskelnarbe 
in  zwei  Reihen  von  länglichen  Feldern  tlieilt ,  deren  Zahl  bei 
den  einzelnen  Arten  verschieden  ist.  Näheres  hierüber  hoffe 
ich  an  einem  andern  Orte  mitzutlieilen.“ 

Professor  Bertkau  aus  Bonn  berichtete  über  den  Bau 
der  Giftdrüse  einheimischer  Spinnen.  In  der  ganzen 
Ordnung  der  Spinnen,  soweit  bis  jetzt  bekannt,  ist  die  Giftdrüse 
übereinstimmender  gebaut,  als  es  z.  B.  bei  demselben  Organ 
in  der  Familie  der  Ameisen  der  Fall  ist.  Gewöhnlich  stellt  die 
Drüse  einen  länglichen,  zum  Theil  im  Ceplialothorax,  zum  Theil 
im  Basalglied  der  Oberkiefer  gelegenen  Sack  dar,  dessen  Aus¬ 
führungsgang  an  der  convexen  Seite  vor  der  Spitze  des  Klauen¬ 
gliedes  der  Oberkiefer  in  einen  feinen  Spalt  ausmündet. 
Bei  einer  unserer  grossem  Arten,  Atypus,  ist  die  Drüse  winzig 
klein  und  liegt  ganz  an  der  Spitze  des  Basalgliedes,  dicht  an 
dem  Klauengliede;  bei  Scytodes anderseits  liegt  die  ungewöhnlich 
grosse  Drüse  ganz  im  Ceplialothorax,  und  nur  der  Ausführungs¬ 
gang  tritt  in  den  sehr  kleinen  Oberkiefer  ein;  hier  besitzt  sie 
2  Lappen,  während  sie  bei  Filistata  viellappig  ist.  Die  Epithel¬ 
zellen  sind  gewöhnlich  sehr  schmal  und  hoch  und  ordnen  sich  bei 
Atypus  so  an,  dass  eine  zusammengesetzte  Drüse  entsteht  ;  bei 
Scytodes  sind  die  Epithelzellen  sehr  flach,  breit  und  niedrig. 
Die  Muskeln,  welche  die  Drüse  umgeben,  sind  bei  Scytodes  in 
geringer  Zahl  und  unregelmässiger  Anordnung  vorhanden; 


60 


bei  den  meisten  unserer  Arten  aber  bilden  die  Muskelfasern 
ein  in  regelmässigen  Windungen  die  Drüse  umgebendes  Ge¬ 
flecht.  Das  Secret  der  Giftdrüse  ist  eine  Einweisssubstanz  und 
bei  den  meisten  unserer  einheimischen  Arten  von  schwacher 
Wirkung,  so  auch  bei  der  südeuropäischen  Tarantel;  am 
schmerzhaftesten  von  einheimischen  Arten  ist  der  Biss  von 
Chiracanthium  nutrix,  die  am  Rochusberge  bei  Bingen  vor¬ 
kommt;  L.  Koch  fand  auch  den  Biss  der  im  Wasser  lebenden 
Argyroneta  aquatica  sehr  schmerzhaft. 

Realgymnasiallehrer  F  arwick  aus  Viersen  machte  einige 
Bemerkungen  über  dieThierwelt  des  Vier sener  Gebietes 
und  Umgegend  (Kreis  Gladbach).  Wir  heben  daraus  hervor 
das  häufige  Vorkommen  von  der  Fischotter,  Lutra  vulgaris,  im 
Niersbruche.  Hierbei  wurde  die  Zähmung  von  jung  einge¬ 
fangenen  Fischottern  durch  den  Wirth  und  eifrigen  Thierbeob¬ 
achter  Hax  in  Clörath  erwähnt.  Derselbe  führte  dieselben  im 
Freien  umher.  Mus  rattus,  die  Hausratte,  ist  in  der  Stadt  Vier¬ 
sen  selbst  gar  nicht  selten.  Sie  bewohnt  die  Bodenräume,  be¬ 
sonders  der  Stallungen.  Der  Hamster,  Cricetus  frumentarius, 
hält  sich  im  Nachbarkreise  Erkelenz  auf.  Sturnus  vulgaris, 
der  Staar,  überwintert  im  Niersbruche.  Phasianus  colchicus, 
der  gemeine  Fasan,  hat  sich  zur  Freude  der  Nimrode  im  Bruch¬ 
bezirke  vollständig  eingebürgert,  södass  ein  reichlicher  Ab¬ 
schuss  bereits  gestattet  ist.  Die  südwesteuropäische  Helix  ad- 
spersa,  eine  nahe  Verwandte  der  Weinbergsschnecke,  ist  in  den 
Gärten  hinter  dem  Realprogymnasium  vertreten.  Sphodrus 
leucophtalmus,  eine  seltene  Laufkäferart,  hält  sich  in  Kellern 
im  nördlichen  Stadttheile  auf.  Cladius  difformis,  eine  Pflanzen¬ 
wespe,  die  gewöhnlich  auf  der'Rose  vorkommt,  trat  verheerend 
auf  Erdbeerpflanzen  auf.  Der  Nonnenspinner,  Liparis  monacha, 
zeigte  sich  im  vorigen  Jahre  in  Menge  auf  den  Kiefernbeständen 
des  hohen  Busches.  Chrysops  caecutiens,  die  Goldaugenbremse, 
bewohnt  zahlreich  das  Bruchgebiet  und  belästigt  den  Spazier¬ 
gänger  durch  ihren  sehr  empfindlichen  Stich.  Die  Cicade, 
Cercopis  sanguinolenta,  ist  eine  häufige  Erscheinung  im  Ge¬ 
biete.  —  Im  Anschlüsse  hieran  legte  der  Vortragende  die  beiden 
von  ihm  verfassten  Tafelwerke  in  Chromodruck  „Wucher-  und 
Schmarotzerpflanzen,  deren  Vertilgung  behördlich  angeordnet 
ist“  —  „Nützliche  Vogelarten  nebst  ihren  Eiern,  deren  Schutz 
angeordnet  ist“,  beide  im  Commissionsverlag  von  Wolfrum  in 
Düsseldorf,  der  Versammlung  vor. 

Den  Schluss  bildete  ein  V ortrag  des  Direktors  F  r  a  u  b  e  r  g  e  r, 
der  die  Anwendung  von  Formen  der  Pflanzen-  und  der  Thier- 


61 


weit  auf  das  Kunstgewebe  in  den  verschiedenen  Zeiten,  bei 
den  verschiedenen  Völkern  und  in  jeglichem  Zweige  des  Kunst¬ 
gewerbes  zunächst  im  allgemeinen  erörterte  und  dann  an  einer 
Anzahl  von  seltenen  Proben  der  überaus  reichen  Textilsamm- 
lung  des  Central-Gewerbevereins  zur  Anschauung  brachte. 
Er  legte  den  ältesten  Stoff  aus  den  Pyramiden  von  Gizeh.  ge- 
woben  etwa  3000  Jahre  vor  Christi  Geburt,  ein  Gewebe  von 
der  Mumie  der  Königin  Makeri  aus  der  21.  Dynastie,  welche 
etwa  um  1100  vor  Christi  Geburt  herrschte,  vor,  an  dem  ein 
Skarabäus  broschirt  war,  sowie  verschiedene  prächtige  Ge¬ 
wandtheile  und  eine  tunica  inconsutilis  aus  den  reichen  Gräber¬ 
funden  von  Achmim.  Fast  alle  enthielten  prächtige  Darstellungen 
einheimischer  Pflanzen  und  Thiere.  Ebenso  gaben  die  mittel¬ 
alterlichen  Stoffe  aus  Almeria,  Palermo  und  Lucca  Belege  ab 
für  die  Vorliebe,  Pflanzen-  und  Thierformen  zu  benutzen. 
Auch  reiche  Brocate  aus  der  Renaissancezeit  und  Prunkgewebe 
aus  der  Barock-  und  Rococozeit  verdanken  ihre  Muster  den 
Formen,  welche  die  Natur  in  unversiechbarer  Fülle  darbietet. 
Der  Redner  empfahl  sonst  in  seinen  Vorträgen  den  Handwer¬ 
kern,  von  dem  reichen  Vorbilderschatz  der  Natur  für  die 
Verzierung  der  gewerblichen  Erzeugnisse  den  ausgiebigsten 
Gebrauch  zu  machen;  diesmal  empfahl  er  den  Naturforschern, 
an  den  kunstgewerblichen  Erzeugnissen  zu  prüfen,  in  welch 
ausgiebiger  Weise  die  Vergangenheit  sich  der  Naturformen 
zum  Schmücken  kunstgewerblicher  Gegenstände  bedient  hat. 

Hiermit  war  die  Tagesordnung  dieser  Sitzung  erschöpft, 
und  der  Vorsitzende  schloss  den  wissenschaftlichen  Theil  der 
49.  Generalversammlung  mit  dem  Ausdrucke  der  Hoffnung' 
auf  ein  zahlreiches  Erscheinen  bei  der  50.  Versammlung  im 
nächsten  Jahre  in  Bielefeld. 

Der  Nachmittag  wurde  wieder  zur  Besichtigung  ver¬ 
schiedener  Sehenswürdigkeiten  verwandt,  unter  denen  nament¬ 
lich  die  neuen  Hafenanlagen,  die  Elektricitätswerke  der  Stadt 
und  die  Conchylien-  und  Käfersammlung  der  Herren  Löb- 
becke  und  Landgerichtspräsident  Witte  eine  besondere  An¬ 
ziehungskraft  ausübten. 


62 


Berichtigung. 

Die  Angabe  auf  S.  28  des  Korrespondenzblattes,  dass  an 
Werthpapieren  am  Schlüsse  d.  J.  1891  dieselben  Bestände  wie 
1890  vorhanden  waren,  ist  dahin  zu  berichtigen,  dass  die 
Köln  -  Mindener  -  Prioritäts  -  Obligationen  über  1100  Thlr.  oder 
3300  M.  (Zeile  4.  v.  o.)  gegen  3300  M.  3V2  %  Preuss.  konsolid. 
Staatsanleihe  von  1890  umgetauscht  sind. 


Korrespondenzblatt 

j\£  a. 


Verzeichniss  der  Schriften,  welche  der  Verein 
während  des  Jahres  1892  erhielt. 

a.  Im  Tausch: 

Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft  des  Osterlandes  in  Alten¬ 
burg:  Mittheilungen  (N.  F.)  V. 

Von  der  Königlich  preussischen  Akademie  der  Wissenschaften 
in  Berlin:  Sitzungsberichte.  1891.  XLI — LIII;  1892.  I — XL. 
Von  der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft  in  Berlin:  Zeit¬ 
schrift.  XLII1.  Heft  3.  4;  XL1V.  Heft  1.  2. 

Von  dem  Preussischen  Gartenbau  verein  in  Berlin  (Verein  zur 
Beförderung-  des  Gartenbaues  in  den  König].  Preussischen 
Staaten):  Verhandlungen.  1892.  Gartenflora.  41.  Jahrg. 

Von  dem  Entomologischen  Verein  in  Berlin:  Berliner  Entomo- 
logische  Zeitschrift.  1891.  2.  Heft;  1892.  Heft  1,  2,  3. 

Von  der  Deutschen  Entomologischen  Gesellschaft  in  Berlin: 
Deutsche  Entomologische  Zeitschrift.  1891.  Heft  2;  1892 
Heft  1.  2. 

Von  der  Gesellschaft  Naturforschender  Freunde  in  Berlin: 
Sitzungsberichte.  Jahrg.  1891. 

Von  dem  Meteorologischen  Institut  in  Berlin:  Abhandlungen. 
Bd.  I.  Nr.  4.  5.  Ergebnisse  der  meteorologischen  Beobach¬ 
tungen  i.  J.  1891.  Heft  2.  3;  1892.  Heft  1. 

Von  dem  Verein  f.  Naturwissenschaft  in  Braunschweig:  Kloos: 
Ueber  die  geologischen  Verhältnisse  des  Untergrundes  der 

t 

Städte  Braunschweig  und  Wolfenbüttel  mit  besonderer  Rück¬ 
sicht  auf  die  Wasserversorgung. 

Von  dem  Naturwissenschaftlichen  Verein  in  Bremen  :  Abhand- 
.  lungen.  Bd.  XII.  Heft  2. 

Von  der  Schlesischen  Gesellschaft  für  vaterländische  Cultur  in 
Breslau:  Neunundsechszigster  Jahresbericht.  J.  Partscli: 
Litteratur  der  Landes-  und  Volkskunde  der  Provinz  Schle¬ 
sien,  Heft  1  (Ergänzungsheft  zum  69.  Jahresbericht). 

Von  dem  Verein  für  schlesische  Insectenkunde  in  Breslau: 
Zeitschrift.  N.  F.  17.  Heft. 

Von  dem  Naturforschenden  Verein  in  Brünn:  Verhandlungen, 
XXIX.  Bd.  IX.  Bericht  der  meteorologischen  Commission. 

/  5 


Von  der  Mährisch-schlesischen  Gesellschaft  für  Ackerbau,  Natur- 
und  Landeskunde  in  Brünn  :  Mittheilungen.  71.  Jahrg.  1891. 
Von  der  Königlich-ungarischen  geologischen  Anstalt  in  Buda¬ 
pest:  Mittheilungen  aus  d.  Jahrbuche.  IX.  Bd.  6.  Heft;  X.  Bd. 
Heft  1.  2.  Földtani  Közlöny.  XXL  Kötet,  Füzet4 — 12;  XXII. 
Kötet,  Füzet  1 — 4.  Dritter  Nachtrag  zum  Katalog  der  Biblio¬ 
thek.  Jahrbuch  für  1890. 

Von  der  Redaction  der  Termeszetrajzi  Füzetek  in  Budapest: 

Termeszetrajzi  Füzetek.  XIV,  Nr.  3.  4;  XV,  Nr.  1.  2.  3. 

Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Danzig:  Schriften. 
N.  F.  VIII.  Bd.  1.  Heft.  Festschrift  zur  Feier  des  150jälir. 
Bestehens  der  Naturförsehenden  Gesellschaft  in  Danzig  am 
2.  Januar  1892  (2.  Heft  des  VIII.  Bandes). 

Von  dem  Verein  für  Erdkunde  in  Darmstadt:  Notizblatt  (IV. 
Folge),  12.  Heft. 

Von  der  Isis,  Naturwissenschaftliche  Gesellschaft  in  Dresden: 

Sitzungsberichte  u.  Abhandlung-en.  1891.  Juli— Dezember. 
Von  der  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde  in  Dresden 
Jahresbericht,  Sitzungsperiode  1891 — 1892. 

Von  der  Pollichia,  Naturwissenschaftlicher  Verein  der  Rhein¬ 
pfalz:  Festschrift  zur  50jährigen  Stiftungsfeier. 

Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Emden:  76.  Jahres¬ 
bericht. 

Von  der  Physikalisch  -  medizinischen  Societät  in  Erlangen: 

t/  o 

Sitzungsberichte.  24.  Heft. 

Von  der  Senckenbergischen  naturforschenden  Gesellschaft  in 
Frankfurt  a.  M.:  Abhandlungen.  Bd.  XVII.  Bericht  1892.  Ka¬ 
talog  der  Batrachier-Sammlung  im  Museum. 

Von  dem  Naturwissenschaftlichen  Verein  in  Frankfurt  a.  d.  Ö.: 
Helios:  9.  Jahrg.,  Nr.  7 — 12;  10.  Jahrg.,  Nr.  1 — 8.  Societatum 
litterae,  5.  Jahrg.,  Nr.  9 — 12;  6.  Jahrg.,  Nr.  1 — 10. 

Von  der  Oberlausitzischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in 
Görlitz:  Neues  Lausitzisches  Magazin.  Bd.  67,  Heft  2;  Bd.  68, 
Heft  1.  2. 

Von  dem  Zoologischen  Institut  in  Graz:  Arbeiten.  V.  Nr.  1. 
Von  dem  Verein  der  Aerzte  in  Steiermark  in  Graz:  Mitthei¬ 
lungen.  XXVII.  Vereinsjahr  1891. 

Von  dem  Naturwissenschaftlichen  Verein  von  Neu-Vorpommern 
und  Rügen  in  Greifswalde :  Mittheilungen.  23.  Jahrg. 

Von  dem  Verein  der  Freunde  der  Naturgeschichte  in  Mecklen¬ 
burg-  in  Güstrow  i.  Meckl. :  Archiv.  45.  Jahr. 

Von  der  Leopoldinisch-Carolinischen  Akademie  der  Naturfor¬ 
scher  in  Halle:  Leopoldina,  1892,  Nr.  1 — 22. 

Von  dem  Naturwissenschaftlichen  Verein  für  Sachsen  und  Thü- 


ringen  in  Halle :  Zeitschrift.  64.  Bd.  Heft  4.  5.  6 ;  65.  Bd.  Heft 

1.  2.  3. 

Von  dem  Verein  für  Erdkunde  in  Halle:  Mittheilungen.  1892. 

Von  der  Naturhistorischen  Gesellschaft  in  Hannover:  40.  u.  41. 
Jahresbericht. 

Von  dem  Naturhistorisch-medizinischen  Verein  in  Heidelberg: 
Verhandlungen  (N.  F.),  Bd.  IV,  Heft  5. 

Von  dem  Siebenbürgischen  Verein  für  Naturwissenschaften  in 
Hermannstadt:  Verhandlungen  u.  Mittheilungen.  XLI.  Jahrg. 

Von  der  Medizinisch  -  naturwissenschaftlichen  Gesellschaft  in 
Jena:  Jenaische  Zeitschrift,  26.  Bd.,  Heft  3  u.  4;  27.  Bd.,  Heft 
1  u.  2. 

Von  dem  Ferdinandeum  für  Tirol  und  Vorarlberg*  in  Innsbruck: 
Zeitschrift  des  Ferdinandeums  (3.  F.),  36.  Heft. 

Von  dem  Naturwissenschaftlichen  Verein  für  Schleswig-Holstein 
in  Kiel:  Schriften.  Bd.  IX,  Heft  2. 

Von  der  K.  physikalisch-ökonomischen  Gesellschaft  in  Königs¬ 
berg:  Schriften.  32.  Jahrg.  (1891). 

Von  dem  Botanischen  Verein  in  Landshut:  Zwölfter  Bericht. 

Ton  der  Bibliothek  der  Universität  in  Leipzig:  37  Dissertationen, 
nämlich:  E.  P.  Knothe:  Bestimmung  aller  Untergruppen  der 
projektiven  Gruppe  des  linearen  Komplexes.  —  J.  Hartmann: 
Die  Vergrösserung  des  Erdschattens  bei  Mondfinsternissen.  — 
F.  V.  Droelshauvers-Dery :  Grundlage  einer  neuen  Methode 
der  Schallstärkemessung.  —  F.  Hausdorff:  Zur  Theorie  der 
astronomischen  Strahlenbrechung.  —  M.  Strahl- Schroeder : 
Ueber  Wasser-  und  Luftkapazität  einiger  Bodenarten.  —  A. 
Puricelli:  Ueber  den  wirthschaftlichen  Erfolg  der  Düngung 
auf  Böden  von  verschiedener  natürlicher  Fruchtbarkeit.  — 
E.  Massute:  Das  Dörr-Gemüse  in  seiner  volkswirtschaftlichen 
Bedeutung*.  —  W.  Thiel:  Ueber  Derivate  der  Campholen- 
säure.  —  K.  Peters:  Ueber  die  Einwirkung*  von  Dinatrium- 
alonsäureester  auf  2  x  5 —  Dibromnormahexan.  —  E.  Sattler: 
Ueber  die  Condensation  von  Chloral  mit  Autophenon.  —  P. 
Offenhauer:  Ueber  Halogensubstitutionsprodukte  des  norma¬ 
len  Butans,  des  a-  und  ß-Butylans.  —  Th.  Kircheisen:  Ueber 
die  Condensation  von  Acuton  und  Chloral.  —  R.  P.  F.  Matz: 
Ueber  die  Einwirkung*  von  Schwefelsäure  auf  Benzilsäüre.  — 
R.  Revher:  Ueber  die  Bromirung*  des  Kampfersäureanhydrids 
und  der  Kamphersäure  und  über  die  Oxydation  der  Kamphan- 
säure.  —  M.  Schmidt:  Ueber  die  Einwirkung  schwefeliger 
Säure  auf  Isonitrosoverbindungen.  —  P.  Kraus:  lieber  die 
Synthese  und  Konstitution  der  Brenzterebinsäure.  —  A.  Win¬ 
ter:  Zur  Kenntniss  des  isocvansauren  Allvläthers.  —  W, 


Bersch:  Ueber  die  Umsetzung  von  Oxvden  und  Hvdroxvden 
schwerer  Metalle  mit  Halogenverbindung  der  Alkalien.  — 

F.  Rothenbach:  Ueber  die  Doppelsalze  der  Vanadin-  und 
Wolframsäure.  —  M.  Keuscher:  Versuche  des  Aufbaues  vier- 
basischer  organischer  Säuren  der  Fettreihe  aus  einigen  mo- 
nohalogenirten  zweibasischen  vermittelst  molekularen  Silbers. 
—  L.  Hartung:  Zur  Kenntniss  des  Hexamethylenamins.  — 
C.  Lauenstein:  Untersuchungen  über  die  innere  Reibung 
wässeriger  Natronsalzlösungen  organischer  Säuren.  —  K.  Barth : 
Beiträge  zur  Kenntniss  der  komplexen  Salze  der  schwefligen 
Säure.  —  R.  Bach:  Thermochemie  des  Hydrazins  nebst  einer 
Bemerkung  über  die  Molekularrefraktion  einiger  Stickstoffver¬ 
bindungen.  —  E.  Looft:  Ueber  die  rohen  Holzgeistöle  und 
das  Ketomethylpentenylen.  —  D.  Nissen:  Ueber  ß-Orthochlor- 
benzaldoxim.  —  P.  Waiden  :  Ueber  die  Affinitätsgrössen  einiger 
organischen  Säuren  und  ihre  Beziehungen  zur  Konstitution 
derselben.  —  J.  E.  Trevor:  Ueber  die  Mischung  kleiner  Disso¬ 
ziationsgrade.  —  H.  Pfeiffer:  Ueber  Lösungen  von  begrenzter 
Mischbarkeit.  —  F.  Lafar:  Bakteriologische  Studien  über 
Butter.  —  E.  Korn:  Ueber  Fortbildung  der  Arten  durch  Natur¬ 
triebe  und  Domestikation.  —  C.  Stich:  Athmung  der  Pflanzen 
bei  verminderter  Sauerstoffspannung  und  bei  Verletzungen.  — 
Th.  Lange:  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Entwicklung  der  Ge- 
fässe  und  Tracheiden.  —  C.  Kohl:  Das  Auge  von  Petromyzon 
Planeri  und  von  Myxine  glutinosa.  —  L.  Böttger:  Geschicht¬ 
liche  Darstellung  unserer  Kenntnisse  und  Meinungen  von  den. 
Korallenbauten.  —  N.  Creutzberg:  Untersuchungen  über  den 
Bau  und  Entwickelung  von  Distomum  oxycaudatum  Vulp.  — 

G.  H.  Lehnert:  Beobachtungen  an  Landplanarien. 

Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Leipzig:  Sitzungs¬ 
berichte.  17.  u.  18.  Jahrg. 

Von  dem  Verein  für  Erdkunde  in  Leipzig:  Mittheilungen.  1891. 

Vom  Ungarischen  Karpathen-Verein  in  Leutschau:  Jahrbuch.. 
XIX.  Jahrg. 

Von  dem  Naturwissenschaftlichen  Verein  in  Magdeburg:  Jahres¬ 
bericht  und  Abhandlungen.  1891. 

Von  der  Gesellschaft  zur  Beförderung  der  gesammten  Natur¬ 
wissenschaften  in  Marburg:  Schriften.  Bd.  12.  4.  Abhandl. 
Sitzungsberichte.  1891. 

Von  der  Königlich  bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften 
in  München:  Sitzungsberichte  der  mathem. -physik.  Klasse. 
1891  Heft-  3;  8192  Heft  1.  2. 

Von  der  Gesellschaft  für  Morphologie  und  Physiologie  in  Mün¬ 
chen:  Sitzungsberichte)  VII.  2.  u.  3.  Heft;  VIII.  1.  Heft. 


Ton  dem  Verein  für  Naturkunde  in  Offenbach :  20. — 02.  Bericht. 
Von  dem  Naturhistorischen  Verein  Lotos  in  Präg:  Lotos  (N.  F.) 
XII.  Band. 

Von  der  K.  Böhmischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Prag: 
Abhandlungen  (N.  F.)  Bd.  IV.  Jahresber.  für  1891.  Sitzungs¬ 
berichte,  Mathem.-Naturvv.  Klasse,  1891. 

Von  dem  Verein  für  Natur-  und  Heilkunde  in  Pressburg:  Ver¬ 
handlungen  (N.  F.)  7.  Heft. 

Von  dem  Naturwissenschaftlichen  Verein  in  Regensburg*:  Be- 

o  o 

richte  des  Naturwissenschaftlichen  Vereins.  III.  Heft  für  die 
Jahre  1890—1891. 

Von  dem  Entomologischen  Verein  in  Stettin:  Entomologische 
Zeitung.  51.  Jahrg.  1890.  52.  Jahrg*.  Nr.  1—  12.  53.  Jahrg. 

'  Nr.  1 — 3;  4 — 6. 

Von  dem  Verein  für  Erdkunde  in  Stettin:  Jahresbericht  1889 
bis  1891. 

Von  dem  Verein  für  vaterländische  Naturkunde  in  Württem¬ 
berg  in  Stuttgart:  Jahreshefte,  48.  Jahrg*.  s 

Von  der  Societa  Adriatica  di  scienze  naturali  in  Triest:  Bolle- 
tino,  XXII,  Parte  1.  2. 

Von  dem  Naturwissenschaftlichen  Verein  des  Harzes  in  Werni¬ 
gerode:  Schriften.  VI.  Bd.,  VII.  Bd. 

Von  der  Kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien: 
Sitzungsberichte  der  mathem.-nat.  Klasse.  Abth.  I,  Bd.  C,  1. — 
7.  H.;  II a,  Bd.  C,  1.-7.  H.;  Ilb,  Bd.  C,  1.— 7.  H.;  III,  Bd.  C, 
L— 7.  H. 

Ton  der  Kaiserlichen  geologischen  Reichsanstalt  in  Wien:  Ver¬ 
handlungen,  1891,  Nr.  15 — 18;  1892,  Nr.  1 — 10.  Jahrbuch,  1891, 
Heft  2.  3;  1892,  Heft  1. 

Ton  dem  K.  K.  Naturhistorischen  Hofmuseum  in  Wien.  1.  Burg¬ 
ring:  Annalen.  Bd.  VII,  Nr.  12. 

Von  der  K.  K.  geographischen  Gesellschaft  in  Wien:  Mitthei¬ 
lungen.  1891. 

Von  dem  Verein  zur  Verbreitung  naturwissenschaftlicher  Kennt¬ 
nisse  in  Wien:  Schriften.  31.  Bd. 

Von  der  K.  K.  Zoologisch-botanischen  Gesellschaft  in  Wien: 

Verhandlungen.  1891.  3.  u.  4.  Quartal;  1892.  1.  u.  2.  Quartal. 
Von  dem  Verein  für  Naturkunde  in  Nassau  in  Wiesbaden: 
Jahrbücher  des  Nassauisclien  Vereins  für  Naturkunde,  Jahrg. 
45. 

Von  der  Physikalisch-medizinischen  Gesellschaft  in  Würzburg: 
Verhandlungen  (N.  F.),  XXV.  Bd.  Sitzungsberichte.  Jahrg. 
1891. 

Von  dem  Verein  für  Naturkunde  in  Zwickau:  Jahresber.  1891. 


68 


Von  (1er  Königl.  Geologischen  Landesanstalt  und  Bergakademie- 
in  Berlin:  Mittheilungen,  N.  F.,  Heft  5—8.  11.  13.  Abhand¬ 
lungen  zur  geol.  Specialkarte,  Bd.  IX,  Heft  3,  nebst  Atlas» 
X,  Heft  3.  4.  Jahrbuch  für  1889.  1890.  Geologische  Special¬ 
karte,  Lief.  41  (8  Blätter),  44  (9  Bl.),  49  (4  BL),  50  (6  Bl.),  51 
(4  Bl.),  54  (5  BL),  55  (6  BL),  56  (4  BL)  nebst  Erläuterungen. 

Von  der  Naturhistorischen  Gesellschaft  in  Nürnberg:  Abhand¬ 
lungen.  IX.  Bd. 

Von  der  Akademie  der  Wissenschaften  in  Krakau:  Anzeiger» 


1892.  Nr.  1—10. 

Von  dem  Musealverein  für  Krain  in  Laibach:  Mittheilungen» 
5.  Jahrg.  1.  u.  2.  Abtheil.  Izvestja  muzejskega  drustva  za 
Kranjsko.  Drugi  letnik. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  und  Naturhistorischen 
Museum  in  Lübeck:  Mittheilungen  (2.  Beilie)  Heft  3.  Jahres¬ 
bericht  des  Naturhist.  Museums  in  Lübeck  f.  d.  J.  1891. 

Von  dem  Wiener  Entomologischen  Verein  in  Wien:  II.  Jahres¬ 
bericht. 

Von  dem  Verein  der  Naturfreunde  in  Reichenberg:  Mitthei¬ 
lungen.  23.  Jahrg. 

Von  der  Aargauischen  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Aarau r 
Mittheilungen.  VI.  Heft. 

Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Basel:  Verhandlungen 
der  Naturforschenden  Gesellschaft,  Bd.  IX,  Heft  2. 

Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Bern:  Mittheilungen 
a,  d.  J.  1891,  Nr.  1265—1278. 

Von  der  Schweizerischen  Gesellschaft  für  die  gesammten  Natur¬ 
wissenschaften  in  Bern:  Neue  Denkschriften,  Bd.  XXXII,., 
Abth.  II.  Verhandlungen,  74.  Jahresversammlung. 

Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft  Graubündtens  in  Chur  r 
Jahresbericht  (N.  F.).  XXXV.  Jahrg. 

Von  derThurgauischen  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Frauen¬ 
feld:  Mittheilungen.  10.  Heft. 

Von  der  St.  Gallischen  Naturwissenschaftlichen  Gesellschaft  in 
St.  Gallen:  Bericht  über  die  Thätigkeit  der  Gesellschaft  w.  d» 
J.  1889/90. 

Von  der  Societe  de  physique  et  d’histoire  naturelle  in  Genever 
Memoires.  Vol.  supplem.  Centenaire  de  la  fondation  de  la. 


Societe. 

Von  der  Societe  Vaudoise  des  Sciences  naturelles  in  Lausanner 
Bulletin  (3.  Ser.),  Vol.  XXVII,  Nr.  105—108. 

Von  der  Societe  Murithienne  in  Sion  (Valais):  Bulletin  des- 
travaux  de  la  Soc.  Murithienne.  Fase.  XIX  et  XX. 

Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Zürich:  Vierteljahrs- 


Schrift,  3h.  Jahrg\,  Heft  2 — 4;  37.  Jahrg.,  Heft  1.  2.  Neuj ahrs¬ 
blatt  auf  das  Jahr  1892.  Generalregister  der  Publikationen 
der  Naturf.  Gesellsch.  in  Zürich. 

Von  der  Schweizerischen  Botanischen  Gesellschaft  in  Zürich: 
Berichte.  Heft  2. 

Von  der  Academie  royale  des  Sciences  in  Amsterdam:  Verhan- 
delingen.  29.  Deel.  Verslagen  en  mededeelingen,  Afd.  Letter¬ 
kunde  (3.  R.)  8.  Deel;  Afd.  Natuurkunde  (2.  R.)  8.  Deel.  — 
Jaarboek  voor  1891.  Veianius. 

t 

Von  der  Ecole  polytechnique  in  Delft:  Annales.  Tome  VII,  Liv. 
2.  et  3.  4. 

Von  der  Nederlandsehe  Dierkundige  Vereeniging  in ’SGraven- 
hage:  Tijdschrift  (2.  S.),  III,  Aflev.  3.  4.  Wet  van  de  Nederl. 
Dierk.  Vereenig.,  vastgesteld  13.  December  1891.  Catalogus 
der  Bibliotheek  (3.  uitgave),  eerste  vervolg. 

Von  der  Nederlandsehe  Entofnologische  Vereeniging  in  ’S  Gra- 
venhage:  Tijdschrift,  XXXIV,  Aflev.  3.  4;  XXXV,  Aflev.  1.  2. 
(Auf  Reclamation:  Tijdschrift,  XXXIII,  Aflev.  1.  2.) 

Von  dem  Musee  Teyler  in  Harlem:  Archives  (Ser.  II),  VoL  III, 
Part.  7. 


Von  der  Nederlandsehe  Maatschappij  ter  bevordering  van  nij- 
verheid  in  Harlem:  Tijdschrift,  1892,  Nr.  1.2.  Koloniaal  Mu¬ 
seum,  Bulletin,  Nr.  3.  Weekblad  Nr.  1 — 13,  14 — 26  Ofhcieele 
Mededeelingen,  1892,  Stuk  1 — 4.  Museum  en  school  voor 
Kunstnijverheid.  Verslag  2de  halfjaar  1891. 

Von  der  Societe  Hollandaise  des  Sciences  in  Harlem:  Archives 
Neerlandaises,  T.  XXV,  Livr.  1 — 3.  J.  Th.  Oudemans:  Die 
accessorischen  Geschlechtsdrüsen  der  Säugethiere.  Oeuvres 
completes  de  Chr.  Huygens.  IV.  Correspondance,  1662—1663. 

Von  der  Nederlandsehe  botanische  Vereeniging  in  Leiden:  Ne- 
derlandsch  Kruidkundig  archief  (2.  S.),  6.  Deel,  1.  Stuk. 

Von  L’Institut  royal  grand-ducal  du  Luxembourg  in  Luxem¬ 
bourg:  Publications,  T.  XXI.  Observations  meteorologiques 
1884-1888.  Vol.  V. 

Von  der  Direktion  von  „La  Cellule“,  recueil  de  cytologie  et 
d’histologie  generale  in  Louvain:  La  Cellule,  T.  VII,  Fase.  2; 
T.  VIII,  Fase.  1. 

Von  der  Academie  royale  de  medeeine  de  Belgique  in  Bruxelles: 
Bulletin  (4.  S.),  T.  V,  Nr.  11 ;  T.  VI,  Nr.  1—10.  Memoires  cou- 
ronnes  et  autres  memoires;  coli,  in  8°.  T.  X,  Fase.  5;  T.  XI, 


de  Liege: 


Fase.  1—5. 

Von  L’Association  des  Ingenieurs  sortis  de  l’Ecole 

Annuaire  (5.  S.),  T.  IV,  Nr.  4;  T.  V,  Nr.  1 — 4.  Bulletin  (N.  S), 
T.  XVI,  Nr.  1—5. 


70 


Von  der  Societe  geologique  de  Belgique  in  Liege:  Annales, 
T.  XVIII,  Livr.  2;  T.  XIX,  Livr.  1—3. 

Von  der  Societe  royale  des  Sciences  in  Liege:  Memoires  (2.  Ser.) 
T.  XVII. 


Von  der  Kruidkundig  Genootschap  Dodonaea  in  Gent:  Bota¬ 
nisch  Jaarboek.  4.  Jaargang'. 

Von  der  Societe  Linneenne  de  Bordeaux  in  Bordeaux:  Actes 


T.  XLIII. 

Von  der  Societe  nationale  des  Sciences  naturelles  in  Cherbourg: 
Memoires.  T.  XXVII. 

Von  der  Societe  d’histoire  naturelle  in  Colmar:  Mittheilungen 
(N.  F.)  I.  Bd.  (1889-1890). 

Von  der  Societe  Linneenne  in  Lyon:  Annales.  1888.  1889.  1890. 
Saint-Lager  :  La  priorite  des  noms  de  plant  es;  la  guerue 
des  nymphes  suivie  de  la  nouvelle  incarnation  de  Buda. 

Von  der  Academie  des  Sciences  et  lettres  in  Montpellier:  Me¬ 
moires  (Sciences)  T.  XI,  Nr.  2;  (Medecine)  T.  VI,  Nr.  2. 

Von  der  Societe  des  Sciences  naturelles  in  Nancv:  Bulletin. 
24e  Annee. 

Von  der  Societe  botanique  de  France  in  Paris:  Bulletin.  T. 
XXXVI.  Actes  du  con  g res.  Paris  1889,  3e  et  dernier  tasc. 
XXXVIII.  Compt.  Rend.  d.  Seances  6.  Revue  bibliograph.  D. 
Titel  und  Inhalt.  Session  extraord.  a  Collioure.  1.  2.  Partie. 
XXXIX  Compt.  Rend.  d.  Seances  1.  2.  3.  4.  Revue  bibliogT. 
A.  B. 

Von  der  Societe  geologique  de  France  in  Paris:  Bulletin.  (3.  S.) 

T.  XIX.  Nr.  10.  11.  12.  13;  XX.  Nr.  1.  2.  3. 

Von  der  Societe  zoologique  de  France  in  Paris:  Bulletin.  XVI. 
Nr.  9.  10;  XVII.  Nr.  1.  2.  3.  4.  5.  (I.  7.  8.  Memoires.  T.  IV. 
Partie  5  et  derniere;  T.  V,  Part.  1.  2.  3.  4. 

Von  der  Accademia  Gioenia  di  seienze  naturali  in  Catania : 
Bullettino  mensile,  Fase.  XXIII.  XXIV.  XXV— XXVIII.  XXIX. 
Atti.  (Ser.  IV.)  Vol.  III.  IV. 

Von  der  Societa  entomologica  Italiana  in  Firenze:  Bullettino.- 
XXIII.  Trim.  Ie  II,  Ille  IV;  XXIV.  Trim.  1.  2. 

Von  dem  Museo  Civico  di  storia  naturale  in  Genova:  Annali 
(2.  S.),  Vol.  X,  XI. 

Von  dem  R.  Istituto  Lombardo  di  seienze  e  lettere  in  Milano  : 
Memorie  Vol.  XVI,  fase.  III;  Vol.  XVII,  fase.  V.  Rendiconti 
(Ser.  II),  Vol.  XXIV. 

Von  der  Societa  dei  Naturalisti  in  Modena:  Atti  (S.  3),  Vol.  X, 
Fase.  2;  Vol.  XI,  Fase.  1.  2. 

Von  der  Accademia  delle  seienze  lisiche  et  matematiche  in  Na¬ 
poli:  Rendiconto  (S.  2),  V,  Fase.  1 — 12.  VI,  Fase.  1 — 6. 


71 


Von  der  Zoologischen  Station  in  Napoli:  Mittheilungen.  Bd.  X. 
Heft  2.  3. 

Von  der  Societa  Toscana  die  scienze  naturali  in  Pisa :  Processi 
Verbali,  Vol.  VIII.  Adunanza  15.  nov.  1891;  17.  gennaio,  13. 
marzo,  15.  maggio,  3.  luglio  1892.  Memorie.  Vol.  VI,  fase.  3o. 

Von  der  Reale  accademia  dei  Lincei  in  Roma :  Rendiconti 
(S.  4.)  Vol.  VIT.  2.  Semestre.  Fase.  11.  12.  (S.  5.)  Vol.  I.  1.  Se- 
mestre.  Fase.  1 — 12;  2.  Semestre.  Fase.  1 — 10.  Rendiconto 
dell  adunanza  solenne  del  5  giugno  1892  onorata  della  pre- 
senta  di  S.  M.  il  Re. 

Von  dem  Reale  comitato  geologieo  d’Italia  in  Roma:  Bollettino. 
1891.  Nr.  4;  1892.  Nr.  1.  2. 

Von  der  Societa  geologica  Italiana  in  Roma:  Bollettino.  Vol.  X. 
Fase.  1—4;  Vol.  XI.  Fase.  1. 

Von  dem  R.  Istituto  Veneto  di  scienze,  lettere  ed  arti  in  Ve- 

-  nezia:  Atti,  Ser.  7  a,  Tomo  I,  disp.  10;  Tomo  II,  disp.  1 — 10; 
Tomo  III,  disp.  1—3. 

Von  der  Accademia  medico-chirurgica  in  Perugia:  Atti  e  Ren¬ 
diconti.  Vol.  III.  Fase.  2.  3.  4.  Vol.  IV.  Fase.  1.  2. 

Von  der  Sociedade  Broteriana  in  Coi'mbra:  Boletim.  IX.  Fase. 

Von  der  Sociedade  de  geographia  in  Lisboa:  Boletim.  (10.  Ser.) 
Nr.  1  —  12.  11.  Ser.  Nr.  1.  2. 

Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Dorpat:  Schriften.  VI. 
Sitzungsberichte,  9.  Bd.,  3.  Heft. 

Von  der  Universitätsbibliothek  in  Dorpat:  Personal  der  Kaiser¬ 
lichen  Universität,  1892,  Sem.  I.  Verzeichniss  der  Vorlesun¬ 
gen,  1891,  Sem.  II;  1892,  Sem.  I.  J.  v.  Kennel:  Die  Ab¬ 
leitung*  der  Vertebratenaugen  von  den  Augen  der  Anneliden. 
68  Dissertationen,  nämlich:  Abdul  -  Achundow  :  Commentar 
zum  sog.  Liber  fundamentorum  pharmacologiae  des  Abur 
Mansur  Muwaffak-Ben-Ali-el  Hirowi.  —  W.  v.  Schulz:  Ein 
Beitrag  zur  Kenntniss  der  Sarsaparille.  —  W.  Bülow:  Bei¬ 
träge  zur  Kenntniss  der  Wirkungen  der  Radix  Ononidis.  — 
E.Kahn:  Systematische  Anordnung  u.  krit.  Besprechung  einiger 
Gruppen  neuer  Arzneimittel  der  letzten  15  Jahre.  —  0.  Hiller- 
Bombien:  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Geoffroyrinden.  —  E. 
Birsmann:  Studien  über  die  Alkaloide  der  Corvdalis  nobilis 
Pers.  —  W.  Adolphi:  Ein  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Chebu- 
linsäure.  —  N.  Kromer:  Studien  über  Convolvulaceenglycoside. 
R.  Greve:  Die  falschen  Chinarinden  der  Sammlung  des  Dor- 

\  pater  pharmaceutischen  Instituts.  —  G.  Johannson:  Beiträge 
zur  Pharmacognosie  einiger  bis  jetzt  wenig  bekannter  Rinden. 
—  A.  A.  v.  Henrici:  Weitere  Studien  über  die  Volksheil¬ 
mittel  verschiedener  in  Russland  lebender  Völkerschaften.  — 


72 


A.  Schmuli:  Ueber  das  Schicksal  des  Eisens  im  thierischen 
Organismus.  —  H.  Schulz:  Ueber  Gold  und  Platin.  —  Z.  N. 
Zotos:  Ein  Beitrag*  zur  Kenntniss  des  Cerberins.  —  J.  Glass: 
Ueber  den  Einfluss  einiger  Natronsalze  auf  Sekretion  und 
Alkaliengehalt  der  Galle.  —  E.  Orlowski :  Ein  experimenteller 
Beitrag  zur  Kenntniss  der  Einwirkung  des  Atropins  auf  die 
Respiration.  —  A.  Jordan:  Ueber  die  Wirkungsweise  zweier 
Derivate  des  Guanidins.  —  M.  Frischmuth:  Untersuchungen 
über  das  Gummi  des  Ammoniak-,  Galbanum-  und  Myrrhen¬ 
harzes.  —  A.  Grünfeld:  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Mutter¬ 
kornwirkung.  —  M.  Goldfarb:  Wirkung  des  Jodcvans.  — 
Orzepowski:  Untersuchungen  über  die  Beschaffenheit  der 
Luft  im  Auditorium  des  Anatomicums  zu  Dorpat.  —  D.  Ta- 
taroff:  Die  Dorpater  Wasser bakterien.  —  S.  Schulmann:  Bac- 
teriologische  Untersuchungen  des  Dorpater  Universitätsleituns- 
wassers.  —  J.  Chasanon :  Der  Keimgehalt  des  Dorpater 
Universitätsleitungswassers  i.  d.  M.  Jan.,  Febr.,  März  1892.  — 
W.  Graumann:  Untersuchung  von  Bodenluft  in  Dorpat  Oct. 
1890 — Juni  1891.  —  H.  Walter:  Ueber  den  Schwefel-  und  Phos¬ 
phorgehalt  der  Milzzellen  des  Rindes  in  seinen  verschiedenen 
Entwickelungsstadien.  —  W.  Krüpffer:  Ueber  die  Ursache 
des  Geburtseintritts  auf  Grundlage  vergleichend-anatomischer 
Untersuchungen.  —  W.  Lunin:  Zur  Diagnostik  pathologischer 
Trans-  und  Exsudate  mit  Hülfe  der  Bestimmung  des  spec. 
Gewichts.  —  W.  Kalenkiewicz :  Das  Oedem  der  Milzpulpe.  — 
A.  Blumenthal :  Experimentelle  Untersuchungen  über  den 
Lungenwechsel  bei  den  verschiedenen  Formen  des  Pneumo¬ 
thorax.  —  A.  Smiechowski:  Ueber  das  erste  Auftreten  des 
Hämoglobins  bei  Hühnerembryonen.  —  G.  Engelmann:  Ueber 
das  Verhalten  des  Endothels  der  Blutgefässe  bei  der  Aus¬ 
wanderung  der  Leukozyten.  —  Gr.  Tereschtschenko :  Haben 
vasomotorische  Lähmungen  Aenderungen  der  Durchlässigkeit 
der  Gefässwand  und  Störungen  der  histologischen  Struktur 
des  Blutgefässendothels  zur  Folge?  —  H.  Freiberg:  Experi¬ 
mentelle  Untersuchungen  über  die  Regeneration  der  Blut¬ 
körperchen  im  Knochenmark.  —  L.  Winteler:  Experimentelle 
Beiträge  zur  Frage  des  Kreislaufes  der  Galle.  —  C.  Tomberg: 
Zur  Kritik  des  Fleischl’schcn  Hämometers.  —  H.  Hirschfeldt: 
Ein  Beitrag  zur  Frage  der  Peptonurie.  —  A.  Ost:  Beiträge 
zur  Bestimmung  der  Capacität  des  Magens.  —  J.  Dsirne: 
Ein  Beitrag  zur  Lehre  vom  Tode  durch  Ertrinken.  —  A.  v. 
Erdberg:  Zur  Prophylaxe  der  Blennorrhoea  neonatorum  am 
Kreisbett.  —  N.  Ehrlich:  Ueber  die  osteoplastische  Amputation 
des  Oberschenkels  nach  Gritti  ...  —  T.  Schulmann:  Unter- 


73 


suchungen  über  die  Struktur  des  elastischen  Gewebes  der 
gesunden  und  kranken  Arterienwand.  —  C.  Klecko :  Experi¬ 
mentelle  Untersuchungen  über  die  Zellbrücken  in  der  Darm¬ 
muskulatur  der  Raubthiere.  —  C.  Beier:  Untersuchungen 
über  das  Vorkommen  von  Gallensäuren  und  Hippursäure 
in  den  Nebennieren.  —  A.  Stoftregen:  Ueber  das  Vorkommen 
von  Pepton  im  Harn.  Sputum  und  Eiter.  —  R.  Anselm:  Ueber 
die  Eisenausscheidung  durch  die  Galle.  —  J.  Ansin :  Das  Eisen 
in  der  Leiche.  —  H.  Grabe:  Untersuchungen  des  Blutfarb¬ 
stoffs  und  sein  Absorptionsvermögen  für  violette  und  ultra¬ 
violette  Strahlen.  —  A.  Westberg:  Beiträge  zur  Kenntniss 
der  Schwefelkohlenstoffvergiftung.  —  J.  Dombrowski:  Exp, 
Unters,  ü.  d.  Einfi.  ein.  Abführmittel  auf  Sekretion  und  Zu¬ 
sammensetzung  der  Galle,  sowie  über  deren  Wirkung  bei 
Gallenabwesenheit  im  Darme.  —  P.  Kollmann:  Ueber  den 
Ursprung  der  farbstoffgebenden  Substanzen  des  Blutes.  — 
W.  Lenz:  Ueber  den  Calciumgehalt  der  Leberzellen  des  Rindes 
in  seinen  verschiedenen  Entwickelungsstadien.  —  E.  v.  Rennen- 
kampff:  Ueber  die  in  Folge  intravaskulärer  Injektion  von 
Cytoglobin  eintretenden  Blutveränderungen.  —  S.  Kröger: 
Ein  Beitrag  zur  Physiologie  des  Blutes.  —  R.  Holz:  Ueber 
die  Unterschiede  in  der  Zusammensetzung  des  Blutes  männh 
u.  weibl.  Katzen,  Hunde  und  Rinder.  —  R.  Lande :  Analysen 
der  Amnion-  und  Allantoisflüssigkeiten  beim  Rinde.  —  A.  Eber¬ 
hardt:  Ueber  d.  sog.  körnigen  Zerfall  und  Querzerfall  der 
elastischen  Fasern  und  Platten  in  ihrer  Beziehung  zu  den 
Erkrankungen  des  Arteriensystems.  —  H.  Baron  Kriidner: 
Ein  Beitrag  zur  pathologischen  Anatomie  der  Amyloidtumoren. 
—  H.  Büttner :  Polizeiärztliche  Untersuchungen  über  das 
Vorkommen  von  Gonococcen  im  weiblichen  Genitalserum.  — 
St.  Ratomvski:  Die  Harncvlinder  im  ei  weissfreien  Urin.  — 
0.  Spehlmann:  Ein  Beitrag  zur  Kenntniss  der  lingua  geogra¬ 
phica.  —  E.  Mey:  Ueber  profuse  Magenblutungen  und  Hy¬ 
drops  anasarka  als  initiale  Symptome  des  Magencarcinoms.  — 
R.  v.  Gernet :  Das  plexiforme  Fibrom  der  Nerven  und  der 
Haut.  —  L.  Daraskiewicz :  Ueber  Hebephrenie,  insbesondere 
deren  schwere  Form.  —  A.  Tochtermann:  Ueber  die  Circu- 
lationsstörungen  im  epileptischen  Anfall.  —  H.  Gotard:  Ueber 
die  Auslösung  von  Reflexen  durch  Summation  electrischer 
Hautreize.  —  A.  Behr:  Die  Frage  der  „Katatonie“  oder  des 
Irreseins  mit  Spannung.  —  G.  Ratner:  Zur  Metamorphose 
des  Darmes  bei  der  Froschlarve. 

Von  der  Finnländischen  medizinischen  Gesellschaft  in  Helsing- 
fors:  Handlingar.  Bd.  XXXIV.  Nr.  1—12. 


74 


Von  der  Societas  scientiarum  Fennica  in  Helsingfors:  Acta. 
T.  XVIII.  Öfversigt  af  Finska  Vetenskaps-Societetens  För- 
handlinger.  XXXIII. 

Von  der  Societe  des  Naturalistes  in  Kiew:  Sapiskij  Kiewskago 
obschestwa  estestwoispijtatelej.  T.  X.  Wip.  3.  4;  Tom.  XI.  Wip. 
1.  2.  Petr.  Petrowitsch  Alekseff. 

Von  der  Kaiserlichen  naturforschenden  Gesellschaft  in  Moskau: 

Bulletin,  1891,  Nr.  2.3.  4;  1892,  Nr.  1.  2. 

Von  der  Academie  Imperiale  des  seiendes  in  St.  Petersburg: 
Melanges  mathematiques  et  astronomiques  tires  du  bullet,  de 
l’Acad.  Imper.  d.  Sei.,  Tome  VII,  Livr.  1.  Mel.  biologiques 
tires  .  .  .,  Tome  XIII,  Livr.  1. 

Von  dem  Comite  geologique  in  St.  Petersburg:  Memoires.  Vol. 
XI,  Nr.  2;  XIII,  Nr.  1.  Bulletin.  IX,  Nr.  9.  10;  X,  Nr.  1—9; 
XI,  Nr.  1 — 4.  Supplem.  au  T.  X. 

Von  dem  Kaiserlichen  Botanischen  Garten  in  St.  Petersburg: 
Acta  Horti  Petropolitani,  T.  XI,  Fase.  II;  Tom.  XII,  Fase.  I. 
Von  dem  Naturforscher -Verein  in  Riga:  Korrespondenzblatt. 
XXXV. 


Vom  Bergen’s  Museum  in  Bergen:  Bergen’s  Museums  Aarsbe- 
retning  for  1890. 

Von  dem  Nyt  Magazin  for  Naturvidenskaberne  in  Christiania : 

32.  Bd.  Heft  4;  33.  Bd.  Hefte  1.  2.  3.  4. 

Von  der  Königl.  Universität  in  Lund:  Acta  Universitatis  Lun- 
densis.  T.  XXVII. 

Von  der  Entomologiska  Föreningen  in  Stockholm:  Entomologisk 
Tidskrift,  Arg.  12,  Hafte  1 — 4;  Arg.  13,  Hafte  1 — 4. 

Von  der  Königl.  Norwegischen  Wissenschafts-Gesellschaft  in 
Throndjem:  Skrifter.  1888—90. 

Von  dem  Tromsoe-Museum  in  Tromsoe:  Aarshefter  XIV  (1891). 
Von  der  Geologiska  Föreningen  in  Stockholm:  Förhandlingar. 

Bd.  13,  Haft  7;  Bd.  14,  Haft  1—6. 

Von  der  Botaniske  Forening  in  Kopenhagen:  Botanisk  Tids- 
skrift,  18.  Bd.,  1.  Meddelelser,  Bd.  2,  Nr.  9.  10. 

Von  dem  Stavanger  Museum:  Aarsberetning  for  1891. 

Von  der  Botanical  Society  in  Edinburgh:  Transactions  and 
Proceedings.  Vol.  XIX,  S.  191-233. 

Von  der  Royal  physical  society  of  Edinburgh  in  Edinburgh: 
Proceedings.  Vol.  XI,  Part.  I. 

Von  der  Royal  society  of  Edinburgh  in  Edinburgh :  Proceedings. 
Vol.  XVIII. 


Von  der  Natural  history  Society  in  Glasgow :  Transactions.  (N. 
S.)  Vol.  III,  Part,  II.  ' 

Von  der  Linnean  Societv  in  London:  Transactions.  2.  Ser.  Bo- 


mm 


75 


tany,  Vpl.  III,  Part  4 — 7.  Journal,  Botany,  Vol.  XXVI,  Nr.  176; 
XXVIII,  Nr.  194—196;  XXIX,  Nr.  197—201.  Zoology,  VoL 
XXIII,  Nr.  148;  XXIV,  Nr.  149-151.  Proceedings  from  No¬ 
vember  1888  to  June  1890.  List  of  Linnean  Societv  1891—92. 

t/ 

Von  der  Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science  in 
London:  Nature.  Yol.  45,  Nr.  1158 — 1174;  Index  zu  Vol.  45. 
Vol.  46,  Nr.  1175—1200;  Index  zu  Vol.  46.  Vol.  47,  Nr.  1201— 
1209. 

Von  der  Royal  microscopial  Societv  in  London:  Journal.  1892. 

Part  1 — 6.  Charter  and  Bye-Laws. 

Von  der  Zoological  Societv  in  London:  Transactions.  Vol.  XIII. 
Part.  4.  Proceedings.  1891.  Part.  4;  1892.  Part.  1—  3.  Index. 
Proc.  1881—90. 

Von  der  Litterary  and  philosophical  Society  in  Manchester; 

Memoirs  and  Proceedings.  (4.  S.)  Vol.  5.  Nr.  1.  2. 

Von  der  Liverpool  Biological  Society  (University  College,  Liver- 
pool)  in  Liverpool:  Proceedings  and  Transactions.  Vol.  VI. 
Von  dem  United  States  National  Museum  in  Washington:  Bul¬ 
letin  Nr.  41.  42. 

Von  der  Rochester  Academv  of  Science  in  Rochester,  N.  Y. : 
Proceedings.  Vol.  I.  Broch.  2. 

Von  dem  Missouri  Botanical  Garden  in  St.  Louis,  Mo.:  Third 
annual  report.  W.  Trelease:  The  species  of  Rumex  oc- 
curing  north  of  Mexico. 

Von  der  Wisconsin  Academv  of  Sciences,  Arts  and  L etter s  in 
Madison,  Wisc.:  Transactions.  Vol.  VIII. 

Von  der  Minnesota  Academy  of  Natural  Sciences  in  Minnea- 
polis,  Minnesota:  Bulletin.  Vol.  III.  Nr.  2. 

Von  der  American  Academy  of  arts  and  Science«  in  Cambridge, 
Mass.:  Proceedings.  (N.  S.)  Vol.  XVIII. 

Von  dem  Museum  of  comparative  zoology  in  Cambridge,  Mass.: 
Bulletin.  Vol.  XXII,  Nr.  1 — 4;  XXIII,  Nr.  1—3.  Memoirs.  VoL 
XIV.  Nr.  2;  XVII.  Nr.  2.  Annual  report  of  the  curator  for 
1890—91. 

Von  der  Elisha  Mitchell  scientific  societv  in  Chapel-Hill,  N.  Carol.: 
Journal.  Vol.  VIII,  Part.  III. 

Von  dem  American  Journal  of  Sciences  in  New  Haven,  Conn.: 
American  Journal  of  Science.  Vol.  XLII1,  Nr.  253 — 258.  Vol. 
XLIV,  Nr.  259—264. 

Von  der  Academv  of  Sciences  in  New  York:  Annals.  Vol.  VI, 
Nr.  106.  Transactions.  Vol.  X,  Nr.  7 — 8;  XI,  Nr.  1 — 5. 

Von  der  Geological  and  natural  history  survey  of  Canada  in 
Ottawa:  Annual  report  (N.  S.)  Vol.  IV.  1888 — 1889.  Maps  to 


accompany  animal  report  (N.  S.)  Yol.  IV.  Catalogue  of  Ca¬ 
nadian  Plants.  Part  VI.  —  Musci. 

YTon  der  American  philosophical  society  in  Philadelphia:  Pro- 
eeedings,  Vol.  XXIX.  Nr.  136—138.  List  of  surviving  mem- 
bers  .  .  .,  corrected  to  Januar  9,  1892. 

Von  der  Academy  of  natural  Sciences  in  Philadelphia:  Pro¬ 
ceedings,  1891,  Part.  III;  1892,  Part.  I. 

Von  dein  Board  of  commissioners  second  geological  survev  of 
Pennsylvania  in  Philadelphia:  Atlas  Southern  Anthracite  field. 
IVB;  V.  VI. 

Von  der  American  association  for  the  advancement  of  Science 
in  Salem,  Mass.:  Proceedings,  40th  meeting,  1891,  Washington. 

Von  der  California  Academy  of  Sciences  in  San  Francisco:  Pro¬ 
ceedings  (2.  S.),  Vol.  III,  Part.  I. 

Von  der  Academy  of  Sciences  in  St.  Louis,  Mo.:  Transactions, 
Vol.  V.  Nr.  3.  4;  VI,  Nr.  1. 

Von  dem  Canadian  Institute  in  Toronto:  Transactions.  Vol.  II, 
Part.  2.  Annual  archaeological  report,  Session  1891.  An  ap- 
peal  to  the  Canadian  Institute  on  the  rectification  of  Parlia- 
ment. 

A7on  der  U.  S.  geological  survev  in  Washington,  D.  C.:  Tenth 
annual  report,  1888 — 89,  Part.  I.  II.  Bulletins  Nr.  62.  65.  67 — 
81.  82.  Mineral  resources  of  the  United  States,  1889  a.  1890. 

Von  der  Smithsonian  Institution  in  Washington,  D.  C.:  Annual 
report.  U.  S.  National  Museum  1889.  Smithsonian  report  1890. 
Smithsonian  contributions  to  knowledge.  Vol.  XXVIII.  J.  C. 
Pilling:  Bibliography  of  the  Algonguian  languages.  J.  O. 
D  o  r  s  e  y :  Omaha  and  Ponka  Letters.  C.  Thomas:  Catalogue 
of  prehistoric  works  east  of  the  Rocky  Mountains. 

Von  Zoological  Gardens  (William  A.  Conklin)  in  New  York: 
The  journal  of  comparative  medicine  and  veterinary  archives. 
Vol.  XIII.  Nr.  1—3. 

Von  dem  Nova  Scotian  Institute  of  Natural  Science  in  Halifax, 
Nov.  Scot.:  Proceedings  and  Transactions  (2.  S.)  Vol.  I.  Part.  I. 

Von  der  Sociedad  cientifica  Argentina  in  Buenos  Aires:  Anales, 
Tom.  XXXII,  Entr.  6;  XXXIII,  Entr.  1-6;  XXXIV,  Entr.  1. 
(Anales,  Tom.  XXXI,  Entrego  5  auf  Reclamation.)  G.  Ave 
Lallemant:  El  Paramillo  de  Uspallata. 

Von  der  Sociedad  Mexicana  de  historia  natural  in  Mexico:  La 
Naturaleza  (Ser.  III),  T.  II,  Nr.  1.  2. 

Von  dem  Deutschen  wissenschaftlichen  Verein  in  Santiago,  Chili: 
Verhandlungen,  II.  Bd.,  3.  u.  4.  Heft. 

Von  der  Revista  Argentina  de  Historia  Natural  in  Buenos  Aires: 
Revista,  T.  I,  Entr.  1 — 6. 


77 


Von  dem  College  of  Medieine.  Imperial  University,  in  Tokyo: 

Mittheilungen  der  medizinischen  Facultät,  Bd.  I,  Nr.  5. 

Von  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Natur-  und  Völkerkunde 
Ostasiens  in  Tokyo  :  Mittheilung'en,  47.— 50.  Bd.  Supplement¬ 
heft  II  u.  III  zu  Band  V. 

Von  dem  Australian  Museum  of  New-South-Wales  in  Sydney: 
Report  of  Trustees  for  1890.  1891.  Catalogue  Nr.  15.  Shells. 
Part.  II.  Records  of  the  Australian  Museum,  Vol.  I,  Nr.  1. 
8.  10.  11;  Vol.  II,  Nr.  1—3. 

Von  dem  Mining’  Departemezt  of  New-South-Wales  in  Sydney: 
Memoirs.  Palaeontologv,  Nr.  5.  8.  Records  of  the  g'eolog'. 
survev  of  New-South-Wales,  Vol.  II,  Part.  TV;  Vol.  III,  Part.  I. 
Annual  report  for  1891. 

Von  der  Royal  Society  of  New-South-Wales  in  Sydney:  Journal 
and  proceedings.  Vol.  XXV. 

Von  The  Linnean  Societv  of  New-South-Wales  in  Sydney:  Pro- 
ceedings  (2.  Ser.),  Vol.  VI,  Parts  1 — 4. 

Von  dem  New  Zealand  Institute  in  Wellington,  New  Zeal.:  Trans¬ 
actions  and  Proceeding’s.  Arol.  XXIV. 

Von  der  Australasian  Association  for  the  advancement  of  Science 
in  Sydney:  Report  of  the  third  meeting’. 


b.  An  Geschenken  erhielt  die  Bibliothek: 

Von  den  Herren: 

J.  W.  P  o  w  e  1  1 :  U.  S.  g’eog’r.  a.  g'eol.  survey  of  the  rocky 
mountains.  Contributions  to  Northamerican  ethnology,  Vol.  VI. 

House  o  f  C  o  m m  o  n  s,  Canada :  Documentes  relatifs  ä  l’uni- 
fication  de  l’heure  et  a  la  legalisation  du  nouveau  mode  de 
mesurer  le  temps. 

Editorial  Committee  of  the  N  o  r  w  e  g'  i  a  n  North 
Atlantic  expediton:  Zoologi,  XXL  Crinoida;  Echi- 
nida,  ved  D.  C.  Danielssen. 

Natur wissenschaftlichenVer ein  in  Düsseldorf: 
Mittheilung’en,  II.  Heft. 

L.  Geisenheyner:  Berichte  der  deutschen  botanischen  Ge¬ 
sellschaft  a.  d.  J.  1889. 

E.  Holub:  Illustrirter  Führer  durch  die  Südafrikanische  Aus¬ 
stellung'  des  Dr.  E.  H  o  1  u  b. 

A.  Ernst:  Das  Gold-  und  Silbererz-Vorkommen  von  Tambang- 
Salida  auf  Sumatras  Westküste.  Geognostische  und  Berg'- 


78 


bauliche  Skizzen  über  die  Kaukasus-Länder.  —  Eine  berg¬ 
männische  Exkursion  durch  den  Ural. 

Portland ‘Society  of  Natural  H  i  s  t  o  r  y :  F  e  r  n  a  1  d,. 
Plauts  of  Maine. 

N.  H.  W  i  n  c  h  e  1 1 :  The  geological  and  natural  history  survey 
of  Minnesota,  19th  report  for  1890. 

E.  W  a  s  m  a  n  n  :  Die  zusammengesetzten  Nester  und  gemisch¬ 
ten  Kolonien  der  Ameisen. 

A.  L  e  p  p  1  a  :  Ueber  das  Grundgebirge  der  pfälzischen  Nord¬ 
vogesen  (Hartgebirge). 

—  Was  ist  Ober-Eothliegendes  *? 

Bridgeport  Scientific  S  o  c  i  e  t  y  :  List  of  Birds  found 
in  the  vicinity  of  Bridgeport,  Conn.  Prepared  by  C.K.  Averill,  jr. 


c.  Durch  A  n  k  auf: 

Carus:  Zoolog.  Anzeiger.  1892. 

Dr.  A.  Petermann’s  Mittheilungen,  38.  Bd.,  Heft  I — XII.  Er¬ 
gänzungsheft  Nr.  103 — 105. 

Proces  verbaux  des  Seances.  Ve  Congres  geologique  interna¬ 
tional.  Washington,  1891.  —  Liste  generale  des  Membres. 
Engler  &  P  r  a  n  1 1 :  Die  natürlichen  Pflanzenfamilien.  Lief. 
71—78. 

Abhandlungen  der  schweizerischen  palaeontolog.  Gesellschaft. 
Vol.  XVIII. 


Geschenke  für  die  Naturhistorischen 

Sammlungen. 

o 

H.  Loens:  12  Stück  von  Planorbis  socius  var.  Drostei. 

Bergrath  Froh  w  e  i  n  in  Dillenburg :  2  Stücke  von  Baum¬ 

stämmen  aus  dem  Braunkohlenthon  der  Grube  Oranien  bei 
Marienberg  im  Westerwald. 

Bergwerksrepräsentant  S  i  m  o  n  in  Cassel :  Mehrere  Stücke  von 
Braunkohle  von  der  Grube  Stollberg  III,  z.  Th.  mit  Kontakt¬ 
erscheinungen  mit  Basalt. 

Bergverwalter  Freu  n  d,  Grube  Hirschberg :  Desgl.  von  Grube 
Hirschberg  bei  Grossalmerode. 

Bergwerksdirektor  Schloesser,  Habichtswald  Desgl.  von 
Grube  Königszug  bei  Nanzenbach. 


Sitzungsberichte 

der 

niederrheinischen  Gesellschaft  für  Natur-  und 

Heilkunde  in  Bonn. 


Bericht  über  den  Zustand  und  die  Thätigkeit  der 
Gesellschaft;  während  des  Jahres  1891. 


^Naturwissenschaftliche  Sektion. 

Die  Zahl  der  ordentlichen  Mitglieder  am  1.  Januar  1891 
betrug  76.  Davon  traten  2,  nämlich  die  Herren  v.  Mühlberg' 
und  Dr.  Schweitzer,  durch  Wegzug  von  Bonn  in  die  Reihe 
der  auswärtigen  Mitglieder;  durch  den  Tod  verlor  die  Sektion 
Herrn  Geh.  Reg.-Rath  Dr.  Schönfeld. 

Der  Abgang  an  ordentlichen  Mitgliedern  betrug  also  3. 

Neu  aufgenommen  wurden  3  Mitglieder,  nämlich  die 
Herren : 

Prof.  Dr.  Hertz  am  11.  Mai. 

Dr.  Strub  eil  „  8.  Juni. 

Prof.  Dr.  Küstner  „  9.  November. 

Am  31.  Dezember  1891  betrug  demnach  die  Gesammtzahl 
der  ordentlichen  Mitglieder  76. 

Die  Gesellschaft  hielt  ihre  3  allgemeinen  Sitzungen  am 
5.  Januar,  4.  Mai  und  2.  November,  ln  denselben  wurden  6 
Vorträge  gehalten,  bezw.  Mittheilungen  gemacht  und  zwar  von 
den  Herren  Br  an  dis  2,  Bert  kau,  Gieseler,  Noll,  P  ohlig  je  1. 

In  der  allgemeinen  Sitzung  am  4.  Mai  wurde  in  Abände¬ 
rung  des  §  24  der  Statuten  einstimmig  beschlossen,  dass  die 
Vortragenden  in  Zukunft  25  Sonder- Abdrücke  ihrer  Mitthei- 
hingen  unentgeltlich  erhalten  sollen. 

Die  naturwissenschaftliche  Sektion  versammelte  sich  zu 
8  Sitzungen,  am  12.  Januar,  16.  Februar,  2.  März,  11.  Mai, 
Sitzungsiber,  der  niederrhein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1892.  1 A. 


2 


Jahresbericht. 


8.  Juni,  6/Juli,  9.  November,  7.  Dezember;  an  diesen  Sitzungen 
nahmen  durchschnittlich  15  Mitglieder  theil. 

Es  wurden  von  18  Herren  im  Ganzen  30  Vorträge  ge¬ 
halten,  nämlich  von  den  Herren  Br  an  dis  und  ß  auf  f  je  4, 
Pohlig  3,  Busz,  Heusler,  Rein,  Voigt  je  2,  Bertkau, 
König,  Laspevres,  Ludwig,  Noll,  Ohn efalsch-Richter 
(als  Gast),  Richarz,  Schaaffhausen,  Sprengel,  Stein, 
Strasburg  er  je  1. 

In  der  Sitzung  am  7.  Dezember  fand  die  Wahl  des  Vor¬ 
standes  für  1892  statt.  Es  wurden  wiedergewählt  Ludwig  als 
Vorsitzender,  Bertkau  als  Kassen-  und  Schriftführer. 


Medizinische  Sektion. 

Zum  Jahresbericht  haben  wir  anzugeben,  dass  Ende  1890 

Mitglieder  waren  . . 79 

Zugang*  die  Herren: 

Jores,  Joh.  Wolff,  Fleck,  Eickenbusch, 
Conrads,  Gudden,  Bieroth,  Hessling*, 
Mummenhof,  Strauss,  Boenneken  ...  11 

Summa . 90 

Abgegangen  sind  die  Herren: 

Gestorben:  Prof.  Weber-Liel. 

Verzogen:  Dr.  Bieroth  nach  Deutz,  Dr.  Peretti 
nach  Merzig  als  Direktor  der  Provinzial-Irren- 


anstalt . 3 

Bestand  Ende  1891 . 87 


Die  Sektion  hat  8  Sitzungen  gehalten;  in  der  Dezember¬ 
sitzung*  ist  der  Vorstand  für  1892  gewählt  worden:  Professor 
Schultze  als  Vorsitzender,  Dr.  Leo  als  Secretär,  Dr.  Zart¬ 
mann  als  Rendant. 


Sitzung*  vom  11.  Januar  1892. 


3 


A.  Allgemeine  und  Sitzungen  der  natur¬ 
wissenschaftlichen  Sektion. 

Sitzung  der  naturwissenschaftlichen  Sektion 

am  11.  «Januar  1892. 

Vorsitzender :  Prof.  Ludwi  g*. 

Anwesend  16  Mitglieder,  1  Gast. 

Der  Vorsitzende  erstattete  den  Bericht  über  den  Zustand 
der  Sektion  im  Jahre  1891  und  legte  die  Rechnung  des  ver¬ 
gangenen  Jahres  vor;  s.  oben. 

Dr.  A.  König  hielt  folgenden  Vortrag: 

Die  Krieclitliierfaima  Tunesiens. 

„Um  Ihnen,  hochverehrte  Anwesende,  einen  Einblick  in 
die  im  Lande  Tunis  vorkommenden  Kriechthiere  zu  gewähren, 
gestatten  Sie  mir  zunächst,  ein  flüchtiges  Bild  über  den  Cha¬ 
rakter  des  Landes  und  dessen  Bodenverhältnisse  zu  entwerfen. 
Da  ich  das  hochinteressante  Gebiet  bereits  dreimal  im  Norden 
wie  im  Süden  bereist  und  in  erster  Linie  auf  seine  Ornis  aus¬ 
geforscht  habe,  konnte  mir  die  Einprägung  der  Bodengestal¬ 
tung  um  so  weniger  entgehen,  als  gerade  sie  auch  bei  den 
dort  vorkommenden,  selteneren  Vogelformen  eine  wesentliche, 
unabweisliche  Existenzbedingung  erfüllt.  In  meiner  ersten  „Avi¬ 
fauna  von  Tunis“,  die  ich  im  Jahre  1888  in  „Cab.  Journal  für 
Ornith.“  veröffentlichte,  gab  ich  im  „Allgemeinen  Theil“  als 
Einleitung  eine  Uebersicht  über  die  dortigen  Bodenverhältnisse, 
welche  auch  für  die  heutige  Betrachtung  passen  und  daher  im 
Auszug  wiedergegeben  werden  dürfte. 

Die  beiden  Schwesterländer  Algerien  und  Tunis  —  sag'e 
ich  dort  —  nehmeil  für  die  Naturforschung  eine  wichtige  und 
hervorragende  Stellung  ein.  Beide  hängen  nach  ihrer  Lag’e 
und  natürlichen  Beschaffenheit  eng  mit  einander  zusammen, 
oder  gehen  kaum  merklich  in  einander  über,  ohne  den  wesent¬ 
lichen  Charakter  in  Fauna  und  Flora  zu  wechseln,  oder  gar 
einzubüssen.  Dennoch  bildet,  genauer  betrachtet,  jedes  Land 
für  sich  ein  mehr  oder  weniger  abgeschlossenes  Ganzes,  indem 
der  westliche  Theil  durchweg“  ur-  und  fruchtbarer  erscheint,  als 
der  östliche;  grössere  Berge  und  Höhenziige  durch  das  Atlas¬ 
gebirge  im  Süden,  sowie  umfangreichere  Waldbestände  auf¬ 
weist  und  demnach  auch  in  faunistischer  Hinsicht  ein  in  etwa 
anderes  Gepräge  bewahrt,  als  der  zum  grösseren  Theil  aus 
Hoehlandsteppe  und  Sahara  bestehende  östliche  Ländercomplex. 
Algier  wurde  bereits  im  Jahre  1830  von  den  Franzosen  annec- 


4 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


tirt,  während  die  Regentschaft  Tunis  erst  im  Anfänge  der  80er 
Jahre  von  den  Franzosen  occupirt  wurde.  In  gleichem  Ver¬ 
hältnisse  machte  in  beiden  Ländern  die  Wissenschaft  ihre  Fort¬ 
schritte.  Der  Culfcur  erschlossen  wandten  sich  Männer  von  Fach 
und  Beruf  jenem  ersten,  noch  unbekannten  Theile  Nord- Afrikas 
zu,  um  Land  und  Leute  kennen  zu  lernen,  europäische  Sitten 
zu  verpflanzen  und  ihre  Versuche  zum  Nutzen  der  gesammten 
Menschheit  anzustellen.  Letztere  bezogen  sich  einestheils  auf 
die  Erforschung  des  Landes  und  seiner  Producte  und  bestan¬ 
den  anderenteils  in  der  Urbarmachung  des  Landes,  in  der 
Schonung  und  Pflege  der  Wälder  und  Nutzgewächse.  Der 
milde  Himmel  und  die  ausserordentliche  Fruchtbarkeit  des  Bo¬ 
dens  krönten  die  Bemühungen  der  europäischen  Colonisten 
über  alles  Erwarten,  spornten  zu  neuen  Versuchen  verlockend 
an  und  gewährten  bereits  im  Voraus  eine  gewisse  Sicherheit 
auf  Lohn  und  Gelingen.  Gar  bald  wurde  so  Algerien  eine 
weitberühmte  Pflanzstätte  der  gesuchten  Frucht-  und  Gemüse- 
waaren.  Gartenpflege  und  Ackerbau  gingen  Hand  in  Hand 
und  brachten  jenen  Streifen  Erde  zu  blühendem  Wachsthum 
und  Gedeihen.  Auf  die  grossen  Waldbestände  aber  richtete 
der  Franzose  mit  um  so  grösserem  Stolze  seine  Blicke,  als  sie 
—  Urwäldern  gleich  —  noch  nicht  der  zerstörenden  Sucht  der 
Araber  anheimgefallen  waren. 

Anders  verhält  es  sich  mit  Tunis.  Wo  sich  einst  am 
üppigen  Meeresgestade  jenes  stolze  Carthago  erhob,  mögen  die 
Nachbarstrecken  eine  heutigen  Tages  durchaus  verschiedene 
Physiognomie  gezeigt  haben.  Weit  und  breit  standen  auch 
hier  Urwälder  von  Kork-  und  Steineichen,  in  welchen  Löwen 
und  Panther  ihr  Wesen  trieben,  und  der  jungfräuliche  Boden 
harrte  noch  des  Pfluges  und  der  Bearbeitung.  Als  aber  mit  der 
höchsten  Blüthe  und  dem  rasch  darauf  folgenden  Siechthum 
Carthagos  Holz  zu  Schiffs-  und  anderen  Bauzwecken  von  Nah 
und  Fern  herbeigeschleppt  wurde:  da  lichtete  die  Axt  selbst 
jene  Wälder  und  verdrängte  gleichzeitig  ihre  typischen  Be¬ 
wohner.  Mit  dem  Verfall  endlich  der  blühenden  Handelsstadt, 
die  das  Opfer  eines  unsagbaren  Fanatismus  und  Vandalismus 
gewesen  sein  muss,  entschwindet  das  einst  so  blühende  Gesicht 
des  Landes.  Nur  eins  scheint  dem  armen,  zurückgebliebenen 
und  wieder  werdenden  Menschengeschlechte  hinterlassen  wor¬ 
den  zu  sein,  Eins,  welches  sich  als  überall  deutlich  zu  Tage 
tretendes  Vermächtniss  von  Kind  auf  Kindeskind  vererbte,  und 
noch  heutigen  Tages  so  fortbesteht:  der  Zug  der  Zerstörungs- 
wuth  ,und  Vernichtungssucht.  Zeugen  davon  sind  unzählige 
Ruinen  einst  blühender  Paläste  und  Gärten,  Zeugen  jene  Ein¬ 
öden,  deren  Boden  vor  Zeiten  üppige  Wälder  trug’,  Zeuge  jenes 


5 


Sitzung  vom  11.  Januar  1892. 

Riesenbauwerk  der  Wasserleitung’,  von  welcher  vor  Alters  die 
Existenz  von  ganz  Nord-Tunis  abhängig  war,  Zeuge  die  Stätte, 
welche  die  umfangreiche  und  blühende  Stadt  Carthago  getra¬ 
gen,  Zeugen  endlich  die  Menschen  selbst  mit  ihrer  gebrochenen 
Willenskraft,  ihrer  geringen  Intelligenz  und  ihrer  Alles  sinnlos 
vernichtenden  und  verderbenden  Sucht:  ein  trauriges  Volk, 
.aus  vielen  Elementen  hervorgebracht  und  zusammengesetzt, 
das  der  unerbittlich  ihr  Recht  fordernden  Zeit  keinen  Wider¬ 
stand  mehr  entgegenzusetzen  vermag.  —  So  hat  sich  Tunis  im 
Laufe  und  Wechsel  der  Jahre  zu  einem  anders  aussehenden 
Lande  gestaltet.  Der  nördliche,  fruchtbare  Theil,  welcher  in 
der  Ebene  liegt,  ist  grösstentheils  zu  Feld  und  Ackerland  um¬ 
gewandelt.  Binnenseen  spenden  zur  Winterszeit  grössere  Was¬ 
sermassen,  welche  wieder  ihrerseits  durch  Verdunstung  und 
TJeberschwemmung  dem  trockenen  Boden  zu  Gute  kommen. 
In  unglaublicher  Ueppigkeit  schiesst  der  Weizen  in  die  Aehren 
und  vergilt  dem  Menschen  doppelt  und  dreifach  seine  Mühe 
und  seinen  Fleiss.  Weite  Olivenbestände  ziehen  sich  bis  an 
den  Fuss  der  Berge  und  bedecken  selbst  geringere  Höhenzüge. 
Sorgsam  werden  sie  gepflegt,  und  obschon  die  Oelcultur  in 
letzter  Zeit  ausserordentlich  gelitten  hat  und  durch  die  wenig 
rationelle  Handhabung  gesunken  ist  —  so  dass  der  Anbau  kaum 
der  Mühe  lohnt  — ,  so  ist  doch  wenigstens,  da  Tunis  immer  für 
das  Oelland  „par  excellence“  galt,  jeder  Baum  vor  der  Ver¬ 
nichtung  von  Seiten  der  Regierung  geschützt.  Nur  daher 
mögen  die  Bäume  ein  so  hohes  Alter  erreicht  haben,  wie  die 
knorrigen,  oft  wunderbar  gestalteten  Stämme  bezeugen.  Und 
nicht  genug,  dass  der  Boden  die  weitschichtigen  Reihen  der 
Oelbäume  trägt,  er  muss  den  wandernden  Beduinenstämmen 
ausserdem  noch  seine  Abgaben  zollen:  auch  unter  den  Oliven 
wird  gesät,  gepflanzt  und  geerndtet !  An  Stelle  des  ausgedehn¬ 
ten  Waldes  ist  die  Hochlandsteppe  getreten,  welche  öde  und 
leer  ihre  charakteristischen  Pflanzen-  und  Thierformen  erzeugt 
und  ernährt,  gewiss  zu  der  einst  daselbst  geherrscht  habenden 
Fauna  und  Flora  ein  dürftiger  und  armseliger  Charakter.  Aus¬ 
läufer  des  Atlas  winken  dem  Reisenden  ihnen  nachzugehen  und 
verrathen  eine  im  Ganzen  noch  wenig  veränderte  Thier-  und 
Pflanzenwelt,  während  die  Höhenzüge  und  niederen  Hügel¬ 
ketten  ein  wunderbarer,  aus  Cistenrosen,  Rosmarin  und  Thymian 
bestehender  Niederwald  deckt,  in  welchem  meist  zwerghafte 
Thierformen  leben.  Im  Osten  und  Süden  aber  wird  das  Land 
zur  Wüste  und  hält  unbekümmert  um  Wechsel  und  Zahn  der 
Zeit  sein  Gepräge  unverbrüchlich  fest. 

Nach  der  Betrachtung  des  Bodens  zerfällt  auch  die  Fauna, 
speciell  die  der  Kriechthiere,  in  vier  mehr  oder  minder  scharf 


6 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


gesonderte  Theile,  nämlich  in  den  der  fruchtbaren  Ebene,  die 
in  den  Atlasländern  unter  dem  Namen  Teil  bekannt  ist  und 
deren  Charakterbaum  die  Olive  (Olea  Europaea,  L.J  ist;  der 
Hochlandsteppe,  die  mit  Pistacien  (Pistacia  lentis  cus)  und  dem 
Judendorn,  dem  Sarib  der  Araber  (Zizyphus  lotus,  LamJ  be¬ 
standen  ist;  der  Gebirgs-  und  der  Höhenzugsfauna,  deren 
Charakterpflanzen  Crataegus,  Quercus  ilex,  Thuja,  Juniperus  und 
wilde  Olive  sein  mögen,  und  endlich  der  eigentlichen  Wüste., 
der  Sahara,  deren  spärliche  Vegetation  das  Haifagras  ( Lygeum 
spartum ,  L.J  zur  Lieblingspflanze  erhebt. 

Ein  Blick  auf  die  geographische  Lage  verständigt  uns,, 
dass  Tunis  zwischen  dem  37.°  und  32.°  n.  Breite  und  dem  8.° 
und  11.°  ö.  L.  v.  Greenw.  liegt,  mithin  der  subtropischen  Zone 
oder  der  Mittelmeerregion  des  grossen,  paläarktischen  Faunen¬ 
gebietes  angehört.  In  ihr  ergiebt  sich  die  Hochlandsteppe  als 
vorwiegend.  Umfangreiche  Pistacienbüsche  mit  ihrem  dunkel¬ 
grünen  Laub,  unterbrochen  vom  sparrigen  Judendorn,  auch 
weite  Strecken  mit  Rosmarin,  Thymian  und  der  baumartigen 
Erica  zieren  sie  im  allgemeinen,  mit  vereinzelten  vielästigen  und 
dichtkronigen  Johannisbrodbäumen  (Karuben).  An  den  Donars 
einer  Beduinenfamilie  wächst  in  seltener  Ueppigkeit  der  Feigen- 
cactus  (Oyuntia  ficus  inclica)  und  an  und  in  den  zerrissenen 
Schluchten  der  Oleander,  auf  fiebererzeugendes  Wasser  weisend- 
Hier  lebt  das  Klippenhuhn  mit  der  Gebirgswachtel  und  dem 
Laufhühnchen,  während  Bienenschwärmer  und  Mandelkrähen 
die  abschüssigen  Bachufer  beleben  und  dort,  in  Colonien  nisten- 
Grössere  Berge  werden  —  abgesehen  von  einigen  isolirt  ge¬ 
legenen  Bergkegeln  —  als  Ausläufer  des  Atlas  betrachtet  und 
weisen  daher  auch  eine  nach  dem  Innern  des  Landes  zu¬ 
nehmende  Höhe  auf.  Alle  berg-  und  hügelartigen  Erhebungen 
aber  sind  zumeist  von  Grund  auf  mit  Rosmarin,  Thvmian  und 
Cistenrosen  bedeckt.  Auf  dem  dürren,  harten,  rothfarbigen 
Boden,  der,  durch  Thalschluchten  zerrissen  und  zerklüftet,  ein 
ganz  eigenartiges  Gepräge  erhält ,  wachsen  die  genannten 
Pflanzen  in  unabsehbaren  Strecken,  hier  und  da  sich  erweiternd, 
gewöhnlich  aber  so  nahe  an  einander  gerückt,  dass  sie  kaum 
Raum  für  andere  lassen.  Nur  der  überall  Platz  greifende 
Sarib  der  Araber  überwuchert  noch  jene,  eine  Genista  und  der 
niedere  Cistenstrauch  wachsen  in  brüderlicher  Eintracht  mit 
ihnen.  Grossblumige  Orchideen  und  eine  wunderhübsche, 
safranfarbige  Tulpe  zieren  im  Frühjahr  den  Boden.  Das  sind 
die  Lieblingsplätze  der  Landschildkröte  (Testudo  ibera ,  PallJ. 
Schwerfällig  und  ungelenk  sieht  man  sie  plötzlich  aus  einem 
Strauche  hervorkriechen  und  nach  den  warmen  Sonnenstrahlen 
auslugen.  Merkt  sie  die  Nähe  eines  Feindes,  so  vertraut  sie 


Sitzung  vom  11.  Januar  1892. 


7 


auf  ihren,  der  Bodenfärbung  ähnelnden  Rückenpanzer,  zieht 
die  Extremitäten  ein  und  liegt  regungslos  einige  Minuten  zum 
Stein  verwandelt  wie  leblos  auf  dem  Grunde.  Ist  die  Gefahr 
verzogen,  so  eilt  sie,  so  schnell  sie  kann,  ihrem  Strauch  ver¬ 
stecke  wieder  zu.  Ich  habe  eine  ganze  Menge  dieser  Thiere 
in  der  Jagdtasche  heimgebracht  und  sie  lange  Zeit  auf  der 
Terrasse  unseres  Hauses  in  der  Gefangenschaft  gepflegt,  wo 
ich  sie  mit  Salat,  Schnecken  u.  dgl.  ernährte.  Diese  Schild¬ 
kröten  scheinen  omnivor  zu  sein  und  lassen  sich  mit  Leich¬ 
tigkeit  in  der  Gefangenschaft  erhalten.  Ueber  Steingeröll 
und  Pflanzengewirr  huschen  niedliche  Eidechsen:  die  Tropido- 
saura  algira ,  auct.,  welche  im  Sonnenschein  eine  im  Alcohol 
leider  verschwindende  Färbung  mit  prachtvollem  Farbeneffect 
der  Flanken  und  des  spitzauslaufenden  Schwanzes  zeigt,  und 
die  im  Ganzen  noch  seltenere,  zierliche  Ophiops  occidentalis, 
Blgr.  Neben  diesen  windet  sich  die  bald  braun  gefärbte,  bald 
schön  längsgestreifte,  auch  wohl  lebhaft  gefleckte,  kleine  Ere- 
mias  güttulata ,  Licht.  (=  Podarces  pardalis)  über  den  Boden 
und  macht  den  beiden  vorhergehenden  in  der  Zierlichkeit  und 
schnellen  Bewegung  starke  Concurrenz.  Von  Schlangen  be¬ 
gegnen  wir  dort  am  häufigsten  einer  graugrünen  Varietät  der 
Coelopeltis  monspessulana,  Herrn.,  die  unter  der  varietas:  Neu- 
moyeri  von  Fitzinger  bekannt  gemacht  worden  ist,  oft  riesen¬ 
grossen  Exemplaren,  die  zusammengerollt  auf  dem  warmen 
Boden  liegen  und  aufgeschreckt  mit  unglaublicher  Geschwin¬ 
digkeit  dahinschiessen ,  um  in  wenigen  Sekunden  in  ihren 
Schlupflöchern  vor  den  Blicken  des  Menschen  zu  verschwinden. 
Das  ist  die  „Hanäsch“  der  Eingeborenen,  ohne  Grund  von 
ihnen  als  giftiges  Gewürm  gefürchtet  und  gemieden.  Um  Ihnen, 
hochverehrte  Anwesenden,  diese  Aussage  durch  ein  Beispiel 
zu  illustriren,  gestatten  Sie  mir,  Ihnen  einen  Vorfall  zu  er¬ 
zählen,  den  ich  unter  vielen  ähnlichen  selbst  erlebt  habe.  Es 
war  auf  meiner  letzten  Wüstenreise,  im  vergangenen  Früh¬ 
jahr  1891.  Zwei  wenig  Vertrauen  erweckende,  neu  gedungene 
Führer  ritten  an  der  Spitze  meiner  Karawane  auf  ihren  präch¬ 
tigen  Berberstuten.  Ich  war  durch  das  Sammeln  und  Ausheben 
von  Laniusnestern  ein  wenig'  zurückgeblieben  und  eilte  nun 
die  vor  mir  herziehende  Karawane  wieder  zu  erreichen.  Plötz¬ 
lich  sehe  ich,  wie  die  Pferde  meiner  Führer  hoch  auf  bäumen 
und  höre  gleichzeitig  einen  Schrei  des  Entsetzens.  Ich  ahnte 
gleich,  dass  eine  grössere  Schlange  den  Weg'  der  Karawane 
vorweg  gekreuzt  haben  müsste.  Richtig  höre  ich  denn  auch 
schon  aus  einiger  Entfernung  den  Ausruf  der  Araber:  „Arfi, 
ischa  fissa,  hanäsch  kebir,  makasch  e  mliech“  —  übersetzt: 
„Herr  komm  schnell,  hier  ist  eine  grosse  Schlange,  die  gar 


8 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


böse  ist.“  Gleichzeitig’  theilte  mir  aber  auch  meine  Frau,  die 
mich  stets  auf  meinen  Reisen  begleitet,  mit,  dass  sie  diese 
Schlange  ebenfalls  gesehen  habe  und  darnach  schiene  es  ihr 
eine  zu  sein,  welche  ich  öfters  schon  gefangen  und  mit  heim¬ 
gebracht  habe.  Als  sie  mir  nun  vollends  auf  meine  Frage  die 
graugrüne  Färbung  der  Schlange  bestätigte,  wusste  ich  mit 
ziemlicher  Gewissheit,  um  welche  es  sich  handelte.  Sofort  hiess 
ich  eine  Erdhacke  von  dem  Kameel  herabholen  und  liess  nun 
behutsam  dem  Loche  nachgraben,  wo  die  Schlange  eingeschlüpft 
war.  Der  lockere  Boden  erleichterte  die  Arbeit  und  bald  hob 
sich  der  Grund  von  den  wulstartigen  Leibesbewegnngen  der 
Schlange.  Nun  musste  ich  selbst  angreifen,  da  die  Kinder  der 
Wüste  ängstlich  das  Weite  suchten.  Durch  einen  glücklichen 
Zufall  hatte  ich  das  Hinterende  des  Schlangenkörpers  erfassen 
können,  zog  nun  das  grosse  Thier  zappelnd  heraus  und  warf 
es  mit  forschem  Armschwunge  rücklings  auf  den  Boden,  von 
dem  ich  die  geahnte  Coelopeltis  monspessidana,  var. :  Neumayeri 
—  allerdings  ein  riesengrosses  Exemplar  —  todt  aufnehmen  konnte. 
Da  standen  nun  die  Araber  mit  weitaufgerissenen  Augen  und 
Mündern  da,  mich  für  einen  halben  Heiligen  haltend  und  unter¬ 
zogen  sich  fortan  unweigerlich  und  mit  grossem  Respect  meinen 
Anordnungen  und  Befehlen.  Solcher  Beispiele  ad  oculos  be¬ 
diente  ich  mich  später  mit  grossem  Erfolge  öfters  —  sie  sind, 
wenn  sie  mit  einer  gewissen  Würde  und  Ceremonie  ausgeführt 
werden,  für  den  in  jenen  Gebieten  Reisenden  von  ganz  unend¬ 
lichem  Werthe.  —  Dies  ungefähr  sind  die  Hauptrepräsentanten 
der  Reptilien  auf  der  H o c h  1  a n c\s t e p p e  und  da  Gewässer  da¬ 
selbst  zu  den  grössten  Seltenheiten  gehören,  fehlen  Lurche 
fast  vollständig  —  jedoch  verdient  hervorgehoben  zu  werden, 
dass  man  nicht  selten  zur  Frühjahrszeit  grossen  Wanderungen 
der  Bufo  viridis ,  Laur.  beg'egnet.  Sie  setzen  sich  aus  meist 
einjährigen  Individuen  zusammen,  welche  beim  grellsten  Sonnen¬ 
schein  auf  dem  trockenen  Boden  umherhüpfen  und  zwar  in  so 
starken  Ansammlungen,  dass  oft  die  ganze  Gegend  von  ihnen 
geradezu  wimmelt. 

Ein  ganz  anderes  Bild  entrollt  sich  unseren  Blicken, 
wenn  wir  die  Berggegenden  aufsuchen.  Alle  grösseren  Berge 
daselbst  sind,  wie  bereits  gesagt,  als  Ausläufer  des  grossen 
Atlasstockes  zu  betrachten,  führen  aber  in  der  Regel  ihre  be¬ 
sonderen  arabischen  Namen.  Meist  repräsentiren  sie  eine  Höhe 
von  9 — 1500  Metern  ü.  d.  M.  und  stellen  sich  bald  als  colossale 
Klumpen  und  massige  Conglomerate,  bald  als  schön  und  edel 
g’efonnte  Felsengrate  dar.  Ob  sie  nun  aber  zu  diesen  oder 
jenen  gehören:  eins  ist  beiden  gemeinschaftlich.  Schauerlich 


Sitzung  vom  11.  Januar  1892. 


9 


wild  klüften  sich  Spalten  und  Schlünde,  in  deren  Tiefe  das 
Wasser  von  den  Steinen  tropft,  oder  sich  zum  langsam  ab- 
fliessenclen  Wasser  vereinigt ,  das  selbst  in  den  lieissesten 
Monaten  nie  ganz  versiecht  und  sich  in  den  tiefen  Erdrissen 
zu  krystallklaren  Tümpeln  sammelt  und  erhält.  Hohe  Ried- 
grässer  umgeben  das  Wasser,  Tamarisken  lassen  ihre  Blüthen- 
kätzchen  auf  den  Spiegel  fallen  und  der  Duft  der  Oleander- 
blüthen  schwängert  die  Luft.  Den  Felsenspalten  entwachsen 
kühn  grosse  und  starke  Stein-  und  Korkeichen  oder  bizarr 
geformte  Johannisbrodbäume.  Thuja  und  Juniperus  erheben  sicli 
mit  der  stachelbewmhrten  wilden  Olive  theils  zu  Büschen,  theils 
zu  Bäumen  und  überall  sieht  man  die  Zwergpalme  (Chamaerops 
Tiumilis),  deren  untere  Stengel  von  den  Eingeborenen  gegessen 
werden  und  auch  dem  Europäer  vortrefflich  munden.  Unzu¬ 
gängliche  Felsenkämme  fallen  in  nackten,  schroffen  Wänden 
steil  ab,  die  blei-  und  erzhaltig  in  der  Morgen-  und  Abend¬ 
beleuchtung  oft  gluthroth  strahlen.  Sie  sind  die  Wohnstätten 
der  Aas-  und  grossen  Gänsegeier,  in  deren  Colonie  sogar  der 
seltenste  aller,  der  sagenumwebte  Lämmergeier  horstet;  auch 
der  Jagdfalken,  der  Thurm-  und  Röthelfalken  und  vieler  anderen 
scheuen  und  klugen  Vögel  noch.  Hier  begegnen  wir  nicht 
gar  zu  selten  der  Blaumerle,  welche  von  den  Felsengraten 
ihre  melodische  Strophe  singt,  hier  dem  Einfarbstaar,  welcher 
nach  Sonnenuntergang  in  grossen  Schwärmen  herbeigeflogen 
kommt,  um  in  den  unzähligen  Felsenlöchern  zu  übernachten, 
während  auf  den  grünen  Matten,  die  sich  in  der  Regel  um  die 
Basis  der  Berge  ziehen,  MoussjerscheWiesenschmätzer  ihr  Wesen 
treiben;  im  dichten  Gewirr  der  Pistacien  aber  und  des  Cra¬ 
taegus,  Juniperus  und  der  Thuja  der  Tschagra  umherhüpft 
oder  sich  mit  seinem  weithinschallenden  Flötengesange  im 
klaren  Aether  wiegt.  Auch  an  grösseren  Säugethieren  ist 
kein  Mangel:  Fuchs  und  Schakal  machen  den  Geiern  ihre 
Nahrung  streitig’,  während  die  Zibethkatze  lüstern  nach  Raub 
ihre  weiten  Streifzüge  unternimmt  und  das  harmlose  Stachel¬ 
schwein  nach  Wurzeln  und  Knollen  schmackhafter  Kräuter 
g'räbt.  Kurz:  Fauna  und  Flora  nehmen  zu  dieser  umgebenden 
wilden  Natur  ein  ebenso  grossartiges  und  charakteristisches 
Gepräge  an.  Hier  erreicht  die  bereits  erwähnte,  prächtige 
Tropiclosaura  älgira ,  auct.  eine  stattliche  Grösse.  Behend  läuft 
sie  im  Sonnenschein  auf  dem  Boden  und  überspringt  klaffende 
Spalten  mit  wunderbarer  Geschicklichkeit.  Vergebens  würde 
die  Mühe  sein,  sie  dann  mit  der  Hand  fangen  zu  wollen,  aber 
wenn  die  Sonne  verzieht,  wenn  es  neblig  und  kalt  wird,  dann 
erstarrt  das  Blut  in  den  Adern  und  ihre  federnde  Elasticität 


30 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


ist  dahin.  Nun  ist  sie  leichter  zu  haschen  und  der  Forscher 
freut  sich  auch  solcher  Tage,  die  ihm  den  Fang  der  Eidechse 
ermöglichen.  Nicht  selten  auch  sieht  man,  zumal  im  nördlichen 
Tunis,  die  grasgrüne,  riesige  Perleidechse  (Lacerta  ocellata 
Daud.  var. :  pater ,  LatasteJ,  die  an  der  Fuge  eines  Felsenloches 
wie  angeklebt  dasitzt  oder  aus  dem  dunkelen  Gesträuch  sma¬ 
ragdgrün  hervorleuchtet.  Der  Gecko  ( Tarentola  mauritanica. 
Li.)  glotzt  uns  mit  seinen  absonderlichen  Augen  starr  an,  ent¬ 
flieht  aber  sofort  in  eine  Ritze,  wenn  wir  die  Hand  nach  ihm 
ausstrecken,  um  sobald  nicht  wieder  zum  Vorschein  zu  kommen. 
In  den  warmfeuchten  Muldenthälern  überraschen  wir  das  Cha¬ 
mäleon  ( Chamaeleo  vulgaris,  L.)  in  seiner  abenteuerlichen  Ge¬ 
stalt  und  wunderbaren  Anpassung  zu  dem  Baum  oder  Gestein, 
auf  welchem  es  gerade  sitzt,  während  Schlangen  aus  den  Gat¬ 
tungen,  Zamenis,  Coelopeltis,  Coronella  und  Tropidonotus  uns 
häufig  entgegentreten.  In  den  Wasserlachen  tummeln  sich 
prächtige  Wasserfrösche,  welche  der  varietas  ridibunda,  Pall., 
Latastei,  Cam.  angehören,  in  wunderbaren  Farbenniiancen, 
bald  intensiv  grün  mit  schwarzen  Flecken,  bald  wie  mit  bläu¬ 
lichem  Duft  überzogen. 

Die  Ebene,  welche  in  den  Atlasländern  gemeiniglich 
unter  dem  Namen  „Teil“  gefasst  wird ,  erfüllt  gleichfalls  in 
hohem  Grade  die  Existenzbedingungen  für  eine  ansehnlich 
reiche  Kriechthierfauna.  Diese  weiten  Flächen  dehnen  sich  zu¬ 
meist  in  der  Nähe  des  Meeres  aus  und  sinken  gar  nicht  selten 
unter  den  Meeresspiegel  herab,  dort  Seen  und  Wasseransamm¬ 
lungen  bildend,  die  wir  unter  dem  Namen  „Chotts“  kennen. 
Bei  diesen  ist  das  Wasser  stets  salzhaltig  oder  brackig,  ein 
Beweis  des  inneren  Zusammenhangs  mit  dem  Meere  selbst. 
Als  durchaus  verschieden  von  ihnen  müssen  wir  die  Süss¬ 
wasserlachen  bezeichnen,  die  der  Eingeborene  im  Gegensatz 
zu  den  Chotts  „garra“  nennt.  Sie  sind  in  weit  geringerer  An¬ 
zahl  vorhanden  als  die  sogenannten  Chotts,  die  das  ganze 
Land  durchziehen  und  sich  durchaus  nicht  an  die  unmittel¬ 
bare  Nähe  des  Meeres  binden;  so  z.  B.  der  grosse  Chott  el 
Djerid  im  Süden  von  Tunis,  der  Chott  el  Fedjej  und  viele 
andere.  Lachen  und  Gewässer  mit  süssem  Wasser  sind  stets  von 
Lurchen  belebt.  Wir  begegnen  da  der  Rana  esculenta ,  L.  var.. 
Latastei,  Cam.  ebensowohl  Avie  dem  südlichen  Discoglossus 
pictus,  Otth.,  sowie  der  grossen  prächtigen  Bafo  mauritanicusy 
Schl.,  eine  Kröte,  welche  Nordwestafrika  eigenthümlich  zu  sein 
scheint.  Auch  findet  man  in  diesen  Wasseransammlungen  — 
Aviewohl  selten  —  einen  Molch  und  das  ist  dann  der  Molge 
Hagenmiilleri,  Lat.,  von  dem  ich  nicht  mit  Bestimmtheit  aus- 


Sitzung  vom  11.  Januar  1892.  11 

sagen  kann,  ob  er  nicht  auch  in  salzhaltigem  Wasser  lebt,  da 
ich  ihn  selbst  zu  fangen  bis  jetzt  noch  nicht  das  Glück  hatte. 
Plumpsend  fällt  vor  unseren  Augen  die  Wasserschildkröte 
( Clemmys  leprosa,  Schweigg.)  vom  grasigen  Ufer  in  ihr  nasses 
Element  und  vergräbt  sich  augenblicklich  in  den  muttigen 
Schlamm.  In  Kanälen  und  Tümpeln  schwimmt  mit  enormer 
Fertigkeit  die  Tropidonotus  viperinus ,  Latr.  oder  sonnt  sich 
auf  den  mit  Binsen  und  Gräsern  bewachsenen  Kufen  und 
Rändern,  während  in  feuchten  Gräben  und  Niederungen  die 
niedliche,  unserer  Blindschleiche  nahestehende  Seps  tridactylci , 
Daud.  sich  hindurchwindet.  Doch  kommt  sie  erst  in  den  warmen 
Tagen  zum  Vorschein,  belebt  aber  dann  in  geradezu  unglaub¬ 
licher  Anzahl  den  Boden.  Sie  scheint  sich  keineswegs  an  das 
süsse  Wasser  zu  binden,  da  ich  sie  fast  in  noch  grösserer 
Menge  an  brackigem  und  salzhaltigem  vorgefunden  habe.  In 
den  ersten  wärmeren  Apriltagen  überrascht  uns  plötzlich  eine 
Eidechse,  welche  wie  ein  Pfeil  auf  dem  Boden  dahinschiesst 
und  dem  ersten  besten  Schlupfwinkel  zuflüchtet.  Geht  man 
ihr  aber  nach  und  wendet  behutsam  den  Stein  um,  unter  welchen 
man  sie  schlüpfen  sah,  so  kann  man  sie  ohne  Mühe  greifen  und 
hervorziehen.  Es  ist  der  prächtige  Acanthodactylus  vulgaris , 
seu  lineomaculatus,  D.  und  Bibr.  Auf  den  fruchtbaren  Gefilden, 
in  Gärten,  auf  Feldern  und  in  Olivenhainen  lebt  die  bunt¬ 
gefärbte  Zornnatter  (Zamenis  hippocrepis,  L .),  während  die 
monströsen  Stümpfe  und  Strünke  der  Oelbäume  von  Geckos 
belebt  sind.  Letztere  sind  dort  ebenso  schwarz  von  Hautfarbe 
wie  es  die  Stämme  sind ,  auf  denen  sie  leben ,  während  die 
Geckos,  welche  im  Gebirge,  auf  Steinen,  in  Ruinen  und  altem 
Gemäuer  angetroffen  werden,  eine  fahlgraue  Färbung  zeigen 
und  sich  genau  der  Umgebung  accommodiren.  ln  den  hohlen 
Wurzelstöcken  der  Oliven  halten  Perleidechsen  ihren  Winter¬ 
schlaf  und  kommen  gegen  Ende  März  aus  ihren  Verstecken 
hervor.  Ueberrascht  und  erstaunt  bleibt  der  Wanderer  plötz¬ 
lich  stehen  und  sieht  mit  Bewundern  das  smaragdgrüne  Reptil 
mit  gehobenem  Kopfe  vor  sich  liegen  oder  erschreckt  schnur- 
grade  weglaufend  das  Weite  suchen.  Hand  in  Hand  mit  der 
Kriechthierfauna  geht  das  Vogelleben.  Auf  den  Weizenfeldern 
begegnet  man  grossen  Schaaren  von  Feld-  und  Kalanderlerchen, 
den  mit  ihrem  eintönigen  Gezwitscher  ermüdenden  Grauammern 
und  jagt  dort  Zwergtrappe  und  Wachtel.  An  dem  Rande  der 
Gewässer  treiben  sich  Triel,  Regenpfeifer,  Kiebitze  und  aller¬ 
lei  schnepfenartige  Vögel  umher  und  verleihen  durch  ihr  Flöten, 
Knarren,  Pfeifen,  Surren  und  Schwirren  diesen  Gegenden  ein 
gar  belebtes  und  anmuthiges  Bild.  Im  Wasser  der  grösseren 


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Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Seen  aber  stehen  langbeinige  Beiher  oder  in  langer  Feuer¬ 
linie  Flamingos;  zahlreiche  Enten,  Möwen,  Seeschwalben  und 
Kormorane  liegen  auf  den  sie  schaukelnden  Wellen,  oder  ziehen 
laut  kreischend  über  sie  dahin.  Grosse  und  umfangreiche 
Olivenhaine  erstrecken  sich  in  unabsehbarer  Linie,  in  welchen 
wir  den  für  Tunis  charakteristischen  Maurenfinken  antreffen. 
Die  monströsen  Stümpfe  und  Strünke  der  Olive  aber  dienen 
mit  ihren  zahlreichen  Höhlungen  der  ebenfalls  hier  heimischen, 
munteren  Ultramarinmeise  zu  Niststätten ,  auch  dem  Wüsten¬ 
kauze  und  anderen  Höhlenbrütern.  Fremde  Gesellen  halten 
zur  Zugzeit  Bast  im  willkommenen  Gezweig  des  schattigen 
Oelbaumes,  während  zur  Frühjahrszeit  ein  wunderbarer  Chor 
von  Orpheussängern  und  Heckennachtigallen  daraus  erschallt. 
So  ergiebt  sich  also  die  fruchtbare,  wasserreiche  Ebene  auch 
nach  der  Fauna  als  die  reichhaltigste  und  umfassendste.  Wie 
so  ganz  anders  wird  das  Bild  auf  sandigem,  wasserarmen 
Boden!  Im  Uebergang  begriffen,  verleiht  uns  diese  Gegend 
zwar  besonderen  Beiz  an  der  vorwiegenden  Anzahl  Beptilien. 
Hier  treffen  wir  die  Walzenechse  (Gongylus  ocellatus,  aut.J, 
welche  sich  vor  unseren  Augen  in a auffallender  Geschwindigkeit 
vergräbt,  hier  die  schöne  Zornnatter  (Zamenis  hippocrepis,  L.J 
und  die  Eidechsennatter  (Coelopeltis  monspessulana ,  Herm.J, 
welche  der  im  Geäst  der  Oliven  herumkletternden  Perl¬ 
eidechse  nachstellt.  Käfer  aus  der  Gattung  Cicindela,  Copris 
und  Onitis  schwirren  surrend  an  einem  vorüber  und  der 
eifrige  Ateuchus  sacer  lässt  sich  beim  Bollen  der  Pillen  in 
seinem  Fortpflanzungsgeschäft  nicht  stören.  Die  Ornis  ist 
noch  reichhaltig:  Triel  und  Brachvögel  stellen  den  chitin- 
bepanzerten  Insekten  nach  und  zwischen  den  Feigenpflanzungen 
treiben  Zwergohreulen,  Nachtschatten,  Bothkopfwürger,  Hauben¬ 
lerchen  und  Sänger  eigentlichen  Sinnes  ihr  Wesen,  während 
sich  in  hoher  Luftregion  einige  Paare  Brachschwalben  neckend 
und  mit  einander  spielend  tummeln.  Aber  schon  verräth  die 
häufige]-  auftretende  Dattelpalme  (Phoenix  dcictylifera)  den 
Wüsten  Charakter  und  mehr  und  mehr  entschwindet  die  bunte 
Pracht  der  Flora,  bleibt  ein  Vogel  nach  dem  anderen  zurück. 
Zwar  in  den  Oasen  herrscht  Leben  und  Treiben  immer  noch, 
aber  es  ist  ein  anderes  Bild.  Die  hochgewachsenen  Palmen 
breiten  in  unbeschreiblicher  Pracht  die  Fülle  ihrer  wuchtigen 
Wedel  über  den  Wanderer  und  verleihen  dem  Ganzen  einen 
majestätischen  und  würdevollen  Ernst.  Nur  der  Wiedehopf, 
der  Tebib  der  Muselmänner  und  die  Palmentaube  verbergen 
sich  in  der  Krone  oder  sitzen  auf  einem,  im  leichten  Wind- 
stoss  knarrenden  Wedel.  Das  aber  sind  Charaktervögel  und 


Sitzung  vom  11.  Januar  1892. 


13 


stören  die  erhabene  Würde  einer  Oase  nicht.  Nur  eine  Gestalt 
bleibt  Räthsel  im  ernststimmenden  Palmenhain:  der  Sperling. 
Nicht  unser  zwar,  doch  auch  nicht  so  sehr  verschieden,  als 
dass  man  ihn  an  seinem  ewigen  Gescheite  nicht  wiedererkennen 
werde.  Den  Gesetzen  der  Harmonie  hohnsprechend,  hat  er 
sich  gerade  die  Krone  der  Dattelpalme  zum  Wohnort  erwählt 
und  baut  dort  seine  umfangreichen,  nicht  kunstlosen  Nester. 

Beim  Eintritt  in  die  Wüste,  in  die  Z'aliara  der  Araber, 
verlassen  uns  selbst  diese  Vögel  und  es  überkommt  uns  das 
Gefühl  unsäglicher  Verlassenheit.  Gluthhitze  und  Todtenstille 
umfängt  uns.  Dazu  der  dürre  Boden,  nur  hier  und  da  von 
einem  Halfabüschel  durchsetzt  mit  seinem  monotonen  Gepräge: 
ein  Meer  von  Sand,  welches  vom  Winde  wogenartig  hin-  und 
hergetrieben  wird  und  den  Wanderer  zu  vergraben  droht. 
Und  dennoch  mangelt  nicht  jedes  Leben !  Langbeinige  Pimelien 
stelzen  vor  uns  graziös  einher,  verschiedene  Arten  Ateuchus 
durchwühlen  den  Mist  der  Kameele  und  Saumthiere  Heu¬ 
schrecken  und  Fliegen  umsummen  uns.  Nach  ihnen  machen 
zierliche  Eidechsen  Jagd,  die  zumeist  der  Gattung  Acantlio- 
dactylus  angehören.  Der  Wüstensteinschmätzer  tanzt  mit  un¬ 
beschreiblichem  Anstande  um  sein  Weibchen ,  isabellfarbige 
Wüstenläufer  kommen  querein  geflogen  und  entlaufen  wie 
vom  Winde  getrieben  unserem  Gesichtskreise  in  kürzester 
Zeit.  Schaaren  von  Wüstenlerchen  fliegen  vor  unseren  Füssen 
auf  und  enthalten  manche  gar  seltene  und  auffallende  Arten. 
Alle  aber  sind  Kinder  der  Wüste  mit  unscheinbarem  Feder¬ 
kleide,  welchem  der  Sand  seinen  Abdruck  verlieh. 

Am  reichsten  und  eigenartigsten  aber  ist  die  Kriechthier¬ 
fauna  in  der  Sahara  vertreten.  Drei  Arten  aus  der  Gattung“ 
Acanthodactylus  treffen  wir  daselbst  alle  Augenblicke  an,  den 
Ac.  pardalis,  Licht.,  boskianus,  Daud.  und  scutellatus,  Aud. 
Letzterer  ist  hauptsächlich  Bewohner  der  eigentlichen  Sand- 
districte,  während  der  schön  gefleckte  pardalis  und  der  lang¬ 
gestreckte  boskianus  die  steinigten  Gegenden  bevorzugen.  Die¬ 
selben  Orte  werden  von  dem  eigenartigen  Uromastix  acanthi- 
nurus,  Bell,  bewohnt,  der  sich  am  liebsten  in  die  Felsenklüfte 
der  Sahara  zurückzieht  —  jene  mit  eigentümlichem  Dorn¬ 
schwanz  bewehrte  Echse,  der  „Thsab“  der  Eingeborenen.  Da 
auch  lebt  die  prächtige,  längsgestreifte  Schlange  Psammophis 
sibilans,  var.  punctatus,  D.  und  Bibr.,  welche  mit  dem  ziesel¬ 
artigen,  niedlichen  Säuger  Ctenodactylus  Massoni,  dem  Gundi 
der  Araber,  den  Aufenthaltsort  theilt,  da  die  Brillenschlange, 
deren  tödtlicher  Biss  wohl  kaum  geheilt  werden  könnte  ,  die 
von  Jedermann  gefürchtete  Naja  liaie,  L.  In  den  eigentlichen 


14 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Sandgegenden  aber  sitzt  auf  einem  Halfabüschel  oder  einer 
Artemisiastau.de  mit  weitgeöffnetem  Rachen  die  buntgescheckte 
Agama  inermis,  Reuss  oder  läuft  pfeilschnell  über  den  Boden; 
in  den  losen  Sand  gräbt  sich  vor  unseren  Augen  der  Apotheker 
—  Skink  ( Scincus  officinalis,  L.J,  der  im  Alterthum  im  Geruch 
wunderbarer  Heilkraft  gegen  Liebesschwächen  stand;  Ross 
und  Reiter  aber  bedroht  der  starke  Waran  (Varanus  griseus, 
Daud.J,  einem  Landkrokodile  vergleichbar,  welcher  mit  scharfen 
acrodonten  Zähnen  bewaffnet,  nicht  selten  aus  Uebermuth  den 
Saumthieren  an  die  Nüstern  springt  und  diese  in  den  höchsten 
Schrecken  versetzt.  Es  ist  der  „Orei“  der  Eingeborenen,  dem 
Dornschwanze  an  Grösse  nicht  nachstehend,  vielmehr  diese 
überschreitend.  Beide  werden  öfters  von  sudanesischen  Neg'ern 
gefangen  und  verwerthet;  der  Dornschwanz,  indem  er  von 
ihnen  gegessen  wird,  der  Waran  zumeist  umseiner  festen  Haut 
willen,  aus  welcher  man  Taschen,  Portemonnaies  u.  dgl.  fertigt. 
Charakteristisch  für  die  Wüste  ist  auch  die  giftige  Hornviper 
(Cerastes  vipera,  Lty  die  in  warmen  Nächten  den  Sandboden 
belebt  und  tagsüber  nur  zufällig  unter  einem  Strauche  liegend 
überrascht  wird,  wo  sie  der  Verdauung  obliegt. 

Da  die  Zeit  für  eine  eingehendere  Schilderung  kaum 
ausreichen  dürfte,  habe  ich  mich  auf  diese  nur  ganz  flüchtige 
Skizze  beschränken  zu  müssen  geglaubt  —  immerhin  wollte 
ich  dieselbe  vor  der  Besprechung  und  Demonstration  meiner 
mitgebrachten  Kriechthiere  nicht  ganz  umgehen,  um  Sie,  ver¬ 
ehrte  Anwesende,  mit  dem  Verbreitungsbezirke  jener  Thiere, 
der  geographischen  Lage  sowie  dem  Landcharakter  und  der 
Bodengestaltung  Tunesiens  einigermassen  bekannt  zu  machen.“ 

Redner  legt  alsdann  das  vor  Kurzem  in  den  „Transactions 
of  the  Zoological  Society  of  London“  erschienene  Prachtwerk 
von  Bo  ul  eng  er  über  die  Kriechthiere  der  Barbarei  vor,  be¬ 
titelt  „Catalogue  of  the  Reptiles  and  Batrachians  of  Barbary 
(Marokko,  Algeria,  Tunisia),  based  chiefly  upon  the  Notes  and 
Collections  made  in  1880 — 1884  by  M.  Fernand  Lata  st  e“ 
und  weist  auf  das  hervorragende  Verdienst  Boulengers  hin, 
die  hochinteressante  Kriechthierfauna  jenes  Landes  nahezu  er¬ 
schöpfend  und  vollendet  bearbeitet  zu  haben.  Die  dem  äusserst 
gewissenhaft  bearbeiteten  Texte  beigegebenen ,  glänzenden 
Tafeln  werden  besonders  hervorgehoben  und  der  Ansicht  der 
geehrten  Anwesenden  anempfohlen. 

Alsdann  bespricht  Redner  mit  Vorzeigung  der  Objecte 
(Spirituspräparate)  die  von  ihm  in  Tunis  gesammelten  Kriech¬ 
thiere  und  knüpft  daran  die  von  ihm  in  der  Freiheit  gemachten 
biologischen  Untersuchungen  und  Beobachtungen.  Das  Material 


Sitzung'  vom  11.  Januar  1892. 


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ergab  2  Schildkröten-,  18  Eidechsen-,  11  Schlangen-  und  5Lurchen- 
formen,  zusammen  36  Arten  für  Tunesien.  Für  die  ganze 
Barbarei  sind  bis  jetzt  von  Boulenger  3  Schildkröten-,  45 
Formen  von  Eidechsen,  20  Schlangenarten  und  10  Batrachier 
nachgewiesen  worden,  im  Ganzen  78  Species. 


Liste 

der  von  mir  bis  jetzt  in  Tunis  gesammelten  und  beobachteten 

Kriechthiere. 

Die  mit  *  versehenen  Arten  sind  eigenhändig  von  mir  gefangen 

worden. 

A.  Reptilien  (Reptilia). 

Ordnung:  Schildkröten  (Chelonia). 

*1.  Testudo  Ibera,  Pallas  1831. 

Uebcrall  häufig,  vorwiegend  auf  Hochlandsteppen.  Supra- 
caudale  bei  jungen  Individuen  wie  bei  graeca ,  L.  g'etheilt.  Das 
charakteristische  Unterscheidungsmerkmal  beider  Arten  scheint 
nur  im  Fehlen  und  Vorhandensein  des  Schenkelsporns  zu  be¬ 
stehen. 

*2.  Clemmys  leprosa,  Schweigg.  1814. 

Leider  liegen  nur  Jugendformen  von  meist  olivgrüner 
Färbung  vor.  In  Flüssen  und  stagnirenden  Gewässern  häufig’, 
auch  in  Cisternen,  wo  die  Stücke  eine  enorme  Grösse  erreichen. 

Diese  2  Schildkröten  sind  in  ganz  Tunesien  häufig  —  eine 
3.  Art  wurde  in  Tunis  nicht  beobachtet.  Boulenger  stellt 
die  Emys  orbicularis ,  L.  1766  in  seiner  Arbeit  auf,  welche  von 
Lataste  bestätigt  wurde  als  von  Dr.  Hagenmüller  beiBona. 
gesammelt.  Sie  sei  jedoch  selten  und  die  früheren  Angaben 
über  Vorkommen  dieser  Art  „in  allen  Flüssen  Algiers “  ist  nach 
Boulenger  auf  eine  Verwechslung  mit  der  gewöhnlichen 
Clemmys  leprosa  zurückzuführen. 

Ordnung:  Eidechsen  (Sauria). 

*3.  Hemidactvlus  turcicus,  Linn.  1766. 

Hemidactylus  verruculatus ,  Gervais,  Guichenot. 

Hemidactylus  cyanodactylus,  Strauch. 

Die  Art  wird  von  Boulanger  als  „not  very  common“ 
für  Algier  angegeben.  Auch  scheint  sie  in  Tunis  nicht  so 


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Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


häufig  zu  sein  als  in  einigen  südlichen  Ländern  Europas,  z.  B- 
Italien.  Ich  habe  sie  nur  einmal  beim  Umdrehen  eines  Steines 
in  Bordj-Ibum  überrascht,  ausserdem  noch  1  Stück  durch  den 
in  Tunis  ansässigen  Sammler  Francesco  Miceli  erhalten.  Beide 
Exemplare  waren  junge  Individuen. 

*4.  Tarentola  mauritanica,  L.  1766. 

Platydactylus  fascicularis,  Rozet,  Gervais. 

Platydactylus  muralis,  Guichenot. 

Platydactylus  facetanus,  Strauch. 

In  ganz  Tunis  gemein.  Die  auf  den  Oliven  lebenden 
Exemplare  zeichnen  sich  durch  intensiv  schwarze  Rückenfär¬ 
bung  sowie  durch  ihre  stattliche  Grösse  aus.  Die  am  Mauer¬ 
werk  lebenden  Individuen  sind  durchweg  heller  und  schwächer. 
Nur  in  den  kalten  Wintertagen  sieht  man  sie  nicht;  sobald  aber 
die  erste  Frühjahrssonne  scheint,  kommen  sie  aus  ihren  Schlupf¬ 
winkeln  hervor  und  lassen  die  Wärme  belebend  auf  sich  ein¬ 
wirken.  Zu  überraschen  sind  die  Geckos  sehr  schwer  und  dies 
wird  nur  in  den  wenigsten  Fällen  gelingen.  Wenn  man  ihnen 
dagegen  den  Rückweg  absperrt  und  die  Hand  hohl  auf  den 
Ast,  Stamm  oder  Stein  legt,  wo  sie  sich  gerade  befinden,  so 
laufen  sie  in  der  Regel  von  selbst  in  die  Höhlung  hinein,  wor¬ 
auf  man  die  Hand  nur  zu  schliessen  braucht.  Die  Reflexbewe¬ 
gungen  der  in  Alkohol  geworfenen  Geckos  halten  unter  Um¬ 
ständen  halbe  Stunden  lang  an.  - 

L  a  t  a  s  t  e  beschreibt  eine  Varietas  deserti  in  litteris, 
welche  sich  durch  beträchtliche  Grösse,  spitzer  zulaufenden  Kopf, 
feinere  Granulation  zwischen  den  Tuberkeln  und  der  Kehle 
und  sehr  blasse,  fast  schmutzig  weisse  Färbung  mit  sehr  un¬ 
bestimmten  fahl  braunen  Flecken  auszeichnen  soll.  Mir  ist 
diese  Varietät  in  der  tunesischen  Sahara  nicht  xiufgestossen. 

*5.  Agama  inermis,  Reuss.  1834. 

Diese  hervorragend  hübsche  Art  ist  mir  im  nördlichen 
Tunis  in  der  Freiheit  niemals  begegnet  und  scheint  in  der 
nächsten  Umgebung  von  der  Hauptstadt  Tunis  gänzlich  zu 
fehlen.  Das  erste  Exemplar  sammelte  ich  am  12.  März  1891  in 
der  Sebkhaniederung  von  Sidi  Bou  Ali,  auf  der  Wegstrecke 
zwischen  Sousse  und  Dar  el  Bev.  Ich  fand  es  todt  getreten 
am  Boden  liegen.  Nach  Dr.  Boettg’er  ist  es  ein  und  Aveicht 
vom  Typus  durch  eine  einzige,  statt  zwei,  Präanalporenreihe 
ab.  Am  14.  März  griff  ich  ein  lebendes  Exemplar  in  der  Sebkha¬ 
niederung'  von  Monastir.  Es  war  augenscheinlich  ein  wenig 
erstarrt,  sass  mit  gehobenem  Kopfe  am  Rande  einer  Wasser- 


Sitzung  vom  11.  Januar  1892. 


17 


lache  und  liess  sich  von  mir  widerstandslos  greifen.  Schliess¬ 
lich  sammelte  ich  auf  meiner  letzten  Wüstenreise  4  Stück  dieser 
Echse.  Sie  sassen  zumeist  in  einem  Halfabüschel  oder  Ar¬ 
temisiastaude,  wo  sie  ein  uns  begleitender  Dachshund  aufstö¬ 
berte  und,  ohne  sie  zu  beschädigen,  fing. 

*6.  Uroma  st  ix  acanthinurus,  Bell,  1825.  „Thsab“  der 

Eingeborenen. 

Ur.  spinipes,  Günther. 

Ur.  temporalis,  Valenciennes.  Dornschwanz. 

Diese  stattliche  Eidechse  sammelte  ich  nur  in  einem  ein¬ 
zigen  Exemplar.  Es  war  unweit  der  Oase  Ouderef  am  vielver- 
heissenden  Djebel  el  Meda,  wo  ich  auf  den  dortigen  Hoch¬ 
plateaus  Jagd  nach  einer  höchst  seltenen  Lerchenart,  der  Rliam- 
phocoris  Clot-Bey  machte,  als  plötzlich  mein  Reisegefährte 
stehen  blieb  und  mich  zu  sich  heranwinkte.  Ich  eilte  hin  und 
sah,  behaglich  im  Sonnenschein  ausgestreckt,  eine  Riesenechse, 
die  ich  aus  der  Ferne  nicht  unterzubringen  wusste.  Vorsichtig 
rückwärtsschreitend,  um  eine  gewisse  Distanz  zum  Schuss  zu 
gewinnen,  backte  ich  das  Gewehr  an  und  legte  mit  feinem 
Vogeldunst  den  mir  sehr  begehrenswerthen  Uromastix  auf  die 
Seite.  Die  Art  soll  übrigens  in  Algier  und  Tunis  keineswegs 
zu  den  Seltenheiten  gehören  und  ist  bis  jetzt  nach  Boulenger 
weder  westlich  von  Algier,  noch  östlich  von  Tunis  aufgefunden 
worden.  Die  anderen  Orts  angetr offenen  Exemplare  sind  viel¬ 
mehr  mit  dem  Uromastix  spinipes,  Daud.  verwechselt  worden. 
Soviel  mir  bekannt,  wird  das  Fleisch  des  „Thsab“  von  den 
Wüstenvölkern  gegessen. 

7.  Varanus  grise  us,  Daudin  1802. 

Var.  arenarius,  Gervais,  Guichenot.  —  Var.  scincus,  Strauch. 

Erdwaran  „Orel“  der  Eingeborenen. 

Mir  liegen  3  Stück  aus  Tripolis  vom  25.  März  1887  vor. 
In  Tunis  habe  ich  den  Waran  nicht  zu  Gesicht  bekommen,  ob¬ 
schon  er  dort  in  den  südlichen  Saharadistricten,  nach  den  mir 
gemachten  Mittheilungen,  häufig  Vorkommen  soll. 

*8.  Lacerta  ocellata,  Daudin.  Perleidechse. 

Varietas:  pater,  Lataste  1880.  Salsumia  der  Eingeborenen. 

L.  viriclissima,  Rozet.  —  L.  occellata,  Schlegel,  Strauch. 

L.  viridis,  Gervais. 

Während  wir  die  typische  Lacerta  occellata ,  Daud.  in 
Süd-Frankreich,  Ligurien  und  auf  der  Pyrennäischen  Halbinsel 
zu  suchen  haben,  wird  in  Nordwestafrika  die  Perleidechse  zu 
Sitzungsh.  der  niederrhein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1892.  2A. 


18 


Niederrheinisclie  Gesellschaft  in  Bonn. 


einer  Rasse  oder  guten  Subspecies,  deren  Bekanntmachung  wir 
dem  energischen  französischen  Forscher  Lat  aste  zu  verdan¬ 
ken  haben.  Die  Form  scheint  auf  Algier  und  Tunis  beschränkt 
zu  sein,  in  Marokko,  so  namentlich  in  Tanger  kommt  wieder 
eine  andere  Varietät  vor,  von  Bouleng’er  unter  dem  Namen 
tangitana  1887  bekannt  gemacht. 

Die  Unterschiede  beider  Unterarten  werden  von  Bo  u- 
1  e  n  g  e  r  genau  angegeben  und  besprochen,  weshalb  ich  auf 
dieselben  verweise.  Erwähnen  will  ich  nur,  dass  die  Färbung* 
ungemein  variirt,  denn  man  findet  ebensowohl  Stücke  von  in¬ 
tensiv  smaragdgrüner  Färbung*,  ganz  einheitlich  wie  schwarz 
gefleckt,  als  auch  in  fast  bläulicher  Nuance  ungefleckt  u.  s.  w. 

Diese  Eidechse  ist  in  der  näheren  Umgebung  von  Tunis 
von  Mitte  März  an  sehr  häufig*  an  den  Wurzelstöcken  der  Oel- 
bäume,  am  Mauerwerk  und  auf  Gebirg’en  anzutreffen;  scheint 
aber  südlich  von  Tunis  fast  ganz  zu  fehlen,  in  Monastir  sah 
ich  sie  nicht  ein  einziges  Mal.  Sie  ist  bissig  und  sehr  gewandt, 
frisst  vorzugsweise  Landschnecken  (Helix),  klettert  oft  in  Oli¬ 
venzweigen  herum  und  sonnt  sich  auf  den  Gipfeln  der  Bäume. 
In  allen  Stadien  und  Altersstufen  gesammelt. 

*9.  Psammodromus  algirus,  L.  1766. 

Algira  barbaricci,  Gervais.  —  Tropidosaura  algira,  ant. 

Diese  prächtige,  in  der  von  mir  gegebenen  Einleitung* 
öfters  vorerwähnte  Eidechse  bewohnt  Gebirge  und  Höhenzüge 
in  Marokko,  Algier  und  Tunis  nördlich  der  Sahara.  Sie  kommt 
übrigens  auch  in  Spanien  und  Süd-Frankreich  vor,  bevorzugt 
trockenen  Boden  mit  Steingeröll  und  ist  ausserordentlich  flink 
und  gewandt.  Erwachsene  Exemplare  sind  sehr  schwer  zu 
fangen. 

*10.  Acanthodactylus  baskianus,  Daudin  1802. 

Varietas:  asper,  Audouin. 

Dieser  Acanthodactylus  ist  ein  echtes  Kind  der  Wüste. 
Er  theilt  mit  den  typischen  Wüstenformen  seinen  Verbreitung's- 
bezirk.  Dort,  wo  der  dunkelfarbige  Würger  ( Lanius  algerien- 
sis,  Lesson)  dem  hellen  Lanius  dealbatus ,  Defil.  weicht,  wo  wir 
nach  den  äusserst  gewandten  und  flinken  Laufkäfern  der  Acan- 
thia  sexmaculata  Jagd  machen  und  sie  zu  fangen  suchen :  dort 
erst  sehen  wir  den  Acanthodactylus  baskianus.  Nur  in  der 
eigentlichen  Wüste  ist  er  anzutreffen;  auf  der  Hochlandsteppe 
bin  ich  ihm  nirgends  begegnet.  Häufig*  ist  er  in  Gabes  und 
Umgegend,  wo  ich  einige  Exemplare  erbeutete,  die  in  Sonder¬ 
heit  am  Djebel  el  Meda  und  dem  Djebel  .Chalifa  Ben  Machmud 


Sitzung-  vom  11.  Januar  1892. 


19 


von  mir  gegriffen  wurden.  Bei  vorsichtiger  Annäherung  des 
Menschen  drücken  sie  sich  platt  auf  den  Boden  und  wenden 
den  Blick  unverwandt  nach  jenem.  Sie  wählen  ausgesproche¬ 
nen  Sandboden,  welcher  mit  Steinen  untermischt  sein  darf  und 
passen  sich  diesen  Bodenverhältnissen  in  geradezu  überraschen¬ 
der  Weise  an. 

Auf  der  Dorsalseite  ziehen  sich  vom  Occiput  zwei  dunkle 
Seitenstreifen  herab,  welche  sich  unterhalb  der  Schwanzwurzel 
vereinigen.  Desgleichen  ist  ein  Mittelrückenstreifen  vorhanden, 
der  sich  ursprünglich  aus  zwei  Linien  zusammenzusetzen  scheint. 
Er  reicht  bis  zur  Schwanzwurzel ;  die  Bauchseite  und  die  Schen¬ 
kel  sind  lebhaft  punktirt;  auf  ersterer  setzen  sich  die  Punkte 
in  zwei  Seitenlinien  zusammen. 

*11.  Acantliodactylus  scutellatus,  Audouin  1829. 

Die  von  mir  gefangenen  Stücke  liegen  aus  Tripolis  vor, 
doch  wird  die  Art  auch  für  Tunis  angegeben.  Die  röthliche 
Färbung  des  Sandes,  wie  ich  sie  in  der  Regentschaft  Tunis  bis 
jetzt  noch  nicht  angetroffen  habe,  ist  getreu  auf  dieser  Eidechse 
wiedergegeben.  Diese  Art  scheint  die  häufigste  in  Tripolis  zu 
sein  und  lebt  in  der  nächsten  Umgebung  der  Stadt,  wo  bereits 
Wüstencharakter  herrscht.  Sie  ist  nicht  schwer  zu  fangen, 
versteht  es  aber  meisterhaft  sich  durch  das  dichte  Gewirr  der 
Retama  retam ,  L.  zu  winden,  oder  durch  plattes  Niederdrücken 
uuf  dem  Sande  sich  den  Augen  des  Menschen  —  sowie  aller 
übrigen  Feinde  —  zu  entziehen. 

*12.  Acantliodactylus  pardalis,  Licht.  1823. 

Acantliodactylus  Savigyi,  Gervais,  Guichenot,  Strauch, 
Lataste. 

Zootoca  deserti,  Günther. 

Acantliodactylus  Bedriagae,  Lataste. 

Diese  Eidechse  ist  eine  Zwischenform  von  Acantliodactylus 
, scutellatus  und  Ac.  vulgaris.  Sie  ist  in  Algier  und  Tunis  durch 
zwei  schwer  zu  unterscheidende  Varietäten  vertreten,  welche 
von  Lataste  benamset  wurden,  nämlich  derVarietas:  Bedria¬ 
gae,  der  grösseren,  stärkeren  Form,  welche  sich  an  den  Ac. 
vulgaris  anlehnt,  und  der  Varietas:  deserti  ( Scaptira  macu- 
lata,  Gray;  Zootoca  deserti,  Günth.),  der  kleineren  Form  von 
der  Sahara,  welche  sich  mehr  der  vorhergehenden  —  Ac.  scutel¬ 
latus  anlehnt.  Nach  Herrn  Dr.  Boettgers  gütiger  Bestim¬ 
mung  gehören  meine  in  der  Sahara  gesammelten  Stücke  der 
Varietas:  Bedriagae,  Lataste  an.  Während  ich  dieser  Art  in 
der  nächsten  Umgebung  von  Tunis  niemals  begegnete,  wird 


20 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


sie  in  Kobelts  „Reiseerinnerungen  aus  Algerien  und  Tunis“" 
im  Anhang*  von  Dr.  Boettger  aufgeführt  als  in  Tunis  durch 
Francesco  Miceli  in  4  Exemplaren  erlangt.  Ich  sammelte 
sie  erst  in  der  Oase  von  Gabes,  wo  sie  neben  Eremias  guttu- 
lata,  Licht,  die  häufigste  Eidechse  war.  In  Tripolis  war  sie  be¬ 
reits  seltener.  Sie  bevorzugt  sandigen  Boden,  auf  welchem  sie 
mit  grosser  Geschwindigkeit  einherläuft.  Im  Magen  und  Darm 
fand  ich  vorwiegend  Käferüberreste  von  Pimelien. 

*13.  Acantho dactylus  vulgaris,  Dum.  et  Bibr.  1889. 

Äcanthodactylus  lineornaculatus ,  Dum.  et  Bibr. 

Diese  Art  habe  ich  (nach  Dr.  Boettger)  im  Jahre  1888- 
für  Tunis  als  neu  nachgewiesen,  was  um  so  auffallender  ist, 
als  sie  keineswegs  zu  den  seltenen  Erscheinungen  daselbst  ge¬ 
hört;  freilich  ist  sie  mir  nur  in  der  nächsten  Umgebung*  von 
Tunis  selbst  in  der  Freiheit  aufgestossen.  Boulenger  sagt 
von  ihr,  dass  sie  Süd-Frankreich,  die  spanische  Halbinsel,  Ma¬ 
rokko,  Algerien  nördlich  der  Sahara  und  wahrscheinlich  (pro- 
bably)  Nord-Tunis  bewohnt.  Sie  ist  am  Rande  des  Bahira-Sees, 
auf  dem  thonhaltigen  Boden  bei  Auina  wie  in  Rades  häufig, 
doch  nicht  vor  April  anzutreffen.  Sie  bevorzugt  die  Gegenden 
am  Wasser.  Ueberrascht,  läuft  sie  wie  der  Wind  über  die 
Fläche  und  verkriecht  sich  nur  oberflächlich  unter  einem  pas¬ 
senden  Strauch  oder  Stein  und  kann  dann  ohne  besondere 
Mühe  hervorgezogen  werden.  Auf  diese  Weise  fing  ich  alle 
Exemplare,  die  mir  zu  Gesicht  kamen.  Bei  jungen  Individuen 
ist  die  Flecken-  und  Linienzeichnung,  besonders  an  den  Schen¬ 
keln,  vortheilhaft  abgehoben.  Adulte  Exemplare  zeichnen  sich 
durch  mattblaue  Flecken  an  der  Seitenreihe  aus. 

*14.  Eremias  guttu  lata,  Licht.  1823. 

Podarces  pardalis,  Gervais,  Guichenot,  Strauch. 

Podcirces  Simoni ,  Boettger. 

Eine  ausserordentlich  variable  Form,  nach  dem  Süden 
hin  zunehmend.  Auf  mittleren  Höhenzügen,  nicht  häufig  in  der 
nächsten  Umgebung  von  Tunis ;  um  Monastir  häufiger  werdend, 
auch  auf  Inseln,  z.  B.  auf  Curiat,  von  wo  sehr  lebhaft  gefärbte 
Exemplare  vorliegen.  Noch  südlicher,  z.  B.  bei  Gabes,  gemein. 
Liebt  sandigen  Boden,  ohne  besondere  Charakterpflanzen  zu 
bevorzugen.  Weniger  gewandt  in  ihren  Bewegungen,  wie  die 
vorhergehenden  Arten.  Im  Darm  Flügeldecken  von  Pimelien, 
Larven  und  Spinnen. 


Sitzung*  vom  11.  Januar  1892. 


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*15.  Ophiops  occidentalis,  Bouleng*er  1887. 

Ophiops  eie g ans,  Lataste,  Boettg*er. 

Auf  mittleren  Höhenzügen  und  an  der  Gebirgsbasis  zwi¬ 
schen  Rasmarin  und  Thymian,  im  nördlichen  Tunis  selten,  doch 
schon  bei  Sousse  und  Monastir  häufiger  werdend.  Sie  tritt 
zumeist  mit  der  Tropidosaura  algira  auf,  weil  sie  genau  die¬ 
selben  Oertlichkeiten  auf  den  Hochplateaus  bewohnt  wie  diese. 
Auf  grösseren  Bergen  scheint  sie  jedoch  der  Tropidosaura 
gänzlich  zu  weichen. 

16.  Eumeces  Schneideri,  Daudin  1802. 

Von  dieser  hervorragend  schönen  Eidechse  brachte  ich 
zwei  Stück  von  Gabes  mit,  die  ich  vom  Sammler  Francesco 
Miceli  erstand.  Ein  Exemplar  machte  ich  auf  Wunsch  des 
Hrn.  Dr.  Boettger  dem  Sen ckenbergischen  Museum  zu  Frank¬ 
furt  a.  M.  zum  Geschenk.  Mir  selbst  ist  die  Art  lebend  in  der 
Freiheit  nicht  entgegengetreten.  Für  Algier  (Orovinz  Oran) 
wird  eine  andere  Species  Eumeces  algeriensis,  Peters  1864  an¬ 
gegeben,  die  auf  einer  der  Tafeln  von  Boul enger  pracht¬ 
voll  zur  Abbildung*  gelangte ;  mir  ebenfalls  nicht  begegnet, 
scheint  überhaupt  in  Tunis  gar  nicht  vorzukommen. 

17.  Seine us  officinalis,  Laurenti  1768. 

Auch  diese  schöne  Eidechse  ist  mir  lebend  in  Tunis 
nicht  begegnet.  Das  einzige  Exemplar,  welches  mir  Zeugniss 
vom  Vorkommen  in  der  tunesischen  Sahara  ablegt,  war  ein 
todtes,  welches  ich  unweit  des  Bir  Meheddeub  auf  der  Erde 
liegend,  von  unzähligen  Schwarzkäfern  durchsetzt  vorfand.  In 
den  sandigen  Gegenden  von  Tripolis  fand  Miceli  diese  Eidechse 
gemein.  Er  brachte  mehrere  sehr  verschieden  gezeichnete  von 
dort  mit,  die  er  mir  abtrat.  Sie  wird  von  den  Wüstenarabern 
gegessen. 

*18.  Chalcides  ocellatus,  Forskal. 

Varietas:  tiligugu,  Gmelin  1788. 

Gongylus  ocellatus ,  aut. 

Boulenger  macht  uns  ausser  der  typischen  Form, 
welche  auch  in  Tunis,  aber  nur  im  südlichen  Theile,  so  in 
Gabes  Vorkommen  soll,  mit  drei  Varietäten,  ausserdem  mit  noch 
fünf  anderen  Species  der  Gattung  Chalcides  bekannt.  Eine 
dieser  Varietäten  ist  die  tiligugu,  der  meine  sämmtlichen  Stücke 
angehören,  die  ich  in  Tunis  sammelte.  Sie  bewohnt  Sardinien, 
Sicilien  und  Süd-Italien,  Algerien  und  Tunis  und  die  dazwischen 
liegenden  Inseln,  auch  Tripolis,  Egypten,  Nordwest  -  Arabien 


22 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


und  Abessynien.  In  Algier  und  Tunis  ist  sie  nördlich  der 
Sahara  gemein.  Häufig  am  Rande  des  Balnra  -  Sees,  aber 
auch  auf  Feldern  in  Cactushecken  und  auf  sandigem  Boden. 
Bei  Annäherung  der  Menschen  verkriechen  sie  sich  unter 
dürres  Laub  oder  in  ihre  selbstgegrabenen  Erdlöcher.  In  san¬ 
digem  Boden  vermögen  sie  sich  mit  ausserordentlicher  Schnellig¬ 
keit  fortzubewegen  eventuell  einzugraben.  Im  Allgemeinen 
scheinen  sie  aber  die  Nähe  des  Wassers  nicht  entbehren  zu. 
können.  In  verschiedenen  Altersstufen  gesammelt. 

*19.  C  ha  lei  des  tridactvlus,  Laurenti  1768. 

Seps  chalcides,  Bp.  Guichenot,  Strauch. 

In  Tunis  gemein,  aber  nicht  vor  April  sichtbar.  In 
feuchten  Gräben  oder  Niederungen,  wo  das  Gras  oder  der 
Juncus  üppiger  wächst,  in  überaus  grosser  Anzahl,  so  am 
Rande  des  Bahira,  zumal  an  den  Tümpeln  der  Stadt,  in  Auina 
und  in  Rades  mit  Sicherheit  anzutreffen.  Die  Stummelfüsschen 
helfen  wesentlich  bei  der  Fortbewegung ,  wie  ich  mich  beim 
Fang  oftmals  persönlich  überzeugen  konnte.  Ein  am  12.  März 
1891  in  Tunis  erlegtes  £  Exemplar  einer  Rohrweihe  (Circus 
aeruginosus,  Linn.J  hatte  mehrere  Stücke  der  Clialcides  tri - 
dactylus  im  Magen  gehabt. 

20.  Cham aele on  vulgaris,  Daudin. 

Ch.  africanus ,  Schlegel. 

Ch.  cinereus,  Strauch. 

Ich  selbst  war  nicht  so  glücklich,  ein  Cliamaeleon  aufzu¬ 
finden,  doch  wurde  mir  am  Fusse  des  Djebel  R’Sass  ein  eben 
gegriffenes  am  6.  März  1887  überreicht,  welches  ich  einige  Zeit 
lebend  erhielt.  Ich  besitze  aus  Tunis  zwei  ausgewachsene  und 
aus  Tripolis  zwei  junge  Exemplare.  Nach  mündlichen  lieber- 
lieferungen  und  persönlichen  Mittheilungen  dürfte  das  Chamae- 
leon  in  Tunis  keine  zu  seltene  Erscheinung  sein.  Die  Art  be¬ 
wohnt  Nord -Afrika,  das  südliche  Spanien,  Klein -Asien  und 
Svrien. 


Ordnung :  Schlangen.  Opliidia. 

21.  Lytorhynchus  diadema,  Dum.  und  Bibr.  1854. 

Diese  Schlange  gehört  zu  den  Seltenheiten  in  europäi¬ 
schen  Museen.  Sie  ist  zuerst  beschrieben  worden  nach  einem 
Stück,  welches  von  der  westlichen  Sahara  Algiers  stammt.  Nach 
Dr.  Böttg'er  geht  sie  einerseits  bis  Algerien,  andererseits  bis 
Syrien  und  Persien.  Das  mir  vorliegende  Exemplar  stammt 
von  Gabes,  wo  es  vom  Sammler  Alessi  erbeutet  wurde. 


Sitzung-  vom  11.  Januar  1892. 


23 


*22.  Zamenis  algirus,  Jan.  1863. 

Zamenis  florulentus ,  Gervais. 

Das  einzige  Exemplar,  welches  mir  vorliegt,  fing  ich 
eigenhändig  in  der  Nähe  des  alten  Thystrus,  dem  heutigen 
arabischen  Flecken  El  Djem.  Während  14  von  Lataste  unter¬ 
suchte  Stücke  dieser  Art  25  Schuppenreihen  besitzen,  fällt  mein 
Exemplar  durch  nur  23  Schuppenreihen  auf.  Die  Art  scheint 
auf  Tunis  und  Algier  beschränkt  zu  sein. 

*23.  Zamenis  hippocrepis,  L.  1766.  Zornnatter. 

Periops  hippocrepis ,  Wagl. 

Diese  schöne  Schlange  gehört  in  Tunis  zu  den  häufigsten 
ihrer  Ordnung.  Sie  ist  ausserordentlich  beisslustig  und  höchst 
gewandt.  Gleich  einem  abgeschossenen  Pfeil  gleitet  sie  auf 
dem  Boden  dahin  und  verschwindet  in  wenigen  Augenblicken 
in  ihren  Schlupflöchern.  Sie  bevorzugt  trockene  Oertlichk eiten 
und  ist  daher  in  den  Olivenpflanzungen  nicht  selten  anzutreffen. 
Ich  habe  eigenhändig-  junge  und  ausgewachsene  Exemplare 
vielerorts  gefangen. 

*24.  Tr opidono tu s  viperinus,  Lataste  1802. 

Nur  an  feuchten  Stellen,  dort  aber  in  Gräben,  an  Wasser¬ 
lachen,  Pfützen,  überhaupt  an  stagnirendem  Gewässer  g-emein. 
Ich  traf  sie  an  den  nahen  Pfützen  der  Stadt  Tunis,  entweder 
zusammengerollt  an  deren  Rändern,  oder  schwimmend  im  Ge¬ 
wässer  selbst.  Erst  wenn  die  Tage  wärmer  werden  und  die 
Sonne  belebend  wirkt,  wird  man  ihr  in  der  Freiheit  begegnen. 
Sehr  häufig  findet  man  an  ihren  Lieblingsstellen  die  abge¬ 
worfenen  Häute.  Durchschnittlich  Avird  sie  nicht  eben  sein- 
gross  und  erreicht  bei  Weitem  nicht  die  Länge  der  Zornnatter, 
wird  auch  dementsprechend  seltener  von  Gauklern  zu  Schau¬ 
stellungen  benutzt. 

*25.  Coronella  cucullata,  Geoffr. 

Sammelte  ich  nur  in  einem  einzelnen  Exemplar  (juv.)  in 
Auina  unter  Steinen  am  6.  April  1886.  Nach  Bo  ul  eng- er  lebt 
diese  Schlange  auf  der  Iberischen  Halbinsel,  auf  den  Balearen 
und  Nord- Afrika,  dort  bis  in  die  Sahara  vor  dringend. 

*26.  Psammophis  sibilans,  L.  1766. 

Varietas:  punctata,  D.  und  Bibr. 

Am  Djebel  el  Meda  fing  ich  diese  hervorragend  schöne 
Schlange  in  einem  Exemplar  am  5.  Mai  1891.  Ausserdem  er¬ 
hielt  ich  ein  jüngeres  Stück  vom  Sammler  Francesco  Miceli, 


24 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


welcher  dasselbe  in  Gabes  erbeutet  hatte.  Die  Art  bewohnt 
Nord- Afrika,  Syrien,  Klein- Asien  und  Süd-Russland.  F.  Lataste 
fand  sie  in  den  südlichen  Districten  von  Algier  und  Tunis 
häufig’  vor. 

*27.  Coelopeltis  lacertina,  Wagi.  1824. 

C.  monspessulana,  Herrn.,  Eidechsennatter. 

Diese  gefleckte  Form  ist  zwar  in  der  näheren  Umgebung’ 
der  Stadt  Tunis  seltener  als  nächstfolgende  Varietät,  wird  aber 
von  herumziehenden  Gauklern  vielfach  gezeig’t  und  in  Er¬ 
mangelung'  von  Giftschlangen  zu  den  bekannten  Schaustellungen 
benutzt.  Weiter  nach  dem  Süden  zu  wird  die  Art  ausser¬ 
ordentlich  häufig. 

*28.  Coelopeltis  monspessulana,  Herrn. 

Varietas:  Neumayeri,  Fitz. 

Eine  der  häufigsten  Schlangen  in  Tunis.  Bevorzugt  die 
Hochlandsteppe,  aber  auch  feuchte  Niederungen  und  kommt 
schon  im  Februar  an  sonnigen  Tagen  aus  ihren  Schlupfwinkeln 
hervor.  Sie  ist  wenig  scheu,  aber  im  Vertrauen  auf  ihre 
Stärke  gewandt  und  ausserordentlich  bissig.  Am  12.  April  1887 
überraschte  ich  eine  dieser  Schlangen,  welche  soeben  eine  voll¬ 
kommen  ausgewachsene  Perieidechse  herabgewürgt  hatte  und 
der  Verdauung  oblag'.  Greift  man  sie  an,  so  faucht  sie  unauf¬ 
hörlich  und  richtet  die  Sprünge  nach  dem  Gesichte  des  Menschen. 
Die  Zähne  sind  sehr  scharf,  und  der  Biss  verursacht  nicht  ge¬ 
ringe  Wunden. 

29.  Coelopeltis  producta,  Gervais  1857. 

Bis  vor  Kurzem  nur  aus  Algerien  bekannt.  Francesco 
Miceli  sammelte  das  vorliegende  Stück  in  Gabes.  Es  ist  eine 
seltene  Schlange  und  ziert  die  wenigsten  Sammlungen  Europas. 

30.  Naja  haie,  L.  1766. 

Aspis ;  Afrikanische  Brillenschlange. 

Die  afrikanische  Brillenschlange  wird  südlich  des  Atlas 
in  g'anz  Afrika  gefunden.  Ich  kaufte  von  Gauklern,  welche 
diese  sehr  gefährlichen  Giftschlang-en  nach  Beraubung  ihrer 
Giftzähne  zu  Schaustellung’en  benutzen ,  drei  Stück.  Nach 
glaubwürdiger  Aussage  seien  diese  in  der  Nähe  der  heilig’en 
Stadt  Kairouan  gefangen  worden.  In  der  näheren  Umgebung 
von  Tunis  müssen  sie  wohl  gleich  anderen  Gifts chlang’en  zu 
den  seltensten  Erscheinungen  gehören.  Ich  selbst  bin  dieser 
Art  niemals  in  der  Freiheit  begegnet. 


Sitzung’  vom  11.  Januar  1892.  25 

M  - ;  ■ .  ’  ■ 

*31.  Vipera  cerastes,  L. 

Horn viper;  Lefa  der  Eingeborenen. 

Diese  ebenfalls  sehr  gefährliche  Giftschlange  sammelte 
ich  eigenhändig  in  zwei  Exemplaren  in  der  südlich  tunesischen 
Sahara. 

B.  Lurche.  Amphibia. 

Ordnung:  Frosclilurche.  Ecaudata. 

*32.  Kana  esculenta,  L. 

Varietas:  ridibunda ,  Pall.  Latastei,  Cam.  Wasserfrosch. 

An  den  Süsswasser pfützen  und  in  den  Cisternen  häufig. 
Nunmehr  besitze  ich  ausser  Jugendformen  auch  adulte  Exem¬ 
plare,  welche  ich  in  der  Nähe  des  Djebel  Batteria  einfing.  Die 
Art  ist  über  ganz  Tunis  weitschichtig  verbreitet. 

*33.  Bufo  viridis,  Laurenti  1768. 

Bufo  variabilis,  Pallas,  Gervais. 

Allerorts  sehr  häufig.  Ihre  angenehmen  Laute  vernimmt 
man  von  März  ab.  In  allen  Altersstufen  gesammelt. 

Herr  Dr.  0.  Boettger  hat  mich  gebeten  und  ermäch¬ 
tigt,  die  im  Anhänge  von  Ko  beit’ s  Reiseerinnerungen  aus 
Algerien  und  Tunis  auf  pag.  474  aufgeführten  Stücke  von 
Bufo  mauritanicus,  Schl,  aus  Tunis  (Miceli)  als  nicht  zu  dieser, 
sondern  zu  Bufo  viridis ,  Laur.  gehörigen  Art  zu  berichtigen. 

*34.  Bufo  mauritanicus,  Schl.  1841. 

Bufo  ; pantherinus ,  Guichenot,  Strauch. 

Bufo  arabicus,  Gervais. 

Diese  sehr  schöne  Kröte  scheint  der  Barbarei  eigentüm¬ 
lich  zu  sein.  Sie  ist  bis  jetzt  in  einigen  Theilen  Marokkos, 
häufiger  in  Algier  und  Tunis  gefunden  worden.  Ich  fand  ein 
Pärchen  in  der  Begattung  am  Oued  Ksar  el  Kollal  vor  Zaghuan 
am  25.  März  1886,  wo  ich  viele  Exemplare  sah  und  nachträg¬ 
lich  sehr  bedauerte  nicht  noch  mehrere  mitgenommen  zu  haben. 
Im  folgenden  Jahr  fand  ich  nur  ein  grosses  schönes  Stück  am 
30.  April  in  Rades.  In  der  nächsten  Umgebung  von  Tunis 
scheint  sie  selten  zu  sein,  auch  in  Monastir  kam  mir  kein  Exem¬ 
plar  dieser  Art  zu  Gesicht. 

*35.  Disco glossus  pictus,  Otth.  1836. 

Dieser  kleine  Frosch  unterscheidet  sich  leicht  vom  genus 
JEtana  und  Hyla  dadurch,  dass  er  kein  deutliches  Trommelfell 


26 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


und  keine  starke  Schwimmhaut  an  den  Hinterfüssen  besitzt. 
Er  ist  in  Tunis  in  Wasserlachen  sehr  häufig  anzutreffen. 

Ordnung :  Scliwanzlurche.  Caudata. 

*36.  Molge  Hagenmuelleri,  Lataste  1881. 

Zwei  Exemplare  dieser  Art  wurden  vom  Sammler  Miceli 
bei  Hamam  el  Lif  unter  einem  Steine  lebend  vorgefunden. 
Eins  derselben  ging  in  meinen  Besitz  über.  Die  Art  ist  völlig' 
neu  für  Tunis  und  war  bis  jetzt  von  Bona,  Biskra  und  Bougie 
(also  Algerien)  bekannt. 

Die  sichere  Bestimmung  der  Arten  verdanke  ich  der 
freundlichen  Mühewaltung  des  Herrn  Prof.  Dr.  Oscar  Boett- 
ger  in  Frankfurt  a.  Main. 

Prof.  Schaaffhausen  berichtet  über  vorgeschichtliche 
Funde  in  Mähren,  die  ihm  zur  Untersuchung  zugesandt  wor¬ 
den  sind.  Herr  H.  W ankel  in  Olmütz  fand  in  der  oberen 
Schicht  der  Slouper  Höhle  den  Schädel  eines  Höhlenbären  mit 
einer  Verletzung  auf  dem  Scheitel,  die  augenscheinlich  durch 
eine  Steinwaffe  hervorgebracht  war.  Ein  in  der  Nähe  dessel¬ 
ben  gefundenes  Werkzeug  aus  Jaspis  passt  ziemlich  genau  in 
die  vorhandene  Knochenwunde,  die  an  einem  Rande  Kallus¬ 
bildung  zeigt.  Der  Stein  muss  erst  nach  dem  Tode  des  Thier  es 
in  Folge  der  Zerstörung  der  Weichtheile  aus  dem  Knochen 
herausgefallen  sein.  Wahrscheinlich  war  er  ursprünglich  tiefer 
in  den  Knochen  eingedrungen,  und  der  Grund  der  Wunde 
wurde  durch  den  Heilungsprozess  gehoben.  Dass  gerade  die¬ 
ser  Stein  die  Verletzung  hervorgebracht  hat,  dafür  spricht  auch 
der  Umstand,  dass  Wankel  andere  Steingeräthe  in  dieser  kno¬ 
chenführenden  Schicht  nicht  angetroffen  hat.  Aehnliche  Beob¬ 
achtungen  sind  von  Hart,  Nilsson,  Murchison,  von  Loscy, 
Verne  au  und  Steenstrup  mitgetheilt.  Sie  sind  der  sicherste 
Beweis,  dass  der  Mensch  Zeitgenosse  der  betreffenden  Thiere 
war.  Es  ist  leicht  begreiflich,  sagt  Steenstrup,  dass  solche 
Fälle  in  der  ältesten  Zeit  am  leichtesten  Vorkommen  konnten, 
Aveil  die  schwachen  Waffen  der  Menschen  das  Thier  oft  nur 
verwundeten,  aber  nicht  tödteten.  Die  erste  Steinwaffe  hat  der 
Mensch  im  Thierkampfe  gewiss  mit  der  Hand  geführt,  ehe  er 
Pfeil  und  Bogen  oder  die  Lanze  hatte.  Doch  ist  der  gefun¬ 
dene  Jaspis  zu  klein,  als  dass  er,  wie  Quatrefages  meinte, 
mit  der  Hand  geführt  worden  ist,  er  sieht  auch  nicht  so  aus, 
als  sei  von  ihm  ein  Stück  abgebrochen.  Sein  dem  Herrn 
Wankel  gegebenes  Gutachten  über  diesen  Fund,  von  dem  er 
Abbildungen  vorlegt,  lautet  Avie  folgt: 


27 


Sitzung'  vom  11.  Januar  1892. 

Das  mir  zugesandte  Stück  eines  Höhlenbärenschädels 
zeigt  etAva  in  cler  Mitte  der  Scheitelnaht  eine  25  mm  lange  und 
18  mm  breite  Lücke,  in  Avelcher  ein  Steingeräthe,  Pfeil-  oder 
Lanzenspitze,  festgeleimt  war.  Es  Avar  nothwendig',  dieses  zu 
entfernen,  um  darüber  urtheilen  zu  können,  AATie  tief  die  Lücke 
und  wie  der  Grund  des  Loches  beschaffen  war,  auch  darüber, 
ob  das  Arorhandene  Jaspisstück  die  SteinAvaffe  ist,  welche  in 
das  KnocliengeAvebe  eingedrungen  und  darin  stecken  geblieben 
Avar.  Unzweifelhaft  hat  in  der  Lücke,  während  das  Thier  noch 
lebte,  ein  fremder  Körper  gesteckt,  der  die  Kallusbildung  an 
der  rechten  Seite  derselben  veranlasst  hat,  denn  hier  erhebt 
sich  der  Rand  der  Grube  als  eine  ATorspringende  5  mm  breite 
Knochenwucherung',  Avährend  auf  der  linken  Seite  und  vor  und 
hinter  dem  Steingeräthe  eine  solche  nicht  ATorhanden  ist.  Es 
ist  Avohl  denkbar,  dass  das  Steingeräthe  von  dem  lebenden 
Kn  och  enge  aa7  ehe  und  den  es  bedeckenden  Weichtheilen  festge¬ 
halten  wurde  und  erst  später  aus  dem  Loche  herausgefallen 
ist.  Die  Jaspisspitze  kann  einem  Pfeile  oder  einem  Wurfspiesse 
angehört  haben  und  muss  mit  grosser  GeAvalt  in  die  Pfeilnaht 
eingedrungen  sein.  Dass  der  eingeleimte  Jaspis  wirklich  die 
Waffe  Avar,  welche  die  Verletzung  hervorgebracht  hat,  kann 
nicht  mit  Sicherheit  behauptet  werden,  kann  aber  für  wahr¬ 
scheinlich  gelten,  weil  die  Steiirwaffe  in  die  Form  der  Lücke 
passt  und  dies  Steingeräthe  das  einzige  war,  welches  bei  den 
Knochen  gefunden  worden  ist.  In  diesem  Falle  müsste  aber 
der  Stein  auch  in  nächster  Nähe  des  Schädels  gelegen  haben, 
Avorüber  leider  nichts  mitgetheilt  ist.  Dass  die  Lücke  nach  der 
Auffindung  des  Schädels  künstlich  dem  Steine  angepasst  Avor- 
den  wäre,  davon  findet  sich  keine  Spur.  Nach  Entfernung  des 
eingeleimten  Steingeräthes  zeigte  dieses  eine  stumpfe  drei¬ 
eckige  Spitze,  an  der  nichts  abgebrochen  ist.  Es  ist  29  mm 
lang',  17  mm  breit  und  in  der  Mitte  10  mm  dick.  Der  Grund 
der  Lücke  liegt  ziemlich  eben  und  ist  8  mm  tief.  Die  Waffe 
ist,  nach  der  Form  der  KnochenAvunde  zu  schliessen,  von  der 
linken  Seite  des  Thieres  in  schiefer  Richtung  nach  rechts  einge¬ 
drungen.  Quaterfages  las  in  der  Sitzung  der  Pariser  Aka¬ 
demie  vom  9.  März  1891  einen  Bericht  von  Wankel,  dieser 
betrachtete  den  Jaspis  nicht  als  eine  Lanzenspitze,  sondern  als 
eine  Waffe,  die  mit  der  Hand  geführt  Avurde.  Wenn  er  sagt, 
dass  der  Schlag'  von  rechts  nach  links  geführt  Avorden  sei,  so 
ist  dies  vom  Jäger  zu  verstehen.  Pr  uni  er  es  soll  ähnliche 
Beobachtungen  gemacht  haben.  Er  glaubt,  dass  die  BeAvohner 
der  Grotte  von  Baumes  chaudes  in  den  CeArennen  corps  ä  corps 
mit  dem  Höhlenbären  gekämpft  hätten.  Dass  die  Steinwaffe 


28 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


am  Slouper  Schädel  von  links  nach  rechts  eingedrung*en  ist, 
spricht  für  einen  solchen  Kampf  Brust  gegen  Brust,  doch  wäre 
es  auffallend,  wenn  dec  Mensch  die  kleine  Waffe  geg*en  den 
festesten  Theil  des  Schädels  absichtlich  geführt  hätte.  Ein 
Lanzenwurf  oder  Pfeilschuss  ist  desshalb  wahrscheinlicher. 


Das  von  Wankel  gegebene  Bild  des  Schädels. 


Es  ist  bisher  schon  eine  ganze  Reihe  ähnlicher  Beobach¬ 
tungen  gemacht  worden. 

Hart  beschrieb  eine  Rippe  des  irischen  Riesenhirsches 
mit  ovalem  Loche,  in  das  eine  steinerne  Pfeilspitze  passen 
würde  und  bildete  sie  ab.  Das  Loch  zeigt  nach  innen  einen 
hervorragenden  Rand  durch  Kallusbildung.  Die  Verwundung* 
tödtete  also  das  Thier  nicht,  die  Waffe  muss  längere  Zeit  in 
der  Wunde  gesteckt  haben,  J.  Hart,  the  fossil  deer  of  Ireland, 
Dublin  1830.  R.  Owe  n  sagt  von  dieser  Rippe,  der  Rand  des 


Sitzung  vom  11.  Januar  1892. 


29 


Loches  sei  aussen  eingedrückt,  innen  vorstehend.  Er  meint, 
eine  Pfeilspitze  mit  1  Zoll  Basis,  müsse  die  Eingeweide  verletzt 
und  Entzündung  veranlasst  haben.  Die  Spitze  des  Geweihes 
eines  andern  Hirsches  könne  die  Wunde  nicht  gemacht  haben, 
eine  solche  Wunde  konnte  heilen.  R.  Owen,  a  hist,  of  brit. 
foss.  mamm.  London  1846.  p.  463.  Nilsson  bildet  den  Wirbel 
eines  Bos  primigenius  ab,  in  dem  eine  Steinwaffe  steckt  und 
einen  von  einer  solchen  durchbohrten  Menschenschädel,  Das 
Steinalter  des  skand.  Nordens,  Hamburg  1868.  Er  sah  bei 
Steenstrup  mehrere  Hirschschädel,  in  denen  Pfeile  stecken  ge¬ 
blieben  waren  und  bei  Herrn  Struck  einen  Menschenschädel, 
bei  dem  ein  Steinpfeil  in  der  Augenhöhle  stak;  a.  a.  0.  S.  125. 
Murchison  sagt,  dass  ein  Bos  primigenius  im  2.  Rückenwirbel 
eine  Wunde  hat,  in  die  die  Pfeilspitze  eines  Wurfspeers  genau 
passte.  Die  Wunde  drang  bis  zum  3.  Wirbel,  der  Bruch  war 
aber  geheilt;  Owen,  a.  a.  0.  Introduct.  p.  XXXIII.  In  der  Lis- 
kovaer  Höhle  in  Ungarn  wurde  ein  menschlicher  Unterkiefer 
gefunden,  in  dem  die  Spitze  einer  Feuersteinwaffe  steckte.  Er 
ist  abgebildet  in  L.  von  L  6  c  z  y,  Die  Liskovaer  Höhle,  Buda¬ 
pest  1878,  S.  46.  Die  Feuersteinspitze  sitzt  fest  im  Knochen, 
um  dieselbe  findet  sich  Knochenvernarbung  und  der  Verschluss 
einer  Fissur.  In  der  Sammlung’  der  Anthropologischen  Gesell¬ 
schaft  zu  Paris  wird  eine  menschliche  Tibia  bewahrt,  in  der 
eine  Steinwaffe  steckt.  Sie  stammt  aus  der  Grotte  von  Gemenoz, 
bouches  du  Rhone,  und  ist  von  Verne  au,  L’enfance  de  Fhu- 
manite  I  Paris  1890,  p.  205  abgebildet.  Nach  Hamy  gehört 
dieser  Fund  der  neolithischen  Zeit  an,  die  Pfeilspitze  ist  abge¬ 
brochen  und  steckt  im  obern  Theil  der  Tibia.  Bei  Solutre 
Avurde  ein  Wirbel  des  Pferdes  gefunden,  der  von  einer  Pfeil¬ 
spitze  aus  Feuerstein  durchbohrt  war;  Cartailhac,  La  France 
prehistor.  Paris  1889,  p.  93,  Andere  Fälle  sind  genau  von  Steen¬ 
strup  beschrieben  und  abgebildet.  Er  fand  8  Silexsplitter  im 
Unterkiefer  eines  grossen  Hirsches.  Er  zeigte,  dass  die  Stein¬ 
waffe  durch  die  Heftigkeit  des  Stosses  im  Knochen  zersplitterte 
und  in  verschiedenen  Richtungen  eindrang:  Sur  les  kjökken- 
moddings  del’  äge  de  la  pierre.  Compt.  rendu  du  Congres  de 
1869.  Copenhague  1872,  Taf.  VII.  Daselbst  ist  auch  eine  durch¬ 
bohrte  Rippe  vom  Hirsche  abgebildet.  Auch  fand  er  ein  Stirn¬ 
bein  des  Sumpfschweins,  in  dem  mehrere  Steinsplitter  fest- 
sassen,  Bidrag  til  Landets  forhistor.  Fauna,  Kjobenhavn  1880, 
Taf.  IV. 

Prof.  M  a k  o  w  s  k  i  sandte  dem  Redner  am  23.  Dezember  1891 
einen  am  2.  Dez.  1891  4 1/2  m  tief  im  Löss  zu  Brünn  mit  Mam- 
muth-,  Rhinoceros-  und  Rennthierknochen  gefundenen  mensch- 


30 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


liehen  Schädel,  sowie  die  Zeichnung*  eines  dabei  gefundenen 
geschnitzten  Idols  aus  Mammuthzahn. 


Der  hier  in  1fn  Grösse  abgcbildete  Schädel  und  die  Zeich¬ 
nung*  des  Idols  wurden  vorgelegt.  Der  Schädel,  von  dem  nur 
Bruchstücke  der  Kiefer  vorhanden  sind  und  dem  die  Basis 
fehlt,  ist  204  mm  lang*  und  139  mm  breit.  In  Folge  der  Zusam¬ 
mensetzung  desselben  aus  mehreren  Th  eilen,  zwischen  denen 
die  Lücken  mit  Gvps  ausgefüllt  sind,  ist  die  Stelle  hinter  und 
über  der  linken  Schläfenschuppe,  an  der  man  die  grösste  Breite 
findet,  stärker  vortretend  als  an  der  rechten  Seite,  so  dass  man 
für  die  ursprüngliche  Breite  nur  134  mm  annehmen  darf,  so 
dass  der  Schädel-Index  nur  65.  68  beträgt.  Er  ist  also  im  höch¬ 
sten  Maasse  dolichocephal.  Vielleicht  ist  die  Schmalheit  des 
Schädels  auch  durch  posthume  Verdrückung  in  der  Erde,  die 
bei  einem  Schädel  ohne  Basis  leicht  eintreten  kann,  etwas  ver¬ 
mehrt  worden.  Die  Unregelmässigkeit  des  Hinterhauptes  rührt 
aber  nicht  von  dieser  Ursache,  sondern  von  der  Restauration 
des  Schädels  her,  bei  der  das  Os  mastoideum  nicht  genau  an 
die  ihm  zukommende  Stelle  gebracht  worden  ist.  Der  rechte 
Zitzenfortsatz  steht  12  mm  tiefer  als  der  linke  und  10  mm  wei¬ 
ter  zurück  als  dieser,  seine  Spitze  ist  von  der  noch  erhaltenen 
Mitte  des  hinteren  Randes  des  Hinterhauptloches  58  mm  ent¬ 
fernt,  auf  der  linken  Seite  ist  dieser  Abstand  nur  48  mm.  Die 
gerade  Richtung  der  Längsachse  des  Schädels  von  der  Glabella 
zur  Mitte  des  hintern  Randes  des  Hinterhauptloches,  die  durch 
eine  aufsteigende  Knochenleiste  bezeichnet  ist,  ist  nicht  ver- 


Sitzung'  vom  11.  Januar  1892. 


31 


ändert.  Die  bis  zur  Mitte  des  obern  Orbitalrandes  stark  vor- 
spring'enden  Augenbraunbogen  sind  in  der  Glabella  verschmol¬ 
zen.  Die  Stirnhöcker  stehen  etwa  56  mm  auseinander.  Das 
Vortreten  der  Glabella  ist  nicht  durch  g'rosse  Stirnhöhlen  be¬ 
dingt,  dieselbe  besteht  vielmehr  aus  spongiösem  Knochengewebe, 
unter  derselben  sieht  man  das  obere  Ende  der  Nasenhöhlen.  Auf 
der  Glabella  und  20  mm  aufwärts  zeigt  sich  eine  Spur  der  Stirn¬ 
naht.  Die  Nasenwurzel  ist  30  mm  breit,  die  grossen  Foramina 
supraorbitalia  liegen  nahe  dem  Orbitalrande.  Roher  ist  die 
Bildung  des  Hinterhauptes;  ein  starker  Torus  occipitalis  ist  in 
der  Mitte  zu  einer  10  mm  über  die  Fläche  der  Hinterhaupt¬ 
schuppe  vortretenden  36  mm  langen  Knochenleiste  entwickelt, 
die  dann  jederseits  schwächer  werdend  bis  zur  Basis  des  Zitzen¬ 
fortsatzes  läuft.  Auch  der  hintere  Rand  der  Schläfenschuppe 
ist  verdickt.  Die  Länge  des  Stirnbeines  ist  130,  die  der  Schei¬ 
telbeine  141,  die  des  Hinterhauptbeins  110  mm.  Die  Hinter¬ 
hauptschuppe  misst  bis  auf  den  Torus  63,  dieser  ist  vom  hin¬ 
tern  Rande  des  Hinterhauptloches  47  mm  entfernt.  Die  Gegend 
des  Pterion  fehlt  beiderseits.  Wenn  man  die  fehlenden  Schä- 
deltheile  durch  eingeklebte  Papierstreifen  ersetzt,  so  lässt  sich 
die  Schädelkapazität  annähernd  auf  1350  ccm  bestimmen.  Der 
Abstand  von  einer  Wangenbein-Stirnbeinnaht  zur  andern  ist 
103  mm;  der  der  Glabella  vom  hintern  Rande  des  Foramen 
magnum  165,  der  des  Bregma  von  derselben  Stelle  156,  die 
hintere  senkrechte  Höhe,  vom  hintern  Rande  des  Foramen 
magnum  gemessen,  ist  132  mm.  Der  Schädel  ist  männlich  und 
alt,  alle  Nähte  sind  geschlossen  mit  Ausnahme  der  Schläfen¬ 
schuppennaht  und  der  Mastoidea,  auch  ist  das  vorderste  Stück 
der  Sagittalis  und  ein  Stückchen,  der  Stirnnaht  über  der  Nasen¬ 
wurzel  noch  offen,  doch  ist  es  kein  Greisenschädel,  denn  nach 
einer  Hälfte  des  Unterkiefers  mit  7,  einem  Stückchen  des  rech¬ 
ten  Oberkiefers  mit  5  Zähnen  und  7  einzeln  gefundenen  Zähnen, 
waren  alle  Zähne  noch  vorhanden,  auch  ist  der  letzte  Mahlzahn 
nur  um  2  mm  abgeschliffen.  Die  übrigen  Zähne  sind  stark  ab¬ 
geschliffen,  beim  1  Mahlzahn  ist  die  ganze  Krone  verschwun¬ 
den.  Die  Schädelknoclien  sind  mässig  dick,  die  Dicke  des 
Scheitelbeins  am  vordem  untern  Winkel  beträgt  an  einer  Bruch¬ 
fläche  6  mm,  die  diploetische  Substanz  ist  vorherrschend  ent¬ 
wickelt,  die  äussere  und  innere  Lamelle  sehr  dünn.  Die  Nasen¬ 
beine  scheinen  am  obern  Ansatz  13  mm  breit  gewesen  zu  sein. 
Nur  auf  der  linken  Seite  ist  eine  schwache  Spur  der  Linea 
temporalis  erkennbar,  die  Scheitelhöcker  treten  nicht  deutlich 
vor.  Hinter  der  Kranznaht  findet  sich  eine  quere  Einschnü¬ 
rung  des  ganzen  Schädels.  Die  Gegend  der  Kranznaht  selbst 


32 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


ist  etwas  erhoben.  In  der  Mitte  der  Scheitelbeine  zeigt  sich 
die  Spur  einer  kahnfbrmigen  Erhebung  des  Scheitels.  Foramina 
parietalia  sind  nicht  vorhanden.  Die  Schädelnähte  haben  kurze 
Zacken,  in  der  linken  Mastoidea  sitzen  mehrere  Schaltknochen. 
In  der  Mittellinie  des  Scheitels  findet  sich  35  mm  hinter  der 
Kranznaht  eine  stumpfkegelförmige  Exostose,  äber  welche  die 
Pfeilnaht  als  eine  Rinne  fortgeht.  Auf  der  vorspringenden 
Hinterhauptschuppe  sieht  man  eine  von  oben  nach  abwärts 
verlaufende  Rinne,  die  ihres  geschlängelten  Verlaufes  wegen 
für  eine  Gefässrinne  zu  halten  ist.  Die  Exostose  kann  die 
Folge  eines  Schlages  auf  den  Schädel  sein.  Carus  bildet, 
Atlas  der  Cranioscopie,  Heft  II,  Leipzig  1845  auf  Taf.  VII  einen 
ähnlichen  Tuber  an  derselben  Stelle  eines  weiblichen  Schädels 
ab.  An  vielen  Stellen  sind  die  Schädelknochen  an  der  äussern 
und  innern  Seite  mit  kleinen  schwarzen  Dendriten  bedeckt, 
doch  zeigen  sie  nicht  die  unter  der  Lupe  erscheinende  feine 
moosartige  Zeichnung,  die  für  die  Mammuthknochen  und  Zähne 
der  westfälischen  Höhlen  so  charakteristisch  ist. 

Vom  Unterkiefer  ist  nur  die  linke  Hälfte  vorhanden,  sie 
zeigt  ein  stark  vorspringendes  Kinn,  was  dem  palaeolithischen 
Menschen  nicht  zukommt.  Die  senkrechte  Höhe  des  aufstei¬ 
genden  Astes  bis  zur  Spitze  des  Kronenfortsatzes  beträgt  65  mm. 
Der  Weisheitszahn  hat  zwei  nach  hinten  gekrümmte,  auf  einer 
Seite  verwachsene  Wurzeln,  seine  Krone  ist  ebenso  lang  als 
die  der  zwei  andern  Mahlzähne,  seine  Alveole  ist  13  mm  lang*, 
die  des  zweiten  Mahlzahns  nur  9  mm  lang,  beide  sind  9  mm 
breit.  Die  Alveolen  der  vordem  Zähne  sind  auffallend  schmal. 
Die  Schneidezähne  sind  16  mm  lang,  die  ersten  obern  Prä¬ 
molaren  haben  zwei  Wurzeln,  beim  zweiten  obern  ist  die 
Wurzel  an  der  Spitze  getheilt.  Der  Zahnbogen  des  Unterkie¬ 
fers  war  mehr  elliptisch  als  parabolisch.  Die  Spina  mentalis 
interna  ist  stark  entwickelt,  der  untere  Rand  des  Kiefers  ist 
nur  in  seinem  vordersten  Theile  breit  und  zeigt  hier  starke 
Gruben  für  den  M.  biventer.  Aus  der  Form  des  Unterkiefers 
kann  man  schliessen,  dass  des  Schädel  nicht  prognath  war. 
Die  Abschleifung' des  Weisheitszahnes  hat  nicht  mehr  als  2  mm, 
die  des  ersten  Mahlzahnes  aber  6 — 7  mm  betragen. 

Ausser  dem  Schädel  wurden  noch  das  rechte  Wangenbein, 
der  linke  Jochbogen  und  drei  Bruchstücke  von  Knochen  ge¬ 
funden,  die  nicht  genau  bestimmt  werden  konnten,  das  eine 
kann  vom  vordem  Theil  der  linken  menschlichen  Ulna  stam¬ 
men,  ist  aber  dicker,  welche  Verschiedenheit  Tes tut  vom  qua¬ 
ternären  Menschen  hervorhebt,  das  zweite  kann  ein  Stück  der 
Clavicula  sein  und  das  dritte  ein  Stück  Rippe,  deren  rundliche 


Sitzung  vom  11.  Januar  1892. 


33 


Form  auffällt,  die  aber  von  mir  auch  beim  Neanderthaler  be¬ 
obachtet  wurde.  Zwei  später  gefundene  Bruchstücke  zweier 
Femora  sind  durch  ihre  ungewöhnliche  Stärke  und  Krümmung 
sowie  sehr  entwickelte  Linea  aspera  ausgezeichnet.  Dieser 
Schädel  von  Brünn  ist  dem  1885  im  Löss  des  Rothen  Berges 
von  Brünn  gefundenen *)  sehr  ähnlich,  wiewohl  dieser  nie¬ 
driger  ist  und  weniger  starke  Augenbraunhöcker  hat;  er  ist 
192  mm  lang'  und  139  breit.  Beide  sind  nicht  prognath,  haben 
die  Einsenkung  über  dem  Brauenwulst,  schmale  Stirn,  früh¬ 
geschlossene  Schädelnähte,  zweiwurzelige  Prämolaren.  Wäh¬ 
rend  der  Fundort  des  letztem  damals  zweifelhaft  war,  theilte 
Makowsky  später,  Mittli.  der  Wiener  Anthrop.  G.  N.  F.  IX  1889 
mit,  dass  derselbe  6  m  tief  im  Löss  gefunden  sei.  Wenn  ich 
von  diesem  sagte,  dass  er  den  rohesten  Schädeln  nicht  zuge¬ 
zählt  werden  könne,  so  gilt  dies  auch  von  dem  jetzt  gefun¬ 
denen.  Eine  Eigentliiimlichkeit,  die  der  Schädel  und  die  Bruch¬ 
stücke  des  Skelettes  bei  der  Auffindung  zeigten,  war  die,  dass 
sie  mit  Röthel  oder  Eisenoxyd  roth  gefärbt  waren,  und  zwar 
in  einer  Weise,  dass  man  diese  Färbung  nicht  für  eine  zufällig' 
in  der  Erde  entstandene,  sondern  für  eine  absichtliche  halten 
musste.  Diese  Beobachtung  ist  nicht  neu.  Das  prähistorische 
Museum  in  Rom  beAvahrt  einen  mit  Zinnober  gemalten  vorge¬ 
schichtlichen  Schädel  aus  dem  Thale  Anagnina.  Er  ist  \ron 
roher  Gesichtsbildung,  mit  einer  bronzenen  Lanzenspitze  und 
mit  zwei  Feuersteinpfeilspitzen  gefunden,  die  auch  rothgefärbt 
sind,  er  ist  191  mm  lang',  145  breit  und  ebenso  hoch,  auch  hier 
hat  der  erste  obere  Prämolar  zwei  Wurzeln.  Die  Hinterhaupt¬ 
lochsebene  liegt  fast  horizontal.  Wesselo  wski  fand  1890  in  der 
Krim  7  Skelette  in  Flachgräbern  der  Broncezeit,  die  dick  mit 
rothern  Ocker  bestrichen  waren.  Rhein.  Jahrb.  LXXXX  S.  208. 
Riviere  beobachtete,  Cartailhac,  La  France  prehist.  Paris  1889 
p.  101  u.  102,  an  den  Skeletten  von  Mentone  aus  quaternärer 
Zeit  rothe  Färbung  durch  Eisenoxyd.  Aehnliche  Funde  roth 
angestrichener  Skelette  hat  man  in  den  Gouvernements  atoii 
Kiew,  Cherson  und  Jekaterinoslaw  in  Gräbern  der  Steinzeit 
gemacht,  die  in  KieAv  lagen  in  Grabhügeln  mit  hockender  Be¬ 
stattung.  Vgl.  Berliner  Z.  f.  Ethnol.  Verh.  1891  S.  418.  Wenn 
Cheinowsky  glaubt,  die  Haare  der  Todten  seien  roth  gefärbt 
gewesen  und  im  Grabe  habe  diese  Farbe  später  die  Knochen 
gefärbt,  so  spricht  dagegen,  dass  Schädel  und  Skeletknochen 
oft  gleichmässig  gefärbt  erscheinen  und  nicht  nur  an  ihrer 


1)  Vgl.  Bericht  der  Anthropologen-Vers.  in  Stettin,  1886, 

S.  147. 

Sitzungsber.  der  niederrhein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1S92.  '3A. 


34 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


obern  Seite.  Gewiss  können  aber  durch  Anwesenheit  von  Eisen¬ 
oxyd  im  Boden  begrabene  Knochen  auch  zufällig  rothgefärbt 
werden,  worauf  auch  Cartailhac  aufmerksam  gemacht  hat. 
Die  chemische  Untersuchung  einiger  Bruchstücke  des  Schädels 
ergab,  dass  nach  Behandlung  mit  verdünnter  Salzsäure  ein 
geformter  Knorpel  zurückblieb,  ein  anderer  Theil  der  Knorpel¬ 
substanz  aber  als  Leim  in  der  Flüssigkeit  gelöst  war.  Der 
trockne  Knorpel  betrug  11,2%  vom  Gewichte  des  Knochen. 
Ein  Stück  Femur  vom  Rothen  Berge  hatte  einen  Knorpelgehalt 
von  10,5  %.  Nur  im  Allgemeinen  entspricht  der  Knorpelgehalt 
dem  Alter  der  Knochen.  Scheurer-Kestner  fand  im  mo¬ 
dernen  menschlichen  Knochen  34,7  organische  Materie,  in  Kno¬ 
chen  aus  Merowingengräbern  25%,  in  fossilen  Hirschknochen 
10,8%,  in  Mammuthknochen  14,8  und  7,2%. 

Bei  dem  Schädel  lag  eine  aus  Mammuthzahn  geschnitzte 
menschliche  Figur  von  20  cm  Grösse,  die  für  ein  Idol  zu  hal¬ 
ten  ist,  welches  als  Anhängsel  getragen  wurde,  denn  sie  ist  in 
der  Längsachse  durchbohrt.  Diese  Durchbohrung  muss  für 
eine  künstliche  gehalten  werden,  weil  nur  am  obern  Stück  des 
Mammuthzahnes,  das  in  der  Alveole  steckt,  sich  eine  Höhlung' 
befindet,  die  bei  einem  nicht  ganz  ausgewachsenen  Mammuth 
der  Bonner  Sammlung  30  cm  tief  ist  und  sich  nach  unten  wie 
ein  Hohlkegel  zuspitzt;  der  übrige  Theil  des  Stosszahnes  ist  in 
der  Mitte  dicht  und  hat  keine  Spur  einer  Höhlung.  Die  Figur 
ist  nackt,  wie  die  auf  dem  Rennthierknochen  von  la  Madelaine, 
an  ihr  sind  als  vorspringende  Knöpfe  die  Brustwarzen,  der 
Nabel  und  das  Membrum  virile  mit  der  Glans  penis  zu  sehen. 
Der  Kopf  derselben  lässt  im  Profil  merkwürdiger  Weise  die¬ 
selbe  rohe  Stirnbildung  mit  der  Einsenkung  über  der  Glabella 
erkennen,  wie  sie  der  Schädel  besitzt,  welcher  Umstand  be¬ 
weist,  dass  es  sich  um  eine  typische  Bildung  des  Menschen  der 
damaligen  Zeit  handelt.  Auch  die  breite  Nasenwurzel  ist  dar¬ 
gestellt.  Der  untere  Theil  des  Gesichtes  ist  übermässig  gross. 
Der  allgemeinen  Kopfform  hat  der  Künstler  wohl  keine  Beach¬ 
tung  geschenkt.  Sie  ist  in  hohem  Maasse  brachycephal.  Auf 
dem  Scheitel  sind  3  Kreise  sichtbar,  es  sind  die  getrennten 
Lamellen  des  Zahnbeins.  Auch  ein  abgebrochener  und  wohl 
modellirter  Arm  der  Figur  ist  erhalten.  Mit  den  sehr  rohen, 
plastischen  Darstellungen  der  Menschengestalt,  wie  sie  in  Frank¬ 
reich  und  Belgien  aus  quaternärer  Zeit  gefunden  worden  sind, 
hat  das  Idol  von  Brünn  keine  Aehnlichk eit.  R.  Forrer  hat  in 
grosser  Vollständigkeit  die  primitiven  menschlichen  Statuetten 
der  Stein-  und  Broncezeit  Europas  in  der  Antiqua,  1887  S.  75, 
1888  S.  2,  20  und  48,  1889  S.  51,  1890  S.  62  zusammengestellt 


Sitzung  vom  11.  Januar  1892.  35 

und  abgebildet.  Die  ältesten  Bilder  des  Menschen  sind  nackt, 
und  die  Schaamtheile  sind  meist  besonders  hervorgehoben.  So 
ist  es  auch  bei  den  phönizischen  Bronzestatuetten  von  Ellora 
in  Portugal,  wir  dürfen  glauben,  dass  sie  aus  einer  Zeit  stam¬ 
men,  wo  er  unbekleidet  war.  Bei  denen  der  nordischen 
Bronzezeit  sind  sie,  wie  F orrer  bemerkt,  aber  schon  bedeckt. 
Die  thönernen  Idole  von  Troja  und  Tiryns,  aus  Siebenbürgen, 
vom  Mondsee  und  aus  dem  Laibacher  Moor  sind  viel  unvoll¬ 
kommener  gestaltet,  sie  verrathen  aber  ihr  jüngeres  Alter  wie 
die  von  Troja  und  Laibach  durch  die  Bekleidung  und  deren 
Ornamente.  Nur  die  von  R.  Klebs,  der  Bernsteinschmuck  der 
Steinzeit  u.  s.  w.  Königsb.  1882,  beschriebenen  Bernstein- Amulette 
von  Schwarzort  auf  der  kurischen  Nehrung  können  damit  vergli¬ 
chen  werden,  wenn  sie  auch  in  der  künstlerischen  Darstellung 
gegen  die  Figur  von  Brünn  zurück  bleiben.  Die  Idole  von 
Schwarzort  sind  mit  Steinwerkzeugen  dargestellt.  Klebs 
glaubt,  dass  die  Steinzeit  des  Ostbalticum  an  den  Beginn  des 
ersten  Jahrhunderts  v.  Chr.,  wenn  nicht  noch  früher  zu  setzen 
ist.  Noch  eine  Uebereinstimmung  zeigt  sich  in  den  Funden 
won  Schwarzort  und  dem  von  Brünn.  Dort  fanden  sich  zahl¬ 
reiche  durchbohrte  Scheiben  von  Bernstein,  darunter  eine,  bei 
Klebs  Taf.  VII  7,  am  Rande  gekerbt,  bei  dem  Schädel  von 
Brünn  lagen  in  derselben  Schicht  14  kleine  Scheiben,  nach 
Makowsky  5  aus  Mammuthzahn,  6  aus  Rhinoceroszahn  oder 
-knochen,  3  aus  Stein;  sie  sind  62  bis  32  mm  im  Durchmesser 
gross,  2  sind  am  Rande  gekerbt,  2  haben  in  der  Mitte  ein 
Grübchen,  nur  eine  ist  durchbohrt.  Man  kann  sie  vielleicht 
für  religiöse  Symbole  halten,  für  Bilder  der  Sonnenscheibe  und 
in  Beziehung  bringen  zu  der  im  Alterthum  so  verbreiteten  Ver¬ 
ehrung’  dieses  Gestirnes. 

Der  Schädel  von  Brünn  war  noch  umgeben  von  zahl¬ 
reichen  kleinen  Schalen  des  Dentalium  badense,  deren  an  600 
gesammelt  wurden,  es  waren  Stücke  von  14  bis  20  mm  Länge, 
die  wohl  einen  Hals-  oder  Kopfschmuck  des  Todten  bildeten, 
wie  es  bei  dem  Troglodyten  von  Mentone  beobachtet  wurde. 

Welcher  Zeit  soll  man  nun  den  Schädel  und  das  dabei 
gefundene  Idol  zuschreiben?  Die  Beantwortung’  dieser  Frage 
bietet  besondere  Schwierigkeiten  wegen  der  mehrfachen  Bezie¬ 
hungen,  die  der  Fund  zu  andern  Funden  hat.  Die  Schädelbil¬ 
dung  gehört  nicht  der  ältesten  Zeit  des  Menschen  an,  dieser 
Umstand  beweist  aber  nichts  gegen  die  Annahme,  dass  der 
Mensch,  dem  er  angehört  hat,  ein  Zeitgenosse  des  Mammuth 
war.  Es  ist  verbürgt,  dass  Schädel  und  Idol,  die  unzweifelhaft 
zusammen  gehören,  in  nächster  Nähe  bei  den  Resten  des  Mam- 


36 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


muth,  Rhinozeros  und  des  Rennthiers  lagen.  Herr  Makowsky 
versichert,  dass  der  Zustand  des  Idols  in  Bezug  auf  den  blättri¬ 
gen  Zerfall  des  Elfenbeins  sich  gerade  so  verhalte,  wie  der  des 
nicht  bearbeiteten  Mammutfizahnes;  wenn  er  sagt,  dass  der 
Kopf  des  Idols  sich  fettig  angefühlt  habe,  so  stimmt  das  mit 
der  schon  früher  bekannt  gemachten  Beobachtung*,  dass  bear¬ 
beitete  Gegenstände  von  Elfenbein  in  Folge  der  langjährigen 
Berührung  mit  menschlichen  Körpertheilen  Fett  aufgenommen 
haben,  das  in  der  Regel  zu  ihrer  bessern  Erhaltung  beiträgt. 
Aus  der  Lagerung  kann  man  mit  Wahrscheinlichkeit  schliessen, 
dass  Schädel  und  Idol  der  Zeit  jener  ausgestorbenen  Thiere 
angehören,  über  allen  Zweifel  sicher  ist  aber  die  Gleichzeitig¬ 
keit  des  Menschen  und  Mammuth  nur  dann,  wenn  mit  mensch¬ 
lichen  Geräthen  oder  Resten  die*  des  Markes  wegen  aufge- 
schlagenen  Knochen  junger  Thiere  gefunden  werden,  Avie  sie 
von  Za  Avis  za  und  Wankel  beobachtet  Avorden  sind.  Für  die 
Annahme,  dass  der  Fund  von  Brünn  der  Rennthierzeit  ange¬ 
höre,  kann  man  geltend  machen,  dass  nur  die  Zeichnungen 
und  SchnitzAverke  der  Dordogne  sich  in  Bezug  auf  die  Höhe 
der  Kunstentwicklung  mit  dem  Idol  von  Brünn  vergleichen 
lassen,  Aviewohl  die  zum  Vergleiche  geeigneten  Stücke  dort  nur 
das  Thier  und  nicht  den  Menschen  darstellen.  Wenn  auch  die 
Lartet’sche  Platte  gefälscht  sein  sollte,  so  bleiben  doch  Bild¬ 
werke  des  Mammuth  übrig,  die  dafür  sprechen,  dass  auch  die 
Rennthierjäger  in  Frankreich  noch  das  Mammuth  gesehen  ha¬ 
ben.  Die  meisten  Kunstarbeiten  der  Dordogne  sind  aus  Renn¬ 
thierhorn  gefertigt;  es  fragt  sich,  ob  der  Mensch  mit  Feuer- 
steingeräthen  aus  frischem  Mammuthzahn  ein  Bildwerk  Avie  das 
Idol  hat  schnitzen  können.  Der  in  der  Erde  begrabene  Mam¬ 
muthzahn  Avird  mürber  g'ewesen  sein.  Nicht  unmöglich  scheint 
es,  ohne  metallenes  Geräthe  ein  20  cm  langes  Stück  frischen 
Elfenbeins  zu  durchbohren.  Denn  P.  R  e  i  c  h  a  r  d  !)  sagt  vom 
Zahne  des  afrikanischen  Elephanten:  Der  Zahn  ist  seiner  gan¬ 
zen  Länge  nach  vom  sogenannten  Kern  durchwachsen,  die¬ 
ser  ist  die  bis  zur  Spitze  reichende  Pulpa,  welche  vom  Höh¬ 
lungsende  nach  der  Spitze  zu  beim  normalen  Zahn  fadendünn 
beginnt  und  immer  feiner  als  sclrwarze  Linie  verläuft,  zuletzt 
entweder  ganz  in  der  Struktur  verschwindet,  oder  bis  zur 
Spitze  als  feine  schwarze  Linie  sichtbar  ist.  Bei  kranken  Zäh¬ 
nen  kann  es  Vorkommen,  dass  der  Kern  als  kleinfingerdicke 
Höhlung  bis  zur  Spitze  läuft.  Ob  das  Zahnbein  des  Mammuth 


1)  Das  afrikanische  Elfenbein,  Deutsche  geographische 
Blätter  XII  2.  Bremen  1889,  S.  147. 


Sitzung*  vom  15.  Februar  1892. 


37 


hart  oder  weich  war,  können  wir  nicht  mehr  erforschen.  Rei- 
chard  sag't  darüber:  Das  Elfenbein  ist  hart  oder  weich  nach 
dem  Wohnort  und  der  Nahrung“  des  Elephanten.  In  trocknen 
lichten  Waldregionen  und  den  Savannen  mit  niederm  Gras¬ 
wuchs  und  Krüppelhölzern  bleibt  es  weich,  die  Elephanten  mit 
hartem  Elfenbein  bewohnen  ausschliesslich  die  Regionen  der 
feuchten  Urwälder  und  Savannen  mit  hohem  Graswuchs,  jene 
leben  mehr  im  Osten,  diese  mehr  im  Westen  Afrikas.  Die  run¬ 
den  Kreise  auf  dem  Kopfe  des  Idols  sind  die  getrennten  Lamellen 
des  Zahnbeins,  welche  beweisen,  dass  dasselbe  aus  der  Mitte 
des  Zahnes  geschnitten  ist.  Soll  man  aber  nicht  lieber  an  den 
ersten  Gebrauch  der  Metalle  in  neolithischer  Zeit  denken?  In 
diese  Zeit  fallen  einige  der  mit  rother  Farbe  bemalten  Skelette 
in  Italien  und  in  der  Krim.  Dieser  Zeit  können  auch  die  Bern- 
steinfunde  von  Schwarzort  angehören,  wobei  freilich  zu  be¬ 
rücksichtigen  ist,  dass  die  Cultur  an  den  Küsten  der  Ostsee 
und  die  in  Mähren  gewiss  nicht  eine  gleichzeitige  war,  sondern 
um  ein  Jahrtausend  von  einander  getrennt  gewesen  sein  kann. 


Sitzung  der  naturwissenschaftlichen  Sektion 
vom  15.  Februar  1892. 

Vorsitzender:  Prof.  Ludwig. 

Anwesend  13  Mitglieder. 

Dr.  A.  Philip pson  wird  als  Mitglied  aufgenommen. 

Privatdocent  Dr.  Noll  brachte  die  eigenartigen  Bewe¬ 
gungen  einer  geotropisch  sich  aufrichtenden  Keimpflanze  in 
einem  sogenannten  Schnellseher  (Stroboskop,  Zoetrop)  zur  An¬ 
schauung.  Diese  Bewegungen  vollziehen  sich  in  Wirklichkeit 
im  Verlauf  von  vielen  Stunden  so  langsam,  dass  der  Eindruck 
der  Bewegung  selbst  ganz  verloren  geht.  Die  Pflanze  scheint, 
wie  der  kurze  Zeiger  einer  Uhr,  auch  bei  genauerem  Zusehen 
völlig  stillzustehen  und  nur  durch  die  vergleichende  Betrach¬ 
tung“  nach  längeren  Zeiträumen  kann  man  sich  von  den  that- 
sächlich  stattfindenden  Form-  und  Lageveränderungen  über¬ 
zeugen.  Diese  letzteren  treten  bei  einer  normal  aufrecht  wach¬ 
senden  Pflanze,  die  nach  erfolgter  Niederbeugung  auf  den  Bo¬ 
den  bekanntlich  aus  eigenen  Kräften  mit  dem  Gipfeltheil  sich 
wieder  aufrichtet,  in  merkwürdiger  Weise  auf.  Die  Aufwärts¬ 
krümmung  beginnt  für  gewöhnlich  dicht  hinter  der  Gipfel¬ 
knospe  und  schreitet  von  da  basalwärts  fort.  Dadurch  wird 
nach  und  nach  eine  immer  längere  Strecke  des  Stengels  er- 


38 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


hoben  und  sogar  nach  rückwärts,  oft  sehr  bedeutend,  über¬ 
gekrümmt.  Die  Ueberkrümmung*  über  die  Lothlinie  hinaus, 
einerseits  Folge  der  in  den  basalen  Theil  fortschreitenden  Krüm¬ 
mung,  andererseits  auch  das  Resultat  von  Nachwirkungen,  wird 
dann  durch  entgegengesetzte  Krümmungen  oben  wieder  aus¬ 
geglichen  und  dies  Spiel  dauert  so  lange,  bis  der  noch  wach¬ 
sende  obere  Theil  des  Stengels  vollkommen  senkrecht  gestreckt 
ist.  Eine  scharfe  Krümmung  bleibt  nur  da  zurück,  wo  die  noch 
langsam  wachsenden  basalen  Stengeitheile  an  fertig  ausgewach¬ 
sene,  nicht  mehr  bewegungsfähige,  angrenzten.  Die  Erklärung 
dieser  Bewegungsformen,  die  man  wie  ihre  genaue  Feststellung 
sammt  der  Erkenntniss,  dass  hier  typische  Reizerscheinungen 
vorliegen,  Julius  Sachs  verdankt,  wurde  mit  Hülfe  der  von 
Sachs  gezeichneten  Tafeln1)  gegeben. 

Zur  Aufnahme  der  Beobachtungs-Serie  braucht  man  hier 
natürlich  keinen  Momentapparat  wie  bei  laufenden  oder  flie¬ 
genden  Thieren;  es  genügt,  etwa  von  halber  zu  halber  Stunde, 
oder  von  Stunde  zu  Stunde,  je  nach  dem  Verlauf  der  Bewe¬ 
gung,  eine  Aufnahme  zu  machen,  für  die  ein  genauer  Schatten¬ 
riss  zur  Noth  schon  g’enügt.  Die  so  im  Laufe  mehrerer  Stun¬ 
den  gewonnene  Bilderreihe  durchläuft  im  Apparat  das  Gesichts¬ 
feld  in  etwa  einer  Sekunde  und  dementsprechend  ist  natürlich 
die  Geschwindigkeit  der  Bewegung  vervielfältigt,  ihr  Eindruck 
ausserordentlich  lebendig.  Die  sich  folgenden  Phasen  der  Be¬ 
wegung',  ihr  Charakter  als  Reizerscheinung  und  das  dabei  zu 
erreichende  Ziel  gelangen  so  zu  unmittelbarstem,  gleichsam 
beredtem  Ausdruck. 

Der  Schnellseher  in  seiner  gewöhnlich  gebräuchlichen 
Ausstattung'  zeigte  sich  für  diese  Anwendung  zuerst  sehr  wenig 
geeignet.  Er  hat  bei  Thierbildern  ja  nur  den  flüchtigen  Ge- 
sammteindruck  sehr  rascher,  periodischer  Bewegungen  wie¬ 
derzugeben,  welche  uns  in  ihren  Einzelstadien  überhaupt  gar 
nicht  zu  Bewusstsein  kommen,  wie  das  der  so  fremdartige  Ein¬ 
druck  von  Momentbildern  laufender  Thiere  ja  auffallend  be¬ 
weist.  Gerade  auf  diese  Einzelstadien  kommt  es  aber  bei  der 
Wiedergabe  einfacher  pflanzlicher  Bewegungen  an;  sie  müssen 
in  ihrer  charakteristischen  Form  und  Folge  klar  zum  Ausdruck 
gelangen. 

Um  dies  zu  erreichen,  war  es  vor  allem  nöthig,  an  dem, 
wie  Vortragender  darlegte,  optisch  sehr  unvollkommenen  Ap¬ 
parate  einige  Verbesserungen  anzubringen.  Die  Wirkung  des 


1)  Beigeg'eben  den  Arbeiten  des  botan.  Instituts  in  Würz¬ 
burg,  III.  Bd.  Heft  4,  1888. 


Sitzung’  vom  15.  Februar  1892. 


39 


Apparates  auf  unser  Auge  beruht  wesentlich  auf  einem  phy¬ 
siologischen  Momente,  auf  der  Nachwirkung,  welche  ein  em¬ 
pfangener  Lichteindruck  über  die  Dauer  seiner  physikalischen 
Einwirkung  hinaus  in  unseren  Sehnerven  zurücklässt.  Bei 
genügend  rascher  Umdrehung  des  Apparates  kommt  nun  ein 
nächstfolgendes  Bild  bereits  zu  frischer  Wirkung,  während  der 
Eindruck  des  vorhergehenden  noch  nicht  erloschen  ist.  Damit 
setzt  dann  ein  rein  psychologisches  Moment  ein,  welches  die 
beiden  Eindrücke  in  unserer  Vorstellung  so  verbindet,  dass 
der  Schein  einer,  beide  Eindrücke  vermittelnden  Bewegung 
entsteht. 

Je  ungestörter  demnach  die  einzelnen  Bilder  zu  aus¬ 
schliesslicher  Einwirkung  in  unser  Auge  gelangen,  um  so  voll¬ 
kommener  ist  die  optische  Einrichtung  des  Apparates.  Je 
geringer  ausserdem  die  Abweichung  zwischen  den  auf  einan¬ 
der  folgenden  Stadien,  desto  leichter  und  vollkommener  voll¬ 
zieht  sich  die  psychologische  Vermittlung,  die  Täuschung 
einer  zusammenhängenden  Bewegung’.  Besonders  bei  der  stro¬ 
boskopischen  Darstellung  von  Pflanzenbewegungen,  deren  Ein¬ 
druck  uns  nicht  so  geläufig  ist,  wie  z.  B.  der  Anblick  eines 
galoppirenden  Pferdes  und  bei  denen  es,  wie  erwähnt,  auch 
auf  bewusstes  Erfassen  der  Zwischenstellungen  ankommt,  muss 
diesem  psychologischen  Momente  durch  die  Aufnahme  einer 
grossen  Zahl  von  Zwischenstadien  Rechnung*  getragen  werden. 

Was  die  rein  optische  Seite  des  Apparates  betrifft,  so  ist 
dieselbe  hauptsächlich  in  zwei  Punkten  verbesserungsfähig  und 
verbesserungsbedürftig.  Zwischen  je  zwei  Schaulöchern  der 
Trommel  erstreckt  sich  die  Trommelwand  in  einer  Ausdehnung, 
die  das  10 — 20  fache  der  Lochbreite  beträgt.  Der  von  der 
Trommelwand  ausgehende  Lichteindruck  auf  unser  Auge  hat 
deshalb  eine  10— 20  mal  längere  Dauer  als  der  Lichteindruck, 
welcher  durch  ein  Schauloch  kommt.  Ist  die  Trommelwand 
hell,  bunt  oder  gar  weiss,  wie  bei  den  im  Handel  eben  erschei¬ 
nenden  Schnellsehern  mit  Anschütz’schen  Serien,  dann  wird 
durch  das  Licht  der  äusseren  Trommelwand  der  Bildeindruck 
auf  der  Netzhaut  jedesmal  gestört,  die  Nachwirkung  desselben 
verwischt.  Die  theoretische  Forderung,  dass  zwischen  den  Bild- 
Eindrücken  kein  anderer  die  Netzhaut  aflicire,  dass  die  letztere 
in  der  Zwischenzeit  ruhe,  beziehungsweise  die  Nachwirkung  un¬ 
gestört  zur  Geltung  kommen  lasse,  wird  praktisch  am  besten 
erfüllt  durch  Dunkelheit  während  der  Pausen,  wodurch  auch 
andererseits  die  Reizempfänglichkeit  für  das  nachfolgende  Bild 
gesteigert  wird.  Die  Trommelwand  ist  daher,  wenigstens  zwi¬ 
schen  den  Schaulöchern,  tief  mattschwarz  zu  halten,  was  durch 


40 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


einen  Anstrich  von  Elfenheinschwarz  leicht  erreicht  werden 
kann. 

Eine  zweite  sehr  wesentliche  Störung  wird  dadurch  be¬ 
dingt,  dass  für  alle  Beobachter,  deren  Pupillen  nicht  gerade  so 
weit  von  einander  entfernt  sind,  wie  etwa  die  Mittellinien  der 
Schaulöcher  der  Trommel1)  und  deren  verlängerte  Aug’enaxen 
(Blicklinien  v.  Helmholtz’)  daher  nicht  bequem  auf  einen  ge¬ 
meinsamen  Punkt  der  Innenwand  gerichtet  werden  können, 
das  Bild  eines  Bewegungsstadiums  in  beiden  Augen  nicht  gleich¬ 
zeitig’  und  nicht  auf  den  sogenannten  identischen  Netzhaut- 
steilen  erscheint.  Da  wir  nun  gewohnt  sind,  die  Dinge  mit 
beiden  Augen  zugleich  zu  betrachten  und  so  zu  fixiren,  dass 
die  Bildchen,  auf  identische  Netzhautorte  fallend,  von  uns  zu 
einem  einzigen  Bilde  kombinirt  werden,  so  bringt  die  zeitliche 
und  örtliche  Differenz  der  auf  beide  Augen  gesondert  einwir¬ 
kenden  Bilder  einen  eigenthümlich  verwirrenden  Eindruck  her¬ 
vor.  Die  Bilderreihe  erscheint,  wie  das  so  manchem  Betrachter 
eines  Stroboskops  schon  aufgefallen  sein  wird,  in  der  Bewe¬ 
gung  unstet  und  zitternd,  da  in  unserer  Vorstellung  sich  in 
der  That  zwei  diskordante  Eindrucksfolgen  vermengen.  Ent¬ 
fernt  man  sich  mit  dem  Gesichte  von  der  Trommelwand,  so 
wird  diese  verwirrende  Störung  auffallend  verringert,  wie  das 
bei  eingehender  Erwägung  der  hier  in  Betracht  kommenden 
Verhältnisse,  die  mit  der  verkleinerten  Parallaxe  der  Blick¬ 
linien  Zusammenhängen,  erklärlich  ist.  Die  besagte  Störung 
lässt  sich  aber  auch  ganz  und  gar  vermeiden  dadurch,  dass 
das  jedem  Schauloch  gegenüber  liegende  Bild  mit  Hülfe  zweier 
vertikaler  Spiegelpaare  den  beiden  Augen  gleichzeitig  und  mit 
entsprechender  Strahlendivergenz  zureflektirt  wird.  Es  zeigte 
sich,  dass  damit  der  Eindruck  der  Bewegung  des  nun  blos  in 
der  Einzahl  erscheinenden  Objekts  ganz  ungemein  an  Klarheit 
gewann,  dass  nun  aber  das  Bild,  welches  nur  momentan  beim 
Passiren  der  Kante  der  vorderen  spiegelnden  Prismenflächen 
in  die  Augen  gelangt,  bei  gewöhnlicher  Lampen-  und  Gas¬ 
beleuchtung  zu  lichtschwach  wurde  und  eben  dadurch  wieder 
viel  an  seiner  Wirkung  einbüsste.  Aus  diesem  Grunde  wurde 
auf  die  vollständige  Correktion  der  genannten  Störung  mittels 
der  Spiegeleinrichtung  ganz  verzichtet  und  mit  der  schon  recht 
wesentlichen  Verbesserung  vorlieb  genommen,  welche  die  blose 
Entfernung  der  Augen  von  der  Trommelwand  mit  sich  bringt. 
Um  nun  die  Augen  in  derjenigen  Entfernung  zu  halten,  die 


1)  Der  Abstand  der  Pupillen  von  einander  ist  aber  indi¬ 
viduell  sehr  verschieden. 


Sitzung*  vom  15.  Februar  1892. 


41 


sieh  empirisch  als  die  vortheilhafteste  erwiesen  hatte  *),  und 
um  ausserdem  alles  fremde  störende  Licht  von  den  Alicen  ah- 
zuhalten,  wurde  in  der  Höhe  der  geschwärzten  Schauloch-Zone 
ein  Tubus  vor  dem  Apparat  angebracht.  Dieser  Tubus,  mit 
breitgezogenem  rechteckigem  Querschnitt,  innen  geschwärzt, 
schloss  sich  einerseits  mit  thunlich  geringstem  Zwischenraum 
an  die  Rundung  der  Trommelwand  an  und  erweiterte  sich 
(etwa  im  Verhältnis  der  verlängerten  Trommelradien)  nach 
.aussen  so,  dass  er  bequem  beide  Augen  umschliessen  konnte. 
Er  war  wie  die  Trommel  aus  Pappdeckel  g*efertigt  und  mittels 
rechtwinklich  umgebogener  dünner  Messingröhre  direkt  an 
dem  Fussgestell  des  Apparates  befestigt.  —  Mit  Hülfe  dieser 
einfachen  Verbesserungen  erschien  dann  die  Bilderreihe  recht 
klar  in  den  Umrissen  und  wohlthuend  stetig*  und  einheitlich  in 
der  Bewegung. 

Im  Sommer  gedenkt  der  Vortragende  noch  Bilderserien 
von  anderen  Pflanzenbewegungen,  wie  z.  B.  das  Greifen  und 
Aufrollen  von  Ranken,  die  periodischen  Bewegungen  von  Blatt¬ 
organen  (nyktitropische  u.  a.)  aufzunehmen,  um  dieselben  in 
ihrem  charakteristischen  Verlauf  in,  den  Vorlesungen  einmal 
vollständig*  und  in  kurzer  Zeit  vorführen  zu  können. 

Prof.  Pohlig  legt  die  fertigen  Tafeln  für  den  2.  Bd.  seiner 
D  i  1  u  v i  a  1  m  o  n  o  g r  a  p  h i  e n  vor  (Schädel  und  Nachträge  zur  Be¬ 
zahnung  der  Elephanten),  der  nächsten  Monat  erscheint,  —  ferner 
Photographien  von  fossilen  Quallen  und  neuen  Fischen  aus  dem 
thüringischen  Rothliegenden  (. Amblypterus  cf.  eupteryg i us -rn e g a- 
_ pterus  P.,  Lepidopterus  crassus  P.)  in  natürlicher  Grösse,  angefer¬ 
tigt  von  den  Herren  Stud.  H.  Gerlings,  Heyn  und  Dr.  Schulte. 
Derselbe  theilt  seine  Studien  mit  über  das  metamorphische  Car¬ 
bo  ncong*  lomerat  von  Valorsine  bei  Chamounix,  unter  Vor¬ 
legung*  von  Belegstücken  und  mit  Bezugnahme  auf  die  von 
Pohlig*  zuerst  in  ihrer  Bedeutung  als  solche  erkannten  und 
ausführlich  beschriebenen  sächsischen  archaischen  Conglomerat- 
gneisse.  (Dieser  Vortrag*  ist  zu  finden  in  der  Zeitschr.  d.  deutsch. 
g*eol.  Ges.  1891,  4.  Heft;  ebenda  1891,  3.  Heft,  Protokoll,  ein 
solcher  von  Pohlig*  über  seine  neuern  rheinischen  Vulcan- 
studien.)  Um  vielfach  gestellte  Anfragen  etwas  zu  befriedigen 
und  Missverständnissen  zu  begegnen,  macht  der  Vortragende 
ferner  ausführlichere  Angaben  bekannt,  zunächst  nur  über 


1)  Zu  weite  Entfernung*  lässt  bei  der  bekannten  Anord¬ 
nung  von  Bildern  und  Schaulöchern  auch  Theile  der  ersteren 
verschwinden. 


42 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


einen  der  bezeichnendsten  Theile,  des  Darmstädter  Oberschen¬ 
kelknochens  von  Dryopithecus  aus  Eppelsheimer  Tertiär, 
unter  Beigabe  der  ersten  richtigen  Ab¬ 
bildung  von  jenem  (vergl.  a.  diese  Ber., 

3.  Nov.  1890,  S.  107);  ein  Weiteres  muss 
für  später  Vorbehalten  werden.  Dieser 
alte  Fund  ist  dadurch  wichtig,  dass  er, 
obwohl  aus  altpliocänem  Tertiär  stam¬ 
mend,  doch  menschenähnlicher  ist  als 
alle  jetzt  lebenden  anthropoiden  Affen 
in  dieser  Hinsicht.  Skelette  der  letztem 
sind  in  Bonn  sehr  gut  vertreten ;  an  ihnen 
ist  das  Femur  des  Gorilla  mit  fast 
ebenso  wohl  entwickelter  linea  aspera 
versehen  wie  bei  dem  Menschen,  auch  ist 
der  Körper  entschieden  nach  vorn  ge¬ 
bogen;  man  muss  daher  annehmen,  dass 
die  Gewohnheit  des  aufrechten  Ganges  bei 
dem  Gorilla  fast  ebenso  allgemein  gewor¬ 
den  ist,  wie  bei  dem  Menschen.  Aber  in 
der  Form  des  ganzen  Femur  ist  dieser  Affe 
gar  sehr  weit  vom  Menschen  entfernt,  be¬ 
sonders  auch  in  der  Bildung  des  wichtigen  Oberendes :  die  ge¬ 
drungene  plumpe  Gestalt  spiegelt  die  raubthierartige  Erschei¬ 
nung  des  ganzen  Individuums  wider.  Aehnlich  ist  das  Femur  des 
Orang,  aber  sowohl  in  der  Bildung  des  Oberendes  als  in  den  ge- 


Oberes  Femurende  des 
Darmstädter  Dryopithecus  von 
Eppelsheim,  in  1/2  der  nat.  Gr. 

(ci,  a:  flache  Linien; 
b:  rauhe  Linie;  c:  hintere 
Längskante  des  Körpers.) 


ringen  Anfängen  zu  einer  linea  aspera  noch  weniger  anthropoid. 
In  der  allgemeinen  Gestaltung  steht  das  Femur  des  Schimpanse 
unter  den  lebenden  Anthropoiden  dem  menschlichen  unbedingt 
am  nächsten,  und  insbesondere  hinsichtlich  der  Form  des  Ober¬ 
endes  ebenso  nahe  wie  der  Darmstädter  Dryopithecus,  in  eini¬ 
gen  Punkten  mehr,  in  andern  weniger:  aber  diesem  lebenden 
Affen  fehlt  jede  Spur  zur  Anbahnung’  einer  linea  aspera,  wo¬ 
durch  seine  Stellung  auf  das  Niveau  des  Gorilla  herabgedrückt 
wird  und  unter  das  des  Dryopithecus.  Denn  dieser  „Tertiär¬ 
schimpanse“  verbindet  mit  der  menschenähnlichen  allgemeinen 
Form  unzweifelhafte  Anzeichen,  dass  auch  der  aufrechte  Gang’ 
bei  ihm  bereits  häufiger  geübt  wurde,  wie  die  in  der  Figur 
mit  a  und  b  markirten  Linien  andeuten;  der  Femurkörper  wird 
besonders  noch  durch  die  (mit  C  bezeichnete)  hintere  Längs¬ 
kante  menschenähnlich.  Zu  ganz  ähnlichen  Schlüssen  führt  die 
Betrachtung  des  bekanntlich  früher  in  Frankreich  aufgefun- 
denen  Oberarmknochens  vom  Dryopithecus.  Man  wird  also 
nicht  versäumen  dürfen,  künftighin  diese  altpliocäne  Form  bei 


Sitzung  vom  15.  Februar  1892. 


43 


Aufzählung*  der  Anthropoiden  an  erster  Stelle  unter  denselben 
anzuführen,  an  zweiter  den  Schimpanse  und  Gorilla  und  an 
dritter  den  Orang*.  —  Der  kleine  Gibbon,  mit  dem  Owen  das 
Dryopithecus-Femur  vergleicht,  bietet  an  dem  Bonner  Exem¬ 
plar  wohl  kaum  irgendwelchen  andern  Anhaltspunkt  zur  Ver¬ 
gleichung  dar,  als  die  schlanke  Form  des  Knochenkörpers, 
die  an  sich  allein  hier  nicht  ausreicht.  Die  Thatsache,  dass  in 
so  weit  zurückliegenden  geologischen  Perioden  schon  so  hoch- 
entwickeilte  Affen  vorhanden  waren,  ist  schon  höchst  bedeu¬ 
tungsvoll:  sie  wird  es  noch  mehr  durch  die  grosse  Zunahme 
von  neuern  Funden  fossiler  Menschenreste  des  niedrig¬ 
sten  Gepräges  aus  Ablagerungen  weniger  weit  zurückliegen¬ 
der  geologischer  Perioden.  Der  berühmte  Neanderthalschädel 
steht  in  seiner  Art  schon  lange  nicht  mehr  allein  —  und  wird 
eigentlich  erst  jetzt  dadurch  wichtig:  2  weitere  ihm  sehr  ähn¬ 
liche  Menschenschädel  sind  nunmehr  zu  Spy  in  Belgien  ge¬ 
funden,  ein  4.  bei  Stetten,  ein  5.  zu  Cromagnon,  zahlreiche 
Kiefer  und  sonstige  Skelettheile  an  andern  Punkten,  grossen- 
theils  mit  Mammuthresten  zusammen  aus  oberdiluvialen  Schich¬ 
ten  — ,  alle  diese  Belegstücke  beweisen  gleichmässig  eine  dilu¬ 
viale  Menschenrasse,  die  weit  tiefer  stand  als  die  niedrigste 
heutige  und  sogar  an  Stirnhöhe  von  der  letztern  fast  ent¬ 
fernter  war,  als  von  dem  heute  lebenden  Schimpansen. 

Prof.  Ludwig  setzte  auf  Grund  seiner  Beobachtungen 
auseinander,  dass  man  bis  jetzt  von  dem  Bau  der  rädchenför¬ 
migen  Kalkkörper  der  Holo  thurien -Gattung  Chiridota  nur 
eine  sehr  unzulängliche  und  fehlerhafte  Kenntniss  gehabt  hat. 
Insbesondere  haben  alle  bisherigen  Beschreibung'en  und  Ab¬ 
bildungen  dieser  zierlichen  Skelettgebilde  den  wichtigen  Um¬ 
stand  übersehen,  dass  die  Nabe  der  Rädchen  nicht  solide, 
sondern  hohl  ist  und  sich  durch  Ueberwölbung  einer  sternför¬ 
migen  Basis  entwickelt.  Die  Decke  des  Gewölbes  wird  bei  den 
einen  Arten  durch  einen  centralen  Pfeiler  gestützt,  der  bei  an¬ 
dern  Arten  fehlt.  Auch  herrscht  insofern  Verschiedenheit  unter 
den  einzelnen  Arten,  als  die  Decke  des  Gewölbes  der  Nabe 
bald  ganz  geschlossen  ist,  bald  von  einer  oder  mehreren  klei¬ 
nen  Oeffnung'en  durchbrochen  wird.  Die  Rädchen  der  Gattung 
Trochodota  stimmten  mit  Chiridota  überein,  während  bei  Mv- 
riotrochus,  Acanthotrochus  und  vielleicht  auch  Trochoderma 
die  Nabe  thatsächlich,  wie  bisher  angenommen,  solide  ist  und 
sich  dadurch  dem  Bau  des  gleichfalls  mit  solider  Nabe  ausge¬ 
statteten  Rädchens  der  Auricularia  nähert. 


44 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Sitzung  der  naturwissenschaftlichen  Sektion 

vom  7.  März  1893. 

Vorsitzender:  Prof.  Ludwig. 

Anwesend  17  Mitglieder,  1  Gast. 

Geheimer  Bergrath  Heusler  besprach  den  geologisch 
interessanten  Durchbruch  des  Basalts  durch  die  Coblenzschichten 
des  Unterdevons  am  Scheidskopf  (Scheidsberg)  unweit  Bemagen 
und  erläuterte  denselben  unter  Vorlegung'  einer  von  der  Basalt- 
Actiengesellschaft  zu  Linz  bereitwilligst  veranlassten  photo¬ 
graphischen  Aufnahme,  welche  die  Contactflächen  zwischen 
Schiefer  und  Basalt  sowie  die  im  rechten  Winkel  zu  den  Er¬ 
kaltungsflächen  gelagerten  Basaltsäulen  an  dem  etwa  150  m 
mächtigen  Basaltgange  deutlich  hervortreten  lassen.  Dieser 
sowie  ein  zweiter  in  der  Nähe  gelegener  Basaltdurchgang  durch 
die  Schieferschichten  des  Unterdevons  am  Dungkopfe  bei  Unkel¬ 
bach  können  als  die  jetzigen  deutlichsten  vulkanischen  Durch¬ 
bruchserscheinungen  im  rheinischen  Basaltgebiete  angesehen 
werden,  während  die  in  verschiedenen  Eisenerzbergwerken  auf 
der  rechten  Rheinseite  vorkommenden  und  die  Eisenerzgänge 
durchsetzenden  Basaltgänge  weniger  zugänglich  sind  und  auch 
nicht  so  deutlich  und  greifbar  in  die  Erscheinung  treten.  Der 
Vortragende  zeigte  ausserdem  eine  Reihe  sehr  gelungener 
photographischer  Aufnahmen  von  den  von  der  Basalt-Actien- 
gesellschaft  betriebenen  Säulenbaseltbrüchen  in  der  Umgebung 
von  Linz  und  von  dem  Bruche  am  Steinbergskopfe  bei  Lützin¬ 
gen  auf  der  linken  Rheinseite  vor,  welche  die  Structur  und 
Stellung  der  Basaltsäulen  in  den  umfangreich  aufgeschlossenen 
Brüchen  sehr  deutlich  veranschaulichen.  Derselbe  legte  so¬ 
dann  vor  und  besprach  das  Werk  Second  Annual  Report  of 
the  Geological  Survey  of  Texas  1890,  von  dem  Staatsgeologen 
E.  T.  Tumble  in  Austin  (Texas)  und  hob  die  nach  zveijährig'er 
Einrichtung  der  geologischen  Landesuntersuchung  von  Texas 
bereits  ausgearbeitete  Uebersicht  der  Ablagerungen  der  nutz¬ 
baren  Mineralien  hervor,  welche  das  mit  der  wissenschaftlichen 
Untersuchung  verbundene  praktische  Interesse  der  Amerikaner 
bekundet.  Bemerkenswerth  sind  nach  dieser  Uebersicht  be¬ 
sonders  die  durch  das  ganze  Land  verbreiteten  Braunkohlen- 
Ablagerungen,  die,  dem  Oligocän  angehörend,  ganz  ähnliche 
Lagerungsverhältnisse  wie  unsere  norddeutschen  und  rhei¬ 
nischen  Braunkohlenvorkommen  zeigen,  ferner  die  der  alten 
Steinkohlenformation  angehörigen  Steinkohlenbecken  mit  ver- 


Sitzung'  vom  7.  März  1892. 


45 


schiedenen  bauwürdigen  Flötzen,  welche  indess  noch  einer 
weiteren  Aufschliessung  bedürfen,  namentlich  aber  die  Eisen¬ 
erzvorkommen,  die,  theils  gangartig  im  altern  Gebirge  vor¬ 
handen,  theils  über  ein  Gebiet  von  etwa  1 000  engl.  Quadrat¬ 
meilen  ausgedehnt,  in  einer  Mächtigkeit  von  1—3  Fuss  flötzartig 
über  dem  Tertiär  abgelagert  sind  und  nach  der  Ansicht  der 
Staatsgeologen  Texas  für  die  Zukunft  in  die  Reihe  der  Staaten 
bringen  werden,  welche  die  höchsten  Eisenproductionen  be¬ 
sitzen. 

Professor  Pohlig  erläutert  mitgebrachte  Versteine¬ 
rungen  aus  dem  Devon  Australiens,  die  er  durch  Vermittelung 
der  Firma  Krantz  in  Bonn  erhalten  hat.  Die  dunkeln  Kalke 
von  Yass  in  Neusüdwales  haben  in  ihren  organischen  Resten 
bemerkenswertherweise  die  grösste  Aehnlichkeit  mit 
E  i  f  e  1  e  r  Mitteldevon:  insbesondere  ist  es  hier  die  merk¬ 
würdige,  sonst  in  ihrer  Verbreitung  so  ganz  beschränkte  Pan¬ 
toffelkoralle  (Calceola  sanclalina),  welche  wichtig,  und  zu  Yass 
in  einer  von  der  unsrigen  kaum  zu  unterscheidenden  Abart 
vertreten  ist.  Dazu  kommen:  eine  zweite  (in  entgegengesetztem 
Sinne  gebogene)  Species  von  Calceola,  ferner  Favosites  poly- 
morpha,  Syringopora  und  mehrere  Cyathophyllen;  von  Brachio- 
poden:  Atrypa  cf.  reticularis,  Pentamerus  cf.  galeatus,  Merista 
cf.plebejci ,  Chonetes  cf.  sarcinulata,  Rkynchonella  und  Spirifer , 
sowie  Alveolites  cf.  suborbicularis.  Die  letztem  sind  auch  in 
den  Grauwacken  und  dunkeln  Alaunmergeln  von  Gipsland 
und  Melbourne  in  Victoria  enthalten,  zusammen  mit  Fenestel- 
len,  Stenopora  und  Pachypora,  sowie  zu  Gipsland  mit  einem 
sehr  (bis  10  cm)  grossen  String ocephalus  cf.  Burtini,  der  die 
grösste  Aehnlichkeit  mit  einem  von  Pohlig  in  nordpersischem 
Devon  aufgefundenen  hat;  in  letzterm  kommt  er  zusammen 
vor  mit  Tentaculiten,  mehrern  Spiriferen,  Productus,  Fene- 
stella,  Stockkorallen  und  Becherkorallen,  unter  welchen  eben¬ 
falls  eine  Verwandte  unserer  Pantoffelkoralle  ist,  zwischen  den 
Goniophyllen  und  normalen  Becherkorallen  stehend:  die  fast  deci- 
meterlange,  vierkantige,  gebogene  Tetragonia  goniophylla  Pohl. 
Auch  in  Südaustralien  und  Tasmanien  kommen  entsprechende 
Schichten  vor.  Die  in  Victoria  und  Neusüdwales  auftretenden  ähn¬ 
lichen  Kalke  mit  Orthoceras  cf.  ammulatum,  0.  cf.  reguläre,  Conu- 
laria,  Pleurophorus,  Dalmanites  sind  wohl  älter,  die  Spiriferen- 
sandsteine  von  Nowra  dagegen  entschieden  jünger  als  jene 
Complexe  mit  Calceola  und  Stringocephalus,  obwohl  die  zahl¬ 
reichen,  mit  Productus,  Terebratula,  Unicardium,  Pachydomus 
zusammenliegenden  Spiriferen- Arten  meist  devonisches  Gepräge 


46 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


haben ;  doch  enthalten  die  gleichen  Handstücke  schon  Pflanzen¬ 
reste,  welche  auch  den  überlagernden  Kohlenfeldern  vonWallera- 
wang  u.  s.  w.  eigenthümlich  sind.  Letztere  führen  Glossopteris, 
Täniopteris,  Odontopteris,  Sphenopteris,  Pecopteris,  Hoplotheca, 
Danäopsis,  Schizoneura,  Cordaites  und  Calamites.  Die  Basis  des 
Ganzen  bilden  die  eigenthümlichen  Graptolithenschichten  von 
Sandhurst  in  Victoria  u.  s.  w.,  mit  Ceratiocaris,  Monograptus, 
Didymograptus,  Diplograptus,  Phyllograptus,  POldhamia,  Phy- 
codes.  —  Von  Almaden  in  Spanien  leg't  Dr.  Pohlig  vor: 
grosse  dunkle  Zinnoberrhomboeder,  die  verzerrt  sind,  zum  Theil 
würfelähnlich,  mit  gekrümmten  Flächen,  von  welchen  die  eine 
horizontal,  die  zwei  andern  verticalg’estreiftsind;  ferner  herrliche, 
zinnoberrothe  Baryttafeln,  die  bis  10  cm  Durchmesser  haben, 
auch  strahlig  aggregirte;  endlich  bunt  angelaufene  Zin- 
noberkrystalle,  mit  Amalgam  beschlagenen  Quarz  und  Büschel 
von  Gipskryställchen.  Von  Rügen  liegen  eigenthümliche 
rothe  Einschlüsse  in  Feuerstein,  Gerollen  schwedischen  Dalar¬ 
quarzites  ähnlich,  vor,  deren  Anwesenheit  in  diesen  Tiefseege¬ 
bilden  noch  schwerer  erklärlich  ist  als  die  bekannten  Findlinge 
des  Flysches  in  diesem.  Schliesslich  berichtet  Pohlig  über 
seinen  kürzlichen  Besuch  in  den  ungarischen  undSchweizer 
Museen,  über  welche  in  dessen  Monographieen  Näheres  zu 
finden  ist.  Doch  sei  hier  hervorgehoben,  dass  das  Pester  Na¬ 
tionalmuseum  ein  ganz  unversehrtes  Aepyornis-Ei  erworben 
hat;  dass  sich  in  Genf  die  besten  Köpfe  und  ein  ausgestopftes 
Exemplar  der  grössten  Wildscliatrasse,  Ovis  Polii,  befinden;  und 
dass  das  Züricher  Museum  neuerdings  die  Wolfsche  Sammlung 
von  Pampas-Ausgrabungen  angekauft  hat,  welche  ein  Skelett 
von  Macrauchenia  pcitagonica,  wohl  das  einzige  europäische, 
und  zahlreiche  andere  hervorragende  Schätze  enthält.  Von 
neuern  Litteraturerscheinungen  bespricht  der  Vortragende: 
Andreae-Osann,  Geologie  des  Blattes  Heidelberg ;  A.  S  ehr  a  uf, 
Metacinnabarit  von  Idria;  Jourdan-Marshall,  Sinnesorgane 
der  niedern  Thiere;  A.  Gau  dry,  Mastodonten;  E.  D.  Cope, 
Canadian  paleontologv;  Niki  t  in,  bibliotheque  geologique  de 
la  Russie. 

Prof.  Dr.  G  i  e  s  e  1  e  r  machte  einige  Mittheilungen  über 
die  physicalischen  Institute  in  Edinburg,  Glasgow  und  Oxford. 


47 


Allgemeine  Sitzung  vom  2.  Mai  1892. 


Allgemeine  Sitzung  vom  2.  Mai  1893. 

Vorsitzender:  Prof.  Ludwig. 

Anwesend  7  Mitglieder. 

Prof.  Binz  berichtet  über  Versuche,  die  er  zur  Prüfung 
der  etwaigen  Giftigkeit  des  Aluminiums  durch  einen 
seiner  Schüler  hat  anstellen  lassen.  Dieses  durch  mancherlei 
Eigenschaften  ausgezeichnete  Metall,  1827  zuerst  von  Wöhler 
in  Göttingen  dargestellt,  kam  bis  vor  Kurzem  nur  wenig*  in  Ver¬ 
wendung,  weil  seine  Gewinnung  zu  kostspielig*  war.  Gegen¬ 
wärtig,  wo  infolge  der  Benutzung  des  elektrischen  Stromes  das 
Metall  mit  Leichtigkeit  aus  den  ungeheuren  Massen  unserer 
Thonerde  abgeschieden  werden  kann  und  wo  sein  Preis  für  das 
Kilo  nur  noch  10  M.  beträgt,  wird  es  voraussichtlich  bald  seinen 
Weg*  in  den  täglichen  Gebrauch  finden.  Schon  jetzt  hat  man 
vorgeschlagen,  die  Feldflaschen  daraus  zu  verfertigen.  Eine 
vorschriftsmässige  Halbliterflasche  aus  Glas  wiegt  mit  Zubehör 
gegen  800  g,  eine  solche  aus  Aluminium  von  3/4  Liter  Fassung* 
nur  gegen  300  g.  Küchengeräthe  der  verschiedensten  Art  kön¬ 
nen  mit  Vortheil  für  den  Gebrauch  aus  dem  Aluminium  verfertigt 
werden.  Reines  Aussehen,  Zierlichkeit  und  Haltbarkeit  werden 
sie  auszeichnen.  Die  Zahnärzte  benutzen  das  Metall  bereits 
zu  Füllungen  und  zu  Gebissen.  Bei  diesen  und  ähnlichen  Ver¬ 
wendungen  tauchte  wiederholt  die  Frage  auf,  ob  das  Alumi¬ 
nium,  das  ein  unserem  Körper  vollständig*  fremdes  Element 
ist,  nicht  giftig  sei.  Bisher  ist  nichts  Genaues  darüber  bekannt. 
Ein  vielgenanntes  Salz  desselben,  der  Alaun,  wird  in  kleinen 
Gaben  als  Heilmittel  benutzt,  und  erweist  sich  in  g'rossen  als 
ein  den  Magen  und  Darm  stark  schädigendes  Erzeugniss,  al¬ 
lein  bei  ihm  ist  der  Einfluss  der  darin  enthaltenen  Schwefel¬ 
säure,  die  ihm  einen  stark  sauren  Charakter  verleiht,  jedenfalls 
eine  Hauptursache  jener  bis  zur  Aetz Wirkung  sich  steigernden 
Schädigung.  Wo  wir  das  Aluminium  an  weniger  starke  Säuren 
gebunden  sehen,  ist  vielleicht  die  Giftwirkung*  des  Alauns  gar 
nicht  oder  bedeutend  geringer  vorhanden,  so  dass  der  Metallan- 
theil  solcher  Salze  als  unschädlich  erscheinen  dürfte.  Um  das 
zu  prüfen,  bekam  ein  junger  Hund  von  4620  g  Gewicht  inner¬ 
halb  3  Wochen  100  g  basisches  essigsaures  Aluminium  unter 
das  Futter  gemischt;  am  Ende  dieser  Zeit  war  das  Thier  so 
munter  wie  zu  Anfang  und  hatte  530  g  an  Gewicht  zugenom¬ 
men.  Nicht  das  Geringste  einer  nachtheiligen  Wirkung  war 
zutage  getreten.  Das  geprüfte  Salz  war  unlöslich  in  Wasser 
und  möglicherweise  beruht  darauf  seine  Unthätigkeit  im  Thier- 


48 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


körper.  Es  wurde  desshalb  ein  zweiter  junger  Hund  von  4800  g* 
mit  einem  löslichen  essigsauren  Aluminium,  dem  in  dem  deut¬ 
schen  Arzneibuch  für  chirurgische  Zwecke  vorräthig  gehal¬ 
tenen,  gefüttert.  Er  bekam  davon  täglich  Anfangs  25  und  bald 
35  ccm  mit  gleichen  Theilen  Wasser  verdünnt.  Das  entspricht 
einer  jedesmaligen  Aufnahme  von  0,6  bis  0,9  des  Metalloxydes 
oder  etwas  mehr  als  einem  Drittel  davon  des  Metalls.  Ausser 
zweimaligem  Erbrechen  zu  Anfang,  das  vielleicht  auf  das  Un¬ 
gewohnte  des  Geschmackes  oder  auf  die  Art  der  Beibringung' 
durch  die  Schlundsonde  zu  beziehen  ist,  bot  das  Thier  während 
5  Wochen  keinerlei  Erscheinungen  des  Krankseins  dar,  nahm 
vielmehr  um  1420  g  an  Gewicht  in  dieser  Zeit  zu.  Pflanzen¬ 
fresser  ertragen  das  lösliche  essigsaure  Aluminium  nicht  gut. 
Ihre  Verdauung  wurde  erheblich  gestört  und  sie  magerten 
rasch  ab.  Vergleichende  Prüfungen  ergaben  jedoch,  dass  hieran 
die  vorhandene  Essigsäure  jedenfalls  zum  grossen  Theil  schuld 
war,  da  nach  Beibringen  entsprechender  kleiner  Mengen  ver¬ 
dünnter  Säure  allein  ganz  dieselben  krankhaften  Erscheinungen 
auftraten.  Auch  ein  gesunder  Mensch  unterzog  sich  in  vor¬ 
sichtiger  Weise  der  Aufnahme  des  löslichen  essig'sauren  Alu¬ 
miniums,  nachdem  die  wochenlange  Prüfung  am  Hunde  nichts 
von  Giftigkeit  ergeben  hatte.  Längere  Zeit  hindurch  wurden 
20  Tropfen  davon  täglich  aufgenommen ;  irgend  eine  Wirkung' 
trat  nicht  zutage.  Es  bleibt  nun  dennoch  die  Möglichkeit  be¬ 
stehen,  dass  eine  längere  Zeit  fortgesetzte  Aufnahme  des  Me¬ 
talls  oder  seiner  löslichen  Verbindungen  unserm  Körper  feind¬ 
lich  werden  könnte.  Der  Vortragende  wird  später  über  das 
Ergebniss  der  fortgesetzten  Versuche  berichten. 

Prof.  P  o  h  1  i  g  legt  eine  vollständige  Reihe  von  Zinnober- 
erzen  aus  Alma  den  in  Spanien  vor.  Der  dortige  Bergmann 
unterscheidet  drei  Hauptabstufungen,  von  denen  die  geringste 
mineralogisch  am  wichtigsten  ist,  weil  auf  den  Klüften  des 
schwarzen  (verwittert  hellgrauen)  Gesteines  in  den  Krystall- 
überzügen  die  schönsten  Zinnober-Individuen  sind.  Die  zweite 
Qualität,  „Metal  brillante“  der  Spanier,  ist  die  bei  uns  in  den 
Sammlungen  verbreitete  rothe;  sie  hat  viele  Abstufungen,  ent¬ 
hält  hier  und  da  auf  den  Klüften  Schuppenglanz  von  Eisen¬ 
farbe  und  in  bessern  Partieen  grosse  Einsprenglinge,  auch 
Drusen,  von  Krystallzinnober.  Es  ist  eine  mehr  oder  minder 
reiche  Durchdringung  des  schwarzen  Quarzitgesteins  mit  Zin¬ 
nobermasse;  die  feinste  Abstufung  ist  wachsartig,  blutrotli,  mit 
Nesterchen  von  Eisenspath  und  Kies,  anscheinend  rein  krystal- 
linisch  aus  rothem  rhomboedrischem  Zinnober  bestehend,  dessen 


Allgemeine  Sitzung*  vom  2.  Mai  1892. 


49 


specifisches  Gewicht  offenbar  bedeutend  geringer  ist,  als  dasje¬ 
nige  des  eisenfarben  blättrigen.  Die  erste  Qualität,  „Finabrio“ 
(Zinnober)  der  Spanier,  kommt  nirgends  in  der  Welt  so  rein 
vor  wie  in  Almaden.  Sie  tritt  meist  als  „S'tahlerz“  auf,  von 
stalilgrauer  (sehr  zarter)  Farbe,  dicht,  mit  muscheligem  Bruch, 
und  ist  immer  von  hohem,  dem  des  Quecksilbers  sehr  nahe¬ 
kommenden  Gewicht  —  am  meisten  in  einer  krystallinischen 
Varietät,  die  dem  Eisenglimmerschiefer  gleich  sieht.  In  diesem 
kommt  auf  Klüften  chemisch  reines  Zinnober  als  prachtvoll 
feuerrother  Anflug  vor.  Eine  merkwürdige  Abart  ist  die  roth- 
braune  thonig-schiefrig*e,  entstanden  nach  Art  des  Ober¬ 
harzer  Gangthonschiefers,  durch  Zerreibung  und  Wiederver¬ 
festigung  als  comprimirte  Ausfüllung*  von  Klüften,  die  meist 
längs  den  Schichtflächen  verlaufen  ;  sie  enthält  wiederum  Adern 
krvstallischen  Zinnobers  und  ist  sehr  rein.  Sämmtliche  Erze 
enthalten  mehr  oder  weniger  Schwefelkies  in  Nestern  und 
Nieren,  welche  die  Grösse  einer  Faust  theilweise  haben,  auch 
fein  vertheilt.  Zu  den  früher  von  mir  in  diesen  Berichten 
(Dezember  1890,  März  1892,  Geolog.  Zeitschrift  1891,  821)  be¬ 
schriebenen  neuen  Mineralvorkommen  von  Almaden  ist  berich¬ 
tigend  zu  ergänzen,  dass  auch  Gips  (secundär  gebildet)  nicht 
selten  auftritt,  wie  zu  Idria,  desgleichen  sehr  häufig  weisser 
Magnesit  oder  Dolomitspath,  während  die  Angabe  von  Aragonit 
und  Chabasit  sich  nicht  bestätigt  hat.  Die  Lager  von  Alma¬ 
den  sind  noch  ungeheuer  reich,  doch  geht  der  Abbau  wegen 
der  Aenderung  der  amerikanischen  Verhüttungsmethoden  noch 
mehr  zurück;  Almaden  ist  nicht  einmal  Bahnstation.  Prof. 
Pohlig*  berichtet  sodann  über  das  neue  Museum  für  Natur¬ 
kunde  zu  Brüssel.  Diese  uns  verhältnissmässig  so  nahe  lie¬ 
gende  Sehenswürdigkeit  allerersten  Ranges  leidet  nur  an  einem 
Fehler,  den  auch  das  neue  Berliner  Museum  hat:  es  ist  viel 
zu  weit  vom  Centrum  der  Stadt  entfernt,  um  seinen  Haupt¬ 
beruf,  eine  Segnung*  für  däs  ganze  Volk  zu  sein,  hinreichend 
erfüllen  zu  können;  man  hätte  dies  nicht  zulassen  sollen,  an 
den  Boulevards  wäre  noch  Platz  genug  gewesen.  Da  sind 
aus  Belgien  die  berühmten  Höhlenfunde,  die  Iguanodon,  die 
beiden  Mammute,  die  Mosasaurier  und  Riesenschildkröten  sowie 
Krokodile,  ferner  die  auch  in  der  modernen  Abtheilung  gross¬ 
artige  Cetaceen-Sammlung.  Dem  Vortragenden  waren  besonders 
wichtig  neuere  Erfunde  seines  Elephas  trogontherii  (darunter  ein 
prachtvoll  typischer  und  vollständiger  letzter  Molar)  zusammen  mit 
Resten  von  Hippopotamus  und  Bhinoceros  Merckicinum  von  Ant¬ 
werpen,  während  E.  antiquus  aus  Belgien  noch  nicht  sicher  be¬ 
kannt  ist,  so  wenig*  wie  E.  meridionalis.  Der  „Crag“  von  Ant- 
Sitzungsb.  der  niederrliein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1892.  4A. 


50 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


werpen  lässt  sich  wohl  bisher  weder  mit  dem  englischen  Forstbett 
noch  mit  dem  Mosbacher  Sand  bestimmt  parallelisiren.  Hervor¬ 
hebenswerth  sind  noch  die  beiden  belgischen  Erfunde  von 
Ovibos  moschatus  des  Museums,  welche  jetzt  würdige  Aufstel¬ 
lung'  g'efunden  haben.  Auch  neue,  g'rossentheils  vollständige 
Mammutschädel  aus  Belgien  sind  aufgestellt. 


Sitzung-  der  naturwissenschaftlichen  Sektion 

vom  9.  Mai  1893. 

Vorsitzender:  Prof.  Ludwig. 

Anwesend  14  Mitglieder,  2  Gäste. 

Siegfried  Stein  berichtet  über  seine  Beobachtung  einer 
elektrischen  Erscheinung  in  einem  Eisenbahnzuge. 

Vor  einigen  Jahren  fuhr  er  mit  dem  Courirzuge  von  Berlin 
über  Spandau,  Rathenow  nach  Stendal  und  von  da  über  Han¬ 
nover  weiter  nach  Köln-Bonn.  Es  war  an  einem  klaren  hellen 
Tage,  er  fuhr  die  erste  Strecke  allein  in  einem  Abtheil  2.  Klasse, 
dessen  Wände  und  Sitze  mit  Wollenstoff  ausgekleidet  waren. 

In  Berlin  hatte  er  sich  zu  sonstigen  Versuchen  eine  neue 
grosse  (lange)  Magnetnadel  gekauft,  die  mit  einem  Achathütchen 
auf  einer  guten  Spitze  in  einem  Gehäuse  ruhte,  aber  sehr  leicht 
beweglich  war. 

Mit  Büchern  und  anderen  Gegenständen  war  dieselbe  aus¬ 
gepackt  auf  die  Waggonbank  von  ihm  hingestellt  worden.  Dem 
Sonnenstände  nach  zeigte  die  Nadel  in  Berlin  nach  Norden. 
Die  genannte  erste  Strecke  der  Eisenbahnlinie  Berlin-Köln  hat 
bekanntlich  bis  Stendal  nahezu  ostwestliche  Richtung.  Die 
Magnetnadel  zeigte  beim  Stillestehen  des  Zuges  auf  Station 
Spandau  die  normale  Nordrichtung,  ungefähr  rechtwinkelig' 
gegen  die  Richtung  der  ostwestlicli  sich  hinziehenden  Eisen¬ 
bahn-Schienengeleise. 

Als  der  Bahnzug  sich  in  Bewegung  gesetzt  hatte  nach 
Rathenow  zu  und  die  Zuggeschwindigkeit  anfing  eine  bedeu¬ 
tende  zu  werden  —  man  sprach  derzeit  davon,  dass  auf  ge¬ 
nannter  sehr  geraden  Strecke  diese  Courirzüge  70  bis  80  Kilo¬ 
meter  in  der  Stunde  mitunter  zurücklegen  — ,  da  fing  diese 
Magnetnadel  (Compass)  an,  unruhig  zu  werden  und  aus  Nor¬ 
den  nach  Westen  abzulenken. 

Bei  vollster  Schnelligkeit  des  Zug-es  stand  die  Nadel  fast 
unbeweglich  in  der  Fahrtrichtung  parallel  den  Schienengeleisen, 
statt  mit  Nord  nach  Norden  nun  nach  Westen  zeigend. 


Sitzung'  vom  9.  Mai  1892. 


51 


Wurde  ein  Messer  von  Stahl  an  die  nach  Norden  liegende 
Seite  der  Nadel  hingehalten,  so  lenkte  dieselbe  nach  dieser 
Seite  etwas  ab,  stellte  sich  aber  sofort  wieder  nach  Westen, 
wenn  das  Stahlmesser  entfernt  wurde.  Dieses  Experiment 
wurde  mehrmals  wiederholt  immer  mit  demselben  Erfolg.  Ob 
das  Messer  remanenten  Magnetismus  besass,  wurde  versäumt 
festzustellen. 

Als  der  Bahnzug  in  die  Nähe  von  Rathenow  kam  und 
die  Geschwindigkeit  desselben  vermindert  wurde,  fing  die  Na¬ 
del  des  Compasses  an  zu  oscilliren  und  lenkte  erst  allmählich 
und  dann  wieder  ganz  nach  Norden  ab,  als  der  Zug  in  der 
.Station  Rathenow  Stillstand. 

Bei  der  Weiterfahrt  von  da  bis  zur  Station  Stendal  zeig¬ 
ten  sich  Anfangs  ganz  ähnliche  Erscheinungen,  bezüglich  Ab¬ 
lenkung*  der  Magnetnadel  von  Norden  nach  Westen.  Als  sich 
jedoch  der  Zug  auf  dieser  Strecke  der  Elbe  näherte,  fing  die 
Nadel  an  zu  oscilliren  und  hörte  trotz  schneller  Fahrt  des  Zu¬ 
ges  deren  Ablenkung  auf,  als  das  rechtsseitige  Ufergelände 
der  Elbe  in  Sicht  kam. 

Der  Vortragende  hat  seitdem  noch  oft  diese  und  andere 
Strecken  von  Eisenbahnen  im  Inlande  und  Auslande  befahren 
in  verschiedenen  Richtungen  der  Windrose.  Dabei  hat  er 
Magnetnadel  bezw.  Compass  in  dem  Wagg'on-Abtheil  aufge¬ 
stellt,  um  dieselbe  Erscheinung*  wiederkehren  zu  sehen.  Bis 
jetzt  ist  sein  Bemühen  ohne  Erfolg  gewesen. 

Daher  wendet  er  sich  mit  dieser  Mittheilung*  an  andere 
Forscher  und  Beobachter  mit  der  Anfrage :  ob  von  ihnen  ähn¬ 
liche  oder  gleiche  Erscheinungen  bemerkt  worden  sind,  unter 
Angabe  der  näheren  Verhältnisse  und  einwirkenden  Umstände. 

Dem  Vortragenden  wurde  derzeit  von  einer  Seite  plau¬ 
sibel  zu  machen  gesucht:  durch  diefReibung  der  Räder  auf 
den  Schienen  würde  ein  magnetisches  Feld  erzeugt,  welches 
zwischen  den  Schienengeleisen  seine  Begrenzung  horizontal 
fände,  aber  in  den  Obertheil  des  Waggons  hinauf  gereicht 
hätte,  um  so  die  Magnetnadel  in  der  auffallenden  Weise  zu 
beeinflussen. 

Aber  zwischen  Unter-  und  Ober-Gestell  eines  Waggons 
liegt  die  mit  Oel  gefüllte  Schmierbüchse  der  Achsenlager,  wo¬ 
durch  das  Obergestell  vom  Untergestell  und  jsomit  gegen  die 
Erde  in  gewissem  Grade  isolirt  sein  kann.  Zwischen  Räder 
und  Schienen  durch  Reibung  möglicherweise  erzeugte  Elektri¬ 
zität  würde  ja  auch  direkt  zur  Erde  abgeleitet. 

Ein  anderer  Gedankengang  dürfte  vielleicht  eher  zur 
Aufklärung*  der  Erscheinung  führen,  veranlasst  durch  die  von 


52 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


meinem  verehrten  Freunde  Prof.  Dr.  W.  Spring  in  Lüttich 
aufgestellte  Gewitter-  und  Hagel-Bildungs-Theorie. 

Will  man  Elektrizität  erzeugen  auf  der  Oberfläche  eines 
Harzkuchen-  oder  Hartgummi-Elektrophors,  oder  auf  einer  Glas- 
scheiben-Elektrisirmaschine,  so  reibt  man  dieselben  mit  Luft, 
welche  zwischen  den  Haarbüscheln  des  benutzten  Fuchsschwan¬ 
zes,  oder  zwischen  dem  Reibzeug  und  der  Glasscheibe,  oder 
zwischen  den  Fäden  des  angewandten  Seidenzeuges  eing'e- 
schlossen  ist.  Die  Luft  des  Raumes,  in  dem  die  Apparate  sich 
befinden,  muss  möglichst  trocken  sein.  Wird  in  dem  Raume 
die  Luft  feucht,  so  ist  es  mit  der  Erzeugung  der  Elektrizität 
vorbei. 

Das  einfachste  Experiment  dieser  Art  zeigte  der  Vortra¬ 
gende  vor  einigen  Jahren  mittelst  zwei  Postkarten,  welche  aus 
harzgeleimtem  Papier  bestanden  und  die,  durch  vorheriges  Er¬ 
wärmen  getrocknet,  auf  einer  isolirenden  Unterlage  mit  der 
trockenen  Hand  überstrichen  wurden.  Die  beiden  Postkarten 
zogen  sich  gegenseitig  an,  wenn  sie  langsam  von  einander  ge¬ 
trennt  wurden  und  konnte  man  dabei  das  knisternde  Geräusch 
schwacher  elektrischer  Entladungen  vernehmen;  geschah  dies 
im  Dunkeln,  so  beobachtete  man  das  Autblitzen  kleiner  Funken. 

Bald  darauf  wurden  von  Papierfabrikanten  und  von  Kat¬ 
tundruckern  die  Beobachtungen  ähnlicher  elektrischen  Entla¬ 
dungen,  mitunter  von  grosser  Stärke,  an  den  Papier-  bezw. 
Druckmaschinen  veröffentlicht. 

Wenn  ein  Eisenbahnzug  mit  grosser  Geschwindigkeit  da¬ 
hin  fährt,  so  reibt  sich  die  mit  hartem  Kopallack  oder  mit 
einem  ähnlichen  Anstrich  überzogene  Oberfläche  der  Personen¬ 
wagen  an  der  durchfahrenen  Luft.  Ist  letztere  trocken,  so 
wird  die  Waggon-Oberfläche  wohl  auch  trocken  sein.  Die  Ur¬ 
sachen,  durch  Vorhandensein  der  erforderlichen  Bedingungen, 
zur  Erzeugung  von  Elektrizität,  wäre  gegeben.  Aehnlich  wer¬ 
den  ja  nach  der  Spring’schen  Theorie  die  harten,  trockenen 
Hagelkörner  mit  Elektrizität  beladen,  durch  die  Reibung  mit 
der  trockenen  Luft  des  rasch  dahin  sausenden  Gewittersturmes. 

Wird  die  Oberfläche  des  Wag'gon-Obergestelles  von  allen 
Seiten  mit  Elektrizität  beladen  und  ist  diese  gehindert  nach 
der  Erde  abzuströmen,  in  dem  Maasse,  wie  solche  auf  der 
raschen  Fahrt  des  Zuges  beständig  erzeugt  wird,  weil  ja  das 
Obergestell  von  dem  leitenden  Untergestell  isolirt  sein  kann 
durch  die  mit  Oel  gefüllten  Schmierbüchsen  der  Achsenlag'er : 
so  muss  diese  angesammelte  Elektrizität  auf  die  vorstehend 
erwähnte,  in  dem  Waggon-Abtheil  aufgestellt  gewesene  Magnet¬ 
nadel  haben  einwirken  und  dieselbe  ablenken  können. 


Sitzung*  vom  9.  Mai  1892. 


53 


Sobald  der  Zug*  stille  stand,  fand  eine  allmähliche  Ent¬ 
ladung*  der  angesammelten  Elektrizität  statt;  deren  Einfluss 
verschwand  mit  ihr  bezüglich  der  Magnetnadel,  diese  konnte 
wieder  dem  natürlichen  Gesetz  und  Einfluss  des  Erdmagnetis¬ 
mus  folgen  und  richtete  sich  nach  Norden. 

In  dem  westlich  durchfahrenen  Gebiet  ist  die  Luft  wohl 
feuchter  gewesen  wie  in  dem  östlichen  an  jenem  Tage.  Daher 
dürfte  es  erklärlich  sein,  dass  die  Elektrizitäts-Erscheinung*en 
in  der  Nähe  der  Elbe  abnahmen  und  dann  weiter  westlich  ganz 
aufhörten. 

Es  wäre  nun  von  einigem  Interesse,  sofern  von  seiten 
Anderer  ähnliche  Beobachtungen  gemacht  wurden,  diese  auch 
zu  veröffentlichen.  Besonderen  Werth  hätte  die  Feststellung* 
der  Intensität  der  elektrischen  Ladung*  der  Wag'gon-Oberfläche 
und  die  Feststellung:  ob  von  dem  Eisenbahnzugpersonal  oder 
von  den  Eisenbahnpostbeamten,  die  als  Telegraphenbeamte 
mit  elektrischen  Erscheinungen  bekannt  sind,  ähnliche  Beobach¬ 
tungen  in  ihrem  Eisenbahnpostwaggon  oder  irgend  eine  elek¬ 
trische  Entladung  und  deren  Stärke  von  einem  Personen¬ 
waggon  aus  einem  in  dem  Zuge  mit  eingestellt  gewesenen 
gewöhnlichen  Güterwagen  beobachtet  worden  wäre,  da  letztere 
keinen  Firniss-  bezw.  Lacküberzug  erhalten,  also  leitend  sein 
könnten. 

Es  hat  diese  Beobachtung  einigen  Werth,  wenn  dem¬ 
nächst  in  Eisenbahnzügen  elektrische  Signalleitungen  oder 
elektrische  Beleuchtungsanlangen  sollten  eingerichtet  werden. 
Um  Störungen  zu  vermeiden,  würden  Ableitungen  durch 
Schleifkontakte  nach  den  Achsen  bezw.  den  Bädern  geboten 
erscheinen. 

Prof.  Pohlig  legt  den  seither  erschienenen  II.  Band  seiner 
Diluvialmonographieen  vor,  enthaltend  den  Schädelbau 
der  diluvialen  und  modernen  Elefantenformen  (Leipzig*  bei 
Engelmann  1891);  mit  dem  I.  Band  zusammen  bildet  dieser  II. 
ein  abgeschlossenes  Ganzes  von  472  Quartseiten  mit  vielen 
Tabellen,  mit  159  Textfiguren  oder  Gruppen  solcher  und  17 
Tafeln  (7  Doppeltafeln)  in  Quart.  Es  ist  im  Geg’ensatz  zu  den 
bisher  erschienenen  Monographieen  ein  fast  völlig  erschöpfendes, 
die  Erfunde  aller  Museen  der  Welt  umfassendes  Ge- 
sammtwerk,  da  der,  auch  bereits  1886  zum  Druck  eingereich¬ 
ten,  II.  Hälfte,  1891  ein  Nachtragsabschnitt  hinzugefügt  wurde, 
der  in  dieser  Hinsicht  die  Früchte  der  spätem  Reisen  des  Ver¬ 
fassers  in  Mexico,  den  Vereinigten  Staaten,  Spanien,  Frank¬ 
reich  und  England,  Nordrussland,  Ungarn,  der  Schweiz  u.  s.  w. 


54 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


enthält.  Man  findet  hier  zum  ersten  Male  die  grossartigen. 
Schädel-  oder  Zahnfunde  aus  Mexico,  Italien,  Belgien  und 
Deutschland,  mit  den  genauesten  Abbildungen,  veröffentlicht, 
ebenso  die  merkwürdigen,  neuen  Erfunde  v.  Bung’es  und  v. 
To  11s  aus  Nordsibirien,  zahlreiche  desgleichen  aus  England  und 
selbst  einzelne  aus  Westasien;  sehr  vieles  wesentlich  Neue,  auch 
über  die  lebenden  Elefantenarten,  ist  abgebildet  und  beschrie¬ 
ben,  sodass  man  in  dem  Werk  einen  Ueberblick  erhält  über 
diese  ganze  so  höchst  bemerkenswerthe,  jetzt  leider  auf  den 
Aussterbezustand  gesetzte  Gattung  von  Säugethierriesen.  Her¬ 
vorzuheben  sind  noch  die  ganz  neuen  Gesichtspunkte,  zu  denen 
die  Abhandlung  an  der  Hand  neu  aufgedeckter  Thatsachen 
über  die  Eintheilung  des  Pliocän  und  Plistocän  oder  Diluvium 
g'elangt  ist,  und  über  die  ge ologisclie  Par allelisirung 
der  einzelnen  Unterabtheilungen  dieser  Systeme  über  den  ge¬ 
nauer  untersuchten  Theil  der  Erdoberfläche  hin,  sowie  diejeni¬ 
gen  über  geologisch  zeitliche  Naturrassen.  Der  in  diesem  Jahre 
(in  denPalaeontographicis)  erscheinende  III.  Band  seiner  Diluvial- 
monographieen  ist  der  noch  allgemeiner  interessanten  Gattung  der 
Hirsche  gewidmet,  wobei  namentlich  auch  von  dem  ausgestor¬ 
benen  Riesenhirsch  die  erste  umfassendere,  und  höchst  merk¬ 
würdige,  neue  Ergebnisse  bringende  Bearbeitung  geliefert  ist. 

Prof.  Pohlig  legt  ferner  vor:  aus  dem  Basalt  des  Oel- 
berges  (Siebengebirge)  einen  blauen  Saphirkrystall,  bunt 
an  gelaufen  und  frei  aus  dem  Gestein  herausgefallen  (der 
erste  solche  unter  Hunderten!)  — ,  mit  Kies  durchwachsene 
wurden  früher  von  ihm  beschrieben;  ein  anderer  Saphir  von 
da,  hexagonales  Prisma  von  1  cm  Dicke,  ist  mit  schwarzer, 
weiss  verwitternder  Schmelzrinde  überzogen.  Der  grösste  Sa¬ 
phir  von  da  (und  wohl  überhaupt)  hat  fast  1  Zoll  Durchmesser 
und  gehört  dem  Bonner  Naturhistorischen  Verein.  —  Aus 
rheinischem  (Mosel-)  Devon  liegen  vor:  Haliserites,  mit 
Wurmröhrchen  (Serjmla  omphaloides)  bedeckt;  2  neue  Fucoiden- 
formen,  die  eine  Knotenreihen,  die  andere  pfeilförmige  Ab¬ 
drücke  darstellend;  eine  neue  grosse  Lingula  aus  Unterdevon, 
fast  so  breit  wie  lang,  von  einer  silurischen  Art  kaum  zu 
unterscheiden;  ebenfalls  unterdevonisch  ist  die  grösste  bekannte 
Discina,  von  fast  5  cm  Durchmesser,  der  silurischen  Orbicu- 
loidea  circe  Bill,  aus  Amerika  sonst  fast  ganz  gleich:  sie  mag 
D.  Kayseri  Pohl J)  heissen.  —  Neu  dürfte  ferner  das  vorgelegte 


1)  Die  Art  ist  mittlerweile  von  Kays  er  als  D.  siegenensis 
beschrieben  worden. 


Sitzung  vom  9.  Mai  1892. 


55 


Vorkommen  von  Ceratites  sp.  in  trierischem  Kalk  sein,  der  in 
Bonn  für  Ziegeleibetrieb  viel  angefahren  wird;  linksrheinisch 
waren  Ceratiten  bisher  von  deutschem  Gebiet  überhaupt  nur 
aus  der  Pfalz  und  Elsass-Lothringen  vereinzelt  bekannt.  Der¬ 
selbe  legt  Eurypterus  von  Oesel  (Livland)  vor,  mit  einer  für 
so  alte  (sibirische)  Organismenreste  höchst  bemerkenswerthen 
Erhaltungsweise  des  Chitins  —  wie  Seidenpapier  ablösbar  im 
Gestein  eingeschlossen.  Im  Tertiär  von  Rott  hat  man  das 
häufig  von  Insektenresten;  Pflanzenblätter  sind  daselbst  oft, 
mit  aller  Epidermis  völlig  erhalten,  lose  zwischen  den  Schiefer¬ 
schichten  herauszunehmen.  —  Ferner  wird  auf  den  seltenen 
Erhaltungszustand  mit  der  ursprünglichen  Färbung  der  Schale 
aufmerksam  gemacht,  welcher  der  grossen  Natica  millepunctata 
von  St.  Cassian  (Trias  Tirols)  eigen  ist.  —  Die  zuletzt  genannten 
sind  Eigenthum  der  Firma  Krantz  in  Bonn.  Schliesslich  wird 
noch  ein  grosser  Magnetkieswürfel  aus  Oelbergbasalt  vorgelegt, 
der  zunächst  von  einer  violetten,  jaspisartigen  Lage  umhüllt  ist. 

Angeblich  aus  Eggenburg  nördlich  von  Wien,  wo  bisher 
Eocaen  nicht  nachg'ewiesen  war,  erhielt  Redner  durch  Lehrer 
Brosch  von  Linz  die  typisch  eocaene  Velates  Schmiedeliana, 
mit  Nummulites  und  Natica. 

Professor  Rein  legte  vor  und  besprach  das  im  vorigen 
J ahr  unter  dem  Titel  „ A f r i c a,  eine  allgemeine  Landes¬ 
kunde“,  vom  Bibliographischen  Institut  in  Leipzig*  herausge¬ 
gebene  Werk  des  Prof.  Dr.  W.  Sievers  in  Giessen.  Ein  sol¬ 
ches  Buch  war  für  viele,  die  sich  für  Africa  interessiren,  schon 
lange  ein  Bedürfniss;  doch  bot  seine  Abfassung  Schwierig¬ 
keiten  mancher  Art.  Der  Verfasser  konnte  und  musste  nicht 
bloss  die  Specialarbeiten  über  einzelne  Theile  und  Wissens¬ 
gebiete  des  Erdtheils  benutzen,  sondern  hatte  auch  die  sehr 
umfangreiche,  aber  meist  leichte  Waare  der  neuern  Reiselite¬ 
ratur  über  Africa  in  Betracht  zu  ziehen,  abzuwägen  und  das 
Verwendbare  auszuwählen.  Das  ist  aber  bei  den  grossen. 
Lücken,  Widersprüchen  und  Zweifeln,  denen  man  dabei  be¬ 
gegnet,  nicht  bloss  eine  sehr  zeitraubende,  sondern  oft  auch 
eine  recht  undankbare  Arbeit,  deren  Ergebniss  unmöglich  alle 
Erwartungen  befriedigen  kann.  Immerhin  bezeichnet  das  Werk 
einen  grossen  Fortschritt  in  unserer  ernstem  Literatur  über 
den  in  vieler  Beziehung  noch  dunkeln  Erdtheil  und  kann  als 
Handbuch  und  werthvolles  Orientirungsmittel  allen  denen  warm 
empfohlen  werden,  die  sich  etwas  eingehender  mit  dem  Gegen¬ 
stände  befassen  wollen.  Dass  die  berühmte  Verlagsbuchhand¬ 
lung*  dem  Buch  eine  würdige  Ausstattung*  gegeben  hat,  nicht 


56 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


bloss  im  Druck  und  Papier,  sondern  vor  allem  auch  durch 
zahlreiche  Textfiguren,  Tafeln  nnd  Karten,  darf  als  eine  wei¬ 
tere  Empfehlung  besonders  hervorgehoben  werden.  Hierauf 
berichtet  der  Vortragende  über  seine  erfolgreichen  Anbau¬ 
versuche  mit  dem  japanischen  Lack  bäum  (Uhus  vernici\ 
fera  D.  C.)  im  Garten  des  Senckenbergischen  Instituts  zu 
Frankfurt  a.  M.  Er  legte  das  Stammstück  eines  15jährigen 
Baumes  vor,  an  welchem  man  nicht  bloss  ein  gesundes,  kräf¬ 
tiges  Wachsthum  und  die  Eigen thümlichkeiten  des  Holzes  er¬ 
kennen  konnte,  sondern  auch  den  Ort  der  Lackbildung  und 
die  Art  der  Gewinnung  des  kostbaren  Materials.  Infolge  ver¬ 
schiedener  Anfragen  schloss  Prof.  Rein  Mittheilungen  über 
den  eigenartigen  Charakter  dieses  Lackes  und  der  darauf  ge¬ 
gründeten  alten  Industrie  in  China  und  Japan  an. 


Sitzung  der  naturwissenschaftlichen  Sektion 

vom  13.  Juni  1893. 

Vorsitzender:  Prof.  Ludwig. 

Anwesend  13  Mitglieder,  ein  Gast. 

Dr.  Kaufmann  wird  als  ordentliches  Mitglied  der  Ge¬ 
sellschaft  aufgenommen. 

Professor  Rein  berichtete  unter  Vorlage  von  mehrern 
Uebersichtskarten  und  Plänen  über  die  Vorbereitungen,  welche 
die  spanische  Regierung  im  Verein  mit  der  Provinz  und  Stadt 
Huelva  sowie  verschiedenen  wissenschaftlichen  und  sonstigen 
Genossenschaften  zur  Feier  der  Entdeckung  Amerikas  getroffen 
hat.  Das  Programm  für  diese  Feierlichkeiten  liegt  jetzt  vor. 
Sie  werden  sich  um  das  Mündungsgebiet  des  Odiel  und 
Rio  Tinto,  um  die  Orte  Huelva,  Palos  und  La  Rabida 
concentriren  und  am  Nachmittag  des  2.  August  ihren  Anfang 
nehmen.  Am  3.  August  sind  ja  400  Jahre  seit  dem  Freitag 
Morgen  verflossen,  an  welchem  90  Mann  in  den  drei  Karavel- 
len  Santa  Maria,  La  Pinta  und  La  Nina  unter  Führung  des 
Columbus  und  der  drei  Brüder  Pinzon  vom  Rio  Tinto  bei  Pa¬ 
los  ausfuhren,  um  ihre  abenteuerliche  Fahrt  nach  dem  Westen 
zu  beginnen,  auf  der  sie  am  12.  October  1492  Amerika  ent¬ 
deckten.  Die  Hauptfeste  werden  aber  erst  in  der  Zeit  vom 
7.  bis  12.  October  stattfinden.  Dann  wird  der  Amerikanisten- 
congress  in  der  Rabida,  dem  ehemaligen  Franciscanerkloster 
am  linken  Ufer  des  Odiel,  tagen  und  die  Königin  von  Spanien 


Sitzung  vom  13.  Juni  1892. 


57 


mit  ihrem  Hofe  erscheinen,  um  das  Denkmal  zu  enthüllen,  das 
man  hier  aus  weissem  Marmor  der  Provinz  zum  Andenken  an 
Oolumbus  und  seine  Gefährten  errichtet  hat. 

Privatdocent  Dr.  Noll  legte  eine  im  April  dieses  Jahres 
auf  Rheinfels  gefundene  Zwitterblüthe  der  Larix  europaea  D.  C. 
vor.  Sie  fand  sich  als  einzige  auf  einem  prachtvoll  blühenden 
alten  Baume.  Das  grüne  Nadelbüschel,  welches  die  normalen 
weiblichen  Zäpfchen  an  der  Basis  umgibt,  war  bei  dieser  Blüthe 
völlig  in  normale  Staubblätter  mit  Pollen  umgewandelt.  Als 
besonders  bemerkenswert]!  wurde  noch  hervorgehoben  der 
durch  eigenartige  Zwischenbildungen  vermittelte  Uebergang  der 
männlichen  in  die  normalen  weiblichen  Blattorgane  an  diesem 
Zäpfchen  und  ausserdem  dessen  Stellung  im  Raume.  Während 
nämlich  die  weiblichen  Blüthen  der  Lärche  an  allen  denjenigen 
Ursprungsstellen  ring's  am  Mutterast,  an  denen  sie  nicht  schon 
von  selbst  zenithwärts  gerichtet  sind,  durch  scharfe  Biegungen 
genau  senkrecht  aufwärts  gerichtet  werden,  werden  umge¬ 
kehrt  die  männlichen  Blüthen  unter  allen  Umständen  genau 
senkrecht  abwärts  gekehrt.  Von  diesem  Gesichtspunkt  aus 
bot  auch  die  Stellung  dieser  Zwitterblüthe  ein  Interesse.  Sie 
war,  wie  die  rein  weiblichen  Blüthen,  aufwärts  gestellt,  der 
physiologische  Grundcharakter  des  ganzen  Gebildes  vorwiegend 
also  weiblich.  Ein  kurzer  historischer  Hinweis  auf  bisher  be¬ 
schriebene  Zwitterblüthen  bei  Coniferen,  zumal  auf  die  von 
Or  am  er  in  seinen  „Bildung'sabweichungen“  beschriebenen 
der  Larix  americana  Mchx.  (microcarpa  Poir)  schloss  die  De¬ 
monstration. 

Privatdocent  Dr.  Rau  ff  legte  vor:  Führer  durch  die 
Baumaterial-Sammlung  des  k.  k.  Naturhistorischen 
Hofmuseums  von  Felix  Karrer.  Wien  1892.  Dieses  Buch 
ist  der  erste  Specialkatalog,  den  das  berühmte  Wiener  Museum 
seinen  Besuchern  darbietet,  und  dem  weitere  solche  Führer, 
deren  Reihe  es  in  würdiger  Weise  beginnt,  durch  die  ver¬ 
schiedenen  mineralogischen  Abtheilungen  nachfolgen  sollen. 
Die  Sammlung  selbst,  die  im  wesentlichen  ebenfalls  das  Werk 
des  Verfassers  ist,  dürfte  wohl  den  allerersten  Rang  unter 
ihresgleichen  einnehmen,  und  man  muss  den  Eifer  und  das 
Geschick  rühmem,  womit  Karrer  in  einer  verhältnissmässig 
kurzen  Zeit,  wie  Dr.  A.  Brezina  im  Vorwort  ausführt,  die 
ausserordentliche  Sammlung  von  mehr  als  7000  Nummern  mit 
Hülfe  von  Freunden  und  Gönnern  des  Museums  zusammen¬ 
gebracht  und  aufgestellt  hat.  Er  hat  sich  damit  nicht  nur  bei 


58 


Niedcrrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


den  Fachleuten,  bei  Geologen  und  Architekten,  auch  nicht  nur  bei 
allen  Bau-Interessenten,  sondern  ebenso  bei  dem  Kunstliebhaber 
sowie  einem  weitern  Publikum  ein  grosses  Verdienst  erworben,, 
das  durch  den  anregend  abgefassten  und  hübsch  ausgestatte¬ 
ten  Katalog  nicht  wenig  erhöht  wird.  Dieser  beschränkt  sich 
nicht  auf  eine  trockene  Herzählung’  und  Erklärung  der  Num¬ 
mern,  sondern  ist  zu  einem  kleinen  Lehrbuche  geworden,, 
worin  jeder  Belehrung*,  auch  der  Fachmann  viele  interessante 
Bemerkungen  findet.  Ein  glücklicher  Gedanke  war  es,  eine 
Reihe  der  bedeutendsten  und  schönsten  monumentalen  Bau¬ 
werke  in  guten  Phototypien  dem  Katalog  beizufügen.  Sie 
werden  hier  gewiss  dazu  beitragen,  Kunstinteressen  mit  Fra¬ 
gen  nach  der  Art  des  Baumaterials  und  des  weitern  nach  geo¬ 
logischen  Verhältnissen  unmittelbar  zu  verknüpfen.  "Wer  sich 
dann  geologisch  unterrichten  will,  findet  in  dem  Führer  selbst 
den  ersten  Leitfaden  dazu,  da  die  Einleitung  eine  kurze 
Charakterisirung  der  für  Bauzwecke  wichtigsten  Gesteine  sowie 
eine  Uebersicht  der  einzelnen  Abschnitte  unserer  Erdgeschichte 
enthält.  Die  Einleitung*  schliesst  mit  einer  Zusammenstellung* 
der  wichtigsten  einschlägigen  Litteratur.  Doch  sind  auch  spä¬ 
ter  Litteraturangaben  in  den  Text  eingeflochten  worden. 

Die  Haupteintheilung  des  Kataloges  ist  nach  Ländern 
und  geographischen  Bezirken  erfolgt.  Obenan  steht  natürlich 
die  österreichisch-ungarische  Monarchie,  dann  kommen  Deutsch¬ 
land,  Italien  und  antikes  Rom,  Frankreich,  Belgien,  England,, 
Norwegen,  Russland,  Schweiz,  Spanien  und  Portugal,  Griechen¬ 
land,  Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika,  Asien,  Afrika. 

Innerhalb  eines  jeden  Landes  sind  dann  die  Baumateria¬ 
lien  nach  ihrer  Verwendungsart  geordnet,  z.  B.  in:  Weg*-  und 
Strassensch otter,  Trottoir-  und  Pflastersteine,  Rohmaterial  für 
Ziegel,  Sand  für  Mörtel,  Rohmaterial  für  Weisskalk,  Rohmate¬ 
rial  für  Cemente,  Werksteine,  Decorationssteine,  Dachschiefer, 
Kunststeine  für  Trottoir-  und  Strassenpfiaster,  für  Flurbelag, 
Kunstzieg’el,  Isolirmaterialien,  feuerfeste  Materialien  und  ihre. 
Producte,  Decorationsmaterialien,  Nebenmaterialien. 

Aufzählung  und  Begriffserklärung’  der  einzelnen  Bau¬ 
materialien,  ist  mit  grosser  Sorgfalt  geschehen.  Dem  Ver¬ 
zeichniss  jeder  Länder-  und  Verwendungsgruppe  sind  ausser¬ 
dem  kurze  Erläuterungen  vorausgeschickt,  die  die  Beziehung'en 
zwischen  dem  geologischen  Bau  eines  Gebietes  oder  seiner 
geologischen  Geschichte  und  den  betreffenden  Baumaterialien, 
die  aus  diesen  Gebieten  stammen,  auseinandersetzen.  In  jeder 
Hinsicht  ist  der  Katalog  vortrefflich  durchgearbeitet  und  wird 
sich  gewiss,  namentlich  auch  unter  Architekten  viele  Freunde 


59" 


Sitzung  vom  13.  Juni  1892. 

erwerben.  Aber  er  wird  auch  dazu  beitragen,  geologische- 
Kenntnisse  in  Laienkreisen  zu  verbreiten  und  Sinn  dafür  zu 
erwecken.  Endlich  wird  er  hoffentlich  auch  an  andern  Orten 
die  Anregung  zu  ähnlichen  Sammlungen  oder  zu  ausgedehntem 
Lokalsammlungen  geben,  die  überall  für  Baukunst  und  Bau¬ 
handwerk  von  gleicher  Wichtigkeit  sind,  und  denen  zweifellos 
auch  weitere  Kreise,  die  mit  dem  Wissenschaftlichen  gern  das 
Nützliche  und  praktisch  Verwerthbare  vereinigt  sehen,  Ver- 
ständniss  und  Interesse  entgegenbringen  werden. 

Derselbe  Redner  sprach  ferner  über  die  Organisation 
und  systematische  Stellung  der  Recep  taculiti  den 
nach  eigenen  Untersuchungen,  die  soeben  in  den  Abhandlungen 
der  königlich  bairischen  Akademie  der  Wissenschaften  in 
München  veröffentlicht  worden  sind.  II.  Klasse,  17.  Bd.,  3.  Abth. 
S.  644 — 722,  mit  7  Tafeln.  Die  wichtigsten  Ergebnisse  dieser 
Arbeit  lassen  sich  in  folgende  Sätze  zusammenfassen: 

1.  Die  Receptaculitiden  (Beceptaculites,  Leptopoterion , 
Ischadites,  Polygonosphaerites )  sind  freie,  kuglige  bis  bim¬ 
förmige,  ringsum  geschlossene  Körper  mit  centralem  Hohlraume, 
deren  kalkige,  einzeilige  Wand  aus  gleichgestalteten  Einzel¬ 
elementen  zusammengesetzt  wird,  die  quincunxial  angeordnet 
sind  und  spirale  Reihen  bilden.  Die  schüsselförmigen  Exemplare 
sind  nur  Untertheile  oder  Bruchstücke  davon. 

2.  Jedes  Einzelelement  (Merom)  besteht  aus  6  Gliedern: 
einem  äussern  Täfelchen  (Lamnul) ,  dessen  Grundform  der 
Rhombus  ist,  vier  darunter  liegenden  und  sich  kreuzenden 
Tangentialarmen,  und  einem  Radialarm  (Säulchen  oder  Colu- 
mell),  der,  auf  dem  Täfelchen,  resp.  den  vier  Tangentialarmeu 
etwa  senkrecht  stehend,  nach  innen  ragt. 

3.  Die  Oberfläche  lässt  einen  obern  und  untern  Pol  unter¬ 
scheiden.  Der  untere  Pol  oder  Nucleus,  der  den  Wachsthums¬ 
anfang  bezeichnet,  beginnt  mit  einem  Kranze  von  8  (oder  4) 
Täfelchen,  der  obere  Pol  oder  Apex  wird  durch  eine  wechselnde, 
aber  stets  sehr  grosse  Zahl  von  Täfelchen  geschlossen.  Die 
Einschiebung  neuer  Täfelchenreihen  erfolg't  durch  besonders¬ 
gestaltete  Plättchen  (Interposita). 

4.  Die  vier  Tangentialarme  verlaufen  unter  den  Diago¬ 
nalen  der  Täfelchen.  Zwei  von  ihnen  liegen  immer  in  einer 
Meridionalebene;  der  nach  dem  untern  Pol  hinweisende  Arm 
(distaler  Arm)  ist  zugleich  schräg  nach  aussen  gerichtet,  und 
von  wenigen  Ausnahmen  abgesehen,  mit  der  Innenfläche  des- 
Täfelchens  verwachsen,  der  nach  dem  obern  Pole  zeigende 
(proximale)  Arm  dagegen  verläuft  schräg  nach  innen  und  ist 
von  dem  Täfelchen  stets  ganz  getrennt.  Die  beiden  andern. 


60 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Tagentialarme  (Lateralarme)  liegen  in  einer  zweiten  Radial¬ 
ebene,  die  nicht  ganz  senkrecht  die  erste  durchschneidet.  Viel¬ 
mehr  durchkreuzt  sie  diese  in  der  Regel  so,  dass,  wenn  man 
das  Täfelchen  von  aussen  betrachtet,  der  zwischen  dem  dista¬ 
len  und  dem  rechten  lateralen  Arme  liegende  Neigungswinkel 
dieser  Ebenen  stumpf  ist.  Es  kann  aber  auch  der  umgekehrte 
Fall  Vorkommen,  dass  dieser  Winkel  spitz  ist.  Es  giebt  also 
zwei  Ausbildungsformen  dieses  „Winkelgesetzes“  der  Lateral¬ 
arme,  die  aber  an  demselben  Individuum  niemals  zusammen 
erscheinen. 

5.  Dem  Winkelgesetze  entsprechend  erfolgt  die  Zusammen¬ 
fügung  der  Einzelelemente  in  eigenthümlicher  Weise: 

Bezeichnet :  II 

.  III  IV 

I 

die  alternirende  Stellung  von  4  Meromen,  von  denen  I  dem 
untern,  II  dem  obern  Pole  zugewandt  ist,  so  verbinden  sich 
die  4  nach  dem  Mittelpunkte  der  Figur  gerichteten  Tangential¬ 
arme  dieser  4  Mer o me  in  der  Weise,  dass  das  Ende  des  rech¬ 
ten  Lateralarmes  von  III  und  dasjenige  des  linken  von  IV 
sich  zwischen  den  distalen  Arm  von  II,  der  am  meisten  nach 
nussen,  gewöhnlich  dicht  unter  dem  Täfelchen  liegt,  und  den 
proximalen  von  I,  der  am  meisten  nach  innen  gerückt  ist, 
zwischenschieben.  Aber  während  sich  die  Enden  des  distalen 
und  proximalen  Armes  in  einer  Meridionalebene  übereinan¬ 
der  befinden,  liegen  diejenigen  der  Lateralarme  in  einer  Tan¬ 
gentialebene  nebeneinander  und  zwar  ist  in  der  Regel  der 
rechtslaterale  Arm  von  III  —  die  Täfelchen  stets  von  aussen 
betrachtet  —  über  dem  linkslateralen  von  IV  gelegen  (dextrac- 
clive  Lagerung).  In  einigen  Fällen  ist  aber  auch  das  umge¬ 
kehrte  Verhalten  beobachtet,  wobei  der  rechtslaterale  Arm  von 
III  unter  dem  linkslateralen  von  IV  liegt  (sinistracclive  Lage¬ 
rung).  Beide  Lagerungsweisen  treten  nur  getrennt  auf;  ent¬ 
weder  herrscht  an  einem  Individuum  ausschliesslich  die  eine, 
oder  die  andere. 

6.  Der  Radialarm  ist  der  Länge  nach  von  einem  Kanäle 
durchzogen.  Die  Tangentialarme  umschliessen  spindelförmige 
Körper,  die  bisher  für  die  Ausfüllungen  von  Kanälen  ange¬ 
sehen  wurden,  die  aber  wahrscheinlich  schon  ursprünglich  so¬ 
lide  Axen  waren.  Jedoch  war  ihre  Natur  und  Bedeutung  noch 
nicht  sicher  festzustellen.  Sie  bestehen  aus  hellem  Kalkspathe, 
der  zuweilen  (bei  der  besten  Erhaltung?)  eine  längsstreifige 
Structur  zeigt.  Die  Linien  convergiren  dann  in  den  centralen 
Spitzen  der  Spindeln. 


Sitzung  vom  13.  Juni  1892. 


61 


7.  Diese  Spindeln  erweisen  sich  bei  der  Verwitterung^ 
gewöhnlich  am  schwersten  zerstörbar  und  bleiben  häufig'  iso- 
lirt  zurück,  während  die  sie  umschliessenden  Armhüllen  ganz 
aufgelöst  und  verschwunden  sein  können. 

8.  Das  sehr  wechselnde  Aussehen  der  Oberflächen  der 
theilweise  oder  vollständig'  entkalkten  Stücke  wird  nicht  durch 
eine  verschiedene  Zusammenfügung'  oder  wechselnde  Ausbil¬ 
dung  der  Arme  hervorgebracht,  sondern  lediglich  durch  den 
verschiedenen  Grad  der  Verwitterung  oder  Abreibung,  wobei  der 
distale  Arm,  welcher  der  Oberfläche  zunächst  liegt,  zuerst,  der 
proximale  zuletzt  zerstört  wird. 

9.  Die  Radialarme  (Säulchen)  schwellen  an  ihrem  centra¬ 
len  Ende  konisch  an  bis  zur  gegenseitigen  Berührung  und 
faltenbildenden  Stauchung'  ihrer  Ränder.  Diese  Verdickungen 
der  Radiale  (Säulchen),  die  zusammen  eine  geschlossene  Wand¬ 
fläche  um  den  innern  Hohlraum  bilden,  tragen  weder  auf 
ihrer  centralen  Endfläche  ein  besondres  Plättchen,  wie  die 
Köpfchen,  noch  sind  sie  von  irgend  welchen  Querkanälen 
durchzogen. 

10.  Die  innere  Wandfläche  ist  undurchbohrt.  Die  zuerst 
von  Billings  beobachteten  Porenkanäle  darin  sind  secundärer 
Entstehung. 

11.  Die  Gattung  Leptopoterion  hat  wie  Receptaculites  eine 
relativ  dünne  Wand  mit  kurzen  Radialen  bei  sehr  weitem 
innerm  Hohlraume.  Die  Lamnule  sind  winzig  klein  und  dabei 
ohne  Grössenunterschiede,  an  den  Polen  wie  auf  den  Seiten- 
theilen  des  Körpers  etwa  g'leich  gross.  Dementsprechend 
die  Dimensionen  der  andern  Meromglieder. 

12.  Die  Gattung'  Ischadites  unterscheidet  sich  von  Recep - 
taculites  durch  die  schlankere  Form  aller  Arme,  besonders  die 
grössere  Länge  der  Radiale,  wodurch  die  Wand  viel  dicker, 
der  innere  Hohlraum  viel  enger  wird.  Bau  der  Merome  und 
Art  ihrer  Zusammenfügung  sind  dieselben,  wie  bei  Receptacu- 
lites.  Die  Radiale  von  Ischadites  enden  innen  nicht  spitz,  son¬ 
dern  wie  bei  Receptaculites  mit  konischen  Verdickungen,  die 
sich  wie  dort  zu  einer  dichten,  innern  Wandfläche  aneinander 
leg'en.  Eine  Oeffnung  am  obern  Pole  ist  in  einig'en  Fällen 
nachweislich  nicht  vorhanden  gewesen,  und  es  ist  deshalb  mög¬ 
lich,  dass  sie  überhaupt  fehlte. 

13.  Die  Gattung  Acanthochonia  ist  identisch  mit  Ischadi¬ 
tes.  Ischadites  reicht  bis  ins  Oberdevon  (Carbon?). 

14.  Bei  der  Gattung  Rolygonosphaerites  fehlt  von  den 
6  Gliedern  des  Meroms  das  Radiale.  Die  Tangentialarme  fol¬ 
gen  in  Bau  und  Zusammenfügung  demselben  Gesetze,  wie  es 


62 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


hei  den  vorigen  Gattungen  gilt.  Bei  einem  Specimen  trugen 
die  Täfelchen  auf  ihrer  Aussenseite  je  einen  senkrechten  Dorn. 
Die  auf  der  Mitte  der  Täfelchen  sonst  gewöhnlich  vorhandenen 
Knöpfe  sind  vielleicht  die  Rudimente  solcher  ursprünglich  län- 
gern  Anhänge,  die  leicht  abgebrochen  wurden. 

15.  Die  Beceptaculiticlen  sind  nicht  kieselige,  sondern 
kalkige  Organismen  gewesen,  und  die  gut  erhaltenen  Exemplare 
haben  ihr  ursprüngliches  Material  und  dessen  Structur  bewahrt. 
Die  verkieselten  Stücke  sind  pseudomorph. 

16.  Die  Receptaculitiden  können  deshalb  nicht  zu  den 
hexactinelliden  Spongien  gehören.  Aber  auch  zu  den  Forami¬ 
niferen  und  Dactyloporiden  oder  verticillaten  Siphoneen  zeigen 
sie  keine  Beziehungen.  Ihre  systematische  Stellung  bleibt  noch 
ganz  zweifelhaft. 

Dr.  Strub  eil  legt  Skizzen  und  conservirte  Exemplare 
von  zwei  Süsswasser  sch  necken  vor,  die  derselbe  während 
einer  Reise  im  malaiischen  Archipel  auf  der  Molukken-Insel 
Amboina  sammelte.  Beide  Gastropoden  sind  neu:  sie  zeichnen 
sich  durch  den  Mangel  einer  Schale  und  den  Besitz  eines  eigen¬ 
artigen  Anhanges  aus,  der  sich  auf  der  Mitte  des  Rückens  er¬ 
hebt  und  nach  hinten  ziehend  das  Körperende  überrag't.  Bei 
der  einen  Form,  Acoclilidium  amboinense,  ist  dieser  Anhang 
von  blattartig’er  Gestalt  und  moosgrün  gefärbt,  bei  der  anderen, 
Acoclilidium  paradoxum,  hat  er  das  Aussehen  eines  langen, 
rotbraun  gefärbten  Schlauches.  Schnecken  ohne  Schale  wurden 
bisher  im  süssen  Wasser  nicht  beobachtet.  Vortragender  be¬ 
spricht  die  Möglichkeit  einer  Einwanderung  dieser  Gastropoden 
aus  dem  Meer  und  erinnert  dabei  an  die  in  den  letzten  Jahr¬ 
zehnten  zahlreich  gemachten  Funde  von  marinen  Thieren  im 
Süsswasser. 


Sitzung  der  naturwissenschaftlichen  Sektion 

vom  11.  Jnli  1892. 

Vorsitzender:  Prof.  Ludwig. 

Anwesend  14  Mitglieder. 

Dr.  Erle nm ey er  wird  als  Mitglied  der  Gesellschaft  auf¬ 
genommen. 

Professor  Ludwig  legte  der  Gesellschaft  einige  neuere 
Werke  über  lebende  und  fossile  Echinodermen  vor  und  be¬ 
richtete  über  deren  Inhalt.  Zunächst  besprach  er  Jäckels  Schrift 


Sitzung  vom  11.  Juli  1892. 


63 


über  Holopocriniden  (aus  der  Zeitschrift  der  Deutschen  Geolo¬ 
gischen  Gesellschaft  1891),  in  welcher  die  Beziehungen  der 
fossilen  Eugeniacriniden  zu  der  recenten  Gattung  Holopus  klar¬ 
gelegt  und  von  neuen  Gesichtspunkten  beleuchtet  werden, 
dann  die  mit  nicht  weniger  als  32  Tafeln  ausgestattete  Publi¬ 
kation  von  Alexander  Agassiz,  welche  als  erste  Frucht  der 
vorigjährigen  amerikanischen  Tiefsee-Expedition  eine  neue 
Crinoideenform,  Calamocrinus  diomedae,  schildert.  (Memoirs 
Mus.  Comp.  Zool.  Harvard  College,  Vol.  XVII  Nr.  2.  Cambridge, 
Mass.  1892.)  Dieselbe  ist  eng  verwandt  mit  den  mesozoischen 
Apiocriniden  und  lehrt  durch  ihren  Bau,  dass  sich  eine  scharte 
Abgrenzung  der  Paläocrinoideen  von  den  Neocrinoden  nicht 
festhalten  lässt.  Ferner  wurde  die  D.  C.  Danielssensche  Be¬ 
arbeitung  der  Crinoideen  und  Echinoideen  der  norwegischen 
nordatlantischen  Expedition  (Christiania  1892)  vorgelegt,  sowie 
eine  umfangreiche  Abhandlung  Hjalmar  Theels  über  die  Ent¬ 
wickelungsgeschichte  des  Echinocyamus  pusillus  (Nova  Acta 
Reg.  Soc.  Scient.  Upsala  1892)  und  endlich  eine  neue  Schrift 
von  Sven  Loven,  betitelt :  Echinologica,  in  welcher  besonders 
•einzelne  Entwickelungsstadien  von  Cidariden  und  der  Kau- 
Apparat  der  irregulären  gnathostomen  See-Igel  eingehend  be¬ 
handelt  werden.  (Stockholm  1892,  Vetensk.  Akad.  Handling'ar, 
Bihang',  Bd.  18.) 

Dr.  A.  Philipps on  spricht  über  die  Küstenformen 
der  Insel  Rügen.  —  Die  Ostsee-Insel  Rügen  ist  besonders 
für  Beobachtungen  über  Küstenbildung’  geeignet,  da  sie  an 
einem  gezeitenlosen  Meere  liegt.  Die  Gezeiten  kompliziren 
aber  die  Wirkung  der  küstenbildenden  Faktoren  ungemein  da¬ 
durch,  dass  sie  beständig  das  Niveau,  in  welchem  diese  Fak¬ 
toren  arbeiten,  auf-  und  abwärts  verschieben,  ferner  durch  die 
heftigen  lokalen  Strömungen,  die  sie  in  Buchten,  Flussmün¬ 
dungen,  Watten  etc.  hervorrufen.  Wenn  man  daher  die  grossen, 
überall  an  den  Küsten  sich  abspielenden  Vorgänge  in  ihrer  Ein¬ 
fachheit  klar  erkennen  will,  thut  man  gut,  zunächst  an  ein 
Meer  sich  zu  begeben,  das,  wie  das  Mittelmeer  und  die  Ostsee, 
der  merkbaren  Ebbe  und  Flut  entbehrt.  Ferner  ist  Rüg’en  be¬ 
sonders  für  Küstenstudien  geeignet,  weil  es  die  beiden  Haupt- 
Küstentypen,  die  der  Abrasion  (Zerstörung)  unterliegende 
Steilküste  und  die  durch  Anschwemmung  gebildete  Flach¬ 
küste  in  wiederholtem  Wechsel  neben  einander  aufweist,  wäh¬ 
rend  diese  Typen  sonst  meist  regional  aufzutreten  pflegen. 
Ich  besuchte  daher  die  Rügensche  Küste,  um  meine  am  Mittel¬ 
meer  gewonnenen  Anschauungen  durch  Kenntniss  dieses  be- 


64 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


sonders  günstigen  Theiles  der  Ostseeküste  zu  ergänzen.  Die 
folgenden  Mittheilungen  bieten  nichts  wesentlich  Neues,  sind 
aber  geeignet,  die  Vorgänge  der  Küstenbildung  zu  illustriren 
und  daher  wohl  nicht  ganz  ohne  Interesse. 

Der  Boden  der  Insel  Rügen  wird  fast  ausschliesslich  von 
glazialem  Diluvium,  namentlich  Geschiebelehm,  also  der 
Grundmoräne  der  grossen  nordischen  Vereisung,  gebildet.  Die 
darunter  liegende  weisse  Sch  reib  kreide  tritt  nur  an  den 
Steilufern  zweier  Vorsprünge  der  nordöstlichen  Küste,  der 
Halbinsel  W  i  1 1  o  w  und  Jasmund,  hervor.  Alle  anderen 
Steilküsten  schneiden  nur  das  Diluvium  an,  unter  welchem  die 
Kreide  nicht  mehr  zum  Vorschein  kommt.  Der  westliche  Theil 
der  Insel  ist  flach  und  niedrig*,  der  östliche  dagegen  ein  un¬ 
regelmässiges  anmuthiges  Hügelland,  das  sich  bis  zu  150  m 
über  dem  Meere  erhebt.  Während  der  ebene  Theil  eine  fast 
ununterbrochene  Getreideflur  darstellt,  ist  das  östliche  Hügel¬ 
land  von  den  herrlichsten  Buchenwäldern  geschmückt.  —  In 
dieses  unebene  Hügelgebiet  greift  das  Meer  in  Form  flacher, 
aber  ungemein  verzweigter  Buchten  und  Binnenmeere  (Bodden) 
ein,  welche  das  Land  förmlich  zerlappen  und  seiner  Küstenlinie 
einen  überaus  verwickelten  Verlauf  geben.  Die  Erosion  der 
Wellen  allein  ist  nicht  im  Stande,  solche  komplizirten  und  dabei 
seichten  Buchten  zu  schaffen.  Nichts  anders  kann  dieselben 
veranlasst  haben,  als  eine  positive  Niveauverschiebung  (d.  h. 
Senkung  des  Landes).  Das  auf  dem  festen  Lande  durch  tekto¬ 
nische  Vorgänge,  durch  die  unregelmässige  Anhäufung*  des 
Gletscherschuttes  und  durch  die  Erosion  des  fliessenden  Wassers 
geschaffene  wechselvolle  Relief  wurde  durch  diese  Senkung* 
bis  zu  einer  gewissen  Höhe  vom  Meere  überfluthet;  daher  der 
launenhafte  Verlauf  der  Uferlinien  der  Bodden  und  Buchten, 
welche  den  Isohypsen  der  ehern alig'en  Landoberfläche  folgen. 
Dieses  Eindringen  des  Meeres  hat  von  der  Hauptinsel  Rügen 
eine  grosse  Zahl  kleiner  Inseln  abgesondert,  welche  einen  ganzen 
Inselkranz  bilden  würden,  wenn  sie  nicht  nachträglich  durch 
flache,  schmale  Sandnehrungen  wieder  unter  sich  und  mit  der 
Hauptinsel  verbunden  worden  wären,  wodurch  sie  in  Halb¬ 
inseln  umgewandelt  sind.  Man  zählt  eine  ganz  beträchtliche 
Anzahl  solcher  kleiner  und  grosser,  meist  ziemlich  hoher  „Insel¬ 
kerne“  aus  Kreide  und  Diluvium,  die  sich  auf  den  ersten  Blick 
von  den  flachen  rezenten  Sandzung-en  abheben.  Die  bedeu¬ 
tendsten  dieser  Inselkerne  sind  die  schon  genannten  Wittow 
mit  dem  Cap  Arcona,  der  Nordspitze  der  Insel,  und  Jasmund 
mit  den  bis  140  m  hohen  malerischen  Klippen  von  Stubben- 
kamer.  Dem  Wechsel  der  Steilküsten  der  Inselkerne  mit  den 


Sitzung*  vom  11.  Juli  1892. 


65 


flachen,  sie  verbindenden  Schwemmlandsstreifen  verdankt  Rügen 
die  Mannigfaltigkeit  seiner  Gestade. 

Die  hohen  Ufer  der  Inselkerne  unterliegen  der  fortwäh¬ 
renden  Zerstörung*  seitens  der  brandenden  Wellen.  Sie  stürzen 
daher  in  steilen,  meist  fast  senkrechten  Klippenwänden  zum 
Meere  ab.  Man  schätzt  das  jährliche  Zurückweichen  der  Küste 
beiArcona  auf  15 — 30  cm1),  sodass  man  den  dortig*en  prächtigen 
Leuchtthurm  durch  ein  am  Fuss  der  Klippenwand  gezogenes 
Banket  aus  Granitquadern  hat  schützen  müssen.  Von  den  be¬ 
waldeten  Klippen  der  Stubbenkamer  brechen  oft  mächtige 
Schollen  des  Gesteins  mit  den  darauf  stehenden  Bäumen  hinab ; 
noch  lange  sieht  man  die  Baumstümpfe  aus  dem  Wasser  ragen. 
Die  Produkte  der  Zerstörung  lagern  sich  zunächst  am  Fuss 
der  Klippenwand  ab,  dort  den  nie  fehlenden  Strand  bildend, 
der  zur  Zeit  hohen  Seeganges  ganz  von  den  Wellen  über¬ 
spült  wird.  Die  Zusammensetzung*  dieses  Strandes  ist  eine  nach 
dem  Gestein  des  Ufers  gänzlich  verschiedene. 

Das  Residuum  der  Zerstörung*  der  Kreideufer  ist  der 
Feuerstein.  Die  lockere  Kreide  wird  vom  Meerwasser  binnen 
Kurzem  als  leichte  Trübung  hinweggeschwemmt;  dagegen 
bleiben  die  zahlreich  in  ihr  eingelagerten,  rundlichen,  harten 
Feuersteinknollen  an  der  Küste  liegen.  Sie  werden  hier  von 
den  Wellen  beständig*  auf-  und  abwärts  gerollt  und  erhalten 
dadurch  eine  fast  völlig  runde  und  glatte  Form,  in  der  sie  der 
weiteren  Zerstörung*  nur  langsam  anheimfallen.  Selbst  bei  ge¬ 
ringem  Wellenschlag*  vernimmt  man  beständig*  das  eigentüm¬ 
lich  klirrende  Geräusch  dieser  hin-  und  herrollenden  Feuer¬ 
steinstücke.  So  bildet  sich  am  Fuss  der  hohen  Kreideklippen 
von  Arcona  und  Stubbenkamer  ein  fortlaufender,  mehrere  Meter 
breiter  Strand,  der  fast  ausschliesslich  aus  solchen  runden 
polirten  Feuersteinen  besteht.  Selten  findet  sich  einmal  ein 
Block  eines  andern,  namentlich  krystallinischen  Gesteins,  welcher 
aus  dem  die  Kreide  überdeckenden  Geschiebelehm  stammt. 
Es  giebt  nichts  ermüdenderes,  als  eine  längere  Wanderung 
über  diesen  Strand  von  glatten  leicht  beweglichen  Feuerstein- 
geröllen.  Die  Böschung  des  Strandes  ist  eine  bedeutend  steilere, 
als  bei  dem  Sandstrand;  daher  ist  auch  seine  Breite  meist  gering*. 
Der  Grund  dafür  ist,  dass  ja  bekanntlich,  je  gröber  das  Hauf¬ 
werk  ist,  es  in  desto  steilerem  Winkel  der  abspülenden  Thätig- 
keit  des  Rückflusses,  welcher  nach  jedem  Andringen  einer 
Welle  erfolgt,  widerstehen  kann.  Das  ist  wohl  auch  die  Ursache, 


1)  P.  Lehmann,  Pommerns  Küste  von  der  Dievenow 
bis  zum  Darss.  Dresden  1878.  S.  31. 

Sitzungsäer,  der  niederrhein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1892.  5A. 


66 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


weshalb  dem  Feuersteinstrand  fast  jede  Beimischung  von  dem 
sonst  fast  überall  vorhandenen  Seesand  fehlt;  die  Böschung 
des  Feuersteinstrandes  ist  so  steil,  dass  der  Sand  nicht  darauf 
haften  kann,  sondern  von  dem  Rückfluss  der  Wellen  erfasst 
und  seewärts  fortgespült  wird. 

Ganz  anders  ist  das  Strandbild  an  denjenigen  Steilküsten, 
an  denen  nur  Geschiebelehm  ansteht.  Wie  dort  die  Kreide, 
so  wird  hier  der  Lehm  als  Trübung  entführt.  Dagegen  häufen 
sich  am  Ufer  als  Residuen  die  zahlreichen  nordischen  Geschiebe 
von  allen  Arten,  Grössen  und  Formen  an,  welche  in  dem  Lehm 
zerstreut  gelegen  haben  und  nun  durch  die  Unterspülung' 
seitens  der  Wellen  in  deren  Bereich  gekommen  sind.  Der 
Strand  besteht  daher  an  den  Diluvialküsten,  z.  B.  an  der  Granitz 
östlich  vom  Seebad  Binz,  oder  bei  Lohme,  aus  einem  Hauf¬ 
werk  von  grossen  und  kleinen  Blöcken,  von  denen  einige  sehr 
beträchtliche  Dimensionen  besitzen.  Solche  mächtige  Find¬ 
linge  aus  dem  Diluvium  sind  an  den  Rügenschen  Steilküsten 
recht  häufig;  selbst  vor  Kreideufern  (z.  B.  bei  Sassnitz),  da 
über  der  Kreide  fast  überall  auch  das  Diluvium  ansteht.  Gegen 
das  Hin-  und  Herschieben  seitens  der  Wellen  durch  ihre  Grösse 
geschützt,  unterliegen  sie  nur  sehr  langsam  der  Verkleinerung 
durch  Abspülung  und  Verwitterung.  Sie  können  Jahrtausende 
fast  unverändert  dem  brandenden  Gischte  trotzen,  der  sie 
überspült.  Während  also  die  kleineren  Geschiebe  fortdauernd 
verkleinert  und  fortgeschoben  werden,  bleiben  die  grossen 
Blöcke  liegen  oder  wandern  nur  langsam  von  der  Stelle.  So 
kommt  es,  dass  sie  sich  an  der  Küste  anreichern  und  unter 
den  Strandanhäufungen  eine  weit  bedeutendere  Rolle  spielen, 
als  ihnen  nach  ihrer  Häufigkeit  im  Diluvium  zukäme. 

Gegenüber  der  Einförmigkeit  des  Feuersteinstrandes  ist 
also  der  Strand  einer  Diluvialküste  ein  sehr  mannigfaltig  zu¬ 
sammengesetzter,  nicht  allein  wegen  der  verschiedenen  Grösse, 
sondern  auch  wegen  der  Verschiedenartigkeit  der  Geschiebe. 
Hier  finden  sich  krystallinische  Schiefergesteine,  Granite,  Am- 
phibolite,  paläozoische  Schiefer  und  Kalke,  alte  Eruptivgesteine 
aller  Art  etc.  etc.,  dazu  naturgemäss  auch  einzelne  Feuerstein- 
gerölle,  welche  als  Geschiebe  in  der  Grundmoräne  der  Ver¬ 
eisung  gelegen  haben.  Die  grob-krystallinen  Gesteine,  nament¬ 
lich  wie  gesagt,  die  nicht  allzu  grossen  Stücke,  unterliegen  der 
Zerstörung  ziemlich  rasch.  Die  einzelnen  Krystallkörner  fallen 
aus  dem  Gesteinsgefüge  heraus,  und  aus  ihrer  Zerreibung  ent¬ 
steht  zunächst  ein  grober  Grand,  der  sich  allmählich  in  Sand  ver¬ 
wandelt.  Von  dem  überall  verbreiteten,  überwiegend  aus  Quarz 
bestehenden,  feinen  weissen  Seesand  unterscheidet  sich  dieses 


Sitzung  vom  11.  Juli  1892. 


67 


Zerstörungsprodukt  der  krystallinischen  Gesteine  leicht  durch 
seine  bunte  Farbe,  welche  von  den  verschiedenfarbigen  Feld- 
spathen,  Quarzen,  Hornblenden,  Glimmerblättchen  u.  s.  w.  her- 
riihrt.  Der  Seesand,  der  von  weit  her  transportirt  ist,  stellt 
eben  nur  das  letzte  Produkt  der  langen  Aufbereitung'  dar, 
welche  die  Strandmaterialien  erfahren,  wobei  schliesslich  nur 
der  harte  Quarz  in  grösseren  Mengen  übrig  bleibt.  Hier  an 
Ort  und  Stelle  überwiegt  der  bunte  Sand,  der  sich  zwischen 
den  groben  Gerollen  aufhäuft,  stellenweise  mehr  oder  weniger 
stark  mit  Seesand  gemischt.  An  vorspringenden  Landspitzen, 
wo  die  Wellen  stark  angreifen  und  das  feinere  Material  schnell 
entfernen,  überwieg'en  die  groben  Blöcke,  in  geschützteren 
Buchten  dagegen  die  kleineren  Geschiebe  und  der  Sand. 

Wo  der  Strand  aus  einer  Mischung  von  Materialien  ver¬ 
schiedener  Grössen  besteht,  wie  an  der  erwähnten  diluvialen 
Steilküste  der  Granitz,  östlich  von  Binz,  kann  man  die  Auf¬ 
bereitung  und  Sonderung  der  Gerolle  nach  der  Grösse  be¬ 
obachten,  welche  die  Wellen  bei  ihrem  Andringen  und  Rück- 
fluthen  bewirken.  Ich  konnte  hier  einige  Strandprofile  sammeln, 
welche  Ihnen  vorliegen,  die  alle  erkennen  lassen,  dass  die 
grössten,  noch  von  dem  augenblicklichen  Wellengang  verschieb¬ 
baren  Gerolle  an  die  obere  Grenze  des  Spielraumes  der  hin- 
und  zurückfluthenden  Wogen  geschoben  werden;  dort  bilden 
sie  einen  fortlaufenden  Streifen,  der  sich  nach  dem  Meere  zu 
ziemlich  steil  abböscht.  Unter  diesem  Streifen  von  grobem  Ge¬ 
röll  folgt  eine  breite  Zone  von  feinerem  Gerolle  oder  von  Sand, 
mit  geringerem  Böschungswinkel;  dieselbe  nimmt  den  ganzen 
Raum  ein,  der  von  den  Wellen  abwechselnd  bedeckt  und  ent- 
blösst  wird.  Darunter  wird  dann  nur  beim  Rückgang  einer  Welle 
sichtbar  ein  anderer  Streifen  groben  Gerölles,  der  die  untere 
Grenze  des  Wellen-Spielraumes  bezeichnet.  In  der  mittleren  Zone 
(des  feineren  Materials,  sei  es  nun  Sand,  sei  es  Kies,  je  nach  der 
Art  der  an  der  Küstenstelle  vorhandenen  Zerstörungsprodukte) 
werden  die  einzelnen  Theilchen  beständig  von  den  Wellen  auf- 
und  abwärts  gewälzt  und  zerrieben,  während  die  beiden  Streifen 
gröberen  Materials  sich  verhältnissmässig  in  Ruhe  befinden, 
d.  h.  nur  von  besonders  starken  Wellen  gelegentlich  ange¬ 
griffen  werden.  Diese  Anordnung  der  Gerolle x)  erklärt  sich 
etwa  so:  die  mittlere  Zone  wird  von  der  sich  brechenden  und 
überstürzenden  Welle  am  stärksten  getroffen;  selbst  die  gröbsten 
Gerolle,  welche  überhaupt  die  betreffende  Welle  bis  hierher 


1)  Vgl.  v.  Richthofen, 
Berlin  1886.  S.  343. 


Führer  für  Forschungsreisende. 

«ER3ITY  ÖF  ILLioüiS  W  3*. 


NOV  1  3  1922 


68 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


treiben  kann,  werden  an  dieser  Stelle  der  Brandung’  von  ihr  fort¬ 
bewegt.  Auch  die  groben  Gerolle  werden  daher  von  diesem 
Streifen  nach  oben  weggeschlendert  und  aus  ihnen  entsteht  der 
obere  Geröllstreifen.  Hat  die  Welle  sich  gebrochen,  so  erfolgt 
der  Rückfluss;  derselbe  vermag  von  dem  oberen  Streifen,  wo 
er  noch  geringe  Kraft  besitzt,  nur  das  feine  Material  wieder 
hinabzuführen,  während  das  grobe  oben  bleibt.  Nach  abwärts 
über  die  Böschung  rinnend,  gewinnt  der  Rückfluss  an  Kraft 
und  reisst  immer  mehr  Material  mit  sich.  Er  vermag  daher 
von  dem  mittleren  und  unteren  Theil  des  Strandes  auch  ein¬ 
zelne  grössere  Gerolle,  die  vielleicht  doch  dort  liegen  geblieben 
oder  durch  eine  vorhergehende  Welle  von  dem  oberen  Streifen 
herabgerissen  sind,  mit  hinabzuführen.  Er  lässt  schliesslich 
das  ganze  Material  fallen,  wo  er  auf  die  nächste  herankommende 
Welle  stösst.  Hier  an  dieser  Linie,  wo  sich  der  Rückfluss  mit 
der  späteren  Welle  zu  treffen  pflegt,  bildet  sich  der  untere 
Geröllstreifen,  theils  aus  den  von  oben  herabgespülten,  theils 
aus  den  schwersten  von  der  neuen  Welle  herbeigebrachten 
Gerollen,  welche  nicht  bis  auf  die  mittlere  Zone  geschleudert 
werden  können.  Sie  bleiben  hier  so  lange  liegen,  bis  eine 
stärkere  Welle  kommt,  sie  mit  nach  oben  treibt  und  sie  ent¬ 
weder  durch  ihren  Rückfluss  wieder  zurückführt,  oder  sie  über 
den  Bereich  des  Rückflusses  hinaus  auf  den  oberen  Geröll¬ 
streifen  schleudert. 

Bei  mässigem  Seegang  an  breitem  Strande  sieht  man 
in  höherem  Niveau  oberhalb  des  oberen  Geröllstreifens  noch 
einen  oder  mehrere  parallele  Streifen  grober  Gerolle  sich  hin¬ 
ziehen,  die  gewöhnlich,  je  weiter  landeinwärts,  aus  desto  grö¬ 
beren  Geschieben  bestehen.  Diese  oberen  Geschiebestreifen 
sind  bei  höherem  Wellengang,  namentlich  bei  Sturmfluthen  ent¬ 
standen.  Der  oberste  Streifen  liegt  unmittelbar  am  Fuss  der 
Klippenwand  oder  der  Düne  und  bezeichnet  das  höchste  Niveau, 
das  noch  zuweilen  von  den  Wellen  erreicht  wird.  Dass  dies 

t 

ziemlich  selten  geschieht,  zeigt  sich  darin,  dass  dieser  Streifen 
gewöhnlich  von  einigen  dünn  gestellten  Strandgräsern  oder 
kleinen  Büschen  bewachsen  ist. 

Neben  dieser  Auf-  und  Abwärtsbewegung  der  Geschiebe 
normal  zum  Ufer,  ihrer  Zerkleinerung  und  Sonderung  nach 
der  Grösse  findet  aber  auch  ein  seitlicher  Transport  entlang’ 
der  Küste,  ein  Wandern  der  Geschiebe  in  horizontaler  Richtung, 
statt.  Diese  Wanderung  des  Strandmaterials  ist  für  die  Ge¬ 
staltung  der  Küsten  von  der  allergrössten  Wichtigkeit;  denn 
dadurch  werden  einerseits  die  Zertrümmerungsprodukte  der 
Steilküste,  die  sich  sonst  dort  anhäufen  und  bald  die  weitere 


Sitzung*  vom  11.  Juli  1892. 


69 


Abrasion  verhindern  würden,  fortgeschafft  und  neuer  Platz 
zum  Angreifen  der  Wogen  gemacht,  andrerseits  werden  mit 
diesem  seitwärts  wandernden  Detritus  die  Schwemmlandsküsten 
aufgebaut.  So  sind  auch  die  Nehrungen  Rügens  auf  diese 
Weise  durch  wandernden  Küstenschutt  entstanden.  Die  Sedi¬ 
mente  der  kleinen  Bäche  der  Insel  können  dabei  nicht  in  Be¬ 
tracht  kommen;  auch  münden  westlich  von  Rügen  —  und  von 
dort  kommt,  wie  wir  sehen  werden,  das  Sediment  —  keine 
irgend  schuttreichen  Flüsse.  Das  ganze  angeschwemmte  Mate¬ 
rial  der  Nehrungen  ist  also  Zerstörungsdetritus  der  Küsten. 
Nun  lässt  sich  in  Rügen  in  klarer  Weise  erkennen,  in  welcher 
Richtung  die  Küstensedimente  wandern. 

An  der  Steilküste  von  Arcona  auf  Wittow  steht  Kreide 
an;  es  werden  daher  hier  Feuersteingerölle  in  Masse  dem  Meere 
übergeben.  In  einiger  Entfernung  südlich  von  Arcona  ver¬ 
schwindet  die  Kreide  unter  dem  Geschiebelehm ;  aber  der  Feuer¬ 
steinstrand  hält  an  der  ganzen  steilen  Ostküste  von  Wittow 
an,  mit  grossen  Blöcken  des  Diluvium  untermischt.  Bei  Julius¬ 
ruh  hängt  sich  an  den  Wittower  Inselkern  die  Nehrung  „die 
Schabe“  an,  welche  in  anmuthigem  Bogen  nach  SO.  bis  zum 
Inselkern  von  Jasmund  hinüberzieht.  Sofort  beginnt  ein  brei¬ 
ter  Sandstrand,  die  Feuersteine  werden  seltener  und  kleiner  und 
ziehen  sich  einerseits  auf  das  Sturmfluthniveau,  wo  sie  am  Fuss 
der  Dünen  eine  Reihe  von  vereinzelten  Steinen  auf  dem  Sande 
bilden,  andrerseits  in  den  Geröllstreifen  an  der  unteren  Grenze 
des  Wellenspiels  zurück.  Am  Ostende  der  Nehrung,  bei  Glowe, 
beginnt  steiles  Diluvialufer ;  aber  die  kristallinischen  Geschiebe 
desselben  wandern  nicht  nach  Westen  auf  die  Nehrung.  Wir 
sehen  also,  dass  die  Feuersteine  von  Arcona  nach  SO.  wan¬ 
dern;  dass  sie  aber  nur  in  geringer  Zahl  und  nur  bei  hohem 
Seegang  noch  die  Nehrung  erreichen.  Diese  wird  dagegen 
aus  dem  feinen  weissen  Seesand  gebildet,  der  an  dem  steilen 
Feuersteinstrand  von  Arcona,  wie  wir  sahen,  nicht  haften  konnte. 
Es  kann  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  dieser  Seesand  auch  in 
der  durch  die  Gerolle  angezeigten  Richtung  von  NW.  hierher 
kommt.  Im  Innern  der  Nehrung  unter  den  Dünen  versteckt, 
findet  sich  nach  Hagen1)  ein  fortlaufender  Streifen  von  Feuer¬ 
steinen  etwa  8  Fuss  über  dem  mittleren  Stand  der  See.  Früher 
haben  also  die  Feuersteingerölle  von  Arcona  die  ganze  Neh¬ 
rung  entlang  wandern  können;  über  den  Grund  dieser  Ver¬ 
minderung  des  Transports  vermag  ich  nichts  anzugeben. 


1)  Handbuch  der  Wasserbaukunst  III,  1.  Berlin  1878. 
S.  248. 


70 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Bei  Glowe  kommen  wir  an  die  Diluvialküste  der  Halb¬ 
insel  Jasmund.  Nach  Osten  fortschreitend,  finden  wir  bei 
Lohme  die  Kreide  unter  dem  Diluvium,  hier  nur  bis  zu  ge¬ 
ringer  Höhe  reichend.  Der  Strand  besteht  daher  hier  aus 
grossen  Blöcken  nordischer  Geschiebe,  mit  kleineren  Gerollen 
dazwischen,  aber  nur  sehr  wenigen  Feuersteinen.  Bald  aber 
beginnen  die  hohen  Kreideklippen  von  Stubbenkamer  und  damit 
wieder  der  Feuersteinstrand,  der  also  wiederum  die  westliche 
Grenze  der  Kreide  nicht  überschreitet.  Hingegen  zieht  er  sich  an 
der  ganzen  O  s  tküste  von  Jasmund  entlang.  An  deren  südliches 
Ende  bei  Mukrau  fügt  sich  die  Nehrung*  der  „Schmalen  Heide“ 
an,  die  zur  Granitz  mit  SSO. -Richtung  hinüberzieht.  Die  erste 
Strecke  dieser  Nehrung  von  N.  her  besteht  in  ihrer  ganzen 
Breite  durchaus  aus  Feuersteinen,  die  nur  von  Jasmund  her¬ 
gekommen  sein  können,  da  im  0.  der  Nehrung  nirgends  mehr 
die  Kreide  ansteht.  Nur  sehr  vereinzelt  finden  sich  krystalli- 
nische  Gerolle,  die  dem  Diluvium  von  Jasmund  entstammen 
werden.  Es  ist  also  zunächst  ein  grosser  Damm  von  Feuer¬ 
steinen,  der  sich  zwischen  dem  Prorer  Wiek  und  dem  kleinen 
Jasmunder  Bodden  nach  S.  erstreckt.  Seine  Oberfläche  ist  flach 
wellig,  von  niedrigem  Kiefernwald  bedeckt  und  infolge  des 
Fehlens  des  Sandes  natürlich  ohne  Dünen.  Nach  Süden  zu  er¬ 
scheint  aber  unter  den  Feuersteingeröllen,  die  hier  nur  eine 
dünne  Decke  zu  bilden  beginnen,  der  Seesand;  die  Feuerstein- 
gerölle  werden  immer  sparsamer,  der  Sand  bildet  immer  aus¬ 
schliesslicher  den  Strand.  Damit  fängt  dann  auch  die  Dünen¬ 
bildung’  an,  zuerst  niedrig,  dann  immer  bedeutender.  In  etwa 
ein  Drittel  der  Länge  der  Nehrung’,  von  Mukrau  aus,  bilden 
die  Feuersteine  nur  noch  einen  Streifen  im  Sturmfluthniveau 
und  verschwinden  dann  ganz.  Im  ganzen  südlichen  Theil  be¬ 
steht  der  Strand  nur  aus  feinem  weissen  Seesand,  das  Innere 
der  Nehrung  aus  Dünen.  Bei  Binz  schliesst  sich  der  breite 
Sandstrand  an  das  Steilufer  der  Granitz  an,  und  mit  einem 
Schlage  ändert  sich  das  Strandbild.  An  der  Stelle,  wo  der 
Geschiebelehm  an  den  Strand  tritt,  beginnen  auch  die  glazia¬ 
len  Strandgerölle,  erst  noch  mit  dem  Sand  vermischt,  dann 
aber  zu  einem  echten  Blockstrand  sich  anhäufend.  Feuer- 
steingerölle  finden  sich  nur  so  spärlich,  dass  sie  durch  die  im 
Diluvium  enthaltenen  Feuersteine  hinreichend  erklärt  werden.  — 
Auch  hier  sehen  wir  also  die  Strandgerölle  von  Jasmund  nach 
SO.,  dagegen  kein  krystallinisches  Gerolle  von  der  Granitz  nach 
W.  auf  die  Nehrung*  wandern! 

Wir  erkennen  also,  dass  die  Strandgerölle  auf  Rügen  von 
ihren  Ursprungsorten  nicht  regellos  nach  beiden  Seiten  ver- 


Sitzung  vom  11.  Juli  1892. 


71 


schwemmt  werden,  sondern,  dass  sie  in  einer  ganz  bestimm¬ 
ten  Richtung  der  Küste  entlang  wandern,  und  zwar  an  dieser 
von  NW.  nach  SO.  verlaufenden  Küste  nur  in  der  Richtung’ 
von  NW.  nach  SO.,  nicht  von  SO.  nach  NW. 

Dasselbe  Gesetz  zeigt  sich  an  der  ganzen  Südküste  der 
Ostsee;  überall  ein  Wandern  des  Strandmateriales  in  der  Rich¬ 
tung  von  Jütland  gegen  Russland,  also  von  West  nach  Ost. 
Die  ganze  Küste  ist  von  einem  Strande  von  W.  nach  0.  wan¬ 
dernden  Materiales  begleitet;'  bald  schmiegt  sich  dieser  Strand 
an  das  Land  an  und  gleicht  die  ursprünglichen  Unregelmässig¬ 
keiten  der  Küstenlinie  aus,  indem  er  die  kleineren  Buchten 
anfüllt,  theils  baut  er  sich  vor  grösseren  Buchten  frei  in  das 
Meer  hinaus  vor  und  bildet  so  Nehrungen,  die  alle  von  W. 
nach  0.  gewachsen  sind,  weshalb  die  Eingänge  der  Haffs  sich 
immer  an  den  Ostenden  der  Nehrungen  befinden. 

Die  Ursache  dieses  west- östlichen  Küstentransportes  ist 
nicht  in  einer  konstanten  Meeresströmung  zu  suchen,  da  es 
eine  solche  an  der  südlichen  Ostseeküste  nicht  giebt  !).  Er 
ist  das  Werk  der  vorherrschenden  WestAvinde1 2)  und  der 
durch  diese  Windrichtung  hervorg'erufenen  vorherrschenden 
Avestöstlichen  Wellenrichtung.  Die  Wellen  sind  es  fast  aus¬ 
schliesslich,  welche  das  Strandmaterial  an  den  Küsten  entlang 
führen.  Jede  Welle,  Avelche  nicht  g’erade  in  einem  rechten 
Winkel  das  Ufer  trifft  —  und  das  wird  nur  selten  der  Fall 
sein  —  verschiebt  die  von  ihr  am  Ufer  auf-  und  abwärts  ge¬ 
rollten  Geschiebe  oder  Sandkörner  auch  um  ein  kleines  Stück 
in  horizontaler  Richtung’  am  Ufer  entlang,  und  zwar  im  Sinne 
ihres  eigenen  Fortschreitens.  Wo  nun  eine  bestimmte  Wind- 
und  Wellenrichtung  die  anderen  beträchtlich  übertrifft,  Avird 
das  Strandmaterial  in  dieser  Amrherrschenden  Richtung  ver¬ 
schoben.  Dies  ist  also  auch  an  der  südlichen  Ostseeküste  und 
besonders  in  Rügen  der  Fall.  Die  Kurvenform  der  Nehrungen 
bezeugt  ebenfalls  diese  ihre  Entstehung,  da  diese  Form  unter 
der  Thätigkeit  der  Wellen  \Tor  Buchten  sich  bilden  muss,  Aväh- 
rend  Meeresströmungen  nur  gradlinige  Schwemmlandsküsten 
erzeugen  können.  —  Nun  ist  aber  die  NO. -Küste  von  Rügen  von 
NW.  nach  SO,  nicht  westöstlich  gerichtet,  und  also  gegen  die 
Westwinde  geschützt.  Wie  können  trotzdem  die  Westwinde 
hier  einen  NW.-SO.-Transport  verursachen?  Die  Erklärung*  ist 
die,  dass  die  Wellen  in  einer  immerhin  untergeordneten  Ein- 


1)  Ackermann,  die  Ostsee.  2.  Ausg.  Berlin  1891.  S.  142. 

2)  Ueber  das  Vorherrschen  der  WestAvinde  an  der  deut¬ 
schen  Ostsee,  vgl.  Ackjermann  1.  c.  S.  170  ff. 


72 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


buchtung,  wie  sie  die  SO.  gerichtete  Küste  Vorpommerns 
gegenüber  der  allgemeinen  W.-O. -Erstreckung  der  südlichen 
Ostsee  darstellt,  sich  nicht  selbständig  herausbilden,  sondern 
als  abgelenkte  Wellen  der  grossen  Wellenbewegung  des  offenen 
Meeres  erscheinen.  Die  Westwinde  rufen  die  vorherrschend 
westliche  Wellenrichtung'  in  der  offenen  Ostsee  hervor;  diese 
westöstlichen  Wellen  dringen  um  die  Nordspitze  Rügens  herum 
in  die  Pommersche  Bucht  ein  und  müssen  hier  an  der  Ostküste 
Rügens  naturgemäss  als  Wellen  mit  der  Fortpflanzungsrichtung 
NW.-SO.  erscheinen. 

Dr.  Brau  dis  legte  der  Gesellschaft  den  dritten  Band 
von  Professor  Sargent’s  grossem  Werk:  The  Silva  of  North 
America  vor.  Von  den  36  hier  abgebildeten  Arten  gehören  6 
zu  den  Anacardiaceen  und  30  zu  den  Leguminosen. 

Die  amerikanische  Form  von  JRhus  Cotinus  ( Cotinus 
Coggygria  Scopoli)  wird  von  Sar  geilt  als  eine  eigne  Art,  Coti¬ 
nus  americanus,  beschrieben.  Ob  wir  den  Perrückenbaum  der 
alten  und  der  neuen  Welt  als  eine  oder  als  zwei  Arten  auf¬ 
fassen,  ist  ziemlich  gleichgültig.  Wir  haben  es  hier  mit  einer 
der  seltenen  eng-  und  scharf-begrenzten  Baumsippen  zu  thun, 
welche  noch  in  der  Jetztzeit  ein  ungemein  weites  Areal  auf 
der  nördlichen  Halbkugel  einnehmen  und  deren  Ueberreste 
mit  Sicherheit  aus  dem  Tertiär  bekannt  sind.  Im  südlichen 
Europa  hat  er  seine  Westgrenze  an  der  Rhone,  seine  Nord¬ 
grenze  an  der  Isere  bei  45  °,  während  er  sich  im  östlichen 
Europa  bis  zum  48 0  N.  B.  erstreckt.  Durch  Kleinasien,  Arme¬ 
nien  und  den  Caucasus  geht  sein  Verbreitungsbezirk,  vielleicht 
mit  einer  kleinen  Unterbrechung  in  Persien,  bis  in  den  Hima- 
laya,  wo  er  am  Sarda-Flusse  seine  Ostgrenze  findet.  Nun  folgt 
eine  Lücke  in  dem  sehr  feuchten  Klima  des  östlichen  Himalava 
von  80°  bis  110°  0.  L.  In  China  aber  tritt  er  wieder  auf  und 
hier  findet  er  sich  zwischen  dem  30 0  und  50 0  N.  B.  Wie  so 
manche  Bäume  des  nordischen  Florenreiches  in  der  alten  Welt, 
findet  sich  Uhus  Cotinus  nur  im  atlantischen,  nicht  im  pacifi- 
schen  Nordamerika,  und  zwar  ist  sein  Verbreitungsbezirk  in 
der  neuen  Welt  ein  sehr  beschränkter.  Sargent  berichtet, 
dass  er  zerstreut,  und  zwar  nicht  häufig,  nur  in  den  nörd¬ 
lichen  Gebirgen  vom  Alabama,  im  östlichen  Tennessee,  im  in¬ 
dischen  Territorium  westlich  von  Arkansas  und  im  westlichen 
Texas  vorkömmt. 

Unter  den  in  diesem  Bande  behandelten  Leguminosen 
sind  einige  Gattungen,  welche  ein  besonderes  pflanzengeogra- 
phisches  Interesse  bieten. 


Sitzung'  vom  11.  Juli  1892. 


73 


Gleditschia  und  GymnoclacLus  sind  so  nahe  verwandt, 
dass  es  sich  wohl  der  Mühe  lohnen  würde,  zu  untersuchen,  ob 
sie  nicht  vereinigt  werden  müssten.  Gymnocladus  hat  eine 
Art  im  atlantischen  Nordamerika  und  eine  zweite  in  China. 
Gleditschia  hat  ihre  g’rösste  Entwicklung*  mit  6  Arten  in  China 
und  Japan.  Ausser  diesen  ist  in  der  alten  Welt  G.  caspica  in 
den  Bergen  südlich  vom  Caspischen  Meer  und  G.  africana  in 
Angola.  In  der  neuen  Welt  gehören  2  Arten  dem  atlantischen 
Nordamerika  an,  G.  aquatica  ( monosperma  oder  inermis )  und 
die  bekannte  G.  triacanthos.  Gymnocladus  ist  mit  Sicherheit,  und 
Gleditschia  wahrscheinlich,  in  den  Ueberresten  der  Tertiär¬ 
formation  nachzuweisen.  Cercis,  ebenfalls  sicher  aus  dem 
Tertiär  bekannt,  hat  einen  ähnlichen  aber  doch  verschiedenen 
Verbreitungsbezirk.  Cercis  Siliquastrum,  der  bekannte  Judas¬ 
baum,  wächst  im  südlichen  Europa  und  westlichen  Asien. 
C.  Griffithii  findet  sich  in  Afghanistan  und  2  Arten  sind  aus 
Japan  und  China  bekannt.  Von  den  3  nordamerikanischen 
Arten  wächst  C.  texensis  in  Texas  und  ein  Strauch,  C.  occi- 
dentalis,  in  Californien.  Die  dritte  Art,  Cercis  canadensis,  ist 
in  den  atlantischen  Staaten  einheimisch  und  sie  steht  dem 
Judasbaum  der  alten  Welt  so  nahe,  dass  man  sie  füglich  als 
eine  Art  betrachten  könnte. 

Artenreicher  ist  die  Gattung  Prosopis.  Von  den  25  bis 
jetzt  bekannten  Arten  gehören  die  meisten  der  neuen  Welt  an, 
sie  wachsen  in  Mexico  und  in  Südamerika.  Prosopis  juliflora , 
der  Mesquitbaum,  und  P.  pubescens ,  die  Schraubenbohne,  sind 
liier  ausführlich  behandelt.  Einheimisch  sind  diese  zwei  Bäume 
in  der  mittleren  Region  von  Nordamerika,  in  den  trocknen  Gebie¬ 
ten  von  Arizona,  Neu  Mexico  und  den  angrenzenden  Staaten,  der 
Mesquitbaum  auch  im*  westlichen  Südamerika  bis  Chili  und  Ar¬ 
gentinien.  In  einigen  trocknen  Gebieten  der  alten  Welt  wird 
die  Gattung*  durch  3  Arten  repräsentirt,  Prosopis  oblong a  {afri¬ 
cana  Taubert  in  Engler  Nat.  Pflanzenfamilien  III.  3.  S.  119)  von 
Kordofan  bis  Senegambien,  P.  Stephaniana  im  westlichen  Asien 
und  in  Egypten  und  P.  spicigera  in  den  trocknen  Gegenden 
von  Vorderindien,  im  Nordwesten  sowohl  wie  im  Deccan,  ferner 
in  Afghanistan  pnd  Persien.  Die  letztgenannte  Art  hat  manche 
Analogien  mit  dem  Mesquitbaum.  Beide  Arten  senden  ihre 
Hauptwurzel  tief  in  den  Boden,  bisweilen  60  Fuss  tief,  bis  sie 
die  Grundwasserschicht  erreichen.  In  den  holzarmen  Gegenden, 
in  denen  sie  zu  Hause  sind,  liefern  sie  Brennholz  und  die 
Schoten  sind  als  Viehfutter  höchst  nützlich. 

Aus  der  artenreichen  Gattung  Acacia  (450  Species,  von 
denen  300  in  Australien)  behandelt  Sarg  ent,  ausser  zwei  in  den 


74 


Nieclerrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


trocknen  Gegenden  der  mittleren  Region  einheimischen,  die 
wohlbekannte  Acaica  Farnesiana ,  welche  in  den  tropischen  und 
subtropischen  Gegenden  der  alten  und  neuen  Welt  schon  so 
lange  cultivirt  wird,  dass  die  ursprüngliche  Heimath  nicht  mehr 
sicher  festgestellt  werden  kann.  Sarg  ent  neigt  zu  der  Ansicht, 
dass  sie  in  Amerika  und  Australien  und  vielleicht  auch  im  süd¬ 
lichen  Africa  zu  Hause  sei. 

Privatdocent  Dr.  Ra  uff  sprach  über  Kalkalgen  und 
Receptaculiten : 

In  unserer  vorigen  Sitzung-  knüpfte  sich  an  meinen  Vor¬ 
trag  über  die  Receptaculiten  eine  Discussion  an  über 
deren  Natur  und  systematische  Stellung.  Herr  College  Dr.  Noll 
machte  mich  dabei  auf  die  neueste  Arbeit  des  Grafen  zu  Solms- 
Laubach  über  recente  Kalkalgen1)  aufmerksam,  in  der,  wie 
er  meinte,  vielleicht  ähnliche  Structuren,  wie  sie  die  Recepta¬ 
culiten  besitzen,  zur  Darstellung  gebracht  worden  wären.  Er 
hatte  die  Güte,  mir  die  Arbeit  am  nächsten  Tage  zu  übersen¬ 
den,  und  ich  muss  gestehen,  beim  ersten  Anblick  einiger  Ab- 
bildungen  darin  überrascht  gewesen  zu  sein  über  die  scheinbar 
frappante  Aehnlichkeit  zwischen  diesen  und  gewissen  Recepta- 
culitiden.  Ein  genaueres  Studium  der  Solms-Laubachschen 
Mittheilungen  belehrte  mich  indessen  schnell,  dass  ein  Vergleich 
auch  der  darin  behandelten  Algen  mit  den  Receptaculiten 
vorläufig  undurchführbar  ist,  ebenso  undurchführbar,  wie  ich 
das  hinsichtlich  der  mir  früher  bekannten  verticillaten  Sipho- 
neen  in  meiner  Abhandlung  2)  bereits  dargelegt  habe. 

Indessen,  wenn  man  nach  Analogien  sucht,  so  scheinen 
mir  zwischen  einigen  der  von  Solms-Laubach  neuer¬ 
lichst  behandelten  Formen,  nämlich  den  Angehörigen  der  Gat¬ 
tung  Bornetella  und  den  Receptaculiten  deren  mehr  und  stär¬ 
kere  zu  bestehen,  als  sie  früher  von  andern  Autoren  geltend 
gemacht  werden  konnten,  wie  von  G  ü  m  b  e  1,  Steinmann, 
Deecke,  welche  Kalkalgen  und  Receptaculiten  in  Beziehung- 
zu  bringen  versucht  haben3). 

Wenn  ich  dabei  berücksichtige,  dass  die  Bornetellen  ge¬ 


ll  Ueber  die  Alg-engenera  Cymopolia ,  Neomeris 
und  Bornetella.  Annal.  du  Jardin  Botanique  de  Buitenzorg. 
Bd.  11,  S.  61 — 97  mit  3  Taf.,  Leiden  1892. 

2)  Untersuchungen  über  die  Organisation  und  systema¬ 
tische  Stellung  der  Receptaculitiden.  Abhandl.  k.  bair.  Akad. 
d.  Wiss.  II.  CI.  17.  Bd.  3.  Abth.  S.  645-722,  mit  7  Taf.  Mün¬ 
chen  1892. 

3)  Ibid.  Vergl.  S.  713—717. 


Sitzung  vom  11.  Juli  1892. 


75 


genüber  den  übrigen  verticillirten  Siphoneen  ganz  neue  Züge 
aufvveisen  und  hierdurch  wahrscheinlich  Zeugniss  davon  ab- 
legen,  dass  eine  weit  grössere  Mannigfaltigkeit,  als  bisher  be¬ 
kannt,  im  Bau  dieser  Pflanzen,  in  der  Ausbildung,  Einrich¬ 
tung  und  Anordnung  ihrer  Organe  vorhanden  ist,  oder  im 
Laufe  ihrer  phylogenetischen  Entwicklung  vorhanden  war,  so 
muss  ich  bekennen,  wieder  stutzig  geworden  zu  sein  und  mir 
von  neuem  die  Frage  vorgelegt  zu  haben,  ob  nicht  dennoch 
bei  den  verticillaten  Siphoneen,  oder  Vorläufern,  oder  altern 
Verwandten  davon  die  nächsten  Berührungspunkte  mit  den 
Receptaculiten  zu  suchen  sein  und  einmal  gefunden  werden 
sollten. 

Ich  möchte  deshalb  nicht  verfehlen,  die  Bornetellen  und 
ihre  Eigentümlichkeiten  hier  kurz  zu  besprechen,  um  daran 
eine  Ergänzung  der  vergleichenden  Betrachtungen  in  meiner 
Abhandlung  anzuknüpfen.  Aber  auch  sonst  und  abgesehen 
von  dem  Ergebnisse  unserer  Vergleichung  dürften  diese  Kalk¬ 
algen  als  wenigstens  teilweise  erhaltungsfähige  Körper,  deren 
Reste  fossil  gefunden  werden  können,  das  Interesse  des  Pa¬ 
läontologen  erwecken  und  dürften  schon  aus  diesem  allgemeinen 
Grunde  einen  Bericht  über  sie  meinerseits  rechtfertigen. 

In  der  nachstehenden  Beschreibung  folge  ich  neben  der 
Darstellung  von  Solms-Laubach  einer  wichtigen  Arbeit 
von  C.  Cramer *),  auf  die  sich  auch  Solms  stützt,  und  die 
mir  bei  Herausgabe  meiner  Abhandlung  ebenfalls  noch  unbe¬ 
kannt  geblieben  war. 

In  der  Gattung  Bornetella  Munier  Chalmas  kennt  man 
jetzt  vier  Arten,  nämlich: 

1.  B.  nitida  Mun.  Chalm. 

2.  B.  oligospora  Solms. 

3.  B.  capitata  J.  G.  Agardh. 

4.  B.  sphaerica  Zanardini. 

Bornetella  nitida  Mun.  Chalm.  und  Bornetella  oligospora 
Solms  sind  so  nahe  verwandt,  dass  man  sterile,  der  Sporangien 
entbehrende  Exemplare  nicht  oder  kaum  von  einander  unter¬ 
scheiden  kann.  Sie  bilden  mehr  oder  weniger  gebogene  Keulen 
mit  zierlich  facettirter  Oberfläche  (Fig.  2).  Die  Keulen  erreichen 
relativ  sehr  grosse  Dimensionen  (Fig.  1).  Nach  Agardh  soll 
Bornetella  nitida  sogar  bis  2  Zoll  hoch  werden.  Mitten  durch 
die  Keule  geht  eine  grosse  Stammzelle  (Langtrieb)  (Fig.  2,  Sz), 


1)  Ueber  die  verticillirten  Siphoneen,  besonders  Neomeris 
und  Bornetella.  Denkschr.  d.  schweizer,  naturforsch.  Ges.  Bd. 
32  II,  Zürich  1890. 


76 


Niederrheinisclie  Gesellschaft  in  Bonn. 


die  am  Grunde  ein  Rhizoidenbüschel  (Rh),  oberwärts  eine  lange 
Reihe  von  Astwirteln  trägt.  Diese  Wirtel  bauen  mit  ihren  Ver¬ 
zweigungen  die  Keule  auf.  Die  Astnarben  auf  der  Stammzelle 
sind  in  annähernd  horizontalen  Kreisen  geordnet,  können  aber 
zugleich  steil  aufsteigende  Spirallinien  bilden.  (Vergl.  Cr  am  er, 
a.  a.  0.  Taf.  3,  Fig.  18  und  die  Erklärung  dazu  auf  S.  44.) 

Die  von  der  Stammzelle  ausstrahlenden  primären  Wirtel¬ 


äste  oder  Kurztriebe  (w,  Fig. 
Wirteläste  oder  Kurztriebe  (k, 
hervor. 


Fig.  1.  Bornetella  nitida  Mun.  Chalm. 
In  natürlicher  Grösse.  Der  dunkle 
Fleck  am  obern  Ende  ist  das  punctum 
vegetationis,  das  in  Fig.  4  vergrössert 
abgebildet  worden  ist.  —  Von  den 
Freundschaftsinseln.  —  Copie  nach 
Gramer. 


Fig.'3.  Das  distale  Ende  eines  pri¬ 
mären  Wirtelastes  (w)  mit  den  vier 
kreuzförmig  daran  sitzenden  Secun- 
därästen  oder  prismatischen  Rinden¬ 
zellen  (k)  und  den  Verdickungsringen 
(r)  in  diesen. 


2  u.  3)  bringen  nur  secundäre 
Fig.  2  u.  3),  aber  keine  tertiären 


k 


Fig.  2.  Habitusbild  von  Bornetella 
oligospora  Solms.  Etwa  3 mal  ver¬ 
grössert  und  ein  wenig  schematisirt. 
Sunda-Inseln.  —  Copie  nach  Solms- 
Laubach.  Die  Basis  der  Stammzelle 
mit  den]Rhizoiden  (vonB.  nitida)  nach 
Cramer  angefügt. 


Die  secundären  Kurztriebe  entspringen  am  Ende  der 
schwach  keulenförmigen  primären  (Fig.  2  u.  3),  und  zwar  mei¬ 
stens  zu  vier  in  kreuzförmiger  Stellung.  Wenig“ 
über  ihrer  Einfügungsstelle  erweitern  sie  sich  schon  stark  und 
treten  daher  rasch  mit  einander  in  seitliche  Berührung  (Fig.  3). 
Dabei  nehmen  sie,  indem  sie  sich  aneinanderdrängen,  prisma- 


Sitzung  vom  11.  Juli  1892. 


77 


tische  Gestalt  an  und  bilden  eine  lückenlose  Rinde,  mit  von 
aussen  gesehen  polyedrischen  Facetten  (Fig.  2  u.  3). 

Die  Facetten,  die  also  von  der  nach  aussen  abschliessen¬ 
den  Zellmembran  der  secundären  Kurztriebe  gebildet  werden, 
tragen  ursprünglich  je  ein  mehrmal  dichotom  verzweigtes  Haar. 
Da  jedoch  diese  Haare  (Haarzellen)  ziemlich  frühzeitig  abfallen, 
so  erkennt  man  später  nur  noch  deren  Narben  (n,  Fig.  3),  wel¬ 
che  papillen-  oder  kegelförmige  Vorragungen,  oder  auch  flache 
Vertiefungen  bilden  können. 

In  ihrem  Innern  besitzt  jede  secundäre  Kurztriebzelle 
oder  Rindenzelle  (k)  eine  ringförmige  Verdickung,  die  ich  in 
Fig.  3  wie  durchsichtig  körperlich  darzustellen  versucht  habe. 
Ihr  Querschnitt  ist  planconvex;  die  ebene  Seite  wird  von  der 
prismatischen  Zellwandfläche  gebildet,  die  convexe  springt  als 
ein  gerundeter  Wulst  in  das  Zelllumen  vor.  Da  alle  diese  Ver¬ 
dickungsringe  in  den  benachbarten  Rindenzellen  constant  in 
gleichem  Niveau  liegen  und  genau  correspondiren,  so  bilden 
sie  auf  unserm  Längsschnitte  (Fig.  2,  oben)  ein  fortlaufendes 
Band  unter  der  Oberfläche,  und  jedesmal  auf  der  Grenze  zwi¬ 
schen  zwei  Zellen  erscheint  der  Durchschnitt  durch  das  Band 
biconvex  mit  einer  mittlern  Theilungslinie,  weil  ja  die  plan¬ 
convexen  Wülste  der  sich  berührenden  Zellen  mit  ihren  ebe¬ 
nen  Aussenflächen  aneinanderstossen. 

Das  Band,  d.  h.  die  es  zusammensetzenden  Verdickungs¬ 
ringe  in  den  einzelnen  Rindenzellen  sind  der  Hauptsitz  der 
Verkalkung.  Grosse  Mengen  Kalk  sind  darin  enthalten;  nach 
Cr  am  er  neben  Calciumcarbonat  auch  Calcium  oxalat.  Hier¬ 
durch  erhält  das  Gittergerüst  .der  aneinandergedrängten  Ringe 
eine  grosse  Festigkeit,  um  als  kräftiges  Versteifungsmittel  für 
den  weiten  Schlauch,  den  das  g'anze  Pflänzchen  darstellt,  zu 
dienen. 

In  den  übrigen  Gliedern  der  Pflanze  sind  die  Kalkein¬ 
lagerungen  nur  gering,  oder  sie  fehlen  ganz.  Cr  am  er  führt 
sie  noch  an  als  schwach  vorhanden  in  den  Facetten membranen 
der  Rindenzellen,  als  etwas  stärker  entwickelt  an  der  Basis  der 
Stammzelle. 

Eine  g'anz  besondre  Eigenthtimlichkeit  bieten  durch  den 
Ort  ihrer  Anheftung  die  Sporangien  dar.  Während  diese  ja 
gewöhnlich  bei  den  verticillaten  Siphoneen  am  distalen  Ende 
der  primären  Wirteläste  zwischen  den  secundären  Kurztrieben 
sitzen *),  entspringen  sie  bei  Bornetella  aus  den  primären  Kurz- 


1)  Vergl.  Zittel-Schimper,  Hdb.  d.  Palaeophytologie, 
Fig.  29,  30  auf  S.  31,  33. 


78 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


trieben  stets  lateral  (Fig.  5 ;  Fig\  2,  sp.;  Fig.  6,  7).  Sie  finden  eben 
zwischen  den  eng  zusammenschliessenden  Rindenzellen  keinen 
Platz.  Einen  Kalkpanzer  um  die  Sporangien,  wie  er  ebenfalls 
sonst  gewöhnlich  entwickelt  ist,  bringen  die  Bornetellen  nicht 
hervor. 

So  lange  die  Pflanze  im  Wachsthum  begriffen  ist,  ist  die 
Facettenrinde  am  obern  Pole  noch  nicht  wie  in  Fig.  2  mit 
gleichmässiger  Wölbung  geschlossen.  Vielmehr  befindet  sich 
an  der  Spitze  eine  Lücke  in  dem  Facettenmantel  (der  dunkle 
Fleck  in  Fig.  1),  ein  Grübchen,  das  von  den  jüngsten  und  noch 
wachsenden  Wirteln  gebildet  und  umgeben  wird.  Fig.  4  ist  ein 
Längsschnitt  durch  diesen  eingesenkten  Vegetationspunkt.  Die 

Abbildung  lehrt,  dass  die 
secundären  Kurztriebe 
der  jiing'sten  und  jungen 
Wirteläste,  die  in  den  drei 
bis  vier  obersten  Kreisen 
den  relativ  enorm  grossen 
Scheitel  der  Stammzelle 
umgürten,  eine  stumpf¬ 
keulenartige  Form  haben, 
und  dass  von  ihnen  im¬ 
mer  nur  die  zu  demsel¬ 
ben  Wirtelaste  gehörigen 


Fig.  4.  Längsschnitt  durch  den  noch  wach¬ 
senden  Scheitel  von  Bornetella  nitida . 
Copie  nach  Cramer. 


4  Keulchen  sich  anein¬ 
anderlegen,  dass  dageg’en 
die  zu  den  benachbarten 
Aesten  gehörigen  Gruppen  secundärer  Kurztriebe  sich  noch  nicht 
oder  doch  nur  soeben  berühren.  Nach  einiger  Zeit  nehmen  die 
secundären  Kurztriebe  urnenförmige  Gestalt  an,  wie  auf  den  län- 
gern,  äussern  Wirtelästen  der  Fig.  4.  In  diesem  Stadium  stossen 
sie  seitlich  bereits  aneinander,  entbehren  aber  noch  gänzlich 
selbst  der  leisesten  Andeutung  der  verkalkenden  Verdickungs¬ 
ringe,  die  erst  noch  später  angelegt  werden.  Jeder  secundäre 
Kurztrieb  dieser  jugendlichen  Wirtel  wird  von  einem  Haare 
gekrönt,  das  im  jüngsten  Wirtel  noch  einzellig  und  unverzweigt 
ist,  sich  in  den  folgenden  Wirteln  aber  wiederholt  spaltet. 
Diese  Haare  convergiren  radienartig  über  dem  Scheitel  der 
Stammzelle  und  schliessen  sich  darüber  zu  mehreren  überein¬ 
anderliegenden  uhrglasförmigen  Gewölben  dicht  zusammen. 
Die  einzelnen  Gewölbe  entsprechen  den  einzelnen  Wirtelring'en 
und  werden  je  durch  eine  schleimige  Membran  von  einander 
geschieden.  Diese  schleimigen  trennenden  Hüllen  oder  Kappen 
mitstehen  vor  der  Bildung  jedes  neuen  Astwirtels,  indem  die 


Sitzung  vom  11.  Juli  1892. 


79 


äusserste  Membranschicht  am  Scheitel  der  Stammzelle  sich  bla¬ 
senförmig  abliebt.  Unter  dieser  Kappe  wächst  dann  der  jüngste 
Astwirtel  empor.  Die  feste  zähschleimige  Beschaffenheit  der 
Kappen  hält  die  Haarbüschel  in  der  ursprünglichen  Lage  fest, 
aus  der  sie  erst  dann  sich  aufrichten  können,  wenn  die  Kappen 
bei  weiterer  andauernder  Yergrösserung  zerfliessen  und  ver¬ 
schwinden.  So  lange  die  Vertiefung  an  der  Spitze  des  Pflänz¬ 
chens  vorhanden  ist,  ist  es  in  andauerndem  Wachsthum  be¬ 
griffen.  Sobald  das  Wachsthum  dann  aufhört,  verdickt  die  Schei- 
telfiäche  der  Stammzelle  ihre  Membran  und  erhält  die  Form  einer 
flachen,  schwach  kegelförmig'  erhobenen  Calotte.  Die  Secundär- 
glieder  der  letztgebildeten  Wirtel  wachsen  über  dem  im  In¬ 
nern  zurückbleibenden  Scheitel  der  Stammzelle  zusammen  und 
vervollständigen  damit  die  äussere  Facettenrinde.  Jetzt  ist  die 
Ausbildung  der  Pflanze  vollendet,  die  apicale  Grube  ist  ver¬ 
schwunden,  die  sie  bekleidenden  Haare  sind  sämmtlicli  ab¬ 
gefallen. 

Bornetella  nitida  und  oligospora  unterscheiden  sich  nur 
dadurch  von  einander,  dass  bei  ersterer  jeder  primäre  Wirtel¬ 
strahl  nur  ein  seitliches  Sporangium  hervorbringt  (Fig.  5),  wäh¬ 
rend  bei  der  zweiten  deren  eine  grössere  Zahl  an  jedem  Aste 
entwickelt  wird  (Fig.  2,  sp.). 


Fig.  5.  Zwei  primäre  Wirteläste  von 
Bornetella  nitida  mit  den  kugligen 
Sporangien  und  den  Basaltheilen  der 
die  Rinde  liefernden  Kurztriebe.  Da¬ 
neben  auf  den  keulig  verdickten  En¬ 
den  der  primären  Kurztriebe  auch 
die  Narben  völlig  abgerissener  Rin¬ 
denzellen.  Die  elliptischen  Riuge 
zwischen  den  untern  Enden  der  pri¬ 
mären  Wirteläste  bezeichnen  die  Ver¬ 
dickung  der  Stammzellmembran.  — 
Copie  nach  Cramer. 


Fig.  6.  Habitusbild  von  Bornetella 
capitata  Agardh.  Sz  =  Stammzelle, 
Rh  =  Rhizoiden,  w  =  primäre  Kurz¬ 
triebe  oder  Wirteläste,  k  =  secundäre 
Kurztriebe  oder  prismatische  Rinden¬ 
zellen.  —  Von  den  Freundschafts¬ 
inseln.  —  Copie  nach  Cramer. 


Dagegen  ist  Bornetella  capitata  Agardh  wesentlich  von 
den  beiden  vorigen  verschieden.  Sie  ist  zwar  auch  von  Keu¬ 
lenform  (Fig.  6),  indessen  deutlich  in  Stiel  und  Köpfchen  ge- 


80 


i 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


schieden.  Der  Stiel  verjüngt  sich  nach  unten  etwas,  um  an  der 
Basis  ein  Büschel  Rhizoiden  (Rh)  hervorzubringen,  das  Köpfchen, 
etwa  in  halber  Höhe  der  Stammzelle  (Sz)  beginnend,  ist  ellipsoi'- 
disch  bis  verkehrt  eiförmig.  Die  Höhe  des  Pflänzchens  beträgt 


ca.  1  cm.  Die  secundären  Kurztriebe  oder  prismatischen  Rinden¬ 
zellen,  die  die  facettirte  Oberfläche  erzeugen,  sitzen  nicht  nur 
zu  4,  sondern  auch  zu  5  bis  6,  vielleicht  manchmal  zu  noch 
mehr  an  den  keulig  etwas  verdickten  Enden  der  primären 
Aeste.  Die  Rindenfacetten  nehmen  gegen  den  Scheitel  der 
Pflanze  hin  an  Grösse  bald  ununterbrochen  zu,  wie  in  Fig.  6, 
bald  umgekehrt  ab  (vgl.  Cramer  a.  a.  0.  Taf.  4,  Fig.  13).  Sie 
sind  verhältnissmässig  sehr  gross,  da  die  Zahl  der  Astwirtel 
weit  zurückbleibt  hinter  der  der  vorigen  Arten.  Bornetella 
capitata  zeichnet  sich  ferner  dadurch  aus,  und  das  ist  das 
wesentlichste,  dass  verdickte  Ringleisten  im  Innern  der  Rinden¬ 
zellen  durchaus,  und  Kalkeinlagerungen  sowohl  im  Stiel  und 
überhaupt  in  der  Stammzelle,  wie  in  deren  Auszweigungen  fast 
vollständig  fehlen.  Die  Sporangien  entstehen  zu  vielen  an  den 
Seiten  der  primären  Wirteläste. 

Bornetella  sphäerica  Zan.  sp.  (Fig.  7)  hat  im  Gegensätze 
zu  den  mehr  oder  weniger  verlängerten  Gestalten  der  vorigen 

Arten  einen  niedergedrückt  kugli- 


gen  Thallus  und  ist  nach  Zanar- 
dini  ungestielt,  sitzend.  Doch  macht 
Solms-Laubach  bezüglich  ihrer 
Stiellosigkeit  Bedenken  geltend.  Die 
Stammzelle  stellt  einen  kurzen  kegel- 
oder  bienenkorbförmigen  Körper 
dar,  an  dem  etwa  14  dicht  überein¬ 
ander  stehende  Zweig’wirtel  entsprin- 


Fig.  7.  Etwas  schematisches 
Habitusbild  des  an  der  Seite 
geöffneten  Pflänzchens  von  Bor¬ 
netella  spliaerica  Zan.  Einige 
Male  vergrössert.  —  Von  Neu- 
Guinea.  —  Copie  nach  Solms- 
Laubach. 


gen.  Deren  basale  Glieder  sind  zu 
sehr  langen  cvlindrischen  Fäden  ent- 
wickelt,  welche  nach  der  Peripherie 
hinstrahlen,  und  welche  die  aus  den 
Gliedern  zweiter  Ordnung  gebildete 


Facettenrinde  stützen.  Der  prismatischen  Rindenzellen  sind 
hier  viele,  nämlich  8  bis  9  vorhanden.  Natürlich  können  nun 
diese  polygonalen  Rindenprismen,  wenn  sie  verwachsen,  sich 
nicht  mehr  so  regelmässig  lagern,  wie  bei  Bornetella  nitida 
und  oligospora ,  sie  bilden  eine  unregelmässige  Gruppe,  deren 
centrale  Glieder  ganz  kurz  gestielt  sind,  während  die  peri¬ 
pheren  mittelst  lang'er  Stielröhren  an  dem  Primärstrahl  an- 
sitzen.  Diese  Stielröhren  sind  schmal,  cvlindrisch,  nicht  wie 
bei  Bornetella  nitida  und  oligospora  allmählich,  sondern  ganz 


Sitzung  der  naturw.  Sektion  vom  11.  Juli  1892. 


81 


plötzlich  und  unvermittelt  zur  Bildung  der  Rindenzellen  erwei¬ 
tert.  In  letztem  fehlt  jede  Spur  der  Verdickungsringe,  ihre 
derbe  Aussen  Wandplatte  braust  kaum  mit  Säure,  enthält  aber 
vereinzelte  Kryställchen  oder  Massen  von  Kalkoxalat. 

Die  Sporangien  sitzen  zu  mehreren,  aber  bei  weitem  nicht 
so  zahlreich  als  bei  Bornetella  capitata ,  sondern  nur  hier  und 
da  ganz  zerstreut  an  den  Seiten  der  primären  Wirteläste. 

Soviel  hier  über  den  allgemeinen  Bau  der  Bornetellen. 
Stellen  wir  nun  daneben  die  Receptaculitiden,  so  springt  eine 
allgemeine  Aehnlichkeit  in  der  äussern  Form,  im  Habitus,  in 
der  groben  Anatomie,  namentlich  zwischen  Bornetella  nitida 
oder  oligospora  und  Ischadites  Murchisoni1),  unleugbar  in  die 
Augen.  Hier  wie  dort  die  gestreckte  und  zugleich  etwas  ge¬ 
bogene  Keulen-  oder  Birnenform  des  Körpers  —  ebenso  ähneln 
sich  Bornetella  splicierica  und  Ischadites  Königi  durch  mehr 
kuglige  Gestalt  —  hier  wie  dort  ein  enges  Axenrohr,  von  dem 
lange,  dünne,  hohle  Strahlen,  die  an  ihrem  distalen  Ende  vier 
secundäre  Glieder  in  Kreuzstellung  tragen,  nach  der  faeettirten 
Aussenfläche  gehen.  Eine  besondere  Segmentirung  oder  Ab¬ 
schnürung’,  wie  sie  den  meisten  verticillaten  Siplioneen  eignet, 
ist  bei  den  Bornetellen  nicht  vorhanden.  Ebenso  zeigen  letz¬ 
tere,  dass  jene  Siphoneen  nicht,  wie  ich  sagte,  immer  nur  faden¬ 
förmig  in  die  Länge  wachsen,  sondern  dass  es  daneben  auch 
solche  giebt,  die  in  der  That  wie  die  Receptaculitiden  sich  auch 
stark  in  die  Dicke  ausdehnen  können.  Hinsichtlich  der  allge¬ 
meinen  Gestalt  besteht  also  nicht  die  entschiedene  Differenz, 
die  ich  in  meiner  Abhandlung  (S.  71G)  gegen  die  Annahme 
einer  Verwandtschaft  zwischen  Siphoneen  und  Receptaculitiden 
m  i  t  geltend  gemacht  habe. 

Aber  auch  hinsiclislich  der  Grösse  ist  das  nicht  der  Fall. 
Nach  Agardh  erreicht,  wie  schon  hervorgehoben  worden  ist, 
Bornetella  nitida  eine  Höhe  bis  zu  2  Zoll.  Grösser  sind  auch 
manche  Receptaculitiden  nicht.  Zudem  liegen  über  die  Borne- 
tellen,  die  in  den  Sammlungen  und  Herbarien  zu  den  Selten¬ 
heiten  gehören,  nur  relativ  wenige  Beobachtungen  vor.  Es 
ist  also  der  Gedanke  nicht  mehr  abzuweisen,  dass  sie  vielleicht 
noch  grösser  werden,  und  dass  es  überhaupt  verticillirte  Sipho¬ 
neen  geben  könne,  die  nicht  nur  in  der  Höhe,  sondern  auch 
im  Durchmesser  viel  erheblichere  Dimensionen  als  die  bisher 
bekannten  aufwei sen. 


1)  Vergl.  in  meiner  Abhandl.  Taf.  7,  Fig.  1,  2;  Textfigur  11 
auf  S.  55,  etc. 

Sitzungsb.  der  niederrhein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1892.  GA. 


82 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Vergleichen  wir  weiter:  Die  primären  Wirtelstrahlen  der 
Bornetellen,  besonders  aber  einiger  Neomeris- Arten  könnten 
sehr  wohl  den  Radialen  der  Receptaculitiden  entsprechen.  Sind 
die  Formen  dieser  primären  Radialglieder  vielleicht  auch  nicht 
bedeutungsvoll,  so  sprechen  sie  jedenfalls  nicht  dagegen.  Ganz 
ähnlich  gestaltet  sind  z.  B.  die  Wirteläste  von  Neomeris  Keller i 
Cham.1)  und  die  von  Ischadites  Murchisoni2):  schlank,  in  der 
mittlern  Strecke  zusammengezogen,  an  beiden  Enden  leicht 
keulig  verdickt.  Plumpere  Wirteläste  kommen  aber  ebenfalls 
vor  3).  Den  Abschnürungen,  die  wir  mehrfach  am  proximalen 
Ende  der  Wirteläste  wahrnehmen4),  begegnen  wir  auch  bei 
Receptaculitiden  über  den  Füsschen.  Ebenso  haben  wir  hier  wie 
dort,  je  nach  den  Krümmungs Verhältnissen  der  Oberfläche,  ne¬ 
ben  geraden  auch  mehr  oder  weniger  stark  gebogene  Radiale  5). 

Was  die  Verkalkung  der  Primäräste  betrifft,  so  sind 
zwar  diejenigen  bei  den  Bornetellen  ganz  unverkalkt,  aber 
Sitz  und  Grad  der  Verkalkung  sind  bei  den  verticillirten  Sipho- 
neen  überhaupt  sehr  schwankend.  In  meiner  Abhandlung  habe 
ich  fast  nur  das  andre  Extrem  in  Rücksicht  gezogen,  bei  dem 
die  Zellmembranen  der  Wirteläste  so  stark  verkalken,  dass  der 
gesammte  freie  Raum  zwischen  ihnen,  d.  h.  zugleich  zwischen 
der  Oberfläche  und  der  Stannnzelle  von  einer  compacten  Kalk¬ 
masse  ausgefüllt  wird.  Mit  einigen  wenigen  Ausnahmen,  die 
ich  in  meiner  Abhandlung  S.  715  aufgeführt  habe,  sind  meines 
Wissens  alle  bekannten  fossilen  Formen  so  beschaffen.  Aber 
bei  den  lebenden  kommen  zwischen  beiden  Extremen  alle 
Uebergänge  vor,  nicht  nur  innerhalb  der  ganzen  Gruppe,  son¬ 
dern  auch  während  der  Entwicklung  der  einzelnen  Individuen. 
Bei  der  recenten  Cymopolia  barbata  Lamouroux  6),  dem  Typus 
für  die  fossilen  sogen.  Dactyloporiden,  incrustiren  sich  die  Wir¬ 
teläste  bis  zur  vollständigen  Verschmelzung  der  Krusten  und 
Bildung  einer  aus  dichter  Kalkmasse  bestehenden  Röhrenwand, 
die  nur  von  feinen  Kanälen  (Zellräume  der  Wirteläste)  durch¬ 
bohrt  wird.  Bei  Neomeris  dumetosa  Lamouroux  sind  die  pri¬ 
mären  Wirteläste  zwar  noch  ziemlich  stark  verkalkt,  aber  der 
Raum  zwischen  ihnen  ist  nicht  mehr  vollständig  ausgefüllt, 


1)  Neue  Denkschr.  Schweiz.  Ges.  Naturwiss.  1888,  Bd.  30  II, 
Taf.  2,  Fig.  1. 

2)  M.  Abh.  Taf.  6,  Fig.  5,  G. 

3)  Gramer  a.  a.  O.  1888.  Bd.  30  II.  Taf.  4,  Fig.  13. 

4)  Gramer  a.  a.  0.  1888,  Bd.  30  II,  Taf.  1,  Fig.  5;  Taf.  2, 
Fig.  3,  10,  etc. 

5)  Vergl.  m.  Abh.  Taf.  6,  Fig.  4;  Taf.  7,  Fig.  2. 

G)  Gramer  a.  a,  O.  1888.  Bd.  30  II.  S.  16  ff. 


Sitzung  der  natnrw.  Sektion  vom  11.  Juli  1892. 


sondern  sie  sind  nur  zu  kragenartigen  Ringen  verbunden1). 
Auch  bei  Neomeris  Ketleri  Cramer  können  die  primären  AeSt.e 
ein  und  desselben  Wirtels  unter  Umständen  so  beträchtlich 
verkalken,  dass  sie  ebenfalls  kragenartig  untereinander  zu- 
sammenwaclisen 2) ;  im  allgemeinen  jedoch  sind  sie  hier  kaum 
oder  doch  nur  in  den  ältesten  Partien  etwas  stärker  incrustirt 
und  bleiben  unter  sich  frei.  Bei  den  Bornetellen  endlich  sind  sie 
also  garnicht  verkalkt,  oder  weisen  doch  nur  höchst  minimale 
Kalkeinlagerungen  in  ihrer  Zellhaut  auf.  Bei  allen  Siphoneen 
aber,  bei  Cymopolici  barbata  und  den  sehr  kräftig  verkalkenden 
nicht  minder  als  bei  den  schwach  verkalkenden  und  letztge¬ 
nannten  sind  die  jungen  Pfianzentheile  (Wirtel)  in  einem  mehr 
oder  weniger  ausgedehnten  Bezirke  um  den  Wachsthumsscheitel 
herum  überhaupt  immer  frei  von  Verkalkung,  die  erst  in  den 
ältern,  also  tiefer  sitzenden  Gliedern  eintritt  und  nach  der 
Basis  hin  im  allgemeinen  immer  stärker  wird.  Erst  wenn  die 
Pflanzen  ausgewachsen  sind,  kann  auch  die  Verkalkung  des 
Scheitels  erfolgen.  (Vergl.  S.  78.) 

Dürften  wir  diese  Erfahrungen  und  Thatsachen  bei  un- 
sern  Bemühungen,  die  Natur  der  Receptaculitiden  festzustellen, 
verwerthen,  so  würden  wohl  manche  Erscheinungen  bei  diesen 
eine  einfache  Erklärung  finden.  Es  würde  sich,  wie  ich  das 
schon  (Abh.  S.  716)  angedeutet  habe,  die  oft  unförmliche  Ge¬ 
stalt  und  die  wechselnde  Dicke  der  Säulchen  und  auch  andrer 
Glieder  3)  innerhalb  ein  und  desselben  Receptaculiten  erklären, 
die  auffälligen  und  ganz  unvermittelten  Gegensätze  zwischen 
dicken  und  dünnen  Säulchen,  wie  wir  sie  als  Ausnahme  in 
dem  beschriebenen  Göttinger  Exemplare  von  Beceptacnlites  cras- 
siparies  (Abh.  S.  665  ff.,  Taf.  3,  Fig.  1 — 4)  kennen  gelernt  haben; 
denn  es  wäre  nichts  ungewöhnliches  und  bemerkenswert!) es, 
dass  einmal  eine  Zellhaut  zu  stärkerer  Kalkabsclieidung  gereizt 
würde,  eine  andre  damit  im  Rückstände  bliebe.  Es  würde 
sich  vielleicht  erklären,  warum  wir  bisher  nur  wenige  Iseha- 
diten  gefunden  haben,  wo  die  Füsschen  erhalten  waren.  Denn 
es  wäre  möglich,  dass  bei  Ischadites  diese  Füsschen,  also  die 
proximalen  Enden  der  Radiale  im  allgemeinen  nicht  verkalkten, 
dass  in  gewissen  Fällen  jedoch,  die  wohl  kaum  einen  specifischen 
Unterschied  bezeichnen  würden,  die  Verkalkung,  die  ja  auch 
bei  den  Siphoneen  in  den  peripherischen  Theilen  sich  gewöhn- 


1)  Cramer,  Neue  Denksehr.  Schweiz.  Ges.  Naturwiss. 
Bd.  30  II.  S.  12,  Taf,  2,  Fig.  13;  S.  42,  Erklärung  zu  Fig.  42. 

2)  Ibid.  1890.  Bd.  32  II.  S.  10. 

m.  Abh.  Taf.  5,  Fig.  5. 


3)  Vergl. 


84 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


lieh  am  stärksten  und  frühesten  geltend  macht,  in  den  Radialen. 
von  Lschadites  bis  an  die  Stammzelle  fortgeschritten  wäre.  Es 
würde  sich  ferner,  worauf  ich  ebenfalls  schon  hingewiesen  habe, 
vielleicht  als  eine  primäre  Erscheinung-  erklären,  was  ich  secun- 
däre  Incrustation  der  Füsschen  genannt  habe.  Freilich  müsste 
man  in  diesem  Falle  eine  stärkere  Verkalkung  gerade  an  den 
proximalen  Enden  der  Radiale  voraussetzen;  das  erschiene  un¬ 
gewöhnlicher,  aber  nicht  unmöglich.  Freilich  bliebe  dabei  auch 
wieder  die  Bedeutung  der  in  m.  Abh.  Taf.  G,  Fig.  10,  10a  von 
der  axialen  Gesteinspindel  abgehenden  Gesteinpfeilerchen,  die 
nach  ihrer  Lage  den  von  Billings  und  Hinde  bei  Recepta- 
culites  occidentalis  angenommenen  Poren  in  der  innern  Wand¬ 
fläche  entsprechen,  dunkel,  da  diese  Gesteinpfeilerchen  ja, 
wie  aus  ihrer  Stellung  erhellt,  nicht  etwa  die  Zelllumina  der 
primären  Wirteläste  darstellen  können.  Es  wäre  jedoch  mög¬ 
lich,  dass  die  ihnen  entsprechenden  ursprünglichen  Hohlräume 
nur  eine  gänzlich  passive  Rolle  spielten  und  einfach  dadurch 
entstanden  sind,  dass  die  cvlin drisch en  Radiale  sich  gleich- 
mässig  und  regelmässig,  also  cvlin  drisch  bleibend,  verdickten,, 
wobei  natürlich  der  zwischen  ihnen  befindliche,  ursprünglich 
zusammenhängende  Leerraum,  sobald  sie  zusammenstiessen 
und  verschmolzen,  als  Rest  nur  eine  Anzahl  rühriger,  getrennter 
Räume  (kantige  Gesteinpfeilerchen)  hinterlassen  konnte. 

Wenn  ich  hier  also  eine  Ursprünglichkeit  streckenweiser 
Verschmelzung  von  Meromen,  wie  in  den  bezeichneten  Figuren 
nicht  unbedingt  verneine,  so  muss  ich  andrerseits  von  neuem 
betonen,  dass  Kalkansätze,  Verschmelzungen  und  Fortwach¬ 
sungen  ganz  unzweifelhaft  secundärer  Natur,  sowie  Auflösung' 
von  Meromen  und  Meromgliedern  in  der  umhüllenden  Sphäre 
secundären  krystallinischen  Kalkes  die  ursprünglichen  Verhält¬ 
nisse  vielfach  verändert  und  verdunkelt  haben  und  den  bei 
vielen  Receptaculitiden,  so  z.  B.  bei  allen  untersuchten  böh¬ 
mischen  Ischaditen  (sog.  Acanthochonien)  im  Innern  jetzt  herr¬ 
schenden  Zustand  erst  nachträglich  geschaffen  haben.  (Vergl. 
m.  Abh.  Taf.  4,  Fig.  8 — 12;  Taf.  5,  Fig'.  1,  2,  9,  10;  Taf.  7,  Fig. 
9,  10;  S.  56  ff.) 

Der  Umstand,  dass  die  Füsschen  der  Radiale  bei  den 
Receptaculitiden,  wenn  auch  hart  aneinandergedrängt,  so  doch 
im  allgemeinen  durch  eine  Trennungslinie  gegeneinander  ab¬ 
gegrenzt  werden  1),  und  ursprünglich  wohl,  wie  die  ganzen  Me- 
rome  überhaupt,  nicht  eigentlich  miteinander  verwachsen  waren, 
fände  seine  Erklärung  darin,  dass  die  Radiale  oder  Säuleheil 


1)  M.  Abh.  Taf.  1,  Fig.  3,  9;  Taf.  2,  Fig.  4,  G,  etc. 


Sitzung-  der  naturw.  Sektion  vom  11.  Juli  1892. 


8”) 


nicht  bloss  einfache  Ausstülpungen  der  centralen  Stammzelle 
darstellen,  sondern,  wie  das  sowohl  bei  Bornetelia  als  bei  an¬ 
dern  Siphoneen  hinsichtlich  der  primären  Wirteläste  der  Fall 
ist1),  selbständige  Zellen  waren,  deren  Membranen  stark  ver¬ 
kalkten,  während  die  Stammzelle  un verkalkt2)  blieb  und  daher 
bei  der  Verwesung  verloren  ging. 

Es  würde  sich  des  weitern  leicht  erklären,  warum  bei  der 
grossen  Mehrzahl  der  Ischaditen  die  obere  Körperhälfte,  selten 
ist  es  die  untere,  vermisst  wird,  warum  bei  manchen  am  obern 
Pole  eine  wechselnd  grosse  Oeffnung  vorhanden  ist,  bei  einigen 
besterhaltenen  endlich,  wie  ich  nachgewiesen  habe,  diese  Oeff¬ 
nung  und  damit  die  ganze  Oberfläche  ringsum  vollständig 
geschlossen  wird.  Im  letzten  Falle  hätten  wir  es  mit  ausge¬ 
wachsenen  und  auch  in  den  jüngsten  Wirteln  am  Scheitel  be¬ 
reits  fest  verkalkten  Pflanzen  zu  thun  (vergl.  Bornetella  Text¬ 
figur  2);  in  den  andern  Fällen  war  die  Scheitelpartie  noch 
nicht,  oder  doch  nicht  genügend  verkalkt,  um  erhaltungsfähig 
zu  sein.  Und  wie  ich  schon  früher  auseinandergesetzt  habe 
(Abh.  S.  694),  konnte  eine  solche  Lücke,  oder  eine  .solche 
schwache  Stelle  am  Scheitel,  nach  dem  Absterben  leicht  er¬ 
weitert  werden  und  zu  dem  so  häufigen  Fehlen  der  obern  Par¬ 
tien  Veranlassung'  geben.  Ja.es  stände  mit  dem  Wesen  der  in 
Rede  stehenden  Kalkalgen  gewiss  nicht  im  Widerspruche  an¬ 
zunehmen,  dass  die  obere  Körperhälfte  überhaupt  dauernd  der 
Verkalkung  entbehren  konnte.  Und  dann  Hesse  sich  weiter  an¬ 
nehmen,  die  eigentlichen  Receptaculiten,  von  denen  noch  nie¬ 
mals  eine  solche  Körperhälfte  gefunden  worden  ist,  repräsen- 
tirten  derartige  Formen3),  deren  unverkalkte  oder  nicht  zu¬ 
sammenhängend  verkalkte,  jüngere,  obere,  zarte  Glieder  sich 


1)  Gramer,  Neue 


Denkschr.  Schweiz.  Ges.  Naturwiss. 
1888,  Bd.  60  II,  Taf.  1,  Fig.  4—6;  Taf.  2,  Fig.  8;  Taf.  4,  Fig.  13, 
14:  etc.  S.  17  etc.,  S.  34. 

2)  Doch  kann  auch  die  Stammzellmembran,  die  sich  gern 


kräftig  verdickt  (vergl.  die  in  Anm.  1 


angegebenen  Figuren 
weniger  stark  verkalken,  z.  B.  bei 


und  S.  6,  etc.),  mehr  oder 
Neomeris  Kellert  Gramer.  Neue  Denkschr.  etc.  Bd.  32  II,  1890, 
'S.  10  oben.  -  Stammzellverkalkungen  mit  und  wahrscheinlich 
auch  ohne  gleichzeitige  Verkalkung  der  Wirteläste  liegen  auch 
bei  einer  Anzahl  fossiler  Formen  vor.  Dass  die  Füsschen 
von  Receptaculites  etwa  der  verkalkten  verdickten  Stamm¬ 
zellmembran  entsprechen,  lässt  sich  nicht  annehmen,  weil  sie 
von  einander  getrennt  erscheinen,  dagegen  mit  den  Säulchen 
untheilbare  Glieder  bilden. 

3)  Bei  Neomeris  Kelleri  scheint  der  Scheitel  dauernd 


kalkfrei  zu 
oben,  etc. 


bleiben,  C  r  a  m  e  r  a.  a.  0.  1888,  Bd. 


30 


II,  S.  4 


86 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


durch  andre  Hiilfsmittel:  Bildung  von  Haarschöpfen,  schlei¬ 
migen  Kappen  oder  dergleichen  dauernd  zu  schützen  •wussten1). 

Man  könnte  hier  einwenden,  dass  wir  hei  unserer  Un- 
kenntniss  über  die  Natur  der  Receptaculiten  garnicht  darüber 
unterrichtet  sind,  was  bei  ihnen  oberer,  was  unterer  Pol  in 
Wahrheit  ist,  und  dass  die  sich  deckenden  Bestimmungen  der 
verschiedenen  Autoren  darüber  rein  conventioneil  sind.  Wollte 
man  die  Sache  umkehren  und  den  obern  zum  untern  Pole- 
machen,  so  würde  man  die  bei  Ischadites  häufiger  beobachtete 
Lücke  an  jenem  Pole  als  die  Oeffnung  betrachten  können, 
durch  die  bei  den  Bornetellen  die  Stammzelle  zur  Bildung  des 
Stieles  durch  die  Rinde  tritt.  In  der  That  könnte  ja  der  feste,, 
lückenlose  Zusammenschluss  der  Meronne  am  Nucleus  die  vor¬ 
handenen  Bedenken  gegen  die  Kalkalgennatur  der  Receptaculi - 
tiden  vermehren.  Wie  waren  diese  befestigt,  wo  sind  bei  ihnen 
die  wurzelartigen  Haftorgane  der  andern  verticillirten  Siplio- 
neen  ?  Bornetella  sphaerica  soll  allerdings  ebenfalls  sitzend 
sein  und  jeglichen  Stieles  ermangeln,  aber  ich  habe  schon  er¬ 
wähnt,  dass  Solms-Laubach  die  Richtigkeit  dieser  Angabe  be¬ 
zweifelt.  —  Jedoch  auch  mit  solcher  Vertauschung  der  Pole  kämen 
wir  nicht  weiter.  Denn  hin  und  wieder  ist  ja  auch  der  Apex 
bei  Ischadites  vollständig  geschlossen,  sind  es  also  beide  Pole,, 
des  weitern  widerspräche  es  ebenso  ganz  allgemein  gültigen 
Wachsthnmsregeln,  die  zartem,  schwachem,  lockerer  zusammen¬ 
gefügten  und  daher  leichter  verschiebbaren  Merome  im  Ober- 
theil  von  Ischadites  als  die  altern  hinzustellen,  wie  es  beson¬ 
dere,  aus  dem  oben  skizzirten  Scheitelwachsthum  der  Siphoneen 
abgeleiteten  Gründen  widerstritte,  den  in  allen  Fällen  starrge¬ 
fügten  Nucleus  der  Receptaeulitiden  für  den  obern  Pol  zu 
halten:  Ein  unüberwindliches  Hinderniss  für  die  Vereinigung- 
beider  Organismengruppen  dürfte  die  geschlossene  Basis  der 
Receptaeulitiden  aber  auch  nicht  bilden. 

Die  Anordnung  der  alternirenden  Täfelchen  auf  der 
untern  Aussenfläehe  der  Receptaculiten  lässt  sich  natürlich 
auch  auf  Wirtelstellung  zurückführen,  wobei  nach  oben  hin 
die  Zahl  der  Wirteläste  (Täfelchen)  in  den  einzelnen  Wirteln 
beständig  wüchse  bis  zu  einem  Maximum,  das  dann  in  der 
obern  Körperhälfte  bis  zum  Apex  hin  eingehalten  wird  (m.  Abh. 
S.  694).  Die  Fig.  1  auf  Taf.  6  meiner  Abhandlung  würde  bei 


1)  Beides,  Haare 


wie  Verkalkung 


als  Schutz-  und  verstärkende  Stützmittel 


sind  als  Schutz-,  bezw.. 


a.  a.  0.  1888.  Bd.  30  II.  S. 


9; 


1890,  Bd. 


aufzufassen. 
2  TI,  S.  34. 


Cr  am  er 


Sitzung  der  naturw.  Sektion  vom  11.  Juli  1<S92. 


87 


dieser  Auffassung'  die  Oberflächenglieder  von  35  vollständigen 
Wirteln  enthalten.  Im  ältesten  den  Nucleus  bildenden 


Wirtel 

1.  1 

sind 

8  r 

Täfelchen 

in 

?? 

2 

V 

8 

?? 

?? 

3 

V 

8  +  1  = 

9 

?? 

V 

4 

V 

9 

** 

» 

5 

?? 

9  +  2  — 

11 

« 

6 

?? 

11  +  2  = 

13 

V 

•y 

7 

5? 

13 

V 

8 

13+2  = 

15 

9 

?? 

15  +  1  = 

16 

v 

V 

10 

?? 

16  +  1  = 

17 

?? 

w 

» 

11 

?? 

17 

?? 

T) 

?? 

12 

y 

17  +  1  = 

18 

V 

5? 

V 

13 

?? 

18 

V 

V 

y) 

14 

V 

18  +  3  = 

21 

V 

?? 

15 

21  +  2  — 

23 

5? 

zusammen  216  Täfelchen. 


Endlich,  wir  würden  es  verstehen,  was  bisher  ganz  un¬ 
verständlich  war,  dass  die  Radiale,  die  bei  Receptaculites  ge¬ 
wiss  nicht  den  Eindruck  bedeutungsloser  oder  geringwerthiger 
Organe  machen,  bei  Polygonosphaerites  gänzlich  fehlen,  oder 
doch  nur  in  ganz  unscheinbaren  distalen  Rudimenten  vor¬ 
handen  sind  (vergl.  m.  Abh.  S.  708).  Wir  hätten  hierin  die 
Parallele  zu  Bornetella  nitida  und  oligospora  zu  erkennen : 
verkalkte  Rinde,  unverkalkte  Primäräste  und  Stammzelle. 

Ich  habe  in  meiner  Abhandlung  S.  714  gefragt,  wo  die 
Sporangien  bei  den  Receptaculitiden  wären,  wenn  man  diese 
als  Kalkalgen  auffassen  wollte.  Diese  Frage  scheint  mir  jetzt 
an  ihrer  frühem  Bedeutung  zu  verlieren,  nachdem  wir  uns 
mit  der  Lage  der  stets  unverkalkten  Sporangien  bei  den  Bor¬ 
netellen  bekannt  gemacht  haben.  Sie  könnten  auch  bei  den 
Receptaculitiden,  nur  von  zarten  Membranen  umhüllt,  seitlich 
an  den  Radialen  gesessen  haben,  vielleicht  bevor  diese  ihre 
bedeutende  und  volle  Wandstärke  erreichten.  Und  wenn  ihre 
Stielehen  nur  äusserst  dünn  waren,  und  wenn  vielleicht  nur 
eins  oder  wenige  an  jedem  Radiale  hafteten,  so  wäre  es  bei 
dem  nie  ganz  günstigen  Erhaltungszustände  des  Kalkmateriales 
der  Receptaculiten  nicht  eben  zu  verwundern,  dass  man  die 
Narben  ihrer  Stielchen  oder  überhaupt  Spuren  von  ihnen  noch 
niemals  beobachtet  hat. 

Es  giebt  Siphoneen,  nämlich  die  Acetabularieen,  bei  denen 
in  primären,  also  unmittelbar  an  der  Stammzelle  sitzenden 


88 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Kurztrieben  oder  Wirtelästen  Fortpfianzungsproducte  (Ganie- 
taugien1)  erzeugt  werden;  doch  fehlen  hier  diesen  fertilen 
Aestclien  die  secundären  Kurztriebe  1).  Man  würde  daher  des 
erläuternden  Beispiels  entbehren,  wenn  man  etwa  sagen  wollte, 
dass  bei  den  Receptaculitiden  möglicherweise  die  Radiale  selbst 
fertile  Aestclien  gewesen  wären.  Denn  wenn  man  die  Ver¬ 
gleichung  zwischen  Receptaculitiden  und  verticillirten  Siphoneen 
zulässt,  so  wird  man  die  Tangentialarme  der  ersten  nur  für 
secundäre  Kurztriebe  halten  können.  Da  diese  aber  einen  für 
fertile  Aestclien  von  Siphoneen  bezeichnenden  Charakter  nicht 
an  sich  tragen,  so  mussten  wir  uns  nach  besondern  Sporangien 
umsehen,  wie  sie  die  den  Acetabularieen  gegenüberstehenden 
recenten  Dasyclcideen  besitzen,  hei  denen  primäre  Kurztriebe 
niemals  zu  Sporangien  werden2).  Zu  diesen  Dasycladeen  ge¬ 
hören  auch  die  Bornetellen,  während  die  Acetabularieen  doch 
auch  wegen  ihres  ganz  abweichenden  Habitus  zur  Verglei¬ 
chung  nicht  heranzuziehen  wären. 


Die  4  ein  Kreuz  bildenden  Tangentialarme  als  secundäre 
sterile  Kurztriebe  aufzufassen,  würde  jetzt  der  überraschende 
Umstand  erleichtern,  dass  auch  bei  Bornetella  nitida  und  oli- 
gospora  das  Ende  jedes  Primärstrahles  4  solcher  Kurztrieb  e 
in  Kreuzstellung  trägt3). 

Allein  nun  häufen  sich,  nachdem  die  Vergleichung  bis 
hierher  ziemlich  glatt  fortschreiten  konnte,  die  Schwierigkeiten 
der  weitern  Parallelisirung. 

Ich  habe,  ohne  allerdings  zu  einem  völlig  gesicherten 
Ergebnisse  zu  kommen,  die  Gründe  dargelegt  (m.  Abh.  S.  671, 
672,  710,  711),  warum  die  Spindeln  der  Tangentialarme  nicht 
wohl  Hohlräume  gewesen  sein  können.  Ich  habe  seitdem  keine 
Beobachtung  gemacht,  die  mir  diese  Gründe,  der  ältern  Auf¬ 
fassung  gegenüber,  weniger  beachtenswerth  erscheinen  Hessen. 
Immerhin  würde  ich  hierin  nicht  den  springenden  Punkt  sehen. 
Es  wäre  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass  die  spindel¬ 
förmigen  Hohlräume  ursprünglich  durch  äusserst  feine  Oeff- 
nungen  mit  dem  Kanal  des  Säulchens  in  Verbindung  gestan- 


1)  Gramer.  Neue  Denkschr.  Schweiz.  Ges.  Naturwiss.  Bd. 
30  II  1888,  S.  28,  34,  34. 

2)  Cr  am  er,  ibid.  Bd.  30  II  S.  36. 

3)  Die  Zahl  4  wird  zwar  nicht  streng  eingehalten;  es 
entspringen  manchmal  auch  (3  oder)  5  secundäre  Kurztriebe 
an  der  Spitze  des  primären  Wirtelgliedes  (siehe  unsre  Text¬ 
figur  5,  links),  vorwiegend  aber  sind  doch  4  entwickelt.  Cra- 
mer,  idib.  1890  Bd.  32  II  S.  23. 


Sitzung  der  naturw.  Sektion  vom  11.  Juli  1892. 


89 


den  haben  1),  dass  diese  feinen  Oeffnun  gen  leicht  und  bald  durch 
Kalk  verklebt  wurden,  sie  daher  Sediment  nicht  ein  dringen 
Hessen,  und  dass  anstatt  dessen  auf  feinsten  Spaltrissen  in  den 
brüchig'  gewordenen  Kalkwänden  der  Tangentialarme  reiner 
Kalkspath  einfiltrirte.  Es  wäre  selbst  die  Möglichkeit  nicht 
ausgeschlossen,  dass  nach  der  äussern  später  auch  eine  innere 
Incrustirung'  der  spindelförmigen  Räume  schon  bei  Lebzeiten 
des  Receptaculiten  eingetreten  ist 2),  wie  derartige  vollständige 
Ausfüllungen  von  Hohlräumen  ja  auch  bei  andern  kalkab- 
sondernden  Organismen  Vorkommen,  sofern  oder  sobald  die 
betreffenden  Theile  nur  noch  zur  Stütze  und  grossem  Ver¬ 
festigung  des  Skelets  zu  dienen  haben. 

Das  also  könnte  man  wohl  gelten  lassen,  dass  die  Tan¬ 
gentialarme  stark  verkalkte  Einzelzellen  oder  Zellenanhängsel 
(der  Primäräste  oder  Radiale)  sind.  Dagegen  stehen  wir  ihrem 
merkwürdigen  Lagerungsgesetze  rathlos  gegenüber.  Daneben 
gestellt  sind  Lagerungsweise  der  verkalkten  Verdickungsringe 
bei  Bornetella,  ihre  einfache  Aneinanderdrängung  zu  waben¬ 
ähnlichen  Gittern  und  alle  übrigen  Skeletbildungen  bei  den 
Siphoneen  zum  Zwecke  der  Versteifung  doch  sehr  primitiv  und 
nicht  damit  zu  vergleichen,  so  dass  es  auch  fernerhin  noch  an 
jeglichem  Anknüpfungspunkte  für  jene  wunderbare  Arm  Ver¬ 
flechtung  zu  fehlen  scheint. 

Auch  sind  die  Secundärglieder  der  Bornetellen  ebenfalls, 
wie  die  aller  andern  Siphoneen  mit  ihren  Enden,  im  Gegen¬ 
sätze  zu  den  Spitzen  der  Tangentialarme,  nach  aussen  gerichtet 
(m.  Abh.  S.  715).  Diese  Enden  sind  verbreitert,  abgeflacht  und 
bilden  die  polygonalen  Facetten  der  Oberfläche,  sind  also  den 
Täfelchen  der  Receptaculitiden  nicht  aequivalent  zu  setzen. 
Denn  diese  Täfelchen  haben  wir  ja  als  selbständige,  von  den 
Tangentialarmen  unabhängige  Glieder  der  Merome  kennen 
gelernt. 

Was  könnten  sie  noch  sein? 


1)  Anstatt  einer  eigentlichen  Oeffnung  könnte  hier  auch 
eine  unverkalkte  (oder  schwach  verkalkte !)  Membran  ausge¬ 
spannt  gewesen  sein,  die  trennende  Haut  zwischen  primären 
und  secundären  Wirtelzellen.  Aber  auch  wo  bei  den  behandel¬ 
ten  Siphoneen  Primär-  und  Secundäräste  nur  aus  einer  Zelle 
bestehen,  sind  sie  gern  durch  starke  Stricturen  geschieden. 
Vergl.  Cr  am  er  a.  a.  0.  1888,  Bd.  30  II.  S.  5,  Taf.  2,  Fig.  11,  etc. 

2)  Vielleicht  sind  die  letzten  Ueberbleibsel  ursprünglicher 
Hohlräume  die  sehr  feinen  axialen  Röhrchen  in  den  distalen 
Spindeln  von  Fig.  5,  Taf.  2  meiner  Abhandlung,  die  ich  noch 
nicht  erwähnt  habe.  Vielleicht  haben  sie  auch  ihre  besondre 
Bedeutung. 


90 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Vielleicht  wäre  noch  eine  Erwägung  berechtigt,  die  wir 
aus  dem  Umstande  herleiten,  dass  bisweilen  alle  4  Tangential- 
arme  vom  Täfelchen  und  ihrem  Träger  vollständig  getrennt 
liegen  (in.  Abh.  S.  698,  Textfiguren  10,  11),  die  Erwägung,  ob 
nicht  etwa  die  Radiale  oder  Säulchen  über  die  Secundärglieder 
(Tangentialarme)  hinaus  bis  zur  Oberfläche  gewachsen  sind, 
liier  eine  starke  Ausbreitung  erfahren  haben  bis  zur  gegen¬ 
seitigen  Berührung  und  rhombischen  oder  hexagonalen  Ge¬ 
staltung’  ihrer  Endflächen,  und  dass  die  Täfelcen  solche  ver¬ 
kalkten  Endflächen,  d.  h.  die  verkalkten,  endständig  die  Pri¬ 
märäste  nach  aussen  abschliessenden  Zellmembranen  sind. 

Wohl  hätten  wir  hierbei  zu  berücksichtigen,  dass  die 
abschliessenden  Facettenmembranen  der  Oberfläche  bei  den 
verticillirten  Siphoneen  gewöhnlich  —  und  zwar  zum  Zwecke 
einer  kräftigem  Belichtung  und  leichtern  Assimilation !)  — 

nicht  oder  nur  sehr  schwach  verkalkt  sind,  dass  daher  auch 
bei  allen  bekannten  fossilen  Formen  die  Wirtelglieder  zweiter 
Ordnung  nach  aussen  geöffnete  Röhrchen  bilden,  weil  die  un- 
verkalkten  Membranen  zerstört  wurden. 

Immerhin  aber  ist  ja  auch  hinter  einer  Kalkhülle  die 
Assimilation  chlorophyllhaltiger  Pfianzentheile  möglich,  wie  ja 
besonders  die  Lithothamnien  zeigen. 

Könnte  man  die  Täfelchen  als  verkalkte  Oberflächen¬ 
membranen  auffassen,  so  gewännen  vielleicht  auch  die  kleinen 
Knöpfchen  im  Centrum  der  Täfelchen,  sowie  die  stachelartigen 
Anhänge  bei  Polygonosphaerites  ihre  Bedeutung  (m.  Abh.  S.  657, 
706,  707,  Taf.  1,  Fig.  10  links;  Taf.  5,  Fig.  5;  Taf.  7,  Fig.  9,  10). 
Es  könnten  die  verkalkten  Narben  oder  verkalkten  Basaltheile 
abgefallener  Haare  sein. 

Indessen  vergessen  wir  nicht,  dass  das  vorläufig’  nur  Ver- 
muthungen  sind,  worin  wir  uns  bewegen.  Und  wie  eingangs 
gesagt,  jeder  Versuch  scheitert  noch,  namentlich  an  den  zuletzt 
blossgelegten  Klippen,  die  Zutheilung  der  Receptaculitiden  zu 
den  Siphoneen  unablehnbar  zu  begründen.  Auf  der  andern 
Seite  werden  wir  aber  gestehen  müssen,  dass  durch  eine  An¬ 
zahl  neuer  Vergleichungsmomente  eine  Perspective  eröffnet 
worden  ist,  der  einmal  nachzugehen  nicht  völlig  aussichtslos 
erscheinen  konnte,  der  weiter  nachzugehen  vielleicht  nicht 
fruchtlos  sein  wird. 


1)  Cramer  a.  a.  0.  1888,  Bd.  30  II,  S.  9. 


Allgemeine  Sitzung  vom  7.  November  1892. 


91 


Allgemeine  Sitzung  vom  7.  Xovember  18ibi. 

Vorsitzender:  Prof.  Ludwig. 

Anwesend  13  Mitglieder,  1  Gast. 

Prof.  Pohlig  legt  vor  und  bespricht:  H.  Pohlig,  ..die 
Cerviden  des  thüringischen  Diluvialtravertins,  mit 
Beiträgen  über  andere  diluviale  und  über  recente  Hirschfor¬ 
men“.  Stuttgart  (Schweizerbart)  1892,  als  II.  Theil  der  „Mono¬ 
graphie  der  Elephas  ontiquus  führenden  Travertine  Thüringens,, 
ihrer  Fauna  und  Flora“  desselben  Verfassers,  deren  I.  Theil 
(„Monographie  des  Elephas  antiquusu )  an  dieser  Stelle  in  zwei 
Abtheilungen  (1.  „Dentition“  und  2.  „Kranologie“)  im  Dezember 
1888  und  9.  Mai  1892  gezeigt  wurden.  Der  vorliegende  Band 
in  Quart  enthält  auf  4  Tafeln  die  Geweihreste  u.  s.  w.  aus  den 
Travertinen,  und  in  29  Textfiguren  sonst  diluviale  und  recente. 
Aus  dem  Travertin  ist,  für  deutsches  Diluvium  neu,  Cervus 
(euryceros)  Belgrandi,  ganz  neu  C.  ( elaphus )  diluvii  Pohl.;  fer¬ 
ner  sind  C.  taranclus,  C.  capreolus  und  C.  (euryceros)  Germa- 
niae  abgebildet.  Aus  andern  Plistocänschichten  sind  als  ganz 
neu  1.  C.  (euryceros)  Germanicie  Pohl.,  2.  C.  (eu.)  Italiae  Pohl., 
3.  C.  (dama)  Gastaldii  Pohl.,  eine  riesenhafte  Damhirschform 
Italiens,  dargestellt;  für  Deutschland  neu  ist  C.  (alces)  latifrontis 
Dawk.  —  Das  wesentlichste  allgemeinere  Ergebniss  ist  der 
Nachweis  mehrerer  diluvialer  Naturrasse  n,  besonders  der 
Riesenhirsche.  Auch  von  heutigen  Hirschen  ündet  man  in  dem 
Werk  vieles  Merkwürdige,  noch  nicht  Dargestellte  abgebildet, 
so  von  dem  amerikanischen  und  europäischen  Elchthier,  von 
dem  Wapiti  und  Edelhirsch,  von  Reh  und  Virginiahirsch;  das 
Buch  wird  sonach  für  den  Weidmann  ebenfalls  manches  An¬ 
ziehende  bieten  können. 

Prof.  Pohlig  berichtet  hierauf  über  seine  bei  paläonto- 
logischen  Arbeiten  auf  Sicilien  während  des  vergangenen  Sep¬ 
tembers  ausgeführte  Untersuchung  des  neuesten  Aetna- 
Ausbruches,  eine  Reihe  von  grossen  Momentphotographieen 
und  daselbst  gesammelten  vulcanischen  Erzeugnissen  erläu¬ 
ternd.  Bei  den  neu  entstandenen  Eruptionskegeln,  die  in  gera¬ 
der  Linie  und  etwa  in  halber  Höhe  des  Berges  nach  dem  Meere 
hin  (S.-O.)  liegen,  hatten  damals  der  mittelste  und  die  beiden 
äussersten  weisse,  die  andern  schwarze  Rauchsäulen;  die  Lava, 
die,  wie  dort  meist,  oberflächlich  „gespratztes“  oder  fein  granu- 
lirtes  Aussehen  hat,  floss  nur  noch  unbedeutend.  Auch  Proben 
von  nicht  poröser  oder  schlackiger,  von  steinartig  compacter 


92 


Niederrlieinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Lava  liegen  vor,  theils  feinkörnig*  grau,  pechsteinartig  schwarz 
oder  grosskrystallinisch;  ferner  kommen  Einzelkrystalle  von 
Augit,  Sanidin  und  Glimmer,  concentrisch-schalige  Bomben  und 
Lavathränen  vor,  letztere  sind  aber  nie  so  wolilausgebildet  wie 
bei  rheinischen  Vulcanen.  Fladenlava,  so  schwarzglänzend, 
wie  am  Vesuv,  fand  sich  dort  nicht.  Fast  alle  Laven  werden 
durch  Verwitterung  heller,  röthlich  u.  s.  w.  an  der  Oberfläche, 
die  neuern  Ströme  (wie  der  von  1852  im  Valdelbove)  heben  sich 
meist  durch  dunkle  Farbe  scharf  ab.  Obwohl  auch  dem  Aetna 
Kalkmassen  dicht  benachbart  sind,  fanden  sich  dort  solche  nicht 
als  vulcanischer  Auswurf  oder  Einschluss  wie  am  Vesuv,  son¬ 
dern  nur  ein  grauer  Sandstein,  zum  Theil  gefrittet,  geborsten, 
säulig  abgesondert.  Dagegen  sind  für  den  Aetna  die  Massen 
mannigfaltiger  Exlialationserzeugnisse,  vulcanischer  Sublima¬ 
tionen  viel  mehr  charakteristisch,  welche  die  Aschen  und  Steine 
(auch  von  1892)  in  der  Nähe  der  Eruptionen,  Solfataren  und 
Fumarolen  auf  weite  Entfernung  durchdringen,  gletscherartig 
verkitten  und  den  Schuttkegeln  grüne  und  gelbe  Farbe  geben; 
oft  werden  grosse  Stücke  solcher  Breccie  in  der  Tiefe  losge¬ 
rissen  und  herausgeschleudert,  man  sieht  Blöcke  von  mehr  als 
1  m  Durchmesser  davon  umherliegen.  Ungeheure  Massen  von 
Eisenvitriol,  Chlorid,  Salmiak,  Schwefel  sind  dort  unbenutzt; 
manches  Sublimationsmineral  zerfliesst  an  der  Luft  durch  be¬ 
gieriges  Aufsaugen  ihres  Wasserdampfgehalts. 

Prof.  Binz  spricht  im  Anschluss  an  seine  Mittheilungen 
vom  2.  Mai  d.  J.  (Köln.  Ztg.  18.  Mai,  Nr.  408)  über  Versuche, 
die  er  betreffs  der  e t w a n i g e n  Giftigkeit  des  Al u m i n i u m s 
hat  anstellen  lassen.  Der  junge  Hund,  welcher  damals  ohne 
den  geringsten  Nachtheil  bereits  drei  Wochen  mit  einer  täg¬ 
lichen  starken  Gabe  eines  löslichen  Aluminiumsalzes  gefüttert 
worden  war.  bekam  diese  weiter  bis  zu  einer  Dauer  von  vollen 
4  Monaten.  Während  dieser  langen  Zeit  änderte  sich  sein  Wohl¬ 
befinden  in  keiner  Weise,  und  sein  Körpergewicht  stieg  von 
den  anfänglichen  4800  Gramm  auf  6970.  Diese  Aufnahme  von 
täglich  etwas  mehr  als  einem  drittel  Gramm  Aluminium  in  der 
Form  des  gelösten  Acetates,  ohne  dass  sich  ein  Schaden  zeigte, 
konnte  entweder  darauf  beruhen,  dass  das  Aluminium  den 
edleren  Geweben  des  Organismus  nicht  feindlich  ist,  oder  dass 
es  von  dem  Darme  nicht  aufgenommen  wird,  sondern  mit  den 
Fäces  abgeht.  Dieses  letztere  muss  wohl  der  Fall  sein,  denn 
das  wiederholte  chemische  Aufsuchen  des  Aluminiums  in  dem 
Harn  des  Thieres  erwies  dessen  Abwesenheit ;  hier  müsste  sich 
wenigstens  ein  Theil  von  ihm  gefunden  haben,  wenn  eine  neu- 


Allgemeine  Sitzung  vom  7.  November  1892. 


9.3 


nenswerthe  Menge  in  die  Säfte  übergegangen  wäre.  Auch  die 
Versuche  am  Menschen  hatten  denselben  Erfolg.  Einen  vollen 
Monat  lang  wurden  täglich  20  Tropfen  des  officinellen  essig- 
sauren  Aluminiums,  das  bekanntlich  für  chirurgische  Zwecke 
in  den  Apotheken  vorräthig  gehalten  wird,  von  einem  jungen 
Mediciner  aufgenommen,  ohne  den  geringsten  Nachtheil.  Seit 
jener  ersten  Mittheilung  über  diesen  Gegenstand  am  2.  Mai 
sind  einige  andere  Veröffentlichungen  erschienen,  die  uns  die 
hiesigen  Ergebnisse  bestätigen,  eine  aus  dem  Kaiserlichen  Ge¬ 
sundheitsamte  und  eine  aus  dein  militärärztlichen  Friedrich- 
Wilhelms-Institute  in  Berlin.  Zugleich  zeigte  sich,  dass  bereits 
1889  in  Dorpat  unter  der  Leitung  des  Prof.  Robert  eine  ex¬ 
perimentelle  Doctordissertation  erschienen  war,  die  die  etwa- 
nige  Giftigkeit  des  Aluminiums  untersuchte.  Ihr  Hanptergeb- 
niss  ist,  dass  die  löslichen  Aluminiumsalze,  wenn  sie  in  Folge 
der  Art  ihres  Beibringens  wirklich  ins  Blut  gelangen,  giftig' 
werden,  wie  das  auch  bei  anderen  Metallsalzen  der  Fall  ist. 
Das  hat  aber  nichts  zu  thun  mit  dem  gewöhnlichen  Gang  der 
Dinge,  und  somit  können  Geräthe  aus  Aluminium  für  den  ge¬ 
wöhnlichen  Gebrauch  des  Lebens  als  unschädlich  und  unge¬ 
fährlich  erklärt  werden.  Die  Einzelheiten  hierüber  wird  die 
in  diesem  Halbjahr  erscheinende  Doctordissertation  des  Herrn 
Christoph  Schmitz  bringen. 

Weiter  spricht  der  Vortragende  über  die  mechanische 
Gift  Wirkung  eines  andern  modernen  Fabrikerzeugnisses.  Es 
ist  der  äusserst  feine  Staub  der  Thomasschlacke.  Diese 
Schlacke  wird  bekanntlich  bei  der  Entphosphorung  des  Eisens 
gewonnen.  Sie  war  anfangs  ein  Ballast  für  die  Hütten,  bis 
man  darauf  kam,  sie  wegen  ihres  grossen  Gehaltes  an  Phos¬ 
phorsäure  tür  die  Landwirtschaft  nützlich  zu  machen.  Um 
aber  als  Düngemittel  verwertbar  zu  sein,  muss  das  harte 
Material  höchst  fein  gepulvert  werden,  und  da  nun  ergab  sich 
in  den  betreffenden  Mühlen,  dass  die  Arbeiter  infolge  der  Ein¬ 
atmung  des  Staubes  von  Blutungen  und  Entzündungen  der 
Lunge  befallen  wurden.  Das  wird  schon  allein  durch  die  Be¬ 
schaffenheit  des  Staubes  erklärlich,  der  sich  unter  einer  starken 
Lupe  als  aus  glasartig  scharfen  und  spitzen  Splitterchen  be¬ 
stehend  erweist,  die  in  den  -Flüssigkeiten  des  menschlichen 
Körpers  zum  grössten  Tlieil  unlöslich  sind.  In  Deutschland 
list  man  seit  einigen  Jahren  gemäss  dem  Vorgehen  der  Gebr. 
Stumm  in  Neunkirchen  mechanische  Vorrichtungen  getroffen, 
die  die  Verstaubung  in  den  Mahlräumen  verhindern,  in  Frank¬ 
reich  scheint  man  so  weit  noch  nicht  zu  sein,  denn  wie  aus 
der  hierher  gerichteten  Aufforderung  zu  einem  Gutachten  her- 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


14 


vorgeht,  hat  dort  ein  Gericht  den  Anspruch  auf  Schadenersatz 
den  erkrankte  Arbeiter  erhoben,  verworfen,  und  zwar  auf  das 
Gutachten  eines  Pariser  Mediciners  hin.  Das  Richtige  der 
deutschen  Aulfassung'  über  die  hohe  Schädlichkeit  jenes  Staubes 
für  die  menschlichen  Lungen  wurde  in  der  Sitzung  durch  an¬ 
wesende  Techniker  (Herrn  Geh.  Rath  Heusler  und  den  frü¬ 
heren  Hüttendirektor  S.  S  t  e  i  n)  bestätigt. 

Sieg  fr  i  e  d  Stein  berichtet :  W  ändert  man  am  Rhein- 
stroine  entlang  von  Bonn  bis  Bingen,  oder  besser  noch  durch¬ 
fährt  man  auf  dem  Dampfboote  diese  Flussstrecke  bei  klarem 
Wetter,  so  wird  unwillkürlich  an  vielen  Stellen  der  Blick  ge¬ 
fesselt  von  den  felsigen  Ufern  und  den  dieselben  bildenden 
Gesteinschichten.  Bald  zeigen  sich  die  Schichten  steil  aufge¬ 
richtet,  bald  mehr  flach  gelagert,  bald  glatt  und  dann  wieder 
gefaltet  und  geknickt,  als  ob  die  starren  Gesteine  in  ihren  ein¬ 
zelnen  Lagen  aus  massigen  Pappendeckeln  bestanden  hätten, 
welche  in  einer  starken  hydraulischen  Presse  unordentlich  auf¬ 
gestapelt  und  darauf  zusammengedrückt  worden  wären. 

Dann  taucht  wohl  die  Frage  auf:  Wie  ist  diese  riesige 
Gebirgsspalte  des  Rheinthaies  entstanden,  quer  durch  die 
Schichtungen  gerissen,  zwischen  Eifelgebirge  und  Westerwald, 
zwischen  Hunsrück  und  Taunus,  welche  alle  vier  in  grossen 
Zügen  dasselbe  Streichen  von  südwest  nach  nordost  zeigen? 
Welche  riesigen  Kräfte  mögen  in  Thätigkeit  gewesen  sein,  um 
diese  gewaltige  Arbeitsleistung  zu  verrichten  und  vielleicht 
gleichzeitig  oben  geschildertes  Verschieben  und  Zerbrechen 
der  einzelnen  Schichten  zu  bewirken? 

Wenn  man  mit  einer  stärksten  wirkenden  hvdraulischen 
Presse  gearbeitet  hat,  wie  der  Vortragende  es  gethan,  um  Form¬ 
veränderungen  starrer  Körper  z.  B.  Gesteine,  Metalle  u.  s.  w 
zu  studiren  und  findet  man  alsdann,  dass  harte  Stahlformen 
bei  etwa  20000  bis  24000  Atmosphärendruck  auf  die  Endflächen 
der  Stempel  übertragen,  erst  anfangen  zu  deformiren:  dann 
kann  man  sich  in  etwa  einen  Begriff  machen,  welche  Unsumme 
von  Gesammtkraft  in  Wirksamkeit  getreten  sein  muss,  um 
solche  ungeheuren  Umgestaltungen  am  Rheinstrom  entlang  und 
in  den  links-  und  rechtsseitigen  Gebirgen  nach  deren  Entstehung 
und  Ablagerung  herbeizuführen. 

Aber  bei  Versuchen  im  chemischen  oder  physikalischen 
Laboratorium  arbeitet  man  naturgemäss  doch  immer  nur  mit 
kleinen  Kräften  und  mit  geringen  Mengen.  Die  Wirkungen 
treten  nicht  für  Jeden  so  augenfällig  in  Erscheinung,  wie  in 
der  grossen  Natur,  z.  B.  bei  Erdbeben. 


Allgemeine  Sitzung  vom  7.  November  1892. 


95 


Die  Erhebungen  der  vulkanischen  Bergkegel  von  Trachyt. 
von  Basalt,  von  Lava,  über  das  Niveau  der  diese  umgebenden 
theils  mit  gehobenen  Schichten  der  devonischen  und  strecken- 
wegs  tertiären  Formationen  in  den  genannten  Gegenden,  ge¬ 
ben  schon  einen  anschaulichen  Begriff  von  den  Wirkungen 
der  unterirdisch  thätig  gewesenen  Gewalten,  als  die  nun  er¬ 
loschenen  Vulkane  in  der  Eifel  z.  B.  Laach  er  See  und  am  Rheine 
z.  B.  Rodderberg  bei  Mehlem,  noch  mit  feurigen  Zeichen  das 
Zeugniss  ablegten  von  den  gewaltigen  Drucken  der  im  Innern 
der  Erdrinde  auftretenden  Dämpfe  und  Gase. 

Ein  Jeder  auch  Nichttechniker  kann  sich  eine  Vorstellung 
von  der  Wirkung  machen,  wenn  er  von  den  Verheerungen  der 
ruchlos  ausgeführten  Dynamitanschläge  liest,  sofern  davon  die 
Rede  wäre,  dass  tausend  Tonnen  Dynamit  zu  gleicher  Zeit  zur 
Explosion  gebrächt  würden.  Es  Hessen  sich  vielleicht  auf  eng¬ 
begrenztem  Raume  ähnliche  Wirkungen  wie  bei  einem  Erd¬ 
beben  herbeiführen. 

Befänden  sich  dagegen  in  einem  Raume,  z.  B.  in  einer 
Kalkhöhle,  einige  tausend  Tonnen  flüssiger  Kohlensäure  unter 
einem  Wasserdruck  von  2000  Atmosphären,  also  in  einer  Tiefe 
von  nur  20000  Metern,  —  man  findet  ja  in  Gesteinen  flüssige 
Kohlensäure  eingeschlossen,  —  und  würden  diese  dann  plötz¬ 
lich  nur  auf  2200°  C.,  auf  die  Verbrennungs-Temperatur  von 
Kohlenoxydgas  mit  Sauerstoff,  erhitzt,  dann  dürfte  schon  etwas 
weiter  hinaus  fühlbar  ein  Erdbeben  zu  bemerken  sein.  Die 
verlierende  Wirkung  einer  mit  nur  zehn  Kilo  flüssiger  Kohlen¬ 
säure  gefüllten  Eisenflasche,  welche  durch  irgend  eine  Ursache 
über  den  kritischen  Punkt  erwärmt  war,  deren  Boden  plötzlich 
aus  der  Rohrwand  herausriss,  wodurch  die  eingeschlossene 
Kohlensäure  momentan  entlastet  wurde,  zeigte  ähnliche  Er¬ 
scheinungen  wie  bei  einer  Dampfkessel-Explosion. 

Wie  viel  Kohlensäure  in  den  genannten  Gegenden  in 
der  Endrinde  vorhanden  ist  und  noch  eirkulirt,  zeigen  die  Un¬ 
zahl  der  dort  auftretenden  kohlensäurehaltigen  Mineralquellen, 
welche  in  gewissem  Sinne  als  Sicherheits-Ventile  können  be¬ 
trachtet  werden. 

Würden  gleiche  Mengen  Chlorstickstoff  unter  den  gleichen 
Bedingungen  zur  Explosion  gelangen,  wie  vorhin  bei  der 
Kohlensäure  bemerkt  worden  ist,  so  würde  schon  ein  Kreis 
von  vielen  Meilen  Durchmesser  der  Erdoberfläche  über  dem 
Explosionsheerd  gewaltig  erschüttert  und  umgestaltet  werden. 
Dass  die  Möglichkeit  der  Entstehung  solcher  Verbindungen 
in  dem  Erdinnern  vorhanden  ist,  geht  aus  dem  Auftreten  von 
Salzsäure  und  von  Salmiak,  also  von  dein  Vorhandensein  von 


90 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Chlor  und  von  Ammoniak,  den  Elementen  des  Chlorstickstoffs, 
bei  vulkanischen  Eruptionen  hervor.  Doch  mögen  diese  Hypo¬ 
thesen  zunächst  hier  nicht  weiter  erörtert  werden.  Das  traurige 
Bild  der  aus  dichtem  hellem  Marmor  erbauten  Kathedrale  zu 
Belem,  gleich  unterhalb  Lissabon  am  Tajo,  zeigt  in  davon 
stehen  gebliebenen  Besten  die  Verwüstung,  welche  das  welt¬ 
bekannte  Erdbeben  von  Lissabon  angerichtet  hat  und  würde 
eines  überwältigenden  Eindrucks  nicht  verfehlen,  wenn  man 
den  Dom  vor  seiner  Zerstörung  gesehen  hätte. 

Die  Macht  der  bei  Erdbeben  thätigen  Gewalten  zeigte 
der  Vortragende  den  anwesenden  Herren  in  der  Sitzung  durch 
Vorlage  eines  Buches,  welches  ihm  durch  Herrn  Geschäfts¬ 
führer  Emil  Schrödter  vom  Verein  deutscher  Eisenhüttenleute 
freundlichst  überlassen  worden  war.  Es  handelt  über  das  Erd¬ 
beben  in  Japan  1891  und  hat  den  Titel: 

The  great  earthquake  of  Japan  1891  by  John  Milne  and 
W.  K.  Burton,  with  30  plates  by  K.  Ogawa.  Second  edition, 
publislied  in  Yokohama  by  Laue  Crawford  &  Co.  printed  in 
Tokyo. 

Das  Buch  hat  grossquerfolio  Format,  ist  typographisch 
aufs  vorzüglichste  ausgeführt,  auf  feinem  japanischem  Papier 
gedruckt.  Die  Abbildungen  sind  Lichtdrucke  nach  grossen 
scharf  entwickelten  Photographien ;  sie  gewähren  im  Zusammen¬ 
hang  mit  der  Beschreibung  unterrichtende  Anschauung  der 
Wirkungen  dieses  in  weiter  Ausdehnung  aufgetretenen  Erd¬ 
bebens. 

Man  sieht  auf  einem  Bilde,  wie  eine  Eisenbahn  quer  gegen 
deren  Richtung  hin  und  her  geschoben  wurde,  so  dass  das 
Geleise  in  zwei  Schlangenlinien  erscheint,  wobei  die  Bahn¬ 
damm-Böschungen  klaffende  Spalten  im  Erdboden  bald  rechts, 
bald  links  zeigen* 

Auf  zwei  anderen  Bildern  zeigt  sich  die  lange  vortreff¬ 
lich  construirte  Eisenbahn-Gitterbrücke,  in  fünf  weiten  Jochen 
über  den  Nagara  gawa  gespannt  gewesen.  An  einigen  Pfei¬ 
lern  sind  die  starken  dicken  Tragsäulen,  aus  Gusseisen  mit 
Beton  gefüllt,  quer  durch  in  mehrere  Stücke  zerbrochen, 
gleich  wie  ein  Kind  seinen  Schreibgriffel  in  viele  Stücke  zu 
zerbrechen  im  Stande  ist.  Die  Brückenjoche  sind  dann  in  das 
Flussbett  gestürzt.  Ueber  einem  beim  Bruch  aufrecht  stehen 
gebliebenen  Pfeilerstücke  hängen  die  verlaschten  Schienen  des 
Brückengeleises,  aus  den  Verschraubungen  auf  den  Schwellen 
heraus  gerissen,  wie  die  Stangen  einer  Drahtseilbahn  in  der 
Luft  schwebend.  Der  früher  zu  der  Brücke  führende  Eisen¬ 
bahndamm  ist  verschwunden,  versunken.  Die  darüber  führenden 


Allgemeine  Sitzung  vom  7.  November  1892. 


97 


Schienen  mit  darunter  liegenden  Schwellen  hangen  wie  eine 
Kette  frei  schwebend  im  leeren  Raume.  Die  felsigen  Fluss¬ 
ufer  sind  tief  eingeklüftet,  zerrissen,  in  schwere  Felsblöcke 
zertheilt,  welche  streifenweise  nochmals  wieder  gehoben  er¬ 
scheinen.  (Ein  ähnliches  Trümmerfeld  ist  in  den  Rüder  sdorfer 
Kalkbergen  bei  Berlin  zu  sehen,  wenn  dort  im  Winter  eine 
ganze  Felswand  unterminirt  wird  und  die  stehen  gebliebenen 
Pfeiler,  jeder  mit  einem  starken  Schuss  besetzt,  gleichzeitig  ge¬ 
sprengt  werden,  wobei  dann  die  ganze  Felswand  um  die  Höhe 
der  Pfeiler  niederstürzt  und  die  Gesteinschichten  zerbrechen 
und  zerklüften,  unter  donnerndem  Getöse.) 

Die  Bilder  von  einer  Baumwoll-Spinnerei,  aus  festem 
Mauerwerk  erbaut,  zeigen  eine  grausige  Zerstörung  an  Ge¬ 
bäuden,  an  darin  aufgestellt  gewesenen  Maschinen  und  einem 
zersplitterten  Schornstein,  während  ein  anderes  Bild  ein  aus 
Bambusstäben  aufgeführtes  grösseres  Gebäude  zeigt,  welches 
den  Erd  Schwankungen  hat  nachgeben  können  und  anscheinend 
wenig  beschädigt  aufrecht  stehen  geblieben  ist. 

Wieder  andere  Bilder  zeigen  Eisenbahnbrücken  mit  ge¬ 
mauerten  Steinpfeilern,  die  nach  rechts  und  links  sich  neigten, 
dabei  von  senkrechten  Rissen  von  oben  bis  unten  und  von 
horizontalen  Verschiebungen  in  den  Mauerfugen  durchzogen  sind. 

Ein  Bild  bringet  einen  Blick  in  das  reich  angebaute  Neo¬ 
thal  mit  sorgfältig  angelegten  Plantagen  und  schönen  Baum¬ 
pflanzungen.  Mitten  durch  diese  hindurch  von  dem  Vorder¬ 
gründe  zu  dem  Hintergründe  des  Bildes  zeigend,  führte  früher 
ein  breiter  grader  ebener  Fahrweg.  In  der  vorderen  Hälfte 
des  Bildes  zeigt  sich  jetzt  eine,  den  Fahrweg  quer  abschneidende, 
durch  die  ganze  Landschaft  von  rechts  nach  links  ziehende 
Vertiefung,  während  der  hintere  Theil  des  Thaies  stehen  ge¬ 
blieben  ist  oder  gar  gehoben  wurde.  Der  Beschreibung  nach 
erstreckt  sich  diese  senkrechte  Verschiebung  der  Erdoberfläche 
bei  einem  Höhen-Unterschiede  der  beiden  getrennten  Ober¬ 
flächen  von  20  bis  25  Fuss,  auf  eine  Länge  von  mehr  wie 
vierzig  Meilen!  Genau  die  Länge  der  Bahn  von  Bonn  bis 
Bingen. 

Man  kann  die  bei  solchen  Erdbewegungen  wirksamen 
Kräfte  nicht  schätzen,  da  nicht  zu  ermitteln  ist,  wo  deren  Sitz 
und  Ausgangspunkt  im  Erdinnern  sich  befindet;  das  Gewicht 
der  bewegten  Massen  ist  nicht  zu  berechnen. 

Der  Vortragende  knüpft  an  diese  Bilder  die  Erklärung 
der  ihm  in  seiner  früheren  Thätigkeit  beim  Grubenbetrieb  in 
Nassau  besonders,  dann  auch  in  den  Kohlenzechen  an  der  Ruhr, 
oft  begegneten  Erscheinungen :  von  Verwerfungen  und  von 
Sitzungsber.  (1er  niederrhein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1892,  7  A, 


98 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Rutschungen  in  den  Gesteinschichten,  in  den  Erzlagern  und 
in  den  Steinkohlentiötzen,  sowie  von  Zertrümmerungen  der¬ 
selben.  Diese  Erscheinungen  sind  nun  kein  Räthsel  mehr  für 
ihn,  sowenig  wie  die  Bilder  der  Faltungen,  Knickungen  und 
Verschiebungen  in  den  Gesteinschichten  an  den  Gebirgsufern 
von  Bonn  bis  Bingen. 


Sitzung'  <lor  naturwissenschaftlichen  Sektion 
vom  14.  November  1892. 

Vorsitzender:  Prof.  Ludwig. 

Anwesend  28  Mitglieder,  1  Gast. 

Als  Mitglieder  werden  aufgenommen  die  Herren  Gymnasial¬ 
lehrer  Dr.  Kiel,  Oberberghauptmann  a.  D.  Exzellenz  Dr. 
Huyssen,  Berghauptmann  Eilert,  Dr.  Overzier,  Oberberg¬ 
rath  H  a  s  s  1  a  c  h  e  r. 

Der  Antrag  des  Redakteurs  der  Neuen  Bonner  Zeitung, 
Dr.  Over  zier,  kurze  Berichte  über  die  Sitzungen  auch  in  der 
Neuen  Bonner  Zeitung  erscheinen  zu  lassen,  wird  auf  Vorschlag 
des  Herrn  Landgerichtspräsidenten  Scho  r  n  abgelehnt. 

Die  Sektion  beschliesst  vorläufig,  das  75jährige  Bestehen 
der  Gesellschaft  durch  eine  Festsitzung  im  Monate  Juli  1893 
mit  erweiterten  Sitzungsberichten  und  etwa  einem  Festessen 
zu  feiern  und  ermächtigt  den  Vorsitzenden,  wegen  dieser 
Frage  sich  mit  der  medizinischen  Sektion  ins  Einvernehmen 
zu  setzen. 

Ueber  die  Frage  der  Neubeschaffung'  von  Diplomen  ver¬ 
schiebt  die  Sektion  einen  Beschluss,  bis  sie  Kenntniss  von  den 
Kosten  des  Neudruckes  der  alten  Diplome  und  der  von  der 
medizinischen  Sektion  in  Vorschlag  gebrachten  neuen  Form 
erhalten  hat. 

Der  Vorsitzende  legt  noch  die  vom  Ausschuss  für  Er¬ 
richtung  des  Rob.  May  er -Denkmals  ergangene  Einladung 
zur  Enthüllungsfeier  vor. 

Prof.  R  e  i  n  legte  den  ersten  Band  seiner  illustrirten 
„Geographischen  und  naturwissenschaftlichen  Abhandlungen“ 
vor,  der  zur  vierhundertjährigen  Feier  der  Entdeckung  Ame¬ 
rikas  erschienen  ist  und  ausser  einer  Geschichte  von  Columbus’ 
Leben  und  Entdeckungsreisen  auch  eine  Anzahl  Artikel  über 
die  Natur  und  hervorragendsten  Erzeugnisse  Spaniens  enthält. 


Sitzung  der  naturw.  Sektion  vom  14.  November  1892.  99 


Zu  diesen  Studien  gehört  auch  eine  Abhandlung  über  Kork 
und  Korkeiche.  Der  Vortragende  hatte  von  seiner  diesjährigen 
spanischen  Reise  Zweige  der  letztem  mitgebracht  und  erläuterte 
beim  Vorzeigen  derselben  die  drei  Arten  ihrer  Fruchtbildung. 
Hierauf  wandte  sich  derselbe  zu  einer  kurzen  Besprechung  der 
spanischen  Mittelmeerküste  zwischen  Cabo  de  Gata  und  Gibraltar, 
und  insbesondere  der  Strecke  von  Motril  bis  Malaga,  die  unter 
allen  Gebieten  Europas  die  mildesten  Winter  aufweist,  ein  sub¬ 
tropisches  Klima,  in  welchem  mit  Hülfe  künstlicher  Bewässerung 
während  des  trockenen  Sommers  auf  dem  fruchtbaren  Alluvial¬ 
boden  der  kleinen  Ebenen  von  Motril,  Salobrena,  Almunecar, 
Nerja,  Torox,  Velez-Mälaga  und  Malaga  von  tropischen  Obst¬ 
sorten  die  Banane  ( Musa  sapientium)  und  die  Chirimoya  ( Anona 
cherimolia)  gedeihen,  von  Feldfrüchten  aber  vornehmlich  das 
Zuckerrohr  und  die  Batate  gezogen  werden.  Drei  klimatische 
Vorzüge  des  Winters  ermöglichen  dies,  nämlich  eine  starke 
Besonnung-,  entsprechend  der  südlichen  Lage,  die  Fernhaltung 
der  kalten  nördlichen  Winde  durch  vorgelagerte  Gebirgsketten 
und  ein  ansehnliches  Mass  der  durch  Regen  freiwerdenden 
Wärme.  Dieser  letzte  Vortheil  geht  dem  andalusisehen  Tieflande 
sowie  der  spanischen  Ostküste  infolge  der  viel  geringem  Nieder  - 
schlagmengen  zum  Tlieil  ab.  Die  fast  immer  schnee-  und  eis¬ 
freien  Winter  kommen  auch  mehrern  grossen  Ziergärten  zugute, 
unter  denen  eine  halbe  Stunde  von  Malaga  die  beiden  benach¬ 
barten  San  Jose  und  La  Concepcion  besonders  hervorragen. 
Keine  derartige  Anlage  im  weiten  Mittelmeergebiete  dürfte 
diese  hinsichtlich  der  Mannigfaltigkeit  und  Ueppigkeit  sowie 
der  geschmackvollen  Gruppirung  ihrer  Pflanzenformen  über¬ 
treffen.  Hier  findet  man  Gewächse  aus  allen  subtropischen 
Ländern  der  Erde,  vergesellschaftet  mit  vielen  aus  den  heissen, 
darunter  nicht  wenige,  welche  an  Grösse  und  Schönheit  der 
Entwicklung  in  Europa  wohl  einzig  dastehen.  Der  Vortragende 
erwähnte  als  solche  u.  a.  eine  Schotia  latifolia  aus  Natal,  von 
der  er  reife  Hülsen  mit  interessanten  Samenmänteln  vorlegt,  und 
die  bekannte  Tanne  der  Norfolk-Insel  (. Araucaria  excelsä).  Er 
zeigte  den  Zapfen  eines  Baumes  dieser  Art  vor,  der  in  La  Con¬ 
cepcion  eine  Höhe  von  30—35  m  erreicht  hat  und  einen  Stamm¬ 
umfang  von  2,74  in,  der  dabei  noch  nichts  von  seiner  symme¬ 
trischen  Gestalt  und  seinem  schönen  Grün  eingebüsst  hat.  Mit 
einer  Uebersicht  über  die  geographische  Verbreitung  der  sieben 
Araucaria-Arten  schloss  Redner  seine  Mittheilungen. 

Prof.  Bertkau  legte  der  Gesellschaft  vor  das  Werk  von 
E.  Wasmann,  S.  J. :  Die  zusammengesetzten  Nester 


100 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


und  gemischten  Kolonieen  der  Ameisen;  Münster  i.  W. 
1891.  —  Der  Verfasser  hat  seit  mehr  als  10  Jahren  seine  ein¬ 
gehenden  Studien  den  Ameisen  zugewandt  und  in  einer  Reihe 
von  Aufsätzen  und  Abhandlungen  die  Ergebnisse  seiner  Be¬ 
obachtungen  über  das  gegenseitige  Verhältnis«  niederlegt,  in 
dem  die  Ameisen  zu  den  zahlreichen  bei  ihnen  leben¬ 
den  Arthropoden,  namentlich  Käfern,  stehen.  In 
dem  vorliegenden  Werke  werden  die  g  e  s  e  1 1  i  g  e  n  Bezie¬ 
hungen  der  Ameisen  untereinander  behandelt, 
wie  sie  sich  in  den  zusammengesetzten  Nestern  und  den 
gemischten  Kolonieen  zeigen.  Ein  zusammengesetztes  Nest 
ist  ein  von  verschiedenen  Ameisenhaushaltungen  bewohntes 
Nest;  zusammengesetzte  Kolonieen  sind  Ameisenhaushaltungen, 
die  aus  Angehörigen  verschiedener  Ameisenarten  bestehen.  In 
Deutschland  kommen  zwei  gesetzinässig  zusammengesetzte 
Ameisennester  vor.  S olenopsis  fugax  legt  seine  Nester 
unter  oder  in  der  unmittelbarsten  Nachbarschaft  von  den  Nestern 
grösserer  Arten:  Formica  rufa,  s  an  guinea,  pratensis ;  Polyergus 
rufescens ;  Myrmica  scabrinodis,  lobicornis  an.  Von  hier  aus 
brechen  sie  in  den  von  jenen  bewohnten  Theil  des  Nestes  ein 
und  richten  unter  den  Puppen  und  den  jungen,  noch  weichen 
Ameisen  grosse  Verheerungen  an.  Ihre  grosse  Zahl,  ihre  Kühn¬ 
heit  und  ihr  wirksames  Gift  macht  sie  dabei  zu  einem  furcht¬ 
baren  Feinde  des  ihnen  an  Grösse  und  Körperkraft  vielmal 
überlegenen  Gegners,  der  ihnen  in  ihren  engen  Gängen  zudem 
nicht  nachfolgen  kann.  Während  so  Solenopsis  fugax  zu  den 
genannten  grösseren  Arten  im  Verhältniss  eines  Räubers  und 
Einbrechers  steht  (D  i  e  b  s  a  m  e  i  s  e),  herrscht  zwischen  den 
zweierlei  Insassen  eines  zweiten  gemischten  Nestes  ein  fried¬ 
licheres  Verhältniss:  zwischen  Formicoxenus  nitidulus  und 
Formica  rufa  und  pratensis,  in  deren  Nestern  erster  er  wohnt. 
Der  Formicoxenus  ist  noch  dadurch  interessant,  dass  die  Männ¬ 
chen  ungeflügelt  sind.  Sie  bilden  kleine  Kolonieen,  die  ihre  Ne¬ 
ster  innerhalb  der  Wände  und  Säulen,  welche  die  Gänge  in  dem 
Formica-Nest  trennen,  anlegen.  Ihren  Wirthen  fügen  sie  keinerlei 
Schaden  zu,  und  werden  von  diesen  geduldet,  bezw.  unbeachtet 
gelassen;  die  grössere  Wärme  in  dem  Formica-Nest  ist  wahr¬ 
scheinlich  das  einzige,  was  Formicoxenus  in  denselben  sucht. 
Sie  ist  ein  regelmässiger,  aber  kein  echter  Gast  von  For¬ 
mica,  indem  sie  von  letzterer  Art  nicht,  wie  die  echten  Gäste 
unter  den  Käfern,  gepflegt  wird. 

Weit  mannigfaltiger  als  in  den  zusammengesetzten  Nestern 
sind  die  Verhältnisse  in  den  gemischten  Kolonieen.  Diese 
bestehen  aus  Herren  und  (Sklaven,  besser)  Hülfsameisen.  In 


Sitzung  der  naturw.  Sektion  vorn  14.  November  1892.  101 


den  meisten  und  den  am  besten  bekannten  gemischten  Kolo- 
nieen  sind  von  den  Herren  alle  3  Kasten  (Männchen,  Weibchen 
und  Arbeiter),  von  den  Hülfsameisen  nur  die  Arbeiter  ver¬ 
treten.  Herren  und  Hülfsarbeiter  gehören  meist  als  nahe  syste¬ 
matische  Verwandte  zusammen,  und  es  herrscht  zwischen  ihnen 
hinsichtlich  der  Körpergrösse  kein  so  grosser  Unterschied  wie 
zwischen  den  Bewohnern  zusammeng*esetzter  Nester.  Mit  Rück¬ 
sicht  auf  das  Abhängigkeitsverhältniss,  in  dem  die  Herren  zu 
ihren  Hülfsameisen  stehen,  lassen  sich  3  Gruppen  unterscheiden: 

1.  Die  Herren  sind  unabhängig  von  ihren  Hülfsameisen ; 
die  Arbeiterform  der  Herren  hat  eine  gezähnte  Kaulade. 

2.  Die  Herren  sind  wesentlich  abhängig  von  den 
Hülfsameisen ;  die  Arbeiterform  der  ersteren  haben  sichelförmige 
Mandibeln. 

3.  Die  Herren  sind  ganz  und  gar  abhängig  von  ihren 
Gehülfen;  sie  haben  selbst  keine  Arbeiterform. 

In  die  erste  Kategorie  gehört  Formica  sanguinea ,  welche 
als  Gehülfen  die  Arbeiter  von  F.  fusca  und  rufibar  bis  benutzt, 
die  als  Puppen  geraubt  werden.  Es  kann  F.  sanguinea  auch 
ohne  die  fremden  Arbeiter  bestehen  und  auch  neue  Kolonieen 
gründen.  Aber  F.  fusca  und  rufibarbis  sind  geschicktere  Bau¬ 
meister  und  sorgsamere  Pfleger  der  jungen  Brut,  und  eine  ge¬ 
mischte  Kolonie  gedeiht  daher  besser. 

In  die  zweite  Kategorie  gehört  zunächst  Polyergus  ru¬ 
fescens ,  der  ebenfalls  Formica  fusca  und  rufibarbis  als  Hülfs¬ 
ameisen  hält;  die  letzteren  machen  7/8  1111  d  mehr  der  Bevöl¬ 
kerung*  aus.  Sie  lassen  sich  gewöhnlich  von  ihren  Sklaven 
füttern.  Ihre  Mundtheile  sind  rückgebildet,'  freilich  nicht  so, 


dass  sie  nicht  selbst  Nahrung*  zu  sich  nehmen  könnten. 


Aber 


auf  längere  Zeit  kann  ein  Pol.  rufescens  auch  sein  individuelles 
Leben  ohne  fremde  Hülfe  nicht  fristen,  und  zur  Anlage  der 
Bauten  und  gar  zur  Erziehung  der  Brut  sind  die  Hülfsameisen 


unentbehrlich.  Eine  neue  Kolonie  von  Pol.  rufescens  kommt 
wahrscheinlich  durch  ein  Bündniss  eines  befruchteten  Polyergus- 
Weibchens  mit  mehreren  Arbeiterinnen  von  F.  fusca  bezw. 
rufibarbis  zu  Stande. 

Hierher  gehört  ferner  Str  ongylo  g  nathus  testaceus, 
bei  dem  Tetramorium  caespitum  Dienste  leistet.  Der  Herr 
trägt  zwar  auch  ein  kriegerisches  Gebahren  zur  Schau,  Avie 
F.  sanguinea  und  Polyergus  rufescens ,  aber  er  ist  nicht  kräftig* 
und  muss  selbst  bei  den  Raubzügen  die  Hauptarbeit  seinen 
Sklaven  überlassen.  Zur  Noth  kann  sich  das  einzelne  Individuum 
von  Str.  testaceus  am  Leben  erhalten  ohne  fremde  Hülfe;  zur 
Erziehung  der  Brut  ist  aber  Tetr.  caespitum  unbedingt  erforder- 


102 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


lieh.  Die  Zahl  der  letzteren  ist  10  bis  40  Mal  so  gross  als  die 
der  Herren.  Da  Was  mann  einmal  ein  befruchtetes  Weibchen 
der  letzteren  Art  neben  den  Arbeitern  in  einem  Strongylognathus- 
Nest  fand,  so  vermuthet  er,  dass  eine  Kolonie  der  letzteren 
durch  ein  Bündniss  zweier  befruchteter  Weibchen  beider  Arten 
entsteht. 


Eine  in  Schweden  vorkommende  Sklavenhaltende  Art 
weicht  insofern  von  den  bisherigen  ab,  als  sie  selbst  nur  in 
der  Arbeiterform  bekannt  ist,  während  von  ihrer  Sklavin  alle 
3  Kasten  in  der  gemischten  Kolonie  vertreten  sind.  Der  Tomo- 
gnathus  sublaevis  hält  als  Hülfsameisen  Leptothorax  acer- 
vorum.  Was  mann  vermuthet  aber,  dass  die  Männchen  von 
Tomognathus  wie  die  von  Formicoxenus  ungeflügelt  und  da¬ 
her  bis  jetzt  übersehen  sind,  während  unter  den  Arbeitern  sich 
auch  Eier  legende  Weibchen  befinden;  auf  diese  Weise  würde 
die  sonst  schwer  zu  lösende  Frage,  wie  Tomognathus  sich  fort¬ 
pflanze,  die  befriedigendste  Antwort  finden. 

In  die  dritte  Kategorie  gehört  An  erg  a  tes  atratulus, 
der  selbst  keine  Arbeiterform  hat  und  von  Tetramorium  cae- 
spitimi  bedient  wird.  Eine  solche  Kolonie  enthält  ausser  den 
beiden  Geschlechtern  von  Anergates  atratulus  und  deren  Larven 
und  Puppen  nur  noch  Arbeiter,  keine  Larven  und  Puppen 
von  Tetr.  caespitum .  Die  Gründung  einer  neuen  Kolonie  geht 
hier  wahrscheinlich  so  vor  sich,  dass  ein  befruchtetes  Anergates- 
Weibchen  entweder  in  eine  Tetramorium- Kolonie,  die  ihre 
Königin  verloren  hat,  eindringt,  oder  sich  mit  Arbeiterinnen, 
die  sich  von  der  übrigen  Kolonie  getrennt  haben,  verbündet. 

An  die  in  vorstehenden  Zeilen  in  groben  Umrissen  ge¬ 
zeichnete  Mittheilung  der  Thatsachen  sind-  dann  2  interessante 
Kapitel,  Betrachtungen  zur  Psychologie  und  zur  Entwickelungs¬ 
geschichte  der  Ameisengesellschaften  enthaltend,  geknüpft,  die 
sich  ebenso  durch  ihre  vorsichtigen  Schlussfolgerungen,  wie 
die  Schilderung  der  Thatsachen  durch  ihre  genauen  und  sorg¬ 
fältigen  Beobachtungen  auszeichnen. 

Ferner  lieferte  derselbe  noch  einen  Nachtrag  zu  seiner 
Mittheilung  über  die  Giftspinne  Chiracanthium  nutrix 
(Sitzgsber.  1891,  S.  89  ff*.).  Derselbe  hatte  2  Weibchen  mit 
ihren  Eiersäckchen  bezw.  Jungen,  die  einzigen  Exemplare,  welche 
er  in  diesem  Sommer  auf  dem  Rochusberge  erbeutet  hatte,  an 
Prof.  Robert  geschickt.  Derselbe  schrieb:  „Ich  habe  die 
ganze  Gesellschaft  derselben  Prüfung  unterzogen,  welche  ich 
bei  den  russischen  Spinnen  und  bei  der  Kreuzspinne  so  oft  an¬ 
gewandt  habe.  Das  Ergebniss  derselben  war,  dass  Ihre  Spinnen 
völlig  ungiftig- es  Körper  ei  weiss  besitzen“.  Dieses  Er- 


Sitzung'  der  iiatiirw.  Sektion  vom  14.  November  1892.  103 

gebniss  ist  sehr  überraschend,  und  man  könnte  zur  Erklärung 
des  Gegensatzes  zwischen  den  Folgen  des  Bisses  und  der 
chemischen  Untersuchung  einmal  annehmen,  dass  das  Gift  zu 
verschiedenen  Zeiten  verschiedene  Wirkung  besitze.  Wahr¬ 
scheinlicher  aber  ist  mir,  dass  das  nach  der  Kobert’schen  Me¬ 
thode  dargestellte  Gift  nicht  das  Gift  der  Giftdrüse  ist  und 
dass  dieses  noch  unbekannt  ist;  Kobert  spricht  ja  auch  vor¬ 
sichtiger  Weise  von  dem  giftigen  oder  ungiftigen  Körper- 
eiweiss. 


Sitzung  der  natnrwissen seit aftlic heil  Sektion 
vom  5.  Dezember  1892. 

Vorsitzender:  Prof.  Ludwig. 

Anwesend  18  Mitglieder. 

Dr.  S  c  h  w  a  r  z  wird  als  ordentliches  Mitglied  aufge¬ 
nommen. 

Die  Sektion  beschliesst,  die  Diplome  in  der  früheren  Form 
neu  drucken  zu  lassen.  (Die  medizinische  Sektion  hat  in  ihrer 
Dezembersitzung  einen  entsprechenden  Beschluss  gefasst.) 

Es  fand  ferner  die  Vorstands  wähl  für  1893  statt;  dieselbe 
ergab  die  Wiederwahl  des  bisherigen  Vorstandes:  Prof.  Lud¬ 
wig  als  Direktor,  Bert  kau  als  Sekretär  und  Rendant. 

Prof.  Rein  erläutert  an  einem  Kartenentwurf  den  Unter¬ 
lauf  des  Guadalquivir  und  seine  Umgebungen.  Er  hebt  her¬ 
vor,  dass  das  schwache  Gefälle  und  die  starke  Flutbewe¬ 
gung  an  der  Küste  sich  auf  der  ganzen  80  km  langen  Strecke 
von  Sanlucar  bis  Sevilla  bemerkbar  machen  und  der  Haupt-, 
Stadt  Andalusiens  die  Vortheile  des  Seeverkehrs  gewähren,  so 
dass  Dampfschiffe  von  2500  Tonnen  bis  zu  ihr  gelangen.  Auf 
das  mächtige  Eindringen  der  Meeresflut  sind  auch  die  weit 
ausgedehnten  Salzsümpfe  oder  Marismas  zurückzuführen,  die 
sich  landein-  und  nordostwärts  der  Küstenanschwellungen  durch 
Dünensand  über  weite  Strecken  des  Grenzgebietes  der  Pro¬ 
vinzen  Cadiz,  Huelva  und  Sevilla  erstrecken  und  auch  die  bei¬ 
den  Flussinseln  Mayor  und  Menor  umfassen.  Die  umfangreiche 
Seesalzg’ewinnung  an  beiden  Ufern  des  Stromes  unterhalb  die¬ 
ser  Inseln  ist,  gleich  der  bei  San  Fernando  und  am  Odiel  bei 
Huelva,  ebenfalls  auf  das  Eindringen  des  Salzwassers  zur  Zeit 
der  Flut  gegründet.  Der  Vortragende  erläutert  das  dabei 
übliche  Verfahren  und  wendet  sich  dann  zur  Besprechung  des 


104 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 

grossen  Jagdreviers,  des  Goto  de  Ofmna,  im  Südosten  der  Pro¬ 
vinz  Huelva,  welches  sich  den  Marismen  am  unteren  Guadal¬ 
quivir  anschliesst.  Hier  kann  der  Liebhaber  ausser  vielen  Ge¬ 
genständen  der  niederen  Jagd  nicht  blos  Rot-  und  Schwarzwild, 
sondern  auch  verwilderte  Kameele  und  Esel  erlegen. 

Dr.  Voigt  legte  Karten  über  die  Verbreitung  von  Pla- 
naria  alpina  und  P.  gonocephala  im  Siebengebirge  und 
am  Feldberg  und  Altkönig  im  Taunus  vor.  P.  alpina  ist  häu¬ 
figer  als  Anfangs  angenommen  wurde,  denn  sie  findet  sich  an 
den  angegebenen  Orten  in  allen  Quellbächen,  ist  aber  stellen¬ 
weise  auf  die  kurze  Strecke  von  10—20  Schritt  von  der  Quelle 
abwärts  beschränkt,  während  sie  sich  in  anderen  Bächen  viele 
hundert  Schritt  hinab  vorfindet.  Weiterhin  trifft  man  dann 
allenthalben  sogleich  auf  P.  gonocephala ,  welche  oben,  im  Ge¬ 
biet  der  P.  alpina,  fehlt,  nach  unten  aber  auch  in  den  grösseren 
Bächen  in  ansehnlicher  Menge  bis  dahin  vorhanden  ist,  wo  das 
klare  Bergwasser  durch  die  Abflüsse  menschlicher  Ansiedelun¬ 
gen  schlammig  und  für  Planarien  unbewohnbar  gemacht  wird. 
Ein  Blick  auf  die  vorgelegten  Karten  lässt  ohne  weiteres  er¬ 
kennen,  dass  wir  es  hier  nicht  wie  bei  anderen  Turbellarien- 
arten  mit  einer  regellosen,  sporadischen,  durch  häufige  Ver¬ 
schleppung  zu  erklärenden  Verbreitung  zu  tliun  haben,  sondern 
dass  ohne  Zweifel  ein  allmähliches  Aufwärtswandern  der  P. 
gonocephala  stattgefunden  hat,  wodurch  die  schwächere,  früher 
über  das  ganze  Gebiet  verbreitete  P.  alpina  in  die  obersten 
Th  eile  der  Quellbäche  zurück  gedrängt  und  so  auf  gegenwärtig 
völlig  von  einander  getrennte  Fundstellen  lokalisirt  wurde. 
Dass  es  nicht  die  Wassertemperatur  ist,  welche  die  obere  Grenze 
der  Verbreitung  von  P.  gonocephala  bestimmt,  haben  mehrfache 
in  verschiedenen  Monaten  vorgenommene  Temperaturmessun¬ 
gen  ergeben.  Hierüber  und  über  die  Frage,  wie  weit  Kennels 
Ansicht,  dass  P.  alpina  ein  Relikt  aus  der  Glacialzeit  sei,  durch 
die  vorliegenden  Untersuchungen  gestützt  wird,  soll  später  an 
andererStelle  berichtet  werden,  da  der  Vortragende  die  Karten 
nach  Abschluss  einiger  weiteren  faunistischen  Untersuchungen 
zu  veröffentlichen  gedenkt. 

Gelegentlich  einer  Exkursion  nach  dem  Ostabhang  des 
Hunsrücks  wurde  festgestellt,  dass  die  in  den  Quellbächen  ober¬ 
halb  Steeg  (westlich  von  Bacharach)  vorkommende  Po lycelis 
cornuta  durch  Planaria  gonocephala  in  gleicher  Weise  auf 
das  Anfangsgebiet  dieser  Bäche  lokalisirt  worden  ist. 

Prof.  Pohlig  legt  vor:  1)  H.  Pohlig,  „altpermische 


Sitzung1  der  naturw.  Sektion  vom  5.  Dezember  1892.  105 


Fische,  Saurierfährten  und  Medusen  der  Gegend  von 
Friedrichroda  i.  Thür.“,  mit  Lichtdrucktafel,  in  Folio  (Festschrift 
Leipzig',  Engelmann,  1892),  desgl.  einige  Originale  zu  den  Abbil¬ 
dungen  in  dieser  Schrift.  Es  finden  sich  darin  beschrieben  und 
abgebildet:  die  Ganoidfische  Lepidopterus  crassus  Pohl,  und 
Amblypterus  (eupterygius)  Traquairi  Pohl.;  die  Fussstapfen 
„eotetrapoder“  Vierfüssler  Ichniotherium  Cottae  Pohl,  und  Pro- 
tritonichnites  lacertoides  Gei.;  die  Scheibenqualle  Medusites 
atavus  Pohl.  Zu  Lepidopterus  zählt  der  Verfasser  auch  die, 
von  Agassiz  zu  Palaeonisus  genommene,  neuerdings  mit 
Amblypterus  vereinigte  Gruppe  des  L.  Duvernoyi  Ag*.  —  2)  Es 
liegt  ferner  vor:  ein  Kelt  oder  Steinbeil,  neolithisch,  aus 
Thüringen,  m  i  t  an  gefangen  er  Durclibo  h  r  u  n  g  in 
Form  eines  eingegrabenen  Kreises,  was  an  einem  vollständigen 
solchen  Steingeräth  äusserst  selten  ist.  In  der  grössten  Samm¬ 
lung  derartiger  Gegenstände,  zu  Stockholm,  sind  nur  2  oder  3 
ähnliche  Stücke,  an  welchen  die  Durchbohrung  weiter  fortge¬ 
schritten  ist.  —  3)  Neu  ist  der  Nachweis  von  Pinus  silvestris  in 
Zapfenabdrücken  aus  dem  thüringischen  Tra¬ 
vertin  des  oberen  M  i  1 1  e  1  p  1  i  s  t  o  c  a  e  n  s,  mit  Elephas 
antiquus,  von  Weimar;  diese  Ergänzung’  der  ausführlichen  von 
Pohlig  an  dieser  Stelle  1885  gegebenen  Nachweise  von  Pflan¬ 
zen  und  Thieren  aus  jenen  Süsswasserkalken  war  zu  erwar¬ 
ten,  da  die  den  letzteren  nahe  äquivalenten  „Schieferkohlen“ 
der  Alpen,  von  Uznach  bei  Zürich  etc.,  grossentheils  aus  Resten 
von  Kiefer  gebildet  sind.  —  4)  Ausserdem  werden  die  neuesten 
grossen  Phot  o'g  r  a  p  h  i  e  e  n  V.  S  e  1 1  a  ’s  in  Biella  (Piemont) 
vorgezeigt,  von  Dolomiten  und  G  1  e  t  s  c  h  e  r  g  e  g  e  n  d  e  n 
der  Alpen.  Von  diesen  zum  Theil  geologisch  sehr  bemerkens- 
werthen  Aufnahmen  sind  unzweifelhaft  in  Technik  und  Auswahl 
einige  das  Bedeutendste,  was  bisher  auf  dem  Gebiete  der  Land¬ 
schaftsphotographie  überhaupt  in  Europa  geleistet  worden  ist.  — 
5)  Eine  Doctor-Dissertation  von  Halle,  1891,  betitelt:  „Der 
Jura  am  0  s  t  u  f  e  r  des  Urmiahse.es“  konnte  desslialb 
nicht  eher  vorgelegt  werden,  weil  Pohlig  erst  jetzt  (durch 
einen  Antiquariatskatalog)  von  der  Schrift  erfahren  konnte. 
In  derselben  ist  gar  nicht  erwähnt,  dass  •  das  ihr  im  Wesent¬ 
lichen  zu  Grunde  liegende  Material  von  Pohlig  gesammelt 
wurde,  —  was  der  Verfasser  vielleicht  nicht  wusste,  sicher 
aber  sein  jugendlicher  Berather,  ein  früherer  Zuhörer  Pohlig’s. 
Letzterer  sammelte  die  betreffenden  Gegenstände  auf  seiner 
persischen  Reise  1884,  fast  unter  eigener  Lebensgefahr,  und 
überwies  sje  dem  Museum  in  Halle,  berichtete  auch  über  einen 
Theil  derselben  in  diese  n  Berichten  1884  und  1885,  was  in 


106 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


jener  Dissertation  auch  nicht  berücksichtigt  ist.  Dieselbe 
lässt  daher  den  wichtigsten,  allein  für  Jura  völlig  Ausschlag 
gebenden  Punkt,  den  Nachweis  von  Aptychus  lameUosus  aus 
Nordpersien  durch  Pohlig,  jganz  weg  und  stellt  für  des  letz¬ 
teren  Benennungen  Perisphinctes  persicus  und  Schlönbachia 
Fritschi ,  die  1.  c.  wohlcharakterisirt  sind,  andere,  sonach  z  u  - 
nächst  dort  zu  streichende  Namen  P.  curvicosta  und  Harpoceras 
Atropatenes  auf.  Die  grosse  Uebereinstimmung  von  Schlön¬ 
bachia  Fritschi  Pohl,  mit  Harpoceras  radians  hatte  Pohlig 
schon  hervorgehoben;  indess  liegen  die  Schichten  mit  diesem 
Ammoniten  bei  Maragha  offenbar  über  oberem  Jura,  unter 
normalen  Verhältnissen,  können  also  nicht  wohl  Lias  sein! 
Auch  ist  die  Uebereinstimmung  des  A.  mit  manchen  „Cristaten“ 
der  europäischen  und  indischen  Kreide  {A.  propinquus  Stol., 
und  Palaeontologia  indica  3,  1  pl.  XXX,  Fig.  5  etc.)  etwa  gleich 
gross,  wie  mit  Harpoceras.  —  Pohlig  war  der  erst  e,  w  e  1- 
c  h  e  r  das  Vorkommen  von  Jura  und  v  o  n  A  m  m  o- 
n  i  t  e  n  aus  demselben,  —  sowohl  f  ür  No  r  d  p  e  r- 
s  i  e  n ,  wie  für  Mexico  —  in  diesen  Berichten  1885 
n  a  c  hgewiesen  und  entdeckt  hat;  erst  durch  sein  e  münd¬ 
lichen  oder  schriftlichen  Mittheilungen  angeleitet  sind  dann 
Andere  in  seine  Fussstapfen  getreten  und  haben  weiteres  Ma¬ 
terial  gesammelt.  Die  vorliegende  Dissertation  ist  mit  guten 
Lichtdrucktafeln* ausgestattet  und  sonst  im  Ganzen  sorgfältig 
gearbeitet,  was  man  von  dem  vorher  erschienenen  W  i  e  n  e  r 
Elaborat  über  denselben  Gegenstand  leider  nicht  sagen  kann. 


B.  Sitzungen  der  medicinischen  Sektion 


Sitzung  vom  18.  Januar  1892. 

Vorsitzender:  Prof.  Schultze. 

Anwesend:  28  Mitglieder. 

Dr.  Rosenzweig  in  Bonn  wird  als  ordentliches  Mitglied 
aufgenommen. 


1.  Dr.  B  o  h  1  a  n  d  stellt  einen  Fall  von  Empyem  vor,  welcher 
mit  der  Bülau’schen  Methode  behandelt  wurde. 

M.  H. !  Ich  wollte  mir  erlauben,  Ihnen  hier  einen  Mann 
vorzustellen,  der  an  einem  linksseitigen  Empyem  litt,  das  wir  nach 
der  Bülau’schen  Methode  der  Heberdrainage  behandelt  haben. 

Die  Anamnese  ergibt  folgendes:  Der  Mann  stammt  aus 
ganz  gesunder  Familie,  in  der  Fälle  von  Tuberculose  bisher 
nicht  vorgekommen  sind.  Patient  hat  vor  19  Jahre  angeblich 
Typhus  exanth.  durchgemacht,  war  sonst  stets  gesund  und  ist 
im  Jahre  1873  zum  Militär  eingetreten.  Kurz  nach  seiner 
Dienstzeit,  also  1876/77,  erkrankte  er  an  Husten  und  hustete 
dabei  grössere  Mengen  Blut  aus ;  nach  3  Monaten  waren  alle 
Erscheinungen  geschwunden. 

Im  Winter  1888/89  erkrankte  Patient  abermals  an  Husten 
und  abermals  trat  so  heftige  Haemoptoe  ein,  so  dass  Blut  ihm 
aus  Mund  und  Nase  hervorquoll.  Im  Mai  1890  stellte  sich  mit 
hohem  Fieber  eine  Rippenfellentzündung  ein. 

Patient  blieb  krank  und  fast  stets  bettlägerig-,  dabei 
wurde,  wie  Patient  deutlich  verfolgen  konnte,  die  linke  Seite 
stets  dicker.  Weihnachten  1890  constatirte  der  behandelnde 
College  durch  Probepunction,  dass  es  sich  um  eine  eitrige 
Pleuritis  handelte,  die  wohl  damals  schon  längere  Zeit,  vielleicht 
seit  Mai  (also  7  Monate)  bestanden  hat.  Erst  im  Juli  1891  kam 
der  Patient,  der  bis  dahin  stets  arbeitsunfähig  gewesen,  in  die 
Klinik,  wo  wir  folgenden  Status  aufnehmen  konnten. 

Der  Patient  zeigte  besonders  bei  Bewegungen  eine  hoch¬ 
gradige  Dyspnoe  (42  Athemzüge  in  der  Ruhe  in  der  Minute). 

Auf  der  linken  Seite  überall  absolute  Dämpfung  mit  sehr 
stark  abgeschwächtem  Athmen.  Links  oben  war  Bronchial- 
athmen  zu  hören.  Herz  derart  nach  links  verdrängt,  dass  die 
Pulsationen  noch  in  der  vorderen  rechten  Axillarlinie  zu  fühlen 

Sitzungsber.  der  niederrhein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1892.  1B. 


2 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


waren.  Herzdämpfung  begann  R.  am  Oberrand  der  4.  Rippe 
und  reichte  eben  bis  zur  vorderen  Axillarlinie;  links  oben  ging 
die  Dämpfung  über  das  Sternum  2  cm  nach  Rechts  hinaus.  Le¬ 
ber  natürlich  nach  unten  verlagert.  Kein  Pneumothorax  vor¬ 
handen.  Es  bestand  kein  Fieber;  ausser  geringen  Oedemen 
an  den  Beinen  keine  weitere  Complication  nachzuweisen. 

Wir  machten  nun  am  5.  Juli  die  Heberdrainage,  der 
Druck  in  der  Pleurahöhle  war  so  gross,  dass  der  Eiter  auf 
P/2  Meter  hin  an  die  Wand  spritzte;  es  wurden  12  Liter  Eiter 
in  den  nächsten  2  Tagen  entleert.  Erst  nach  12  Tagen  kehrte 
mit  fühlbarem  Ruck  unter  heftigen  Schmerzen  und  Athemnoth 
das  Herz  in  seine  alte  Lage  zurück.  Es  mussten  allmählich 
immer  dickere  Drains  eingelegt  werden  (bis  zu  kleinfinger¬ 
dicke),  da  g'rosse  Membrane  sich  loslösten;  allmählich  wurde 
die  Eiterhöhle  immer  kleiner,  die  Lunge  folgte  immer  mehr 
dem  Zuge  der  Heberdrainage;  jetzt  ist  nur  noch  eine  ganz 
kleine  Fistel  vorhanden,  aus  der  alle  paar  Tage  einige  ccm 
Serum  entleert  werden.  Man  hört  L.  0.  Bronchialathmen, 
in  der  Spitze,  die  ebenso  wie  der  Kehlkopf  phtisisch  erkrankt 
ist.  Patient  hat  in  der  Klinik  20  Pfund  zugenommen,  hat 
keinen  Husten  mehr,  nur  wollen  die  Ulcerationen  der  Stimm¬ 
bänder  noch  nicht  recht  heilen. 

Ich  wollte  Ihnen  den  Fall  desshalb  vorstellen  1)  weil  die 
tuberculösen  Empyeme  doch  selten  so  völlig  heilen,  2)  weil 
hier,  obgleich  das  Empyem  sicher  7  Monate,  wahrschein¬ 
lich  aber  noch  länger,  event.  13  Monate  bestanden  hat,  die 
Lunge  sich  wieder  völlig  ausgedehnt,  ein  Ereigniss,  das  bei 
dem  Verfahren  der  Rippenresection  nach  so  langem  Bestehen 
des  Empyems  selten  ist. 

2.  Prof.  Leo  stellt  einen  Fall  von  Cystenbildung  im  Ab¬ 
domen  vor. 

3.  Prof.  Schultz e  stellt  einen  20jährigen  jungen  Mann 
vor,  welcher  schon  seit  5  Monaten  an  eigenartigen  Krampf¬ 
zuständen  der  rechten  Hand  leidet.  Es  werden  dauernd  sehr 
ausgiebige  Pronationen  und  Supinationen  dieser 
H  and  vollführt  und  zwar  in  streng  rhythmischer  Weise, 
so  dass  etwa  4  Zuckungen  auf  die  Sekunde  kommen.  Vor 
dem  Entstehen  dieser  Krämpfe  bestand  ein  schnellschlägi- 
ger  Tremor  der  Hand,  wie  er  jetzt  auch  auf  der  linken 
Seite  wahrzunehmen  ist.  Ausser  diesen  klonischen  Zuckun¬ 
gen  besteht  noch  ein  Tremor  des  rechten  Quadriceps,  der 
ebenso  wie  der  rechte  Arm  ausserdem  deutlich  pare- 


Sitzung  vom  18.  Januar  1892. 


3 


tisch  ist.  Auch  von  diesen  wenig  ausgiebigen  Zuckungen  im 
Quadriceps  kommen  etwa  4  auf  die  Minute. 

Ausserdem  lässt  sich  bei  der  Untersuchung  des  Kranken 
eine  Schwäche  beider  Abducentes  nachweisen  und  zwar  des 
linken  mehr  als  des  rechten. 

Die  Sehnenreflexe  sind  an  beiden  Beinen  gesteigert,  so 
dass  beiderseits  Fussklonus  und  rechts  deutlicher  Patellarklonus 
besteht.  Anderweitige  Anomalien  des  Nervensystemes  und 
sonstiger  Organe  lassen  sich  zur  Zeit  nicht  nachweisen;  be¬ 
sonders  ist  auch  der  Augenhintergrund  normal. 

Da  zeitweise  starke  Kopfschmerzen  bestehen,  und 
ferner  sich  die  ganze  Erkrankung  langsam  und  fortschreitend 
entwickelt  hat,  wird  unter  Ausschluss  anderer  Lokalisationen 
eine  Affection  in  der  Nähe  der  Pyramidenbahnen,  theilweise 
in  denselben  und  zwar  in  der  Höhe  der  Abducensfasern,  also 
im  Pons  angenommen.  Ein  Tumor  und  zwar  ein  Gliom  wird 
als  die  wahrscheinlichste  Erkrankung  an  dieser  Stelle  angesehen. 

4.  Dr.  Hackenbruch:  M.  H.!  In  Abwesenheit  von  Herrn 
Geheimrath  Trendelenburg  und  auf  seinen  Auftrag'  hin 
habe  ich  die  Ehre,  Ihnen  zwei  in  diesem  Winter  in  der  hiesigen 
Chirurg.  Klinik  operirte  Patienten  vorzustellen  und  zwar  zu¬ 
erst  eine  Frau,  an  welcher  Herr  Geheimrath  Trendelenburg' 
die  ßadicaloperation  einer  fauStgrossen  Cruralhernie  nach  sei¬ 
ner  von  ihm  schon  in  diesem  Winter  hier  kurz  berichteten 
Methode  ausgeführt  hat,  sodann  einen  jungen  Fabrikarbeiter, 
welcher  wegen  Ileus  laparotomiert  worden  ist. 

Was  den  ersten  Fall  anbetrifft,  so  handelt  es  sich  um 
eine  54jährige  Ehefrau,  welche  seit  lang’en  Jahren  eine  links¬ 
seitige  Femoralhernie  hatte;  im  letzten  Jahre  hatte  sie  angeb¬ 
lich,  weil  der  Druck  der  Pelotte  ihr  Schmerzen  verursachte, 
kein  Bruchband  mehr  getragen,  wodurch  die  Hernie  allmäh¬ 
lich  die  Grösse  einer  geballten  Faust  erreichte.  In  Rücken¬ 
lage  war  der  Bruch  leicht  reponibel,  wonach  die  Bruchpforte 
für  einen  Finger  bequem  durchgängig  wurde,  sodass  man  die 
Pulsation  der  arteria  iliac.  extern,  fühlen  konnte.  Da  Patientin 
dringend  die  Beseitigung  ihres  Bruchleidens  wünschte,  so 
führte  Herr  Geheimrath  Trendelenburg  die  Radicalope- 
ration  nach  seiner  Methode,  welche  ich  Ihnen  noch  einmal 
kurz  beschreiben  will,  am  2.  November  vorigen  Jahres  aus. 
In  leichter  Beckenhochlagerung'  wurde  die  Bruchgeschwulst 
durch  einen  vom  Mons  Yeneris  bis  zur  Mitte  der  Inguinal¬ 
falte  geführten  horizontalen  Schnitt  freigelegt,  der  untere  Theil 
des  Bruchsackes  resecirt,  der  Rest  deseiben  g’elöst  und  ähn- 


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Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


lieh  der  Methode  Max  Ewen  vernäht  hinter  die  Bruchpforte 
geschoben,  wo  er  als  kleines  Polster  mit  einer  Catgutnaht  be¬ 
festigt  wurde.  Dann  wurde  von  der  Symphyse  beginnend 
eine  etwa  3  cm  lange,  gut  1  cm  breite  Knochenleiste  vom  obe¬ 
ren  Rande  des  horizontalen  Schambeinastes  losgemeisselt,  jedocli 
so,  dass  sie  durch  eine  Brücke  von  Knochen  und  Periost  in 
der  Gegend  des  Tubercul.  pubis  mit  dem  Os  pubis  in  Verbin¬ 
dung  blieb ;  diese  Knochenleiste  wurde  dann  mit  dem  Eleva- 
torium  in  die  Höhe  gebogen,  schräg  in  die  Bruchpforte  hinein¬ 
gestellt  und  durch  Catgutnähte  befestigt.  Drainage  und  Naht 
der  Hautwunde;  glatter  Heilverlauf.  —  Jetzt  11  Wochen  nach 
der  Operation  sieht  man  an  Stelle  der  früheren  Incision  eine 
rötliche  horizontale  Narbe;  unterhalb  des  Poupartschen Bandes 
ist  ein  kleiner  harter  Körper  —  die  eingeheilte  Knochenleiste  — 
durchzufühlen.  Bei  Hustenstössen  ist  der  Anprall  der  Intestina 
bedeutend  weniger  zu  fühlen  als  auf  der  nicht  operirten  ge¬ 
sunden  Seite.  Patientin  hat  keine  Beschwerden,  trägt  kein 
Bruchband. 

Der  zweite  Kranke,  ein  lSjähriger  mit  Lupus  an  der 
linken  Wange  behafteter  Fabrikarbeiter,  verspürte  am  Morgen 
des  3.  Dezembers  vorigen  Jahres  beim  Frühstück  plötzlich  hef¬ 
tige  Schmerzen  im  Leibe,  wozu  sich  bald  Erbrechen,  Mattigkeit 
und  Angstgefühl  gesellten;  am  nächsten  Tage  trat  sehr  übel¬ 
riechendes  Erbrechen  ein.  Am  4.  Tage  nach  der  Erkrankung 
wurde  Patient  in  die  medizin.  Klinik  aufgenommen,  wo 
ihm  grosse  Dosen  Opium  verabfolgt  wurden,  was  ein  Aufhören 
des  deutlichen  Kotherbrechens  zur  Folge  hatte.  Die  Occlusions- 
ursache  liess  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  ermitteln.  Am  nächst¬ 
folgenden  Tage  wurde  Patient  zur  Chirurg.  Klinik  verlegt. 
Der  Kranke  sah  bei  seiner  Aufnahme  blass  und  verfallen  aus; 
der  Puls  betrug  88  pro  Minute  und  war  noch  leidlich  kräftig*, 
das  Abdomen,  überall  gleichmässig  stark  aufgetrieben,  war  nicht 
besonders  druckempfindlich  und  liess  nirgends  eine  abnorme 
Resistenz  durchfühlen;  seit  5  Tagen  kein  Abgang  von  Flatus- 
Bei  der  sofort  vorgenommenen  Operation  in  leichter  Becken¬ 
hochlagerung  wird  das  Abdomen  in  der  Linea  alba  eröffnet, 
worauf  sich  ein  grosses  Packet  geblähter,  blauroth  verfärbter 
Dünndarmschlingen  vorwölbt.  Beim  Zufühlen  in  der  Tiefe  fand 
sich  dies  Darmpacket  bouquetartig  abgeschnürt  durch  einen 
derben,  kleinfingerdicken  Strang,  welcher,  wie  es  sich  nach  Ent¬ 
faltung*  des  Darmschlingenpacketes  bei  näherer  Besichtigung 
ergab,  von  einem  Meckel’schen  Divertikel  und  einem  von  dessen 
blindem  Ende  ausgehenden  festen  Narbenstrang'  gebildet  wurde,, 
der  seinerseits  mit  dem  Mesenterium  einer  anderen  Darm- 


Sitzung  vom  18.  Januar  1892. 


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■schlinge  fest  verwachsen  war.  Bei  der  Durchtrennung  dieses 
Stranges  bricht  die  Wandung  eines  an  der  einschnürenden 
Stelle  früher  gelegenen  Darmstückes  ein,  worauf  sich  etwas 
flüssiger  Koth  in  die  Bauchhöhle  ergiesst.  Schnell  wird  die 
Perforationsöffnung  zugehalten,  die  betreffende  Schlinge  ausser¬ 
halb  der  Bauchhöhle  gebracht,  der  Koth  mit  Schwämmen  nach 
Möglichkeit  abgewischt.  Die  Perforationsstelle,  welche  in  einer 
queren,  deutlich  brandigen  Schnürfurche  lag,  wurde  dann 
durch  2  Reihen  Lembert’scher  Nähte  so  geschlossen,  dass  nach 
der  Naht  die  brandige  Schnürfurche  ins  Darmlumen  fiel,  wäh¬ 
rend  die  Nahtlinie  senkrecht  zur  Längsachse  des  Darmes  lag, 
sodass  eine  Verengerung  des  Darmlumens  nicht  zu  befürchten 
war.  Nach  Reposition  des  nochmals  abgewischten  Darmes,  die 
durch  eine  etwas  steilere  Beckenhochlagerung  sehr  erleichtert 
wurde,  wurde  die  Bauchwunde  durch  tiefgreifende  Nähte  ge¬ 
schlossen.  In  der  Nacht  war  Patient  sehr  unruhig,  Avarf  sich 
im  Bett  hin  und  her,  weshalb  er  grössere  Dosen  Morphium  er¬ 
hielt,  sowie  an  Händen  und  Füssen  g*efesselt  wurde.  Am  ande¬ 
ren  Morgen  hatte  sich  Patient  beruhigt  und  benahm  sich  ver¬ 
ständig;  die  Temp.  betrug  38,1°;  Puls  kräftig,  84  pro  Minute; 
das  Abdomen  war  nicht  druckempfindlich;  kein  Erbrechen; 
am  Abend  Abgang  von  Flatus.  Der  weitere  Verlauf  gestaltete  sich 
sehr  günstig,  sodass  Patient  nach  5  Wochen  mit  einer  Bauch¬ 
bandage  geheilt  entlassen  werden  konnte.  Jetzt  sieht  man  in 
der  Linea  alba  eine  bläulichrothe  Längsnarbe.  Pat.  hat,  wie 
sie  sehen,  sich  sehr  gut  erholt  und  äussert  keine  Beschwerden. 

Herr  Geheimrath  Trendelenburg  möchte  die  eben  ge¬ 
schilderte,  von  ihm  selbst  zum  ersten  Male  in  dieser  Weise  aus¬ 
geführte  Art  der  Beseitigung  kleiner  gangränöser  Darmpar- 
tieen  für  alle  diejenigen  Fälle  empfehlen,  avo  es  sich  besonders 
um  schnelle  Ausführung  der  Operation  handelt,  welche  bei 
einer  Resection  des  Darmes  viel  längere  Zeit  in  Anspruch 
nimmt.  Denn  die  ganze  Operation  von  Beginn  des  Hautschnit¬ 
tes  bis  zum  Schluss  der  Wunde  durch  die  Naht  dauerte  etAva 
zwanzig  Minuten. 

Ferner  scheint  es  uns  für  den  spätem  günstigen  Aus¬ 
gang  der  Operation  von  besonderer  Wichtigkeit  zu  sein,  dass 
von  einem  Spülen  der  Bauchhöhle  mit  Antisepticis  Abstand  ge¬ 
nommen  Avurde,  indem  die  mit  Koth  in  Berührung  gekommenen 
Dannpartieen  nur  mit  einem  Schwamme  abgeAAÜscht  AArurden, 
ein  Verfahren,  Avelches  nach  den  Untersuchungen  von  Reichel 
(D.  Zeitschr.  für  Chir.  Bd.  XXX)  ebenso  wirksam  und  dabei 
weniger  gefährlich  ist,  wie  das  Spülen  mit  Antisepticis. 


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Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


5.  Professor  Binz  zeigt  ein  neues  spectroskopisches  Hä- 
matometer,  welches  leicht  gestattet,  zwei  Blutproben  in  ihren 
verschiedenen  Spectren,  z.  B.  Oxyhämoglobin  und  Kohlenoxyd¬ 
hämoglobin,  direct  unter  einander  zu  vergleichen.  Ebenso 
zeigt  er  einen  solchen  Apparat,  der  einen  Kochs’schen  Total¬ 
reflexionsstab  zur  Grundlage  hat,  und  die  spectroskopische 
Betrachtung  des  Blutes  im  Ohr  eines  lebenden  Kaninchens  er¬ 
möglicht. 


Sitzung  vom  22.  Februar  1892. 

Vorsitzender:  Prof.  Schultz  e. 

Anwesend:  29  Mitglieder. 

1.  Geheimrath  Trendelenburg:  M.  H.!  Vor  2  Jahren 
habe  ich  Gelegenheit  gehabt  Ihnen  eine  neue  Methode  der 

Blasenscheidenflsteloperation 

zu  demonstriren,  die  für  solche  Fälle  in  Betracht  kommt,  wo  das 
alte  Verfahren  unmöglich  ist,  weil  die  Portio  nicht  herunterzu¬ 
ziehen  und  die  Fistel  nicht  so  frei  zu  legen  ist,  dass  man  mit  Sicher¬ 
heit  operiren  kann.  Wenn  ich  kurz  resümire,  ist  die  Methode 
diese:  Man  macht  einen  Querschnitt  über  der  Symphyse,  schnei¬ 
det  die  Recti  ab  und  legt  den  prävesikalen  Raum  frei.  Pat.. 
liegt  in  Beckenhochlagerung.  Die  Blase  wird  der  Quere  nach 
geöffnet,  der  Wundrand  hevorgezogen  und  provisorisch  an  den 
Rand  der  Hautwunde  angenäht.  Wir  eröffnen  also  die  Blase 
von  der  Bauchseite  und  sehen  von  hier  aus  nun  in  die  Blase, 
die  Fistel  liegt  frei  zu  Tage,  sie  wird  angefrischt  und  vernäht. 
Bei  der  ersten  Patientin,  über  die  ich  damals  berichtet  habe, 
hatte  ich  mit  Seide  genäht.  Es  hatten  sich  in  Folge  davon 
später  Inkrustationen  in  der  Blase  gebildet,  die  operativ  ent¬ 
fernt  werden  mussten.  Im  zweiten  Fall  benutzte  ich  Catgut 
und  die  Inkrustationen  blieben  aus.  Ein  Uebelstand  ist,  dass- 
nach  ausgiebiger  Ablösung  der  Musculi  recti,  die  sich  nun  zu¬ 
rückziehen,  leicht  eine  Hernie  entsteht.  Die  Patientin  ist  dann 
später  genöthigt,  ein  Bruchband  mit  grosser  Pelotte  zu  tragen, 
um  den  Bauchbruch  zurückzuhalten. 

Vor  einigen  Wochen  kam  ein  dritter  Fall  zur  Operation. 
Die  Patientin,  welche  Sie  hier  vor  Sich  sehen,  ist  32  Jahre  alt. 
Vor  5  Jahren  hat  sie  eine  schwere  Entbindung  durchgemacht. 
Die  Geburt  soll  8  Tage  lang  gedauert  haben.  Das  Kind  wurde 
schliesslich  mit  der  Zange  geholt,  seit  dieser  Zeit  bestand  eine 
Blasenscheidenfistel.  Die  innere  Untersuchung  ergab,  dass  die 
Portio  fixirt  war  und  absolut  nicht  herunterzuziehen  war.  Das- 


Sitzung  vom  22.  Februar  1892. 


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ist  aber  das  erste  Erforderniss,  um  bei  hochgelegenen  Fisteln 
von  der  Scheide  aus  heran  kommen  zu  können.  Die  Fistel 
sass  hoch  und  war  klein.  Das  rechtsseitige  Vaginalgewölbe 
war  stark  in  die  Höhe  gezogen,  man  kam  hier  mit  dem  Fin¬ 
ger  in  einen  Trichter,  und  wenn  man  den  Finger  möglichst 
in  die  Höhe  drängte,  fühlte  man  oben  eine  kleine  Oeffnung*, 
etwa  so  gross  wie  eine  Linse,  grösser  nicht,  und  die  hier  ein¬ 
geführte  Sonde  begegnete  dem  durch  die  Urethra  eingeführten 
Katheter.  Von  der  Scheide  aus  die  Fistel  zu  verschliessen 
musste  ich  für  ganz  unmöglich  halten. 

Ich  beschloss  nun  bei  der  Ausführung  des  hohen  Stein¬ 
schnitts  die  von  v.  Bramann  beschriebene  Modifikation  anzu¬ 
wenden,  welche  die  Entstehung  eines  Bauchbruches  verhindern 
soll.  Dieselbe  besteht  darin,  dass  man  nicht  die  Recti  quer 
ablöst,  sondern  von  der  Symphyse  eine  quere  Knochenleiste 
am  oberen  Rande  derselben  abmeisselt,  mit  den  Recti  in  die 
Höhe  schiebt,  und  sie  zum  Schluss  mit  Draht  wieder  da  anheftet, 
wo  sie  gesessen  hat.  Ich  will  gleich  bemerken, dass  dieses  Ver¬ 
fahren,  welches  theoretisch  einleuchtend  ist,  sich  praktisch  nicht 
recht  bewährt  hat.  Das  Verfahren  würde  gewiss  sehr  brauchbar 
sein,  wenn  die  Wunde  aseptisch  heilte,  aber  es  handelt  sich  um 
eine  g'rosse  Wundhöhle  mit  ausgedehnten  Spalteräumen,  und, 
da  die  Benetzung  mit  Urin  nicht  zu  vermeiden  ist,  bleibt  sie 
nicht  aseptisch.  Eiterung  ist  nicht  zu  vermeiden,  und  so  kommt 
es  zu  Nekrose  des  Knochenstückes.  Auch  in  dem  vorliegenden 
Falle  trat  Nekrose  ein,  wie  ich  es  vorher  befürchtet  hatte. 
Nach  einigen  Wochen  musste  der  Draht  und  das  Knochenstück 
als  Sequester  extrahirt  werden.  Das  B  r  am ann’sche  Verfahren 
würpe  sich  wohl  besser  eignen  für  Fälle  von  Steinschnitt,  bei 
denen  man  mit  einem  kleinen  Loche  auskommt  und  wo  durch 
sorgfältiges  Schliessen  der  Blase  die  Wunde  trocken  gehalten 
werden  kann.  Für  die  meisten  Fälle  von  Blasenscheidenfistel¬ 
operation  (mit  Hülfe  des  Steinschnitts)  verspricht  es  aus  den 
angegebenen  Gründen  keinen  Erfolg*. 

Uebrigens  ist  ein  Bauchbruch  gegenüber  den  Beschwer¬ 
den  einer  sonst  unheilbaren  Blasenscheidelfistel  kein  so  sehr 
grosser  Uebelstand.  Auf  jeden  Fall  würde  es  nicht  gerecht¬ 
fertigt  sein,  deswegen  die  Methode  des  Fistelverschlusses  von 
der  Blase  aus  zu  verwerfen. 

Auch  im  Uebrigen  erwies  sich  die  Operation  als  recht 
schwierig.  Die  Frau  war  sehr  korpulent,  man  musste  sich 
durch  eine  dicke  Fettschicht  durcharbeiten  und  war  bei  dem 
Hineinsehen  in  die  Blase  durch  die  grosse  Tiefe  der  Wunde 
sehr  genirt.  Der  Hautschnitt  war  etwa  15  cm  lang*,  wir  spal- 


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Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


teten  alle  Weichtheile,  von  der  Symphyse  meisselten  wir  den 
oberen  Rand  in  der  Breite  eines  kleinen  Fingers  ab  und  schoben 
ihn  mit  den  Recti  in  die  Höhe.  Der  prävesikale  Raum  lag  frei, 
wir  öffneten  die  Blase,  zogen  den  Rand  der  Blasenwunde  in 
die  Wunde  vor  und  vereinigten  ihn  provisorisch  mit  der  Haut¬ 
wunde.  Die  Fistel  fand  sich  ganz  oben  in  einem  Winkel  der 
Blase  versteckt.  Selbst  durch  die  sehr  breite  Oeffnung  in  der 
Blasenwand  war  es  ausserordentlich  schwierig  an  die  Fistel 
gehörig  heranzukommen.  Ich  musste  die  Blasenwunde  nach 
der  Seite  zu  verlängern,  sodass  die  Blase  schliesslich  bis  über 
die  Hälfte  ihres  Umfanges  der  Quere  nach  gespalten  war. 
Einige  Mühe  verursachte  auch  die  Stillung  der  Blutung  aus 
dem  Rande  der  Blasenwunde. 

Es  wurden  nun  die  Mündungen  der  Ureteren  aufgesucht, 
und  es  zeigte  sich,  dass  die  Fistel  oberhalb  der  rechten  Ureter- 
mündung  lag  und  dass  man  von  ihrem  Rande  mit  der  Sonde 
in  den  Ureter  gelangte.  Die  Fistel  war  also  eine  Blasen-Ureter- 
Scheidenfistel.  Um  dem  Ureter  eine  neue  Ausmündung'  in 
die  Blase  zu  schaffen,  wurde  öein  in  dem  Fistelrande  und  der 
umg'ebenden  Narbe  liegendes  Ende  herauspräparirt,  sodass 
es  wie  ein  kleiner  Rüssel  in  die  Blase  hineinhing.  Dann  wurde 
die  Fistel  möglichst  breit  trichterförmig'  angefrischt  und  mit 
Catgut  vernäht.  In'  den  Ureter  wurde  ein  feines  Fischbein- 
bougie  eingelegt,  dessen  Ende  zur  Harnröhre  herausgeleitet 
wurde. 

Die  Operation  dauerte  im  Ganzen  5  Stunden,  die  Nar¬ 
kose  wurde  theils  mit  Aether  theils  mit  Chloroform  unterhalten. 
Nachdem  ich  fertig  war,  wurde  die  Blasenwunde  mit  Catgut 
möglichst  sorgfältig  vernäht.  Durch  eine  besonders  angelegte 
kleine  Wunde  wurde  ein  Drainrohr  eingelegt  und  an  dieses 
ein  längerer  Gummischlauch  angebracht.  So  lief  der  Urin  ab. 
Die  abgemeisselte  Symphyse  wurde  mit  Draht  angenäht.  Die 
Wunde  wurde  mit  einem  Bausch  Watte  ausgestopft  und  drai- 
nirt.  Die  Patientin  wurde  auf  die  Seite  gelagert,  sie  lag  ge¬ 
duldig  auf  dem  Wasserkissen,  und  klagte  wenig',  und  zu  un¬ 
serer  Freude,  fast  wider  Erwarten,  haben  wir  es  erreicht, 
dass  die  Fistel  und  die  Blasenwunde  geheilt  sind.  Die  Kranke 
kann  4  Stunden  lang  den  Urin  halten  und  ihn  in  normaler 
Weise  durch  die  Urethra  entleeren.  Aus  der  Wunde  wurden 
vor  4  Wochen  die  nekrotischen  Stücke  der  Symphyse  extrahirt. 
Die  Funktion  der  Blase  hat  sich  trotz  der  ausgedehnten  Spal¬ 
tung  der  Blasenwand  g'anz  wieder  hergestellt.  Die  Frau  kann 
den  Urin  4  Stunden  halten  und  ihn  in  normaler  Weise  in  sehr 
kräftigen  Strahl  entleeren. 


Sitzung  vom  22.  Februar  1892. 


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Dr.  Kocks:  Die  Ablösung  der  Harnblase  vom  Abdomen 
aus,  um  von  oben  her  an  die  Blasenscheidenfisteln  heranzu¬ 
kommen,  ist  in  einer  der  letzten  Nummern  vorigen  Jahrganges 
der  deutschen  medicinischen  Wochenschrift  durch  Bardenheuer 
beschrieben  worden.  Sie  werden  Sie  gelesen  haben.  Die  Operation 
wurde  von  Barden  heuer  so  ausgeführt,  dass  man  von  der  Sym¬ 
physe  aus  eingeht,  die  Blase  vom  Uterus  ablöst,  um  von  oben 
her  an  die  Stelle  der  Fistel  heranzukommen.  Die  Idee  ist  neu 
soviel  mir  bekannt,  doch  halte  ich  dieselbe  für  gut,  wenn  auch 
der  Umweg  zur  Fistel  vom  Abdomen  aus  zu  gelangen,  mir 
durchaus  unbegründet  scheint.  Ich  werde  zu  Ihnen  heute  über 
•eine  Operation  sprechen,  die  ich  zu  einem  anderen  Zwecke 
ausgeführt  habe  und  bei  welcher  ich  auf  die  Blasenablösung' 
verfallen  bin.  Jedoch  ist  die  Ablösung  der  Vesica  urinaria 
vom  Uterus  bekanntlich  eine  von  der  Scheide  aus  leicht  aus¬ 
führbare  Operation,  die  bereits  längst  einen  Theil  der  Total¬ 
exstirpation  des  Uterus  bildet.  Ich  möchte  daher  hier  nur  be¬ 
merken,  dass  es  wohl  gelingen  würde,  die  Art  und  Weise,  von 
oben  her  sich  an  die  Blasenscheidenfisteln  heranzuarbeiten, 
welche  B  ardenh euer  übte,  zu  umgehen,  weil  von  der  Scheide 
aus  die  Blase  ablösbar  ist.  Es  wird,  wie  ich  glaube,  die  Blasen¬ 
eröffnung'  unseres  verehrten  Mitgliedes  Herrn  Prof.  Trend  elen- 
burg  eine  stets  werthvolle  Bereicherung  unserer  Operations¬ 
technik  bleiben,  jedoch  bei  der  Blasenablösung' von  der  Scheide 
aus  seltener  nöthig  werden.  Die  Blasenablösung  führte  ich 
so  weit  durch,  dass  das  dünne  Peritoneum  allein  erhalten  blieb. 
Die  Blase  wird  so  auf  eine  grosse  Strecke  ganz  locker  und 
kann  heruntergezogen,  von  innenher  mit  einem  Katheter  heraus- 
g’estülpt,  kurz  sehr  traitabel  gemacht  werden. 

Die  Bar denheu e r’sche  Methode  von  oben  her  abzu- 
lösen  wird,  wie  mir  scheint,  nur  sehr  ausnahmsweise  nöthig'  sein 
für  jeden,  der  die  von  mir  geübte  Methode  ein  Mal  versucht 
hat.  (Ich  füge  hier  nachträglich  hinzu,  dass  Herr  College 
Witzei  inzwischen  auf  meine  Veranlassung  eine  Blasenuterus¬ 
scheidenfistel  nach  meiner  Methode  operirte  und  sich  von  ihrem 
praktischen  Werthe  überzeugen  konnte.  Die  Operation,  bei 
welcher  ich  dem  Herrn  Collegen  assistirt  habe,  war  sehr  durch 
die  Blasenablösung  erleichtert.  Die  Blase  wurde  nur  bis  jen¬ 
seits  der  Fistel  abgelöst  und  dann  genäht.  Heilung  vollkommen.) 

Geheimrath  Eulenburg:  Ich  möchte  fragen,  wie  lange 
das  Bougie  liegen  geblieben  ist? 

Geheimrath  Trendelenbur g':  13 — 14  Tage.  Ich  führte 
das  Bougie  in  den  Ureter  hinein  und  mit  dem  anderen  Ende 
durch  die  Urethra  hinaus,  befestigte  es  in  der  Blase  mit  einem 
Catgutfaden,  damit  es  nicht  hier  herausrutschte.  Nachher  wurde 
es  dann  von  der  Urethra  aus  herausgezogen. 

(Demonstration  an  der  Tafel.) 

2.  Dr.  Ko  cks: 

Operative  Behandlung  der  Lageveränderungen  des  Uterus. 

Wie  Ihnen  bekannt,  ist  in  letzter  Zeit  operativ  vorge¬ 
gangen  worden  gegen  diejenigen  Fälle  von  Retro Versionen 


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Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


und  Retroflexionen,  die  sich  durch  Hebel  oder  andere  Pessare 
nicht  beseitigen  Hessen.  Auch  wurden  adhärente,  retrover- 
tirte  und  retroflectirte  Uteri  zuerst  gelöst  und  alsdann  in  Ante- 
versionsstellung  in  der  einen  oder  anderen  Art  fixirt.  Bei 
allen  bis  dahin  empfohlenen  Methoden  wurden  jedoch  meines 
Erachtens  keine  normalen  Verhältnisse  geschaffen,  sondern  pa¬ 
thologische  Adhäsionen  und  ebenfalls  pathologische  Lig’ament- 
verkürzungen  sind  ihr  Resultat.  Die  lig.  rot.  müssen  den 
Uterus  nach  hinten  treten  lassen,  soweit  die  Blase  es  erfordert 
und  das  wird  durch  die  Operation,  ihrer  Verkürzung  zeitweilig* 
verhindert,  und  sobald  die  gedehnten  Bänder  es  wieder  ge¬ 
statten,  stellt  sich  die  Retr oversion  wieder  her.  Dasselbe  gilt 
von  der  Verkürzung  der  Sacrouterina.  Sie  müssen  die  Portio 
nach  vorne  treten  lassen  bei  Füllung  des  Darmes  und  bei 
Füllung  der  Blase.  Gestatten  sie  das  wieder  einige  Zeit  nach 
ihrer  Verkürzung,  so  bleibt  der  Uterus  in  Retro Versionsstellung. 
Alle  andere  Methoden  haben  dieselben  Fehler.  Nach  meinem 
Dafürhalten  ist  also  eine  radikale  Heilung  der  Retroflexio  nicht 
so  zu  erreichen,  dass  man  den  Fundus  uteri  nach  vorne  oder 
die  Portio  nach  hinten  fixirt,  sondern  dadurch,  dass  man 
den  Beckenboden,  in  welchem  der  Uterus  drin  sitzt 
und  der  den  Uterus  hält,  zum  Angriffspunkt  wählt. 
Ich  habe  in  meiner  Arbeit  über  die  Lagerung  und  die  Me¬ 
chanik  des  Uterus  im  Becken  nachg’ewiesen,  dass  der  Theil 
des  Beckenbodens,  der  die  Basis  der  lig.  lata  darstellt,  starke 
Strängte  sind,  welche  von  der  seitlichen  Beckenwand  nach  der 
Portio  hinziehen  und  rechts  sowie  links  als  feste  Bänder  (von 
mir  Angelbänder,  Ligamenta  cardinalia  genannt)  den  Uterus 
tragen  und  zusammen  die  Axe  bilden,  um  welche  der  Uterus 
sich  dreht.  Diese  Bänder  sind  es,  die  den  ganzen  Beckenboden 
ebenfalls  halten,  und  gleichzeitig  Angelpunkte  für  die  Mechanik 
des  Uterus  liefern. 

Zum  ersten  Male  habe  ich  auf  diese  anatomisch-physiolo¬ 
gische  Betrachtung  hin  vor  6  Wochen  bei  einer  Kranken,  die 
an  einem  kompleten  Uterusprolaps  mit  Retroflexio  litt,  einen 
operativen  Eingriff  versucht,  der  bezweckt,  die  ers  chlafften^ 
gedehnten  Ligamenta  cardinalia  beiderseits  zu  ver¬ 
kürzen.  Der  Erfolg  ist  so,  dass  ich  mir  erlauben  darf,  Ihnen 
die  Operation  zu  beschreiben. 

(Zeichnung  an  der  Tafel.) 

Es  handelte  sich  um  einen  kompleten  Prolaps  des  Uterus, 
so  dass  ich  durch  die  Urethra  einen  Katheter  bis  weit  in  den 
Prolaps  hinein  führen  konnte. ' 

Das  Verfahren  ist  nun  folgendes: 


Sitzung*  vom  22.  Februar  1892. 


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Die  Blase  wird  wie  bei  der  Totalexstirpation  von 
der  Scheide  aus  nach  oben  bis  an  das  Peritoneum  ab¬ 
gelöst.  Die  Ablösung*  wird  seitlich  über  die  Lig.  lata  rechts 
und  links  ausgedehnt.  Die  abgelöste  Blase  wird  nach  oben 
zurückgeschoben  und  jetzt  werden  Nähte  durch  die  Ligamenta 
lata  von  aussen  nach  innen  gelegt  und  beide  Ligamente  v  o  r 
dem  Uterus  vernäht. 

(Demonstration  der  Nähte  durch  Zeichnungen.) 

Wenn  die  Nähte  zugezogen  werden,  so  wird  der  seitliche 
Theil  der  Ligamenta  lata  (Ligamenta  cardinalia)  bis  in  die  Mitte 
des  Uterus  hingerathen;  der  Einstichpunkt  wird  in  die  Mitte 
gebracht. 

Beim  Schnüren  dieser  Fäden  entsteht  eine  Naht,  die  auf 
der  Mitte  des  Uterus  liegt,  und  hier  kommen  die  Knoten  in 
grader  Linie  zu  liegen.  Die  Lig.  lata  sind  also  vor  dem 
Uterus  vereinigt  und  um  das  Doppelte  der  durch  die 
Nähte  gefassten  Th  eile  verkürzt.  Mit  der  Blase  wird  so 
verfahren,  dass  sie  an  dem  obersten  Rand,  wo  sie  abgelöst  ist, 
angenäht  wird.  Hier  werden  so  15 — 20  Fäden  gelegt  und  zu¬ 
sammengeschnürt,  sodass  eine  lineare  Naht  von  beiden  Liga¬ 
menten  den  Uterus  vorne  in  sagittaler  Richtung  deckt  und  dar¬ 
über  die  Blasennaht  quer  verläuft,  so  dass  beide  Nähte  zu¬ 
sammen  ein  T  bilden.  Die  Blase  ist  zurückgedrängt  und  nach 
oben  gelagert.  Die  Ligamente  sind  also  in  sich  zusammen- 
gequickt  und  daher  wesentlich  verkürzt. 

Die  Operation  war  gut  gelungen,  per  primarn  intentionem 
waren  die  Nähte  verwachsen.  Der  Uterus  lag  oben  in  der 
Scheide,  die  Portio  sah  nach  hinten,  der  Erfolg  war  also  ein 
vollkommener.  Der  Uterus  war  mit  dem  Fundus  am  Kreuz¬ 
bein  adhärent  durch  frühere  peritonische  Entzündungen.  Trotz¬ 
dem  war  das  Bild  ein  solches,  dass  in  Bezug  auf  die  Lage  im 
Becken  ein  kompleter  Erfolg  durch  die  Operation  erzielt  wor¬ 
den  wäre,  wenn  diese  Adhärensen  nicht  vorher  bestanden 
hätten.  Die  Portio  sah  trotzdem  nach  hinten,  der  Uterus  war 
also  in  der  neuen  Lagerung  über  die  hintere  Fläche  nach 
hinten  gekrümmt. 

Bei  Gelegenheit  dieser  Operation  sah  ich,  dass  man,  ohne 
grossen  Eingriff,  die  Blase  bis  an’s  Peritoneum  ablösen  soll, 
um  auch  bei  Blasenscheidenfisteln,  Blasenscheiden¬ 
gebärmutterfisteln  und  Uterusblasenfisteln  zu  nähen. 
Da,  wo  man  schwer  an  die  Fisteln  herankommt,  ist  so  vorzu¬ 
gehen,  selbst  bei  gewöhnlichen  Blasenscheidenfisteln  *). 


*)  Auf  Veranlassung  und  unter  Assistenz  des  Vortragen- 


12 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Dr.  Krukenberg*  würde  in  diesem  Falle,  wo  der  Ute¬ 
rusfundus  unterhalb  des  Promontoriums  fixirt  war,  die  Ventro- 
fixation  vorgezogen  haben  und  bezweifelt,  dass  das  Resul¬ 
tat  der  vorgenommenen  vaginalen  Operation  ein  dauerndes 
sein  wird. 

Dr.  Kocks:  Es  handelt  sich  nicht  um  Retroversion,  son¬ 
dern  um  einen  kompleten  Prolaps  mit  Fixation  des  Fundus  am 
Promontorium.  Das  Uterus  cavum  war  15  cm  lang.  Es  war 
also  einer  derjenigen  Fälle,  in  denen  durch  starke  Pression 
der  Bauchmuskulatur  das  ganze  Organ  in  die  Länge  gezogen 
ist,  also  um  dasjenige,  was  man  als  Hypertrophie  der  portio 
media  bezeichnet  hat.  Es  sind  das  Fälle,  die  bei  mobilem  Uterus 
dauernd  nicht  Vorkommen  werden.  Wenn  der  Uterus  nicht  ad- 
härent  gewesen  wäre,  wäre  er  als  Ganzes  nach  unten  getreten. 
Dadurch  aber,  dass  er  nur  theilweise  nach  unten  getreten  war, 
hatte  er  diese  enorme  Länge  erreicht.  Ich  möchte  meine  Ope¬ 
ration  derjenigen  vorziehen,  die  das  Peritoneum  eröffnen.  Das 
Annähen  eines  Uterus  an  die  vordere  Bauchwand  ist  keine 
Operation,  die  technisch  zu  rechtfertigen  wäre.  Alle  diese  Ope¬ 
rationen  liefern  pathologische  Produkte.  Bei  allen  bisher  ge¬ 
übten  Methoden  wird  keine  normale  Beweglichkeit  gewähr¬ 
leistet.  Ich  weiss  nicht,  ob  es  nicht  physiologisch  besser  ist, 
wenn  der  Uterus  hinten  am  Kreuzbein,  statt  an  der  Bauch¬ 
wand  festsitzt.  Wenn  man  in  diesem  Falle  den  Uterus  hinten 
ablösen  wollte,  würde  man  der  Frau  keinen  Dienst  erweisen. 
Der  Umstand,  dass  der  Uterus  oben  adhärent  ist,  verhinderte 
den  Descensus,  und  da  der  Beckenboden  jetzt  durch  die  Ope¬ 
ration  eine  bessere  Grundlage  bildet,  so  ist  der  Frau  damit  am 
meisten  gedient.  Sie  hat  5  Kinder  und  keine  weiteren  Wün¬ 
sche  bezüglich  der  Conception,  sie  hat  gerne  auf  Nachkommen 
verzichtet.  Die  gegenwärtigen  Beschwerden  der  Frau  sind 
gleich  Null.  Sie  ist  vollkommen  wohl.  Der  Uterus  ist  reponirt, 
er  sitzt  in  der  Scheide.  Der  komplete  Prolaps  und  die  Ulcera 
der  Portio  sind  ihr  genommen.  Im  übrigen  kann  man  die 
Adhärenz  bestehen  lassen,  zumal  in  ihr  eine  glückliche  Bedin¬ 
gung  für  die  Erhaltung  der  Lage  gegeben  ist.  Die  künstliche 
Annähung  an  das  Promontorium  wäre  sogar  der  Scultrafixatio 
-als  Operationsmethode  überlegen. 

3.  Dr.  Krukenkerg 

über  Dülirssen’s  tiefe  Cervix-  und  Sclieidendainmeinschnitte. 

(Der  Vortrag  ist  im  Archiv  für  Gynäkologie  erschienen.) 


den  wurde  inzwischen,  wie  bereits  erwähnt,  von  Herrn  Prof. 
Witzei  eine  Blasenscheidengebärmutterfistel  unter  Ablösung*  der 
Blase  von  der  Scheide  aus  mit  bestem,  sofortigem  Erfolge  ope- 
rirt.  Die  sectio  alta  dürfte  demnach  nur  ausnahmsweise  nöthig 
werden. 


Sitzung  vom  22.  Februar  1892. 


13 


4.  Professor  Nussbaum: 

Geschleclitsentwicklung  bei  Polypen. 

Die  Polypen  des  Siisswassers  sind  Zwitter  und  zwar  ent¬ 
stehen  die  Hoden  als  kleine  Exkrescenzen  unterhalb  der  Ten¬ 
takel,  die  Eierstöcke  etwas  tiefer.  Schon  früher  hatte  ich 
beobachtet,  dass  gelegentlich  Weibchen,  gelegentlich  Männchen 
auftreten.  Man  konnte  daran  denken,  künstlich  diese  Variation 
zu  züchten.  Aus  keiner  der  früheren  Beobachtungen  kennen 
wir  genau  die  Bedingungen,  welche  das  Geschlecht  bestimmen- 
Der  Zufall  hat  auch  mir  die  Resultate,  von  denen  ich  reden 
möchte,  gegeben.  Ich  fand  im  Juli  vorigen  Jahres,  nachdem  ich 
dieselbe  Kolonie  der  Polypen  seit  1886  verfolgt  habe,  —  natür¬ 
lich  mit  Unterbrechung  durch  meine  Reise  nach  Amerika  — T 
dass  nur  Weibchen  in  einem  grossen  Aquarium  auftraten. 
Von  diesen  Weibchen  —  es  waren  etwa  100  Thiere  —  iso- 
lirte  ich  8,  und  diese  Isolirten  haben  im  nächsten  Monat  Ho¬ 
den  gebildet.  Wenn  das  Haupt-Aquarium  a  und  das  Neben- 
Aquarium  b  heisse,  so  sind  zuvor  in  a  Hermaphroditen  gewesen. 
Im  Juli  vorigen  Jahres  waren  nur  Weibchen  darin.  Acht 
dieser  Weibchen  habe  ich  in  das  Aquarium  b  gesetzt,  und 
diese  sind  nachher  Männchen  geworden.  In  a  sind  keine  Männ¬ 
chen  aufgetreten.  In  diesem  Februar  haben  die  Weibchen,  die 
im  Aquarium  a  aufgetreten  sind,  wiederum  Eier  producirt,  und 
die  im  Aquarium  b  haben,  nachdem  sie  im  August  vorigen. 
Jahres  Hoden  erzeugt  hatten,  wiederum  Hoden  erzeugt. 

Durch  äussere  Bedingungen  können  also  aus  Zwittern 
weibliche  Thiere  entstehen  und  aus  Weibchen  wieder  männ¬ 
liche  Thiere.  Ich  kann  Ihnen  nicht  berichten,  unter  welchen 
Bedingungen  das  geschieht.  Die  Aquarien  sind  verschieden 
gewesen,  inwiefern,  das  wird  sich  noch  ergeben,  wenn  das 
Glück  günstig'  ist. 

Was  heute  zu  schliessen  ist,  ist  das:  Man  kann  durch 
äussere  Bedingungen  das  Geschlecht  ändern  und  man  kann 
das  Geschlecht  bestimmen  auch  nach  der  Befruchtung.  Denn 
die  Thiere  waren  vorher  Hermaphroditen  und  sind  nachher 
Weibchen  und  Männchen  geworden.  Es  waren  also  Bedingun¬ 
gen  vorhanden,  die  auf  die  erwachsenen  Thiere  eingewirkt 
und  die  sie  zu  Weibchen  und  Männchen  gemacht  haben.  Es 
zeigt  sich  ferner,  dass  der  Hermaphroditismus  bei  niederen 
Thieren  nicht  ohne  Weiteres  aufgehoben  werden  kann.  Man 
kann  ihn  wohl  eine  Zeit  lang  zurückdräng'en ;  finden  sich  aber 
wieder  günstige  Bedingungen,  so  wird  das  Thier  wieder  her- 
maphroditisch.  Die  Beobachtungen  mehren  sich,  dass  auch  bei 
Wirbelthieren  Hermaphroditismus  auftritt,  wie  ja  bekannt  ist,. 


14 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


dass  die  Ausführungsgänge  hermaphroditisch  angelegt  sind. 
Wie  aber  aus  dem  Genital-Höckerchen  beim  weiblichen  Ge- 
schlechte  Vulva  und  Adnexa  sich  entwickeln  und  beim  männlichen 
Hodensack  und  Penis,  so  entstehen  aus  der  Keimdrüsenanlage 
der  höheren  Tliiere  das  eine  Mal  Hoden,  das  andere  Mal  Eierstöcke- 

Meine  Ansichten  über  die  Entstehung  des  Hermaphrodi¬ 
tismus  aus  dem  Jahre  1880  weichen  insofern  von  denen  ab, 
die  heute  noch  zahlreiche  Anhänger  finden,  dass  ich  den  Her¬ 
maphroditismus  zwar  als  etwas  Gegebenes  annahm,  aber  für 
seine  Entstehung'  zurückgriff  auf  diejenigen  Geschöpfe,  welche 
nicht  geschlechtlich,  sondern  indifferent  sind.  Es  sind  dies  die 
Protozoen.  Die  Einzelligen  können  weder  Hoden  noch  Eier¬ 
stöcke  bilden,  und  trotzdem  kopuliren  sie. 

Die  Geschlechtsstoffe  sind  histologische  Differenzirungen 
gleichwerthiger  Zellen,  die  abgeändert  sind,  um  die  Befruch¬ 
tung  zu  erleichtern.  Die  Befruchtung  ist  die  Kopulation  zweier 
homologen  Zellen  und  deshalb  im  Princip  dasselbe,  wie  die 
Konjugation  der  Einzelligen.  Alles  Anschauungen,  die  ich, 
früher  ziemlich  isolirt,  seit  dem  Jahre  1880  vertreten  und  ver¬ 
fochten  habe  und  denen  man  jetzt  allmählich  mehr  und  mehr 
Beachtung  schenkt. 

5.  Dr.  Pietz  er: 

Ueber  ein  von  ihm  angewandtes  Verfahren  von  prophylac- 
tisclier  Dehnung  der  Scheide  bei  Erstgebärenden. 

Dass  die  gewöhnlich  geübten  Verfahren  zum  Schutze  des 
Dammes  nicht  ausreichen,  gehe  daraus  hervor,  dass  man  zur 
Verhütung  drohender  Dammrisse  durch  Einschnitte  in  den 
Damm,  subcutane  Durchschneidung  des  m.  constrictor  cunni, 
späterhin  durch  seitliche  Incisionen  in  die  Scheide  die  Scham¬ 
spalte  für  den  Durchtritt  der  Frucht  zu  erweitern  bestrebt  sei. 
Bei  den  seitlichen  Incisionen,  welche  neuerdings  nach  Dührs- 
sen  allerdings  möglichst  nur  einseitig  angewandt  werden 
sollen,  verlegt  man  jedoch  die  Verletzung  der  Scheide  an 
Stellen,  welche  für  eine  restitutio  ad  integrum  geringere  Chan¬ 
cen  biete,  als  ein  Kiss  in  die  Gebilde  des  Dammes.  Abgesehen 
von  der  möglichen  Schwierigkeit  einer  exacten  Naht  der  seit¬ 
lichen  Incisionswunden,  komme  manchmal  nach  den  Incisionen 
durch  Narbenzug  eine  Erweiterung'  des  unteren  Theiles  des 
Scheideneinganges  zu  Stande,  deren  Folge  ein  allmählich  sich 
ausbildender  Vorfall  der  Scheidenwände  sein  könne.  Vortr. 
hat  daher  einige  Male  den  Scheideneingang  auf  folgende 
Weise  gedehnt. 

Er  dehnt  die  Scheide  und  den  Damm  dadurch,  dass  er 


Sitzung*  vom  22.  Februar  1892. 


15 


zwei  Finger,  mit  ihrer  Volarfläche  der  Schleimhaut  zu  gekehrt, 
unterhalb  des  Harnröhrenwulstes  an  die  seitliche  Scheidenwand 
anlegt  und  streicht  nun,  indem  ein  gleichmässig’er  Druck  aus¬ 
geübt  wird,  über  die  hintere  Scheidenwand  und  den  introitus 
vaginae  bis  zum  Ansatz  des  Harnröhrenwulstes  an  die  andere 
Scheidewand.  Man  führe  diese  Dehnung  solange  fort,  bis  eine 
beträchtliche  Erweiterung  und  Dehnungsfähigkeit  zu  consta- 
tiren  sei.  Die  Finger  führe  man  mindestens  zwei  Centimeter 
weit  in  die  Scheide  ein  aus  dem  Grunde,  weil  das  eigentliche 
Hemmniss  des  Scheideneinganges,  der  m.  constrictor  cunni, 
etwa  l1^  cm  nach  rückwärts  vom  Rande  des  Frenulum  gelegen 
ist.  Aus  diesem  Grunde  müsse  die  Dehnung  schon  ferner  dann 
vorgenommen  werden,  wenn  der  Kopf  des  Kindes  den  constrictor 
cunni  noch  nicht  erreicht  habe,  denn  führe  man  neben  diesem 
schon  durch  den  Kopf  gespannten  Ring  noch  zwei  Finger  ein, 
so  könne  der  Riss,  den  man  vermeiden  wolle,  erst  recht  her¬ 
vorgerufen  werden.  Um  eine  Abschilferung  des  Epithels  durch 
die  Reibung*  der  Finger  möglichst  zu  verhüten,  empfehle  es 
sich,  die  Scheide  mit  einer  Ve — V2  %  Lysollösung*,  welche  wegen 
der  seifigen  Beschaffenheit  die  Gewebe  g’latt  erhalte,  auszu¬ 
spülen. 

Um  den  Werth  des  Verfahrens  zu  prüfen,  bedürfe  es  selbst¬ 
verständlich  einer  grösseren  Beobachtungsreihe. 

6.  Dr.  Hackenbruch: 

Ueber  die  sog.  rheumatische  Muskelschwiele. 

Die  primären  interstitiellen  Muskelentzündungen  und  be¬ 
sonders  ihre  Endprodukte,  die  rheumatischen  Schwielenbildungen 
im  Sinne  Frorieps,  machen  betreffs  der  Diagnose  zuweilen 
Schwierigkeiten.  So  schwankte  bei  einem  der  hiesigen  Chirurg. 
Klinik  im  Sept.  1891  zugewiesenen  Kranken,  dessen  Oberschen¬ 
kelleiden  Herr  Geheimrath  T 1*  e n  d  e  1  e  n  b  u r  g  als  rheumathische 
Muskelschwiele  diagnosticirte  —  was  durch  eine  Probeincision 
mit  Excision  eines  Gewebsstückes  zur  späteren  mikroskopischen 
Untersuchung*  vollauf  bestätigt  wurde  —  die  auswärts  gestellte 
Diagnose  zwischen  Nekrose  und  malignem  Tumor.  Der  be¬ 
treffende  Kranke,  ein  19jähriger  Fabrikarbeiter,  erkrankte  im 
März  1891  mit  Kopfschmerzen  und  Schwindelg*efühl,  wozu  sich 
bald  unter  reissenden  Schmerzen  im  linken  Oberschenkel  eine 
druckempfindliche  Anschwellung*  des  letzteren  gesellte;  nach 
Bettruhe  und  Behandlung  mit  immobilisirenden  Verbänden 
besserte  sich  der  Zustand  des  Patienten  in  den  nächsten  Mo¬ 
naten  soweit,  dass  er  auf  zwei  Krücken  gestützt  das  Bett  ver¬ 
lassen  konnte.  Bald  darauf,  etwa  ein  halbes  Jahr  nach  Beginn 


16 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


der  Erkrankung,  wurde  der  Patient  der  hiesigen  Chirurg.  Klinik 
zur  Operation  überwiesen.  Bei  der  Aufnahme  fand  sich  eine 
brettharte  beträchtliche  Schwellung  fast  der  ganzen  unteren 
Hälfte  des  linken  Oberschenkels,  über  der  die  Haut  leicht  öde- 
matös  und  nicht  in  Falten  abzuheben  war  und  welche  gegen 
den  Knochen  selbst  fest  verwachsen  erschien.  Die  Contouren 
der  Muskeln  Hessen  sich  in  der  holzharten  Schwellung  nicht 
durchfühlen  und  schienen  untereinander  wie  verbacken;  die 
befallenen  Muskeln  waren  unerregbar  für  den  faradischen  und. 
galvanischen  Strom;  die  Sensibilität  der  Haut  im  Bereich  der 
Schwellung  war  deutlich  herabgesetzt.  Das  linke  Knie  wurde 
in  leichter  Beugecontractur  steif  gehalten.  Im  übrigen  war 
Patient  völlig  gesund.  —  Bei  einer  Probeincision  fand  sich  die 
Haut  ödematös  durchtränkt,  ihr  folgte  eine  bräunlich  aussehende, 
etwa  3  cm  dicke,  anscheinend  normale  Muskelschicht,  unter  wel¬ 
cher  das  Messer  eine  gelbliche,  speckige,  derbe  Gewebsmasse 
zu  Tage  legte,  die  nach  dem  Periost  zu  ins  Weissliche  über¬ 
ging'  und  eine  genaue  Grenze  zwischen  ihr  und  Periost  nicht 
erkennen  liess.  Femur  und  Marksubstanz  verhielten  sich  nor¬ 
mal.  —  Die  mikroskopische  Untersuchung  der  excidirten  Ge- 
websstücke  stellte  mit  Sicherheit  das  Vorhandensein  einer  inter¬ 
stitiellen  Myositis  fest,  indem  zellige  Infiltration  und  Wucherung, 
sowie  Neubildung  von  gefässhaltigem  Bindegewebe  die  Muskel¬ 
fasern  fast  durchweg  zur  Atrophie  gebracht  hatten,  indem  die 
Querstreifung  der  Muskelfasern  undeutlich  und  meist  völlig 
verschwunden,  ihre  Längsstreifung  wohl  meist  besser  markirt, 
in  der  Tiefe  jedoch  auch  nicht  mehr  zu  erkennen  war.  Die 
Scheide  der  Muskelfasern  war  vielfach  einer  Kernwucherung 
anheimgefallen;  häufig  fanden  sich  leere  Sarcolemmschläuche 
vor.  Sehr  oft  viel  ferner  ein  unregelmässiges  Aussehen  der 
Muskelfasern  auf,  welche  wie  eingeschnürt  an  einzelnen  Stellen, 
geknickt  und  auch  abgebrochen  sich  zeigten.  Die  dem  Femur 
dicht  aufliegende  vom  Periost  nicht  zu  trennende  Schicht,  er¬ 
wies  sich  als  Granulationsgewebe  im  Stadium  der  narbigen 
Retraction. 

Eine  regelmässige  Massage  und  elektrische  Behandlung^ 
brachte  dem  Kranken  in  einigen  Wochen  eine  bedeutende 
Besserung  der  Bewegungsfähigkeit  mit  Abnahme  der  reissen¬ 
den  Schmerzen  und  der  Schwellung,  während  zu  gleicher  Zeit 
Pat.  an  Gewicht  zunahm  und  er  ein  gesundes  Aussehen  ge¬ 
wann.  Bei  seiner  Entlassung  aus  der  Klinik  im  Januar  1892 
konnte  er  mit  Stock  ohne  Beschwerden  gehen;  die  Streckung 
im  linken  Kniegelenk  war  nahezu  ganz,  die  Beugung  bis  zu 
einem  von  130  0  möglich.  Die  Schwellung  hatte  beträchtlich 


Sitzung  vom  22.  Februar  1892. 


17 


abgenommen;  die  Muskeln  reagirten  ziemlich  kräftig  auf  den 
faradischen  Strom. 

Auf  Grund  der  in  der  Litteratur  bekannt  gegebenen  und 
in  der  Rostocker  und  der  hiesigen  Klinik  beobachteten  Fälle 
lassen  sich  für  die  Diagnose  der  Myositis  interstitialis  und  deren 
Endprodukt,  die  sogenannte  rheumatische  Muskelschwiele  fol¬ 
gende  Punkte  verwerthen :  1.  die  Anamnese,  welche  zumeist 
ein  mehr  subacutes  Auftreten  mit  reissenden  Schmerzen  in  den 
befallenen  Muskeln  ergiebt;  2.  die  alsbald  sich  zeigende  An¬ 
schwellung;  3.  die  früh  eintretende  Contracturstellung  und 
schwere  Functionsstörung  der  benachbarten  Gelenke.  Nach 
Verschwinden  der  entzündlichen  Erscheinungen  ist  neben  der 
dauernden  Contracturstellung-  der  Gelenke  von  Wichtigkeit: 
1.  die  holzartige  Härte  der  ergriffenen  druckempfindlichen 
Muskeln,  die  untereinander  wie  verbacken  und  am  unterliegen¬ 
den  Knochen  adhärent  erscheinen;  2.  die  starke  Beeinträchti¬ 
gung  resp.  das  Aufgehobensein  der  elektrischen  Erregbarkeit 
der  Muskeln;  3.  das  Erloschensein  der  Sehnenreflexe;  4.  die 
ödematöse  Beschaffenheit  der  nicht  in  Falten  abzuhebenden 
Haut;  5.  dem  malignen  Tumor  gegenüber  der  relativ  gute  Er¬ 
nährungszustand  des  Patienten;  6.  als  letztes  Hiilfsmittel  die 
Probeincision  mit  Excision  von  erkranktem  Gewebe  zur  mi¬ 
kroskopischen  Untersuchung. 

Sollte  bei  dem  Endprodukt  der  primären  interstitiellen 
Myositis  der  Verdacht  auf  Lues,  die  als  Myositis  syphilitica 
ähnliche  Erscheinungen  machen  kann,  sich  regen,  so  wird  wohl 
am  ehesten  eine  antiluetische  Therapie  den  Zweifel  lösen. 


Sitzung  vom  14.  März  1892. 

Vorsitzender :  Prof.  S  c  h  u  1 1  z  e. 

Anwesend:  28  Mitglieder. 

1.  Geheimrath  Doutrelepont:  Ueber  Tuberculose  (1er 
Haut  (wird  anderweitig  veröffentlicht.) 

2.  Prof.  Ungar:  Ueber  Phosphorbeliaudlung  bei  Ra¬ 
chitis. 

Sitzung  vom  16.  Mai  1890. 

Vorsitzender :  Prof.  Schultz  e. 

Anwesend:  29  Mitglieder  und  3  Gäste. 

1.  Prof.  Binz  sprach  in  Beantwortung  einer  von  Prof. 
Trendelenburg*  an  ihn  gerichteten  Anfrage 

Sitzungsber.  der  niederrhein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1892.  2B. 


18 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


über  die  Veränderungen  des  Chloroforms  am  Licht 

und  dessen  Aufbewahrung  in  farbigen  Flaschen.  Das  Deutsche 
Arzneibuch  bestimmt,  das  Chloroform  sei  „vor  Licht  geschützt 
aufzubewahren“.  Dem  entspräche  also,  dass  die  farblosen 
Flaschen  nicht  zulässig  sind  und  dass  von  den  farbigen  nur 
die  brauchbar  erscheinen,  die  den  nicht  chemisch  wirkenden 
Strahlen  das  Spectrums  entsprechen,  also  die  rothen,  gelben 
und  demgemäss  auch  die  braunen.  Ein  gutes  officinelles  Chloro¬ 
form  wurde  nun  in  drei  Literflaschen  mit  Glasstöpsel  zur 
Hälfte  dieser  eingefüllt.  Die  eine  Flasche  war  farblos,  die 
andere  hellbraun,  die  dritte  blau.  Die  Flaschen  wurden  in 
die  Nähe  eines  Fensters  gesetzt,  durch  welches  sie  täglich  etwa 
zwei  Stunden  lang  unmittelbares  Sonnenlicht  bekamen.  Die 
Zersetzung,  die  man  dadurch  erwarten  konnte,  musste  nach 
dieser  Formel  verlaufen  :  CHC13  +  O  ===  COCl2  -f-  HCl.  Und  ferner 
durch  Hinzutritt  von  Feuchtigkeit  beim  Oeffnen  der  Flasche: 
COCl2  -j-  H20  =  C02  +  2HC1.  Also  unter  vorübergehender  Bil¬ 
dung  von  Clorkohlenoxyd  (Phosgengas)  musste  Salzsäure  das 
Endergebniss  der  Zersetzung  sein. 

Nach  Ablauf  von  zwei  Monaten  wurde  das  Chloroform 
etwas  mit  Wasser  ausgeschüttelt  und  in  üblicher  Weise  auf 
die  Anwesenheit  von  Salzsäure  untersucht.  Keine  Spur  davon 
war  in  einer  der  drei  Flaschen  nachzuweisen.  Ebenso  nach  Ab¬ 
lauf  des  4.  und  des  6.  Monats. 

Das  Chloroform  wurde  nun  mit  etwas  Wasser  vermischt 
und  wieder  dem  Sonnen-  und  dem  zerstreuten  Tageslichte  an 
demselben  Ort  wie  bisher  ausgesetzt.  Nach  2  Monaten  ent¬ 
hielt  allein  die  farblose  Flasche  eine  Spur  Salzsäure,  jedoch 
so  wenig,  dass  an  einen  qantitativen  Nachweis  nicht  zu  denken 
war.  Nach  Ablauf  des  4.  Monats  das  gleiche  Ergebniss,  nur 
anscheinend  noch  weniger  Salzsäure  als  vorher. 

Falls  nicht  das  häufige  Schütteln  beim  Gebrauch  durch 
den  Chirurgen  einen  Unterschied  macht,  dürfte  aus  dieser 
Untersuchung  hervorgehen,  dass  es  gleichgültig  ist,  worin  das 
officinelle  Chloroform  aufbewahrt  wird.  Da  nun  nach  allge¬ 
meiner  Angabe  das  chemisch  reine  Chloroform  am  Licht  sich 
schnell  zersetzt,  so  ist  klar,  dass  die  lange  Haltbarkeit  des 
officinellen  nur  auf  der  Anwesenheit  des  Alkohols  beruhen 
kann,  der  darin  durch  die  Bestimmung  des  specifischen  Ge¬ 
wichtes  geradezu  vorgeschrieben  ist.  Chemisch  reines  Chloro¬ 
form  hat  nämlich  bei  15  Grad  das  Gewicht  1,523,  das  officinelle 
1,485  bis  1,489,  und  das  entspricht  einem  Procentgehalt  von 
ungefähr  1,0  an  Alkohol. 

Um  an  einem  anderen  Präparate  die  Wirkung  der  ver- 


Sitzung  vom  16.  Mai  1892. 


19 


■schiedenen  Farben  zu  prüfen,  wählte  ich  das  am  Licht  leicht 
zersetzliche  Jodmethyl,  CH3J.  Es  war  chemisch  rein  und 
ganz  farblos.  In  einer  Flasche  von  farblosem  Glas  war  es 
am  2.  Tage  deutlich  violett  und  wurde  das  mehr  mit  jedem 
folgenden  Tage.  In  einer  violetten  Flasche  war  es  ebenso  wie 
dort  am  2.  Tage  erst  am  4.,  in  einer  blauen  am  9.,  in  einer 
gelben  und  roten  Flasche  dagegen  war  es  noch  am  30.  Tage 
ganz  ungefärbt.  Die  Wärmestrahlen  des  Lichtes  hatten  dem¬ 
nach  keine  Wirkung,  dagegen  wirkten  die  chemischen  Strahlen 
fast  ebenso  rasch  wie  das  zerstreute  Tageslicht  allein.  Wie 
das  Jodmethyl  verhielt  sich  auch  das  Bromäthyl,  das  be¬ 
kanntlich  am  Licht  sehr  bald  braun  wird.  Nur  geschah  die 
Zersetzung  in  dem  hellen,  violetten  und  blauen  Glas  nicht  so 
rasch  wie  bei  jenem.  Es  folgt  aus  diesem  Versuchsergebniss, 
dass  man  sich  beim  Aufbewahren  der  lialogenirten  Kohlen¬ 
wasserstoffe  nur  der  gelben  oder  am  besten  braunen  Flaschen 
bedienen  soll.  Auch  für  das  alkoholirte  Chloroform  dürfte 
das  der  grösseren  Sicherheit  halber  passen. 

Nicht  immer  bewirkt  das  Licht  die  Abspaltung  des  Ha¬ 
logens.  Es  gibt  auch  Fälle,  worin  es  das  Gegentheil  thut;  das 
ist  beispielsweise  beim  Eisenjodür  des  amtlichen  Arzneibuches 
der  Fall.  Weil  das  Eisenjodür  sehr  zersetzlich  ist,  hält  man  es 
vorräthig  in  Gestalt  des  Jodeisensirups  (Sirupus  Ferri  jodati). 
Frisch  bereitet  ist  er  farblos,  wird  aber  bald  grünlich,  schwärz¬ 
lich  und  zuletzt  braun.  Das  geschieht  durch  Hinzutreten  des 
Sauerstoffs  der  Luft.  Entstehen  von  Eisenoxydhydrat  und 
Entweichen  des  Jods  sind  die  Folge  (2FeJ2  -f-  30  -f  3H20  =  Fe2 
(OH)6  -j-  4J).  Nimmt  man  frisch  bereiteten  Jodeisensirup,  füllt 
zwei  farblose  Flaschen  damit  halb  voll,  setzt  die  eine  ins  Dunkle, 
die  andere  bei  ganz  gleicher  Wärme  ins  helle  Tageslicht,  oder 
noch  besser  ins  Sonnenlicht,  so  gewahrt  man,  wie  jene  die 
Färbung  bis  zum  kräftigen  Braun  bald  durchmacht,  während 
diese  farblos  bleibt  wie  am  ersten  Tag’.  Der  Vorgang  ist  hier 
so  aufzufassen,  dass  das  Licht  die  Oxydation  verhindert,  also 
auch  die  Abspaltung  des  Jods,  der  dem  Sauerstoff  Platz  zu 
machen  hätte.  Aus  der  Planzenphysiologie  wissen  wir,  dass 
Licht  bereits  fertige  Oxydationsprodukte,  die  Kohlensäure  und 
das  Wasser,  kräftig  zu  reduciren  vermag,  was  im  Wesen  das¬ 
selbe  ist  wie  die  Verhinderung  der  Oxydation.  Praktisch  ist 
das  Verhalten  des  Jodeisens  insofern  von  Bedeutung,  als  es 
lehrt,  dass  man  den  in  der  Kinderpraxis  vielgebräuchlichen 
Jodeisensirup  nur  am  hellen  Tageslicht  aufbew-ahren  soll,  nicht, 
wie  das  meistens  noch  geschieht,  im  Dunklen. 


20 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


2.  Geheimrath  Doutrelep  ont: 

Ein  Fall  yon  Ueberimpfung  yon  Lupus. 

(Veröffentlicht  in  der  Deutsch,  med.  Wochenschrift  durch 
M.  Wolters.) 

3.  Dr.  Graes  er: 

a)  Ueber  Chloroform  gegen  Taenien. 

Die  Idee,  das  Chloroform  zu  diesem  Zweck  anzuwenden, 
rührt  von  den  Franzosen  her.  In  der  med.  Universitäts-Poli¬ 
klinik  wurde  das  Mittel  in  folgender  Form  angewandt: 

Chlorof.  4,0 
01.  Croton.  gtt.  I 
Glycerin.  30,0. 

In  37  Fällen  war  der  Erfolg  ein  vollkommener.  In  einem 
Falle  gelang  es  nicht  die  Taenie  zu  beseitigen,  auch  nicht  der 
spätem  Verabreichung  von  Cort.  Granat,  oder  Ext.  Filic.  mar. 
Das  Mittel  wurde  auf  einmal  genommen.  Die  übrigen  Yer- 
haltungsmassregeln  blieben  die  gleichen  wie  bei  den  sonstigen 
Taenien-Kuren.  Abgesehen  von  der  prompten  Wirkung  liegt 
(‘in  Hauptvortheil  dieser  Kur  in  dem  Fehlen  der,  allen  anderen 
Taenien  -  Mitteln  eigenen,  lästigen  Nebenerscheinungen.  Es 
zeigte  sich  weder  das,  durch  den  unangenehmen  Geschmack 
der  Granatwurzel  bedingte,  Erbrechen,  noch  die  bei  Ext.  Filic. 
beobachteten  Vergiftungserscheinungen.  In  den  meisten  Fällen 
ergab  die  Untersuchung  Taenia  solium.  Der  eine  Fall,  in  dem 
die  Kur  misslang  und  nur  kleine  Stücke  zu  Tage  befördert 
wurden,  betraf  eine  Taenia  saginata. 

b)  Studien  und  Erfahrungen  über  die  Anwendung  yon  Syzygium 

Jambtilanum  gegen  Diabetes. 

Der  Vortragende  lernte  die  Pflanze  auf  Java  kennen,  wo 
Samen  und  Kinde  als  Tbeeaufguss  schon  lange  mit  Erfolg, 
gegen  die  Zuckerkrankheit  verwandt  werden.  Ein  Baum  von 
60— 80  Fuss  Höhe,  zur  Familie  der  Myrtaceen  gehörend,  ist  die 
Eugenia- Jambulana  (indisch  Janum  od.  Djamblang)  in  ganz 
Ost-Indien  heimisch.  Der  frische  Saft  der  Blätter  wirkt  ad- 
stringirend  und  wird  hauptsächlich  in  Britisch-Indien  gegen 
Dysenterie  angewandt.  Im  Laboratorium  des  Herrn  Geheim¬ 
rath  Binz  machte  der  Vortragende  eine  lange  Reihe  von  ex¬ 
perimentellen  Untersuchungen  über  die  Wirksamkeit  der  Droge 
an  Hunden,  welche  durch  Phloridzin  diabetisch  gemacht  worden 
waren.  Dazu  wurde  theils  Extract  von  Früchten  und  Kinde,, 
theils  einfach  pulverisirte  Samen  verwandt.  Es  ergab  sich 
eine  Verminderung  der  Zuckerausscheidung  von  durchschnitt¬ 
lich  84%.  Unangenehme  Nebenerscheinungen  traten  kaum 


Sitzung  vom  16.  Mai  1892. 


21 


auf.  Neuestens  g’elang*  es  Kobert  auch  die  durch  oxalsaure 
Salze  erzeugte  Glykosurie  durch  Eingehen  von  Ext.  Syzygii 
Jambul.  schnell  zum  Verschwinden  zu  bringen.  Bei  verschie¬ 
denen  Fällen  von  Diabetes  mellitus,  bei  welchen  der  Vortra¬ 
gende  das  Jambul.  in  Dosen  bis  zu  30  gr.  pro  die  beim  Menschen 
angewandt,  waren  die  Resultate  nicht  ganz  gleichmässig.  In 
jedem  Falle  aber  wurden  die  Krankheitssymptome  bedeutend 
vermindert.  Die  Harnmenge  verringerte  sich  regelmässig’;  in 
einem  Falle  in  14  Tagen  von  10  L.  pro  die  auf  4  L.;  Heiss¬ 
hunger,  Durst,  Kopfweh  hörten  auf  und  die  Kranken  nahmen 
an  Gewicht  zu.  Die  ungleichmässige  Wirkung  beruht  wohl, 
abgesehen  von  den  verschiedenen  Formen  des  Diabetes  selber, 
hauptsächlich  auf  der  verschiedenen  Werthigkeit  der  Droge.  Die 
von  der  in  Britisch-Indien  vorkommenden  Jambulart  gewonnenen 
Samen  sind  geringer  wirksam  als  die  javan.  Jambulsamen,  Alte, 
ausgetrocknete,  vollkommen  unwirksame  Jambul -Bestandtheile 
werden  oft  zu  Extraet  verwandt  und  aus  den  Resultaten  ihrer 
Anwendung  falsche  Schlüsse  gezogen.  Das  wirksame  Prinzip 
darzustellen  ist  trotz  mannigfacher  Versuche  bis  jetzt  nicht 
gelungen.  Ueber  weitere  Fälle  wird  der  Vortragende  nächstens 
in  einer  ausführlichen  Arbeit  berichten. 

In  der  Discussion  theilte  Prof.  F  i  n  k  1  e  r  verschiedene 
Diabetes-Fälle  mit,  welche  von  ihm  mit  Syzyg\  Jambul.  be¬ 
handelt  worden  sind  und  bei  welchen  er  ebenfalls  gute  Er¬ 
folge  erzielte. 

4.  Prof.  Schultz e: 

Ueber  das  Zusammenyorkommeii  von  Tabes  dorsalis  und 
Insulficienz  der  Aortenklappen. 

Seit  der  Veröffentlichung  von  Berger  und  Rosenbach 
im  Jahre  1879  hat  sich  über  das  Kapitel  des  gleichzeitigen 
Vorkommens  der  in  der  Ueberschrift  genannten  Erkrankungen 
schon  eine  kleine  Literatur  angesammelt.  Noch  immer  ist  aber 
die  Frage  nicht  entschieden,  ob  und  in  welcher  Weise  beide 
Affectionen  miteinander  Zusammenhängen.  Nimmt  man  kein 
zufälliges  Zusammentreffen  an,  was  bei  der  grossen  Anzahl 
der  betreffenden  Beobachtungen  kaum  mehr  zu  umgehen  ist, 
so  lässt  sich  zunächst  nicht  erklären,  wie  eine  Aorteninsufficienz 
zu  einer  Tabes  und  umgekehrt  eine  Tabes  zu  einer  Schluss¬ 
unfähigkeit  der  Aortenklappen  führen  könne.  Es  bleibt  also 
nur  noch  die  Annahme  übrig,  dass  beide  Erkrankungen  durch 
die  gleiche  Ursache  herbeigeführt  sein  könnten,  und  zwar 
in  erster  Linie  durch  eine  ausgebreitete  Erkrankung  der 
Arterien,  besonders  der  Aorta  einerseits  und  dann  der 
spinalen  Gelasse  der  Hinterstränge  des  Rückenmarkes  andrer- 


22 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


seits.  Da  sich  aber  der  Auffassung*,  dass  bei  der  Tabes 
primäre  Gefässerkrankungen  eine  Rolle  spielen,  nach  der  Mei¬ 
nung  des  Vortragenden  unüberwindliche  Schwierigkeiten  ent¬ 
gegenstellen,  und  da  man  bei  allgemeiner  Atheromatose  der 
Arterien  doch  nur  äusserst  selten  eine  Tabes  vorfindet  und 
dieselbe  besonders  auch  bei  Granularniere  mit  ausgebreiteten 
Gefässerkrankungen  kaum  beobachtet  ist,  so  ist  gewiss  nicht 
der  naheliegende  Gedanke  abzuweisen,  dass  eventuell  die 
Lues  die  gemeinschaftliche  Ursache  abgeben  könnte,  welche 
einerseits  die  Gefässe  zu  alteriren,  andrerseits  auch  die  Nerven- 
substanz  selbst  zu  schädigen  im  Stande  ist. 

Der  Vortragende  berichtet  dann  über  zwei  Fälle  von 
Tabes  dorsalis,  welche  er  unter  einer  an  sich  geringen  An¬ 
zahl  von  Tabesfällen  in  der  hiesigen  medicinischen  Klinik 
überhaupt  mit  Aorteninsufficienz  vergesellschaftet  fand.  Bei 
dem  einen  handelte  es  sich  wie  gewöhnlich  bei  derartigen  Be¬ 
obachtungen  um  einen  älter n  Mann,  und  zwar  von  58  Jahren,, 
bei  welchem  sich  vorgeschrittene  Tabes  dorsalis  und  deutliche 
Insufficienz  resp.  Stenose  der  Aortaklappen  bei  der  klinischen 
Untersuchung  vorfand.  Dieser  Kranke  gab  an,  zeitweise  an 
Gelenkschmerzen  gelitten  zu  haben,  ohne  dass  aber  das  Krank¬ 
heitsbild  eines  akuten  Gelenkrheumatismus  bestanden  hätte; 
ferner  hatte  er  vor  einer  Reihe  von  Jahren  Geschwüre  am 
Penis  und  in  der  Aftergegend  gehabt. 

Der  zweite  Kranke  befand  sich  im  Alter  von  34  Jahren, 
hatte  sicherlich  niemals  Gelenkrheumatismus  gehabt  und  war 
vor  10  Jahren  in  der  Sieg  m  u  n  d  ’  sehen  Klinik  in  Wien 
wegen  eines  harten  Ulcus  am  Penis  mit  einer  Schmierkur  be¬ 
handelt  worden.  Er  hatte  vollständig  mangelnde  P u p i Har¬ 
re  fl  e  x  e,  links  f  e  h  1  e  n  d  e  n  P  a  t  e  1 1  a  r  r  e  f*  1  e  x,  Analgesie  der  Haut 
der  Unterextremitäten,  Paraesthesien  an  dem  linken  Arm,  un¬ 
deutlich  ausgeprägte  lancinirende  Schmerzen  und  differente 
Pupillen. 

Bei  einem  dritten  Falle  von  Aorteninsufficienz  bei  einem 
44jährigen  Manne  konnte  die  Diagnose  auf  beginnende  Tabes 
nicht  mit  Bestimmtheit  gestellt  werden,  da  die  Pupillen  zwar 
different  waren,  aber  noch  gut  reagirten,  da  ferner  die  Patellar- 
reflexe  schwach,  aber  doch  zu  erzielen  waren,  und  die  beste¬ 
henden  lancinirenden  Schmerzen  auch  mit  einer  vorhandenen 
gichtischen  Erkrankung  in  Verbindung  gebracht  werden  konnten. 

Schliesslich  wendet  sich  der  Redner  noch  gegen  die  neuer¬ 
dings  wieder  von  Leyden  gemachten  Einwendungen,  welche 
dieser  Autor  gegen  den  ursächlichen  Zusammenhang  von  Lues 
und  Tabes  vorgebracht  hat. 


23 


Sitzung  vom  16.  Mai  1892. 

Zunächst  ist  die  Statistik,  welche  Leyden  in  »der  Medizin 
so  angreift,  in  dieser  Wissenschaft  an  sich  gerade  so  viel 
werth  und  zu  Schlüssen  berechtigend  wie  in  anderen;  anders 
als  auf  diesem  Wege  haben  wir  z.  B.  niemals  therapeutische 
Resultate  gewonnen.  Es  kommt  selbstverständlich  allein  auf 
die  grundlegenden  Tliatsachen  der  Statistik  an;  und  diese  sind 
besonders  nach  den  Feststellungen  von  Erb  durchaus  sichere. 
Der  Vortragende  kann  sich  Erb  in  dieser  Richtung  nach 
seinen  eigenen  Erfahrungen  nur  anschliessen. 

Dann  beweist  der  Ein  wand  Leyden ’s,  dass  die  anti- 
syphilitischen  Mittel  gegen  die  Tabes  nichts  oder  nicht  viel 
ausrichteten,  sehr  wenig,  weil  man  sich  vorstellen  muss,  dass 
die  Degeneration  der  Nervenfasern  bei  Tabes  durch  ein  be¬ 
sonderes  Gift  zu  Stande  kommen,  das  seinerseits  von  den  Krank¬ 
heitserregern  der  Syphilis  geliefert  werde.  Wenn  Leyden 
dagegen  anführt,  die  Lues  mache  keine  Infectionserscheinungen, 
von  einer  Autointoxication  sei  bei  der  Syphilis  nichts  zu  be¬ 
merken,  sie  wirke  nur  an  Ort  und  Stelle,  so  ist  dem  entgegen 
zu  halten,  dass  die  Syphilis  in  dem  Stadium  der  beginnenden 
Effiorescenzen  oft  genug  stärkeres  Fieber,  allgemeine  Störungen 
und  Milztumor  bewirke.  An  Analogien  fehlt  es  auch  nicht; 
es  ist  schon  oft  genug  auf  die  Diphtherie  in  dieser  Beziehung* 
verwiesen  worden. 

Das  Schwierige  liegt  nach  der  Auffassung  des  Vortragenden 
darin,  dass  sowohl  bei  der  Diphtherie  als  bei  der  Ergotintabes, 
welch  6  doch  sicher  durch  ein  Gilt,  und  nicht  direkt  durch 
Pilze  erzeugt  wird,  gewöhnlich  nicht  ein  derartiges  Fortschrei¬ 
ten  der  Erkrankung  wahrgenommen  werden  kann,  wie  bei  der 
Tabes.  Liessen  sich  etwa  Lvmphdrüsentumoren  regelmässig 
nachweisen,  in  welchen  man  ein  Depot  von  Syphiliserregern 
und  deren  Giften  vermuthen  könnte,  so  wäre  die  Neigung  zum 
Fortschreiten  der  Krankheit  leicht  beg*reiflich.  Indessen  sind 
bekanntlich  auch  bei  der  gummösen  Syphilis  keineswegs  immer 
Drüsenanschwellungen  nachweisbar,  und  dann  wäre  auch  daran 
zu  denken,  dass  gerade  so  gut  wie  bei  den  Immunisirungen 
Stoffe  sich  bilden,  welche  keine  direkt  sichtbaren  Veränderungen 
machen  und  dennoch  Jahre  lang  weiter  schützend  und  heilend 
wirken,  auch  umgekehrt  bei  infectiösen  Erkrankungen  Ver¬ 
änderungen  des  Serums  oder  gewisser  Zellen  entstehen  könnten, 
welche  immerfort  weiter  im  umgekehrten  Sinne,  also  schädigend 
ein  zu  w irk  en  v  er  m  ö  ch  t  en . 

Schliesslich  wurde  noch  auf  die  Schwierig'keit  hingewiesen, 
die  neuerkannten  Symptome  bei  Tabes  auf  andere  Ursachen 
als  auf  Lues,  und  zwar  besonders  auf  Erkältungen  und  Ueber- 
anstrengungen  jeder  Art  zurückzuführen. 


24 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Sitzung  vom  20.  Juni  189  2. 

Vorsitzender:  Prof.  Schultz  e. 

Anwesend  34  Mitglieder. 

1.  Dr.  H.  Dreesmann:  Ueber  Knoclieiiplombiruiig. 

Um  die  Heilung'  von  Knochendefekten,  entstanden  durch 
Entfernen  erkrankter  oder  abgestorbener  Knochenmassen,  zu 
beschleunigen,  sind  in  letzter  Zeit  verschiedene  Vorschläge  ge¬ 
macht  worden.  Schede  empfahl  zu  diesem  Zweck  die  Höhle 
durch  ein  besonderes  Verfahren  mit  Blut  anzufüllen,  welches 
sich  dann  organisiren  und  in  Knochenmasse  umsetzen  sollte. 
1889  wurde  von  Senn  vorgeschlagen,  diese  Defekte  mit  Stück¬ 
chen  decalcinirten  Knochens  anzufüllen  und  erreichte  er  selbst 
auf  diese  Weise,  da  durch  sorgfältige  Desinücirung  und  völlige 
Vereinigung  der  Wundränder  eine  längere  Eiterung  verhindert 
wurde,  in  4  Wochen  bis  3  Monaten  völlige  Heilung  je  nach  der 
Grösse  der  vorhandenen  Knochenhöhle. 

Indessen  beansprucht  die  Heilung  auch  so  noch  eine 
ziemlich  lange  Zeit,  und  wird  sich  das  Verfahren  auch  in  vielen 
Fällen  nicht  in  der  angegebenen  Weise  anwenden  lassen,  so 
z.  B.  dann  nicht,  wenn  das  Periost  in  grösserer  Ausdehnung 
miterkrankt  ist  und  entfernt  werden  muss.  In  letzter  Zeit  ist 
im  hiesigen  St.  Johannes-Hospital  eine  andere  Methode  zur  An¬ 
wendung  gekommen,  welche  diese  Nachtheile  vermeidet,  sich 
weit  einfacher  gestaltet  und  auch  noch  sonstige  Vortheile  ge¬ 
währt.  Bereits  vor  längerer  Zeit  hat  Herr  Geheimrath  Profes¬ 
sor  Tr en delen bürg  die  Frage  angeregt,  ob  es  nicht  möglich 
sei,  solche  Knochenhöhlen  mit  einem  andern  festen  Material, 
etwa  Blei,  auszufüllen  und  auf  diese  Weise  Ersatz  für  das  ver¬ 
loren  gegangene  Gewebe  zu  schaffen.  Die  Ausführung  dieses 
Vorschlages  unterblieb  aber,  da  sich  ihr  mannigfache  Schwie¬ 
rigkeiten  boten,  und  auch  das  Eintreten  einer  Bleiintoxikation 
befürchtet  werden  musste.  Ich  habe  nun  Versuche  gemacht,  zu 
diesem  Zwecke  Gyps  anzuwenden,  der  sich  doch  sehr  zur  Aus¬ 
füllung  von  Knochenhöhlen  eignen  musste,  und  bin  ich  heute 
in  der  Lage  zwei  Patienten  vorzustellen,  bei  denen  in  der  Art 
verfahren  worden  ist. 

I.  Föhr,  Ivath.,  4  Jahre  alt,  hereditär  belastet.  Seit  De¬ 
zember  1891  an  Caries  tibiae  sin.  leidend.  Mitte  Januar  1892 
Incision  daselbst  und  seitdem  Fistel.  Jetzt  zwischen  oberem 
und  mittlerem  Drittel  wenig  sezernirende  Fistel,  welche  auf  ca- 
riösen  Knochen  führt.  23.  April  wurde  unter  Blutleere  die  Fistel 
excidirt,  der  Knochenherd  dann  durch  Abhebelung  des  Periosts 


Sitzung  vom  20.  Juni  1892. 


25 


nach  beiden  Seiten  hin  völlig  frei  gelegt  und  vermittels  des 
scharfen  Löffels  und  des  Hohlmeisseis  gründlich  entfernt.  Die 
dadurch  entstandene  etwa  haselnussgrosse  Knochenhöhle  wurde 
mit  Sublimat  1:1000  ausgespült,  mit  Jodoformgaze  getrocknet 
und,  nachdem  die  Wandung  mit  Jodoform  etwas  bestäubt  wor¬ 
den  war,  mit  dünnem  Gypsbrei  völlig  angefüllt.  Der  Gypsbrei 
wurde  bereitet  durch  Anrührung  gewöhnlichen  Gvpspulvers 
mit  einer  5%  Carbolsäurelösung.  Die  Hautwunde  wurde  dann 
durch  fünf  Nähte  über  dem  Knochen  resp.  dem  inzwischen  fest¬ 
gewordenen  Gvps  völlig  geschlossen.  Nach  Anlegen  eines  Kom- 
pressivverbandes  wurde  die  Konstriktion  gelöst  und  die  Extre¬ 
mität  während  der  ersten  8  Tage  suspendirt. 

Der  weitere  Verlauf  war  fieberfrei  und  schmerzlos.  Am 
3.  Mai  erfolgte  der  erste  Verbandwechsel  und  zeigte  sich  an 
einer  Nahtstelle  geringe  Eiterung.  Die  Nähte  wurden  entfernt. 
Nach  Verlauf  von  weiteren  3  Wochen  war  die  Fistel,  welche 
an  dem  Stichkanal  entstanden  war  und  während  dieser  Zeit 
äusserst  wenig  Sekret  geliefert  hatte,  geschlossen,  und  konnte 
Patientin  am  2.  Juni  geheilt  entlassen  werden. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  die  lineäre  Narbe  ganz  glatt  ist, 
keine  Einziehung  und  keine  Adhärenzen  an  dem  darunter  lie¬ 
genden  Knochen  zeigt,  sondern  frei  darüber  verschieblich  ist. 
Oedem  und  Druckempfindlichkeit  ist  nicht  vorhanden.  Patientin 
kann  ohne  Schmerzen  gehen. 

II.  Schneiders,  Paul,  12  Jahre  alt,  hereditär  belastet,  litt 
seit  Anfang  1830  an  Caries  ulnae  sin.  und  wurde  dieserhalb 
bereits  mehrfach  und  längere  Zeit  hier  behandelt.  Seit  Februar 
1892  bestanden  wieder  zwei  Fisteln  im  oberen  Drittel  der  Ulna 
an  der  Aussenseite.  3.  Mai  Excision  der  Fisteln  und  der  er¬ 
krankten  Weichtheile  in  deren  Umgebung.  Es  finden  sich  zwei 
cariöse  Plerde,  der  erste  etwa  haselnussgross,  zwei  Finger  breit 
unterhalb  der  Gelenkspalte,  der  zweite  kirschkerngross  im  Ole- 
eranon.  Beide  Herde  wurden  genau  ebenso  behandelt  wie  im 
vorigen  Falle;  nur  musste  bei  dem  zweiten  Herde  vorsichtiger 
mit  der  Auskratzung  vorgegangen  werden  wegen  der  Nähe  des 
Gelenkes.  Da  ein  grösserer  Defekt  der  Haut  vorhanden,  war, 
wurde  auf  Vorschlag  von  Herrn  Geheimrath  Trendelenburg 
die  Wunde  und  also  auch  die  beiden  Knochendefekte  durch 
einen  Hautlappen  gedeckt  und  der  seitliche  Hautdefekt  trans¬ 
plan  tirt.  Verband,  Suspension  und  Verlauf  wie  bei  Fall  I.  Am 
25.  Mai  musste  die  Gypsmasse,  welche  in  das  Olecranon  einge¬ 
pflanzt  worden  war,  wieder  entfernt  werden,  nachdem  sich  ei¬ 
nige  Tagen  vorher  daselbst  ein  kleiner  Abscess  gebildet  hatte 
und  der  Gyps  ganz  locker  im  Knochen  sass.  Es  ist  wahrschein- 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


26 

lieh,  dass  daselbst  noch  erkrankter  Knochen  in  Folge  mangel¬ 
hafter  Auskratzung  zurückgeblieben  war.  Zur  Zeit  ist  bis  auf 
die  Fistel  über  dem  Olecranon,  welche  auf  entblössten  Knochen 
führt,  völlige  Heilung  erreicht.  Auch  hier  finden  sich  an  der 
einen  Stelle,  wo  der  Gvps  eingeheilt  ist,  keine  Spuren  einer 
früheren  Erkrankung,  so  keine  Einziehung,  keine  Adhärenz 
am  Knochen,  keine  Druckempfindlichkeit  etc. 

In  einem  dritten  Falle  von  Caries  am  Mittelfuss  bei  einem 
13jährigen  Mädchen  wurde  am  2.  Mai  1892  ein  gleiches  Ver¬ 
fahren  angewandt;  doch  waren  die  Verhältnisse  hier  ungünstig', 
da  die  kleinen  Gelenke  miterkrankt  waren.  Infolgedessen  trat 
bis  jetzt  noch  keine  völlige  Heilung  ein,  sondern  es  bestehen 
noch  zwei  Fisteln  entsprechend  den  zwei  Stellen,  wo  der  er¬ 
krankte  Knochen  durch  Gvps  ersetzt  worden  ist1). 

Wie  bei  der  Knochentuberkulose  wird  sich  dies  Verfahren 
in  analoger  Weise  auch  eignen  bei  Behandlung  von  Knochen¬ 
defekten  nach  Extraktion  von  Sequestern,  bei  Knochenab- 
scessen,  Osteomyelitis,  Knochentumoren  u.  dgl.  In  einzelnen 
Fällen  wird  wohl  eine  einfache  Ausspülung  der  Knochenwunde 
nicht  zur  Desinfizirung  der  Höhle  genügen  und  möchte  ich 
dann  folgendes  Verfahren  empfehlen:  Die  Knochenhöhle  wird 
völlig  mit  Oel,  etwa  ol.  oliv.,  angefüllt,  dies  Oel  dann  durch 
Eintauchen  des  glühend  gemachten  Paquelins  zum  Sieden  ge¬ 
bracht  und  kurze  Zeit  im  Sieden  gehalten.  Hierdurch  werden 
mit  völliger  Sicherheit  alle  Nischen  und  Winkel  der  Knochen¬ 
höhle  desinüzirt,  was  auf  andere  Weise  kaum  zu  erreichen  ist. 

Die  Vortheile,  welche  uns  dieses  Verfahren,  das  man  pas¬ 
send  mit  dem  Plombiren  der  Zähne  vergleichen  und  dement¬ 
sprechend  als  „Knochenplombirung“  bezeichnen  kann,  bietet, 
sind  augenscheinlich.  Zunächst  wird  die  Heilungsdauer  der  hier 
in  Betracht  kommenden  Knochenerkrankungen  in  ganz  we¬ 
sentlicher  Weise  abgekürzt,  da  ja  die  Möglichkeit,  eine  prima 
intentio  zu  erreichen,  vorhanden  ist  und  dann  in  längstens  14 
Tagen  Heilung'  erzielt  werden  kann. 

Dann  ergeben  sich  bei  dieser  Behandlungsweise  weit  schö¬ 
nere  Narben.  Dieselben  sind  glatt,  nicht  dem  Knochen  adhä- 
rent,  sondern  frei  verschieblich.  Der  Knochen  und  mit  ihm  die 
Haut  zeigen  keine  Einsenkung,  ein  Vorzug,  der  zumal  bei  Er- 
krankungsprozessen  der  Gesichtsknochen,  also  des  Jochbogens 
und  des  Unterkiefers  von  Bedeutung  sein  wird,  da  die  bei  der 
früheren  Behandlung  erzielten,  oft  tief  eingezogenen  Narben 
sehr  entstellend  wirken  können. 

1)  Seit  Mitte  Juli  ist  eine  Fistel  geschlossen  und  also  auch 
hier  eine  Einheilung  des  Gvpses  erfolgt. 


Sitzung  vom  20.  Juni  1892. 


27 


Ausserdem  glaube  ich,  dass  noch  ein  dritter  Vortheil,  der 
nicht  zu  unterschätzen  wäre ,  aus  diesem  Verfahren  der  Kno- 
chenplombirung  resultirt.  Bei  der  bisherigen  Behandlung  der 
Knochencaries  und  der  Necrose  nach  Osteomyelitis  trat  doch 
fast  stets  eine  mehr  oder  weniger  länger  dauernde  Eiterung  ein, 
und  ist  die  Möglichkeit  nicht  von  der  Hand  zu  weisen,  dass 
hierdurch  leicht  Recidive  der  betreffenden  Erkrankung  bewirkt 
werden.  Dieser  Möglichkeit  wird  durch  die  sorgfältige  Des¬ 
infektion  nach  Entfernen  des  erkrankten  Gewebes,  durch  die 
eventuell  nachfolgende  Kauterisation  mit  siedendem  Oel  und 
durch  die  rasch  erzielte  Heilung'  mehr  oder  weniger  vorgebeugt. 

Die  Hauptschwierigkeit,  welche  sich  dieser  Methode  ent¬ 
gegenstellt,  besteht  darin,  alles  Erkrankte  mit  Sicherheit  zu 
entfernen  und  dann  das  Operationsterrain  gründlich  zu  des- 
infiziren.  Um  diese  Schwierigkeit  zu  beseitigen,  ist  es  noth- 
wendig,  den  Herd  der  Erkrankung  völlig  frei  zu  legen  und 
dem  Auge  zugänglich  zu  machen ;  nur  dann  wird  man  den  ge¬ 
stellten  Anforderungen  genügen  können.  Zuweilen  hat  mir 
hierbei  auch  die  Anwendung  des  Konkavspiegels  gute  Dienste 
geleistet.  Nicht  zu  leugnen  ist  ja,  dass  es  in  einzelnen  Fällen 
unmöglich  sein  wird,  mit  einem  Male  ein  aseptisches  Operations¬ 
terrain  herzustellen,  so  wenn  ausgedehnte  Eiterungen  und  Un¬ 
terminirungen  der  Haut  mit  zahlreichen  Fisteln  und  Narben 
vorhanden  sind.  Hier  wird  man  zunächst  von  der  Plombirung 
des  Knochens  absehen  müssen  und  diese  erst  nach  Heilung  der 
Erkrankung  der  Weichtheile  in  Anwendung  bringen.  Ferner 
wird  auch  dann  von  der  Knochenplombirung  Abstand  genom¬ 
men  werden  müssen,  wenn  nach  Osteomyelitis  das  nekrotische 
Knochengewebe  noch  nicht  deutlich  demarkirt  ist  und  ebenso, 
wenn  vorhandene  Knochentuberkulose  in  direktem  Zusammen¬ 
hang  mit  Gelenktuberkulose  steht.  In  diesen  Fällen  wird  die 
eine  Forderung,  die  Entfernung'  alles  Erkrankten  in  der  näch¬ 
sten  Umgebung  des  zu  plombirenden  Knochendefektes,  gar 
nicht  oder  nur  höchst  unsicher  erfüllt  werden  können. 

Eine  weitere  Kontraindikation  wird  auch  dann  vorliegen, 
wenn  die  Knochenhöhle  sehr  ausgedehnt  ist,  und  die  noch  vorhan¬ 
dene  gesunde  Knochensubstanz  voraussichtlich  zu  schwach  sein 
wird,  dem  Knochen  die  nöthige  Festigkeit  zu  verleihen.  Es  ist 
nämlich  wahrscheinlich,  dass  durch  die  Plombirung  des  Knochens- 
der  Knochenneubildung'  entgegengewirkt  wird,  indem  vielleicht 
wegen  Mangels  der  länger  dauernden  Eiterung  und  Entzün¬ 
dung  der  Substanzverlust  an  Knochen  nicht,  wie  bei  den  an¬ 
deren  Behandlungsmethoden,  im  Laufe  der  Zeit  ersetzt  werden 
kann. 


28 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


Wenn  nun  auch  die  Anwendung  der  Knochenplombirung 
durch  die  eben  angeführten  Kontraindikationen  einige  Ein¬ 
schränkung  erleidet,  so  kommen  doch  noch  häufig  genug  Fälle 
vor,  bei  denen  sich  das  Verfahren  sehr  gut  anwenden  lässt  und 
dann  auch  mit  Rücksicht  auf  die  hervorgehobenen  Vortheile 
erprobt  zu  werden  verdient. 

2.  Prof.  Schultz e:  Vorstellung  eines  Mannes  mit  eigen- 
tliiimlicher  Hautlipomatose. 

Der  Vortragende  stellt  einen  48jährigen  Maler  Carl  Dr. 
aus  Braunschweig  vor,  welcher  schon  anderwärts  des  öfteren 
demonstrirt  worden  ist,  und  dessen  Krankengeschichte  bereits 
im  Jahre  1889  von  Dr.  W.  Müller  im.  Archiv  für  klinische  Chi¬ 
rurgie  (Bd.  39,  S.  652)  ausführlich  beschrieben  wurde. 

Bei  der  Untersuchung  des  Kranken  fällt  zunächst  eine 
gewaltige  Wucherung  des  Fettgewebes  der  Haut  unter  dem 
Kinn  und  zu  beiden  Seiten  des  Unterkiefers  auf.  Ausserdem 
zeigen  sich  starke  halbkugelige  Fettwülste  hinter  beiden  Ohren, 
ferner  eine  grosse  regelmässig  halbkugelig  geformte  Fettmasse 
über  dem  untern  Theil  der  Halswirbelsäule  und  über  den  obern 
Dorsalwirbeln.  Ebenso  findet  sich  über  dem  Manubrium  sterni 
eine  wallnussgrosse  umschriebene,  bei  Druck  leicht  schmerzende 
Fettgeschwulst,  während  die  Schilddrüsengegend  frei  ist.  Am 
erheblichsten  markirt  sich  eine  diffuse  Lipomatose  der  Haut  an 
beiden  Oberarmen  in  dem  ganzen  Umfange  derselben,  während 
an  den  Unterarmen  nur  in  der  Gegend  beider  Supinatores 
longi  und  vielleicht  über  dem  Handrücken  mehr  Fett  angehäuft  ist. 

An  der  Vorderfläche  des  Rumpfes  zeigen  sich  die  Mam- 
niargegenden,  aber  nur  theilweise  und  nicht  vollständig  sym¬ 
metrisch  als  der  Sitz  von  stark  vermehrtem  Fettgewebe  inner¬ 
halb  der  Haut,  ferner  an  den  Seitentheilen  in  der  Gegend  der 
Serrati  ant.  maj.  und  ganz  umschrieben  in  der  Region  der 
Recti  abdominis,  während  seitlich  davon  die  Haut  normal 
erscheint.  In  der  Rückengegend  verschiedene  wammenartige, 
mehr  quergestellte  Fettwülste,  welche  durch  tiefe  Furchen  von 
einander  getrennt  sind.  Auch  die  Regio  sacrolumbalis  ist  in 
der  Gegend  der  Sacrolumbal m uskeln  stärker  durch  Fett 
aufgetrieben.  Die  Haut  über  den  Glutaei  ist  normal;  dagegen 
findet  sich  wieder  in  der  Gegend  beider  Tensor  es  fasciae 
latae,  sowie  an  der  vorderen  Oberschenkelregion  in  der  Ge¬ 
gend  der  Adductoren  stärkere  Fettwucherung  des  Unter¬ 
hautgewebes.  Schliesslich  zeigen  sich  noch  in  den  Kniekehlen 
und  in  der  Serotalhaut  vornehmlich  an  ihren  untern  und  nach 
dem  Damme  zu  gelegenen  Parthien  stärkere  Fcttanhäufungen. 


29 


Sitzung  vom  20.  Juni  1892. 

Die  Muskeln  selbst  erscheinen  überall  frei;  sie  sind  an 
den  Vorderarmen  und  Unterschenkeln,  an  welchen  man  sie  deut¬ 
licher  durchfühlen  kann,  dünner;  die  Kraft  der  Oberarmmuskeln 
ist  entschieden  schwächer  als  normal;  die  Hebung'  der  Arme 
bis  zur  Senkrechten,  ebenso  das  Anlegen  der  Hände  gegen 
den  Hinterkopf  gelingt  —  gegenüber  dem  früher  von  Müller 
geschilderten  Befunde  —  jetzt  ganz  gut. 

Soweit  man  den  Zustand  der  betreffenden  inneren  Organe 
feststellen  kann,  lässt  sich  eine  erheblichere  Fettwucherung  im 
Innern  des  Körpers  nicht  nachweisen.  Die  Augen  ragen  nicht 
stärker  hervor,  die  Herzdämpfung’  ist  eher  verkleinert,  die 
Leber  nicht  als  vergrössert  nachweisbar. 

Die  Herzaction  ist  frequenter  wie  normal,  gelegentlich 
sogar  unregelmässig;  Oedeme  fehlen.  Die  Haut  über  den 
Fettwülsten  an  den  Oberarmen  wird  rasch  und  leicht  kühl. 

Der  Harn  ist  eiweiss-  und  zuckerfrei. 

Von  Seiten  des  Nervensystem  es  keine  besonderen 
Symptome  ausser  der  grösseren  Muskelschwäche  und  ausser 
einem  seit  einer  Reihe  von  Jahren  bestehenden  Mangel  der 
Erection.  Die  Patellarreflexe  sind  lebhaft,  aber  normal;  kein 
Fussldonus;  Armreflexe  sehr  schwach. 

Eine  mässige  Herabsetzung  des  Sehvermögens  wird  nach 
einer  von  Herrn  Dr.  Krüger  vorgenommenen  Untersuchung' 
durch  centrale  Maculae  und  einen  feinen  Beschlag  auf  der  vor¬ 
dem  Linsenkapsel  hervorgebracht  (Rest  einer  Iritis).  ImAugen- 
hintergrunde  und  an  der  Augenmuskulatur  nichts  Abnormes. 

Das  Interesse,  welches  der  Kranke  erweckt,  beruht  in 
der  seltenen  Vertheilung  des  wuchernden  Fettgewebes  der 
Haut  auf  die  einzelnen  Bezirke  derselben;  es  handelt  sich  zum 
Theil  um  cirkumscripte  Lipome,  zum  Theil  um  diffuse  Lipoma- 
tose,  ähnlich  wie  bei  der  Adipositas  universalis.  Besonders 
auffallend  erscheint  erstens  die  Svmmetrie  der  Affection, 
welche  allerdings  nicht  absolut,  immerhin  aber  annähernd  genau 
ist,  die  man  trotzdem  schwerlich  auf  eine  Erkrankung  nervöser 
Centren  zurückführen  kann  —  nach  bekannten  sonst  üblichen 
Schlussfolgerungen.  Zweitens  die  vielfach  nachweisbare, 
wenn  auch  keineswegs  ausschliessliche  Beschränkung  der  Fett¬ 
wucherung  der  Haut  a  u  f  d  e  n  A  u  s  b  r  e  i  t  u  n  g  s  b  e  z  i  r  k  viele  r 
Muskeln.  Wie  das  zu  erklären  ist,  muss  vollständig  dahin¬ 
gestellt  bleiben. 

3.  Dr.  Jo  res  demoustrirt  vier  kleine  Geschwülste  vom 
Halse,  die  als  cystöse  accessorische  Strumen  aufzufassen  sind. 
Die  Geschwülste  entstammen  einem  28jährigen  Manne,  der  sie 


so 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


seit  vier  Jahren  bemerkt  hat.  Dieselben  sind  3—4  cm  lang-,  theils 
walzenförmig,  theils  eiförmig  und  hatten  ihren  Sitz  an  der  lin¬ 
ken  Seite  des  Halses  in  der  Höhe  des  Schildknorpels,  zwei  am 
inneren  Rande  des  sternocleidomastoideus,  zwei  am  äusseren. 
Ein  Zusammenhang  mit  der  nicht  vergrösserten  Schilddrüse 
war  nicht  vorhanden.  Die  Oberfläche  der  Geschwülste  ist  etwas 
höckerig,  zeigt  kleine  Cysten  mit  wasserklarem  Inhalt  und  pa¬ 
pillären  Vegetationen.  Im  Uebrigen  sind  die  Geschwülste  auf 
dem  Querschnitt  von  festerem,  fein  trabekulärem  Gefüge.  Mi¬ 
kroskopisch  bestehen  sie  aus  zahlreichen  dicht  nebeneinander- 
liegenden,  mit  Cvlinder- Epithel  ausgekleideten  Räumen.  Zwi¬ 
schen  denselben  bleiben  nur  dünne  Balken  hyalin  degenerirten 
Bindegewebes  übrig*,  das  sehr  stark  vascularisirt  ist.  In  das 
Innere  der  Räume  erstrecken  sich  zahlreiche  papilläre  Vege¬ 
tationen  mit  Cylinderepithel  überkleidet  und  mit  demselben 
Stroma  versehen  wie  die  Balken.  Je  grösser  und  verzweigter 
die  Papillen,  um  so  grösser  und  komplicirter  die  cystösen  Räume. 
In  dem  Stroma  der  Balken  und  Papillen  liegen  vereinzelt  und 
zu  Gruppen  vereinigt  Drüsenräume,  die  durch  Epithel  und  col- 
loiden  Inhalt  als  Schilddrüsengewebe  charakterisirt  sind. 

Glandulae  accessoriae  laterales  kommen  namentlich  in 
einiger  Entfernung  von  der  Schilddrüse  seltener  vor.  Ihr  mul¬ 
tiples  Auftreten,  das  auch Gi o  v anni  d’Ajutolo1)  beobachtete, 
ist  auch  in  diesem  Falle  von  Interesse. 

Histologisch  reihen  sich  diese  Strumen  an  die  als  papil¬ 
läre  Cvsto-Adenome  der  Schilddrüse  beschriebenen  Formen  an. 

4-  Prof.  Köster:  Demonstration  eines  grossen  Aorten¬ 
aneurysma. 

5.  Prof.  Pelman  gibt  eine  Uebersicht  über  die  Entwick¬ 
lung  der  Psychiatrie  seit  Griesinger.  Das  bekannte  Lehrbuch 
Griesinger’s  bezeichnete  damals  einen  bedeutenden  Fort¬ 
schritt  der  Psychiatrie  und  es  behielt  seine  führende  Stellung 
noch  auf  lange  Jahre  hinaus  bei,  so  wenig  auch  von  Anfang 
an  der  eigentlich  psychiatrische  Theil  des  Werkes  befriedigen 
konnte.  Dass  die  Anschauungen  Griesinger’s  und  insbeson¬ 
dere  seine  Eintheilung  nicht  mehr  haltbar  waren,  darüber  war 
man  sich  längst  einig,  allein  es  erschien  längere  Zeit  hindurch 
kaum  möglich,  etwas  anderes  an  die  Stelle  zu  setzen,  das  auf 
allgemeine  Zustimmung  zu  rechnen  hatte. 


1)  cf.  Centralblatt  für  allg.  Pathologie  u.  pathol.  Anatomie. 
Bd.  II,  Nr.  9. 


31 


Sitzung'  vom  20.  Juni  1892. 

Erst  als  nach  Schüle’s  Vorgang  v.  Kr  afft- Ebing  mit 
seinem  grossen  Lehrbuche  cler  Psychiatrie  hervorgetreten  war, 
gelang  es  der  klinischen  Methode  festeren  Fuss  zu  fassen,  und 
die  früher  mehr  schematische  Darstellung'  zu  Gruppen  von 
Krankheitsbildern  umzugestalten,  die  der  Wirklichkeit  mehr 
entsprachen,  als  es  bei  jenen  der  Fall  gewesen  war.  Immerhin 
aber  sind  wir  auch  jetzt  noch  weit  davon  entfernt,  schon  über¬ 
all  zu  klinischen  Einheiten  vorgedrungen  und  in  eine  klare 
Scheidung  zwischen  der  allgemeinen  und  speziellen  Pathologie 
eingetreten  zu  sein. 

Einen  wesentlichen  Schritt  in  der  Richtung  nach  dieser 
Klärung  hin  bedeutet  die  Lehre  von  der  erblichen  Entartung, 
wie  sie  besonders  vonMagnan  vertreten  wird.  Magnan  ver¬ 
steht  unter  der  erblichen  Disposition  nicht  etwa  ein  unfassbares, 
in  der  Luft  schwebendes  Etwas,  sondern  eine  bestimmte  patho¬ 
logische  Veränderung,  die  dem  klinischen  Nachweise  zugänglich 
ist.  Der  erblich  Entartete  bringt  einen  krankhaften  Geistes¬ 
zustand  mit  auf  die  Welt,  der  während  seines  ganzen  Lebens 
bestehen  bleibt.  Man  unterscheidet  darin  zwischen  einem  dau¬ 
ernden  Geisteszustände  und  den  vorübergehenden  Zufällen,  und 
zerlegt  die  dauernden  Geisteszustände  wieder  in  drei  grosse 
Grippen : 

die  Idioten, 

die  Schwachsinnigen  und 
die  Instab  ein. 

Die  ersteren  beiden  sind  bekannt,  die  letztere  zeichnet 
sich  aus  durch  das  Fehlen  des  psychischen  Gleichgewichtes,  wo¬ 
durch  es  nie  zur  Ausbildung  eines  Charakters  kommt.  Des¬ 
gleichen  wird  durch  den  angeborenen  Mangel  eine  ethische 
Entwicklung  zur  Unmöglichkeit,  diese  Individuen  bleiben  Idio¬ 
ten,  wenn  auch  nicht  an  Intelligenz,  so  doch  an  Moral.  Lom- 
b  ros  o’s  geborene  Verbrecher  dürften  sammt  und  sonders  hierhin 
zu  zählen  sein.  Zu  diesen  verschiedenen  andauernden  Geistes¬ 
zuständen  können  sich  die  vorübergehenden  Zufälle  gesellen 
und  je  nachdem  verschiedene  Krankheitsbilder  darstellen. 

Alle  diese  vorübergehenden  Zufälle  tragen  den  Charakter 
des  Zwangsmässigen  und  eines  mehr  oder  weniger  deutlich  her¬ 
vortretenden  Krankheitsbewusstseins,  das  sie  von  der  eigent¬ 
lichen  Wahnidee  unterscheidet. 

Das  Zwangsmässige,  die  Obsession  der  Franzosen,  kann 
so  in  den  Vordergrund  treten,  dass  es  das  ganze  Krankheits¬ 
bild  beherrscht  und  wir  sehen,  wie  so  die  alten  und  vielge¬ 
schmähten  Monomanien  wieder  zur  Geltung  kommen,  nur  ist 
uns  ein  anderes  Verständniss  für  sie  aufgegangen.  Unter  an- 


32 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


deren  ist  dies  bei  der  Dipsomanie  der  Fall,  die  lediglich  als  ein 
derartiger  vorübergehender  Zufall  auf  dem  Boden  der  erblichen 
Entartung  aufzufassen,  und  von  der  eigentlichen  Trunksucht¬ 
scharf  zu  trennen  ist.  Der  Dipsomane  bleibt  auch  in  der  Zwi¬ 
schenzeit  ein  Entarteter,  und  er  leidet  an  einer  Krankheit,  deren 
klinischer  Nachweis  jederzeit  durch  die  persönliche  Untersuchung" 
geliefert  werden  kann.  Hiervon  sind  die  moralisch  Entarteten 
insofern  unterschieden,  als  sie  in  ihrer  Verkehrtheit  weder 
Zwang  noch  Einsicht  zeigen.  Sie  bilden  so  ein  Uebergangs- 
stadium  zu  dem  eigentlichen  Irrsinn  und  den  degenerativen 
Psvchosen,  wie  sie  sich  ebenfalls  unter  dem  Einflüsse  der  erb- 
liehen  Entartung  entwickeln. 

In  der  Diskussion  wurde  besonders  auf  die  Bedeutung 
hingewiesen,  die  diese  Anschauungsweise  auf  die  Strafrechts¬ 
pflege  ausüben  müsse,  und  wie  es  immer  schwieriger  werde, 
diese  Zwischenstufen  als  schlechthin  zurechnungsfähig  oder 
nicht  zu  bezeichnen.  Demgegenüber  wies  Pelman  darauf  hin, 
wie  dieser  Begriff  üherhaupt  nicht  mehr  zu  halten  sei,  und  in 
seiner  früheren  Bedeutung  aufgegeben  werden  müsse.  Nicht 
auf  die  Zurechnungsfähigkeit  komme  es  an,  sondern  auf  das 
Verschulden,  und  dahin,  in  die  Schuldfrage,  werde  das  Straf¬ 
recht  der  Zukunft  die  bisherige  Zurechnungsfähigkeit  verlegen 
müssen,  wie  man  in  Italien  bereits  angefangen  habe. 


Sitzung  vom  18.  Juli  1892. 

V orsitzender :  Prof.  S  c  h  u  1 1  z  e. 

Anwesend:  36  Mitglieder. 

Herr  Dr.  Boedeker  wird  als  ordentliches  Mitglied  aufge¬ 
nommen. 

Vor  der  Tagesordnung:  Prof.  Schultze:  Unsere  Ge¬ 
sellschaft  hat  seit  ihrer  letzten  Sitzung'  einen  überaus  schweren 
Verlust  erlitten.  Ihr  langjähriger  Sekretär,  der  Geh.  Sanitäts¬ 
rath  und  Kreisphysikus  Dr.  Leo,  welcher  31  Jahre  lang  seines 
Amtes  waltete,  ist  uns  durch  den  Tod  entrissen  worden. 

Er  hing  in  treuer  Liebe  an  dem  Vereine  und  hat  sich 
während  seiner  selten  lang'en  Amtsdauer  keine  Mühe  für  den¬ 
selben  verdi iefsen  lassen.  Zu  Zeiten,  als  die  Gesellschaft  weni¬ 
ger  in  Biiithe  stand,  als  das  glücklicherweise  in  den  letzten 
Jahren  der  Fall  ist,  war  er  es,  welcher  die  Fahne  der  Gesell¬ 
schaft  hochhielt  und  in  jeder  Weise  für  das  Gedeihen  derselben 
Sorge  trug.  Als  dann  in  den  letzten  Jahren  die  Krankheit 
kam  und  seine  Kräfte  mehr  und  mehr  lähmte,  da  hat  er  auch 
dann  noch  die  ihm  so  liebgewordene  Thätigkeit  nicht  missen 


33 


Sitzung  vom  18.  Juli  1892. 

mögen;  leider  konnte  er  aber  keiner  Sitzung  in  diesem  Jahre 
mehr  beiwohnen. 

Den  Aeltesten  unter  uns  war  er  ein  treuer  und  lieber 
Freund;  uns  Allen  aber  ein  hochgeehrter  und  liebenswürdiger 
College.  Ich  glaube  aus  Aller  Herzen  zu  sprechen,  wenn  ich 
sage,  dass  wir  das  Andenken  an  ihn  treu  bewahren  werden, 
und  ich  bitte  Sie,  sich  zu  Ehrung  des  Verblichenen  von  Ihren 
Sitzen  zu  erheben. 

Zum  Schriftführer  wird  für  den  Rest  des  Jahres  ge¬ 
wählt  Prof.  Dr.  Leo. 

1)  Dr.  Knickenberg  stellte  einen  Fall  von  ausserge- 
wölinlicli  ausgedehnter  Erkrankung  an  Favus  (Mädchen  von  10 
Jahren)  vor,  der  in  der  Universitätsklinik  für  Hautkrankheiten 
und  Syphilis  zur  Beobachtung  kam.  —  Befallen  war  die  Haut 
des  behaarten  Kopfes,  dann  besonders  die  obere  Partie  des 
Rückens  bis  etwa  zur  Höhe  der  X.  Rippe  herab,  wo  die  er¬ 
krankten  Stellen  die  normale  Haut  überwiegen.  Ferner  war 
ebenso  dicht  mit  Scutulis  und  Favusborken  bedeckt  die  Aussen- 
seite  beider  Oberarme.  Weniger  dicht  standen  die  Scutula  auf 
der  unteren  Partie  des  Rückens,  auf  der  Bauchseite  des  Rum¬ 
pfes  und  der  Beugeseite  der  unteren  Extremitäten;  in  grösserer 
Anzahl  wieder  fanden  sich  Scutula  auf  den  Nates  und  der 
Streckseite  der  Ober-  und  Unterschenkel  bis  auf  das  Dorsum 
der  Füsse  herab.  —  Theils  waren  typische  kreisrunde  Scutula 
vorhanden,  einige  besonders  auffallend  durch  ihre  Grösse,  mit 
einem  Durchmesser  von  ca.  3  cm,  d.  h.  über  Markstückgross; 
theils  fanden  sich  Stellen  von  Handtellergrösse  mit  convex  aus¬ 
gebuchtetem  Rande  und  mit  dicken  gelben  Krusten  und  Bor¬ 
ken  bedeckt,  offenbar  aus  aneinanderstossenden  Scutulis 
hervorgegangen,  die  dann  auf  der  Oberfläche  zerfallen  waren. 

2)  Dr.  B  oenneck cn:  Ueber  Trigeminusneuralgieen  (wird 
an  anderer  Stelle  ausführlich  veröffentlicht). 

3)  Prof.  Ungar  berichtet  über  die  unter  seiner  Leitung 
geschriebene  Dissertation  von  Otto  Egeln  „Ist  Secale  cor- 
nutum  ein  Abortivuni Dieselbe  gelangt  zu  dem  Schlüsse, 
dass  das  Secale  cornutum  in  der  Tliat  ein  Abortivmittel  ist. 
Ist  die  Wirkung  desselben  auf  die  schwangere  Gebärmutter 
auch  eine  so  unsichere,  dass  die  heutige  Geburtshilfe  sich 
desselben  nicht  mehr  zum  Zwecke  der  Austreibung  des  Kindes 
bedient  und  seine  Verabreichung  wegen  der  damit  verknüpften 
Gefahren  für  das  Kind  vor  Eintritt  der  Nachgeburtsperiode  so- 

Sitzungsher.  der  niederrliein.  Gesellschaft  in  Bonn.  1892.  3B. 


34 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


gar  verpönt,  so  muss  dasselbe  doch  vom  gerichtsärztlichen 
Standpunkt  aus  als  ein  zur  Herbeiführung  des  Abortes  taug¬ 
liches  Mittel  bezeichnet  werden.  Für  den  Gerichtsarzt  handelt 
es  sich  um  die  Frage,  ob  das  Mittel  geeignet  ist,  einen  Abort 

herbeizuführen  d.  h.  ob  es  einen  Abort  herbeiführen  kann. 

» 

Mag  das  Mutterkorn  nun  auch  in  noch  so  vielen  Fällen  den 
erwünschten  Erfolg  nicht  haben,  mag  trotz  der  Aufnahme  des¬ 
selben  selbst  in  grossen  Dosen  die  Gravidität  bisweilen,  ja 
selbst  häufiger  nicht  unterbrochen  werden,  so  kann  dasselbe 
doch,  und  selbst  in  nicht  übermässig  grosser  Gabe,  vermöge 
seiner  specifischen  Wirkung  auf  den  schwangeren  Uterus  die 
Ausstossung  der  Leibesfurcht  herbeiführen. 

4)  Prof.  Ungar  berichtet  sodann  noch  über  gemeinsam 
mit  Alexander  Buechner  angestellte  Untersuchungen  über 
„die  Grösse  des  Luftwechsels  in  den  ersten  Lebenstagen“. 

In  einer  Arbeit:  Zur  Kenntniss  des  Athmungsmechanis- 
mus  der  Neugeborenen“  berichtet  Eck  er  lein  auch  auf  Grund 
von  Untersuchungen,  die  er  mittels  eines  besonders  zu  diesem 
Zweck  construirten  Spirometer  angestellt  hatte,  über  die  Grösse 
des  Luftwechsels  der  Neugeborenen.  Mit  dem  von  ihm  be¬ 
nutzten  Spirometer  konnte  Eckerlein  nur  eine  Minute  lang' 
ununterbrochen  die  Grösse  des  Luftwechsels  bestimmen  und 
musste  dann  immer  wieder  behufs  Lufterneuerung  eine  Unter¬ 
brechung'  eintreten  lassen.  Es  schien  wünschenswerth,  die 
Grösse  des  Luftwechsels  ununterbrochen  während  eines  längeren 
Zeitraums  messen  zu  können.  Dies  war  natürlich  nur  dann 
möglich,  wenn  die  Bestimmung  der  Grösse  des  Luftwechsels  . 
unter  Bedingungen  stattfinden  konnte,  welche  eine  fortwäh¬ 
rende  Erneuerung  der  den  Lungen  zugeführten  Luft  gestattete. 
Zu  diesem  Zwecke  schien  die  von  G  e  p  p  e  r  t  und  Zuntz 
bei  ihrer  Arbeit  „über  die  Regulation  der  Athmung“  angewandte 
Messungsmethode  mittels  der  Gasuhr  geeignet.  Eine  besondere 
Schwierigkeit  bestand  darin,  eine  luftdichte  Verbindung  zwischen 
den  Luftwegen  des  Kindes  und  dem  Apparate  herzustellen. 
Dies  wurde  durch  Benutzung  einer  aus  dickem,  weichem  Gummi 
hergestellten  Maske  erreicht,  welche  mittels  Guttaperchapapier- 
Streifen,  die  mit  Chloroform  befeuchtet  wurden,  mit  der  Ge¬ 
sichtshaut  fest  verklebt  wurde.  Aus  den  an  fünf  Neugeborenen 
angestellten  Untersuchungen,  welche  bei  einem  der  Kinder 
schon  20  Minuten  nach  der  Geburt  begonnen  wurden  und  bei 
zwei  Kindern  bis  zum  8.  Tage  ausgedehnt  wurden,  liessen  sich 
folgende  Schlüsse  ziehen:  Zunächst  ergaben  sie  eine  Bestäti¬ 
gung'  der  Angabe  Eck  er  lei  ns,  dass  der  Luftwechsel  am  ersten 


Sitzung'  vom  18.  Juli  1892. 


35 


Lebenstage  bedeutend  geringer  ist,  als  am  zweiten  Tag-e.  Be¬ 
merkenswerth  ist  sodann,  dass  sich  in  allen  Versuchen  am 
dritten  Tage  für  die  Grösse  des  Luftwechsels  bei  ruhiger 
Athmung  wieder  niedrigere  Zahlen  ergaben,  als  am  zweiten 
Tage.  In  den  beiden  Versuchen,  in  welchen  die  Prüfung  der 
Grösse  des  Luftwechsels  bis  zum  8.  Tage  incl.  ausgedehnt 
wurde,  übertraf  die  Athmungsgrösse  des  8.  Tages  noch  die 
des  2.  Tages  beträchtlich,  in  einem  dieser  Versuche  war  sie 
dabei  fast  doppelt  so  gross,  als  wie  3  Stunden  nach  der  Geburt, 
in  den  anderen  21Ji  mal  so  gross,  als  wie  20  Minuten  nach  der 
Geburt.  Die  Geringfügigkeit  des  Luftwechsels  am  ersten  Tage 
hängt  nun,  wie  Ungar  des  Näheren  ausführt,  nicht  etwa,  wie 
Dohr  n  meint,  damit  zusammen,  dass  die  Lungen  der  Neuge¬ 
borenen  in  der  Regel  erst  bei  länger  dauernder  Athmung  eine 
vollständige  Entfaltung  ihrer  Alveolen  erführen.  Durch  diesen 
Ausspruch  stelle  sich  D  o  h  r  n  in  Gegensatz  zu  der  Lehre  der 
gerichtlichen  Medicin,  für  welche  die  hier  berührte  Frage  von 
grösster  Bedeutung'  sei.  Der  geringere  Luftwechsel  beruhe  auf 
einer  geringeren  Ausdehnung'  der  bereits  entfalteten  Alveolen, 
dieselben  würden  eben  nicht  bei  jeder  Inspiration  gleich  stark 
ausgedehnt  und  gleichviel  mit  Luft  gefüllt.  Die  Anfangs  ober¬ 
flächlichen  Athemzüge  würden  allmählich,  wenn  sich  die  Anfor¬ 
derung  an  den  Gaswechsel  steigere  und  damit  das  Bedürf- 
niss  zu  tieferen  Athembewegungen  sich  geltend  mache,  tiefer. 
Auch  dürfte  die  vor  der  Geburt  nicht  funktionirende  Athmungs- 
muskulatur  kaum  gleich  nach  der  Geburt  zu  einer  solchen 
Arbeitsleistung  fähig  sein,  wie  sie  erforderlich  ist,  anhaltend 
tiefere  Athembewegungen  auszuführen. 

5)  Dr.  Peters:  Ueber  Behandlung  cliron.  Conjunctival- 

erkrankungen.  Vortragender  berichtet  über  Versuche,  die  er 
anstellte,  um  zu  erfahren,  ob  die  Entfernung  der  schleimigen 
degenerirten  Epithelschicht  bei  verschiedenen  chronischen  Con- 
junctivalerkrankungen  eine  therapeutische  Wirkung  haben 
könne  und  kommt  zu  dem  Resultate,  dass  bei  Conjunctivitis 
granulosä  mit  und  ohne  Hornhautaffectionen  auf  diese  Weise 
ein  eclatanter  Umschwung  in  dem  torpiden  Charakter  des 
Leidens  zu  erzielen  ist.  Die  Schleimhaut  bildet  sich  ohne  eine 
Spur  von  Narbenbildung  zur  Norm  zurück,  ohne'  dass  die 
„Trachomfollikel“  direct  Gegenstand  der  Behandlung  waren 
und  die  Hornhautprocesse  neigen  sehr  bald  zur  Heilung. 
Ebenso  erwies  sich  das  Verfahren  als  wirksam  bei  einigen 
Fällen  von  Frühjahrscatarrh,  indem  zwar  nicht  die  patholo¬ 
gischen  Veränderungen,  wohl  aber  die  Beschwerden  beseitigt 


36 


N i e der rh einis che  Gesellschaft  in  Bonn. 


wurden  und  bei  dem  sog.  Catarrhus  siccus,  der  den  üblichen 
medicamentösen  Behandlungsmethoden  hartnäckigen  Wider¬ 
stand  zu  leisten  pflegt. 

Gleichzeitig  sind  die  so  gewonnenen  Erfahrungen  im  . 
Stande,  eine  Erklärung  für  die  Erfolge  der  im  Jahre  1890  von 
den  Gebr.  Iv  e  i  m  i  n  g  angegebenen  Behandlungsmethode  des 
Trachoms  zu  geben,  welche  in  täglichen  Abreibungen  der 
Schleimhaut  vermittelst  eines  in  Sublimat  getränkten  Watte¬ 
bausches  besteht.  Verfasser  beweist,  dass  der  therapeutisch 
wirksame  Factor  auch  hierbei  nur  in  der  mechanischen  Ent¬ 
fernung  der  erkrankten  Epithelschicht  zu  suchen  ist. 


Sitzung  vom  21.  November  1892. 

Vorsitzender:  Prof.  Schultze. 

Anwesend:  33  Mitglieder. 

1.  Dr.  Peters  berichtet  über  die  mikroskopische  Unter¬ 
suchung  eines  Falles  von  doppelseitigem  Schichtstaar. 

Es  wurden  die  besonders  von  Schirmer  beschriebenen 
Veränderungen  des  Kerns,  Tropfen-  und  Lückenbildung,  auch 
hier  angetroffen,  jedoch  nicht  in  bestimmter  Anordnung  an 
der  Kernperipherie,  sondern  diffus  durch  den  Kern  zerstreut. 
Am  Aequator  ist  der  stark  geschrumpfte  Kern  mit  der  Corti- 
calis  durch  ein  gezerrtes  und  dadurch  getrübtes  Band  in  Ver¬ 
bindung  geblieben,  während  an  der  Vorder-  und  Hinterfläche 
des  Kernes  ein  mit  klarer  Flüssigkeit  erfüllter  Spaltraum  ent¬ 
standen  ist,  welcher  die  normale  Corticalis  scharf  von  der 
Kernsubstanz  trennt.  Verf.  leitet  die  hier  gefundenen  Ver¬ 
änderungen  ebenso  wie  die  bei  Schichtstaaren  vorkommenden 
Complicationen,  wie  Cortical-,  vordere  und  hintere  Polarstaare 
von  der  Kernschrumpfung  ab  und  nimmt  im  Gegensatz  zu  den 
verschiedenen  zur  Erklärung  der  Entstehung  des  Schiehtstaares 
aufgestellten  Theorieen  an,  dass  es  sich  beim  Schicht-  und 
Kernstaar  nicht  um  eine  Erkrankung  der  ganzen  zur  Zeit 
vorhandenen  Linsensubstanz  handelt,  an  welche  sich  dann 
später  normale  Corticalis  anlagert,  sondern  um  eine  Ernährungs¬ 
störung  der  centralen  Theile.  Erkrankt  die  ganze  Linse  unter 
dem  Einfluss  dieser  Ernährungsstörung,  so  entsteht  das  Bild 
des  angeborenen  und  kurz  nach  der  Geburt  entstandenen 
Totalstaars. 

Bezüglich  der  Details  muss  auf  die  in  v.  Graefe’s  Ar¬ 
chiv  für  Ophthalmologie  erscheinende  ausführliche  Arbeit  ver¬ 
wiesen  werden. 


37 


Sitzung“  vom  21.  November  1892. 

2.  Professor  Binz  berichtet  über  Versuche,  die  Dr.  E. 
Vollmer  im  Pharmakologischen  Institut  zu  Bonn  betreffs 
der  Wirkung  des  Morphins  und  Atropins  auf  die  Athmung  an¬ 
gestellt  hat.  Die  ausführliche  Beschreibung  dieser  Versuche 
steht  in  dem  30.  Band  des  Archivs  für  experimentelle  Patho¬ 
logie  und  Pharmakologie  S.  385—410.  Zwei  Kaninchen  und 
elf  Hunde  dienten  als  Versuchsthiere ;  die  beiden  ersten  nur, 
um  den  Erfolg  der  gleichzeitigen  Einspritzung  von  Morphin 
und  Atropin  im  Allgemeinen  vorzuführen,  die  elf  Hunde,  um 
längere  Zeit  hindurch  die  Einzelheiten  zu  ersehen.  Als  Instru¬ 
ment  zum  Messen  der  Athemgrösse  wurde  eine  feine  Experi- 
mentir-Gasuhr,  in  welche  hinein  die  Thiere  athmeten,  benutzt. 
Alle  fünf  Minuten  wurden  die  gewonnenen  Zahlen  addirt,  um 
so  grössere  vergleichbare  Durchschnittszahlen  zu  erhalten. 
Die  Thiere  wurden  zuerst  durch  das  Morphin  vollständig  be¬ 
täubt,  ihre  Athmungsgrösse  in  diesem  Zustande  gemessen,  ihnen 
dann  das  Atropin  subcutan  eingespritzt  und  nun  wieder  die 
etwaige  Veränderung  der  Athmung*  aufgenommen.  Das  Resultat 
war  ein  gleichmässiges  in  allen  elf  Versuchen:  Stets  folgte  der 
Einspritzung  in  kurzer  Zeit  ein  merkbares  Ansteigen  der  durch 
das  Morphin  stark  herabgedrückten  Athmungsgrösse,  das  nur 
auf  das  Atropin  bezogen  werden  konnte.  Hier  die  Uebersicht 
nach  der  Nummer  des  Versuchs  und  den  Prozenten  des  An¬ 
steigens: 

Versuch:  1  2  3  4  5  6  7  8  9  10 

Procent:  100  19  20  20  44  133  50  35  30  27 

11  12  13 

45  u.  51  41  u.  34  36  u.  587 

Im  Versuche  6  musste  während  der  Steigerung*  abge¬ 
brochen  werden,  weil  die  Gasuhr  für  so  grosse  Mengen  nicht 
eingerichtet  war;  das  Resultat  wäre  sonst  noch  besser  geworden. 

Die  Hunde  blieben  während  des  ganzen  Versuches  ruhig; 
keine  Spur  von  Zuckungen  oder  Krämpfen  trat  auf.  Das 
entsprach  den  vorsichtig  gewählten  Gaben  des  Atropins.  Diese 

bewegten  sich  zwischen  0,003  und  0,016  auf  das  Thier.  Nur 

in  den  beiden  letzten  Versuchen  wurde  auf  0,025  und  0,055  ge¬ 
stiegen,  um  zu  sehen,  ob  solche  höhere  Gaben  einen  wesentlich 
stärkeren  Erfolg  hätten.  Das  war  nicht  der  Fall,  wobei  frei¬ 
lich  nicht  vergessen  werden  darf,  dass  bei  Hunden  die  indivi¬ 
duelle  Empfänglichkeit  gegen  Gifte  eine  höchst  verschiedene 
ist,  selbst  bei  vollständiger  Gleichstellung  des  Giftes  auf  das 
Körpergewicht. 

Schon  v.  ßezold  hatte  im  Jahre  1867  beobachtet,  dass 
Atropin  an  Kaninchen  und  Hunden  die  Zahl  der  Athemzüge 


38 


Nicderrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


erhöht,  dass  aber  gleichzeitig*  zu  Anfang  eine  geringe  und 
rasch  wieder  verschwindende  Abnahme  eintritt.  Er  erklärte 
dies  so:  von  der  Vene  aus  gelange  das  Atropin  durch  das 
rechte  Herz  an  die  Lungenäste  des  Vagus  und  setze  ihre  Reiz¬ 
barkeit  herab;  bald  darnach  gelange  es  an  das  Athmungscen- 
trum  im  Gehirn  und  erhöhe  dessen  Reizbarkeit  stark  genug, 
um  jene  Herabsetzung  mehr  als  auszugleichen  (übercompen- 
siren).  War  diese  Deutung  richtig,  so  musste  das  Atropin  in 
eine  Carotis  eingespritzt  die  Steigerung  der  Athmungsfrequenz 
machen  ohne  die  anfängliche  Senkung.  Das  geschah  wirklich 
so  und  Dr.  Vollmer  bestätigte  es  in  seinen  Versuchen  12  und 
13  auch  für  die  Athmungsg  r  ö  s  s  e. 

Aus  seinen  11  Versuchen,  die  alle  miteinander  überein¬ 
stimmten,  zog  Dr.  Vollmer  folgende  Schlüsse: 

I.  Das  Atropin  ist  im  Stande  bei  Hunden  die  unter  dem 
Einfluss  des  Morphins  stehende  Athmungsgrösse  bald  und 
deutlich  zu  steigern.  II.  Die  Steigerung  geschieht  am  raschesten, 
wenn  das  Atropin  nicht  erst  den  Weg  durch  das  rechte  Herz  in 
die  Lunge  nimmt,  sondern  direkt  das  Gehirn  trifft.  III.  Die 
bekannte  Schlussfolgerung  aus  den  Versuchen  von  Binz  und 
H  e  u  b  a  c  h  (Arch.  f.  exper.  Path.  u.  Pharmakol.  1877,  VIII,  31), 
dass  sich  ein  gegenseitiger  Antagonismus  zwischen  Morphin 
und  Atropin  in  wichtigen  Funktionen  des  Thieres  feststcllen 
lasse,  ist  auch  für  die  Athmungsgrösse  vollkommen  richtig. 

Dr.  E.  Vollmer  hat  der  ausführlichen  Schilderung  seiner 
Versuche  eine  kurze  Kritik  der  Gegenversuche  angefügt,  die 
U  nverri  c  h  t  und  0  rlowski  in  Dorpat  gegen  Ende  des 
vorigen  Jahres  veröffentlicht  haben.  Die  Dorpater  Versuche, 
welche  die  Resultate  von  Binz  und  Heubach  verneinen  und 
dem  Atropin  nur  eine  die  Athmungsgrösse  herab  setzende 
Wirkung  zusprechen,  unterscheiden  sich  von  den  jetzigen  und 
früheren  Bonner  Versuchen  wesentlich  dadurch,  dass  sie  alle 
10  von  heftigsten  Krämpfen  reden,  die  bei  den  zuerst  morphini- 
sirten  und  dann  atropinisirten  Hunden  auftraten.  Diese  Krämpfe 
werden  „epileptiform,  sehr  heftig  und  allgemein,  andauernd 
und  allgemein,  fortwährend“  und  ähnlich  genannt,  haben  bis 
zu  3/4  Minuten  Dauer  und  —  während  des  Tobens  dieser  Krämpfe 
wurde  die  Athmungsgrösse  ruhig  weiter  gemessen  und  als 
massgebend  notirt.  Nach  Vollmer  sind  derartige  Messungen 
absolut  unbrauchbar,  weil  durch  die  heftige  Mitleidenschaft 
der  Athemmuskeln  die  Athmungsgrösse  nach  beiden  Seiten  hin 
beeinflusst  werden  kann,  durch  krampfhafte  Bewegungen  und 
durch  krampfhaften  Stillstand  des  Zwerchfells  und  durch  die 
nothwendig  eintretende  Erschöpfung,  die  die  Mehrzahl  der 


Sitzung  vom  21.  November  1892.  39 

Versuchshunde  von  Unverricht  und  Orlowski  zu  Tode 
brachte.  Es  wird  dies  alles  und  der  Gegensatz  gegen  die 
Versuche  von  Binz  und  Heu  b  ach  verständlich,  wenn  man 
die  Gaben  berechnet  und  vergleicht,  welche  in  den  Bonner 
und  in  den  Dorpater  Versuchen  innerhalb  weniger  Stunden 
benutzt  worden  sind.  Folgende  Zusammenstellung  zeigt  das. 

Es  haben  gegeben  auf  das  Kilo  Hund: 

Morphin  Atropin 

Binz-Heubach .  0,0446  0,00067 

Unverriecht-Orlowski.  .  0,0076  0,14335 

Hieraus  ergibt  sich  weiter,  dass  die  Dorpater  Forscher 
auf  das  Kilo  Thier  214  Mal  mehr  Atropin  gegeben  haben,  als 
die  Bonner.  Dieser  colossale  Unterschied  wächst  in  ganz 
unkontrollirbarem  Maasse  dadurch,  dass  in  Dorpat  das  Atropin 
stets  direct  ins  Blut  gespritzt  wurde,  in  Bonn  stets,  mit  Aus¬ 
nahme  von  Versuch  12  und  13,  nur  unter  die  Haut.  Man  kann 
ein  solches  Verfahren  mit  folgendem  vergleichen:  Ein  dünner 
Stock  und  die  damit  ansgeführten  Schläge  sind  ganz  geeignet, 
ein  müdes  und  erschlafftes  Thier  zu  bessern  Bewegungen  an¬ 
zutreiben.  Verstärkt  man  dieses  Erregungsmittel  auf  mehr  als 
das  214 fache  seines  Gewichts,  so  wird  eine  Keule  daraus,  und 
schlägt  man  damit  auf  das  Thier  los,  so  bricht  man  ihm  die 
Rippen  und  das  Rückgrat;  statt  sich  besser  zu  bewegen,  sinkt 
es  zusammen  und  verendet  in  Krämpfen,  geradeso  wie  die 
Dorpater  durch  ungeheure  Gaben  Atropin  vergifteten  Hunde 
es  gethan  haben. 

Das  sind  die  Versuche,  von  denen  Herr  Unverricht 
gesagt  hat  (Cbl.  f.  klin.  Med.  1892,  S.  52),  sie  seien  „so  verhäng- 
nissvoll  für  die  B  i  n  z  ’sclien  Anschauungen  geworden“.  Der 
Verfasser  kommt  zu  dem  Schluss: 

„Die  Versuche  Orlowski ’s  sind  keine  Wiederholung, 
Prüfung  und  Widerlegung  der  Versuche  H  e  u  b  a  c  h ’s,  son¬ 
dern  sie  zeigen  nichts  weiter,  als  dass  man  Hunde  durch  starke 
Gaben  Atropin  zu  heftigen  Krämpfen  und  zu  Tode  bringen 
kann.  Das  aber  ist  eine  altbekannte  Thatsache,  welche,  so¬ 
weit  ich  die  Literatur  kenne,  noch  von  Niemand  bezweifelt 
wurde.“  Die  früheren  Versuche  und  Einwände,  die  II.  Len¬ 
ti  a-rtz  in  Leipzig  gegen  die  Behauptung  der  erregenden 
Wirkungen  des  Atropins  gemacht  hat  und  worauf  U  n  v  e  r  - 
r  i  c  h  t  und  sein  Schüler  sich  berufen,  sind  ebenfalls  durch 
das  Experiment  und  die  Erfahrung  widerlegt  worden  (vgl. 
Deutsche  med.  Wochenschrift  1887,  Nr.  2  und  Arch.  f.  klin. 
Med.  1887,  Bd.  41,  S.  174).  Man  kann  nur  im  Zweifel  darüber 


40 


Niederrheinische  Gesellschaft  in  Bonn. 


sein,  welche  von  den  beiden  gegnerischen  Arbeiten  die  ver¬ 
fehlteste  ist. 

3.  Prof.  Schnitze:  a)  lieber  einen  Fall  von  Sarconi 
des  linken  Yorhofs.  —  b)  Grosser  Tumor  der  linken  Pleura¬ 
höhle  mit  Dermoidcyste. 

Beide  Vorträge  werden  in  Dissertationen  veröffentlicht. 


Sitzung  vom  12.  Dezember  1892. 

Vorsitzender:  Prof.  Schultz e. 

Anwesend:  25  Mitglieder. 

Dr.  Weber  wird  als  ordentliches  Mitglied  aufgenommen. 

1.  Prof.  Nussbaum:  Vergleichende  Studien  über  die 
Orbita  des  Menschen  und  der  Tliiere. 

2.  Prof.  N  u  s  s  b  a  u  m :  Ueber  Geschlechtsentwicklung 
bei  Polypen. 

Anknüpfend  an  die  erste  Mittheilung  über  diesen  Gegen¬ 
stand  in  der  Sitzung  vom  27.  Februar  d.  J.  kann  ich  heute 
über  das  Folgende  berichten. 

In  dem  Hauptaquarium  a  sind  seit  der  zuletzt  beschrie¬ 
benen  Periode  bis  gegen  Mitte  September  1892  in  fünf  geson¬ 
derten  Perioden  Weibchen  aufgetreten.  Es  wurde  kein  ein¬ 
ziges  Thier  mit  Hoden  während  dieser  Zeit  gefunden. 

Aus  demselben  Hauptaquarium  wurden  Anfangs  Juli  1892 
6  Weibchen,  deren  Eier  unbefruchtet  abgefällen  waren,  in  ein 
neues,  drittes  Aquarium,  das  wir  c  nennen  wollen,  hineingesetzt. 
Diese  Polypen  haben  bis  zum  November  dieses  Jahres,  also  in 
vier  Monaten  in  fünf  getrennten  Perioden  nur  Eier  producirt. 
Männliche  Exemplare  oder  Zwitter  sind  nicht  aufgetreten. 

Das  Aquarium  b,  in  dem  bis  zur  Abfassung  meines  er¬ 
sten  Berichtes  nur  Männchen  aufgetreten  waren,  hat  sich  seit 
jener  Zeit  folgendermassen  verhalten. 

Am  7.  März  1892  fand  sich  ein  Männchen  und  ein  Weib¬ 
chen.  In  einer  langgedehnten  Periode  vom  18.  April  bis  25.  Mai 
1892  traten  nur  Männchen  auf.  Im  Juni,  Juli  und  August,  also 
in  drei  getrennten  Perioden  4  ^  und  2  9,  3  cf  2  2^ 

und  1  $  . 

Von  den  Polypen  dieses  Aquarium  sind  seit  dem  August 
bis  heute  keine  Generationsorgane  gebildet  worden.  Im  No- 


41 


Sitzung-  vom  12.  Dezember  1892. 

vember  dieses  Jahres  brachte  ich  aus  diesem  Aquarium  b  vier 
Polypen  in  ein  neues  Aquarium  d.  Hier  haben  sie  gegen  Ende 
November  alle  vier  Eier  gebildet. 

Von  diesen  vier  Thieren  wurde  eins,  dessen  Eier  eben 
abgefallen  waren,  in  das  Aquarium  b,  woher  es  genommen  war, 
zurückgebracht.  Darüber  wird  dann  später  zu  berichten  sein. 

Nach  meinen  bisherigen  Ermittelungen  scheint  weder  die 
Grösse  der  Aquarien,  noch  das  Licht,  sondern  blos  das  Futter 
auf  die  Entstehung  des  Geschlechts  der  von  mir  beobachteten 
Polypen  von  Einfluss  zu  sein.  Bei  reichlichem  Futter,  wobei 
nicht  allein  das  absolute  Maass  des  Futters,  sondern  auch  die 
Zahl  der  Polypen  eine  Rolle  spielte,  entstanden  nur  Weibchen. 
Damit  würden  auch  die  Angaben  der  Autoren  im  Einklang 
stehen,  dass  man  im  Freien  während  des  Herbstes  vorzugs¬ 
weise  Männchen  gefunden  habe.  Ich  selbst  habe  früher  in 
meinen  Aquarien  dasselbe  beobachtet,  als  die  Polypen  meiner 
Zucht  noch  Zwitter  waren.  Offenbar  wird  gegen  den  Winter 
das  Futter  für  die  Polypen,  die  bis  dahin  durch  Knospung  sich 
reichlich  vermehrt  haben,  seltener. 

Ich  bemerke  noch,  dass  durch  die  vorhergehenden  Da¬ 
ten  über  das  Auftreten  der  Geschlechtsorgane  sich  auch  die 
Angaben  der  Autoren  über  die  Brunstzeiten  der  Polypen  des 
süssen  Wassers  alle  als  richtig  erweisen.  Das  Auftreten  der 
Geschlechtsorgane  ist  eben  an  keine  bestimmte  Jahreszeit  ge¬ 
bunden. 


3.  Prof.  U  n  gar:  Ueber  Carhol  Vergiftung  vom  Darm  aus. 

4.  Prof.  Ivoester:  Demonstration  eines  Lungentumors. 


Universitäts-Buchdruckcrei  von  Carl  Georgi  in  Bonn. 


NOV  1  3 


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V  erhandlungen 


des 


naturhistorischen  Vereins 


der 


preussisclien  Rheinlande,  Westfalens  und  des 
Reg.-Bezirks  Osnabrück?-- 


Herausgegeben 

vön 

Dr.  Pli.  Bertkau, 

Sekretär  cles  Vereins. 


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Xeunundvierzigster  J ahrgang. 
Fünfte  Folge:  9.  Jahrgang. 


Verhandlungen  Bogen  1 — 16*.  Korrespondenzblatt  Bogen  1 — 4. 
Sitzungsberichte  der  Niederrheinischen  Gesellschaft  für  Natur- 

und  Heilkunde  Bogen  1 — 2. 

Mit  4  Tafeln  und  2  Holzschnitten. 


Erste  Hälfte. 


Bonn. 

In  Kommission  bei  Friedrich  Cohen. 


1892. 


Für  die  in  dieser  Vereinsschrift  veröffentlichten  Mittei¬ 


lungen  sind  die  betreffenden  Autoren  allein  verantwortlich. 


Inhalt  der  ersten  Hälfte 


Verhandlungen.  Seite 

Fr.  Vogel:  Das  Ober-Senon  von  Irnich  am  Nordrand  der 

Eifel  (Taf.  I)  .  • .  1 

A.  Wollemann:  Verzeichniss  der  im  Eisenstein  des  Lias  y 
von  Rottorf  am  Kley  bei  Helmstedt  bislang  gefundenen 

Versteinerungen . 107 

A.  Hosius:  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Foraminiferen-Fauna 

des  Miocäns  (Taf.  II,  III) . 148 

F.  Lehmann:  Die  Lamellibranchiaten  des  Miocäns  von 

Dingden.  1.  Theil  (Taf.  IV) . 198 


Korrespondenzblatt. 

Mitgliederverzeichniss  des  Naturhistorischen  Vereins  ....  1 

Bericht  über  die  49.  Generalversammlung  des  Naturhistorischen 

Vereins . 26 

Bericht  über  die  Lage  und  Thätig*keit  des  Vereins  im  J.  1891  26 
v.  Hägens:  Das  Neanderthal  in  naturgeschichtlicher  Hinsicht  29 
K.  Könen:  Über  das  relative  Alter  der  Ablagerungen  im 


Neanderthal . 31 

Scha  aff  hausen:  Über  die  Urzeugung . 32 

Jansen:  Warum  wird  bei  einem  mehrstimmigen  Satze  die 

Melodie  der  Oberstimme  zugewiesen? . 40 

Heus ler:  Über  die  kohlensauren  Quellen  bei  Burg'brohl  .  .  40 

Fabricius  :  Geologische  Karte  der  Rheinprovinz, Westfalens  etc. 

im  Massstabe  1/89000  .  48 

S chaaffh ausen:  Prähistorische  und  römische  Funde  ...  50 

Rau  ff:  Fossilisationsprozess  gewisser  verkieselter  Spongien  .  51 

—  Über  fälschlich  für  Fossilien  (Vexillum,  Dädalus,  Dictyo- 
dora  u.  s.  w.)  gehaltene,  auf  innere  Gesteinsstauchungen 

zurückzuführende  Gesteinsbildungen . 57 

E.  Lienenklaus:  Ostracoden  des  nordwestdeutschen  Tertiärs  58 

Bertkau:  Bau  der  Giftdrüse  einheimischer  Spinnen  ...  59 

Farwick:  Thierwelt  des  Viersener  Gebiets . 60 

Frauberger:  Verwerthung  von  Thier-  und  Pflanzenformen 

im  Kunstgewerbe . 60 


Sitzungsberichte  der  niederrh.  Gesellschaft. 

Bericht  über  den  Zustand  der  Gesellschaft  im  Jahre  1891  .  .  1 

A.  König:  Die  Kriechthierfauna  Tunesiens .  3 

Schaaffhausen:  Vorgeschichtliche  Funde  in  Mähren  ...  26 


Die  Mitglieder  werden  gebeten,  etwaige  Aenderungen 
ihrer  Adresse  zur  Kenntniss  des  Yereinssekretärs  zu  bringen, 
weil  nur  auf  diese  Weise  diA  regelmässige  Zusendung  der 
Vereinsschriften  gesichert  ist. 


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